Die Gesellschafterklage im dualistischen System des Gesellschaftsrechts 9783161579394, 3161481496

Thomas Barnert untersucht das Forderungs- und Klagerecht des einzelnen Gesellschafters im Recht der Personengesellschaft

108 17 24MB

German Pages 281 [285] Year 2020

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhalt
Einleitung
Teil I Das Forderungs- und Klagerecht des einzelnen Gesellschafters im Recht der Personengesellschaft
A. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche der Gesamthand gegen Dritte
I. Einführung in die Problematik
II. Gesamthandsforderung und Gläubigermehrheiten im System des BGB
III. Kumulierte Rechtszuständigkeit der Gesamthand und des einzelnen Gesellschafters aufgrund materiellen Rechts
1. Standpunkt des Reichsgerichts zwischen Gesamthandsforderung und Forderungsgemeinschaft nach Bruchteilen
a) Teleologisch-extensives Verständnis des § 432 BGB für den Übergang vom Kollektiv- zum Individualrecht
b) Teleologisch-restriktives Verständnis des § 432 BGB für den Übergang vom Kollektiv- zum Individualrecht
c) Gesetzesanaloges Verständnis des § 2039 BGB für den Übergang vom Kollektiv- zum Individualrecht
d) Gesetzesanaloges Verständnis des § 744 Abs. 2 BGB für den Übergang vom Kollektiv- zum Individualrecht
e) Ergebnisorientiertes Verständnis der §§ 432, 2039 BGB für den Übergang vom Kollektiv- zum Individualrecht
f) Bewertung der Lösungswege
(1) Legalsystematische Sonderstellung des § 2039 BGB
(2) Auslegung nach dem Sinn und Zweck des § 2039 BGB
(3) Gesetzessystematische Unterschiede zwischen Gesamthandsgläubigerschaft und Mitgläubigerschaft
(a) Einfluss materiellrechtlicher Verfügungsbeschränkung auf die Prozessführungsbefugnis
(b) Mitgläubigerschaft und rechtsfähige Personengesellschaft
(c) Mitgläubigerschaft und Forderungsgemeinschaft nach Bruchteilen
(d) Mitgläubigerschaft und Gesamthandsbindung
(4) Einfluss der Geschäftsführungsregeln auf die Prozessführungsbefugnis
2. Standpunkt des Bundesgerichtshofs zwischen Gesamthandsforderung und Forderungsgemeinschaft nach Bruchteilen
a) Teleologisch-restriktives Verständnis des § 432 BGB für den Übergang vom Kollektiv- zum Individualrecht
b) Berechtigte Eigeninteressen als Restriktionsausnahmen
c) Abgrenzung zur Rechtsprechung des Reichsgerichts
d) Bewertung der Lösungswege
(1) Interessenbewertung als pleonastische Anwendung des § 432 BGB
(2) Kollektivinteresse an gemeinschaftlicher Forderungseinziehung als Schwachpunkt der Interessenbewertung
(3) Prozessrechtlicher Schuldnerschutz als Schwachpunkt der Interessenbewertung
(4) Ausgestaltung der Geschäftsführungsregeln als Schwachpunkt der Interessenbewertung
IV. Kumulierte Rechtszuständigkeit der Gesamthand und des einzelnen Gesellschafters aufgrund Prozessrechts
1. Standpunkt der Rechtslehre zwischen Gesamthandsforderung und prozessstandschaftlicher Rechtsverfolgung
a) Rechtsverfolgung durch Gesellschafter als notwendige Erhaltungsmaßnahme
b) Rechtsverfolgung durch Gesellschafter in einer „externen Gesamthänderklage“
c) Rechtsverfolgung durch Gesellschafter aufgrund ergänzender Vertragsauslegung
d) Rechtsverfolgung durch Gesellschafter gemäß § 309 Abs. 4, § 317 Abs. 4 AktG analog
e) Rechtsverfolgung durch Gesellschafter gestützt auf Treu und Glauben
2. Gesamthandsbindung als Grundlage der Befugnis einzelner Gesellschafter zur Prozessvertretung der Gesellschaft
a) Systemeinwände gegen die Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft
b) Prozessvertretungsrecht einzelner Gesellschafter auf der Ebene der Gesamtgeschäftsführung und -vertretung
(1) Gesellschaftswidriges Verhalten als Verwirkungstatbestand
(2) Stimmverbote wegen Interessenkollision
(3) Prozessverbindung von Zustimmungs- und Leistungsklage
(4) Zustimmungsfiktion und richterliche Inzidententscheidung
c) Prozessvertretungsrecht einzelner Gesellschafter auf der Ebene der Einzelgeschäftsführung und -vertretung
d) Prozessvertretungsrecht einzelner Gesellschafter auf der Ebene nicht geschäftsführender Gesellschafter
B. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche gegen Mitgesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer
I. Einführung in die Problematik
1. Herkunft der actio pro socio aus dem Recht der Personengesellschaft
2. Problematik materieller Rechtsinhaberschaft für Binnenansprüche gegen Mitgesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer
3. Dogmatische Unklarheit aufgrund legislativer Verbindung der römischrechtlichen societas mit dem Gesamthandsprinzip
II. Kumulierte Rechtsinhaberschaft des einzelnen Gesellschafters und der Gesamthand aufgrund materiellen Rechts
1. Standpunkt des Reichsoberhandelsgerichts zur actio pro socio
2. Standpunkt des Reichsgerichts zwischen Individualanspruch des Gesellschafters und Sozialanspruch der Gesamthand
a) Ausschließliche Rechtsinhaberschaft des Gesellschafters für gesellschaftsvertragliche Ansprüche
b) Erweiterte Rechtszuständigkeit des Liquidators für gesellschaftsvertragliche Ansprüche
c) Originäre Rechtsinhaberschaft der Gesamthand für gesellschaftsvertragliche Ansprüche
3. Standpunkt des Bundesgerichtshofs zwischen Individualanspruch des Gesellschafters und Sozialanspruch der Gesamthand
a) Materiellrechtliche Forderungskumulierung bei der Gesamthand und beim einzelnen Gesellschafter
b) Sublimierung der „Mitgliedschaft“ als Rechtsgrundlage der Einzelklagebefugnis
4. Standpunkt der Lehre zur Forderungskumulierung aufgrund eines Gesellschaftsvertrags zugunsten Dritter
5. Bewertung der Lösungswege
a) Dekonstruktion dualistischer Gesellschaftsgrundformen
b) Fehlen einer Rechtsgrundlage für die Umwandlung von Individualansprüchen in Sozialansprüche der Gesamthand
c) System- und Normenwidersprüche in der „neuen Systematik“ der Gesellschaftsgrundformen
III. Kumulierte Rechtszuständigkeit des einzelnen Gesellschafters und der Gesamthand aufgrund Prozessrechts
1. Charakteristik prozessrechtlich kumulierter Rechtsausübungsmacht
2. Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft aufgrund ergänzender Auslegung des Gesellschaftsvertrages
3. Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft als „interne Gesamthänderklage“
4. Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft aufgrund Gewohnheitsrechts und als Minderheitenschutzrecht
5. Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft als „Mitgliedschaftsklage“
Teil II Das Forderungs- und Klagerecht des einzelnen Gesellschafters im Recht der Kapitalgesellschaft
A. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Dritte
B. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Mitgesellschafters
I. Einführung in die Problematik
1. Rezeption der actio pro socio in das Recht der Kapitalgesellschaft
2. Verhältnis der actio pro socio zur körperschaftlichen Verfassung der Kapitalgesellschaft
3. Verhältnis der actio pro socio zur Rechtsinhaberschaft der Kapitalgesellschaft für Binnenansprüche gegen Gesellschafter
4. Verhältnis der actio pro socio zur Rechtsverfolgung von Binnenansprüchen gegen Gesellschafter durch Gesellschaftsorgane
5. Verhältnis der actio pro socio zum Mehrheits- und Minderheitsinteresse
II. Kumulierte Rechtsinhaberschaft der Kapitalgesellschaft und des einzelnen Gesellschafters aufgrund materiellen Rechts
1. Standpunkt des Reichsgerichts zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft und Individualanspruch der Gesellschafter
a) Ausschließliche Rechtsinhaberschaft der Kapitalgesellschaft für Binnenansprüche gegen Gesellschafter
b) Erweiterte Rechtszuständigkeit des einzelnen Gesellschafters aufgrund einer „vertragsähnlichen Sonderrechtsbeziehung“
2. Standpunkt des Bundesgerichtshofs zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft und Individualanspruch der Gesellschafter
a) Materiellrechtliche Forderungskumulation bei der Kapitalgesellschaft und beim einzelnen Gesellschafter
b) Subsidiarität der actio pro socio für eigene Forderungsrechte des Kapitalgesellschafters
c) Ablehnung des ITT-Urteils für das Verbandsinnenrecht in der Literatur
3. Standpunkt der Rechtslehre zur Forderungskumulation bei der Kapitalgesellschaft und beim einzelnen Gesellschafter
a) Gesetzliche Ausfallhaftung als Begründung unmittelbarer Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern
(1) Kollektive Deckungspflicht als gesamtschuldähnliche Sonderrechtsbeziehung zwischen Kapitalgesellschaftern
(2) Haftungsgemeinschaft ohne Gesamtschuldcharakter
(3) Begriff der „Zweckgemeinschaft“ als Leerformel
(4) Regressnorm § 426 BGB und Kondiktionsrecht
(5) Ausfallhaftung als gesetzliche Gründungssicherheit
(6) Geschäftsanteil und Sonderrechtsbeziehung
b) Gründungsvertrag als Begründung unmittelbarer Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern
(1) Personalistische „Realstruktur“ der Gesellschaft und Vertragsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern
(2) Dekonstruktion der juristischen Person durch personengesellschaftsrechtliche Strukturmerkmale
(3) Fortbestand der juristischen Person trotz satzungsautonomer Gestaltungsfreiräume
(4) System- und Normenwidersprüche in der „neuen Systematik“ der Gesellschaftsgrundformen
(5) „Personalistische Kapitalgesellschaft“ und „körperschaftliche Personengesellschaft“
c) BGB-Innengesellschaft als Begründung unmittelbarer Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern
(1) Gesellschaftsgründung als personalistisch-körperschaftlicher Vorgang
(2) Systemwidrige Aufspaltung der Einheitlichkeit des Gründungsvertrags
(3) BGB-Innengesellschaft aufgrund doppelter Willensfiktion
d) Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht als Begründung unmittelbarer Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern
(1) Rezeption der personengesellschaftsrechtlichen Treuepflicht in das Recht der Kapitalgesellschaft
(2) Horizontale und vertikale Treuepflichten in Kapitalgesellschaften
(3) Begründungsmodelle zur unmittelbaren Treuepflichtgeltung zwischen Kapitalgesellschaftern
(a) Zweckförderungspflicht i.S.d. § 705 BGB als Wesenselement des gesamten Korporationsrechts
(b) Personalistische Ausgestaltung des Innenverhältnisses der Kapitalgesellschaft
(c) Treuepflichten zwischen Kapitalgesellschaftern gestützt auf Treu und Glauben
(d) Wechselwirkung zwischen Rechtsmacht und Verantwortung
(e) Mitgliedschaftliches Gemeinschaftsverhältnis
(f) Treuepflichten aufgrund richterrechtlichen Gewohnheitsrechts
e) Mitgliedschaftliche Abwehrrechte als Begründung unmittelbarer Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern
(1) Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft als „Eingriff“ in die Mitgliedschaft des Gesellschafters
(2) Systemwidrige Verdoppelung des Bezugspunkts der Pflichtverletzung
(3) Unbestimmtheit der „mitgliedschaftlichen Interessenbeeinträchtigung“
III. Kumulierte Rechtszuständigkeit der Kapitalgesellschaft und des einzelnen Gesellschafters aufgrund Prozessrechts
1. Standpunkt der Literatur zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft und prozessstandschaftlicher Rechtsverfolgung
a) Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft aufgrund mitgliedschaftlich vermittelter Verfügungsbefugnis
(1) Relativierung des Trennungsprinzips durch wirtschaftliche Vermögenszuweisung
(2) Relativierung des Trennungsprinzips mit der Lehre von der Einheitlichkeit der Gesellschaftsformen des Handelsrechts
(3) Relativierung des Trennungsprinzips mit der neueren Gesamthandslehre
(4) Relativierung des Trennungsprinzips mit der Genossenschaftstheorie
b) Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft als Mitverwaltungsrecht und als Notgeschäftsführungsrecht
(1) Charakteristik der Begründungsmodelle
(2) Mitverwaltungsrecht in Prozessstandschaft als Minderheitenschutzrecht
(3) Mitverwaltungsrecht in Prozessstandschaft als Mitgliedschaftsrecht
(4) Actio pro socio als Notgeschäftsführungsrecht und als Hilfszuständigkeit in Prozessstandschaft
(5) Fehlen einer Rechtsgrundlage für das Notgeschäftsführungsrecht in Prozessstandschaft
2. Trennungsprinzip als Grundlage der Befugnis einzelner Gesellschafter zur Prozessvertretung der Gesellschaft
a) Gesetzliche Vorgaben des Kapitalgesellschaftsrechts
(1) Stimmverbote wegen Interessenkollision
(2) Bestellung besonderer Prozessvertreter im GmbH- und Aktienrecht
(3) Extensive Auslegung des § 46 Nr. 8 Hs. 2 GmbHG mit Bezug auf das Gesamtsystem der Vertreterbestellung
(4) Erweiterung des § 46 Nr. 8 Hs. 2 GmbHG auf Ansprüche gegen nicht geschäftsführende Gesellschafter
(5) Organschaftliche Prozessvertretung durch den allein stimmberechtigten Gesellschafter
(6) Kollision der Prozessvertretung mit der Organstellung des Fremdgeschäftsführers
(7) Grenzen teleologischer Erweiterung des § 46 Nr. 8 Hs. 2 GmbHG
b) Sperrwirkung der Vertreterbestellung gegenüber einer allgemeinen actio pro socio im GmbH- und Aktienrecht
C. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Mitglieder der Verwaltungsorgane
I. Einführung in die Problematik
II. Kumulierte Rechtsausübung der Kapitalgesellschaft und des einzelnen Gesellschafters aufgrund materiellen Rechts und Prozessrechts
1. Standpunkt des Bundesgerichtshofs zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft und Individualanspruch der Gesellschafter
2. Standpunkt der Rechtslehre zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft und prozessstandschaftlicher Rechtsverfolgung
Schlussbetrachtung und Zusammenfassung
1. Personengesellschaftsrecht
2. Kapitalgesellschaftsrecht (GmbH)
Literaturverzeichnis
Sachverzeichnis
Recommend Papers

Die Gesellschafterklage im dualistischen System des Gesellschaftsrechts
 9783161579394, 3161481496

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 82

Thomas Barnert

Die Gesellschafterklage im dualistischen System des Gesellschaftsrechts

Mohr Siebeck

Thomas Barnert, geboren 1965; Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Augsburg; 1998 Promotion; 2002 Habilitation; Privatdozent an der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg.

978-3-16-157939-4 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019

ISBN 3-16-148149-6 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum)

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2003 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen aus der Garamond-Antiqua belichtet, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist aus einer Habilitationsschrift hervorgegangen, die im Sommersemester 2002 von der juristischen Fakultät der Universität Augsburg angenommen worden ist. Das Manuskript ist vor der Drucklegung aktualisiert und Ende 2002 endgültig abgeschlossen worden. Mein Dank gilt Herrn Prof. Dr. Hans Schlosser für die mir als wissenschaftlichen Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl großzügig gewährte Freiheit und Geduld und für die zügige Erstellung der Erstbewertung. Besonders verpflichtet bin ich Herrn Prof. Dr. Herbert Buchner und Herrn Prof. Dr. Christoph Becker, welche die Mühe einer ebenso ausgewogenen wie engagierten Zweit- bzw. Drittbewertung der Habilitationsschrift auf sich genommen und hervorragende Hinweise gegeben haben. Mein Dank gilt auch dem Verlag, der das Publikationsvorhaben hilfreich begleitet hat, für die Aufnahme der Arbeit in sein Verlagsprogramm. Augsburg, im März 2003

Thomas Barnert

Inhalt Einleitung

1

Teil I Das F o r d e r u n g s - u n d Klagerecht des einzelnen Gesellschafters im Recht der Personengesellschaft A. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche der Gesamthand gegen Dritte I. Einführung in die Problematik II. Gesamthandsforderung und Gläubigermehrheiten im System des BGB III. Kumulierte Rechtszuständigkeit der Gesamthand und des einzelnen Gesellschafters aufgrund materiellen Rechts 1. Standpunkt des Reichsgerichts zwischen Gesamthandsforderung und Forderungsgemeinschaft nach Bruchteilen a) Teleologisch-extensives Verständnis des §432 B G B f ü r den U b e r g a n g v o m Kollektiv- z u m Individualrecht b) Teleologisch-restriktives Verständnis des §432 BGB f ü r den U b e r g a n g v o m Kollektiv- z u m Individualrecht c) Gesetzesanaloges Verständnis des §2039 B G B f ü r den Ubergang vom Kollektiv- z u m Individualrecht d) Gesetzesanaloges Verständnis des §744 Abs. 2 B G B f ü r den Ü b e r g a n g v o m Kollektiv- z u m Individualrecht e) Ergebnisorientiertes Verständnis der §§432, 2039 B G B f ü r den Ü b e r g a n g v o m Kollektiv- z u m Individualrecht f) Bewertung der Lösungswege (1) Legalsystematische Sonderstellung des §2039 BGB (2) Auslegung nach dem Sinn und Zweck des §2039 BGB (3) Gesetzessystematische Unterschiede zwischen Gesamthandsgläubigerschaft und Mitgläubigerschaft (a) Einfluss materiellrechtlicher Verfügungsbeschränkung auf die Prozessführungsbefugnis

3 3 5 6

6 6 7 9 9 10 11 11 13 16 16

VIII

Inhalt (b) Mitgläubigerschaft und rechtsfähige Personengesellschaft . (c) itgläubigerschaft und Forderungsgemeinschaft nach Bruchteilen (d) Mitgläubigerschaft und G e s a m t h a n d s b i n d u n g (4) Einfluss der Geschäftsführungsregeln auf die Prozessführungsbefugnis

2. Standpunkt des Bundesgerichtshofs zwischen Gesamthandsforderung und Forderungsgemeinschaft nach Bruchteilen a) Teleologisch-restriktives Verständnis des §432 B G B für den U b e r g a n g v o m Kollektiv- z u m Individualrecht b) Berechtigte Eigeninteressen als Restriktionsausnahmen c) A b g r e n z u n g zur Rechtsprechung des Reichsgerichts d) Bewertung der L ö s u n g s w e g e (1) Interessenbewertung als pleonastische Anwendung des §432 B G B (2) Kollektivinteresse an gemeinschaftlicher Forderungseinziehung als Schwachpunkt der Interessenbewertung (3) Prozessrechtlicher Schuldnerschutz als Schwachpunkt der Interessenbewertung (4) Ausgestaltung der Geschäftsführungsregeln als Schwachpunkt der Interessenbewertung

IV. Kumulierte Rechtszuständigkeit der Gesamthand und des einzelnen Gesellschafters aufgrund Prozessrechts 1. Standpunkt der Rechtslehre zwischen Gesamthandsforderung und prozessstandschaftlicher Rechtsverfolgung a) Rechtsverfolgung durch Gesellschafter Erhaltungsmaßnahme b) Rechtsverfolgung durch Gesellschafter Gesamthänderklage" c) Rechtsverfolgung durch Gesellschafter Vertragsauslegung d) Rechtsverfolgung durch Gesellschafter § 3 1 7 A b s . 4 A k t G analog e) Rechtsverfolgung durch Gesellschafter Glauben

als notwendige in einer „externen aufgrund ergänzender gemäß § 3 0 9 A b s . 4, gestützt auf Treu und

2. Gesamthandsbindung als Grundlage der Befugnis einzelner Gesellschafter zur Prozessvertretung der Gesellschaft a) Systemeinwände gegen die Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft b) Prozessvertretungsrecht einzelner Gesellschafter auf der Ebene der G e s a m t g e s c h ä f t s f ü h r u n g und -Vertretung (1) Gesellschaftswidriges Verhalten als Verwirkungstatbestand (2) Stimmverbote wegen Interessenkollision (3) Prozessverbindung von Zustimmungs- und Leistungsklage (4) Zustimmungsfiktion und richterliche Inzidententscheidung c) Prozessvertretungsrecht einzelner Gesellschafter auf der Ebene der Einzelgeschäftsführung und -Vertretung

Inhalt d) Prozessvertretungsrecht einzelner Gesellschafter auf der Ebene nicht geschäftsführender Gesellschafter

B. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche gegen Mitgesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer I. Einführung in die Problematik 1. Herkunft der actio pro socio aus dem Recht der Personengesellschaft 2. Problematik materieller Rechtsinhaberschaft für Binnenansprüche gegen Mitgesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer 3. Dogmatische Unklarheit aufgrund legislativer Verbindung der römischrechtlichen societas mit dem Gesamthandsprinzip . . . . II. Kumulierte Rechtsinhaberschaft des einzelnen Gesellschafters und der Gesamthand aufgrund materiellen Rechts 1. Standpunkt des Reichsoberhandelsgerichts zur actio pro socio 2. Standpunkt des Reichsgerichts zwischen Individualanspruch des Gesellschafters und Sozialanspruch der Gesamthand

IX 56

57 57 57

59 60 63 63 64

a) Ausschließliche Rechtsinhaberschaft des Gesellschafters f ü r gesellschaftsvertragliche Ansprüche b) Erweiterte Rechtszuständigkeit des Liquidators f ü r gesellschaftsvertragliche A n s p r ü c h e c) Originäre Rechtsinhaberschaft der G e s a m t h a n d f ü r gesellschaftsvertragliche Ansprüche

67

3. Standpunkt des Bundesgerichtshofs zwischen Individualanspruch des Gesellschafters und Sozialanspruch der Gesamthand

69

a) Materiellrechtliche Forderungskumulierung bei der Gesamthand u n d beim einzelnen Gesellschafter b) Sublimierung der „Mitgliedschaft" als Rechtsgrundlage der Einzelklagebefugnis

4. Standpunkt der Lehre zur Forderungskumulierung aufgrund eines Gesellschaftsvertrags zugunsten Dritter 5. Bewertung der Lösungswege

64 65

69 71

72 73

a) D e k o n s t r u k t i o n dualistischer Gesellschaftsgrundformen b) Fehlen einer Rechtsgrundlage f ü r die U m w a n d l u n g von Individualansprüchen in Sozialansprüche der Gesamthand c) System- und N o r m e n w i d e r s p r ü c h e in der „neuen Systematik" der Gesellschaftsgrundformen

73

80

III. Kumulierte Rechtszuständigkeit des einzelnen Gesellschafters und der Gesamthand aufgrund Prozessrechts

86

75

X

Inhalt 1. Charakteristik prozessrechtlich k u m u l i e r t e r Rechtsausübungsmacht

86

2. Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft a u f g r u n d ergänzender A u s l e g u n g des Gesellschaftsvertrages

88

3. Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft als „interne Gesamthänderklage" 4. Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft a u f g r u n d G e w o h n h e i t s r e c h t s u n d als M i n d e r h e i t e n s c h u t z r e c h t

93

5. Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft als „Mitgliedschaftsklage"

98

91

Teil II D a s F o r d e r u n g s - u n d K l a g e r e c h t des e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r s im Recht der Kapitalgesellschaft A . Rechtsstellung des Gesellschafters f ü r A n s p r ü c h e der Kapitalgesellschaft gegen D r i t t e

101

B. Rechtsstellung des Gesellschafters f ü r A n s p r ü c h e der Kapitalgesellschaft gegen Mitgesellschafters

103

I. E i n f ü h r u n g in die P r o b l e m a t i k 1. R e z e p t i o n der actio p r o socio in das Recht der Kapitalgesellschaft 2. Verhältnis der actio p r o socio z u r körperschaftlichen Verfassung der Kapitalgesellschaft

103 103 104

3. Verhältnis der actio p r o socio z u r Rechtsinhaberschaft der Kapitalgesellschaft f ü r B i n n e n a n s p r ü c h e gegen Gesellschafter 4. Verhältnis der actio p r o socio z u r Rechtsverfolgung von B i n n e n a n s p r ü c h e n gegen Gesellschafter d u r c h

107

Gesellschaftsorgane 5. Verhältnis der actio p r o socio z u m Mehrheits- u n d Minderheitsinteresse

109 111

II. K u m u l i e r t e Rechtsinhaberschaft der Kapitalgesellschaft u n d des einzelnen Gesellschafters a u f g r u n d materiellen Rechts

112

1. S t a n d p u n k t des Reichsgerichts zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft u n d Individualanspruch der Gesellschafter

112

a) Ausschließliche Rechtsinhaberschaft der Kapitalgesellschaft für Binnenansprüche gegen Gesellschafter

112

Inhalt

XI

b) Erweiterte Rechtszuständigkeit des einzelnen Gesellschafters a u f g r u n d einer „ v e r t r a g s ä h n l i c h e n S o n d e r r e c h t s b e z i e h u n g "

113

2. Standpunkt des Bundesgerichtshofs zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft und Individualanspruch der Gesellschafter

114

a) M a t e r i e l l r e c h t l i c h e F o r d e r u n g s k u m u l a t i o n bei d e r Kapitalgesellschaft u n d beim einzelnen Gesellschafter

114

b) Subsidiarität der actio p r o socio für eigene Forderungsrechte des Kapitalgesellschafters

118

c) A b l e h n u n g d e s I T T - U r t e i l s f ü r d a s V e r b a n d s i n n e n r e c h t in d e r L i t e r a t u r

3. Standpunkt der Rechtslehre zur Forderungskumulation bei der Kapitalgesellschaft und beim einzelnen Gesellschafter .

119

120

a) G e s e t z l i c h e A u s f a l l h a f t u n g als B e g r ü n d u n g u n m i t t e l b a r e r Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern

120

(1) Kollektive Deckungspflicht als gesamtschuldähnliche Sonderrechtsbeziehung zwischen Kapitalgesellschaftern

120

(2) H a f t u n g s g e m e i n s c h a f t ohne Gesamtschuldcharakter

122

(3) Begriff der „ Z w e c k g e m e i n s c h a f t " als Leerformel

124

(4) R e g r e s s n o r m § 4 2 6 B G B u n d Kondiktionsrecht

124

(5) Ausfallhaftung als gesetzliche Gründungssicherheit

125

(6) Geschäftsanteil und Sonderrechtsbeziehung

127

b ) G r ü n d u n g s v e r t r a g als B e g r ü n d u n g u n m i t t e l b a r e r Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern

128

(1) Personalistische „ R e a l s t r u k t u r " der Gesellschaft und Vertragsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern

128

(2) D e k o n s t r u k t i o n der juristischen Person durch personengesellschaftsrechtliche Strukturmerkmale

129

(3) Fortbestand der juristischen Person trotz s a t z u n g s a u t o n o m e r Gestaltungsfreiräume

133

(4) S y s t e m - und N o r m e n w i d e r s p r ü c h e in der „neuen S y s t e m a t i k " der G e s e l l s c h a f t s g r u n d f o r m e n

134

(5) „Personalistische Kapitalgesellschaft" und „körperschaftliche Personengesellschaft"

140

c) B G B - I n n e n g e s e l l s c h a f t als B e g r ü n d u n g u n m i t t e l b a r e r Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern

144

(1) Gesellschaftsgründung als personalistisch-körperschaftlicher Vorgang

144

(2) Systemwidrige A u f s p a l t u n g der Einheitlichkeit des G r ü n d u n g s Vertrags (3) B G B - I n n e n g e s e l l s c h a f t aufgrund doppelter Willensfiktion

145 146

d ) G e s e l l s c h a f t s r e c h t l i c h e T r e u e p f l i c h t als B e g r ü n d u n g u n m i t t e l b a r e r Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern

147

(1) R e z e p t i o n der personengesellschaftsrechtlichen Treuepflicht in das Recht der Kapitalgesellschaft (2) H o r i z o n t a l e und vertikale Treuepflichten in Kapitalgesellschaften .

147 151

(3) B e g r ü n d u n g s m o d e l l e zur unmittelbaren Treuepflichtgeltung zwischen Kapitalgesellschaftern

153

XII

Inhalt (a) Zweckförderungspflicht i.S.d. §705 B G B als Wesenselement des gesamten Korporationsrechts (b) Personalistische Ausgestaltung des Innenverhältnisses der Kapitalgesellschaft (c) Treuepflichten zwischen Kapitalgesellschaftern gestützt auf Treu und Glauben (d) Wechselwirkung zwischen Rechtsmacht u n d Verantwortung (e) Mitgliedschaftliches Gemeinschaftsverhältnis (f) Treuepflichten aufgrund richterrechtlichen Gewohnheitsrechts e) Mitgliedschaftliche Abwehrrechte als Begründung unmittelbarer Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern (1) Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft als „Eingriff" in die Mitgliedschaft des Gesellschafters (2) Systemwidrige Verdoppelung des Bezugspunkts der Pflichtverletzung (3) Unbestimmtheit der „mitgliedschaftlichen Interessenbeeinträchtigung"

III. Kumulierte Rechtszuständigkeit der Kapitalgesellschaft und des einzelnen Gesellschafters aufgrund Prozessrechts 1. Standpunkt der Literatur zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft und prozessstandschaftlicher Rechtsverfolgung a) Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft aufgrund mitgliedschaftlich vermittelter Verfügungsbefugnis (1) Relativierung des Trennungsprinzips durch wirtschaftliche Vermögenszuweisung (2) Relativierung des Trennungsprinzips mit der Lehre von der Einheitlichkeit der Gesellschaftsformen des Handelsrechts (3) Relativierung des Trennungsprinzips mit der neueren Gesamthandslehre (4) Relativierung des Trennungsprinzips mit der Genossenschaftstheorie b) Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft als Mitverwaltungsrecht u n d als Notgeschäftsführungsrecht (1) Charakteristik der Begründungsmodelle (2) Mitverwaltungsrecht in Prozessstandschaft als Minderheitenschutzrecht (3) Mitverwaltungsrecht in Prozessstandschaft als Mitgliedschaftsrecht (4) Actio pro socio als Notgeschäftsführungsrecht und als Hilfszuständigkeit in Prozessstandschaft (5) Fehlen einer Rechtsgrundlage für das Notgeschäftsführungsrecht in Prozessstandschaft

2. Trennungsprinzip als Grundlage der Befugnis einzelner Gesellschafter zur Prozessvertretung der Gesellschaft a) Gesetzliche Vorgaben des Kapitalgesellschaftsrechts

156 157 161 163 168 180 181 181 182 184

192

192 193 193 198 199 201 203 203 204 205 206 211

215 215

Inhalt (1) Stimmverbote wegen Interessenkollision (2) Bestellung besonderer Prozessvertreter im G m b H - und Aktienrecht (3) Extensive Auslegung des §46 Nr. 8 H s . 2 G m b H G mit Bezug auf das Gesamtsystem der Vertreterbestellung (4) Erweiterung des §46 Nr. 8 H s . 2 G m b H G auf Ansprüche gegen nicht geschäftsführende Gesellschafter (5) Organschaftliche Prozessvertretung durch den allein stimmberechtigten Gesellschafter (6) Kollision der Prozessvertretung mit der Organstellung des Fremdgeschäftsführers (7) Grenzen teleologischer Erweiterung des §46 N r . 8 H s . 2 GmbHG b) S p e r r w i r k u n g der Vertreterbestellung g e g e n ü b e r einer allgemeinen actio p r o socio im G m b H - u n d A k t i e n r e c h t

C. Rechtsstellung des Gesellschafters f ü r Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Mitglieder der Verwaltungsorgane I. Einführung in die Problematik II. Kumulierte Rechtsausübung der Kapitalgesellschaft und des einzelnen Gesellschafters aufgrund materiellen Rechts und Prozessrechts 1. Standpunkt des Bundesgerichtshofs zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft u n d Individualanspruch der Gesellschafter 2. Standpunkt der Rechtslehre zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft u n d prozessstandschaftlicher Rechtsverfolgung

XIII 216 218 220 221 224 226 228 230

233 233

233

237

243

Schlussbetrachtung u n d Zusammenfassung 1. Personengesellschaftsrecht 2. Kapitalgesellschaftsrecht ( G m b H )

248 248 249

Literaturverzeichnis

251

Sachverzeichnis

265

Einleitung Der Gesellschafter als Rechts- und Pflichtsubjekt für die Durchsetzung von Rechten der Gesellschaft spiegelt sich in einer keineswegs monolithischen Judikatur und in einer reichhaltigen Literatur mit gegensätzlichen Positionen wider. Verlust oder Eingrenzung der Rechtsausübungsmacht des Gesellschafters durch freiwilligen Beitritt zu einem Verband, in dem sich mehrere Rechtssubjekte zu ziel- und zweckgerichteter Kooperation vereinen, sind mit mannigfaltigen rechtlichen Entwürfen und rechtskonstruktiven Kunstgriffen begründet worden. Die Entwicklung der Diskussion führt von der scheinbar dogmatisch gefestigten Klärung des Problems unter dem herkömmlichen Regime der Vermögenszuordnung im Gesellschafterverbund mit entsprechender Trägerschaft von Rechten und Pflichten hin zur Auflösung der Unterschiede der Rechtsnatur von Gesamthands- und Bruchteilsgemeinschaft, weiter zur Bildung eines neuen Systems des Gesellschaftsrechts mit Hilfe einer Dekonstruktion der im Gesetzsystem dualistisch geordneten Gesellschaftsgrundformen. Eingebettet in derartige Grundsteine der Rechtsentwicklung sind Rechtsmacht oder Ohnmacht des einzelnen Gesellschafters, sich der Rechte der Gesellschaft materiell und prozessual zu verfolgen, wenn die Verbandsorganisation aus welchem Grund auch immer „versagt". Auf den ersten Blick weisen die Stellungnahmen der Judikatur eher kasuistisch von der Nähe des Falldetails geprägte und mitunter pragmatische Lösungswege, die Literatur ist bestrebt, aus der jeweiligen Rechtsnatur des Verbands als Personengesellschaft oder als juristische Person dogmatische Begründungen anzubieten. Gewinn für die auch in der Gegenwart nicht „erstarrte" Diskussion zur Abgrenzung der Rechtsstellung des einzelnen Gesellschafters von Rechtspositionen des Verbands lässt sich durch die Darstellung der rechtlichen Entwicklungslinien zu diesem Problem erzielen. Sie muten an - um es vorweg zu nehmen, als wären sie geprägt von dem Akzeptanzverlust für die Ordnung des Systemganzen durch ein Ubermaß an Hinwendung zur kasuistischen Detailnähe vielfach mithilfe methodengeleiteter Deduktion, die oftmals das avisierte Ergebnis meint. Der Primat legislativer Verantwortung für eine fundamentale Richtungsänderung im Rechtssystem scheint durch Phänomene grenzenloser Rechtsfortbildung beiseite gedrängt. Die vorliegende Schrift widmet sich daher dem Einzelnen im Stoff, wo rechtliche Wirkung auf das Systemganze der Gesellschaftsgrundformen vermutet wird und sucht in diesem Kontext zugleich die Reichweite des Rechts einzelner Personen- und Kapitalgesellschafter für die (vor)prozessuale Verfolgung von Ansprüchen der Gesellschaft.

Teil I

Das Forderungs- und Klagerecht des einzelnen Gesellschafters im Recht der Personengesellschaft A. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche der Gesamthand gegen Dritte I. Einführung in die Problematik Grundsätzlich obliegt die Verfolgung eines nicht im Gesellschaftsvertrag verwurzelten Anspruchs der Gesellschaft den geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschaftern. 1 Er ist gewöhnlich gegen einen gesellschaftsfremden Dritten gerichtet, er kann sich aber auch gegen einen Gesellschafter aus einem so genannten Drittverhältnis wenden, wenn zum Beispiel die Gesellschaft an diesen geleistet hat und ihr die Gegenleistung geschuldet wird. 2 Ein Anspruch der offenen Handelsgesellschaft (§ 105 H G B ) oder Kommanditgesellschaft (§161 H G B ) wird grundsätzlich in der Weise geltend gemacht, dass die Gesellschaft unter ihrer Firma als Prozesspartei auftritt, vertreten durch einen oder mehrere geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Gesellschafter. 3 Dagegen sind nach der älteren Gesamthandslehre Gesellschafter der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft (§705 B G B ) selbst Prozesspartei und notwendige Streitgenossen im Sinne des §62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO. 4 Die Gesellschafter klagen entweder in Gemeinschaft oder werden im Prozess durch geschäftsführungsberechtigte Gesellschafter vertreten. 5 Die neuere Gesamthandslehre anerkennt hingegen die selbständige (Teil-)Rechtsfähigkeit der (Außen)Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre aktive und passi-

1 §§709f, 714 BGB, §§114ff, 125f, §161 Abs.2 H G B . Siehe dazu etwa BGHZ 12, 308, 312; Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, §177 I 2, S. 737; Fischer, in: Großkomm. H G B , § 124 Anm. 11; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, Anm. 106 a; MüKo/Ulmer, BGB, §709 Rz.12; Staudinger/Keßler, BGB, §705 Rz.70; Soergel/Hadding, BGB, §709 Rz.9; Soergel/M. Wolf, BGB, §432 Rz.6; Palandt/Sprau, BGB, §714 Rz.2; BGB-RGRK/ Fischer, 11.Aufl., §709 Anm.2; BGB-RGRK/v. Gamm, 12.Aufl., §709 Rz.2; Koller/Roth/ Morck, H G B , § 105 Rz.34, § 124 Rz.3-Jauernig/Stürner, BGB, §713 Rz. 10; Ganssmüller NJW 1963, 641; Diederichsen M D R 1963, 632; Hadding J Z 1975, 159; Selb, Mehrheiten von Gläubigern und Schuldnern, S. 273. 2 Hadding J Z 1975, 159; Palandt/Sprau, BGB, §705 Rz.28, §718 Rz. 12. 3 §124 Abs. 1, §§125, 126, §161 Abs.2 H G B . 4 BGHZ 30, 195, 197; Stein-Jonas/Bork, ZPO, §50 Rz. 17; Thomas/Putzo, ZPO, §62 Rz. 13. 5 §709 Abs. 1, §§710, 714 BGB.

4

Teil 1: A. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche gegen Dritte

ve Parteifähigkeit im Zivilprozess (§ 50 Abs. 1 ZPO) 6 , so dass Gesellschafter nicht mehr in notwendiger Streitgenossenschaft einen Aktivprozess führen können. Gesellschaftsforderungen sind dann von den geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschaftern namens der rechts- und parteifähigen (Außen)Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu verfolgen. 7 Wiederholt befasste sich die Rechtsprechung mit der Berechtigung eines Gesellschafters, Gesellschaftsforderungen gegen Dritte im eigenen Namen mit dem Antrag auf Leistung an die Gesellschaft gerichtlich zu verfolgen, obwohl Mitgesellschafter oder geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Forderungseinziehung widersprachen. Das Problem stellt sich vor allem, wenn der Gesellschafter von der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft gesellschaftsvertraglich ausgeschlossen ist 8 , er nur in Gemeinschaft mit den anderen Gesellschaftern handeln kann 9 oder ein Widerspruch der übrigen Gesellschafter die Geltendmachung der Forderung hindert. 10 Gemeinsam ist diesen Umständen der Konflikt zwischen der gesellschaftsrechtlichen Zuständigkeitsordnung (Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis) und dem Interesse des Einzelgesellschafters an uneingeschränkter Verfolgung von Drittansprüchen der Gesellschaft. 11 Zweifelhaft sind die Voraussetzungen und die Reichweite der Zulässigkeit einer Klage des Einzelgesellschafters im eigenen Namen gegen Drittschuldner überhaupt und ihre rechtstheoretische Begründung. Das Reichsgericht und der Bundesgerichtshof haben weder das rechtliche Fundament für die im eigenen N a men erhobene Klage gerichtet auf Leistung an alle Gesellschafter frei gelegt, wenn die Klage eine zum Gesellschaftsvermögen gehörende Forderung gegen Dritte oder Mitgesellschafter aus Drittverhältnissen zum Gegenstand hat, noch sind die Grenzen für die Erhebung einer solchen Klage konturiert. Auch die Literatur markiert die rechtliche Basis der Gesellschafterklage gegen Dritte uneinheitlich. Besteht noch Einigkeit darüber, dass die Verfolgung der gegen Dritte gerichteten Ansprüche grundsätzlich den vertretungsberechtigten Geschäftsführern obliegt, so sind die Ansichten über ein eigenständiges Recht einzelner Gesellschafter auf (außer)prozessuale Verfolgung von Forderungen der Gesamthand vielfältig. Sie reichen von einer prinzipiellen Ablehnung 1 2 , von ihrer Ableitung aus §432

6

BGH N J W 2001, 1056ff; K. Schmidt NJW 2001, 993ff; Ulmer ZIP 2001, 585ff. K. Schmidt N J W 2001, 993, 999; Ulmer ZIP 2001, 585, 591. 8 §710 BGB; §114 Abs.2, §§164, 170 HGB. 9 § 709 BGB, § 115 Abs. 2, § 125 Abs. 2 HGB. 10 §711 BGB, §115 Abs.l HGB. 11 Staudinger/Keßler, BGB, §705 Rz.70. 12 Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, § 177 I 2, S. 737; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1 c), S.459; Fischer, in: Großkomm. HGB, §124 A n m . l l ; Koller/Roth/ Morck, H G B , § 105 Rz.34, § 124 Rz.3. 7

II. Gesamthandsforderung

und Gläubigermehrheiten

im System des BGB

5

BGB 13 , §744 Abs. 2 BGB 14 , §2039 BGB 15 , von der Konstruktion einer externen Gesamthänderklage 16 oder Prozessstandschaft aufgrund ergänzender Vertragsauslegung17, von einer Analogie zu aktienkonzernrechtlichen Vorschriften (§309 Abs. 4, § 317 Abs. 4 AktG) 18 bis hin zum Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB)19. II. Gesamthandsforderung und Gläubigermehrheiten im System des BGB Das BGB regelt die Gesamtgläubigerschaft (§428 BGB), die Teilgläubigerschaft (§420 BGB) und die Mitgläubigerschaft 20 (§432 BGB) als Rechtsformen der Gläubigerschaft mehrerer Personen an einer Forderung. 21 Als vierte Kategorie haben Rechtsprechung und Rechtslehre den Begriff der Gesamthandsgläubigerschaft entwickelt, diese aber weithin nur der Mitgläubigerschaft im Sinne des §432 BGB unterstellt. 22 Ausgangspunkt ist die Rechtsprechung des Reichsgerichts, welche die in §432 BGB geregelte Einzelklagebefugnis des Mitgläubigers auf sämtliche Gesamthandsgemeinschaften des BGB ausgedehnt hat. Nach dieser Vorschrift darf, wenn mehrere Gläubiger das Recht auf eine unteilbare Leistung haben, jeder die Leistung an alle fordern, der Schuldner nur an alle gemeinschaftlich leisten.23 Darin unterscheidet sich die Mitgläubigerschaft von der Gesamt13

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV3, S.636; Palandt/Sprau, BGB, §709 Rz.2; Palandt/ Heinrichs, BGB, §432 Rz.4, 5; MüKo/Ulmer, BGB, §719 Rz.8; Jauernig/Stürner, BGB, §713 Rz. 10; Soergel/M. Wolf, BGB, §432 Rz.6; BGB-RGRK/v. Gamm, 12.Aufl., §709 Rz.8; BGBRGRK/Fischer, 11.Aufl., §709 Anm.8. 14 Erman/H.P. Westermann, BGB, §705 Rz.60; Ganssmüller NJW 1963, 641; Soergel/Hadding, BGB, §705 Rz. 56; ders. JZ 1975,159,161; Staudinger/Keßler, BGB, § 705 Rz. 70; Sudhoff/ Glahs, Personengesellschaften, E II 2, Rz.28; 53. Aufl., §709 Rz.2; Fikentscher, Schuldrecht, Rz.981; Selb, Mehrheiten von Gläubigern und Schuldnern, S.273. 15 BGB-RGRK/Kregel, 11.Aufl., §2039 Anm.19; Palandt/Edenhofer, BGB, §2039 BGB Rz. 14; Staudingerl Werner, BGB, §2039 Rz.32. Zum Teil wird die Einzelklagebefugnis auch alternativ oder kumulativ auf §432 BGB und §2039 BGB gestützt (vgl. K Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 3, S.635f; Soergel/M. Wolf, BGB, §432 Rz.6). 16 Nitschke Z H R 128 (1966), 48, 52. 17 Grunewald, Die Gesellschafterklage, S. 12ff, 107. 18 Roitzsch, Der Minderheitenschutz, S. 164ff,169. 19 Diederichsen M D R 1963, 632, 636. 20 Zur Terminologie vgl. Larenz, Schuldrecht I, §36 I b, S. 621 ff; Medicus, Schuldrecht I, Rz. 787; Staudinger/Noack, BGB, §432 Rz. 1; Palandt/Heinrichs, BGB, Überbl. v. §420 Rz.3; Hk-BGB/Schulze, Vor. §§420 - 432 Rz. 1. 21 Siehe dazu Staudinger/Noack, BGB, Vorbem. zu §§420ff, Rz.31ff; Soergel/M. Wolf, BGB, Vor. §420 Rz. 1; MüKo/Selb, BGB, Vor. §420 Rz.8ff; Palandt/Heinrichs, BGB, Überbl. v. §420 Rz. 1 ff; Hk-BGB/Schulze, Vor. §§ 420 - 432 Rz. 1; Medicus, Schuldrecht I, Rz. 781. 22 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 3, S.635f, §21 IV 4, S.637f; Staudinger/Noack, BGB, §432 Rz.7, Palandt/Heinrichs, BGB, §432 Rz.4; Jauernig/Stürner, BGB, §713 Rz.10; Hk-BGB/Schulze, BGB, §432 Rz.6; MüKo/Selb, BGB, §432 R z . l f f ; Soergel/M. Wolf, BGB, §432 Rz.6; Erman/H.P. Westermann, BGB, §432 R z . l ; BGB-RGRK/Fischer, §709 Anm.8; BGB-RGRK/v. Gamm, 12.Aufl., §709 Rz.8. 23 §432 BGB wird überwiegend als gesetzliche Ermächtigung zur Prozessstandschaft angese-

6

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

und Teilgläubigerschaft, bei denen jeder Gläubiger - ganz oder zum Teil - Leistung in sein Privatvermögen verlangen, der Schuldner -ganz oder zum Teil - die Leistung nach Belieben dem einen oder anderen Gläubiger erbringen darf.24 Dagegen scheinen die Rechtsfolgen des §432 B G B auf die gemeinschaftliche Empfangszuständigkeit gesamthänderischer Mitberechtigung25 geradezu zugeschnitten zu sein, da dem einzelnen Gläubiger das Recht fehlt, Leistung an sich selbst zu verlangen. Dies wirft andererseits die Frage auf, ob spezialgesetzlich geregelte Einzelklagebefugnisse der Gesamthänder26 bereits im Ansatz ihrer eigenständigen Bedeutung gegenüber §432 BGB enthoben sind. Der Bundesgerichtshof hat an der Rechtsauffassung des Reichsgerichts zur Geltung des §432 B G B für ein selbständiges Klagerecht einzelner Teilhaber einer Gesamthandsgemeinschaft festgehalten. Obwohl der Bundesgerichtshof die Einzelklagebefugnis sukzessive wegen verbandsinterner Verwaltungsregelungen eingeschränkt hat, bleibt doch zweifelhaft, ob §432 BGB Gesamthandsforderungen erfasst.27 Nachfolgend werden daher zunächst die Grundlinien der höchstrichterlichen Rechtsprechung umrissen. Sodann ist der Frage nachzugehen, ob die Begründungselemente dieser Rechtsprechung zu einer folgerichtigen Systembildung beigetragen haben. III. Kumulierte Rechtszuständigkeit der Gesamthand und des einzelnen Gesellschafters aufgrund materiellen Rechts 1. Standpunkt des Reichsgerichts zwischen Gesamthandsforderung Forderungsgemeinschaft nach Bruchteilen a) Teleologisch-extensives Verständnis des § 432 BGB für den vom Kollektiv- zum Individualrecht

und Ubergang

Der VI. Zivilsenat beim Reichsgericht stützte die Einzelklagebefugnis des Gesellschafters einer bürgerlichrechtlichen Gesellschaft zunächst uneingeschränkt auf §432 BGB, obwohl die Anspruchsverfolgung im konkreten Fall nach § 709 Abs. 1 B G B in die gemeinschaftliche Geschäftsführungszuständigkeit der Gesellschafter fiel, weil die auf Leistung an alle Gesellschafter gerichtete Einzelklage nur den Anspruchsgegenstand dem gemeinsamen Gesellschaftszweck zuführe.28 Abgehen (BGH N J W 81, 1097; 85, 2825; Stein-Jonas/Bork, ZPO, Vor. §50 Rz.37; AK/Koch, Z P O , Vor. §50 Rz. 15; Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, Z P O , Vor. § 5 0 R z . 5 3 ) . Nach a.A. hat jeder Gläubiger ein selbständiges Forderungsrecht auf Leistung an alle. Er klagt nicht in Prozessstandschaft, sondern aus eigenem materiellen Forderungsrecht ( Z ö l l e r / V o l l k o m m e r , Z P O , Vor. §50 Rz. 27; Staudinger/Noack, B G B , § 432 Rz. 57; wohl auch Palandt/Heinrichs, B G B , § 432 Rz. 8). 24 Palandt/Heinrichs, B G B , Überbl. v. §420 R z . l f ; Staudinger/Noack, B G B , §420 Rz.58, §428 Rz. 1, 7. 25 §719 Abs. 2, §1419 Abs. 2, §2040 Abs. 2 B G B . 26 § 2039, § 1429, § 1454 B G B , § 8 Abs. 2 S. 3 UrhG. 27 Medicus, Schuldrecht I, Rz. 791. 28 RGZ 70,32ff. Siehe auch RG J W 1935,3296 (II. ZÄ); RGZ100,165,166 (V ZR); A. Hueck,

III. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

aufgrund

materiellen

Rechts

7

stützt auf die in der Gesamthandsidee verwurzelte gemeinschaftliche Forderungs- und Empfangszuständigkeit aller Gesellschafter29 dehnte der VI. Senat die „unteilbare Leistung" im Sinne des §432 BGB auf Gesellschaftsforderungen aus, die auf Geld oder andere an sich teilbare Leistungsgegenstände gerichtet sind (Unteilbarkeit im rechtlichen Sinn)30. Zusätzlich stützte das Gericht die extensive Auslegung des § 432 B G B auf den Regelungsgehalt des § 2039 BGB, wonach jeder Miterbe ohne Mitwirkung oder Ermächtigung der übrigen Gesamthänder Nachlassforderungen im eigenen Namen auf Leistung an alle Erben fordern kann, gleichgültig, ob der Anspruch auf eine teilbare oder unteilbare Leistung gerichtet ist.31 Die Einzelklagebefugnis der Miterben sei entstehungsgeschichtlich im Anschluss an das ältere preußische Recht 32 als ohnedies in § 432 B G B enthalten angesehen worden und §2039 B G B verdeutliche lediglich, was bereits für sämtliche Gesamthandsgemeinschaften aus §432 BGB und dem „Wesen der gesamten Hand" zu folgern sei. b) Teleologisch-restriktives Verständnis vom Kollektiv- zum Individualrecht

des §432 BGB für den

Übergang

Der II. Zivilsenat beim Reichsgerichts trat der Rechtsprechung des VI. Senats mit der Nuance bei, §432 B G B gelte nur für bürgerlichrechtliche Gesellschaften, für welche die gemeinschaftliche Geschäftsführungsbefugnis (§709 BGB) schlechthin maßgeblich sei, nicht aber für Personengesellschaften, deren Geschäftsführung durch Vertrag (§710 BGB) oder Gesetz (§§109, 114ff, §164 HGB) abweichend geregelt sei.33 Sinn und Zweck der Abweichung von § 709 Abs. 1 B G B sei

Das Recht der O H G , § 18 II, S.263; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 8 IV 1, S. 460. Später hat der VI. Zivilsenat die Anwendbarkeit des §432 B G B für Kommanditgesellschaften verneint (RG J W 1916, 837, 838 mit Anm. Flechtheim). 2 9 Sinngemäß RGZ 86, 66, 68; BGHZ B G B , §266 Rz.3f, §432 39, 14, 15; Palandt/Heinrichs, Rz.4, Staudinger/Noack, B G B , §432 Rz.7; MüKo/Keller, B G B , §266 Rz.2f; MüKo/Selb, B G B , §432 Rz. \ {{\ Staudinger/Selb, B G B , §266 Rz. 3; ders, Mehrheit von Gläubigern und Schuldnern, S. 239f; Medicus, Schuldrecht I, Rz. 789. A.A. Hassold]uS 1980,32, tt-,Höfler JuS 1992,388,389; Diederichsen M D R 1963,632,633, weil §432 B G B einen unteilbaren Leistungsgegenstand, nicht eine unteilbare Forderungszuständigkeit voraussetze. Zurückhaltend auch Larenz, Schuldrecht I, §36 I, S. 622 Fn.4, ders. JherJb. 83, 108, 176. 3 0 Motive II, S. 171 f spricht zwar von „Untheilbarkeit der Leistung im juristischen Sinne", überlässt Inhalt und Reichweite des Begriffs aber ausdrücklich Wissenschaft und Praxis. 31 Der einzelne Miterbe klagt nach h.M. in gesetzlicher Prozessstandschaft (RGZ 149, 193; Brox, Erbrecht, Rz.487; Leipold, Erbrecht, Rz.533 \ Jauernig/Stürner, B G B , §2039 Rz.3; Palandt/Edenhof er, B G B , §2039 Rz.7; Zöller/Vollkommer, Z P O , Vor. §50 Rz.23; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Grundz. §50 Rz. 27). 32 Siehe dazu Protokolle V, S. 864 m.w.N. 33 RGZ 86, 66ff; RG J W 1935, 3296ff mit Anm. Lehmann. Die ursprünglich geäußerten Bedenken, § 709 Abs. 1 B G B schließe als Sondervorschrift § 432 B G B aus, hat der II. Senat im Urteil RG J W 1935,3296 nicht mehr aufrechterhalten. Zur GmbH siehe auch RG SeuffArch. 83, Nr. 91, S. 144, 145.

8

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

es, dass die „Geschäfte der Gesellschaft nur ihnen gemäß und nicht anders geführt werden sollen". 34 Für handelsrechtliche Personengesellschaften differenzierte der II. Senat"5, weil diese anders als Gesellschaften bürgerlichen Rechts im Interesse der Rechtssicherheit und der Gesellschafter selbst besonders straff organisiert seien, § 124 Abs. 1 H G B verdeutliche, das sie sich in der Rechtsbeziehung zu Dritten der juristischen Person als „einheitliches Rechtswesen" nähere und sogar der einzelne Gesellschafter seiner Gesellschaft „wie ein Dritter" gegenüberstehe. Der straffen Organisation handelsrechtlicher Personengesellschaften entspringe im Interesse der Verkehrssicherheit das zwingende Vertretungsrecht der Gesellschaft36, welches systemwidrig manipulierbar wäre, nähme sich jeder einzelne Gesellschafter das Recht heraus, für sich allein und ohne Mitwirkung oder Ermächtigung der vertretungsberechtigten Gesellschafter Forderungen der Gesellschaft im eigenen Namen zu verfolgen.37 Ergänzend rechtfertigte das Reichsgericht das Außenauftreten der Gesellschaft als Einheit mit dem prozessualen Schutzrecht der Gesellschaftsschuldner, weil sie der Gefahr mehrfacher Inanspruchnahme für dieselbe Forderung ausgesetzt seien, klagten einzelne Gesellschafter und die Gesellschaft nach- oder nebeneinander. Zusammengefasst betrachtet ließ der II. Zivilsenat beim Reichsgericht die Klagebefugnis einzelner Gesellschafter für Gesamthandsforderungen gegen Dritte nur differenziert-abgestuft zu. In der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft mit gemeinschaftlicher Geschäftsführer der Gesellschafter (§ 709 Abs. 1 BGB) hatte der einzelne Gesellschafter gemäß §432 B G B das jederzeitige und unbeschränkte Recht, im eigenen Namen Leistung an alle Gesellschafter zu verlangen. Unanwendbar bleib §432 BGB wegen des Vorrangs von Spezialregelungen, wenn die Geschäftsführung durch Vertrag oder Gesetz von dem Grundsatz gemeinschaftlicher Geschäftsführung abwich. Dann blieb dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen oder nicht allein geschäftsführungsbefugten Gesellschafter nur das

34 Zusätzlich verdeutlicht RGZ 86, 66, 71, dass die Rechte des nicht geschäftsführenden Gesellschafters nicht weiter reichen sollen, als die in § 716 B G B , §§118, 166 H G B geregelten Kontrollrechte. 35 RGZ 86,66, 70; RG]W 1935,32%f; Flechtheim, in: Düringer-Hachenburg, H G B , Bd. II. 2. Hälfte, §114 Anm. 2. 36 Zum zwingenden Charakter der §§125ff H G B siehe etwa Baumbach/Hopt, H G B , §125 Rz. 14; §126 Rz.5; Koller/Roth/Morck, H G B , §125 R z . l ; §126 R z . l ; Schlegelberger/K. Schmidt, H G B , § 126 Rz. 16. 37 Zusätzlich stützte sich das RG auf das Widerspruchsrecht gem. §115 Abs. 1 Hs.2 H G B , welches durch Zulassung der Einzelklage vereitelt werden könnte. Dasselbe Argument spielte hingegen im Fall gemeinschaftlicher Geschäftsführungsbefugnis der Gesellschafter keine Rolle. Dort setzte sich das RG über den Grundsatz einstimmiger Geschäftsführung (§ 709 Abs. 1 Hs. 2 B G B ) mit der Begründung hinweg, der klagende Gesellschafter nehme nur seine „sachlichrechtliche Beteiligung am Gesellschaftsvermögen" wahr ( R G Z 86, 66, 69).

III. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

aufgrund

materiellen

Rechts

9

verbandsintern verfolgbare Recht, von den geschäftsführungsbefugten Gesellschaftern - notfalls klageweise - die Einziehung der Forderung zu verlangen.38 c) Gesetzesanaloges Verständnis des § 2039 BGB für den Übergang Kollektiv- zum Individualrecht

vom

Dieses an sich geschlossene System der Einzelberechtigung relativierte der V. Zivilsenats beim Reichsgericht, weil er eigene Forderangs- und Klagerechte einzelner Gesellschafter einer bürgerlichrechtlichen Gesellschaft mit gemeinschaftlicher Geschäftsführungsbefugnis nicht auf §432 BGB, sondern auf die Analogie zu §2039 B G B stützte.39 Die Vorschrift enthalte den auf andere Gesamthandsgemeinschaften übertragbaren „Rechtsgedanken", dass die Geltendmachung der Gesamthandsforderung diese nur dem gemeinsamen Zweck zuführe. Der V. Senat bezog sich dabei auf die Rechtsprechung des VI. Senats, ohne zu betonen, dass dieser die Einzelbefugnis des Miterben in §432 B G B als der umfassenderen Vorschrift aufgehen ließ. Im Kern lag der Rechtsprechung des VI. Senats nicht die Gesetzesanalogie zugrunde, sondern die extensive Auslegung und Ausdehnung des §432 BGB 4 0 über seinen unmittelbaren Wortlaut hinaus auf Forderungen einer Gesamthandsgemeinschaft, die nach ihrem Leistungsgegenstand im natürlichen Sinne teilbar sind. d) Gesetzesanaloges Verständnis des §744 Abs. 2 BGB für den vom Kollektiv- zum Individualrecht

Ubergang

Die Beliebigkeit rechtsdogmatischer Ableitung der Einzelklagebefugnis intensivierte der I. Zivilsenats beim Reichsgericht, weil er die Einzelklagebefugnis des Gesellschafters einer bürgerlichrechtlichen Gesellschaft auf das Notverwaltungsrecht gemäß § 744 Abs. 2 B G B stützte.41 Die Vorschrift gelte „sinngemäß" für Patentinhaber die keine Bruchteilsgemeinschaft nach §741 BGB, sondern ein Gesellschaftsverhältnis nach §705 BGB bildeten. Die Klaggebefugnis als Notverwaltungsrecht zu begreifen war jedoch an sich entbehrlich, weil sich die Sachund Prozessbefugnis für den unteilbaren Unterlassungsanspruch wegen Patentrechtsverletzung bereits aus §432 B G B ergeben hätte, sofern diese Vorschrift auf RGZ 97, 331, 162, 83; BGHZ 12, 308, 313; 39, 14, 17f. RGZ 100,165ff. Zur Analogie vgl. auch BGB-KGRK/Kregel, 11. Aufl., § 2039 Anm. 19; Palandt/Edenhof er, B G B , § 2039 Rz. 14; Staudinger/Werner, B G B , § 2039 Rz. 32; Soergel/M. Wolf, §432 R z . 6 ; X . Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 I V 3, S.635f. Teilweise wird die Einzelklage auch kumulativ auf §2039 B G B und auf §432 B G B gestützt. 4 0 Die extensive Auslegung betrifft den Fall, dass die Wortbedeutung des Gesetzes gegenüber seinem Sinn und Zweck zu eng gefasst ist. Dagegen entwickelt die Analogie den Sinn und Zweck des Gesetzes weiter, indem sie die gesetzlichen entschiedenen Fälle auf rechtsähnliche Sachverhalte ausdehnt (Enneccerus/Nipperdey, B G B - A T , § 58 II, S. 340f; Palandt/Heinrichs, B G B , Einl. Rz. 39f). 41 RGZ 112, 362ff. Zu §744 Abs.2 B G B siehe auch RGZ 158, 302, 314 (II. ZR). 38 39

10

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche

gegen

Dritte

Gesamthandsforderungen überhaupt gelten darf.42 Mutmaßlich hat der I. Senat die Prozessführungsbefugnis auf § 744 Abs. 2 BGB gestützt, weil der Klage keine Geldforderung, sondern ein Unterlassungsanspruch zugrunde gelegen hatte. Dann hätte aber konsequent die in § 744 Abs. 2 BGB geregelte Einschränkung des Notverwaltungsrechts auf die zur „Erhaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes notwendigen Maßregeln" auch für Geldansprüche einer Personengesellschaft gelten müssen.43 Bei solchen Ansprüchen hat das Reichsgericht aber, jedenfalls bei der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft mit gemeinschaftlicher Geschäftsführung, die Einzelklage grundsätzlich jederzeit und unbeschränkt gemäß §432 BGB zugelassen. e) Ergebnisorientiertes Verständnis Ubergang vom Kollektiv- zum

der §§432, 2039 BGB für Individualrecht

den

Die Unterscheidung des VI. und II. Zivilsenats beim Reichsgericht zwischen Gesamtgeschäftsführung der Gesellschafter nach § 709 BGB und einer davon abweichend geregelter Verwaltungsorganisation der Gesellschaft teilt Karsten Schmidt.44 Er trennt Personengesellschaften mit gemeinschaftlicher Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht gemäß §§ 709, 714 BGB (nicht organisierte Gesamthand) von Gesamthandsgesellschaften mit speziell bestimmten Gesellschaftern und ihnen gesetzlich oder vertraglich übertragener Verwaltungsorganisation (organisierte Gesamthand). Die Einzelklagebefugnis stützt Karsten Schmidt alternativ auf §432 BGB oder §2039 BGB analog.45 Gelten die Grundsätze gemeinschaftlicher Geschäftsführung und Vertretung nach §§709, 714 BGB, so habe jeder Gesellschafter grundsätzlich jederzeit und unbeschränkt 46 das Recht, Forderungen der Gesamthandsgemeinschaft als Gesellschaftsforderungen im eigenen Namen auf Leistung an die Gesellschaft geltend zu machen, weil es an der organisatorischen Verselbständigung eines Vertretungsorgans gegenüber den Mitgliedern fehle. Je intensiver sich aber die Geschäftsführungs- und Vertretungsorganisation der Gesellschaft gegenüber ihrer Legitimationsbasis, nämlich den Verbandsmitgliedern, verselbständige, desto nachhaltiger verringere sich das individuelle Klagerecht des einzelnen Gesellschafters für die der Gesamthand zustehenden Forderungen. 42 Staudinger/Huber, BGB, 12.Aufl., §744 Rz.38; Staudinger/Langhein, BGB, 13.Aufl., §744 Rz.43. 43 Nitschke ZHR 128 (1966), S.48, 80. 44 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV, S.635ff. 45 Ähnlich BGB-KGRK/Kregel, 11. Aufl., § 2039 Anm. 19; Soergel/M. Wolf, § 432 Rz. 6; Staudinger/Werner, BGB, §2039 Rz.32. 46 Das Forderungs- und Klagerecht des Gesellschafters ist nach K. Schmidt nur durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht begrenzt. Er wendet sich gegen ein bloßes Notverwaltungsrecht, das nur bei pflichtwidriger Unterlassung der Forderungseinziehung eingreifen würde (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV, S.653).

III. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

aufgrund

materiellen

Rechts

11

Allerdings akzentuiert diese Ansicht teilweise anders als die Rechtsprechung des Reichsgerichts. Ließ dieses die Einzelklagebefugnis generell bei Personengesellschaften entfallen, deren Geschäftsführung vertraglich oder gesetzlich abweichend von §709 B G B geregelt ist, so lässt Karsten Schmidt die Einzelklage des Gesellschafters in diesen Fällen als „subsidiäre Hilfszuständigkeit" in gesetzlicher Prozessstandschaft zu, wenn die primär für die Geltendmachung der Forderung zuständigen Organe nicht tätig werden. Andererseits läge es in der Konsequenz dieser Ansicht, die Einzelklage sogar in der handelsrechtlichen Personengesellschaft jederzeit und unbeschränkt zuzulassen, sofern gesellschaftsvertraglich Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung aller Gesellschafter vorgesehen ist 47 , weil es auch in diesem Fall an einem Vertretungsorgan fehlt, das sich rechtlich und organisatorisch von den Verbandsmitgliedern verselbständigt hat. f) Bewertung

der

(1) Legalsystematische

Lösungswege Sonderstellung

des § 2039

BGB

Die Gesetzesmaterialien zur Entstehung des §2039 B G B stützen nicht das Auslegungsergebnis des Reichsgerichts, § 432 BGB schließe als allgemeinere Vorschrift §2039 B G B in sich ein. Die Richtigkeit dieser Interpretation unterstellt, reduzierte sich §2039 BGB auf eine deklaratorische Bedeutung ohne den Wert einer lex specialis. Unter dem Aspekt der Normsetzungstechnik48 wäre es nicht sinnhaft, die in §432 BGB geregelte Einzelklagebefugnis fast wortgleich für Miterben zu wiederholen, wenn sie ohnehin für alle Gesamthandsgemeinschaften des B G B aufgrund eines allumfassend verstandenen §432 BGB Geltung hätte.49 Zutreffend ist nur, dass die zweite Kommission den Einwand gegen §2039 B G B beraten hat, eine nur an alle Miterben gemeinschaftlich erbringbare Leistung werde gerade deshalb im Sinne des §432 B G B „unteilbar", auch wenn der Gegenstand der Leistung in natura teilbar wäre.50 Letztlich hielt die Kommission jedoch an dem individuellen Klagerecht der Miterben fest, weil § 432 BGB nicht zwingend anwendbar sei, wenn die einer Erbengemeinschaft zustehende Aktivforderung in einer Geldforderung bestehe.51 Die Regelung des § 2039 BGB neben § 432 BGB beruht nicht, wie das Reichsgericht meinte, auf bloßen „Zweckmäßigkeitserwägungen" des Gesetzgebers, sondern stellt für die Erbengemeinschaft einen Sonderfall innerhalb der offenen Grenzen der in §432 B G B geregelten Individualklagebefugnis dar. § 115 Abs. 2, § 125 Abs. 2 H G B . Aufbau und Gesetzesstil des B G B folgen der pandektistischen Regelungstechnik des Aufsteigens vom Allgemeinen zum Besonderen (Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S.486ff). 4 9 Vgl. Staudinger/Noack, B G B , §432 Rz. 17; ähnlich Medicus, Schuldrecht I, Rz.791. 5 0 Protokolle V, S. 863. 51 Protokolle V, S. 865. 47 48

12

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

Standort und Entstehungsgeschichte des § 2039 B G B belegen seinen Charakter als Ausnahmebestimmung des Erbrechts von der Regel ungeteilter Verfügungszuständigkeit der Miterben über Nachlassgegenstände (§2033 Abs. 2, §2040 Abs. 1 BGB). 5 2 Die Vorschrift durchbricht das ehemals reine Gesamthandsprinzip 53 insofern, als sich im Geltungsbereich des preußischen ALR von 1794 ein rechtspraktisches Bedürfnis 54 durchgesetzt hatte, einzelnen Miterben ein selbständiges Klagerecht auf Leistung an sämtliche Miterben zu gewähren. Die Gesetzesmaterialien schweigen aber dazu, ob die in §2039 B G B geregelte Einzelbefugnis als ohnedies im Wesen der gesamten Hand verwurzelt und als regelmäßige Folge gesamthänderischer Mitberechtigung anzusehen sei. 55 Das Reichsgericht verwischt insofern die Grenzen zwischen gemeinschaftlicher Rechtsausübungsund Empfangszuständigkeit. 56 Als Grundsatz des Gesamthandsrechts in der Erbengemeinschaft hebt die Denkschrift zum B G B 5 7 ausdrücklich hervor, dass das Forderungsrecht nur von allen Gesamthändern „gemeinschaftlich betrieben werden darf" und „besonders geordnet" sei. Einzelne Miterben hätten kein Recht, Leistung in ihr Privatvermögen zu fordern, weil der Verpflichtete als Folge gesamthänderischer Bindung nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten dürfe.58 Nur auf der Rechtsfolgenseite hat §2039 B G B mit §432 B G B gemeinsam, dass der einzelne Gemeinschafter bzw. Miterbe nicht Leistung an sich selbst verlangen darf. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber nicht die Einzelklagebefugnis des Ge52 Siehe dazu OLG Kassel, Seuff Arch. 63 Nr. 163; Staudinger/Noack, B G B , § 432 Rz. 17; Staudinger/Keßler, B G B , §705 Rz. 70; Soergel/Hadding, B G B , §705 Rz.50; Geiler, in: DüringerHachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, Anm. 106 a; Leipold, Erbrecht, Rz.533; Fraenkel]VI 1913, 410,411; Karger J W 1920, 889; Diederichsen M D R 1963,632,634; Ganssmüller N J W 1963,641 f; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz. 126; Nitschke Z H R 128 (1966), 48,61f; Hassold]aS 1980,32,33; Höfler JuS 1992, 388, 389; Roitzsch, Der Minderheitenschutz im Verbandsrecht, S. 165. 53 Die §§2032ff B G B beruhen auf dem Gesamthandsprinzip, das von der zweiten Kommission nach dem Vorbild des preußischen A L R von 1794 eingeführt worden ist, während der erste Entwurf noch an die Bruchteilsgemeinschaft des Gemeinen Rechts angeknüpfte (Protokolle V, S. 835ff; Denkschrift, S.275ff; Jauernig/Stürner, B G B , §2032 R z . l ; a.A. Grunewald AcP 197 [1997], 305, wonach die Erbengemeinschaft sogar rechtsfähig sei). 5 4 Protokolle V, S. 864. 55 Zutreffend kritisch auch Nitschke Z H R 128 (1966), 48,60, weil es „die Gesamthand" als gesetzlich geregelte Institution nicht gebe, sondern nur Gesamthandsgemeinschaften in ihrer jeweiligen gesetzlichen Ausgestaltung. Ahnlich auch Diederichsen M D R 1963, 632, 634; Höfler JuS 1992,388,389; Staudinger/Noack, B G B , § 432 Rz. 11. Unrichtig Hassold JuS 1980,32,33, der unter dem „Wesen der Gesamthand" die Zusammenfassung aller Merkmale versteht, die sämtlichen Gesamthandsgemeinschaften zu Eigen sei. Dazu gehöre nicht der Ausschluss der Einzelklage, weil §2039 B G B dem Miterben die Prozessführungsbefugnis gerade gewähre. Diese Auffassung verkennt, dass eine vergleichbare Regelung für die Gesellschaft und Gütergemeinschaft gerade nicht vorgesehen ist. 5 6 Vgl. §719 Abs. 1 Hs. 1, § 1419 Abs. 1, §2033 Abs. 1, §2040 Abs. 1 B G B einerseits und §719 Abs.2, § 1419 Abs.2, §2040 Abs.2 B G B andererseits. 5 7 Denkschrift, S. 277f; siehe auch Protokolle V, S. 864, wonach sich die Einzelklage der Miterben im Geltungsbereich des A L R gegen den Wortlaut des Gesetzes und das Gesamthandsprinzip durchgesetzt habe. 5 8 Denkschrift, S.277f.

III. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

aufgrund

materiellen

Rechts

13

samthänders, sondern die Klageerhebung auf Leistung an alle als eine im Gesamthandsprinzip verwurzelte Rechtsfolge des § 2 0 3 9 B G B angesehen hat.

(2) Auslegung nach dem Sinn und Zweck des §2039 BGB Teleologisch erschöpft sich § 2 0 3 9 B G B nicht in einer bloßen Klarstellungsfunktion gegenüber § 4 3 2 B G B , sondern zielt mit der Einzelklagebefugnis des Miterben auf die Effizienz der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Das Klagerecht der Miterben begründet die Denkschrift 5 9 : „Dagegen hat der Entwurf dem Grundsatze der gesamten Hand nicht die Folge gegeben, dass die Geltendmachung der Ansprüche nur von den Miterben gemeinschaftlich betrieben werden darf. Wie die Erfahrungen im Gebiete des Preußischen Rechtes gezeigt haben, bringt eine solche Regelung erhebliche Unzuträglichkeiten mit sich, indem sie namentlich die Auseinandersetzung unter den Miterben sehr erschwert. D e r Entwurf gibt daher jedem Miterben zunächst das Recht, Leistung an alle Erben zu fordern; außerdem kann aber jeder Miterbe auch verlangen, dass der Verpflichtete die zu leistende Sache für alle Erben hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert".

Zu beheben seien diese Unzuträglichkeiten durch ein individuelles Klagerecht der Miterben, weil die Klage aller Gemeinschafter nicht erhebbar sei, wenn ein einzelner Miterbe, „sei es aus Indolenz sei es Eigensinn, sich weigere, sich an der Geltendmachung des gemeinschaftlichen Anspruchs zu betheiligen". 6 0 Die Personengesellschaft unterscheidet sich als gewillkürte Gesamthandsgemeinschaft der Gesellschafter (§705 B G B ) von der Erbengemeinschaft durch die Verpflichtung, über die gemeinschaftliche Berechtigung am Vermögen hinaus einen vereinbarten Zweck zu fördern. 6 1 Die Erbengemeinschaft entsteht unmittelbar kraft Gesetzes 6 2 unabhängig vom Willen der Miterben und ist nach § 2 0 3 2 Abs. 2 B G B von vornherein auf Auseinandersetzung, nicht auf Fortbestand ausgerichtet. 63 Folglich lockert § 2 0 3 9 B G B den Grundsatz gemeinschaftlicher Rechtsausübung nur bei der Erbengemeinschaft. 6 4 Eine dem § 2 0 3 9 B G B entsprechende Indivi-

Denkschrift, S. 277f. Protokolle V, S.864f. 61 MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz. 109ff m.w.N. 62 §§ 1922,1942,2032 B G B . Die Erbengemeinschaft kann nicht vertraglich geschaffen werden (BayOblG 32, 381; Palandt/Edenhofer, B G B , Einf. v. §2032 R z . l ; BGB-RGRK/Kregel, 11.Aufl., §2032 Anm.8). 63 Leipold, Erbrecht, Rz.537; BGB-RGRK/Kregel, 11.Aufl., §2032 Anm.4; Palandt/Edenhofer, B G B , Einf. v. §2032 Rz. \\Jauernig/St ürner, B G B , Vorb. v. §2032 Rz. 1. Dagegen kann es bei der Gesellschaft eine Auseinandersetzung ohne Auflösung der Gesellschaft nicht geben (§730 Abs. 1 B G B ; vgl. Staudinger/Keßler, B G B , § 730 Rz. 1). 64 Larenz JherJb. 83, 108, 170. Zur Analogiefähigkeit von Ausnahmevorschriften vgl. StierSomlo/Elster, Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, Bd.I, Stichwort: Analogie und per argumentum e contrario, S. 135; Larenz, Methodenlehre, S. 355f; Enneccerus/Nipperdey, BGB-AT, §48 I 2, S.296f; Palandt/Heinrichs, B G B , Einleitung Rz.45. 59

60

14

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche

gegen

Dritte

dualklagebefugnis für Forderungsrechte der Gesamthandsgesellschaft sieht das Gesetz nicht vor. 65 Die sinngemäße Anwendung des §2039 BGB auf Gesellschaftsforderungen ist zudem teleologisch verfehlt, weil keine planwidrige Regelungslücke feststellbar ist.66 Regelungsinhalt und -struktur der §§705ff BGB bezwecken für Personengesellschaften nicht die Vermögensabwicklung, sondern die ungeschmälerte Sicherung des Gesamthandsvermögens und das Zurücktreten des Einzelinteresses des Gesellschafters zugunsten des Gemeinschaftsinteresses. 67 Mithin hat der einzelne Gesellschafter ohne besondere Vereinbarung oder Ermächtigung keine Einzelbefugnisse in Bezug auf Gegenstände des Gesellschaftsvermögens, namentlich kein Recht, Gesamthandsforderungen gegen Dritte im eigenen Namen geltend zu machen. 68 Eigenmächtiges Vorgehen wird dem Einzelgesellschafter sogar dann untersagt, wenn bei gemeinschaftlicher Geschäftsführung die übrigen Gesellschafter ihre Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme verweigern, die „vielleicht zur Erreichung des Gesellschaftszwecks sich als notwendig oder förderlich erweist und ohne die Mitwirkung der anderen Gesellschafter nicht erfolgen kann". 69 Wird die Regelungsstruktur der §§ 705ff BGB mit der auf die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gerichteten Zielsetzung des §2039 BGB verglichen, so zwingt die Konzeption gesellschaftsrechtlicher Geschlossenheit des Gesamthandsvermögen den einzelnen Gesellschafter grundsätzlich dazu, verbandsintern die Zustimmung aller Gesellschafter zur Rechtsverfolgung für die Gesellschaft zu verlangen 70 . Sein Recht auf Zustimmung stützt sich in der werbenden Gesellschaft auf die Zweckförderungspflicht aller Mitgesellschafter (§ 705 BGB) 71 und im Liquidationsstadium der Gesellschaft auf §754 S.2, §731 S.2 BGB. 72 65 Ähnlich Staudinger/Noack, B G B , §432 Rz.22, der jedoch zusätzlich annimmt, dass die Einzelklage d u r c h eine A u ß e n w i r k u n g der Geschäftsführungsregeln ausgeschlossen sei. 66 Siehe dazu Stier-Somlo/Elster, H a n d w ö r t e r b u c h der Rechtswissenschaft, B d . I , Stichwort: Analogie u n d per a r g u m e n t u m e contrario, S. 133ff; Enneccents/Nipperdey, BGB-AT, §58 II, S.339f; Larenz, Methodenlehre, S. 381 ff; Pawlowski, Methodenlehre, Rz.476ff. 67 Staudinger/Keßler, BGB, Vorbem. zu §§ 709 - 715 Rz.3. 68 Denkschrift, S. 277f; Staudinger/Keßler, BGB, § 705 Rz. 70; Plancks K o m m e n t a r z u m BGB, §719 A n m . 2 . Die Vertretungsmacht gem. §714 BGB, §§125, 126 H G B umfasst nicht zugleich die Befugnis, Forderungsrechte im eigenen N a m e n einzuklagen. Ein Gesellschafter kann aber in gewillkürter Prozessstandschaft klagen, w e n n er von der G e s c h ä f t s f ü h r u n g dazu ermächtigt w o r d e n ist (Staudinger/Noack, BGB, §432 B G B Rz. 15 m.w.N.). 69 Motive II, S. 602f. In diesem Fall ist die Schädigung des Gesellschaftsvermögens grundsätzlich n u r verbandsintern durch Klage auf Z u s t i m m u n g zu der G e s c h ä f t s f ü h r u n g s m a ß n a h m e abwendbar. D a r ü b e r hinaus sieht das Gesetz n u r die Möglichkeit vor, die G e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g nis aus wichtigem G r u n d zu entziehen (§712 BGB, § 117 H G B ) , den Gesellschafter auszuschließen (§ 737 B G B , § 140 H G B ) oder die Gesellschaft aus wichtigem G r u n d aufzulösen (§ 723 BGB, § 133 H G B ) . Siehe dazu Fischer, in: G r o ß k o m m . H G B , § 115 A n m . 4 a. 70 Z u m Klageantrag vgl. Arhausen J W 1900, 327. 71 Plancks K o m m e n t a r z u m B G B , § 709 A n m . 1; Flume, Die Personengesellschaft, § 15 II 4, S. 272; Palandt/Sprau, BGB, Vorbem. v. § 709 Rz. 8; MüKo/Ulmer, B G B , § 709 Rz. 40; Jauernig/

III. Kumulierte Rechtszuständigkeit

der Gesamthand aufgrund materiellen Rechts

15

Teleologisch gesehen ließe sich der Regelungsgehalt des §2039 B G B allenfalls auf die Gesellschaft in Liquidation übertragen, wegen ihres dann auf Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens gerichteten Zwecks als Abwicklungsgesellschaft (§ 73Off BGB, § 145ff H G B ) und wegen des Wegfalls der Verpflichtung der Gesellschafter zur Förderung des vereinbarten Gesellschaftszwecks. 7 3 In diesem Fall tritt - der Rechtslage bei der Erbengemeinschaft vergleichbar - das rechtliche u n d wirtschaftliche Interesse des einzelnen Gesellschafters an einer effizienten Abwicklung des Vermögens der Gesellschaft gegenüber dem in der werbenden Gesellschaft auf Erhaltung des Gesamthandsvermögens gerichteten Gemeinschaftsinteresse in den Vordergrund. Das drückt sich in dem Anspruch jedes einzelnen Gesellschafters gegen alle übrigen Gesellschafter auf Vornahme u n d D u r c h f ü h r u n g der Auseinandersetzung und in der subsidiären Geltung von Bruchteilsrecht f ü r die Art und Weise der Auseinandersetzung aus (§731 S.2 BGB). 7 4 Das Abwicklungsinteresse des Gesellschafters ist dem Auseinandersetzungsinteresse des Miterben vergleichbar. §2039 B G B analog gäbe dann Gesellschaftern das Recht, einzeln und notfalls durch Klage im eigenen N a m e n gegen Gesellschaftsschuldner vorzugehen, blieben Gesellschaftsabwickler aus „Renitenz, bösem Willen oder sonst unlauteren Motiven" 7 5 untätig. Die Gesamtgeschäftsführungsbefugnis aller Gesellschafter stünde während der Liquidation 7 6 einer analogen A n w e n d u n g des §2039 BGB nicht entgegen 77 , da auch in der Erbengemeinschaft die Nachlassabwicklung den Miterben grundsätzlich nur gemeinschaftlich zusteht (§2038 Abs. 1 S. 1 BGB).

Stürner, BGB, § § 7 1 1 - 7 1 3 Rz.2; Baumbach/Hopt, H G B , §115 Rz.6; Schlegelberger/Martens, HGB, §115 Rz. 15. 72 Hauptanwendungsfall des §754 S.2 BGB ist die Teilung von Gesamthandsforderungen (§731 S.2, §2042 Abs.2, § 1477 Abs. 1 BGB). Ähnliche Regelungen enthalten ferner § 1078 BGB (Dienstbarkeit) und § 1285 BGB (Pfandrecht). Siehe dazu MüKo/K. Schmidt, BGB, § 754 Rz. 5; Soergel/Hadding, BGB, §754 R z . l ; Erman/L. Aderhold, BGB, §754 Rz.2; BGB-RGRK/Fischer, 11. Aufl., §754 Anm. 3; Plancks Kommentar zum BGB, §754 Anm. 3; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, §754 Anm. a. 73 MüKo/Ulmer, BGB, § 730 Rz. 1; Soergel/Hadding, BGB, Vor. § 723 Rz. 1, § 730 Rz. 6; Staudinger/Keßler, BGB, Vorbem. zu §§730 - 735 Rz. 1, § 730 Rz. 1. 74 Soergel/Hadding, BGB, §730 R z . l m.w.N.; Palandt/Sprau, BGB, §730 Rz.2. 75 Motive II, S. 172 zu §339 E I (= §432 BGB). 76 § 730 Abs. 2 S. Hs. 2 BGB, § 146 Abs. 1 S. 1 HGB. 77 So aber RGZ 100, 165, 167, weil die Einzelklagebefugnis „ohne oder gar gegen den Willen der anderen Gesellschafter die Liquidation empfindlich stören würde". Ahnlich auch BGHZ 17, 340, 346; BGH WM 1964, 651.

16

Teil 1: A. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche gegen Dritte

(3) Gesetzessystematische Unterschiede zwischen Gesamthandsgläubigerschaft und Mitgläubigerschaft (a) Einfluss materiellrechtlicher Prozessführungsbefugnis

Verfügungsbeschränkung

auf die

Bedeutsam ist die Prozessführungsbefugnis als prozessuales Pendant materiellrechtlicher Verfügungsbefugnis über das behauptete Forderungsrecht. 7 8 Formellprozessrechtlich ist die Zulässigkeit der Einzelklage gemäß §432 BGB keine Frage prozessualer Vertretungsmacht, da der Gesellschafter im eigenen N a m e n als Partei des Rechtsstreits Klage erhebt. N i c h t betroffen ist auch die Frage, ob der Gesellschafter namens der Gesamthandsgesellschaft Klage erheben könnte, und ob er dazu aufgrund der im Binnenrecht der Gesellschaft geltenden Verwaltungsorganisation berechtigt wäre, denn die Vertretungsmacht eines Gesellschafters umfasst nicht das Recht, Klage im eigenen N a m e n zu erheben. 7 9 Die Problematik der prozessualen Einzelklagebefugnis gemäß §432 B G B liegt daher nicht auf dem Gebiet gesellschaftsrechtlich geregelter Geschäftsführungsu n d Vertretungsorganisation, sondern auf dem der beschränkten materiellrechtlichen Verfügungsbefugnis des Einzelgesellschafters als Ausdruck gesamthänderischer Vermögenszuordnung in der Gesellschaft. Seine Verfügung im eigenen N a men über einen z u m Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstand ist unberechtigt i.S.d. §185 BGB. 8 0 D a die materiellrechtliche Verfügungsbefugnis nur der Gesamthandsgesellschaft zusteht, fehlt dem Kläger die Prozessführungsbefugnis, es sei denn, ihn ermächtigen die vertretungsberechtigten Gesellschafter zur Klage im eigenen N a m e n (gewillkürte Prozessstandschaft) oder er ist dazu besonders gesetzlich ermächtigt (gesetzliche Prozessstandschaft). 8 1 K o m m t es nach der hier vertretenen Ansicht auf die materiellrechtliche Verfügungsbefugnis f ü r die Forderungs- und Empfangszuständigkeit an, so stellt sich die Frage, ob der Einzelgesellschafter gemäß §432 BGB materiellrechtlich verfü78 Fehlt das Prozessführungsrecht, so ist die Klage unzulässig (Baumbach/Lauterbach/'Albers/Hartmann, Z P O , Grundz. §50 Rz.22ff; Zöller/Vollkommer, Z P O , Vor. §50 Rz.18; Thomas/Putzo, Z P O , §51 Rz.21). 79 BGH WM 1979,366; Palandt/Sprau, BGB, §705 Rz. 17;Jauermg/Stürner, BGB, § 705 Rz. 1 - 3 . Auch der vertretungsberechtigte Gesellschafter kann zur Klageerhebung im eigenen Namen ermächtigt werden, selbst wenn er den Rechtsstreit als Prozessvertreter der Gesellschafter führen könnte (BGH N J W 1988, 1585, 1586). 80 Jauernig/Stürner, BGB, §§718 - 720 Rz.4; Palandt/Sprau, BGB, §719 Rz.5. 81 BGH N J W 1988, 1586, 1996, 2860; Hellwig, System des Zivilprozeßrechts, Teill, §72 I, S. 166ff, §73 II, S. 172f, §74, S.174ff; Lüke, Zivilprozeßrecht, Rz. 100; Jauernig, Zivilprozeßrecht, §22 III, IV, S.68f; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Z P O , §46 II, III, S.235ff; Zimmermann, Z P O , §51 Rz. 15, 17; Thomas/Putzo, Z P O , §51 Rz.24, 31; Zöller/Vollkommer, Z P O , Vor. §50 Rz.20; Baumbach!Lauterbach/Albers/Hartmann, Z P O , Grundz. §50 Rz.26; Wieczorek/Schütze/Hausmann, Z P O , Vor. §50 Rz.45; Stein-Jonas/Bork, ZPO, Vor. §50 Rz.25ff, 41 ff; MüKo/ Lindacher, Z P O , Vor. § 50 Rz. 43; AK/Koch, Z P O , Vor. § 50 Rz. 15ff; Palandt/Sprau, BGB, § 709 Rz.2; Staudinger/Noack, BGB, §432 Rz. 15.

III. Kumulierte Rechtszuständigkeit der Gesamthand aufgrund materiellen Rechts

17

gungsbefugt ist und darauf gestützt prozessual ein Einzelklagerecht hat. Gleichviel o b eine Leistung als teilbar oder nicht teilbar angesehen werden kann, ist bereits im Ansatz zweifelhaft, ob Forderungen einer Personengesellschaft in ihrer Gesamthandsbindung unmittelbar oder subsidiär den allgemeinen Vorschriften über Gläubigermehrheiten ( § 4 2 8 f f , § 4 3 2 B G B ) zuzurechen sind. 8 2 (b) Mitgläubigerschaft

und rechtsfähige

Personengesellschaft

§ 4 3 2 B G B ist unanwendbar, werden mit Blick auf § 1 4 A b s . 2 , § 1 0 5 9 a A b s . 2 B G B , § 1 2 4 Abs. 1 H G B , § 1 1 A b s . 2 Nr. 1 I n s O , § 1 9 1 A b s . 2 U m w G nicht nur Personengesellschaften des Handelsrechts, sondern auch (Außen)Gesellschaften bürgerlichen Rechts für rechtsfähig gehalten. 8 3 D i e Mitgläubigerschaft setzt eine Mehrheit forderungsberechtigter Rechtsträger voraus. Wird die Gesellschaft aber unabhängig von ihren Mitgliedern als Trägerin von Rechten und Pflichten angesehen, so ist nur die Gesellschaft als solche Forderungsinhaberin. 8 4 Daher ist es nicht folgerichtig, wenn Teile des Schrifttums 8 5 R e c h t e und Pflichten einerseits der Gesamthandsgemeinschaft, nicht ihren Mitgliedern zuordnen, anderseits aber § 4 3 2 B G B auf Gesamthandsforderungen anwenden, o b w o h l die von § 4 3 2 B G B vorausgesetzte Gläubigermehrheit fehlt. Ist die Gesellschaft als Rechtssubjekt forderungs- und klagebefugt, so steht den Gesellschaftern als einzelnen G e samthändern eben nicht das Vermögen der Gesellschaft zur Disposition, sondern nur der Gesellschaft als (teil)rechtsfähige „ G r u p p e " bzw. als rechtlich „organisierter Personenverband". 8 6

82 Vgl. auch Medicus, Schuldrecht I, Rz. 791; Brox, Schuldrecht AT, Rz. 440, 442; Hadding JZ 1975, 159; Hassold JuS 1980, 32, 33; Diederichsen MDR 1963, 632, 634; Erman/H.P. Westermann, BGB, Vor. §420 Rz. 10; Staudinger/Keßler, BGB, §705 Rz.70; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 179 II 2 a, S. 749; Staudinger/Noack, BGB, §432 Rz. 12ff. 83 So die neuere Gesamthandslehre; vgl. dazu etwa BGH NJW 2001, 1056ff, BVerfG NJW 2002, 3533; Flume, Die Personengesellschaft, § 7 II, S. 89ff; MüKo/Ulmer, BGB, § 705 Rz. 131 f; ders. AcP 198 (1998), 113ff; ders. ZIP 2001, 585ff; Schlegelberger/K Schmidt, HGB, § 124 Rz. 1; ders, Gesellschaftsrecht, § 8 III, S. 203ff, § 46 II 1, S. 1357ff; ders. NJW 20001,993ff; Soergel/Hadding, BGB, Vor. §705 Rz.21; Koller/Roth/Morck, HGB, § 124 Rz. 1; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1 A., Rz. 101, 1 B, Rz. 33; Sudhoff/Jäger, Personengesellschaften, B I, Rz. 5; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz. 77; Wiedemann WM 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S. 7, 9f. Zur Gesamthandsdiskussion siehe Cordes JZ 1998, 545; Timm NJW 1995, 3209 und den Überblick bei Palandt/Sprau, BGB, §705 Rz. 17. Zur Scheckfähigkeit der ARGE siehe auch BGH NJW 1997, 2755. 84 Staudinger/Noack, BGB, §432 Rz. 12f; Medicus, Schuldrecht I, Rz.791; SoergeUHadding, BGB, §705 Rz. 56; ders. JZ 1975, 159, 162. 85 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §8 IV 5, S.213; §58 IV 2, S.1716f; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 124 Rz. 1; ähnlich MüKo/Ulmer, BGB, § 719 Rz. 8; § 705 Rz. 132, der zwar § 432 BGB für anwendbar hält, zugleich aber der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die selbständige Rechtssubjektivität zuerkennt. 86 Vgl. MüKo/Ulmer, BGB, §718 Rz.2.

18

Teil 1: A. Rechtsstellung

(c) Mitgläubigerschaft

des Gesellschafters für Ansprüche gegen

und Forderungsgemeinschaft

nach

Dritte

Bruchteilen

Die Gläubigermehrheit im Sinn des §432 BGB ist vorstellbar, wäre nicht die Gesamthand Alleingläubigerin, sondern könnten Gesellschafter im Gesamthandsverbund einzeln als forderungsberechtigte Rechtsträger des Gesellschaftsvermögens angesehen werden. 87 Tatsächlich ist §432 BGB jedoch auch auf diesen Fall unanwendbar, weil die Vorschrift entweder eine Mehrheit selbständiger Forderungsrechte der Gläubiger, zumindest aber eine Gläubigergemeinschaft zu Bruchteilen (mit anteiliger Einziehungsbefugnis) im Sinne des §747 Satz 1 BGB voraussetzt. Nach Auffassung von Enneccerus und Lehmann88 existieren bei der Mitgläubigerschaft i.S.d. §432 BGB so viele selbständige Forderungen wie es Gläubiger gibt. Jede von ihnen ist nicht auf Teilleistung gerichtet, auch nicht auf Leistung an den Einzelnen, sondern auf Leistung des Schuldners an alle Gläubiger zusammen. Dies trifft aber von vornherein auf die Gesamthandsgemeinschaft nicht zu, weil diese als Gläubigermehrheit ihrer Mitglieder nur ein Forderungsrecht hat, das den einzelnen Teilhabern gerade nicht einzeln, sondern zur gesamten Hand zusteht. 89 Insofern hat die Beurteilung der Leistung als „teilbar" oder als „nicht teilbar" keine Selektivfunktion für die Anwendbarkeit des §432 BGB auf Gesamthandsforderungen, weil sich beide Arten der Gläubigermehrheit bereits in ihrer gesetzlichen Ausgangsstruktur fundamental unterscheiden. Wird dagegen die Mitgläubigerschaft als Bruchteilsgläubigerschaft oder Forderungsgemeinschaft zu Bruchteilen i.S.d. §741 BGB verstanden 90 , so lässt sich 87 So die ältere Gesamthandslehre; vgl. dazu BGHZ 3 4 , 2 9 3 , 2 9 6 ; 110, 127, 128; BAG DB 1989, 1973; (Hertmann, Recht der Schuldverhältnisse, Vorb. zu § § 705ff A n m . 1; Warneyer, B G B , § 705 A n m . I; Geiler, in: Düringer-Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, A n m . 20; Flechtheim, in: Düringer-Hachenburg, H G B , Bd. II, 2. Hälfte, § 1 2 4 A n m . 1 u. 2; Fischer, in: G r o ß k o m m . H G B , § 1 2 4 A n m . 2 ; ders, in: B G B - R G R K , 11.Aufl., Vor. § 7 0 5 A n m . 4 ; BGB-RGRK/v. Gamm, 12. Aufl., Vor. § 705 Rz. 4; Staudinger/Keßler, BGB, § 705 Rz, 35; A. Hueck, Das Recht der O H G , § 3 IV, S.32f, § 1 8 II, S.259; Baumbach/Hopt, H G B , § 1 2 4 R z . l ; Jauernig/Stürner, BGB, §705 R z . 1; § 715 R z . 1 f; Larenz, Schuldrecht II, § 60 IV a, S. 389; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 12 II 2, S. 87f; ders, in: FS Zöllner, 275ff; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 4 III, 1, S.26; § 7 1 2 b, S. 62; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz. 184; Fikentscher, Schuldrecht, § 8 8 I 3, R z . 9 6 4 ; Medicus, Schuldrecht II, R z . 4 8 1 ; 490; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 1 7 5 I 2, S.723f; Buchner A c P 169 (1969), 483. 88 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 96 I 2, S. 377; sinngemäß v. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. III, S. 844 Fn.66; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S. 58; Hadding, in: FS Wolf, 107,122; w o h l auch Palandt/Heinrichs, B G B , § 432 Rz. 8; Fikentscher, Schuldrecht, § 62 I, R z . 6 2 8 ; Zöller/Vollkommer, Z P O , Vor. § 5 0 R z . 2 7 . 89 v. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. III, S. 844 Fn. 66; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S.58. 90 Motive II, S. 172; Larenz, Schuldrecht I, § 3 6 I, S.623f; ders. J h e r J b . 83, 108, 165ff; Brox, Schuldrecht AT, R z . 4 4 4 ; Plancks K o m m e n t a r z u m B G B , § 7 5 4 A n m . 3; Warneyer, B G B , A n m . zu § 754; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, § 432 A n m . 5; Staudinger/Noack, B G B , § 432 R z . 2 2 ; MüKo/Selb, B G B , §432 R z . l ; Soergel/M. Wolf, B G B , § 4 3 2 R z . l ; Jauernig/Stürner, BGB, § 7 4 1 Rz. 6; Erman/L. Aderhold, § 7 5 4 R z . 2 ; Staudinger/Huber, BGB, 12. Aufl., § 7 4 1

III. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

aufgrund

materiellen

Rechts

19

zwar die Gemeinschaftlichkeit des Forderungsrechts begründen, weil dieselbe Forderung mehreren Gläubigern zu ideellen Bruchteilen zusteht. Jedoch darf im Unterschied zur Gesamthandsgemeinschaft jeder Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft über seinen Anteil, im Fall der Forderungsgemeinschaft zu Bruchteilen nach §432 B G B jeder einzelne Gläubiger über seine ideelle Mitberechtigung an der auf Leistung an alle gerichteten Forderung verfügen ( § 7 4 7 Satz 1 B G B ) . 9 1 Sie ist mithin zwar gemeinschaftlich, jedoch in selbständige Anteilsrechte gegliedert. Die Eigenständigkeit dieser mitgläubigerschaftlichen Rechte folgt auch daraus, dass §432 Abs. 2 B G B Tatsachen, die nur in der Person eines Mitgläubigers eintreten, nicht für und gegen die übrigen wirken lässt. 92

(d) Mitgläubigerschaft

und

Gesamtbandsbindung

Von diesen Arten der Gläubigermehrheit unterscheiden sich grundsätzlich Forderungen zur gesamten Hand. Während der Dauer des Gesamthandsverhältnisses hat jeder Gesamthänder eine unmittelbare Mitberechtigung 9 3 an jedem G e genstand des gemeinschaftlichen Vermögens ohne quotenmäßige Rechtsteilung. 94 Jeder Gesamthänder ist durch die Konkurrenz der anderen in seiner Berechtigung beschränkt. Mit diesem ungeteilten Regime der Gesamtheit der G e sellschafter über die einzelnen Gegenstände und dem Gesamthandsprinzip korrespondiert für körperliche Sachen und Forderungsrechte in § 7 1 9 Abs. 1 B G B das Verbot der Verfügung über einzelne Gegenstände des Gesellschaftsvermögens. Die Literatur nimmt daher Gesamthandsgemeinschaften zu Recht ganz von §432 B G B aus und transformiert sie zu einer Gläubigergemeinschaft eigener Art. 9 5 Die gemeinschaftliche Empfangszuständigkeit als Kriterium extensiver Interpretation des § 432 B G B reduziert sich nach dieser Ansicht auf Bruchteilsgemeinschaf -

Rz.60; 63; Staudinger/Langhein, B G B , 13.Aufl., §741 Rz.82; MüKo/K. Schmidt, B G B , §741 Rz.40, 43. 91 Larenz, Schuldrecht I, §36 I, S.624; Brox, Schuldrecht AT, Rz.443. 9 2 Deshalb wirkt etwa ein zwischen Mitgläubiger und Schuldner ergangenes rechtskräftiges Urteil nicht für und gegen die anderen Mitgläubiger (Staudmger/Noack, B G B , §432 Rz. 58f). 93 Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Teil, Anm. 23 u. 108; Plancks Kommentar zum B G B , Vorb. v. §705 Anm. 3, §719 Anm. 1; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S.34f; Fischer, in: Großkomm. H G B , § 105 Anm.33ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 5 I 2, S.248ff; Staudinger/Keßler, B G B , Vorbem. zu §705 Rz.61ff, §719 Rz.8f; MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 135f, §718 Rz. lff; Soergel/Hadding, B G B , §719 Rz. 1; EnnecceruslLehmann, Schuldrecht, §179 II, S. 748f; Larenz, Schuldrecht I, §36 I, S. 622; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz. 70ff; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz. 122; Kühler, Gesellschaftsrecht, §4 III, S.25ff; Flume, Die Personengesellschaft, §4, S.50ff; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §3 II, S.20ff; Weber-Grellet AcP 182 (1982), S . 3 1 6 ; K Schmidt J Z 1985, 909. 9 4 Siehe auch § 719 Abs. 1 B G B , §2033 Abs.2, § 1419 Abs. 1 B G B . Teilweise wird sogar angenommen, der Gesellschafter habe nicht einmal einen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen. Dieses gehöre ungeteilt und ausschließlich der (rechtsfähigen) Gesellschaft (K. Schmidt N J W 2001, 993, 998). 9 5 Siehe dazu etwa Medicus, Schuldrecht I, Rz.791.

20

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

ten (§ 741 ff, § 1 0 0 8 f f B G B ) , weil diese keine der Gesamthandsgesellschaft vergleichbare personelle oder vermögensrechtliche Geschlossenheit aufweisen. 96 Die legislativ-absichtliche Sonderstellung der Gesamthandsgemeinschaft außerhalb des Anwendungsbereichs des § 4 3 2 B G B ist zudem aus der Entstehungsgeschichte der §§718, 719 B G B ableitbar. Der erste Entwurf zum B G B ist in den § § 6 2 9 - 658 zunächst der gemeinrechtlichen Gesellschaftsauffassung gefolgt, die im Sinn der römisch-rechtlichen societas die Gesellschaft als reines Schuldverhältnis konzipierte. 9 7 Ein vom Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter gesondertes Gesellschaftsvermögen als ökonomische Grundlage des verfolgten Gesellschaftszwecks existierte nicht. Vielmehr waren die Gesellschafter nach dem Genre einer Bruchteilsgemeinschaft an den Gegenständen des Gesellschaftsvermögens nach bestimmten Quoten berechtigt. An gemeinschaftlich gewordenen Sachen bestand Miteigentum, Forderungen und Verbindlichkeiten wurden unter den Gesellschaftern nach bestimmten Maßstäben geteilt. 98 Schon vor der Gesellschaftsauseinandersetzung sollte den Gesellschaftern das Verfügungsrecht über ihre Anteile an den einzelnen Vermögensgegenständen zustehen und die Zwangsvollstreckung in diese Anteile erlaubt sein. 99 Im zweiten Entwurf zum B G B hat sich aber nicht die römisch-rechtliche societas im Muster einer Bruchteilsgemeinschaft, sondern das aus deutsch-rechtlicher Tradition entlehnte Gesamthandsprinzip durchgesetzt. Die Denkschrift rechtfertigt diesen Richtungswechsel, weil die deutsch-rechtliche Gesamthandsgemeinschaft „dem Zwecke und dem inneren Verhältnis der Gesellschaft wie auch der regelmäßigen Absicht der Parteien mehr entspricht als die römisch-rechtliche Regelung; besonders gewährt der Grundsatz der gesamten Hand Schutz gegen die Gefahr, dass durch Verfügungen einzelner Gesellschafter oder ihrer Gläubiger das Gesamthandsvermögen seiner Bestimmung beliebig entzogen und damit die Erreichung des gemeinschaftlichen Zweckes vereitelt wird". 1 0 0 Wäre mithin §432

Zu §1011 B G B siehe auch BGH WM 1964, 651; BayOblGZ 90 Nr. 54, S.262. Motive II, S. 591 f, 594ff. Siehe auch Denkschrift, S. 86ff; Protokolle II, S. 428ff; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, S. 814ff; Plancks Kommentar zum B G B , Vorbem. v. §705 Anm. 3; Staudinger/Keßler, B G B , Vorbem. zu §705 Rz.3ff; Häuser, Unbestimmte Maßstäbe, S. 165 ff. 9 8 Motive II, S. 591,599: „Es besteht kein geschlossenes Gesellschaftsvermögen: den einzelnen Gesellschaftern steht dasjenige Vermögen, welches infolge des Vertrages ihnen allen gemeinschaftlich geworden ist, zu bestimmten Antheilen zu ... Durch die Einbringung von Gegenständen dem Rechte nach entsteht kein Eigenthum der Gesellschaft im Gegensatze zu den Gesellschaftern, auch keine Einheit oder Geschlossenheit des Gesellschaftsvermögens ... Vielmehr steht an den einzelnen Gegenständen jedem Gesellschafter ein bestimmter, und zwar nach der Interpretationsregel des vierten Absatzes im Zweifel ein gleicher Antheil zu; es entsteht also an den gemeinschaftlich gewordenen Sachen ein Miteigenthum der Gesellschafter nach bestimmten Quoten, gemeinschaftlich gewordene Forderungen sind unter die Gesellschafter nach bestimmten Maßstabe geteilt (nomina ipso jure divisa, §320)". 9 9 Motive II, S. 599. 1 0 0 Denkschrift, S. 86ff. 96

97

III. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

aufgrund

materiellen

Rechts

21

B G B durch Rechtsfortbildung auf Gesellschaften prinzipiell anwendbar, so wäre die vom historischen Gesetzgeber avisierte Unterscheidung zwischen Bruchteilsund Gesamthandsgemeinschaften eingeebnet, ohne dass das Gesetz novelliert worden wäre. Jedenfalls führte die auf §432 BGB gestützte Anerkennung selbständiger Klagerechte wenn nicht direkt, so doch tendenziell contra legem zur gemeinrechtlichen Doktrin der römisch-rechtlichen societas zurück. (4) Einfluss der Geschäftsführungsregeln

auf die

Prozessführungsbefugnis

Das Reichsgericht differenzierte zwischen der in § 709 Abs. 1 BGB geregelten Geschäftsführungskompetenz und Sonderbestimmungen über die Geschäftsführung. Dem widerspricht, dass einzelne Gesellschafter an der in §709 B G B vorgesehenen kollektiven Geschäftsführung aller Gesellschafter vorbei zur (außergerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs „vorpreschen" könnten. 101 Für den gesetzlichen Normalfall ist auch kein stichhaltiger Grund ersichtlich, einem Gesellschafter das Einzelforderungsrecht gegen Dritte nach §432 BGB zu geben, es aber dann zu versagen, wenn eine von § 709 BGB abweichende Regelung der Geschäftsführung getroffen worden ist oder gesetzlich ein anderes bestimmt ist. 102 Das vom Reichsgericht zugrunde gelegte Risiko, dass geschäftsführende Gesellschafter zu Lasten anderer Gesellschafter untätig bleiben, ist bei übertragener Geschäftsführung oder in den Fällen der §§114ff, 164 H G B nicht geringer als bei kollektiver Geschäftsführung nach der Grundnorm des §709 BGB. Teleologisch wäre das Recht, im eigenen Namen gemäß § 432 BGB eine Leistung an die Gesellschaft zu fordern, gerade für den von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter - mit den Worten des Reichsgerichts -„von besonderer Wichtigkeit". 103 Als unhaltbar erweist sich das Argument, bei gemeinschaftlicher Geschäftsführung der Gesellschafter fehle der Gesellschaft ein von diesen rechtlich getrenntes Gemeinschaftsorgan, so dass jeder Gesellschafter einzeln berechtigt sei, jederzeit und unbeschränkt Gesellschaftsforderungen gegen Dritte geltend zu machen. Diese Ansicht missdeutet den in §709 BGB verankerten, für das gesamte Personengesellschaftsrecht maßgebenden Grundsatz der Selbstorganschaft der Gesellschafter.104 Ist die Geschäftsführung im Gesellschaftsvertrag oder dispositiv anderweitig geregelt, so zielt eine solche Abweichung von §709 B G B nicht auf die Entstehung „besonderer Gesellschaftsorgane", wie es für das Selbsthandeln juristischer Personen erforderlich ist. 105 Auch die übertragene oder gesetzlich gereStaudinger/Noack, B G B , §432 Rz. 14. Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, §432 Anm. 1 d; siehe auch Karger J W 1920, 889f. 103 RGZ 86,66, 71. 104 Zum Grundsatz der Selbstorganschaft vgl. G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §2 IV, S. 13, § 8 I 3, S. 57. 105 Siehe dazu BGHZ 45,311,312; BGH N J W 1 9 7 1 , 1 6 9 8 ; 1997,2754,2755; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 181, S. 821; Plancks Kommentar zum B G B , §714 Anm. 1; War101 102

22

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

gelte Geschäftsführungsbefugnis einzelner Gesellschafter wurzelt im Gesellschaftsverhältnis, sie ist grundsätzlich ein persönliches übertragbares Recht. 106 Es werden lediglich das allseitige Zustimmungserfordernis gelockert sowie Flexibilität und Entscheidungseffizienz der Geschäftsführung intensiviert, wenn eine von § 709 BGB abweichende Regelung der Geschäftsführung besteht.107 Daher treten nicht „besondere Organe" der Gesellschaft im Rechtsverkehr auf, sondern die Gesellschafter selbst werden in ihrer Verbundenheit für die Gesellschaft tätig.108 2. Standpunkt des Bundesgerichtshofs zwischen und Forderungsgemeinschaft nach Bruchteilen a) Teleologisch-restriktives Verständnis vom Kollektiv- zum Individualrecht

Gesamthandsforderung

des §432 BGB für den

Ubergang

Der Bundesgerichtshof wendet zwar §432 BGB auf Gesamthandsforderungen grundsätzlich an, engt aber zugleich die Einzelklagebefugnis bürgerlichrechtlicher Gesellschafter ein, welche nur kollektiv zur Geschäftsführung berechtigt sind.109 §432 BGB gilt von vornherein nur „in den Grenzen besserer Ordnung neyer, B G B , §714 Anm. I; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, §714 Anm. 1; Enneccerus/ Lehmann, Schuldrecht, §178 B. 1., S.746; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd.II, 1. Hälfte, Anm. 137, 138; Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 2. Hälfte, §125 Anm.2; BGB-RGRK/Fischer, 11.Aufl., §714 A n m . l ; BGB-RGRK/v. Gamm, 12.Aufl., §714 R z . l ; Staudinger/Keßler, B G B , §714 Rz.4, 5; MüKo/Schramm, B G B , §164 Rz.62; Soergel/ Schultze-v. Lasaulx, B G B , 10.Aufl., §714 R z . l ; Palandt/Sprau, B G B , §714 R z . l , 2•, Jauernig/ Stürner, B G B , §715 Rz. lff; Larenz, Schuldrecht II, §60 III b, S.388; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 982; Medicus, Schuldrecht II, Rz.489f; Kubier, Gesellschaftsrecht, §3 I 2, S. 19, §3 II 2, S.20; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §8 II 1, S.60•, Kraft/Kreutz, Gesellschaftsrecht, S. 117, 120f; Maiberg, Gesellschaftsrecht, Rz. 37; Klunzinger, Gesellschaftsrecht, §4, S. 32f. 106 §§717, 664, 713 B G B , § 105 Abs. 3, §161 Abs. 2 H G B . Siehe dazu auch Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Teil, Anm. 106; Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 2. Teil, §114 Anm. 3. 107 Staudinger/Keßler, B G B , Vorbem. zu §§709 - 715 Rz.3. 108 Kübler, Gesellschaftsrecht, §3 I 2, S. 19, §3 II 2, S.20; a.A. Teile des Schrifttums (vgl. etwa Soergel/Hadding, B G B , § 714 Rz. 7; Erman/H. P. Westermann, B G B , § 714 Rz. 3; MüKo/Ulmer, B G B , §714 Rz.8f; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 I 2, S.258ff; Flume, Die Personengesellschaft, §10 I, S. 129f; MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, §7 Rz.77f, Hüffer, Gesellschaftsrecht, S.60f; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. A., Rz.54f). Die „besondere Organqualität" vertretungsberechtigter Geschäftsführer wurzelt darin, dass die Gesamthandsgesellschaft als eigenständiges Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten gewürdigt wird (vgl. MüKo/Ulmer, BGB, §714Rz.8f). 109 BGHZ 12, 308ff; 17, 340; 39, 14 (II. ZR)- siehe auch BGHZ 102, 152, 154 (V. ZR). Nicht eindeutig ist, ob §432 B G B als Prozess- oder als Begründetheitsvoraussetzung begriffen wird. BGHZ 12, 308, 310, 314; 17, 340,343 f spricht von sachlicher Legitimation, womit die Aktivlegitimation gemeint wäre. Dagegen scheint BGHZ 39, 14, 15 die Klagebefugnis als Prozessvoraussetzung zu behandeln, weil es dort heißt, die Einziehung der Gesellschaftsforderung sei ein Akt der Geschäftsführung. BGHZ 102, 152, 154 bezeichnet die Einzelklage sogar ausdrücklich als Zulässigkeitsfrage. Damit korrespondiert die Auffassung, welche §432 B G B als gesetzliche Prozessstandschaft ansieht (Stein-Jonas/Bork, Z P O , Vor. §50 Rz.37; AK/Koch, Z P O , Vor. §50

III. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

aufgrund

materiellen

Rechts

23

durch Gesellschaftsvertrag oder Sondergesetz". 110 Wurde eine von § 709 BGB abweichende gesellschaftsvertragliche Bestimmung bewusst unterlassen, so schließt auch diese zugunsten der Gemeinschaftssphäre und der besonderen Ordnung in der Gesellschaft akzeptierte gemeinschaftliche Geschäftsführungskompetenz ein individuelles Klagerecht des Gesellschafters grundsätzlich aus, die Gesellschafter sind nur in ihrer kollektiven Gebundenheit zur (außer)gerichtlichen Verfolgung von Gesellschaftsforderungen gegen Dritte befugt.111 Verweigern Mitgesellschafter ihre Zustimmung zu gemeinschaftlicher Rechtsverfolgung, ist der Gesellschafter zu mehreren Rechtsstreitigkeiten gezwungen112, weil er erst ein Urteil auf Zustimmung zur Forderungseinziehung erwirken muss (§ 894 ZPO), bevor er in einem weiteren Rechtsstreit den Gesellschaftsschuldner in Anspruch nehmen darf.113 b) Berechtigte

Eigeninteressen

als

Restriktionsausnahmen

Im Einzelfall hält der Bundesgerichtshof diese Vorgehensweise für entbehrlich und lässt die unmittelbare Klage eines einzelnen Gesellschafters gegen Gesellschaftsschuldner zu, wenn er „aus einem berechtigten Interesse handelt, das dem Gemeinschaftsinteresse der Gesellschaft nicht widerspricht, sondern ihm womöglich allein genügt". 114 Das individuelle Forderungs- und Klagerecht hängt dann von einer kasuistischen Abwägung der Interessen des einzelnen Gesell-

Rz. 15; Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, Z P O , Vor. §50 Rz.53; a.A. Zöller/Vollkommer, ZPO, Vor. §50 Rz.27: Nicht Prozessstandschaft, sondern materielle Beschränkung des Anspruchs, für den der einzelne Gläubiger mit diesem beschränkten Inhalt voll aktiv legitimiert ist). 110 Selb, Mehrheiten von Gläubigern und Schuldnern, S.273. Auch im Liquidationsstadium soll §730 Abs. 2 S.2 B G B grundsätzlich Vorrang haben gegenüber §432 B G B (BGHZ 17, 340, 346; BGH W M 1964, 651). 111 Prozessual folgt die Notwendigkeit gemeinschaftlicher Klageerhebung aus der ungeteilten Mitberechtigung aller Gesellschafter am Gesamthandsvermögen, mithin aus §62 Abs. 1 Alt. 2 Z P O (Thomas/Putzo, Z P O , §62 Rz. 1, 13). Nach der neueren Gesamthandslehre ließe sich die fehlende Prozessführungsbefugnis des einzelnen Gesellschafters aus der Rechtsfähigkeit der Gesamthands(außen)gesellschaft begründen (vgl. die Nachweise Fn. 83). 112 BGHZ 39, 14, 18. Siehe auch Plancks Kommentar zum B G B , §709 A n m . l ; Warneyer, B G B , § 709 Anm. II; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, § 709 Anm. 3; Wieland, Handelsrecht, Bd. I, §47 III 3, S. 571; Geiler, in: Düringer-Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, S. 137; A. Hueck, Das Recht der O H G , S. 135, 175; Fischer, in: Großkomm. H G B ; § 119 Anm. 32; MüKo/ Ulmer, B G B , §705 Rz.197; Staudinger/Keßler, B G B , §709 Rz.12; BGB-RGRK/Fischer, 11. Aufl., §709 Anm. 7; BGB-RGRK/v. Gamm, 12. Aufl., §709 Rz.7; Fiume, Die Personengesellschaft, § 15 II 1, S.263f; Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. §709 Rz.9-JauerniglStürner, B G B , §713 Rz.9; Soergel/Hadding, B G B , §709 Rz. 16. 113 Die Gegenansicht hält eine doppelte Prozessführung für entbehrlich, wenn Mitgesellschafter zur Zustimmung verpflichtet sind. In diesen Fällen könne die Zustimmung fingiert werden. (MünchHdb. GesR I/Weipert, §51 Rz.45; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, E II 1, Rz. 6). 114 BGHZ 12, 308, 313.

24

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

schafters, den Belangen der übrigen Gesellschafter und denen des Gesellschaftsschuldners ab. 115 Dabei hat das Interesse des klagenden Gesellschafters das geringste Gewicht, weil ihm in der Regel der „umständlichere" zweistufige Klageweg zumutbar ist. 116 Das Interesse der Mitgesellschafter an gesellschaftsinterner, notfalls gerichtlicher Klärung, ob die Forderung geltend zu machen ist, hat grundsätzlichen Vorrang, weil der Rechtsstreit eines einzelnen Gesellschafters gegen Gesellschaftsschuldner die Gesellschaft schädigen kann, auch wenn die Einzelklage im Ergebnis Erfolg hat und die geschuldete Leistung in das Gesellschaftsvermögen erbracht wird. 117 Andererseits hat der Gesellschaftsschuldner ein schutzwertes Interesse, nicht der Rechtsverfolgung einzelner Gesellschafter ausgesetzt zu werden, weil ihm wegen der nur inter partes gültigen Urteilsrechtskraft die erneute Klage anderer Gesellschafter droht. 118 Allerdings lässt der Bundesgerichtshof die Abwägung schützenswerter Belange des Gesellschaftsschuldners und der Mitgesellschafter und den Vorrang der Klage gegen Mitgesellschafter auf Zustimmung zur Forderungseinzeihung als unnötigen Umweg entfallen 119 , wenn diese die Rechtsverfolgung aus gesellschaftswidrigen Gründen verweigern 120 und außerdem der Gesellschaftsschuldner an dem gesellschaftswidrigen Verhalten der übrigen Gesellschafter beteiligt ist. 121

115 BGHZ 3 9 , 1 4 , 1 7 = LM § 709 B G B Nr. 4 mit Anm. Fischer. Siehe dazu auch OLG Koblenz N Z G 1999, 250ff, wonach der schlüssige Vortrag eines gesellschaftsinternen Fehlverhaltens für die Zulässigkeit der Klage genüge, wenn zwischen Gesellschaftsschuldner und Mitgesellschafter - tatsächliche oder wirtschaftliche - Personenidentität bestehe. Uberzeugender wäre hingegen die Übertragung der Grundsätze zur actio pro socio auf Drittansprüche der Gesellschaft gegen Mitgesellschafter, weil die Rspr. die actio pro socio grundsätzlich unbeschränkt zulässt (vgl. dazu S. 69ff). Das hätte den Vorteil, dass verwickelte Überlegungen zur Klagezulässigkeit vermeidbar wären und der Konflikt dort ausgetragen würde, wo er entstanden ist, nämlich im Verhältnis der Gesellschafter zueinander. 116 BGHZ 3 9 , 1 4 , 1 7 f f , 20; siehe auch Fischer Anm. zu LM §432 B G B Nr. 2; BGB-RGRK/Fisch er, 11. Aufl., §709 Anm. 8; Staudtnger/Keßler, B G B , §705 Rz.70; Ganssmüller N J W 1963, 641. 117 BGHZ 39, 14, 15f, 18; Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. §709 Rz. 18. 1,8 BGHZ?,'), 14,19; Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. §709 Rz. 18. Ein die Klage abweisendes Sachurteil wirkt gem. §432 Abs.2 i.V.m. §425 Abs.2 B G B nur inter partes; siehe dazu Zöller/ Vollkommer, Z P O , Vor. §50 Rz. Rz.33ff; Thomas/Putzo, ZPO, §325 Rz.4; Staudinger/Noack, B G B , §432 Rz.58f. 119 BGHZ 39, 14, 20; vgl. auch BGHZ 102, 152, 155. 120 BGHZ 39, 14, 20. Siehe auch Staudinger/Noack, B G B , §432 Rz. 14; MüKo/Ulmer, BGB, §432 Rz.6. §709 Rz. 39; Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. §709 Rz. 18; Hk-BGB/Schulze, 121 BGHZ 39, 14, 20. Ursprünglich hatte der BGH vorausgesetzt, Gesellschafter seien zur Einzelklage berechtigt, wenn Mitgesellschafter die gerichtliche Geltendmachung durch bewusstes Zusammenwirken (kollusiv) mit dem Gesellschaftsschuldner zu verhindern suchen (BGHZ 17, 340, 347f = LM §432 B G B Nr. 2 mit Anm. Fischer). Die Fallgruppe eines bewussten Zusammenwirkens lag auch der Entscheidung BGHZ 12, 308 zugrunde.

III. Kumulierte

c) Abgrenzung

Rechtszuständigkeit

zur Rechtsprechung

der Gesamthand

des

aufgrund materiellen

Rechts

25

Reichsgerichts

Der Bundesgerichtshof gewährt Gesellschaftern der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft nur exzeptionell das Recht, Gesellschaftsrechte gegen Dritte eigenständig geltend zu machen. Anders als das Reichsgericht hat der Bundesgerichtshof den Anwendungsbereich des §432 B G B einerseits eingeschränkt, andererseits erweitert. Das Reichsgericht orientierte die Anwendbarkeit nur formal danach, ob vertragliche oder gesetzliche Sonderbestimmungen den Grundsatz einstimmiger Geschäftsführung im Sinne des §709 Abs. 1 B G B verdrängten.122 §432 B G B entfiel generell als Grundlage der Einzelklagebefugnis, wenn der Gesellschaftsvertrag oder das Gesetz die Geschäftsführung der Gesellschaft abweichend regelten. Dieser formale Standpunkt reduziert die Anwendbarkeit des §432 B G B auf bürgerlichrechtliche Gesellschaften, für die der Grundsatz kollektiver Geschäftsführung maßgebend ist. 123 Der Bundesgerichtshof akzentuiert für bürgerlichrechtliche Gesellschaften teils anders, indem er die Anwendbarkeit des §432 B G B nicht formal beurteilt, sondern kasuistisch an der Schutzwürdigkeit der beteiligten Interessen (Einzelgesellschafter, Gesellschaft, Gesellschaftsschuldner) orientiert und die Einzelklage eines nach §710 S. 1 B G B von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafters für zulässig hält, wenn die geschäftsführenden Gesellschafter die Rechtsverfolgung gesellschaftswidrig verweigern und der Gesellschaftsschuldner daran mitwirkt. 124 Andererseits hat der II. Zivilsenat beim Bundesgerichtshof den Standpunkt des Reichsgerichts gefestigt, wonach Ansprüche der handelsrechtlichen Personengesellschaft gegen Dritte ausschließlich von geschäftsführenden Gesellschaftern zu verfolgen sind.125 Denn im Gegensatz zur bürgerlichrechtlich Gesellschaft seien bei der handelsrechtlichen Personengesellschaft alle Gesellschaftsrechte und -pflichten der Gesellschaft selbst und nicht den Gesellschaftern zur gesamten Hand zugeordnet. Hatte das Reichsgericht noch vorsichtig formuliert, dass ein Gesellschafter der handelsrechtlichen Personengesellschaft der Gesellschaft „wie ein Dritter" gegenüberstehe126, so bewertet der Bundesgerichtshof die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft als eigenständige Rechtssubjekte mit nach § 124 Abs. 1 H G B eigenen Rechten und Pflichten, die sich von denen einzelner Gesellschafter unterscheiden. 127 Das hat zur Folge, dass die FordeDazu oben S. 7ff. Besonders deutlich RG J W 1935, 3296, 3297. 124 Staudinger/Noack, B G B , §432 Rz. 14; Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. §709 Rz. 18. 125 BGH WM 1973, 1291, 1292; vgl. auch BGH WM 1964, 651. 126 RGZ 86, 66, 70. 127 BGH WM 1973,1291,1292. Andere betrachten die handelsrechtliche Personengesellschaft nicht als eigenständiges Rechtssubjekt, sondern als rechtlich verselbständigtes Sondervermögen der Gesellschafter mit partieller Rechtsfähigkeit nach Maßgabe der jeweils anzuwendenden Rechtsnormen (Geiler, in: Düringer-Hachenburg, HGB, Bd. II, 1. Hälfte, Anm.20; Flechtheim, 122

123

26

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

rungseinziehung ausschließlich in die Kompetenz der geschäftsführenden Gesellschafter fällt.128 d) Bewertung

der

Lösungswege

(1) Interessenbewertung

als pleonastische

Anwendung

des § 432

BGB

Die vom Bundesgerichtshof sukzessiv durch Rechtsfortbildung verdrängte Befugnis einzelner Gesellschafter einer bürgerlichrechtlichen Gesellschaft, Gesellschaftsrechte im eigenen Namen notfalls gerichtlich zu verfolgen, ist zweifelhaft. Das Axiom, §432 B G B erfordere zusätzlich die Abwägung der Interessen des Einzelgesellschafters, der Gesellschaft und des Gesellschaftsschuldners, übersieht, dass das Gesetz selbst den Konflikt zwischen Gemeinschafts- und Individualsphäre zugunsten der Individualsphäre gelöst hat. 129 Des historische Gesetzgeber hat in §432 B G B das individuelle Prozessführungsrecht nicht als Ausnahme, sondern als gesetzlichen Regelfall konzipiert, weil bei Unteilbarkeit der Leistung es „dem Wesen eines solchen Rechtsverhältnisses" entspräche, dass grundsätzlich nur alle Gläubiger gemeinschaftlich die Leistung zu fordern berechtigt seien.130 Dieser Grundsatz sei aber „mit einem großen praktischen Uebelstande" verbunden, welcher zu einer Modifikation nötige. Wenn nämlich „nur ein Gläubiger sich zurückhält, so befinden die übrigen Gläubiger sich in der schwierigen Lage, welche unter Umständen einer Art von Rechtlosigkeit gleichkommen kann. Dieser Gefahr tritt die Bestimmung entgegen, dass jeder Gläubiger das Recht hat, die Leistung an alle Gläubiger zu fordern". 131 Wird diese legislative Interessenwertung zugrunde gelegt, so fehlt der Problemlösung in der Rechtsprechung die Geradlinigkeit, weil der Bundesgerichtshof einerseits an §432 BGB als Rechtsgrundlage der Einzelklagebefugnis festhält, andererseits aber die in § 432 B G B als Regelfall vorgesehene jederzeitige Klagebefugnis des Einzelgesellschafters zugunsten des Ubergewichts der Gemeinschaftssphäre in einer konkreten Interessenbewertung aufgibt.132 Hält man daher §432 B G B überhaupt auf Gesamthandsforderungen für anwendbar, so ist nach dem in: Düringer-Hachenburg, H G B , Bd. II, 2. Hälfte, §124 Anm. 1 u. 2; Fischer, in: Großkomm. H G B , § 124 Anm.2; ders, in: B G B - R G R K , 11. Aufl., Vor. §705 Anm.4; BGB-RGRK/v. Gamm, 12.Aufl., Vor. §705 Rz.4; A. Hueck, Das Recht der O H G , §3 IV, S.32f, §18 II, S.259; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 5 12 b, S.250ff; Baumhach/Hopt, H G B , § 124 Rz. 1; Jauernig/St ürner, B G B , §705 R z . l ; §715 R z . l f ; Larenz, Schuldrecht II, §60 IV a, S.389; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 12 II 2, S. 87f; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 4 III, 1, S. 26; § 7 I 2 b, S. 62; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz. 184; Fikentscher, Schuldrecht, §88 I 3, Rz. 964; Medicus, Schuldrecht II, Rz. 481; 490). 128 BGH W M 1973, 1291, 1292. 129 Staudinger/Noack, B G B , §432 Rz. 6; Medicus, Schuldrecht I, Rz. 788; ders. JuS 1980, 697, 698. 130 M o t i v e l l , S. 171. 131 Motive II, S. 172. 132 Ähnlich Diederichsen M D R 1963, 632, 633.

III. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

aufgrund

materiellen

Rechts

17

Regelungssinn der Vorschrift zur Vermeidung „einer Art von Rechtlosigkeit" jeder Gesamthänder nicht nur ausnahmsweise, sondern - vorbehaltlich der Schranke missbräuchlicher Rechtsausübung (§§226, 242, 826 BGB) - jederzeit und unbeschränkt zur Einforderung aller Gesellschaftsforderungen im eigenen Namen berechtigt.133 (2) Kollektivinteresse Schwachpunkt der

an gemeinschaftlicher Interessenbewertung

Forderungseinziehung

als

2,u eng setzt der Bundesgerichtshof an, wenn allein die Tatsache der Rechtsverfolgung durch Einzelgesellschafter die Gesellschaft - unmittelbar oder mittelbar erheblich schädige. Die Stärkung des Gemeinschaftsinteresses an gesellschaftsinterner Abstimmung über das Erfordernis der Forderungsbeitreibung ließe sich in einer Wertungsparallele zum Regelungszweck des § 46 Nr. 8 GmbHG vorstellen, wonach nur die Gesellschafterversammlung (nicht der Geschäftsführer oder einzelne Gesellschafter) beschließt, ob Ersatzansprüche der GmbH gegen Geschäftsführer oder Mitgesellschafter geltend gemacht werden sollen, weil die Klageerhebung für das öffentliche Ansehen und den Kredit der Gesellschaft abträgliche Wirkungen haben kann. 134 Andererseits ist unübersehbar, dass §46 Nr.8 GmbHG nicht auf die Geltendmachung von Gesellschaftsforderungen gegen Dritte, sondern auf die prozessuale Verfolgung binnengesellschaftlicher Ansprüche der GmbH und auf das Risiko der Offenlegung verbandsinterner Gesellschaftsangelegenheiten abzielt.135 In dieser Hinsicht ist die vermeintlich gesellschaftsschädigende Wirkung der Einzelklage kein tauglicher Ansatz für die ausschließliche Kompetenz geschäftsführender Gesellschafter für die Geltendmachung von Gesellschaftsforderungen gegen Dritte. Kann nämlich schon die Tatsache, dass ein Rechtsstreit gegen den Gesellschaftsschuldner geführt wird, die Gesellschaft in erheblichem Umfang schädigen, so läge es in der Konsequenz des §46 Nr. 8 GmbHG, dass nicht die Geschäftsführung, sondern die Gesamtheit der Gesellschafter (einschließlich des von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafters) über die Rechtsverfolgung gegen Dritte entscheiden. Geradezu umgekehrt dazu ist es aber seit der ITT-Entscheidung des Bundesgerichtshofs136 zulässig, dass einzelne Gesellschafter einer GmbH Ansprüche gegen Mitgesellschafter und die Gesellschafter-Geschäftsführung selbständig durch Einzelklage verfolgen, sofern die Geschäftsführung die nach §46 Nr. 8 GmbHG beschlossene Verfolgung derartiger Ansprüche nicht nachdrücklich durchsetzt. So zu Recht K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 3, S.636. BGHZ 28, 355, 357. Nach anderer Auffassung geht es um das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern ( O L G Nürnberg G m b H R 1959, 1 0 , 1 2 ) oder es werden beide Regelungszwecke miteinander kombiniert (Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §46 Rz.33). 135 BGHZ 28, 355, 357. 1 3 6 Dazu unten S. 103 ff. 133 134

Teil 1: A. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche gegen Dritte

28

Wegen rechtspraktischer Überlegungen werden die „für Ansehen und Kredit der Gesellschaft" nach dem Normzweck des § 46 Nr. 8 GmbHG möglicherweise „abträglichen Wirkungen" der Einzelklage in Kauf genommen, wenn „eine Klageerhebung der Gesellschaft undurchführbar, durch den Schädiger selbst vereitelt worden oder infolge der Machtverhältnisse in der Gesellschaft so erschwert ist, dass es für den betroffenen Gesellschafter ein unzumutbarer Umweg wäre, müsste er die Gesellschaft erst zu einer Haftungsklage zwingen". 137 Auch in der Personengesellschaft bestehen keine sonderlich hohen Hürden für die Durchsetzung gesellschaftsinterner Ansprüche im Wege der Einzelklage (actio pro socio) 138 , weil grundsätzlich jeder einzelne Gesellschafter Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis ohne Rücksicht auf Ansehen oder Kredit der Gesellschaft im eigenen Namen auf Leistung an die Gesamthand verfolgen kann. Das wird sogar vom „Interesse der Gesamthand gefordert" 139 , weil die Erfüllung einer der Gesellschaft geschuldeten Leistung die innere Ordnung in der Gesellschaft" nicht „stören" könne 140 . Dann lässt sich eine erhebliche Schädigung der Gesellschaft, nur weil ein Gesellschafter auf eigene Kosten einen u.U. erfolgreichen Rechtsstreit gegen einen Gesellschaftsschuldner führt, nicht überzeugend begründen. Die vom Bundesgerichtshof geforderte Prüfung eines besonders schutzwürdigen Gesellschaftsinteresses an gemeinschaftlicher Forderungseinziehung dient daher eher der beabsichtigten Korrektur des §432 B G B durch wertende Interessenabwägung. Nicht das Kollektivinteresse der Gesellschafter vor der Gefahr einer Schädigung der Gesellschaft durch Klagen einzelner Gesellschafter (auf Leistung an die Gesellschaft) steht bei Licht besehen inmitten, sondern die Abwehr von Störungen der Zuständigkeitenregelung in der Gesellschaft durch nicht oder nicht allein zur Geschäftsführung berufene Gesellschafter. Es geht damit nicht um das - nicht näher definierte - Schlagwort „Gemeinschaftsinteresse" aller Gesellschafter, welches gerade auch dasjenige des die Einzelklage erhebenden Gesellschafters einschließt, sondern - auf den Kern reduziert - lediglich um die unverrückte Funktionalität und Allzuständigkeit der Geschäftsführung.141 (3) Prozessrechtlicher Schuldner schütz als der Interessenbewertung

Schwachpunkt

Ebenso zweifelhaft ist die Bewertung des besonderen Schutzes des Gesellschaftsschuldners. Soll dieser nicht dem Risiko ausgesetzt sein, nach der Abweisung einer Klage des einzelnen Gesellschafters von den anderen Gesellschaftern oder der Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1529. Dazu unten S.69ff. 139 Palandt/Sprau, BGB, Vorbem. v. §709 Rz. 19. 140 A. Hueck, Das Recht der OHG, § 18 II, S. 263 mit Fn. 14 a. 141 Vgl. auch Staudinger/Noack, BGB, §432 BGB Rz. 14. Nitschke ZHR 128 (1966), 48, 84ff. A. Hueck, Das Recht der OHG, § 18 II, S.267. 137

138

III. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

aufgrund

materiellen

Rechts

29

Gesellschaft selbst erneut verklagt zu werden, so steht dieser Risikosicht die Entstehungsgeschichte des §2039 B G B entgegen. In den Beratungen zum B G B wurde die potenzielle Verschlechterung der prozessualen Lage des Gesamthandschuldners, wenn ein Miterbe Einzelklage erheben will, als „übertrieben" angesehen. 142 Die Protokolle führen aus 143 : „Der Schuldner kann, wenn die Schuld begründet ist, die drohenden Klagen durch die E r füllung mittelst Leistung an die Gesamtheit abwenden. Ist der Anspruch unbegründet, so schadet dem Schuldner die Abweisung der Klage des einzelnen Miterben nicht. Gegen die Gefahr aber, dass er von den einzelnen Miterben nach einander immer wieder in Anspruch genommen wird, kann sich der Schuldner, wenn er solche Klagen zu gewärtigen habe, dadurch schützen, dass er gegen die Miterben gemäß §. 231 C . P . O . die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens des Schuldverhältnisses erhebt."

Nicht anders verhält es sich mit der Forderung im Gesamthandsverbund der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft oder handelsrechtlichen Personengesellschaft. Denn wie bei der Erbengemeinschaft kann der Gesellschaftsschuldner das Risiko mehrfacher Inanspruchnahme durch Erfüllung abwenden. Fehlt eine Leistungspflicht mangels eines Schuldverhältnisses, so schützt sich der Gesellschaftsschuldner durch die Erhebung einer Zwischenfeststellungswiderklage gemäß §256 Abs. 2 ZPO sowohl gegen den klagenden Gesellschafter als auch gegen die Gesellschaft. 144 Eine derartige Widerklage gegen den Kläger und gegen Dritte ist zulässig, auch wenn eine Hauptklage des Dritten gegen den Gesellschaftsschuldner insoweit nicht rechtshängig ist. 145 Ein Schutzbedürfnis des Gesellschaftsschuldners gegen die Gefahr mehrfacher prozessualer Inanspruchnahme ließe sich nur annehmen, wäre die Anwendbarkeit des §432 B G B auf Gesamthandsforderungen generell abzulehnen. Fehlt dem Einzelgesellschafter nämlich die gesetzliche Prozessführungsbefugnis als Sachurteilsvoraussetzung, so hat der Gesellschaftsschuldner keinen Grund gegen eine derartige Klage die Zwischenfeststellungsklage nach §256 Abs. 2 ZPO zu erheben. Lässt der Bundesgerichtshof aber die auf §432 B G B gestützte Einzelklage zu, so ist die fehlende Rechtskrafterstreckung gerade der gesetzliche Regelfall der Einzelprozessführungsbefugnis (§432 Abs. 2, §425 Abs. 2 BGB). 1 4 6 Schränkt er Protokolle V, S. 865. Protokolle V, S. 865. 144 §72 Abs.l Hs.2 Z P O berechtigt den Gesellschaftsschuldner nicht zur Streitverkündung (so aber Staudinger/Noack, B G B , §432 Rz. 59). Die Streitverkündung ist nur für den Einzelgesellschafter als Partei des Hauptprozesses zulässig (Zöller/Vollkommer, Z P O , §72 Rz. 9; Thomas/Putzo, ZPO, §72 Rz. 8). Dagegen wäre es für den Gesellschaftsschuldner nicht sinnvoll, Mitgesellschaftern des Klägers oder der Gesellschaft selbst den Rechtsstreit zu verkünden, damit diese dem Kläger zum Zweck eines obsiegenden Sachurteils beitreten (§§74, 66, 67 ZPO). 145 BGH N J W 1977, 1637, 1638; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, §256 Rz. 109; Zöller/Greger, ZPO, §256 Rz.23; Thomas/Putzo, Z P O , §33 Rz. 12. 146 Die h.L. bejaht eine Rechtskrafterstreckung nur bei sog. Parteien kraft Amtes (Zöller/Vollkommer, Z P O , Vor. §50 Kz.ii{{;Staudinger/Noack, §432 Rz.58f). Dagegen stellte sich die Problematik von Zweitprozessen von vornherein nicht, wenn man mit einer Mindermeinung die 142

143

30

Teil 1: A. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche gegen Dritte

andererseits die auf diese N o r m gestützte Prozessführungsbefugnis wieder ein, weil der Gesellschaftsschuldner gegen die Einzelwirkung eines klageabweisenden Sachurteils besonderen Schutzes bedürfe, so wäre eigentlich die Rechtkrafterstreckung der konsequente Lösungsansatz, nicht aber der weitgehende Ausschluss des Gesellschafters von der Einzelklagebefugnis. 1 4 7 Geradezu in ihr Gegenteil verkehrt wird die gesetzliche Prozessführungsbefugnis aus § 4 3 2 B G B mit der Erwägung, der Gesellschaftsschuldner habe keinen Einblick, ob die Einzelklage der eventuellen Zustimmung der geschäftsführenden Gesellschafter entspricht und sich deshalb die Rechtskraft eines gegen den Gesellschaftsschuldner gerichteten klageabweisenden Sachurteils auf die Gesellschaft erstreckt. 1 4 8 Zutreffend ist daran nur, dass die h . L . bei gesetzlicher Prozessführungsbefugnis die Rechtskraft eines klageabweisenden Sachurteils auf den prozessfremden Rechtsträger erstreckt, wenn dieser der Prozessführung zugestimmt hat. 1 4 9 U m g e k e h r t ist aber das Fehlen der Zustimmung des Rechtsträgers nicht Grenze, sondern Rechtsgrund der gesetzlichen Einzelprozessführungsbefugnis. Fehlt die Zustimmung, so findet nach h . M . lediglich keine Rechtskrafterstrekkung im Verhältnis zwischen dem Prozessführungsbefugten und dem Rechtsträger statt. 1 5 0 D a h e r muss eine Zustimmung des Rechtsträgers zur Prozessführung weder erteilt, noch muss sie dem Prozessgegner nach außen erkennbar sein oder in sonstiger Weise v o m Kläger im Rechtsstreit geltend gemacht werden.

(4) Ausgestaltung der Geschäftsführungsregeln Interessenbewertung

als Schwachpunkt

der

Regel und Ausnahme werden vertauscht, wird § 432 B G B auf Gesellschaftsforderungen grundsätzlich angewendet, die Rechtsfolge der Vorschrift aber weithin ausgeklammert, weil die gesetzliche oder vertragliche Regelung der Geschäftsführung als speziellere Bestimmung vorgehe. 1 5 1 Richtigerweise besteht von vornherein kein Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Geschäftsführungsbefugnis und der Einzelklagebefugnis nach § 4 3 2 B G B , weil gesellschaftsrechtliche O r ganisationsnormen keine „ A u ß e n w i r k u n g " 1 5 2 für und gegen außenstehende D r i t te mit Rückwirkung auf das Verhältnis der Gesellschafter zueinander derart haRechtskrafterstreckung auch zwischen Mitgläubigern zuließe (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, Vor. §50 Rz.38f). 147 Wieser MDR 2001, 421; Zöller/Vollkommer, ZPO, Vor. §50 Rz.39. 148 Sinngemäß Palandt/Sprau, BGB, Vorbem. v. §709 Rz. 18. 149 Staudinger/Noack, BGB, §432 Rz.58; Thomas/Putzo, §325 Rz.4; siehe auch BGH NJW 1985, 2825. 150 Thomas/Putzo, ZPO, §325 Rz.4. 151 BGHZ 39, 14, 19; BGH WM 1973, 1291, 1292; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd.II, 1. Hälfte, Anm.106 a; Staudinger/Noack, BGB, §432 Rz.7, 13, 22, 31; MüKo/Ulmer, BGB, § 709 Rz. 39; Soergel/Hadding, BGB, § 705 Rz. 48,56; Palandt/Heinnchs, BGB, Vorbem. v. §709 Rz. 18. 152 So aber Staudinger/Noack, BGB, §432 Rz.22.

III. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

aufgrund

materiellen

Rechts

31

ben, dass der in §432 B G B geregelte Normalfall - Prozessführungsbefugnis des einzelnen Gesellschafters - entfiele. Allerdings ist das nicht schon damit begründbar, der Gesellschafter führe nicht die Geschäfte „der Gesellschaft", da er gerade nicht namens der Gesellschaft, sondern im eigenen Namen Klage gegen den Gesellschaftsschuldner erhebe. 1 5 3 Zutreffend ist nur, dass die §§714, 715 B G B im Gegensatz zum Recht der handelsrechtlichen Personengesellschaften 1 5 4 eine enge Verknüpfung zwischen Vertretungsmacht und Geschäftsführung herstellen. 155 Das Schrifttum weist zu Recht darauf hin, dass der rechtliche Gegensatz zwischen Geschäftsführung (Handeln mit Wirkung im Innenverhältnis der Gesellschaft) und Vertretung (Handeln mit Wirkung im Außenverhältnis) 1 5 6 nur eine Frage des Blickwinkels sei. 157 So ist der Abschluss eines Vertrages namens der Gesellschaft im Rechtsverhältnis der Gesellschafter zueinander (Innenverhältnis) stets Geschäftsführung, im Rechtsverhältnis zum Vertragspartner (Außenverhältnis) stets Vertretung. 1 5 8 Die Verschränkung von Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht ist jedoch nicht derart eng, dass beide stets in einem Akt zusammenfielen. Geschäftsführungsakte im Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander und mit Bezug auf den vereinbarten Gesellschaftszweck oder auf das gemeinschaftliche Gesellschaftsvermögen schließen nicht notwendig eine Vertretung der Gesellschaft im Außenverhältnis mit ein.

1

153 Sinngemäß Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1 c), S. 459 im Zusammenhang mit der actio pro socio; ähnlich auch A. Hueck, Das Recht der O H G , § 18 II, S.263 Fn. 14 a. 154 §§114, 117, §§125, 127 H G B . 155 Zur Deckungsgleichheit zwischen Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht vgl. MüKo/Ulmer, B G B , §709 Rz. Rz.9, §714 Rz.10; Soergel/Hadding, B G B , §709 R z . l , §714 Rz.6; BGB-RGRK/Fischer, 11.Aufl., §714 A n m . l ; BGB-RGRK/v. Gamm, 12.Aufl., §714 Rz.2; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 982; Palandt/Sprau, B G B , §714 Rz. 2; Larenz, Schuldrecht II, §60 III b, S. 388; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz. 162. 156 Siehe dazu Baumbach/Hopt, H G B , §114 R z . l ; Fischer, in: Großkomm. H G B , §114 Anm.2; BGB-RGRK/Fischer, §709 A n m . l ; Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd.II, 2. Hälfte, §114 A n m . l ; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd.II, 1. Hälfte, Anm. 106; Koller/Roth/Morck, H G B , § 114 Rz. 1; Tl. Hueck, Das Recht der O H G , § 10 I, S. 117; Staudinger/Keßler, B G B , Vorbem. zu § § 7 0 9 - 7 1 5 Rz. \\Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, E I, Rz. 2; Fikentscher, Schuldrecht, Rz. 978. 157 A. Hueck, Das Recht der O H G , §10 I, S. 117; Fischer, in: Großkomm. H G B , §114 Anm. 2c; vgl. auch MüKo/Ulmer, B G B , § 709 Rz. 9; Fischer, in: Großkomm. H G B , § 114 Anm. 2 c; Flechtheim, in: Düringer!Hachenburg, H G B , Bd. II, 2. Hälfte, § 114 Anm. 1; Soergel/Hadding, B G B , §709 Rz.2; Staudinger/Keßler, B G B , Vorbem. v. §§709 - 715 Rz. 1; Wieland, Handelsrecht, Bd.I, S. 567 Fn.24. 158 Fischer, in: Großkomm. H G B , §114 Anm.2c; A. Hueck, Das Recht der O H G , §10 I, S. 117; Soergel/Hadding, B G B , §709 Rz.2; Staudinger/Keßler, B G B , Vorbem. zu §§709 - 715 Rz.l. 159 Staudinger/Keßler, B G B , Vorbem. zu §§709 - 715 R z . l ; BGB-RGRK/Fischer, §709 Anm.2, 8; Fischer, in: Großkomm. H G B , §114 Anm.2 a; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, Anm. 106 a; MüKo/Ulmer, B G B , § 709 Rz. 12; Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. V. §709 Rz. 1,17f; Soergel/Hadding, B G B , § 709 Rz.9; A. Hueck, Das Recht der O H G , § 10 I, S. 117. Der Begriff der Geschäftsführung wird gewöhnlich weit gefasst. Er umfasst alle rechts-

32

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche

gegen

Dritte

Richtigerweise ist die Binnenorganisation der Gesellschaft a priori kein taugliches Kriterium eingeschränkter Anwendbarkeit des §432 BGB, weil die gesellschaftsinterne Regelung der Geschäftsführung nur Rechtswirkungen im Verhältnis zur Gesellschaft und zu den anderen Gesellschaftern, nicht aber im Verhältnis zu außenstehenden Dritten entfaltet. 160 Mitgesellschafter werden daher die Verfolgung einer Gesellschaftsforderung durch Einzelklage als Geschäftsführungsmaßnahme ansehen, deren Zulässigkeit sich im Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander nach den Organisationsnormen der Geschäftsführung richtet. Insofern kann eigenmächtiges Handeln eines einzelnen Gesellschafters ohne Innenbefugnis Schadensersatzansprüche und gesellschaftsrechtliche Sanktionen der anderen Gesellschafter begründen. 161 Das schließt aber nicht ein, dass die Verletzung von Pflichten im Innenverhältnis der Gesellschaft zugleich der Einzelprozessführungsbefugnis des Gesellschafters gemäß §432 BGB im Verhältnis zu gesellschaftsexternen Dritten die Legitimationsgrundlage entzieht. 162 Recht und Pflicht zur Geschäftsführung beruhen auf dem Gesellschaftsvertrag, an dem nur die geschäftsführenden Gesellschafter einschließlich des von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafters beteiligt sind. 163 Der Gesellschaftsschuldner kann sich zu seinem Schutz nicht auf das Fehlen einer Innenbefugnis des im eigenen Namen klagenden Gesellschafters berufen, denn der Gesellschafter darf eine Einzelklage auch ohne Zustimmung des Gesellschaftsschuldners erheben, wenn ihn die vertretungsberechtigten Gesellschafter ermächtigt haben. 164 Geschäftsführende Gesellschafter wären sogar gegen den Widerspruch des Schuldners zur nachträglichen Genehmigung der auf §432 BGB gestützten Einzelklage

geschäftlichen oder tatsächlichen Maßnahmen, die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks notwendig sind. Nicht zur Geschäftsführung gehören nur solche Maßnahmen, die sich auf die Gesellschaftsgrundlagen beziehen (Motive II, S.602; Erman/H.P. Westermann, BGB, §709 Rz.5; Fischer, in: Großkomm. HGB, § 114 Anm. 2 a; MüKo/Ulmer, BGB, § 709 Rz. 7,12; Soergel/Hadding, BGB, §709 Rz.3). 160 Nitschke ZHR 128 (1966), 48,63f; siehe auch Fischer, in: Großkomm. HGB, § 114 Anm. 2; MüKo/Ulmer, BGB, §709 Rz.9; Palandt/Heinrichs, BGB, Vorbem. v. §709 Rz.2f; Hk-BGB/ Schulze, Vorbem. zu §§ 709 - 713 Rz. 1. Zur fehlenden Außenwirkung eines Widerspruchs i.S.d. §711 BGB, §115 Abs. 1 HGB vgl. BGHZ 16, 394, 398f; Palandt/Sprau, BGB, §711 R z . l ; Soergel/Hadding, BGB, §711 Rz.5; MüKo/Ulmer, BGB, §709 Rz.9, §711 Rz. 14; BGB-RGRK/Fischer, §711 Anm. 3; a.A. etwa Jauernig/Stürner, BGB, Anm. zu § 7 0 9 - 7 1 3 Rz.3: Außenwirkung soweit der Dritte vom Widerspruch unterrichtet war. 161 Nitschke ZHR 128 (1966), 48, 79f, 80ff. 162 Ahnliches gilt für das Verhältnis des Widerspruchrechts gem. §711 BGB, §115 Abs. 1 HGB zur Einzelvertretungsmacht des Gesellschafters im Außenverhältnis (vgl. dazu etwa Schlegelherger/Martens, HGB, § 115 Rz. 12ff; Staudinger/Keßler, BGB, §711 Rz. 10; Flechtheim, in: Düringerl Hachenburg, HGB, Bd. II, 2. Hälfte, § 115 Anm. 6). 163 §§ 705, 709, 717 BGB, §§ 109, 163 HGB; siehe dazu etwa Erman/H.P. Westermann, BGB, §709 Rz.2. 164 BGH NJW 1988, 1586, 1996, 2860; Staudinger/Noack, BGB, §432 Rz. 15.

III. Kumulierte Rechtszuständigkeit

der Gesamthand aufgrund materiellen Rechts

33

berechtigt, wenn ein zugunsten des Einzelgesellschafters ergangenes Sachurteil f ü r u n d gegen die Gesellschaft Rechtswirkung erlangen soll. 165 D e m Gesellschaftsschuldner stellt sich lediglich die Frage, ob seine Inanspruchnahme von der Vertretungsmacht des im N a m e n der Gesellschaft klagenden Gesellschafters oder von einer gesetzlichen oder gewillkürten Einzelprozessführungsbefugnis gedeckt ist. Klagt der nicht oder nicht allein zur Vertretung berechtigte Gesellschafter im N a m e n der Gesellschaft, ist die Klage mangels ordnungsgemäßer Prozessvertretung unzulässig (§51 Abs. 1 Z P O ) . Verfolgen einzelne Gesellschafter durch gerichtliche Klage ein nach materiellem Recht der Gesamthandsgesellschaft zustehendes Forderungsrecht im eigenen N a m e n , so ist eine derartige Klage nur unter den Voraussetzungen der Prozessstandschaft zulässig. 166 Aus prozessrechtlicher Sicht hängt die Einzelklagebefugnis gemäß §432 BGB daher nicht unmittelbar von der gesellschaftsinternen Verwaltungsorganisation, sondern von der materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis des im eigenen N a m e n auf Leistung an die Gesellschaft klagenden Gesellschafters ab. Daher reduziert sich die eigentliche Problematik der Vorschrift darauf, ob Forderungsrechte einer Gesamthandsgesellschaft überhaupt tatbestandlich §432 BGB zuzurechnen sind. 167 Ist das der Fall, muss dies ohne Rücksicht auf die konkrete Regelung der Verwaltungsorganisation f ü r sämtliche Rechtsformen des Personengesellschaftsrechts gelten, weil es aus der Sicht des Gesellschaftsschuldners keinen Unterschied macht, ob die gegen ihn gerichtete Forderung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Personenhandelsgesellschaft zusteht. 1 6 8 Wird dagegen §432 B G B tatbestandlich verneint, muss dies ausnahmslos auch bei absichtlich gesellschaftswidriger Kollusion zwischen Mitgesellschafter und Gesellschaftsschuldner gelten, weil G r ü n d e f ü r die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und die Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grund 1 6 9 ein kollusives Zusammenwirken z u m Schaden der Gesellschaft einschließen. Die §§712, 723 BGB, §§117, 133 H G B geben dem einzelnen Gesellschafter aber kein Recht zu direktem Vorgehen gegen Gesellschaftsschuldner im eigenen N a m e n , da nach dem Grundsatz ungeteilter Forderungszuständigkeit die Klageerhebung durch die Gesellschaft erforderlich wäre. Es fehlte daher an einer mit §432 B G B zu schließenden Regelungslücke.

165

Thomas/Putzo, Z P O , §325 Rz.4. Dazu oben S.16ff. 167 Dazu oben S.16ff. 168 Soergel/Hadding, BGB, §705 Rz.56. 169 §712 Abs. 1,§ 723 Abs. 1 BGB, §117 HGB, §133 HGB. 166

34

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

IV. K u m u l i e r t e R e c h t s z u s t ä n d i g k e i t der G e s a m t h a n d u n d des e i n z e l n e n Gesellschafters aufgrund Prozessrechts

1. Standpunkt der Rechtslehre zwischen Gesamthandsforderung prozessstandschaftlicher Rechtsverfolgung a) Rechtsverfolgung Erhaltungsmaßnahme

durch Gesellschafter

als

und

notwendige

A n d e r s als die R e c h t s p r e c h u n g m e i n e n T e i l e des S c h r i f t t u m s , d e r e i n z e l n e G e s e l l s c h a f t e r h a b e n i c h t n a c h § 4 3 2 B G B , s o n d e r n als N o t g e s c h ä f t s f ü h r e r g e m ä ß § 7 4 4 A b s . 2 B G B das R e c h t , A n s p r ü c h e d e r G e s e l l s c h a f t g e g e n D r i t t e i m e i g e n e n N a m e n a u f L e i s t u n g an die G e s e l l s c h a f t g e l t e n d z u m a c h e n . 1 7 0 D a s N o t g e s c h ä f t s f ü h rungsrecht gemäß § 7 4 4 Abs. 2 B G B

g e l t e b e i allen

Personengesellschaften171,

w e n n die g e s e l l s c h a f t s v e r t r a g l i c h e G e s c h ä f t s f ü h r u n g s k o m p e t e n z i m k o n k r e t e n Fall wegen tatsächlicher oder rechtlicher Handlungsunfähigkeit der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten

Gesellschafter funktionsuntüchtig

versa-

g e . 1 7 2 D a n n t r e t e das M i t v e r w a l t u n g s r e c h t des G e s e l l s c h a f t e r s n e b e n die in d e r Gesellschaft bestehende vertragliche oder gesetzliche Geschäftsführungs-

und

170 Soergel/Hadding, B G B , § 705 Rz. 56; ders. J Z 1975,159ff. Andere Autoren stützen die Einzelklage gegen Dritte zwar auf §744 Abs. 2 B G B , beschränken sich aber in den vom BGH entschiedenen Fallgruppen darauf, an die Stelle des §432 B G B ohne weiteres §744 Abs.2 B G B zu setzen. Staudinger/Keßler, B G B , § 705 Rz. 70, halten Gesellschafter gemäß § 744 Abs. 2 B G B für prozessführungsbefugt, wenn ein berechtigtes Einzelinteresse dargelegt wird, das dem Gesamtinteresse der Gesellschaft und den schützenswerten Interessen des Gesellschaftsschuldners nicht widerspricht. §744 Abs. 2 B G B sei §432 B G B vorzuziehen, da die Notgeschäftsführung die Gesellschafterklage auf das Erforderliche beschränke und begrifflich den notwendig engen Rahmen ziehe. Ganssmüller N J W 1963, 641 und Palandt/Thomas, B G B , 57. Aufl., §709 Rz.2, sind der Ansicht, ausnahmsweise seien einzelne Gesellschafter gemäß §744 Abs. 2 B G B klageberechtigt, wenn die Geschäftsführung entweder lahmgelegt sei oder mit dem Gesellschaftsschuldner kollusiv zusammenwirke. Dagegen gewährt Selb, Mehrheiten von Gläubigern und Schuldnern, S. 273, Gesellschaftern das Notgeschäftsführungsrecht gemäß § 744 Abs. 2 B G B schon dann, wenn sich ein Geschäftsführer weigert, Klage gegen den Dritten zu erheben. Jauernig/Stürner, B G B , §713 Rz. 10, wenden § 744 Abs. 2 B G B zwar nicht unmittelbar an, das Notgeschäftsführungsrecht setze aber für alle Personengesellschaften die gesellschaftsrechtlichen Normen über die Geschäftsführungs- und Vertretungsorganisation der Gesellschaft zugunsten der Einzelklage gemäß §432 B G B außer Kraft. 171 Zur analogen Anwendung des §744 Abs.2 B G B siehe auch BGHZ 17, 181, 183ff; BFH N J W - R R 1998, 1187, 1188; Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. §709 Rz.6; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §8 13, S.58; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, §178 A I 1, S.742; MüKo/Ulmer, B G B , §709 Rz. 21; Baumhach/Hopt, H G B , §114 Rz.7, §124 Rz.14; A. Hueck, Das Recht der O H G , § 10 II, S. 125; Schlegelherger/Martens, H G B , § 116 Kz.25; Jauernig/Stürner, B G B , §713 Rz.10; Fischer, in: Großkomm. H G B , §115 Anm.22; Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 2. Hälfte, § 115 Anm. 5; Koller/Roth/Morck, H G B , § 115 Rz. 5; MüKo/K. Schmidt, B G B , §§744, 745 Rz.41; kritisch Staudingerl Langhein, B G B , §744 Rz.31; Staudinger/Huber, B G B , 12. Aufl., § 744 Rz. 28, weil zur Disposition über das Sondervermögen nur die Gesellschaftergesamtheit als organisierter Personenverband berechtigt sei. 172 Soergel/Hadding, B G B , §705 Rz.56; ders. J Z 1975, 159, 161 f.

IV. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

und aufgrund Prozessrechts

35

Vertretungsordnung und der einzelne Gesellschafter erlange das Recht, in gesetzlicher Prozessstandschaft Gesellschaftsforderungen gegen Dritte zu verfolgen.173 Die rechtlichen Grenzen zulässiger Einzelklagebefugnis werden jedoch enger gezogen.174 Der Bundesgerichtshof75 gewährt dem Einzelgesellschafter das Klagerecht gemäß §432 B G B , „wenn es aus einem berechtigten Interesse ausgeübt wird, das mit dem Gemeinschaftsinteresse nicht im Widerspruch steht, sondern ihm womöglich allein entspricht". §432 B G B kann deshalb über den unmittelbaren Anwendungsbereich des §744 Abs. 2 B G B hinaus Anlass zur Klage geben, weil diese Norm den einzelnen Gesellschafter zur Prozessführung nur berechtigt, wenn die gerichtliche Verfolgung der Forderung zur „Erhaltung eines zur Gemeinschaft gehörenden Gegenstandes" erforderlich ist.176 Nicht erfasst sind Fälle, in denen ein Gesellschafter eine Forderung ausschließlich einklagt, weil die übrigen Gesellschafter gesellschaftswidrig ihre Mitwirkung verweigern und der Gesellschaftsschuldner dies fördert. Dann ist die Erhebung der Einzelklage keine Notmaßnahme für die Erhaltung eines gemeinschaftlichen Gegenstands des Gesellschaftsvermögens.177

173 Soergel/Hadding, BGB, §705 Rz.56. Das Notgeschäftsführungsrecht gemäß §744 Abs. 2 B G B umfasst nach h.L. kein prozessuales Vertretungsrecht für die Gesellschaft (RGZ 76, 298, 299; BGHZ 17, 181, 183ff; 94, 117, 120; BFH NJW-RR 1998, 1187, 1188; MüKo/Ulmer, BGB, § 709 Rz. 21; MüKo/K. Schmidt, BGB, §§ 744, 745 Rz. 39; Palandt/Sprau, BGB, Vorbem. v. § 709 Rz. 6, 18, §744 Rz. 3; Hk-BGB/Schulze, §709 R z . l , 3; Soergel/Hadding, BGB, §744 Rz.5, 6; BGB-RGRK/Fischer, 11. Aufl., §744 Anm. 13; BGB-RGRK/v. Gamm, §744 Rz. 13; Staudinger/ Huber, B G B , §744 Rz.38; SchlegelhergerIMartens, H G B , §116 Rz.23; a.A. Jauernig/Stürner, BGB, §§ 743 - 748 Rz. 15: „besser wäre es, an der gemeinschaftlicher Klage bzw. §432festzuhalten und für §§ 744 Abs. 2, 745 Abs. 1 prozessuale Vertretung zu gestatten; für die -verwirrende Prozessstandschaft wäre dann kein Raum"). 174 Soergel/Hadding, B G B , §705 Rz.56. 175 Vgl. oben S. 22. 176 BGHZ 39,14,20. § 744 Abs. 2 B G B verleiht die Einzelbefugnis vor allem für negatorische Abwehrklagen ( R G Z 76, 298,299; MüKo/K. Schmidt, B G B , §§ 744, 745 Rz. 39). BGHZ 94,117, 120 hat das Klagerecht auf die drohende Insolvenz des Schuldners oder die bevorstehende Zwangsversteigerung eines gemeinschaftlichen Gegenstandes ausgedehnt. Richtigerweise ergibt sich in diesen Fällen die Einzelbefugnis schon aus § 1011 B G B oder §432 BGB. Ob die Klageerhebung eine notwendige Erhaltungsmaßnahme i.S.d. § 744 Abs. 2 BGB darstellt, spielt dann keine Rolle ( M ü K o / K . Schmidt, BGB, §§744, 745 Rz.39; Staudingerl Langhein, BGB, §744 Rz.43; Staudinger/Huber, BGB, 12. Aufl., § 744 Rz. 38; Staudinger/Noack, B G B , §432 Rz. 32; Palandt/ Heinrichs, BGB, §432 Rz.2). 177 BGHZ 39, 14, 20f lehnt §744 Abs.2 B G B sogar bei drohender Anspruchsverjährung ab, sofern Gesellschafter rechtzeitig auf Zustimmung zur Forderungseinziehung klagen können. Dagegen lässt BGHZ 94,117,120f (VII. ZR) die Einzelbefugnis gem. § 744 Abs. 2 B G B auch bei drohender Anspruchsverjährung zu. Der VII. Senat begründet seinen abweichenden Standpunkt damit, der Kläger habe im Fall BGHZ 39,14 „gegen den Willen des anderen Gesellschafters allein auf sein eigenes Interesse und nicht auf das Interesse der Gemeinschaft" geklagt. Richtigerweise hatte der Kläger aber nur ein gesellschaftswidriges Verhalten seines Mitgesellschafters behauptet. Ferner hatte der Kläger nicht Leistung an sich selbst, sondern Leistung in das Gesellschaftsvermögen verlangt.

36

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche

gegen

Dritte

Die Konzeption eines Notgeschäftsführungsrechts beachtet nicht den Primärzweck des § 744 Abs. 2 BGB, der nicht auf Garantie oder Restauration einer funktionierenden Verwaltungszuständigkeit 1 7 8 , sondern auf die Sicherung des Rechts jedes Teilhabers auf Wert- und Substanzerhaltung gerichtet ist. 179 Deshalb hängt das Notverwaltungsrecht nicht auch von einer Zustimmung oder von der Funktionstüchtigkeit gemeinschaftlicher Verwaltungszuständigkeit ab. 180 Dagegen ist die in der Literatur vorausgesetzte „rechtliche oder tatsächliche Handlungsunfähigkeit" geschäftsführender Gesellschafter ist eine Notverwaltungssituation, wie sie §§ 1429,1454 BGB für die ebenfalls als Gesamthandsgemeinschaft ausgestaltete Gütergemeinschaft vergleichbar regeln. 181 Anders als §744 Abs. 2 BGB bezweckt die Notverwaltung hier nicht primär die Erhaltung des Gesamtguts, sondern die Aufrechterhaltung einer funktionierenden Verwaltungszuständigkeit zum Schutz des Gesamthandsvermögens. 182 Daher ist der Notverwalter gemäß § 1429 S. 2, § 1454 S. 2 BGB grundsätzlich und umfassend zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt, vorausgesetzt, bei Aufschub der Notverwaltungsmaßnahme drohten ernsthafte wirtschaftliche Nachteile für das Gesamthandsvermögen (z.B. Anspruchsverjährung). 1 8 3 Gegenüber den Notverwaltungsrechten in §§1429, §1454 BGB ist die Konzeption eines Notgeschäftsführungsrechts nach Inhalt und Voraussetzungen zu eng gefasst, weil sie die auf §744 Abs. 2 BGB gestützte Einzelprozessführungsbefugnis des Gesamthandsgesellschafters von der „tatsächlichen oder rechtlichen Handlungsfähigkeit" der geschäftsführenden Gesellschafter abhängen lässt, die Klagebefugnis aber zugleich auf die zur Erhaltung eines zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstandes beschränkt. 184 Diese Verengung übersieht, dass das Gesetz selbst differenziert, ob eine Notverwaltungslage von der Funktionsuntüchtigkeit der regulären Kompetenzordnung oder von der Notwendigkeit abhängt, Substanz oder Wert einzelner zur Gemeinschaft gehörender Gegenstän178 Vgl. auch Erman/L. Aderhold, BGB, § 744 Rz. 9; Staudinger/Langhein, BGB, § 744 Rz. 31; Staudinger/Huber, BGB, 12. Aufl., §744 Rz.28; siehe auch Jauernig/Stürner, BGB, §741 Rz.4, wonach die §§741 ff BGB individualistisch - also gerade nicht kollektivistisch - ausgestaltete „Minimalregelungen" enthalten. 179 Motive II, S. 878; Protokolle II, S. 748; BGHZ 94,117,120; Plancks Kommentar zum BGB, §744 Anm.3; MüKo/K. Schmidt, BGB, §§744, 745 Rz.34; Staudmger/Langhein, BGB, §744 Rz.21; Staudinger/Huber, BGB, 12.Aufl., §744 Rz.19; Palandt/Sprau, BGB, §744 Rz.3; Erman/L. Aderhold, BGB, § 744 Rz. 6; BGB-RGRK/v. Gamm, § 746 Rz. 13; BGB-RGRK/Fischer, 11. Aufl., §746 Anm. 13. 180 Protokolle II, S. 747; Plancks Kommentar zum BGB, § 744 Anm. 3; Staudinger/Langhein, BGB, §744 Rz. 29; Staudinger/Hub er, BGB, 12.Aufl., §744 Rz.26; Diederichsen MDR 1963, 632, 635. 181 Siehe dazu MüKo/Kanzleiter, BGB, § 1429 Rz.2•, Jauernig/Chr. Berger, BGB, § 1429 Rz. 1. 182 MüKo/Kanzleiter, BGB, § 1429 Rz. 2, § 1454 Rz. 3. 183 MüKo/Kanzleiter, BGB, § 1429 Rz. 3ff, § 1454 Rz. 3; Palandt/Brudermüller, BGB, § 1429 Rz. 2. Die Beschränkung auf notwendige Erhaltungsmaßnahmen ist auch für die Bestellung eines Notvorstands (§29 BGB) oder für die Prozesspflegschaft (§57 ZPO) nicht vorgesehen. 184 Soergel/Hadding, BGB, §705 Rz.56.

IV. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

und aufgrund

Prozessrechts

37

de zu erhalten. Beide Notverwaltungslagen können, müssen einander aber nicht entsprechen. Andernfalls wäre nicht erklärlich, weshalb § 1455 Nr. 10 BGB jeden Ehegatten unabhängig von den in §§ 1429,1454 BGB geregelten Notverwaltungsrechten ermächtigt, die zur Erhaltung des Gesamtguts notwendigen Maßregeln ohne Mitwirkung des anderen zu treffen. 185 Wird daher die Prozessführungsbefugnis an die Notgeschäftsführung gemäß §744 Abs. 2 BGB angelehnt, so beschränkte sich diese zwar auf notwendige Erhaltungsmaßregeln, sie bestünde aber jederzeit und gerade unabhängig von der Handlungsfähigkeit oder der Mitwirkung der zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter. Ist hingegen die Einzelprozessführungsbefugnis an die rechtliche oder tatsächliche Handlungsunfähigkeit der regulären Kompetenzordnung geknüpft, so wäre zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen die Gesellschafterklage mit der Reichweite zuzulassen, wie sie einem Ehegatten bei Verhinderung des anderen unter den Voraussetzungen der §§ 1429, 1454 BGB zur Prozessführung im eigenen Namen zukäme. Keinesfalls ist aber die Einzelklage (unmittelbar oder analog) auf das Recht der Notgeschäftsführung gemäß §744 Abs. 2 BGB zu stützen, wenn andere Gesellschafter aus gesellschaftswidrigen Gründen ihre Mitwirkung an der Verfolgung eines Anspruchs verweigern. Dann ist die Klageerhebung in der Regel keine notwendige Maßnahme, um einen Gegenstand des Gesellschaftsvermögens zu erhalten186 und es liegt auch kein vergleichbarer „Notfall" im Sinne der §§ 1429, 1454 BGB (Krankheit, Abwesenheit etc.) vor. Zutreffend weist Zöllner187 darauf hin, dass eine Notgeschäftsführung überhaupt nur in Betracht zu ziehen ist, wenn zuständige Organpersonen nicht vorhanden, unerreichbar oder aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen handlungsunfähig sind, nicht hingegen, wenn auf ihrer Seite lediglich Handlungsunwilligkeit vorliegt. Es geht dem Gesellschafter bei einer Einzelhandlung nicht um die Aufhebung einer Verwaltungsnot, sondern um die Durchsetzung einer eigenen Entscheidung entgegen der Haltung des zuständigen Organs. 188

185 § 1455 Nr. 10 B G B setzt nicht voraus, dass der andere Ehegatte an der Verwaltung des Gesamtguts gehindert ist (MüKo/Kanzleiter, BGB, § 1 4 2 9 Rz. 3; Palandt/Brudermüller, BGB, §1455 Rz.9). 186 BGHZ 39, 14, 20. 187 Zöllner Z G R 1988, 392, 406. 188 Zöllner ZGR 1988, 392, 406. Jedenfalls bliebe fraglich, w a r u m Gesellschafter zur Prozessstandschaft, nicht aber zur Prozessvertretung berechtigt sind (vgl.Jauernig/Stürner, BGB, § § 743 - 7 4 8 R z . 15). A u c h der N o t v e r w a l t e r kann gem. § § 1429,1454 B G B entweder im eigenen oder im N a m e n des anderen Ehegatten handeln.

Teil 1: A. Rechtsstellung

38

des Gesellschafters fiir Ansprüche gegen

b) Rechtsverfolgung durch Gesellschafter in einer Gesamthänderklage "

Dritte

„externen

Völlig anders vertritt Nitschkem, Rechtsträger und Gläubiger aller zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Forderungen seien die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, nicht die Gesellschaft selbst im Sinne eines Zuordnungsendpunkts von Rechten und Pflichten. Rechtsgrundlage der so genannten „externen Gesamthänderklage" gegen Dritte auf Leistung an die Gesellschaft sei bereits die materielle Gläubigerschaft jedes einzelnen Gesamthänders gemäß § 718 Abs. 1 BGB. Dieses Recht werde durch die gesamthänderische Mitberechtigung der anderen lediglich begrenzt, so dass er Leistung nicht an sich selbst, sondern nur an alle gemeinschaftlich fordern könne. Das Verbot der Anteilsverfügung über einen Gegenstand des Gesellschaftsvermögens gemäß §719 Abs. 1 BGB hindere nicht das Recht auf selbständige Klageerhebung, weil das Forderungsrecht erst durch Erbringung der Leistung in das Gesellschaftsvermögen erlösche (§362 Abs. 1 BGB) und die bloße Geltendmachung der Forderung noch keine unmittelbare Verfügungswirkung habe. 190 Auch die Regelung der Geschäftsführung der Gesellschaft lasse das Recht auf eine „externe Gesamthänderklage" eines von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafters unberührt, weil die Binnenregelung über Handlungskompetenzen der Gesellschafter ihre materiell-rechtliche Rechtsträgerschaft nach §718 Abs. 1 BGB nicht aufhebe. 191 Andererseits begrenzt diese Ansicht die Gesamthänderklage mit Kriterien der Einheits- und Vielheitsidee. 192 Die Geschäftsführungsorganisation wirke zwar nur gesellschaftsintern, das Auftreten als mehr oder weniger verselbständigte Einheit sei aber gesellschaftsextern ausgerichtet und zu ihr trete die einzelne Gesamthänderklage in Konkurrenz. Die externe Gesamthänderklage sei daher bei der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft zulässig, weil sie im Rechtsverkehr als Personenmehrheit auftrete (Vielheitsgedanke). Da §124 Abs. 1 HGB die Personengesellschaft weithin der juristischen Person annähere und sie als Einheit im 189

Nitschke Z H R 128 (1966), 48, 54ff. Vgl. auch die aus dem Minderjährigenrecht bekannte Streitfrage, ob die bloße A n n a h m e einer geschuldeten Leistung als Verfügungsgeschäft anzusehen ist, weil sie z u m Erlöschen der Forderung führt (MüKo/Heinrichs, BGB, § 3 6 2 Rz. 12; Palandt/Heinrichs, BGB, § 3 6 2 R z . 5 f f ; Erman/H.P. Westermann, BGB, § 3 6 2 R z . 5 \ Jauernig/St ürner, BGB, §362 R z . 2 ; Larenz, Schuldrecht I, § 1 8 I, S.237; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 6 0 I, S.251). 191 Im Verhältnis der Gesellschafter zueinander bleiben aber nach Nitschke alle das Innenverhältnis betreffenden Regelungen und Vorschriften w i r k s a m , aber eben nur in der Weise, dass die Gesamthänderklage im Innenverhältnis zu einer unbefugten oder befugten wird. Fehlt die Geschäftsführungsbefugnis des Gesellschafters, so hängt die Befugnis zur Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung im Innenverhältnis der Gesellschaft von einem Rechtfertigungsgrund ab. Dieser k ö n n e sich aus § 7 4 4 Abs. 2 B G B , einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§677ff B G B ) oder der gesellschaftlichen Treuepflicht ergeben (Nitschke Z H R 128 [1966], 48, 79 ff). 192 Nitschke Z H R 128 (1966), 48, 67ff. 190

IV. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

und aufgrund

Prozessrechts

39

Rechtsverkehr auftrete, sei insoweit die Gesamthänderklage ausgeschlossen (Einheitsgedanke). Die materiellrechtlich orientierte Ansicht Nitschkes stößt an prozessrechtliche Hürden, weil die Ableitung des Rechts auf Einzelklage aus der unmittelbaren materiellrechtlichen Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen mit der Prozessführungsbefugnis als Voraussetzung einer zulässigen Klage konfligiert. Nach bisher h.L. sind in Aktivprozessen der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft wegen Fehlens eigener Parteifähigkeit nur die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit richtige Prozessparteien (§ 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO). 1 9 3 Das Erfordernis einheitlicher Rechtsverfolgung durch sämtliche Gesellschafter als notwendige Streitgenossen im Sinne des §62 Abs. 1 Z P O ergibt sich aus ihrer gemeinsamen und ungeteilten materiellrechtlichen Berechtigung an dem zum Gesamthandsvermögen gehörenden Forderungsrecht (§718 Abs. 1, § 719 Abs. 1 BGB). 1 9 4 Wer darüber hinaus die (Außen)Gesellschaft bürgerlichen Rechts als selbständiges Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten anerkennt 195 , muss für ihre Aktivprozesse wie bei Personenhandelsgesellschaften (§ 124 Abs. 1, § 161 Abs. 2 H G B ) die Gesellschaft selbst als Gläubigerin und folgerichtig als eigenständig prozessführungsbefugte Partei (§50 Abs. 1 ZPO) betrachten. 196 Zudem ist die materiellrechtlich orientierte Einzelklage nicht einheitlich, weil sie einerseits eine ungeteilte Forderungsberechtigung gemäß §718 Abs. 1, §719 Abs. 1 B G B anerkannt, andererseits aber das Gegenteil dadurch rechtfertigt, dass der selbständigen Geltendmachung einer Gesamthandsforderung durch einzelne Gesellschafter der Verfügungscharakter im Sinne des §719 Abs. 1 B G B fehle. Hätte der Gesetzgeber nämlich die bloße Einziehung einer Gesamthandsforderung nicht als Verfügung angesehen, so hätte es auch der Regelung des §2039 B G B nicht bedurft. 197 Gerade aus §2039 B G B folgt, dass Beteiligte anderer Ge193 Plancks Kommentar zum B G B , Vorb. v. §705 Anm. III; Warneyer, B G B , §714 Anm. III; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, §714 Anm. 6; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S. 92;Palandt/Sprau, B G B , §718 Rz. 1 6 ; H k - B G B / S c h u l z e , §705 RzA9;Jauernig/Stürner, B G B , §713 Rz. 10; Thomas/Putzo, Z P O , §62 Rz. 13; Baumbach/Lauterbach/Albers/HartZ P O , § 50 Rz. 26, § 62 Rz. 13; BGB-RGRK/Fischer, mann, Z P O , § 62 Rz. 11; Zöller/Vollkommer, 11.Aufl., §714 Anm. 10; BGB-RGRK/v. Gamm, 12.Aufl., §714 Rz. 10; Staudinger/Keßler, B G B , §714 Rz. 19; Erman/H.P. Westermann, B G B , §718 Rz.13, 14; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 9 IV 4, S. 69; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz. 81; Prutting ZIP 1997, 1725, 1733. 194 BGH W M 1962, 728, 729; 64, 1086; Jauernig/Stürner, B G B , §§ 709 - 713 Rz. 10; Palandt/ Sprau, B G B , Vorbem. v. §709 Rz.21; Thomas/Putzo, Z P O , §62 Rz. 1, 13. 195 Nachweise Fn. 83. 196 B G / / N J W 2 0 0 1 , 1 0 5 6 f f ; BVerfG N J W 2 0 0 2 , 3 5 3 3 ; K . Schmidt N J W 2 0 0 0 , 2 9 2 7 ; ders. N J W 2001,993,999ff; ders, Gesellschaftsrecht, § 58 IV 2 c, S. 1719f, § 58 V 2, S. 1726ff, § 60IV, S. 1805ff; MüKo/Ulmer, B G B , §718 Rz.42ff; ders. ZIP 2001, 585, 590ff; Habersack B B 2001, 477ff; Soergel/Hadding, B G B , §714 Rz.52, 56; MüKo/Lindacher, Z P O , §59 Rz.27; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. A., Rz. 105; Wiedemann W M 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S.7, 9f; Lindacher JuS 1982, 592, 595; zum Meinungsstand siehe auch Müther M D R 1998, 625ff. 197 Roitzsch, Der Minderheitenschutz im Verbandsrecht, S. 165. Gegen die Auffassung Nitschkes bestehen auch deshalb Bedenken, weil die Einziehungsermächtigung aus §185 B G B

40

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche

gegen

Dritte

samthandsgemeinschaften den Einzelbefugnissen der Miterben vergleichbare Einzelrechte nicht haben. 1 9 8 Wird die Gesamthandsgesellschaft außerdem f ü r rechtsfähig gehalten 199 , so sind abweichend von §719 Abs. 1 Fall 2 B G B überhaupt unmittelbare Anteile des Gesellschafters an einzelnen z u m Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen, also nicht nur seine Verfügungsbefugnis über einen solchen Anteil auszuschließen. 2 0 0 In einem solchen Fall haben die Gesellschafter nicht einmal Anteile an dem Gesellschaftsvermögen, wie sie in §719 Abs. 1 Fall 1 B G B im Sinne einer gemeinschaftlichen Rechtszuständigkeit genannt werden 2 0 1 , weil Rechtsinhaber des Gesellschaftsvermögens ungeteilt und ausschließlich die Gesellschaft als solche ist. 202 Der Gesellschaftsanteil ist dann, so Karsten Schmidt, „Wertanteil" und Ausdruck der Mitgliedschaft in dem mit eigener Rechtsfähigkeit ausgestatteten Verband „Personengesellschaft". 2 0 3

c) Rechtsverfolgung Vertragsauslegung

durch Gesellschafter aufgrund

ergänzender

Andere stützen die Einzelklage des Gesellschafters nicht auf ein Teilrecht am Gesellschaftsvermögen, sondern auf den Gesellschaftsvertrag, dessen ergänzende Auslegung gemäß §§133, 157 B G B die Ermächtigung des Einzelgesellschafters zur Klage in gewillkürter Prozessstandschaft gegen Dritte ergebe, w e n n geschäftsführungsberechtigte Gesellschafter mit sachfremden Motiven die A n spruchsverfolgung mit Kenntnis des Dritten verhinderten. 2 0 4 D e m steht entgegen, dass im Regelfall eine Regelungslücke fehlt, weil die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entweder abschließend im Gesellschaftsvertrag geregelt ist oder es absichtlich bei der gesetzlichen Regelung sein Bewenden haben soll. 205 Die am Sinn und Zweck des Gesellschaftsvertrags orientierte Lückenschließung hätte ferner unter Berücksichtigung von Treu u n d Glauhergeleitet wird (RGZ 133,234,241; BGHZ 4,153, 164; BGH N J W 1998, 896, 897; Zöller/Vollkommer, Z P O , Vor. §50 Rz.52; Thomas/Putzo, Z P O , §51 R z . 3 3 - J a u e r m g / S t ü r n e r , BGB, §398 Rz.26; a.A. Staudinger/Busche, B G B , Einl. zu §§398ff Rz. 123: schuldrechtliche Überlassung der F o r d e r u n g zur A u s ü b u n g ; Palandt/Heinrichs, B G B , §398 Rz.29: Gewohnheitsrecht). 198 Denkschrift, S.278. 199 Nachweise Fn. 83. 200 K. Schmidt N J W 2001, 993, 998; MüKo/Ulmer, B G B , §719 Rz. 6; Soergel/Hadding, BGB, BGB, Vor§ 719 Rz. 6; Flume, Die Personengesellschaft, § 17 II, S. 349ff; a.A. Staudinger/Keßler, bem. zu §705 R z . 7 0 f f . Z u r Erbengemeinschaft siehe auch BGB-RGRK/Kregel, 11. Aufl., §2033 A n m . 14 m . w . N . 201 K. Schmidt N J W 2001, 993, 998; MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz. 130ff, 719 Rz.3; Soergel/ Hadding, BGB, §719 Rz.5; Flume, Die Personengesellschaft, § 17 II, S.349ff. 202 K. Schmidt N J W 2001, 993, 998; Soergel/Hadding, BGB, §719 Rz.5. 203 K. Schmidt N J W 2001, 993, 998; Flume, Die Personengesellschaft, § 17 II, S. 349. 204 Siehe dazu etwa Grunewald, Die Gesellschafterklage, S. 12 ff, 107; dies, Gesellschaftsrecht, 1. A. Rz.64, 66. 205 Zöllner Z G R 1988,392,403 mit Fn. 36; Häuser, U n b e s t i m m t e Maßstäbe, S. 176; Höfler ]uS 1992, 388, 390.

IV. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

und aufgrund

Prozessrechts

41

ben die individuellen Gegebenheiten der Gesellschaft zu beachten, weil für die selbständige Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung durch einzelne Gesellschafter im eigenen Namen eine entsprechende Verkehrssitte fehlt. 206 Die ergänzende Vertragsauslegung in dem Sinn, die Gesellschafter hätten sich vorsorglich und wechselseitig für den Fall eigenen gesellschaftswidrigen Verhaltens zu notfalls gerichtlicher Geltendmachung von Gesellschaftsforderungen ermächtigt, trägt retrospektiv in den Vertrag einen von den Gesellschaftern bei Vertragsschluss nicht andeutungsweise gewollten Regelungsgehalt hinein.207 Die Grenze ergänzender Vertragsauslegung ist zur Vermeidung von Fiktionen dort erreicht, wo sie den erklärten Parteiwillen der Vertragspartner verändert und zur unzulässigen Erweiterung des Vertragsgegenstandes führt. 208 d) Rechtsverfolgung AktG analog

durch Gesellschafter

gemäß §309 Abs. 4, §317 Abs. 4

Roitzsch209 schlägt die Gesellschafterklage gegen Dritte unabhängig von der Verbandsform analog § 309 Abs. 4, § 317 Abs. 4 AktG vor. Die Existenz eines Beherrschungsvertrages (§308ff AktG) oder eines faktischen Konzerns (§311 ff AktG) berechtigt jeden Aktionär, Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen gesetzliche Vertreter des herrschenden Unternehmens (§309 Abs. 1 u. 2, §317 Abs. 3 AktG) oder gegen das herrschende Unternehmen selbst (§317 Abs. 1 Satz 1 AktG) im eigenen Namen auf Leistung an die Gesellschaft zu verfolgen. Gegenüber §§432, 2039 B G B als Rechtsgrundlage der Einzelklagebefugnis stellt diese Ansicht zwei Vorzüge aktienrechtlicher Vorschriften für die Ausdehnung auf alle Gesellschafterklagen heraus: Einerseits mache die explizite Normierung der Gesellschafterklage in §309 Abs. 4, §317 Abs. 4 AktG die Ausdehnung des §2039 B G B auf andere Gesamthandsverhältnisse oder Denkmodelle zur Unteilbarkeit der Leistung im Sinne des §432 B G B entbehrlich. Andererseits enthielten die Vorschriften den allgemeinen Rechtsgedanken, gesellschaftsexternen Schuldnern sei die Konfrontation mit individuellen Klagebefugnissen zuzumuten, wenn jene Verbandswillen oder Verbandshandeln pflichtwidrig beeinflusst haben oder sich an gesellschaftsschädigendem Verhalten beteiligen.210 2 0 6 Die ergänzende Vertragsauslegung knüpft an die ihm Vertrag objektivierte Regelung an und versteht diese als eine selbständige Rechtsquelle, aus der unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte Regelungslücken im Blick auf den hypothetischen Parteiwillen geschlossen werden können (BGHZ 9, 277; BGH N J W 1978, 695; Palandt/Heinrichs, BGB, B G B , § 157 Rz. 11 ff; MüKo/Mayer-Maly, B G B , § 157 Rz. 24ff; La§ 157 Rz. 2; Staudinger/Roth, renz, Methodenlehre, S.300; ders, B G B - A T , §35 I, S.522ff). 2 0 7 Siehe auch BGH N J W 1988, 1585ff; Baumhach/Lauterbach/Alhers/Hartmann, ZPO, Grundz. §50 Rz.29; Zöller/Vollkommer, Z P O , Vor. §50 Rz 51; Thomas/Putzo, Z P O , §51 Rz.33; Palandt/Heinrichs, B G B , §398 Rz.33. 208 Staudinger/Roth, B G B , § 157 Rz.39f; MüKo/Mayer-Maly, B G B , § 157 Rz.46f. 209 Roitzsch, Der Minderheitenschutz im Verbandsrecht, S. 167, 169f. 210 Roitzsch, Der Minderheitenschutz im Verbandsrecht, S. 167, 169.

42

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

Allerdings hat die bislang h.L. die Rezeption der § 3 0 9 Abs. 4, § 3 1 7 Abs. 4 A k t G in das Recht der Personengesellschaften zu Recht abgelehnt, weil sie auf die konzernierte Aktiengesellschaft zugeschnittene Ausnahmesituationen

regeln

und einer Analogie unzugänglich sind. 211 Die amtliche Begründung der Aktiennovelle 1965 rechtfertigt die Einzelklagebefugnis gemäß § 3 0 9 Abs. 4, § 3 1 7 Abs. 4 A k t G mit der Erweiterung der Minderheitenschutzrechte im Klageerzwingungsverfahren nach § 147 A k t G , weil die Einflussdominanz eines herrschenden U n ternehmens vielfach die erforderliche Beschlussmehrheit verhindere. 212 Das bedeutet aber, dass die aktienkonzernrechtlich konzipierten Regelungen nicht interpretativ auf sämtliche Verbandsformen ausgedehnt werden können.

e) Rechtsverfolgung Diederichsen2Xi

durch Gesellschafter

gestützt auf Treu und

Glauben

stützt das Recht eines einzelnen nicht geschäftsführungsbefugten

Gesellschafters auf selbständige prozessuale Verfolgung von Gesellschaftsforderungen auf Treu und Glauben (§242 B G B ) , wenn die Geschäftsführung mit Beteiligung des Gesellschaftsschuldners in Schädigungsabsicht missbraucht werde. Der Gesellschaftsschuldner sei dann gehindert, im Rechtsstreit das Fehlen der Geschäftsführungsbefugnis des Gesellschafters einzuwenden, weil er die Funktionsfähigkeit der Geschäftsführung außer Kraft gesetzt habe. Die Kollusion zwischen Gesellschaftsschuldner und Geschäftsführung zum Nachteil des von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafters führe zur „Lockerung" der Zuständigkeitsordnung und zum Aufleben der nur ruhenden, jedem Gesellschaf-

211 Zur Sperrwirkung der §93 Abs. 5 S. 1; §309 Abs. 4, §317 Abs. 4, §318 Abs. 4, §323 Abs. 1 AktG gegenüber weiteren Aktionärsklagen vgl. etwa Dirk/Reuter/Bächle, Handbuch der Aktiengesellschaft, Rz. 578ff; Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht, § 9, S. 208; Grunewald, Die Gesellschafterklage, S. 109; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 6, S.643; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S. 463; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und 153 (1989), 1 , 3 , 1 6 , 2 4 ; UlKleinaktionär, S.220ff; ZöllnerZGR 1988,392; 407f; Th. RaiserZHR mer Z H R 163 (1999), 290ff; Krieger Z H R 163 (1999), 343, 344; Sünner Z H R 163 (1999), 371f; Lutter Z G R 1998, 191, 206f; Baumbach/Hueck, AktG, §309 Rz.9; Hüffer, AktG, § 147 Rz.5, §309 Rz.21; Barz, in: Großkomm. AktG, §147 Anm.20; Emmerich/Sonnenschein, Konzernrecht, § 18 III 1, S. 360; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2. C., Rz. 53; Flume, Die juristische Person, § 8 V 2, S. 306; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, §29 II 2, S. 147f; Mertens, in: Großkomm. AktG, §93 Rz. 84ff; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 93 Rz. 89ff; Buxbaum/Schneider Z G R 1982, 199, 200; Schwarz ZRP 2000, 330ff; Bayer N J W 2000, 2609ff; a.A. namentlich Wellkamp, DZWiR 1994, 221, 223f. 212 RegBegr Kropff, S. 404f; Baumbach/Hueck, AktG, § 147 Rz. 9; Hüffer, AktG, § 309 Rz. 21. Die Bedeutung der §309 Abs.4 S. 1, §317 Abs.4 AktG ist rechtspraktisch gering, vor allem wegen Informationsprobleme der Aktionäre und des Prozesskostenrisikos (siehe dazu Ulmer Z H R 163 [1999], 290, 300; Dirk/Reuter/Bächle, Handbuch der Aktiengesellschaft, Rz. 579; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 301 ff; Emmerich/Sonnenschein, Konzernrecht, §18 III 1, S.360; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1, S.463). 213 Diederichsen M D R 1963, 632, 636.

IV. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

und aufgrund

Prozessrechts

43

ter aber kraft seiner Mitgliedschaft grundsätzlich zustehenden Geschäftsführungsbefugnis. 2 1 4 Der von Diederichsen vertretene Ansatz widerspricht §712 Abs. 1 BGB, weil sich vertraglich bedungene rechtswirksame Kompetenzregeln über die Geschäftsführung in der Gesellschaft ohne rechtsgeschäftliche Ä n d e r u n g des Gesellschaftsvertrages nicht gleichsam von selbst liquidieren, wenn geschäftsführende Gesellschafter die Forderungseinziehung gesellschaftswidrig unterlassen. In der Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gemäß §712 Abs. 1 BGB aus wichtigem G r u n d nur einstimmig oder w e n n im Gesellschaftsvertrag vorgesehen stimmenmehrheitlich beschlossen werden. 2 1 5 Die völlige oder gegebenenfalls teilweise Entziehung 2 1 6 ihrer Geschäftsführungsbefugnis lässt diese aber nicht vollständig entfallen u n d an ihre Stelle automatisch die Einzelgeschäftsführung des an sich von ihr ausgeschlossenen Gesellschafters treten. Wird auch nur einem Gesellschafter einer bürgerlichrechtlichen Gesellschaft die übertragene Geschäftsführung entzogen, so gilt mangels abweichender vertraglicher Gestaltung gemäß §709 B G B die Gesamtgeschäftsführungsbefugnis aller Gesellschafter. 217 Fast wortgleich mit § 712 Abs. 1 BGB regelt § 117 H G B aus G r ü n d e n der Rechtsklarheit die Zulässigkeit der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem G r u n d f ü r die handelsrechtliche Personengesellschaft nur durch gerichtliches Gestaltungsurteil, weil die f ü r die Beteiligten verbundenen wirtschaftlichen Wirkungen der Maßnahme einen einfachen Entziehungsmodus nicht zulassen. 218 Beide Bestimmungen erfassen wegen des damit 214

Diederichsen M D R 1963, 632, 636 mit Fn.56. Die betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführer sind wegen Interessenkollision von der A b s t i m m u n g ausgeschlossen (RGZ 122, 312, 315; 146,169, 173; BGH N J W 1969,1483; BGHZ 64, 253, 255; 102, 172; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, A n m . 117; A. Hueck, Das Recht der O H G , § 10 VII, S. 149; Soergel/Hadding, BGB, § 712 Rz. 3; MüKo/Ulmer, BGB, §712 Rz. 11; Erman/H.P. Westermann, B G B , §712 Rz.4; Staudmger/Keßler, BGB, §712 Rz.4; Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. §709 Rz.15; BGB-RGRK/Fischer, 11.Aufl., §712 A n m . 3 ; BGB-RGRK/v. Gamm, §712 Kz.yjauernig/Stürner, BGB, §713 Rz.22; Schlegelberger/Martens, H G B , § 117 Rz. 30). 216 Z u r Teilentziehung vgl. R G J W 1935, 696; BGHXLV 1971, 436; A. Hueck, Das Recht der O H G , § 10 VI, S. 152; Fischer, in: G r o ß k o m m . H G B , § 117 A n m . 26; MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, §49 Rz. 31f. 217 BGHZ 33, 105, 108; 51, 198, 201f; Plancks K o m m e n t a r z u m BGB, §712 A n m . l f ; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, §712 A n m . 4; Warney er, B G B , §712 A n m . I; Fischer N J W 1959, 1061; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S. 83; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, A n m . 118; Palandt/Sprau, BGB, § 712 Rz. 2; BGB-RGRK/Fischer, 11. Aufl., §712 A n m . 4 ; BGB-RGRK/v. Gamm, 12. Aufl., §712 Rz.4; Staudinger/Keßler, BGB, §712 Rz.5; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, E II 3, Rz.29; Jauernig/Stürner, BGB, §713 Rz. 18; Larenz, Schuldrecht II, § 60 II, S. 387; a. A. f ü r den Fall, dass noch weitere zur Geschäftsf ü h r u n g berufene Gesellschafter vorhanden sind, MüKo/Ulmer, BGB, §712 Rz. 17; Enneccerus/ Lehmann, Schuldrecht, § 178 II 3, S.744; Erman/H.P. Westermann, BGB, §712 Rz.8; Soergel/ Hadding, BGB, § 712 Rz. 4,6; MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, § 7 Rz. 70; Flume, Die Personengesellschaft, § 10 II, S. 135; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. A., R z . 4 6 mit Fn. 17. 218 A. Hueck, Das Recht der O H G , § 10 VII, S. 145f. A u c h bei den handelsrechtlichen Perso215

44

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

verbundenen Vertrauensverlustes als wichtigen Grund für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis auch dass pflichtwidrig-kollusive Zusammenwirken der Geschäftsführer und Gesellschaftsschuldner zum Schaden der Gesellschaft. 2 1 9 In diesen Fällen fehlt daher eine Regelungslücke, die nach Treu und Glauben zu schließen wäre. 2 2 0

2. Gesamthandsbindung als Grundlage der Befugnis einzelner Gesellschafter zur Prozessvertretung der Gesellschaft a) Systemeinwände

gegen die Rechtsverfolgung

in Prozessstandschaft

Die in Rechtsprechung und Rechtslehre entwickelten Begründungsmodelle zeigen ein uneinheitliches Bild zu Rechtsgrund und Reichweite der Befugnis einzelner Gesellschafter, Gesamthandsforderungen gegen Dritte durch Klage im eigenen Namen zu verfolgen. Grund dafür ist, dass die Klagebefugnis in der jeweiligen Rechtsform der Gesellschaft (bürgerlichrechtliche Gesellschaft oder Personenhandelsgesellschaft) und ihrer materiellrechtlichen Rechtsträgerschaft 2 2 1 oder in der gesellschaftsinternen Regelung der Verwaltungsorganisation 222 gesucht wird. Das führte tendenziell zu einer Rechtsprechung, die Gesellschafterklagen gegen Dritte in der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft, nicht aber in der handelsrechtlichen Personengesellschaft zulässt. Rechtlich problemfrei die Ermächtigung eines Gesellschafters zur Prozessführung im eigenen Namen, wenn er ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse hat (gewillkürte Prozessstandschaft). 2 2 3 Der in gewillkürter Prozessstandschaft ver-

nengesellschaften tritt Gesamtgeschäftsführung ein, falls die Entziehung den einzigen Gesellschafter-Geschäftsführung trifft (BGHZ 51, 198,201f; GK-HGB/Ensthaler,% 117Rz.3;z>. Gerkan, in: Röhricht/Graf v. Westphalen, H G B , § 117 Rz. 20; Koller/Roth/Morck, H G B , § 117 Rz. 4; Baumbach/Hopt, H G B , § 117 Rz. 1; Schlegelbergerl Martens, H G B , § 117 Rz. 48; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, E II 3, Rz.30; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 7 II 3 c, S.67; Fischer, in: Großkomm. H G B , § 117 Anm. 24). 219 Palandt/Sprau, B G B , §723 R z . 4 m.w.N. 2 2 0 Verweigern Geschäftsführer willkürlich oder aus gesellschaftswidrigen Gründen die Verfolgung von Gesellschaftsforderungen gegen Dritte, etwa um sich oder dem Gesellschaftsschuldner Vorteile zum Schaden der Gesamthand sichern, so ist die Pflicht zu ordnungsmäßiger Geschäftsführung verletzt. Dies kann allenfalls Schadensersatzansprüche gegen die sich weigernden Gesellschafter nach sich ziehen (Fischer, in: Großkomm. H G B , § 115 Anm. 20; Palandt/ Sprau, B G B , §713 R z . l l ; Baumbach/Hopt, H G B , §114 Rz.15; MüKo/Ulmer, B G B , §708 Rz. 10). Daneben bleibt nur die Möglichkeit, gesellschaftsschädigendes Verhalten durch Auflösung der Gesellschaft (§723 Abs. 1 B G B , §133 H G B ) oder Ausschließung des Gesellschafters (§ 140 H G B ) abzuwenden (Fischer, in: Großkomm. H G B , § 115 Anm. 4 a; Geiler, in: Düringer/ Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, Anm. 108; Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 2. Hälfte, § 115 Anm. 10; Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. §709 Rz. 8). 221 § 7 1 8 A b s . l B G B , § 1 2 4 A b s . l H G B . 2 2 2 §709 Abs. 1 B G B , §114ff, § 125ff H G B . 2 2 3 Vgl. BGH N J W 1988, 1585, 1586, wonach das eigene rechtsschutzwürdige Interesse an der klageweisen Anspruchsverfolgung im Regelfall „nicht zweifelhaft" sei. Siehe dazu auch Palandt/

IV. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

und aufgrund

Prozessrechts

45

klagte Gesellschaftsschuldner ist nämlich prozessrechtlich weitgehend gegen eine mehrfache Inanspruchnahme wegen derselben Forderung geschützt. Erklären sich alle Mitgesellschafter oder die Geschäftsführung mit der Erhebung der Klage eines Gesellschafters im eigenen Namen einverstanden, so erstreckt sich die Rechtskraft eines klageabweisenden Sachurteils - anders als im Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft gemäß §§432, 2039, 744 Abs. 2 BGB - auf die Rechtsinhaber, die ihr Einverständnis zur Prozessführung erklärt hatten. 224 Erhebt der Rechtsinhaber selbst Klage, während das von dem Prozessstandschafter eingeleitete Verfahren noch rechtshängig ist, so schützt den Gesellschaftsschuldner die Einrede der Rechtshängigkeit (§261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) in dem Maß, wie eine Erstreckung der Rechtskraft zwischen dem Prozessführungsbefugten und dem Rechtsträger stattfände. 225 Fehlen jedoch die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft, so kann der einzelne Gesellschafter Forderungsrechte der Gesamthandsgesellschaft im eigenen Namen nur verfolgen, wenn ihn das Gesetz dazu eigens ermächtigt (gesetzliche Prozessstandschaft). In der werbenden Personengesellschaft lässt sich eine gesetzliche Prozessführungsermächtigung bei willkürlicher oder sachfremd motivierter Verweigerung der Rechtsverfolgung durch Mitgesellschafter oder vertretungsberechtigte Geschäftsführer weder den § 432, § 744 Abs. 2, § 2039 BGB noch dem Aktienkonzernrecht (§309 Abs. 4, §317 Abs. 4 AktG) oder dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entnehmen. Dagegen ist für die in Literatur und Praxis entwickelten Modelle einer Einzelklagebefugnis kennzeichnend, dass sie zwar im Grundsatz an der ungeteilten Gesamthandsberechtigung ansetzen, jedoch eine individualistische Zuständigkeitsordnung in der Gesellschaft konstruieren, wenn sich Mitgesellschafter oder Geschäftsführer gesellschaftswidrig verhalten. Die geteilte Rechts- und Forderungszuständigkeit der Gesellschafter ist mit §719 Abs. 1 BGB nicht zu vereinbaren, auch nicht mit dem Ausnahmecharakter des in §2039 BGB geregelten Einzelforderungsrechts. Sie ist auch nicht konstruierbar aufgrund der Möglichkeit dolosen Verhaltens des Gesellschaftsschuldners oder aufgrund des konturlosen Begriffs „Versagen" der gesellschaftsrechtlich geordneten Geschäftsführungskompetenz. Gesellschaftswidriges Verhalten der Gesellschafter-Geschäftsführer zieht Schadensersatzansprüche und gesellschaftsrechtliche Sanktionen gemäß §§712, 715, 723 BGB, §§117, 127, 133 HGB nach sich, verändert aber nicht automatisch deren gesamthänderische Forderungszuständigkeit gegen Dritte. Die ungeteilte Gesamthandsberechtigung lässt es auch nicht zu, die Zulässigkeit der Gesellschafterklage gegen Dritte für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die handelsrechtliche Personengesellschaft mit Sprau, BGB, Vorbem. v. § 709 Rz. 18; Staudinger/Noack, ZPO, Vor. §50 Rz. 44, 49. 224 BGH NJW 1988, 1585, 1586; Zöller/Vollkommer, 225 BGH NJW 1988, 1585, 1586; Zöller/Vollkommer,

BGB, § 432 Rz. 15;

Zöller/Vollkommer,

ZPO, Vor. §50 Rz.54. ZPO, Vor. §50 Rz.55.

46

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

unterschiedlichem Maßstab zu beurteilen. Eine derartige Differenzierung legitimiert nicht allein die weitgehende Verselbständigung der handelsrechtlichen Personengesellschaft (§124 A b s . l B G B ) oder der „Einheitsgedanke", weil sich die gesamthänderische Rechtszuständigkeit in beiden

Gesellschaftsrechtsformen

nicht grundlegend unterscheidet. 2 2 6 Nach der neueren Gesamthandslehre 2 2 7 ist die bisherige Differenzierung ohnehin obsolet. Denn nicht nur die handelsrechtliche Personengesellschaft, sondern auch die (Außen)Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist als solche Rechtsträgerin des Gesellschaftsvermögens, nicht die Summe der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. 2 2 8 Insofern ist sogar die bisherige Unterscheidung zwischen gesellschaftsrechtlicher Gesamthand und juristischer Person durch die Anerkennung einer „rechtsfähigen Personengesellschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit" weitgehend nivelliert. 229 Für handelsrechtliche Kapitalgesellschaften als juristische Personen entspricht es aber ganz h.M, dass der einzelne Gesellschafter nicht Ansprüche der juristischen Person gegen Dritte im eigenen Namen durch Klage verfolgen darf. 230 Andererseits hat die Rechtsfähigkeit der

Gesamthands(außen)gesellschaft

nicht zur Folge, dass die eigene Rechtssubjektivität der Gesellschaft den Rechtsschutz des Einzelgesellschafters bei gesellschaftswidriger Verweigerung der Forderungseinziehung durch Angleichung an das Recht der Kapitalgesellschaften völlig verkürzt. 2 3 1 Die kollektive Rechtszuständigkeit der Personengesellschaft lässt den Gesellschaftsvertrag (§705 B G B , §§109, 163 H G B ) als Grundlage schuldrechtlicher Rechtsbeziehungen der Gesellschafter zueinander und zur Geschäftsführung der Gesellschaft unberührt. Die rechtliche Annäherung auch der (Außen)Gesellschaft bürgerlichen Rechts an die körperschaftlich verfasste Kapitalgesellschaft gibt vielmehr Anlass zur Änderung bzw. Neustrukturierung des Rechtsschutzes gegen geschäftsführende Gesellschafter, die ihre Mitwirkung an der Forderungseinziehung verweigern. Anknüpfungspunkt ist dabei nicht die formale Unterscheidung zwischen Personenhandelsgesellschaft und Gesellschaft bürgerlichen Rechts, auch nicht das tatsächliche Erscheinungsbild der jeweiligen Gesamthandsgesellschaft 2 3 2 , sondern die Art der jeweils gesetzlich oder vertrag-

2 2 6 § 719 Abs. 1 B G B , § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 H G B ; siehe dazu auch Soergel/Haddtng, BGB, §705 Rz. 56. 2 2 7 Nachweise Fn. 83. 228 K. Schmidt N J W 2001, 993, 998. 229 K. Schmidt N J W 2001, 993, 996ff; Flume, Die Personengesellschaft, §17 II, S.349; siehe aber auch Ulmer ZIP 2001, 585, 588, der für die Beibehaltung einer dualistischen Gesellschaftsrechtssystematik plädiert. 230 Staudmger/Noack, B G B , §432 Rz.9; Baumhach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz.34; Baumbach/Hueck, AktG, §118 Rz.9. 231 Siehe auch Ulmer ZIP 2001, 585, 588. 2 3 2 Außen- und Innengesellschaft ( B G H N J W 2001, 1056); unternehmenstragende und nicht unternehmenstragende Gesellschaft (K. Schmidt N J W 2001, 993, 1002); höherstufige und nicht höherstufige Gesellschaft (Ulmer ZIP 2001, 585, 599).

IV. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

und aufgrund

Prozessrechts

47

lieh ü b e r t r a g e n e n G e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s , a u s g e h e n d v o n d e m p r i n z i p i e l l e n Ausschluss der Prozessführungsbefugnis gegen Dritte im eigenen N a m e n . b) Prozessvertretungsrecht Gesamtgeschäftsführung

einzelner und

Gesellschafter

auf der Ebene

der

-Vertretung

V e r w e i g e r n bei G e s a m t g e s c h ä f t s f ü h r u n g u n d G e s a m t v e r t r e t u n g s b e f u g n i s 2 3 3 e i n zelne Gesellschafter ihre Z u s t i m m u n g zur Geltendmachung einer Gesellschaftsf o r d e r u n g , so v e r s e l b s t ä n d i g t sich d i e V e r t r e t u n g s m a c h t d e r ü b r i g e n G e s a m t v e r treter nicht zu der Rechtsmacht, auch ohne diese Z u s t i m m u n g handeln zu dürfen. 2 3 4 J e d e r G e s e l l s c h a f t e r hat l e d i g l i c h e i n e n g e s e l l s c h a f t s v e r t r a g l i c h e n A n s p r u c h g e g e n w i d e r s t r e b e n d e G e s e l l s c h a f t e r auf Z u s t i m m u n g z u r k l a g e w e i s e n Forderungseinziehung, w e n n der Gesellschaftszweck und das Gesellschaftsinteresse ein V o r g e h e n e r f o r d e r n 2 3 5 , i n s b e s o n d e r e bei f ä l l i g e n u n d u n z w e i f e l h a f t durchsetzbaren A n s p r ü c h e n gegen Dritte236. Die gegen Geschäftsführer erhobene Z u s t i m m u n g s k l a g e hat E r f o l g , w e n n s a c h l i c h v e r t r e t b a r e G r ü n d e f ü r d i e Z u s t i m m u n g s v e r w e i g e r u n g f e h l e n 2 3 7 b z w . u n t e r W ü r d i g u n g aller I n t e r e s s e n auf u n 233 § 709 Abs. 1, § 714, § 730 Abs. 2 S.2 BGB, § 115 Abs. 2, § 125 Abs. 2 S. 1, § 146 Abs. 1, § 149f HGB. 234 Flume, Die Personengesellschaft, §15 II, S. 272. 235 Gesamtgeschäftsführer sind im allgemeinen verpflichtet, einer anstehenden Geschäftsführungsmaßnahme zuzustimmen, wenn der gemeinsame Zweck und das Gesellschaftsinteresse die Zustimmung erfordern und keine vertretbaren Gründe für ihre Ablehnung geltend gemacht werden. Daher besteht nur im Grundsatz ein freier Ermessensspielraum, wenn und soweit eine Geschäftsführungsmaßnahme reine (kaufmännische) Zweckmäßigkeitsfrage ist (Plancks Kommentar zum BGB, §709 Anm. 1; Flume, Die Personengesellschaft, § 15 II 1, S. 163f; MüKo/Ulmer, BGB, § 709 Rz.40; Fischer, in: Großkomm. HGB, § 117 Anm. 15,19; BGB-RGRK/Fischer, 11. Aufl., §709 Anm. 6; Staudinger/Keßler, BGB, §709 Rz. 12, 28, §711 Rz. 10; Palandt/Sprau, BGB, Vorbem. v. § 709 Rz. 8; Jauemig/Stürner, BGB, §§ 711 - 713 Rz. 2; Baumbach/Hopt, HGB, §115 Rz. 3, 6; Schlegelberger/Martens, HGB, §115 Rz.l4f; Koller/Roth/Morck, HGB, §105 Rz.35, §114 Rz.7; MünchHdb. GesR I/Weipert, §51 Rz.44; a.A. etwa MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, §7 Rz. 28: die Geschäftsführungsmaßnahme muss „dringend" geboten sein). 236 Ähnlich MüKo/Ulmer, BGB, §709 Rz.40; siehe auch §754 S.2, §§1078, 1285 BGB, § 149 HGB. 237 Die Zustimmung zu einer Maßnahme der Geschäftsführung wird ohne sachlich vertretbaren Grund verweigert, wenn die Ablehnung das Gesellschaftsinteresse nicht innerhalb der gegebenen Möglichkeiten berücksichtigt oder die Weigerung gesellschaftsschädlich ist, insbesondere weil gesellschaftsfremde oder eigennützige Interessen verfolgt werden. (Staudinger/Keßler, BGB, §709 Rz. 12, §711 Rz.10; Schlegelberger/Martens, HGB, §115 Rz.14, Koller/Roth/ Morck, HGB, §105 Rz.35; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.36, §47 Rz.37f). Ist die Geschäftsführungsmaßnahme sachdienlich, gibt es nicht zusätzlich das Recht der Stimmenthaltung, vielmehr ist der Gesellschafter zur Mitwirkung verpflichtet, sei es durch Ablehnung oder durch Zustimmung (Flume, Die Personengesellschaft, § 15114, S.263; Palandt/Sprau, BGB, Vorbem. v. § 709 Rz. 8; A. Hueck, Das Recht der OHG, § 11 III, S. 173; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 1. Hälfte, Anm. 108; Staudinger/Keßler, BGB, § 709 Rz. 12,33). Ferner besteht eine Pflicht zur Zustimmung in Fällen des §744 Abs.2 S.2 BGB (Palandt/Sprau, BGB, Vorbem. v. § 709 Rz. 8; Schlegelberger!Martens, HGB, § 115 Rz. 14; A. Hueck, Das Recht der OHG, § 10 II, S. 125; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 1. Hälfte, Anm. 107).

48

Teil 1: A. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche gegen Dritte

sachgemäßen Erwägungen beruhen 2 3 8 . Die Zustimmung der renitenten Geschäftsführer gilt dann mit Rechtskraft des Urteils als erteilt (§ 894 Abs. 1 Z P O ) . Die Rechtskraft löst die Gesamtgeschäftsführungs- und Gesamtvertretungsbefugnis ab. 239 Der im Rechtsstreit erfolgreiche Gesamtvertreter hat - wie in § 125 Abs. 2 S.2 H G B geregelt - das Recht einzeln im N a m e n der Gesellschaft zu handeln. 240 Der im Zustimmungsprozess erfolgreiche Gesamtvertreter darf dann erst nach Rechtskraft des Zustimmungsurteils Klage gegen den Gesellschaftsschuldner in prozessualer Vertretung f ü r die Gesamthandsgesellschaft erheben. 241 Diese zweigestufte Vorgehensweise gegen den Gesellschaftsschuldner rechtfertigt sich aus dem Gedanken, der einzelne Gesellschafter/Gesamtgeschäftsführer habe zunächst eine gütliche Streitbeilegung mit den übrigen Gesellschafter/Gesamtgeschäftsführern anzustreben, eben weil er nur zur Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung berufen ist. 242 Auch § 115 Abs. 2 H G B hilft dem Klageprätendenten im Kontext verweigerter Zustimmung nicht weiter. Die N o r m lässt das Prinzip einstimmiger Geschäftsführung unberührt, weil der einzelne Gesamtgeschäftsführer selbst bei Gefahr im Verzug zunächst versuchen muss, die Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter einzuholen, soweit dies angesichts der Gefahrenlage ohne Schädigung der Gesellschaft möglich ist. 243 Verweigert ein Gesellschafter seine Zustimmung, so kann auch bei Gefahr im Verzug der andere Gesellschafter nicht allein gemäß § 115 Abs. 2 H G B handeln. 2 4 4 Die grundsätzlich zweistufige Vorgehensweise für die Vertretungsmacht des einzelnen Gesellschafter-Geschäftsführers wird nach h.M. f ü r gesamtvertretungsberechtigte Gesellschafter nur ausnahmsweise zugunsten einer sofort und unmittelbar gegen den Gesellschaftsschuldner gerichteten Einzelklagebefugnis durchbrochen. 2 4 5 Diese Klage muss der Gesamtgeschäftsführer aber im eigenen N a m e n (als Prozesspartei) und auf eigenes Prozess(kosten)risiko erheben, obwohl gerade in diesem Fall die Prozessführungsbefugnis des Einzelgesellschafters im Hinblick auf die gesamthänderische Vermögenszuordnung ungewiss ist. Zu 238 BGH N J W 1988,1585,1586 (Rechtsstreit, den Gesellschafter aus sachlichen Erwägungen nicht führen würden); Koller/Roth/Morck, H G B , §105 Rz.35 (Das Handeln muss von einem sachlich gerechtfertigten Grund getragen sein). 239 Der in § 125 Abs. 2 S. 2, § 150 Abs. 2 S. 1 H G B geregelte Ubergang zur Einzelermächtigung stellt ein allgemeines, auch auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragbares Rechtsinstitut dar ( 5 G / / N J W - R R 1986, 778; Schlegelherger/K. Schmidt, H G B , § 125 Rz.43). Siehe dazu auch BGHZ 39,14,18; Fiume, Die Personengesellschaft, § 15 II, S.263,272; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, Anm.108 m.w.N.; Fischer, in: Großkomm. H G B , §115 Anm. 20, §119 Anm.32; Staudinger/Keßler, BGB, §709 Rz. 12; Plancks Kommentar zum BGB, §709 Anm. 1. 240 Schlegelherger/K. Schmidt, H G B , § 125 Rz.44; Baumbach/Hopt, H G B , §125 Rz. 17. 241 Fiume, Die Personengesellschaft, § 15 II, S. 272. 242 BGHZ 39, 14, 18; Palandt/Sprau, BGB, Vorbem. v. §709 Rz. 8 (Meinungsaustausch). 243 Schlegelberger/Martens, H G B , §115 Rz.28. 244 Schlegelberger/Martens, H G B , §115 Rz.28. 245 Dazu oben S. 22 ff.

IV. Kumulierte Rechtszuständigkeit

der Gesamthand und aufgrund Prozessrechts

49

bezweifeln ist aber, ob das auch gilt, wenn die Klage der Gesellschaft an einer unsachgemäßen Zustimmungsverweigerung der Mitgeschäftsführer scheitert.246 Das Recht zu sofortiger und unmittelbarer Klageerhebung in prozessualer Vertretung der Gesellschaft auch gegen den Willen der anderen Gesamtgeschäftsführer ließe sich nämlich grundsätzlich auf unterschiedlichen Ebenen konstruieren: - Verwirkung des Zustimmungsvorbehalts wegen gesellschaftswidrigen Entscheidungsverhaltens - Unbeachtlichkeit des Zustimmungsvorbehalts wegen Interessenkollision - Prozessverbindung von Zustimmungsklage und Leistungsklage der Gesellschaft (§§ 59, 60, 260 Z P O ) - Zustimmungsfiktion analog § 162 Abs. 1 B G B und richterliche Inzidententscheidung im Rechtsstreit zwischen Gesamthandsgesellschaft und Gesellschaftsschuldner

(1) Gesellschaftswidriges

Verhalten

als

Verwirkungstatbestand

Die Verwirkung hätte den Verlust des Zustimmungsvorbehalts der sich unberechtigt eigennützig verweigernden Mitgeschäftsführer zur Folge. 247 Die übrigen Mitgeschäftsführer wären dann auch gegen ihre Zustimmung allein zum Handeln namens der Gesellschaft berechtigt. So führt das OLG Koblenz248 aus, dass es „unter derartigen Umständen als gerechtfertigt erscheint, das Interesse der anderen Mitgesellschafter daran, das Handeln für die Gesellschaft mitbestimmen zu können, als minder schutzwürdig einzustufen, wobei sich dies insbesondere aus dem Grund rechtfertigt, dass die Mitgesellschafter durch ihr Fehlverhalten sich selbst gewissermaßen ins Unrecht gesetzt haben, sie ihren Mitwirkungsvorbehalt also gewissermaßen verwirkt haben". Die bisher h.M. lässt aber die Verwirkung und den Verlust des Rechts eines Gesellschafters auf Mitverwaltung der Gesellschaft nur in ganz engen Grenzen zu, so zum Beispiel, wenn Gesellschafter die ordnungsmäßige Verwaltung der Gesellschaft beharrlich blockieren. 249 Zwar gilt der in §243 Abs. 2 AktG ausgedrückte Rechtsgedanke verallgemeinerungsfähig auch im Personengesellschaftsrecht, wonach kein Gesellschafter sein Mitgliedschaftsrecht zu ungerechtfertigten Sondervorteilen und zum Schaden der Gesellschaft oder anderer Gesellschafter ausüben darf.250 Das pflichtwidrig ausgeübte Mitgliedschaftsrecht führt aber nach h.M. nicht zum völligen Ausschluss des GeSiehe auch Jauernig/Stürner, BGB, §§743 - 748 Rz. 15. BGH NJW 1972, 862, 864; Palandt/Sprau, BGB, Vorbem. v. §709 Rz.8; Palandt/Heinrichs, BGB, §242 Rz. 88; Baumbach/Hopt, HGB, § 115 Rz. 6; zur GmbH siehe Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.54f. 248 OLG Koblenz NZG 1999, 250. 249 BGH NJW 1972, 862; Palandt/Sprau, BGB, Vorbem. v. §709 Rz.8; Baumbach/Hopt, HGB, §115 Rz.6, §116 Rz.5; MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, §7 Rz.29; a.A. MüKo/Ulmer, BGB, §709 Rz.41, weil in diesen Fällen die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gem. §712 BGB Vorrang habe. 250 Koller/Roth/Morck, HGB, §105 Rz.35; zum GmbH-Recht siehe auch Roth/Altmeppen, GmbHG, §37 Rz.8, §47 Rz.109; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, §47 Anh. Rz.46. 246 247

50

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

seilschafters von der Entscheidungsteilhabe in

Dritte

Gesellschaftsangelegenheiten,

sondern nur zur Unwirksamkeit des Einzelakts missbräuchlicher Rechtsausübung (Zustimmungsverweigerung). 251

(2) Stimmverbote

wegen

Interessenkollision

Der Zustimmungsvorbehalt entfällt unter Umständen ganz, sind die Voraussetzungen einer Interessenkollision analog § 34 B G B , § 136 Abs. 1 A k t G , § 4 7 Abs. 4 G m b H G erfüllt. 2 5 2 Uberwiegend wird vertreten, die gesetzlich erfassten Konfliktsituationen seien nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsprinzips, wonach jeder Interessenkonflikt oder jedes eigennützige Vorteilsstreben zum Totalverlust des Rechts auf Mitverwaltung der Gesellschaft führe. 2 5 3 Jedenfalls ist nach diesen Vorschriften eine unbefangene Beteiligung des Gesellschafters an der Geschäftsführung nicht mehr zu erwarten, wenn die Gesellschaft gegen ihn Ansprüche aus einem Drittverhältnis der Gesellschaft durch Klage zu verfolgen beabsichtigt. 2 5 4 Das hat aber nicht zur Folge, Forderungen der Gesellschaft gegen Mitgesellschafter dürften nur im eigenen Namen und auf eigenes Prozess(kosten)risiko gemäß § 4 3 2 B G B geltend gemacht werden und die Zulässigkeit einer Klage hinge zusätzlich von einem gesellschaftsinternen Fehlverhalten des zu verklagenden Gesellschafters ab. 2 5 5 Diese Auffassung übersieht, dass das Gesetz die Problematik von Insichprozessen bei faktischer Personenidentität des Mitgesellschafters und Gesellschaftsschuldners in den genannten Vorschriften bereits gelöst hat, weil die von einer Interessenkollision betroffenen Mitgesellschafter sich der Mitwirkung an der Klageerhebung der Gesellschaft zu enthalten haben. 2 5 6 Ferner ist anerkannt, dass nach diesen Vorschriften das Mitverwaltungsrecht durch Stimmrechtsausübung ohne Rücksicht formale Konstellationen auch in bestimmten konfliktähnlichen

Fällen

(wirtschaftliche

Personenidentität)

ausgeschlossen

ist. 2 5 7 Die Sperre für eine Prozessführung der von dem Interessenkonflikt belasteten Gesellschafter hat zur Konsequenz, dass im Fall gemeinschaftlicher Ge251 Koller/Roth/Morck, H G B , §105 Rz.37; Fischer, in: Großkomm. H G B , §119 Anm.32. A.A. etwa MünchHdb. CesR I/v. Ditfurth, § 7 Rz.29 (Verweigert ein Gesellschafter seine Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen treuwidrig, ist dies unbeachtlich und sind die übrigen Gesellschafter berechtigt, auch ohne seine Zustimmung zu handeln); a.A. auch Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.54, §47 Rz. 50 (Rechtsfolge der Treuepflichtverletzung sollte dort, wo unzulässige Eigeninteressen im Spiel sind, der Ausschluss des betroffenen Gesellschafters von der Mitwirkung und Entscheidung sein; denn dies ist die sauberste Lösung). 252 MüKo/Ulmer, B G B , § 709 Rz. 60; Koller/Roth/Morck, H G B , § 119 Rz. 3; Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. §709 Rz. 15; Roth/Altmeppen, G m b H G , §47 Rz.49ff. 253 BGHZ 68, 107; Koller/Roth/Morck, H G B , § 119 Rz.3; a.A. Roth/Altmeppen, GmbHG, §47 Rz.50, 78 (jeder Interessenwiderstreit genügt). 2 5 4 Siehe auch Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. § 709 Rz. 15; Roth/Altmeppen, G m b H G , §47 Rz.50. 2 5 5 A.A. etwa OLG Koblenz N Z G 1999, 250ff. 256 Roth/Altmeppen, G m b H G , §47 Rz.50. 257 Roth/Altmeppen, G m b H G , §47 Rz.50.

IV. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

und aufgrund

Prozessrechts

51

schäftsführungs- und Vertretungsbefugnis die übrigen Gesellschafter, notfalls der einzige verbleibende geschäftsführungs- und vertretungsberechtigte Gesellschafter Klage im Namen der Gesellschaft gegen die Mitgesellschafter erheben darf.

(3) Prozessverbindung

von Zustimmungs-

und

Leistungsklage

Die kumulative oder eventuelle Klagenhäufung (§§ 59, 6 0 , 2 6 0 Z P O ) vereinigt die Zustimmungsklage gegen Mitgesellschafter mit der Klage der Gesellschaft gegen den Gesellschaftsschuldner aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit zu einem Prozess. 2 5 8 Der Gesellschafter-Geschäftsführer klagt mit dem Ziel gleichzeitiger Verhandlung nicht nur für sich gegen die übrigen Mitgeschäftsführer auf Zustimmung zur Forderungseinziehung, sondern kombiniert damit zugleich die Klage für die Gesellschaft gegen den Gesellschaftsschuldner. 259 Es kann dann in einem Verfahrensgang durch Urteil über die Zustimmungsklage und über die Klage der Gesellschaft gegen den Gesellschaftsschuldner entschieden werden, sofern die verschiedenen Streitgegenstände in die Zuständigkeit des Prozessgerichts fallen. Sind die Streitgegenstände dieser Prozessrechtsverhältnisse rechtlich oder tatsächlich konnex, so vermeidet die Klagenhäufung nicht nur eine Prozessverdoppelung, sondern befriedet rascher und erschöpfender die Rechtsbeziehungen aller Prozessbeteiligten als in getrennt und nacheinander geführten Prozessen. 2 6 0 Der Klagenverbindung steht nicht entgegen, dass in Fällen gemeinschaftlicher Geschäftsführung und Vertretung eine Leistungsklage des einzelnen Gesellschafters für die Gesellschaft die rechtskraftfähige Entscheidung über die Zustimmungsklage voraussetzt (§ 894 Abs. 1 Z P O ) . Die Rechtslage ist nicht wesentlich anders, als wäre mit der Klage auf Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis 261 oder mit der Klage auf Ausschließung eines Gesellschafters 2 6 2 die Klage auf Zustimmung gegen die sich weigernden Gesellschafter verbunden, weil auch über diese Klagen aus Gründen der Prozessökonomie gleichzeitig verhandelt und entschieden werden kann. 2 6 3

(4) Zustimmungsfiktion

und richterliche

Inzidententscheidung

Fehlen die Voraussetzungen für eine derartige Prozessverbindung oder kommt eine solche wegen Klageunzulässigkeit für sämtliche Streitgegenstände nicht in Betracht, so bleibt nach überwiegender Ansicht anstatt der im eigenen Namen 258 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Z P O , Übers. §59 Rz. 1, §60 Rz.3; Grundz. §128 Rz. 14, 15; Zöller/Vollkommer, ZPO, §60 Rz.4, 7, §148 Rz.5. 259 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Ubers. §59 Rz.3. 260 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Übers. § 59 Rz. 1, § 60 Rz. 3; Schlegelberger/Martens, H G B , §117 Rz.27; Fischer, in: Großkomm. H G B , §117 Anm. 18, 19. 2 6 1 §§117, 127 H G B . 2 6 2 §140 H G B . 263 Fischer, in: Großkomm. H G B , § 117 Anm. 19; Schlegelbergerl Martens, H G B , § 117 Rz. 27; Baumbach/Hopt, H G B , § 117 Rz. 7; zu § 140 H G B siehe auch BGHZ 68, 81, 83.

52

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche

gegen

Dritte

und auf eigenes Prozessrisiko geführten Einzelklage gegen den Gesellschaftsschuldner nur die verbandsinterne Klageerhebung auf Zustimmung zur Forderungseinziehung, u m nach Rechtskraft eines die Zustimmungserklärung ersetzenden Urteils (§ 894 Abs. 1 Z P O ) die formalen Voraussetzungen für eine spätere Klage der Gesellschaft gegen den Gesellschaftsschuldner zu erlangen. 2 6 4 Dieses v o m Bundesgerichtshof als umständlich 2 6 5 beurteilte zweistufige Prozedere für die Durchsetzung von Gesellschaftsforderungen gegen Gesellschaftsschuldner wäre entbehrlich, könnte aus Gründen der Praktikabilität die Pflichtwidrigkeit der Zustimmungsverweigerung inzidenter und mit Bindungswirkung in einem Leistungsprozess festgestellt werden, den ein geschäftsführender Gesellschafter abweichend von dem Willen der anderen Gesamtgeschäftsführer in prozessualer Vertretung für die Gesellschaft führt. 2 6 6 Stellte nämlich das Urteil gegen den Gesellschaftsschuldner fest, die anderen Geschäftsführer hätten unberechtigt, etwa aus eigenem Vorteilsstreben, ihre Zustimmung zur Forderungseinziehung verweigert, so ließe sich diese Zustimmung entsprechend § 162 Abs. 1 BGB fingieren. 2 6 7 Denn eine praktisch bedeutsame Fallgruppe des übertragbaren Rechtsgedankens der N o r m stellt gerade die Verweigerung einer billigerweise zu erwartenden M i t w i r k u n g dar. 268 Die Grenze zulässiger Analogie ist nicht verletzt, da Recht und Pflicht zur M i t w i r k u n g an der Geschäftsführung mit dem Gesellschaftsverhältnis untrennbar in Wechselbeziehung stehen. 2 6 9 Daher unterliegen Geschäftsführungsakte nicht der Beliebigkeit geschäftsführender Gesellschafter, sondern jeder Gesellschafter hat bei gemeinschaftlicher Geschäftsführung die Pflicht an einer dem Gesellschaftszweck dienlichen Geschäftsführungsmaßnahme mitzuwirken. 2 7 0 264 MünchHdb. GesR I/Weipert, §51 Rz.45 m.w.N.; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, E II 1, Rz.6. 265 BGHZ 39, 14, 17; Schlegelherger/Martens, HGB, § 117 Rz. 27; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, E II 1, Rz.6. 266 MünchHdb. GesR I/Weipert, §51 Rz.45, 51; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, E II 1, Rz.6. 267 Siehe auch MünchHdb. GesR I/Weipert, §51 Rz.45; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, E II 1, Rz.6. Teilweise wird vertreten, die übrigen Gesellschafter seien schon deshalb allein zu handeln berechtigt, weil die treuwidrig verweigerte Zustimmung ihnen gegenüber unbeachtlich sei ( M ü n c h H d b . GesR I/v. Ditfurth, § 7 Rz. 29). Ähnlich auch Baumbach/Hopt, HGB, § 116 Rz. 5 im Zusammenhang mit § 116 Abs. 2 HGB (Besteht eine Pflicht zur Zustimmung, so kann der geschäftsführende Gesellschafter handeln, weil die Berufung auf Fehlen des Beschlusses treuwidrig wäre, doch handelt er auf eigenes Risiko). Dagegen ist nach Baumbach/Hopt, HGB, § 115 Rz. 6für die Beschlussfassung bei gemeinschaftlicher Geschäftsführungsbefugnis stets eine Klage auf Zustimmung notwendig. 268 MüKo/H. P. Westermann, BGB, § 162 Rz. 19; Staudinger/Bork, BGB, § 162 Rz. 8. Zur Analogiefähigkeit des § 162 BGB siehe auch Motive I, S. 263; Erman/W. Hefermebl, BGB, § 162 Rz. 7; MüKo/H.P. Westermann, BGB, §162 Rz.18; Staudinger/Bork, BGB, §162 Rz. 15ff; Jauernig, BGB, §162 Rz.3•, Palandt/Heinrichs, BGB, §162 Rz.l, 6. 269 Wieland, Handelsrecht I, §47, S.561f, 574f. 270 Es handelt sich nicht um eine bloße Wollensbedingung, auf die § 162 BGB keine Anwendung finden würde, denn die Zustimmung steht nicht im freien Belieben der Geschäftsführer

IV. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

und aufgrund

Prozessrechts

53

Die Fiktion der Zustimmung gemäß § 162 Abs. 1 B G B hätte den Vorteil, dass der erforderliche Gesellschafterbeschluss für die Zulässigkeit der Klage gegen den Gesellschaftsschuldner als zustande gekommen gälte. Folglich ließe sich in einem Rechtsstreit erreichen, was in nacheinander geführten Prozessen erst erwirkt werden müsste. 271 Davon gehen letztlich die Instanzgerichte aus, die dem Geschäftsführer die an den Zustimmungsvorbehalt (§709 A b s . l BGB) geknüpfte Klageerhebung (im eigenen N a m e n ) erlauben, weil ihm aus G r ü n d e n wirksamen Rechtsschutzes nicht zugemutet werden solle, zunächst die ausstehende Mitwirkung der Mitgesellschafter diesen gegenüber einzuklagen, sondern gestattet sein solle, sogleich im Außenverhältnis selbst und allein f ü r die Durchsetzung des Gesellschaftsinteresses u n d damit zugleich seiner eigenen berechtigten Interessen tätig zu werden. 2 7 2 A u c h im Kapitalgesellschaftsrecht geht die h.M. bei treuwidrig verweigerter Stimmabgabe eines Gesellschafters keine Umwege, weil die Anfechtungsklage gegen fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse mit einer Feststellungsklage (§256 Abs. 1 Z P O ) des Inhalts verbunden werden kann, die treuwidrige Stimmabgabe sei unbeachtlich u n d der positive Beschlussinhalt sei ohne die unwirksame Stimmabgabe des sich verweigernden Mitgesellschafters zustande gekommen. 2 7 3 Der Bundesgerichtshof274 hält die dem eigentlichen Leistungsziel vorgelagerte Zustimmungsklage sogar bei vertragsändernden Gesellschafterbeschlüssen von Publikumspersonengesellschaften ausnahmsweise f ü r entbehrlich. Treuwidrig abgegebene Stimmen deutet er in eine Zustimmung um, wenn existentielle Interessen der Mitgesellschafter von einer Änderung des Gesellschaftsvertrages abhängen. Im Pflichtenrahmen der Geschäftsführung schließt diese Einschränkung ei(|Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, A n m . 108, H.P Westermann, BGB, B G B , § 162 Rz. 1; Staudinger/Bork, BGB, Vorbem. § 158 Rz. 21, § 162 Rz. 4 ff; Palandt/Heinrichs, zu §§158ff, R z . l 4 f f , §162 Rz.4;Jauernig, BGB, §162 R z . l ) . 271 D a m i t ist allerdings eine Klage auf vorherige Z u s t i m m u n g zur prozessualen F o r d e r u n g s einziehung nicht eo ipso und generell obsolet. N i m m t ein zur Gesamtgeschäftsführung berufener Gesellschafter o h n e die Z u s t i m m u n g der anderen eine G e s c h ä f t s f ü h r u n g s m a ß n a h m e vor, so handelt er auf sein eigenes Risiko. D e n n er verletzt bei sachlich gerechtfertigter Z u s t i m m u n g s verweigerung der anderen Gesamtgeschäftsführer seine Geschäftsführerpflichten und macht sich schadensersatzpflichtig (Fischer, in: G r o ß k o m m . H G B , §115 Rz. 14, 24). D e m risikobewussten Gesellschafter bleibt es daher u n b e n o m m e n , vor der D u r c h f ü h r u n g der fraglichen G e s c h ä f t s f ü h r u n g s m a ß n a h m e die Zustimmungspflicht der anderen Gesamtgeschäftsführer d u r c h Leistungsklage auf Zustimmungserteilung ü b e r p r ü f e n zu lassen (MünchHdh. GesR [/Weipert, §51 Rz.45, siehe auch Baumbach/Hopt, H G B , §116 Rz.5). 272 OLG Koblenz N Z G 1999, 250. 273 Z u r so genannten positiven Beschlussfeststellungsklage siehe etwa Zöllner Z G R 1988,392, 396; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , A n h . §47 R z . 9 1 f f ; Roth/Altmeppen, G m b H G , §47 Rz. 135. Ein der Klage stattgebendes Urteil stellt das richtige Beschlussergebnis analog §248 A k t G f ü r u n d gegen alle fest (Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , A n h . §47 Rz. 91 ff; Roth/ Altmeppen, G m b H G , §47 Rz. 135). 274 BGH N J W 1985, 974; N J W - R R 1989, 995; BGH W M 1986, 1557; Koller/Roth/Marek, H G B , § 105 Rz. 37,42; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz. 63; Flame, Die Personengesellschaft, §15 IV, S.278ff.

54

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche

gegen

Dritte

ne Zustimmungsfiktion nicht aus mit der Folge, dass ein bestimmtes Entscheidungsvotum geschäftsführender Mitgesellschafter entweder nur hinzunehmen oder durch Klage auf Abgabe einer Zustimmungserklärung zu erzwingen wäre. 275 Aus dem Recht zur Geschäftsführung folgt nämlich zugleich die Pflicht geschäftsführender Gesellschafter, notwendigen Geschäftsführungsmaßnahmen zuzustimmen. Dagegen hat der sich weigernde Gesellschafter außerhalb der Geschäftsführung bei Änderungen der Gesellschaftsgrundlagen eine wesentlich freiere Rechtsstellung. Er ist nur an die im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Bestimmungen gebunden und nicht verpflichtet, seine Interessen denen der Mitgesellschafter unterzuordnen. 2 7 6 Daher kann bei Beschlüssen über Vertragsänderungen mit Einfluss auf die Gesellschaftsgrundlagen prinzipiell nicht die Fiktion gelten, der die Vertragsänderung verweigernde Gesellschafter habe ihr positiv zu777

gestimmt. O b eine gesellschaftswidrige Verweigerung einer Anspruchsverfolgung als Voraussetzung der Zustimmungsfiktion vorliegt, ist ein Problem der Klagezulässigkeit (Ordnungsgemäßheit der Prozessvertretung), nicht der Begründetheit der Klage. Die Zulässigkeit der Klage hängt einerseits von der Gesamtgeschäftsführungs- und Gesamtvertretungsbefugnis des Gesellschafters ab. Andererseits muss der Gesellschafter G r ü n d e f ü r die Notwendigkeit einer Einzelvertretung vortragen u n d gegebenenfalls beweisen, dass die übrigen zur Gesamtgeschäftsf ü h r u n g und Gesamtvertretung berechtigten Gesellschafter die Anspruchsverfolgung aus sachlich nicht gerechtfertigten gesellschaftswidrigen G r ü n d e n ablehnen. 278 An die Darlegung der Zustimmungspflicht der Mitgeschäftsführer ist keine zu hohe Substanziierungslast zu knüpfen, es genügt der Vortrag, der Gesellschaft stehe ein fälliger und durchsetzbarer Anspruch gegen den Gesellschaftsschuldner zu. 279 Diese Art der Vertretung der Gesellschaft benachteiligt keineswegs die übrigen Prozessparteien bei der Urteilsrechtskraft. Wird die Klage des einzelnen Gesamtgeschäftsführers als unzulässig abgewiesen, so könnte die Gesellschaft erneut klagen. 280 Legte das Urteil inzidenter die Fiktion der Zustimmung bzw. Einzelermächtigung (§ 125 Abs. 2 S.2 H G B ) wegen festgestellter Gesellschaftswidrigkeit 275 MünchHdh. GesR I/Weipert, §51 Rz.45, 51; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, E II I, Rz.6;a.A.Fischer, in: G r o ß k o m m . H G B , § 119 Anm.32;/ 7 /«me, Die Personengesellschaft, § 15 II, S.272; Koller/Roth/Morck, H G B , §105 Rz.37; zur G m b H vgl. auch Roth/Altmeppen, §47 Rz.43; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , § 4 7 Rz.74, 76 a. 276 Staudinger/Keßler, BGB, §709 Rz.29; Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.63. 277 MüKo/H.P. Westermann, BGB, § 162 Rz. 6; Jauernig, BGB, § 158 Rz.4. Siehe auch Motive I, S. 263, w o n a c h die Fiktionswirkung des § 162 B G B dann nicht Platz greife, „wenn die Bedingung auf die Vornahme oder N i c h t v o r n a h m e einer von dem freien Ermessen des bedingt Verpflichteten abhängigen H a n d l u n g gestellt ist". 278 Z u r actio p r o socio siehe auch MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 173. 279 Z u r actio p r o socio siehe auch MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 173. 280 Zöller/Vollkommer, Z P O , §322 Rz. 1.

IV. Kumulierte

Rechtszuständigkeit

der Gesamthand

und aufgrund

Prozessrechts

55

zugrunde und würde daher der Klage der Gesellschaft stattgegeben oder der geltend gemachte Gesamthandsanspruch rechtskräftig aberkannt, so wäre auch der Gesellschaftsschuldner geschützt, weil er gegen eine erneute Klage der Gesellschaft die materielle Rechtskraft des Urteils einwenden könnte (§322 Abs. 1 ZPO). Die umstrittene Frage, ob ein Sachurteil aufgrund einer Einzelklage gemäß §432 BGB Rechtskraft für und gegen die Gesellschaft entfaltet, liefe daher leer.281 In letzterer Hinsicht erlitten auch die Interessen der Mitgesellschafter grundsätzlich keinen Nachteil. Aufgrund der Zustimmungsfiktion wäre ein der Klage der Gesellschaft stattgebendes Urteil auf die Mitgesellschafter zu erstrecken, so als hätten sie geklagt und erhalten, was ihnen in der Gesamthand zusteht. Kostenrechtliche Nachteile entstehen den Mitgesellschaftern nicht, weil der einzelne Gesamtvertreter bei einer Klageabweisung wegen Fehlens prozessualer Vertretungsmacht für die Gesellschaft mit den Prozesskosten belastet werden kann. 282 Wird der Klage aus materiellrechtlichen Gründen stattgegeben, müsste der unterlegene Gesellschaftsschuldner ohnehin die Kosten des Rechtsstreits tragen (§91 ZPO). c) Prozessvertretungsrecht einzelner Gesellschafter auf der Ebene der Einzelgeschäftsführung und -Vertretung Steht einem Gesellschafter die Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht einzeln zu 283 , so kann er ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter einen Rechtsstreit gegen den Gesellschaftsschuldner im Namen der Gesellschaft führen. 284 Selbst ein Widerspruch geschäftsführender Gesellschafter 285 lässt die Einzelvertretung im Prozess gegen außenstehende Dritte als Voraussetzung ordnungsgemäßer Prozessvertretung der Gesellschaft unberührt (§51 ZPO), er wirkt rechtlich nur in der Binnenbeziehung der Gesellschafter 286 und wäre zudem in dieser Hinsicht wirkungslos, wenn er treuwidrig wäre und gegen das Interesse der Gesellschaft verstieße. 287 Im letzteren Fall ist der alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter auch im Verhältnis der Gesellschafter zueinander zur Anspruchsverfolgung im Namen der Gesellschaft berechtigt. 288 N a c h w e i s e Fn. 83. Zöller/Herget, Z P O , § 9 1 R z . 2 . 283 § § 7 1 0 , 714 BGB, § 114 Abs. 1, § 115 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 161 A b s . 2 H G B . 284 BGH W M 1979, 366; BGH N J W 1988, 1585, 1586. 285 § 7 1 1 B G B , § 1 1 5 A b s . l H G B . 286 N a c h w e i s e Fn. 162. 287 Schlegelherger/Martens, H G B , § 1 1 5 R z . l 2 f f ; Staudinger/Keßler, B G B , § 7 1 1 R z . 1 0 ; A. Hueck, Das Recht der O H G , § 10 III, S. 130; MünchHdh. GesR I/Weipert, § 5 1 R z . 4 5 . Die U n beachtlichkeit des Widerspruchs folgt aus einem Schadensersatzanspruch gegen den widersprechenden Gesellschafter, der gem. § 2 4 9 S. 1 B G B auf R ü c k g ä n g i g m a c h u n g des Widerspruchs gerichtet ist. Können Mitgesellschafter die R ü c k n a h m e des Widerspruchs verlangen, so brauchen sie ihn grds. auch nicht beachten (A. Hueck, Das Recht der O H G , § 10 III, S. 132; Staudinger/ Keßler, B G B , § 7 0 9 R z . 3 3 ; § 7 1 1 Rz. 10, 12). 288 £ r handele dann aber auf eigenes Risiko, denn er führt einen Rechtsstreit, den die w i d e r 281 282

56

Teil 1: A. Rechtsstellung

des Gesellschafters

für Ansprüche gegen

Dritte

d) Prozessvertretungsrecht einzelner Gesellschafter auf der Ebene nicht geschäftsführender Gesellschafter Der Gesellschaftsvertrag schreibt die Kompetenzordnung vor, nach welcher die geschäftsführenden Gesellschafter die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlichen und zweckdienlichen Maßnahmen treffen müssen. 2 8 9 Rechtsprechung und Literatur 2 9 0 aberkennen grundsätzlich ein gerichtlich durchsetzbares Abwehrrecht des nicht geschäftsführenden Gesellschafters gegen pflichtwidriges Entscheidungsverhalten der geschäftsführenden Gesellschafter. E r kann nicht mit Erfolg die Vornahme oder Unterlassung bestimmter Maßnahmen mit der Behauptung verlangen, die Geschäftsführer verletzten ihre Pflicht zu ordnungsmäßiger Geschäftsführung. Entscheidungen der Gesellschaftsorgane in Fragen der Geschäftsführung entziehen sich folglich einer Unterlassungs- oder Vornahmeklage des nicht geschäftsführenden Gesellschafters. 291 Diese begrenzte Rechtsstellung des von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafters ist nicht unumstritten. Teils wird vertreten, die gesellschaftsrechtlich festgelegte Zuständigkeitsordnung verdränge nicht die individualvertraglichen Grundlagen der Gesellschaft. 2 9 2 Falle eine Entscheidung der Geschäftsführer aus dem Rahmen ordnungsgemäßer Geschäftsführung, so dürfe der von der Geschäftsführung ausgeschlossene Gesellschafter wegen Gesellschaftsschädigung gegen die Geschäftsführung mit der Unterlassungs- oder Vornahmeklage vorgehen. An dieser Rechtsauffassung ist richtig, dass die Pflicht zu ordnungsmäßiger Geschäftsführung auf dem Gesellschaftsvertrag beruht, an dem nicht nur Geschäftsführer, sondern - sozusagen in zweiter Linie - auch von der Geschäftsführung ausgeschlossene Gesellschafter beteiligt sind. 293 Wäre dies anders, so ließe sich kein Grund finden, weshalb der Gesellschafter wegen Verletsprechenden Geschäftsführer aus vielleicht sachlichen Erwägungen nicht führen würden, und die Feststellung der Pflichtwidrigkeit des Widerspruchs kann nicht unerhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten aufwerfen (Staudinger/Keßler, B G B , § 711 Rz. 9ff). Führt der Gesellschafter den Rechtsstreit gegen einen berechtigten Widerspruch, so setzt er sich wegen Verletzung der Geschäftsführerpflichten einer Schadensersatzverpflichtung aus (Staudinger/Keßler, B G B , §711 Rz.9; BGB-RGRK/Fischer, B G B , 11.Aufl., §711 Anm.3; Fischer, in: Großkomm. B G B , §115 Anm. 14). 289 Baumhach/Hopt, H G B , §115 Rz.4. 290 BGHZ 76, 160, 167f; Fischer, in: Großkomm. H G B , § 115 Anm. 15 b; Hachenburg/Mertens, G m b H G , §43 Rz.105. 2 9 1 Nur ausnahmsweise hat der nicht geschäftsführende Gesellschafter das Recht, durch Unterlassungsklage Akte der Geschäftsführung gerichtlich auf den Prüfstand zu bringen, sofern sie von dem in § 116 Abs. 2, § 164 S. 1 H G B vorausgesetzten Zustimmungsvorbehalt abhängen (Fischer, in: Großkomm. H G B , § 115 Anm. 15 b). Diese Ausnahme ist zusätzlich eingeengt, weil sie nur für die Personenhandelsgesellschaft, nicht für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt; denn die §§705ff B G B kennen keine dem § 116 Abs. 2 H G B entsprechende Unterscheidung zwischen gewöhnlicher und außergewöhnlicher Geschäftsführung ( M ü K o / U l m e r , B G B , §709 Rz. 24). 292 Baumbach/Hopt, H G B , §116 Rz.4. 293 MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, § 7 Rz. 11, 14, 15, §47 Rz. 11, 17, 18.

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und Gesellschafter-Geschäftsführer

57

zung der Pflicht zu ordnungsgemäßer Geschäftsführung von den geschäftsführenden Gesellschaftern Schadensersatz zu fordern berechtigt ist. 2 9 4 Deshalb trifft es nicht zu, wenn Unterlassungs- oder Vornahmeansprüche des nicht geschäftsführenden Gesellschafters generell ausgeschlossen würden, nur weil Differenzen der Gesellschafter über die (kaufmännische) Zweckmäßigkeit nicht justiziabel seien. 295 In praktischer Konsequenz wären dann auch Schadensersatzansprüche nicht geschäftsführender Gesellschafter einer gerichtlichen Entscheidung unzugänglich 296 . Eine umfassend befriedigende Lösung fehlt in Rechtsprechung und Literatur, weil die rechtliche Stellung der geschäftsführenden Gesellschafter als „PflichtRecht" ausgestaltet ist (§ 713 B G B , § 114 Abs. 1 H G B ) . 2 9 7 Wird als eine Seite desselben Problems mehr das Recht auf eine unbeeinflussbare Geschäftsführung betont, so wird folgerichtig das Recht des von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafters auf Verfolgung von Gesellschaftsansprüchen verdrängt, weil es einen Eingriff in die innergesellschaftliche Kompetenzordnung darstellt. Tritt hingegen die Pflicht zur Geschäftsführung in den Vordergrund, so können dem nicht geschäftsführenden Gesellschafter gerichtlich durchsetzbare Vornahmeoder Unterlassungsansprüche gegen geschäftsführende Mitgesellschafter eher zugestanden werden. Generell ist von der Einhaltung der innergesellschaftlichen Kompetenzordnung auszugehen und der von der Geschäftsführung ausgeschlossene Gesellschafter in allen Fällen pflichtwidriger Geschäftsführung auf die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zu verweisen. 2 9 8

B. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche gegen Mitgesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer I. Einführung in die Problematik

1. Herkunft

der actio pro socio aus dem Recht der

Personengesellschaft

Traditionell ist das Recht der Personengesellschaften Anwendungsgebiet der actio pro socio gegen Mitgesellschafter. 299 Sie ist ein dem römischen Recht entlehntes, im neuzeitlichen deutschen Gesellschaftsrecht jedoch zweckgewandeltes, de

BGHZ 76, 160, 167f; So aber MüKo/Ulmer, §709 Rz.40. 2 9 6 Siehe auch Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 27. 297 MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, § 7 Rz. 11 f, § 47 Rz. 11 f. 2 9 8 §712 Abs. 1, §714 B G B , §§117, 127 H G B . 299 Steding, Gesellschaftsrecht, Rz. 127; Staudinger/Keßler, B G B , § 705 Rz. 62; Flume, Die juristische Person, § 8 V 1, S. 301. Die Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung gegen Dritte wird nicht dem Terminus actio pro socio zugerechnet, weil sie nicht auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht (Hadding]Z 1975, 159; Kühler, Gesellschaftsrecht, §6 II 3 b, S.46). 294

295

58

Teil 1: B. Ansprüche

gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

lege lata ungeregeltes Individualklagerecht zur Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Gesellschaftsverhältnis. 3 0 0 Es ordnet die Voraussetzungen f ü r die Befugnis des Gesellschafters einer Personengesellschaft originär im Gesellschaftsvertrag verwurzelte Ansprüche gegen Mitgesellschafter im eigenen N a m e n (außergerichtlich auf Leistung an die Gesellschaft zu verfolgen. 3 0 1 Derartige A n sprüche sind entweder auf Leistung der vereinbarten Beiträge oder auf Unterlassung gesellschaftsschädigenden Verhaltens bzw. auf Erfüllung von Pflichten zur Geschäftsführung u n d gesellschaftlicher Treue gerichtet. 302 Die Forderung kann sich zudem auf Schadensersatz an die Gesellschaft wegen Verletzung einer dieser Pflichten beziehen. 3 0 3 Da die geschuldete Leistung dem gemeinsamen Gesellschaftszweck dient, kann der Gesellschafter die Leistung nur an die Gesamtheit der Gesellschafter fordern. 3 0 4 Ihrer Funktion nach ist die actio p r o socio ein notwendiges Regulativ f ü r Personengesellschaften insofern, als einzelnen Gesellschaftern als Voraussetzung eines eventuellen Schadensausgleichs die gerichtliche Feststellung unzulässiger Maßnahmen geschäftsführungs- u n d vertretungsberechtigter Gesellschafter zustehen muss. 305 Generell hat der Einzelgesellschafter 300 Die historische actio p r o socio des römischen Rechts war eine auf die Liquidation der G e sellschaft gerichtete Abrechnungsklage (Käser, Das römische Privatrecht, § 133.3. IV, S.575, V 2, S.576; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht, §122, S.334; BenkelMeissel, Römisches Schuldrecht, S. 211 f; Wieacker SZ 69 (1952), 302,308ff; Hadding, Actio p r o socio, S. 17ff; Nitschke Z H R 128 (1966), 48, 50f; Hassold JuS 1980, 32 F n . 2 ; Schumann D R 1942,1670,1674). Dagegen ist unklar, ob die actio p r o socio des römischen Rechts auch w ä h r e n d des Bestehens der G e sellschaft erhoben werden k o n n t e (vgl. Schanhacher A G 1999,21,27; Wieacker SZ 69 [1952], 302, 306, 504). 301 Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, A n m . 84; Jauernig/Stürner, BGB, §713 Rz. 11. 302 Palandt/Sprau, BGB, §705 Rz.29; MünchHdh. GesR I/v. Ditfurth, § 4 7 Rz.67. 303 BGHZ 25, 47, 49; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S. 48ff; EnneccerusJLehmann, Schuldrecht, §177 I 2, S. 736f; Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 2. BGB, §705 Rz. 169; Jauernig/Stürner, BGB, Hälfte, Vorbem. v. §109 A n m . 2 ; MüKo/Ulmer, §713 Rz. 12; Koller/Roth/Morck, H G B , §105 Rz.34; BGB-RGRK/Fischer, 11.Aufl., §705 A n m . 2 3 ; BGB-RGRK/v. Gamm, 12.Aufl., §705 Rz.23; Fischer, in: G r o ß k o m m . H G B , §124 A n m . 11; Baumbach/Hopt, H G B , §109 Rz.34; Staudinger/Keßler, B G B , §705 R z . 5 6 f f ; Schumann D R 1942, 1670ff; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 6 II 3, S.45f; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. A., Rz.64. 304 BGHZ 10, 91, lOlf; 25, 47, 49f; Palandt/Sprau, B G B , §705 R z . 2 0 . D e r Gesellschaftsvertrag ist nicht auf den Austausch von Leistungen, s o n d e r n auf ihre Z u s a m m e n f ü h r u n g in der G e samthand zur Erreichung des vertraglichen Gesellschaftszwecks gerichtet. D a h e r sind die §§320ff B G B auf die mehrgliedrige Gesellschaft n u r eingeschränkt a n w e n d b a r ( O e r t m a n n , Recht der Schuldverhältnisse, §705 A n m . 3 f ; A. Hueck, das Recht der O H G , § 6 II, S.50ff; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 6 II 2, S. 46f; Palandt/Heinrichs, BGB, Einf. v. § 320 Rz. 6; Palandt/ Sprau, B G B , § 705 Rz. 13). N u r ausnahmsweise kann der Gesellschafter Leistung an sich verlangen, so z.B. bei A u s k u n f t s a n s p r ü c h e n (Jauernig/Stürner, B G B , §713 R z . l l ) oder in der Zweipersonengesellschaft, w e n n das Ergebnis der Auseinandersetzung v o r w e g g e n o m m e n wird. Einen solchen Ausnahmefall n i m m t der BGH an, w e n n keine Gesellschaftsverbindlichkeit mehr v o r h a n d e n ist u n d n u r noch die Verteilung des in der E r s a t z f o r d e r u n g bestehenden Vermögensgegenstandes ansteht (BGHZ 10, 91, 102 = G m b H R 1953, 122 mit A n m . Schneider). 305 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1 c, S.459; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz. 125.

I. Einführung

in die

59

Problematik

in der actio pro socio das Recht, gegen Mitgesellschafter Ansprüche aus dem Innenverhältnis der Personengesellschaft zu verfolgen. 3 0 6

2. Problematik materieller Rechtsinhaberschaft für Binnenansprüche Mitgesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer

gegen

Die grundsätzliche Anerkennung der Einzelklagebefugnis im Personengesellschaftsrecht darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Rechtsgrundlage, die Zulässigkeitsvoraussetzungen sowie Gegenstand und Funktion der actio pro socio in Rechtsprechung und Literatur umstritten und teils ungeklärt ist. 307 Divergent wird außerdem das Verhältnis zwischen der actio pro socio und der Verbandsorganisation (Gesellschafterversammlung bzw. Geschäftsführung) beurteilt. O f f e n ist rechtsdogmatisch, o b die actio pro socio ein eigenes (außer)prozessuales Recht auf Verfolgung eines eigenen gesellschaftlichen Anspruchs (Individualanspruch) verleiht oder nur einen in Prozessstandschaft verfolgbaren A n spruch der Gesellschaft bzw. ein eigenes in der Mitgliedschaft verwurzeltes und neben dem der Gesellschaft stehendes Klagerecht (prozessrechtliche Vervielfältigung der rechtlichen Durchsetzungszuständigkeit) einräumt. Ungeklärt ist auch, ob die Forderung des Gesellschafters aus dem Gesellschaftsvertrag ihm als eigener Anspruch und zugleich der Gesamthand als eigenständiger Sozialanspruch zusteht, also eine Art Anspruchsvervielfachung (materiell-rechtliche Vervielfältigung der Rechtszuständigkeit) eintritt. Diese Vielfalt der Problemlagen spiegelt sich in unterschiedlichen Begriffsumschreibungen zur Rechtsnatur der actio pro socio wieder. D e r Bundesgerichtshof08

beschreibt den Gegenstand der actio pro socio so:

„Da die gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen eines jeden Gesellschafters auf dem Gesellschaftsvertrag beruhen, und Partner dieses Vertrages sämtliche Gesellschafter sind, steht jedem von ihnen auch grundsätzlich ein Anspruch darauf zu, dass der andere die von ihm übernommenen Verpflichtungen erfüllt". Ahnlich lautet die Begriffsumschreibung bei Landgrebe3m:

„Da sich nach § 705

B G B jeder Gesellschafter jedem seiner Mitgesellschafter zur Erfüllung der vereinbarten Leistungen verpflichtet, hat auch jeder Gesellschafter ein eigenes R e c h t auf Erfüllung dieser Leistungen durch seine Mitgesellschafter". Dagegen hält Fischerno

jeden Gesellschafter für berechtigt, mit der actio pro so-

cio Ansprüche „der Gesellschaft" aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen einen Mitgesellschafter zu verfolgen. D i e Einzelbefugnis beruhe auf dem Anspruch je-

306

Erman/H.P. Westermann, BGB, §705 Rz.55.

307

Schanbacher

A G 1999, 21ff. if. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 1, S. 632f;

mer, BGB, §705 Rz. 170; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1 S.458ff. 308

309 310

BGHZ 25, 47, 49. Landgrebe G m b H R 1967, 227. Fischer, in G r o ß k o m m . H G B , § 124 Anm. 11.

