Die Finanzierungsverantwortung für kommunale Aufgaben [1 ed.] 9783428557554, 9783428157556

Die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist durch hohe Komplexität gekennzeichnet. Zur Regelung dieser

123 1 1MB

German Pages 244 [245] Year 2020

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Die Finanzierungsverantwortung für kommunale Aufgaben [1 ed.]
 9783428557554, 9783428157556

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1422

Die Finanzierungsverantwortung für kommunale Aufgaben

Von

Lei Yin

Duncker & Humblot · Berlin

LEI YIN

Die Finanzierungsverantwortung für kommunale Aufgaben

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1422

Die Finanzierungsverantwortung für kommunale Aufgaben

Von

Lei Yin

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen hat diese Arbeit im Jahr 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-15755-6 (Print) ISBN 978-3-428-55755-4 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der juristischen Fakultät der Universität Göttingen im Wintersemester 2018/2019 als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Oktober 2018 berücksichtigt werden. Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Werner Heun und Herrn PD Dr. Alexander Thiele, die als Doktorväter die Arbeit betreut haben, gilt mein größter Dank. Besonderer Dank gebührt auch Herrn Prof. Dr. José Martinez für die Erstellung des Zweitgutachtens. Meinen Eltern ist die Arbeit gewidmet, die mich während des Studiums stets unterstützt haben. Ohne ihre Unterstützung wäre die Arbeit nicht entstanden. Lei Yin

Inhaltsverzeichnis Einleitung 

15

A. Die öffentliche Aufgabenfinanzierung im Mehr-Ebenen-System . . . . . . . . . . . 15 B. Anlass der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 C. Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Teil 1 Begrifflichkeiten 

21

A. Der Begriff „Aufgabe“ im öffentlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bezugselemente der Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der aufgegebene Gegenstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufgabe als Sachbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufgabe als Handlungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Aufgabe und Staatsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Organisationsaufgabe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Zuordnung zu einem Subjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Aufforderung zur Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die öffentliche und die staatliche Aufgabe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kommunale Aufgabe als staatliche Aufgabe im weiteren Sinne  . . . . . . .

21 22 22 22 23 24 25 27 28 28 29 32

B. Der Begriff „Verantwortung“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entstehung, Verbreitung und Materialisierung des Begriffs  . . . . . . . . . . . II. Die Grundstruktur der Verantwortung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Strukturelemente  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die ex-post- und die ex-ante-Verantwortung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die materielle und die formelle Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34 35 37 37 40 42

Teil 2

Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht  

44

A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 B. Die Verantwortungsteilungzwischen Bund, Ländern und Kommunen . . . . . . 46 I. Die Verantwortung des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 II. Das politisch-demokratische Verständnis von Aufgabenverantwortung . . 48

8 Inhaltsverzeichnis III. Zuordnung der staatlichen Aufgabenverantwortung  . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 1. Aufgabenzuordnung nach der spezifischen sachlichen Relevanz . . . . . 51 2. Aufgabenzuordnung nach dem sachlichen Entscheidungsspielraum  . 53 3. Aufgabenzuordnung nach dem Subsidiaritätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . 54 C. Verantwortung im konkreten Rechtskontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verantwortung als Kompetenzbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff „Zuständigkeit“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die kompetenzielle Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verantwortung als Zurechnungsbegriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Finanzierungsverantwortung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 58 58 60 62 63

D. Das Verhältnis zwischen Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung  . . . . . 65 I. Grundsatz der Konnexität von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung  . 65 1. Begriffserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Der materielle Konnexitätsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3. Die mittelbare Konnexität – das Interessenprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . 69 II. Das Verursacherprinzip  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Die Anwendbarkeit des Verursacherprinzips auf die vertikalen (Finanz-)Beziehungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Das Verhältnis zwischen Verursacherprinzip und Konnexitätsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3. Die Einordnung des Art. 104a Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 III. Die Position der Einnahmeausstattung im System der Aufgaben­ finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Teil 3

Grundgesetzlicher Rahmen für die kommunale Aufgabenfinanzierung   81

A. Die grundgesetzliche Aufgabenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die grundgesetzliche Kompetenzverteilung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die konkurrierenden Gesetzgebungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . c) Die ungeschriebenen Gesetzgebungskompetenzen des Bundes . . . 2. Die Verteilung der Verwaltungskompetenzen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausführung der Bundesgesetze als eigene Angelegenheit durch die Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesetzesausführung im Auftrag des Bundes durch die Länder . . . c) Die materielle Bedeutung der zwei Verwaltungstypen  . . . . . . . . . II. Die grundgesetzliche Aufgabenzuordnung – die Frage nach Aufgabenverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81 82 83 83 84 87 89 90 91 92 95

B. Die grundgesetzliche Finanzordnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 I. Die Ausgabenverteilung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 1. Zweck- und Verwaltungsausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

Inhaltsverzeichnis9 2. Die allgemeine Lastentragungsregel des Art. 104a Abs. 1 GG . . . . . . 3. Lastentragung bei Bundesauftragsverwaltung nach Art. 104a Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sonderregelung der Geldleistungs- und geldwerten Leistungsgesetze nach Art. 104a Abs. 3 und 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zustimmungsbedürftigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geldleistungsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Fakultative Kostenbeteiligung des Bundes . . . . . . . . . . . . (2) Umschlagen in Bundesauftragsverwaltung nach Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG bei Geldleistungsgesetzen . . . . c) Die geldwerten Sach- und vergleichbaren Dienstleistungen  . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Einnahmenverteilung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Steuergesetzgebungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Steuerertragskompetenzen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101

C. Die kommunale Selbstverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die eigenverantwortliche Regelung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Im Rahmen der Gesetze  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die finanzverfassungsrechtliche Sicherung der gemeindlichen ­Selbstverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Selbstverwaltung der Landkreise  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

121 122 123 127 129

103 103 104 105 105 108 108 108 109 110 111 112 114 120

132 135

D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Teil 4

Finanzierungsverantwortung des Landes für kommunale Aufgaben   139

A. Die finanzielle Mindestausstattung und die angemessene Finanzausstattung . 139 B. Struktur des kommunalen Aufgabenbestandes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Aufgabendualismus  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Aufgabenmonismus   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Verhältnis zwischen Aufgabendualismus und -monismus . . . . . . . . .

142 143 145 148

C. Die kommunale Aufgabenstruktur und Finanzgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips . . . . . . . . I. Bedeutung und Funktionen des Konnexitätsprinzips  . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Funktionen des landesverfassungsrechtlichen Konnexitäts­ prinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Warn- bzw. Präventivfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154 154 156 156

10 Inhaltsverzeichnis b) Transparenz- und Vorsorgefunktion  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 c) Schutzfunktion  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2. Bedeutung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips  . . . 158 II. Normativer Gehalt der Konnexitätsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Formelle Anforderungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Der materielle konnexitätsauslösende Grundtatbestand  . . . . . . . . . . . . 162 a) Die konnexitätsrelevante „Aufgabe“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Der Aufgabenübertragungsakt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Anwendung unter Voraussetzung der freien Entscheidung des Landes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 aa) Direkte Aufgabenübertragung durch den Bund oder die EU . . 168 bb) Indirekte Aufgabenübertragung durch den Bund oder die EU . 172 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 3. Rechtsfolge: Die Kostendeckungsregelung und der Mehrbelastungsausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Die konnexitätsrelevanten Kosten und Mehrbelastungen . . . . . . . . 174 b) Die Kostenfolgeabschätzungsprognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Die Maßgeblichkeit der einmaligen Kostenfolgeprognose . . . 176 bb) Die Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht  . . . . . . . . . . . 177 c) Die Kostendeckungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 d) Der „entsprechende“ und der „angemessene“ Mehrbelastungs­ ausgleich  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 aa) Die Zulässigkeit einer kommunalen Interessenquote  . . . . . . . 183 bb) Die „wesentliche“ bzw. „erhebliche“ Mehrbelastung  . . . . . . . 186 4. Anwendung des Konnexitätsprinzips auf Änderung bestehender Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 III. Bundesrechtliche Änderungen der kommunalen Aufgaben  . . . . . . . . . . . 189 1. Das Aufgabenübertragungsverbot nach Art. 84 Abs. 1 S. 7, 85 Abs. 1 S. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 2. Relativierung durch Art. 125a Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Aufhebungsbefugnis des Bundes und Ersetzungsbefugnis der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Materielle Änderungskompetenz des Bundes  . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 3. Konnexitätspflicht des Landes für bundesrechtliche Aufgaben­ änderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 E. Bemerkung zum landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip . . . . . . . . . 201 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Sachverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

Abkürzungsverzeichnis a. A. AcP AfK AöR BayGO BayKonsultVer

anderer Ansicht Archiv für die Civilistische Praxis (Zeitschrift) Archiv für Kommunalwissenschaften (Zeitschrift) Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern Vereinbarung über ein Konsultationsverfahren zwischen der Staatsregierung und den kommunalen Spitzenverbänden zur Umsetzung des Konnexitätsprinzips BayLKO Landkreisordnung für den Freistaat Bayern BayVBl. Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) BayVerf Verfassung für den Freistaat Bayern BayVerfGH Bayerischer Verfassungsgerichtshof BbgGO Gemeindeordnung für das Land Brandenburg BbgKV Kommunalverfassung des Landes Brandenburg BbgVerf Verfassung des Landes Brandenburg BbgVerfG Verfassungsgericht des Landes Brandenburg BbgVergG Brandenburgisches Vergabegesetz BR Bundesrat BT Bundestag BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerwG Bundesverwaltungsgericht BVerwGE Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts BWGO Gemeindeordnung für Baden-Württemberg BWKonnexAG Gesetz zu einem Konsultationsverfahren zur Kostenfolgenabschätzung nach Art. 71 Abs. 3 der Verfassung des Landes BadenWürttemberg BWLKO Landkreisordnung für Baden-Württemberg BWLT Landtag Baden Württemberg BWStGH Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg BWVBl. Baden-Württembergische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) BWVerf Verfassung des Landes Baden-Württemberg

12 Abkürzungsverzeichnis DJT Deutscher Juristentag DÖV Die öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Drs. Drucksache DVBl. Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) FG Festgabe FS Festschrift GemFinRefG Gesetz zur Neuordnung der Gemeindefinanzen (Gemeinde­ finanzreformgesetz) GG Grundgesetz GS Gedächtnisschrift HessGO Hessische Gemeindeordnung HessLKO Hessische Landkreisordnung HessStGH Hessischer Staatsgerichtshof HessVerf Verfassung des Landes Hessen HkWP Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis HStR Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland JöR Jahrbuch des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) JuS Juristische Schulung (Zeitschrift) Kap. Kapitel KiföG Gesetz zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege KommJur Kommunaljurist (Zeitschrift) LKV Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift) LVerfGE Amtliche Sammlung der Entscheidungen der Landesverfassungsgerichte MVKV Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern MVVerf Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern MVVerfG Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern m. w. N. mit weiteren Nachweisen NdsKVG Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz NdsLT Landtag Niedersachsen NdsStGH Niedersächsischer Staatsgerichtshof NdsVBl. Niedersächsische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) NdsVerf Niedersächsische Verfassung NJ Neue Justiz (Zeitschrift) NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift) NVwZ-RR Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungsreport (Zeitschrift) NWGO Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen

Abkürzungsverzeichnis13 NWKO NWKonnexAG

NWLT NWVBl. NWVerf NWVerfGH OVGE PVS RhPfGO RhPfKonnexAG RhPfLKO RhPfVerf RhPfVerfGH SaarlKonnexAG

SaarlKSVG SaarlVerf SachsAnhKVG SachsAnhVerf SachsAnhVerfG SächsGO SächsLKO SächsVBl. SächsVerf SächsVerfGH SHGO SHKO SHKonnexAG

SHVerf StabG ThürKO ThürVBl.

Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen Gesetz zur Regelung eines Kostenfolgeabschätzungs- und eines Beteiligungsverfahrens gemäß Art. 78 Abs. 3 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen Landtag Nordrhein-Westfalen Nordrhein-westfälische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Münster und Lüneburg Politische Vierteljahresschrift (Zeitschrift) Gemeindeordnung für das Land Rheinland-Pfalz Landesgesetz zur Ausführung des Art. 49 Abs. 5 der Verfassung für Rheinland-Pfalz Landkreisordnung für das Land Rheinland-Pfalz Verfassung für Rheinland-Pfalz Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Gesetz zur Regelung eines Kostenfolgeabschätzungs­- und eines Beteiligungsverfahrens gemäß Art. 120 der Verfassung des Saarlandes Kommunalselbstverwaltungsgesetz für das Land Saarland Verfassung des Saarlandes Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt Verfassungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen Sächsische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Verfassung des Freistaates Sachsen Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein Kreisordnung für Schleswig-Holstein Gesetz zur Regelung eines Beteiligungs- und Kostenfolge­ abschätzungsverfahrens nach Art. 57 Abs. 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein Verfassung des Landes Schleswig-Holstein Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft Thüringer Gemeinde­und Landkreisordnung Thüringische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)

14 Abkürzungsverzeichnis ThürVerf Verfassung des Freistaats Thüringen ThürVerfGH Thüringer Verfassungsgerichtshof VerwArch Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Vorb. Vorbemerkungen WiSt Wirtschaftswissenschaftliches Studium (Zeitschrift) ZG Zeitschrift für Gesetzgebung (Zeitschrift) ZKF Zeitschrift für Kommunalfinanzen (Zeitschrift) ZSE Zeitschrift für Staats- und Europawissenschaften (Zeitschrift)

Einleitung A. Die öffentliche Aufgabenfinanzierung im Mehr-Ebenen-System Das staatliche Finanzwesen stellt einen der bedeutendsten Themenkreise öffentlicher Diskussionen dar1. Insbesondere im modernen Steuerstaat, in dem die öffentlichen Ausgaben hauptsächlich durch die vom Staat einseitig festgesetzten, gegenleistungslosen Steuergelder abgedeckt werden2, gebietet sich notwendigerweise eine Finanzordnung, durch die ein effektives, effi­ zientes und nicht zuletzt gerechtes Finanzgebaren des Staates gewährleistet wird. Ein wesentliches Element davon ist die Zuordnung bzw. Verteilung der gesamten öffentlichen Finanzmittel auf verschiedene staatliche Einheiten sowie Untereinheiten – hier sind die Gebietskörperschaften unterschiedlicher Ebenen gemeint – zur Deckung ihres jeweiligen Finanzbedarfs. Der Grund hierfür besteht darin, dass der moderne Rechtsstaat in aller Regel ein komplexes Organisationsgeflecht aufweist, in dem nicht nur die Zentraleinheit, sondern auch die dezentralen Einheiten eigenständig Aufgaben wahrnehmen sowie Entscheidungen treffen können und müssen. Sie stehen zur Zentraleinheit nicht in einem reinen Über- bzw. Unterordnungsverhältnis, sondern sind vielmehr durch die rechtsstaatliche Ordnung je nach Gebiet, Tätigkeitsbereich sowie Funktionsweise differenziert und – zumal unter dem Konzept der Dezentralisation3 – mit einem eigenen Auftrag ausgestattet. Die Komplexität der Aufgaben- und Entscheidungsstruktur des Staates hat unvermeidlich die Komplexität des Finanzsystems zur Folge. Jede Aufgaben- bzw. Entschei1  Für einen Überblick über die gegenwärtige Problemlage siehe Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 11 ff. 2  Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Rn. 30; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Rn. 11 ff.; Gröpl, DVBl. 2006, S. 1079 (1082); BVerfGE 78, 249 (266 f.); 82, 159 (178); 93, 319 (342); RhPfVerfGH, DVBl. 2014, S. 842 (844). 3  Durch Dezentralisation werden etwa im Vergleich zu Dekonzentration nicht nur die Aufgaben, sondern auch die Entscheidungsbefugnisse und die Verantwortlichkeit an die unteren Stellen delegiert. Als verfassungsrechtliches bzw. -theoretisches Konzept steht der Dezentralisationsgedanke in engem Zusammenhang mit den tragenden Staatsprinzipien wie dem der Demokratie und Gewaltenteilung. Siehe Püttner, Verwaltungslehre, S.  60 f.; Burgi, Kommunalrecht, § 2 Rn. 6; Jestaedt, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 14 Rn. 39 ff.

16 Einleitung

dungsautonomie erfordert entsprechende Finanzautonomie, die wegen der damit einhergehenden gebietsübergreifenden Auswirkungen jedoch bei den innerstaatlichen Gebietskörperschaften nur in beschränktem Maße realisierbar ist. Dieser Umstand wird im Zuge der Globalisierung und Europäisierung noch verschärft, da durch diese Entwicklungen die nationale Wirtschaft immer mehr in die internationale eingebunden und auf diese angewiesen sein wird. Die subnationalen Gebietskörperschaften verlieren in diesen Prozessen nicht nur hinsichtlich der Aufgabenautonomie einen wesentlichen Anteil ihrer Substanz, indem ihre Aufgabenwahrnehmung mehreren einheitlichen Anforderungen unterliegen muss. Folgenschwerer ist ihre Einbuße an Finanz­ autonomie und die damit einhergehende finanzielle Abhängigkeit von den übergeordneten Ebenen. Anstelle der eigenständigen Ausgabenveranlassung und Einnahmenbeschaffung tritt die Lasten- und Finanzmittelverteilung in den Vordergrund, worauf die nachgeordneten Gebietskörperschaften wenigen Einfluss haben. Wie sachgerecht vorzugehen ist, um einerseits die Entscheidungs- sowie Handlungsfähigkeit subnationaler Gebietskörperschaften und andererseits die gesamtstaatliche Steuerungs- bzw. Regulierungsfähigkeit zu gewährleisten, erweist sich als die zentrale Aufgabe der staatlichen Finanzordnung. Es geht dabei nicht allein um das Problem der Finanzmasse für die Aufgabenwahrnehmung jeder Gebietskörperschaft, sondern vielmehr um das Problem der Finanzstruktur, also die Etablierung rechtlicher Mechanismen zur Sicherung einer stetigen aufgabengerechten Finanzausstattung. Das schwächste Glied dieses Mehr-Ebenen-Systems bildet die Kommunalebene. Als die untersten Gebietskörperschaften müssen die Kommunen die meisten staatlichen Zielsetzungen und Aufgaben unmittelbar vor Ort gegenüber den Bürgern und Einwohnern erfüllen4. Bezogen auf die dadurch anfallenden Ausgaben verfügen sie jedoch über die wenigsten Möglichkeiten sowohl bezüglich der Vereinnahmung aus eigener Kraft als auch bezüglich des Einflusses auf die Höhe der staatlichen Finanzzuweisungen. Ohne ein sachund strukturgerechtes Verteilungssystem werden die Kommunen speziell damit bedroht, den Überwälzungsstrategien der höheren Ebenen zum Opfer zu fallen. Für die Kommunalfinanzen besteht daher ein besonderes Schutzbedürfnis, das einen klaren Schutzumfang und einen durchsetzbaren Schutz­ mechanismus verlangt.

4  Ein aktuelles Beispiel ist die sog. Flüchtlingskrise. Für die Unterbringung von Flüchtlingen werden die Kommunen herangezogen, obwohl sie mit der Flüchtlingspolitik auf der nationalen Ebene nichts zu tun haben.



B. Anlass der Arbeit17

B. Anlass der Arbeit Anlass dieser Arbeit ist vor allem die Vielfalt der in den Diskussionen um die Finanzbeziehungen zwischen den drei Hoheitsebenen auftretenden Begriffe, Ansätze und Konzepte. Dies zeigte sich bereits im früheren Streitstand um das Verständnis der allgemeinen Lastentragungsregel des Art. 104a Abs. 1 GG, wobei eine Vielzahl von Ansichten vertreten wurde5. Zwar wird die Mehrzahl dieser Ansichten nicht mehr geteilt und die Auslegungsstreitigkeit über die Vorschrift als beendet betrachtet6, aus den damaligen Auffassungen lassen sich aber grundlegende Bezugspunkte für die staatliche Ausgabenverteilung ablesen. Diese beanspruchen bis heute allgemein – das heißt nicht auf das Bund-Länder-Verhältnis beschränkt – Geltung. Nach aktueller Rechtslage wird als Zuordnungs- bzw. Verteilungsmaßstab der Ausgabenlast die Aufgabenverantwortung7, die gesetzgeberische / verwaltungsmäßige Verursachung8, die örtliche / überörtliche Radizierung9 bzw. der Grad der Weisungsgebundenheit10 der Aufgabe sowie der Interessenanteil11 an der Aufgabenwahrnehmung herangezogen. Trotz der kontextbezogenen Formulierungsunterschiede teilen diese Faktoren eine gewisse gemeinsame Ratio, die in der Literatur häufig vereinzelt und konzis angeführt, jedoch nicht systematisiert wird. In dieser Arbeit wird versucht, aus der Eigenart der Gebietskörperschaften als demokratisch gebildeten politischen Einheiten die allgemein geltenden Maßstäbe und Prinzipien für die staatliche Aufgaben- und Finanzverteilung abzuleiten und damit die hinter diesen Faktoren stehende Ratio zu zeigen. Der im Titel genannte Begriff „Finanzierungsverantwortung“ wurde bewusst gewählt. Der Grund dafür, diesen Terminus anstatt eines aussagekräftigeren Begriffs wie den der „Finanzierungszuständigkeit“ zu verwenden, liegt darin, dass ihm ein Gerechtigkeitsgedanke innewohnt. Hinterfragt wird damit also die Rationalität anstatt der Funktionalität geltender Finanzregelun5  Siehe Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 70 ff.; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S.  239 ff. m. w. N. 6  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 7. 7  In Bezug auf den Konnexitätsgrundsatz zwischen Aufgaben- und Ausgabenverantwortung, siehe Teil 2 D. I. 2. 8  Bezüglich der Gesetzes- / Vollzugskausalität in den Diskussionen über Art. 104a Abs. 1 GG (Teil 2 D. II. 3. und Teil 3 B. I. 2.) und das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip (Teil 4 D. I. 2.). 9  Für die Definition des eigenen Aufgabenbestandes der Gemeinden nach dem dualistischen Verständnis, siehe Teil 3 C. I. 1. und Teil 4 B. I. 10  Siehe die monistische Aufgabensystematik der Gemeinden (Teil 4 B. II.). 11  Hinsichtlich des Abzugs einer kommunalen „Interessenquote“ aus den Ausgleichsleistungen bei der Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips, siehe Teil 4 D. II. 3. d) aa).

18 Einleitung

gen. Der gewählte Ausdruck bildet außerdem ein zusätzliches Anliegen dieser Arbeit ab, den Begriff „Verantwortung“ zu klären. Zum einen ist „Verantwortung“ bereits zu einem Grundbegriff des betreffenden Diskursfeldes geworden. Selbst wenn man den Gebrauch des Begriffs vermeidet und andere Substitute an dessen Stelle setzt, kommt er nicht umhin, sich am „Verantwortungsgedanken“ zu orientieren. Vornehmlich in der gegenwärtigen Situation, in der üblicherweise Gebietskörperschaften aller Hoheitsebenen die knappen Kassen beklagen und sich intensive Spannungen in der (Um-)Verteilung von Finanzmitteln abzeichnen, ist es ausschlaggebender zu wissen, wer aus seiner staatstheoretisch und verfassungsrechtlich fundierten Rollenbeschreibung heraus das Geld vereinnahmen und verausgaben soll, als lediglich bemüht zu sein, jedem genügend Finanzmittel bereitstellen zu wollen. Die Verantwortung stellt sich als ein Leitgedanke dar, der die Ausgestaltung des staatlichen Organisations-, Kompetenz- sowie Finanzrechts zu steuern hat. Zum anderen findet der Begriff ebenfalls vermehrte Verwendung in konkreten Kontexten, wenn er auch nicht immer exakt und umfassend erfasst ist12. Man gibt sich häufig damit zufrieden, von einer beliebig oder einseitig ausgefüllten Vorstellung auszugehen und den tatsächlichen Sinn des Begriffs nicht explizit aufzugreifen. Den daraus entstehenden Missverständnissen und Missbräuchen des Begriffs13 soll durch eine strukturelle Analyse entgegengewirkt werden. Gerade als „Gerechtigkeitsregel“14 erfährt das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip im Hinblick auf die Kommunalfinanzen seit der Einführung intensive Aufmerksamkeit. Abgesehen von dem der bundesstaatlichen Kompetenzordnung immanenten „Verantwortungsprinzip“15, wonach jede Gebietskörperschaft ihre verfassungs- bzw. einfachrechtlich zugeordneten „eigenen“ Angelegenheiten zu finanzieren hat, zieht das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip den (gesetzgeberischen) Verursacher der Ausgaben heran16. Es zeigt sich insgesamt eine Erweiterungs- und Intensi­ vierungstendenz seiner Anwendung. Trotz des „Siegeszugs“17 des strikten 12  Für eine ausführliche rechtswissenschaftliche Analyse des Begriffs siehe Klement, Verantwortung, S. 50 ff.; auch Thiele, Finanzaufsicht, S. 239 ff. in Bezug auf die staatliche Verantwortung für die Finanzmarktstabilität. 13  Beispielsweise die Verwechselung des Verantwortungsprinzips mit dem Verursacherprinzip für die Auslegung des Art. 104a Abs. 1 GG in Brems, Die Aufgabenverlagerung, S.  239 ff.; Henneke, Die Kommunen in der Finanzverfassung, S. 96. 14  Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 167. 15  Hiermit ist die ex-ante-Verantwortung gemeint, siehe Teil 1 B. II. 2. und Teil 2 D. I. 2.; vgl. Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 29 f.; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 8. 16  Siehe Teil 4 D. I. 2. 17  Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 59; Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1142).



