Die Jurisdiktion ›rationae materiae‹ der ICSID-Schiedsgerichte: Unter besonderer Berücksichtigung des Investitionsbegriffes des Weltbankübereinkommens vom 18.03.1965 [1 ed.] 9783428524433, 9783428124435

Der Autor befasst sich mit einer zentralen verfahrensrechtlichen Fragestellung der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit: der Fra

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German Pages 332 Year 2008

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Die Jurisdiktion ›rationae materiae‹ der ICSID-Schiedsgerichte: Unter besonderer Berücksichtigung des Investitionsbegriffes des Weltbankübereinkommens vom 18.03.1965 [1 ed.]
 9783428524433, 9783428124435

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Hamburger Studien zum Europäischen und Internationalen Recht Band 47

Die Jurisdiktion rationae materiae der ICSID-Schiedsgerichte Unter besonderer Berücksichtigung des Investitionsbegriffes des Weltbankübereinkommens vom 18.03.1965

Von

Jan-Frederik Belling

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

JAN-FREDERIK BELLING

Die Jurisdiktion rationae materiae der ICSID-Schiedsgerichte

Hamburger Studien zum Europäischen und Internationalen Recht Herausgegeben von Thomas Bruha, Meinhard Hilf, Hans Peter Ipsen †, Rainer Lagoni, Gert Nicolaysen, Stefan Oeter

Band 47

Die Jurisdiktion rationae materiae der ICSID-Schiedsgerichte Unter besonderer Berücksichtigung des Investitionsbegriffes des Weltbankübereinkommens vom 18.03.1965

Von

Jan-Frederik Belling

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0945-2435 ISBN 978-3-428-12443-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Jahr 2006 von der Juristischen Fakultät der Universität Hamburg als Dissertation angenommen. Die Arbeit entstand in den Jahren 2000 bis 2005. Literatur und Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte konnten bis zum II. Quartal 2006 berücksichtigt werden. Die Arbeit des ICSID ist unlösbar mit dem Prozess der Globalisierung verbunden. In den fünf Jahren, in denen mich die Arbeit begleitet hat, hat sich die Interpendenz der globalen Wirtschaft zu einem Zustand tatsächlicher Globalität der Märkte und Akteure entwickelt. Der Welthandel und ausländische Direktinvestitionen verändern Volkswirtschaften insbesondere in Asien in atemberaubendem Tempo und geben den Bewohnern Entwicklungschancen. Nationalstaaten, Ideologien und Religionen suchen in diesen ökonomischen Umwälzungen ihren bisherigen umfassenden Gestaltungsraum zunehmend vergeblich. Da ICSID-Schiedsgerichte in weltweit einmaliger Weise in der Lage sind, über Auseinandersetzungen zwischen Investoren und staatlichen Stellen zu richten, wird die Bedeutung dieser Institution in den nächsten Jahren noch erheblich zunehmen. Substantiell für diese Entwicklung wird dabei die Akzeptanz für das ICSID sein. Diese Akzeptanz trotz steigender Inanspruchnahme des Zentrums bei den derzeit 143 Mitglied- und 155 Signatarstaaten und ihrer Bewohner zu stärken, muss ein zentrales Anliegen der Anwender der Weltbankübereinkommens von 1965 sein. Daher wird hier für einen eingeschränkten, der subjektiven Bestimmbarkeit durch die Parteien entzogenen Investitionsbegriff des WBÜ und einen dadurch grundsätzlich engeren Anwendungsbereich der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit des ICSID plädiert. Herrn Professor Dr. Stefan Oeter danke ich nicht nur für die Anregung zu diesem Thema, die Betreuung der Arbeit, sondern insbesondere für den steten Zuspruch, die Arbeit neben meiner beruflichen Tätigkeit zu vollenden. Herrn Professor Dr. Dr. Rüdiger Wolfrum danke ich für die zügige Zweitkorrektur dieser Arbeit. Danken möchte ich Frau Dr. Katrin Kugler (für furchtfreies Nachfragen nach dem Stand der Bemühungen über die Jahre), Herrn Stephan von Vultejus (aus demselben Grund), Herrn Dr. Tillmann Pfeifer (für kollegialen Trost, wenn sich trotz Bemühungen kein Fortschritt einstellen wollte), Liv-Lina, Anja und vor allen meinen Eltern für die Finanzierung meines Studiums und meiner Frau Lina. Sie gab mir erst die Ruhe, die Arbeit zu beenden. Hamburg, im November 2006

Jan-Frederik Belling

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

II. Gegenstand und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

B. Der Schutz internationaler Investitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

I. Historische Entwicklung des internationalen Wirtschaftsverkehrs . . . . . . . . . . . . . . .

24

1. Von den Anfängen bis zum 18. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

2. Industrialisierung und klassische Periode internationalen Kapitalverkehrs . . . .

26

3. Der Aufschwung nach 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

II. Heutiger Stand der Auslandsinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

III. Arten von Investitionen im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

1. Privater und öffentlicher Kapitalverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

2. Der Begriff der Investition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

a) Der wirtschaftswissenschaftliche Begriff der Investition . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

aa) Investitionsvornahme und -Objekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

bb) Investitionsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

b) Verwendung des Begriffs im Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

3. Private ausländische Investitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

a) Ausländische Investitionen und Welthandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

b) Ausländische Direktinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

aa) Abgrenzung ausländischer Direktinvestitionen von Portfolio-Investitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

bb) Abgrenzung ausländischer Direktinvestitionen vom Handel mit Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

cc) Formen ausländischer Direktinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausländische Direktinvestitionen mit Kapitalbeteiligung . . . . . . . . . (a) Unternehmensneugründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47 47 47

8

Inhaltsverzeichnis (b) Mergers & Acquisitions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Joint Ventures . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausländische Direktinvestitionen ohne Kapitalbeteiligung . . . . . . . .

48 48 49

c) Portfolio-Investitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

IV. Der völkerrechtliche Schutz von Auslandsinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

1. Die Entwicklung des Schutzes von Auslandsinvestitionen nach dem Völkergewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

2. Der aktuelle Stand des völkergewohnheitsrechtlichen Investitionsschutzes . . .

58

3. Der Schutz von Auslandsinvestitionen durch spezielle Instrumente . . . . . . . . . .

59

a) Verträge zwischen Investor und Gaststaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

b) Bilaterale Investitionsschutzverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

c) Multilaterale Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

d) Exkurs: Das Multilateral Agreement on Investment der OECD (MAI) . . . .

68

V. Der Schutz von Auslandsinvestitionen durch die internationale Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

1. Der Begriff der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

2. Historische Entwicklung der völkerrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . .

72

3. Aktueller Stand der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

C. Das ICSID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

I. Entstehungsgeschichte des Weltbankübereinkommens 1962 – 1966 . . . . . . . . . . . . .

78

1. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

2. Die Verhandlungen über das WBÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

3. Das WBÜ und ergänzende Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

II. Institutioneller Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

1. Das Verhältnis von Weltbank, WBÜ und ICSID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

2. Einordnung in das System der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . .

86

III. Die Organisation des ICSID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

1. Verwaltungsrat und Sekretariat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

2. Die Schiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

IV. Grundzüge des ICSID-Schiedsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

1. Einleitung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

Inhaltsverzeichnis

9

2. Überblick über die Jurisdiktion der ICSID-Schiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

3. Die Sicherung der Exklusivität des ICSID-Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

4. Das Verfahren vor dem Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

5. Das anzuwendende materielle Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

6. Erlass und Überprüfung von ICSID-Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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a) Der Schiedsspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

b) Überprüfung des ICSID-Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 7. Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 V. Sonstige ICSID-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1. Das ICSID-Schlichtungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Die ICSID Additional Facility . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 VI. Zusammenfassung – Organisationszweck des ICSID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 I. Der Begriff der Jurisdiktion im WBÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 II. Die Entscheidung über die Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 1. Die „Screening power“ des Generalsekretärs gem. Art. 36 Abs. 3 WBÜ . . . . . . 112 2. Die autonome Entscheidung des Schiedsgerichts gem. Art. 41 Abs. 1 WBÜ 115 III. „Legal Dispute“ – die Beschränkung auf den Rechtsstreit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 IV. Die Parteien der Investitionsstreitigkeit – Die Jurisdiktion rationae personae . . . . 123 1. Die staatliche Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Der Angehörige eines anderen Vertragsstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 a) Die natürliche Person als Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 b) Die juristische Person als Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 c) Inländische juristische Personen unter ausländischer Kontrolle – Art. 25 Abs. 2 (b) 2. HS. WBÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 V. Zusammenfassung – Jurisdiktionsprüfung anhand objektiver Kriterien . . . . . . . . . . 134 E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 I. Form und Zeitpunkt der Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Einigung in einem Vertrag zwischen den Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

10

Inhaltsverzeichnis 2. Durch kompromissorische Klauseln in nationalen Investitionsgesetzen . . . . . . . 146 a) Die Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 b) Der Investitionsbegriff in nationalen Investitionsgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3. In bilateralen Investitionsschutzverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 b) Das Verhältnis zu Schiedsklauseln aus einem Rechtsverhältnis zwischen den Parteien – das Verfahren Lanco International Inc. v. Argentine Republic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 bb) Entscheidung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 c) Unterschiedliche Bindungswirkung einzelner Schiedsklauseln in Investitionsschutzverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 d) Der Investitionsbegriff in Investitionsschutzverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 e) Exkurs: Der Investitionsbegriff in den deutschen Investitionsschutzverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 4. In Multilateralen Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) North American Free Trade Agreement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 aa) Die Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 bb) Der Investitionsbegriff im NAFTA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Common Market of the Southern Cone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Die Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 bb) Der Investitionsbegriff im Mercosur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 c) Energy Charter Treaty . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 aa) Die Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 bb) Der Investitionsbegriff im Energy Charter Treaty . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 5. Bindende Einigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 6. Notifizierung gem. Art. 25 Abs. 4 WBÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

F. Der Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID . . . 177 I. Zur Auslegung des unbestimmten Völkerrechtsbegriffes „Investment“ i. S. d. Art. 25 Abs. 1 WBÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 1. Der Auslegungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 2. Völkerrechtliche Auslegung nach der WVK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Wörtliche Auslegungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182

Inhaltsverzeichnis

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b) Systematische Auslegungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) Teleologische Auslegungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 d) Historische Auslegungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 e) Dynamische Auslegungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 3. Besonderheiten bei der Auslegung des WBÜ als Gründungsvertrag einer internationaler Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 II. Die Entwicklung des Investitionsbegriffes im Rahmen der Travaux Préparatoires . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Der Investitionsbegriff im Arbeitsentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 2. Im Vorläufigen Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Im Ersten Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 4. Im Zweiten Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 III. Das Spannungsverhältnis zwischen der objektiven Bestimmtheit des Investitionsbegriffs und seiner subjektiven Bestimmung durch die Parteien . . . . . . . . . . . . 195 1. Diskussion der Argumente für eine subjektive Bestimmung des Investitionsbegriffes durch die Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Wortlaut des Directors Report . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Möglichkeit der Einschränkung durch Art. 25 Abs. 4 WBÜ . . . . . . . . . . . . . . . 196 c) Freiwilligkeit der Einigung – keine zwingende Schiedsgerichtsbarkeit . . . . 197 d) ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit schließt eine Lücke im internationalen Investitionsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 e) Maßgebliche Bestimmung aus der Sicht des Gaststaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Diskussion der Argumente für die objektive Bestimmtheit des Investitionsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Wortsinn des Investitionsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 b) Existenz der ICSID Additional Facility . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 c) Kompetenz-Kompetenz der ICSID-Schiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 d) Anwendbarkeit des Art. 42 Abs. 1 WBÜ auf das Verfahrensrecht – das Verfahren SPP Southern Pacific Properties (Middle East) Limited v. Arab Republic of Egypt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 bb) Die Entscheidung des Schiedsgerichts zum anwendbaren Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

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Inhaltsverzeichnis e) Wirkung der Entscheidungen der Schiedsgerichte inter alias . . . . . . . . . . . . . . 208 f) Sinn und Zweck des WBÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ unter besonderer Berücksichtigung der Spruchpraxis der ICSID-Schiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 1. Entwicklung der Praxis der ICSID-Schiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 2. Transaktionen mit Kapitalbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 a) Mehrheitliche Unternehmensbeteiligungen als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Autopista Concesionada de Venezuela, C.A. v. Bolivarian Republic of Venezuela . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 bb) Die Entscheidung des Schiedsgerichts zur Jurisdiktion . . . . . . . . . . . . . . . 219 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 b) Minderheitsbeteiligungen als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Lanco International Inc. v. Argentine Republic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 bb) Entscheidung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 dd) Minderheitsbeteiligung als Investition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 c) Fondsanteile als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Phillipe Gruslin v. Malaysia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 bb) Entscheidung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 dd) Portfolio-Investitionen als Investition im Sinne des WBÜ . . . . . . . . . . . . 240 ee) Höhe der eingesetzten Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 d) Herkunft des investierten Kapitals – das Verfahren Tradex Hellas S.A. v. Republic of Albania . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 bb) Entscheidung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 3. Erstreckung auf Transaktionen außerhalb direkter Kapitalbeteiligungen im Ausland – New Forms of Investment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 a) Schuldverschreibungen als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Fedax N.V. v. Republic of Venezuela . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 bb) Entscheidung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

Inhaltsverzeichnis

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cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 dd) Dauer der Investitionsvornahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Kredite als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Cesklovenská Obchodní Banka, A.S. v. Slovak Republic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 bb) Entscheidung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 dd) Das entwicklungspolitische Konzept des WBÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 c) Internationale Tiefbauverträge als Investitionen im Sinne des WBÜ – das Verfahren Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 bb) Die Entscheidung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 dd) Risikotragung durch den Investor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 d) Managementverträge als Investitionen im Sinne des WBÜ – die Verfahren SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan und SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Republic of the Philippines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 bb) Die Entscheidungen der Schiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 dd) Möglichkeiten und Grenzen einer dynamischen Auslegung des WBÜ

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ee) Der Ort der Investition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 e) Projektvorbereitungskosten als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Mihaly International Corporation v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 bb) Verneinung der Jurisdiktion durch das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . 281 cc) Abweichende Meinung des Schiedsrichters Suratgar . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 f) Handelsgeschäfte als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Joy Mining Machinery Ltd. v. Arab Republic of Egypt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 bb) Verneinung der Jurisdiktion durch das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . 288 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 4. Nonprofit Transaktionen als Investitionen im Sinne des WBÜ . . . . . . . . . . . . . . . 291 5. Der Investitionsbegriff der ICSID Additional Facility . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293

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G. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 I. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 II. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Anhang I: Ausgewertete Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte von 1974 bis 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Anhang II: Ausgewertete Schiedssprüche unter der ICSID-Additional Facility . . . . 313 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330

Abkürzungsverzeichnis a. a. O. Abs. AF AG AJIL AnnAAA Arb Arb / AF / 82 / 1 ArbInt ArbJ ArchVR Art. ASIL Prcdgs AWD BB

AWG AWV BB BGB BGBl. BIT BLI BMWA BOT BT-Drucks. BVerfGE BVerwGE BYIL CILJ CMC ColJTL DÖV DukeLJ

am angegebenen Orte Absatz Additional Facility Die Aktiengesellschaft American Journal of International Law Annuaire de l’Association des Auditeurs et Anciens Auditeurs de l’Académie de Droit International de la Haye Arbitration Ordnungssystem des ICSID : Verfahrensart / Verfahren unter der AF / Jahr der Verfahrenseröffnung / laufende Nummer im Kalenderjahr Arbitration International Arbitration Journal Archiv des Völkerrechts Artikel American Society of International Law Proceedings Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Recht der Internationalen Wirtschaft (1954 – 1957 u. 1975 – 1981: RIW / AWD) Außenwirtschaftsgesetz Außenwirtschaftsverordnung Betriebs-Berater Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bilateral Investment Treaty Business Law International Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Build, operate and transfer Bundestagsdrucksache Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts Entscheidungssammlung des Bundesverwaltungsgerichts British Year Book of International Law Cornell International Law Journal Consejo del Mercado Común Columbia Journal of Transnational Law Die öffentliche Verwaltung Duke Law Journal

16 FAZ FDI FILJ FS FTAA GATS GATT GFSA GG GWJI L&E GYIL HarvILJ HarvLR h. M. Hrsg. HS IBRD ICA ICC ICCBul ICJ ICLQ ICSID ICSID Hist ICSID Rep

ICSID Rev IDA IFC IGH IJIL ILawyer ILM IMF Ind LJ IPRax IsrlLR Ital YBIL JDI JdS

Abkürzungsverzeichnis Frankfurter Allgemeine Zeitung Foreign Direct Investment Foreign Investors Law Journal Festschrift Free Trade Area of the Americas General Agreement on Trade in Services General Agreement on Tarifs and Trade Gesellschaft zur Förderung des Schutzes von Auslandsinvestitionen Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Georg Washington Journal of International Law and Economics German Yearbook of International Law Harvard International Law Journal Harvard Law Review Herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz International Bank for Reconstruction and Development (World Bank) International Commercial Arbitration International Chamber of Commerce International Chamber of Commerce Bulletin International Court of Justice International and Comparative Law Review International Centre for Settlement of Investment Disputes ICSID, Analysis and Documents Concerning the Origin and the Formulation of the Convention ICSID Reports – Reports of Cases Decided under the Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and Nationals of Other Sates ICSID Review – Foreign Investment Law Journal International Development Association International Finance Corporation Internationaler Gerichtshof Indian Journal of International Law International Lawyer International Legal Materials International Monetary Fund Indiana Law Journal Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts Israel Law Review Italian Yearbook of International Law Journal du Droit International Jahrbuch der Schiedsgerichtsbarkeit

Abkürzungsverzeichnis JIA JILI JIR JLED JMLC JPL JWTL LCIA LDC MIGA MIT m.w.Nachw. NGO NJW NYIL NYLJ NYUJ Int. L. & Pol. NZZ OECD Para. PennStIntLRev PLR RabelsZ RdA RdC Rdnr. Rep Res. RevHelDL RIAA RIW / AWD SchwJbIR SJI L&C Slg. StanJIL StanLRev TDM TNCs TRIMS TRIPS 2 Belling

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Journal of International Arbitration Journal of the Indian Law Institute Jahrbuch für Internationales Recht (bis 1976, ab 1977 GYIL) Journal of Law and Economic Development Journal of Maritime Law and Commerce Journal of Public Law Journal of World Trade Law London Court of International Arbitration Less Developed Country Multilateral Investment Guarantee Agency Multinational Investment Treaty mit weiteren Nachweisen Non Governmental Organisation Neue Juristische Wochenschrift Netherlands Yearbook of International Law New York Law Journal New York University Journal of International Law and Politics Neue Züricher Zeitung (Internationale Ausgabe) Organization for Economic Co-operation and Development Paragraph Penn State International Law Review University of Pittsburg Law Review Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Revue de l’Arbitrage Recueil de Cours – Collected Courses of the Hague Academy of International Law Randnummer Report(s) Resolution Revue hellénique de droit international Reports of International Arbitral Awards Recht der Internationalen Wirtschaft Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Schweizer Jahrbuch für Internationales Recht Syracuse Journal for international Law & Commerce Sammlung Stanford Journal of International Law Stanford Law Review Transanational Dispute Management Transnational Corporations Agreement on Trade-Related Investment Measures Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights

18 UN-Charta UNCITRAL UNCTAD VandJIL Vgl. VirgJIL VN Vol. VRÜ WBÜ WiSt WTO WVK YbCA z. B. ZfVglRWiss zit. Ziff.

Abkürzungsverzeichnis Charta der Vereinten Nationen vom 26. 06. 1945 United Nations Commission for International Trade Law United Nations Conference on Trade and Development Vanderbild Journal of International Law vergleiche Virginia Journal of International Law Vereinte Nationen Volume Verfassung und Recht in Übersee Weltbankübereinkommen (Convention on the Settlement of Investment Disputes) v. 18. 03. 1965 Wirtschaftswissenschaftliche Studium World Trade Organisation Wiener Konvention über das Recht der Verträge vom 23. 05. 1969 Yearbook Commercial Arbitration zum Beispiel Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft zitiert Ziffer

A. Einleitung I. Einführung Das International Center for the Settlement of Investment Disputes (ICSID) ist eine internationale Organisation, deren Grundlage die 1965 in Washington geschlossene Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and Nationals of other States (Weltbankübereinkommen, WBÜ) ist1. 143 Staaten haben seither das WBÜ ratifiziert2. Das ICSID ist eine internationale Schiedsinstitution auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Abkommens3. Während das ICSID in seiner grundsätzlichen Funktionsweise mit der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit vergleichbar ist, unterscheidet es sich von dieser grundlegend durch seinen völkerrechtlichen Hintergrund und indem es dem privaten Investor die Möglichkeit des direkten Vorgehens gegen den Gaststaat seiner Investition vor einem internationalen Schiedsgericht gibt und den ergangenen Schiedsspruch der Kontrolle der nationalen Obergerichte entzieht4. Obwohl – oder gerade weil – die Definition der „Investition“ die wohl meistdiskutierte Frage der Verhandlungen über das WBÜ war5, blieb der zentrale Investitionsbegriff offen, da sich die Staatenvertreter nicht auf eine Definition einigen konnten6. Beim Inkrafttreten des WBÜ am 14. 10. 1966 dürfte den vertragschließenden Parteien auch noch gar nicht bewusst gewesen sein, welche Breite potenzieller transnationaler Streitgegenstände sie der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit zukünftig zugänglich machten. Gingen sie doch grundsätzlich von der vertraglichen Vereinbarung der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit durch den privaten Investor und die staatliche Partei im Einzelfall aus. Unter diesen Voraussetzungen war es zu billigen, der subjektiven Einigung der Parteien eine zentrale Rolle zuzugestehen7. Die Internationalisierung des Wirtschaftsverkehrs hat die Zugangsmöglichkeiten privater Investoren zur ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit jedoch seither erheblich ausgeweitet.

ILM 1965, 524; BGBl. 1969 II, 371. Insgesamt sind 155 Staaten dem WBÜ beigetreten. Aktualisierte Informationen und Zahlen finden sich auf www.worldbank.org / icsid. 3 Art. 1 WBÜ; das ICSID ist Teil der Weltbank-Gruppe mit Sitz in Washington D. C. 4 Art. 53 ff. WBÜ; ausführlich dazu Broches, ICSID-Rev 1987, 287. 5 Vgl. Delaume, RdA 1983, 183, 184. 6 Vgl. Schreuer, Commentary on the ICSID Convention, Art. 25, Rdnr. 86. 7 Vgl. Directors Report, para. 23. 1 2

2*

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A. Einleitung

Die Internationalisierung des Wirtschaftsverkehrs hat zwei wesentliche Aspekte, den grenzüberschreitenden Handel und die Investitionen im Ausland. Während der Welthandel historisch gesehen eine Wegbereiterrolle der Internationalisierung gespielt hat, führte die gegenseitige Durchdringung der nationalen Volkswirtschaften dazu, dass die weltweite Produktion ausländisch kontrollierter Töchter internationaler Unternehmen das Volumen des Welthandels erreichte und seither übersteigt8. Die jährliche Zuwachsrate der Auslandsinvestitionen ist heute wesentlich höher als die Zunahme des internationalen Handels9. Auslandsinvestitionen begegnen in unterschiedlichen Transaktionsformen. Üblicherweise werden sie in ausländische Direktinvestitionen und Portfolio-Investitionen unterteilt. Das entscheidende Kriterium für die Abgrenzung der ausländischen Direktinvestitionen von Portfolio-Investitionen ist der Grad des Engagements des Investors in seiner Investition und das Maß an Kontrolle, welches er dadurch auszuüben berechtigt ist damit einhergehend sein unternehmerisches Risiko. Während Portfolio-Investitionen in der Regel über den Kapitalmarkt erfolgen und kurzfristige Renditeerwartungen im Mittelpunkt der Investitionsentscheidung stehen, nimmt der Unternehmer ausländischer Direktinvestitionen eine längere Amortisationsphase seiner eingesetzten Ressourcen in Kauf, in welcher er den spezifischen Risiken des Gastlandes seiner Investition ausgesetzt ist. Neben Kapitalinvestitionen spielen Dienstleistungsverträge eine zunehmend bedeutende Rolle. Die Grenzen der Zuordnung der schier endlosen Gestaltungsformen dieser New Forms of Investment10 zum Handel, der Finanzierung oder eben der Investition sind fließend. In ökonomischer Hinsicht hat der Prozess der Globalisierung einen Grad erreicht, bei welchem nicht länger nur von einem Prozess, sondern vielmehr auch von seinem Resultat gesprochen werden kann: Globalität. Offensichtlich wird dieser Zustand anhand des aggregierten weltweiten Direktinvestitionsbestandes von über 8,25 Billionen US $ im Jahre 200311. Da die Abschätzung von spezifischen Risiken des Gastlandes und der Möglichkeit, sich vor ihnen zu schützen, ein maßgeblicher Bestandteil der Investitionsentscheidung ist, sind kapitalexportierende und -importierende Staaten insbesondere seit den 90er Jahren bemüht, das Regelungsgefälle zwischen dem bereits seit 1947 mit dem GATT / WTO auf einer universellen Grundlage stehenden Welthandel und den internationalen Investitionen zu beseitigen. Dafür haben sie bis heute rund 2.000 bilaterale Investitionsschutzverträge sowie multilaterale Abkommen geschlossen und die Behandlung ausländischer Investitionen nationalen gesetzlichen Regelungen zugeführt. Insbesondere Vgl. Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 80. Vgl. Karl, RIW 1994, 809. 10 Den Begriff der „NFI“ gebrauchen auch die ICSID-Schiedsgerichte, vgl. SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13), Beschluss v. 06. 08. 2003, para. 126. 11 UNCTAD, World Investment Report 2004, 376. 8 9

I. Einführung

21

der Abschluss von bilateralen Investitionsschutzabkommen hat gravierende Auswirkungen auf die Entwicklung des ICSID gehabt. Durch die regelmäßige Verweisung auf die Schiedsgerichtsbarkeit des ICSID in den Schiedsklauseln dieser Abkommen sind Investoren nicht mehr auf die einzelvertragliche Einigung mit dem Gastland ihrer Investition angewiesen. Da der sachliche Anwendungsbereich dieser Verträge in der Regel sehr weit ist und eher einem umfassenden Vermögensschutz im Ausland als einem Schutz ausländischer Investitionen entspricht, sind diese geeignet, die Bandbreite des Anwendungsbereiches der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit zu erweitern. Es mag an der Bereitschaft der Staaten liegen, auf die Bedürfnisse des Investitionsschutzes je nach Kapitalbedarf phasenweise mehr oder weniger einzugehen12, dass das ICSID nach der Abkühlung des Klimas für internationale Direktinvestitionen im Anschluss an den bisherigen historischen Höhepunkt in den Jahren 1998 – 2001 seit dem Jahr 2001 einen starken Anstieg seiner Fallzahlen erlebt. Die Schiedsgerichte des ICSID haben bis zum Ende des Geschäftsjahres 2005 / 06 rund 180 Schiedsverfahren verhandelt, von denen bis dato 110 abgeschlossen sind13. In den unterschiedlichen Verfahrensarten sind insgesamt rund 210 Investitionsstreitverfahren von Investoren mit Staaten behandelt worden. In Anbetracht des gut vierzigjährigen Bestehens dieser Schiedsinstitution mag diese Zahl im Verhältnis zur internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit gering erscheinen. Entscheidend ist jedoch die Entwicklung der verhandelten Verfahren: So wurden in den ersten 30 Jahren des Bestehens des Zentrums insgesamt rund 30 Schieds- und Schlichtungsverfahren verhandelt. Im Jahr 2003 waren es ebenfalls 30 Verfahren – in nur einem Jahr. Die Schieds- und Schlichtungsverfahren richten sich heute auch nicht mehr ausschließlich gegen kapitalimportierende Entwicklungsländer, die wegen des Verstoßes gegen erteilte Konzessionen von westlichen Investoren verklagt werden, sondern ebenso gegen die USA14, Mitgliedstaaten der EU15 und osteuropäische Staaten16. Diese Entwicklung ist von besonderer Bedeutung, da es sich bei ICSID-Schiedsverfahren um internationale Schiedsverfahren handelt. ICSID-Schiedssprüche können von nationalen Gerichten nicht überprüft werden. Eine Überprüfung ist in eingeschränktem Umfang nur durch ICSID Ad hoc-Komitees möglich. Die lex arbitri eines ICSID-Schiedsverfahrens ist allein das WBÜ17. Diese Selbstbeschränkung der Mitgliedstaaten in der Ausübung ihrer staatlichen Souveränität verlangt eine besondere Beachtung der Balance zwischen Staat und ausländischem Investor, 12 13

Vgl. Seidl-Hohenveldern, International Economic Law, 45. Hinzu kommen 2 Schlichtungsverfahren und 19 Schiedsverfahren der Additional Facil-

ity. 14 15 16 17

Z. B. ADF Group Inc. v. United States of America (Arb / AF / 00 / 1). Z. B. Emilio Agustín Maffezini v. Kingdom of Spain (Arb / 97 / 7). Z. B. Tokios Tokelés v. Ukraine (Arb / 02 / 18). Vgl. Broches, 136 RdC 1972, 337, 385.

22

A. Einleitung

dem das WBÜ die verfahrensrechtliche Gleichstellung mit souveränen Staaten im Rahmen des ICSID-Schiedsverfahrens ermöglicht18. Diese Gleichstellung ist historisch betrachtet keine Selbstverständlichkeit. Die Anerkennung der Schiedsgerichtsbarkeit als unausweichliche Notwendigkeit im internationalen Rechtsverkehr19 ist nach wie vor für die auf ausländische Investitionen angewiesenen Staaten problematisch. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der lateinamerikanischen Staaten, insbesondere Argentiniens. Lange hatten sich diese der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit unter Berufung auf die Calvo Doktrin verschlossen. Heute sind von den 33 Staaten Mittel- und Südamerikas 26 Mitgliedstaaten des WBÜ. Auch hier hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass man im Wettbewerb um ausländische Investitionen nicht ohne ein Netz von bilateralen Investitionsschutzabkommen bestehen kann20. Nachdem sich ausländische Investoren in der Folge der argentinischen Staatskrise seit dem Frühjahr 2002 der in diesen Investitionsschutzabkommen offerierten Möglichkeit der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit bedient haben und gegen Argentinien seither 32 ICSID-Schiedsklagen erhoben haben, hat dies eine ernsthafte Diskussion über die Verfassungsmäßigkeit der Unterwerfung des Staates unter die internationale Schiedsgerichtsbarkeit entfacht21. Dies verdeutlicht, dass sowohl ICSID wie auch Investitionsschutzabkommen zwischenstaatliche Systeme sind, die auch von den Staaten geändert werden können, sobald ihre Funktionsweise sich nicht mehr im Einklang mit ihren Interessen befindet22.

II. Gegenstand und Gang der Untersuchung Zentral für die zweistufige Einigung der Parteien auf ein ICSID-Schiedsverfahren sind die Person des ausländischen Investors und die von ihm getätigte Investition. Sie begrenzen die Jurisdiktion rationae personae und rationae materiae des ICSID und bestimmen so die Zuständigkeit der ICSID-Schiedsgerichte. Während die Person des privaten Investors und der staatlichen Seite eine verhältnismäßig ausführliche Regelung im WBÜ gefunden hat, ist der Begriff der Investition im WBÜ nicht definiert. In der Praxis werfen diese Zuständigkeitsvoraussetzungen zahlreiche Probleme und Fragen auf23. Hinleitend wird zunächst das ICSID in seiner Funktionsweise im Kontext der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit dargestellt. Da die Investition als Ergebnis Vgl. Schreuer, JWIT 2004, 231, 256; Directors Report para. 13. Vgl. Schlosser, Entwicklungstendenzen, 8. 20 Vgl. Oschmann, RIW 1996, 494 f. 21 Vgl. Kleinheisterkamp, International Commercial Arbitration in Latin America (2005), 106. Argentinien ist mit insgesamt 42 ICSID-Schiedsverfahren seit den 90er Jahren der „meistbeklagte“ Mitgliedstaat des WBÜ. Alfaro / Lorenti, JWIT 2005, 417 ff. 22 Vgl. Happ, SchiedsVZ 2005, 21, 29. 23 Vgl. Lörcher, SchiedsVZ 2005, 11, 13. 18 19

II. Gegenstand und Gang der Untersuchung

23

des dynamischen Investitionsvorganges untrennbar mit der Person des Investors zusammenhängt, wird die Diskussion des Investitionsbegriffes als zentralem Tatbestandsmerkmal der Jurisdiktion rationae materiae in den Kontext der übrigen Jurisdiktionsvoraussetzungen gesetzt. Zudem ist eine eingehende Beschäftigung mit der Einigung der Parteien geboten, da der durch sie verwirklichte Grundsatz der Freiwilligkeit im WBÜ wichtigen Aufschluss über die Interpretation des Abkommens und insbesondere des Investitionsbegriffes gibt24. In Bezug auf den Investitionsbegriff ist zunächst die Frage zu diskutieren, ob der Investitionsbegriff des WBÜ überhaupt einen objektiven Gehalt besitzt oder ob die Parteien vielmehr durch ihre Einigung auf das ICSID den sachlichen Anwendungsbereich subjektiv bestimmen können. Da sich die Parteien in aktuellen ICSID-Schiedsverfahren in über 90% der Fälle indirekt, auf der Grundlage von Schiedsklauseln in Investitionsschutzinstrumenten, auf das ICSID geeinigt haben, ist zu untersuchen, inwieweit deren Investitionskonzepte dem des ICSID entsprechen. Als Hauptanwender des WBÜ kommt dabei den ICSID-Schiedsgerichten eine herausragende, interpretative Rolle bei der Auslegung des Investitionsbegriffes des WBÜ zu. Die ICSID-Schiedsgerichte verfolgen, ausgehend von den Entscheidungen in Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 3) und Cesklovenská Obchodní Banka, a.s. v. Slovak Republic (Arb / 97 / 4) seit den 90er Jahren eine liberale Auslegung des Investitionsbegriffs. Jüngere Entscheidungen, wie Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 4), SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13) oder Tokios Tokelés v. Ukraine (Arb / 02 / 18) folgen einem weiten Verständnis der Jurisdiktionsvoraussetzungen. Auf der anderen Seite gab es gerade in jüngster Zeit mit Mihaly International Corporation v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 00 / 2) und Joy Mining Machinery Ltd. v. Arab Republic of Egypt (Arb / 03 / 11) auch Entscheidungen, in denen sich die Schiedsgerichte unter Berufung auf den objektiven Investitionsbegriff des WBÜ für unzuständig erklärten. Am Beispiel dieser und weiterer veröffentlichter Entscheidungen soll es das Ziel dieser Arbeit sein, das Investitionskonzept des WBÜ zu präzisieren. Neben der Spruchpraxis der ICSID-Schiedsgerichte zur Jurisdiktion spielen auch die gut dokumentierten Travaux Préparatoires eine Schlüsselrolle bei der historisch begründeten, dynamischen Interpretation des Begriffs im Kontext der Entwicklung privater ausländischer Investitionen.

24

Vgl. Broches, Essays, 189, 199.

B. Der Schutz internationaler Investitionen I. Historische Entwicklung des internationalen Wirtschaftsverkehrs Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Völkern hat es wohl immer gegeben, seitdem menschliche Gemeinwesen über ihren unmittelbaren Herrschaftsbereich hinaus Austausch gepflegt haben1. Die Investition von Kapital- und Sachmitteln im Ausland durch Unternehmen und Unternehmer ist dabei eine der ältesten wirtschaftlichen Betätigungen, seitdem sich Menschen weltweit damit beschäftigen, über die Grenzen dieser Verbände hinweg zwischen voneinander abgegrenzten Märkten Handel zu treiben

1. Von den Anfängen bis zum 18. Jahrhundert Internationaler Kapitalverkehr und Investitionen sind viele tausend Jahre alt2. Auf der auf das Jahr 991 n. Chr. datierten Chrysobulle garantierten die byzantinischen Kaiser Basilius II. und Konstantin VIII. den Kaufleuten von Venedig großzügige Handelskonzessionen und stellten ihnen einen Stadtteil Konstantinopels für Handelszwecke zur Verfügung. Vergleichbare Entwicklungen fanden zur selben Zeit in Zentraleuropa statt. Eine Garantieerklärung König Heinrich II. bot bereits 1157 n. Chr. Kölner Kaufleuten und ihrem Hausstand in London Schutz und Sicherheit3. Unzweifelhaft fanden solche Entwicklungen zudem auch in Asien, dem Nahen Osten, Afrika und anderen Teilen der Welt statt4. Die Anfänge neuzeitlicher Weltwirtschaft im heutigen Sinne datieren allerdings erst vom sog. langen 16. Jahrhundert, also etwa dem Zeitraum von 1450 bis 16405. Damals begannen sich in den west- und mitteleuropäischen Kernländern allmähVgl. Predöhl, Außenwirtschaft, 67. Vgl. Fischer, in: FS Seidl-Hohenveldern, 97. 3 Vgl. Fischer, in: FS Seidl-Hohenveldern, 97; ders., Collection of International Concessions and Regulated Instruments, Bd. 1, 161 ff. Dieses Dokument belegt die Existenz eines deutschen Handelsplatzes, der später als Hanseatischer Stahlhof zu London bekannt wurde und als eine der ursprünglichen Niederlassungen der Hanse gilt, die sich bekanntlich in den folgenden Jahrhunderten als Handelsorganisation über ganz Europa ausdehnte. 4 Sornarajah, International Law on Foreign Investment, 9. 5 Vgl. Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, Bd. 2, 354 ff. 1 2

I. Historische Entwicklung des internationalen Wirtschaftsverkehrs

25

lich neue Produktionsformen in Landwirtschaft und Fertigwarenherstellung zu entwickeln und zu festigen. Zugleich wurden mit der außereuropäischen Landnahme die Bereiche der Neuen Welt dieser aufkommenden Weltwirtschaft als Rohstofflieferanten arbeitsteilig eingegliedert. Bereits seit dieser Zeit ist die Entwicklung internationalen Kapitalverkehrs untrennbar mit der Entwicklung transnationaler Wirtschaftseinheiten verbunden. Während ihre mittelalterlichen Vorgänger in erster Linie die Form von Zusammenschlüssen hatten, änderte sich dieses Bild seit dem 16. Jahrhundert. Es entwickelten sich in Europa Wirtschaftseinheiten, die in ihrer relativen Größe, Wirtschaftskraft und Bedeutung mit modernen transnationalen Unternehmen durchaus vergleichbar sind6. Bereits damals zeichneten sich Strategien ab, die auch von transnationalen Unternehmen der Gegenwart bei der Erschließung neuer Märkte angewandt werden: Dabei beinhalteten ihre Engagements nach heutigen Kriterien Portfolio- und Direktinvestitionen7; zunächst wurden Abgaben an den Souverän abgeführt, sodann wurden Niederlassungen zum Betrieb von beispielsweise Rohstoffgewinnungsbetrieben in den betreffenden Ländern errichtet8. Konflikte, die aus diesen Investitionen herrührten, wurden im Wege außergerichtlicher Einigungs- oder Schiedsverfahren beigelegt. Ebenso kam es zu Streitschlichtung durch diplomatische Intervention9. Im 17. Jahrhundert entstand mit den Chartergesellschaften (Chartered Companies)10 eine weitere Ausprägung der Auslandsinvestition. Diese Gesellschaften dienten allerdings noch in erster Linie den kolonialen Interessen der sie unterstützenden Regierungen. Ohnehin sind insbesondere Auslandsinvestitionen noch in der Zeit bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts unter einem erheblichen politischen Aspekt zu sehen11.

6 Vgl. Fischer, in: EPIL, Instalment 8, 515, 516, der beispielhaft die Augsburger Großkaufleute wie die Familien der Fugger, Welser, Paumgartner, Höchstetter und Pimel nennt, die mit ihrem Kupfer-Monopol den Rohstoff für die Waffenproduktion der damaligen Zeit kontrollierten. Ein weiteres Beispiel für das sich entwickelnde länderübergreifende Engagement dieser frühen neuzeitlichen Großkaufmannsfamilien ist das Kommunikationsunternehmen der v. Thurn und Taxis. Diese hielten nicht nur das deutsche Erbgeneralspostmeisteramt seit 1615 inne, sondern boten ihre Dienste, abgesichert in mehr als tausend Verträgen mit 50 Staaten, in nahezu jedem europäischen Staat an. 7 Zu den Begriffen und ihrer Unterscheidung, s. u. B.III.3.b)aa) in diesem Abschnitt. 8 Vgl. Hiby, Desinvestitionen, 19 m.w.Nachw. 9 Die Konsequenzen solcher Schiedssprüche waren schon damals für die Unternehmen weitreichend. Die Welser mussten sich aufgrund eines Schiedsspruchs aus der spanischen Übersee-Provinz Santa Marta (dem heutigen Venezuela), deren Verwaltung ihnen 1528 überlassen worden war, zurückziehen. Vgl. Fischer, Collection of International Concessions and Regulated Instruments, Bd. X, 275 ff. 10 Die bekannteste und zu ihrer Zeit einflussreichste war die britische East India Company von 1600, die zunächst monopolartig den Handel mit Indien betrieb und das Land von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis 1833 für Großbritannien beherrschte. 11 Fischer, in: FS Seidl-Hohenveldern, 99.

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

2. Industrialisierung und klassische Periode internationalen Kapitalverkehrs Um das rapide Ansteigen der Nachfrage nach Rohstoffen im Zuge der industriellen Revolution in Europa befriedigen zu können, begannen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Unternehmen in den rohstoffreichen Ländern Investitionen zu tätigen, um sich die entsprechenden Rohstoffquellen langfristig zu günstigen Konditionen sichern zu können. Verband sich in vorindustrieller Zeit das Interesse, Geldmittel in einem anderen Land anzulegen noch eng mit genuin politischen Zielen der europäischen Souveräne, so konnte sich ein kommerzieller internationaler Kapitalverkehr erst dann entwickeln, als zugleich drei Voraussetzungen eingetreten waren: Es bedurfte hinreichend konsolidierter, nationaler Volkswirtschaften, eines funktionsfähigen Geldsystems auf staatlicher und internationaler Ebene und schließlich konkreter Gewinnaussichten, die gerade Auslandsinvestitionen rechtfertigten12. Nach dem Ende der Napoleonischen Kriege trafen diese Prämissen in Großbritannien erstmals zusammen und das Land prägte, als erster kapitalexportierender Staat, eine zum damaligen Zeitpunkt „spezifisch englische Weltwirtschaft“13. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts vereinigten britische Investoren innerhalb der noch sehr begrenzten Zahl an kapitalexportierenden Nationen etwa dreiviertel der internationalen Kapitalbewegungen auf sich14. In der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg kam es zu einem sprunghaften Ansteigen der Auslandsinvestitionen. In dieser sog. klassischen Epoche internationaler Investitionen15 und noch bis in die Zwischenkriegszeit erfolgten diese zum weit überwiegenden Teil als Portfolio-Investitionen, über den Erwerb von Wertpapieren durch einzelne oder institutionelle Anleger, die nicht auf eine damit verbundene Kontrolle über die Geschäftstätigkeit der ausländischen Emittenten oder Kreditnehmer bedacht waren16. Der Kapitalexport der USA zeigte hingegen von Beginn an ein anderes Bild, von Anfang an überwogen hier die ausländischen Direktinvestitionen17. Der Erste Weltkrieg brachte eine abrupte Unterbrechung dieser prosperierenden Entwicklung und führte zu einer umwälzenden Neustrukturierung der internationaVgl. Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 63. Vgl. Predöhl, Außenwirtschaft, 86. 14 Vgl. Dunning, Studies in International Investment, 17. Neben dem dominierenden Vereinigten Königreich gehörten zu diesem Kreis Frankreich, das Deutsche Reich, Belgien, die Niederlande und die Schweiz. Ebenfalls die USA, allerdings noch als Nettokapitalimporteur. 15 So u. a. Riesenfeld, in: EPIL, Instalment 8, 246, 247 ohne diese zeitlich näher einzugrenzen. Kuusi, The Host State and the Transnational Corporation, 4, nennt den Zeitraum von vierzig Jahren vor dem ersten Weltkrieg als „einzigartige Phase wirtschaftlichen Geschehens“. 16 Vgl. Dunning, Studies in International Investment, 18. 17 Kuusi, The Host State and the Transnational Corporation, 4, gibt ihren Anteil am U.S. Engagement in Süd-Amerika mit bis zu 80% im Jahre 1914 an. 12 13

I. Historische Entwicklung des internationalen Wirtschaftsverkehrs

27

len Investitionen18. Ausländische Direktinvestitionen hatten sich in den Kriegsjahren als die resistentere Anlageform erwiesen. Dagegen kam es bei den privaten Portfolio-Investitionen zu einem gravierenden Einschnitt; die Erwartungen politischer Stabilität waren durch die sozialistische Revolution in Russland, Unruhen in kolonialen Gebieten und andere Umwälzungen auch in den Industriestaaten tief greifend erschüttert. Zudem unterminierte eine rasch voranschreitende Inflation den Innen- wie den Außenwert wichtiger Währungen, sodass sich die bisher im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr dominierende Anlageform weithin an den Rand des wirtschaftlichen Geschehens gedrängt sah. Auch insgesamt konnte der Stand der Auslandsinvestitionen vor 1914 von europäischen Staaten bis 1929 nicht wieder erreicht werden19. Die mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1939 einhergehende Desintegration der internationalen Wirtschaftsbeziehungen, verstärkt durch primär politisch motivierte Autarkiebestrebungen der Staaten, führte zu einer Kapitalentflechtung, die den internationalen Kapitalverkehr während der dreißiger Jahre nahezu zum Erliegen brachte20.

3. Der Aufschwung nach 1945 Während nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges für die erschütterten Volkswirtschaften Europas (und auch Japans) die Konzentration der noch verfügbaren Mittel auf die Rekonstruktion des eigenen Gemeinwesens, die Investition im Inland, vorrangiger Beweggrund wirtschaftlicher Aktivitäten war, entwickelten sich die USA zum weltgrößten Gläubiger21. Mitte der fünfziger Jahre nahmen auch Privatinvestoren anderer Industrienationen wieder ihre Investitionstätigkeit auf. Bedingt durch die beginnende wirtschaftliche Integration Europas22, erwachte auch dort die grenzüberschreitende Ausdehnung von Geschäftsaktivitäten wieder zum Leben. Durch diese explosionsartige Ausweitung des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs in der Nachkriegszeit, dessen tragendes Element die Unternehmensneugründung bzw. Akquisition auf fremdem Staatsgebiet darstellte, setzte sich eine 18 Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 67. In der Folge der direkten Kriegsschäden und Konfiskationen von Feindvermögen war der Stand deutscher Auslandsanlagen nahezu null. Auch britische und französische Anlagen hatten sich stark reduziert. Im Gegensatz dazu standen die Anlagen der USA, bei denen es nahezu zu einer Verdopplung zwischen 1914 und 1919 kam. 19 Predöhl, Außenwirtschaft, 110 f. 20 Predöhl, Außenwirtschaft, 121. 21 Vgl. Köllner, Der internationale Kapitalverkehr seit dem letzten Kriege, 65 f. 22 Die Errichtung der Europäischen Wirtschafts- und Atomgemeinschaft in den „Römischen Verträgen“ vom 25. 03. 1957 (BGBl. II, 766, 1014) setzte ein erstes Signal für einen kontinentalen Integrationsprozess, dessen Stand im Jahre 2000 als weltweit führend angesehen wird, vgl. Escher, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 3, 16.

28

B. Der Schutz internationaler Investitionen

weitere Entwicklungstendenz nunmehr endgültig durch, die bereits in der Zeit zwischen den Weltkriegen zumindest für die USA Gültigkeit besessen hatte: die Ablösung von Portfolio-Investitionen, als bislang bedeutsamster Form der Auslandsanlage, durch ausländische Direktinvestitionen, zumindest im Bereich der längerfristigen Kapitaltransaktionen 23. Gleichzeitig lösten die USA mit einem geschätzten Anteil von 48% an den weltweiten Direktinvestitionen im Jahr 1960 endgültig die alte Kolonialmacht England als führende Nation ab24. Diese Direktinvestitionen selbst machten im Verlauf ihres starken Ansteigens einen bemerkenswerten Strukturwandel vom Bereich der Primärindustrie hin zu Investitionen auf dem Sektor der verarbeitenden Industrie25 durch. Parallel dazu kam es zu einer regionalen Verschiebung der Investitionstätigkeit, weg von den Entwicklungsländern der südlichen Hemisphäre zu den entwickelten Handelsblöcken nach Norden hin. Diese gegenseitige Durchdringung der führenden Industrienationen führte zum Beginn der siebziger Jahre zu dem weltwirtschaftlichen Novum, dass die weltweite Produktion ausländisch kontrollierter Töchter internationaler Unternehmen das Volumen des Welthandels erreichte und seither übersteigt26. Diesem anfänglich zwar ausgesprochen langsam verlaufenden Prozess der wirtschaftlichen Integration der Industriestaaten stand in den Entwicklungsländern der Prozess der Dekolonialisierung entgegen. Diese ereignete sich in ihrer vorletzten großen Welle27 in den sechziger und siebziger Jahren und fand ihren Höhepunkt im Jahre 1960, als in einem Jahr 19 Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent ihre Unabhängigkeit erlangten. Der Vorgang der Dekolonialisierung war von einem Paradox gekennzeichnet: Während die jungen Staaten auf ihr Recht auf Freiheit und nationale Selbstbestimmung pochten, nach staatlicher Souveränität strebten, wuchs in dieser Zeit gleichzeitig und unvermeidlich die internationale Interdependenz der Staaten28. Im Zuge einer vornehmlich von Vertretern der Entwicklungsländer propagierten Neuen Internationalen Wirtschaftsordnung29 stand man dort zunehmend 23 Vgl. Dunning, Studies in International Investment, 23 ff., der den Anteil der PortfolioInvestitionen an allen privaten Kapitalexporten am Ende der sechziger Jahre mit ca. 20 % angibt. 24 Vgl. Buckley, Multinational Finance, 36. 25 Vgl. Kuusi, The Host State and the Transnational Corporation, 29. 26 Vgl. Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 80; UNCTAD, World Investment Report 1999, 12. 27 Zum Begriff und Ablauf der Dekolonialisierung s. Tetzlaff, in: Kaiser / Schwarz, Die neue Weltpolitik, 34. Die letzte der demnach sechs großen Wellen der Dekolonialisierung ereignete sich nach dem Verschwinden der Sowjetunion 1991. 28 Vgl. Tetzlaff, in: Kaiser / Schwarz, Die neue Weltpolitik, 34, 35. 29 Durch ihre Mehrheit in den Vereinten Nationen konnten die Entwicklungsländer ihre Forderungen nach einer internationalen Sozialgebundenheit transnationaler Wirtschaftbetätigung und einer zu weltweiter Umverteilung führende kompensierenden Ungleichbehandlung zum Bestandteil einer Reihe von VN-Resolutionen machen, vgl. z. B. GA-Res. 3201, S-VI para. 4 (h) in ILM 1974, 715, 719; vertiefend dazu Besters (Hrsg.), Eine neue Ordnung der Weltwirtschaft?

II. Heutiger Stand der Auslandsinvestitionen

29

privaten ausländischen Investitionen ablehnend gegenüber. Ausländische Investoren sahen sich Nationalisierungs-Kampagnen30 ausgesetzt; gleichzeitig glaubten viele Entwicklungsländer, in der Aufnahme privater Kredite einen probateren Weg der wirtschaftlichen Entwicklung gefunden zu haben31. Das Wachstum der internationalen Investitionen wurde daher in den siebziger Jahren von der Kreditvergabe privater Finanzinstitute an Entwicklungsländer noch übertroffen32. Im Vergleich zu ausländischen Investitionen sind mit den öffentlichen Finanzierungsmitteln und dem privaten Anleihekapital jedoch hohe und regelmäßig wiederkehrende Tilgungsverpflichtungen verbunden, die zu der enormen Auslandsverschuldung der Entwicklungsländer seit dieser Zeit beigetragen haben33. Insgesamt gilt daher bereits seit dieser Zeit in Wissenschaft und Praxis nahezu unangefochten die Überzeugung, dass ausländische Direktinvestitionen in besonderem Maße geeignet sind, zu einem schnelleren Wirtschaftswachstum und zu einer Erhöhung des Pro-KopfEinkommens in den Entwicklungsländern beizutragen34.

II. Heutiger Stand der Auslandsinvestitionen Diese Entwicklung hat sich mit dem Niedergang des Primats politischer Ideologien und einer weltweiten Renaissance des marktwirtschaftlichen Systems seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch erheblich beschleunigt35. Die jährliche Zuwachsrate der Auslandsinvestitionen ist bis heute wesentlich höher als die Zunahme des internationalen Handels36. Die Verflechtung der Weltwirtschaft, als der faktischen internationalen Verflechtung der Wirtschaftsbeziehungen37, welche nur einen Teilbereich des Phänomens der Globalisierung38 darstellt, hat einen 30 Diese Kampagnen entsprachen nicht „Nationalisierungen“ im herkömmlichen Sinne, da es an einem unmittelbaren hoheitlichen Zwang gegenüber ausländisch beherrschten Wirtschaftsunternehmen fehlte. Es handelte sich eher um eine Ausübung moralischen Drucks, vorhandene Beteiligungen aufzugeben oder zu reduzieren, vgl. dazu Ijalaye, RdC 1981, 9, 11 ff. 31 Diese Entwicklung wurde zusätzlich durch eine Erweiterung des Kreises der kapitalexportierenden Länder, um die Erdöl fördernden Schwellenländer des Nahen Ostens, wie z. B. Kuwait und Saudi Arabien, begünstigt. Ein übermäßiges Kapitalangebot, sog. Petrodollars, suchte weltweit nach Anlagemöglichkeiten. 32 Vgl. Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 88. 33 Dabei handelte es sich mit Sicherheit um das weltwirtschaftliche Problem der achtziger Jahre und auch heute noch um eines der brennendsten Probleme im Nord-Süd-Verhältnis. 34 Vgl. Pearson-Report, Partners in Development, 125 und 131; Guth, Capital Export to Less Developed Countries, 37 f. bereits 1963; Worldbank, Weltentwicklungsbericht 1999 / 2000, 98 ff. 35 Vgl. Dunning, TNCs 1994, Vol. 3, 24 f., mit einer Reihe weiterer Erklärungsgründe für die Zunahme weltweiter Anlagetätigkeit. 36 Vgl. Karl, RIW 1994, 809; UNCTAD World Investment Report 1999, XIX. 37 Vgl. v. Vitzthum, Völkerrecht, 493.

30

B. Der Schutz internationaler Investitionen

Grad erreicht, bei welchem nicht länger nur von einem Prozess als vielmehr von seinem Resultat gesprochen werden kann: Globalität39. Im Gegensatz zur Internationalisierung des Kapitalverkehrs, die, wie oben dargelegt, kein neues Phänomen ist, handelt es sich bei der Globalisierung um ein ziemlich junges Phänomen, welches seinen Anfang vor rund 25 Jahren nahm und sich im letzten Jahrzehnt erheblich beschleunigt hat40. Die Auswirkungen auf die internationale Anlagetätigkeit sind dabei umfassend. Für das Jahr 2002 werden allein für geschätzte 13,7 Billionen US-Dollar aus den weltweiten Vermögensbeständen für die Altersvorsorge Anlagen mit hohen Renditemöglichkeiten gesucht werden41. Besonders volatiles Kapital für Portfolio-Investitionen in Wertpapieren reagiert auf der Suche nach seiner produktivsten Verwendung immer sensibler auf Rendite-Unterschiede42. Deutlich wird dies durch die Veränderungen an den großen Wertpapierbörsen, deren Anlagemöglichkeiten heute konsequent internationalisiert sind43. Als treibende Kraft der Globalisierung haben insbesondere ausländische Direktinvestitionen seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts weiter an Gewicht gewonnen. Nach überaus kritischer und oft ideologisch beeinflusster Einstellung gegenüber ausländischen Direktinvestitionen bis in die 80er Jahre hinein hat sich bei den Staaten eine positivere Beurteilung herausgebildet44. Ausländische Direktinvestitionen werden von den Entwicklungsländern nicht mehr als neo-imperialistisches Instrument und von den Industriestaaten nicht mehr als unerwünschte Konkurrenz für die eigene Wirtschaft angesehen, sondern die positiven Effekte ausländischer Investitionen auf ihre Volkswirtschaften erkannt: als zusätzliche Kapitalquelle, Mittel zu einer ausgeglichenen Zahlungsbilanz, Ausgangspunkt wachsender Produktivität und Beschäftigung sowie als Auslöser von Technologie- und Management-Know-how-Transfer45. Von bemerkenswertem Einfluss auf diese 38 Vgl. Baylis, in: Baylis / Smith, The Globalization of World Politics, der Globalisierung definiert, als „( . . . ) the process of increasing interconnectedness between societies such that events in one part of the world more and more have effect on people and societies far away. A globalised world is one in which political, economic, cultural, and social events become more and more interconnected.“ 39 Vgl. die Rede des damaligen Bundespräsidenten Herzog vor dem World Economic Forum in Davos vom 26. 01. 1999, in FAZ 1999, Nr. 24 vom 29. 01. 1999, 8. 40 Vgl. Baum, in: Basedow / Kono, Legal Aspects of Globalization, 77, 81. 41 Vgl. Worldbank, Weltentwicklungsbericht 1999 / 2000, 42. 42 Vgl. Henkel, VN 1995, 193. 43 An der Frankfurter Börse hat sich die Zahl handelbarer ausländischer Aktien von 1.385 in 1996 auf rund 6.000 im Jahr 2005 mehr als vervierfacht, vgl. www.deutsche-boerse.com; dazu auch Baum, in: Basedow / Kono, Legal Aspects of Globalization, 77, 81, mit weiteren Beispielen. 44 Vgl. Krägenau, Internationale Direktinvestitionen, 31. Für die Rolle der USA in diesem Zusammenhang, vgl. Ellis, in: Wallace, Foreign Direct Investment in the 1990s, 1 f. 45 Brittan, TNC 1995, Nr. 1, 1, 2.

II. Heutiger Stand der Auslandsinvestitionen

31

Entwicklung war unter anderem auch die Restrukturierung und Privatisierung staatlicher Unternehmen sowohl in den Entwicklungsländern46 wie in den entwickelten Staaten47. Auch zukünftig ist damit zu rechnen, dass die Staaten bei der Realisierung kostenintensiver Infrastrukturmaßnahmen vermehrt auf die Kapitalkraft privater Investoren werden zurückgreifen müssen. Nicht nur in den Entwicklungsländern hat inzwischen geradezu ein Wettlauf um das Anlocken ausländischen Kapitals eingesetzt. Auch Industrienationen wie Deutschland bemühen sich von offizieller Seite um ausländische Direktinvestitionen48. Untrennbar mit fast allen Aspekten der Globalisierung und besonders der sprunghaften Zunahme von ausländischen Direktinvestitionen verbunden ist das Aufkommen multinationaler Unternehmen. Als solche werden Unternehmen bezeichnet, die „usually comprise companies or other entities whose ownership is private, state or mixed, established in different countries and so linked that one or more of them may be able to exercise a significant influence over the activities of others, and, in particular, to share knowledge and resources with the others.“49

Weltweit waren im Jahre 2003 rund 61.000 multinationale Unternehmen mit geschätzten 900.000 Tochterunternehmen als ausländische Investoren tätig50. Mit jährlichen Steigerungsraten von durchschnittlich über 25% zwischen 1990 und 2000 hatten maßgeblich diese Unternehmen das jährliche ausländische Investitionsvolumen von US $ 209 Mrd. im Jahre 1990 auf US $ 1.400 Mrd. im Jahre 2000 mehr als versechsfacht51. Nach diesem Höhepunkt internationaler Investitionstätigkeit in den Jahren 1998 – 2001 hat sich das Klima für internationale Direktinvestitionen in den Folgejahren merklich abgekühlt. Es ist mit US $ 560 Mrd. im Jahr 2003 aber nicht mehr unter den Stand von vor 1998 gefallen52. Gründe dafür lagen zum einen maßgeblich in der Abkühlung der Leitbörsen der Welt, die das 46 Vgl. Pritchard, Economic Development, Foreign Investment and the Law, 2, der die Zahl der internationalen Transaktionen aufgrund von Privatisierungen in über 60 Entwicklungsländern zwischen 1988 und 1993 mit rund 2.300 angibt. 47 Als ein Beispiel von vielen mag hier die Vergabe von Telekommunikations-Lizenzen durch die europäischen Staaten an private Investoren zu sehen sein. Allein in Deutschland tätigten in- und ausländische Investorenkonsortien dabei im Jahre 2000 Direktinvestitionen in Höhe von über A 51 Mrd. 48 Die Bundesregierung hat dafür das Amt des Beauftragten für Auslandsinvestitionen geschaffen, s. www.invest-in-germany.de. 49 OECD Guidelines for Multinational Enterprises vom 21. 06. 1976, para. 8, in OECD, The OECD Declaration and Decisions on International Investment and Multinational Enterprises, 104. 50 UNCTAD, World Investment Report 2004, 8. Dies entspricht mehr als einer Verdreifachung der Zahl der Tochterunternehmen gegenüber 270.000 im Jahre 1995, vgl. den entsprechenden Report aus 1996. 51 Angaben für Investitionszuflüsse (Investment Inflows); vgl. UNCTAD, World Investment Report 2004, 2. 52 Vgl. UNCTAD, a. a. O., 3.

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

Kapital für die M&A Transaktionen der Jahre 1999 bis 2001 zur Verfügung stellten53, und in dem Ende der Privatisierungswelle staatlicher Vermögenswerte54. Die aggregierten Direktinvestitionsbestände55 beliefen sich dabei auf über 8,25 Billionen US $ in 200356. Einhergehend mit dem rasanten Anwachsen der ausländischen Direktinvestitionen sind qualitative Veränderungen bei den Investitionsvorhaben und den bevorzugten Gaststaaten festzustellen. Nach dem Übergang vom primären (überwiegend explorativen) zum verarbeitenden Sektor vollzieht sich nunmehr ein Wechsel hin zum Dienstleistungssektor, auf den im Jahr 2002 bereits 60% aller ausländischen Direktinvestitionen entfielen57. Bei den Gaststaaten zeigt sich ein differenziertes Bild: Nach wie vor ereignen sich zwei Drittel der Ströme ausländischer Direktinvestitionen zwischen den Blöcken der sog. Triade, also den USA, der Europäischen Union und Japan, über 90% der Direktinvestitionen werden in entwickelten Staaten getätigt58. Da seit Beginn der 70er Jahre auch einige Schwellenländer zu den kapitalexportierenden Staaten gehören, liegt der Anteil der Entwicklungs- und Schwellenländer mittlerweile bei ca. 8% des investierten, aber nach wie vor bei nur ca. 26% des empfangenen Kapitals von Direktinvestitionen. In den Entwicklungsländern stehen ausländische Direktinvestitionen wieder an erster Stelle vor privaten Bankkrediten und staatlichen Entwicklungshilfeleistungen und machen dort annähernd 80% des gesamten Kapitalzuflusses aus59. Im Jahre 2005 sind 95 der 148 als Entwicklungsländer klassifizierten Staaten Mitgliedstaaten des WBÜ60. Der Anteil dieser Entwicklungsländer an der Gesamtzahl staatlicher Streitparteien vor den verschiedenen ICSID-Fazilitäten beträgt beinahe 90%. Dieser hohe Anteil mag zum einen darin begründet liegen, dass Investitionen in entwickelten Staaten signifikant öfter ohne jede staatliche Beteiligung zwischen privaten Unternehmen abgewickelt werden und daher State Contracts zwischen dem ausländischen Investor und dem Gaststaat dort eher die Ausnahme darstellen, während ausländische Investoren in Entwicklungsländern häufiger in direkten vertraglichen Kontakt mit dem Staat tre53 Transnationale Transaktionen („Cross-border M&As“) gingen von 2000 mit 175 Transaktionen im Transaktionsvolumen von über 1 Mrd. US $ und einem Gesamtvolumen allein dieser Transaktionen von 866 Mrd. US $ auf 56 Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von 141 Mrd. US $ in 2003 zurück. 54 Vgl. UNCTAD, World Investment Report 2004, 6. 55 Zu den Schwierigkeiten einer exakten Bestimmung ihrer Höhe vgl. Krägenau, Internationale Direktinvestitionen, 32, Fn. 8, der solche Werte daher ausschließlich als Orientierungsgröße gelten lassen will. 56 UNCTAD, World Investment Report 2004, 376. 57 UNCTAD, World Investment Report 2004, 30. 58 UNCTAD, World Investment Report 2004, xviii. 59 UNCTAD, World Investment Report 2004, 5; Weltbank, Weltentwicklungsbericht 1999 / 2000, 8. Gerade auf diese privaten ausländischen Direktinvestitionen, gilt es im Rahmen dieser Arbeit das Hauptaugenmerk zu richten. 60 Zahlen der Entwicklungsländer gemäß dem Development Assistance Committee der OECD; s. www.oecd.org / dac.

III. Arten von Investitionen im Ausland

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ten61. Zum anderen ist der höhere Anteil auf mangelnde rechtsstaatliche Strukturen und eine besondere Anfälligkeit für Korruption in den Entwicklungsländern zurückzuführen62.

III. Arten von Investitionen im Ausland Der Blick auf die historische Entwicklung und den heutigen Stand internationaler Kapitalströme hat gezeigt, dass sich diese im Rahmen unterschiedlicher Instrumente ereignen. Die Darstellung der historischen Entwicklung und des gegenwärtigen (Höchst-)Standes ausländischer Investitionen hat die Einteilung in die drei maßgeblichen Erscheinungsformen dieser internatonalen Kapitaltransaktionen bereits benannt: ausländische Direktinvestitionen, Portfolio-Investitionen und Kredite63. Bevor im sechsten Abschnitt der Arbeit eine präzise Bestimmung des speziellen Investitionsbegriffes des WBÜ unternommen werden soll, gilt es zunächst das von Gramlich attestierte „Begriffswirrwarr“64 um den „schillernden Begriff“65 der Investition durch einige definitorische Vorbemerkungen zu entwirren. Angesichts der Vielfalt der bestehenden Möglichkeiten, sich im Ausland unternehmerisch mit unterschiedlicher Intensität zu betätigen und zu investieren, sind dafür die verschiedenen Formen des Auslandsengagements festzustellen und zu unterscheiden. Eine Einteilung der grenzüberschreitenden Kapitalströme lässt sich dabei zunächst nach privaten und öffentlichen Quellen vornehmen.

1. Privater und öffentlicher Kapitalverkehr Mit der Einteilung nach privater oder öffentlicher Herkunft korreliert eine in der Regel unterschiedliche Zielsetzung der Instrumente. Als öffentlicher Kapitaltransfer werden solche Instrumente bezeichnet, die entweder direkt von den Staaten und ihren dafür geschaffenen Körperschaften oder durch Internationale Organisationen vorgenommen werden. Sie erfolgen in der Form staatlicher Entwicklungshilfe oder durch Darlehen und Kredite der International Bank for Reconstruction and Development (IBRD), der International Development Association (IDA) oder regionaler Entwicklungsbanken in Lateinamerika, Afrika, Asien und Europa. Die Kapitaltransfers aus diesen öffentlichen Quellen zeichnet die Gemeinsamkeit eines soziaVgl. Kischel, State Contracts, 45. Siehe zu State Contracts auch unten B.IV.3.a). 63 Vgl. Eisenhut, Aktuelle Volkswirtschaftslehre, 267, der als viertes Element internationaler Finanztransaktionen den Devisenhandel nennt. Dieser ist nicht Gegenstand der Untersuchung. 64 Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 121, der auch zutreffend auf definitorische Schwierigkeiten durch die häufigen und spontanen Wandlungen in diesem Lebensbereich hinweist. 65 Frick, Bilateraler Investitionsschutz in Entwicklungsländern, 180. 61 62

3 Belling

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len und ökonomischen Entwicklungsgedankens aus66. Öffentliche Kredite der IDA werden üblicherweise an die ärmsten Länder zu Konditionen vergeben, die nicht rückzahlbaren Finanzhilfen nahe kommen67. Darlehen und Kredite der IBRD, der Inter-American Development Bank, African Development Bank, Asian Development Bank oder der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung werden für gewöhnlich an ihre Mitgliedstaaten zum Auf- und Ausbau von Infrastruktur, Landwirtschaft und Bildungswesen und für ähnliche Projekte vergeben68. Ihre Vergabe erfolgt in der Regel zu günstigeren Konditionen als die der privaten Geschäftsbanken69. Wenn sich öffentliche Kapitalströme zwischen den Staaten somit in der Regel in der Form von Krediten ereignen, so ist der Begriff der Investition dem staatlichen fiskalen Handeln doch nicht fremd. Öffentliche Investoren – bzw. öffentliche Investitionen, die in der Regel nur von Körperschaften des öffentlichen Rechts oder einem Staat und seinen Untergliederungen getätigt werden können – unterscheiden sich in ihrer Zielsetzung allerdings derart gravierend von privaten Unternehmen, dass die Subsumption ihres hoheitlichen Handelns unter den Investitionsbegriff zwar möglich erscheint, dadurch eines der signifikantesten Merkmale des Investitionsbegriffs jedoch weitgehend zum Verschwinden gebracht wird: Ihnen zwingt ihr Umfeld kein Erfordernis überlebensnotwendiger, zumindest mittelfristiger Gewinnerzielung auf. Aus einer umfassenderen Sichtweise mag der angestrebte „Gewinn“ allein im Vermeiden gesamtwirtschaftlicher Stagnation oder gar eines zivilisatorischen Rückschritts geortet werden können, ein Umstand, der schlechterdings nicht mehr messbar sein dürfte70. Dies besonders, weil praktisch dem gesamten staatlichen Handeln und damit auch den vom Staat getätigten Ausgaben ein mehr oder minder großer Zukunftsbezug eigen ist. Indem der Staat die Aufgaben der Gegenwart bewältigt, partizipiert er im zeitlichen Kontinuum an den Früchten früherer Aufwendungen und schafft gleichzeitig Voraussetzungen für die Zukunft71. Im deutschen Verfassungsrecht kommt dem Investitionsbegriff der normative Zweck der Begrenzung der staatlichen Neuverschuldung auf die Höhe öffentlicher Investitionen zu72. Unter öffentlichen Investitionen werden in diesem Zusammenhang sämtliche staatlichen Ausgaben verstanden, die „in besonderem Maße zukunftswirksam“ sind und „die ökonomischen und gesellschaftlichen Startchancen des einzelnen und / oder die Entwicklungsbedingungen der Gesamtwirtschaft auf Escher, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 20. Vgl. Shihata, The World Bank in a Changing World, Vol.II, 14 f. 68 Vgl. Kunig, in: United Nations: Law, Policies and Practice, 1995, 1056, 1057, der weitere regional tätige Entwicklungsbanken anführt. 69 Escher, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 20. 70 Vgl. Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 124. 71 Vgl. Friauf, in: Isensee / Kirchhoff, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV, 344. 72 Art. 115 Abs. 1, S. 1 GG; zum Investitionsbegriff des deutschen Grundgesetzes vgl. auch BVerfGE 79, 311, 337 f. 66 67

III. Arten von Investitionen im Ausland

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längere Sicht verbessern“73. Die einzelwirtschaftliche Rentabilität besitzt somit keine Bedeutung (mehr) für die Abgrenzung der öffentlichen Investitionen. An ihre Stelle ist eine gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise getreten, deren beachtlicher Beurteilungsspielraum sich mangels eindeutiger Abgrenzungskriterien einer genaueren Festlegung entzieht74. Bedenken sind somit angebracht, ob eine Subsumption der öffentlichen Ausgaben unter den Investitionsbegriff dessen Spezifika nicht allzu unscharf werden lassen würde. Eine abschließende Beantwortung der Frage nach dem Inhalt eines Begriffs der öffentlichen Investition mag sich im Rahmen dieser Arbeit aus zwei Gründen allerdings erübrigen: Zum einen handelt es sich bei ihnen weitestgehend um Investitionen eines Staates innerhalb seines Staatsgebietes75, zum anderen lässt sich der Untersuchungsgegenstand bereits nach dem Sinn gebenden Titel der „Convention of the Settlement of Investment Disputes Between States and Nationals of Other States“ thematisch auf Investitionen nichtstaatlicher Investoren eingrenzen. Als solche können sämtliche Investitionen bezeichnet werden, welche weder von der öffentlichen Hand noch von Internationalen Organisationen getätigt werden. Dabei kann es sich um Investitionen von Privatpersonen oder privatwirtschaftlich agierenden Unternehmen handeln. Ebenso sind Unternehmen, an denen ein Staat im Rahmen der Fiskalverwaltung beteiligt ist, zu diesen zu zählen, wenn sie ohne die Einräumung marktwidriger Privilegien wie ein Privater investieren76. Im Unterschied zu öffentlichen Investitionen zeichnen sich private durch ihre (zumindest mittelfristige und dadurch messbare) Gewinnorientiertheit aus77.

2. Der Begriff der Investition Nach dieser Unterscheidung internationaler Investitionen nach der Person des Investors und der Eingrenzung auf ausschließlich solche privater Investoren ist der Begriff in seiner speziellen Verwendung im internationalen Wirtschaftsrecht zu betrachten. Auch ohne die Besonderheit der Transnationalität ist die Begriffsbestimmung bereits problematisch, weil es keinen Konsens darüber gibt, was allgemein unter dem Begriff der Investition zu verstehen ist. Ebenso wenig ist eine einheitliche normative Kategorie der Investition bislang weder auf nationaler noch inter73 Finanzwirtschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen, Gutachten zur Finanzierung eines höheren Staatsanteils am Bruttosozialprodukt, Schriftenreihe des Ministeriums, Heft 20, 1972, 7, zitiert nach Kitterer, DÖV 1975, 23, 27. 74 Vgl. Stern, Staatsrecht, 1279. 75 Eine Ausnahme davon stellt in dieser Hinsicht beispielsweise der Aktienbesitz Großbritanniens an der Suez-Kanal-Gesellschaft dar. 76 Vgl. Patzina, Rechtlicher Schutz von Privatinvestitionen gegen Enteignungsrisiken in Entwicklungsländern, 11. 77 Vgl. Escher, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 20.

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

nationaler Ebene auszumachen78. Investitionen sind der Rechtswissenschaft überhaupt erst seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts als normative Kategorie bekannt. Dies galt für den deutschen Sprachraum wohl auch allgemein für den Begriff der Investition. Während sich das englische Äquivalent Investment bereits im Jahre 1740 im Sinne einer Anlagetätigkeit nachweisen lässt79, hat sich die wirtschaftliche Bedeutung des Wortes im deutschen Sprachraum erst in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. herausgebildet80. Zudem wird der Begriff in den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen unterschiedlich gebraucht81. Auch in die Alltagssprache hat der Begriff der Investition in mannigfaltiger Weise Eingang gefunden82. Aus diesem Grund kann diese Untersuchung nicht an einen vorgegebenen einheitlichen Begriff anknüpfen, sondern allenfalls an eine Sammlung divergierender Konzepte. Es liegt jedoch nahe, den spezifisch wirtschaftswissenschaftlichen Begriffsgebrauch in den Mittelpunkt juristischer Erörterungen zu stellen, leiten sich doch heutzutage auch andere metaökonomische Sprachregelungen von dieser Bedeutung ab83.

a) Der wirtschaftswissenschaftliche Begriff der Investition In der Kapitalwirtschaft spielen Investitionen eine zentrale Rolle. Von Investitionen hängt aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht die Existenz und gesamte Entwicklung von Unternehmen ab84. Der Begriff der Investition ist je nach Betrachtungsweise volks- oder betriebswirtschaftlichen Ursprungs. In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur findet sich eine Vielzahl von Definitionsversuchen, welche der umfassenden Verwendung des Begriffs im allgemeinen Sprachgebrauch Konturen zu geben versuchen. Volkswirtschaftlich umfasst er allgemein „die Verwendung eines Gutes zur Erhaltung, Erweiterung oder Verbesserung des volkswirtschaftlichen Produktionsapparates85.“ Das für Investitionen benötigte Kapital muss beschafft werden, d. h. Investitionen müssen finanziert werden. Demnach ist die Hahn / Gramlich, ArchVR 1983, 143, 149. Vgl. Oxford English Dictionary, 458. Danach wurde der Begriff des Investment im Indien Handel nachweislich bereits seit 1615 im Sinne von „Aufwendung von Geld für den Erwerb von indischen Waren“ verwendet. 80 Vgl. Drosdowski, Duden, Etymologie, 310; etymologisch entstammt es dem mittellateinischen investire (= in ein Amt einführen; ein Amt bekleiden). 81 In der Fachterminologie z. B. der Politik- oder Wirtschaftswissenschaften wird der Begriff in unterschiedlichen Zusammenhängen mit durchaus verschiedenen Bedeutungsinhalten verwendet. Vgl. Fischer, in: FS Seidl-Hohenveldern, 95. 82 Als z. B. Investition in die Gesundheit, die Ausbildung; sehr vage als Investition in die Zukunft oder als eben solche von Zeit. 83 Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 122. 84 Jung, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 774. 85 Vgl. Blümle / Patzig, Grundzüge der Makroökonomie, 192. 78 79

III. Arten von Investitionen im Ausland

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Investition eine Tätigkeit, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten Ausgaben und Einnahmen verursacht, wobei am Anfang immer eine Ausgabe steht. Demgegenüber versteht man unter Finanzierung eine Handlung, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten Einnahmen und Ausgaben verursacht, wobei dieser Vorgang immer mit einer Einnahme beginnt86. Somit bezieht sich der Begriff Finanzierung auf die Beschaffung und der Begriff Investition auf die Verwendung von Kapital87. Von Investitionen wird auch als Kapitalverwendungsvorgang gesprochen, bei dem freies Kapital in gebundenes Kapital umgewandelt wird88. Jung ordnet die verschiedenen Begriffsverwendungen drei Gruppen zu89: (a) Vermögensbestimmter Investitionsbegriff Dieser Begriff beinhaltet leistungs- und finanzwirtschaftliche Aspekte. Man versteht hier Investition als Umwandlung von Kapital in Vermögen, d. h. Umwandlung von Passivposten in Aktivposten der Bilanz. Die Vermögensteile lassen sich wie folgt unterscheiden: Anlagevermögen, Umlaufvermögen, Finanzanlagen, z. B. Beteiligungen, und immaterielles Vermögen. Der Investitionsbegriff kann dabei eng oder weit gefasst werden, je nachdem, welche Vermögensteile einbezogen werden. (b) Kombinationsbestimmter Investitionsbegriff Hier wird der leistungswirtschaftliche Aspekt der Investition betont. Er umfasst die optimale Kombination bzw. Eingliederung von bereits beschafften Investitionsgütern. Der Begriff bezieht sich nur auf einen engen Bereich der Investitionswirtschaft und hat daher auch nur eine geringe Bedeutung und Verbreitung gefunden. (c) Zahlungsbestimmter Investitionsbegriff Dieser hebt den finanzwirtschaftlichen Aspekt der Investition hervor. Es werden die Zahlungsströme (Aus- und Einzahlung) betrachtet, die mit der Investition verbunden sind. Dabei stellt jede Auszahlung eine Investition und jede Einzahlung eine Desinvestition90 dar.

Vgl. Schneider, Investition und Finanzierung, 21. Vgl. Jung, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 775. 88 Vgl. Schierenbeck, Betriebswirtschaftslehre, 104. 89 Vgl. Jung, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 775 f., der jedoch auf mögliche Überschneidungen innerhalb der Gruppen hinweist. 90 Desinvestitionen werden allgemein als Gegensatz zu Investitionen definiert. Vgl. dazu Häde, Desinvestitionen im Internationalen Recht, 60 ff. 86 87

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

aa) Investitionsvornahme und -Objekt Der Begriff der Investition wird dabei synonym für zwei verschiedene Tatbestände verwendet. Zum einen kann er die Tätigkeit des Investierens als auch ein Objekt – als Resultat der Investitionstätigkeit – kennzeichnen91. Dem dynamischen Element des Kapitaltransfers folgt das statische Element des dadurch geschaffenen Vermögensbestandes92. Dabei setzt die wirtschaftswissenschaftliche Durchdringung des Begriffes hauptsächlich am Prozess des Investierens, insbesondere der Berechenbarkeit des Investitionsvorhabens (Investitionsrechnung)93, an, während das Objekt und sein rechtlicher Schutz im Mittelpunkt des juristischen Interesses stehen94. Bei der für die wirtschaftswissenschaftliche Sicht im Mittelpunkt stehenden Investitionsentscheidung kommt es im Wesentlichen auf die Beurteilung von Tätigkeiten an. Die Bewertung des Investitionsobjekts steht außerhalb der Investitionshandlung95. Unter diesem Aspekt steht somit der Maßnahmenkomplex, der gesamte Handlungsablauf96 im Vordergrund, der zur Vornahme einer Investition in Gang gesetzt werden muss. Unterscheidet man bei Investitionen zwischen dieser anfänglichen Installationsphase und der folgenden Durchführungs- oder Lebensphase, so beschränkt sich die wirtschaftswissenschaftliche Investitionsrechnung bei letzterer weit gehend auf die Vorhersehbarkeit des richtigen Beendigungszeitpunktes97. Das dynamische Element steht somit im Vordergrund des wirtschaftswissenschaftlichen Investitionsbegriffs98.

bb) Investitionsarten Der Investitionsbegriff hat dabei folgende Unterscheidungen erfahren: Eine erste wichtige Unterscheidung trennt die Investitionen objektorientiert in Realinvestitionen und Finanzinvestitionen99. Letztere werden als Auszahlungen zum Erwerb Vgl. Kruschwitz, Investitionsrechnung, 2. Vgl. Scharrer, Förderung privater Direktinvestitionen, 2, der vom Kapitaltransfer als Stromgröße und dem Vermögensbestand als Bestandsgröße spricht. 93 Kritisch angemerkt von Altrogge, Investition, 1. 94 Vgl. Frick, Bilateraler Investitionsschutz in Entwicklungsländern, 178, der folgerichtig vom statisch-juristischen Element des Terminus „Investment“ spricht. 95 Vgl. Kruschwitz, Investitionsrechnung, 3. 96 Der Prozess der Investitionsplanung wird in Phasenschemata strukturiert. Von Nuancen abgesehen findet man überall die gleichen Phasen: Anregungsphase, Problemdefinition, Phasen der Alternativendarstellung und Alternativenauswahl, Realisierungsphase, Produktionsphase und Beendigungsphase. Vgl. z. B. Seicht, Investition und Finanzierung, 42 ff. 97 Altrogge, Investition, 2. 98 Vgl. z. B. Kruschwitz, Investitionsrechnung, 2; unentschieden hingegen Seicht, Investition und Finanzierung, 16. 99 Die Terminologie ist uneinheitlich. Gebräuchlich ist auch die Bezeichnung als Finanzierungsinvestition, indirekte Investition oder Portfolioinvestition. 91 92

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von Rechten beschrieben. Diese sind wiederum in Finanzinvestitionen in Forderungsrechte und solche in Beteiligungsrechte untergliedert. Im Prinzip entstehen Forderungsrechte beim Fremdkapitalgeber, dem Kreditgeber und Beteiligungsrechte beim Eigenkapitalgeber, dem Anteilseigner100. Finanzinvestitionen bezwecken vornehmlich die Verbesserung der Marktstellung, die Erlangung von Steuervorteilen und die Anlage von Liquiditätsreserven101. Eine aktive Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung über die Verwendung des investierten Kapitals ist damit in der Regel nicht verbunden. Investitionen in Beteiligungsrechte erfolgen in der Regel durch den Erwerb von Anteilen am Stammkapital des entsprechenden Unternehmens. Investitionen in bestehende Unternehmen in einer beteiligungsfähigen Rechtsform erfolgen im Falle der Aktiengesellschaft über den Erwerb von Aktien. Auch für die Wirtschaftswissenschaft stellt dabei die Bewertung größerer Finanzinvestitionen in Beteiligungsrechte an einem Unternehmen ein Problem dar. Aktienpakete bewegen sich je nach Größe mehr oder weniger weit weg von der oben dargestellten reinen Finanzinvestition. Sie werden in der Regel nicht am klassischen Markt, der Börse, gehandelt und haben wegen der mit dem Paketbesitz verbundenen Einflussnahme auf den Produktionsapparat wesentliche Züge von Realinvestitionen102. Realinvestitionen sind die eigentlichen betrieblichen Investitionen. Sie werden zunächst in materielle und immaterielle Investitionen unterschieden und sind durch Bindung des Kapitals zu wesentlichen Bestandteilen in materiellen (Betriebsmittel, Vorräte, Anlagen) bzw. immateriellen Anlagegütern (Forschung und Entwicklung, Ausbildung, Marketing, gewerbliche Schutzrechte) gekennzeichnet103. Vornehmlich an den Kapazitäten ausgerichtet, werden diese in Neu-, Ersatz-, Rationalisierungs- und Erweiterungsinvestitionen untergliedert. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass es sich bei Realinvestitionen um relativ große und unteilbare Projekte handelt, die nach der Installation praktisch kaum eine Revidierung zulassen104. b) Verwendung des Begriffs im Recht Trotz der festgestellten Uneinheitlichkeit und unzureichenden Bestimmtheit der wirtschaftswissenschaftlichen Terminologie übernehmen juristische Texte, Rechtsprechung und Wissenschaft weit gehend das ökonomische Vokabular105. Dabei werden Begriffe der ökonomischen Fachsprache teilweise in ihrem ursprünglichen Sinn übernommen, teilweise aber auch mit einem (eigentums-)rechtlichen Inhalt 100 101 102 103 104 105

Altrogge, Investition, 7. Vgl. Seicht, Investition und Finanzierung, 15. Vgl. Altrogge, Investition, 7. Vgl. Schulte, Investition, 39. Vgl. Altrogge, Investition, 9. Vgl. Hahn / Gramlich, ArchVR 1983, 145, 149.

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

versehen. Die wirtschaftlich-rechtliche Doppeldeutigkeit des Investitionsbegriffes resultiert daraus, dass es sich in dem einen wie dem anderen Zusammenhang letztlich um die verschiedenen Betrachtungsweisen eines einheitlichen, tatsächlichen Prozesses handelt. So differenziert man auch hier einmal nach den Wirtschaftssektoren, in die Investitionen getätigt werden, in industrielle, extraktive oder Dienstleistungsinvestitionen; die weitere Einteilung in finanzielle und Sachinvestitionen hebt die Formen gerade auch des internationalen Investierens hervor. Neben der insbesondere auf die Person und Intention des Investors ausgerichteten Trennung von privaten und öffentlichen Investitionen sind die Grenzziehung zwischen Direktinvestitionen zum einen und Portfolio-Investitionen andererseits am bedeutsamsten106, wo sich auch in der rechtlichen Beurteilung, ähnlich wie in der wirtschaftswissenschaftlichen, der Zeitpunkt, an dem ein bloßes Innehaben von Unternehmensanteilen in ein Mitentscheidungs- und Kontrollrecht umschlägt, nur selten exakt erfassen lässt107. Dieser Mangel an Randschärfe hat bei der Übernahme des Begriffs in den rechtlichen Sprachgebrauch dazu geführt, dass ganz allgemein von der Übernahme eines metajuristischen Terminus „Investition“ abgesehen wurde. Zur Beschreibung der als Ergebnis des Investitionsprozesses erworbenen einzelnen Rechtspositionen, die bei der investitionsrechtlichen Beurteilung allein interessieren108, ist in einem Großteil der Investitionsregelungen der Weg einer jeweils besonderen Legaldefinition des im Einzelfall intendierten Begriffsinhalts gewählt worden109. 3. Private ausländische Investitionen Bei den grenzüberschreitenden Investitionen verhält es sich selbstverständlich nicht anders, auch hier kann nicht auf allgemein anerkannte Begrifflichkeiten zurückgegriffen werden110. Insbesondere über den Umfang des Begriffes der (privaten) ausländischen Direktinvestition herrscht Uneinigkeit. Internationale Instrumente zur rechtlichen Behandlung von Investitionen umgehen deshalb dieses Problem, indem der Begriff entweder gar nicht definiert111 oder das Definitionsproblem gelöst wird, indem möglichst lückenlos sämtliche denkbaren Elemente eines Investitionsprozesses aufgezählt werden112. Dabei ist es kein rein akademisches Vgl. Häde, AVR 1997, 181. Vgl. Hahn / Gramlich, ArchVR 1983, 145, 150. 108 Vgl. Frick, Bilateraler Investitionsschutz in Entwicklungsländern, 178. 109 Vgl. Hahn / Gramlich, ArchVR 1983, 145, 150. 110 Vgl. Fischer, in: FS Seidl-Hohenveldern, 95. 111 Wie in unserem Fall in Art. 25 Abs. 1 WBÜ. Entgegen Hiby, Desinvestitionen im internationalen Recht, 53, kommt der Investitionsbegriff dort zur Anwendung, er erfährt nur eben keine Definition. 112 Vgl. z. B. den Musterentwurf eines deutschen bilateralen Investitionsschutzvertages, ICSID Rev 1996, 221, 222. Zu Investitionsdefinitionen in ausgewählten bilateralen und multinationalen Abkommen s. u. 5.2. 106 107

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Unterfangen, nach einer allgemein gültigen Definition der ausländischen Direktinvestition zu suchen, sondern von hoher praktischer Relevanz. Die vorherrschende inkonsistente Rechtslage in Bezug auf Investitionen ermöglicht es nämlich, dass die gleiche Art geschäftlicher Aktivität im Ausland dem Schutzbereich des einen nationalen Investitionsgesetzes unterfällt, von einer anderen engeren Definition aber von nationalem und / oder bilateralem Investitionsschutz ausgenommen wird113. Unterschiedliche Auffassungen über den Umfang des Begriffs der internationalen Investition waren es unter anderem, welche die Verhandlungen im Rahmen der OECD über ein Multilateral Agreement on Investment zum Scheitern brachten114. Eine Einigung auf einen universal gültigen Begriff der internationalen Investition erscheint daher zurzeit nicht möglich. Es bleibt im Rahmen dieser Arbeit somit nur die Möglichkeit, die in ihrer Weite teilweise erheblich differierenden Definitionen einzelner rechtlicher Instrumente des Investitionsschutzes zu untersuchen. Die einzelnen Gestaltungsformen internationaler Investitionen, die dort in eine weite Auslegung entweder aufgenommen oder von einem engen Verständnis des Begriffs ausgeschlossen werden, sollen im Folgenden durch ihre Abgrenzung zu anderen nicht investiven Formen des Auslandsengagements entwickelt werden. a) Ausländische Investitionen und Welthandel Es ist eine beinahe banale Feststellung, dass internationale Investitionen begriffsnotwendig Bezüge zu mindestens zwei Staaten haben: Die beiden Grundformen internationaler Investitionen verlaufen sonach entweder als Kapitalabfluss aus einem Staat durch Vornahme von Auslandsinvestitionen gebietsansässiger privater Investoren oder als Tätigung ausländischer Investitionen durch gebietsfremde Personen im Inland115. Trotz der oben genannten Schwierigkeiten ist wiederholt der Versuch unternommen worden, rechtlich und betriebswirtschaftlich verwertbare Definitionen für den Begriff der internationalen Investition zu finden. Nach Riesenfeld soll eine Investition im Ausland dann vorliegen, „wenn ein Transfer von Kapital oder Material von einem Land (dem kapitalexportierenden Land) in ein anderes Land (dem Gastland) erfolgt, um dort im Gegenzug eine direkte oder indirekte Gewinnbeteiligung bei der Führung eines Unternehmens auszulösen.“116

Diese Verwendung des Kapitals zur Führung eines Unternehmens unterscheidet transnationale Investitionen von transnationalem Handel. Während der Exporteur von Waren keine permanente Repräsentanz im Importland zu unterhalten braucht, zeichnet sich der ausländische Investor gerade durch seine dauernde Präsenz im Escher, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 23. Böhmer, The Struggle for a Multilateral Agreement on Investment, GYIL, 1998, 267, 278 ff. 115 Vgl. Hahn / Gramlich, ArchVR 1983, 145, 151. 116 Vgl. Riesenfeld, in: EPIL, Instalment 8, 246. 113 114

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Gastland aus. Handel und Investitionen sind dabei jedoch nicht in ihrer Gegensätzlichkeit, sondern in vielen Fällen als Teile einer unternehmerischen Expansionsstrategie zu betrachten. Da Märkte sich wandeln, ist der Übergang von anfänglichem Handel zu einem langfristigeren Engagement als dynamischer Prozess zu betrachten117. Unter transnationalem Handel werden, neben dem Import und Export von Waren, grundsätzlich auch die Vergabe von Lizenzen auf Verfahren ins Ausland und der grenzüberschreitende Handel mit Dienstleistungen verstanden118. Die Gewährung von Lizenzen stellt eine Form des Auslandsengagements ohne Kapitalbeteiligung dar. Dabei stellt der Lizenzgeber dem Lizenznehmer Technologie meist in Form eines gewerblichen Schutzrechts zur Verfügung und enthält dafür als Gegenleistung vertraglich festgelegte Lizenzgebühren119. Sowohl bei Lizenzen als auch beim Handel mit Dienstleistungen ist die Abgrenzung zu neuen Formen von Direktinvestitionen ohne Kapitalbeteiligung allerdings bisweilen schwierig zu treffen120. Insgesamt nähern sich Welthandel und Investitionen heute einander immer stärker an. So schätzt man, dass bereits Ende der 80er Jahre mindestens 80% des internationalen Handels der USA durch transnationale Unternehmen abgewickelt worden ist121. Der konzerninterne Handel wird weltweit mit rund einem Drittel des gesamten internationalen Handels veranschlagt122. Umso auffälliger wird dabei das Regelungsgefälle zwischen dem seit 1947 mit dem GATT (und der 1994 daraus entwickelten WTO) auf einer universellen Grundlage stehenden Welthandel und den internationalen Investitionen.

b) Ausländische Direktinvestitionen Die Unterscheidung innerhalb des internationalen Investitionsbegriffs wird nicht anders als die oben dargestellte allgemeine Untergliederung der Investitionen vorgenommen: Dabei wird auch hier grundsätzlich zwischen (ausländischen) Sachinvestitionen auf der einen und Finanzinvestitionen auf der anderen Seite unterschieden. Bei Investitionen im Ausland ist es allgemein üblich, die vorstehende Vgl. Stahr, Internationales Marketing, 51. Vgl. Clasen, Foreign Trade and Investment, 9 ff. 119 Folgende Lizenzformen werden unterschieden: Patentlizenzen für Produktions- und Verkaufsrechte, Warenzeichenabkommen, Copyright-Kontrakte und Know-how-Abkommen. In der Praxis finden sich meist Mischformen. Vgl. Backhaus, Investitionsgütermarketing, 226. 120 Vgl. Escher, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 21 zu internationalen Dienstleistungen. Zu ausländischen Direktinvestitionen ohne Kapitalbeteiligung s. u. F.IV.3. 121 Vgl. Karl, RIW 1994, 809, 810. 122 Vgl. Kolvenbach, in: FS GFSA, 25. 117 118

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begriffliche Differenzierung zwischen ausländischen Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment) und Portfolio-Investitionen vorzunehmen123. Unternehmer von ausländischen Direktinvestitionen sind fast ausschließlich trans- und multinationale Unternehmen, während Portfolio-Investitionen im Ausland weithin von Finanzinvestoren oder auch Einzelpersonen getätigt werden124. Die sprunghafte Entwicklung der international operierenden Unternehmen in den letzten Jahren ist untrennbar mit dem enormen Wachstum ausländischer Direktinvestitionen verbunden, da überhaupt erst die Verlagerung der Produktion ins Ausland und die Errichtung von beherrschten Tochtergesellschaften im Ausland den Übergang vom internationalen zum multinationalen Unternehmen kennzeichnet125. Root hat ausländische Direktinvestitionen daher als „Business Investment par exellence“ bezeichnet 126. Direkt erfolgen Investitionen, die nicht über den Kapitalmarkt vorgenommen, sondern unmittelbar einer unternehmerischen Tätigkeit im Ausland zugeführt werden127. Die sehr zahlreichen Definitionen dieser Investitionsform unterscheiden sich mitunter in ihrer Reichweite, stellen im Kern jedoch auf dieselben wesentlichen Merkmale ab. Als ausländische Direktinvestition soll nach einer Definition des International Monetary Fund eine Investition gelten, „that is made to acquire a lasting interest in an enterprise operating in an economy other than that of an investor, the investor’s purpose being to have an effective choice in the management of the enterprise.“128

Nach der Definition des Sekretariats der World Trade Organisation, „FDI occurs when an investor based in one country acquires an asset in another country with the intent to manage that asset.“129

123 Gablers Wirtschaftslexikon, Bd. 1, 382 zum Stichwort „Auslandsinvestitionen“. Diese Terminologie ist nicht unumstritten. Jüttner, Förderung und Schutz deutscher Direktinvestitionen in Entwicklungsländern, 37, sieht den Begriff der Direktinvestition als feststehenden Rechtsbegriff der Außenhandelspolitik für Kapitalanlagen im Ausland. Damit sei bereits festgelegt, dass die Investitionstätigkeit im Ausland erfolgt und der Hinweis auf den Auslandsbezug somit entbehrlich. A. a. O. muss der Autor allerdings einräumen, dass dieser Zusatz in der deutschsprachigen wissenschaftlichen Literatur allgemein gebräuchlich ist. Zudem entspricht er dem Usus im englischen Sprachgebrauch, wo die gängige Kurzform F(oreign)DI allgemeine Verwendung findet. Dem soll hier gefolgt werden. 124 Vgl. Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 100. 125 Vgl. Berger, RabelsZ 1976, 233, 238, der die Begriffe der Direktinvestition und des multinationalen Unternehmens für weithin deckungsgleich hält. 126 Root, International Trade and Investment, 509. 127 Patzina, Rechtlicher Schutz von Privatinvestitionen gegen Enteignungsrisiken in Entwicklungsländern, 11. 128 IMF, Balance of Payments Manual, 1980, para. 408. 129 WTO Secretariat, Trade and Foreign Direct Investment, PRESS / 57 (v. 09. 10. 1996), 6.

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

Die Deutsche Bundesbank bezeichnet als ausländische Direktinvestitionen solche Kapitalanlagen im Ausland, „die vom Investor in der Absicht vorgenommen werden, einen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftstätigkeit des kapitalnehmenden Unternehmens zu gewinnen oder einem Unternehmen, an dem der Investor bereits maßgeblich beteiligt ist, neue Mittel zuzuführen“.130

Nach allen Definitionen ist ein wesentliches Kriterium einer ausländischen Direktinvestition das unternehmerische Engagement, die Ausdehnung unternehmerischer Aktivität auf das Gastland und gegebenenfalls dessen Markt. Dabei können sowohl die finanziellen Mittel selbst als auch die schon im Inland erworbenen konkreten Werte (Anlagegüter, Umlaufgüter, für den Betrieb geleistete Dienste) ins Ausland transferiert werden. Der private Kapitalexport in Form der Direktinvestition umfasst also den monetären wie den realen Transfer, d. h., die Übertragungen können sowohl in Form von monetären Mitteln oder Sachgütern als auch in Form von immateriellen Werten vom Inland ins Ausland vorgenommen werden131.

aa) Abgrenzung ausländischer Direktinvestitionen von Portfolio-Investitionen Das entscheidende Kriterium für die Abgrenzung der ausländischen Direktinvestitionen von Portfolio-Investitionen ist denn auch der Grad des Engagements des Investors in seiner Investition, sein „unmittelbarer Einfluss auf die Geschäftstätigkeit“132, die „unternehmerische Tätigkeit im Ausland“133 oder wie das WTOSekretariat formuliert, „The management dimension is what FDI distinguishes from portfolio investment in foreign stocks, bonds and other financial instruments.“134

Bei den zu unterscheidenden Portfolio-Investitionen, bei denen Kapital ausschließlich mit dem Ziel des Erwerbs von Anteilen an einem ausländischen Unternehmen eingesetzt wird, besteht der Unterschied darin, dass der Anteil der Eigentumsrechte an diesem kein Äquivalent in der Leitung oder Kontrolle des Unternehmens hat135. Die auch in der Wirtschaftswissenschaft gebräuchliche Unterscheidung nach dem Kriterium der Kontrolle über das Objekt der InvestiDeutsche Bundesbank: Monatsberichte 1965, Nr. 12 (Dezember), 19. Vgl. Seifert, Die deutschen Direktinvestitionen im Ausland, 26. 132 Deutsche Bundesbank: Monatsberichte 1965, Nr. 12 (Dezember), 19. 133 Brüninghaus, Mitteilungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung 1965, H. 10, 251 f. 134 WTO Secretariat, Trade and Foreign Direct Investment, PRESS / 57 (v. 09. 10. 1996), 6; vgl. auch Scharrer, Förderung privater Direktinvestitionen, 2 f., m.w.Nachw. 135 Sornarajah, The International Law on Foreign Investment, 4. 130 131

III. Arten von Investitionen im Ausland

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tion136 scheint für die rechtliche Beurteilung ebenfalls ein tragfähiges Kriterium zu sein137. Für die Annahme von Kontrolle über das Investitionsobjekt bedarf es einer gewissen Dauerhaftigkeit der Wirtschaftsverbindung und eines permanenten Interesses an einem Unternehmen. Als statistisch und juristisch operationale Merkmale für die Ausübung von unternehmerischer Kontrolle bieten sich das Maß der finanziellen Beteiligung an der ausländischen Unternehmung und die Beteiligung am Management an138. Die Bestimmung einer allgemeinverbindlichen Grenze, ab welcher sich die in erster Linie auf kurz- bis mittelfristigen Profit ausgerichtete und nicht mit Einflussmöglichkeit ausgestattete Portfolio-Investition in eine ausländische Direktinvestition wandelt, erscheint als ein eher willkürliches Unterfangen139. Nur noch vereinzelt wird die Ansicht vertreten, diese bei einer über 50%igen Beteiligung am Kapital des ausländischen Unternehmens anzusetzen und nur in solchen unzweifelhaften Fällen nahezu vollständiger Kontrolle durch den Investor von ausländischen Direktinvestitionen zu sprechen140. In der Praxis benutzen die Staaten bei der Erfassung von Kapitalströmen für die Zahlungsbilanz unterschiedliche Grenzwerte, was insbesondere deren Vergleichbarkeit erschwert141. Während die meisten Staaten (z. B. die USA, Deutschland) und auch die Europäische Union142 eine 10%ige Beteiligung für die Annahme der dadurch gegebenen möglichen Einflussnahme auf die Unternehmensführung für ausreichend halten, verlangen andere Staaten 25% der stimmberechtigten Anteile143. Auch in den meisten dieser Staaten werden darüber hinaus geringere Beteiligungen den ausländischen Direktinvestitionen zugeordnet, sofern zusätzliche Anzeichen für eine tatsächliche oder angestrebte Einflussnahme auf das ausländische Unternehmen vorliegen144. Grundgedanke dabei ist – soweit erkennbar –, sämtVgl. Engel, WISU 1990, 345. Allgemeine Meinung vgl. z. B. Dunning, Multinational Enterprises and the Global Economy, 4; Graham / Krugman, Foreign Direct Investment in the United States, 7; Behrens, RabelsZ 1976, 233, 237 m.w.Nachw. 138 Scharrer, Förderung privater Direktinvestitionen, 3. 139 Vgl. Pritchard, Economic Development, Foreign Investment and the Law, 3. 140 Vgl. Bader, Sicherungspotentiale, 19. 141 Vgl. Döhrn / Heilemann, Zweifelhafte Größe der Direktinvestitionen, NZZ v. 07. 04. 1999, Nr. 79, 11, die schwerwiegende Mängel der nationalen Statistiken kritisieren, die nicht in der Lage seien, das komplizierte Geflecht aus Holding- und Finanzierungsgesellschaften zu ordnen. 142 Vgl. Eurostat Newsrelease 88 / 2005 v. 08. 07. 2005, http: / / europa.eu.int / comm / eurostat.html. 143 Vgl. Brewer, TNC 1994, 115, 117, der darauf hinweist, dass diese unterschiedlichen nationalen Regelungen in der Praxis kein größeres Problem darstellen, da die meisten ausländischen Direktinvestitionen sich ohnehin größtenteils mehrheitlich in ausländischem Besitz befinden. 144 Vgl. Scharrer, Förderung privater Direktinvestitionen, 4. Diese können z. B. in Form von Know-how-Verträgen oder Management-Verträgen erfolgen. 136 137

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

liche wirtschaftlichen Beziehungen zusammenzufassen, die ihrer Natur nach durch ein besonders intensives unternehmerisches Engagement im Ausland geprägt sind145. Der Qualifizierung von Minderheitsbeteiligungen als ausländische Direktinvestitionen liegt dabei die Überlegung zugrunde, dass einerseits reine PortfolioInvestitionen Beteiligungsquoten von 10% in der Regel nicht erreichen und andererseits die tatsächlichen Einflussnahmemöglichkeiten von Minderheitsbeteiligungen mittels gesellschaftsvertraglicher oder satzungsrechtlicher Ausgestaltung die Höhe ihres Kapitalanteils überproportional übersteigen können. Letzteres trifft vor allem zu, wenn dem Minderheitsbeteiligten nur ein breit gefächerter Aktien-Streubesitz gegenübersteht oder er noch über außerkapitalmäßige Möglichkeiten der Einflussnahme (z. B. aufgrund von Management-, Beratungs- und Konzernverträgen) verfügt. Abgesehen von diesen schwerer zu erfassenden „qualitativen Faktoren“ kann somit davon ausgegangen werden, dass der effektive Schwellenwert für das Vorliegen einer ausländischen Direktinvestition in der Regel bei einer Beteiligung von rund 10% anzusetzen ist146.

bb) Abgrenzung ausländischer Direktinvestitionen vom Handel mit Dienstleistungen Während die Abgrenzung internationaler Investitionen zum Handel mit Waren kaum Schwierigkeiten bereitet, wird durch die wachsende Bedeutung des weltweiten Handels mit Dienstleistungen (Trade in Services)147 die Tatsache umso deutlicher, dass ausländische Direktinvestitionen und die Erbringung von Dienstleistungen über Grenzen hinweg in vieler Hinsicht identisch sind148. Transnational operierende Banken, Versicherungen oder Telekommunikationsunternehmen sowie Berater und Juristen benötigen zur Erbringung ihrer Dienstleistungen im Ausland dort einer physischen Präsenz. Wenn sich diese Dienstleister entschließen, ihre Dienste im Ausland anzubieten, sehen sie sich regelmäßig veranlasst, Repräsentanzen im Gastland zu errichten. Eine eindeutige Grenzziehung zwischen diesen beiden Formen ist daher meist nicht zu treffen. So ist es auch zu erklären, dass in diesem Grenzbereich indirekt der Investitionsschutz in der Form eines General Deutsche Bundesbank, Monatsbericht März 1995, 33, 38. Vgl. Schlemmer-Schulte, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 87, unter Verweisung auf die statistische Praxis des IMF. s. dazu IMF, Balance of Payments Manual. Daran orientiert sich seit 1996 auch die Deutsche Bundesbank. Gem. § 26 Abs. 2 AWG i. V. m. § 58a Abs. 1 AWV sind ihr ausländische Kapitalbeteiligungen von über 10% an deutschen Unternehmen zu melden. Vor 1996 war die Einordnung ausschließlich von subjektiven Kriterien abhängig, vgl. dazu Jüttner, Förderung und Schutz deutscher Direktinvestitionen in Entwicklungsländern, 40 m.w.Nachw. 147 Diese definiert Art. I GATS unter anderem als „supply by a service supplier of one member, through commercial presence in the territory of any other member.“ 148 Vgl. Escher, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 21. 145 146

III. Arten von Investitionen im Ausland

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Agreement on Trade in Services (GATS) von der Uruguay Runde in das WTO-System aufgenommen wurde149, da die unter den Begriff der physischen Präsenz (physical presence) fallenden Formen der Dienstleistungserbringung im Ausland150 in den Bereich der ausländischen Direktinvestitionen hineinragen.

cc) Formen ausländischer Direktinvestitionen Die Anlageformen ausländischer Direktinvestitionen sind je nach der unternehmerischen Zielsetzung und den Rechtsverhältnissen in dem betreffenden Gaststaat äußerst mannigfaltig. Ihre Fortentwicklung ist ausgesprochen dynamisch und zudem sind sie in der Praxis nur selten in ihrer Reinform, sondern meist als Kombination mehrerer Strategien anzutreffen151. Die nachfolgende Darstellung muss sich daher auf die Behandlung der meistverbreiteten Erscheinungsformen ausländischer Direktinvestitionen beschränken. (1) Ausländische Direktinvestitionen mit Kapitalbeteiligung Unter einer solchen wird das Einbringen von finanziellen Mitteln auf längere Zeit in ein Unternehmen verstanden; sei es zu dessen Gründung (allein oder zusammen mit anderen, in- oder ebenfalls ausländischen Investoren), sei es zu dessen Erwerb, indem das Grundkapital und die darauf gründenden Mitgliedschaftsrechte auf einen Gebietsfremden übergehen, zumindest aber ein so großer Teil hiervon, dass das betreffende Unternehmen unter ausländischer Kontrolle steht. Unternehmensneugründung (Greenfield Investment), Unternehmensübernahme (Mergers & Acquisitions) oder die Eingehung eines Gemeinschaftsunternehmens (Joint Venture) zwischen einem ausländischen Investor und einem Angehörigen des Gastlandes stellen somit die drei Haupterscheinungsformen von ausländischen Direktinvestitionen mit Kapitalbeteiligung dar152. (a) Unternehmensneugründung Die Anlageform der Neugründung eines Unternehmens im Ausland wird dem Kontrollgedanken am ehesten gerecht und wird daher als klassische Form der ausländischen Direktinvestition bezeichnet153. Verbleibt das ausländische Unterneh149 WTO Annual Report 1996, Trade and Foreign Direct Investment, 70. Das GATS ist seit 1995 in Kraft und ergänzt das GATT von 1947, welches keine Regelungen in Bezug auf Investitionen enthielt. 150 Vgl. Art. XXVVIII (d) GATS. 151 Vgl. Reiter, WISU 1995, 31, 32. 152 Vgl. Escher, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 20. 153 Vgl. Hahn / Gamlich, ArchVR 1983, 143, 197.

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men im Rechtsbereich des inländischen Unternehmens und es werden nur einzelne betriebliche Funktionen ausgegliedert, wie z. B. Produktion oder Vertrieb, so wird das ausländische Unternehmen als Zweigniederlassung oder Betriebsstätte bezeichnet. Besitzt das ausländische Unternehmen eine eigene Rechtspersönlichkeit und die Geschäftsanteile befinden sich ganz oder in überwiegendem Maße in der Hand des Investors, so wird die ausländische Gesellschaft als Tochtergesellschaft bezeichnet154. Das wesentliche Motiv für die Gründung einer voll beherrschten Auslandsniederlassung ist denn auch die vollständige Kontrolle der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft. (b) Mergers & Acquisitions Lässt sich dieses Ziel, z. B. wegen des höheren Kapitalbedarfs einer solchen Greenfield Investition, nicht realisieren, stellt der Ankauf bestehender Unternehmen eine Alternative dar. Dies kann sich im Zuge von Unternehmenszusammenschlüssen (Mergers) oder Aufkäufen (Acquisitions) vollziehen. Im Falle eines transnationalen Zusammenschlusses werden die Anlagen und Geschäftsfelder zweier Unternehmen zusammengeführt, um daraus eine neue Einheit zu begründen, deren Kontrolle grundsätzlich beiden Partnern zusteht. Im Falle des Aufkaufs eines Unternehmens geht die Kontrolle vom übernommenen zum übernehmenden ausländischen Unternehmen über. Zwischen entwickelten Staaten sind Mergers & Acquisitions mittlerweile die dominierende Form ausländischer Direktinvestitionen, während solche in Entwicklungsländern noch überwiegend als Greenfield Investments erfolgen155. (c) Joint Ventures Im Rahmen eines Gemeinschaftsunternehmens schließt sich ein Unternehmen mit einem oder mehreren Partnern aus dem Ausland für einen gewissen Zeitraum zusammen, um dort ein neues Unternehmen zu gründen.156 Die Motive für die Gründung eines solchen Joint Ventures können neben wirtschaftlichen Erwägungen insbesondere rechtlicher Natur sein, wenn Unternehmensgründungen im Ausland nur dann möglich sind, wenn einheimische Partner daran beteiligt sind. Lange Zeit galt das Verbot mehrheitlicher Partizipation durch ausländische Investoren nicht nur für die ehemals sozialistischen Staaten157, sondern auch für den Großteil Vgl. Berekofen, Internationales Marketing, 47. Vgl. UNCTAD, World Investment Report 2004, xvii. 156 Vgl. Altin-Sieber, Joint Ventures, Technologietransfer und -schutz, 140. Je nach dem Grad der Beteiligung wird hierbei von Majoritäts-, Paritäts- oder Minoritäts-Joint Ventures gesprochen; vgl. Berekofen, Internationales Marketing, 47. 157 Dort konnte der ausländische Anteil an Joint Ventures in der Regel höchstens 49% betragen; vgl. zum damaligen Stand Zoubek, JWTL 1975, 427, 429 unter Nachweis der entsprechenden investitionsgesetzlichen Regelungen. 154 155

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der Entwicklungsländer158. Im Zuge des zunehmenden Wettbewerbs der Staaten um ausländische Direktinvestitionen wurde die 49%ige Höchstbeteiligung in sämtlichen Ländern des ehemaligen Ostblocks mittlerweile abgeschafft, und auch die Gesetzgebungen von Entwicklungsländern zeigen in Bezug auf ausländische Investitionen eine weit gehende Liberalisierung. Der Zwang zur Aufnahme eines Partners aus dem Gastland wurde in den meisten dieser Länder abgeschafft159. Dennoch sprechen auch heute noch eine Reihe von Gründen für die Errichtung von Joint Ventures, insbesondere mit Partnern aus dem Gastland des Investitionsvorhabens: Z. B. die bessere Integration im Gastland sowie die Nutzung lokalen Know-hows und von finanziellen Investitionsanreizen160. Da ausländische Direktinvestitionen langfristig im Gastland verbleiben, ist die Frage nach der Einordnung mit ihnen im Zusammenhang stehender Kapitalübertragungen von besonderer Bedeutung. Es gilt hier der Grundsatz, dass wenn die Beteiligung an einem ausländischen Unternehmen einmal als Direktinvestition klassifiziert ist, prinzipiell alle Kapitalübertragungen des ausländischen Investors an dieses Unternehmen als ausländische Direktinvestition gelten161. In den nationalen Statistiken werden in der Regel auch mittel- und / oder langfristige Darlehen und Kredite162 des Investors an seine ausländische Tochtergesellschaft als Direktinvestitionen erfasst, wenn sie als beteiligungsähnliche Beiträge zur externen Kontrolle führen können163. (2) Ausländische Direktinvestitionen ohne Kapitalbeteiligung Bereits mit dem Beginn der Bestrebungen der Entwicklungsländer, die politische Dekolonisierung durch die Erlangung wirtschaftlicher Souveränität zu komplettieren, hat die klassische Form der ausländischen Direktinvestition, die Gründung einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft oder zumindest die mehrheitliche Beteiligung an einem ausländischen Unternehmen, zunehmend anderen Gestaltungen grenzüberschreitender unternehmerischer Betätigung Platz gemacht164. Seit den 80er Jahren haben diese beteiligungsähnlichen Formen der Unternehmenskooperation immer mehr an Bedeutung gewonnen. Bei diesen non equity direct investments165 oder einfacher New Forms of Investment (NFI)166 wird die VerVgl. Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 321, Fn. 611 m.w.Nachw. Altin-Sieber, Joint Ventures, 164. 160 Vgl. Endres, WiSt 1987, 373, 375. 161 Vgl. Scharrer, Förderung privater Direktinvestitionen, 4. 162 Im Allgemeinen werden Kredite nach ihrer Laufzeit in kurzfristige (unter 2 Jahren Laufzeit), mittelfristige (2 bis 5 Jahre) und langfristige Kredite (über 5 Jahre) unterteilt, vgl. Schwarzenberger, Foreign Investment and International Law, 17. 163 Vgl. Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 350. 164 Vgl. Hahn / Gamlich, ArchVR 1983, 143, 197. 165 Die Verwendung dieses Begriffs statt non equity investment geht auf Shihata zurück und soll verdeutlichen, dass diese Form der Unternehmenskooperation ohne Kapitalbetei158 159

4 Belling

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fügungsmacht über das transferierte Gut auf ein fremdes Unternehmen übertragen, das nicht bereits der (auf einem maßgeblichen Kapitalanteil beruhenden) Kontrolle des transferierenden Unternehmens unterliegt. Zu den Transferempfängern bestehen dabei in der Regel nur vertragliche Beziehungen ohne nennenswerte kapitalmäßige Verflechtung. Die beteiligten Parteien bleiben sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich selbstständig und sind nur durch die Verfolgung eines gemeinsamen Zieles und durch die gemeinsame Risikotragung miteinander verbunden167. Es existieren mittlerweile vielfältige Formen solcher internationaler vertraglicher Vereinbarungen, die die Vergütung des ausländischen Partners nicht mehr im Voraus im Vertrag festlegen, sondern abhängig machen von der Produktion, den Erträgen oder den Gewinnen des Investitionsprojekts.168 Die Unterscheidung zwischen (bloß) vertraglicher und gesellschaftsförmiger industrieller Zusammenarbeit ist dabei nicht immer leicht zu treffen, weil beide Kooperationsformen, etwa bei der Schaffung gemeinsamer Organe, ineinander übergehen169. Die Ausformungen dieser Zusammenarbeit auf vertraglicher Basis sind abhängig von der übertragenen Technologie, ihrer Übertragungsweise sowie der Form der Gewinnbeteiligung und der Risikobeteiligung des Investors. Es fallen darunter die Einbringung von rechtlich geschützten gewerblichen Schutzrechten in ein Investitionsprojekt durch Lizenzverträge, die dem Lizenznehmer die Ausübung dieser Rechte gestatten. Nicht geschützte gewerblich-technische Erfahrungen können durch Know-how-Verträge übertragen werden. Unter Know-how wird dabei alles Wissen verstanden, das nicht durch gewerbliche Schutzrechte geschützt ist. Auf die Schutzfähigkeit und das Vorliegen eines Geheimnisses kommt es dabei nicht an170. Eine Kombination aus diesen Vertragsformen stellen Franchiseverträge dar, bei denen der Investor als Franchisegeber dem Franchisenehmer ein Leistungspaket zur Nutzung überlässt, bestehend aus Warenzeichen, Lizenzen und / oder Know-how sowie Unterstützung in der Geschäftsführung171. Demgegenüber haben Managementverträge allgemeine unternehmerische Kenntnisse zum Gegenstand, die der Investor als Managementgeber selbst anwendet und so dem Partner im Rahmen des Investitionsprojekts langfristig zur Verfügung stellt172. Da hierbei die vollständige Kontrolle und Verantwortlichkeit über ein Unternehmen auf einen Vertragspartner übertragen wird, stellt der Managementvertrag die weitestgehende ligung dem Investor ebenfalls einen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftstätigkeit verschafft. 166 Oman, New Forms of International Investment in Developing Countries, 17. 167 Vgl. Bader, Sicherungspotentiale verschiedener Formen transnationaler Investitionen, 22. 168 Vgl. Shihata, MIGA and Foreign Investment, 113. 169 Vgl. Hahn / Gramlich, ArchVR 1983, 143, 201. 170 Stumpf / Groß, Der Lizenzvertrag, 42. 171 Vgl. hierzu und auch den anderen Vertragstypen, Oman, New Forms of International Investment in Developing Countries, 15. 172 Vgl. Zeiger, Der Management-Vertrag als internationales Kooperationsinstrument, 33.