MüKo/Ul-

60

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter und

Gesellschafter-Geschäftsführer

des Gesellschafters auf Erfüllung des Gesellschaftsvertrages. Dieser Anspruch sei zwar rechtlich von dem der Gesellschaft zu trennen, gewähre aber dem einzelnen Gesellschafter in der actio pro socio nicht mehr Rechte, als sie der Gesellschaft selbst zustünden, weil der Gesellschafter grundsätzlich Verfügungen der Gesellschaft gegen sich gelten lassen müsse. Bei tZ/mer311 und Karsten Schmidt312 wird die actio pro socio als gesetzliche Prozessstandschaft geführt, die dem Einzelmitglied der Gesellschaft keine eigenen und unmittelbaren Ansprüche gegen Mitgesellschafter verleiht, sondern das Recht, Sozialansprüche „der Gesellschaft" im eigenen Namen zu verfolgen. Eine gewisse Zwischenstellung hat die actio pro socio bei Flumeili. Sie ist ein „eigenes Recht" des Gesellschafters aus seiner „Mitgliedschaft an der Gesellschaft". Die actio pro socio ist Mitgliedschaftsklage, mit der jeder Gesellschafter „in Hinsicht auf die gesellschaftsrechtlichen Forderungen der Gesellschaft" gegen die Mitgesellschafter ein mitgliedschaftliches Klagerecht auf Leistung an die Gesellschaft ausübt. Diese Ansicht ebnet derart den Weg für die Ubertragbarkeit der actio pro socio auf die juristische Person, weil die Einzelklagebefugnis nicht in einem eigenen schuldrechtlichen Anspruch des Gesellschafters gegen seine Mitgesellschafter wurzelt, sondern in der Mitgliedschaft als solche. 314 3. Dogmatische Unklarheit aufgrund römischrechtlichen societas mit dem

legislativer Verbindung Gesamthandsprinzip

der

Die Unbestimmtheit von Rechtsgrund und Legitimation der actio pro socio in Rechtsprechung und Rechtslehre beruhen auf dem Kompromisscharakter der §§ 705ff BGB zwischen römisch-gemeinrechtlicher societas und deutsch-rechtlichem Gesamthandsprinzip.315 Von anderen Personengemeinschaften unterscheidet sich die Gesellschaft durch ihre Doppelstruktur: Sie ist rechtlich organisierte Personengemeinschaft (Entindividualisierung des einzelnen Gesellschafters) und zugleich ein durch das Gesamthandsprinzip (§718 BGB) modifiziertes vertragliches Dauerschuldverhältnis der Gesellschafter.316 Der erste Entwurf zum BGB 3 1 7 MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 172. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 1, S. 631, §21 IV 4, S.637. 313 Fiume, Die juristische Person, §8 V 1, S.300ff; ders, Die Personengesellschaft, §10 IV, S. 139ff; siehe auch Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz. 37. 314 Fiume, Die juristische Person, § 8 V 1, S. 301; kritisch Zöllner ZGR 1988,392,403 („Mystifikation"). 315 Häuser, Unbestimmte Maßstäbe, S.214 u. S. 165ff; Schanhacher AG 1999, 21 ff. 316 Geiler, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 1. Teil, Anm. 7; Staudinger/Keßler, BGB, Vorbem. zu § 705 Rz.23ff, 27; MüKo/Ulmer, BGB, Vor. §705 Rz. 9ff, 272f; Erman/H.P. Westermann, BGB, Vor. §705 Rz. 14; MünchHdb. GesR I/Schücking, § 1 Rz.41; Fiume, Die Personengesellschaft, § 1 I, S. lf; § 10 IV, S. 142f; Schanhacher AG 1999, S.21, 26. 317 §§629 - 658 E I; siehe dazu auch Motive II, S. 594ff; Protokolle II, S.428ff; Denkschrift, S. 86ff; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, § 180, S. 814ff; Plancks Kommentar zum BGB, Vorbem. v. §705 Anm. II 3; Staudinger/Keßler, BGB, Vorbem. zu §705 Rz.3ff. 311 312

I. Einführung

in die Problematik

61

präferierte zunächst die römisch-gemeinrechtliche, von der societas geprägten Gesellschaftsauffassung und die des sächsischen Rechts 3 1 8 . Die Gesellschaft stellte begrifflich ein durch den Gesellschaftsvertrag gestütztes rein obligatorisches Gebilde dar, für das der Gesellschaftsvertrag lediglich schuldrechtliche Pflichten und Rechte der Gesellschafter untereinander konstitutiv festzusetzen hatte. 319 Das Gesellschaftsvermögen bildete lediglich eine konstruierte Summe von Bruchteilsquoten, von denen jede als Privatvermögen des Gesellschafters zu verstehen war und sogar der Zwangsvollstreckung der Privatgläubiger des Einzelgesellschafters unterliegen sollte. 320 Die zweite Kommission hat die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als ein Rechtsverhältnis zur gesamten Hand nach deutschrechtlichem Vorbild gestaltet, ohne jedoch den Gesellschaftsvertrag als Entstehungsgrundlage der Gesellschaft aus dem Blick zu verlieren. Versäumt wurde allerdings, die Vorschriften des ersten Entwurfs vollständig mit dem Gesamthandsprinzip zu harmonisieren. 321 Wortlaut und Systematik der §§ 705ff B G B wirken daher scheinbar offen auf die Frage, ob Ansprüche auf Leistung der Beiträge und sonstige Ansprüche der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis den G e sellschaftern unmittelbar und eigenrechtlich als Individualansprüche zustehen oder ob sie in die Rechtszuständigkeit der rechtlich organisierten Gesamthandsgemeinschaft als Sozialansprüche (Gesellschaftsvermögen) fallen. Wie die systematische Stellung des § 705 B G B im Recht der Schuldverhältnisse zeigt, begründet der Gesellschaftsvertrag ein vertragliches Schuldverhältnis zwischen den Gesellschaftern im Sinne des §311 Abs. 1 B G B (§305 B G B a.F.). 322 Das gilt ungeachtet der Vorschrift des § 124 Abs. 1 H G B auch für die Personengesellschaft des Handelsrechts. § 109 H G B regelt allgemein, dass sich das Rechtsverhältnis der Gesellschafter „untereinander" zunächst nach dem Gesellschaftsvertrag richtet. 323 Dementsprechend setzen die dem ersten Entwurf zum B G B entnommenen §§ 705, 717 Satz 1 B G B ihrem Wortlaut nach eigene und unmittelbare An-

318 § 1359 des B G B für das Königreich Sachsen von 1863/1865 (vgl. Neudrucke privatrechtlicher Kodifikationen und Entwürfe des 19. Jahrhunderts, Bd. 4). 319 Motive II, S. 594 rechtfertigt die actio pro socio aus dem Gesellschaftsvertrag, durch den sich Gesellschafter „vertragsmäßig gegen einander, jeder gegen den anderen, so viele ihr sind, verpflichten, bestimmte Leistungen beizutragen". Die Beitragspflicht werde nicht der „irgendwie von den einzelnen Gesellschaftern gesondert gedachten Gesellschaft, sondern nur den einzelnen Gesellschaftern gegenüber übernommen". 320 Siehe dazu auch oben S.20. Das rein obligatorische Prinzip war jedoch in zweifacher Hinsicht gemildert. Gem. §644 E I sollten die aus dem Gesellschaftsvertrag einem Gesellschafter gegen die übrigen Gesellschafter zustehenden Forderungen nicht übertragbar sein. Außerdem unterlagen die Anteile an den einzelnen Gegenständen des Gesellschaftsvermögens einem schuldrechtlichen Verfügungsverbot (§§631, 641, 645 E I). 321 Häuser, Unbestimmte Maßstäbe, S. 166ff; Schimbacher A G 1999, 21, 26f. 322 MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz.9. 323 Fischer, in: Großkomm. H G B , §105 Anm.8, §109 A n m . l f ; MüKo/Ulmer, B G B , Vor. §705 R z . l l .

62

Teil 1: B. Ansprüche

gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

Sprüche der Gesellschafter voraus. 324 N a c h § 705 BGB verpflichten sich die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag „gegenseitig", die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten. §717 S. 1 B G B sieht als Grundsatz vor, dass Ansprüche, die den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnis „gegeneinander" zustehen, nicht übertragbar sind. Andererseits werden die vertraglichen Bindungen der Gesellschafter von gesetzlichen Regeln über das gesamthänderisch gebundene Gesellschaftsvermögen (§718ff BGB) überlagert, welches die von der Geschäftsführung f ü r die Gesellschaft erworbenen Gegenstände und die Beiträge der Gesellschafter umfasst (§ 718 Abs. 1 BGB). Der I. Zivilsenat beim Reichsgericht hat dem Begriff „Beiträge" entnommen, schon die Beitragsforderung, nicht erst das tatsächlich Geleistete, werde Bestandteil des Gesamthandsvermögens, weil das Gesetz die bereits bewirkten Leistungen als „Einlagen" bezeichne (§§ 707, 733, 734, § 735 S. 2 BGB). 325 D e n Wortlaut des §705 B G B interpretierte das Reichsgericht dahin, der Gesellschaftsvertrag sei zwar als gegenseitiger Vertrag aufzufassen, im übrigen habe aber das Gesamthandsprinzip notwendig das Gesellschaftsverhältnis im einzelnen zu gestalten. 326 Daher sei f ü r eine rein schuldrechtliche, der römisch-rechtlichen societas des ersten Entwurfs zum B G B entsprechenden Gesellschaftauffassung kein Raum, weil die Herausbildung eines Gesamthandsvermögens auch die Ansprüche auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage einschließe und grundsätzlich der Geschäftsführung unterwerfe. Indirekt scheint diese Auffassung § 113 Abs. 1 H G B zu bestätigen, weil die hier spezifisch geregelten Ansprüche gegen Mitgesellschafter wegen unerlaubter K o n kurrenztätigkeit nicht den anderen Gesellschaftern einzeln, sondern „der Gesellschaft" als solcher zustehen. 3 2 7 Ferner setzt die Geltendmachung der Ansprüche 324 Die §§ 705, 717 S.1 B G B gehen auf §§ 629, 632, 644 E I zurück (Protokolle II, S. 416, 418). Vgl. im übrigen auch den Wortlaut des § 725 Abs. 2 B G B (Solange die Gesellschaft besteht, kann der Gläubiger die sich aus d e m Gesellschaftsverhältnis ergebenden Rechte des Gesellschafters nicht geltend machen) sowie § 156 H G B (Bis zur Beendigung der Liquidation k o m m e n in Bezug auf das Rechtsverhältnis der bisherigen Gesellschafter untereinander die Vorschriften des zweiten Titels zur A n w e n d u n g ) . 325 RGZ 76,276,278; Palandt/Sprau, BGB, § 706 Rz. 1; MüKo/Ulmer, BGB, § 706 Rz. 2 a; Soergel!Hadding, B G B , §706 R z . 5 . Die Interpretation des RG ist nicht zwingend. §718 B G B besagt nicht, dass Beiträge Gesellschaftsvermögen sind, sondern dass sie es werden sollen (vgl. Plancks K o m m e n t a r z u m BGB, §718 A n m . 1 A). Rechnet man Beitragsansprüche zu dem G e sellschaftsvermögen, so bleibt auch das Abtretungs- u n d Pfändungsverbot aus §717 S. 1 BGB, § 851 Abs. 1 Z P O wirkungslos. Betragsansprüche k ö n n t e n dann mit Titel gegen alle Gesellschafter gem. § 736 Z P O gepfändet werden (vgl. Häuser, U n b e s t i m m t e Maßstäbe, S. 168; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S.48; Staudinger/Keßler, B G B , §717 Rz.7; MüKo/Ulmer, BGB, §717 R z . 6 ; Erman/H.P. Westermann, BGB, §717 Rz. 2; MunchHdb. GesR 1/ Gummen, § 9 II, Rz.52; Soergel/Hadding, B G B , §717 R z . l ; a.A. etwa RGZ 76, 434, 436 [II. ZivSen.]; Plancks K o m m e n t a r z u m BGB, §717 A n m . l ; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, §717 A n m . 2; Warney er, B G B , §717 A n m . I; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 177 III 1, S. 740). 326 RGZ 76, 276, 279. 327 MunchHdb. GesR 1/Mattfeld, §53 R z . 3 4 f .

II. Rechtsinhaberschaft

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

materiellen

Rechts

63

einen Beschluss der Gesellschafterversammlung voraus (§113 Abs. 2 HGB). 3 2 8 Daher gibt die Vorschrift verbreitet Anlass zu der konstruktiven Vorstellung, die Rechtszuständigkeit der offenen Handelsgesellschaft nach außen (§124 Abs. 1 HGB) erfasse und gestalte auch das Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander. Paradigmatisch ist die Auffassung329, wonach § 113 H G B Ausdruck dafür sei, dass die offene Handelsgesellschaft, obwohl als Gesamthandsgemeinschaft „der Gesellschafter" 330 verfasst, auch dem einzelnen Gesellschafter gegenüber „das Gesellschaftsvermögen vertritt". Die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Gesellschaftsverhältnis sei deshalb grundsätzlich Sache der zur Geschäftsführung und Vertretung berufenen Gesellschafter. Die neuere Gesamthandslehre geht sogar einen Schritt weiter, indem sie alle dem Gesellschaftsrecht zugehörigen Gesamthandsgemeinschaften (Personengesellschaft des Handelsrechts, bürgerlichrechtliche Außengesellschaft, nicht rechtsfähiger Verein) gegenüber ihren Mitgliedern dergestalt als Rechtssubjekte verselbständigt, dass der jeweilige Verband selbst als Inhaber des Gesellschaftsvermögens und als Träger gesamthänderischer Ansprüche und Verbindlichkeiten anzusehen ist.331 Nach diesem Gesamthandsverständnis fallen sämtliche Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen Mitgesellschafter schon per definitionem als „Sozialansprüche" allein in das Vermögen der (rechtsfähigen) Gesamthand, weil kein essentieller Unterschied zur vollrechtsfähigen juristischen Personen mehr bestehe und auch bei körperschaftlich organisierten Verbänden die Vermögensträgerschaft allumfassend sei.332 Das bedeutet, dass die Gesamthand als Rechtssubjekt konkurrierende eigene Ansprüche der Gesellschafter ausschließt und für die actio pro socio allenfalls von der Gesellschaft abgeleitete Sozialansprüche verbleiben.333 II. Kumulierte Rechtsinhaberschaft des einzelnen Gesellschafters und der Gesamthand aufgrund materiellen Rechts 1. Standpunkt

des Reichsoberhandelsgerichts

zur actio pro socio

Grundlegend ist ein Urteil des Reichsoberhandelsgerichts™, welches das Recht einzelner Gesellschafter anerkennt, im eigenen Namen Ansprüche aus dem „Societätsvertrage" gegen die übrigen Gesellschafter in der actio pro socio einzuklaSudhoff/Schulte, Personengesellschaften, II G Rz. 27. Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 2. Hälfte, Vorbem. v. § 109 Anm. 2. 330 §105 Abs. 3 H G B , §§718, 719 B G B . 331 Nachweise Fn. 83. 332 K. Schmidt N J W 2001, 993, 997; MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz.224; ders. ZIP 2001, 585, 592; Soergel/Hadding, B G B , §718 Rz.9; MünchHdb. GesR I/Gummert, §9 Rz.43. 333 Flume, Die juristische Person, §8 V 1, S.300ff. 334 ROHG 5, 386ff; siehe auch ROHG 25, 161; Wiedemann WM 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S. 7, 39. 328 329

64

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

gen. Rechtlich legitimierte das Gericht die actio pro socio mit der Ansicht, der Rechtsstreit sei der „Natur der Sache" nach unter den einzelnen Gesellschaftern selbst zu führen. Sogar nach Auflösung der Gesellschaft dürften Liquidatoren keine Prozesse wegen Streitigkeiten der Gesellschafter untereinander führen, weil diese wegen ihrer gegenseitigen gesellschaftsvertraglichen Bindung auch in der Abwicklungsphase der Gesellschaft ihre Rechte selbst verfolgen müssten. Sobald ein Streit unter den Gesellschaftern über Ansprüche aus dem „Societätsvertrage" entstehe, ende die Funktion der Liquidation und die Gesellschafter müssten selbst ihren Rechtsstreit vor dem ordentlichen Richter zum Austrag bringen.335 Obwohl dieser Rechtsstandpunkt an sich überzeugt, ist das Reichgericht später von der Rechtsprechung des Reichsoberhandelsgerichts weithin abgewichen. 336 Hierfür sind vier gegenläufige, einander sogar widersprechende Grundrichtungen in der Rechtsprechung des Reichsgerichts kennzeichnend. 2. Standpunkt Gesellschafters

des Reichsgerichts zwischen Individualanspruch und Sozialanspruch der Gesamthand

a) Ausschließliche Rechtsinhaberschaft gesellschaftsvertragliche Ansprüche

des Gesellschafters

des

für

Der III. Zivilsenat beim Reichsgericht^7 zählte bei einem nichtrechtsfähigen Verein (§ 54 BGB) Beitragsansprüche nicht zum Gesellschaftsvermögen, weil der Gesellschaftsvertrag nur die Gesellschafter gegenseitig zur Entrichtung der vereinbarten Beiträge verpflichte. Das einzelne Vereinsmitglied, welches das Reichsgericht noch als Gesellschafter einer bürgerlichrechtlichen Gesellschaft (§54 i.V.m. §§705ff BGB) ansah338, habe die Beitragsleistung in der actio pro socio zu fordern, weil jedem Gesellschafter ein persönlicher und eigener Anspruch gegen jeden anderen Gesellschafter auf Erfüllung seiner Vertragspflichten zustehe. Der 3 3 5 Sinngemäß Plancks Kommentar zum B G B , §705 Anm.6, Vorbem. v. §§709 - 713, §718 Anm. 1 A. a); Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, § 705 Anm. 3; § 718 Anm. 1 A; Warneyer, B G B , § 705 Anm. V, § 717 Anm. I). Siehe auch G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 6 II 2, S. 46f; Buchner AcP 169 (1969), 483, 504; Frücht! N J W 1996, 1327; Landgrehe G m b H R 1967, 227, Gehrlein ZIP 1993, 1525; Ballerstedt JuS 1963, 253, 257. Widersprüchlich Flume, Die Personengesellschaft, § 10IV, S. 142: Mit der actio pro socio mache der Gesellschafterin Hinsicht auf einen „Anspruch der Gesellschaft" seinen „persönlichen Anspruch" gegen seinen Mitgesellschafter geltend. 3 3 6 Siehe auch Schanbacher A G 1999, S.21ff. 337 RGZ 54, 297. Siehe dazu auch Plancks Kommentar zum B G B , Vorbem. v. §§709 - 713, §718 Anm. 1 A; Buchner AcP 169 (1969), 483, 505. 3 3 8 Die auf politischen und sozialpolitischen Gründen beruhende Unterscheidung zwischen rechtsfähigen (eingetragenen) Vereinen (§§21,65 B G B ) und nicht rechtsfähigen (Ideal-)Vereinen (§ 54 B G B ) ist weitgehend aufgegeben. Auch auf den (i.d.R. körperschaftlich verfassten) nicht rechtsfähigen Verein finden die §§25ff B G B grds. entsprechende Anwendung, soweit diese Vorschriften nicht die Art und Weise der Erlangung der Rechtsfähigkeit betreffen (MüKo/Reuter, B G B , §54 Rz. lff; ders, in: FS 50 Jahre B G H , 211 ff; Jauernig, B G B , §54 Rz. lff).

II. Rechtsinhaberschaft

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

materiellen

Rechts

65

Vorstand des nicht rechtsfähigen Vereins bzw. die Geschäftsführung der Gesellschaft sei weder berechtigt noch verpflichtet Beiträge einzuziehen, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag oder eine spätere ausdrückliche oder stillschweigende Ermächtigung berechtige dazu. Andererseits hat der III. Senat339 betont, Beitragsansprüche könnten Teil des Gesellschaftsvermögens werden, sofern dies der Gesellschaftsvertrag oder eine spätere Gesellschaftervereinbarung vorsehe. Dann sei der Anspruch aber eine der Gesellschaft zustehende Gesamthandsforderung, die ein einzelner Gesellschafter nicht eigenrechtlich in der actio pro socio verfolgen dürfe.340 b) Erweiterte Rechtszuständigkeit des Liquidators gesellschaftsvertragliche Ansprüche

für

Das Konglomerat der §§705ff B G B aus römisch-rechtlicher societas und deutsch-rechtlichem Gesamthandsprinzip sowie der daraus resultierende Konflikt zwischen Rechtskompetenz des Gesellschafters und der Gesamthandsgesellschaft kommt anschaulich in der Rechtsprechung des II. Senats beim Reichsgericht zum Ausdruck. Im Prinzip ging der Senat davon aus, der Gesellschafter sei auch in der Gesellschaftsliquidation berechtigt , „Ansprüche des einen Gesellschafters gegen den anderen" in der actio pro socio zu verfolgen, weil sie aus dem Gesellschaftsverhältnis abgeleitet seien und im Verhältnis der Gesellschafter zueinander wurzelten.341 Für Ansprüche „aus dem inneren Verhältnis der Gesellschafter zueinander" komme § 705 B G B zur Geltung, wonach „jeder Gesellschafter von jedem anderen Erfüllung an das Ganze fordern kann". 342 Eigene materiellrechtliche Ansprüche des einen Gesellschafters gegen den anderen treten deutlich hervor, indem das Reichsgericht ausführt343: „Die Klägerin führt überhaupt nicht ein Geschäft der Gesellschaft, sondern ihr Anspruch ist darin begründet, dass jeder der Gesellschafter sich im Gesellschaftsvertrag den übrigen gegenüber zu den Beitragsleistungen, die Gegenstand der Klage sind, verpflichtet hat. Die Klägerin macht also einen Anspruch geltend, der unmittelbar aus den schuldrechtlichen Beziehungen der Gesellschafter untereinander abzuleiten ist und sich damit als die gemeinrechtliche, auch nach heutigem Recht den Gesellschaftern zustehende actio pro socio dar-

RGZ 54, 297, 300f. Sinngemäß Plancks Kommentar zum B G B , §718 Anm. 1 A. a). 341 RGZ 90, 300, 301, 302 mit Anm. Flechtheim J W 1916, 838. 342 RGZ 91,35,36; siehe auch RGZ 109,56,60f, wonach die Einzelklage eines Gesellschafters gegen einen Mitgesellschafter auf Leistung von Schadensersatz an die Gesellschaftskasse ohne weitere zulässig sei. 343 RG SeuffA 81 (1927) Nr. 27 S.46,47. Im Urteil J W 1914, 532 ging das RG sogar davon aus, dass die O H G gegen einen ihrer Gesellschafter nicht Klage erheben dürfe. Zwar könne die Gesellschaft gem. §124 Abs.l H G B unter ihrer Firma klagen und verklagt werden, die Firma sei aber nur die einheitliche Bezeichnung sämtlicher Gesellschafter und diese seien in Prozessen der Gesellschaft die eigentlichen Prozessparteien. Deshalb könne die Gesellschaft nicht einen ihrer Gesellschafter verklagen, weil dieser dann Kläger und zugleich Beklagter sei. 339

340

66

Teil 1: B. Ansprüche

gegen

Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

stellt. Dafür aber, dass dieser Anspruch, der von der Ausübung von Geschäftsführungsbefugnissen wohl zu unterscheiden ist, durch die Bestellung des Geschäftsführers ausgeschlossen werden sollte, liegt nichts vor".

Ähnlich heißt es in späteren Entscheidungen, jeder Gesellschafter habe Anspruch auf Erfüllung der von den anderen geschuldeten Leistungen, da die im Gesellschaftsvertrag von jedem Gesellschafter übernommenen Verpflichtungen gegenüber jedem anderen Gesellschafter übernommen werden. 344 Auf den ersten Blick scheint es daher, als habe der II. Senat als Gegenstand der actio pro socio nur eigene und unmittelbare Ansprüche der Gesellschafter im Blick gehabt.345 Genau besehen zeigen sich aber rechtliche Bruchstellen für die Gesellschaft in Liquidation. Ist nämlich das Reichsoberhandelsgericht-146 unter der Geltung des ADHGB noch davon ausgegangen, nur die Gesellschafter selbst, nicht die Liquidatoren seien zur klageweisen Verfolgung von Ansprüchen aus dem Gesellschaftsverhältnis berechtigt, bejaht der II. Zivilsenat das Klagerecht des Liquidators namens der Gesellschaft in Konkurrenz zur eigenrechtlichen Klagebefugnis des Einzelgesellschafters.347 Das Klagerecht des Liquidators wird teils auf eine besondere Ermächtigung gestützt, Forderungen aller Art einzuziehen 348 , teils wird §113 Abs. 1 HGB zitiert, wonach der einzelne „der Gesellschaft" gegenüber berechtigt und verpflichtet sei, oder es wird darauf abgestellt, dass sich die offene Handelsgesellschaft wegen ihres engeren Zusammenschlusses der Gesellschafter unter einheitlicher Firma der juristischen Person annähere.349 Letzteres erweckt den Anschein, als verfolge der einzelne Gesellschafter mit der actio pro socio doch kein eigenes Forderungsrecht, sondern ein Recht der Gesamthandsgesell344 RG JW 1927,1090; 1935,3296,3297; 1938; 3180, 3181; RGZ 123,23,26; 158, 302,314. Die Entscheidung RG JW 1935, 3296,3297 bezeichnet die Einzelklagebefugnis sogar für nicht zweifelhaft, weil § 714 BGB ausweislich der Worte „Dritten gegenüber" ergäbe, dass sich die Vertretungsmacht geschäftsführender Gesellschafter nicht auf die Geltendmachung der gegenseitigen Ansprüche der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis bezöge. 345 Als zeitbedingte Ausnahme gilt das Urteil RGZ 171, 51 aus dem Jahr 1943. Dort hat das RG die actio pro socio durch den „Pflicht- und Gemeinschaftsgedanken" erheblich eingeschränkt. Die auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Klagebefugnis habe hinter dem „Willen der organisierten Gemeinschaft" zurückzutreten (RGZ 171,51, 55f). Auch zum Aktienrecht hatte das RG schon früher ausgeführt, der einzelne Aktionär habe sich bei allen seinen Maßnahmen als „Glied der Gemeinschaft" zu fühlen. Er sei verpflichtet, die Treue gegenüber der Gemeinschaft „zur obersten Richtschnur seines Handelns zu machen" (RGZ 146, 71, 76; 146, 385, 395). Kritisch gegenüber dieser Rspr. v. Godin ZAkDR 1943,197; A. Hueck ZAkDR 1944, 103; ders, Das Recht der OHG, § 18 II 3, S. 264ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S. 460; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 4, S.637ff. 346 Siehe dazu oben S.64. 347 RGZ90,300,301; 91,34,36; 123,23,26; 158,302,314; R G J W 1927,1090; 1938,3180,3181. Dagegen vertrat der V. Senat die Auffassung, die Einziehung rückständiger Beitragsforderungen sei überhaupt nur den Liquidatoren vorzubehalten, weil dies nicht „von der Laune" einzelner Gesellschafter abhängen dürfe (RGZ 100, 165, 166). 348 RGZ 90, 300, 301; RG JW 1927, 1090. 349 RGZ 90, 300,301,302; 91, 34, 35, 36; R G J W 1927, 1090.

II. Rechtsinhaberschaft des einzelnen Gesellschafters aufgrund materiellen Rechts

67

schaft. M i t u n t e r w i r d auch schlicht auf die G e s c h ä f t s f ü h r u n g s - u n d Vertretungsbefugnis der L i q u i d a t o r e n gemäß § 149 H G B verwiesen 3 5 0 , o b w o h l dies in Widerspruch zu der A u f f a s s u n g des Reichsgerichts steht, die Vorschriften ü b e r die G e s c h ä f t s f ü h r u n g u n d Vertretung b e z ö g e n sich w ö r t l i c h „Dritten gegenüber" (§ 714 B G B ) n u r auf A n s p r ü c h e gegen Dritte, nicht aber auf A n s p r ü c h e der Gesellschafter gegeneinander. 3 5 1 D a b e i bezieht sich das Reichsgericht352 m e h r f a c h auf das Reichsoberhandelsgericht353, o b w o h l dieses f ü r A n s p r ü c h e aus d e m Gesellschaftsverhältnis das Einziehungsrecht der L i q u i d a t o r e n gerade verneint hatte. c) Originäre

Rechtsinhaberschaft

gesellschaftsvertragliche

der Gesamthand

für

Ansprüche

D e r I. Zivilsenat354 hat im Gegensatz z u m III. Senat bei einem nicht rechtsfähigen Verein (§ 54 B G B ) auch Beitragsansprüche d e m Gesellschaftsvermögen zugeo r d n e t u n d die §§718, 719 B G B wie folgt interpretiert: „Die - mit dem Abschlüsse des Gesellschaftsvertrages wirksam werdende gesamte Hand ergreift die Beitragsforderungen und drängt, soweit erforderlich, die Befugnis des einzelnen Gesellschafters zurück". D e r I. Zivilsenat d e h n t e die A n w e n d b a r k e i t der § 707, § 733, § 734, § 735 S. 2 B G B mit den A s p e k t e n des Gläubigerschutzes u n d der Praktikabilität der Binnenverw a l t u n g einer Gesellschaft aus: Fielen Beitragsforderungen aus d e m Gesellschaftsvermögen heraus, sei Gesellschaftsgläubigern in der Zwangsvollstreckung ein wesentlicher Vermögensteil entzogen, weil bei nicht rechtsfähigen Vereinen den Gläubigern gegenüber in der Regel nur das Gesellschaftsvermögen hafte. 3 5 5 Andererseits sei es u n z w e c k m ä ß i g , vertretungsberechtigte Vorstände des nicht rechtsfähigen Vereins der Möglichkeit zu berauben, Beitragsforderungen f ü r die Gesellschaft geltend zu machen. 3 5 6

350

RGZ 158, 302, 314. ÄGJW 1935, 3296, 3297. 352 RGZ 90, 300, 302; 91, 34, 36; RG JW 1927, 1090, 1091. 353 Dazu oben S. 64. 354 RGZ 76,276,279. Sinngemäß Windscheid/Kipp, Pandektenrecht, Bd. 2, §406 Note 16 c a); v. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. III, S.835; Warney er, BGB, §718 Anm. II; MüKo/Ulmer, BGB, §706 Rz.3, Palandt/Sprau, BGB, §705 Rz.29, §718 Rz.2,Jauernig/Stürner, BGB, §706 Rz.2; a.A. etwa Plancks Kommentar zum BGB, §718 Anm. 1 A; Oertmann, Recht der Schuldverhältnisse, §718 Anm. 2 a. 355 RGZ 76,276,279. Nach h.M. haften die Mitglieder eines nicht rechtsfähigen Vereins für die Verbindlichkeiten desselben nicht persönlich mit ihrem Privatvermögen. Das wird überwiegend mit der Konstruktion einer stillschweigenden Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands begründet (BGH NJW 1979, 2304, 2306; Palandt/Heinrichs, BGB, §54 Rz. 12; Erman/ H.P. Westermann, BGB, §54 Rz. 11; Jauernig, BGB, §54 Rz.8). 356 RGZ 76,276,279; sinngemäß z.B. Geiler, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II 1. Hälfte, Anm. 84. 351

68

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

Nach dieser Auffassung verfolgt der Gesellschafter in der actio pro socio keinen persönlichen und eigenen, sondern einen Anspruch der Gesamthandsgesellschaft auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen. Sind Beitragsforderungen Bestandteile des Gesellschafts- oder Vereinsvermögens, so steht ihrer Pfändung §717 S. 1 B G B nicht entgegen, wonach gegenseitige gesellschaftsrechtliche Ansprüche der Gesellschafter unübertragbar und gemäß § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar sind. Diese Forderungen unterfallen nicht der Rechtszuständigkeit des einzelnen Gesellschafters, sondern der Gesamthandsbindung und sind frei von einem Abtretungs- und Pfändungsverbot der Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen zugänglich (§§735, 736 BGB, §124 Abs. 2 HGB). 357 Außerdem widersetzte sich der I. Zivilsenat der Auffassung des III. Senats dahin, Beitragsansprüche könnten als Sozialansprüche der Gesamthandsgesellschaft durch die Gesellschafts- bzw. Vereinsmitglieder nicht mehr eigenrechtlich in einer Einzelklage verfolgt werden. Gemäß §432 B G B seien einzelne Gesellschafter berechtigt, fällige Beiträge an alle Gesellschafter („an die Gesellschaftskasse") zu verlangen.358 Er lehnte sich an die Rechtsprechung des VI. Zivilsenats359 an, obwohl diese nur das Recht einzelner Gesellschafter beurteilt hatte, nach §432 B G B Forderungen des Gesellschaftsvermögens gegen „Dritte" auf Leistung an die Gesellschaft geltend zu machen. Der V. Zivilsenat360 schloss sich dem I. Senat für den Fall an, dass Gesellschafter einer bürgerlichrechtlichen Gesellschaft in Liquidation Mitgesellschafter auf Beitragszahlung an die Gesellschaft in Anspruch nehmen, weil fällige Beitragsforderungen in das Gesellschaftsvermögen fielen. Anders als der II. Senat verneinte der V. Senat sogar die Klagebefugnis einzelner Gesellschafter bei der Gesellschaftsabwicklung, weil die Einforderung fälliger Beiträge ausschließlich Aufgabe der Liquidatoren sei. Von der Liquidation abgesehen stellte der V. Senat aber das prinzipielle Recht einzelner Gesellschafter, Ansprüche der Gesellschaft auf Leistung an diese geltend zu machen, nicht in Frage. Anders als der I. Senat stützte er die Einzelklagebefugnis nicht auf §432 BGB, sondern auf die Analogie zu §2039 BGB, weil die Miterbengemeinschaft und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsgemeinschaften vergleichbar seien. Wie der I. Senat berief sich auch der V. Senat auf die Rechtsprechung des VI. Senats361, ohne als entscheidenden Aspekt herauszustellen, dass sie sich nicht auf Binnenansprüche der Gesellschafter, sondern auf Ansprüche der Gesellschaft gegen Dritte bezogen hatte. Ferner machte der I. Senat nicht kenntlich, dass der VI. Senat §2039 BGB

357

RGZ 76,276,280f; siehe auch Palandt/Sprau,

Rz.6. 358 359 360 361

RGZ RGZ RGZ RGZ

76, 276, 280. 70, 32. 100, 165, 166. 70, 32.

B G B , § 717 Rz. 4; MüKo/Ulmer,

B G B , § 717

II. Rechtsinhaberschaft

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

materiellen

Rechts

69

nicht analog herangezogen hatte, sondern den Regelungsgehalt der Vorschrift als in dem umfassenderen §432 BGB bereits enthalten angesehen hatte.362 3. Standpunkt des Bundesgerichtshofs des Gesellschafters und Sozialanspruch a) Materiellrechtliche und beim einzelnen

zwischen Individualanspruch der Gesamthand

Forderungskumulierung Gesellschafter

bei der

Gesamthand

Kaum einheitlicher ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur actio pro socio. So anerkennt der II. Senat beim Bundesgerichtshof grundsätzlich eigene und unmittelbare Schadensersatzansprüche auf Leistung an die durch andere Gesellschafter geschädigte Gesellschaft363, weil der Gesellschaftsvertrag unmittelbare Rechte und Pflichten zwischen den Gesellschaftern erzeuge. Zur Einzelklagebefugnis des Gesellschafters hat der Bundesgerichtshof ausgeführt364: „Da die gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen eines jeden Gesellschafters auf dem G e sellschaftsvertrag beruhen, und Partner dieses Vertrages sämtliche Gesellschafter sind, steht jedem von ihnen auch grundsätzlich ein Anspruch darauf zu, dass der andere die von ihm übernommenen Verpflichtungen erfüllt. Das gilt auch für den Fall, dass ein Gesellschafter gegen den geschäftsführenden Gesellschafter den Vorwurf einer Verletzung der ihm obliegenden Geschäftsführerverpflichtungen erhebt, weil auch insoweit jeder Gesellschafter einen Anspruch darauf hat, dass der geschäftsführende Gesellschafter die von ihm im Gesellschaftsvertrag übernommenen Geschäftsführerverpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt".

Obwohl der Bundesgerichtshof dem einzelnen Gesellschafter ein eigenes Recht auf klageweise Verfolgung einer Forderung gibt, lässt er dennoch die ausschließliche Verfügungszuständigkeit bei der Gesellschaftergesamtheit. Weil der Gesellschafter eigene Rechte im eigenen Namen verfolge, bindet er die Klagebefugnis des einzelnen Gesellschafters nicht zusätzlich an die Zustimmung aller übrigen Gesellschafter365, meint aber gleichwohl, der actio pro socio werde sachlichrechtDazu oben S. 7. BGHZ10,91,101. Dagegen nehmen die Instanzgerichte zwar überwiegend die Rechtsprechung des BGH für sich in Anspruch, begründen die Zulässigkeit der actio pro socio aber unter dem Gesichtspunkt einer Prozessstandschaft oder lassen die Rechtsgrundlage der actio pro socio letztlich offen (OLG Düsseldorf N J W - R R 1986,1294; OLG Düsseldorf N Z G 1999, 989; OLG Karlsruhe N J W 1995, 1296; OLG Karlsruhe N Z G 1999, 439). 364 BGHZ 25, 47, 49f. 3 6 5 Rspr. und h.L. lassen die actio pro socio nur ausnahmsweise am Missbrauchsverbot bzw. an der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht scheitern (BGHZ 25, 47, 50; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S.48; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 17712, S. 736; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, Anm. 84; Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd.II, 2. Hälfte, §109 Anm.2; Fischer, in: Großkomm. H G B , §124 Anm. 11; BGBRGRK/Fischer, 11. Aufl., §705 Anm.23; BGB-RGRK/v. Gamm, 12. Aufl., §705 Rz.23; Koller/ Roth/Morck, H G B , § 105 Rz. 34; Staudinger/Keßler, B G B , § 705 Rz. 64,68; A. Hueck, Das Recht der O H G , §18 II, S. 264ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1 c, S.460; ders. W M 1975 Sonderbeilage Nr.4, S.39f; Baumbach/Hopt, H G B , §109 Rz.32; MünchHdb. GesR I/v. Dit362 363

70

Teil 1: B. Ansprüche

gegen

Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

lieh „der Boden entzogen" falls die Gesellschaft mit Zustimmung aller übrigen Gesellschafter den Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsführung stunde oder auf ihn verzichte.366 Der Gesellschafter muss somit Verfügungen gegen sich gelten lassen, welche die Gesellschaft durch ihre zuständigen Gesellschaftsorgane über den Anspruch getroffen hat.367 Das spiegelt die so genannte Antinomie 368 zwischen Individualanspruch des Gesellschafters einerseits und gesellschaftlicher Verfügungsgebundenheit des Anspruchs wider. Als rechtsdogmatische „Ungereimtheit" 369 ist sie schwerlich mit der vom Bundesgerichtshof70 entwickelten Theorie der Anspruchsvervielfachung oder Forderungskumulation zu überwinden. Nach ihr ist die in der actio pro socio verfolgte Forderung originär im Gesellschaftsvertrag verwurzelt, weil sie dem Kläger gegen den Beklagten als Partner desselben Gesellschaftsvertrages zusteht, so dass er seinen gesellschaftsvertraglich verankerten, eigenen materiellrechtlichen Anspruch gegen einen Mitgesellschafter im eigenen Namen, nicht in Prozessstandschaft für die Gesellschaft einklagt, was den Nachteil hätte, dass diese bei Ausscheiden des klagenden Gesellschafters aus der Gesellschaft enden würde.371 Dieser in der actio pro socio eingeklagte Anspruch des einzelnen Gesellfurth, §7 Rz. 75; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §7 1 3 , S.54; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz.61; Kühler, Gesellschaftsrecht, §6 II 3 b, S.46; Flume, Die Personengesellschaft, § 10 IV 140; ders, Die juristische Person, §8 V 2, S.304; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 290; Schanbacher AG 1999, 21, 25; Ballerstedt JuS 1963, 253, 257; Hassold JuS 1980, 32, 35; Hoffmann GmbHR 1963,61; Maatz GmbHR 1974,124,125). Einen wesentlich strengen Standpunkt vertritt MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 173, weil der Gesellschafter die Geschäftsführung zunächst aufzufordern hat, den Anspruch zu verfolgen. Dagegen lehnt Höfler JuS 1992,388,390, die Treuepflicht als Schranke der Einzelklage prinzipiell ab, weil diese nur im Verhältnis zur Gesellschaft, nicht aber im Verhältnis der Gesellschafter zueinander gelte. 366 BGHZ 25,47,50; ähnlich Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 177 I 2, S. 736; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S.49; Fischer, in: Großkomm. HGB, §124 Anm. 11; BGBRGRK/Fischer, 11. Aufl., §705 Anm.23; BGB-RGRK/v. Gamm, §705 Rz.23; Staudinger/Keßler, BGB, § 705 Rz. 55; Koller/Roth/Morck, HGB, § 105 Rz. 34; A. Hueck, Das Recht der OHG, §18 II, S.265f; MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, §7 Rz.75; MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz.174; Baumbach/Hopt, HGB, § 109 Rz.35; Staudinger/Keßler, BGB, §705 Rz.68; Soergel/Hadding, BGB, § 705 Rz. 50; Erman/H. P. Westermann, BGB, § 705 Rz. 58; Höfler JuS 1992, 388,391; Lutter AcP 180 (1980), 84, 134. 367 Fischer, in: Großkomm. HGB, § 124 Anm. 11. 368 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.290f, der die actio pro socio als „stumpfes Schwert" in der bezeichnet, sofern eine Majorisierung durch Mehrheitsbeschluss erfolgen könne. Ahnlich Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S. 460f, weil die Kontrollfunktion der actio pro socio vereitelt würde. Anders aber Wiedemann WM 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S. 7,40: Die actio pro socio sei in das Organisationsgefüge der Gesellschaft eingebunden, so dass der Klage durch Stundung oder Verzicht der Boden entzogen werden kann. 369 Häuser, Unbestimmte Maßstäbe, S. 174. 370 BGH WM 1960, 399, 400. 371 Nach BGH WM 1960,399,400 kann der Kläger den Anspruch gem. §265 ZPO weiter verfolgen. Als Prozessstandschaftsklage wäre die actio pro socio unzulässig, weil sie von der Gesellschafterstellung abhinge. Siehe dazu OLG Karlsruhe NJW 1995, 1296; Palandt/Sprau, BGB, §705 Rz.20, Jauernig/Stürner, BGB, §713 R z . l l ; MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz.173; Erman/

II. Rechtsinhaberschaft

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

materiellen

Rechts

71

schafters tritt aber nur gleichgerichtet neben einen inhaltsgleichen Anspruch der Gesellschaft gegen den vertraglich verpflichteten Gesellschafter.372 Die „Antinomie" zwischen Individualanspruch des Gesellschafters und Sozialanspruch der Gesellschaft hat der Bundesgerichtshof auch später aufrechterhalten. So kann der Komplementär Schadensersatzansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen den anderen sowie gegen den einer herrschenden Gesellschaft als eigene nur geltend machen, wenn und soweit sie der Gesellschaft selbst zustehen.373 Diese Einschränkung bewirkt umgekehrt die Bindung der einzelnen Gesellschafter an Verfügungen, welche die zuständigen Gesellschaftsorgane über ihren Anspruch etwa durch Verzicht oder eine Inhaltsänderung treffen.374 b) Sublimierung der „Mitgliedschaft" Einzelklagebefugnis

als Rechtsgrundlage

der

Im Urteil Bundesgerichtshofs vom 13. Mai 1985375 tritt die konstruktive Kumulierung von Individual- und Sozialanspruch in den Hintergrund, weil aus dem Gesellschaftsvertrag nicht mehr offen abgeleitet wird, Gesamthand und Einzelgesellschafter seien nebeneinander klageberechtigte Gläubiger gegen andere Gesellschafter. Bei der Schadensersatzklage eines Kommanditisten gegen einen geschäftsführenden Gesellschafter ist nicht mehr von zwei gleichgerichteten Ansprüchen des Gesellschafters und der Gesellschaft auf Leistung an die Gesellschaft, sondern nur noch von einem einzigen Sozialanspruch der Gesellschaft die Rede, den jeder einzelne Gesellschafter in der actio pro socio verfolgen dürfe. Die Gesellschaft darf über den Anspruch verfügen, auch wenn der Gesellschafter die Erfüllung des ihr zustehenden Anspruchs in der actio pro socio zu fordern berechtigt sei.376 Daher kann der Gesellschafter in der actio pro socio nur die Erfüllung des Gesamthandsanspruchs der Gesellschaft auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen verlangen. Die Herkunft des Rechts einzelner Gesellschafter auf Verfolgung einer Binnenforderung der Gesamthand als Sozialanspruch ist ebenso offen geblieben wie die Frage, warum der Gesellschafter Ansprüche gegen H.P. Westermann, B G B , §705 Rz.57, Flume, Die Personengesellschaft, § 10 IV, S.144; Hörstel N J W 1995, 1271; Früchtl N J W 1996, 1327. 372 BGH WM 1960, 399, 400; Fischer, in: Großkomm. H G B , § 124 Anm. 11. 373 BGH WM 1973, 1291, 1293. 374 Der BGH hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass Verfügungen über Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag nicht von der Geschäftsführungskompetenz erfasst werden, auch nicht als ungewöhnliche Maßnahme i.S.d. § 116 Abs. 2 H G B . Erforderlich sei ein mit vertragsändernder Mehrheit gefasster Gesellschafterbeschluss. Dagegen bejaht die Literatur zum Teil § 116 Abs. 2 H G B (Fischer, in: Großkomm. H G B , §124 Anm.11; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. B., Rz. 26). Nach a.A. fallen Verzicht oder Stundung grds. in die Zuständigkeit der vertretungsberechtigten Geschäftsführer (Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S. 49; Enneccerus/ Lehmann, Schuldrecht, § 177 I 2, S.736; BGB-RGRK/v. Gamm, B G B , 12. Aufl., §705 Rz.23). 375 BGH WM 1985, 1227, 1228. 376 BGH W M 1985, 1227, 1228.

72

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

Mitgesellschafter grundsätzlich jederzeit, Ansprüche gegen Dritte aber nur ausnahmsweise377 verfolgen darf, obwohl beiden Fällen Ansprüche der Gesamthandsgesellschaft zugrunde liegen. Deutlich ändert das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. März 1992 die Rechtsgrundlage der actio pro socio 378 , weil nur noch die Mitgliedschaft eines Gesellschafters für die Klagebefugnis maßgebend sein soll, nicht jedoch ein eigener im Gesellschaftsvertrag verwurzelter Anspruch des Gesellschafters gegen seinen Mitgesellschafter.379 Als Mitgliedschaftsrecht ist die actio pro socio ein Element des allgemeinen Verbandsrechts, das im Personen- und Körperschaftsrecht gleichermaßen zur Anwendung kommen kann. 380 Der Bundesgerichtshof nähert damit tendenziell die Personengesellschaft der vollrechtsfähigen juristischen Person an, weil in beiden Gesellschaftsformen Ansprüche aus dem internen Rechtsverhältnis gegen Mitgesellschafter und Geschäftsführer als Elemente des Gesellschaftsvermögens angesehen werden. Die traditionell schuldrechtliche Grundlage der actio pro socio des Personengesellschaftsrechts ist dann, unabhängig von der Rechtsform des Verbandes, nur noch Mitgliedschaftsklage im Sinne Flumes381. Ist Rechtsgrund der actio pro socio nicht der vertragliche Anspruch der Gesellschafter gegeneinander, sondern ganz allgemein die Verbandsmitgliedschaft als solche, so liegt es nahe, die actio pro socio als actio pro societate auch im Recht der körperschaftlich organisierten Kapitalgesellschaft für anwendbar zu halten.382 4. Standpunkt der Lehre zur Forderungskumulierung Gesellschaftsvertrags zugunsten Dritter

aufgrund

eines

Die dogmatische Stütze für eine Forderungskumulation sucht das gesellschaftsrechtliche Schrifttum beim Vertrag zugunsten Dritter (§328ff BGB). 3 8 3 Der Anspruch der Gesellschaft als Drittbegünstigte sei auf die Erfüllung des Gesellschaftsvertrages (§328 BGB), derjenige der Mitgesellschafter als Versprechensempfänger auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen gerichtet (§335 BGB). Würdinger meint, die Rechtslage beim Vertrag auf Leistung an Dritte erkläre zwanglos das Nebeneinander der Erfüllungsklage als Recht der Gesellschaft und des einzelnen Gesellschafters in seiner Rolle als Versprechensempfänger.384 KonDazu oben S. 22. BGH N J W 1992, 1890, 1892. 379 BGH N J W 1992, 1890, 1892; siehe auch Palandt/Spmu, B G B , Vorbem. v. §709 Rz. 19. 380 Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 11. 381 Dazu oben S. 60. 382 Sinngemäß Flume, Die juristische Person, § 8 V 1, S. 301 f; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz.35; Baumhach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz.32. 383 Windscheid/Kipp, Pandektenrecht, Bd. II, § 406 Note 16 c; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S.48; Ganssmüller Betr. 1954, 860. 384 Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S.48. 377 378

II. Rechtsinhaberschaft

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

materiellen

Rechts

73

struktiv geht letztlich auch Kühler385 auf den Vertrag zugunsten Dritter zurück, obwohl er die §§328, 335 BGB nicht ausdrücklich als Rechtsgrundlage der actio pro socio nennt. Denn nach §705 BGB seien die Gesellschafter gegenüber dem gesamthänderischen Verbund aller und zugleich gegenüber jedem einzelnen Gesellschafter zur Förderung des gemeinsamen Zwecks verpflichtet, so dass gesellschaftsvertragliche Ansprüche allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zustünden, aber auch jeder einzelne von den anderen Leistung der geschuldeten Beiträge oder Schadensersatz an die Gesellschaft fordern dürfe. 386

5. Bewertung

der

a) Dekonstruktion

Lösungswege dualistischer

Gesellschaftsgrundformen

Quelle andauernder Diskussion zu Begriff, Gegenstand und Voraussetzung der actio pro socio im Personengesellschaftsrecht ist eine Mixtur aus Begründungselementen der gesellschaftsvertraglich-schuldrechtlichen Ebene zwischen Gesellschaftern und der gesamthänderisch-dinglichen Ebene der Gesellschaft. Einerseits ist der Gesellschaftsvertrag Entstehungsgrund für Rechte und Pflichten der Gesellschafter zueinander (§ 705 BGB), seine Verletzung erzeugt Schadensersatzansprüche. Andererseits sollen Ansprüche in die dingliche Ebene des gesamthänderisch gebundenen Sondervermögens der Gesellschafter (§718 Abs. 1, 719 Abs. 1 BGB, §105 Abs.3, §161 Abs.2 HGB), nach neuerer Gesamthandsdoktrin 387 in die einer rechtsfähigen Personengesellschaft fallen. Die h.L. stellt Personengesellschaften weithin Kapitalgesellschaften gleich. Die Kapitalgesellschaft ist als eigenständiges Rechtssubjekt zuständig für Einlage-, Erstattungs- und Schadensersatzansprüche gegen Mitgesellschafter. 388 Das lässt indes nicht ohne weiteres die Annahme zu, im Gesellschaftsvertrag verwurzelte schuldrechtliche Ansprüche der Gesellschafter seien im Personengesellschaftsrecht durch eine Anspruchsvervielfachung modifizierbar, stünden nach der neueren Gesamthandslehre sogar der rechtsfähigen Personengesellschaft zu. Wird diese Lehre zugrunde gelegt, so löst die Anlehnung rechtsfähiger Personengesellschaften an die rechtliche Struktur der vollrechtsfähigen juristischen Personen des Körperschaftsrechts im Gesetz angelegte Unterschiede der Gesellschaftsformen weitgehend auf. Der körperschaftlichen Verfassung juristischer Personen ist der bleibende schuldrechtliche Charakter eines gegenseitigen, die einzelnen Gesellschafter verpflichtenden Gesellschaftsvertrags nicht wesensimmanent. 3 8 9 AnKühler, Gesellschaftsrecht, §6 II 3 b, S.46. Kühler, Gesellschaftsrecht, §6 II 3 b, S.46 mit Fn. 17. 387 Nachweise Fn. 83. 388 Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1, 11 f. Siehe etwa § 3 Abs. 1 Nr. 4 u. Abs. 2, § 9 Abs. 2, § 9 a, § 19 Abs.2 S.2, §21 Abs.3, §22 Abs.l, §46 Nr.2, §§24, 26ff, 30, §31 Abs.l, §46 Nr.8 GmbHG, §§46ff, 53, 62, 117, 147 AktG. 389 Die juristische Person ist vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängig. Ihr Zweck soll im Ge385 386

74

Teil 1: B. Ansprüche

gegen

Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

ders als im Recht der Personengesellschaften löst sich der Gesellschaftsvertrag nach der Gründung der Kapitalgesellschaft von seinen Gründern und von künftigen Verbandsmitgliedern, er wird Satzung als verbindlich festgelegte Verfassung der juristischen Person. 390 Dem Gesellschaftsvertrag körperschaftlicher Verbände ist nicht das schuldrechtliche Synallagma wesensgemäß, sondern die Errichtung des Organisationsstatuts der juristischen Person, das grundsätzlich gesellschaftsrechtliche Rechtsbeziehungen nur zwischen ihr und dem einzelnen Gesellschafter entstehen lässt. 391 Die Gleichstellung oder Annäherung der Personen- und Kapitalgesellschaften für Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis kollidiert zudem mit unterschiedlichen Haftungssystemen beider Gesellschaftsformen. Für die juristische Person ist das Trennungsprinzip 392 charakteristisch, das ihr Vermögen von dem der Gesellschafter vollständig verselbständigt (§1 Abs. 1 S. 1 AktG, §13 Abs. 1 GmbHG). Nur die juristische Person haftet den Gesellschaftsgläubigern, nicht der einzelne Gesellschafter, weil zu ihm keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen bestehen. Als Haftungsmasse dient unmittelbar nur das Gesellschaftsvermögen, nicht das Privatvermögen der Gesellschafter (§1 Abs. 1 S.2 AktG, §13 Abs. 2 GmbHG), weshalb die Wahrung einer ausreichenden Haftungssubstanz gesetzliches Fundament eines GmbH- und aktienrechtlichen Gläubigerschutzes ist. 393 Indem das Gesetz z.B. Einlage-, Erstattungs- oder Schadensersatzansprüche dem Gesellschaftsvermögen zuweist, erweitert das Körperschaftsrecht zugunsten der Gesellschaftsgläubiger die Haftungsgarantie des Gesellschaftsvermögens bei der Forderungspfändung (§829ff ZPO). 394 Mehr noch schlägt die Abkehr vom Systemdualismus zwischen Personengesellschaft und juristischer Person durch, die sich in einer sukzessiven Verdrängung individualrechtlicher Charakteristika der Personengesellschaften durch Übernahme körperschaftlicher Strukturmerkmale ausdrückt. Verwischt werden fundamentale Unterschiede beider Gesellschaftsstrukturen mit Auswirkungen auf die Rechtsträgerschaft des Gesellschaftsvermögens (die Gesellschaft selbst als

gensatz zu den Personengesellschaften die Einzelpersönlichkeit ihrer Mitglieder überdauern {Kühler, Gesellschaftsrecht, §3 12, S. 19, §3 II 2, S.20; G. Hueck, Gesellschaftsrecht §2111, S.10, §6 II 2, S.46f; Zöllner ZGR 1988, 392, 402f). 390 § 25 BGB, § 2 AktG, § 2 GmbHG. Siehe dazu auch Kühler, Gesellschaftsrecht, § 3 12, S. 19, §3 II 2, S. 20; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, §10 I, S.39f; §21 I, S. 100; Erman/H.P. Westermann, BGB, §25 Rz. 1 ; H ü f f e r , AktG, §23 Rz. 7; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, §2 Rz.3, 5. 391 Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, §2 Rz.3, 5; Staudinger/Keßler, BGB, Vorbem. zu § 705 Rz. 24; Geiler, in Düringer/Hachenburg, HGB, Anm. 7; Flume, Die juristische Person, § 8 I, S.258ff; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.33; Scholz/Emmerich, GmbHG, §2 Rz.7. 392 Kühler, Gesellschaftsrecht, § 3 II 4, S. 20f; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 3 III, S. 24; Hüff e r , AktG, § 1 Rz.4; Roth/Altmeppen, GmbHG, Einl. Rz.20ff, §5 Rz.4ff, § 13 Rz. 10. 393 Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz. 10. 394 Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz. 10, § 19 Rz. 15.

II. Rechtsinhaberschaft

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

materiellen

Rechts

75

Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten 395 ) und die Zuordnung von Werten in das Gesellschaftsvermögen (Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag als Sozialansprüche der Gesellschaft).396 Die Auflösung dualistischer Grundstrukturen der Gesellschaftsformen ist gesäumt durch die judikative Etablierung eines wie Sudhoff und Jäger meinen397 -Systems (?) komplexer (?) Stufungen (?) mit erfundenen, gesetzlich nicht vorgesehenen Nuancen innerhalb der institutionalisierten Gesellschaftsformen (unternehmenstragende Außengesellschaft398; durch Teilrechtsfähigkeit höher gestufte Gesellschaft bürgerlichen Rechts 399 , Innengesellschaft und rechtsfähige Außengesellschaft bürgerlichen Rechts 400 ). Diese nuancierten Zwischenformen führen zu einem einzigen gemeinsamen rechtlichen Element, nämlich der Mitgliedschaft bzw. des personenrechtlichen Gliedschaftsverhältnisses401 des Gesellschafters in der Körperschaft oder in der Personengesellschaft.402 Umgekehrt ist festzustellen, dass körperschaftliche Strukturmerkmale der Kapitalgesellschaft (GmbH, Aktiengesellschaft) von individualrechtlichen Charakteristiken der Personengesellschaft durchsetzt werden. Das drückt sich in der Etablierung eigener und unmittelbarer (schuldrechtlicher) Ansprüche der Kapitalgesellschafter gegeneinander aus. Spätestens seit dem ITT-Urteil gilt für Kapitalgesellschaften, dass Gesellschafter aufgrund der Verbandssatzung nicht nur zur Gesellschaft, sondern auch zueinander in unmittelbaren Rechtsbeziehungen gesellschaftsrechtlicher Art stehen.403 In der Binnenbeziehung der Kapitalgesellschaft erlangen Gesellschafter das Recht, gleichgerichtet neben der Gesellschaft aus eigenem Recht und im eigenen Namen Schadensersatz- und Erstattungsansprüche auf Leistung an die Gesellschaft zu verfolgen, obwohl die körperschaftliche Organisation und die selbständige Rechtsträgerschaft des Verbandes dies nicht zulassen.404 b) Fehlen einer Rechtsgrundlage für die Umwandlung von Individualansprüchen in Sozialansprüche der Gesamthand Die Konstruktion, Ansprüche gegen Mitgesellschafter in der gegenseitigen Rechtsbeziehung der Gesellschafter verwurzelt405 und zugleich - zweifelhaft funNachweise Fn. 83. Zöllner Z G R 1988, 392, 402 mit Fn.39 u. 43. 397 Sudhoff/Jäger, Personengesellschaften, II C Rz.10 m.w.N.. 398 K. Schmidt N J W 2001, 993, 1002. 399 Ulmer ZIP 2001, 585, 593). 400 BGH N J W 2001, 1056. 401 Staudinger/Keßler, B G B , Vorbem. zu §705 Rz.24. 402 Kühler, Gesellschaftsrecht, §3, S. 18. 4 0 3 Dazu unten S. 103 ff. 404 Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 9ff, 20f. 405 RG J W 1927, 1090, 1091; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, Anm. 84. 395 396

H G B , Bd.II, 1. Hälfte,

76

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

diert 4 0 6 - als Gesellschaftsforderung gelten zu lassen (Forderungskumulation), verkompliziert die Rechtslage. Sie übersieht, dass der Vertragsschluss der U r grund für die Rechtsbeziehung zwischen den Personengesellschaftern ist und ihm die personenrechtliche Gemeinschaft entspringt. Das ist an den Ansichten zu kritisieren, die den Gesellschaftsvertrag als Entstehungsgrund der Personenvereinigung an sich zwar anerkennen, aber zugleich die Gesamthand nach dem Vorbild der juristischen Person als ein von den Gesellschaftern verselbständigtes Rechtsgebilde bzw. Rechtssubjekt ansehen. 407 Diese Ansichten lassen offen, wie es rechtlich ohne Systemwidersprüchlichkeit zu rechtfertigen ist, dass die durch den Gesellschaftsvertrag originär begründeten schuldrechtlichen Ansprüche in der Rechtszuständigkeit einzelner Gesellschafter bleiben und zugleich in die der Gesamthand fallen. Die Konstruktion bewirkt, dass neben Sozialansprüche der Gesamthand inhaltsgleiche Individualansprüche einzelner Gesellschafter gegen Mitgesellschafter in der Form der Gläubigermehrheit träten, die sich in das gesetzliche System der Gläubigermehrheiten ( § 4 2 0 f f B G B ) nicht einordnen lassen. 408 Die Anwendung des Vertrags zugunsten Dritter auf den Gesellschaftsvertrag, in dem der Einzelgesellschafter als Versprechensempfänger, alle übrigen Gesellschafter als Versprechende und die Gesamthand als begünstigte Dritte i.S.d. § 3 2 8 Abs. 1 B G B anzusehen sind ist, nicht systemgerecht, weil der einzelne Gesellschafter keine Forderung im Sinne des § 3 3 5 B G B verfolgt, sondern eigene und unmittelbare Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag gegen seine Mitgesellschafter (§705 B G B ) . Anders als beim Vertrag zugunsten Dritter, begegnen sich in der actio pro socio nicht drei voneinander verschiedene Rechtssubjekte (Versprechender, Versprechensempfänger, begünstigter Dritter) in separaten Rechtsbeziehungen, sondern Gesellschafter, die originär durch den Gesellschaftsvertrag im Hinblick auf die vereinbarte Zweckförderung in einer zweischichtigen Rechtsbeziehung gegenseitig verbunden sind. In der actio pro socio sind daher Versprechender (beklagter Gesellschafter) und Versprechensempfänger (klagender Gesellschafter) grundsätzlich personenidentisch mit dem in der zweifelhaften Konstruktion einer Verdoppelung der Forderungszuständigkeit

assoziierten

Dritten (der Gesamthandsgesellschaft). 4 0 9 Der Vertrag zugunsten Dritter wäre konstruktiv diskutabel, ließe sich analog zur Lehre von der Gesamthands(außen)gesellschaft eine Art Gesamthands(innen)gesellschaft denken, die den Personengesellschaftern nach Abschluss ihres Gesellschaftsvertrags isoliert mit eigenständiger Rechtspersönlichkeit entgegen-

4 0 6 Widersprüchlich z.B. Staudinger/Keßler, B G B , § 717 Rz. 7: Ansprüche, die zwar den Gesellschaftern zustehen, deren Gläubigerin aber „ausschließlich" die Gesamthand ist. 4 0 7 Nachweise Fn. 83. 408 Soergel/Hadding, B G B , §705 Rz.50. 409 Höfler JuS 1992, 388, 391; Nitschke Z H R 128 (1966), 48, 88; Flume, Die Personengesellschaft, §10 IV, S.328.

II. Rechtsinhaberschaft

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

materiellen

Rechts

77

träte. 410 Wie jedes Schuldverhältnis führt jedoch der Gesellschaftsvertrag grundsätzlich zur Zwei- oder Mehrparteienbeziehung mit Rechten und Pflichten nur für die an ihm unmittelbar Beteiligten. 411 Diese Unmittelbarkeit durchbrechen zwar ausnahmsweise die Regeln über den Vertrag zugunsten Dritter, weil der Schuldner (Versprechender) die Leistung an einen vom Gläubiger (Versprechensempfänger) verschiedenen Dritten zu erbringen hat. Nach dem Gesetz hat der Vertrag zugunsten Dritter jedoch nicht den Rang eines eigenständigen Vertragstyps, wie seine Stellung vor dem Katalog spezieller Vertragstypen belegt. Ausdrückliche oder nach Sinn und Zweck abschließende Bestimmungen schließen zudem die Anwendbarkeit der vom Gesetz „vor die Klammer" gestellten Regeln normalerweise aus. 412 Nach § 705 BGB sind nur die Gesellschafter Vertragsparteien mit der Pflicht jedes einzelnen gegenüber dem anderen zu gegenseitiger Zweckförderung. Die generelle Anwendung der §§328ff BGB auf den Gesellschaftsvertrag widerspräche daher dem Wortlaut des Gesetzes über das Zustandekommen des Gesellschaftsvertrages. Einen ausdrücklichen oder interpretierbareren Hinweis auf die Anwendbarkeit des § 335 BGB geben die §§ 705ff BGB nicht. Ein Vertrag zugunsten Dritter entspricht nicht dem Willen der Gesellschafter bei Vertragsschluss und überkonstruiert ihre Vertragspflicht zu Leistungen der „Gesamthand" gegenüber. Außerdem gibt es zwischen dem einzelnen Gesellschafter und der Gesamthand kein Valutaverhältnis i.S.d. §328 Abs. 1 BGB, das als Rechtsgrund für die Zuwendung (z.B. der Beitragsleistung) anzusehen wäre. 413 Die Anwendung der §§328ff BGB zöge die von den Gesellschaftern unbeabsichtigte Folge nach sich, dass der Gesellschaftsvertrag auch die Qualität eines „Vertrags zu Lasten Dritter" erlangte, weil er nicht nur Ansprüche der Gesamthand gegenüber einzelnen Gesellschaftern, sondern auch Ansprüche des einzelnen Gesellschafters gegenüber der Gesamthand auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage (Sozialverpflichtungen) hervorbrächte. Es verträgt sich entgegen [//wer414 mit dem Charakter des Gesellschaftsvertrages als eines nicht auf „Leistungsaustausch", sondern auf eine „Zweckgemeinschaft" gerichteten Rechtsverhältnisses, dem Gesellschafter in der actio pro socio ein eigenes Klagerecht zu geben. Sein Recht, Leistung nicht in das Privatvermögen, sondern in das Gesamthandsvermögen zu verlangen, lässt den individualvertraglichen Charakter der Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis unberührt und entspricht der gegenseitigen Leistungspflicht zur Förderung und Erreichung

Nachweise Fn. 83. Motive II, S. 2. 412 Denkschrift, S.39ff, 49f; MüKo/Gottwald, BGB, §328 Rz.3. 413 Unrichtig Höfler JuS 1992, 388, 391, wonach zwischen dem in Anspruch genommenen Gesellschafter und dem fordernden Gesellschafter kein obligationsmäßiges Deckungsverhältnis angenommen werden könne. 414 MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 172. 410 411

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter und

78

Gesellschafter-Geschäftsführer

des Gesellschaftszwecks (§705 BGB). Unpräzise ist die Argumentation 415 , wonach Ansprüche auf vereinbarte Beiträge ausschließlich Sozialansprüche der Gesamthand seien, weil sie auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen gerichtet seien. Sie vermengt die gesellschaftsvertragliche Forderungszuständigkeit mit dem Inhalt des Anspruchs. Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis stehen den einzelnen Gesellschaftern als Partner des Gesellschaftsvertrages zu, lediglich der Inhalt der Ansprüche ist gesellschaftlich gebunden, d.h. auf Leistung an die Gesellschaft gerichtet. 416 Davon gingen sogar die Motive zum ersten Entwurf des BGB als selbstverständlich aus, obwohl sie noch dem rein schuldrechtlichen Modell der römisch-gemeinrechtlichen societas verbunden waren 417 : „Aus dem zwischen den Gesellschaftern zufolge des Gesellschaftsvertrages bestehenden obligatorischen Verhältnisse und der Bestimmung der vertragsmäßigen Beiträge ergibt sich im Übrigen in Ansehung der Ansprüche der Gesellschafter gegen einander auf Erfüllung der Beitragspflicht ohne Weiteres, dass kein Gesellschafter einen anderen auf Leistung eines verhältnismäßigen Teiles des diesem obliegenden Betrages (z.B. des Geldeinschusses) für sich in Anspruch nehmen, jeder vielmehr nur verlangen kann, dass der Beitrag zu dem vereinbarten Zwecke, mithin an alle Gesellschafter, u m den beizutragenden Gegenstand allen gemeinschaftlich zu machen, geleistet w e r d e " .

Auch die Konzeption der deutsch-rechtlichen Gesamthand neben der römischgemeinrechtlichen societas im zweiten Entwurf des BGB lässt keine legislative Absicht für die Automatik einer Uberführung sämtlicher Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis in das Gesamthandsvermögen erkennen. Auf das Gesamthandsprinzip stützt sich aber gerade eine verbreitete Literaturansicht, die gesamthänderische Vermögenszuordnung überlagere und modelliere den Gesellschaftsvertrag als schuldrechtliche Basis.418 Die Interpretation der §§ 718, 719 BGB ergebe selbständig klagbare Binnenansprüche der Gesellschafter gegeneinander, die kumuliert als Sozialansprüche der Gesamthand und als Individualansprüche einzelnen Gesellschafter zustünden. 419 So akzentuiert etwa Scbanbacber, das Ge415

Geiler, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 1. Hälfte, Anm.84. Buchner AcP 169 (1969), 481, 504. 417 M o t i v e i l , S. 598. 418 Siehe etwa Palandt/Thomas, BGB, 57. Aufl., §705 Rz.20: „Aus §§705, 717 könnte gefolgert werden, dass die Ansprüche der Gesamthand auch den einzelnen Gesellschaftern gegeneinander zustehen, dass also jeder Gesellschafter sie gegen den verpflichteten Gesellschafter erheben könne. Dem steht jedoch im Regelfall der Gesamthandsaußengesellschaft die gesamthänderisch vermögensrechtliche Bindung entgegen, die die Erhebung solcher Ansprüche als Verwaltung dieses Vermögens der Geschäftsführung der Gesellschaft (§709 BGB) zuweist." 419 Vgl. nur Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 17712, S. 736; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 1. Hälfte, Anm. 106 a; Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 2. Hälfte, Vorbem. v. § 109 Anm.2; Fischer, in: Großkomm. HGB, § 124 Anm. 11; BGB-RGRK/Ftscher, 11. Aufl., §705 Anm.23; BGB-RGRK/v. Gamm, 1§705 Rz.23; Staudmger/Noack, §432 Rz. 16; Staudinger/Keßler, BGB, §705 Rz.63ff; Soergel/M. Wolf, BGB, §432 Rz.6; Fikentscher, Schuldrecht, §63 II 1, Rz.641; Maatz GmbHR 1974, 124; 125; A. Hueck, Das Recht der OHG, § 18 II, S. 259ff; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 7 I 3, S. 54; Schanbacher AG 1999, 21,27; Jauernig/Stürner, BGB, §713 Rz. 11; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 6 II 3 b, S.46; Eisenhardt, Gesell416

II. Rechtsinhaberscbaft

des einzelnen

Gesellschafters aufgrund

materiellen

Rechts

79

samthandsprinzip habe das schuldrechtliche Modell der römisch-gemeinrechtlich societas des ersten Entwurfs zwar nicht verdrängt, beide Konzeptionen aber in § 705ff BGB vereinigt. 420 Alle Forderungen eines Gesellschafters gegen Mitgesellschafter auf Erfüllung des gesellschaftsvertraglichen Zwecks gehörten von vornherein in das Gesamthandsvermögen, könnten aber zugleich gegen Mitgesellschafter in der actio pro socio verfolgt werden. Die Theorie der echten Forderungskumulation ist entbehrlich, weil der schuldrechtliche Gesellschaftsvertrags als umfassende Gesellschaftsgrundlage rechtlich neben der innergesellschaftlichen dinglichen, im Gesamthandsprinzip verwurzelten Vermögenszuordnung ohne weiteres denkbar ist. Die gesamthänderische Vermögenszuordnung im Sinne der §718 Abs. 1, §719 Abs. 1 BGB dient nicht der „Kollektivierung" des Gesellschaftsvertrags als Quelle eigener und unmittelbarer Ansprüche der Gesellschafter zueinander. 421 Die Gesetzesmaterialien zu §719 BGB rechtfertigen die Hinwendung von der römisch-gemeinrechtlichen societas zum deutsch-rechtlichen Gesamthandsverständnis, weil die Gemeinschaft zur gesamten Hand dem Zweck und dem Binnenverhältnis der Gesellschafter wie auch ihrer Vertragsintention mehr entspreche als die römisch-rechtliche Regelung. 422 Das Gesamthandsprinzip schütze vor Verfügungen einzelner Gesellschafter oder Vollstreckungen ihrer Privatgläubiger in das Gesellschaftsvermögen, das dem vereinbarten Gesellschaftszweck diene. Das Gesamthandsprinzip zielt daher nur auf die Sicherung des Vermögensbestandes vor Eingriffen der Gesellschafter oder Dritter und auf einen ungestörten Gesellschaftszweck ab. 423 Das belegt § 738 S. 1 BGB, weil der Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern unmittelbar und ohne Ubertragungsakt anwächst, wenn ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet oder ausgeschlossen wird. Die gegen Dritte gerichtete Abwehrfunktion des Gesamthandsprinzips ist nicht auf Gesellschafter auszudehnen, indem deren originär gegenseitige gesellschaftsvertragliche Ansprüche in die Gesamthandsbindung fallen und so vor dem Zugriff gesellschaftsrecht, Rz. 61; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz. 126; Reuter G m b H R 1981, 129, 138; Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 11; w o h l auch Lutter A c P 180 (1980), 133f; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.286. 420 Schanbacher A G 1999, 21, 27. 421 Plancks Kommentar z u m BGB, Vorbem. v. § 7 0 9 , § 7 1 8 A n m . l A a); Buchner A c P 169 (1969), 4 8 1 , 5 0 4 . 422 Protokolle II, S. 430ff; Denkschrift, S. 86ff; siehe auch Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, §180, S. 817; Plancks K o m m e n t a r z u m B G B , Vorbem. v. § 7 0 5 A n m . 3; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd.II, 1. Hälfte, A n m . 2 1 ; Staudinger/Keßler, B G B , Vorbem. zu § 7 0 5 Rz. 5. 423 Protokolle II, S.430. Gläubiger können gem. § 7 1 7 B G B , § 8 5 1 A b s . l Z P O nur die übertragbaren Gesellschafterrechte pfänden lassen (die einem Gesellschafter aus seiner Geschäftsführung zustehenden Ansprüche, soweit deren Befriedigung vor der Auseinandersetzung verlangt w e r d e n kann; Ansprüche auf einen Gewinnanteil; dasjenige, w a s einem Gesellschafter bei der Auseinandersetzung z u k o m m t ) . Darüber hinaus können Gläubiger nur auf den Gesellschaftsanteil zugreifen und auf diese Weise die A u f l ö s u n g der Gesellschaft herbeiführen (§ 725 BGB).

80

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

schaftsfremder Dritter bewahrt werden können. Denn als Individualansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis unterliegen sie dem in § 7 1 7 S. 1 B G B geregelten Verfügungsverbot, sind daher nach 851 Abs. 1 Z P O der Pfändung durch Privatgläubiger einzelner Gesellschafter nicht ausgesetzt. Gläubiger eines Gesellschafters können auch dann nur gemäß § 725 Abs. 1 B G B , § 859 Abs. 1 S. 1 Z P O in den Anteil am Gesellschaftsvermögen 4 2 4 vollstrecken, wenn die Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag nicht als Sozialansprüche in das Gesellschaftsvermögen fallen. Außerdem verträgt sich die Modifizierung des gesellschaftsvertraglichen Anspruchs eines Gesellschafters gegen einen anderen in einen Sozialanspruch der Gesellschaft nicht mit der Dispositivität des § 7 1 8 Abs. 1 B G B , denn die Errichtung einer Gesellschaft setzt begrifflich oder gesetzlich nicht notwendigerweise die Bildung eines Gesellschaftsvermögens als Gesamthandsvermögen voraus. 4 2 5 Der gesellschaftsvertragliche Verzicht aller Gesellschafter auf Bildung des Gesamthandsvermögens ist zulässig, sofern nur irgendwelche gemeinsame Leistungen dem gemeinsamen Zweck dienen (§705 B G B ) . 4 2 6 Der dispositive Charakter des § 7 1 8 B G B ginge verloren, fielen auch sonstige der allgemeinen Förderpflicht dienliche Ansprüche außerhalb der Beitragspflicht der Mitgesellschafter (z.B. auf ordnungsgemäße Geschäftsführung 4 2 7 ) wegen ihrer Qualifizierung als Sozialansprüche in das Gesamthandsvermögen. Es gäbe dann nur noch Gesellschaften mit Gesellschaftsvermögen, weil bereits bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages zwischen den Gesellschaftern gesamthänderische Sozialansprüche entstünden, die nicht den einzelnen Gesellschaftern, sondern der Gesamthandsgesellschaft zustünden. 4 2 8

c) System- und Normenwidersprüche Gesellschaftsgrundformen

in der „ neuen Systematik " der

Die Idee einer Duplifizierung des Einzelanspruchs der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvertrag in einen Sozialanspruch der Gesamthand wäre vertretbar, bestünde dafür ein Bedürfnis. Die Ansicht, nur der Transfer der wechselseitigen Gesellschafteransprüche aus dem Gesellschaftsvertrag in das Gesamthandsver-

4 2 4 Nach a.A. ist unter Gesamthandanteil i.S.d. § 859 Abs. 1 Z P O nicht der eigentliche Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen zu verstehen (§ 719 Abs. 1 BGB), sondern der Gesellschaftsanteil selbst, mithin die Mitgliedschaft des Einzelgesellschafters (Schlegelb erger!K. Schmidt, H G B , §135 Rz.9; Thomas/Putzo, ZPO, §859 R z . l ) . 425 Palandt/Sprau, B G B , §705 Rz.33, §718 R z . l ; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 1. Hälfte, Anm.299. 426 Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 1. Hälfte, Anm. 299. 427 Jauernig/Stürner, B G B , §706 Rz.24. 4 2 8 Siehe dazu etwa MüKo/Ulmer, B G B , § 705 Rz. 224; ders. ZIP 2001,585,592; Soergel/Hadding, B G B , § 718 Rz. 9; MünchHdb. GesR I/Gummert, § 9 Rz. 43; Jauernig/Stürner, B G B , § 706 Rz.24.

II. Rechtsinhaberschaft

des einzelnen

Gesellschafters aufgrund

materiellen

Rechts

81

mögen sichere die Pfändung rückständiger Beitragsforderungen 429 , rechtfertigt keine grundsätzliche Modifizierung der individualvertraglichen Gesellschaftsgrundlagen. Das belegt ein Vergleich der Haftungsverfassung der Personengesellschaft mit der der Kapitalgesellschaft je gegenüber Gesellschaftsgläubigern. Im Körperschaftsrecht fallen Ansprüche der juristische Person aus dem Gesellschaftsverhältnis in das Gesellschaftsvermögen, weil es in der Zwangsvollstrekkung Haftungssubstrat (§828ff ZPO), bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Insolvenzmasse (§ 1 InsO) ist. 430 Daher ist der einzelne Gesellschafter zur Zahlung von Einlagen, zur Gewährung von Nachschüssen, zur Rückgewähr des zu Unrecht entnommenen Stammkapitals oder der zur Leistung von Schadensersatz bei pflichtwidriger Schädigung des Gesellschaftsvermögens nur der GmbH verpflichtet. 431 Das beruht auf dem System rechtlicher Verselbständigung der juristischen Person und ihres Vermögens gegenüber ihren Verbandsmitgliedern (Trennungsgrundsatz), weshalb grundsätzlich auch nur das Gesellschaftsvermögen Gesellschaftsgläubigern haftet. Diese Haftungsbegrenzung kann es jedoch erforderlich machen, dass Gläubiger der juristischen Person auch in deren Forderungsrechte gegen einzelne Gesellschafter vollstrecken und dann (mittelbar) gegen den Gesellschafter-Schuldner vorgehen. 432 Im Gegensatz dazu hat der Gesellschaftsgläubiger im Recht der Personengesellschaften kein rechtlich und praktisch vergleichbares Sicherungsbedürfnis im Vollstreckungs- oder Insolvenzfall, da die Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern grundsätzlich unmittelbar und unbeschränkt auch mit ihrem Privatvermögen haften (§421 ff BGB, §§ 128,171 HGB 4 3 3 ). Nicht tragfähig ist die meist nicht näher begründete Auffassung 4 3 4 , nicht die Bewirkung der Beitragsleistung, sondern der Beitragsanspruch selbst sei als „Sozialanspruch" der Gesellschaft Gesellschaftsvermögen und Haftungsgrundlage für Gesellschaftsgläubiger. Haftet nämlich der Gesellschafter unmittelbar und unbeschränkt den Gesellschaftsgläubigern mit seinem Privatvermögen für Beitragsleistungen an die Gesellschaftskasse, so kann der Gesellschaftsgläubiger wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft direkt seine Forderung gegen den persönlich und unbeschränkt haftenden 429

MüKo/Ulmer, B G B , § 7 1 8 Rz. 12; Staudinger/Keßler, BGB, §705 Rz.56; Palandt/Sprau, BGB, § 7 0 5 R z . 2 3 , 29, § 7 1 8 Rz. 2; Hk-BGB/Schulze, § 705 Rz. 14, § 7 0 6 R z . 2 ; Erman/H.P. Westermann, § 7 1 8 R z . 5 ; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S.48. Siehe auch RGZ 76, 276, w o n a c h bereits ausstehende Beitragsforderungen eines nicht rechtsfähigen Vereins ( § 5 4 B G B ) z u m Gesellschaftsvermögen gehören. 4 3 0 Vgl. in diesem Zusammenhang § 93 Abs. 5 S. 1, § 309 Abs. 4 S. 3 A k t G . 431 § 1 9 A b s . 2 S.2, § § 2 4 , 26, 27, § 3 1 , § 4 3 A b s . 2 , § 4 6 Nr. 8 G m b H G . 432 Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 R z . 10, § 19 Rz. 15. 433 N a c h der neueren Gesamthandslehre haften die Gesellschafter einer bürgerlichrechtlichen (Außen)Gesellschaft akzessorisch entsprechend den § § 128ff H G B (K. Schmidt N J W 2001, 993, 998). 434 MüKo/Ulmer, B G B , § 7 1 8 Rz. 12. Dabei bleibt vielfach unberücksichtigt, dass RGZ 76, 276 nur die Pfändbarkeit von rückständigen Beitragsforderungen eines nicht rechtsfähigen Vereins ( § 5 4 B G B ) betraf.

82

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

Gesellschafter durchsetzen. Er muss nicht umständlich einen Rechtsstreit gegen die Gesamthand (§ 736 Z P O , § 124 Abs. 2 H G B ) u n d dann einen weiteren Rechtsstreit gegen den säumigen Beitragsschuldner aus der gepfändeten Beitragsforderung führen. Teile der Literatur 4 3 5 gehen daher zu Recht davon aus, dass die Pfändbarkeit von Forderungen aus dem Innenverhältnis der Gesellschaft allenfalls bedeutsam sei, wenn Gesellschaftsgläubigern im Einzelfall nur das Gesellschaftsvermögen unmittelbar hafte. Letzteres wäre z.B. anzunehmen bei nicht rechtsfähigen Vereinen (§ 54 BGB) oder bei der „BGB-Gesellschaft mit beschränkter Haftung" 4 3 6 , da die Vertretungsmacht des Vorstands 4 3 7 bzw. der geschäftsführenden Gesellschafter 438 regelmäßig auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist. In diesen Fällen ließe sich wegen der körperschaftsähnlichen Haftungsverfassung und wegen der Erhaltung einer ausreichenden Haftungssubstanz begründen, Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis durch analoge A n w e n d u n g körperschaftlicher Vorschriften 4 3 9 oder aufgrund einer (ausdrücklichen oder auch stillschweigenden) Regelung in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag 4 4 0 dem Gesellschaftsvermögen zuzuschreiben. U n t e r diesen Voraussetzungen könnten Gesellschaftsgläubiger aus einem Vollstreckungstitel gegen die Gesamthand 4 4 1 auch gesellschaftsvertraglich begründete Ansprüche gegen einzelne Gesellschafter pfänden (§ 829 Z P O ) u n d sich zur Einziehung überweisen lassen (§ 835 Z P O ) , soweit das übrige Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft nicht ausreicht.

435

Plancks Kommentar zum BGB, Vorbem. v. §§709 - 713, §718 Anm. 1 A a). Die Vertretungsmacht geschäftsführender Gesellschafter kann auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt werden, wenn die Haftungsbeschränkung den Gesellschaftsgläubigern hinreichend kenntlich gemacht wird. Das folgt aus der rechtsgeschäftlichen N a t u r des §714 BGB und dem Fehlen einer dem § 126 Abs. 2 H G B entsprechenden Regelung ( B G H 2 74, 240; BGH N J W - R R 1990, 867; ZIP 1990, 610; N J W 1992, 3037; 1995, 2201; MüKo/Ulmer, BGB, §714 Rz.34ff; Palandt/Sprau, BGB, §714 Rz.4\ Jauernig/Stürner, BGB, §715 R z . l f f , 4; Sudhoff/ Glahs, Personengesellschaften, E III 1, Rz.57, 58; Medicus, Schuldrecht I, Rz. 490). Nach a.A. muss die Haftungsbeschränkung mit dem Gläubiger vereinbart werden (Gummen Z I P 1993, 1063; MünchHdh. GesR I/Gummert, § 12 Rz.43ff). 437 Jauernig, BGB, §54 Rz. l f f ; MüKo/Reuter, BGB, §54 Rz.26. 438 Sudhoff/Jäger, Personengesellschaften, II P Rz. 13; MünchHdh. GesR I/Gummert, §12 Rz.44ff. 439 Z u m nicht rechtsfähigen Verein siehe etwa Jauernig, BGB, § 54 Rz. 1 ff; MünchHdh. GesR I/Gummert, §12 Rz.44ff; MüKo/Reuter, BGB, §54 Rz. l f f ; ders, in: FS 50 Jahre B G H , 21 l f f . 440 Der Gesellschaftsvertrag kann ausdrücklich oder konkludent festsetzen, dass gesellschaftsvertragliche Ansprüche zum Gesellschaftsvermögen gehören ( R G Z 54,297,300f; Plancks Kommentar zum BGB, §718 Anm. 1 A a; Buchner AcP 169 [1969], 483, 504). Stünden die Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag schon per definitionem als Sozialansprüche der Gesellschaft zu, so beschränkte sich der dispositive Charakter des §718 Abs. 1 BGB auf seltene Ausnahmefälle (so aber MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz.224; ders. Z I P 2001, 585, 592; Soergel/Hadding, BGB, §718 Rz.9; MünchHdh. GesR I/Gummert, §9 Rz.43; im Ergebnis auch Jauernig/ Stürner, BGB, §706 Rz.24). 441 §736 Z P O , §124 Abs. 2 H G B . 436

II. Rechtsinhaberschaft

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

materiellen

Rechts

83

Von diesen Ausnahmen abgesehen, ist es nicht sinnvoll, generell Ansprüche auf Erfüllung der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Pflichten gegen Mitgesellschafter „per definitionem" 442 ausschließlich im Gesellschaftsvermögen oder kumulativ auch in der Rechtszuständigkeit des einzelnen Gesellschafters anzusiedeln. Die Bildung eines Gesellschaftsvermögens ändert grundsätzlich nichts daran, dass die Beitragspflicht der Gesellschafter in ihrer schuldrechtlichen Beziehung zueinander wurzelt, nicht aber exklusiv oder kumulativ in der vom Schuldvertrag losgelöst gedachten Gesamthand. Dieser Überlegung steht rechtlich nicht die Vertretungsorganisation der Gesellschaft im Weg; denn Grund des Rechts der Gesellschafter-Geschäftsführer auf Verfolgung der Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis in der Rechtsfigur der actio pro socio ist nicht die Rechtsstellung als Geschäftsführer, sondern die als Gesellschafter. Für eine Klage der Gesamthand ist rechtssystematisch kein Raum und rechtspraktisch kein Bedürfnis, wenn bereits jeder einzelne Gesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft klagen kann, die Gesellschafter dabei auch gemeinsam vorgehen oder geschäftsführende Gesellschafter zur Einziehung der Forderungen ermächtigen können. 443 Die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Gesellschaftsverhältnis in der actio pro socio ist a priori keine Maßnahme der Geschäftsführung, sondern realisiert den Gesellschaftsvertrag als Grundlage des Rechtsverhältnisses der Gesellschafter untereinander. Davon geht im Grunde auch der Bundesgerichtshof44 aus. Er nimmt zwar einerseits an, die Geltendmachung eines Anspruchs der Gesamthand - gegen Dritte und Mitgesellschafter - sei Aufgabe der geschäftsführenden Gesellschafter, hält dann aber auch den von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter grundsätzlich für berechtigt, jederzeit von Mitgesellschaftern die Erfüllung gesellschaftsvertraglicher Pflichten zu fordern. Dagegen kann die Regelung über die Geschäftsführungsbefugnis nicht die Verfolgung eines Anspruchs des Einzelgesellschafters in der actio pro socio ausschließen, denn die Durchsetzung des Gesellschaftsvertrags ist kein Akt der Geschäftsführung. Diese bezieht sich nach § 709 Abs. 1 B G B nur auf Geschäfte „der Gesellschaft" im Gesellschafterverbund unter Einbeziehung des Gesellschafters, gegen den sich der Anspruch aus dem Gesellschaftsverhältnis richtet. Nicht zur Geschäftsführung im Sinne der §§ 709ff B G B , §§ 114ff H G B gehören nämlich so genannte Grundlagengeschäfte, welche das Vertragsverhältnis der Gesellschafter untereinander und die fundamentalen Voraussetzungen der Geschäftsführung selbst betreffen. 445 Das belegt der WortMüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz.224. Plancks Kommentar zum B G B , §718 Anm. 1 A a); Buchner AcP 169 (1969), 483, 505. Die Ermächtigung der Geschäftsführer kann ausdrücklich oder stillschweigend im Gesellschaftsvertrag erfolgen (Plancks Kommentar zum B G B , § 718 Anm. 1 A a). Eine stillschweigend erteilte Ermächtigung wäre z.B. bei Publikumsgesellschaften denkbar. 4 4 4 Siehe oben S. 69. 445 Plancks Kommentar zum B G B , Vorbem. v. §§709 - 713. 442 443

84

Teil 1: B. Ansprüche

gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

laut „Dritten gegenüber" in §714 BGB, so dass sich die Rechtsmacht geschäftsführender Gesellschafter nicht auf die Verfolgung gegenseitiger Ansprüche der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvertrag beziehen kann. 4 4 6 Auch in der handelsrechtlichen Personengesellschaft erstreckt sich die Vertretungsmacht geschäftsführender Gesellschafter unbeschadet ihrer Unbeschränkbarkeit im Außenverhältnis (§ 126 Abs. 2 H G B ) nicht auf das Rechtsverhältnis der Gesellschafter zueinander 4 4 7 , weil §§125 ff H G B Rechtsverhältnisse der Gesellschafter zu Dritten regeln. Als „Grundlagengeschäfte" gelten daher die Änderung des Gesellschaftsvertrages 448 , aber auch die Realisierung gesellschaftsvertraglich verankerter Ansprüche der Gesellschafter gegeneinander in der Rechtsfigur der actio p r o socio. 449 Ihre Geltendmachung ist keine originäre Aufgabe der Geschäftsführung. Sogar die Übertragung u n d Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis, die Kündigung der Gesellschaft u n d ebenso die A u f n a h m e u n d Ausschließung eines Gesellschafters aus der Gesellschaft ist Sache der einzelnen Gesellschafter, nicht Angelegenheit der geschäftsführenden Gesellschafter kraft ihrer Befugnis zur Geschäftsführung (§§712, 715, 723, 737 BGB, §§117, 127, 132ff H G B ) . Das entspricht der Rechtsprechung 4 5 0 , die zwar Geschäftsführer f ü r die Verfolgung der Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag namens der Gesamthand als berechtigt ansieht, aber die Stundung, den Verzicht oder sonstige Verfügungen über den Anspruch (z.B. im Prozessvergleich) vom Beschluss der Gesellschafterversammlung abhängen lässt, weil derartige Maßnahmen gegen Mitgesellschafter den Gesellschaftsvertrag modifizieren u n d in die durch ihn erzeugten Individualrechte einzelner Gesellschafter eingreifen. 451 Folglich sind nur die Gesellschafter als solche u n d einzeln zur Entscheidung über die Geltendmachung ihrer Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis berechtigt. 452 Andererseits aber tritt erneut der Gegensatz zwischen Individual- und Sozialanspruch hervor, wenn die Rechtsprechung mit der Konstruktion der Forderungskumulierung den einzelnen Gesellschafter einerseits f ü r berechtigt hält, die Erfüllung ihm gesellschaftsvertraglich zugesagter Leistungen zu verlangen, ihn aber an eine vom vertretungsberechtigten Gesellschafter mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter erklärte Stundung bindet. Es

446

RGW am. 1918 Nr.53; RG J W 1935, 3296, 3297. Baumbach/Hopt, H G B , §126 R z . 3 m . w . N . 448 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1 c, S.459; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, II E R z . l , 24ff. 449 A.A. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1 c, S.459. 450 BGH2 25, 47; BGH W M 1973, 1291; 1985, 1277. 451 BGH2 25, 47; BGH W M 1973, 1291; 1985, 1277. 452 Deshalb kann das Recht der actio p r o socio im Gesellschaftsvertrag zwar eingeschränkt, nach überwiegender Ansicht aber auch nicht völlig ausgeschlossen w e r d e n (MüKo/Ulmer, § 705 Rz. 172; MünchHdb. GesR/v. Ditfurth, § 47 Rz. 70; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, II E Rz.26; offengelassen in BGH W M 1973, 1291, 1292). 447

II. Rechtsinhaberschaft

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

materiellen

Rechts

85

ist folgewidrig 453 , dass in der actio pro socio eigene Ansprüche jedes einzelnen Gesellschafters anerkannt werden, sie aber hinter „Sozialansprüchen" der Gesellschaftergesamtheit zurücktreten müssen. Gegen das Konzept der Abdrängung individualvertraglicher Befugnisse der Gesellschafter zugunsten der Rechte geschäftsführender Gesellschafter ist ein rechtssystematischer Vergleich mit der Kompetenzbeziehung zwischen Geschäftsführung und Gesellschaftern in der GmbH hilfreich (§46 Nr. 2 und 8 GmbHG). Nicht die Geschäftsführung hat die Entscheidungskompetenz für die Verfolgung von Ansprüchen der GmbH gegen Mitgesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis, sondern die Gesellschafterversammlung, an deren Beschlüsse die Geschäftsführer gemäß § 37 Abs. 1 G m b H G gebunden sind. Ahnliches gilt gemäß § 113 Abs. 2 H G B bei Verstößen gegen ein Wettbewerbsverbot gemäß § 112 H G B , wenngleich die Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung hier anderen Wertungsgrundlagen folgt. 454 Im Kapitalgesellschaftsrecht lässt der Bundesgerichtshof seit dem ITT-Urteil neben die Anspruchsinhaberschaft der juristischen Person und neben die Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung gemäß §46 Nr. 8 GmbHG sogar gleichgerichtete und „eigene" Ansprüche zwischen den Kapitalgesellschaftern treten. Die eigentliche Wertentscheidung des §46 Nr. 8 GmbHG für den Vorrang der Gesellschaftermehrheit hat dann aus Gründen des effektiven Minderheitenschutzes und der Rechtspraktikabilität keine grundsätzliche Bedeutung. 455 Daran ist bemerkenswert, dass tendenziell die Rechtsentwicklung im Kapitalgesellschaftsrecht Kompetenzen von der juristischen Person auf Gesellschafter verlagert, hingegen gegenläufig im Recht der Personengesellschaften Kompetenzen von Gesellschafter auf die (teilrechtsfähige) „Gesamthand" verlagert werden. Der Kompetenzwertung in §46 Nr. 8 GmbHG ist jedenfalls zu entnehmen, dass die Entscheidung über die Anspruchsverfolgung zwischen Gesellschaftern keine Aufgabe geschäftsführender Gesellschaftsorgane ist. Das lässt sich erst recht auf die Personengesellschaft wegen der unmittelbaren Geltung des Gesellschaftsvertrags zwischen Gesellschaftern übertragen, so dass das Gesamthandsprinzip und die Geschäftsführungskompetenz keinen „verabsolutierten" 456 Rang gegenüber den in diesem Vertrag verwurzelten schuldrechtlichen Rechten und Pflichten der einzelnen Gesellschafter erlangen können. Wie bei jedem anderen Schuldverhältnis steht daher, ohne dass es der Vervielfältigung materiellrechtlicher Anspruchszuständigkeit auf die Gesamthand bedürfte, einzelnen Gesellschaftern das Recht zu, in der actio pro socio die ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Erfüllungsansprüche gegen ihre Mitgesellschafter zu verfolgen, allerdings nur auf Leistung an die Gesellschaft.

453 454 455 456

Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 22. Siehe dazu unten S. 90. Siehe dazu unten S. 118. Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 20.

86

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

I I I . Kumulierte Rechtszuständigkeit des einzelnen Gesellschafters und der Gesamthand aufgrund Prozessrechts

1. Charakteristik

prozessrechtlich

kumulierter

Rechtsausübungsmacht

Das neuere gesellschaftsrechtliche Schrifttum 4 5 7 legitimiert die actio pro socio nicht mit einer materiellrechtlichen Vervielfältigung der Rechtszuständigkeit durch Forderungskumulation, sondern leitet aus dem Gesellschaftsvertrag 458 oder einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage 4 5 9 , mitunter auch aus der Verbandsmitgliedschaft 460 oder der unmittelbaren Rechtsträgerschaft der Gesamthandsmitglieder 461 eine Befugnis zur Forderungseinziehung in Prozessstandschaft oder eine Verdoppelung lediglich der prozessualen Forderungszuständigkeit 4 6 2 von Gesellschaft und Gesellschafter für denselben Sozialanspruch her (Vervielfältigung der prozessualen Durchsetzungszuständigkeit). Nach dieser Ansicht steht materiell-rechtlich kein von dem Anspruch der Gesamthand losgelöster, aber identischer Individualanspruch des einzelnen Gesellschafters gegen seine Mitgesellschafter inmitten, sondern alle Forderungen aus dem Gesellschaftsvertrag sind als Sozialansprüche Bestandteil des Gesellschaftsvermögens in Gesamthandsbindung. Im Aufgabenbereich geschäftsführender Gesellschafter liegt es dann, eigenverantwortlich über die gerichtliche Verfolgung eines Anspruchs gegen einen Gesellschafter zu entscheiden oder auf Weisung der Gesellschafterversammlung vorzugehen. 4 6 3 Das so genannte Interesse der Gesamthand 4 6 4 fordert indessen auch nach der Theorie der Zuständigkeitskumulation unabhängig von der Gesamtgeschäftsführung aller Gesellschafter oder einer davon abweichenden Regelung, dass jeder Gesellschafter gegebenenfalls das Recht hat, allein und im eigenen Namen auf Leistung an die Gesellschaft zu klagen. Nicht die Kumulation des materiellen An-

457 Staudinger/Keßler, B G B , §705 Rz.59f, 67; MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, §47 Rz.70; Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. §709 Rz. 19; MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz. 172; Schlegelberger/K. Schmidt, H G B , §105 R z . l 7 2 f f ; ders, Gesellschaftsrecht, §21 IV 4, S.637; Baumbach/ Hopt, H G B , §109 Rz. 32; Koller/Roth/Morck, H G B , §105 Rz.34; Erman/H.P. Westermann, B G B , §705 Rz. 55; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, E II, Rz.26; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV c, S. 458f; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz. 126; Larenz, Schuldrecht II, § 601, S. 374; Schütz, Sachlegitimation und richtige Prozesspartei, S. 30ff; Höfler JuS 1992, 328, 391, Hoffmann G m b H R 1963, 61; Hörstel N J W 1995, 1271; siehe auch Schumann D R 1942, 1670; 1674ff. 458 Erman/H.P. Westermann, B G B , §705 Rz.55. 459 MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz. 172. 460 Flume, Die juristische Person, § 8 V 1, S.300ff. 461 Wiedemann W M 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S. 7, 39. 462 Wiedemann W M 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S.7, 39; ders, Gesellschaftsrecht I, § 5 III 2 b, S. 272. 463 Wiedemann W M 1975 Sonderbeilage Nr.4, S.7, 39; ders, Gesellschaftsrecht I, §5 III 2 b, S. 272. 464 Palandt/Thomas, B G B , 57. Aufl., §705 Rz.20.

III. Rechtszuständigkeit

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

Prozessrechts

87

spruchs des Gesellschafters mit dem der Gesamthand legitimiert die Klagebefugnis, sondern die Verdoppelung der Forderungszuständigkeit für ein und denselben Sozialanspruch der Gesellschaft. E r steht originär der Gesamthand zu, der einzelne Gesellschafter wird nicht Inhaber der Forderung, aber einziehungsberechtigt in Prozessstandschaft für die Gesellschaft. 465 In der actio pro socio wird daher kein eigenes Forderungsrecht des Gesellschafters gegen seine Mitgesellschafter, sondern ein ausschließlich fremdes Forderungsrecht der Gesamthandsgesellschaft im eigenen Namen geltend macht. 466 Im Gegensatz zur Forderungskumulation durch Aufspaltung der Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag in zwei eigenständige und inhaltsgleiche Ansprüche der Gesellschaft und der Gesellschafter, liegt dem neueren Schrifttum zur actio pro socio ein einziger Sozialanspruch der Gesellschaft zugrunde. Die geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschafter sind zuständig, ihn namens der Gesellschaft geltend zu machen und der einzelne Gesellschafter gilt außerdem prozessrechtlich als ermächtigt, ihn in eigenem Namen einzuklagen. 467 Die Widersprüchlichkeit dieser Rechtskonstruktion tritt im Vergleich zur Rechtslage im Außenverhältnis der Gesellschaft zu Tage. Denn der einzelne G e sellschafter einer offenen Handelsgesellschaft hat das Recht, Ansprüche der G e sellschaft gegen einen ihrer Gesellschafter im eigenen Namen zu verfolgen, nicht aber Ansprüche der Gesellschaft gegen Dritte 4 6 8 , obwohl in beiden Fällen die Ansprüche zum Gesellschaftsvermögen in Gesamthandsbindung gehören. Die Rechtfertigung dieser Zuständigkeitskluft zwischen der Forderung der Gesamthand ohne Drittverhältnis und der Forderung der Gesellschafter gegeneinander aus dem Gesellschaftsgrundverhältnis ist strittig. Verhältnismäßig einmütig anerkennt eine im Schrifttum vordringende Auffassung die Zulässigkeit der Klage des Einzelgesellschafters in der actio pro socio prinzipiell nur durch Prozessstandschaft. Die dogmatischen Begründungen dazu variieren jedoch zwischen gewillkürter und gesetzlicher Prozessstandschaft. Nicht minder umstritten ist die Einstufung der actio pro socio als unbeschränktes und allgemeines Kontrollrecht oder nur als Notgeschäftsführungsrecht des Gesellschafters und die Beziehung der Einzelklagebefugnis zur Gesellschafterversammlung und Organisation der Geschäftsführungskompetenz in der Gesellschaft. 469 465 Wiedemann WM 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S. 7,39; unklar Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 5 III 2 b, S. 272 (Doppelzuständigkeit, nicht Prozessstandschaft); siehe auch Staudinger/Noack, B G B , §432 Rz.39. 466 Staudinger/Noack, B G B , §432 Rz.39. 467 HöflerjuS 1992,388,392; widersprüchlich ders. JuS 1992,388,391, wonach die Ansprüche zwar zum Gesellschaftsvermögen gehören sollen, andererseits aber zwei verschiedene Rechtssubjekte vorlägen. 468 Dazu oben S. 3. 469 Schlegelberger/K. Schmidt, H G B , §105 Rz.172; ders, Gesellschaftsrecht, §21 IV 3, 4, S. 637ff; MüKo/Ulmer, B G B , § 705 Rz. 172f; Erman/H.P. Westermann, B G B , § 705 Rz. 55; Soergel/Hadding, B G B , §705 Rz.50; ders, Actio pro socio, S.58ff; ders. J Z 1975, 159; 164f;

88

Teil 1: B. Ansprüche

2. Rechtsverfolgung Auslegung des

gegen

Mitgesellschafter

in Prozessstandschaft Gesellschaftsvertrages

und

aufgrund

Gesellschafter-Geschäftsführer

ergänzender

Wird die Rechtsverfolgung als actio pro socio in gewillkürter Prozessstandschaft verstanden, so stützt sich diese auf eine konkludent im Gesellschaftsvertrag erteilte Ermächtigung, die durch erläuternde Auslegung bzw. ergänzende Auslegung ermittelt wird. Das vertreten vor allem Hassold470, H. P. Westermann471 und Hadding"72. Hassold legitimiert die actio pro socio in gewillkürter Prozessstandschaft, weil die Ermächtigung für die prozessuale Rechtsverfolgung als Verkehrssitte der „großen Zahl der veröffentlichten Gerichtsentscheidungen widerspiegele und daher als stillschweigend gewollte Bestimmung in alle Gesellschaftsverträge hineinzulesen sei.473 Im Unterschied dazu rechtfertigt H. P. Westermann die Prozessstandschaft inhaltlich konkreter, weil die allseitigen Erfüllungsversprechen der Gesellschafter nur so zu verstehen seien, sie dürften ihren Pflichten nicht wegen Untätigkeit der zu ihrer Durchsetzung vorrangig zuständigen Gesellschaftsorgane entgehen.474 Beiden Ansichten ist die Verfolgung der Sozialansprüche in der Zuständigkeit der vertretungsberechtigten Gesellschafter gemeinsam, der Entschluss zur Anspruchsdurchsetzung gegen nicht leistungsbereite Gesellschafter ist Geschäftsführungsaufgabe. Bindet Hassold475 die actio pro socio nur ausnahmsweise an die Grenze der Treuepflicht des Gesellschafters und an das Verbot des Rechtsmissbrauchs, so kehrt sich das Regel-Ausnahmeverhältnis bei Westermann um. Der Gesellschafter hat das Recht der actio pro socio nur, wenn ein rechtswidriger Gesellschafterbeschluss auf Nichtverfolgung eines Anspruchs gefasst worden ist oder die Geschäftsführer aus gesellschaftswidrigen Gründen nicht gegen einen säumigen Gesellschafter vorgehen.476 Im Gegensatz dazu ist die actio pro socio bei Hadding477 wegen des Vorrangs der Gesellschafterversammlung eine nur subsidiäre Notzuständigkeit, weil die MünchHdh. GesR I/Weipert, §6 Rz.25; MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, §7 Rz.76, §47 Rz.70; Koller/Roth/Morck, HGB, § 105 Rz.34; Baumbach/Hopt, HGB, § 109 Rz.32; Palandt/Thomas, BGB, 57. Aufl., §705 Rz.20; Hassold JuS 1980, 32, 34f; Grunewald, Die Gesellschafterklage, S. 107; dies, Gesellschaftsrecht, 1. A. Rz.62ff, 1. B. Rz.26; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1, S. 461; Herrmann Jura 1986, 511,514; Lutter AcP 180 (1980), 84, 132ff; Roitzsch, Der Minderheitenschutz, S. 167ff. 470 Hassold JuS 1980, 32, 34 f. 471 Erman/H.P. Westermann, BGB, §705 Rz.55; siehe auch Grunewald, Die Gesellschafterklage, S. 107. 472 Soergel/Hadding, BGB, § 705 Rz. 50; ders, Actio pro socio, S. 58ff; ders. JZ 1975,159; 164f. 473 Hassold JuS 1980, 32, 34. 474 Erman/H.R Westermann, BGB, §705 Rz.55. 475 Hassold ]uS 1980, 32, 35. 476 Erman/H.R Westermann, BGB, §705 Rz.57; ähnlich auch MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 172. 477 Soergel/Hadding, BGB, §705 Rz.50; ders, Actio pro socio, S.58ff; ders. JZ 1975, 159, 162 ff.

III. Rechtszuständigkeit

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

Prozessrechts

89

Klage das Vertrauen unter den Gesellschaftern und damit den Bestand der Gesellschaft gefährden könne. 478 Die Verfolgung des Sozialanspruchs gegen einen Mitgesellschafter fällt hiernach als „Grundlagengeschäft" in die Entscheidungskompetenz der Gesellschaftergesamtheit, nicht aber als gewöhnliche oder außergewöhnliche (§116 Abs. 2 H G B ) Angelegenheit in die Zuständigkeit der Geschäftsführung. 479 Die Bestätigung der Entscheidungszuständigkeit der Gesellschafterversammlung findet Hadding in § 113 Abs. 2 H G B , wonach die übrigen Gesellschafter die Geltendmachung der Ansprüche beschließen, die der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots zustehen. Die Zulässigkeit der Klage eines Gesellschafters in der actio pro socio aufgrund gewillkürter Prozessstandschaft lässt sich nicht auf einen ursprünglichen Vertragswillen der Gesellschafter für die konkludent jedem Gesellschafter erteilte Prozessführungsermächtigung hineininterpretieren. Die Vertragsergänzung durch Auslegung setzt eine vertragliche Regelungslücke, eine planwidrige Unvollständigkeit voraus. 480 Daran fehlt es, weil sich die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag zu bestimmten gegenseitigen Leistungen verpflichtet haben. 481 Die actio pro socio ist Ausdruck eigener und unmittelbarer Ansprüche, die jedem Gesellschafter auf Grund des Gesellschaftsvertrages gegen seine Mitgesellschafter zustehen. Es besteht keine Notwendigkeit, die Zulässigkeit der Einzelklage erst durch die Hintertüre mit Hilfe der ergänzenden Vertragsauslegung in alle Gesellschaftsverträge hineinzulesen. Die These Haddings, die actio pro socio sei wegen der auf §113 Abs. 2 H G B stützbaren Beschlusskompetenz grundsätzlich ausgeschlossen 482 , verkehrt Voraussetzung und Folge, wenn der Ausschluss der actio 478 Ähnlich Erman/H.P. Westermann, B G B , §705 Rz.57; MünchHdh. GesR 1/Mattfeld, §53 Rz.47. Siehe auch Schumann D R 1942, 1670, 1675f, der jedoch nicht zwingend eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung fordert. Ausreichend sei die Benachrichtigung der Mitgesellschafter von der beabsichtigten Klageerhebung. Widersprächen diese der Klageerhebung, so habe der einzelne Gesellschafter von seinem Vorhaben Abstand zu nehmen, sofern der Widerspruch der Mitgesellschafter sachlich aus dem Gesellschaftsinteresse begründet ist. 479 A.A. Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. A. Rz.63; Erman/H.P. Westermann, B G B , §705 Rz.57, wonach die Geltendmachung von Sozialansprüchen den mit der Vertretung betrauten Gesellschaftern obliege. Für die O H G nimmt Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. B. Rz.26, eine ungewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahme an, so dass ein Beschluss der Gesellschafterversammlung gem. § 116 Abs. 2 H G B erforderlich sei. Diese Auffassung übersieht, dass § 116 Abs. 2 H G B nur für Klagen der O H G gelten kann. Die actio pro socio wird aber nicht namens der O H G , sondern im eigenen Namen erhoben. Sie ist keine Maßnahme der Geschäftsführung i.S.d. §§ 114ff H G B , sondern eigenes Forderungs- und Klagerecht jedes Gesellschafters auf Grund des Gesellschaftsvertrages (A. Hueck, Das Recht der O H G , §18 II, S.265; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1 c, S.459). 480 Nachweise Fn. 206. 481 Zöllner Z G R 1988, 392,403 mit Fn. 36; Höfler JuS 1992, 388, 391. 482 Die Auffassung Haddings hat zur Konsequenz, dass die actio pro socio gegen einen Mitgesellschafter unmöglich wird, sobald sich andere Gesellschafter für ihn einsetzen und die Zustimmung zur Klageerhebung verweigern. Das könnte nicht nur die Beitragspflichten, sondern auch die Haftung pflichtwidrig handelnder Gesellschafter-Geschäftsführer in erheblichem Umfang illusorisch machen (vgl. A. Hueck, Das Recht der O H G , § 18 II, S. 266). Letzteres steht in Wider-

90

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

pro socio mit dem Risiko künftig gestörter Vertrauensbeziehungen zu rechtfertigen und deshalb ein Gesellschafterbeschluss für die Verfolgung eines Sozialanspruchs zu fordern sei. § 113 Abs. 2 H G B gilt nicht generell für alle Sozialansprüche; denn das Erfordernis des Gesellschafterbeschlusses bezieht sich nur auf den Schadensersatzanspruch und das Eintrittsrecht, während die Primärverpflichtung zur Unterlassung verbotswidrigen Wettbewerbs ( § 1 1 2 H G B ) von der Beschlusskompetenz nicht erfasst wird. 4 8 3 Verstößt ein Gesellschafter gegen das Wettbewerbsverbot, so hat jeder Mitgesellschafter - unabhängig von dem Risiko künftig getrübter Beziehungen 4 8 4 - das Recht, die Unterlassung zu fordern, weil bereits gegenwärtig die Vertrauensgrundlage durch den Wettbewerbsverstoß gestört ist. 485 Das Beschlusserfordernis bezweckt daher nur die Beilegung des innergesellschaftlichen Konflikts mit den spezifischen Sanktionen aus § 1 1 3 Abs. 1 H G B . 4 8 6 Diese Regelung eignet sich wegen ihrer Spezialität nicht für die generelle Anwendung auf andere Pflichtverletzungen, so dass die analoge Anwendung des § 113 Abs. 2 H G B nicht tragfähig ist, es sei denn der Gesellschaftsvertrag trifft eine andere Regelung. 4 8 7 Die §§112, 113 H G B bestimmen nicht, dass die Durchsetzung der Forderungen aus dem Gesellschaftsverhältnis stets in die Zuständigkeit der Gesellschafter durch Gesamtbeschluss falle. Denn bei Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot stehen Ansprüche auf Schadensersatz und das Eintrittsrechts (§113 Abs. 1 H G B ) nur wahlweise der Gesellschaft zu 4 8 8 , so dass die Gesellschafter zunächst zu besprach zum Minderheitenschutz, wie er gerade bei Kapitalgesellschaften in einer Vielzahl von Vorschriften Anerkennung gefunden hat (§ 147 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 309 Abs. 4 S. 1, §310 Abs.4, §317 Abs.4, §318 Abs.4, §323 Abs.l S . l AktG). Allgemein zum Minderheitenschutz im Recht der Kapitalgesellschaften Hommelhoff in: Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 53, 96ff. 483 Schlegelherger/Martens, H G B , § 113 Rz. 1. 484 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1 c, S. 460, weist zu Recht darauf hin, dass die Vertrauensbeziehung der Gesellschafter auch durch andere Einzelrechte des Gesellschafters gestört werden kann (z.B. Kontrollrechte gem. §§711, 716 B G B , §§115 A b s . l , 118 H G B ; Kündigung oder Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 723 B G B , §§ 132 133 H G B ) . Dennoch handelt es sich bei diesen Rechten um Individualrechte des Gesellschafters, nicht um Sozialrechte. Ahnlich auch A. Hueck, Das Recht der O H G , § 18 II, S. 266 mit Fn. 20, wonach Einschränkungen der actio pro socio nicht immer nur der Aufrechterhaltung des Friedens in der Gesellschaft dienten. Glaube nämlich ein Gesellschafter, dass gegen einen anderen wegen Pflichtverletzung ein Anspruch bestehe und werde er durch den Widerspruch eines anderen Gesellschafters daran gehindert, diesen Anspruch auf eigene Kosten geltend zu machen, so werde kaum ein weiteres vertrauensvolles Zusammenarbeiten der Gesellschafter möglich sein. Deshalb sei vielfach die Klärung der Rechtslage durch einen Prozess für alle Beteiligten vorzuziehen. 485 OLG Nürnberg B B 1981, 452; Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 2. Hälfte, § 113 Anm. 6; Schlegelberger/Martens, H G B , § 113 Rz. 1,14,16; Baumbach/Hopt, HGB, § 113 Rz. 4f; Fischer, in: Großkomm. H G B , § 113 Anm. 9; Koller/Roth/Morck, H G B , §§112,113 Rz.4; MünchHdb. GesR UMattfeld, §53 Rz.33, 50. 486 Schlegelberger/Martens, H G B , §113 Rz. 1; MünchHdb. GesR 1/Mattfeld, §53 Rz.34. 487 Schlegelberger/Martens, H G B , §113 Rz. 1; MünchHdb. GesR 1/Mattfeld, §53 Rz.34. 488 Baumbach/Hopt, H G B , § 113 Rz. 8. Daneben bestehen i.d.R. Ansprüche wegen positiver

III. Rechtszuständigkeit

des einzelnen Gesellschafters aufgrund Prozessrechts

91

schließen haben, ob sie Schadensersatz wegen entgangener Geschäftschancen (§252 BGB) oder die Geschäfte des Mitgesellschafters als solche für Rechnung der Gesellschaft gelten lassen und Herausgabe des Gewinns verlangen wollen. 489 Ist ein Beschluss gefasst, so hat jeder einzelne Gesellschafter das Recht, von dem Mitgesellschafter Erfüllung seiner Verpflichtung im Wege der actio pro socio zu verlangen.490 Umgekehrt folgt daraus aber, dass die actio pro socio des Einzelgesellschafters außerhalb der elektiven Anspruchskonkurrenz des §113 Abs. 1 H G B einen Gesellschafterbeschluss in Anlehnung an §113 Abs. 2 H G B nicht voraussetzt. 3. Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft als „interne Gesamthänderklage" Nitschke entwirft eine „interne Gesamthänderklage"491 auf Grund der materiellrechtlichen Mitberechtigung jedes einzelnen Gesellschafters am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft als eigentliche Legitimationsquelle der actio pro socio. Ansprüche der Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvertrag fallen ausschließlich in das Gesamthandsvermögen, ihre Einziehung soll primäre Aufgabe geschäftsführungsbefugter Gesellschafter sein.492 Da die Gesamthandsgesellschaft Gläubigerin ist, haben die einzelnen Gesamthänder die Gläubigerstellung für die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Sozialansprüche, weil Rechtsträger und Gläubiger sämtlicher zum Gesellschaftsvermögen zählenden Forderungen letztlich die Summe der Gesellschafter in ihrer Gesamthandsbindung sein soll. 493 Die gesamthandsgebundene Forderungszuständigkeit der Gesellschafter ist dann die Rechtsgrundlage der „internen Gesamthänderklage". Anders als die Ansicht, welche die actio pro socio erst bei Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht untersagt, lässt Nitschke die auf Sozialansprüche der Gesellschaft gerichtete Gesellschafterklage wegen der internen Organisation der Gesellschaft und Geschäftsführungskompetenz einzelner Gesellschaftern a priori nur ausnahmsVertragsverletzung oder angemaßter Eigengeschäftsführung gem. §687 Abs.2 i.V.m. §678, §§ 681 S. 2,667 BGB (Baumbach/Hopt, HGB, § 113 Rz. 5, Sudhoff/Schulte, Personengesellschaften, II G, Rz.24). 489 Schubert u.a, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, S.72; Wieland, Handelsrecht I, §48 III, S. 582 mit Fn. 18; A. Hueck, Das Recht der OHG, § 18 II, S.265; Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 2. Hälfte, § 113 Anm. 6; Baumbach/Hopt, HGB, § 113 Rz. 8; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §14 IV, S. 111; Schlegelberger/Martens, HGB, §113 Rz.l; MünchHdb. GesR 1/Mattfeld, §53 Rz. 34; Sudhoff/Schulte, Personengesellschaften, II G, Rz.l 8 ff. 490 Baumbach/Hopt, HGB, §113 Rz.7; Schlegelberger/Martens, HGB, §113 Rz.24; MünchHdb. GesR 1/Mattfeld, § 53 Rz. 49; Fischer, in: Großkomm. HGB, § 113 Anm. 9. Bei der Zweipersonen-Gesellschaft erfolgt die Geltendmachung durch den einzigen Mitgesellschafter (Baumbach/Hopt, HGB, § 113 Rz. 7). 491 Zur „externen Gesamthänderklage" siehe oben S.38. 492 Nitschke ZHR 128 (1966), 48, 85. 493 Nitschke ZHR 128 (1966), 48, 54, 87f.

92

Teil 1: B. Ansprüche

gegen

Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

weise zu. 494 Der einzelne nicht geschäftsführungsbefugte Gesellschafter hat die Klagebefugnis nur, wenn er im Prozess darlegt und beweist, ihm stehe ein rechtfertigender Tatbestand, insbesondere aufgrund verletzter gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht zu. 495 Abweichend von der vorherrschenden Lehre hat Nitschkes Auffassung prozessual nachteilige Konsequenzen, weil Grundsatz und Ausnahme umkehrt. 496 Hat nach überwiegender Ansicht der verklagte Mitgesellschafter die Darlegungs- und Beweislast dafür, die Erhebung der Einzelklage in der actio pro socio sei im Einzelfall treuwidrig, so muss nach Nitschke der Kläger im Prozess Tatsachen für seine Klagebefugnis darlegen und beweisen. Die so verstandene Verteilung der Beweislast als Abbild von Grundsatz und Ausnahme sei angemessener, als eine von vornherein unbeschränkte und von der Geschäftsführungsbefugnis unabhängige Zulassung der Gesellschafterklage in der actio pro socio. Der rechtsdogmatische Ansatz Nitschkes, Rechtsgrundlage der Einzelklagebefugnis sei die gesamthänderische Forderungszuständigkeit der Gesellschafter überzeugt nicht. Wird das Gesamthandsprinzip ernst genommen, so stehen die Gesellschaftsforderungen sämtlichen Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit (ältere Lehre) bzw. der rechtsfähigen Gesamthands(außen)Gesellschaft (neuere Lehre) zu. 497 Damit ist die These unvereinbar, die Gesamthandsgläubigerschaft sei zugleich Quelle der Einzelgläubigerstellung für den in der actio pro socio verfolgten Sozialanspruch gegen einen Mitgesellschafter. Forderungsberechtigte Gläubiger bleiben die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit bzw. die rechtsfähige Gesellschaft, verpflichtet ist der einzelne in Anspruch genommene Gesellschafter, der im Gesellschaftsvertrag bestimmte Leistungen zur Förderung des Gesellschaftszwecks zugesagt hat.498 Die Unterscheidung Nitschkes zwischen „interner" und „externer Gesamthänderklage" ist auch nicht stimmig. In der „externen Gesamthänderklage" gegenüber Dritten lässt Nitschke die Einzelklage des Gesellschafters auf Verfolgung einer Gesellschaftsforderung der Gesellschaft grundsätzlich zu, weil diese nur im Verbandsinnenverhältnis wirke. 499 Andererseits soll die innere Organisation der Gesellschaft den nicht allein geschäftsführungsbefugten Gesellschafter an der Verfolgung eines gegen einen Mitgesellschafter aus dem Gesellschaftsvertrag gerichteten Anspruchs im eigenen Namen hindern. Dem Einzelgesellschafter wird daher im Außenverhältnis der Gesellschaft systemwidrig mehr Rechtsmacht zugestanden als im Innenverhältnis. Geradezu umgekehrt müsste jedoch im AußenNitschke ZHR 128 (1966), 48, 85ff. Nitschke ZHR 128 (1966), 48, 89ff. 496 Nitschke ZHR 128 (1966), 48, 92. 497 Nachweise Fn. 83. 498 Geiler, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 1. Teil, Anm. 23; Palandt/Thomas, 57. Aufl., §705 Rz. 20. 499 Siehe dazu oben S. 38. 494 495

BGB,

III. Rechtszuständigkeit

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

Prozessrechts

93

Verhältnis der Gesellschaft die Rechtsmacht des Gesellschafters regelmäßig limitiert sein, weil sie der vereinbarten oder gesetzlichen Vertretungs- u n d Geschäftsführungsorganisation wegen der Gesamthandsbindung untergeordnet ist.

4. Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft aufgrund und als Minderheitenschutzrecht

Gewohnheitsrechts

Andere Autoren 5 0 0 geben der actio p r o socio in den Rang einer gesetzlichen Prozessstandschaft zur Durchsetzung fremder Ansprüche aus der Rechtszuständigkeit der Gesamthandsgesellschaft, weil f ü r die gewillkürte Prozessstandschaft aufgrund konkludenten Vertragswillens oder ergänzender Auslegung des Gesellschaftsvertrags kein Raum sei. 501 So vertritt Ulmer, die actio p r o socio diene gewohnheitsrechtlich dem Minderheitenschutz u n d ihre Wirkungen entsprächen gesetzlicher Prozessstandschaft. 5 0 2 Diese vermeide die konstruktive Erfindung eines individuellen Anspruchs in der Rechtszuständigkeit des einzelnen Gesellschafters neben der eigentlichen in der actio p r o socio zu verfolgenden Forderung der Gesellschaft. 503 Insbesondere § 309 Abs. 4, § 317 Abs. 4 A k t G zeigten, dass die actio p r o socio nicht zwingend auf die Durchsetzung materiell-rechtlicher A n sprüche in der Rechtszuständigkeit des Klägers gerichtet sei. 504 Ein ähnlicher Standpunkt findet sich bei Baumbach u n d Hopt, wonach die actio p r o socio kein eigenes im Gesellschaftsvertrag verwurzeltes Recht des Gesellschafters, sondern eine „richterrechtlich entwickelte Prozessstandschaft" und ein Instrument des Minderheitenschutzes sei. 505 K. Schmidtiob differenziert zwischen „organisierten Personengesellschaften" und „Gesellschaften ohne selbständige Vertretungsorganisation", bei denen der einzelne Gesellschafter in gesetzlicher Prozessstandschaft f ü r die Gesellschaft handele 5 0 7 u n d die actio p r o socio nicht nur als rein p r o 500 MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz.172; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 3, S.635ff; Schlegelherger/K. Schmidt, H G B , §105 Rz.172; Baumbach/Hopt, H G B , §109 Rz.32; Koller/ Roth/Morck, H G B , § 105 Rz. 34; MünchHdh. GesR I/v. Ditfurth, § 7 Rz. 76, § 47 Rz. 70; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1 c, S. 461. Teilweise wird auch eine analoge A n w e n d u n g der § 309 Abs. 4, § 317 Abs. 4 A k t G b e f ü r w o r t e t (Roitzsch, D e r Minderheitenschutz, S. 167ff; Wiedemann W M 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S.7, 39; MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz. 172) oder man lässt die Rechtsgrundlage der actio p r o socio letztlich offen ( H e r r m a n n Jura 1986, 511,514; Palandt/ Sprau, B G B , §705 R z 20). N i c h t eindeutig Lutter AcP 180 (1980), 84, 132ff: Einerseits versprechen sich die Mitgesellschafter Leistung u n d F ö r d e r u n g wechselseitig, andererseits sollen diese A n s p r ü c h e in den Verband, in dessen Organisation u n d Vermögen und zu dessen N u t z e n , also in das gemeinsame Interesse einbezogen sein. 501 MüKo/Ulmer, B G B , § 705 Rz. 172; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 4, S. 525. 502 MüKo/Ulmer, B G B , § 705 Rz. 172; MünchHdh. GesR I/v. Ditfurth, § 7 Rz. 76, § 47 Rz. 70. 503 MüKo/Ulmer, B G B , § 705 Rz. 172; MünchHdh. GesR I/v. Ditfurth, §47 Rz. 70. 504 MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz. 172; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 1, S.643. 505 Baumbach/Hopt, H G B , § 109 Rz. 32; sinngemäß Koller/Roth/Morck, H G B , § 105 Rz. 34. 506 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 4, S.637; Schlegelberger/K. Schmidt, H G B , §105 Rz.172. 507 Kritisch Zöllner Z G R 1988,392,404; die gesetzliche Prozessstandschaft werde einfach p o stuliert.

94

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

zessuale Klagebefugnis, sondern der Einzelgesellschafter zugleich materiellrechtlich die Forderungszuständigkeit gemäß § 4 3 2 , § 2 0 3 9 B G B analog habe. 5 0 8 Die rechtsdogmatische Einordnung der actio pro socio als gesetzliche Prozessstandschaft im Rang eines gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtsinstituts 5 0 9 ist zweifelhaft, weil weder das Gesetz noch die Rechtsentwicklung diesen Standpunkt umfassend tragfähig machen. Ist der Gesellschaftsvertrag privatautonomrechtsgeschäftlicher Rechtssetzungsakt, so lässt sich die auf ihn gestützte Klagebefugnis nicht als gesetzliche Prozessstandschaft verstehen. Auch ist die Anhebung der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts in den Rang eines eigenständigen Rechtssubjekts als Gesamthands(außen)gesellschaft nicht so zu verstehen, dass deshalb die gesellschaftsvertraglichen Grundlagen zwischen den Personengesellschaftern nach dem Vorbild der Satzung körperschaftlich verfasster Verbände, bei denen der Gesellschaftsvertrag als Rechtssetzungsakt nach der Errichtung der körperschaftlichen Gesellschaft seine originäre Bedeutung verliert, obsolet werden. Daher haben Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag wegen ihrer Binnenwirkung den richtigen Standort separat neben dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft und bleiben in der Zuständigkeit des einzelnen Gesellschafters in der actio pro socio auf Leistung an die Gesellschaft durchsetzbar. In Personengesellschaften ließe sich die actio pro socio als gesetzliche Prozessstandschaft des Einzelgesellschafters und gewohnheitsrechtlich anerkanntes „Institut des allgemeines Verbandsrechts" 5 1 0 einfacher etablieren, gäbe es auch im Recht der Kapitalgesellschaften eine herrschende Rechtsüberzeugung und anerkannte Rechtsdogmatik. Im Aktienrecht ist jedoch die Prozessstandschaftsklage des Einzelaktionärs (nach dem Vorbild der derivative suit des angloamerikanischen Rechts) zur Verfolgung in der Rechtszuständigkeit der Aktiengesellschaft stehender Schadensersatzansprüche gegen Mitgesellschafter und Organmitglieder nicht über ein strittiges rechtspolitisches Postulat hinausgediehen, so dass der Rechtsfortbildung die Legitimationsbasis für eine fundamentale Abkehr von der individualvertraglichen Grundlage des Personengesellschaftsrechts fehlt. 5 1 1 Die K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 3, S.635f. Die Voraussetzungen für die Entstehung von Gewohnheitsrecht (einheitliche und herrschende Rechtsüberzeugung) werden nur selten dargelegt (vgl. dazu allgemein Palandt/Heinrichs, B G B , Einl. Rz. 24; Köhler, B G B - A T , § 1 II b, S.3). Teilweise wird auf die §309 Abs. 4, §317 Abs. 4 AktG oder auf die Funktion der actio pro socio als Minderheitenschutzrecht verwiesen (MüKo/Ulmer, B G B , § 705 Rz. 172). Andere beschränken sich darauf, die (gesetzliche) Prozessstandschaft schlicht zu postulieren (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 I V 3, S. 637; Schlegelberger/K. Schmidt, H G B , §105 Rz.172; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1 c, S.461; ders. W M 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S.39; Koller!Roth/Morck, H G B , § 105 Rz. 34; MünchHdb. GesR I/Weipert, §6 Rz.25). 5,0 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 1, S.631, §21 IV 6, S.643; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz.32. 511 Zur Diskussion siehe etwa Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.224ff; Mertens Z G R 1998,386ff; Habersack DStR 1998,533 ff; Ulmer Z H R 163 (1999), 290, 302ff; Krieger Z H R 163 (1999), 343ff; Sünner Z H R 163 (1999), 364ff. 508

509

III. Rechtszuständigkeit

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

Prozessrechts

95

ganz überwiegende Lehre lehnt eine allgemeine Prozessstandschaftsklage des Aktionärs außerhalb spezifisch konzernrechtlich geregelter Sachverhalte (§309 Abs. 4 S. 1 und 2, § 317 Abs. 4, § 318 Abs. 4 AktG) de lege lata und auch de lege ferenda ab, wegen des in § 147 A k t G geregelten Klageerzwingungsverfahrens in der Fassung des KonTraG vom 27.4. 1998. 5 1 2 Im GmbH-Recht wird die Gesellschafterklage zwar prinzipiell zugelassen, ihre Rechtsgrundlage und Reichweite sind jedoch in Rechtsprechung und Literatur im Einzelnen ebenso ungeklärt, wie das Verhältnis der Gesellschafterklage zu den Kompetenzen der Gesellschafterversammlung (§46 Nr. 8 G m b H G ) und der geschäftsführenden Gesellschaftsorgane (§35 G m b H G ) . Der Bundesgerichtshof stützt die Gesellschafterklage im Recht der G m b H seit dem ITT-Urteil nicht auf die gesetzliche Prozessstandschaft, sondern auf eigene materiellrechtliche Ansprüche des Gesellschafters aufgrund verletzter Treuepflicht anderer Gesellschafter. 513 Die von K. Schmidt514 vertretene Gegenansicht, die Prozessstandschaft des Einzelgesellschafters sei ein gewohnheitsrechtliches Institut jeglichen Verbandsrechts, hat sich daher nicht durchgesetzt. Insbesondere ist K. Schmidt nicht zu folgen, dass im ITT-Urteil zwar die Konstellation einer actio pro socio vorgelegen habe, die Begründung des Urteils aber nicht die für eine actio pro socio gewesen sei. 515 Im Kern ist das ITT-Urteil im Recht der Kapitalgesellschaften auf die traditionelle Begründung der im Personengesellschaftsrecht entwickelten actio pro socio gestützt, weil die Einzelklagebefugnis auf ein eigenes sachlegitimiertes Klagerecht zur Verfolgung eigener schuldrechtlicher Ansprüche der Kapitalgesellschafter zueinander ausgerichtet ist. 516 Die Auffassung des Bundesgerichtshofs stimmt lediglich nicht mit der gesetzlichen Prozessstandschaft überein, wie sie K. Schmidt als allgemeines Rechtsinstitut des Verbandsrechts postuliert. 517 Die gesetzliche Prozessstandschaftsklage führt ferner die Rechtsfigur der actio pro socio in einen ähnlichen Konflikt zur gesellschaftsinternen Kompetenzordnung wie die Auffassung von der Anspruchsvervielfachung. 518 Sind Ansprüche der Gesellschaft und des Gesellschafters zu kumulieren, so klagt dieser nicht in gesetzlicher Prozessstandschaft für die Gesellschaft, sondern von vornherein - limitiert durch seine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht - aus eigenem Recht, das er verliert, wenn die Gesellschaftermehrheit mit Bindungswirkung für den Einzelgesellschafter über „ihren" Anspruch (Stundung, Erlass oder Vergleich) verfügt. 519 Ahnlich schwierig ist die dogmatische Anpassung der actio pro socio in

512 513

514 515 516 517 518

519

Nachweise F n . 2 1 1 . Dazu unten S. 114. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 IV 6, S.643ff. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 I V 6, S.645. Tb. Kaiser Z H R 153 (1989), 1, 20ff. Zu Recht kritisch Zöllner Z G R 1988, 392, 404. Siehe dazu oben S.69. MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, § 4 7 Rz. 70; siehe auch die Nachweise Fn.374.