C. Aufbau der Arbeit19

Konnexitätsprinzips in allen Landesverfassungen, womit die Kommunal­ finanzen durch einen Lastenausgleich für alle landesrechtlich zugewiesenen Aufgaben gestärkt werden, gibt es weiterhin ungeklärte bzw. strittige Punkte18, die nicht zuletzt auf die konzeptionellen Grundlagen des Prinzips zurückführen. Ausschließlich aus dem Wortlaut der Konnexitätsregelungen lassen sich nicht alle relevanten Informationen gewinnen. Ebenfalls liefert der Leitgedanke des Verursacherprinzips in seinem originären Sinne nicht immer ein überzeugendes Ergebnis. Es gilt vielmehr, das Konnexitätsprinzip im Kontext der verfassungsrechtlichen Beziehungen zwischen Land, Kommunen und auch Bund / EU zu begreifen. Weder das Land noch die Kommunen dürfen unter Berufung auf das Verursacherprinzip der sich aus ihrem jeweiligen verfassungsrechtlichen Status ergebenden Verantwortung entgehen19. Die Debatten über die Konnexitätsanwendung entstehen nicht selten daraus, dass Autoren einseitig von der – imaginären – Existenz oder Inexistenz der Kausalität ausgehen. Wie das konnexitätsbezogene Verursacherprinzip systemkonform zu verstehen und zu gebrauchen ist, wird durch diese Arbeit verdeutlicht.

C. Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier Teile. Vorangestellt wird die Klärung der Begriffe „Aufgabe“ und „Verantwortung“ im öffentlichen Recht, die der weiteren Untersuchung zugrunde liegen. Insbesondere ist der Begriff „Verantwortung“, der trotz seiner Popularität in den öffentlichen Diskussionen und der Rechtsdogmatik eine Bedeutungsunschärfe aufweist, einer Strukturanalyse zu unterziehen. Damit wird die Eigenart des Begriffs ermittelt und eine Differenzierung von den anderen synonym verwendeten Termini vorgenommen. Aufgrund der ermittelten Eigenart und Struktur des Verantwortungsbegriffs ist im zweiten Teil sein Einsatz im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht auszuarbeiten. Vorweg wird anhand des politologischen Staat-Volk-Verhältnisses der Zusammenhang des Verantwortungsgedankens mit der staatlichen Aufgaben- und Kompetenzordnung dargelegt. Ausgangspunkt sind die fundamentalen Strukturentscheidungen des deutschen Staatsrechts, nämlich der dreistufige Legitimations- und Verantwortungszusammenhang sowie die prinzipielle Aufgabenverflechtung zwischen den drei Hoheitsebenen. Vor diesem Hintergrund werden in einem nächsten Schritt die im finanzverfassungsrechtlichen Diskurs allgemein gebrauchten Ausdrücke der Aufgaben18  Siehe 19  Siehe

etwa Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 325 ff. Teil 2 D. II. 1.

20 Einleitung

und der Ausgabenverantwortung erläutert und das Verhältnis zwischen den beiden Kategorien diskutiert. Einzugehen ist auf den Konnexitätsgrundsatz und das Verursacherprinzip. An die theoretische Vorbereitung schließt sich die Untersuchung der konkreten (verfassungs-)rechtlichen Normierungen an. Der dritte Teil widmet sich den bundesverfassungsrechtlichen Rahmenbestimmungen der kommunalen Aufgabenfinanzierung. Dabei wird zunächst auf die Aufgaben- und Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern kurz eingegangen, um zum einen die konkrete Stellung der Kommunen im Bundesstaatsaufbau zu klären. Zum anderen ist das Bund-Länder-Verhältnis wegen der strukturellen Homogenität auch mit dem Land-Kommunen-Verhältnis vergleichbar. Am Ende dieses Abschnittes ist das kommunale Selbstverwaltungsrecht des Art. 28 Abs. 2 GG – auch der Regelungen der Landesverfassungen in Bezug auf die Landkreise – in Verbindung mit seiner finanzverfassungsrechtlichen Sicherung zu behandeln, das Ausgangspunkt und Mindestgarantie der landesrechtlichen (Weiter-)Gestaltung bildet. Schließlich befasst sich der vierte Teil mit der landesverfassungsrecht­ lichen Ausgestaltung der kommunalen Aufgabenfinanzierung. Zwar sichern alle Länder die Kommunalfinanzen durch eine duale Finanzgarantie ab, der kommunale Finanzausgleich stellt aber nur einen aufgabenunspezifischen Lastenausgleich dar. Demgegenüber bietet das aufgabenakzessorische Konnexitätsprinzip ein echtes Aufgabenfinanzierungskonzept an, weshalb nur dieses eingehend darzulegen ist. Dabei werden die Konnexitätsregelungen der Landesverfassungen hinsichtlich ihrer wesentlichen Punkte ausgeführt. Während die Konnexitätsanwendung für die Übertragung sowie Erweiterung der vom Land veranlassten Aufgaben durch die Diskussionen in den vergangenen Jahren relativ klargestellt worden ist, bleibt die Behandlung von Konstellationen, in denen auch der Bund oder die EU involviert ist, weiterhin problematisch. Vornehmlich haben die jüngeren Entscheidungen von NWVerfGH und RhPfVerfGH20 neue Anstöße zur Kontroverse gegeben. Dieser Abschnitt setzt sich schwerpunktmäßig mit dieser Frage auseinander. Mit Blick auf die sich in der Verfassungsreform 2017 abzeichnende Entwicklungstendenz der föderalen Beziehungen wird am Ende der Arbeit eine kurze Bemerkung zum landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip angefügt.

20  Siehe

Teil 4 D. III. 3.

Teil 1

Begrifflichkeiten Zwei Begriffe sind für die vorliegende Arbeit von zentraler Bedeutung. Einer davon ist der Begriff der Aufgabe, die sich als ein wesentlicher Pfeiler der Existenzberechtigung des Staates im gesamten Spektrum dessen Tätigwerdens findet. Der zweite essenzielle Themenkreis ist jener der Verantwortung, die wie in der Einleitung erwähnt als ein Grundgedanke zur Organisation der staatlichen Geschäftsabwicklung beiträgt.

A. Der Begriff „Aufgabe“ im öffentlichen Recht Allgemeinsprachlich meint „Aufgabe“ etwas, was jemandem zu tun aufgegeben ist1. Bisherige Bemühungen, die Aufgabe2 unter dem rechtswissenschaftlichen Kontext mit weiteren gemeinsamen Merkmalen zu definieren, waren wenig fruchtbar. Es existiert im Schrifttum keine einheitliche, allgemeingültige Definition des Aufgabenbegriffs3. Ob und inwieweit eine solche Definition rechtswissenschaftlich von Belang ist, steht noch dahin. Ein Klärungsbedürfnis entsteht freilich bereits aus der immer wieder anzutreffenden synonymen Begriffsverwendung von Aufgabe, Angelegenheit, Ziel, Zuständigkeit, Pflicht etc.4, die sich negativ auf das klare Begriffs- und Normenverständnis auswirkt. Ferner kann eine materielle Differenzierungsnotwendigkeit etwa daraus erwachsen, wenn im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht die Rechtsfolgen im Unterschied zur Auferlegung einer bloßen Rechtspflicht an die Zuweisung einer Aufgabe geknüpft werden5. 1  „Aufgabe“ auf Duden online, URL: http: /  / www.duden.de / rechtschreibung /  Aufgabe (Abrufdatum: 27.8.2018); siehe auch Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 23; Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103). 2  Im gleichen Zug unter anderem auch die staatliche, öffentliche sowie Verwaltungsaufgabe, siehe etwa Gaentzsch, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, S. 11 f. 3  Waiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S.  27  f.; Bauer, Die Bundestreue, S. 270; Eggers, Die Verzonung, S. 38; Fügemann, Zuständigkeit als organisationsrechtliche Kategorie, S. 118; Gaentzsch, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, S. 12; Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103). 4  Siehe auch Baer, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 11 Rn. 11; Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 23. 5  Siehe Teil 2 C. I. 2. und Teil 4 D. III. 1.

22

Teil 1: Begrifflichkeiten

Trotz der fehlenden einheitlichen Definition kann konstatiert werden, dass sich eine Aufgabe ihre Struktur betreffend auf drei Elemente bezieht: ein bestimmtes Objekt, das beauftragte Subjekt und die vom Beauftragenden geforderte, auf das Objekt gerichtete Handlung. Obwohl die Aufgabe in aller Regel nur das aufgegebene Objekt repräsentiert, bezieht ihr konkretes Verständnis oft die anderen beiden Elemente mit ein. So wird häufig unausgesprochen davon ausgegangen, dass eine Aufgabe erst mit dem Feststellen ihres Trägers zustande kommt. Sie muss stets jemandem zugewiesen sein6. Im Diskursfeld des öffentlichen Rechts hat immer die Frage danach, welche Handlungsmittel einem Aufgabenträger zusammen mit der Aufgabe zugewiesen werden sollen, Priorität. Nicht selten übt das Handlungsinstrumentarium bzw. die Handlungskapazität eine einschränkende Wirkung aus, die den Aufgabenträger zwingt, die mit der Aufgabe verbundene, zunächst abstrakte und generelle Zielrichtung ins konkret Erfüllbare umzudenken7.

I. Bezugselemente der Aufgabe 1. Der aufgegebene Gegenstand In umfangreichen Texten zu Gesetzgebung und Rechtsprechung sowie entsprechender Fachliteratur wird der Begriff „Aufgabe“ häufig ohne nähere Erläuterung oder Eingrenzung verwendet. Bereits im Grundgesetz, das die Grundordnung für das gesamte Rechtsleben des Bundesstaates festlegt, tritt der Begriff als etwas Selbstverständliches mehrfach auf. Die an verschiedenen Stellen vorkommende „Aufgabe“ verweist auf Entitäten vielerlei Art.  a) Aufgabe als Sachbereich In Bezug auf die thematische Eingrenzung des Begriffs in einem juristischen Kontext ist zunächst die mit einem Sachbereich verbundene Aufgabe zu nennen. Beispiele sind etwa „Aufgaben des Personalwesens“, „Aufgaben der Beschädigtenversorgung und des Bauwesens“ (Art. 87b Abs. 1 GG) sowie „Aufgaben der Flugsicherung“ (Art. 87d Abs. 1 GG). In diesem Sinne wird die Aufgabe als ein sachlicher Tätigkeitsbereich8 verstanden, der nach

6  Mäding, Die Verwaltung 6 (1973), S. 257 (260); Gaentzsch, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, S. 12; Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 27; Eggers, Die Verzonung, S. 40. 7  So erfüllt der Staat nur hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit die Staatsziele und -aufgaben. Ähnlich verhält es sich auch bei allen anderen öffentlichen Aufgabenträgern, denen eine Gestaltungsbefugnis der Aufgaben zusteht.



A. Der Begriff „Aufgabe“ im öffentlichen Recht23

sachlichen Gesichtspunkten gegliedert und in sich ausdifferenziert wird. Dazu stellt Wolff Folgendes fest: „Ein Inbegriff von sachlich zusammenhängenden Kompetenzen (Kompetenzbereich), also ein Sachgebiet (Sachbereich), auf dem die Zwecke der organisatorischen Einheit (zum Beispiel die Staatszwecke) verwirklicht werden sollen, ist eine Aufgabe im weiteren Sinne.“9 Bei genauerem Hinsehen ist zwar die Interpretation der „Aufgabe“ mit dem Begriff „Kompetenz“ nicht ganz unproblematisch10. Eines wird daraus aber klar: Eine Aufgabe als sachlicher Tätigkeitsbereich kann mit unterschiedlicher Abstraktheit geschaffen werden11. Sie besteht aus „zusammenhängenden“ Teilbereichen und kann im Umkehrschluss in diese gegliedert werden12. Die Teil- bzw. Einzelaufgaben gelten ebenfalls als Aufgaben. Die Aufgabengliederung spielt im staatlichen Entscheidungsprozess eine tragende Rolle. Erst danach können die zunächst als Großprojekt dargebotenen staatlichen Sachagenden arbeitsteilig und kooperativ durch innerstaatliche Behörden und Organisationen aufgegriffen werden. Allgemein geht jede konkrete Aufgabe auf die abstrakten Staatszielbestimmungen zurück. Der Aufgabe ist eine – entweder abstrakte oder konkrete – Zielsetzung immanent13. b) Aufgabe als Handlungsweise Mitunter wird „Aufgabe“ auch mit den Handlungsweisen14 anstatt der zu behandelnden Sache gekoppelt. Exemplarisch sind hier „hoheitliche[n] Aufgaben der öffentlichen Verwaltung“ (Art. 12a Abs. 3 GG) sowie „Hoheitsaufgaben im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation“ (Art. 87f Abs. 2 GG). Noch klarer ist die Aussage in Art. 33 Abs. 4 GG: „Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich8  Bull, Die Staatsaufgaben, S. 44; Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 156; Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 68; Waiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S.  29 f.; Eggers, Die Verzonung, S. 39. 9  Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, S. 15. 10  Prinzipiell setzt die Kompetenz eine Aufgabe voraus. Siehe Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 73; Bull, Die Staatsaufgaben, S. 52 f.; Isensee, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 19. 11  Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 24: Grad der Konkretisierung. 12  Vgl. Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 25. 13  Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 24; Eggers, Die Verzonung, S. 40; Henkel, Die Kommunalisierung, S. 55 f.; Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 68 f.: Aufgabe im materiell-finalen Sinne. 14  Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 69: Aufgabe im formal-modalen Sinne; siehe auch Schmitz, Finanzierungs-, Verwaltungs- und Gesetzgebungskompetenzen, S. 107.

24

Teil 1: Begrifflichkeiten

rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen“. Die Qualifizierung der „Ausübung hoheitlicher Befugnisse“ als „Aufgabe“ kann in gewissem Sinne ambivalent sein, wenn sie mit der Aufgabe als Sachbereich in Relation gesetzt wird. Sollte die Aufgabe als der jemandem aufgegebene Gegenstand erfasst werden, stellt die Ausübung von Befugnissen eher die Handlungsmittel dar. Sonst würde die Ausübung von Befugnissen gegenstandslos. Daher handelt es sich bei der „Aufgabe“ der Ausübung hoheitlicher Befugnisse lediglich um den Verweis auf eine typische Handlungsweise des Staates, wobei die „Aufgabe“ keinen konkreten Sinn enthält15. c) Aufgabe und Staatsfunktion Außerdem ist die mit den Staatsfunktionen, also der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung verknüpfte „Aufgabe“ zu verdeutlichen. Es ist insofern die Rede von Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Rechtsprechungsaufgaben16. Die­se „Aufgabentypen“ verweisen ebenfalls auf die Handlungsformen17 statt auf den Handlungsgegenstand. Allerdings ist das typenbildende Kriterium ein anderes als das bereits erörterte Handlungsmittel. Die Einteilung beruht auf einem Konzept, das neben der Idee der Machtbegrenzung und gegenseitigen Kontrolle18 auch eine „organadäquate Funktionenteilung“19 intendiert. Im Prozess einer vollständigen staatlichen Aufgabenwahrnehmung wirken häufig die Organe der drei Staatsfunktionen zusammen: Das Gesetzgebungsorgan entscheidet über das „Ob“ der Aufgabenwahrnehmung und setzt den Rechtsrahmen für den Vollzug. Die Verwaltung führt diese Gesetze anhand sachlich-konkreter Gegebenheiten aus. Wenn Streitigkeiten über den Normenbestand oder die Normenanwendung entstehen, sorgen Gerichte für die Konfliktlösung. Diesem Umstand geschuldet sollte eine synonyme Verwendung von „Staatsaufgaben“ und „Staatsfunktionen“ vermieden werden. Die Staatsfunktionen sind vielmehr die vom Verfassungsgeber vorgeformten 15  Vgl. auch die Formulierung des Art. 30 GG, worin die „Erfüllung staatlicher Aufgaben“ neben der „Ausübung staatlicher Befugnisse“ steht. 16  Etwa Waiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S. 29; vgl. auch Heun, DVBl. 1996, S. 1020 (1021). 17  Isensee, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 23 f. unterscheidet zwischen Erscheinungsformen der Staatsgewalt, also den Staatsfunktionen, und den konkreten Handlungsformen der jeweiligen Staatsfunktion. 18  Siehe Teil 3 A. I. 19  Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 265; siehe auch Hofmann, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 20 Rn. 44; Sommermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 20 Rn. 208; Poscher, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 8 Rn. 28.



A. Der Begriff „Aufgabe“ im öffentlichen Recht25

Handlungsmodalitäten für die staatliche Aufgabenerledigung20. Eine Gleichsetzung des Sachgegenstandes mit der Herangehensweise stiftet Irritation. Ein Beispiel dafür gibt die Dogmatik zum Art. 104a Abs. 1 GG, der bestimmt, dass Bund und Länder die aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben entstehenden Ausgaben gesondert zu tragen haben. Nicht selten wird davon ausgegangen, dass die Lastenzuordnung vom Verständnis der „Aufgabe“ abhänge21. Dieser Auslegungslinie folgend gelangt die Mehrzahl der Autoren zur interpretatorischen Gleichsetzung von „Aufgabe“ mit „Gesetzgebungs- / Verwaltungsaufgabe“ oder „Gesetzgebungs- / Verwaltungszuständigkeit“22. Übersehen wird dabei jedoch, dass in der Norm bereits von „Wahrnehmung“ der Aufgabe die Rede23 und somit die Wahrnehmungsmodalität von der „Aufgabe“ zu trennen ist. d) Die Organisationsaufgabe Schließlich gibt es noch eine „Aufgabenkategorie“, die im Grundgesetz zwar nicht explizit Erwähnung findet, aber zweifellos „existiert“. Dies sind die sog. Organisations- bzw. Existenzaufgaben, die den Gegensatz zu den bislang behandelten Sach- bzw. Zweckaufgaben bilden24. Um die Angelegenheiten einschließlich der Einrichtung der Gebäude, Anschaffung der Sachmittel, Einstellung und Ausbildung des Personals, Erstellung des Geschäftsverfahrens etc. hat sich jede Körperschaft des öffentlichen Rechts zunächst un20  Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 51; Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 48: Staatsfunktionen sind „‚Erledigungsarten‘ vorausgesetzter staatlicher Agenden“; auch Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Rn. 113 sieht den Begriff „Verwaltungsaufgabe“ als Betonung der „Verwaltung“ als das wesentliche Instrument bei der Aufgabenerfüllung; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 3. Kap. Rn. 79 definiert „Verwaltungsaufgaben“ als die den Verwaltungsträgern zugewiesenen Staatsaufgaben. 21  Etwa Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 130; Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S.  64 f.; Waiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S. 27; Arnim, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 12; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 12. 22  Schuppert, in: Umbach / Clemens (Hrsg.), GG, Bd. II: 104a Rn. 13; Kirste, Die Finanzhilfen des Bundes, S. 51; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 7; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 4; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 12; vgl. auch Maunz, in: Maunz /  Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 9: „Beauftragte Verwaltung ist Landesaufgabe“. 23  Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 41 misst dem Begriff der „Aufgabenwahrnehmung“ die Schlüsselfunktion bei. 24  Schmidt, Kommunalrecht, S. 85 Rn. 248 ff.; MVVerfG, KommJur 2010, S. 292 (294); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103); BVerfGE 91, 228 (240) stellt die „sachlichen Aufgaben“ den organisationsrechtlichen Entscheidungen und Anforderungen gegenüber.

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Teil 1: Begrifflichkeiten

abhängig von der Sachaufgabenbewältigung zu kümmern. Während die Sach- bzw. Zweckaufgaben als Konkretisierung der materiellen Staatszielbestimmungen angesehen und unmittelbar auf deren Verwirklichung gerichtet sind, beschränken sich die Organisations- bzw. Existenzaufgaben auf die Errichtung und Beibehaltung der zur Sachzweckverfolgung notwendigen „Infrastruktur“ – mithin die „Existenz“ einer handlungsfähigen Organisation25. Gelegentlich sprechen Autoren auch von primären / sekundären26 oder finalen / instrumentalen27 Aufgaben. Die Bezeichnung der organisatorischen Selbsterhaltung als „Aufgabe“ ist insofern unangebracht, als diese fundamentale und unveräußerliche Komponente der Eigenständigkeit sowie Funktionsfähigkeit einer Körperschaft nicht „zuordnungsfähig“28 ist. Sie wird nicht der Körperschaft „aufgegeben“, sondern erwächst bereits aus deren Daseinsberechtigung. Die eventuell vom höherrangigen Gesetzgeber gebotenen Maßnahmen oder Anforderungen an die Gestaltung von Organisation und Verfahren bedeuten nicht, dass diese als „Aufgabe“ den betreffenden Körperschaften zugewiesen sind. Vielmehr dürfen solche Vorschriften nur insoweit erlassen, als sie für die Erreichung der in der Regelungsverantwortung des Gesetzgebers liegenden Sachzwecke notwendig sind29. Die betreffenden Körperschaften haben diesen Anforderungen im Sinne der allgemeinen Gesetzmäßigkeit nachzukommen, ohne dabei eine „Aufgabe“ erteilt zu bekommen. Es scheint somit verständlich, dass Fragen des Organisationsrechts in Rechtsprechung und Literatur häufig hinsichtlich der „Organisationshoheit“30 bzw. „-autonomie“ anstatt der Organisationsaufgaben behandelt werden. Eine andere geeignete Bezeichnung bieten die „Organisationsangelegenheiten“31, die im Vergleich zur Organisationshoheit oder -autonomie die Gegenstandsseite der Organisationstätigkeiten hervorstreichen und gleichzeitig wegen der höheren Abstraktheit sowie 25  Eggers, Die Verzonung, S. 126; Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 172. 26  Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 37; vgl. Murswiek, Umweltschutz als Staatszweck, S. 14. 27  Trips, NVwZ 2015, S. 102 (105); Isensee, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 32. 28  Siehe Teil 1 A. I. 2.; auch etwa Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 172: Existenzaufgaben sind nicht „übertragbar“. 29  Diesbezüglich relevant ist zum Beispiel die Idee des Grundrechtsschutzes durch Organisation und Verfahren, die unter dem Thema des Eingriffs in die Organisationsautonomie einer juristischen Person des öffentlichen Rechts behandelt wird. Ein „notwendiger“ Eingriff kann kontextbezogen unterschiedliche Reichweite aufweisen. 30  Vgl. auch BVerfGE 75, 108 (150); 126, 77 (98): „Verwaltungshoheit“ der Länder. 31  Siehe Teil 3 C. I. 1.



A. Der Begriff „Aufgabe“ im öffentlichen Recht27

Offenheit des Begriffs „Angelegenheit“ nicht unbedingt zuordnungsfähig sein müssen. 2. Die Zuordnung zu einem Subjekt Der Adressat der Beauftragung wird Aufgabenträger genannt. Aufgabenträger sind die Personen, Personengruppen oder organisierten Institutionen, die Handlungen vornehmen, um eine Aufgabe zu erfüllen32. Im Voraus muss festgestellt werden, dass das Subjektelement für das konkrete Verständnis der Aufgabe zwar wesentlich, es selbst aber kein Bestandteil der Aufgabe ist. Die Aufgabe nimmt unzweifelhaft die Objektsposition ein. Es ist ausreichend, dass die Aufgabe zuordnungsfähig ist33. Die Zuordnung von Aufgaben zu verschiedenen Akteuren erfolgt in aller Regel durch rechtliche Zuweisungen, weil sie einen Bestandteil der Kompetenzordnung darstellt und mithin rechtserheblich ist. Außerdem kann das Innehaben von Aufgaben durch eine autonome Entscheidung begründet werden, sofern sich der Akteur selbst zur Aufgabenwahrnehmung entschließt. Diesem autonomen Handlungsbereich geht aber auch eine rechtliche Zuweisung dieses Freiraums voraus. Ein Beispiel dafür bietet das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, das den Gemeinden einen mit „Universalität“34 gekennzeichneten Aufgabenbereich – nämlich „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ – einräumt. In diesem Bereich können die Gemeinden aufgrund eigener Vorstellungen Aufgaben kreieren und durchführen. Als ein besonders „freier“ Aufgabenerfinder funktioniert der Staat als Ganzes im Sinne einer gegenüber den Bürgern auftretenden Herrschaftsorganisation35. Er darf Aufgaben für sich beanspruchen, solange diese dem Gemeinwohl förderlich sind. Außer diesem unbestimmten und hochabstrakten Maßstab gibt es kaum noch eine effektive Schranke für die staatliche Betätigung36. Der Staat vermag im Prinzip frei über seine Tätigkeitsfelder sowie Vorgehensweise zu entscheiden.

32  Mäding, Die Verwaltung 6 (1973), S. 257 (260); Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 27. 33  Eggers, Die Verzonung, S. 40. 34  Siehe Teil 3 C. I. 3. 35  Siehe Nachweise in Teil 2 Fn. 9. 36  Vgl. Bull, Die Staatsaufgaben, S. 20 ff.; Uerpmann, Das öffentliche Interesse, S.  32 ff.; Rupp, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, § 31 Rn. 30; Isensee, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 5, 55 ff.