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Einflussnahmemöglichkeit in einem konkreten Projekt durch einen am Unternehmen nicht beteiligten Dritten dar173. Eine weitere Kombinationsform ist der Vertrag über die schlüsselfertige Lieferung von Anlagen, sog. Turnkey-Verträge174. Der Investor ist hierbei für die schlüsselfertige Erstellung von meist komplexen Produktions- oder Dienstleistungseinheiten im Gastland verantwortlich. Je nach einzelvertraglicher Ausgestaltung kann sich die Verpflichtung des ausländischen Investors dabei zudem auf die Ausbildung lokaler Arbeitskräfte zum eigenständigen Betrieb von Anlagen erstrecken (produit-en-main-Vertrag), den Betrieb durch den Investor nach Fertigstellung und den späteren Übergang auf den Staat (build, operate and trade, kurz BOTVertrag) oder die Garantie bestimmter Umsatz- oder Gewinnzahlen beinhalten (profit-en-poche-Vertrag)175. Des Weiteren sind auch Operating-Leasing-Verträge denkbar, bei denen die Leasingraten abhängig von Produktion, Einkünften oder Gewinnen zu erbringen sind. Während in der Vergangenheit das Hauptaugenmerk auf ausländischen Direktinvestitionen lag, die durch den Einsatz sächlicher Mittel oder Kapitalbeteiligungen getätigt werden176, ist es heute weitgehend anerkannt, dass auch diese neuen Formen unter einen weit verstandenen Begriff der ausländischen Direktinvestition fallen können177. Bei diesen Formen des Auslandsengagements ohne Kapitalbeteiligung kann dies jedoch ausschließlich in denjenigen Fällen gelten, in denen das objektive Kriterium für den kontrollierenden Einfluss des Investors durch vergleichbar stabile und unentziehbare Privilegien des Investors ersetzt wird. Die aufgeführten Investitionsformen sollten zum einen eine Mindestlaufzeit haben, die auf ein langfristiges Interesse des Investors im Gastland schließen lässt, und zum anderen muss ihre Rückvergütung substanziell von der Produktion, den Erträgen oder Gewinnen des Projekts abhängen178. Die Qualifikation als ausländische Direktinvestition ist somit jeweils von der vertraglichen Gestaltung im Einzelfall abhängig. c) Portfolio-Investitionen Bei allen Formen der ausländischen Direktinvestition erhält der Investor die Kontrolle über das im Ausland befindliche Unternehmen und damit über das eingebrachte Kapital und die Sacheinlagen oder übt zumindest wesentlichen Einfluss Vgl. Schlüter, Management- und Consulting-Verträge, 12. Dieser ist eine Unterart des internationalen Anlagenvertrages. Vgl. dazu Michaelis de Vasconcellos, Garantieklauseln und Risikoverteilung im internationalen Anlagenvertrag, 73. 175 Vgl. Michaelis de Vasconcellos, Garantieklauseln und Risikoverteilung im internationalen Anlagenvertrag, 73 ff. 176 In diesem Sinne wohl Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 75. 177 Vgl. Sornarajah, The International Law on Foreign Investment, 4; Stern, MIGA, 162 ff. 178 Vgl. Stern, MIGA, 165. 173 174

4*

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auf die Geschäftsführung aus179. Bei den Portfolio-Investitionen ist hingegen eine nur geringe oder gar keine Kontrolle durch den Investor erreichbar und auch gar nicht angestrebt180. Dies korrespondiert mit seiner geringen Kapitalbeteiligung an dem Unternehmen, von in der Regel unter 10%. Bei internationalen Portfolio-Investitionen stehen vielmehr kurz- und mittelfristige Rendite- und Risikodiversifizierungserwägungen im Vordergrund181. Diese Investitionen können zum einen in der Form des Erwerbs von festverzinslichen Schuldverschreibungen (Anleihen) erfolgen. Der Erwerb von unternehmerischen Rechten am Unternehmen ist damit nicht verbunden. Zum anderen aber auch durch dividendenabhängige Anteile an Fonds oder ausländischen Unternehmen (Fondsanteile, Aktien). Das Anlageziel ist dabei stets renditeorientiert auf die Erzielung eines Kapitalertrages ausgerichtet und nicht unternehmerisch-strategisch182. Die beiden Investitionsarten unterscheiden sich ebenfalls in der Person des Investors. Während ausländische Direktinvestitionen größtenteils von multinationalen Unternehmen vorgenommen werden, werden Portfolio-Investitionen zum überwiegenden Teil von Privatpersonen selbst oder durch institutionelle Anleger getätigt, wie Versicherungen und Renten- oder Pensionsfonds183. Bei dieser Form privater Finanzinvestitionen bestimmen die jeweils bestehenden Unterschiede in den Realzinsen, adjustiert um Wechselkursveränderungserwartungen und sonstige Risikoerwägungen, wie die Anleger disponieren. Im Allgemeinen fließt das anlagebereite Kapital in Länder, in denen die erwartete Rendite am höchsten ist184. Diese Ausrichtung des Investitionsverhaltens an kurzfristiger Gewinnerwartung mit der Möglichkeit der ebenso kurzfristigen Disposition über das eingesetzte Kapital unterscheidet Portfolio-Investitionen fundamental von ausländischen Direktinvestitionen, bei denen die Rentabilität der eingesetzten Mittel selbstverständlich ebenso maßgeblich ist, Gewinne oder strategische Vorteile für den Investor aber in der Regel erst nach einer langen Anlaufphase zu erwarten sind. Während der gesamten Durchführungsphase seiner Direktinvestition muss der unmittelbar unternehmerisch aktive Investor zudem mit Personal, Know-how oder Anlagen im Gastland präsent sein185. Insbesondere an diesem Unterschied zwischen den Investitionsarten entzündet sich die Diskussion um den Umfang der Schutzwürdigkeit internationaler Portfolio-Investitionen. Dabei geht es auch immer um die Frage, wie groß der Kreis der ausländischen Investoren gezogen werden soll, die im Falle eines Rechtsstreits im Zusammenhang mit ihrer Investition berechtigt sein sollen, ein internationales Schiedsgericht anzurufen. 179 180 181 182 183 184 185

Vgl. Adebahr, Direktinvestitionen. Eine Problemskizze, 9. Vgl. Engel, WISU 1990, 345. Vgl. Engel, WISU 1990, 345. Vgl. Riesenfeld, in: EPIL, Instalment 8, 246. Escher, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 21. Donges, Deutschland in der Weltwirtschaft, 35. Vgl. Sornarajah, The International Law on Foreign Direct Investment, 5.

IV. Der völkerrechtliche Schutz von Auslandsinvestitionen

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IV. Der völkerrechtliche Schutz von Auslandsinvestitionen Nachdem sein Engagement im Ausland für den ausländischen Investor mit Kosten für den Erwerb oder die Schaffung des zu kontrollierenden Vermögenswertes begonnen hat, erfolgt die Amortisation dieser Kosten über eine Vielzahl von Jahren. In dieser Amortisationsphase wandelt sich das Verhältnis des Investors zum Gaststaat vom einst umworbenen Ressourcengeber zum Subjekt souveräner Hoheits- und Rechtssetzungsgewalt über die im Inland belegenen Vermögenswerte. Das Kräfteverhältnis hat sich damit regelmäßig zugunsten des Staates umgekehrt.186 Bei späteren Investitionsstreitigkeiten steht der Investor als Rechtssubjekt des Privatrechts einem souveränen Staat gegenüber. Mit dem erreichten Grad der Globalität von Unternehmensaktivitäten wächst daher das Bedürfnis nach verlässlichen internationalen rechtlichen Rahmenbedingungen, die ausländischen Investoren einen effektiven Schutz im Gastland gewähren. Damit stehen sich aber gerade hier unterschiedliche Interessen der Industriestaaten und der kapitalimportierenden Staaten, insbesondere der Entwicklungsländer, gegenüber. Insofern befinden sich die Probleme des internationalen Investitionsschutzes im Spannungsverhältnis zwischen den kapitalexportierenden Staaten, welche die Investitionen ihrer Staatsangehörigen international gesichert sehen möchten und den Gaststaaten dieser Investitionen, die wiederum ihre staatliche Souveränität über den für einen ungestörten Kapitaltransfer notwendigen Investitionsschutz gestellt sehen möchten.187 Nicht zuletzt deshalb gehören die Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz von ausländischen Investitionen zu den umstrittensten des Völkerrechts.188 Neben der Frage der Bemessung der Höhe der Entschädigung für entschädigungspflichtige Enteignungen ist vor allem die Frage nach der Abgrenzung solcher Maßnahmen von entschädigungslos hinzunehmenden Inhaltsbestimmungen des Eigentums („regulation“) umstritten.189 Betrachtet man die Entwicklung der Fallzahlen des ICSID insbesondere nach dem letzten Höchststand internationaler Investitionstätigkeit in den Jahren 1998 bis 2001, hat diese Thematik auch im Vergleich zu den ideologisch geprägten Auseinandersetzungen der 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts190 nicht an Brisanz eingebüßt. Ist völkervertraglich keine abweichende Vereinbarung getroffen, ist es das nationale Wirtschafts- und insbesondere Steuerrecht des Gaststaates, unter dessen rechtlichem Regime die Auslandsinvestition steht. In den meisten Entwicklungsländern ergänzen und präzisieren nationale Investitionsgesetze, welche die auf ihrem Vgl. Sornarajah, The International Law on Foreign Investment, 324. Vgl. Jüttner, Förderung und Schutz deutscher Direktinvestitionen in Entwicklungsländern, 68. 188 Bippus, Der internationalrechtliche Schutz von Investitionen, 3. 189 Vgl. Schill, RIW 2005, 330, 332. 190 Nach Untersuchungen der Vereinten Nationen, UN Doc. A / 9716, Annex I, Abs. 2, ist allein zwischen 1960 und 1974 in 875 Fällen ausländisches Eigentum von Staaten enteignet worden. 186 187

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

Staatsgebiet getätigten ausländischen Investitionen einer gesetzlichen Regelung zuführen, das nationale Wirtschaftsrecht. In diesen Investitionsgesetzen gestehen diese auf Kapitalimport angewiesenen Länder ausländischen Investoren gerade für die Aufbauphase unter anderem umfangreiche Steuervergünstigungen, besondere Abschreibungssätze und Devisentransfererleichterungen zu. Diese Gesetze enthalten auf der einen Seite Förderungsmaßnahmen, sind andererseits aber auch, soweit sie Eigentums- oder Wettbewerbsregelungen treffen, Instrumente des rechtlichen Kapitalschutzes. In Verbindung mit langfristigen Entwicklungsprogrammen versuchen die Entwicklungsländer zugleich private Investitionen in wachstumswichtige Industriezweige zu lenken, sowie Anreize für eine größtmögliche Reinvestition der Gewinne zu schaffen. Trotz dieser Anreizmechanismen verbleiben für den ausländischen Investor erhebliche Unsicherheiten. Diese bestehen in erster Linie in der politischen Instabilität vieler Entwicklungsländer, woraus sich die Gefahr einer plötzlichen und radikalen Veränderung des derzeitigen Investitionsklimas ergeben kann.191 Innerstaatliches Recht des Gaststaates lässt sich sehr schnell zum Nachteil des Investors ändern192. Investitionen bedürfen jedoch sicherer rechtlicher Rahmenbedingungen. In entwickelten Staaten mit einem ausgebildeten und unabhängigen Rechtssystem vermag das nationale Recht diesen Schutz zu gewährleisten. Gerade in den auf ausländische Investitionen besonders angewiesenen Entwicklungsländern kann das nationale Recht, wegen der in diesen Ländern oft instabilen politischen Lage, diese rechtlichen Rahmenbedingungen jedoch nur sehr eingeschränkt garantieren193. Es muss allerdings festgestellt werden, dass dies nicht ausschließlich ein Problem der Entwicklungsländer ist, sondern insbesondere Veränderungen im Steuerrecht auch auf ausländische Investitionen in Industriestaaten unvorhersehbare negative Auswirkungen gehabt haben194. Zudem werden Investitionsgesetze in vielen Fällen nicht in ausreichendem Maße der Komplexität der zu beachtenden Regelungspunkte gerecht, insbesondere bei industriellen Großprojekten, wie sie regelmäßig den Ausgangspunkt der ICSID-Schiedsverfahren bilden.195 Es ist daher zu fragen, welcher völkergewohnheitsrechtliche Schutz für internationale Investitionen besteht. Außerdem sind solche völkerrechtlichen Instrumente zu betrachten, welche diese völkergewohnheitsrechtlichen Standards dort festschreiben oder ergänzen, wo Unsicherheit und auch mangelnde Einigung über die Existenz und den Umfang des völkergewohnheitsrechtlichen Schutzes von Investitionen im Ausland herrschen. Vertragliche Einigungen auf diesem Gebiet können entweder direkt zwischen dem Gastland der Investition und dem ausländischen Investor getroffen werden oder auf einer bilateralen Ebene zwischen dem Heimatstaat des Investors und dem Gastland oder auch zwischen einer Vielzahl von Staaten in einem multilateralen Abkommen. 191 192 193 194 195

Vgl. Frick, Bilateraler Investitionsschutz, 43. Vgl. Fischer, in: FS Seidl-Hohenveldern, 95, 102. Vgl. Wälde, RabelsZ 1978, 28, 58. Vgl. Jaenicke, in: Dicke, Foreign Investment in the Present, 177, 178. Vgl. Theodorou, Investitionsschutzverträge, 479.

IV. Der völkerrechtliche Schutz von Auslandsinvestitionen

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1. Die Entwicklung des Schutzes von Auslandsinvestitionen nach dem Völkergewohnheitsrecht Da weder das internationale Wirtschaftsrecht noch die Auslandsinvestitionen eine einheitliche und die Staaten bindende Kodifikation kennen, stellt sich die Frage, aus welchen Quellen sich Normen ergeben, die als völkerrechtliche Grundlage der internationalen Wirtschaftsbeziehungen anerkannt werden und auf welche sich die Staaten oder möglicherweise auch private Investoren berufen können. Nach den völkerrechtlichen Verträgen werden in Art. 38 Abs. 1 IGH Statut als weitere Völkerrechtsquellen das Völkergewohnheitsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze genannt. Völkergewohnheitsrecht entsteht aus Verhaltensweisen zwischen Staaten, wenn diese eine gewohnheitsrechtsbegründende Übung von einer gewissen Dauer, Einheitlichkeit und Verbreitung erlangt haben (opinio iuris vel necessitatis).196 Die opinio iuris, also die Überzeugung von der Rechtspflicht zur Befolgung der gegenständlichen Verhaltensregeln, stellt das Abgrenzungskriterium des Völkergewohnheitsrechts von der bloßen völkerrechtlichen Übung und der völkerrechtlichen Verkehrssitte dar.197 Abzugrenzen vom Völkergewohnheitsrecht sind die allgemeinen Rechtsgrundsätze. Diese stellen im Gegensatz zum völkergewohnheitsrechtlichen Rechtsverkehr der Völkerrechtssubjekte auf das innerstaatliche Recht der Kulturvölker198 ab.199 Für den Schutz ausländischer Investitionen von besonderer Bedeutung sind der völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Eigentumsschutz und die ebenfalls anerkannten Rechtsgrundsätze des Prinzips von Treu und Glauben, des Grundsatzes pacta sunt servanda, des Verbots des Rechtsmissbrauchs sowie das estoppel-Prinzip.200 Der Schutz privater Auslandsinvestitionen hängt somit nicht allein vom nationalen Recht des Gaststaates der Investition oder des Heimatstaates des Investors ab. Seit dem 19. Jahrhundert hatte sich ein eigener völkerrechtlicher Schutzstandard entwickelt, der sich auf die Grundsätze des Fremdenrechts stützte.201 Demnach unterstellte das Völkergewohnheitsrecht die Rechtmäßigkeit einer Enteignung202 von Vermögensgegenständen von Ausländern unter bestimmten Voraussetzungen – es bot insofern einen fremdenrechtlichen Mindeststandard. Kein Staat war demnach gezwungen, ausländische Investitionen zuzulassen. Ließ er allerdings InvestiVgl. Gloria, in: Ipsen, Völkerrecht, § 16, Rn. 7 ff.; Graf v. Vitzthum, Völkerrecht, 160 f. Vgl. Bernhard, EPIL, Vol. I, 898 f. 198 Der überkommene Begriff der Kulturvölker hat keine differenzierende Bedeutung mehr und schließt sämtliche Mitgliedssaaten der UNO ein, vgl. Gloria, in: Ipsen, § 17, Rn. 2. 199 Vgl. Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 108. 200 Vgl. Bernhard, EPIL, Vol. II, 518 ff. 201 Vgl. Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung, 14 ff. 202 Die nachfolgend aufgezählten, eigentumsentziehenden Maßnahmen lassen sich unter dem völkerrechtlichen Begriff der Enteignung zusammenfassen, da sie für den ausländischen Investor gleichsam zu Eigentumsverlust führen: Die entschädigungslose Entziehung von Eigentumspositionen durch einen Staat (Konfiskation). 196 197

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tionen zu, galt für diese der Grundsatz der Inländergleichbehandlung. Der ausländische Investor durfte nicht schlechter gestellt werden als ein inländischer. Dieser Schutz stellte allerdings nur die Untergrenze des Eigentumsschutzes dar, der sich darüber hinaus, für den Fall, dass der Gaststaat auch seinen eigenen Bürgern nur einen unzureichenden Eigentumsschutz garantierte, an eben diesem internationalen Mindeststandard zu orientieren hatte.203 Diesem Standard entsprach eine Enteignung nur, wenn sie im öffentlichen Interesse und gegen Entschädigung erfolgte. Über die grundsätzliche Verpflichtung des Staates zur Zahlung von Entschädigung besteht seither – abgesehen von einigen extremen, der politischen Ideologie zuzuordnenden Ansichten – weit gehend Einigkeit204. Für die Modalitäten der Entschädigung galt die auf den US-amerikanischen Außenministers Cordell Hull zurückgehende Hull-Formel. Hull formulierte seine Formel in einer Note an die Regierung von Mexiko im Jahr 1938205. Darin forderte er eine „prompt, adequate and effective compensation“ für enteignetes Vermögen US-amerikanischer Investoren in Mexiko. Diese Formel, die Mexiko im Rahmen des Notenwechsels zurückwies, verstand man als Verpflichtung zur Erstattung des vollen Marktwertes. Die Begriffe „prompt“ und „effektiv“ verlangten eine unverzügliche Zahlung in konvertierbarer Währung und deren Transferierbarkeit ins Ausland.206 Im Falle eines Verstoßes des Gastlandes der Investition gegen diese Regeln konnte der Heimatstaat des Investors diesem diplomatischen Schutz gewähren. Ebenso wie Mexiko die diplomatische Note Hulls zurückgewiesen hatte, wiesen die übrigen lateinamerikanischen Staaten die völkergewohnheitsrechtliche Geltung eines internationalen Mindeststandards des Schutzes ausländischer Investitionen unter Berufung auf die Calvo-Doktrin207 zurück. Zusätzlich brachte die UnabhänDie Nationalisierung / Verstaatlichung / Vergesellschaftung als Übergang von einem oder sämtlichen Wirtschaftszweigen einer Volkswirtschaft von Privat- in Staatseigentum. Zudem lässt sich je nach staatlichem Vorgehen in direkte Enteignung (dem Investor wird das Eigentumsrecht an einzelnen Vermögensobjekten durch staatliches Handeln direkt entzogen) und Indirekte Enteignung unterscheiden. Letztere Form der Enteignung wird auch als schleichende oder creeping expropriation und zum Teil nur als enteignungsähnliche Maßnahme bezeichnet. Dem Investor wird die Nutzung seines Eigentums oder seiner vertraglichen Position durch staatliche Kontrollen und Restriktionen so erschwert oder unmöglich gemacht, dass er faktisch enteignet ist. Das staatliche Instrumentarium dazu ist vielgestaltig (z. B. Abgabenerhöhung, Veränderung der Zölle und Kapitaltransfervorschriften, Gewinnabschöpfungen, Preisfestsetzungen jenseits der Weltmarktpreise etc.) und in seiner rechtlichen Beurteilung problematisch. 203 Vgl. Häde, ArchVR 1997, 181, 185. 204 Dieser Grundsatz ist bereits vom StIGH in der Chorzów-Entscheidung, PCIJ 1928, Series A No. 17, 47, aufgestellt worden. 205 Streitgegenstand war die Enteignung von US-amerikanischen Ländereien und Ölrechten durch Mexiko im Jahr 1938; AJIL 1938, Suppl., 193. 206 Vgl. Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 144. 207 Diese geht auf den argentinischen Diplomaten Carlos Calvo zurück, der bereits 1895 die Meinung vertreten hatte, dass sich die rechtliche Stellung von Fremden und auch ihrem Vermögen nach der Rechtsordnung des Gastlandes richten sollte, vgl. Calvo, Le Droit Inter-

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gigkeit zahlreicher ehemaliger Kolonien in Afrika und Asien sowie das Entstehen der sozialistischen bzw. kommunistischen Staaten das System des völkergewohnheitsrechtlichen Investitionsschutzes im 20. Jahrhundert in Bewegung. Diese Entwicklung lässt sich in besonderem Maße an den Resolutionen der Vereinten Nationen und ihrer Unterorgane in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ablesen. Während die Resolution 1803208 aus dem Jahr 1962 noch den Grundsatz bekräftigte, dass sich eine angemessene Entschädigung nach dem nationalen Recht und dem Völkerrecht zu richten habe und somit die Grundlagen des bisherigen völkerrechtlichen Investitionsschutzes Betätigung fanden209, griffen spätere Resolutionen diesen Gedanken kaum noch auf. Die Resolution 3171210 aus dem Jahr 1973 stellte die Höhe der Entschädigung in das Belieben des Gaststaates. Bei der Beseitigung kolonialer Strukturen wollten sich die Entwicklungsländer mit ihrer Mehrheit in der UN-Generalversammlung nicht mehr an ein Gewohnheitsrecht binden lassen, an dessen Entstehung sie nicht aktiv teilgehabt hatten. Die Resolution 3171 enthielt denn auch keinen Hinweis auf das Völkerrecht mehr211. Die Resolution 3281212 aus dem Jahr 1974 erklärt in Art. 2 Nr. 2 lit. c) Nationalisierungen für bereits grundsätzlich zulässig, wenn der enteignende Staat eine angemessene Entschädigung (appropriate compensation) zahlt, die nicht zwingend eine vollständige Entschädigung im Sinne der Hull-Formel zu sein braucht. Die eindeutig herrschende Meinung im Schrifttum und in der Staatenpraxis betrachtet Resolutionen der Generalversammlung, soweit sie nicht durch eine ausdrückliche Bestimmung der UN-Charta mit Bindungskraft versehen sind, gem. Art. 10 der UN-Charta, allerdings als Rechtsakte, denen für sich allein genommen keine rechtliche Bindungswirkung zukommen kann213. Sie bilden somit keine eigenständige Quelle des Völkerrechts, welche neues Völkergewohnheitsrecht hätte entstehen lassen können214. So ist es schwierig, hinsichtlich des Enteignungsschutzes eine völkergewohnheitsrechtliche Norm zu formulieren. Denn die Rechtsüberzeugungen der Staaten national – Théorie et Pratique, Bd. III, § 1275 und ausführlich Shea, The Calvo Clause; Oschmann, Calvo-Doktrin und Calvo-Klauseln, 25 ff. Demnach ist für Ausländer, die sich im Gastland niedergelassen haben, bestenfalls eine Gleichstellung mit den (Eigentums-)rechten der Bürger dieses Landes erreichbar. Diese Doktrin bot den südamerikanischen Staaten auch lange ein Argument gegen die Teilnahme an Schiedsverfahren und insbesondere gegen einen Beitritt zum WBÜ, s. u. C.I.2. 208 Deklaration betreffend der ständigen Souveränität über natürliche Reichtümer [XVII] v. 14. 12. 1962, ILM 2, 1963, 223. 209 Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung, 22 f. 210 Permanent Sovereignty over Natural Resources, [XXVIII] v. 17. 12. 1973, in: Rauschning / Wiesbrock, Lailach, Key Resolutions, 319. 211 Vgl. Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung, 28. 212 Charter of Economic Rights and Duties of States, [XXIX] v. 12. 12. 1974, VN 1975, 117. 213 Vgl. Simma, Charta der Vereinten Nationen, Kommentar, Art. 10, Rn. 41. 214 Vgl. Wälde, 181, 198 m.w.Nachw.

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sind antagonistisch; zudem entspricht die Staatenpraxis in der Form der Globalentschädigungsabkommen (lump-sum agreements) oder der rapide zunehmende Abschluss von Investitionsschutzverträgen215 weder der einen noch der anderen Rechtsüberzeugung216. Gewöhnliche Voraussetzungen für die Entstehung von völkergewohnheitsrechtlichen Normen – eine Staatenpraxis von gewisser Dauer verbunden mit der Überzeugung der Staaten, einer rechtlichen Pflicht gemäß zu handeln – liegen daher nicht vor217.

2. Der aktuelle Stand des völkergewohnheitsrechtlichen Investitionsschutzes Die Hull-Formel ist nach heute herrschender Meinung allein völkergewohnheitsrechtlich keine tragfähige Grundlage für die Bemessung von Entschädigungen.218 Da auch die in den zitierten Resolutionen zum Ausdruck kommende Rechtsmeinung der kapitalimportierenden Staaten nach ebenfalls herrschender Meinung nicht zu Völkergewohnheitsrecht erstarken konnte, stellt sich die Frage, ob der seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts sprunghaft angestiegene Bilateralismus in der Form von bilateralen Investitionsschutzverträgen bereits zur Setzung neuen Völkergewohnheitsrechts geführt hat. Obwohl sich diese Verträge in ihrem Regelungsgehalt je in Abhängigkeit von den beteiligten staatlichen Vertragsparteien und dem Zeitpunkt ihres Abschlusses teilweise erheblich in ihrem Schutzniveau unterscheiden, verwenden sie doch durchweg die Hull-Formel als Entschädigungsmaßstab219. Dies kann zum einen als Anerkenntnis des Fehlens eines entsprechenden internationalen Standards verstanden werden oder – bedingt durch die Teilnahme beinahe sämtlicher Entwicklungsländer an diesen Investitionsschutzverträgen – als die endgültige Aufgabe der Calvo-Doktrin in der Staatenpraxis. Ohne an dieser Stelle abschließend auf die kontroversen Ansichten zum völkergewohnheitsrechtlichen Entschädigungsanspruch eingehen zu können220, spricht doch viel für letztere Meinung. Häde ist zuzustimmen, wenn er den traditionellen Mindeststandard des Schutzes ausländischer Investitionen als durch die zunehmende Zahl bilateraler Investitionsschutzverträge völkergewohnheitsrechtlich gefestigt sieht, weil die Staaten, die heute enteignen, die betroffenen Investoren in der Regel selbst s. dazu sogleich unten B.IV.3.b). Schäfer, Entschädigungsstandard, 68 ff. 217 Schäfer, Entschädigungsstandard, 75. 218 Vgl. Luthra, Zulassung und Rechtschutz von Direktinvestitionen, 190, unter Bezugnahme auf Dolzer, AJIL 1981, 572, 576; ebenso Gloria, in: Ipsen, Völkerrecht, § 47, Rn. 24. Zustimmend wohl auch Häde, ArchVR 1997, 181, 187, der eine partikulare völkergewohnheitsrechtliche Geltung für die Industriestaaten annimmt. 219 Vgl. Sornarajah, JWT 1995, 105,113. 220 Zum Streitstand vgl. Worldbank, Legal Framework fort he Treatment of Foreign Investment, 140 ff. 215 216

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zugelassen und um diese sogar geworben haben. Somit geschaffene Vertrauenstatbestände sprechen für eine Enteignungsentschädigung nach dem vollen Marktwert.221 Auch die ICSID-Schiedsgerichte haben in denjenigen Entscheidungen, die auf der Grundlage des allgemeinen Völkerrechts ergangen sind222, dem enteigneten Investor eine Entschädigung in Höhe des vollen Wertes des enteigneten Eigentums zugesprochen. Im Verfahren AAPL v. Sri Lanka begründete das Schiedsgericht dies mit den folgenden Ausführungen zum Entschädigungsstandard, „. . . both parties are in agreement about the principle, according to which, . . . , the amount of the compensation due has to be calculated in a manner that adequately reflects the full value of the investment lost.“223

In der ersten Entscheidung im Verfahren Amco Asia v. Indonesia bezeichnet das ICSID-Schiedsgericht den Grundsatz der vollen Entschädigung als einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, „. . . full compensation of prejudice . . . is a principle common to the main systems of municipal law, and therefore, a general principle of law, which may be considered as a source of international law.“224

Der Eigentumsschutz allein auf der Grundlage des Völkergewohnheitsrechts stellt für kapitalimportierende Staaten und ihre privaten Investoren dennoch eine nur unzureichende Absicherung von Auslandsinvestitionen dar, die erst durch den Abschluss individueller Verträge konkretisiert wird.

3. Der Schutz von Auslandsinvestitionen durch spezielle Instrumente Der allgemeine völkergewohnheitsrechtliche Investitionsschutz unterliegt nach alledem Unsicherheiten225. Es liegt für die Beteiligten daher nahe, ergänzende Absicherungen auf vertraglicher Basis anzustrengen.

Vgl. Häde, ArchVR 1997, 181, 202 f. In anderen Entscheidungen hatten die Parteien durch eine gem. Art. 42 Abs. 1 S. 1 WBÜ zulässige Rechtswahlvereinbarung ein anderes Rechtsregime als Entscheidungsgrundlage berufen. 223 Asian Agricultural Products Limited v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 87 / 3), Schiedsspruch v. 27. 06. 1990, YbCA 1992, 103, 135. 224 Amco Asia Corporation and others v. Republic of Indonesia (Arb / 81 / 1), Schiedsspruch v. 20. 11. 1984, 24 ILM 1985, 1022, 1036. 225 Vgl. Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 18 Rn. 1. 221 222

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a) Verträge zwischen Investor und Gaststaat Als die klassische Form solcher zusätzlichen Absicherung der Investition im Ausland gelten Verträge zwischen ausländischem Investor und Gaststaat – bzw. den von diesem vorgesehenen staatlichen Stellen226 – sog. State Contracts227. Die Vornahme einer konkreten Direktinvestition erfolgt deshalb regelmäßig auf der Grundlage eines solchen Investitionsvertrages zwischen diesen beiden Parteien. Vornehmlich regelt ein solcher Vertrag die Durchführungsmodalitäten der Investition. Er schreibt Pflichten für den Investor fest, weist ihm aber auch Privilegierungen gegenüber Inländern zu228. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die in den meisten Verträgen enthaltenen Bestimmungen zum Schutz der Investition. Auf diese Weise bildet der State Contract einen besonders angepassten rechtlichen Rahmen für die Durchführung des konkreten Investitionsvorhabens229. Sein Ziel ist es zum einen, die innerstaatliche politische Ordnung zu überdauern und ein Instrument zu schaffen, wonach das nationale Investitionsrecht nicht einseitig zulasten des Investors abgeändert werden kann. Da State Contracts auf dem Grundsatz basieren, wonach die Staaten nicht verpflichtet sind, die wirtschaftliche Tätigkeit des ausländischen Investors denselben Rahmenbedingungen zu unterwerfen, wie sie für Inländer existieren, ist es zum anderen möglich, mithilfe des Investitionsvertrages für ein konkretes Vorhaben zum Vorteil des Investors über die gesetzlichen Investitionsbestimmungen des Gastlandes hinauszugehen und auf diese Weise für diesen eine rechtliche Enklave zu schaffen230. Die rechtliche Einordnung von State Contracts begegnet gewissen Schwierigkeiten231. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Parteien von ihrem Recht zur freien Vereinbarung des anzuwendenden Rechts Gebrauch machen und die Anwendbarkeit von Völkerrecht neben dem nationalen Recht oder an dessen Stelle vereinbaren. Diese Internationalisierung führt zu der Frage, ob es sich bei einem State Contract um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt. In der Literatur und der Spruchpraxis internationaler Schiedsgerichte gibt es bis heute keine einheitliche Linie bei der Beurteilung des Verhältnisses zwischen Staaten und ausländischen Investoren232. Während die „klassische“ und überwiegende Meinung Verträge zwischen Staaten und ausländischen Investoren als ausschließlich innerstaatlichem 226 Patzina, Rechtlicher Schutz von Privatinvestitionen gegen Enteignungsrisiken in Entwicklungsländern, 120. 227 Vgl. Kischel, State Contracts, 45. 228 Vgl. Fischer, in: FS Seidl-Hohenveldern, 95, 106 f. 229 Vgl. Ebenroth, Code of Conduct, 76, der aus den äußerst vielgestaltigen Detailregelungen solcher Verträge folgende regelmäßig anzutreffenden Regelungsbereiche aufzählt: Arbeits- und Sozialrecht, Devisenrecht, Marktordnungsrecht, Verbraucherschutz, Rechnungslegungs- und Publizitätsvorschriften, Steuerrecht, Gesellschaftsrecht und Umweltschutzrecht. 230 Vgl. Ebenroth, Code of Conduct, 77. 231 Vgl. Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 18 Rn. 2 ff. m.w.Nachw. 232 Vgl. Stoll, Vereinbarungen zwischen Staat und ausländischem Investor, 22.

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Recht unterliegend ansah und diese somit den Verträgen zwischen Staaten entgegensetzte233, geht die Gegenansicht von völkerrechtlichen Verträgen aus234. Da dem privaten Vertragspartner aber nur hinsichtlich des State Contracts eine Stellung zukommen soll, die derjenigen eines Völkerrechtsubjekts entspricht, werden die Verträge zwischen Völkerrechtssubjekten und Völkerrechtsobjekten auch als beschränkt- oder quasi-völkerrechtliche Verträge bezeichnet235. Für ihr Vorliegen sind in der Literatur bestimmte Kriterien entwickelt worden236. Nimmt man eine solche quasi-völkerrechtliche Qualität für State Contracts an, so kann das Völkerrecht für den Schutz der ausländischen Investitionen doch nicht allgemein Anwendung finden. Im Falle einer Vertragsverletzung durch den Gaststaat stünde dem Investor wegen des Vorliegens eines völkerrechtlichen Delikts nämlich nicht nur Entschädigung, sondern Naturalrestitution zu. Es erscheint allerdings äußerst fraglich, ob die staatliche Praxis dieser theoretischen Konsequenz entspricht und nur in Ausnahmefällen von der Wiederherstellung des früheren Zustandes absehen will. Nach Patzina erlaubt die staatliche Haftungspraxis eher den Schluss, dass die wirtschaftliche Wiederherstellung des früheren Zustandes ausreicht. Dies erkläre sich bereits aus der auf das Gemeinwohl gerichteten Stellung der öffentlich-rechtlichen Vertragspartei im Unterschied zur privaten ausländischen237. Auch völkerrechtliche Instrumente wie Retorsion oder Repressalie stehen der privaten Partei in keinem Fall zur Verfügung238. Im Ergebnis wird man deshalb die Anwendbarkeit des Völkervertragsrechts auf solche Vertragsbeziehungen auf die allgemeinen Prinzipien wie etwa den Grundsatz pacta sunt servanda beschränken müssen239. Vor dem Hintergrund der unbestrittenen völkerrechtlichen Zulässigkeit von Enteignung und Nationalisierung240 erscheint es zudem zweifelhaft, ob die Vereinbarung materiellen Völkerrechts dem ausländischen Investor Vorteile bringt.

233 Vgl. Stoll, Vereinbarungen zwischen Staat und ausländischem Investor, 86 ff. und 23, Fn. 73 m.w.Nachw. 234 Vgl. Seidl-Hohenveldern, International Economic Law, 45 ff. 235 Vgl. Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, 308 ff. 236 Das kumulative Vorliegen folgender Kriterien soll dabei einen Rückschluss auf einen beschränkt völkerrechtlichen Vertrag zulassen: Vertragsschluss durch eine höchste Staatsstelle; Verpflichtung der staatlichen Seite zur Vornahme hoheitlicher Maßnahmen oder zur Änderung von Gesetzen; eine Rechtswahlklausel entzieht den Vertrag dem innerstaatlichen Recht; Übertragung der Entscheidungsgewalt für Streitigkeiten aus dem Vertrag auf ein internationales Schiedsgericht. Vgl. Patzina, Rechtlicher Schutz von Privatinvestitionen gegen Enteignungsrisiken, 124 m.w.Nachw. 237 Vgl. Patzina, Rechtlicher Schutz von Privatinvestitionen gegen Enteignungsrisiken, 125. 238 Vgl. Jaenecke, in: Dicke, Foreign Investment in the Present, 177, 179. 239 Vgl. Jaenecke, in: Dicke, Foreign Investment in the Present, 177, 187. 240 s. o. B.IV.1., B.IV.2.

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Mehr Schutz als die Verweisung auf das Völkerrecht können unter Umständen sog. Stabilisierungsklauseln bieten. Sie sollen die vertraglichen Rechte des Investors gegen legislative und andere hoheitliche Maßnahmen des Gaststaates schützen241. Solche Klauseln finden sich in unterschiedlichen Ausgestaltungen. So kann der Gaststaat für eine gewisse Zeit generell auf Änderungen der maßgeblichen Gesetze verzichten oder die Investition nur partiell, in bestimmten Bereichen, so etwa im Steuerrecht, von künftigen Änderungen ausnehmen242. Der völkerrechtliche Grundsatz der Souveränität der Staaten steht dem nicht entgegen. Die Souveränität der Staaten schließt eben gerade die Möglichkeit mit ein, sich vertraglich zu binden. Garantiert ein Staat dem privaten Vertragspartner eine bestimmte Rechtslage für einen überschaubaren Zeitraum, so handelt es sich gerade nicht um einen Souveränitätsverzicht, sondern um die Ausübung der staatlichen Souveränität243. State Contracts werden erst ab einer gewissen Bedeutung des Vorhabens für die Volkswirtschaft des Gastlandes geschlossen244. Für kleinere Investitionsvorhaben kommen sie daher kaum in Betracht. Nach ihrem Objekt lassen sich die (über die am Vertrag beteiligten Parteien definierten) State Contracts, in mehrere Gruppen einteilen: Konzessionen245 sind das typischste Beispiel für State Contracts, insbesondere im Bereich der Gewinnung von Rohstoffen. Im „klassischen“ Sinn gewährte die Konzession dem Konzessionär das Recht zur Ausbeutung von Bodenschätzen auf eigenes Risiko und zur Erlangung des Eigentums an den geförderten Stoffen sowie weitestgehende Handlungsfreiheit auf dem ihm zugesprochenen Gebiet und er übernahm Aufgaben, die sonst von hoheitlicher Seite wahrgenommen wurden. Die Rolle des konzessionierenden Staates war dabei auf den Empfang von Förderabgaben (Royalties) beschränkt246. Nach Erlangung der nationalen Unabhängigkeit stieß diese Vertragsform in den meisten Entwicklungsländern auf Ablehnung247. Für moderne Konzessionen ist insbesondere der erweiterte staatliche Einfluss kennzeichnend. Die Quellen der staatlichen Einnahmen sind in ihnen diversifiziert: An die Stelle der Royalties tritt ein vor allem gewinnabhängiges System aus Steuern, Teilung der Produktion und Konzessionsgebühren248. Allgemeiner Ausdruck dieser Partizipation des Staates ist das Joint Venture. Außer KonzesVgl. Merkt, Investitionsschutz durch Stabilisierungsklauseln, 29 f. Gegen eine solche „no further tax clause“ hatte Jamaica in den Verfahren Alcoa Minerals of Jamaica, Inc. v. Jamaica (Arb / 74 / 2) und Kaiser Bauxite Company v. Jamaica (ARB / 74 / 3) verstoßen, indem eine neue Regierung die Steuern für die ausländischen Investoren binnen kurzer Zeit um über 1000% anhob. 243 Vgl. Jaenecke, in: Dicke, Foreign Investment in the Present, 177, 185. 244 Vgl. Kischel, State Contracts, 57. 245 Das chronologische Verzeichnis von Konzessionsverträgen seit 1492 bei Fischer, A Collection of International Concessions and Regulated Instruments, verdeutlicht die lange rechtliche Tradition dieser Vertragsart. 246 Vgl. Kischel, State Contracts, 59 f. 247 Vgl. Kuusi, The Host State and the Transnational Corporation, 69. 248 Kischel, State Contracts, 61. 241 242

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sionen sind aber auch die meisten anderen Formen von ausländischen Direktinvestitionen in der Form von State Contracts denkbar. So etwa Anlagenverträge, Managementverträge, Lizenzverträge und Know-how-Verträge zwischen dem Gastland und dem ausländischen Investor. Insgesamt wird man feststellen können, dass State Contracts die Möglichkeit bieten, Regelungen speziell auf ein bestimmtes Investitionsvorhaben abzustimmen. Der durch sie vermittelte völkerrechtliche Schutz ist dennoch beschränkt. Ein State Contract begründet nämlich prinzipiell keine völkerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber dem Heimatstaat des Investors249. Hier gelten ausschließlich die Grundsätze über den diplomatischen Schutz. Wenn überhaupt, kann der Heimatstaat demnach erst dann tätig werden, wenn sich ein Streit zwischen Investor und Gaststaat nicht anders schlichten lässt250. b) Bilaterale Investitionsschutzverträge Das wesentliche Instrument zur völkerrechtlichen Absicherung von Auslandsinvestitionen stellen deshalb bilaterale Verträge zwischen dem Gaststaat und dem Heimatstaat des Investors dar. McGhie definiert einen solchen Investitionsschutzvertrag als „an agreement between two countries relating to the treatment of investments by individuals or companies from either Party to the treaty in the territory of the other Party.“251

Erste Bestimmungen über die Behandlung des Eigentums der Bürger der Vertragsparteien enthielten die seit dem 18. Jahrhundert zuerst von den USA geschlossenen Treaties of Friendship, Commerce and Navigation, die dadurch einen frühen Investitionsschutz vermittelten252. Seit den Sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts waren Neuabschlüsse dieses Vertragstyps nur noch selten zu beobachten und spätestens seit Beginn der achtziger Jahre sind auch die USA zum Abschluss speziellerer Verträge übergegangen253. Insbesondere Investitionsschutzverträgen im engeren Sinne254 kommt seither eine überragende Bedeutung zu255. Die Bundesrepublik Deutschland begann 1959 249 Vgl. Häde, ArchVR, 1997, 181, 191. Weitergehend Stoll, Vereinbarungen zwischen Staat und ausländischem Investor, 111, die eine vertraglich begründete einseitige Verpflichtung des Gastlandes annimmt. 250 Im Falle der Vereinbarung der ICSID Schiedsgerichtsbarkeit ist diplomatischer Schutz durch den Heimatstaat gem. Art. 27 Abs. 1 WBÜ ohnehin bis zum Abschluss des Schiedsverfahrens ausgeschlossen. Durch die besondere Stellung des privaten Investors im Verfahren aber auch entbehrlich. 251 Vgl. McGhie, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 107. 252 Vgl. Blumenwitz, in: EPIL, Instalment 7, 484, 485. 253 Vgl. Blumenwitz, in: EPIL, Instalment 7, 484, 489 f. 254 Als Verträge mit im weiteren Sinne investitionsschützender Funktion mögen auch Doppelbesteuerungsabkommen gelten. Sie dienen u. a. der Vermeidung unbeschränkter doppelter

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mit dem Abschluss dieser speziellen bilateralen Abkommen256 und unterhält heute mit 138 abgeschlossenen Investitionsschutzverträgen das dichteste Netz solcher Verträge mit dem Ausland257. Seit dem Niedergang ideologisch bedingter Investitionshemmnisse zu Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts hat sich kein anderes Instrument des internationalen Investitionsschutzes so erfolgreich verbreitet wie Investitionsschutzverträge. Waren zu diesem Zeitpunkt weltweit etwa 350 solcher Verträge in Kraft und 1994 bereits über 700 abgeschlossen, so geht man heute von einer Gesamtzahl von weltweit bis zu 2.000 Investitionsschutzverträgen aus258. Ungefähr 160 Staaten haben einen oder mehrere Investitionsschutzverträge abgeschlossen259. In der Mehrzahl sind diese Verträge zwischen traditionell kapitalexportierenden Staaten auf der einen und Entwicklungsländern auf der anderen Seite abgeschlossen worden260. Vorrangige Motivation der Entwicklungsländer ist auch hier die Schaffung eines günstigen Investitionsklimas und die Hebung ihrer internationalen Reputation261. Wenn solche Verträge auch auf der Grundlage der Gegenseitigkeit abgeschlossen werden und Investoren aus Entwicklungsländern ihrerseits in den Genuss der vertraglichen Bestimmungen kommen, so dienen Investitionsschutzverträge doch vor allem der Absicherung von Investitionen in den Entwicklungsländern262. Die materiellen Schutzbestimmungen der Investitionsschutzverträge weichen teilweise stark voneinander ab. Abhängig von der Stärke der Verhandlungsposition Besteuerung von Unternehmensgewinnen in beiden Staaten. Auf diese Weise vermögen sie die Profitabilität direkter Auslandsinvestitionen zu sichern. Vgl. Häde, ArchVR 1997, 181, 192. 255 Vgl. Dolzer / Stevens, Bilateral Investment Treaties, 1. 256 Den Anfang dieser Verträge bildete der mit Pakistan geschlossene Vertrag zur Förderung und zum Schutz von Kapitalanlagen v. 25. 11. 1959. 257 Davon sind 115 Verträge in Kraft getreten, 23 Verträge sind unterzeichnet aber noch nicht in Kraft getreten, vgl. BMWA, Übersicht über die bilateralen Investitionsförderungsund -schutzverträge (IFV) der Bundesrepublik Deutschland, Stand 28. Feb. 2003. 258 Vgl. Obadia, ICSID News, 2001, Vol. 18, 4. Die Angaben über die genaue Zahl solcher bilateraler Verträge schwanken: Brittan, TNC, 1995, Nr. 1, 1, 6, 600 Investitionsschutzverträge allein zwischen den OECD-Staaten; Arnold, Praxis des Weltbankübereinkommens, 23, über 1000; NZZ v. 10. 01. 1999, 10, mehr als 1160; Parra, ICSID News 1999, Vol. 1, 5, 6, 1300; UNCTAD, World Investment Report 1997, 19, 1330; Paulsson, ICSID Rev 1995, 232, 236, 5.000 zwischenstaatliche Abkommen insgesamt allein zwischen den 100 aktivsten Handelsnationen; Schätzung des ICSID Secretariat, Discussion Paper vom 22. 10. 2004, 3, über 1.500. Die unterschiedlichen Zahlen dürften auf der rapide wachsenden Zahl solcher Verträge beruhen. 259 Vgl. Parra ICSID News 1999, Vol. 16, 5, 6, 8. Allein in dem Zeitraum zwischen 1997 und 1999 sind ca. 250 neue Verträge hinzugekommen. 260 Vgl. Patzina, Rechtlicher Schutz von Privatinvestitionen, 105. 261 Vgl. Frick, Bilateraler Investitionsschutz in Entwicklungsländern, 79 f. 262 Vgl. Salacuse, ILawyer 1990, 655, 662; McGhie, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 107, 108, die darauf hinweist, dass sämtliche internationale Abkommen, die multinationalen Unternehmen Verpflichtungen gegenüber den Gaststaaten auferlegen nicht bindender oder rein freiwilliger Natur sind.

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des anderen Vertragsstaates variieren bereits die Investitionsschutzvertrags-Portfolios einzelner Staaten untereinander erheblich263. Trotz des weiten Bereiches, den sie abzudecken versuchen, lassen sich die vertraglichen Bestimmungen in bestimmte Kategorien einteilen. Diese sind zunächst die Bestimmungen, die ein günstiges Investitionsklima vorbereiten und sichern sollen, wie Regelungen über den Aufenthalt von Staatsangehörigen der Partnerstaaten und deren persönliche Sicherheit und Unversehrtheit, die Geschäftstätigkeit, das Verhältnis zur öffentlichen Hand, den Status der ausländischen Gesellschaften, Zulässigkeit und Genehmigung von Neuinvestitionen oder die Besteuerung. Hiervon zu unterscheiden sind die Bestimmungen, die in der Regel erst bei der Beendigung der Investitionstätigkeit zum tragen kommen, wie die Vorschriften über eine Entschädigungspflicht bei Enteignungen und Nationalisierungen oder die Devisentransferbestimmungen bezüglich der Entschädigungssumme264. Neben diesen materiellrechtlichen Schutzbestimmungen regeln die bilateralen Verträge die Schlichtung von Streitigkeiten, die sich direkt aus dem Zusammenhang mit den geschützten Investitionen ergeben, indem sie deren Beilegung institutionalisierten Streitschlichtungswegen, wie der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, zuweisen. Für Staat-Investor Streitigkeiten verweisen diese Verträge heute in der überwiegenden Mehrzahl auf das ICSID. Unter den dort anhängig gemachten Streitigkeiten macht die Gruppe der aufgrund eines Investitionsschutzvertrages zugewiesenen Schiedsverfahren, wiederum mit seit Jahren ansteigender Tendenz, den weit überwiegenden Anteil der Schiedsverfahren aus.265

c) Multilaterale Abkommen Die Unsicherheit über Existenz und Umfang eines völkergewohnheitsrechtlichen Investitionsschutzes hat auch immer wieder zu Versuchen geführt, unter Beteiligung möglichst vieler Staaten das Problem auf der Grundlage von Verträgen mit universellem Geltungsanspruch zu lösen266. Bereits 1929 gab es eine internationale Konferenz zur Behandlung von ausländischen Investoren und ein Special Joint Committee im Rahmen des Völkerbundes267. Erste Entwürfe für multilaterale Konventionen zum Investitionsschutz gab es bereits ab den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Die niemals ratifizierten Entwürfe der Havanna-Charter vom Vgl. Paulsson, ICSID Rev 1995, 232, 236. Vgl. Patzina, Rechtlicher Schutz von Privatinvestitionen, 107 f. Dazu ausführlich Dolzer / Stevens, Bilateral Investment Treaties, 49 ff. 265 ICSID Secretariat, Discussion Paper v. 22. 10. 2004, 3. 266 An dieser Stelle soll nur eine kurze Übersicht über die Entwicklung und den Stand solcher Abkommen gegeben werden. Für eine Darstellung der Investitionsbegriffe in den Abkommen, die für die Streitschlichtung auf das ICSID verweisen, s. u. E.II. 267 Shenkin, PLR 1994, 541, 555. 263 264

5 Belling

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

24. 03. 1948268, der Abs-Shawcross-Konvention von 1959269, der OECD-Draft Convention on the Protection of Foreign Property von 1967270 und des UN-Draft Code of Conduct for Multinational Enterprises von 1976271 enthielten materielle Schutzstandards für ausländische Investitionen. Neben den materiellrechtlichen Investitionsschutzvorschriften sieht zum Beispiel der Abs-Shawcross-Entwurf in Art. VII-X unter anderem die Anrufung eines Schiedsgerichts vor272. Diese Möglichkeit der Konfliktlösung war allerdings noch den staatlichen Vertragsparteien vorbehalten. Lange Zeit waren WBÜ und die MIGA-Konvention von 1985, welche als Investitionsversicherungsagentur Investoren die Möglichkeit einer Versicherung ihrer Auslandsinvestitionen gegen nicht-kommerzielle Risiken zur Verfügung stellt273, die einzigen multilateralen Verträge zum Investitionsschutz. Wie das WBÜ verbürgt aber auch das MIGA keinen materiellrechtlichen Schutz für Auslandsinvestitionen. Seit dem Beginn der neunziger Jahre scheint der Kodifikationsprozess des materiellen Rechts der Auslandsinvestitionen auf multilateraler Ebene jedoch in Bewegung geraten zu sein. Im Rahmen überwiegend regionaler Wirtschaftsintegrationsabkommen wurden materielle Investitionsschutztatbestände aufgenommen. Drei der maßgeblichen Abkommen verweisen für die Streitbeilegung zwischen Gastland und ausländischem Investor eines anderen Vertragsstaates auf das ICSID: Das North American Free Trade Agreement (NAFTA)274, der Common Market of the Southern Cone / Mercado Común del Sur (MERCOSUR)275 und der Energy Charter Treaty.276 Unverbindliche Empfehlungen für die Schiedsgerichtsbarkeit des ICSID enthalten außerdem das Investitionsschutzabkommen der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN)277, das „EU Investment Statement“ 268 UN-Doc. E / PC / T / 186, 1947, II, 4. Trotz Unterzeichnung durch 54 Staaten scheiterte die Ratifizierung am Widerstand der USA. Lediglich das verselbständigte Kapitel IV war bereits vorher als allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT) in Kraft getreten. 269 Abgedruckt in JPL 1960, 116 ff. Ausführlich dazu Schwarzenberger, Foreign Investments and International Law, 109 ff. 270 OECD-Publication 15637 u. 23081. Diese Konvention ging aus der Abs-ShawcrossKonvention hervor. 271 Abgedruckt in Ebenroth, Code of Conduct – Ansätze zur vertraglichen Gestaltung internationaler Investitionen, 583 ff. 272 Vgl. Schwarzenberger, Foreign Investments and International Law, 126 ff. 273 Convention Establishing the Multilateral Investment Guarantee Agency v. 11. 10. 1985, 24 ILM 1985, 1605. 274 North American Free Trade Agreement v. 17. 12. 1992, 32 ILM 1993, 289 ff. und 605 ff. 275 Treaty Establishing a Common Market between the Argentine Republic, the Federative Republic of Brazil, the Republic of Paraguay and the Eastern Republic of Uruguay v. 26. 03. 1991, 30 ILM 1991, 1044 ff. 276 Energy Charter Treaty v. 17. 12. 1994, 34 ILM 1995, 360 ff. 277 Agreement Among the Governments of Brunei Darussalam, the Republic of Indonesia, Malaysia, the Republic of the Philippines, the Republic of Singapore and the Kingdom of Thailand for the Promotion and Protection of Investments v. 15. 12. 1987, 27 ILM 1988,

IV. Der völkerrechtliche Schutz von Auslandsinvestitionen

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von 1992278 sowie die World Bank Guidelines279. Mit dem NAFTA und dem MERCOSUR verwiesen die beiden in Nord- und Südamerika bedeutendsten Abkommen dieser Art auf die Schiedsgerichtsbarkeit des ICSID. Auch das Abkommen über die Free Trade Area of the Americas (FTAA), dessen Abschluss für das Jahr 2005 geplant war280, sollte auf das ICSID als institutionalisierter Investor-Staat Schiedsgerichtsbarkeit verweisen.281 Die Struktur und der Inhalt der genannten regionalen Abkommen ähneln dem in bilateralen Investitionsschutzabkommen vorzufindenden Muster und deuten auf eine zunehmende Multilateralisierung des Investitionsschutzes hin. Diese ist auf universeller Ebene bis heute stets an denselben Interessengegensätzen gescheitert, mit denen die Weltbank bei den Verhandlungen über das WBÜ zu kämpfen hatte. Fortschritte sind jedoch auch hier erzielt worden. Während Direktinvestitionen im Rahmen der GATT-Verhandlungen lange Zeit ausgeklammert worden waren, wurde mit der Gründung der WTO im Jahr 1994282 erstmals auch Auslandsinvestitionen betreffende Fragen mit handelsrelevantem Bezug erörtert und drei Abkommen geschlossen, welche Auswirkungen auf die Rechtstellung ausländischer Investoren haben: Dies sind das TRIMS-Agreement283, das Regelungen bezüglich handelsrelevanter Investitionsauflagen enthält und bestimmte Investitionsauflagen, die handelsverzerrend wirken, verbietet. Das TRIPS-Agreement284, welches Standards für den Schutz geistigen Eigentums enthält und diese auch für ausländische Investoren für verbindlich erklärt. Als drittes dieser Abkommen enthält das GATSAgreement285 schließlich Regelungen für den Handel mit Dienstleistungen und auch für die damit verbundene Niederlassung von ausländischen Investoren.

612 ff. Art. X dieses Abkommens erwähnt das ICSID als eine von mehreren Möglichkeiten der Streitschlichtung, ohne dass sich die Vertragsparteien jedoch bereits einseitig der Jurisdiktion unterworfen haben. 278 Doc. ACP-CEE 2172 / 92 spricht eine vorrangige Empfehlung für das ICSID aus, nennt aber auch die Schiedsgerichtsbarkeit der ICC und UNCITRAL. 279 World Bank Guidelines on the Treatment of FDI von 1992, ICSID Rev 1992, 297. Guideline V. verweist für die Streitschlichtung auf das ICSID. Bei den Guidelines handelt es sich jedoch nicht um ein die Mitgliedstaaten der Weltbank bindendes Instrument, sondern ausschließlich um Empfehlungen. 280 Summit of the Americas: Declaration of Principles and Plan of Action v. 11. 12. 1994, 34 ILM 1995, 808, 811. Es wird damit gerechnet, dass sich nach einer zehnjährigen Übergangsphase ab 2016 die FTAA über die amerikanischen Kontinente erstrecken könnte. Vgl. Zumkley, VRÜ 2002, 108, 118. 281 Weiterführend dazu Taylor, Dispute Settlement under the FTAA, JIA 2002, 393, 412 ff. 282 Marrakesh Agreement Establishing the World Trade Organization v. 15. 04. 1994, 33 ILM 1994, 1 ff. 283 Agreement on Trade-Related Investment Measures v. 15. 04. 1994. 284 Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights v. 15. 04. 1994. 285 Agreement on Trade in Service v. 15. 04. 1994. 5*

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

d) Exkurs: Das Multilateral Agreement on Investment der OECD (MAI) Trotz dieser Teilerfolge ist der Durchbruch hin zu einem weltweiten multilateralen Investitionsschutz bisher nicht gelungen286. Als jüngster Fehlschlag reihen sich die im Oktober 1998 gescheiterten OECD-Verhandlungen über ein Multilaterales Abkommen für Investitionen (MAI)287 in die Kette gescheiterter Versuche ein288. Der Beschluss zur Ausarbeitung eines solchen Abkommens war von der OECD im Jahre 1995 mit den Zielen gefasst worden, „– to provide a broad multilateral framework for international investment with high standards for the liberalization of investment regimes and investment protection and with effective dispute settlement procedures; – to be a free standing international treaty open to all OECD Members and the European Communities, and to accession by non-OECD Member countries, which will be consulted as the negotiations progress.“289

Nach dem Abschluss der vier multilateralen Abkommen im Jahr 1994 gab es gute Aussichten für ein Abkommen, welches die aus Hunderten von bilateralen Investitionsschutzabkommen bereits bestens bekannten Investitionsregeln zusammenfassen sollte. Da diese in den zentralen Punkten ein hohes Maß an inhaltlicher Übereinstimmung aufweisen und bis dahin in der Öffentlichkeit niemals in Frage gestellt worden waren, sollten die Verhandlungen bis zum Jahre 1997 abgeschlossen sein und das MAI noch im 20. Jahrhundert in Kraft treten290. Dass das MAI, wie sämtliche Versuche vorher291, im Jahr 1998 endgültig scheiterte, vermag daher zunächst zu überraschen. Obwohl die Verhandlungen unter weit gehendem Ausschluss der Nicht-OECD-Mitglieder stattfanden, zeigte sich schon bald, dass die vornehmliche Orientierung an einem umfassenden Liberalisierungsansatz nicht durchsetzbar sein würde. Vielmehr erkannte man schon verhältnismäßig bald nach dem Beginn der Verhandlungen, dass man in einem multilateralen Vertrag, der den Anspruch erhob, Modell für eine weltweite Regelung sein zu können, die sozialen und umweltpolitischen Aspekte von Auslandsinvestitionen nicht außer Acht lassen konnte. Zudem stellte sich die Frage nach einem verbindlichen Pflichtenkatalog für ausländische Investoren292. Bippus, Der internationalrechtliche Schutz von Investitionen im Ausland, 215. Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) Publications 1998, Multilateral Agreement on Investment, Consolidated Text. 288 Vgl. Karl, ZvglRWiss 2000, 143. 289 OECD Documents, Towards Multilateral Investment Rules, 1996, 3. 290 Vgl. Karl, ZvglRWiss 2000, 143, 144. 291 Mit dem Entwurf der Havanna-Charta, der Abs-Shawcross-Konvention, der OECDKonvention zum Schutz ausländischen Eigentums und dem UN-Draft Code of Conduct for Multinational Enterprises hatte es seit Ende des Zweiten Weltkrieges bereits eine Reihe solcher Versuche gegeben. 292 Vgl. Karl, ZfVglRWis 2000, 143, 145. 286 287

IV. Der völkerrechtliche Schutz von Auslandsinvestitionen

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Einhergehend mit dem Leitprinzip des MAI-Entwurfs, dem sog. „topdown“-Prinzip, d. h. die Bestimmungen des MAI hätten grundsätzlich für alle volkswirtschaftlichen Sektoren und alle politischen Entscheidungsebenen gelten sollen, es sei denn einzelne Gaststaaten hätten spezifische Ausnahmen angemeldet, ging der Entwurf von einem sehr weiten Investitionsbegriff aus293. Ähnlich wie bei den Verhandlungen zum WBÜ blieb auch bei den MAI-Verhandlungen allerdings bis zuletzt offen, wie der zentrale Begriff der Investition zu definieren sei. Im Grundsatz waren sich die Verhandlungsteilnehmer nur einig, dass Vermögenswerte jeder Art im Gasland zu schützen seien294. Eingeschlossen sein sollten z. B. auch Darlehen, vertragliche Ansprüche und jedes sonstige bewegliche und unbewegliche Vermögen, folglich auch Portfolio-Investitionen. Der Investitionsbegriff des MAI entsprach somit dem der meisten BITs. Als ob es sich bei diesen Verträgen bis dahin um Geheimabkommen gehandelt habe, wurde der Investitionsbegriff erstmals Gegenstand einer kontroversen öffentlichen Debatte. Seine Unbestimmtheit und Weite und der damit verbundene extensive Schutz beinahe jeglicher wirtschaftlichen Transaktion wurden zu einem der Hauptkritikpunkte des Abkommens. Ohne die Vielschichtigkeit der Gründe des Scheiterns des MAI im Rahmen dieser Arbeit näher beleuchten zu können, lässt sich jedoch feststellen, dass die wohl zunächst unterschätzte Komplexität der Materie zu internen Problemen führte und die völlige Fehleinschätzung des durch die Globalisierungsdebatte erwachten öffentlichen Interesses das Projekt unter zunehmenden politischen Druck setzte und letztlich zur Aufgabe dieses ambitionierten Projekts führte295. Als das MAI im Zuge dieser Diskussion mit dem Makel eines Geheimabkommens der kapitalexportierenden Staaten behaftet war296, war es politisch nicht mehr durchsetzbar. Für das ICSID wäre die Verabschiedung des MAI von erheblicher Bedeutung gewesen. Kapitel V des MAI-Entwurfs verwies für die Investor-Staat Schiedsgerichtsbarkeit neben anderen Instanzen297 auf das ICSID und die Additional Facility298. Die Staaten sollten im MAI erstmals ihre unwiderrufliche Unterwerfung unter die Jurisdiktion der Schiedsinstitutionen erklären. Eine obligatorische StaatInvestor Schiedsgerichtsbarkeit war im MAI hingegen nicht vorgesehen299. Im Laufe der MAI-Verhandlungen wurde allerdings auch dieses bislang unbestrittene MAI Entwurf (Stand 24. 04. 1998) Abschnitt II., Art. 2, zit. nach Glunk, Das MAI, 21 f. Vgl. Karl, RIW 1998, 432, 433. 295 Vgl. Böhmer, GYIL 1998, 267, 296. 296 Vgl. auch Karl, ZfVglRWiss 2000, 143, 149, der Kommunikationsschwierigkeiten als einen der Hauptgründe des Scheiterns der Verhandlungen ausmacht. In breiten Schichten der Bevölkerung habe sich die Vorstellung eines „Monstervertrages“, der geeignet ist die Grundfesten der Gesellschaftsordnungen zu erschüttern, durchgesetzt. 297 UNCITRAL und ICC – Schiedsregeln. 298 Abschnitt V., C., 1. f., zit. nach Glunk, a. a. O., 58 f. 299 Zu der Möglichkeit der Investoren im Rahmen einer Investor-Staat Schiedsgerichtsbarkeit gegen den Gaststaat vorzugehen war kein korrespondierendes, von staatlicher Seite einzuleitendes Staat-Investor Verfahren, vorgesehen. 293 294

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

Recht des ausländischen Investors, den Gaststaat wegen einer Verletzung eines Investitionsschutzvertrages vor einem internationalen Schiedsgericht zu verklagen, in Zweifel gezogen300. Was wiederum vornehmlich mit der Weite des im MAI avisierten Investitionsbegriffes zusammenhing.

V. Der Schutz von Auslandsinvestitionen durch die internationale Schiedsgerichtsbarkeit Für die Durchsetzung seiner völker- oder einzelvertraglichen bzw. auf Völkergewohnheitsrecht basierenden materiellen Rechtspositionen benötigt der ausländische Investor gegenüber dem Gastland ein Forum. Recht ohne Möglichkeit der Geltendmachung ist wertlos301. Wie bereits für das materielle Recht festgestellt, wird auch bei der Frage des Verfahrens der Durchsetzung seiner Rechte der ausländische Investor nicht in letzter Instanz auf die nationalen Streitbeilegungsmechanismen des Gastlandes vertrauen wollen. Für die Durchsetzung von Ansprüchen bei Investitionsstreitigkeiten kommen die staatlichen Gerichte normalerweise auch kaum in Betracht, da die staatlichen Gerichte des Heimatstaates des ausländischen Investors für den Investitionsstaat und die staatlichen Gerichte des Investitionsstaates für den ausländischen Investor unter Berufung auf Bedenken hinsichtlich ausreichender Neutralität nicht akzeptabel sind302. Während die Vereinbarung der Zuständigkeit der Gerichte eines dritten Staates bei Vorhaben, welche auf dem Staatsgebiet des Gaststaates durchgeführt werden und erhebliche Bedeutung für dessen Volkswirtschaft haben können, von diesem als mit seiner Souveränität unvereinbar angesehen würde, könnte seine innerstaatliche Gerichtsbarkeit ebenfalls nicht in demselben Maße Befriedungsaufgaben wahrnehmen wie bei Rechtstreitigkeiten mit ausschließlich nationalen Beteiligten, ist sie doch aus der Sicht der fremden Partei zwangsläufig mit dem Makel der Loyalität zum eigenen Staatswesen behaftet303. Parallel zur Entwicklung des Welthandels und der internationalen Investitionstätigkeit bestand daher seit je her ein Bedürfnis nach supranationalen und daher neutralen Streitschlichtungsinstanzen.

1. Der Begriff der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit Grundsätzlich sind die Schiedsgerichtsbarkeit („Arbitration“) in Abgrenzung zur Gerichtsbarkeit („Litigation“) und Vergleichsverfahren („Conciliation“) und die internationale Schiedsgerichtsbarkeit in ihren verschiedenen Erscheinungsfor300 301 302 303

Vgl. Skarpelis-Sperk, in: Glunk, a. a. O., 159, 173. Berger, AWD BB 1965, 1,7. Bülow / Böckstiegel, Internationaler Rechtsverkehr, C I 5a. Vgl. Cherian, Investment Contracts and Arbitration, 13.

V. Schutz von Auslandsinvestitionen durch Schiedsgerichtsbarkeit

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men zu betrachten. Bei der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit handelt es sich um ein Streiterledigungsverfahren, das anders als die diplomatischen Mittel der friedlichen Streitbeilegung auf eine für die Parteien verbindliche Entscheidung des Streits abzielt304. Wesentliche Elemente des Schiedsverfahrens wie seine Rechtsgrundlage, die Zusammensetzung des Schiedsgerichts, die Auswahl des anwendbaren Rechts und die Ordnung des Verfahrens bleiben grundsätzlich in der Hand der streitenden Parteien.305 Internationale Gerichtsbarkeit ist demgegenüber die ständige, also institutionelle, Einrichtung der bindenden richterlichen Entscheidung völkerrechtlicher Streitigkeiten zwischen Völkerrechtssubjekten306. Beim Vergleichsverfahren werden Elemente der Vermittlung und des Untersuchungsverfahrens zusammengeführt. Grundlage für das Vergleichsverfahren ist die Vereinbarung der Parteien, eine unabhängige Kommission nicht nur mit der Tatsachenfeststellung wie beim Untersuchungsverfahren zu beauftragen, sondern darüber hinaus auch einen Vorschlag zur Lösung des Streits zu erarbeiten. Dieser Vorschlag hat jedoch keinen für die Parteien verbindlichen Charakter307. Diesen Definitionen ist gemein, dass sie von der Beteiligung von Völkerrechtssubjekten an den Verfahren ausgehen. Vor dem Hintergrund der Beteiligung privater Investoren an internationalen Schiedsverfahren ist somit die Einteilung in die private und die völkerrechtliche Schiedsgerichtsbarkeit notwendig. Nach der Organisation ihrer Schiedsgerichte und Verfahren unterscheidet sich die Schiedsgerichtsbarkeit zudem in die ad hoc- und die institutionalisierte Schiedsgerichtsbarkeit. So genannte ad hoc- oder isolierte Schiedsgerichte werden für die Beilegung eines konkreten Rechtsstreits eingesetzt. Die Bildung des Schiedsgerichts kann vor oder nach Entstehung des Streits geschehen. Die Parteien einigen sich in einem Schiedsvergleich („compromis“) auf Verfahren und Streitgegenstand308. Institutionelle Schiedsgerichte sind hingegen mit einer neutralen Institution organisatorisch verbunden, welche den Parteien feststehende Verfahrensregeln und einen feststehenden Kreis spezialisierter Schiedsrichter bietet. Während die Einordnung der Schiedsgerichtsbarkeit nach dem WBÜ durch die Schaffung des ICSID zur institutionalisierten Schiedsgerichtsbarkeit leicht fällt, entzieht sich die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit einer definitiven Zuordnung zur „klassischen“ völkerrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit oder zur rein privaten internatonalen Schiedsgerichtsbarkeit und wird überwiegend als „something midway“ betrachtet309.

Vgl. Doehring, Völkerrecht, 1063. Vgl. insbes. zur Abgrenzung von der ordentlichen Gerichtsbarkeit Schlosser, Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 2 ff. 306 von Münch, Völkerrecht, 264. 307 Fischer, in: Ipsen, Völkerrecht, § 62, Rn 17. 308 Vgl. Schröder, in: Graf Vitzthum, Völkerrecht, VI, Rn. 71. 309 Dazu ausfürlich unten C.III.2. 304 305

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

2. Historische Entwicklung der völkerrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit Die Existenz von schiedsgerichtlichen Verfahren zwischen Staaten bzw. Herrschaftsbereichen lässt sich historisch weit zurückverfolgen. Bereits für die altgriechisch-persische Zeit sind schiedsgerichtsähnliche Verfahren zwischen Fürsten beschrieben, ferner gibt es Beweise für die Existenz von Schiedsgerichten in Staatsurkunden des Hetiter-Reiches aus dem 2. vorchristlichen Jahrtausend.310 Die Griechen entwickelten dann die Schiedsgerichtsbarkeit als zwischenstaatliches Mittel friedlicher Streitbeilegung, sodass Friedensverträge aus dieser Zeit bereits Schiedsklauseln enthielten.311 Im römisch-hellenistischen Zeitalter fungierte Rom häufiger als Schiedsrichter bei Schiedsverfahren mit griechischer Beteiligung.312 Im frühen und hohen Mittelalter „blühte“ in Süddeutschland, der jungen Schweiz, Südfrankreich und Südwestdeutschland die Schiedsgerichtsbarkeit unter Fürsten oder auch städtischen Gemeinden. In Italien finden sich Schiedsverträge und -Gerichte bereits im 11. Jahrhundert zwischen norditalienischen Städten, die sich so der kaiserlichen Jurisdiktion entziehen wollten.313 Als Schiedsrichter traten zumeist hohe Kleriker, bisweilen auch der Papst selbst auf. Ein geistlicher Schiedsrichter barg für die obsiegende Partei den Vorteil, dass er dem Schiedsspruch durch die Verhängung von Kirchenstrafen für den Fall der Nichtbefolgung indirekt Nachdruck verleihen konnte. Im sog. spanischen Zeitalter von etwa 1500 bis 1648 spielte die Schiedsgerichtsbarkeit im Vergleich zum Mittelalter eine geringere Rolle. Bei der Kriegsverhütung, also in der eigentlichen friedlichen Streitbeilegung, spielt die Schiedsgerichtsbarkeit so gut wie keine Rolle. Schiedsklauseln finden sich vorwiegend als Folge vorausgegangener Kriege314. So im Friedensvertrag von Münster von 1648, in den eine Schiedsklausel für den Streit um Lothringen aufgenommen wurde315. Private Investoren, welche im Zuge der industriellen Revolution zu Beginn des 19. Jahrhunderts vermehrt bestrebt waren, ihr Kapital in fremden Staaten Gewinn bringend anzulegen, stand zu dieser Zeit neben den Rechtsschutzinstanzen dieser Staaten ausschließlich die Möglichkeit offen, sich an ihren Heimatstaat zu wenden, damit dieser in Ausübung diplomatischen Schutzes den Rechtsanspruch seines Staatsangehörigen geltend machen konnte. Für den angerufenen Heimatstaat entstand daraus jedoch noch keine Verpflichtung, sondern es lag allein in seinem Ermessen, den Anspruch seines Staatsangehörigen zur Gänze oder auch nur teilweise vorzubringen oder überhaupt jedes Tätigwerden gegenüber dem Anlagestaat zu 310 311 312 313 314 315

Vgl. Ziegler, Völkerrechtsgeschichte, 29. Vgl. Ziegler, a. a. O., 36 f. Vgl. Ziegler, a. a. O., 50 f. Vgl. Grewe, Epochen, 123. Vgl. Grewe, Epochen, 235. Vgl. Ziegler, Völkerrechtsgeschichte, 157.

V. Schutz von Auslandsinvestitionen durch Schiedsgerichtsbarkeit

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verweigern316. Die Gründe dafür waren meist politischer Natur, da etwa die Verschlechterung des politischen Klimas zwischen den beiden Staaten vermieden werden sollte oder die eigenen Staatsangehörigen zu Investitionen im eigenen Land angehalten werden sollten317. Entschied sich ein Staat dennoch zum Tätigwerden für seinen Bürger, konnten befriedigende Beilegungen der in der Regel komplexen Investitionsstreitigkeiten auf dem diplomatischen Wege regelmäßig nicht erreicht werden318. Mit der Einleitung diplomatischer Verhandlungen wird die Investitionsstreitigkeit zu einer diplomatischen Angelegenheit zwischen den betroffenen Staaten. Für den Investor nachteilig ist zudem, dass der Streit nicht vor einem neutralen Forum geführt wird, sondern Gegenstand politischer Gespräche zwischen seiner Heimatregierung und der Regierung des Gastlandes ist. Diese Verhandlungen enden ohne einen vollstreckbaren Titel, sodass der Investor auf die freiwillige Befolgung des Verhandlungsergebnisses durch den Gaststaat angewiesen ist. Während aus der Sicht der beteiligten Staaten der Beginn der internationalen Phase der modernen Schiedsgerichtsbarkeit im Jay-Vertrag von 1794319 gesehen werden kann320, enthielt dieser für private Investoren noch keine eigenen Rechte. Bedingt durch den völkerrechtlichen Grundsatz der Mediatisierung privater Rechtssubjekte blieb dabei der Individualanspruch gegenüber dem fremden Staat ganz der verfahrensrechtlichen Kontrolle des Heimatstaates unterworfen und konnte von diesem vor den durch den Vertrag eingerichteten Claims Commissions „on behalf of its national“ geltend gemacht werden. Die zugunsten des Staates lautende Entschädigungssumme wurde nicht dem Privaten entrichtet, sondern dem Heimatstaat im Wege des diplomatischen Verkehrs übergeben. Prozessbeteiligt waren lediglich die Staaten, der Private spielte eine passive Rolle und war am Verfahren nicht direkt beteiligt321. Erstmaliger direkter Zugang zu einem ad hoc gebildeten Schiedsgericht wurde privaten Investoren wohl im Sizilianischen Schwefelmonopol-Fall zwischen Großbritannien und dem Königreich Beider Sizilien im Jahr 1840 gewährt322. Während Vgl. Cahier, in: Lew, Contemporary Problems in International Arbitration, 242. Diese Abhängigkeit des privaten Investors von seinem Heimatstaat wird in der von Fischer, a. a. O., zitierten Instruktion des Britischen Außenministers Lord Palmerson an britische Kaufleute aus dem Jahr 1848 sehr deutlich: „It has hitherto been thought by the successive Governments of Great Britain undesirable that British subjects should invest their capital in loans to foreign governments instead employing it in profitable undertakings at home; and with a view to discourage hazardous loans to foreign governments, who may be either unable or unwilling to pay the stipulated interest thereupon the British Government has hitherto thought it the best policy to abstain from taking up as international questions made by British subjects against foreign governments which have failed to make good their engagements in regard to such pecuniary transactions.“ 318 Vgl. Fischer, VRÜ 1968, 262, 265. 319 Jay-Vertrag v. 19. 11. 1794, CTS Bd. 52, 243. 320 Vgl. Grewe, Epochen, 426. 321 Vgl. Fischer, VRÜ 1968, 262, 265. 322 Vgl. Fischer, VRÜ 1968, 262, 266, m.w.Nachw. 316 317

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

es somit in der Ad hoc-Schiedsgerichtspraxis des 19. Jahrhunderts vereinzelt bereits zu einer Partei- und Prozessfähigkeit Privater gekommen ist, entwickelte sich die institutionalisierte internationale Schiedsgerichtsbarkeit zunächst ausschließlich auf der zwischenstaatlichen Ebene. Auf der Basis des I. Haager Abkommens323 wurde 1907 der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag gegründet. Der Ständige Schiedsgerichtshof war mehr eine Verwaltungsstelle als ein Gericht und bot ausschließlich den organisatorischen Rahmen für die Durchführung von Schiedsverfahren vor ad hoc Schiedsgerichten, welche nach den Vorschriften der Haager Konvention gebildet worden waren324. Die im I. Haager Abkommen darüber hinaus enthaltenen Regeln für Schiedsgerichtsverfahren wirkten positiv auf die Aufnahme von Schiedsklauseln in bilaterale Verträge zu Beginn des 20. Jahrhunderts325. Mit der Gründung der Internationalen Handelskammer in Paris (ICC) nach dem Ersten Weltkrieg, die im Jahre 1922 ein internationales Schiedsgericht einsetzte326, wuchs auch die internationale private Schiedsgerichtsbarkeit ganz erheblich in ihrer Bedeutung. Die Schiedsgerichtsordnung der ICC war lange Zeit Vorbild für alle anderen Institutionen327, wie beispielsweise den London Court of International Arbitration (LCIA) oder die American Arbitration Association (AAA). Entscheidend für die Ausbreitung der internationalen privaten Handelsschiedsgerichtsbarkeit waren in erster Linie multilaterale Abkommen, die die Anerkennung von Schiedsverträgen und Vollstreckung von Schiedssprüchen im internationalen Bereich regeln328. Das Genfer Protokoll vom 24. 9. 1923329 machte den ersten Versuch zur Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, an das sich das Genfer Abkommen vom 26. 9. 1927330 über die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen im Ausland anschloss331. Einen weiteren bedeutenden Schritt in der Entwicklung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit brachte die so genannte „New York Convention“,332 mit der im Wege eines multilateralen Vertrages die Vollstreckbarkeit von internationalen Schiedssprüchen durch die Vertragsstaaten anerkannt wurde. Hier regelt Art. 3 die völkerrechtliche Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Anerkennung und Vollstreckung ordnungsgemäßer Schiedssprüche. 323 I. Haager Abkommen zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle v. 18. 10. 1907, (RGBl. 1910, 5), Art. 47. 324 Vgl. Broches, CJTL 1966, 263, 266. 325 Vgl. Fischer, in: Ipsen, § 62, Rn. 21 f. 326 Vgl. Schwab, Kap. 41, Rn. 11. 327 Vgl. Lionnet, BB 1993, S. 9. 328 Vgl. Schwab, a. a. O. 329 RGBl. 1925 II, S. 47. 330 RGBl. 1930 II, S. 1068. 331 Vgl. Schwab, Kap. 41, Rn. 2 332 Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards v. 10. 6. 1958, BGBl. 1961 II, 122.

V. Schutz von Auslandsinvestitionen durch Schiedsgerichtsbarkeit

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Eine wesentliche Erweiterung auf internationaler Ebene erfuhr das Schiedsverfahrensrecht durch die Schaffung der UNCITRAL333 Regelungen. Bei den UNCITRAL Arbitration Rules von 1976334 und dem UNCITRAL Model Law von 1985335 handelt es sich nicht um multinationale Übereinkommen, sondern insbesondere beim Modellgesetz um eine Aufforderung an die Staatengemeinschaft, seine Regelungen in die eigene Gesetzgebung zu übernehmen und dadurch die nationalen Schiedsrechtsregime anzugleichen336. Im Jahr 1962 beschlossen die Mitgliedstaaten des Ständigen Schiedsgerichtshofs die Öffnung der Schieds- und Vergleichsverfahren unter bestimmten Umständen auch für Streitigkeiten zwischen einem Staat und einer nichtsstaatlichen Partei337. Insbesondere bei den Entwicklungsländern stieß dieses Angebot des Ständigen Schiedsgerichtshofs jedoch nur auf sehr mäßiges Interesse338. Der historische Durchbruch in der Einbeziehung privater Investoren in die Schiedsverfahren mit Staaten vor einer institutionalisierten internationalen Schiedsgerichtsbarkeit gelang dann in für die Staaten akzeptabler Weise wenige Jahre später mit der Gründung des ICSID auf der Basis des WBÜ im Jahre 1965.

3. Aktueller Stand der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit Nach den beteiligten Prozessparteien lässt sich die internationale Schiedsgerichtsbarkeit aktuell in die völkerrechtliche, ausschließlich zwischen Völkerrechtssubjekten stattfindende Schiedsgerichtsbarkeit, die Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Staaten und Privaten bzw. internationalen Unternehmen und die ausschließlich zwischen nichtsstaatlichen Parteien stattfindende private Schiedsgerichtsbarkeit untergliedern339. Die völkerrechtliche Schiedsgerichtsbarkeit hat seit dem Zweiten Weltkrieg eine erfolgreiche Entwicklung genommen. Das für die Staaten in Art. 2 Nr. 3 IGH-Statut aufgestellte Gebot der friedlichen Streitbeilegung wird in Art. 33 Abs. 1, 5. Var. IGH-Statut um den „Schiedsspruch“ als Weg friedlicher Streitbeilegung ergänzt. In 333 United Nations Commission on International Trade Law, Kommission der UN mit Sitz in Wien. 334 ILM 1976, 701 ff. Im Verfahren Cargill Incorporated v. Republic of Poland (Arb / AF / 04 / 2) haben sich die Parteien gem. Art. 49 Abs. 1 AR für die Beendigung des ICSID Additional Facility Verfahrens und seine Fortsetzung als UNCITRAL Schiedsverfahren entschieden. 335 UN-Doc. A / 40 / 53. 336 Vgl. Lionnet / Lionnet, Handbuch der Schiedsgerichtsbarkeit, 128 ff. 337 Regeln über Schiedsgerichtsbarkeiten und Vergleichsverfahren zur Beilegung internationaler Streitigkeiten zwischen Parteien, von denen nur eine ein Staat ist v. 26. 03. 1962, ArchVR 1964 / 65, 187. 338 Vgl. Theodorou, Investitionsschutzverträge, 57. 339 Vgl. Redfern / Hunter, Law and Practice of International Commercial Arbitration, 39 f.

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B. Der Schutz internationaler Investitionen

einer Reihe von Streitpunkten, insbesondere bei Grenzstreitigkeiten, sind völkerrechtliche Ad hoc-Schiedsgerichte erfolgreich tätig geworden340. Eine neue Form der internationalen Streitschlichtung hat das Iran-United States Claims Tribunal mit Sitz in Den Haag mit sich gebracht341. Dieses Schiedsgericht, das auf dem von den Vereinigten Staaten und dem Iran zur Lösung der Geiselkrise in der US-Botschaft in Teheran abgeschlossenen Abkommen von Algier342 beruht, tagt seit 1981 und entscheidet sowohl über Ansprüche von Angehörigen der einen staatlichen Vertragspartei gegen Angehörige der anderen Vertragspartei als auch über Ansprüche zwischen den beiden Staaten343. Da auch die dort anhängigen Verfahren zwischen Privaten völkerrechtlicher Natur sind344, steht auch dieses institutionalisierte Schiedsgericht, wie das ICSID, zwischen der Variante der rein völkerrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit und der privaten Schiedsgerichtsbarkeit345. Im Bereich grenzüberschreitender Wirtschaftsbeziehungen wird die Streiterledigung mittels internationaler Schiedsgerichtsbarkeit immer mehr als die gegenüber staatlicher Gerichtsbarkeit wirksamere Art der Streiterledigung anerkannt. Besonders in internationalen Fällen ist die Praxis der Vereinbarung einer Schiedsabrede oder -Klausel in den entsprechenden Verträgen fast universell. Geschätzte 90% aller grenzüberschreitenden Wirtschaftsverträge enthalten heute eine Schiedsklausel. Der Schiedsrichter ist damit zum „natürlichen Richter“ der internationalen Wirtschaft geworden346. Diese Entwicklung hat zu einer Internationalisierung und Professionalisierung aller Beteiligter geführt, auch der international tätigen Kanzleien347. Unter den vielen Schiedsorganisationen haben sich einige institutionelle Schiedsgerichte als weltweit bedeutsame Schiedsforen etabliert. So beispielsweise die Schiedsordnungen der internationalen Handelskammer in Paris (ICC)348, des London Court of International Arbitration (LCIA)349 und die Schiedsordnung der American Arbitration Association (AAA)350. 340 Britisch-Französisches Verfahren über die Abgrenzung des Festlandsockels, ILM 1979, 397; Abgrenzung des Festlandsockels zwischen Norwegen und Island im Bereich der Insel Jan Mayen, ILM 1981, 797; Abgrenzungsfall zwischen Guinea und Guinea-Bissau, ILM 1986, 252. 341 Dazu Aldrich, The Jurisprudence of the Iran-United States Claims Tribunal, 12 ff.; für weitere Informationen zu dieser Institution s. www.iusct.org. 342 Abkommen vom 19. 01. 1981, ILM 1981, 230. 343 Das Schiedsgericht hat seither rund 3.900 Schiedsverfahren zwischen diesen Parteikonstellationen abschließen können, vgl. Iran-United States Claims Tribunal Bulletin No 05 / 3 v. 26. 07. 2005. 344 Vgl. Schlosser, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 14, 17. 345 Vgl. Redfern / Hunter, a.a.O, 51, die in Bezug auf das Iran-United States Claims Tribunal zutreffend von einem „Hybrid“ sprechen. 346 Berger, RIW 1994, 12, 13. 347 Vgl. Böckstiegel, in: FS Schlosser, 49, 50; Kerr, JBL 1980, 164, 166: „Since the last war, arbitration became something of a forensic industry all over the world.“ 348 Vgl. www.iccwbo.org. 349 Vgl. www.lcia-arbitration.com.

V. Schutz von Auslandsinvestitionen durch Schiedsgerichtsbarkeit

77

Die Akzeptanz der Schiedsgerichtsbarkeit durch staatliche Parteien ist keineswegs auf das ICSID als die dafür geschaffene besondere Einrichtung beschränkt. Auch unter den Fällen der anderen großen internationalen Schiedsinstanzen, wie der ICC und des LCIA oder des Stockholmer Institutes für Schiedsgerichtsbarkeit sind viele Fälle, an denen staatliche Parteien beteiligt sind.351 Denn im Gegensatz zum ICSID Verfahrensrecht kennen diese Schiedsordnungen keine wesentlichen Beschränkungen ihres sachlichen Anwendungsbereichs.352 Für das WBÜ hingegen waren es gerade seine Jurisdiktionsbeschränkungen rationae personae und materiae, welche es seiner großen Zahl an Signatarstaaten überhaupt erst ermöglichten, dem WBÜ beizutreten und nichtstaatlichen Parteien Schiedsverfahren auf Augenhöhe mit ihrer staatlichen Souveränität anstatt ihrer nationalen Gerichtsbarkeit anzubieten.

Vgl. www. adr.org. Vgl. Böckstiegel, in: FS Schlosser, 49, 52, der für Deutschland auf die Schiedsklausel im Vertrag des Bundes mit dem Industriekonsortium Toll Collect hinweist. 352 Vgl. Tupman, VirgJIL 1984, 917, 921. 350 351

C. Das ICSID I. Entstehungsgeschichte des Weltbankübereinkommens 1962 – 1966 Wie im vorhergehenden Abschnitt dargelegt, lag die Schwäche der traditionellen Streitbeilegungsmethoden von Investitionsstreitigkeiten zwischen privaten Investoren und Staaten hauptsächlich darin, dass in nahezu allen Fällen der Heimatstaat des Investors in irgendeiner Form tätig werden musste1. Eine weitere Schwäche der traditionellen Ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit lag auch in dem nicht zu unterschätzenden Aufwand verwaltungstechnischer Natur, der die Errichtung eines Schiedsgerichts nur bei Vorliegen eines hohen Streitwertes finanziell rechtfertigte2. Durch die Schaffung einer internationalen Schiedsgerichtsinstanz unter den Auspizien der Weltbank, auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Abkommens, gedachte man diese Schwächen zu beseitigen3. Mit Inkrafttreten des WBÜ am 14. 10. 1966 nahm das International Center for the Settlement of Investment Disputes (ICSID) seine Arbeit auf. Damit war es erstmals gelungen, privaten Investoren und kapitalimportierenden Staaten eine Schieds- und Vergleichsinstanz zur Verfügung zu stellen, vor deren Vergleichskommissionen und Schiedsgerichten beide Parteien in gleichberechtigter Weise parteifähig sind4. Das WBÜ ist in seinem sachlichen Inhalt eng begrenzt und enthält weder materielle Schutzgrundsätze für die ausländischen Investitionen im Allgemeinen noch für Verträge zwischen privaten Investoren und Staaten im Besonderen, vielmehr beschränkt sich das WBÜ auf Verfahrensfragen5. Obwohl somit weiterhin eine für die Durchsetzung vertraglicher Rechte gegen Staaten so wesentliche obligatorische internationale Gerichtsbarkeit auch für diesen beschränkten Bereich der Investitionsstreitigkeiten fehlt, ist mit dem WBÜ ein bedeutsamer Schritt in Richtung auf die Erzeugung völkerrechtlicher, die Vertragsstaaten bindender Normen unternommen worden6.

Vgl. Fischer, VRÜ 1968, 262, 273. Vgl. Fischer, VRÜ 1968, 262, 273. 3 Vgl. Denkschrift des Deutschen Bundestages anlässlich der Ratifizierung des WBÜ, BTDrucks. V / 3246 v. 09. 09. 1968, 27. 4 Vgl. Langer, AWD BB 1972, 321, 322. 5 Vgl. Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, 160. 6 Vgl. Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, 161. 1 2

I. Entstehungsgeschichte des Weltbankübereinkommens 1962 – 1966

79

Als Organisation ist das ICSID eng mit der Weltbank verbunden. Diese Verbindung bringt einige Konsequenzen für die Arbeitsweise und das Selbstverständnis des ICSID mit sich. Wie für die Weltbank liegt das Hauptinteresse des ICSID in der Förderung eines Klimas gegenseitigen Vertrauens zwischen Staaten und Investoren zum Nutzen des Kapitalflusses in Entwicklungsländer zu vernünftigen Konditionen. Das ICSID kann aus diesem Grunde nicht ausschließlich als Streitschlichtungsinstrumentarium angesehen werden. Es muss ebenfalls als internationales rechtliches Mittel zur Förderung wirtschaftlicher Entwicklung gesehen werden7. Diese Einordnung wird bei der Bestimmung des ICSID-Investitionsbegriffs zu beachten sein. Auf diese und weitere Besonderheiten der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit gegenüber anderen kommerziellen Schiedsinstanzen, ebenso wie auf die Organisation des Zentrums und den Ablauf des Schieds- und Vergleichsverfahrens soll im Folgenden eingegangen werden. 1. Ausgangslage Wie bereits oben festgestellt, sind auch bis zum heutigen Tage alle Versuche eines multilateralen Investitionsschutzes gescheitert8. Als ausschlaggebend für das Scheitern früherer Bemühungen um einen Ausgleich der Interessen zwischen kapitalexportierenden Staaten und den ihnen angehörenden privaten Investoren und kapitalimportierenden Staaten wird die enge Verknüpfung mit materiellrechtlichen Vorschriften in diesen Entwürfen angesehen9. Als bei der Weltbank die Notwendigkeit der Verbesserung des Schutzes privater Investitionsströme erkannt wurde10, bestand dort Einigkeit darüber, das Problem des Investitionsschutzes von der Kompromissen eher offen stehenden verfahrensrechtlichen Seite her anzugehen statt über die Setzung materieller Standards.11. Diese Selbstbeschränkung der Initiatoren des WBÜ wird denn auch allgemein als Ursache für das spätere Zustandekommen des WBÜ angesehen12. Dass der Anstoß zum WBÜ aus der Mitte der Weltbank kam13, vermag nur zu erstaunen, wer den Wirkungskreis dieser speziellen UN-Organisation ausschließDelaume, in: Lew, Contemporary Problems, 23. s. o. B.IV.3.d). 9 Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 22. 10 Federführend mit der Ausarbeitung des WBÜ befasst waren der damalige Leiter der Weltbank Rechtsabteilung Aron Broches und die Rechtsberater Leopoldo Cancio, Georges Delaume, Christopher Pinto und Piero Sella, vgl. ICSID Hist. I, 2. 11 Broches, Rede auf der „Weltkonferenz über Weltfrieden durch Recht“, Athen, 1963 in: Pressemitteilung der Weltbank, „Schiedsverfahren in Investitionsstreitfällen“, 03. 07. 1963. 12 Vgl. Berger, AWD BB, 1965, 434; Schwarzenberger, Foreign Investments and International Law, 134. 13 Als solcher kann der Vermerk Broches vom 28. 08. 1961 (SecM 61 – 192) an den Gouverneursrat der Weltbank angesehen werden, in dem dieser die Errichtung einer internationalen Schiedsgerichtsinstanz vorschlägt, vgl. ICSID Hist. II, 1 S. 1. 7 8

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C. Das ICSID

lich in der Vergabe von staatlichen Finanzmitteln und der Förderung und Ergänzung privater ausländischer Investitionstätigkeit14 sieht. Die Weltbank erfüllt aber auch ihre Pflicht als Entwicklungshilfe-Institution 15. Als solche ist die Weltbank im Wesentlichen mit den Kapitalströmen von entwickelten in sich entwickelnde Staaten befasst. Von den unterschiedlichen Quellen dieser Kapitalströme ist die Hingabe von Kapital seitens privater Investoren, die Kapital für ganz oder teilweise selbst betriebene Projekte zur Verfügung stellen, für die Weltbank von großer quantitativer Bedeutung. Bereits zur Zeit der Schaffung des WBÜ machten diese privaten ausländischen Investitionen zwischen einem Drittel und der Hälfte der von der Weltbank begleiteten Kapitalflüsse aus16. Zudem versetzten die entpolitisierte Atmosphäre der Institution und ihre notorische Unparteilichkeit die Weltbank wie kein anderes Forum in die Lage, auch auf die Mitarbeit der neuen Staaten bauen zu können, die den bestehenden internationalen Rechtsprechungsinstanzen eher ablehnend gegenüber standen17. Sowohl von privaten Investoren als auch von Regierungen der Mitgliedstaaten wurden in den fünfziger Jahren die Dienste der Weltbank zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten mit Erfolg in Anspruch genommen18. Dieses der Weltbank sowohl von kapitalimportierenden als auch von kapitalexportierenden Staaten entgegengebrachte Vertrauen war der Anstoß für die Schaffung einer im Rahmen der Bank institutionalisierten Rechtsprechungsinstanz19. Deren Entstehungsprozess muss allerdings auch vor dem Hintergrund des politischen Klimas für private ausländische Investitionen in den sechziger Jahren gesehen werden. Wie groß die Differenzen zwischen Kapitalimporteuren und -Exporteuren damals tatsächlich waren, lässt eine Bemerkung des Richters J. Harlan von 1964 im US v. Sabbatino Fall erahnen, „there are few if any issues in international law today on which opinion seems to be so divided as the limitations on a state’s power to expropriate the property of aliens [ . . . ] the disagreement as to relevant international law standards reflects an even more basic divergence between the national interests of capital importing and capital exporting nations than between the social ideologies of those countries that favour state control of a conside14 Vgl. Art. 1 Abs. 2 des Abkommens über die internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung v. 27. 12. 1945, BGBl. 1952 II, 664. 15 Vgl. Broches, RdC 1972, 331, 342. 16 Vgl. Broches, RdC 1972, 331, 343. 17 Besonders die in die Entstehungsphase des WBÜ fallenden, heftig umstrittenen Entscheidungen des IGH in den South-West-Africa Cases (Äthiopien v. Südafrika und Liberia v. Südafrika) im Jahre 1966, in welchen dieser die Klagen mit umstrittenen Begründungen zurückwies, wurde vonseiten der Entwicklungsländer als weiterer Beweis für eine einseitige, den westlichen Industriestaaten zugewandte Ausrichtung internationaler Streitbeilegungsinstanzen gewertet. s. dazu Stahl, JIR 1969, 325 m.w.Nachw. 18 In den Streitfällen zwischen der Suezkanal-Gesellschaft und Ägypten im Jahre 1956 und zwischen Frankreich und Japan im Jahre 1958 (City-of-Tokyo-Anleihen-Fall) erbot die Weltbank ihre guten Dienste, vgl. auch ICSID Hist. II, 1, S. 307. 19 Fischer, VRÜ, 1968, 262, 274.

I. Entstehungsgeschichte des Weltbankübereinkommens 1962 – 1966

81

rable portion of the means of production and those that adhere to a free enterprise system“.20

Tatsächlich hatten viele ehemalige Kolonien erst seit wenigen Jahren die Unabhängigkeit erlangt. In Erinnerung einer als ausbeuterisch empfundenen Kolonialzeit erschien besonders diesen Staaten die politische Unabhängigkeit ohne ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit unvollständig. Unter besonderer Betonung ihrer staatlichen Souveränität wurde der Verbindlichkeit von Zusagen, die ausländischen Investoren in Bezug auf Investitionsprojekte gemacht worden waren, daher kein hoher Stellenwert beigemessen.21

2. Die Verhandlungen über das WBÜ Die Arbeit am WBÜ nahm 1962 auf der 17. Jahrestagung des Rates der Gouverneure der Weltbank ihren Anfang22, auf welcher eine Resolution23, durch die das Direktorium zur Prüfung der damit zusammenhängenden Fragen aufgefordert wurde, einstimmig Annahme fand. Ein erster Arbeitsentwurf24 mit kommentierenden Anmerkungen, in dem bereits die Ansichten der von den Direktoren vertretenen Regierungen berücksichtigt werden konnten, lag 1963 vor. Dieser vorläufige Entwurf diente im Folgenden als Arbeitsgrundlage für vier regionale Treffen25 mit Experten fast aller Mitgliedsstaaten der Weltbank26. Die weit überwiegende Zustimmung, die der Konventionsentwurf auf diesen Treffen erhielt, veranlasste das Direktorium, dem Rat der Gouverneure der Weltbank einen günstigen Bericht zu unterbreiten, der auf der 18. Jahrestagung in Tokio die Basis für eine weitere Resolution bildete, durch welche das Direktorium zur Formulierung einer Konvention27 aufgefordert wurde, welche die Schaffung von Schieds- und Vergleichseinrichtungen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Staatsangehörigen anderer Vertragsstaaten auf freiwilliger Basis zum Gegenstand haben sollte. Entsprechend ihrer ablehnenden Haltung in der Regional-Konferenz von Santiago de Chile lehnten die lateinamerikanischen Gouverneure der Weltbank diese Resolution geschlossen ab; eine Haltung, die unter 374 U.S.C. 398, 428, 430 (1964). Vgl. Seidl-Hohenveldern, Investitionen in Entwicklungsländern, 16 ff. 22 Im Einzelnen dazu Broches, ASIL Prcdgs 1965, 33, 35 ff. 23 Res. No. 174 vom 18. 09. 1962, vgl. para. 6 des Report of the Executive Directors on the Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and Nationals of other States (Directors Report), v. 18. 03. 1965 in ICSID-Rep. I, 23, 24. 24 Doc. 24 vom 15. 10. 1963 in ICSID Hist. II, 1, S. 184 ff. 25 Die Treffen fanden nacheinander in Addis Abeba, Santiago de Chile, Genf und Bangkok statt. 26 Von den damals 102 Mitgliedstaaten entsandten 86 ihre Vertreter auf die jeweiligen Konferenzen. 27 Res. No. 214 vom 10. 09. 1964 in ICSID Hist. II, 1, S. 608. 20 21

6 Belling

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C. Das ICSID

dem Schlagwort „El No de Tokyo“28 in die Entstehungsgeschichte der Konvention eingegangen ist29. Der Aufforderung des Gouverneurs-Rates kam das Direktorium mit der Formulierung eines ersten Entwurfes eines Abkommens30 nach, der wiederum als Arbeitspapier für ein Komitee von Experten aus 61 Mitgliedstaaten der Weltbank diente, das 1964 für drei Wochen in Washington tagte. Die Tagungsprotokolle geben bereits unmittelbaren Aufschluss über den Weg der Formulierung der einzelnen Abkommensbestimmungen31. Auf sie wird im Rahmen der Untersuchung der Entwicklung des Investitions-Begriffes in den Verhandlungen zum WBÜ zurückzukommen sein. Das Komitee redigierte in dieser Zeit den gesamten Text des Übereinkommens und legte dem Direktorium zu Beginn des Jahres 1965 einen zweiten Entwurf des WBÜ32 vor. Nach erneuter Beratung einzelner strittiger Fragen und Änderung einiger Artikel wurde dieser den Mitgliedstaaten der Weltbank am 18. März 196533, versehen mit einem kommentierenden Report der Direktoren (Report of the Executive Directors)34, zur Unterzeichnung und Ratifikation übermittelt. Gem. Art. 67 WBÜ können außer Mitgliedern der Weltbank auch solche Staaten der Konvention beitreten, welche Vertragsparteien des Statuts des Internationalen Gerichtshofs sind und vom Verwaltungsrat des ICSID mit Zweidrittelmehrheit seiner Mitglieder zur Unterzeichnung eingeladen wurden. Wie bereits im Falle der Internationalen Finanz Koporation35 und der Internationalen Entwicklungsorganisation36 wurde also der eigentliche Gründungsvertrag im Rahmen der Weltbank ausgearbeitet, dem die Mitgliedsstaaten später Vgl. Fischer, VRÜ 1968, 262, 300. Diese Haltung zur schiedsgerichtlichen Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und ausländischen Investoren ist durch jene Auffassung charakterisiert, die in der sog. Calvo-Klausel ihren juristischen Niederschlag gefunden hat. Im Wesentlichen wird darunter die in einem Vertrag zwischen Staat und ausländischer Privatperson aufgenommene Bestimmung verstanden, alle zukünftigen Streitigkeiten der Zuständigkeit der innerstaatlichen Gerichte zu unterwerfen und auf die Inanspruchnahme des diplomatischen Schutzrechts des Heimatstaates zu verzichten. Nach dieser Auffassung können somit ausschließlich innerstaatliche Gerichte zur Streitbeilegung herangezogen werden. Dazu Szasz, VandJIL 1971, 256, 258 ff. Diese geschlossen ablehnende Haltung der lateinamerikanischen Staaten ist heute weitgehend aufgehoben. Von den 33 lateinamerikanischen Staaten sind 26 Mitgliedsstaaten des WBÜ. Zum überwiegenden Teil sind sie in den 90er Jahren beigetreten. 30 Doc. 43 vom 11. 09. 1964 in ICSID Hist. II, 1, S. 610 ff. 31 Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 23. 32 Doc. 123 vom 11. 12. 1964, ICSID Hist. II, 2, S. 911 ff. 33 Doc. 145 vom 18. 03. 1965, ICSID Hist. II, 2, S. 1041 ff. 34 Doc. 145 vom 18. 03. 1965, ICSID Hist. II, 2, S. 1069 ff. 35 International Finance Corporation – IFC Abkommen vom 25. 05. 1955, BGBl. 1956 II, 747. 36 International Development Association – IDA Abkommen vom 26. 01. 1960, BGBl. 1960 II, 2137. 28 29

I. Entstehungsgeschichte des Weltbankübereinkommens 1962 – 1966

83

beitraten37. Allein dieser endgültige Konventionstext ist unter Berücksichtigung des begleitenden Berichts von den Vertragsstaaten unterzeichnet und ratifiziert worden; nur hierauf haben sie sich geeinigt. Nicht zuletzt angesichts der hervorgehobenen Rolle der Weltbank weicht das Verfahren zur Aushandlung des WBÜ nicht unerheblich von den üblichen Verfahren bei der Ausarbeitung internationaler Übereinkommen ab38. Auf die uneingeschränkte Verwertbarkeit der historischen Materialien zur Erörterung problematischer Fragen des WBÜ und der Bestimmung des einzelnen Vorschriften zugrunde liegenden Sinnes hat dies jedoch keine Auswirkung, da durch die Dokumentation der Weltbank39 auch jedem späteren Vertragspartner des Übereinkommens die Entstehungsgeschichte zugänglich war40. Diese allgemeine Zugänglichkeit der Vorarbeiten ist notwendige Voraussetzung für die Berücksichtigung bei der Auslegung multilateraler Abkommen41. Böckstiegel weist zutreffend darauf hin, dass die anschließenden schnellen und zahlreichen Ratifizierungen zeigen, dass die Mitgliedsstaaten diese Aushandlungsverfahren aber mittrugen und dass aus diesem Grunde sowie angesichts der zeitlich und sachlich sehr konzentrierten Vorarbeiten die von der Weltbank herausgegebenen Dokumente über die Entstehungsgeschichte eine wichtige Quelle im Falle von Auslegungszweifeln hinsichtlich des Übereinkommens bilden42. Das WBÜ ist dreißig Tage nach Hinterlegung der zwanzigsten Ratifikationsurkunde bei der Weltbank (als Depositarin) in Kraft getreten43. Bei späteren Ratifikationen wird es für den beitretenden Staat binnen 30 Tagen nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde wirksam44. Bis zum heutigen Tage sind der Konvention 155 Staaten beigetreten. 142 von ihnen haben ihre Ratifikationsurkunden hinterlegt45. Dies entspricht einem Anteil von rund 75% der 191 UN-Mitgliedsstaaten, in denen das WBÜ derzeit Anwendung findet. Während die Zahl der Mitgliedstaaten lange Zeit konstant bei 80 bis 90 lag46, nahm ihre Zahl mit dem Ende des Ost-West-Konflikts beachtlich zu. Das WBÜ hat damit eine erheblich weitere Verbreitung gefunden als das zweite bedeutende multilaterale Abkommen auf dem Gebiet der Schiedsgerichtsbarkeit, das New Yorker UN-Abkommen über die Vgl. Broches, ASIL Prcdgs 1965, 33, 38. Lörcher, Neue Verfahren der internationalen Streiterledigung, 158; vgl. auch Ott, Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 9. 39 ICSID, Analysis and Documents Concerning the Origin and the Formulation of the Convention Vol. I, II,1, II,2, III, IV, zit. als ICSID Hist. 40 Vgl. Bülow / Böckstiegel, Der Internationale Rechtsverkehr, para. 720, 3; kritisch Pirrung, Weltbankübereinkommen, 24. 41 Vgl. Bernhardt, Auslegung völkerrechtlicher Verträge, 120. 42 Vgl. Bülow / Böckstiegel, Der Internationale Rechtsverkehr, para. 720, 3. 43 Art. 68 Abs. 2 Satz 1. 44 Art. 68 Abs. 2 Satz 2. 45 Stand: September 2005, www.worldbank.org / icsid. 46 Niggemann, IPrax 1985, 185, 186. 37 38

6*

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C. Das ICSID

Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958, dem 116 Staaten47 angehören. 3. Das WBÜ und ergänzende Normen Das Weltbankübereinkommen enthält 75 Artikel, unterteilt in 10 Kapitel, denen eine Präambel vorangestellt ist. Das Übereinkommen ist in drei Sprachen abgefasst, wobei jede der drei Fassungen gleichermaßen verbindlich ist48. Für das hier interessierende Schiedsverfahren bildet das WBÜ jedoch nur einen Rahmen. Dieser Rahmen ist näher ausgefüllt worden durch ergänzende Normen, welche der ICSID-Verwaltungsrat aufgrund seiner Befugnisse in Art. 6 WBÜ am 01. 01. 1968 erlassen hat. Sie sind im Jahre 1984 überarbeitet worden49. Die wichtigsten ergänzenden Normen für die Schiedsgerichtsbarkeit enthalten die Rules of Procedure for Arbitration Proceedings, im Folgenden Arbitration Rules, AR. Hier finden sich detaillierte Vorschriften, unter anderem über die Bildung der Schiedsgerichte, über deren interne Arbeitsweise, über das schriftliche und mündliche Verfahren mit den Parteien sowie über den Schiedsspruch und seine Wirkungen50 . Die Arbitration Rules entsprechen in ihren Verfahrensnormen ganz überwiegend dem, was auch in den sonstigen Schiedsgerichtsordnungen internationaler Institutionen, wie etwa jenen der Internationalen Handelskammer und der UNCITRAL, üblich ist51. Daneben findet sich eine Reihe von Sonderregelungen aufgrund der Besonderheiten des WBÜ. Ergänzt werden die AR durch die Rules of Procedure for the Institution of Conciliation and Arbitration Proceeding, Institution Rules, IR, die insbesondere detaillierte Regeln über die Einleitung eines Schiedsverfahrens enthalten. Die Rules of Procedure for Concilation Proceedings, Concilation Rules, regeln näher das Schlichtungsverfahren, für welches das WBÜ in Art. 28 bis 35 einen Rahmen schafft52. Die Administrative and Financial Regulations, AFR, enthalten detaillierte Regelungen über die Aufgaben des ICSID-Verwaltungsrates, des ICSID-Sekretariats sowie die relevanten Vorschriften über die Verfahrenskosten.

Bredow, in: Bülow / Böckstiegel, Der Internationale Rechtsverkehr, CI 3d S. 49 ff. Englisch, Französisch und Spanisch nebeneinander in ICSID Hist. I, 16 ff. 49 Sämtliche Fassungen abgedruckt in ICSID-Rep. I, 35 ff.; entgegen den AR, IR und CR blieben die AFReg. unverändert, vgl. ICSID-Rep. I, 35. Im Gegensatz zum WBÜ fehlt für diese ergänzenden Normen eine amtliche deutsche Übersetzung. Sie werden deshalb mit ihren englischen Titeln, unter denen sie überwiegend international bekannt sind, aufgeführt. 50 s. u. B.IV.3. 51 Vgl. Bülow / Böckstiegel, Der Internationale Rechtsverkehr, para. 720, 4. 52 s. u. C.V.1. 47 48

II. Institutioneller Rahmen

85

Um das ICSID auch für die Beilegung von Streitigkeiten verfügbar zu machen, welche nicht die Voraussetzungen des WBÜ erfüllen, erließ der Verwaltungsrat am 27. 09. 1978 die Rules Governing the Additional Facility for the Administration of Proceedings by the Secretariat of the International Centre for Settlement of Investment Disputes, Additional Facility Rules53.

II. Institutioneller Rahmen 1. Das Verhältnis von Weltbank, WBÜ und ICSID Gemäß Art. 1 Abs. 1 wird durch das WBÜ das ICSID errichtet. Begreift man mit Schermers / Blokker eine internationale Organisation als eine „form of cooperation founded on an international agreement creating at least one organ with a will of its own, established under international law“54,

so ist das ICSID seiner Rechtsnatur nach als eine solche anzusehen55. Zugleich ist die Mitgliedschaft der IBRD, als internationaler Organisation, im WBÜ eine Besonderheit, die sogleich auf die enge Verbindung zwischen ICSID und der Bank hinweist. Diese Nähe zur Weltbank und ihren Zielen als Entwicklungsorganisation ist auch für die hier untersuchte Fragestellung von Bedeutung, da sie von zumindest mittelbarem Einfluss auf die Auslegung zentraler Vorschriften des WBÜ ist. Das ICSID ist eine der fünf Organisationen56, aus denen sich die Weltbankgruppe zusammensetzt57. Der Sitz des Zentrums ist am Sitz der Weltbank in Washington D.C.58, wo auch die Schiedsverfahren stattfinden, wenn die Parteien nicht etwas anderes vereinbaren59. Zwischen der Weltbank und dem Zentrum besteht nicht nur eine weit reichende Verbindung in finanzieller Hinsicht60, sondern auch eine solche personell-organisatorischer Natur: Der Präsident der Weltbank ist ex officio zugleich Vorsitzender des ICSID-Verwaltungsrates61 und erhält damit weit gehenAbgedruckt in: ICSID-Rep. I, 213 ff.; s. u. C.V.2. Schermers / Blokker, International Institutional Law, § 33; Zemanek, Vertragsrecht der internationalen Organisationen, 17. 55 Vgl. auch Art. 18, der dem ICSID volle internationale Rechtspersönlichkeit zuerkennt. 56 IBRD, IFC, IDA, ICSID, MIGA. 57 Parra, ICSID-News 1999, Vol. 1, 5; eine Unterteilung in eine Weltbankgruppe im engeren Sinne, bestehend nur aus IBRD, IFC und IDA nimmt die Weltbank in ihrer Selbstdarstellung somit nicht vor. 58 Art. 2, S. 1 WBÜ. 59 Art. 62 f. WBÜ. 60 Die Weltbank trägt die Verwaltungskosten des ICSID, vgl. Directors Report, para. 17. Im Geschäftsjahr 2004 waren dies rund 2,3 Millionen US $, vgl. ICSID Annual Report 2004, Annex 6. 61 Art. 5 WBÜ. 53 54

86

C. Das ICSID

de Befugnisse in Hinblick auf die Gestaltung des Organisationszweckes62. Die historische Patenschaft der Weltbank hat durch diese faktische und personell-organisatorische Verbindung des Zentrums mit der Bank ihren Niederschlag gefunden. Daraus resultierende Abhängigkeiten beschränken sich allerdings ausschließlich auf den Bereich der Verwaltung. Trotz der organisatorischen und finanziellen Zusammenarbeit können die übrigen Organisationen der Weltbankgruppe auf den Verlauf und den Ausgang von Verfahren unter dem ICSID nicht einwirken63.

2. Einordnung in das System der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit Die Einordnung des ICSID in das System der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist umstritten64. Wenn die Einordnung auch hauptsächlich eine das systematische Verständnis fördernde Bedeutung hat und weniger eine praktische Notwendigkeit darstellt, so handelt es sich doch nicht um eine rein akademische Frage65. Die Einordnung kann auf die Anwendbarkeit der internationalen Abkommen über die (Handels-)Schiedsgerichtsbarkeit oder die Heranziehung der Grundsätze völkerrechtlicher Schiedsverfahren zur Ausfüllung von Lücken im WBÜ von Einfluss sein66. Während die einen67 das Verfahren unter dem ICSID insgesamt für völkerrechtlich halten und dies unter anderem damit begründen, dass das Verfahren zwischen einem Staat und einer Privatperson in ihrer Eigenschaft als Prozesssubjekt kraft Völkerrechts stattfindet, von jeder staatlichen Gesetzgebung losgelöst ist und der Schiedsspruch jeder Kontrolle durch die Justizorgane der Staaten entzogen ist68, bezeichnen andere69 die Schiedsgerichtsbarkeit des Zentrums ausdrücklich als priFischer, VRÜ 1968, 262, 276. Soweit zutreffend Ott, Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 22. Durch die Entwicklung widerlegt, scheint hingegen die von der Autorin vertretene These einer organisatorischen Loslösung des ICSID von der Weltbank. Dafür gibt es bis zum heutigen Tage keine Anzeichen, vgl. z. B. die Selbstdarstellung auf www.worldbank.org / icsid. Als aktuelle Lösungstendenz vom entwicklungspolitischen Ansatz der Weltbank könnte allerdings die zunehmend liberale Auslegung des Investitionsbegriffes durch die Schiedsgerichte des ICSID gesehen werden. 64 Ausführlich und mit weiteren Nachweisen dazu Pirrung, Weltbankübereinkommen, 183 ff. 65 So hingegen Herdegen, RIW 1989, 329, 331, der final argumentiert und die Frage der Qualifikation des Schiedsspruchs hinter seiner unumstritten völkerrechtlichen Wirkung zurücktreten lassen möchte. 66 Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 183. 67 Vgl. Amadio, Le Contentieux international, 215 f.; v. Hoffmann, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 55; Schütze, Handbuch des Schiedsverfahrens, 293, spricht von „der öffentlichrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit“. 68 Amadio, Le Contentieux international, 217. 69 Vgl. Szasz, ILawyer 1969, 312, 313. 62 63

II. Institutioneller Rahmen

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vate internationale Schiedsgerichtsbarkeit. Diese eindeutigen Aussagen bezüglich der Einordnung des ICSID sind jedoch in der Minderzahl. Ähnlich wie Broches, der die Stellung des WBÜ als „. . . something midway between commerial and inter-state arbitration . . .“70

bezeichnet hat, vermag sich der überwiegende Teil der Stimmen in der Literatur nicht festzulegen. Das ICSID wird als eine „gemischte Schiedsgerichtsbarkeit“71, die sich in einem Zwischenbereich zwischen Völkerrecht und innerstaatlichem Recht bewegt72, somit eine Schiedsgerichtsbarkeit sui generis bezeichnet73. Letztlich lässt sich jede dieser Zuordnungen begründen, je nachdem, unter welchem Gesichtspunkt die Zuordnung vorgenommen wird. Für die Einordnung bieten sich folgende Unterscheidungskriterien74 an: Stellt man für die Einordnung auf die an dem Schiedsverfahren beteiligten Parteien ab, so scheidet eine Einstufung als völkerrechtliche Schiedsgerichtsbarkeit im klassischen Sinne aufgrund der Tatsache aus, dass private Investoren Partei des Schiedsverfahrens sind. Die Tatsache allein, dass ein Staat als Partei an einem Schiedsverfahren beteiligt ist, reicht nicht aus, um das Schiedsgericht als völkerrechtlich zu qualifizieren75. Nur bei konsequenter Anwendung der Theorie der begrenzten Völkerrechtssubjektivität von Privaten ist die völkerrechtliche Qualifikation unter diesem Gesichtspunkt zu vertreten. Dafür gibt es im WBÜ jedoch keinen ausreichenden Anhalt. Der dritte Absatz der Präambel und Art. 26 WBÜ sprechen dagegen, dass das WBÜ Investoren generell zu Völkerrechtssubjekten machen will, da Streitigkeiten zwischen Völkerrechtssubjekten nicht für gewöhnlich in staatlichen Rechtswegen entschieden werden. Zwischen den Parteien liegt im Gegensatz zu den üblichen völkerrechtlichen Gleichordnungsverhältnissen ein innerstaatliches, zumeist verwaltungsrechtliches Unterwerfungsverhältnis vor. Die Annahme der Völkerrechtssubjektivität der verfahrensbeteiligten, nichtstaatlichen Parteien ist daher nicht zwingend76. Stellt man auf die zuständigkeitsbegründende Rechtsgrundlage der ICSIDSchiedsgerichte ab, so spricht die Tatsache, dass die Verfahren unter dem ICSID auf einem internationalen (völkerrechtlichen) Abkommen beruhen, für eine völkerrechtliche Einstufung. Andererseits ist nur der Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit des ICSID völkerrechtlich institutionalisiert. Dagegen beziehen die Schiedsgerichte ihre Legitimation zur Entscheidung der konkreten Investitionsstreitigkeit aus einem Rechtsgeschäft der Parteien selbst. Bei diesen Rechtsgeschäften und Rechtsverhältnissen, insbesondere Vertragsverhältnissen zwischen Gaststaaten und frem70 71 72 73 74 75 76

ICSID Hist. II, 1, S. 427 (eigene Hervorhebung). Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, 213. Vgl. Mengel, RIW 1986, 941. So z. B. Hirsch, The arbitration mechanism of the ICSID, 166; Kahn, IndLJ 1968, 15. Abgrenzungskriterien nach Münzberg, Schranken der Parteivereinbarungen, 26 ff. Vgl. Schottelius, Die Schiedsgerichtsbarkeit, 44. Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 192.