96

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter und

Gesellschafter-Geschäftsführer

einer gesetzlichen Prozessstandschaft des Einzelgesellschafters an die Geschäftsführungsorganisation der Gesellschaft. Fällt der Anspruch aus dem Gesellschaftsvertrag in die Rechtszuständigkeit der Gesamthandsgesellschaft, so ist er als Angelegenheit der Geschäftsführung von den dazu berufenen Gesellschaftsorganen zu verfolgen. Klagt hingegen der Einzelgesellschafter einen Sozialanspruch der Gesellschaft ein, so durchbricht er als „gesetzlicher" Prozessstandschafter die durch Vertrag oder Gesetz vorgesehene Kompetenzzuteilung in der Gesellschaft. 5 2 0 Das führt zwangsläufig zu einem Kompetenzkonflikt 5 2 1 , weil die prozessualen Befugnisse der Gesamthandsgesellschaft als Anspruchsinhaberin und das Recht des Einzelgesellschafters auf eigenständige Forderungseinziehung nebeneinander stehen. Teils wird dem Einzelgesellschafter frei von der vorherigen Zustimmung der Geschäftsführung oder der Gesellschafterversammlung 5 2 2 oder von besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen

-

nur durch die gesellschaftsrechtliche

Treu-

epflicht kasuistisch limitiert - das Recht jederzeitiger Forderungseinziehung und Prozessführung in der actio pro socio verliehen 5 2 3 , weil diese neben Auskunftsund Einsichtsrechten ( § 7 1 6 B G B , § 1 1 8 H G B ) eines der wichtigsten Kontrollrechte im Eigeninteresse jeden Gesellschafters und zugleich im Interesse des Verbands darstelle. 5 2 4 Diese Ansicht unterscheidet sich im Ergebnis nicht von der Theorie der materiellrechtlichen Anspruchsvervielfachung, wenn das K o n t r o l l recht des Einzelgesellschafters unabhängig von einer von der Gesellschaftermehrheit beherrschten Verbandsorganisation bestehen soll. Ihr gelingt gleichfalls nicht die Auflösung des konzeptionellen Widerspruchs zwischen dem Zugeständnis eines Rechts an den einzelnen Gesellschafter auf uneingeschränkte Verfolgung der Sozialansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen Mitgesellschafter einerseits und andererseits der Ablehnung eines Klagerechts für Forderungsrechte aus Drittverhältnissen andererseits, obwohl doch in beiden Fällen Ansprüche nur der Gesellschaft zustehen. N a c h dem hier vertretenen Standpunkt kann nur der G e sellschaftsvertrag selbst als Fundament für die ungleiche rechtliche Handhabung des Sozialanspruchs und des Drittanspruchs der Gesamthandsgesellschaft herangezogen werden. 5 2 5 Die Gegenansicht bindet die Zulässigkeit der Prozessstandschaftsklage an den Vorrang der gesellschaftsinternen Regelung der Geschäftsführung und VertreMüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 173; Erman/H.P. Westermann, BGB, §705 Rz.55, 57. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 1 d), S.633f. 522 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1 c), S.460; a.A. Soergel/Hadding, BGB, §705 Rz.50; ders. JZ 1975, 159, 164. 523 Baumhach/Hopt, HGB, §109 Rz.32; Koller!Roth/Morck, HGB, §105 Rz.34; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1 c), S. 459ff; MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, § 47 Rz. 70; Flume, Die juristische Person, §8 V 2, S.304f. 524 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1 c), S.459. 525 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1 c), S.459; MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, §47 Rz. 70. 520 521

III. Rechtszuständigkeit

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

Prozessrechts

97

tung des Verbandes, die nicht nur den Gesellschaftsvertrag als Grundlage des Gesellschaftsverhältnisses überlagere, sondern auch das Recht des Einzelgesellschafters, Sozialansprüche der Gesellschaft im eigenen N a m e n prozessual zu verfolgen. 526 Dies führt wieder zu einer U m k e h r von Regel und Ausnahme, weil der Gesellschafter nicht regelmäßig in der actio p r o socio vorgehen darf, sondern nur ausnahmsweise, wenn die Bestimmungen der Verbandsorganisation nicht entgegenstehen. Diese Ansicht lässt außer acht, dass die Einzelklagebefugnis in der actio p r o socio ein eigenes Forderungsrecht des Gesellschafters 5 2 7 ist, das - wie § 716 Abs. 1 u n d 2 B G B zeigt - nicht generell und abstrakt von einer gesellschaftsrechtlichen Gestaltung der Geschäftsführungsbefugnis abgedrängt werden darf, sondern nur konkret durch eine die Einzelklagebefugnis einschränkende oder ausschließende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag. 528 O h n e diese gesellschaftsvertragliche Konkretisierung bleibt das Recht des Gesellschafters auf Einzelklage in der actio p r o socio als Regel bestehen und lebt nicht erst auf, wenn G r u n d zu der A n n a h m e unredlicher Geschäftsführung besteht. Die uneingeschränkte Zulassung der actio p r o socio schafft als Regel hingegen Rechtsklarheit. Die gegenteilige Literaturauffassung vom Ausnahmecharakter zwingt zu einem dehnbaren Katalog an Zulassungsvoraussetzungen: N i c h t f u n k tionieren der Gesamtwillensbildung 5 2 9 , Einzelklagebefugnis nur bei Bestehen eines wichtigen Grundes 5 3 0 , Klagebefugnis in Notsituationen 5 3 1 , Hilfszuständigkeit u n d subsidiäres Notverwaltungsrecht, w e n n die primär f ü r die Geltendmachung der Forderung Zuständigen aus tatsächlichen oder rechtlichen G r ü n d e n nicht tätig werden 5 3 2 , Ablehnung der Klage aus gesellschaftswidrigen G r ü n den 533 , Untätigkeit der vertretungsberechtigten Organe aus sachfremden G r ü n den 534 , prozessuale Darlegung der G r ü n d e für die Notwendigkeit der Klageerhebung und hinreichende Berücksichtigung der Interessen der Gesamthand durch den klagebereiten Gesellschafter. 535 Bei Licht besehen, ist diesen Voraussetzungen allesamt gemeinsam, dass das Recht des Gesellschafters auf Einzelverfolgung 526

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 1, S.631 ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1 c), S.459. 527 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 1, S.633. 528 Palandt/Sprau, B G B , § 705 Rz. 16; MüKo/Ulmer, BGB, § 705 Rz. 172; MünchHdh. GesR I/v. Ditfurth, §47 Rz. 70. 529 Soergel/Hadding, B G B , §705 Rz.50; ders. J Z 1975, 159, 164. 530 Nitschke Z H R 128 (1966), 48, 84ff. 531 Reinhardt, Gesellschaftsrecht, Rz. 167. 532 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 IV 4, S. 63 7, 639; ähnlich Lutter A c P 1 8 0 ( 1 9 8 0 ) , S . 8 4 , 134: Das einzelne Mitglied habe nur eine „Ersatz- oder N o t z u s t ä n d i g k e i t " . Bei der actio p r o socio liege materiell G e s c h ä f t s f ü h r u n g f ü r den Verband vor. Das habe z u r Folge, dass der Kläger auch dartun muss, die reguläre G e s c h ä f t s f ü h r u n g k o m m e ihrer Pflicht nicht nach u n d die G r ü n de f ü r die Nichtverfolgung des Anspruchs seien nicht stichhaltig. 533 Schumann D R 1942, 1670, 1675. 534 Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. A., Rz. 64. 535 MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz. 173.

98

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

von Sozialansprüchen der Gesamthand an „Störungen" der gesellschaftsrechtlichen internen Kompetenzordnung gebunden ist. Klagt ein Einzelgesellschafter, so wäre das Vorliegen zumindest einer dieser Voraussetzungen ohnehin als Regelfall anzunehmen, weil nicht zu erwarten ist, der einzelne Gesellschafter werde ein eigenes Prozess- und Kostenrisiko durch Erhebung der Klage im eigenen Namen eingehen, wenn der Sozialanspruch aus dem Gesellschaftsverhältnis von vertretungsberechtigten Gesellschafter namens der Gesellschaft verfolgt werden kann.536 Jene Umkehr von Regel und Ausnahme hätte aber im Binnenverhältnis der Gesellschafter zueinander die missliche Folge, dass der einzelne Gesellschafter zusätzlich bereits für die Zulässigkeit seiner Klage das gesellschaftswidrige Scheitern der Kompetenzordnung nachzuweisen hätte.537 Dieses Nachweiserfordernis verschärft sich, weil die Voraussetzungen der Hilfszuständigkeit im Einzelnen verschieden formuliert werden und der Nachweis des Scheiterns der Kompetenzordnung als Voraussetzung der Ersatz- oder Notzuständigkeit Schwierigkeiten aufwerfen kann.538 5. Rechtsverfolgung

in Prozessstandschaft

als „ Mitgliedschaftsklage

"

Flame539 anerkennt die Klage in der actio pro socio für alle Verbandsarten als ein eigenes Recht des Gesellschafters, das er dogmatisch an die Mitgliedschaft in der Gesellschaft anknüpft. Die Gesellschafterklage in der actio pro socio wird als Ausdruck eines eigenen Mitgliedschaftsrecht jedes Gesellschafters angesehen, das wie alle in der Gesellschafterstellung verwurzelten Mitverwaltungs-, Informations- und Kontrollrechte dem Schutz seiner persönlichen, in die Mitgliedschaft eingebundenen Interessen und Rechte diene.540 Das in der Mitgliedschaft gebundene Interesse ist auf die Erfüllung des von den übrigen Gesellschaftern aufgrund ihrer Verbandsmitgliedschaft Geschuldeten und auf die Einhaltung von Gesellschaftsvertrag und Gesetz durch die Geschäftsführung gerichtet.541 Flume konzipiert daher die actio pro socio nicht als Klage in Prozessstandschaft, sondern als Hassold JuS 1980,32, 35. MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz. 173. 538 Siehe auch Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 20ff. 539 Flume, Die juristische Person, § 8 V 1, S. 300ff; zur Mitgliedschaft als Rechtsgrundlage der Einzelklagebefugnis siehe auch Palandt/Sprau, B G B , Vorbem. v. § 709 Rz. 19; Schlegelberger/K. Schmidt, H G B , §105 Rz.172; Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.37, 38; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 5 III 2 b, S.273f, §8 IV 1 c, S.458f; Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1,9ff; Teichmann AcP 179 (1979), 475, 485; Lutter AcP 180 (1980), 84, 132. 540 Flume, Die juristische Person, § 8 V 1, S. 301; sinngemäß Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 9, 13. 541 Flume, Die juristische Person, § 8 V 1, S.S.300f, 304; ähnlich auch Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1,9ff, 22; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz. 37f, die sämtliche Gesellschafterklagen auf die Verletzung der Mitgliedschaft zurückführen. Jeder Gesellschafter erwerbe das subjektive Recht auf Wahrnehmung und Wahrung seiner in der Mitgliedschaft verkörperten materiellen und immateriellen Interessen. Nach dieser Ansicht klagt der Gesellschafter nicht in Prozessstandschaft, sondern aus eigenem materiellem Recht auf Leistung an die Gesellschaft. 536 537

III. Rechtszuständigkeit

des einzelnen

Gesellschafters

aufgrund

Prozessrechts

99

Mitgliedschaftsklage 5 4 2 , in welcher der Gesellschafter ein eigenes Klagerecht verfolgt, das der Durchsetzung „in Hinsicht" auf fremde der Gesellschaft selbst zustehende materiell-rechtliche Ansprüche dient. 5 4 3 Ließe sich die actio pro socio in der Personengesellschaft nicht auf das eigene Recht aus dem Gesellschaftsvertrag als rechtlichen Ursprung, sondern nur auf das eigene Mitgliedschaftsrecht zurückführen, so müsste umgekehrt die actio pro socio auf die Mitgliedschaft körperschaftlich verfasster Kapitalgesellschaften gleichermaßen Anwendung finden, ohne dass dort eine vertragsähnliche Sonderrechtsbeziehung der Kapitalgesellschafter zueinander „hypostasiert" werden müsste. 5 4 4 Die konzeptionell nur in der Mitgliedschaft verwurzelte actio pro socio trennt verfahrensrechtlich ungenau die Prozessführungsbefugnis als Recht, einen Prozess als die richtige Partei im eigenen Namen zu führen 5 4 5 von der materiellen Mitgliedschaft des jeweiligen Gesellschafters. In einer auf seine Mitgliedschaft gestützten Klage verfolgt der einzelne Gesellschafter jedoch nicht lediglich mitgliedschaftlich inspirierte Eigeninteressen gegen die übrigen Gesellschafter auf Erfüllung ihrer gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen an die Gesellschaft oder gegen die Leitungsorgane auf Einhaltung von Vertrag und Gesetz, sondern er fordert zugleich im eigenen Namen, was nach materiellem Recht der (rechtsfähigen) Gesamthandsgesellschaft oder der juristischen Person zusteht. 5 4 6 Nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen darf der einzelne Gesellschafter aber ein fremdes Rechts nur unter der Voraussetzung gesetzlicher oder gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen. 5 4 7 Dazu benötigt er eine rechtsgeschäftliche Erlaubnis der zuständigen Vertretungsorgane 5 4 8 oder eine gesetzliche Ermächtigung, das nur persönliche oder wirtschaftliche „Eigeninteresse" des einzelnen Verbandsmitglieds ist keine geeignete rechtliche Stütze für die Durchsetzung der Ansprüche der (voll- oder teilrechtsfähigen) Gesellschaft. Im Kern gibt Flume die originär schuldrechtliche Grundlage für die actio pro socio auf und lässt die bloße Mitgliedschaft im Verband aufgrund eines „persönlichen Eigeninteresses" des Gesellschafters genügen. Die Mitgliedschaft beschreibt jedoch nur die Gesamtheit gesellschaftsvertraglich verwurzelter Rechte und Pflichten des Gesellschafters zur Gesellschaft und

542 Flume, Die juristische Person, § 8 V 1, S. 301; sinngemäß Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz.37. 5 4 3 Missverständlich Flume, Die Personengesellschaft, § 10 IV, S. 142, wonach Gesamthandsforderung und persönlicher Anspruch des Gesellschafters „nebeneinander" bestünden. Dann bedarf es aber nicht zusätzlich einer Mitgliedschaftsklage „in Hinsicht" auf Forderungen der Gesellschaft (so aber Flume, Die juristische Person, § 8 V, S.300, 301, 302, 303). 544 Flume, Die juristische Person, § 8 V 1, S. 301. 545 Thomas/Putzo, Z P O , §51 Rz.20. 546 Flume, Die juristische Person, §8 V 1, S.302. 5 4 7 Siehe dazu oben S. 16. 5 4 8 Siehe dazu oben S.44.

100

Teil 1: B. Ansprüche gegen Mitgesellschafter

und

Gesellschafter-Geschäftsführer

zu seinen Mitgesellschaftern.549 Sie kann zwar Quelle von Rechten und Pflichten der Gesellschafter sein, aber nur soweit Gesellschaftsvertrag oder Gesetz es zulassen, so dass sie keine generelle Basis für die Rechtsfigur der actio pro socio sein kann. Genau besehen postuliert die Auffassung Flumes die actio pro socio als Mitgliedschaftsklage mehr als sie diese rechtlich belegt und bleibt daher - mit Zöllner550 - eher Gegenstand einer „Mystifikation". Hinzutritt die Konturlosigkeit551 der Voraussetzungen für die Einzelklagebefugnis des Gesellschafters in der actio pro socio als Mitgliedschaftsklage, weil nach Flume552 auch für das Beschlussmängelrecht (§241 ff AktG) einschließlich Feststellungs-, Unterlassungs- und Wiederherstellungsklagen (actio negatoria) gegen rechtswidriges Verbandshandeln nur die Mitgliedschaft gelten lässt, obwohl der Bundesgerichtshof'53 das Klagerecht des Aktionärs gegen verfassungswidriges Handeln der Gesellschaftsorgane im Grundsatz als Individualanspruch anerkannt hat. Flume setzt sich darüber ohne Rücksicht auf Klagegegenstand und -ziel hinweg, und hält programmatisch die actio pro socio in der Mitgliedschaftsklage gewissermaßen für eine die Magna Charta des Minderheitenschutzes" eines jeden Gesellschafters.554

Roth/Altmeppen, G m b H G , §14 Rz.2, 13. Zöllner Z G R 1988, 392, 404f. 551 Schanbacher A G 1999, 21, 24. 552 Flume, Die juristische Person, § 8 V 1, S.302, 309f. 553 BGHZ 83, 122 („Holzmüller"). 554 Flume, Die Personengesellschaft, § 10 IV, S. 144; ebenso Fischer Z G R 1979, 251, 261; zurückhaltend H.P. Westermann Z H R 144 (1980), 232, 239; Häuser, Unbestimmte Maßstäbe, S. 173 f. 549 550

Teil I I

Das Forderungs- und Klagerecht des einzelnen Gesellschafters im Recht der Kapitalgesellschaft A. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Dritte Ansprüche gegen gesellschaftsexterne Schuldner stehen der G m b H und Aktiengesellschaft als juristische Person ( § 1 3 Abs. 1 G m b H G , § 1 Abs. 1 A k t G ) zu, nicht den einzelnen Gesellschaftern oder der Gesamtheit der Verbandsmitglieder. 1 In Kapitalgesellschaften orientiert sich die Befugnis zur (vor)prozessualen Geltendmachung der Ansprüche gegen ihre gesellschaftsexternen Schuldner ausschließlich an der Verwaltungsorganisation der Gesellschaft, mithin an der Vertretungsbefugnis geschäftsführender Gesellschaftsorgane 2 , weil G m b H und Aktiengesellschaft als körperschaftlich verfasste juristische Personen nur durch ihre gesetzlich vorgeschriebenen Vertretungsorgane am Rechtsverkehr teilnehmen. 3 Es handeln nicht die Verbandsmitglieder, sondern die juristische Person, weil die Tätigkeit der Gesellschaftsorgane im R a h m e n ihrer Zuständigkeit als willentliche H a n d lung der rechtsfähigen Verbandsperson gilt. 4 In der Aktiengesellschaft liegt die Entscheidung, o b Forderungen der Gesellschaft gegen Dritte (vor)gerichtlich durchgesetzt werden sollen, in der selbständigen Leitungskompetenz des Vorstands ( § 7 6 Abs. 1, § 7 8 Abs. 1 A k t G ) . In der G m b H ist die Anspruchsverfolgung primäre Aufgabe der Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1, § 3 7 Abs. 2 G m b H G ) . Gesellschafter der G m b H können Geschäftsführer nur durch Beschluss anweisen, Ansprüche der Gesellschaft gegen Dritte geltend zu machen ( § 3 7 A b s . l , § 4 6 N r . 6 G m b H G ) . 5 O b w o h l auch in der juristischen 1 Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz. lf; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, §4 III, S.21; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 7, S.532; Wiedemann WM Sonderbeilage Nr. 4/1975, 7, 25. 2 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21IV 7, S. 532; Wiedemann WM Sonderbeilage Nr. 4/1975, 7, 25; Grunewald, Die Gesellschafterklage, S. 88f. 3 §6 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Nr.2, §35 GmbHG, §23 Abs.2 Nr. 6, §30 Abs.4, §36 Abs. 1, §76 AktG. 4 MiiKo/Reuter, BGB, §26 Rz. 11; Palandt/Heinrichs, BGB, Einf v § 21 Rz. 1, §26 Rz. 1; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, § 241, S. 109; a.A. etwa Roth/ Altmeppen, GmbHG, § 35 Rz. 7: Nicht Eigenhandeln der juristischen Person, sondern Zurechnung „für" die juristische Person. 5 Wiedemann WM Sonderbeilage Nr. 4/1975, 7, 25; Grunewald, Die Gesellschafterklage, S. 89.

102

Teil 2: A. Rechtsstellung

für Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Dritte

Person Organmitglieder die Durchsetzung von Gesellschaftsrechten gegen Gesellschaftsexterne aus sach- und gesellschaftswidrigen Gründen verweigern oder ohne den gehörigen Nachdruck verfolgen können, verneint die h.M. 6 eine selbständige Rechtsausübungsmacht einzelner Verbandsmitglieder aus einem originären eigenen Recht oder in Prozessstandschaft aus von der Gesellschaft abgeleitetem Recht. Von der organschaftlichen Prozessvertretung der juristischen Person ausgeschlossene Gesellschafter dürfen Ansprüche grundsätzlich auch nicht durch eine Klage im eigenen Namen auf Leistung an die Gesellschaft verfolgen, können nicht einmal die Anspruchsberechtigung durch Feststellungsklage gemäß § 2 5 6 Abs. 1 Z P O klären lassen. 7 Der Ausschluss des Einzelgesellschafters von einem selbständigen Forderungs- und Klagerecht für Gesellschaftsrechte folgt aus der rechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt, im Kern aus der Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens von dem der einzelnen Verbandsmitglieder (§ 13 Abs. 2 G m b H G , § 1 Abs. 1 S. 2 AktG). 8 Ist die juristische Person Trägerin des Gesellschaftsvermögens und der Rechte und Pflichten, so stellt die eigenmächtige Verfügung des einzelnen Gesellschafters über diese Rechte sogar in der Einpersonengesellschaft die Verfügung eines Nichtberechtigten 9 dar, es sei denn der Gesellschafter ist in dieser zugleich Geschäftsführer. 1 0 Dagegen sieht die neuere Gesamthandsdoktrin 1 1 den Unterschied zwischen Personengesellschaften und juristischen Personen nicht ausschließlich in dem Merkmal der Rechtsfähigkeit des Verbandes, sondern in der körperschaftlichen Organisationsverfassung der Kapitalgesellschaft. 12 Nach diesem Verständnis ist die Eigenständigkeit der Gesellschaft als Rechtssubjekt keine Spezialität der juristischen Person, sondern ein Element des Gesellschaftsrechts überhaupt. Der Ausschluss einer selbständigen Rechtsausübungsmacht des Einzelgesellschafters für Drittforderungen der Gesellschaft wahrt in dieser Sichtweise primär der Vertretungsordnung für die (vor)gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen der

6 RG J W 1929, 1373; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz.34; Baumbach/Hueck, AktG, 13.Aufl., §118 Rz.9; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 7, S.532f; Grunewald, Die Gesellschafterklage, S.88f; Wiedemann W M Sonderbeilage Nr. 4/1975, 7, 25; a.A. Berger Z H R 149 (1985), 599, 606, für Ansprüche aus Drittgeschäften zwischen GmbH und Gesellschafter; G m b H G §13 Rz. 18; Scholz/Emmerich, G m b H G , §13 Rz.47, vgl. auch Lutter/Hommelhoff, wonach die Gesellschafterklage auf nahe stehende Personen eines Mitgesellschafters zu erstrekken sei. 7 Baumbach/Hueck, AktG, 13.Aufl., § 118 Rz.9. 8 R G J W 1929, 1373; Wiedemann W M Sonderbeilage Nr. 4/1975, 7, 25. 9 §185 Abs. 1 B G B . 10 BGHZ 56, 97; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §40 I, S. 1022; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, §4 III, S.21. 11 Nachweise Teil 1 Fn.83. 12 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 7, S.532f; Wiedemann WM Sonderbeilage Nr. 4/1975, 7 , 2 5 .

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen Mitgesellschafter

103

juristischen Person. 13 Die verbandsinterne Verwaltungsorganisation ist im Außenrecht der juristischen Person für die Geltendmachung von Forderungen grundsätzlich von jeder Behinderung durch einzelne Gesellschafter freizuhalten.14 Andererseits brauchen Schuldner der Gesellschaft sich nur auf solche Prozesse einzulassen, in denen die Gesellschaft prozessual korrekt repräsentiert ist, weil nur so die Klageerhebung und die Entscheidung (Rechtshängigkeit, Rechtskraft) inter partes zwischen Gesellschaft und Schuldner wirksam werden kön-

B. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Mitgesellschafters I. Einführung in die Problematik 1. Rezeption

der actio pro socio in das Recht der

Kapitalgesellschaft

Spätestens seit Erlass des ITT-Urteils des Bundesgerichtshofs ist es strittig, ob und inwieweit die im Personengesellschaftsrecht entwickelte Rechtsfigur der actio pro socio für Kapitalgesellschaften gelten kann.16 Die actio pro socio bzw. actio pro societate17 ist in körperschaftlich verfassten Kapitalgesellschaften problematisch, wenn der einzelne Gesellschafter Ansprüche gegen Mitgesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis bzw. Ansprüche gegen Mitglieder der Verwaltungsorgane im eigenen Namen auf Leistung an die Gesellschaft verfolgt.18 Ist für alle in der Vermögenszuordnung bei der Gesellschaft verwurzelten Ansprüche und Rechte körperschaftlich verfasster Kapitalgesellschaften die juristische Person

13 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 7, S.532f; Wiedemann W M Sonderbeilage Nr. 4/1975, 7, 25. 14 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 7, S.532f; Baumbach/Hueck, AktG, 13. Aufl., §118 Rz.9. 15 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 7, S.533. 16 BGHZ 65, 15 = B G H N J W 1976, 191 mit Anm. Ulmer = BGH BB 1975, 1450 mit Anm. Schilling. Zur G m b H siehe auch Hachenburg/Th. Kaiser, G m b H G , 8. Aufl., § 14 Rz. 36ff; Roth/ Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz. 35ff; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 13 Rz. 32ff; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §43 Rz. 26f; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im G m b H Recht, S. 16ff; Ulmer, in FS 50 Jahre B G H , 273, 306ff; Wedemann/Hirte, in: FS 50 Jahre B G H , 337, 342f; Kowalski ZIP 1995, 1315ff; Zöllner ZGK 1988, 392ff; Gehrlein ZIP 1993,1525ff. Zum Aktienrecht vgl. Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 211 ff; Herne Z H R 162 (1998), 186ff; Lutter Z H R 162 (1998), 164ff; ders, in FS 50 Jahre B G H , 321, 330ff; Habersack, Die Mitgliedschaft - subjektives und sonstiges Recht, S. 1 Off; ders. DStR 1998, 533ff; Ulmer Z H R 163 (1999), 290ff; Sünner Z H R 163 (1999), 364ff; Krieger Z H R 163 (1999), 343ff; Bayer N J W 2000, 2609ff; Schwarz, ZRP 2000, 330ff. 17 Lutter!Hommelhoff G m b H G , §13 Rz.2; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1 c, S. 458. 18 Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 13 Rz.32; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz.35.

104

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

zuständig19, so ist fraglich, ob und auf welcher Rechtsgrundlage der einzelne Gesellschafter ein eigenes materielles oder prozessuales Recht auf Verfolgung verbandsinterner Ansprüche überhaupt hat. Die Ansicht, die Einzelklage hinge nicht ausschließlich von der gesetzlichen Vermögenszuordnung oder Verwaltungsorganisation im körperschaftlichen Verband „als einer juristischen Konstruktion", sondern von „vernünftiger und gerechter Interessenabwägung"20 ab, legitimiert unzureichend das Recht einzelner Gesellschafter auf Verfolgung von Gesellschaftsansprüchen. Dasselbe gilt von dem Standpunkt, trotz der Einordnung der Forderungen und Rechte im Vermögen der juristischen Person bestehe zusätzlich ein eigenes materielles oder prozessuales Recht des einzelnen Gesellschafters auf Anspruchsverfolgung, weil dies der Gesellschaft nur nütze, ihr zumindest nicht schade21; die körperschaftliche Organisation der Kapitalgesellschaft zwinge lediglich „zu gewissen konstruktiven Änderungen" der Rechtsfigur actio pro socio.22 Beide Ansichten leitet die Idee, einzelne Kapitalgesellschafter oder ein bestimmtes Minderheitsquorum könnten nach dem Vorbild der actio pro socio des Personengesellschaftsrechts Leistung in das Vermögen der juristischen Person verlangen.23 Dieser Ausgangspunkt ist jedoch zweifelhaft, weil die Übernahme der sogar im Recht der Personengesellschaften nicht unumstrittenen Rechtsfigur der actio pro socio mit der körperschaftlichen Verfassung und Organisation der juristischen Personen kollidiert. Es stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit sich die Zulassung der actio pro socio für die Durchsetzung von Ansprüchen der juristischen Person mit dem gesetzlichen Systemdualismus im Gesellschaftsrecht verträgt, der zwischen der Personengesellschaft (§705 ff B G B ) und der juristischen Person (§21 ff BGB) unterscheidet.24 2. Verhältnis der actio pro socio zur körperschaftlichen der Kapitalgesellschaft

Verfassung

Für Personengesellschaften ist die Zulässigkeit der Klage eines Gesellschafters gegen Mitgesellschafter obligationsrechtlich verwurzelt, weil sich die Gesellschafter im Vertrag gegenseitig zur Förderung eines gemeinsamen Gesellschaftszwecks verpflichtet und deshalb jeder Personengesellschafter einen eigenen und Kühler, Gesellschaftsrecht, §4 IV, S.27f. Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 283 f, siehe auch Wieland, Handelsrecht, Bd. II, § 101 VI, S. 137 mit Fn. 79; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.225f. 21 Th. Kaiser Z H R 153 (1989), 1, 10; ähnlich Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.292 (Erfüllung einer der Gesellschaft geschuldeten Leistung bedeutet schwerlich eine Störung der Zuständigkeitsverteilung). 22 Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.225. 23 Ulmer Z H R 163 (1999), 290, 318ff, 329ff. 24 Flume, Die juristische Person, § 8 I, S. 258ff; ders, Die Personengesellschaft, § 7, S. 87ff; Wieland, Handelsrecht, Bd.I, §35 II, S.396ff. 19

20

I. Einführung

in die

Problematik

105

unmittelbaren Anspruch auf Vertragserfüllung gegenüber seinen Mitgesellschaftern hat. In der Rechtsfigur der actio pro socio verfolgbar ist dieser Anspruch, weil sie keine Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Anspruchstellers und keine Ermächtigung durch die Geschäftsführung oder die Gesellschafterversammlung voraussetzt. 25 Die gesetzlichen Wesensmerkmale der GmbH und Aktiengesellschaft als körperschaftlich verfasste Kapitalgesellschaften und juristische Personen unterscheiden sich von denen der Personengesellschaften so einschneidend, dass - unabhängig von der materiellen und prozessualen Rechtsgrundlage - die Forderungs- und Klagebefugnis des einzelnen Gesellschafters durch Rezeption der personengesellschaftsrechtlich entwickelten actio pro socio in das Kapitalgesellschaftsrecht als solche bereits zweifelhaft ist. 26 Die Rechtsnatur des Gesellschaftsstatuts der GmbH und Aktiengesellschaft 2 7 lässt die actio pro socio für unmittelbare und eigene Ansprüche der Gesellschafter gegeneinander prinzipiell nicht zu, weil sei anders als im Personengesellschaftsrecht nicht im Gesellschaftsvertrag verwurzelbar ist. Nach der Entstehung der juristischen Person auf Grund konstitutiver Eintragung in das Handelsregister 28 verliert der Gesellschaftsvertrag zwischen Kapitalgesellschaftern seinen schuldrechtlichen Zweck als Errichtungsgeschäft der juristischen Person. 29 Das Rechtsverhältnis eines Gesellschafters der körperschaftlich verfassten juristischen Person ist nach ihrer Entstehung als Mitgliedschaft und als Teilhabe an der juristischen Person an ihr aufgrund der Satzung grundsätzlich zu unterscheiden von der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft als einer obligationsrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschaftern aufgrund rechtlicher Fortgeltung des Gesellschaftsvertrags. 30 In der Kapitalgesellschaft kann die actio pro socio nicht auf die Fortgeltung des Gesellschaftsvertrags für die Binnenbeziehung der Gesellschafter zurückgreifen. Zwar beruht die Errichtung der Kapitalgesellschaft auf einem GesellschaftsverD a z u oben S. 57. Zur Problematik bereits Savigny, S y s t e m des heutigen römischen Rechts, Bd. II, S. 295 (Bei den juristischen Personen treffen ihre Forderungen und Schulden lediglich sie selbst als künstliche Einheit: die einzelnen Mitglieder werden davon gar nicht berührt) und v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. III, S.423 (Die societas collegiata ist nach innen und außen eine juristische Person. Sie bietet daher keinen R a u m für die actio pro socio, auch nicht f ü r die Minorität gegen die Majorität [quia minor pars non reutatur esse quota pars, sed censetur esse tanquam singuli]). 2 7 § § 2 , 3 G m b H G , § § 2 , 23 A k t G . 28 § 1 1 Abs. 1 G m b H G , § 4 1 A b s . l A k t G . 29 Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 2 R z . 3 , 5; Roth/Altmeppen, GmbHG, §2 Rz.3; Rowedder!Rittner, G m b H G , § 2 R z . 2 ; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, § 2 1 1 2 , S. 100\Flume, Die Personengesellschaft, § 7 III 2, S. 95; Brodmann, Bern. 1 zu § 11 G m b H G ; Feine, in: Ehrenberg, H a n d b u c h des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, § 10 II, S. 159ff, § 111, S. 162ff). Zur Rechtsnatur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft siehe die N a c h weise bei Roth/Altmeppen, G m b H G , § 11 Rz. 36ff; Jauernig/Stürner, BGB, § 705 Rz. 8ff. 30 Flume, Die juristische Person, § 8 1, S.258. 25

26

106

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

trag ihrer Gründer.31 Ihm fehlt aber die Funktion, die Fortgeltung unmittelbarer Beziehungen zwischen Gesellschaftern mit schuldvertraglichen Rechten und Pflichten im Sinne der § 705 BGB nach Entstehung der juristischen Person festzulegen.32 Sein primärer Zweck ist es, eine neue und selbständige Willenseinheit als GmbH oder Aktiengesellschaft mit je körperschaftlicher Organisationsverfassung zu erzeugen. Als Vertrag besonderer Art regelt er die Verwaltungsorganisation und die Vermögensgrundlagen der juristischen Person durch objektive Normen und enthält sonstige körperschaftliche Rechtsregeln für die Beziehung zwischen dieser und ihren jeweiligen Mitgliedern.33 K. Schmidt spricht daher treffend von einem „Organisationsvertrag".34 Wie auch immer der Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer juristischen Person rechtsquellentheoretisch einzuordnen ist35, er verliert mit Entstehung der juristischen Person aufgrund konstitutiver Eintragung in das Handelsregister seinen Charakter als Errichtungsgeschäft der Gesellschaftsgründer, eben weil die juristische Person als solche in das §2 G m b H G , §2 AktG; zum Begriff der Errichtung vgl. §29 AktG. Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, § 11 I, S. 162ff, § 11 II, S. 166ff; Hachenburg/Ulmer, G m b H G , §2 Rz.5; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §2 Rz.6; Flume, Die juristische Person, §8 1, S.258ff; Winter Z H R 148 (1984), 579, 595; Zöllner Z G R 1988, 392, 402f; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, §10 I, S. 39; MüKo/Reuter, B G B , §34 R z . l 9 f . Auch die §§320ff B G B finden auf die Satzung grds. keine Anwendung ( B G H Z 47, 180; Brodmann, Bern. 6 zu §2 G m b H G ; Roth/Altmeppen, G m b H G , §2 Rz.9; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §2 Rz. 6; Rowedder/Rittner, G m b H G , §2 Rz.2, 47ff; Scholz/Emmerich, G m b H G , §2 Rz.6ff; LutterlHommelhoff G m b H G , §2 Rz.lOff; Hachenburg/Ulmer, G m b H G , §2 Rz.71ff; MüKo/Reuter, B G B , §25 Rz. 13ff; Hüffer, AktG, §2 Rz.2; §23 Rz.8, 39f, 41f, §275 Rz.8). 33 Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, § 11 I, S. 162ff, § 11 II, S. 166ff; Hachenburg/Ulmer, G m b H G , §2 Rz.5; Reuter, in: FS 50 Jahre B G H , 211, 215; Baumbach/Hueck/Fastnch, G m b H G , §2 Rz. 3 ff, §14 Rz. 10, Rowedder/Rittner, G m b H G , §2 Rz.2; Roth/Altmeppen, G m b H G , §2 Rz. 1, 4, 9, § 14 Rz.2, 13; Scholz/Emmerich, G m b H G , §2 Rz. 3 ff, 36; Lutter/Hommdhott, G m b H G , §2 Rz. 10; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §3 II 1, S. 159ff; Flume, Die juristische Person, § 5 I, S. 142ff, § 8 I, S.258ff, § 9 1 , S.315ff; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz. 680; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz.77; Maatz G m b H R 1974, 124, 125; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, § 10 I 1 b, S. 39; Hüffer, AktG, §23 Rz. 3; Kubier, Gesellschaftsrecht, §3 II 2, S.20; Henn, Handbuch des Aktienrechts, §3, S.35, §6, S.70; Jauernig, B G B , §25 Rz. lf; Palandt/Heinrichs, B G B , §25 Rz.2; MüKo/Reuter, B G B , §25 R z . l f f ; Erman/H.P. Westermann, B G B , §25 R z . l ; Larenz, BGB-AT, §16 I, S.180ff. 34 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 34 II 2, S. 1000; siehe auch BGHZ 47,172,179; Baumbach/ Hueck/Fastrich, G m b H G , §2 Rz. 5; Hachenburg/Ulmer, G m b H G , §2 Rz. 5; Scholz/Emmerich, G m b H G , §2 Rz. 7; Rowedder/Rittner, G m b H G , §2 Rz.2; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 3 II 1 a, S. 159; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, §10 I 1, S. 39; Reuter, in: FS 50 Jahre B G H , 211, 215. 35 Nicht abschließend geklärt ist, ob die Satzung im Stufenbau der Rechtsquellen als private Normsetzung oder als abstrakt-überindividuelles Rechtsgeschäft anzusehen ist (vgl. dazu Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §3 II 1 b, S. 160ff; MüKo/Reuter, B G B , §25 Rz.9; ders, in: FS 50 Jahre B G H , 211, 214; Palandt/Heinrichs, B G B , §25 Rz.3). Zutreffend kritisch gegenüber der Einordnung als Rechtsnorm Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §3 II 1 b, S. 161, Reuter, in: FS 50 Jahre B G H , 211,214, weil sich die Satzung durch „private Einverständniserklärung" legitimiert. 31 32

I. Einführung in die

107

Problematik

Rechtsleben eingetreten ist 36 . Von nun an ist der Gesellschaftsvertrag nur noch für die von den Gründern und den künftig beigetretenen Verbandsmitgliedern losgelöste Verfassung der juristischen Person von Bedeutung. 3 7

3. Verhältnis der actio pro socio zur Rechtsinhaberschaft der Kapitalgesellschaft für Binnenansprüche gegen Gesellschafter Die körperschaftlich verfasste Kapitalgesellschaft ist, anders als die bürgerlichrechtliche Gesellschaft und die im Drittverhältnis an die juristische Person angenäherte Personenhandelsgesellschaft 3 8 , ein eigenes Rechtssubjekt. 3 9 Als solches ist sie selbst Trägerin der Rechte und Pflichten nicht nur Dritten, sondern auch den eigenen Gesellschaftern gegenüber. 4 0 Daher fehlt Gesellschaftern der körper36 RG2 165,140,143; BGHZ 21,373. Siehe auch BGHZ 47,172,179: „Diese (die Satzung) ist zwar zunächst ein von den Gründern geschlossener Vertrag ... Mit der Entstehung des Vereins löst sie sich aber völlig von deren Person. Sie erlangt ein unabhängiges rechtliches Eigenleben, wird zur körperschaftlichen Verfassung des Vereins und objektiviert fortan das rechtliche Wollen des Vereins als der Zusammenfassung seiner Mitglieder". 37 Flume, Die juristische Person, §8 1, S.258ff, § 9 I, S.315ff; ders, Die Personengesellschaft,

§7 III 2, S. 95; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §3 II 1 a), S. 159f; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §5 I 1, S.68, 79f; Baumbach/Hueck/Fastrich,

GmbHG, §2 Rz.3; Ulmer,

BGH, 273,305; Hadding, in: FS Fischer, 165ff; Palandt/Heinrichs,

in: FS 50 Jahre

BGB, §25 Rz. 3; MüKo/Reu-

ter, BGB, §25 Rz.9f; Maatz GmbHR 1974, 124, 125. Siehe auch Reuter, 211, 215: „überindividuelle Wirkungseinheit".

in: FS 50 Jahre BGH,

38 Vgl. RGZ 86, 66, 70; 136, 402, 406; A. Hueck, Das Recht der OHG, §19 I, S.271; Baumbach/Hopt, HGB, §124 Rz.2; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §12 II 2, S.88; Kühler, Gesellschaftsrecht, §7 I 2 b, S.62; MünchHdb. GesR I/Neubauer, §61 1, Rz.2; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz. 184; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz.203; a.A. Flechtheim, in: Düringer/Hachen-

burg, HGB, Bd. II, 2. Hälfte, § 124 Anm. 1; Fischer, in: Großkomm. HGB, § 124 Anm.2. 39 § 13 Abs. 1 GmbHG, § 1 Abs. 1 S. 1 AktG. Nach früher umstrittener ( H o l d e r , Natürliche und Juristische Personen, S. 206ff m. w. N.), heute aber einhelliger Ansicht ist auch die GmbH juristische Person, nicht Personenhandelsgesellschaft (Wieland, Handelsrecht, Bd.I, §34, S.387ff, Flume, Die juristische Person, § 1, S. lff; Kühler, Gesellschaftsrecht, §3 II, S.20, §4 IV, S.27ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §4 I, S. 196ff, 201 ff; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §2 I, S. 8f, §3 III, S.24•, Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz. 1; Baumbach/Hueck/Fastnch, GmbHG, Vorb.

§ 13 Rz. 1, § 13 Rz. 1,2; Hachenburg/Schilling, GmbHG, § 13 Rz. 3; Scholz/Emmerich, GmbHG, §13 Rz.2; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §13 Rz.lf; Rowedder, GmbHG, §13 Rz.l; Bartl/ Fichtelmann

u.a., GmbHG, §13 Rz.2; Bartl/Henkes/Schlarb,

GmbH-Recht, §13 Rz.244; K.

Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 33 11, S. 981, § 33 12, S. 983; Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 14; Maatz GmbHR 1974, 124, 125). 40 Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, §11 I, S. 164, 166, §11 II, S. 166; Brodmann, Bern. 3 zu § 13 GmbHG; Flume, Die juristische Person, §8 1, S.258;

Hachenburg/Schilling,

GmbHG, § 13 Rz. 3, 6; Baumbach/Hueck/Fastrich,

7, 32f, §14 Rz. 11; Roth/Altmeppen,

Lutter/Hommelhoff,

GmbHG, § 13 Rz. 3,

GmbHG, § 2 Rz.4, §13 R z . l l , 33, §14 Rz.13, §19 Rz.5;

GmbHG, §13 Rz.4, §14 Rz.7; Rowedder,

GmbHG, §13 Rz.2; Scholz/

Emmerich, GmbHG, § 13 Rz.2; Scholz/Winter, GmbHG, § 14 Rz. 16; Maatz GmbHR 1974,124, 125; S u d h o f f , Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 14f; Kubier, Gesellschaftsrecht, §3 II 4, S.20f; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §3 III, S.24; Ganssmüller GmbHR 1963, 7f; ders. GmbHR 1970,170f; Landgrebe GmbHR 1967, 227, 229; Kirchner GmbHR 1961, S. 160ff. Siehe auch die Rspr. des BGH zur Verlustdeckungs- und Vorbelastungshaftung (BGH N J W 1997, 1507 m.

108

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

schaftlichen juristischen Person prinzipiell die Rechtszuständigkeit, aus dem Gesellschaftsverhältnis eigene und gegenseitige Ansprüche unmittelbar gegen einen oder mehrere Mitgesellschafter materiellrechtlich oder prozessual im eigenen N a men zu verfolgen. Davon geht das Gesetz aus, weil es Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis prinzipiell nur der Rechtszuständigkeit der Gesellschaft als juristische Person unterstellt 41 , die unmittelbare Geltung von Rechten und Pflichten zwischen Gesellschaftern ist nicht vorgesehen. Zur Zahlung seiner Einlage 4 2 , zur Leistung von Nachschüssen 4 3 , zur Rückerstattung von zu Unrecht empfangenen Auszahlungen 4 4 oder auch zur Ausfallhaftung 45 ist der Gesellschafter nur der juristischen Person gegenüber als Rechtsträger verpflichtet. Die rechtliche Eigenständigkeit der juristischen Person drückt sich im Kapitalgesellschaftsrecht im Grundsatz der Haftungskanalisierung aus 46 , wonach Erstattungs- und Schadensersatzansprüche gegen Gesellschafter und Organmitglieder auch dann der Gesellschaft selbst zustehen, wenn primär das Gesellschaftsvermögen geschädigt ist und sich der dadurch verursachte Nachteil des Gesellschafters als Reflexschaden in der Verminderung des Wertes seines Gesellschaftsanteils niederschlägt. 47 Das gebietet die Gleichbehandlung aller Gesellschafter und die Gewährleistung einer ausreichenden Haftungssubstanz der Gesellschaft für Gesellschaftsgläubiger, so dass Ersatz- und Erstattungsansprüche prinzipiell in das Gesellschaftsvermögen der juristischen Person fallen, wo der Reflexschaden des Gesellschafters mittelbar kompensiert wird. 4 8

Anm .Altmeppen = J R 1998,103 m. Anm. Scböpflin; dazu Flume D B 1998,45ff; Lutter ]uS 1998, 1073, 1075; Krebs/Klerx JuS 1998, 991 ff). 41 Vgl. etwa §§ 46ff, §§ 53, 6 2 , 1 1 7 , 1 4 7 AktG, § 3 Abs. 1 Nr. 4, § 3 Abs. 2, § 9 Abs. 2, § 19 Abs. 2 S.2, §21 Abs. 3, §22 Abs. 1, §§24,26ff, §30, §31 Abs. 1 u. 3, §46 Nr.2 u. 8 G m b H G . Umgekehrt bestehen Ansprüche des Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis i.d.R. nur der Gesellschaft gegenüber (§29, §§45ff, G m b H G ) . 4 2 §3 Abs. 1 Nr.4 u. Abs.2, § 9 Abs.2, §19 Abs.2 S.2, §21 Abs.3, §22 A b s . l , §46 Nr.2 GmbHG. 43 §§26ff G m b H G . 4 4 §§30, 31 Abs. 1, §32 b S. 1 G m b H G . 4 5 § § 2 4 , 3 1 Abs.3 G m b H G . 46 Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 71 f; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.21 lff, 213ff; Brandes, in: FS Fleck, 13ff; Hachenburg/ Mertens, G m b H G , § 43 Rz. 103 ff; H uff er, AktG, § 117 Rz. 9; Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1,10. 4 7 §117 Abs.l S . l , §317 Abs.l S. 1 AktG; siehe auch §§93, 116, §§147, 309, 310, 318, §323 Abs. 1 AktG, §§ 43, 31, § 46 Nr. 8 G m b H G . 4 8 Keine Durchbrechung des Trennungsprinzips regeln §48 S.2, §62 Abs.2 S. 1, §93 Abs.5 S. 1, § 117 Abs.5 S. 1, §309 Abs.4 S.2 AktG. Ersatzansprüche gegen Gesellschafter und Organmitglieder können danach zwar auch von Gläubigern der Aktiengesellschaft geltend gemacht werden machen, der Anspruch bleibt aber ein solcher der Gesellschaft. Uberwiegend wird eine gesetzliche Prozessstandschaft angenommen (Schilling, in: Großkomm. AktG, §93 Anm. 42; Baumbach/Hueck, AktG, §93 R z . l 6 f ; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, §93 Rz.68; a.A. etwa Hüffer, AktG, §93 Rz.31f: Anspruchsvervielfachung eigener Art).

I. Einführung

in die

Problematik

109

4. Verhältnis der actio pro socio zur Rechtsverfolgung von Binnenansprüchen gegen Gesellschafter durch Gesellschaftsorgane Mit der selbständigen Rechtsträgerschaft juristischer Personen sind die Entscheidungskonzentration und die funktionsnotwendige Eigenständigkeit der Gesellschaftsorgane körperschaftlich organisierter Kapitalgesellschaften verknüpft. 4 9 Die (außer)prozessuale Verfolgung der aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen Mitgesellschafter entstandenen Ansprüche untersteht prinzipiell der Gesellschaft als juristische Person, die durch ihre geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Organe (außer)gerichtlich handelt. 50 . Einzelne Gesellschafter der Aktiengesellschaft oder der G m b H können daher nicht im eigenen Namen als Prozesspartei für die juristische Person auftreten (§35 Abs. 1 G m b H G , § 7 6 Abs. 1, § 7 8 Abs. 1 A k t G ) . Auch Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen Mitglieder der Verwaltungsorgane sind in der Regel von einem besonderen Gesellschaftsorgan bzw. von besonderen Prozessvertretern namens der Gesellschaft geltend zu machen. 5 1 Diese Kompetenzregelung dient der Sicherung einer funktionierenden Willensbildung zum Wohl der Gesellschaft und aller Gesellschafter, ohne sich an Singularinteressen einzelner Gesellschafter zu orientieren. 5 2 Der Vorteil der rechtlichen Eigenständigkeit etwa der Aktiengesellschaft als juristische Person darf nicht verloren gehen, indem sich die Entscheidung über die (außer)prozessuale Anspruchsverfolgung in Abstimmungen der Aktionäre verzettelt, die häufig „durch scharf gegensätzliche Interessen gespalten" sind. 53 Die Befugnis einzelner Gesellschafter auf (vor)prozessuale Anspruchsverfolgung kollidiert vor allem mit der gesellschaftsinternen Organisation, wenn die Siehe dazu etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16, S. 156ff; Verhoeven BB 1978, 335f. Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz. 53; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 13 Rz.34f; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §13 Rz.8; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §43 Rz.23f; Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 5; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 283 ff; K. Schmidt, G m b H R 1979,121, \26{; Lutter AcP 180 (1980), 84, 135; Winter Z H R 148 (1984), 579, 587ff; Landgrebe G m b H R 1967, 227, 229; Hoffmann G m b H R 1963, 61, 63; Maatz G m b H R 1974,124,126; Verhoeven B B 1978,335,336f; Rehbinder Z G R 1976,386,393; Flume, Die juristische Person, § 8 V 2, S. 302 ff. 51 §46 Nr. 8 Hs.2, §52 G m b H G , §§112, 147 Abs. 2 und 3 AktG. 52 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §16, S. 156ff; Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, §76 Anm. 9ff; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG, §76 Rz.22. 53 Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.215. Auch die Aktienrechtsreform von 1884 lehnte ein direktes Klagerecht des einzelnen Aktionärs mit der Begründung ab: „Das wäre weder sachlich, noch prozessual durchführbar; es eröffnete eine völlige Anarchie, gefährdete den Halt der Organisation, die Thätigkeit der Gesellschaftsorgane und leistete Erpressungen aller Art Vorschub. Sicher kann nicht erwartet werden, dass tüchtige Geschäftsleute die Stellung von Mitgliedern des Vorstandes und Aufsichtsrathes übernehmen, wenn sie gewärtigen müssten, wegen ihrer Verwaltungsakte von jedem der zahlreichen Aktionäre, dessen Auffassung über das, was der Gesellschaft zum Schaden gereicht, von der Generalversammlung abweicht, mit Klage bedroht oder belangt zu werden" (vgl. Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 594). 49 50

110

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

Rechtsdurchsetzung durch vertretungsberechtigte Organe der Gesellschaft von einer Beschluss- oder Weisungskompetenz der Haupt- oder Gesellschafterversammlung abhängt. 54 So hat nach § 46 Nr. 8 GmbHG die Gesellschafterversammlung als oberstes Leitungsorgan der Gesellschaft ungeachtet der formalen Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer im Außenverhältnis 5 5 zu beschließen, ob Schadensersatz- und Erstattungsansprüche der Gesellschaft gegen Mitgesellschafter 56 prozessual zu verfolgen sind, weil im Rechtsstreit die „Offenlegung der Gesellschaftsinterna abträgliche Wirkungen für das Ansehen und den Kredit der Gesellschaft nach sich ziehen kann" 5 7 . Problemlos ist nur in der Zweipersonengesellschaft der auf die Anweisung der Geschäftsführung gerichtete Gesellschafterbeschluss, Ersatzansprüche der GmbH gegen pflichtwidrig handelnde Mitgesellschafter (außer)prozessual zu verfolgen, weil der Mitgesellschafter als potenzieller Beklagter bei Entscheidungen kein Stimmrecht hat. 58 Dagegen werden Beschlüsse in der GmbH mit mehr als zwei Gesellschaftern vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Gesellschaftsvertrag nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen unter Ausschluss des von einer Klageerhebung betroffenen Mitgesellschafters gefasst. 59 Unter diesen Voraussetzungen ist kann kein Grund erkennbar, einzelnen Gesellschaftern die Umgehung der verbandsinternen Organisationsverfassung der GmbH einschließlich des Stimmverbots und der Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung zu gestatten, indem sie Erstat§ 147 AktG, §46 Nr.2 u. 8 GmbHG. § 46 Nr. 8 GmbHG lässt die Vertretungsmacht der Geschäftsführer unberührt, ist aber nach h.M. im Außenverhältnis als materielle Anspruchsvoraussetzung beachtlich. Das Fehlen einer Beschlussfassung führt zur Klageabweisung als unbegründet (BGHZ 28, 355, 359; OLG Köln NJW-RR 1994, 616, 617; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rz.34 a; Roth/Altmeppen, GmbHG, §46 Rz. 53; Scholz/K. Schmidt, §46 Rz. 142; Scholz/Emmerich, GmbHG, § 13 Rz.45; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §46 Rz.34; Hachenburg/Schilling, GmbHG, §46 Rz.31; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §46 Rz.22; Roth/Altmeppen, GmbHG, §46 Rz.46; Bartl/Fichtelmann u.a., GmbHG, §46 Rz.68; Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1527f; v. Gerkan ZGR 1988, 441, 450; Landgrebe GmbHR 1967, 227, 229; kritisch Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG §46 Rz.40; FOstrich DB 1981, 925, 926f). 56 BGH WM 1982,928,929. Das Beschlusserfordernis gem. § 46 Nr. 8 GmbHG erfasst alle Ersatz- und Erstattungsansprüche der Gesellschaft gegen Gesellschafter und Geschäftsführung auf jeder Rechtsgrundlage einschließlich wegen Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht (.Roth/Altmeppen, GmbHG, §46 Rz.28, 51, 54; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, §46 Rz. 38f; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., §46 Rz. Höf). 57 BGHZ 28, 355, 357; BGH WM 1975, 422f; 1986, 790f; OLG Nürnberg GmbHR 1959, 10, 12; OLG Köln NJW-RR 1994, 616, 617; Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1, 21. A.A. Scholz/K Schmidt, GmbHG, §46 Rz. 141, der allein auf die Verfügungsbefugnis der Gesellschaft abstellt. Teilweise wird auch angenommen, §46 Nr. 8 GmbHG trage dem Vertrauensverhältnis der Gesellschafter Rechnung (OLG Nürnberg GmbHR 1959, 10, 12; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §46 Rz.21; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §46 Rz. 33) bzw. schütze Gesellschafter und Organmitglieder vor willkürlicher Klageerhebung ( V e r h o e v e n BB 1978, 335, 337). Kritisch Gehrlein ZIP 1993,1525, 1528, weil es auch bei der Anfechtungsklage gem. §243 AktG zur Offenlegung von Gesellschaftsinterna kommen kann. 58 §47 Abs. 4 S. 2 GmbHG; vgl. dazu Scholz/K. Schmidt, GmbHG, §46 Rz. 155. 59 §47 Abs. 1 GmbHG; vgl. dazu Scholz/K. Schmidt, GmbHG, §46 Rz. 155. 54

55

I. Einführung

in die

Problematik

111

tungs- oder Schadensersatzansprüche aus der prinzipiellen Rechtszuständigkeit der Gesellschaft als juristische Person herauslösen und materiell-rechtlich und prozessual im eigenen Namen verfolgen. 5. Verhältnis der actio pro socio zum Mehrheits-

und

Minderheitsinteresse

Als paradigmatisch nennt Landgrebe60 folgenden Prozessgegenstand des Kammergerichts61: In einer GmbH war der Mehrheitsgesellschafter zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrates. Die Gesellschafterversammlung hatte beschlossen, wegen schuldhafter Verletzung der ihm als Aufsichtsrat obliegenden Pflichten Schadensersatzansprüche gegen ihn geltend zu machen. Der Minderheitsgesellschafter fürchtete aber, der Geschäftsführer würde infolge seiner inneren Abhängigkeit von dem Mehrheitsgesellschafter nicht entschieden genug gegen diesen vorgehen. Das Kammergericht verwehrte dem Minderheitsgesellschafter die Einzelbefugnis mit dem Hinweis auf die abschließende Regelung der Minderheitenschutzrechte im GmbH- und Aktienrecht.62 Das Stimmverbot für den Mehrheitsgesellschafter gewähre dem Minderheitsgesellschafter ausreichend Schutz. Außerdem stehe Minderheitsgesellschaftern mit mindestens 1/10 Anteil des Stammkapitals das Initiativrecht zur Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grund zu, um eine intolerabel gewordene Binnenbeziehung der Gesellschafter zu beenden (§61 Abs. 2 GmbHG). 63 Dagegen hält Landgrebe den Schutz des Minderheitsgesellschafters nur aufgrund eines gesetzlichen Stimmverbots des Mehrheitsgesellschafters für unzureichend, weil es eine objektive und loyale (außer)prozessuale Verfolgung von Ansprüchen durch den Geschäftsführer nicht gewährleiste.64 Er stünde vor dem Dilemma der pflichtgemäßen Verfolgung der Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Mehrheitsgesellschafter und dem Risiko der Abberufung als Gesellschaftsorgan, falls Grund und Modus der Anspruchsverfolgung den Interessen des Mehrheitsgesellschafters zuwiderlaufe.65 Von diesem Dilemma sei der Geschäftsführer frei zu stellen und die Rechtsmacht des Minderheitsgesellschafters zu stärken, indem diesem in Anlehnung an die actio pro socio das Recht verliehen werde, persönlich und im eigenen Namen Forderungen der Landgrebe GmbHR 1967, 227. KG J W 1934, 3073. Die Entscheidung hatte die Frage zum Gegenstand, ob §268 Abs. 2 H G B a.F. (= § 147 Abs. 3 S.2 AktG 1965) auf die GmbH entsprechend anzuwenden sei. Das KG verneinte die Frage, weil bei der Aktiengesellschaft das Schutzbedürfnis der Minderheit gegenüber der Mehrheit stärker ausgeprägt sei, als bei der GmbH. 62 §§50, 61 Abs.2, §66 Abs.2 GmbHG, §§ 120 Abs. 1 S.2, §§122, 130 Abs. 1 S.2, §§138, 142 Abs. 2, §147 AktG. 63 KG J W 1934, 3073. 64 Landgrebe GmbHR 1967, 227f. 65 Die Kapitalmehrheit des Mehrheitsgesellschafters befähigt ihn prinzipiell jederzeit, den für ihn lästig gewordenen Geschäftsführer durch Beschluss abzuberufen (§38 Abs.l, §46 Nr.5 GmbHG). 60 61

112

Teil 2: B. Ansprüche der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

GmbH gegen Mehrheitsgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft zu verfolgen.66 II. Kumulierte Rechtsinhaberschaft der Kapitalgesellschaft und des einzelnen Gesellschafters aufgrund materiellen Rechts 1. Standpunkt des Reichsgerichts zwischen Kapitalgesellschaft und Individualanspruch

Sozialanspruch der der Gesellschafter

a) Ausschließliche Rechtsinhaberschaft der Kapitalgesellschaft Binnenansprüche gegen Gesellschafter

für

Der II. Zivilsenat beim Reichsgericht67 lehnte die actio pro socio im Recht der Kapitalgesellschaften generell ab. Klagte ein einzelner Gesellschafter, dessen Vermögen durch Schädigung des Gesellschaftsvermögens aufgrund arglistig-kollusiven Handelns der Mitgesellschafter reflexartig in Mitleidenschaft gezogen war, so ließ das Reichsgericht seine auf Restitution gerichtete Klage nicht zu, weil ausschließlich die GmbH als Anspruchsträgerin die Forderung in ihr Vermögen einzuziehen hatte. Einzelnen Gesellschaftern fehle die „Sachbefugnis"68 für die Klage, weil die prozessuale Durchsetzung von Gesellschaftsansprüchen originäre Aufgabe der vertretungsberechtigten Gesellschaftsorgane sei.69 Auch die Analogie zu §2039 BGB verwarf der Senat, weil der Miterbe einer zur Erbschaft gehörenden Forderung eine Rechtsstellung als Gesamthandsberechtigter inne habe (§2033 BGB), hingegen dem Gesellschafter einer GmbH nur eine wirtschaftliche Position besäße.70 Der Ausschluss der actio pro socio im Kapitalgesellschaftsrecht schien daher ebenso eindeutig wie endgültig zu sein: Die actio pro socio setzt die Unmittelbarkeit und Wechselseitigkeit der Rechtsbeziehungen voraus. Eigene Regressansprüche des Gesellschafters gegen Mitgesellschafter wegen deren Handeln zum Schaden der Gesellschaft sind nicht begründbar, weil zwischen Kapitalgesellschaftern keine unmittelbare Rechtsbeziehung besteht. Folglich blieb ausschließlichen die juristische Person für Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen Mitgesellschafter rechtszuständig.71 Landgrebe G m b H R 1967, 227, 228. RG Seuff. Arch. 83 Nr. 91, S. 144; siehe auch RG J W 1929, 1373. 68 Richtigerweise fehlte dem Kläger die Prozessführungsbefugnis, weil er ein fremdes, nämlich der GmbH zustehendes Forderungsrecht, im eigenen Namen verfolgte. 69 RG Seuff. Arch. 83 Nr. 91, S. 144,145. Zur Aktiengesellschaft siehe etwa ROHGE 19, 178; 22, 239; RGZ 29,2; 59, 49; 63,203, 63, 325; 73, 30, 393; 81, 271; 115, 289; 142,223; RG J W 1906, 464. 70 RG Seuff. Arch. 83 Nr. 91, S. 144, 145. 71 Sinngemäß Hachenburg/Schilling, GmbHG, 2. Aufl., Allg. Einl. Anm.25, Einl. zu §2, § 13 Anm. 3; Würdinger, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 12; Kirchner GmbHR 1961,161 f; Ganssmüller GmbHR 1963, 7, 8; ders. G m b H R 1970,170f; Maatz GmbHR 1974,124,125; siehe auch Nitschke Z H R 128 (1966), 48, 54; kritisch Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttungen bei 66 67

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft aufgrund materiellen Rechts

b) Erweiterte Rechtszuständigkeit des einzelnen Gesellschafters einer „ vertragsähnlichen Sonderrechtsbeziehung" Dagegen nuancierte der VI. Zivilsenat

beim Reichsgericht.71,

113

aufgrund

weil sich Gesell-

schafter einer G m b H wegen ihrer Beteiligung nach Geschäftsanteilen 7 3 nicht gleichermaßen „fremd" seien wie Aktionäre einer Aktiengesellschaft. D e r Geschäftsanteil im Sinne des § 14 G m b H G trage die Mitgliedschaft in der Gesellschaft und sei das M a ß der Rechte und Pflichten des Gesellschafters der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern gegenüber 7 4 ; er richte sich nicht nach Kopfteilen, sondern nach dem Betrag der von jedem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag übernommen Stammeinlage. 7 5 Daher seien Gesellschafter der G m b H unmittelbar und wechselseitig durch eine besondere Art des Gesellschaftsvertrags verpflichtet. 7 6 Die Unmittelbarkeit der Pflichtenbeziehung stützte der VI. Senat auf das Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter der G m b H nach Geschäftsanteilen, ohne - inkonsequenterweise - aufgrund der Aktieninhaberschaft

77

ein gesellschaftsrecht-

liches Verhältnis auch zwischen Aktionären zu befürworten. 7 8 D i e auf den G e schäftsanteil des G m b H - G e s e l l s c h a f t e r s gestützte „Vertragstheorie" des gerichts

Reichs-

übergeht den Rechtscharakter des Gesellschaftsvertrages der G m b H als

verbindliches Statut der juristischen Person. D e r Geschäftsanteil fixiert satzungsgemäß die Beteiligungsquote 7 9 des Gesellschafters an der Gesellschaft, schweigt aber dazu, ob der Gesellschaftsvertrag nach der Entstehung der juristischen Person Quelle ausschließlicher Rechtsbeziehungen der Gesellschafter zur juristischen Person ist und/oder außerdem über seine Funktion als Errichtungsakt der G m b H hinaus unmittelbare gesellschaftsrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen den Kapitalgesellschaftern selbst fortwirken lässt. 80

Kapitalgesellschaften, S. 181 ff; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 271 ff; Hoffmann GmbHR 1963, 61, 62; Landgrebe GmbHR 1967, 227, 228. 72 RG Warn. Rspr. 1914 Nr.247; siehe auch RGZ 88, 122, 124. 73 §§2,3 Abs.l Nr.4, §5 Abs. 1, §§ 14, 15, 26 Abs.2, §29 Abs.3 GmbHG. 74 Siehe dazu auch Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, §14 Rz. 10; Roth/Altmeppen, GmbHG, §5 Rz. 19, §14 Rz.2ff; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rz. 1. 75 §3 Nr. 4, §14 GmbHG. 76 RG Warn. Rspr. 1914 Nr.247; siehe auch RGZ 88, 122, 124. 77 §§1 Abs.2, 6, 8, 12, 23 Abs.2 Nr.2 u. Abs.3 Nr.4 AktG u.a.. 78 RGZ 68,235,245f; 146,385,395ff, 158,248,254. In den genannten Entscheidungen bejahte das RG unmittelbare Treuepflichtbeziehungen der Aktionäre zur Aktiengesellschaft, lehnte aber unmittelbare Treuepflichten der Aktionäre untereinander grundsätzlich ab. Siehe dazu auch oben Teil 1 Fn. 345. 79 Roth/Altmeppen, GmbHG, §5 Rz. 19, § 14 Rz.4; zur Aktie vgl. Baumhach/Hueck, AktG, §1 Rz. 14ff. 80 Zu Recht kritisch auch Hoffmann GmbHR 1963, 61, 62.

114

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

2. Standpunkt des Bundesgerichtshofs zwischen Sozialanspruch Kapitalgesellschaft und Individualanspruch der Gesellschafter a) Materiellrechtliche und beim einzelnen

Forderungskumulation Gesellschafter

bei der

der

Kapitalgesellschaft

Anders als das Reichsgericht transferiert der Bundesgerichtshof die „gesellschaftsrechtliche Treuepflicht" 81 vom Personengesellschaftsrecht in ein unmittelbares Rechtsverhältnis zwischen Kapitalgesellschaftern, um so Gesellschaftsansprüche der geschädigten Gesellschaft82 durch einzelne Gesellschafter gegen andere verfolgbar zu machen. Gegenstand und Reichweite der Gesellschafterklage in eigener Rechtszuständigkeit des Gesellschafters hat der Bundesgerichtshof in seiner ITT-Entscheidung83 grundlegend orientiert und sich von der Auffassung getrennt, Gesellschafter einer GmbH könnten Mitgesellschaftern nur bei vorsätzlicher und sittenwidriger Anweisung (§ 826 BGB) der Geschäftsführer und der dadurch verursachten Schädigung der Gesellschaft ersatzpflichtig werden.84 Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde 85 : Der Kläger war mit 15%, die Beklagte zu 85% an der Geschäftsführer-GmbH zweier Kommanditgesellschaften beteiligt. An diesen Gesellschaften waren die GmbH als Komplementärin, der Kläger als Kommanditist beteiligt. Die Kommanditgesellschaften hielten 81 Die Rechtsgrundlage der Treuepflicht wird aber auch für das Recht der Personengesellschaften kontrovers diskutiert. Zum Teil wird die Treuepflicht als bloßer Unterfall des §242 BGB oder der gesellschaftsvertraglichen Zweckförderungspflicht gem. §705 BGB verstanden (,MüKo/Roth, BGB, §242 Rz.120; Erman/H.P. Westermann, BGB, §705 Rz.182; Staudinger/ Keßler, BGB, Vorbem. zu § 705 Rz. 42; Larenz, Schuldrecht II, § 60 II, S. 382; Hennrichs AcP 195 [1995], 221,227ff; Häsemeyer ZHR 160 [1996], 109,113; Rowedder, GmbHG, § 13 Rz. 13; Kühler, Gesellschaftsrecht, §6 II c, S. 44; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz. 57; Baumbach/Hopt, HGB, § 109 Rz.23; Flume, Die Personengesellschaft, § 15 I, S.258f; Goette DStR 1994,214,215f; wohl auch MüKo/Ulmer, BGB, § 705 Rz. 182). Andere sehen in der Treuepflicht eine gesteigerte Pflichtenbindung, die über den Grundsatz von Treu und Glauben hinausgeht (Soergel/Hadding, BGB, §705 Rz.58; Fischer, in: Großkomm. HGB, §105 Anm.31 a; A. Hueck, Das Recht der OHG, § 6 II, S. 50; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 6 II 2, S. 46; Lutter ZHR 153 [1989], 446,452; ders. AcP 180 [1980], 84,103; ders. ZHR 162 [1998], 164,166f; Dreher ZHR 157 [1993], 150,159; Marsch/BarnerZHR\57 [1993], 172f; Th. Raiser ZHR 151 [1987], 422f, 430; Baumbach/Hueck/ Lutter/HommelFastrich, GmbHG, §13 Rz.21; Hachenburg/Schilling, GmbHG, §14 Rz.23; h o f f §14 Rz. 9). Mitunter wird die Auffassung vertreten, Treuepflichten seien organisationsrechtlich Bestandteil jeder Mitgliedschaft (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1 b, S.589; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 105 Rz. 161; Kort ZIP 1990,294, 295f), oder man bezeichnet die Treuepflicht als richterrechtliche Generalklausel ( H ü f f e r , AktG, §53 a Rz.15) und als gewohnheitsrechtlich etabliertes, rechtsformübergreifendes Verbandsprinzip (Henze ZHR 162 [1998], 186, 191). 82 Schanbacher AG 1999, 21, Gehrlein ZIP 1993, 1525f; Brandes, in: FS Fleck, 13,15; v. Gerkan ZGR 1988, 441,445. 83 BGHZ 65, 15 = BGH NJW 1976, 191 mit Anm. Ulmer = BGH BB 1975, 1450 mit Anm. Schilling. 84 BGHZ 65, 15,21. 85 Ausführlich dazu Rehbinder ZGR 1976,386,387f; Schanbacher KG 1999,21; ßergerZHR 149 (1985), 599, 601.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

115

ihrerseits Anteile an ausländischen Gesellschaften. D i e Beklagte veranlasste aufgrund ihres Einflusses in der Geschäftsführer-GmbH die Kommanditgesellschaften sowie deren ausländische Tochtergesellschaften zum Abschluss von „Service-Agrements" mit einer 100%igen Tochter der Beklagten, in deren Rahmen die Kommanditgesellschaften sowie deren Tochtergesellschaften eine jährliche Vergütung in F o r m einer Konzernumlage zu entrichten hatten. Diesen Zahlungen standen aber keine adäquaten Gegenleistungen der Tochtergesellschaft der Beklagten gegenüber. Es handelte sich vielmehr bei den Konzernumlagen um einseitige verdeckte Gewinnausschüttungen an die Beklagte (bzw. ihre 1 0 0 % i g e Tochtergesellschaft).

Rechtlich durfte der Kläger die Geschäftsführung der Komplementär-GmbH durch Beschluss anweisen, Rückerstattungsansprüche 86 namens der geschädigten GmbH & Co.KG gegen die Beklagte (außer)prozessual zu verfolgen oder solche in den anderen Gesellschaften durchzusetzen. 87 Das Organisationsrecht der GmbH hinderte den Kläger wegen des Stimmverbots der Mehrheitsgesellschafterin nicht an einem solchen Weisungsbeschluss (§47 Abs. 4 S.2 GmbHG). Im Gegensatz dazu hat der Bundesgerichtshof18 dem Gesellschafter wegen schuldhafter Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht einen einklagbaren eigenen und unmittelbaren Schadensersatzanspruch gegen die Mehrheitsgesellschafterin auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen zuerkannt 89 , weil die verdeckte Gewinnausschüttung das Gesellschaftsvermögen gemindert und dadurch mittelbar den Substanzwert der Gesellschaftsanteile des Klägers und gegebenenfalls auch seinen Reingewinn geschmälert habe (so genannter Reflexschaden). 90 Der Schaden, dessen Ausgleich der Kläger durch Rückzahlung der Umlage verlangte, war ihm zwar nicht als Gesellschafter der GmbH entstanden, weil diese selbst keine Umlage geleistet hatte, sondern als Kommanditist der GmbH & Co. KG, wo der Substanzwert seiner Anteile durch Zahlungen verringert worden war.91 Der Kläger war aber auch im Wert seines GmbH-Anteils geschädigt, und dieser Schaden 86 Umstritten ist, ob der Rückerstattungsanspruch auf §812 B G B oder §31 G m b H G analog zu stützen ist. Zum Meinungsstreit siehe Flume, Die juristische Person, § 8 IV 2 e, S. 294f; Winter Z H R 148 (1984), 579, 587f m.w.N. 8 7 §46 Nr. 8, §37 Abs. 1 G m b H G . 88 BGHZ 65, 15, 18. Das soll sogar dann gelten, wenn Tochtergesellschaften einer Kommanditgesellschaft benachteiligt werden, in die sich die Leitungsmacht der G m b H dergestalt fortsetzt, dass die Anteile daran nicht dem Kläger, sondern nur der Kommanditgesellschaft zustehen {BGHZ 65, 15, 20f). 8 9 Der Gesellschafter klagt nicht in Prozessstandschaft, sondern macht als Folge einer ihm gegenüber begangenen Treuepflichtverletzung eigene und unmittelbare Ersatzansprüche auf Leistung an die Gesellschaft geltend (BGH W M 1982, 928; BGH N J W 1990, 2627, 2628; Lutter/ Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 13 Rz. 19; Ulmer, in: FS 50 Jahre B G H , 273,307; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 1 I V 6 c), S. 531 f; Schanbacher A G 1 9 9 9 , 2 1 , 2 2 ; Stimpel A G 1986,117,118; Brandes W M 1987 Sonderbeilage N r . l , S.13; Flume, Die juristische Person, §8 V 2, S.303; v. Gerkan Z G R 1988, 441, 445; Berger Z H R 149 (1985), 599, 603; Fleck ZIP 1986, 269, 271; siehe auch Lutter Z H R 162 [1998], 164, 180). 9 0 Siehe auch BGH'WM 1982,928; S G / / N J W 1990,2627,2628; Roth/Altmeppen, § 13 Rz.29, §14 Rz. 4. 91 BGHZ 65, 15, 18.

116

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

war mit dem Schaden teilidentisch, den die Komplementär-GmbH infolge der Konzernumlage erlitten hatte. 92 Wird der ITT-Fall frei von der Verschachtelung als GmbH & Co.KG betrachtet und auf seinen GmbH-rechtlichen Kern reduziert, so ist Ausgangspunkt und Grundlage eines eigenen Ersatzanspruchs des Gesellschafters eine treuwidrige Schädigung der GmbH und die dadurch mittelbar verursachte Entwertung des Gesellschaftsanteils. Das belegen nachfolgende Urteile des Bundesgerichtshofs mit Bezug auf das ITT-Urteil, wonach unmittelbare und eigene Schadensersatzansprüche der Gesellschafter auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen neben solche der GmbH gegen den Schädiger treten, wenn gesellschaftsschädigendes Handeln zugleich den Wert des Geschäftsanteils bzw. den verteilbaren Reingewinn des Mitgesellschafters reduziert. 93 Die auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gestützte Schadensersatzlösung im ITT-Urteil lässt aber die grundsätzliche Frage offen, ob und inwieweit es die Kapitalgesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt und ihre körperschaftliche Verfassung zulassen, als Ausgangspunkt unmittelbar verletzbare Treuepflichten aus dem Gesellschaftsverhältnis nicht ausschließlich zwischen Gesellschaftern und der Gesellschaft als juristische Person zu verankern, sondern ihre unmittelbare Geltung zwischen Gesellschaftern anzunehmen. 94 Die Anerkennung unmittelbarer Treuepflichten zwischen Gesellschaftern der juristischen Person für eigenrechtliche gegenseitige Ansprüche hebt letztlich den im Gesetz verankerten Dualismus zwischen juristischer Person und Personengesellschaft auf. Nur in dieser wirken nach der Gesellschaftsgründung originäre Vertragspflichten aus dem Gesellschaftsvertrag fort, der im Gegensatz dazu bei der juristischen Person nach ihrer Entstehung seine Funktion als ihr Urheber eines eigenständigen Rechtssubjekts verliert.95 Der Bundesgerichtshof rechtfertigt die Abkehr von beiden im Gesetz getrennt fundierten Gesellschaftsformen für die GmbH mit vagen rechtstatsächlichen Feststellungen. Entgegen ihrer grundsätzlich körperschaftlichen Verfassung werde nämlich die GmbH häufig vertragsrechtlich und wirtschaftlich der Personengesellschaft angenähert. Sie werde zudem gewichtig und unmittelbar von ihren Gesellschaftern beeinflusst 96 , insbesondere von MehrheitsStimpel A G 1986, 117, 118. BGH WM 1982, 928; BGH N J W 1990,2627,2628, BGH DStR 1994,214 mit Anm. Goette; siehe auch Ulmer, in: FS 50 Jahre B G H , 273, 307; Wiedemann, in: FS 50 Jahre B G H , 337, 342. 9 4 Zur Kritik gegenüber der Treuepflicht-Formel, weil sie als Grundlage klagbarer Rechte der Kapitalgesellschafter zu konturlos sei, vgl. LG Düsseldorf W M 1993, 153, 160; Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S.251, 257f; Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 236; MarschBarner Z H R 157(1993), 172,177. Siehe auch Flume ZIP 1996,161,165, wonach auf die Mitgliedschaft zurückzugreifen sei, weil diese mehr Rechtssicherheit gewährleiste. Im Kern wird aber auch hier nur eine Leerformel (Treuepflicht) durch eine andere (Mitgliedschaft) ersetzt. 9 5 Siehe dazu S. 107. % BGHZ 65, 15, 18f; ähnlich Lutter AcP 180 (1980), 84, 105ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, S. 432ff. Inhalt und Reichweite gesellschaftsrechtlicher Treue werden allerdings im Urteil des BGH nicht detailliert festgelegt, sondern von den satzungsmäßigen Zwecken der GmbH, von ihrer Verwaltungsorganisation, von dem Umfang der Mitgliedschaft und von dem Ausmaß 92 93

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

117

gesellschaftern, die ähnlich wie in der Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar auf die Geschäftsführung zum Nachteil gesellschaftsbezogener Interessen der Gesellschafterminderheit einwirken können. 97 Als Ausgleich für eine mehrheitlich beherrschte Verbandsorganisation sei daher die Geltung unmittelbarer und wechselseitiger Treuepflichten zwischen Gesellschaftern erforderlich. Auf die Treuepflicht gestützt, wendet sich der Bundesgerichtshof vom Dualismus der Gesellschaftsformen einerseits ab, indem er einem Gesellschafter der GmbH ein unmittelbares (außer)prozessuales Forderungsrecht in der actio pro socio konzediert, hält andererseits aber auf der Rechtsfolgenseite am dualistischen Gesellschaftsfundament fest. Den mittelbaren (Reflex)Schaden des Gesellschafters kompensiert er im Vermögen der Gesellschaft durch Rückgewähr der von der Gesellschaft geleisteten Beträge98 Entschädigt wird nicht der an sich forderungsberechtigte, mittelbar durch verdeckte Gewinnausschüttung im Geschäftsanteil geschädigte Mitgesellschafter durch Leistung in sein Privatvermögen, sondern die unmittelbar geschädigte Gesellschaft in ihrem Gesellschaftsvermögen als Standort der Entstehung eines Vermögensdefizit. 99 Daher hat der Gesellschafter in der actio pro socio Leistung in das Gesellschaftsvermögen zu beantragen100, um das Risiko des Schuldners, konkurrierenden Anspruchsprätendenten ausgesetzt zu sein und eine Doppelhaftung des Schuldners101 für im Grunde denselben Schaden (Schaden der juristischen Person und Entwertung des Gesellschaftsanteils des Gesellschafters) auszuschließen.

des vorhandenen Rechtsschutzes für die Gesellschafter abhängig gemacht. Kritisch Ulmer NJW 1976, 192, 193, der zu Recht hervorhebt, dass Ersatzansprüche wegen Treuepflichtverletzung nicht von zusätzlichen und kaum justiziablen Voraussetzungen abhängig gemacht werden können. 97 BGHZ 65, 15, 19. In ähnlicher Weise begründete der BGH unmittelbare Treuepflichten auch zwischen Aktionären (BGHZ 103, 184, 195 [„Linotype"]; BGHZ 129, 136, 144 [„Girmes"]). Zum Gegengewichtsprinzip als Grundlage von Treuepflichtbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern siehe auch Wiedemann ZGR 1980,147,156; ders, Gesellschaftsrecht I, § 8 II 3 a, S.432f; ders]Z1976, 392, 393; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Verbänden, S. 342; ders, in: Kölner Komm. z. AktG, Einl. Rz. 169; ders. ZHR 162 (1998), 235,237; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20IV 2, S. 590ff; H ü f f e r , AktG, § 53 a Rz. 17; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rz.25; Scholz/Winter, GmbHG, § 14 Rz. 58; Henze ZHR 162 (1998), 186f; Marsch-Barner ZHR 157 (1993), 172, 176; Häsemeyer ZHR 160 (1996), 109, 113; Dreher ZHR 157 (1993), 150, 154; Rehbinder ZGR 1976, 386, 391; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 261. 98 BGHZ 65, 15, 18. 99 BGHZ 65, 15, 16; siehe auch BGH WM 1982, 928; 1987, 13, 16; Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1526; Brandes, in: FS Fleck, Off; Tb. Raiser ZHR 153 (1989), 1,10; Lutter ZHR 162 (1998), 164, 180 Fn.98; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.29. 100 Siehe auch Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 185f, 190 mit Fn.41. 101 Zur Problematik vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz.30; Wiedemann WM 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S. 7, 26.

118

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

b) Subsidiarität der actio pro socio für eigene Forderungsrechte Kapitalgesellschafters

des

Lehnt der Bundesgerichtshof im ITT-Urteil das Forderungsrecht einzelner Gesellschafter der GmbH gegen Mitgesellschafter an die schuldhafte Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht an, so hat die auf diesen Verstoß gestützte Klage wegen der in §46 Nr. 8 GmbHG geregelten Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführungs- und Vertretungsregelung in §35 Abs. 1 GmbHG nur subsidiäre Bedeutung. 102 Wenn nämlich Ausgleichsansprüche des einzelnen Gesellschafters und der GmbH inhaltsidentisch sind, bleibt diese grundsätzlich für die Rechtsverfolgung zuständig 103 , denn die Kompetenzordnung der Gesellschaft (§§35, 46 Nr. 2 und 8 GmbHG) behält ihren Primat. Die Untätigkeit der für die Rechtsausübung zuständigen Gesellschaftsorgane lässt die Subsidiarität der Forderungszuständigkeit einzelner Gesellschafter so lange unberührt, bis gesellschaftsinterne Möglichkeiten des Zwangs und der Einwirkung auf diese Organe erschöpft sind. Mithin hat der einzelne Gesellschafter sein Interesse an der Rechtsverfolgung vorrangig in der Gesellschafterversammlung zur Abstimmung zu bringen (§45ff GmbHG) und gegen einen ablehnenden Gesellschafterbeschluss gegebenenfalls Klage (Anfechtungsklage, positive Beschlussfeststellungsklage) zu erheben. 104 Im Kern hebt der Bundesgerichtshof jedoch den im Gesetz angelegten Dualismus der Rechtsformen auf. Die Selbständigkeit des Rechtssubjekts „Kapitalgesellschaft" verliert ihre trennende Funktion, indem das personengesellschaftsrechtliche Strukturelement - Unmittelbarkeit der Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern - auch im Recht der Kapitalgesellschaften Geltung beanspruchen soll. Die Distanz zwischen den beiden Fundamenten des dualistischen Gesellschaftssystems verkürzt der Bundesgerichtshof, weil er an den Vorrang der Organisationsverfassung der GmbH geringe Anforderungen knüpft. Er meint, in der zweigliedrigen Gesellschaft gebe es keine überzeugenden Gründe für den Umweg, der benachteiligte Minderheitsgesellschafter müsse vorrangig die Geschäftsführung der GmbH durch einen Weisungsbeschluss 105 zu kompetenzgemäßer Verfolgung der Restitutionsansprüche gegen Mehrheitsgesellschafter anhalten. 106 Für die mehrgliedrige GmbH senkt er aufgrund ihrer spezifischen Eigenart zusätzlich die Schwelle für die unmittelbare Verfolgung der Ansprüche der GesellBGHZ 65, 15, 21; BGH WM 1982, 928, 929; BGH NJW 1990, 2627, 2628. BGH NJW 1990, 2627, 2628. 104 BGH WM 1982, 928, 929; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz.40; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rz.34a; Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1529; Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1,18 ff; Zöllner ZGR 1988, 392, 408ff. 105 §46 Nr. 8, §37 Abs. 1 GmbHG. 106 BGHZbb, 15,21. Nach BGH ZIP 1991,582,583 erübrigt sich in der zweigliedrigen GmbH überhaupt eine Beschlussfassung gem. §46 Nr. 8 GmbHG, weil dies wegen des Stimmrechtsausschlusses des zu verklagenden Gesellschafters eine überflüssige Formalität bedeuten würde. 102 103

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

119

schaft durch einen einzelnen Gesellschafter. Die Anspruchsverfolgung eines Gesellschafters der mehrgliedrigen GmbH soll ohne Vorstufe eines Weisungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung zulässig sein, wenn eine Schadensersatzklage der Gesellschaft undurchführbar ist, weil sie der Schädiger vereitelt oder die Machtverhältnisse in der Gesellschaft so erschweren, dass eine Klage gegen die Gesellschaft auf Erhebung einer Haftungsklage ein unzumutbarer Umweg wäre. 107 Die Voraussetzungen einer actio pro socio hat der Bundesgerichtshof zusätzlich reduziert, weil der einzelne Gesellschafter im eigenen Namen die Kompensation in das Gesellschaftsvermögen fordern darf, wenn die Geschäftsführung der GmbH einen Gesellschafterbeschluss auf Anspruchsdurchsetzung voraussichtlich nicht respektiere.108 c) Ablehnung

des ITT-Urteils

für das Verbandsinnenrecht

in der

Literatur

Das ITT-Urteil des Bundesgerichtshofs gilt als „Markstein" 109 gesellschaftsrechtlicher Judikatur, Rechtsgrund und rechtsdogmatische Herleitung und Fundierung der Einzelklagebefugnis sind in Rechtsprechung und Rechtslehre jedoch strittig geblieben.110 Das gesellschaftsrechtliche Schrifttum wendet sich gegen das Judikat, weil im Recht der Kapitalgesellschaften nur die juristische Person Trägerin von Rechten und Pflichten und daher die actio pro socio dogmatisch ohne Systembruch nicht exakt begründbar sei111. Anders als in Personengesellschaften stünden Gesellschafter nur zur juristischen Person in Rechtsbeziehung, nicht zu Mitgesellschaftern. 112 Der einzelne Gesellschafter der GmbH habe daher keine Sachbefugnis, materiellrechtlich und (außer)prozessual Ansprüche der von ihm personenverschiedenen GmbH für diese im eigenen Namen durchzusetzen. 113 107 BGH WM 1982, 928, 929; siehe auch BGH WM 1969, 1081; OLG Düsseldorf ZW 1994, 619,621; OLG Köln NJW-RR 1994,616,617; v. Gerkan ZGR1988,441,450; Baumbach/Hueck/ Fastrich, GmbHG, § 13 Rz. 34 a; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 43 Rz. 25; Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, 190; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 291 f; K. Schmidt GmbHR 1979, 121,127; Lutter AcP 180 (1980), 84, 136f; Ulmer NJW 1976, 192, 193; Landgrebe GmbHR 1967, 227, 230f. 108 BGH NJW 1990, 2627,2628; siehe auch Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1529; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.43. 109 Ulmer NJW 1976,192; ders, in: FS 50 Jahre BGH, 273, 306f. Das ITT-Urteil hat vor allem darauf verzichtet, faktische Konzernbeeinflussungen einer GmbH durch analoge Anwendung der §§ 311 ff, 317 Abs. 4, § 309 Abs. 4 AktG zu lösen. Stattdessen hat der BGH unmittelbare und eigene Schadensersatzansprüche der GmbH-Gesellschafter wegen Treuepflichtverletzung anerkannt ( K ü h l e r , Gesellschaftsrecht, § 30 III 2 b), S. 362; Ulmer, in: FS 50 Jahre BGH, 273,301; Wiedemann, in: FS 50 Jahre BGH, 337,342; ders. JZ1976,392ff; Rehbinder ZGR 1976,386ff; Schilling, in: FS Hefermehl, 383ff, Stimpel AG 1986,117ff; Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh § 13 Rz. 91 ff). 110 Schanbacher AG 1999, 21f; Gehrlein ZIP 1993, 1525ff; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.35ff; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rz. 32ff; siehe auch Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 306ff. 111 Kirchner GmbHR 1961, 160f. 112 Ganssmüller GmbHR 1970, 170. 113 Ganssmüller GmbHR 1963, 7, 8.

120

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

Andere Auffassungen billigen dem Einzelgesellschafter der GmbH ein eigenes materiellrechtliches oder prozessuales Forderungsrecht nach dem Vorbild der im Personengesellschaftsrecht entwickelten actio pro socio zu, ohne dass sich eine einheitliche Linie zur Prozessführungsbefugnis des Einzelgesellschafters (Prozessstandschaft oder eigene materielle Ansprüche gegen Mitgesellschafter) feststellen ließe.114 Soweit das Schrifttum die Klage des einzelnen Gesellschafters anerkennt, bleibt zudem unklar, ob sie uneingeschränkt zulässig sein soll, insbesondere, ob der Gesellschafter ein umfassendes Kontrollrecht 115 oder nur eine subsidiäre Notzuständigkeit 116 anstelle der Gesellschaft ausübt, wenn die Ordnung der Organzuständigkeit der Gesellschaft kasuistisch versagt. Ein uneinheitliches Bild zeigt auch die Abgrenzung der Einzelklagebefugnis von der Zuständigkeit der Geschäftsführung und von Gesellschafterbeschlüssen (§46 Nr. 8 GmbHG) sowie von den gegen die Gesellschaft gerichteten Klagearten (Anfechtungsklage, positive Beschlussfeststellungsklage).117 3. Standpunkt der Rechtslehre zur Forderungskumulation Kapitalgesellschaft und beim einzelnen Gesellschafter

bei der

a) Gesetzliche Ausfallhaftung als Begründung unmittelbarer Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern (1) Kollektive Deckungspflicht als Sonderrechtsbeziehung zwischen

gesamtschuldähnliche Kapitalgesellschaftern

Verbreitet118 findet sich im Anschluss an Ballerstedt119 die aus der gesetzlichen Ausfallhaftung in der GmbH 1 2 0 abgeleitete Ansicht, die GmbH habe trotz ihrer 114 Auch die Instanzgerichte behandeln die actio pro socio als Prozessstandschaft, obwohl das ITT-Urteil gerade eigene Ersatzansprüche auf Leistung an die Gesellschaft anerkennt (OLG Düsseldorf ZIP 1994,619; OLG Köln N J W - R R 1994,616). Ähnlich auch Lutter Ac? 180 (1980), 84, 135; Lutter/Hommelhoff G m b H G , §43 Rz.25; Wiedemann J Z 1976, 392, 395; ders, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S. 461 ff; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz. 13;/f. Schmidt G m b H R 1979, 121, 126; ders, Gesellschaftsrecht, §21 IV 6 c, S.645; Flume, Die juristische Person, § 8 V 2, S.303. Siehe auch Rehbinder Z G R 1976, 386, 393f, wonach der Gesellschafter Ansprüche aus Treuepflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft aus der Treuepflicht unter den Gesellschaftern geltend mache. 115 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1 c, S.459; Flume, Die juristische Person § 8 V 2, S. 304f. 116 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 6, S.643f; ders. G m b H R 1979, 121,126; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz. 161; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §13 Rz. 8; Rowedder, G m b H G , §13 Rz.18. 117 Siehe dazu etwa Gehrlein ZIP 1993, 1525ff; Kowalski ZIP 1995, 1315ff. 118 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.289, Scholz/H.P. Westermann, G m b H G , Einl. Rz.7; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §13 Rz. 6; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §24 Rz. 10; Scholz/Emmerich, G m b H G , §24 Rz.23; Landgrebe G m b H R 1967, 227, 228; Hoffmann G m b H R 1963, 61, 62. 119 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 181 ff. 1 2 0 § § 2 4 , 3 1 Abs.3 G m b H G .

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund materiellen

Rechts

121

Eigenständigkeit als Rechtsperson und ihres Standorts im Kapitalgesellschaftrecht wegen der gesellschaftsrechtlichen Bindungsintensität der Anteilseigner strukturell eine der Personengesellschaft angenäherte Sonderstellung. Sind die Gesellschafter nämlich nach der Entstehung der GmbH wechselseitig zur Ausfallhaftung gemäß §§24, 31 Abs. 3 GmbHG verpflichtet, so bilde die Entstehung der juristischen Person keine verabsolutierbare Zäsur für die ursprünglich im Gesellschaftsvertrag angelegten Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern. Sie stünden aufgrund einer gesamtschuldähnlichen Haftungsgemeinschaft (§421 ff BGB) rechtsähnlich wie Personengesellschafter zueinander. Die Verpflichtung zu gemeinschaftlicher Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals ruhe nicht ausschließlich im körperschaftlichen Rechtsverhältnis der Gesellschafter zur GmbH, sondern zugleich in einer unmittelbaren und wechselseitigen Rechtsbeziehung zwischen Gesellschaftern.121 Diese Unmittelbarkeit und Wechselseitigkeit der Rechte und Pflichten der Kapitalgesellschafter122 belegten die auf die kollektive Deckungspflicht (§§24, 31 Abs. 3 GmbHG) stützbaren Regressansprüche eines Gesellschafters gegen andere, für die Ballerstedt in §426 Abs. 1 B G B die Grundlage sieht123, weil die Rechtslage bei kollektiver Deckungspflicht dem Gesamtschuldverhältnis gemäß §421 BGB vergleichbar sei.124 „Ein anderes" im Sinne der Grundregelung in §426 Abs. 1 Satz 1 BGB sei bestimmt, weil der Ausgleich zwischen regresspflichtigen Gesellschaftern nicht anteilsgleich, sondern nach Geschäftsanteilen erfolge. Dieses Ausgleichsmaß sei gem. §3 Abs. 1 Nr. 4, § 14 GmbHG in dem unmittelbaren gesellschaftsrechtlichen Verhältnis verwurzelt, das zwischen Gesellschaftern der

Sinngemäß auch Hachenburg/Schilling, GmbHG, § 13 Rz. 6. Nicht eindeutig ist, ob das unmittelbare Rechte und Pflichten umfassende Rechtsverhältnis als Vertrag oder als Sonderrechtsbeziehung mit gesellschaftsrechtlichen Elementen aufzufassen ist. Einerseits wird vertreten, dass sich die Rechtsbeziehung der Gesellschafter nach Eintragung der Gesellschaft auf die Wahrung der gesellschafterlichen Treue reduziere (Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 185, 186f). Dagegen schließen andere aus der persönlichen Verbundenheit der Gesellschafter auf den Fortbestand eines Gesellschaftsvertrages, welcher die Gesellschafter untereinander verpflichte, die vertraglich festgesetzten Leistungen zu erbringen. Nach dieser Auffassung konkurrieren die Ansprüche der Gesellschafter mit denjenigen der Gesellschaft (TA. Raiser Z H R 153 [1989], 1, l l f , 19,20; Hachenburg/ Schilling, GmbHG, §13 Rz. 6; ähnlich Scholz/H.P. Westermann, GmbHG, Einl. Rz.7; wohl auch MüKo/Reuter, B G B , §34 Rz.20: „Vertrags-GmbH"). 123 Teilweise wird aber auch § 812 B G B oder § 774 B G B analog befürwortet. Siehe dazu Brodmann, Bern. 4 zu §24 GmbHG; Hachenburg/Goerdeler, GmbHG, §24 Rz.33, §31 Rz.29; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, §24 Rz. 10; Scholz/Emmerich, GmbHG, §24 Rz.23; Bartl/Fichtelmann u.a., GmbHG, § 24 Rz. 4; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §26 Rz. 10; Rowedder, GmbHG, §24 Rz.8; Roth/Altmeppen, GmbHG, §24 Rz. 12; Hoffmann GmbHR 1963, 61, 62; Landgrebe GmbHR 1967, 227, 228. 124 Sinngemäß Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §24 Rz. 10; Scholz/Emmerich, GmbHG, §24 Rz.23; Hachenburg/Schilling, GmbHG, §13 Rz.6; siehe auch Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.289, Scholz/H.P. Westermann, GmbHG, Einl. Rz.7; Landgrebe GmbHR 1967, 227, 228; Hoffmann GmbHR 1963, 61, 62. 121 122

122

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

G m b H im Beitritt z u m Gesellschaftsvertrag u n d der Verpflichtung zu gemeinsamer A u f b r i n g u n g der Stammeinlagen p r o rata begründet werde. 1 2 5

(2) Haftungsgemeinschaft

ohne

Gesamtschuldcharakter

Weder die gesetzliche Ausfallhaftung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft noch ihre H a f t u n g nach statutarischen Geschäftsanteilen bzw. Stammeinlagen lassen die A n n a h m e einer gesamtschuldähnlichen Haftungsgemeinschaft der Gesellschafter auf gemeinschaftsvertraglicher Verpflichtung zu; denn originär haften Gesellschafter nur der Gesellschaft als einer eigenständigen Rechtsperson (§ 24, § 31 Abs. 3 G m b H G ) . 1 2 6 Die Systematik der Ausfallhaftung f ü h r t weder direkt noch analog zu §§421, 427 BGB als Grundlagen einer Ausfallhaftung der Gesellschafter f ü r rückständige Einlagen- oder Erstattungsbeträge, sondern nur zur Teilschuldnerschaft gegenüber der G m b H gemäß §420 BGB. 1 2 7 Jeder Gesellschafter schuldet der Gesellschaft nicht die gesamte von einem Mitgesellschafter nicht erbrachte Leistung, sondern haftet nur im Verhältnis der H ö h e seines Geschäftsanteils zur H ö h e der übrigen Geschäftsanteile. 1 2 8 Scheidet also die Reali-

125 So auch Landgrebe G m b H R 1967,227,228; Hoffmann G m b H R 1963,61, 62; Scholz/H.P. Westermann, G m b H G , Einl. Rz. 7; siehe auch Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 13 R z . 6 ; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.289, Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §24 Rz. 10; Scholz/Emmerich, G m b H G , §24 Rz.23. 126 Zumindest missverständlich ist die Formulierung, § 24 G m b H G sei „nur aus d e m gemeinsamen Willen u n d Entschluss der Gesellschafter zu erklären, das Stammkapital a u f z u b r i n g e n " (Ballerstedt, Kapital, G e w i n n u n d A u s s c h ü t t u n g bei Kapitalgesellschaften, S. 183f; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.288; sinngemäß Scholz/H.P. Westermann, GmbHG, Einl. Rz. 7; Hoffmann G m b H R 1963,61,62). A u c h in der Personengesellschaft verpflichten sich Gesellschafter zu Beitragsleistungen, o h n e dass deswegen schon eine gesetzliche Ausfallhaftung vorgesehen wäre. Stattdessen gilt d o r t als G r u n d s a t z , dass Gesellschafter zu Nachschüssen nicht verpflichtet sind (§ 707 BGB). Daraus folgt aber, dass § 24 G m b H G als Besonderheit des G m b H Rechts konzipiert ist. Die Vorschrift steht im Z u s a m m e n h a n g mit § 7 Abs. 2 G m b H G u n d sichert als abschließendes gesetzliches H a f t u n g s i n s t i t u t nochmals die A u f b r i n g u n g des Stammkapitals z u m Schutz der Gesellschaftsgläubiger ( B r o d m a n n , Bern. 1 zu §24 G m b H G ; Roth/Altmeppen, G m b H G , §21 Rz. 1, §24 Rz. 1, Baumbach/Hueck/Fastnch, G m b H G , §24 Rz. 1; G. Hueck, G e sellschaftsrecht, §34 II 3 b, S.328; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 17 II 1, S.217ff). 127 Die H a f t u n g als Gesamtschuldner entspricht im Kern n u r einer rechtspolitischen F o r d e rung (vgl. Gessler G m b H R 1966, 106; K. Schmidt BB 1985, 154ff; Scholz/Emmerich, GmbHG, §24 R z . 2 ; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 384ff, 386ff; Hachenburg/Goerdeler, G m b H G , §24 Rz.2; siehe auch Wieland, Handelsrecht, B d . I I , S.341f; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 1 7 II 2, S.219). Siehe auch §35 A b s . 2 E 1939, der die Ausfallhaftung gem. §31 Abs. 3 G m b H G d u r c h eine G e s a m t s c h u l d h a f t u n g der Gesellschafter ersetzen sollte (vgl. dazu Schubert, Entwurf des Reichsjustizministeriums zu einem G m b H G von 1939, S. 103 u. 162). 128 N i c h t zu folgen ist der Auffassung, § 24 G m b H G sei eine A r t Bürgschaft der Gesellschafter füreinander (vgl. Hachenburg/Goerdeler, G m b H G , §24 Rz.33; Baumbach/Hueck, G m b H G , 13. Aufl., §24 A n m . 3 C; Lutter/Hommelhoff, G m b H G §24 Rz. 10). Im Gegensatz zu § 774 B G B erwirbt der Gesellschafter weder den A n s p r u c h der G m b H gegen den säumigen Mitgesellschafter n o c h dessen Geschäftsanteil. Er k o m m t allenfalls mittelbar in den Genuss des A n teils, soweit dieser im Kaduzierungsverfahren der G m b H zufällt (Roth/Altmeppen, GmbHG,

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft aufgrund materiellen Rechts

123

sierung des Anspruchs gegen einen Gesellschafter aus, so verteilt sich sein H a f tungsanteil auf die übrigen Gesellschafter im quotalen Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. 129 Davon abgesehen ist die Gesamtschuldhaftung §421 ff BGB analog f ü r die Ausfallhaftung der Gesellschafter ungeeignet, weil diese subsidiär u n d bei nicht erfüllter Einlagepflicht nach §24 G m b H G nur anwendbar ist, soweit diese weder beim zahlungspflichtigen Mitgesellschafter durchsetzbar noch Fehlbeträge durch Verkauf seines Geschäftsanteils gedeckt werden können. 1 3 0 Wird das Kapitalerhaltungsgebot (§30 G m b H G ) durch Leistungen an einen Gesellschafter verletzt, so steht die subsidiäre Kollektivhaftung der Mitgesellschafter ebenso wie die des gutgläubigen Leistungsempfängers unter dem Zusatzvorbehalt, dass der geleistete Betrag f ü r die Gläubigerbefriedigung erforderlich u n d der primär verpflichtete Mitgesellschafter nicht leistungsfähig ist (§31 A b s . 2 u n d 3 G m b H G ) . 1 3 1 Diese legislativen Bedingungsstufen der Ausfallhaftung stehen der Analogiefähigkeit der Gesamtschuldregeln als Grundlage eines unmittelbaren Rechtsverhältnisses zwischen Gesellschaftern entgegen, weil ihnen die „Gleichstufigkeit" oder „Gleichrangigkeit" mehrerer Verpflichtungen als wesentliches Strukturelement der Gesamtschuld fehlt. 132 Auch wenn die Voraussetzungen der Ausfallhaftung erfüllt sind, bleibt die originäre und primäre Pflicht zur Einlagenleistung bestehen, weil Mitgesellschafter lediglich eventuell und subsidiär zur Ü b e r n a h m e der nicht realisierbaren Einlage verpflichtet sind. Stehen daher originäre Leistungspflicht des Ausfallgesellschafters u n d Ausfallhaftung der Mitgesellschafter nicht auf derselben Stufe, so widerspricht das rechtsanaloge Konstrukt einer scheinbaren, unechten oder auch gesamtschuldähnlichen Haftungsgemeinschaft Sinn u n d Zweck der §§421 ff BGB. 1 3 3

§24 Rz. 11, 22; Rowedder, G m b H G , §24 Rz.14; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §24 Rz.9; Scholz/Emmerich, G m b H G , §24 Rz.22 a; Lutter/Hommelhoff G m b H G , §24 Rz.9). 129 Roth/Altmeppen, G m b H G , §24 Rz.8; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §24 Rz.7; Hachenburg/Goerdeler, G m b H G , §24 Rz.25, 30; Lutter/Hommelhoff G m b H G , §24 Rz.4, §31 Rz. 21; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , §24 Rz. 3; Rowedder, G m b H G , §24 Rz. 1; Scholz/ Emmerich, G m b H G , §24 Rz. 18, 20; Brodmann, Bern. 4 zu §24 G m b H G . §24 G m b H G kann dazu führen, dass Gesellschafter für sämtliche Ausfälle aufzukommen haben (LG Mönchengladbach ZIP 1986, 306; K. Schmidt BB 1985, 154; Hachenburg/Gocrdeler, G m b H G , §24 Rz.33; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §24 Rz. 1; Scholz/Emmerich, G m b H G , §24 Rz. 1, 20; Kübler, Gesellschaftsrecht, § 17 II 2, S.219). 130 §§22,23 G m b H G . 131 Zur Subsidiarität der Ausfallhaftung vgl. Roth/Altmeppen, G m b H G , §24 Rz.3; Rowedder, G m b H G , §24 Rz.2, 8, §31 Rz.16; Scholz/Emmerich, G m b H G , §24 Rz.4ff; Scholz/H.P. Westermann, G m b H G , §31 Rz.27. 132 BGHZ 106, 319; 108, 183; Medicus, Schuldrecht I, Rz.798; Larenz, Schuldrecht I, §37 I, S.635; Palandt/Heinrichs, BGB, §421 Rz.6f; MüKo/Selb, BGB, §421 Rz.7; ders, Mehrheiten von Gläubigern und Schuldnern, §5 II 7, S.40ff; Soergel/M. Wolf BGB, §421 Rz. 15•, Jauernig/ Stürner, BGB, §421 Rz.2; Erman/H.P. Westermann, BGB, §421 Rz.5. 133 Larenz, Schuldrecht I, §37 I, S.635.

124

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

(3) Begriff der „ Zweckgemeinschaft"

als

gegen

Mitgesellschafter

Leerformel

Auch die „Zweckgemeinschaft" 1 3 4 ist als Grundlage einer gesamtschuldähnlichen Haftungsgemeinschaft und unmittelbaren gesellschaftsrechtlichen Anspruchsbeziehung zwischen Kapitalgesellschaftern als Kriterium ungeeignet. Der unpräzise und mehrdeutige Begriff „Zweckgemeinschaft" lenkt in zwei Richtungen. Meint er die gemeinschaftliche Zweckverfolgung der Gesellschafter der GmbH, so wäre das kein Spezifikum gerade des Rechts der GmbH, sondern nach herkömmlichem Gesellschaftsrechtsverständnis ein konstitutives Merkmal sämtlicher Gesellschaften des Privatrechts, gleichviel ob Personengesellschaft oder juristische Person. 135 Die gemeinschaftliche Zweckverfolgung entbehrt der rechtlichen Fundierbarkeit, ob und wie die Unmittelbarkeit gesellschaftsrechtlicher Beziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern sozusagen janusköpfig zugleich neben die im Gesetz verwurzelte Unmittelbarkeit körperschaftlicher Rechtsbeziehungen der Gesellschafter zur GmbH als juristische Person treten kann. Wird die „Zweckgemeinschaft" hingegen aus der Sicht der GmbH als Gläubigerin mit der Identität ihres und desjenigen des Gesellschafters interpretiert, so entspricht dies der älteren Lehre 136 , die als wesentliches Kriterium echter Gesamtschuld die innere Zweckbindung der einzelnen Verpflichtungen als rechtliche und wirtschaftliche Grundlage für die Befriedigung der Ansprüche des Gläubigers ansah. Auch mit diesem Verständnis lässt sich keine gesamtschuldähnliche Haftungsgemeinschaft der Gesellschafter der GmbH durchsetzen, weil die h.M. 1 3 7 nicht die Verfolgung desselben Gläubigerinteresses, sondern die Gleichstufigkeit oder Gleichrangigkeit der Verbindlichkeiten als essentielles Kriterium der Gesamtschuld fordert.

(4) Regressnorm

§426 BGB und

Kondiktionsrecht

Die Analogie zu §§421, 427 BGB kann auch nicht deshalb für eine binnengesellschaftsrechtliche Gesamtschuld der Gesellschafter gelten 138 , weil sich die Ausfallhaftung auf eine „Haftung mehrerer" beziehe. Das Gesetz trennt die Gesamtvon der Teilschuld (§§420, 421 BGB) und unterscheidet mit jeweils eigenständigen Regeln zwischen Gesamtschuld und abgestuften Verpflichtungen von

134 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 183; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.288f. 135 Kühler, Gesellschaftsrecht, § 1, S. 1, § 1 III 1, S.4;; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 1 I, S. 1; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 1 11, S. 3; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz. 2; Grunewald, Gesellschaftsrecht, Einf. Rz. 1. Siehe auch Flume, Die juristische Person, §81, S. 261. 136 Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, Bd. II, §90 II 2, S. 361 f; vgl. auch BGHZ 5 9 , 9 9 f f ; Jauernig/Stürner, BGB, § 421 Rz. 1 f; MüKo/Selb, BGB, §421 Rz. 7; Erman/H. P. Westermann, BGB, §421 Rz.5; Palandt/Heinrichs, BGB, §421 Rz.7. 137 Vgl. die Nachweise Fn. 132. 138 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 183; siehe auch Hachenburg/Schilling, GmbHG, § 13 Rz.6.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

125

Schuldnermehrheiten. 139 §426 BGB ist als Regelung des Binnenausgleichs der Gesamtschuldner nicht erweiterbar in die Funktion „Generalregressnorm", wenn die Standardvoraussetzungen für ein Gesamtschuldverhältnis fehlen und auch sonst der konkurrierende Regressanspruch zwischen Mitschuldnern spezialgesetzlich nicht geregelt ist.140 Ballerstedt141 setzt voraus, die Ausgleichshaftung für Regressansprüche sei in § 24, § 31 Abs. 3 G m b H G planwidrig lückenhaft geregelt. Die Regelungslücke sei deshalb konstruktiv mit einer „gesamtschuldähnlichen Zweck- und Haftungsgemeinschaft" zwischen Gesellschaftern zu schließen, weil andernfalls Ansprüche unter Gesellschaftern ohne Ausgleich blieben. Diese Ansicht übersieht, dass sich der Regressanspruch des auf Zahlung rückständiger Einlage- oder Rückerstattungsbeträge in Anspruch genommenen Gesellschafters gegen den primär einlageverpflichteten Mitgesellschafter kondiktionsrechtlich begründen ließe (§812 Abs. 1 BGB), weil dieser durch die Ausfallhaftung der Mitgesellschafter rechtsgrundlos 142 von seiner Leistungspflicht befreit wird. 143 Daher greift die Rückgriffskondiktion gegen den kaduzierten Gesellschafter (§24 G m b H G ) oder gegen den zur Rückerstattung verpflichteten Gesellschafter (§31 Abs. 3 G m b H G ) ein, aber auch gegen Mitgesellschafter, deren Schuldanteil durch die Umlage von Fehlbeträgen (§24 S.2, §31 Abs. 3 S.2 G m b H G ) getilgt worden ist.144 (5) Ausfallhaftung

als gesetzliche

Gründungssicherheit

Die Argumentation Ballerstedt's beruht zudem auf einer petitio principii. Gerade weil der Rückgriffsmaßstab nach Kopfteilen (§426 Abs. 1 S. 1 BGB) durch den anderen Verteilungsmaßstab nach Geschäftsanteilen zu ersetzen sei, habe die „andere Bestimmung" i.S.d. §426 Abs. 1 S. 1 BGB keine andere Grundlage, als das unmittelbare gesellschaftsrechtliche Verhältnis, das zwischen den Gesellschaftern durch Beitritt zum Gesellschaftsvertrag und durch die Verpflichtung zur Einlage auf das Stammkapital begründet wird. 145 Ballerstedt will in den §24 G m b H G die

139

Endemann, L e h r b u c h des Bürgerlichen Rechts, § 154, S. 684f. MüKo/Selb, B G B , §421 Rz.9. vgl. Larenz, Schuldrecht I, §37 I, S.635; Fikentscher, Schuldrecht, §62 III, Rz.635. 141 Ballerstedt, Kapital, G e w i n n u n d A u s s c h ü t t u n g bei Kapitalgesellschaften, S. 183. 142 Medicus, Schuldrecht II, Rz.719; Palandt/Thomas, BGB, §812 Rz.59. 143 Brodmann, Bern. 4 zu §24 G m b H G . 144 Z u r Rückgriffskondiktion siehe etwa Medicus, Schuldrecht II, R z . 7 1 9 f f ; Fikentscher, Schuldrecht, Rz.1132; Larenz, Schuldrecht II, §68 III c, S.539f; MüKo/Lieb, BGB, §812 Rz.96ff; Staudinger/W. Lorenz, B G B , §812 R z . 4 2 f f ; Erman/H.P. Westermann, BGB, §812 Rz. 26ff; Soergel/Mühl, BGB, § 812 Rz. 30; Jauernig/Schlechtriem, BGB, § 812 Rz. 71 ff; Palandt/ Thomas, B G B , §812 R z . 5 8 f f . 145 Ballerstedt, Kapital, G e w i n n u n d Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 183f; Scholz/ H. P. Westermann, G m b H G , Einl. Rz. 7; Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 13 Rz. 6; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.289. 140

126

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

Unmittelbarkeit der Rechtsbeziehung als Grundlage unmittelbarer und gegenseitiger Ansprüche zwischen Gesellschaftern hineininterpretieren, weil ihre Verpflichtung zur Einlage des Stammkapitals nur auf vertraglicher oder vertragsähnlicher Grundlage beruhen könne. Dem liegt ein personengesellschaftliches, personenbezogenes oder personalistisches Verständnis von § 2 4 G m b H G zugrunde 1 4 6 , das die juristische Person in die Nähe der Wesenszüge einer Personengesellschaft rückt. Daran ist bedenklich, dass das Personengesellschaftsrecht vergleichbare Vorschriften über die Ausfallhaftung der Gesellschafter gerade nicht kennt, nicht einmal erfordert, weil Gesellschaftsgläubigern das Gesellschaftsvermögen und daneben die Gesellschafter persönlich mit ihrem Vermögen haften. 1 4 7 Zudem bedarf es keiner Konstruktion direkter und (quasi)schuldrechtlich-personalistischer Rechtsbeziehungen der Gesellschafter der G m b H durch extensive Auslegung des § 2 4 G m b H G , weil die kollektive Gesellschafterhaftung ohnehin kraft Gesetzes besteht. § 2 4 G m b H G bezweckt die Ausfallhaftung zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger 148 speziell für das G m b H - R e c h t wegen geringerer Gründungssicherheiten 1 4 9 als sie im Gründungsvorgang der Aktiengesellschaft vorliegen und lässt Ansprüche der G m b H aus § 2 4 G m b H G als Haftungsmasse zur Verfügung stehen. 1 5 0 Zusammen mit §31 Abs. 3 G m b H G sichert die Vorschrift funktionell die Kapitalaufbringung und -erhaltung 1 5 1 , sie ist nicht Ausdruck eines personalistischen, sondern eines spezifisch kollektivistischen Prinzips des geltenden Körperschafts- und Kapitalgesellschaftsrechts. 152

146 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 182f; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 289; Scholz/H.P. Westermann, G m b H G , Einl. Rz. 7; ähnlich Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §24 R z . l ; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §13 Rz.6. 147 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §10 III 1, S. 535ff; Flume, Die Personengesellschaft, § 16, S.282ff; A. Hueck, Das Recht der O H G , §21, S. 311 ff; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §2 IV, S.13; §15 III, S.122ff; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz.277ff; Baumbach/Hopt, H G B , §128 Rz.l. 148 Brodmann, Bern. 1 zu §24 G m b H G ; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 68f; Eickhoff., Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 38f; Roth/Altmeppen, G m b H G , §24 R z . l , Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §24 R z . l ; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §34 II 3 b, S.328; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 17 II 1, S.217ff. 149 Im Gegensatz zum Aktienrecht (§36 AktG) kann die GmbH schon dann eingetragen werden, wenn der Gesamtbetrag der erbrachten Bareinlagen zuzüglich der Sacheinlagen mindestens die Hälfte des Mindeststammkapitals gem. §5 Abs. 1 G m b H G erreicht (§7 Abs. 2 GmbHG). 150 Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz. 11, § 19 Rz. 15, §46 Rz.54. 151 Zum Grundsatz der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung siehe etwa Flume, Die juristische Person, § 8 IV 2, S.285ff; Kühler, Gesellschaftsrecht, §3 III, S.21f; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, § 91, S. 36ff; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 5 Rz. 6ff; Hüffer, AktG, §57 Rz.2ff. 152 Kubier, Gesellschaftsrecht, § 17 II, S.217ff, 219.

II. Rechtsinhaberschaft

(6) Geschäftsanteil

und

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

127

Sonderrechtsbeziehung

Ballerstedt setzt außerdem den Geschäftsanteil (§14 G m b H G ) mit der Stammeinlage (§3 Abs. 1 Nr. 4 G m b H G ) mehr oder weniger gleich.153 Ersterer umfasst die Mitgliedschaft 154 als Ausdruck der Gesamtheit der im Gesellschaftsverhältnis begründeten Rechte und Pflichten eines Gesellschafters zur Gesellschaft, letztere die Verpflichtung der Gesellschafter zur Leistung der Einlage bei Gründung oder bei Kapitalerhöhung. 155 Geschäftsanteil und Stammeinlage berühren sich nach §14 G m b H G nur insofern, als die Höhe der übernommenen Stammeinlage den Nennbetrag des Geschäftsanteils bestimmt. 156 Ihre Funktion als „Ziffer" 157 wirkt sich nur auf den wirtschaftlichen Wert des Geschäftsanteils und auf die Abhängigkeit der Rechte und Pflichten von der Beteiligungsquote aus.158 In § 14 G m b H G klingt nicht andeutungsweise an, die Unmittelbarkeit und Wechselseitigkeit der Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern vor der Gesellschaftseintragung in das Handelregister wirke anschließend in der Weise fort, dass die Verpflichtung zur Leistung der Stammeinlage nicht nur originär der Gesellschaft gegenüber, sondern auch einzelnen Gesellschaftern gegenüber getilgt werden dürfe. 159 In der juristischen Person geht die gründungsvertragliche Rechtsstellung des Gesellschafters voll in der Mitgliedschaft auf, die das rechtliche Verhältnis zur Gesellschaft beschreibt, so dass gesellschaftsrechtliche Beziehungen nur zwischen ihr und ihren Mitgliedern, nicht aber unmittelbar zwischen diesen gelten.160 153 Ballerstedt, Kapital, G e w i n n u n d A u s s c h ü t t u n g bei Kapitalgesellschaften, S.182f; siehe auch Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 289. 154 Flume, Die juristische Person, § 8 I, S. 258ff; Hachenburg/Ulmer, G m b H G , § 5 Rz. 12; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §14, R z . 4 f ; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §14 Rz. 1, 2, 10; Roth/Altmeppen, G m b H G , §5 Rz. 19, § 14 Rz.2, 13; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , § 14 R z . l ; Sudhoff, D e r Gesellschaftsvertrag der G m b H , S. 167f; Rowedder, G m b H G , §14 Rz. 1; Scholz/Winter, G m b H G , §14 Rz.2; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §14 R z . l , 6; Rowedder, G m b H G , §14 R z . l , 4; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , §14 R z . l ; Wieland, Handelsrecht, Bd. II, S. 310; Brodmann, G m b H G , Bern. 1 zu § 14; Kubier, Gesellschaftsrecht, § 17 II 1 c, S. 218; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §34 III 3, S. 330, §36 II, S.356ff; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz.725; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 2 I 1, S.95, § 7 III 2, S.382f; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz.429; Habersack, Die Mitgliedschaft - subjektives u n d „sonstiges" Recht, § 3 1 1, S. 16f; Lutter A c P 180 (1980), 84, 86ff. Zur Aktie vgl. Hüffer, A k t G , §1 Rz.13; Baumbach/Hueck, A k t G , §1 Rz. 16; Henn, H a n d b u c h des Aktienrechts, §1 Abschnitt 2, S.6ff, 12ff; Würdinger, Aktienrecht u n d das Recht der verbundenen U n t e r n e h m e n , §11 I I , S.45f; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §21 II, S. 187ff, §34 III 3, S.330. 155 Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 3 Rz. 19. 156 Hachenburg/Ulmer, G m b H G , §5 Rz. 12; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 14 Rz.3. 157 Brodmann, Bern. 1 zu §14 G m b H G . 158 G m b H G , § 14 Rz. 14ff; BaumLutter/Hommelhoff, G m b H G , § 14 Rz. 6ff; Scholz/Winter, bach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 14 Rz. lOff; Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 14 Rz. 8. 159 Siehe auch Flume, Die juristische Person, § 8 I, S. 258ff; ders, Die Personengesellschaft, § 9, S. 125ff. 160 Flume, Die juristische Person, § 8 I, S.258ff; ders., Die Personengesellschaft, § 7 I, S. 87ff, § 7 III, S.94ff; ders. Z I P 1996, 161ff; siehe auch Wieland, Handelsrecht, B d . I , §35 II, S.397f; Brodmann, Bern. 2 zu § 13 G m b H G .

128

Teil 2: B. Ansprüche der Kapitalgesellschaft

b) Gründungsvertrag Anspruchsbeziehungen (1) Personalistische Vertragsbeziehungen

gegen

Mitgesellschafter

als Begründung unmittelbarer zwischen Kapitalgesellschaftern „Realstruktur" zwischen

der Gesellschaft und Kapitalgesellschaftern

Zielt Ballerstedt's Rechtansicht auf die Aufweichung der gesetzlichen Struktur der GmbH als juristische Person, so wäre dieses Ziel eigentlich weniger verwikkelt mit der rechtstatsächlichen Feststellung begründbar, die Vertragspraxis nähere die Binnenregelungen der GmbH weithin der personalistischen Struktur der Personengesellschaften des Handelsrechts an.161 Dies machte den komplizierten Begründungsweg mit §§24, 31 Abs. 3 GmbHG oder mit einer gesamtschuldähnlichen Haftungsgemeinschaft von vornherein entbehrlich. Geht es nämlich um eine stichhaltige Begründbarkeit rechtlicher Direktbeziehungen zwischen Gesellschaftern der GmbH für gegenseitig verfolgbare (außer)prozessuale Ansprüche, so ließe sich die rechtliche Direktbeziehung ohne größeren rechtlichen Begründungsaufwand einfacher mit §2 Abs. 1 GmbHG (§2 AktG) etablieren, indem man die Funktion des Gesellschaftsvertrags als Errichtungsakt in einen Obligationsvertrag zwischen Gesellschaftern modifiziert, in dem die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen mit ihrer „Vorprägung" durch den Errichtungsvertrag einfach fortwirkten. So geben etwa Hachenburg/Schilling162 der persönlichen Verbundenheit der Gesellschafter der GmbH in rechtstatsächlicher Hinsicht sowie dem Angewiesensein auf gegenseitiges Vertrauen und Rücksichtnahme 163 eine zentrale Stellung für die unmittelbare Fortwirkung der originär im Gesellschaftsvertrag angelegten schuldrechtlichen (Gründungs)pflichten sogar nach Entstehung der Gesellschaft als juristische Person durch ihre Eintragung in das Handelsregister, weil sich die Gesellschafter im Vertrag wechselseitig verpflichten, die festgesetzten Leistungen zu erbringen, den Gesellschaftszweck zu fördern und gesellschaftsschädliche Handlungen zu unterlassen.164 161 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 181 f; siehe auch Hachenburg/Schilling, GmbHG, §13 Rz. 5f; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, Einl. Rz.17; §13 Rz. 19 m.w.N. 162 Hachenburg/Schilling, GmbHG, Einl. R z . l 2 f , 15, 31, §13 Rz.5f; ähnlich Hachenburg/ Ulmer, GmbHG, §2 Rz.4; Brodmann, Bern. 2 zu § 13 GmbHG; Ballerstedt, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 170, 187; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 II 3 a, S. 433; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 288; Th. Kaiser ZHR 153 (1989), 1, 20; Scholz/H. P. Westermann, GmbHG, Einl. Rz.7. 163 Ähnlich Lutter AcP 180 (1980), 84, 126f, wonach in sämtlichen Personenverbänden „partnerschaftliche Schutz- und Sorgfaltspflichten" in Bezug auf mitgliedschaftliche Interessen anderer Gesellschafter bestünden. Kritisch MüKo/Reuter, B G B , §34 Rz. 20 Fn. 78, weil es zwischen Aktionären an einer persönlichen Vertrauenswerbung fehle. Ahnlich auch Flume, Die juristische Person, § 8 I, S. 261 (Es widerspricht einfach den Tatsachen, dass, wer eine Aktie kauft, damit den anderen Aktionären verbunden wird. Diese gehen ihn vielmehr gar nichts an). 164 Missverständlich Hachenburg/Schilling, GmbHG, §13 Rz.8: Die Klagebefugnis sei dem

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft aufgrund materiellen Rechts

129

Dieselbe von der dualistischen Grundstruktur des Gesellschaftssystems gelöste Ansicht vertritt Th. Raiser165,

weil die Verabsolutierung der Rechtsfiguren

Gesamthand und juristische Person außer acht lasse, dass hinter der Gesellschaft Gesellschafter als natürliche Personen stünden, deren Rechtsbeziehungen letztlich auf dem Gesellschaftsvertrag beruhten. D i e eigene Rechtspersönlichkeit der G m b H erzwinge kein Rechtsverständnis, wonach ausschließlich die Gesellschaft als juristische Person gemäß § 1 3 A b s . l G m b H G ein „sternförmiges Z u o r d nungssubjekt" 1 6 6 sämtlicher Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsverhältnis sei und deshalb jede gesellschaftsrechtliche Direktbeziehung zwischen Gesellschaftern einer G m b H verhindere. Ansprüche der juristischen Person und gesellschaftsrechtliche Ansprüche der einzelnen Gesellschafter gegeneinander stünden daher grundsätzlich kumulativ nebeneinander. 1 6 7

(2) Dekonstruktion der juristischen Person durch personengesellschaftsrechtliche Strukturmerkmale D e r Reiz dieser Ansicht liegt in der Entbehrlichkeit dogmatisch komplexer K o n struktionen für den Nachweis der Unmittelbarkeit und Eigenständigkeit der in der actio pro socio verfolgbaren Ansprüche zwischen G m b H - G e s e l l s c h a f t e r n , sei es mit Hilfe der Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften oder einer Analogie zur Gesamtschuld. Wurzelt nämlich die für das Personengesellschaftsrecht entwickelte actio pro socio im Gesellschaftsvertrag 1 6 8 , so lässt sich auch im R e c h t der G m b H die Zulässigkeit der actio pro socio zwanglos auf § 2 Abs. 1 G m b H G und auf eine im Gegensatz zur Aktiengesellschaft mehr „personalistische" Ausgestaltung der G m b H stützen. 1 6 9 J e d o c h ist auch diese Art der Etablierung direkter Rechtsbeziehungen für (außer)prozessuale Einzelrechte zwischen Gesellschaftern nicht ohne weiteres tragfähig. D i e Gründungsfunktion des Gesellschaftsvertrags endet mit der Eintragung der G m b H in das Handelsregister Entstehung, also mit der Existenz einer juristischen Person. D e r Gesellschafter unterwirft 1 7 0 sich durch seinen - auch späGesellschafter „aus eigenem Recht", aber zur Geltendmachung eines „fremden Rechts" verliehen. 165 Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1, 20. 166 Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 II 3 a, S.433, der diese Sichtweise als verdeckte Ideologie zu Gunsten herrschender Gesellschafter bezeichnet; ähnlich Lutter AcP 180 (1980), 84,137, wonach es für die Rechtsidee unerträglich sei und die Autorität des Zivilrechts korrumpiere, wenn materielle Rechtspositionen in geradezu zynischer Weise an den Organisationsnormen verbandsinterner Zuständigkeitsordnungen scheitern sollen. 167 Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1, 20. 168 Dazu oben S. 57. 169 Hachenburg/Schilling, GmbHG, § 13 Rz. 5; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.286ff; siehe auch Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, §13 Rz. 32; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.35. 170 Reuter, in: FS 50 Jahre BGH, 211, 219ff.

130

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

teren - Verbandseintritt nur den Statuten der juristischen Person, nicht aber der Fortgeltung Gesellschaftsvertrags mit obligationsrechtlicher Beziehung zu den Gründungsgesellschaftern. Die „personalistische Realstruktur" der Gesellschaft als Steuerungskonzept für Einzelansprüche der Gesellschafter gegeneinander leidet daran, dass es sich über essentielle gesetzliche Strukturmerkmale der GmbH als juristische Person und als körperschaftlich verfasste Kapitalgesellschaft171 ebenso hinwegsetzt wie über die Funktion des Gesellschaftsvertrags als Gründungsakt und Satzung.172 Die Kumulierung und Gleichschaltung der Rechtsbeziehungen zwischen der juristischen Person und ihren Gesellschaften und zwischen diesen selbst vertauscht die Geltende Gesetzessystematik mit einer „neuen Systembildung" im Kapitalgesellschaftsrecht.173 Das Modell erscheint methodisch entwickelt, gemeint ist jedoch das angestrebte Ergebnis. Der gesetzessystematische Dualismus zwischen Personengesellschaft (§705 BGB) und körperschaftlich verfasster juristischer Person (§21 ff B G B ) verliert sich, indem kaum verhüllt rechtstatsächliche, beliebig tauschbare Phänomene der Strukturannäherung der GmbH - speziell im Innenverhältnis - an die Personengesellschaften des Handelsrechts rechtlich dienstbar werden.174 Das verdeutlichen Hachenburg und Schillingm sowie Immenga.X7b, weil sie statt der körperschaftlich verfassten GmbH als juristische Person entgegen § 13 GmbHG eine neue Kategorie personenbezogener Unternehmen mit personalistisch-individualistischer Prägung neben die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft stellen, die nur von Aktiengesellschaften als „kapitalmarktbezogene Unternehmen" mit kollektivistischer (kapitalistischer, körperschaftlicher oder überindividueller) Prä171 Die GmbH ist - unabhängig von Größe, Zahl ihrer Mitglieder oder auch dem Maß ihrer persönlichen Mitarbeit - im Innen- und Außenverhältnis als juristische Person (§13 Abs. 1 GmbHG), Körperschaft (§35 A b s . l , §§45, 46, 52, 53 G m b H G ) und Kapitalgesellschaft (§3 Abs. 1 Nr. 3 u. 4, §§ 5, 14, 47 G m b H G ) konzipiert (vgl. Brodmann, Bern. 1 - 2 zu § 1 G m b H G , Bern. 1 zu § 13 G m b H G ; Baumhach/Hueck/Fastrich, G m b H G , Einl. Rz. 14ff, § 13 Rz. 1; Roth/ Altmeppen, G m b H G , §13 R z . l , 10; Kubier, Gesellschaftsrecht, §4 IV S.20f, 27, §17 I, S.213; Flume, Die juristische Person, § 8 I, S. 260f; Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 1 Off; a.A. etwa Hachenburg/Schilling, G m b H G , Einl. Rz.4: nicht Verein oder Gesellschaft, sondern Personenverband eigener Art; a.A. auch Wieland, Handelsrecht, Bd. I, S. 416: Personenhandelsgesellschaft). 172 Siehe dazu S. 107. 173 Hachenburg/Schilling, G m b H G , §13 Rz.5f, Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.63ff, 286ff. 174 Siehe dazu auch Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 181 f, 184, 187; Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 20; Roth/Altmeppen, G m b H G , Einl. Rz.2; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , Einl. Rz. 17, §3 Rz.34; Scholz/H.P. Westermann, G m b H G , Einl. Rz. 2, 7; Lutter/Hommelhoff G m b H G , Einl. Rz. 5; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz. 675; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2. E. Rz. 3; Kühler, Gesellschaftsrecht, §17 12, S.213f; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz.405ff, 411. 175 Hachenburg/Schilling, G m b H G , §13 Rz.5; siehe auch Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , Einl. Rz.17; ähnlich bereits Wieland, Handelsrecht, Bd. II, §121 VII, S.350ff; ders, Handelsrecht, Bd.I, §35 IV, S.426. 176 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.288ff.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

131

gung abzugrenzen sind. Dieses generell an die Personengesellschaft angenähertes Gesellschaftsmodell löst sich von essentiellen und eindeutigen gesetzlichen Kriterien der Typisierung der G m b H als eigenständige Verbandsperson des Kapitalgesellschaftsrechts. Es zieht zur Begründung beliebig variable rechtstatsächliche Umstände heran, wie die amorphe „Intensität der Interessenverflechtung" und „Zusammenarbeit der Gesellschafter" sowie die „Intensität persönlicher Verbundenheit der Gesellschafter zur Gesellschaft und zueinander". 1 7 7 Die gesetzessystematisch-dualistische Unterschiedlichkeit zwischen der Gesamthandspersonengesellschaft und der juristischen Person wird ignoriert und zu einer konstruktiven „Möglichkeit" für die rechtliche Organisation irgendeines Personenzusammenschlusses denaturiert. 178 D e r dominant in rechtstatsächlichen Beobachtungen verwurzelte Standpunkt hat prima facie den Vorzug rechtlicher Flexibilität, weil er sich Erscheinungsformen und Ausgestaltungen der G m b H anpassen kann. Allerdings steht der Fixierung auf bestimmte rechtstatsächliche Phänomene nicht nur die gesetzliche Einteilung der privatrechtlichen Personenverbände nach Gesellschaftsformen bzw. Formtypen 1 7 9 entgegen; die Variabilität und Differenziertheit rechtstatsächlicher Phänomene verhindert die Ausformung eines in sich stimmigen und geschlossenen „neuen Systems". Die Anzahl der Mitglieder, die Inkonstanz der Dauer ihrer Mitgliedschaft, die mannigfaltige Intensität gesellschaftsinterner Beziehungen und persönlicher Betätigung der Gesellschafter in der Gesellschaft aufgrund vertrauensvoller oder auch familiärer Zusammenarbeit 1 8 0 sind keine juristisch verlässlichen Typisierungskriterien für eine fundamentale Neuordnung der Systematik privatrechtlicher Personenverbände. Die Variabilität vertraglicher Binnengestaltungen der G m b H aufgrund nachgiebigen Rechts zieht fließende Rechtsübergänge und beliebige Zwischenlösungen nach sich, die eine allgemeine Begriffsbildung nur noch für die Kategorien „neutral-kapitalistisch" oder „personalistisch" zulassen 181 und Rechtsklarheit und Rechtssicherheit abträglich sind. 182

177 Hachenburg/Schilling, G m b H G , Einl. Rz. 14ff, § 13 Rz. 5; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.288f. 178 Hachenburg/Schilling, G m b H G , §13 Rz.5. 179 Kühler, Gesellschaftsrecht, § 1 I 2, S. 2, §3, S. 18; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 1 III, S.3, §2, S. 7 ff. 180 Siehe nur Brodmann, Bern. 2 zu §1 G m b H G , Hachenburg/Schilling, G m b H G , Einl. Rz. 15; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §34 11, S. 322f; vgl. auch Ulmer, in: FS 50 Jahre B G H , 271, 281: Spannungsverhältnis zwischen körperschaftlich orientierter Grundkonzeption des Gesetzes und personalistischer Ausgestaltung mit einer Beteiligung von zwei bis fünf Gesellschaftern mit Geschäftsführungsfunktionen. 181 Zum Versuch einer empirischen Typenklassifizierung vgl. Hachenburg/Schilling, G m b H G , Einl. Rz. 15; siehe auch Lutter/Hommelhoff, G m b H G , Einl. Rz.4; Roth/Altmeppen, G m b H G , Einl. Rz.2. 182 Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.36ff.