28

Teil 1: Begrifflichkeiten

3. Die Aufforderung zur Handlung Dass der Aufgabe eine Handlungsaufforderung an den Aufgabenträger zu entnehmen ist, bildet den wesentlichen Unterschied zwischen einer Aufgabe und einem bloßen Ziel37. Die Aufgabe zeichnet sich nicht allein durch den ihr innewohnenden Zweck, sondern vielmehr auch dadurch aus, dass sie auf die konkrete Verwirklichung dieses Zweckes gerichtet ist38. Dies wird auch „imperatives Element“39, „Pflichtenelement“40 oder „Sollenselement“41 der Aufgabe genannt. Allgemein variiert der Verbindlichkeitsgrad der Zielverwirklichung nach dem Konkretisierungsgrad von Aufgaben. Bei abstrakt gefassten Aufgaben wie der „Aufgabe der Gefahrenabwehr“ oder der „Aufgabe des Umweltschutzes“ ist nur das Gebot vorgeschrieben, dass der Aufgabenträger auf das endgültige Ziel hinzuwirken hat. Jede Maßnahme, die dem Ziel förderlich ist, wird zur Aufgabenwahrnehmung gerechnet. Auf die Aufforderung bzw. Verpflichtung zu einer bestimmten Maßnahme kann jedoch nicht geschlossen werden. Im Gegenteil, je konkreter und detaillierter die Aufgabe ausgestaltet ist, desto mehr steigert sich die Erwartung, dass der von der Aufgabe gesetzte Zweck endgültig erreicht werden müsste. Nicht selten schreibt der Gesetzgeber für die Bürger auch konkrete rechtliche Ansprüche gegenüber dem Aufgabenträger fest, um die Handlung des Aufgabenträgers noch stärker zu binden. Selbst im autonomen Aufgabenfeld der Kommunen ist der obligatorische Aspekt von Aufgaben zu erkennen, obwohl es sich dabei um „freiwillige“ Aufgaben handelt. Die Gebundenheit an die Betätigung entsteht gerade aus dem freien Entschluss der Kommunen, sodass von einer „Selbstverpflichtung“ gesprochen werden kann. 4. Zwischenergebnis Die Analyse des Aufgabenbegriffs im Text des Grundgesetzes hat manifestiert, dass er bisher ohne eine Einschränkung oder Spezifizierung zum Einsatz gekommen ist. Der Terminus „Aufgabe“ wird teilweise im Verweis auf einen Sachbereich und teilweise in Bezug auf die für das Tätigwerden zur Verfügung stehenden Handlungsinstrumente bzw. -formen gebraucht. Hinzu 37  Falk,

Die kommunalen Aufgaben, S. 24; Eggers, Die Verzonung, S. 40 f. in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 11 Rn. 11; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 456; Burgi, DVBl. 2007, S. 70 (77): Aufgaben sind „Tätigkeitsbereiche“ und durch einen pro­ spektiven Charakter sowie eine Handlungstendenz gekennzeichnet. 39  Bull, Die Staatsaufgaben, S. 44; Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, S. 42. 40  Eggers, Die Verzonung, S. 41; Bull, Die Staatsaufgaben, S. 44. 41  Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 26; Henkel, Die Kommunalisierung, S. 56. 38  Baer,



A. Der Begriff „Aufgabe“ im öffentlichen Recht29

kommen die Organisationsangelegenheiten, die nicht direkt einen Sachzweck verfolgen, sondern zunächst dem funktionsfähigen Bestand des Aufgabenträgers dienen. Ob ein mittels näherer Eingrenzung zu schaffender einheitlicher Aufgabenbegriff im öffentlichen Recht anstrebenswert ist, kann dahingestellt werden. Mit den bereits gezogenen Schlüssen wird nicht beabsichtigt, die „Aufgabe“ ausschließlich als Sachbereich zu definieren und alle anderen Verwendungsweisen des Begriffs als „falsch“ zu beurteilen. Gemeint ist lediglich, dass es zum einen der Zweck-Mittel-Struktur Rechnung trägt, wenn die Aufgabe nur mit einem Sachbereich und nicht mit den Handlungsmitteln verknüpft wird. Damit wird die durch eine uneinheitliche Terminologie erzeugte Verwechslungsgefahr vermieden. Zum anderen hat der Aufgabenträger zwar auch unbedingt seine innere Organisation zu bewältigen, diese Tätigkeiten stellen sich aber eher als integraler Bestandteil seines Daseins dar. Sie sind nicht „zuordnungsfähig“, also nicht zwischen verschiedenen Trägern verschiebbar. In dieser Hinsicht unterscheiden sie sich grundlegend von den Sachaufgaben. Es sollte daher statt von Organisationsaufgaben von Organisationshoheit oder -angelegenheiten gesprochen werden. Zusammengefasst ist die Aufgabe ein Sachgebiet – also eine Summe von sachlich zusammenhängenden Angelegenheiten –, das mit einer Zielsetzung und einer konkreten Erwartung der Zielerreichung einem Aufgabenträger zugewiesen und von ihm nach außen – nämlich gegenüber anderen natürlichen oder juristischen Personen – wahrzunehmen ist. Um die Aufgabe ordnungsgemäß erledigen zu lassen, stattet der Gesetzgeber den Aufgabenträger erst mit angemessenen Handlungsmitteln aus.

II. Die öffentliche und die staatliche Aufgabe Wie bereits dargelegt ist „staatliche Aufgabe“ jede vom Staat aufgegriffene und ausgeführte Aufgabe. Über die formelle Trägerschaft der Aufgabe hinaus lässt sich nichts herleiten. Die „öffentliche“ Aufgabe ist hingegen durch das Kriterium des „Öffentlichen“ gekennzeichnet, das den materiellen Inhalt der Aufgabe betrifft. Etymologisch ist der Begriff „öffentlich“ eine Erweiterung des Adjektivs „offen“, dessen inhaltliche Bedeutung noch durch „gemein“ oder „publicus“ ausgedrückt werden kann42. Daher liegt der Kern des „Öffentlichen“ in seinem Bezug auf eine Vielzahl von Personen oder das gesellschaftliche Ganze. Martens unterteilt grundlegend die Benutzung des Begriffs in drei Kategorien43:

42  Martens,

Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 24 ff. Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 33 ff.; siehe auch Falk, Die kommunalen Aufgaben, S.  29 ff.; Eggers, Die Verzonung, S. 178 ff. 43  Martens,

30

Teil 1: Begrifflichkeiten

Erstens bedeute „öffentlich“ die freie Wahrnehmbarkeit, Teilnahmemöglichkeit, Benutzungsmöglichkeit usw.44 Entscheidendes Merkmal ist die für eine unbestimmte Mehrheit von Personen45 (Allgemeinheit46) vorgesehene Zugänglichkeit47. Ob die Personen tatsächlich von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, ist ohne Belang. Als Beispiele hierfür können die öffentliche Rechenschaft (Art. 21 Abs. 2 GG), die öffentliche Sitzung und Verhandlung des Bundestages (Art. 42 Abs. 3, 44 Abs. 1 GG) sowie die öffentlichen Straßen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG) herangezogen werden. Zweitens drücke „öffentlich“ die Gemeinschaftsbezogenheit aus48. Dabei bezeichnet der Ausdruck das Gegenteil von „privat“ bzw. „einzeln“ und bezieht sich auf einen großen Personenkreis mit unbestimmten individuellen Verbindungen zwischen den Mitgliedern. Beispielgebend sind die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Art. 13 Abs. 7 GG) sowie die öffentliche Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG). Nicht zuletzt wird auch das „öffentliche Interesse“49 und der „öffentliche Zweck“ in diesem Sinne verwendet. Anders als die bereits genannte freie Zugänglichkeit kennzeichnet „öffentlich“ an dieser Stelle die über die einzelnen Individuen hinausgehende Allgemeinbetroffenheit. Zu bemerken ist allerdings, dass zwischen Individuell- und Allgemeinbetroffenheit keine klare Trennlinie zu ziehen ist50. Diese Qualifizierung hängt von dem Umfang des Betroffenenkreises, dem Gewicht der betreffenden Angelegenheit, dem gegenwärtigen Kenntnisstand sowie den sozialen und politischen Wertvorstellungen ab. Aufgrund gesellschaftlicher Wandlungen und Problem­ entwicklungen können sich beide Themenbereiche ineinander verwandeln. Drittens werde durch „öffentlich“ eine Zuordnung spezifischer Art zum Staat aufgezeigt51. Dieser Kategorie gehören Formulierungen wie die „öffentliche Gewalt“ (Art. 19 Abs. 4 GG), die „öffentliche Verwaltung“ sowie 44  Martens, 45  Martens,

Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 42 ff. Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 42; siehe auch Eggers, Die Verzonung,

S. 179. 46  Siehe Uerpmann, Das öffentliche Interesse, S. 28 ff. 47  Auch Publizitätsgebot genannt, siehe Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S.  50 ff.; Uerpmann, Das öffentliche Interesse, S. 13. 48  Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 33; siehe auch Kirmer, Der Begriff der öffentlichen Aufgaben, S. 59; Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 30; Eggers, Die Verzonung, S. 179. 49  Auch „Wohl der Allgemeinheit“ (Art. 14 Abs. 2, 3; Art. 87e Abs. 4 GG) und „Interesse der Allgemeinheit“ (Art. 14 Abs. 3 GG) genannt. 50  Siehe Bull, Die Staatsaufgaben, S. 66 f.; Kirmer, Der Begriff der öffentlichen Aufgaben, S.  60 f.; Burgi, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 75 Rn. 5; Maurer / Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 10. 51  Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 34; siehe auch Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 30; Bull, Die Staatsaufgaben, S. 48; Eggers, Die Verzonung, S. 179.



A. Der Begriff „Aufgabe“ im öffentlichen Recht31

die „öffentlichen Ämter und Dienste“ (Art. 33 Abs. 3 GG) an. Auf den ersten Blick scheint hier eine Abweichung von der originären Bedeutungsreichweite von „öffentlich“ vorzuliegen, da sich der Akzent sprunghaft von der inhaltlichen auf die organisatorische Seite verlagert. Diese Erscheinungsform von „öffentlich“ findet ihren Ursprung im Gedanken der dichotomischen Entgegensetzung des Staatlich-Öffentlichen und Gesellschaftlich-Privaten52. Der Staat tätigte danach als Monopolinhaber für den Bereich des „Öffentlichen“ im Sinne der inhaltlichen Allgemeinbezogenheit, weshalb sich das „Öffentliche“ und das „Staatliche“ deckten. Diese strikte Zweiteilung wurde durch die entwicklungsbedingte gegenseitige Durchdringung von Staat und Gesellschaft überwunden53. Mit dem Wandel vom obrigkeitlichen zum freiheitlichdemokratischen und Leistungsstaat54 muss den gesellschaftlichen Organisa­ tionen und Privatpersonen die Möglichkeit zustehen, einerseits bei staatlichen Entscheidungen ihre (privaten) Belange zu vertreten und mitzuwirken, andererseits neben dem Staat auch selbst für die Allgemeinheit zu sorgen55. Dabei nimmt der Staat auch vielfältige Maßnahmen vor, um die gesellschaftlichen Gruppen zu fördern, zu steuern, mit ihnen zu kooperieren oder sogar zu konkurrieren56. Der Bereich des „Öffentlichen“ durchbricht dann den Rahmen des „Staatlichen“ und wandelt sich zu einem gemeinsamen Tätigkeitsfeld für Subjekte sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Charakters57. Die gegenwärtige Verwendung der „öffentlichen Aufgabe“ zählt in der Regel zur zweiten Kategorie. Sie verweist auf eine solche Aufgabe, an deren Erfüllung die Gemeinschaft aller oder die Allgemeinheit maßgeblich interessiert ist58. Infolgedessen stellt sich die „öffentliche Aufgabe“ als Oberbegriff 52  Kirmer, Der Begriff der öffentlichen Aufgaben, S. 53; Peters, in: Dietz / Hübner (Hrsg.), FS Nipperdey, Bd. II, S. 877 (879); vgl. auch Rupp, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, § 31 Rn. 4 ff. 53  Wegener, Staat und Verbände im Sachbereich Wohlfahrtspflege, S. 73 ff.; Bull, Die Staatsaufgaben, S. 64 ff.; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 154; Möller, Subsidiaritätsprinzip, S. 92; Katz, Staatsrecht, § 3 Rn. 49: Unerlässlich ist aber eine begrenzte „Distanz“ zwischen Staat und Gesellschaft. 54  Siehe Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 24 f.; Vosgerau, Staatliche Gemeinschaft, S. 185; Katz, Staatsrecht, § 3 Rn. 49. 55  Vgl. Peters, in: Dietz / Hübner (Hrsg.), FS Nipperdey, Bd. II, S. 877 (880 ff.); Kirmer, Der Begriff der öffentlichen Aufgaben, S. 55 ff.; Möller, Subsidiaritätsprinzip, S. 92. 56  Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 138. 57  Bull, Die Staatsaufgaben, S. 49 f.; Rinken, Das Öffentliche als verfassungstheoretisches Problem, S. 294 f.; Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 214; Kirmer, Der Begriff der öffentlichen Aufgaben, S. 56 f. 58  Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 31; Peters, in: Dietz / Hübner (Hrsg.), FS Nipperdey, Bd. II, S. 877 (878); Isensee, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 12 f.

32

Teil 1: Begrifflichkeiten

dar, worunter Aufgaben von verschiedenartigen Trägern fallen können. Von ihm überdacht sind sämtliche staatlichen Aufgaben59, die wegen ihrer Gemeinwohlnotwendigkeit bzw. -förderlichkeit vom Staat in seinen Tätigkeitskatalog aufgenommen werden. Eine staatliche Aufgabe muss demnach stets öffentlich, eine öffentliche Aufgabe hingegen nicht immer staatlich sein.

III. Kommunale Aufgabe als staatliche Aufgabe im weiteren Sinne Nachdem das Verhältnis der staatlichen zur öffentlichen Aufgabe geklärt wurde, ist an dieser Stelle aufzuschlüsseln, wo die kommunale Aufgabe zu verorten ist. Zu verdeutlichen sind die Beziehungen der kommunalen Aufgabe zu beiden Kategorien im Kontext des Verwaltungsrechts. Da die Kommunen als Verwaltungskörperschaft keine Gesetzgebungskompetenz besitzen, ist die zum Vergleich herangezogene „staatliche Aufgabe“60 auf das administrative Tätigwerden – was auch dem üblichen Begriffsgebrauch entspricht – zu beschränken. In einem ersten Schritt muss festgestellt werden, dass auch die Kommunen öffentliche Zwecke verfolgen, sodass ihre Aufgaben öffentlichen Charakters sind. Dies ergibt sich bereits aus der Entstehung der Kommunen als „Gemeinwesen“ zur Förderung des gemeinsamen Wohls ihrer Einwohner – obgleich die hier bezogene „Gemeinschaft“ kleiner als die des Staates ist – und wird bestätigt durch die Kommunalordnungen61. Da sowohl kommunale als auch staatliche Aufgaben öffentliche Aufgaben sind, ist anschließend zu erklären, in welchem Zusammenhang sie zueinander stehen. Organisatorisch gesehen gilt eine Aufgabe der Kommunen allein wegen deren vollständiger institutioneller Eingliederung in den Staat62 als staatliche Aufgabe. In Anbetracht folgender Tatsachen könnte allerdings Zweifel entstehen: Einerseits wird zum Beispiel in den Landesverfassungen „staatliche“ und „kommunale“ Aufgabe als ein voneinander abgegrenztes Begriffspaar gebraucht63. Andererseits fungieren die Kommunen auch als mit Gebietshoheit ausgestattete Selbstverwaltungskörperschaft. Sie verfügen über eine eigene demokratische 59  Peters, in: Dietz / Hübner (Hrsg.), FS Nipperdey, Bd. II, S. 877 (878 ff.); Isensee, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 13; Weiß, DVBl. 2002, S. 1167 (1169); Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 31; Henkel, Die Kommunalisierung, S. 58. 60  Theoretisch kann eine staatliche Aufgabe auch ein der Gesetzgebung unterstehender Sachbereich sein. Siehe Teil 1 A. I. 1. c). 61  Etwa Art. 1 Abs. 2 BWGO; Art. 1 Abs. 1 HessGO; Art. 1 Abs. 2 SächsGO. 62  Siehe Teil 3 C. 63  Etwa Art. 57 Abs. 4 S. 1 NdsVerf.



A. Der Begriff „Aufgabe“ im öffentlichen Recht33

Legitimation durch das Kommunalvolk sowie einen bundesverfassungsrechtlich gewährleisteten autonomen Wirkungsbereich und handeln insoweit frei von staatlichen Einflüssen64. Insbesondere wenn die Kommunen freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen, scheinen sich diese nicht den staatlichen Aufgaben zuordnen zu lassen. Dieser Zweifel lässt sich mit dem Argument beseitigen, dass die Befugnis, womit die durch Entscheidungen des Kommunalvolkes legitimierten freiwilligen Aufgaben erfüllt werden können, gerade von dem Staat – genauer der Staatsverfassung – verliehen wird65. Dies ist zwar keine Ausübung originärer Staatsgewalt66, aber auch keine Ausübung vorstaatlicher Freiheit67. Vielmehr stellt die kommunale Selbstverwaltung eine aufgrund von (bundes-)verfassungsrechtlichen Wertvorstellungen ausgestaltete spezielle Form der Staatsverwaltung dar68. Die Tatsache, dass die kommunale Selbstverwaltung der gesetzgeberischen Gestaltung (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) unterliegt69 und nicht an der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG teilnimmt70, belegt dies. Theoretisch kann die vom Grundgesetz vorgesehene kommunale Selbstverwaltung auch durch Verfassungsänderung modifiziert oder sogar abgeschafft werden. Wegen ihrer gleichzeitigen Anbindung an die Staatsgewalt71 und Herauslösung aus dem staatsunmittelbaren Behördenapparat sprechen Autoren in diesem Zusammenhang von der mittelbaren Staatsverwaltung72. Gemäß dieser Analyse kann festgestellt werden, dass die staatliche Aufgabe auf zwei Sinnebenen zu verstehen ist. Wenn der Staat als Gesamtheit 64  Siehe

Teil 3 C. I. 2. Die kommunalen Aufgaben, S. 104; siehe auch Teil 3 C. I. 66  Seiler, Der souveräne Verfassungsstaat, S. 73; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 86; Löwer, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. I: Art. 28 Rn. 67; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 34. 67  Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 28  f.; Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 405; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 78 f.; Schwarz, in: Mangoldt /  Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 28 Rn. 130; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 40. 68  Siehe Teil 3 C. I. 69  Siehe Teil 3 C. I. 3. 70  Ehlers, in: Erichsen (Hrsg.), Kommunale Verwaltung im Wandel, S. 21 (24); Eggers, Die Verzonung, S. 84; Löwer, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. I: Art. 28 Rn. 109; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 37. 71  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 40: Kommunen als „Teil organisierter Staatlichkeit“; Henkel, Die Kommunalisierung, S. 59: Kommunale Selbstverwaltung als „Ebene verfasster Staatlichkeit“. 72  Maurer / Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 1 ff.; Burgi, Kommunalrecht, § 2 Rn. 5; Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 38 f.; Brüning, in: Ehlers /  Fehling / Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 3, § 64 Rn. 10 f. Zu beachten ist dabei, dass die „mittelbare“ Staatsverwaltung mit der „Selbstverwaltung“ nicht identisch ist. 65  Falk,

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Teil 1: Begrifflichkeiten

aller seiner mittelbaren und unmittelbaren Organisationen sowie als alleiniger Träger der Hoheitsgewalt betrachtet wird, erfassen die staatlichen Aufgaben sämtliche von diesen Organisationen ausgeführten Aufgaben. Insofern kann der Begriff einer staatlichen Aufgabe im weiteren Sinne73 verwendet werden, worunter auch die kommunalen Aufgaben fallen. Wenn sich aber der Blick auf das Binnenverhältnis zwischen dem Staat und seinen Untergliederungen richtet und die Aufgabenverteilung innerhalb des Verwaltungssystems im Vordergrund steht, meint die staatliche Aufgabe ausschließlich die von der unmittelbaren Staatsverwaltung wahrgenommene Aufgabe, also die staatliche Aufgabe im engeren Sinne74. In diesem Zusammenhang ist die kommunale von der staatlichen Aufgabe zu trennen.

B. Der Begriff „Verantwortung“ Gegenwärtig gehört „Verantwortung“ zu den am häufigsten benutzten Begriffen in den öffentlichen Diskussionen. Zum einen werden Verhältnisse und Konstellationen verschiedenster Art mit diesem Schlagwort etikettiert. Zum anderen erhebt sich immer wieder – insbesondere als Lösungsperspektive eines eintretenden Problems – Forderung nach „mehr“ Verantwortung. Die Universalität75 des Begriffs impliziert bereits seine inhaltliche Vagheit. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass der Begriff selbst keinesfalls eine Lösung bietet, obgleich im Problemfall regelmäßig auf ihn verwiesen wird. In Verbindung mit einem konkreten Kontext erweckt er jedoch reichhaltige Assoziationen oder Inspirationen, die zu etwas Normativem und mithin Problemlösendem führen können. Dadurch zeigt sich die spezielle Eigenart des Verantwortungsbegriffs: Er charakterisiert die grundlegende Situation des Menschen im Gesellschaftsleben76, wirkt aber nicht rein beschreibend; er trägt eine gewisse normative Erwartung mit sich, ohne selbst normativ zu sein. Jeglicher Zweifel daran, ob ein derart nebulös scheinender Begriff wie der der Verantwortung Anwendung in der auf Klarheit und Stringenz angewiesenen Rechtssprache beanspruchen kann, ist durchaus berechtigt. Doch gilt es zu registrieren, dass dem Begriff eine schlüssige Bedeutung für das Rechtssystem bereits deswegen zukommt, da er einen Gedanken vertritt, der zurzeit jeder gesell73  Püttner, Verwaltungslehre, S. 29; Bull, Die Staatsaufgaben, S. 51; Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 41; Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Rn. 113. 74  Püttner, Verwaltungslehre, S. 29. 75  Depenheuer, VVDStRL 55 (1996), S. 90 (93 f. Fn. 12): „[…] degenerierte der Begriff zum ubiquitären Gemeinplatz“; Möllers, VerwArch 93 (2002), S. 22 (43). 76  Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, S. 22; Dreier, in: Neumann (Hrsg.), Verantwortung in Recht und Moral, S. 9 (10 f.); Ferner sehen Dreier und auch andere das Verantwortlich-Sein in der „Natur“ des Menschen. Siehe etwa Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, S. 276; Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, 268.



B. Der Begriff „Verantwortung“ 35

schaftlichen Ordnung innewohnt. Wie es dazu gekommen ist, wird durch die folgende Erläuterung verdeutlicht.

I. Entstehung, Verbreitung und Materialisierung des Begriffs Die sprachlichen Wurzeln von Verantwortung greifen bis ins frühe 15. Jahrhundert zurück77. Anfangs wurde das Verb „verantworten“ und das Adjektiv „verantwortlich“ im juristischen Kontext verwendet, um die Situation einer Person zu beschreiben, die vor Gericht steht und eine Rechtfertigung für ihr Verhalten bzw. dessen Folgen vorbringen muss78. Die Substantive „Verantwortung“ und „Verantwortlichkeit“ drückten in weiterer Folge diesen „verantwortlichen“ Zustand des Angeklagten aus79. Im Laufe des 19. Jahrhunderts fand der Begriff weite Verbreitung und ging in andere Fachdisziplinen wie Theologie, Soziologie, Ethik sowie Politik ein80. Allmählich ist er zu einem Schlüsselbegriff81 dieser Bereiche geworden und in ihren Diskussionen nicht mehr wegzudenken. Verantwortung bedeutet dort allgemein, dass jemand für etwas vor jemandem anderen – sei es ein Auftraggeber, ein Vorgesetzter, eine höhere Instanz oder sogar das reflektive „Selbst“ – „Rede und Antwort zu stehen“ hat. Zur „Inflation“ des Begriffsgebrauchs trägt insbesondere eine Materialisierungstendenz des Verständnisses bei, die mit der Entwicklung eines neuen „Typs“ der ex-ante-Verantwortung eng zusammenhängt82. Während die ursprüngliche Verantwortung auf die Konfrontation und Kommunikation zwischen dem Verantwortungsträger und der Verantwortungsinstanz abstellt, 77  Bayertz, in: ders. (Hrsg.), Verantwortung, S. 3 (3); Werner, in: Düwell / Hübenthal / Werner (Hrsg.), Handbuch Ethik, S. 541 (543). 78  Stein, Die Verantwortlichkeit politischer Akteure, S. 8; Picht, in: Picht, Wahrheit, Vernunft, Verantwortung, S. 318 (318 f.); Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S.  29 f. 79  Stein, Die Verantwortlichkeit politischer Akteure, S. 8 f.; vgl. auch Dreier, in: Neumann (Hrsg.), Verantwortung in Recht und Moral, S. 9 (19). 80  Siehe Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, S. 19  ff.; Bayertz, in: ders. (Hrsg.), Verantwortung, S. 3 (3 f.); Klement, Verantwortung, S.  2 f. 81  Bayertz, in: ders. (Hrsg.), Verantwortung, S. 3 (3); Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, S. 19; Stein, Die Verantwortlichkeit politischer Akteure, S. 5 f.; Dreier, in: Neumann (Hrsg.), Verantwortung in Recht und Moral, S. 9 (9 f.). 82  Klement, Verantwortung, S. 210; vgl. Picht, in: Picht, Wahrheit, Vernunft, Verantwortung, S. 318 (320): Der Verantwortungsbegriff enthält „einen eigentümlichen Überschuss“, der sich innerhalb der „klar umrissenen Bezüge“, die sein duales Verweisen (einerseits auf einen Gegenstand der Verantwortung und andererseits auf eine Instanz, vor der sich verantwortet werden muss) zunächst bestimmt, „nicht einfangen lässt“.