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C. Das ICSID

den Investoren, handelt es sich gerade nicht um solche völkerrechtlicher Art77. Die Tatsache, dass das WBÜ als völkerrechtlicher Vertrag die spätere Bildung von Schiedsgerichten vorsieht, reicht daher allein nicht aus, das von den Parteien gebildete Schiedsgericht zu einem völkerrechtlichen zu machen, wenn die Vereinbarung der Parteien selbst nicht als völkerrechtlicher Vertrag zu qualifizieren ist78. Stellt man für die Abgrenzung auf die Art der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien ab, gehören Schiedsverfahren demnach zum Völkerrecht, wenn das Schiedsgericht auf Verfahren und Entscheidung zur Sache Völkerrecht anzuwenden hat, zur internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit bei der Anwendung staatlichen oder diesem gleichzustellenden Rechts79. In Bezug auf das Verfahren unter dem ICSID ist in diesem Zusammenhang eine weitere Besonderheit zu beachten: Da aus Auslandsinvestitionen keineswegs nur privatrechtliche Streitigkeiten resultieren, sondern in sehr starkem Maße auch öffentlich-rechtliche Streitigkeiten und das ICSID für alle Arten von Investitionsstreitigkeiten zwischen ausländischen privaten Investoren und ihren Gaststaaten zuständig sein soll, könnte von einer rein privatrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit des Zentrums gar nicht gesprochen werden80. Die ICSID-Schiedsgerichte haben auf den Streitgegenstand das materielle Recht des Investitionslandes oder eines anderen Staates anzuwenden81, der Schiedsspruch tritt an die Stelle einer innerstaatlichen Entscheidung. Das nach Art. 42 Abs. 1, S. 2 WBÜ daneben subsidiär anwendbare Völkerrecht hat dagegen nur eine Schrankenfunktion, da es im Gegensatz zu dem von den Parteien bestimmten staatlichen Recht nicht allein auf die Streitentscheidung angewandt werden kann. Schließlich soll das Verfahren vor dem ICSID gerade „echte“ (zwischenstaatliche) völkerrechtliche Streitigkeiten vermeiden helfen. Insoweit lässt sich die Schiedsgerichtsbarkeit unter dem ICSID am zutreffendsten mit Pirrung als private / verwaltungsrechtliche internationale Schiedsgerichtsbarkeit mit starken, aber nur zweitrangigen Berührungspunkten zur völkerrechtlichen Gerichtsbarkeit charakterisieren82. Dass sich die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit damit einer definitiven Zuordnung zur „klassischen“ völkerrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit oder zur rein privaten internatonalen Schiedsgerichtsbarkeit entzieht und „something midway“83 bleibt, eröffnet für die Auslegung der zentralen Begriffe des WBÜ die Möglichkeit des Rückgriffs auf sowohl wirtschaftsvölkerrechtliche Grundsätze als auch solche der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit.

77 78 79 80 81 82 83

Vgl. Stoll, Vereinbarungen zwischen Staat und ausländischem Investor, 139. Vgl. Münzberg, Die Schranken der Parteivereinbarungen, 28. Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 188. Vgl. Stoll, Vereinbarungen zwischen Staat und ausländischem Investor, 138. Art. 42 Abs. 1 WBÜ. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 192. ICSID Hist. II, 1, S. 427.

III. Die Organisation des ICSID

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III. Die Organisation des ICSID Das Zentrum zeichnet sich durch eine einfache und wirtschaftliche Organisationsstruktur aus84. Es besteht aus nur zwei ständigen Organen, dem Verwaltungsrat (Administrative Council) und dem Sekretariat (Secretariat). Die Schiedsgerichte treten erst auf Antrag einer der Streitparteien auf Durchführung eines Schiedsverfahrens wegen einer Investitionsstreitigkeit zusammen.

1. Verwaltungsrat und Sekretariat Der Verwaltungsrat85 setzt sich aus je einem Vertreter eines jeden Vertragsstaates zusammen. Die Staaten werden in der Regel durch die von ihnen für die Weltbank benannten Gouverneure vertreten. Der Präsident der Weltbank ist von Amts wegen, aber ohne Stimmrecht, Vorsitzender (Chairman) des ICSID-Verwaltungsrates86. Der Verwaltungsrat, der einmal jährlich zusammentritt, ist als unmittelbare Vertretung der Mitgliedstaaten mit umfassenden Kompetenzen zur Aufstellung genereller Regeln und zur Regelung von Einzelfällen ausgestaltet87. Seine Hauptaufgabe besteht in der Beschlussfassung88 über die das WBÜ ergänzenden Normen89. Die Ausfüllung der Zuständigkeiten wird materiell begrenzt durch den Inhalt des WBÜ. Dies ergibt sich indirekt aus Art. 66 Abs. 1 WBÜ, nach dem Änderungen der Konvention nur gegenüber den Vertragsstaaten wirksam werden, die ihnen zugestimmt haben. Die Abgrenzung zwischen Konventionsänderung und der Ausfüllung eigener Zuständigkeiten kann daher zu Schwierigkeiten führen90. Wichtigste Einzelentscheidung des Verwaltungsrates ist die Wahl des Generalsekretärs, auf Vorschlag des Vorsitzenden91. Der Generalsekretär (Secretary-general) ist der höchste Mitarbeiter des Zentrums und bildet zusammen mit seinen Stellvertretern Vgl. Parra, 16 ICSID-News 1999, Vol. 16, 5; Directors Report para. 18. Art. 4 – 8 WBÜ, Art. 1 – 7 AFReg. 86 Art. 5 S. 1 WBÜ. 87 Dazu ausführlich Berger, AWD BB 1965, 434, 435 f.; Directors Report para. 19. 88 Im Gegensatz zum Abstimmungsverfahren im Gouverneursrat der Weltbank, in dem die Anzahl der einem Mitgliedstaat zur Verfügung stehenden Stimmen von den Anteilen dieses Staates am Grundkapital der Bank abhängig ist, besitzt im Verwaltungsrat des ICSID jedes Mitglied nur eine Stimme, Art. 7 Abs. 2 WBÜ. Anfänglichen Befürchtungen eines Ungleichgewichts zugunsten der zahlenmäßig dominierenden kapitalimportierenden Länder wirkte in der Vergangenheit erfolgreich die für alle grundsätzlichen Entscheidungen obligatorische Zwei-Drittel-Mehrheit entgegen. 89 Art. 6 Abs. 1 WBÜ. 90 Berger, AWD BB 1965, 434, 436, der in den Art. 6 Abs. 1 lit. b. und c. zwar ein „Meisterstück an geschickter Konventionsgestaltung“ sieht, aber aus deutscher Sicht verfassungsrechtliche Bedenken hegt. 91 Art. 10 Abs. 1 WBÜ. 84 85

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C. Das ICSID

und seinem Stab das Sekretariat des ICSID92; dessen wichtigste Aufgaben93, die in erster Linie vom Generalsekretär wahrgenommen werden, liegen in der summarischen Prüfung der Anträge der Parteien auf Verfahrenseinleitung94 und der administrativen Unterstützung der Parteien während des Verfahrens95. Zudem hat der Generalsekretär bereits mehrmals durch Darbietung seiner guten Dienste zur Vermittlung zwischen den Parteien dazu beigetragen, Streitigkeiten vor dem Eintritt in das eigentliche Schiedsverfahren beizulegen96. Das ICSID ist somit eine reine Verwaltungsstelle97. Das Zentrum selbst kann weder schlichtend noch schiedsrichtend tätig werden.

2. Die Schiedsgerichte Schlichtungs- und Schiedsverfahren werden ausschließlich von Vergleichskommissionen und Schiedsgerichten durchgeführt, die in Übereinstimmung mit dem WBÜ zu bilden sind. Dafür werden beim Zentrum Verzeichnisse von Vermittlern und von Schiedsrichtern geführt98. Für jedes Verzeichnis kann jeder Vertragsstaat bis zu vier Personen namhaft machen. Der Vorsitzende hat zudem das Recht, weitere zehn Personen für jedes Verzeichnis zu benennen, die alle verschiedener Nationalität sein müssen und die hauptsächlichen Rechtssysteme der Welt repräsentieren sollen. Entsprechend dem schon in Art. 37 der Haager Schiedskonvention vom 18. 10. 1907 festgelegten Grundsatz der freien Wahl der Schiedsrichter, „settlement of disputes [ . . . ] by judges of their own choice“, schreibt das WBÜ die Auswahl eines in den Verzeichnissen benannten Schiedsrichters nicht vor. Den Parteien steht es vielmehr frei, Personen außerhalb der Verzeichnisse zu bestimmen. Dabei ist die Ernennungsfreiheit der Parteien nur von folgenden zwingenden Vorschriften des WBÜ eingeschränkt: Das Schiedsgericht muss aus einer ungeraden Zahl von Schiedsrichtern bestehen99, die Mehrheit der Schiedsrichter muss eine andere Staatsangehörigkeit besitzen als die Parteien100, außerdem müssen die parArt. 9 – 11 WBÜ, Art. 8 – 13 AFReg. Vgl. dazu Directors Report, para. 20. 94 Art. 36 Abs. 3 WBÜ. 95 Art. 25 ff. AFReg. 96 Vgl. Shihata, The World Bank in a Changing World, 449. 97 Dies sollte sich auch im Namen der Institution niederschlagen. Man wählte daher die Bezeichnung Zentrum (und nicht etwa Gerichtshof), um jener Kritik vorzubeugen, der der Ständige Haager Schiedshof aus diesem Grunde ausgesetzt war. Vgl. Fischer, VRÜ 1968, 262, 276; vgl. auch Broches, RdC 1972, 332, 338. 98 Art. 3 S. 2, 12 – 16 WBÜ. 99 Art. 37 Abs. 2 a.) WBÜ. 100 Art. 39 WBÜ; einigen sich die Parteien demnach nicht einvernehmlich auf Schiedsrichter gleich welcher Herkunft, so wird ein Dreier-Schiedsgericht grundsätzlich aus „neutra92 93

III. Die Organisation des ICSID

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teibenannten Schiedsrichter in gleicher Weise wie die benannten Schiedsrichter den Anforderungen an ihre persönliche Qualifikation und Integrität entsprechen101. Erfüllt ein Schiedsrichter die in Art. 14 Abs. 1 WBÜ genannten Voraussetzungen des hohen sittlichen Ansehens, der anerkannten Befähigung auf den Gebieten des Rechts, des Handels, der Industrie oder des Finanzwesens und der Unabhängigkeit nicht, steht den Parteien die Möglichkeit der Ablehnung dieses Schiedsrichters offen102. Für den Fall, dass sich die Parteien über die Besetzung des Schiedsgerichts nicht einig werden können, schreibt das WBÜ ein aus drei Schiedsrichtern bestehendes Schiedsgericht vor103. Noch nicht ernannte Schiedsrichter werden in diesem Fall vom Vorsitzenden des Verwaltungsrates ernannt104. In der Praxis wird der Großteil der Schiedsgerichtsvorsitzenden durch den Vorsitzenden auf Aufforderung durch die Parteien bestimmt105. Jedoch haben sich die Parteien auch bei einvernehmlicher Besetzung der Schiedsgerichte in annähernd allen Verfahren auf DreierSchiedsgerichte geeinigt106. Während das vom WBÜ für die Besetzung der Schiedsrichter vorgesehene Verfahren also von einem Selbstverständnis der Schiedsrichter als unparteiische Richter im vollen Wortsinn ausgeht107, dürfte es in der Praxis der ICSID-Schiedsgerichte eher dem Selbstverständnis der Schiedsrichter entsprechen, sich mit Selbstverständlichkeit Parteinahme und Voreingenommenheit gegenüber der sie benennenden Partei zuzubilligen und die Entscheidung der widerstreitenden Interessen dem Schiedsgerichtsvorsitzenden zu überlassen108.

len“ Schiedsrichtern bestehen, vgl. Broches, Essays, 279. Eine ausnahmsweise einvernehmliche Benennung trafen die Parteien in Société Ouest Africaine des Betons Industriels (SOABI) v. Senegal (Arb / 82 / 1), in dem ein Schiedsrichter die Nationalität des Antragstellers (die belgische) hatte, ein zweiter Schiedsrichter Senegalese war und nur der Präsident ein Angehöriger eines dritten Staates war (er war Holländer). 101 Art. 40 Abs. 2 WBÜ. 102 Art. 57 WBÜ. 103 Art. 37 Abs. 2 b.) WBÜ; für die Einzelheiten des Besetzungsverfahrens s. Art. 2 – 12 AR. 104 Art. 38 WBÜ; die Parteien könne also entweder „ihren“ Schiedsrichter selbst benennen und dem Vorsitzenden die Benennung des Schiedsgerichtsvorsitzenden überlassen oder dem Vorsitzenden die Benennung ganz überlassen. 105 Vgl. Broczek, Historical Dictionary, 110. 106 Vgl. Shihata, The World Bank in a Changing World, 442. 107 Vgl. ausführlich Bucher, in: FS Kummer, 600, zu dieser „kontinentaleuropäischen Konzeption“ der Schiedsgerichtsbarkeit. 108 Vgl. Bucher, FS Kummer, 601, der diese „angloamerikanische Auffassung“ für die pragmatischere Lösung hält, da sie die Befangenheit des parteibenannten Schiedsrichters als unausweichliche Gegebenheit hinnimmt. Siehe zum Rollenverständnis der ICSID-Schiedsrichter auch den Exkurs bei Ott, Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 192 ff.; zur Kritik, Dolzer, JdS 1988, 37, 54; Francois, in: FS Domke, 89, 93.

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C. Das ICSID

IV. Grundzüge des ICSID-Schiedsverfahrens 1. Einleitung des Verfahrens Nachdem sich die Parteien entweder bereits vorher oder nach Entstehen der Streitigkeit ad hoc auf die Durchführung eines ICSID-Schiedsverfahrens geeinigt haben, kann das Verfahren von beiden Parteien getrennt oder gemeinsam eingeleitet werden109. Dies geschieht durch Registrierung des Antrags beim Generalsekretär des Zentrums. Das WBÜ lässt den Parteien insoweit keine Freiheit; sie sind an Art. 36 WBÜ und die ergänzenden Institution Rules in vollem Umfang gebunden110. Neben anderen zwingenden Angaben111 hat der Antragsteller insbesondere bereits mit dem Antrag darzutun, dass der Streitgegenstand unmittelbar mit einer Investition zusammenhängt112. Diese Angaben in Bezug auf Art. 25 Abs. 1 WBÜ sind vom Generalsekretär von Amts wegen zu prüfen, bevor der Antrag in das Schiedsregister aufgenommen werden kann. Nach der Registrierung ist sobald wie möglich das Schiedsgericht zu bilden113.

2. Überblick über die Jurisdiktion der ICSID-Schiedsgerichte Bei seinem ersten Zusammentreten hat das Schiedsgericht in eigener Zuständigkeit zunächst zu prüfen, ob die unterbreitete Investitionsstreitigkeit in den Anwendungsbereich des WBÜ, mithin unter die Jurisdiktion des ICSID-Schiedsgerichts fällt114. Je nach Lage des Falles ist es dem Schiedsgericht überlassen, die Entscheidung über seine Zuständigkeit in einem gesonderten Beschluss vorab zu verkünden oder mit dem Schiedsspruch und der Entscheidung in der Sache zu verbinden115.

109 Art. 36 Abs. 1 WBÜ; Art. 1 Abs. 2 IR; das WBÜ geht daher nicht von der Unterscheidung in Kläger und Beklagten aus, sondern hinsichtlich jeder einzelnen Verfahrensmaßnahme von Antragsteller und Antragsgegner. 110 Diese enthalten detaillierte Vorgaben für den Inhalt des Antrags und sind vom Zentrum ausführlich kommentiert, vgl. ICSID-Rep. I, 153 ff.; Kommentierung des ICSID auf S. 51 ff. 111 s. dazu Art. 2 IR. 112 Art. 2 Abs. 1 e) IR; die Kommentierung des ICSID lässt die Glaubhaftmachung dieser Voraussetzungen ausreichen; vgl. Notes on Rule 2, para. (K), ICSID-Rep. I, 55. 113 Art. 37 Abs. 1 WBÜ. 114 Zur Jurisdiktion der ICSID-Schiedsgerichte siehe ausführlich in den Abschnitten 4., 5., 6. Die Erwähnung an dieser Stelle dient ausschließlich dem besseren Verständnis der Einordnung der Jurisdiktionsprüfung im ICSID-Verfahren. 115 Da Beschlüsse keine verfahrensbeendende Wirkung entfalten, ergehen Entscheidungen, die die Verneinung der Jurisdiktion und die Abweisung der Schiedsklage aus diesem Grund zur Folge haben, als Schiedsspruch über die Jurisdiktion, vgl. z. B. Banro American v. Congo (Arb / 98 / 7), Joy Mining v. Egypt (Arb / 03 / 11).

IV. Grundzüge des ICSID-Schiedsverfahrens

93

Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts ist gegeben, wenn die Streitigkeit der Parteien vier grundsätzliche Anforderungen erfüllt116. Hinsichtlich der Zuständigkeit rationae personae muss es sich zunächst bei der einen Partei um einen Mitgliedstaat zum WBÜ und bei der anderen Partei um einen privaten Investor, dessen Heimatstaat ebenfalls Mitglied im WBÜ ist, handeln. Entsprechend dem Grundsatz des ICSID, keine obligatorische Schiedsgerichtsbarkeit zu sein, reicht die Ratifizierung durch die staatlichen Parteien nicht aus. Es muss zusätzlich eine schriftliche Zustimmung beider Parteien vorliegen, dass man die Streitigkeit der ICSIDSchiedsgerichtsbarkeit unterwerfen will. Hinsichtlich der Zuständigkeit rationae materiae muss es sich um eine Rechtsstreitigkeit handeln, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Investition steht. Dieser Streitgegenstand darf zudem vom Gaststaat nicht bereits vorher als der Zuständigkeit des ICSID nicht unterwerfbar bezeichnet worden sein.

3. Die Sicherung der Exklusivität des ICSID-Verfahrens Neben einem ICSID-Schiedsverfahren sind, vorbehaltlich anderweitiger Parteivereinbarungen, alle anderen Rechtsbehelfe ausgeschlossen117. Die Exklusivität des ICSID-Verfahrens wird dadurch gewährleistet, dass die Parteien keine andere Schiedsgerichtsbarkeit oder staatliche Gerichte anrufen können, wenn sie ihre Zustimmung zur Durchführung eines Schiedsverfahrens gegeben haben118. Dies gilt, anders als in der sonstigen internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, auch für den Bereich des Erlasses vorläufiger Maßnahmen119. Die staatliche Partei kann es jedoch bereits bei der Einigung auf die ICSIDSchiedsgerichtsbarkeit dem Investor zur Bedingung machen, vorher ihren innerstaatlichen Rechtsweg auszuschöpfen120. Dies entspricht zwar dem völkerrechtlichen Grundsatz der Ausschöpfung des nationalen Rechtsweges, stellt im System des WBÜ, das von seiner grundsätzlichen Exklusivität ausgeht, aber die Ausnahme dar121. Da die Ausschöpfung des Rechtsweges immer nur ein Durchgangsstadium sein kann und die abschließende Anrufung des Schiedsgerichts unter keinen Umständen ausgeschlossen werden kann, ist die Zweckmäßigkeit einer solchen KlauArt. 25 Abs. 1 – 4 WBÜ; vgl. Broches, RdC 1972, 332, 351. Art. 26 S. 1 WBÜ; vgl. Shihata, ICSID-Rev 1986, 1, 8. 118 Dieser Vorrang der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit ist in zwei Verfahren von nationalen Obergerichten bestätigt worden: Im Fall Maritime International Nominees Establishment v. Republic of Guinea (Arb / 84 / 4) versuchte die private Partei vergeblich die Schiedsgerichtsbarkeit der AAA anzuwenden. In Mobile Oil and others v. New Zealand (Arb / 87 / 2) strengte Mobile Oil vergeblich ein Parallelverfahren vor dem High Court an; vgl. Broches, YCA 1993, 627, 647 f. 119 Pagel, Die Aufhebung von Schiedssprüchen, 11 f. m.w.Nachw. 120 Art. 26 S. 2 WBÜ. 121 Vgl. Schreuer, Commentary, Art., ICSID-Rev 1997, 59, 196. 116 117

94

C. Das ICSID

sel zweifelhaft. Der Investor mag die Durchführung für eine Verschwendung von Geld und Zeit halten und zudem vermag ein von der ergangenen höchstrichterlichen Entscheidung abweichender ICSID-Schiedsspruch für eine akute Störung des Investitionsklimas zu sorgen122. Die meisten Übereinkünfte verzichten daher auf diese Bedingung123. Eines der Hauptmerkmale des WBÜ ist es, dem nichtstaatlichen Investor ein selbstständiges Vorgehen auf einer Ebene der Gleichordnung zu ermöglichen. Wenn ein Gaststaat der Unterbreitung einer Investitionsstreitigkeit unter die Schiedsgerichtsbarkeit des Zentrums zugestimmt hat, sollte es für den Investor nicht mehr notwendig sein, seinen Heimatstaat darum bitten zu müssen, dass dieser für ihn Partei ergreift124. Demgemäß hindert das WBÜ den Vertragsstaat daran, diplomatischen Schutz zu gewähren oder einen völkerrechtlichen Anspruch gegen den Gaststaat geltend zu machen. Über die Konsequenzen eines diplomatischen Eingriffs in eine Investitionsstreitigkeit, die die Parteien dem ICSID zu unterwerfen vereinbart haben oder bereits anhängig gemacht haben, gibt das WBÜ keine Auskunft. Im Verfahren Autopista Concesionada v. Venezuela hat das Schiedsgericht festgestellt, dass solche diplomatischen Schritte zumindest keinen Einfluss auf die Jurisdiktion des Zentrums haben125, 126. Informelle diplomatische Schritte und diplomatische Hilfe für den Fall, dass die staatliche Seite einem Schiedsspruch nicht Folge leistet, sind davon ausgenommen127.

4. Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Im Rahmen des WBÜ und der Arbitration Rules stellt das ICSID eine Streitschlichtungseinrichtung zur Verfügung, die vom innerstaatlichen Recht, eingeschlossen dem am jeweiligen Sitz des Schiedsgerichts gültigen Recht, völlig unabhängig ist128. Damit ist nach dem WBÜ ein echtes internationales Verfahrensrecht, welches weder dem Völkerrecht angehört, noch staatliches Recht darstellt, für das Schiedsverfahren maßgeblich129. Entgegen den zwingenden Vorschriften bezüglich der Jurisdiktion der ICSID-Schiedsgerichte genießen die Parteien bei der Ausgestaltung des Verfahrens weitestgehende Freiheit. Es liegt in ihrer Disposition, den verfahrensrechtlichen Rahmen zu wählen, in dem das ICSID-Schiedsgericht Vgl. Peters, NYIL 1991, 91, 134. Schreuer, Commentary, Art., ICSID-Rev 1997, 59, 204. 124 Broches, YCA 1993, 627, 651. 125 Autopista Concesionada de Venezuela, C.A. v. Bolivarian Republic of Venezuela (Arb / 00 / 05), Beschluss v. 27. 09. 2001, para. 140. 126 Wenn nicht angegeben, befinden sich die Fundstellen der zitierten Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte in Anhang I. 127 Art. 27 Abs. 1 und 2 WBÜ. 128 Delaume, Transnational Contracts, para. 15.17, 37. 129 Roulet, SchwJIR 1965, 121, 146; Arnoldt, Praxis des Weltbankübereinkommens, 34. 122 123

IV. Grundzüge des ICSID-Schiedsverfahrens

95

über den Streitgegenstand befinden soll. In erster Linie gelten für das Verfahren die Art. 41 ff. WBÜ. Während Art. 41 und 42 WBÜ außerhalb des eigentlichen Verfahrens zur Hauptsache stehen, lassen Art. 42 und 46 WBÜ ausdrücklich abweichende Parteivereinbarungen zu. Somit erfährt die Freiheit der Parteien, das für die Beilegung ihrer Investitionsstreitigkeit geeignete Verfahrensrecht zu wählen, nur in den zwingenden Vorschriften über die Rangfolge des anzuwendenden Verfahrensrechts130 und das Säumnisverfahren131 sowie außerhalb des III. Abschnitts über den Verfahrensort132 eine gewisse Einschränkung. Für das anzuwendende Verfahrensrecht ergibt sich somit die folgende Rangfolge: Die zwingenden Regelungen des WBÜ gehen den Parteiabreden vor, die nicht zwingenden Vorschriften der Art. 43 ff. WBÜ gehen allen übrigen Verfahrensregeln außer Parteivereinbarungen vor133. Die Parteien können daher eine vollständige Regelung des Verfahrens vornehmen. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten ihrer Investitionsstreitigkeit können sie entweder die prozessualen Fragen in allgemeinen Bestimmungen selbst lösen oder auf eine „fremde“ Schiedsordnung, z. B. die der International Chamber of Commerce, rekurrieren. Der sich im Folgenden anschließende knappe Überblick über den Verfahrensverlauf kann daher nur die Situation beschreiben, „sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren“134 und somit die Arbitration Rules zur Anwendung kommen135. Nach der Konstituierung des Schiedsgerichts hat dieses innerhalb von 60 Tagen zu seiner ersten Sitzung zusammenzutreten 136. Das anschließende Verfahren gliedert sich in mindestens zwei getrennte Phasen: Einen schriftlichen und einen mündlichen Teil137. Im Falle von Einreden gegen die Zuständigkeit, oder auch von Amts wegen jederzeit zu prüfenden Zweifeln an dieser, kann diesen beiden (Haupt-)verfahrensphasen ein abgetrenntes Jurisdiktionsverfahren vorangehen. Nach erfolgter mündlicher Verhandlung der Sache mit den Parteien erklärt das Schiedsgericht das Verfahren für geschlossen und hat binnen 60 Tagen einen Art. 44. Art. 45. 132 Art. 62 f. WBÜ, Art. 13 Abs. 3 AR; grundsätzlich findet das Verfahren am Sitz des ICSID statt. Die Parteien können jedoch auch hier gemeinsam und in Absprache mit dem Generalsekretär des Zentrums jeden anderen Schiedsort wählen. In der Praxis fanden die Verfahren zu etwa gleichen Teilen in Washington, D. C. und europäischen Städten statt, vgl. Delaume, in: Lew, 23, 33. 133 Pirrung, Weltbankübereinkommen, 122. 134 Art. 44, S. 1 WBÜ, der selbstverständlich auch die Möglichkeit nur teilweiser Abbedingung der AR beinhaltet. 135 Das dort detailliert geregelte Verfahren mag mit Broches, Essays, 275, (der maßgeblich an ihrer Entwicklung beteiligt war) zutreffend als „highly technical and complex instruments whose application may pose problems not only for counsel but also for arbitrators“ bezeichnet werden. Mehr als ein Umriss ist daher an dieser Stelle nicht möglich. Die AR sind in ICSIDRep. I, 63 ff. zudem vom ICSID ausführlich kommentiert. 136 Art. 13 Abs. 1 AR. 137 Art. 28 ff. AR. 130 131

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C. Das ICSID

Schiedsspruch zu erlassen138. Dabei vergehen von der Konstitution des Schiedsgerichts bis zum Erlass eines Schiedsspruchs in der Regel zweieinhalb Jahre139.

5. Das anzuwendende materielle Recht Zu den umstrittensten Fragen des ICSID und der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit überhaupt gehört die Rechtswahlmöglichkeit der Parteien. Die Möglichkeit der autonomen Bestimmung des vom Schiedsgericht anzuwendenden materiellen Rechts ist eine besondere Ausprägung des Grundsatzes der Parteiautonomie in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit140. Gemäß Art. 42 Abs. 1 WBÜ entscheidet das Schiedsgericht die Streitigkeit nach den von den Parteien vereinbarten Rechtsvorschriften. Dies entspricht der Konzeption des WBÜ, sich jeglicher Aussage zum materiellen Recht über Investitionen weitestgehend zu enthalten141. Das WBÜ trägt damit auch der Tatsache Rechnung, dass die meisten Verträge zwischen einem Staat und einem Privaten eine Rechtswahlklausel enthalten142. Nur in der Abwesenheit einer solchen Vereinbarung wendet das Schiedsgericht subsidiär das Recht des beteiligten Staates sowie Völkerrecht an. Während die Vorschrift im Hinblick auf diese Rangfolge zwingend ist, lässt sie ansonsten breiten Raum für Parteivereinbarungen. Art. 42 WBÜ bezieht sich auf „Rechtsvorschriften“, die grundsätzlich von den Parteien bestimmt werden sollen. Alle zwischen den Parteien strittigen Fragen haben die Schiedsrichter somit einer Entscheidung nach Rechtsregeln zuzuführen. Die Möglichkeit der Parteien, das Schiedsgericht zu einer Entscheidung ex aequo et bono143 zu ermächtigen, verstärkt bereits von seinem Wortlaut her diesen Grundsatz und ist daher nur die Ausnahme zur Regel.144 Die Rechtswahlfreiheit der Parteien findet ihre Grenze in der Verpflichtung, diese „Rechtsvorschriften“ in einer festen – nationalen – Rechtsordnung anzusiedeln. Der Abschluss eines „conArt. 46 AR; eine Verlängerung um 30 Tage ist einmalig möglich. Delaume, Transnational Contracts, para. 15.19, 45; zu optimistisch: Shihata, The World Bank in a Changing World, 444, der von 2 Jahren ausgeht. Um diese Periode abzukürzen, gibt es seit 1984 die Möglichkeit einer pre-hearing-conference, Art. 21 AR, die durch das frühzeitige Erkennen unstrittiger Tatsachen zu einer Verkürzung der Verfahren beitragen soll; dazu Delaume, a. a. O., 45. 140 Arnold, Praxis des Weltbankübereinkommens, 31. ders. auch ausführlich zu dem Thema a. a. O.; ebenso Broches, in: FS Domke, 13 ff.; Kahn, IndLJ 1968, 1, 6 ff.; Lauterpacht, in: FS Guggenheim, 652 ff., Firth, NYUJILP 1968, 253, 260 ff.; v. Hoffmann, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit. Die Bestimmung des maßgeblichen Rechts; Delaume, Transnational Contracts, para. 15.24, 56 ff.; Shihata / Parra, in: Shihata, The World Bank in a Changing World, 455; Chukwumeriije, JIA 1997, 79 ff.; Nassar, JIA 1996, 185. 141 Vgl. Firth, NYUJILP 1968, 253, 260. 142 Ott, Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 51. 143 Art. 42 Abs. 3 WBÜ. 144 Vgl. Hirsch, The arbitration mechanism of the ICSID, 119. 138 139

IV. Grundzüge des ICSID-Schiedsverfahrens

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trat sans loi“145, bei dem die aus einem solchen Vertrag resultierenden Rechtsbeziehungen einem Regime sui generis unterworfen sind, ist den Parteien daher verwehrt. Nach herrschender Ansicht kann sich die Kompetenz der Parteien zur Rechtswahl nur auf bereits bestehende Rechtsvorschriften, nicht jedoch auf eine noch zu schaffende lex contractus, beziehen146. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Parteien verpflichtet wären, ein Rechtssystem in seiner Gesamtheit zu wählen. Insbesondere bei der vertraglichen Bewältigung hochkomplexer Investitionsvorhaben, bei der schwierige Rechtsfragen unterschiedlichster Natur vereinheitlicht werden müssen, kann die Anwendung der Technik der Depecage, der Benutzung von Versatzstücken aus verschiedenen Rechtsordnungen, die den Vertragsverhältnissen am ehesten entsprechen147, von Vorteil für beide Parteien sein. Das WBÜ steht dem nicht entgegen148. Neben dem vereinbarten staatlichen Recht können die Parteien die Anwendbarkeit des Völkerrechts vereinbaren. Die Wahl des Völkerrechts hat allerdings nur die Aufgabe, dem anwendbaren Recht des Gastlandes (oder auch des Staates, auf dessen Recht die Parteien sich geeinigt haben) Schranken zu setzen149. Dies entspricht der Wertung des Art. 42 Abs. 1 S. 2 WBÜ. Dort sind zwar Völkerrecht und staatliches Recht nebeneinander gestellt; regelten aber beide vollständig identische Rechtsprobleme, so wäre dieses Nebeneinander sinnlos, weil unklar bliebe, welches Recht wann anzuwenden wäre. Es wird erst sinnvoll, wenn die eine der anderen Normengruppe Grenzen setzt, nicht aber den Anspruch auf geschlossene Regelung enthält150. Die bloße Wahl von Völkerrecht ist daher ausgeschlossen. In der Abwesenheit einer Parteivereinbarung wendet das Schiedsgericht das Recht des beteiligten Vertragsstaates an. Diese Regelung folgt einem allgemeinen Kollisionsrechtsgrundsatz, nach dem Verträge von Staaten zum Schutz öffentlicher Interessen im Zweifel deren eigenem Recht unterliegen151. Auch in diesem Fall kann das Schiedsgericht zudem Völkerrecht anwenden. Einen Ausgleich für die Interessen des Investors bringt dabei weniger der Rückgriff auf allgemeines Völkerrecht, mit seinen nur unzureichenden Regeln über den Schutz ausländischer In145 Die erstmals von Verdross in ZaöRV 1957 / 58, 638 ff. vertretene Theorie vom sog. rechtsordnungslosen Vertrag wird von der überwiegenden Meinung in der Literatur abgelehnt, vgl. Münzberg, Schranken der Parteivereinbarungen, 123. 146 Vgl. Arnoldt, Praxis des Weltbankübereinkommens, 45 m.w.Nachw. 147 Vgl. Delaume, Transnational Contracts, para. 1.01, 3. 148 Vgl. Arnoldt, Praxis des Weltbankübereinkommens, 44. 149 Vgl. Velten, Anwendung des Völkerrechts auf State Contracts, 76, der die Anwendung des Völkerrechts als ultimate yardstick bei der Überprüfung des anzuwendenden staatlichen Rechts bezeichnet. 150 Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 152; weitergehend Broches, RdC 1972, 391, der das Völkerrecht, mit Hinweis auf Directors Report para. 40, auch für direkt anwendbar hält. 151 Vgl. Kahn, IndLJ 1968, 1, 21 ff.

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C. Das ICSID

vestitionen, sondern auf spezielles Völkerrecht, vor allem bilaterale Investitionsschutzabkommen152. Diese Bindung des Schiedsgerichts an eine Rechtsordnung entfällt, wenn die Parteien einen Schiedsspruch ex aequo et bono153 vereinbaren und dem Schiedsrichter weitest gehende Ermessensfreiheit einräumen, ihn als amiable compositeur entscheiden lassen. Ein solches Vorgehen entspricht zwar einem der Hauptziele internationaler Schiedsgerichtsbarkeit, der Befreiung von der Anwendung überholter, den internationalen Verhältnissen nicht mehr angepasster nationaler materieller Rechtsnormen. Die an der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit beteiligten Parteien wollen jedoch in der Mehrheit damit keinen normlosen, willkürlichen Opportunitätsentscheid herbeiführen. Es geht vielmehr darum, anstelle einzelstaatlichen Rechts angepassteren, adäquateren Rechtsquellen zur Beachtung zu verhelfen, wo diese auch immer gefunden werden können154. Folglich kommt in diesem Zusammenhang auch die Anwendung einer lex mercatoria155 in Frage. Für diese drei dem WBÜ zugrunde liegenden Bereiche der Rechtswahl durch die Parteien gilt zudem der Grundsatz, dass das Schiedsgericht unter keinen Umständen eine Entscheidung mit der Begründung ablehnen darf, das anwendbare Recht schweige zu dem streitigen Punkt oder sei unklar156. Zwischen dem Recht der Parteien, das anzuwendende materielle Recht selbst zu wählen, und der zuständigkeitsrechtlichen Bedeutung des Merkmals der Auslandsinvestition besteht ein Zusammenhang. Dieser gewinnt durch die zunehmende Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit in nationalen Investitionsgesetzen des Gastlandes verstärkt an Bedeutung157. Der Schiedsspruch im Verfahren Tradex Hellas S.A. v. Republic of Albania158 belegt diesen Zusammenhang. Dort ergab sich die Einwilligung Albaniens in die Schiedsgerichtsbarkeit ausschließlich aus dem albanischen Investitionsgesetz Nr. 7764 aus dem Jahre 1993, dessen Art. 8 einen Verweis auf das ICSID für den Fall von Investitionsstreitigkeiten zwischen ausländischen Investoren und Albanien als Gaststaat enthält159. In dieser von Tra152 Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 154, der nach dem Sinn des Art. 42 Abs. 1 S. 2 sogar einen Vorrang des Völkerrechts annimmt. 153 ICSID-Schiedsgerichte waren in den Verfahren Benvenuti & Bonfant v. Congo (Arb / 77 / 2) und Atlantic Triton v. Guinea (Arb / 84 / 1) ermächtigt, nach Billigkeit zu entscheiden. Weitergehend dazu Schreuer, Commentary, Art., ICSID Rev, 1996, 37 ff. 154 Vgl. Kaiser, Das europäische Abkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 151 f. für die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit. Die Ausführungen sind für die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit ebenso zutreffend. 155 Dazu ausführlich Delaume, Transnational Contracts, para. 3.09, 98 ff. 156 Art. 42 Abs. 2 WBÜ. 157 s. u. E.II.2. 158 Im Zusammenhang mit der Herkunft investierter Vermögenswerte wird unter F.IV.2.d) auf das Verfahren zurückgekommen. 159 Vgl. Beschluss v. 24. 12. 1996, para. 171 ff.

IV. Grundzüge des ICSID-Schiedsverfahrens

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dex Hellas angenommenen Offerte Albaniens lag zugleich die für das Schiedsgericht vorrangige Wahl des anwendbaren materiellen Rechts160.

6. Erlass und Überprüfung von ICSID-Schiedssprüchen a) Der Schiedsspruch Entscheidungen des Schiedsgerichts können als verfahrensleitende Beschlüsse (Decisions) oder Schiedssprüche (Awards) ergehen. Nach Abschluss des Verfahrens muss innerhalb von maximal 90 Tagen der Schiedsspruch ergehen161. Das Schiedsgericht fällt seine Entscheidungen mit absoluter Mehrheit der Mitglieder162. Einigen sich die Parteien bereits vorher außerschiedsgerichtlich, besteht für die Beteiligten die Möglichkeit, diese Einigung als Schiedsspruch ergehen zu lassen163. Wie das Verfahren, so ergehen auch die Schiedssprüche grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit164. Dies ist einer der in der Praxis wesentlichen Gründe für die Wahl der Schiedsgerichtsbarkeit165. Die Veröffentlichung des Schiedsspruches durch das ICSID bedarf der Zustimmung beider Parteien. Soweit sich die Parteien hingegen nicht vertraglich gegenüber dem Gegner zur Geheimhaltung verpflichtet haben, ist ihnen die Veröffentlichung des Schiedsspruchs unbenommen166. Die Parteien sind im Rahmen ihrer Bindung an den Schiedsspruch zu seiner Befolgung verpflichtet167. Dies bedeutet grundsätzlich eine freiwillige Erbringung der Leistungen, zu denen sie verurteilt worden sind. Mit der Bestimmung, dass ein Schiedsspruch freiwillig, allein auf Grund der Unterwerfung unter das Schiedsverfahren, zu vollziehen ist, also ohne die Androhung der Vollstreckung, hält sich das WBÜ im Rahmen der Grundsätze sonstiger internationaler168 und völkerrechtlicher169 Schiedsgerichtsbarkeit, die weitgehend auf der Erwartung einer freiwilVgl. zu dieser Entscheidung auch Escher, RIW 2001, 20, 27. Art. 46 AR. 162 Art. 48 Abs. 1 WBÜ. 163 Von dieser in Art. 43 Abs. 2 AR vorgesehen Möglichkeit ist bisher in sieben Verfahren Gebrauch gemacht worden. In Auszügen veröffentlicht worden sind davon nur die Schiedssprüche in Goetz v. Burundi (Arb / 95 / 3) und Joseph C. Lemire v.Ukraine (ARB(AF) / 98 / 1). 164 Art. 48 Abs. 5 WBÜ. 165 Vgl. Schütze, Handbuch des Schiedsverfahrens, 10; Pirrung, Weltbankübereinkommen, 150, der Art. 48 Abs. 5 WBÜ aus dem Blickwinkel der dadurch erschwerten Rechtsfortbildung für eine „wenig glückliche Bestimmung“ hält, verkennt, dass gerade die Nichtöffentlichkeit des Schiedsverfahrens über mitunter für beide Parteien sensible Vereinbarungen in Investitionsverträgen einer der Hauptgründe für die Vereinbarung der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit darstellt. 166 Vgl. Miller, in: FS Kronstein, 371, 384. 167 Vgl. Präambel Abs. 4; Art. 53 Abs. 1, S. 2 WBÜ. 168 Vgl. z. B. Art. 28 Abs. 6 ICC-Rules. 160 161

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C. Das ICSID

ligen Erfüllung von Schiedssprüchen aufbaut. Dies hebt die vorrangige Bedeutung von tatsächlichen gegenüber rechtlichen Sanktionen gegen eine Erfüllungsverweigerung hervor; für den betroffenen Staat von zentraler Bedeutung ist hier der zu befürchtende Verlust der Vertrauenswürdigkeit in internationalen Wirtschaftsbeziehungen170. Die Situation der nichtstaatlichen Partei ist unterschiedlich. Da der private Investor nicht Mitglied im WBÜ sein kann, können seine Verpflichtungen nicht auf der völkerrechtlichen Ebene festgelegt, sondern nur auf der staatlichen Ebene vollstreckt werden, wie es in Art. 54 WBÜ vorgesehen ist 171.

b) Überprüfung des ICSID-Schiedsspruchs Der Schiedsspruch unterliegt keinen anderen Rechtsmitteln als denen, die im WBÜ vorgesehen sind172. Diese sind die Auslegung des Schiedsspruchs (interpretation), die Wiederaufnahme (revision) und die Aufhebung (annulment) des Schiedsspruchs. Während für die Durchführung der ersten beiden Verfahren das ursprüngliche Schiedsgericht zuständig ist, ist für das Aufhebungsverfahren173 ein eigenes Ad hoc-Komitee174 zu bilden. Diese Aufhebungsinstanz im Rahmen des ICSID-Verfahrens ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass ICSID-Schiedssprüche von den Signatarstaaten des WBÜ wie rechtskräftige Urteile eines innerstaatlichen (letztinstanzlichen) Gerichts zu behandeln sind175. Dies entspricht dem vorrangigen Ziel des WBÜ in diesem Zusammenhang, der Sicherstellung der Endgültigkeit seiner Schiedssprüche176. Aus diesem Grund erschien es nötig, innerhalb des WBÜ eine Sicherung einzubauen177. Mit Art. 52 WBÜ wurde demnach versucht, einen Ausgleich zwischen den beiden Zielen der Endgültigkeit und der materiellen Richtigkeitsgewähr der Entscheidung zu finden178. Das Aufhebungsverfahren darf daher nicht als Berufungsinstanz für Parteien verstanden werden, die mit der Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht als sol169 Art. 37 Abs. 2 des Haager Schiedsabkommens von 18. 10. 1907 verpflichtet zur Ausführung der Schiedssprüche nach Treu und Glauben. 170 Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 163. 171 Broches, YCA 1993, 627, 700. 172 Art. 53 Abs. 1 WBÜ; die einzelnen Rechtsmittel sind in Art. 50 ff. geregelt. 173 Das Aufhebungsverfahren hat seit der Durchführung des ersten Verfahrens 1984 in der Literatur große Beachtung gefunden; vgl.: Feldmann, ICSID-Rev 1987, 85; Arnoldt, Praxis des Weltbankübereinkommens, 163 ff.; Pagel, Die Aufhebung von Schiedssprüchen in der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit. 174 Art. 52 Abs. 3 WBÜ, der für die Zusammensetzung des Komitees dezidierte Voraussetzungen enthält. 175 Art. 54 Abs. 1 WBÜ. 176 Delaume, Transnational Contracts, para. 15.25, 66. 177 Niggemann, JdS 1990, 97, 98. 178 Niggemann, JdS 1990, 97, 104.

IV. Grundzüge des ICSID-Schiedsverfahrens

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cher unzufrieden sind179. Die Ad hoc-Komitees sehen ihre Aufgabe nicht darin, falsche Sachentscheidungen zu korrigieren, sondern ausschließlich in der Überprüfung des Schiedsspruches auf der Grundlage der eng auszulegenden Aufhebungsgründe in Art. 52 Abs. 1 lit. a.) – e.) WBÜ 180. Lit. b.) nennt die „offensichtliche Überschreitung der Befugnisse des Gerichts“ als einen solchen Grund. Darunter fällt insbesondere auch die Überschreitung der Grenzen der Jurisdiktion durch das Schiedsgericht181. Eine solche Überschreitung in Verkennung des Umfangs des Investitionsbegriffes wäre somit im Rahmen eines Aufhebungsverfahrens angreifbar. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Konsensprinzip, das die Grundlage aller internationaler Streitbeilegung und damit auch des ICSID ist. Mangels Jurisdiktion läge auch kein Konsens vor und würde die Rechtfertigung für eine Entscheidung des ICSID-Schiedsgerichts fehlen. Der konsensuale Charakter des WBÜ ist von Broches als Schlüssel zu dessen Interpretation bezeichnet worden, dies insbesondere im Hinblick auf die Interpretation der Jurisdiktion rationae materiae und rationae personae182. In den achtziger Jahren war es in kurzer Abfolge zu insgesamt fünf Aufhebungsverfahren im Rahmen dreier Grundverfahren gekommen183. Durch die zur damaligen Zeit noch weitaus geringere jährliche Fallzahl hatte die Funktionsfähigkeit des ICSID damit zunehmend Anlass zur Sorge gegeben184. Wenn auch die einzelnen zur Entscheidung berufenen Ad hoc-Komitees kontinuierlich ihre Unzuständigkeit für die Behandlung als falsch empfundener Sachentscheidungen herausgestellt haben 185 und seither in nur einem Fall die Annullierung des Schiedsspruchs angeordnet haben, ist die Zahl eingeleiteter Verfahren nach wie vor hoch.186 179 Vgl. Feldmann, ICSID-Rev 1987, 85, 106. In die seither geführte Diskussion über die Einführung einer Berufungsinstanz in Modifikation des Art. 53 Abs. 1 WBÜ hat sich jüngst das ICSID mit einem Diskussionspapier, welches einen Entwurf für eine solche Berufungsinstanz („ICSID Appeals Facility“) enthält, eingeschaltet, vgl. ICSID Secretariat, Possible Improvement of the Framework for ICSID Arbitration, Discussion Paper v. 22. 10. 2004. 180 Vgl. Niggemann, JdS 1990, 97, 104 mit Verweisen auf die Entscheidungen der Ad hocKomitees. 181 Vgl. Broches, YCA 1993, 627, 688. 182 Broches, RdC 1972, 335, 352. 183 Dies waren die Verfahren Klöckner a.o. v. Cameroon I (Arb / 81 / 2), (1984); Klöckner u. a. v. Cameroon II (Arb / 81 / 2), (1985); P.T. AMCO v. Indonesia (Arb / 81 / 1), (1985); P.T. AMCO v. Indonesia II (Arb / 81 / 1), (1987); MINE v. Guinea (Arb / 84 / 4), (1988). 184 Broches, ICSID-Rev 1991, 321; darauf Reisman, DLJ 1989, 739; ders., ICSID-Rev 1992, 196. 185 Nachdenklich dazu Niggemann, JdS 1990, 97, 120. 186 Von den 11 seit 1988 eingeleiteten Aufhebungsverfahren führte nur das Aufhebungsverfahren im Verfahren Wena Hotels Ltd. v. Egypt (Arb / 98 / 4) zum Erfolg. In den Verfahren Phillipe Gruslin v. Malaysia (Arb / 99 / 3), Patrick Mitchell v. Democratic Republic of the Congo (Arb / 99 / 7) und CDC Group plc v. Republic of the Seychelles (Arb / 02 / 14) behielten die Schiedssprüche Bestand. Anhängig sind derzeit noch die Verfahren Compañía de Aguas del Aconquija, S.A. & Compagnie Générale des Eaux v. Argentine Republic (ARB / 97 / 3), Consortium R.F.C.C. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 6), MTD Equity Sdn. Bhd. And MTD

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C. Das ICSID

7. Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs Zu den wichtigsten Bestimmungen des WBÜ zählt der Art. 54 Abs. 1 WBÜ187,188. Danach ist jeder Vertragsstaat verpflichtet, einen ICSID-Schiedsspruch ohne die sonst in der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit mögliche Überprüfung als bindend anzuerkennen und zu vollstrecken, der sog. „full faith and credit“-Mechanismus189. Praktisch bedeutet dies, dass gegen die Vorlage des vom ICSID Generalsekretärs ausgefertigten Schiedsspruchs in diesem zugesprochene finanzielle Verpflichtungen in den Mitgliedsstaaten unmittelbar vollstreckt werden können190 Den Schiedsgerichten kommt damit eine originäre Rechtsprechungsfunktion zu191. In Bezug auf ihre Schiedssprüche wird daher auch von einer quasi „automatischen Wirkung“ für die Vertragsstaaten gesprochen192. Die Gerichte von Vertragsstaaten sind daher nicht einmal befugt, eine äußere ordre public Kontrolle anzustellen. Sie sind bezogen auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit reine Vollstreckungsorgane193. Das ICSID ist somit die einzige internationale Schiedsgerichtsbarkeit, die jegliche Form richterlicher Intervention grundsätzlich ausschließt194. Während damit die uneingeschränkte Vollstreckbarkeit gegenüber der privaten Partei sichergestellt ist, leiden unter dem ICSID zustande gekommene Schiedssprüche in Bezug auf ihre Vollstreckbarkeit gegenüber Staaten an einer einzigen „externen Anfälligkeit“195: der in Art. 55 WBÜ aufrechterhaltenen Vollstreckungsimmunität der Staaten. Dies ist die einzige Stelle im WBÜ, an welcher der GrundS.A. v. Chile (Arb / 01 / 7), Repsol YPF Ecador S.A. v. Petroecuador (Arb / 01 / 10), Hussein Nuaman Soufraki v. United Arab Emirates (Arb / 02 / 7), Lucchetti S.A. and Lucchetti Peru, S.A. v. Republic of Peru (Arb / 03 / 04) und Joy Mining Machinery Ltd. v. Arab Republic of Egypt (Arb / 03 / 11). 187 „Each contracting State shall recognize an award rendered pursuant to this Convention as binding and enforce the pecuniary obligations imposed by that award within its trretories as if it were a final judgement of a court in that State.“ 188 Schlosser, in: Stein / Jonas, ZPO-Kommentar, vor § 1044, Rn. 48; ausführlich zu Art. 53 ff. WBÜ s. Broches, ICSID-Rev 1987, 287. 189 In Bezug auf Deutschland ist die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit aufgrund Art. 24 Abs. 1 GG übertragene Hoheitsgewalt, i.d.F. von übertragener Rechtsprechungsgewalt; vgl. Schlosser, in: Stein / Jonas, ZPO-Kommentar, vor § 1044, Rn. 50 m.w.Nachw. 190 Vgl. Naón, JWI 2000, 59, 86. 191 Vgl. Berger, RIW 1994, 12, 16. 192 Vgl. Gaillard, NYLJ 2002, 64, 3. 193 Zumindest für französische Gerichte war dies zunächst gewöhnungsbedürftig. So konnte dem Schiedsspruch in dem Verfahren Société Ouest Africaine des Bétons Industriels (SOABI) v. Senegal (Arb / 82 / 1) erst durch eine Entscheidung des französischen Kassationsgerichtshofs Wirksamkeit verschafft werden, dazu Gaillard, ICSID-Rev 1990, 69 ff. 194 Vgl. Delaume, in: Lew, Contemporary Problems in International Arbitration, 23, 24; Arnoldt, Praxis des Weltbankübereinkommens, 169, m.w.Nachw. 195 So zutreffend Schlosser, Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 78, Rn. 102.

V. Sonstige ICSID-Verfahren

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satz der konsequenten Gleichbehandlung der Streitparteien zum Nachteil des Investors nicht verwirklicht worden ist. Die Vorschrift ist jedoch bereits aus der Perspektive der Lehre von der eingeschränkten Vollstreckungsimmunität196 konzipiert. Hier hängt es von der Rechtslage in dem um Vollstreckung ersuchten Staat ab, ob sich ein staatlicher Schuldner auf seine Vollstreckungsimmunität berufen kann197. Wegen der vielen Möglichkeiten, auch einen Staat zur Erfüllung von Schiedssprüchen anzuhalten198, wird diesem Vorrecht der Staaten heute keine besondere Bedeutung mehr beigemessen. In diesem Zusammenhang ist anzunehmen, dass auch von der Weltbank moralischer Druck auf Staaten ausgeübt werden dürfte, in denen sie Investitionsprojekte fördert, während sich dieser Staat weigert, vorangegangene ICSID Schiedssprüche zu erfüllen199. Schlosser bezeichnet die Verlässlichkeit von Schiedssprüchen, die im Rahmen der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit erlassen wurden, dann auch als „auf der ganzen Welt einzigartig“200.

V. Sonstige ICSID-Verfahren 1. Das ICSID-Schlichtungsverfahren Neben dem Schiedsgerichtsverfahren stellt das WBÜ ein Schlichtungsverfahren zur Verfügung201. Der Hauptunterschied dieser beiden Verfahren liegt in der Tragweite und Verbindlichkeit der Sprüche der jeweiligen Spruchkörper, wie es Broches zutreffend formuliert hat, „there is no need to elaborate on the difference between the two proceedings. Conciliators may recommend, arbitrators must decide.“202

196 s. dazu Schlosser, Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 242, Rn. 348. 197 Vgl. Broches, YCA 1993, 627, 704 f. Auf seine Vollstreckungsimmunität konnte sich bisher einzig Liberia in dem Fall Liberian Eastern Timber Corporation v. Republic of Liberia (Arb / 83 / 2) erfolgreich berufen. 198 Der Staat würde zum einen internationales Vertrauen hinsichtlich der Sicherheit von Investitionen verspielen. Zum anderen eröffnet sich nach somit fruchtlosem Ablauf des ICSID-Schiedsverfahrens für den Staat des obsiegenden Investors der „klassische“ Weg, gem. Art. 27 WBÜ Schutzmaßnahmen zugunsten des Investors zu ergreifen oder gem. Art. 64 WBÜ den IGH anzurufen. Vgl. Shihata, ICSID-Rev 1986, 1, 9. 199 Vgl. Paulsson, International Commercial Arbitration, in Bernstein, Handbook of Arbitration Practice, 535, 545, der in Anbetracht der Tatsache, dass die Weltbank die Zustimmung zu Projektfinanzierungen nicht offiziell vom Abschluss von ICSID-Schiedsklauseln und der Befolgung von Schiedssprüchen abhängig machen kann, von der Ausübung von „moral persuasion“ spricht. 200 Schlosser, in: Stein / Jonas, ZPO-Kommentar, vor § 1044, Rn. 40. 201 Art. 28 – 35 WBÜ ergänzt durch die Conciliation Rules i.d.F. vom 01. 01. 1984. 202 Broches, RdC 1972, 333, 337.

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C. Das ICSID

Während ein ICSID-Schiedsspruch für die Parteien bindend ist, dienen alle Ermittlungen und Anhörungen der Schlichtungskommission nicht der Herbeiführung einer unparteiischen Entscheidung, sondern sollen die Parteien selbst zu einer Lösung ihres Streits führen. Das Schlichtungsverfahren schließt entweder mit einem Vergleich der Parteien oder, wenn sich die Parteien nicht einigen können, mit einem Bericht der Schlichtungskommission, der keine Rechtswirkung entfaltet. Art. 34 Abs. 1 WBÜ erlegt den Parteien lediglich die Verpflichtung auf, den Empfehlungen der Kommission größte Beachtung zu schenken203. Diese Unverbindlichkeit mag der Hauptgrund dafür sein, dass das ICSID-Schlichtungsverfahren in der Praxis eine untergeordnete Rolle spielt204. Da für das Schlichtungsverfahren dieselben Zuständigkeitsvoraussetzungen wie für das Schiedsverfahren gelten, sind sämtliche Ausführungen zur Jurisdiktion des ICSID auch auf dieses Verfahren übertragbar.

2. Die ICSID Additional Facility Die Additional Facility205 wurde 1978 vom Verwaltungsrat des ICSID eingeführt. Sie ermöglicht die Durchführung von Schieds-, Schlichtungs- und Untersuchungsverfahren (Fact-Finding-Proceedings)206 in speziellen, außerhalb der Jurisdiktion des ICSID gelegenen Fällen. Dies betrifft vor allem Fälle, in denen der beteiligte Staat oder der Heimatstaat des Investors keine Mitglieder im WBÜ sind, der Rechtsstreit nicht in direktem Zusammenhang mit einer Investition steht oder es sich um ein Untersuchungsverfahren handelt207. Vergleichs- und Schiedsverfahren unter der Additional Facility verlaufen im Wesentlichen wie die entsprechenden Verfahren unter dem WBÜ, dessen Vorzüge bezüglich der Bindungswirkung und Vollstreckbarkeit allerdings nicht auf die Entscheidungen unter der Additional Facility anwendbar sind208.

203 Den Parteien ist es dabei unbenommen die verbindliche Wirkung der verfahrensabschließenden Empfehlung zu vereinbaren. Diese unterliegt dann jedoch nicht den Sanktionen des WBÜ. 204 Vgl. Bülow / Böckstiegel, Der Internationale Rechtsverkehr, para. 720, 2. Bis dato sind erst fünf Schlichtungsverfahren eingeleitet worden: Seditex v. Madagascar (Conc / 82 / 1); Tesoro v. Trinidad and Tobago (Conc / 83 / 1); Seditex v. Madagascar (Conc / 94 / 1); TG World Petroleum Limited v. Republic of Niger (Conc / 03 / 1); Togo Electricité v. Republic of Togo (Conc / 05 / 1). 205 Vgl. dazu ausführlich Broches, YCA 1979, 373; Toriello, IYBIL 1980, 59; Ott, Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 63 ff. 206 Siehe die dazu beschlossenen Rules Governing the Additional Facility for the Administration of Proceedings by the ICSID Secretariat (Additional Facility Rules, AF Rules) und die zugehörigen Schedules A, B, C, D für die einzelnen Verfahrensarten, ICSID-Rep I, 213 ff. 207 Art. 2 lit. a.)–c.) AF Rules; vgl. Delaume, Transnational Contracts, para. 15.30, 80. 208 Art. 3 AF Rules.

V. Sonstige ICSID-Verfahren

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Dass mit der Einführung der Zusatzverfahren erklärtermaßen die Anwendung der Konvention gefördert werden sollte209, lässt sich an einigen Besonderheiten des Verfahrens erkennen210: Bereits die Klauseln, in denen die Parteien für den Streitfall ein Verfahren gemäß der Additional Facility vereinbaren wollen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Generalsekretärs. Im Gegensatz zu den eigentlichen ICSID-Verfahren ist diese für die Spruchkörper konstitutiv. Für den Fall, dass beide Parteien zum Zeitpunkt des Verfahrens die Jurisdiktionsvoraussetzungen des WBÜ rationae personae erfüllen, müssen sie sich verpflichten, im Streitfall vorrangig ein ICSID-Verfahren durchzuführen. Dieselbe Verpflichtung trifft die Parteien in dem Fall, dass es sich herausstellt, dass ihr Rechtsstreit die Voraussetzungen rationae materiae erfüllen kann. Dieser Fall dürfte zumindest nicht ausgeschlossen sein. Art. 4 Abs. 3 b.) AF-Rules schränkt Art. 2 lit. b.) AF-Rules nämlich dahingehend ein, dass auch das Rechtsgeschäft, welches dem (der Additional Facility zu unterbreitenden) Rechtsstreit zugrunde liegt, „has features which distinguish it from an ordinary commercial transaction.“ Der Verwaltungsrat des ICSID hat in einer Resolution Anhaltspunkte gegeben, was unter einer solchen „non-ordinary commercial transaction“ zu verstehen sei. Er stellt dabei vorrangig auf die Kriterien eines für beide Seiten bedeutenden Geschäftsvolumens, der mehrjährigen vertraglichen Bindung und der Bedeutung für die Wirtschaft des Anlagestaates ab. Als Beispiele dafür werden Vereinbarungen über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Industrie und besonders der staatlich kontrollierten Wirtschaftszweige genannt211. Was im Einzelnen unter dem weiteren Investitionsbegriff der Additional Facility insbesondere in seiner Abgrenzung zu „ordinary commercial transactions“ zu verstehen ist, soll an dieser Stelle nicht vertieft werden, da die Nähe zum Investitionsbegriff eine gemeinsame Behandlung nahe legt212. Bis Ende 1996 hat die Additional Facility in der Praxis keine Rolle gespielt, da keine Verfahren nach diesen Regeln eingeleitet worden sind. Aufgrund einer neueren Entwicklung ist jedoch zu erwarten, dass die Additional Facility – zumindest 209 Comment ii.) on Art. 4 Abs. 2 AF Rules, „Its purpose is to promote use of the Convention whenever this is possible.“, ICSID-Rep. I, 220. Zum Zeitpunkt der Schaffung der Additional Facility waren dem ICSID in den ersten zwölf Jahren seines Bestehens nur neun Verfahren unterbreitet worden, von denen nur eines durch einen Schiedsspruch beendet wurde. Vgl. dazu Ott, Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 65; kritisch hingegen Golsong in FS Riphagen, 35, 45, der eine Diskreditierung des ICSID befürchtet. 210 s. Art. 4 Abs. 1 – 6 AF Rules. 211 Doc. ICSID / II / Rev.1, 5 f. zitiert nach ICSID-Rep I, 220, (iii), „Economic transactions which (a) may or may not, depending on their terms, be regarded by the parties as investments for the purposes of the Convention, which (b) involve long-term relationships or the commitment of substantial resources on the part of either party, and which (c) are of special importance to the economy of the State party, can be clearly distinguished from ordinary commercial transactions. Examples of such transactions may be found in various forms of industrial cooperation agreements and major civil works contracts.“ 212 s. u. F.IV.5.

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C. Das ICSID

vorübergehend – eine größere Bedeutung erlangen wird. Dies ergibt sich aus dem Verweis des 11. Kapitels über Investitionen des NAFTA auf die Schiedsgerichtsbarkeit des ICSID, nach den ICSID Additional Facility Rules oder nach der UNCITRAL-Schiedsordnung für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem Vertragsstaat des NAFTA (USA, Kanada und Mexiko) und Angehörigen eines anderen NAFTA-Staates. Da bisher weder Kanada noch Mexiko, wohl aber die USA Vertragsstaat zum WBÜ ist, kann in Streitfällen unter Beteiligung der USA oder eines US-amerikanischen Staatsangehörigen ein Verfahren ausschließlich im Rahmen der Additional Facility durchgeführt werden213. Dementsprechend sind seit 1997 18 Schiedsverfahren auf der Grundlage der ICSID Additional Facility Rules eingeleitet worden214. Abgesehen von dieser besonderen Konstellation unter dem NAFTA sind die Additional Facility Rules bisher lediglich in drei dieser Verfahren zur Anwendung gelangt215. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die Einführung einer konstitutiven Jurisdiktionsentscheidung des Generalsekretärs ein Zugeständnis an die wegen der Unbestimmtheit des Investitionsbegriffes im WBÜ verunsicherten, potenziellen Nutzer des ICSID in der Wirtschaft und den zuständigen staatlichen Stellen darstellte216. Zudem gilt es für die Bestimmung des Investitionsbegriffes zu beachten, dass eine einfache Differenzierung in Investitionen und gewerbliche Geschäfte offensichtlich nicht zum Ziel führen kann. Das ICSID selbst hat mit der Additional Facility eine Einrichtung geschaffen, deren Zuständigkeitsbereich sich auf Rechtsstreitigkeiten beschränken soll, welche zwar nicht mit einer Investition im Sinne des WBÜ in direktem Zusammenhang stehen, aber auch keine gewöhnlichen Handelsgeschäfte darstellen. Dies deutet darauf hin, dass dem Begriff der Investition im Sinne des WBÜ eine eigene Qualität zukommt, dieser – bildlich gesprochen – nur eine Teilmenge des allgemeinen Investitionsbegriffs darstellt. Dem ist in den Abschnitten 4., 5. und 6. nachzugehen.

VI. Zusammenfassung – Organisationszweck des ICSID Nach diesen Ausführungen zur Entstehung und Funktionsweise des ICSID muss möglicherweise dem Eindruck entgegengetreten werden, dass das alleinige Interes213 Art. 1120 sieht für private Investoren jedoch ausdrücklich vor, Schiedsverfahren durch das ICSID durchzuführen; deshalb sollte davon ausgegangen werden können, dass Kanada oder Mexiko (oder beide Staaten) beabsichtigen, dem WBÜ in naher Zukunft beizutreten. Vgl. Price, IntLawyer 1993, 727, 732. 214 Eine Aufstellung der abgeschlossenen Verfahren findet sich in Anhang I. 215 Delaume, in: Lew, Contemporary Problems, 23, 38, weist darauf hin, dass eine Verweisung auf die Additional Facility in mehreren bilateralen Investitionsschutzverträgen vorgesehen ist. 216 Zutreffend vermutet von Ott, Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 71; vgl. auch Broches, YCA 1979, 373, 374.

VI. Zusammenfassung

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se der Schöpfer des WBÜ dem möglichst weit gehenden Schutz ausländischer Investoren gegolten habe. Abgesehen davon, dass ein Abkommen mit einer dergestalt einseitigen Intention wohl niemals die Zustimmung der kapitalimportierenden (Entwicklungs-)Länder im politischen Klima der Sechziger Jahre erhalten hätte217, ist diese Wahrnehmung auch nicht zutreffend. Vorrangiger Organisationszweck des durch das WBÜ geschaffenen ICSID ist die weltweite Förderung wirtschaftlicher Entwicklung. Da wirtschaftliche Entwicklung in besonderem Maße von internationalen privaten Investitionen abhängig ist, wurde das ICSID zur Förderung solcher Investitionen geschaffen, indem es ein gedeihliches Investitionsklima schaffen soll218. Wie in völkerrechtlichen Abkommen allgemein üblich findet auch im WBÜ der Organisationszweck Ausdruck in der Präambel219, indem der entwicklungspolitischen Zielsetzung des WBÜ deren erster Absatz gewidmet ist: „The Contracting States Considering the need for international cooperation for economic development, and the role of private international investment therein.“

Auch im Directors Report findet er Erwähnung, „12. . . . adherence to the Convention by a country would provide additional inducement and stimulate a larger flow of private international investment into its territories, which is the primary purpose of the Convention.“

Die Nähe des ICSID zur Weltbank und deren Organisationszweck, der Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern (Wahlspruch: „A world free of poverty“), bringt Shihata zum Ausdruck; „The primary objective of the centre is to promote a climate of mutual confidence between investors and States favourable to the flow of resources to developing countries under reasonable conditions. Like the World Bank, with which it is closely associated. . . , ICSID must be regarded as an instrument policy for the promotion of investment and economic development.“220

Die im vorangegangenen Kapitel dargestellte Funktionsweise des ICSID mit ihren in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit teilweise einmaligen Besonderheiten dient der Verwirklichung dieses Zwecks. Der Ausschluss diplomatischen Schutzes und der Geltendmachung völkerrechtlicher Ansprüche durch den Heimatstaat des Investors im Zusammenhang mit einem schwebenden Verfahren hilft, die Befürchtung von Entwicklungsländern zu zerstreuen, dass Transaktionen unter Beteiligung ausländischer Investoren zu ungerechtfertigten Eingriffen mächtigerer Staaten in ihre inneren Angelegenheiten führen können221. Dieses Verbot diplomas. zur Entstehungsgeschichte des WBÜ oben C.I. und unten F.II. Vgl. Broches, RdC 331, 342 f.; Denkschrift der Bundesregierung v. 09. 09. 1968, BTDrucks. V / 3246, 27; Schreuer, Commentary, Präambel, Rdnr. 11, m.w.Nachw. 219 Vgl. Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 80, Rn. 350. 220 Shihata, ICSID Rev 1986, 1, 4. 221 Vgl. Denkschrift der Bundesregierung v. 09. 09. 1968, BT-Drucks. V / 3246, 27. 217 218

108

C. Das ICSID

tischer Hilfestellung trägt gleichzeitig zur Depolitisierung internationaler wirtschaftsrechtlicher Streitigkeiten bei, was deren Lösung in der Regel erheblich erleichtert222 und nicht mehr auf eine zwischenstaatliche, politische Ebene gelangen lässt223. Im Gegenzug erhält der private Investor Zugang zu einer internationalen Instanz, vor der er seine Ansprüche gegen den Gaststaat ohne die traditionellen Barrieren staatlicher Souveränität und Immunität vorbringen kann. Diese Möglichkeit stellt zudem einen weiteren Schritt in der im Völkerrecht zu beobachtenden Entwicklung hin zur Anerkennung privater (Rechts-)Personen als Subjekte von Rechten und Pflichten dar224. Weiter stellt das WBÜ für beide Parteien sicher, dass das ICSID-Schiedsgericht das einzige Forum ist, vor welchem über ihre Investitionsstreitigkeit verhandelt wird, und dass sie vor Zuweisungen sowohl an die Gerichte des Gastlandes der Investition wie auch des Heimatlandes des Investors geschützt sind225. Nach dem Sinn und Zweck des WBÜ sollen alle diese Faktoren zur Schaffung eines ausgewogenen Mechanismus beitragen, der sowohl den Interessen privater Investoren wie auch der Gaststaaten dient226. Dies entspricht auch der Erkenntnis, dass eine nicht für beide Parteien befriedigende Lösung ihrer Investitionsstreitigkeit nicht nur das zugrunde liegende Projekt gefährden kann, sondern auch zukünftig die Investitionstätigkeit potenzieller Investoren in dem entsprechenden Staat beeinträchtigen kann227. Als zentraler Begriff des WBÜ ist der Investitionsbegriff dem Organisationszweck des ICSID ebenso verpflichtet. Bei seiner Auslegung gilt es ebenfalls, diese Balance zwischen den Interessen zu beachten. Die entwicklungspolitische Konzeption, die der Zuständigkeit des ICSID zugrunde liegt, wird dabei eine bedeutende Rolle zu spielen haben.

222 Vgl. Koa, NYUJILP 1991, 439, 446 unter Bezugnahme auf Shihata, Depoliticization of Investment Disputes, ICSID Rev 1986,1, 4. 223 Vgl. Banro American v. Congo (Arb / 98 / 7), Schiedsspruch v. 01. 09. 2000, para. 15 f. Unter Verweis auf ICSID Hist. II, para. 273 224 Vgl. Cahier, in: Lew, Contemporary Problems in international arbitration, 241, 245. 225 Der Gaststaat kann allerdings die Erschöpfung des nationalen Rechtsweges zur Bedingung seiner Zustimmung zur Einigung auf das ICSID machen, Art. 26, S. 2 WBÜ. 226 Vgl. Delaume, in: Lew, Contemporary Problems in international arbitration, 23, 24. 227 Vgl. Moore, SLR 1966, 1359, 1362.

D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten Für jeden Investor oder Gaststaat ausländischer Investitionen, die das ICSID zur Lösung von zukünftigen oder bereits entstandenen Streitigkeiten im Zusammenhang mit einer Investition nutzen wollen, stellt sich zunächst die Frage nach der Kompetenz dieser Organisation, ihre Dienste anbieten zu dürfen. Die Vorschriften über die Zuständigkeit befinden sich in den Art. 25 bis 27 des zweiten Kapitels des WBÜ und gelten sowohl für das Schiedsverfahren, wie auch für das Verfahren vor der Schlichtungskommission. Die zentrale Vorschrift ist hierbei der Art. 25 Abs. 1 WBÜ: (1) The jurisdiction of the Centre shall extend to any legal dispute arising directly out of an investment, between a Contracting State (or any constituent subdivision or agency of a Contracting State designated to the Centre by that State) and a national of another Contracting State, which the parties to the dispute consent in writing to submit to the Centre. When the parties have given their consent, no party may withdraw its consent unilaterally.1

Demnach bestehen drei Voraussetzungen, um die Zuständigkeit der ICSIDSchiedsgerichtsbarkeit zu begründen2: Es sind erstens nur Vertragstaaten des WBÜ und private Investoren aus einem anderen Vertragstaat parteifähig. Hierbei stehen einem Vertragsstaat dessen Gebietskörperschaften und staatliche Stellen gleich, sofern sie von dem Vertragsstaat dem Zentrum benannt worden sind. Es muss sich zweitens um eine rechtliche Streitigkeit handeln, die unmittelbar mit einer Auslandsinvestition zusammenhängt. Entsprechend dem grundsätzlich freiwilligen Charakter der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, welchen das ICSID unumschränkt teilt, müssen die Parteien drittens für die Beilegung ihrer Investitionsstreitigkeiten in die Schiedsgerichtsbarkeit des Zentrums schriftlich eingewilligt haben. Dieser Einwilligung (consent) der Parteien kommt für die Bestimmung der Zuständigkeit eines ICSID-Schiedsgerichts eine herausragende Bedeutung zu. Da jedoch Die amtliche deutsche Übersetzung (BGBl.1969 II, 371) für Art. 25 Abs. 1 WBÜ lautet: (1) Die Zuständigkeit des Zentrums erstreckt sich auf alle unmittelbar mit einer Investition zusammenhängenden Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Vertragsstaat (oder einer von diesem dem Zentrum benannten Gebietskörperschaft oder staatlichen Stelle) einerseits und einem Angehörigen eines anderen Vertragsstaates andererseits, wenn die Parteien schriftlich eingewilligt haben, die Streitigkeit dem Zentrum zu unterbreiten. Haben die Parteien ihre Zustimmung erteilt, so kann keine von ihnen sie einseitig zurücknehmen. 2 Vgl. Broches, CJTL 1966, 263, 265. Amerasinghe, IJIL 1979, 166 f., zählt vier Grundvoraussetzungen auf, da er den unmittelbaren Zusammenhang der Rechtsstreitigkeit mit der Investition als eigenständige Voraussetzung ansieht. 1

110

D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

der zentrale Begriff der Investition sowie der Begriff der Rechtsstreitigkeit und die Umstände ihres direkten Zusammenhanges im WBÜ nicht definiert sind, führt dies zu einem Spannungsverhältnis zwischen der in der Einigung der Parteien zum Ausdruck kommenden subjektiven Gestaltungsfreiheit auf der einen Seite und dem objektiven Gehalt dieser Rechtsbegriffe auf der anderen Seite. Ein Blick auf die Praxis der ICSID-Schiedsgerichte zeigt die besondere Problematik der Bestimmung der Jurisdiktion: In 17 Verfahren erließen die Schiedsgerichte auf Rüge einer oder beider Parteien Beschlüsse über die Zuständigkeit. Insgesamt sieben dieser Entscheidungen hatten verfahrensbeendigende Wirkung, da in ihnen die Jurisdiktion abschließend verneint wurde3.

I. Der Begriff der Jurisdiktion im WBÜ In Bezug auf das ICSID als reine Verwaltungsstelle für die Durchführung von Schiedsverfahren mag die Wahl der Konzeption einer „Jurisdiction of the Center“4 verwundern, da es sich beim Zentrum in keiner Weise um ein Gericht handelt5 und eine solche Konzeption üblicherweise als „the power of a court or judge to entertain an action, petition or other proceeding“6

angesehen wird. Obwohl der Begriff der „Jurisdiction“ seit Beginn der Verhandlungen über das WBÜ benutzt wurde, gab es aus oben genanntem Grunde auch dort wiederholt Diskussionen über die Angemessenheit des Begriffes. Insbesondere wurde kritisiert, dass dieser den wahren Charakter des Zentrums nicht hinreichend widerspiegle7 und zudem der intendierten Freiwilligkeit der Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit des ICSID möglicherweise einen Anschein von Zwang geben könnte8. Alternativ wurden die Begriffe „scope of activity“9 und „competence“ 10 diskutiert. 3 Es waren dies die Verfahren Vacuum Salt Products v. Ghana (Arb / 92 / 1), Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 16. 02. 1994; Simitar Exploration Ltd. v. Bangladesh (Arb / 92 / 2), Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 04. 05. 1994; Cable Television of Nevis v. St. Kitts and Nevis (Arb / 95 / 2), Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 13. 01. 1997; Banro America Resources, Inc. v. Congo (Arb / 98 / 7), Schiedsspruch zur Jurisdiktion und abweichende Meinung v. 01. 09. 2000; Waste Management Inc. v. Mexico (Arb / AF / 98 / 2), Schiedsspruch zur Jurisdiktion und Abweichende Meinung v. 02. 06. 2000; Philippe Gruslin v. Malaysia (Arb / 99 / 3), Schiedsspruch v. 28. 11. 2000 und Mihaly International Corporation v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 00 / 2), Schiedsspruch v. 15. 03. 2002, para. 6.2. 4 So der Titel des II. Kapitels des WBÜ in der englischen Fassung. 5 Vgl. Broches, CJTL 1966, 263, 265. 6 Vgl. Jowitt, Dictionary of English Law, Vol.1, 1034. 7 Vgl. ICSID Hist. II, 2, 830. 8 Vgl. ICSID Hist. II, 2, 700. 9 Vgl. ICSID Hist. II, 1, 491. 10 Vgl. ICSID Hist. II, 1, 409.

I. Der Begriff der Jurisdiktion im WBÜ

111

Unter Anlehnung an die Haager Konvention von 1907 wurde der Begriff dennoch beibehalten. Die Verwendung des Begriffes der Jurisdiktion in Art. 47 der Haager Konvention11, durch welche unter anderem der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag geschaffen wurde, gab den Verfassern des WBÜ ein Beispiel an die Hand12. Auch der Ständige Schiedsgerichtshof war mehr eine Verwaltungsstelle als ein Gericht. Wie das ICSID bot er ausschließlich den organisatorischen Rahmen für die Durchführung von Schiedsverfahren vor ad hoc Schiedsgerichten, welche nach den Vorschriften der Haager Konvention gebildet worden waren13. Die Rechtfertigung für die Verwendung des Begriffes der Jurisdiktion ist für das ICSID und den Ständigen Schiedsgerichtshof somit identisch, da beide Konventionen mit ihm ausschließlich den Umfang des Anwendungsbereiches festlegen, in welchem die unter ihnen gebildeten Schiedsgerichte im Einzelfall tätig werden können14. Dies kommt auch im erläuternden Directors Report zum Ausdruck: „The term ,jurisdiction of the Centre‘ is used in the Convention as convenient expression to mean the limits within which the provisions of the Convention will apply and the facilities of the Centre will be available for conciliation and arbitration proceedings.“15

In der englischen Fassung des WBÜ besteht ein geringfügiger Unterschied zwischen den Ausdrücken „Jurisdiction“ und „Competence“. Art. 41 Abs. 2 WBÜ spricht von der „competence of the tribunal“ und der „jurisdiction of the Centre“16. Die amtliche deutsche Übersetzung folgt dieser terminologischen Unterscheidung nicht und spricht sowohl für die Schiedsgerichte als auch für das ICSID von der „Zuständigkeit“. Da aber auch die ICSID-Schiedsgerichte dieser Unterscheidung folgen17, soll im Folgenden von der Jurisdiktion des Zentrums und der Zuständigkeit der jeweiligen Schiedsgerichte die Rede sein.

11 Art. 47 des I. Haager Abkommens zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle v. 18. 10. 1907, (RGBl. 1910, 5): „The jurisdiction of the Permanent Court may, within the conditions laid down in the regulations, be extended to disputes between non-Contracting Powers, or between Contracting Powers and non-Contracting Powers, if the parties are agreed on recourse to this Tribunal.“ 12 Vgl. ICSID Hist. II, 1, 320. 13 Vgl. Broches, CJTL 1966, 263, 266. 14 Vgl. Broches, CJTL 1966, 263, 266. 15 Directors Report, para. 22. 16 Die gleiche Unterscheidung findet sich in Art. 32 Abs. 2 für das Schlichtungsverfahren und ebenfalls in Art. 41 AR. 17 Z. B. Kaiser Bauxite v. Jamaica (Arb / 74 / 3), Decision on Jurisdiction, para. 6: „Although no formal objection to the jurisdiction of the Centre and the competence of the Tribunal had been received from either side of the case [ . . . ]“ (eigene Hervorhebung).

112

D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

II. Die Entscheidung über die Zuständigkeit Vor der Analyse der einzelnen Merkmale der Jurisdiktion des ICSID soll zunächst das Verfahren, in dem Fragen bezüglich ihres Vorliegens behandelt werden, dargestellt werden. Dieses wird durch einen vom Antragsteller oder beiden Parteien gemeinschaftlich zu stellenden Antrag an den Generalsekretär des Zentrums eingeleitet. Eine detaillierte Regelung der Einleitung des Verfahrens enthalten die Rules of Procedure for the Institution of Conciliation and Arbitration Proceeding, Institution Rules, IR18. Grundsätzlich gliedert sich das Verfahren in eine Vorprüfung durch den Generalsekretär und eine davon unabhängige selbstständige Prüfung durch das Schiedsgericht.

1. Die „Screening power“ des Generalsekretärs gem. Art. 36 Abs. 3 WBÜ Der schriftliche Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens muss Angaben über den Streitgegenstand, die Identität der Parteien und ihre gegenseitige Zustimmung zum Schiedsverfahren enthalten19. In Bezug auf die Qualifikation der Auseinandersetzung als Investitionsstreitigkeit muss der Antrag Angaben darüber enthalten, „concerning the issues in dispute indicating that there is, between the parties, a legal dispute arising directly out of an investment.“20

Auf der Grundlage dieser Angaben hat der Generalsekretär zu prüfen, ob die Streitigkeit der Parteien innerhalb der Jurisdiktion des ICSID liegt. Diese sog. Screening power21 hat nur einen sehr beschränkten Anwendungsbereich. Der Generalsekretär hat seine Entscheidung auf der Grundlage der Informationen zu treffen, die ihm von der oder den antragstellenden Parteien übermittelt werden22. Zu einer Zurückweisung eines Antrages kann es somit ausschließlich in dem Fall kommen, dass dem Generalsekretär die Jurisdiktion des ICSID offensichtlich nicht gegeben erscheint23. Nur ein solcher Mangel würde es rechtfertigen, den autonom über ihre Zuständigkeit entscheidenden Schiedsgerichten diese Entscheidung abzunehmen. Diese haben in ihren Entscheidungen auch wiederholt festgestellt, dass sie die Vorprüfung durch den Generalsekretär nur als eine „extremely light control“ erachten und dass diese für die Schiedsgerichte in keiner Weise bindend ist24. Abgedruckt in ICSID Rep 1, 153 ff. Art. 36 Abs. 2 WBÜ i.V.m Rule 2 IR. 20 Rule 2 Abs. 1 (e) IR. 21 Der Begriff entstammt dem Directors Report, para. 20. 22 Shihata, The Worldbank in a Changing World, 439. 23 Directors Report, para. 20. 24 American Manufacturing and Trading Inc. v. Zaire (Arb / 93 / 1), Schiedsspruch v. 21. 02. 1997, para. 5.01. 18 19

II. Die Entscheidung über die Zuständigkeit

113

Die Screening power beschränkt sich somit auf offenkundige Zuständigkeitsmängel. Das sind Mängel, die ohne jeden Zweifel die Jurisdiktion des ICSID ausschließen, die Unmöglichkeit ihrer Subsumption unter Art. 25 Abs. 1 WBÜ bereits so eindeutig ist, dass es einer Entscheidung des Schiedsgerichts nicht bedarf25. Dieses Verständnis vom Umfang der Screening power des Generalsekretärs entspricht dem mit ihrer Schaffung verfolgten Ziel. Es war nämlich nicht beabsichtigt, den Generalsekretär mit den verfahrensleitenden Befugnissen einer weiteren juristischen Autorität neben den Schiedsgerichten auszustatten26, sondern ausschließlich eine oberflächliche Prüfung im Rahmen der Registrierung, die insbesondere die staatliche Partei vor unberechtigter Inanspruchnahme durch ein internationales Schiedsgericht schützen soll27, in das Verfahren einzuziehen. Dieser Zielsetzung entspringt auch eine Besonderheit des ICSID Schiedsverfahrens im Vergleich zum ebenfalls auf der grundsätzlich freiwilligen Unterwerfung der Streitparteien basierenden Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof. Unter dem Statut des IGH ist es einem Staat erlaubt, den Gerichtshof ohne die erklärte Zustimmung des beklagten Staates anzurufen28. Die Einreichung einer Klage beim Gerichtshof ist ausreichend für ihre Eintragung in die Gerichtsrolle (general list). Dem beklagten Staat steht es dann frei, die Jurisdiktion des IGH in der Sache anzuerkennen oder zurückzuweisen. Lässt sich der Staat auf das Verfahren ein, ist die Jurisdiktion des IGH in der Form des forum prorogatum gegeben. Lässt sich der beklagte Staat nicht auf die Klage ein und verneint somit die Jurisdiktion des IGH, so wird der Fall wieder von der Prozessrolle genommen. Obwohl der Antragsteller in der Sache keinen substanziellen Gewinn gemacht zu haben scheint, so mag die einseitige Weigerung des beklagten Staates, sich auf ein Verfahren vor dem IGH einzulassen, ihm doch einen psychologischen Vorteil gebracht haben und sich für den beklagten Staat unvorteilhaft auswirken.29 Der vorläufige Entwurf des WBÜ enthielt in Art. II Sec. 2. (iii) ebenfalls eine solche an die Verfahrensweise des IGH angelehnte Regelung30. Sie fand jedoch keine Aufnahme in das WBÜ.31 Eine Ablehnung der Registrierung ist Rechtsmittel gegen die Entscheidung des zu33. Mangels einer Streitigkeit zwischen nicht anwendbar, der die Vertragsstaaten 25 26 27

Vgl. Roulet, SchweizJbIR 1965, 121, 132. Vgl. ICSID Hist. II, 2, 774. Vgl. Shihata / Parra, ICSID Rev. 1999, 299, 306 unter Berufung auf den Directors Re-

port. 28 29 30 31 32 33

vom Generalsekretär zu begründen32. Generalsekretärs lässt das WBÜ nicht Vertragsstaaten ist auch Art. 64 WBÜ zur Streitbeilegung an den IGH ver-

Art. 38 Abs. 5 VerfO IGH. Vgl. Broches, RdC 1972, 332, 366. ICSID Hist. II, 1, 184, 202. Vgl. Broches, RdC 1972, 332, 366. Rule 6 Abs. 1 b) IR. Fischer, VRÜ 1968, 262, 278.

8 Belling

114

D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

weist34. Nach der Zurückweisung durch den Generalsekretär ist es dem Antragsteller allerdings unbenommen, den Antrag erneut zu stellen und so weitere Tatsachen für das behauptete Vorliegen der Jurisdiktion vorzutragen35. In Anbetracht dieser Endgültigkeit seiner ablehnenden Entscheidung und der automatischen Überprüfung seiner zustimmenden Entscheidung durch das dann zu konstituierende Schiedsgericht wird vom Generalsekretär ein großzügiger Umgang mit zweifelhaften Anträgen erwartet36. Delaume berichtet aus der Praxis des ICSID, dass zumindest in den Fällen, in denen eine Entscheidung über den Investitionscharakter vom Generalsekretär zu treffen war, diese den jeweiligen Schiedsgerichten unterbreitet wurden, da eine Investition im Sinne des WBÜ entweder bereits bei oberflächlicher Prüfung eindeutig gegeben war oder aber die Prüfung ihres Vorliegens einer komplexen Prüfung bedurft hätte.37 Die Screening power erstreckt sich nicht nur auf die Einleitung eines neuen Schiedsverfahrens, sondern gilt auch für die Einlegung von Rechtsmitteln gegen ergangene Schiedssprüche. In den Verfahren Holiday Inns v. Morocco und Pacific Properties v. Egypt verweigerte der Generalsekretär die Registrierung der Anträge auf Aufhebung der Schiedssprüche, da es sich bei den angegriffenen Entscheidungen offenkundig nicht um rechtsmittelfähige Schiedssprüche handelte, sondern einmal um einen verfahrensleitenden Beschluss und im anderen Fall um einen Beschluss über das Vorliegen der Jurisdiktion des Schiedsgerichts38. Obwohl es dafür nach dem WBÜ kein Bedürfnis gibt, ist es Praxis des ICSID, bei einem unzureichenden Antrag dem Antragsteller auf informellem Wege Hinweise für die Komplettierung seines Antrags zu geben und zusätzliche Informationen entgegenzunehmen39. Dennoch sind bis dato fünfzehn Anträge auf Eröffnung eines Schiedsverfahrens nicht registriert worden. Die Gründe für die Zurückweisung waren vielfältig. Der überwiegende Teil scheiterte jedoch an dem offensichtlichen Fehlen der beidseitigen Zustimmung zur Durchführung des Schiedsverfahrens40. Mit der Zunahme von Verfahren, in denen die Schiedsvereinbarung nicht direkt aus einem Investitionsvertrag zwischen dem ausländischen Investor und dem Gaststaat stammt, ist der Generalsekretär zunehmend berufen, Anträge abzuweisen, bei denen die zugrunde liegende streitbefindliche Transaktion schon offensichtlich keine Investition im Sinne des WBÜ ist. Parra / Shihata berichten von einem Antrag auf Durchführung eines Schiedsverfahrens, dessen Schiedsgegenstand ein Waren34 A. A. Balekjian, AnnAAA 1968, 108, 116 der allerdings selbst zugeben muss, dass seine Auslegung kaum noch mit Sinn und Zweck des Art. 64 WBÜ zu vereinbaren ist. 35 Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 97. 36 Vgl. Szasz, CILJ 1968, 1, 11. 37 Vgl. Delaume, ICSID Rev 1992,168, 183; zustimmend Nathan, JIA 1995, 27, 35. 38 Vgl. Lamm, ICSID Rev 1991, 462, 482. 39 Vgl. Parra, ICSID News 1985, Vol. 2, 10. 40 Vgl. Shihata / Parra, ICSID Rev 1999, 299, 307; Shihata, The Worldbank in a Changing World, 440.

II. Die Entscheidung über die Zuständigkeit

115

handelsgeschäft war. Eine solche Transaktion wurde vom Generalsekretär als offensichtlich außerhalb des Investitionsbegriffs des WBÜ liegend angesehen und die Registrierung des Antrags daher abgelehnt. Dies geschah, obwohl das Schiedsgesuch auf der Grundlage eines Investitionsschutzvertrages zwischen dem Heimatstaat des Investors und dem Gaststaat basierte, der auf das ICSID zur Beilegung von Streitigkeiten aus Investitionen, die in den Schutzbereich des Vertrages fielen, verwies. Nach der weiten Definition dieses Investitionsschutzvertrages konnte in diesem Fall auch ein Warenhandelsgeschäft darunter subsumiert werden41.

2. Die autonome Entscheidung des Schiedsgerichts gem. Art. 41 Abs. 1 WBÜ Nach seiner Konstituierung ist es die erste Pflicht – und Befugnis – des Schiedsgerichts über seine Zuständigkeit (competence) in dem ihm zur Entscheidung unterbreiteten Rechtsstreit zu befinden. Der Grund für die besondere Bedeutung des Art. 41 Abs. 1 WBÜ liegt darin, dass die Zuständigkeitsprüfung für den Bereich des WBÜ ausschließlich im Rahmen des Schiedsverfahrens selbst, dagegen nicht im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren vor staatlichen Gerichten vorzunehmen ist, so genannte Kompetenz-Kompetenz der ICSID-Schiedsgerichte42. Im englischsprachigen Schrifttum wird sie denn auch im Anklang an die Formulierung, mit der die US-Verfassung die bundesweite Verbindlichkeit von Rechtsakten der Einzelstaaten garantiert, und im Einklang mit der amerikanischen Ausführungsgesetzgebung zum WBÜ als „full faith and credit“-Bestimmung bezeichnet43. Die Tatsache, dass seine jeweilige Zuständigkeit dem Schiedsgericht nur im Rahmen der im WBÜ festgelegten Jurisdiktion des ICSID verliehen wird und nicht, wie etwa in Schiedsverfahren nach den Regeln der ICC durch die Parteien bestimmt werden kann, hat weit reichende praktische Konsequenzen44. Durch seine Bindung an die Jurisdiktionsvoraussetzungen des Art. 25 WBÜ ist eine Prüfung der Jurisdiktion nicht von einer Einrede der Parteien abhängig. Obwohl das WBÜ zu diesem Punkt keine Aussage trifft45, ermächtigt Art. 41 Abs. 2 AR das Schiedsgericht zur Prüfung der Jurisdiktion des Zentrums und seiner Zuständigkeit in jeder Phase des Verfahrens. Dies gilt ebenso im Falle des Nichtverhandelns einer Partei. Das Schiedsgericht ist auch hier gehalten, nicht automatisch der (sehr wahrscheinVgl. Shihata / Parra, ICSID Rev 1999, 299, 308. Vgl. Pirrung, Weltbankabkommen, 116; Broches, ColJTL 1966, 263, 280; weiterführend zur Kompetenz-Kompetenz, Münzberg, Die Schranken der Parteivereinbarungen, 87 ff. 43 Schlosser, Internationale private Schiedsgerichtsbarkeit, 78. 44 Vgl. Verveniotis, RHDI 1997, 153, 157. 45 Art. 41 Abs. 2 AR regelt ausschließlich, dass „jede Einrede, die eine Partei mit der Begründung erhebt [ . . . ] wird vom Gericht geprüft“ (eigene Hervorhebung). Daher missverständlich Ott, Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 140. 41 42

8*

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D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

lichen) Zustimmung des anwesenden Antragstellers zu seiner Zuständigkeit zu folgen, sondern diese selbstständig zu prüfen46. Die Rechtsprechung des IGH stützt diese Befugnis der Schiedsgerichte zur Jurisdiktionsprüfung proprio motu – von Amts wegen. Dieser hat im Aegean Sea Continental Shelf-Fall festgestellt, dass es die ständige Übung des Gerichtshofs sei, auch in Fällen, in denen sich die beklagte Partei nicht zur Sache geäußert hätte, mögliche Einwände gegen die Jurisdiktion proprio motu zu untersuchen47. Im Anglo-Iranian Oil Company-Fall wird in der dem Urteil beigefügten abweichenden Meinung des Richters McNair diese Befugnis zu einer Verpflichtung ausgeweitet48. Es kann somit als ein für internationale (Schieds-)Gerichte geltender Grundsatz angesehen werden, dass es auch im Falle beiderseitiger Unterwerfung der Parteien unter seine Jurisdiktion selbstständig zu der Überzeugung gelangen muss, dass diese rationae personae und rationae materiae für den unterbreiteten Fall auch tatsächlich gegeben ist49. Für den Fall, dass ein Schiedsgericht die selbstständige Prüfung seiner Zuständigkeit unterlässt und dadurch offensichtlich seine Befugnisse überschreitet, sieht Art. 52 Abs. 1 lit. (b) WBÜ die Möglichkeit eines Aufhebungsantrages für die Parteien vor. In der praktischen Durchführung steht es im Ermessen des Schiedsgerichts, wie es über diese prozessualen Vorfragen zu entscheiden gedenkt. Entweder kann darüber im Schiedsspruch befunden werden oder, da das WBÜ nicht die Entscheidung des Verfahrens in einem einzigen Schiedsspruch verlangt, das Schiedsgericht kann das Verfahren der Zulässigkeitsprüfung durch einen Beschluss über die Jurisdiktion (Decision on Jurisdiction) beenden, gegebenenfalls auch hinsichtlich einzelner Zuständigkeitsfragen. Verneint das Schiedsgericht seine Zuständigkeit, so ist das Verfahren auf jeden Fall durch einen endgültigen Schiedsspruch abzuschließen50.

III. „Legal Dispute“ – die Beschränkung auf den Rechtsstreit Das WBÜ lässt beide Komponenten seines zentralen Rechtsbegriffes, des „legal dispute arising directly out of an investment“ undefiniert. Ebenso wie der Begriff der Investition so ist auch die zweite Hälfte der Investitionsstreitigkeit, der Begriff der rechtlichen Streitigkeit, in den Vorschriften über die Jurisdiktion nicht näher Art. 42 Abs. 4 AR. ICJ Reports 1978, 3, 18: „[ . . . ] the Court has proprio muto enquired into possible objections to its jurisdiction in the case.“ 48 ICJ Reports 1952, 93, 27: „[ . . . ] an international tribunal cannot regard a question of jurisdiction as a question inter partes.“ 49 Vgl. Nathan, JIA 1995, 27, 38. 50 Art. 41 Abs. 5 AR. 46 47

III. „Legal Dispute“ – die Beschränkung auf den Rechtsstreit

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bestimmt51. Dabei kann bereits das Vorliegen einer Streitigkeit in vielerlei Hinsicht fraglich sein: Eine offene Frage zwischen den Parteien mag sich noch nicht zu einem offenen Streit zwischen den Parteien entwickelt haben oder Meinungsverschiedenheiten mögen noch nicht konkret genug sein, dass sie eine Entscheidung durch ein Schiedsgericht zulassen würden. Eine allgemeine Grundvoraussetzung für das Vorliegen einer Streitigkeit ist daher ein Mindestmaß an Kommunikation zwischen den Parteien. Dem Anliegen der einen Partei muss die andere zumindest indirekt oder durch konkludentes Handeln widersprochen haben52. Darunter fällt bei der Staat-Investor Schiedsgerichtsbarkeit auch passives Verhalten der staatlichen Seite. Im Verfahren AAPL v. Sri Lanca ging Sri Lanka über einen Zeitraum von drei Monaten nicht auf die Entschädigungsforderungen von Asian Agricultural Products Ltd. ein. Das Schiedsgericht befand daher, dass der Investor berechtigt sei, das Verfahren einzuleiten53. Im Verfahren AGIP v. Congo ging es um die Frage der Beilegung einer Streitigkeit. Die Republik Kongo war der Auffassung, dass durch die Aufhebung einer Nationalisierungsverfügung gegenüber einem kongolesischen Tochterunternehmen von AGIP keine Streitigkeit im Sinne des WBÜ mehr vorhanden sei. Da die Republik Kongo aber keine Angaben zu den genauen Rechtsfolgen dieses Schrittes machte und ihre Ausführungen bezüglich geforderter Kompensationsleistungen unpräzise blieben, bestand für das Schiedsgericht an dem Vorhandensein einer Streitigkeit kein Zweifel54. Da das Vorliegen der Streitigkeit Jurisdiktionsvoraussetzung ist, muss diese zumindest im Zeitpunkt der Registrierung durch das ICSID bestanden haben55. Der IGH hat das Vorliegen einer rechtlichen Streitigkeit definiert als „A disagreement on a point of law or fact, a conflict of legal views or of interests between two persons,“56

oder als „[a] situation in which two sides hold clearly opposite views concerning the question of the performance or non-performance of a legal obligation.“57

Vgl. Delaume, JIA 1984, 101, 116. Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 35. 53 Asian Agricultural Products Limited v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 87 / 3), Schiedsspruch v. 27. 06. 1990, para. 3. 54 Vgl. AGIP S.p.A. v. Popular Republic of the Congo (Arb / 77 / 1), Schiedsspruch v. 30. 11. 1979, para. 38, 42. 55 Siemens AG v. Argentine Republic (Arb / 02 / 8), Beschluss v. 03. 08. 2004, para. 161: „Concerning the critical date to determine whether a dispute exists, the Tribunal considers that for purposes of the Treaty the dispute must exist at the time of the notice of arbitration. It has to exist also at the time the dispute is filed with the ICSID Secretariat and at the time of registration.“ 56 IGH im Verfahren Fisheries Jurisdiction (United Kingdom v. Iceland), ICJ Reports 1974, 125 unter Bezugnahme auf Mavrommatis Palestine Concessions, 1924, PCIJ, Series A, No.2, 11; ebenso im East Timor Fall, ICJ Reports 1995, 89. 51 52

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D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

Nach dieser Definition sollen die bloße Einleitung eines Verfahrens oder Meinungsverschiedenheiten über eine rein theoretische Rechts- oder Tatsachenfrage ohne praktischen Bezug nicht auf das Vorliegen einer Streitigkeit schließen lassen58. Es ist nicht die Aufgabe des ICSID, theoretische Rechtsfragen59 zu klären60 oder rein hypothetische Sachverhalte zu untersuchen61. Im Verfahren Generation Ukraine Inc. v. Ukraine machte der klagende US-amerikanische Investor durch sein Investitionsvehikel Generation Ukraine Inc. neben Schadensersatz für behauptetes enteignungsgleiches staatliches Handeln der ukrainischen Behörden im Zusammenhang mit der Errichtung eines Bürogebäudekomplexes in Kiew auch Kompensation für „moral (punitive) damages subject to compensation under Ukrainian law“ in gleicher Höhe wie der verlangte Schadensersatz geltend62. Das Schiedsgericht verneinte seine Zuständigkeit rationae materiae für derartige „moral damages inflicted by unlawful decisions“ mit der Begründung, dass seine Zuständigkeit sich ausschließlich auf den Bruch von Vertragsnormen erstrecke, deren Anwendbarkeit sich die Parteien in ihrer Einigung ausdrücklich unterworfen haben63. Da dies im Investitionsschutzabkommen zwischen der Ukraine und den USA64 nicht der Fall gewesen sei, war die Einigung der Parteien somit auch nicht geeignet, den Anwendungsbereich des WBÜ auf Rechtsstreitigkeiten um die Entscheidung von Sittlichkeitsfragen zu erweitern. Die Streitigkeit darf folglich ausschließlich rechtlicher Natur sein. Der Inhalt dieser Qualifikation war während der Entstehungsgeschichte des WBÜ umstritten und erfuhr in jedem der Entwürfe eine Neuformulierung. Der ursprüngliche Arbeitsentwurf enthielt noch keinen Hinweis auf die rechtliche Natur der Investitionsstreitigkeiten. Es wurde jedoch für notwendig erachtet, eine dahingehende Qualifikation in das WBÜ aufzunehmen, welche die Schiedsfähigkeit von rein politischen oder Handelsstreitigkeiten ausschloss65. Im vorläufigen Entwurf war 57 Lucchetti S.A. and Lucchetti Peru, S.A. v. Republic of Peru (Arb / 03 / 04), Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 07. 02. 2005, para. 48 unter Verweis auf den IGH Interpretation of Peace Treaties with Bulgaria, Hungary and Romania, ICJ Reports 1950, 65, 74. 58 Vgl. Amerasinghe, IJIL 1979, 166, 169 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des IGH. 59 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Entscheidungen des ISGH in den Southern Bluefin Tuna Cases (New Zealand v. Japan und Australia v. Japan), in denen Japans Berufung auf eine rein wissenschaftliche Auseinandersetzung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des IGH zurückgwiesen wird. 60 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 36. 61 Vgl. Siemens AG v. Argentine Republic (Arb / 02 / 8), Beschluss v. 03. 08. 2004, para. 158. 62 Schiedsspruch v. 16. 09. 2003, para. 5.1. 63 A. a. O. para. 17.6. 64 Treaty Between the United States of America and Ukraine concerning the Encouragement and Reciprocal Protection of Investment, v. 4. 03. 1994. 65 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 96. Diese Diskussion wurde gemeinsam mit der über eine Definition des Investitionsbegriffes geführt, s. u. F.II.1.

III. „Legal Dispute“ – die Beschränkung auf den Rechtsstreit

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daher zunächst die Rede von einem „dispute of a legal character“. Diese Formulierung sollte politische, weltanschauliche oder reine Handelsstreitigkeiten ausschließen66. Obwohl es in der Folge Kritik von Seiten der kapitalexportierenden Staaten gab, wurde die Formulierung in den ersten Entwurf des WBÜ übernommen und mit der folgenden Definition versehen: „ ,Legal dispute‘ means any dispute concerning a legal right or obligation or concerning a fact relevant to the determination of a legal right or obligation.“67

Nachdem die Aufnahme einer Definition jedoch von einer großen Mehrheit der Verhandlungsteilnehmer abgelehnt worden war68, beließ man es bei dem Ausdruck „legal dispute“ in Art. 25 WBÜ. Dieser wird im Directors Report wie folgt erläutert: „Nature of the dispute 26. . . . The expression ,legal dispute‘ has been used to make clear that while conflicts of rights are within the jurisdiction of the Centre, mere conflicts of interest are not. The dispute must concern the existence or scope of a legal right or obligation, or the nature of extent of the reparation to be made for breach of a legal obligation.“

Eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Parteien stellt damit eine Rechtsstreitigkeit dar, wenn die Parteien die Feststellung einer (objektiven) Rechtslage und gegebenenfalls der sich aus ihr ergebenden Rechtsfolgen wie Gestaltung oder Leistung begehren. Im Verfahren American Manufacturing Inc. v. Zaire stellt das Schiedsgericht knapp fest, dass das Vorliegen einer rechtlichen Streitigkeit zwischen den Parteien nicht in Zweifel gezogen werden könne, da „the dispute is requiring the application of rules of law and calling for legal solutions.“69 Pirrung hält es in diesem Zusammenhang hingegen für unerheblich, ob der Kläger sein Begehren auf subjektive Rechte oder nur auf mittelbare Rechte oder Interessen stützt70. In Bezug auf die Schiedsfähigkeit von Interessenkonflikten ist zu differenzieren. Beispielsweise handelt es sich bei dem Begehren einer Partei, ein vertragliches Verhältnis anzupassen oder neu zu verhandeln, welches von der anderen Partei zurückgewiesen wird, solange um eine reine Interessenstreitigkeit, wie nicht eine vertragliche Vereinbarung (z. B. clausula rebus sic stantibus) oder eine gesetzliche Norm einen rechtlich zu beurteilenden Anspruch darauf vermittelt71. Liegt ein solcher rechtlicher Anspruch nicht vor, ist der Streitfall der Zuständigkeit des Zentrums entzogen. Da für das ICSID-Vergleichsverfahren dieselben Jurisdiktionsvoraussetzungen gelten wie für das Schiedsverfahren, können reine InteresICSID-Hist., Vol. II, 1, 203, 322. ICSID-Hist., Vol. I, 116. 68 ICSID-Hist., Vol. II, 2, 826. 69 Asian Agricultural Products Limited v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 87 / 3), Schiedsspruch v. 21. 02. 1997, para. 5.06. 70 Pirrung, Weltbankübereinkommen, 63. 71 Vgl. Delaume, JIA 1984, 101, 117. 66 67

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D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

senkonflikte auch nicht einer Vergleichskommission unterbreitet werden, obwohl das Vergleichsverfahren durch seine charakteristische Ausgleichsfunktion eine durchaus geeignete Streitbeilegungsmethode darstellen würde72. Tatsachenfeststellungen unterfallen ebenfalls der Jurisdiktion des ICSID, solange sie mit einem geltend gemachten rechtlichen Anspruch in Verbindung stehen73. Art. 43 WBÜ enthält die den Schiedsgerichten zur Verfügung stehenden Arten der Beweiserhebung. Neben der Frage nach der rechtlichen Qualität einer Streitigkeit stand in den Verhandlungen über das WBÜ wiederholt die Frage nach einer weiteren Einschränkung auf bestimmte Arten von Rechtsstreitigkeiten im Raum. Insbesondere Vertreter der kapitalimportierenden Staaten wollten Rechtsfragen mit einem politischen Bezug, der die staatliche Funktionsfähigkeit, die nationale Sicherheit oder andere vitale Interessen berührt, als nichtjustitiabel von der Jurisdiktion des ICSID ausnehmen. Insbesondere Fragen der Rechtsgültigkeit nationaler Rechtsprechung74 und der Legalität von Enteignungen und Nationalisierungen75 sollten auf diese Weise ausgenommen werden. Unter dem Hinweis der Weltbank, es stehe den Staaten offen, auf welche Arten von Streitigkeiten sie sich im Einzelfall zu einigen bereit wären, gelang es, derartige Einschränkungen aus dem WBÜ herauszuhalten76. Die Praxis der ICSID-Schiedsgerichtbarkeit zeigt denn auch, dass sich die Schiedsgerichte mit verschiedenen Arten hoheitlichen Handelns auseinander gesetzt haben. Diese Bandbreite staatlichen Handelns ist zwangsläufig ebenso weit wie die Bandbreite internationaler wirtschaftlicher Transaktionen, auf welche die Gaststaaten zu reagieren haben. Regelmäßig sind es aber auch die (in der Regel beklagten) staatlichen Parteien, welche die Qualifizierung einer Auseinandersetzung als Rechtsstreitigkeit mit dem Verweis auf den politischen Charakter der Auseinandersetzungen in Abrede stellen. Insbesondere bei großen, von politischen Auseinandersetzungen begleiteten Privatisierungsverfahren findet sich regelmäßig eine politische Komponente der Auseinandersetzung. Dass dieses politische Element nicht per se geeignet sein kann, den hauptsächlich rechtlichen Charakter einer Investitionsstreitigkeit zu beseitigen, hat das ICSID-Schiedsgericht im Rahmen der Auseinandersetzung und Privatisierung der ehemaligen tschechoslowakischen Nationalbank im Verfahren CSOB v. Slovakia festgestellt, 72 Vgl. Amadio, Contentieux, 94 ebenso Fischer, VRÜ 1968, 262, 288, der eine Erweiterung der Zuständigkeit der Vergleichsinstanz in dieser Hinsicht für wünschenswert hält. Die Entwicklung der Fallzahlen der beiden ICSID-Streitbeilegungsverfahren zeigt, dass es das Vergleichsverfahren schwer hat, bei gleichem Anwendungsbereich, neben dem Schiedsverfahren Beachtung zu finden. 73 Vgl. Szasz, CILJ 1968, 9, 16; Amerasinghe, IJIL 1979, 168, 174. Reine Beweissicherungsverfahren sind unter der Additional Facility möglich. 74 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 498. 75 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 258 f.; 2, 829. 76 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 566.

III. „Legal Dispute“ – die Beschränkung auf den Rechtsstreit

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„While it is true that investment disputes to which a State is a party frequently have political elements or involve governmental actions, such disputes do not lose their legal character as long as they concern legal rights or obligations or the consequences of their breach.“77

Auch für die Begründung der rechtlichen Qualität der Investitionsstreitigkeit der Parteien gilt das Primat der Einigung der Parteien. Das die Einigung enthaltende Instrument, sei es ein individueller Investitionsvertrag oder ein Investitionsschutzabkommen, auf welches sich der private Investor berufen kann, und das vereinbarte nationale Recht geben den Rahmen rechtlicher Ge- und Verbote für die Parteien vor. Im Verfahren Olguín v. Paraguay verlangte der private peruanische Investor unter Berufung auf ein Investitionsschutzabkommen78 Schadensersatz von Paraguay wegen dessen mangelnder staatlicher Aufsicht und Überwachung des nationalen paraguayanischen Finanzsektors79. Mit dem Hinweis auf das Fehlen einer solchen gesetzlichen Vorgabe, sowohl in dem Abkommen, als auch im vereinbarten nationalen Recht des Gaststaates, und der Unüblichkeit solcher Regelungen in den Staaten dieser Region, wies das Schiedsgericht das Klägerbegehren vollumfänglich ab und führte zudem zur Begründung aus, „. . . the Tribunal must emphasize that Bilateral Investment Treaties are not insurance policies against bad business judgments.“80

Unter Berufung auf diesen Ausspruch stellt das Schiedsgericht in CMS v. Argentina fest, dass Fragen der generellen Wirtschaftspolitik eines Landes grundsätzlich außerhalb der Jurisdiktion liegen81. Die zum Ausgleich zu bringenden Interessen sind hier dieselben wie bei der Bestimmung des Umfanges des Investitionsbegriffs im WBÜ: Staatlich souveränes (gesetzgeberisches) Handeln des Gastlandes der Investition und zugestandene Eigentumsrechte des ausländischen Investors. Dass auch diese Eigentumsrechte souveränen Anpassungen unterliegen müssen, erkennen auch die ICSID-Schiedsgerichte an, „Similarly, these treaties cannot entirely isolate foreign investments from the general economic situation of a country. They do provide for standards of fair and equitable treatment, non-discrimination, guarantees in respect of expropriation and other matters, but they cannot prevent a country from pursuing its own economic choices. These choices are not under the Centre’s jurisdiction and ICSID tribunals cannot pass judgment on whether such 77 Cesklovenská obchodní banka, a.s. v. Slovak Republic (Arb / 97 / 4), Beschluss v. 24. 05. 1999, para. 61. 78 Treaty between the Republic of Peru and the Republic of Paraguay regarding the Promotion and the Reciprocal Protection of Investments v. 31. 01. 1994. 79 Eudoro A. Olguín v. Paraguay (Arb / 98 / 5), Beschluss v. 24. 05. 1999, para. 61. 80 Schiedsspruch v. 26. 07. 2001, para. 74 unter Bezugnahme auf Maffezini v. Spain (Arb / 97 / 7), Schiedsspruch v. 13. 11. 2000, para. 64. Ebenso Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. The Hashemite Kingdom of Jordan (Arb / 02 / 13), Beschluss v. 29. 11. 2004, para. 155. Ebenso für Multilaterale Abkommen (NAFTA), Marvin Roy Feldman Karpa v. United Mexican States (Arb / AF / 99 / 1), para. 112. 81 Vgl. CMS Gas Transmission Company v. Argentine Republic (Arb / 01 / 8), Beschluss v. 17. 07. 2003, para. 27.

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D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

policies are right or wrong. Judgment cannot only be made in respect of whether the rights of investors have been violated.“82

Der Rechtsstreit der Parteien muss sich zudem unmittelbar auf eine Investition beziehen. Eine Streitigkeit kann demnach nur dann aus einer Investition entstanden sein, wenn diese nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass damit gleichzeitig der Streit entfällt83. Die Frage des direkten Zusammenhanges zwischen Rechtsstreitigkeit und einer Investition beschäftigte das Schiedsgericht im Verfahren Amco v. Indonesia in der Konstellation, dass der beklagte Staat nach Aufhebung des ersten Schiedsspruches84 im Wege der Widerklage von Amco Zahlungen für behauptete Körperschaftssteuerhinterziehung verlangte85. Wenn das Schiedsgericht auch feststellte, dass Steuersachen per se der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit unterfallen können, so müsse auch hier ein unmittelbarer Bezug zur Investition gegeben sein. Daher müsse es sich um besondere Rechte oder Pflichten des ausländischen Investors handeln, die nicht automatisch mit der Inkorporation im Gastland zu tun hätten und für alle Rechtsubjekte des Gastlandes Gültigkeit besäßen: „. . . the Tribunal believes that it is correct to distinguish between rights and obligations that are applicable to legal or natural persons who are within the reach of a host State’s jurisdiction, as a matter of general law; and rights and obligations that are applicable to an investor as a consequence of an investment agreement entered into with that host state. Legal disputes relating to the latter will fall under Article 25 (1) of the Convention. Legal disputes concerning the former in principle fall to be decided by the appropriate procedures in the relevant jurisdiction unless the general law generates an investment dispute under the Convention.“86

Da es eindeutig ein generelles Gebot des indonesischen Rechts gewesen sei, keine Steuerhinterziehung zu begehen, handelte es sich hierbei um keine spezielle, mit der Investition in Verbindung stehende Verpflichtung des Investors und stehe daher mit der Investition nicht in einem solchen unmittelbaren Zusammenhang, der die Jurisdiktion rationae materiae des ICSID begründen würde.

82 A. a. O. para. 29, bestätigt in Enron Corporation and Ponderosa Assets, L.P. v. Argentine Republic (Arb / 01 / 3), Beschluss v. 14. 01. 2004, para. 30. 83 Pirrung, Weltbankübereinkommen, 63. 84 Amco Asia Corporation and others v. Republic of Indonesia (Arb / 81 / 1), Schiedsspruch v. 20. 11. 1984. 85 Amco Asia Corporation and others v. Republic of Indonesia (Arb / 81 / 1), Beschluss v. 10. 05. 1988, ICSID Rep 1, 543, 562 – 565. 86 A. a. O., 565.

IV. Die Parteien der Investitionsstreitigkeit

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IV. Die Parteien der Investitionsstreitigkeit – Die Jurisdiktion rationae personae Hinsichtlich der Parteien ist die Jurisdiktion des ICSID auf Verfahren zwischen privaten Investoren und den Gaststaaten ihrer Investition beschränkt. Art. 25 Abs. 1 und 2 WBÜ machen deutlich, dass das ICSID nicht für Streitigkeiten zwischen Privatpersonen, Staaten oder einem Staat und seinen eigenen Bürgern zuständig ist. Diese Einschränkung erfolgt aus dem guten Grund, dass für diese Kategorien von Rechtsstreitigkeiten eigene Streitbeilegungsorgane zur Verfügung stehen: Für Auseinandersetzungen zwischen privaten (Rechts-)Personen die ordentliche staatliche Gerichtsbarkeit, entsprechend für diese im Verhältnis zu ihren Heimatstaaten die nationale Verwaltungsgerichtsbarkeit und für Staaten die auf dem Völkerrecht basierende Gerichtsbarkeit des IGH87. Bei einer der Verfahrensparteien muss es sich nach Art. 25 Abs. 1 WBÜ um einen Vertragsstaat handeln, dabei ordnet das WBÜ den Verfahrensparteien keine festen Rollen zu. Die bisherige Praxis der ICSIDSchiedsgerichte hat jedoch gezeigt, dass die staatlichen Parteien, von zwei Ausnahmen abgesehen88, immer auf der Beklagtenseite standen.