132

Teil 2: B. Ansprüche der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

Den im gesetzlich-dualistischen System zwischen Personengesellschaft und körperschaftlicher juristischer Person angelegten Effekt der Rechtssicherheit 183 vernachlässigt auch der Bundesgerichtshof im ITT-Urteil 184 und beruft sich auf Ballerstedt und Immenga. Das Judikat verwischt Systemgrenzen dieser Gesellschaftsformen, weil es die Unmittelbarkeit gesellschaftsrechtlicher Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern (Treuepflichten) ohne Rücksicht auf die körperschaftliche Organisation und die Eigenständigkeit der GmbH als Rechtsperson auf beliebig veränderliche Begründungselemente aus dem Rechtstatsächlichen stützt. Organisation und wirtschaftliche Betätigung der GmbH unterlägen „oft" und in „erheblichem Maß" dem „unmittelbaren Einfluss ihrer Gesellschafter", so dass die inneren Verhältnisse der GmbH auf eine „deutliche Nähe" zu Personengesellschaften angelegt sein können. Genau besehen anerkennt die ITTEntscheidung in einem obiter dictum formal die neue Systembildung einer neutral-kapitalistischen und einer personalistisch organisierten GmbH mit geringen Nachweisvoraussetzungen für deren tatsächliche innere Struktur, um die unmittelbare Geltung einer Treuepflicht zwischen Kapitalgesellschaftern zu legitimieren. 185 Der Rechtsstandpunkt ist einer berechenbaren Rechtsanwendung abträglich, jedenfalls ungeeignet für eine Verallgemeinerung, zumal es sich bei dem ITTFall um den Sonderfall der konzernrechtlich- kapitalistisch gestalteten GmbH gehandelt hatte. 186 Zusätzlich stützt der Bundesgerichtshof derartige Rechtsbeziehungen auf die Prozessökonomie 187 , weil es ein rechtlich nicht verantwortbarer Umweg sei, wenn Minderheitsgesellschafter vor der Verfolgung eines Anspruchs gegen den Mehrheitsgesellschafter in der zweigliedrigen GmbH vorab durch Klage gegen die Gesellschaft Zwang auf die Geschäftsführer ausüben müssten. 188 Ein späteres Judikat hebt hervor, dass die Einzelklage des Gesellschafters zulässig sei, wenn vor ihrer Erhebung mit dem Beschluss der Gesellschafterversammlung nach §46 Nr. 8 G m b H G und der alsbaldigen Inanspruchnahme der Mitgesellschafter durch die GmbH nicht zu rechnen sei. 189 Da maßgeblich die Prozessökonomie herangezogen wurde, taucht die Loyalitätspflicht zwischen GmbH-Gesellschaftern nur als obiter dictum auf und wurde nicht materialisiert.190 Andererseits löst Kühler, Gesellschaftsrecht, § 1 I I , S . 3 f , § l III, S.4f, §2 III 4, S. 13f. BGHZ 65, 15, 18. 185 Flume ZIP 1996,161,162; siehe auch Wiedemann JZ 1976,392,393 und Ulmer NJW 1976, 192,193, die für eine uneingeschränkte Anerkennung der Treuepflicht-Formel im GmbH-Recht plädieren. 186 WiedemannJL 1976,392,396; Ulmer NJW 1976,192,193; Gehrlein ZIP 1993,1525, 1526f; Berger ZHR 149 (1985), 599, 606f. 187 Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.41; Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1530ff; Verhoeven BB 1978, 335, 336. 188 BGHZ 65, 15,21 unter 2. 189 BGH WM 1982,928,929. 190 Siehe auch Flume ZIP 1996, 161, 165 (Treuepflicht-Formel als Leerformel). 183 184

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft aufgrund materiellen Rechts

133

sich das Judikat von den Grundlagen der Rechtsform, „juristische P e r s o n " und vom Dualismus der Rechtsformen im Gesellschaftsrecht, indem die Unmittelbarkeit der Rechtsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern mit rechtstatsächlichen Phänomenen und Strukturelementen der Personengesellschaft legitimiert wird. Zu R e c h t wird daher das Judikat nicht als verallgemeinerungsfähig für die Unmittelbarkeit von Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern angesehen, weil letztlich die Rechtsform der juristischen Person „leichtfertig und schrankenlos" der gesetzlich-dualistischen Systematik zuwider aufgegeben würde. 1 9 1

(3) Fortbestand der juristischen Person trotz Gestaltungsfreiräume

satzungsautonomer

Entgegen verbreiteter Auffassung 1 9 2 lässt sich die G m b H in einer „neuen Systembildung" nicht ohne weiteres als personalistisch-individualistische Gesellschaft typisieren, weil die Dispositivität des G m b H - R e c h t s der gesellschaftsvertraglichen Inhaltsfreiheit anders als im Aktienrecht weite Spielräume zubillige. 1 9 3 Zweifelhaft ist bereits die Annahme, die kapitalistisch strukturierte G m b H sei eigentlich keine „kleine Aktiengesellschaft" 1 9 4 , die privatautonom vereinbarte personalistische Gesellschaftsgestaltung aufgrund dispositiven Rechts gebe der G m b H eine „echte Zwischenstellung" zwischen Aktiengesellschaft und Personengesellschaft als Grundlage unmittelbarer personalistischer Rechtsbeziehungen für Einzelansprüche der Gesellschafter gegeneinander. Im R e c h t der G m b H ist die Zulässigkeit vertraglicher Gesellschaftsgestaltungen innerhalb der G r e n zen dispositiven Rechts nicht das Ergebnis einer zunehmenden D e m o n t a g e k ö r perschaftlicher Grundstrukturen der G m b H contra oder praeter legem 1 9 5 , vielmehr entspricht die Dispositivität des G m b H - G e s e t z e s gerade der Intention des historischen Gesetzgebers. 1 9 6 N a c h geltendem Recht lässt sich die G m b H auch 191 Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.47ff; im Zusammenhang mit dem Trennungsgrundsatz siehe auch Bartl/Fichtelmann u.a., GmbHG, § 13 Rz. 3; siehe auch OLG München NJW-RR 1996, 746. 192 Hachenburg/Schilling, GmbHG, Einl. Rz. 13; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, Einl. Rz. 17; Roth/Altmeppen, GmbHG, Einl. Rz.2; Lutter/Hommelhoff GmbHG, Einl. Rz.4. 193 Vgl. § 3 Abs. 2, § 25, § 19 Abs. 2, § 45, § 51 a Abs. 3 GmbHG, § 23 Abs. 5 AktG. Zur GmbHrechtlichen Satzungsautonomie siehe etwa Rowedder/'Rittner, GmbHG, Einl. Rz.2; Hachenburg/Schilling, GmbHG, Einl. Rz. 9). 194 Siehe aber Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, Einl. Rz. 17, § 13 Rz. 19. 195 Sinngemäß aber Hachenburg/Schilling, GmbHG, Einl. Rz. 13 und 15: Anders als die Gesetzesväter rechneten, sei der Haupttyp der neuen Gesellschaftsform die „personalistisch geführte Unternehmung". 196 Das GmbHG führte für Betriebe mittlerer Größe eine zweite Form der Kapitalgesellschaft als „kleine Aktiengesellschaft" ein, zwar ebenfalls mit dem Vorzug der Haftungsbeschränkung, aber ohne die zum Teil komplizierten und kostspieligen Fesseln des Aktienrechts, insbesondere mit geringeren Anforderungen an die Gründung, niedrigeres Mindestkapital und einfacheren sowie vertraglich abwandelbaren inneren Strukturen der Gesellschaft (vgl. Wieland, Handelsrecht, Bd. II, S. 264ff; Brodmann, Bern. 1 u. 2 zu § 1 GmbHG, Immenga, Die personalistische Kapital-

134

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

als „Universalinstrument" umschreiben, das sich wegen seiner von Anfang an bestehenden offenen Charakteristik jedem Leitbilddenken entzieht und folglich auch nicht auf bestimmte rechtstatsächliche Phänomene fixiert werden darf. 1 9 7 Die Freiheit privatautonomer Gestaltung des Innenverhältnisses der G m b H aufgrund dispositiven Rechts lässt das gesetzliche Normalstatut der G m b H , ihre gesetzliche Vorprägung und ihre essentiellen Charakteristika unberührt (juristische Person mit gesetzlich vorgeschriebener Mindestverfassung und satzungsmäßig bestimmter Stammkapitalziffer). 1 9 8 Im Kern ist nur die dispositive Abweichung von Rechten und Pflichten in und gegenüber der Gesellschaft aufgrund zivilistischer Satzungsautonomie für das Binnenverhältnis der Gesellschaft zulässig. Die Nachgiebigkeit des Rechts für eine privatautonome Regelung des Binnenverhältnisses der Gesellschaft gibt der Mitgliedschaft in der G m b H aber nicht das Signum typischer Personenbezogenheit, wie sie die Mitgliedschaft in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder in der handelsrechtlichen Personengesellschaft charakterisiert. 199 Denn nicht die Person des Gesellschafters wird individualisiert, d.h. mit Rechten und Pflichten ausgestattet, vielmehr erhält der Geschäftsanteil (§14 G m b H G ) als Inbegriff der mitgliedschaftlich begründeten Rechte und Pflichten in Beziehung zur G m b H als juristische Person eine konkretere und individuellere Ausgestaltung. 2 0 0

(4) System- und Normenwidersprüche Gesellschaftsgrundformen

in der „neuen Systematik"

der

Die „neue Systematik" im Recht der G m b H setzt sich nicht nur über die körperschaftliche Organisation der G m b H auf kapitalgesellschaftlicher Grundlage hinweg. Die konzeptionelle Zweigleisigkeit zwischen der Systematik des G m b H G und der „neuen Systembildung" im Recht der G m b H zieht de lege lata Anpassungsfriktionen und Systemwidersprüche bei der Inkorporation von Rechtsfiguren des Personengesellschaftsrechts in das Körperschaftsrecht nach sich. Letzt-

gesellschaft, S.63ff; Schubert, in: FS 100 Jahre G m b H G , 4ff; Ulmer, in: FS 50 Jahre B G H , 273, 274ff; Hachenburg/Schilling, G m b H G , Einl. Rz. 1; Rowedder/Rittner, G m b H G , Einl. Rz.2; Roth/Altmeppen, G m b H G , Einl. R z . l ; Scholz/H.P. Westermann, G m b H G , Einl. Rz.2, 45; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §34 I 1, S.322ff). 197 Rowedder/Rittner, G m b H G , Einl. Rz.31. Auf Grund weitgehender Satzungsautonomie kann die G m b H im Innenverhältnis kollektivistisch (körperschaftlich, überindividuell) nach Art einer Aktiengesellschaft, sie kann aber auch personalistisch nach dem Vorbild einer O H G , allerdings auch in jeder anderen Zwischenform ausgestaltet werden (Scholz/H.R Westermann, G m b H G , Einl. Rz.5; Lütter/Hommelhoff, G m b H G , Einl. Rz.4). 198 Rowedder/Rittner, G m b H G , Einl. Rz.48; MüKo/Reuter, B G B , Vor. §21 Rz. 8; siehe auch Brodmann, Bern. 2 zu § 1 G m b H G (Die G m b H ist juristische Person und daher vom Moment ihrer Entstehung durch die Eintragung in das Handelsregister an nicht mehr Gesellschaft, sondern Verein); sinngemäß Flume, Die juristische Person, §8 1, S. 260f. 199 Wieland, Handelsrecht, Bd.I, S.391; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §2 IV, S. 13. 200 Brodmann, Bern. 2 zu § 1 G m b H G .

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft aufgrund materiellen Rechts

135

lieh negiert die „neue Systematik" die körperschaftliche Organisationsverfassung der G m b H , ohne eigentlichen Ersatz durch eine neue Ordnung des Rechtsverhältnisses der Gesellschaft und der Gesellschafter zu leisten. 201 Das zeigt sich exemplarisch an einer Vielzahl teils diametraler Vorstellungen zu der Problematik, o b und inwieweit die Einzelklagebefugnis des Gesellschafters unter denselben Voraussetzungen wie sie im Personengesellschaftsrecht für die actio pro socio gelten in K o n k u r r e n z zur inneren Zuständigkeitsordnung der Gesellschaft, insbesondere zur Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung ( § § 4 5 , 46 Nr. 8 G m b H G ) und zur Beschlussmängelklage treten darf 2 0 2 : D e r Bundesgerichtshof

stützt auf § 46 Nr. 8 G m b H G die grundsätzlich vorran-

gige Geltung der Zuständigkeitsordnung in der G m b H vor der Klagebefugnis des Einzelgesellschafters aus eigenem materiellen Recht. 2 0 3 Die Gesellschafterversammlung habe als oberstes Gesellschaftsorgan die Verfolgung eines Anspruchs gegen Mitgesellschafter oder gegen den/die Geschäftsführer wegen einer Pflichtverletzung zu beschließen, weil die Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung im Zivilprozess und die umfassende Darlegungslast gemäß § 1 3 8 Z P O die Ausbreitung der Gesellschaftsinterna mit abträglichen Wirkungen für Ansehen und Kreditwürdigkeit nach sich ziehen könnten. 2 0 4 Diese Begründung holt einerseits zu weit aus, weil jeder Rechtsstreit ganz allgemein aufgrund der Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung schädliche Rückwirkungen auf die persönliche oder wirtschaftliche Reputation nach sich ziehen kann. 2 0 5 Rechtssystematisch fragwürdig ist es andererseits, wenn Kapitalgesellschaftern gegen Mitgesellschafter eigene und unmittelbare Ansprüche zugebilligt werden, diese aber zugleich der Möglichkeit einer Majorisierung durch Mehrheitsbeschluss in der Gesellschafterversammlung ausgesetzt werden. 2 0 6 D i e nur ausnahmsweise Anerkennung einer derartigen Rechtsposition für den Gesellschafter der zweigliedrigen G m b H oder im Fall der „ U n z u m u t b a r k e i t " verbandsinterner Einwirkung auf Organe steht im Gegensatz zu dem aus der Unmittelbarkeit der Treuepflicht zwischen Gesellschaftern ableiteten Recht des Gesellschafters auf Verfolgung von Ansprüchen, die identisch sind mit denen der G m b H als juristische Person. Wie im R e c h t der Personengesellschaften zeigt sich daher eine kaum überwindbare

201 Triebfeder ist die Idee eines erweiterten Minderheitenschutzes (vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1, S. 461 ff; Scholz/Emmerich, GmbHG, § 13 Rz.43), obwohl der Minderheitenschutz nur als rechtspolitisches Programm", nicht aber als juristische Kategorie ein einheitliches Ganzes darstellt (so K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 III 1, S.473f; siehe auch KG JW 1934, 3073f). 202 Zur vergleichbaren Problematik bei §21 Abs. 1 WEG siehe etwa BGHZ 106,222; 115,257; 121,22. 203 BGHZ 65, 15, 21 („ITT"); BGH WM 1982, 928, 929; NJW 1990, 2627, 2628. 204 Siehe dazu auch oben S. 110. 205 Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1528. 206 Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1, 21 f.

136

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

„Antinomie" zwischen Individualanspruch des Gesellschafters und Sozialanspruch der Gesellschaft. 207 Die Instanzgerichte 208 stützen anders als der Bundesgerichtshof das Verhältnis zwischen Beschlusskompetenz als Regel (§46 Nr. 8 GmbHG) und actio pro socio als Ausnahme nicht auf die materiellrechtliche Anspruchsinhaberschaft des Gesellschafters, sondern an sich systemkonform auf die originäre Anspruchszuständigkeit der GmbH und auf das Recht des Gesellschafters zur Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft für die juristische Person. Allerdings ist die an enge prozessuale Voraussetzungen der Prozessführungsbefugnis 209 gebundene Rechtsprechung nicht völlig frei von Begründungsfriktionen, gilt doch sonst, dass im Prozess der GmbH gegen einen ihrer Gesellschafter der Gesellschafterbeschluss nach §46 Nr. 8 G m b H G materiellrechtliche Voraussetzung des Anspruchs sei. 210 Undeutlich bleibt zudem, auf welche Variante - gewillkürte oder gesetzliche - die Prozessstandschaftsklage zu stützen ist. Die Prozessführungsbefugnis für ein fremdes, der GmbH zustehendes Recht, wird einfach unterschiedslos unterstellt. 211 Im Vergleich dazu erscheint daher der Standpunkt des Bundesgerichtshofs, der actio pro socio im Recht der GmbH liege ein eigener materiellrechtlicher Anspruch des Gesellschafters zugrunde, plausibler.212 Ein Teil des gesellschaftsrechtlichen Schrifttums entnimmt §46 Nr. 8 G m b H G den prinzipiellen Vorrang eines Beschlusses in der Gesellschafterversammlung vor der actio pro socio, gleichviel, ob der einzelne Gesellschafter ein eigenes Recht oder derivativ ein solches der GmbH in Prozessstandschaft verfolgt. Wie der nachfolgende Überblick verdeutlicht haben sich zahlreiche und uneinheitliche Vorstellungen zu der Frage entwickelt, ob der Gesellschafter vor der prozessualen Geltendmachung des Rechts verpflichtet ist, einen Beschluss der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 8 G m b H G herbeizuführen und gegebenenfalls den seine Klagebefugnis negierenden Beschluss vorrangig mit einer Beschlussmängelklage gegen die Gesellschaft zu beseitigen hat.

Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 290; siehe dazu auch oben S. 69. OLG Düsseldorf ZIP 1994, 619, 621, 623; OLG Köln N J W - R R 1994, 616, 617. 209 Thomas/Putzo, ZPO, §51 Rz,19ff. 210 BGHZ 28,355,359; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 13 Rz. 34 a; Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz.53; Scholz/K. Schmidt, §46 Rz. 142; Scholz/Emmerich, G m b H G , § 13 Rz.45; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §46 Rz.34; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §46 Rz.31; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §46 Rz.22; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , §46 Rz.68; Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1527f; v. Gerkan Z G R 1988, 441, 450; Landgrebe G m b H R 1967, 227, 229; kritisch Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G §46 Rz.40; Fastrich D B 1981, 925, 926f. 211 OLG Düsseldorf ZW 1994, 619, 621, 623; OLG Köln N J W - R R 1994, 616, 617. 212 Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1,21; siehe auch Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1530; Flume, Die juristische Person, § 8 V 2, S. 304f, der die Klagebefugnis des Einzelgesellschafters allerdings als eigenes Mitgliedschaftsrecht begreift. 207 208

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft aufgrund materiellen Rechts

137

- Vereinzelt wird die actio p r o socio ü b e r h a u p t nur bei solchen Ansprüchen zugelassen, die ihrer Art nach nicht in die Zuständigkeit der Gesellschaftsversammlung gemäß §46 N r . 8 G m b H G fallen. 2 1 3 - N a c h anderer Auffassung ist der zur actio p r o socio entschlossene Gesellschafter im Regelfall n u r gezwungen, einen Gesellschafterbeschluss h e r b e i z u f ü h r e n u n d gegen einen ablehnenden Gesellschafterbeschluss Anfechtungs- u n d Beschlussfeststellungsklage zu erheben. In den Fällen des § 46 Nr. 8 G m b H G sei die Gesellschafterklage aber ausnahmsweise auch o h n e Beschlussmängelklage möglich, w e n n dies aussichtslos oder als u n n ö t i ger U m w e g bzw. zu zeitaufwendig erscheine. 2 1 4 - Ein weiteres Lösungsmodell 2 1 5 setzt dagegen ausnahmslos voraus, dass der einzelne G e sellschafter vor E r h e b u n g der actio p r o socio mit einer Anfechtungsklage kombiniert mit einer positiven Beschlussfeststellungsklage gegen einen die Anspruchsverfolgung verweigernden Gesellschafterbeschluss vorgeht. - Anders diejenigen A u t o r e n 2 1 6 , welche die actio p r o socio als subsidiäre N o t z u s t ä n d i g keit des Einzelgesellschafters beurteilen. D e r verweigerte oder negativ ausgefallene Beschluss über die Anspruchsverfolgung ist hiernach nicht Grenze, sondern geradezu Einfallstor f ü r die actio p r o socio. Werden die Mitgesellschafter nicht tätig oder ist der ablehnende Gesellschafterbeschluss treuwidrig gefasst, so kann der Gesellschafter auch ohne Beschlussmängelklage sogleich A n s p r ü c h e der G m b H mit der actio p r o socio verfolgen. Voraussetzung sei aber in jedem Fall, dass den Mitgesellschaftern vor der Geltendmachung von A n s p r ü c h e n der G m b H mittels der actio p r o socio zumindest Gelegenheit zu einer Beschlussfassung nach §46 Nr. 8 G m b H G gegeben werde. 2 1 7

Der gegenteilige Literaturstandpunkt stellt hingegen die actio p r o socio des Einzelgesellschafters und die Zuständigkeitsordnung der Gesellschaft ohne Rück-

213

Hoffmann G m b H R 1963, 61, 63, Maatz G m b H R 1974, 124, 126ff. Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., §13 Rz. 34 a; sinngemäß Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , §46 Rz.76; Lutter/Hommelhoff G m b H G , §46 Rz.23; Winter Z H R 148 (1984), 579; Ulmer NJW 1976, 193; wohl auch Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 190. Dies soll nicht in Fällen des §46 Nr. 2 G m b H G gelten, weil der Gesellschafterbeschluss hier nicht Anspruchsvoraussetzung, sondern bereits Voraussetzung für die Entstehung oder Fälligkeit des Anspruchs sei (Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz.34 a). 2.5 Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2. E. Rz.56; dies, Die Gesellschafterklage, S. 76; Zöllner ZGR 1988, 392, 410; ders. Z H R 162 (1988), 235; v. Gerkan ZGR 1988,441; Hoffmann G m b H R 1963, 61, 63; Landgrebe G m b H R 1967, 227, 229; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §13 Rz.8; ähnlich Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz. 43 (weder die Prozessökonomie noch überhaupt ein anzuerkennendes Interesse des Gesellschafters sprechen dafür, dass dieser die Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte in der Gesellschafterversammlung - dazu dienen ihm auch Anfechtungs- und Beschlussfeststellungsklage - einfach überspringen und sogleich gegen Mitgesellschafter oder gar gegen Fremdgeschäftsführer auf Leistung klagen kann); anders wieder Roth/ Altmeppen, G m b H G , §46 Rz. 54 (Das Erfordernis des §46 Nr. 8 G m b H G gilt nicht für Ansprüche, die im Wege der actio pro socio geltend gemacht werden). 2.6 Scholz/Emmerich, G m b H G , § 13 Rz.47; K. Schmidt G m b H R 1979,121,126; ders, Gesellschaftsrecht, §21 IV 6, S. 643 ff (an eine ablehnende Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung ist der Gesellschafter nicht gebunden, wenn der Verzicht auf die Geltendmachung treuwidrig gefasst ist); wohl auch Rowedder, G m b H G , § 13 Rz. 18. 217 Scholz/Emmerich, G m b H G , § 13 Rz.47; ähnlich Lutter AcP 180 [1980], 84, 137. 214

138

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

sieht auf § 4 6 N r . 8 G m b H G v o n v o r n h e r e i n s e l b s t ä n d i g n e b e n e i n a n d e r . 2 1 8 A l l e r dings variieren auch hier die Begründungen: - Teilweise wird dies damit gerechtfertigt, die actio pro socio dürfe als jederzeitiges Kontrollrecht des Minderheitsgesellschafters nicht von Entscheidungskompetenzen der Gesellschaftermehrheit abhängig gemacht werden 2 1 9 , der einzelne Gesellschafter habe das Klagerecht „auch über den Kopf der Geschäftsführer und Gesellschafter hinweg". 2 2 0 - Andererseits wird argumentiert, dass die Klage auf Erfüllung einer der GmbH geschuldeten Leistung „nur schwerlich eine Störung der inneren Zuständigkeitsordnung bedeuten könne", weil die Leistung nur dem Gesellschaftsvermögen zugeführt werde. 2 2 1 - Nach anderer Ansicht intendiert §46 Nr. 8 G m b H G als Kompetenzvorschrift ausschließlich die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Geschäftsführung der GmbH und Gesellschafterversammlung. 2 2 2 Gerade weil §46 Nr. 8 G m b H G das rechtliche Verhältnis der einzelnen Gesellschafter zueinander offen lasse, sei grundsätzlich die Befugnis des Gesellschafters zu (außer)prozessualer Rechtsverfolgung gegen Mitgesellschafter unlimitiert. 2 2 3 Gleichgültig w i e die rechtliche Qualität der actio pro socio i m Recht der G m b H b e u r t e i l t w i r d , o b als e i g e n e s u n d u n m i t t e l b a r e s R e c h t d e s G e s e l l s c h a f t e r s o d e r n u r als R e c h t s d e r i v a t in P r o z e s s s t a n d s c h a f t d e r G e s e l l s c h a f t : D a s K o n s t r u k t u n mittelbarer und eigener Ansprüche der GmbH-Gesellschafter

gegeneinander

b l e i b t r e c h t s y s t e m a t i s c h b r ü c h i g 2 2 4 b z w . a n t i n o m i s c h 2 2 5 , soll die Z u s t ä n d i g k e i t des E i n z e l g e s e l l s c h a f t e r s f ü r d i e R e c h t s v e r f o l g u n g in d i e s e r K o n s t e l l a t i o n p r i n z i piell u n d v o r r a n g i g e i n e n B e s c h l u s s d e r G e s e l l s c h a f t e r v e r s a m m l u n g n a c h § 4 6

218 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S. 459; ders. JZ 1976, 392, 395; Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1 ff, 21; Berger ZHR 149 (1985), 599ff; Flume, Die juristische Person, § 8 V 2, S.300ff, 304f; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.292. 219 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1, S.459; ders. JZ 1976, 392, 395; Berger ZHR 149 (1985), 599ff; ähnlich Flume, Die juristische Person, §8 V 2, S.304f. 220 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1, S.462. 221 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 292; A. Hueck, Das Recht der OHG, §18 II, S.263. 222 Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, 8. Aufl, § 14 Rz.36ff; Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1,21; Lutter/Hommelhoff GmbHG, 15.Aufl., §13 Rz.20; Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1530. 223 Grenzen ergeben sich nach Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1, 23, nur aus der gesellschafterlichen Treuepflicht. 224 Siehe dazu Hachenburg/Schilling, GmbHG, §13 Rz. 8f, wonach die Klagebefugnis dem GmbH-Gesellschafter zwar aus „eigenem Recht" auf Grund fortwirkender Rechtsbeziehungen verliehen sei, aber zur Geltendmachung eines „fremden Rechts" in Form einer Prozessstandschaft. Fraglich bleibt, warum es zusätzlich einer Prozessstandschaft bedarf, wenn Gesellschafter in der Rechtsfigur der actio pro socio eigene Rechte geltend machen. 225 Vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz. 37, 38, 41: Die actio pro socio sei eigenes Mitgliedschaftsrecht des Gesellschafters, aus §46 Nr. 2 und 8 GmbHG folge aber, dass die actio pro socio ausgeschlossen sei, wenn die Mehrheit beschließe, den Anspruch (noch) nicht geltend zu machen oder endgültig darauf verzichtet. Fraglich ist aber, ob eigene Mitgliedschaftsrechte ohne Zustimmung des davon betroffenen Gesellschafters überhaupt durch Mehrheitsbeschluss entzogen werden können. Es müsste dann einen Vertrag zu Lasten Dritter oder eine Verfügungsermächtigung der Gesellschaftermehrheit fingiert werden (so zutreffend Berger ZHR 149 [1985], 599, 603).

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft aufgrund materiellen Rechts

139

Nr. 8 G m b H G erfordern, obwohl die bestimmende Eigenart der Vorschrift organisationsrechtlich ist und an sich nur für Aktivansprüche der G m b H als juristische Person gilt. 2 2 6 Dominiert in dieser Hinsicht die bloße Inhaberschaft einer Forderung die Beurteilung, so ist der Blick dafür verstellt, dass ein spezifischer Wesenskern der Forderung auch ihre (außer)prozessuale Durchsetzbarkeit ist. Das impliziert das R e c h t , von einem anderen ein Tun, Dulden oder Unterlassen zu verlangen ( § 1 9 4 Abs. 1 B G B ) . 2 2 7 Wird dieses Recht außerdem als Ausdruck eines subjektiven Rechts verstanden, so stünde dem einzelnen Gesellschafter ein verbandsinterner, seiner Majorisierung unzugänglicher Freiheitsraum zu, in dem er grundsätzlich frei von den von der Mehrheit seiner Mitgesellschafter angestrebten Zielen binnengesellschaftlich seine eigenen Interessen ohne Begründungspflicht verfolgen dürfte. 2 2 8 Gerade diese Auswirkung verdeutlicht, dass im Körperschaftsrecht nicht originär eigene Ansprüche der Gesellschafter gegeneinander oder „persönliche R e c h t e " 2 2 9 einzelner G m b H - G e s e l l s c h a f t e r aufgrund etwa nach der Entstehung der G m b H fortwirkender gesellschaftsvertraglicher Rechtsbeziehungen inmitten stehen, sondern nur gesellschaftlich gebundene A n sprüche der juristischen Person. Daher ist eine makellose rechts- und gesetzessystematische Konzeption für die Vereinbarkeit der (außer)prozessualen Einzelklagebefugnis des Gesellschafters aus eigenem materiellen Recht mit der Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung nicht erreichbar, ihr kann der tragfähige Brückenschlag zwischen Individual- und Gemeinschaftssphäre der Gesellschafter de lege lata nicht gelingen. 2 3 0 Das „ D i l e m m a " dogmatischer Defizite und gefestigter Leitlinien in Rechtsprechung und Literatur beruht letztlich auf der gesetzlichen Konzeption der G m b H als juristische Person, deren R e c h t e und Pflichten von denen ihrer Mitglieder getrennt sind und ihr lediglich beigeordnet werden. 2 3 1 Das Gesetz hält dieses Trennungssystem strikt durch, weil es die B e fugnis zur Verfolgung von Rechten und Pflichten gegen einzelne Gesellschafter und Organmitglieder aus dem Gesellschaftsverhältnis nur der juristischen Person selbst überträgt (§ 13 Abs. 1 G m b H G ) . 2 3 2 D i e Regelungen in § 46 Nr. 8, § 47 Abs. 1 G m b H G sehen daher ausnahmslos vor, dass die Verfolgung von Restitutionsansprüchen gegen Gesellschafter oder gegen Geschäftsführer wegen mangelhafter 226 Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1,22; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 46 Rz. 54; ähnlich Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.290. 227 Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, §84, S. 356; Plancks Kommentar zum BGB, Vor. §194 Anm.5 c); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Grundz. §253 Rz.25; Zöller/Greger, ZPO, Vor. §253 Rz. 19; Thomas/Putzo, ZPO, Vorbem. §253 Rz.33. 228 Pawlowski, BGB-AT, Rz. 15; Reuter AcP 189 (1989), 199,206; Zöllner AcP 188 (1988), 85, 94; Lindner NJW 1998, 1208, 1210. 229 Hoffmann GmbHR 1963, 61, 63. 230 Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG §43 Rz.27. 231 Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 43; ders. ZHR 148 (1984), 579, 595; Rehbinder ZGR 1976,386, 393; ßergerZHR 149 (1985), 599, 603; Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1526. 232 Hachenburg/Schilling, GmbHG, §13 Rz.3.

140

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

Geschäftsführung der Gesamtheit der Gesellschafter in der Beschlussfassung mit Stimmenmehrheit obliegt. Letzteres belegt ein Vergleich mit § 147 Abs. 2 S. 2 und Abs.3, §309 Abs.4, §310 Abs.4, §317 Abs.4, §318 Abs.4 AktG, denn dem GmbH-Recht (§45 ff GmbHG) fehlen entsprechende Normen für die Einzelbefugnis des Gesellschafters, weil die Gesellschafterversammlung der GmbH mit Kompetenzen reicher ausgestattet ist als die Hauptversammlung nach aktienrechtlichen Bestimmungen. 233 (5) „Personalistische Personengesellschaft"

Kapitalgesellschaft"

und

„körperschaftliche

Es ist daher allgemein feststellbar, dass der teils offene oder verdeckt-schrittweise Rezeption der neuen Systematik 234 in das Recht der GmbH die Übereinstimmung mit der Intention des Gesetzgebers fehlt. Im Kern zielt die renovative Systematik nicht auf die Anpassung des im GmbHG vom 20.4. 1892 kodifizierten körperschaftlichen und kapitalbezogen verfassten Grundsystems der GmbH an faktisch geänderte Wirtschafts- und Sozialbedingungen, sondern auf die Fundierung und Kreation eines gesellschaftsrechtlichen Zwischengebildes als personalistische Kapitalgesellschaft235 mit variabel und nach Gutdünken ausgewählten Strukturelementen des Personengesellschaftsrechts und des Körperschaftsrechts. Ihr charakteristisches Merkmal ist das grundsätzliche Festhalten an dem Wesen der GmbH als Körperschaft und haftungslimitierte juristische Person im Außenverhältnis, im Innenverhältnis ist aber die Angleichung der Organisationsverfassung an die der offenen Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft charakteristisch. 236 Das führt die Verfechter der neuen Systematik konsequent zu einer Neudefinition des Standorts der GmbH innerhalb der üblichen dualistischen Klassifizierung der Gesellschaftsformen (Personengesellschaft und juristische Person), zu der Hachenburg/Schilling meinen, im Prinzip seien alle Erscheinungsformen der GmbH dem neuen personalistischen Haupttypus zuzurechnen; denn der Zusammenschluss der Gesellschafter vollziehe sich in der Regel auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens und der Zusammenarbeit und in langfristiger Bindung, sofern sie sich nicht nur auf eine ausschließliche Rolle als Kapitalgebers beschränkten.237 Diesen Konzepten ist gemeinsam, dass sie entgegen der kapitalistischen Zielsetzung des GmbHG vom 20.4. 1892 und seiner Orientierung am Aktienrecht, Siehe dazu KG JW 1934, 3073; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz.42. Hachenburg/Schilling, GmbHG, §13 Rz.5. 235 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 13 ff. 236 Dagegen scheint die Entwicklung im Recht der Personengesellschaften umgekehrt zu verlaufen. Vgl. etwa die gesetzliche Haftungsbeschränkung in § 8 Abs. 2 PartGG. Siehe auch Dauner-Lieb DStR 1998, 2014ff; Hasselbach MDR 1998, 1200ff, zur „BGB-Gesellschaft mit beschränkter Haftung" als besondere Spielart der §§705ff BGB. 237 Hachenburg/Schilling, GmbHG, Einl. Rz. 16. 233 234

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

141

eine individualistisch strukturierte Personengesellschaft mit beschränkter Haftung als Gesellschaftstyp zugrunde legen, wie er entstehungsgeschichtlich in Gestalt des so genannten Oechelbäuserschen Entwurfs von 18 8 4238 aber gerade nicht Gesetz geworden ist.239 Außerdem greift die „neue Systematik" durch die Prolongation der Unmittelbarkeit schuldrechtlicher Wirkungen des Gesellschaftsvertrags (§2 Abs. 1 GmbHG) zwischen den Gesellschaftern über den Zeitpunkt der Entstehung der GmbH hinaus in die gesetzliche Systematik der GmbH als juristische Person, Körperschaft und Kapitalgesellschaft fundamental ein. Denn Gesellschafter der GmbH haben prinzipiell nur zu ihr, nicht zu den Mitgesellschaftern unmittelbare gesellschaftsrechtliche Beziehungen, eben und gerade weil sie nach ihrer Eintragung in das Handelsregister eine eigenständige juristische Person geworden ist.240 Unter Missachtung der rechtlichen Eigenständigkeit der GmbH konvertiert nach jener Konstruktion der Gesellschaftsvertrag (§2 Abs. 1 GmbH) seine originäre Funktionalität als Gründungsakt in janusköpfige Rechtsbeziehungen der Gesellschafter zur GmbH aufgrund des Organisationsvertrags (Satzung) und zusätzlich solche zwischen den Gesellschaftern aus dem vollständig fortwirkenden schuldrechtlichen (Gründungs)Vertrag.241 Nach dieser rechtlichen Konstruktion blieben die Gesellschafter neben der juristischen Person - zumindest teilweise - Rechtssubjekte gesellschaftsrechtlich begründeter Rechte und Pflichten. Die Folge wären amorphe Systemgrenzen zwischen juristischer Person und Gesamthandspersonengesellschaft einerseits und andererseits die unschwer begründbare Befugnis des Einzelgesellschafters zur Verfolgung von Ansprüchen der juristischen Person gegen Mitgesellschafter.242 In dieser Hinsicht ist die gegenläufige Rechtsentwicklung im Personengesellschaftsrecht bemerkenswert, die sich von den gesetzlichen Merkmalen des Dualismus der Gesellschaftsrechtsformen entfernt. Sie drängt gleichsam in eine gesetzgebende Rolle, weil sie die Grenzen methodengeleiteter Rechtsfortbildung 243 238 § 2 des Entwurfs sah vor, die GmbH als Personengesellschaft mit beschränkter Haftbarkeit zu konzipieren (vgl. Wieland, Handelsrecht, Bd. II, S. 399f). 239 Wieland, Handelsrecht, Bd. II, S.270f, 399; Hachenburg/Schilling, GmbHG, Einl. Rz. 12; Scholz/H. P. Westermann, GmbHG, Einl. Rz. 2, 6,45; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 1712, S. 214.; Flume, Die juristische Person, §8 1, S.261. 240 Siehe dazu oben S. 107. 241 Maatz GmbHR 1974, 124, 125; siehe auch Flume, Die juristische Person, § 8 I, S.261. 242 Paradigmatisch Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 288f, wonach die gemeinsame Zweckverfolgung Anlass sei, die Beziehungen der GmbH-Gesellschafter als Ausprägung echter gesellschaftlicher Verbundenheit anzusehen. Die gemeinsamen Zweckverfolgung bleibt jedoch letztlich ohne Erkenntniswert, weil jede Gesellschaft eine gemeinsame Zweckverfolgung voraussetzt (vgl. Kühler, Gesellschaftsrecht, § 1 I, S. 1, § 1 III, 1, S. 4; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 1 I, S. 1; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 1 I 1, S. 3; Steding, Gesellschaftsrecht, Rz.2; Grunewald, Gesellschaftsrecht, Einführung Rz. 1). Siehe auch Flume, Die juristische Person, §8 1, S.261, der zu Recht hervorhebt, dass das AktG nicht nur auf das Leitbild der Publikums-Aktiengesellschaft beschränkt sei, sondern gleichermaßen für Aktiengesellschaften mit geringer Mitgliederzahl gelte. 243 Siehe dazu etwa Larenz, Methodenlehre, S. 350ff; Canaris, Die Feststellung von Lücken im

142

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

hin zu bloßer Rechtspolitik überschreitet und nach und nach Unterschiede zwischen Gesamthandspersonengesellschaft und juristischer Person aufgibt. So werden verbreitet den aktiven Bestandteilen des gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögens nicht nur die durch Geschäftsführung (§718 A b s . l BGB) oder kraft dinglicher Surrogation (§718 Abs. 2 BGB) für die Gesellschaft erworbenen Forderungen zugerechnet, sondern als so genannte Sozialansprüche auch gesellschaftsvertraglich begründete Ansprüche auf die von den Gesellschaftern zugesagten Leistungen. 244 Werden bei Personengesellschaften Rechte und Pflichten einzelner Gesellschafter von ihrer Quelle im Gesellschaftsvertrag gedanklich isoliert und dem abstrahierten Gesamthandsvermögen zugeschrieben, so verläuft die rechtliche Tendenz bei juristischen Personen entgegengesetzt. Der Zerfall des Dualismus zwischen Personengesellschaft und juristischer Person als Gesellschaftsgrundformen tritt in der neuen Doktrin 2 4 5 von der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts als Rechtssubjekt mit Teilrechtsfähigkeit zu Tage, die zwangsläufig zum Ausschluss eigener und unmittelbarer Vertragsansprüche der Gesellschafter führt. 246 Die Gegenläufigkeit beider Rechtsentwicklungen destruiert essentielle Unterschiede zwischen dem Gesellschaftsvertrag im Sinne des §705 BGB und dem Gründungsvertrag juristischer Personen. Denn der Gesellschaftsvertrag des Personengesellschaftsrechts verpflichtet Gesellschafter gegenseitig und unmittelbar schuldrechtlich zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks (§ 705 BGB) und gibt ihnen deshalb in der Rechtsfigur der actio pro socio ein eigenes (außer)prozessuales Recht auf Verfolgung eines eigenen schuldrechtlichen Anspruchs gegen Mitgesellschafter. Anders als der körperschaftliche - nicht auf Leistungsaustausch gerichtete - Gesellschaftsvertrag der juristischen Person (§2 GmbHG, §2 AktG, §25 BGB) gilt der der Gesamthandspersonengesellschaft über den Gründungsakt hinaus unmittelbar bindend zur Erreichung des Gesellschaftszwecks schuldrechtlich im Sinne des § 311 BGB zwischen den Gesellschaftern fort. Einprägsam beschreibt Flume den Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft als „juris vinculum inter personas": die Gesellschaft existiert, weil die Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag in einem Vertragsverhältnis unmittelbar miteinander verbunden bleiben. 247 Davon unterscheidet sich essentiell der Gesellschaftsvertrag der GmbH. Er scheidet nach ihrer Eintragung in das Handelsregister und Entstehung als eigenständige juristische Person als Grundlage unmittelbarer schuldrechtlicher Rechte Gesetz, S. 31 ff; siehe aber auch K. Schmidt, in: Rechtspolitik und Zivilrechtsdogmatik, S. 7ff, 15 ff. 244 MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz.220, 224; §718 Rz.12; Schlegelherger/K. Schmidt, HGB, § 124 Rz. 10; Palandt/Sprau, BGB, § 705 Rz. 20, § 718 Rz. IJauermg/Stürner, BGB, Anm. zu den §718-720 Rz.2. 245 Nachweise Teil 1 Fn.83. 246 Siehe dazu auch oben S. 73. 247 Flume, Die Personengesellschaft, §7 III 2, S. 95.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft aufgrund materiellen Rechts

143

und Pflichten zwischen Gesellschaftern grundsätzlich aus. D e n n er ist seiner Rechtsnatur 2 4 8 und Funktionalität nach im Sinne des § 2 Abs. 1 G m b H G nur Gründungsakt der juristischen Person 2 4 9 und ein den Wechsel der Gesellschaftsmitglieder überdauernder

„korporationsrechtlicher

Vertrag eigener

Art".250

N a c h Entstehung der juristischen Person ändert sich die funktionelle G r ü n dungsnatur des Gesellschaftsvertrags der G m b H , er gilt als Satzung der Gesellschaft wie sie bei der Aktiengesellschaft ( § 2 A k t G ) oder dem eingetragenen Verein (§ 25 B G B ) maßgebend ist. 251 D i e Satzung hat dann den Rang einer verbandsautonom erzeugten, abstrakt-generellen R a h m e n - und Grundordnung der juristischen Person, durch die das gesetzliche Normalstatut der Gesellschaft in den Grenzen der Satzungsautonomie ergänzt oder abgeändert werden kann. 2 5 2 In dieser Hinsicht wirkt der Gesellschaftsvertrag der G m b H nach ihrer Gründung für die Gesellschaftsmitglieder fort 2 5 3 , aber eben nur als statutarische Grundordnung der Gesellschaft selbst und als Regelwerk gesellschaftsrechtlicher Beziehungen der juristischen Person zu ihren einzelnen Mitgliedern. 2 5 4 Wie der Gründungsvertrag der Aktiengesellschaft ist der Gesellschaftsvertrag der G m b H ( § 2 Abs. 1 G m b H G ) als Organisationsvertrag des Verbandes für die verbindliche Teilnahme, Teilhabe und Rechtsstellung der Mitglieder nur im und zum Verband zu charakterisieren. 2 5 5 Das bedeutet, dass der Gesellschaftsvertrag (ausgenommen eine spezielle und individualrechtliche Sondervereinbarung der Gesellschafter, die nicht Satzung im materiellen Sinn oder echter Satzungsbestandteil ist 2 5 6 ), Rechte Siehe dazu oben S. 104. Flume, Die juristische Person, § 7 III 2, S. 95. 250 Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, §2 Rz.5. 251 Flume, Die juristische Person, §7 III 2, S. 95. 252 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §3 II 1 a, S. 159. 253 BGHZ 47, 172, 179; Baumbach/Hueck!Zöllner, GmbHG, §53 Rz.3; Roth/Altmeppen, GmbHG, §2 Rz.4. 254 Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, §53 Rz.3; MüKo/Reuter, BGB, §25 Rz.3 ff; siehe bereits Plancks Kommentar zum BGB, § 25 Anm. 1 : „Unter Verfassung ist der Inbegriff der Normen zu verstehen, die sich auf den Zweck des Vereins, auf seinen Namen und Sitz, auf seine Organisation und Betätigung, auf den Erwerb, den Verlust und den Inhalt der Mitgliedschaft, auf die Auflösung des Vereins und das Schicksal seines Vermögens beziehen". 255 Baumbach/Hueck!Fastrich, GmbHG, §2 Rz.5; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, §2 Rz.5; Scholz!Emmerich, GmbHG, §2 Rz. 7; Rowedder!Rittner, GmbHG, §2 Rz.2; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 3 II 1 a, S. 159; siehe auch Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, §10 I 1, S. 39. 256 Die Satzung der GmbH kann beliebige schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern regeln. Solche Vereinbarungen - auch wenn sie formal in der Satzung getroffen werden - sind stets individualrechtlicher Art, wirken grundsätzlich nur zwischen den beteiligten Gesellschaftern und sind von den echten oder materiellen Satzungsbestandteilen zu unterscheiden. Die GmbH als juristische Person verändert sich dadurch nicht zu einer Personengesellschaft. Zur Unterscheidung zwischen echten und unechten Satzungsbestandteilen siehe etwa Flume, Die juristische Person, §8 1, S.261; Priester DB 1979, 681; Baumbach/Hueck!Fastrich, GmbHG, §3 Rz.54ff, §14 Rz.lOf; Baumbach!Hueck/Zöllner, GmbHG, §53 Rz.2ff; Scholz! Emmerich, GmbHG, §3 Rz. 61; Rowedder/Rittner, GmbHG, §3 Rz. 56; Roth/Altmeppen, 248 249

144

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

und Pflichten nur zwischen der juristischer Person und deren Verbandsmitgliedern, nicht aber unmittelbar zwischen diesen erzeugt 257 , so dass der einzelne Gesellschafter der G m b H prinzipiell kein eigenes Recht auf Verfolgung der Rechte der G m b H gegen Mitgesellschafter hat.

c) BGB-Innengesellschaft als Begründung unmittelbarer Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern (1) Gesellschaftsgründung

als personalistisch-körperschaftlicher

Vorgang

Nach Hoffmann25S und Verhoeven259 ist die Einzelklage zulässig, weil den GmbH-Gesellschaftsvertrag ein echter Gesellschaftsvertrag der Gründer im Sinn des §705 B G B flankierend und sich die Errichtung einer G m b H (und Aktiengesellschaft) nicht allein in der Festlegung der Statuten erschöpfe. Der Gründungsvertrag der juristischen Person verpflichte schuldrechtlich die Gründer der juristischen Person zur Mitwirkung an der Entstehung der Gesellschaft durch Erfüllung aller vertraglichen und gesetzlichen Voraussetzungen. 260 Der Gründungsvorgang impliziere das Einvernehmen über gegenseitige, auf die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks im Sinn von § 705 B G B gerichtete und in der actio pro socio verfolgbare subjektive Rechte und Pflichten der Gesellschaftsmitglieder. Diese Zweigliedrigkeit des Gründungsvorgangs 261 einer juristischen Person überdauert nach Hoffmann und Verhoeven den Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister. Die im Gründungsakt der juristischen Person konkludent vereinbarte BGB-Innengesellschaft erschöpfe sich nicht in ihm durch Erreichung des Gründungszwecks (§ 726 B G B ) , sondern verpflichte in die Zukunft wirkend zu satzungsgemäßer Teilnahme an der Verwaltung und Geschäftsführung. Die so projektierte janusköpfige Rechtsstellung des Gesellschafters einer G m b H als Mitglied der juristischen Person und zugleich als Gesellschafter der bürgerlichrechtlichen Innengesellschaft ist dann folgerichtig Quelle für die Anwendbarkeit der actio pro societate in der G m b H .

G m b H G , §14 Rz.14, §3 Rz.49ff; Hachenburg/Ulmer, G m b H G , § 3 Rz.43; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §3 Rz.44; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , §3 Rz.24f; Kubier, Gesellschaftsrecht, §171111, S. 222; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 35 12 b, S. 332; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2. E. Rz.9. 257 Flume, Die juristische Person, § 8 1 , S.258. 258 Hoffmann G m b H R 1963, 62, 63. 259 Verhoeven, GmbH-Konzern-Innenrecht, Rz. 112ff, 195ff. 260 Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, §21 12, S. 100. 261 Ahnlich die Auffassung, wonach sich der Gründungsvorgang in die Feststellung des Satzungsinhalts und den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages für die Zeit bis zur Eintragung der G m b H aufspaltet. Nach dieser Ansicht besteht in der Zwischenzeit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die eine G m b H oder Aktiengesellschaft werden soll ( R G Z 58, 55; 66,120; 63, 98ff; 105,228; Brodmann, Bern. 1 zu § 11 G m b H G ; siehe dazu auch die weiteren Nachweise bei Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, § 11 I, S. 165 Fn. 7).

II. Rechtsinhaberschaft

(2) Systemwidrige

der Kapitalgesellschaft

Aufspaltung

aufgrund

der Einheitlichkeit

materiellen

des

Rechts

145

Gründungsvertrags

Die zusätzliche Existenz einer BGB-Innengesellschaft der Gesellschaftsgründer neben dem Gesellschaftsvertrag der G m b H macht an sich einfacher und widerspruchsfreier die Gesellschafterklage im Recht der G m b H begründbar. Das Recht des einzelnen Gesellschafters auf eigene und unmittelbare Verfolgung eines Anspruchs gegen Mitgesellschafter ist nicht zur Fortgeltung des Gründungsvertrages der G m b H nach ihrer Entstehung in Bezug zu setzen, sondern kann an die für Personengesellschaften entwickelte actio pro socio anknüpfen. Zugleich lässt die Idee von zwei nebeneinander existierenden Gesellschaften die korporative Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags als verbindliche Zusammenfassung der Rechte und Pflichten zwischen der G m b H als juristische Person und ihren Mitgliedern unberührt. 262 Richtigerweise lässt aber die körperschaftliche Rechtsnatur des Gesellschaftsstatuts seine konstruktive Aufspaltung in eine mitgliedschaftliche Rechtsstellung des Gesellschafters zur G m b H und in eine schuldvertragliche zwischen Gesellschaftern aufgrund einer BGB-Innengesellschaft nicht zu, weil der Gesellschaftsvertrag der G m b H wegen seiner andersartigen Zweckrichtung nicht als Satzung der juristischen Person i.S.d. §25 B G B und zugleich als konkludent geschlossener Sozietätsvertrag i.S.d. §705 B G B interpretierbar ist. 263 Die Annahme einer von den Gründern der G m b H im Gesellschaftsvertrag konkludent vereinbarten BGB-Innengesellschaft entspricht nicht dem rechtsautonomen Vertragswillen der Gesellschafter, sie unterstellt ihn und reduziert sich daher auf den Wert einer Hilfskonstruktion, um die (außer)prozessuale Rechtsverfolgung eines Gesellschafters der G m b H gegen den anderen erleichtert begründbar zu machen. 264 Unübersehbar verursacht das Modell mitgliedschaftsrechtliche und vermögensrechtliche Verwicklungen zwischen beiden Gesellschaften, erlangte eine bürgerlichrechtliche Innengesellschaft innerhalb der G m b H als juristische Person eine eigenständige Rechtsposition. Der durch das Projekt erstrebte Erfolg erleichtert zulässiger (außer)prozessualer Rechtsverfolgung eines Gesellschafters wegen direkter obligatorischer Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern steht außer Relation zu dem Verlust an Rechtssicherheit und Systemklarheit. Der von den Gründern der G m b H privatautonom gewollte korporative Rechtssetzungsakt (Bestimmung des Statuts) lässt die Abspaltung eines personalistischen Teilvertragsakts im Sinn des §705 B G B nicht zu, weil sich die Gründungsfunktion des Gesellschaftsvertrags nach Eintragung der G m b H in das Handelsregister erledigt hat, gleichviel, ob die G m b H in der Interimsphase vom Vertragsschluss bis zu ihrer vollen Rechtssubjektstellung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§705 Maatz G m b H R 1974, 124, 125. Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, § 2 III, S. 52, § 11 I, S.162ff, § 1 1 II, S. 166; Flume, Die juristische Person, § 8 I, S.258ff. 264 K. Schmidt G m b H R 1979, 121, 125. 262 263

146

Teil 2: B. Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Mitgesellschafter

B G B ) 2 6 5 , als nicht rechtsfähiger Verein (§ 54 B G B ) 2 6 6 oder als Organisation sui generis (Vorgesellschaft 2 6 7 ) anzusehen ist.

(3) BGB-Innengesellschaft

aufgrund doppelter

Willensfiktion

D e r Gesellschaftsvertrag ist privatautonome Satzung, korporativer Organisationsakt und Rechtsgeschäft eigener Art für die interne Verfassung der juristischen Person und für das körperschaftliche Rechtsverhältnis zwischen ihr und ihren Gründern bzw. ihren späteren Mitgliedern. D e r rechtsgeschäftliche Wille der Gesellschafter ist im Regelfall nur auf die Herstellung dieser Rechtsbeziehungen gerichtet und drückt sich im Gesellschaftsvertrag aus. Es verbietet sich daher seine Auslegung dahin, die Fortgeltung unmittelbarer Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern sei nach der Erledigung der Gründungsfunktion des Gesellschaftsvertrags Parteiwille. D i e schuldrechtliche und die organisationsrechtliche Seite des Gesellschaftsvertrags der G m b H vereinigen sich abschließend in seiner Funktion als Errichtungsgeschäft der Gründer über eine eigenständige juristische Person. 2 6 8 Andere Funktionen des Gesellschaftsvertrags entsprechen weder dem rechtsgeschäftlichen Gründungswillen der Gesellschafter noch sind sie aufgrund objektiver Gegebenheiten generell in ihn hineininterpretierbar. 2 6 9 Läge in dem Gründungsakt der G m b H zugleich eine konkludent vereinbarte B G B - I n n e n g e sellschaft, so wäre die Folge, dass nach der Zweckerreichung des G m b H - V e r t r a g s durch konstitutiven Eintragung der G m b H in das Handelsregister auch die B G B Innengesellschaft wegen Zweckerreichung aufgelöst wäre ( § 7 2 6 B G B ) .

Ihre

Fortsetzung bedürfte nach allgemeinen Grundsätzen 2 7 0 eines einstimmigen B e schlusses der Gesellschafter oder die schlicht spekulative F i k t i o n 2 7 1 eines stillschweigend gefassten Beschlusses. Ein solcher Beschluss über die Fortsetzung einer BGB-Innengesellschaft innerhalb der G m b H wäre rechtserzeugend, weil sich die Gesellschafter wechselseitig zusagten, „den in der Satzung festgelegten Gegenstand der G m b H zu fördern und bei den im H i n b l i c k auf die Verwaltung und Geschäftsführung des U n ternehmens notwendigen Handlungen mitzuwirken". 2 7 2 D a n n verlöre der G e RGZ 131, 30; 151, 91; RG JW 1929, 645; Roth/Altmeppen, GmbHG, §11 Rz.36f. Baumbach/Hueck, GmbHG, 13. Aufl., Üb. Vor §1 Anm.2 A; Baumbach/Hueck, AktG, §29 Rz.4. 267 BGHZ 21, 242; 51, 30; BGH NJW 1993, 459; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, §11 Rz.7f; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, §11 Rz.24f. 268 Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, § 11 I, S. 162ff,//achenburg/Ulmer, GmbHG, §2 Rz.4; Baumbach/Hueck/Fastnch, GmbHG, §2 Rz.5,11; Roth/ Altmeppen, GmbHG, §2 Rz.3, 9. 269 Zutreffend Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, §111, S. 165. 270 Vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, Vorbem. v. § 723 Rz. 2, § 726 Rz. 1. 271 K. Schmidt, GmbHR 1979, 121, 125. 272 Hoffmann GmbHR 1963, 61, 63. 265 266

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

147

sellschaftsvertrag jeden Sinn, weil die personengesellschaftsrechtlichen Förderungs- und Teilnahmepflichten mit den körperschaftsrechtlichen identisch wären und letztere gerade der G m b H und ihrer Geschäftsführung übertragen werden. Sinnvoll wäre ein derartiger Beschluss der Gesellschafter allenfalls, wollten sie die körperschaftliche Organisation und Impermeabilität 2 7 3 der G m b H als juristische Person und die ausschließlich zu ihr bestehende körperschaftliche Rechtsstellung der Gesellschafter ausmanövrieren, um einzelne Gesellschafter in die Lage der Verfolgbarkeit eigener Binnenansprüche gegen Mitgesellschafter in der Rechtsfigur der actio pro socio zu versetzen. Die Fiktion stillschweigender Fortsetzung der BGB-Innengesellschaft als Grundlage der eigenständigen und unmittelbaren (außer)prozessualen Durchsetzung von Ansprüchen gegen Mitgesellschafter widerspricht fundamental der Privatautonomie. Gesellschaftern der Innengesellschaft wird ein rechtsgeschäftlicher Wille zur Fortsetzung der Gesellschaft mit personalistischem Einschlag und mit geändertem Gesellschaftszweck ebenso unterstellt 274 wie bereits in der Konstruktion über eine konkludent vereinbarte Errichtung einer BGB-Innengesellschaft. Der spekulative Charakter dieser Fiktion zeigt sich besonders, wenn nach der Entstehung der G m b H durch Eintragung in das Handelsregister neue Mitglieder eintreten. In diesem Fall stünden sich die Gründer der G m b H z.B. bei einer späteren Kapitalerhöhung schlechter als die Neumitglieder 2 7 5 , die im Beitritt zur G m b H nicht automatisch Gesellschafter der bürgerlichrechtlichen Innengesellschaft werden. Erklärten neu in die G m b H eintretende Gesellschafter daher neben der Beitrittserklärung zur G m b H nicht ausdrücklich und zusätzlich die Übernahme des BGB-Innenvertrages, bliebe wieder nur die Willensfiktion. 2 7 6

d) Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht als Begründung Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern (1) Rezeption derpersonengesellschaftsrechtlichen der Kapitalgesellschaft

unmittelbarer

Treuepflicht in das Recht

Vertragliche Schuldverhältnisse richten sich auf Primärpflichten, aber auch je nach ihrer besonderen Rechtsnatur auf unterschiedlich intensive Sekundärpflichten, also auf „loyales Verhalten" 2 7 7 , auf weitere Verhaltenspflichten 278 oder auf

273

So die Formulierung bei Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht,

S.43. K. Schmidt G m b H R 1979, 121, 125. Zöllner Z G R 1988, 392, 403 Fn.34. 2 7 6 So auch K. Schmidt G m b H R 1979, 121, 125, für den Fall der Anteilsübertragung. Hier müsste die Auflösung der BGB-Innengesellschaft und der Neuabschluss einer Gesellschaft mit dem Anteilserwerber fingiert werden. 277 Larenz, Schuldrecht I, §2 I, S.6ff; Medicus, Schuldrecht I, § 1 Rz. lff; Soergel/Teichmann, B G B , §242 R z . l 3 2 f f ; MüKo/Roth, B G B , §242 R z . l 4 2 f f ; Jauernig/Vollkommer, B G B , §242 274 275

148

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

Sorgfalts- und Rücksichtspflichten. 2 7 9 Das Grundprinzip von Treu und Glauben (§242 B G B ) überlagert diese an den konkreten Umständen orientierten primären und sekundären Vertragspflichten, wenn es der Realisierung des Schuldverhältnisses nach Sinn und Zweck dient. 2 8 0 In Dauerschuldverhältnissen erstarken allgemeine Loyalitätspflichten zu einer Treuepflichtbeziehungen wegen der Intensität persönlicher Bindungen der Beteiligten. 2 8 1 Das gilt auch für unbefristete oder länger befristete Rechtsbeziehungen in handelsrechtlichen Personengesellschaften 2 8 2 , in denen die Treuepflicht zwischen Gesellschaftern als essentieller Teil einer ungeschriebenen Legalordnung 2 8 3 des Gesellschaftsrechts und als fundamentaler Rechtssatz 2 8 4 für die gesamte mitgliedschaftliche Rechtsstellung der Gesellschafter gilt, weil sich die Gesellschafter gegenseitig zur Förderung des vereinbarten Gesellschaftszwecks verpflichten (§705 B G B ) . 2 8 5 Treuepflichten umschreiben positiv die Verpflichtung jedes Gesellschafters zur Förderung der Interessen der Gesellschaft und negativ die Pflicht zur Unterlassung schädigenden Verhaltens. 2 8 6 Nahezu einhellig anerkennen Rechtsprechung und Rechtslehre die Geltung einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zwischen Gesellschaftern nicht nur im Personengesellschaftsrecht, sondern auch im Recht der G m b H und der Aktiengesellschaft 287 , weil sie ein „rechtsformübergreifendes" und von der tatsächlichen Rz. 16ff; Palandt/Heinrichs, B G B , Einl. v. §241 Rz.6f; zum Verbandsrecht siehe auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S.588. 278 Larenz, Schuldrecht I, §2 I, S. 10; Medicus, Schuldrecht I, § 1 Rz.8. 279 Erman/W. Sirp, B G B , Einl. §241 Rz.27; MüKo/Roth, B G B , §242 Rz. 143f. 280 Larenz, Schuldrecht I, §2 I, S.9; Medicus, Schuldrecht I, Rz. 8. 281 Kritisch gegenüber dem Begriff „Treuepflicht" Kühler, Gesellschaftsrecht, § 6 II 2 c), S. 44, weil er an feudalständische Sozial- und Moralbeziehungen anknüpfe und den Eindruck erwecke, als handele es sich um eine Besonderheit des Gesellschaftsrechts gegenüber dem allgemeinen Vertragsrecht. Zur nationalsozialistischen Überhöhung der Treuepflicht-Formel siehe etwa RGZ 146, 71, 76; 146, 385, 395; 158, 248, 254; Lehmann, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., S. 79. 2 8 2 Siehe dazu etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20IV, S. 588ff; MüKo/Ulmer, B G B , § 705 Rz. 181 ff; Fischer, in: Großkomm. H G B , § 105 Anm. 31 a ff; Geiler, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. 2 , 1 . Hälfte, Anm. 8; Schlegelherger/K. Schmidt, H G B , § 105 Rz. 161 ff; Palandt/Sprau, B G B , § 705 Rz. 19; A. Hueck, Das Recht der O H G , § 13 I, S. 12ff; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 7 I 1 d, S. 52; Hüffer, in: FS Steindorff, 59ff; speziell zur Treuepflicht des herrschenden Gesellschafters Wiedemann, Gesellschaftsrecht §8 II 3, S. 431 ff. 283 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S.588. 284 MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz. 181 f; Baumhach/Hopt, H G B , § 109 Rz.23. 285 MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz.182; Fischer, in: Großkomm. H G B , §105 Rz.182; Lutter AcP 180 (1980), 84, 102ff, Kühler, Gesellschaftsrecht, §6 II 2 c) S.44. 286 RG J W 1935,1773; A. Hueck, Das Recht der O H G , § 13 I, S. 192; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 7 I 1 d), S.52; ähnlich Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, §4 II, S. 19; siehe auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S.588 (Förderungs- und Interessenwahrungspflichten). 287 BGHZ 6 5 , 1 5 , 1 9 („ITT"); 103, 184,194f („Linotype"); 129,136,143f („Girmes"); Henze Z H R 162 (1998), 186ff; Hennrichs AcP 195 (1995), 221 ff; Schanhacher A G 1999, 21 ff; Lutter AcP 180 (1980), 84, 102ff; ders. Z G R 1981, 171 ff; ders. Z H R 153 (1989), 446ff; ders. Z H R 162 (1998), 164ff; Wiedemann Z G R Sonderheft 13, S.5, 19ff, ders. Z G R 1980, 147, 161ff; MarschBarner Z H R 157 (1999), 172ff, S.5ff; Dreher Z H R 157 (1993), 150ff; Häsemeyer Z H R 160

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

149

und rechtlichen Ausgestaltung der Gesellschaft unabhängiges „Verbandsprinzip" 2 8 8 darstelle. Die Geltung der personengesellschaftsrechtlich geprägten Treuepflicht wurde anfänglich in das Kapitalgesellschaftsrecht aufgrund der rechtsund sozialethischen Auffassung übernommen, eine Pflicht dominierender Kapitalgesellschafter oder Gesellschaftergruppen zu einem Mindestmaß an Loyalität gegenüber der Gesellschafterminorität zügele die Mehrheitsmacht und verbessere die Justiziabilität ihrer Kontrolle. 289 Spätestens seit der Girmes-Entscheidung 290 des Bundesgerichtshofs obliegt andererseits die Einhaltung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten auch Minderheitsaktionären, wobei der Rahmen der Treuepflicht, die als richterliche Generalklausel 291 betrachtet wird, tendenziell weit gesteckt wird. Loyalitäts- und Förderpflichten 292 der Kapitalgesellschafter dienen somit dem Schutz der Gesellschafterminderheit vor unberechtigter Dominierung durch die Mehrheit, appellieren sich aber umgekehrt auch an Minderheitsgesellschafter293 zu Loyalität gegenüber der Gesellschaftermehrheit und ge(1996), 109ff; Landgrebe G m b H R 1967, 227ff; Verhoeven B B 1978, 335ff; Ulmer N J W 1976, 193f; Wiedemann J Z 1976,392ff; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 43ff; Mülhert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, 218ff; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.270ff; Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 14 Rz.23ff; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz.21; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §14 Rz.9ff; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15.Aufl., §13 Rz.19, §14 R z . l 8 f f ; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 43ff; Scholz/Winter, G m b H G , § 14 Rz. 50ff; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , § 14 Rz. 4; Rowedder, G m b H G , § 13 Rz. 17ff; H Uff er, AktG, § 53 a Rz. 13ff; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV, S.588ff; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §36 II 3, S.359; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 II 3 a), S.432ff; Kübler, Gesellschaftsrecht, §15 II 3 c), S. 172f; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz.646ff; Kraft/Kreutz, Gesellschaftsrecht, B.II. 1 a), S.44; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, §11 VI, S.51; Henn, Handbuch des Aktienrechts, § 1 Abschnitt 1, S. 11; Nagel, Deutsches und europäisches Gesellschaftsrecht, S. 143. 288 Lutter Z H R 162 (1998), 164, 166; ders, in: FS 50 Jahre B G H , 321, 330ff; Henze Z H R 162 (1998), 186; siehe auch Wiedemann Z G R Sonderheft 13, S. 5ff, 19ff (gesellschaftsrechtliches Wertungsprinzip). Kritisch gegenüber der Treuepflicht des Aktionärs Flume, Die juristische Person, § 81, S. 261 (Es widerspricht einfach den Tatsachen, dass, wer eine Aktie kauft, damit den anderen Aktionäre verbunden wird. Diese gehen ihn vielmehr gar nichts an); ähnlich Baumbach/Hueck, AktG, Üb. vor §54 Rz. 11 (Die Aktionäre kennen einander vielfach überhaupt nicht und kommen u.U. nie miteinander in irgendwelche Berührung). 289 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 II 3, S. 431 ff; ders. J Z 1976, 392, 393; ders. Z G R Sonderheft 13, S.5, 19ff; ders. Z G R 1980, 147, 161ff; Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, S.335ff; Lutter Z H R 162 (1998), 164,165; ders, in: FS 50 Jahre B G H , 321, 3 3 0 f f ; K Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 3, S. 594. 290 BGHZ 129, 136, 152; siehe auch Henze Z H R 162 (1998), 186, 187, 192f. 291 Lutter Z H R 162 (1998), 164, 166. 2 9 2 Inhaltlich wird die Treuepflicht als Förder- und Interessenwahrungspflicht (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S. 588) oder als Loyalitäts- und Rücksichtnahmepflicht ( B G H Z 129,136,143; Lutter Z H R 162 (1998), 164,177; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 II 3, S.432) charakterisiert. 293 Lutter Z H R 162 (1998), 164,165; ders. AcP 180 (1980), 84,102 ff; sinngemäß Huff er, AktG, §53 a Rz. 14.

150

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

genüber der Gesellschaft selbst. Sie beanspruchen den Rang eines allgemeinen verbandsrechtlichen „Schutzprinzips" 2 9 4 im Recht der G m b H und sogar in dem der Aktiengesellschaft 2 9 5 . Minderheit u n d Mehrheit haben in der Kapitalgesellschaft bei A u s ü b u n g ihrer Mitgliedschaftsrechte auf den Gesellschaftszweck und auf diesen bezogene Belange der Mitgesellschafter nach den Kriterien der Verhältnismäßigkeit u n d Erforderlichkeit Rücksicht zu nehmen. 2 9 6 Verstöße gegen Mehrheits- oder Minderheitsinteressen balanciert die Rechtsprechung durch „Billigkeitskontrolle" aus. 297 Die Literatur 2 9 8 betrachtet die Treuepflicht als wesentliches Element einer effektiven u n d flexiblen Justiziabilität f ü r weit gefächert denkbare Konflikte zwischen Gesellschaftern, zwischen Gesellschaftern und der Gesellschaft sowie zwischen der Gesellschaft u n d ihren Organen durch Abwägung und Begrenzung mitgliedschaftlicher Interessen und Befugnisse. 299 Rechtsprechung u n d Literatur billigen weitgehend 3 0 0 die Justiziabilität gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten der Kapitalgesellschafter gegenüber der Gesellschaft unabhängig von ihrer Rechtsform u n d tatsächlichen oder vereinbarten Rechtsstruktur, aber auch zwischen einzelnen Kapitalgesellschaftern, weil nur so die Verletzung der Treuepflicht dem Einzelgesellschafter ein eigenes Recht auf (außer)prozessuale Ver-

294

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 3, S.594; Lutter Z H R 162 (1998), 164, 165. Treuepflichten w u r d e n zunächst f ü r die Aktiengesellschaft generell verneint (RGZ 68,235, 245f mit A n m . Bondi D J Z 1908,1007; RG L Z 1914, 273; Baumbach/Hueck, A k t G , Ü b . vor §54 Rz. 11; zurückhaltend noch Martens, in: Rechtsdogmatik u n d Rechtspolitik, S. 251,258, weil das Aktienrecht als abschließende Regelung konzipiert sei). Später hat die Rspr. Treuepflichten gegenüber der Aktiengesellschaft, nicht aber im Verhältnis der Aktionäre zueinander a n g e n o m m e n (RGZ 146, 71, 76; 146, 385, 395; BGHZ 14, 25, 38; 18, 350, 365; BGH J Z 1976, 561). 296 Vgl. Lutter Z G R 1981, 171, 173f, w o n a c h Mehrheitsentscheidungen d u r c h sachliche G r ü n d e im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt sein müssen. Beschlüsse der Gesellschaftermehrheit mit belastenden Folgen f ü r die Minderheit seien n u r zulässig, w e n n sie z u r Verwirklichung des gemeinsamen Zweckes erforderlich u n d hierfür - auch unter A b w ä g u n g der geringsten Last - geeignet seien (ähnlich Wiedemann Z G R Sonderheft 13, S. 5, 19ff). 297 / f o j z e Z H R 162 (1998), 186,187,191; siehe auch Reuter, in: FS 50 Jahre B G H , 211,214. So gesehen ist die Treuepflicht in der Tat eine „rechtspolitische Allzweckwaffe", die der Verwissenschaftlichung, Verrechtlichung u n d Kontrollierbarkeit der Binnenrechtsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaft u n d Kapitalgesellschaftern dient (vgl. Martens, in: Rechtsdogmatik u n d Rechtspolitik, S.251ff; ders. Z G R 1998, 386ff). Siehe auch Henze Z H R 162 (1998), 186, 192ff, der die U b e r p r ü f u n g des Entscheidungsverhaltens von Kapitalgesellschaftern am Maßstab der Erforderlichkeit u n d Verhältnismäßigkeit bei sämtlichen Grundlagenentscheidungen u n d Strukt u r m a ß n a h m e n fordert (Kapitalerhöhung, Kapitalherabsetzung, Gesellschaftsauflösung, Verschmelzung, Unternehmensverträge, Vermögensübertragung, Spaltung und andere F o r m e n der Unternehmenssanierung). 298 Lutter Z H R 162 (1998), 164, 184; ders. Z G R 1998, 191 f; ders, in: FS 50 Jahre B G H , 321, 330ff; Henze Z H R 162 (1998), 186,187; Zöllner Z H R 162 (1998), 235,237; Häsemeyer Z H R 160 (1996), 109ff; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 3, S.594 f. 299 Lutter Z H R 162 (1998), 164, 165; ders, in: FS 50 Jahre B G H , 321, 330ff; Henze Z H R 162 (1998), 186, 187, 192; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 3, S.594. 300 Lutter Z H R 162 (1998), 164, 176ff m . w . N . . 295

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

151

folgung eines quasivertraglichen Ersatzanspruchs301 gegen Mitgesellschafter verleiht. (2) Horizontale

und vertikale

Treuepflichten

in

Kapitalgesellschaften

Die „doppelte Stoßrichtung" 302 der Treuepflicht in einer mitgliedschaftlichen Vertikalwirkung der Kapitalgesellschafter zur Gesellschaft und einer Horizontalwirkung zwischen Kapitalgesellschaftern303 hat der Bundesgerichtshof in „ITT", „Linotype" und „Girmes" wiederholt hervorgehoben.304 In der Vertikalrichtung ist Quelle der Treuepflicht zwischen Gesellschaftern und Kapitalgesellschaft die im Organisationsvertrag der Gesellschaftsgründer festgelegte Verbandssatzung.305 Die Mitgliedschaft in dem Verband führt zum Sonderrechts- und Treuepflichtverhältnis zwischen Gesellschaftern und der körperschaftlich verfassten juristischen Person, die eine ungehinderte und sachgemäße Ausübung der Mitgliedschaftsrechte des Gesellschafters zu gewähren und unberechtigte Störungen dieser Rechte zu unterlassen hat.306 Die Kehrseite bildet die Pflicht des Gesellschafters zur Wahrung der Interessen der Gesellschaft und Unterlassung schädigenden Verhaltens sowie gegebenenfalls die Pflicht zu aktiver Förderung, weil das Gründungsstatut oder die spätere Beitrittserklärung eines Neugesellschafters das Einverständnis mit dem Gesellschaftszweck und deshalb die Förderung dieses Zwecks bzw. die Unterlassung der Schadensverursachung einschließt.307 In der Horizontalrichtung bewirkt die Verbandsmitgliedschaft ein unmittelbares Sonderrechts- und Treuepflichtverhältnis zwischen Kapitalgesellschaftern 301 Vgl. BGH J Z 1991, 192, 195, K. Schmidt J Z 1991, 157, 160, Wiedemann Z G R Sonderheft 13, S.5, 21. 302 Lutter Z H R 162 (1998), 164, 177. 303 Die Anerkennung unmittelbarer Treuepflichten der Kapitalgesellschafter wurzelt in der Theorie der realen Verbandspersönlichkeit. Die juristische Person ist danach nur organisatorische Rechtsform einer lebendigen Gemeinschaft, in der auch die einzelnen Mitglieder in „genossenschaftlichen" Beziehungen zueinander stehen (vgl. v. Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 456ff, 479ff). Siehe dazu auch Fechner, Die Treuebindung des Aktionärs, S. 41; Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 170; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 288; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 224. 304 BGHZ 103, 184,194 („Linotype"); 129, 136,142f („Girmes"); zur G m b H vgl. BGHZ 65, 15, 18 („ITT"). 305 Hiiffer, AktG, §53 a Rz. 15; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im G m b H Recht, S. 325. 306 BGHZ 83,122, 133f („Holzmüller"); 103,184,194 („Linotype"); 127,107,111 („BMW"); 1 2 9 , 1 3 6 , 1 4 2 f („Girmes"); 136, 133, 140f („Siemens/Nold"); zur GmbH siehe BGHZ 65,15, 18 („ITT"); BGH DStR 1994, 214, 215f. 307 Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz.22; Lutter/Hommelhoff G m b H G , §14 Rz.lOf; Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.48, Anh §13 Rz.114; Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 14 Rz.23f; Hüffer, AktG, §53 a Rz. 16; Ulmer, in: FS 50 Jahre B G H , 273, 295, 301. Siehe aber auch BGH N J W 1999, 2817, wonach die Haftungsfolgen in §31 Abs.3 G m b H G abschließend geregelt seien. Dazu Ulmer, in: FS 50 Jahre B G H , 273, 295.

152

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

mit klagbaren Loyalitäts- und Rücksichtnahmepflichten der Kapitalgesellschaft e r in B e z u g a u f die g e m e i n s a m e Z w e c k v e r f o l g u n g u n d die g e s e l l s c h a f t s b e z o g e n e n I n t e r e s s e n 3 0 8 d e r M i t g e s e l l s c h a f t e r . 3 0 9 D i e s e P f l i c h t e n s c h l i e ß e n das V e r b o t i n d i r e k t e r W e r t m i n d e r u n g des G e s e l l s c h a f t s a n t e i l s d e r M i t g e s e l l s c h a f t e r d u r c h e i n e t r e u e p f l i c h t w i d r i g e S c h ä d i g u n g des V e r m ö g e n s d e r G e s e l l s c h a f t e i n 3 1 0 , die m i t h i n zugleich eine Verletzung der Treuepflicht gegenüber Mitgesellschaftern darstellt. D a s h a t z u r F o l g e , dass e i n e t r e u p f l i c h t w i d r i g e S c h ä d i g u n g des G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n s z u m r e s t i t u t i v e n R e c h t s s c h u t z in d e r Z u s t ä n d i g k e i t d e r R e c h t s u b j e k t e Gesellschaft und Gesellschafter gegenüber schädigenden Mitgesellschaftern auf L e i s t u n g in das G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n f ü h r t . 3 1 1 R e s t i t u t i o n s a n s p r ü c h e d e r j u r i s t i s c h e n P e r s o n v e r f o l g t e i n e i n z e l n e r G e s e l l s c h a f t e r n i c h t als f r e m d e s R e c h t in P r o z e s s s t a n d s c h a f t , s o n d e r n „ i m e i g e n e n N a m e n , aus e i g e n e m R e c h t u n d in sein e m w i e a u c h i m I n t e r e s s e d e r G e s e l l s c h a f t " 3 1 2 a u f L e i s t u n g an die G e s e l l s c h a f t , w e i l die v e r l e t z t e allseitige T r e u e p f l i c h t R e c h t s g r u n d f ü r d e n S c h a d e n s a u s g l e i c h ist.

3 0 8 Grds. besteht keine Pflicht zur Rücksichtnahme auf private Interessen der Mitgesellschafter ( B G H DStR 1994, 214, 216; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 13 Rz.22). 309 BGH2 103,184,194 („Linotype"); 129,136, 142f („Girmes"); zur GmbH vgl. BGHZ 65, 15, 19 („ITT"); BGH DStR 1994, 214, 216; Lutter Z H R 162 (1998), 164, 165, 177; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S.588f; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz.22; Lutter/ Hommelhoff G m b H G , § 14 Rz. 11; Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 13 Rz. 7. 3 1 0 Vgl. auch BGHZ 129, 136, 165 („Girmes"); zu den Auswirkungen einer Schädigung des Gesellschaftsvermögens auf den Wert des Gesellschaftsanteils Kowalski, Der Ersatz von Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, S.47ff, 107ff; Mertens, in: FS Lange, 561, 569ff. 311 BGHZ 65, 15 [„ITT"]; 129, 136,165 [„Girmes"]; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz.55; Hüffer, AktG, § 117 Rz. 8f; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 13 Rz. 31; Lutter Z H R 162 (1998), 164,176ff; Gehrlein ZI? 1993,1525,1526; Schanbacher A G 1 9 9 9 , 2 1 , 2 2 , 2 7 f ; Häsemeyer Z H R 160 (1996), 109,117; Marsch-Barner Z H R 157 (1993), 172, 188; Brandes W M 1987 Sonderbeilage Nr. 1, S. 13; Ulmer N J W 1976, 193; Verhoeven B B 1978, 335, 337; Landgrebe GmbHR 1967,227, 229; Hoffmann G m b H R 1963, 61,62; Wiedemann Z G R Sonderheft 13, S. 5,19ff; kritisch Stimpel A G 1986, 117, 118; WinterZHR 148 (1984), 579,594f; Berger Z H R 149(1985), 599, 603; Hennrichs AcP 195 (1995), 221,267ff, 271f; MünchHdb. GesR Ill/Schiessl, §32 Rz. 31; Habersack, Die Mitgliedschaft - subjektives und „sonstiges" Recht, S. 199. 312 BGH W M 1982, 928. Auch das „Girmes"-Urteil stellt keine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass dem Gesellschafter eigene Ersatzansprüche zustehen. Der BGH stellt lediglich klar, dass die Haftung wegen treuwidriger Stimmabgabe wegen § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG und des systematischen Zusammenhangs mit §243 Abs. 2 AktG auf vorsätzliche Treuepflichtverletzung zu beschränken ist (vgl. BGHZ 129, 136, 158ff). Zutreffend kritisch Altmeppen N J W 1995, 1749, 1750; Flume ZIP 1996,161,164f, weil in der Sache kein Unterschied zu § 826 B G B bestehe. Siehe auch die Kritik bei Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S.251, 260, wonach §117 Abs. 7 Nr. 1 AktG die Stimmrechtsausübung grds. von jeder Schadensersatzhaftung freistelle. Vgl. dazu auch RegBegr Kropff S. 163f: „Von der Stimmrechtsausübung herrschender Unternehmen abgesehen sind die Gesellschaft und die anderen Aktionäre gegen einen Missbrauch des Stimmrechts durch die Anfechtungsmöglichkeit nach §243 Abs. 2 des Entwurfs hinreichend geschützt. In krassen Fällen kommt daneben eine Haftung für die Ausübung des Stimmrechts nach §826 B G B in Betracht".

II. Rechtsinhaberschaft

(3) Begründungsmodelle Kapitalgesellschaftern

der Kapitalgesellschaft

zur unmittelbaren

aufgrund

materiellen

Treuepflichtgeltung

Rechts

153

zwischen

Die Loyalitäts- und Interessenwahrungspflicht als solche zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschaftern ist in neuerer Zeit im Wesentlichen unstrittig geworden. 3 1 3 Der rechtsdogmatische Ursprung, die Rechtsgrundlage und Reichweite unmittelbarer Treuepflichten zwischen den Kapitalgesellschaftern werden bis in die Gegenwart mit zahlreichen Auffassungen kontrovers begründet. 3 1 4 Den rechtsdogmatischen Aufwand für eine Fundierung der Geltungsunmittelbarkeit von Treuepflichten zwischen Kapitalgesellschaftern ruft das vom Gesetz vorgegebene Gebilde „juristische Person" 3 1 5 als verselbständigte Zuordnungs- und Zurechnungseinheit 3 1 6 für Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsverhältnis hervor. Dahinter steht die dualistische Systematik des Gesetzes, das kategorial Körperschafts- und Personengesellschaftsrecht unterscheidet. 3 1 7 Ist die rechtsfähige G m b H oder Aktiengesellschaft originärer Bezugspunkt von Loyalitäts- und Förderpflichten der Kapitalgesellschafter, so konzentriert sich auf ihn primär bzw. ausschließlich ein Sonderrechts- und Treuepflichtverhältnis zwischen ihnen und der Kapitalgesellschaft. Originäre Treuepflichten der Gesellschafter lassen sich daher prinzipiell nicht mit diesem Bezugspunkt verbinden, folgt doch aus der rechtlichen Eigenständigkeit der juristischen Person, dass nur sie eigenständiger „Zuordnungsendpunkt" 3 1 8 von Rechten und Pflichten nicht nur gegenüber Dritten, sondern gerade auch gegenüber ihren Gesellschaftern ist. 3 1 9 Die prinzipielle 3 1 3 A . A . Baumbach/Hueck, A k t G , Ü b . vor § 54 Rz. 11, wonach im Verhältnis zur Gesellschaft echte, über das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§§242, 826 B G B ) hinausgehende Treuebindungen, nicht bestehen; zurückhaltend auch G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 2 6 I V 1, S.262ff; kritisch gegenüber der Treuepflicht-Formel auch Flume, Die juristische Person, § 8 1, S.268ff; § 8 IV, S.293ff, § 8 V, S.300ff; ders, Z I P 1996, 161ff. 314 MüKo/Reuter, B G B , § 3 4 R z . 2 0 ; MUlbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 226ff; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im G m b H - R e c h t , S.43ff; ders. Z H R 148 (1984), 579ff; Hennrichs AcP 195 (1995), 221 ff; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, § 4 III 2, S. 21, § V I 1, S. 51 f; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 R z . 3 7 ; Flume, Die juristische Person, § 8 1, S.268ff; ders. Z I P 1996, 161 ff; Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S. 251 ff; ders. Z G R 1998,386ff; Rehbinder Z G R 1976,386ff; Berger Z H R 149 (1985), 599ff; Marsch-Barner Z H R 157 (1993), 172ff; Stimpel A G 1986, 117ff; Ganssmüller G m b H R 1970,170f; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 2 6 I V 1, S. 262ff; Roitzsch, D e r Minderheitenschutz im Verbandsrecht, S. 183 f; siehe auch Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 239f; aus strafrechtlicher Sicht Flum, Der strafrechtliche Schutz der G m b H gegen Schädigungen mit Zustimmung der Gesellschafter, S. 174ff. 315 Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im G m b H - R e c h t , S.43. 316 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 4 I 2, S. 196. 317 Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, § 1 1 VI 1, S.52, wonach Treuepflichten nicht zu einer Denaturierung der Aktiengesellschaft und zur Angleichung ihrer Mitgliedschaftsverhältnisse an Personengesellschaften führen dürfen. 318 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 4 I 2, S. 196. 319 Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 1 3 R z . 3 ; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 4 I 2, S. 196; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im G m b H - R e c h t , S.43. Üblicherweise wird die Mitgliedschaft auch umschrieben als Gesamtheit aller Rechte und Pflichten der Mitglieder im

154

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

Geltung der Treue- und Mitwirkungspflicht nur zwischen der Kapitalgesellschaft u n d i h r e n G e s e l l s c h a f t e r n lässt sich z u d e m a u f das H a f t u n g s s y s t e m i m B i n n e n v e r h ä l t n i s d e r G e s e l l s c h a f t s t ü t z e n . D e n n n a c h h . M . 3 2 0 r i c h t e t s i c h die P f l i c h t z u ordnungsmäßiger Geschäftsführung nur auf Angelegenheiten der juristischen P e r s o n s e l b s t , w e s h a l b die P f l i c h t v e r l e t z u n g d e r O r g a n w a l t e r g e m ä ß § 4 3 A b s . 2 G m b H G , § 9 3 A b s . 2 A k t G nur der Gesellschaft gegenüber zur Restitutionshaft u n g f ü h r t . 3 2 1 D a s gilt a u c h , w e n n die p f l i c h t w i d r i g e S c h ä d i g u n g d e r G e s e l l s c h a f t n u r z u e i n e m w i r t s c h a f t l i c h e n R e f l e x s c h a d e n an d e n G e s e l l s c h a f t s a n t e i l e n d e r Gesellschafter führt.322 W i r d d a h e r das G e s e t z , w e l c h e s die j u r i s t i s c h e P e r s o n als e i g e n s t ä n d i g e v o n i h r e n M i t g l i e d e r n r e c h t l i c h g e t r e n n t e R e c h t s - u n d P f l i c h t e n e i n h e i t 3 2 3 b e g r e i f t , als g e l t e n d e s R e c h t a n g e n o m m e n , d a n n s i n d alle R e c h t e u n d P f l i c h t e n a u s s c h l i e ß l i c h in d e r m i t g l i e d s c h a f t l i c h e n R e c h t s b e z i e h u n g z w i s c h e n d e r k ö r p e r s c h a f t l i c h v e r fassten Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern zu sehen. D i e Mitglieds c h a f t in d e r K a p i t a l g e s e l l s c h a f t ist z w a r als f a c e t t e n r e i c h e s R e c h t s i n s t i t u t 3 2 4 v e r s t e h b a r . D e n n o c h ist e i n e d a r a u f g e s t ü t z t e U n m i t t e l b a r k e i t e i n e r S o n d e r r e c h t s b e -

Verhältnis „zur Gesellschaft" (Roth/Altmeppen, G m b H G , §14 Rz. 13; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 14 Rz. 10; Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts III.3, §20 I, S.262ff; Scholz/Winter, G m b H G , § 14 Rz. 14). 320 Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S.44; Scholz/Uwe H. Schneider, G m b H G , §43 Rz.2, 8; Roth/Altmeppen, G m b H G , §43 Rz.17; Baumbach/Hueck/ Zöllner, G m b H G , §43 Rz. 1; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz. 39; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §43 Rz.23; Hachenburg/Mertens, G m b H G , §43 R z . l , 22; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , §43 Rz.65; Brodmann, Bern. 1 zu §43 G m b H G ; zur Aktiengesellschaft vgl. Hüffer, AktG, § 93 Rz. 1,5; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 93 Rz. 1; Schilling, in: Großkomm. AktG, §93 Anm.41; Baumbach/Hueck, AktG, §93 Rz.3; siehe auch Schumann D R 1942, 1670ff. 321 Die h.M. sieht in §43 G m b H G , §§93, 116 AktG keine drittschützenden Normen i.S.d. §823 Abs.2 B G B ( R G Z 73,30,33; S G / i N J W 1969,1712; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, §43 Rz.2; Hachenburg/Mertens, G m b H G , §43 Rz. 104; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz. 39; Habersack, Die Mitgliedschaft - subjektives und „sonstiges" Recht, S. 205f; Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, §93 Rz. 90; a.A. Emmerich/Sonnenschein, Konzernrecht, S. 240). Sie verneint auch die Einbeziehung des Gesellschafters in die Schutzwirkung des Anstellungsvertrages zwischen der G m b H und dem Geschäftsführer (Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §43 Rz.2; Roth/Altmeppen, G m b H G , §43 Rz.22; Scholz/Uwe H. Schneider, G m b H G , §43 Rz. 213; Habersack, Die Mitgliedschaft - subjektives und „sonstiges" Recht, S.205f). Zur G m b H & Co. K G und atypischen stillen Gesellschaft siehe auch BGH D B 1980, 2 9 5 ; ß G / / N J W 1995,1353. Teilweise abweichend Hachenburg/Mertens, G m b H G , §43 Rz. 110; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §36 II 4 c, S. 900f; Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S.243ff; ders. Z G R 1987, 554, 560). 3 2 2 Unmittelbare und eigene Schadensersatzansprüche der Mitgesellschafter können allerdings den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH (nicht Fremdgeschäftsführer) treffen, wenn dieser in Fällen des § 43 Abs. 2 G m b H G zugleich seine Treuepflicht gegenüber den Mitgesellschaftern verletzt (vgl. BGH W M 1982, 928; Roth/Altmeppen, G m b H G , §43 Rz.18, §13 Rz.47ff; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz.34). 323 Wtedemann, Gesellschaftsrecht I, §4 I 2, S. 196. 324 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S.590.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

155

ziehung zwischen Gesellschaftern weder im Gesetz angelegt, noch legitimiert bereits die Mitgliedschaft als solche die Annahme wechselseitiger und direkter Schutz- und Rücksichtspflichten zwischen Gesellschaftern in Bezug auf ihre Gesellschaftsinteressen 325 . Das erschließt sich auch von der Rechtsfolgenseite her, wenn diese Pflichten verletzt worden sind, weil treupflichtwidrige Handlungen oder Unterlassungen eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft zum Nachteil des Gesellschaftsvermögens nur dieser als juristische Person einen Ersatzanspruch gegen den Schädiger geben. 3 2 6 Daher ist neben dieser Anspruchszuständigkeit die Konstruktion eines Zuständigkeitsgebildes entbehrlich, das dem einzelnen Gesellschafter die Verfolgung dieses Restitutionsanspruchs gegen Mitgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft gestattet und sogar auf die Prozessstandschaft verzichtet, weil der Gesellschafter einen quasivertraglichen eigenen Schadensersatzanspruch besitzen soll 3 2 7 . Denn die „Doppelzuständigkeit" missachtet die vom Gesetz gewollte rechtliche Eigenständigkeit der juristischen Person. Die Befürworter unmittelbarer Sonderrechtsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern anerkennen andererseits 328 , dass der Gesellschaftsvertrag wegen seiner Funktionserledigung nach Entstehung der Gesellschaft als juristische Person seine rechtliche Bedeutung für die rechtliche Begründbarkeit unmittelbarer Treuepflichten der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft verlieren kann, weil der Gründungsvertrag anders als der Personengesellschaftsvertrag funktionell nicht auf die Fortgeltung einer schuldrechtlichen Pflicht zu gegenseitiger Verbandszweckförderung gerichtet ist. 3 2 9 Die andersartige Vertragsfunktionalität in der Personengesellschaft mit unmittelbaren vertraglichen Loyalitäts- und Förderpflichten zwischen Gesellschaftern zwingt die Befürworter der Geltung gleichartiger Pflichten im Kapitalgesellschaftsrecht ein Treueverhältnis in einer Sonderverbindung gesellschaftsrechtlicher Art 3 3 0 oder in einem gesetzlichen Schutzpflichtverhältnis 331 zu konstruieren. Das darauf gestützte Recht zur Einzelverfolgung eigener Ansprüche gegen andere Mitgesellschafter findet Rechtfertigungen, die zunächst aufgelistet und dann gesondert erörtert werden. 3 3 2 325 326

So aber Lutter AcP 180 (1980), 84, 127; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S.589. Winter Z H R 148 (1984), 579, 595; Stimpel A G 1986, 117, 118; Rehbinder Z G R 1976, 386,

391 ff. So aber Lutter Z H R 162 (1998), 164, 176. Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 44, 70f Altmeppen N J W 1995, 1749, 1750; Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 228f; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 226f; Flume, Die juristische Person, §8 1, S.269; Lutter AcP 180 (1980), 84, 102f; Landgrebe G m b H R 1967, 227, 229; a.A. Hachenburg/Schilling, GmbHG, §13 Rz.6. 329 Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 44, 70. 330 Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.34. 331 Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 325. 332 Siehe dazu auch Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S.226; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S.588f; Hüffer, in: FS Steindorff, 59,63f jeweils 327 328

156

Teil 2: B. Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen

Mitgesellschafter

- Die gesellschaftsrechtliche Zweckförderpflicht gemäß § 705 B G B als G r u n d a x i o m des gesamten Korporationsrechts (mitgliedschaftliche Zweckförderungspflicht). 3 3 3 - Die personalistische, dem N o r m a l t y p u s der Personengesellschaft angenäherte Ausgestaltung des Innenverhältnisses der Kapitalgesellschaft (personalistische Realstruktur der Kapitalgesellschaft). 3 3 4 - Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht als Unterfall der Generalklausel des §242 B G B in allen Verbandsarten (mitgliedschaftliches Vertrauensverhältnis). 3 3 5 - Die Kontrolle der durch Gesetz u n d Satzung eingeräumten Einwirkungsmöglichkeiten des Gesellschafters auf die mitgliedschaftliche Stellung seiner Mitgesellschafter (Korrelation zwischen Rechtsmacht und Verantwortung). 3 3 6 - Die mitgliedschaftlich vermittelte Sonderrechtsbeziehung unmittelbar zwischen den Gesellschaftern (mitgliedschaftliches Gemeinschafts- oder Gesellschaftsverhältnis). 3 3 7 - Die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht als richterrechtliche Generalklausel 3 3 8 und als rechtsformübergreifendes gewohnheitsrechtlich etabliertes Verbandsprinzip. 3 3 9

(a) Zweckförderungspflicht i.S.d. §705 BGB als Wesenselement gesamten Korporationsrechts

des

Direkte Treuepflichten zwischen Kapitalgesellschaftern knüpfen an §705 BGB als rechtsformübergreifend verstandene Grundnorm des gesamten Korporationsrechts 340 wegen der in ihr vorausgesetzten Loyalitäts- und Zweckförderpflicht der Gesellschafter an, weil diese Pflichten essentielle Wesensmerkmale jem.w.N; ausführlich auch Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S.45ff; aus strafrechtlicher Sicht Flum, Der strafrechtliche Schutz der G m b H gegen Schädigungen mit Zustimmung der Gesellschafter, S. 176ff. 333 Häsemeyer Z H R 160 (1996), 109, 113; Lutter Z H R 153 (1989), 446, 454; ders. AcP 180 (1980), 84, 102f; Marsch-Barner Z H R 157 (1993), 172f; siehe auch Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 14. 334 BGHZ 65, 15, 18 („ITT"); Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz.21 -Scholz/HP. Westermann, G m b H G , Einl. Rz.2, 7, 8; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §13 Rz.5ff, §14 Rz. 23; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 288f; ders, in: FS 100 Jahre G m b H , 189,193ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 II 3 a), S.432f; Ulmer, in: FS 50 Jahre B G H , 273, 306f; siehe auch Friedewald, Die personalistische Aktiengesellschaft, S. 133f. 335 Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 228ff; MüKo/Roth, BGB, §242 Rz.120; MüKo/Reuter, BGB, §25 Rz. 19f mit Fn.78; Schmiedel Z H R 134 (1970), 173, 182; siehe auch Kühler, Gesellschaftsrecht, §6 II c), S.44; Roitzsch, Der Minderheitenschutz im Verbandsrecht, S.37. 336 BGHZ 129, 136, 143f („Girmes"); Lutter Z H R 153 (1989), 446, 455; ders, in: FS 50 Jahre B G H , 321, 330ff; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §14 Rz.9; Lutter/Hommelhoff GmbHG, 15. Aufl., § 14 Rz. 18; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, Immenga, in: FS 100 Jahre G m b H , 189, 193ff; Hüffer, AktG, §243 Rz.22; Kort ZIP 1990, 294, 296; Timm W M 1991,481,482f; Hennrichs AcP 195 (1995), 221,238; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 II 3 a), S.432ff; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S.226ff. 337 Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 71, 325; Scholz/Winter, G m b H G , §14 Rz.50ff; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S.588f; SchlegelbergerlK. Schmidt, H G B , § 105 Rz. 161; Lutter AcP 180 (1980), 84,126f; Rowedder, G m b H G , § 13 Rz. 12. 338 Hüffer, in: FS Steindorff, 59, 68ff; ders, AktG, §53 a Rz. 15. 339 Lutter Z H R 162 (1998), 164, 166; ders, in: FS 50 Jahre B G H , 321, 330ff; Henze Z H R 162 (1998), 186, 191. 340 Lutter Z H R 153 (1989), 446, 454; ders. AcP 180 (1980), 84, 102, 117.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

157

der Verbandsmitgliedschaft seien. Sie beanspruchten als mitgliedschaftliche Hauptpflichten 341 Geltung auch zwischen Kapitalgesellschaftern, weil der Inhalt ihrer Mitgliedschaft das Versprechen einschließe, den korporativ festgelegten Zweck der Kapitalgesellschaft gemeinsam zu verfolgen. 342 Zu Recht wendet sich das Schrifttum gegen diese Treuepflichtkonzeption 3 4 3 , weil die gegenseitige Pflicht zur Verbandszweckförderung nicht auf „§705 B G B " , sondern nur auf dem privatautonomen Vertragswillen der Gesellschafter beruht, der allein diese Pflichten erzeugt. 344 Zudem steht einer rechtsformübergreifenden Transformation der in § 7 0 5 B G B genannten Kriterien einer Vertragstypisierung in das Recht der Kapitalgesellschaften die funktionell-organisatorische Unterschiedlichkeit des Vertrags der Personengesellschaft und der Satzung als Organisationsvertrag der juristischen Person entgegen. Denn nach Entstehung der Kapitalgesellschaft verselbständigt sich der Gründungsvertrag von den Vertragsparteien, er verliert die Fähigkeit, ursprünglichen oder später beigetretenen Kapitalgesellschaftern unmittelbare und wechselseitige vertragliche Förderpflichten im Sinne des § 7 0 5 B G B aufzuerlegen. 345 Die auf § 7 0 5 B G B gestützte Implementierung unmittelbarer und wechselseitiger Förder- und Loyalitätspflichten der Kapitalgesellschafter in das Kapitalgesellschaftsrecht überfrachtet zudem diese Norm 3 4 6 , wie sich insbesondere bei der Aktiengesellschaft zeigt. Das A k t G sieht abschließend und zwingend die Zweckförderpflicht als erledigt an, wenn der Kapitalbeitrag geleistet worden ist. 347

(b) Personalistische Ausgestaltung des der Kapitalgesellschaft

Innenverhältnisses

Überzeugender ließe sich die an das Personengesellschaftsrecht angelehnte U n mittelbarkeit von Treuebindungen zwischen Kapitalgesellschaftern in das KapiLütter AcP 180 (1980), 84, 117. Lutter AcP 180 (1980), 84, 102. 343 Flume, Die juristische Person, § 8 1, S.269; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 226f; Hüffer, in: FS Steindorff, 59,70,72; Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 228f; wohl auch Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S.58ff, 61. 344 Zu Recht kritisch Hüffer, in: FS Steindorff, 59, 70, 72, weil die den Vertragstyp beschreibende Funktion des § 705 B G B nicht weiter reicht als der Vertrag selbst. Siehe auch Protokolle II, S. 416; Denkschrift, S. 86f. 345 Siehe dazu oben S. 107. 346 Teilweise findet sich der Einwand, §705 B G B könne zwar Treuepflichten gegenüber der juristischen Person - die Gesellschafter versprechen sich wechselseitig die Förderung des gemeinsamen Zwecks - begründen, nicht aber zwischen den Kapitalgesellschaftern untereinander, bei denen allein die Rücksichtnahme auf mitgliedschaftliche Interessen der anderen Gesellschafter in Frage stehen (Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 227; Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 229). 347 §23 Abs. 5 S . l AktG; siehe auch Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S.258; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 227 Fn. 330; Ballerstedt JuS 1963,253,256. 341 342

158

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

talgesellschaftsrecht implementieren, wenn sei auf das Erfordernis gegenseitigen Vertrauens gestützt wird und sie im Einzelfall Strukturelemente der personenrechtlichen Gesellschaftsordnung die Kapitalgesellschaft prägen. 348 In der ITT-Entscheidung 349 rechtfertigt der Bundesgerichtshof als Rechtsgrund für die Geltung direkte Loyalitäts- und Interessenwahrungspflichten zwischen Gesellschaftern, weil eine statistische Häufigkeit personalistischer Binnenstrukturen der GmbH feststellbar sei, so dass eine personalistisch inspirierte Treuepflicht gelten müsse. 350 Diese gehe über den in §§ 226,242,826 B G B verankerten Schutzbereich hinaus, weil eine der Personengesellschaft ähnliche personalistische Binnenstruktur der GmbH und die Intensität persönlicher Kooperation der Gesellschafter weitergehende Treuepflichten haftungsbegründenden Inhalts erforderten. Ist die personalistische Ausgestaltung einer GmbH als solche rechtsbegrifflich ein unscharfer Ansatz, so kann sie noch weniger als tauglicher Maßstab für die Geltung unmittelbarer Treuepflichten und als Grundlage schuldrechtlicher Direktansprüche zwischen Kapitalgesellschaftern angesehen werden, weil der Organisationsvertrag der Gesellschaft bzw. das Gesetz maßgebend sind, nicht variable Faktizitäten der Personenbezogenheit in einer Gesellschaft. 351 Die personalistisch strukturierte Kapitalgesellschaft ist daher per se ungeeignet, dem Recht der Kapitalgesellschaften ein lediglich für das Personengesellschaftsrecht essentielles Maß an Treuepflichten zwischen Gesellschaftern zu implementieren, um ihnen generell die Klagbarkeit von Rechten der Gesellschaft in eigener Rechtszuständigkeit zu gewähren.352 Die Einbeziehung vereinbarter oder tatsächlicher Umstände der Ausgestaltung einer GmbH für die Feststellung der Geltung unmittelbarer Treuepflichten zwischen GmbH-Gesellschaftern übersieht die Doktrin, dass Rechte und Pflichten aus Binnenbeziehungen zur Kapitalgesellschaft in ihre ausschließliche Rechtszuständigkeit fallen. 353 Begriffswesentlich ist, dass die Personengesellschaft nicht Nachweise Fn. 334. BGHZ 65, 15, 18. 3 5 0 Siehe dazu auch oben S. 114ff. 351 Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 44; Flume, Die juristische Person, § 8 1 , S.261; siehe auch Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S.251, 257; Hadding GesRZ 1984, 39. 3 5 2 Nicht stichhaltig ist das Argument, der Mehrheitsgesellschafter könne ohne die Konstruktion unmittelbarer Treuepflichten seine Pflichten durch Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft einfach „an der Garderobe" abgeben (vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 II 3 a, S.433f; Lutter J Z 1976,225,228). Tatsächlich führt das Garderoben-Argument zu einem Rechtsformzwang für Mehrheitsgesellschafter. Außerdem wird das UmwG negiert, weil die Kapitalgesellschaft trotz Umwandlung so zu behandeln ist, als bestünde noch eine Personengesellschaft zwischen den Gesellschaftern (ähnlich auch Flume, Die juristische Person, § 8 1, S. 260; Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, 251, 256 mit Fn. 17; MiiKo/ Reuter, B G B , §34 R z . l 9 f ) . 3 5 3 Der BGH vermeidet im „ITT"-Urteil eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die juristische Person Raum lässt für die These, Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsverhältnis seien nicht ausschließlich ihr, sondern zugleich ihren Gesellschaftern zuzuordnen ( B G H Z 65,15, 348 349

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

159

das gefestigte Gefüge einer juristischen Person hat. 354 Das zeigt sich an rechtlichen Zulässigkeit der Zulässigkeit der Einpersonen-GmbH, sei es durch Gründung eines einzigen Gesellschafters (§ 1 Alt. 1 GmbHG) oder durch spätere Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand. Diese Gesellschaft ist, obwohl nur eine natürliche Person hinter ihr steht, der Rechtsnatur nach juristische Person wie die Mehrpersonen-Gesellschaft. 355 Hat die Struktur einer Kapitalgesellschaft Elemente der Personengesellschaft, so ändert das nicht die bestimmenden gesetzlichen Wesensmerkmale der Kapitalgesellschaft und ihre rechtsformspezifischen Unterschiede zur Personengesellschaft. Solange nicht das Gesetz die juristische Person als Rechtsform abschafft, gilt die Kapitalgesellschaft als juristische Person, so dass ihre Rechtsstellung von der ihrer Gesellschafter aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit zu trennen ist. Daher bedarf es keiner konstruktiv verwickelt Rezeption essentieller Elemente der Personengesellschaft in das Körperschaftsrecht und umgekehrt. Selbst der Bundesgerichtshof hat in der dem ITT-Urteil nachfolgenden Linotype-Entscheidung 356 die personalistisch strukturierte Kapitalgesellschaft nur noch als Hilfsbegründung 357 für die unmittelbare Treuebindung zwischen Aktionären aufrechterhalten und die binnengesellschaftliche Machtbalance als Rechtsgrund der Treuepflicht herausgestellt. Der gegebenenfalls beherrschende Einfluss der Gesellschaftermehrheit auf die Geschäftsführung mit dem Risiko der Beeinträchtigung gesellschaftsbezogener wirtschaftlicher und rechtlicher Interessen der Minderheitsgesellschafter, erfordere als Gegengewicht die überprüfbare Wahrung der Rücksichtnahme auf diese Interessen. 358 Nur im Übrigen sei es von Bedeutung, dass eine Aktiengesellschaft ähnlich einer GmbH einer personalistisch organisierten Personengesellschaft nahe komme. 359 In dem Girmes-Urteil spielt die Typizität personalistischer Strukturelemente für die Fundierung unmittelbarer Sonderrechte und Treuepflichten zwischen Kapitalgesellschaftern letztlich keine Rolle mehr, weil ohne weitere Voraussetzungen die Treuepflicht des Mehrheits- gegenüber dem Minderheitsaktionär und umgekehrt zu Grunde gelegt

18). Zu Recht kritisch Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im G m b H - R e c h t , S. 44 und H.P. Westermann, Der G m b H - K o n z e r n , S. 25, 35, weil es eine nicht auf einem Rechtsverhältnis beruhende Treuepflicht der Gesellschafter nicht geben könne. 354 Staudinger/Keßler, B G B , Vorbem. zu § 7 0 5 B G B R z . 2 5 . 355 Baumbach/Hueck/Fastnch, G m b H G , §1 R z . 5 5 . 356 BGHZ 103, 184. Zutreffend kritisch Flume Z I P 1996, 161, 162, weil die Treuepflichtkonstruktion letztlich nicht entscheidungsrelevant wurde. Die Anfechtbarkeit des Auflösungsbeschlusses ergab sich nämlich, wie BGHZ 1 0 3 , 1 8 4 , 193 selbst ausführt, bereits aus einer entsprechenden Anwendung des § 243 Abs. 2 A k t G , ohne dass es zusätzlich der Annahme von unmittelbaren Treuepflichten zwischen Aktionären bedurft hätte. 357 MUlbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 228. 358 BGHZ 103, 184, 194. 359 BGHZ 103, 184, 195.

160

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

wird. 3 6 0 N u r noch die Balance von Rechtsmacht und Verantwortung ist Geltungsgrund des Treuepflichtgedankens 361 inter partes. 362 Andererseits vermeiden auch die Judikate „Linotype" und „Girmes" eine überzeugende Erklärung 3 6 3 , woraus für Kapitalgesellschaften die wesensgemäße Rechtsquelle für die Unmittelbarkeit der Rechte und Pflichten aus einer Sonderrechts- und Treuepflichtbeziehung zwischen Kapitalgesellschaftern abzuleiten ist. Beide Judikate haben die Prämisse, es sei in der Kapitalgesellschaft eine innergesellschaftliche Machbalance erforderlich. Diese sei bereits gestört, wenn ein Gesellschafter faktisch die Interessen der Mitgesellschafter nachteilig beeinflussen könne, so dass von der Unmittelbarkeit der Rechtsbeziehung zwischen Kapitalgesellschaftern für die Verfolgung von Direktansprüchen wie bei einer Personengesellschaft auszugehen sie. Dieser Ansatz übersieht, dass die Machtbalance kein essentieller Wesenszug von Personenzusammenschlüssen ist, in denen das Mehrheitsprinzip gesetzlich gilt. 364 Beiden Entscheidungen ist wesentlich, dass die Geltung gegenseitiger Treuepflichten und speziell zwischen Kapitalgesellschaftern grundsätzlich anzunehmen ist, ihre Legitimation nicht mehr an eine personalistisch oder kollektivistisch ausgestattete Gesellschaft anknüpft, sondern die Ausformung der Gesellschaft nur noch der Feststellung des Maßes und der Intensität gegenseitiger Treupflichten dient. 3 6 5 Zugleich werden die gesetzessystematischen Konturen vorgegebener Gesellschaftsformen unsichtbarer, weil dem Recht der Kapitalgesellschaften personalistische Strukturelemente der Personengesellschaften implementiert werden.

BGHZ 129, 136, 142. BGHZ 129, 136, 143. 362 Mülhert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 228; Lütter ZHR 153 (1989), 446, 454f; Henze Z H R 162 (1998), 186, 187; Hennrichs AcP 195 (1995), 235ff. 3 6 3 Siehe auch Henze Z H R 162 (1998), 186, 188, 191. 364 Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S.251, 258; Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 236. 365 Henze Z H R 162 (1998), 186, 187; Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 234ff; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 2, S. 590ff; MUlbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S.228; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 16ff, 75ff, 185ff; Marsch-Barner Z H R 157 (1993), 172 ff; Dreher Z H R 157 (1993), 150,153; Lutter Z H R 162 (1998), 166ff; ders. Z H R 153 (1989), 446ff; ders. AcP 180 (1980), 84, 102ff; Kort ZIP 1990, 295ff; Hüffer, AktG, § 53 a Rz. 13 ff; Scholz/H.P. Westermann, G m b H G , Einl. Rz. 7. Zum Teil wird das Maß der Treuepflicht in Abstufungen festgelegt (vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 II 3, S.431; ders. J Z 1976,392f; ders, in FS Heinsius, 949, 950f, wonach zwischen mitgliedschaftlichen und mehrheitsbezogenen Treuepflichten zu unterscheiden sei; kritisch K Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S. 590 mit Fn. 109). 360

361

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

161

(c) Treuepflichten zwischen Kapitalgesellschaftern gestützt auf Treu und Glauben Der dritte argumentative Ansatz 3 6 6 für die Ubertragbarkeit der Geltung unmittelbarer gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten zwischen Personengesellschaftern auf Kapitalgesellschafter stützt sich auf Treu und Glauben (§ 242 B G B ) . Die Treuepflicht gilt als Unterfall der in jeder rechtlichen Sonderverbindung verwurzelten Schutz- und Sorgfaltspflichten, die sich von dem umfassenden und generellen Prinzip nach §242 B G B bedingt durch die Besonderheiten des Gesellschaftsverhältnisses nur durch ihre Intensität unterscheiden. Die dogmatische Ausrichtung direkter Treuebeziehungen zwischen den Verbandsmitgliedern an § 242 B G B beruht im Grundsatz 3 6 7 auf der Prämisse vom Erfordernis gegenseitigen Vertrauen der Gesellschafter im Gemeinschaftsverhältnis. 3 6 8 Mit seinem Eintritt in den G e sellschaftsverband verlasse sich das Mitglied auf die übrigen Mitgesellschafter, vertraue ihnen seine Interessen im Verband an und empfange seinerseits gleiches Vertrauen von diesen. 369 Dieses Vertrauensaxiom gehe über die normalen Geltungsgrenzen von § 2 4 2 B G B hinaus und erfordere wechselseitige Rücksicht auf die mitgliedschaftlichen Interessen der einzelnen Verbandsmitglieder. 370 Bei Licht besehen ist der Treuegedanke 371 als Geltungsgrund wechselseitiger Förderund Interessenwahrungspflichten zwischen Gesellschaftern aber bereits im Recht der Personengesellschaften problembehaftet und auf Kapitalgesellschaften erst recht nicht übertragbar. 372 In Personengesellschaften wird der Inhalt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht abstrakt-begrifflich weit gefasst und der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Zweckförderungspflicht untergeordnet (§705 B G B ) , so dass für eine erweiterte und spezielle Treuepflicht der Gesellschafter kein rechtstheoretisches und -praktisches Bedürfnis besteht. 3 7 3 Auch der auf den Treuegedanken vielfach angewandte allgemeine Begriff „personenrechtliches

Gemeinschaftsverhältnis

Nachweise Fn. 335. Widersprüchlich Hennrichs AcP 195 (1995), 221,234f mit Fn. 61: Einerseits habe die Treuepflicht zwischen Kapitalgesellschaftern ihre Rechtsgrundlage in §242 B G B , andererseits sei aber das „vom gegenseitigen Vertrauen getragene Gemeinschaftsverhältnis" als Grundlage der Treuepflicht abzulehnen. 368 A. Hueck, Das Recht der O H G , § 13 I, S. 192; ders, in: FS Hübner, 72ff; Fischer, in: Großkomm. H G B , §105 Anm. 31 a. 3 6 9 So etwa Lutter AcP 180 (1980), 84, 121. 370 Lutter AcP 180 (1980), 84, 122 mit Fn. 178. 371 A. Hueck, in: FS Hübner, 72ff. 372 Hüffer, AktG, §53 a Rz. 15; siehe auch Lutter AcP 180 (1980), 84, 103, wonach die Übergänge zwischen §242 B G B und der mitgliedschaftlichen Förderpflicht fließend seien. Für das Verhältnis der Gesellschafter zueinander greift Lutter AcP 180 (1980), 84, 121 f ergänzend auf Vertrauenselemente zurück. 3 7 3 Denkschrift, S.86f; Protokolle II, S.416; Eichler, Die Rechtslehre vom Vertrauen, S.61 Anm.47; Staudinger/Keßler, B G B , Vorbem. zu §705 Rz.38ff, 43; MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz. 182; Baumhach/Hopt, H G B , § 109 Rz.23; Koller/Roth/Morck, H G B , §105 Rz.35. 366 367

162

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

der Gesellschafter" ist verständnisvariabel und im Kern nichts sagend, 374 gerade weil in der Personengesellschaft der Rechtsgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gegenüber Interessen der Gemeinschaft und einzelner Mitgesellschafter bereits im Gesellschaftsvertrag ruht. 375 Die Reichweite gegenseitiger Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber dem Gemeinschaftsinteresse und Belangen der Mitgesellschafter wird inhaltlich bestimmt und determiniert von der gesellschaftsvertraglichen Pflicht zu gemeinsamer Zweckförderung, unabhängig von der Existenz und Faktizität eines konkreten Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern. 376 Ist anhand eines eindeutigen Vertragstexts oder durch Auslegung eine ausführliche und konkrete Regelung der Zweckförderungspflicht feststellbar, so ist über die Regelung in §705 BGB hinaus kein Raum für die Steigerung des Maßes zu gegenseitiger Treuepflicht zwischen Gesellschaftern durch eine rechtliche Aktivierung extravertraglicher Umstände. 3 7 7 Der Primat des privatautonom vereinbarten Vertragsinhalts entspricht allgemeiner Zivilrechtsdogmatik, weil dieser Hauptpflichten, nicht nur unselbständige Nebenpflichten beschreibt. 378 , welche die Reichweite gegenseitiger „Treuepflicht" in Bezug auf den Gesellschaftszweck festlegen. Da der Gesellschaftsvertrag über die Errichtung der Kapitalgesellschaft nach ihrer Entstehung durch Eintragung in das Handelsregister seine Gründungsfunktion erfüllt hat, lässt sich die unmittelbare Geltung einer Treuepflicht zwischen Kapitalgesellschaftern nicht wie dies nach der Errichtung einer Personengesellschaft der Fall ist auf die Fortgeltung des schuldrechtlichen Vertrags zwischen den Personengesellschaftern stützen. Daher ist die Rückbeziehung auf den Gründungsvertrag der Kapitalgesellschaft für die Legitimation einer allgemein und unmittelbar gültigen Treuepflicht zwischen Gesellschaftern regelmäßig ausgeschlossen. Den Befürwortern direkter treuepflichtiger Rechtsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern stehen im Regelfall keine konkreten vertraglichen Regelungen für die Begründung der Direktbeziehung zur Verfügung. Die Beachtung genereller Treuepflichten als Grundlage für die Begründung der Unmittelbarkeit von Rechtsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern ist daher als abstrakt-typisiertes Denkmodell freischwebend, weil eine konkretisierbare, privatautonom gewollte Vertrauensbeziehung der Gesellschafter mit Direktwirkung zwischen ihnen nicht feststellbar ist. 379 Das zeigt sich besonders in der Aktiengesellschaft, in der regelmäßig Aktionäre einander unbekannt belieben und keinen 374 Flume, Die Personengesellschaft, §2 I, S. l l f ; Staudinger/Keßler, BGB, Vorbem. zu §705 Rz. 37; widersprüchlich allerdings Fischer, in: Großkomm. HGB, § 105 Anm.31. 375 Nachweise Fn. 285. 376 Staudinger/Keßler, BGB, Vorbem. zu §705 Rz.43. 377 Protokolle II, S.416. 378 Fischer, in: Großkomm. HGB, §105 Anm.31 a; Staudinger/Keßler, BGB, Vorbem. zu §705 Rz.47. 379 MUlbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S.227; siehe auch Baumbach/Hueck, AktG, Üb vor §54 Rz. 11; Flume, Die juristische Person, § 8 I, S. 261.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

163

unmittelbaren Vertrauenskontakt zueinander entwickeln. 380 Das Denkmodell unterstellt, die Kapitalgesellschafter tauschten abstrakt-generalisiert beim Erwerb einer Aktie Vertrauen aus, weil sie „ihre Interessen im Verband den Mitgesellschaftern anvertrauen und ihrerseits gleiches Vertrauen von diesen empfangen".381 Diese Vertrauensfiktion ist dogmatisch untauglich als Begründung für das Bestehen eines Sonderrechts- und Treuepflichtverhältnisses überhaupt und insbesondere für die Geltung der Unmittelbarkeit seiner Rechtswirkungen zwischen Kapitalgesellschaftern. Wäre eine direkte Treuebindung zwischen Kapitalgesellschaftern begründbar, erlangte das Axiom schutzbedürftigen Vertrauens allenfalls Bedeutung im konkreten Einzelfall für die Feststellung der Intensität und Reichweite der Bindungsunmittelbarkeit. 382 Die Befürwortung einer abstrakt-generalisierenden Treuepflicht zwischen Kapitalgesellschaftern lässt sich nicht mit dem globalen Argument festigen, sie sei nötig, um Binnenstreitigkeiten zwischen Gesellschaftern und gegenüber der Gesellschaft justiziabel zu machen.383 Denn diese Justiziabilität ist selbst dann nicht entbehrlich, wenn eine Vertrauensbeziehung zwischen Gesellschaftern oder zur Gesellschaft fehlt.384 (d) Wechselwirkung

zwischen

Rechtsmacht

und

Verantwortung

Seit den Judikaten des Bundesgerichtshofs im Linotype- und Girmes-Fall 385 steht das Axiom der Balance von Rechtsmacht (oder Einfluss 386 ) und Verantwortung im Vordergrund387, um die Treuepflicht zwischen Gesellschaftern und der Kapitalgesellschaft gegenüber dogmatisch zu festigen. Im Zentrum steht die Erwä-

Baumbach/Hueck, AktG, Üb. vor §54 Rz. 11; Flume, Die juristische Person, §8 1, S.261. Siehe aber Lutter AcP 180 (1980), 84, 121. 382 Siehe auch Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz. 49, wonach die Treuepflicht-Formel nicht überbewertet werden dürfe. Konkrete Pflichten können danach nur auf Grund einer „speziellen und argumentativ belegten Interessenwertung" abgeleitet werden. 383 Lutter ZGR 1998, 191ff m.w.N.. 384 So zu Recht Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S.227. 385 BGHZ 103, 184, 194f („Linotype"); 129, 136, 143 („Girmes). Das Gegengewichtsargument findet sich bereits in RGZ 132,149,163 („Victoria-Urteil"). Nach dieser Entscheidung besteht die gesellschaftliche Pflicht der Mehrheit, im Rahmen des Gesamtinteresses den berechtigten Interessen der Minderheit Berücksichtigung angedeihen zu lassen und deren Rechte nicht über Gebühr zu verkürzen. Dagegen hatte das RG in der „Hibernia-Entscheidung" noch ausgeführt, Mehrheitsbeschlüsse seien auch dann maßgebend, wenn sie der Minderheit als verkehrt, wirtschaftlich nachteilig und die Bestrebungen der Minderheit schädigend erscheinen. Mit dieser Tatsache müsse sich jeder abfinden, der Aktien erwirbt (vgl. RGZ 68, 235, 245f). Siehe dazu die Kritik bei Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 12, S. 409; ders. ZGR 1980,147, 155; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 II 3, S.613f. 386 Immenga, in: FS 100 Jahre GmbH, 189, 195. 387 Nagel, Deutsches und europäisches Gesellschaftsrecht, S. 143; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 62f, 325; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S.229; Kraft/Kreutz, Gesellschaftsrecht, S.44; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §26 IV 1, S.262ff; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz.646ff. 380

381

164

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

gung, die von Gesetz oder Statut dem Mehrheitsgesellschafter 388 eingeräumte rechtliche oder wirtschaftliche Macht zu (un)mittelbarer Einflussnahme auf gesellschaftsbezogene Interessen der Minorität der Gesellschafter bedinge als Kehrseite die Pflicht, diese Interessen an den Geboten der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu orientieren. Wiedemann™,

der rechtsformunabhängig z w i -

schen mehrheitsbezogenen und echten oder mitgliedschaftlichen Treuebindungen in einer personalen Arbeits- und Haftungsgemeinschaft differenziert, sieht den inneren Grund seiner Treuepflichtkonzeption in einer Interdependenz von Einfluss und Verantwortung: „Die Treuepflicht des herrschenden Gesellschafters oder der herrschenden Gesellschaftergruppe fußt auf dem Machtzuwachs, den derjenige erhält, der in der Gesellschafterversammlung und bei der Unternehmensführung über eigenes und fremdes Vermögen verfügen und dieses bei Rechtsgeschäften über seine Beteiligung beeinflussen kann. D i e Pflicht zur treuhänderischen Verwaltung des gesamten Eigen- und Fremdkapitals ist eine K o n k r e tisierung des allgemeinen Rechtsprinzips, wonach sich Einfluss und Verantwortung entsprechen müssen".

Die derart fundierte Verpflichtung der Mehrheitsgesellschafter zur Rücksichtnahme auf gesellschaftsbezogene Interessen der Mitgesellschafter impliziert eine rechtliche Sonderverbindung zwischen Kapitalgesellschaftern. 390 Die Einschränkung der Machtbefugnisse kommt bei der materiellen Beschlusskontrolle gemäß § 2 4 3 A k t G zum Ausdruck, wenn Eigeninteressen des Mehrheitsgesellschafters mit Interessen der Mitgesellschafter oder mit denen der Gesellschaft als Verbandsperson konfligieren. 3 9 1 Sind gesellschaftsbezogene oder gar außerhalb der Mitgliedschaft liegende Interessen 3 9 2 der Mitgesellschafter betroffen, so sollen unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern mit einem E r fordernis der Machtbegrenzung legitimierbar werden. 3 9 3 Die so verstandene 3 8 8 Die Treuepflichtkonzeption auf der Grundlage des Prinzips der Korrelation von Rechtsmacht und Verantwortung dient in erster Linie dem Schutz der Minderheit vor der Mehrheit (.BGHZ 103, 184, 190f [„Linotype"]). Seit der „Girmes"-Entscheidung des BGH (BGHZ 129, 136,144) wird die Schrankenfunktion umfassender gesehen. Sie trifft nicht nur für das Verhalten des Mehrheitsgesellschafters, sondern auch das Verhalten des Minderheitsgesellschafters zu (vgl. Herne Z H R 162 [1998], 186, 187). 389 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 II 3 a), S.431, 432, 433f. Siehe dazu auch Miilbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S.229. 3 9 0 Es stellt sich dann nur noch die Frage, ob die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit gelten ( H ü f f e r , AktG, §243 Rz.24; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 II 3 b), S.435) oder nur eine allgemeine Missbrauchsaufsicht gem. §243 Abs.2 AktG, §§138, 242, 826 B G B stattzufinden hat (Baumbach/Hueck, AktG, Üb. vor § 54 Rz. 11). Siehe dazu auch Miilbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 229ff. 391 Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.50. 392 SchlegelbergerlK. Schmidt, H G B , § 105 Rz. 162 m.w.N.. 3 9 3 Zur Schrankenfunktion der Treuepflicht siehe auch Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 228f; Flume, Die juristische Person, § 8 I, S. 270; ders. ZIP 1996, 161, 164f; Scholz/Winter, G m b H G , §14 Rz.54; Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.48; Altmeppen N J W 1995, 1749, 1750; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §14 Rz.24; Rowedder,

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft aufgrund materiellen Rechts

165

rechtliche Sonderverbindung öffnet dann der Haftungsordnung des allgemeinen Vertragsrechts für unmittelbare gesellschaftsrechtliche Ansprüche zwischen G e sellschaftern die Hintertüre. 3 9 4 Dieser generalisierende auf den ersten Blick plausible Ansatz lässt offen, ob die Möglichkeit der Einwirkung auf Interessen der Minderheit die prinzipielle Geltung einer Korrelation zwischen Rechtsmacht (oder Einfluss) und Verantwortung rechtlich begründbar macht, um so das Fehlen unmittelbarer vertraglicher Beziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern rechtsfortbildend in der K o n s t r u k tion eines Sonderrechts- und Treuepflichtverhältnisses zu überwinden, welche den gesetzlich-funktionellen Unterschied zwischen der Satzung einer juristischen Person und dem personengesellschaftsrechtlichen Vertrag relativiert. Eine derartige sonderrechtliche Treuepflichtkonzeption aufgrund der Korrelation zwischen Rechtsmacht (oder Einfluss) und Verantwortung bringt im Grunde nur § 2 4 3 Abs. 2 A k t G zum Ausdruck der (Mehrheits)Gesellschafter seine Mitgliedsrechte bei der Stimmrechtsausübung, beim Einfluss auf die Geschäftsführung und bei sonstigen Maßnahmen nicht zu einem Sondervorteil und zum Schaden der juristischen Person oder der übrigen Gesellschafter ausüben darf (§ 243 Abs. 2 A k t G ) . 3 9 5 Daraus erklärt sich insbesondere die materielle Beschlusskontrolle aufgrund treuepflichtinduzierter Stimmrechtsschranken nach § 2 4 3 A k t G 3 9 6 , die nach dem Einwirkungsgedanken deshalb für erforderlich gehalten wird, weil die Mitgliedschaft es dem (Mehrheits)Gesellschafter kontrollbedürftig ermöglicht, unmittelbar zum Nachteil fremder mitgliedschaftlicher Interessen seiner Mitgesellschafter und zum Schaden der juristischen Person als „ U n t e r n e h m e n " seine Mitgliedsrechte auszuüben. 3 9 7 Die Bedeutung des Balancedenkens für die unmittelbare Geltung der Treuepflicht-Formel zwischen Kapitalgesellschaftern beschränkt sich daher auf die allgemeine Funktion der Eingrenzung exzessiver Rechtsausübung zum Nachteil berechtigter und gesellschaftsbezogener Belange

GmbHG, §14 Rz.13; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, §13 Rz.25; Immenga, in: FS 100 Jahre GmbH, 189,195; Hennrichs AcP 195 (1995), 236,238; Paschke, in: FS Serick, 313,317; Kort ZIP 1990,294,296; Marsch-Barner ZHR 157 (1993), 172,176; H uff er, AktG, § 53 a Rz. 16f, § 243 Rz. 22. 394 Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 238; siehe auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 II 3 a), S.432f; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 90, 325; Immenga, in: FS 100 Jahre GmbH, 189, 193 ff; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rz.52. 395 Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S.228f; Flume, Die juristische Person, §8 I, S.270; ders. ZIP 1996,161,164f; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz.48; Altmeppen NJW 1995, 1749, 1750; siehe auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 3, S.594. 396 Zur treuepflichtinduzierten Beschlusskontrolle Hüffer, AktG, §243 Rz. 21 ff; Baumbach/ Hueck/Zöllner, GmbHG, Anh. § 47 Rz. 50ff; kritisch gegenüber einer materiellen Beschlusskontrolle im GmbH-Recht entsprechend den aktienrechtlichen Vorgaben Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 519. 397 Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 229; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 II 4, S.436f; Hüffer, AktG, §243 Rz.22; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, Anh. §47 Rz.52.