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Teil 1: Begrifflichkeiten

richtet sich nunmehr der Fokus in größerem Maße auf den Inhalt des „verantwortungsvollen“ Handelns. Es wird sich nicht mehr damit begnügt, dass – in prozessualem bzw. formellem Sinne – überhaupt eine „Antwort“ gegeben werden muss. Gefordert wird vielmehr eine „Antwort“ spezifischer Qualität83, die den Erwartungen der Verantwortungsinstanz zu entsprechen vermag. Nur sofern der Verantwortungsträger so gehandelt hat, wird der Verantwortung nachgekommen, ansonsten handelt er „unverantwortlich“. In einem solchen Fall wird die Verantwortung in erster Linie als Synonym für Normen angesehen. Sie verweist nämlich auf konkretes Sollverhalten, gleich, ob dieses bereits bei der Verantwortungsbegründung abschließend festgelegt oder noch später durch eine kontextbezogene Interpretation zu erschließen ist. An sich ist Verantwortung aber keine Norm solcher Art, sondern eine Relation oder Beziehung, dass jemand für etwas vor jemandem anderen eine – nunmehr materiell qualifizierte – „Reaktion“ zeigen muss. Auf den Inhalt dieser „Reaktion“ kommt es nicht unmittelbar an. Auf diese Weise wird die Frage geklärt, was Verantwortung ist bzw. was im Hinblick darauf differenziert werden kann. Mit anderen Worten hat Verantwortung zwei Sinnebenen: die wesensmäßige, nur die „antwortende“ Struktur ausdrückende formelle Relation und den kontextbezogen auszufüllenden „Inhalt“ hinsichtlich des verantwortlichen Handelns. Die durch Verantwortung hervorgebrachte Relation assoziiert Elemente verschiedener Art wie Pflicht, Recht, Zuständigkeit, Aufgabe, Macht, Freiheit, Spielraum, Haftung sowie Aufsicht und Kontrolle. Je nach dem betreffenden Umstand wird Verantwortung häufig über ihre formelle Struktur hinaus mithilfe dieser Begriffe gedeutet. Gerade diese Vorgehensweise steuert zum Eindruck bei, dass Verantwortung zu offen, zu unbestimmt, zu vieldeutig und mithin beim Einsatz in konkreten Sachverhalten ständig mit Unsicherheit behaftet ist. Durch die folgende Strukturanalyse des Verantwortungsbegriffs soll ein Überblick darüber geschaffen werden, wie die mannigfaltigen Assoziationen aus der Verantwortungsrelation entstehen bzw. in welchem Zusammenhang diese mit der Verantwortung stehen.

83  Klement, Verantwortung, S. 210; vgl. auch Werner, in: Düwell / Hübenthal / Werner (Hrsg.), Handbuch Ethik, S. 541 (543): Verantwortung ist auch ein Wertbegriff.



B. Der Begriff „Verantwortung“ 37

II. Die Grundstruktur der Verantwortung 1. Strukturelemente Der Begriff „Verantwortung“ bildete sich, um das Problem der Zurechnung zu lösen. Als ein Zurechnungsbegriff84 setzt er ein Objekt und ein Subjekt voraus, rechnet das Objekt dem Subjekt zu und bestimmt, dass letzteres für ersteres „verantwortlich“ ist. Das Subjekt wird dadurch Verantwortungsträger und das Objekt Verantwortungsgegenstand. Anlass für die Zurechnung ist das Eintreten bestimmter schädigender Ereignisse. Man untersucht die Ursachen- und Wirkungszusammenhänge und zieht eine oder mehrere Personen heran, soweit dabei menschliche Einflüsse oder Einflussmöglichkeiten anzunehmen sind85. Diese Personen haben die negativen Folgen zu beseitigen oder auszugleichen. Den Gegenstand der Verantwortung betreffend geht es um verletzte Schutzgüter oder schutzwürdige Interessen einschließlich gestörter Sollensordnungen86. Sowohl in der Literatur als auch in der Umgangssprache wird üblicherweise auch das menschliche ­Verhalten als Verantwortungsgegenstand angesehen87. Für eine strikte Strukturanalyse ist dies jedoch nicht statthaft, da in einem konkreten Verwendungszusammenhang der eigentliche Sinn der Verantwortung nicht in der Zurechnung einer bloßen Handlung, sondern in der Zurechnung der Handlungs­ folgen zum Verantwortungsträger liegt. Als „Objekt“ muss der Verantwortungsgegenstand etwas sein, das außer dem Bereich des Subjektes88 in der gegenwärtigen Wirklichkeit89 existiert. Er steht im Zentralpunkt des Verantwortungsverhältnisses, um dessen willen die Verantwortungszurechnung veran84  Bayertz, in: ders. (Hrsg.), Verantwortung, S. 3 (4); Dreier, in: Neumann (Hrsg.), Verantwortung in Recht und Moral, S. 9 (13); Werner, in: Düwell / Hübenthal / Werner (Hrsg.), Handbuch Ethik, S. 541 (542): Zuschreibungsbegriff; Klement, Verantwortung, S. 50: Zuschreibungsrelationsbegriff. 85  Vgl. Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, S. 77; Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 172, 175; Thiele, Finanzaufsicht, S. 240: Verantwortung als „anthropologische Kategorie“; Stein, Die Verantwortlichkeit politischer Akteure, S. 10: Verantwortung als ein „exklusiv auf den Menschen bezogenes Phänomen“. 86  Vgl. Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 172 f.; zur Unterscheidung zwischen Verletzung von Schutzgütern bzw. schutzwürdigen Interessen und Verletzung von Sollensordnungen siehe etwa Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 177 ff. 87  Etwa Murswiek, Die staatliche Verantwortung, S. 41 ff. unterscheidet zwischen Verantwortung für einen Schaden, für einen Gegenstand zu sorgen und für eigenes Verhalten. 88  Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 175. 89  Es ist anzumerken, dass es in puncto „Gegenstand“ nicht unbedingt um eine körperliche Sache geht. Es schließt vielmehr alles ein, was als ein von ihm beeinflussbares Gegenüber – zum Beispiel die Gesundheit und die öffentliche Sicherheit – zum Subjekt steht.

38

Teil 1: Begrifflichkeiten

lasst wird und auf den der Verantwortungsträger für die Verantwortungserfüllung einzuwirken hat. Nachdem der Verantwortungsgegenstand festgelegt ist, wird der Verantwortungsträger nach einem Zurechnungsmaßstab gesucht. Das heißt, dass die Verantwortungszuschreibung nicht lediglich faktischer90, sondern auch normativer Natur ist91. Ihr liegt eine Werte- bzw. Normenordnung zugrunde, aufgrund deren erst die Zurechnung zu erfolgen vermag92. Generell gefasst ist Verantwortungsträger derjenige, der schuldhaft diese Ordnung verletzt hat. Er hat vorsätzlich oder fahrlässig diese Folge herbeigeführt, obgleich er genügend Einsichts-, Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit sowie tatsächliche Möglichkeit besitzt, anders zu handeln und die unerwünschte Folge abzuwenden. Verantwortlich kann stets derjenige sein, der – sowohl hinsichtlich der subjektiven Qualifikation als auch hinsichtlich der objektiven Gegebenheiten – über Handlungsmacht bzw. -spielräume verfügt93 und aus eigener Entscheidung gehandelt hat. Außer dem Verantwortungsgegenstand, dem Verantwortungsträger und dem Zurechnungsmaßstab gibt es in einem Verantwortungsverhältnis noch einen Adressaten, in dessen Interesse die Verantwortung zugerechnet und wahrgenommen wird; und eine Instanz, die die Zurechnung anordnet bzw. das Wahrnehmungsergebnis kontrolliert. Im Allgemeinen ist Verantwortungsinstanz die Stelle, die die Verantwortung begründende höhere Ordnung vertritt94. Hierbei muss beachtet werden, dass für einen Verantwortungstatbestand mehrere Verantwortungsinstanzen bestehen können. Es variiert je nach 90  In der Alltagssprache ist mit Äußerungen wie etwa „Jemand ist für etwas verantwortlich“ öfters nur die Kausalbeziehung gemeint, also, dass jemand die für etwas schädigende Folge verursacht hat. Eine tatsächliche „Verantwortungszuschreibung“ ist dies aber nicht. Siehe Werner, in: Düwell / Hübenthal / Werner (Hrsg.), Handbuch Ethik, S. 541 (542). 91  Krawietz, in: Bayertz (Hrsg.), Verantwortung, S. 184 (187 ff.); Bayertz, in: ders. (Hrsg.), Verantwortung, S. 3 (13 f.); Heidbrink, Die Rolle des Verantwortungsbegriffs, S.  22 ff.; Röhl, Die Verwaltung 32 (1999) Beiheft 2, S. 33 (35 f.); Dreier, in: Neumann (Hrsg.), Verantwortung in Recht und Moral, S. 9 (13); Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, S. 20. 92  Thiele, Finanzaufsicht, S. 242: Verantwortungsmaßstab als „Verantwortungsgeltungsgrund“. 93  Lübbe, Verantwortung in komplexen kulturellen Prozessen, S. 44; Dreier, in: Neumann (Hrsg.), Verantwortung in Recht und Moral, S. 9 (20 ff.); Voßkuhle, in: Axer / Grzeszick / Kahl u. a. (Hrsg.), Das europäische Verwaltungsrecht, S. 229 (230); Thiele, Finanzaufsicht, S. 240 f. 94  Insoweit betont Thiele, Finanzaufsicht, S. 243 zutreffend die Trennbarkeit von Instanz und Subjekt, auch wenn es um eine Verantwortung vor sich selbst geht. Konsequenterweise ist auch der Verantwortungsadressat von der Verantwortungsinstanz zu trennen, wenn er zugleich als Instanz fungiert.



B. Der Begriff „Verantwortung“ 39

der gegenüberzutretenden Instanz der in Bezug zu nehmende Zurechnungsmaßstab. In der Regel stellt sich auch der Verantwortungsadressat als eine potentielle Verantwortungsinstanz dar. Heutzutage in den meisten Fällen von besonderer Relevanz ist die Folgerung95 aus der Verantwortung, nämlich dahingehend, wie sich der Verantwortungsträger verhalten muss, um der ihm zugerechneten Verantwortung gerecht zu werden. Die Verantwortungszuschreibung ist kein Selbstzweck. Wenn behauptet wird, dass jemand für etwas verantwortlich ist, wird von ihm mindestens eine Handlung – ein Tun oder ein bewusstes Unterlassen – erwartet. Der Begriff der Verantwortung wirkt also nicht nur normenbestimmt (durch den Zurechnungsmaßstab), sondern auch normenbestimmend. Die Strukturanalyse zeigt, dass die Verantwortung eine sechsstellige Relation96 schildert. Andere verwandte Begriffe97, die häufig (kontextbezogen) in die „Definition“ des Verantwortungsbegriffs eingegangen sind, stellen nur einen Teilaspekt der Relation dar und bringen lediglich vor, was in der konkreten Konstellation besonders hervortritt. Es ist mithin zu empfehlen, bei der Auslegung des Begriffs stets auf all seine Strukturelemente zu achten, um ein umfassendes und präzises Verständnis zu erlangen. Auf der anderen Seite ist es notwendig, mit dem Begriffseinsatz sorgfältig umzugehen. Es muss sich also dessen bewusst gemacht werden, ob tatsächlich eine Relation mit Verantwortungsstruktur vorliegt oder ob nur das Vorhandensein einer Aufgabe, einer Pflicht usw. auszudrücken ist. Der gegenwärtig zu verzeichnenden Tendenz, den Begriff der Verantwortung beliebig als Synonym für ein anderes Wort oder sogar als allgemeinen „Platzhalter“98 zu gebrauchen, ist auf jeden Fall entgegenzuwirken. Überdies muss die Besonderheit der Verantwortungsrelation im Auge behalten werden, dass sie zwei normative Momente beinhaltet, nämlich die Zurechnung anhand von bestehenden normativen Maßstäben und die Operationalisierung in Handlungsvorschriften. Gerade durch diese beiden Vorgänge leistet der Begriff seine Funktion in einer Normenordnung.

95  Formulierung in Anlehnung an Brieskorn S.J., in: Neumann (Hrsg.), Verantwortung in Recht und Moral, S. 193 (194). 96  Brieskorn S. J., in: Neumann (Hrsg.), Verantwortung in Recht und Moral, S. 193 (194 ff.); vgl. auch Thiele, Finanzaufsicht, S. 239 ff.; Bayertz, in: ders. (Hrsg.), Verantwortung, S. 3 (15 f.); Werner, in: Düwell / Hübenthal / Werner (Hrsg.), Handbuch Ethik, S. 541 (543): mehrstelliger Relationsbegriff, der mindestens drei Elemente betrifft. 97  Nämlich die bereits erwähnten Begriffe Pflicht, Recht, Zuständigkeit, Aufgabe, Macht, Freiheit, Spielraum, Haftung, Aufsicht und Kontrolle etc. 98  Klement, Verantwortung, S. 4.

40

Teil 1: Begrifflichkeiten

2. Die ex-post- und die ex-ante-Verantwortung Ausgehend von der klassischen Verwendungsform des Verantwortungsbegriffs, also der nachträglichen Rechenschafts- und Einstandspflicht für eintretende Schäden, wurde später anhand von einem Präventions- bzw. Vorsorgekonzept ein neuer „Typ“ von Verantwortung entwickelt. Er wird in der Literatur häufig „ex-ante-“ oder prospektive Verantwortung genannt – im Gegensatz zur klassischen „ex-post-“ oder retrospektiven Verantwortung99. Während die klassische ex-post-Verantwortung das Einstehen für vergangene schädigende Ereignisse bezweckt, richtet sich die ex-ante-Verantwortung auf die Herstellung oder Erhaltung der zukünftigen, als positiv bewerteten Zustände. Dazu formuliert Jonas, dass es „nicht die ex-post-facto Rechnung für das Getane, sondern die Determinierung des Zu-Tuenden“100 betrifft. Der dadurch erweckte Eindruck, dass beide Arten von Verantwortung wesens­ unterschiedlich wären, trifft jedoch nicht zu. Zumindest die im vorangegangenen Abschnitt angeführten Strukturelemente, die überwiegend hinsichtlich der ex-post-Verantwortung dargelegt wurden, bestehen in der ex-ante-Verantwortung weiter. Verändert wird lediglich der Anlass der Verantwortungsbegründung und der Charakter jedes einzelnen Elementes. Anstelle der Zurechnung ist nunmehr ein Fall der Zuweisung von Verantwortung zu behandeln. Der ursprüngliche Zurechnungs- wird dann Zuweisungsmaßstab. Nach Klement besteht der Unterschied zwischen ex-post- und ex-anteVerantwortung in der zeitlichen Relation der Verantwortung zu ihrem Gegenstand101: Gegenstand der ex-post-Verantwortung liege in der Vergangenheit, sei ein abgeschlossener Vorgang oder ein tatsächlicher Zustand; Gegenstand der ex-ante-Verantwortung sei das, was künftig geschehen oder erreicht werden solle102, ein zukünftiger oder andauernder, sich bis in die Zukunft hineinstreckender Zustand103. Diese aus Lebenserfahrungen erschlossenen Aussagen sind zwar instruktiv, aber weitgehend unpräzis. Die Gleichsetzung des Verantwortungsgegenstandes mit dem die Verantwortung auslösenden Geschehen und dem durch den Verantwortungsträger zu erreichenden Ziel ist ein Fehlgriff. Der Verantwortungsgegenstand muss stets ein tatsächlicher 99  Röhl, Die Verwaltung 32 (1999) Beiheft 2, S. 33 (36); Stein, Die Verantwortlichkeit politischer Akteure, S. 16; Bayertz, in: ders. (Hrsg.), Verantwortung, S. 3 (32 f.); Werner, in: Düwell / Hübenthal / Werner (Hrsg.), Handbuch Ethik, S. 541 (542); Heidbrink, Die Rolle des Verantwortungsbegriffs, S. 8 f. 100  Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 174; siehe auch Bayertz, in: ders. (Hrsg.), Verantwortung, S. 3 (32). 101  Klement, Verantwortung, S. 51  f.; Unterscheidung aus zeitlicher Perspektive auch etwa Stein, Die Verantwortlichkeit politischer Akteure, S. 16. 102  Klement, Verantwortung, S.  51 f. 103  Birnbacher, in: Bayertz (Hrsg.), Verantwortung, S. 143 (146).



B. Der Begriff „Verantwortung“ 41

sein, der zum Zeitpunkt der Entstehung des Verantwortungsverhältnisses vorliegt. Außerdem werden vom Träger der ex-post-Verantwortung ebenfalls zukünftige Handlungen verlangt, um den Gegenstand in einen Zustand zu versetzen, der (auch) in der Zukunft liegt. In beiden Fällen hat der Verantwortungsträger den Ist- und Sollzustand des Verantwortungsgegenstandes zu erkennen und ihn vom Ist- hin zum Sollzustand zu lenken. Für den Verantwortungsträger ist die Verantwortung zunächst stets „prospektiv“104. Lag der Sollzustand bereits einmal in der Vergangenheit und wird gerade rückblickend darauf Bezug genommen, so ist von ex-post-Verantwortung die Rede. Andernfalls liegt eine ex-ante-Verantwortung vor. Maßgeblich für die Unterscheidung ist somit nicht das (objektive) zeitliche Verhältnis, sondern die diesbezügliche (subjektive) Betrachtungsweise105. Nicht nur lassen sich ex-post- und ex-ante-Verantwortung begrifflich unter einer gemeinsamen Struktur vereinen, sondern auch funktionell gesehen stehen sie in Wechselbeziehung zueinander106: Wird eine ex-ante-Verantwortung wider Erwarten nicht erfüllt, wandelt sie sich zu ex-post-Verantwortung um; umgekehrt muss eine involvierte Partei die ex-post-Verantwortung nicht tragen, sofern sie vorab weder eine ex-ante-Pflicht noch eine ex-ante-Verantwortung eingegangen ist. Mit der Hinzufügung einer ex-ante-Dimension kann der Verantwortungsbegriff nunmehr sein enormes Potential als ein Steuerungskonzept menschlichen Verhaltens entfalten, das sich auf der Grundlage einer Arbeits- bzw. Zuständigkeitsteilung aufbaut. Anstatt vom Statuieren genauer Handlungsvorschriften wird der Regelungszweck auf eine andere Weise erfüllt: Gegenstände werden dem jeweiligen Verantwortungsträger zur Pflege zugewiesen, indem er alle notwendigen Maßnahmen ergreifen soll, um das von der Zuweisung beabsichtigte Ziel zu erreichen. Im Falle 104  Krawietz, in: Bayertz (Hrsg.), Verantwortung, S. 184 (191 f.) weist zutreffend darauf hin, dass der temporalen Differenzierung eine Verwechselung der Perspektive des Handelnden und des beurteilenden Beobachters zugrunde liegt. Die Institutionenund Systemabhängigkeit des Handelns und Zurechnens wird hier übersehen. 105  Als Beispiel kann die allgemeine „Umweltverantwortung“ genannt werden: Wird diese Verantwortung als Kompensation für die in der Vergangenheit getätigte Umweltverschmutzung angesehen und auf die Wiederherstellung des Urzustandes der Umwelt gesetzt, so ist von einer ex-post-Verantwortung auszugehen. Wird hingegen die „Umweltverantwortung“ als eine ständige Aufgabe des Menschen interpretiert, schonend mit der Umwelt umzugehen und sie möglichst zu erhalten, kann dabei eine ex-ante-Verantwortung angenommen werden. Es geht also darum, wie der gesamte Sachverhalt inkl. der Ursache und Wirkung verstanden und beurteilt wird. Insoweit scheint das Bezeichnungspaar „negative“ und „positive“ Verantwortung passender, um die beiden Konstellationen zu differenzieren. Zum Begriffspaar siehe Heidbrink, Die Rolle des Verantwortungsbegriffs, S. 8. 106  Werner, in: Düwell / Hübenthal / Werner (Hrsg.), Handbuch Ethik, S. 541 (542 f.); Klement, Verantwortung, S.  52 f.; Stein, Die Verantwortlichkeit politischer Akteure, S.  16 f.

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Teil 1: Begrifflichkeiten

einer Nichterreichung muss er mit Sanktionen rechnen. Diese zielorientierte Regelungsstrategie107 hat einen besonderen Vorteil für die moderne, hoch­ industrialisierte und -technisierte Gesellschaft, in der eine handlungsorientierte Regelung wegen der Komplexität sozialer Systeme, der Undurchsichtigkeit von Ursachenketten sowie der Unüberschaubarkeit technischer Risikos immer schwerer fällt108. 3. Die materielle und die formelle Verantwortung Eine weitere Kategorisierung, die für das Phänomen der Verantwortung von Bedeutung ist, stellt das Begriffspaar der materiellen und formellen Verantwortung dar. Dieses Begriffspaar ist zunächst mehrdeutig, da sich die Bezeichnungen „formell“ und „materiell“ auf unterschiedliche Aspekte des Verantwortungsverhältnisses beziehen können. So können sie präzisieren, ob der Verantwortungsträger zur Handlung mit sachlichem Gehalt oder zur bloßen Konfrontation und „Responsivität“109 gehalten ist110. Die Ausdrücke „materiell“ und „formell“ beschreiben dabei die inhaltliche Qualität des verantwortungsgerechten Verhaltens. Sie können aber auch bestimmen, ob die Verantwortungsinstanz über das Verhalten des Verantwortungsträgers eine an der Zweckmäßigkeit orientierte oder eine auf die Information bis Begründung beschränkte Prüfung vornehmen muss111. „Materiell“ und „formell“ drücken dann die Kontrolldichte der Verantwortungsinstanz aus. Für diese Arbeit von Relevanz ist die Unterscheidung zwischen Verantwortung mit und ohne Entscheidungsmacht. Normalerweise wird nur dann von einem Verantwortungsträger gesprochen, wenn er mit materiell vorhandener Entscheidungsmacht handelt und insoweit für die Handlungsfolge einsteht. In einer Organisation – insbesondere einer Organisation mit komplexer Struktur – kommt es allerdings häufig vor, dass eine Stelle einer Instanz 107  Klement, Verantwortung, S. 275 ff.; zum Konditional- / Verhaltensprogramm und Final- / Zweckprogramm siehe Röhl / Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 242 ff.; Gaentzsch, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, S. 63 ff.; Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 139. 108  Verantwortung als Ausdruck gesellschaftlicher Steuerungsprobleme siehe ­Bayertz, in: ders. (Hrsg.), Verantwortung, S. 3 (34); Kaniowski, in: Juchacz / Kozlowski (Hrsg.), Freiheit und Verantwortung, S. 239 (244); im Rechtssystem siehe Klement, Verantwortung, S.  12 ff. 109  Zum Begriff in der Politikwissenschaft siehe Brettschneider, Öffentliche Meinung und Politik, S. 18 ff.; in der Rechtswissenschaft Groß, Das Kollegialprinzip, S.  177 ff. 110  Vgl. Murswiek, Die staatliche Verantwortung, S. 34 ff. 111  Formell ist in diesem Sinne etwa die politische Verantwortung der Regierung vor dem Parlament nach Art. 65 S. 1, 2 GG, der überwiegend nur eine prozedurale Bedeutung zukommt. Siehe Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 65 Rn. 38 ff.



B. Der Begriff „Verantwortung“ 43

Rechenschaft geben muss, ohne selbst auf die betreffende Sache Einfluss nehmen zu können. Dies betrifft regelmäßig diejenigen Stellen einer Organisation, die nicht aufgrund eigener Erwägungen, sondern nach Weisungen übergeordneter Stellen handeln müssen. Sie haben dann über ihre Arbeit einerseits gegenüber dem Vorgesetzten (Fach- bzw. Dienstaufsicht) und andererseits nach außen – wenn ihnen eine Außenzuständigkeit zugewiesen ist – zu berichten und Rechenschaft abzulegen. In beiden Konstellationen tragen sie die Verantwortung nur in formellem Sinne. Die „materielle“ Verantwortung – also die de facto vorliegende Leitungsmacht und Haftungspflicht – verbleibt hingegen beim tatsächlichen Entscheider. Es ist ausschließlich dieser „materielle“ Sinn gemeint, wenn in der folgenden Untersuchung von „Verantwortung“ die Rede ist. Die allein wegen der Aufsichtsstruktur oder der Außenzuständigkeit auftretenden Konfrontationsmechanismen bleiben außer Acht.

Teil 2

Verantwortung im Staatsorganisationsund Kompetenzrecht Dass sich der materielle „Inhalt“ der Verantwortung nur kontextbezogen ermitteln lässt, wurde bereits deutlich gemacht. Beim Einsatz des Begriffs im rechtlichen Kontext darf seinen beiden normativen Elementen, also dem Zurechnungsmaßstab und der Folgerung aus der Verantwortung, wegen des speziellen Interesses der Rechtsordnung an Inhaltssicherheit und -geschlossenheit besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht werden: Während ersteres die Frage betrifft, ob die im Rechtssatz vorgezeichnete Verantwortung nach rechtlichen oder außerrechtlichen Maßstäben1 aufgebaut ist, handelt es sich bei letzterem um ihre normative Wirkung, nämlich die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit der Verantwortungsbegriff eigenständig rechtsnormative Inhalte liefern kann, ohne dass diese im Gesetzestext festgeschrieben werden müssen. Hierbei ist der Begriffsgebrauch im Bereich des Staatsorganisations- und Kompetenzrechts zu erläutern.