1. Die staatliche Partei Die staatliche Partei muss Vertragsstaat zum WBÜ sein89. Der Versuch, das ICSID auch für Nichtvertragsstaaten auf der Basis einer ad hoc-Schiedsgerichtsbarkeit zu öffnen, wurde im Rahmen der Vorarbeiten unternommen, jedoch nach nur kurzer Diskussion nicht weiter verfolgt90. Das WBÜ wird für den beitretenden Staat binnen 30 Tagen nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde wirksam91. Die hauptsächliche Frage, welche sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die Frage nach dem Zeitpunkt der Mitgliedschaft92. Muss diese im Zeitpunkt der Einigung der Parteien auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit bereits vorgelegen haben oder ist es ausreichend, wenn sie zum Zeitpunkt des Schiedsantrages vorliegt? Im ersten ICSID-Verfahren Holiday Inns v. Morocco bestritt die Regierung von Marokko die Jurisdiktion über die Schweizer Tochtergesellschaft von Holiday Inns, welche den State Contract, der die ICSID-Schiedsklausel enthielt, unterzeichnet hatte, unter anderem aus dem Grunde, dass die Schweiz das WBÜ Vgl. Amerasinghe, BYIL 1974, 227, 229. In den Verfahren Gabon v. Société de Serete S.A. (Arb / 76 / 1) und Tanzania Electric Supply v. Independent Power Tanzania (Arb / 98 / 8) trat die staatliche Seite als Kläger auf. 89 Art. 25 Abs. 1 S. 1 WBÜ. 90 ICSID-Hist., Vol. II, 95, 96. 91 Art. 68 Abs. 2 Satz 2 WBÜ. 92 Vgl. Rand / Hornick / Friedland, NYUJ Int. L. & Pol., 33, 42. 87 88

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D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht ratifiziert hatte93. Das Schiedsgericht wies diese Einrede mit der Begründung zurück, dass es den Parteien freistehe, ihre Einigung auf das ICSID von zukünftigen Ereignissen abhängig zu machen. Ein solches könne auch der Beitritt zum WBÜ sein94. Obwohl diese Entscheidung in Bezug auf den Heimatstaat des Investors erging, so gilt es doch mittlerweile als anerkanntes Prinzip, dass es nicht erforderlich ist, dass die staatliche Partei – das gleiche gilt auch für den Heimatstaat des Investors – im Zeitpunkt der Einigung auf das ICSID bereits Vertragsstaat des WBÜ ist. Vielmehr genügt es, wenn diese Voraussetzung zu dem Zeitpunkt erfüllt ist, in dem der Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens beim ICSID gestellt wird95. Bei solchen „contingent consent clauses“ kommt die Einigung im Sinne von Art. 25 Abs. 1 WBÜ erst in dem Moment zustande, in welchem diese aufschiebende Bedingung eintritt96. Mexiko und Kanada beispielsweise offerieren im NAFTA ihre Zustimmung zur ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit vorbehaltlich ihres Beitritts zum WBÜ97. Wie in allen Fällen, in denen nur eine der Streitparteien (bzw. nur der Heimatstaat des Investors) Mitglied im WBÜ ist, können die Parteien ein Verfahren vor der Additional Facility anstrengen. Der Vertragsstaat hat auch die Möglichkeit, eine Gebietskörperschaft oder eine staatliche Stelle gegenüber dem ICSID zu benennen, die an seiner Stelle Partei des Schiedsverfahrens sein kann98. Die Benennung kann noch im Verfahren nachgeholt werden99, ihr Fehlen führte bereits in einem Verfahren zur Abweisung wegen mangelnder Jurisdiktion rationae personae100. Die Begriffe Gebietskörperschaft („constituent subdivision“)101 93 Die Entscheidung in dem Verfahren Holiday Inns S.A. and others v. Morocco (Arb / 72 / 1) ist unveröffentlicht geblieben, allerdings diskutiert und in Auszügen veröffentlicht bei Lalive, The First World Bank Arbitration – Some Legal Problems, BYIL 1980, 123, 142. 94 Vgl. Lalive, a. a. O. 144. 95 Vgl. Broches, YCA 1993, 627, 642; Hirsch, The Arbitration Mechanism of the ICSID, 72; Toope, Mixed International Arbitration, 224. 96 Vgl. Amerasinghe, BYIL 1974, 227, 232. 97 Art. 1120 NAFTA. 98 Art. 25 Abs. 1 S. 2 WBÜ. Das ICSID führt gem. Regulation 20 (d) AFR eine Liste der Notifizierungen. Bislang haben von dieser Möglichkeit nur eine Handvoll Staaten gebrauch gemacht: Australien, Ecuador, Guinea, Kenia, Madagaskar, Nigeria, Peru, Portugal, Sudan und Großbritannien. 99 Im Verfahren Klöckner Industrie-Anlagen GmbH and others v. United Republic of Cameroon and Société Camerounaise des Engrais (Arb / 81 / 2) benannte Kamerun die SOCAME erst nach Einleitung des Verfahrens durch Klöckner als staatliche Stelle, vgl. Delaume, JIA 1984, 101, 111. 100 Im Verfahren Cable Television of Nevis, Ltd. and Cable Television of Nevis Holdings, Ltd. v. Federation of St. Kitts and Nevis (Arb / 95 / 2) lag keine Benennung der beklagten NIA (Nevis Island Administration) durch den Gaststaat vor. Da die Einigung auf das ICSID auch auf keine andere Grundlage gestützt werden konnte, verneinte das Schiedsgericht seine Zuständigkeit, Schiedsspruch v. 13. 01. 1997, ICSID Rev 1998, 328, 363 ff., 391. 101 ICSID-Hist., Vol. II, 856 f.

IV. Die Parteien der Investitionsstreitigkeit

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und staatliche Stelle („agency“)102 sind bewusst weit gefasst, um den verschiedenen Ausgestaltungen nationaler Verfassungssysteme Rechnung zu tragen und es den Vertragsstaaten zu überlassen, wie weit die Jurisdiktion des ICSID insoweit reichen soll. Das Abkommen enthält keine Verweisung auf das innerstaatliche Recht, sondern knüpft an die Tatsache der Benennung an; demzufolge können Staaten, die Gebietskörperschaften oder eine staatliche Stelle benannt haben, nicht geltend machen, diese seien innerstaatlich nicht rechts-, partei- oder schiedsfähig103. Dies hindert das Schiedsgericht jedoch nicht daran, die Benennung auch proprio motu, entgegen der Einigung der Parteien, zu untersuchen und gegebenenfalls zurückzuweisen, wenn es sich objektiv unter keinen Umständen um eine Gebietskörperschaft oder eine staatliche Stelle handeln kann104. Diese Benennung ist jedoch nicht ausreichend. Zusätzlich bedarf es der Genehmigung des Vertragsstaates im Einzelfall105. Diese kann im Rahmen der Einigung mit dem ausländischen Investor erfolgen und bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Mitteilung an das ICSID106. Der Mitteilung an das ICSID bedarf es hingegen, wenn der Vertragsstaat auf das Genehmigungserfordernis verzichten will und es den benannten staatlichen Stellen überlassen werden soll, sich selbstständig rechtsverbindlich auf das ICSID zu einigen107. Wegen der in der Regel langen Lebensdauer internationaler Investitionen stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach der Bindungswirkung einer solchen Genehmigung, wenn im Zuge politischer Veränderungen im Gastland sich administrative Zuständigkeiten ändern. Dies gilt etwa wenn nach der Liquidierung einer staatlichen Stelle eine neue in die Zuständigkeit eintritt108. Die Genehmigung kann nicht grundsätzlich als unwiderruflich betrachtet werden, da es sich bei dieser um eine einseitige, empfangsbedürftige Erklärung handelt. Für das Gastland bindend und unwiderruflich wird diese Bestimmung erst, wenn sich der ausländische Investor auf sie eingelassen hat und im Vertrauen darauf Dispositionen getroffen hat109. Amerasinghe geht aber wohl zu weit, wenn er eine Bindung des Staates an seine Genehmigung bereits im vorvertraglichen Stadium annehmen will. Diese wäre für den Investor auch nur von fraglichem praktischem Nutzen, da die Parteien in die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit schriftlich einwilligen müssen. Auch wenn somit der Gaststaat an seine Benennung und Genehmigung gebunden ist, erscheint es ausgeschlossen, dass es zu einer ICSID-Hist., Vol. II, 507, 709. Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 65. 104 Vgl. Amerasinghe, BYIL 1974, 227, 234. Diese Problematik entspricht der Frage nach dem objektiven Gehalt des Investitionsbegriffes, s. u. insbesondere F.III. 105 Art. 25 Abs. 3, 1. HS WBÜ. 106 Vgl. Amerasinghe, BYIL 1974, 227, 237. 107 Art. 25 Abs. 3, 2. HS WBÜ. Von dieser Möglichkeit haben beispielsweise Großbritannien für einige Gebiete in Übersee und Australien für die einzelnen Teilstaaten Gebrauch gemacht. 108 Vgl. Delaume, JIA 1984, 101, 109. 109 Vgl. Amerasinghe, IJIL 1979, 166, 190. 102 103

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D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

schriftlichen Einigung auf das ICSID zwischen dem Investor und der staatlichen Stelle gegen den Willen der staatlichen Führung kommen könnte.

2. Der Angehörige eines anderen Vertragsstaates Der staatlichen Partei steht ein Angehöriger eines anderen Vertragsstaates gegenüber. Da es sich bei diesem auch um eine inländische Gesellschaft des Gastlandes handeln kann, die möglicherweise überwiegend im Besitz eines anderen Vertragsstaates steht, ist auch hier eine eingehende Betrachtung geboten110. Im Gegensatz zu den übrigen Jurisdiktionsvoraussetzungen enthält das WBÜ in Bezug auf die (Rechts-)Person des privaten Investors eine verhältnismäßig ausführliche Regelung. Diese enthält für die damalige Zeit des Inkrafttretens des WBÜ radikale Innovationen für das Verhältnis privater Investoren zu Staaten. Zunächst ist festzustellen, dass „Angehöriger eines anderen Vertragsstaates“ natürliche und juristische Personen sein können, nicht aber ein anderer Vertragsstaat. Bei dem Grundsatz der Staat – Investor Streitigkeit bleibt es auch im Fall der Subrogation von Ansprüchen des Investors gegen das Gastland an seinen Heimatstaat, etwa im Falle der erfolgreichen Inanspruchnahme dessen staatlicher Investitionsversicherung. Die übergegangenen Ansprüche bestehen beim Heimatstaat weiter, können aber nicht vor einem ICSID-Schiedsgericht geltend gemacht werden. Obwohl der entschädigende Heimatstaat vor dem Schiedsgericht nicht als souveräner Staat, sondern nur aus abgetretenem Recht (ohne weitergehende Rechte als der Investor) auftreten könnte, wäre sein Auftreten nicht mit dem Ziel der Depolitisierung von internationalen Investitionsstreitigkeiten zu vereinbaren und daher ausgeschlossen111. Dies entspricht auch dem Postulat der Förderung privater internationaler Investitionen in der Präambel des WBÜ112.

110 Die Frage nach der Person des ausländischen Investors ist ein in der Literatur und der Praxis des ICSID viel behandeltes Thema. Insbesondere die Möglichkeit der Parteien, eine inländische Gesellschaft gemäß Art. 25 Abs. 2 (b) 2. HS. WBÜ als „Angehörigen eines anderen Vertragsstaates“ zu behandeln, war wiederholt Ausgangspunkt rechtlicher Auseinandersetzungen. Neben der Einigungsproblematik und dem Investitionsbegriff handelt es sich hierbei um eines der zentralen Probleme des WBÜ. Entsprechend der Schwerpunktlegung dieser Arbeit auf Fragen der rationae materiae und damit verbundenen Fragen der Einigung der Parteien, soll dieser Komplex hier nicht vertiefend behandelt werden. 111 Vgl. Dolzer / Stevens, Bilateral Investment Treaties, 162; Amerasinghe, BYIL 1974, 227, 241. Diese Frage ist von besonderer praktischer Relevanz. Das ICSID empfiehlt die Aufnahme folgender Formulierung der Musterklausel VIII: „It is hereby agreed that the right of the Investor to refer a dispute to the Centre pursuant to this agreement shall not be affected by the fact that the Investor has received full or partial compensation from any third party with respect to any loss or injury that is the subject of the dispute.“ 112 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 167.

IV. Die Parteien der Investitionsstreitigkeit

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Dieser Ausschluss von reinen Streitigkeiten unter Staaten steht der Teilnahme von ganz oder teilweise in staatlichem Besitz stehenden Unternehmen nicht entgegen113. Im Verfahren CSOB v. Slovakia stellte das Schiedsgericht in Bezug auf die CSOB fest, dass auch ein ganz oder teilweise in Staatseigentum stehendes Unternehmen als geeigneter Auslandsinvestor in Betracht komme. Maßgeblich ist demnach, ob ein Staatsunternehmen wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen am Markt agiert oder als Regierungsvertreter handelt und eine hoheitliche Regierungsfunktion ausübt114. In Anbetracht verbleibender staatlicher Beteiligungen an privatisierten ehemaligen Staatsunternehmen, die heutzutage mit ihrer Kombination aus staatlichem und privatem Kapital ebenso wie ihre ausschließlich privat finanzierte Konkurrenz am Markt auftreten, wäre eine Unterscheidung nach der Herkunft der Mittel für Investitionen auch nicht zielführend.

a) Die natürliche Person als Partei Für die Bestimmung der Nationalität einer natürlichen Person liefert Art. 25 Abs. 2 (a) WBÜ keine eigentliche Definition115, sondern eine Klarstellung, welche Nationalitäten zu welchem Zeitpunkt geeignet sind, die Jurisdiktionskriterien rationae personae zu erfüllen116. Diese Kriterien sind bei einer natürlichen Person erfüllt, wenn sie sowohl im Zeitpunkt, in dem die Parteien sich auf die ICSIDSchiedsgerichtsbarkeit einigen als auch im Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens registriert wird, die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedsstaates als die des Gaststaates hat. Ausgenommen sind hingegen Personen, die zu einem der beiden Zeitpunkte auch die Staatsangehörigkeit des Gaststaates besessen haben117. Nach Völkergewohnheitsrecht ist die Staatsangehörigkeit einer natürlichen Person nach der Rechtsordnung des Staates zu beurteilen, dessen Nationalität von ihr behauptet wird118. In Zweifelsfällen ist auf die in der Nottebohm-Entscheidung des IGH entwickelte Doktrin von der effektiven Staatsangehörigkeit zurückzugreifen, welche besagt, dass die Verleihung der Staatsangehörigkeit oder die Inanspruchnahme einer Person als Staatsangehöriger Shihata / Parra, ICSID Rev. 1999, 299, 315 f. Beschluss v. 24. 05. 1999, para. 16 f., 20 f. 115 Art. 25 Abs. 2 (a) WBÜ: „National of another Contracting State“ means: „any natural person who had the nationality of a Contracting State other than the State party to the dispute on the date on which the parties consented to submit such dispute to conciliation or arbitration as well as on the date on which the request was registered pursuant to paragraph (3) of Article 28 or paragraph (3) of Article 36, but does not include any person who on either date also had the nationality of the Contracting State party to the dispute.“ 116 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 422. 117 Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 68 f. 118 Vgl. Amerasinghe, BJIL 1976, 227, 248. 113 114

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D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

völkerrechtlich nur dann anerkannt wird, wenn zwischen dem Staat und der betreffenden Person eine engere tatsächliche Beziehung besteht119. Für die Entscheidung in der Sache Champion Trading v. Egypt berief sich das Schiedsgericht auf eben die Nottebohm-Entscheidung, als es seine Zuständigkeit für die gemeinsame Schiedsklage zweier juristischer und dreier natürlicher Kläger zu prüfen hatte120. Bei den Klägern handelte es sich um die Gesellschafter der ägyptischen National Cotton Company. Neben den in Delaware, USA, ansässigen Unternehmen Champion Trading Company und Ameritrade International, Inc. waren die Herren James, John und Timothy Wahba Gesellschafter der von ihrem Vater kontrollierten Gesellschaft. Die Parteien waren sich einig, dass die in den USA geborenen Söhne sowohl die Staatsangehörigkeit ihres ägyptischen Vaters als auch die US-amerikanische besaßen. Da es den Klägern jedoch nicht gelang, darzulegen, dass der Vater bereits in den 70er Jahren seine ägyptische Staatsbürgerschaft verloren und ausschließlich die US-amerikanische angenommen habe und daher die effektive und ausschließlich zu beachtende Nationalität der Söhne die US-amerikanische sei, beurteilte das ICSID-Schiedsgericht die drei natürlichen Kläger als Inhaber zweier Nationalitäten, einer davon der des Gastlandes der Investition. Unter Bezugnahme auf die Entstehungsgeschichte des WBÜ, in der kurz die Möglichkeit der Staatsangehörigkeit zum Gastland der Investition diskutiert und zugunsten der bestehenden kategorischen Regelung verworfen worden war121, und auf bilaterale Investitionsschutzabkommen, welche im Unterschied zum WBÜ doppelte Staatsbürgerschaften in einigen Fällen ausdrücklich zulassen122, verneinte das Schiedsgericht seine Zuständigkeit rationae personae für die natürlichen klagenden Personen. Die in der Nottebohm-Entscheidung eröffnete Möglichkeit des Abstellens auf eine effektive Staatsbürgerschaft besteht im Rahmen des WBÜ grundsätzlich nicht, da der eindeutige Wortlaut des Art. 25 Abs. 2 (a) WBÜ einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich ist123. Durch die verlangte Kontinuität in Bezug auf die Nationalität sind die Voraussetzungen somit strenger als für juristische Personen, bei denen es ausreicht, wenn im Zeitpunkt der Einigung eine andere Staatsangehörigkeit als die des Gaststaates vorliegt124.

Lichtenstein v. Guatemala, ICJ Rep. 1955, 3, 23. Champion Trading Company and Ameritrade International, Inc. v. Arab Republic of Egypt (Arb / 02 / 9), Beschluss v. 21. 10. 2003. 121 Vgl. ICSID Hist. Vol. I, 122. 122 Vgl. Beschluss v. 21. 10. 2003, 12. 123 Vgl. a. a. O., 16 f. mit deutlicher Beschränkung auf den vorliegenden Fall. 124 Seitdem mit Philippe Gruslin v. Malaysia (Arb / 94 / 1) erstmals ein Verfahren von einer natürlichen Person eingeleitet worden war, machen diese Verfahren rund 10% der Fallzahl der ICSID-Schiedsgerichte aus. 119 120

IV. Die Parteien der Investitionsstreitigkeit

129

b) Die juristische Person als Partei Während der Beratungen über das WBÜ herrschte Einigkeit, dass eine Definition der juristischen Person, im Hinblick auf die unterschiedliche Ausgestaltung in den nationalen Gesellschaftsrechten der Mitgliedsstaaten, so neutral wie möglich zu sein habe125. Dem Mitgliedstaat sollte es überlassen bleiben, bei der Einigung auf das ICSID zu prüfen, ob eine Gruppe oder Vereinigung eine wie auch immer geartete Rechtspersönlichkeit besitzt oder ob es ihm angemessener erscheint, mit den Individuen hinter der vermeintlichen juristischen Person eine Einigung herbeizuführen126. Art. 25 Abs. 2 (b) 1. HS. WBÜ trägt dem Rechnung127. Damit gelten hier weniger strenge Anforderungen als bei der natürlichen Person, da eine andere Staatszugehörigkeit als die des Gaststaates zum Zeitpunkt der Unterwerfung unter das ICSID ausreicht. Weil das WBÜ auch in Bezug auf die Bestimmung der Staatszugehörigkeit von juristischen Personen keine Aussage trifft128, hat diese in der Praxis für Probleme gesorgt. Dies mag nicht verwundern, handelt es sich hierbei doch um eine der umstrittensten Fragen des internationalen Wirtschaftsrechts. Die Festlegung der Anknüpfungsmerkmale der Staatszugehörigkeit beurteilt sich dabei ausschließlich nach dem innerstaatlichen Recht129. Nach der vor allem in angelsächsischen Ländern vertretenen Inkorporationstheorie wird die juristische Person als demjenigen Staat zugehörig betrachtet, nach dessen Recht sie gegründet worden ist. In den kontinentaleuropäischen Ländern wird demgegenüber in der Regel an das Recht des tatsächlichen Geschäftssitzes, des „sicˇge social“, angeknüpft, sog. Sitztheorie130. Eine dritte Theorie stellt entscheidend auf das Merkmal unternehmerischer Kontrolle ab. Für die Staatszugehörigkeit der Gesellschaft ist es demnach entscheidend, welche Staatsangehörigkeit die Mehrheit der Gesellschafter teilt, sog. Kontrolltheorie131. Die äußerst umstrittene Besonderheit dieser Ansicht besteht darin, ICSID-Hist., Vol. II, 359. ICSID-Hist., Vol. II, 284. 127 Art. 25 Abs. 2 (b) 1. HS WBÜ: „National of another Contracting State“ means: [ . . . ] „any juridical person which had the nationality of a Contracting State other than the State party to the dispute on the date on which the parties consented to submit such dispute to conciliation or arbitration.“ 128 Trotz eingehender Diskussion ist auch den traveaux preparatoir keine Aussage zur Bestimmung der Nationalität juristischer Personen zu entnehmen, vgl. ICSID-Hist., Vol. II, 361, 446 ff.; Niggemann, IPRaX 1985, 185, 189. 129 Vgl. Hailbronner, in: Vitzthum, Völkerrecht, 202, Rdnr. 112. 130 Die deutsche Rechtsprechung folgte dieser Theorie bis ins Jahr 2003, vgl. BGHZ 97, 271. Seither ist die ausschließliche Anknüpfung an einen effektiven Verwaltungssitz, mithin den Ort, an dem die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung tatsächlich in Geschäftsführungsakte umgewandelt werden, aufgegeben worden. In Art. 48 Abs. 1 EGV findet sich eine Kombination aus Sitz- und Gründungstheorie, welcher sich der BGH angeschlossen hat; s. nunmehr BGH, Urteil v. 13. 03. 2003, VII ZR 370 / 98. 131 Vgl. Staudinger / Großfeld, Internationales Gesellschaftsrecht, Rdnr. 902 f. 125 126

9 Belling

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D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

dass die eigene Rechtspersönlichkeit der juristischen Person „durchstoßen“ wird, um diesen Anknüpfungspunkt zu erhalten. Bei der Kontrolltheorie handelt es sich um ein Korrektiv, welches sich zwar zum Teil zulasten der Gesellschaft durchgesetzt hat, dem aber jedenfalls zugunsten der Gesellschafter bisher die Anerkennung versagt geblieben ist132. In seiner Barcelona Traction-Entscheidung hat der IGH ein solches „piercing of the corporate veil“ grundsätzlich abgelehnt133. Eben dieses „piercing of the corporate veil“ ist im WBÜ in Bezug auf Gesellschaften, welche die Staatszugehörigkeit des Gastlandes der Investition haben, aber unter ausländischer Kontrolle stehen, bei entsprechender Vereinbarung der Parteien gemäß der zweiten Alternative des Art. 25 Abs. 2 (b) WBÜ ausdrücklich erlaubt. In Bezug auf ausländische Gesellschaften schweigt das WBÜ in dieser Hinsicht allerdings134. Ein ausschließliches Abstellen auf die Kontrolltheorie wird daher abgelehnt135. Gleichzeitig besteht weitgehende Übereinstimmung in der Literatur, dass der vom IGH in der Barcelona Traction Entscheidung als alleiniges Kriterium für die Staatszugehörigkeit herangezogene Gründungsort einer Gesellschaft nur eingeschränkte Gültigkeit für das WBÜ besitzt136. Allgemein wird dort auf den „sicˇ ge social“ der Gesellschaft abgestellt137. Im Verfahren Amco Asia Corporation and others v. Republic of Indonesia betonte das Schiedsgericht zunächst, dass der Staatszugehörigkeitsbegriff des WBÜ ein „klassischer“ sei. Demnach komme es entweder auf das Recht an, nach dem die Gesellschaft errichtet worden ist, wo sie ihren satzungsmäßigen Sitz hat oder wo sie ihren Verwaltungssitz hat138. Indonesien wandte gegen die Jurisdiktion ein, dass die US-amerikanische Amco Asia, welche zur Durchführung eines Investitionsprojekts die inländische Tochtergesellschaft P.T. Amco gegründet hatte, ihrerseits von einem niederländischen Staatsbürger kontrolliert werde, der in Hongkong lebe und die Kontrolle durch ein dort registriertes Unternehmen ausübe. Auf dessen Staatsangehörigkeit sei für die Bestimmung der Staatszugehörigkeit der Amco Asia abzustellen. Das Schiedsgericht wies diesen Einwand unter Hinweis auf die genannten drei Anknüpfungspunkte zurück. Auf einer Linie mit dieser Entscheidung liegt das Schiedsgericht in dem jüngeren Verfahren Tokios Tokelés v. Ukraine. Obwohl die Ukraine, als beklagte staatVgl. Epping / Gloria, in: Ipsen, Völkerrecht, 335. Barcelona Traction, Light and Power, Limited-Fall (Belgium v. Spain), ICJ Rep. 1970, 3, 39, 46. 134 Vgl. Shifman, GWJI L&E 1982, 451, 462. 135 Vgl. Amerasinghe, BYIL 1974, 227, 257. 136 Vgl. Shifman, GWJI L&E 1982, 451, 462 unter Bezugnahme auf Broches, RdC 1972, 330, 360. 137 Vgl. Delaume, Transnational Contracts, 361; Sutherland, ICLQ 1979, 367, 384. 138 Beschluss v. 25. 09. 1983, ICSID Rep 1, 389, 396: „Indeed the concept of nationality is there a classic one, based on the law under which the juridical person has been incorporated, the place of incorporation and the place of social seat.“ 132 133

IV. Die Parteien der Investitionsstreitigkeit

131

liche Partei, rügt, dass die Gesellschafter der klagenden privaten litauischen Gesellschaft Tokios Tokelés (zutreffenderweise) fast ausschließlich ukrainische Staatsangehörige seien, lehnte das Schiedsgericht unter anderem unter Berufung auf die Entscheidung in der Sache Amco v. Indonesia einen Blick „hinter den Schleier der Gesellschaft ab“, „We decline to look beyond (or through) the Claimant to its shareholders or other juridical entities that may have an interest in the company139.“

Die Spruchpraxis der ICSID-Schiedsgerichte ist in diesem Punkt jedoch nicht einheitlich. Im Verfahren Société Ouest Africaine des Bétons Industriels v. Senegal bediente sich eine panamesische Gesellschaft wiederum einer inländischen Projektgesellschaft und wurde ihrerseits von einem belgischen Staatsangehörigen kontrolliert. Da Panama zur Zeit des Verfahrens das WBÜ noch nicht ratifiziert hatte140, erhob der Senegal die Einrede der Unzuständigkeit. Das Schiedsgericht verwarf diese Einrede mit der Begründung, dass ebenso wie der Gaststaat der Investition ein Interesse an der Gründung von inländischen Tochtergesellschaften haben könne, so könne auch der Investor wünschen, die Investition über zwischengeschaltete Gesellschaften zu leiten, wobei er vollständige Kontrolle über die einzelnen Gesellschaften behalte141. Durch seine Entscheidung erkannte das Schiedsgericht die Kontrolltheorie somit unter gewissen Umständen als Korrektiv der klassischen Bestimmungsmethoden im Rahmen der Jurisdiktionsbestimmung des ICSID an. Eine solche, grundsätzlich zur Einengung der Jurisdiktion rationae personae geeignete Möglichkeit der weiteren Überprüfung der beteiligten Gesellschaft hat das erkennende Schiedsgericht an enge Voraussetzungen geknüpft. Der den Parteien grundsätzlich eröffnete weite Rahmen der persönlichen Zuständigkeit kann durch diese, ebenso wie für die Jurisdiktion rationae materiae, beschränkt werden. Ihnen ist es unbenommen, den Rahmen des persönlichen Zugangs in den die Einigung transportierenden Instrumenten zu präzisieren und dadurch einzuengen142. Ebenso wie es ihnen jedoch verwehrt ist, dem Schiedsgericht Streitigkeiten im Zusammenhang mit Transaktionen außerhalb des Investitionsbegriffs des WBÜ zu unterbreiten, ist es ihnen ebenso verwehrt, den Kreis parteifähiger Subjekte durch Einigung zu erweitern. Diese Fragen nach der Person des Investors und der Qualifizierung der von ihm getätigten Transaktion hängen untrennbar zusammen. Sie Vgl. Tokios Tokelés v. Ukraine (Arb / 02 / 18), Beschluss v. 29. 04. 2004, para. 40, 52. Panama trat dem WBÜ erst im Jahre 1995 bei. 141 Beschluss v. 01. 08. 1984, ICSID Rep 2, 164, 182. Zu diesem Verfahren auch Broches, YCA 1993, 627, 646, der selbst Vorsitzender des ICSID-Schiedsgerichts in diesem Verfahren war. 142 Dies ist zum Beispiel im Energy Charter Treaty erfolgt, dessen Annex 1, Art. 17(1) es den Parteien des Vertrages erlaubt, Gesellschaften die Vorteile des Abkommens vorzuenthalten, „if citizens or nationals of a third state own or control such entity and if that entity has no substantial business activities in the Area of the Contracting Party in which it is organized.“ Der Energy Charter Treaty verweist für die Streitschlichtung auf das ICSID s. u. E.II.4.c). 139 140

9*

132

D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

bilden die eingangs beschriebenen Elemente des Investitionsvorganges: Der Investor, als Veranlasser des dynamischen Vorgangs der Investitionsvornahme, die getätigte Investition, als statisches Element des dadurch geschaffenen Vermögensbestandes143. Im Verfahren Tokios Tokelés v. Ukraine führten Fragen der Jurisdiktion rationae personae unmittelbar zu einer Frage des Investitionsbegriffs: Setzt das WBÜ eine internationale Investition voraus? Eine Frage, die mit der Person des Investors selbstverständlich eng verknüpft ist. Die Gegensätzlichkeit der in dieser Frage vertretenen Positionen machte auch vor dem ICSID-Schiedsgericht nicht halt, sodass es erstmals in der Geschichte des ICSID zu einer abweichenden Meinung eines Schiedsgerichtsvorsitzenden zum Schiedsspruch der beiden parteibenannten Schiedsrichter in der Frage der Internationalität der Investition kam144. Auf Fragen der Jurisdiktion ratinoae personae wird daher auch im Rahmen der Darstellung der Spruchpraxis der ICSID-Schiedsgerichte zu Fragen rationae materiae implizit einzugehen sein.

c) Inländische juristische Personen unter ausländischer Kontrolle – Art. 25 Abs. 2 (b) 2. HS. WBÜ In der Praxis ausländischer Direktinvestitionen kommt es regelmäßig vor, dass nur das inländische Tochterunternehmen eines trans- oder multinationalen Konzerns als Vertragspartner des Gaststaates auftritt145. Eine solche Zwischenschaltung gehört oft sogar zu den formellen Voraussetzungen für die Durchführung einer ausländischen Investition146. Dieser weit verbreiteten gesetzlichen Anforderung in nationalen Investitionsregimen trägt das WBÜ Rechnung, indem es in Art. 25 Abs. 2, 2. HS. WBÜ147 die Jurisdiktion des ICSID auf solche Projektgesellschaften erstreckt, um nicht eine Vielzahl von Transaktionen für das ICSID auszuschließen148: Im Verfahren Holiday Inns v. Morocco stellte das Schiedsgericht zutreffend fest, s. dazu auch unten F.IV.2.b)cc)(1). Zur Dissenting Opinion des Schiedsrichters P. Weil v. 29. 04. 2004 zum Beschluss v. 29. 04. 2004 s. u. F.IV.2.d)cc). 145 Vgl. Delaume, ICSID Rev. 1986, 237, 241. 146 Kischel, State Contracts, 49; Gramlich, Grenzüberschreitende Investitionen, 514. Auch in den bisher bereits fünf zugänglichen Verfahren ausländischer Investoren gegen Argentinien im Zuge der landesweiten Privatisierungskampagne nach 1989 war die Errichtung einer argentinischen Betreibergesellschaft regelmäßige Bedingung der Ausschreibungsverfahren, welche den Investitionen zu Grunde lagen (Compañía de Aguas del Aconquija, S.A. & Compagnie Générale des Eaux v. Argentine Republic (ARB / 97 / 3) ; Enron Corporation and Ponderosa Assets, L.P. v. Argentine Republic (Arb / 01 / 3); CMS Gas Transmission Company v. Argentine Republic (Arb / 01 / 8); Azurix Corp. v. Argentine Republic (Arb / 01 / 12); Siemens AG v. Argentine Republic (Arb / 02 / 8)). 147 Art. 25 Abs. 2, 2. HS. WBÜ: „. . . any juridical person which had the nationality of the Contracting State party to the dispute on that date and which, because of foreign control, the parties have agreed should be treated as a national of another Contracting State for the purposes of this Convention.“ 143 144

IV. Die Parteien der Investitionsstreitigkeit

133

dass es sich hierbei um „an exception to the general rule established by the Convention“ handelt149. Sicherlich auch um eine Ausnahme vom diesbezüglichen Völkergewohnheitsrecht, welches in der Barcelona Traction-Entscheidung zum Ausdruck kommt. Wegen dieses Ausnahmecharakters ist es umstritten, ob die Vereinbarung der ausländischen Staatszugehörigkeit ausdrücklich getroffen werden muss oder ob sie auch konkludent erfolgen kann, wobei es Schiedsgerichte als ausreichend für die Annahme einer konkludenten Einigung angesehen haben, dass die Parteien in Kenntnis der Tatsache, dass die inländische Gesellschaft unter ausländischer Kontrolle stand, eine ICSID-Schiedsklausel vereinbarten150. Es entspricht zunehmend der Praxis der ICSID-Schiedsgerichte, bei mehrheitlicher ausländischer Kontrolle eine entsprechende konkludente Vereinbarung anzunehmen151 Weil es den Parteien überlassen sein soll, darin übereinzukommen, dass eine Gesellschaft unter ausländischer Kontrolle steht, um diese dann als Angehörigen eines Vertragsstaates zu betrachten, begegnet man hier derselben Problemlage wie bei der Bestimmung des Investitionsbegriffes: Dem Spannungsverhältnis zwischen der subjektiven Einigung der Parteien und den objektiven Zuständigkeitsvoraussetzungen des WBÜ. Im Verfahren Vacuum Salt Products Ltd. v. Republic of Ghana stellte das Schiedsgericht zwar fest, dass konkludent davon auszugehen sei, dass Ghana die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 2 (b) 2. HS WBÜ als gegeben ansah, wenn es mit einem Unternehmen seines Landes, welches möglicherweise nur wegen der nationalen Investitionsgesetze als innerstaatliche Gesellschaft gegründet worden war, eine ICSID-Klausel vereinbart hatte152. Gleichzeitig stellte es aber auch fest, dass es nicht den Parteien allein überlassen sei, über das Vorliegen ausländischer Kontrolle der inländischen Gesellschaft zu befinden: „. . . reference to control necessarily sets an objective convention limit beyond which ICSID jurisdiction cannot exist.“153

Sutherland, ICLQ 1979, 367, 384. Die Entscheidung über die Jurisdiktion vom 01. 07. 1973 blieb unveröffentlicht. Zit. nach Lalive, ICSID Rep 1, 645, 663. 150 In Holiday Inns v. Morroco hält das Schiedsgericht eine ausdrückliche Einigung grundsätzlich für erforderlich. Es hält jedoch Ausnahmen für möglich: „Such an agreement should therefore normally be explicit. An implied agreement would only be acceptable in the event that the specific circumstances would exclude any other interpretation of the intention of the parties, . . .“, Beschluss v. 01. 07. 1973, para. 33. Die Schiedsgerichte in den Verfahren Amco Asia v. Indonesia, Beschluss v. 25. 09. 1983, SOABI v. Senegal, Beschluss v. 01. 08. 1984, und LETCO v. Liberia, Schiedsspruch v. 31. 03. 1986, ließen den Abschluss einer Schiedsklausel ausreichen; dagegen Hirsch, The Arbitration Mechanism of the ICSID, 99 f. 151 Vgl. MTD Equity Sdn. Bhd. and MTD Chile S.A.v. Republic of Chile (Arb / 01 / 7), Schiedsspruch vom 25. 05. 2004; para. 94; Société d’Exploitation des Mines d’Or de Sadiola S.A.v. Republic of Mali, (Arb / 01 / 5), Schiedsspruch vom 25. 02. 2003, para. 2. 152 Schiedsspruch v. 16. 02. 1994, ICSID Rep 4, 329, para. 31. Siehe zu dem Verfahren auch Broches, JIA 1997, 21. 153 A. a. O. para. 36. 148 149

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D. Die Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten

Vacuum Salt Products Ltd. befand sich zum fraglichen Zeitpunkt im Besitz von drei ghanaischen Staatsbanken (zu jeweils 10%), einem griechischen Staatsbürger, der seit 1942 im Lande lebte, (zu 20%) und zu 50% in Streubesitz ghanaischer Staatsangehöriger. Die ausländische Kontrolle sollte allein durch den griechischen Staatsangehörigen ausgeübt werden. Das Schiedsgericht hielt das für nicht ausreichend und verneinte die Jurisdiktion rationae personae. Die Parteien könnten nicht das Vorliegen ausländischer Kontrolle im Sinne von Art. 25 Abs. 2. (b) 2. HS WBÜ bestimmen, wenn eine solche tatsächlich gar nicht vorliege: „In our estimation, the drafters of the Convention [ . . . ] cannot have contemplated that a case such as this one would bring into play an international dispute settlement regime designed to promote greater private international investment by providing a forum for the resolution of any ensuing disputes between a state and a national of another State.“154

In Bezug auf die Bestimmung der Jurisdiktion rationae personae stößt die Parteivereinbarung von fingierten Staatszugehörigkeiten juristischer Personen und die Einigung auf das Vorliegen ausländischer Kontrolle bei einer inländischen Gesellschaft entgegen der rechtlichen oder ökonomischen Realität folglich auf Bedenken155.

V. Zusammenfassung – Jurisdiktionsprüfung anhand objektiver Kriterien Um die Zuständigkeit eines ICSID-Schiedsgerichts für eine Streitigkeit begründen zu können, müssen die Jurisdiktionsvoraussetzungen der Art. 25 – 27 WBÜ erfüllt sein. Die Zuständigkeitsprüfung durch das Schiedsgericht erfolgt dabei ausschließlich im Rahmen des Schiedsverfahrens selbst und ist im Anerkennungsund Vollstreckungsverfahren vor staatlichen Gerichten nicht weiter überprüfbar. Diese Kompetenz-Kompetenz wird durch die Eingangsüberprüfung des Zentrums nicht eingeschränkt, da es den Schiedsgerichten unbenommen ist, Streitgegenstände bei Nichtvorliegen der Jurisdiktionsvoraussetzungen durch Beschluss zurückzuweisen. Die Screening power des Generalsekretärs beschränkt sich somit auf offenkundige Zuständigkeitsmängel, die ohne jeden Zweifel die Jurisdiktion des ICSID ausschließen, bei denen die Unmöglichkeit ihrer Subsumption unter Art. 25 Abs. 1 WBÜ also bereits so eindeutig ist, dass es einer Entscheidung des Schiedsgerichts nicht bedarf. Neben dem Investitionsbegriff ist der Begriff der Rechtsstreitigkeit im WBÜ ebenfalls nicht definiert. Da es von vornherein nicht die Aufgabe des ICSID sein sollte, theoretische Rechtsfragen zu klären oder rein hypothetische Sachverhalte zu A. a. O. para. 54. Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 48; Niggemann, IPRaX 1985, 185, 189; a.A. Amerasinghe, IJIL 1979, 166, 197 f., der die Vereinbarung über die Nationalität allgemein zulassen will. 154 155

V. Zusammenfassung

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untersuchen, sollen die bloße Einleitung eines Verfahrens oder Meinungsverschiedenheiten über eine rein theoretische Rechts- oder Tatsachenfrage ohne praktischen Bezug nicht auf das Vorliegen einer Streitigkeit schließen lassen. Fragen der generellen Wirtschaftspolitik eines Landes liegen demnach grundsätzlich ebenso außerhalb der Jurisdiktion wie Streitigkeiten über generelle Gebote des nationalen Rechts, bei denen es sich um keine speziellen, mit der Investition in Verbindung stehenden Verpflichtungen des Investors handelt. Die Jurisdiktion des ICSID ist zudem auf Streitigkeiten zwischen privaten ausländischen Investoren und einer staatlichen Partei beschränkt. Völkerrechtlich war dies ein Durchbruch in der Depolitisierung von Investitionsstreitigkeiten, zu deren Beilegung sich vor Inkrafttreten des WBÜ die private Partei grundsätzlich der Mithilfe ihres Heimatstaates versichern musste. Verfahrensrechtlich ergeben sich rationae personae vergleichbare Fragestellungen in Bezug auf die zulässige Person des Investors wie rationae materiae in Bezug auf die zulässige Investition im Sinne des WBÜ, da der Investor und seine Investition die Elemente des Investitionsvorganges bilden. Während dies für den Investitionsbegriff noch festzustellen sein wird, lässt sich für die Tatbestandsvoraussetzungen der Jurisdiktion rationae personae bereits festhalten, dass diesen im Schrifttum und der Spruchpraxis der ICSID-Schiedsgerichte ein objektiver Gehalt beigemessen wird, welcher nicht zur Disposition der Parteien steht.

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID Diese zweite Voraussetzung für das Vorliegen der Jurisdiktion des ICSID entspricht einem zentralen Grundsatz der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit sowie der Schiedsgerichtsbarkeit überhaupt: Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts hängt grundsätzlich von der übereinstimmenden Vereinbarung durch die Parteien ab. Sie ist ein Geschöpf vertraglicher Willensbildung zwischen den Parteien des Schiedsverfahrens. Die Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts leitet sich aus diesem Vertrag ab. Darum sind Schiedsrichter zu keiner Tätigkeit befugt, zu der sie nicht von den Parteien autorisiert worden sind: arbiter nihil extra compromissum facere potest1. Auch für die Jurisdiktion des ICSID ist die Einigung der Parteien von besonderer Bedeutung2. Der Directors Report bezeichnet diese als „the cornerstone of the jurisdiction of the centre“3. Die Einigung auf ein Schiedsverfahren ist im WBÜ als zweistufiges System ausgestaltet. Auf der ersten Stufe müssen der Gaststaat und das Heimatland des Investors dem WBÜ beigetreten sein. Diese Mitgliedschaft im WBÜ verbürgt weder die Verpflichtung zur Einigung auf ein ICSID-Schiedsverfahren noch kann dies von einem Mitgliedstaat verlangt werden4. Erst auf der zweiten Stufe muss es zu einer Einigung zwischen dem Gastland der Investition und dem ausländischen Investor gekommen sein5 Während der Beratungen zum WBÜ mussten insbesondere die kapitalimportierenden Staaten wiederholt durch die Weltbank von dieser Unabhängigkeit der beiden Stufen der Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit des ICSID überzeugt werden. In Anlehnung an die oben dargestellte Praxis des forum prorogatum6, die es Staaten ermöglicht, durch die einseitige Einreichung einer Klage die Vgl. Reisman, DukeLJ 1989, 739,745. Dies wird von sämtlichen mit der Materie beschäftigten Autoren übereinstimmend festgestellt. Vgl. statt vieler Toope, Mixed International Arbitration, 224; Amerasinghe, Jurisdiction of international tribunals, 627. Systematisch gehört die Einigung der Parteien zur Jurisdiktion des ICSID über Investitionsstreitigkeiten (Abschnitt D.). Wegen ihrer besonderen Bedeutung auch für das Verständnis des Investitionsbegriffs ist den Fragen im Zusammenhang mit der Einigung der Parteien aus Gründen der besseren Darstellbarkeit ein eigener Abschnitt gewidmet. 3 Directors Report, para. 23; kritisch, Amerasinghe, Jurisdiction of international tribunals, 631. 4 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25 WBÜ, Rdnr. 244. 5 Vgl. Cremades, BLI 2001, 157, 160. 6 s. o. D.II.1. 1 2

I. Form und Zeitpunkt der Einigung

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beklagte (staatliche) Partei zumindest dem moralischen Druck auszusetzen, sich ebenfalls der Jurisdiktion des angerufenen Schiedsgerichts zu unterwerfen, befürchteten sie, ebensolchem moralischen Druck von Seiten der Investoren und ihrer Heimatstaaten ausgesetzt werden zu können. Und obwohl die Verweigerung der Unterwerfung in bestimmten Konstellationen im staatlichen Interesse gerechtfertigt sein könnte, hätten diese Staaten zu befürchten, dass aus ihrem Handeln ungerechtfertigte Rückschlüsse auf ein unsicheres Investitionsklima gezogen werden könnten7. Diese möglichen nachteiligen Rückschlüsse führten nach der Meinung einiger Entwicklungsländer zu einer im WBÜ nicht intendierten zwingenden Schiedsgerichtsbarkeit, da die meisten Entwicklungsländer wegen ihrer schwächeren Verhandlungsposition im Verhältnis zu den kapitalexportierenden Staaten keine Möglichkeit besäßen, sich diesem moralischen Druck zu widersetzen8. Diesen wohl nicht unbegründeten Befürchtungen konnte zum einen durch die Aufnahme eines Abs. 4 in Art. 25 WBÜ begegnet werden, der es den Mitgliedstaaten erlaubt, dem ICSID Arten von Investitionsstreitigkeiten zu notifizieren, die sie der Jurisdiktion zu unterwerfen beabsichtigen, oder eben solche Ausnahmen zu benennen, die sie für nicht schiedsfähig erachten9. Zum anderen ist bei aller Betonung der herausragenden Bedeutung der Einigung der Parteien stets zu beachten, dass das WBÜ in Art. 25 Abs. 1 noch weitere Jurisdiktionsvoraussetzungen enthält, welche von den Parteien wegen deren Unbestimmtheit zwar flexibel gehandhabt werden können, die aber dennoch ihrer Einigungsfreiheit äußere Grenzen setzen10. Überhaupt nur innerhalb dieser Grenzen kann ein ausländischer Investor die Vereinbarung eines ICSID-Schiedsverfahrens verlangen. Dass die tatsächliche Entscheidung dabei im alleinigen Ermessen des Gastlandes liegt, kommt dann auch im letzten Abschnitt der Präambel zum WBÜ zum Ausdruck: „Declaring that no Contracting State shall by the mere fact of its ratification, acceptance or approval of this Convention and without its consent be deemed to be under any obligation to submit any particular dispute to conciliation or arbitration.“

I. Form und Zeitpunkt der Einigung Auf der ersten Stufe der Einigung der Parteien steht die Mitgliedschaft des Gastlandes und des Heimatlandes des Investors zum WBÜ. Diese setzt die Hinterlegung der Urkunde, aus welcher die nach dem jeweiligen innerstaatlichen Verfahren bekundete Zustimmung zum WBÜ hervorgeht, bei der Weltbank voraus11. Dreißig Tage nach dieser Hinterlegung und bis sechs Monate nach einer der Weltbank zu Vgl. ICSID Hist, II, 1, 470. Vgl. ICSID Hist, II, 1, 501. 9 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 242; s. u. E.II.6. 10 Vgl. ICSID Hist, II, 1, 566. 11 Art. 67 – 75 WBÜ. 7 8

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E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

notifizierenden Kündigung der Konvention bleibt diese für die Mitgliedstaaten in Kraft12. Auf den genauen Zeitpunkt des Beitritts zum WBÜ kommt es für den Abschluss des Schiedsvertrages nicht an, solange der Beitritt erfolgt ist, bevor von der Schiedsklausel im Falle einer rechtlichen Auseinandersetzung Gebrauch gemacht werden soll. Bereits im ersten ICSID-Schiedsverfahren Holiday Inns S.A. and others v. Morocco wurde festgestellt, dass der Heimatstaat des ausländischen Investors der Konvention nicht bereits zum Zeitpunkt der Einigung der späteren Streitparteien auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit beigetreten sein muss, sondern es ausschließlich auf seine Mitgliedschaft im Zeitpunkt der Anwendung der Klausel ankommt13. Damit besteht zwischen der ersten Stufe und zweiten Stufe der Einigung keine zwingende zeitliche Reihenfolge. Die Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit steht somit ebenso Nichtmitgliedsstaaten wie auch Investoren, deren Heimatstaat nicht Mitglied der Konvention ist, offen. Sinnvoll erscheint eine Einigung in diesem Fall allerdings nur, wenn Aussicht auf den Beitritt im Laufe der Durchführungsphase der Investition besteht14. Gemessen an der Bedeutung der Einigung der Parteien hält das WBÜ bemerkenswerterweise nur eine einzige formelle Vorschrift dafür bereit: Die Einigung muss in schriftlicher Form erfolgen15. Eine Anzeige an das Zentrum ist nicht erforderlich16. Dieses in den meisten Rechtssystemen anzutreffende Formerfordernis für die Einigung auf ein schiedsgerichtliches Verfahren17 ist weit auszulegen18. Der Schriftform ist nicht nur durch eine Schiedsvereinbarung, die sich ausschließlich mit dem schiedsgerichtlichen Verfahren befasst, sog. Schiedsabrede, wie es bei bereits entstandenen Streitigkeiten die Regel ist, gewahrt, sondern auch im Rahmen eines State Contracts oder in verschiedenen Dokumenten, sog. Schiedsklausel19. Dabei sind dem Variationsreichtum kaum Grenzen gesetzt: Der AusArt. 68 Abs. 2, S. 2 u. 71 S. 2 WBÜ. Mitgeteilt von Lalive, BYIL 1980, 123, 146. 14 Eine bemerkenswerte Entwicklung in diesem Zusammenhang ist die Vereinbarung der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit im North American Free Trade Agreement (NAFTA). Da von den drei Signatarstaaten des NAFTA (Kanada, Mexiko und die USA) nur die USA Mitglied im WBÜ sind, werden solche Verfahren mit Beteiligung der USA oder US-amerikanischer Investoren (noch) unter der Additional Facility ausgetragen. Sollten Mexiko oder Kanada zukünftig dem WBÜ beitreten, behielten ihre einseitigen Unterwerfungserklärungen ihre Gültigkeit. Vgl. Lamm / Smutny, ICSID Rev 1996, 64, 70; zum NAFTA s. u. E.II.4.a). 15 Art. 25 Abs. 1 S. 1 WBÜ. 16 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 248. Das ICSID hat daher keine präzise Vorstellung über die Zahl der Verträge, die auf sein Schiedsverfahren verweisen. 17 Zum deutschen Recht vgl. Thomas / Putzo, ZPO Kommentar, § 1031 ZPO Rn. 2, wonach auch eine in modernen Kommunikationsmitteln (z. B. Telefax, E-Mail) in irgendeiner Weise schriftlich perpetuierte Einigung ausreichend ist. Eine nur mündliche Schiedsvereinbarung jedoch keine Gültigkeit besitzt. 18 Vgl. Lamm / Smutny, ICSID Rev 1996, 64, 69. 19 Vgl. Zur Terminologie Thomas / Putzo, ZPO Kommentar, § 1029 ZPO, Rn. 2. 12 13

I. Form und Zeitpunkt der Einigung

139

tausch von Briefen soll ebenso ausreichen, wie auch Telegramme und Fernschreiben20. Schlosser geht noch weiter und hält „einseitige schriftliche Zusagen, die mündlich angenommen werden“, für ausreichend21. Dem ist nicht zu folgen. Eine solche einseitige schriftliche Zusage ist nur vonseiten des Gastlandes der Investition in einer Schiedsklausel im Rahmen der nationalen Investitionsgesetzgebung, eines Investitionsschutzvertrages oder eines multilateralen Abkommens denkbar. Eine solche gibt aber in der Folge ausschließlich dem ausländischen Investor die Möglichkeit, diese dadurch anzunehmen, dass er sich durch einseitigen schriftlichen Antrag auf Durchführung eines ICSID-Schiedsverfahrens ebenfalls der Jurisdiktion des Zentrums unterwirft. Wegen des Ausschlusses des forum prorogatum im WBÜ hat der einseitig seine Unterwerfung erklärende Gaststaat keine Möglichkeit, gegen einen ausländischen Investor vor einem ICSID-Schiedsgericht vorzugehen, wenn dieser seine Zustimmung nicht in schriftlicher Form gegeben hat22. Eine rein mündlich erklärte Unterwerfung unter die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit ist daher nicht ausreichend. Ist die Schriftform allerdings von den Parteien gewahrt, sind keine weiteren besonderen Anforderungen an die Form der Einigung geknüpft. Im Fall Amco Asia Corporation and others v. Republic of Indonesia hat das Schiedsgericht dazu ausgeführt: „The investment agreement being in writing, it suffices to establish that its interpretation in good faith shows that the parties agreed to ICSID arbitration, in order for the ICSID tribunal to have jurisdiction over them.“23

Die Voraussetzung einer ausdrücklichen Einigung in schriftlicher Form hat in der Praxis bisher noch zu keinen Problemen geführt, ihr Vorliegen wird von den Schiedsgerichten jedoch regelmäßig geprüft24. Ein genauer Zeitpunkt, zu welchem diese zweite Stufe der Einigung der Parteien vorgelegen haben muss, ist dem WBÜ nicht zu entnehmen. Aus Art. 36 Abs. 3 WBÜ i.V.m. Rule 2 Abs. 1 (c) IR lässt sich jedoch schließen, dass der Antrag Angaben über alle Jurisdiktionsvoraussetzungen enthalten muss, die Einigung der Parteien somit spätestens in diesem Zeitpunkt vorgelegen haben Schlosser, in: Stein / Jonas, ZPO Kommentar, § 1044 ZPO, Rn. 41. Schlosser, in: Stein / Jonas, ZPO Kommentar, § 1044 ZPO, Rn. 41. 22 Dies ergibt sich auch aus den formalen Anforderungen an den Antrag an das ICSID. Rule 2 Abs. 2 IR, die den schriftlichen Nachweis für die Unterwerfung beider Parteien vor Registrierung des Antrags verlangt. 23 Beschluss v. 25. 09. 1983, para. 23. 24 Vgl. z. B. LETCO Liberian Eastern Timber Corporation v. Republic of Liberia (ARB / 83 / 2), Schiedsspruch v. 31. 03. 1986, para. 2; SPP Southern Pacific Properties (Middle East) Limited v. Arab Republic of Egypt (Arb / 84 / 3), Beschluss v. 14. 04. 1988, para. 98 ff.; Vacuum Salt Products Ltd. v. Republic of Ghana (Arb / 92 / 1), Schiedsspruch v. 16. 02. 1994, para. 26. 20 21

140

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

muss25. Der Zeitpunkt der Einigung (date of consent) ist somit der Tag, an dem erstmals sämtliche Jurisdiktionsvoraussetzungen vorliegen26. Eine eingehende Beschäftigung mit der Einigung der Parteien ist insbesondere geboten, da der durch sie verwirklichte Grundsatz der Freiwilligkeit im WBÜ Aufschluss über die Interpretation des Abkommens und insbesondere des Investitionsbegriffes gibt27.

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel Mit ihrem bloßen Beitritt zum WBÜ entsteht den Mitgliedstaaten noch keine Verpflichtung, sich der Jurisdiktion eines ICSID-Schiedsgerichts zu unterwerfen. Das WBÜ enthält vielmehr noch nicht einmal eine ausdrückliche Absichtserklärung zugunsten der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit28. Diese kann ausschließlich durch die schriftliche Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien der Investitionsstreitigkeit begründet werden. Dabei ist grundsätzlich zwischen der Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit für eine erst in der Zukunft entstehende Streitigkeit und der nachträglichen Einigung der bereits im Streit befindlichen Parteien zu unterscheiden. Das WBÜ selbst spricht nur von „consent“ und unterscheidet nicht, ob die Einigung vor oder nach Entstehen der Streitigkeit erzielt wurde29. Die Möglichkeit einer bindenden Einigung für eine möglicherweise erst in Jahrzehnten auftretende Investitionsstreitigkeit war in den Verhandlungen über das WBÜ umstritten. Insbesondere den Vertretern der südamerikanischen Staaten erschienen die Folgen einer solchen Unterwerfung für die staatliche Seite unkalkulierbar30. Doch auch in dieser Frage setzte sich die Weltbank mit dem Argument durch, dass die in Frage stehende Verpflichtung nicht der Zwang zur Abgabe einer Unterwerfungserklärung sei, sondern ausschließlich die Verpflichtung, eine einmal gegebene Zusage auch einzuhalten31. Die Einigung der Parteien muss dabei nicht unbedingt in einem gemeinsamen Instrument erklärt werden32. Auf mehreren Ebenen kann die Einigung auf ein ICSID-Schiedsverfahren ihren Ausdruck finden: a) auf einzelvertraglicher Ebene, in einem Investitionsvertrag (State Contract) zwischen dem Gaststaat und dem Investor, Vgl. Delaume, Transnational Contracts, para. 15.05, 6. Vgl. Delaume, JDI 1982, 775, 781. 27 Broches, Essays, 189, 199. 28 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 244. 29 Art. 25 Abs. 1 WBÜ. 30 ICSID Hist, II, 1, 499, 501. 31 ICSID Hist, II, 1, 334. 32 Vgl. Delaume, in: Aksen / v. Mehren, International Arbitration, 221, 226; Schlosser, Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 73. 25 26

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

141

b) durch eine ad hoc Schiedsabrede zwischen den Parteien nach Entstehung der Investitionsstreitigkeit, c) durch eine Schiedsklausel (kompromissorische Klausel) in der nationalen Investitionsgesetzgebung des Gastlandes, d) durch eine Schiedsklausel in einem bilateralen Investitionsschutzvertrag zwischen dem Gastland und dem Heimatstaat des Investors, e) durch eine Schiedsklausel in einem multilateralen Investitionsschutzabkommen, dem das Gastland und der Heimatstaat des Investors beigetreten sind. In den Fällen a) – e) haben die Staaten ihre Unterwerfung unter die ICSIDSchiedsgerichtsbarkeit blanko33 gegeben und der Investor diese entweder vor Entstehung einer Streitigkeit durch einseitige Erklärung gegenüber den zuständigen Stellen des Gastlandes34 oder nach Entstehung der Streitigkeit durch seine Erklärung (compromis) angenommen35. Da die Einigung der Parteien erst im Moment des Antrages an das Zentrum vorliegen muss, ist es ausreichend, dass der Investor seine Unterwerfung erstmalig in diesem Antrag zum Ausdruck bringt36. In der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit ist der Abschluss einer speziellen Schiedsabrede oder die Aufnahme einer Schiedsklausel in den Investitionsvertrag der weithin übliche Weg der Einigung. Für das ICSID war anfänglich ebenso davon ausgegangen worden, dass die Parteien in den meisten Fällen ihre Einigung entweder ante hoc oder ad hoc gemeinsam in einem einzigen Dokument erklären werden37. Diese Einschätzung war für die ersten zwei Jahrzehnte des Bestehens des Zentrums auch zutreffend. Seither hat sich das Bild gewandelt und Schiedsklauseln in nationalen Investitionsgesetzen, Investitionsschutzverträgen und MITs haben stark an Bedeutung gewonnen38. Seit mit Amco Asia v. Indonesia erstmals ein Verfahren erfolgreich auf eine kompromissorische Klausel in der nationalen Investitionsgesetzgebung des Gastlandes gestützt werden konnte39, basiert heute der Großteil aller ICSID-Schiedsverfahren auf solchen Schiedsklauseln in nationalen Investitionsgesetzen, Investitionsschutzverträgen und MITs. Von den 14 im Jahr 2001 anhängig gemachten Verfahren basieren 11 auf derartigen Schiedsklauseln, nur noch drei Verfahren basieren auf traditionellen State Contracts. Insgesamt wurden bis zum Ende des Geschäftsjahres 2005 / 06 zusammen 210 Fälle Vgl. Schlosser, in: Stein-Jonas, ZPO-Kommentar, § 1044 Rn. 41. Vgl. Langer, AWD BB 1972, 321, 325. 35 Vgl. Hirsch, The Arbitration Mechanism of the ICSID, 48. 36 Vgl. Broches, Selected Essays, 201. 37 Vgl. Broches, Selected Essays, 200 aus dem Jahre 1972. 38 Vgl. El-Kosheri, ICSID Rev 1993, 104, 106. Auf die sprunghafte Entwicklung und zunehmende Bedeutung dieser völkerrechtlichen Verträge ist bereits oben eingegangen worden, s. o. B.IV.3.b), E.II.3. 39 Amco Asia Corporation and others v. Republic of Indonesia (Arb / 81 / 1), Beschluss v. 25. 09. 1983, para. 5. 33 34

142

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

dem ICSID unterbreitet, bei denen sich die Einigung in der großen Mehrzahl dieser Fälle aus bilateralen oder multilateralen Abkommen ergeben hat40. Diese Möglichkeit der Einigung zwischen den Parteien war bereits von den Schöpfern des WBÜ gesehen worden und für einen geeigneten Weg gehalten worden, es den potenziellen Gaststaaten für Investitionen zu ermöglichen, auf ihre Bereitschaft zur Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit hinzuweisen41. Entgegen den für ein spezielles Investitionsvorhaben von den Parteien geschlossenen Investitionsverträgen müssen die Vorschriften der völkerrechtlichen Investitionsschutzverträge und der nationalen Investitionsgesetze sinnvollerweise für eine Vielzahl von Investitionen anwendbar sein. Dies gilt sowohl für die materiellrechtlichen Vorschriften wie auch für die Schiedsklauseln. Parra spricht zutreffend von einem „highly generalized consent“ der sich auf diese Weise der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit unterwerfenden Staaten42. In diesen Instrumenten finden sich daher regelmäßig Vorschriften über ihren Anwendungsbereich, an welche die jeweiligen Schiedsklauseln anknüpfen. Ein ausländischer Investor, dessen Investition von einer entsprechenden Klausel in einem Investitionsgesetz, Investitionsschutzvertrag oder MIT erfasst wird, kann grundsätzlich nach Entstehen der Investitionsstreitigkeit durch seine einseitige Erklärung eine Einigung auf ein ICSID-Schiedsverfahren herbeiführen und auf dieser Grundlage ein Schiedsverfahren gegen den Gaststaat anstrengen43. Der Investor vermag daher auf die Schiedsgerichtsbarkeit Rückgriff zu nehmen, obwohl zwischen ihm und dem Gaststaat weder ein Investitionsvertrag noch irgendeine vertragliche Bindung besteht. Paulsson hat diese Entwicklung treffend als „arbitration without privity“ bezeichnet44. Viele der Investitionsgesetze, die meisten Investitionsschutzverträge und sämtliche MITS sind in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden. Das daraus resultierende schnelle Anwachsen der Übereinstimmung der Staaten, sich der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit zu unterwerfen, dokumentiert sich in der Entwicklung der Fallzahl der auf kompromissorische Schiedsklauseln gegründeten ICSID Verfahren. Während in den ersten zwanzig Jahren des Bestehens des ICSID durchschnittlich nur ein Verfahren pro Jahr eingeleitet wurde, welches fast ausnahmslos auf einen Investitionsvertrag der Parteien gegründet war, ist seither nicht nur die Zahl der eingeleiteten Verfahren auf zuletzt über 20 pro Jahr45 angestiegen, sondern ist von den in den letzten zehn Jahren eingeleiteten Verfahren der Großteil auf einen Investitionsschutzvertrag, MIT oder ein nationales Investitionsgesetz gegrün40 Darin enthalten sind 11 Verfahren, in denen die Einigung aufgrund des NAFTA zustande gekommen war und die nach den Schiedsregeln der Additional Facility verhandelt werden. Vgl. auch Perezcano, JWI 2003, 929, 931 f. für eine weitere Aufgliederung der Fälle. 41 Vgl. Directors Report, para. 8. 42 Parra, ICSID News 1999, Vol. 1, 5, 6. 43 Vgl. Shihata / Parra, ICSID Rev 1999, 299, 304. 44 Vgl. Paulsson, Arbitration without Privity, ICSID Rev 1995, 233, 240 f. 45 Jahre 2001 – 2005 nur ICSID Schiedsgerichtsbarkeit, Verfahren vor der Additional Facility nicht eingerechnet.

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

143

det. Diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahren noch verstärkt, sodass der Großteil der zurzeit beim Zentrum anhängigen Schiedsverfahren als Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis bezeichnet werden kann. Die Vorhersagen, dass zumindest Investitionsschutzverträge und nationale Investitionsgesetze sehr wahrscheinlich auch zukünftig die Basis der Jurisdiktion in einer noch weiter zunehmenden Zahl von ICSID-Verfahren bilden werden46, hat sich zwischenzeitig bewahrheitet. Daher erscheint es geboten, den Anwendungsbereich dieser Investitionsschutzinstrumente näher zu betrachten. Ein Aspekt dieser Entwicklung, weg von der einzelvertraglichen Einigung der Schiedsparteien, hin zu einer zeitversetzten Einigung ohne Rechtsverhältnis (bei der die Einwilligung der staatlichen Partei in einer pauschalen, z. B. staatsvertraglichen Unterwerfungserklärung ohne Bezug auf ein konkretes Rechtsverhältnis mit einem bestimmten Investor besteht), ist es nämlich, dass sich Schiedsgerichte zunehmend kritisch mit der Nachprüfung insbesondere der Jurisdiktion rationae materiae werden auseinander zu setzen haben, wenn der betreffende Staat die Zuständigkeit des ICSID-Schiedsgerichts bestreitet47. Die Interpretation von ICSID-Schiedsklauseln in Investitionsschutzverträgen oder nationalen Gesetzen ist bereits Gegenstand in mehreren Schiedsverfahren gewesen48. Hierbei handelt es sich zum einen um das Problem der Auslegung der staatlichen Unterwerfungserklärung und zum anderen um das Problem der Vereinbarkeit der verschiedenen Investitionsbegriffe in den völkerrechtlichen Verträgen mit dem Investitionsbegriff des WBÜ.

1. Einigung in einem Vertrag zwischen den Parteien Die Übereinkunft der Parteien in einem Dokument war anfänglich die gebräuchlichste Form der Einigung auf das ICSID49. Diese kann entweder durch die Aufnahme einer kompromissorischen Klausel in den Investitionsvertrag erfolgen, die später entstehende Streitigkeiten der Schiedsgerichtsbarkeit des Zentrums zuweist, oder nach Entstehen der Streitigkeit durch eine eigenständige Schiedsabrede50. Im Rahmen der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit spielt die letztere Art der Einigung eine untergeordnete Rolle. Bisher sind nur drei Verfahren bekannt geworden, in denen sich die Parteien erst nachträglich geeinigt haben. Es waren dies die Fälle Swiss Aluminium Ltd., Icelandic Aluminium Co. Ltd. v. Iceland 51 und Maritime Interna46 47

Vgl. Gaillard, NYLJ 1998, 62, 64; Lamm / Smutny, Arbitration 1998, S22, S24. Vgl. Bader, Sicherungspotentiale verschiedener Formen transnationaler Investitionen,

128. 48 Vgl. Rowat, HarvILJ 1992, 103, 110 mit Verweis auf SPP Southern Pacific Properties Limited v. Arab Republic of Egypt (Arb / 84 / 3). 49 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 249. 50 Vgl. auch Directors Report, para. 24. 51 Mitgeteilt von Lamm, ICSID Rev 1991, 462, 466. Das Verfahren wurde gem. Art. 43 Abs. 1 AR durch Vergleich beendet und nicht veröffentlicht.

144

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

tional Nominees Establishment v. Republic of Guinea und Compania del Desarollo de Santa Elena S.A. v. Costa Rica. Es ist leicht verständlich, dass die Zustimmung des Gastlandes zur ICSIDSchiedsgerichtsbarkeit vor dem Entstehen einer Streitigkeit unproblematischer zu erhalten ist als nach ihrem Entstehen. Dies erklärt sich schon aus der Tatsache, dass der Beitritt zum WBÜ und die Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit des Zentrums gerade für die auf zunehmenden Kapitalimport angewiesenen Entwicklungsländer ein Marketinginstrument zur Anlockung ausländischer Investitionen darstellt52. Ist eine Investition einmal getätigt, besteht zumindest aus diesem Grunde kein Anlass mehr, die Investitionsstreitigkeit der nationalen Gerichtsbarkeit des Gastlandes zu entziehen. Die Aufnahme von Schiedsklauseln in internationalen Wirtschaftsverträgen ist hingegen die Regel. Ein solcher Vertrag ohne Schiedsklausel gilt als unvollständig und nachteilig für die Parteien53. Die Formulierung solcher Schiedsklauseln ist jedoch nicht unproblematisch. Viele Klagen vor internationalen Schiedsgerichten scheitern an nicht genügend sorgfältig redigierten Schiedsvereinbarungen, da Lücken der beklagten Partei Gelegenheit zu prozeßhindernden Einreden geben54. Im Fall MINE v. Guinea vereinbarten die Parteien in Art. 18 ihres „Convention“ genannten Investitionsvertrages die Bildung des Schiedsgerichts durch den Präsidenten des ICSID. Da ein solches Verfahren zur Bildung des Schiedsgerichts dem ICSID fremd ist, konnte die Klausel keine Wirkung entfalten55. Das ICSID-Sekretariat hat aus diesem Grunde Musterklauseln (Model Clauses) für Schiedsvereinbarungen entwickelt56. Die sog. Basic Submission Clauses sind sowohl für die Aufnahme in Investitionsverträge zur Unterwerfung zukünftiger Streitigkeiten57 Vgl. Lamm / Smutny, Arbitration 1998, S22, S23. Vgl. Cremades, in: Horn, Legal Problems of Codes of Conduct for Multinational Enterprises, 83, 86. 54 Vgl. Langer, AWD BB 1972, 644. 55 Vgl. Maritime International Nominees Establishment v. Republic of Guinea (Arb / 84 / 4), Schiedsspruch v. 06. 01. 1988, para. 5 b). 56 ICSID Model Clauses s. www.worldbank.org / icsid / model-clauses-en / main-eng.htm. Neben den hier aufgeführten Musterklauseln finden sich dort Musterklauseln bezüglich der Parteien, der Zusammensetzung des Schiedsgerichts, des anwendbaren Rechts, anderer Rechtsbehelfe, des Verzichts der staatlichen Partei auf Vollstreckungsimmunität und anderer verfahrensrechtlicher Fragen. Vgl. zur Anwendung der Model Clauses auch Amerasingh, How to Use the ICSID by Reference to its Model Clauses, IJIL 1973, 538. 57 Clause 1: The [Government] / [name of constituent subdivision or agency] of name of Contracting State (hereinafter the „Host State“) and name of investor (hereinafter the „Investor“) hereby consent to submit to the International Centre for Settlement of Investment Disputes (hereinafter the „Centre“) any dispute arising out of or relating to this agreement for settlement by [conciliation] / [arbitration] / [conciliation followed, if the dispute remains unresolved within time limit of the communication of the report of the Conciliation Commission to the parties, by arbitration] pursuant to the Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and Nationals of Other States (hereinafter the „Convention“). 52 53

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

145

wie auch auf bereits entstandene Investitionsstreitigkeiten anwendbar58. Da in diesen Klauseln zum Ausdruck kommt, dass sich die Parteien für Streitigkeiten aus einem speziellen Vorhaben auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit einigen wollten, vermag eine solche Einigung in einem State Contract für ein ICSID-Schiedsgericht ein starkes Indiz dafür zu sein, dass es sich dabei um eine Investition im Sinne des WBÜ gehandelt hat. State Contracts über erhebliche Investitionsvolumen werden zwischen dem ausländischen Investor und dem Gastland oft in mehreren Etappen über einen längeren Zeitraum geschlossen. Dabei kann es zum Abschluss mehrerer Einzelverträge kommen, die in ihrer Gesamtheit das „Agreement“ der Parteien ausdrücken. Von großer praktischer Bedeutung ist daher die Frage nach dem Umfang der Einigung der Parteien59. In einer Reihe von Fällen haben sich die Schiedsgerichte bereits mit dieser Frage beschäftigt60. Zu Problemen kommt es dabei regelmäßig, wenn (aus meist nicht mehr nachzuvollziehenden Gründen) nur einer oder nur ein Teil der Einzelverträge eine ICSID-Schiedsklausel enthält, die in den übrigen weder wiederholt wird noch auf sie Bezug genommen wird. Im Verfahren Amco Asia Corporation v. Republic of Indonesia rügte Indonesien die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für einen Einzelvertrag ohne eigene Schiedsklausel mit dem Argument, dass die Einigung der Parteien eng auszulegen sei, da sie eine Einschränkung staatlicher Souveränität darstelle61. Indonesien konnte mit dieser Rüge nicht durchdringen. In unzweideutiger Weise stellte das Schiedsgericht fest, dass Art. 25 Abs. 1 WBÜ im allgemeinen und die Einigung der Parteien im besonderen, „. . . is not to be construed restrictively, nor as a matter of fact, broadly or liberally. It is to be construed in a way which leads to find out and to respect the common will of the parties: such a method of interpretation is but the application of the fundamental principle pacta sunt servanda, a principle common, indeed, to all systems of internal law and to international law.“62

58 Clause 2: The [Government] / [name of constituent subdivision or agency] of name of Contracting State (hereinafter the „Host State“) and name of investor (hereinafter the „Investor“) hereby consent to submit to the International Centre for Settlement of Investment Disputes (hereinafter the „Centre“) for settlement by [conciliation] / [arbitration] / [conciliation followed, if the dispute remains unresolved within time limit of the communication of the report of the Conciliation Commission to the parties, by arbitration] pursuant to the Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and Nationals of Other States, the following dispute arising out of the investment described below: [ . . . ]. 59 Vgl. Delaume, JIA 1989, 101, 107. 60 Holiday Inns S.A. and others v. Morocco (ARB / 72 / 1) berichtet von Lalive, ICSID Rep 1, 645, 659 ff.; Klöckner v. United Republic of Cameroon (Arb / 81 / 2), I. Schiedsspruch v. 21. 10. 1983, para. III; Amco Asia Corporation v. Republic of Indonesia (Arb / 81 / 1), Beschluss v. 25. 09. 1983, para. 14. 61 Vgl. auch Delaume, Law and Practice of Transnational Contracts, 362. 62 Beschluss v. 25. 09. 1983, para. 14(i). Zustimmend Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 73.

10 Belling

146

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

Da die Frage nach dem Umfang der Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit regelmäßig auch eine Frage nach dem Umfang des Investitionsbegriffes ist, wird darauf unten zurückzukommen sein63. Für den ausländischen Investor ist diese auf ein konkretes Rechtsverhältnis bezogene Unterwerfungsform regelmäßig nur von praktischem Wert, wenn er in der Lage ist, mit dem Gaststaat einen solchen State Contract abzuschließen, der eine solche Unterwerfungserklärung für künftige Streitigkeiten enthält oder wenn der Gaststaat nach Entstehung einer Streitigkeit an einer möglichst einvernehmlichen Lösung interessiert ist. Beide Voraussetzungen sind jedoch bei New Forms of Investment oder auch kleineren Direktinvestitionen häufig nicht gegeben. Denn bei diesen ist der Abschluss eines Investitionsvertrages wegen der zu geringen wirtschaftlichen Macht des Investors oft nicht durchsetzbar64. Auch muss der Gaststaat im Falle eines Streits kaum fürchten, wegen der Beeinträchtigung einzelner kleinerer Investitionen internationalem Druck ausgesetzt zu werden. Bei dieser Ausgangslage ist die Bereitschaft der Mitgliedstaaten zum WBÜ, die durch ihre bloße Mitgliedschaft in keiner Weise zur Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit verpflichtet werden können, einem bindenden Schiedsverfahren zuzustimmen, häufig gering. Von großer Bedeutung insbesondere für die New Forms of Investment sind daher diejenigen staatlichen Einwilligungsformen, die nicht an eine bestimmte Investition oder an einen Investor gebunden sind, sondern stattdessen allgemein bestimmte Arten von Streitigkeiten der Jurisdiktion des ICSID unterwerfen.

2. Durch kompromissorische Klauseln in nationalen Investitionsgesetzen Diesen anderen Weg der Einigung65 beschreiten die Parteien, wenn der Gaststaat seine Zustimmung zur Unterwerfung unter die Jurisdiktion des ICSID in seiner Investitionsgesetzgebung offeriert und diese Offerte grundsätzlich von jedem auf seinem Staatsgebiet aktiven ausländischen Investor nach Entstehen einer Rechtsstreitigkeit angenommen werden kann. Mindestens fünf ICSID-Schiedsverfahren sind bereits auf der Grundlage einer solchen Einigung durchgeführt worden66. Nach dem Stand der vom ICSID geführten Sammlung nationaler Investitionsgesetze haben gegenwärtig über 130 Staaten die auf ihrem Staatsgebiet getätigten 63 64

s. u. im Abschnitt F. Vgl. Bader, Sicherungspotentiale verschiedener Formen transnationaler Investitionen,

130. 65 Von Delaume, ICSID Rev 1992, 168, 172, zutreffend als „the indirect route“ im Gegensatz zur direkten Einigung in einem Investitionsvertrag beschrieben. 66 Es waren dies die Verfahren Amco Asia Corporation and others v. Republic of Indonesia (Arb / 81 / 1); Gaith Pharaon v. Republic of Tunisia (Arb / 86 / 1); Manufacturers Hanover Trust Company v. Arab Republic of Egypt (Arb / 89 / 1); American Manufacturing and Trading Inc. v. Zaire (Arb / 93 / 1); Tradex Hellas S.A. v. Republic of Albania (Arb / 94 / 2).

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

147

ausländischen Investitionen einer gesetzlichen Regelung zugeführt67. Diese Gesetze haben in den letzten Jahren einen grundlegenden Wandel erlebt. Über 90% der Gesetzesänderungen auf dem Gebiet der nationalen Investitionsgesetze führten zu einer Liberalisierung der Investitionsbedingungen in den entsprechenden Staaten68. Zweifelsohne zählt dazu auch die Verweisung auf das ICSID für die Streitbeilegung. Solche Verweisungen gab es bereits vor Inkrafttreten des WBÜ. Das ghanaische Investitionsförderungsgesetz vom 19. 04. 1963 übertrug der Weltbank subsidiär die Rolle eines Schiedsrichters für den Fall, dass es bei Enteignungen zwischen dem ausländischen Investor und dem Staat zu keiner Einigung über die Höhe der Entschädigung sowie über einen zu ernennenden Schiedsrichter kommen sollte69. Heute haben ungefähr 30 Staaten von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und eine solche Offerte zur Unterwerfung unter das ICSID in ihre Investitionsgesetzgebung einbezogen70. In den Verhandlungen zum WBÜ gab es zu keinem Zeitpunkt grundlegende Vorbehalte gegen diese Möglichkeit der Mitgliedstaaten. Einige Staaten zeigten sich nur besorgt, dass die Aufnahme einer solchen Verweisung auf das ICSID den nationalen Gesetzgeber von der späteren Änderung des Gesetzes abhalten könnte. Diese Befürchtungen waren allerdings unbegründet, weil das WBÜ ausschließlich die Rücknahme einer erfolgten Zustimmung nach Einigung auf die ICSIDSchiedsgerichtsbarkeit verbietet71, nicht jedoch die Rücknahme oder Einschränkung einer solchen Offerte72. a) Die Einigung Dass kompromissorische Schiedsklauseln in nationalen Investitionsgesetzen eine unbedingte Verpflichtung der staatlichen Partei zur Durchführung eines Schiedsverfahrens begründen können, ist im Grunde unumstritten73. Diese Schiedsklauseln, die zur Lösung von Investitionsstreitigkeiten auf die internationale Schiedsgerichtsbarkeit und das ICSID verweisen, tun dies allerdings nicht in einheitlicher Weise. Eine genaue Prüfung der entsprechenden Normen in den entsprechenden Gesetzen ist daher im Einzelfall unumgänglich74. Eine solche umfas67 Vgl. auch Bülow / Böckstiegel, Der Internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Rn. 720, 2 f. 68 Von 244 Gesetzesänderungen in 2003 führte dies in 220 Fällen zu einer Liberalisierung der gesetzlichen Regelungen, UNCTAD, World Investment Report 2004, 8. 69 Vgl. Fischer, VRÜ 1968, 262, 274. 70 Vgl. Parra, ICSID News 1999, Vol. 1, 5, 7. 71 Art. 25 Abs. 1 WBÜ a.E. 72 Vgl. Broches, ICSID Hist. II, 1, 405, der betont, „The Convention did not attempt to limit the right of a State to modify its legislation. All it did was to ensure that consent to arbitration would be irrevocable.“ 73 Vgl. Paulsson, ICSID Rev 1995, 232, 234. 74 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 259.

10*

148

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

sende und vergleichende Prüfung liegt außerhalb des Untersuchungsrahmens dieser Arbeit. Dennoch lassen sich Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Intensität des vom jeweiligen Gesetzgeber gewollten Bindungswillens feststellen. Für den ausländischen Investor zweifelsohne am vorteilhaftesten ist die Gruppe der nationalen Investitionsgesetze, die unzweideutig und exklusiv auf das ICSID verweisen. Anhand einer eindeutigen Formulierung der Schiedsklausel75 kann der Investor sicher gehen, dass der Gaststaat seine Investitionsgesetzgebung nicht nur als „Marketinginstrument“ zur Anlockung ausländischer Investitionen versteht, sondern diesem tatsächlich das durch das WBÜ verbürgte Schutzniveau gewähren will. Ein anderer Typ gesetzlicher Vorschrift in Bezug zum ICSID macht hingegen unzweideutig klar, dass es neben der Annahme der „Offerte“ (die in diesem Fall eher einer invitatio ad offerendum entspricht) weiterer Schritte des Gaststaates bedarf, um die Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit herbeizuführen. Das neue ägyptische Investitionsgesetz von 1989 beispielsweise stellt Investoren ausschließlich eine spätere Einigung auf das ICSID in Aussicht, ohne die staatliche Seite einseitig verbindlich dessen Jurisdiktion zu unterwerfen76. Andere Vorschriften verweisen auf das ICSID als nur eine Möglichkeit der Streitbeilegung. Ist eine solche Klausel nicht eindeutig formuliert, kann dies zu Auslegungsproblemen führen. Insbesondere die Formulierung „shall be settled (sera réglé)“ gibt nach wie vor Anlass zur Diskussion über die Bindungswirkung solcher gesetzlichen Regelungen77. Im Fall SPP Southern Pacific Properties (Middle East) Limited v. Arab Republic of Egypt kam es zu Streitigkeiten zwischen den Parteien, nachdem Ägypten eine Konzession für den Betrieb einer Hotelanlage im Rahmen eines Joint Ventures widerrufen hatte. Während das zwischen den Parteien geschlossene Rahmenabkommen über das Investitionsvorhaben auf die Schiedsgerichtsbarkeit der ICC verwies, bezog sich die Präambel des entscheidenden Investitionsvertrages auf das damals geltende Ägyptische Investitionsgesetz, 75 Als in dieser Beziehung mustergültig mag Art. 28 Abs. 2 des Guinean Investment Codes von 1987 anzusehen sein: „[ . . . ], unless otherwise agreed by the parties concerned, disputes between the Guinean state and foreign nationals relating to the application or interpretation of this code shall be settled definitively in arbitration conducted: – In accordance with the provisions of the ICSID “ (eigene Hervorhebung). 76 Law No. 230 v. 20. 07. 1989, s. ICSID Rev 1989, 376, 394: „Article 55 The parties concerned may also agree to settle such disputes within the framework of the agreements in force between the Arab Republic of Egypt and the investor’s home country; or within the framework of the Convention for Settlement of Investment Disputes between States and Nationals of other States [ . . . ]“ (eigene Hervorhebung). 77 Vgl. Delaume, Transnational Contracts, 15.07, 12; Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 262 m.w.Nachw. auf nationale Investitionsgesetze; Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. The Hashemite Kingdom of Jordan (Arb / 02 / 13), Beschluss v. 29. 11. 2004, para. 94.

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

149

welches eine kompromissorische Klausel zugunsten des ICSID enthielt78. Die private Antragstellerin stützte ihren Antrag an das ICSID auf diese Klausel. Ägypten rügte die Zuständigkeit des Schiedsgerichts unter anderem mit dem Argument, dass eine Einigung der Parteien nicht erfolgt sei, da Art. 8 des Gesetzes mangels Bestimmtheit nicht self executing sein könne79. Das Schiedsgericht folgte dem nicht und verwarf die Einwände Ägyptens80. Insbesondere widersprach es dem Vorbringen, es handele sich bei Art. 8 des Gesetzes nur um den prinzipiellen Ausdruck der Bereitschaft Ägyptens, eine spezielle Schiedsabrede zu vereinbaren81. Wie umstritten die Auslegung einer solchen Klausel jedoch auch innerhalb des Schiedsgerichts war, zeigt die abweichende Meinung des Schiedsrichters El Mahdi, der von einer ausschließlich deklaratorischen Natur der Klausel ausging und die Zuständigkeit des Schiedsgerichts ohne weitere ausdrückliche schriftliche Einigung für nicht gegeben ansah82. Die Spruchpraxis der ICSID-Schiedsgerichte hat allerdings auch in weiteren Entscheidungen gezeigt, dass diese auch in Bezug auf nationale Investitionsgesetze überwiegend dazu neigen, den Begriff der Einigung weit zu interpretieren, was dem ausländischen Investor in den Fällen nützlich sein mag, in denen der Gaststaat die Zweideutigkeit seiner Unterwerfung dazu zu nutzen versucht, sich der Jurisdiktion des ICSID gänzlich zu entziehen.

b) Der Investitionsbegriff in nationalen Investitionsgesetzen In Anbetracht der höchst unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen in den einzelnen Staaten und des großen Zeitraums, in dem diese Gesetze erlassen wurden, vermag es nicht zu verwundern, dass sich in den nationalen Investitionsgesetzen kein einheitlicher Investitionsbegriff ausmachen lässt. Eine Definition oder Beschreibung des intendierten Begriffsinhalts findet sich zwar in den meisten dieser Gesetze, deren Bandbreite ist jedoch erheblich. Einige dieser Definitionen sind eng und auf Direktinvestitionen mit Kapitaleinsatz beschränkt. Beispielhaft für eine solche enge Definition ist Art. 2 des Tansanischen Investitionsgesetzes: 78 Law No. 43 relating to the Investment of Arab and Foreign Funds in the Free Zones v. 19. 06. 1974 lautete: „Article 8 Investment disputes in respect of the implementation of the provisions of this Law shall be settled in a manner to be agreed upon with the Investor, or within the frameworks of the agreements in force between the Arab Republic of Egypt and the Investor’s home country, or within the framework of the ICSID [ . . . ] where such Convention applies.“ (eigene Hervorhebung). 79 Beschluss v. 27. 11. 1985, para. 70. 80 Beschluss v. 27. 11. 1985, para. 88. 81 Beschluss v. 14. 04. 1988, para. 89 ff. 82 Abweichende Meinung v. 20. 05. 1992, para. 7.

150

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

„Investment means contribution of capital or foreign capital by an investor to a new enterprise or to expansion or rehabilitation of an existing enterprise or a new enterprise.“83

Andere Definitionen gehen darüber hinaus und beschreiben in detaillierter Weise einen weiten Anwendungsbereich, welcher durch die Einbeziehung wirtschaftlicher Transaktionen ohne Kapitalbeteiligung mehr dem modernen Verständnis ausländischer Direktinvestitionen entspricht. In dem Verfahren Tradex Hellas S.A. v. Republic of Albania stützt die private Antragstellerin ihren Antrag auf das Albanische Investitionsgesetz von 1993, dessen Art. 1 Abs. 3 ein treffendes Beispiel für eine solche weite Definition ist84. Beschränkt man die Betrachtung auf die Gruppe der über 60 seit 1990 erlassenen nationalen Investitionsgesetze, lässt sich ein deutlicher Trend zur Liberalisierung der Investitionsbedingungen feststellen85. Obwohl ein Teil dieser modernen Gesetze den Investitionsbegriff nachträglich durch die Aufnahme von „Negativlisten“ wieder einschränkt86, liegt dem überwiegenden Teil dieser modernen Gesetze ein sehr breiter Investitionsbegriff zugrunde87. Dies entspricht dem Ansatz, den die Weltbank und der IMF mit der Veröffentlichung von World Bank Guidelines88 im Jahre 1992 verfolgten. Diese unverbindlichen Leitlinien sollten kapitalimportierenden Staaten bei der Entwicklung oder 83 Tanzania National Investment Promotion and Protection Act v. 1990, zit. bei Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 105. 84 Albanian Law No. 7764 v. 02. 11. 1993, zit. nach dem Beschluss v. 24. 12. 1996, para. C: „3. ,Foreign investment‘ means every kind of investment in the territory of the Republic of Albania owned directly or indirectly by a foreign investor, consisting of: a) moveable and immoveable, tangible and intangible property and any other property rights; b) a company, shares in stock of a company and any form of participation in a company; c) loans, claim to money or claim to performance having economic value and are related with an investment; d) intellectual property, including literary and artistic works, sound recordings, inventions, industrial designs, semiconductor mask works, know how, trademarks, service marks and trade names; and e) any right conferred by law or contract, and any license or permit pursuant to law.“ 85 Vgl. Schlemmer-Schulte, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 87, 88. 86 Vgl. Parra, in: Pritchard, Economic Development, Foreign Investment and the Law, 27, 29. 87 Vgl. Parra, in: Pritchard, Economic Development, Foreign Investment and the Law, 27, 32 mit einer Reihe weiterer Verweise auf nationale Gesetze. 88 World Bank’s Guidelines on the Treatment of Foreign Direct Investment. Abgedruckt und ausführlich erläutert bei Shihata, Legal Treatment of Foreign Investment – The World Bank Guidelines.

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

151

Überarbeitung ihrer Investitionsgesetze Orientierung bieten. Da die Guidelines für jede Form privater ausländischer Investitionen Gültigkeit besitzen sollen, wurde in ihnen auf eine Eingrenzung des Investitionsbegriffes verzichtet. Obwohl im Grunde für ausländische Direktinvestitionen konzipiert, sind die Guidelines somit auch für die Behandlung von Portfolio-Investitionen anwendbar. Dem ist der überwiegende Teil der nationalen Gesetzgeber gefolgt und hat „all kinds of property“89 in den Schutz der Investitionsgesetze einbezogen.90

3. In bilateralen Investitionsschutzverträgen Fast ausnahmslos beinhalten bilaterale Investitionsschutzverträge Verweisungen auf die Schiedsgerichtsbarkeit für Streitigkeiten, die die Vertragspartner nicht auf andere Weise lösen konnten. Diese Schiedsklauseln entsprechen in der Regel dem hergebrachten Modell der zwischenstaatlichen Schiedsgerichtsbarkeit: Jede der Parteien benennt einen Schiedsrichter, die sich dann ihrerseits auf einen Vorsitzenden einigen oder diesen durch eine dazu bestimmte dritte Instanz ernennen lassen91. In der Regel sind es aber nicht die Staaten, als direkte Parteien eines Investitionsschutzvertrages, zwischen denen es zu Streitigkeiten im Zusammenhang mit Investitionen kommt. Ein weitaus größeres Konfliktpotential besteht zwischen den Vertragsstaaten und den auf ihrem Staatsgebiet operierenden Investoren der anderen Staatspartei. Da der Investor aber nicht Partei des Investitionsschutzvertrages ist, wäre er grundsätzlich auf die Mitwirkung seines Heimatstaates an einem Schiedsverfahren angewiesen, ohne gegen diesen eine rechtliche Handhabe zu besitzen, mit welcher dieser auch tatsächlich zu einem Vorgehen gegen den Gaststaat der Investition zu zwingen wäre. Wie bereits dargelegt, ist das ICSID geeignet, diesen Weg abzukürzen und dem Investor ein direktes Vorgehen gegen den Gaststaat zu ermöglichen. Heute enthalten daher beinahe sämtliche Investitionsschutzverträge Verweisungen auf eine schiedsgerichtliche Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen einem der Vertragsstaaten und einem dem anderen Vertragsstaat angehörenden Investor. Die überwiegende Mehrheit der Verträge verweist dabei neben anderen Schiedsinstanzen auf das ICSID92. Das Zentrum selbst beziffert den Anteil der auf das Z. B. Law on Foreign Investment in the RSFSR v. 04. 07. 1992, Art. 2. Vgl. Schlemmer-Schulte, in: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 87, 93. 91 Vgl. Broches, Essays, 447. 92 Dolzer / Stevens, Bilateral Investment Treaties, 129. Ungefähr 10 Jahre nach dem Abschluss des ersten Investitionsschutzvertrages wurde erstmals im Vertrag zwischen den Niederlanden und Indonesien 1968 eine ICSID-Schiedsklausel aufgenommen. Durch nachträgliche Protokolle wurden ICSID-Schiedsklauseln auch in viele ältere Verträge aufgenommen. Vgl. z. B. den Investitionsschutzvertrag zwischen den Niederlanden und der Elfenbeinküste von 1965 und das entsprechende Protokoll von 1971. 89 90

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E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

ICSID verweisenden Investitionsschutzverträge auf über 90%93. Entgegen der Kritik an der anfänglich ungenügenden Inanspruchnahme des ICSID kann seine Verbreitung in Investitionsschutzverträgen als bahnbrechender Erfolg für den Zugang dritter Parteien („third-party access“) zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit angesehen werden. Dieser direkte Zugang zu einem Schiedsverfahren, an dessen Ausgang ein völkerrechtlich verbindlicher Schiedsspruch erlassen werden kann, ist nicht nur für den Investor von Vorteil. Auch die Staaten partizipieren an diesem direkten Weg, weil er zur Entpolitisierung („Depoliticisation“) der Investitionsstreitigkeit beiträgt, da diese nunmehr grundsätzlich kein zwischenstaatliches Problem mehr zwischen dem Heimatstaat des Investors und dem Gaststaat darstellt.94 In den Verhandlungen zum WBÜ findet sich hingegen noch kaum ein Hinweis auf diesen Weg der Einigung auf ein ICSID-Schiedsverfahren95. Der erläuternde Directors Report enthält keinen Hinweis auf diese Möglichkeit der Einigung in bilateralen Verträgen. Da der Abschluss von reinen Investitionsschutzverträgen zum Zeitpunkt des Entstehens des WBÜ aber gerade erst Einzug in die Staatenpraxis hielt, ist dies nicht weiter verwunderlich. Der Directors Report erwähnt jedoch die Möglichkeit der Einigung durch ein Angebot des Staates in seiner nationalen Gesetzgebung und der Annahme durch den Investor. Dasselbe Prinzip ist ebenso auf Investitionsschutzverträge anwendbar, in denen der Gaststaat Vertragspartei ist96. Auch hier offerieren die staatlichen Vertragsparteien ihre Unterwerfung unter die Jurisdiktion des ICSID für potenzielle Investitionsstreitigkeiten („open offer“97). Die Ähnlichkeiten in den Formulierungen dieser Unterwerfungsklauseln können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich diese Klauseln in ihrer Bindungswirkung ganz erheblich voneinander unterscheiden98.

a) Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis Es ist jedoch nicht nur diese Bindungswirkung der Klauseln heftig umstritten. Bereits die grundsätzliche Möglichkeit einer „Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis“ ist umstritten. Sornaraya billigt dem ausländischen Investor zwar eine Rechtsposition aus dem Investitionsschutzvertrag zu, macht diese aber von dem zusätzlichen Bestehen eines State Contracts zwischen diesem und dem Gastland abhängig. Besteht ein solVgl. Parra, ICSID News 1999, Vol. 1, 5, 7. Vgl. Shihata, ICSID Rev 1986, 1; Pirrung, Weltbankübereinkommen, 14. 95 Vgl. ICSID Hist II, 1, 400. 96 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 286. 97 Vgl. Lanco International Inc. v. Argentine Republic (Arb / 97 / 6), Beschluss v. 8. 12. 1998, para. 40. 98 Vgl. Broches, in: FS Sanders, 63, 65; Peters, NYIL 1991, 118, 120 ff. 93 94

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

153

ches zusätzliches Vertragsverhältnis nicht, soll die Schutzwirkung des Investitionsschutzvertrages nicht ausgelöst werden können. Der Investitionsschutzvertrag diene ausschließlich dem Schutz der im Investitionsvertrag zwischen dem Investor und dem Gastland eingegangenen Verpflichtung zur Durchführung eines Schiedsverfahrens. Verweigert sich der Gastsstaat trotz des Vorliegens einer solchen Verpflichtung, soll darin ausschließlich eine Verletzung vertraglicher Rechte des Heimatstaates des Investors zu erblicken sein99. Dies gelte insbesondere auch für die Einigung auf das ICSID in einem Investitionsschutzvertrag100. Die weit überwiegende Meinung im Schrifttum lehnt diese einschränkende Interpretation von Schiedsklauseln in Investitionsschutzverträgen hingegen ab101. Wenn auch nicht von einem einheitlichen „corpus“ von Investitionsschutzverträgen, die eine Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis zuließen, gesprochen werden könne, so gebe doch ein Teil dieser Klauseln dem Investor das Recht, direkt gegen das Gastland vorzugehen, ohne dass dafür eine weitere vertragliche Verbindung zwischen ihnen bestehen müsste102. Für die Annahme einer solch gravierenden Einschränkung der Schiedsklauseln in Investitionsschutzverträgen lassen sich tatsächlich keine Hinweise bei der Textanalyse entsprechender Klauseln finden. Hätten die Verfasser von Investitionsschutzverträgen eine solche Einschränkung beabsichtigt, wäre eine entsprechende Formulierung in die Schiedsklauseln aufgenommen worden103. Sornarayahs Standpunkt stünde auch dem Ziel einer Entpolitisierung von Investitionsstreitigkeiten entgegen, indem er den Anspruch auf Durchführung des Schiedsverfahrens nicht direkt beim Investor entstehen lassen will, sondern ausschließlich von einer Verpflichtung des Gaststaates gegenüber dem Heimatstaat des Investors ausgeht. Paulsson ist zuzustimmen, wenn er Sornarayah und den Vertretern eines nur eingeschränkten Zuganges Privater zur Schiedsgerichtsbarkeit mit Staaten eine veraltete Denkweise vorwirft, die sich nur schwer mit dem Gedanken anfreunden kann, dass sich auch Staaten gegenüber nichtstaatlichen Parteien für ihre Handlungen zu verantworten haben104. Diese Meinung wird zudem von der Praxis des ICSID gestützt. Im Fall Asian Agricultural Products Limited v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka stützte die Antragstellerin, eine Gesellschaft nach dem Recht Hongkongs, erstmals einen Antrag ausschließlich auf die Schiedsklausel in einem bilateralen InvestitionsVgl. Sornarajah, The International Law on Foreign Investment, 267. Vgl. Sornarajah, The International Law on Foreign Investment, 268. 101 Vgl. z. B. Parra / Shihata, ICSID Rev 1999, 299, 304. 102 Vgl. Paulsson, in: Pritchard, Economic Development, Foreign Investment and the Law, 209, 238. 103 Vgl. Paulsson, ICSID Rev 1995, 232, 241, der für diesen Fall die Aufnahme folgender Formulierung für geboten hielte, „such reference to arbitration as may have been defined in the approved investment contract.“ 104 Paulsson, ICSID Rev 1995, 209, 241. 99

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E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

schutzvertrag105. Diese enthielt eine unzweideutige und exklusive Verweisung auf das ICSID106. Die Regierung Sri Lankas ließ sich ohne weitere Diskussion auf das Schiedsverfahren ein. Der in der Sache ergangene Schiedsspruch stellte daraufhin nur in knapper Form die Neuartigkeit dieses Vorgehens fest und sah darin kein Zulässigkeitsproblem für die Begründung seiner Zuständigkeit107.

b) Das Verhältnis zu Schiedsklauseln aus einem Rechtsverhältnis zwischen den Parteien – das Verfahren Lanco International Inc. v. Argentine Republic In diesem Verfahren, welches dem ICSID zehn Jahre nach dem Verfahren AAPL v. Sri Lanka unterbreitet wurde, traf das Schiedsgericht in Bezug auf die Schiedsgerichtsbarkeit ohne ein direktes Rechtsverhältnis der Parteien bereits folgende Feststellung: „This is increasingly common, as more and more states sign bilateral treaties on the reciprocal encouragement and protection of their investments that include a clause for the submission of disputes to ICSID arbitration.“108

In seiner Entscheidung klärte das Schiedsgericht das Verhältnis konkurrierender einzelvertraglicher Schiedsklauseln zu Schiedsklauseln in bilateralen Abkommen zugunsten letzterer109.

aa) Sachverhalt Im Rahmen eines Privatisierungsverfahrens hatte die Lanco International Inc., eine US-amerikanische Gesellschaft, mit einem internationalen Konsortium eine Konzession für den Betrieb eines Terminals im Hafen von Puerto Nuevo, Buenos Aires, vom argentinischen Ministerium für Wirtschaft, Bau und öffentliche Dienste erworben. Die Betriebsgesellschaft Terminales Portuarias Argentinas S.A. war eigens für diesen Zweck am 06. 05. 1994 von dem internationalen Konsortium bestehend aus den Gesellschaften Autotransportes Antartida A.T.A.S.A., Arpetro 105 Art. 8.3 i.V.m. 8.1 des Agreement between the United Kingdom and the Republic of Sri Lanka for the Promotion and Protection of Investments v. 13. 02. 1980, der auf Hong Kong ausgedehnt worden war. 106 Art. 8.1 des Investitionsschutzvertrages hatte folgenden Wortlaut: „Each contracting Party hereby consents to submit to the ICSID [ . . . ] for settlement by conciliation or arbitration under the Convention [ . . . ]“ (eigene Hervorhebung). 107 Schiedsspruch v. 27. 06. 1990, para. 18. 108 Beschluss v. 8. 12. 1998, para. 8 (eigene Hervorhebung). 109 An dieser Stelle soll nur auf diesen einen Aspekt des Verfahrens eingegangen werden. Für eine ausführlichere Untersuchung des Verfahrens in bezug auf den Investitionsbegriff s. u. F.IV.2.b).

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

155

S.A., Rogge Marine Consulting GmbH und Lanco110 gegründet worden. Lanco zeichnete für 17,4% des Aktienkapitals dieser Gesellschaft. Ebenfalls am 06. 06. 1994 schlossen das Ministerium, als Konzessionsgeber, und die Terminales Portuarias Argentinas S.A., als Konzessionsnehmerin, einen Konzessionsvertrag ab. Dieser wurde ebenfalls von Lanco und den übrigen Unternehmen des Konsortiums unterzeichnet, welche darin umfangreiche Garantien für die Konzessionsnehmerin übernahmen. Für sämtliche sich aus den Konzessionsbedingungen ergebenden Fragen verwies Art. 12 des Konzessionsvertrages auf die nationale argentinische Verwaltungsgerichtsbarkeit111. Zwischen den USA und Argentinien besteht ein bilateraler Investitionsschutzvertrag („das Abkommen“)112, der seit dem 20. 10. 1994 in Kraft ist. Eine in Art. VII des Vertrages enthaltene Schiedsklausel verweist für die Streitbeilegung zwischen privaten Investoren und den Vertragsstaaten unter anderem auf das ICSID113. Auf Art. VII Abs. 2 (c) i.V.m. Abs. 3 (a) (i) dieser Schiedsklausel berief sich Lanco in seinem Schiedsantrag vom 01. 10. 1997 an das ICSID. Darin machte Lanco geltend, durch die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung anderer Terminalbetreiber im selben Hafen durch die argentinischen Behörden geschädigt worden zu sein114. Dem Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens waren seit einem Brief der Firmenleitung von Lanco an das Ministerium für Wirtschaft, Bau und öffentliche Dienste vom 18. 03. 1997 erfolglose Schlichtungsversuche vorangegangen115. Lanco hatte in dieser Zeit noch kein Verfahren vor nationalen Gerichten Argentiniens oder anderen Schiedsinstanzen eingeleitet. Argentinien bestritt die Jurisdiktion des ICSID vornehmlich aus zwei Gründen: Zum einen hielt es die Schiedsklausel im Abkommen für nicht anwendbar, da ihr die ausdrückliche Einigung der Parteien auf die nationale argentinische Gerichtsbarkeit in Art. 12 des Konzessionsvertrages vorgehe. Daher sei die nationale argentinische Gerichtsbarkeit zur Streitentscheidung berufen116. Zum anderen sei die Klägerin schon gar nicht aktiv legitimiert, da sie lediglich eine Minderheitsbeteiligung an der Terminales Portuarias Argentinas halte und diese somit ausschließlich zu einem Vorgehen aus dem Konzessionsvertrag berechtigt sei. Als rein inländische Rechtsstreitigkeit sei dafür der Weg an ein internationales Schiedsgericht aber ebenfalls nicht eröffnet117.

Bis 1995 noch unter der Firma Mi-Jack Products Incorporated. A. a. O. para. 6. 112 Bilateral Treaty between the United Sates of America and the Argentine Republic concerning the Reciprocal Encouragement and Protection of Investment v. 14. 11. 1991. 113 A. a. O. para. 1. 114 Vgl. Alexandrov, ILM 2001, 454. 115 A. a. O. para. 30. 116 A. a. O. para. 7. 117 Zu diesem Aspekt des Verfahrens s. u. F.IV.2.b)cc)(1). 110 111

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E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

bb) Entscheidung des Schiedsgerichts Nachdem sich das Schiedsgericht am 19. 03. 1998 konstituiert hatte118, erließ es am 08. 12. 1998 einen Beschluss über die Jurisdiktion. Darin bejahte das Schiedsgericht zunächst die grundsätzliche Anwendbarkeit des amerikanisch-argentinischen Abkommens auf das vorliegende Verfahren119. Ausführlich prüfte es dann die in Streit stehende Einigung der Parteien auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit. Die Schiedsklausel des Abkommens sieht verschiedene Möglichkeiten der Beilegung von Investitionsstreitigkeiten vor120. Lanco erblickte in der Schiedsklausel des Konzessionsvertrages eine Vereinbarung gemäß Art. VII Abs. 2 (b) des Abkommens, welche jedoch nicht angewendet wurde und so gemäß Abs. 2 (c) einer Anrufung des ICSID gemäß Abs. 3 (a) (i) nicht im Wege stehe. Argentinien entgegnete, dass mit dem Abschluss des Abkommens in keine bestehenden Rechtsverhältnisse zwischen dem Staat und Angehörigen oder Unternehmen des anderen Vertragsstaates eingegriffen werden sollte. Daher bezieht es Abs. 2 (b) auf Vereinbarungen, die vor dem Inkrafttreten des amerikanisch-argentinischen Abkommens am 20. 10. 1994 geschlossen worden waren, nur für diese gelte das Wahlrecht zwischen den unterschiedlichen Verweisungen des Abkommens. Der Konzessionsvertrag sei aber nach dem Inkrafttreten des Abkommens geschlossen worden, daher bleibe es bei der vertraglich vereinbarten Zuweisung an die argentinische Verwaltungsgerichtsbarkeit121.

118 Das Schiedsgericht bildeten Guillermo A. Alvarez (von LANCO benannt), Luiz O. Baptista (von Argentinien benannt) und Prof. Bernado M. Cremades (Vorsitzender). 119 A. a. O. para. 20. 120 A. a. O. para. 20.: „Article VII [...] 2. In the event of an investment dispute, the parties to the dispute should initially seek a resolution through consultation and negotiation. If the dispute cannot be settled amicably, the national or company concerned may choose to submit the dispute for resolution: (a) to the courts or administrative tribunals of the party that is a party to the dispute; or (b) in accordance with any applicable, previously agreed dispute-settlement procedures; or (c) in accordance with the terms of paragraph 3. 3. (a) Provided that the national or company concerned has not submitted the dispute for resolution under paragraph 2 (a) or (b) and that six month have elapsed from the date on which the dispute arose, the national or company concerned may choose to consent in writing to the submission of the dispute for settlement by binding arbitration: (i) to the ICSID [ . . . ] provided that the Party is a party to such convention, or [...] 4. Each party hereby consents to the submission of any investment dispute for settlement by binding arbitration in accordance with the choice specified in the written consent of the national or company under paragraph 3. [ . . . ]“. 121 A. a. O. para. 24.

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

157

Das Schiedsgericht mochte sich dieser, den Rechtsschutz internationaler Investoren stark einschränkenden Ansicht Argentiniens nicht anschließen. Zugunsten der Klägerin führte es aus: Die Verweisung auf die nationale Verwaltungsgerichtsbarkeit in Art. 12 des Konzessionsvertrages könne nicht als Wahlrecht i.S.v. Abs. 2 („the national or company concerned may choose to submit“) gesehen werden, da dieser ein solches Wahlrecht gerade fremd sei122. Außerdem widersprach das Schiedsgericht der Ansicht Argentiniens, das im Abkommen eingeräumte Wahlrecht in Bezug auf die Streitbeilegungsinstanz gelte ausschließlich für Verträge, die vor Inkrafttreten eines solchen bilateralen Investitionsschutzabkommens geschlossen worden sind. Dem stehe Art. XIV des Abkommens entgegen, in welchem ausdrücklich die Wirkung des Abkommens für bestehende und zukünftige Investitionen festgelegt sei. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens des amerikanisch-argentinischen Abkommens sei daher für die Anwendbarkeit auf Investitionsstreitigkeiten unerheblich123. Da Lanco von keiner der Möglichkeiten in Art. VII Abs. 2 (a) und (b) Gebrauch gemacht habe, bleibe nur die Verweisung auf die internationale Schiedsgerichtsbarkeit in Abs. 2 (c). Zu dieser hätten die Parteien des Abkommens in Abs. 4 ihre generelle Einigung („generic offer“)124 unter der Bedingung einer sechsmonatigen Periode zwischen dem Entstehen der Streitigkeit und der Einleitung des Schiedsverfahrens erklärt. Diese habe Lanco eingehalten. Das Schiedsgericht bejaht daher die wirksame Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit und stellt abschließend in Bezug auf das Verhältnis zwischen offerierter genereller Einigung und einzelvertraglicher Schiedsklausel fest: „In effect, the offer made by the Argentine Republic to cover investors under the ARGENTINA-U.S. Treaty cannot be diminished by the submission to Argentina’s domestic courts, to which the Concession Agreement remits.“125

cc) Stellungnahme Diese Entscheidung verdient Zustimmung, da sie das Verhandlungsgleichgewicht zwischen Investor und Gastland zugunsten des Investors dadurch zu stärken vermag, dass sie den Staaten, die eine ICSID-Schiedsklausel in Investitionsschutzverträgen offerieren, die Möglichkeit nimmt, diese Offerte zu umgehen, indem sie Investoren durch den Abschluss von State Contracts zu anderen Mitteln der Streitbeilegung, etwa ihrer nationalen Verwaltungsgerichtsbarkeit, zwingen126. Es sei aber darauf hingewiesen, dass solche Staaten, die bilaterale Investitionsschutz122 123 124 125 126

A. a. O. para. 26. A. a. O. para. 27. A. a. O. para. 32. A. a. O. para. 40. Vgl. Alexandrov, ILM 2001, 454, 455.

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E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

abkommen in erster Linie als Marketinginstrument bei der Anlockung ausländischer Investitionen sehen, nach wie vor die Möglichkeit haben, ihre generell offerierte Einigung auf das ICSID von umfangreichen Bedingungen abhängig zu machen. Bis zum Abschluss des Abkommen mit den USA war dies auch die Praxis Argentiniens, das in vorangegangenen Abkommen stets auf eine Ausschöpfung des nationalen Rechtsweges oder eine einzelvertragliche Einigung bestanden hatte127. Im Verfahren Salini v. Morocco bestätigt das Schiedsgericht den im Verfahren Lanco v. Argentina beschrittenen Lösungsweg128, indem es mit derselben Begründung129 die Interaktion zwischen Schiedsklauseln in Investitionsverträgen und bilateralen Investitionsschutzabkommen zugunsten der Regelungen in letzteren entscheidet. Haben sich Staaten der Verweisung auf die vorherige Ausnutzung der nationalen Gerichtsbarkeit oder Schiedsgerichtsbarkeit in einem Investitionsschutzabkommen begeben und ihre Zustimmung zur ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit ohne weitere Bedingungen erteilt, so ist dem dadurch weitestgehende Wirksamkeit zu verschaffen, dass man privaten ausländischen Investoren das Recht zuspricht, eine solche Offerte jederzeit anzunehmen, unabhängig davon, ob sich diese zwischenzeitlich mit dem Gaststaat auf ein weiteres Verfahren geeinigt haben.

c) Unterschiedliche Bindungswirkung einzelner Schiedsklauseln in Investitionsschutzverträgen Nicht alle Investitionsschutzverträge enthalten jedoch solche eindeutigen Unterwerfungen unter die Jurisdiktion des ICSID. Wegen der zentralen Bedeutung der doppelten Zustimmung für die Jurisdiktion des ICSID kann von einer pauschalen antizipierten Unterwerfungserklärung der Gaststaaten nur im Falle eines eindeutig formulierten Bindungswillens des Gastlandes ausgegangen werden130. Allgemein lassen sich die ICSID Schiedsklauseln in Investitionsschutzverträgen nach ihrer Bindungswirkung in vier Kategorien unterteilen131:

A. a. O. para. 32. Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 4), Beschluss v. 23. 07. 2001, para. 27, „as the jurisdiction of the administrative courts cannot be opted fpr, the consent to ICSID jursdiction described above shall prevail over the contents of Articl 52 of the CCAG, since this Article cannot be taken to be a clause truly expanding the scope of jurisdiction and covered by the principle of the Parties’ autonomy.“ 129 Lanco v. Argentina, para. 28, „Even if it were possible to submit to a previously agreed system of disspute settlement, which is not the case, the investor has not done so, and consequently the only choice remaining is international arbitration.“ 130 Vgl. Dolzer, JdS, 1988, 37, 52. 131 Einteilung nach Broches, Essays, 447, 449 f. 127 128

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

159

1. Eine erste Gruppe von Klauseln stellt die Unterwerfung von Investitionsstreitigkeiten unter das ICSID lediglich in Aussicht. Die hierfür gängige Formulierung, „a dispute [ . . . ] shall upon the agreement by both parties be submitted for arbitration to the ICSID“132, macht deutlich, dass zur Einigung zwischen Gaststaat und Investor noch der Abschluss einer Schiedsabrede nötig ist. Die Klausel ist also weder „self executive“ noch begründet sie eine irgendwie geartete Verpflichtung für den Gaststaat. Die Verweisung auf die Schiedsgerichtsbarkeit unter dem ICSID mag in diesem Fall ausschließlich als deren Anerkennung als eine geeignete Form der Streitbeilegung verstanden werden133. Im Grunde wiederholt eine solche unverbindliche Klausel nur die bereits durch die Mitgliedschaft zum WBÜ ausgedrückte grundsätzliche Bereitschaft der Staaten, sich der Jurisdiktion des ICSID im Einzelfall zu unterwerfen. 2. Ebenfalls keine antizipierte pauschale Unterwerfungserklärung enthalten Klauseln, nach denen die Vertragspartei des Investitionsschutzvertrages, auf deren Staatsgebiet ein Investor des anderen Vertragsstaates eine Investition getätigt hat, „shall give sympathetic consideration to a request [ . . . ] to submit to the ICSID“134. Die Aufnahme einer solchen Klausel impliziert allerdings zumindest die Verpflichtung des Gaststaates, seine Zustimmung zu einem ICSID-Schiedsverfahren nicht willkürlich zu verweigern135. 3. Einen Schritt weiter gehen solche Klauseln, die den Gaststaat verpflichten, auf Antrag des Investors seine Zustimmung zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zu erteilen: „The Contracting Party shall assent to any demand [ . . . ] to submit to the ICSID“136. Eine solche Verpflichtung würde allerdings nur im Verhältnis zu dem anderen Vertragsstaat des Investitionsschutzvertrages entstehen. Der Investor wäre im Fall der Weigerung des Gastlandes auf die diplomatische Unterstützung seines Heimatstaates angewiesen. Seine einseitige Verfahrenseinleitung würde bereits an der offensichtlich fehlenden Zustimmung des Gastlandes scheitern. 4. Eine zunehmend größer werdende Gruppe von Investitionsschutzverträgen begründet in ihren Schiedsklauseln die endgültige Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit des ICSID137. In ihrer Ausgestaltung variieren auch diese Klauseln im Einzelnen noch stark. Durch Erwähnung des „consent“ ist in einigen ausdrück132 Z. B. Art. 9 Abs. 1 des Investitionsschutzvertrages zwischen Malaysia und Schweden v. 1979, abgedruckt bei Dolzer / Stevens, Bilateral Investment Treaties, 132. 133 Vgl. Broches, Essays, 447, 449. 134 Art. XI des Investitionsschutzvertrages zwischen den Niederlanden und Kenia v. 11. 09. 1970, abgedruckt bei Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 298. 135 Vgl. Broches, Essays, 447, 449. 136 Z. B. Art. 10 Abs. 1 des Investitionsschutzvertrages zwischen Großbritannien und den Philippinen v. 03. 12. 1980, abgedruckt bei Broches, Essays, 447, 450. 137 Mit z. B. den USA, Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland haben viele der wichtigsten kapitalexportierenden Länder solche ausdrücklichen Schiedsklauseln in ihre Musterverträge aufgenommen. Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 291, 295.

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E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

lich die antizipierte Einigung der jeweiligen Partei zum Ausdruck gebracht138. Aber auch die Formulierung, dass die Investitionsstreitigkeit, „shall be submitted to the centre“139 lässt keinen Zweifel am bindenden Charakter dieser Klausel140.

d) Der Investitionsbegriff in Investitionsschutzverträgen Auch in Bezug auf Investitionsschutzverträge ist die Frage nach dem Begriff der Investition weit mehr als eine rein terminologische Frage, da die Begriffsbestimmung des Objekts des völkerrechtlichen Schutzes, den diese Verträge gewähren, zugleich den sachlichen Geltungsbereich der Verträge absteckt141. Ausländische Investoren, die für ihr Investitionsvorhaben keinen gesonderten State Contract mit dem Gaststaat abschließen konnten, können Rechtsstreitigkeiten in Verbindung mit diesem der gegebenenfalls offerierten ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit überhaupt nur unterbreiten, wenn Ihr Vorhaben unter den Investitionsbegriff des Vertrages zu subsumieren ist. Mit Ausnahme einiger älterer Verträge ist der Begriff der Investition in fast allen Investitionsschutzverträgen in einer speziellen Klausel definiert. Er ist dabei in den meisten der modernen Investitionsschutzverträge in sehr ähnlicher Weise umschrieben. Dies bedeutet nicht, dass es gerade für den Bereich der Investitionsschutzverträge ein universalgültiges Konzept der ausländischen Investition gäbe142. Vielmehr ist in den meisten Verträgen, in Anerkennung der Tatsache, dass ein solches allgemeingültiges Konzept bisher nicht ausgemacht werden konnte und zudem der ständigen Veränderung unterliegen würde, eine sehr weite und nicht abschließende Definition aufgenommen worden, die für den Anwendungsbereich der Investitionsschutzverträge ein hohes Maß an Flexibilität garantiert143. Trotz bestehender Unterschiede im Detail ist bei den meisten dieser Klauseln ein durchgängiger Aufbau feststellbar, was auch daran liegt, dass sich die vertragsschließenden Parteien in der Regel bei der Verhandlung der Verträge an dem Mustervertrag des kapitalexportierenden Staates orientieren144. Die Klauseln beginnen mit einer sehr weiten Umschreibung, der sich eine nicht abschließende Aufzählung typischer Rechtspositionen anschließt. Die allgemeine Umschreibung der Investition umschließt dabei regelmäßig „every kind of asset“ oder „all assets“145. Die 138 Siehe z. B. oben die Schiedsklausel im Fall Asian Agricultural Products Limited v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 87 / 3). 139 Z. B. Art. 11 des deutschen Mustervertrages, www.jura.uni-sb.de / BGBl / BGBLJAHR. 140 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 292; a.A. Bader, Sicherungspotentiale, 132. 141 Vgl. Frick, Bilateraler Investitionsschutz in Entwicklungsländern, 175. 142 Vgl. Perezcano, JWI 2003, 929, 931. 143 Vgl. Dolzer / Stevens, Bilateral Investment Treaties, 26. 144 Vgl. Theodorou, Investitionsschutzverträge, 496 ff.