166

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

anderer Verbandsmitglieder.398 Aus dieser allgemeinen Begrenzungsfunktion folgt nicht nur eine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht des Mehrheitsgesellschafters, sondern in der Gegenrichtung auch eine Treuepflicht des Minderheitsgesellschafters gegenüber der Mehrheit.399 Die vom Balancedenken untermauerte Geltung der Unmittelbarkeit treuepflichtiger Rechtsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern verhüllt, dass dem Mehrheitsgesellschafter eine Rechtsstellung beschnitten wird, die ihm das Gesetz als eine Art binnengesellschaftlicher „Demokratie" durch Zulassung von Mehrheits- und Minderheitsverhältnissen gewährt.400 Mit Flumem und Altmeppen402 spricht vieles dafür, dass treuepflichtinduzierte Schranken nicht von der Korrelation zwischen Rechtsmacht (oder Einfluss) und Verantwortung und dem Erfordernis der Machtbalance beeinflusst werden, sondern eo ipso der Verbandsmitgliedschaft als wesenhafte Teilhabe an der Gesellschaft beruhen. Diese Sichtweise vermeidet die Konstruktion einer unmittelbaren gesellschaftsrechtlichen Sonderverbindung oder überhaupt die Rechtsfigur „Treuepflicht" zwischen Gesellschaftern der GmbH bzw. der Aktiengesellschaft.403 Diese Rechtsfigur wird vielfach in dem Sinne beschrieben, der Ausübung von (Mehrheits-)Macht seien zugunsten der Gesellschaft wie auch der Mitgesellschafter Schranken gesetzt.404 Dennoch ist die Forderung nach balancierter Machtausübung ungeeignet, konstruktiv neben die Rechtsposition „Mitgliedschaft" eine Sonderrechts- und Treuepflichtbeziehung zu stellen, damit die unmittelbare und eigenrechtliche Rechtsverfolgung zwischen Mitglied und Verband sowie zwischen den Verbandsmitgliedern begründbar wird. Die Forderung nach Machtbegrenzung bewertet lediglich in der Mitgliedschaft des Gesellschafters angelegte Machtschranken, beschreibt seine Bindung in der Verbandssphäre und seine Mitgliedsrechte ohne spezifischen Erkenntnis- und Aussagewert für die Begründung von sonderrechtlichen Binnenbeziehungen zwischen Kapitalge-

Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.51ff. BGHZ 129, 136 („Girmes"). 400 §47 Abs. 1 G m b H G , §133 Abs. 1 AktG; vgl. auch Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S.251, 256ff. 401 Flume, Die juristische Person, §8 I, S.270-ders. ZIP 1996,161,164f; siehe auch Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, 251, 256ff. 402 Altmeppen N J W 1995, 1749, 1750; siehe auch Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.48; Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S.251, 256f. 403 A.A. etwa Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S.69 (Die mit der Mitgliedschaft verbundene Befugnis, Entscheidungen mit grundsätzlicher Wirksamkeit für andere Verbandsmitglieder zu treffen, erzeugt einen qualifizierten Kontakt zwischen den dem innergesellschaftlichen Entscheidungssystem unterworfenen Personen); ders, a.a.O, S. 90 (Die herrschende Meinung, die die aus den Treuebindungen resultierenden Schranken bei Eingriffen in mitgliedschaftliche Befugnisse aus den Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander ableitet, verdient im Ergebnis den Vorzug); ähnlich auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S.589. 404 BGHZ 65, 15, 18f („ITT"), 103, 184, 194f. 398 3,9

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

167

seilschaftern. 405 Die Mitgliedschaft schließt bis hin zur Aufopferung eigener wirtschaftlicher Ziele eo ipso rücksichtlose Eigennützigkeit zum Nachteil schutzwürdiger Interessen der Mitgesellschafter aus. 406 Darüber hinaus stehen sich die Interessen der Gesellschaft als juristische Person und die der Gesellschafter nicht diametral gegenüber, sondern ergänzen sich als Begründungselemente für die Forderung nach einer Machtbalance. Der Konflikt des Gesamtinteresses der Gesellschaft mit Partikularinteressen ihrer Mehrheitsgesellschafter impliziert nämlich die Kollision mit gesellschaftsbezogenen Interessen der übrigen Kapitalgesellschafter, so dass die Interessensphären im Regelfall ineinander fließen. 407 Die jeweils getrennte Betrachtung der Treuepflicht gegenüber Gesellschaft und Mitgesellschaftern 408 eignet sich daher nur sehr eingeschränkt, die generelle Geltung eines selbständigen Sonderrechts- und Treuepflichtverhältnis mit wechselseitigen, unmittelbar geltenden und klagbaren Rechten und Pflichten zwischen Gesellschaftern zu begründen. Satzung oder Gesetz lassen die rechtliche oder faktische Einflussnahme auf mitgliedschaftliche Interessen der Mitgesellschafter aufgrund des Mehrheitsprinzips grundsätzlich zu. 409 Diesen Freiheitsraum verengt die Bindung der Gesellschafter an eine generelle und unmittelbare Geltung der Treuepflicht zwischen Kapitalgesellschaftern. 410 Zugleich bewirkt die Anerkennung in der Treuepflicht verwurzelbarer Sonderrechtsbeziehungen für unmittelbare Ansprüche zwischen Kapitalgesellschafter die Treuepflichtkonstruktion eine Aufweichung der körperschaftlichen Rechtsordnung der Kapitalgesellschaften. 411

405 Hennrichs A c P 195 (1995), 221, 236, weist in diesem Zusammenhang zu Recht d a r a u f h i n , dass die Entscheidungsmacht der Mehrheit gem. § 4 7 G m b H G , § 1 3 3 A k t G den gesetzlichen Normfall bildet (ähnlich Marsch-Barner Z H R 157 [1993], 172, 177). Mit dem „Gegengewichtspostulat" ist daher im Kern nur ganz allgemein die rechtspolitische Vorstellung verbunden, unbegrenzter Mehrheitsmacht e n t g e g e n z u w i r k e n (LG Düsseldorf W M 1 9 9 3 , 1 5 3 , 1 6 0 ; Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S.251, 257f; Hennrtchs A c P 195 [1995], 221, 236). 406 Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 R z . 4 9 , 52. 407 Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.50f. 408 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 0 IV 1 c), S.589f. 409 § 3 2 Abs. 1 S.2, § 3 3 Abs. 1 S. 1 BGB, § 4 7 A b s . l , § 5 3 A b s . 2 S. 1 G m b H G , § 1 3 3 A b s . l , § 179 Abs. 2 S. 1 A k t G , § 43 Abs. 2 S. 1, § 16 Abs. 2 GenG. 4 1 0 Die rechtsbegrcnzende Funktion der Treuepflicht-Formel schließt nicht aus, dass Gesellschafter ausnahmsweise zu einer bestimmten A u s ü b u n g mitgliedschaftlicher Rechte verpflichtet sind, sofern dies im Interesse des gesellschaftlichen Gesamtinteresses erforderlich ist und der Inhalt der Pflicht konkret im Wege des Interessenkompromisses determiniert w e r d e n kann (Roth/ Altmeppen, G m b H G , § 1 3 R z . 5 4 , 61 f). 411 Siehe auch Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S.251 ff; ders. ZGR 1998, 3 8 6 ff.

168

Teil 2: B. Ansprüche der Kapitalgesellschaft

(e) Mitgliedschaftliches

gegen

Mitgesellschafter

Gemeinschaftsverhältnis

Als weitere Auffassung412 findet sich die These, die unmittelbare Treuebindung zwischen Gesellschaftern beruhe auf gemeinsamer Mitgliedschaft in der juristischen Person, die als solche eine Sonderrechtsverbindung sowohl zwischen Gesellschaftern als auch zwischen ihnen und der Gesellschaft impliziere. Die Mitgliedschaft erzeuge Treuebindungen, deren Intensität und Reichweite über den Regelungssinn des Deliktsrechts - insbesondere §826 B G B - hinausgehe und Rücksichts- und Schutzpflichten zwischen Gesellschaftern und zugleich gegenüber der juristischen Person begründe.413 Zum Entstehungsgrund dieser mitgliedschaftlichen Sonderrechtsbeziehung im Verhältnis zwischen Gesellschaftern führt etwa Lutter aus414: „Wer immer einem Verband beitritt, begründet zunächst und unmittelbar ein Rechtsverhältnis zu diesem. Aber er tritt zugleich in eine Personengemeinschaft, die sich ein frei gesetztes und beschränktes Ziel zu gemeinsamer Verfolgung gesetzt hat: das schafft eine Beziehung zwischen den Partnern, die wiederum deutlich von der Realstruktur des Verbandes geprägt ist, daher zwischen Kleinaktionär unter rechtlichen Aspekten gegen Null tendiert, hier aber zwischen Kleinaktionär und Mehrheitsgesellschafter sicher nicht ferner ist als die rechtliche Beziehung zwischen dem Kunden, der gerade ein Kaufhaus betritt, und dessen Leitung: dennoch zweifeln wir dort nicht am Bestand einer auf Schutz und Sorgfalt gerichteten zivilrechtlichen Sonderpflicht. Das muss auch für die Partner des rechtlichen selbständigen Großverbandes gelten. Es geht also, so meine ich, nicht um die Existenz solcher partnerschaftlicher Schutz- und Sorgfaltspflichten im Hinblick auf mitgliedschaftliche Interessen; sie sind in Anlehnung an vorvertragliche Sorgfaltspflichten zu bejahen. Entscheidender ist die Frage nach dem Ausmaß der in ihnen beschlossenen Pflichtensituation".

Treuepflichten zwischen Gesellschaftern werden somit unmittelbar in der Gesellschafterstellung verwurzelt und sind organisationsrechtlich Bestandteile des Mitgliedschaftsverhältnisses415, bzw. Elemente eines mit ihm verknüpften gesetzlichen Schutzpflichtverhältnisses ohne primäre Leistungspflicht416 (§311 Abs. 2 BGB, §241 Abs.2 BGB). Quelle dieser Treuepflichtkonstruktion ist die Vorstellung, die Anerkennung von Rücksichtnahme- und Schutzpflichten, die außerhalb des Regelungsrahmens des Deliktsrechts stünden, erfordere nicht zwingend einen Vertrag als Grundlage unmittelbarer Rechtsbeziehungen der Beteiligten.417 Von diesem Ausgangspunkt ist es konsequent, sogar die Haftung aus culpa in 412 Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 69ff, 325; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S. 589f; Schlegelberger/K. Schmidt, H G B , § 105 Rz. 161 f. 413 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S.589f; Schlegelberger/K. Schmidt, H G B , §105 Rz. 161 f; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 69ff, 325. 414 Lutter AcP 180 (1980), 84, 126f. 415 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S.589f; Rowedder, GmbHG, § 13 Rz. 12. 416 Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S.69, 71 f, 325. 417 Enneccerus/Nipperdey, Schuldrecht, Bd. II, § 1 III, S. 5; Canans JZ 1965,475,479; Medicus, Schuldrecht I, §1 I, Rz.5; Erman/W. Sirp, B G B , Einl. §241 Rz.13; Soergel/Teichmann, BGB, §242 Rz. 178; MüKo/Roth, BGB, §242 Rz.55; MüKo/Kramer, BGB, Einl. v. §241 Rz.12, 75f; Palandt/Heinrichs, BGB, Einl. v. §241 Rz.2, §276 Rz.65f.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

169

contrahendo aufgrund einer Sonder- und Treuepflichtbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern in das Recht der Kapitalgesellschaften hineinzutragen. 418 Für dieses Verständnis von einer Treuepflichtbindung ist der Funktionsunterschied zwischen der Satzung einer juristischen Person und dem Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft kein Hindernis, weil aus übergeordneter Sicht die Mitgliedschaft der Gesellschafter in der Kapitalgesellschaft das Fundament für einen gesteigerten sozialen Kontakt bilde, auf dem die rechtliche Sonderverbindung als facettenreiches Rechtsinstitut 419 mit wechselseitigen Schutz- und Rücksichtspflichten zwischen Mitglied und Verband aufbaue, aber auch zwischen den Mitgliedern selbst. 420 Die Begriffe „Mitgliedschaft" und „Gemeinschaftsverhältnis" 421 bedingen jedoch nicht die Unmittelbarkeit der Treuepflicht zwischen Gesellschaftern, sondern assoziieren lediglich eine partnerschaftliche Beziehung 422 als rechtsethisch notwendige Ergänzung 4 2 3 der Gesellschafterstellung. Der Ansicht liegt die Fiktion zugrunde, Kapitalgesellschafter beabsichtigten generell in einen der Personengesellschaft rechtsähnlichen personalistischen und individualisierten Kontakt mit persönlichen Loyalitäts- und Rücksichtnahmepflichten zu treten. Diese Ansicht vermeidet nur global und formelhaft begründbare Treuepflichtbeziehungen zwischen Gesellschaftern aufgrund der Forderung nach balancierter Rechtsmacht und Verantwortung. Der verbandsrechtlich-mitgliedschaftliche Lösungsansatz verankert Treuepflichten zwischen Kapitalgesellschaftern je nach der vereinbarten oder tatsächlichen Struktur der Gesellschaft und speziellen Interessen unterschiedlich stark ausgeprägt 424 von vornherein und direkt in der Mitgliedschaft, weil Treuepflichten unabhängig von der Rechtsform des Verbandes als organisationsrechtlicher Bestandteil jeglicher Mitgliedschaft gelten sollen. 425 Aus dieser Sicht führte das Fehlen gegenseitiger Loyalitäts- und Förderpflichten zwischen Gesellschaftern zu den rechtlichen Fragwürdigkeiten des Körperschaftsrechts überhaupt, weil Gesellschaftern der juristischen Person Rechte versagt werden, die Gesellschaftern der Personengesellschaft ohne weiteres zugestanden werden. 4 2 6 Die Ansicht auferlegt dem Kleinaktionär nur aufgrund seiner Verbandsmitgliedschaft partnerschaftliche, am Mitgliedschaftsinteresse anderer 418 Lutter A c P 180 (1980), 84, 126f; ders. Z H R 162 (1998), 164, 166f; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 0 IV 1, S.589f; Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im G m b H - R e c h t , S. 67ff, 325; Scholz/Winter, G m b H G , § 14 Rz. 51 \Rowedder, G m b H G , § 13 R z . 12; ähnlich auch Wiedemann Z G R Sonderheft 13, S, 5ff, 21. 419 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 0 IV 1, S.590. 420 Lutter A c P 180 (1980), 84, 127. 421 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 0 I V 1, S. 589; Kort ZIP 1 9 9 0 , 2 9 4 , 2 9 5 f ; Timm W M 1991, 481, 483. 422 Lutter A c P 180 (1980), 84, 126. 423 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 I 1, S.405. 424 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 0 IV 1, S.593. 425 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 2 0 IV 1, S.589; Timm W M 1991, 481, 483. 426 Wiedemann J Z 1976, 392, 393; ders, Gesellschaftsrecht I, § 8 II 3 a), S.433.

170

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

Aktionäre orientierte Schutz- und Sorgfaltspflichten, obwohl sich die Gesellschafter nicht wie Personengesellschafter die gemeinschaftliche Förderung des Verbandszwecks im Gesellschaftsvertrag zugesagt haben, sondern lediglich „Partner eines rechtlich selbständigen Großverbandes" 4 2 7 jenseits des Jedermann-Pflichten-Verhältnis des Deliktsrechts sind, also ohne individualisierten Kontakt als Basis eines treuepflichtigen Sonderrechtsverhältnisses. 428 Erst die in alle Verdiesem verwurzelten Loyalitätspflichten verbinden nach Wiedemann bandsmitglieder zu einer privatrechtlichen Personenvereinigung in einem echten Gemeinschaftsverhältnis mit dem dafür wesentlichen „Wir-Gefühl". 4 2 9 Ein wesentliches Defizit des so verstandenen mitgliedschaftlichen oder partnerschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses als Quelle einer rechtlichen Direktbeziehung der Kapitalgesellschafter für die Legitimierbarkeit der Einzelklage in der actio pro socio ist die rechtsmystische Argumentation in ein soziologisch-gesellschaftspolitisches Programm hinein. 430 Die treuepflichtige Direktbeziehung ist nicht mitgliedschaftsbedingt, sondern nur mitgliedschaftsassoziiert. Es fehlen diesem Verständnis rechtlich exakt fassbare Tatbestände für die generelle oder singuläre Gültigkeit von Sonderpflichten zwischen Kapitalgesellschaftern. Auf einem ähnlich instabilen Boden bewegt sich die Ansicht 431 , wenn der Zweck einer rechtsformübergreifenden mitgliedschaftlichen Treuepflicht des Aktionärs darin zu sehen sei, „Gesellschafter im offenen, normenlosen Gelände in ihrem Vertrauen auf die Mitgesellschafter und deren Loyalität bei der Zielverfolgung und in ihrem wechselseitigen Verhältnis zueinander ebenso zu schützen wie deren Einwirkungsmacht auf die eigene Mitgliedschaft zu begrenzen". Im Kern greift die Einordnung persönlicher, direkter und gegenseitiger Pflichten der Kapitalgesellschafter zu Loyalität und Interessenwahrung in einem partnerschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis nur die banale Tatsache auf, dass sich natürliche Personen in einer juristischen Person zusammengefunden haben 432 , was jedoch elementare Lutter AcP 180 (1980), 84, 126. Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 239; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §20 IV 1, S. 589; Lutter AcP 180 (1980), 84, 126. 429 Wiedemann JZ 1976, 392, 393. 430 Ähnlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 III 1, S.473: „Aber Minderheitenschutz stellt nur als rechtspolitisches Programm, nicht als juristische Kategorie ein einheitliches Ganzes dar. ... andererseits weckt das rechtspolitische Anliegen des Minderheitenschutzes im Verbandsrecht Schutzinstinkte, die sich gerade wegen der fehlenden institutionellen Geschlossenheit des gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutzes verselbständigen und die Leitungsmacht und Mehrheitsherrschaft von mehreren Seiten her unmerklich paralysieren können. Das muss nicht nur um der Funktionsfähigkeit der Verbände willen verhindert werden, sondern auch deshalb, weil ein Zuviel an Minderheitenschutz die Willensbildung und die Maßnahmen eines Verbandes am Ende in die Hand der Gerichte gibt, denen oft in Konfliktlagen auch nichts anderes bliebe als eine Entscheidung nach Gutdünken." 431 Lutter Z H R 162 (1998), 164, 167. 432 Vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 IV 1, S. 589 Beispiel Nr. 21: „Wer einem Berufsverband angehört, schuldet als Mitglied nicht nur dem Verband, sondern auch den assoziierten Berufskollegen Loyalität." 427 428

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

171

Voraussetzung jeder Gesellschaft ist. 433 Richtig daran ist der programmatische Hintergrund mit der Forderung nach einem Fairnesskodex zwischen Kapitalgesellschaftern, fragwürdig bleibt seine Sublimierung zu einer Rechtspflicht oder gar zu einem Rechtsprinzip entsprechend der Wahrung personengesellschaftsrechtlich vereinbarter Pflichten. Diese Anhebung eines allgemeinen Verhaltenskodex in den Rang einer Rechtsposition lässt nicht nur vom Gesetz vorgesehene rechtsformspezifische Unterschiede zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft außer acht, sondern übergeht den Grundsatz, dass sich nach Satzung und Gesetz die körperschaftliche Mitgliedschaft als Inbegriff der Rechte und Pflichten des Gesellschafters nur auf die juristische Person bezieht, nicht auf eine rechtliche Interdependenz zwischen Gesellschaftern. 434 Der Begriff „mitgliedschaftlich-verbandsrechtliche Treuepflicht" hat nur begrenzte Aussagekraft. E r erklärt nicht, ob der Gesellschafter ein eigenes vertragsähnliches Recht auf primäre oder nur subsidiäre Verfolgung eines Restitutionsanspruchs hat, wenn die Gesellschaft und zugleich er mittelbar oder reflexartig durch Wertminderung seines Gesellschaftsanteils geschädigt sind. 435 Unbeantwortet bleibt auch, ob der wegen Entwertung seines Gesellschaftsanteils in seiner mitgliedschaftlichen Treuepflicht verletzte Gesellschafter Schadensausgleich in sein Privatvermögen oder nur in das Gesellschaftsvermögen verlangen darf bzw. ob er - wegen § 117 Abs. 1 S. 2, § 317 Abs. 1 S. 2 A k t G - als nur mittelbar in seinen Vermögensinteressen Geschädigter überhaupt keinen eigenen und unmittelbaren Ersatzanspruch hat. Teile der Literatur 436 trennen die mitgliedschaftliche Treuepflicht gegenüber der juristischen Person von der Treuepflicht zwischen Gesellschaftern. Als Haftungstatbestand erhält die Treuepflichtverletzung gegenüber Kapitalgesellschaftern eine eigenständige Funktion nur, wenn Gesamtinteressen der Gesellschaft unberührt bleiben. Die Anerkennung haftungsrechtlicher Folgen der Treuepflichtverletzung ist im Licht des generell gültigen, §117 Abs. 1 S. 1, § 3 1 7 Abs. 1 S. 1 A k t G 4 3 7 entnehmbaren Grundsatzes der Haftungskanalisierung zu

Nachweise oben Fn. 135. Flume, Die juristische Person, §8 1, S. 261 ff. 435 Zum mittelbaren oder Reflexschaden siehe auch oben S. 117. 436 Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, S. 83f; ders. Z H R 148 (1984), 579, 594; Scholz/Winter, G m b H G , §14 Rz.62; Stimpel A G 1986, 117, 118; Rehbinder Z G R 1976, 386, 391; Marsch-Barner Z H R 157 (1993), 172, 189; Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 267; Berger Z H R 149 (1985), 599, 604; Scholz/Emmerich, G m b H G , § 13 Rz. 97; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz. 30; Baumhach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 13 Rz. 21,22; siehe auch Altmeppen N J W 1995,1749,1750, wonach die §§ 117,317 AktG die Haftung des Aktionärs begründen und begrenzen, während die Treuepflicht als Anspruchsgrundlage der Aktionäre untereinander nicht nur dogmatisch bedenklich, sondern auch der Rechtssicherheit abträglich sei (ähnlich Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz. 34, 47ff). 437 § 117 AktG ist nach seiner Entstehungsgeschichte ein besonderer Tatbestand des Deliktsrechts, nicht Ausdruck einer Treuepflicht zwischen Aktionären. Das folgt daraus, dass auch 433 434

172

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

sehen. 4 3 8 Eigene Ersatzansprüche der Aktionäre - auch solche auf Ersatzleistung in das Gesellschaftsvermögen 4 3 9 - sind prinzipiell ausgeschlossen, wenn und soweit sich eine Schädigung der Gesellschaft nur „mittelbar" im Vermögen der Gesellschafter durch Entwertung ihrer Aktien auswirkt. 4 4 0 Die Kompensation dieser Wertminderung im Vermögen des Gesellschafters findet als Reflex eines eigenen Schadensersatzanspruchs der juristischen Person ausschließlich aus dem Gesellschaftsvermögen auch dann statt, wenn Mitgesellschafter den Schaden durch Beeinflussung der Verwaltungsmitglieder oder der leitenden Mitarbeiter der Gesellschaft verursacht haben. 4 4 1 Eigene Ersatzansprüche gewähren § 117 Abs. 1 S.2, § 3 1 7 Abs. 1 S.2 A k t G dem Kapitalgesellschafter nur, soweit eine derartige Einflussnahme den Gesellschafter nicht lediglich im Wert seines Anteils schädigt, sondern in seinem sonstigen Vermögen aufgrund einer Verletzung des Schutzbereichs seiner Mitgliedschaft. 4 4 2 Die Kompensation dieses persönlichen Schadens ist nicht auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen, sondern in das Privatvermögen gerichtet, weil der Schaden nicht in der Wertminderung des Gesellschaftsanteils besteht und mit dem Schaden der Gesellschaft nicht kongruent ist. 4 4 3 Die Beschränkung der Aktionäre auf ihren unmittelbaren und eigenen Schaden bezweckt nach Entstehung und Text der § 1 1 7 Abs. 1, § 3 1 7 Abs. 1 A k t G 4 4 4 und mit Blick auf frühere Streitfragen zur Anwendung des § 101 Abs. 1 A k t G 1937 4 4 5 eine Konkurrenzsperre für einen nach gegenständlicher Herkunft Nichtaktionäre nach § 117 Abs. 1 AktG haften ( G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f AktG, § 117 Rz.4f; Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, Einl. §117). 438 Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 239; Winter Z H R 148 (1948), 579, 594ff; Altmeppen N J W 1995, 1749, 1750; Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.29ff. 439 Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, §117 Anm.7, 8. 4 4 0 Zur Abgrenzung siehe etwa Hüffer, AktG, § 117 Rz. 2, 9, § 317 Rz. 8; Baumbach/Hueck, AktG, §117 Anm.4; Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, §117 Anm.7, 8; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG, §117 Rz.38; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz.29ff, siehe auch SchlegelbergerlK. Schmidt, H G B , §105 Rz.167. 441 Hüffer, AktG, §117 Rz.2; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, §117 Rz.4f, 14; Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, §117 Anm. 1. 4 4 2 Grundsätzlich nicht ersatzfähig sind solche Schäden, die den Kapitalgesellschafter nicht in seiner Eigenschaft als Verbandsmitglied treffen (BGH W M 1992,1812,1819f; Hüffer, AktG, § 53 a, Rz.21, §117 Rz. 9; Scholz/Winter, G m b H G , §14 Rz.52, 58; Lutter AcP 180 [1980], 84, 129). 443 BGHZ 129, 136, 165f [„Girmes"]; Hüffer, AktG, §117 Rz.9; Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, § 117 Anm. 8; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 117 Rz. 38; Roth/Altmeppen, §13 Rz. 29). 4 4 4 Ersatzansprüche der Gesellschaft können gem. §317 Abs.4 i.V.m. §309 Abs.4 AktG auch von jedem Gesellschafter in gesetzlicher Prozessstandschaft für die Gesellschaft geltend gemacht werden (vgl. Hüffer, AktG, §309 Rz.21). Dagegen sieht §117 AktG eine Prozessstandschaft nicht vor, so dass Aktionäre hier auf das Klageerzwingungsverfahrens gem. § 147 AktG angewiesen sind (Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 117 Rz. 37). 4 4 5 Vgl. Kropff, Aktiengesetz, S. 600. Auf Grund der Textfassung des früheren §101 Abs. 1 AktG 1937 war zweifelhaft, ob neben den Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft solche der einzelnen Gesellschafter auf Ersatz ihres Entwertungsschadens bestehen können. Die §117 Abs. 1 S.2, §317 Abs. 1 S.2 AktG 1965 stellen klar, dass Aktionäre Schadensersatz nur insoweit

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

173

und Inhalt gleichgerichteten Schadensersatzanspruch des einzelnen Aktionärs und der Gesellschaft. 446 Wird diese ratio des Gesetzes auch auf Restitutionsansprüche übertragen, deren Ursprung in einem Sonderrechts- und Treuepflichtverhältnis zwischen Kapitalgesellschaftern derselben Gesellschaft gesehen wird, so hat ein Gesellschafter nur das Recht auf Kompensation seines nicht am Gesellschaftsanteil erlittenen Schadens. 447 In Anlehnung an die von §117 Abs. 1 S.2, §317 Abs. 1 S.2 AktG intendierte Liquidationssperre 4 4 8 für Reflexschäden bzw. mittelbare Schäden am Vermögen des Kapitalgesellschafters müssten dann unmittelbare Ersatzansprüche aufgrund einer Befürwortung quasivertraglicher Rechtsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern denselben rechtlichen Folgen ausgesetzt sein. 449 Der Schaden der juristischen Person, der sich zugleich lediglich als Werteinbuße am Anteil des Kapitalgesellschafters auswirkt, dürfte also nicht dieser aufgrund eigenen Rechts unmittelbar gegen Mitgesellschafter liquidieren, auch nicht, wenn er die Kompensation auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen verfolgt. Denn es sind originär und primär Gesamtinteressen der juristischen Person betroffen, weil das pflichtwidrige Verhalten bereits auf der Verletzung des rechtlich unzweifelhaften Schädigungsverbots gegenüber der Gesellschaft beruht. 450 Die Übertragung der ratio der § 117 Abs. 1 S. 2, § 317 Abs. 1 S. 2 AktG auf die Begründbarkeit haftungsbegründender Treuepflichten als Schutz- und Interessenwahrungspflichten zwischen Kapitalgesellschaftern, stellt die Notwendigkeit und den Sinn dieser Pflichtenkonzeption für die Etablierung von Direktansprüchen zwischen Kapitalgesellschafter in Frage. Eine zusätzliche Haftung wegen aktienrechtlicher Treuepflichtverletzung wäre entbehrlich, weil die §117 Abs. 1 S.2, §317 Abs. 1 S.2 AktG Aktionären ohnehin eigene Ersatzansprüche hinsichtlich ihres unmittelbaren Schadens gewähren 451 , wenn er nur den Nachteil der Gesellschaft durch Wertminderung ihrer Aktien widerspiegelt. Dem GmbH-Recht sind zwar vergleichbare Regelungen fremd. Jedoch ist an eine sinngemäße An-

fordern können, wie sie, abgesehen von dem Schaden, der ihnen durch die Schädigung der Gesellschaft zugefügt worden ist, geschädigt worden sind (vgl. RegBegr Kropff § 117 AktG, S. 163; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.215f; Brandes, in: FS Fleck, 13, 14f; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG, §93 Rz.97). 446 RegBegr Kropff S. 163; BGHZ 94,55,58; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG, § 117 Rz.38; Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, § 117 Anm. 8; H i i f f e r , AktG, §117 Rz. 9; Baumbach/Hueck, AktG, §117 Rz.4; Brandes, in: FS Fleck, 13, 15; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz. 29f. 447 Vgl. die Beispiele bei H i i f f e r , AktG, §117 Rz.9; Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, §117 Anm.8; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, §117 Rz.38. 448 Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.30. 449 Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.30; Altmeppen NJW 1995, 1749, 1750. 450 Altmeppen NJW 1995, 1749, 1750; Winter ZHR 148 (1984), 579, 594; Berger ZHR 149 (1985), 599, 603f; Scholz/Emmerich, GmbHG, § 13 Rz.97. 451 Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, § 117 Anm. 8.

174

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

wendung der § 117 Abs. 1 S. 2, § 317 Abs. 1 S. 2 A k t G zu denken 4 5 2 , sei es weil die G m b H ihrer Rechtscharakter nach als körperschaftlich verfasste Kapitalgesellschaft keine entgegenstehenden rechtsformspezifischen Besonderheiten aufweist 4 5 3 , oder weil die aktienrechtlichen Vorschriften a priori als geschriebene Haftungstatbestände des allgemeinen Körperschaftsrechts zu begreifen sind (Schädigungsverbot). 454 Außerdem lassen nach allgemeiner Meinung besondere Haftungstatbestände des Aktienrechts die schadensrechtliche Ausgleichshaftung des Aktionärs nach § 826 B G B - wie die eines jeden Gesellschafters - auch gegenüber den Mitgesellschaftern unberührt. 4 5 5 Als eigenständiger Haftungstatbestand kann daher die Verletzung der Treuepflicht unmittelbare und eigene Ansprüche zwischen Gesellschaftern nur durch Schließung von Lücken im gesetzlichen Haftungssystem Bedeutung gewinnen. Da § 1 1 7 Abs. 1 A k t G - im Gegensatz zum konzernrechtlichen Normzweck des § 3 1 7 Abs. 1 A k t G 4 5 6 - nur die Vorsatzhaftung zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre erfasst, müsste § 1 1 7 Abs. 1 S. 2 A k t G a u f - rechtspraktisch kaum bedeutsame - Fälle erweitert werden, in denen über die Schädigung des Gesellschaftsvermögens hinaus ein zusätzlicher und eigener Schaden des Gesellschafters durch fahrlässiges Verhalten eines Mitgesellschafters entstanden ist. 4 5 7 Die Vielfalt gesetzlicher Haftungstatbestände einerseits und die faktische Seltenheit dieser Ansprüche machen die Sublimierung unmittelbarer Loyalitätsund Interessenwahrungspflichten der Gesellschafter zu einem rechtsformübergreifenden Verbandsprinzip und zu einem unabdingbaren Schutzinstrumentarium für Minderheitsgesellschafter 458 letztlich überflüssig. Eigene (extra)prozessual verfolgbare Ansprüche gegen Mitgesellschafter erlangt der Gesellschafter nur in seltenen Fällen 4 5 9 , wenn sein unmittelbarer und eigener Schaden nicht mit dem der Gesellschaft kongruent ist und deshalb nicht durch Ersatzleistung in das Gesellschaftsvermögen ausgeglichen werden kann. In aller Regel kongruiert jedoch der wirtschaftliche Schaden der Gesellschaft mit dem des einzelnen Gesellschafters 4 6 0 , weil Schäden der Gesellschaft wegen der engen Verflechtung gesellschaftsRoth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.31, §43 Rz.34. Baumbach/Hueck, AktG, Einl. Rz.28; Rowedder/Rittner, G m b H G , Einl. Rz.43. 454 Roth/Altmeppen, G m b H G , Anh § 13 Rz. 114; Flume, Die juristische Person, § 8 I, S. 270, § 8 V 3, S.306ff. 4 5 5 RegBegr Kropff S. 164; BGHZ 129,136,164 („Girmes"); Flume, Die juristische Person, §8 V 3, S. 307; Hüffer, AktG, § 117 Rz. 14; Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, § 117 Anm. 16; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 117 Rz. 44; Baumbach/Hueck, AktG, § 117 Rz. 8. 456 Hüffer, AktG, §317 Rz.5 m.w.N.. 4 5 7 Siehe auch Flume, Die juristische Person, § 8 V 3, S.308, der § 117 AktG auf jedes schuldhafte Verhalten von Mehrheitsaktionären ausdehnen will. 458 Scholz/Winter, G m b H G , §14 Rz.54; Rehbinder Z G R 1976, 386, 391 f; Marsch-Barner Z H R 157 (1993), 172, 176; Hennrichs AcP 195 (1995), 221, 240f. 4 5 9 Vgl. die Beispiele bei Hüffer, AktG, §117 Rz. 9; Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, § 117 Anm. 8; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 117 Rz. 38. 460 Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, §117 Anm. 8. 452 453

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

175

bezogener Interessen der Kapitalgesellschafter mit den gesellschaftlichen Gesamtinteressen461 zu einer Verminderung des Wertes der Gesellschaftsanteile führen. Wird jedoch die Treuepflicht in ihrer Funktion für den Schutz der Gesellschafterminderheit im Recht der Kapitalgesellschaften in den Mittelpunkt gerückt, so müsste an sich ihre haftungsbegründende Wirkung für Gesellschafter nicht die Ausnahme, sondern geradezu die Regel bilden. Anders als Teile der Literatur differenziert der Bundesgerichtshof Schutzrichtungen der Treuepflicht-Formel nicht nach der „Mittelbarkeit oder Reflexartigkeit" des Eintritts eines Schadens der Gesellschaft bei einzelnen Gesellschaftern. 462 Eigene und unmittelbare Ersatzansprüche hat der Gesellschafter wegen Treuepflichtverletzung, selbst wenn primär nur das Gesellschaftsvermögen geschädigt ist. Ein reiner Reflexschaden des Gesellschafters wird nur im Gesellschaftsvermögen kompensiert 463 , wenn er mit dem direkten Schaden der Gesellschaft wirtschaftlich kongruent ist, weil die von § 117 Abs. 1 S. 1, §317 Abs. 1 S. 1 AktG bewirkte Liquidationssperre für mittelbare Schäden des Gesellschafters sowie der Grundsatz der Kapitalerhaltung und der Zweckwidmung 464 des Gesellschaftsvermögens zu wahren sind. Treuwidriges Handeln zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Gesellschafter kann daher in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu folgender Trias an Ersatz- oder Erstattungsansprüchen führen: - Primär begründet die Schädigung der Gesellschaft einen eigenen Ersatzanspruch der juristischen Person wegen Verletzung der ihr gegenüber obliegenden Treuepflicht. - Neben dem Anspruch der juristischen Person bestehen zugleich eigene Ersatzansprüche der Gesellschafter wegen Verletzung der ihnen gegenüber obliegenden Treuepflicht, allerdings mit der Maßgabe, dass der Gesellschafter Schadensausgleich nur durch Leistung in das Vermögen der Gesellschaft beanspruchen kann. - Erleidet der Gesellschafter über die Schädigung der Gesellschaft und die dadurch bedingte Verminderung des Wertes seines Gesellschaftsanteils hinaus einen zusätzlichen eigenen Schaden, der nicht nur den Schaden der Gesellschaft widerspiegelt, so kann er wegen Verletzung der ihm gegenüber obliegenden Treuepflicht einen eigenen Ersatzanspruch auf Leistung in sein Privatvermögen geltend machen.

Selbst wenn sich den §§117 Abs. 1,317 Abs. 1 AktG allgemeine Rechtsprinzipien für die haftungsbegründende Einordnung eines Direktanspruchs des Gesellschafters gegen den anderen aufgrund einer Treupflichtverletzung im Ansatz ableiten ließen, bliebe fraglich, ob sich die Anspruchstrias mit der gesetzlich vorgesehenen körperschaftlichen Struktur eines Verbandes verträgt, weil diese an sich nur einen Anspruch der juristischen Person auf Ersatz des Gesellschaftsschadens 461 Sinngemäß Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz. 50; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.239. 462 Lutter Z H R 162 (1998), 164, 176ff; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., §13 Rz.19. 463 BGHZ 129, 136, 165f („Girmes"); Brandes, in: FS Fleck, 13, 14ff; Rehhinder ZGR 1976, 386, 391; Winter ZHR 148 (1984), 579, 595; Berger ZHR 149 (1985), 599, 302; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.30. 464 BGHZ 129, 136, 166 („Girmes"); Brandes, in: FS Fleck, 13, 14ff.

176

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

und davon getrennt den Anspruch des Gesellschafters auf Ersatz seines eigenen und unmittelbaren Schadens zulässt. 465 Die Anerkennung von im Grunde zwei Rechtszuständigkeiten für denselben Ersatzanspruch der Gesellschaft gerichtet auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen ist dogmatisch und rechtssystematisch zweifelhaft. Die Anspruchsprätendenten - Gesellschaft als juristische Person und ihr Gesellschafter - sind nicht gleichrangige Gesamtgläubiger (§428ff BGB) 4 6 6 , weil der Schaden des Gesellschafters lediglich mittelbar bzw. reflexartig aus einer Handlung zum Nachteil der Gesellschaft resultiert. Die konstruktive Entwicklung eines eigenen vertragsähnlichen Ersatzanspruchs eines Gesellschafters gegen treuwidrig handelnde Mitgesellschafter auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen widerspricht der in § 117 Abs. 1, § 317 Abs. 1 AktG zum Ausdruck gelangten Trennung der Individualsphäre von der Verbandssphäre, die auf die Vermeidung der Zweispurigkeit von Ersatzansprüchen der Kapitalgesellschafter und der juristischen Person abzielt. 467 Das Gesetz favorisiert daher den Ersatzanspruch der juristischen Person und beschränkt Aktionäre ausdrücklich auf die Verfolgung ihrer eigenen und unmittelbaren Vermögensschäden. Die Kompensation ihres Reflexschadens im Gesellschaftsvermögen untersteht nicht ihrer Forderungszuständigkeit. 468 Die Zubilligung eigener quasivertraglicher Ersatzansprüche zwischen Gesellschaftern aufgrund der Geltung einer generellen gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht hält sich nur insofern an die ratio der § 117 Abs. 1, § 317 Abs. 1 AktG, als ein Ersatzanspruch des Gesellschafters nach Auffassung des Bundesgerichtshofs und nahezu unbestrittener Literaturmeinung ausschließlich auf Ausgleich des Gesellschaftsvermögens gerichtet ist. 469 Die Anerkennung einer Anspruchskonkurrenz zwischen Gesellschaft und Gesellschafter führt zu weiteren Friktionen. Mag die Kompensation in das Gesellschaftsvermögen auf der Rechtsfolgenseite das Problem entschärfen, so blieben Defizite überzeugender Begründung, wenn etwa die Gesellschaft über ihren Anspruch durch Stundung, Erlass oder Vergleich verfügte und dadurch dem eigenen Recht des Einzelgesellschafters auf Verfolgung des mit der Gesellschaftsforderung inhaltsgleichen Anspruchs den Boden entzöge. 470 Derartige Rechtshandlun465 Schilling, in: Großkomm. AktG, §93 Anm. 41 (Die Gesellschaft als eigene Rechtspersönlichkeit ist die Geschädigte, deshalb ist die A G diejenige Rechtspersönlichkeit, welche zur Geltendmachung der Ansprüche befugt ist). 4 6 6 So aber Lütter Z H R 162 (1998), 164, 180f. Zu bezweifeln ist aber, ob eine Gesamtgläubigerschaft i.S.d. §428 B G B vorliegt, da der Schuldner mit befreiender Wirkung nur in das Gesellschaftsvermögen leisten kann. Da der Gesellschafter einen Schaden der juristischen Person aus eigenem materiellen Anspruchsrecht liquidiert, ähnelt die Rechtslage eher der Drittschadensliquidation (Brandes, in: FS Fleck, 13, 19, 21). 467 Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, §117 Einl.. 4 6 8 RegBegr Kropff, S. 163. 4 6 9 Dazu oben S. 175; abweichend Wilhelm, Rechtsform, S. 383ff. 4 7 0 Zur Antinomie von Sozial- und Individualanspruch im Recht der Personengesellschaften vgl. BGHZ 25, 47; BGH W M 1985, 1277; Enneccems/Lehmann, Schuldrecht, Bd.2, § 177 I 2, S. 736f; Fischer, in: Großkomm. H G B , §124 Anm. 11; BGB-RGRK/Fischer, 11. Aufl., §705

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

177

gen ergreifen den inhaltsgleichen Ansprach des mittelbar geschädigten Gesellschafters auf Ausgleich des Reflexschadens nur, wenn ihre Rechtswirkungen den Anspruch des Gesellschafters beeinflussen oder er zur Hinnahme jener Verfügungen über den Anspruch rechtlich verpflichtet ist. 471 Wird aber die rechtliche Anspruchsposition der Gesellschaft von der des reflexartig mitgeschädigten Gesellschafters isoliert betrachtet, so fehlte einer Verfügung der Gesellschaft über ihre Ersatzforderung ohne Zustimmung des Gesellschafters die Bindung für seinen inhaltsgleichen Anspruch, selbst wenn z.B. der Verzicht oder Vergleich von der Gesellschaftermehrheit mitgetragen wäre (vgl. 93 Abs. 4 S.3, § 3 0 9 Abs. 3 S. 1 AktG). 4 7 2 Hat hingegen die körperschaftliche Organisation der juristischen Person eine Schlüsselstellung, so benötigte die Gesellschaft die - kaum erhältliche Ermächtigung zur Verfügung über den individuellen Anspruch des geschädigten Minderheitsgesellschafters, eine solche Rechtsmacht lebte von einer reinen U n terstellung. 473 Eine kaum überbrückbare Bruchstelle findet sich schließlich für die Rechtskraftwirkung, wenn die auf Schadensersatz gerichtete Klage der G e sellschaft gegen einen treuwidrigen Gesellschafter aus materiellrechtlichen Gründen abgewiesen wird und Mitgesellschafter bei im übrigen unzweifelhaften Voraussetzungen ihren inhaltsgleichen Reflexschaden geltend machen, obwohl rechtskräftig feststeht, dass in das Vermögen der Gesellschaft keine Kompensation zu leisten ist. 4 7 4 Werden daher Ansprüche der Gesellschaft und des Gesellschafters der ratio der § 1 1 7 Abs. 1, § 3 1 7 Abs. 1 A k t G folgend auf der Rechtsfolgenseite ausschließlich in das Gesellschaftsvermögen gelenkt, um einen rechtlichen Anspruchsgleichlauf zu erreichen, so bleibt auf der Voraussetzungsseite die doppelgleisige Rechtszuständigkeit für inhaltsgleiche Ansprüche dogmatisch und rechtskonstruktiv fragwürdig. Es müsste der in § 117 Abs. 1, § 317 Abs. 1 A k t G zum Ausdruck gelangte allgemeine Rechtsgedanke des Ausschlusses direkter Anspruchsbeziehungen

Anm. 23; BGB-RGRK/v. Gamm, 12. Aufl., § 705 Rz. 23; Hadding, Actio pro socio, S. 93ff; ders. JZ 1975, 159; Soergel/Hadding, B G B , §705 Rz.48; Staudinger/Keßler, B G B , §705 Rz.55; Koller/Roth/Morck, H G B , § 105 Rz.34; Würdinger, Recht der Personalgesellschaften, S. 49; Höfler JuS 1992,388; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1 c), S. 460f; ders. W M 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S. 7,26. Zum Kapitalgesellschaftsrecht vgl. insb. Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.292f; Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 23; Hoffmann G m b H R 1963, 61; Berger Z H R 149 (1985), 599, 603; Lutter Z H R 162 (1998), 164, 180f. 471 Berger Z H R 149 (1985), 599, 603. 4 7 2 So z.B. Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 23; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 292f; Lutter Z H R 162 (1998), 164,180f; zum Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses im Aktien- und GmbH-Recht vgl. Hachenburg/Schilling, G m b H G , §46 Rz. 34f. 473 Berger Z H R 149 (1985), 599, 603; Winter Z H R 148 (1984), 579, 594; Hüffer, AktG, §309 Rz.21. 4 7 4 Siehe dazu Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, Bd. 2, § 177 I 2, S. 736f; Fischer, in: Großkomm. H G B , § 124 Anm. 11; Hadding, Actio pro socio, S. 104ff; zum Kapitalgesellschaftsrecht vgl. insb. Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 13 Rz.34 a; Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1,23f; Berger Z H R 149 (1985), 599, 608.

178

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

zwischen Kapitalgesellschaftern überwunden werden. Das ist ohne fundamentalen Bruch mit dem Gesetzessystem nicht durchsetzbar, wie ein Blick auf die legalsystematisch strikte Trennung der Rechtszuständigkeiten und auf den aktienrechtlichen Zuschnitt der konzernrechtlichen Haftung zeigt (§309 Abs. 4, §310 Abs. 4, § 317 Abs. 4, § 318 Abs. 4 AktG). 4 7 5 Das Gesetz hat sich nicht für ein generelles Recht des Kapitalgesellschafters auf (außer)prozessuale Verfolgung eigener und unmittelbarer Ansprüche in Angleichung oder Annäherung seines körperschaftlichen Mitgliedschaftsverhältnisses an das personalistische Recht der Personengesellschaften entschieden. Es vermeidet den Konflikt zwischen Forderungszuständigkeiten des einzelnen Kapitalgesellschafters und der körperschaftlichen Gesellschaft und ihrer satzungsgemäßen Organe durch ein Ausnahmemodell 4 7 6 des Aktienrechts, wonach die Prozessführungsbefugnis des einzelnen Aktionärs 477 eine „Sperrwirkung" gegenüber Klageerhebungen durch andere Aktionäre bewirkt. 4 7 8 Die uneingeschränkte Befürwortung haftungsbegründender Treuepflichtbeziehungen für (extra)prozessual zu verfolgende Ansprüche gegen Mitgesellschafter konterkariert diese Sperrwirkung. 4 7 9 Das auf die unmittelbare Geltung eines Sonderrechts- und Treuepflichtverhältnisses zwischen Gesellschaftern gestützte eigene Recht des Gesellschafters auf Anspruchsverfolgung entwertet die in §46 Nr. 2 und 8 GmbHG und insbesondere in § 147 AktG eindeutig geregelte ausschließliche Forderungszuständigkeit der juristischen Gesellschaft für ihre Ersatzansprüche. 480 Nach der gesetzlichen Regelung haben einzelne Gesellschafter ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen in der Mitgliederversammlung zu wahren 4 8 1 , in den Fällen der §46 GmbHG, §147 AktG durch Ausübung des Stimmrechts (§47 GmbHG, §133 AktG). Der Regelungssinn dieser Normen entfiele, oblägen einzelnen Kapitalgesellschaftern unmittelbare Sonderrechts- und Treuepflichtbindungen gegenüber Mitgesellschaftern mit der Folge, dass bei Kongruenz des Gesellschafts- und Ge475 Flume, Die juristische Person, §81, S.270. In der Begründung zum Regierungsentwurf zu § 117 AktG wird sogar weitergehend ausgeführt, dass eine Haftung für Fahrlässigkeit nicht gegeben sei, weil „die nach dieser Vorschrift haftenden Personen keine Sorgfaltspflicht gegenüber der Gesellschaft trifft" (RegBegr Kropff S. 163). 476 RegBegr K r o p f f , S.405. 477 RegBegr Kropff S.405; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG, §117 Rz.37. 478 Zur „Sperrwirkung" der §§309 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG gegenüber weiteren Aktionärsklagen siehe die Nachweise oben Teil 1 Fn. 211. 479 Zwar ist die praktische Bedeutung der §309 Abs. 4 S. 1, §317 Abs. 4 AktG wegen des erheblichen Prozesskostenrisiko relativ gering geblieben, dies ändert aber nichts an ihrem Ausnahmecharakter. Siehe dazu auch Ulmer ZUR 163 (1999), 290,300; Dirk/Reuter/Bächle, Handbuch der Aktiengesellschaft, Rz. 579; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 301 ff; Emmerich/Sonnenschein, Konzernrecht, §18 III 1, S. 360; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1, S.463. 480 Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.39; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG, §93 Rz. 90; Schilling, in: Großkomm. AktG §93 Anm.41. 481 §45ff GmbHG, § 118ff AktG; siehe dazu auch Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz.41.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

179

sellschafterschadens das unmittelbare u n d eigene Recht zufiele, den Ersatz des Kollektivschadens der juristischen Person zusätzlich als eigenen Schaden (§117 Abs. 1 S.2, §317 Abs. 1 S.2 A k t G ) zu verfolgen. 482 Die Etablierung eigener Ersatzansprüche zwischen Kapitalgesellschaftern wegen verletzter Treuepflicht neben inhaltsgleichen Ansprüchen der Gesellschaft reduziert die Anwendbarkeit der §46 Nr. 8 G m b H G , §147 A k t G auf reine Ersatzansprüche der juristischen Person gegen Mitglieder ihrer Verwaltungsorgane (§43 G m b H G , §§93, 116 AktG). Im selben U m f a n g wie eigene u n d unmittelbare Ansprüche zwischen Kapitalgesellschaftern Anerkennung finden, lassen sich dann die vielfältigen Vorschläge zur E i n f ü h r u n g einer allgemeinen Aktionärsklage 4 8 3 in Anlehnung an die derivative suit des angloamerikanischen Rechts 4 8 4 in geltendes Recht umsetzen, ohne dass der Gesetzgeber diese rechtliche Neuorientierung gebilligt hat. Das geltende Aktienrecht lässt eine Reduktion des Anwendungsbereichs des §147 A k t G auf Ansprüche der Gesellschaft nur gegen Mitglieder der Verwaltungsorgane aufgrund einer Rechtsfortbildung praeter legem nicht erkennen, zumal die ratio legis des KonTraG den Aktionärsschutz durch Neufassung des §147 Abs. 3 AktG 4 8 5 bereits ausreichend beachtet. 486

482 So aber Lutter Z H R 162 (1998), 164, 181; ähnlich auch Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 25, der sich f ü r eine Beschränkung des § 147 A k t G auf reine Publikumsgesellschaften ausspricht. 483 Siehe dazu Großfeld, Aktiengesellschaft, U n t e r n e h m e n s k o n z e n t r a t i o n und Kleinaktionär, S.224ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S.463; ders. Z G R Sonderheft 13, 5ff; ders. Z G R 1980, 147, 160; Lutter Z G R 1998,191 ff; Ulmer Z H R 163 (1999), 290ff; Buxbaum/Schneider Z G R 1982, 199ff. Vorschläge zur E i n f ü h r u n g einer allgemeinen Aktionärsklage reichen z u rück bis in die Anfänge der m o d e r n e n Aktiengesetzgebung (vgl. dazu Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, S. 469; v. Strombeck, Materialien z u m Handelsgesetzbuche f ü r das Deutsche Reich und dem Einführungsgesetze, S. 366; Wieland, Handelsrecht, Bd. II, S. 133ff; Bekker Z H R 17 [1872], 379,442; Wolffson, in: Vhdlg. d . l l . D J T 1873, Bd. 2, S. 119). Kritisch gegenüber einer allgemeinen Aktionärsklage Sünner Z H R 163 (1999), 364ff; Krieger Z H R 163 (1999), 343ff; Bayer N J W 2000, 2609ff; Schwarz, Z R P 2000, 330ff, weil mit Rücksicht auf § 147 Abs. 3 A k t G i.d.F. des K o n T r a G kein rechtspolitisches Bedürfnis mehr bestehe. Siehe auch die kritische Stellungnahme bei Habersack D S t R 1998, 533ff, w o die E i n f ü h r u n g einer Aktionärsklage sogar als systemwidrig bezeichnet, weil der Aktionärsschutz im deutschen Aktienrecht in erster Linie d u r c h das Garantiekapital u n d die Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 A k t G ) , die A u t o n o mie der Leitungsorgane (§§76 Abs. 1, 119 Abs. 2 A k t G ) u n d d u r c h die K o n t r o l l f u n k t i o n des Aufsichtsrates (§111 A k t G ) gewährleistet werde. 484 Z u r derivative suit des angloamerikanischen Rechts, die in ihrer W i r k u n g einer Prozessstandschaft des Aktionärs entspricht, siehe Großfeld, Aktiengesellschaft, U n t e r n e h m e n s k o n zentration u n d Kleinaktionär, S.233ff; Buxbaum/Schneider Z G R 1982, 199ff; Ulmer Z H R 163 (1999), 290ff; Fuchs, A k t i o n ä r und Kontrolle, S.39ff. 485 Die d u r c h das K o n T r a G v. 27.4. 1998 (BGBl. I, S.786) eingeführte 5 - P r o z e n t - G r e n z e (bzw. das 500.000-Euro-Minderheitsverlangen) bezweckt in erster Linie die erleichterte D u r c h setzung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft. Siehe dazu H Uff er, A k t G , 2. Aufl., §147 R z . 9 ; Krieger Z H R 163 (1999), 343ff; Sünner Z H R 163 (1999), 364ff; Bayer N J W 2000, 2609ff; Schwarz, Z R P 2000, 330ff; Ulmer Z H R 163 (1999), 290, 292ff. 486 Vgl. RegBegr zu § 147 Abs. 3 A k t G , Z I P 1997, 2059, 2065f.

180

Teil 2: B. Ansprüche der Kapitalgesellschaft

( f ) Treuepflichten

aufgrund

richterrechtlichen

gegen

Mitgesellschafter

Gewohnheitsrechts

Insbesondere Lutter487 stützt die Unmittelbarkeit wechselseitiger Treuepflichten der Kapitalgesellschafter auf die richterrechtliche Etablierung einer Rechtspflicht der Gesellschafter zur Gesellschaft und zwischen Gesellschaftern als generalklauselartiges Gewohnheitsrecht. Um diese Treuepflichtkonzeption legt sich die Aura dogmatischer Unumstößlichkeit, scheinen doch Judikate des Bundesgerichtshofs488 eine rechtsdogmatische und rechtssystematische Begründung der Rechtsgrundlage einer Direktgeltung der Pflicht zu Loyalität und Interessenwahrung zwischen Gesellschaftern entbehrlich zu machen. Zweifelhaft ist indes die Unterstellung, der Kerngehalt dieser Entscheidungen sei bereits Gewohnheitsrecht 489 , denn justiziell induziertes Gewohnheitsrecht ist nicht völlig gleichbedeutend mit höchstrichterlicher Rechtsprechung. Diese wird Gewohnheitsrecht, wenn sie im Rechtspublikum eine allgemeine Rechtsüberzeugung im Sinne einer unbezweifelbaren Rechtsanforderung widerspiegelt.490 Das ist, wie die Vielfalt der Rechtsansichten belegt, nicht der Fall, wenn Rechtsprechungsergebnisse nur bei der professionellen Rechtsanwendung oder als communis doctorum opinio gebilligt werden. Es muss außerdem die Anerkennung als akzeptiertes Recht durch die beteiligten Verkehrskreise hinzutreten491, eine Voraussetzung, die im Aktienrecht selten erkennbar ist. Eine kontinuierliche Gerichtspraxis kann zwar den Anstoß zur Ausbildung von Gewohnheitsrecht geben, ist aber nicht schon als solche ohne weiteres eine selbständige Rechtsquelle neben dem förmlichen Gesetz. 492 Es ist allgemein Zurückhaltung gegenüber einer Rechtsmethode geboten, die eine justizielle Handhabung alsbald als Gewohnheitsrecht akzeptiert.493 Davon abgesehen steht der Geltung eines anspruchserzeugenden Sonderrechts- und Treuepflichtverhältnisses zwischen Kapitalgesellschaftern entgegen, dass sich die Rechtsprechung zu dieser Frage nicht stets kontinuierlich und widerspruchsfrei gezeigt hat. Die Linotype-Entscheidung des Bundesgerichtshofs494 ist zwar prima facie richtungweisend für die Direktgeltung aktienrechtlicher Treuepflichten zwischen Gesellschaftern, diese sind aber letztlich nicht ausschlaggebend geworden, weil sich im Linotype-Fall die Anfechtbarkeit des Beschlusses der Hauptversammlung bereits aus der analogen Anwendung des §243 Abs. 2 AktG ergeben

Lutter ZUR 162 (1998), 164, 166. Nachweise Fn. 385. 489 Zurückhaltend auch Herne ZHR 162 (1998), 186, 191. 490 BGH NJW 1979,1983 zur culpa in contrahendo; Larenz, BGB-AT, § 1 I c), S. 9; Enneccerus/Nipperdey, BGB-AT, §42, S.273ff, Lehmann!Hübner, BGB-AT, §3 V, S.24f; Palandt/ Heinrichs, BGB, Einl. Rz.24. 491 Enneccerus/Nipperdey, BGB-AT, §42, S.277; Lehmann/Hübner, BGB-AT, §3 V, S.25. 492 Lehmann/Hübner, BGB-AT, §3 V, S.25. 493 Esser, in: FS Hippel, 95, 113. 494 BGHZ 103, 184, 194. 487

488

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

181

hat. 495 Auch die Girmes-Entscheidung anerkennt die Schadensersatzhaftung zwischen Aktionären wegen treuewidrigen Stimmrechtsverhaltens, schließt die generelle Geltung einer Direkthaftung jedoch aus, weil §243 Abs. 2 und § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG die Haftung speziell auf die vorsätzliche Treuepflichtverletzung durch Stimmrechtsausübung beschränke. 496 Bemerkenswert stellt der Bundesgerichtshof fest, dass die tatsächlichen Umstände für die Haftung aus vorsätzlicher Treuepflichtverletzung zugleich eine Haftung wegen sittenwidrig vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB rechtfertigen können 497 , wodurch sich im Grunde der rechtliche Begründungsaufwand für die Etablierung der schuldrechtlicher Ansprüche aufgrund einer Treuepflichtverletzung als unnötig erweist. Die Schadensersatzhaftung des Aktionärs richtet sich insofern einfach nach §826 BGB, nicht aber in einer Anspruchsgrundlagenkonkurrenz nach unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaftern. 498 Entscheidungsrelevant ist die Treuepflicht nur im ITT-Urteil des Bundesgerichtshofs499 geworden, weil die von einem einzelnen Gesellschafter im eigenen Namen geltend gemachte Rückzahlung von Konzernumlagen angesichts rechtspraktischer Bedürfnisse nur mit der Verletzung unmittelbar gültigen Treuepflichten zwischen Gesellschaftern als allein verbliebene Haftungsgrundlage begründbar gewesen ist.500 e) Mitgliedschaftliche Anspruchsbeziehungen

Abwehrrechte als Begründung unmittelbarer zwischen Kapitalgesellschaftern

(1) Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft als „ Eingriff" Mitgliedschaft des Gesellschafters

in die

Andere Autoren 501 stellen den durch Abwehrklage des Gesellschafters erwirkbaren Schutz der Verbandsmitgliedschaft gegen pflichtwidriges Verbandshandeln eines Mitgesellschafters in den Vordergrund. Sie entlehnen letztlich dem ALR von 179 4502 den Rechtssatz: „Wem die Gesetze ein Recht geben, dem bewilligen sie auch die Mittel, ohne welche dasselbe nicht ausgeübt werden kann". Diese Auffassung führt eigene materiell-rechtliche Ansprüche zwischen Kapitalgesellschaftern 503 in allen Verbandsarten global auf einen Eingriff in die Mitglied495 BGHZ 103, 184, 193; F l a m e Z I P 1996, 161, 162f; Mülhert, Aktiengesellschaft, U n t e r n e h m e n s g r u p p e u n d Kapitalmarkt, S.228. 496 BGHZ 129, 136, 162. 497 BGHZ 129, 136, 164, 172. 498 Altmeppen N J W 1995, 1749, 1750. 499 Siehe dazu oben S. 114 ff. 500 Siehe auch Ulmer, in: FS 50 Jahre B G H , 273, 307. 501 Hachenhurg/Th. Raiser, G m b H G , 8.Aufl., §14 R z . 3 6 f f ; Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, lOff, 18ff, 20ff; Zöllner Z G R 1988, 392, 405f, 407ff; siehe auch Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz. 38. 502 Preußisches A L R von 1794 Einleitung §89. 503 D e r Gesellschafter klagt nicht in Prozessstandschaft f ü r die Gesellschaft, sondern verfolgt

182

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

schaft 504 als einheitliche rechtliche Grundlage zurück, der nicht deliktsrechtlich, sondern als Beeinträchtigung mitgliedschaftlich verkörperter Rechte und Interessen innerhalb der Sonderverbindung „Verband" zu verstehen ist. Die Mitgliedschaft als Inbegriff der Rechte und Pflichten des Gesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis wird als ein subjektives Recht des Gesellschafters gedeutet, das umfassende Schutzwirkung gegenüber dem Verband und zugleich gegenüber Mitgesellschaftern entfaltet. Als Kehrseite der Verbandsmitgliedschaft erwirbt jeder Gesellschafter als Gesellschaftsgründer oder durch späteren Beitritt zur Gesellschaft das genuine Mitgliedsrecht auf klageweise Durchsetzung seiner mitgliedschaftlich verkörperten materiellen und immateriellen Interessen, wenn diese „von einer Aushöhlung der finanziellen Basis der Gesellschaft, Missachtung ihrer inneren Ordnung, Minderung seines rechtlichen Einflusses, Usurpation von Macht und Herrschaft oder Ubervorteilung durch andere Gesellschafter bedroht werden". 5 0 5 Jeder Gesellschafter hat daher in dieser Sichtweise ein eigenes Interesse daran, dass sich alle an ihre Mitgliedspflichten halten. Die Anerkennung darauf gestützter eigener und unmittelbarer Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche zwischen Kapitalgesellschaftern schützt dann vor Eingriffen anderer Gesellschafter in persönliche, mitgliedschaftlich verkörperte Interessen und Rechte.

(2) Systemwidrige

Verdoppelung

des Bezugspunkts

der

Pflichtverletzung

Im Gegensatz zur Treuepflichtdoktrin hat dieser Lösungsansatz den rechtlichen Vorzug, dass die anspruchsrechtliche Direktbeziehung zwischen Kapitalgesellschaftern auf die Verletzung des Mitgliedschaftsrechts in der Kapitalgesellschaft abstellt, sich nicht von ihm löst und keine personalistischen Strukturelemente aus dem Recht der Personengesellschaften für die Etablierung einer „vertragsähnlichen Sonderrechtsbeziehung" zwischen Kapitalgesellschaftern benötigt. Verletzt ein Gesellschafter Mitgliedspflichten gegenüber der juristischen Person, so verletzt er zugleich mitgliedschaftlich verkörperte materielle oder immaterielle Interessen anderer Gesellschafter, weil jeder auf Grund seiner Gesellschafterstellung ein persönliches und wirtschaftliches Eigeninteresse an der Einhaltung der Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft hat. 506 eigene und unmittelbare Abwehransprüche, die sich dogmatisch aus seiner Mitgliedschaft ableiten (vgl. Th. Raiser Z H R 153 (1989), l , 9 f f , 10,20; Zöllner ZGR 1988, 392, 405). Anders aber die Mitgliedschaftsklage bei Flume, Die juristische Person, §8 V, S.300ff: Zwar macht der Gesellschafter auch hier ein eigenes Mitgliedschaftsrecht geltend, aber nur „in Hinsicht" auf einen Anspruch der juristischen Person und auf Leistung an die juristische Person. Die Klagebefugnis dient also nur der Realisierung eines fremden, nämlich der Gesellschaft zustehenden Forderungsrechts (ähnlich Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.37, 39: die actio pro socio hängt vom Anspruch der Gesellschaft ab). 504 Vgl. dazu Zöllner ZGR 1988,392,405f; Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1,9ff; siehe auch Roth/ Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.38. 505 Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1,11, 14. 506 Ähnlich Flume, Die juristische Person, § 8 V, S.300f.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

183

Andererseits fehlt diesen mittelbar Geschädigten das rechtliche Bindeglied hin zu einem Anspruch in eigener Forderungszuständigkeit gegen den pflichtwidrig die Gesellschaft schädigenden Gesellschafter, denn der Eingriff in die Rechtsstellung der juristischen Person nicht zugleich als unmittelbarer Eingriff in die Mitgliedschaft zu werten. Die wirtschaftliche Beeinträchtigung (teil)kongruenter Interessen ist als Kriterium zu amorph, als dass es eine Brücke zu einer Rechtsgrundlage für generell klagbare gegenseitige Rechte und Pflichten zwischen Gesellschaftern schlagen könnte. Zudem wird nicht eindeutig zwischen der Mitgliedschaft als solcher (Gesellschaftereigenschaft) und der mitgliedschaftlich verwurzelten Rechte- und Pflichten-Beziehung des Mitglieds zum Verband geschieden. 507 Die Argumentationsfigur „gesellschaftsbezogene Interessenbeeinträchtigung" verlegt im Grunde die originär in der körperschaftlichen Rechtsbeziehung des Gesellschafters zum Verband angesiedelte Pflichtverletzung in eine direkte Rechtsbeziehung zwischen Kapitalgesellschaftern und wertet sie als Eingriff in die Mitgliedschaft. Das zeigt sich an folgenden Fallkonstellationen, denen anspruchsbegründende Eingriffe in die Mitgliedschaft anderer Gesellschafter zugrunde liegen sollen 508 : Eine Fallgruppe betrifft die Nichterfüllung der Einlage-, Nachschuss- oder Nebenleistungspflicht gegenüber der Gesellschaft, wenn die Geschäftsführung Ansprüche selektiv nur gegen einige Gesellschafter durchsetzt. Obwohl Anspruchsträgerin der Beitragsforderungen die Kapitalgesellschaft ist, wird jedem Gesellschafter ein eigener klagbarer Zahlungsanspruch gegen säumige Mitgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft zugebilligt, weil der Grundsatz der Gleichbehandlung 509 auch zwischen Gesellschaftern bindend in dem Sinn Bestand habe, dass sich kein Gesellschafter ohne sachlichen Grund durch Nichterfüllung der Beitragspflicht Vorteile auf Kosten anderer verschaffen darf. 510 Ahnliches gilt, wenn Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvermögen verdeckte Gewinnausschüttungen oder gleichheitswidrige Sondervorteile unter Missachtung des Kapitalerhaltungsgebots entgegen nehmen. 511 Eine weitere Fallgruppe betrifft die schuldhafte Schädigung des Gesellschaftsvermögens durch Eingriff in die Mitgliedschaft, weil jede Beeinträchtigung des Gesellschaftsvermögens mit507

MüKo/Reuter, BGB, §38 R z . l l . Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 16f; Zöllner ZGR 1988, 392, 401 ff. 509 Siehe dazu Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 II 2, S.427ff; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 1 0 IV 4, S. 118f; § 1 5 II 4, S.173f; Hüffer, A k t G , § 5 3 a R z . 3 f f ; Baumbach/Hueck/Fastnch, G m b H G , § 1 3 R z . 3 5 f f ; Roth/Altmeppen, § 1 3 R z . 8 0 f f ; Rowedder, G m b H G , § 1 3 R z . l l ff. 5.0 Zöllner Z G R 1988, 392, 405f; Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 17f; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.38. 5.1 Zöllner ZGR 1988, 392, 406; Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 18f; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 1 3 R z . 3 8 . In der G m b H w e r d e n verdeckte Gewinnausschüttungen im Gegensatz zum Aktienrecht (§57, § 5 8 Abs. 5, § 6 2 Abs. 1 A k t G ) nicht schon per se für unzulässig angesehen. Einschränkungen ergeben sich aber aus § 3 0 Abs. 1 G m b H G und dem Gleichbehandlungsgebot (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 2 9 R z . 71 ff; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §29 Rz.47). 508

184

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

telbar auch den Wert der Gesellschaftsanteile bzw. das Gewinnbezugsrecht der Mitgesellschafter mindere. 512 Daher erlange jeder Gesellschafter die Zuständigkeit aus eigenem Recht und im eigenen Interesse Schadensausgleich an die Gesellschaft zu fordern. 513 Die erste Fallgruppe vertauscht die Adressaten gesellschaftsrechtlicher Gleichbehandlungspflicht. Das Gebot, Aktionäre oder Gesellschafter der GmbH unter gleichen Bedingungen gleich zu behandeln, richtet sich nur an die juristische Person und ihre verfassungsmäßigen Organe, nicht an säumige Beitragsschuldner oder Empfänger unzulässiger Auszahlungen (vgl. §53 a AktG). 5 1 4 Gesellschafter haben daher nur Verteidigungsrechte gegen gleichheitswidriges Handeln der Gesellschaftsorgane, nicht aber ein durch die Mitgliedschaft vermitteltes Recht auf Gleichbehandlung bei der Erfüllung von Mitglieds- und Leistungspflichten gegenüber der Gesellschaft. 515 Die Prämisse der zweiten Fallgruppe ist eine petitio principii, weil die Verpflichtung zur Unterlassung gesellschaftsschädigender Maßnahmen der Gesellschafter nicht nur gegenüber der Gesellschaft bestehe 516 , sondern als echte Rechtspflicht und integraler Bestandteil der Mitgliedschaft auch unmittelbar unter Kapitalgesellschaftern gelte. Denn die Mitgliedschaft umfasst nach herkömmlicher Begriffsbestimmung nur die Gesamtheit aller durch Gesetz und Satzung begründeten Rechte und Pflichten des Gesellschafters zur Gesellschaft als körperschaftlich verfassten juristische Person. 517

(3) Unbestimmtheit

der „ mitgliedschaftlichen

Interessenbeeinträchtigung

"

Eigene Ansprüche des Aktionärs oder des Gesellschafters der GmbH auf Einhaltung rechtmäßigen Verhaltens (durch Mitgesellschafter oder Organmitglieder) sind zudem nur ganz eingeschränkt als Eingriff in mitgliedschaftlich verkörperte materielle oder immaterielle Interessen begründbar. Die Abstraktheit des Begriffs „mitgliedschaftliche Interessenbeeinträchtigung" lässt keine hinreichend exakte Bestimmung des Inhalts und der Reichweite (extra)prozessual verfolgbarer Individualansprüche der Kapitalgesellschafter zu. Maßnahmen der Gesellschafter 5.2 Zöllner ZGR 1988, 392, 407ff; Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1, 10, 20ff; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz. 38. 5.3 Th. Raiser ZHR 153 (1989), 1, 10, 20. 514 OLG Düsseldorf BB 1973, 910, 912; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 10 IV 4, S. 118f; § 15 II 4, S. 173f; H ü f f e r , AktG, § 53 a Rz. 4; Hachenburg/Schilling, GmbHG, § 14 Rz. 18; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rz. 38; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rz. 15. Siehe auch Flame, Die juristische Person, §8 IV, S. 298 f, wonach in Fällen einer verdeckten Gewinnausschüttung nur Ausgleichszahlungen der benachteiligten Gesellschafter gegen die Gesellschaft bestehen. Darüber hinaus bestehe nur ein Anspruch der Gesellschaft auf Rückgewähr des erlangten Sondervorteils gegen den Empfänger der verdeckten Gewinnausschüttung (vgl. auch Flume ZIP 1996, 161, 162). 5,5 OLG Celle WM 1974, 1013. 516 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V, S.647ff. 517 Nachweise Fn. 154.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund materiellen Rechts

185

oder Organmitglieder mit Bezug auf die Gesellschaft ergreifen stets mehr oder weniger, unmittelbar oder mittelbar die Interessensphäre eines einzelnen Gesellschafters, eben weil er Mitglied in dem Verband ist. Insbesondere wirken Handlungen der Geschäftsleitung nicht nur für und gegen die Gesellschaft, sondern auch auf die Gewinnchancen und Vermögensrechte des einzelnen Kapitalgesellschafters in seiner Rechtsstellung als Mitglied. Die mitgliedschaftliche Interessenbeeinträchtigung als Prämisse eigener verbandsrechtlicher Ansprüche der Gesellschafter einer GmbH oder Aktiengesellschaft lässt daher zu weitgehend Raum für negatorische Abwehransprüche und Klagen des Gesellschafters (Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche) gegen rechtswidriges Organverhalten, namentlich mit der Behauptung, die beanstandete Geschäftsführungsmaßnahme sei gesellschaftsschädlich und verletze die Pflicht zu ordnungsmäßiger Geschäftsführung.518 Ein allgemeiner Anspruch des Kapitalgesellschafters gegen die Gesellschaft auf schadensfreies Verhalten ihrer Gesellschaftsorgane ist trotz des vom Reichsoberhandelsgericht519 und später von Knobbe-Keuk520 postulierten subjektiven Rechts des Gesellschafters auf gesetz- und statutengemäße Führung der Gesellschaft bisher mit Recht nicht anerkannt521, weil negatorische Abwehrklagen in Fragen der Geschäftsführung die strikt von den einzelnen Mitgliedern losgelöste, vor allem im Aktienrecht zwingend ausgestaltete innere Kompetenzorganisation

§43 Abs. 1 GmbHG, §93 Abs. 1 S.l AktG. ROHG 23, 273, 275; 25, 307. Dagegen ließ das RG die actio negatoria nur ganz eingeschränkt zu, weil der Aktionär seine Rechte in der Aktionärsversammlung und durch Beschlussmängelklage zu verfolgen habe (RGZ 3, 123, 138; RG]W 1927, 1677; RGZ 142, 223, 227f). 520 Knobbe-Keuk, in: FS für Ballerstedt, 239,246ff; zur Rspr. des ROHG siehe auch Mestmäkker, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 7ff. 521 BGHZ 83, 122, 133ff („Holzmüller"); 136, 133, 140f („Siemens/Nold"); OLG Hamburg AG 1981, 234; Zöllner ZGR 1988, 392, 420ff; Th. Raiser ZHR 153 [1989], 1, 29ff; Ulmer ZHR 163 [1999], 290,340f; Flume, Die juristische Person, § 8 V 4, S. 309ff; Nirk/Reuter/Bächle, Handbuch der Aktiengesellschaft, Rz.580; Krieger ZHR 163 [1999], 343, 353ff; Casper ZHR 163 [1999], 54, 68f; Saenger GmbHR 1997, 112, 119ff; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V 1, S. 647ff; ders. ZZP 92 (1979), 212, 217ff; ders. JZ 1991, 157ff; ders. GmbHR 1979,121ff; Habersack, Die Mitgliedschaft - subjektives und „sonstiges" Recht, S. 113ff; ders. DStR 1998, 533ff; Altmeppen DB 1998, 49ff; Peters BB 1999, Wtfb, Sieger/Hasselback AG 1999,241 ff; Lutter AcP 180 [1980], 84,139f; Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht, S. 456ff; Großfeld JZ 1981,234ff; Großfeld/Brondics JZ 1982, 589ff; Timm AG 1980, 172; Buxbaum/Schneider ZGR 1982, 199, 200; Rehbinder ZGR 1983, 92, 104; Pflugradt, Leistungsklagen zur Erzwingung rechtmäßigen Vorstandsverhaltens in der Aktiengesellschaft, S. 17ff; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.48f; Hachenburg/Mertens, GmbHG, §43 Rz. 105ff; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz.39; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, §118 Rz.12; Schilling, in: Großkomm. AktG, §93 Anm.41; Baumbach/Hueck, AktG, §118 Rz.3; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1, S.463f mit Fn.33; Häsemeyer ZHR 144 (1980), 265, 268ff, 280; Sünner AG 1983, 169ff; Werner ZHR 147 (1983), 429ff. Zur Personengesellschaft siehe auch BGHZ 76, 160, 167f; Fischer, in: Großkomm. HGB, § 115 Anm. 15 b. 518 519

186

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

der Gesellschaft522 aus den A n g e l n heben könnten.523 Die Eigenständigkeit der j u r i s t i s c h e n P e r s o n g e r i e t e in G e f a h r , w e n n i h r e G e s e l l s c h a f t e r die s t a t u t a r i s c h e oder gesetzliche K o m p e t e n z o r d n u n g der Gesellschaft beliebig mit d e m Recht konterkarieren könnten, unternehmerische Entscheidungen und

Handlungs-

spielräume generell justizieller Kontrolle auszusetzen.524 Die Unterminierung des binnengesellschaftlichen Kompetenzgefüges durch B e f ü r w o r t u n g d e r a c t i o n e g a t o r i a g e g e n G e s c h ä f t s f ü h r u n g s m a ß n a h m e n ist n a c h h . M . nicht e i n m a l z u l e g i t i m i e r e n , w e n n d a s H a n d e l n d e r o r i g i n ä r z u s t ä n d i g e n G e s e l l s c h a f t s o r g a n e ein N a c h t e i l s r i s i k o f ü r d i e G e s e l l s c h a f t a b s e h b a r w e r d e n lässt. D e n n d a s g e s e t z l i c h e K o m p e t e n z g e f ü g e z w i s c h e n V e r w a l t u n g s o r g a n e n , A u f s i c h t s r a t u n d M i t g l i e d e r v e r s a m m l u n g 5 2 5 sieht k e i n e P r ä v e n t i v k l a g e d e s e i n z e l n e n K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e r s g e g e n M a ß n a h m e n d e r G e s c h ä f t s f ü h r u n g vor. 5 2 6 D a h e r ist eine r e c h t l i c h e K o n s t r u k t i o n z w e i f e l h a f t , d i e d e r „ M i t g l i e d s c h a f t " des G e s e l l s c h a f t e r s p r a e t e r l e g e m z u s ä t z l i c h d a s R e c h t i m p l e m e n t i e r t , g e n e r e l l in o r i ginäre Aufgabenbereiche der Gesellschaftsorgane einzugreifen. Einer Erweiterung der Rechtsstellung des Kapitalgesellschafters für (extra)proz e s s u a l v e r f o l g b a r e A n s p r ü c h e auf B e s e i t i g u n g o d e r U n t e r l a s s u n g v o n M a ß n a h §23 Abs.5, §76 Abs.l, §111 Abs.4 S. 1, § 119 Abs.2 AktG, §35 GmbHG. Abweichend Wellkamp DZWiR 1994,221 ff (Jedes nach den Haftungsvorschriften pflichtwidrige Organhandeln berechtigt zur actio negatoria, da rechtswidrige Geschäftsführungsmaßnahmen die Mitgliedschaft verletzen); a. A. auch Grunewald DB 1981,407ff; dies, Gesellschaftsrecht, 1. A. Rz. 65 (Klage eines Gesellschafters gegen Geschäftsführungsakte bei evidenter bzw. offensichtlicher Unvertretbarkeit); ähnlich Herrmann Jura 1986,511, 520 (actio negatoria bei allen außergewöhnlichen Maßnahmen der Geschäftsführung, die die ernstliche Besorgnis einer sorgfaltswidrigen Nebenpflichtverletzung begründen); sinngemäß auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V 3, S. 652 (Solange die Zone des Leitungsermessens nicht evident verlassen ist, entscheiden die Leitungsorgane selbst und können sich durch unzweckmäßige und schädliche Maßnahmen nur schadensersatzpflichtig machen); teilweise anders aber K. Schmidt GmbHR 1979,121,128 (Keine allgemeine Klage gegen Maßnahmen der Geschäftsführung in Gesellschaften mit ausgewogenem Kräfteverhältnis, wohl aber in der abhängigen GmbH). 524 Mitunter wird die actio negatoria auch mit der Begründung verneint, § 147 AktG schließe das Klagerecht des einzelnen Aktionärs aus (Krieger ZHR 163 [1999], 343,354; Sünner AG 1983, 169,170; Werner ZHR 147 [1983], 429, 439f; ZöllnerZGR 1988, 392, 428f). Andere argumentieren mit der Undurchführbarkeit einer allgemeinen actio negatoria ( H ä s e m e y e r ZHR 144 [1980], 265,280). Sinngemäß die Aktienrechtsnovelle von 1884: „Wollte man sich darüber hinwegsetzen, so stünde dem Individualrecht des einen Aktionärs das gleiche Rechte aller anderen Aktionäre gegenüber, und hier würde nicht alternativ die einfache Bejahung oder Verneinung einer und derselben Frage zur Entscheidung stehen, sondern jeder Aktionär würde sowohl nach der Art wie nach dem Umfange den Anspruch in der verschiedensten Weise als dem Interesse und Willen der Gesellschaft entsprechend geltend machen können. Das wäre weder sachlich noch prozessual durchführbar" (vgl. Schubert/Hommelhoff Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S.469). 525 §35 Abs.l, §§52, 45 ff GmbHG, §76 Abs.l, §§111, 112, §§118, 119, 147 AktG. 526 Zöllner ZGR 1988, 392, 421 f; Ulmer ZHR 163 (1999), 290, 340f; Krieger ZHR 163 (1999), 343, 354; Habersack DStR 1998, 533ff; K Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V 1, S.647ff; ders. JZ 1991, 157, 159; Hachenburg/Mertens, GmbHG, §43 Rz.105; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, § 43 Rz. 48f; Pflugradt, Leistungsklagen zur Erzwingung rechtmäßigen Vorstandsverhaltens in der Aktiengesellschaft, S. 17ff. 522 523

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

187

m e n d e r G e s c h ä f t s f ü h r u n g steht e n t g e g e n , dass er als M i t g l i e d z w a r b e t r o f f e n sein m a g , in k o n k r e t e n M i t g l i e d s c h a f t s r e c h t e n a b e r nicht r e c h t s w i d r i g b e e i n t r ä c h t i g t ist. 5 2 7 E i n e e i g e n s t ä n d i g e K o m p e t e n z f ü r die D u r c h s e t z u n g n e g a t o r i s c h e r A b w e h r r e c h t e e r w i r b t d e r e i n z e l n e G e s e l l s c h a f t e r n a c h h . M . 5 2 8 nur, w e n n sein R e c h t auf E n t s c h e i d u n g s t e i l h a b e m i s s a c h t e t w i r d , i n d e m ein V e r w a l t u n g s o r g a n d e r G e s e l l s c h a f t in - g e s c h r i e b e n e o d e r u n g e s c h r i e b e n e 5 2 9 - E n t s c h e i d u n g s k o m p e t e n z e n d e r H a u p t - b z w . G e s e l l s c h a f t e r v e r s a m m l u n g ü b e r g r e i f t . 5 3 0 A l l e r d i n g s ist b i s h e r auch für diese Fälle rechtsdogmatisch unklar, welche Rechtsgrundlage einen eige527 Mitgliedschaftsrechte werden erst beeinträchtigt, wenn die Mitgliedschaft als solche oder einzelne mitgliedschaftliche Befugnisse (z.B. Stimmrecht; Bezugsrecht) rechtswidrig beeinträchtigt werden ( S a e n g e r GmbHR 1997,112ff, 120f; Krieger ZHR 163 [1999], 343, 356f; K. Schmidt JZ 1991,157,159; Hachenburg/Mertens, GmbHG, § 43 Rz. 105; Habersack, Die Mitgliedschaft subjektives und „sonstiges" Recht, S. 248ff; ders. DStR 1998, 533, 534; Zöllner ZGR 1988, 392, 427; siehe auch RGZ 158,248, 255). Zutreffend kritisch Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1, S. 462,464 und Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, § 43 Rz. 49, weil der Gesellschafter eher an einer gewinnorientierten Geschäftsführung, als an seinem Stimmrecht interessiert sei. Hinzu kommt, dass auch eine pflichtwidrige Geschäftsführung (echte) Mitgliedsrechte beeinträchtigen kann, wenn dadurch - mittelbar - der Anspruch auf die - beschlossene - Dividende verkürzt wird (vgl. Häsemeyer ZHR 144 [1980], 265, 270). 528 Nachweise Fn. 521. 529 Ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen werden vor allem bei Ausgliederungen von Betriebsteilen im Wege der Einzelrechtsnachfolge äußerst kontrovers diskutiert. BGHZ 82,122,131 („Holzmüller") hat angenommen, der Vorstand sei verpflichtet, die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen, wenn er den wertvollsten Betriebsteil auf eine Tochtergesellschaft ausgliedert. Das folge aus einer Ermessensreduktion des § 119 Abs. 2 AktG. In der Literatur ist die Entscheidung auf Zustimmung (Lutter ZHR 151 [1987], 444,452f; Lutter/Leinekugel ZIP 1998, 225ff), überwiegend aber auf systematische, rechtspolitische und verfassungsrechtliche Bedenken gestoßen ( M a r t e n s ZHR 147 [1983], 377,427; Werner ZHR 147 [1983], 429ff; Sünner AG 1983,169ff; Götz AG 1984, 85ff; Wank ZGR 1988, 314, 364, 369ff• Altmeppen DB 1998, 49ff-Joost ZHR 163 [1999], 164,167ff; Priester ZHR 163 [1999], 187,190ff). Das neuere Schrifttum tendiert zu einer - methodisch zweifelhaften - „Ausstrahlung" der in §§13,36,125,176,177, 193 UmwG geregelten Hauptversammlungskompetenzen auf Strukturmaßnahmen des allgemeinen Aktienrechts (VeilZIP 1998, )6\tt-, Altmeppen DB 1998,49ff; Bungert NZG 1998,367ff; Joost ZHR 163 (1999), 164 ff; Priester ZHR 163 (1999), 187ff; Engelmeyer AG 1999,263 ff; v. Riegen, Gesellschafterschutz bei Ausgliederungen durch Einzelrechtsnachfolge, S. 14ff). Wesentliche Detailfragen sind aber umstritten, so z.B. die Frage, ab welcher Größenordnung Ausgliederungen der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen und mit welchen Mehrheiten diese zu beteiligen ist ( A l t m e p p e n DB 1998, 49, 50f m.w.N.). Ebenso unklar ist, ob die Vorschriften des UmwG über Bericht, Prüfung, Prüfungsbericht und Spruchstellenverfahren ((§§4 - 12, §123 Abs. 3, § 125, §§ 14 Abs. 2, §§15, 32, 34 UmwG) analog gelten ( B a y O b L G ZIP 1998, 2002ff; LG Frankfurt a.M. ZIP 1997, 1698ff; LG Karlsruhe ZIP 1998, 385ff; LG Hamburg EWiR §119 AktG 3/97,1111 m. Anm. Veil; Lutter/Leinekugel ZIP 1999,261 ff; Peters BB 1999, 801 ff; Sieger/ Hasselbach AG 1999, 241 ff). 530 Die Klage ist nach h.M. analog §246 Abs. 2 S. 1 AktG gegen die Gesellschaft, nicht gegen die rechtswidrig handelnde Organperson zu richten (BGHZ 83, 122, 133f [„Holzmüller"]; 136, 133, 141 [„Siemens/Nold"]; Knobbe-Keuk, in: FS Ballerstedt, 239, 548; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.50; Lutter AcP 180 [1980], 84, 139f; Saenger GmbHR 1997, 112, 121). Teilweise wird die Klage auch nur gegen das Organmitglied (OLG Hamburg AG 1981,344,345; Hachenburg/Mertens, GmbHG, §43 Rz. 106; K. Schmidt ZZP 92 [1979], 212, 219) oder gegen die Gesellschaft und das Organmitglied zugelassen ( H a b e r s a c k DStR 1998, 533, 537).

188

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

nen negatorischen A b w e h r - und Unterlassungsanspruch einzelner Kapitalgesells c h a f t e r u n t e r m a u e r t , d e n n e r w i r d als v e r b a n d s r e c h t l i c h e r A n s p r u c h 5 3 1 , als d e l i k t s r e c h t l i c h e r A n s p r u c h 5 3 2 o d e r als A n s p r u c h s k o n k u r r e n z 5 3 3 , m i t u n t e r s o g a r als E r s a t z a u f s i c h t s r e c h t 5 3 4 des e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r s b e s c h r i e b e n . D i e r e c h t s s y s t e m a t i s c h e U n e i n i g k e i t ü b e r die F u n d i e r u n g e i n e r E i n z e l b e r e c h t i g u n g des K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e r s i m v o r s t e h e n d e n S i n n z e i g e n die r e c h t l i c h e n E n t w ü r f e f ü r die B e s e i t i g u n g d e r F o l g e n v o n P f l i c h t v e r l e t z u n g e n des e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r s u n d des L e i t u n g s o r g a n s d e r K a p i t a l g e s e l l s c h a f t . D i e V e r l e t z u n g d e r P f l i c h t e n eines G e s e l l s c h a f t e r s z u m S c h a d e n d e r G e s e l l s c h a f t e r w e i t e r t z u g l e i c h die R e c h t s s t e l l u n g d e r ü b r i g e n G e s e l l s c h a f t e r . S i e e r w e r b e n ein e i g e n e s R e c h t auf V e r f o l g u n g eines E r s a t z a n s p r u c h s gegen Schädiger, weil ein V e r m ö g e n s n a c h t e i l d e r j u r i s t i s c h e n P e r s o n z u g l e i c h als r e c h t s w i d r i g e r E i n g r i f f in M i t g l i e d s c h a f t s r e c h t e d e r ü b r i g e n G e s e l l s c h a f t e r g i l t . 5 3 5 H a n d e l t h i n g e g e n die G e schäftsführung pflichtwidrig

z u m Nachteil der Gesellschaft, so werden

R e c h t s f o l g e n lediglich auf einer unteren, nicht a n s p r u c h s b e g r ü n d e n d e n

die

Ebene

des „ B e t r o f f e n s e i n s " d e r M i t g l i e d s s t e l l u n g a n g e s e t z t , w e i l a u f i h r die in d e r M i t -

531 Gesellschafter haben danach einen verbandsrechtlich-mitgliedschaftlichen Anspruch darauf, dass die Gesellschaft seine Mitgliedsrechte achtet und alles unterlässt, was sie über das durch Gesetz und Satzung gedeckte Maß hinaus beeinträchtigt (BGHZ 83, 122, 133f [„Holzmüller"]; 136,133,140f [„Siemens/Nold"]; OLG Hamburg A G 1981,234; Zöllner Z G R 1988, 392, 425ff; Th. Kaiser Z H R 153 [1989], 1, 27ff; Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 R z . 3 8 f ; F l u m e , Die juristische Person, § 8 V 4, S. 309ff; Saenger G m b H R 1997, 119f; Krieger Z H R 163 [1999], 343, 353ff; Nirk/Reuter/Bächle, Handbuch der Aktiengesellschaft, Rz. 580, Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz.50). 5 3 2 Nach dieser Auffassung ist die Mitgliedschaft deliktsrechtlich als eigentumsähnliches Herrschaftsrecht gem. §823 Abs. 1, §1004 B G B analog geschützt (Hachenburg/Mertens, G m b H G , §43 Rz. 105; Habersack, Die Mitgliedschaft - subjektives und „sonstiges" Recht, S. 117ff; ders. DStR 1998,533,534; Casper Z H R 163 (1999), 54,68f; vgl. auch RGZ 100,274,278; 158, 248, 255). 5 3 3 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V, S.647ff; ders. J Z 1991, 157, 158ff. Sinngemäß BGH JZ 1991, 192ff („Schärenkreuzer"). Der BGH bejaht in dieser in dieser Entscheidung deliktische (§ 823 Abs. 1 B G B ) und quasivertragliche Schadensersatzansprüche gegen den Verein. Zu Recht kritisch MüKo/Reuter, B G B , §38 Rz. 11, weil der BGH den deliktischen Schutz der Mitgliedschaft auf das Verbandsinnenverhältnis erstreckt habe. Deliktisch sei die Mitgliedschaft nur gegen Drittstörer geschützt. Der Verband könne nicht die Mitgliedschaft, sondern nur verbandsrechtliche Pflichten verletzen, die ihm aufgrund der Mitgliedschaft gegenüber dem Mitglied obliegen. 5 3 4 Die actio negatoria wird danach im eigenen Interesse des Gesellschafters wie auch im gemeinschaftlichen Interesse an der Aufrechterhaltung einer rechtmäßigen Verbandsordnung ausgeübt, soweit die regulären innergesellschaftlichen Kontrollinstanzen ausfallen oder ausgefallen sind (Lutter AcP 180 [1980], 84, 139f; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.200; ders. J Z 1981, 234, 235; Großfeld/Brondics J Z 1982, 589, 590; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S.475f; Timm A G 1980, 172, 185; Rehbinder ZGR 1983,92, 105f; Pflugradt, Leistungsklagen zur Erzwingung rechtmäßigen Vorstandsverhaltens in der Aktiengesellschaft, S.59f, 103ff, 185ff; a.A. BGHZ 83, 122, 134f, weil die Klage nur dem Schutz der Mitgliedsstellung diene). 535 Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 22.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

189

gliedschaft verkörperten materiellen und immateriellen Interessen der einzelnen Gesellschafter (Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Basis der Gesellschaft, Vermögensrechte, Gewinnchancen etc) nur mittelbar berührt seien. 536 Die Absenkung auf ein unteres Niveau ist wertungswidersprüchlich, sie wird offensichtlich von der Praktikabilitätserwägung getragen, unternehmerische Planungen und Maßnahmen der Geschäftsführung von störenden (außer)prozessualen Abwehr- oder Schadensersatzforderungen zu entlasten. Der Schutz des Mitgliedschaftsrechts als rechtsformübergreifender dogmatischer Angelpunkt 5 3 7 für die Zulässigkeit der Gesellschafterklage aus eigenem materiellem Recht hinterlässt deshalb eine paradoxe rechtliche Behandlung der Verursacher einer Pflichtverletzung zum Schaden der Gesellschaft. Schädigt nämlich ein Kaptitalgesellschafter die Gesellschaft als vom Gesetz erkorene Trägerin der Vermögensrechte, so sind die übrigen Gesellschafter nur mittelbar wegen Verringerung des verteilbaren Reingewinns der Gesellschaft bzw. wegen Verminderung des Werts ihrer Gesellschaftsanteile beeinträchtigt. 538 Insofern dürfte konsequenterweise diese Mittelbarkeit ebenfalls nur als ein mittelbares Betroffensein der Mitgesellschafter in ihrer Mitgliedsstellung gelten. Wird aber die Gesellschafterforderung wesensmäßig als Ausdruck des eigenen Mitgliedsrechts jedes Gesellschafters zum Schutz seiner persönlichen, mit der Mitgliedschaft verbundenen Interessen verstanden 539 , so müsste eigentlich die Schutzfunktion der Gesellschafterklage nicht nur für Kapitalgesellschafter gegeneinander, sondern unmittelbar und gerade auch zwischen Kapitalgesellschaftern und Geschäftsführungsorganen gelten. Diese Wertungsparadoxie ist nicht auflösbar. Ihr fehlt ein plausibler Grund für die divergente Anerkennung eines Anspruchs des Einzelgesellschafters gegen seine Mitgesellschafter einerseits und andererseits gegen Organe der Kapitalgesellschaft, obwohl die Voraussetzungen für deren Inanspruchnahme - Nichterfüllung von Verhaltenspflichten gegenüber der Gesellschaft - inhaltsgleich sind. Willkürlich wirkt daher die Differenzierung, wonach die Mitgliedschaft Schutzfunktion gegen Gesellschafter, nicht aber gegen die Geschäftsführung entfalte. 540 Insgesamt eignet sich die Interessenbeeinträchtigung nicht als Rechtsgrund für die generelle Anerkennung eigener Ansprüche zwischen Kapitalgesellschaftern und damit nicht für eine in sich geschlossene und dogmatisch fundierbare Systembildung für eine generelle Geltung der Gesellschafterklage. Die bloße Beeinträchtigung mitgliedschaftlicher Vermögensinteressen als Rechtsgrundlage eigener und unmittelbarer Ansprüche zwischen Kapitalgesell536 Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1 , 1 2 , 29f; Zöllner Z G R 1988, 392, 420ff; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.39. 537 Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 10. 538 Häsemeyer Z H R 144 (1980), 265, 270. 539 Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 9. 540 So aber Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 12, der sich bei Fremdgeschäftsführern und Vorstandsmitgliedern mit der Rechtsfigur des Vertrages zugunsten Dritter behilft.

190

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

schaftern stößt wegen der doppelten Rechtsnatur der körperschaftlichen Mitgliedschaft auf rechtssystematische Bedenken. Sie beschreibt nicht nur die Rechte- und Pflichtenbeziehung zwischen Gesellschaftern und juristischer Person aufgrund der Verbandssatzung. 541 Als subjektives und eigentumsähnliches Herrschaftsrecht ist die Mitgliedschaft nach Rechtsprechung und Literatur 5 4 2 zugleich absolutes Recht des Gesellschafters und als solches deliktsrechtlich nach § 8 2 3 Abs. 1, § 1004 B G B gegenüber Dritten und auch im Innenverhältnis 5 4 3 vor Übergriffen des Verbands selbst, seiner Organe und der Mitgesellschafter geschützt. Allerdings führt tatbestandsmäßig nicht jede Beeinträchtigung mitgliedschaftlich verkörperter materieller oder immaterieller Interessen unter der Prämisse „Interessenverletzung" zu einer direkten Mitgliedschaftsverletzung. Voraussetzung ist, dass in die Mitgliedschaft als institutionelles Recht oder in mitgliedschaftliche Einzelbefugnisse des Gesellschafters rechtswidrig eingegriffen wird. 5 4 4 Eine in diesem Sinne unmittelbare Intervention in die Mitgliedschaft als Institution oder in mitgliedschaftliche Einzelrechte des Gesellschafters 5 4 5 kann zu Ersatzansprüchen gemäß § 8 2 3 Abs. 1 B G B und bei Bevorstehen oder Fortdauer des Eingriffs zu einem quasinegatorischen Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch analog § 1 0 0 4 B G B führen. 5 4 6 Reine auf Geschäftsanteile oder Aktien durchschlagende Wertminderungen betreffen zwar die Mitgliedschaft, für ihren Ausgleich ist der einzelne Gesellschafters (extra)prozessual unzuständig, wenn und soweit sie sich durch pflichtwidrige Geschäftsführung oder sonst wie verursacht als Schädigungen des Gesellschaftsvermögens der G m b H oder Aktiengesellschaft nur reflexar541 Flume, Die juristische Person, § 8 I, S.258ff; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V 4, S. 653f; ders. J Z 1991,157,158; MüKo/Reuter, B G B , §38 Rz. 6; siehe auch Lutter AcP 180 (1980), 84, 101. 542 RGZ 100, 274, 278; 158, 248, 255; BGH J Z 1991, 192ff („Schärenkreuzer"); Hachenburg/ Mertens, G m b H G , §43 Rz. 105; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V, S.647ff; ders. J Z 1991, 157, 158f; Lutter AcP 180 (1980), 84, 139f; Habersack, Die Mitgliedschaft - subjektives und „sonstiges" Recht, S. 117ff, 371 ff; ders. DStR 1998, 533,534ff; Wiedemann W M 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S. 7,25; Casper Z H R 163 (1999), 54,68; Schilling, in: Großkomm. AktG, § 93 Anm. 65; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, §93 Rz.94; MüKo/Reuter, B G B , §38 Rz.10; Palandt/Thomas, B G B , § 823 Rz. 27; Jauernig/Teichmann, B G B , § 823 Rz. 18. 5 4 3 Zur Kritik, weil die Mitgliedschaft gegenüber der Gesellschaft nicht verbandsrechtlich und zugleich deliktsrechtlich geschützt sein kann, Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §43 Rz. 2; Zöllner Z G R 1988,392,429f; MüKo/Reuter, B G B , §38 Rz. 1 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S.463f; ders. W M Sonderbeilage Nr. 4/1975, 7,25; Scholz/Uwe H. Schneider, G m b H G , §43 Rz.215f; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz.40; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §43 Rz.24; Lutter AcP 180 (1980), 84, 139f, 141 f; BartUFichtelmann u.a., G m b H G , §43 Rz.66; Berger Z H R 149 (1985), 599, 602f. 544 RGZ 158, 248, 255; BGH J Z 1991, 192ff („Schärenkreuzer"); Hachenburg/Mertens, G m b H G , §43 R z . l 0 5 ; . K Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V, S. 647ff; ders. JZ 1991, 157, 158f; Habersack, Die Mitgliedschaft - subjektives und „sonstiges" Recht, S. 117ff, 371 ff; ders. DStR 1998, 533, 534ff; Casper Z H R 163 (1999), 54, 68; MüKo/Reuter, B G B , §38 Rz. 10; Palandt/Thomas, B G B , §823 Rz.27-, Jauernig/Teichmann, B G B , §823 Rz. 18. 5 4 5 Siehe dazu K. Schmidt JZ 1991, 157, 158f. 5 4 6 Nachweise Fn. 544.

II. Rechtsinhaberschaft

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

materiellen

Rechts

191

tig im Vermögen des Gesellschafters widerspiegeln. 5 4 7 Selbst wenn ein schadensstiftender Geschäftsführungsakt des Organs der juristischen Person für sie Ausgleichsansprüche erzeugt (§43 Abs. 1 GmbHG, §93 Abs. 1 AktG) ist die Mitgliedschaft nicht zugleich als absolutes Recht verletzt, sondern nur mittelbar das der Mitgliedschaft inkorporierte „Interesse des Mitglieds". Dieses gewährt dem einzelnen Gesellschafter kein eigenes Recht, gegenüber Geschäftsführern bzw. Vorstandsmitgliedern Kompensation des Gesellschaftsschadens durchzusetzen. 548 Nicht anders ist die Rechtslage, wenn die Vermögenseinbuße der juristischen Person nicht auf einem Handeln des Gesellschaftsorgans, sondern auf schadensstiftenden, statutarisch eng mit der Rechtsstellung als Mitglied der juristischen Person verbundenen Eingriff eines Gesellschafters beruht. Andernfalls ergäbe sich erneut eine paradoxe Rechtslage: Schädigt ein Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen, so wird diesem Schaden durchschlagende Wirkung auf das Vermögen der übrigen Gesellschafter in deren Gesellschaftsanteilen oder Aktien zuerkannt und deshalb dem Mitgesellschafter ein eigenes Recht auf (außer)prozessuale Verfolgung des Gesellschaftsschadens eingeräumt. Schädigen dagegen Organe der Geschäftsleitung das Gesellschaftsvermögen, so lässt sich die Durchschlagskraft dieses Schadens auf das Vermögen der übrigen Gesellschafter mit guten Gründen nicht anders beurteilen. Gleichwohl wird dem geschädigten Mitgesellschafter kein eigenes Recht auf (außer)prozessuale Verfolgung des Gesellschaftsschadens zugebilligt. 549 Fallen derart von den Gesellschaftsorganen der Kapitalgesellschaft hervorgerufene Schäden nicht in die (außer)prozessuale Forderungszuständigkeit des Einzelgesellschafters, weil die juristische Person als eigenständige Rechtsperson forderungszuständig bleibt 550 , so müsste konsequenterweise der erste Teil des Paradoxons gleich beurteilt werden. Denn die auf die juristische Person zugeschnittene Forderungs- und Haftungskanalisierung 5 5 1 än-

547 RGZ 158, 248, 255; Hachenburg/Mertens, GmbHG, §43 Rz.105; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V, S. 647ff; ders. JZ 1991,157,158f; Habersack, Die Mitgliedschaft - subjektives und „sonstiges" Recht, S.117ff, 371 ff; ders. DStR 1998, 533, 534ff; Wiedemann WM 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S. 7, 25; Roth/Altmeppen, GmbHG, §43 Rz. 37; Schilling, in: Großkomm. AktG, §93 Anm.65; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG, §93 Rz.94; MüKo/Reuter, BGB, §38 Rz.10•, Jauernig/Teichmann, BGB, §823 Rz.18. 548 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 V, S. 647ff; ders. JZ 1991, 157, 158f. 549 Abweichend Wiedemann WM 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S. 7, 25, der den Gesellschaftern eigene Schadensersatzansprüche auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen zubilligt, wenn die juristische Person „aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen" gehindert ist, den Schädiger selbst in Anspruch zu nehmen. Dies dürfte aber kaum praktisch werden, da in dieses Fällen gem. § 85 AktG, § 29 BGB die Möglichkeit einer gerichtlichen Ersatzbestellung von Organmitgliedern besteht ( H a c h e n b u r g / U l m e r , GmbHG, §6 Rz. 11; Roth/Altmeppen, GmbHG, §6 Rz. 13; Hiiff e r , AktG, §84 Rz.40; Palandt/Hemrichs, BGB, §29 Rz. lff). 550 Vgl. §31 Abs. 1 ; § § 4 3 , 4 6 Nr.2 u. 8 GmbHG, §93 Abs. 1, § 117 Abs. 1 S.2, §317 Abs. 1 S.2, §147 AktG. 551 Zur Haftungskanalisierung vgl. oben S. 171.

192

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

dert sich nicht, wenn unterschiedliche Schadensverursacher (Gesellschafter, Organ der Geschäftsleitung oder Dritte) zum Nachteil der Gesellschaft schadensstiftend wirken, andernfalls verlöre die juristische Person ihren Sinn als selbständige Rechtsperson. III. Kumulierte Rechtszuständigkeit der Kapitalgesellschaft und des einzelnen Gesellschafters aufgrund Prozessrechts 1. Standpunkt der Literatur zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft undprozessstandschaftlicher Rechtsverfolgung Anders als der Bundesgerichtshof ist das Schrifttum verbreitet der Ansicht, dem Kapitalgesellschafter der GmbH fehle die Prozessführungsbefugnis für eigene und unmittelbare Ansprüche gegen Mitgesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis. Weil ihm neben der juristischen Person eine materiell-rechtliche Forderungszuständigkeit fehle, dürfe er nur unter den Voraussetzungen der Prozessstandschaft für die Gesellschaft gegen Mitgesellschafter prozessual vorgehen.552 Dieser Lösungsweg macht es jedenfalls für die GmbH und Aktiengesellschaft entbehrlich, unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen den Mitgliedern einer juristischen Person zu „hypostasieren".553 Die Reichweite der Einzelklagebefugnis des Gesellschafters in Prozessstandschaft ergreift daher nur originär eigene Ausgleichsansprüche der juristischen Person gegen Mitgesellschafter als Schädiger, mithin alle im Gesellschaftsverhältnis verwurzelten Ansprüche der Gesellschaft gegen Gesellschafter.554 Allerdings steht auch hier die Anspruchsverfolgung in Prozessstandschaft nach allerdings umstrittener Ansicht 555 unter dem Regime der 552 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 291; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 4 b, S.637, §21 IV 6 b, S.643; ders. G m b H R 1979, 121, 126; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I; § 8 IV 1, S. 462; ders. J Z 1976, 392, 395; Grunewald, Die Gesellschafterklage, S. 66,107f; dies, Gesellschaftsrecht, 2. E. Rz.56; Roitzsch, Der Minderheitenschutz, S. 164ff; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §36 II 3, S. 359; Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 13 Rz. 8; Baumbach/Hueck/ Fastrich, G m b H G , 17.Aufl., §13 Rz.32ff; Lutter/Hommelhoff G m b H G , §46 Rz.23; Bartl/ Fichtelmann u.a., G m b H G , §46 Rz.76; Rowedder, G m b H G , § 13 Rz. 18; Ulmer, in: FS 50 Jahre B G H , 273, 307; Rehbinder Z G R 1976,386,391 ff; v. Gerkan Z G R 1988,441,445ff; Winter Z H R 148 (1984), 579, 595; Nitschke Z H R 128 (1966), 48; Berger Z H R 149 (1985), 599, 604; Brandes W M 1987, Sonderbeilage Nr. 1, S. 13 ff; Maatz G m b H R 1974,124,127; wohl auch Scholz/Emmerich, G m b H G , § 13 Rz. 44f; siehe auch Flume, Die juristische Person, § 8 V, S.300ff. 5 5 3 So etwa Flume, Die juristische Person, § 8 V 1, S. 301; ähnlich Ulmer, in: FS 50 Jahre B G H , 273, 307. 554 Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 13 Rz.32, 34; Rowedder, G m b H G , § 13 Rz. 18; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 4 b, S.637, §21 IV 6 b, S.643; Berger Z H R 149 (1985), 599, 606. A.A. Roitzsch, Der Minderheitenschutz, S. 165: Die Gesellschafterklage analog §309 Abs.4, §317 Abs.4 AktG beschränke sich auf Schadensersatzansprüche i.S.d. §317 Abs. 1 AktG. Dagegen sei die Verfolgung einfacher Gesellschaftsforderungen aus Gründen der Rechtssicherheit und der Kompetenzverteilung Aufgabe der Geschäftsführung. 5 5 5 Zum Streitstand vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 13 Rz. 34 a; Schanbacher A G 1999,21,25; v. Gerkan Z G R 1988,441,445,449f; Gehrlein ZIP 1993,1525,1528; Ballerstedt, Ka-

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

193

in der GmbH gesetzessystematisch bedingten Bindung an die gesellschaftliche Binnenzuständigkeit der Gesellschaftsorgane (Geschäftsführung §35 GmbHG; Gesellschafterversammlung §46 Nr. 2 und 8 GmbHG). In der prozessstandschaftlichen Einzelklage verfolgt der Gesellschafter ausschließlich Ansprüche aus der materiellrechtlichen Rechtszuständigkeit der GmbH. Die prozessrechtlichen Voraussetzungen für eine Prozessstandschaft erfüllt der Gesellschafter allerdings erst, wenn die zuständigen Gesellschaftsorgane der Klageerhebung zugestimmt haben oder die gegen ihre Untätigkeit statutarisch vorgesehenen Rechtsbehelfe und Korrekturmöglichkeiten erfolglos geblieben sind.556 Diese rechtlichen Hürden bis zum Einzelklagerecht zeigen, dass die vorherrschende Auffassung die Einzelklage grundsätzlich nur als solche für zulässig halten kann. Strittig bleiben Rechtsgrand und Reichweite der Einzelklagebefugnis, ihr Verhältnis zur verbandsinternen Organisation und Entscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung und zu Beschlussmängelklagen des Gesellschafters der GmbH. 557 a) Rechtsverfolgung in Prozessstandschaft vermittelter Verfügungsbefugnis (1) Relativierung des Trennungsprinzips Vermögenszuweisung

aufgrund durch

mitgliedschaftlich

wirtschaftliche

Ballerstedt stützt die Zulässigkeit der Gesellschafterklage gegen Mitgesellschafter einer Kapitalgesellschaft rechtskonstruktiv nicht nur auf die Unmittelbarkeit gesellschaftsrechtlicher Beziehungen zwischen Gesellschaftern, sondern alternativ auf eine „Art Prozessstandschaft" für die Gesellschaft.558 Diese Alternative lässt die Trennung der Gesellschaft als juristische Person von der Rechtsstellung ihrer Mitglieder an sich unberührt.559 Sie stellt allerdings die gesetzessystematische pital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, 190; Immenga, Die personalistische GmbHG, §43 Rz.43; Hachenburg/SchilKapitalgesellschaft, S. 291; Rowedder/Koppensteiner, ling, GmbHG, §13 Rz. 8; Maatz GmbHR 1974, 124, 127f; Berger ZHR 149 (1985), 599, 606ff; Winter Z H R 148 (1984), 579, 595; Hoffmann GmbHR 1963, 61, 63; Landgrebe GmbHR 1967, 227, 230f; Ulmer NJW 1976, 192, 193; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §43 Rz.25; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 4 b, S.637, §21 IV 6 b, S.643; ders. GmbHR 1979, 121, 126; Reuter GmbHR 1981, 129, 138; Verhoeven BB 1978,335 336f; Lutter AcP 180 (1980), 84, 132ff; Häsemeyer Z H R 144 (1980), 265,269,273,277; Kort AG 1987,193,198; Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, §14 Rz.32; Bartl/Fichtelmann u.a., GmbHG, §46 Rz.76; Teichmann AcP 179 (1979), 475, 485; Grunewald, Die Gesellschafterklage, S. 107f; dies, Gesellschaftsrecht, 2. E. Rz. 56; Flume, Die juristische Person, § 8 V 2, S. 304f; Wedemann JZ 1976, 392, 395. 556 Dazu oben S. 134. 557 Dazu oben S. 134. 558 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung im Kapitalgesellschaftsrecht, S. 186ff; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.289f, sieht darin sogar „dogmatisch gesicherten Boden". 559 De lege lata lässt Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung im Kapitalgesellschaftsrecht, S. 154f, die Einzelklage nur bei der GmbH, nicht bei der Aktiengesellschaft zu, weil diese gegenüber ihren Gesellschaftern stärker verselbständigt sei. A.A. Großfeld, Aktiengesellschaft,

194

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

V e r m ö g e n s t r ä g e r s c h a f t d e r j u r i s t i s c h e n P e r s o n in F r a g e , i n d e m sie a u f die G e n o s s e n s c h a f t s t h e o r i e 5 6 0 z u r ü c k g r e i f t u n d e i n e b e g r e n z t e B e f u g n i s des e i n z e l n e n G e s e l l s c h a f t e r s z u r V e r f ü g u n g ü b e r das G e s e l l s c h a f t s v e r m ö g e n d e r j u r i s t i s c h e n P e r s o n a n e r k e n n t . BallerstedtiM

f ü h r t d a z u aus:

„Es kann also für die Entscheidung nicht darauf ankommen, dass die G m b H als juristische anzusehen und daher zwischen ihrer Vermögenssphäre und der ihrer Gesellschafter ein Trennungsstrich gezogen sei; ... Ja, man wird in der theoretischen Fassung noch einen Schritt darüber hinausgehen dürfen: Die Genossenschaftstheorie hat uns bereits die begriffliche Handhabe dafür geliefert, die rechtliche Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens in der juristischen Person mit der Vorstellung eines Anteils des Gesellschafters an diesem Vermögen in Einklang zu bringen. Wenn wir bisher gewohnt waren, diesen Anteil nur als Beteiligung am Vermögenswert zu sehen, so besteht kein grundsätzliches Hindernis, aus diesem Vermögensanteil für bestimmte Fälle auch eine gebundene Verfügungsbefugnis für das Gesellschaftsvermögen zu folgern". D e r d u r c h die M i t g l i e d s c h a f t v e r m i t t e l t e V e r m ö g e n s a n t e i l des G e s e l l s c h a f t e r s gilt a u c h in d e r L i t e r a t u r 5 6 2 v e r b r e i t e t als R e c h t s g r u n d f ü r die Z u l ä s s i g k e i t d e r p r o zessstandschaftlichen Verfolgung von A n s p r ü c h e n der G m b H gegen Mitgesells c h a f t e r . 5 6 3 D a s in d e r T r ä g e r s c h a f t d e r j u r i s t i s c h e n P e r s o n v o m P r i v a t v e r m ö g e n der Gesellschafter separierte Gesellschaftsvermögens verliert seine rechtliche E i g e n s t ä n d i g k e i t , s o dass in e i n e r „ k o n s t r u k t i v e n A b b r e v i a t u r " g e m e i n s c h a f t l i c h e Berechtigungen der Gesellschafter direkt am Gesellschaftsvermögen der juristis c h e n P e r s o n e n t s t e h e n k ö n n e n . 5 6 4 D i e r e c h t l i c h e V e r s e l b s t ä n d i g u n g des G e s e l l Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 224f, weil man versuchen sollte, den Aktionär wieder stärker als innergesellschaftliches Kontrollorgan einzuschalten. 5 6 0 Das genossenschaftliche Gesamteigentum zerlegt das Gesellschaftsvermögen in der Weise, dass zwar die körperschaftliche juristische Person die volle Herrschaft über die Vermögensgegenstände behält, die Herrschaft über das Vermögen im ganzen jedoch inhaltlich mit ihren Mitgliedern teilen muss, indem sie ihnen Nutzungsrechte verschiedenster Art gewährt, die dem Einzelnen als Mitglied in Höhe eines ideellen, durch eine Quote auszudrückenden Anteils am Körperschaftsvermögen zustehen. Sein Recht ist anteilsmäßiges Nutzungsrecht am Gesamtvermögen der Gesellschaft (Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, §2 III, S. 53 f, §20 II, S. 264ff). Zum Einfluss der Genossenschaftstheorie auf das Körperschafts- und Personengesellschaftsrecht vgl. H. Schlosser, Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte, § 1 5. e), S.61, §4 2., S. 147; Going, Europäisches Privatrecht, Bd.II, §59 V, S.339ff, §62 III, S.357f; Wieland, Handelsrecht, Bd.I, §35 II, S.400f mit F n . l l . 561 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung im Kapitalgesellschaftsrecht, S. 187f. 562 Nitschke Z H R 128 (1966), 48,95; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.224f; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 291. Weil die Genossenschaftstheorie die Handhabe dafür geliefert habe, die rechtliche Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens mit der Vorstellung eines Anteils des Gesellschafters an diesem Vermögen zu vereinbaren, hat Großfeld, a.a.O., S.225 sogar keine grundsätzlichen dogmatischen Bedenken gegen die Zulässigkeit der Einzelklage in der Aktiengesellschaft. 563 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 6, S.643f; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §36 II 3, S. 359; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §13 Rz. 8; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz. 33; Lutter/Hommelhoff G m b H G , § 13 Rz. 3; offengelassen bei Scholz/Emmerich, GmbHG, §13 Rz.43 a. 564 Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.225.

III. Rechtszuständigkeit der Kapitalgesellschaft aufgrund Prozessrechts

195

schaftsvermögens der G m b H fungiere lediglich als rechtstechnischer Behelf für die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen, erfordere aber keine scharfe Trennung der Rechtsträgerschaft von Gesellschaft und Gesellschaftern. 5 6 5 Zusätzlich wird die Einzelklagebefugnis des Gesellschafters damit gerechtfertigt, dass die Unterscheidung der Personengesellschaft von der Kapitalgesellschaft ohnehin durch die Einflüsse des „germanischen Gesellschaftsbegriffs" und die ihm eigene gesamthänderische Zusammenfassung des Gesellschaftsvermögens überbrückbar und die Begriffsgrenze zwischen Gesamthand und juristischer Person fließend sei. 5 6 6 D i e Prozessstandschaft aufgrund eines Anteilsrechts des einzelnen Gesellschafters, das die Verfügungsbefugnis einschließt 5 6 7 , ist auf den ersten Blick folgerichtig. Wird nämlich schon bei einer Gesamthandsgesellschaft der Anspruch aus dem Gesellschaftsverhältnis dem Gesellschaftsvermögen zugerechnet und dennoch die actio pro socio des einzelnen Gesellschafters trotz seiner nur gesamthänderischen Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen auf Leistung an die Gesellschaft anerkannt, so ließe sich in einer analogen Betrachtung dasselbe für die K a pitalgesellschaft annehmen. 5 6 8 Die G m b H gälte dann nur als künstliche Rechtsfigur 5 6 9 , als Schleier und Rechtsgewand 5 7 0 , hinter denen sich die Gesellschafter als eigentliche Träger des Gesellschaftsvermögens verbergen. Eine Herabsetzung der rechtlichen N a t u r der gesetzlich zugelassenen „juristische P e r s o n " in die eines fiktiven Rechtssubjekts und rechtstechnischen Hilfsmittels trägt jedoch keine Einzelklagebefugnis des Gesellschafters in Prozessstandschaft. Sie ist diskussionsidentisch mit dem Theorienstreit um das „Wesen der juristischen P e r s o n " 5 7 1 , der heute im Wesentlichen als abgeschlossen bzw. aufgegeben gilt. 5 7 2 D i e seiner-

565 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung im Kapitalgesellschaftsrecht, S. 170; ähnlich Flume, Die juristische Person, §2 VII 3, S. 62: Die GmbH sei materiell als Personengesellschaft zu verstehen, die nur um der Haftungsbeschränkung willen vermögensmäßig als juristische Person gegenüber den Gesellschaftern verselbständigt ist. 566 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung im Kapitalgesellschaftsrecht, S. 181, 187; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, 287ff; Th. Kaiser ZHR153 (1989), 1,20; Weland, Handelsrecht, Bd. I, § 35 II, S. 401 Fn. 11. 567 Wobei die Prozessstandschaft offenbar zugleich als eigenes materielles Recht zu (extra)prozessualer Durchsetzung des Anspruchs verstanden wird (Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 225) bzw. als Verfügungsbefugnis für das Gesellschaftsvermögen (Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung im Kapitalgesellschaftsrecht, S. 188). 568 Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 224f. 569 Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.224. 570 Wieland, Handelsrecht, Bd.I, §35 II, S.398; Brodmann, Bern. 2 zu §1 GmbHG. 571 Vgl. Going, Europäisches Privatrecht, Bd. II, § 59 V, S. 339ff; siehe auch Flume, Die juristische Person, § 1, S. lff; MüKo/Reuter, BGB, Vor §21 Rz. lff; Wieland, Handelsrecht, Bd.I, §35 II, S. 396ff, 407; Bd. II, §95 I, S.70. 572 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §4 I 1, S. 191; Going, Europäisches Privatrecht, Bd.II, §59 V, S. 343.

196

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

zeitigen Theorien (Theorie der realen Verbandspersönlichkeit 5 7 3 , Fiktions- und Zweckvermögenstheorie 5 7 4 ) haben keinen eigentlichen Erklärungswert, ihr Ertrag und N u t z e n f ü r die praktische Rechtsanwendung und die Lösung einzelner verbandsrechtlicher Fragen ist gering. 575 Das liegt daran, dass sich die Theorien auf der Suche nach dem „Wesen" der juristischen Person befunden hatten. 5 7 6 Die heute h.M. sieht in der juristischen Person einen Personenverband, dem die Rechtsordnung die Rechtsfähigkeit verliehen hat. 5 7 7 Ist aber die Ausgestaltung eines Personenverbandes als eigenständiges Rechtssubjekt im positiven Recht verwurzelt 5 7 8 , so ist das gesetzliche Trennungsprinzip maßgeblich, das Gesellschaftsund Gesellschaftervermögen, Gesellschafts- und Gesellschafterschuld grundsätzlich separiert. 5 7 9 Ballerstedt5S0

zentriert zu einseitig die gesetzlich angeordnete Haftungsbe-

573 Die juristische Person als reale Verbandsperson aufgrund der soziologischen Wirklichkeit der Verbände und Organisationen (v. Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd. I, §§58ff; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd.I, §43 II, S. 193; Warneyer, BGB, Vor §21 Anm. I). 574 Die juristische Person als Zweckpersonifikation und künstliches Gebilde ( L e h m a n n / Hühner, BGB-AT, § 6012 d, S. 437f; Enneccerus/Nipperdey, BGB-AT, § 103 11, Fn. 2 S. 608f; Erman/H.P. Westermann, BGB, Vor §21 Rz.2; Scholz/H.P. Westermann, GmbHG, Einl. Rz.6, 7; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §4 I 1, S. 191 ff). 575 Zur rechtspraktischen Bedeutungslosigkeit des Theorienstreits Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §4 I 1, S. 191; Larenz, BGB-AT, §8 II, S. 1 0 4 f f - J a u e r n i g / S t ü r n e r , BGB, Vor. §21 Rz.2; Palandt/Heinrichs, BGB, Einf. v. §21 R z . l ; Erman/H.P. Westermann, BGB, Vor. §21 Rz.2; MüKo/Reuter, BGB, Vor. §21 Rz. lf. 576 Going, Europäisches Privatrecht, Bd. II, §59 V, S.339. 577 Enneccerus/Nipperdey, BGB-AT, § 103, S.607ff; MüKo/Reuter, BGB, Vor. §21 Rz.2. 578 Palandt/Heinrichs, BGB, Einf. v. §21 Rz. X.Kühler, Gesellschaftsrecht, §4 IV, S.27f; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §4 I 2 b), S. 198. Auch die Einpersonen-GmbH ist nach dem Gesetz (§ 1 GmbHG) juristische Person. 579 Gegen eine wirtschaftliche Betrachtung spricht zudem die so genannte GmbH-rechtliche Untreue (§266 StGB, § 81 a GmbHG a.E). Die Problematik ist auch für die zivilrechtliche Haftung von Bedeutung, da sich aus §823 Abs. 2 BGB i.V.m. §266 StGB Schadensersatzansprüche der GmbH gegen Geschäftsführer und Gesellschafter ergeben können (BGH NJW 1963, 486, BGHZ 100, 190, 192; BGH WM 2001, 2062, 2064; 2002, 960, 962; Schnauder/Müller-Christmann JuS 1998, 980; Kiethe WM 2000, 1182, 1187). Die ganz h.M. geht davon aus, dass das Gesellschaftsvermögen der GmbH für die Gesellschafter und Geschäftsführer fremdes Vermögen ist (RGSt 42, 278; 71, 353; BGHSt 3, 32,40; 28, 371; 30, 127; 34, 388; 35, 333; BGHZ 31, 258; 56, 97; 93, 146; 95, 330; 119, 257; 122, 333; 125, 366; BGH bei Herlan GA 1971, 35; 1958, 46; BGH NStZ 1984,118; 1995, 185; 1996,540; BGH JR 1997,336; BGH WM 1985, 54; BGH JZ 1997,965 m. Anm. Altmeppen', Kohlmann, in: FS Werner, 387; Müller-Christmann/Schnauder JuS 1998, 1080; Fleck ZGR 1990, 31; Gribbohm DStR 1991,248; Achenbach NStZ 1997, 536, 537; Schäfer GmbHR 1992, 509; Brammsen DB 1989, 1609; Winter ZGR 1994, 570, Radtke GmbHR 1998, 311, 361 ;Flum, Der strafrechtliche Schutz der GmbH gegen Schädigungen mit Zustimmung der Gesellschafter, S. 172ff; Tiedemann, Sonderausgabe aus Scholz, GmbHG, Vor. §§ 82ff, Rz. 1 lff; LK-Schünemann, StGB, §266 Rz. 125; a.A. etwa Labsch JuS 1985, 602, 604, wonach die Gesellschafter die wirtschaftlichen Eigentümer seien). 580 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 170. Liegt die Mediatisierung des Gesellschaftsvermögens in der juristischen Person nur im Interesse der Verbandsmitglieder, so ist in dieser Sichtweise auch eine gemeinschaftliche Berechtigung am Gesellschaftsvermögen mit dem Trennungsprinzip vereinbar.

III. Rechtszuständigkeit der Kapitalgesellschaft aufgrund Prozessrechts

197

schränkung auf das Gesellschaftsvermögen ( § 1 3 Abs. 2 G m b H G , § 1 Abs. 1 S . 2 A k t G ) und deutet nur nebenbei an, dass die rechtliche Verselbständigung des G e sellschaftsvermögens der juristischen Person vom Gesellschaftervermögen zugleich unentbehrlich dem Gläubigerschutz dient. D i e prinzipielle Trennung der Vermögensmassen und der Gläubigerschutz korrelieren und sind unabdingbare Legitimationsgrundlagen der Haftungsbeschränkung und Eigenständigkeit der juristischen Person. 5 8 1 D i e rechtliche Vermögensseparation von der juristischen Person ist sogar denknotwendige Voraussetzung für den in § 13 Abs. 2 G m b H G , § 1 Abs. 1 S . 2 A k t G angeordneten Ausschluss der Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen und sichert als Kehrseite des Haftungsausschlusses, dass die Gesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt ein personifiziertes Sondervermögen als Haftungsmasse hat. 5 8 2 D i e gesetzessystematische ratio legis „Schutz der Gläubiger einer Kapitalgesellschaf" spiegelt sich wieder in der satzungsmäßig festgelegten G r u n d - bzw. Stammkapitalziffer als Mindestkapital 5 8 3 , das nicht nur aufzubringen 5 8 4 , sondern im Gesellschaftsvermögen auch tatsächlich zu erhalten ist 585 . Diese Regelung lässt grundsätzlich nicht die Annahme zu, alle gesetzessystematisch der juristischen Person zugeteilten Rechte könnten unmittelbar und zugleich in die Rechtszuständigkeit der einzelnen Verbandsmitglieder transferierbar werden. D i e Vereinigung der Vermögenssphären von Gesellschaft und Gesellschafter ist daher kein methodisch und systematisch überzeugender Ansatz für die Einzelklage des Gesellschafters in einer A r t Prozessstandschaft. 5 8 6 581 Brodmann, Bern. 1 zu §13 GmbHG; Kühler, Gesellschaftsrecht, §3 II 4, S.20f; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 412, S. 198ff, § 413, S. 202f, § 10IV 1 b), S. 556ff; Flume, Die juristische Person, § 8 IV 2 a), S.286; Schnauder/Müller-Christmann ]uS 1998, 980ff. Die Haftungsbeschränkung in der juristischen Person lässt sich nur durch das Korrektiv eines angemessenen Gläubigerschutzes legitimieren. Insofern sind die zahlreichen Konzepte, die unter dem Aspekt der „Durchgriffshaftung" entwickelt worden sind, Ausdruck einer systemimmanenten Rechtsfortbildung (vgl. dazu Stimpel, in: FS Goerdeler, 601, 606, 609; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz. 15ff; Hüffer, AktG, § 1 Rz. 15ff; siehe auch BGHZ 61,380; 95,330; 122,123; 125,366;ßG/f NJW 1991, 3142; BGH WM 2002, 1804; Altmeppen DB 1991, 2225; Altmeppen DZWiR 1994, 378; K. Schmidt ZIP 1994, 837). 582 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §4 I 3, S.200, 203; Kubier, Gesellschaftsrecht, §4 IV 2, S.27f. 583 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §4 I 3, S.198f, 203; §10 IV 1, S.554ff; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 14 I 2 c, S. 148ff, §17 II 1, S.217ff; Roth/Altmeppen, GmbHG, Einl. Rz.21ff, §5 Rz. 9; Hüffer, AktG, § 1 Rz. 11 f. 584 §23 Abs. 3 Nr. 3, §§26, 27, 9 Abs. 1, §§26, 27, 32 Abs. 2, §33 Abs. 2 Nr. 4, §§34, 36 Abs. 2 i.V.m. §54 Abs.3, §§36 a, 38 Abs.2 S.2, §§46ff AktG, §§3 Abs. 1 Nr.4, §§5, 7 Abs.2 u. 3, §§9, 19ff GmbHG u.a. 585 §§57, 71, 58 Abs.5 AktG, §§24, 30ff GmbHG u.a. 586 Die Bindung an die in § 13 Abs. 1 GmbHG, § 1 Abs. 1 AktG konzipierte rechtliche Eigenständigkeit der Gesellschaft als Vermögens- und Rechtsträgerin verbietet vielmehr eine Zusammenlegung der Vermögenssphären von Gesellschaft und Gesellschafter (Hachenburg/Mertens, GmbHG, §13 Anh. I, Rz.46; Brodmann, Bern. 1 zu §13 GmbHG; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz.2f, 15, 17; Scholz/Emmerich, GmbHG, § 13 Rz.2f; Rowedder, GmbHG,§13Rz.5,22; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, §13 Rz.2f; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §13 Rz.2;

198

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

(2) Relativierung des Trennungsprinzips mit der Lehre von der Einheitlichkeit der Gesellschaftsformen des Handelsrechts Die Verankerung der Prozessstandschaft im Anteilsrecht des Gesellschafters geht auf Wertungen zurück, die schon Wieland seiner Lehre von der Einheitlichkeit der Gesellschaftsformen des Handelsrechts für die Fundierung eines eigenständigen Klagerechts des Kapitalgesellschafters zugrunde gelegt hatte.587 Kern dieser Lehre ist die Preisgabe des rechtlichen Gegensatzes zwischen Gesamthand und juristischer Person und die Vereinheitlichung des Gesellschaftsrechts588, wie sie der romanistische Rechtskreis kennt. 589 Alle Handelsgesellschaften - Personengesellschaften und juristische Personen - finden sich in einem Sammelbecken: sie sind Gesellschaften, weil ihr Fundament stets ein Vertrag ist; Gemeinschaften zur gesamten Hand sind sie, weil ihr Vermögen gemeinsames Vermögen der Mitglieder ist; juristische Personen sind sie, soweit sie nach außen hin in gewissen Beziehungen rechtlich als selbständige Rechtsträger behandelt werden.590 Als Konsequenz ergäbe sich eine Gemengelage, wonach alle Handelsgesellschaften als Gemeinschaften zur gesamten Hand und zugleich als juristische Personen gelten können. 591 Die Abkehr von bestimmenden Wesensmerkmalen der Gesellschaftsgrundformen widerspricht der dualistischen Systematik des geltenden Gesellschaftsrechts.592 Wieland's Lehre ignoriert, dass das gesetzte Recht die juristische Person nicht nur relativ in einzelnen rechtlichen Beziehungen, sondern umfassend als eigenständige Rechtsperson im Sinne einer selbständigen Zuordnungs- und Zurechnungseinheit von Rechten und Pflichten ordnet. Zutreffend betont Wiedemann, dass die gesetzliche Anerkennung der juristischen Person eine vollkommene, nicht lediglich relative Vermögenssonderung impliziert, von der auch aufgrund wirtschaftlicher Betrachtung - „eigentlich" seien die Mitglieder der Kapi-

MüKo/Reuter, B G B , §21 Rz.20f; Hüffer, AktG, §1 Rz.4, 15; Baumhach/Hueck, AktG, §1 Rz.4). 587 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung im Kapitalgesellschaftsrecht, S. 187. 588 Wieland, Handelsrecht, Bd.I, §35 II, S. 396ff, 433 f. Siehe auch Wieland, Handelsrecht, Bd. II, § 101 VI 1, S. 136, wonach die Unterscheidung zwischen Gesamthand und juristischer Person als eine aus dem „Geist der Konstruktionsjurisprudenz" geborene Systematik prinzipiell in Frage zu stellen sei. Ähnlich Th. Raiser Z H R 153 (1989), 1, 11 Fn.25: „überhöht-kategoriales" Gliederungsprinzip privatrechtlicher Personenverbände. 5 8 9 Der romanistische Rechtskreis ordnet auch Personengesellschaften den juristische Person zu, allerdings haften die Gesellschafter persönlich für die Gesellschaftsverbindlichkeiten (siehe dazu Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §4 I 3 b), S.203). 590 Wieland, Handelsrecht, Bd.I, §35 II, S.425. 591 Parteifähigkeit bedeutet z.B. nach Wieland, Handelsrecht, Bd.I, §35 II, S.420: „Die Gesellschafter in ihrer Verbindung sind Partei, sie werden aber in einzelnen Beziehungen so behandelt, wie wenn die Gesellschaft als solche Partei wäre". 5 9 2 Siehe dazu Kühler, Gesellschaftsrecht, §3, S.18ff; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §1 III, S.3, §2, S. 7ff; Flume, Die juristische Person, § 8 I, S.261.