A. Allgemeines Das Staatsorganisations- und Kompetenzrecht ist das Rechtsgebiet, das im Hinblick auf die staatsinterne Verteilung von Aufgaben und Befugnissen angelegt ist, mit dem Zweck, dass jede staatliche Stelle die ihr zukommenden Aufgaben ordentlich, effizient und bezogen auf interne Überschneidungen kollisionsfrei erfüllt. Da der zentrale Gegenstand dieses Rechtsgebietes staatliche Aufgaben sind, kann im hier relevanten Zusammenhang auch allgemein von der „Aufgabenverantwortung“ – also der Verantwortung, deren Gegenstand eine Aufgabe ist – gesprochen werden. Seiner Struktur und Eigenschaft entsprechend lässt sich der Begriff „(Aufgaben-)Verantwortung“ in drei Konstellationen antreffen2:

1  Dabei handelt es sich um einen „Rezeptionsbegriff“. Siehe Klement, Verantwortung, S.  251 ff.; Weiß, DVBl. 2002, S. 1167 (1172); zur Rezeptionsfunktion siehe Kramer, Juristische Methodenlehre, S. 74 f. 2  Kategorisierung nach Röhl, Die Verwaltung 32 (1999) Beiheft 2, S. 33 (37 ff.) mit inhaltlicher Erweiterung.



A. Allgemeines45

Zum ersten kann er die Dienste eines Kompetenzbegriffs leisten. Die Verantwortungsträgerschaft des Aufgabenträgers beruht auf einer rechtsnormativen Zuweisung, wobei danach zu fragen ist, wie sich der Aufgabenträger benehmen muss, um die Verantwortung zu erfüllen. Es tritt die ex-ante-Dimension des Verantwortungsbegriffs in den Vordergrund und in Betracht kommt der Vorgang der Operationalisierung der Verantwortung. Funktionell gesehen steht Verantwortung mit dem traditionellen Kompetenzbegriff der Zuständigkeit3 in Konkurrenz. Dementsprechend erhebt sich die Frage, ob und wie sich eine Verantwortungs- von einer Zuständigkeitsbestimmung unterscheidet bzw. unterscheiden kann. Zum zweiten dient der Begriff seiner originären Funktion der Zurechnung. Dies betrifft die Fälle, in denen die Verantwortung nicht explizit einem Subjekt zugewiesen wird, sondern diverse staatliche Akteure auf verschiedene Weise auf eine Aufgabenwahrnehmung eingewirkt haben und es eventuell zu einer Schieflage gekommen ist. Danach wird der Handlungsbeitrag des jeweiligen Akteurs analysiert und ein oder mehrere Akteure selektiert, die letztendlich für das Ergebnis der Aufgabenerfüllung einstehen müssen. Dies bezieht sich auf den Schuldvorwurf und die diesbezüglichen Haftungsverpflichtungen. Im Fokus steht somit die Frage, nach welchen Maßstäben der Verantwortungsträger zu identifizieren ist. In manchen Fällen dieser Art wird der Begriff „Verantwortung“ in einem überpositiven Sinne verwendet. Gesucht wird der „Verantwortliche“ nicht nach Maßstäben des geltenden Rechts, sondern nach anderen höheren Werten und Prinzipien, um gegebenenfalls die Rationalität oder Irrationalität des geltenden Rechts zu bewerten. In der dritten Konstellation kommt es auf eine „faktische“ Verantwortung an. Das bedeutet nicht, dass die Verantwortung einer normativen Zurechnung / Zuweisung entbehrt. Vielmehr weist dies auf Situationen hin, in denen die Rede von „Verantwortung“ nicht darauf ausgerichtet ist, normative Schlüsse zu ziehen oder eine bestehende Schieflage zuzurechnen. Der Vorgang der Zurechnung sowie Operationalisierung der Verantwortung wird vom Schreiber als abgeschlossen und vorausgesetzt angesehen und ist für die anstehende Erörterung ohne Belang. In diesem Zusammenhang wird die Verantwortung als eine geklärte Beziehung betrachtet und als Begriff benutzt, um etwa die bereits umrissenen4 Entscheidungsbefugnisse bzw. Handlungsgebote oder den abstrakten Bestand von diesen zu zeigen. Festzuhalten ist, dass die soeben angeführten drei Konstellationen nicht drei „Bedeutungen“ der Verantwortung im organisations- und kompetenz3  Hierzu gehören auch Begriffe der Kompetenz und der Befugnis, wenn sie undifferenziert als Synonym von Zuständigkeit gebraucht werden. 4  Siehe Klement, Verantwortung, S. 210 ff.: Verantwortung als technischer Rechtsbegriff.

46

Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

rechtlichen Kontext darstellen. Die Kategorisierung erfolgt lediglich danach, was der jeweilige Schreiber mit dem Begriff ausdrücken will. Ebenso wie das Wechselverhältnis zwischen der ex-ante- und der ex-post-Dimension des Begriffs sind auch die kompetenziell funktionierende und die Zurechnung leistende Verantwortung nicht absolut isoliert voneinander zu betrachten. Eine kompetenzrechtlich zugewiesene Verantwortung führt in der Regel zur sanktionsrechtlichen Zurechnung, wenn sie nicht ordentlich erfüllt wird. Im Umkehrschluss vermag letztere nur dann zu erfolgen, wenn eine Kompetenzzuweisung vorausliegt. Es kann zudem vorkommen, dass beim Begriffs­ einsatz der Schreiber zwischen den drei Verwendungsweisen alterniert, ohne sich dessen aber bewusst zu werden. Bevor sich die Verantwortung jeweils als Kompetenz- und Zurechnungsbegriff erläutern lässt, ist darauf hinzuweisen, dass sie zunächst einen Grundgedanken darstellt, der dem Aufbau des staatlichen Organisations- und Kompetenzgefüges zugrunde liegt. Dies ist die Verantwortungsteilung zwischen den drei jeweils demokratisch gebildeten Ebenen von Gebietskörperschaften. Unter diesem Kontext kann auch die politisch-demokratische Bedeutung der Aufgabenverantwortung erschlossen werden.

B. Die Verantwortungsteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen Die „Verantwortungsteilung“ betrifft ursprünglich das Rollenverhältnis des Staates zu den Privaten bzw. der Gesellschaft im Bereich des Öffentlichen5. Dort wird die staatliche Verantwortung angesprochen, die aufgrund einer bestimmten politischen Ordnungsvorstellung die Staatstätigkeiten je nach der betreffenden Sachkategorie und der Handlungsform in unterschiedliche Modelle unterteilt6. Hintergrund dieser Diskussion ist, dass der Staat trotz seiner Stellung als originärer Träger des Gemeinwesens auch die grundrechtliche Handlungsfreiheit des Privaten im öffentlichen Bereich zu gewähren und demnach Raum für die gesellschaftliche Selbstbestimmung zu lassen hat. Die „Verantwortungsteilung“ hat zwar die Verteilung von Sachmaterien und Handlungsmitteln zur Folge, nimmt darauf aber nicht unmittelbar Bezug. 5  Also

das Gemeinwohl betreffend, siehe Teil 1 A. II. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Reform des allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 11 (43 f.); Schmehl, in: Lange (Hrsg.), Gesamtverantwortung statt Verantwortungsparzellierung, S. 191 (193); Schuppert, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 72 (102 ff.); Trute, in: Hoffmann-Riem /  Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 167 (198 ff.); Hoffmann-Riem, in: Kirchhof (Hrsg.), FS Vogel, S. 47 (52 ff.); Voßkuhle, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung, S. 47 (68 ff.). 6  Siehe



B. Die Verantwortungsteilung47

Im Kern geht es um die Prämisse eines grundsätzlich eingeschränkten Staates, um die Arbeits-, Macht- bzw. Gewichtsverteilung zwischen Staat und Gesellschaft hinsichtlich der Gemeinwohlverwirklichung7. Die von den Autoren vorgestellten Modelle sind mithin als die den aktuellen objektiven sowie subjektiven Rahmenbedingungen gemäßen Konkretisierungen dieses Verhältnisses zu betrachten.

I. Die Verantwortung des Staates Daher kommt die „Verantwortung“ des Staates nicht dessen Aufgabenund Kompetenzkatalog gleich8. Auch ist sie keine bloße heuristische oder rhetorische Aussage, die als Gegenbegriff zu gesellschaftlicher Verantwortung lediglich die amorphe „Staatssphäre“ artikuliert. Es besteht vielmehr im politologischen Sinne ein reales Verantwortungsverhältnis des Staates9 gegenüber seinem Volk10, das aus der Differenz zwischen der im Demokratieprinzip wurzelnden Herrschaftsträgerschaft der Volksgesamtheit und der nur einer Teilmenge von ihr zukommenden Herrschaftsausübung entsteht. Die Akte der Staatsorgane müssen sich auf den Willen des Volkes zurückführen lassen und ihm gegenüber verantwortet werden. In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird das Staat-Volk-Verhältnis in der Regel im Sinne der demokratischen Legitimation ausgebreitet, die sich grundsätzlich aus der institutionell-funktionellen, der organisatorisch-personellen und der sachlich-inhaltlichen Legitimation zusammensetzt11. Dabei 7  Nolte, Staatliche Verantwortung im Bereich Sport, S. 200; Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 12 Rn. 162; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 3. Kap. Rn. 109 f. 8  Es liegen rechtswissenschaftliche Schriften vor, die sich ebendiesem Thema der Verantwortungsteilung im staatlichen oder europäischen Mehrebenensystem stellen, sich aber direkt auf die Aufgaben- bzw. Kompetenzverteilung de constitutione lata beziehen, als ob diese mit der „Verantwortungsteilung“ identisch wäre. Vielmehr versteht sich die Verantwortungsteilung zunächst als ein überpositiver Legitimationsund Organisationsgedanke, der die Aufgaben- und Kompetenzverteilung steuert. 9  Der „Staat“ versteht sich hier nicht im Sinne eines völkerrechtlichen Staatsbegriffs, also einer Kombination von Staatsvolk, -gebiet und -gewalt. Gemeint wird die in der internen Perspektive gegenüber den Bürgern auftretende Herrschaftsorganisation. Siehe Katz, Staatsrecht, § 3 Rn. 49; Schöbener / Knauff, Allgemeine Staatslehre, § 1 Rn. 2 f. 10  Weiß, DVBl. 2002, S. 1167 (1171); Thiele, Finanzaufsicht, S. 244. 11  Grzeszick, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 20 Rn. 121 ff.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 20 (Demokratie) Rn. 109 ff.; Trute, in: Hoffmann-Riem /  Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 6 Rn.  7 ff.

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

stehen die konkretisierten Anforderungen, die eine „legitimierte“ staatliche Entscheidung erfüllen muss, im Mittelpunkt. Mit dem Verantwortungsbegriff wandelt sich die Perspektive: Der Staat sieht sich vom Volk beauftragt, mit der von dem verliehenen Staatsgewalt in dessen Interesse zu handeln, und hat dem gegenüber Rechenschaft abzulegen. Gegenstand dieser Verantwortung ist ein offener Bereich, worin alle Angelegenheiten mit öffentlicher Relevanz fallen, zu deren konkreter Regelung bzw. Erfüllung die staatlichen Akteure zu entscheiden haben. „Verantwortung“ und die damit eng zusammenhängende „Aufsicht“ bzw. „Kontrolle“ sind die typischen Merkmale einer repräsentativen Demokratie der Gegenwart12, in der sich eine geteilte und gegliederte Entscheidungsstruktur findet, mannigfaltige Amtsträger mit mehr oder weniger Freiraum handeln und somit grundsätzlich der Überwachung unterstehen. Sie signalisieren, in welcher Weise sich die demokratische Legitimationsbeziehung praktisch aufrechterhält. Die Verantwortung durchdringt die Gesamtheit der staatlichen Aktivitäten, von der Gestaltung der Hochpolitik bis hin zur Amtsführung der untersten Stufe, soweit dort staatlicherseits verbindliche Entscheidungen zu treffen sind. Dieses System basiert auf der Faustregel, dass es keine Macht ohne Verantwortung, umgekehrt auch keine Verantwortung ohne Macht geben muss. An der Spitze dieses Verantwortungsgefüges steht das Repräsentationsorgan, das neben den selbst zu treffenden wesentlichen Entscheidungen13 auch weitreichende Kontrollrechte14 über die Tätigkeiten der Regierung einschließlich der Verwaltung ausübt und sich schließlich durch unmittelbare Ab- oder Wiederwahl seiner Mitglieder vor dem Volk verantwortet.

II. Das politisch-demokratische Verständnis von Aufgabenverantwortung Da der demokratische Legitimations- und Verantwortungszusammenhang das Fundament der Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit des Staates bildet, lässt sich auch dessen Organisations- und Kompetenzgefüge nicht beliebig gestalten und hat sich darauf auszurichten. Dies gilt umso mehr, als sich im deutschen Bundesstaat eine dreistufige Verantwortungs- und Legitimationsstruktur findet. Neben dem Zentralstaat haben auch die Gliedstaaten so12  Scheuner,

in: Ritterspach / Müller (Hrsg.), FS Müller, S. 379 (384 ff.). die Wesentlichkeitstheorie, siehe BVerfGE 49, 89 (126); 77, 170 (231); 80, 124 (132); 83, 130 (142); 95, 267 (307); 116, 24 (58); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 20 Rn. 69; Degenhart, Staatsrecht I, Rn.  329 ff. 14  Uhle / Müller-Franken, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 65 Rn. 46 f.; Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 6 Rn. 12. 13  So



B. Die Verantwortungsteilung49

wie die kommunalen Körperschaften eigenständige Volksvertretungen, die nach gleichen Wahlrechtsgrundsätzen aus dem jeweiligen Teilvolk zusammengesetzt werden und somit homogene Legitimation15 vermitteln können (Art. 28 Abs. 1 GG). Die Einrichtung subnationaler Legitimationsorgane geht über eine bloße organisatorische Vorkehrung hinaus, womit die demokratische Willensbildung des jeweiligen Bevölkerungsteils ermöglicht und sein spezifisches Kollektivinteresse bei der nationalen Entscheidungsfindung ver­ treten und berücksichtigt werden kann. Vernünftigerweise erhebt sie Anspruch auf eigenständige, nur vor den Landesparlamenten oder Kommunalvertretungen zu verantwortende Entscheidungsmacht über die Angelegenheiten, die in Abgrenzung zu Angelegenheiten von (gesamt-)staatlicher Bedeutung nur für den jeweiligen Bevölkerungsteil von Belang sind. Auch in Angelegenheiten, die gemischte Bezüge aufweisen, muss den Ländern oder Kommunen mindestens eine Mitwirkung- bzw. Mitentscheidungsmöglichkeit zustehen. Es ist mithin kein Zufall, dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht als die eigenverantwortliche Regelung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft definiert. Dies steht in Korrespondenz mit der Instanz der gemeindlichen Volksvertretung16, die den materiellen Selbstverwaltungsgehalt mitzubestimmen vermag. Die dreistufige Legitimations- und Verantwortungsstruktur begründet eine dreistufige Entscheidungsstruktur im Bundesstaat. Zwischen den drei Hoheitsebenen gibt es nicht nur ein Über- bzw. Unterordnungsverhältnis, in dem die unteren Gebietskörperschaften als der „verlängerte Arm“ der oberen Gebietskörperschaften ihr Tätigwerden ständig von Ermächtigung und Anweisung von außen abhängen lassen. Vielmehr steht jeder einzelnen Gebietskörperschaft ein eigener Wirkbereich zu, in dem sie im Interesse ihres (Teil-) Volkes handelt und sich ihm gegenüber verantwortet. Dabei ist sie nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, eigenständig über die „eigenen“ Sachen zu entscheiden. Sie darf also die diesbezügliche Entscheidungsbefugnis nicht einer anderen Gebietskörperschaft übergeben, sonst ginge ihre Verantwortung vor der eigenen Volksvertretung verloren. In diesem Zusammenhang beschreibt die Aufgabenverantwortung vor allem im politisch-demokratischen Sinne eine Situation, in der jede Gebietskörperschaft wegen des ihrer demokratischen Legitimation innewohnenden Gemeinwohlauftrags für das Gebietsvolk Aufgaben zu initiieren, zu gestalten, zu vollziehen und endlich für den Erfüllungserfolg vor ihrer Volkvertretung 15  Zum Homogenitätsgebot siehe Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn.  49 ff.; Schwarz, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 28 Rn. 26 ff.; Starck, in: Härtel (Hrsg.), Handbuch Föderalismus, Bd. I, § 1 Rn. 14 ff. 16  Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Kap. Rn. 88; ähnlich auch bei den Landkreisen, siehe Teil 3 C. III.

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

zu verantworten hat. Diese sind auch die originären „eigenen“ Aufgaben der jeweiligen Gebietskörperschaft. Wenn sie statt eigenhändiger Vollziehung die Aufgaben an ihr unterstehende kleinere Gebietskörperschaften delegiert, handelt es sich grundsätzlich um deren Inanspruchnahme als „Vollzugsagent“. Die Aufgabenverantwortung – also die sachliche Entscheidung und demokratische Rechenschaftslegung – geht damit nicht auf letztere über. Das deutsche Recht hat allerdings eine derartige absolute Aufgabentrennung nicht vorgenommen und ist stattdessen von einer prinzipiellen Verflechtungsstruktur ausgegangen. Damit wird insbesondere die in Deutschland tradierte und fortgeführte Praxis gemeint, dass Länder und Kommunen häufig fremdveranlasste Aufgaben für eigene Rechnung wahrnehmen müssen. Sie werden also nicht als reine Vollzugsstellen herangezogen. Zur Frage der materiellen Aufgabenzugehörigkeit sowie -verantwortung unter diesem Umstand müssen noch weitere Überlegungen angestellt werden. Der politisch-demokratische Kontext bedingt jedoch, dass eine „eigene“ Aufgabe Gemeinwohlbezug zum Gebietsvolk aufweisen und es dabei politischen Gestaltungsspielraum für die Gebietskörperschaft geben muss.

III. Zuordnung der staatlichen Aufgabenverantwortung Wie bereits erwähnt17 kann eine Aufgabenverantwortung die Kompetenz zuweisen oder die Zurechnung leisten. Demnach muss vor allem klargestellt werden, dass es sich bei der staatlichen Aufgabenzuordnung um den ersteren Fall handelt. Es gilt vorsorgend zu bestimmen, wer ungeachtet der komplexen Wirkungszusammenhänge bei der staatlichen Aufgabenwahrnehmung für deren endgültiges Ergebnis einzustehen hat18. Eine anders verstandene Aufgabenverantwortung, die das Einstehenmüssen durch (nachträglichen) Vergleich der Beiträge verschiedener Handelnden zurechnet, ist hier irrelevant. Wird die Aufgabenverantwortung unter dem Kontext der demokratischen Legitimations- und Verantwortungsstruktur behandelt, geht es nicht um die Festlegung des Verantwortungsträgers für eine bestimmte Aufgabe, die etwa durch rechtliche Ausformung bereits Gestalt gewonnen hat. Vielmehr wird der Aufbau einer staatlichen Aufgabenordnung in einem umfassenderen Sinne thematisiert, der die inhaltliche Einteilung und Gestaltung von Aufgaben miteinbezieht, da eine Zuordnung grundsätzlich nur dann erfolgen kann, wenn die Aufgabe hinsichtlich der Zielvorgabe, des Umfangs und / oder der Erfüllungsweise konkretisiert, begrenzt und so zuordnungsfähig gemacht ist. 17  Siehe

Teil 2 A. Aufgabenverantwortung ist dann stets eine Letzt- bzw. Ergebnisverantwortung. Daher scheidet der Gesetzgeber in der Regel als Träger der Aufgabenverantwortung aus. Näheres siehe Teil 3 A. II. 18  Die



B. Die Verantwortungsteilung51

Um einer optimalen Aufgabenwahrnehmung willen wird im Prozess der Aufgabengestaltung nicht selten auch die Zuordnungsfrage mitgedacht. Für den Aufbau dieser Aufgabenordnung durch den Verfassungs- bzw. einfachen Gesetzgeber sind die im Folgenden spezifizierten Inhalte zu beachten. 1. Aufgabenzuordnung nach der spezifischen sachlichen Relevanz Theoretisch müssen die „eigenen“ Aufgaben einer Gebietskörperschaft zunächst solche sein, die eine spezifische sachliche Relevanz19 für die betreffende Gebietskörperschaft20 aufweisen, da das System der Mehr-EbenenDemokratie auf der Grundannahme basiert, dass Divergenzen von Präferenzen sowie Bedürfnissen zwischen Gebietskörperschaften verschiedener Ebenen einerseits und gleicher Ebene verschiedener Regionen andererseits existieren und in gebührendem Maße entgegengenommen werden sollen. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die Bürger von den Gebietskörperschaften verschiedener Ebenen mit unterschiedlicher Flächengröße und Einwohnerzahl Unterschiedliches erwarten dürfen und müssen21. Eine solche Mehr-Ebenen-Struktur der Staatsordnung führt zwangsläufig zur Gliederung der Politikbereiche in dem Sinne, dass jeder Gebietskörperschaft nur diejenigen Konkreta zustehen, die die dort ansässigen Bürger gerade als Mitglieder dieser spezifischen Gebietskörperschaft interessieren. So sind beispielsweise die Angelegenheiten der Staatsangehörigkeit für jeden Bürger von Belang. Er kann nur als Bundesbürger und nicht als Landes- oder Gemeindebürger betroffen sein. Die Angelegenheiten der Staatsangehörigkeit sind also ihrer spezifischen Relevanz für die Nationalebene nach dem Bund zuzuordnen. Ähnlich verhält es sich auch etwa in Bezug auf die Angelegenheiten der Außenpolitik, der Streitkräfte sowie des Währungs- und Geldwesens, die nach den gegenwärtigen allgemeinen Vorstellungen nur für den Nationalstaat 19  Vgl. Schmidt-Jortzig, DÖV 1993, S. 973 (974); Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 107; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 118; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 108; Wessels, Inhalt und Grenzen der Steuerung, S. 14; Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 1, Rn. 63: „Aufgabensubstanz“; Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 127: „Bundes- oder Landesqualität“ der Aufgabe; Schoch, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 11 (32): „materielle Aufgabenqualifizierung“. 20  Zu betonen gilt dabei, dass das Bezugssubjekt nicht das territoriale Segment, sondern das „personale Substrat der Raumeinheit“ ist. Siehe Schrapper, Kommunale Selbstverwaltungsgarantie, S. 90; Eggers, Die Verzonung, S. 135. 21  Vgl. Benz, Politik in Mehrebenensystemen, S. 14 f. Dies ist in der Finanzwissenschaft auch unter dem Allokationsziel zu verstehen, also dem Ziel, die Präferenzen der Bürger durch eine Mehr-Ebenen-Versorgung möglichst präzis zu berücksichtigen. Siehe Peffekoven, in: Nörr / Oppermann (Hrsg.), Subsidiarität, S. 105 (107 f.); Zimmermann, Kommunalfinanzen, S. 13 f.

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

einschlägig sind22. Andere Sachgebiete hingegen weisen häufig weniger deutliche Bezüge zu einer bestimmten Ebene auf23. Vorwiegend im Leistungsbereich, der eng mit der staatlichen Aufgabenerfüllung zusammenhängt, ist regelmäßig schwer erkennbar, ob eine bestimmte Leistung ihrer „Natur“ gemäß von Bund, Ländern oder Kommunen erbracht werden soll. Dabei fällt die Zuordnung relativ leichter, wenn die betreffenden Aufgaben gerade aus gebietlich eigentümlichen räumlich-geographischen, wirtschaftlich-sozialen sowie historisch-kulturellen Bedingungen erwachsen. Für die anderen Aufgaben, die keine offensichtliche gebietsbezogene Heterogenität aufzeigen und grundsätzlich flächendeckend wahrgenommen werden müssen, ist die Einstufung aufwendiger. Zwar führt die Überörtlichkeit bzw. Überregionalität einer Aufgabe nicht unbedingt zu deren Zugehörigkeit zu einer übergeordneten Ebene. Der flächendeckende Bedarf spricht aber bereits gegen die „spezifische sachliche Relevanz“ der Aufgabe für die regionale bzw. lokale Ebene. Im Lichte der gegenwärtig erhobenen Anforderungen nach staatlich, gesamtstaatlich oder sogar europäisch einheitlichen Leistungsniveaus kann diese Relevanz noch weiter abgeschwächt werden. Die historisch angenommene feste Zuordnung zahlreicher Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche zu einer bestimmten und vornehmlich unteren Hoheitsebene wird dann durch das – nicht als gering einzuschätzende – Einmischungsbedürfnis übergeordneter Ebenen ins Wanken gebracht. Von einer eindeutigen Zugehörigkeit kann eigentlich nicht mehr die Rede sein24. Es kommt vielmehr darauf an, wie die verschiedenen Ebenen hinsichtlich einer Sachangelegenheit unter gegenseitiger Berücksichtigung und Koordination ihre politischen Vorhaben tatsächlich ­ 22  Vgl. auch den Sachkatalog der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes gemäß Art. 73 Abs. 1 GG. Die einzelnen Einträge stützen sich entweder darauf, dass sie ihrer Eigenart nach exklusiv dem Bund angehören, oder darauf, dass sie aus praktischen Gründen einheitlich vom Bund wahrgenommen werden müssen. Hervorzuheben ist dabei, dass beide Gründe nicht isoliert voneinander stehen, sondern in der Regel ineinandergreifen. Eine Angelegenheit, die spezifische Bezüge zum Bund hat, kann normalerweise nicht von einer anderen Ebene zweckmäßig wahrgenommen werden. Demgegenüber führt eine zunächst nur aus praktischen Gründen dem Bund zugeordnete Materie – insbesondere nach langzeitiger Praxis – öfters zur Annahme einer spezifischen Bundesrelevanz von ihr. 23  Selbst in mit deutlicher Relevanz zum Bund vorhandenen Materien kann es durchaus Einzelgebiete bzw. -fragen geben, bei denen ein hervortretender Landesoder Kommunalbezug besteht. Ein Beispiel dafür liefert die Errichtung von Militäranlagen im Gemeindegebiet, wobei ein konkreter, örtlich-spezifischer Bezug existiert. Siehe BVerfGE 8, 122 (134); BVerwGE 87, 228 (229 ff.); Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 71 Rn. 42. 24  Ein prominentes Beispiel ist die klassische Kommunalaufgabe der Daseinsvorsorge, die sich durch detaillierte Verrechtlichung weitgehend in eine staatliche Aufgabe umwandelt. Vgl. etwa Wieland, in: ders. (Hrsg.), Kommunalsteuern und -abgaben, S. 159 (160 f.).