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

161

Aufzählung typischer Rechtspositionen ausländischer Investoren im Gaststaat beinhaltet üblicherweise traditionelle Eigentumsrechte, Beteiligungen an Gesellschaften, Geldforderungen, Teilhaberechte, Rechte aus geistigem Eigentum sowie konzessionäre Rechte146. Zusätzlich findet sich regelmäßig die Bedingung, dass die als Investition zu qualifizierende Transaktion in Übereinstimmung mit der Gesetzgebung des Gaststaates erfolgt sein muss. Im Einzelfall kann dies die besondere Zulassung des Investitionsvorhabens durch den Gaststaat voraussetzen147. Insbesondere vor dem Hintergrund solch umfassender und detaillierter Aufzählungen von vermögenswerten Rechtspositionen, stellt sich die Frage, ob solche Investitionsschutzverträge überhaupt noch Raum für eine Trennung zwischen „Investition“ und „Vermögenswert“ zulassen148. US-amerikanische Investitionsschutzverträge definieren den Schutzumfang zwar nicht mit „all kinds of assets“, sondern mit „all kinds of investment“, bedienen sich nach dieser allgemeinen Aussage allerdings ebenfalls einer Aufzählung, die in ihrem Umfang denen in anderen Investitionsschutzverträgen entspricht149. Eine darüber hinausgehende Qualifizierung des Investitionsbegriffes, der eine solche Unterscheidung zu dem allgemeinen Vermögensbegriff zulässt, findet sich in Investitionsschutzverträgen nur sehr selten.150

e) Exkurs: Der Investitionsbegriff in den deutschen Investitionsschutzverträgen Deutschland hat weltweit nicht nur die ersten, sondern mit 138 Verträgen, von denen sich 115 in Kraft befinden, auch die meisten Investitionsschutzverträge abgeschlossen151. Neben dem Schutz von Investitionen vor politischen Risiken und der Verbesserung des Investitionsklimas liegt die Bedeutung dieser Abkommen u. a. auch darin, dass sie als Rechtsgrundlage für Bundesgarantien für Kapitalanlagen im Ausland dienen.152 Die Formulierung der Verträge orientiert sich seit den 60er Jahren an Musterverträgen153, deren Bestimmungen in Bezug auf den Begriff der Investition bis heute 145

So z. B. in den Musterverträgen Großbritanniens, Deutschlands und dem der Nieder-

lande. Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 99. Vgl. Broches, in: FS Sanders, The Art of Arbitration, 63, 71. 148 Vgl. Parra, TNC 1995, 27, 37. 149 Z.B. Agreement Concerning the Encouragement and Reciprocal Protection of Investments v. 11. 01. 1995 zwischen den USA und Albanien, Art. 1(d). 150 Vgl. Parra, TNC 1995, 27, 37 unter Verweisung auf den Investitionsschutzvertrag zwischen der Ukraine und Dänemark von 1992, der in Art. 1 nur solche Vermögenswerte als Investitionen anerkennt, welche „[ . . . ] are aquired for the purpose of establishing lasting economic relations.“ 151 Vgl. BMWA: Übersicht über die bilateralen Investitionsförderungs- und -schutzverträge (IFV) der Bundesrepublik Deutschland, Stand 28. 02. 2002. 152 Vgl. Alenfeld, Investitionsförderungsverträge, 23. 146 147

11 Belling

162

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

ihrem Inhalt nach nicht geändert worden sind. In seiner englischen Fassung umschreibt der deutsche Mustervertrag den Investitionsbegriff in Art. 1 wie folgt: „For the purpose of this Treaty 1. the term ,investments‘ comprises every kind of asset, in particular: (a) movable and immovable property as well as any other rights in rem such as mortages, liens and pledges; (b) shares of companies and other kinds of interest in companies; (c) claims to money which has been used to create an economic value or claims to any performance having an economic value; (d) intellectual property rights, in particular copyrights, patents, utility-model patents, registered designs, trade-marks, trade-names, trade and business secrets, technical processes, know-how and good will; (e) business concessions under public law, including concessions to search for, extract and exploit natural resources; any alteration of the form in which assets are invested shall not affect their classification as investment; 2. the term ,returns‘ means the amounts yielded by an investment for a definite period, such as profit, dividends, interest, royalties or fees.“154

Auch der deutsche Mustervertrag bedient sich der international in Investitionsschutzverträgen gebräuchlichen weiten Definition der Investition. Aus dieser lässt sich für die Frage, welche Investitionsformen geschützt werden sollen, nur wenig ableiten. Denn Art. 1 Nr. 1 erläutert zunächst nur, welche Arten von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit einer Investition erworben wurden, geschützt werden. Nach dieser umfassenden, aber nicht abschließenden, in einzelnen Verträgen zum Teil auch leicht abweichenden Aufzählung, gelten die Bestimmungen der Verträge grundsätzlich für alle vermögenswerten Rechtspositionen, die ein Ausländer (in diesem Fall entweder ein Deutscher oder ein Angehöriger des jeweiligen Vertragsstaates) nach der Rechtsordnung des Gastlandes rechtmäßig erwerben kann155. Dass die deutschen Investitionsschutzverträge aber keinen allgemeine Vermögensschutz vermitteln sollen, sondern ausschließlich den Schutz wirtschaftlich motivierter Investitionen156, verdeutlicht die Erläuterung des Begriffes „Erträge“ („returns“) in Art. 1 Nr. 2 im Zusammenhang mit dem Begriff der Kapitalanlage. Demnach sollen nicht alle rechtmäßig erworbenen privaten Rechtspositionen (ins153 Vgl. Banz, Völkerrechtlicher Eigentumsschutz, 24, mit weiteren Nachweisen der Fundstellen jeweils aktueller deutscher Musterverträge. 154 Vgl. ICSID Rev, 1996, 222. In älteren Verträgen findet sich die entsprechende Definition in Art. 8. 155 Vgl. Bippus, Der internationalrechtliche Schutz von Investitionen im Ausland, 203. 156 Vgl. Bader, Sicherungspotentiale verschiedener Formen transnationaler Investitionen, 86; Karl, RIW 1998, 432, 433; a.A. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 58; Berger, AWD BB 1965, 1, 6.

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

163

besondere rein privat genutztes Eigentum oder privat entstandene Forderungen) geschützt werden, sondern nur solche, die zu Investitionszwecken, d. h. zur mindestens mittelbaren Erzielung von Erträgen erworben oder durch eine Investition erwirtschaftet wurden157. Manche Autoren wollen deshalb auch alle reinen Portfolio-Investitionen aus dem Schutzbereich der Verträge ausnehmen. Dies wird unter anderem mit dem Zusammenhang der Verträge mit dem deutschen Investitionsgarantiesystem begründet, dessen Garantien ebenfalls nur für Direktinvestitionen gelten158. Karl geht davon aus, dass nach dem Wortlaut der Verträge zwar Vermögenswerte jeder Art geschützt seien, jedoch sei hierbei jedenfalls in Deutschland das Verständnis, dass nur Direktinvestitionen, einschließlich beteiligungs-ähnlicher Darlehn, erfasst werden. Der Vermögensschutz beziehe sich ausschließlich auf Vermögenswerte, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Investition stehen. Zur Begründung verweist Karl zum einen auf den Ursprung dieser Verträge im internationalen Fremdenrecht, welches einen Schutz für den im Gastland nicht aktiven, bloßen Forderungsinhaber nicht vorsehe159, da lediglich der Direktinvestor und nicht der Portfolioinvestor unmittelbarer Inhaber von vermögenswerten Rechten im Anlageland sein kann.160 Zum anderen hält er es für möglich, dass die seit Jahrzehnten gebräuchliche weite Definition der Investition niemals näher hinterfragt worden ist und die jeweiligen Vertragsparteien stillschweigend von einer Begrenzung des Anwendungsbereichs auf Direktinvestitionen ausgegangen seien161. Die Gegenmeinung geht von einer Einbeziehung von Portfolio-Investitionen in den Schutzbereich des deutschen Mustervertrages aus. Einem einengenden Verständnis des Investitionsbegriffes wird entgegengehalten, dass sich die Begriffe „Direktinvestition“ und „Portfolio-Investition“ hauptsächlich am Grad der unternehmerischen Einflussnahme unterscheiden. Die vermögenswerten Rechte selbst stehen dagegen im einen, wie im anderen Fall dem Investor selbst zu162. Da die deutschen Investitionsschutzverträge in ihrer Formulierung keine Einschränkung des Investitionsbegriffes enthalten und auch die Intention der vertragsschließenden Parteien auf eine weite Auslegung schließen lässt163 (entgegen kostenintensiven Investitionsversicherungsprogrammen ist der Abschluss eines Investitionsschutzvertrages für Deutschland mit keinen weiteren Kosten verbun157 158

Vgl. Bader, Sicherungspotentiale, 86; Köpernik, RIW 1979, 669, 671. Vgl. Alenfeld, Die Investitionsförderungsverträge der Bundesrepublik Deutschland,

31. 159 160

Vgl. Karl, RIW 1998, 432, 433. Vgl. Alenfeld, Die Investitionsförderungsverträge der Bundesrepublik Deutschland,

28. Vgl. Karl, ZvglRWiss 2000, 143, 158. Vg. Frick, Bilateraler Investitionsschutz in Entwicklungsländern, 182 f. 163 Die Unmöglichkeit, zu einer Einschränkung des Investitionsbegriffes aus der Analyse des Vertragstextes zu gelangen, wird auch von Karl, ZVglRWiss 2000, 143, 158, eingeräumt. 161 162

11*

164

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

den164; der kapitalexportierende Staat ist an einer möglichst breiten Palette ausländischer Investitionen interessiert), sind im Ergebnis Direktinvestitionen und Portfolio-Investitionen gleichermaßen als Schutzobjekt der deutschen Investitionsschutzverträge zu betrachten165. Wie bereits oben dargelegt, können sich insbesondere die potenziellen Gaststaaten von Investitionen, die unter dem Schutz eines Investitionsschutzvertrages geflossen sind, vor einem befürchteten Souveränitätsverlust durch extensive Inanspruchnahme vor internationalen Schiedsgerichten seitens privater (Portfolio-)Investoren schützen, indem sie ihre einseitige Zustimmung in der Schiedsklausel nicht bindend offerieren oder ausdrücklich auf bestimmte Transaktionen beschränken166.

4. In Multilateralen Abkommen Seit den späten 80er Jahren sind Verweisungen auf die Schiedsgerichtsbarkeit des ICSID auch in einer Reihe multilateraler Abkommen aufgenommen worden. Neben solchen Instrumenten, welche lediglich unverbindliche Empfehlungen in Bezug auf das ICSID enthalten167, existieren mit dem North American Free Trade Agreement (NAFTA), dem Common Market of the Southern Cone / Mercado ComFAn del Sur (MERCOSUR) und dem Energy Charter Treaty mittlerweile drei maßgebliche multilaterale Abkommen, die für die Staat-Investor Streitschlichtung in verbindlicher Weise unter anderem auf das ICSID verweisen. Die Funktionsweise dieser multilateralen Instrumente entspricht der der bilateralen Investitionsschutzverträge: Die einzelnen Vertragsstaaten offerieren ihre Unterwerfung unter die Jurisdiktion des ICSID für Streitigkeiten mit privaten Investoren der anderen Vertragsstaaten168. Der Umfang und die Reichweite des Investitionsschutzes sind von Vgl. Bader, Sicherungspotentiale, 82. Vgl. Patzina, Rechtlicher Schutz von Privatinvestitionen, 109; Frick, Bilateraler Investitionsschutz in Entwicklungsländern, 183; Jüttner, Förderung und Schutz deutscher Direktinvestitionen in Entwicklungsländern, 274; Bippus, Der internationalrechtliche Schutz von Investitionen im Ausland, 208; ebenso für Investitionsschutzverträge allgemein, Parra, TNC 1995, 27. 166 s. u. E.II.6. 167 Solche unverbindlichen Empfehlungen enthalten unter anderem: – Das ASEAN Agreement for the Promotion and Protection of Investments von 1987 (27 ILM 1988, 612). Art. X dieses Abkommens erwähnt das ICSID als eine von mehreren Möglichkeiten der Streitschlichtung, ohne dass sich die Vertragsparteien jedoch bereits einseitig der Jurisdiktion unterworfen haben. – Das „EU Investment Statement“ von 1992 (Doc. ACP-CEE 2172 / 92) spricht eine vorrangige Empfehlung für das ICSID aus, nennt aber auch die Schiedsgerichtsbarkeit der ICC und UNCITRAL. – Die World Bank Guidelines on the Treatment of FDI von 1992 (ICSID Rev 1992, 297). Guideline V. verweist (selbstverständlich) für die Streitschlichtung auf das ICSID. Bei den Guidelines handelt es sich jedoch nicht um ein die Mitgliedstaaten der Weltbank bindendes Instrument, sondern ausschließlich um Empfehlungen. 164 165

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

165

Abkommen zu Abkommen unterschiedlich. Zudem ist der Geltungsbereich der einzelnen Abkommen regional beschränkt. Ein umfassendes Multilateral Agreement on Investment (MAI) im Rahmen der OECD, das die Gemengelage multilateraler, bilateraler und nationaler Investitionsregeln harmonisieren sollte, war 1998 gescheitert169.

a) North American Free Trade Agreement Das North American Free Trade Agreement170 von 1992 ist am 01. 01. 1994 zwischen den USA, Mexiko und Kanada in Kraft getreten. Es geht aus dem seit 1989 zwischen den USA und Kanada geltenden Freihandelsabkommen hervor und regelt umfassend den zwischenstaatlichen Handel mit Waren und Dienstleistungen sowie die grenzüberschreitende Investitionstätigkeit. Ziel des Abkommens ist die Schaffung eines Nordamerikanischen Binnenmarktes und die Förderung wechselseitiger Investitionen171. Das NAFTA-Abkommen ist in zwölf Kapitel unterteilt, die unter anderem Bestimmungen über den Handel mit Waren und Dienstleistungen, Herkunftsregeln, Regierungsaufträge, geistiges Eigentum und Wettbewerb enthalten172. Weiter als es der Name des Abkommens vermuten lässt, enthält das NAFTA auch ausführliche Bestimmungen über den Schutz grenzüberschreitender Investitionen in Kapitel XI173. In dessen Abschnitt A. (1101 – 1114) finden sich die Regelungen des materiellen Investitionsschutzes, Abschnitt C enthält die Definitionen maßgeblicher Begriffe. Die materiell-rechtlichen Regelungen verpflichten beispielsweise die NAFTA-Vertragsstaaten, Investoren und Investitionen aus dem NAFTA-Raum die vorteilhaftere Behandlung zu gewähren, die sich entweder nach dem Grundsatz der Inländergleichbehandlung oder nach dem Prinzip der Meistbegünstigung ergibt174. Ferner ist eine faire Behandlung vorgeschrieben, die dem Völkerrecht entspricht und den effektiven Rechtsschutz sicherstellt175. Enteignungen einer ausländischen Investition sind nur zu einem öffentlichen Zweck, in einem fairen Verfahren, aufgrund eines Gesetzes und gegen Zahlung einer nach dem Verkehrswert zu berechnenden Entschädigung in frei konvertierbarer Währung zulässig176.

Vgl. Parra, TNC 1995, 27, 42. s. dazu den Exkurs unter B.IV.3.d). 170 Abgedruckt in ILM 1993, 289 – 456, 605 – 799. 171 Vgl. Gestrin / Rugman, TNC 1994, 77. 172 Vgl. Escher, IPRax 2000, 548, 549. 173 Weiterführend dazu: Bradlow / Escher, Legal Aspects of Foreign Direct Investment, 467 – 497. 174 Art. 1102 – 1104 NAFTA. 175 Art. 1105 Abs. 1 NAFTA. 176 Art. 1110 NAFTA. 168 169

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E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

Das NAFTA ist für die jüngere Entwicklung des ICSID von besonderer Bedeutung. Seit 1994 haben bereits 15 Additional Facility Schiedsverfahren über NAFTA-Investitionsstreitigkeiten stattgefunden. Die seit 1978 bestehenden Additional Facility Rules konnten nach beinahe 20-jährigem Schattendasein erstmals 1997 im Verfahren Metalclad Corporation v. United Mexican States zum Einsatz gebracht werden177. Seither beinhalten über 90% der anhängig gemachten ICSID Additional Facility Schiedsverfahren NAFTA-Investitionsstreitigkeiten. Zudem ist die aktive Teilnahme Mexikos an diesen Schiedsverfahren angesichts der traditionellen Zurückhaltung mittel- und südamerikanischer Staaten gegenüber der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit bemerkenswert178.

aa) Die Einigung Abschnitt B. des XI. Kapitels des NAFTA enthält eigene Verfahrensregeln für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten. Ein in einem NAFTA-Vertragsstaat beheimateter Investor kann im eigenen Namen oder im Namen eines unter seiner Kontrolle stehenden Unternehmens einen anderen NAFTA-Vertragsstaat vor einem internationalen Schiedsgericht wegen Verletzung des materiellen Investitionsrechts verklagen179. Für das Schiedsverfahren verweist Art. 1120 NAFTA wahlweise auf die Schiedsregeln des ICSID, die Additional Facility Rules oder die Schiedsregeln der United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL)180. Die Verfahrensregeln des Abkommens dienen dabei als Schnittstelle zwischen dem NAFTA und den Schiedsverfahren entweder des ICSID oder der UNCITRAL181. Hierbei gelangen die ICSID- bzw. die UNCITRAL-Verfahrensregeln lediglich soweit zur Anwendung, als sie nicht durch das NAFTA modifiziert werden182. In Bezug auf die Bindungswirkung der Unterwerfung trifft das Abkommen in Art. 1122 jedoch eine eindeutige Aussage zugunsten einer verbindlichen Offerte der Vertragsstaaten183.

Vgl. Escher, RIW 2001, 20, 25. Vgl. Zagel, Auslandsinvestitionen in Lateinamerika, 256. 179 Art. 1116, 1117 NAFTA. 180 UNCITRAL Arbitration Rules, UN General Assembly Resolution No. 31 / 98 vom 15. 12. 1976 181 Vgl. Gestrin / Rugman, TNC 1994, 77, 81. 182 Vgl. Karl, IPRax 2000, 548, 549. 183 Der entsprechende Abschnitt in Art. 1122 NAFTA lautet: „1. Each Party consents to the submission of a claim to arbitration in accordance with the procedures set out in this Agreement. 2. The consent given by paragraph 1 and the submission by a disputing investor of a claim to arbitration shall satisfy the requirement of: (a) Chapter II of the ICSID Convention (Jurisdiction of the Centre) and the Additional Facility Rules for written consent of the parties.“ 177 178

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

167

Bisher sind von den drei NAFTA Staaten nur die USA Vertragsstaat im WBÜ. Solange Kanada und Mexiko dem WBÜ nicht beigetreten sind, sind ausschließlich ICSID-Verfahren nach den Regeln der Additional Facility möglich. Die ICSIDVerfahrensregeln werden für das NAFTA also erst dann interessant, wenn Kanada oder Mexiko dem WBÜ ebenfalls beigetreten sind184. Folglich können US-amerikanische Investoren für ein Schiedsverfahren gegen Mexiko oder Kanada zwischen den UNCITRAL-Schiedsregeln und den Additional-Facility-Rules wählen. Gleiches gilt für die Schiedsklagen von Investoren aus Mexiko und Kanada gegen die USA. Für Verfahren von mexikanischen bzw. kanadischen Investoren gegen Kanada bzw. Mexiko stehen nur die UNCITRAL-Schiedsregeln zur Verfügung185. Art. 1120 NAFTA sieht jedoch für private Investoren ausdrücklich vor, Schiedsverfahren nach dem WBÜ durchzuführen; deshalb kann davon ausgegangen werden, dass entweder Kanada oder Mexiko (oder vielleicht auch beide Staaten) beabsichtigen, dem WBÜ in naher Zukunft beizutreten186. Obwohl das NAFTA die gegenseitige Natur der Einigung auf ein Schiedsverfahren betont187, steht die Möglichkeit der Einleitung eines solchen Verfahrens nur dem ausländische Investor und nicht dem Gaststaat der Investition offen.

bb) Der Investitionsbegriff im NAFTA Eine umfangreiche Definition des Investitionsbegriffes findet sich im NAFTA im Abschnitt C – Definitions, in Art. 1139 NAFTA188. Demnach unterfallen die Vgl. Müller, Lösung von Streitigkeiten in der NAFTA, 100. Vgl. Karl, IPRax 2000, 548, 550. 186 Vgl. Price, IntLawyer 1993, 727, 732. 187 Art. 1121 NAFTA. 188 Der entsprechende Abschnitt in Art. 1139 NAFTA lautet: „For purpose of this Chapter investment means: (a) an enterprise; (b) an equity security of an enterprise; (c) a debt security of an enterprise (i) where the enterprise is an affiliate of the investor, or (ii) where the original maturity of the dept security is at least three years, but does not include a debt, regardless of original maturity, of a state enterprise; (d) a loan to an enterprise (i) where the enterprise is an affiliate of the investor, or (ii) where the original maturity of the loan is at least three years, but does not include a loan, regardless of original maturity, to a state enterprise; (e) an interest in enterprise that entitles the owner to share in income or profits of the enterprise; (f) an interest in an enterprise that entitles the owner to share in the assets of that enterprise on dissolution, other than a debt security or a loan excluded from subparagraph (c) or (d); (g) real estate or other property, tangible or intangible, acquired in the expectation or used for the purpose of economic benefit or other business purposes; and 184 185

168

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

Gründung oder der Erwerb eines Unternehmens, das Eigen- oder Fremdkapital eines Unternehmens, Unternehmensbeteiligungen, die den Besitzer am Umsatz oder Gewinn eines Unternehmens beteiligen, sachliche oder immaterielle Vermögenswerte, die dem Unternehmen zu geschäftlichen Zwecken dienen, Zinsen für Kapital und die Hergabe anderer Ressourcen wie dies beispielsweise bei Turnkey- oder anderen Konstruktionsverträgen sowie Verträgen, bei denen die Rückzahlung substanziell von der Produktion, den Einnahmen oder den Überschüssen eines Unternehmens abhängt, dem Schutzbereich des NAFTA 189. Eine Besonderheit der Begriffsbestimmung im NAFTA ist die Enumeration von Tatbeständen, die ausdrücklich nicht unter den Schutz der materiellen Investitionsschutzregeln des Abkommens fallen sollen. Diese Negativklausel in Art. 1139 NAFTA beinhaltet einen Ausschluss von Forderungen aus Handels- und Dienstleistungsverträgen, Handelskrediten und sonstigen Geldforderungen, die nicht mit einer unternehmerischen Aktivität im Gastland im Zusammenhang stehen. Diese Negativklausel engt den im Grundsatz weiten Investitionsbegriff des NAFTA ein und macht ihn somit exklusiver als die typischerweise sehr weiten Definitionen der bilateralen Investitionsschutzverträge190.

b) Common Market of the Southern Cone Die Protokolle von Colonia191 und Buenos Aires192 des Common Market of the Southern Cone oder Mercosur193 zwischen Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay enthalten ebenfalls Regelungen über Investitionen innerhalb des durch das Abkommen geschaffenen Binnenmarktes. Der MERCOSUR wurde 1991 mit dem Ziel einer Zollunion im Jahre 2006 zwischen den südamerikanischen Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay gegründet. Seit 1996 bzw. 1997 sind Chile und Bolivien assoziierte Mitglieder. Mit Ausnahme Brasiliens sind sämtliche dieser Vertragsstaaten Mitgliedstaaten des WBÜ. Mit ihnen hat der MERCOSUR eine geografische Ausdehnung von 80% der Fläche Südamerikas und stellt über 70% der Einwohner dieser Region. Die Regelungen bezüglich ausländischer Inves(h) interests arising from the commitment of capital or other resources in the territory of a party to economic activity in such territory, such as under (i) contracts involving the presence of an investor’s property in the territory of the Party, including turnkey or construction contracts, or concessions, or (ii) contracts where renumeration depends substantially on the production, revenues or profits of an enterprise; [ . . . ]“. 189 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 104. 190 Vgl. Karl, ZvglRWiss 2000, 143, 168. 191 Protocol on the Reciprocal Promotion and Protection of Investments in Mercosur v. 17. 01. 1994, Mercosur / CMC / Dec. No. 11 / 93. 192 Protocol for the Promotion and Protection of Investments Made by Countries That Do Not Belong to Mercosur v. 05. 08. 1994, Sao Paulo Gazeta Mercantil v. 08. 08. 1994, 7. 193 Vertrag von Asunción v. 26. 03. 1991, ILM 1991, 1041.

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

169

titionen finden sich in dem im Jahr 1994 geschlossenen Zusatzprotokoll von Colonia194 und Buenos Aires195. Wobei das Zusatzprotokoll von Buenos Aires von besonderer Bedeutung ist, da es den Zugang zur Investor-Staat Schiedsgerichtsbarkeit auch für Investoren von außerhalb des MERCOSUR eröffnet.

aa) Die Einigung Art. 9.2 – 6 des Colonia Zusatzprotokolls eröffnet dem aus einem der Vertragsstaaten stammenden Investor neben einer Reihe anderer196 Möglichkeiten der Streitbeilegung den Zugang zum ICSID und der Additional-Facility. Art. 2 H.2 – 5 des Zusatzprotokolls von Buenos Aires regelt dies für Investoren aus Drittstaaten außerhalb der Zollunion. Da die Mitgliedsstaaten des MERCOSUR, mit der Ausnahme Brasiliens auch Mitgliedstaaten des WBÜ sind, sind im Gegensatz zum NAFTA sowohl nach dem Protokoll von Colonia als auch nach dem von Buenos Aires ICSID Schiedsverfahren möglich. Bisher konnte es auf der Grundlage einer MERCOSUR-Investitionsstreitigkeit noch zu keinem Verfahren kommen, da die Staaten das Protokoll von Buenos Aires zwar überwiegend ratifiziert haben, sein Inkrafttreten bisher aber am brasilianischen Widerstand gescheitert ist, der maßgeblich gegen die Möglichkeit der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit als Mittel der Streitbeilegung gerichtet ist197.

bb) Der Investitionsbegriff im Mercosur Die Investitionsschutzprotokolle des MERCOSUR folgen einem sehr weiten Investitionsbegriff vergleichbar dem in internationalen Investitionsschutzverträgen. Der Investitionsbegriff in den beiden Protokollen von Colonia und Buenos Aires schließt nach dem Vorbild der meisten dieser Verträge „every kind of asset“ in den Schutzbereich ein. Ebenfalls wie in den meisten Investitionsschutzverträgen schließt sich dem eine Aufzählung von geschützten Investitionen an, die genau genommen sämtliche Möglichkeiten internationaler Transaktionen abzudecken geeignet sein soll198.

194 Protocol on the Reciprocal Promotion and Protection of Investments in MERCOSUR v. 17. 01. 1994. 195 Protocol on the Reciprocal Promotion and Protection of Investments made by Countries that do not belong to MERCOSUR v. 05. 08. 1994, CMC / Dec. No. 11 / 94. 196 Genannt werden die Gerichte des Gastlandes der Investition, die UNCITRAL-Schiedsregeln und eine noch zu schaffende permanente Schiedsinstanz. 197 Vgl. Kleinheisterkamp, International Commercial Arbitration in Latin America, 107, m.w.Nachw. 198 Vgl. Parra, TNC 1995, Nr. 4., 27, 43.

170

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

c) Energy Charter Treaty Dem 1994 geschlossenen Energy Charter Treaty (ECT)199 gehören die EU und 51 größtenteils mittel-, west- und osteuropäische Staaten an200. Mit der Ratifikation durch 30 dieser Staaten ist der Vertrag am 16. 04. 1998 in Kraft getreten. Der Energy Charter Treaty soll als auf den Energiesektor bezogenes Handels- und Investitionsschutzabkommen die Verbindung der Energiemärkte Mittel- und Osteuropas nach dem Ende der Sowjetunion beschleunigen, westliche Sicherheitsstandards auf dem Energiesektor in Osteuropa implementieren helfen, wechselseitige Investitionsmöglichkeiten schaffen201 und Anbietern einen freien Zugang zu den nationalen Energiemärkten der Vertragsstaaten ermöglichen202. aa) Die Einigung Die im NAFTA-Abkommen enthaltenen Regeln über die Streitbeilegung hatten maßgeblichen Einfluss auf Art. 26 ECT, der die Vorschriften über Investor-Staat Streitigkeiten enthält. Art. 26 ECT offeriert neben anderen Schiedsinstanzen203 die bedingungslose Unterwerfung aller Vertragsparteien unter die Jurisdiktion des ICSID oder der Additional Facility für Investor-Staat Schiedsverfahren204. Wie auch im NAFTA ist auch im Streitschlichtungsmechanismus des Energy Charta Treaty kein Staat-Investor Schiedsverfahren vorgesehen, sondern ausschließlich dem privaten Investor dieser Weg eröffnet205. Da von den Signatarstaaten, die das Abkommen bereits ratifiziert haben, über 80% auch Mitglieder im WBÜ sind, ist zukünftig damit zu rechnen, dass Investoren von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden. Während in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des ECT noch keine Schiedsverfahren nach Art. 26 ECT beim ICSID oder bei anderen Schiedsinstanzen eingeleitet worden waren206, ist mit Plama v. Bulgaria das erste Verfahren nunmehr anhängig207. 34 ILM 1995, 360, 399. Durch die Mitgliedschaft von Staaten wie Japan, Australien und der Mongolei geht der Vertrag aber weit über den kontinentaleuropäischen Rahmen hinaus. 201 Wälde, The Energy Charter Treaty, 12. 202 Vgl. Lineham, ICSID News 1998, Vol. 2, 3. 203 Außerdem stehen dem privaten Investor die nationale Gerichtsbarkeit des Gastlandes, die UNCITRAL-Schiedsregeln und die Schiedsregeln der Stockholm Chamber of Commerce zur Verfügung. 204 Vgl. Wolfgram, Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nach dem Vertrag über die Energiecharta, 41 f.; Linehan, ICSID News 1998, No. 2, 4. Daneben beinhaltet der ECT noch weitere Verfahren zur Streitbeilegung in Umwelt-, Transit-, Staat-Staat oder Handelsstreitigkeiten. 205 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 313 a.E. 206 Vgl. Wolfgram, Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nach dem Vertrag über die Energiecharta, 16. 207 Plama Consortium Limited v. Republic of Bulgaria (Arb / 03 / 24), Beschluss v. 08. 02. 2005, para. 1. 199 200

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

171

bb) Der Investitionsbegriff im Energy Charter Treaty Das Abkommen gilt in Bezug auf den Schutz ausländischer Investitionen und den Rechtsschutz der Investoren als das weitreichendste der in Kraft befindlichen Abkommen208. Seine verschiedenen Streitschlichtungsverfahren bietet das Abkommen zum Schutz einer sehr großen Bandbreite von internationalen Transaktionen. Wie die entsprechende Begriffsbestimmung im MERCOSUR und angelehnt an die Regelungen in bilateralen Investitionsschutzverträgen, erstreckt auch Art. 1 Abs. 6 ECT den Schutzbereich des Energy Charter Treaty auf „every kind of asset“. Wie anhand der Bezeichnung des Abkommens als „Energy Charter“ zu erwarten, trifft Art. 1 ECT allerdings eine sektorale Eingrenzung des Investitionsbegriffs auf solche Investitionen, die eine wirtschaftliche Betätigung auf dem Energiesektor (Kohle, elektrische Energie, Erdgas, Erdöl und daraus gewonnene Produkte, Atomenergie, Brennholz und Holzkohle) zum Gegenstand haben.

5. Bindende Einigung Die bindende und unwiderrufliche Natur der Einigung ist Ausfluss des Grundsatzes pacta sunt servanda209. Es soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass dieser Grundsatz nur zum Tragen kommen kann, wenn beide Parteien sich der Jurisdiktion des ICSID unterworfen haben. Seine Eignung ist offensichtlich, wenn sich der Investor und der Gaststaat in einer Schiedsklausel in einem Investitionsvertrag oder einer Schiedsabrede auf das ICSID geeinigt haben. Hat die staatliche Seite hingegen ihre Unterwerfung in einem bilateralen Investitionsschutzvertrag, in einem nationalen Gesetz oder einem multilateralen Abkommen zugesagt, bedarf es noch der Annahme dieses Angebots durch den Investor. Für den Investor ist es daher ratsam, nicht nur auf diese Offerte zu vertrauen, sondern sie durch eine Annahmeerklärung seinerseits unwiderruflich zu machen210. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Kündigung völkerrechtlicher Verträge und die Änderung nationaler Gesetze von Einfluss auf die Verbindlichkeit der Einigung. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Wortlaut des Art. 25 Abs. 1 WBÜ: „parties have given their consent“211. Die Aufnahme einer Klausel in einen Investitionsvertrag, die die Fortwirkung der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit für die Zeit nach Beendigung des Vertrages festschreibt, wird daher für entbehrlich gehalten212. Auch die Kündigung des WBÜ 208 Vgl. Wälde, International Investment under the 1994 Energy Charter Treaty in The Energy Charter Treaty, 24. Diese Aussage muss wohl zumindest dahingehend korrigiert werden, dass die sachliche Begrenzung auf den Energie-Sektor den Anwendungsbereich einschränkt. Innerhalb dieses sachlichen Anwendungsbereiches ist mit dem ECT dann tatsächlich ein umfassender Vermögensschutz erreicht worden. 209 Vgl. Delaume, ArbInt, 1989, 21, 24. 210 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, 389. 211 Vgl. Hirsh, The ICSID, 50.

172

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

durch die staatlichen Vertragsparteien ist ohne Einfluss auf gegebene Schiedsabreden213. Das WBÜ erklärt nicht nur die einseitige Lösung einer Partei von einer Schiedsvereinbarung für unzulässig, es hält auch Vorschriften bereit für die Einleitung und Fortsetzung von Verfahren entgegen der Weigerung einer Partei, an diesem teilzunehmen214. Die praktische Bedeutung dieser Vorschriften zeigte sich bereits in einem der ersten ICSID-Schiedsverfahren, Alcoa Minerals of Jamaica, Inc. v. Jamaica215. Gegenstand dieses Verfahrens zwischen der amerikanischen Gesellschaft und dem Staat Jamaika war ein auf 25 Jahre geschlossener Investitionsvertrag aus dem Jahre 1967. Dieser Investitionsvertrag verpflichtete die Gesellschaft zum Bau und Betrieb einer Aluminiumfabrik auf Jamaika; im Gegenzug garantierte die Regierung langfristige Bauxitabbau-Konzessionen und erhebliche Steuervergünstigungen in Verbindung mit einer „no-further-tax“ Klausel. Der Vertrag enthielt eine Schiedsklausel zugunsten des ICSID. 1974 kam es zu Meinungsverschiedenheiten über die Angemessenheit der vertraglichen Vereinbarungen. Parallel zu seinem Ansinnen, den Vertrag anzupassen, notifizierte Jamaika dem ICSID 1974 einen einseitigen Vorbehalt gem. Art. 25 Abs. 4 WBÜ „keine in Bezug zu Mineralien oder anderen Bodenschätzen stehenden Investitionsstreitigkeiten“ dem ICSID unterbreiten zu wollen216. Zeitgleich kam es nach einem Regierungswechsel zu einer Steuererhöhung auf den Abbau von Bauxit in Höhe von über 1000%. Nach Erhebung der Schiedsklage durch Alcoa weigerte sich Jamaika unter Berufung auf den kürzlich erklärten Ausschluss an den Verhandlungen vor dem Schiedsgericht teilzunehmen217. Das Schiedsgericht verwarf diesen Einwand unter Berufung auf Art. 25 Abs. 1 WBÜ und stellte fest, dass Einschränkungen der Unterwerfung unter die Jurisdiktion des ICSID nur in Bezug auf zukünftige Investitionen wirksam werden können und in keinem Fall bereits getroffene Einigungen zu beeinträchtigen in der Lage sind218. Die Unwiderruflichkeit der Einigung gilt auch unter dem WBÜ selbstverständlich nur für den einseitigen Versuch der Rücknahme. Auch nach der Einleitung 212 Vgl. Delaume, JIA 1989, 101, 108, der trotzdem eine Klausel anbietet, welche die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit auch für Streitigkeiten in der Folge des eigentlichen Investitionsvertrages für anwendbar erklärt. Die Sicherstellung dieser Fortwirkung ist dem WBÜ allerdings bereits als eines seiner Grundprinzipien immanent und so bleibt Delaumes Empfehlung für die Aufnahme einer solchen Klausel auch sehr vage, „no harm will be done, and maybe something will be gained.“ 213 Art. 71 i.V.m. 72 WBÜ. 214 Art. 45 Abs. 1 und 2 WBÜ. 215 Beschluss v. 06. 07. 1975 in YBCA 1979, 206; ICSID Rep I, 296 ff. 216 Zitiert nach Ott, Die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten durch Schiedsgerichte, 79. 217 Vgl. Schmidt, HILJ 1976, 90, 95. 218 Vgl. Schmidt, HILJ 1976, 90, 102 f.; weitere Beispielfälle für die Verpflichtung von Staaten zur Vertragstreue durch Schiedsgerichte bei Delaume, Transnational Contracts, 363 ff.

II. Einigung durch Schiedsabrede oder Schiedsklausel

173

eines Schiedsverfahrens kennt das ICSID-Schiedsverfahren eine Reihe von Möglichkeiten für die Parteien, das Verfahren zu beenden: Die Parteien können das Verfahren wahlweise einvernehmlich für erledigt erklären219, dem einseitig vorgebrachten Beendigungsbegehren der anderen Partei entsprechen220 oder einer zwischenzeitlich erzielten außerschiedsgerichtlichen Einigung die Form eines Schiedsspruchs durch das Schiedsgericht geben221. Von diesen Möglichkeiten haben die Parteien bisher auch in über der Hälfte aller abgeschlossenen Verfahren Gebrauch gemacht.

6. Notifizierung gem. Art. 25 Abs. 4 WBÜ Wie im vorstehenden Abschnitt dargestellt, stellt die beiderseitige Einigung auf das ICSID eine Zäsur dar. Die einmal erklärte rein freiwillige Unterwerfung unterliegt dann einer strengen Bindungswirkung. Daher sieht das WBÜ neben dem zweistufigen Verfahren der Einigung in Art. 25 Abs. 4 WBÜ zusätzlich die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten vor, dem Zentrum Arten von Investitionsstreitigkeiten zu notifizieren, die nicht seiner Jurisdiktion unterfallen sollen. In den Verhandlungen über das WBÜ herrschte insbesondere unter den kapitalimportierenden Staaten die weit verbreitete Befürchtung, dass die bloße Mitgliedschaft in der Konvention Erwartungen der privaten Investoren wecken könnte und Druck auf die Staaten zur Einigung auf das ICSID ausüben könnte222. Daher forderten sie eine Möglichkeit, bestimmte Tatbestände bereits im Voraus der Jurisdiktion des ICSID entziehen zu können. Dabei handelt es sich nicht um Erklärungen, die die Rechtswirkung einzelner Vertragsbestimmungen in der Anwendung auf den jeweiligen Staat ausschließen oder ändern, mithin um keine völkerrechtlichen Vorbehalte der Staaten zum WBÜ223. Genau dies sollte auch mit der Aufnahme des Art. 25 Abs. 4 WBÜ verhindert werden. Im Directors Report heißt es dazu: „31. [ . . . ] Article 25 (4) expressly permits Contracting States to make known to the Centre in advance, if they so desire, the classes of disputes which they would or would not consider submitting to the Centre. [ . . . ] Of course, a statement excluding certain classes of disputes from consideration would not constitute a reservation to the Convention.“

Die Notifikation dient ausschließlich informatorischen Zwecken. Sie ist weder geeignet, eine gültige Schiedsabrede zu begründen224, noch könnte der Gaststaat Art. 43 Abs. 1 AR. Art. 44 AR. 221 Art. 43 Abs. 2 AR. 222 ICSID Hist, II, 1, 57 f., 540 f., 822. 223 Vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. D WVK. 224 SPP Southern Pacific Properties (Middle East) Limited v. Arab Republic of Egypt (Arb / 84 / 3), Beschluss v. 14. 04. 1988, ICSID Rep 3, 131, 143. 219 220

174

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

mit der nachträglichen Ausnahme bestimmter Typen rechtlicher Auseinandersetzungen bereits gemachte Schiedsabreden unwirksam machen225. Gleichzeitig schließt die Notifikation nach Art. 25 Abs. 4 WBÜ eine Einigung auf das ICSID nicht aus. Ein Gaststaat kann sich mit einem Investor auch für Investitionen auf das ICSID einigen, wenn er die Art von Investition dem Zentrum nicht als schiedsfähig oder sogar als nicht schiedsfähig notifiziert hat226. Tatsächlich haben einige der Staaten, die Ausnahmen gem. Art. 25 Abs. 4 WBÜ notifiziert haben, bilaterale Investitionsschutzverträge geschlossen, die diesen Ausnahmen zuwider laufen227. Im Falle eines solchen Widerspruchs zwischen der speziellen Unterwerfung eines Staates und der Notifikation dieses Staates, eben diese streitgegenständliche Art von Investition nicht der Jurisdiktion des ICSID zu unterstellen, überwiegt die spezielle Einigung der Parteien228. Im Verfahren PSEG Global v. Turkey bestreitet die beklagte Türkei das Vorliegen einer wirksamen Einigung der Parteien auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit, da der Regelungsgehalt des zeitlich nachfolgenden Investitionsschutzabkommens über die türkische Notifikation hinausgeht229. Als spezielleres Instrument gehe die Notifikation dem Abkommen aber vor230. Einen solchen eigenen rechtlichen Gehalt spricht das Schiedsgericht der Notifikation allerdings ab; sie diene ausschließlich der Information der Parteien im Vorfeld der Einigung und zur späteren Auslegung dieser Einigung231. Bisher haben nur relativ wenige Staaten hiervon Gebrauch gemacht232. Insgesamt haben nur 6 der 142 Mitgliedstaaten Erklärungen gemäß Art. 25 Abs. 4 WBÜ abgegeben. Neben dem bereits im Zusammenhang mit den Fällen Alcoa Minerals of Jamaica, Inc. v. Jamaica und Kaiser Bauxite Company v. Jamaica erörterten Vorbehalt Jamaikas haben China233, Papua-Neu Guinea234, Saudi Arabien235, Vgl. Broches, YCA 1993, 627, 647. Vgl. Amerasingh, IJIL 1979, 166, 226. 227 So bezieht sich z. B. das Abkommen zwischen den USA und Jamaika, welches eine Schiedsklausel zugunsten des ICSID enthält, auch auf Investitionen, die Jamaika gegenüber dem Zentrum von der Jurisdiktion des ICSID ausgenommen hat. 228 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, 631 unter Verweis auf die Entstehungsgeschichte des WBÜ. 229 Vgl. PSEG Global Inc.,The North American Coal Corporation and Konya Ilgin Elektrik Üretim ve Ticaret Limited Sirketi v. Republic of Turkey (Arb / 02 / 5), Beschluss v. 04. 06. 2004, para. 125. 230 A. a. O. para. 129. 231 A. a. O. para. 140 f. 232 Vgl. Escher, RIW 2001, 20, 22. 233 Mitteilung v. 06. 02. 1993. Ausschließlich Streitigkeiten über den Umfang von Entschädigungen nach Enteignung und Nationalisierung. 234 Mitteilung v. 14. 09. 1978. Nur Streitigkeiten, die von fundamentaler Bedeutung für die Investition selbst sind. 235 Mitteilung v. 08. 05. 1980. Keine im Zusammenhang mit Öl und staatlicher Souveränität stehenden Streitigkeiten werden dem ICSID unterbreitet. 225 226

III. Zusammenfassung

175

Guatemala236 und die Türkei237 dem Zentrum Ausnahmeregelungen notifiziert. Guayana und Israel haben ihre vormals erklärten Ausnahmeregelungen zwischenzeitlich widerrufen.

III. Zusammenfassung Das im Rahmen der freiwilligen Schiedsgerichtsbarkeit zentrale Jurisdiktionselement der Einigung auf das ICSID hat seit Inkrafttreten des WBÜ eine weit gehende Veränderung erfahren. Während die erste Stufe dieses zweistufigen Systems unverändert im Beitritt der Staaten zum WBÜ besteht, hat sich die zweite Stufe der Einigung zwischen den Parteien des Schiedsverfahrens von der direkten Einigung hin zu einer Einigung durch die zeitversetzte Annahme der Offerte des Gaststaates in völkerrechtlichen Verträgen oder seiner nationalen Gesetzgebung entwickelt. Auf der Grundlage eines immer dichter werdenden Netzes von Investitionsschutzverträgen, multilateralen Investitionsschutzabkommen und nationalen Investitionsschutzgesetzen mit entsprechenden Verweisungen auf die internationale Schiedsgerichtsbarkeit, vermag der Investor Rückgriff auf das ICSID zu nehmen, obwohl zwischen ihm und dem Gaststaat weder ein Investitionsvertrag noch irgendeine vertragliche Bindung besteht. Die Spruchpraxis der ICSID-Schiedsgerichte hat das Verhältnis zu Schiedsklauseln aus einem direkten Rechtsverhältnis der Parteien dahingehend ausgelegt, dass den Staaten, die eine ICSID-Schiedsklausel in Investitionsschutzverträgen offerieren, die Möglichkeit genommen ist, diese Offerte zu umgehen, indem sie Investoren durch den Abschluss von direkten Verträgen im Einzelfall zu anderen Mitteln der Streitbeilegung zwingen. Bilaterale Investitionsschutzverträge unterscheiden nur noch sehr unscharf zwischen „Investition“ und „Vermögenswert“. Dass diese Unterscheidung dennoch in einigen Investitionsschutzverträgen gefunden werden kann, verdeutlicht im Umkehrschluss, dass in der überwiegenden Mehrzahl der modernen Investitionsschutzverträge die Grenzen des Schutzes ausländischer Direktinvestitionen zugunsten eines allgemeinen Investitionsschutzes (der auch Portfolio-Investitionen einschließt) ausgeweitet worden ist238. Auch im Mustervertrag für die deutschen Investitionsschutzverträge werden Direktinvestitionen und Portfolio-Investitionen gleichermaßen als Schutzobjekt betrachtet. 236 Mitteilung v. 16. 01. 2003. Kompensationsansprüche wegen Bewaffneter Konflikte oder Unruhen können dem ICSID nicht unterbreitet werden. Andere Ansprüche erst nach Erschöpfung behördlicher Verfahren. 237 Mitteilung v. 03. 03. 1989. Ausschließlich für Streitigkeiten, die einer bereits begonnenen und genehmigten Investition entspringen. Zudem Ausnahme von Streitigkeiten über Immobilien. 238 Vgl. Parra, TNC 1995, 27; a.A. Karl, RIW 1998, 432, 433 für die deutschen Investitionsschutzverträge.

176

E. Die Einigung der Parteien auf das ICSID

Innerhalb der MITs lässt das NAFTA eine konzeptionelle Unterscheidung zwischen geschützten Investitionen und nicht geschützten anderen Vermögenswerten am klarsten erkennen239 Eine enumerative Negativklausel engt den im Grundsatz weiten Investitionsbegriff des NAFTA ein und macht ihn somit exklusiver als die typischerweise sehr weiten Definitionen der bilateralen Investitionsschutzverträge240. Folglich wird in jedem Einzelfall zu prüfen sein, welche grenzüberschreitenden Transaktionen von den jeweiligen Rechtsvorschriften als Auslandsinvestition definiert werden und welche Rechte und Beschränkungen hiermit verbunden sind241. Indem sie privaten Antragstellern den Rückgriff auf das ICSID in der vollen Bandbreite möglicher Investitionsstreitigkeiten eröffnen, sind die dargestellten Instrumente geeignet, die Jurisdiktion des ICSID in dramatischer Weise zu erweitern242. Durch Auslegung des Investitionsbegriffs des WBÜ wird zu ermitteln sein, inwieweit die subjektive Einigung der Parteien auf das ICSID geeignet sein kann, zwingende objektive Jurisdiktionsvoraussetzungen rationae materiae zu egalisieren.

Vgl. Parra, TNC 1995, Nr. 4, 27, 45. Vgl. Karl, ZvglRWiss 2000, 143, 168. 241 Vgl. Escher, RIW 2001, 20, 26. 242 Vgl. Kleinheisterkamp, International Commercial Arbitration in Latin America, 106; Paulsson, ICSID Rev 1995, 232, 233. 239 240

F. Der Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, dass es sich beim Begriff der Investition weniger um einen feststehenden Begriff handelt, als vielmehr um ein Konzept, dessen Inhalt durch Auslegung des Begriffes im spezifischen Kontext zu ermitteln ist. Obwohl es sich bei dem Begriff der Investition um einen Schlüsselbegriff des WBÜ handelt, ist im Abkommen und im begleitenden Directors Report keine Definition dafür enthalten.1 Die bisherigen Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass es nur noch in einer Minderzahl der Schiedsverfahren vor dem ICSID zu einer direkten Einigung zwischen dem ausländischen Investor und dem Gastland der Investition über die Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes gekommen ist. Die Regel bildet mittlerweile die Bezugnahme auf bilaterale oder multilaterale Verträge oder Abkommen, deren sachlicher Schutzumfang stark variiert. Höchst unterschiedliche Konzepte der grenzüberschreitenden Investition können daher die Rechtsgrundlage für die Anrufung eines ICSID-Schiedsgerichts bilden. Diese neuen Gesetze und bi- oder multilateralen Instrumente des Investitionsschutzes fördern grundsätzlich die Liberalisierung nationaler Investitionsregime und verkörpern hohe Standards des Investitionsschutzes. Wie bereits früher festgestellt wurde, ist ein Großteil diese Instrumente nicht nur auf ausländische Direktinvestitionen, sondern ebenso auf die sog. New Forms of Investment und reine Portfolio-Investitionen anwendbar. Tatsächlich ist der Umfang rationae materiae in vielen dieser Instrumente auf den Schutz jeglicher Vermögenswerte („any kind of asset“) oder sämtlicher eigentumsrechtlicher Positionen („property and property rights“) ausgedehnt. Ihre Anwendbarkeit rationae personae ist ebenso weit gefasst und erstreckt sich auf natürliche und juristische Personen, die innerhalb oder außerhalb des Gastlandes ihren Sitz haben können. Wenn die Instrumente sich im Detail auch teilweise erheblich unterscheiden, so ist ihnen doch gemein, dass ihr sehr weiter Anwendungsbereich dazu beiträgt, die traditionellen Unterscheidungslinien zwischen ausländischen und inländischen Investitionen, öffentlichen und privatwirtschaftlichen Investitionen sowie sogar zwischen Investitionen und Welthandel zu verwischen2. Die Ablösung der Einigung der Parteien auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit im konkreten Einzelfall durch eine abstrakt-generelle Offerte des Gastlandes der Investition in diesen Instrumenten und ihrer entsprechenden Annahme durch die 1 2

Pirrung, Weltbankübereinkommen, 56. Vgl. Parra, TNC,1995, 27.

12 Belling

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

private Partei ist geeignet, diesen „cornerstone“ der Jurisdiktion zu erschüttern. Unter dem Druck, dem zur weltweiten Anlage bereitstehenden Kapital eine adäquate verfahrensrechtliche Absicherung der materiellen Schutzstandards bieten zu müssen, kann es dadurch für die Staaten zu einer faktisch obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit kommen3. Gerade das Nichtvorliegen einer solchen war aber früher stets ein zentrales Argument dafür, dass eine klare Bestimmung des Investitionsbegriffes entbehrlich sei4. Im Umkehrschluss erscheint eine Eingrenzung des Investitionsbegriffes durch ein eigenes Konzept der Investition im Sinne des WBÜ heute daher umso mehr geboten. Dieses ist durch die Auslegung der zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen zu ermitteln. Ein solches Vorgehen wäre allerdings entbehrlich, wenn einer in der Literatur vertretenen Ansicht gefolgt werden würde und die Bestimmung des Investitionsbegriffes ausschließlich der Dispositionsbefugnis der Parteien unterstellt werden würde. Diese subjektive Bestimmung durch die Parteien würde eine Auseinandersetzung mit den objektiven Tatbestandsmerkmalen des Investitionsbegriffes schlicht entbehrlich machen. Daher soll im nachfolgenden Abschnitt zunächst auf dieses Spannungsverhältnis zwischen objektiver Bestimmtheit und subjektiver Bestimmung durch die Parteien eingegangen werden.

I. Zur Auslegung des unbestimmten Völkerrechtsbegriffes „Investment“ i. S. d. Art. 25 Abs. 1 WBÜ Im Allgemeinen versteht man unter Vertragsauslegung die Erforschung des Vertragssinns5, ein Verfahren, welches vereinfacht ausgedrückt auch mit der „Übersetzung von Unverständlichem ins Verständliche“6 umschrieben werden kann. Die völkerrechtliche Auslegung ist ein spezifisches Erkenntnisverfahren, das weitgehend identisch mit allen Arten der juristischen Auslegung ist. In manchen Fällen bedingen allerdings die Besonderheiten des Völkerrechts auch eine spezifisch völkerrechtliche Auslegungsweise. Die Interpretation eines völkerrechtlichen Rechtsgeschäfts, insbesondere eines bilateralen oder multilateralen Vertrages, besteht in der Aufhellung des wahren Sinnes einzelner Worte, der Stellung der Worte zueinander, über die Erfassung einzelner Paragraphen bis hin zur Deutung des Sinnzusammenhanges des Vertrages und sich darüber hinaus ergebende Zusammenhänge7. 3 Unter dem Gesichtspunkt staatlicher Souveränität bleibt den Staaten selbstverständlich die rechtliche Möglichkeit, die offerierte Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit jederzeit zurückzunehmen. Das WBÜ steht dem nicht entgegen, vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 244. 4 Wiederholt geäußert von Broches im Rahmen der Verhandlungen über das WBÜ. Vgl. u. a. ICSID-Hist., Vol. II, 1, 83. 5 Vgl. Köck, Vertragsinterpretation, 22. 6 Hatz, Rechtssprache, 43. 7 Vgl. Rest, Interpretation, 6.

I. Zur Auslegung des unbestimmten Völkerrechtsbegriffes „Investment“

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Die Auslegung ist eine Tätigkeit, die in der Regel von internationalen Gerichten und Schiedsgerichten zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten entfaltet wird. Dies hat zur Folge, dass Auslegungsfragen vorwiegend unter dem Blickwinkel richterlicher Rechtsfindung betrachtet werden8. Zu einer solchen Beschäftigung eines internationalen Gerichts mit der Auslegung einzelner Rechtsbegriffe des WBÜ könnte es im Falle der Auseinandersetzung von Mitgliedsstaaten über Auslegungsoder Anwendungsfragen der Konvention kommen, wenn diese den IGH anrufen9. Zu einem solchen Verfahren ist es bisher noch nicht gekommen. Davon zu unterscheiden ist die Auslegung durch internationale Organe, wie etwa die Sekretariate internationaler Organisationen, die Verträge in erster Linie auslegen, um Anleitungen für ihr eigenes Handeln zu gewinnen oder um die vertraglich belassenen Handlungsspielräume zu ermitteln. So auch das Sekretariat des ICSID. In Bezug auf das WBÜ nehmen die ICSID-Schiedsgerichte eine Zwischenstellung zwischen dieser jurisdiktionellen Auslegung und der sog. wissenschaftlichen Auslegung10 der internationalen Gerichte ein, da ihre Auslegung als Organ des ICSID zum einen Auslegung des eigenen Gründungsvertrages ist, zum anderen verfahrensrechtlicher Teil einer streitigen Entscheidung gegenüber den Parteien des Schiedsverfahrens sein kann. Rest bezeichnet es zutreffend als eine erlaubte Ungenauigkeit, wenn von der Auslegung von Verträgen gesprochen wird, da Auslegungsprobleme zunächst durch das Nichtverstehen oder unterschiedliche Verstehen von einzelnen Rechtsbegriffen entstehen11. Diese rührt daher, dass zu der richtigen Erfassung eines Rechtsbegriffes auch Sinn und Zweck des Ganzen, damit der Vertrag in der Gesamtheit seiner Aussagen, herangezogen werden muss. Den Ausgangspunkt der Auslegung bildet somit stets der Rechtsbegriff. Als „das Einheitliche für Vielheitliches“, wie es Burkamp ausdrückt12, ist jeder Begriff selbst wiederum eine Zusammenfassung von Handlungen und Objekten zu Gruppen und Klassen, gebildet um diese juristisch behandeln und bewerten zu können13. (Rechts-)begriffe sind Sprachschöpfungen. Da die Sprache als Kommunikationsmittel von Natur aus unvollkommen ist, ist Auslegung nicht allein deshalb nötig, weil dem Textverfasser ein Fehler unterlaufen ist. Mit den Worten von Hart, „In all fields of experience, not only in that of rules, there is a limit, inherent in the nature of language, to the guidance which general language can provide, [ . . . ] uncertainty at the borderline is the price to be paid for the use of general classifying terms in any form of communication concerning matters of fact.“14 Vgl. Karl, Vertrag und spätere Praxis, 22. Art. 64 WBÜ. 10 Vgl. Karl, Vertrag und spätere Praxis, 23. 11 Vgl. Rest, Interpretation, 9. 12 Burkamp, Begriff und Beziehung, 3. 13 Vgl. Engisch, Logische Studien, 34. 14 Hart, Concept of law, 123. 8 9

12*

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Neben einem Begriffskern existiert daher ein Begriffshof, dessen Erfassung ungewiss ist. Insbesondere Rechtsbegriffe sind in diesem Sinne „open textured“15. Daraus lassen sich einige für die Auslegung wesentliche Folgerungen ableiten: Abgrenzungsschwierigkeiten lassen sich wohl durch keine noch so präzise Formulierung verhindern, es wird immer ein Randbereich bestehen bleiben, in dessen Fällen es zweifelhaft sein wird, ob sie von der vertraglichen Regelung erfasst oder nicht erfasst werden. Zugleich aber kann der Rechtsbegriff eine klare und unzweideutige Aussage darüber enthalten, was unbedingt und was keinesfalls seinem Regelungsbereich unterfällt. So kann ein und derselbe Begriff auf der einen Seite zweifelhaft und auslegungsbedürftig, auf der anderen Seite klar und eindeutig sein16. Solange die mögliche Wortbedeutung mehrere Antworten auf eine Rechtsfrage zulässt, handelt es sich um echte Vertragsauslegung, wo der Wortlaut hingegen nur eine Antwort erlaubt, also insoweit klar ist, bleibt für die Interpretation kein Spielraum, in claris non fit interpretatio17. In besonderer Weise werden Rechtsbegriffe von dem ständigen Wandel erfasst, dem unsere Sprache ausgesetzt ist. Begriffsveränderungen entstehen dabei nicht nur dadurch, dass für neue Umwelterscheinungen und Denkweisen neue Worte geprägt werden. Vielmehr kann sich Neues auch in der Erweiterung eines alten Begriffes niederschlagen18. Die Frage Bernhardts, „Ist bei einem Wandel des Sprachgebrauchs die Wortbedeutung zur Zeit des Vertragsschlusses maßgeblich, oder ist statt dessen der Sprachgebrauch der Zeit zu berücksichtigen, in der die Auslegung vorzunehmen ist?“19,

ist für die Auslegung des Investitionsbegriffes im Sinne des WBÜ von besonderer Relevanz, da ein Begriffsbedeutungswandel der internationalen Investition im Laufe des gut 40-jährigen Bestehens der Konvention oben bereits festgestellt worden ist20. 1. Der Auslegungsansatz Für die Auslegung des Investitionsbegriffes ist zunächst der Ansatz des Vorgehens zu bestimmen. Grundsätzlich stehen für die Erforschung der Bedeutung von unbestimmten Rechtsbegriffen in völkerrechtlichen Verträgen der am Parteiwillen orientierte subjektive / personenbezogene Ansatz oder der am Vertragstext Vgl. Hart, Concept of law, 124. Vgl. Bernhardt, Auslegung, 68 f. 17 Dies entspricht der in diesem Zusammenhang stets zitierten Vattel’schen Maxime: „Ein klarer Wortlaut bedarf keiner Auslegung.“ Vgl. de Vattel, Le droit des gens ou Principes de la loi naturelle, 1758, II. Buch, § 263, zit. nach Heintschel von Heinegg, in: Ipsen, Völkerrecht, § 11, Rn. 7. Einschränkend Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, § 20, Rn. 333. 18 Vgl. Rest, Interpretation, 11. 19 Bernhardt, Auslegung, 74. 20 s. o. B.III. 15 16

I. Zur Auslegung des unbestimmten Völkerrechtsbegriffes „Investment“

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orientierte objektive / sachbezogene Ansatz zur Verfügung21. Vereinfacht stellt sich die Frage nach „Vertragstext oder Parteiwille?“22 als Hauptanknüpfungspunkt der Auslegung. Lange Zeit galt der subjektive Ansatz als herrschend. Im Mittelpunkt des subjektiven Ansatzes steht die Erforschung des historischen Parteiwillens wie er in den Vertragsmaterialien (Travaux Préparatoires) zum Ausdruck kommt. In zweifelhaften Fällen sind völkerrechtliche Bestimmungen eng auszulegen, um den möglichst weiten Spielraum souveräner Staaten nicht einzuengen (in dubio mitius)23. Dieser subjektive und im WBÜ in Bezug auf den Investitionsbegriff nicht eindeutig hervortretende Parteiwille derjenigen Staaten, die an der Erarbeitung des WBÜ mitgewirkt haben, ist zu trennen von dem dem WBÜ zugrunde liegenden Zweck, der aus dem objektiv in ihm zutage getretenen Willen der Vertragsparteien und damit dem Inhalt der Normierung zu entnehmen ist. Fehlt es in Bezug auf die auszulegende Vertragsbestimmung an einem übereinstimmenden Parteiwillen (wie im vorliegenden Fall des Investitionsbegriffes im WBÜ), kann der subjektiven Interpretation keine entscheidende, sondern allenfalls eine ergänzende Bedeutung zukommen. Auch allgemein kann der subjektive Ansatz nicht mehr als herrschend angesehen werden24. Internationale Gerichte und Schiedsgerichte haben in der Vergangenheit immer stärker auf die objektive Bedeutung des Vertragstextes abgestellt und diesen nach Sinn und Zweck der auszulegenden Rechtsbegriffe interpretiert25. Ausschließlich der Vertragstext im Sinne eines objective oder textual approach bildet demnach die Grundlage, von der aus ein unbestimmter Rechtsbegriff oder eine Vertragsnorm auf den zu regelnden Sachverhalt hin mit Hilfe der Auslegungsmethoden gleichsam „zu Ende zu denken“ ist26. In den Worten des IGH: „Interpretation must be based above all upon the text of the treaty.“27

2. Völkerrechtliche Auslegung nach der WVK Der objektive Ansatz liegt auch Art. 31 ff. der Wiener Vertragsrechtkonvention (WVK)28 zugrunde. Dieser vertragsvölkerrechtliche Interpretationskanon hat weitestgehend die vom Völkerrecht anerkannten allgemeinen Auslegungsregeln kodiVgl. Heintschel von Heinegg, in: Ipsen, Völkerrecht, § 11, Rn. 4. Vgl. Bernhardt, Auslegung, 15. 23 Vgl. Bernhardt, in: EPIL, Instalment 7, 318, 321. 24 Vgl. Heintschel von Heinegg, in: Ipsen, Völkerecht, § 11, Rn. 5. 25 Vgl. Bernhardt, in: EPIL, Instalment 7, 318, 321. 26 Heintschel von Heinegg, in: Ipsen, Völkerrecht, § 11, Rn. 5. 27 Urteil des IGH vom 03. 02. 1994 im Fall Territorial Dispute between Lybia and Chad, ICJ Rep 1994, 21 f., para. 41. 28 8 ILM 1969, 679. 21 22

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

fiziert29. Obwohl die 1969 unterzeichnete und für Deutschland am 27. 01. 1980 in Kraft getretene WVK eine Rückwirkung auf das ältere WBÜ ausschließt, sind die in ihr kodifizierten völkerrechtlichen Wertungen entsprechend anwendbar30. Zur Interpretation des WBÜ und die Einigung der Parteien transportierender völkerrechtlicher (Investitionsschutz-)abkommen haben sich ICSID-Schiedsgerichte regelmäßig der WVK bedient31. Folgende Auslegungsmethoden vereint Art. 31 Abs. 1 WVK in dieser allgemeinen Auslegungsregel32:

a) Wörtliche Auslegungsmethode Nach der nunmehr herrschenden Meinung ist der Vertragstext der erste Anknüpfungspunkt der Auslegung. Entsprechend der ordinary meaning rule ist ein Begriff nach seiner üblichen Bedeutung auszulegen33. Dabei ist nicht ausschließlich auf den allgemeinen, sondern u. U. auf den fachspezifischen Sprachgebrauch abzustellen. Da sich die übliche Bedeutung häufig nicht aus dem Rechtsbegriff selbst, sondern erst aus seinem Zusammenhang mit anderen Rechtsbegriffen ergibt, lässt sich dies in reiner Form nicht immer verwirklichen34. Ergibt jedoch bereits der Wortlaut ein klares Verständnis, verbietet sich jede weitere Auslegung35.

29 Art. 31 Abs. 1 WVK legt als allgemeine Auslegungsregel fest: „Ein Vertrag ist nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen.“ 30 Die WVK kann zwar wegen der in ihr ausdrücklich ausgeschlossenen Rückwirkung (Art. 4 WVK) nicht unmittelbar auf das WBÜ angewandt werden. Viele der in ihr enthaltenen Normen, darunter insbesondere der Art. 31, werden jedoch zu Recht als Kodifikation bereits bestehender völkergewohnheitsrechtlicher Wertungen angesehen, vgl. de Waart in Dicke, Foreign Investment, 116, 128; ebenso Köck, Vertragsinterpretation, 79, Fn. 4 unter Berufung auf die Rechtsprechung des IGH. 31 Ausdrücklich erwähnt z. B. in Tokios Tokelés v. Ukraine (Arb / 02 / 18), Beschluss v. 29. 04. 2004, para. 27: „As have other tribunals, we interpret the ICSID Convention and the Treaty between the Contracting Parties according to the rules set forth in the Vienna Convention on the Law of Treaties, much of which reflects customary international law.“ Ebenso Emilio Agustín Maffezini v. Spain (ARB / 97 / 7) Beschluss vom 25.01. 2000, para. 27; Waste Management, Inc. v. United MexicanStates (ARB(AF) / 98 / 2) Schiedsspruch v. 02. 06. 2000, para. 2. 32 Vgl. Bernhardt, in: EPIL, Instalment 7, 318, 322. 33 Vgl. Köck, Vertragsinterpretation, 86. 34 Vgl. Heintschel von Heinegg, in: Ipsen, Völkerrecht, § 11, Rn. 8. 35 Diese Position hat auch der IGH im Gutachten über die Aufnahme eines Staates in die VN, ICJ Rep 1950, 8, eingenommen, „If the relevant words in their natural and ordinary meaning make sense in their context, that is an end of the matter.“

I. Zur Auslegung des unbestimmten Völkerrechtsbegriffes „Investment“

183

b) Systematische Auslegungsmethode Die übliche Bedeutung eines Begriffes ergibt sich, wie im Vorigen deutlich geworden ist, in der Regel erst aus dem systematischen Zusammenhang, in den der Begriff eingebunden ist. Unter dem Zusammenhang („context“) im Sinne des Art. 31 WVK versteht man neben der Stellung eines Wortes oder einer Wortgruppe im Satz oder im gesamten Text des Vertrages auch die Präambel und sämtliche Anlagen36. Art. 32 Abs. 2 WVK erweitert den zur Auslegung heranziehbaren Zusammenhang auf jede sich auf den Vertrag beziehende Übereinkunft, die zwischen allen Parteien anlässlich des Vertragsabschlusses getroffen wurde, sowie jede Urkunde, die von einer oder mehreren Vertragsparteien anlässlich des Vertragsabschlusses abgefasst und von den anderen Vertragsparteien als eine sich auf den Vertrag beziehende Urkunde angenommen wurde. Für die Auslegung des Investitionsbegriffes bedeutet dies, dass für die Auslegung unter anderem auf die verschiedenen Verfahrensregeln des Zentrums und den Directors Report zurückgegriffen werden kann. c) Teleologische Auslegungsmethode Nach der teleologischen Auslegungsmethode ist der Rechtsbegriff gemäß dem Ziel und Zweck des Vertrages auszulegen. Dem Vertrag soll eine größtmögliche Effektivität verschafft werden. Eine solche Auslegung nach dem effet utile verbietet daher nicht nur eine dem Wortlaut nach mögliche Auslegung, die den Vertrag überhaupt sinnlos machen würde, sondern führt vielmehr dazu, einen Rechtsbegriff in einem Sinne auszulegen, der dem Ziel und Zweck des Vertrages besser entspricht als eine andere mögliche, also nicht sinnlose, Alternative37. Diese Methode birgt in besonderem Maße die Gefahr in sich, die Grenzen zwischen objektivem und subjektivem, auf den Parteiwillen abstellenden Ansatz zu überschreiten. Ziel und Zweck sind daher zunächst dem Vertragstext, der Präambel oder den Anhängen selbst zu entnehmen. Dies gebietet der objektive Ansatz. Bedenken gegen den effet utile-Gedanken sind daher angebracht, wenn als Maßstab für die Zweckerreichung nicht mehr der Vertragstext mit seinen Grundgedanken, sondern ein allgemeines Zweck- und Effektivitätsdenken ist, welches eine möglichst sachgerechte und wirksame Regelung wünscht38. Insbesondere die diesbezüglichen Aussagen in der Präambel sind ein wichtiges Indiz für den Gesamtzweck eines Vertrages39. Auch im WBÜ sind Aussagen zum Sinn und Zweck der Konvention aus dem Zusammenhang, ausschließlich der Präambel und den Anlagen, hier insbesondere dem Directors Report, zu entnehmen. 36 37 38 39

Vgl. Reuter, YBILC 1966 II, 188, 221. Vgl. Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 80, Rn. 349 f. Vgl. Bernhardt, Auslegung, 96. Vgl. Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 80, Rn. 350.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

In Zweifelsfällen ist die teleologische Auslegung die letztlich entscheidende Interpretationsmethode, da eine Auslegung nur sachgerecht und überzeugend sein kann, wenn sie den „Geist“, die „ratio legis“, richtig erfasst40. d) Historische Auslegungsmethode Es ist bereits dargelegt worden, dass der heute mehrheitlich nicht mehr angewandt subjektive Ansatz den Intentionen der Vertragsverfasser eine entscheidende Bedeutung beimisst. Aus diesem Grund hatten die Travaux Préparatoires einen hohen Stellenwert für die Auslegung nach dieser Methode. Die WVK misst diesen Intentionen der Vertragsparteien beim Vertragsschluss nur insoweit Bedeutung als direktes Auslegungsmittel bei, soweit sich diese in Übereinkünften anlässlich des Vertragsabschlusses oder späteren Urkunden mit Bezug auf den Vertrag perpetuiert haben, gem. Art. 31 Abs. 2 (a) und (b) WVK. Den Travaux Préparatoires weist die WVK lediglich eine ergänzende Rolle bei der Auslegung zu. Wie die „Umstände des Vertragsabschlusses“ gehören die vorbereitenden Arbeiten nicht zum „Zusammenhang“. Art. 32 WVK erklärt diese ergänzenden Auslegungsmittel erst nach Scheitern der Auslegung nach Art. 31 WVK für anwendbar, was dem objektiven Ansatz entspricht, der zunächst am Vertragstext und nur hilfsweise an den Vertragsmaterialien ansetzt. Bei multilateralen Verträgen wie dem WBÜ ist ein Rückgriff auf die travaux préperatoires überhaupt nur möglich, wenn diese den später beigetretenen Vertragsparteien vor ihrem Beitritt zugänglich gemacht worden sind41. Das ICSID hat die im Zusammenhang mit der Entstehung des WBÜ ausgetauschten Notenwechsel, Konventionsentwürfe und Sitzungsprotokolle dokumentiert und in den Sprachen des Übereinkommens veröffentlicht. Diese Dokumente sind daher zur Auslegung des Investitionsbegriffs mit heranzuziehen42. Da sich die historische Auslegungsmethode an Auslegungsmitteln aus der Zeit des Vertragsschlusses orientiert, gibt diese im Zweifel zwangsläufig dem Sprachgebrauch zur Zeit des Vertragsschlusses den Vorzug43. Seidl-Hohenveldern drückt es so aus, dass „Ein Vertrag meist nicht so auszulegen ist, wie etwa die US-Verfassung, in deren Wortlaut jede neue Generation die ihr vorschwebenden Ideale hineininterpretiert.“44

Eine solche statische Bindung an einen historischen Parteiwillen ist allerdings nicht mit dem zugrunde liegenden objektiven Ansatz zu vereinbaren. Eine strenge Vgl. Bernhardt, Auslegung, 84. Vgl. Bernhardt, Auslegung, 117. 42 s. u. F.II.1.–F.II.4. 43 Vgl. IGH Urteil vom 27. 08. 1952 Fall der Rechte der US-Staatsangehörigen in Marokko, ICJ Reports 1952, 176, 189. 44 Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, § 20, Rn. 335. 40 41

I. Zur Auslegung des unbestimmten Völkerrechtsbegriffes „Investment“

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historische Auslegung verkennt, dass der Konsens der Parteien über Ziel und Zweck des Vertrages mit dessen Abschluss keineswegs „versteinert“45. Daher sind, neben dem Zusammenhang, bei der Auslegung nach der WVK beispielsweise auch eine „spätere Übereinkunft“ der Parteien und die „spätere Übung“ zu berücksichtigen46. Dies schafft Raum für ein dynamisches Konzept, als temporales Element der Auslegung. e) Dynamische Auslegungsmethode Nach diesem dynamischen Konzept ist der Begriffsinhalt nicht mit dem Vertragsabschluss festgeschrieben, sondern einem ständigen Prozess der Anpassung an die Erwartungen der Vertragsparteien und die Anforderungen der Rechtsordnung unterworfen. Mögliche Vertragsänderungen werden dabei nicht unbedingt als solche erkannt, sondern als dynamische Anpassung an den Wandel der Zeit in der Auslegung berücksichtigt. Diese Konzeption findet ihre Entsprechung in der dynamischen Auslegungsmethode, die nicht historisch gebunden ist, sondern normative Gesichtspunkte in ihrer aktuellen Relevanz zu würdigen weiß47. In seinem Rechtsgutachten im Namibia-Fall nimmt auch der IGH ein Recht zur dynamischen Auslegung für sich in Anspruch: „An international instrument has to be interpreted and applied within the framework of the entire legal system, prevailing at the time of the interpretation. In the domain to which the present proceedings relate, [ . . . ] the corpus iuris gentium has been considerably enriched, and this the Court may not ignore.“48

Hauptanknüpfungspunkt einer dynamischen Auslegung des Investitionsbegriffes im Sinne des WBÜ wäre die Spruchpraxis der ICSID-Schiedsgerichte als spätere Übung. Unter der späteren Übung, oder auch „späteren Praxis“, versteht man die Praxis zu einem Vertrag nach dessen Abschluss49. Erzeuger der späteren Praxis können neben den Vertragsstaaten auch Vertragsanwender sein, so auch internationale Schiedsgerichte50. Eine spätere Praxis, die ein wirksames Auslegungsmittel darstellen soll, muss zudem mehr oder weniger einheitlich sein und von den Parteien zumindest geduldet werden51. Im Rahmen ihrer (schieds-)richterlichen Unabhängigkeit bei der Rechtsfindung sind diese Voraussetzungen bei den Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte gegeben. Deren Praxis ist konsistent und von DauVgl. Verdross / Simma, Universelles Völkerrecht, 497, Rn. 782. Art. 31. Abs. 3 (a), (b) WVK. 47 Vgl. Karl, Vertrag und später Praxis, 27 unter Bezugnahme auf Bernhardt, Auslegung, 131 f. 48 IGH Gutachten vom 21. 06. 1971 über Legal Consequences for States of the Continued Presence of South Africa in Namibia, ICJ Rep 1971, 16, 31 f. 49 Vgl. Verdross / Simma, Universelles Völkerrecht, 391. 50 Vgl. Karl, Vertrag und spätere Praxis, 116 f. 51 Vgl. Bernhardt, in: EPIL, Instalment 7, 318, 323. 45 46

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

er und ist bisher noch nicht auf den erkennbaren Widerstand einer der Mitgliedstaaten gestoßen52. Die veröffentlichten Entscheidungen sind als spätere Praxis somit für die Auslegung des WBÜ verwendbar53.

3. Besonderheiten bei der Auslegung des WBÜ als Gründungsvertrag einer internationaler Organisation Als völkerrechtliche Verträge unterliegen Gründungsverträge Internationaler Organisationen, wie das WBÜ, zwar vollumfänglich den in Art. 31 ff. WVK kodifizierten Auslegungsregeln54. Die Regeln sind jedoch sehr abstrakt gefasst und lassen Raum für unterschiedliche Akzentuierung und die Besinnung auf detailliertere Auslegungsregeln, die in der WVK keine Aufnahme fanden, da ihre generelle Anwendbarkeit zweifelhaft erschien55. Zu denken ist hier insbesondere an die Regel, Gründungsverträge einer Internationalen Organisation im Lichte des Organisationszwecks auszulegen, woraus sich, wie Klein meint, geradezu das Gebot ergibt, die Auslegung am Vertragsgegenstand und Vertragstyp zu orientieren und insbesondere „verfassungsrechtliche“ Bestimmungen des Gründungsvertrages teleologisch-funktional zu interpretieren56. Art. 25 WBÜ ist wegen seiner herausragenden Bedeutung für den Anwendungsbereich des WBÜ, den er durch seine Vorschriften über die Jurisdiktion des ICSID und die Kompetenz seiner Schiedsgerichte eröffnet oder verschließt, mit Sicherheit eine solche verfassungsrechtliche Bestimmung im WBÜ. Der sie bestimmende Rechtsbegriff der Investitionsstreitigkeit ist somit in einer Weise auszulegen, die der Vorschrift, im Sinne des effet utile, größtmögliche praktische Wirkung verleiht. Gleichzeitig definiert Art. 25 WBÜ aber auch den bestimmten Organisationszweck des Zentrums mit, für den das ICSID als Internationale Organisation nach dem Prinzip der begrenzten Ermächtigung ausschließlich geschaffen wurde. Dieses Prinzip schließt eine teleologische Auslegung von Kompetenzvorschriften nicht aus57. Äußerst umstritten und für die Verwendung der Schiedssprüche von ICSID-Schiedsgerichten oder Entscheidungen des Generalsekretärs gem. Art. 36 Abs. 3 WBÜ als Auslegungsmittel von großer Bedeutung ist daher die Frage, wie weit ein Konventionsorgan bei der Auslegung des Gründungsvertrages gehen darf, bis die Grenze zwischen dynamischer, teleologischer Auslegung und eigenmächtiger Vertragserweiterung überschritten wird58. 52 Vgl. Klein, Vertragsauslegung und „spätere Praxis“ in internationalen Organisationen, in: Bieber / Ress, Dynamik des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 101, 104. 53 s. E.II.3.b), F.III.2.d) und insbesondere F.IV. 54 Vgl. Amerasinghe, BYIL 1994, 175 und 179. 55 Vgl. Verdross / Simma, Universelles Völkerrecht, 496, Rn. 781. 56 Klein, in: Vitzthum, Völkerrecht, 286, Rn. 39. 57 Vgl. Klein, in: Vitzthum, Völkerecht, 346, Rn. 190. 58 Vgl. Buß, DÖV 1998, 323, 329 mit einer Besprechung von BVerwG, Urteil vom 15. 04. 1997, C 38.96, zur dynamischen Auslegung des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

II. Die Entwicklung im Rahmen der Travaux Préparatoires

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Auf den Investitionsbegriff sind die Auslegungsmethoden nunmehr nicht im Sinne einer gestuften Rangordnung, welche die eine Methode den anderen überordnet, anzuwenden, sondern die Auslegung ist entsprechend der Überschrift des Art. 31 WVK („Allgemeine Auslegungsregel“) als einheitlicher Vorgang, als eine single combined operation durchzuführen59. Im Rahmen der Auslegung als single combined operation sind dafür sämtliche erreichbare Erkenntnisquellen zu nutzen, die geeignet sind, die durch die Weglassung einer Definition im WBÜ entstandene Unklarheit über den Umfang des Investitionsbegriffes zu beseitigen. Neben einer Analyse des Vertragstextes und seiner Anhänge, wie z. B. dem Directors Report, sind damit die gut dokumentierte Entstehungsgeschichte des WBÜ und sein zunehmend reichhaltiger werdendes Case law von Relevanz60.

II. Die Entwicklung des Investitionsbegriffes im Rahmen der Travaux Préparatoires Dieselbe zentrale Rolle, die dem Investitionsbegriff bei der Bestimmung der Jurisdiktion zukommt, nahm er auch in den Verhandlungen über das WBÜ ein. Neben dem Problem der Rechtswahl war der Investitionsbegriff wahrscheinlich die einzige Vorschrift des Arbeitspapiers, über die es wiederholt zu breiten Diskussionen kam und zu welcher sich schließlich etwa ein Drittel der Delegierten geäußert hatte61. 1. Der Investitionsbegriff im Arbeitsentwurf Im Arbeitsentwurf der Weltbank von 1962 findet der Investitionsbegriff noch gar keine Erwähnung. Weder der Titel dieses ersten Entwurfes „Convention For The Resolution of Disputes Between States And Nationals Of Other States“62 noch 59 ILC-Entwurf 1966 in YBILC 1966 II, 219 f. § 8. Dabei gilt es allerdings zu beachten, dass jede dieser Methoden eine Teilwahrheit enthält. Denn der Vertragssinn ist weder identisch mit der Parteienabsicht noch völlig unabhängig von ihr, sondern das Ergebnis eines nicht voll zu normierenden gedanklichen Prozesses, welcher sowohl subjektive als auch objektive Momente einbeziehen muss. Vgl. Larenz, Methodenlehre, 305. Mit Mayer-Maly, JB 1969, 413 f., ist es stets geboten, „alle Instrumente zu mobilisieren, die das Verstehen eines Rechtsbegriffes fördern können.“ 60 Mit der Zunahme der ergangenen Beschlüsse und Schiedsprüche nahmen auch die Verweisungen der Schiedsgerichte auf Entscheidungen in vorausgegangenen Verfahren stark zu. Im Verfahren Salini v. Morocco (Arb / 00 / 4), Beschluss v. 23. 07. 2001, para. 44, führt das Schiedsgericht zu den Erkenntnisquellen seiner Jurisdiktionsentscheidung aus: „The Arbitral Tribunal, therefor, is of the opinion that ist jurisdiction depends upon the existence of an investment within the meaning of the Bilateral Treaty as well as the Convention, in accordance with the case law.“ 61 ICSID-Hist., Vol. II., 1, 563. 62 ICSID-Hist., Vol. II., 1, 21.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

der Text dieses Entwurfs enthalten den Begriff „Investment“. Die Jurisdiktion ist hier noch in Art. IV geregelt und verweist auf Art. II, Sec.1.63, der den sachlichen Anwendungsbereich für jede Streitigkeit eröffnet, für deren Lösung sich die Parteien zur Einschaltung des Zentrums geeinigt haben und die einen Streitwert von über 100.000 US $ hat64. Dies wird in der mitgelieferten Kommentierung der Weltbank zu diesem Entwurf damit begründet, dass die Art der Streitgegenstände den Parteien überlassen bleiben soll und auf diese Weise zudem vermieden werden soll, dass sich Parteien auf das ICSID zwar geeinigt haben, ein engerer Investitionsbegriff die Unterbreitung der Streitigkeit aber vereiteln würde65. In der weltbankinternen Diskussion über den Arbeitsentwurf des WBÜ klang aber bereits der Wunsch nach einer präziseren Umschreibung der Jurisdiktion rationae materiae an. Insbesondere eine Abgrenzung zu politischen Streitfragen und Handelsstreitigkeiten wurde für erforderlich gehalten66. Ohne eine Einschränkung auf Investitionsstreitigkeiten sei es für potenzielle Mitgliedstaaten auch schwerer, das WBÜ zu unterzeichnen, da der Umfang der Kompetenzabtretung kaum abzuschätzen sei. Eine klare Aussage zugunsten von Investitionsstreitigkeiten würde auch die Anbindung des ICSID an die Weltbank rechtfertigen67. Während über die Aufnahme des Investitionsbegriffes bei Abschluss der Verhandlungen über dieses Arbeitspapier zunehmend Einigkeit bestand, gingen die Meinungen in der Frage der Aufnahme einer präzisen Definition des Begriffs bereits von diesem frühen Stadium ab weit auseinander. Der juristische Leiter des WBÜ-Projektes Broches verneinte die Frage unter Hinweis auf die Tatsache, dass das WBÜ keine verpflichtende Schiedsgerichtsbarkeit („compulsory arbitration“) für die Mitglieder statuiere, aber nur im Falle einer solchen obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit der Umfang der Verpflichtung den beitretenden Staaten präzise bekannt sein müsse. Die Umgrenzung des Anwendungsbereichs in der Präambel des WBÜ sei daher ausreichend68. Entgegen der Ansicht Broches sprachen sich annähernd alle Direktoren für die Aufnahme einer Definition des Investitionsbegriffs oder zumindest von Indikatoren für das Vorliegen einer solchen aus69. Auch wenn die Schwierigkeiten gesehen wurden, so sollte im Laufe der Verhandlungen zumindest der Versuch unternommen werden.

63 ICSID-Hist., Vol. II., 1, 22. Art. II Sec. 1. lautet, „The provision of this article shall apply to any undertaking in writing to have recourse to conciliation or arbitration.“ (eigene Hervorhebung). 64 ICSID-Hist., Vol. II., 1, 34. 65 ICSID-Hist., Vol. II., 1, 22. 66 ICSID-Hist., Vol. II., 1, 56. 67 ICSID-Hist., Vol. II., 1, 57, 67. 68 ICSID-Hist., Vol. II., 1, 83. 69 ICSID-Hist., Vol. II., 1, 96.

II. Die Entwicklung im Rahmen der Travaux Préparatoires

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2. Im Vorläufigen Entwurf Der Investitionsbegriff findet somit Eingang in den Vorläufigen Entwurf, der den Regionalkonferenzen70 als Diskussionsgrundlage diente. In der Präambel71 und dem, die Jurisdiktion regelnden, Art. II72 wird der Anwendungsbereich des WBÜ auf „investment disputes“ beschränkt. Die Beschränkung auf Streitwerte über 100.000 US $ wurde fallengelassen, obwohl es auch später noch vereinzelte Unterstützung für eine solche Regelung gab, um unbedeutende Verfahren auszuschließen73. Die Diskussionen der Regionalkonferenzen in den Jahren 1963 / 64 spiegelten den Stand der geopolitischen und völkerrechtlichen Situation der damaligen Zeit wider. Ohne auf die artikulierten Interessen einzelner Länder näher einzugehen, lassen sich jeweils gemeinsame Grundpositionen der kapitalexportierenden und -importierenden Länder auf allen vier Konferenzen feststellen. Der zweiten Gruppe von Staaten war durchaus bewusst, dass ausländische Investitionen für den Aufbau ihrer Volkswirtschaften unverzichtbar waren. Sie sahen das vorrangige Ziel des WBÜ darin, ausländische Investoren zu ermutigen, Investitionen auf ihrem Gebiet zu tätigen74. Auf der anderen Seite zeigten sich bei diesen Staaten große Bedenken bezüglich der Schaffung einer faktisch obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit und des Verlustes staatlicher Souveränität. Diskussionen entspannen sich daher immer wieder an der Weite des Investitionsbegriffs. Es wurde vorgebracht, dass der freiwillige Charakter für die Mitgliedsstaaten dadurch an Bedeutung verlieren könne, dass ausländische Investoren versuchen würden, mit jeder Art von Transaktion vor das ICSID zu ziehen75. Insbesondere nur kurzfristige Kapitaltransfers, wie sie täglich tausendfach stattfänden und für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung des Gastlandes ohne nennenswerte Auswirkung seien, könnten so dem Investitionsbegriff unterfallen76. Diese Unabsehbarkeit künftiger ICSID-Verfahren wäre ein großes Hindernis für die auf Kapitalimporte angewiesenen Staaten, das WBÜ zu unterzeichnen77. Aus diesen Gründen wurde es als eine „fundamens. zum Ablauf der Verhandlungen über das WBÜ oben C.I.2. ICSID-Hist., Vol. II, 1, 187. Abs. 2 der Präambel in der Form des Vorläufigen Entwurfes lautete: „2. Bearing in mind the possibility that from time to time disputes may arise in connection with such investment between Contracting States and the nationals of other Contracting States, [ . . . ]“. 72 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 202. Art. II, Sec. 1 dieser überarbeiteten Fassung lautete nunmehr: „The jurisdiction of the Centre shall be limited to proceedings for conciliation and arbitration with respect to any existing or future investment dispute of a legal character between a Contracting State and a national of another Contracting State [ . . . ]“. 73 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 257 f. 74 Z. B. der Repräsentant Malis, ICSID-Hist., Vol. II, 1, 261. 75 ICSID-Hist., Vol. II, 1, Konferenz von Addis Abeba, 256. 76 ICSID-Hist., Vol. II, 1, Genf, 450. 70 71

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

tale Schwäche“78 des WBÜ angesehen, den Parteien die Bestimmung des Investitionsbegriffes zu überlassen und eine Definition des Investitionsbegriffes von diesen Staaten beinahe einhellig gefordert79. Die von den Delegationen vorgeschlagenen Definitionen, zeigten jedoch noch keine einheitliche Linie, die eine Übernahme in die Konvention ermöglicht hätte80. Hingegen ließen sich nach dem Abschluss der Regionalkonferenzen bereits einige Ausnahmen ausmachen, die die Staaten aufgenommen sehen wollten. So sollten Investitionen, die vor Abschluss des WBÜ getätigt worden waren, ausgeschlossen sein. Ebenfalls sollten Investitionen ausgeschlossen sein, die nicht auf einen speziellen Investitionsvertrag mit dem Gaststaat oder dessen Investitionsgesetzgebung begründet sind81. 3. Im Ersten Entwurf Als Ergebnis der Regionalkonferenzen entstand der Erste Entwurf des WBÜ. Dieser enthielt einen neu gefassten Art. 26 Abs. 1, der den Begriff der Investition in das WBÜ einführte: „(1) The jurisdiction of the Center shall extend to all legal disputes between a Contracting State [ . . . ] and a national of another Contracting State, arising out of or in connection with any investment, which the parties to such disputes have consented to submit to it.“82

Art. 26 Abs. 1 wurde durch eine Definition in Art. 30 (i) ergänzt: „For the purpose of this Chapter (i) ,investment‘ means any contribution of money or other asset of economic value for an indefinite period or, if the period be defined, for not less than five years.“83

Nach deutlichen Protesten einer Reihe von Staaten84 gegen die Formulierung der Jurisdiktionsvorschriften wurde im Rahmen der von der Weltbank einberufenen Expertenrunde im November und Dezember 1964 in Washington eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit der Neuformulierung dieses Abschnitts beschäftigen sollte. ICSID-Hist., Vol. II, 1, Hong Kong, 501. ICSID-Hist., Vol. II, 1, 470. 79 Z. B. ICSID-Hist., Vol. II, 1, 468, 493. Weitere Nachweise bei Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 80. 80 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 285, 493, 357. 81 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 565 f. 82 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 622. 83 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 623. 84 Das kommunistische China erinnerte in einem Schreiben an die Weltbank vom 09. 11. 1964 noch einmal daran, dass es Aufgabe des WBÜ werden solle, internationale private Investitionen zu fördern und nicht das im Ausland befindliche Eigentum als solches zu schützen, ICSID-Hist., Vol. II, 1, 652. 77 78

II. Die Entwicklung im Rahmen der Travaux Préparatoires

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Von den beteiligten Staaten gingen dort über ein Dutzend Formulierungsvorschläge für die Art. 26 ff. ein85. Ihre vielfältigen Formulierungen veranlassten den Verhandlungsführer der Weltbank, Broches, zu der Aussage, dass es sich dabei hauptsächlich um Umschreibungen dessen, was der jeweilige vorschlagende Staat dem ICSID zu unterbreiten bereit war, handelte86. Zu einer Einigung innerhalb der Arbeitsgruppe auf einen Text kam es nicht, sodass diese die Entscheidung wieder zurückverwies87. Neben Definitionen aus verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen und nationalen Investitionsgesetzen wurde auch ein Definitionsvorschlag der Weltbank zur Diskussion gestellt: „The term ,investment‘ means the acquisition of (i) property rights or contractual rights (including rights under a concession) for the establishment or in the conduct of an industrial, commercial, agricultural, financial, or service enterprise; (ii) participation or shares in any such enterprise; or (iii) financial obligations of a public or private entity other than obligations arising out of short-term banking or credit facilities.“88

Diese Definition geht somit zum einen von einem unternehmensbezogenen Investitionsbegriff aus, wenn vom Erwerb von Besitzrechten und vertraglichen Rechten für die Errichtung oder den Betrieb von industriellen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder Dienstleistungsunternehmen die Rede ist. Zum anderen unterscheidet die Weltbank aber nicht zwischen Direkt- und Portfolio-Investitionen, indem sie Beteiligungen oder Anteile an solchen Unternehmen ohne eine Aussage über die Höhe dieser Anteile und die damit verbundene Kontrollbefugnis unter den Schutz des WBÜ stellt. Eine wesentliche Erweiterung erfährt der Investitionsbegriff durch die Aufnahme von Zahlungsverpflichtungen von öffentlichen- oder privaten Rechtspersonen. Deren Schutz wird allerdings in Anlehnung an die zeitliche Beschränkung in Art. 30 des ersten Entwurfs auf Zahlungsverpflichtungen beschränkt, die nicht aus einer kurzfristigen Bank- oder Kreditverpflichtung resultieren. Dieser Vorschlag einer Definition ist für die Auslegung des Investitionsbegriffes insbesondere deshalb von Bedeutung, weil die in den Verhandlungen federführenden Vertreter der Weltbank eine Definition des Begriffes im WBÜ ansonsten stets abgelehnt hatten und die Jurisdiktion des Zentrums der Einigung der Parteien überlassen wollten89. Insbesondere anhand dieser Definition lässt sich so erfahren, welche Vorstellungen die Weltbank vom Anwendungsbereich ihrer Konvention hatte. Ähnlich wie die zunächst geforderte Mindesthöhe für Investitionen tauchte das in den ersten Entwürfen und auch der Definition der Weltbank enthaltene zeitliche 85 86 87 88 89

ICSID-Hist., Vol. II, 2, 829 ff. ICSID-Hist., Vol. II, 2, 707. ICSID-Hist., Vol. II, 2, 829. ICSID-Hist., Vol. II, 2, 844. ICSID-Hist., Vol. II, 2, 707, 710.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Element der Investition nach weiterer Diskussion nicht mehr in den weiteren Entwürfen auf. Auch die Fragen nach der Einbeziehung bestimmter wirtschaftlicher Transaktionen in die Jurisdiktion des Zentrums, wie Anleihen90, Ausrüsterkredite91, Konstruktionsverträge92 oder ausstehende Zahlungen93 blieben unbeantwortet und damit der Beantwortung durch die spätere Praxis der ICSID-Schiedsgerichte überlassen.

4. Im Zweiten Entwurf Nachdem man sich nach Abschluss der Beratungen in der Arbeitsgruppe nicht auf eine Lösung für die Formulierung des Investitionsbegriffs hatte einigen können, standen sich in der im Rahmen der gesamten Expertenkommission geführten Diskussion zwei Grundpositionen gegenüber94: Der „offene“ Ansatz, welcher es den Parteien ermöglichen sollte, jede Investitionsstreitigkeit vor das ICSID zu bringen, auf deren schiedsgerichtliche Beilegung sie sich vorher geeinigt haben, indem der Investitionsbegriff nicht als objektives Tatbestandsmerkmal in das WBÜ aufgenommen würde. Diesen Ansatz verkörperte Art. 26 des Ersten Entwurfs. Dem stand ein „geschlossener“ Ansatz gegenüber, der den Zugang zum ICSID nur für bestimmte Arten von Investitionen zugelassen hätte, welche wahlweise in einer Definition oder Beschreibung von Investitionstatbeständen festgelegt wären. Der erste Ansatz wurde neben einer Reihe von Entwicklungsländern insbesondere von den großen kapitalexportierenden Nationen wie den USA, den Niederlanden, Japan, Deutschland und Großbritannien unterstützt. Von Großbritannien stammte schließlich auch der Entwurf95, der als neuer Art. 25 Eingang in den Zweiten Entwurf96 und mit leichten redaktionellen Änderungen97 in das WBÜ fand. Die Abstimmung fiel mit 29 Stimmen (von 61 an der Expertenrunde teilnehmenden Staaten) und den wenigsten Gegenstimmen für den ersten Ansatz allerdings denkbar knapp aus98. ICSID-Hist., Vol. II, 1, 474, ICSID-Hist., Vol. II, 2, 668, 709. ICSID-Hist., Vol. II, 1, 451. 92 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 500. 93 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 542. 94 ICSID-Hist., Vol. II, 2, 936. 95 ICSID-Hist., Vol. II, 2, 821. 96 ICSID-Hist., Vol. II, 2, 918. Der neue Art. 25 Abs. 1 ersetzte Art. 26 des Ersten Entwurfs; Art. 30 wurde gestrichen und stattdessen die Ausnahmeregelung des Art. 25 IV in das WBÜ eingefügt. 97 ICSID-Hist., Vol. II, 2, 944, aus „dispute of a legal character“ wurde „legal dispute“. Zum Begriff der Rechtsstreitigkeit s. o. D.III. 98 ICSID-Hist., Vol. II, 2, 936. 90 91

II. Die Entwicklung im Rahmen der Travaux Préparatoires

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Im Entwurf des Directors Report, der das WBÜ erläuternd begleiten sollte, hieß es zu Art. 25 Abs. 1 zunächst, dass es nicht für wichtig oder wünschenswert gehalten wurde, den Versuch zu unternehmen, den Begriff der Investition zu definieren99. Insbesondere vor dem Hintergrund des ausgesprochen knappen Abstimmungsergebnisses zugunsten der Weglassung einer Definition war diese Aussage unzutreffend. Nach Vorbehalten gegen die Formulierung100 wird diese in der Endfassung des Directors Reports in die Feststellung, „27. No attempt was made to define the term „investment“ given the essential requirement of consent by the parties,“101

geändert. Ebenso wie die erste Formulierung ist diese Feststellung selbstverständlich historisch inkorrekt und zudem geeignet, zu falschen Schlüssen über die Intention der Parteien zu führen102. Es gab eine ganze Reihe von Definitionsversuchen, doch sie sind alle gescheitert103.

5. Zusammenfassung Für einen großen Teil der Delegierten war die Definition des Investitionsbegriffes von herausragender Bedeutung.104 Aus der Entstehungsgeschichte des Investitionsbegriffes durch die redaktionellen Beratungen lässt sich ersehen, dass eine Umgrenzung des Begriffes durchaus von den beteiligten Staaten und Vertretern der Weltbank gewünscht wurde. Die zahlreichen Diskussionsbeiträge, Formulierungsvorschläge und die Einberufung einer eigenen Kommission zeugen von dem vorhandenen Willen der Beteiligten, die Vorstellungen der kapitalexportierenden Staaten mit denen der vornehmlich kapitalimportierenden Entwicklungsländer zum Ausgleich zu bringen. Das heißt, es ging darum einen Kompromiss zwischen Anhängern eines offenen, auf umfassenden Vermögensschutz im Ausland bedachten Ansatzes mit den Befürwortern des geschlossenen, ausschließlich auf ausländische Direktinvestitionen und ihre ausgeprägtere entwicklungspolitische Komponente bezogenen Ansatzes zu finden. Dass es im Ergebnis weder zu einer Definition des Begriffs noch zu einer enumerativen Beschreibung schiedsfähiger Transaktionen mit Auslandsbezug kam, mag daher als Mangel des WBÜ gewertet werden. In Anbetracht der zur damaligen Zeit noch erheblich stärkeren Gegensätze zwischen den gerade unabhängig gewordenen Entwicklungsländern und den Industriestaaten auf der einen Seite und ideologischen Unterschieden zwischen den politisch-weltanschaulichen Blöcken auf der anderen Seite erscheint dieses Vorgehen jedoch geICSID-Hist., Vol. II, 2, 957. ICSID-Hist., Vol. II, 2, 1072. 101 ICSID-Hist., Vol. II, 2, 1078. 102 Vgl. Yala, TDM 2004, I / 4, 1. 103 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 86. 104 Vgl. Delaume, RdA 1983, 183, 184. 99

100

13 Belling

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

rechtfertigt, um ein solches Abkommen zu ermöglichen, dessen Erfolg entscheidend von der Ratifizierung möglichst aller an der vernetzten Weltwirtschaft teilnehmenden Staaten abhängt. Durch eine Betonung der Einigung zwischen den Parteien wurde die Präzisierung des Investitionsbegriffes praktisch einem sich entwickelnden Case Law überlassen105. Dieser Kompromiss mag der Weltbank und den teilnehmenden Staaten bei Vertragsschluss auch noch leichter gefallen sein, lag dieser starken Betonung der Einigung zwischen den Parteien doch die Annahme zugrunde, dass sich die Parteien in 90 – 95% der Fälle direkt in einer Schiedsklausel in einem State Contract auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit einigen würden106. Die sprunghafte Zunahme von bilateralen Investitionsschutzverträgen und multinationalen Abkommen und der damit einhergehenden sog. Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis hat zu einer Verschiebung dieses Verhältnisses geführt und muss konsequenterweise eine an diese veränderten Voraussetzungen angepasste Bewertung der Bandbreite justiziabler Investitionsstreitigkeiten und im Kern des Investitionsbegriffes nach sich ziehen. Beachtet man die Aussage des Verhandlungsführers der Weltbank, Broches, nach Abschluss der Verhandlungen über das WBÜ „. . . it was very definitely not the Bank’s idea that every foreign investment should be subject to the Convention,“107

so ist diese Äußerung des „führenden Architekten des WBÜ“108 in zweierlei Hinsicht bemerkenswert und für die Auslegung des Investitionsbegriffes von Bedeutung: Hinter dem Begriff steht ein spezielles Konzept der Investition, welches die unterschiedlichen und teilweise gegensätzlichen Interessen der Mitgliedstaaten und das entwicklungspolitische Ziel der Weltbank inkorporiert. Dieses Konzept entspricht eher einer sozialen, als einer rechtlichen oder wirtschaftlichen Kategorie, da ihm auf der einen Seite zwar Transaktionen unterfallen sollen, welche die Wirtschaftswissenschaft und ebenso die Rechtswissenschaft, die auf deren Kategorien zurückgreift, der Finanzierung zurechnet (langfristige Kredite) auf der anderen Seite aber gewisse Investitionsarten nicht unterfallen sollen. Da eine abschließende Einigung auf die Formulierung dieser sozialen Kategorie im Rahmen der Travaux Préparatoires nicht möglich war, sollte es den Anwendern des Übereinkommens überlassen bleiben, diese zu entwickeln. Zunächst leitet dieser Kompromiss zugunsten der Einigung der Parteien jedoch zu der Fragestellung nach dem Spannungsverhältnis zwischen der objektiven Be105 Diese Einschäzung gab auch der amerikanische Unterhändler Barr in der Anhörung vor dem US-Senat bezüglich der Ratifikation des WBÜ, in welcher das Fehlen einer Definition des Investitionsbegriffes als Hindernis seiner Ratifikation durch die USA angesehen wurde, vgl. ILM 1966, 646, 657. 106 Vgl. ICSID-Hist., Vol. II, 1, 495. 107 Broches, Selected Esays, 261. 108 Schreuer, Commentary, Präambel, Rdnr. 2.

III. Objektive Bestimmtheit und seine subjektive Bestimmung

195

stimmtheit des Investitionsbegriffs und der subjektiven Bestimmung durch die Parteien. Diese Fragestellung liegt auf einer anderen Ebene als die Subsumption von im Streit stehenden wirtschaftlichen Transaktionen unter einen Investitionsbegriff; ist gleichsam ihre Vorfrage, da es bei entsprechender Beantwortung in Richtung einer autonomen Einigung der Parteien auf beliebige Streitgegenstände einer weiteren Auslegung des Investitionsbegriffes gar nicht mehr bedürfte109. Den Parteien des Schiedsverfahrens wäre es danach vielmehr überlassen, für jede beliebige Transaktion zu vereinbaren, dass es sich um eine Investition im Sinne des Art. 25 WBÜ handeln soll. Dem ist im folgenden Abschnitt nachzugehen.

III. Das Spannungsverhältnis zwischen der objektiven Bestimmtheit des Investitionsbegriffs und seiner subjektiven Bestimmung durch die Parteien Diese Fragestellung führte bereits während der redaktionellen Entstehungsphase des WBÜ zu eingehenden Diskussionen. Im Kern ging es damals, ebenso wie in der sich anschließenden wissenschaftlichen Diskussion, um die Frage, ob die unbestrittenermaßen zentrale Einigung der Parteien, eine wirtschaftliche Transaktion als Investition im Sinne des WBÜ zu betrachten und potenzielle Rechtsstreitigkeiten, die mit dieser Transaktion in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, eine Einschränkung durch einen eigenen objektiven Gehalt des Konzepts der Investition im Sinne des WBÜ erfahren sollte. Der Wortlaut des WBÜ bleibt diesbezüglich unklar110 und ist daher weiter auszulegen. Während der Verhandlungen über das WBÜ diente Bedeutung der Einigung der Parteien in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit für die Befürworter einer konstitutiven Einigung unter den Verhandlungsteilnehmern gleichsam als Argument für die Entbehrlichkeit einer Definition des Investitionsbegriffes111. Die Befürworter einer objektiven Bestimmtheit des Begriffes sahen die Eingrenzung hingegen als notwendige Voraussetzung für die Bereitschaft der kapitalimportierenden Staaten an, einem Souveränitätsverzicht zugunsten des ICSID zuzustimmen112. Da es zu einer dafür notwendigen Einigung auf eine Definition allerdings nicht gekommen ist, ist diese Frage nach wie vor umstritten. Die im Folgenden behandelten Stimmen in der wissenschaftlichen Literatur haben die Argumente der einen oder der anderen Gruppe der Verhandlungsteilnehmer aufgenommen113. Vgl. Niggemann, IPRax 1985, 185, 187. Vgl. Sassoon, IsraelLR 1964, 27, 34, Fn. 31. 111 Vgl. u. a. ICSID Hist. I, 258, 267, 397; II, 700, 710, 972. 112 Vgl. u. a. ICSID Hist. II, 838. 113 Vgl. Yala, TDM 2004, I / 4, 1, 2, „authors remain divided among two main camps: the ,subjectivist movement‘, [ . . . ] and the ,objectivist movement‘“. 109 110

13*

196

F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

1. Diskussion der Argumente für eine subjektive Bestimmung des Investitionsbegriffes durch die Parteien Die Vertreter eines subjektiven Ansatzes gehen davon aus, dass es den Parteien grundsätzlich selbst überlassen ist festzulegen, was sie unter einer Investition im Sinne des WBÜ verstehen114. Für diese Ansicht werden im Wesentlichen die folgenden Argumente angeführt:

a) Wortlaut des Directors Report Die Anwendung der wörtlichen Auslegungsmethode führt bei Art. 25 WBÜ nicht zum Ziel. Sucht man nach Auslegungshilfen im systematischen Zusammenhang, bietet der Directors Report einen Hinweis, indem dort Art. 25 Abs. 1 WBÜ dahingehend kommentiert wird, dass Definitionsversuche in der Entstehungsgeschichte erst gar nicht unternommen wurden, da der Einigung der Parteien ein wesentliches Gewicht vorbehalten bleiben sollte115. Die Vertreter einer Bestimmung des Investitionsgegenstandes durch die Parteien sehen in diesem Verzicht auf eine Definition eine bewusste Weglassung zugunsten des Ermessens der Parteien116. Diese Feststellung ist jedoch historisch inkorrekt117. Es gab eine ganze Reihe von Definitionsversuchen, doch sie sind alle gescheitert118. Die starke Betonung der Einigung der Parteien hatte ihren Grund in der Unvereinbarkeit der verschiedenen Ansätze zur Umschreibung eines objektiven Gehalts des Investitionsbegriffs und gerade nicht in einem Konsens der Staaten zugunsten einer autonomen Bestimmung durch die Parteien.

b) Möglichkeit der Einschränkung durch Art. 25 Abs. 4 WBÜ Fischer erklärt den Vorrang der parteilichen Einigung zum Prinzip der Jurisdiktion des WBÜ und sieht dieses Konsensprinzip darin begründet, dass es jedem Vertragsstaat freisteht, dem ICSID zu notifizieren, welche Arten von Streitigkeiten er der Zuständigkeit des Zentrums zu unterwerfen beabsichtigt und welche nicht119. 114 Vgl. Delaume, JIA 1984, 101, 117; zustimmend Balekjian AnnAAA 1967 / 68, 108, 114; Fischer, VRÜ 1968, 262, 288; Langer, AWD-BB 1972, 321, 325; Schlosser, Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 76; Branson / Tupman, VirgJ 1984, 917, 924; wohl auch Lauterpacht, in: FS Guggenheim, 642, 643. Sassoon, IsraelLR 1966, 27, 34 Fn. 31, hält den Text des WBÜ insoweit für unklar. 115 ICSID-Rep. I, 23, 28, „27. No attempt was made to define the term „investment“ given the essential requirement of consent by the parties.“ (eigene Hervorhebung) 116 Vgl. Sutherland, ICLQ 1979, 367, 387. 117 s. o. F.II.5. 118 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 86. 119 Vgl. Fischer, VRÜ 1968, 262, 288.

III. Objektive Bestimmtheit und seine subjektive Bestimmung

197

Im Rahmen der Verhandlungen hatte auch Broches mehrmals auf diese Möglichkeit der Staaten verwiesen, gem. Art. 25 Abs. 4 WBÜ jeweils eigene Definitionen der Investition geben zu können120. Dadurch seien sie für sich in die Lage versetzt, den Anwendungsbereich der Konvention zu ändern121. Dem ist nicht zuzustimmen. Art. 25 Abs. 4 WBÜ ermächtigt die Staaten nicht etwa zur jeweils für sie maßgeblichen Investitionsdefinition, was einer nicht beabsichtigten Vorbehaltsmöglichkeit entsprechen würde122, sondern kann nur unverbindliche Anhaltspunkte123 dafür bieten, welche Streitigkeiten innerhalb des Investitionsbegriffes von einzelnen Staaten für schiedsfähig gehalten werden. Zumal auch Länder, die dem WBÜ beigetreten sind, nicht, wie von Juhl behauptet, in jedem Fall und zu jeder Zeit entscheiden könnten, ob ein Fall vor dem ICSID Schiedsgericht verhandelt werden dürfe oder nicht124. Die entsprechende Formulierung in Art. 25 Abs. 4 S. 1 WBÜ, „at any time thereafter“ legt diesen Schluss möglicherweise nahe. Diese Bestimmung nahm Jamaika im Fall Alcoa v. Jamaica zum Anlass, kurz vor einer 1000%igen Steuererhöhung und bereits nach deren Ankündigung, woraufhin Alcoa Minerals of Jamaica protestierte, dem ICSID mitzuteilen, dass es nicht länger bereit sei, Investitionsstreitigkeiten, die in irgendeiner Verbindung zu Bodenschätzen der Insel stehen würden, der ICSID Schiedsgerichtsbarkeit zu unterwerfen125. Beim Beitritt zum WBÜ hatte Jamaika keinen Vorbehalt erklärt. Das Schiedsgericht interpretierte Art. 25 Abs. 4 WBÜ jedoch so, dass die Kundgabe eines Staates nach dieser Vorschrift nur zur Information des Zentrums und zukünftiger Investoren wirke, es aber nicht erlaube, eine Streitigkeit nach deren Entstehung der Zuständigkeit des Zentrums zu entziehen126.

c) Freiwilligkeit der Einigung – keine zwingende Schiedsgerichtsbarkeit Regelmäßig werden der nicht zwingende Charakter des WBÜ und die Freiwilligkeit der Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit als Argument für die freie Bestimmungsmöglichkeit der Parteien angeführt. Diese Eigenschaften des ICSID Hist. II, 2, 972. Vgl. Berger, AWD 1965, 434, 437. 122 Vgl. Directors Report, ICSID Hist. II, 1079. 123 s. o. F.II.6. 124 Vgl. Juhl, Internationale Wirtschaftsbriefe 1977, Nr. 9, 17 f. 125 Alcoa Minerals of Jamaica, Inc. v. Jamaica (Arb / 74 / 2), Beschluss v. 06. 07. 1975, YBCA 1979, 206, „Class of Dispute: Legal disputes arising directly out of an investment relating to minerals or other natural resources“. 126 Alcoa Minerals of Jamaica, Inc. v. Jamaica (Arb / 74 / 2), Beschluss v. 06. 07. 1975, YBCA 1979, 206, 207 f.; zustimmend Walter, in: Festschrift Bauer 1981, 691, 705. 120 121

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

WBÜ sind unbestritten: Den Staaten steht es zunächst frei, dem WBÜ beizutreten, und auch die Signatarstaaten sind nach dem Prinzip der doppelten Freiwilligkeit („double voluntary character“127) selbst nach dem Beitritt noch frei, der Unterwerfung im Einzelfall zuzustimmen. Erklären die private Partei und der Gaststaat der Investition auf der Grundlage dieser doppelten Absicherung ihre Zustimmung zum Schiedsverfahren, indem sie unter anderem die wirtschaftliche Transaktion als Investition bezeichnen, soll diese Einigung einen konstitutiven Charakter besitzen128. Obwohl schon die Aufnahme einer entsprechenden Schiedsklausel zugunsten des ICSID ein ausreichender Anhaltspunkt für diese Klassifikation wäre, bietet das Zentrum zusätzlich eine Musterklausel für die Aufnahme in einen State Contract an, welche die von den Parteien angenommene Investitionseigenschaft explizit festschreibt129. Eine sicherlich überflüssige Maßnahme, würde man der Einigung ausschließlich eine indizielle Funktion zugestehen, so wird argumentiert. Diese Argumentation besitzt heute nur noch eingeschränkt Gültigkeit. Im Gegensatz zu anderen Schiedsgerichtsordnungen ist es im Rahmen des WBÜ nämlich nicht notwendig, die Unterwerfung in einem gegenseitigen Vertrag zwischen Investor und Gaststaat zu erklären130. Insbesondere auf Seiten des beteiligten Staates bestehen vielmehr eine Reihe von Möglichkeiten, die notwendige Erklärung abzugeben131. So kann ein Staat die Erklärung einzeln, für bestimmte, bereits bestehende Streitigkeiten oder für künftige, aus einem bestimmten Rechtsverhältnis erwachsende Streitigkeiten abgeben. Neben der Möglichkeit des Abschlusses eines State Contracts direkt mit dem ausländischen Investor bestehen für den Staat regelmäßig eine Reihe weiterer Möglichkeiten, allgemein bindende Einwilligungen zu erklären: durch einseitige Mitteilung gegenüber dem ICSID132, durch seine innerstaatliche (Investitions-)Gesetzgebung, durch bilateralen Staatsvertrag oder durch die Mitgliedschaft in multilateralen Abkommen. Während der Beratungen über das WBÜ lag der starken Betonung der Einigung zwischen den Parteien noch die Annahme zugrunde, dass sich die Parteien in 90 – 95% der Fälle direkt in einer Schiedsklausel in einem State Contract auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit einigen würden133. Für die ersten 20 Fälle, die dem Broches, RdC 1972, 333, 348. Vgl. Schlosser, Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 99. 129 Vgl. ICSID Rep. 4, 360 Musterklausel 3 (1993): „It is hereby stipulated that the transaction to which this agreement relates is an investment.“ 130 Vgl. Delaume, in: Aksen / von Mehren (Hrsg.), International Arbitration between Private Parties and Governments, 221, 226 f. 131 s. dazu und zu den unterschiedlichen Graden der rechtlichen Bindungswirkung oben E.II. 132 Ein solcher Fall ist bisher noch nicht bekannt geworden. 133 Vgl. ICSID-Hist., Vol. II, 1, 495. 127 128

III. Objektive Bestimmtheit und seine subjektive Bestimmung

199

Zentrum bis zur Mitte der 80er Jahre unterbreitet wurden, mag diese Annahme auch zugetroffen haben. Die Einigung auf das ICSID war in sämtlichen dieser Fälle in traditioneller Weise im Rahmen von State Contracts oder vergleichbaren Instrumenten zustande gekommen. Mit der rasanten Entwicklung von Investitionsgesetzen, bilateralen Investitionsschutzabkommen und multilateralen Abkommen seit den 90er Jahren hat jedoch der Anteil der Fälle, deren Zuweisung zum ICSID sich auf solche allgemein bindenden Einwilligungen bezogen hat, dramatisch zugenommen. In Anbetracht des immer dichter werden Netzes solcher Investitionsregime ist damit zu rechnen, dass sich diese Entwicklung zukünftig noch verstärken wird. Ein Ergebnis dieser Entwicklung ist, dass bereits drei Viertel der zwischen 1998 und 2002 beim ICSID anhängig gemachten Schiedsverfahren eine solche „Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis“ zum Gegenstand hat134. Seither hat sich das Verhältnis noch weiter zu letzterer Form der Einigung auf das ICSID verschoben. Insbesondere für die New Forms of Investment und kleinere Direktinvestitionen, für die in der Regel keine State Contracts mit dem Gaststaat abgeschlossen werden können, sind daher diejenigen staatlichen Einwilligungsformen, die nicht an einen bestimmten Investor oder eine bestimmte Investition gebunden sind, sondern statt dessen allgemein bestimmte Arten von Streitigkeiten der Jurisdiktion der ICSIDSchiedsgerichte unterwerfen, von großer Bedeutung135. Eine solche allgemeine Einwilligung kann schließlich nur so lange widerrufen werden, solange nicht die andere Partei, d. h. der Investor, ebenfalls eingewilligt hat. Liegt also eine solche allgemeine Einwilligungserklärung vor, hat jeder Investor die Möglichkeit, wie bei einem bindenden Angebot, in z. B. einem State Contract, vor oder nach Entstehung einer Streitigkeit nur durch Abgabe seiner Einwilligungserklärung die Zuständigkeit des ICSID unwiderruflich zu begründen136. In dieser Konstellation des Zustandekommens eines Schiedsverfahrens haben sich ICSID-Schiedsgerichte bereits in einigen Fällen zu einer kritischen Nachprüfung veranlasst gesehen137. Dies insbesondere weil der breite Anwendungsbereich dieser Instrumente in vielen Fällen eher einem allgemeinen Vermögensschutz im Ausland als dem ausschließlichen Schutz von Investitionen dient. 134

Vgl. Stevens, ICSID News 2002, Vol. 19, 4, 5; Shihata / Parra, ICSID Rev. 1999, 299,

304. 135 Diese Möglichkeit wird von Walter, in: FS Bauer, 1981, 691, 704, noch vermisst. Er sah ein Bedürfnis nach einer ständig bereitstehenden Institution für Investitionsstreitigkeiten insbesondere für solche „vertragslosen“ Investitionen. Durch die Einbeziehung von ICSIDSchiedsklauseln in eine Vielzahl von Investitionsschutzinstrumenten wird diese Forderung zunehmend erfüllt. 136 Vgl. Bader, Sicherungspotentiale, 130. 137 Diese Fälle liegen an der Schnittstelle zwischen der Auslegung der staatlichen Unterwerfungserklärung und der Auslegung des für das WBÜ geltenden Investitionsbegriffs. Insbesondere für die hier zu klärende Vorfrage nach der ausschließlichen subjektiven Bestimmbarkeit des Investitionsbegriffes durch die Parteien, sind diese beiden Problemkreise nicht getrennt voneinander zu beurteilen. A.A. Bader, Sicherungspotentiale, 128 f.