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

199

talgesellschaft die wahren Eigentümer - nicht abgewichen werden dürfe.593 Die Rechtsfähigkeit der juristischen Person erfordert eine eindeutige und intensivere Verselbständigung ihres Vermögens als sie die Gesamthandsgemeinschaft beansprucht. Denn in dieser bleibt das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern zugeordnet, obwohl sie eine beschränkt individuellen Verfügungsbefugnis haben (§718 Abs. 1, §719 Abs. 1 BGB). 594 Im Gegensatz dazu vermittelt der Geschäftsanteil dem Gesellschafter der GmbH keine unmittelbare Teilhabe am Gesellschaftsvermögen als dingliche Beteiligung an der „Vermögenssubstanz"595, als „Wertrecht" 596 oder als „Nutzungsrechts" am Gesamtvermögen der GmbH 597 oder auch nur als Anteil am Gesellschaftsvermögen mit „gesellschaftlich gebundener Verfügungsbefugnis für dieses Vermögen" 598 . Solange eine juristische Person rechtlich existiert ist sie als Rechtssubjekt Trägerin der Vermögenswerte.599 Schilling600 befürwortet eine wirtschaftliche Teilhabe des Gesellschafters an einem Wertanteil. Das läuft ebenfalls der rechtlichen Eigenständigkeit der juristischen Person zuwider, weil sich der Wertanteil an Vermögenswerten der Gesellschaft ganz oder teilweise erst bei der Veräußerung des Geschäftanteils (§15 Abs.l GmbHG) oder bei seiner entgeltlichen Einziehung (§34 GmbHG) oder bei der Liquidation der Gesellschaft (§ 72 GmbHG) realisiert.601 (3) Relativierung Gesamthandslehre

des Trennungsprinzips

mit der

neueren

Der strikten Trennung des Gesellschaftsvermögens der GmbH vom Gesellschaftervermögen wird entgegengehalten, dass wegen der Interaktion zwischen Verbands- und Individualsphäre die Grenze zwischen Gesamthandgesellschaft und juristischer Person im Handelsrecht ganz generell fließend sei.602 Die InkorporaWiedemann, Gesellschaftsrecht I, §4 I 2 b), S. 199. § 718 Abs. 1 B G B definiert das Gesellschaftsvermögen als Vermögen „der Gesellschafter". Siehe dazu Kubier, Gesellschaftsrecht, §4 IV, S.27; Cordes J Z 1998, 545, 551. 595 So aber Scholz/Winter, G m b H G , § 14 Rz. 3. 596 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften, S. 165. 597 Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3., §20 II, S. 264ff, 266. 598 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 170, 188. 599 Brodmann, Bern. 1 zu § 14 G m b H G ; Rowedder, G m b H G , § 14 Rz. 1; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 4 I 2 b), S. 198; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 4 IV 2, S. 27, § 17 II 1 c) aa), S. 218; Flume, Die juristische Person, §8 IV 2, S.285; Hachenburg/Goerdeler/ Müller, G m b H G , §29 Rz. 1 f; Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 167; Henn, Handbuch des Aktienrechts, §1 Abschnitt 2, S. 12; Baumbach/Hueck, G m b H G , 13. Aufl., §14 Anm. 1; Baumbach/Hueck, AktG, §1 Rz.4; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, §39 II, Rz. 727; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §36 112, a), S.357. 600 Hachenburg/Schilling, G m b H G , §14 Rz.5. 601 Rowedder, G m b H G , § 14 Rz. 1. 602 Nachweise Teil 1 Fn.83. 593

594

200

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

tion der im Recht der Personengesellschaften entwickelten actio pro socio in das Recht der GmbH wird für dogmatisch unbedenklich angesehen, weil die offene Handelsgesellschaft im Außenverhältnis wie ein eigenständiges Rechtssubjekt einer juristischen Person ähnlich behandelt werde. 603 Gestützt wird diese Gesamthandslehre auf § 124 Abs. 1 HGB, der als übergeordneten Regelungswert die Anerkennung einer eigenen Rechtssubjektstellung der Gesamthandsgesellschaft enthalte. 604 Die Rechtsfähigkeit der offenen Handelsgesellschaft stehe qualitativ zwischen der einer natürlichen und juristischen Person 605 , sei (teil)rechtsfähige Wirkungseinheit 606 und an die juristische Person angenähert. 607 Nach Wieland's Lehre von der Einheitlichkeit der Gesellschaftsformen des Handelsrechts wäre sie sogar echte juristische Person. 608 Dahinter steht eine Rechtsentwicklung, die mehr oder weniger den im Gesetz zum Ausdruck gelangten Dualismus der Gesellschaftsformen außer acht lässt und die Umformung des Handelsrechts in ein Unternehmensprivatrecht projektiert,, in dem das „Unternehmen" als abstraktes Gebilde die herkömmlichen Gesellschaftsformen ablöst. 609 Sie verlässt die traditionelle, noch verbreitete Rechtsauffassung, nach der die offene Handelsgesellschaft nicht als ein von ihren Gesellschaftern völlig losgelöster und eigenständiger Rechtsträger anzusehen ist. 610 Die ratio des § 124 Abs. 1 HGB erschließt sich danach aus der Anerkennung rechtlicher Folgen des einheitlichen Auftretens der offenen Handelsgesellschaft nach außen unter gemeinsamer Firma, was eine intensivere Geschlossenheit des Gesellschaftsvermögens für die Erreichung des Gesellschaftszwecks und den Gläubigerschutz bedingt. 611 Die offene Handelsgesellschaft ist daher keine relative oder unechte juristische Person, sondern eine dem Gesamthandsprinzip folgende Personeneinheit und eine Abwandlung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. 612

Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.288f. Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 124 Rz. 1; ders. JuS 1997, 946f; ders. NJW 2001, 993ff; MüKo/Ulmer, BGB, § 705 Rz. 130; ders. AcP 198 (1998), 113ff; ders. ZIP 2001,585ff; Baumbach/ Hopt, HGB, 29.Aufl., § 124 Rz. 1; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §5 I 1 b), S.246ff; Flume, Die Personengesellschaft, §4, S.50ff; siehe dazu auch Timm NJW 1995, 3209ff; Cordes JZ 1998, 545ff; Heil MittRhNotK 1999, 337ff; Kindl NZG 1999, 517ff. 605 MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 130. 606 Hüffer ZHR 151 (1987), 396, 398. 607 RG2 136, 402, 406. 608 So auch Kohler ArchBürgR 40 (1914), 229ff. 609 K. Schmidt, in: FS Fleck, 271, 273; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §105 Rz.2, 8, 245; ders. NJW 2001, 993, 1002. 6,0 Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, 2. Hälfte, §105 Anm.13, §124 Anm. 1; Fischer, in: Großkomm. HGB, § 124 Anm.2; A. Hueck, Das Recht der OHG, §3 IV, S.32ff, §19 I, S. 271; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §15 I, S.116f; Medicus, Schuldrecht II, Rz.481. 611 G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §15 I, S. 116f. 612 §105 Abs.3 HGB i.V.m. §705ff BGB; siehe dazu MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 131. 603 604

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

201

Das Gesellschaftsvermögen ist Vermögen der Gesellschafter und zugleich gebundenes Sondervermögen nur für die Zwecke der Gesellschaft.613 Wäre die offene Handelsgesellschaft (Gesamthandsgesellschaft) nur als Ubergangsform614 in Entwicklung zur juristischen Person verstehbar, so rechtfertigte dies weder zwingend die Auflösung des gesetzessystematischen Dualismus zwischen Personengesellschaft und juristischer Person noch die rechtliche Annäherung der Gesamthand an die körperschaftliche Vermögensverfassung der juristischen Person mit wirtschaftlich inspirierten Wertungen der Vermögenszuordnung. Die so verstandene Änderung der Rechtsnatur der Personengesellschaft in eine (teil)rechtsfähige Wirkungseinheit im Rechtsverkehr" 615 löst die gesetzlich vorgesehene Vermögenszuordnung innerhalb des Systems der Handelsgesellschaften zugunsten beliebiger Rechtsanwendung auf. Da die gesetzlichen Grundlagen für die Gesellschaftsgrundformen fort gelten, ist die Personengesellschaft als Gesamthandsgemeinschaft im Sinne der §718 Abs. 1 BGB, § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 H G B hinzunehmen.616 Zuordnungssubjekt des Gesellschaftsvermögens bleiben die Gesellschafter bzw. die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Die Unmittelbarkeit rechtlicher Teilhabe an diesem Vermögen ist ein bestimmendes Merkmal der Gesamthand617, welche der Gesellschafter am Vermögen der juristischen Person nicht hat, weil sein Vermögen von ihrem rechtlich separiert ist. Die neuere Gesamthandsdoktrin betrachtet zwar die Personengesellschaft als eine „besondere Personenvereinigung" oder „Wirkungseinheit" ähnlich der juristischen Person, allerdings ohne „völlig verselbständigte Rechtspersönlichkeit". 618 Entgegen Immenga619 lässt sich daher die Rechtszuständigkeit des Gesellschafters für die Durchsetzung von Ansprüchen der GmbH in der Rechtsfigur der actio pro socio aus der Rechtsnatur der Offenen Handelsgesellschaft nicht rechtfertigen. (4) Relativierung

des Trennungsprinzips

mit der

Genossenschaftstheorie

Zu weit geht die Auffassung, der Vermögensanteil des Gesellschafters einer GmbH inkorporiere im Sinne der Genossenschaftstheorie die Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen, er legitimiere somit ein eigenes materielles Recht des Gesellschafters auf (außer)prozessuale Verfolgung der Ansprüche der 6 1 3 § 1 0 5 A b s . 3 H G B i.V.m. §718 Abs. 1 B G B ; vgl. Flechtheim, in: Düringer/Hachenburg, H G B , Bd. II, 2. Hälfte, § 105 Anm. 13, § 124 Anm. 1. 614 Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz. 204. 615 MüKo/Ulmer, B G B , § 7 0 5 Rz. 130f. 6 1 6 Siehe bereits Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, B d . I I I . 3 , § 2 III, S. 51; vgl. auch Medicus, Schuldrecht II, Rz. 490 (das Wesen der Gesamthand kann nur durch das positive Recht bestimmt werden). 617 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 6 II 2 a), S. 1124; MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz.l30f. 6,8 MüKo/Ulmer, B G B , § 7 0 5 Rz. 130. 619 Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 288.

202

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

GmbH gegen ihre Mitgesellschafter in Prozessstandschaft auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen.620 Der Ansicht stehen Begriff und Wesen des genossenschaftsrechtlichen Vermögensanteils entgegen, wie er der deutschen Körperschaftstheorie als mitgliedschaftliches „Wertrecht" zugrunde lag.621 Die charakteristischen Merkmale des Anteilsrechts einzelner Gesellschafter am Körperschaftsvermögen beschreibt Feine wie folgt 622 : „Das deutsche Körperschaftseigentum, das genossenschaftliche Gesamteigentum (Gierke) verträgt eine Zerlegung seines Inhalts und dessen Verteilung zwischen Körperschaft und Mitgliedern in der Weise, dass zwar erstere die volle Herrschaft über die Vermögensstücke im einzelnen behält, die Herrschaft das Vermögen im ganzen jedoch inhaltlich mit ihren Mitgliedern teilen muss, indem sie ihnen Nutzungsrechte verschiedenster Art gewährt, die dem Einzelnen als Mitglied am Körperschaftsvermögen im ganzen zustehen. Dieser ideelle, durch eine Q u o t e auszudrückende Anteil des Mitglieds am Gesellschaftsvermögen im ganzen ist es, der bei der G m b H als Geschäftsanteil, bei der A G als Aktie dem Einzelnen zwecks Verwertung durch Veräußerung, Verpfändung etc. grundsätzlich zur Verfügung steht und bei Auflösung des Verbandes als Liquidationsquote realisiert wird.

Der Vermögensanteil bzw. das „Wertrecht" in der Lehre vom genossenschaftlichen Gesamteigentum steht daher in seiner rechtlichen Eigenart zwischen einem einfachen Forderungsrecht des Gesellschaft gegen die juristische Person und einem dinglichen Anteil des Gesellschafters am Gesamthandvermögen im Sinne des §719 Abs. 1 B G B . Diese Zwitterstellung hat der Gesellschafter einerseits wegen seiner mehr oder weniger eng in das Gemeinschaftsleben integrierten Mitgliedschaft, so dass er dem Gesellschaftsvermögen der juristischen Person nicht nur forderungsberechtigt gegenüber steht. Andererseits ist die rechtliche Qualität des Vermögensanteils des Gesellschafters als mitgliedschaftliches und anteilsmäßiges Nutzungsrecht am Gesellschaftsvermögen der gesamthänderischen Mitberechtigung im Sinne des §719 Abs. 1 B G B lediglich angenähert, weil der körperschaftliche Verband Rechtsträger des Gesellschaftsvermögens und für dieses verfügungsbefugt bleibt. 623 Die in der Körperschaftstheorie verwurzelte Rechtsnatur des Vermögensanteils als Nutzungsrecht am Gesamtvermögen der GmbH sollte demnach dem Gesellschafter keine individuelle Verfügungsbefugnis über Gegenstände des Gesellschaftsvermögens gewähren, die Gesellschaft Rechtsträgerin ihrer immobilen und mobilen Sachen, Forderungen und Rechte bleiben.

620 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 188; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 224f; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 291. 621 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S.8ff; ders, Deutsches Privatrecht, Bd. 1, §§62ff, S.479ff. 622 Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, §2 III, S.53f. 623 Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, §2 III, S. 266ff. Insoweit zeigt die Lehre vom Wertrecht Ähnlichkeiten mit der historischen Rechtsfigur des so genannten geteilten Eigentums (vgl. dazu H. Schlosser, Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte, §1 e), S.59ff).

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

203

Ballerstedt hingegen inkorporiert dem von ihm genossenschaftstheoretisch verstandenen Vermögensanteil eine an den Gesellschaftszweck gebundene Verfügungsbefugnis des einzelnen Kapitalgesellschafters, der hierauf gestützt in Prozessstandschaft ein Recht auf Einzelklageerhebung für Forderungen hat, die in das Gesellschaftsvermögen fallen. Dann stellt sich allerdings aus der Gesetzessystematik heraus die Frage, warum das individuelle Verfügungsrecht einzelner Gesellschafter lediglich für die Anspruchsverfolgung gegen Mitgesellschafter als tragfähig gelten soll, nicht aber auch generell das Recht auf Wahrnehmung aller Angelegenheiten der Gesellschaft. Denn gesellschaftsrechtliche Ansprüche der GmbH gegen Mitgesellschafter und Organmitglieder haben aufgrund der in § 13 Abs. 1 GmbHG geregelten Vermögenszuordnung keine rechtliche Sonderstellung vor sonstigen Vermögenswerten der GmbH. 624 Wird daher die individuelle Befugnis des Gesellschafters zur Verfügung über das Gesellschaftsvermögen zugelassen, so wird die in §13 Abs. 1 GmbHG geregelte Trennung des Gesellschafts- und Gesellschaftervermögens sowie letztlich die rechtliche Eigenständigkeit der Verwaltungsorgane der juristischen Person nicht nur in Fällen zweifelhafter Zulässigkeit der actio pro societate, sondern prinzipiell in Frage gestellt. b) Rechtsverfolgung in Prozessstandscbaft Notgeschäftsführungsrecht (1) Charakteristik

der

als Mitverwaltungsrecht

und als

Begründungsmodelle

Demgegenüber verlagert die überwiegende Lehre die Begründung für die Zulassung der Gesellschafterklage von der dinglich-vermögensrechtlichen Ebene der Gesellschaft auf die Ebene ihrer Verwaltungsorganisation.625 Dem Einzelgesellschafter wird entweder auf Grund seiner Verbandsmitgliedschaft ein eigenes Mitverwaltungsrecht (Mitgliedschaftsklage)626 oder eine Ersatz- oder Notzuständigkeit in Form einer Prozessstandschaft627 gewährt, die neben die originäre Kompe624 Aus ihrer Rechtsfähigkeit folgt, dass die GmbH als juristische Person nicht nur Zuordnungssubjekt der Rechte und Pflichten gegen Dritten, sondern auch gegen ihre Gesellschafter ist. Demgemäß stehen sich G m b H und Gesellschafter als Berechtigte und Verpflichtete gegenüber (Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 13 Rz.3, 6; Brodmann, Bern. 3 zu § 13 G m b H G ; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz. 11, § 19 Rz. 15). Siehe auch die Rspr. des BGH zur Verlustdeckungsund Vorbelastungshaftung ( B G H N J W 1997,1507 m. Anm. Altmeppen = J R 1998,103 m. Anm. Schöpflin); siehe dazu auch Flume D B 1998, 45ff; Lutter JuS 1998, 1073, 1075; Krebs/Klerx JuS 1998, 991 ff). 625 Siehe dazu Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 54f. 626 Flume, Die juristische Person, § 8 V, S. 300ff; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz. 37ff; § 43 Rz.37. 627 OLG Düsseldorf ZIP 1994, 619ff; OLG Köln N J W - R R 1994, 616ff; Baumbach/Hueck/ Fastrich, G m b H G , §13 Rz.33ff; Lutter/Hommelhoff G m b H G , §13 Rz.3ff, §43 Rz.25, §46 Rz. 23; Lutter AcP 180 (1980), 84,135f; Rowedder, G m b H G , § 13 Rz. 18; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz.42; Scholz/K. Schmidt, §46 Rz.58, 161; Scholz/Winter, G m b H G , §13 Rz.43 a; ders. Z H R 148 (1984), 579ff; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , §46 Rz.76ff; K.

204

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

tenz der Mitgliederversammlung und der Verwaltungsorgane tritt. Dogmatisch richtig lässt diese Konzeption die dinglich-vermögensrechtliche Ebene der Gesellschaft und die Regelungen über die je andersartige Vermögenszuordnung in der Gesamthandsgesellschaft und in der körperschaftlich verfassten juristischen Person unangetastet. Erstreckt sich aber die Reichweite der Prozessstandschaft im körperschaftlich organisierten Verband prinzipiell auf sämtliche mitgliedschaftlich verwurzelten Ansprüche der juristischen Person gegen einen ihrer Gesellschafter628, so bleibt die Frage nach der prozessrechtlichen Befugnis des einzelnen Gesellschafters der GmbH offen, Sachentscheidungen im eigenen Namen über Ansprüche der Gesellschaft herbeizuführen.629 (2) Mitverwaltungsrecht

in Prozessstandschaft

als

Minderheitenschutzrecht

Die Prozessführungsbefugnis des Einzelgesellschafters für Ansprüche der GmbH oder Aktiengesellschaft gegen einen ihrer Gesellschafter folgt keinesfalls bereits aus dem Postulat, den Schutzbereich für Minderheitsgesellschafter630 über die gesetzlich geregelten Einzelfälle631 hinaus zu erweitern. Die Gesellschafterklage als Kontroll- und Mitverwaltungsrecht des Minderheitsgesellschafters verstanden, beschreibt nämlich nur ganz allgemein ihre Funktion 632 im körperschaftlich organisierten Verband, gibt aber keine Auskunft über die Rechtsgrundlage der in Prozessstandschaft verfolgten Ansprüche der juristischen Person. 633 Das Schlagwort „Minderheitenschutz" stellt sich, wie insbesondere K. Schmidt634 herSchmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 4, S.637, §21 IV 6, S.643ff; ders. G m b H R 1979, 121, 126; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 224f; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, § 36 II 3, S. 359; Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rz. 739; Grunewald, Die Gesellschafterklage, S. 66ff; dies, Gesellschaftsrecht, 2. E. Rz. 56 mit Fn. 28; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S. 462 f; ders. J Z 1976,392ff; Roitzsch, Der Minderheitenschutz, S. 164ff; v. Gerkan Z G R 1988, 441 ff; Berger Z H R 149 (1985), 599ff; Rehbinder Z G R 1976, 386ff; Verhoeven B B 1978, 335, 337; Maatz G m b H R 1974,124ff; unklar Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 54 u. 160 (die Prozessführungsbefugnis wurzelt in seinem Anteil am Vermögen der GmbH). 628 OLG Düsseldorf ZIP 1994, 619, 621; Scholz/Winter, G m b H G , § 13 Rz.45. 629 Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz.42. 6 3 0 Die Funktion der Gesellschafterklage als Minderheitenschutzrecht betonen Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S.459; Rowedder!Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz.42; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschafters, S. 132; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbHRecht, S.lOff; Ulmer Z H R 163 (1999), 290, 329ff; Lutter Z G R 1998, 191 ff; Wiedemann Z G R Sonderheft 13, 5ff. 631 Siehe etwa §§50, 61, §66 Abs. 2 G m b H G , §147 Abs. 2 S.2 u. Abs. 3 AktG. 632 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 1, S. 632; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.286ff; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 13 Rz.34; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz.42; Lutter/Hommelhoff G m b H G , §13 Rz.5; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , § 46 Rz. 77; Berger Z H R 149 (1985), 604f; zur Personengesellschaft siehe auch MüKo! Ulmer, B G B , § 705 Rz.171. 633 Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 56. 634 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 III 1, S. 473; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 132ff; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §13 Rz.34; Roth/Altmeppen,

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

205

vorhebt, nur als rechtspolitisches Programm, nicht als juristische Kategorie dar. Allein unter dem Aspekt des Minderheitenschutzes lässt sich de lege lata ein selbständiges Prozessführungsrecht des Minderheitsgesellschafters nicht legitimieren. (3) Mitverwaltungsrecht

in Prozessstandschaft

als

Mitgliedschaftsrecht

Ebenso wenig genügt die bloße Verbandsmitgliedschaft 635 als Ermächtigungsgrundlage für ein eigenes Recht auf Realisierung von Sozialansprüchen der Gesellschaft, weil die Prozessführungsbefugnis als Voraussetzung der Sachentscheidung eine prozessuale Kategorie ist, die primär prozessrechtlicher Begründung ihrer Zulässigkeit bedarf. 636 Ist aber nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Prozessführungsbefugnis das Pendant der (behaupteten) materiellrechtlichen Anspruchsinhaberschaft 637 , dann ist der einzelne Gesellschafter nicht prozessführungsbefugt, eben weil er Rechte der juristischen Person aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen einen ihrer Gesellschafter im eigenen Namen geltend macht. 638 Die Mitgliedschaft bzw. Gesellschaftereigenschaft ist insofern unergiebig für die Anerkennung einer selbständigen Prozessführungsbefugnis des Einzelgesellschafters, weil Mitverwaltungsrechte des Gesellschafters in Angelegenheiten der Gesellschaft nicht a priori durch die Mitgliedsstellung des Gesellschafters, sondern in erster Linie durch Gesetz oder Verbandssatzung ausgeformt werden. 639 Gerade darin ist aber die rechtsdogmatische Fragilität der Ansicht zu sehen, welche dem Mitglieds- und Mitverwaltungsrecht ein eigenes Prozessführungsrecht des einzelnen Kapitalgesellschafters in der actio pro socio implementiert. Denn im Gesetz ist die Einzelklagebefugnis aufgrund eines eigenen Mitgliedsrechts des Kapitalgesellschafters nicht verankert. 640 Lediglich das Aktiengesetz stellt die gesetzliche Prozessführungsbefugnis speziell zur Verfügung, allerdings limitiert auf das Aktienkonzernrecht. 641 G m b H G , § 50 Rz. 1 f; zum Aktienrecht siehe auch Fischer, in: Minderheitenschutz bei Kapitalgesellschaften, S. 59ff; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 211 ff; Hommelhoff in: Schubert /Hommelhoff 100 Jahre modernes Aktienrecht, S. 53 ff, 97ff; Martens, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S. 251 ff; Ulmer Z H R 163 (1999), 290, 329ff. 635 So aber Flume, Die juristische Person, § 8 V, S. 301; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz. 37. 636 Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 160. 637 Zöller/Vollkommer, Z P O , Vor. §50 Rz. 18; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Z P O , Grundz. §50 Rz.22. 638 Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 160. 639 Scholz/Winter, G m b H G , §14 Rz.14; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §14 Rz.8; Eickh o f f , Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 55. 640 Hachenburg/Th. Raiser, G m b H G , 8. Aufl., § 14 Rz.36; ders. Z H R 153 (1989), 1,5; Zöllner Z G R 1988, 392, 402ff; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §43 Rz.21; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 160; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §8 IV 1, S. 460. 641 §309 Abs.4, §317 Abs.4, §310 Abs.4, §318 Abs.4 AktG. Dagegen befürworten Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz.42, Rehbinder Z G R 1976, 386ff, Eickhoff, Die Gesell-

206

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

Ebenso wenig lässt sich dem Gesellschaftsstatut der G m b H durch ergänzende Vertragsauslegung generell oder in Fällen gesellschaftswidrigen Versagens der regulären Kompetenzordnung eine Prozessführungsbefugnis in gewillkürter Prozessstandschaft entnehmen. 6 4 2 Zwar darf auch ein nicht geschäftsführender Gesellschafter Ansprüche der G m b H im eigenen Namen verfolgen, wenn er von den zuständigen Gesellschaftsorganen dazu ermächtigt wird. 6 4 3 Durch ergänzende Auslegung des Gesellschaftsstatuts lässt sich aber kein generelles oder situationsbedingtes Mitwirkungs- oder Prozessführungsrecht des einzelnen Gesellschafters gewinnen, weil wegen der formellen Satzungsstrenge in der Regel eine planwidrige Unvollständigkeit des objektiven Erklärungswertes des in der Satzung beurkundeten Vertragstextes fehlt. 6 4 4

(4) Actio pro socio als Notgeschäftsführungsrecht in Prozessstandschaft

und als

Hilfszuständigkeit

Andererseits findet die Gesellschafterklage in Prozessstandschaft unter dem Gesichtspunkt eines rechtsformübergreifenden Notgeschäftsführungsrechts 6 4 5 bzw. Ersatzaufsichtrechts 6 4 6 des Einzelgesellschafters Zustimmung. Die Rechtsfigur der actio pro socio überwinde in allen Verbandsarten die reguläre Kompetenzschafterklage im GmbH-Recht, S. 161, die analoge Anwendung nur in der konzernierten GmbH befürworten. 642 Zöllner ZGR 1988, 392, 403 mit Fn.36; Eickhoff., Die Gesellschafterklage im GmbHRecht, S. 31; Häuser, Unbestimmte Maßstäbe, S. 176; MüKo/Ulmer, BGB, § 705 Rz. 172. Abweichend Grunewald, Die Gesellschafterklage, S. 13ff, 76; dies, Gesellschaftsrecht, I.A. Rz.63,2. E. Rz. 56; Maatz GmbHR 1974, 124, 127. 643 Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 31; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §35 Rz. 6; Scholz/U.H. Schneider, GmbHG, §35 Rz. 140; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Grundz §50 Rz.37. 644 §2 Abs. 1 GmbHG, §23 AktG. Zur formellen Satzungsstrenge vgl. Roth/Altmeppen, GmbHG, §2 Rz. 13f; Scholz/Emmerich, GmbHG, §2 Rz.37. 645 OLG Düsseldorf ZW 1994, 619ff; OLG Köln NJW-RR 1994, 616ff; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 6, S.643ff; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, §46 Rz. 161; ders. ZGR 1979, 121, 126; MünchHdb. GesR Ill/Schiessl, §31 Rz.22f; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §13 Rz.3f; Lutter AcP 180 (1980), 84, 135f; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rz. 33 ff; Rowedder, GmbHG, §43 Rz.42f; Bartl/Fichtelmann u.a., GmbHG, § 13 Rz. 18; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §46 Rz.78, 84; M. Winter ZHR 148 (1984), 579, 595; v. Gerkan ZGR 1988,441, 445ff; Roitzsch, Der Minderheitenschutz, S.167ff; Verhoeven BB 1978, 335, 337; in der Sache auch Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.224f; für den Fall, dass der Beschluss nach §46 Nr. 8 GmbHG gerichtlich festgestellt ist, auch Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.27f, 161,178f, Kowalski ZIP 1995, 1315, 1319; zur Personengesellschaft vgl. Soergel/Hadding, §705 Rz.50, 56; MüKo!Ulmer, %705 Rz. 173. 646 Lutter AcP 180 (1980), 84, 142. Die Begriffe „Notgeschäftsführungs-" und „Ersatzaufsichtsrecht" schließen sich nicht aus, sofern zum Ausdruck gebracht werden soll, dass Gesellschaftern neben der regulären Kompetenzordnung Einzelbefugnisse eingeräumt werden (Eickh o f f , Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 55ff, 58f). Anders aber Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S. 459ff, 462, der die Ersatzaufsichtsfunktion der Gesellschafterklage gerade für den Minderheitsgesellschafter hervorhebt.

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

207

Ordnung der Gesellschaft, wenn die an sich zuständigen Gesellschaftsorgane der G m b H in bestimmten Konfliktstellungen typischerweise oder im Einzelfall an einer gebotenen Rechtsverfolgung gegen Mitgesellschafter gehindert seien. 647 Insbesondere wird f ü r die Verfolgung von Sozialansprüchen gegen Mitgesellschafter kein Wertungswiderspruch zur Entscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung (§46 Nr. 8 G m b H G ) erkannt, weil die Prozessstandschaft des Gesellschafters eben nur gilt, wenn die Kompetenzverteilung versagt. 648 Die D e u t u n g der actio p r o socio als Notgeschäftsführungsrecht des Einzelgesellschafters wirkt auf den ersten Blick gewinnend. Ist die actio p r o socio auch im Personengesellschaftsrecht als (gesetzliche) Prozessstandschaft anerkannt 6 4 9 , könnte sie auch im Recht der Kapitalgesellschaften als Hilfszuständigkeit in F o r m einer gesetzlichen Prozessstandschaft heimisch werden, deren Voraussetzungen schonend an das Prinzip des Vorrangs der verbandsinternen Zuständigkeitsordnung körperschaftlich verfasster Verbände angepasst werden. 6 5 0 Anderseits ist die Übertragung der im Personengesellschaftsrecht entwickelten Rechtsfigur der actio pro socio in das Recht der Kapitalgesellschaft als Notzuständigkeit in (gesetzlicher) Prozessstandschaft rechtlich brüchig, weil auch der Einzelgesellschafter der Personengesellschaft ganz allgemein kein Recht hat, in der actio p r o socio Ansprüche der Gesellschaft in Prozessstandschaft zu verfolgen oder als Notgeschäftsführer die gesellschaftsvertragliche oder gesetzliche Kompetenzverteilung in der Gesellschaft zu umgehen. Der Einzelgesellschafter verfolgt nämlich in der actio p r o socio kein Recht der Gesamthandsgesellschaft, sondern ein eigenes Recht, das originär und unmittelbar dem Vertragsverhältnis zu seinen Mitgesellschaftern entspringt. 6 5 1 Für die Durchsetzung eines derartigen Anspruchs im eigenen N a m e n ist der Gesellschafter grundsätzlich ungebunden und frei von der Zustimmung geschäftsführender Gesellschafter oder der Zustimmung der Gesellschaftergesamtheit. 652 Das Notgeschäftsführungsrecht kann daher als Grundlage f ü r die Ü b e r n a h m e der actio p r o socio in das Kapitalgesellschaftsrecht nur gelten, w e n n auch im Personengesellschaftsrecht alle gesellschaftsvertraglich begründeten Ansprüche der Gesellschafter vorn vornherein dem Gesamthandsvermögen der (rechtsfähigen) Gesellschaft zugeordnet werden. 6 5 3 Bemerkenswert ist an dieser Konzeption, die im Personengesellschaftsrecht entwickelte actio p r o socio als subsidiäres N o t g e 647

Eickhoff, Die Gesellschafterklage im G m b H - R e c h t , S.27f, 161. Lutter A c P 180 (1980), 84, 132ff, 134ff; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 6, S.643; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , § 13 Rz. 34 a; siehe auch Eickhoff, Die Gesellschafterklage im G m b H - R e c h t , S.28. 649 D a z u oben S.88ff. 650 Großfeld, Aktiengesellschaft, U n t e r n e h m e n s k o n z e n t r a t i o n und Kleinaktionär, S. 225. 651 D a z u oben S. 73. 652 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S.460. 653 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 1, S.631, §21 IV 4, S.637ff, §21 IV 6, S.643; MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 173; Soergel/Hadding, BGB, §705 Rz.50, 56. 648

208

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

schäftsführungsrecht dem Kapitalgesellschaftsrecht mit diametralen Rechtsfolgen für beide Gesellschaftsgrundformen einzuverleiben. Im Personengesellschaftsrecht hat die actio pro socio als subsidiäres Notgeschäftsführungsrecht die Abdrängung individualvertraglicher Entscheidungskompetenzen zugunsten einer aufgewerteten Rechtsstellung geschäftsführender Gesellschaftsorgane zur Folge, indem körperschaftlich-kollektivistische Strukturmerkmale dem Personengesellschaftsrecht implementiert werden. Gegenläufig ist die Rechtsentwicklung der actio pro socio als Hilfszuständigkeit 6 5 4 des einzelnen Kapitalgesellschafters für die prozessuale Verfolgung von Sozialansprüchen körperschaftlich verfasster Verbände, indem personalistische Strukturelemente dem Kapitalgesellschaftsrecht inkorporiert werden. Letztlich ist ein Abgesang auf den Dualismus der Gesellschaftsgrundformen durch Aufgabe institutioneller Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften vernehmbar: Die Kompetenz für eine Rechtsausübung durch actio pro socio ist im Recht der Personengesellschaften auf der individualistisch-vertraglichen Ebene bei den Gesellschaftern angesiedelt, wird jedoch in Abkehr vom Legalsystem auf die Dominanz der kollektivistischen Ebene des Verbandes und der organisierten Gemeinschaft gehoben. 6 5 5 Umgekehrt ist die Kompetenz für die Rechtsausübung im Recht der Kapitalgesellschaften in der kollektivistischen Ebene der juristischen Person verwurzelt, wird aber zugunsten der actio pro socio des Einzelgesellschafters in eine individualistischquasivertragliche Ebene unmittelbar zwischen Gesellschaftern gestellt. Außerdem führt die Geltung der actio pro socio als Hilfszuständigkeit in gesetzlicher Prozessstandschaft zu gesetzlichen Systemwidersprüchen 6 5 6 , weil das Kapitalgesellschaftsrecht die Gesellschafterklage nur im Aktienkonzernrecht nicht nur aufgrund einer Notfallzuständigkeit, sondern ohne jede Einschränkung zur Verfügung stellt. 657 Es ist daher fragwürdig, die verbandsinterne Zuständigkeitsorganisation außer acht zu lassen und außerhalb des Aktienkonzernrechts der gesetzlich nicht geregelten Prozessstandschaftsklage des einzelnen Kapitalgesellschafters in der Weise Geltung zu verschaffen, dass die actio pro socio als Hilfszuständigkeit oder wie im Aktienkonzernrecht als jederzeit einsetzbare Kontrollmaßnahme des Gesellschafters einsetzbar ist. Das Schrifttum antwortet hierauf uneinheitlich: Einerseits habe die actio pro socio im Recht der G m b H wegen der Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung den Rang einer Hilfszuständigkeit. 6 5 8 Andererseits bewirke die Beschlusskompetenz der HauptK. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 4, S.637. Lutter AcP 180 (1980), 84, 134. 6 5 6 Siehe etwa MüKo/Ulmer, B G B , §705 Rz. 172,173: Einerseits sollen die §309 Abs.4, §317 Abs. 4 AktG zeigen, dass die actio pro socio auch im Personengesellschaftsrecht als „gesetzliche Prozessstandschaft" zu verstehen sei, andererseits aber soll die Zulässigkeit der Klage von bestimmten einschränkenden Voraussetzungen abhängig gemacht werden, obwohl solche Einschränkungen in §309 Abs.4, §317 Abs.4 AktG gerade nicht vorgesehen sind. 6 5 7 §309 Abs.4, §310 Abs.4, §317 Abs.4, §318 Abs.4 AktG. 658 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 6, S.643. 654 655

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft aufgrund Prozessrechts

209

Versammlung (§ 147 A k t G ) im Aktienrecht grundsätzlich eine Sperre für A k t i o närsklagen außerhalb des Aktienkonzernrechts. 6 5 9 Letztere Ansicht wahrt zwar die innere Kompetenzordnung im Aktienrecht ( § 2 3 Abs. 5 A k t G ) , die einer strengeren Satzungstreue unterliegt, als sie im G m b H - R e c h t (§ 45 G m b H G ) gilt. Zugleich entzieht sie aber einer widerspruchsfreien Etablierung der actio pro socio als Notgeschäftsführungsrecht den Boden, weil nicht die G r e n z e n der Satzungsautonomie des Verbandes, sondern die nachträgliche K o r r e k t u r des E n t scheidungsverhaltens der Gesellschaftsorgane Anlass für die Annahme einer Hilfs- oder Notzuständigkeit ist. 6 6 0 Insofern macht es für die Anerkennung der Prozessstandschaft keinen Unterschied, o b Ansprüche der G m b H oder der A k tiengesellschaft von einem einzelnen Gesellschafter für die Gesellschaft geltend gemacht werden. D e r Aspekt, der generellen Zulassung der Aktionärsklage stehe das Risiko der Prozesskostenbelastung entgegen 6 6 1 , berührt nur allgemein die Folgen jedes (teil)erfolglosen Prozessausgangs, lässt aber die Möglichkeit unberührt, die prinzipielle Befugnis des Einzelgesellschafters rechtlich zu fundieren, als Notgeschäftsführer Ansprüche der Aktiengesellschaft in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend zu machen. Es fehlt mithin eine widerspruchsfreie Begründung für die Anerkennung einer Ersatzzuständigkeit eines einzelnen Gesellschafters unter Außerachtlassung der gesetzlichen oder statutarischen K o m p e t e n z o r d nung, die einerseits dem Gesellschafter der G m b H bei Untätigkeit 6 6 2 der zuständigen Gesellschaftsorgane zugebilligt wird, andererseits aber dem Aktionär versagt bleibt. Eine derartige Differenzierung übersieht, dass die körperschaftliche K o m p e tenzorganisation der Aktiengesellschaft und G m b H mit verselbständigten Willensbildungs- und Handlungsorganen die K o n k u r r e n z mit einer Entscheidungskompetenz einzelner Gesellschafter prinzipiell ausschließt 6 6 3 , weil sich der einzelne Gesellschafter durch seinen Beitritt zur Gesellschaft der verbandsinternen Zuständigkeitsordnung unterwirft. 6 6 4 Lässt sich daher im Aktienrecht die P r o zessstandschaft als Hilfszuständigkeit des Einzelgesellschafters wegen des Vorrangs der Hauptversammlungskompetenz (§ 147 A k t G ) nicht ohne rechtliche Friktionen etablieren, so kann im R e c h t der G m b H für die Beschlusskompetenz der Gesellschafterversammlung nichts anderes gelten. Unterstellt das Gesetz die

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 6, S.643. Zöllner ZGR 1988, 392, 406; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, §43 Rz.21; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz.41; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 158; Kowalski ZIP 1995, 1315, 1317. 661 Ulmer ZHR 163 (1999), 290, 293, 300, 318ff; Krieger ZHR 163 (1999), 343, 351ff. 662 So etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 4, S.637, 639, §21 IV 6, S.643f. 663 Siehe auch §45 GmbHG, §§118, 119 Abs. 1, §119 Abs. 2 AktG. 664 Ähnlich auch Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.41; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, §43 Rz.21; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.54; Kowalski ZIP 1995, 1315, 1317. 659 660

210

Entstehung

Teil 2: B. Ansprüche

(§26

Abs. 1

der Kapitalgesellschaft

GmbHG)665,

gegen

Mitgesellschafter

Forderungsfälligkeit

(§46

Nr. 2

G m b H G ) 6 6 6 oder sonstige materielle Anspruchsvoraussetzungen ( § 4 6 Nr. 8 G m b H G ) 6 6 7 der Willensbildung der Gesellschafterversammlung und den Beschlussvollzug der Geschäftsführung 6 6 8 , so ist der Gesellschafter gleichwohl nicht rechtlos gestellt. E r hat das Recht auf Erhebung einer Anfechtungsklage (§243 ff A k t G analog) verbunden mit einer positiven Beschlussfeststellungsklage ( § 2 5 6 Z P O ) , wenn aus sachwidrigen Gründen die Beschlussfassung über die Verfolgung der Sozialansprüche durch gegebenenfalls besondere Prozessvertreter ( § 4 6 Nr. 8 Hs. 2 G m b H G ) unterbleibt. 6 6 9 Entgegen einer verbreiteten Sichtweise 6 7 0 impliziert die Möglichkeit einer Feststellungsklage nicht ohne weiteres die Klagebefugnis des Gesellschafters in Prozessstandschaft als Notgeschäftsführer. Denkbar ist zwar die Begründung eins eigenen rechtsschutzwürdigen Interesses des Gesellschafters an der Durchsetzung von Sozialansprüchen der G m b H , wenn ihn die Gesellschafterversammlung ermächtigt hat. 671 Der Gesellschafter klagt in diesem Fall nicht als Notgeschäftsführer, sondern als gewillkürter Prozessstandschafter der Gesellschaft. Voraussetzung ist aber ein entsprechender Beschlussantrag des Gesellschafters in der Gesellschafterversammlung, anderenfalls kann ein positiver Beschlussinhalt über die Ermächtigung zur Prozessführung im eigenen Namen durch Feststellungsurteil nicht hergestellt werden. Es bleibt dann bei der Vertretungsmacht der Geschäftsführung für die gerichtliche Geltendmachung von mitgliedschaftlichen Ansprüchen der G m b H gegen einen ihrer Gesellschafter. 672 Dagegen lässt sich nicht einwenden, die gesetzliche oder statutarische Zuständigkeitsordnung schränke autonome Entscheidungsbefugnisse der KapitalgesellRoth/Altmeppen, G m b H G , §26 Rz.9; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §26 Rz.7. Roth/Altmeppen, G m b H G , §19 Rz.7, §20 Rz.3; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, §46 Rz.40. 667 Lutter/Hommelhoff G m b H G , § 19 Rz. 22; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , § 46 Rz. 142; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §46 Rz. 34. Dagegen ist der Erstattungsanspruch gem. §31 Abs. 1 G m b H G sofort fällig und muss eingezogen werden, insbesondere bedarf es für die Geltendmachung des Anspruchs keines Gesellschafterbeschlusses ( B G H W M 1987, 208ff; Roth/ Altmeppen, G m b H G , §31 Rz.4; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , §31 Rz.6; MünchHdb. GesR Ill/Schiessl, §31 Rz.23).). 668 § 3 5 A b s . l , § 3 7 A b s . l GmbHG. 669 Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , 17. Aufl., §43 Rz.26f; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , 17.Aufl., §13 Rz.34 a; Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.40, 47ff; Kowalski ZIP 1995, 1315, 1316; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 161, 178. 670 Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 161,178; Kowalski ZIP 1995, 1315, 1317,1319; Verhoeven BB 1978, 335, 337; wohl auch Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §13 Rz.4; MünchHdb. GesR ¡Il/Schiessl, §31 Rz.23. 671 etwa Lutter/Hommelhoff G m b H G , §35 Rz.6; Scholz/U.H. Schneider, G m b H G , §35 Rz. 140; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Grundz §50 Rz.37. 672 Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz. 53; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §46 Rz.42; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §46 Rz. 28; Hachenburg/Schilling, §46 Rz. 31; siehe auch Flume, Die juristische Person, §8 V 2, S.306. 665 666

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

211

schafter lediglich ein, hebe sie aber nicht auf. Bei der Durchsetzung von Sozialansprüchen der Gesellschaft in Prozessstandschaft lebten sie als Notzuständigkeit wieder auf, falls die reguläre Verbandsorganisation in bestimmten Konfliktstellungen versage.673 Daraus wird gefolgert, dass dem Verband und seiner regulären Geschäftsleitung nur im Grundsatz der Primat für die Verfolgung gesellschaftsinterner Verbandsansprüche zustehe.674 Kommt die verfassungsmäßig berufene Geschäftsführung ihrer Pflicht nicht nach oder scheitert die Willensbildung im Verband an sachwidrigen Motiven, so werde die nur eingeschränkte individuelle Geschäftsführungskompetenz reaktiviert.675 Ein derartiger an einzelne Gesellschafter gerichteter Handlungsauftrag konfligiert schon im Ansatz mit dem aktienrechtlichen Beschlussmängelrecht (§241 ff AktG) und mit dem Verfahren über die gerichtliche Bestellung eines Notvorstandes bzw. -geschäftsführers.676 Hätten nämlich Gesellschafter eigene Geschäftsführungskompetenzen bei rechtswidriger Beschlussfassung der Mitgliederversammlung oder bei Handlungsunfähigkeit der Leitungsorgane, dann verlören diese Regelungen ihren Sinn. (5) Fehlen einer Rechtsgrundlage in Prozessstandschaft

für das

Notgeschäftsführungsrecht

Der Prozessstandschaft wird im Kapitalgesellschaftsrecht mit rechtlichen Begründungsvarianten legitimiert, wobei das Schutzbedürfnis des Minderheitsgesellschafters gegenüber der Geschäftsleitung und Gesellschaftermehrheit die Lösungsvorschläge leitet 677 : Die Verfolgung von Ansprüchen der Gesellschaft in Prozessstandschaft wird an eine Treuepflichtverletzung gegenüber zwischen Gesellschaftern geknüpft.678 Diese Ansicht übersieht, dass eine Treuepflichtverletzung gegenüber Kapitalgesellschaftern zu direkten Ersatzansprüchen allenfalls wegen der in der Person eines Kapitalgesellschafters entstandenen Schäden, zu eigenen und unmittelbaren Ersatzansprüchen des Gesellschafters - nach Ansicht des Bundesgerichtshofs679 auf Leistung nur an die geschädigte Gesellschaft führen kann. Eine prozessuale Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen der juristischen Person im 673 Lutter AcP 180 (1980), 84,136 mit Fn. 235; ähnlich Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.292. 674 Lutter AcP 180 (1980), 84, 136, 134. 675 Lutter AcP 180 (1980), 84, 132, 134, 136f. 6 7 6 § 29 B G B , § 85, § 105 Abs. 1 AktG. Zur entsprechenden Anwendung des § 29 B G B in der G m b H vgl. Roth/Altmeppen, G m b H G , §6 Rz. 13. 677 Flume, Die juristische Person, § 8 V 2, S. 302ff, § 8 V 3, S. 306ff. 678 Rehbinder Z G R 1976, 386, 393f; Baumbach/Hueck/Fastnch, G m b H G , 17.Aufl., §13 Rz. 33, 34 (Gesellschafterklage im eigenen Namen betrifft bei G m b H nur deren Recht gegen anderen Gesellschafter, daher Prozessstandschaft; für Ansprüche der Gesellschaft gegen Geschäftsführer und andere Organmitglieder ergebe die actio pro socio aber keine hinreichende Grundlage, weil stets ein eigener Rechtsanspruch des klagenden Gesellschafters erforderlich sei). 6 7 9 Siehe dazu oben S. 175.

212

Teil 2: B. Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen

Mitgesellschafter

eigenen N a m e n ist in der Verletzung mitgliedschaftlicher Treuebindungen zwischen Kapitalgesellschaftern nicht zu sehen. Andere A u t o r e n setzen rechtsdogmatisch an bei der entsprechenden A n w e n dung der §744 Abs.2 BGB, §§432, 1011 B G B f ü r die Anerkennung des Rechts des einzelnen Gesellschafters auf Verfolgung von Ansprüchen der juristischen Person in Prozessstandschaft. 6 8 0 Die Vorschriften sind jedoch auf die Besonderheiten der Bruchteilsgemeinschaft zugeschnitten, in der die gemeinschaftliche Rechtszuständigkeit dem einzelnen Teilhaber bestimmte Befugnisse im Hinblick auf den gemeinschaftlichen Gegenstand gewährt. Damit ist die rechtliche Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens in der juristischen Person nicht vergleichbar, weil ein Kapitalgesellschafter zur Disposition über das Gesellschaftsvermögen nicht berechtigt ist, sondern nur die Gesellschaft als rechtlich organisierte Verbandsperson. 6 8 1 Mitunter wird argumentiert, der Minderheitsgesellschafter habe analog §§ 1368, 1428, 2039 BGB als Prozessstandschafter das Recht auf Verfolgung der Ansprüche der G m b H gegen Mehrheitsgesellschafter 6 8 2 , weil sich Geschäftsführer bei Klagen gegen den Mehrheitsgesellschafter in Abhängigkeit von der latenten Gefahr jederzeitiger Abberufung 6 8 3 , mithin in einem persönlichen Interessenkonflikt sähen. Dieser Ansatz übersieht, dass die §§ 1368, 1428, 2039 BGB nicht die Zulässigkeit einer Prozessstandschaft f ü r die Auflösung von Konflikten jedweder Art und H e r k u n f t regeln. 684 Das individuelle Klagerecht der Miterben nach §2039 B G B ist a priori nicht auf die G m b H übertragbar, weil es die Auseinandersetzung in der Erbengemeinschaft z u m Gegenstand hat und letztlich auf die Beendigung der Gesamthandsgemeinschaft ausgerichtet ist. 685 Teils wird der beherrschende Einfluss des Mehrheitsgesellschafters auf die Geschäftsführung der G m b H in den Mittelpunkt der Überlegung gestellt. 686 Diese Auffassung dehnt global die im Aktienkonzernrecht (§311, §317 Abs.4, §318

680

Verhoeven BB 1978, 335, 337; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 161. Staudinger/Huber, BGB, 12. Aufl., § 744 Rz. 28; Staudinger/Langhein, BGB, § 744 Rz. 28; Staudinger/Noack, BGB, § 432 Rz. 9; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , § 43 Rz. 42; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.225; Roitzsch, Der Minderheitenschutz, S. 165. 682 Berger Z H R 149 (1985), 599, 604f. 683 §38 Abs. 1, §46 Nr.5, §47 Abs. 1 G m b H G . 684 Staudinger/Noack, BGB, §432 Rz.13, 17. 685 Dazu oben S. 13 ff. 686 Hachenburg/Schilling, G m b H G , §14 Rz.26; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz.42, §52 Anh Rz.52; Lutter/Hommelhoff, Anh §13 Rz.15; Lutter/Hommelhoff GmbHG, 15.Aufl., Anh §13 Rz.22; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Anh I §318 Rz.6; K. Schmidt G m b H R 1979, 121, 126; Rehbinder ZGR 1976, 386, 394; Kowalski ZIP 1995,1315; 1316; Lutter AcP 180 (1980), 84,136; Berger Z H R 149 (1985), 599,607f; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 161 \ Roitzsch, Der Minderheitenschutz, S. 166ff; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.292ff; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG, § 117 Rz. 37. 681

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

213

Abs. 4, § 3 0 9 Abs. 4 A k t G ) zugelassene Einzelklage des Aktionärs gegen herrschende Unternehmen und Organmitglieder auf Ersatzansprüche der G m b H gegen ihren Mehrheitsgesellschafter aus. Innerhalb dieser Ansicht besteht jedoch weiter Uneinigkeit, ob die analoge Anwendung dieser Bestimmungen nur für die G m b H als verbundenes Unternehmen 6 8 7 oder auch für Mehrheitsgesellschafter gilt, wenn diese neben ihrer Beteiligung an der G m b H keinen maßgeblichen Einfluss auf zusätzliche assoziierte Gesellschaften ausüben können. 6 8 8 Der Rezeption der Vorschriften über die faktisch konzernierte Aktiengesellschaft in das Recht der G m b H stehen aber fundamentale Unterschiede der GmbH-spezifischen O r ganisationsverfassung entgegen. 6 8 9 Anders als der Vorstand einer faktisch konzernierten Aktiengesellschaft (§ 76 Abs. 1 A k t G ) unterliegt die Geschäftsführung der G m b H entsprechend dem gesetzlichen Normalstatut der übergeordneten Geschäftsführungs- und Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung 6 9 0 , das schließt ein, dass die Gesellschafterversammlung durch ihre Mehrheitsgesellschafter die Geschäftsführung der G m b H im Rahmen der Legalität auch beherrschen darf. Ü b t der Mehrheitsgesellschafter seine Leitungsmacht aus, so hat das Konzernverhältnis nicht nur eine faktische (§311 A k t G ) , sondern ebenso wie beim Vertragskonzern (§ 308 Abs. 1 A k t G ) auch eine rechtliche Grundlage. Diese in konzernrechtlicher Hinsicht wesentlichen Unterschiede zwischen G m b H und Aktiengesellschaft verbieten grundsätzlich die analoge Anwendung des Rechts der faktisch konzernierten Aktiengesellschaft auf die G m b H . 6 9 1 Denkbar wäre allenfalls eine Übertragung der ratio der § 3 1 7 Abs.4, § 3 1 8 Abs. 4, § 309 Abs. 4 A k t G auf die G m b H . 6 9 2 Das ist jedoch zweifelhaft, weil diese Vorschriften nur auf die Besonderheit des Aktienkonzernrechts zugeschnitten sind. Sie sind ohne annähernde Identität der Sachverhalte nicht analogiefähig auf die G m b H ausdehnbar. Ihr rechtlicher Regelungsgehalt enthält außerdem keine Andeutung, dass sie allgemein und selbstverständlich auch außerhalb des Aktien687 Lutter/Hommelhoff, Anh § 13 Rz. 15; Kowalski ZIP 1995, 1315; 1316; zur GmbH als verbundenes Unternehmen vgl. allgemein Kühler, Gesellschaftsrecht, §30 III, S. 361 ff; Roth/Altmeppen, G m b H G , Anh § 13 Rz. 1 ff. 688 Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 14 Rz.26; Roitzsch, Der Minderheitenschutz, S. 166ff. 689 Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht, S.236ff, 252f; Kühler, Gesellschaftsrecht, §30 III 1, S.361; Roth/Altmeppen, G m b H G , Anh § 13 R z . 2 4 , 1 0 7 , 1 1 4 ; Hachenburg/Barz, GmbHG, § 13 Anh II Rz. 44,45,46; Verhoeven BB 1978,335,337; Wiedemann JZ 1976,392,395; siehe auch Zöllner Z G R 1988, 392, 410f; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , 17. Aufl., §43 Rz.27; Hachenburg/Th. Raiser, G m b H G , 8. Aufl., § 14 Rz. 39, wonach die actio pro socio im GmbH-Recht nicht durch analoge Anwendung der §§311,317 Abs. 4, §309 Abs. 4 AktG zu lösen sei, sondern durch eigene Schadensersatzansprüche des Minderheitsgesellschafters gegen die Mehrheit wegen Treuepflichtverletzung. 6 9 0 §37 Abs. 1, §§45, 46 Nr.6 G m b H G ; siehe dazu auch Roth/Altmeppen, G m b H G , §37 Rz.3. 691 Kubier, Gesellschaftsrecht, §30 III 1, S.361 ff; Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 236ff, 252f; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , Anh § 13 Rz. 9. 692 Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz.42; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , Anh § 13 Rz. 15; Kowalski ZIP 1995, 1315; 1316.

214

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

konzernrechts für die actio pro socio zur Verfolgung von Sozialansprüchen jeder körperschaftlich-juristischen Person zur Verfügung stehen können. Denn die Regelung der Aktionärsklage flankiert lediglich die Vorschriften, die im faktischen Konzern aufgrund Abhängigkeitsbericht, Berichtsprüfung und Ausgleichspflicht nachteilige Einflussnahmen auf die abhängige Aktiengesellschaft sanktionieren. 693 Nur exzeptionell gewähren die §§317, 318 AktG der abhängigen Gesellschaft und zugleich ihren Aktionären Schadensersatzansprüche und Einzelklagerechte gegen das herrschende Unternehmen, wenn der Nachteilsausgleich gemäß §311 Abs.l und 2 AktG unterbleibt. Dagegen gibt es im GmbH-Recht kein dem §311 AktG vergleichbares aktienrechtliches Kompensationssystem für konzernrelevante Maßnahmen, das durch ein zivilrechtlich bewehrtes Berichtsund Prüfungsverfahren gesichert werden müsste.694 Würden nur die §§317, 318 AktG auf die GmbH übertragen, so würden sie aus ihrem systematischen aktienkonzernrechtlichen Zusammenhang herausbrechen. 695 Andere Autoren unterstellen die actio pro socio im Körperschaftsrecht ohne weiteres einer gesetzlichen Prozessstandschaft, obwohl die Gesellschafterklage als allgemeines Rechtsinstitut des Verbandsrechts im Gesetz keinen Niederschlag gefunden hat. 696 Daher soll dieser Standpunkt einerseits durch eine globale Umsetzung der Voraussetzungen für die Rechtsanalogie zu §§432, 1011, 2039 BGB, §309 Abs. 4, §310 Abs. 4, §317 Abs. 4, §318 Abs. 4 AktG fundierbar sein.697 Andererseits wird dem Recht der Kapitalgesellschaft die im Recht der Personengesellschaften entwickelte actio pro socio698 unter Hinweis auf eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seit dem ITT-Urteil 699 oder eine gewohnheitsrechtlich etablierte actio pro socio in Form einer (gesetzlicher) Prozessstandschaft implementiert. 700 693 §312, §313ff, §317 Abs.l, §311 Abs.l u. 2 AktG. Siehe dazu RegBegr Kropff S.408ff; 410ff; H ü f f e r , AktG, §311, Rz.37; Kühler, Gesellschaftsrecht, §30 II, S . 3 5 8 f , H a c h e n b u r g / B a r z , GmbHG, §13 Anh II Rz.45; Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh §13 Rz.114; Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht, S.252f; Lutter/Hommelhoff, Anh § 13 Rz. 12; WiedemannJZ 1976,392, 395. 694 Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S.252f; Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh §13 Rz.114. Für einen Abhängigkeitsbericht besteht in der GmbH kein Bedürfnis, weil die Geschäftsleitung anders als der Vorstand der Aktiengesellschaft (§§ 76 Abs. 1,111 Abs. 4,119 Abs. 2 AktG) der übergeordneten Kontroll- und Überwachungskompetenz der Gesellschafterversammlung unterliegt (§§37 Abs.l, 46 Nr.6 GmbHG). Daneben hat jeder Gesellschafter den Auskunftsanspruch nach § 51 a GmbHG (Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh § 13 Rz. 107, 114). 695 Wtedemann JZ 1976, 392, 395. 696 Bartl/Fichtelmann u.a., GmbHG, §46 Rz.78. 697 Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 161. 698 G. Hueck, Gesellschaftsrecht, §36 II 3, S.359; Baumbach/Hueck/Fastnch, GmbHG, 17. Aufl., §13 Rz.32; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §13 Rz.3. 699 OLG Düsseldorf ZW 1994, 619, 621; OLG Köln NJW-RR 1994, 616; Baumbach/Hueck/ Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., §13 Rz.32; Lütter/Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rz.3. 700 Ulmer, in: FS 50 Jahre BGH, 273, 306ff; MüKo/Ulmer, BGB, §705 Rz. 172; wohl auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §21 IV 4, S.637ff.

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund Prozessrechts

215

Diesen Ansichten ist gemeinsam, dass sie im Gesetz keine direkte Stütze finden. Insbesondere ist die Ableitung der actio pro socio aus dem Recht der Personengesellschaften rechtlich ungeeignet für die Anerkennung einer gewohnheitsrechtlich etablierten Prozessstandschaft auch im Recht der Kapitalgesellschaften. Denn anders als bei diesen lässt sich im Recht der Personengesellschaften die Prozessführungsbefugnis aus einem eigenen materiellrechtlichen Anspruch des Gesellschafters ableiten, der sich unmittelbar auf den Gesellschaftsvertrag stützen kann. Ähnlich fragil ist die Übertragung der Wertungen aus dem ITT-Urteils auf eine actio pro socio in Prozessstandschaft, weil der Bundesgerichtshof aufgrund nach Sachlage gebotener besonderer gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten zwischen Gesellschaftern eigene materiellrechtliche Schadensersatzansprüche des Einzelgesellschafters gegen Mitgesellschafter befürwortet hat.701 Hat aber der einzelne Gesellschafter das Recht auf Verfolgung eigener materiellrechtlicher Ansprüche gerichtet auf Leistung in das Gesellschaftsvermögen702, so ist die Annahme einer Prozessstandschaft für gleichgerichtete Ansprüche der Gesellschaft durch denselben Einzelgesellschafter unnötig. 2. Trennungsprinzip als Grundlage der Befugnis einzelner zur Prozessvertretung der Gesellschaft a) Gesetzliche

Vorgaben

des

Gesellschafter

Kapitalgesellschaftsrechts

Ausgangspunkt aller rechtlichen Zweifel an der actio pro socio in Prozessstandschaft des ersatz- oder notzuständigen Einzelgesellschafters ist das System der im Gesetz vorgesehenen binnengesellschaftlichen Kompetenzordnung. Sie überträgt die Entscheidungszuständigkeit für die (außer)prozessuale Verfolgung von Sozialansprüchen des Verbandes gegen Mitgesellschafter und Organmitglieder ausschließlich Gesellschaftsorganen der körperschaftlichen juristischen Person. 703 Im Recht der Kapitalgesellschaften sind die organschaftliche Entscheidungskonzentration der Mitgliederversammlung704, die Kompetenz der Verwaltungs- und Aufsichtsorgane705 und die besonderer organschaftlicher Prozessvertreter der Gesellschaft706 verwurzelt. Die exklusive Entscheidungskompetenz der Gesellschaftsorgane einer juristischen Person bestätigen gewissermaßen als Kehr701 BGHZ 65, 15ff („ITT"), BGH WM 1982, 928ff, BGH NJW 1990, 2627ff; BGH DStR 1994, 214ff. 702 Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1530; Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, 8. Aufl., §14 Rz.39. 703 Wieland, Handelsrecht, Bd. II, §98, S.87ff, § 117, S.292ff•, Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd.III 3, §2, S.39ff, §34, S.465ff, §37, S.502ff; Kübler, Gesellschaftsrecht, § 14 III, S. 158ff, § 15 II S. 171 ff; Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, §24, S. 109ff; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, §4 II 3, S.212ff; Häsemeyer ZHR 144 (1980), 265, 270, 278f, 280, Verhoeven BB 1978, 335, 336. 704 705 706

§§ 45, 46 GmbHG, §§ 118, 119 Abs. 1 AktG. §§35, 37, 52 GmbHG, §§76,78, 119 Abs.2, 111, 112 AktG. §46 Nr. 8 Hs.2 GmbHG, § 147 Abs. 2 u. 3 AktG.

216

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

seite derselben Medaille die wichtigsten Mitgliedsrechte des Einzelgesellschafters, die nur auf die Mitwirkung bei der innerverbandlichen Willensbildung des jeweiligen Gesellschaftsorgans begrenzt sind. 707 Der Einzelgesellschafter ist in die statutarische und gesetzliche Zuständigkeits- und Verfahrensordnung der juristischen Person eingebunden. 708 Er hat jedoch nicht neben den Organen der juristischen Person die Funktion einer Ersatz- oder Ultimativzuständigkeit für die (außer)prozessuale Durchsetzung von Sozialansprüchen der Gesellschaft. Das hat zur Folge, dass de lege lata Binnenkonflikte der Verbandsmitglieder wegen der Teilhabe an der Organisationsgewalt der Gesellschaft nicht in Konkurrenz zwischen Hauptkompetenz der Gesellschaftsorgane und Hilfszuständigkeit des einzelnen Gesellschafters zu lösen sind, sondern verfahrensrechtlich aufgrund der statutarisch oder gesetzlich vorgesehenen organschaftlichen Kompetenzordnung der Gesellschaft. 709 Dieses gesetzliche System ist prinzipiell bindend 710 , individuelle Klagebefugnisse des Kapitalgesellschafters können statutarisch nachgiebigen Rechts begründbar werden. 711 Denkbar ist freilich die Fundierung solcher Kompetenzen innerhalb der Zulässigkeitsgrenzen der Rechtsfortbildung. Die Übertragung der Geltung der actio pro socio als einer Hilfs- oder Ersatzzuständigkeit wäre aber entbehrlich, fänden sich im Kapitalgesellschaftsrecht gesetzliche Regeln, die dasselbe Ergebnis systemkonform stützten und die Kreuzung bestimmender Merkmale der dualistischen Einteilung in Personengesellschaften und juristische Personen entbehrlich machten. Eine derartige Stütze kann in den Normen über das Stimmverbot und über die Bestellung organschaftlicher Prozessvertreter, gesehen werden. 712 (1) Stimmverbote

wegen

Interessenkollision

Ein Gesellschafter der G m b H oder Aktiengesellschaft ist als ihr Schuldner und potenzieller Prozessgegner durch Stimmrechtsverbot (§47 Abs. 4 S.2 G m b H G , § 1 3 6 Abs. 1 S. 1 AktG) von der Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung

7 0 7 Auskunfts- und Einsichtsrechte (§51 a G m b H G , §131 AktG), Stimmrechte (§47ff G m b H G , § 133ff AktG), Recht der Beschlussmängelklage (§241ff AktG). 708 Kühler, Gesellschaftsrecht, § 15 II, S. 171, § 15 V, S. 187ff, § 17 V, S.230ff; Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III 3, §37, S.502ff; Roth/Altmeppen, §45 Rz. 1; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , Vorb §35 Rz. 1, §45 Rz.2f; zur Aktiengesellschaft siehe auch Wieland, Handelsrecht, Bd. II, §99, S.94ff. 7 0 9 Recht auf Einberufung der Mitgliederversammlung auf Verlangen einer Gesellschafterminderheit (§50 G m b H G , §122 AktG, §37 BGB), Stimmverbote (§47 Abs.4 G m b H G , §136 Abs. 1 AktG, §34 BGB), Recht auf Bestellung besonderer Prozessvertreter (§46 Nr. 8 Hs.2 G m b H G , § 147 Abs. 2 S. 1 u. S. 2, Abs. 3 AktG). 7 1 0 §45 Abs. 1 u. G m b H G , §23 Abs.5 AktG. 7,1 Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz.59. 712 § 47 Abs. 4, § 46 Nr. 8 Hs. 2 G m b H G , § 136 Abs. 1, § 147 Abs. 2 S. 1 AktG; siehe dazu Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.68ff, 88ff.

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

217

über die gegen ihn gerichtete Verfolgung von Sozialansprüchen der juristischen Person wegen Interessenkollision ausgeschlossen. 713 In der zweigliedrigen GmbH entscheidet daher der vom Ausschluss nicht betroffene stimmberechtigte Gesellschafter allein über die Geltendmachung des Sozialanspruchs der Gesellschaft gegen den Mitgesellschafter (§46 Nr. 2 und 8 GmbHG), in der mehrgliedrigen GmbH entscheiden die übrigen Gesellschafter mit Stimmenmehrheit (§47 Abs. 1 GmbHG) und weisen den vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Gesellschaft zum Vollzug an (§37 Abs. 1 GmbHG). Aufgrund des Stimmverbots gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 AktG gilt in der Aktiengesellschaft entsprechendes, wenn die Hauptversammlung im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens (§ 147 Abs. 1 S. 1 AktG) über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen einzelne Mitaktionäre gemäß § 117 Abs. 1 S. 1 AktG zu beschließen hat. 714 Das Stimmverbot trifft nur den potenziellen Prozessgegner der Gesellschaft. Von der Abstimmung über die klageweise Anspruchsverfolgung sind auch diejenigen Gesellschafter jeweils wechselseitig ausgeschlossen, gegen die aufgrund einer gemeinsam begangenen Pflichtverletzung Klage erhoben werden kann. 715 Darüber hinaus ist die Stimmabgabe eines Gesellschafters unwirksam, wenn missbräuchliches Abstimmungsverhalten potenzielle Prozessgegner vor einer Inanspruchnahme durch die Gesellschaft bewahren soll. 716 Ein auf derartiger Abstimmung beruhender, die Anspruchsverfolgung negierender Beschluss ist wegen Gesetzesverstoßes anfechtbar. Mit der Anfechtungsklage gegen ein gesetzeswidriges Beschlussergebnis lässt sich gemäß §256 Abs. 1 ZPO die positive Beschlussfeststellungsklage verbinden. 717 Diese Regelungen enthalten für sich genommen keine Grundlage für die Forderung nach einer Übertragung der Grundsätze der actio pro socio vom Personengesellschaftsrecht auf das Kapitalgesellschaftsrecht, indem vom Stimmrecht nicht ausgeschlossnen stimmberechtigten Gesellschaftern eine Ersatzkompetenz gewährt wird. Denn stimmberechtigt gebliebene Gesellschafter haben wegen des Stimmrechtsausschlusses des Mitgesellschafters eine Alleinentscheidungskompetenz in der Rechtsstellung als Gesellschaftsorgane, sie gelten also nicht lediglich als Hilfsorgane separat neben den regulären Gesellschaftsorganen und repräsentieren als Organe die Gesellschaftsentscheidungen (§47 A b s . l , §48 Abs. 1 713 M o t i v e I, S. 107; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , § 4 7 R z . 4 6 ; Roth/Altmeppen, §47 Rz.50. 714 Allerdings mit der Besonderheit, dass Ersatzansprüche nach § 147 Abs. 1 S. 1 A k t G auch geltend zu machen sind, w e n n es eine Minderheit verlangt, deren Anteile z u s a m m e n den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen. 715 BGHZ 9 7 , 2 8 , 3 4 ; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 46 R z . 3 4 , 5 8 , § 47 R z . 70; Lutter/Hommelhoff G m b H G , § 47 R z . 21; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , § 47 R z . 61; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , § 4 6 R z . 1 7 1 , § 4 7 R z . 1 5 3 ; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , § 4 7 R z . 8 7 ; Rowedder/ Koppensteiner, § 4 7 Rz. 61; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im G m b H - R e c h t , S. 70f. 716 Roth/Altmeppen, G m b H G , § 1 3 R z . 5 0 f f ; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , § 4 7 R z . 2 6 f f . 717 Siehe dazu auch oben S. 118ff.

218

Teil 2: B. Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen

Mitgesellschafter

G m b H G , §§ 118,133 AktG). H a b e n die stimmberechtigten Gesellschafter die organschaftliche Alleinentscheidungskompetenz unter Ausschluss des wegen eines Stimmverbots belasteten potenziellen Prozessgegners, so ist f ü r die weitere Vorgehensweise offen, ob sie die zur Prozessvertretung berufenen Gesellschaftsorgane anweisen, gegen den Mitgesellschafter vorzugehen, oder selbst aufgrund ihrer Rechtsstellung als Willensbildungsorgan der Gesellschaft besondere Prozessvertreter f ü r die klageweise Anspruchsverfolgung bestellen dürfen. Das Regeln §46 Nr. 8 Hs. 2 G m b H G und § 147 Abs. 2 S. 1 A k t G , deren ratio u n d Reichweite in der Gegenüberstellung einerseits und ihre extensiv-rechtsfortbildende Auslegung andererseits die Konstruktion einer Ersatz- oder Notzuständigkeit des einzelnen Gesellschafters f ü r die Verfolgung von Sozialansprüchen der Kapitalgesellschaft entbehrlich machen kann. 7 1 8 D e r Gewinn läge darin, dass die Übertragung der Rechtsfigur der actio p r o socio in das Recht der Kapitalgesellschaft vermeidbar wäre und das dualistische System des Nebeneinanders beider Gesellschaftsformen gewahrt bliebe.

(2) Bestellung besonderer Prozessvertreter im GmbH- und

Aktienrecht

Beiden Bestimmungen ist gemeinsam, dass die Entscheidung über die Bestellung besonderer organschaftlicher Prozessvertreter der Gesellschaft die Mitgliederversammlung trifft, wenn der Geschäftsführer der G m b H im Interessenkonflikt zu Gesellschaftern bzw. zur Gesellschaft steht oder in der Aktiengesellschaft eine schadensgeneigte Verkettung von Vorstands-, Aufsichtsrats- und Aktionärsinteressen in der Aktiengesellschaft erkennbar ist. Für beide Gesellschaftsformen löst das Gesetz die Konfliktstellungen vertretungsberechtigter Gesellschaftsorgane durch die Möglichkeit der Ernennung eines besonderen organschaftlichen Prozessvertreters. 719 §46 Nr. 8 H s . 2 G m b H G sieht diese Möglichkeit f ü r Klagen gegen Geschäftsführer vor, weil diese aufgrund einer Interessenkollision nicht zugleich in zwei prozessualen Rollen auf der Klägerseite als Vertretungsorgan der Gesellschaft und zugleich als Beklagte auftreten dürfen. In diesen Fällen fehlen entweder zusätzliche Geschäftsführer in erforderlicher Zahl 7 2 0 oder diese unter718

OLG München WM 1982, 1061, 1062f; Roth/Altmeppen, G m b H G , §47 Rz.49ff, 78; §46 Rz.50; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.68ff, 88ff; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz. 170; Lutter/Hommelhoff G m b H G , §35 Rz.8. 719 Gerichtlich bestellte Prozessvertreter sind - ebenso wie die von der Hauptversammlung bestellten (§ 147 Abs. 2 S. 1 AktG) - gesetzliche Vertreter der Gesellschaft und schließen in ihrem Aufgabenbereich eine Vertretung durch andere Gesellschaftsorgane aus (Geßler/Hefermehl/Ekkardt/Kropff, AktG, § 147 Rz. 17). 720 Hat die G m b H einen Aufsichtsrat, so findet § 112 AktG zwingend nach dem Mitbestimmungsgesetz, ansonsten kraft dispositiven Rechts (§52 G m b H G ) Anwendung, mithin vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber den Geschäftsführern (Roth/Altmeppen, GmbHG, §46 Rz.49). Der Gesellschafterversammlung bleibt aber unbenommen, besondere Prozessvertreter zu bestellen, weil § 112 AktG unter dem Vorbehalt des § 147 Abs. 2 S. 1 AktG (i.d.F. des KonTraG v. 27.4. 1998) steht (Brodmann, Bern. 9 zu §46 G m b H G ; Hachenburg/Schilling, §46

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft aufgrund Prozessrechts

219

liegen typischerweise der Gefahr, das Gesellschaftsinteresse an effizienter Rechtsverfolgung hinter kollegiale Bindungen zu dem ersatzpflichtigen Mitgeschäftsführer zu stellen. 721 Ahnlich ist die Ausgangslage in der Aktiengesellschaft, w e n n ein Aktionär Gesellschaftsschuldner ist, ein Mitglied des Vorstands oder A u f sichtsrats, dann kann die Hauptversammlung nach § 147 Abs. 2 S. 1 A k t G , in den Fällen des § 147 Abs. 2 S.2 und Abs. 3 A k t G auch das Gericht auf Antrag einer Aktionärsminderheit, besondere Prozessvertreter zur Durchsetzung von Ersatzansprüchen bestellen, w e n n eine hinreichend unvoreingenommene Anspruchsverfolgung durch die an sich berufenen Vertretungsorgane wegen Interessenverquickung von Unternehmensleitung u n d Aktionärsmehrheit nicht zu erwarten ist 722 oder der Verdacht einer groben Pflichtverletzung vorliegt (§ 147 Abs. 3 S. 1 AktG). 7 2 3 Unterschiedliche Regelungsziele dieser Bestimmungen führen zu verschiedenen Bestimmungsanlässen f ü r Prozessvertreter. In der Aktiengesellschaft richtet sich das Recht der Vertreterbestellung auf Ersatzansprüche gegen Mitgesellschafter u n d gegen Mitglieder der Verwaltungsorgane der Gesellschaft. 724 In der G m b H ist die Gesellschafterversammlung prinzipiell nur zur Bestellung eines besonderen Prozessvertreters für Ansprüche gegen Fremdgeschäftsführer und Gesellschafter-Geschäftsführer befugt. 7 2 5 In allen Rechtsstreitigkeiten der G m b H gegen nicht geschäftsführende Gesellschafter bliebe es nach dem Wortlaut des §46 Nr. 8 H s . 2 G m b H G bei der Vertretungsmacht der Geschäftsführer. 7 2 6 Dies Rz.36; Baumhach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §46 Rz.43; Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz.49; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 100; a.A. für die mitbestimmte G m b H mit obligatorischem Aufsichtsrat Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz. 165; Lutter/ Hommelhoff G m b H G , §47 Rz.26; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §46 Rz.39; Beck GmbH-HB/Schmiegelt, §3 Rz. 118). 721 BGH2 97, 28, 35; Eickhoff Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.69, 88ff; Roth/ Altmeppen, G m b H G , §47 Rz.50; Lutter/Hommelhoff G m b H G , §46 Rz.25; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz. 163; Meyer-Landrut/Miller/Niehus, G m b H G , §46 Rz.48\Hachenburg/Hüffer, G m b H G , 8. Aufl., §46 Rz. 100; Beck GmbH-H B/Schmiegelt, §3 Rz. 112. 722 Siehe dazu Schubert!Hommelhoff, 100 Jahre modernes Aktienrecht, S.469f; RegBegr Kropff S.215 Hüffer, AktG, 4.Aufl., §147 R z . l , 8; Baumbach/Hueck, AktG, §147 Rz.2; MünchHdb. GesR IV/Semler, §42 Rz.20; Barz, in: Großkomm AktG, § 147 Anm. 13; Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff AktG, § 147 Rz. 15. Zur Vertreterbestellung nach § 147 Abs. 3 AktG siehe auch Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 147 Rz.9; Ulmer Z H R 163 (1999), 290, 292ff; Krieger Z H R 163 (1999), 343, 344ff; Sünner Z H R 163 (1999), 364, 369ff; Bayer NJW 2000, 2609, 2613ff. 723 Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 147 Rz. 9; Ulmer Z H R 163 (1999), 290, 292ff; Krieger Z H R 163 (1999), 343, 344ff; Sünner Z H R 163 (1999), 364, 369ff. 724 §147 Abs. 1 S.l i.V.m. §117 Abs.l S.l, §§93, 116 AktG. 725 §46 Nr.8 Hs.2 G m b H G . 726 BGHZ 97, 28, 35; Brodmann, Bern. 3 zu §35 G m b H G , Bern. 9 zu §46 G m b H G ; Lutter/ Hommelhoff, G m b H G , §35 Rz.6f; §46 Rz.28; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §35 Rz. 10, §37 Rz.44, 51, §46 Rz.38; Roth/Altmeppen, G m b H G , §35 Rz. 13,15; §46 Rz.53; Hachenburg/ Mertens, G m b H G , §35 Rz.213,231, §46 Rz.36;Scholz/U.H. Schneider, G m b H G , §35 Rz. 140, 140 b; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz.l66f; Bartl!Fichtelmann u.a., G m b H G , §35 Rz.38ff; §47Rz. 87. A.A. etwa Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §35 Rz.49, 51, §46 Rz.42;

220

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

führte im Besonderen dazu, dass in Prozessen der GmbH gegen Mehrheitsgesellschafter die Prozessvertretung bei der ihnen nahe stehenden Geschäftsführung läge. Wäre aber die im GmbH-Recht vorhandene Lücke für die Bestellung eines besonderen Prozessvertreters bei der Verfolgung eines Anspruchs der GmbH gegen (Mehrheits-)Gesellschafter schließbar, so wäre es insoweit grundsätzlich unnötig, dem GmbH-Recht die personengesellschaftsrechtliche Rechtsfigur der actio pro socio zu implementieren und auf ihr eine Hilfs- oder Ersatzzuständigkeit des Gesellschafters für die Verfolgung eines Sozialanspruchs gegen Mitgesellschafter zu konstruieren. Denn der besondere Prozessvertreter ist nicht lediglich Prozessbevollmächtigter, sondern gesetzlicher Vertreter in der Rechtsstellung als Organ der GmbH für den konkreten Prozessstoff (§§51, 56 ZPO). 7 2 7 Er handelt für den Prozessgegenstand originär organschaftlich und schließt in diesem Aufgabenbereich eine Prozessvertretung durch die eigentlichen Geschäftsführer aus. 728

(3) Extensive Auslegung des §46 Nr. 8 Hs. 2 GmbHG mit Bezug auf das Gesamtsystem der Vertreterbestellung Werden die Gesetzessystematik und die körperschaftlichen Regeln des GmbHRechts für die Lösung innerverbandlicher Konflikte im Hinblick auf die Verfolgung von Sozialansprüchen für unergiebig oder lückenhaft gehalten, so könnte durch Anknüpfung an bestehende Normen und Rechtsgrundsätze des Körperschaftsrechts das Gesetz rechtsfortbildend 729 ergänzt und teleologisch extensiv in den Grenzen des Gesamtsystems fortentwickelt werden. 730 Für die Schließung der Regelungslücke in § 46 Nr. 8 Hs. 2 GmbH bietet sich die Übertragung Rezeption der ratio des § 147 Abs. 2 S. 1 AktG an, wonach in einem Beschluss der MitFeine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, S. 486ff, 489,511 wonach sich die organschaftliche Vertretungsmacht der Geschäftsführer aus §§35 Abs. 1, 37 Abs. 2 G m b H G grds. nicht auf Angelegenheiten aus dem Innenverhältnis der Gesellschaft erstreckt. 727 BGHZ 97, 28, 35; Hachenburg/Hüffer, G m b H G , 8. Aufl., §46 Rz. 105f; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §46 R z 47; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, §46 Rz. 173; Roth/Altmeppen, G m b H G , §47 Rz.52; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.69, 88ff; zur Aktiengesellschaft Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 147 Rz. 17. 728 BGHZ 9 7 , 2 8 , 3 5 ; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , § 46 Rz. 25; Roth/Altmeppen, GmbHG, §46 Rz.47f; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §46 Rz 44; Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, §147 Rz. 17. Unterschiedlich wird nur die Frage beantwortet, ob §46 Nr. 8 Hs.2 G m b H G die organschaftliche Vertretungsmacht sämtlicher Geschäftsführer ipso jure oder erst mit Beschlussfassung über die Vertreterbestellung entfallen lässt (vgl. Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz.48; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §46 Rz. 38, Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , §35 Rz. 140 b; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz. 164; Beck GmhH-HB/Schmiegelt, §3 Rz. 114). 729 OLG München W M 1982,1061, 1062f; Roth/Altmeppen, G m b H G , §47 Rz.49ff, 78; §46 Rz. 50; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 68ff, 88ff; siehe auch Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz. 170; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §35 Rz. 8. 7 3 0 Siehe auch Roth/Altmeppen, G m b H G , §47 Rz.49, 51, 78, zur ähnlichen Problematik teleologisch extensiver Interpretation der Stimmverbote aus §47 Abs. 4 G m b H G , §136 Abs. 1 AktG, §34 B G B .

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

221

gliederversammlung bestellte organschaftliche Prozessvertreter zur Verfolgung von Ansprüchen der Aktiengesellschaft nicht nur gegen Mitglieder der Verwaltungsorgane, sondern auch gegen (Mehrheits-)Gesellschafter autorisiert werden können. Eine Ausweitung der Geltung des §46 Nr. 8 Hs. 2 GmbHG durch teleologisch extensive Interpretation und teleologische Übernahme des Rechts auf Vertreterbestellung gemäß § 147 Abs. 2 S. 1 AktG erfordert einen Blick auf die ratio legis und mögliche gesellschaftsrechtliche Binnenkonflikte wegen der Modalitäten der Anspruchsverfolgung. Nach §46 Nr. 8 Hs.2 GmbHG entscheidet die Gesellschafterversammlung über die Prozessvertretung der GmbH für alle A k tiv- und Passivprozesse gegen einen ihrer Fremdgeschäftsführer oder Gesellschafter-Geschäftsführer. 731 Die Norm zeigt der GmbH einen Ausweg, wenn ihr Anspruchsgegner im Prozess wegen Interessenkollision ausscheidet und - wie häufig - für die Prozessvertretung erforderliche zusätzliche Geschäftsführer der GmbH fehlen. Davon abgesehen hat die Gesamtheit der Gesellschafter über die Prozessvertretung der Gesellschaft zu beschließen, wenn zusätzlich vorhandene Geschäftsführer wegen kollegialer Verbundenheit keine ausreichende Gewähr für eine unvoreingenommene und nachdrückliche Anspruchsverfolgung gegen einen Fremdgeschäftsführer oder Gesellschafter-Geschäftsführer bieten. 732 Grundsätzlich problemlos ist daher in dem vorliegenden Kontext die unmittelbare Anwendbarkeit des §46 Nr. 8 Hs.2 GmbHG, wenn die Geltendmachung von Ansprüchen der GmbH als juristische Person gegen Gesellschafter-Geschäftsführer durch einen besonderen organschaftlichen Prozessvertreter inmitten steht. Dieser Regelungsgegenstand entspricht vollständig § 147 Abs. 2 S. 1 AktG. Insofern kann aber der Rechtsgedanke beider Normen als Grundlage für einen Gleichlauf des Rechts auf Vertreterbestellung in der GmbH und in der Aktiengesellschaft begründen.

(4) Erweiterung geschäftsführende

des §46 Nr. 8 Hs. 2 GmbHG auf Ansprüche gegen Gesellschafter

nicht

Wesentliche Prämisse ist, dass die Bestellung eines besonderen Prozessvertreters nicht als Annex des ersten Halbsatzes des § 46 Nr. 8 GmbHG zu verstehen ist. Seinem Wortlaut nach gilt die Norm zwar nur für die Bestellung eines besonderen organschaftlichen Prozessvertreters, wenn die GmbH gegen ihren Geschäftsführer Ansprüche nach §43 GmbHG geltend macht. Die Norm zielt aber nicht nur auf Ersatzansprüche der GmbH gegen Geschäftsführer ab, sondern nach Sinn und Zweck der Vertretungsregelung (Gewährleistung einer ausreichenden und unvoreingenommenen Prozessvertretung der G m b H ) auf Ansprüche aller Art

731 Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, §46 Rz 44; Roth/Altmeppen, Hachenburg/Hüffer, GmbHG, 8. Aufl., §46 Rz. 101. 732 Nachweise Fn. 721.

GmbHG, §46 Rz.47;

222

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

und auf jeder Rechtsgrundlage. 7 3 3 Davon ausgehend ist § 4 6 Nr. 8 H s . 2 G m b H G wenigstens auch auf nicht geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter als potenzielle Beklagte der Gesellschaft anwendbar, weil der Geschäftsführer in einem typischen Befangenheitskonflikt steht. 7 3 4 Charakteristische ist für diese Befangenheitslage des Geschäftsführers der Spagat zwischen der Loyalität zur Gesellschaft und der latenten oder offenen Machtbedrohung seiner Rechtsstellung durch den Mehrheitsgesellschafter. 735 Die innere Abhängigkeit vom Mehrheitsgesellschafter birgt das Risiko, dass die Interessen der durch das Stimmverbot nicht ausgeschlossenen Gesellschafter unbeschadet ihrer Weisungskompetenz gegenüber dem Geschäftsführer durch eine voreingenommene ineffiziente Prozessführung verletzt werden 7 3 6 , vor allem, wenn Geschäftsführer die G m b H gegen Mehrheitsgesellschafter vertreten sollen, obwohl sie selbst ebenfalls ersatzpflichtig sind oder zu erwarten ist, dass im Prozess gegen den Mehrheitsgesellschafter Tatsachen zu ihren Lasten bekannt werden. 7 3 7 In derartigen Konfliktlagen haben nach der ratio des § 4 6 Nr.8 H s . 2 G m b H G die stimmberechtigten Gesellschafter durch Beschluss über eine besondere Prozessvertretung zu entscheiden. Insofern ist die N o r m nicht nur als Annex im Prozess der G m b H gegen Fremd- oder Gesellschafter-Geschäftsführer zu verstehen. Sie drückt zugleich ein allgemeines Prinzip aus, das Gesellschafter berechtigt in vergleichbaren Konfliktlagen zwischen dem Eigeninteresse des Geschäftsführers und den übergeordneten Interessen der Gesellschaft einen neutralen Prozessvertreter zu bestellen. 738 Exemplarisch mag auch der Hinweis auf die Geltung des § 4 8 Nr.8 H s . 2 G m b H G im Fall einer Ausschlussklage gegen nicht geschäftsführende Gesellschafter dienen, wenn Geschäftsführer wegen divergierender Auffassungen über den Ausschluss oder wegen zu enger früherer Zusammenarbeit mit dem Beklagten für die Vertretung der G m b H im Prozess ungeeignet sind. 739 Davon abgesehen ist anerkennt, dass die Gesellschafter über die Prozessvertretung der G m b H

733 Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §46 Rz 44; Roth/Altmeppen, G m b H G , §47 Rz.28, 51; Hachenburg/Hüffer, G m b H G , 8. Aufl., §46 Rz. 101. 734 OLG München W M 1982, 1061, 1063; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §46 Rz.42; Lutter/Hommelhoff G m b H G , § 35 Rz. 8; Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz. 50; ähnlich Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.68ff, 87, 88ff, 90f, 105. 7 3 5 Etwa weil der Geschäftsführer nach Beendigung des Rechtsstreits jederzeit durch Mehrheitsbeschluss abberufen werden kann (§§38, 46 Nr. 5, §47 Abs. 1 G m b H G ) , aber auch wegen der übergeordneten Weisungskompetenz des Mehrheitsgesellschafters (§37 Abs. 1, §46 Nr. 6, §47 Abs. 1 G m b H G ) . Siehe dazu auch Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 67f; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.284. 736 Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.69, 88ff. 737 Hüffer, AktG, § 147 Rz. 1. 738 Hüffer, AktG, § 147 Rz. 1; Roth/Altmeppen, G m b H G , §47 Rz.50; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §46 Rz.25; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.69, 88ff. 739 Hachenburg/Ulmer, G m b H G , Anh §34 Rz.21; Roth/Altmeppen, G m b H G , §60 Rz.48; Baumbach/Hueck/Fastrich, G m b H G , Anh §34 Rz.8; Scholz/Winter, G m b H G , §15 Rz.139; Rowedder, G m b H G , §34 Rz.55.

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

223

gegen nicht geschäftsführende Gesellschafter als Beklagte beschließen können, wenn dem Gesellschafter und dem Geschäftsführer eine gemeinsam verübte Pflichtverletzung vorwerfbar ist, welche den befangenen Geschäftsführer an einer sachgerechten Prozessvertretung hindert. 7 4 0 Gerade die ratio des §46 Nr. 8 H s . 2 G m b H G , nämlich die Gewährleistung einer unvoreingenommenen Prozessvertretung, lässt grundsätzlich die Bestellung besonderer Prozessvertreter gegen den nicht geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafter zu, w e n n das Abhängigkeitsverhältnis des Geschäftsführers vom Mehrheitsgesellschafter eine nachdrückliche u n d unbefangene Vertretung der Gesellschaftsinteressen nicht gewährleistet. 741 D a n n liegt aber der nächste Schritt f ü r ein extensives Verständnis des §48 N r . 8 H s . 2 G m b H G nahe. Danach darf die Gesellschafterversammlung grundsätzlich in allen Prozessen der G m b H gegen Mitgesellschafter, gleichviel ob Mehrheitsgesellschafter oder nicht, besondere Prozessvertreter bestellen. 742 Diese schließen dann im konkreten Prozess eigentlichen Geschäftsführer von der Vertretung der G m b H gegen den Gesellschafter aus. Dieser Standpunkt lässt sich auf Erwägungen der Praktikabilität 7 4 3 , auf die A u ß e n w i r k u n g des §46 Nr. 8 G m b H G als Kompetenzvorschrift f ü r das Grundverhältnis der Gesellschaft 744 740 BGHZ 97, 28, 34f; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz.170; Lutter/Hommelhoff G m b H G , §47 Rz.28; Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz.50; Hachenhurg/Hüffer, GmbHG, 8.Aufl., §46 Rz. 103; Beck GmbH-HB/Schmiegelt, § 3 Rz. 116; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , § 4 7 Rz.87. Die betroffenen Gesellschafter u n d Gesellschafter-Geschäftsführer sind wechselseitig v o m Stimmrecht ausgeschlossen (§47 Abs. 4 G m b H G ) . Das gilt auch, w e n n es u m die Bestellung des besonderen Prozessvertreters geht (BGHZ 97, 28, 34f; Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz.58; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , § 4 7 Rz.21). 741 A u ß e r d e m birgt die Prozessvertretung durch Geschäftsführer das Risiko einer Schadensersatzhaftung (§43 A b s . 2 G m b H G ) wegen nachlässiger P r o z e s s f ü h r u n g und damit u . U . einen zweiten Prozess gegen den Geschäftsführer (Eickhoff, Die Gesellschafterklage im G m b H Recht, S.67f). Deshalb erscheint es angemessener, den Mehrheits-Minderheitenkonflikt nicht auf dem R ü c k e n des Geschäftsführers auszutragen, dessen Leitungsmacht ohnehin nicht gegenüber der Gesellschaftergesamtheit verselbständigt ist (vgl. auch Hachenburg/Mertens, GmbHG, § 43 Rz. 102). Die Vertreterbestellung hätte auch den Vorteil, dass der Geschäftsführer im Prozess gegen den Mehrheitsgesellschafter als Zeuge v e r n o m m e n werden kann. Das wäre nicht möglich (sondern Parteivernehmung nach §§ 445 ff Z P O ) , w e n n er den Rechtsstreit als Vertretungsorgan der G m b H f ü h r e n müsste (Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 R z . 6 , §46 Rz.52, Scholz/U.H. Schneider, G m b H G , § 3 5 Rz. 144, Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz. 173). 742 Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §46 Rz.42; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz. 170; Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz.50; Feine, in: Ehrenberg, H a n d b u c h des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, S. 489, 509, 511; f ü r Ersatzansprüche gegen Mitgesellschafter auch Hachenburg/Hüff er, G m b H G , 8.Aufl., §46 Rz. 103; ähnlich Eickhoff, Die Gesellschafterklage im G m b H - R e c h t , S. 88ff, allerdings mit der Beschränkung auf tatsächliche A n h a l t s p u n k t e f ü r einen Interessenkonflikt (kollegiale, freundschaftliche, familiäre Bindungen; Abhängigkeitslagen etc). 743 G e m . §46 N r . 2 u. 8 G m b H G hat die Gesellschafterversammlung o h n e h i n über die A n spruchsverfolgung zu entscheiden. Siehe auch Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §46 Rz.42; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz.170). 744 Z u r A u ß e n w i r k u n g des §46 Nr. 8 G m b H G vgl. die Nachwiese Fn. 55. A u ß e r d e m k ö n n e n sich Mitgesellschafter ohnehin nicht auf den in § 3 7 Abs. 2 G m b H G geregelten G r u n d s a t z der

224

Teil 2: B. Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen

Mitgesellschafter

u n d auf die Allzuständigkeit der Gesellschafter in ihrer Rechtsstellung als oberstes Gesellschaftsorgan stützen. 7 4 5

(5) Organschaftliche Prozessvertretung Gesellschafter

durch den allein

stimmberechtigten

Kann somit aufgrund extensiver Auslegung des § 48 Nr. 8 Hs. 2 G m b H G ein besonderer organschaftlicher Prozessvertreter prinzipiell im Prozess gegen nicht geschäftsführende Gesellschafter bestellt werden, so stellt sich die Frage, ob die Eigentümlichkeit des Befangenheitskonflikts stets ein förmliches Beschlussverfahren 7 4 6 f ü r die Vertreterbestellung erfordert. Die Geltung des §46 Nr. 8 H s . 2 G m b H G lässt sich auch in der Anspruchsrichtung gegen Gesellschafter befürworten. D a n n nimmt dieser wegen Stimmverbots weder an dem Beschluss über die gegen ihn gerichtete Anspruchsverfolgung noch an dem Beschluss über die Bestellung eines besonderen Prozessvertreters teil. In der zweigliedrigen G m b H lässt sich daher die Vertreterbestellung auf zwei Arten verwirklichen: Entweder der allein stimmberechtigte Gesellschafter" beschließt mit sich selbst" die klageweise Anspruchsverfolgung gegen den Mitgesellschafter und bestellt einen Dritten als Prozessvertreter. 7 4 7 O d e r er bestellt sich selbst z u m Prozessvertreter der G m b H u n d erhebt dann als gesetzlicher Vertreter im Sinne der §§51, 56 Z P O Klage namens der Gesellschaft. 748 In der mehrgliedrigen G m b H gilt dasselbe, w e n n sich der Stimmrechtsausschluss wechselseitig auf sämtliche anderen Gesellschafter oder Gesellschafter-Geschäftsführer erstreckt und diese wegen einer gegen die G m b H gemeinschaftlich begangenen Pflichtverletzung verklagt werden sollen. 749 unbeschränkten und unbeschränkbaren Vertretungsmacht der Geschäftsführer berufen (Roth/ Altmeppen, G m b H G , §35 Rz.15, §37 Rz.41). 745 Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, S. 489, 509, 511; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.68, 90, siehe auch Roth/Altmeppen, G m b H G , §35 Rz.2, §46 Rz.50. 746 §47ff G m b H G . 747 Die Gesellschafter können durch Beschluss sich selbst oder einen der ihren, einen Geschäftsführer oder den Aufsichtsrat, aber auch Dritte zum Prozessvertreter bestellen (BGHZ 18, 205, 210; 51, 209, 216; 97, 28, 35; Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz.47; Baumbach/Hueck/ Zöllner, G m b H G , §46 Rz.44; Eutter/Hommelhoff, G m b H G , §47 Rz.27; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §47 Rz.68; Hachenburg/Hüffer, G m b H G , 8.Aufl., §46 Rz.105; Rowedder/ Koppensteiner, G m b H G , §46 Rz.40; Beck GmbH-HB/Schmiegelt, §3 Rz. 117). 748 OLG München WM 1982, 1061, 1063; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §46 Rz.40; Hachenburg/Schilling, G m b H G , §46 Rz.36; Hachenburg/Hüffer, G m b H G , 8. Aufl., §46 Rz. 106; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz.153, 171; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §35 Rz.8; Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz.47; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im G m b H Recht, S. 70, 87, 91, 105, 203f; zur Ausschlussklage siehe Roth/Altmeppen, §60 Rz.48. 749 Für die Prüfung der ordnungsgemäßen Prozessvertretung gem. §56 Z P O ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Gesellschafter substantiiert darlegt, worin die Pflichtverletzung und der gemeinschaftliche Tatbeitrag der Mitgesellschafter liegen soll (vgl. auch BGHZ 97, 28, 36).

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

225

Allerdings gilt allgemein 750 , dass ein förmliches Beschlussverfahren über die klageweise Anspruchsverfolgung in der zweigliedrigen G m b H sinnentleerter Formalismus wäre, wenn beide Gesellschafter zugleich einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind. 751 Entsprechendes soll aus Praktikabilitätsgründen in der zweigliedrigen G m b H auch f ü r Gesellschafter gelten, die nicht zugleich alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind. 752 Zutreffendes Kernstück beider Ansichten ist, dass wegen des Stimmverbots seines Mitgesellschafters der allein stimmberechtigte Gesellschafter aufgrund seiner Stimmrechtsmacht 7 5 3 über die Klageerhebung entscheidet. 754 Ist aber in diesen Fällen ein förmlicher Beschluss entbehrlich, so ist auch der Beschluss über die eigene Bestellung als besonderer Prozessvertreter eine sinnentleerte Formalität. 7 5 5 In diesem Fall ist der allein stimmberechtigte Gesellschafter auch ohne förmlichen Beschluss berechtigt, ohne rechtliche U m w e g e als organschaftlicher Prozessvertreter Klage namens der G m b H zu erheben. 7 5 6 750 Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz.153; kritisch Eickhoff, Die Gesellschafterklage im G m b H - R e c h t , S.204, weil ein förmlicher Beschluss nach §48 Abs. 3 G m b H G auch in der Einpersonengesellschaft nicht entfallen könne. D e m steht aber entgegen, dass in der Einpersonengesellschaft ein förmlicher Gesellschafterbeschluss gem. § 48 Abs. 3 G m b H G entbehrlich ist (OLG Köln G m b H R 1975, 274; Roth/Altmeppen, G m b H G , §48 Rz.35; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , § 4 8 Rz.30). Z u d e m hilft ein förmliches Beschlussverfahren nicht weiter, weil der G e sellschafter G e f a h r läuft, in die Rolle eines Anfechtungsklägers gedrängt zu werden, oder die D u r c h f ü h r u n g des Beschlusses an der persönlichen Abhängigkeit des Geschäftsführers v o m Mehrheitsgesellschafter scheitert. 751 Machen die Gesellschafter gegenseitig Sozialansprüche namens der Gesellschaft geltend, so kann es folgerichtig zu zwei Klagen der G m b H k o m m e n , die zu einem einheitlichen Verfahren zusammengefasst w e r d e n k ö n n e n (Roth/Altmeppen, G m b H G , §60 Rz.49). A . A . Hachenburg/ Ulmer, G m b H G , A n h §34 Rz. 22, w o n a c h in der Zweipersonengesellschaft die Prozessstandschaft vorzuziehen sei, weil die G m b H bei gegenseitigen Vorwürfen „letztlich keine eigenständige Rolle m e h r spiele". Richtigerweise ist die G m b H wegen der R e c h t s k r a f t w i r k u n g eines Urteils richtige Prozesspartei (OLG München W M 1982, 1061, 1063). Fragen zur Rechtskrafterstrekkung lassen sich so vermeiden. Siehe dazu etwa einerseits Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz. 39 (keine Rechtskrafterstreckung) und andererseits Baumbach/Hueck/Fastrich, 17. Aufl., §13 R z . 3 4 a (Rechtskrafterstreckung). 752 Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz.153; im Ergebnis auch Hachenburg/Ulmer, G m b H G , A n h §34 Rz.22. 753 §45 A b s . 2 , §47 Abs. 1 G m b H G . 754 OLG München W M 1982,1061,1063; Lutter/Hommelhoff G m b H G , 15. Aufl., §35 Rz. 8; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im G m b H - R e c h t , S.204; im Ergebnis auch BGHZ 65, 15, 21 („ITT") u n d OLG Düsseldorf Z I P 1994, 619, 621, wenngleich auf anderer dogmatischer G r u n d lage der Einzelklagebefugnis. 755 OLG München W M 1982,1061,1063; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 35 Rz. 8. Kritisch Hachenburg/Hüffer, G m b H G , 8. Aufl., § 46 Rz. 106, Scholz/K. Schmidt, G m b H G , § 46 Rz. 153,171, weil der Gesellschafter sich o h n e Beschlussfassung nicht z u m Prozessvertreter machen dürfe. O f f e n bleibt dann aber die Frage, w a r u m z w a r in der Zweipersonengesellschaft ein Beschluss ü b e r die Anspruchsverfolgung nicht erforderlich ist, w o h l aber ein Beschluss über die eigene Vertreterbestellung (so etwa Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz. 153, 171). 756 OLG München W M 1982, 1061, 1063; weitergehend Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 35 Rz. 8, die eine Prozessvertretung analog § 47 Abs. 2 S. 2, § 46 N r . 8 H s . 2 G m b H so-

226

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

(6) Kollision der Prozessvertretung Fremdgeschäftsführers

gegen

Mitgesellschafter

mit der Organstellung des

H a t der allein stimmberechtigte Gesellschafter aufgrund seiner Beschluss- u n d Stimmrechtsmacht über die Bestellung eines besonderen Prozessvertreters gegen Gesellschafter zu entscheiden, so ist nach dem Grundgedanken des §46 Nr. 8 H s . 2 G m b H G ein etwaiger Fremdgeschäftsführer der G m b H an dieser organschaftlichen Entscheidungskompetenz 7 5 7 des Gesellschafters nicht beteiligt. Sein an sich unbeschränkter Handlungsspielraum f ü r die Prozessvertretung der G m b H (§37 Abs. 2 G m b H G ) bedarf f ü r verbandsinterne Gesellschaftsangelegenheiten keiner Garantie. 7 5 8 D e n n der Geschäftsführer der G m b H hat im Verhältnis zu den Gesellschaftern - anders als der Vorstand in der Aktiengesellschaft 7 5 9 - f ü r die Prozessvertretung und Prozessführung von vornherein keine schützenswerten Rechte, insbesondere nicht in Angelegenheiten des G r u n d oder des Statusverhältnisses der Gesellschafter. 760 Sein Aufgabenfeld steht unter dem Regime von Gesetz und Gesellschaftsstatut 7 6 1 , wird mithin von dem Vorrang der Gesellschafterkompetenzen 7 6 2 und von der allumfassenden Weisungsu n d Geschäftsführungskompetenz der Gesellschaftergesamtheit als oberstes Gesellschaftsorgan abgesteckt. 763 Die Vertretungsmacht des Fremdgeschäftsführers (§35 Abs. 1 G m b H G ) steht der des verbliebenen Gesellschafters, dem wegen des Stimmverbots anderer Gesellschafter die ausschließliche organschaftliche Entscheidungskompetenz zugefallen ist, auch deshalb nicht entgegen, weil in der Regel nur er ein Interesse an sachgerechter und effizienter Prozessvertretung der G m b H hat, welches letztlich aufgrund seiner Alleinkompetenz mit dem Gesellschaftsinteresse koinzidiert. Deshalb ist kein triftiger G r u n d ersichtlich, ihn an der organschaftlichen Vertretung der G m b H im Prozess nur deshalb zu hindern, weil an sich die Vertretungsmacht eines Fremdgeschäftsführers besteht. 764 Die Gegenansicht überspannt die gar bei fest gefügten Mehrheitsgruppen (z.B. Familien) f ü r möglich halten. In diesen Fällen liegt i.d.R. der Verdacht einer gemeinschaftlich begangenen Pflichtverletzung nahe (vgl. OLG Köln N J W - R R 1994, 616ff; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.284f). 757 Roth!Altmeppen, G m b H G , §45 Rz.2. 758 Schmidt, A.A. w o h l Hachenburg/Hüffer, G m b H G , 8.Aufl., §46 Rz.106, Scholz/K. G m b H G , §46 Rz. 153, 171. 759 § 76 Abs. 1, § 78 Abs. 1, § 111 Abs. 4 S. 1, § 119 Abs. 2 A k t G . 760 Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §35 Rz.49, 51, §46 Rz.42; Feine, in: Ehrenberg, H a n d b u c h des gesamten Handelsrechts, Bd.III.3, S.486ff, 489, 511. 761 §37 Abs. 1 G m b H G . 762 §26 Abs. 1, §45 Abs. 2, §46, §53 Abs. 1 G m b H G . 763 §37 Abs. 1, §46 N r . 5 u. 6 G m b H G ; siehe dazu insgesamt Roth/Altmeppen, G m b H G , §35 R z . 2 ; §37 R z . 3 , 15ff; §45 R z . 5 f , A n h § 1 3 R z . l 0 7 f f . 764 N i c h t tragfähig ist der Einwand, Mitgesellschafter w ü r d e n auch dann an den Prozesskosten beteiligt, w e n n die G m b H im Rechtsstreit unterliegt (vgl. Berger Z H R 149 [1985], 599,609f; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im G m b H - R e c h t , S. 71, 94ff). D e n n die mittelbare Kostenbelastung träfe den Mitgesellschafter auch dann, w e n n die G e s c h ä f t s f ü h r u n g Klage erheben würde.

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

227

Organisationsverfassung der G m b H , wenn sie dem Geschäftsführer die Aufgabe zuteilt, das mit den stimmberechtigten Gesellschaftern identische Gesellschaftsinteresse auch gegen deren Willen zu schützen. 7 6 5 Daher ist die prinzipielle U n b e schränktheit und Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht der Geschäftsführer (§37 Abs. 2 G m b H G ) von vornherein davon abhängig, dass die allzuständigen Gesellschafter die Prozessvertretung der G m b H im Rechtsstreit gegen G e schäftsführer und nicht geschäftsführende Gesellschafter nicht gemäß § 4 6 Nr. 8 H s . 2 G m b H G durch anderes geregelt haben. 7 6 6 Fazit ist damit, dass der allein stimmberechtigte Gesellschafter die G m b H gemäß § 4 6 Nr. 8 H s . 2 G m b H G gegen Geschäftsführer und gegen nicht geschäftsführende Gesellschafter im Rechtsstreit zu vertreten berechtigt ist. Die extensive Auslegung der Vertretungsregelung in § 4 6 Nr. 8 Hs. 2 G m b H G stellt dem allein stimmberechtigten Gesellschafter für die Verfolgung eines Sozialanspruchs der G m b H wegen des Stimmverbots der Gegenseite zwei Verfahren zur Verfügung. Er kann sich selbst oder einen Dritten in einem förmlichen Beschlussverfahren ( § 4 7 f f G m b H G ) als besonderer Prozessvertreter der G m b H bestellen, wobei die förmliche Beschlussfassung in einer Gesellschafterversammlung wegen des vom Stimmrecht ausgeschlossenen Gesellschafters 7 6 7 im Wesentlichen nur Warnfunktion hätte. 7 6 8 Er hat aber auch die Möglichkeit, aufgrund eines formlosen Beschlusses mit sich selbst seine eigene Bestellung als organschaftlichen Prozessvertreter der G m b H zu beschließen und dann in ihrem Namen Klage zu erheben. 7 6 9 Werden diese Verfahrensweisen zugrunde gelegt, so ist insoweit die Konstruktion einer Ersatz- oder Hilfszuständigkeit des Einzelgesellschafters durch Rezeption der actio pro socio aus dem Recht der Personengesellschaften unnötig, weil er originär und rechtlich als umfassend zuständiges Gesellschaftsorgan selbst zur Anspruchsverfolgung und zu Prozesshandlungen berechtigt wäre. Denn der Gesellschafter ist in beiden Fällen zur Führung des Rechtsstreits als Prozessvertreter

Darüber hinaus wird eine mittelbare Kostenbelastung auch in den § 147 Abs. 4, § 247 AktG vorausgesetzt, weil nicht nur private Interessen des Klägers, sondern auch Gesellschaftsinteressen im Streit stehen. Der Gefahr einer missbräuchlichen Klageerhebungen begegnet das Gesetz durch die Schadensersatzhaftung gem. §43 Abs. 2 G m b H G , da der bestellte Vertreter, beschränkt auf den konkreten Prozess, die Rechte und Pflichten eines regulären Geschäftsführers hat (Roth/Altmeppen, G m b H G , §46 Rz.52). 765 Roth/Altmeppen, G m b H G , §37 Rz.3. 766 Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §35 Rz.49, 51, §46 Rz.42; Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, S. 486ff, 489,511; Roth/Altmeppen, GmbHG, §46 Rz.48, 50. 767 BGH W M 1985, 567f; Roth/Altmeppen, G m b H G , §48 Rz.4. 768 Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.204. 7 6 9 In beiden Fällen erfasst der Beschluss über die klageweise Geltendmachung des Anspruchs auch das Recht der Vertreterbestellung (Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , §35 Rz.49, 51, § 46 Rz. 42; Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III.3, S. 486ff, 489, 511).

228

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

namens der GmbH berechtigt. 770 Der ohnehin zweifelhafte Umbau der Eigenständigkeit der GmbH als juristische Person durch rechtskonstruktive Annäherung an die Personengesellschaft wäre vollends entbehrlich, weil die Implementierung personengesellschaftsrechtlicher Strukturmerkmale in das Körperschaftsrecht als Mittel seiner Neustrukturierung ihren Sinn verlöre, es bedürfte nicht der Konstruktion unmittelbarer Anspruchsbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaftern. Ohne nennenswerten rechtlichen Begründungsaufwand hätten sich auch Judikate 7 7 1 zur actio pro socio des GmbH-Gesellschafters gegen Mitgesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführer anhand der §47 Abs. 4 S.2, §46 Nr. 8 Hs.2 GmbHG begründen lassen. 772 Der Gesellschafter hätte als Kläger nicht neben der regulären Geschäftsführung der GmbH lediglich eine Ersatzzuständigkeit wahrzunehmen, sondern hätte in der durch den Prozessgegenstand bestimmten Zuständigkeit als organschaftlicher Prozessvertreter der geschädigten GmbH zu handeln. Denn der Gesellschafter schlösse an sich vertretungsberechtigte Gesellschaftsorgane von der Prozessvertretung in dem konkreten Rechtsstreit aus, weil er im Prozess die umfassende Organstellung für die Gesellschaft innehätte.

(7) Grenzen teleologischer

Erweiterung

des §46 Nr. 8 Hs. 2 GmbHG

Die Rechtslage ändert sich, wenn mehrere andere Gesellschafter für die Verfolgung eines Anspruchs der juristischen Person sowie für die Bestellung organschaftlicher Prozessvertreter stimmberechtigt bleiben. Keine nennenswerten Probleme wirft es auf, wenn in diesem Fall die anderen Gesellschafter über die Verfolgung des Sozialanspruchs gegen den Mitgesellschafter einig und steht der Geschäftsführer zu diesem in keinem Befangenheits- oder Interessenkonflikt, weil die Gesellschafter nach einem entsprechend gefassten Beschluss über das Vorgehen gegen ihren Mitgesellschafter den Geschäftsführer mit dem Beschlussvollzug anweisen können. Zeigen sich aber begründete Zweifel an einer von der rechtlichen oder faktischen Binnenmacht des nicht stimmberechtigten Gesellschafters unbeeinflussten und unvoreingenommenen Einstellung des Geschäftsführers der die Anspruchsverfolgung im Rechtsstreit nur an den Interessen der juristischen Person auszurichten, so stößt die extensive Anwendung des §46 Nr. 8 Hs. 2 GmbHG an ihre Grenzen, ohne sie allerdings zu durchbrechen. Hier ist zusätzlich zu differenzieren: 770 Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 86, 87, 91, 105 (eine gleichwohl im eigenen Namen erhobene Klage wäre mangels Prozessführungsbefugnis unzulässig); a.A. etwa Scholz/K. Schmidt, GmbHG, § 46 Rz. 153,171 (nur Klageerhebung im eigenen Namen möglich); Berger ZHR 149 (1985), 599, 609 (Wahlrecht). 771 BGHZ 65,15ff („ITT"); BGH WM 1982,928; BGH NJW 1990,2627,2628; OLG Düsseldorf ZIP 1994, 619, 621; siehe auch BGH ZIP 1991, 582, 583; BGH DStR 1994, 214ff. 772 Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 61; Lutter/Hommelhoff GmbHG, §35 Rz. 8.

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

229

Scheiden der potenzielle Beklagte wegen Stimmverbots und der Geschäftsführer wegen eines inhaltlich weit zu fassender Voraussetzungen für einen Befangenheits- oder Interessenkonflikt von der Teilnahme an der Entscheidung über das „ O b " und das „Wie" der Anspruchsverfolgung aus, sind sich aber die übrigen Gesellschafter einig, so können diese die Bestellung eines organschaftlichen Prozessvertreters analog § 46 Nr. 8 Hs. 2 G m b H G beschließen. Kein Zwang besteht, sich auf eine bestimmte Person zu einigen, insbesondere nicht auf Gesellschafter, welche die Klage intendieren. 773 Die Auslegungsextension stößt bei im Übrigen gleicher Sachlage erst an die Grenzen ihrer Zulässigkeit, wenn die vom Stimmrecht nicht ausgeschlossenen Gesellschafter über die prozessuale Anspruchsverfolgung einschließlich der Bestellung besonderer organschaftlicher Prozessvertreter in der Gesellschafterversammlung uneinig sind. Der allein stimmberechtigte Gesellschafter hat das Recht, in den oben beschriebenen Verfahrensformen auch mit sich selbst den Beschluss über die Anspruchsverfolgung zu fassen, weil nur er allein als beschlussfähiger Gesellschafter übrig geblieben ist. Anders liegen die Dinge in der mehrgliedrigen Gesellschaft, wenn noch andere stimmberechtigte Gesellschafter vorhanden sind. Dann haben die Befürworter einer Nichtverfolgung des Anspruchs jeder für sich das Recht, über das weitere Vorgehen zunächst einen Gesellschafterbeschluss herbeizuführen. Wird ihr Antrag auf Anspruchsverfolgung in der Gesellschafterversammlung abgelehnt, so müssen sie gegen den N e gativbeschluss mit der Anfechtungs- und positiven Beschlussfeststellungsklage vorgehen. 7 7 4 In der G m b H mit mehreren stimmberechtigten Gesellschaftern ist somit ein förmliches Beschlussverfahren einzuhalten, in dem sich das Mehrheitsprinzip durchsetzt. 7 7 5 Sie sind prinzipiell nicht berechtigt, den zu ihren Lasten ergangenen Beschluss durch Klageerhebung im eigenen Namen zu ignorieren und eigenmächtig das Mehrheitsprinzip außer Kraft zu setzen. Das hat zur Folge, dass der überstimmte Gesellschafter keine Klage als Prozessstandschafter der G m b H erheben darf. Denn andernfalls erreichte er in dieser Rechtsfigur, was ihm § 46 Nr. 8 H s . 2 G m b H weder direkt noch durch extensive Auslegung gewährt. 7 7 6 Auch ein gesetzliches Antragsrecht auf gerichtliche Bestellung besonderer Prozessvertreter nach dem Vorbild des aktienrechtlichen Klageerzwingungsverfahrens (§ 147 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 A k t G ) ist in der Vertretungsregelung des § 46 Nr. 8 G m b H G absichtlich nicht verankert. 7 7 7

Nachweise Fn. 747. Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.40. 7 7 5 §47 Abs. 1 G m b H G . 776 Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz.41. 7 7 7 In diese Richtung gehende Reformvorschläge (§84 E 1939; §88 E 1969; §90 E 1971) sind nicht Gesetz geworden (vgl. Scholz/K. Schmidt, G m b H G , §46 Rz. 162). Für eine analoge Anwendung des §147 Abs.2 S.2 AktG aber Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S. 74ff, 91, 285f. 773 774

230

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

b) Sperrwirkung der Vertreterbestellung pro socio im GmbH- und Aktienrecht.

gegen

Mitgesellschafter

gegenüber einer allgemeinen

actio

Die Gegenüberstellung der in §46 Nr. 8 Hs.2 GmbHG und in §147 AktG geregelten besonderen Prozessvertretung zeigt für den vorliegenden Kontext einen bedeutsamen Unterschied: Ist unmittelbare ratio des §48 Nr.8 Hs.2 GmbHG unbeschadet ihrer teleologischen Erweiterung auf nicht geschäftsführende Gesellschafter - die Entschärfung des Interessenkonflikts, wenn die GmbH als juristische Person Ansprüche gegen ihren Geschäftsführer verfolgt, so erfasst § 147 AktG von vornherein nicht nur Ersatzansprüche gegen Leitungsorgane der Aktiengesellschaft, sondern auch solche der Gesellschaft gegen einzelne Aktionäre gemäß § 117 Abs. 1 S. 1 AktG. 778 Es fragt sich, ob die Limitierung der Gesellschafterrechte auf die Vertreterbestellung in der Aktiengesellschaft und der GmbH (§46 Nr. 8 Hs.2 GmbHG, §147 Abs.2 S . l und S.2, Abs.3 AktG) Sperrwirkung nur gegen eine actio pro socio in Prozessstandschaft oder auch gegen actio pro socio aus eigenem materiellen Recht des Gesellschafters entfaltet. Der Sache nach erfasst das Klageerzwingungsverfahren nach § 147 AktG nur Restitutionsansprüche der Aktiengesellschaft gleichviel auf welcher Rechtsgrundlage. Die anspruchsbegründende Sachlage muss lediglich in einer unmittelbar schädigenden Einflussnahme auf die Gesellschaft (§117 A b s . l S.l AktG) oder in einer pflichtwidrigen Geschäftsleitungsmaßnahme (§§93,116 AktG) aufgrund gegebenenfalls konkurrierender Anspruchsgrundlagen verwurzelt sein. 779 Nach h.M. gilt derselbe weite Maßstab wie bei der Auslegung des §46 Nr. 8 GmbHG 780 , es werden sogar Ansprüche der Gesellschaft auf Unterlassung gesellschaftsschädigender Maßnahmen und Nebenansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung für potenzielle Ersatzansprüche in den sachlichen Anwendungsbereich der § 46 Nr. 8 GmbHG, § 147 AktG einbezogen. 781 Ist die Einflussnahme eines Gesellschafters für den Schaden der Gesellschaft verantwortlich, so stehen dieser konkurrierende deliktsrechtliche Restitutionsansprüche nicht nur nach § 117 Abs. 1 S. 1 AktG und § 826 BGB zu. Nach überwiegender Ansicht 782 hat sie 778 RegBegr K r o p f f , S.163, 215; H ü f f e r , AktG, §117 Rz. 3, §147 Rz.2; Geßler/Hefermehl/ Eckhardt/Kropff AktG, §117 Rz.3ff, 14; Barz, in: Großkomm. AktG, §147 Anm.2; MünchHdb. GesR IV/Wiesner, §27 Rz.2. 779 H ü f f e r , AktG, § 147 Rz.2 m.w.N. 780 BGHZ 97, 382, 385f; Roth/Altmeppen, GmbHG, §46 Rz.28, 51; Baumhach/Hueck/Zöllner, GmbHG, §46 Rz.38. 781 H ü f f e r , AktG, § 147 Rz.2. 782 BGHZ 103, 184, 194ff („Linotype"); BGHZ 129, 136 158ff („Girmes"); H ü f f e r , AktG, §117 Rz.2; siehe auch Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.47ff, 55, Anh §13 Rz.114; Baumhach/Hueck/Zöllner, GmbHG, §46 Rz. 38f. Das gilt auch für ein gesellschaftsschädigendes Verhalten durch Stimmrechtsausübung, weil §117 Abs. 7 Nr. 1 AktG Schadensersatzansprüche nicht ausschließt, soweit der Eintritt des Schadens durch Erhebung einer Anfechtungsklage nicht oder nicht mehr verhindert werden kann (BGHZ 129, 136, 160f [„Girmes"]; siehe auch Häsemeyer ZHR 160 [1996], 109ff; Marsch-Barner, ZHR 157 [1993], 172ff).

III. Rechtszuständigkeit

der Kapitalgesellschaft

aufgrund

Prozessrechts

231

auch quasivertragliche Schadenersatzansprüche wegen schuldhafter Verletzung mitgliedschaftlicher Treuebindungen mit dem rechtlichen Vorteil der Geltung eines umfassenderen Verschuldensmaßes, weil die deliktische Haftung gemäß § 117 Abs. 1 S. 1 AktG und §826 BGB Vorsatz erfordert, die Haftung für die Treuepflichtverletzung bereits fahrlässiges Handeln genügen lässt (§276 BGB). 783 Gleichviel auf welche dieser Rechtsgrundlagen der Anspruch stützbar ist, gemeinsam ist ihnen eine Handlung zum Schaden der Gesellschaft im Sinne des § 117 Abs. 1 S. 1 AktG. Die Haftungstatbestände unterfallen daher einheitlich den Vertretungsregelungen in § 147 AktG und §46 Nr. 8 Hs.2 G m b H G und können in der Aktiengesellschaft sogar auf Antrag einer Aktionärsminderheit unter den Voraussetzungen von § 147 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 AktG durch gerichtlich bestellte Prozessvertreter verfolgt werden. Im Aktienrecht schließt die ganz h.M. 784 von der Besonderheit der Regelung für Minderheitsrechte (§147 Abs. 2 S.2 und Abs. 3 AktG) auf den Grundsatz, dass Einzelaktionären in Prozessstandschaft kein generelles Recht auf prozessuale Verfolgung von Ansprüchen der Aktiengesellschaft gegen Organmitglieder oder einzelne Aktionäre zusteht. Außerdem trägt dieses Resultat die spezielle Regelung für individuelle Klagebefugnisse im Aktienkonzernrecht, wonach Einzelaktionäre Restitutionsansprüche der Gesellschaft gegen herrschende Unternehmen und Organmitglieder im eigenen Namen klageweise verfolgen dürfen. 785 Daran ist richtig, dass es eines Klageerzwingungsverfahrens nach § 147 AktG und der speziellen Minoritätsrechte in § 147 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 AktG für die Bestellung besonderer Prozessvertreter nicht bedurft hätte, hätte der Gesetzgeber das originäre und generelle Recht des Aktionärs auf Einzelklage auch außerhalb des Aktienkonzernrechts vorausgesetzt. 786 Mit Recht schließt die h.M. als Grundlage einer Prozessstandschaftsklage auch die Gesetzesanalogie zu den konzernrechtlichen Einzelklagebefugnissen angesichts des speziellen Regelungscharakters des §147 AktG aus.787 Lässt die spezielle Gesetzessystematik außerhalb des Konzernrechts die Gesellschafterklage gegen Gesellschafter und Organmitglieder wegen Schädigungen des Gesellschaftsvermögens prinzipiell nicht zu, so sind die Grenzen der Sperrwirkung von §46 Nr. 8 G m b H G und § 147 AktG noch nicht geklärt, außerhalb 783 Hüffer, A k t G , §54 Rz.21; Scholz/Winter, G m b H G , §14 Rz.62; Roth/Altmeppen, G m b H G , §13 Rz. 69. Unerheblich ist, ob sich das Schädigungsverbot gegenüber der Gesellschaft aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht oder in A n l e h n u n g an §§ 117, 311, 317 A k t G aus der mitgliedschaftlichen Sonderrechtbeziehung z u m Verband ergibt (vgl. dazu Roth/Altmeppen, G m b H G , A n h § 13 Rz. 114; Flume Z I P 1996, 161 ff). 784 N a c h w e i s e Teil 1 Fn.211. 785 Vgl. §309 Abs. 4, §310 Abs. 4, §317 Abs. 4, §318 Abs. 4 A k t G . A u c h die Regelung in §93 Abs. 5 S. 1 A k t G räumt n u r den Gläubigern der Gesellschaft, nicht aber einzelnen Gesellschaftern Klagebefugnisse ein. Siehe dazu etwa Siinner Z H R 163 (1999), 364, 371. 786 Krieger Z H R 163 (1999), 343, 344. 787 Zöllner Z G R 1988,392,407f; Sünner Z H R 163 (1999), 364,372; Hüffer, A k t G , § 147 Rz. 5.