B. Die Verantwortungsteilung53

durchgeführt haben25. Dies betrifft die subjektive Dimension der spezifischen sachlichen Relevanz, die anzunehmen ist, wenn die Gebietskörperschaften einer bestimmten Ebene unter Koordination anderer Ebenen die Bestimmungsmacht über eine Angelegenheit erhalten und ausüben. Ohnehin besitzt eine Gebietskörperschaft die Befugnis, durch eigene demokratische Entscheidungen das eigene Interesse zu definieren. Mit der subjektiven Dimension des Kriteriums findet zum einen die Eigenschaft der Gebietskörperschaften als eigenständige politische Einheiten ihren Ausdruck. Zum anderen wird Raum für (vertikale) politische Verhandlungen und Abstimmungen eröffnet. In diesem Sinne versteht sich die spezifische sachliche Relevanz eher als Argumentationsrichtlinie und Abwägungsaspekt denn als streng anzuwendendes „Kriterium“ bei der Aufgabenzuordnung. Trotz der ihr innewohnenden Subjektivität und Instabilität ist sie die grundlegende Ausprägung der Mehr-Ebenen-Demokratie und lässt sich keinesfalls völlig umgehen. Welcher Ebene die betreffende Aufgabe der Sache nach näher liegt, soll in Verknüpfung mit den – insgesamt dynamischen, aber in einem begrenzten Zeitraum relativ stabilen – politischen Wertvorstellungen über die Aufgabe ermittelt und als Argument zur Abwägung gebracht werden26. 2. Aufgabenzuordnung nach dem sachlichen Entscheidungsspielraum Ein anderes Merkmal der Aufgabenzugehörigkeit ist die sachliche Entscheidungsmacht. Da eine „eigene“ Aufgabe unzweifelhaft dem eigenen Interesse dienen muss, ist sie vom „eigenen“ Willen zu entscheiden. Das Demokratieprinzip ist gerade auf die Selbstbestimmung der Betroffenen für das eigene Wohl ausgerichtet. Eine fremde Entscheidung ist qua Grundsatz abzulehnen. In einem Mehr-Ebenen-System kommt es allerdings selten vor, dass eine Gebietskörperschaft – vornehmlich auf einer unteren Ebene – ohne irgendeine Außenbindung in voller Freiheit entscheidet. Ihr obliegt allgemein die Treue zum Gesamtstaat. Insbesondere unterliegt die Entscheidungsfin25  So das Phänomen der Politikverflechtung. Eine Mehr-Ebenen-Governance erfordert Kooperation und Koordination zwischen den Ebenen. Siehe Benz, Politik in Mehrebenensystemen, S. 15 f., 19. Für einen Überblick über das Verflechtungsproblem siehe ders., in: Benz / Detemple / Heinz (Hrsg.), Varianten und Dynamiken, S. 19 (19 ff.). 26  So leugnet zwar das BVerfG hinsichtlich der staatlichen Aufgabenverteilung die tradierte Aufgabenzugehörigkeit zu den Gemeinden als absolutes Kriterium für ihre Beibehaltung. Bei der Abwägung muss dennoch „der geschichtlichen Entwicklung und den verschiedenen historischen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung“ Rechnung getragen werden. Siehe BVerfGE 79, 127 (146); 83, 363 (381); 91, 228 (238); 107, 1 (12); 125, 141 (167); 138, 1 (16 f.); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (38).

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

dung der unteren Ebenen konstant übergeordneten gesetzlichen Einschränkungen, die dem vorbeugen sollen, dass von Gebiet zu Gebiet übermäßige, das übergebietliche Interesse beeinträchtigende Divergenzen entstehen. Dies geschieht auch im Bereich der staatlichen Aufgabenwahrnehmung, in dem Länder und Kommunen sogar direkt zur Wahrnehmung bestimmter „eigener“ Aufgaben verpflichtet werden können. Die von der Verantwortungsträgerschaft verlangte Entscheidungsmacht wird dabei zunächst um das „Ob“ der Aufgabenerfüllung gekürzt. Eine weitere Kürzung liegt vor, wenn darüber hinaus auch Vorgaben hinsichtlich des „Wie“, also der Zielsetzungen, Erfüllungsstandards und -modalitäten, erlassen werden. Die Größe des verbleibenden Entscheidungsspielraums – auch Autonomiegrad27 genannt – signalisiert, in welchem Maße der Aufgabenträger (noch) seine „eigene“ Aufgabe wahrnimmt. Wenn in einem Extremfall eine Aufgabe völlig vom Gesetzgeber oder Weisungsberechtigten durchgestaltet wird, kann der Aufgabenträger sie in der Tat nicht mehr verantworten. Hierbei ist zu unterstreichen, dass der Entscheidungsspielraum nur als Merkmal, nicht als Schlüsselkriterium der Aufgabenzugehörigkeit gilt. Das heißt, die Aufgabenzugehörigkeit besitzt den logischen Vorrang. Während die spezifische sachliche Relevanz für die Gebietskörperschaft die Ursache für die Aufgabenzugehörigkeit bildet, ist das Vorhandensein des Entscheidungsspielraums die Konsequenz der Aufgabenzuordnung. Grundsätzlich darf es keinen Entscheidungsspielraum bei einer Aufgabe geben, wenn sie wegen sachlicher Irrelevanz der betreffenden Gebietskörperschaft gar nicht zugehörig sein kann. Dieser logischen Reihenfolge entsprechend bedeutet die Kürzung des Entscheidungsspielraums normalerweise nicht die Entziehung der Aufgabe, da es hierbei um eine Zuweisung anstatt einer Zurechnung der Aufgabenverantwortung geht. Solange dem herangezogenen Verantwortungsträger noch ein hinreichender Entscheidungsspielraum für die Beeinflussung des Aufgabenwahrnehmungsergebnisses zur Verfügung steht, kann die Aufgabenzugehörigkeit unverändert bleiben. Auf der anderen Seite entfaltet ein Vollentzug von Entscheidungsspielraum eine Indizwirkung dafür, dass die spezifische Relevanz der Aufgabe für die Gebietskörperschaft vollständig verlorengegangen ist. 3. Aufgabenzuordnung nach dem Subsidiaritätsprinzip Da das Kriterium der spezifischen sachlichen Relevanz in der Regel mit subjektiver Bewertung verbunden wird, ist es möglich, dass die verschiede27  Etwa Boettcher, Ursachen kommunaler Haushaltsdefizite, S. 34; Zimmermann, Kommunalfinanzen, S. 106.



B. Die Verantwortungsteilung55

nen Ebenen den Aufgabencharakter unterschiedlich bewerten und darüber in Streit geraten. Außerdem trägt das Kriterium den praktischen Gesichtspunkten, nämlich der tatsächlichen Durchführbarkeit, der Finanzierbarkeit, den möglichen Auswirkungen usw., nicht genügend Rechnung. Ein technischpraktisches Organisationskonzept für den Aufbau der staatlichen Aufgabenordnung bietet das Subsidiaritätsprinzip28, wonach die Tätigkeiten des Staates so organisiert werden sollen, dass alles von den unteren Einheiten entschieden und erledigt werden muss, soweit es von ihnen entschieden und erledigt werden „kann“29. Dieses Können lässt sich allgemein mit der Verantwortungsfähigkeit der betreffenden Einheit für eine Sache umschreiben30. Also muss die Gebietskörperschaft einerseits das tatsächliche Entscheidungs- bzw. Handlungsvermögen – etwa ausreichende Fachkenntnisse, Verwaltungs- und Finanzkraft – besitzen, andererseits für die durch ihre Entscheidung hervorgerufenen Auswirkungen einstehen können. Insbesondere fehlt ihr die Verantwortungsfähigkeit, wenn sich die Auswirkungen auf andere Gebietskörperschaften entfalten und deren Verantwortungswahrnehmung beeinträchtigen. Das Hochlagern einer Aufgabe lässt sich ausschließlich durch Argumente der Praktikabilität begründen, also den Umstand, dass die Dezentralisierung dem von der Aufgabe verfolgten Zweck oder anderen bedeutenden Interessen nicht gerecht wird31. In Betracht kommen vor allem ökonomische Gesichtspunkte32 wie die Theorie des fiskalischen Föderalismus33 und das Prinzip der 28  Das Subsidiaritätsprinzip findet seine Wurzeln in der katholischen Soziallehre und diente ursprünglich dazu, die eigenverantwortliche Daseinsvorsorge der Individuen gegenüber der staatlichen vorzuziehen. Später entwickelte es sich zu einem allgemeinen Ordnungs- und Organisationskonzept. Siehe Peffekoven, in: Nörr / Oppermann (Hrsg.), Subsidiarität, S. 105 (106); Möller, Subsidiaritätsprinzip, S. 91 ff., 102 ff.; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 223 ff.; ders., in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 65 ff. 29  Peffekoven, in: Nörr / Oppermann (Hrsg.), Subsidiarität, S. 105 (107); Zimmermann, Kommunalfinanzen, S. 18; Schumacher, DÖV 2012, S. 176 (176 f.); Isensee, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. IV, § 73 Rn. 67; Möller, Subsidiaritätsprinzip, S. 43. 30  Für die Verknüpfung des Subsidiaritätsprinzips mit Eigenverantwortung siehe Schumacher, DÖV 2012, S. 176 (176 ff.); Möller, Subsidiaritätsprinzip, S. 43. 31  Vgl. Möller, Subsidiaritätsprinzip, S. 44 f.; Scherf, in: Kost / Wehling (Hrsg.), Kommunalpolitik in den deutschen Ländern, S. 367 (368); Bull, DVBl. 2008, S. 1 (4 f.). 32  Peffekoven, in: Nörr / Oppermann (Hrsg.), Subsidiarität, S. 105 (107); Schumacher, DÖV 2012, S. 176 (183 f.); Scherf, in: Kost / Wehling (Hrsg.), Kommunalpolitik in den deutschen Ländern, S. 367 (368 ff.). 33  Blankart, Öffentliche Finanzen, S. 419  ff.; Döring / Otter / Rischkowsky, Kommunale Finanzausstattung, S. 28; Scherf, in: Kost / Wehling (Hrsg.), Kommunalpolitik in den deutschen Ländern, S. 367 (368 ff.).

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

fiskalischen Äquivalenz34. Nach der Theorie des fiskalischen Föderalismus sind die Aufgaben in einem föderalen Staat so zu verteilen, dass die Ziele der Allokation, Distribution und Stabilisierung35 erfüllt werden. Demgegenüber gebietet das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz eine Übereinstimmung der Kreise von Entscheidern, Kostenträgern und Nutznießern staatlicher Leistungen36. Aus ökonomischer Sicht ist sodann der unteren Ebene eine Aufgabe zu entziehen, wenn dabei Dezentralisierungsprobleme – zum Beispiel die externen Effekte, die Kollektivgutprobleme bei der Nutzung gemeinsamer Ressourcen oder Einrichtungen37 sowie die durch Größennachteile bedingte Unwirtschaftlichkeit – in erheblichem Maße eintreten und die eventuellen Zentralisierungsprobleme – etwa die Überlastung der Informationsverarbeitungs- bzw. Konfliktlösungskapazitäten oder die Vernachlässigung der Aufgabenkomplexität38 – deutlich überwiegen39. Der Subsidiaritätsgedanke begünstigt vornehmlich ein Mehr-Ebenen-System, in dem jede Ebene mit eigener demokratischer Legitimation gebildet und eine Dezentralisierung der staatlichen Entscheidungsfindung gewollt ist. Nur eine solche in Bottom-up-Richtung40 gedachte und überwiegend nach objektiven Maßstäben zu erfolgende Aufgabenzuordnung kann der Übermacht der höheren Ebenen gewisse effektive Grenzen setzen und die politische Verantwortung der nachrangigen Gebietskörperschaften möglichst bewahren41. Zwar hat das Grundgesetz in Bezug auf die innerstaatlichen föderalen Beziehungen das Subsidiaritätsprinzip nicht explizit als Rechtsprinzip aufgenommen42. Die Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern 34  Zimmermann, Kommunalfinanzen, S. 19 ff.; Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 117; Döring / Otter / Rischkowsky, Kommunale Finanzausstattung, S. 29; Scherf, in: Kost / Wehling (Hrsg.), Kommunalpolitik in den deutschen Ländern, S. 367 (369 f.). 35  Zur Abgrenzung siehe Musgrave, Finanztheorie, S. 5 ff.; auch Peffekoven, in: Nörr / Oppermann (Hrsg.), Subsidiarität, S. 105 (107 ff.); Zimmermann, Kommunal­ finanzen, S.  10 ff., 38 ff. 36  Zimmermann, Kommunalfinanzen, S. 20  f.; Schmehl, Das Äquivalenzprinzip, S.  18 f.; Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, S. 33 ff.: Mit der Einfügung des „Entscheiders“ ist das Äquivalenzprinzip in einer politischen Hinsicht realisiert. 37  Benz, in: Benz / Detemple / Heinz (Hrsg.), Varianten und Dynamiken, S. 19 (22); ders., Politik in Mehrebenensystemen, S. 29. 38  Benz, in: Benz / Detemple / Heinz (Hrsg.), Varianten und Dynamiken, S. 19 (22); ders., Politik in Mehrebenensystemen, S. 29. 39  Darlegung der Kriterien für die Aufgabenzuordnung aus finanzwissenschaft­ licher Sicht siehe Zimmermann, Kommunalfinanzen, S. 61 ff.; andere Ansätze siehe Schumacher, DÖV 2012, S. 176 (183 f.). 40  Möller, Subsidiaritätsprinzip, S. 42; Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S. 225. 41  Zimmermann, Kommunalfinanzen, S. 62; Möller, Subsidiaritätsprinzip, S. 104 ff. 42  Das Subsidiaritätsprinzip wird zwar nur in Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG ausdrücklich für den Bereich der Europäischen Integration verankert, ist selbst aber ein Resultat



B. Die Verantwortungsteilung57

(Art. 70 ff. GG) sowie die Regelung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG) stellen sich aber als Ausprägung von letzterem dar43. Beachtenswert ist ferner, dass das Prinzip in beiden Fällen in unterschiedlicher Weise und mit unterschiedlicher Intensität angewandt wird44. Während jeder Aufgabenentzug45 der Gemeinden materiell gerichtlich überprüfbar ist, scheint das Grundgesetz hinsichtlich der Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern außer einem grob erfassten Sachkatalog für Gesetzgebung in weitem Umfang darauf zu vertrauen, dass die Länder durch ihre Mitwirkung bei der Bundesgesetzgebung ihre eigenen Aufgabenbereiche in gebührendem Maße bewahren können46. Die Orientierung am Subsidiaritätsprinzip steht auch dem materiellen Zuordnungskriterium der spezifischen sachlichen Relevanz nicht entgegen. Vielmehr gilt letzteres zunächst als eine Voraussetzung mit Rahmencharakter. Die Zuordnung nach dem Subsidiaritätsprinzip kann nur unter den Ebenen geschehen, wofür eine nennenswerte sachliche Relevanz der Aufgabe besteht. Auf der anderen Seite kann die nach dem Subsidiaritätsprinzip ermittelte Aufgabenzugehörigkeit auch modifiziert werden, wenn die Aufgabe der Sache nach eine bestimmte Ebene deutlicher als die anderen interessiert, die aber nicht die niedrigste Ebene für die funktionsfähige Aufgabenansiedlung ist. Im Endergebnis sind also bei der Aufgabenzuordnung die mit politischen Wertvorstellungen zusammenhängenden Sach- und die unter dem Subsidiaritätsprinzip subsumierten praktischen Bezüge gleichermaßen anzuführen, zu gewichten47 und gegeneinander abzuwägen. Letztlich kommt es darauf an, welche Ebene welche Aufgaben unter Berücksichtigung aller berechtigten Belange am zufriedenstellendsten bewältigen kann48.

deutschen föderalen Verfassungsverständnisses. Siehe Isensee, Subsidiaritätsprinzip, S.  35 ff.; Niebier, ThürVBl. 1992, S. 104 (104); Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 52. 43  Peffekoven, in: Nörr / Oppermann (Hrsg.), Subsidiarität, S. 105 (109); Möller, Subsidiaritätsprinzip, S.  104 f.; Bull, DVBl. 2008, S. 1 (4 f.). 44  Siehe Teil 3 D. 45  Gemeint wird nicht nur der formelle, sondern auch der materielle Aufgabenentzug, also Eingriff in die eigenverantwortliche Regelung. Siehe Teil 3 C. I. 3. 46  Näheres siehe Teil 3 A. 47  So etwa legt das BVerfG hohen Wert auf das politische Interesse der Gemeinden. Ein Aufgabenentzug aus wirtschaftlichen Gründen ist nur bei übergroßer Unwirtschaftlichkeit zulässig. Siehe Teil 3 C. I. 3. 48  Bull, DVBl. 2008, S. 1 (10); vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 1130; Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 158.

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

C. Verantwortung im konkreten Rechtskontext Nachdem aus der Makrosicht der Zusammenhang des Verantwortungsgedankens mit der staatlichen Organisation und Kompetenzverteilung verdeutlicht wurde, ist nunmehr auf die Verwendung des Verantwortungsbegriffs in konkreten Rechtskontexten einzugehen. Im Folgenden wird zunächst die Kompetenz begründende und die Zurechnung leistende Verantwortung als Ausprägung der Verantwortung für eine bestimmte Aufgabe erörtert. Dies wird durch eine Erläuterung des Begriffs der Finanzierungsverantwortung ergänzt.

I. Verantwortung als Kompetenzbegriff Zuerst fällt der rechtstextliche Einsatz der als Kompetenzbegriff zu verstehenden „Verantwortung“, die mit der „Zuständigkeit“ konkurriert, ins Auge. Die Zuweisung von Verantwortung beschränkt sich nicht auf derartige Regelungen, dass jemand für etwas „die Verantwortung trägt“ oder „verantwortlich ist“. Auch die Formulierung, dass jemand etwas „eigenverantwortlich“ oder „in Eigenverantwortung“ wahrzunehmen hat, zählt hierzu. Die letztere Variante des Begriffseinsatzes, die sich nur auf die Wahrnehmungsmodalität bezieht, prägt in gleicher Weise den Inhalt und die Qualität der Kompetenzvorschrift. Bevor die Funktion des Verantwortungsbegriffs in diesen Vorschriften beleuchtet wird, ist zunächst der traditionelle Kompetenzbegriff der Zuständigkeit zu verdeutlichen. 1. Der Begriff „Zuständigkeit“ Im weitesten Sinne bedeutet Zuständigkeit die „in der Regel ausschließ­ liche Bezogenheit eines Gegenstandes auf ein Subjekt“49. Üblicherweise detaillieren Autoren den Begriff auch aus funktioneller Sicht. Er wird so mehr oder weniger in Verknüpfung mit dem Verwendungskontext ausgefüllt, und zwar generell hinsichtlich dreier Faktoren: des bezogenen Gegenstandes, des angerufenen Subjektes sowie des „Inhaltes“ der Bezogenheit. Im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht dient die Zuständigkeit der Zuweisung von Aufgaben an die verschiedenen staatlichen Stellen50, die die ihnen jeweils zugeteilten Aufgaben in gewissen Weisen und Formen wahrzunehmen haben. 49  Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, S. 14; siehe auch Eggers, Die Verzonung, S. 52; Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 32; Stober / Kluth: Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 5. 50  Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 222; Fügemann, Zuständigkeit als organisationsrechtliche Kategorie, S. 19; Eggers, Die Verzonung, S. 52.



C. Verantwortung im konkreten Rechtskontext59

Über die formelle Verknüpfung zwischen Aufgaben und Aufgabenträger hinaus wird der Zuständigkeit eine normative Wirkung beigemessen51. Neben der bloßen „Aufgabenträgerschaft“ muss der jeweilige Zuständige auch tatsächlich über mindestens eine Möglichkeit zur rechtmäßigen Aufgabenwahrnehmung verfügen52. Außerdem lassen sich an einer Zuständigkeitsbestimmung unter Umständen weitere Inhalte ablesen, die nach dem jeweiligen Einzelfall zu ermitteln sind. Beispielsweise werden die Staatsfunktionen Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung auch als „Zuständigkeit“ erfasst. Dabei werden dem jeweiligen Funktionsträger Aufgaben im Sinne von Sachgebieten implizit zugeteilt, jedoch mit einer zusätzlichen Bestimmung der Funktionsmodalität. Er muss die Aufgaben in der ihm vorbestimmten Weise wahrnehmen53. Des Weiteren gibt es noch Typologien wie die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Zuständigkeit, die ausschließliche und konkurrierende Zuständigkeit, die Zuständigkeit nach innen und nach außen, die obligatorische und fakultative Zuständigkeit etc. Für diese Arbeit von besonderer Relevanz ist im Vergleich zur Zuständigkeit mit (nur) objektivrechtlicher Wirkung – was der Regelfall ist – die Zuständigkeit mit subjektiver Rechtsposition, wie es beim kommunalen Selbstverwaltungsrecht geschieht. Schließlich ist die Differenzierung zwischen Sach- und Wahrnehmungszuständigkeit zu beachten, die vor allem vom BVerfG zur Erläuterung der Zuständigkeit des Bundes und der Länder bei der Bundesauftragsverwaltung vorgesehen ist54. Während mit Sachzuständigkeit die Zuständigkeit für sachliche Gestaltung und Entscheidung gemeint wird, handelt es sich bei Wahrnehmungszuständigkeit lediglich um die Zuständigkeit der Aufgabenvollziehung nach außen55. Eine derartig asymmetrische Verteilung von Vollzugspflichten und diesbezüglicher Entscheidungsmacht ist auch übliche Praxis im Verwaltungsrecht, wenn die zentrale Verwaltung ihre Aufgaben an untergeordnete Behörden delegiert oder den Privaten bzw. anderen Organisationen anvertraut. 51  Siehe Böckenförde, Die Organisationsgewalt, S. 47: Befugnisse und Verbindlichkeiten; Wolff / Bachof, Verwaltungsrecht II, S. 15; Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 223: Verpflichtung und Berechtigung; vgl. Jestaedt, in: Hoffmann-Riem /  Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 14 Rn. 42. 52  Klement, Verantwortung, S. 267. 53  Doch sind Gesetzgebungs- und Rechtsprechungsorgane selten als „Aufgabenträger“ angesprochen. Die Bezeichnung scheint häufig dem Verwaltungsträger vorbehalten. 54  BVerfGE 81, 310 (332); 104, 249 (264). 55  BVerfGE 81, 310 (332); 104, 249 (264); Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 85 Rn. 62 ff.; Fügemann, Zuständigkeit als organisationsrechtliche Kategorie, S. 98; Stober / Kluth: Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 7 f.; Eggers, Die Verzonung, S. 43 f. unter dem Terminus Sach- und Wahrnehmungsaufgabe.

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

Demnach ist zu bestätigen, dass sich zwar die Zuständigkeit auf eine Aufgabe und die zugewiesenen bzw. zugelassenen Handlungsmittel bezieht, die einzige festliegende Komponente des Begriffs aber bei der formellen Verknüpfung einer Aufgabe mit dem Aufgabenträger bleibt. Die Ausführungen, die die Aufgabe bzw. Handlungsmittel als Bestandteil der allgemeinen Zuständigkeit betrachten56 oder die Handlungsmittel in bestimmter Weise qualifizieren57, entsprechen der Rechtsrealität nicht. Auf der anderen Seite gibt es durchaus Situationen, die mit einer derartig „einfachen“ Zuständigkeit nicht vollständig erklärt werden können. Es bestehen also – nicht zuletzt um einer eindeutigeren und effizienteren Terminologie willen – Potentiale, um zu differenzieren oder „spezielle“ Zuständigkeiten58 zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund kommt der Begriff einer Verantwortung, die gleichfalls die Funktion der Aufgabenzuweisung erfüllen kann, auch als eine solche „spe­ zielle“ Zuständigkeit in Betracht. 2. Die kompetenzielle Verantwortung Nach der an früherer Stelle59 ausgeführten Analyse des Verantwortungsbegriffs zeigt sich, dass sein Bedeutungskern in der „antwortenden“ Struktur besteht. Er ist teleologisch aufgebaut. Sein Telos ist allerdings nicht unbedingt auf einen nach sachlichen Merkmalen zu definierenden Zustand gerichtet, sondern vor allem darauf, dass das Verhalten des Verantwortungsträgers den Vorstellungen und Erwartungen eines anderen entspricht oder zumindest nicht widerspricht. Verantwortung steht daher in engem Zusammenhang mit der staatlichen Zuständigkeitsordnung, die neben den sachlichen Tätigkeitsfeldern auch die dazu erforderlichen Machtmittel verteilt, da es dabei gerade um die Ausübung der vom Volk anvertrauten und vor dem zu verantwortenden Staatsmacht geht.