200

F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Während die direkte Einigung der Parteien auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit in Bezug auf ein konkretes Investitionsvorhaben noch als Argument für eine ausschließliche subjektive Bestimmbarkeit heranziehbar erscheinen mag, vermag das „freibleibende“ Angebot des Staates mit späterer Annahme durch den Investor, wie es zunehmend die Regel wird, nicht als Argument dienen zu können. Gaststaat und Investor haben sich gerade nicht mehr völlig freiwillig auf die Qualifikation der streitbefangenen Transaktion als Investition geeinigt. Dies liegt daran, dass insbesondere mit dem Abschluss bilateraler Investitionsschutzverträge von den Staaten vornehmlich andere Ziele, wie die Steigerung der Attraktivität als Investitionsstandort und dadurch die Anlockung ausländischen Kapitals in jeder Form verfolgt werden. Der im WBÜ intendierte Ausgleich der Interessen privater Investoren und der Gaststaaten ihrer Investitionen138 wäre so zu Lasten der Staaten gefährdet.

d) ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit schließt eine Lücke im internationalen Investitionsschutz In dieselbe Richtung zielt das Argument, es sei die Aufgabe der Schiedsgerichtsbarkeit des ICSID, eine Lücke im internationalen Investitionsschutz zu schließen139. Lauterpacht fragt daher, was überhaupt dadurch erreicht werden kann, wenn ein ICSID-Schiedsgericht von seiner theoretischen Möglichkeit Gebrauch machte, und den Investitionsbegriff proprio motu, also ohne die Rüge zumindest einer der Parteien und entgegen ihrer Einigung, untersuchte? Käme das Schiedsgericht zu dem Ergebnis, dass der unterbreitete Streitgegenstand nicht unter die Jurisdiktion des ICSID fällt, käme diese Ablehnung einer Schutzlosstellung des ausländischen Investors gleich, da dieser somit wieder an die ordentliche Gerichtsbarkeit des Gastlandes verwiesen wird, welcher der Streit gerade entzogen werden sollte140. Für diese Ausweitung spricht, von dem größeren Potenzial an Streitfällen für das ICSID einmal abgesehen, dass sie einem Grundprinzip der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit entspricht: Sie baut auf der im Schiedsvertrag zum Ausdruck kommenden Unterwerfung der Parteien unter die Rechtsprechungsgewalt des Schiedsgerichts auf141, dessen Zuständigkeit die Parteien durch Parteivereinbarung in der Regel frei bestimmen können. 138 Vgl. Schwarzenberger, Foreign Investments and international Law, 142; Broches, RdC 1972, 333, 348 unter Berufung auf den Directors Report, para. 13: „While the broad objective of the convention is to encourage a larger flow of private international investment, the provisions of the Convention maintain a careful balance between the interests of investors and those of host states.“ 139 Vgl. Baker / Yoder, JIA 1988, 81, 87. 140 Vgl. Lauterpacht, in: FS Paul Guggenheim, 1968, 649, 650 Fn. 3. 141 Vgl. Niggemann, IPRax 1995, 185, 187.

III. Objektive Bestimmtheit und seine subjektive Bestimmung

201

Dagegen ist vorgebracht worden, dass das ICSID diese Rolle einer umfassenden Schiedsgerichtsbarkeit in internationalen Vermögensangelegenheiten gerade nicht spielen soll142. Wenn eine solche institutionalisierte Schiedsgerichtsbarkeit auch für wünschenswert gehalten wird143, ist die Konzentration auf Investitionen im Sinne des Art. 25 WBÜ eben gerade keine Lücke im internationalen Investitionsschutz, sondern allenfalls eine Konzentration auf eben diesen unter Ausscheidung solcher Transaktionen, die unter keinen Gesichtspunkten als mit einer Investition im Zusammenhang stehend angesehen werden können. Eine solche Ausweitung des Schutzes auf die Vermögenswerte privater ausländischer Investoren durch eine unbegrenzte Bestimmungsfreiheit der Parteien wird zudem für kurzsichtig gehalten, da eine Verwässerung des Investitionsbegriffes zum unbegrenzten Vermögensbegriff und eine Verwässerung des Investitionsvorganges zur allgemeinen Transaktion auf längere Sicht die Bereitschaft der Staaten zur Unterwerfung unter das WBÜ und somit den nachhaltigen Erfolg des ICSID gefährden würde144.

e) Maßgebliche Bestimmung aus der Sicht des Gaststaates Während die vorangegangene Argumentation mit einem möglichst lückenlosen Investitionsschutz in erster Linie dem ausländischen Investor zu Gute kommt, meint Delaume, dass den Interessen des ausländischen Investors in der Regel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt werde. Dem Blickwinkel des Gaststaates der Investition sei dieselbe, wenn nicht sogar mehr, Aufmerksamkeit zu widmen145. Als Beispiel führt Delaume den Bau eines Staudammes an. Während sich die im Zusammenhang mit einem solchen Großprojekt von ausländischen Auftragnehmern erbrachten Dienst- und reinen Lieferleistungen für diese allein genommen nicht als Investition darstellen mögen, mag dieselbe Transaktion aus der Sicht des Staates eine lebenswichtige „Investition“ in die wirtschaftliche Entwicklung des Landes in Bezug auf den Schutz vor Überschwemmungen, die Erzeugung von Wasserkraft und die Landwirtschaft sein. Dies gelte ebenso für andere infrastrukturelle Großprojekte146. Nathan entgegnet dieser, vornehmlich aus der Sicht der staatlichen Partei vorgenommenen Determination des Investitionsbegriffes, dass ohne eine eingehende ökonomische Analyse des ICSID-Schiedsgerichts im vorgelegten Einzelfall gar nicht sicherzustellen sei, ob derartige Großprojekte einen solchen positiven entwicklungspolitischen Effekt auf den Gaststaat gehabt hätten. Es sei offensichtlich, 142 143 144 145 146

Vgl. Böckstiegel, Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen, 161. Vgl. Niggemann, IPRax 1995, 185, 187. Vgl. Carreau / Juillard, Droit international économique, 399 f. Vgl. Delaume, Transnational Contracts Vol. II, § 15.15., 30, 31. Vgl. Delaume, Transnational Contracts Vol. II, § 15.15., 30, 31.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

dass eine Vielzahl derartiger Großprojekte dieser Überprüfung nicht standhalten könnte. Insbesondere staatliche Prestige- und Militärprojekte könnten auch aus der Sicht des beteiligten Staates schlechterdings nicht als Investition bezeichnet und unter das WBÜ subsumiert werden147. Gegen eine Bestimmung des Investitionsbegriffes rein aus dem Blickwinkel der staatlichen Partei spricht zudem der Wortlaut des WBÜ. In der Präambel des WBÜ ist von internationalen und zudem privaten Investitionen die Rede, „The contracting states Considering the need for international cooperation for economic development, and the role of private international investment therein;“

im Zusammenhang mit welchen Streitigkeiten entstehen können, „[ . . . ] Bearing in mind the possibility that from time to time disputes may arise in connection with such investment between Contracting States and nationals of other Contracting States;“

die in bestimmten Fällen eines internationalen Verfahrens zu ihrer Beilegung bedürften, „[ . . . ] Recognising that while such disputes would usually be subject to national legal processes, international methods of settlement may be appropriate in certain cases.“

Insbesondere die ausdrückliche Qualifizierung schiedsfähiger Transaktionen im Sinne des WBÜ als internationale private Investitionen spricht gegen eine subjektive Bestimmbarkeit des Begriffes vornehmlich durch die staatliche Partei unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Entwicklung des eigenen (Gast-)Landes148.

2. Diskussion der Argumente für die objektive Bestimmtheit des Investitionsbegriffs Die Vertreter der Gegenmeinung halten den Investitionsbegriff für eine objektive Zuständigkeitsvoraussetzung des WBÜ, auf welche die Parteien nur geringfügigen Einfluss haben149, und sehen in der Einigung der Parteien oder einer staatlichen Notifikation gemäß Art. 25 Abs. 4 S. 1 WBÜ ausschließlich ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer Investition im Sinne des Art. 25 WBÜ150. GrundsätzVgl. Nathan, JIA 1995, 27, 31. Die Ablehnung der subjektiven Bestimmbarkeit in diesem Zusammenhang ist unabhängig von dem objektiven Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Entwicklung zu sehen, siehe dazu insbesondere unten F.IV.3.b)dd). 149 Vgl. Gaillard, ICSID Rev 1988, 136, 138. 150 Vgl. Amerasinghe, Jurisdiction of international tribunals, 636; Bader, Sicherungspotentiale, 122; Broches, Essays, 164, 168; ders., RdC 1972, 333, 362; Dolzer / Stevens, Bilateral Investment Treaties, 119, 145; Hirsch, The Arbitration Mechanism of the ICSID, 59 f.; 147 148

III. Objektive Bestimmtheit und seine subjektive Bestimmung

203

lich gehen die Vertreter dieser Meinung somit von einer Kombination objektiver und subjektiver Merkmale aus151. Neben den in der Diskussion der Argumente für eine rein subjektive Bestimmbarkeit in den vorstehenden Abschnitten bereits genannten Gründen, werden folgende weitere Argumente hierfür angeführt:

a) Wortsinn des Investitionsbegriffs Wie oben dargelegt, herrscht keine Übereinstimmung in Bezug auf die Bedeutung des Begriffs der Investition. Einigkeit herrscht hingegen bei der grundsätzlichen Abgrenzung internationaler Investitionen von gewöhnlichen Handelsgeschäften („ordinary commercial transactions“) ohne den Einsatz von Kapital oder anderen Ressourcen. Unabhängig vom Umfang des Investitionsbegriffs im Sinne des WBÜ, wäre die Bezeichnung schiedsfähiger Transaktionen im Übereinkommen als „private international Investment“ (Präambel) oder „Investment“ (Art. 25 Abs. 1 WBÜ) und nicht zuletzt die Bezeichnung des Übereinkommens als Convention on the settlement of investment disputes between states and nationals of other states schlicht überflüssig und irreführend, wenn es einer entsprechenden Einigung der Parteien überlassen sein sollte, auch eben solche Handelsgeschäfte unter den Investitionsbegriff zu fassen152. Die Argumentation nach dem Wortsinn ist allerdings ausschließlich geeignet, Transaktionen auszuschließen, die den Begriffsrand des Investitionsbegriffes deutlich überschreiten.

b) Existenz der ICSID Additional Facility Zudem besteht beim ICSID mit der Additional Facility noch eine weitere Schiedsinstanz, deren sachlicher Anwendungsbereich weiter gefasst sein soll als der Anwendungsbereich der eigentlichen ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit nach dem WBÜ. Wenn auch die Praxis gezeigt hat, dass in der Regel aus Gründen mangelnder Zuständigkeit rationae personae auf ein Additional Facility-Verfahren ausgewichen wird, so eröffnet die Schiedsordnung der Additional Facility (AR) diese Möglichkeit doch ebenso für Streitigkeiten, welche die Anforderungen an eine Investitionsstreitigkeit i.S.v. Art. 25 WBÜ rationae materiae nicht erfüllen153. Während es sich auf der einen Seite somit nicht um einen Rechtsstreit in Verbindung mit einer Investition handeln muss (selbstverständlich handeln darf, wenn andere Lamm, ICSID Rev 1991, 462, 474; Lörcher, Verfahren der internationalen Streiterledigung, 172 f.; Nathan, JIA 1995, 27, 39 ff.; Niggemann, IPRax 1985, 185,187; Pirrung, Weltbankübereinkommen, 56 ff.; ders., AG 1972, 365, 367; Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 89 ff.; Shihata / Para ICSID Rev 1999, 299, 307. 151 Vgl. exemplarisch Escher, RIW 2001, 20, 22. 152 Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 57. 153 Art. 2 AR.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Voraussetzungen der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit fehlen), darf der Generalsekretär des ICSID die Sache nur zur Verhandlung durch ein Additional Facility Schiedsgericht annehmen, wenn es sich um keine ordinary commercial transaction handelt154. Dies zeigt zweierlei: Zum einen wäre eine Anwendbarkeit der Additional Facility in Fällen überflüssig, in denen eine Investition im Sinne von Art. 25 WBÜ nicht vorliegen würde, wenn die Parteien die Dispositionsbefugnis über den Begriff hätten, zum anderen sahen die Schöpfer der Additional Facility eine Kategorie von Transaktionen, bei denen es sich weder um Investitionen im Sinne des WBÜ noch um reine Handelsgeschäfte handelt155. Für die Beantwortung der hier zur Diskussion stehenden Frage nach der objektiven Bestimmtheit des Investitionsbegriffes ist erstere Feststellung ausreichend. Der von Golsong gestellten Frage, wie der Generalsekretär eine Transaktion als Investition klassifizieren soll, nachdem sich vorher möglicherweise ein ICSID-Schiedsgericht für unzuständig erklärt hat, weil es eine solche nicht feststellen konnte, soll im Zusammenhang mit dem Investitionsbegriff der Additional Facility nachgegangen werden.156

c) Kompetenz-Kompetenz der ICSID-Schiedsgerichte Neben dem Wortsinn des Investitionsbegriffs wird der Wortlaut des WBÜ als Argument aufgeführt. In den Vorschriften über das Schiedsverfahren157 weist das WBÜ dem Schiedsgericht das Recht und die Pflicht zu, für alle Beteiligten bindend über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden. Diese durch Art. 41 Abs. 1 WBÜ, „The Tribunal shall be the judge of its own competence,“

begründete zwingende Kompetenz-Kompetenz überlässt dem Schiedsgericht somit auch die Auslegung des Investitionsbegriffes im Einzelfall. Zudem ist dem Schiedsgericht im WBÜ an zwei Stellen ausdrücklich ein Entscheidungsspielraum eingeräumt. Bei der Anwendung des materiellen Rechts158 und in Verfahrensfragen, Art. 44 S. 2 WBÜ, der eine subsidiäre Regelungsbefugnis von Verfahrensfragen durch das Schiedsgericht selbst enthält. Wegen des engen Zusammenhanges Art. 4 AR. Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 111. 156 Golsong in FS Riphagen, The reference to the ICSID Additional Facility, 35, 44: „But how would this work if, for example, an ICSID tribunal had declared itself incompetent on the ground that it considered the underlying transaction not to be an ,investment‘ and had left it to the secretary-general to state that the transaction falls under an investment classification because it is different from an ,ordinary commercial transaction‘?“ s. u. F.IV.5. 157 Kapitel IV, Art. 36 – 55 WBÜ, insbesondere Abschnitt 3 „Befugnisse und Aufgaben des Gerichts“, Art. 41 – 47 WBÜ. 158 Art. 42 Abs. 2 WBÜ, welcher eine ausdrückliche Pflicht des Schiedsgerichts zur Ausfüllung von Rechtslücken enthält. 154 155

III. Objektive Bestimmtheit und seine subjektive Bestimmung

205

zu dem im selben Abschnitt stehenden Art. 41 WBÜ wendet Pirrung insbesondere Art. 44 S. 2 WBÜ ausdehnend auch auf Zuständigkeitsprobleme an159. Der Schluss, dass der Investitionsbegriff eine objektive Bedeutung unabhängig von der Bestimmung durch die Parteien besitzt, wird zudem von Art. 2 Abs. 1 (e) der Institutional Rules (IR) gestützt160. Dieser schreibt vor, dass die Parteien bei ihrem Antrag an das ICSID nicht nur Angaben über ihre Einigung, sondern auch über den Streitgegenstand zu machen haben, aus denen sich ergibt, dass zwischen den Parteien eine unmittelbar mit einer Investition zusammenhängende Rechtsstreitigkeit besteht. Diese formelle Vorschrift soll die Prüfung des Streitgegenstandes durch das Schiedsgericht ermöglichen. Die Gegenmeinung würde sie hingegen zur reinen Formalie degradieren.

d) Anwendbarkeit des Art. 42 Abs. 1 WBÜ auf das Verfahrensrecht – das Verfahren SPP Southern Pacific Properties (Middle East) Limited v. Arab Republic of Egypt Umgekehrt ist die Frage nach einer entsprechenden Anwendbarkeit des für die Wahl des materiellen Rechts geltenden Art. 42 Abs. 1 S. 1 WBÜ, „The Tribunal shall decide a dispute in accordance with such rules of law as may be agreed by the parties“

auf das Verfahrensrecht gestellt worden. Eine solche Befugnis der Parteien, sich über verfahrensrechtliche Vorschriften ebenso einigen zu können, wie über die Anwendbarkeit materiellen Rechts, würde ebenfalls die Möglichkeit beinhalten, sich auf einen Investitionsbegriff zu einigen. In seiner Jurisdiktionsentscheidung geht das Schiedsgericht in Southern Pacific Properties v. Egypt unter anderem auf diese Frage ein161. aa) Sachverhalt Die Southern Pacific Properties (Middle East) Limited, eine britische Gesellschaft mit dem Sitz Hongkong, stritt mit der Republik Ägypten über die Errichtung eines Tourismusprojektes unter anderem in der Pyramiden-Oase in Ägypten162. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 59. Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 90. 161 SPP Southern Pacific Properties (Middle East) Limited v. Arab Republic of Egypt (Arb / 84 / 3), Beschluss v. 14. 04. 1988. Der Fall war der erste, den ein Investor gegen den Gaststaat seiner Auslandsinvestition auf der Grundlage eines nationalen Investitionsschutzgesetzes vor ein ICSID-Schiedsgericht bringen konnte; vgl. Paulsson, ICSID Rev 1995, 232. Die getroffenen Feststellungen beziehen sich in diesem Fall zwar auf die Jurisdiktionsvoraussetzung der Einigung der Parteien (Consent), besitzen aber für ebenso Gültigkeit für die weiteren Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 1 WBÜ. 159 160

206

F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Die Parteien schlossen 1974 einen State Contract, wonach der Kläger Touristikund Hotelanlagen unter anderem im Pyramidengebiet in der Nähe von Kairo entwickeln sollte. Die Anlagen sollten von der Beklagten durch eine für diesen Zweck gegründete Joint-Venture-Gesellschaft betrieben werden. Die Beklagte sollte sämtliche notwendigen lokalen Genehmigungen beibringen, die für die Umsetzung eines gemeinsam entwickelten Masterplans notwendig sind. Vertragliche Pflicht von SPP war es, für die Finanzierung und die Bereitstellung von technischem Knowhow zu sorgen. Dafür schlossen die Parteien ein Rahmen-Abkommen, welches für die Streitschlichtung auf die ICC-Schiedsgerichtsbarkeit verwies. Die Präambel dieses Abkommens verwies allerdings auf das in Ägypten damals bestehende Investitionsgesetz Nr. 43163. Art. 8 dieses Gesetzes wiederum verwies auf das ICSID als Schiedsinstanz für sämtliche gemäß diesem Gesetz abgeschlossenen Verträge, soweit das WBÜ Anwendung finden würde. Wenige Monate nach Beginn der Bauarbeiten im Jahr 1977 widerriefen die örtlichen Behörden die Baugenehmigungen aufgrund zwischenzeitlich gemachter Altertumsfunde. Das daraufhin vom Kläger angerufene ICC-Schiedsgericht verurteilte die Beklagte auf Schadenersatz wegen Vertragsverletzung im Sinne des Klägers164. Der Schiedsspruch wurde in der Folge wieder aufgehoben165. Der Fall wurde dem ICSID im Jahre 1984 unterbereitet und führte zunächst zu einem Schiedsspruch. Das im Anschluss daran eingeleitete Aufhebungsverfahren endete 1993 durch außerschiedsgerichtliche Einigung der Parteien, gem. Art. 43 AR.

bb) Die Entscheidung des Schiedsgerichts zum anwendbaren Verfahrensrecht Die Beklagte argumentierte, dass rechtliche Fragen der Jurisdiktion des ICSID nach ägyptischem Recht zu bewerten seien. Dies ergebe sich entweder aus der expliziten Rechtswahl der Parteien, gem. Art. 42 Abs. 1 S. 1 WBÜ, die sich auf das Investitionsgesetz Nr. 43 geeinigt hatten oder aus S. 2 dieses Absatzes, wonach in Zweifelsfällen das Recht des Vertragsstaates, der Streitpartei ist, zur Anwendung kommen sollte. Art. 8 in Verbindung mit Art. 2 des ägyptischen Gesetzes Nr. 43 verweist auf das ägyptische Zivilprozessrecht. Nach dessen Art. („Sections“) 501 und 502 ist für eine wirksame Schiedsklausel eine zusätzliche und unabhängige Beschluss v. 27. 11. 1985, ICSID Rep 3, 112, 114 ff. Ägyptisches Gesetz Nr. 43 von 1974 über ausländische Investitionen, 16 ILM 1977, 1476 ff. 164 ICC-Entscheidung vom 16. 02. 1983, 22 ILM 1983, 752. 165 Da die ICC-Schiedsgerichtsbarkeit die Möglichkeit der Nachprüfung durch nationale Gerichte nicht ausschließt, ließ die Beklagte die Entscheidung vom Cour d’appel Paris überprüfen. Das Gericht hob die Entscheidung auf, 23 ILM 1984, 1048, und wurde in seiner Aufhebungsentscheidung vom französischen Kassationsgerichtshof in dessen Entscheidung vom 06. 01. 1986 bestätigt, 26 ILM 1986, 1004. 162 163

III. Objektive Bestimmtheit und seine subjektive Bestimmung

207

Schiedsabrede („compromis“) notwendig166. Daraus folgert die Beklagte die Nichtanwendbarkeit des WBÜ im vorliegenden Fall. Der Kläger entgegnete, dass Art. 42 WBÜ ausschließlich Anwendung auf Fragen des materiellen Rechts, welches zur Lösung der Investitionsstreitigkeit angewendet werden soll, finde. Fragen der Jurisdiktion, welche die Auslegung des WBÜ zum Gegenstand haben, müssten unter Anwendung internationalen Rechts gelöst werden. Die Tatsache, dass das Angebot zur Einigung auf die ICSIDSchiedsgerichtsbarkeit in der Form einer gesetzlichen Vorschrift unterbreitet wurde, mache die Frage nach den Voraussetzungen der Jurisdiktion des ICSID nicht zu einer Frage des ägyptischen Rechts. Wegen des internationalen Charakters des WBÜ sei die Frage des Zusammenspiels zwischen dem nationalen Gesetz und dem WBÜ eher nach internationalen Grundsätzen zu behandeln als umgekehrt. Dafür sei Art. 8 des ägyptischen Gesetzes Nr. 43 nach den Regeln der WVK auszulegen167. Das Schiedsgericht befand, dass es sich in dieser Frage umfassend keiner der Parteien anschließen könne. Ägypten wird insoweit Recht gegeben, dass Art. 8 des Gesetzes Nr. 43 für Fragen der Jurisdiktion anwendbar sei. Allerdings bedeute dies nicht, wie vom Kläger zutreffend behauptet, dass Art. 2 des Gesetzes weitere Vorschriften des ägyptischen Rechts auf Verfahrensfragen anwendbar mache. Soweit nämlich Art. 8 zur Lösung von Investitionsstreitigkeiten auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit verweise, sei die Verweisung des Art. 2 auf ägyptisches Prozessrecht unanwendbar und die Art. 501 und 502 für Fragen der Jurisdiktion irrelevant168. Das Schiedsgericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass die Auslegung seiner eigenen einseitigen Unterwerfungserklärung durch einen souveränen Staat das Schiedsgericht nicht binde oder präjudizierend für die Jurisdiktionsentscheidung sei169. Ein anderes Verständnis würde die Kompetenz-Kompetenz der ICSIDSchiedsgerichte konterkarieren170. Nicht anwendbar für die Auslegung eines nationalen Gesetzes hielt das Schiedsgericht die WVK, da Gesetz Nr. 43 nicht das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Staaten sei, sondern einzelstaatlicher Gesetzgebung171. Vielmehr sei für die Auslegung der Frage, ob ein nationales Gesetz eine Einigung auf die ICSID-Jurisdiktion begründet, abzustellen auf „[ . . . ] general principles of statutory interpretation taking into consideration, where appropriate, relevant rules of treaty interpretation and principles of international law applicable to unilateral declarations172.“ Beschluss v. 14. 04. 1988, para. 55, ICSID Rep 3, 131, 140. A. a. O. para. 56. 168 A. a. O. para. 57. 169 A. a. O. para. 60 unter Berufung auf The Electricity Company of Sofia and Bulgaria, PCIJ, Series A / B, No. 77. 64 (1939); Aegean Sea Continental Shelf, ICJ Rep. 1978, 3. 170 A. a. O. para. 60 a.E. 171 A. a. O. para. 59. 166 167

208

F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

cc) Stellungnahme Das Schiedsgericht hat dem klagenden Investor in dem hier relevanten Punkt der Nichtanwendbarkeit des Art. 42 Abs. 1 S. 1 WBÜ auf Fragen in Zusammenhang mit der Jurisdiktion des ICSID Recht gegeben. Dieser Entscheidung ist zuzustimmen. Die Befugnis zur Wahl einer Rechtsordnung ist auf das anzuwendende materielle Recht begrenzt173. Die Intention der Schöpfer des WBÜ war es, den Parteien die Wahl anderer Systeme wie etwa der allgemeinen Rechtsgrundsätze oder des internationalen Wirtschaftsrechts zu ermöglichen.174 Einer entsprechenden Anwendung auf Fragen der Jurisdiktion steht die Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts gem. Art. 41 Abs. 1 WBÜ und dessen systematische Nähe zum Art. 42 Abs. 1 S. 1 WBÜ entgegen. Bestätigung findet diese Rechtsauffassung auch in Enron v. Argentina, „[ . . . ] the Tribunal does not intend to discuss again questions that have been amply considered in recent decisions [ . . . ] It has been concluded in this respect that the applicable provisions in respect of jurisdiction and admissibility are only those of the ICSID Convention and the Bilateral Investment Treaty. This same conclusion stands for the argument that Argentine legislation would be the applicable law under Article 42 of the Convention, as this Article is designed to govern the applicable law in connection with the merits but not in respect of questions of jurisdiction.“175

e) Wirkung der Entscheidungen der Schiedsgerichte inter alias Die weit reichenden Konsequenzen, denen sich die Mitgliedsstaaten im WBÜ unterworfen haben, werden ebenfalls als Argument angeführt, dass der Anwendungsbereich des Übereinkommens nicht durch die Parteien beliebig erweitert werden darf. Mit ihrem Beitritt zum WBÜ begeben sich die Staaten weitgehender Souveränitätsrechte: neben dem Verzicht auf diplomatische Intervention zugunsten des privaten Investors176 sind Schiedssprüche nicht nur für die streitenden Parteien bindend177, sondern gelten unmittelbar und ohne die Möglichkeit der Überprüfung durch die nationale Gerichtsbarkeit gegenüber allen Vertragsstaaten178. Durch diese, in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit einmalig weit reichenden Konsequenzen ist jeder ergangene Schiedsspruch potenziell geeignet, die Interessen sämtlicher Vertragsstaaten zu berühren179. A. a. O. para. 61. Zustimmend ebenfalls Schreuer, Commentary, Art. 25 Rdnr. 376 f. 174 Vgl. Arnold, Praxis des ICSID, 134. 175 Enron Corporation and Ponderosa Assets, L.P. v. Argentine Republic (Arb / 01 / 3), Beschluss v. 14. 01. 2004, para. 38. 176 Art. 27 WBÜ. 177 Art. 53 Abs. 1 WBÜ. 178 Art. 54 Abs. 1 WBÜ. 172 173

III. Objektive Bestimmtheit und seine subjektive Bestimmung

209

Da diese ihren Verzicht auf Hoheitsrechte auf ihrem Staatsgebiet aber nur auf der Grundlage des ursprünglichen Zwecks des WBÜ erteilt haben, würde jede darüber hinausgehende Zuständigkeitserweiterung ihre Rechte verletzen180.

f) Sinn und Zweck des WBÜ Sinn und Zweck des WBÜ ergeben sich aus der Entstehungsgeschichte des WBÜ. Die Travaux Préparatoires können für die Auslegung aber nur von Relevanz sei, wenn darin ein übereinstimmender Wille sämtlicher an der Schaffung des Vertrages beteiligten Staaten zum Ausdruck kommt181. Aus den Travaux Préparatoires dürfen zur Bestimmung des Zwecks des WBÜ somit weder Stellungnahmen der Vertreter der kapitalexportierenden Staaten – und damit in der Regel der potenziell klagenden privaten Investoren – noch der kapitalimportierenden Staaten – der potenziell beklagten staatlichen Seite, punktuell herangezogen werden. Übereinstimmender Wille der Staaten und von Schwarzenberger zutreffend als einzig realistische Regelung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezeichnet182, war der Ausgleich der widerstreitenden Interessen in den ersten Sätzen der Präambel des WBÜ. Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten und das Center auf die Förderung internationaler Zusammenarbeit für die weltweite wirtschaftliche Entwicklung durch den Schutz internationaler Investitionen. Hier findet sich denn auch der einzige ausdrückliche Hinweis des WBÜ auf den objektiven Gehalt seines Investitionskonzepts im ersten Satz der Präambel, „The Contracting States Considering the need for international cooperation for economic development, and the role of private international investment therein.“

Auch im Directors Report findet diese entwicklungspolitische Zielsetzung Erwähnung, „[ . . . ] the Executive Directors are prompted by the desire to strengthen the partnership between countries in the cause of economic development.“183

Der darin offenkundig werdende Wille der Vertragsparteien, dass Investitionen im Sinne des WBÜ einem entwicklungspolitischen Zweck184 zu dienen haben, wird von den Befürwortern einer objektiven Zuständigkeitsvoraussetzung als weiteres Argument ins Feld geführt.185 Vgl. Pirrung, AG 1972, 365, 367. Vgl. Niggemann, IPRax 1984, 184, 187. 181 Vgl. Amerasinghe, Jurisdiction of international tribunals, 630 f. unter Berufung auf den IGH in Roumanian Minister of War v. Turkish Gouvernment, AD 1927 – 8, para. 433. 182 Vgl. Schwarzenberger, Schutz der Auslandsinvestitionen, 93. 183 ICSID Rep. I, 23, 25, para. 9. 184 Zum entwicklungspolitischen Konzept des WBÜ, s. auch unten F.IV.3.b)dd). 185 Vgl. Schreuer, Commentary, para. 88. 179 180

14 Belling

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

3. Stellungnahme Die von den Vertretern einer konstitutiven Einigung unter den Parteien vertretene Präjudizierung der Jurisdiktion rationae materiae bringt die Aussage Schlossers treffend auf den Punkt, dass wenn die Vertragsparteien den Gegenstand eines Geschäfts als Investition im Sinne des WBÜ bezeichnen, „niemandem Unrecht geschieht, wenn dann ohne nähere Nachprüfung auch tatsächlich von einer Investition ausgegangen wird“186. Wenn auch ein gewisser Charme der Einfachheit für eine Bestimmung durch die Parteien spricht187, ist festzustellen, dass der Investitionsbegriff der freien Disposition der Parteien entzogen sein soll. Nur diese einschränkende Auslegung wird der Entstehungsgeschichte und dem Zweck des WBÜ gerecht: Es soll ausländische Investoren vor willkürlicher Behandlung durch den Gaststaat der Investition durch Enteignungen oder ähnliche hoheitliche Maßnahmen schützen, nicht aber die erste institutionalisierte Wirtschaftsschiedsinstanz der Welt sein – so sehr eine solche Instanz möglicherweise wünschenswert wäre. Nur eine solche Ansicht wird auch den Interessen der anderen Vertragsstaaten gerecht, die Teile ihrer Hoheitsrechte abgegeben haben, indem sie von ICSID-Schiedsgerichten erlassene Schiedssprüche als bindend anerkennen und für die Vollstreckung der darin auferlegten Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet Sorge tragen. Auch entsprechende Erklärungen der Parteien, eine bestimmte Transaktion sei als Investition i. S. d. Art. 25 WBÜ anzusehen, wie sie in den Musterklauseln des ICSID-Sekretariats empfohlen werden188, können damit für die Jurisdiktion des ICSID keine unmittelbar bindende Wirkung haben. Denn sowohl der Generalsekretär des ICSID als auch das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht können den Investitionscharakter einer Transaktion verneinen und aufgrund fehlender Zuständigkeit die verfahrenseröffnende Registrierung bzw. die Streitentscheidung ablehnen. Es entspräche nicht dem Aufbau und dem Ziel des Art. 25 WBÜ, mittels eines fiktiven Investitionsbegriffs („Die Parteien vereinbaren, den Gegenstand dieses Vertrages als eine Investition im Sinne des Art. 25 des WBÜ zu behandeln.“) die Zuständigkeitsvoraussetzungen durch eine rechtsgeschäftliche Einigung zu ersetzen189. Mit den Worten von Broches, „This Article defines the outer limits within which parties can put its mechanisms into operation. A compromissory clause which extends beyond those limits will have no effect. This is as true for the investment protection treaties [ . . . ] as for an investment agreement between a host State and a foreign investor190.“ Schlosser, Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 76. Vgl. Schmidt, HILJ 1976, 90, 100. 188 Vgl. ICSID Rep. 4, 360 Musterklausel 3 (1993). 189 Niggemann, IPRax 1985, 185, 188, erachtet deshalb die Empfehlung des ICSID-Sekretariats, wie sie in den Musterklauseln zum Ausdruck kommt, je nach dem wahren Charakter der Investition, für ein Danaergeschenk. 190 Broches, in: FS Sanders, The Art of Arbitration, 63. 186 187

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

211

Auch das Sekretariat des ICSID geht daher im Einklang mit der hier vertretenen Meinung lediglich davon aus, dass einer solchen Vereinbarung der Parteien in Zweifelsfällen nur eine Indizwirkung für das Vorliegen einer Investition i. S. d. WBÜ beigemessen werden kann191. Dass, bedingt durch die zunehmende Einigung der Parteien in generellen Investitionsschutzinstrumenten (sog. „Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis“), deren in der Regel sehr weite Grenzen des Investitionstatbestandes neben den Art. 25 WBÜ treten, hat keine Auswirkungen auf das gefundene Ergebnis. Der Vorsitzende des Schiedsgerichts in dem Verfahren Tokios Tokelés v. Ukraine, Weil, hat dies erst kürzlich treffend beschrieben, „. . . [I]t is within the limits determined by the basic ICSID Convention that the BITs may determine the jurisdiction and powers of the ICSID tribunal, and it is not for the Contracting Parties in their BIT to extend the jurisdiction of the ICSID tribunal beyond the limits determined by the basic ICSID Convention. From this it follows that, while the Contracting Parties to the BIT are free to confer to the ICSID tribunal a jurisdiction narrower than that provided for by the Convention, it is not for them to extend the jurisdiction of the ICSID tribunal beyond its determination in the Convention192.“

Bei der Prüfung der Investitionseigenschaft haben sich auch die ICSID-Schiedsgerichte regelmäßig für das Vorliegen objektiver, dem WBÜ immanenter, Grenzen der Einigungsfreiheit der Parteien ausgesprochen. Im Verfahren Salini v. Morocco führt das Schiedsgericht dazu aus, „However, it would be inaccurate to consider that the requirement that a dispute be ,in direct relation to an investment‘ is diluted by the consent of the Contracting Parties. To the contrary, ICSID case law and legal authors agree that the investment requirement must be respected as an objective condition of the jurisdiction of the centre.“193

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ unter besonderer Berücksichtigung der Spruchpraxis der ICSID-Schiedsgerichte Als späterer Praxis im Sinne der WVK kommt der Spruchpraxis der ICSIDSchiedsgerichte eine herausragende interpretative Funktion bei der Auslegung des WBÜ und damit des Investitionsbegriffes zu. Schmidt drückt dieses Zusammenspiel der späteren Praxis mit der Entstehungsgeschichte des WBÜ so aus, „While the intent of the drafters may be inferred from the convention’s drafting history, the task of giving precise meaning to these words consistent with the purpose of the convention was left to the context of actual cases, indicating that ICSID tribunals are to perform an essential interpretative function.“194 Vgl. Broches, Essays, 164, 168. Tokios Tokelés v. Ukraine (Arb / 02 / 18), Dissenting Opinion v. 29. 04. 2004, para 13. 193 Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 4), Beschluss v. 16. 07. 2001, para. 52. 191 192

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Nach der Gründung des ICSID sah es zunächst so aus, als könnten die Schiedsgerichte diese Aufgabe nur eingeschränkt erfüllen, da sich die Zahl der dem ICSID unterbreiteten Schieds- und Schlichtungsverfahren bis zur Mitte der 80er Jahre nur langsam entwickelte. Auch in der wissenschaftlichen Praxis wurde eine „Befruchtung durch die schiedsgerichtliche Praxis“ vermisst, nachdem mögliche Problemfelder in einer Vielzahl von Beiträgen bereits theoretisch abgesteckt worden waren195. Einhergehend mit der zunehmenden transnationalen Verflechtung der Weltwirtschaft und der damit verbundenen Zunahme ausländischer Direktinvestitionen ist diese Befürchtung nicht eingetreten. Rund dreißig Jahre nach der ersten Entscheidung in einem Schiedsverfahren ist im Jahr 2002 das einhundertste Schieds- oder Vergleichsverfahren beim ICSID registriert worden196. Mit 80 seither neu unterbreiteten Fällen steigt deren Zahl weiter überproportional zu den ersten Jahrzehnten des Bestehens des ICSID an197. Das von Pirrung vermisste Material für eine eingehende rechtstatsächliche Untersuchung steht damit heute zur Verfügung198. Ebenso wie die Parteien sind die Schiedsgerichte an die objektiven Zuständigkeitsvoraussetzungen des Art. 25 WBÜ gebunden. Das Screening durch den Generalsekretär des Zentrums entbindet sie nicht von der Pflicht, die Zuständigkeitsvoraussetzungen des WBÜ in zweifelhaften Fällen auch bei rügelosem Einlassen der beklagten Partei auszulegen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Parteien zu einer außergerichtlichen Einigung gelangen und das Schiedsgericht diese auf ihren Antrag in einem Schiedsspruch ergehen lässt199. Zum Verständnis des anhaltenden Streits der Parteien um Fragen der Jurisdiktion sei an die grundsätzlich unterschiedliche Interessenlage privater Investoren und der Gaststaaten ihrer internationalen Investitionen erinnert: Während es dem privaten Investor – sehr vereinfacht, aber zumindest langfristig regelmäßig zutreffend – um die Erzielung von Profit und damit einer Rendite auf das eingesetzte Kapital geht, geht es dem Gaststaat um die Förderung seiner wirtschaftlichen Entwicklung. Die rechtlichen Instrumente zur Durchsetzung dieser Interessen sind für den Investor sein Recht auf Eigentum und für den Staat seine Souveränität200.

Schmidt, HarvILJ 1976, 90, 98. Niggemann, IPRax 1985, 185. 196 Es war dies das Verfahren Lafarge v. Republic of Cameroon (Arb / 02 / 4). 197 Stand August 2005. 198 Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 59, dessen eingehende Analyse des WBÜ und Beschreibung der Funktionsweise des ICSID bereits 1971, ein Jahr vor der ersten Entscheidung eines ICSID-Schiedsgerichts, erschien. 199 Art. 43 Abs. 2 AR sieht diese Form der Verfahrensbeendigung vor. Bisher sind Schiedssprüche, die die außergerichtliche Einigung der Parteien verkörpern in fünf Verfahren ergangen. Bis auf den Schiedsspruch in dem Verfahren Joseph C. Lemire v. Ukraine (ARB(AF) / 98 / 1) sind diese allerdings unveröffentlicht geblieben. 200 Vgl. García-Bolívar, JWIT 2004, 187, 189. 194 195

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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In den ersten 20 veröffentlichten Entscheidungen konnten die Schiedsgerichte diese Auslegung in Bezug auf den Investitionsbegriff stets proprio motu vornehmen, da das Vorliegen in keinem der Verfahren von einer Partei in Zweifel gezogen worden war201. Im Verfahren Fedax v. Venezuela befasste sich erstmals ein Schiedsgericht auf eine Einrede der staatlichen Seite hin mit dem Begriff der Investition202. Dies mag sicherlich nur vordergründig damit zusammenhängen, dass die Vielzahl der von Venezuela – als erstem südamerikanischen Staat, der jemals in einem internationalen Schiedsverfahren von einer privaten Partei vor ein internationales Schiedsgericht gebracht worden war – vorgebrachten Einreden gegen die Jurisdiktion des ICSID Ausdruck eines allgemeinen südamerikanischen Vorbehaltes gegen die Schiedsgerichtsbarkeit gewesen sein mochten203. Vielmehr ist die zunehmende Problematisierung der Jurisdiktion durch die beklagte (i.d.R. staatliche) Partei in den Schiedsverfahren symptomatisch für die Entwicklung des ICSID, dessen Vereinbarung in der Regel nicht mehr aufgrund individueller Schiedsabreden zwischen den Parteien erfolgt, sondern durch Schiedsklauseln in Investitionsschutzabkommen oder entsprechenden nationalen Gesetzen204. Da hier keine ausdrückliche Vereinbarung in Bezug auf eine bestimmte Transaktion stattgefunden hat, ist die beklagte Partei geneigter, sich dem Schiedsverfahren unter Verweis auf die mangelnde Jurisdiktion des ICSID zu entziehen. Zwar ist in den bisher ergangenen über 30 Beschlüssen und sechs Schiedssprüchen zur Jurisdiktion von keinem der Schiedsgerichte der Versuch unternommen worden, eine umfassende Definition des spezifischen Investitionsbegriffs zu finden, dennoch finden sich Aussagen zu einzelnen Aspekten des Investitionskonzepts des WBÜ sehr reichlich in diesen Entscheidungen. Mit der Zunahme an erreichbaren Entscheidungen der Schiedsgerichte wachsen diese Aussagen langsam zu einem Bild dieses Konzepts zusammen, in dem es aber auch Brüche gibt. Da es keine völkerrechtliche Doktrin der Präzedenzwirkung von Schiedsentscheidungen auf die Entscheidungen späterer Schiedsgerichte gibt und eine solche auch für das WBÜ nicht besteht205, legen die ICSID-Schiedsgerichte Wert auf die Feststellung, dass die Bindungswirkung von Schiedssprüchen gemäß Art. 53 Abs. 1 WBÜ sehr wohl für die Parteien und Vertragstaaten, nicht aber für sie gilt. In SGS v. Philippines hat das Schiedsgericht im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit der vorangegangenen Entscheidung in der Sache SGS v. Pakistan dazu ausgeführt, „There is no doctrine of precedent in international law, if by precedent is meant a rule of the binding effect of a single decision. There is no hierarchy of international tribunals, and Vgl. Lamm / Smutny, ICSID Rev 1996, 64, 80. Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 3), Beschluss v. 11. 07. 1997, para. 18 ff. 203 Schiedsspruch vom 09. 03. 1998, para. 36, in welchem das Schiedsgericht dies abschließend erwähnt und Venezuela und seinen Anwälten große Professionalität bei der Durchführung des Verfahrens bescheinigt. 204 Diese Feststellung trifft auch das Schiedsgericht im Verfahren Lanco International Inc. v. Argentine Republic (Arb / 97 / 6), Beschluss v. 8. 12. 1998, para. 8. 205 Vgl. Gaillard, NYLJ 2002, 3, 4. 201 202

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

even if there were, there is no good reason for allowing the first tribunal in time to resolve issues for all later tribunals.“206

Das Case Law der ICSID-Schiedsgerichte soll im Folgenden, nach einem kurzen Überblick über dessen Entwicklung seit 1966, auf diese Aussagen hin untersucht werden. Von den untersuchten, veröffentlichten Entscheidungen aus rund 60 Verfahren vor den ICSID- und auch Additional Facility Schiedsgerichten wurden 11 Verfahren exemplarisch als Leading-Cases für bestimmte Aspekte des Investitionsbegriffs ausgewählt und werden mit einer Zusammenfassung ihres Sachverhalts und einer Einführung in den Streitstand dargestellt. Die Darstellung der Sachverhalte beschränkt sich dabei in der Regel auf die relevanten Tatsachen für die Prüfung der Jurisdiktion rationae materiae und notwendige Informationen für das Verständnis der Investitionsstreitigkeit. Äußerungen weiterer ICSID-Schiedsgerichte zu derselben Fragestellung werden im Rahmen der jeweiligen Stellungnahmen berücksichtigt.

1. Entwicklung der Praxis der ICSID-Schiedsgerichte Nach dem Inkrafttreten des WBÜ im Jahre 1966 vergingen zunächst sieben Jahre bis zur ersten Entscheidung eines ICSID-Schiedsgerichts, in der Form eines Beschlusses über die Jurisdiktion im Fall Holiday Inns S.A. and others v. Morocco vom 01. 07. 1973. Der erste Schiedsspruch erging in dem Verfahren Adriano Gardella S.p.A. v. Côte d’Ivoire sogar erst nach elf Jahren, im Jahr 1977. Obwohl es dem WBÜ in Bezug auf die Akzeptanz durch die Staaten von Beginn an nicht an Zuspruch gefehlt hatte, entwickelte sich die Zahl der unterbreiteten Fälle nur sehr langsam. In den ersten zehn Jahren seines Bestehens waren dem ICSID nur sechs Fälle unterbreitet worden. Bis die Zahl von 30 unterbreiteten Verfahren allein im bisher „erfolgreichsten“ Jahr 2003 insgesamt seit Gründung des ICSID erreicht wurde, dauerte es seit dem Inkrafttreten des WBÜ sogar 30 Jahre bis 1995. Dieser geringe Arbeitsanfall beim ICSID führte in der Literatur zu einigen Zweifeln am Erfolg des Projektes. Diese Kritik war jedoch bereits zu der damaligen Zeit unangebracht und musste nicht von der Entwicklung der Fallzahlen seit Beginn der 90er Jahre widerlegt werden. Die reine Anzahl der vor ICSID-Schiedsgerichte gebrachten Investitionsstreitigkeiten kann kein allein aussagefähiger Maßstab für den Erfolg des ICSID sein207. Dafür sind folgende Gründe zu nennen: Gerade zu Beginn der Tätigkeit des ICSID war privaten Investoren die Inanspruchnahme des Zentrums fast ausschließlich nach vorheriger Einigung mit dem Gaststaat in einem State Contract möglich. Solche Verträge werden von den Staaten in 206 SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Republic of the Philippines (Arb / 02 / 6), Beschluss v. 29. 01. 2004, para. 97. 207 Vgl. Sutherland, ICLQ 1979, 367, 399, der den Erfolg des ICSID eher am Stand der wirtschaftlichen Entwicklung der Entwicklungsländer, als an Fallzahlen gemessen sehen will.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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der Regel aber nur für Investitionsvorhaben von erheblichem wirtschaftlichem Gewicht abgeschlossen, was den Anwendungsbereich des ICSID einschränkte, da Investitionsvorhaben dieser Größenordnung zahlenmäßig beschränkt sind208. Zudem ist die bloße Vereinbarung der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit bereits geeignet, offenen Streit zwischen den Parteien zu verhindern, da diese ihnen (insbesondere der staatlichen Partei) einen Anreiz gibt, die Investitionsstreitigkeit durch Verhandlungen beizulegen209. In einer von Baker und Yoder durchgeführten Untersuchung der Akzeptanz des ICSID bei international agierenden US-amerikanischen Unternehmen ergab sich dennoch, dass das fehlende Case law der ICSID Schiedsgerichte für die an Präzedenzfälle gewohnten Entscheidungsträger ein Hindernis bei der Inanspruchnahme des Zentrums darstellte210. Spätestens seit Beginn der 90er Jahre hat sich diese Situation geändert. Bis zum Jahr 2005 fanden oder finden gegenwärtig insgesamt 180 Verfahren unter der Aufsicht des ICSID statt211. Davon wurden über einhundert Verfahren in den Jahren 2000 bis 2004 dem Zentrum unterbreitet. Auf das Schlichtungsverfahren entfielen dabei insgesamt vier Fälle. 15 Schiedsverfahren fanden bzw. finden unter der Additional Facility statt. Mit Ausnahme der Verfahren Gabon v. Societe Serete212, welches Investitionsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Bau einer Entbindungsstation zum Gegenstand hatte, und Tanzania Electric Supply v. Independent Power Tanzania213, in welchem ein vom Gaststaat benanntes öffentliches Unternehmen gegen den malaysisch kontrollierten Investor vorging, sind sämtliche Verfahren von Seiten der privaten Investoren eingeleitet worden. Insgesamt 89 Verfahren sind bis dato abgeschlossen, rund 55% von diesen mit einem Schiedsspruch. In einem Schlichtungsverfahren erließ eine Kommission einen Bericht. Trotz der grundsätzlichen Nichtöffentlichkeit der Verfahren214, veröffentlicht das ICSID mit der Zustimmung beider Parteien heute beinahe sämtliche ergehenden Beschlüsse und Schiedssprüche zeitnah nach der Entscheidung215. Damit erreicht das ICSID zwar bei weitem nicht die Verfahrenszahl des Schiedsgerichtshofs der Internationalen Handelskammer in Paris216 als der weltweit fühVgl. Paulsson, in: Bernstein, Handbook of Arbitration Practice, 544. Vgl. O’Hare, SJIS 1971, 146, 152. 210 Vgl. Baker / Yoder, ICSID Arbitration and the U.S. Multinational Corporation, JIA 1988, 81, 92. 211 Regelmäßig aktualisierte Angaben zu den anhängigen und abgeschlossenen Verfahren finden sich auf der Homepage des ICSID, www.worldbank.org / icsid. 212 Gabon v. Societe Serete (Arb / 76 / 1). Die Parteien einigten sich außerschiedsgerichtlich durch einen Vergleich, gem. Art. 43 I AR. 213 Tanzania Electric Supply Company Ltd. v. Independent Power Tanzania Ltd. (Arb / 98 / 8). 214 Art. 48 Abs. 5 WBÜ. 215 Vgl. ICSID Sekretariat, Discussion Paper v. 22. 10. 2004, 8. 208 209

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renden kommerziellen Wirtschaftsschiedsinstanz, zählt aber trotzdem zu den weltweit führenden Institutionen der Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit217. Durch das rasante Wachstum der Zahl bilateraler Investitionsschutzverträge, die heute zu über 90% für die Streitschlichtung auf das ICSID verweisen, und durch die Aufnahme in mehrere multilaterale Abkommen ist mit einem weiteren starken Anwachsen der Fallzahlen zu rechnen. Dies insbesondere auch aus der Überlegung, dass Investitionsstreitigkeiten der Phase erhöhter internationaler Investitionstätigkeit, insbesondere in den Jahren 1998 bis 2001, in einer zeitversetzten Kurve nachfolgen werden. Die Entwicklung der Fallzahlen seither ist geeignet, diese Vermutung zu bestätigen. 2. Transaktionen mit Kapitalbeteiligung Investitionsprojekte, welche den ICSID-Schiedsverfahren zu Grunde liegen, lassen sich zunächst in traditionelle und moderne Formen von Investitionen unterteilen218. Direktinvestitionen mit alleiniger oder mehrheitlicher Kapitalbeteiligung des ausländischen Investors zählen zur Gruppe der traditionellen Investitionen. Hierzu zählen beispielsweise die Transaktionen im Bereich der kapitalintensiven Exploration von Bodenschätzen durch Konzessionierung ausländisch beherrschter Unternehmen seitens kapitalschwacher Entwicklungsländer219. Eine ganze Reihe von ICSID-Verfahren hatte Streitigkeiten, welche aus solchen Unternehmungen resultierten, zum Gegenstand220: – Öl- und Gasförderung zum Beispiel in den Verfahren AGIP S.p.A. v. People’s Republic of the Congo (Arb / 77 / 1), Mobile Oil Corp. v. New Zealand (Arb / 87 / 2), Simitar Exploration Ltd. v. Bangladesh (Arb / 92 / 2), Mobil Argentina S.A. v. Argentina (Arb / 99 / 1), Repsol YPF Ecuador S.A. v. Petroecuador (Arb / 01 / 10), F-W Oil Interests Inc. v. Trinidad and Tobago (Arb / 01 / 14); – Bergbau in den gemeinsam verhandelten Verfahren Alcoa / Kaiser / Reynolds v. Jamaica (Arb / 74 / 2,3,4); PSEG Global v. Turkey (Arb / 02 / 5); – Goldminen in den Verfahren SIREM v. Burkina Faso (Arb / 97 / 1), Companie Minere Int. Or v. Peru (Arb / 98 / 6), Banro Am. Res. Inc. & SAKM v. People’s Republic of the Congo (Arb / 98 / 7), Société d’Exploitation des Mines d’Or de Sadiola S.A. v. Republic of Mali (Arb / 01 / 5); 216 Seit Gründung des Schiedsgerichtshofes 1923 sind dort bereits über 10.000 Verfahren geführt worden. Auch dort ist die Zahl der Verfahren in den letzten Jahren stark angestiegen und liegt bei jährlich bei rund 500 neuen Anträgen; vgl. www.iccwbo.org / court. 217 Vgl. Escher, RIW 2001, 20, 21; ebenso Blumenwitz in seinem Vortrag auf dem Tag der Privatisierung in München, am 14. 07. 2000. 218 Vgl. Delaume, JIA 1984, 101, 118. 219 Vgl. Moore, SLR 1966, 1359, 1362. 220 Für eine Aufstellung der veröffentlichten Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte und ihrer Fundstellen siehe Anhang I.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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– Edelholzgewinnung im Verfahren Liberian Eastern Timber Corporation v. Republic of Liberia (Arb / 83 / 2); – Salzgewinnung in dem Verfahren Vacuum Salt Products v. Ghana (Arb / 92 / 1).

Investitionen in die industrielle Verarbeitung von Rohstoffen des Gastlandes der Investition hatten die folgenden Verfahren zum Gegenstand: – Verflüssigung von Erdgas im Verfahren Guadalupe Gas Products Corp. v. Nigeria (Arb / 78 / 1); – Verarbeitung von Hanf zu Fasern im Verfahren Adriano Gardella S.p.A. v. Côte d’Ivoire (Arb / 74 / 1); Aluminiumgewinnung im Verfahren Swiss Alu Ltd. & Icld. Alu Comp Ltd. v. Iceland (Arb / 83 / 1); – Produktion von Lebensmitteln im Verfahren Eudoro A. Olguin v. Paraguay (Arb / 98 / 5).

Viele der gegen Schwellenländer eingeleiteten Verfahren stehen im Zusammenhang mit nationalen Privatisierungsprogrammen im Utility-Bereich. So auch der überwiegende Teil der bisher 42 gegen Argentinien eingeleiteten Schiedsverfahren: – Wasserver- und Entsorgung im Verfahren Companía de Aguas del Aconquija, S.A. & Compagnie Générale des Eaux v. Argentine Republic (ARB / 97 / 3); Azurix Corp. v. Argentine Republic (Arb / 01 / 12); – Stromversorgung in Enron Corporation and Ponderosa Assets, L.P. v. Argentine Republic (Arb / 01 / 3); – Gasversorgung in CMS Gas Transmission Company v. Argentine Republic (Arb / 01 / 8).

Da ungefähr zeitgleich mit dem Inkrafttreten des WBÜ der internationale massenhafte Ferntourismus zu einem immer bedeutenderen Wirtschaftsfaktor für Staaten wurde, die für diesen Zweck klimatisch begünstigt sind, waren Hotelbau-Projekte von Beginn an Ausgangspunkt für ICSID-Schiedsverfahren: Holiday Inns S.A. and others v. Morocco (ARB / 72 / 1), Amco Asia Corporation and others v. Republic of Indonesia (Arb / 81 / 1), Southern Pacific Properties (Middle East) Limited v. Arab Republic of Egypt (Arb / 84 / 3), Ghait R. Pharaon v. Tunisia (Arb / 86 / 1). Investitionen in andere Infrastrukturmaßnahmen hatten folgende Verfahren zum Gegenstand: Bau und Betrieb von Fernstraßen in den Verfahren Salini Costruttori S.p.A. & Italstrade v. Morocco (Arb / 00 / 4) und Autopista Concesionada de Venezuela, C.A. v. Bolivarian Republic of Venezuela (Arb / 00 / 5). Viele dieser Verfahren haben gemein, dass sich die Vertragsparteien wegen der insbesondere bei der Rohstoffgewinnung, ihrer industriellen Verarbeitung und im Utility-Bereich sehr großen Investitionsvolumen der zugrunde liegenden Transaktionen in der Regel in einem State Contract über den Investitionscharakter der Unternehmung einig geworden sind. Zudem vermittelt die mehrheitliche Kapital-

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

investition in eine Unternehmung ein Maß an Kontrolle über diese, dass solche Investitionen in der Regel unproblematisch unter sämtliche verbreiteten Definitionen ausländischer Direktinvestitionen subsumiert werden können. Fraglich wird die Investitionseigenschaft im Sinne des WBÜ erst, wenn die Höhe der Kapitalbeteiligung für sich keine Kontrolle mehr über den Gegenstand der Investition vermitteln kann oder wenn eine solche vom ausländischen Investor, wie im Falle reiner Finanz- oder Portfolioinvestitionen, gar nicht angestrebt wird.

a) Mehrheitliche Unternehmensbeteiligungen als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Autopista Concesionada de Venezuela, C.A. v. Bolivarian Republic of Venezuela Die Autopista Concesionada de Venezuela, C.A. (Autovan), eine Gesellschaft venezolanischen Rechts und mehrheitliches Tochterunternehmen der US-amerikanischen Gesellschaft Icatech, hatte 1996 von Venezuela die Konzession erhalten, eine Fernstraße und eine weitere Straße zwischen Caracas und La Guaira auszubauen und für einen Zeitraum von zunächst 30 Jahren zu betreiben. Bereits kurz nach Aufnahme des Betriebes kam es zu Meinungsverschiedenheiten der Parteien im Zusammenhang mit Gebührenerhöhungen. Von Interesse ist dieses Verfahren insbesondere wegen der Ausführungen des Schiedsgerichts zur objektiven Qualität des Investitionsbegriffs. aa) Sachverhalt Im Jahr 1994 schrieb der venezolanische Präsident per Dekret Nr. 138 vom 20. 04. 1994 eine Konzession für ein nationales Infrastruktur- und Dienstleistungsprojekt aus. Das Projekt umfasste die Projektierung und den Ausbau der Schnellstraße von Caracas nach La Guaira sowie deren späteren Betrieb und die Bewirtschaftung, zudem die Modernisierung der alten Strecke zwischen den Städten und den Bau einer alternativen Flussquerung über den Tacagua Gorge221. Am 28. 12. 1995 erhielt ein Konsortium, bestehend aus dem mexikanischen Bauunternehmen ICA, einem 100%igen Tochterunternehmen des mexikanischen Mischkonzerns ICA Sociedad Controladora S.A. de C.V. („ICA Holding“), und der Baninsa, einer venezoelischen Investmentbank, den Zuschlag. Diese gründeten für die Durchführung des Projekts im Jahr 1996 die Aucovan, an welcher die ICA Holding 99% der Anteile und Baninsa 1% hielten. Am 23. 12. 1996 schlossen Aucovan und das venezuelische Ministerium für Transport und Kommunikation den Konzessionsvertrag. Dieser verpflichtete Aucovan exklusiv zur Planung, Bauausführung, Betrieb, Verwertung, Erhalt und Wartung der bei221 Autopista Concesionada de Venezuela, C.A. v. Bolivarian Republic of Venezuela (Arb / 00 / 5), Beschluss v. 27. 09. 2001, para. 5 ff.

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den Straßen. Im Gegenzug gestattete diese Konzession dem Unternehmen die Erhebung von Wegegebühren für die Nutzung der Schnellstraße für den Zeitraum von 30 Jahren. Zusätzlich garantierte das Ministerium für die Profitabilität des Betriebes, indem Aucovan für die Dauer der Laufzeit eine staatlich abgesicherte Refinanzierung der Investition („Economic-Financial Equilimbrium of the Concession“) vertraglich zugesichert wurde. Dafür stellten die Parteien einen Finanzplan auf. Diese Regelungen wurden aufgenommen, um den reibungslosen Betrieb durch Aucovan für die gesamte Laufzeit zu gewährleisten222. Der Konzessionsvertrag enthielt in den Art. 63 und 64 für die Beilegung von Streitigkeiten Verweisungen auf entweder die venezuelische ad hoc Schiedsgerichtsbarkeit, angelehnt an die Regeln des UNCITRAL Model-Gesetzes223, oder die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit224. Im April 1997 nahm Aucovan den Betrieb der Fernstraße auf. Im Zuge der mexikanischen Peso-Krise in den Jahren 1995 / 96 kam es beim Mutterunternehmen ICA Holding zu Umstrukturierungen, in dessen Folge 75% der Anteile an Aucovan mit der Zustimmung des Ministeriums von der ICA Holding an die Icatech Corporation, mit Sitz in den USA und ebenfalls ein 100%iges Tochterunternehmen der ICA Holding, übertragen wurden. Ab dem Jahr 1998 gab es Nachverhandlungen über den Konzessionsvertrag, welche zu Nachbesserungen an diesem führten. Diese reichten jedoch nicht aus, da insbesondere über die Erhöhung der Straßennutzungsgebühren keine Einigung erzielt werden konnte. Nachdem vertraglich vorgesehene Schlichtungsverhandlungen zwischen den Parteien zu keinem Ergebnis geführt hatten, leitete Aucovan am 01. 06. 2000 das ICSID-Schiedsverfahren ein und kündigte am 13. Juni des Jahres den Konzessionsvertrag auf225.

bb) Die Entscheidung des Schiedsgerichts zur Jurisdiktion Nachdem sich das Schiedsgericht konstituiert hatte, erließ es am 27. 09. 2001 einen Beschluss über die Jurisdiktion. Darin setzte es sich in erster Linie mit der von Venezuela vorgebrachten Einrede gegen seine Zuständigkeit, aufgrund Autovans fehlender Aktivlegitimation gem. Art. 25 Abs. 2 (b) WBÜ, auseinander226. A. a. O. para. 13. A. a. O. para. 78. 224 A. a. O. para. 79. Diese Klausel sollte dann Teil des Vertrages werden, wenn ein Gesellschafter des Konzessionsnehmers seinen Sitz in einem Mitgliedsstaat des WBÜ haben würde. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte zwar Venezuela das WBÜ ratifiziert (seit 1995) nicht aber Mexiko, in dem die ICA Holding ihren Sitz hatte. Für diesen Fall sollte Art. 64 den Art. 63 ersetzen und exklusiv auf das ICSID verweisen. 225 A. a. O. para. 31 ff. 226 Dieses Problem trat dadurch auf, dass Aucovan bei Vertragsschluss das Tochterunternehmen der mexikanischen ICA Holding war, die im Falle einer Streitigkeit auf die ad hoc 222 223

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Die Investitionseigenschaft des Caracas-La Guaira Highway Projekts wurde von Venezuela nicht bestritten. Dennoch setzte sich das Schiedsgericht proprio muto mit der Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 1 WBÜ auseinander. Der Einigung der Parteien auf das ICSID für die Beilegung ihrer Investitionsstreitigkeiten in Art. 64 ihres Konzessionsvertrags wurde dabei großes Gewicht für die Beurteilung dieser Frage beigemessen. Die Tragweite der Einigung der Parteien wurde jedoch eingeschränkt, indem das Schiedsgericht ausführte, „However essential, consent in and of itself is not sufficient to ensure access to the Centre. Indeed, Article 25 of the ICSID Convention provides for additional objective requirements which must be met in addition to consent. These objective requirements are the following: [...] – The dispute must arise directly out of an ,investment‘;[ . . . ]“227

Die Vereinbarung der Investitionseigenschaft der zu Grunde liegenden Transaktion soll dabei bis zu einem Punkt möglich sein, an dem „[ . . . ] the criteria chosen by the parties to define these requirements are reasonable, i. e. as long as the requirements are not deprived of their objective significance, there is no reason to discard the parties’ choice.“228

Das Schiedsgericht beließ es jedoch nicht bei der reinen prima facie Feststellung, dass das Caracas-La Guaira Highway Projekt dem ersten Anschein nach nicht außerhalb der objektiven Bedeutung des Investitionsbegriffs lag, sondern stellte Kriterien auf, an denen gemessen es keine Schwierigkeiten hatte, eine Investition anzunehmen, „Indeed, the performance of the Agreement, which implies substantial resources during significant periods of time, clearly qualifies as an investment in the sense of Article 25 of the ICSID Convention.“229 Schiedsgerichtsbarkeit gem. Art 63 des Konzessionsvertrages angewiesen gewesen wäre, da ihr Heimatland kein Mitglied im WBÜ war. Durch den Übergang der Anteilsmehrheit auf die US-amerikanische Icatech, sah die klagende Aucovan die ICSID-Schiedsklausel des Art. 64 aktiviert (die USA sind Mitglied des WBÜ). Da es sich bei Icatech ebenfalls um ein Tochterunternehmen der ICA Holding handelte, bestritt Venezuela den Übergang der unternehmerischen Kontrolle und machte geltend, sich mit Icatech nicht auf eine Behandlung Aucovans als ausländische Gesellschaft i. S. d. Art. 25 Abs. 2 (b) WBÜ geeinigt zu haben, vgl. a. a. O. para. 102 ff. Das Schiedsgericht folgte dem nicht und stellte fest, dass es keinen Grund erblicken könne, aus dem die Parteien mit ihrer Einigung auf den „majority shareholder of the concessionaire“ nicht denjenigen gemeint haben sollen, der die Anteilsmehrheit an Aucovan hält, sondern denjenigen, der die effektive Kontrolle über das Unternehmen ausübt, vgl. a. a. O. para. 86. Da es zudem zu einer wirksamen Einigung über Staatsangehörigkeit von Aucovan gekommen sei, bejahte das Schiedsgericht die Jurisdiktion rationae personae, vgl. a. a. O. para. 132. 227 A. a. O. para. 96 (eigene Hervorhebungen). 228 A. a. O. para. 99. 229 A. a. O. para. 101, in seinem abschließenden Schiedsspruch vom 23. 09. 2003 gab das Schiedsgericht der Schiedsklage von Aucovan recht und verurteilt Venezuela zur Zahlung von US$ 12,1 Mio.

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cc) Stellungnahme Obwohl es sich um eine der jüngeren veröffentlichten Entscheidungen handelt, ist das Verfahren Autopista Concesionada v. Venezuela in mehrerlei Hinsicht ein „klassisches“ Verfahren. Zum einen kam es zu einer vertraglichen Einigung der Parteien auf das ICSID in einem Dokument, dem Konzessionsvertrag, was der beklagten staatlichen Partei zumindest den Einwand abschneidet, die zu Grunde liegende Transaktion sei schon gar keine Investition im Sinne der Einigung der Parteien. Zum anderen handelt es sich bei dem unter der Konzession durchgeführten BOT-Projekt um die traditionelle Form einer ausländischen Direktinvestition mit mehrheitlicher Kapitalbeteiligung, welche dem ausländischen Investor eine unternehmerische Kontrolle über die Unternehmung vermittelt. Die Investition erfolgt direkt, weil der Kapitaleinsatz unmittelbar zu einem unternehmerischen Handeln des Investors im Gastland der Investition genutzt wird und nicht nur mittelbar an unternehmerischem Handeln Dritter partizipiert wird. Das Schiedsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend die Kriterien eines substanziellen Kapitaleinsatzes230 und der langfristigen Bindung des Kapitals bejaht. Neben diesen beiden Kriterien sind es in der Regel die Merkmale des Vorliegens einer unternehmerischen Risikotragung, einer Gewinnerzielungsabsicht und eines Beitrages zur wirtschaftlichen Entwicklung des Gastlandes. Das Schiedsgericht im Verfahren Joy Mining v. Egypt, hat dies wie folgt ausgedrückt, „Summarizing the elements that an activity must have in order to qualify as an investment, both the ICSID decisions mentioned above and the commentators thereon have indicated that the project in question should have a certain duration, a regularity of profit and return, an element of risk, a substantial commitment and that it should constitute a significant contribution to the host State’s development.“231

Eine ausländische Direktinvestition in der Form einer mehrheitlichen Unternehmensbeteiligung wie im vorliegenden Fall gehört unzweifelhaft zum Begriffskern232 des Investitionsbegriffs des WBÜ. Durch Anwendung der Kriterien auch auf Transaktionen am Begriffsrand wird zu prüfen sein, ob sich mit ihnen im Einzelfall befriedigende Ergebnisse erzielen lassen. Tritt der Investitionscharakter einer Transaktion so eindeutig hervor wie in diesem Verfahren und erhebt die beklagte Partei keine Einwände gegen die Jurisdiktion rationae materiae, begnügen sich die Schiedsgerichte in der Regel mit einer knappen Feststellung, dass eine Investition vorliegt. Der Beschluss stellt insofern 230 Über die Investitionssumme, die von der ICA Holding in das Projekt geflossen ist, findet sich im Beschluss keine Aussage. Dem Beschluss ist jedoch zu entnehmen, dass der Nennwert, der von der ICA Holding an Icatech übertragenen Aktien rund 3,9 Mrd. Bolivar betragen hat. 231 Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 06. 08. 2004, para. 53. Die Entscheidung verneint die Zuständigkeit des Schiedsgerichts wegen des Nichtvorliegens einer Investition im Sinne des WBÜ und wird unter F.IV.3.f) ausführlicher dargestellt. 232 Vgl. Pirrung, Weltbankschiedsgerichtsbarkeit, 58 f.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

eine bemerkenswerte Ausnahme dar, als das Schiedsgericht proprio motu zunächst feststellte, dass es sich beim Investitionsbegriff um eine objektive Tatbestandsvoraussetzung handelt, welche positiv festzustellen ist und auf deren Vorliegen die Einigung der Parteien keinen entscheidenden Einfluss haben kann. Diese Aussage deckt sich mit der auch hier vertretenen herrschenden Meinung in der Literatur233 und liegt auf einer Linie früherer Jurisdiktionsentscheidungen. Bereits in dem Verfahren Alcoa Minerals of Jamaica, Inc. v. Jamaica trat das Schiedsgericht einer subjektiven Bestimmung durch die Parteien entgegen. Der Einigung der Parteien sei zwar ein großes Gewicht beizumessen234, die Entscheidung über die sachlichen Tatbestandsvoraussetzungen liege aber beim Schiedsgericht235. Das Schiedsgericht in Salini v. Morocco stellte in seinem Beschluss zur Jurisdiktion im Jahr 2001 noch fest, dass es bis dahin kaum zu Diskussionen über den Begriff der Investition im Sinne des WBÜ vor ICSID-Schiedsgerichten gekommen sei. Dies hält das Schiedsgericht jedoch nicht für ein Zeichen der Verwässerung des Investitionsbegriffes durch die subjektive Bestimmung durch die Parteien. Vielmehr sei der objektive Gehalt des Investitionsbegriffes im ICSID-Case Law und in der Literatur mittlerweile anerkannt236. Diese Aussage ist in Bezug auf eine mangelnde Problematisierung sicherlich aktuell nicht mehr aufrechtzuerhalten, nachdem ICSID-Schiedsgerichte seither in der Mehrzahl der Verfahren über den Investitionsbegriff zu befinden hatten und in drei Verfahren ihre Jurisdiktion wegen des Nichtvorliegens einer Investition im Sinne des WBÜ verneint haben237. Toope hingegen sieht in der Prüfung der Jurisdiktion rationae materiae nur eine scheinbare Hürde, welcher im Verfahren Amco Asia Corporation and others v. Republic of Indonesia entscheidend ihre Wirkung genommen worden sei238. Das Schiedsgericht hatte dort Ausführungen zur Beweiserbringung durch die Parteien gemacht: „in order to make a judgement at this time as to the substantial nature of the dispute before it, it must look firstly and only at the claim itself as presented to ICSID and the Tribunal in the Claimants’ Request for Arbitration. [ . . . ] In other words, the Tribunal must not attempt at this stage to examine the claim itself in any detail, but the Tribunal must only be satisfied that prima facie the claim, as stated by the Claimants when initiating this arbitration, is within the jurisdictional mandate of ICSID arbitration.“239 s. o. F.III.3. Beschluss v. 06. 07. 1975, para. 9. 235 Vgl. zustimmend Schmidt, HILJ 1976, 90, 100. 236 Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 4), Beschluss v. 23. 07. 2001, para. 52. 237 Es waren dies die Verfahren Mihaly International Corporation v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 00 / 02), Zhinvali Development Ltd. v. The Republic of Georgia und Joy Mining Machinery Ltd. v. The Arabic Republic of Egypt (Arb / 03 / 11). 238 Vgl. Toope, Mixed International Arbitration, 219, 230. 239 A. a. O. para. 38 (Hervorhebung durch das Schiedsgericht). 233 234

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Daraus einen Freibrief für die Einigung der Parteien auf einen beliebigen Investitionsbegriff zu folgern, erscheint hingegen verfehlt. Eine Prüfung der Voraussetzungen des Art. 25 WBÜ „at this time / stage“, die sich mit dem Anscheinsbeweis eines Investitionstatbestandes begnügt, bedeutet nur eine Beweiserleichterung für die Parteien im Jurisdiktionsverfahren. Sie bedeutet hingegen nicht, dass die Voraussetzungen der Jurisdiktion nicht an den Ergebnissen des Hauptsacheverfahrens gemessen werden können, wenn, wie im Verfahren Amco Asia v. Indonesia, wegen der Komplexität der zugrunde liegenden Transaktion zunächst der sichere Anschein einer Investitionsstreitigkeit für die Bejahung der Jurisdiktion ausreichen soll. Der Beschluss steht daher nicht im Widerspruch zu den Verfahren Alcoa v. Jamaica und Autopista Concesionada v. Venezuela. Schmidts zutreffende Schlussfolgerung in seiner Besprechung der Jurisdiktionsentscheidung im Verfahren Alcoa v. Jamaica wird somit von den anderen Entscheidungen bestätigt, „The importance of this aspect of the decision, however, is in the tribunal’s apparent rejection of the notion that mutual consent to arbitrate can singly satisfy the separate jurisdictional requirement of an investment. It would now seem to be firmly established that an analysis of the parties’ actual capital relationship is necessary in each ICSID case.“240

Wie die im Folgenden zu besprechenden Verfahren zeigen werden, ist diese (nach dem Abschluss von bis dahin erst einem ICSID-Schiedsverfahren) gemachte Aussage um den Aspekt der Analyse auch der außerkapitalmäßigen, vertraglichen Beziehungen der Parteien zu ergänzen.

b) Minderheitsbeteiligungen als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Lanco International Inc. v. Argentine Republic Im Rahmen eines Privatisierungsverfahrens hatte die Lanco International Inc., eine US-amerikanische Gesellschaft, gemeinsam mit einem internationalen Konsortium eine Konzession für den Betrieb eines Hafenterminals vom argentinischen Ministerium für Wirtschaft, Bau und öffentliche Dienste erworben241. Obwohl Lanco an der argentinischen Betriebsgesellschaft für das Terminal nur eine Minderheitsbeteiligung hielt, bejahte das Schiedsgericht das Vorliegen einer Investition im Sinne des WBÜ.

Vgl. Schmidt, HILJ 1976, 90, 100. Das Verfahren Lanco v. Argentina ist oben bereits im Zusammenhang mit konkurrierenden Einigungen auf unterschiedliche Arten der Streitbeilegung untersucht worden, s. o. E.II.3.b). Doppelungen in der Darstellung des Sachverhalts waren zugunsten der Verständlichkeit hinzunehmen. 240 241

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aa) Sachverhalt Mit der Resolution Nr. 669 vom 21. 06. 1993 schrieb das argentinische Ministerium für Wirtschaft, Bau und öffentliche Dienste eine Konzession für die Entwicklung und den Betrieb von Terminals im Hafen von Puerto Nuevo, Buenos Aires im Rahmen derer Privatisierung international aus. Aus diesem Ausschreibungsverfahren erhielt die Terminales Portuarias Argentinas S.A. mit Resolution 710 vom 06. 06. 1994 des Ministeriums den Zuschlag für den Betrieb des Terminals Nr. 3 im Hafen von Puerto Nuevo. Die Terminales Portuarias Argentinas S.A. war eigens für diesen Zweck von dem internationalen Konsortium gegründet worden. Lanco zeichnete für 17,4% des Aktienkapitals dieser Gesellschaft. Zusätzlich verfügte Lanco über das Nießbrauchsrecht an weiteren 13% des Aktienkapitals. Ebenfalls am 06. 06. 1994 schlossen das Ministerium, als Konzessionsgeber, und die Terminales Portuarias Argentinas S.A., als Konzessionsnehmerin, einen Konzessionsvertrag ab. Dieser wurde neben der eigentlichen Konzessionsnehmerin auch von Lanco und den übrigen Unternehmen des Konsortiums unterzeichnet. Sie traten als Begünstigte der Konzession und gesamtschuldnerisch haftende Bürgen für die Verpflichtungen der Konzessionsnehmerin auf242. Für sämtliche sich aus den Konzessionsbedingungen ergebenden Rechtsstreitigkeiten verwies der Art. 12 des Konzessionsvertrages auf die nationale argentinische Verwaltungsgerichtsbarkeit243. Zwischen den USA und Argentinien bestand zum damaligen Zeitpunkt ein bilateraler Investitionsschutzvertrag244. In seinem Art. II (2) (c) enthält dieser eine Verpflichtung der Staaten, Investitionen von Angehörigen des anderen Vertragsstaates in ihrem Staatsgebiet fair und der Billigkeit entsprechend zu behandeln. Verstöße dagegen führen zu einer Rechtsverletzung beim ausländischen Investor (Art. IV (1)), für welche die staatliche Seite Entschädigung zu leisten hat245. Die Schiedsklausel des Vertrages verweist für die Streitbeilegung zwischen privaten Investoren und den Vertragsstaaten auf das ICSID246. Auf diese Schiedsklausel berief sich Lanco in seinem Schiedsantrag an das ICSID vom 01. 10. 1997, in welchem das Unternehmen geltend machte, durch die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung anderer Terminalbetreiber im selben Hafen durch die argentinischen Behörden einen Vermögensschaden erlitten zu haben. Argentinien bestritt die Jurisdiktion des ICSID vornehmlich aus zwei Gründen: Zum einen hielt es die Schiedsklausel im Investitionsvertrag für nicht anwendbar, 242 Lanco International Inc. v. Argentine Republic (Arb / 97 / 6), Beschluss zur Jurisdiktion v. 08. 12. 1998, para. 5. 243 A. a. O. para. 6. 244 Bilateral Treaty between the United Sates of America and the Argentine Republic concerning the Reciprocal Encouragement and Protection of Investment v. 14. 11. 1991. 245 A. a. O. para. 47. 246 A. a. O. para. 1.

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da ihr die ausdrückliche Einigung der Parteien auf die nationale argentinische Gerichtsbarkeit im Konzessionsvertrag vorgehe247. Zum anderen sei die Klägerin schon gar nicht aktivlegitimiert, da sie lediglich eine Minderheitsbeteiligung von 17,4% an der Terminales Portuarias Argentinas S.A., als Konzessionsnehmerin, halte und somit ausschließlich diese zu einem Vorgehen aus dem Konzessionsvertrag berechtigt sei. Da es sich aber um eine Gesellschaft argentinischen Rechts gehandelt habe, sei auch dieser der Weg zum ICSID versperrt gewesen248. bb) Entscheidung des Schiedsgerichts In seinem Beschluss über die Jurisdiktion untersuchte das Schiedsgericht ausführlich die Anwendbarkeit des Investitionsschutzabkommens zwischen den USA und Argentinien auf die zugrunde liegende Transaktion im Hinblick auf den Investitionsbegriff und die wirksame Einigung auf die enthaltene Schiedsklausel. Das Schiedsgericht stellte fest, dass die in Art. 1 enthaltene Definition der Investition sehr weit gefasst sei und eine große Bandbreite von Transaktionen abdecke249. Der Definition sei nicht zu entnehmen, dass ein Eigenkapitalinvestor die Kontrolle über eine Gesellschaft haben oder eine Mehrheitsbeteiligung halten müsse, damit sein Engagement in der Gesellschaft dem Schutzbereich des Abkommens unterfalle250. Zudem sei Lanco außerhalb seiner Kapitalbeteiligung an der Terminales Portuarias Argentinas S.A. noch weitere vertragliche Verpflichtungen gegenüber dem argentinischen Staat eingegangen, indem Lanco und die übrigen Konsorten den Konzessionsvertrag „in their capacity as awardees and guarantors of the grantee’s obligations“ neben der Projektgesellschaft mit unterzeichneten 251. Diese vertragliche Verbindung zu dem beklagten Staat hielt das Schiedsgericht für ausschlaggebend für die Parteistellung Lancos in diesem Verfahren. Aus der Übernahme vertraglicher Verpflichtungen ergeben sich entsprechende Rechte für die Klägerin aus dem Konzessionsvertrag, welcher daher als „Investment contract“ i. S. d. Art. I (1) (a) des Investitionsschutzvertrages angesehen wurde252. 247 248 249

Zu diesem Aspekt des Verfahrens, s. o. E.II.3.b). A. a. O. para. 7. A. a. O. para. 9,

(1) „(a) ,investment‘ means every kind of investment in the territory of one Party owned or controlled directly or indirectly by nationals or companies of the other Party, such as equity, debt, and service and investment contracts; and includes without limitation: [ . . . ] (ii) a company or shares of stock or other interests in a company or interests in the assets thereof; [ . . . ] (v) any right conferred by law or contract, and any licenses and permits pursuant to law.“ 250 A. a. O. para. 10. 251 A. a. O. para. 12. 252 A. a. O. para. 16, „From this liability it can be concluded that Lanco is a party to the Concession Agreement, in its own name and right, and in its capacity as a foreign investor; and for the purposes of 15 Belling

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Da das WBÜ keine eigene Definition des Investitionsbegriffes enthält, sah es das Schiedsgericht für ausreichend an, dass das Engagement von Lanco in Argentinien die im Investitionsschutzvertrag aufgestellten Voraussetzungen erfüllt: „[ . . . ] once again here the term ,investment‘ is not defined in the ICSID Convention, but it is defined in the Argentina-U.S. Treaty, which sets the bounds within which we operate in this case.“253

Eine darüber hinausgehende Prüfung nahm das Schiedsgericht nicht vor254.

cc) Stellungnahme Das vom Schiedsgericht gefundene Ergebnis, das Engagement Lancos in der Terminales Portuarias Argentinas S.A. als Investition i. S. d. WBÜ anzusehen, verdient Zustimmung. Zu kritisieren ist jedoch die Begründung für die Bejahung der Investitionseigenschaft, indem das Schiedsgericht als alleinigen Maßstab dafür den sehr weiten Investitionsbegriff des U.S.-amerikanisch-argentinischen Investitionsabkommens heranzieht. Dessen Anwendungsbereich erstreckt sich dem Wortlaut des Art. I nach zwar ausschließlich auf „every kind of investment“, meint damit aber nichts anderes als einen allgemeinen Vermögensschutz, wie er in anderen Abkommen mit Formulierungen wie „every kind of assets“ oder „claims to contractual performance“255 beschrieben wird. Welche Transaktionen sie unter den Schutz ihrer bilateralen Abkommen aufnehmen wollen, liegt in der alleinigen Befugnis der beteiligten Staaten, nur ihnen ist die Interpretation dieser Abkommen überlassen. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass zur Feststellung der Jurisdiktion des ICSID allein die Schiedsgerichte befugt und verpflichtet sind256. Hat ein Schiedsgericht zutreffend die Einigung der Parteien auf der Grundlage eines bilateralen Abkommens festgestellt, ist es nicht davon befreit, in einem zweiten Schritt die Vereinbarkeit des dort verwandten Investitionsbegriffes mit Art. 25 des WBÜ zu prüfen. Eine in einem solchen Abkommen enthaltene Definition ist dabei allenfalls der Ausgangspunkt der weiteren Prüfung. Würde es auf diese zweistufige Prüfung verzichten, hieße das nichts anderes, als die Investitionsbegriffe gleichzusetzen und den Vertragsstaaten des zugrunde liegenden Abkommens die subjektive Bestimmungsfreiheit über den Begriff der Investition auch im Sinne des WBÜ zuzugestehen257. Article VII (1) of the ARGENTINA-U.S. Treaty, it can be considered that the Concession Agreement is in effect an investment agreement.“ 253 A. a. O. para. 48. 254 Nach der Bejahung der eigenen Zuständigkeit hielt das Schiedsgericht in der Verhandlung über die Hauptsache noch einen Ortstermin im Hafen von Buenos Aires ab, bevor das Verfahren auf Antrag von Lanco vom 17. 10. 2000 gemäß Art. 44 AR eingestellt wurde. Mitgeteilt von Stanimir Alexandrov, Lancos Rechtsberater in diesem Verfahren, ILM 2001, 454. 255 Vgl. Dolzer / Stevens, Bilateral Investment Treaties, 145. 256 Vgl. Nathan, JIA 1995, 27, 30.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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In Rahmen dieses zweistufigen Tests ist es nämlich zum einen möglich, dass die in einem (die Einigung der Parteien herbeiführenden) Investitionsschutzinstrument enthaltene Definition enger ist als im WBÜ und zusätzliche Anforderungen an das Vorliegen einer Investition stellt, die über die des WBÜ hinausgehen, beispielsweise die Genehmigung oder die Anerkennung durch den Gaststaat voraussetzt258. Dazu hat das Schiedsgericht in Generation Ukraine v. Ukraine festgestellt: „It is well settled that Contracting Parties may agree upon a more precise definition of ,investment‘ in a separate legal instrument.“259

Erfüllt eine ausländische Investition dieses Kriterium nicht, schließt bereits die fehlende Einigung die Jurisdiktion des ICSID aus260. Zum anderen ist es ebenso möglich, dass der Anwendungsbereich des Abkommens oder Gesetzes weiter ist als das Konzept des WBÜ und das Schiedsgericht die Jurisdiktion in Fällen verneinen muss, die außerhalb der Schnittmenge dieses weiteren Anwendungsbereichs mit den Jurisdiktionsvoraussetzungen des WBÜ liegen. Im Verfahren CSOB v. Slovak Republic stellte das Schiedsgericht dazu fest: „[ . . . ] an agreement of the parties describing their transaction as an investment is not, as such, conclusive in resolving the question whether the dispute involves an investment under Article 25 (1) of the Convention. The concept of an investment as spelled out in that provision is objective in nature in that the parties may agree on a more precise or restrictive definition of their acceptance of the Centre’s jurisdiction, but they may not choose to submit disputes to the Centre that are not related to an investment. A two-fold test must therefore be applied in determining whether this Tribunal has the competence to consider the merits of the claim: whether the dispute arises out of an investment within the meaning of the Convention and, if so, whether the dispute relates to an investment as defined in the Parties’ consent to ICSID arbitration, in their reference to the BIT and the pertinent definitions contained in [ . . . ] the BIT.“261

Die Prüfungsreihenfolge der Schiedsgerichte ist dabei nicht einheitlich. Während die Schiedsgerichte in der Regel den Investitionsbegriff zunächst am Maßstab des die Einigung transportierenden Instruments geprüft haben, haben Schiedsgerichte in einer Reihe von Verfahren den Investitionsbegriff zunächst am WBÜ geprüft. Letztere Prüfungsreihenfolge ist dabei regelmäßig der Vorzug zu geben, weil sie die Prüfung der streitbefangenen Transaktion am Maßstab des WBÜ in den Mittelpunkt stellt und zudem eine ausschließliche Auseinandersetzung mit dem Wortlaut eines Vertrages oder Abkommens verhindert262. Zudem trägt diese 257 258 259

Vgl. Langer, AWD-BB 1972, 321, 325. Vgl. Broches, in: FS Sanders, The Art of Arbitration, 63, 71. Generation Ukraine Inc. v. Ukraine (Arb / 00 / 09), Schiedsspruch v. 16. 09. 2003, para.

8.2. 260 So im Verfahren Phillipe Gruslin v. Malaysia (Arb / 99 / 03), wo im zugrunde liegenden Investitionsschutzabkommen eine projektbezogene, staatliche Anerkennung für die Investition verlangt wurde. 261 Beschluss v. 24. 05. 1999, para. 68 (eigene Hervorhebung).

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Prüfungsreihenfolge dem Umstand Rechnung, dass die Schiedsgerichte ihre Kompetenz in erster Linie durch das WBÜ als völkerrechtliches Abkommen erhalten und nur in zweiter Linie durch die Einigung der Parteien263. Im vorliegenden Verfahren hat das Schiedsgericht die Prüfung der zweite Stufe vermissen lassen, indem es die Grenzen seiner Zuständigkeit rationae materiae ausschließlich im U.S.-amerikanisch-argentinischen Investitionsschutzabkommen gesucht hat264. dd) Minderheitsbeteiligung als Investition Die zugrunde liegende Beteiligung Lancos an dem Privatisierungsprojekt erfüllt die Voraussetzungen, welche das bilaterale Investitionsschutzabkommen an das Vorliegen einer Investition stellt. Somit konnte der Kläger eine wirksame Einigung auf das ICSID herbeiführen. Abseits dieser Einigung der Parteien, die in diesem Fall vom Schiedsgericht zutreffend am Maßstab des Investitionsbegriffs im Abkommen bejaht worden ist, stellt sich die Frage, ob eine solche Minderheitsbeteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft als Investition im Sinne des WBÜ angesehen werden kann oder ob dafür eine anteilsmäßige Mehrheit an der ausländischen Gesellschaft nötig ist, die dem Investor die alleinige Kontrolle über die Gesellschaft sichert? In einem anderen ICSID-Schiedsverfahren war letzteres der Fall. In dem Verfahren American Manufacturing v. Zaire besaß die American Manufacturing & Trading Inc., eine US-amerikanische Gesellschaft nach dem Recht des Staates Delaware, 94% der Anteile an der Société Industrielle Zairoise SPRL (SINZA). So hatte das Schiedsgericht keine Schwierigkeiten den Einwand, der Demokratischen Republik Kongo265 gegen seine Zuständigkeit, die Beteiligung AMTs an SINZA sei allenfalls eine indirekte Investition und keine im Sinne des WBÜ266, zu entkräften und festzustellen, dass AMT sowohl durch die kontrollierte Gesellschaft SINZA als auch aus eigenem Recht als Mehrheitsgesellschafterin das ICSID anrufen konnte267. Im vorliegenden Fall besaß Lanco durch eine direkte Kapitalbeteiligung und weitere Rechte höchstens 30,4% der vom Konsortium gegründeten Betriebsgesellschaft Terminales Portuarias Argentinas S.A. Nicht die Betriebsgesellschaft, son262 Vgl. Parra, 20 News from ICSID 2003, 13; Weill, Dissenting Opinion zu Tokios Tokelés v. Ukraine (Arb / 02 / 18), v. 29. 04. 2004, para. 14. 263 Vgl. Verveniotis, RHDI 1997, 153, 156. 264 A. a. O. para. 48. Dies ist umso erstaunlicher, als der Vorsitzende des Schiedsgerichts, Prof. Cremades, ebenfalls am Beschluss über die Jurisdiktion v. 27. 09. 2001 im Verfahren Autopista Concesionada v. Venezuela beteiligt war, in welchem das Schiedsgericht unter Prof. Böckstiegel den Investitionsbegriff trotz ausdrücklicher Einigung der Parteien proprio muto geprüft hatte. 265 Bis 1997 Zaire. 266 American Manufacturing & Trading, Inc. v. Republic of Zaire (Arb / 93 / 1), Schiedsspruch v. 21. 02. 1997, para. 3.13. 267 A. a. O. para. 5.15.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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dern Lanco trat als Minderheitsgesellschafter direkt als Kläger im Schiedsverfahren auf. Wie oben bereits festgestellt, sind die Frage nach der Parteifähigkeit des Minderheitsgesellschafters, also des Unternehmers der Investition (dynamisches Element der Investitionsvornahme) neben oder ohne das Unternehmen, und die Frage nach der Qualifizierung seiner strategischen Minderheitsbeteiligung als Investition im Sinne des WBÜ (statisches Element des Vermögensbestandes) untrennbar miteinander verbunden268. ICSID-Schiedsgerichte, die sich mit der Frage der Qualifizierung von Beteiligungen und Kontrolle über Unternehmen auseinander zu setzen hatten, haben dies in der Regel vor dem Hintergrund der selbstständigen Klagebefugnis des Gesellschafters neben der Gesellschaft getan. Im Verfahren Antoine Goetz v. Burundi hat das Schiedsgericht dazu ausgeführt, „[ . . . ] le Tribunal observe que la jurisprudence antérieure du CIRDI ne limitte pas la qualité pour agir aux seules personnes morales directement visées par les mesures litigieuses mais l’étend aux actionnaires de ces personnes, qui sont les véritables investisseurs.“269

Die generelle Diskussion des Begriffs der ausländischen Direktinvestition stellt auf eine Kombination aus Kontrolle über die Gesellschaft („Management Dimension“270) und Beteiligungsschwellenwerte ab. Kontrolle über eine juristische Person ist jedoch kein einfaches Phänomen; die Frage, wer sie auszuüben berechtigt ist und (in der Regel noch wichtiger) tatsächlich ausübt, ist insbesondere bei Crossborder-Transaktionen erst nach eingehender Prüfung zu beantworten. Die Beteiligung am Kapital einer Gesellschaft mag zwar in der Regel verhältnismäßig einfach festzustellen sein, ist aber nicht notwendigerweise ein verlässlicher Indikator für die tatsächliche Kontrolle über die Geschäftsführung einer Gesellschaft271. Unterschiedliche Ausgestaltungen von Stimmrechten, die sich aus den verschiedenen Arten der Beteiligung am Kapital der Gesellschaftsformen ergeben, einzelvertragliche Beschlussfindungsregeln mit frei wählbaren Mehrheitserfordernissen und die Ausübung der Unternehmensführung führen zu einem sehr viel komplexeren Bild von Kontrolle, als es die Beurteilung ausschließlich anhand der Kapitalbeteiligung suggeriert272. Nach der allgemeinen Definition kommt es daher für die Annahme einer ausländischen Direktinvestition auf die reine Mehrheit der Anteile nicht an. Objektiver Maßstab ist eine Mindestbeteiligungshöhe, wobei regelmäßig 10 bzw. 25% der stimmberechtigten Anteile als ausreichend für die Annahme einer Direktinvestition erachtet werden273. Entscheidend für das Vorliegen einer Direktinvestition ist zudem, dass neben der objektiv messbaren Beteiligungshöhe eine subjektis. o. B.III.2.a)aa). Antoine Goetz and others v. Republic of Burundi (Arb / 95 / 3), Schiedsspruch v. 10. 02. 1999, para. 89. 270 Vgl. WTO Secretariat, Trade and Foreign Direct Investment, PRESS / 57 (v. 09. 10. 1996), 6. 271 Vgl. CMS Gas Transmission Company v. Argentine Republic (Arb / 01 / 8), Beschluss v. 17. 07. 2003, para. 51. 272 Vgl. Masood, JILI 1972, 119, 139. 273 s. o. B.III.3.b)aa). 268 269

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

ve Kontrollabsicht besteht, der Investor also die Absicht hat, auf das Unternehmen Einfluss zu nehmen und Investitionsentscheidungen zu treffen274. Mit der Beantwortung dieses Fragenkomplexes hatten sich ICSID-Schiedsgerichte auch in einer Reihe aktueller Verfahren auseinander zu setzen. Im Verfahren Alex Genin v. Estonia erhob der US-amerikanische Investor im eigenen Namen und durch von ihm kontrollierte Gesellschaften Schiedsklage gegen Estland auf der Grundlage des Investitionsschutzabkommens zwischen Estland und den USA, wegen der Entziehung einer Banklizenz durch die Bank von Estland275. Diese Entziehung der Lizenz für die vom Kläger durch beherrschte Gesellschaften kontrollierte Estonian Inovation Bank (EIB) war Teil einer Auseinandersetzung vor den nationalen estnischen und amerikanischen Gerichten276 und wurde von den zuständigen estnischen Stellen mit der Weigerung der EIB begründet, ihre Eigentümerstruktur plausibel offen zu legen277. Der Kläger Genin hielt seine Beteiligung an der EIB über die Eastern Credit Limited, Inc., Texas, USA, die A.S. Baltoil, eine Gesellschaft nach estnischem Recht und die Eurocapital Holding, eine auf der Isle of Man registrierte Gesellschaft. Von dem 51%igen Anteil des Klägers hielt die „ausländische“ Eastern Credit Limited eine Minderheitsbeteiligung von 33% an der EIB und kam erst mit dem Anteil der von ihr vollständig kontrollierten estnischen Baltoil auf eine mehrheitliche Beteiligung. Estland vertrat daher die Auffassung, dass eine solche Minderheitsbeteiligung („de minimis interests“) nicht dem Investitionsbegriff des WBÜ genüge278. Das Schiedsgericht stellte in seiner Entscheidung zunächst fest, dass die Beantwortung der Frage nach der Qualifizierung der Beteiligung der Kläger an EIB, neben der Frage der alternativen Anhängigmachung vor nationalen und ausländiJahrreiß, Theorie der Direktinvestitionen im Ausland, 26. Treaty Between the Government of the Republic of Estonia and the Government of the United States of America for the Encouragement and Reciprocal Protection of Investment v. 19. 04. 1994, in Kraft seit 1997 und laut seinem Art. XII rückwirkend auf vorhergehende Investitionen anwendbar. 276 Alex Genin, Eastern Credit Limited Inc. and A.S. Baltoil v. The Republic of Estonia (Arb / 99 / 2), Schiedsspruch v. 25. 06. 2001, para. 30 ff. Die gerichtliche Auseinadersetzung hatte den Erwerb eines Teils der insolventen Estonian Social Bank Ltd., der sog. Koidu Branch, durch die EIB von der Bank von Estland zum Gegenstand. Im Zuge des Veräußerungsprozesses war es 1994 zu Bilanzmanipulationen gekommen, deren Schaden der Kläger von der Bank ersetzt bekommen wollte. An mehreren Stellen des Schiedsspruches scheint durch, dass die beinahe ankündigungslose Entziehung der Banklizenz durch die Bankenaufsicht am 09. 09. 1997, welche dem Investment des Klägers die Geschäftsgrundlage entzog, in einem engen – allerdings nicht justitiablen – Zusammenhang zu der Auseinandersetzung um den Erwerb der Koidu Branch steht. Die leise Kritik des Schiedsgerichts an der Vorgehensweise der Bank von Estland (para. 372) geht allerdings auch mit Verständnis für das sich erst entwickelnde Verständnis für komplexe Finanzmärkte in Estland (para. 348) einher. 277 A. a. O. para. 102. Die Kläger erklären dies damit, dass es sich bei den Anteilen der Eurocapital Ltd. um Inhaberaktien handele, para. 204. 278 A. a. O. para. 26. 274 275

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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schen Gerichten und dem ICSID279, zentral für die Feststellung seiner Zuständigkeit sei. Da das Schiedsgericht den Kläger Alex Genin und die beiden von ihm kontrollierten Gesellschaften als wirtschaftliche Einheit verstand und so von einer mehrheitlichen Beteiligung an der EIB durch Alex Genin ausging280, musste es auf die Frage der Minderheitsbeteiligung nicht weiter eingehen und konnte die Investitionseigenschaft sowohl unter dem BIT als auch unter dem WBÜ bejahen281. Deutlich sprach sich das Schiedsgericht für die Anerkennung eines gesonderten Klagerechts des ausländischen Gesellschafters zum ICSID neben dem der Gesellschaft vor den nationalen Gerichten aus. Während das gerichtliche Vorgehen gegen die Entziehung der Banklizenz im Interesse aller Gesellschafter und von der Maßnahme außerdem Betroffener gewesen sei und zwingend und exklusiv nur vor den Gerichten des Gaststaates ausgetragen werden konnte, hatte der dem ICSID unterbreitete Investitionsstreit ausschließlich die Interessen des ausländischen Investors zum Gegenstand. Überschneidungen der Streitgegenstände seien dabei hinzunehmen, „[ . . . ] the effort by EIB to have the Bank of Estonia’s decision overturned, and its license restored, was in effect undertaken on behalf of all the Bank’s shareholders (including minority shareholders), as well as on behalf of its depositors, borrowers and employees, all of whom were damaged by the cessation of EIB’s activities. [ . . . ] The ,investment dispute‘ submitted to ICSID arbitration, on the other hand, relates to the losses allegedly suffered by the Claimants alone, arising from what they claim were breaches of the BIT. Although certain aspects of the facts that gave rise to this dispute were also at issue in the Estonian litigation, the ,investment dispute‘ itself was not, and the Claimants should not therefore be barred from using the ICSID arbitration mechanism. “282

In den Mittelpunkt der Entscheidung über die Jurisdiktion gelangte die Frage nach der Behandlung ausländischer Minderheitsgesellschafter von mehrheitlich in staatlicher Hand befindlichen Unternehmen der Versorgungswirtschaft auch in den Verfahren Enron v. Argentina, CMS v. Argentina und Azurix v. Argentina. Diese Verfahren stehen im Zusammenhang mit der Teilprivatisierung staatlicher argentinischer Versorgungsunternehmen in den 90er Jahren und wurden von US-amerikanischen Investoren im Jahr 2001 auf der Basis des bilateralen Investitionsschutzabkommens zwischen den USA und Argentinien283 beim ICSID anhängig gemacht. Die Verfahren stehen im direkten Zusammenhang mit der tiefen wirtschaftlichen Krise, in der sich Argentinien seit 1999 befand und die in der Lösung A. a. O. para. 322, 330 ff. A. a. O. para 328, betrachtet das Schiedsgericht die estische Gesellschaft Baltoil wegen vollständiger ausländischer Kontrolle als ausländische natürliche Person, gem. Art. 25 Abs. 2 (a) WBÜ. Die Annahme einer konkludenten Einigung der Parteien auf die Eigenschaft einer ausländischen juristischen Person gem. lit. (b) 2. Alt. dürfte bei gleichem Ergebnis hier gemeint sein. 281 A. a. O. para. 328. 282 A. a. O. para. 332. 283 Treaty Concerning the Reciprocal Encouragement and Protection of Investment between the Argentine Republic and the United States of America v. 14. 11. 1991. 279 280

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

der argentinischen Landeswährung vom US-Dollar im Jahr 2002 ihren Tiefpunkt fand. In CMS v. Argentina machte die CMS Gas Transmission Company Wertverluste ihrer Beteiligung an der Transportadora de Gas del Norte geltend. CMS hatte seine Beteiligung im Rahmen der Privatisierung des staatlichen Gasunternehmens im Jahre 1995 vom argentinischen Staat erworben. CMS Beteiligung an der TGN betrug 29,42%. Neben CMS waren weitere private Investoren an TGN beteiligt. Argentinien hatte sich vollständig von seiner ursprünglichen Beteiligung an TGN getrennt. Preise und Gebühren für die Gasversorgung wurden im Rahmen der Privatisierung in US Dollar kalkuliert und in Peso ausgewiesen, dessen Wechselkurs an den United States Producer Price Index gekoppelt wurde284. Als Argentinien versuchte, auf die Wirtschaftskrise im Lande mit der Abwertung und späterer Freigabe der Wechselkurse des Peso zum Dollar zu reagieren, hatte dies für CMS massive Auswirkungen auf die Werthaltigkeit der Beteiligung an der TGN. CMS macht daher einen enteignungsgleichen Eingriff durch Argentinien und Verstöße gegen spezielle gesetzliche und vertragliche Zusagen geltend285. Die staatliche Partei rügte die mangelnde Jurisdiktion rationae materiae, da es sich bei der Beteiligung der CMS an der TGN um eine reine Minderheitsbeteiligung handele und wenn überhaupt, nur TGN, als Lizenznehmer des Staates, alleinig legitimiert sei, Schadensersatz einzuklagen. Da es sich bei TGN allerdings um eine argentinische Gesellschaft handelte, könne der Investitionsschutzvertrag keine Grundlage einer Klage der Gesellschaft sein. CMS könne neben der Gesellschaft kein eigenständiges Klagerecht aus seiner Stellung als Minderheitsgesellschafter herleiten. Differenzen über die zwischen der TGN und Argentinien ausgehandelten Anpassungen der Vertragslage könne CMS ausschließlich im Innenverhältnis mit den Organen der Gesellschaft klären286. Das Schiedsgericht prüfte die Legitimation des Klägers daraufhin ausführlich anhand des internationalen Wirtschaftsrechts, des WBÜ und des Investitionsschutzabkommens. Unter Berufung auf die Elletronica Sicula Entscheidung des IGH ging es davon aus, dass der Schutz von Gesellschaftern durch ihre Staaten mittlerweile auch dann völkerrechtlich anerkannt ist, wenn die Gesellschaft unter dem Regime des beklagten Staates gegründet ist287. Zudem sah das Schiedsgericht eine Entwicklung weg von der Annahme einer notwendigen Mehrheitsbeteiligung, 284 CMS Gas Transmission Company v. Argentine Republic (Arb / 01 / 8), Beschluss v. 17. 07. 2003, para. 19 f. 285 A. a. O. para. 20; das Schiedsgericht setzte sich an dieser Stelle zunächst mit der Frage der zu unterbreitenden Rechtsstreitigkeit auseinander und stellte fest, dass eine solche nicht generelle wirtschaftspolitische Maßnahmen des Gaststaates betreffen dürfe, sondern ausschließlich spezielle Maßnahmen der Behörden des Gastlandes unter Verletzung der individuellen Rechte des Investors. Prima facie sei dies im vorliegenden Fall anzunehmen, para. 23 ff. 286 A. a. O. 36 f. 287 Elettronica Sicula S.p.A. (ELSI) (United States of America v. Italy), v. 20. 07. 1989, ICJ Reports 1989, 15.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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hin zu niedrigeren Schwellenwerten und der Zulassung von Minderheitsbeteiligungen. Im Bereich der internationalen Investitionen sei diese Einbeziehung von Minderheitsaktionären zwar aus lex specialis und vertraglichen Einzelfallregelungen entstanden, mittlerweile bildeten diese jedoch die Regel („general rule“)288. Dies gelte auch für das WBÜ, „There is indeed no requirement that an investment, in order to qualify, must necessarily be made by shareholders controlling a company or owning the majority of its shares. It is well known incidentally that, depending on how shares are distributed, controlling shareholders can in fact own less than the majority of shares.289 [...] Whether the protected investor is in addition a party to a concession agreement or a license agreement with the host State is immaterial for the purpose of finding jurisdiction under those treaty provisions, since there is a direct right of action of shareholders.“290

Unter Berufung auf vorangegangene Entscheidungen von ICSID-Schiedsgerichten nahm das Schiedsgericht trotz erheblicher Unterschiede in den Konstellationen der einzelnen Fälle zu recht eine konsistente Linie der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit in Bezug auf den Schutz des ausländischen Investors als Minderheitsgesellschafter neben der Gesellschaft an291. Im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zu den Jurisdiktionsentscheidungen in den vorgenannten Verfahren steht der Beschluss im Verfahren Enron v. Argentina. Auch in diesem Verfahren bestreitet Argentinien, als beklagter Staat, die Investoreneigenschaft der Kläger und daraus folgend deren mangelnde Legitimation ius standi. Die Enron Corporation und Ponderosa Assets, L.P hatten ebenfalls im Zug der argentinischen Privatisierungskampagne Anteile an der Transportadora de Gas de Sur („TGS“) erworben, eines großen landesweiten Gaslieferanten. Diese wurden gehalten durch die 100%igen Tochtergesellschaften EPCA und EACH, welche wiederum 50% an CIESA hielten, einer argentinischen Gesellschaft, welche durch Beschluss v. 17. 07. 2003, para. 48. A. a. O. para. 51. 290 A. a. O. para. 65. 291 A. a. O. para. 53 ff. Auf dieser Linie liegt auch die Jurisdiktionsentscheidung in dem Verfahren Azurix Corp. v. Argentine Republic (Arb / 01 / 12), Beschluss v. 08. 12. 2003. Argentinien widerspricht auch hier der Legitimation des Klägers mangels ius standi. Im Unterschied zu CMS hatte Azurix Corp. durch Tochtergesellschaften rund 90% der Geschäftsanteile des vormals staatlichen Wasserver- und Entsorgers Administración General de Obras Sanitarias de la Provincia de Buenos Aires mit einer staatlichen Lizenz für 30 Jahre im Jahr 1999 erworben. Auch für den Mehrheitsgesellschafter sieht das beklagte Land kein gesondertes (indirektes) Klagerecht neben der Gesellschaft, bei der die behauptete Schädigung durch staatliche Stellen stattgefunden haben soll (para. 43). Ebenfalls unter Berufung auf die Entscheidungen in dem Verfahren Elettronica Sicula und CMS v. Argentina ging das Schiedsgericht auch in diesem Fall von der Investoreneigenschaft des Klägers und einer Investition im Sinne des Investitionsschutzabkommens sowie des WBÜ aus und bejaht seine Zuständigkeit (para. 74). 288 289

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

ihre 55,3%ige Beteiligung wiederum TGS kontrollierte. Zudem hielten die Kläger durch die 75,93%ige Beteiligung der EPCA, EACH und ECIL, dreier ebenfalls kontrollierter argentinischer Gesellschaften, an EDIDESCA weitere 10% der Anteile von TGS. EPCA hielt zudem noch 0,02% der Anteile von TGS direkt. In der Summe hielten die Kläger rund 35% der Anteile an TGS292. Unter Berufung auf das Investitionsschutzabkommen machten die Kläger enteignungsgleiche Eingriffe durch Steuererhöhungen argentinischer Provinzen geltend293. Unter Bezugnahme auf Entscheidungen von ICSID-Schiedsgerichten in vorangegangenen Verfahren294 stellte das Schiedsgericht fest, dass die Anerkennung von Rechten von Minderheitsgesellschaftern durch das allgemeine Völkerrecht wie auch durch das WBÜ und durch den Investitionsschutzvertrag zwischen den beteiligten Staaten keiner weiteren Erörterung mehr bedürfe, „It is sufficient for the purpose of the present case to emphasize that there is nothing contrary to international law or the ICSID Convention in upholding the concept that shareholders may claim independently from the corporation concerned, even if those shareholders are not in the majority or in control of the company.“295

Stattdessen wandte sich das Schiedsgericht der von Argentinien gerügten Tatsache zu, dass die Kläger nur mittelbare Anteilseigner durch zwischengeschaltete argentinische Tochtergesellschaften waren. Insbesondere erfolgte ein großer Teil der Investition in die CIESA, eine Gesellschaft, an welcher die Kläger, ebenso wie in TGS, nicht die Mehrheit der Anteile hielten296. Das Schiedsgericht teilte grundsätzlich die Kritik des beklagten Staates, dass dadurch eine unüberschaubare Kette von Ansprüchen („a string of locally incorporated companies [ . . . ] could trigger an endless chain of claims“)297 zugunsten sämtlicher Gesellschafter entstehen könnte, wenn sich sämtliche von diesen unbeschränkt auf eine direkte Legitimation neben einer Gesellschaft am Ende einer solchen Kette berufen könnten. Das Schiedsgericht sah daher eine Notwendigkeit, dieses direkte Klagerecht im Einzelfall zu beschränken, wenn nur noch eine lose Beziehung zu der betroffenen Gesellschaft besteht, „there is indeed a need to establish a cut-off point beyond which claims would not be permissible as they would have only a remote connection to the affected company.“298

292 Enron Corporation and Ponderosa Assets, L.P. v. Argentine Republic (Arb / 01 / 3), Beschluss v. 14. 01. 2004, para. 21. 293 A. a. O. para. 25. 294 AAPL v. Sri Lanka (Arb / 87 / 03); American Manufacturing v. Zaire (Arb / 93 / 01); Antoine Goetz v. République du Burundi (Arb / 95 / 03); Lanco v. Argentina (Arb / 97 / 06); Geninv. Estonia (Arb / 99 / 02); Compañía de Aguas del Aconquija v. Argentina (Arb / 97 / 03); Goetz v. Burundi (Arb / 95 / 03); CMS v. Argentina (Arb / 01 / 08). 295 Beschluss v. 14. 01. 2004, para. 39. 296 A. a. O. para. 41. 297 A. a. O. para. 50. 298 A. a. O. para. 52 (eigene Hervorhebung).