232

Teil 2: B. Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitgesellschafter

derer der Einzelgesellschafter gegebenenfalls und ausnahmsweise vorgehen dürfte. Denn die Sperrwirkung für weitere Einzelklagebefugnisse ließe sich relativieren, indem außerhalb der Regelungen des Konzernrechts das Klagerecht nicht auf eine Prozessstandschaft für die Gesellschaft, sondern schlicht auf ein eigenes Mitgliedschaftsrecht oder auf einen eigenen materiellrechtlichen Anspruch gestützt 88, er anerkennt eigene und unmitwird. Diesen Weg geht der Bundesgerichtshof telbare Schadensersatzansprüche des Aktionärs gegen Mitgesellschafter auf Leistung an die primär geschädigte Gesellschaft neben gleichgerichteten Ansprüchen der Aktiengesellschaft aus § 117 AktG und schuldhafter Treuepflichtverletzung. Das ließe sich dahin interpretieren, dass § 147 AktG Sperrwirkung nur gegenüber weiteren Prozessstandschaftsklagen des einzelnen Aktionärs nach dem Vorbild des Aktienkonzernrechts 789 entfaltet. Dann stünde aber die Exklusivität der § 46 Nr. 8 GmbHG, § 147 AktG zur Disposition der Beliebigkeit rechtlicher Konstruktionen. Sie hinge im Wesentlichen davon ab, ob man das Recht auf Gesellschafterklage auch außerhalb des Aktienkonzernrechts nur als prozessuale Klagebefugnis oder auch als die Befugnis zur Geltendmachung eigener materiellrechtlicher Ansprüche des Einzelgesellschafters begreift. Es wirkt paradox, wenn einerseits die Einzelklage des Aktionärs in Prozessstandschaft aus einem von der Gesellschaft abgeleiteten Recht wegen der Sperrwirkung nach §147 AktG ausgeschlossen ist, diese andererseits aber ihre Effizienz in einem konstruktiven Nebeneinander der Zuständigkeit für inhaltsgleiche eigene Ansprüche des Aktionärs und solche der juristischen Person gegen ihre Mitglieder verliert. Die exklusive Geltung des § 147 AktG für Ansprüche der Gesellschaft bei Verstößen gegen das Schädigungsverbot (§ 117 Abs. 1, §93 Abs. 2,116 AktG) verliert ihre Wirkung nicht, wenn sich die Aktionärsklage auf eigene Ansprüche gegen Mitaktionäre stützt. Zwar mag die Schädigung der Gesellschaft durch einen Aktionär eine Verletzung mitgliedschaftlicher Treuebindungen - sofern ihre Geltung anzunehmen ist790 - durch diesen Aktionär implizieren und dann eigene Ersatzansprüche der Mitaktionäre nach sich ziehen, wenn deren Eigenschäden die der Aktiengesellschaft übersteigen. Führt jedoch der von einem Aktionär verursachte Schaden der Aktiengesellschaft nur zu mittelbaren Schäden der Mitaktionäre, hat es auch für die Klage mittelbar Geschädigter bei der Sperrwirkung der in § 46 Nr. 8 GmbHG, § 147 AktG getroffenen Regelungen sein Bewenden.791

BGHZ 103, 184, 194f („Linotype"); BGHZ 129, 136, 165f („Girmes"). §309 Abs. 4, §310 Abs. 4, §317 Abs. 4, §318 Abs. 4 AktG. 790 Siehe dazu oben S. 147ff. 791 Krieger ZHR 163 (1999), 343, 344f; siehe auch Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S.208; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S. 216; Kowalski ZIP 1995, 1315, 1318. 788

789

Teil 2: C Ansprüche der Kapitalgesellschaft

gegen Mitglieder der Verwaltungsorgane

233

C. Rechtsstellung des Gesellschafters für Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Mitglieder der Verwaltungsorgane I. Einführung in die Problematik Mitunter werden Rechtsgrund und Rechtsnatur der actio pro socio im körperschaftlich organisierten Verband für belanglos gehalten, gleichviel ob sie materiellrechtlich oder prozessrechtlich inspirierten und fundierten Entwürfen zugeordnet wird. 792 Aus der Sicht des Gesellschafters sei es nämlich für die (außer)prozessuale Verfolgung von Gesellschaftsansprüchen indifferent, ob er eigene materiellrechtliche Ansprüche auf Leistung an die Gesellschaft oder nur Ansprüche der juristischen Person in Prozessstandschaft für sie geltend mache. Maßgeblich sei nur die prinzipielle Zulässigkeit der materiellrechtlich oder prozessrechtlich projektierten actio pro socio überhaupt als Notbehelf jedes Gesellschafters und als unentbehrliches Mittel des Minderheitenschutzes in der Kapitalgesellschaft. Die derart begründete Unmaßgeblichkeit beider rechtsdogmatischen Fundierungen verkennt die unterschiedlichen und einander teils überschneidenden Resultate einer globalen Befürwortung der actio pro socio, wenn Kapitalgesellschafter Ersatzansprüche gegen geschäftsführende Organmitglieder wegen Verletzung ihrer Pflichten einklagen. II. Kumulierte Rechtsausübung der Kapitalgesellschaft und des einzelnen Gesellschafters aufgrund materiellen Rechts und Prozessrechts Der Bundesgerichtshof nimmt im ITT-Urteil 793 auf der materiellrechtlichen Betrachtungsebene an, dem Kapitalgesellschafter stehe in der actio pro socio ein eigener, in besonderen Treuepflichtbeziehungen verwurzelter Anspruch zur Disposition. Dann wird allenfalls die Befugnis zur Klageerhebung gegen Gesellschafter-Geschäftsführer, nicht gegen Fremdgeschäftsführer oder Vorstandsmitglieder begründbar. Diese stehen nämlich in unmittelbarer Rechtsbeziehung nur zur juristischen Person, nicht zu deren einzelnen Verbandsmitgliedern.794 Die juristische Person stellt sich mithin vor die einzelnen Gesellschafter und schneidet ihnen das Recht auf Erhebung der Schadensersatzklage aus eigenem Recht gegen geschäftsführende Organmitglieder ab 795 , weil nur der Gesellschaft Ersatzansprüche gegen pflichtwidrig die Geschäfte führende Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder zustehen (§43 Abs. 2 GmbHG, §93 Abs. 2 AktG). Dem entspricht für die GelScholz/Emmerich, GmbHG, §13 Rz.43 a. Siehe dazu oben S. 114. 794 Scholz/Emmerich, GmbHG, §13 Rz.44; Scholz/U.H. Schneider, GmbHG, §43 Rz.211; Roth/Altmeppen, GmbHG, §43 Rz.l7ff; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.39f; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG, §93 Rz. 89. 795 Verhoeven BB 1978, 335, 337. 792

793

2 3 4 Teil 2: C Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitglieder

der

Verwaltungsorgane

tendmachung derartiger Ansprüche auf prozessualer Ebene die ausschließliche Zuständigkeit der gesetzlich oder statutarisch vorgesehenen Gesellschaftsorgane. 796 Würde diese de lege lata vorgesehene Selbständigkeit der Rechtsbeziehungen nur zur Gesellschaft durch Anerkennung unmittelbarer treuhänderischer Rechtsbeziehungen zwischen geschäftsführenden Organmitgliedern und einzelnen Gesellschaftern aufgegeben, so bedeutete dies letztlich die fundamentale Aufhebung der Rechtsfigur „juristische Person" als Trägerin eigenständiger Rechte und Pflichten. Gleichwohl gibt die Literatur 797 teils die Rechtsfigur „juristischen Person" überhaupt auf, weil sie ohne weiteres treuhänderische Rechtsbindungen zwischen geschäftsführenden Organmitgliedern und einzelnen Gesellschaftern befürwortet und die ex lege ausschließliche Unmittelbarkeit dieser Rechtsbeziehungen der Organmitglieder zur juristischen Person leugnet. Teils übernimmt das gesellschaftsrechtliche Schrifttum 798 die actio pro socio mit ihren personengesellschaftsrechtlichen Strukturelementen in das Recht der Körperschaft und verschafft dem einzelnen Gesellschafter einen Direktanspruch in der Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Gestützt auf entsprechende Judikate des Bundesgerichtshofs799 zur GmbH & Co.KG und stillen Gesellschaft wird für eigene Ansprüche der Gesellschafter gegen Organmitglieder die erforderliche Unmittelbarkeit der Rechtsbeziehung konstruiert, indem der Einzelgesellschafter drittbegünstigt in den Schutzbereich der Rechtsbeziehung der Gesellschaft zu ihren Leitungsorganen einbezogen wird. Wird hingegen die actio pro socio als eine eigene prozessuale Befugnis (Prozessstandschaft) verstanden 800 , so stünde die Einzelklage a priori für sämtliche Ansprüche der Gesellschaft offen. Sie gälte nicht nur für Ansprüche der Gesellschaft gegen einzelne Gesellschafter aus dem Mitgliedschaftsverhältnis, sondern auch für Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder. Gleiches gälte, würde die actio pro socio im Recht der Kapitalgesellschaften als organisationsrechtlich der Verbandsmitgliedschaft zugeordnetes eigenes Mitverwaltungsrecht § 111 Abs. 1, § 112, § 147 Abs. 2 S. 1 u. S. 2, Abs. 3 S. 1 AktG, § 52, § 46 Nr. 8 Hs. 2 GmbHG. Wieland, Handelsrecht II, S. 546ff, 642ff (eigene vertragliche Ansprüche des Aktionärs bei Schädigung des Gesellschaftsvermögens, weil die juristische Person nur ein gedachtes Wesen ohne Kopf und Kragen sei und die Gesellschaftsorgane zugleich Organe der Aktionäre und in deren Interesse tätig seien); ähnlich v. Strombeck, Materialien zum Handelsgesetzbuch für das deutsche Reich und dem Einführungsgesetze, S.366 (das naturgemäße wäre, dass jeder einzelne Aktionär berechtigt sein müsste, namens der Gesellschaft Entschädigungsansprüche gegen Gründer oder Vorstandsmitglieder geltend zu machen); siehe auch Behrend, in: Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 1, S. 37,88 (Klagerecht bei vorsätzlicher Schädigung der Gesellschaft oder bei grobem Versehen) und Bekker ZHR 17 (1872), 379, 442 (Zulassung der Einzelklagebefugnis de lege lata, weil Aktionäre nicht schlechter gestellt werden dürfen als die Gläubiger). 798 Hachenburg/Kaiser, GmbHG, 8. Aufl., §14 Rz.46; ders. ZHR 153 (1989), 1, 12f; K. Schmidt JZ 1991, 157, 161. 799 BGH DB 1980, 295; BGH NJW 1995, 1353; siehe dazu auch die Nachweise Fn. 321. 800 Siehe dazu oben S.203. 7%

797

II. Kumulierte

Rechtsausübung

aufgrund

materiellen

Rechts und Prozessrechts

235

des Gesellschafters „in Hinsicht" auf Forderungsrechte der Gesellschaft begriffen. 801 Die präsumtiven Unterschiede der materiellrechtlichen (Sachbefugnis bzw. Aktivlegitimation) u n d prozessrechtlichen (Prozessführungsbefugnis in Prozessstandschaft) Rechtfertigungsmodelle sowie ihre rechtlichen Konsequenzen f ü r die actio p r o socio des einzelnen Gesellschafters gegen Verwaltungsorgane der Kapitalgesellschaft legen es nahe, der Frage nachzugehen, ob sich das (außer)prozessuale Vorgehen eines Einzelgesellschafters f ü r einen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft materiellrechtlich, prozessrechtlich oder überhaupt nicht fundieren lässt. Für das Aktienrecht besteht insoweit 8 0 2 Einigkeit, dass die Neufassung des § 147 Abs. 3 A k t G durch das KonTraG von 199 8 803 nebeneinander rechtshängige Rechtsstreitigkeiten über nach Inhalt und Ziel identische Schadensersatzforderungen sowohl der Kapitalgesellschaft als auch des Aktionärs gegen Vorstandsmitglieder u n d Aufsichtsratsmitglieder ausschließt. Materiellrechtlich ist die A n wendung des § 147 A k t G ohnehin entbehrlich, weil sich dasselbe Ergebnis auch ohne diese Vorschrift ergäbe, wenn ein Gesellschafter nur eigene vertragliche oder quasivertragliche Ersatzansprüche gegen Mitgesellschafter in einer Klage geltend machen dürfte, nicht aber gegen Fremdgeschäftsführer u n d Vorstandsmitglieder, weil er zu diesen keine unmittelbaren gesellschaftsrechtlichen Beziehungen unterhält. 8 0 4 §147 Abs. 3 S. 1 A k t G schließt auch prozessrechtlich betrachtet die Prozessstandschaft des Einzelnen Gesellschafters aus. Besondere Prozessvertreter dürfen gerichtlich f ü r die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Organmitglieder nur bestellt werden, wenn eine qualifizierte Aktionärsminderheit 8 0 5 einen Antrag stellt u n d außerdem der verifizierbare dringende Verdacht auf Schädigung der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Pflichtverletzung besteht. 806 Das Antragserfordernis u n d die gericht801

Siehe dazu oben S. 203. Hüffer, A k t G , § 147 Rz. 5; Krieger Z H R 163 (1999), 343, 344ff; Sünner Z H R 163 (1999), 364, 369ff; zur Aktionärsklage de lege ferenda in A n l e h n u n g an die derivative suit angloamerikanischen Rechts vgl. Ulmer Z H R 163 (1999), 290, 318ff; Lutter Z G R 1998, 191 ff. 803 D e r Ausschluss eines direkten Individualklagerechts entsprach bereits vor Erlass des K o n TraG ganz h.M. (vgl. ROHGE 19, 178; 22, 239; RGZ 29, 2; 59, 49; 63,203, 325; 73, 30,393; 81, 271; 115,289; 142, 2 2 3 ; Ä G J W 1906, 464; OLG Düsseldorf DB 1967,2155; Schilling, in: G r o ß k o m m . A k t G , §93 A n m . 4 1 ; Hüffer, A k t G , § 147 Rz.5; Zöllner Z G R 1988, 392,407f; Habersack D S t R 1998, 533 ff). 804 Vgl. dazu die Nachweise S. 234. 805 5 % des Grundkapitals oder anteiliger Betrag von 500.000 E u r o . 806 Im Zusammenspiel mit der A R A G - E n t s c h e i d u n g BGHZ 1 3 5 , 2 4 4 , 2 5 2 , 2 5 6 f ü h r t die N e u fassung des § 147 Abs. 3 A k t G zu einer Intensivierung von Klagemöglichkeiten gegen O r g a n m i t glieder. D e n n der BGH hat in der Entscheidung klargestellt, dass die Verfolgung eines voraussichtlich begründeten - u n d auch eintreibbaren - Schadensersatzanspruchs gegen Vorstandsmitglieder d u r c h den zuständigen Aufsichtsrat (§111 Abs. 1, § 112 A k t G ) nicht die Ausnahme, sondern - schon zur Vermeidung einer eigenen Schadensersatzhaftung des Aufsichtsrates (§116 A k t G ) - die Regel sein müsse (siehe dazu auch Sünner Z H R 163 [1999], 364, 369ff). 802

2 3 6 Teil 2: C Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Mitglieder der

Verwaltungsorgane

liehe Vorabprüfung bezwecken den Schutz der Gesellschaft vor dem Ansehen der Gesellschaft abträglichen Rechtsstreitigkeiten über Regressansprüche aufgrund publik gewordener Pflichtverletzungen. 807 Dieses Ziel würde verfehlt, dürften Aktionäre Schadensersatzklagen unmittelbar gegen Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder erheben. 808 § 147 AktG verdeutlichet mithin, dass das Interesse des Aktionärs an gerichtlicher Durchsetzung von Ersatzansprüchen grundsätzlich als nicht rechtsschutzwürdig gilt, es sei denn ein einzelner Aktionär hat die erforderliche Aktionärsminderheit für sein Anliegen gewonnen. Schließt §147 AktG die gegen Verwaltungsorgane der Gesellschaft gerichtete Schadensersatzklage des einzelnen Aktionärs neben der der Aktiengesellschaft aus, so ist gegenwärtig noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen ein einzelner Gesellschafter der G m b H gegen ihren Geschäftsführer Ersatzansprüche unmittelbar in der actio pro socio verfolgen darf. Die aus pflichtwidriger Geschäftsführung ableitbaren Ansprüche fallen nach dem Gesetz in die Verfolgungszuständigkeit der geschädigten Gesellschaft. 809 Prinzipiell wird in der Gesellschafterversammlung über die Modalitäten der Erhebung einer Klage gegen den Geschäftsführer entschieden (§46 Nr. 8 GmbHG), es sei denn, es liegen die Voraussetzungen vor, unter denen Gesellschafter das Recht haben, besondere organschaftliche Prozessvertreter für den Prozess gegen Geschäftsführer zu bestellen (§46 Nr. 8 Hs.2 GmbHG). Die Prozessvertretung fällt daher nicht zwangsläufig der Gesamtheit der Gesellschafter zu, vielmehr haben diese durch Beschluss entweder sich selbst oder einen der ihrer Geschäftsführer oder auch gesellschaftsexterne Personen als Prozessvertreter zu bestellen. 810 In diesen Fällen hat der Gesellschafter seine Interessen in der Gesellschafterversammlung zu wahren, indem er, notfalls mit Anfechtungs- und positiver Beschlussfeststellungsklage, für einen Gesellschafterbeschluss sorgt. 811 Ein dem § 147 Abs. 2 S.2 und Abs. 3 AktG vergleichbares Minderheitsrecht auf gerichtliche Bestellung besonderer Prozessvertreter ist im G m b H G nicht vorgesehen 812 , auch auf die Gefahr hin, dass Mehrheitsgesellschafter die von ihnen selbst eingesetzten Geschäftsführer abschirmen könnten, wenn die Entscheidung über die Verfolgung eines Ersatzanspruchs gegen Leitungsorgane im freien Ermessen der Gesellschafterversammlung steht. Die h.M. schließt die Regelungslücke indem die Geltung der Voraus807

Sünner Z H R 163 (1999), 364, 369f; Krieger Z H R 163 (1999), 343, 346ff. Sünner Z H R 163 (1999), 364,369f; Krieger Z H R 163 (1999), 343, 344,351 ff; zur Rechtslage vor Erlass des KonTraG siehe OLG Düsseldorf DB 1967, 2154, 2155f. 809 §9 a, §43 G m b H G . 810 Siehe dazu oben S.218. 811 Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 Rz.41, 46, §43 Rz.37; §46 Rz.59; siehe auch Flume, Die juristische Person, § 8 V 2, S. 306; Hachenburg/Mertens, G m b H G , §43 Rz. 102; Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , 17.Aufl., §43 Rz.26f; Kowalski ZIP 1995, 1315, 1316; Semler AnwBl 1991, 440, 447; Schumann D R 1942, 1670ff. 812 §§ 84 - 86 E 1939, § 75 Abs. 2 Nr. 10, 88 E 1969, § 90 E 1971; siehe dazu Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.293ff; Hachenburg/Mertens, G m b H G , §43 Rz. 101. 808

II. Kumulierte

Rechtsausübung

aufgrund

materiellen

Rechts und Prozessrechts

237

Setzungen der personengesellschaftsrechtlichen actio pro socio für die Berechtigung des einzelnen Gesellschafters der G m b H auf prozessuale Verfolgung eines Ersatzanspruchs gegen Geschäftsführer Anerkennung findet. Allerdings werden Rechtsnatur und Tragweite der Klagebefugnis, namentlich auch ihr Verhältnis zu dem Grundsatz der Dritt- oder Fremdorganschaft unterschiedlich begründet. 1. Standpunkt des Bundesgerichtshofs zwischen Sozialanspruch Kapitalgesellschaft und Individualanspruch der Gesellschafter

der

Der Bundesgerichtshof differenziert bei Ersatzansprüchen wegen pflichtwidriger Geschäftsführung zwischen Gesellschafter-Geschäftsführern und Fremdgeschäftsführern der G m b H . Ein einzelner Gesellschafter darf Gesellschafter-Geschäftsführer unmittelbar auf Ersatz in das Vermögen der Gesellschaft in Anspruch nehmen. In diesem Fall folgt die actio pro socio gegen Geschäftsführer der personengesellschaftsrechtlichen Voraussetzung, dass stets eigene materiellrechtliche Ansprüche des Gesellschafters aufgrund eines Verstoßes gegen die besondere gesellschafts- oder schuldrechtliche Beziehung zwischen den Gesellschaftern vorliegen müssen. 814 Die Übertragung dieser Voraussetzungen auf das GmbH-Recht hat zur Folge, dass ein Gesellschafter gegen Geschäftsführer der G m b H nur aus einem eigenen materiellen Recht, nicht aus einem von der G m b H abgeleiteten Recht als ihr Hilfs- oder Notgeschäftsführer in Prozessstandschaft Klage erheben darf. 815 Deshalb wird ein Gesellschafter im allgemeinen für nicht berechtigt gehalten, für den der Gesellschaft von einem Fremdgeschäftsführer zugefügten Schaden im eigenen Namen prozessual Ersatz zu verlangen, weil Ersatzansprüche gegen Fremdgeschäftsführer gemäß §43 G m b H G ausschließlich der G m b H zustehen und deshalb uneingeschränkt der in §46 Nr. 8 G m b H G geregelten Kompetenzordnung unterfallen sollen. 816 813

BGH W M 1982, 928. BGH W M 1982, 928; Zöllner Z G R 1988, 392, 408f; Hachenburg/Th. Raiser, G m b H G , 8. Aufl., § 14 Rz. 36, 39, 44, 46; ders. Z H R 153 (1989), l f f , 25f; Scholz/Emmerich, G m b H G , § 13 Rz. 44; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz.40; Beck GmbH-HB/Schmiegelt, §3 Rz. 120; Gehrlein Z I P 1993, 1525, 1526f; 1530ff. 815 BGHZ 6 5 , 1 5 , 2 1 („ITT"); BGH N J W 1990,2627ff; BGH D S t R 1994,214ff; siehe aber andererseits auch BGH Z I P 1991, 582, 583, w o n a c h Gesellschafter mit der Einzelklage einen A n spruch „der G m b H " aus §667 B G B gegen Mitgesellschafter geltend machen k ö n n e n . Die E n t scheidung ist in der Literatur als A b k e h r von d e m G r u n d s a t z interpretiert w o r d e n , dass Gesellschafter in der actio p r o societate eigene A n s p r ü c h e wegen Treuepflichtverletzung verfolgen {Gehrlein Z I P 1993, 1525, 1526). Ähnlich auch BGH Z I P 1998, 780, 781 f ü r Bereicherungsansprüche „der Gesellschaft" gegen Mitgesellschafter. D e r BGH n i m m t dabei Bezug auf die ITTEntscheidung, o b w o h l der Gesellschafter in dieser Entscheidung eigene Ersatzansprüche geltend macht, also gerade nicht in Prozessstandschaft f ü r die Gesellschaft tätig wird. 816 BGH W M 1982, 928; Zöllner Z G R 1988, 392, 408f; Hachenburg/Mertens, G m b H G , §43 Rz. 101, 110; offen lassend Gehrlein Z I P 1993, 1525, 1526; a.A. Hachenburg/Th. Raiser, G m b H G , 8. Aufl., §14 Rz.46; ders. Z H R 153 (1989), 1, 12f; Scholz/U.H. Schneider, G m b H G , §43 Rz.212. 814

2 3 8 Teil 2: C Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitglieder

der

Verwaltungsorgane

Zugleich anerkennt der Bundesgerichtshof17 grundsätzlich im eigenen Namen verfolgbare unmittelbare und eigene Ersatzansprüche eines Gesellschafters gegen Gesellschafter-Geschäftsführer auf Leistung an die Gesellschaft neben Ersatzansprüchen der GmbH gemäß §43 Abs. 2 GmbHG, wenn Gesellschafter-Geschäftsführer durch pflichtwidriges Handeln die Gesellschaft geschädigt haben und dieselbe Handlung besondere schuldrechtlichen Beziehungen (z.B. einen gerichtlichen Vergleich) zwischen Gesellschaftern verletzt. Fehlen besondere schuldrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen einem einzelnen Gesellschafter und Gesellschafter-Geschäftsführern, so wird die actio pro socio gegen diese wegen einer die Gesellschaft schädigenden Geschäftsführung auf die Verletzung mitgliedschaftlicher Treuebindungen gestützt, denen die Gesellschafter (und damit auch die Gesellschafter-Geschäftsführer) nicht nur in der Rechtsbeziehung zur GmbH, sondern auch untereinander unterliegen. 818 Jeder von einem Gesellschafter-Geschäftsführer schuldhaft verursachte Schaden im Sinne des §43 GmbHG ließe sich in Beziehung zu den Mitgesellschaftern anspruchsbegründend auf die Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zurückführen.819 Das hat, liegt dasselbe Schadensereignis zugrunde, die Konkurrenz des eigenen Ersatzanspruchs der Gesellschafter mit dem der GmbH gegen Gesellschafter-Geschäftsführer auf Leistung an die Gesellschaft zur Folge.820 Insofern haben Intensität und Umfang der Pflichten des Gesellschafter-Geschäftsführers ein anderes Gewicht, weil ihre Verletzung den Mitgesellschafter befähigt, aus einem eigenen materiellen Recht in der actio pro socio vorzugehen. Der differenzierten Wertung des Handelns von Gesellschafter-Geschäftsführern und Fremdgeschäftsführern steht entgegen, dass die Unterscheidung weder in der Haftungsnorm des §43 Abs. 2 GmbHG noch in der Kompetenzvorschrift des § 46 Nr. 8 GmbHG anklingt. Beide Vorschriften beruhen auf dem Prinzip der Dritt- oder Fremdorganschaft.821 Seinem Wesensgehalt nach ist die Organstellung des Geschäftsführers unabhängig davon, ob er Dritter oder Gesellschafter (§ 6 Abs. 3 GmbHG) oder einige bzw. alle Gesellschafter (§ 6 Abs. 4 GmbHG) die BGH'WM 1982, 928. Später ist der BGH ohne weiteres davon ausgegangen, dass die Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht zu eigenen Schadensersatzansprüchen des Gesellschafters führt, selbst wenn sich der Schaden des Gesellschafters mit dem der Gesellschaft deckt (BGH NJW 1990, 2627, 2628; BGH DStR 1994, 214 mit Anm. Goette) 819 Zöllner ZGR 1988, 392, 408f; Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, 8. Aufl., § 14 Rz. 36, 39, 44, 46; ders. ZHR 153 (1989), 1, 25f; Beck GmbH-HB/Schmiegelt, §3 Rz. 120; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz. 40; Gehrlein ZIP 1993, 1525,1526f; wohl auch Scholz/Emmerich, GmbHG, §13 Rz.44. 820 Zöllner ZGR 1988,392,408f; Hachenburg/Th. Raiser, GmbHG, 8. Aufl., § 14 Rz.39; ders. ZHR 153 (1989), 1, 20ff; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.40; Beck GmbH-HB/ Schmiegelt, §3 Rz. 120; Gehrlein ZIP 1993, 1525, 1530ff. 821 Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd.III 3, §2 I, S.39f; Wieland, Handelsrecht I, § 38 V, S. 473ff; Kühler, Gesellschaftsrecht, § 3 12, S. 19, § 3 II 2, S. 20; Roth/ Altmeppen, GmbHG, §6 Rz.2. 817

818

II. Kumulierte

Rechtsausübung

aufgrund

materiellen

Rechts und Prozessrechts

239

Stellung als Geschäftsführer der Gesellschaft innehaben. §43 Abs. 1 GmbHG sieht deshalb ohne Unterscheidung zwischen Fremdgeschäftsführern und Gesellschafter-Geschäftsführern vor, dass die der Organstellung selbst abverlangte Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Geschäftsführer nur zur Gesellschaft besteht. 822 Pflichtwidriges und schuldhaftes Handeln eines führt daher auch ohne differenzierte Betrachtung ihrer Rechtsstellung gemäß §43 Abs. 2 GmbHG ausschließlich zu einem Ersatzanspruch der geschädigten Gesellschaft, weil er auf dem organschaftlichen Rechtsverhältnis zwischen ihr und ihren Geschäftsführern beruht. 823 Eine Differenzierung zwischen Fremdgeschäftsführern oder Gesellschafter-Geschäftsführern hat lediglich Bedeutung für §46 Nr. 8 GmbHG, der regelt, dass die Gesellschafterversammlung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche „der Gesellschaft" aus der Geschäftsführung „gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter" zustehen, sowie über die Prozessvertretung „der Gesellschaft" zu beschließen hat. Da die Gesellschaft als juristische Person in ihrem Vermögen geschädigt und deshalb als Rechtsträgerin für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer zuständig ist, entbehrt die Differenzierung nach personellen Schadensquellen - Handeln eines Gesellschafter-Geschäftsführers oder eines Fremdgeschäftsführers - einer Grundlage. 824 Der Ersatzanspruch der GmbH gegen Gesellschafter-Geschäftsführer fällt auch nicht unter der Voraussetzung in die Direktzuständigkeit des Einzelnen Gesellschafters, dass eine pflichtwidrige und vorwerfbare Schädigung des Gesellschaftsvermögens zugleich die Verletzung einer unmittelbaren Treuebindung unter den Gesellschaftern darstelle. §46 Nr. 8 GmbHG wäre (partiell) überflüssig, hätten einzelne Gesellschafter das eigene Recht auf Verfolgung der Ansprüche der geschädigten Gesellschaft unmittelbar gegen die im Sinne des §43 Abs. 2 GmbHG pflichtwidrig handelnden Gesellschafter-Geschäftsführer, weil dem betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführer für eine Beschlussfassung nach §48 Nr. 8 GmbHG kein Stimmrecht zusteht (§47 Abs. 4 S.2 GmbHG) und deshalb die Durchsetzung der Ansprüche - notfalls in einer Anfechtungs- und positiven Beschlussfeststellungsklage - durch eine Gesellschafterminderheit gewährleistet ist. 825 Für weiterreichende, durch Klage verfolgbare Individualansprüche der Mitgesellschafter gegen Gesellschafter-Geschäftsführer ist daneben ex lege kein Raum. 8 2 6 Die Vorstellung, die organschaftliche Pflichtverletzung des Gesellschaf822

Rowedder/Koppensteiner,

G m b H G , § 4 3 R z . l , 3; Lutter/Hommelhoff,

GmbHG, §43

Rz.4. 823

Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , § 4 3 R z . 1; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 4 3 Rz. 1. Baumbach/Hueck/Zöllner, G m b H G , § 4 6 R z . 3 8 f ; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz. 35, § 46 47; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , § 46 Rz. 21; Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 46 Rz. 31, 33; Kowalski ZIP 1995, 1315, 1316. 825 Flume, Die juristische Person, § 8 V 2, S.306; siehe auch Roth/Altmeppen, G m b H G , § 13 R z . 4 1 f ; 46, § 4 3 R z . 3 7 ; 58, § 4 6 R z . 5 9 ; Kowalski ZIP 1995, 1315, 1316. 826 Vgl. aber andererseits Hachenburg/Mertens, G m b H G , § 43 Rz. 102,104, der f ü r eine indirekte Durchsetzung von Ansprüchen gegen Geschäftsführer eintritt, derart, dass die Gesell824

2 4 0 Teil 2: C Ansprüche der Kapitalgesellschaft

gegen Mitglieder der

Verwaltungsorgane

ter-Geschäftsführers und die dadurch verursachte Schädigung der GmbH (§43 Abs. 2 GmbHG) bedeute auch eine unmittelbare Verletzung der Treuebindung gegenüber Mitgesellschaftern, relativiert in der Rechtssystematik das Strukturelement der Drittorganschaft (§6 Abs. 3 GmbHG). Die Befürwortung der Unmittelbarkeit einer Treuepflicht geschäftsführender Gesellschafter der GmbH gegenüber Mitgesellschaftern wirkt sich in letzter Konsequenz als Annäherung an das individualistische Strukturprinzip der Selbstorganschaft aus (§709 Abs. 1 B G B , §114 Abs. 1 H G B ) und führt contra legem zum „Sonderrecht" für GesellschafterGeschäftsführer der GmbH. 827 Davon abgesehen eignet sich die Verwurzelung der Treuebindung der GmbH-Gesellschafter in ihrer Mitgliedsstellung nicht für eine rechtliche Differenzierung ihrer Rechtsbeziehung entweder zu Gesellschafter-Geschäftsführern oder zu Fremdgeschäftsführern der GmbH. Als Kehrseite der Befugnis zu treuhänderischer Verwaltung fremden Vermögens treffen Treuepflichten den Fremdgeschäftsführer wegen seines organschaftlichen Rechtsverhältnisses zur GmbH im gleichen Maß wie Gesellschafter-Geschäftsführer 828 , weshalb die bisher h.M. die unmittelbare Geltung von Treuepflichten des Fremdgeschäftsführers gegenüber einzelnen Gesellschaftern abgelehnt hat. 829 Der gegenteilige Standpunkt des Bundesgerichtshofs stützt die actio pro socio gegen Gesellschafter-Geschäftsführer wegen ihrer pflichtwidrigen Schädigung der GmbH auf drei Fundamente. Erstens seien die Gesellschafter der GmbH (und damit auch der Gesellschafter-Geschäftsführer) durch ihre Verbandsmitgliedschaft nicht nur der körperschaftlichen juristischen Person, sondern zugleich jedem einzelnen Mitgesellschafter gegenüber wechselseitig treuegebunden und daher unmittelbar zur Unterlassung gesellschaftsschädigender Maßnahmen verpflichtet. Zweitens habe der Gesellschafter-Geschäftsführer als Organ nicht nur der GmbH gegenüber eine Treuepflicht, sondern die Organstellung schließe gegenüber Mitgesellschaftern die Pflicht zu ordnungsgemäßer Geschäftsführung im Sinne des §43 Abs. 2 G m b H G ein. Drittens seien die Gesellschaft und der einzelne Gesellschafter Konkurrenten des Anspruchs auf Ausgleich des vom Gesellschafter-Geschäftsführer pflichtwidrig geschädigten Gesellschaftsvermögens. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs enthält eine Dekonstruktion der dualistisch im Gesetz konzipierten Gesellschaftsgrundformen, weil rechtssystematisch bestimmende Unterscheidungsmerkmale vermischt werden, indem die Voraussetzungen der für die Personengesellschaft zulässigen actio pro socio gegen ge-

schafterminderheit den Mehrheitsgesellschafter bei treuwidriger Unterlassung der Anspruchsverfolgung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann. 827 Flume, Die juristische Person, §8 V 2, S.306; Kowalski ZIP 1995, 1315, 1316. 828 Scholz/U.H. Schneider, GmbHG, §43 Rz.121; Hachenburg/Mertens, GmbHG, §43 Rz.37, 103f; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §43 Rz.4; Roth/Altmeppen, GmbHG, §43 Rz.lOff. 829 Hachenburg/Mertens, GmbHG, §43 Rz.37; Roth/Altmeppen, GmbHG, §43 Rz.17; Scholz/U.H. Schneider, GmbHG, §43 Rz.211.

II. Kumulierte Rechtsausübung aufgrund materiellen Rechts und Prozessrechts

241

schäftsführende Gesellschafter auf das Recht der GmbH übertragen werden 830 , obwohl zwischen Gesellschaftern der GmbH unter Einschluss des Gesellschafter-Geschäftsführers unmittelbare schuldrechtliche Rechtsbeziehungen nicht bestehen. Dieses Defizit füllt der Bundesgerichtshof mit dem Postulat einer Treuebindung zwischen GmbH-Gesellschaftern auf und gewinnt so eine rechtliche Gleichstellung der Anspruchspätendenten in den ex lege dualistisch konzipierten Gesellschaftsformen. Dies lässt außer acht, dass Pflichtverletzungen der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Personengesellschaft Vertragsverletzungen darstellen, weil sie den Mitgesellschaftern unmittelbar aufgrund des Gesellschaftsvertrages zu pflichtgemäßer Führung der Geschäfte der Gesellschaft verantwortlich sind und nur deshalb von einzelnen Mitgesellschaftern in der actio pro socio Ersatz verlangt werden kann.831 Im Gegensatz dazu richtet sich die Anspruchsverfolgung gegen GesellschafterGeschäftsführer einer GmbH gegen Organe der juristischen Person, deren Rechtsstellung sich wesentlich von der eines Gesellschafter-Geschäftsführers der Personengesellschaft unterscheidet. Die Geschäftsführungskompetenz von Gesellschaftern der GmbH wurzelt nicht im Gesellschaftsvertrag, sondern beruht wie die Fremdgeschäftsführung auf einem körperschaftlichen Bestellungsakt gemäß §6 Abs. 3 S. 1, §46 Nr. 5 GmbHG, der von dem zugrunde liegenden Anstel lungs- oder Gesellschaftsverhältnis zwischen Geschäftsführer und GmbH zu trennen ist.832 Deshalb knüpft das Gesetz die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Gesellschafter-Geschäftsführer an ihre Organstellung nur in Beziehung zur GmbH, nicht an ein gesellschaftsvertragliches Schuldverhältnis zwischen Mitgesellschaftern. Dasselbe gilt für den Anstellungsvertrag des Fremdgeschäftsführers, dessen Bindungswirkungen nur zwischen der GmbH und dem Organmitglied gelten.833 Schädigt daher ein Gesellschafter-Geschäftsführer pflichtwidrig das Gesellschaftsvermögen, so fehlt dem vom Bundesgerichtshof

Flume, Die juristische Person, § 8 V 2, S. 306. Wieland, Handelsrecht II, §38 V, S.474f, §47, S.561, Geiler, in: Düringer/Hachenburg, HGB, Bd. II, Teil 1, Anm. 106; Soergel/Hadding, BGB, § 709 Rz. 4ff; Palandt/Sprau, BGB, VorHGB, §114 Rz.9; MünchHdb. GesR I/v. Ditfurth, §47 bem. V. §709 Rz.3; Baumbach/Hopt, Rz. 11, 28. 832 Feine, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, Bd. III 3, § 2 I, S. 39f, § 34 II, S.470ff; Wieland, Handelsrecht II, §38 V, S.474f, Roth/Altmeppen, GmbHG, §6 Rz. 11. Selbst wenn die Bestellung in die Satzungsurkunde aufgenommen wird (§6 Abs. 3 S.2 GmbHG), handelt es sich jeweils um eigenständige Rechtsverhältnisse mit jeweils eigenem rechtlichen Schicksal (Roth/Altmeppen, GmbHG, § 6 Rz. 11,16). Zur Ausgestaltung der Geschäftsführung als satzungsmäßiges Pflichtrecht des Gesellschafters siehe auch BaumbachIHueck/Fastrich, GmbHG, §3 Rz. 46; Roth/Altmeppen, GmbHG, §6 Rz. 18. 833 Roth/Altmeppen, GmbHG, §43 Rz.2; Rowedder/Koppensteiner, §43 Rz. 1, 3; Hachenburg/Mertens, GmbHG, § 43 Rz. 1 Off; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, § 43 Rz. 4; KowalsZIP 1995, 1315; 1316; zu § 93 AktG siehe auch Würdinger, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, §25 VI 2, S.124; Geßler/Hefermekl/Eckhardt/Kropff, AktG, §93 Rz.8; Schilling, in: Großkomm. AktG, §93 Anm. 3, 41. 830 831

2 4 2 Teil 2: C Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen Mitglieder

der

Verwaltungsorgane

eingeschlagenen konstruktiven Weg eine präzise Grundlage für eine subjektive Anspruchskonkurrenz zwischen Gesellschaft und Einzelgesellschaftern für die Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen Gesellschafter-Geschäftsführer. Der Konkurrenz für den inhaltsgleichen Anspruch der G m b H und der Einzelgesellschafter auf Leistung in das Vermögen der G m b H widerspricht ferner Regelung über die Rückgriffshaftung des Geschäftsführers. §31 Abs. 6 G m b H G gewährt dem einzelnen Gesellschafter nur ausnahmsweise unmittelbare und eigene Ansprüche gegen Gesellschafter-Geschäftsführer oder Fremdgeschäftsführer. Das ist der Fall, wenn ein Mitgesellschafter schuldhaft gegen das Stammkapitalerhaltungsgebot (§30 A b s . l G m b H G ) verstoßen hat, deshalb die Ausfallhaftung (§31 Abs. 3 G m b H G ) auflebt und ihretwegen in Anspruch genommen der einzelne Gesellschafter einen Schaden erleidet. 834 Zugleich hat ausschließlich die G m b H wegen des ihr durch dieselbe Verletzungshandlung entstandenen Schadens gemäß § 4 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 G m b H G Ersatzansprüche gegen den schuldhaft handelnden Gesellschafter-Geschäftsführer oder Fremdgeschäftsführer. Die in der N o r m ausgedrückte Exklusivität der Forderungszuständigkeit der G m b H für Schäden der Gesellschaft zeigt, dass dem einzelnen Gesellschafter kein eigener und direkter Ersatzanspruch auf Leistung in das Vermögen der G m b H zusteht, soweit er durch das Handeln der Geschäftsführung nur mittelbar am inneren Wert seines Gesellschaftsanteils eine Einbuße erleidet. E x lege folgt daraus als wesentliches Kernstück, dass das Grundprinzip der Haftungskanalisierung 8 3 5 nur die Gesellschaft zur Inanspruchnahme der sie schädigenden Geschäftsführungsorgane berechtigt, nicht aber einzelne Gesellschafter oder gesellschaftsfremde Dritte. 8 3 6 Zu Recht wird daher angenommen 8 3 7 , die Organschaft des Verwaltungsträgers der Gesellschaft und der ex lege gültige Grundsatz der Haftungskanalisierung verbiete die Ableitung des aus einer Pflichtverletzung der Geschäftsführung entstandenen Schadens von der Forderungszuständigkeit der G m b H in die Mitzuständigkeit des Einzelnen Gesellschafters , eben weil sein wirtschaftliches Interesse an der Anspruchsverfolgung nicht zwingend mit dem der Mitgesellschafter identisch ist. Die im Grundsystem des Gesetzes angelegte Kanalisierung der Haftung für verletzte Geschäftsführerpflichten in die Zuständigkeit der juristischen Person, wird auch durch die Charakterisierung der §93 Abs. 1 A k t G , 834 Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , §43 Rz.212; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , §43 Rz.24; Hachenburg/Mertens, G m b H G , §43 Rz. 1. 8 3 5 Siehe dazu oben S. 171. 836 Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 207f; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.215f; Hachenburg/Mertens, G m b H G , §43 Rz. 102; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , §43 Rz.40; Schilling, in: Großkomm. AktG, §93 Anm. 41; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff AktG, §93 Rz.96f; Scholz/U.H. Schneider, G m b H G , §43 Rz.209; siehe auch RegBegr Kropff S. 162f. 837 Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.215; siehe dazu im Einzelnen auch Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S. 207f; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff AktG, §93 Rz.96f.

II. Kumulierte

Rechtsausübung

aufgrund

materiellen Rechts und Prozessrechts

243

§43 Abs. 1 GmbHG als Schutzgesetze für eigene und direkte Ansprüche einzelner Kapitalgesellschafter entwertet. 838 Daraus folgt, dass ein einzelner Gesellschafter nicht berechtigt sind, von den die Geschäftsführung repräsentierenden Organmitgliedern für einen unmittelbar im Vermögen der Gesellschaft entstandenen Schaden, der eine Reflexschaden in seinem eigenen Vermögen verursacht, Ersatz an sich selbst oder an die Gesellschaft in der actio pro socio zu verlangen. 839 2. Standpunkt der Rechtslehre zwischen Sozialanspruch der Kapitalgesellschaft und prozessstandschaftlicher Rechtsverfolgung Die rechtliche Differenzierung zwischen der Gesellschafterklage gegen Gesellschafter-Geschäftsführer und der gegen Fremdgeschäftsführer der GmbH ließe sich überwinden, falls die Klage des Gesellschafters gegen Gesellschafter-Geschäftsführer und Fremdgeschäftsführer als Prozessstandschafter der GmbH fundierbar wäre. Das Schrifttum befürwortet dies teils prinzipiell, stellt aber ein breites Arsenal rechtlich denkbarer Grundlagen für die Prozessführungsbefugnis in Prozessstandschaft und ihre Reichweite zur Verfügung. 840 Nicht weniger gefächert werden Tragweite und Rechtsnatur der in Prozessstandschaft verfolgbaren Ansprüche gegen Geschäftsführer dargestellt. Uberwiegend wird die Klage in Prozessstandschaft gegen Gesellschafter-Geschäftsführer und Fremdgeschäftsführer für zulässig gehalten, weil eine differenzierte Haftung der Organmitglieder dem Gesetzessystem fremd sei. 841 Mitunter soll im Anschluss an die RechtN a c h w e i s e Fn. 321. Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, S.207f; Großfeld, Aktiengesellschaft, U n t e r nehmenskonzentration u n d Kleinaktionär, S.216; Rowedder/'Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz. 40; Schilling, in: G r o ß k o m m . A k t G , § 9 3 A n m . 4 1 ; Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff A k t G , § 9 3 Rz. 96f; Scholz/U.H. Schneider, G m b H G , § 4 3 R z . 2 0 9 ; siehe auch Eickhoff, Die Gesellschafterklage im G m b H - R e c h t , S. 52. 8 4 0 Gesellschaftlich gebundene Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen; entsprechende A n w e n d u n g der § 7 4 4 A b s . 2 BGB, § § 4 3 2 , 1011, 2039 BGB, § 3 0 9 A b s . 4 , § 3 1 7 A b s . 4 , § 3 1 8 A b s . 4 A k t G ; Mitverwaltungsrecht oder Notgeschäftsführungsrecht in (gesetzlicher) Prozessstandschaft (siehe dazu oben S. 192). Teilweise wird die Zulässigkeit der Prozessstandschaft gegen Geschäftsführer ohne N e n n u n g einer rechtlichen Grundlage mehr oder weniger nur konstatiert (vgl. OLG Köln NJW-RR 1994, 616ff; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , § 4 3 R z . 2 5 ; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 4 3 R z . 3 2 ; Rowedder/Koppensteiner, § 4 3 R z . 4 2 ; Scholz/ K. Schmidt, G m b H G , 8 . A u f l . , § 4 6 R z . 1 6 1 ; Bartl/Fichtelmann u.a., G m b H G , § 4 6 R z . 7 8 , 81; Brandes W M Sonderbeilage Nr. 1/1987, 13ff; Stimpel A G 1986, 117f; Kowalski ZIP 1995, 1315, 1317, 1319; siehe auch Huffer Z G R 1980, 320, 353f). 841 OLG Köln NJW-RR 1994, 616ff; Hachenburg/Schilling, G m b H G , § 4 6 R z . 3 8 ; Lutter/ Hommelhoff, G m b H G , § 4 3 R z . 2 5 ; Rowedder/Koppensteiner, §43 Rz.42; Roth/Altmeppen, G m b H G , § 4 3 R z . 3 7 , 58; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 8 IV 1, S.462; Grunewald, Gesellschaftsrecht, 2.E. R z . 5 6 mit Fn.28; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.286ff; Kowalski ZIP 1 9 9 5 , 1 3 1 5 , 1 3 1 7 , 1 3 1 9 ; K. Schmidt GmhHR 1 9 7 9 , 1 2 1 , 1 2 6 ; Gerkan ZGR 1988, 44Iff; Verhoeven, BB 1978, 335, 337; Brandes W M Sonderbeilage Nr. 1/1987, 13ff; Stimpel A G 1986, 117f. 838 839

2 4 4 Teil 2: C Ansprüche

der Kapitalgesellschaft

gegen

Mitglieder

der

Verwaltungsorgane

sprechung des Bundesgerichtshofs zur GmbH & Co.KG und zur stillen Gesellschaft der Anstellungsvertrag des Fremdgeschäftsführers als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Gesellschafter interpretierbar sein.842 Schadensersatzansprüche wegen verletzter Treuepflicht sind dann prinzipiell in rechtlich gleicher Weise wie die gegen Gesellschafter-Geschäftsführer verfolgbar, allerdings mit dem Unterschied, dass der einzelne Gesellschafter eigene Ansprüche, nicht solche der Gesellschaft geltend macht. Nach wieder anderer Auffassung 843 ist die Prozessstandschaft nur für mitgliedschaftliche Ansprüche der GmbH gegen Mitgesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis zulässig, nicht hingegen für Schadensersatz- und Erstattungsansprüche der Gesellschaft gegen Geschäftsführer und andere Organmitglieder. Nur ausnahmsweise anerkennt diese Ansicht die Prozessstandschaft für Ersatzansprüche der GmbH gegen Gesellschafter-Geschäftsführer, wenn die Geschäftsführung satzungsmäßig als „Pflichtrecht" des Gesellschafters ausgestaltet ist.844 Ist bereits die rechtliche Grundlage der Prozessstandschaft für mitgliedschaftliche Ansprüche der GmbH gegen Mitgesellschafter zweifelhaft, so gilt das erst recht für eine erweiterte Klagebefugnis des einzelnen Gesellschafters als Prozessstandschafter für Ansprüche der durch Geschäftsführer geschädigten GmbH. 845 Eine derartige Erweiterung steht außerdem vor der Frage, ob der einzelne Gesellschafter in Prozessstandschaft nur bereits entstandene Ersatzansprüche der GmbH verfolgen darf oder seine prozessuale Rechtsstellung auch Unterlassungsund Beseitigungsansprüche der Gesellschaft gegen gesellschaftsschädigende Maßnahmen der Geschäftsführung einbezieht.846 Das müsste konsequenterweise anerkannt werden, weil die GmbH unzweifelhaft von ihrem Geschäftsführer die Unterlassung rechtswidriger Gesellschaftsschädigung oder die Beseitigung rechtswidriger Zustände fordern darf.847 §43 GmbHG zielt nämlich nicht nur auf Nachweise Fn. 798. Baumhach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 17.Aufl., §13 Rz.34; Bartl/Fichtelmann u.a., GmbHG, §46 Rz.79; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §13 Rz.4; anders aber wieder Lutter/ Hommelhoff GmbHG, §43 Rz.25. 844 etwa Baumhach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 13 Rz. 34; Bartl/Fichtelmann u.a., GmbHG, §46 Rz.81; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §13 Rz.4. 845 Siehe dazu oben S. 211. 846 Siehe dazu Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.48; Roth/Altmeppen, GmbHG, § 13 Rz. 39,46, §43 Rz. 37. Diese Frage kann etwa bedeutsam werden, wenn pflichtwidriges Verhalten der Geschäftsführung von der Mehrheit faktisch getragen wird oder die Geschäftsführung die Zustimmung des klagenden Gesellschafters pflichtwidrig veranlasst oder beeinflusst hat (Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.42, 48; Roth/Altmeppen, GmbHG, §43 Rz.52). Sie kann aber auch bei der Anfechtung eines Weisungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung bzw. dann relevant sein, wenn Gesellschafter im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine rechtswidrige Geschäftsführungsmaßnahme vorgehen wollen (vgl. OLG Frankfurt GmbHR 1982, 237; OLG Nürnberg GmbHR 1993, 588f; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §47 Rz. 116; Damm ZHR 1990, 430ff; Saenger GmbHR 1997, 112). 847 Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.48; Scholz/U.H. Schneider, GmbHG, §43 Rz.210; Roth/Altmeppen, GmbHG, §43 Rz.5ff. 842 843

II. Kumulierte Rechtsausübung aufgrund materiellen Rechts und Prozessrechts

245

die Kompensation vermögenswerter Nachteile der G m b H ab, sondern zugleich auf den an die Geschäftsführung gerichteten Appell 8 4 8 zu pflichtgemäßem H a n deln im R a h m e n des gesetzlichen oder statutarischen Sorgfaltsstandards. D e n Fall des Kompetenzübergriffs der Verwaltungsträger in Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter (insbesondere durch

Zuständigkeitsüberschreitung)

ausgenommen, lehnen jedoch die Anhänger der Prozessstandschaftsklage eine actio negatoria 8 4 9 gegen rechtswidrige Maßnahmen der Geschäftsführung ab 8 5 0 , weil die innergesellschaftliche Zuständigkeitsverteilung, insbesondere die G e schäftsführungskompetenz der Verwaltungsträger beeinträchtigt werden k ö n ne. 851 D i e prozessstandschaftliche actio pro socio beschränkt sich in dieser Sicht nur auf Fälle, in denen kein künftiges Organhandeln angestrebt wird, im Kern also nur auf Klagen gegen Geschäftsführer wegen bereits verursachter Gesellschaftsschäden. 8 5 2 Von der prozessstandschaftlichen Unterlassungsklage gegen Geschäftsführer unterscheide sich die Schadensersatzklage gerade dadurch, dass diese den Fortgang der Geschäftsführung der Gesellschaft nicht behindere. 8 5 3 Diese rechtliche Differenzierung zwischen Unterlassungs- und Schadensersatzklagen überzeugt in mehrfacher Hinsicht nicht. Von vornherein ist die Beschränkung des Rechts eines einzelnen Gesellschafters auf prozessstandschaftliche Verfolgung bereits entstandener Gesellschaftsschäden nicht sinnfällig, geht es doch in der actio pro negatoria um das Recht, den Eintritt eines unmittelbar der Gesellschaft durch Handeln des Geschäftsführers drohenden Schadens zu verhindern. Insbesondere der in § 1 0 0 4 A b s . l B G B ausgedrückte Rechtsgedanke der A b wehrmöglichkeit künftiger und konkret absehbarer Einbußen und Störungen müsste es daher nahe legen, einzelne Gesellschafter zu berechtigen, konkret von der Geschäftsführung drohendes Gefährdungspotenzial abzuwenden. 8 5 4 D i e rechtliche Differenzierung zwischen Unterlassungs- und Schadensersatzklagen, weil die actio negatoria im Vorfeld einer Schadensentstehung die laufende Geschäftsführung störe, übersieht, dass die Reibungslosigkeit einer funktionierenden Geschäftsführung durch eine Klage des Einzelnen Gesellschafters auf E r satz eines der Gesellschaft durch die Geschäftsführung bereits zugefügten Schadens kaum weniger als beeinträchtigt gelten darf, als durch eine vorbeugende U n -

Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.48. Siehe dazu oben S. 185. 850 Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.48, 49; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15 Aufl., §43 Rz. 32; siehe auch Scholz/U.H. Schneider, GmbHG, §43 Rz.210ff; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz. 39, 46. 851 Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.48; Scholz/U.H. Schneider, GmbHG, §43 Rz.210. 852 Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.48; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.39, 46. 853 Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, §43 Rz.48; Roth/Altmeppen, GmbHG, §13 Rz.39, 46. 854 Palandt/Thomas, BGB, Einf v § 823 Rz. 16; Palandt/Bassenge, BGB, § 1004 Rz. 1 f. 848

849

2 4 6 Teil 2: C Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Mitglieder der

Verwaltungsorgane

terlassungsklage. Wird die ungestörte Funktionsfähigkeit der innergesellschaftlichen Kompetenzverteilung in den Mittelpunkt gestellt, so wäre an sich der rechtliche Anwendungsgleichlauf zwischen Unterlassungsklagen und Schadensersatzklagen je in Prozessstandschaft die richtige Konsequenz. D i e Fragwürdigkeit der Differenzierung zwischen jenen Klagen zeigt ein Blick auf die durch den Gesetzgeber in § 4 6 Nr. 8 G m b H G getroffene Wertung, wonach die Gesellschafterversammlung als oberstes Gesellschaftsorgan über das „ O b " und „Wie" der (außer)prozessualen Anspruchsverfolgung zu beschließen hat, eben weil Ansehen und Kredit der Gesellschaft durch potenziell abträgliche Wirkungen einer Schadensersatzklage gegen Geschäftsführer leiden würden. 8 5 5 Werden aufgrund der auf die juristische Person hin kanalisierten Anspruchszuständigkeit dem § 4 8 Nr. 8 G m b H G nur Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen die Geschäftsführer zugrunde gelegt, so ist von der spezifischen K o m p e t e n z der Gesellschaftsorgane (Gesellschafterversammlung, besonderer Prozessvertreter) zur Verfolgung derartiger Forderungen auszugehen. Diese K o m p e t e n z schließt organvertretende Individualbefugnisse jedes Einzelnen Gesellschafters (aus eigenem oder abgeleitetem Recht der Gesellschaft) grundsätzlich aus. 8 5 6 Zwar ließe die Regelung im Gesellschaftsstatut eine spezielle Ermächtigung einzelner Gesellschafter zur P r o zessführung im eigenen N a m e n zu. 8 5 7 Generell ist aber weder kraft Gesetzes noch aufgrund des Mitgliedschaftsrechts der Zugriff des einzelnen Gesellschafters auf Ersatzansprüche der G m b H nach dem Vorbild der actio pro socio des Personengesellschaftsrechts - ohne B r u c h mit den dualistischen Gesellschaftsgrundformen - rechtlich haltbar. 8 5 8 Daran ändert sich nichts, wenn nach verbreiteter Ansicht 8 5 9 die Prozessstandschaft auf Fälle beschränkt wird, in denen bestimmten Gesellschaftern das Recht zur Geschäftsführung als so genanntes Pflichtrecht 8 6 0 verliehen ist. Entweder wird dieser rechtliche Ansatz so verstanden, dass Gesellschaftern R e c h t und Pflicht zur Geschäftsführung in einer obligatorischen Nebenabrede im oder neben dem Gesellschaftsstatut auferlegt werden. D a n n ist jedoch - abgesehen von der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung 8 6 1 - die Prozessstandschaft für einen von dem Einzelgesellschafter verfolgten Anspruch der G m b H entbehrlich, weil pflichtwidrige Geschäftsführungsmaßnahmen einen Verstoß gegen die schuldrechtliche Nebenabrede darstellen und deshalb von jedem Vertragspartner als po-

SiehedazuobenS.lll. Roth/Altmeppen, GmbHG, §35 Rz.lf, 7f, §45 Rz.lf; Eickhoff, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, S.52. 857 Roth/Altmeppen, GmbHG, §46 Rz.59. 858 Sehr zurückhaltend Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, §43 Rz.26f. 859 Nachweise Fn. 843. 860 Roth/Altmeppen, GmbHG, §3 Rz.29ff, §46 Rz. 18. 861 Roth/Altmeppen, GmbHG, §3 Rz.31. 855 856

II. Kumulierte Rechtsausübung

aufgrund materiellen Rechts und Prozessrechts

247

sitive Vertragsverletzung mit einer Schadensersatzklage aus eigenem Recht u n d im eigenen N a m e n verfolgt werden könnten. Ist das so genannte Pflichtrecht hingegen beschränkt auf die gegen Geschäftsführer gerichtete Klage in Prozessstandschaft verstehbar, wenn Gesellschaftern die Befugnis zur Geschäftsführung satzungsmäßig als Sonderrecht und -pflicht im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G verliehen ist 862 , so ändert sich nichts an der H a f tungsverfassung gemäß §43, §46 Nr. 8 G m b H G , der Geschäftsführer haftet nur gegenüber der Gesellschaft. Von dem körperschaftlichen Rechtscharakter des Bestellungsaktes gemäß §6 Abs. 3 S.2 G m b H G unterscheidet sich das statutarische Sondergeschäftsführungsrecht des Gesellschafters nur dadurch, dass es organisationsrechtlicher Bestandteil des Geschäftsanteils des Gesellschafters (§14 G m b H G ) wird u n d grundsätzlich nur aus wichtigem G r u n d (§38 Abs. 2 G m b H G ) entzogen werden darf. 863 Unabhängig von diesem Unterscheidungsdetail hat der mit einem statutarischen Sonderrecht ausgestattete Gesellschafter nur Geschäftsführungsrechte u n d -pflichten gegenüber der Gesellschaft als juristische Person, nicht seinen Mitgesellschaftern gegenüber (§3 Abs. 2 G m b H G ) . 8 6 4 Als statutarische Mitgliedsrechte u n d -pflichten im Verhältnis zur G m b H sind sie von schuldrechtlichen Rechten und Pflichten der Gesellschafter zu unterscheiden, w e n n außerhalb des Gesellschaftsstatuts oder unmittelbar zwischen den Gesellschaftern sonstige Schuldverhältnisse als unechte Satzungsbestandteile vereinbart werden. 8 6 5 Das bedeutet, dass sich die in § 43 Abs. 2, § 46 Nr. 8 G m b H G vorausgesetzte Verantwortlichkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers gegenüber dem Verband und der Mitgliedergesamtheit auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines satzungsmäßigen Pflichtrechts zur Geschäftsführung überwinden lässt. Die auf solche Fälle limitierte Prozessstandschaft, in denen das Geschäftsführungsrecht mitgliedschaftlich als Sonderrecht des Gesellschafters verankert ist, wäre willkürlich, weil die statutarische Sonderrechtsbestellung gerade auf eine Besserstellung gegenüber dem gesetzlichen Normalstatut der G m b H abzielte.

862 Zur Ausgestaltung der Geschäftsführung als Sonderrecht vgl. Roth/Altmeppen, §3 Rz.29f, §6 Rz. 18. 863 Roth/Altmeppen, G m b H G , §3 Rz.30, §6 Rz. 18. 864 Roth/Altmeppen, G m b H G , §3 Rz.30. 865 Roth/Altmeppen, G m b H G , §3 Rz.30, §14 R z . l 3 f .

GmbHG,

Schlussbetrachtung und Zusammenfassung Die vorstehende Untersuchung hat gezeigt, dass ein Abgesang an den im Gesetz angelegten Dualismus der Gesellschaftsgrundformen (Gesamthandsgesellschaft, juristische Person) vernehmbar ist. Wo sich die Darlegung an den Gesetzeswortlaut geklammert hat, ist nicht flachem Rechtspositivismus in erstarrten (Gesellschafts)Rechtsformen und orthodoxe Strenge der Gesetzesumsetzung favorisiert worden, vielmehr haben die Vorzüge einer rechtsfortbildenden Rechtskunst Anerkennung gefunden. Der hier vertretene abweichende Standpunkt lässt sich wie folgt zusammenfassen.

1.

Personengesellschaftsrecht

Im Außenrecht der Personengesellschaft finden sich für die Durchsetzung von Ansprüchen der Gesamthandsgesellschaft drei Orientierungspunkte: Bei Einzelgeschäftsführung mit Einzelvertretungsmacht lassen sich Rechte der Gesellschaft problemlos in Einzelvertretung verfolgen. Ist ein Gesellschafter von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen und verweigern die vertretungsberechtigten Gesellschafter aus Befangenheit oder wegen Interessenkollision die Verfolgung der Gesellschaftsrechte, so bleibt nur das Verfahren über die Entziehung der Geschäftsführung und Vertretung. Ist die Verwaltungsorganisation der Gesellschaft auf die gemeinschaftliche Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft zugeschnitten, so darf auch ein einzelner Gesellschafter-Geschäftsführer ausnahmsweise Ansprüche in prozessualer Vertretung der Gesamthand verfolgen, falls sich die übrigen Gesellschaftsrepräsentanten gesellschaftswidrig sperren. Dagegen wertet die h.M. grundsätzlich der Rechtsstellung der Gesellschaftermehrheit und des Gesellschaftsschuldners auf. Ein einzelner Gesamtgeschäftsführer darf allenfalls im eigenen Namen und auf eigenes Prozess(kosten)risiko Rechte der Gesellschaft in Prozessstandschaft verfolgen, wird also zugunsten der Gemeinschaftssphäre abgedrängt. Das wird erreicht, indem der Gesellschafter von der Gesamthand abstrahiert gedacht und individualrechtliche Strukturelemente (z.B. aus dem Bruchteilsrecht oder dem Recht der Erbengemeinschaft) in das System der kollektiven Vermögenszuordnung übertragen werden. Nach der hier vertretenen Ansicht bleibt die Rechtsstellung des Gesellschafters als volles Mitglied der Gesamthand grundsätzlich unangetastet, der einzelne Gesamtge-

Schlussbetrachtung

und

249

Zusammenfassung

schäftsführer erlangt aber das Recht, namens der Gesamthandsgemeinschaft Rechte der Gesellschaft zu verfolgen, wenn die übrigen Gesellschafter-Geschäftsführer gesellschaftswidrig die Anspruchsverfolgung behindern. Mithin bleibt ohne Änderung der Wesensmerkmale der Gesellschaft die gesamthänderische Vermögenszuordnung

unangetastet, andererseits

ist der Gesellschafter

wegen

pflichtwidrigen Verhaltens der Mitgesellschafter von seiner Stellung als berechtigtes Verbandsmitglied nicht ausgegrenzt und nicht zur Rechtsverfolgung auf eigenes Risiko gezwungen. Im Innenrecht der Gesellschaft kann einem einzelnen Gesellschafter ein Individualanspruch gegen Mitgesellschafter in eigener Rechtszuständigkeit zustehen, wenn seine Geltendmachung nicht an das Regime gesamthänderischer Vermögenszuordnung gebunden wird. Demgegenüber ist es für die bisherige Rechtsentwicklung charakteristisch, der Gesellschaftermehrheit und der Verwaltungsorganisation für die Verfolgung von „Sozialansprüchen" gegen Mitgesellschafter aus dem Gesellschaftsvertrag das Vorrecht zu geben. Kennzeichnend ist dabei die A b kehr von der dualistischen Gesellschaftsrechtssystematik, der Personengesellschaft werden körperschaftliche Strukturmerkmale des Kapitalgesellschaftsrechts implementiert. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts steigt in den Rang eines (teil)rechtsfähigen Gebildes auf und gerät ebenso wie die handelsrechtliche Personengesellschaft für Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis in die Nähe der Rechtsträgerschaft in einer Kapitalgesellschaft. Der im unmittelbaren Vermögen des Gesellschafters angelegte Anteil am Gesellschaftsvermögen wird in eine fiktive „Wirkungseinheit" umgestaltet und privatautonom entstandene Individualansprüche werden aus ihrer Geltung zwischen Gesellschaftern gelöst und derselben fiktiven „Wirkungseinheit"

als Sozialansprüche zugeordnet.

Die

Rechtsstellung der Personengesellschafter zueinander gleicht sich der dem Kapitalgesellschaftsrecht entlehnten bloßen Verbandsmitgliedschaft an, obwohl die rechtskonstruktive Übernahme des Anteils am Gesellschaftsvermögen in die fiktive „Wirkungseinheit" dem originären individualvertraglichen Willen der Gesellschafter widerspricht.

2. Kapitalgesellschaftsrecht

(GmbH)

Im Recht der Kapitalgesellschaften findet eine Umformung unterschiedlicher Essentialia der Gesellschaftsgrundformen in umgekehrter Richtung statt. Das für die juristische Person maßgebliche System der Haftungskanalisierung auf das Gesellschaftsvermögen hin und die von ihren Mitgliedern getrennte Eigenständigkeit der juristischen Person als Grundlagen der Forderungszuständigkeit der Gesellschaft verlieren sich zusehends zugunsten des Rechts einzelner Gesellschafter im eigenen Namen Rechte der Gesellschaft und der Gesellschaftsorgane an sich zu ziehen (z.B. Forderungskumulation, Prozessstandschaft, Notverwaltungsrecht). Als Mittel des Strukturwandels bedient man sich der Übertragung typi-

250

Schlussbetrachtung

und

Zusammenfassung

scher personalistischer Wesensmerkmale der Personengesellschaft in das Recht der Kapitalgesellschaft, obwohl bei Schädigung der Kapitalgesellschaft durch ihre Mitglieder oder Verwaltungsorgane ohne Abkehr von dem Grundsatz der Entscheidungskonzentration auf Organe der Kapitalgesellschaftsrecht das Gesetz selbst die Konfliktstellung durch das Recht auf Bestellung organschaftlicher Prozessvertreter löst. Ist die Personengesellschaft von dem Rechtsgedanken der personalistischen Vielheit in der Individualsphäre der Gesellschafter geprägt, so gibt umgekehrt der juristischen Person der Einheitsgedanke Gestalt. Das bisher Trennende der Gesellschaftsgrundformen verliert sich und geht in einer neuen im Gesetz (noch) nicht verankerten Gesellschaftssystematik auf. Für die Rechtsfigur der actio pro socio des Gesellschafters, die zudem expressis verbis im Gesetz nicht geregelt ist, lässt sich in diesem Vorgang kein fester Standort finden. Sie stellt sich als eine bewegliche Rechtsausübungsmacht für den Einzelfall dar, je nachdem, ob mehr die personalistische oder die körperschaftliche Rechtsebene favorisiert wird. Angesichts der Tendenzen zur Systemauslösung und der Vielfalt der Ansichten in Rechtsprechung und Literatur läge es am Primat der Legislative für die Schaffung einer eindeutigen Rechtslage.

Literaturverzeichnis

Achenbach, Hans, Aus der 1996/97 veröffentlichten Rechtsprechung zum Wirtschaftsstrafrecht, NStZ 1997, 536 Aktiengesetz, Großkommentar, Band 1,2. Halbband, 3. Aufl., Berlin/New York 1973 (zit.: Bearbeiter, in: Großkomm. AktG) Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 mit einer Einführung von Hans Hattenhauer und einer Bibliographie von Günther Bernert, 2. Aufl., Neuwied u.a. 1994 Alternativkommentar zur Zivilprozeßordnung, Neuwied/Darmstadt 1987 (zit.: AK/Bearbeiter) Altmeppen, Holger, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 13.4. 1994 - II ZR 16/93, DZWiR 1994, 378 - Anmerkung zu BGH, Urt. v. 20.3. 1995 - II ZR 205/94, NJW 1995, 1749 - Ausgliederung zwecks Organschaftsbildung gegen die Sperrminorität?, DB 1998, 49 - Grenzenlose Vermutungen im Recht der GmbH, DB 1991, 2225 Arhausen, Briefkasten, JW 1900, 327 Bahr, Otto, Zum neuen Aktiengesetz, JJb XXI (1883), 431 Ballerstedt, Kurt, Der gemeinsame Zweck als Grundbegriff des Rechts der Personengesellschaften, JuS 1963, 253 - Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften - Eine gesellschaftsrechtliche Betrachtung, Tübingen 1949 Bartl, Harald/Fichtelmann, Helmar/Scblarb, Eberhard/Schulze, Hans-Jürgen, Heidelberger Kommentar zum GmbH-Recht, 4. Aufl., Heidelberg 1998 Bartl, Harald/Henkes, Ulrich/Schlarb, Eberhard, GmbH-Recht, Handbuch und Kommentar, 3. Aufl., Heidelberg 1990 Baumbach, Adolf/Hopt, Klaus]., Handelsgesetzbuch, 29. Aufl., München 1995 Baumbach, Adolf/Hueck, Alfred, GmbH-Gesetz, 13. Aufl., München 1970 - GmbH-Gesetz, 15. Aufl., München 1988 - GmbH-Gesetz, 17. Aufl., München 2000 Baumbach, Adolf/Hueck, Alfred!Hueck, Götz, Aktiengesetz, 13. Auflage, München 1968 Baumbach, Adolf/Lauterbach, Wolf gang/Alb ers, Jan/Hartmann, Peter, Zivilprozeßordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderen Nebengesetzen, 57. Auflage, München 1999 Baums, Theodor, Ersatz von Reflexschäden in der Kapitalgesellschaft - Besprechung der Entscheidung BGH WM 1987, 13ff. - , ZGR 1987, 554, 560 - Der Geschäftsleitervertrag, Köln 1987 Bayer, Walter, Aktionärsklagen de lege lata und de lege ferenda, NJW 2000, 2609 Beck'sches Handbuch der GmbH, Gesellschaftsrecht - Steuerrecht, München 1999 (zit.: Beck GmbH-HB/Bearbeiter) Behrend, Gutachten über Aktiengesellschaften, in: Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Band 1, Vaduz/Liechtenstein, 1988

252

Literaturverzeichnis

Bekker, Beiträge zum Aktienrecht, ZHR 17 (1872), 379 Benke, Nikolaus/Meissel, Franz-Stefan, Übungsbuch zum römischen Schuldrecht, Wien 1996 Berger, Christian, Die actio pro socio im GmbH-Recht, ZHR 149 (1985), 599 Bondi, Felix, Aktienrechtliche Betrachtungen de lege ferenda aus Anlaß der Hibernia-Prozesse, DJZ 1908, 1007 Brammsen, Joerg, Strafbare Untreue des Geschäftsführers bei einverständlicher Schmälerung des GmbH-Vermögens?, DB 1989, 1609 Brandes, Helmut, Die Rechtsprechung des BGH zur GmbH & Co. KG und zur Publikumsgesellschaft, WM 1987, Sonderbeilage Nr. 1, 13 - Ersatz von Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, in: Festschrift für Hans-Joachim Fleck (1988), 13 Brezing, Klaus, Gedanken zur internationalen Konzernumlage. Besprechung des BGHUrteils vom 5.6. 1975 - II ZR 23/74, AG 1976, 5 Brodmann, Erich, Gesetz, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Band I, Berlin und Leipzig 1924 Brox, Hans, Allgemeines Schuldrecht, 25. Aufl., München 1998 (zit.: Brox, SR AT) - Erbrecht, 17. Aufl., Köln u.a. 1998 Buchner, Herbert, Zur rechtlichen Struktur der Personengesellschaften, AcP 169, (1969), 483 Bungert, Hartwin, Ausgliederung durch Einzelrechtsübertragung und analoge Anwendung des Umwandlungsgesetzes, NZG 1998, 367 Buxbaum, Richard M./Schneider, Uwe H., Die Fortentwicklung der Aktionärsklage und der Konzernklage im amerikanischen Recht, ZGR 1982, 199 Canaris, Claus-Wilhelm, Ansprüche wegen „positiver Vertragsverletzung" und „Schutzwirkung für Dritte" bei nichtigen Verträgen, JZ 1965, 475 - Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Aufl., Berlin 1982 Casper, Matthias, Das Anfechtungsklageerfordernis im GmbH-Beschlußmängelrecht, ZHR 163 (1999), 54 Coing, Helmut (Hrsg.), Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, Band 2, München 1976 Coing, Helmut, Europäisches Privatrecht, 19. Jahrhundert, München 1989 Cordes, Albrecht, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf dem Weg zur juristischen Person?, JZ 1998, 545 Damm, Reinhard, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, ZHR 154 (1990), 413 Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs, Kommentar, 11. Aufl., Berlin 1960 (zit.: BGB-RGRK/Bearbeiter) Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs, Kommentar, 12. Aufl., Berlin/New York 1978 (zit.: BGB-RGRK/Bearbeiter) Dauner-Lieb, Barbara, Die BGB-Gesellschaft mit beschränkter Haftung - Phantom oder zulässige Spielart der GbR?, DStR 1998, 2014 Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs nebst drei Anlagen, Berlin 1896 Diederichsen, Uwe, Zur Geltendmachung von Gesellschaftsforderungen durch den nichtgeschäftsführungsbefugten BGB-Gesellschafter, MDR 1963, 632 Dörner, Heinrich/ Ebert, Ina/Eckert, Jörn/Hoeren, Thomas!Kemper, Rainer/Schulze, Reiner/ Staudinger, Ansgar, Bürgerliches Gesetzbuch, Handkommentar, Baden-Baden 2001 (zit.: Hk-BGB/Bearbeiter)

Literaturverzeichnis

253

Dreher, Meinrad, Treuepflichten zwischen Aktionären und Verhaltenspflichten bei der Stimmrechtsbündelung, Z H R 157 (1993), 150 Drygala, Tim, Anmerkung zu L G Frankfurt/M., Urt. v. 29.7. 1997 - 3/5 O 162/95, EWiR §119 AktG 1/97, 919 Düringer/Hachenburg, Das Handelsgesetzbuch, Band II, 1. Hälfte, Allgemeine Einleitung: das Gesellschaftsrecht des bürgerlichen Rechts, 3. Aufl., Mannheim u.a. 1932 (zit.: Bearbeiter, in: Düringer/Hachenburg) - Das Handelsgesetzbuch, Bandll, 2. Hälfte, 3. Aufl., Mannheim u.a. 1932 (zit.: Bearbeiter, in: Düringer/Hachenburg) Ehrenberg, Victor (Hrsg.), Handbuch des gesamten Handelsrechts, 3. Band, III. Abteilung, Leipzig 1929 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sonderdruck aus Handbuch des gesamten Handelsrechts, hrsg. von , 3. Band, III. Abteilung, Leipzig 1929 Eichler, Hermann, Die Rechtslehre vom Vertrauen, Tübingen 1950 Eickhoff, Andreas, Die Gesellschafterklage im GmbH-Recht, Köln u.a. 1986 Eisenhardt, Ulrich, Gesellschaftsrecht, 7. Aufl., München 1996 Emmerich, Volker, Anmerkung zu B G H , Urt. v. 5.6. 1975 - II ZR 23/74, JuS 1976, 54 Emmerich, VolkerlHabersack, Mathias, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, München 2001 Emmerich, Volker/Sonnenschein, Jürgen, Konzernrecht, 6. Auflage, München 1997 Endemann, F., Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, 6. Aufl., Berlin 1899 Engelmeyer, Cäcilie, Ausgliederung durch partielle Gesamtrechtsnachfolge und Einzelrechtsnachfolge, A G 1999, 263 Enneccerus, Ludwig!Lehmann, Heinrich, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Aufl., Tübingen 1958 Enneccerus, Ludwig/Nipperdey, Hans Carl, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., Tübingen 1959 Ensthaler (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., Neuwied u.a., 1997 (zit.: GK-HGB/Bearbeiter) Entwurf des Reichsjustizministeriums zu einem Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung von 1939, in: Schubert (Hrsg.), Abhandlungen aus dem gesamten bürgerlichen Recht, Handelsrecht und Wirtschaftsrecht, Z H R Beiheft 58, Heidelberg 1985 Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, B a n d l , 9. Aufl., Münster 1992 (zit.: Erman/Bearbeiter) - Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band2, 8. Aufl., Münster 1989 (zit.: Erman/Bearbeiter) Esser, Josef, Richterrecht, Gerichtsgebrauch und Gewohnheitsrecht, in: Festschrift für Fritz Hippel (1967), 95 Esser, Josef/Schmidt, Eike, Schuldrecht, Bandl, Allgemeiner Teil, Teilband 1, 5. Aufl., Karlsruhe 1975 Fastrich, Lorenz, Zur Zuständigkeit der Geschäftsführer der GmbH bei der Beantragung von Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zur Sicherung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer und Gesellschafter, D B 1981, 925 Fechner, Erich, Die Treuebindungen des Aktionärs - Zugleich eine Untersuchung über das Verhältnis von Sittlichkeit, Recht und Treue, Weimar 1942 Fikentscher, Wolfgang, Schuldrecht, 8. Aufl., Berlin/New York 1992 Fischer, Robert, Die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis in der O H G , N J W 1959, 1057 - Neue Wege im Recht der Personengesellschaften?, Z G R 1979, 251 - Anmerkung zu B G H , Urt. v. 10.1. 1963 - II ZR 95/61, LM Nr.4 zu §709 B G B

254

Literaturverzeichnis

- Anmerkung zu BGH, Urt. v. 6.6. 1955 - II ZR 233/53, LM Nr.2 zu BGB §432 - Der Minderheitenschutz im deutschen Aktienrecht, in: Minderheitenschutz bei Kapitalgesellschaften, Hefte der Vereinigung für den Gedankenaustausch zwischen deutschen und italienischen Juristen e.V., Heft 2, Karlsruhe 1967 Flechtheim, Julius, Anmerkung zu RG, Urt. v. 28.2. 1916 - 416/15 VI, JW 1916, 837 Fleck, Hans-Joachim, Buchbesprechungen, ZIP 1986, 269 - Mißbrauch der Vertretungsmacht oder Treubruch des mit Einverständnis aller Gesellschafter handelnden GmbH-Geschäftsführers aus zivilrechtlicher Sicht, ZGR 1990, 31 Flum, Joachim, Der strafrechtliche Schutz der GmbH gegen Schädigungen mit Zustimmung der Gesellschafter, 1. Aufl., Konstanz 1990 Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Erster Band, Erster Teil, Die Personengesellschaft, Berlin-Heidelberg-New York 1977 - Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Erster Band, Zweiter Teil, Die juristische Person, Berlin-Heidelberg-New York-Tokio 1983 - Die Rechtsprechung zur Haftung der Gesellschafter der Vor-GmbH und die Problematik der Rechtsfortbildung, DB 1998, 45 - Die Rechtssprechung des II. Zivilsenats des BGH zur Treuepflicht des GmbH-Gesellschafters und des Aktionärs, ZIP 1996, 161 Fraenkel, Ist der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer offenen Handelsgesellschaft berechtigt, im eigenen Namen kraft eigenen Rechts auf Leistung an alle Gesellschafter zu klagen?, JW 1913, 410 Friedewald, Rolf, Die personalistische Aktiengesellschaft, Köln u.a. 1991 Früchtl, Christian, Noch einmal: Wird die actio pro socio unzulässig, sobald der Gesellschafter aus der BGB-Gesellschaft ausscheidet?, NJW 1996, 1327 Fuchs, Gudrun, Aktionär und Kontrolle, Die Derivative Suit als Mittel der Corporate Control im Aktienrecht der USA, Karlsruhe 1981 Ganssmüller, Helmut, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 1.3. 1963 - II ZR 1/62, GmbHR 1963, 7 - Anmerkung zu BGH, Urt. v. 10.01. 1963 - II ZR 95/61, NJW 1963, 641 - Wieder einmal: Zur Vor-GmbH, Zugleich eine Besprechung des BGH-Urt. II ZR 216/66 vom 24.10. 1968, GmbHR 1970, 170 - Zur Konkurrenz der Gesamthands- und der Gesamthänderklage, DB 1954, 860 Gehrlein, Markus, Die Gesellschafterklage und §46 Nr. 8 GmbHG - ein ungelöstes Problem?, ZIP 1993, 1525 v. Gerkan, Hartwin, Die Gesellschafterklage, Korreferat, ZGR 1988, 441 - Gesellschafterbeschlüsse, Ausübung des Stimmrechts und einstweiliger Rechtsschutz, ZGR 1985, 167 Geßler, Ernst, Probleme der GmbH-Rechtsform. GmbHR 1966, 102 Geßler, Ernst/Hefermehl, Wolfgang/Eckardt, Ulrich/Kropff, Bruno, Aktiengesetz, Band II, München 1973/74 v. Gierke, Otto, Das deutsche Genossenschaftsrecht, Band 3, 1954 - Deutsches Privatrecht, Dritter Band, Schuldrecht, München/Leipzig 1917 - Deutsches Privatrecht, Erster Band, Allgemeiner Teil und Personenrecht, Leipzig 1895 - Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, Nachdruck der Ausgabe Berlin 1887, Hildesheim 1963 v. Godin, Anm. zu RGZ 171, 51, ZAkDR 1943, 195 Goette, Wulf, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 29.11. 1993 - II ZR 61/93, DStR 1994, 214 Götz, Heinrich, Die Sicherung der Recht der Aktionäre der Konzernobergesellschaft bei Konzernbildung und Konzernleitung, AG 1984, 85

Literaturverzeichnis

255

Gribbobm, Günter, Strafrechtliche Untreue zum Nachteil der GmbH durch den GmbHGeschäftsführer und die zivilrechtlichen Folgen, DStR 1991, 248 Großfeld, Bernhard, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, Tübingen 1968 - Aktienrecht, JZ 1981,234 Großfeld, Bernhard/Brondics, Klaus, Die Aktionärsklage - nun auch im deutschen Recht Anmerkung zum Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25.2. 1982 - II ZR 174/80 - , JZ 1982,589 Grunewald, Barbara, Die Gesellschafterklage in der Personengesellschaft und der GmbH, Tübingen 1990 - Die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft, AcP 197 (1997), 305 - Gesellschaftsrecht, 3. Auflage, Tübingen 1999 - Rechtsschutz gegen fehlerhafte Maßnahmen der Geschäftsführung, DB 1981, 407 Gummert, Hans, Zur Zulässigkeit einseitiger Haftungsbeschränkung auf das Vermögen der BGB-Außengesellschaft, ZIP 1993, 1063 Habersack, Mathias, Die Aktionärsklage - Grundlagen, Grenzen und Anwendungsfälle, DStR 1998, 533 - Die Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der GbR und der akzessorischen Gesellschafterhaftung durch den BGH, BB 2001, 477 - Die Mitgliedschaft - subjektives Recht und „sonstiges" Recht, Tübingen 1996 Hachenburg, Max, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), Großkommentar, 2. Aufl., Berlin/New York (zit.: Hachenburg/Bearbeiter) - Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), Großkommentar, 7. Aufl., Berlin/New York 1975 (zit.: Hachenburg/Bearbeiter) - Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), Großkommentar, 7. Aufl., Berlin/New York 1979 (zit.: Hachenburg/Bearbeiter) - Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), Großkommentar, 8. Aufl., Berlin/New York 1992 (zit.: Hachenburg/Bearbeiter) Hadding, Walther, Actio pro socio. Die Einzelklagebefugnis des Gesellschafters bei Gesamthandsansprüchen aus dem Gesellschaftsverhältnis, Marburg 1966 - Korporationsrechtliche oder rechtsgeschäftliche Grundlagen des Vereinrechts?, in: Festschrift für Robert Fischer (1979), 165 - Zur Einzelklagebefugnis des Gesellschafters einer GmbH nach deutschem und österreichischem Recht, GesRZ 1984 - Zur Einzelklagebefugnis des Gesellschafters einer Personalgesellschaft, JZ 1975, 159 - Zur Mehrheit von Gläubigern nach §432 BGB, in: Festschrift für Ernst Wolf (1985), 107 Hammen, Horst, Zur Haftung bei der Stimmrechtsvertretung durch Kreditinstitute in der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, ZBB 1993, 239 Handelsgesetzbuch, Großkommentar, begründet von Hermann Staub, Zweiter Band, 1. Halbband, 3. Aufl., Berlin/New York 1973 (zit.: Bearbeiter, in Großkomm. HGB) Häsemeyer, Ludwig, Der interne Rechtsschutz zwischen Organen, Organmitgliedern, und Mitgliedern der Kapitalgesellschaft als Problem der Prozeßführungsbefugnis, ZHR 144 (1980), 265 - Obstruktion gegen Sanierungen und gesellschaftsrechtliche Treupflichten, ZHR 160 (1996), 109 Hasselbach, Kai, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung, MDR 1998, 1200 Hassold, Gerhard, Actio pro socio, JuS 1980, 32 Häuser, Franz, Unbestimmte „Maßstäbe" als Begründungselement richterlicher Entscheidungen, dargestellt anhand von Entscheidungen des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zum Recht der Personalgesellschaften, Berlin 1981

256

Literaturverzeichnis

Heil, Zur Haftungsbeschränkung in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts: Bestätigung oder Abschied von der Gruppenlehre?, MittRhNotK 1999, 337 Hellwig, Konrad, System des Zivilprozeßrechts, Teill, Neudruck der Ausgabe Leipzig 1912 Herrn, Günter, Handbuch des Aktienrechts, 4. Aufl., Heidelberg 1991 Hennrichs, Joachim, Treupflichten im Aktienrecht, AcP 195 (1995), 221 Henze, Hartwig, Treupflichten der Gesellschafter im Kapitalgesellschaftsrecht, ZHR 162 (1998), 186 Herrmann, Harald, Gesellschafterklagen auf Unterlassen in der OHG und KG - Zur Bedeutung der „Holzmüller"-Entscheidung des BGH für die Personengesellschaft - , Jura 1986, 511 Hoffmann, Thomas, Die Klagebefugnis des GmbH-Gesellschafters (actio pro socio), GmbHR 1963, 61 Höfler, Ulrike, Die actio pro socio, JuS 1992, 388 Holder, Eduard, Natürliche und Juristische Personen, Leipzig 1905 Hommelhoff Peter, Die Konzernleitungspflicht - Zentrale Aspekte eines Konzernverfassungsrechts, Köln/Berlin/Bonn/München 1982 - Eigenkontrolle statt Staatskontrolle, in: Schubert, W e r n e r / H o m m e l h o f f , Peter (Hrsg.), Hundert Jahre modernes Aktienrecht, Eine Sammlung von Texten und Quellen zur Aktienrechtsreform 1884 mit zwei Einführungen, ZGR Sonderheft 4, Berlin/New York 1985 Honseil, Heinrich/May er- Maly, Theo/Selb, Walter, Römisches Recht, Berlin u.a., 4. Aufl., 1987 Hörstel Reinhard, Wird die „actio pro socio" unzulässig, sobald der Gesellschafter aus der BGB-Gesellschaft ausscheidet?, NJW 1995, 1271 Huber, Ulrich, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, Heidelberg 1970 Hueck, Alfred, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Auflage, Berlin-New/York 1971 - Der Treuegedanke im modernen Privatrecht, Sitzungsbericht der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Jahrg. 1944/46, Heft 7, München 1947 - Der Treuegedanke im Recht der offenen Handelsgesellschaft, Festschrift für Rudolf Hübner (1935), 72 - Die Geltendmachung von Sozialansprüchen bei der OHG, ZAkDR 1944, 103 Hueck, Götz, Drei Fragen zur Gesamthandsgesellschaft, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, Bandl, Köln u.a. 1998, 275 - Gesellschaftsrecht, 19. Aufl., München 1991 H ü f f e r , Uwe, 100 Bände BGHZ: Personengesellschaftsrecht. Ein Überblick, ZHR 151 (1987), 396 - Aktiengesetz, 3. Aufl., München 1997 - Aktiengesetz, 4. Aufl., München 1999 - Aktiengesetz, München 1993 - Der Aufsichtsrat in der Publikumsgesellschaft, ZGR 1980, 320 - Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., München 1998 - Zur gesellschaftsrechtlichen Treupflicht als richterrechtlicher Generalklausel, in: Festschrift für Ernst Steindorff (1990), 59 Immenga, Ulrich, Bindung von Rechtsmacht durch Treuepflichten, in: Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz (1992), 189 - Die personalistische Kapitalgesellschaft, Eine rechtsvergleichende Untersuchung nach deutschem GmbH-Recht und dem Recht der Corporations in den Vereinigten Staaten, Bad Homburg 1970

Literaturverzeichnis

257

Jauernig, Othmar, Bürgerliches Gesetzbuch mit Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 9. Aufl., München 1999 (zit.: Jauernig/Bearbeiter) - Zivilprozeßrecht, 23. Aufl., München 1991 Joost, Detlev, Holzmüller 2000 vor dem Hintergrund des Umwandlungsgesetzes, ZHR 163 (1999), 164 Karger, Ist der Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts berechtigt, im eigenen Namen kraft eigenen Rechts auf Leistung an alle Gesellschafter zu klagen?, JW 1920, 889 Käser, Max, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, München 1955 Keuk-Knobbe, Brigitte, Das Klagerecht des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft wegen gesetzes- und satzungswidriger Maßnahmen der Geschäftsführung, in: Festschrift für Kurt Beierstedt (1975), 239 Kiethe, Kurt, Ansprüche der Aktiengesellschaft bei Schädigung durch herrschende Unternehmen und Leitungsorgane, WM 2000, 1182 Kindl, Hans, Der Streit um die Rechtsnatur der GbR und seine Auswirkungen auf die Haftung der Gesellschafter für rechtsgeschäftlich begründete Gesellschaftsverbindlichkeiten, NZG 1999,517 Kirchner, Dieter, Klagebefugnis des GmbH-Gesellschafters, GmbHR 1961, 160 Klunzinger, Eugen, Grundzüge des Gesellschaftsrechts, 10. Aufl., München 1997 Köhler, Helmut, BGB Allgemeiner Teil, 23. Aufl., München 1996 Kohler,Josef, Die OHG als juristische Person, ArchBürgR 40 (1914), 229 Kohlmann, Günter, Untreue zum Nachteil des Vermögens der GmbH trotz Zustimmung sämtlicher Gesellschafter?, Festschrift für Werner (1984), 387 Koller, Ingo/Roth, Wulf-Henning/Morck, Winfried, Handelsgesetzbuch, München 1996 Kort, Michael, Die Klagebefugnis der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft, AG 1987, 193, 198 - Zur Treuepflicht des Aktionärs, ZIP 1990, 294 Kowalski, André, Der Ersatz von Gesellschafts- und Gesellschafterschaden, Köln 1990 - Die Gesellschafterklage und §46 Nr. 8 GmbHG - kein unlösbares Problem, ZIP 1995, 1315 Kraft, Alfons /Kreutz, Peter, Gesellschaftsrecht, 10. Aufl., Neuwied 1997 Krebs, Karsten/Klerx, Oliver, Die Haftungsverfassung der Vor-GmbH, JuS 1998, 991 Krieger, Gerd, Aktionärsklage zur Kontrolle des Vorstands- und Aufsichtsratshandelns, ZHR 163 (1999), 343 Kropff Bruno, Aktiengesetz, Textausgabe mit Begründung des Regierungsentwurfs zum Aktiengesetz, Düsseldorf 1965 Kubier, Friedrich, Gesellschaftsrecht, Die privatrechtlichen Ordnungsstrukturen und Regelungsprobleme von Verbänden und Unternehmen, 4. Aufl., Heidelberg 1994 Kühn, Wolfgang, Problem mit Minderheitsaktionären in der Aktiengesellschaft, BB 1992, 291 Labsch, Karl Heinz, Einverständliche Schädigung des Gesellschaftsvermögens und Strafbarkeit des GmbH-Geschäftsführers, JuS 1985, 602 Landgrebe, Detlev, Der Rechtsgedanke der actio pro socio im Recht der GmbH, GmbHR 1967, 227 Larenz, Karl, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., München 1989 - Lehrbuch des Schuldrechts, Bandi, 14. Aufl., München 1987 - Lehrbuch des Schuldrechts, Band2, 12. Aufl., München 1981 - Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., Berlin/Heidelberg u.a. 1991 - Zur Lehre von der Rechtsgemeinschaft, JherJb. 83, 108 Lehmann, Heinrich, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., Berlin 1959

258

Literaturverzeichnis

Lehmann, Heinrich/Hühner, Heinz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 15. Aufl., Berlin 1966 Leipold, Dieter, Erbrecht, 12. Aufl., Tübingen 1998 Leipziger Kommentar, Strafgesetzbuch, §§263 bis 302 a, 10. Aufl., Berlin u.a. 1988 (zit. LK-Bearbeiter) Lindacher, Walter F., Grundfälle zur Haftung bei Personengesellschaften, JuS 1982, 592 Lindner, Franz Josef, Die gleichheitsrechtliche Dimension des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 I GG), NJW 1998, 1208 Lüke, Wolf gang, Zivilprozeßrecht, München 1999 Lutter, Marcus, 100 Bände BGHZ: Konzernrecht. Ein Überblick, ZHR 151 (1987), 444 - Die Funktion der Gerichte im Binnenstreit von Kapitalgesellschaften - ein rechtsvergleichender Überblick - , ZGR 1998, 191 - Die Treupflicht des Aktionärs, ZHR 153 (1989), 446 - Entwicklung und Fortbildung des Rechts durch Entscheidung: Der Bundesgerichtshof und das Aktienrecht, in: Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof, Band I, München 2000 - Haftungsrisiken bei der Gründung einer GmbH, JuS 1998, 1073 - Theorie der Mitgliedschaft - Prolegomena zu einem Allgemeinen Teil des Korporationsrechts-, AcP 180 (1980), 84 - Treupflichten und ihre Anwendungsprobleme, ZHR 162 (1998), 164 - Zur inhaltlichen Begründung von Mehrheitsentscheidungen - Besprechung der Entscheidung BGH WM 1980, 378 - , ZGR 1981, 171 - Zur Treuepflicht des Großaktionärs, JZ 1976, 225 Lutter, M a r c u s / H o m m e l h o f f Peter, GmbH-Gesetz, Kommentar, 13. Aufl., Köln 1991 - GmbH-Gesetz, Kommentar, 15. Aufl., Köln 2000 Lutter, Marcus/Leinekugel, Rolf, Kompetenzen von Hauptversammlung und Gesellschafterversammlung beim Verkauf von Unternehmensteilen, ZIP 1998, 225 - Planmäßige Unterschiede im umwandlungsrechtlichen Minderheitenschutz ?, ZIP 1999, 261

Maatz, Kurt Rüdiger, Geltendmachung von Gesellschaftsansprüchen durch Mitgesellschafter einer GmbH im eigenen Namen, GmbHR 1974, 124 Maiberg, Herrmann, Gesellschaftsrecht, 7. Aufl., München/Wien 1990 Marsch-Barner, Reinhard, Treuepflichten zwischen Aktionären und Verhaltenspflichten bei der Stimmrechtsbündelung, ZHR 157 (1993), 172 Martens, Klaus-Peter, Die Entscheidungsautonomie des Vorstands und die Basisdemokratie in der Aktiengesellschaft, ZHR 147 (1983), 377 - Die Treupflicht des Aktionärs, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, Hamburger Ringvorlesung, S.250 - Grundlagen und Entwicklung des Minderheitenschutzes in der GmbH, in: Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz (1992), 607 Materialien zum Handelsgesetzbuche für das Deutsche Reich und dem Einführungsgesetze, Berlin 1897 Medicus, Dieter, Mehrheit von Gläubiger, JuS 1980, 697 - Schuldrecht I, Allgemeiner Teil, 10. Aufl., München 1998 - Schuldrecht II, Besonderer Teil, 8. Aufl., München 1997 Mertens, Hans-Joachim, Das Aktienrecht im Wissenschaftsprozeß, ZGR 1998, 386 - Die Geschäftsführungshaftung in der GmbH und das ITT-Urteil, Festschrift für Robert Fischer (1979), 461 - Die gesetzlichen Einschränkungen der Disposition über Ersatzansprüche der Gesellschaft durch Verzicht oder Vergleich in der aktien- und konzernrechtlichen Organhaftung, in Festschrift für Hans-Joachim Fleck, S. 209

Literaturverzeichnis

259

- Schadensfragen im Kapitalgesellschaftsrecht, in: Festschrift für Hermann Lange (1992), 561 Mestmäcker, Ernst-Joachim, Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, Karlsruhe 1958 Meyer-Landrut/Miller/Niehus, Kommentar zum GmbH-Gesetz, Berlin u.a. 1987 Motive zu dem Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band I, 2. Aufl., Berlin 1896 (zit.: Motive I) Motive zu dem Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band i i , 2. Aufl., Berlin 1896 (zit.: Motive II) Mülhert, Peter O., Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, Die Aktionäre bei Bildung und Umbildung einer Unternehmensgruppe zwischen Verbandsund Anlegerschutzrecht, 2. Aufl., München 1996 Müller-Christmann, Bernd /Schnauder, Franz, Durchblick: Zum strafrechtlichen Schutz des Gesellschaftsvermögens, JuS 1998, 1080 Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 1, München 1995 (zit.: MünchHdb./ Bearbeiter) Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band3, München 1996 (zit.: MünchHdb./ Bearbeiter) Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 4, München 1988 (zit.: MünchHdb./ Bearbeiter) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1, Allgemeiner Teil, 3. Aufl., München 1993 (zit.: MüKo/Bearbeiter) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 5, Besonderer Teil III, 3. Aufl., München 1997 (zit.: MüKo/Bearbeiter) Münchener Kommentar, ZPO, München 1992 (zit.: MüKo/Bearbeiter) Miither, Peter-Hendrik, Die BGB-Gesellschaft im Zivilprozeß, M D R 1998, 625 Nagel, Bernhard, Deutsches und europäisches Gesellschaftsrecht, München 2000 Nirk, Rudolf/Reuter, Hans-Peter!Bächle, Hans-Ulrich, Handbuch der Aktiengesellschaft: Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Arbeitsrecht, Losebl. Ausg., Köln 1994 Nitschke, Manfred, Die Geltendmachung von Gesellschaftsforderungen durch den einzelnen Gesellschafter einer Personengesellschaft (Gesamthänderklage), Z H R 128 (1966), 48 Oertmann, Paul, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuche und seinen Nebengesetzen, 2. Buch, Recht der Schuldverhältnisse, 3. und 4. Aufl., Berlin 1910 Palandt, Otto, Bürgerliches Gesetzbuch, 58.Aufl., München 1999 (zit.: Palandt/Bearbeiter) - Bürgerliches Gesetzbuch, 59. Aufl., München 2000 (zit.: Palandt/Bearbeiter) Paschke, Marian, Treuepflichten im Recht der juristischen Person, in: Festschrift für Rolf Serick (1992), 313 Pawlowski, Hans-Martin, Allgemeiner Teil des B G B , 3. Aufl., Heidelberg 1987 - Methodenlehre für Juristen, 2. Aufl., Heidelberg 1991 Peters, Torsten, Übertragung von Gesellschaftsvermögen und „Freezeout" - Konfliktpotential im Minderheitenschutz, B B 1999, 801 Pflugradt, Leistungsklagen zur Erzwingung rechtmäßigen Vorstandsverhaltens in der Aktiengesellschaft, München 1990 Planck's Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch nebst Einführungsgesetz, I. Band, Allgemeiner Teil, 4. Aufl., Berlin 1913 Planck's Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch nebst Einführungsgesetz, II. Band, 2. Hälfte, 4. Aufl., Berlin und Leipzig 1928 Priester, Hans-Joachim, Die klassische Ausgliederung - ein Opfer des Umwandlungsgesetzes von 1994, Z H R 163 (1999), 187

260

Literaturverzeichnis

- Nichtkorporative Satzungsbestimmungen bei Kapitalgesellschaften, DB 1979, 681 Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Band II, Berlin 1898 (zit.: Protokolle II) Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Band V, Berlin 1899 (zit.: Protokolle Bd. V) Prütting, Hanns, Ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts insolvenzfähig?, ZIP 1997, 1725 Radtke, Henning, Einwilligung und Einverständnis der Gesellschafter bei der sog. GmbHrechtlichen Untreue (I), GmbHR 1998, 311 - Einwilligung und Einverständnis der Gesellschafter bei der sog. GmbH-rechtlichen Untreue (II), GmbHR 1998, 361 Raiser, Thomas, 100 Bände BGHZ: GmbH-Recht. Die Treuepflichten im GmbH-Recht als Beispiel der Rechtsfortbildung, ZHR 151 (1987), 422 - Das Recht der Gesellschafterklagen, ZHR 153 (1989), 1 Referentenentwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz, Köln 1969 Rehbinder, Eckard, Treupflichten im GmbH-Konzern - Besprechung der Entscheidung BGHZ 65, 15 - , ZGR 1976, 386 - Zum konzernrechtlichen Schutz der Aktionäre einer Obergesellschaft — Besprechung der Entscheidung BGHZ 83, 122 „Holzmüller" - , ZGR 1983, 92 Reinhardt, Rudolf/Schultz, Dietrich, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., Tübingen 1981 Reuter, Dieter, Die ethischen Grundlagen des Privatrechts - formale Freiheitsethik oder materiale Verantwortungsethik, AcP 189 (1989), 199 - Die Verbände in der Privatrechtsordnung, in: Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bandl, München 2000 - Die Wesenselemente der Personengesellschaft in der neueren Rechtsprechung, GmbHR 1981, 129 v. Riegen, Arend, Gesellschafterschutz bei Ausgliederungen durch Einzelrechtsnachfolge, Köln u.a., S. 14 Rittner, Fritz, Konzernorganisation und Privatautonomie, AcP 183 (1983), 295 Röhricht, Volker/Graf v. Westphalen, Friedrich, Handelsgesetzbuch, Köln 1998 (zit.: Bearbeiter, in: Röhricht/Graf v. Westphalen) Roitzsch, Frank, Der Minderheitenschutz im Verbandsrecht, Königstein 1981 Rosenberg, Leo/Schwab, Karl-Heinz/Gottwald, Peter, Zivilprozeßrecht, 13. Aufl. 1981 Roth, Günter HJAltmeppen, Holger, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), 3. Aufl., München 1997 Rowedder, Heinz, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), Kommentar, München 1985 (zit. Rowedder bzw. Rowedder/Bearbeiter) Saenger, Ingo, Minderheitenschutz und innergesellschaftliche Klagen bei der GmbH, GmbHR 1997, 112 v. Savigny, Friedrich Carl, System des heutigen Römischen Rechts, Zweiter Band, Berlin 1840 Schäfer, Carsten, Untreue zum Nachteil von GmbH, GmbHR 1992, 509 Schanbacher, Dietmar, Actio pro socio, - zur Dogmatik der Gesellschafterklage, AG 1999, 21 Schilling, Wolf gang, Aktiengesetz, Großkommentar, Berlin/New York 1973 - Anmerkung zu BGH, Urt. v. 5.6. 1975 - II ZR 23/74, BB 1976, 1450 - Grundlagen eines GmbH-Konzernrechts, Festschrift für Hefermehl, 1976, 383 Schlegelberger, Franz, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., München 1992 (zit.: Schlegelberger/ Bearbeiter) Schlosser, Hans, Gründzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte, 8. Aufl., Heidelberg 1996

Literaturverzeichnis

261

Schmidt, Karsten, „Insichprozesse" durch Leistungsklage in der Aktiengesellschaft?, ZZP 92 (1979), 212 - Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.3. 1997 - 3 Wx 461/96, JuS 1997, 946 - Die BGB-Außengesellschaft: rechts- und parteifähig, NJW 2001, 993 - Die Vereinsmitgliedschaft als Grundlage von Schadenersatzansprüchen, JZ 1991, 157 - Gesellschaftsrecht, 3. Auflage, Köln u.a. 1997 - in: Gutachten zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. III (1983), S. 413 - Konzernrecht, Minderheitenschutz und GmbH - Innenrecht - Zu einer Bestandsaufnahme des inneren GmbH - Konzernrechts - . GmbH - RdSch. 1979, 121 - Rechtsfortbildung im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht durch die Rechtsprechung des BGH, NJW 2000, 2927 - Summenmäßige Grenzen der Haftung von Mitgesellschaftern aus rückständigen Einlagen (§24 GmbHG) und verbotenen Ausschüttungen (§31 Abs. 3 GmbHG), BB 1985, 154 - Zivilistische Rechtsfiguren zwischen Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, in: Rechtspolitik und Zivilrechtsdogmatik, Hamburger Ringvorlesung, Berlin 1990 - Zum Haftungsstatus untemehmenstragender BGB Gesellschaften - Eine Analyse auf der Grundlage der Rechtsprechung - , in: Festschrift für Hans-Joachim Fleck (1988), 271 - Zur Durchgriffsfestigkeit der GmbH, ZIP 1994, 837 - Zur Vermögensordnung der Gesamthands-BGB-Gesellschaft, JZ 1985, 909 Schmiedel, Burkhard, Besprechung von Wohlmann, Die Treupflicht des Aktionärs, ZHR 134 (1970) 173 Schnauder, Franz/Müller-Christmann, Bernd, Durchblick: Der zivilrechtliche Schutz des GmbH-Vermögens vor dem Zugriff der Gesellschafter, JuS 1998, 980 Scholz, Franz, Kommentar zum GmbH-Gesetz mit Nebengesetzen und den Anhängen Konzernrecht sowie Umwandlung und Verschmelzung, 8. Aufl., Köln 1995, 8. Aufl., Köln 1993 - Kommentar zum GmbH-Gesetz mit Nebengesetzen, 7. Aufl., Köln 1988 - Kommentar zum GmbH-Gesetz mit Nebengesetzen, Bandl, §§ 1—44, 8. Aufl., Köln 1993 Schubert, Werner, Entwurf des Reichsjustizministeriums zu einem Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung von 1939, Heidelberg 1985 Schubert, Werner/Schmiedel, Burkhard/Krampe, Christoph, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Band II, Frankfurt am Main 1987 Schumann, Hans, Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus pflichtwidriger Geschäftsführung bei Personalgesellschaften, DR 1942, 1670 Schütz, Olaf, Sachlegitimation und richtige Prozeßpartei bei innergesellschaftlichen Streitigkeiten in der Personengesellschaft, Berlin 1994 Schwarz, Günter Christian, Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Aktionären?, ZRP 2000, 330 Selb, Walter, Mehrheiten von Gläubigern und Schuldnern, Tübingen 1984 Semler, Franz-Jörg, Einstweilige Verfügungen bei Gesellschafterauseinandersetzungen, BB 1979, 1533 - Minderheitenschutz in Kapitalgesellschaften, AnwBl. 1991, 440 Sieger, Jürgen J./Hasselbach, Kai, Die Holmüller-Entscheidung im Unterordnungskonzern, AG 1999, 241 Soergel, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band2, 12. Aufl., Stuttgart u.a. 1990 (zit.: Soergel/Bearbeiter) - Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band4, 11. Aufl., Stuttgart u.a. 1985 (zit.: Soergel/Bearbeiter)

262

Literaturverzeichnis

SoergellSiebert, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 3, 10. Aufl., Stuttgart u.a. 1969 (zit.: Soergel/Bearbeiter) Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 12. Aufl., 1986 (zit.: Staudinger/Bearbeiter) - Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 12. Aufl., 1991 (zit.: Staudinger/Bearbeiter) - Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Aufl., 1996 (zit.: Staudinger/Bearbeiter) Steding, Rolf, Gesellschaftsrecht, 1. Aufl., Baden-Baden 1997 Stein-Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, Bandl, 21. Aufl., Tübingen 1993 (zit.: Stein-Jonas/Bearbeiter) - Kommentar zur Zivilprozeßordnung, Band2, Teilband 1, 20. Aufl., Tübingen 1987 (zit.: Stein-Jonas/Bearbeiter) Stier-Somlo, Fritz/Elster, Alexander, Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, Erster Band, Berlin und Leipzig 1926 Stimpel, Walter, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Innenhaftung des herrschenden Unternehmens im GmbH-Konzern, AG 1986, 117 - Durchgriffshaftung bei der GmbH, in: Festschrift für Reinhard Goerdeler (1987), 601 Sudhoff, Heinrich/Glahs, Heike, Personengesellschaften, 7. Aufl., München 1999 Sudhoff, Heinrich!Sudhoff, Martin, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, Systematischer Kommentar mit Formular- und Texthandbuch, 8. Aufl., München 1992 Sünner, Eckart, Aktionärsklage zur Kontrolle des Vorstands- und Aufsichtsratshandelns, ZHR 163 (1999), 364 - Aktionärsschutz und Aktienrecht, AG 1983, 169 Teichmann, Arndt, Die Personengesellschaft als Rechtsträger, AcP 179 (1979), 475 Thomas, Heinz!Putzo, Hans, Zivilprozeßordnung, 19. Aufl., München 1995 v. Thür, Andreas, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bandl, Berlin 1957 (unveränderter Nachdruck der 1910 erschienenen ersten Auflage) Tiedemann, Klaus, Kommentar zum GmbH-Strafrecht, §§ 82-85 GmbHG und ergänzende Vorschriften, 3. Aufl., Köln 1995, Sonderausgabe aus Scholz, GmbHG, Kommentar zum GmbH-Gesetz, 8. Aufl. Timm, Wolfram, Die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre Haftungsverfassung, NJW 1995, 3209 - Hauptversammlungskompetenzen und Aktionärsrechte in der Konzernspitze - zugleich Überlegungen zum Urteil des LG Hamburg vom 1.10. 1979 - , AG 1980, 172 - Treuepflichten im Aktienrecht, WM 1991, 481 Ulmer, Peter, Die höchstrichterlich „enträtselte" Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ZIP 2001,585 - Anmerkung zu BGH, Urt. v. 5.6. 1975 - II ZR 23/74, NJW 1976, 192 - Das Recht der GmbH und GmbH & Co. nach 50 Jahren BGH-Rechtsprechung, in: Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bandl, München 2000 - Die Aktionärsklage als Instrument zur Kontrolle des Vorstands- und Aufsichtsratshandelns, ZHR 163 (1999), 290 - Die Gesamthandsgesellschaft - ein noch immer unbekanntes Wesen?, AcP 198 (1998), 113 Weil, Rüdiger, Aktuelle Probleme im Ausgliederungsrecht, ZIP 1998, 361 - Anmerkung zu LG Hamburg, Urt. v. 21.1.1997 - 402 O 122/96, EWiR § 119 AktG 3/97, 1111

Verhandlungen des 11. Deutschen Juristentages 1873, Band 2, Berlin 1873 Verhoeven, Thomas, GmbH-Konzern-Innenrecht, Bonn 1978

Literaturverzeichnis

263

- Nochmals: Minderheitenschutz und Beirat in der GmbH, BB 1978, 335 Wank, Rolf, Richterliche Rechtsfortbildung und Verfassungsrecht, ZGR 1988, 314 Warneyer, Otto, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Erster Band, Tübingen 1923 Weber-Grellet, Heinrieb, Die Gesamthand - ein Mysterienspiel?, AcP 182 (1982), 316 Wellkamp, Ludger, Die Gesellschafterklage im Spannungsfeld von Unternehmensführung und Mitgliedsrechten, DZWiR 1994, 221 Werner, Winfried, Zuständigkeitsverlagerung in der Aktiengesellschaft durch Richterrecht, ZHR 147 (1983), 429 Westermann, Harm Peter, Die Gestaltungsfreiheit im Personengesellschaftsrecht in den Händen des Bundesgerichtshofs, in: Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bandl, München 2000 - GmbH-Konzern kraft richterlicher Rechtsfortbildung, GmbHR 1976, 77 - Grundsatzfragen des GmbH-Konzerns, in: Der GmbH-Konzern, Köln 1976, S.25 - Möglichkeiten und Grenzen dogmatischer Erfassung des Rechts der Personengesellschaften, ZHR 144 (1980), 232 Wieacker, Franz, Das Gesellschaftsverhältnis des klassischen Rechts, SZ 69 (1952), 302 - Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 2. Aufl., Göttingen 1967 Wieczorek/Schütze, Zivilprozeßordnung und Nebengesetze, Großkommentar, 3. Aufl., Berlin/New York 1994 (zit.: Bearbeiter, in: Wieczorek/Schütze) Wiedemann, Herbert, Die Bedeutung der ITT-Entscheidung, JZ 1976, 392 - Gesellschaftsrecht, Bandl, München 1980 - Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, Erfahrungen mit der Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, ZGR Sonderheft 13, 5 - Juristische Person und Gesamthand als Sondervermögen, WM 1975 Sonderbeilage Nr. 4, S.7 - Rechtsethische Maßstäbe im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, ZGR 1980, 147 - Zur den Treuepflichten im Gesellschaftsrecht, in: Festschrift für Theodor Henisius (1991), 949 Wiedemann, Herbert/Hirte, Heribert, Konzernrecht, in: Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bandl, München 2000 Wieland, Karl, Handelsrecht, Erster Band, München/Leipzig 1921 - Handelsrecht, Zweiter Band, München/Leipzig 1931 Wieser, Eberhard, Rechtsfähige BGB-Gesellschaft - Neue Rechtslage nach der BGH-Entscheidung - , MDR 2001, 421 Wilhelm, Jan, Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, Köln u.a. 1981 Windscheid, Bernhard, Lehrbuch des Pandektenrechts, Band 2, 9. Aufl., Aalen 1963 (Neudruck der Ausgabe Frankfurt a.M. 1906) Winter, Martin, Eigeninteresse und Treupflicht bei der Einmann-GmbH in der neueren BGH-Rechtsprechung, ZGR 1994, 570 - Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbH-Recht, München 1988 - Verdeckte Gewinnausschüttungen im GmbH-Recht, ZHR 148 (1984), 579 Würdinger, Hans, Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen, 4. Aufl., Heidelberg/Karlsruhe 1981 - Gesellschaften, 1. Teil: Recht der Personalgesellschaften, Hamburg 1938 - Gesellschaften, 2. Teil, Recht der Kapitalgesellschaften, Hamburg Zimmermann, Walter, Zivilprozeßordnung, 5. Aufl., Heidelberg 1998 Zöller, Richard, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., Köln 1997 (zit.: Zöller/Bearbeiter) Zöllner, Wolfgang, Treupflichtgesteuertes Aktienkonzernrecht, ZHR 162 (1988), 235 - Bemerkungen zu allgemeinen Fragen des Referentenentwurfs eines Umwandlungsgesetzes, ZGR 1993, 334

264

Literaturverzeichnis

- Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963 - Die sogenannten Gesellschafterklagen im Kapitalgesellschaftsrecht, Z G R 1988, 392 - in: Kölner K o m m e n t a r z u m Aktiengesetz, Einleitungsband, Köln u.a. 1996 - Zivilwissenschaft u n d Zivilrecht im ausgehenden 20. Jahrhundert, AcP 188 (1988), 85

Sachverzeichnis A b w i c k l u n g s g e s e l l s c h a f t 15, 6 4 f f .

A u f l ö s u n g der G e s e l l s c h a f t aus w i c h t i g e m

A c t i o negatoria 185 ff., 2 4 5 A c t i o p r o s o c i o zur D u r c h s e t z u n g v o n B i n -

G r u n d 33, 45 A u s e i n a n d e r s e t z u n g des G e s e l l s c h a f t s v e r m ö gens 15

n e n a n s p r ü c h e n in der Personengesellschaft 5 7 ff. - A c t i o p r o s o c i o als Mitgliedschaftsklage

Ausfallhaftung 108, 120ff. A u ß e n w i r k u n g gesellschaftsrechtlicher O r ganisationsnormen 30ff.

6 0 , 71, 9 8 f f . -

Individualansprüche des Gesellschafters 59ff.

B e i t r a g s f o r d e r u n g e n 6 2 , 6 4 , 6 7 f . , 78, 8 0 f . , 183

S o z i a l a n s p r ü c h e der G e s e l l s c h a f t 6 0 f f . , 6 3 ,

Beschlussfeststellungsklage, B e s c h l u s s m ä n gelklage 120, 136, 2 1 0 , 2 3 6 , 2 3 9

81 ff., 8 6 f f . -

E i n z e l k l a g e b e f u g n i s analog § 2 0 3 9 B G B 68

-

Einzelklagebefugnis gemäß § 4 3 2 B G B 68f.

-

Gesellschaftsvertrag als Vertrag z u g u n s t e n

B e s o n d e r e P r o z e s s v e r t r e t e r i m G m b H - und A k t i e n r e c h t 2 1 8 ff. -

-

Individualansprüche aus d e m „Societäts-

-

K l a g e r e c h t des L i q u i d a t o r s und des G e -

-

sellschafters 66 -

Organschaftliche Prozessvertretung durch allein s t i m m b e r e c h t i g t e G e s e l l s c h a f t e r

P r o z e s s s t a n d s c h a f t als G e w o h n h e i t s r e c h t und als M i n d e r h e i t e n s c h u t z r e c h t 93 ff.

G r e n z e n teleologischer E r w e i t e r u n g des § 4 6 Nr. 8 G m b H G 228f.

vertrag" 6 4 f . -

E x t e n s i v e A u s l e g u n g des § 4 6 N r . 8 G m b H G 2 2 0 f . , 2 2 1 ff.

Dritter 72f., 76f.

224ff. -

P r o z e s s s t a n d s c h a f t als interne G e s a m t h ä n -

S p e r r w i r k u n g der Vertreterbestellung im G m b H - und A k t i e n r e c h t 2 3 0 f f .

derklage 91 ff. -

P r o z e s s s t a n d s c h a f t aufgrund e r g ä n z e n d e r

D e k o n s t r u k t i o n dualistischer G e s e l l s c h a f t s g r u n d f o r m e n 73ff., 8 0 f f . , 104, 116, 119f.,

Vertragsauslegung 87, 86, 8 8 f f . -

R e c h t s i n h a b e r s c h a f t für B i n n e n a n s p r ü c h e

129ff., 167, 178, 193 ff., 1 9 8 f . , 199ff.,

aus d e m Gesellschaftsverhältnis 5 9 f .

2 0 1 ff., 2 0 8 , 2 4 0

T h e o r i e der A n s p r u c h s v e r v i e l f a c h u n g 59, 6 9 f f . , 76, 79

A c t i o p r o s o c i o zur D u r c h s e t z u n g von S o z i a l -

Dispositivität des § 7 1 8 B G B 80 D r i t t o r g a n s c h a f t , F r e m d o r g a n s c h a f t 23 8 ff. Dualistisches S y s t e m der G e s e l l s c h a f t s g r u n d f o r m e n 73 ff.

a n s p r ü c h e n der Kapitalgesellschaft 192 ff. -

K u m u l i e r t e R e c h t s z u s t ä n d i g k e i t aufgrund P r o z e s s r e c h t s 193 f.

Einheitsgedanke 38, 46

Mitgliedschaftlich vermittelte Verfügungs-

Einlagen 6 2 , 108, 183

befugnis 193 ff.

E i n z e l g e s c h ä f t s f ü h r u n g und -Vertretung 7f.,

recht 203ff., 216, 217 -

10,21,25

P r o z e s s s t a n d s c h a f t als M i t v e r w a l t u n g s -

E i n z e l k l a g e in prozessualer Vertretung für

P r o z e s s s t a n d s c h a f t als N o t g e s c h ä f t s f ü h -

D r i t t a n s p r ü c h e in der P e r s o n e n g e s e l l schaft 4 4 f f .

rungsrecht 2 0 3 ff., 2 1 6 , 2 1 7 A k t i o n ä r s k l a g e 4 1 f . , 140, 171ff., 179, 2 0 8 ,

-

Anfechtungsklage, Beschlussmängelklage 120, 1 3 6 , 2 1 0 , 2 3 6 , 2 3 9

Prozessverbindung von Zustimmungsund Leistungsklage 51

212ff., 230ff. -

P r o z e s s v e r t r e t u n g s r e c h t auf der E b e n e der E i n z e l g e s c h ä f t s f ü h r u n g und -Vertretung 55

266

Sachverzeichnis

- Prozessvertretungsrecht auf der Ebene der Gesamtgeschäftsführung und -Vertretung 47ff. - Prozessvertretungsrecht auf der Ebene nicht geschäftsführender Gesellschafter 56f. - Unbeachtlichkeit des Zustimmungsvorbehalts wegen Interessenkollision 50f. - Verwirkung des Zustimmungsvorbehalts 49 f. - Zustimmungsfiktion analog § 162 Abs. 1 B G B 51 ff. Einzelklagebefugnis für Ansprüche der Erbengemeinschaft gegen Dritte 11 ff., 29 - Legalsystematische Sonderstellung des § 2 0 3 9 B G B 11 f., 39 - Sinn und Zweck des § 2 0 3 9 B G B 13ff. Einzelklagebefugnis für Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Dritte 101 ff. Einzelklagebefugnis für Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Mitgesellschafter 103 ff. - Actio pro socio zur Durchsetzung von Individualansprüchen des Gesellschafters 113 - Ausfallhaftung als gesetzlicher Modellfall 120ff. - BGB-Innengesellschaft 144ff. - Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht 147ff. - GmbH-Gesellschaftsvertrag als „vertragsähnliche Sonderrechtsbeziehung" 113 - Körperschaftliche Verfassung der Kapitalgesellschaft 104 ff., 116, 129ff. - Mehrheits- Minderheitskonflikt 111 f. - Mitgliedschaftliche Abwehrrechte 181 ff. - Organzuständigkeit 109ff. - Personalistische Realstruktur der Gesellschaft 128ff. - Rechtsinhaberschaft für Binnenansprüche 103f., 107ff., 112, 119f. - Rezeption der actio pro socio im Recht der Kapitalgesellschaften 103f. - Subsidiarität der actio pro socio in Kapitalgesellschaften 118f., 120, 132f., 135ff., 208f. - Theorie der Anspruchsvervielfachung 114ff. Einzelklagebefugnis für Ansprüche der Kapitalgesellschaft gegen Organmitglieder 233ff. - Actio pro socio als prozessuale Befugnis in Prozessstandschaft 234ff., 243 ff. - Besondere Prozessvertreter im G m b H und Aktienrecht 235f.

- Theorie der Anspruchsvervielfachung 233f., 237ff. - Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter 234, 244 Einzelklagebefugnis für Drittansprüche in der Personengesellschaft 3 ff. - Analoge Anwendung aktienkonzernrechtlicher Vorschriften 41 f. - Ergebnisorientiertes Verständnis der § § 4 3 2 , 2039 B G B lOf. - Gesetzesanaloges Verständnis des § 2 0 3 9 BGB 9 - Gesetzesanaloges Verständnis des § 744 Abs. 2 B G B 9f. - Kumulierte Rechtszuständigkeit aufgrund materiellen Rechts 6ff. - Kumulierte Rechtszuständigkeit aufgrund Prozessrechts 34ff. - Prozessstandschaft als externe Gesamthänderklage 3 8 ff. - Prozessstandschaft als notwendige Erhaltungsmaßnahme 34ff. - Prozessstandschaft aufgrund ergänzender Vertragsauslegung 40f. - Prozessstandschaft gestützt auf Treu und Glauben 42f. - Teleologisch-extensives Verständnis der Mitgläubigerschaft 6f. - Teleologisch-restriktives Verständnis der Mitgläubigerschaft 7ff., 22ff., 26f. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis 43, 33, 45 Erstattung von verbotenen Rückzahlungen 108 Fiktionstheorie 196 Genossenschaftstheorie 194, 201 ff. Gesamtgeschäftsführung und -Vertretung 6f., 10, 2 1 , 2 2 f f . , 25 Gesamthandsbindung 19f., 45f., 79 Gesamthandsgemeinschaft 19f. Gesamthandsprinzip 19f., 45f., 60ff., 79f. Geschäftsanteil, Mitgliedschaft 127, 134, 184 Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Prozess 3 f. Gesellschafterversammlung der G m b H , Zuständigkeit 27f., 85, 110 Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich 179, 235 Girmes-Urteil 159f., 163, 181 Gläubigermehrheiten im System des B G B 5f. - Bruchteilsgläubigerschaft 18f.

Sachverzeichnis - Forderungsgemeinschaft zu Bruchteilen 18f. - Gesamtgläubigerschaft 5 - Gesamthandsforderungen 19f. - Gesamthandsgläubigerschaft 5f., 19ff. - Mitgläubigerschaft 5f., 11 ff., 17ff. - Teilgläubigerschaft 5 Gleichbehandlungsgrundsatz, gesellschaftsrechtlicher 183f. Grundlagengeschäft 83 f. Gründungsvertrag juristischer Personen 104 ff., 113, 142f., 145, 146f., 155, 162 Haftungskanalisierung 108, 171 ff., 191, 242, 246 Hauptversammlungskompetenzen, ungeschriebene 187 Innenwirkung gesellschaftsrechtlicher O r g a nisationsnormen 30ff. ITT-Urteil 27f., 75, 85, 95, 103, 114ff., 132, 158f., 181, 214f., 233 Klageerzwingungsverfahren 42, 179, 217, 219, 230ff., 235 Kollektivinteresse an gemeinschaftlicher Forderungseinziehung 22ff., 27f., 44 Kollusion 24, 33, 35, 42ff. Kommanditgesellschaft im Prozess 3 Lehre von der Einheitlichkeit der Gesellschaftsformen des Handelsrechts 198f. Linotype-Urteil 160, 163, 180 Nachschüsse 108, 183 Notgeschäftsführungsrecht 36ff. Notverwaltungsrecht 36ff. Notwendige Erhaltungsmaßnahme 34ff. Oechelhäusersche Entwurf 141 O f f e n e Handelsgesellschaft im Prozess 3 Parteifähigkeit der (Außen)Gesellschaft bürgerlichen Rechts 3, 39 Pflichtrecht zur Geschäftsführung 246f. Prozessführungsbefugnis und materielle Verfügungsbeschränkung 16f., 33 Prozessstandschaft, gesetzliche 16, 35, 45 Prozessstandschaft, gewillkürte 16, 44 f. Prozessvertretung in der Personengesellschaft 3, 8, 33 Recht auf gesetz- und statutengemäße Führung der Gesellschaft 185

267

Rechtsfähigkeit der (Außen)Gesellschaft bürgerlichen Rechts 3, 17, 39f., 46, 102, 142, 200f. Rechtsfähigkeit der Personenhandelsgesellschaft 8, 25f. Rechtskrafterstreckung 29 f., 45 Reflexschaden 108, 115, 117, 173, 175, 190f., 243 Reichsoberhandelsgericht 63f., 185 Römisch-rechtliche societas 20f., 60, 62, 78 Satzungsautonomie 133f. Schadensersatzpflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern 45 Schuldnerschutz durch Interessenbewertung 8, 23f., 28ff. Selbstorganschaft 21 f. Stimmverbote 50,111, 216ff. Streitgenossenschaft, notwendige 3, 39 Theorie der realen Verbandspersönlichkeit 196 Trennungsgrundsatz 81, 139, 194ff., 198f., 199ff., 201 ff., 215f. Treuepflichten im Kapitalgesellschaftsrecht 115ff., 147ff. - Horizontale Treuepflichten in Kapitalgesellschaften 151 f., 153 f. - Mitgliedschaftliches Gemeinschaftsverhältnis 168 - Personalistische Ausgestaltung des Verbandsinnenverhältnisses 157ff. - Treuepflichten aufgrund richterrechtlichen Gewohnheitsrechts 180f. - Treuepflichten gestützt auf Treu und Glauben 161 ff. - Vertikale Treuepflichten in Kapitalgesellschaften 151 - Wechselwirkung zwischen Rechtsmacht und Verantwortung 163 ff. - Zweckförderungspflicht als Wesenselement des gesamten Korporationsrechts 156f. Treuepflichten im Personengesellschaftsrecht 147ff., 161 f. Verdeckte Gewinnausschüttung 117, 183 Verein, nicht rechtsfähiger 63, 64, 67 Verfügungsbefugnis über Gesellschaftsvermögen 16 Versagen gesellschaftsrechtlich geordneter Geschäftsführungskompetenz 34ff., 45 Vielheitsgedanke 38

268

Sachverzeichnis

Wettbewerbsverbot 62f., 85, 89ff. Zustimmung zu gemeinschaftlicher Forderungseinziehung 14, 47f. Zustimmungsfiktion 23, 48, 49, 51 ff.

Zustimmungsklage 14, 23, 47 Zweckförderungspflicht der Gesellschafter 14, 156f., 161 f. Zweckvermögenstheorie 196 Zwischenfeststellungswiderklage 29

Jus Privatum Beiträge zum Privatrecht - Alphabetische Übersicht Adolphsen, Jens: Internationale Dopingstrafen. 2003. Band 78. Assmann, Dorothea: Die Vormerkung (§ 883 BGB). 1998. Band 29. Barnert, Thomas: Die Gesellschafterklage im dualistischen System des Gesellschaftsrechts. 2003. Band 82. Bayer, Walter: Der Vertrag zugunsten Dritter. 1995. Band 11. Beater, Axel: Nachahmen im Wettbewerb. 1995. Band 10. Beckmann, Roland Michael: Nichtigkeit und Personenschutz. 1998. Band 34. Berger, Christian: Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen. 1998. Band 25. Berger, Klaus: Der Aufrechnungsvertrag. 1996. Band 20. Bittner, Claudia: Europäisches und internationales Betriebsrentenrecht. 2000. Band 46. Bodewig, Theo: Der Rückruf fehlerhafter Produkte. 1999. Band 36. Braun, Johann: Grundfragen der Abänderungsklage. 1994. Band 4. Brors, Christiane: Die Abschaffung der Fürsorgepflicht. 2002. Band 67. Bruns, Alexander: Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung. 2003. Band 74. Busche, Jan: Privatautonomie und Kontrahierungszwang. 1999. Band 40. Dauner-Lieb, Barbara: Unternehmen in Sondervermögen. 1998. Band 35. Dethlojf, Nina: Europäisierung des Wettbewerbsrechts. 2001. Band 54. Dreier, Thomas: Kompensation und Prävention. 2002. Band 71. Drexl, Josef: Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers. 1998. Band 31. Eberl-Borges, Christina: Die Erbauseinandersetzung. 2000. Band 45. Einsele, Dorothee: Wertpapierrecht als Schuldrecht. 1995. Band 8. Ekkenga, Jens: Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt. 1998. Band 30. Ellger, Reinhard: Bereicherung durch Eingriff. 2002. Band 63. Escher-Weingart, Christina: Reform durch Deregulierung im Kapitalgesellschaftsrecht. 2001. Band 49. Giesen, Richard: Tarifvertragliche Rechtsgestaltung für den Betrieb. 2002. Band 64. Gotting, Horst-Peter: Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte. 1995. Band 7. Gsell, Beate: Substanzverletzung und Herstellung. 2003. Band 80. Habersack, Mathias: Die Mitgliedschaft - subjektives und 'sonstiges' Recht. 1996. Band 17. Haedicke, Maximilian: Rechtskauf und Rechtsmängelhaftung. 2003. Band 77. Heermann, Peter W.: Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte. 1998. Band 24. Heinemann, Andreas: Immaterialgüterschutz in der Wettbewerbsordnung. 2002. Band 65. Heinrich, Christian: Formale Freiheit und materielle Gerechtigkeit. 2000. Band 47. Henssler, Martin: Risiko als Vertragsgegenstand. 1994. Band 6. Hergenröder, Curt Wolfgang: Zivilprozessuale Grundlagen richterlicher Rechtsfortbildung. 1995. Band 12. Hess, Burkhard: Intertemporales Privatrecht. 1998. Band 26. Hofer, Sibylle: Freiheit ohne Grenzen. 2001. Band 53. Huber, Peter: Irrtumsanfechtung und Sachmängelhaftung. 2001. Band 58. Jänich, Volker: Geistiges Eigentum - eine Komplementärerscheinung zum Sacheigentum? 2002. Band 66. Jansen, Nils: Die Struktur des Haftungsrechts. 2003. Band 76. Jung, Peter: Der Unternehmergesellschafter als personaler Kern der rechtsfähigen Gesellschaft. 2002. Band 75. Junker, Abbo: Internationales Arbeitsrecht im Konzern. 1992. Band 2. Kaiser, Dagmar: Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge wegen Nicht- und Schlechterfüllung nach BGB. 2000. Band 43.

Jus Privatum - Beiträge zum Privatrecht Katzenmeier, Christian: Arzthaftung. 2002. Band 62. Kindler, Peter: Gesetzliche Zinsansprüche im Zivil- und Handelsrecht. 1996. Band 16. Kleindiek, Detlef: Deliktshaftung und juristische Person. 1997. Band 22. Krause, Rüdiger: Mitarbeit in Unternehmen. 2002. Band 70. Luttermann, Claus: Unternehmen, Kapital und Genußrechte. 1998. Band 32. Looschelders, Dirk: Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht. 1999. Band 38. Lipp, Volker: Freiheit und Fürsorge: Der Mensch als Rechtsperson. 2000. Band 42. Mankowski, Peter: Beseitigungsrechte. Anfechtung, Widerruf und verwandte Institute. 2003. Band 81. Merkt, Hanno: Unternehmenspublizität. 2001. Band 51. Möllers, Thomas M.J.: Rechtsgüterschutz im Umwelt- und Haftungsrecht. 1996. Band 18. Muscheler, Karlheinz: Die Haftungsordnung der Testamentsvollstreckung. 1994. Band 5. - Universalsukzession und Vonselbsterwerb. 2002. Band 68. Oechsler, Jürgen: Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag. 1997. Band 21. Oetker, Hartmut: Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung. 1994. Band 9. Ohly, Ansgar: „Volenti non fit iniuria" Die Einwilligung im Privatrecht. 2002. Band 73. Oppermann, Bernd H.: Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß. 1993. Band 3. Peifer, Karl-Nikolaus: Individualität im Zivilrecht. 2001. Band 52. Peters, Frank: Der Entzug des Eigentums an beweglichen Sachen durch gutgläubigen Erwerb. 1991. Band 1. Raab, Thomas: Austauschverträge mit Drittbeteiligung. 1999. Band 41. Reiff, Peter: Die Haftungsverfassungen nichtrechtsfähiger unternehmenstragender Verbände. 1996. Band 19. Repgen, Tilman: Die soziale Aufgabe des Privatrechts. 2001. Band 60. Rohe, Mathias: Netzverträge. 1998. Band 23. Sachsen Gessaphe, Karl August Prinz von: Der Betreuer als gesetzlicher Vertreter für eingeschränkt Selbstbestimmungsfähige. 1999. Band 39. Saenger, Ingo: Einstweiliger Rechtsschutz und materiellrechtliche Selbsterfüllung. 1998. Band 27. Sandmann, Bernd: Die Haftung von Arbeitnehmern, Geschäftsführern und leitenden Angestellten. 2001. Band 50. Schäfer, Carsten: Die Lehre vom fehlerhaften Verband. 2002. Band 69. Schur, Wolfgang: Leistung und Sorgfalt. 2001. Band 61. Schwarze, Roland: Vorvertragliche Verständigungspflichten. 2001. Band 57. Sieker, Susanne: Umgehungsgeschäfte. 2001. Band 56. Stadler, Astrid: Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion. 1996. Band 15. Stoffels, Markus: Gesetzlich nicht geregelte Schuldverhältnisse. 2001. Band 59. Taeger, Jürgen: Außervertragliche Haftung für fehlerhafte Computerprogramme. 1995. Band 13. Trunk, Alexander: Internationales Insolvenzrecht. 1998. Band 28. Veil, Rüdiger: Unternehmensverträge. 2003. Band 79. Wagner, Gerhard: Prozeßverträge. 1998. Band 33. Waltermann, Raimund: Rechtsetzung durch Betriebsvereinbarung zwischen Privatautonomie und Tarifautonomie. 1996. Band 14. Weber, Christoph: Privatautonomie und Außeneinfluß im Gesellschaftsrecht. 2000. Band 44. Wendehorst, Christiane: Anspruch und Ausgleich. 1999. Band 37. Wiehe, Andreas: Die elektronische Willenserklärung. 2002. Band 72. Würthwein, Susanne: Schadensersatz für Verlust der Nutzungsmöglichkeit einer Sache oder für entgangene Gebrauchsvorteile? 2001. Band 48. Einen Gesamtkatalog erhalten Sie gerne vom Verlag Mohr Siebeck, Postfach 2040, D-72010 Tübingen. Aktuelle Informationen im Internet unter http://www.mohr.de