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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Die Bestimmung dieses sog. cut-off point nahm das Schiedsgericht anhand des zu bestimmenden Umfangs der Einigung der Parteien vor. Dadurch, dass im zugrunde liegenden Privatisierungsverfahren der TGS aktiv um die Ansiedlung von technischem Know-how geworben wurde, welches die Enron Corp. durch ihre Tochtergesellschaft EPCA in das Gastland der Investition einbrachte und die Zwischenschaltung argentinischer Trägergesellschaften in den Ausschreibungsbedingungen vorgegeben war, erkannte es eine Einbeziehung der gesamten wirtschaftlichen Einheit in die Einigung der Parteien299 und bejahte seine Jurisdiktion300. Auch diesem Ergebnis ist zuzustimmen. Solange strategische Minderheitsbeteiligungen aufgrund von Vorgaben des Gastlandes oder durch kontrollierte Trägergesellschaften mittelbar gehalten werden, unterfallen auch diese dem Investitionsbegriff des WBÜ. Auch in den Travaux Préparatoires finden sich keine Hinweise auf einen Ausschluss von Minderheitsbeteiligungen aus dem Investitionsbegriff. Die in Art. 30 (i) des Ersten Entwurfes enthaltene weite Definition ging noch ganz allgemein von „any contribution of money or other assets“301 aus, während der Definitionsvorschlag der Weltbank zu Unternehmensbeteiligungen Stellung nahm, „ ,investment‘ means the acquisition of [ . . . ] (ii) participation or shares in any such enterprise“302. Dieser Vorschlag nahm somit noch nicht einmal eine Unterscheidung zu Portfolio-Investitionen vor. Wie bereits andere vorher fand auch dieser Definitionsvorschlag in der Folge keinen Eingang ins WBÜ, so dass die Frage nach dem Investitionscharakter von Unternehmensbeteiligungen in den Verhandlungen unbeantwortet blieb303. Auch die Denkschrift der Bundesregierung zum WBÜ nimmt eine solche Unterteilung nicht vor: „Als ,Investition‘ werden z. B. Beteiligungen, [ . . . ] anzusehen sein.“304 Für die Einbeziehung von strategischen Minderheitsbeteiligungen in den sachlichen Anwendungsbereich des WBÜ spricht zudem, dass der an der Unternehmensführung und am Erfolg partizipierende Investor auch am unternehmerischen Risiko und möglichen Misserfolgen ebenso teilhat wie ein Mehrheitsgesellschafter. Auch er ist mit dem Standort der Investition verbunden und kann seine Beteiligung nicht, ausschließlich einem renditeorientierten Anlagemotiv entsprechend, kurzfristig über den Kapitalmarkt verkaufen, da der außerbörsliche Markt für Unternehmensbeteiligungen sich in seiner Volatilität und Fungibilität erheblich vom Börsenmarkt mit seinen schnelleren Reaktionsmöglichkeiten unterscheidet. 299 A. a. O. para. 56; zustimmend dazu PSEG Global Inc.,The North American Coal Corporation and Konya Ilgin Elektrik Üretim ve Ticaret Limited Sirketi v. Republic of Turkey (Arb / 02 / 5), Beschluss v. 04. 06. 2004, para. 193. 300 A. a. O. para. 99. 301 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 623. 302 ICSID-Hist., Vol. II, 2, 844. 303 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 661. 304 BT-Drucksache V / 3246 v. 09. 09. 1968, 27, 28.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Um der von den Staaten im Laufe der Verhandlungen wiederholt geforderten Wesentlichkeit („substantial commitment“)305 des Engagements zu entsprechen, sollte von einer Beteiligungsuntergrenze von 10% der stimmberechtigten Anteile ausgegangen werden, wenn sich aus vertraglichen Vereinbarungen keine weiteren Hinweise auf die Ausübung unternehmerischer Kontrolle finden. Damit wäre ein Gleichlauf mit finanzstatistischen Bemessungsgrenzen für internationale Direktinvestitionen hergestellt, da in diesem Bereich regelmäßig Beteiligungshöhen ab 10% an einer Gesellschaft als wesentliche Beteiligung (lasting interest) angesehen werden306.

c) Fondsanteile als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Phillipe Gruslin v. Malaysia Der belgische Staatsangehörige Phillipe Gruslin investierte 1996 rund US $ 2,3 Mio. in einen Investmentfond der luxemburgischen Citiportfolios S.A., welcher zu 52% des Anlagevolumens in Aktien investiert war, die an der Kuala Lumpur Stock Exchange notiert waren. In der Folge von geänderten Geldhandelsbestimmungen in Malaysia verlor Gruslin seine Investition und rief im Jahr 1999 das ICSID an307. In seinem Schiedsspruch zur Jurisdiktion verneinte das Schiedsgericht seine Zuständigkeit bereits wegen mangelnder Einigung der Parteien308. Das Verfahren ist in zweierlei Hinsicht von Interesse. Zum einen hat es die Einigung der Parteien auf der Basis einer ausnahmsweise einengenden Investitionsdefinition in einem Investitionsschutzabkommen zum Gegenstand, zum anderen setzt sich das Schiedsgericht mit der generellen Einbeziehung ausschließlich renditeorientierten Fondskapitals in die entwicklungspolitische Zielsetzung der Gaststaaten von Investitionen und in durch sie geschlossene Investitionsschutzabkommen auseinander.

aa) Sachverhalt Der belgische Staatsanghörige Phillipe Gruslin erwarb 1996 Fondsanteile im Wert von rund US $ 2,3 Mio. am Emerging Asian Markets Equity Portfolio (EAMEC) der Citybank (Luxemburg) S.A. Das Portfolio wurde gemanagt von der Citiportfolio S.A., Luxemburg und hatte die Rechtspersönlichkeit einer Fonds communs de placement (FCP). Der Fonds investierte zu rund 52% in Aktien, welVgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, Rdnr. 83, unter Verweis auf die ICSID-Hist. Vgl. Mukerji, JWI 2001, 731, 748. 307 Phillipe Gruslin hatte bereits 1994 ein Schiedsverfahren gegen Malaysia vor dem ICSID geführt. Das Verfahren Phillipe Gruslin v. Malaysia (Arb / 94 / 1) endete auf Verlangen der Parteien ohne Schiedsspruch, gem. Art. 43 Abs. 1 AR und steht in keinem weiteren Zusammenhang zu dem hier untersuchten Verfahren. 308 Schiedsspruch v. 21. 11. 2000, ICSID Rep. V, 484, para. 26.1. 305 306

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

237

che an der Kuala Lumpur Stock Exchange (KLSE) gelistet waren309. In seiner Schiedsklage vom 12. 05. 1999 macht der Kläger geltend, das eingesetzte Kapital in der Höhe des Anteils, in welcher der Fonds in Aktien der KLSE investiert war, verloren zu haben. Dieser Verlust basiere auf geänderten Geldhandelsbestimmungen, welche durch Malaysia im Jahr 1998 zum Nachteil ausländischer Anleger eingeführt wurden. Von Malaysia forderte der Kläger den vollständigen Ersatz des erlittenen Schadens. Die Einigung auf das ICSID ergebe sich aus einem Intergovernmental Agreement (IGA)310 zwischen der Belgisch-Luxemburgischen Wirtschaftsunion und Malaysia, dessen materielle Investitionsschutzrechte im Streitfall vor dem ICSID geltend gemacht werden sollen (Art. 10 Abs. 2 IGA). Der Anwendungsbereich des IGA ist in Bezug auf Investitionen in zweierlei Hinsicht eingeschränkt: zum einen durch das in der Präambel konstituierte Erfordernis der Investitionsvornahme im Staatsgebiet des jeweils anderen Vertragsstaates311, zum anderen durch die notwendige Klassifizierung als anerkanntes Projekt in Art. 1 Abs. 3 des IGA312. Der beklagte Staat entgegnete unter Berufung auf diese im IGA aufgestellten Voraussetzungen, dass es bereits an einer Einigung im Sinne des Art. 25 Abs. 1 WBÜ fehle, da der Kläger als Fondsanteilseigner kein Eigentum an den malaysischen Vermögenswerten des Fonds erlangt habe und seine Ansprüche gegen die Citiportfolio S.A., als Fondsmanager, rein vertraglicher Natur seien313. Daher sei es zu keiner Investitionsvornahme im Staatsgebiet Malaysias gekommen. Zudem könne es sich bei reinen Portfolio-Investitionen nicht um „anerkannte Projekte“ im Sinne des IGA handeln, da solche Projekte einen nachhaltigen unternehmerischen Hintergrund haben müssten.314 A. a. O. para. 8. Intergovernmental Agreement between the Belgo-Luxemburg Economic Union and the State of Malaysia on Encouragement and reciprocal Protection of Investment v. 22. 11. 1979. 311 A. a. O., para. 9.1, „DESIRING to create favourable conditions for greater economic co-operation between them and in particular for investments by nationals of one Contracting Party in the territory of the other Contracting Parties; RECOGNISING that the encouragement and reciprocal protection of such investments will be conducive to stimulating individual business initiative and increasing prosperity in the treeitories of the Conttracting Parties; [ . . . ]“. 312 A. a. O., para. 9.2, „The term ,investment‘ shall comprise every kind of assets and more particularly, though not exclusively: [...] provided that such assets when invested: (i) in Malaysia, are invested in a project classified as an ,approved project‘ by the appropriate Ministry of Malaysia, in accordance with the legislation and the administrative practice based thereon.“ 313 A. a. O. para. 14.2 unter Berufung auf die dem Fondsinvestment zugrunde liegenden Dokumente, wie Management Regulations, Citiportfolios Verkaufsprospekt und den Vertrag zwischen der Management Company und der Depositarin Citibank (Luxemburg) S.A. 309 310

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Der Kläger hingegen hielt die Notierung der erworbenen Aktien an der KLSE für ausreichend, um als „anerkanntes Projekt“ zu gelten, da dem Listing der Aktien dort eine Anerkennung des malaysischen Capital Issues Committee (CIC) vorausgehe. Da die bloße Vornahme einer Investition ausreichend sei und keine weiteren Voraussetzungen den Investitionsbegriff des IGA und des WBÜ weiter einengen würden, sei diese Anerkennung durch das CIC ausreichend gewesen315. Zudem stünde ihm das anteilige Eigentum und nicht nur vertragliche Rechte an den Vermögenswerten des Investmentfonds in Malaysia zu316.

bb) Entscheidung des Schiedsgerichts Das ICSID-Schiedsgericht317 hatte im vorliegenden Fall ausschließlich das Vorhandensein einer wirksamen Einigung auf das ICSID zu prüfen. Da die Parteien die Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit nicht in einem gegenseitigen Dokument festgelegt hatten und Malaysia diese bestritt, prüfte das Schiedsgericht die Einigung anhand des IGA. Der in Investitionsschutzabkommen zwischen Staaten üblicherweise anzutreffende sehr weite Investitionsbegriff erfuhr im IGA die oben dargestellten Einschränkungen auf die Investitionsvornahme im Staatsgebiet Malaysias und die Anerkennung der Investition durch den Gaststaat. Da sich ohne wirksame Einigung unter den speziellen Voraussetzungen des die Einigung transportierenden Dokuments eine Prüfung der Zuständigkeit am Maßstab des WBÜ ausschloss, prüfte das Schiedsgericht zunächst, ob es zu einer Investition des Klägers im Staatsgebiet Malaysias gekommen war. Nach eingehender Diskussion mit den Parteien konnten diese zwar Klarheit über das anzuwendende Rechtsregime erzielen318, die zentrale Frage nach der Eigentümerstellung in Bezug auf das Investment in KLSE Aktien blieb jedoch im Verfahren offen. Da sich das Schiedsgericht allerdings von diesem Fragekomplex abwandte und sich stattdessen zunächst der Frage nach der Qualifizierung der Investition als zugelassenes Projekt durch den Gaststaat im Sinne von Art. 1 Abs. 3 (i) des IGA zuwandte, konnte die Frage nach der Eigentümerstellung des Klägers auch im Ergebnis offen bleiben319. A. a. O. para. 17, „With this restriction Malaysia intended to limit the encouragement and protection of foreign investment made in its territory to investment made in projects that contributed to the manufacturing and industrial capacity of the country. Portfolio and stock market investment, the kind of investment involved in the case at hand, does not fall within the definition of approved project.“ 315 A. a. O. para. 25.1 ff. 316 A. a. O. para. 14.3. 317 Das Schiedsgericht bestand nur aus dem Einzelschiedsrichter Gavan Griffith. 318 A. a. O. para. 15.7, demnach sollte luxemburger Recht gelten. 319 A. a. O. para. 25.7, 26.2, auf die Beantwortung dieser Frage kam es nach der Verneinung des zweiten Fragekomplexes für die Entscheidung nicht mehr an. 314

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

239

Für die Auslegung des Zulassungserfordernisses als anerkanntes Projekt stellte das Schiedsgericht fest, dass zunächst untersucht werden müsse, ob ein klarer Wortlaut der Vorschrift vorliege, der eine Anwendung externer Erkenntnisquellen ausschließe. Diesen klaren Wortlaut fand es in Bezug auf die Anwendbarkeit des Zulassungserfordernisses auf sämtliche Investitionsarten, die in Art. 1 Abs. 3 lit. (a) bis (e) des Abkommen beispielhaft aufgeführt sind, so auch auf die KLSE-Investition des EAMEC als „asset“ im Sinne von lit. (b)320. Die Bejahung der Investitionseigenschaft unter dem IGA stellte für das Schiedsgericht nur eine Vorfrage dar. Zur Beantwortung der Frage nach der Anwendbarkeit des erweiterten Schutzes des IGA auf den ausländischen Investor musste die Frage nach der staatlichen Zulassung des Erwerbs von Aktien malaysischer Unternehmen über die KLSE als anerkanntes Projekt vom Schiedsgericht beantwortet werden. Das Schiedsgericht legte Art. 1 Abs. 3 (i) dahingehend aus, dass die Bedeutung des Wortes „Projekt“ nicht im Sinne des investiven Vorganges, wie vom Kläger behauptet321, verstanden werden kann, sondern im Sinne eines tatsächlichen Investitionsprojekts im Wortsinne322. Die reine Zulassung der malaysischen Börsenaufsicht für die erworbenen Aktien zum Handel an der KLSE konnte das in Abs. 3 (i) aufgestellte Erfordernis eines anerkannten Projekts daher nicht ersetzen: „To this extent, the contention in [ . . . ] the Respondent’s Reply that ,mere investments in shares in the stock market, which can be traded by anyone, and are not connected to the development of an approved project, are not protected‘, is upheld by the Tribunal.“323

Mangels gültiger Einigung auf das ICSID aufgrund des fehlenden Vorliegens einer Investition im Sinne des IGA wies das Schiedsgericht die Klage ab. Da es diese Einigung im Ergebnis verneinte, lag eine Prüfung der Investitionseigenschaft von Fondsanteilen im Sinne des WBÜ außerhalb des notwendigen Entscheidungsumfanges für das Schiedsgericht.

cc) Stellungnahme Der Schiedsentscheidung im Verfahren Gruslin v. Malaysia ist zuzustimmen. Gemessen an den Vorschriften des Investitionsschutzabkommens konnte sich der private Kläger nicht auf eine Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit mit der staatlichen Seite berufen. In Bezug auf die Erfordernisse einer „Investition im Staatsgebiet der jeweiligen staatlichen Partei“ und des „anerkannten Projekts“ stellt das Abkommen im Verhältnis zum WBÜ zusätzliche Anforderungen an die Qualifizierung einer Transaktion als Investition auf. Hier tritt somit der umgekehrA. a. O. para. 22.1 f. A. a. O. para. 25.1, „[ . . . ] ,project‘ is used in the sense of activity, and that a share of corporate stock is, by definition, an investment.“ 322 A. a. O., para. 25.5, „[ . . . ] a ,project‘, as such, [ . . . ]“. 323 A. a. O., para. 25.5. 320 321

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

te Fall zu der ansonsten beinahe uferlosen Weite des Investitionsbegriffes in bilateralen Investitionsschutzabkommen im Verhältnis zum engeren Anwendungsbereich des WBÜ ein. Da das Schiedsgericht mit dem Hinweis, dass der Kläger keine Einlassungen in Bezug auf eine mögliche anderweitige Anerkennung seiner Portfolio-Investition als anerkanntes Projekt gemacht habe324, die Möglichkeit einer solchen staatlichen Anerkennung grundsätzlich offen lässt, muss die Frage gestellt werden, ob der Anwendungsbereich des Art. 25 WBÜ in diesem Fall der wirksamen Einigung auf das ICSID tatsächlich weiter gewesen wäre und PortfolioInvestitionen vom Investitionsbegriff des WBÜ mit umschlossen sind? Das Schiedsgericht hatte diese Prüfung am WBÜ nicht vornehmen müssen, da es bereits an der Einigung der Parteien gefehlt hat. Hierbei handelt es sich um eine Frage von hoher praktischer Relevanz, von deren Beantwortung die Ausweitung des Rechtsschutzes für ausländische Unternehmer auf einen allgemeinen Rechtsschutz für ausländische Anleger unter dem ICSID abhängt.

dd) Portfolio-Investitionen als Investition im Sinne des WBÜ Aus der im vorangegangenen Abschnitt getroffenen Abgrenzung strategischer Beteiligungen von reinen Finanzanlagen mag bereits die Auffassung ersichtlich geworden sein, dass der Investitionsbegriff nach der hier vertretenen Meinung einer sachlichen Eingrenzung in dieser Richtung bedarf. Die Diskussion um die Einbeziehung von internationalen Kapitalanlegern und der durch sie getätigten Portfolio-Investitionen ist die Fortsetzung der Diskussion um die Einbeziehung von Minderheitsbeteiligungen. Bildlich gesprochen rundet sie die Diskussion nach unten ab. „Oben“ wäre in diesem Bild das höchste unternehmerische Risiko einer kapitalintensiven Unternehmensgründung im Ausland, mithin der klassische Fall der ausländischen „Greenfield“-Direktinvestition. „Unten“ auf einer solchen Skala der Risikotragung und eines äquivalenten Schutzbedürfnisses des Investors wäre die zumeist kurzfristige Kapitalbeteiligung unter ausschließlichen Renditegesichtspunkten, ohne ein Kontroll- oder Managementinteresse des Investors. Erschwert wird eine Ungleichbehandlung von Unternehmern und Anlegern durch die grundsätzliche Gemeinsamkeit in ihrem Handeln, nämlich des Zurverfügungstellens von Kapital für die Volkswirtschaft des Gastlandes der Investition. Die Kernfrage lautet daher, ob die Unterschiede, insbesondere im Hinblick auf die Risikotragung dieser Investorenklassen, so groß sind, dass sie eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen, auf die Jurisdiktion des ICSID bezogen, ob diese einen Ausschluss dieser Investorenklasse vom WBÜ rechtfertigen. In den Verhandlungen über das WBÜ blieb die Frage nach der Einbeziehung von Portfolio-Investitionen auch nach eingehender Beratung offen325. Ausgehend 324 325

A. a. O., para. 25.7. Vgl. ICSID-Hist. Vol II, 1, 661.

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241

von dem frühen Definitionsvorschlag der Weltbank326 stand die Einbeziehung von Anlegerrechten neben anderen Themen im Mittelpunkt der Auseinandersetzung zwischen Anhängern eines offenen, auf umfassenden Vermögensschutz im Ausland bedachten Ansatzes und den Befürwortern des geschlossenen, ausschließlich auf ausländische Direktinvestitionen und ihre ausgeprägtere entwicklungspolitische Komponente bezogenen Ansatzes. Es soll an dieser Stelle nicht bestritten werden, dass auch kurzfristige Kapitalanlagen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für den Gaststaat sein können327. Gerade diese bei börslich handelbaren PortfolioInvestitionen zumindest deutlich weniger ausgeprägte entwicklungspolitische Komponente liefert aber nach der hier vertretenen Meinung den Ausschlag zugunsten einer zulässigen Ungleichbehandlung der Investitionsformen unter dem WBÜ. Während Escher noch zutreffend zunächst eine Prüfung im Einzelfall verlangt, ob der Einwilligung beider Parteien in die Zuständigkeit des ICSID eine enge unternehmensbezogene oder eine weite vermögensbezogene Definition der Auslandsinvestition zugrunde liegt, hält er beide Definitionen für mit der entwicklungspolitischen Konzeption einer Auslandsinvestition nach dem WBÜ vereinbar328. Eine solche Sichtweise erweitert den Anwendungsbereich des WBÜ erheblich, indem sie den einfachen Anleger mit dem Unternehmer gleichstellt. Einer solchen Erweiterung der Jurisdiktion ist nicht zuzustimmen, da nämlich gerade die langfristigere Verbindung transnationaler Investoren mit dem Gastland in der Regel positivere Auswirkungen auf dessen nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung hat, als der bloße Einsatz volatilen Börsenkapitals. Transnationale Unternehmen verfügen in der Regel über die Möglichkeit zum Transfer von Know-how und zudem über etablierte Absatzkanäle und sind damit eher in der Lage, für das Gastland dringend benötigte Deviseneinnahmen zu erzielen329. Das entwicklungspolitische Konzept des WBÜ lässt sich somit argumentativ für eine Ungleichbehandlung dieser Investitionsklassen heranziehen. Zum anderen ist Skepsis bezüglich der Einbeziehung von Portfolio-Investitionen in die Jurisdiktion des ICSID auch deshalb geboten, weil damit der Ursprung des internationalen Investitionsschutzes außer Acht gelassen würde. Rechtfertigung für völkerrechtliche Abkommen zum Investitionsschutz ist ein unternehmerisches Tätigwerden im Gastland, da diese Verträge ihren Ursprung im internationalen Fremdenrecht haben330. Die pointierte Frage von Karl, ob es gerechtfertigt sei, „einem Anleger, der sein Kapital im Börsenfieber um den Globus jagt, denselben Schutz zukommen zu lassen wie einem Unternehmer, der ein langfristiges Engagement in einem fremden Staat eingeht?“331

326 327 328 329 330 331

s. o. F.II., F.II.1. Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 58. Vgl. Escher, RIW 2001, 20, 22. Vgl. Karl, RIW 1994, 809, 810. Vgl. Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, Rdnr. 1593 f. Karl, RIW 1998, 432, 434,

16 Belling

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wäre somit zu verneinen, da der Anleger eben nicht zum dauerhaften Gast in dem entsprechenden Staat wird. Sein im Ausland gebundenes Kapital ist nicht in dem Maße wie beim Unternehmer in der Form seiner Unternehmung vor Ort eine „Geisel“ des Gastlandes332, da ihm grundsätzlich flexiblere Möglichkeiten des Kapitalabzuges zur Verfügung stehen. Bei dem reinen Portfolio-Investor dreht sich das Kräfteverhältnis zwischen ihm und dem Gaststaat nach erfolgter Investition nicht in der Form um, wie beim Unternehmer ausländischer Direktinvestitionen, da der Anleger in seiner Disposition über seine Vermögenswerte verhältnismäßig flexibel bleibt. Ausländische Direktinvestitionen, wie z. B. Infrastruktur-Entwicklungsprojekte, bedürfen aber eines langfristigen und großvolumigen Ressourceneinsatzes des Investors im Gastland333. Wie nicht nur die Vielzahl von Verfahren gegen Argentinien im Anschluss an die Privatisierungswelle der 80er und 90er Jahre zeigen, ist gerade in solchen Projekten das Risiko- und Konfliktpotenzial erst nach erfolgtem Auslandsengagement vollständig erkennbar334. Der Kapitalverlust des Klägers im zugrunde liegenden Fall durch Kapitaltransferbeschränkungen des beklagten Staates zeigt, dass auch internationale PortfolioInvestitionen dem Risiko negativer staatlicher Maßnahmen ausgesetzt sind. Auch ihre Gesamtbedeutung für die Entwicklung der vernetzten Weltwirtschaft soll an dieser Stelle in keiner Weise in Abrede gestellt werden. Eine Ausweitung seines Schutzbereichs auf die (erfreulicherweise) stark wachsende Zahl internationaler privater Anleger wäre dem WBÜ aber dennoch fremd, weil diesem eine projektbezogene Idee des außerordentlichen Schutzes großer Investitionsvorhaben und gerade kein allgemeiner Vermögensschutz einzelner Anleger zugrunde liegt. Die Ausweitung des Kreises potenzieller Kläger vor ICSID-Schiedsgerichten auf Anleger von Portfolio-Investitionen würde die Balance kapitalexportierender und importierender Staaten, die durch das WBÜ gefunden wurde, zuungunsten der kapitalimportierenden Gaststaaten einseitig verschieben.

ee) Höhe der eingesetzten Mittel Neben der Frage der Qualifizierung von unterschiedlichen Beteiligungshöhen als Investition spielte im Rahmen der Verhandlungen des WBÜ die Frage nach der absoluten Höhe der eingesetzten Mittel eine Rolle. Im ersten Arbeitsentwurf der Weltbank stellte die Streitwertuntergrenze von US $ 100.000 die einzige Umgrenzung eines ursprünglich noch nicht einmal auf Investitionsstreitigkeiten beschränk332 Vgl. Vagts, RdC 1987, 9, 29; Markert, Rohstoffkonzessionen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 54, spricht ebenfalls anschaulich von einem „Geiselproblem“. Sornarajah, The International Law on Foreign Investment, 324. 333 Vgl. Alexandrov, ILM 2001, 454, 455. 334 Vgl. Peter, Arbitration and Renegotiation of International Investment Agreements, 1, der einleitend zutreffend bemerkt, „Everywhere foreign investors are attracted only to come under pressure soon thereafter.“

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

243

ten Streitgegenstandsbegriffes dar335. Da sich bereits Schwierigkeiten bei der Bemessungsgrundlage ergaben – sollte die zugrunde liegende Investition oder die Höhe des geltend gemachten Anspruchs herangezogen werden – und die Weltbank unflexible Grenzen für überflüssig hielt, wurde keine Untergrenze im Sinne eines Mindeststreitwertes in das WBÜ aufgenommen336. Seither haben Schiedsgerichte bei ihrer Prüfung wiederholt das Erfordernis eines substanziellen Engagements im Gastland („substantial commitment“) an die zugrunde liegende Investition gestellt337, ohne dass sich daraus eine konkrete Höhe ableiten lassen würde. Bei der Qualifizierung von Transaktionen außerhalb des klassischen Investitionsbegriffes treten neben das rein finanzielle Engagement regelmäßig weitere Bestandteile. Das Schiedsgericht in Salini v. Morocco fasste neben dem finanziell messbaren Einsatz auch den Einsatz von Waren und industrieller Leistung darunter338. Für die Beurteilung einer Transaktion kann die bloße Höhe des finanziellen Engagements allein nicht mehr als ausschlaggebend angesehen werden. In SGS v. Pakistan hielt das Schiedsgericht das finanzielle Engagement des Investors im Gastland mit höchstens US $ 1,5 Mio. zwar für relativ gering, konnte im Rahmen der Gesamtbetrachtung mit dem zugrunde liegenden Dienstleistungsvertrag ein substanzielles Engagement aber bejahen339. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass den ICSID-Schiedsgerichten in ihrer bisherigen Praxis Transaktionen unterbreitet wurden, welche die Erörterung eines Mindeststreitwerts erübrigt haben. Die Inanspruchnahme des ICSID mit Streitigkeiten über Beträge im unteren sechsstelligen US $ Bereich dürfte auch bereits vor dem Hintergrund der durchschnittlichen direkten Kosten von US $ 220.000340 für die Durchführung eines Schiedsverfahrens unattraktiv sein. Da sich diese Kosten in der Regel signifikant durch die Kosten der Rechtsberatung der Parteien durch internationale Kanzleien erhöhen, erscheint die Inanspruchnahme des ICSID unterhalb einer gewissen Streitwertschwelle bereits aus Kostengründen unwahrscheinlich und vor dem Hintergrund der dann mit Sicherheit zu verneinenden Auswirkung auf die Entwicklung des Gastlandes auch ausgeschlossen. Zur Beurteilung Vgl. ICSID Hist Vol. II, 34, s. o. F.II.1. Vgl. ICSID Hist Vol. II, 497 f., 660. 337 Liberian Eastern Timber Corporation v. Republic of Liberia (Arb / 83 / 2), Beschluss v. 24. 10. 1984, para. 43; Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 03), Beschluss v. 11. 07. 1997, para. 43; Joy Mining v. Egypt (Arb / 03 / 11), Beschluss v. 06. 08. 2004, para. 53. 338 Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 4), Beschluss v. 23. 07. 2001, para. 53 „[ . . . ] contributions in money, in kind and in industry.“ 339 SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13), Beschluss v. 06. 08. 2003, para. 136. 340 Vgl. Shihata, Parra, ICSID Rev 1999, 299, 334, für den Durchschnitt sämtlicher Verfahren bis zum Jahr 1999. Ein durchschnittliches Verfahren ohne Aufhebungsverfahren verursacht demnach rund US $ 125.000 an direkten Kosten des ICSID. Da die Zahl der Aufhebungsverfahren seither zugenommen hat und die vorliegenden Zahlen nicht inflationsbereinigt sind, dürften die Verfahrenskosten heute deutlich darüber liegen. 335 336

16*

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

der Investitionseigenschaft einer Transaktion im Sinne des WBÜ dürfte die Höhe der eingesetzten Mittel in der Praxis somit kaum eine Rolle spielen.

d) Herkunft des investierten Kapitals – das Verfahren Tradex Hellas S.A. v. Republic of Albania Im Rahmen eines Joint Ventures im Bereich der Landwirtschaft gründete die Tradex-Hellas S.A. mit dem albanischen Staatsunternehmen T.B. Torovitsa das Gemeinschaftsunternehmen Tradex Torovice. Die von Tradex-Hellas S.A. in das Projekt zu investierenden finanziellen Mittel stammten nur zu einem geringen Teil von dem Unternehmen selbst. Das Schiedsgericht hielt die von Albanien daraufhin gerügte Herkunft des eingesetzten Kapitals im Hinblick auf den Investitionsbegriff für irrelevant. aa) Sachverhalt Tradex-Hellas S.A. (Tradex), eine Gesellschaft griechischen Rechts, nahm im Jahr 1991 Verhandlungen mit Albanien über die Durchführung eines Investitionsprojektes im Land auf. Albanien benannte das Staatsunternehmen T.B. Torovitsa als Partner für ein Joint Venture. Am 10. 01. 1992 vereinbarte Tradex mit T.B. Torovitsa in einem Kooperationsabkommen die Gründung der Tradex Torovice. T.B. Torovitsa brachte 1170 ha Ackerland in das Joint Venture ein. Gegenstand des Unternehmens sollte die Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht sein. An dem Gemeinschaftsunternehmen waren Tradex zu 67% und P.T. Torovitsa zu 33% beteiligt. Das Projekt war auf zunächst zehn Jahre ausgelegt, verlängerbar von jeder der beiden Vertragsparteien um weitere zehn Jahre. Nach der Genehmigung durch das albanische Ministerium für auswärtige wirtschaftliche Angelegenheiten wurde das Joint Venture am 07. 03. 1992 behördlich registriert341. Die beiden Unternehmen hatten als Gesellschafter des Joint Ventures in Art. 16 des Kooperationsvertrages für die Beilegung ihrer Streitigkeiten die Zuständigkeit des Schiedsgerichtshofs bei der Internationalen Handelskammer in Paris und die Anwendbarkeit schweizerischen Rechts vereinbart342. Die Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit offeriert Albanien in dem Investitionsgesetz Nr. 7764 von 02. 11. 1993 und in dem griechisch-albanischen Investitionsschutzabkommen vom 01. 08. 1991, in Kraft seit dem 04. 01. 1995343. In der Folgezeit investierte Tradex im Einklang mit dem im Kooperationsabkommen festgelegten Finanzierungsplan US $ 768,343 in die Tradex Torovice. 341 Tradex Hellas S.A. v. Republic of Albania (Arb / 94 / 2), Beschluss v. 24. 12. 1996, ICSID Rev 1999, 162, 166. 342 A. a. O. 169. 343 A. a. O. 170. Albanien ist Mitglied im WBÜ seit dem 14. 11. 1991.

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Eine Machbarkeitsstudie für die Errichtung einer Futteranlage und einer Tiefkühlkost-Fabrik wurde von der Europäischen Union angenommen und eine entsprechende Finanzierung in Höhe von 4,8 Mio. ECU wurde von der Europäischen Union, einem griechischen Bankenkonsortium und Tradex garantiert344. Die Fördermittel der EU und die von Bankenseite bereitgestellten finanziellen Mittel überwogen dabei den Kapitaleinsatz von Tradex. Nach dem Vortrag der Klägerin musste der Betrieb des Joint Ventures bereits im Jahr 1992 wieder eingestellt werden, als es zu Übergriffen gegen die Firmenleitung, zu ständigen Diebstählen und zu Landbesetzung durch die Landbevölkerung kam. Am 21. 04. 1993 vereinbarten die Gesellschafter die Liquidation der Tradex Torovice. Am 02. 11. 1994 erhob Tradex Schiedsklage gegen Albanien. Die Einigung auf das ICSID stützte Tradex dabei wahlweise auf die Schiedsklauseln des Investitionsgesetzes oder des griechisch-albanischen Abkommens. In der Sache machte Tradex Albanien für die Liquidation des Joint Venture verantwortlich und verlangte für diese faktische Enteignung eine Entschädigung von rund US $ 3 Mio. Albanien focht die Jurisdiktion des ICSID unter anderen aus dem Grund an, dass das Investitionsgesetz von 1993 nicht rückwirkend auf Tradex anwendbar sei, da das Unternehmen überwiegend fremde finanzielle Mittel für sein Engagement eingesetzt habe und daher nicht als ausländischer Investor anzusehen sei345.

bb) Entscheidung des Schiedsgerichts Nach seiner Konstituierung erließ das Schiedsgericht in dem Verfahren zwei Entscheidungen: einen Beschluss vom 24. 12. 1996 über die Jurisdiktion und einen Schiedsspruch in der Sache vom 29. 04. 1999. In seinem Beschluss bejahte es zunächst die wirksame Einigung der Parteien auf das ICSID. Diese könne zwar nicht auf das Investitionsschutzabkommen von 1991 gestützt werden, da die behauptete Einigung und der Schiedsantrag bereits vor dem Inkrafttreten im Jahr 1995 stattfanden346. Die Einigung auf der Grundlage der Annahme der generellen Zustimmung Albaniens im Investitionsgesetz von 1993 durch Tradex sei jedoch wirksam, da es für diese Einwilligung unerheblich sei, ob der Streit über die behauptete Enteignung bereits vorher seinen Anfang genommen habe347. Einen möglichen Rechtsstreit mit T.B. Torovitsa verwies das Schiedsgericht an die Schiedsgerichtsbarkeit der Internationalen Handelskammer in Paris. Ein solches Verfahren stehe der gleichzeitigen Anrufung des ICSID in diesem Fall nicht entgegen348. Zur Frage der Relevanz der Herkunft der investierten finanziellen 344 345 346 347 348

A. a. O. 167. A. a. O. 168. A. a. O. 178 ff. A. a. O. 185 – 195. A. a. O. 181; Schiedsspruch v. 29. 04. 1999, para. 103 f.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Mittel auf die Investitionseigenschaft einer Transaktion stellte das Schiedsgericht im Schiedsspruch zunächst fest, dass die Parteien den sehr weiten Investitionsbegriff des albanischen Investitionsgesetzes von 1993 ihrer Einigung zugrunde gelegt hatten349. Albanien hielt das Engagement von Tradex in Tradex Torovice trotz dieses weiten Investitionsbegriffes in seiner eigenen Gesetzgebung nicht für eine Auslandsinvestition, da Tradex in Albanien kein eigenes Kapital eingesetzt habe, sondern Mittel der EU und dritter Investoren investiert habe350. Unter Berufung auf die im albanischen Investitionsgesetz enthaltene Definition („every kind of investment [ . . . ] owned directly or indirectly“) schloss sich das Schiedsgericht der vom Kläger vertretenen Auffassung an. Die Herkunft der Mittel, mit denen ein Investor seine Auslandsinvestition finanziere, sei irrelevant für die Beurteilung der Investitionseigenschaft351,352.

cc) Stellungnahme Das Schiedsgericht hat für Beantwortung der Frage nach der Erheblichkeit der Herkunft der investierten Mittel auch die in Art. 1 des albanischen Investitionsgesetzes von 1993 enthaltene Definition in Betracht gezogen und zutreffend verneint353. Bereits in dem Beschluss über die Jurisdiktion hatte es festgestellt, dass Schiedsspruch v. 29. 04. 1999, para. 105, „Foreign investment“ means every kind of investment in the territory of the Republic of Albania owned directly or indirectly by a foreign investor, consisting of: a) moveable and immoveable, tangible and intangible property and any other property rights; b) a company, shares in stock of a company and any form of participation in a company; c) loans, claim to money or claim to performance having economic value; (handwritten addition: „and related with an investment“) d) intellectual property, including literary and artistic works, sound recordings, inventions, industrial designs, semiconductor mask works, know how, trademarks, service marks and trade names; and e) any right conferred by law or contract, and any license or permit pursuant to law. 350 A. a. O. para. 108, „[ . . . ] whatever Tradex invested in Albania was financed either by an offshore company of unspecified identity and nationality, or by Greek state banks and the European Community.“ 351 A. a. O. para. 111. 352 Da es Tradex jedoch nicht gelang, den Beweis für eine Enteignung seiner Auslandsinvestition durch den albanischen Staat zu erbringen, wies das Schiedsgericht die Klage im Ergebnis ab, a. a. O. para. 232 – 248. 353 A. a. O. para. 107, „The Tribunal will [ . . . ] take into account the broad interpretation provided by the applicable law in this context.“ 349

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die Auslegung dieses Gesetzes keinen Raum für weitere Bedingungen für die Annahme einer Investition lasse354. Fraglich bleibt, ob sich solche weiteren Bedingungen aus dem WBÜ hätten ergeben können, was vom Schiedsgericht implizit verneint wurde. Im Laufe der Verhandlungen über das WBÜ gab es Bestrebungen, die Herkunft der investierten Mittel mehr in den Mittelpunkt zu stellen als die Herkunft des Investors. Entsprechend dem entwicklungspolitischen Zweck des WBÜ, die internationale Investitionstätigkeit zu fördern, sollte für die Jurisdiktion des ICSID eher auf ausländische Investitionen als auf deren Tätigung durch Ausländer abgestellt werden. Da es jedoch als nicht praktikabel angesehen wurde, Investitionen nach der Herkunft der sie finanzierenden Mittel zu unterscheiden, wurde dieser Ansatz nicht weiter verfolgt355. Zur Beantwortung der eingangs gestellten Frage ist es nötig, die Perspektive des unmittelbaren Investors und des Gaststaates einzunehmen. Da mittelbare Investitionen dritter Kapitalgeber diesen grundsätzlich nicht die Aktivlegitimation für ein ICSID-Schiedsverfahren gegenüber dem Gaststaat verschaffen können, ist für diesen die Herkunft der Mittel des unmittelbaren Investors unerheblich356. Auch nach dem entwicklungspolitischen Zweck des WBÜ zählt in erster Linie das ob der Vornahme internationaler Investitionen und nicht das wie, genauer das woher der Mittel. Daher spielt es bei den Mitteln, die ein privater Direktinvestor einsetzt, auch keine Rolle, ob es sich um private oder öffentliche Mittel handelt oder ob diese von einer Internationalen Organisation stammen. An solchen privaten Unternehmen kann auch die öffentliche Hand im Rahmen der Fiskalverwaltung beteiligt sein. Voraussetzung ist nur, dass die Mittel durch ein nichthoheitlich handelndes Unternehmen investiert werden, damit die zwingende Voraussetzung der Mitwirkung einer nichtstaatlichen Partei im Verfahren gewahrt wird. Legt man einen großzügigen Maßstab an die Herkunft der investierten Mittel an, ist konsequenterweise auch die folgende Konstellation der Investitionsvornahme zu diskutieren: Eine inländische Tochtergesellschaft, welche gemäß Art. 25 Abs. 2 (b) 2. HS WBÜ wegen ausländischer Kontrolle als Angehöriger des Heimatstaates des Mutterunternehmens behandelt wird, investiert mit Mitteln, die sie bei einer staatlichen Bank des Gaststaates aufgenommen hat. In dieser Konstellation tritt zusätzlich das Problem mangelnder Internationalität der investierten Mittel auf. Im Verfahren Tokios Tokelés v. Ukraine hatte sich das Schiedsgericht mit annähernd dieser Konstellation auseinander zu setzen: Die Klägerin, Tokios Tokelés, ist ein litauisches Medienunternehmen, dessen Anteile zu 99% von ukrainischen Staatsangehörigen gehalten wurden. Diese gründeten 1994 Taki Spravy als 100%iges Tochterunternehmen in der Ukraine. In der Folge andauernder staatlicher Eingriffe A. a. O. para. 110. ICSID-Hist. Vol. II, 397 f. 356 Bezogen auf Tradex Hellas v. Albania wäre das griechische Bankenkonsortium als mittelbare Kapitalgeber von der Inanspruchnahme des ICSID ausgeschlossen. Die Europäische Union ebenfalls bereits aus Gründen der Zuständigkeit rationae personae. 354 355

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

in die Geschäftstätigkeit des ebenfalls im Medienbereich tätigen Tochterunternehmens erhob Tokios Tokelés unter Berufung auf das litauisch-ukrainische Investitionsabkommen357 Schiedsklage zum ICSID358. Es war unbestritten, dass das investierte Kapital von den ukrainischen Gesellschaftern der Klägerin stammte. Die Ukraine erhob daher die nahe liegende Einwendung, dass es sich bei der Klägerin weder um einen ausländischen Investor noch um eine ausländische Investition handele. Wirtschaftlich handele es sich um eine indirekte Investition ukrainischer Staatsangehöriger in der Ukraine. Diese seien weder vom Investitionsschutzabkommen noch vom WBÜ geschützt, da das Ziel beider Abkommen der Schutz internationaler Investitionen sei359. Mit der Mehrheit der Beisitzer wies das Schiedsgericht diese Einwendungen jedoch zurück. Die Klägerin sei in Litauen registriert, die Nationalität der Gesellschafter sei unerheblich. Woher das investierte Kapital stamme, sei ebenfalls unerheblich. Unter Berufung auf die eingangs dieses Abschnitts besprochene Entscheidung im Verfahren Tradex v. Albania führt das Schiedsgericht zur Begründung aus, „That the ICSID Convention does not require an ,investment‘ to be financed from capital of any particular origin was confirmed by the tribunal in Tradex Hellas S.A. v. Republic of Albania. In that case, the tribunal considered a definition of ,foreign investment‘ under Albanian law that is substantially similar to the definition of ,investment‘ in the UkraineLithuania BIT. [ . . . ] The tribunal found that the definition, ,nowhere requires that the foreign investor has to finance the investment from his own resources . . . the law provides for a broad interpretation of ,investment‘.‘ As in Tradex, the Claimant in the present case owns and controls the assets in Ukraine that have given rise to this dispute. The origin of the capital used to acquire these assets is not relevant to the question of jurisdiction under the Convention.“360

Mit dieser Begründung verkennt das Schiedsgericht den ausschlaggebenden Unterschied zwischen den beiden hier untersuchten Entscheidungen. Während Tradex internationale Investitionen nach Albanien lenkte, investierten die ukrainischen Gesellschafter der Klägerin inländische, ukrainische Mittel in der Ukraine. Dass es ausreichen sollte, dies durch eine litauische Gesellschaft (Tokios Tokelés) auszuführen, vermag nicht zu überzeugen. In seiner Dissenting Opinion kritisierte der Vorsitzende Weill die Entscheidung seiner Kollegen scharf361. Während die Kritik 357 Agreement between the Government of Ukraine and the Government of the Republic of Lithuania for the Promotion and Reciprocal Protection of Investments, v. 08. 02. 1994. 358 Tokios Tokelés v. Ukraine (Arb / 02 / 18), Beschluss v. 29. 04. 2004, para. 1 ff. 359 A. a. O. para. 72, „cross-border investments“. 360 A. a. O. para. 81. 361 Dissenting Opinion v. 29. 04. 2004, das Verfahren war in 2005 noch nicht beendet. Prof. Weill trat nach Veröffentlichung der Dissenting Opinion als Vorsitzender des Schiedsgerichts zurück. Para.1, „If I have decided to dissent, it is because the approach taken by the Tribunal on the issue of principle raised in this case for the first time in ICSID’s history is in my view at odds with the object and purpose of the ICSID Convention and might jeopardize the future of the institution.“

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an der Bejahung der Jurisdiktion rationae personae, ohne auf die offensichtlichen Kapitalverhältnisse der Gesellschaft geblickt zu haben, im Zentrum der Kritik steht, „What is decisive in our case is the simple, straightforward, objective fact that the dispute before this ICSID Tribunal is not between the Ukrainian State and a foreign investor but between the Ukrainian State and an Ukrainian investor – and to such a relationship and to such a dispute the ICSID Convention was not meant to apply and does not apply.“362

kritisiert Weill auch die mangelnde Internationalität der getätigten Investition, die er mit der auch hier vertretenen Meinung für sehr wohl entscheidungserheblich hält, „Contrary to what the Decision maintains, when it comes to ascertaining the international character of an investment, the origin of the capital is relevant, and even decisive. True, the Convention does not provide a precise and clear-cut definition of the concept of international investment – no more than it provides a precise and clear-cut definition of the concept of investment –, and it is therefore for each ICSID tribunal to determine whether the specific facts of the case warrant the conclusion that it is before an international investment. Given the indisputable and undisputed Ukrainian character of the investment the Tribunal does not, in my view, give effect to the letter and spirit, as well as the object and purpose, of the ICSID institution.“363

Eine weitergehende Eingrenzung der Herkunft der Investition nimmt Lionnet vor. Dieser sieht den sachlichen Anwendungsbereich in Bezug auf die Herkunft der investierten Mittel dahingehend eingegrenzt, dass ausschließlich Investitionsprojekte der Weltbank dem Investitionsbegriff unterfallen sollen364. Diese Ansicht ist jedoch singulär und ohne Stütze in der Entstehungsgeschichte oder den bisher verhandelten Verfahren. Sie ist daher abzulehnen. Im Ergebnis ist der Entscheidung des Schiedsgerichts im Verfahren Tradex v. Albania zuzustimmen, dass es auf die Herkunft des eingesetzten Kapitals nicht ankommt, solange es durch einen privaten ausländischen Investor investiert worden ist365. Diese Aussage ist in Abweichung von der Entscheidung in Tokios Tokelés v. Ukraine zudem um das Erfordernis der internationalen Herkunft des investierten Kapitals zu ergänzen.

A. a. O. para. 21. A. a. O. para. 20. 364 Vgl. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 301. In eine ähnliche Richtung zielt der Vorwurf Nathans, die Weltbank-Gruppe bezwecke mit der von ihr befürworteten und unterstützten Ausweitung der Jurisdiktion des ICSID, diese zu einer „inhouse arbitration“ für sämtliche von ihr finanzierten Projekte zu machen. Nathan zieht aus der unterstellten Intention der Weltbank folglich einen anderen Schluss als Lionnet: Nicht die Einschränkung der sachlichen Anwendbarkeit auf klassische Investitionsprojekte, an denen zwingend die Weltbank beteiligt sein muss, sei demnach gewollt, sondern eine Ausweitung auf sämtliche von der Weltbank finanzierte Projekte, vgl. Nathan, JIA 1995, 27, 50. 365 Vgl. zustimmend auch Escher, RIW 2001, 20, 30. 362 363

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3. Erstreckung auf Transaktionen außerhalb direkter Kapitalbeteiligungen im Ausland – New Forms of Investment Die Bedeutung des Begriffes „Investment“ hat sich in den rund 40 Jahren des Bestehens des ICSID in eine Vielzahl von Dimensionen entwickelt366. War bisher nur von Auslandsinvestitionen in der Form von Unternehmensgründungen im Gaststaat oder zumindest kapitalmäßiger Beteiligung an einem solchen Unternehmen die Rede, so passen sich die ICSID-Schiedsgerichte zunehmend dem Bedeutungswandel, den der Investitionsbegriff im Laufe der Zeit genommen hat, an367. Delaume hat diesen Wandel als eine Ersetzung des traditionellen Begriffs der Kapitalinvestition durch ein ökonomisches Konzept der Investition beschrieben368. In der Literatur hat sich für diese Transaktionen der Begriff der New Forms of Investment („NFI“) etabliert, welcher auch von den Schiedsgerichten gebraucht wird369. Während Hirsch die Einbeziehung von Gestaltungsformen, die zur Zeit der Entstehung des WBÜ noch nicht bekannt waren, für geboten hält370, stellt sich die Frage, wie weit die Auslegung des WBÜ der allgemeinen Erweiterung des Investitionsbegriffs folgen kann und darf. Die im Folgenden behandelten Verfahren haben Transaktionen zum Gegenstand, deren Einordnung als Investition den klassischen Begriffsrahmen der ausländischen Direktinvestition verlässt. Hier sind zum einen Finanzierungsinstrumente zu nennen, die unter bestimmten Voraussetzungen den Investitionen zugerechnet werden sollen, zum anderen vertragliche Gestaltungsformen, bei denen jeweils eine auf Dauer angelegte Managementkontrolle möglich ist.

a) Schuldverschreibungen als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Fedax N.V. v. Republic of Venezuela Fedax N.V., ein Unternehmen niederländischen Rechts, hatte Schuldverschreibungen Venezuelas durch Abtretung von einem venezolanischen Unternehmen erworben. Venezuela verweigerte jedoch die Zahlung der verbrieften Schuld und bestritt in dem daraufhin eingeleiteten ICSID-Verfahren ausdrücklich den Investitionscharakter der dem Streit zugrunde liegenden Transaktion.

366 Vgl. Chatterjee in seiner Besprechung der Jurisdiktionsentscheidung im Fall American Manufacturing & Trading, Inc. v. Republic of Zaire (Arb / 93 / 1), JIA 1999, 37, 41. 367 Vgl. Golsong, FS Riphagen, 35, 44. 368 Vgl. Delaume, Transnational Contracts, para. 15.15, 31. 369 Vgl. SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13), Beschluss v. 06. 08. 2003, para. 126. 370 Vgl. Hirsch, The arbitration mechanism of the ICSID, 59.

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aa) Sachverhalt Venezuela hatte im Jahr 1988 mit dem venezolanischen Unternehmen Industrias Metalúrgicas Van Dam C.A. einen Dienstleistungsvertrag geschlossen. Dieser Vertrag unterlag venezolanischem Handelsrecht und dem Gesetz über öffentliche Kredite. Das Honorar wurde nicht in bar entrichtet, sondern Venezuela stellte der Industrias Metalúrgicas Van Dam C.A. sechs Schuldverschreibungen aus371. Diese Solawechsel („promissory notes“) lauteten auf US $ und waren inhaltlich so ausgestaltet, dass sie von dem zugrunde liegenden Dienstleistungsvertrag unabhängig am Secondary Market Venezuelas gehandelt werden konnten. Ihre Fälligkeit wurde für die Jahre 1993 bis 1995 vereinbart. Fedax N.V., eine auf den Niederländischen Antillen gegründete und ansässige Gesellschaft niederländischen Rechts, erwarb in der Folgezeit die Wechsel von Industrias Metalúrgicas Van Dam C.A. im Wege der Abtretung372. Zwischen Venezuela und den Niederlanden bestand zum damaligen Zeitpunkt ein bilaterales Investitionsschutzabkommen373, welches für Investitionsstreitigkeiten auf das ICSID verweist. Als Venezuela bei Fälligkeit die Zahlung der Hauptsumme verweigerte und auch die Zinszahlungen aussetzte, rief Fedax am 17. 06. 1996 das ICSID auf der Grundlage dieses Abkommens an und forderte von Venezuela insgesamt US $ 760.195,14374. Venezuela bestritt die Jurisdiktion rationae materiae des ICSID. Fedax habe lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber Venezuela erworben und keine Auslandsinvestition getätigt. Der Erwerb derartiger Wechsel unterfalle weder dem Investitionsbegriff des Abkommens noch dem des WBÜ. Zudem sei der Begriff der Investition im Abkommen nicht gleichbedeutend mit dem engeren Begriff im WBÜ, dem müsse eine einschränkende Auslegung Rechnung tragen375.

bb) Entscheidung des Schiedsgerichts Das am 27. 11. 1996 konstituierte Schiedsgericht erließ in dem Verfahren zwei Entscheidungen: Einen Beschluss über die Jurisdiktion vom 11. 07. 1997, in dem es seine Jurisdiktion bejahte und einen Schiedsspruch vom 09. 03. 1998. Bei Fedax v. Venezuela handelt es sich zum einen um das erste ICSID-Schiedsverfahren unter Beteiligung eines südamerikanischen Staates und gleichzeitig um das erste Verfahren, in dem sich die staatliche Seite explizit gegen das Vorliegen der Jurisdiktion Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 3), Beschluss v. 11. 07. 1997, para. 13. A. a. O. para. 37 f. 373 Agreement on Encouragement and Reciprocal Protection of Investments between the Kingdom of the Netherlands and the Republic of Venezuela v. 22. 10. 1991. 374 Schiedsspruch v. 09. 03. 1998, para. 32. 375 Beschluss v. 11. 07. 1997, para. 19. 371 372

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rationae materiae wendete, wegen mangelnder Investitionseigenschaft der zugrunde liegenden Transaktion. Das Schiedsgericht hat daraufhin zu dieser Frage ausführlich Stellung bezogen376. Die staatliche Seite benannte in ihrer Klageerwiderung eine Reihe von Voraussetzungen, die erfüllt sein müssten, damit eine Transaktion als Investition im Sinne des WBÜ anzusehen sei: „A long term of financial resources – capital flow – from one country to another (the recipient of the investment) in order to acquire interests in a corporation, a transaction which normally entails certain risks to the potential investor.“377

Venezuela forderte daher, dass der weite Investitionsbegriff des Abkommens, der jeden Vermögensgegenstand („every kind of asset“-Klausel)378 in den Anwendungsbereich einbezieht, mit der von Venezuela angebotenen klassischen Investitionsdefinition in Einklang zu bringen sei379. Eine solche, am herkömmlichen Wortsinn orientierte Auslegung, gebiete auch Art. 31 Abs. 1 WVK. Das Schiedsgericht prüfte die Vereinbarkeit der zugrunde liegenden Transaktion in zwei Stufen, anhand des WBÜ und des Investitionsschutzabkommens. Im ersten Schritt stellte es zunächst fest, dass während der Entstehungsgeschichte des WBÜ zahlreiche Versuche unternommen worden waren, den Begriff zu definieren. Da alle gescheitert waren, schloss es sich den Stimmen aus der Literatur an, die der Einigung der Parteien eine weit gehende (wenn auch nicht entscheidende) Bedeutung beimessen380. Insbesondere in Bezug auf internationale Anleihen (als solche qualifizierte das Schiedsgericht die streitbefangenen Eigenwechsel Venezuelas) sei es in das Ermessen der Parteien gestellt, diese als Investition im Sinne des WBÜ zu behandeln: „Although attempts at defining the notion of investment were given up by the authors of the Convention and this provision disappeared, there is no reason to doubt that loans can be considered as investments for the purpose of the convention.“381 376 A. a. O. para. 18, „The main jurisdictional question raised in this case concerns whether the dispute involves an ,investment’ within the meaning of Article 25 (1) of the Convention.“ 377 A. a. O. para. 19. 378 A. a. O. para. 31, Art. 1 (a): „The term ,Investments‘ shall comprise every kind of asset and more particularly though not exclusively: [ . . . ] rights derived from shares, bonds, and other kinds of interests in companies and joint ventures; titles to money, to other assets or to any performance having an economic value [ . . . ]“. 379 Venezuela berief sich auf eine Definition von Suarez, Diccionario Económico de la Empresa, 212: „ ,Investment‘ in an economic context means the laying out of money or property in business ventures, so that it may produce a revenue or income.“ 380 A. a. O. para. 21 unter Bezugnahme auf Broches, CJTL 1966, 261, 268. 381 A. a. O. para. 22, 23 unter Bezugnahme auf Delaume, ICSID Rev 1986, 237, 242.

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Da internationale Anleihen bzw. Kredite ein bedeutendes Mittel indirekter Investitionen im Ausland darstellen, trat das Schiedsgericht konsequenterweise dem Einwand Venezuelas entgegen, Investitionen im Sinne des WBÜ hätten notwendigerweise direkt zu erfolgen. Der direkte Bezug habe ausschließlich zwischen der Rechtsstreitigkeit und der zugrunde liegenden Transaktion zu bestehen, nicht jedoch in Bezug auf die Investition: „It follows that jurisdiction can exist even in respect of investments that are not direct, so long as the dispute arises directly from such transaction.“382

Daher bestand für das Schiedsgericht auch ein Unterschied zum Anwendungsbereich der Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA). Unter MIGA zu versichernde Transaktionen unterfielen zwar immer dem Anwendungsbereich des ICSID. Dies gelte umgekehrt aber nicht, da der Investitionsbegriff im MIGA ausdrücklich auf direkte Investitionen beschränkt sei383. Da es eine solche Beschränkung für den Investitionsbegriff des ICSID nicht gebe, stellte das Schiedsgericht für die erste Stufe seiner Prüfung fest, „Since promissory notes are evidence of a loan and a rather typical financial and credit instrument, there is nothing to prevent their purchase from qualifying as an investment under the Convention.“384

In einem zweiten Schritt maß das Schiedsgericht die Transaktion am Investitionsbegriff des Investitionsschutzabkommens. Dessen sehr weite Definition385, die Tatsache, dass dieser weite Ansatz mittlerweile den Standard in bi- und multilateralen Investitionsschutzabkommen darstelle386 und die Tatsache, dass Venezuelas Vertragspraxis den Ausschluss kommerzieller Kreditgeschäfte durchaus kenne387, ließen keinen Raum für eine einschränkende Interpretation des Investitionsbegriffes. Auch habe Venezuela nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, dem ICSID gemäß Art. 25 Abs. 4 WBÜ Transaktionsklassen zu notifizieren, welche von der Jurisdiktion des Zentrums ausgenommen sein sollen388. Grundsätzlich sei der Erwerb staatlicher Wechsel, als Form der Anleihe, somit als taugliche Investitionen im Sinne des WBÜ und des Abkommens anzusehen. Das Schiedsgericht hatte daher abschließend nur noch zu prüfen, ob der Erwerb der sechs von Venezuela begebenen Eigenwechsel konkret als Investition der KläA. a. O. para. 24. A. a. O. para. 27. 384 A. a. O. para. 29. 385 A. a. O. para. 32. 386 A. a. O. para. 34, 35 unter Berufung auf den umfassenden Vermögensschutz innerhalb der Europäischen Union, den die Niederlande als Mitglied der EU auch in ihren bilateralen Investitionsschutzabkommen zum Ausdruck bringen wollten und die ebenso weiten Investitionsbegriffe im ECT und Mercosur. 387 A. a. O. para. 36, unter Berufung auf die engere Investitionsdefinition des Cartagena Free Trade Agreement. 388 A. a. O. para. 33. 382 383

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gerin betrachtet werden konnte. Auf die Beurteilung des zugrunde liegenden Dienstleistungsvertrages komme es dafür nicht an. Ausschlaggebend sei allein die Beurteilung der rechtlich selbstständigen Wechsel, deren internationale Fungibilität durch die Begebung in US-Dollar von Venezuela auch gewollt war. Auf die wechselnde Person des Investors komme es auch nicht entscheidend an, da die Investition in der Form der gewährten Anleihe konstant und für den Emittenten nutzbar bliebe389. Die Übernahme von Risiko durch den Investor erschloss sich dem Schiedsgericht bereits aus dem bloßen Vorliegen der Streitigkeit über die Rückzahlung390. Dass die Investition nicht auf dem Staatsgebiet Venezuelas stattgefunden habe, spiele dabei ebenfalls keine Rolle, da, „It is a standard feature of many international financial transactions that the funds involved are not physically transferred to the territory of the beneficiary, but put at its disposal elsewhere. In fact, many loans and credits do not leave the country of origin at all, but are made available to suppliers or other entities.“391

Von besonderer Bedeutung sei die Tatsache, dass Venezuela, als Begünstigter der zugrunde liegenden Anleihe, diese zur Finanzierung staatlicher Aufgaben genutzt habe. Dies ergebe sich insbesondere aus der Tatsache, dass die Wechsel unter den Bedingungen des venezuelischen Gesetzes über Staatsanleihen392 begeben worden waren, welches insbesondere auf Finanztransaktionen Anwendung fand, welche der Deckung staatlichen Finanzbedarfes dienten393. Abschließend stellte das Schiedsgericht fest, dass sich der Erwerb von Anleihen unter die fünf zentralen, von der Literatur herausgebildeten Tatbestandsmerkmalen der Investition im Sinne des WBÜ subsumieren lässt, „The basic features of an investment have been described as involving a certain duration, a certain regularity of profit and return, assumption of risk, a substantial commitment and a significance for the host State’s development.“394, 395

cc) Stellungnahme Das Schiedsgericht hat sich unter Einbeziehung der Stimmen in der Literatur intensiv mit den einzelnen Aspekten des Investitionsbegriffes des WBÜ auseinander gesetzt. In Bezug auf die Einbeziehung von Finanzierungsinstrumenten in den Begriff ist Fedax v. Venezuela als „Landmark Case“ in der Rechtsprechung der A. a. O. para. 38 f. A. a. O. para. 40. 391 A. a. O. para. 41. 392 Ley Organica de Crédito Público v. 12. 08. 1983. 393 A. a. O. para. 42. 394 A. a. O. para. 43 (eigene Hervorhebungen) unter Bezugnahme auf Schreuer, Commentary, Art. 25 Rdnr. 122. 395 In der Hauptsache konnten die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich beilegen. Venezuela erklärte sich bereit, die Haupt- und Zinsforderungen in voller Höhe zu erfüllen. 389 390

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ICSID-Schiedsgerichte anzusehen396. Da es sich im Falle solcher Finanzierungsinstrumente grundsätzlich um indirekte Investitionen handelt, setzt ihre Einbeziehung ein weites Verständnis des Investitionsbegriffes im WBÜ voraus, welches diesen über den klassischen Fall der ausländischen Direktinvestition hinaus ausdehnt. Außerdem hat dieses Schiedsverfahren zur Klärung der entwicklungspolitischen Konzeption beigetragen, die der Zuständigkeit des ICSID zugrunde liegt397. Wie auch in einer Reihe anderer Verfahren hatte sich die beklagte staatliche Seite gegen eine Ausweitung des Investitionsbegriffes über die direkte Investition von Kapital hinaus gewandt. Mit guten Gründen hat sich das Schiedsgericht gegen eine solche am Souveränitätsverzicht des beklagten Staates orientierte, enge Auslegung des Art. 25 WBÜ gewandt. In dem Verfahren Vacuum Salt v. Ghana sieht das Schiedsgericht den äußeren Rand dieser Auslegung und damit auch einen Begriffsrand des Investitionsbegriffs dort, wo die Parteien den umrissenen Anwendungsbereich des ICSID verlassen, welchen die Schöpfer des WBÜ als Lücke im internationalen Investitionsschutz erkannt und durch das WBÜ zu schließen versucht haben398. Anders als die vertraglichen, sog. New Forms of Investment waren internationale Kredite privater Kreditgeber an Staaten und Anleihen der Staaten zur Zeichnung durch private Investoren bereits zu Zeiten der Entstehung des WBÜ bekannte Transaktionsarten. Die Travaux Préparatoires weisen auf die Diskussion über die Aufnahme von Streitigkeiten, die aus Krediten bzw. Anleihen399 und Ausrüsterkrediten400 resultieren, hin. Im Ergebnis blieben diese Detaildiskussionen ebenso offen, wie der gesamte Investitionsbegriff des WBÜ. Auch aus Sicht der deutschen Bundesregierung zur Zeit der Ratifikation des WBÜ wurde als Ergebnis der Verhandlungen angenommen, dass „als Investitionen [im Sinne des WBÜ] z. B. Beteiligungen, Zweigniederlassungen und langfristige Kredite anzusehen sein.“401

Der US Senat ging bei der Ratifizierung des WBÜ im Jahr 1966 ebenfalls davon aus, dass Kredite eines privaten ausländischen Investors an die Regierung eines anderen Staates dem Investitionsbegriff unterfallen402. Auch in der Literatur wird die Einbeziehung von Finanzierungsinstrumenten wie Anleihen und Krediten in den Anwendungsbereich des ICSID bejaht403. Vgl. Sturma, ZaÖRV 2000, 151, 161. Vgl. Escher, RIW 2001, 20, 28, auf diese soll unten im Zusammenhang mit dem Verfahren CSOB v. Slovakia eingegangen werden, s. u. 6.4.3.2. 398 Vacuum Salt Products Ltd. v. Republic of Ghana (Arb / 92 / 1), Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 16. 02. 1994, para. 36. 399 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 261, 474, 668, 709. 400 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 451. 401 Denkschrift der Bundesregierung zum WBÜ, DB-Drucksache V / 3246 v. 09. 09. 1968, 27, 28. 402 Report on the Convention on the settlement of investement disputes v. 11. 05. 1966, ILM 1966, 646, 647. 396 397

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Anderen multilateralen Investitionsschutzinstrumenten ist die Einbeziehung von Finanzierungsinstrumenten in ihren Schutzbereich ebenfalls bekannt. So sind unter dem MIGA in Ausnahmefällen auch Darlehen außerhalb von Gesellschafterdarlehen internationaler Equity-Investoren an ihre ausländischen Tochterunternehmen versicherbar404. Dies gilt allerdings ausschließlich für mittel- bis langfristige Darlehen. Mit der Einschränkung auf eine fünfjährige oder längere Laufzeit sollen Darlehen auch dem Investitionsbegriff des OECD Code on the Liberalization of Capital Movements unterfallen können405. Dieses zeitliche Element scheint auch für die Qualifizierung von Finanzierungsinstrumenten als Investitionen im Sinne des WBÜ von zentraler Bedeutung zu sein. Daher ist zu untersuchen, ob der Investitionsbegriff des WBÜ besondere Anforderungen an die Dauer der Investitionsvornahme stellt.

dd) Dauer der Investitionsvornahme Art. 25 WBÜ gibt keinen Hinweis auf das Erfordernis einer Mindestdauer des Engagements eines ausländischen Investors im Gastland, um als Investition im Sinne des WBÜ angesehen zu werden. In der Entstehungsgeschichte tauchte das zeitliche Element der Investitionsvornahme bereits nach dem ersten Entwurf nicht mehr auf. In diesem ging die Weltbank von einer unbestimmten Laufzeit oder im Fall einer bestimmten Laufzeit von mindestens fünf Jahren aus406. Pirrung orientiert sich an diesem ersten Entwurf und fordert ebenfalls eine regelmäßige Mindestlaufzeit von fünf oder mehr Jahren und den Ausschluss mittel- oder kurzfristiger Kapitalanlagen 407. Schreuers bereits mehrfach erwähnte und regelmäßig von ICSID-Schiedsgerichten zitierte fünf Merkmale einer Investition im Sinne des WBÜ gehen von einer „certain duration“ der Investitionsvornahme aus, ohne diese 403 Vgl. Delaume, ICSID Rev. 1986, 237, 242 („loans“); Broches, Selected Essays, 523, 529 („loans“); Chatterjee, JWI 2002, 147, 157 („promissory notes“); Pirrung, Weltbankschiedsgerichtsbarkeit, 58 („Kreditgewährung“). 404 Convention establishing the Multilateral Investment Guarantee Agency v. 11. 10. 1985, Art. 12, „Eleigible Investments: Eligible Investments shall include equity interests, including medium- or long term loans made or guaranteed by holders of equity in the enterprise concerned, and such forms of direct investment as may be determined by the Board. The Board, by special majority, may extend eligibility to any other medium- or long-term form of investment, expect that loans other than those mentioned in Section (a) above may be eligible only if they are related to a specific investment covered or to be covered by the Agency.“ 405 Vgl. Karl, JIWT 2004, 413, 421. 406 ICSID-Hist., Vol. II, 1, 623; s. o. F.II.3. 407 Vgl. Pirrung, Weltbankübereinkommen, 58, 61, a.A. Langer, AWD 1972, 644, der diese Mindestdauer für nicht vereinbar mit der internationalen Praxis hält und von einer dreijährigen Frist ausgeht.

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zu präzisieren. Ausreichend soll zudem die Absicht einer gewissen Laufzeit sein, für den Fall des Scheiterns der Investitionsvornahme in einem frühen Stadium408. Während im Bereich der Direktinvestition durch Kapitaleinsatz im Ausland die Projektdauer in der Regel zunächst unbestimmt sein wird oder sich an lang laufenden staatlichen Konzessionen orientiert, kommt dem Merkmal der Dauer bei der Beurteilung von ausschließlich vertraglichen Beziehungen eine größere Bedeutung zu. Die Schiedsgerichte haben hier regelmäßig auf die Dauer vertraglicher Laufzeiten abgestellt und sind dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. In Salini v. Morocco stellt das Schiedsgericht für die Beurteilung eines freistehenden Tiefbauvertrages auf die Dauer der Bauzeit des Projekts ab. Die Dauer von 36 Monaten bis zur Fertigstellung des Straßenbauprojekts wird vom Schiedsgericht unter Berufung auf die herrschende Meinung in der Literatur als maßgebliches Kriterium für die Qualifizierung der Transaktion als Investition im Sinne des WBÜ gesehen409. Das Schiedsgericht in Fedax v. Venezuela nahm die Laufzeit der von Venezuela begebenen sechs Eigenwechsel, welche es als unwiderrufliche Verbriefung einer Kreditschuld über die Höhe der Gegenleistung für den zugrunde liegenden Dienstleistungsvertrag ansah, zutreffend als Kriterium ihrer Unterscheidung zu „volatilem Kapital“, welches nicht dem Investitionsbegriff des WBÜ unterfalle410. Durch die Begebung in US $ sei für die gesamte Laufzeit von fünf bis sieben Jahren sichergestellt, dass dem Wechselschuldner das gesamte Kreditvolumen bis zur Fälligkeit der Wechsel zur Verfügung steht. Die Begebung unter den Bedingungen des venezolanischen Gesetzes über Staatsanleihen führt zu einer Laufzeit von nicht weniger als einem Wirtschaftsjahr ab dem Erwerb der Wechsel und für das Schiedsgericht noch wichtiger („most importantly“), ist eben dadurch die Verbindung des zugrunde liegenden Dienstleistungsvertrages zu öffentlichen Interessen und Entwicklungszielen des Gastlandes gegeben411. Der Annahme einer ausreichenden Dauer von nur einem (Wirtschafts-)Jahr ist grundsätzlich nicht zuzustimmen. Nur über die Gesamtbetrachtung mit dem zugrunde liegenden Dienstleistungsauftrag gelangte das Schiedsgericht in diesem Fall zu einem befriedigenden Ergebnis. Insbesondere für die Qualifizierung internationaler Finanztransaktionen, wie Kredite oder Anleihen, wird grundsätzlich eine längere Mindestdauer von drei bis fünf Jahren, orientiert an der internationalen Üblichkeit für die Unterscheidung zwischen mittel- und langfristigen Finanzierungsinstrumenten, zu fordern sein. Die von dem Verfahren Fedax v. Venezuela demnach ausgehende Innovation ist die Ausweitung der Jurisdiktion auf Transaktionen, die von ihrer rechtlichen Kategorie allgemein der Finanzierung zugeord408 Vgl. Schreuer, Commentary, para. 122. An diesen hat sich auch das Schiedsgericht in Fedax v. Venezuela orientiert, Beschluss v. 11. 07. 1997, para. 43. 409 Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 4), Beschluss v. 23. 07. 2001, para. 54 m.w.Nachw. 410 A. a. O. para. 43. Zustimmend Chatterjee, JWI 2002, 147, 157. 411 A. a. O. para. 42.

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net werden. Dadurch hat das Schiedsgericht die von maßgeblichen Stimmen in der Literatur geforderte weite Interpretation des Investitionsbegriffes und dessen bis dahin fehlende Anwendung auf Finanzierungstransaktionen umgesetzt412. Das zeitgleich mit dem Beschluss in diesem Verfahren eingeleitete Verfahren CSOB v. Slovak Republic setzt diese Rechtsprechung fort.

b) Kredite als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Cesklovenská Obchodní Banka, A.S. v. Slovak Republic Im Rahmen ihrer marktwirtschaftlichen Reorganisation nach der Separation der ehemaligen Tschechoslowakei gewährte die Cesklovenská Obchodní Banka A.S. (CSOB) 1993 einer slowakischen Gesellschaft ein Darlehen. Aus einer nicht eingelösten Garantie der Slowakischen Republik für dieses Darlehen resultierte das vorliegende Verfahren. Das Schiedsgericht hat sich in seinem Beschluss zur Jurisdiktion der Jurisdiktionsentscheidung in dem Verfahren Fedax. v. Venezuela angeschlossen und die Investitionseigenschaft im Sinne des WBÜ unter bestimmten Umständen auch für internationale Kredite bejaht. Dabei stellt das Schiedsgericht in diesem Verfahren entscheidend auf die entwicklungspolitische Zielsetzung des WBÜ ab und setzt den Trend der weiten, „liberalen“413 Auslegung des Investitionsbegriffes fort. aa) Sachverhalt Die Cesklovenska Obchodní Banka, A.S, eine Geschäftsbank nach dem Recht der Tschechischen Republik, war in der ehemaligen Tschechoslowakei vornehmlich für die Außenhandelsfinanzierung zuständig. Die Existenz der Tschechoslowakei als Völkerrechtssubjekt endete am 31. 12. 1992. Seither sind an ihre Stelle die Staaten der Tschechischen und der Slowakischen Republik getreten. An der CSOB hielten die Tschechische Republik 65% und die Slowakische Republik 24% des Aktienkapitals. Am 19. 12. 1993 vereinbarten die CSOB und die Finanzministerien der Tschechischen und der Slowakischen Republik ein Agreement on the Basic Principles of a Financial Consolidation of Ceskoslovenska Obchodni Banka S.A. (der Konsolidierungsvertrag). Dieser Konsolidierungsvertrag hatte die Privatisierung der CSOB, als ein im Mehrheitseigentum der Tschechischen Republik stehendes Unternehmen und ihre weitere Geschäftstätigkeit in beiden Nachfolgestaaten zum Gegenstand. Er sah unter anderem die Gründung von je einer „Collection Company“ Vgl. Shihata, ICSID Rev. 1986, 1, 8, „[ . . . ] notably missing from the above inventory of disputes submitted to the Centre are disputes arising out of loan agreements.“ 413 Yala, TDM 2004 I / 4, 1, 2. 412

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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durch die Tschechische und die Slowakische Republik vor. Deren Aufgabe sollte es sein, Not leidende Kreditverträge von der CSOB im Wege der Zession zu übernehmen. Die Zuteilung sollte anhand des regionalen Bezuges der Kreditverträge entweder zur Tschechischen oder zur Slowakischen Republik vorgenommen werden. Die Mittel zum Erwerb dieser Kreditverträge sollten die Collection Companies in Form von separaten Kreditverträgen von der CSOB zur Verfügung gestellt bekommen414. In der Folgezeit wurden die Collection Companies von den Staaten gegründet. Mit der neu gegründeten Slovak Collection Company schloss die CSOB am 31. 12. 1993 einen Darlehensvertrag415. Gemäß Sec. 7 dieses Darlehensvertrages wird die Rückzahlung des Darlehns einschließlich der Zinsen durch das Slowakische Finanzministerium garantiert. Dieser Darlehensvertrag wurde von den Vertragsparteien und dem slowakischen Finanzministerium unterzeichnet416. Zeitgleich mit der Separation schlossen die Tschechische und die Slowakische Republik ein bilaterales Investitionsschutzabkommen417, dessen Inkrafttreten am 01. 01. 1993 für die Slowakische Republik völkerrechtlich allerdings nicht eindeutig festzustellen ist. Das Abkommen verweist in seinem Art. 8 unter anderem auf das ICSID. In Art. 7 des Konsolidierungsvertrages bezogen die Parteien das Abkommen in den Vertrag mit ein418. Weil die Slowakische Republik ihren Verpflichtungen nach Sec. 7 des Darlehensvertrages nicht nachgekommen war, erhob die CSOB am 18. 04. 1997 Schiedsklage beim ICSID. Der geltend gemachte Anspruch belief sich auf rund US $ 315 Mio.419. Da es sich bei der Kreditvergabe an die Slovak Collection Company um eine Investition gehandelt habe, stehe der Streit über die gegebene Garantie in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser. Die Einigung der Parteien stützte die CSOB auf die Schiedsklausel des Investitionsschutzabkommens. Die Slowakische Republik rügte die Jurisdiktion des ICSID aus mehreren Gründen420: Es habe keine Staat-Investor-Streitigkeit vorgelegen, vielmehr sei die Tschechische Republik Streitpartei, für welche die CSOB lediglich als „State Agent“ agiert habe. Als Teil des zwischenstaatlichen Trennungs- und Privatisierungsprozesses der früheren Staatsbank sei das gewährte Darlehen auch keine Auslandsinvestition. Zudem habe keine wirksame Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit vorgelegen.

414 Cesklovenská Obchodní Banka, A.S. v. Slovak Republic (Arb / 97 / 4), Beschluss v. 24. 05. 1999, para. 2. 415 Loan Agreement on the Refinancing of Assigned Receivables v. 31. 12. 1993. 416 A. a. O. para. 3. 417 Agreement between the Government of the Slovak Republic and the Government of the Czech Republik Regarding the Promotion and the Reciprocal Protection of Investments v. 23. 11. 1992. 418 A. a. O. para. 4. 419 Vgl. Sturma, ZaÖRV 2000, 151. 420 A. a. O. para. 10 ff.

17*

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

bb) Entscheidung des Schiedsgerichts Das Schiedsgericht konstituierte sich am 20. 08. 1997. Bisher sind zwei Beschlüsse zur Jurisdiktion ergangen. In diesen hat das Schiedsgericht das Vorliegen der Jurisdiktion festgestellt und seine Zuständigkeit bejaht. Bezogen auf die Jurisdiktion rationae personae ist es nach Auffassung des Schiedsgerichts nicht notwendig, dass es sich bei dem Investor um ein Unternehmen der Privatwirtschaft handelt. Unter Berufung auf Broches421 kämen auch staatlich kontrollierte Unternehmen als Investoren in Betracht, bei denen es maßgeblich sei, dass sie wie privatwirtschaftliche Unternehmen am Markt agieren und keine hoheitlichen Funktionen ausüben. Vorliegend handele die CSOB wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen mit eigenem wirtschaftlichem Interesse am Ausgang des Verfahrens und sei daher zur Prozessführung berechtigt422. Das Schiedsgericht sieht auch die Einigung der Parteien auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit im tschechisch-slowakischen Abkommen als gegeben an. Wegen gegenläufiger Verlautbarungen des slowakischen Außenministeriums sei jedoch nicht eindeutig festzustellen, ob das Abkommen in der Slowakei wirksam in Kraft getreten sei und die Einigung direkt auf das Abkommen gestützt werden könne423. Allerdings hatten die Parteien des Konsortialvertrages für die Beilegung ihrer Streitigkeiten auf Art. 8 des Abkommens Bezug genommen. Hierin sei eine wirksame Einwilligung der Slowakischen Republik zu sehen424. Ausführlich setzte sich das Schiedsgericht mit der Frage auseinander, ob das von der CSOB der Slovak Collection Company gewährte Darlehen als Auslandsinvestition und der Rechtsstreit über die Garantieerklärung der Slowakischen Republik als mit dieser Investition in unmittelbarem Zusammenhang stehend angesehen werden konnten. Unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte des WBÜ und seine Präambel stellte das Schiedsgericht zunächst grundsätzlich fest, dass für das WBÜ grundsätzlich von einem weiten Investitionsbegriff auszugehen sei. Dieser müsse sich zum einen an dem Investitionsbegriff des tschechisch-slowakischen Abkommens messen lassen, der über Sec. 7 des Konsolidierungsvertrages Teil dieses Vertrages geworden sei, zum anderen aber auch an den objektiven Voraussetzungen des Art. 25 WBÜ425. Damit es aber überhaupt auf die Investitionseigenschaft des zugrunde liegenden Darlehensvertrages ankommen könne, müsse die in Streit stehende Garantie als A. a. O. para. 17 mit Verweis auf RdC 1972, 331, 354 f. A. a. O. para. 32. 423 Nachdem das Ministerium am 22. 10. 1993 zunächst eine Notiz im offiziellen Amtsblatt veröffentlicht hatte, nach welcher das Abkommen in Kraft getreten sei, veröffentlichte es am 20. 11. 1997 eine weitere Notiz, nach welcher das Abkommen nicht wirksam in Kraft getreten sei. 424 A. a. O. para. 49 – 59. 425 A. a. O. para. 66 – 68. 421 422

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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ein integraler Teil dieser Transaktion angesehen werden können. Für sich genommen erfülle eine Garantieerklärung nämlich nicht den Tatbestand einer Investition, „Viewed in isolation, this undertaking does not involve any spending, outlays or expenditure of resources by CSOB in the Slovak Republic. Standing alone, therefore, it does not constitute an investment.“426

Das Darlehen der CSOB an die Slovak Collection Company hatte die Refinanzierung der Zahlungen dieser Gesellschaft an die CSOB in der Höhe zum Gegenstand, in welcher diese Forderungen von der CSOB abgetreten bekommen hatte. Dies entsprechend einem mehrjährigen Zahlungsplan von 1995 bis 2003. Da es sich bei den abgetretenen Forderungen bekanntermaßen um Not leidende Kredite aus dem Gebiet der Slowakischen Republik gehandelt hatte, war abzusehen, dass Wertberichtigungen notwendig werden würden, die zusammen mit den operativen Kosten der Slovak Collection Company zu einer Unterdeckung der Einnahmenseite gegenüber den Verbindlichkeiten aus dem Darlehn führen würden. Zweck der staatlichen Bürgschaft sei es somit von Beginn an gewesen, der Slovak Collection Company überhaupt die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber CSOB zu ermöglichen. Somit bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang („close link“) zwischen der Bürgschaft und dem Darlehensvertrag427. Nach der Klärung dieser Vorfrage im Sinne der Klägerin wendete sich das Schiedsgericht der Frage nach der Investitionseigenschaft internationaler Kredite zu. Unter Berufung auf den oben behandelten Schiedsspruch in dem Verfahren Fedax v. Venezuela stellte es fest, dass Art. 25 WBÜ der Investitionseigenschaft einer Transaktion nicht allein aus dem Grunde entgegenstehe, weil es sich bei dieser, rechtlich betrachtet, um ein Darlehen handelt. Dies sei der Fall, weil unter bestimmten Umständen auch internationale Anleihen und Kredite einen substanziellen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung eines Staates leisten könnten428. In einem ersten Schritt prüfte das Schiedsgericht die Voraussetzungen des Abkommens anhand der gegebenen Definition429. Wenn auch dort nicht ausdrücklich aufgeführt, so seien Kredite doch eindeutig unter „assets“ oder „monetary receivables or claims“ zu fassen und somit Investitionen im Sinne des Abkommens. Damit sei aber noch nicht festgestellt, dass dieser Kredit im Einzelfall auch dem WBÜ unterfalle. In einem zweiten Schritt prüfte das Schiedsgericht daher die VerA. a. O. para. 69. A. a. O. para. 75. 428 A. a. O. para. 76. 429 A. a. O. para. 77, „Art. I 1. ,Investment‘ shall mean any asset invested or obtained by an investor of one Party in the territory of the other Party in accordance with the laws of the other Party, including, without limitation: [ . . . ] c) monetary receivables or claims to any performance related to an investment.“ 426 427

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

einbarkeit mit Art. 25 WBÜ. In Bezug auf die von der Slowakischen Republik angebotene klassische Definition der Auslandsinvestition, als Erwerb von Eigentum oder Vermögensrechten durch den Einsatz von Kapital durch eine Partei (dem Investor) auf dem Gebiet eines anderen Staates mit dem Ziel, einen Wert für beide Seiten zu schaffen und Erträge in der Zukunft zu erwirtschaften unter der Inkaufnahme der damit verbundenen Risiken430, stellte das Schiedsgericht fest, dass Transaktionen auch dann als Investition qualifiziert werden können, wenn es zu keinem physischen Kapitaltransfer gekommen sei431. Der Investitionscharakter des Kreditvertrages erschließe sich erst bei einer Gesamtbetrachtung der Restrukturierung der CSOB. Deren übergeordnetes Ziel sei die Entwicklung der CSOB zu einer marktwirtschaftlich orientierten Geschäftsbank in beiden Republiken gewesen432. Das Engagement der CSOB in der Slowakischen Republik zeige sich auch dadurch, dass der Kreditvertrag von der Niederlassung in Bratislava geschlossen wurde und Zahlungen in slowakischer Währung vereinbart wurden. Wegen dieser Expansion in die Slowakische Republik sei dieser gesamte Prozess der Reorganisation als Investition im Sinne des WBÜ anzusehen und würde auch die von der slowakischen Seite geforderten Voraussetzungen einer Investition erfüllen. Deren Vorliegen hielt das Schiedsgericht allerdings nicht für unbedingt erforderlich, um eine Investition im Sinne des Art. 25 WBÜ annehmen zu können, „The Tribunal notes, however, that these elements of the suggested definition, while they tend as a rule to be present in most investments, are not a formal prerequisite for the finding that a transaction constitutes an investment as that concept is understood under the Convention.“433

Seine Entscheidung in Bezug auf die Qualifizierung der Kredite als Investitionen hielt das Schiedsgericht in seiner zweiten Entscheidung über die Jurisdiktion aufrecht434. cc) Stellungnahme Nach Fedax v. Venezuela war CSOB v. Slovakia erst das zweite Verfahren, in welchem die staatliche Partei die Investitionseigenschaft der zugrunde liegenden A. a. O para. 78, „[ . . . ] the acquisition of property or assets through the expenditure of resources by one party (the ,investor‘) in the territory of a foreign country (the ,host State‘), which is expected to produce a benefit on both sides and to offer a return in the future, subject to the uncertainties of the risk involved.“ 431 A. a. O. para. 77, unter Berufung auf Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 3), Schiedsspruch v. 09. 03. 1998, para. 41. 432 A. a. O. para. 83. 433 A. a. O. para. 90. 434 Beschluss v. 01. 12. 2000, para. 35 f. 430

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

263

Transaktion im Verfahren in Abrede gestellt hat. Das Schiedsgericht setzte sich wohl auch aus diesem Grund sehr ausführlich mit den Einwendungen der Slowakei gegen seine Jurisdiktion rationae materiae auseinander. Dabei gestand es dem beklagten Staat zu, dass das Forderungsrecht des Klägers aus der staatlichen Garantie auf Ausgleich der laufenden Verluste ihrer Slovak Collection Company isoliert betrachtet keine Investition darstellt. Unter Fortführung der in Fedax v. Venezuela begonnenen Rechtsprechung435 qualifizierte das Schiedsgericht jedoch den zugrunde liegenden internationalen Kredit der Klägerin an die Slovak Collection Company als Investition. Zuzustimmen ist der vom Schiedsgericht vorgenommenen Einschränkung, dass auch ein solcher Kredit der wirtschaftlichen Entwicklung des Gastlandes substanziell dienen muss, um als Investition im Sinne des WBÜ angesehen werden zu können436. Die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der Slowakei und damit die Investitionseigenschaft des Kredits werden vom Schiedsgericht mit der Gesamtbetrachtung der zugrunde liegenden Privatisierung der Bank begründet, deren integrale Bestandteile der Kredit und die staatliche Garantie waren. Die Vorbereitung der Bank auf die Weiterführung ihrer Aktivitäten unter marktwirtschaftlichen Bedingungen sei das oberste Ziel der Transaktion gewesen. Unter Bezugnahme auf die Präambel des WBÜ sei die Annahme erlaubt, dass internationale Transaktionen, welche die wirtschaftliche Entwicklung des beteiligten Staates fördern, als Investitionen im Sinne des WBÜ angesehen werden könnten, „[ . . . ] investment as a concept should be interpreted broadly because the drafters of the Convention did not impose any restrictions on its meaning. Support for a liberal interpretation of the question whether a particular transaction constitutes an investment is also found in the first paragraph of the Preamble to the Convention, which declares that ,the Contracting States [are] considering the need for international cooperation for economic development, and the role of private international investment therein.‘ This language permits an inference that an international transaction which contributes to cooperation designed to promote the economic development of a Contracting State may be deemed to be an investment as that term is understood in the Convention.“437

Wie bereits in Fedax v. Venezuela weist das Schiedsgericht damit dem Merkmal des entwicklungspolitischen Konzepts im WBÜ einen herausragenden Stellenwert zu.

435

Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 3), Beschluss v. 11. 07. 1997, para. 22,

29. 436 437

Beschluss v. 24. 05. 1999, para. 76. A. a. O. para. 64.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

dd) Das entwicklungspolitische Konzept des WBÜ Gemeinsam mit dieser Entscheidung finden sich in CSOB v. Slovakia zentrale Aussagen zu einer Besonderheit des Investitionsbegriffes des WBÜ: Dem Ziel der Förderung wirtschaftlicher Entwicklung durch internationale private Investitionen, abgekürzt: dem entwicklungspolitischen Konzept des WBÜ. Während Schiedsgerichte in Verfahren, welche etwa eine mehrheitliche Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen zum Gegenstand hatten womit die zugrunde liegende Transaktion somit dem Begriffskern der Investition zuzuordnen war, von dem Vorliegen einer positiven entwicklungspolitischen Wirkung implizit ausgegangen sind438, wird diese Wirkung zur Beurteilung der Investitionseigenschaft von Transaktionen des Begriffshofes, wie im vorliegenden Fall, regelmäßig herangezogen439. Obwohl Art. 25 WBÜ keinen Hinweis auf ein spezifisches entwicklungspolitisches Kriterium für den Investitionsbegriff des WBÜ enthält, ergibt sich dessen Notwendigkeit aus einer Reihe von Gründen: Als Organisation der Weltbankgruppe teilt das ICSID die entwicklungspolitische Zielsetzung der Weltbank, bei der es sich vor allem um ein Entwicklungshilfeinstrument handelt440. Deren vorrangige Aufgabe beschreibt Art. 1 des Abkommens über die Internationale Bank für Wiederaufbau und Wirtschaftsentwicklung mit der Hilfe zum Wiederaufbau und zur Entwicklung durch Unterstützung und Bereitstellung von Kapitalanlagen für weniger entwickelte Länder441. Diese entwicklungspolitische Zielsetzung der Weltbank und ihres Schiedszentrums besteht mithin darin, die wirtschaftliche Entwicklung von ärmeren Ländern durch Gewinnung ausländischen Kapitals und Know-hows zu fördern, indem für die rechtliche und unparteiische Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Gaststaaten eine der Weltbank angegliederte Organisation bereitgestellt wird442. Das Ziel, neben den reinen Schutz privater Investitionen, ein entwicklungspolitisches Konzept der Investition zu stellen, ist auch bereits in einem Detail der Präambel des WBÜ angelegt, indem hier zunächst auf „the need for international cooperation for economic development“ und anschließend auf „the role of private international investment therein“ Bezug genommen wird443. Ohne diese Balance zwischen dem notwendigen Schutz internationaler Investoren und dem übergeordneten Ziel der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung durch die Schaffung eines günstigen Investitionsklimas wäre es zu einer Einigung So z. B. in Autopista Concesionada v. Venezuela, Beschluss v. 21. 09. 2001, para. 101. So z. B. in Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 3), Beschluss v. 11. 07. 1997, para. 43; Salini v. Morocco, Beschluss v. 23. 07. 2001, para. 57. 440 Spoffort, RdC 1964, 122, 161. 441 Vgl. Satzung der Weltbank, Reihe Dokumente der Forschungsstelle für Völkerrecht der Universität Hamburg, 1958, 13. 442 Vgl. Broches, RdC 331, 342 f.; Schreuer, Commentary, Präambel, Rdnr. 11, m.w.Nachw.; Sedlak, PennStILR 2004, 147, 171. 443 Vgl. Mummery, Protection of international investment, 80. 438 439

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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kapitalexportierender und importierender Staaten in den Verhandlungen über das WBÜ wohl gar nicht gekommen444. Die Heranziehung des Kriteriums des Beitrages zur wirtschaftlichen Entwicklung des Gastlandes ist allerdings in hohem Maße geeignet, diese Balance zwischen den Interessen der privaten Parteien und denen der Gaststaaten zuungunsten letzterer zu verschieben. Dies liegt darin begründet, dass die positiven wirtschaftlichen Auswirkungen einer Transaktion auf das Gastland regelmäßig geeignet sein werden, den Anwendungsbereich des ICSID zu erweitern, aber kaum zu einer Begrenzung des Investitionsbegriffes taugen. Während in der Wirtschaftswissenschaft nämlich kaum Einigkeit über die Effekte klassischer internationaler Direktinvestitionen auf entwickelnde Volkswirtschaften und das dortige Pro-Kopf-Einkommen herrscht445, wird nur zu leicht die positive wirtschaftliche Auswirkung einer Transaktion auf das Gastland behauptet. Sollte diese Behauptung einer positiven Auswirkung auf die Entwicklung des Gastlandes geeignet sein, die klassischen Merkmale einer Investition in Abgrenzung zu einer kurzfristigen kommerziellen Transaktion zu dominieren, stünde einer Gleichsetzung der Begriffe „Investition“ und „Transaktion“ im Investitionskonzept des WBÜ nichts mehr im Wege. In CSOB v. Slovakia zitiert das Schiedsgericht den ersten Absatz der Präambel und kommt offensichtlich zu dem Schluss, dass die positive entwicklungspolitische Auswirkung auf das Gastland allein ausreicht, um jede Transaktion, die eine solche Auswirkung zeitigt, als Investition im Sinne des WBÜ erscheinen zu lassen. In Salini v. Morocco dient der Beitrag zur Entwicklung des Gastlandes dem Schiedsgericht als Argument für die Qualifizierung eines langfristigen Tiefbauvertrages als Investition im Sinne des WBÜ446. Wenn auch die Entscheidungen in den vorliegenden (Einzel-)fällen gerechtfertigt erscheinen447, so geht von einer Überbetonung des entwicklungspolitischen Konzepts des WBÜ doch in besonderem Maße die Gefahr aus, die Unterscheidung zwischen ausländischer Investition und Eigentum von Ausländern sowie Investition und Transaktion zu verwischen448. Die „Hilfe durch Handel“ oder Effekte volatilen internationalen Kapitals für sich entwickelnde Volkswirtschaften soll dabei nicht in Abrede gestellt werden. Ihre Funktions- und Wirkungsweise, sowie ihre Akteure sind jedoch grundsätzlich andere als die Unternehmer internationaler Investitionen. Für diese haben sich die Staaten seit 1965 auf ein WeltbankübereinVgl. Hirsch, The Arbitration Mechanism of the ICSID, 19 f. Vgl. Nunnenkamp, JWI 2002, 595, 611. 446 Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 4), Beschluss v. 23. 07. 2001, para. 57. 447 Vgl. Sturma, ZaÖRV 2000, 151, 161; Escher, RIW 2001, 20, 30. 448 Carreau / Juillard, Droit international économique, 399 f., umschreiben die Gefahr, dass sich die Staaten von derart uferlosen Verweisungen auf die internationale Schiedsgerichtsbarkeit abgeschreckt fühlen könnten und so am Ende für internationale Investoren weniger erreicht wäre, als bei einer präzisen Umschreibung des Begriffes mit dem zutreffenden Sprichwort, „qui trop embrasse, mal étreint‘“ – wer zu stark umarmt, mag auch erdrücken. 444 445

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

kommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten durch ein zu schaffendes Centre for the Settlement of Investment Disputes geeinigt, dessen Jurisdiktion ausschließlich Streitigkeiten offen stehen soll, welche unmittelbar mit einer Investition zusammenhängen. Das entwicklungspolitische Konzept sollte daher nicht dafür herangezogen werden können, sämtliche Transaktionen mit einem irgendwie gearteten positiven Effekt auf das Gastland als Investition im Sinne des WBÜ zu qualifizieren.

c) Internationale Tiefbauverträge als Investitionen im Sinne des WBÜ – das Verfahren Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco Das italienische Konsortium errichtete auf der Grundlage eines State Contracts mit Marokko einen Straßenabschnitt in Marokko. Gegenstand des Vertrages war ausschließlich die Errichtung der Straße ohne ein sich anschließendes Engagement der Kläger in Marokko. Das Schiedsgericht bejahte in seiner Entscheidung erstmalig die Investitionseigenschaft eines freistehenden internationalen Tiefbauvertrages im Sinne des WBÜ. aa) Sachverhalt Der marokkanische Staat schrieb 1994 durch die staatliche Société Nationale des Autoroutes du Maroc („ADM“) Bauabschnitte einer neuen Schnellstraße von Rabat nach Fes aus. Die Kläger, die für die Teilnahme an der Ausschreibung die Arge Groupement d’Entreprises Salini-Italstrade gebildet hatten, gewannen ein Los für ein 50 Kilometer langes Teilstück. Am 17. 10. 1995 unterzeichneten die Parteien einen Vertrag, der die Errichtung der Schnellstraße binnen 32 Monaten zum Gegenstand hatte. Die tatsächliche Übergabe des Straßenabschnittes erfolgte nach 36 Monaten am 26. 10. 1999. Im Zuge der endgültigen Abnahme des Straßenabschnittes kam es zum Streit zwischen den Parteien über die Bauausführung. Salini Construttori S.p.A. und Italstrade S.p.A. legten darauf unter Berufung auf das italienisch-marokkanische Investitionsschutzabkommen449 am 13. 06. 2000 Schiedsklage beim ICSID gegen Marokko ein. In dieser forderten sie von Marokko die Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen und Schadensersatz von insgesamt rund 133 Mrd. Lire450. Zur Qualifizierung des Tiefbauvertrages als Investition sowohl unter dem Investitionsschutzabkommen, wie auch unter dem WBÜ beriefen sich die Kläger auf die weite Formulierung in Art. 1 des Abkommens, welche „any 449 Treaty between the Government of the Kingdom of Morocco and the Governmant of the Republic of Italy for the reciprocal promotion and protection of investments v. 18. 07. 1990. 450 Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 4), Beschluss v. 23. 07. 2001, para. 6.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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right of an economic nature conferred by law or by contract“ in den Schutzbereich einschließt451. Der beklagte Staat hingegen sah hierin eine Verwässerung des Investitionsbegriffs hin zu einem allgemeinen Begriff der bloßen wirtschaftlichen Rechtsposition. Der Investitionsbegriff des Abkommens sei in Verbindung mit dessen Verweisung auf die Rechtsordnung des Gaststaates zu interpretieren. Demnach handelte es sich nicht um einen Investitionsvertrag, sondern um einen Vertrag über Lieferung und Leistung. Ausschließlich dieser Vertrag und nicht die Schutzvorschriften des Abkommens sei auch verletzt worden. Die Kläger stehen hingegen auf dem Standpunkt, dass sowohl der Bruch des Investitionsvertrages, wie auch die Verletzung des Investitionsschutzabkommens vom angerufenen ICSID-Schiedsgericht verhandelt werden kann452.

bb) Die Entscheidung des Schiedsgerichts In Untersuchung der vielfältigen Einwände Marokkos gegen die Jurisdiktion stellte das Schiedsgericht in seinem Beschluss zur Jurisdiktion vom 23. 07. 2001 zunächst fest, dass es sich bei der marokkanischen ADM um eine staatliche Gesellschaft handelte. Die privatrechtliche Organisation der ADM wird dabei für irrelevant erachtet, da Marokko rund 90% der Gesellschaftsanteile hielt und der Zweck der Gesellschaft ausschließlich die Umsetzung großvolumiger, staatlicher Infrastrukturprojekte beinhaltete. Demnach handele es sich bei dem Vertrag der Parteien um einen State Contract, der unmittelbar mit dem marokkanischen Staat zustande gekommen sei453. Ausführlich wendete sich das Schiedsgericht dann der Qualifizierung der dem Vertrag zugrunde liegenden Transaktion zu. Hier verwirft es zunächst die Ansicht Marokkos, dass das Vorliegen einer Investition unter bilateralen Investitionsschutzabkommen, welche Verweisungen auf die Vereinbarkeit der Investitionsvornahme mit dem nationalen Recht des jeweiligen Gaststaates beinhalten („accordance with the laws and regulations“-Klausel), an dessen nationalen Gesetzen zu messen sei. Diese Klausel beziehe sich ausschließlich auf die Rechtsgültigkeit der Transaktion unter nationalem Recht, nicht jedoch auf ihre Qualifizierung als Investition. Eine solche Klausel diene vornehmlich dem Ausschluss illegaler Investitionen, wofür es im vorliegenden Fall keinen Hinweis gebe454. Im zweiten Schritt unternimmt das Schiedsgericht die Prüfung am WBÜ. Hier fühlte es sich dem objektiven Gehalt des Art. 25 WBÜ verpflichtet, sah jedoch im Case law des ICSID noch keine Anhaltspunkte für die Beurteilung von Transaktio451 452 453 454

A. a. O. para. 37. A. a. O. para. 41 f. A. a. O. para. 35. A. a. O. para. 46.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

nen, die außerhalb des Investitionsbegriffes des WBÜ liegen sollen455. Unter Berufung auf die herrschende Meinung in der Literatur legte das Schiedsgericht die folgenden Tatbestandsmerkmale der Prüfung zugrunde: „[C]ontributions, a certain duration of performance of the contract and a participation in the risks of the transaction. In reading the Convention’s preamble, one may add the contribution to the economic development of the host State of the investment as an additional condition. In reality, these various elements may be interdependent. Thus, the risk of the transaction may depend on the contributions and the duration of performance of the contract. As a result, these various criteria should be assessed globally even if, for the sake of reasoning, the Tribunal considers them individually here.“456

Durch die Einbringung von Know-how und die Bereitstellung von qualifiziertem Personal, sowie die Übernahme der Vorfinanzierung bis zur Fertigstellung des Projekts sah das Schiedsgericht das erste Merkmal erfüllt. Die vom Schiedsgericht mit zwei Jahren angenommene Mindestdauer eines Investitionsprojekts erfüllte der Tiefbauvertrag mit 32 bzw. 36 Monaten tatsächlicher Bauzeit ebenfalls. Die Risikoübernahme durch die Baufirmen bei Durchführung des Bauvorhabens sah das Schiedsgericht durch die Übernahme typischer vertraglicher Risiken, wie die Erhöhung von Arbeits- oder Materialkosten oder den Verzicht auf Kompensation in Bezug auf die Schwankung des Gesamtvolumens von plus oder minus 20% der Bauleistung. Dass die Vergütung der Groupement d’Entreprises Salini-Italstrade von der späteren Nutzung des Bauwerkes unabhängig war, hielt das Schiedsgericht ausdrücklich für unerheblich. Den Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Gastlandes sah es durch die eindeutige Widmung einer öffentlichen Straße für den öffentlichen Verkehr des Gastlandes als gegeben an, zudem sei der Know-howTransfer im Rahmen des Projekts als ein solcher Beitrag anzusehen457. Im Ergebnis bejahte das Schiedsgericht die Investitionseigenschaft des Straßenbauprojektes und damit seine Jurisdiktion rationae materiae über das Verfahren.

cc) Stellungnahme Bereits in der Vergangenheit hatten sich ICSID-Schiedsgerichte mit Verträgen im Zusammenhang mit Bauvorhaben auseinander zu setzen. Im Unterschied zu dem vorliegenden Vertrag über den Bau des Straßenabschnittes von Marrakesch A. a. O. para. 52, „The criteria to be used for the definition of an investment pursuant to the Convention would be easier to define if there were awards denying the Centre’s jurisdiction on the basis of the transaction giving rise to the dispute. [ . . . ] The criteria for characterisation are, therefore, derived from cases in which the transaction giving rise to the dispute was considered to be an investment without there ever being a real discussion of the issue in almost all the cases.“ 456 A. a. O. para. 52. 457 A. a. O. para. 53 – 57. 455

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nach Fes waren die Verträge in den Verfahren Holiday Inns v. Morocco, Amco Asia v. Indonesia, SOABI v. Senegal oder Autopista Concesionada v. Venezuela in größere Transaktionszusammenhänge eingebunden und konnten von den Schiedsgerichten unter anderem aus ihrem Zusammenhang zu diesen als Investitionen im Sinne des WBÜ angesehen werden458. Salini v. Morocco hingegen ist der Präzedenzfall für die Einordnung selbstständiger, großvolumiger Tiefbauverträge internationaler Konsortien mit Staaten in das System des WBÜ459. Zutreffend maß das Schiedsgericht die Transaktion am Investitionsschutzabkommen und am WBÜ. Die Prüfung nahm das Schiedsgericht anhand der vier Kriterien „contribution“, „certain duration of the contract“, „contribution to the economic development of the host State“ und für den zugrunde liegenden Vertrag besonders erwähnenswert, anhand der „participation in the risks of the transaction“ vor460. Dieser formale Ansatz der Prüfung steht in einer Linie mit den Jurisdiktionsbeschlüssen in den Verfahren Fedax v. Venezuela und CSOB v. Slovakia. Der tatsächliche Umgang des Schiedsgerichts mit diesen selbst aufgestellten formalen Kriterien zeugt allerdings von einem ausgesprochen großzügigen Umgang bei der Subsumption des Sachverhaltes unter diese. Den von den Klägern geleisteten Beitrag sah das Schiedsgericht dadurch ausreichend belegt, dass diese ihr Know-how im Straßenbau für den Auftraggeber „genutzt“ haben461. Ein Transfer dieses Know-hows in das Gastland wurde vom Schiedsgericht nicht festgestellt. Yala kritisiert eben diese mangelnde Annahme ausländischen Know-hows durch Personal des Gastlandes. Nicht die Verbringung technischen Fortschritts in das Gastland, sondern die politische und tatsächliche Nutzbarmachung für dieses sei der Beitrag eines internationalen Investors462.

dd) Risikotragung durch den Investor In Bezug auf die Risikotragung der Groupement d’Entreprises Salini-Italstrade betrachtete das Schiedsgericht zunächst die Bankgarantien der Kläger in Höhe von 3% der Vertragssumme. Am Maßstab vorangegangener Entscheidungen wie beispielsweise Autopista Concesionada v. Venezuela erscheint die Einordnung einer reinen Bankgarantie in der gegebenen Höhe als substanzielle Risikotragung, welche die Qualifizierung der Transaktion als Investition im Sinne des WBÜ rechtferVgl. Nathan, JIA 1995, 27, 51. Vgl. Gaillard / Banifatemi, 42 ILM 2003, 606, 607. 460 A. a. O. para. 52. 461 A. a. O. para. 53. 462 Yala, TDM 2004, I / 4, 1, 7 m.w.Nachw. „The transfer of technology or know-how generally requires technical assistance, training programs benefiting host State employees and providing for precise scheduled courses or seminars, and a periodic, if not permanent, consultation with the local authorities in charge of operational aspects of the project.“ 458 459

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

tigen soll, zumindest fraglich463. Die im Übrigen vom Schiedsgericht benannten Risiken der Kläger stellen zudem nur allgemeine wirtschaftliche Risiken dar, wie sie in der Mehrzahl langfristiger, internationaler Verträge mit staatlichen Parteien bestehen. In seiner zentralen Aussage zur Risikotragung, „It also does not matter, that the remuneration of the Contractor was not linked to the exploitation of the completed work,“464

setzt sich das Schiedsgericht in klaren Widerspruch zu dem traditionellen Verständnis, wonach sich das Risiko des Investors gerade aus der, seinem Beitrag zeitlich nachgelagerten, Entlohnung ergibt. Darin liegt der Unterschied zwischen Preis und Profit. Gerade in Bezug auf New Forms of Investment, bei denen die Einlage von Kapital von zweitrangiger Bedeutung sein kann, liegt das entscheidende Abgrenzungskriterium in der gemeinsamen Tragung der Verantwortung sowie von Gewinn und Verlust durch den Investor gemeinsam mit dem Gaststaat der Investition465. Würden die ICSID-Schiedsgerichte dieses Kriterium zugunsten eines allgemeinen wirtschaftlichen Risikos aus Verträgen mit Auslandsbezug vernachlässigen, rät Nathan diesen pointiert, doch noch einen Schritt weiter zu gehen und jeden Vertragspartner eines Staates von ausländischer Nationalität per se als Investor und ihre Transaktionen als Investitionen im Sinne des WBÜ anzusehen466. Carreau und Juillard stellen für die Qualifizierung von internationalen Verträgen über Lieferung und Leistung als Investition ebenfalls entscheidend auf die Übernahme zukünftiger Risiken durch den Investor ab, „Operations for the sale of equipment cannot qualify as investment operations if the investor’s remuneration is the mere payment of a price, even when this price is not definite, but determinable, and even when its payment is not instantaneous, but spread out over a certain period. These operations could qualify as investments only when the investor’s remuneration consists, for one part, in the payment of a price, and for another part, in instalments calculated according to the financial budget results of the project [ . . . ] the investor should not only invest, but he should also commit himself.“467

Nach der hier vertretenen Meinung können freistehende Verträge über Lieferung und Leistung, internationale Tiefbauverträge sollen dafür nur ein prominentes Beispiel sein, ohne das Hinzutreten weiterer Umstände, die den Verkäufer der Leistung enger an den staatlichen Abnehmer und die zumindest mittelfristigen Risiken des Projektes binden, nicht als Investitionen im Sinne des WBÜ qualifiziert wer463 Autopista Concesionada de Venezuela, C.A. v. Bolivarian Republic of Venezuela (Arb / 00 / 5), Beschluss v. 27. 09. 2001, para. 101, „Indeed, the performance of the Agreement, which implies substantial resources during significant periods of time, clearly qualifies as an investment in the sense of Article 25 of the ICSID Convention.“ 464 A. a. O. para. 56 (eigene Hervorhebung). 465 Vgl. Yala, TDM 2004, I / 4, 1, 8. 466 Nathan, JIA 1995, 27, 33, „An ICSID tribunal may go a step further and suggest that a contractor of foreign nationality is indeed an investor.“ 467 Carreau / Juillard, Droit international économique, 387.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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den468,469. Wegen ihrer in der Regel signifikanten Auswirkungen auf die infrastrukturelle Entwicklung der Gaststaaten bietet sich für Streitigkeiten, welche aus solchen Verträgen resultieren, die nicht als Investition im Sinne des WBÜ zu qualifizieren sind, die ICSID Additional Facility als geeignete Schiedsinstanz an470.

d) Managementverträge als Investitionen im Sinne des WBÜ – die Verfahren SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan und SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Republic of the Philippines Die Schweizer Société Générale de Surveillance S.A. erbrachte für die beklagten Staaten Managementdienstleistungen auf der Basis staatlicher Konzessionen im Bereich der Zollkontrolle in Häfen. In beiden Verfahren ging es daher um sehr ähnliche Sachverhalte. Neben einer Reihe weiterer Fragen der Jurisdiktion hatten sich die Schiedsgerichte mit dem Einwand der Staaten auseinander zu setzen, dass solche New Forms of Investment nicht als Investitionen im Sinne des WBÜ anzusehen seien. In beiden Verfahren bejahten die Schiedsgerichte jedoch die Investitionseigenschaft der zugrunde liegenden Transaktionen. Da das klagende Unternehmen die Dienstleistungen in beiden Fällen schwerpunktmäßig außerhalb der beklagten Staaten erbrachte, hatten sich die Schiedsgerichte jeweils unter anderem auch mit dem Ort der Investitionsvornahme auseinander zu setzen.

aa) Sachverhalt Im zeitlich vorangehenden und zwischenzeitlich gem. Art. 43 Abs. 1 AR beigelegten Verfahren SGS v. Pakistan erbrachte die Schweizer Société Générale de Surveillance S.A. („SGS“) für Pakistan Dienstleistungen im Bereich der „Pre-shipment Inspection“ von Gütern, die aus bestimmten Ländern nach Pakistan exportiert werden sollten. Mit dem „Pre-Shipment Inspection Agreement“ („PSI“) vom 29. 09. 1994 einigten sich die Parteien auf folgenden Leistungsumfang: SGS untersuchte nach Pakistan zu exportierende Güter schwerpunktmäßig in den jeweiligen Ursprungsländern durch seine dortigen lokalen Niederlassungen und in Pakistan gemeinsam mit den Zollkräften des Landes. Ziel dieser Untersuchungen sollte die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Deklarierung dieser Güter zwecks der Erhebung von Zöllen durch Pakistan sein. Zudem bot SGS Beratung bei der Entwicklung eines angemessenen Zolltarifsystems in Pakistan. Dadurch sollte das Zollaufkommen des Landes erhöht und ein Beitrag zum Staatshaushalt geleistet werden471. In der technischen Abwicklung des PSI erstellte SGS in seinen Niederlas468 So im Ergebnis auch Joy Mining Machinery Ltd. v. Arab Republic of Egypt (Arb / 03 / 11), Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 06. 08. 2004, para. 58. 469 Zustimmend Yala, TDM 2004, I / 4, 1, 13. 470 Zum Investitionsbegriff der Additional Facility s. u. F.IV.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

sungen in den jeweiligen Ländern, die mit Pakistan in Handelskontakt standen, Berichte über die Waren, welche in Pakistan als Grundlage der Zollberechnung dienten. SGS wurde zudem autorisiert in Pakistan ein oder auch mehr Verbindungsbüros zu eröffnen und dafür mit den notwendigen behördlichen Genehmigungen ausgestattet. Diese Verbindungsbüros, von denen SGS in der Folgezeit eines in Karachi und eines in Lahore eröffnete, sollten ausschließlich als Verbindung zu den ausländischen Standorten von SGS dienen und keine eigenen Handelsaktivitäten entfalten. Das PSI hatte eine Laufzeit von zunächst fünf Jahren mit einer automatischen Verlängerungsoption. Nachdem das PSI am 01. 01. 1995 in Kraft getreten war, setzte unmittelbar darauf Streit über die Performance der Parteien ein. Pakistan unterrichtete SGS daraufhin im Dezember 1996 über die Beendigung des PSI zum 11. 03. 1997. In der Folgezeit kam es zu Gerichts- und Schiedsverfahren in der Schweiz und in Pakistan. SGS machte darin rund US$ 329 Mio. wegen der unrechtmäßigen Beendigung des Vertrages und der durch vorsätzlich falsche und politisch motivierte Anschuldigungen erlittenen Schäden gegen Pakistan geltend472. Auf der Basis der ICSID-Schiedsklausel im schweizerisch-pakistanischen Investitionsschutzabkommen erhob SGS am 12. 10. 2001 zudem Schiedsklage beim ICSID473. Darin machte SGS die Verletzung von Investorenrechten aus dem Abkommen und die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen aus dem PSI geltend. Pakistan widersprach der Jurisdiktion unter anderem aus dem Grunde, dass die Aktivitäten des Klägers außerhalb des Staatsgebietes von Pakistan entfaltet wurden und von daher keine Investition im Sinne des Investitionsschutzabkommens vorliege. Da in den Verbindungsbüros in Pakistan keine Umsätze generiert worden seien, sei die dort entfaltete Tätigkeit der SGS ebenfalls nicht als Investition anzusehen474. SGS beruft sich auf die Investitionsdefinition des Investitionsschutzabkommens, welche in einer sehr weiten „every kind of asset“-Formulierung vertragliche Rechte sowie „claims to performance having an economic value“ einschließt475. Unabhängig davon, dass die Verbindungsbüros in Pakistan ein wesentlicher Teil der gesamten Investitionsvornahme gewesen seien, kenne die ICSID-Jurisprudenz die Voraussetzung einer physischen Präsenz der Investition im Gastland nicht. Die Folgen des gesamten PSI-Programmes sollten zudem zu Umsatzsteigerungen von bis zu US$ 650 Mio. bei den pakistanischen Zollbehörden führen. Diese Umsätze wären durch den Know-how-Transfer von SGS bei Fortsetzung des Programms unmittelbar in Pakistan angefallen. Es habe sich daher bei diesem Investitionsprojekt 471 SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13), Beschluss v. 06. 08. 2003, para. 11. 472 A. a. O. para. 29. 473 Agreement between the Swiss Confederation and the Islamic Republic of Pakistan on the Promotion and Reciprocal Protection of Investments. 474 Beschluss v. 06. 08. 2003, para. 75 f. 475 A. a. O. para. 124.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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nicht um eine traditionelle Investition gehandelt, sondern um eine neue Form der internationalen Investitionsvornahme, deren Investitionseigenschaft in vorangegangenen Verfahren von ICSID-Schiedsgerichten bereits anerkannt worden sei476. Im Verfahren SGS v. Philipines erbrachte die Société Générale de Surveillance S.A. ebenfalls Dienstleistungen im Bereich Pre-Shipment Inspection in Staaten, die Waren in die Philippinen exportierten. Zudem erbrachte SGS umfassende Beratungsdienstleistungen bei der Modernisierung der Zoll- und Steuerverwaltung in den Philippinen. Der Umfang dieser Managementdienstleistungen entsprach dem des PSI. SGS richtete auch in den Philippinen ein Verbindungsbüro ein. Über die Erbringung dieser „comprehensive import supervision services“ schlossen die Parteien am 23. 08. 1993 einen Vertrag („CISS“), dessen Laufzeit mehrmals verlängert wurde. Über die gesamte Laufzeit hatte der Vertrag ein wirtschaftliches Volumen von rund US $ 640 Mio. Im Zusammenhang mit dem neuen GATT-WTO Bewertungssystem, welches die physische Inspektion von Gütern vor ihrem Export an Bedeutung verlieren ließ, kündigten die Philippinen das CISS zum 31. 03. 2000477. Über die Rechtmäßigkeit dieser Kündigung und die in diesem Zusammenhang von staatlicher philippinischer Seite ergriffenen Maßnahmen kam es zu Streit zwischen den Parteien. Gegen die von SGS am 06. 06. 2002 erhobene Schiedsklage wanden die Philippinen unter anderem ein, dass keine Investition im Sinne des schweizerisch-philippinische Investitionsschutzabkommens478 und des WBÜ vorliege, da die Leistungserbringung außerhalb der Philippinen stattgefunden habe479. Zudem wehrte sich die beklagte staatliche Partei auch in diesem Verfahren gegen die Ausdehnung des Investitionsbegriffes über seine gewöhnliche Bedeutung hinaus, indem die Dienstleistungserbringung außerhalb der Grenzen des Gastlandes gegen eine Servicegebühr als Investition angesehen wurde480.

A. a. O. para. 126, „Even if the PSI Agreement and SGS’s activities do not meet the ,traditional‘ notion of an investment, they nevertheless fall within the category of new investments covered by BITs as illustrated by the Fedax and CSOB cases which demonstrate that ICSID is moving away from traditional notions of investment.“ 477 SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Republic of the Philippines (Arb / 02 / 6), Beschluss v. 29. 01. 2004, para. 14. 478 Swiss Confederation-Republic of the Philippines, Agreement on the Promotion and Reciprocal Protection of Investments v. 31. 03. 1997, Art. I (4) legt fest, dass geschützte Investitionen auf dem Staatsgebiet des Gastlandes zu erfolgen haben. 479 Beschluss v. 29. 01. 2004, para. 17, 51, die Argumentation entspricht damit der Pakistans im Parallelverfahren. 480 A. a. O. para. 59(c), „The term ,investment‘ should be given its ordinary meaning in light of its object and purpose.The ,ordinary meaning‘ of the term ,investment‘ excludes the delivery of an offshore service in exchange for a fee, especially where there is virtually no capital expenditure or assumption of risk.“ 476

18 Belling

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Der Kläger hingegen gab an, für das Verbindungsbüro auf den Philippinen jährliche Aufwendungen von über US $ 10 Mio. erbracht zu haben und zudem erhebliche Investitionen von Zeit, Arbeitskraft, Datenressourcen, Erfahrung, Information, Software und Geld in den Beratungsauftrag in Bezug auf die Modernisierung des philippinischen Zollsystems getätigt zu haben481.

bb) Die Entscheidungen der Schiedsgerichte In seinem Beschluss vom 29. 01. 2004 nahm das Schiedsgericht in der Sache SGS v. Philippinen umfassend Bezug auf die Entscheidung in SGS v. Pakistan, die am 06. 08. 2003 ergangen war. In dieser hatte es sich das Schiedsgericht zur Aufgabe gemacht, die Frage nach der Investitionsvornahme des Klägers („Has the Claimant made an ,investment‘ ,in the territory‘ of the Respondent“482) am Maßstab des WBÜ und des Investitionsschutzabkommens zu beantworten. Unter Berufung auf die in Fedax v. Venezuela aufgestellten Kriterien483 stellte das Schiedsgericht zunächst fest, dass auch eine sehr weite Einigung der Parteien, in diesem Fall aus einer „including every kind of asset“-Investitionsdefinition des Abkommens, seine Grenzen im WBÜ findet, „That freedom does not, however, appear to be unlimited, considering that ,investment‘ may well be regarded as embodying certain core meaning which distinguishes it from ,an ordinary commercial transaction‘ such as a simple, stand alone, sale of goods or services.“484

Ob es sich um einen solchen gewöhnlichen Handel mit Dienstleistungen zwischen SGS und Pakistan gehandelt hat, prüfte das Schiedsgericht anhand der Formulierung im Investitionsschutzabkommen. In diesem waren staatliche Konzessionen und sämtliche weiteren, durch hoheitliche Akte des Gaststaates übertragenen Rechte in den Schutzbereich einbezogen. Da Pakistan dem Kläger durch die Konzessionierung für die Durchführung der Pre-Shipment-Inspections mit Aufgaben betraut hatte, die sonst staatlichen Stellen des Gastlandes vorbehalten gewesen wären, bejahte das Schiedsgericht grundsätzlich das Vorliegen einer Investition. Obwohl der Kapitaleinsatz von zumindest US$ 800.000 durch den Kläger verhältnismäßig gering gewesen sei, diente er doch ausschließlich zur Durchführung der Konzession485. Anders als in Mihaly v. Sri Lanka könne eine Unterscheidung in rein vertragliche Aufwendungen und solche unter der Konzession hier auch dahinstehen, da es anders als in diesem Verfahren zum wirksamen Vertragsschluss der A. a. O. para. 14, SGS beziffert diese mit weiteren US$ 14 Mio. Beschluss v. 06. 08. 2003, para. 132 und Überschrift des folgenden Kapitels, para. 133 – 143. 483 Zu Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 3), s. o. F.IV.3.a). 484 A. a. O. para. 133. 485 A. a. O. para. 136. 481 482

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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Parteien gekommen ist486. Indem es die weltweite Erbringung von Dienstleistungen und das Engagement im Gastland als Einheit sieht, kam das Schiedsgericht so zu dem Ergebnis, dass das zugrunde liegende PSI eine Investition darstellt. Das Schiedsgericht in SGS v. Philippines kam in seinem Beschluss zu demselben Ergebnis und erkannte die im Rahmen des CISS erbrachten Dienstleistungen als Investition an487. Insbesondere sei es unerheblich, dass SGS aus steuerlichen Gründen in der Schweiz bezahlt worden sei und das Verbindungsbüro daher aus Gründen dieser steuerlichen Struktur der Transaktion keine steuerrelevanten Aktivitäten in den Philippinen entwickelt habe488. Der Aufbau und die Unterhaltung des Verbindungsbüros hätten gemeinsam mit der Erbringung der Dienstleistungen außerhalb des Gastlandes für das Gastland eine integrale Investition im Sinne des WBÜ dargestellt489.

cc) Stellungnahme Die vorliegenden Entscheidungen, die zu den aktuellsten der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit gehören, zeigen deutlich, wie kontrovers der Begriff der Investition von den Parteien nach wie vor diskutiert wird. Insbesondere Unternehmer von New Forms of Investment treffen bei ihren staatlichen Vertragspartnern nach wir vor auf eine ablehnende Haltung bezüglich der Einbeziehung ihrer Transaktionen in den Anwendungsbereich des WBÜ. Die hier beklagten Staaten Pakistan und die Philippinen stehen mit ihrer ablehnenden Haltung bezüglich der Gleichstellung bestimmter vertraglicher Transaktionsformen mit kapitaldominierten Transaktionen nicht allein. Begründet wird diese Ablehnung durch die Gaststaaten auch im Verfahren SGS v. Philippines mit dem Argument, dass der Begriff der Investition nicht über seine hergebrachte, gewöhnliche Bedeutung hinaus ausgeweitet werden soll, insbesondere wenn es im Zug der Transaktion im Grunde zu keinem nennenswerten Kapitaltransfer in das Staatsgebiet des Gaststaates gekommen sei490.

A. a. O. para. 137. Beschluss v. 29. 01. 2004, para. 111. 488 A. a. O. para. 104 ff. 489 A. a. O. para. 112. „For these reasons the present Tribunal concludes that SGS made an investment ,in the territory of‘ the Philippines under the CISS Agreement, considered as a whole. Moreover the present dispute concerns the service so provided and arises directly out of it, within the meaning of Article 25(1) of the ICSID Convention. There was no distinct or separate investment made elsewhere than in the territory of the Philippines but a single integrated process of inspection arranged through the Manila Liaison Office, itself unquestionably an investment ,in the territory of‘ the Philippines.“ 490 A. a. O. para. 59 (c.). 486 487

18*

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

dd) Möglichkeiten und Grenzen einer dynamischen Auslegung des WBÜ Im Unterschied zu den oben diskutierten Verfahren CSOB v. Slovakia und Salini v. Morocco, in denen es um Transaktionsformen ging, die bei Entstehung des WBÜ bereits bekannt und verbreitet waren und wo die Diskussion ihrer Einbeziehung Eingang in die Travaux Préparatoires gefunden hatte, waren internationale Managementverträge bei Entstehung des WBÜ eine noch weitgehend unbeachtete Transaktionsform491. Einem volkswirtschaftlichen Verständnis folgend, werden den klassischen Transaktionsformen allerdings zwischenzeitlich Vertragsgestaltungen gleichgestellt, bei denen ein ausländischer Investor im Gastland erheblichen Managementeinfluss ausüben kann. Hierzu zählen neben Build-Operate-TransferVerträgen, Franchising- und Lizenzverträgen insbesondere Managementverträge492. Fraglich ist daher, inwieweit der Investitionsbegriff des WBÜ um Transaktionsformen erweitert werden darf, die mangels wirtschaftlicher Relevanz zur Zeit der Entstehung des Abkommens noch keinen Eingang in das WBÜ gefunden haben. Dabei ist zu beachten, dass völkerrechtliche Staatsverträge insoweit restriktiv zu interpretieren sind, als damit Souveränitätseinschränkungen der Signatarstaaten verbunden sind. Durch völkerrechtliche Staatsverträge begründete internationale Organisationen leiten ihre Völkerrechtssubjektivität aus dem Gründungsakt her, den ihre Mitgliedsstaaten völkervertragsrechtlich verbindlich geschlossen haben. Sie können nur über Wahrnehmungszuständigkeiten verfügen, die ihnen von den Mitgliedstaaten im Gründungsakt oder einer späteren Änderung übertragen wurden, können nur diese Compétences d’attribution ausüben mit der Folge, dass darüber hinausgehende Handlungen der Organisation ultra vires und damit für die Mitglieder der Organisation im Grundsatz unverbindlich sind493. Für das WBÜ könnte dies etwa bedeuten, dass sich Mitgliedsstaaten der Vollstreckung von Schiedssprüchen, deren unbedingter Vollstreckbarkeit sie sich im WBÜ verbindlich unterworfen haben, mit dem Argument widersetzen könnten, ein ICSIDSchiedsspruch sei wegen Überschreitung der Jurisdiktion rationae materiae seitens des Schiedsgerichts ultra vires – außerhalb des Anwendungsbereiches des WBÜ – ergangen494. Eine solche Souveränitätseinschränkung würde auch die Unterwerfung eines Staates unter ein System der obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit enthalten. Allein durch die dynamische und damit möglicherweise weitere Interpretation des Investitionsbegriffes tritt jedoch im vorliegenden Fall noch keine unmittelbare Souveränitätseinschränkung ein. Die beteiligten Staaten können sich grundsätzlich in zweifacher Weise davor schützen, gegen ihren Willen einem Schiedsverfahren 491 492 493 494

Vgl. Delaume, Transnational Contracts, § 15.15, 30 f. World Investment Report 1999, 465, 466. Vgl. Schermers / Blokker, § 209. Vgl. Nathan, JIA 1995, 27, 52.

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in einem konkreten Streitfall unterworfen zu werden. Zum einen durch die Notifizierungsmöglichkeit des Art. 25 Abs. 4 WBÜ und im Einzelfall grundsätzlich durch die Verweigerung der erforderlichen Einwilligung in die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit. Die zunehmende faktische Unmöglichkeit, sich der Einwilligung in ein ICSID-Streitverfahren im Einzelfall zu entziehen, da diese regelmäßig bereits in einem abstrakten Investitionsschutzinstrument erteilt worden ist, spricht nicht gegen eine solche dynamische Interpretation, sie zeigt vielmehr die Notwendigkeit, auch einer solchen erweiterten Auslegung des Investitionsbegriffs Grenzen zu ziehen. Eine dynamische Interpretation widerspricht daher im vorliegenden Fall nicht den anerkannten Auslegungsgrundsätzen völkerrechtlicher Verträge. Internationale Gerichte und Schiedsgerichte haben in der Vergangenheit ohne besondere Rücksicht auf die Souveränität von Staaten wiederholt zugunsten ihrer eigenen Zuständigkeit entschieden, wenn ausreichende Argumente für die Jurisdiktion sprachen495. ICSID-Schiedsgerichte haben die Möglichkeit der Vertragsauslegung des WBÜ, welche nicht historisch gebunden ist, sondern normative Gesichtspunkte auch in ihrer aktuellen Relevanz zu würdigen weiß, für sich in Anspruch genommen, „. . . the definition was left to be worked out in the subsequent practice, thereby preserving its integrity and flexibility and allowing for future progressive development of international law on the topic of investment.“496

Grenzen sind dort zu ziehen, wo die grundsätzlich zulässige Dynamik der Auslegung den Rahmen des auszulegenden Begriffes im aktuellen Kontext verlässt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Maastricht-Urteil dazu ausgeführt, „Organe inter- oder supranationaler Organisationen sind nicht befugt, im Wege einer rechtsschöpferischen Fortentwicklung von Vertragsinhalten sich so weit von einer völkerrechtlichen Vereinbarung zu entfernen, dass dies einer von den Vertragsparteien nicht legitimierten Vertragserweiterung gleichkommt.“497

Würden das ICSID oder seine Schiedsgerichte beispielsweise dem Gedanken des effet utile, wonach derjenigen Auslegung eines Vertragstextes der Vorzug gebührt, durch welche der erkennbare Zweck des Vertrages am besten erreicht wird, folgend, die in den vergangenen rund 40 Jahren vollzogene Angleichung des Investitionsbegriffes des WBÜ mit dem in Investitionsschutzabkommen intendierten internationalen Vermögensschutz annehmen, weil durch diesen Gleichlauf der Begriffe Lücken im Schutz ausländischer Investoren im Sinne dieser Abkommen vermieden werden können, so wäre dies eine nicht legitimierte Vertragserweiterung. 495 SPP Southern Pacific Properties (Middle East) Limited v. Arab Republic of Egypt (Arb / 84 / 3), Beschluss v. 14. 04. 1988 unter Berufung auf Temple of Preah Vihear, ICJ Rep. 1961, 34; Chorzow Factory, PCIJ, Series A, No.9, 32 (1925); Affaire des forets du Rhodope central, RIAA, Vol. 3, 3104 (1931). 496 Mihaly International Corporation v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 00 / 02), Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 15. 03. 2002, para. 33. 497 BVerfGE 89, 155, 210.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages nach dem Prinzip des effet utile findet nämlich dort seine Grenzen, wo sie über die Vereinbarung der Vertragsstaaten hinausgeht und nicht mehr den Vertragstext, sondern allgemeine Zweckmäßigkeits- und Gerechtigkeitserwägungen zum Maßstab wählt498. Da weder dem Vertragstext noch den Travaux Préparatoires oder dem kommentierenden Directors Report unmittelbare Aussagen zur Einbeziehung von Managementverträgen in den Investitionsbegriff des WBÜ zu entnehmen sind, da es sich hierbei um einen erst aktuell weiter verbreiteten Transaktionstyp handelt, ist deren Einbeziehung anhand der Vertragsziele, welche die Mitgliedsstaaten durch das WBÜ erreichen wollten und anhand des Zwecks, dem die Konvention dienen soll, zu prüfen. Dem oft zitierten Absatz III des Directors Report ist zu entnehmen, dass es das Hauptanliegen der Weltbank bei Gründung des ICSID war, den Fluss privaten internationalen Kapitals in die Mitgliedsstaaten zu fördern499. Als ein Argument, dem WBÜ beizutreten, diente darin 1965 der Weltbank auch der Hinweis, dass der Beitritt positive Auswirkungen auf das Investitionsklima im Mitgliedsstaat habe und diese Tatsache wiederum weiteres privates Kapital in das Land lenke500. Die zusätzliche Stimulierung dieser Kapitalströme sei kurzum „the primary purpose of the Convention“501. Die Schöpfer des WBÜ betonten somit in erster Linie die Notwendigkeit der Förderung und des Schutzes von Kapitalzuflüssen in die Mitgliedsstaaten. In den Verfahren SGS v. Pakistan und SGS v. Philippines spielten Kapitalflüsse in die Einrichtung und Unterhaltung der Liaison Offices in den Staaten eine weitaus untergeordnete Rolle im Verhältnis zu den vielfältigen Managementdienstleistungen, die bei den beklagten Staaten unbestrittenermaßen zu positiven entwicklungspolitischen Effekten, vergleichbar denen direkter Kapitalflüsse des Klägers, führen. Ausführlichere Ausführungen der Schiedsgerichte zur Einbeziehung dieser NFI in den Investitionsbegriff wären daher wünschenswert gewesen. Grundsätzlich ist der Entscheidung zur Jurisdiktion aber zuzustimmen, da die Vertragsziele des WBÜ nur erreicht werden können, wenn man den Investitionsbegriff dynamisch offen interpretiert und so zu einem umfassenden, auch moderne Entwicklungen aufnehmenden Investitionsbegriff gelangt502. Die Ausweitung des Investitionsbegriffes auf Transaktionen, in denen hauptsächlich andere Ressourcen als Kapital in das Gastland transferiert werden, welche geeignet sind, dort bei der wirtschaftlichen Entwicklung nachhaltig positiv zu wirken, ist keine Vertragserweiterung durch die Anwender des WBÜ, sondern vielmehr dessen zulässige, dynamische Interpretation. Vgl. Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, 96. Directors Report, para. 9, „stimulating a larger flow of private international capital into those countries which wish to attract it.“ 500 A. a. O. para. 12. 501 A. a. O. para. 12. 502 Vgl. Bader, Sicherungspotentiale, 123. 498 499

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ee) Der Ort der Investition In Verfahren, in denen die Einigung der Parteien aus Investitionsschutzabkommen hervorging, ist wiederholt die Frage nach dem Ort der Investitionsvornahme von den Staaten problematisiert worden, wenn in diesen Abkommen das Gastland zwingend als Ort der Investitionsvornahme vorgeschrieben ist. In den Verfahren SGS v. Pakistan und SGS v. Philippines beriefen sich die Staaten jeweils auf solche territorialen Klauseln503. ICSID-Schiedsgerichte sind mit diesem Territorialitätserfordernis als einigungsbezogenes Jurisdiktionsproblem regelmäßig großzügig verfahren. In CSOB v. Slovakia schloss das Schiedsgericht die gesamte Transaktion („the entire process“) ein, obwohl große Teile davon nicht im Gastland stattgefunden hatten, da sämtliche Aspekte der Zielereichung der Gesamttransaktion dienten504. So auch in Fedax v. Venezuela, wo das Schiedsgericht maßgeblich auf die Auswirkungen der Investition im Gastland und für dieses abstellte. In diesem Verfahren, in dem es unter anderem um die Qualifizierung des Erwerbs staatlicher Solawechsel als Investition ging, stellte das Schiedsgericht dazu fest, „In fact, many loans and credits do not leave the country of origin at all, but are made available to suppliers or other entities. [ . . . ] The important question is whether the funds made available are utilized by the beneficiary of the credit, as in the case of the Republic of Venezuela, so as to finance its various governmental needs. “505

Den Schiedsgerichten ist zuzustimmen, wenn sie nach den Auswirkungen für das Gastland fragen. Das WBÜ kennt eine territoriale Beschränkung der Investitionsvornahme auf das Staatsgebiet nicht. Die Anknüpfungspunkte des WBÜ sind die Exterritorialität des Investors und der Investition, sei es Kapital oder Dienstleistungen wie in den vorliegenden Fällen. Interessant ist es daher, die vom Schiedsgericht in SGS v. Philippines aufgeworfene und verneinte Frage, ob der Bau und Betrieb eines Botschaftsgebäudes des Gastlandes außerhalb seines Staatsgebietes als Investition anzusehen sei, in Bezug auf das WBÜ zu beurteilen506. Nach der hier vertretenen Meinung wäre die Frage nach dem Investitionscharakter einer solchen Transaktion zu bejahen, wenn die genannten Kriterien des WBÜ erfüllt wären, ein zusätzliches territoriales Kriterium wird nicht für notwendig erachtet. 503 SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13), Beschluss v. 06. 08. 2003, para. 75; SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Republic of the Philippines (Arb / 02 / 6), Beschluss v. 29. 01. 2004, para. 59(c). 504 Ceskoslovenska Obchodni Banka, AS v. The Slovak Republic (Arb / 97 / 04), Beschluss v. 24. 05. 1999, para. 88. 505 Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 3), Beschluss v. 11. 07. 1997, para. 41. 506 Beschluss vom 06. 08. 2003, para. 99, „For example the construction of an embassy in a third State, or the provision of security services to such an embassy, would not involve investments in the territory of the State whose embassy it was, and would not be protected by the BIT.“

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

e) Projektvorbereitungskosten als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Mihaly International Corporation v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka Die Mihaly International Corporation trat 1992 in Verhandlungen mit Sri Lanka über die Errichtung und den Betrieb eines Thermalkraftwerkes ein. Nachdem es nach jahrelangen Verhandlungen der Parteien zu keinem Vertragsabschluss gekommen war, verlangte die Gesellschaft Ersatz ihrer Aufwendungen für die umfangreiche Angebotserstellung. Das Schiedsgericht hat es in diesem Verfahren indes abgelehnt, reine Projektvorbereitungskosten („pre-investment expenditures“) für ein internationales Investitionsprojekt, ohne dessen spätere tatsächliche Durchführung, als Investition im Sinne des WBÜ anzuerkennen. aa) Sachverhalt Zur Verbesserung der Versorgung des Landes mit elektrischer Energie schrieb die Regierung von Sri Lanka im Jahr 1992 den Neubau und Betrieb einer Anlage zur Stromerzeugung auf Basis eines Build-Own-Transfer Projektes international aus. Die Mihaly International Corporation, eine Gesellschaft US-amerikanischen Rechts, daneben existiert noch eine Schwestergesellschaft Mihaly International Corporation Canada, mit Sitz in Ontario, bot in diesem Ausschreibungsverfahren die Entwicklung, Errichtung und den Betrieb eines 300 MW Thermalkraftwerkes und die Einspeisung des produzierten Stromes in das nationale Netz des Ceylon Electricity Board (CEB) an. Die Erstellung des Angebots war mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand verbunden. Mihaly International bewarb sich in einem internationalen Konsortium, welches zu diesem Zweck die South Asia Electricity Corporation (Private) Ltd., eine Gesellschaft nach dem Recht Sri Lankas, gegründet hatte. An dieser hielt Mihaly International keine Beteiligung. Neben diesem Konsortium bewarben sich rund weitere 25 Konsortien um den Auftrag. Nachdem Sri Lanka mit fünf ausgewählten Konsortien Verhandlungen geführt hatte, wurde Mihaly zu Verhandlungen über einen Letter of Intend eingeladen507. Nach weiteren Verhandlungen schlossen die Parteien am 15. 02. 1993 einen Letter of Intend. In diesem wurde der Klägerin eine sechsmonatige Exklusivität für die Fertigstellung des abschließenden Angebots eingeräumt. Das Projektvolumen wurde auf rund US $ 400 Mio. festgelegt. Der Abschluss des BOT-Vertrages wurde für das dritte Quartal 1993 in Aussicht gestellt und gleichzeitig unter den Vorbehalt parlamentarischer Zustimmung gestellt. Zudem enthielt der LOI folgende Klausel in Bezug auf seine rechtliche Bindungswirkung: „This Letter of Intent constitutes a Statement of Intention and does not constitute an obligation binding on any party.“508 507 Mihaly International Corporation v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 00 / 02), Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 15. 03. 2002, para. 38 f. 508 A. a. O. para. 41.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

281

Da es innerhalb der vereinbarten Frist zu keiner Einigung der Parteien kam, vereinbarten die Parteien am 22. 09. 1992 einen Letter of Agreement (LOA), welcher die Exklusivität für Mihaly International zwar verlängerte aber erneut ausdrücklich festschrieb, dass aus ihm keine vertraglichen Verpflichtungen der Parteien erwachsen. Unter anderem durch die geplante Verlängerung der Projektlaufzeit von 15 auf 20 Jahre, entstanden der Mihaly International weitere Kosten für die Planung- und Modellierung des Projekts509. Da es den Parteien nicht gelang, ihre Verhandlungen zu einem vereinbarten Termin am 15. 02. 1994 abzuschließen, wurde zudem noch ein Letter of Extension (LOE) vom 20. Juli 1994 geschlossen, der eine vertragliche Bindung der Parteien ebenfalls ausdrücklich ausschloss510. Zwischen den USA und Sri Lanka bestand zum damaligen Zeitpunkt ein Investitionsschutzabkommen511, dessen Schiedsklausel die staatliche Offerte unter anderem zur Einigung auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit enthält. Auf diese berief sich die Klägerin in ihrem Schiedsantrag vom 22. 07. 1999512. Sri Lanka bestritt das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen des Art. 25, unter anderem das Vorliegen der Jurisdiktion rationae materiae513. Da es zwischen den Parteien niemals zu einem Vertragsschluss gekommen sei, könnten Aufwendungen im Rahmen eines Angebots für ein BOT-Projekt nicht als Investition oder als mit einer Investition zusammenhängend angesehen werden. Dieser Umstand würde bereits die Einigung auf der Grundlage des Abkommens ausschließen514.

bb) Verneinung der Jurisdiktion durch das Schiedsgericht Das Schiedsgericht erließ am 15. 03. 2002 einen Schiedsspruch, in dem es sich für sachlich unzuständig erklärte. Zunächst bejahte das Schiedsgericht die Jurisdiktion rationae personae, indem es zwar feststellte, dass ein unter dem ICSID-System gegebener Anspruch nicht wie ein verkehrsfähiges Papier leichterdings an geeignete (weil in Mitgliedsstaaten des WBÜ situierte) Kläger übertragen werden könne, sondern dies gerade an den Rechtsgrundsätzen pacta tertiis nec nocent nec prosunt und nemo dat quod non habet scheitere515. Es sei jedoch nicht ersichtlich, A. a. O. para. 45. A. a. O. para. 46. 511 Treaty between the United States of America and Sri Lanka concerning Encouragement and Reciprocal Protection of Investment v. 20. 09. 1991. 512 A. a. O. para. 53. 513 Bereits § 1 der Klageerwiderung vom 16. 02. 2000 bringt diese treffend auf den Punkt: „[ . . . ] a claim by a Canadian Company, allegedly assigned to this US Claimant but without Sri Lanka’s consent, for reimbursement of expenditures made pursuing a possible investment in a proposed power project in Sri Lanka that never happened.“ 514 A. a. O. para. 52. 515 A. a. O. para. 24 unter Berufung auf die Verfahren Klöckner v. Cameroon und American Manufacturing v. Zaire. 509 510

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

dass der behauptete Anspruch ausschließlich bei der Mihaly International Canada und nicht bei dem Kläger bestehe516. In Bezug auf den Investitionsbegriff des WBÜ forderte Mihaly International eine weite Interpretation des Begriffes, um einen freieren Fluss von Kapital in Entwicklungsländer zu fördern. Sri Lanka entgegnete dem, dass es gerade für diese Länder schwierig sei, das WBÜ anzuerkennen, wenn dessen Schiedsgerichte eine derart weite Interpretation dieses zentralen Begriffes vornehmen würden, wie von der Klägerin gefordert517. Das Schiedsgericht stellte fest, dass Mihaly International keine völkerrechtliche Praxis für die Einbeziehung von Kosten für die Angebotserstellung im Rahmen von Investitionsprojekten benennen konnte518. Das Schiedsgericht zeigte sich allerdings grundsätzlich gewillt, Veränderungen in der Zusammenarbeit zwischen Gaststaaten und ausländischen Investoren anzuerkennen. Dem sei bei der Interpretation des Investitionsbegriffes Rechnung zu tragen. Dafür sei es aber unverzichtbar, dass es zu einer vertraglichen Einigung der Parteien auf ein Investitionsprojekt am Ende der Verhandlungen gekommen ist519. Solange es dazu nicht gekommen ist, mögen zwar Ansprüche aus dieser vorvertraglichen Phase erwachsen sein und dem geschädigten Investor einen Anspruch geben, dafür seien ICSID-Schiedsgerichte jedoch nicht zuständig: „However, these remedies do not arise because an investment had been made, but rather because the requirements of proper conduct in relation to negotiation for an investment may have been breached. That type of claim is not one to which the Convention has anything to say. They are not arbitrable as a consequence of the Convention.“520

Mangels einer geeigneten Investition, auf welche die Rechtsstreitigkeit zurückgeführt werden könne, verneinte das Schiedsgericht in nicht einstimmiger Entscheidung seine Zuständigkeit rationae materiae521.

cc) Abweichende Meinung des Schiedsrichters Suratgar Der Schiedsrichter Suratgar stimmte dem gefundenen Ergebnis grundsätzlich zu, wies aber darauf hin, dass das Verfahren möglicherweise einen anderen Ausgang genommen hätte, wenn die Klägerin eine Beteiligung an der Projektgesellschaft South Asia Electricity Corporation (Private) Ltd. hätte darlegen können. Eine solche hätte die Voraussetzungen der Investition im Sinne von Art. 25 WBÜ und des Investitionsschutzabkommens erfüllt522. 516 517 518 519 520 521 522

A. a. O. para. 26. A. a. O. para. 36. A. a. O. para. 58. A. a. O. para. 50. A. a. O. para. 51. A. a. O. para. 62. A. a. O. para. 8.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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Suratgar gibt in seiner abweichenden Meinung weitere Auslegungshilfen für die Frage nach der Einbeziehung von Kosten für Vorleistungen des Investors. Er verweist dabei auf die Möglichkeit, solche Kosten durch die MIGA oder die OPIC versichern zu lassen. Zudem habe die Weltbank in einem Diskussionspapier523 selbst die Projektentwicklungskosten zum spezifischen Kapitalaufwand solcher Projekte gezählt524. Die Projektvorbereitungskosten erfolgreicher Bieter um international ausgeschriebene große Infrastrukturprojekte sollten in jedem Fall dem Investitionsbegriff unterfallen, weil auch sie bereits wirtschaftliche Werte im Gastland schaffen525. Dem steht die Entscheidung des Schiedsgerichts auch nicht entgegen526. Sogar der beklagte Staat räumt für den Fall erfolgreicher Verhandlungen mit dem Kläger ein, „[ . . . ] it may well have been the case that the moneys expended during the period of negotiations might have been capitalised as part of the cost of the project and thereby become part of the investment. By capitalising expenses incurred during the negotiation phase, the parties in a sense may retrospectively sweep those costs within the umbrella of an investment.“527

dd) Stellungnahme Das Verfahren Mihaly International v. Sri Lanka gehört zu der verhältnismäßig geringen Zahl der Verfahren, in denen die Jurisdiktion durch das Screening des Generalsekretärs528 oder durch das Schiedsgericht529 bisher abschließend verneint wurde. Wie auch in vorangegangenen Verfahren, welche auf der Grundlage einer generellen Zustimmung des Gastlandes zum ICSID zustande gekommen waren, war das Schiedsgericht gehalten, den Investitionsbegriff a fortiori, auf die Einrede der staatlichen Partei hin, zu untersuchen. Erstmalig hatte sich damit ein Schiedsgericht mit der Frage nach der Qualifizierung vorvertraglicher Investitionsaufwendungen im Vorfeld geplanter Transaktionen, ohne das spätere Zustandekommen 523 Weltbank Schriftenreihe, Submission and Evaluation of Proposals for Private Power Generation Projects in Developing Countries, 1999. 524 Dissenting Opinion vom 07. 03. 2002, para. 6. 525 A. a. O. para. 10. 526 Vgl. Hornick, JIA 2003, 189, 192. 527 Schiedsspruch v. 15. 03. 2002, para. 50. 528 Im Verfahren Asien Express International PTE Ltd. v. Greater Colombo Economic Commission und zumindest einem weiteren Verfahren, von dem Parra / Shihata, ICSID Rev 1999, 299, 308, ohne Nennung der Parteien berichten, befand der Generalsekretär den Streitgegenstand als so eindeutig außerhalb der Jurisdiktion des ICSID liegend, dass er die Registrierung des Verfahrens verweigerte. 529 Es waren dies die Verfahren: Vacuum Salt v. Ghana (Arb / 92 / 1); Scimitar Exploration v. Bangladesh (Arb / 92 / 2); Cable Television of Nevis v. St. Kitts and Nevis (Arb / 95 / 2); Banro American v. Congo (Arb / 98 / 7); Phillipe Gruslin v. Malaysia (Arb / 99 / 3); Zhinvali Development Ltd. v. Republic of Georgia (Arb / 00 / 01); Lucchetti v. Peru (Arb / 03 / 04) und Joy Mining v. Egypt (Arb / 03 / 11).

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

eines vertraglichen Verhältnisses, auseinander zu setzen530. Während die Qualifizierung verschiedener Arten internationaler Finanztransaktionen im Rahmen der Entstehung des WBÜ mehr oder weniger breit von den Delegierten der Regionalkonferenzen diskutiert worden war, findet sich zur Frage der Qualifizierung solcher Aufwendungen keine Stellungnahme531. Das gefundene Ergebnis verdient Zustimmung. Das Schiedsgericht unterscheidet eingehend zwischen Ansprüchen, die privaten Investoren im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern in planungsintensiven Infrastrukturprojekten entstehen können und solchen, die mit einer Investition im Sinne des WBÜ in Zusammenhang stehen. Bei dem hier geltend gemachten Anspruch aus culpa in contrahendo ist das Fehlen eines anschließenden Vertrages bereits tatbestandlich. Eine Ausweitung der Jurisdiktion rationae materiae auf solche Ansprüche würde daher bedeuten, den Investitionsbegriff über die Erstreckung auf vertragliche Verbindungen der Parteien ohne Kapitalbeteiligung auch auf Ansprüche gänzlich ohne eine gültige vertragliche Verbindung auszudehnen. Das Schiedsgericht hat dies zu Recht abgelehnt. Suratgar geht es in seiner abweichenden Meinung auch um ein größeres Maß an Transparenz, welche durch das ICSID in internationale Vergabeverfahren gebracht werden soll. Eine zugegebenermaßen notwendige und sinnvolle Aufgabe, von deren Annahme das ICSID allerdings aus guten Gründen absehen sollte. Andere Foren sind zur Beurteilung der in diesem Bereich regelmäßig auch strafrechtlich relevanten Handlungen im Zusammenhang mit Bestechung und Korruption berufen. Das WBÜ und die ICSID-Schiedsgerichte sind es nicht532. Indem das Schiedsgericht ausgeführt hat, dass die in der Projektvorbereitungsund Verhandlungsphase aufgewendeten Kosten bei der Berechnung der Höhe der Investition des erfolgreichen Bieters zu berücksichtigen seien533, bewirkt diese Auffassung auch keine Verkürzung des Rechtsschutzes des ausländischen Investors, sobald es zur tatsächlichen Durchführung der Transaktion gekommen ist534. Wie vom Schiedsgericht angedeutet und in der Abweichenden Meinung betont, dürfte die Beteiligung von Mihaly International in der ausländisch kontrollierten Projektgesellschaft zu einem anderen Ergebnis geführt haben, wenn Sri Lanka gegen materielle Schutzrechte aus dem Investitionsabkommen verstoßen hätte und die Gesellschaft sich darauf hätte berufen können535. Möglicherweise zu einem anderen Ergebnis hätte nach der Ansicht von Wälde eine Einigung der Parteien auf der Basis des NAFTA geführt, da das NAFTA auch potenzielle Investoren „seekVgl. Hornick, JIA 2003, 189, 191. Vgl. Chatterjee, JWI 2003, 910, 919. 532 Vgl. Hornick, JIA 2003, 189, 192 f. 533 Schiedsspruch v. 15. 03. 2002, para. 50, „[ . . . ] within the umbrella of an investment.“ 534 Zustimmend unter Berufung auf Mihaly v. Sri Lanka, SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13), Beschluss v. 06. 08. 2003, para. 137. 535 Vgl. Chatterjee, JWI 2003, 910, 923. 530 531

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

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ing to make an investment“ in seinen Schutzbereich einschließt536. Da NAFTAVerfahren bis zum Beitritt der Vertragsstaaten Mexiko und Kanada ausschließlich vor der Additional Facility verhandelt werden können, deren Investitionsbegriff weiter ist als der des WBÜ, wäre eine Anwendung des Additional Facility Verfahrens für vorvertragliche Aufwendungen ohne anschließende Investitionsvornahme denkbar. Im Verfahren PSEG Global v. Turkey war eben dies der Fall. Die Türkei hatte im Rahmen der Modernisierung des Energiesektors im Land, den Betrieb von Kraftwerken und die Stromeinspeisung durch private Betreiber seit Mitte der 80er Jahre gefördert und BOT-Projekte in diesem Bereich gesetzlich geregelt. Die Kläger bildeten ein Konsortium, dessen türkische Projektgesellschaft 1998 eine staatliche Konzession für die Errichtung und den Betrieb eines Braunkohlekraftwerkes erhielt. Bereits zum Zeitpunkt der Erteilung dieser staatlichen Konzession herrschte zwischen den Parteien keine Einigkeit über die wirtschaftlichen Rahmendaten des BOT-Projektes, insbesondere über die aus den Investitionskosten resultierenden zukünftigen Stromabnahmepreise537. Unter Berufung auf Mihaly International v. Sri Lanka bestritt die Türkei das Vorliegen einer Investition, da das Planungsstadium des Projekts niemals verlassen worden sei. Das Schiedsgericht folgte dem nicht, da grundsätzlich eine wirksame Konzession vorgelegen habe. Die zum Zeitpunkt der Konzessionserteilung bereits absehbaren wirtschaftlichen Schwierigkeiten hielt das Schiedsgericht für die Beurteilung der Wirksamkeit eines Vertrages für unbedeutend538. Grundsätzlich könnten Streitigkeiten über Aufwendungen im Zusammenhang mit einer solchen Investition dem ICSID unterbreitet werden. Das Schiedsgericht differenzierte allerdings zwischen Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Investition im Sinne des WBÜ und reinen Vorbereitungshandlungen, welche demnach auch bei einem wirksamen Vertrag nicht umfasst sein sollen. Diese Tatsachenentscheidung im Einzelfall wurde der Entscheidung in der Sache vorbehalten539. Auf den Schiedsspruch in Mihaly v. Sri Lanca stützte sich ebenfalls das Schiedsgericht in dem Verfahren Zhinvali Development Ltd. v. Republic of Georgia und wies die Schiedsklage auf Ersatz vorvertraglicher Beratungskosten durch Georgien ab540.

Vgl. Wälde, TDM 2004, I / 1, 24. PSEG Global Inc., The North American Coal Corporation and Konya Ilgin Elektrik Üretim ve Ticaret Limited Sirketi v. Republic of Turkey (Arb / 02 / 5), Beschluss v. 04. 06. 2004, para. 32. So hatten sich die veranschlagten Gesamtkosten während der Verhandlungsphase von ca. US$ 880 Mio. auf ca. US$ 1,1 Mrd. erhöht. 538 A. a. O para. 85. 539 A. a. O. para. 104. Das Verfahren war in 2005 noch nicht abgeschlossen. 540 Der Schiedsspruch in der Sache Zhinvali Development Ltd. V. Republic of Georgia (Arb / 00 / 01) v. 24. 03. 2003 ist nicht veröffentlicht. Mitgeteilt von Happ, SchiedsVZ 2005, 21, 26. 536 537

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

f) Handelsgeschäfte als Investition im Sinne des WBÜ – das Verfahren Joy Mining Machinery Ltd. v. Arab Republic of Egypt Die britische Joy Mining Machinery Limited („Joy“) schloss 1998 einen Vertrag über die Lieferung von Fördergerät und dessen Wartung für den Abbau von Phosphat mit der General Organization for Industrial and Mining Projects of the Arab Republic of Egypt („IMC“). Das Auftragsvolumen von zunächst rund A 20 Mio. und die Vertragserfüllung wurden entsprechend vertraglicher Verpflichtungen fast vollständig mit Bankgarantien abgesichert. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten über die Durchführung der Transaktion behielt Ägypten nach vollständiger Zahlung des Kaufpreises diese Bürgschaften ein. Das angerufene ICSID-Schiedsgericht betrachtete die Garantien und die zugrunde liegende Transaktion als rein kommerzielles Handelsgeschäft ohne Investitionscharakter und verneinte seine Jurisdiktion rationae materiae. aa) Sachverhalt Im Rahmen des Abu Tartur Phosphate Mining Project förderte Ägypten seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts in der Wüste Phosphat zur Düngerproduktion. Zur Ersetzung der Fördertechnik russischer Bauart durch moderne Maschinen schloss die für die Förderung zuständige IMC mit dem Kläger am 26. 04. 1998 einen Vertrag über die Ersetzung des alten und die Bereitstellung eines neuen sog. Longwall Mining Systems ab. Dieser Contract for the Provision of Longwall Mining Systems and Supporting Equipment for the Abu Tartur Phosphate Mining Project wurde wegen anhaltender Meinungsverschiedenheiten der Parteien im Jahr 2000 angepasst541. Joy hatte gemäß dieses Vertrages Vertragserfüllungsgarantien für verschiedene Stufen der Leistungserbringung zu leisten und kam dem auch in der Form von Bankgarantien in der Höhe von rund A 14,5 Mio. nach. Diese Garantien wurden bei der Bank von Alexandria hinterlegt und ihre Freigabe an die Erfüllung vertraglicher Performance-Klauseln gebunden. Nach Installation des Longwall Mining Systems im Jahr 1999 nahmen die Meinungsverschiedenheiten der Parteien über die Leistungsfähigkeit des Systems zu. Obwohl keine Einigung in der Frage nach den Ursachen erzielt werden konnte – Joy führte geologische Probleme und das Missmanagement durch IMC an, während IMC von einer mangelnden Funktionsbereitschaft des Systems ausging – zahlte Ägypten in demselben Jahr den vollen vereinbarten Kaufpreis542. Die Freigabe der Bürgschaften wurde hingegen unter Hinweis auf die nicht erfolgte Abnahme verweigert. Joy hingegen behauptete vertragsgemäße Erfüllung und forderte die Freigabe der Sicherheiten bis zum 31. 07. 2003. 541 Joy Mining Machinery Ltd. v. Arab Republic of Egypt (Arb / 03 / 11), Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 06. 08. 2004, para. 15 ff. 542 A. a. O. para. 19.

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Im Juni 2003 erhob Joy Schiedsklage auf der Basis des britisch-ägyptischen Investitionsschutzabkommens543. Unter Berufung auf die in diesem Vertrag enthaltene Verweisung auf das ICSID machte Joy die Verletzung von Investorenrechten aus diesem Vertrag geltend. Die Nichtfreigabe der Garantien durch Ägypten sei eine Verstaatlichung oder zumindest eine enteignungsgleiche Maßnahme des Staates und dadurch eine Verletzung vertraglich gewährter Rechte durch Ägypten gewesen544. Diese Rechtsverletzung sei zum einen im Verstoß gegen das Investitionsschutzabkommen („treaty based claim“), zum anderen in der Verletzung des Vertrages mit IMC („contractual claim“) zu sehen545. Ägypten erhob dagegen die Einrede gegen die Zuständigkeit des ICSID-Schiedsgerichts, unter anderem, weil es sich bei der zugrunde liegenden Transaktion um keine Investition im Sinne des Investitionsschutzabkommens oder des Art. 25 WBÜ gehandelt habe546. Es habe sich bei dem Vertrag zwischen Joy und IMC vielmehr um einen üblichen Ausrüstervertrag gehandelt, welcher den Verkauf und Erwerb von Ausrüstungsgegenständen zum Gegenstand habe. Die Lieferbedingungen ab Hafen England und frei Hafen Alexandria sprächen für ein solches reines Handelsgeschäft. Die Garantien des Klägers seien übliche Bestandteile eines jeden größeren Handelsgeschäfts solcher Art gewesen. Da der Kaufpreis im Voraus entrichtet wurde, war die Transaktion für den Kläger zudem risikolos547. Der Kläger hingegen sah den Schwerpunkt des Vertrages in der zweiten Phase, in welcher er die Installation zu überwachen, Personal auszubilden, Ersatzteile für zehn Jahre vorzuhalten und technische Assistenz für sechs Monate zu gewährleisten hatte. Dies mache die, den Garantien zugrunde liegende Transaktion zu einer Investition. Durch die Höhe der Garantien im Verhältnis zu dem Vertragsvolumen seien auch diese als eine eigenständige Investition anzusehen. Da sie aber zumindest in einem engen Verhältnis zur behaupteten Investition standen, soll bereits diese Nähe im Sinne einer Gesamtbetrachtung ausreichend für die Jurisdiktion rationae materiae sein548.

543 United Kingdom-Arab Republic of Egypt Agreement for the Promotion and Protection of Investments v. 24. 02. 1976. 544 A. a. O. para 22. 545 A. a. O. para. 23 f. Joy machte rund A 3,75 Mio. Schadensersatz und den Gegenwert der Bürgschaften, wenn diese von Ägypten nicht freigegeben würden, geltend. 546 A. a. O. para. 26; obwohl das Schiedsgericht die Investitionseigenschaft im Beschluss verneinte, setzte es sich mit den weiteren Einreden Ägyptens zudem noch auseinander (para. 63 ff.). 547 A. a. O. para. 31 f. 548 A. a. O. para. 40.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

bb) Verneinung der Jurisdiktion durch das Schiedsgericht In seinem Schiedsspruch vom 06. 08. 2004 stellte das Schiedsgericht zunächst den Umfang seiner Prüfung fest. In dessen Mittelpunkt stand die Frage nach der Investitionseigenschaft von Bankgarantien zunächst unter dem Investitionsschutzabkommen und anschließend dem WBÜ. Das Schiedsgericht prüfte zunächst, ob es sich bei den von Joy gegebenen Garantien um einen geschützten Vermögenswert des Klägers im Sinne des Vertrages gehandelt hat. Wegen des vom Kläger nicht bestrittenen Charakters einer reinen Eventualverbindlichkeit der Garantien für diesen, lehnt es dies ab, „To conclude that a contingent liability is an asset under Article 1(a) of the Treaty and hence a protected investment, would really go far beyond the concept of investment, even if broadly defined, as this and other treaties normally do.“549

Mit derselben Begründung lehnt das Schiedsgericht eine Einordnung der Garantien in die übrigen Kategorien des sachlichen Geltungsbereiches des Investitionsschutzabkommens ab. In einem zweiten Schritt nahm das Schiedsgericht die Prüfung anhand des Investitionsbegriffs in Art. 25 WBÜ vor. Da es sich ansonsten um eine bedeutungslose Vorschrift handeln würde, betonte das Schiedsgericht eingangs dieser Prüfung die objektiven Voraussetzungen der Norm und des zugrunde liegenden Investitionskonzepts550. Wie bereits in Fedax v. Argentina benennt das Schiedsgericht Kriterien, anhand derer das Vorliegen einer Investition im Sinne des WBÜ zu prüfen ist. Bis zu welchem Grad jedes der fünf Kriterien der gewissen Dauer, der Regelmäßigkeit von Profit und Return, der Risikotragung, des substanziellen Einsatzes und des Beitrages zur wirtschaftlichen Entwicklung des Gastlandes der Investition von der Transaktion erfüllt wird, sei im Einzelfall zu prüfen. Dafür sei die Beurteilung sowohl der streitbefangenen Bankgarantien, um deren Qualifizierung es dem Schiedsgericht in erster Linie ging und zudem der gesamten zugrunde liegenden Transaktion geboten, „The requirement, that a given element of a complex operation should not be examined in isolation because what matters is to assess the operation globally or as a whole, is a perfectly reasonable one in the view of the Tribunal. Accordingly, it has undertaken an examination of the Contract as a whole in order to determine whether it could qualify as an investment under Article 25 of the Convention, [ . . . ].“551

Anhand der aufgestellten Kriterien stellte der zugrunde liegende Vertrag über die Lieferung, Montage und Wartung des Longwall Mining Systems für das Schiedsgericht nur einen gewöhnlichen Handelsvertrag dar, dessen Vertragsbestimmungen auch in Bezug auf die Bankgarantien „entirely normal commercial terms“ darstellten552. Es habe sich bei der Lieferung des Systems um ein übliches Ge549 550 551

A. a. O. para. 45. A. a. O. para. 50. A. a. O. para. 54.

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schäft für die Klägerin gehandelt, dessen inhärentes Risiko nicht über das übliche Geschäftsrisiko für solche Verträge hinausgegangen sei. Diese Handelsgeschäfte sind nach der Ansicht des Schiedsgerichts auch in dem Fall, dass es sich um komplexe Transaktionen handelt, von internationalen Investitionen zu trennen, da sonst jeder Kauf- oder Beschaffungsvertrag mit einer staatlichen Stelle als Investition zu qualifizieren sei. Bereits im Sinne einer stabilen Rechtsordnung seien Warenhandelsgeschäfte und Investitionen grundsätzlich getrennt und unterschiedlich zu behandeln, „The Tribunal is also mindful that if a distinction is not drawn between ordinary sales contracts, even if complex, and an investment, the result would be that any sales or procurement contract involving a State agency would qualify as an investment. International contracts are today a central feature of international trade and have stimulated far reaching developments in the governing law, among them the United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods and significant conceptual contributions. Yet, those contracts are not investment contracts, except in exceptional circumstances, and are to be kept separate and distinct for the sake of a stable legal order.“553

Unter Berufung auf vorangegangene Entscheidungen von ICSID-Schiedsgerichten erkannte auch das Schiedsgericht in Joy Mining v. Egypt die dort vorgenommene progressive, weite Auslegung des Investitionsbegriffs an. In diesen Verfahren habe aber immer eine spezielle Beziehung zum ICSID vorgelegen, entweder eine ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbarte Schiedsklausel oder eine unzweideutige Investition. Im Unterschied zu Salini v. Morocco, dem ein Investitionsvorhaben im Zusammenhang mit dem Bau einer Schnellstraße zugrunde lag, sei es hier zu keiner Risikoübernahme im Sinne des Art. 25 WBÜ durch Joy gekommen, da es aus den vorgenannten Gründen weder zu einer Regelmäßigkeit von Profit und Return noch zu einem Entwicklungsbeitrag gekommen sei. Das Schiedsgericht verneint daher die Investitionseigenschaft der zugrunde liegenden Transaktion und wies die Schiedsklage aus Gründen der fehlenden Zuständigkeit rationae materiae ab554. cc) Stellungnahme Der Schiedsspruch zur Jurisdiktion betrachtet erstmals eingehend die im Zusammenhang mit den Grenzen des Investitionsbegriffes im WBÜ oft nur schlagwortartig verwandte „ordinary commercial transaction“555, erfreulicherweise, ohne sich A. a. O. para. 55. A. a. O. para. 58. 554 A. a. O. para. 63, 99. Gegen diese verfahrensbeendigende Entscheidung hat sich die Klägerin mit einem Aufhebungsverfahren gewandt, welches bei Fertigstellung der Arbeit noch nicht abgeschlossen war. 555 Vgl. z. B. SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13), Beschluss v. 06. 08. 2003, para. 133 unter Bezugnahme auf Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 3), Beschluss v. 11. 07. 1997, para. 14. 552 553

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ein einziges Mal dieses Schlagwortes zu bedienen. Dass das Schiedsgericht die zur Prüfung anstehenden Bankgarantien und den diesen zugrunde liegenden Liefervertrag als ein solches gewöhnliches Handelsgeschäft ansah, hat es in dem Beschluss deutlich zum Ausdruck gebracht. Diese Verneinung seiner Jurisdiktion und Zuständigkeit ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen handelt es sich um die dritte Entscheidung dieser Art in nur zwei Jahren. Dabei um die erste veröffentlichte Ablehnung, in welcher ein Schiedsgericht in der unterbreiteten Transaktion ein gewöhnliches Handelsgeschäft erblickt. Das Schiedsgericht konnte sich daher auch nur auf die Ablehnung der Registrierung in Asien Express International PTE Ltd. v. Greater Colombo Economic Commission556 durch den Generalsekretär des ICSID berufen. Zum anderen trifft das Schiedsgericht klare Aussagen zugunsten der objektiven Bestimmtheit des Investitionsbegriffes des WBÜ, „The parties to a dispute cannot by contract or treaty define as investment, for the purpose of ICSID jurisdiction, something which does not satisfy the objective requirements of Article 25 of the Convention. Otherwise Article 25 and its reliance on the concept of investment, even if not specifically defined, would be turned into a meaningless provision,“557

und zum Selbstverständnis des ICSID in seiner Abgrenzung zur kommerziellen internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit, „Otherwise, what difference would there be with the many State Contracts that are submitted every day to international arbitration in connection with contractual performance, at such bodies as the International Chamber of Commerce and the London Court of International Arbitration?“558

Im Rahmen der Begründung setzt sich das Schiedsgericht mit ICSID-Schiedsverfahren auseinander, in denen die Schiedsgerichte die Investitionseigenschaft vergleichbarer Transaktionen bejaht haben. In Fedax v. Venezuela sprach die Finanzierungsfunktion der Eigenwechsel für den Staatshaushalt und die Gesamtbetrachtung mit dem zugrunde liegenden Dienstleistungsvertrag, den die Eigenwechsel vorfinanzierten, für eine Investition. Nicht vollständig kann nach der hier vertretenen Meinung der Beurteilung des Tiefbauvertrages in Salini v. Morocco gefolgt werden. Diesen hält das Schiedsgericht unter dem Gesichtspunkt der offensichtlicheren Risikotragung des Investors in diesem Verfahren in Übereinstimmung mit der ergangenen Entscheidung für eine Investition559. Für zutreffender wird die Einordnung solcher Transaktionen als zwischen gewöhnlichen Handelsgeschäften und Investitionen angesiedelt angesehen. Große Zustimmung verdient die Tatsache, dass das Schiedsgericht auch nicht im Wege einer Gesamtbetrachtung der Transaktion oder durch das Abstellen auf eine entwicklungspolitische Dimension der Gesamttransaktion zu einer anderen Beur556 557 558 559

Mitgeteilt in ICSID Annual Report 1985, 6. Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 06. 08. 2004, para. 50. A. a. O. para. 58. A. a. O. para. 60 ff.

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teilung der Investitionseigenschaft des Handelsgeschäftes der Parteien und der damit zusammenhängenden Finanzierung gelangt ist560. Da er einfache Handelsgeschäfte für entwicklungspolitisch gleichbedeutend mit ausländischen privaten Investitionen hält, kommt Spofford aus entwicklungspolitischen Erwägungen zu dem Schluss, dass auch diese unter den Investitionsbegriff des WBÜ zu subsumieren seien561. Die Möglichkeiten der erweiternden Auslegung des Art. 25 WBÜ stößt bei internationalen Handelsgeschäften aber an eine Grenze. Die Bezugnahme auf solche Streitigkeiten, die aus Investitionen hervorgehen, im Titel des Abkommens („Convention on the settlement of investment disputes between States and Nationals of other States“) in der Präambel („the role of private international investment“) und in Art. 25 Abs. 1 WBÜ selbst („legal dispute arising directly out of an investment,“) schließt wegen eines, in Bezug auf die Subsumption von Handelsgeschäften, klaren Wortlauts eine teleologische Erweiterung des Anwendungsbereiches aus. Das Schiedsgericht in Banro American v. Congo hat dazu ausgeführt, „The Tribunal is certainly aware of the general principle of interpretation whereby a text ought to be interpreted in the manner that gives it effect – ut magis valeat quam pereat. However, this principle of interpretation should not lead to confer, a posteriori, to a provision deprived of its object and purpose a result that goes against its clear and explicit terms.“ 562

Dabei kann es keine Rolle spielen, dass die Belebung des Welthandels ebenso wie internationale Investitionen geeignet sein kann, einem Entwicklungszweck im Sinne des WBÜ zu dienen. Im Sinne kurzfristiger Austauschgeschäfte ist der Welthandel das begriffliche Gegenstück zur grundsätzlich langfristig angelegten Auslandsinvestition. Da dieses Begriffspaar auch bereits zum Zeitpunkt der Entstehung des WBÜ bestanden hat, ist die Erweiterung des Investitionsbegriffs ebenfalls nicht im Zuge einer dynamischen Auslegung zu erreichen.

4. Nonprofit Transaktionen als Investitionen im Sinne des WBÜ Den bisher untersuchten internationalen Transaktionen war das Merkmal der Profitorientiertheit gemeinsam. Die Aussicht auf die Erschließung neuer Absatzmärkte, die Steigerung der Produktivität oder die Aussicht auf eine höhere Verzinsung des eingesetzten Kapitals waren die Anreize für ein Engagement im Ausland. Bei den Gaststaaten dieser Transaktionen sorgten diese in der Regel für positive A. a. O. para. 54, 57. Spofford, RdC 1964, 120, 164, „They [the transactions before the center] could include any of the international economic transactions which are common today: i.e., contracts for goods.“ Vgl. auch Moore, StanLR 1966, 1359, 1362, jedoch leicht eingeschränkt auf, „sales contracts with long-term credit provisions“. 562 Banro American v. Congo (Arb / 98 / 7), Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 01. 09. 2000, para. 6, in welchem die Jurisdiktion aus Gründen rationae personae verneint wird. 560 561

19*

292

F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

Effekte auf die wirtschaftliche Entwicklung. Innerhalb dieser Gruppe der sich entwickelnder Staaten, klassifiziert die UNCTAD 50 Staaten als am wenigsten entwickelte Staaten563. In diesen und in Staaten, die von unvermittelten humanitären Katastrophen betroffen sind, steht die akute Grundsicherung der Bevölkerung dieser Staaten regelmäßig vor einer nachhaltigen Entwicklung der Wirtschaft. Diese humanitäre Hilfe wird zu einem überwiegenden Teil von Non Governmental Organisations (NGOs) geleistet, welche die Logistik für die Transferierung von staatlichen und privaten Spendengeldern in den Not leidenden Staaten beherrschen564. Weltweit werden jährlich mehrere Mrd. A für humanitäre Soforthilfe oder Entwicklungshilfeprojekte zur Verfügung gestellt565. Als großes Hindernis bei dieser Art der Entwicklungs- und Hungerhilfe stellen sich für die beteiligten NGOs regelmäßig schikanöse staatliche Maßnahmen der LDCs und insbesondere die ausgeprägte Korruption in diesen Staaten dar. MacKenzie sieht das ICSID daher als geeignete Schiedsinstanz zwischen den privaten Organisationen und den betroffenen Staaten an566. Bedingt durch die hohen Kosten, die für den Transport in die Staaten, den Weitertransport, Bewachung und Verteilung von den NGOs aufzuwenden seien, unterfalle deren Arbeit dem weiten Investitionsbegriff des WBÜ567. Insbesondere vor dem Hintergrund der zu internationalen New Forms of Investment-Transaktionen ergangenen ICSID-Schiedssprüche sieht MacKenzie das Profiterfordernis für den Investitionsbegriff des WBÜ als nicht mehr gegeben an568. Für die Qualifizierung dieser humanitären Transaktionen ist zunächst in zweierlei Hinsicht zu unterscheiden: zunächst nach der Qualität des staatlichen Handelns. Handelt es sich um das korrupte Handeln einzelner (auch sehr vieler einzelner) Staatsdiener oder um hoheitliche Maßnahmen. Für die Ahndung strafrechtlich relevanten Handelns scheidet das ICSID bereits aus strukturellen Gründen als geeignete Instanz aus569. Für den Fall beeinträchtigender staatlicher 563

UNCTAD, World Investment Report 2004, 39, sog. „LDCs“, „Less Developed Coun-

tries“. 564 Auch die Weltbank erkennt diese wichtige Rolle der NGOs für die wirtschaftliche Entwicklung von Entwicklungsländern an. Vgl. Lernea, World Bank, Non Governmantal Organizations and Local Development, World Bank Discussion Paper 40. 565 Die Höhe des weltweiten Spendenaufkommens und der Einsatz der Spenden ist schwer abgrenzbar und die Höhe daher nur vage zu bestimmen. 566 MacKenzie, SJIL&Com 1993, 197, 199; eine weitere Diskussion hat in der Literatur über die Einbeziehung von Nonprofit Transaktionen in das WBÜ bisher nicht stattgefunden. Schreuer erwähnt diese Möglichkeit in seinem Kommentar lediglich knapp in einer Fußnote, Commentary, para. 119. 567 A. a. O. 223, „There can be no doubt, therefore, that the international agency invests directly in the people, infrastrcture, and future of the host state by expending substantial amounts of capital on both short-term and long-term projects.“ 568 A. a. O. 225. 569 s. o. C.II., C.VI.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

293

Maßnahmen ist weiter zu differenzieren: Zum einen in humanitäre Aktionen in Fällen akuter oder latenter Krisensituationen sowie zum anderen in langfristige Projekte als Hilfe zur Selbsthilfe, welche über die Grundsicherung des einzelnen auch die wirtschaftliche Entwicklung des Staates fördern. Erstere dürften dem Investitionsbegriff des WBÜ nicht unterfallen, da entgegen MacKenzie die Schiedsgerichte auch bei der Beurteilung von NFI-Transaktionen regelmäßig die Anforderung einer Renditeorientierung an diese angelegt haben. Obwohl als regelmäßig lebensrettende und rein altruistische Maßnahmen moralisch ungleich höher stehend als renditeorientierte Investitionen, sind sie mit dem Investitionsbegriff des WBÜ daher nicht zu erfassen. Langfristige Projekte ausländischer NGOs, die eine signifikante Größe erreichen und nach einer (in der Regel längeren) Aufbauphase einen Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung des Gaststaates leisten, sind möglicherweise anders zu beurteilen. Da aber auch hier der zeitliche Horizont für die tatsächliche Erwirtschaftung einer Rendite so lang sein dürfte, dass auch hier der Gedanke der Entwicklungshilfe im Vordergrund steht, unterfallen auch solche Transaktionen grundsätzlich nicht dem Investitionsbegriff des WBÜ. Es ist aber durchaus denkbar, diese unter den weiteren Begriff der Additional Facility zu subsumieren.

5. Der Investitionsbegriff der ICSID Additional Facility Die 1978 vom Verwaltungsrat des ICSID eingeführte Additional Facility ermöglicht die Durchführung von Schieds-, Schlichtungs- und Untersuchungsverfahren in speziellen, außerhalb der Jurisdiktion des ICSID gelegenen Fällen570. Bereits im konstitutiven Zustimmungserfordernis des ICSID-Generalsekretärs zur Einleitung eines Verfahrens unter der Additional Facility571 zeigt sich allerdings, dass diese weder als Alternative zur regulären ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit, noch als leicht zu erreichende Alternative zu den bestehenden Einrichtungen der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit, wie zum Beispiel der Schiedsgerichtsbarkeit der ICC, konzipiert sein soll572. Die bei der Bestimmung der äußeren Umgrenzung des Investitionsbegriffs des Art. 25 WBÜ viel zitierte ordinary commercial transaction wird in Art. 4 Abs. 3 AR Rules zum negativen Tatbestandmerkmal, dessen Nichtvorliegen Voraussetzung der Verfahrenseröffnung durch den Generalsekretär ist. Dadurch sollte die Entwicklung des ICSID hin zur internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit nach der Einführung der Additional Facility verhindert werden573. Der Generalsekretär des ICSID ist daher gehalten, die Registrierung unter der Additional Facility zu verweigern, wenn die Parteien den Streitgegenstand auch den 570 571 572 573

s. o. C.V.2. Art. 4 I AF Rules. Parra / Shihata, ICSID Rev. 1999, 299, 344 f. Vgl. de Cossio, JIA 2002, 227, 233.

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F. Investitionsbegriff als zentrale Voraussetzung der Jurisdiktion des ICSID

regulären ICSID-Schiedsgerichten unterbreiten könnten oder ein gewöhnliches Handelsgeschäft vorliegt. Anders als das Untersuchungsverfahren unter der Additional Facility, für welches keine Voraussetzungen rationae materiae zu beachten sind, gelten für Schieds- und Schlichtungsverfahren unter der Additional Facility spezielle Tatbestandsvoraussetzungen, welche vom ICSID wie folgt umschrieben werden: „Economic transactions which (a) may or may not, depending on their terms, be regarded by the parties as investments for the purposes of the Convention, which (b) involve longterm relationships or the commitment of substantial resources on the part of either party, and which (c) are of special importance to the economy of the State party can be clearly distinguished from ordinary commercial transactions [ . . . ].“574

Diese Umschreibung ist in mehrerlei Hinsicht interessant: Zunächst soll es unerheblich sein, ob die Parteien von einer Investition im Sinne des WBÜ ausgegangen sind. Die langfristige Beziehung der Parteien steht alternativ neben dem signifikanten Einsatz von Ressourcen, welcher zudem noch entweder von dem privaten Investor oder dem Gaststaat der Investition geleistet worden sein kann. Diese langfristige Beziehung oder der Ressourceneinsatz muss zudem von besonderer Bedeutung für die Wirtschaft des Gaststaates sein575. Diese Merkmale lassen Transaktionen zu, die außerhalb des Investitionsbegriffes des WBÜ liegen und auch nicht im Kontext der Gesamtbetrachtung mit einer solchen stehen. Anders als noch von Schreuer angenommen576, zeigt die jüngste Entwicklung der Schiedsverfahren, dass nicht nur das Fehlen der Tatbestandsvoraussetzungen rationae personae zu Verfahren unter der Additional Facility führt, sondern dass die Qualifizierung von Transaktionen als Investition regelmäßig im Streit steht und daher geeignet ist, einen weiteren Anwendungsbereich für die Additional Facility zu schaffen. Bislang sind sämtliche abgeschlossenen Additional Facility Verfahren allerdings noch aus Gründen der mangelnden Mitgliedschaft einer der beiden Seiten zum WBÜ unterbreitet worden. Die Diskussion des speziellen Investitionsbegriffes, der Additional Facility, war bisher nicht Gegenstand der veröffentlichten Entscheidungen. Dass der Verwaltungsrat des ICSID in seinen Erläuterungen zu Art. 4 AR selbst „major civil works contracts“ als ein Beispiel für eine typischerweise der Additional Facility zu unterbreitende Transaktion anführt, zeigt zum einen den von Golsong gerügten Mangel an Klarheit des Investitionsbegriffes der Additional Facility577. Zum anderen zeigt es deutlich die Ausweitung der ICSID-Jurisdiktion ratio574 Erläuterungen des Verwaltungsrates des ICSID zu den AR, Doc. ICSID / II / Rev.1, 5 f. zitiert nach ICSID-Rep I, 220, (iii) zu Art. 4 (eigene Hervorhebung). 575 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, para. 113. 576 Vgl. Schreuer, Commentary, Art. 25, para. 94, 115, der davon ausgeht, dass „ICSID practice does not show difficulties with regard to the classification of disputes as arising out of an investment.“ 577 Vgl. Golsong, in: FS Riphagen, 35, 45. Golsong übt diese Kritik als ehemaliger Generalsekretär des ICSID.

IV. Merkmale des Investitionsbegriffs im WBÜ

295

nae materiae durch die Schiedsgerichte nach Entscheidungen wie Salini v. Morocco, hinein in das ursprünglich der Additional Facility zugedachte Feld zwischen einer internationalen Investition und gewöhnlichen internationalen Handelsgeschäften. In diesem Feld könnte die Additional Facility ihrem ursprünglich vom Verwaltungsrat intendierten Ziel dienen, als Auffanglösung für an den Jurisdiktionserfordernissen des WBÜ gescheiterten Verfahren zu fungieren578. Zu denken wäre hier unter anderem an Transaktionen, welche signifikant dem entwicklungspolitischen Konzept des WBÜ entsprechen, ohne als Investition unter demselben zu qualifizieren zu sein oder bei Portfolio-Investitionen. Den äußeren Rand zu unterbreitender Transaktionen würden für die Additional Facility Schiedsgerichte tatsächlich „ordinary commercial transactions“ bilden, während dies für die Jurisdiktion rationae materiae der ICSID-Schiedsgerichte unzutreffenderweise regelmäßig angenommen wird579.

578 Vgl. Erläuterungen des Verwaltungsrates des ICSID zu den AR, Doc. ICSID / II / Rev.1, 5 f. zitiert nach ICSID-Rep I, 220, (iv) zu Art. 4. 579 Z. B. SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13), Beschluss v. 06. 08. 2003, para. 133, s. o. F.IV.3.d).

G. Ergebnis I. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Das auf dem Weltbankübereinkommen basierende International Center for the Settlement of Investment Disputes bietet privaten ausländischen Investoren die Möglichkeit der Beilegung von Investitionsstreitigkeiten mit dem Gaststaat ihrer Auslandsinvestition ohne die Einschaltung ihres Heimatstaates durch die Anrufung eines ICSID-Schiedsgerichts. Der zentrale Begriff der Investition ist im WBÜ nicht definiert und seither umstritten. Die Beantwortung der Frage nach dem Umfang des Investitionsbegriffes des WBÜ ist der Schlüssel zur Feststellung der Weite der Zuständigkeit rationae materiae eines ICSID-Schiedsgerichts. Auch allgemein ist eine einheitliche normative Kategorie der Investition bislang weder auf nationaler noch internationaler Ebene auszumachen. Die Anknüpfung an einen einheitlichen Begriff ist daher nicht möglich, sondern allenfalls an eine Sammlung divergierender Konzepte. Der spezifisch wirtschaftswissenschaftliche Begriffsgebrauch steht dabei auch im Mittelpunkt juristischer Erörterungen. Bei den grenzüberschreitenden Investitionen verhält es sich nicht anders. Auch hier kann nicht auf allgemein anerkannte Begrifflichkeiten zurückgegriffen werden. Bei den Kapitalinvestitionen werden ausländische Direktinvestitionen von Portfolio-Investitionen anhand der unternehmerischen Tätigkeit im Ausland, der „Management Dimension“, unterschieden. Diese wird regelmäßig ab einer Beteiligungshöhe von über 10% am Kapital einer Gesellschaft angenommen. Vertragliche Gestaltungen, wie Managementverträge, werden unter der Voraussetzung des nichtmonetären Ressourcentransfers als sog. New Forms of Investment behandelt. Der Eigentumsschutz allein auf der Grundlage des Völkergewohnheitsrechts stellt für kapitalimportierende Staaten und ihre privaten Investoren eine nur unzureichende Absicherung von Auslandsinvestitionen dar, die erst durch den Abschluss individueller Verträge konkretisiert wird. Materielle Schutzrechte werden in State Contracts individuell zwischen dem Gaststaat und dem Investor vereinbart oder in völkerrechtlichen Instrumenten, wie bilateralen Investitionsschutzabkommen und multilateralen Abkommen, etwa dem NAFTA, MERCOSUR oder dem ECT, zwischen den Staaten festgeschrieben. Ein umfassender multilateraler Investitionsschutz ist mit Scheitern der Verhandlungen zum MAI in 1998 nicht in Sicht. Für die Durchsetzung seiner völker- oder einzelvertraglichen bzw. auf Völkergewohnheitsrecht basierenden materiellen Rechtspositionen benötigt der ausländische Investor gegenüber dem Gastland ein Forum. Recht ohne Möglichkeit der Geltendmachung ist wertlos. Für die Durchsetzung von Ansprüchen bei Investiti-

I. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

297

onsstreitigkeiten kommen die staatlichen Gerichte normalerweise kaum in Betracht, da die staatlichen Gerichte des Heimatstaates des ausländischen Investors für den Investitionsstaat und die staatlichen Gerichte des Investitionsstaates für den ausländischen Investor, unter Berufung auf Bedenken hinsichtlich ausreichender Neutralität, nicht akzeptabel sind. Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit schließt diese Lücke. Mit Inkrafttreten des WBÜ und Gründung des ICSID im Jahr 1965 ist es erstmals gelungen, privaten Investoren und kapitalimportierenden Staaten eine Schieds- und Vergleichsinstanz zur Verfügung zu stellen, vor deren Vergleichskommissionen und Schiedsgerichten beide Parteien in gleichberechtigter Weise parteifähig sind. Völkerrechtlich ist dies ein Durchbruch in der Depolitisierung von Investitionsstreitigkeiten, zu deren Beilegung sich vor Inkrafttreten des WBÜ die private Partei grundsätzlich der Mithilfe ihres Heimatstaates sichern musste. Diese Möglichkeit stellt zudem einen weiteren Schritt in der Entwicklung hin zur Anerkennung privater (Rechts-)Personen als Subjekte völkerrechtlicher Rechte und Pflichten dar. Das WBÜ leistet seinen Beitrag zur Verbesserung des Schutzes privater Investitionsströme ausschließlich von der, Kompromissen eher offen stehenden, verfahrensrechtlichen Seite. Auf die Setzung materieller Standards ist zugunsten der Akzeptanz des WBÜ auch durch die kapitalimportierenden Staaten bewusst verzichtet worden. Nach dem Sinn und Zweck des WBÜ soll diese Beschränkung auf einen verfahrensrechtlichen Rahmen der Schaffung eines ausgewogenen Mechanismus dienen, der sowohl den Interessen privater Investoren, wie auch der Gaststaaten dient. So konnte eine sehr weit gehende Unterwerfung einer sehr großen Zahl von Signatarstaaten erreicht werden, die sich verpflichtet haben, ICSIDSchiedssprüche ohne die sonst in der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit mögliche Überprüfung als bindend anzuerkennen und zu vollstrecken. Der einzige Punkt, an dem der Grundsatz der konsequenten Gleichbehandlung der Streitparteien zum Nachteil des Investors nicht verwirklicht werden konnte, ist die Vollstreckungsimmunität der Staaten. Aufgrund der Vielzahl der Möglichkeiten, auch einen Staat zur Erfüllung von Schiedssprüchen anzuhalten, wird diesem Vorrecht der Staaten jedoch heute keine besondere Bedeutung mehr beigemessen. Neben dem Investitionsbegriff ist der Begriff der Rechtsstreitigkeit im WBÜ ebenfalls nicht definiert. Theoretische Rechtsfragen oder rein hypothetische Sachverhalte ohne praktischen Bezug unterfallen diesem nicht. Fragen der generellen Wirtschaftspolitik eines Landes liegen ebenso außerhalb der Jurisdiktion wie Streitigkeiten über generelle Gebote des nationalen Rechts. Die Jurisdiktion des ICSID ist zudem auf Streitigkeiten zwischen einem privaten ausländischen Investor und einer staatlichen Partei beschränkt. Verfahrensrechtlich ergeben sich für die Jurisdiktion rationae personae vergleichbare Fragestellungen in Bezug auf die zulässige Person des Investors, wie rationae materiae in Bezug

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G. Ergebnis

auf dessen zulässige Investition im Sinne des WBÜ, da der Investor und seine Investition das dynamische und das statische Element des Investitionsvorganges bilden. Neben dem Investitionsbegriff ist die Einigung der Parteien das zentrale Element der Jurisdiktion des WBÜ. Während die erste Stufe dieses zweistufigen Systems unverändert im Beitritt der Staaten zum WBÜ besteht, hat sich die zweite Stufe der Einigung zwischen den Parteien von der direkten Einigung in einer individuellen Schiedsklausel hin zur sog. Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis entwickelt. Auf der Grundlage eines dichter werdenden Netzes bilateraler Investitionsschutzverträge, multilateraler Investitionsschutzabkommen und nationaler Investitionsschutzgesetze mit entsprechenden Verweisungen auf die internationale Schiedsgerichtsbarkeit vermag der Investor Rückgriff auf das ICSID zu nehmen, obwohl zwischen ihm und dem Gaststaat weder ein State Contract noch irgendeine vertragliche Bindung besteht. Bilaterale Investitionsschutzverträge unterscheiden nur noch sehr unscharf zwischen „Investition“ und „Vermögenswert“. In der überwiegenden Mehrzahl der modernen Investitionsschutzverträge sind die Grenzen des Schutzes ausländischer Direktinvestitionen zugunsten eines allgemeinen Investitionsschutzes (unter Einschluss von Portfolio-Investitionen) bzw. Vermögensschutzes ausgeweitet worden. In der überwiegenden Mehrheit erfolgt die Einigung der Parteien auf ein ICSIDSchiedsverfahren damit auf der Grundlage von Instrumenten, deren Anwendungsbereich in der Regel erheblich weiter ist als der des WBÜ. Die Bestimmbarkeit der Investitionseigenschaft einer Transaktion ist den Parteien zugunsten der objektiven Bestimmtheit des Begriffes im WBÜ entzogen. Auch die grundsätzlich freiwillige Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit des ICSID und die Möglichkeit der Einschränkung gem. Art. 25 Abs. 4 WBÜ lassen einen anderen Schluss nicht zu. Das WBÜ sollte eine als Lücke im internationalen Investitionsschutz erkannte Benachteiligung ausländischer Investoren schließen, nicht aber für einen lückenlosen Investitionsschutz durch ein internationales Schiedsgericht sorgen. In Ausübung ihrer Kompetenz-Kompetenz entscheiden die Schiedsgerichte für die Parteien bindend über die Auslegung des Investitionsbegriffs im Einzelfall. Die Befugnis der Parteien zur Wahl der Rechtsordnung, gem. Art. 42 Abs. 1 S. 1 WBÜ, ist hingegen auf das anzuwendende materielle Recht begrenzt. In Ausübung dieser Kompetenz haben sich die ICSID-Schiedsgerichte regelmäßig für das Vorliegen objektiver, dem WBÜ immanenter, Grenzen der Einigungsfreiheit der Parteien ausgesprochen. Mehr als ein Recht zur Überprüfung ist es die Verpflichtung der Schiedsgerichte, diese Grenzen ihrer Zuständigkeit aus eigener Kompetenz proprio motu zu überprüfen. Mit ihrem Beitritt zum WBÜ haben sich die Mitgliedsstaaten weitgehender Souveränitätsrechte begeben: Neben dem Verzicht auf diplomatische Intervention zugunsten des privaten Investors sind Schiedssprüche nicht nur für die streitenden Parteien bindend, sondern gelten unmittelbar und ohne die Mög-

I. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

299

lichkeit der Überprüfung durch die nationale Gerichtsbarkeit inter alias gegenüber allen Vertragsstaaten. Die Einigung der Parteien und das Screening des ICSID-Generalsekretärs haben für die Jurisdiktionsentscheidung der Schiedsgerichte eine ausschließlich indizielle Wirkung. Dem Schiedsgericht fällt im Rahmen einer zweistufigen Entscheidung – sog. two-fold test – die Prüfung des Investitionsbegriffes zu. In Rahmen dieses zweistufigen Tests ist es zum einen möglich, dass der vereinbarte Investitionsbegriff der Parteien enger ist als im WBÜ und Anforderungen an das Vorliegen einer Investition stellt, die über die des WBÜ hinausgehen. Erfüllt eine Transaktion diese Kriterien nicht, schließt bereits die fehlende Einigung die Jurisdiktion des ICSID aus. Zum anderen ist es ebenso möglich, dass der Anwendungsbereich des die Einigung der Parteien transportierenden Instruments weiter ist als das Konzept des WBÜ und das Schiedsgericht die Jurisdiktion in Fällen verneinen muss, die außerhalb der Schnittmenge dieses weiteren Anwendungsbereichs mit den Jurisdiktionsvoraussetzungen des WBÜ liegen. Neben einer Analyse des Vertragstextes und der diesen begleitenden Dokumente sowie der gut dokumentierten Entstehungsgeschichte des WBÜ sind es in erster Linie die veröffentlichten Entscheidungen der Schiedsgerichte, welche als Erkenntnisquellen geeignet sind, die durch die Weglassung einer Definition im WBÜ entstandene Unklarheit über den Umfang des Investitionsbegriffes zu beseitigen. Durch die rasante Entwicklung der Fallzahlen des ICSID seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts steht dort ein zunehmend umfangreiches Case Law zur Verfügung. In den Verhandlungen über das WBÜ nahm die Diskussion über den Investitionsbegriff eine zentrale Rolle ein. Den Travaux Préparatoires ist zu entnehmen, dass eine Umgrenzung des Begriffes von den beteiligten Staaten und Vertretern der Weltbank angestrebt wurde. Hinter dem Begriff steht ein spezielles Konzept der Investition, welches die unterschiedlichen und teilweise gegensätzlichen Interessen der Mitgliedstaaten und das entwicklungspolitische Ziel der Weltbank inkorporiert. Dieses Konzept entspricht eher einer sozialen als einer rechtlichen oder wirtschaftlichen Kategorie, da ihm auf der einen Seite zwar Transaktionen unterfallen sollen, welche allgemein der Finanzierung zugerechnet werden (langfristige Kredite), auf der anderen Seite aber gewisse Investitionsarten nicht unterfallen sollen. Ein Kompromiss zwischen den Vertretern eines offenen, auf umfassenden Vermögensschutz im Ausland bedachten Ansatzes mit den Befürwortern des geschlossenen, ausschließlich auf ausländische Direktinvestitionen und ihre ausgeprägtere entwicklungspolitische Komponente bezogenen Ansatzes konnte damals nicht gefunden werden. Dass es im Ergebnis weder zu einer Definition des Begriffs noch zu einer enumerativen Beschreibung schiedsfähiger Transaktionen mit Auslandsbezug kam, mag daher als Mangel des WBÜ gewertet werden. Um ein solches Abkommen, dessen Erfolg entscheidend von der Ratifizierung möglichst aller an der vernetzten

300

G. Ergebnis

Weltwirtschaft teilnehmenden Staaten abhängt, überhaupt zu ermöglichen, erscheint dieses Vorgehen jedoch gerechtfertigt. Durch eine Betonung der Einigung zwischen den Parteien wurde die Präzisierung des Investitionsbegriffes praktisch einem sich entwickelnden Case Law überlassen. Dem lag in den Verhandlungen zum WBÜ die Annahme zugrunde, dass sich die Parteien in 90 – 95% der Fälle direkt in einer Schiedsklausel in einem State Contract auf die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit einigen würden. Die sprunghafte Zunahme von bilateralen Investitionsschutzverträgen und multinationalen Abkommen und der damit einhergehenden Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis hat seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zu einer Umkehrung dieses Verhältnisses geführt. Da in den meisten dieser völkerrechtlichen Instrumente ein undifferenzierter, umfassender Investitionsschutz, dessen Umfang sich einem allgemeinen Vermögensschutz im Ausland nähert, vereinbart ist, ist der Investitionsbegriff im WBÜ davon unabhängig zu bestimmen. In über 30 veröffentlichten Beschlüssen und 6 Schiedssprüchen zur Jurisdiktion haben sich ICSID-Schiedsgerichte bisher zu Fragen ihrer Zuständigkeit geäußert. Auch die Schiedsgerichte haben von einer umfassenden Definition des Investitionsbegriffs bisher abgesehen und sich regelmäßig auf die im konkreten Einzelfall streitigen Aspekte des Investitionskonzepts des WBÜ beschränkt. Auch in der Literatur wird keine Notwendigkeit für eine abschließende Definition des Investitionsbegriffs des WBÜ gesehen, um die Kompatibilität des ICSID in einem sich ständig wandelnden weltweiten Umfeld zu gewährleisten. Eine Eingrenzung des Investitionsbegriffes, insbesondere in Abgrenzung zu den uferlosen Konzepten der internationalen und multinationalen Investitionsschutzinstrumente, lässt sich über die Betrachtung gängiger internationaler Transaktionen dennoch erreichen. Dafür ist zunächst in internationale Transaktionen zu unterteilen, welche den Begriffskern der Investition im Sinne des WBÜ bilden und solchen, die einem Begriffshof zuzuordnen sind, an dessen äußerem Rand seit 1978 die Zuständigkeit der ICSID Additional Facility beginnt. Regelmäßig haben sich ICSID-Schiedsgerichte bei der Prüfung der Investitionseigenschaft von Transaktionen, die sich nicht eindeutig dem Begriffskern zuordnen ließen, auf die Kriterien des substanziellen Einsatzes, der Regelmäßigkeit von Profit und Return, der Risikotragung, der gewissen Dauer und des Beitrages zur wirtschaftlichen Entwicklung des Gastlandes berufen. Dem Kern des Investitionsbegriffs zuzurechnen sind unstreitig ausländische Direktinvestitionen in der Form von Unternehmensbeteiligungen 1, welche dem ausländischen Investor einen strategischen Einfluss auf die Gesellschaft sichern. Um der von den Staaten im Laufe der Verhandlungen zum WBÜ geforderten Wesentlichkeit des Engagements zu entsprechen, ist von einer Beteiligungsuntergrenze 1 Die Diskussion der zentralen Fragestellungen ist im Abschnitt F. im Zusammenhang mit exemplarischen ICSID-Schiedsverfahren geführt worden. s.o. Lanco International Inc. v. Argentine Republic (Arb / 97 / 6), F.IV.2.b).

I. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

301

von 10% der stimmberechtigten Anteile auszugehen, wenn sich aus vertraglicher Vereinbarung keine weiteren Hinweise auf die Ausübung unternehmerischer Kontrolle finden. Eine mehrheitliche Kapitalbeteiligung ist nicht zu fordern. Im Falle der mehrheitlichen Beteiligung steht dem ausländischen Investor der Weg zum ICSID durch die von ihm kontrollierte Gesellschaft oder aus eigenem Recht als Mehrheitsgesellschafter zu. Im Falle von Minderheitsbeteiligungen durch Zwischengesellschaften behalten sich die Schiedsgerichte die Prüfung eines sog. Cut-off-Points vor, ab welchem eine nur noch lose Verbindung zum betroffenen Unternehmen ein direktes Klagerecht aus einer Investition in eine Minderheitsbeteiligung ausschließt. Nach der hier vertretenen Meinung ist der Schutz ausländischer Unternehmer nicht mit dem Schutz ausländischer Anleger gleichzusetzen. Portfolio-Investitionen2 unterfallen daher nicht dem Investitionsbegriff des WBÜ. Mit einer solchen Einbeziehung würde der Ursprung des internationalen Investitionsschutzes außer Acht gelassen. Rechtfertigung für völkerrechtliche Abkommen zum Investitionsschutz ist ein unternehmerisches Tätigwerden im Gastland, da diese Verträge ihren Ursprung im internationalen Fremdenrecht haben. Das völkerrechtliche Privileg eines direkten Vorgehens gegen das Gastland seiner Investition vor einem internationalen Schiedsgericht erhält der ausländische Investor, weil das Gastland an seinem wirtschaftlichen Erfolg entwicklungspolitisch partizipiert. Dieses entwicklungspolitische Konzept3 ist dem WBÜ eigen und macht seine Investitionsdefinition einzigartig. Es ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des WBÜ und hat Eingang in die Präambel des Übereinkommens gefunden. Gerade die langfristigere Verbindung transnationaler Investoren mit dem Gastland hat in der Regel positivere Auswirkungen auf dessen nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung als der bloße Einsatz volatilen Börsenkapitals, da transnationale Unternehmen über die Möglichkeit zum Transfer von Know-how und zudem über etablierte Absatzkanäle verfügen und damit eher in der Lage sind, für das Gastland dringend benötigte Deviseneinnahmen zu erzielen. Die Ausweitung des Kreises potenzieller Kläger vor ICSID-Schiedsgerichten auf Anleger von Portfolio-Investitionen würde die Balance kapitalexportierender- und importierender Staaten, die durch das WBÜ gefunden wurde, zuungunsten der kapitalimportierenden Gaststaaten einseitig verschieben. Die Herkunft des investierten Kapitals4 ist unerheblich, solange es sich um eine internationale Investition handelt, die Mittel somit nicht aus dem Gastland selbst stammen. Es zählt in erster Linie das ob der Vornahme internationaler Investitionen und nicht das wie, genauer das woher der Mittel. Daher spielt es bei den MitPhillipe Gruslin v. Malaysia (Arb / 99 / 3), s. o. F.IV.2.c). Cesklovenská Obchodní Banka, a.s. v. Slovak Republic (Arb / 97 / 4), s. o. F.IV.3.b). 4 Tradex Hellas S.A. v. Republic of Albania (Arb / 94 / 2) in Übereinstimmung mit der Abweichenden Meinung von Weill und in Abweichung zu der in Tokios Tokelés v. Ukraine (Arb / 02 / 18) vertretenen Position, s. o. F.IV.2.d). 2 3

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G. Ergebnis

teln, die ein privater Direktinvestor einsetzt, auch keine Rolle, ob es sich um private oder öffentliche Mittel handelt. Unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte beziehen die ICSID-Schiedsgerichte Transaktionen, die von ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Kategorie allgemein der Finanzierung zugeordnet werden, in das Konzept der Investition im Sinn des WBÜ mit ein. Für internationale Kredite5 bzw. Schuldverschreibungen6 gewinnt dabei das Merkmal der Dauer der Investitionsvornahme besonders an Bedeutung, da nur langfristige Finanzierungen von in der Regel über 3 Jahren den Investitionen gleichgestellt werden sollen. Die ICSID-Schiedsgerichte begleiten den Bedeutungswandel des Begriffes der internationalen Investition, indem sie im Wege seiner dynamischen Interpretation7 Gestaltungsformen, die zur Zeit der Entstehung des WBÜ noch nicht verbreitet waren, einbeziehen. Diese sog. New Forms of Investment ohne oder mit einer nur untergeordneten Kapitalbeteiligung können ebenfalls dem Investitionsbegriff des WBÜ unterfallen. Dies gilt insbesondere für internationale Managementverträge8, die eine bei Entstehung des WBÜ noch weitgehend unbeachtete Transaktionsform darstellen. Der Ort der Investitionsvornahme9 wird von den Schiedsgerichten für grundsätzlich unerheblich gehalten. Das WBÜ kennt eine territoriale Beschränkung der Investitionsvornahme auf das Staatsgebiet nicht. Die Anknüpfungspunkte des WBÜ sind die Exterritorialität des Investors und der Investition, sei es Kapital oder Dienstleistungen. Eine Einbeziehung großvolumiger internationaler Tiefbauverträge10 in den Investitionsbegriff des WBÜ ist abzulehnen. Die Aufweichung der Unterscheidung zwischen Preis und Profit birgt die Gefahr, jeden Vertragspartner eines Staates von ausländischer Nationalität per se als Investor und ihre Transaktionen als Investitionen im Sinne des WBÜ behandeln zu können. Nach der hier vertretenen Meinung können freistehende Verträge über Lieferung und Leistung, ohne das Hinzutreten weiterer Umstände, die den Verkäufer der Leistung enger an den staatlichen Ab-

Cesklovenská Obchodní Banka, A.S. v. Slovak Republic (Arb / 97 / 4), s. o. F.IV.3.b). Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 3), s. o. F.IV.3.a). 7 SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13) SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Republic of the Philippines (Arb / 02 / 6), s. o. F.IV.3.d). 8 SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13) SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Republic of the Philippines (Arb / 02 / 6), s. o. F.IV.3.d). 9 SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13) SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Republic of the Philippines (Arb / 02 / 6), s. o. F.IV.3.d). 10 Entgegen der in Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 4) vertretenen Meinung, s. o. F.IV.3.c). 5 6

II. Fazit

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nehmer und die zumindest mittelfristigen Risiken des Projektes binden, nicht als Investitionen im Sinne des WBÜ qualifiziert werden. Mangels einer zumindest mittelfristigen Renditeorientiertheit unterfallen internationale Nonprofit Transaktionen durch NGOs ebenfalls nicht dem Investitionsbegriff des WBÜ. Am Rande des Begriffshofes der Investition im Sinne des WBÜ liegen Projektvorbereitungskosten11 des Investors, ohne die spätere Durchführung des Investitionsprojekts. Ihre Einbeziehung im vorvertraglichen Stadium ist von den ICSIDSchiedsgerichten zu Recht abgelehnt worden. Eindeutig außerhalb des Begriffshofes der Investition liegen internationale Handelsgeschäfte12. Im Sinne kurzfristiger Austauschgeschäfte ist der Welthandel das begriffliche Gegenstück zur grundsätzlich langfristig angelegten Auslandsinvestition. Dieses Begriffspaar bestand bereits zum Zeitpunkt der Verhandlungen über das WBÜ und weit vorher. Eine Erweiterung des Investitionsbegriffs in diese Richtung ist daher auch nicht im Zuge einer dynamischen Auslegung zu erreichen. Während dies für die Jurisdiktion rationae materiae der ICSID-Schiedsgerichte unzutreffenderweise regelmäßig angenommen wird, bilden Handelsgeschäfte den äußeren Rand von Transaktionen, die der ICSID Additional Facility unterbreitet werden können. Die bei der Bestimmung der äußeren Umgrenzung des Investitionsbegriffs des WBÜ viel zitierte ordinary commercial transaction wird in Art. 4 AR Rules zum negativen Tatbestandmerkmal, dessen Nichtvorliegen Voraussetzung der Verfahrenseröffnung durch den Generalsekretär ist.

II. Fazit 40 Jahre nach seinem Inkrafttreten steht das ICSID an einer Gabelung. Eine liberale Auslegung des Investitionsbegriffes in aktuellen Jurisdiktionsentscheidungen einiger ICSID-Schiedsgerichte13 ist geeignet, das Zentrum auf den Weg zu einer umfassenden Schiedsinstanz für transnationale Transaktionen zu bringen. Auf der anderen Seite nimmt die Zahl abschließend an Fragen der Jurisdiktion gescheiterter Verfahren zu, da die Schiedsgerichte ihre Zuständigkeit rationae materiae auf einen objektiv beschränkten Investitionsbegriff begrenzt haben14. Das Weltbankübereinkommen ist in vielerlei Hinsicht weltweit einzigartig. Bereits seine Einordnung zwischen der privaten internationalen Handelsarbitrage und der rein völkerrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit entzieht sich der üblichen Klassi11 Mihaly International Corporation v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 00 / 2), s. o. F.IV.3.e). 12 Joy Mining Machinery Ltd. v. Arab Republic of Egypt (Arb / 03 / 11), s. o. F.IV.3.f). 13 Z. B. Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 4); Tokios Tokelés v. Ukraine (Arb / 02 / 18). 14 Z. B. Joy Mining Machinery Ltd. v. Arab Republic of Egypt (Arb / 03 / 11).

304

G. Ergebnis

fizierung. Weltweit einzigartig für ein vergleichbares Abkommen ist die stetig wachsende Zahl seiner derzeit 142 Signatarstaaten und der Umfang, in welchem sich diese den Schiedssprüchen der Schiedsgerichte des Zentrums unterworfen haben. Das ICSID ist die einzige internationale Schiedsgerichtsbarkeit, die jegliche Form nachträglicher, richterlicher Intervention grundsätzlich ausschließt, was zu der einzigartigen Verlässlichkeit der Schiedssprüche des Zentrums beiträgt. Dem Verständnis der Teilnehmer an den Verhandlungen zum WBÜ folgend, musste dieser Souveränitätsverzicht der staatlichen Seite durch eine Begrenzung des Zugangs für private Kläger wieder in eine Balance gebracht werden. In dieser schwierigen Balance zwischen den Interessen des Investors und dem Gaststaat seiner Investition liegt die Leistung der Schöpfer des WBÜ und die besondere Herausforderung für das ICSID und die unter seiner Verfahrensordnung tagenden Schiedsgerichte. Gestaltungsräume dieser Balance sind die zweistufige Einigung der Parteien auf ein Schiedsverfahren15 und die Jurisdiktionsvoraussetzungen des Art. 25 WBÜ, insbesondere der zentrale Begriff der Investition. Die zweite Stufe der Einigung hat sich in den vergangenen 40 Jahren grundlegend zugunsten der privaten Seite gewandelt. Durch die Verweisung auf das ICSID in einem Großteil der weltweit über 2.000 bilateralen Investitionsschutzverträge und in drei bedeutenden multilateralen Abkommen könnte das ICSID als universelle Schiedsinstanz für sämtliche daraus resultierende Streitigkeiten angesehen werden, ohne dass es einer weiteren Einigung im Einzelfall bedürfte. Folglich bleibt den Anwendern des WBÜ der Investitionsbegriff als der Gestaltungsraum, um die fragile Balance des WBÜ zu erhalten. Auf die Definition des Begriffs der Investition war ursprünglich nicht etwa verzichtet worden, weil man eine solche für nicht notwendig hielt, sondern weil eine Grundlinie der Verhandlungen über das WBÜ die Freiwilligkeit der Zuweisung zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit anstelle der nationalen Gerichtsbarkeit war. Nur weil das WBÜ keine verpflichtende Schiedsgerichtsbarkeit statuierte und nur im Falle einer solchen obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit der Umfang der Verpflichtung den beitretenden Staaten hätte präzise bekannt sein müssen, wurde eine solche definitorische Umgrenzung des Anwendungsbereichs überhaupt für entbehrlich gehalten16. Wenn auch wiederholt im Zusammenhang mit dem WBÜ eine solche weltweite Pflichtschiedsgerichtsbarkeit für Investitionsstreitigkeiten für wünschenswert erachtet worden ist, ist ein Wille der Signatarstaaten, mit dem ICSID eine solche zu schaffen, nicht erkennbar. Es ist daher nicht unbedenklich, wenn Sir Lauterpacht in seinem Vorwort zu Schreuers Standardwerk zum WBÜ aus einer Untersuchung von 29 jüngeren ICSID-Schiedsverfahren17 zitiert, 15 Broches, RdC 1972, 333, 348 spricht von einem „double voluntary character“ des WBÜ. 16 ICSID-Hist., Vol. II., 1, 83. 17 Vortrag von Brigitte Stern gehalten auf der International Law Association Conference, 2000.

II. Fazit

305

„[ . . . ] we are walking with giant steps towards a general system of compulsory arbitration against States for all matters relating to international investments at the initiative of the private actors of international economic relations.“18

Der Investitionsbegriff des WBÜ ist nach der hier vertretenen Meinung scharf von dem in Investitionsschutzabkommen intendierten internationalen Vermögensschutz abzugrenzen. Die Einbeziehung sämtlicher Transaktionen mit einem irgendwie gearteten positiven Effekt auf das Gastland unter dem Deckmantel einer Gesamtbetrachtung oder des entwicklungspolitischen Konzepts erscheint nicht geeignet, Investitionsstreitigkeiten auf die projektbezogene Idee der Investition im Sinn des WBÜ zu begrenzen. Ein Gleichlauf des für Unternehmerschutz und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung stehenden Investitionsbegriffes des WBÜ mit dem allgemeinen Vermögensschutz der Investitionsschutzabkommen, um durch diesen Gleichlauf der Begriffe Lücken im Schutz ausländischer Investoren im Sinne dieser Abkommen zu vermeiden, wäre eine nicht legitimierte Vertragserweiterung des WBÜ. Reinen Zweckmäßigkeits- und Gerechtigkeitserwägungen folgend, wäre eine solche erweiterte Anwendung möglicherweise zu begrüßen. Notwendig ist sie hingegen nicht. Entgegen vielfach geäußerten Befürchtungen wird kein Investor schutzlos gestellt, wenn der Weg zum ICSID aus Gründen der Jurisdiktion des Zentrums versperrt ist, da diese Instrumente in der Regel neben dem ICSID auf die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit verweisen. Daneben steht auch in Fällen mangelnder Jurisdiktion rationae materiae die ICSID Additional Facility zur Verfügung. Als Gegengewicht zur sog. Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis, welche die Einigung auf das ICSID dramatisch verändert hat, würde sich eine Präzisierung der Jurisdiktion rationae materiae, durch die Aufnahme objektiver Voraussetzungen des Investitionsbegriffes in das WBÜ, in der Form einer Änderung des Übereinkommens anbieten. Die Hürden für jede Art von Änderung am Vertragstext sind im Weltbankübereinkommen jedoch so hoch, dass es bis heute zu keiner Änderung gekommen ist und auch das ICSID-Sekretariat Änderungen für praktisch ausgeschlossen hält19. Diese müssen nach dem Vorschlag einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrates von jedem Vertragsstaat ratifiziert werden, um Geltung zu erlangen. Weitere Änderungen außerhalb des WBÜ, etwa in den Verfahrensordnungen, wären durch den Verwaltungsrat zwar möglich, empfehlen sich aber wohl nicht, um durch eine größere Unübersichtlichkeit nicht die Akzeptanz des ICSID bei den Staaten zu gefährden. Die für die Parteien und Schiedsgerichte verbindliche Definition des zentralen Begriffes der Investition außerhalb des WBÜ ließe sich systematisch auch kaum rechtfertigen. So wird es an der Spruchpraxis der ICSID-Schiedsgerichte liegen, dem Investitionsbegriff des WBÜ die Ausgewogenheit zu geben, die die Akzeptanz der Signatarstaaten auf dem augenblicklichen hohen Niveau erhält. 18 19

Vgl. Schreuer, Commentary, Vorwort xii. Vgl. ICSID-Secretariat, Discussion Paper v. 22. 10. 2004, 2.

20 Belling

Anhang I Ausgewertete Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte von 1974 bis 2005 Holiday Inns S.A. and others v. Morocco (Arb / 72 / 1) (zit.: Holiday Inns v. Morocco) Beschluss v. 12. 05. 1974, unveröffentlicht. Detailliert besprochen und auszugsweise veröffentlicht bei Lalive, BYIL 1980, 123; ICSID Rep. 1, 645 Beendigung: 1978, gem. AR 43 I Adriano Gardella S.p.A. v. Côte d’Ivoire (Arb / 74 / 1) (zit.: Adriano Gardella v. Côte d’Ivoire) Schiedsspruch v. 29. 08. 1977, ICSID Rep. 1, 283 (in Auszügen) Alcoa Minerals of Jamaica, Inc. v. Jamaica (Arb / 74 / 2) (zit.: Alcoa v. Jamaica) Beschluss v. 06. 07. 1975, YBCA 1979, 206; ICSID Rep. 1, 296 Beendigung: 1977, gem. AR 43 I Kaiser Bauxite Company v. Jamaica (ARB / 74 / 3) (zit.: Kaiser v. Jamaica) Beschluss v. 06. 07. 1975, ICSID Rep. 1, 296 Beendigung: 1977, gem. AR 44 AGIP S.p.A. v. Popular Republic of the Congo (Arb / 77 / 1) (zit.: AGIP v. Congo) Schiedsspruch v. 30. 11. 1979, ICSID Rep. 1, 306; 21 ILM 1982, 726. S.A.R.L. Benvenuti & Bonfant v. Popular Republic of the Congo (Arb / 77 / 2) (zit.: Benvenuti & Bonfant v. Congo) Schiedsspruch v. 15. 08. 1980, 21 ILM 1982, 740, 1478; ICSID Rep. 1, 330. Amco Asia Corporation and others v. Republic of Indonesia (Arb / 81 / 1) (zit.: Amco Asia v. Indonesia) Beschluss v. 25. 09. 1983, 23 ILM 1984, 351; ICSID Rep. 1, 389 Beschluss v. 09. 12. 1983, 24 ILM 1985, 365; ICSID Rep. 1, 410 Schiedsspruch v. 20. 11. 1984, 24 ILM 1985, 1022; ICSID Rep. 1, 413 Aufhebungsentscheidung v. 16. 05. 1986, 25 ILM 1986, 1439; ICSID Rep. 1, 509 Beschluss v. 10. 05. 1988, 27 ILM 1988, 1281; ICSID Rev 1988, 166; ICSID Rep. 1, 543 II. Schiedsspruch v. 05. 06. 1990, ICSID Rep. 1, 569 Richtiggestellte Entscheidung v. 17. 10. 1990, ICSID Rep. 1, 638. Beendigung: 1992, Zurückweisung des zweiten Aufhebungsantrages

Anhang I: Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte von 1974 bis 2005

307

Klöckner Industrie-Anlagen GmbH and others v. United Republic of Cameroon and Société Camerounaise des Engrais (Arb / 81 / 2) (zit.: Klöckner v. Cameroon) I. Schiedsspruch v. 21. 10. 1983, ICSID Rep. 2, 9 (in Auszügen) Abweichende Meinung v. 21. 10. 1983, ICSID Rep. 2, 77 I. Aufhebungsentscheidung v. 03. 05. 1985, ICSID Rev 1986, 89; ICSID Rep. 2, 95. Beendigung: 1990, Zurückweisung des zweiten Aufhebungsantrages Société Ouest Africaine des Bétons Industriels v. Senegal (Arb / 82 / 1) (zit.: SOABI v. Senegal) Beschluss v. 01. 08. 1984, ICSID Rep. 2, 164 Schiedsspruch v. 25. 02. 1988, ICSID Rev 1991, 125; ICSID Rep. 2, 190 Abweichende Meinung v. 25. 02. 1988, ICSID Rep. 2, 277 Liberian Eastern Timber Corporation v. Republic of Liberia (Arb / 83 / 2) (zit.: LETCO v. Liberia) Beschluss v. 24. 10. 1984,ICSID Rep. 2, 349 Schiedsspruch v. 31. 03. 1986, ICSID Rep. 2, 346, 26 ILM 1987, 647 Atlantic Triton Company Limited v. People’s Revolutionary Republic of Guinea (Arb / 84 / 1) (zit.: Atlantic Triton v. Guinea) Schiedsspruch v. 21. 04. 1986, ICSID Rep. 3, 13 Southern Pacific Properties (Middle East) Limited v. Arab Republic of Egypt (Arb / 84 / 3) (zit.: Southern Pacific Properties v. Egypt) Beschluss v. 27. 11. 1985, ICSID Rep. 3, 112 Beschluss v. 14. 04. 1988, ICSID Rep. 3, 131 Schiedsspruch v. 20. 05. 1992, 32 ILM 1993, 933, 1470; ICSID Rev 1993, 328; ICSID Rep. 3, 189 Abweichende Meinung v. 20. 05. 1992, ICSID Rep. 3, 189 Beendigung: 1993, gem. AR 43 I im Aufhebungsverfahren Maritime International Nominees Establishment v. Republic of Guinea (Arb / 84 / 4) (zit.: MINE v. Guinea) Schiedsspruch v. 06. 01. 1988, ICSID Rep. 4, 61 Aufhebungsentscheidung v. 22. 12. 1989, ICSID Rep. 4, 79 Beendigung: 1990, gem. AR 43 I vor zweitem Aufhebungsverfahren Mobile Oil Corporation and others v. New Zealand (Arb / 87 / 2) (zit.: Mobile Oil v. New Zealand) Beschluss v. 04. 05. 1989, ICSID Rep. 4, 140 Beendigung: 1990, gem. AR 43 I Asian Agricultural Products Limited v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 87 / 3) (zit.: AAPL v. Sri Lanka) Schiedsspruch v. 27. 06. 1990, 30 ILM 1991, 577; ICSID Rev 1991, 526; ICSID Rep. 4, 246 20*

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Anhang I: Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte von 1974 bis 2005

Vacuum Salt Products Ltd. v. Republic of Ghana (Arb / 92 / 1) (zit.: Vacuum Salt v. Ghana) Beschluss v. 14. 06. 1993, ICSID Rep. 4, 323 Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 16. 02. 1994, ICSID Rev 1994, 9; ICSID Rep. 4, 329 Scimitar Exploration Ltd. v. Bangladesh and Bangladesh Oil, Gas and Mineral Corporation (Arb / 92 / 2) (zit.: Scimitar Exploration v. Bangladesh) Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 04. 05. 1994, ICSID Rep. 5, 4 American Manufacturing & Trading, Inc. v. Republic of Zaire (Arb / 93 / 1) (zit.: American Manufacturing v. Zaire) Schiedsspruch v. 21. 02. 1997, 36 ILM 1997, 1531 Beendigung: 2000, gem. AR 44 im Wiederaufnahmeverfahren Tradex Hellas S.A. v. Republic of Albania (Arb / 94 / 2) (zit.: Tradex Hellas v. Albania) Beschluss v. 24. 12. 1996, ICSID Rev 1999, 162 Schiedsspruch v. 29. 04. 1999, ICSID Rev 1999, 197 Cable Television of Nevis, Ltd. and Cable Television of Nevis Holdings, Ltd. v. Federation of St. Kitts and Nevis (Arb / 95 / 2) (zit.: Cable TV v. St. Kitts and Nevis) Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 13. 01. 1997, ICSID Rev 1998, 328 Antoine Goetz and others v. Republic of Burundi (Arb / 95 / 3) (zit.: Antoine Goetz v. Burundi) Schiedsspruch gem. AR 43 II, v. 10. 02. 1999, ICSID Rep. 6, 5 Companía del Desarollo de Santa Elena, S.A. v. The Republic of Costa Rica (Arb / 96 / 1) (zit.: Companía del Desarollo v. Costa Rica) Schiedsspruch v. 17. 02. 2000, 39 ILM 2000, 1317; ICSID Rev 2000, 169 Fedax N.V. v. Republic of Venezuela (Arb / 96 / 3) (zit.: Fedax v. Venezuela) Beschluss v. 11. 07. 1997, 37 ILM 1998, 1378, ICSID Rep 5,186 Schiedsspruch v. 09. 03. 1998, 37 ILM 1998, 1391 Société d’Investigation de Recherche et d’Exploitation Minicˇ re v. Burkina Faso (Arb / 97 / 1) (zit.: Société d’Investigation v. Burkina Faso) Schiedsspruch v. 19. 01. 2000 in Auszügen Compañía de Aguas del Aconquija, S.A. & Compagnie Générale des Eaux v. Argentine Republic (ARB / 97 / 3) (zit.: Compañía de Aguas v. Argentina) Schiedsspruch v. 21. 11. 2000, ICSID Rev 2001, 641 p Aufhebungsentscheidung v. 03. 07. 2002, ICSID Rep. 6, 340 Verfahren in 2004 noch nicht beendet.

Anhang I: Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte von 1974 bis 2005

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Cesklovenská Obchodní Banka, a.s. v. Slovak Republic (Arb / 97 / 4) (zit.: CSOB v. Slovakia) Beschluss v. 24. 05. 1999, ICSID Rev 1999, 251 Beschluss v. 01. 12. 2000, Yearbook Commercial Arbitration 2001, 87 Beendigung: Schiedsspruch v. 29. 12. 2004 Lanco International Inc. v. Argentine Republic (Arb / 97 / 6) (zit.: Lanco v. Argentina) Beschluss v. 8. 12. 1998, 40 ILM 2001, 457 Beendigung: 2000, gem. AR 44 Emilio Agustín Maffezini v. Kingdom of Spain (Arb / 97 / 7) (zit.: Maffezini v. Spain) Beschluss v. 25. 01. 2000, ICSID Rep. 5, 396 p Schiedsspruch v. 13. 11. 2000, ICSID Rep. 5, 419 Victor Pey Casado and President Allende Foundation v. Republic of Chile (Arb / 98 / 2) (zit.: Victor Pey Casado v. Chile) Beschluss v. 25. 09. 2001 ICSID Rep. 6, 375 Verfahren in 2004 noch nicht beendet. Wena Hotels Ltd. v. Arab Republic of Egypt (Arb / 98 / 4) (zit.: Wena Hotels v. Egypt) Beschluss v. 25. 05. 1999, ILM 2002, 881 Schiedsspruch v. 08. 12. 2000, ILM 2002, 896, ICSID Rep. 6, 89 Beschluss v. 05. 02. 2002, ILM 2002, 933 Verfahren in 2004 noch nicht beendet. Eudoro A. Olguín v. Republic of Paraguay (Arb / 98 / 5) (zit.: Olguín v. Paraguay) Beschluss v. 08. 08. 2000, ICSID Rep. 6, 156 span. Schiedsspruch v. 26. 07. 2001, ICSID Rep. 6, 164 Banro American Recources, Inc and Société Aurifère du Kivu et du Maniema S.A.R.L. v. Democratic Republic of the Congo (Arb / 98 / 7) (zit.: Banro American v. Congo) Schiedsspruch zur Jurisdiktion und abweichende Meinung v. 01. 09. 2000, ICSID Rev 2003, 382 in Auszügen Tanzania Electric Supply Company Ltd. v. Independent Power Tanzania Ltd. (Arb / 98 / 8) (zit.: Tanzania Electric Supply v. Independent Power Tanzania) Schiedsspruch v. 12. 07. 2001 Alex Genin, Eastern Credit Limited Inc. and A.S. Baltoil v. The Republic of Estonia (Arb / 99 / 2) (zit.: Alex Genin v. Estonia) Schiedsspruch v. 25. 06. 2001 , ICSID Rev 2002, 493 Phillipe Gruslin v. Malaysia (Arb / 99 / 3) Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 27. 11. 2000, ICSID Rep. 5, 484

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Anhang I: Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte von 1974 bis 2005

Middle East Cement Shipping and Handling Co. S.A. v. Arab Republic of Egypt (Arb / 99 / 6) (zit.: Middle East Cement v. Egypt) Schiedsspruch v. 12. 04. 2002, ICSID Rev 2003, 602 Patrick Mitchell v. Democratic Republic of the Congo (Arb / 99 / 7) (zit.: Patrick Mitchell v. Congo) Beschluss v. 30. 11. 2004 über die Aufrechterhaltung des im Aufhebungsverfahren angefochtenen Schiedsspruchs v. 09. 02. 2004 Mihaly International Corporation v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka (Arb / 00 / 2) (zit.: Mihaly International v. Sri Lanka) Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 15. 03. 2002, 41ILM 2002, 867, ICSID Rep. 6, 310 Abweichende Meinung v. 15. 03. 2002, 41ILM 2002, 878 Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 4) (zit.: Salini v. Morocco) Beschluss v. 23. 07. 2001, ICSID Rep. 6, 400 Beendigung: 2004, gem. AR 43 I Autopista Concesionada de Venezuela, C.A. v. Bolivarian Republic of Venezuela (Arb / 00 / 5) (zit.: Autopista Concesionada v. Venezuela) Beschluss v. 27. 09. 2001, ICSID Rev 2001, 469, ICSID Rep. 6, 419 p Schiedsspruch v. 23. 09. 20031 Consortium R.F.C.C. v. Kingdom of Morocco (Arb / 00 / 6) (zit.: RFCC v. Morocco) Beschluss v. 16. 07. 2001 Schiedsspruch v. 22. 12. 2003 Verfahren noch nicht beendet. Generation Ukraine Inc. v. Ukraine (Arb / 00 / 9) Schiedsspruch v. 16. 09. 2003 Enron Corporation and Ponderosa Assets, L.P. v. Argentine Republic (Arb / 01 / 3) (zit.: Enron v. Argentina) Beschluss v. 14. 01. 2004 Verfahren noch nicht beendet. MTD Equity Sdn. Bhd. And MTD S.A. v. Chile (Arb / 01 / 7) (zit.: MTD v. Chile) Schiedsspruch v. 25. 05. 2004 Verfahren noch nicht beendet. CMS Gas Transmission Company v. Argentine Republic (Arb / 01 / 8) (zit.: CMS v. Argentina) Beschluss v. 17. 07. 2003, 42 ILM 2003, 788 Verfahren noch nicht beendet.

1 Dokumente ohne Quellenangabe sind bisher ausschließlich auf der Homepage der Weltbank (www.worldbank.org / icsid) und nicht oder noch nicht in der Literatur veröffentlicht worden.

Anhang I: Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte von 1974 bis 2005

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Azurix Corp. v. Argentine Republic (Arb / 01 / 12) (zit.: Azurix v. Argentina) Beschluss v. 08. 12. 2003, 43 ILM 2004, 262 Verfahren noch nicht beendet. SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 01 / 13) (zit.: SGS v. Pakistan) Beschluss v. 06. 08. 2003, 42 ILM 2003, 1290 Beendigung : 2004, gem. AR 43 I PSEG Global Inc.,The North American Coal Corporation and Konya Ilgin Elektrik Üretim ve Ticaret Limited Sirketi v. Republic of Turkey (Arb / 02 / 5) (zit.: PSEG Global v. Turkey) Beschluss v. 04. 06. 2004 Verfahren noch nicht beendet. SGS Société Générale de Surveillance S.A. v. Republic of the Philippines (Arb / 02 / 6) (zit.: SGS v. Philippines) Beschluss und abweichende Meinung v. 29. 01. 2004 Verfahren noch nicht beendet. Siemens AG v. Argentine Republic (Arb / 02 / 8) (zit.: Siemens v. Argentina) Beschluss v. 03. 08. 2004 Verfahren noch nicht beendet. Champion Trading Company and Ameritrade International, Inc. v. Arab Republic of Egypt (Arb / 02 / 9) (zit.: Champion Trading v. Egypt) Beschluss v. 21. 10. 2003 Verfahren noch nicht beendet. Salini Construttori S.p.A. and Italstrade S.p.A. v. The Hashemite Kingdom of Jordan (Arb / 02 / 13) (zit.: Salini Construtori v. Jordan) Beschluss v. 29. 11. 2004 Verfahren noch nicht beendet. Sempra Energy International v. Argentine Republic (Arb / 02 / 16) (zit.: Sempra Energy v. Argentina) Beschluss v. 11. 05. 2005 Verfahren noch nicht beendet. Tokios Tokelés v. Ukraine (Arb / 02 / 18) Beschluss und abweichende Meinung v. 29. 04. 2004 Verfahren noch nicht beendet. Camuzzi International S.A. v. Argentine Republic (Arb / 03 / 2) (zit.: Camuzzi v. Argentina) Beschluss v. 11. 05. 2005 Verfahren noch nicht beendet.

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Anhang I: Entscheidungen der ICSID-Schiedsgerichte von 1974 bis 2005

Impregilo S.p.A. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 03 / 3) (zit.: Impregilo v. Pakistan) Beschluss v. 22. 04. 2005 Verfahren noch nicht beendet. Lucchetti S.A. and Lucchetti Peru, S.A. v. Republic of Peru (Arb / 03 / 04) (zit.: Lucchetti v. Peru) Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 07. 02. 2005 Camuzzi International S.A. v. Argentine Republic (Arb / 03 / 7) (zit Canuzzi v. Argentina) Beschluss v. 10. 07. 2005 Verfahren noch nicht beendet. Consortium Groupement L.E.S.I. – DIPENTA v. Algeria (Arb / 03 / 8) (zit.: L.E.S.I. v. Algeria) Schiedsspruch v. 10. 01. 2005 Joy Mining Machinery Ltd. v. Arab Republic of Egypt (Arb / 03 / 11) (zit.: Joy Mining v. Egypt) Schiedsspruch zur Jurisdiktion v. 06. 08. 2004 Aufhebungsverfahren eingeleitet und in 2005 beendet, gem. AR 43 I. El Paso Energy International Company v. Argentine Republic (Arb / 03 / 17) (zit.: El Paso v. Argentina) Beschluss v. 27. 04. 2006 Verfahren noch nicht beendet. Plama Consortium Limited v. Republic of Bulgaria (Arb / 03 / 24) (zit.: Plama v. Bulgaria) Beschluss v. 08. 02. 2005 Verfahren noch nicht beendet. Bayindir Insaat Turizm Ticaret Ve Sanayi A.S. v. Islamic Republic of Pakistan (Arb / 03 / 29) (zit.: Bayindir v. Pakistan) Beschluss v. 14. 11. 2005 Verfahren noch nicht beendet.

Anhang II Ausgewertete Schiedssprüche unter der ICSID-Additional Facility Metalclad Corporation v. United Mexican States (Case No. ARB / AF / 97 / 1) (zit.: Metalclad v. Mexico) Schiedsspruch v. 30. 08. 2000, 40 ILM 2001, 36. Robert Azinian and others v. United Mexican States (Arb / AF / 97 / 2) (zit.: Azinian v. Mexico) Schiedsspruch v. 01. 11. 1999, 39 ILM 2000, 537; ICSID Rev 1999, 538. Joseph Charles Lemire v. Ukraine (ARB / AF / 98 / 1) (zit.: Lemire v. Ukraine) Schiedsspruch gem. AR 43 II v. 18. 09. 2000, ICSID Rev 2000, 530, ICSID Rep. 6, 60. Waste Management, Inc. v. United Mexican States (Arb / AF / 98 / 2) (zit.: Waste Management v. Mexico 1st Case) Schiedsspruch zur Jurisdiktion und Abweichende Meinung v. 02. 06. 2000, ICSID Rev 2000, 214; 40 ILM 2001, 56 The Loewen Group, Inc. and Raymond L. Loewen v. United States of America (Arb / AF / 98 / 3) (zit.: Loewen v. USA) Beschluss v. 05. 01. 2001 Schiedsspruch v. 26. 06. 2003, 42 ILM 2003, 811 Marvin Roy Feldman Karpa v. United Mexican States (Arb / AF / 99 / 1) (zit.: Feldman v. Mexico) Schiedsspruch und Abweichende Meinung v. 16. 12. 2002, 42 ILM 2003, 625 Entscheidung zu Korrektur und Interpretation des Schiedsspruchs v. 13. 06. 2003, ICSID Rev. 2003, 595 Mondev International Ltd. v. United States of America (Arb / AF / 99 / 2) (zit.: Mondev v. USA) Schiedsspruch v. 11. 10. 2002, 42 ILM 2003, 85; ICSID Rep. 6, 192 ADF Group Inc. v. United States of America (Arb / AF / 00 / 1) (zit.: ADF v. USA) Schiedsspruch v. 09. 01. 2003, ICSID Rep. 6, 470

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Anhang II: Schiedssprüche unter der ICSID-Additional Facility

Técnicas Medioambientales Tecmed S.A. v. United Mexican States (Arb / AF / 00 / 2) (zit.: Técnicas Medioambientales v. Mexico) Schiedsspruch v. 29. 05. 2003, 43 ILM 2004, 133 Waste Management, Inc. v. United Mexican States (Arb / AF / 00 / 3) (zit.: Waste Management v. Mexico 2nd Case) Beschluss v. 26. 06. 2002, 41 ILM 2002, 1315 Schiedsspruch v. 30. 04. 2004, 43 ILM 2004, 967

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Stichwortverzeichnis Abweichende Meinung 116, 132, 149, 282, Ad hoc-Schiedsgerichte 71, 76 Arbeitsentwurf zum WBÜ 187 Argentinien 22, 155, 168, 217, 232 Auslegung – dynamische Methode 185, 276, 298 – historische Methode 184 – systematische Methode 183 – teleologische Methode 183 – wörtliche Methode 182 Barcelona Traction-Entscheidung 130, 133 Beschluss 92, 114, 116, 134 Bestimmtheit, objektive 178, 195, 202, 290, 298 Bestimmung, subjektive 178, 195, 222 Beteiligungsuntergrenze 236, 300 Bilateraler Investitionsschutzvertrag 63, 151, 175, 298 BOT-Projekte 51, 221, 276, 281, 285 Broches, Aaron 87, 101, 197, 210, 260 Compromis 71, 141, 207 Directors Report 107, 111, 119, 136, 152, 177, 187, 193, 196, 278 Direktinvestition 40, 46, 221, 255 Einigung der Parteien 19, 110, 137, 195, 298 – Zweistufigkeit 175, 304 Energy Charter Treaty 66, 170 Entstehungsgeschichte des WBÜ 78, 82, 118, 123, 188, 209, 249, 256, 302 Entwicklungspolitisches Konzept 108, 241, 264, 266, 301 Ergänzende Normen zum WBÜ, 84 Erster Entwurf zum WBÜ 190 Exklusivität 93 Fondsanteile 52, 236, 239 Forum prorogatum 113, 139

Freiwilligkeit der Einigung 197 Gaststaat 131, 167, 198, 210, 270, 294 GATT 20, 42 Gebietskörperschaft 124 Globalisierung 20, 29, 69 Globalität 20, 53 Gründungsvertrag 186 Handel mit Dienstleistungen 42, 46, 67, 274 Handelsgeschäfte 106, 203, 286, 294, 303 Herkunft investierten Kapitals 33, 244, 247, 301 ICC 74, 77, 115, 148 ICSID – Generalsekretär 112 – Organisation 89 – Organisationszweck 86, 106, 186 – Sekretariat 90 – Verwaltungsrat 89 ICSID Ad hoc-Komitee 21 ICSID-Addidional Facility 104, 124, 166, 203, 214, 293, 300, 303 ICSID-Institutional Rules 205 ICSID-Schiedsgerichte 90 – Autonomie der Entscheidung 115 – Besetzung 91 – Kosten 243 – Spruchpraxis (Case law) 23, 131, 135, 149, 175, 185, 211, 305 ICSID-Schiedsspruch – Anerkennung 102 – Erlass 99 – Überprüfung 100 – Vollstreckung 102 ICSID-Schlichtungsverfahren 103 ICSID-Vertragsstaaten 78, 89, 299, 305 IGH 55, 80, 103, 113, 130, 181 Investitionsbegriff – Begriffshof 300

Stichwortverzeichnis – Begriffskern 180, 264, 300 – Dauer 256 – Ort 279 – rechtlicher Begriff 39 – wirtschaftswissenschaftlicher Begriff 36 Investitionsgesetze, nationale 41, 54, 98, 141, 191 Investitionsschutz 53, 59, 200, 241, 298 Investor 123 – juristische Person 129 – natürliche Person 127 Invitatio ad offerendum 148 Jurisdiktion, Begriff 110 – rationae materiae 23, 93, 105, 116, 135, 176, 210, 297, 303, 305 – rationae personae 123 Kompetenz-Kompetenz 204 Kompromissorische Klausel 141, 146, 149 Konzessionen 21, 62, 257, 271 Kredite 29, 49, 168, 194, 253, 255, 258, 299, 302

331

Projektvorbereitungskosten 280, 284 Risikotragung des Investors 279, 290, 300 Schiedsabrede 76, 138, 140, 171, 207, 213 Schiedsgerichtsbarkeit, Entwicklung der 72 – internationale 70, 75 – völkerrechtliche 72 – zwingende (compulsory) 137, 188, 197 Schiedsgerichtsbarkeit ohne Rechtsverhältnis 143, 152, 194, 199, 211, 298, 305 Schiedsklausel 21, 72, 138, 140, 194, 298, 300 Schreuer, Christoph 256, 294 Schuldverschreibungen 52, 250, 302 Screening Power 112, 134 Sinn und Zweck des WBÜ 108, 183, 209, 297 Staatliche Partei 123 State Contract 32, 60, 123, 140, 160, 194, 296, 300

Legal Dispute 116, 190 Lex arbitri 21

Tiefbauverträge, internationale 266, 270, 290, 302 Travaux Préparatoires 181, 184, 187, 209, 235, 255, 276, 299

MAI 68, 165, 296, 283 Managementverträge 50, 271, 276, 296, 302 Materielles Recht 70, 96, 208, 298 Mercosur 66, 164, 253, 296 MIGA 66, 253 Minderheitsbeteiligung 46, 223, 225, 228, 235, 301

Ultra vires, 276 UNCITRAL 75, 84, 166, 219 Unternehmensbeteiligung 168, 218, 235, 300 Untersuchungsverfahren 71, 104, 293, 294

NAFTA 66, 106, 124, 165, 169, 176, 284, 296 Nationales Recht 207 New Forms of Investment 20, 49, 146, 177, 250, 275, 296, 302 No de Tokyo 82 Nonprofit Transaktionen 291, 303 Notifizierung 124, 173 OECD 68, 165, 256 Pirrung, Jörg 119, 205, 256 Portfolio-Investition 20, 26, 33, 43, 51, 163, 175, 191, 235, 240, 301

Vermögensschutz 162, 193, 226, 241, 277, 298, 305 Völkergewohnheitsrecht 54, 55, 65, 127 Völkerrechtssubjekt 55, 71, 87, 276 Washington 19, 82, 190 Weill, Prosper 248 Weltbank 67, 78, 81, 85, 187, 299 Welthandel 20, 41 World Bank Guidelines 67, 150 Wortsinn 203 WVK 181, 207, 252 Zweistufiger Test (two-fold test) 226, 299 Zweiter Entwurf zum WBÜ 192