56  Böckenförde, Die Organisationsgewalt, S. 47; Rasch, Die staatliche Verwaltungsorganisation, S. 27. 57  Rasch, Die staatliche Verwaltungsorganisation, S. 27: Befugnisse sind stets pflichtig; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 209: Kompetenz als „Machtpositionen“; Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 43: Zuständigkeit als „Handlungsmacht“. 58  Rechtswissenschaftliche Versuche, die kompetenzrechtlichen Begriffe wie „Aufgabe“, „Zuständigkeit“, „Kompetenz“ und „Befugnis“ in ihren Bedeutungen bzw. Anwendungskonstellationen zu differenzieren, wurden längst unternommen, um eine einheitliche, klare und effiziente Terminologie zu etablieren. Tatsächlich ist jedoch nach wie vor ein uneinheitlicher Sprachgebrauch zu dokumentieren. Für die Differenzierung siehe etwa Eggers, Die Verzonung, S. 37 ff.; vgl. auch Stober / Kluth: Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 6 ff. 59  Siehe Teil 1 B. II.



C. Verantwortung im konkreten Rechtskontext61

Dass die Verantwortung mit sachlicher Entscheidungsgewalt verbunden ist, wird auch durch bestehende Kompetenznormen belegt. Beispiele dafür sind die politische Verantwortung des Bundeskanzlers und der Bundesminister nach Art. 65 GG sowie die gemeindliche Eigenverantwortung für alle örtlichen Angelegenheiten nach Art. 28 Abs. 2 GG. Einfachgesetzlich gibt es etwa die „Gesamtverantwortung“ der Träger der öffentlichen Jugendhilfe für sämtliche Aufgaben in diesem Bereich nach Art. 79 Abs. 1 SGB VIII. Es liegt somit nahe, dass der Begriff „Verantwortung“ auch im konkreten kompetenzrechtlichen Kontext eher den Entscheidungsakt als den Ausführungsakt indiziert. Im Vergleich zur allgemeinen Zuständigkeit kann festgehalten werden, dass die Verantwortung nur diejenigen trifft, die die jeweilige Aufgabe zu kreieren und formen beauftragt sind. Grundsätzlich irrelevant ist, wer die Aufgabe konkret durchzuführen hat. In Betracht kommt demzufolge in der staatlichen Funktionsordnung in erster Linie der Gesetzgeber, dessen Verantwortung sich aber regelmäßig auf die abstrakt-generelle Normierung der Aufgaben beschränkt60. Wenn der Verwaltungsträger betroffen ist, darf Verantwortung als Kompetenzbegriff nur dort eingesetzt werden, wo es um eine überkomplexe Aufgabe geht und eine detaillierte Reglementierung durch den Gesetzgeber unmöglich oder unzweckmäßig ist61. Der angerufene Aufgabenträger verfügt dann über einen weitreichenden Spielraum, der neben der Gestaltung von Organisation und Verfahren sowie der Auswahl von Handlungsalternativen zuweilen auch das selbständige Setzen von Zielen und Unterzielen einschließt. Mit der Verantwortungszuweisung wird das Programmieren der Aufgabenerfüllung mindestens zum Teil vom Gesetzgeber auf den Verwaltungsträger verlagert. So hat der Träger der „Gesamtverantwortung“ für die öffentliche Jugendhilfe die Aufgabenerfüllung (weiter) zu planen (Art. 79 Abs. 1 SGB VIII), was unter anderem die Bereitstellung von Einrichtungen und Personal (Art. 79 Abs. 2 SGB VIII), die Aufstellung von Standards (Art. 79a SGB VIII) sowie die Förderung freier Träger (Art. 4 Abs. 3 SGB VIII) umfasst. Insbesondere muss er sich nicht unbedingt mit der konkreten Durchführung befassen und vermag die Durchführung gewisser Aufgaben den freien Trägern zu überlassen (Art. 3 Abs. 3 SGB VIII). Ihm obliegt nur, dass die gesamte Aufgabenerfüllung in genügendem Maße unter seiner Kontrolle steht und er somit das „Endprodukt“ der Aufgabenerfüllung verantworten kann. Es wird mithin deutlich, dass der Wesenszug der kompetenziellen Verantwortung im Unterschied zur Zuständigkeit ein materieller ist62. Die Verknüp60  Siehe

Teil 3 A. II. die Subsidiarität des Begriffs gegenüber „Zuständigkeit“ spricht das Gebot der Rechtsklarheit. 62  Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 75. 61  Für

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

fung zwischen Aufgabe und Aufgabenträger wird dergestalt materialisiert, dass die dem Aufgabenträger zur Verfügung stehenden Machtmittel solche einschließen müssen, die ihm hinreichende Entscheidungs- und Steuerungskraft über die Aufgabenwahrnehmung gewähren können63. Infolge der Eigenschaft des Begriffs sowie seines Zusammenhangs mit der demokratischen Staatsordnung kann die kompetenzielle Verantwortung über die materielle Aufgabengestaltung und -erfüllung hinaus auch Vorschriften der sekundären Ebene wie die der Aufsicht, Haftung und Sanktion einbeziehen. Ihr kommt also ein übergreifender, das gesamte Aufgabenprogramm repräsentierender Charakter zu. Außerhalb der expliziten rechtsnormativen Zuweisung einer „Verantwortung“ gibt es – vornehmlich im Verfassungsrecht – noch eine Form der impliziten Zuweisung, die trotz der Nichtenthaltung des Verantwortungsbegriffs zum gleichen Ergebnis kommt. Dies sind die rechtlichen Bestimmungen der „eigenen“64 Aufgaben oder Angelegenheiten einer staatlichen Organisation. Die materielle Aufgabenzuordnung begründet ebenso die kompetenzielle Verantwortungsträgerschaft, die dann eine entsprechende Ressourcenausstattung verlangt.

II. Verantwortung als Zurechnungsbegriff Abgesehen von den Fällen, in denen die Verantwortung der Kompetenzzuweisung dient, wird der Verantwortungsbegriff auch dann herangezogen, wenn darüber zu befinden ist, wer unter mehreren Handelnden für eine Handlungsfolge Rechenschaft zu geben und einzustehen hat. Ausgangspunkt ist eine tatsächliche Lage oder ein rechtlicher Tatbestand. Die im Straf- und Zivilrecht üblich auftretende zurechnungsbedürftige Situation gibt es ebenfalls im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht, wenn die kompetenzmäßige Geschäftsführung einer staatlichen Organisation durch Handlungen anderer Organisationen beeinträchtigt wird. Darüber hinaus besteht aus rechtsstaatlichen und demokratischen Gründen die Notwendigkeit, sich im Fall eines ordentlichen Zusammenwirkens mehrerer staatlicher Akteure darüber im Klaren zu sein, welcher Handlungsbeitrag dem jeweiligen Akteur zuzuschrei-

63  Vgl. etwa Eggers, Die Verzonung, S. 120 bezüglich der „Eigenverantwortlichkeit“ der Kommunen. 64  Zu differenzieren ist dabei noch die Verwendung des Begriffs im materiellen Sinne von einer bloß technischen Bezeichnung, die als Anknüpfungspunkt für das Heranziehen anderer Normen gilt. Vgl. dazu Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 49. Ob den in Art. 84 GG normierten „eigenen Angelegenheiten“ der Länder tatsächlich nur ein technischer Sinn zukommt, ist an späterer Stelle zu behandeln.



C. Verantwortung im konkreten Rechtskontext63

ben ist65. Als Zurechnungsmaßstab herrscht auch allgemein das Verursacherprinzip, das auf diejenigen verweist, die aus eigener Entscheidung gehandelt haben und ihr jeweiliger Handlungsbeitrag als eine rechtlich erhebliche Ursache für das eingetretene Resultat anzusehen ist66. Die in verschiedenen Rechtsgebieten entwickelten Kausalitätstheorien67 können dabei kontextbezogen Geltung beanspruchen. Die Verwendung des Verantwortungsbegriffs in diesem Zusammenhang ist juristische Konvention. Ihm lässt sich – anders als bei der kompetenziellen Verantwortung – jedoch kein normativer Gehalt entnehmen, auch wenn es um einen konkreten Sachverhalt geht. Die daran geknüpften Einstands-, Haftungs- bzw. Sanktionspflichten haben Eingriffscharakter und bedürfen in der Regel einer bestimmten Rechtsgrundlage, die den Umfang sowie die Art und Weise der Pflichten klar festlegen muss. „Verantwortung“ kann die sekundären Rechtspflichten repräsentieren, aus ihr selbst lassen sich solche Pflichten aber nicht ableiten. Sie funktioniert hierbei als ein heuristischer Begriff mit Verweis auf andere Handlungsvorschriften. So impliziert die „Verantwortlichkeit“ des Staates bei Amtspflichtverletzungen nach Art. 34 GG nur sein „Einstehenmüssen“68. Die Art und Höhe der Einstandspflicht muss noch einfachgesetzlich näher bestimmt werden.

III. Die Finanzierungsverantwortung Im Vergleich zur „Aufgabenverantwortung“ ist die Bedeutung der „Finanzierungsverantwortung“ mit geringerem Aufwand zu ermitteln. Wenn Verantwortung mit dem Verb „finanzieren“ verbunden ist, wird auf die „Verantwortung zu finanzieren“ verwiesen. Ähnliche Begriffsbildungen finden sich mit der Gewährleistungsverantwortung, der Regelungsverantwortung, der Erfüllungsverantwortung und vielen mehr. Aus funktioneller Sicht wird „Verantwortung“ in derartigen Wortbildungen formalisiert. Sie weist zunächst lediglich darauf hin, dass jemand zu der betreffenden Handlung bzw. dem Handlungsprogramm verpflichtet ist. Bei Finanzierungsverant-

65  Vgl. etwa Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 32; Röhl, DVBl. 2006, S. 1070 (1070) in Bezug auf die europäische Mehr-Ebenen-Verwaltung. 66  Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 222. 67  Unter anderem die Äquivalenztheorie, die Adäquanztheorie sowie die Theorie der unmittelbaren Verursachung, siehe Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 222 ff. 68  Pieper, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 34 Rn. 31; Detterbeck, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 34 Rn. 75; Danwitz, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 34 Rn. 43; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 34 Rn. 58.

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

wortung wird so der Akzent auf das Verständnis des Begriffs „finanzieren“ gelegt69. Es ist aber darauf aufmerksam zu machen, dass der Begriff „Finanzierungsverantwortung“ und auch die vergleichbar strukturierten „Verantwortungen“ regelmäßig in einem charakteristischen Kontext auftauchen, nämlich dem Referenzgebiet der Verantwortungsteilung70. Dies betrifft aufgrund eines Arbeitsteilungskonzeptes allgemein die Machtverteilung – adäquater umschrieben als Verteilung der Entscheidungs- und Handlungsbefugnisse – unter mehreren Einheiten einer Organisation, um die Zwecke der Organisation zu erfüllen71. Eine Verantwortungsteilung erfolgt nach den sachlichen Aufgabengebieten und / oder den Funktionstypen. Im letzteren Fall handelt es sich darum, in welcher Art und Weise die jeweilige Einheit zur Aufgaben­ erfüllung beizutragen hat. Unter diesem Umstand lässt sich die „Finanzierungsverantwortung“ im umfassenden Sinne als die organisatorische Rollenpflicht des Finanziers begreifen, die sachliche Aufgabenerledigung finanziell zu besorgen, nämlich Mittel zu beschaffen, zu verteilen und zu veraus­gaben72. Aus diesem weiten Verständnis folgt, dass die Finanzierungsverantwortung eine Reihe von Schritten erfasst und damit auch mehrdeutig sein kann. Mit Bezugnahme auf die finanzverfassungsrechtlichen Diskussionen stellt Kirchhof auf das Ausgabeverhalten ab und differenziert die Finanzierungsverantwortung in drei Fallgruppen73: erstens in Finanzierungszuständigkeit, wobei die Frage beantwortet wird, wer nach außen, aus Sicht eines Dritten die Finanzmittel verausgabt; zweitens in Finanzierungslast, also dahingehend, wer aus seinem Haushalt die Kosten letztlich trägt; und schließlich in Finanztransfer, nämlich die Frage nach der Verschiebung von Finanzmitteln im Binnenbereich des Staates. Von zentraler Bedeutung ist unter den genannten die zweite Fragestellung, die entscheidungs- und verantwortungserheblich ist. Demnach wird hier die Finanzierungsverantwortung in einem engeren Sinne als die Kostentragungspflicht der Aufgabenerledigung verstanden, die auch „Ausgabenverantwortung“ genannt werden kann. Gefragt wird nach der Herkunft der Finanzmittel und dem Grund, wieso der jeweilige Pflichtige die Lasten tragen muss.

69  Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 14; Röhl, Die Verwaltung 32 (1999) Beiheft 2, S. 33 (37 Fn. 19). 70  Siehe Nachweise in Fn. 6. 71  Siehe Teil 2 B. bezüglich der Herrschaftsorganisation des Staates. 72  Vgl. Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 1; Arnim, in: Isensee /  Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 10. 73  Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 14; Röhl, Die Verwaltung 32 (1999) Beiheft 2, S. 33 (37 Fn. 19); Schoch / Wieland, Aufgabenzuständigkeit, S. 221.



D. Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung65

Hierbei ist allerdings anzumerken, dass auch die Tätigkeiten der Vereinnahmung zu den Akten des „Finanzierens“ gehören. Im eigentlichen Sinne bilden das Einnahme- und das Ausgabeverhalten eine Verhaltenseinheit, die sich keinesfalls einseitig begreifen lässt. Beide Seiten des „Finanzierens“ müssen miteinander korrespondieren – nicht nur hinsichtlich der Höhe der Geldmittel, sondern auch hinsichtlich der Qualität des Verhaltens. Wenn also eine Organisation die Pflicht zur Lastentragung trifft, muss ihr auch das Recht zur Einnahmeerzielung zustehen74 – entweder durch selbständige Erhebung oder einen Rechtsanspruch auf ausreichende Mittelzuweisung. In der folgenden Untersuchung wird der Begriff „Finanzierungsverantwortung“ überwiegend im Sinne von Lastentragungspflicht benutzt, allerdings immer unter der Prämisse einer quantitativ und qualitativ gewährleisteten Einnahmeerzielung.

D. Das Verhältnis zwischen Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung In den finanzverfassungsrechtlichen Diskussionen ist die „Aufgabenverantwortung“ bereits zu einem gefestigten Ausdruck geworden. Hintergrund hierfür sind die Auseinandersetzungen über eine gerechte Lastenverteilung zwischen den verschiedenen Gebietskörperschaftsebenen eines föderal organisierten Staates. Als Leitlinie kommen der Konnexitätsgrundsatz und das Verursacherprinzip in Betracht.

I. Grundsatz der Konnexität von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung 1. Begriffserklärung Zunächst muss klargestellt werden, dass das „Konnexitätsprinzip“ im staatlichen Finanzrecht nicht einheitlich verwendet wird75. Dies zeigt bereits die inhaltliche Unterschiedlichkeit des sog. bundes- und des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips. Während ersteres als die Verknüpfung zwischen Ausgaben- und Aufgabenverantwortung betrachtet wird, koppelt 74  Also die Ertragskompetenzen. Wenn der Organisation nicht die Lastentragung, sondern nur die Ausgabenzuständigkeit nach außen oder der Finanztransfer obliegt, verringert sich die Qualität des Einnahmeverhaltens auf die Kompetenzen der Finanzverwaltung. Zu den Finanzkompetenzen siehe etwa Gröpl, DVBl. 2006, S. 1079 (1080). 75  Vgl. Worms, DÖV 2008, S. 353 (354); Oebbecke, Der Gemeindehaushalt 2014, S. 193 (193): „juristisch recht unspezifische Formulierung“.

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

letzteres die Ausgabenverantwortung an die aufgabenbezogene Ausgabenverursachung76. Das Konnexitätsprinzip kann also zunächst als bloßer Ausdruck einer beliebigen Verknüpfung zwischen Ausgaben und Aufgaben angesehen werden77. Es bestimmt die „äußere Deckungsgleichheit beider Größen“78, wozu eine innere Rechtfertigung besteht79, jedoch nicht inhaltlich festgelegt ist80. In diesem Zusammenhang ist das Konnexitätsprinzip in einem formellen Sinne, der für die konkrete Verhandlung keinen Wert hat, zu verstehen. Es stellt sich als ein ausfüllungsbedürftiges Prinzip dar und kann nur dann zur Anwendung gelangen, wenn die inhaltliche Rechtfertigung für die Verknüpfung offengelegt wird. Tatsächlich nützlich ist also ein Prinzip, aus dem sich materielle normative Inhalte ableiten lassen. Um die Verwechselung mit den zwei positivverfassungsrechtlich verankerten „Konnexitätsprinzipien“ zu vermeiden, wird im Folgenden für das materielle Konnexitätsprinzip der Ausdruck „Konnexitätsgrundsatz“ gebraucht. 2. Der materielle Konnexitätsgrundsatz Ausgegangen wird vom Grundsatz der Konnexität von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung81, der zunächst als eine allgemein anerkannte Regel unabhängig von der positivrechtlichen Gestaltung Geltung beansprucht. In zahlreichen Abhandlungen lässt sich dieser Zusammenhang jedoch schwer erkennen. Die Autoren scheinen den Begriff „Aufgabenverantwortung“ in verschiedenen Sinnebenen verwendet und ihn geläufig auch der verfassungsrechtlichen Aufgaben- und Kompetenzverteilung oder sogar direkt der Ge76  Etwa

MVVerfG, KommJur 2010, S. 292 (294). bedeutet der Begriff „Konnexität“ allgemein die „Verbindung“, „Verknüpfung“ und „Beziehung“. Siehe Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 1; ders., Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 145; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 7 Fn. 35. 78  Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 15; siehe auch Mückl, in: Henneke /  Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 1 f. 79  Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 60: Konnexität bedeutet, dass „zwei Gegenstände in einem besonderen Zusammenhang stehen, sodass ihre Verknüpfung gerechtfertigt ist“. 80  Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 15; Mückl, in: Henneke / Pünder /  Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 1; ders., DÖV 1999, S. 841 (843); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 102. 81  Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 23; Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 10. Vollständiger ist mit dieser Bezeichnung die Kongruenz zwischen Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung gemeint. Rein theoretisch gesehen ist eine isolierte Konnexität zwischen Aufgaben- und Ausgabenverantwortung ohne Berücksichtigung der Einnahmenverantwortung unzutreffend, da es ohne letztere überhaupt an Verantwortungs­ fähigkeit fehlt. 77  Etymologisch



D. Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung67

setzgebungs- bzw. Verwaltungszuständigkeit gleichgesetzt zu haben82. Infolge der Vielschichtigkeit und Offenheit des Verantwortungsbegriffs83 ist diese Vorgehensweise bedenklich84. Damit wird der genaue Inhalt der betreffenden Texte – aus Sicht des Lesers – verwischt. In der Tat ist der Ausdruck „Aufgabenverantwortung“ in erster Linie in seinem eigentlichen Sinne, also als die Verantwortung für eine Aufgabe, zu verstehen. Der Konnexitätsgrundsatz lässt sich daher je nach der Erfassung der Aufgabenverantwortung aus der ex-ante- oder ex-post-Sicht in zwei Richtungen begreifen. Hinsichtlich der ex-ante-Aufgabenverantwortung85 wird darauf abgestellt, dass der dem Verantwortungsträger zur Verfügung stehenden genügend Entscheidungsmacht auch finanziell entsprochen werden muss86. Dies basiert auf der Erkenntnis, dass der Verantwortungsträger durch seine Aufgabengestaltung die Ausgabenhöhe (mit-)bestimmt. Damit gebietet sich die Zusammenführung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung bereits aufgrund der wirtschaftlichen Rationalität87, also des Anreizes zur wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung. Demgegenüber kommt es bei der ex-post-Aufgabenverantwortung88 darauf an, dass ein staatlicher Akteur durch seine Entscheidung bei der Aufgabenerfüllung (Mehr-)Ausgaben verursacht und sich um deren Deckung zu bemühen hat.

82  Etwa Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1141 f.); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 26. 83  Siehe Teil 1 B. 84  Insbesondere ist darauf aufmerksam zu machen, dass der Verwendung des Verantwortungsbegriffs in dogmatischen Sätzen üblicherweise eine Gefahr der Missverständnisse und Verwirrung anhaftet. Der Grund hierfür besteht darin, dass der Begriff eher zu abstrahieren als zu konkretisieren vermag. Die Interpretation einer Rechtsnorm – die in sich keine „Verantwortung“ enthält – als Verantwortungssatz kann deren anwendungsbedingtes Verständnis sogar erschweren, wenn man dann – fälschlicherweise – aus dem Verantwortungssatz etwas schließen will. Dies geschah in der Osho- und der Glykol-Entscheidung des BVerfG, wobei das Gericht aus der „gesamtstaatlichen Verantwortung“ der Bundesregierung die Ermächtigung zum Informa­ tionshandeln mit (mittelbarem) Eingriffscharakter ableitete. Siehe BVerfGE 105, 252 (270 ff.); 105, 279 (306 f.). 85  Vgl. Verantwortung als Kompetenzbegriff (Teil 2 C. I.). 86  Arnim, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 11: „Entscheidungsverantwortung und Finanzierungslast [müssen] […] grundsätzlich in einer Hand liegen“; Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 39; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 234; Höfling, Rechtsfragen zur Umsetzung der Inklusion, S. 51; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 7 f. 87  Vgl. Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 238; Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 30; Grote, JZ 1996, S. 832 (832): Anreiz für kostenbewusstes Verhalten; für eine ökonomische Analyse des Konnexitätsprinzips siehe Döring, WiSt 2004, S.  609 (610 ff.). 88  Vgl. Verantwortung als Zurechnungsbegriff (Teil 2 C. II).

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

Es wird somit ersichtlich, dass der zur Konnexität – also der Verknüpfung zwischen Aufgaben- und Ausgabenverantwortung – führende Grund allgemein in der Kausalwirkung der aufgabenrelevanten Entscheidung auf die Ausgabenlast liegt. Während bei der ex-ante-Aufgabenverantwortung von der normativen Verantwortungszuweisung auf die Ausstattung entsprechender Handlungsmittel zu schließen ist, handelt es sich bei der ex-post-Aufgabenverantwortung um die Rückführung der (Kosten-)Folgen auf den tatsächlichen Verantwortlichen89. Beide Varianten stehen wegen der Wechselbeziehung zwischen der ex-ante- und der ex-post-Dimension des Verantwortungsbegriffs90 in einem gewissen Zusammenhang miteinander, stellen sich jedoch nicht als die primäre und sekundäre Ebene des Konnexitätsprinzips über denselben konkreten Sachverhalt dar. Beim Kontext des Staatsorganisations- und Kompetenzrechts handelt es sich vielmehr um dieselbe abstrakte Konstellation, nämlich die Lastenverteilung für die Aufgabenwahrnehmung unter Mitwirkung mehrerer Beteiligter, die auf zwei differente Weisen behandelt werden kann. Bei der ex-ante-Aufgabenverantwortung dient die Lastentragung als eine notwendige Handlungspflicht vor allem der optimalen Aufgabenerfüllung, da die sachlichen Entscheidungen die Ausgabenhöhe beeinflussen können. Es kommt auf die abstrakte Beeinflussungsmöglichkeit an. Ob und in welchem Maße dieser Einfluss tatsächlich eintreten wird, ist ohne Belang. Nach dem Ansatz der ex-ante-Aufgabenverantwortung lässt sich daher nur die Zuordnung der vollständigen Ausgabenverantwortung bestimmen. Für eine zahlen- oder quotenmäßige Aufteilung der Ausgabenverantwortung unter mehreren Verantwortungsträgern vermag er keinen Maßstab anzubieten. Demgegenüber wird sich bei der ex-post-Aufgabenverantwortung auf die finan­ ziellen Auswirkungen der Aufgabenerfüllung konzentriert. Die Ausgabenlast wird dabei – mit Bezug auf den Urstand vor der Aufgabenauferlegung – als eine zu beseitigende bzw. auszugleichende Folge angesehen. Nach diesem Ansatz ist es möglich, bezüglich des konkreten Kausalbeitrags der jeweiligen Entscheidung zur Ausgabenhöhe die Aufgabenkosten unter verschiedenen Entscheidungsträgern aufzuteilen. Beide Ansätze lassen sich in einer besonderen Situation vereinen, wenn die normativ zugewiesene Verantwortung eine „alleinige“ und „volle“ Verantwortung ist. Das heißt, der einzige Verantwortungsträger kann unbeeinflusst über das „Ob“ und „Wie“ der Aufgabenwahrnehmung entscheiden und mithin die gesamten Ausgaben verursachen. Ein solcher Fall, in dem sich der normative Verantwortungsträger91 und der tat89  Der „tatsächliche Verantwortliche“ steht dem „normativen Verantwortungsträger“ gegenüber. Ersterer ergibt sich nicht aus einer normativen Verantwortungszuweisung, sondern aus seinem tatsächlichen Einfluss auf die Aufgabenerfüllung. Dabei handelt es sich also um zwei unterschiedliche Verantwortungsbeziehungen. 90  Siehe Teil 1 B. II. 2. 91  Also Adressat einer normativen Verantwortungszuweisung, siehe Fn. 89.



D. Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung69

sächliche Verantwortliche genau decken, kommt allerdings in der staatlichen Aufgabenwahrnehmung eher selten vor. Der Regelfall ist ein klar normierter Verantwortungsträger in einem komplexen Verursachungskontext, nämlich mit mehreren tatsächlich Verantwortlichen. Für die Ausgabenverteilung unter Staatsorganisationen kommen demnach zwei Regelungsstrategien in Betracht, die jeweils vom Ansatz der ex-anteund der ex-post-Aufgabenverantwortung ausgehen. Nach der ersten Strategie hat die Ausgabenverantwortung direkt der vorbestimmten Aufgabenverantwortung zu folgen. Die Beiträge anderer Akteure werden vom Verantwortungsträger absorbiert, sodass es einer gesonderten Überlegung über die Ausgabenverteilung nicht bedarf. Nach der zweiten Strategie muss die Ausgabenverantwortung an einen kostenverursachenden aufgabenrelevanten Akt anknüpfen. Ihre Höhe wird nach dem Verursachungsbeitrag des Akteurs bestimmt. Im geltenden Recht finden beide Gedankenlinien – bewusst oder unbewusst – Verwendung und werden beispielsweise jeweils vom bundesund landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip verfolgt. Während der Ansatz der ex-post-Verantwortung dem sog. Verursacherprinzip92 nahesteht, lässt sich der Konnexitätsgrundsatz dem üblichen Terminusgebrauch gemäß auf den Ansatz der ex-ante-Aufgabenverantwortung beschränken. In der folgenden Untersuchung wird der Konnexitätsgrundsatz ausschließlich in diesem Sinne gemeint. 3. Die mittelbare Konnexität – das Interessenprinzip In Bezug auf die Gebietskörperschaften gibt es eine zusätzliche Rechtfertigung für die Konnexität zwischen Aufgaben und Ausgaben. Anknüpfungspunkt ist zunächst nicht die Aufgabenverantwortung in jeder der oben genannten Sichtweisen, sondern die „Radizierung“ der Aufgaben. Dieser Terminus entspringt der Rechtsprechung des BVerfG zur Definition des gemeindlichen Wirkungskreises93. Dabei können nur solche Aufgaben von Gemeinden verantwortet und finanziert werden, die dem spezifischen Inte­ resse der örtlichen Gemeinschaft dienen. Finanzwissenschaftlich wird dies auch durch das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz94 zum Ausdruck gebracht, das nicht zuletzt auf einen Nutzen-Kosten-Ausgleich gerichtet ist und somit auch Nutzen-, Vorteils- oder Interessenprinzip genannt wird95. Die Aufgabenverantwortung, sowohl aus ex-ante- als auch aus ex-post-Sicht, 92  Siehe

Teil 2 D. II. 2. Teil 3 C. I. 1. und Teil 4 B. I. 94  Siehe Teil 2 B. III. 3. 95  Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, S. 17; siehe Hey, in: Tipke / Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 3 Rn. 44 ff. 93  Siehe

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

wird mittelbar an die Ausgabenverantwortung geknüpft, da beides im System der Mehr-Ebenen-Demokratie gerade Ausprägung des Nutznießers ist. Ohne einen Interessenbezug – oder eine sachliche Relevanz – kann eine Gebietskörperschaft weder die normative Verantwortung tragen noch die tatsächliche Entscheidung für eine Aufgabe treffen. Nach dem Interessenprinzip kommt es dann in der Regel zu einer Ausgabenverteilung gemäß dem – nicht nur ökonomischen, sondern unter anderem auch politischen oder kulturellen – Nutzen- bzw. Interessenanteil der jeweiligen Gebietskörperschaft an der Aufgabenerfüllung96, der sich praktisch kaum präzis beziffern lässt. Die Anwendung des Prinzips kann jedoch nicht allein deswegen abgelehnt werden, da es ein notwendiger Bestandteil der Finanzgerechtigkeit ist.

II. Das Verursacherprinzip In den finanzverfassungsrechtlichen Diskussionen wird ebenfalls das Verursacherprinzip herangezogen. Während sich die Ausgabenverantwortung nach dem Konnexitätsgrundsatz auf den an erster Stelle bestimmten Träger der ex-ante-Aufgabenverantwortung richtet, muss nach dem Verursacherprinzip der Urheber der kostenwirksamen Entscheidungen die Ausgaben tragen97. Dabei stellt sich die Frage, in welcher Beziehung beide Prinzipien zueinander stehen bzw. ob das Verursacherprinzip für diesen Zusammenhang überhaupt ein geeignetes Prinzip ist. 1. Die Anwendbarkeit des Verursacherprinzips auf die vertikalen (Finanz-)Beziehungen Der Zweifel an der Anwendung des Verursacherprinzips auf die (Finanz-) Beziehungen zwischen den drei Gebietskörperschaftebenen entsteht zunächst aus dem Umstand, dass die verschiedenen Gebietskörperschaften trotz ihrer Eigenschaft als durch eigene demokratische Legitimation verselbständigte politische Einheiten wegen der starken Verschränkung ihrer Politikbereiche und -interessen eine Verantwortungsgemeinschaft bilden. Anders als die Subjekte des Privatrechts, die grundsätzlich als voneinander absolut unabhängig angesehen werden, sind die Gebietskörperschaften von Anfang an als Funktionseinheiten eines gegliederten staatlichen Regierens gedacht. Ihre Eigenständigkeit dient nicht der kollektiven Freiheitsentfaltung der im jeweiligen Gebiet ansässigen Personen, sondern vielmehr durch eine mehrstufige Ge96  Vgl.

Teil 4 D. II. 3. d) aa). Waiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S. 22; Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 242: Veranlassung ist „zurechenbare und zu verantwortende Einflussnahme auf das ‚Ob‘ oder ‚Wie‘ einer ausgabenrelevanten Staatstätigkeit“. 97  Vgl.



D. Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung71

meinwohlerfüllung sowie politische Aktivierung der staatlichen Zielverwirklichung. Es ist weder zulässig noch möglich, dass eine Gebietskörperschaft ihre Rechte und Interessen völlig losgelöst von (gesamt-)staatlichen Belangen geltend macht. Die Annahme, dass jede Ebene gemeinhin für die durch ihre – legitime – Entscheidung den anderen Ebenen zugefügten (Kosten-) Folgen wie eine „Entschädigung“ aufkommen müsse, wird diesem Verständnis nicht gerecht. Folgerichtig ist, dass es bei der rechtlichen Ausprägung des Verhältnisses zwischen den Gebietskörperschaften um eine Synthese geht, die neben Eigenständigkeit und Konkurrenz auch Elemente der Subordination, Kooperation und Koordination sowie Garantie und Haftung beinhaltet. Alle Elemente werden in verschiedenen Sachbereichen98 und Konstellationen jeweils unterschiedlich gewichtet. Zu erreichen ist insgesamt eine Ausbalancierung zwischen Eigenverantwortung und Mitverantwortung für die (gesamt-)staatliche Gemeinschaft. Einen deutlichen Ausdruck findet diese Beziehung in der parallelen Finanzordnung des Bundesstaates. Sowohl Länder als auch Kommunen sind bei der Finanzmittelbeschaffung weitgehend auf Bestimmungen höherer Ebenen angewiesen99. In ihrer Einnahmestruktur spielt das Aufkommen aus den durch sie gestaltungsfähigen Steuern – also den selbst erfundenen und hebesatzberechtigt zugewiesenen Steuern – eine nebensächliche bis marginale Rolle100. Den maßgeblichen Bestandteil ihrer Einnahmen101 bildet das Aufkommen aus der Steuerbeteiligung sowie dem vertikalen und horizontalen Finanzausgleich. Bereits die fehlende finanzielle Anpassungsfähigkeit durch eigene Steuergestaltung hat die Abhängigkeit der Länder und Kommunen von der (gesamt-)staatlichen (Finanz-)Politik zur Folge. Überdies werden die Gebietskörperschaften in einem bestimmten Umfang102 mit der Gestaltung der Steueraufkommensverteilung und Finanzausgleichsleistungen, 98  Etwa in Bereichen wie Raumordnungs-, Wirtschafts-, Umwelt- sowie Arbeitsund Sozialpolitik, an denen jede Gebietskörperschaft ein unveräußerliches Eigeninteresse hat, erwächst immer mehr das Erfordernis nach einer koordinierten bzw. gemeinsamen Planung und Verantwortungstragung. 99  Siehe Teil 3 B. II. 1. 100  Siehe Teil 3 B. II. 1 und C. II. 101  Dabei nicht zu berücksichtigen sind die nicht-steuerlichen Abgaben wie die Gebühren und Beiträge, die leistungsspezifisch nach dem Äquivalenzprinzip – nämlich einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis – zu erheben und für die allgemeine Finanzsituation grundsätzlich ohne Belang sind. Näheres siehe Zimmermann, Kommunalfinanzen, S.  121 ff. 102  „Bestimmt“ ist dieser Umfang nur anhand der positivverfassungsrechtlichen Gestaltung. Zu beachten ist dabei, dass dieser einmal festgesetzte Rahmen auch neugestaltet werden muss, wenn sich ein starkes Auseinanderdriften der Deckungsverhältnisse im geltenden Rahmen nicht verhindern lässt. In diesem Sinne sind alle Gebietskörperschaften in einem weiteren Umfang füreinander mitverantwortlich.

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die anhand der Gleichrangigkeit von Aufgaben aller Gebietskörperschafts­ ebenen103 eine gleichmäßige104 und billige Kostendeckung zu erzielen hat, zur faktischen Mitverantwortung füreinander gezwungen105. Eine negative Entwicklung des Deckungsverhältnisses auf einer Ebene kann auch mittelbar die anderen Ebenen „belasten“. Hinsichtlich einer solchen Finanzordnung, die die Finanzen der Gebietskörperschaften miteinander verquickt und mittels eingebauter „Regler“ deren Bedarfs- bzw. Lastenveränderungen auf dem Wege der Umverteilung auffängt106, stellt sich das Verursacherprinzip zunächst als ein Fremdkörper dar. Es ist ein übliches Phänomen der Staatspraxis, dass die höheren Ebenen im Zuge der Wahrnehmung ihres Regelungsauftrags (Kosten-)Auswirkungen auf den unteren Ebenen auslösen. Eine einseitige Ausrichtung auf das Verursacherprinzip könnte eine Konzentration der Finanzlasten auf die höheren Ebenen bewirken, die im geltenden System endgültig zur Konzentration der Einnahmen auf diese führen würde107. Es bleibt somit noch offen, ob die unteren Ebenen dadurch die vom „Verursacher“ herbeigeführte Belastung tatsächlich vermeiden können. Mit dem Wegfall der Kostentragungspflicht müssten sie außerdem mit strengeren Ausführungsmaßstäben rechnen, was im Ganzen gesehen den Verlust an Handlungsspielräumen zur Konsequenz hätte108. Neben Systeminkompatibilität und Unzweckmäßigkeit sprechen 103  Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 71  f.; Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Rn. 842; Schoch, in: Ehlers / Krebs (Hrsg.), Grundfragen des Verwaltungsrechts, S. 93 (120 f.); Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 307; kritisch mit besonderem Bezug auf die Inhaltsklarheit und Durchsetzbarkeit des Grundsatzes Mandelartz / Neumeyer, DÖV 2000, S. 103 (109); Volkmann, DÖV 2001, S. 497 (502 f.); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 197 f. 104  Ausdrücklich in Art. 106 Abs. 3 S. 3 GG im Verhältnis zwischen Bund und Ländern; zwischen Land und Kommunen etwa die vom NdsStGH entwickelte Verteilungssymmetrie. Siehe Nachweise in Teil 4 Fn. 11. 105  Etwa die gemeinsame Lastentragung von Bund, Ländern und Gemeinden für den Fonds „Deutsche Einheit“ durch die Veränderung der Umsatzsteuerverteilung und Gewerbesteuerumlage (Art. 106 Abs. 6 S. 4 GG; Art. 6 Abs. 5 GemFinRefG). Zudem werden im horizontalen Finanzausgleich immer solidarische Umverteilungen vorgenommen. 106  Zu betonen ist, dass die Entscheidung für diese Verflechtungsstruktur mit dem Konzept der Ausgabenverteilung nichts zu tun hat (siehe Teil 3 B.), sodass die Verhandlung von letzterem unter diesem Kontext möglich ist. 107  Vgl. Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn.  130 m. w. N. 108  Selmer, NJW 1996, S. 2062 (2065 f.); Waiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S.  20 f.; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze, S. 355 in Bezug auf Bund-Länder-Verhältnis; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 300 für das Verhältnis zwischen Land und Kommunen; Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 30.



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auch Argumente der Praktikabilität gegen die Implementation des Verursacherprinzips. Eine zahlenmäßige Feststellung des konkreten Kausalbeitrags jeder staatlichen Entscheidung ist – insbesondere in Anbetracht der Vielzahl der zu ermittelnden und gewichtenden Kausalfaktoren sowie der betroffenen „Entschädigungsberechtigten“ – häufig aufwendig. Eine allzu grobe Bemessung kann entweder – im Falle unzureichender Erstattung – den Sinn des Verursacherprinzips unterlaufen, oder – wenn die Zuwendungen großzügig erfolgen – Anreize zu unwirtschaftlichem Verhalten schaffen. In der Folge wird erkennbar, dass der geltenden Finanzordnung eine Grundvorstellung über die Aufgaben- / Ausgabenlast sowie deren Bewegungsspielräume – also eine Rahmenordnung der Sach- und Finanzverantwortung – verschiedener Ebenen zugrunde liegt. Eine Wendung an das Verursacherprinzip soll nur dann denkbar sein, wenn die betreffenden Verschiebungen von dieser Ordnung nicht aufzufangen sind. Dies verweist auf eine Situation, in der eine Gebietskörperschaft für eine in ihrer Verantwortung liegende Angelegenheit, die auch in den Auswirkungen bemessbar, begrenzbar und somit zurechenbar ist, eine andere heranzieht. Die beauftragte Gebietskörperschaft wird damit in unzumutbarer Weise109 belastet – da die Angelegenheit ursprünglich für sie irrelevant war – und in ihrer Handlungskapazität für eigene Angelegenheiten beeinträchtigt, wenn die (Finanz-)Folgen nicht von deren Verursacher ausgeglichen werden. Gegenständlich lässt sich die Grenze zwischen den „ursprünglichen“ Verantwortungssphären der Hoheitsebenen allerdings kaum objektiv und stabil abstecken. Sie ist sogar gestaltungsfähig, da auch die zugrundeliegende Rahmenordnung gestaltbar ist. Das Konstruieren bzw. Funktionieren dieser Ordnung steht also in Wechselwirkung mit dem Implementieren des Verursacherprinzips in Einzelregelungen. Beide vermögen einander anzupassen. Zu vermeiden ist aber wie bereits angeführt ein übermäßiger Einsatz von Verursacherregelungen, die zur Machtkonzentration beisteuern. Hierbei kann wie immer die Unterscheidung zwischen Organisations- und Sachangelegenheiten trotz eventueller Abgrenzungsschwierigkeiten110 eine grundlegende Bedeutung haben. Zurechnungsfähiger ist ein Verursachungsbeitrag im Bereich der letzteren, insbesondere wenn es um eine konkret ausgestaltete bis durchgeformte Sachaufgabe geht, die sich zwischen Ebenen verschieben und in den (Kosten-)Folgen relativ klar bestimmen lässt. Anderweitige (Mehr-)Lasten, die mit veränderten allge109  Grundsätzlich reicht bereits die „Fremdheit“ – im Sinne der fremden Veranlassung – der Angelegenheit für die Konstatierung von „Unzumutbarkeit“. Praktisch gesehen können je nach Gestaltung weitere Faktoren denkbar sein, wie etwa die Größe der spezifischen Relevanz der Angelegenheit für das Gebietsvolk, das Ausmaß der damit verbundenen Arbeits- / Finanzlasten und gewissermaßen auch die darauf bezogene eigene Anpassungsfähigkeit der Gebietskörperschaft. 110  Vgl. Nachweise in Teil 3 Fn. 56 sowie Teil 3 B. I. 1.

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meinen organisatorischen Anforderungen einhergehen, sind prinzipiell der von den Verfassungsordnungen von vornherein vorgesehenen Mitverantwortung für den (Gesamt-)Staat zuzuordnen und vom System der Einnahmenverteilung aufzufangen. Eine gesonderte Behandlung dieser Lasten ist normalerweise weder zweckmäßig noch praktisch. Einen anderen Umstand für die „originäre“ Verantwortungsabgrenzung stellt das im Zuge der Föderalismusreform 2006 eingeführte Aufgabenübertragungsverbot des Bundes auf die Kommunen (Art. 84 Abs. 1 S. 7, 85 Abs. 1 S. 2 GG) dar, womit die Verantwortung aller staatlichen (Sach-)Aufgaben zwischen Bund und Ländern vollständig aufgeteilt wird. Wenn die Kommunen kraft landesrechtlicher Zuständigkeitsbestimmung bundesrechtlich veranlasste Aufgaben wahrzunehmen haben, handelt es sich stets um eine qualifizierte Verursachung des Landes, da die betreffenden Aufgaben primär in der Verantwortung des Landes liegen und erst durch seine Regelung die Kommunen verpflichten. Das Land darf sich also nicht darauf berufen, dass es beim Erlass der Zuständigkeitsregelung die spätere Grundgesetzänderung nicht vorhersehen konnte, um seiner originären Verantwortung für die Aufgaben zu entgehen111. 2. Das Verhältnis zwischen Verursacherprinzip und Konnexitätsgrundsatz Es zeichnet sich klar ab, dass das Verursacherprinzip und der vorstehend genannte Ansatz der ex-post-Aufgabenverantwortung das Gleiche bedeuten, insbesondere wenn beide nur bei der Verlagerung von Zweckaufgaben Anwendung finden. Die zu behandelnde Konstellation, also die Lastenverteilung unter mehreren an der Aufgabenwahrnehmung Beteiligten, ist per se ein Verantwortungsverhältnis entweder aus der ex-post- oder aus der ex-anteSicht112. Das sog. Verursacherprinzip drückt lediglich aus, dass die Kausalität als der rechtliche Maßstab für die Zurechnung einer ex-post-Aufgabenverantwortung gilt. Das Verhältnis zwischen ex-post- und ex-ante-Aufgabenverantwortung113 ist daher auf das Verhältnis zwischen Verursacherprinzip und Konnexitätsgrundsatz übertragbar: Sie hängen zwar miteinander insofern zusammen, als beide Prinzipien auf einem Kausalzusammenhang zwischen der aufgabenrelevanten Entscheidung und der Ausgabenlast beruhen und somit der normative Verantwortungsträger beim Konnexitätsgrundsatz in der Regel auch ein Verursacher ist. Im Grunde gehen sie aber in unterschiedliche Richtungen und haben unterschiedliche Schwerpunktsetzungen. Während beim Konnexitätsgrundsatz die Zuordnung der sachlichen Aufgabenverant111  Siehe

Teil 4 D. II. 2. c) bb) und III. 3. ist Grundkonzeption jeder Sollensordnung. Siehe Teil 1 B. II. 113  Siehe Teil 2 D. I. 2. 112  Verantwortung



D. Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung75

wortung im Mittelpunkt steht, liegt beim Verursacherprinzip die Ausgabenlast im Vordergrund. Konsequenterweise stellt der Konnexitätsgrundsatz keinen Maßstab für die Aufteilung der Finanzlast bereit. Wenn es mehr als einen normativen Verantwortungsträger gibt, kann es nach dem Konnexitätsgrundsatz lediglich dazu kommen, dass alle die Finanzlast zu tragen haben. Die Frage, welche Last jeder Verantwortungsträger übernehmen soll, lässt sich nur anhand anderer Erwägungen wie etwa durch die rund um den Kausalbeitrag beantworten. Das Verursacherprinzip vermag hingegen gerade die finanzielle Auswirkung der jeweiligen sachlichen Entscheidung zu berechnen. Auf die tatsächliche Kausalität abstellend soll das Verursacherprinzip neben den absolut fremden auch für die relativ fremden Aufgaben der verpflichteten Gebietskörperschaft gelten. Bei letzteren handelt es sich um Aufgaben, die gemischte Bezüge aufweisen und (erst) durch Entscheidung und Gestaltung mehrerer Gebietskörperschaften zustandekommen. Ein solches typisches „Zusammenwirken“ geschieht im deutschen Recht zwischen Gesetzgeber und Verwaltungsträger, die sich auf unterschiedlichen Hoheits­ ebenen befinden. Um dennoch die vertikale Verantwortungsklarheit114 zu schaffen, wird allerdings die Aufgabenverantwortung regelmäßig nur einem davon zugewiesen. Nach dem Konnexitätsgrundsatz soll der normative Verantwortungsträger auch für die Handlungsbeiträge anderer finanziell aufkommen. Dies bedeutet freilich nicht, dass er gegenüber fremden Einflüssen völlig schutzlos gestellt wird. Vielmehr muss ein finanzieller Schutz seines Haushaltes mittelbar durch die Einnahmeausstattung erfolgen. Im Gegensatz dazu bietet hier das Verursacherprinzip weiterhin einen unmittelbaren Schutz vor der finanziellen Auswirkung jeder fremden Entscheidung. Das Defizit der Anwendung des Verursacherprinzips in Bezug auf alle aufgabenrelevanten Entscheidungen liegt in der praktischen Umsetzung. Dabei können Probleme bei der Berechnung und Zuordnung von Verursachungsanteilen entstehen115. Ein solcher Fall ist denkbar, wenn wie beim landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip die gesetzgeberischen Einflüsse des Landes auf die eigenen Aufgaben der Kommunen finanziell bemessen und kompensiert werden müssen. Anders als die Auftragsangelegenheiten116, die wegen ihrer vollen fremden Verantwortungsträgerschaft detailliert bestimmt und in den finanziellen Auswirkungen objektiv bezifferbar 114  BT-Drs. V / 2861, S. 11 f.; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 19; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 5; Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 32, 38; Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 155 f. 115  Vgl. Nachweise in Fn. 118. 116  Siehe Teil 4 B. I.

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sind, zielen die pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben oder die weisungsfreien sowie -gebundenen Pflichtaufgaben117 gerade auf die (Weiter-)Gestaltung der Kommunen. Sie haben für ihre Eigengestaltung selbst finanziell aufzukommen. Eine genaue, nachvollziehbare Ermittlung der „Gesetzeskosten“ in Abgrenzung zu „Vollzugskosten“ kann auf Schwierigkeiten stoßen118 und weiterhin Bedenken hinsichtlich der Verteilungsgerechtigkeit von Ausgleichsmitteln hervorrufen. Durch den Konnexitätsgrundsatz lässt sich dieses Problem hingegen zunächst119 umgehen. 3. Die Einordnung des Art. 104a Abs. 1 GG Eine andere „Verwendung“ des Verursacherprinzips findet sich in der Auslegung des Art. 104a Abs. 1 GG, der normiert, dass Bund und Länder die aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben entstehenden Ausgaben gesondert tragen müssen. Ob der die Aufgaben veranlassende Gesetzgeber oder der vollziehende Verwaltungsträger die Aufgaben- und damit die Ausgabenverantwortung zu tragen hat, wenn die Länder Bundesgesetze ausführen, steht zur Debatte. Abgestellt wird dabei generell auf einen Kausalzusammenhang120, und zwar hinsichtlich der Frage, welche Art von Tätigkeiten – Gesetzgebung oder Verwaltung – unmittelbar die Ausgaben verursache121 oder deren Höhe maßgeblich beeinflusse122. Je nach der vertretenen Auffassung wird von „Gesetzes-“ oder „Vollzugskausalität“ gesprochen123. 117  Siehe

Teil 4 B. II. Das Veranlassungsprinzip, S. 123 f.; Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 156; Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 31; Scherf, in: Kost / Wehling (Hrsg.), Kommunalpolitik in den deutschen Ländern, S. 367 (386); Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 5; für eine ähnliche Situation siehe Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (492 f.). 119  Ob dies endgültig vermieden oder nur in den Prozess der Einnahmenverteilung verschoben wird, bleibt an dieser Stelle noch offen. 120  Waiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S. 18; Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 15; Worms, DÖV 2008, S. 353 (355); auch Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 8 geht zwar vom „Verantwortungsprinzip“ aus, stellt aber dennoch auf die Ausgabenverursachung ab. 121  Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 30; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 238; Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 95; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 5; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 17; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 45. 122  Röhl, Die Verwaltung 32 (1999) Beiheft 2, S. 33 (37 f.); Worms, DÖV 2008, S. 353 (355); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 8; Waiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S. 18; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 8. 123  Siehe Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 42; Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 15; Döring, WiSt 2004, S. 609 118  Trapp,



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Diese auf den ersten Blick problemlos scheinende Herangehensweise ist insofern problematisch, als sie dem Sinn des Art. 104a Abs. 1 GG widerstrebt. Zu Recht ist festgestellt worden, dass Art. 104a Abs. 1 GG eine bundesverfassungsrechtliche Verankerung des Konnexitätsgrundsatzes darstellt, wonach die Ausgaben- der ex-ante-Aufgabenverantwortung zu folgen hat124. Auch der Wortlaut der Vorschrift besagt, dass die Lastentragungspflicht nicht nach einem sonstigen Kriterium wie dem der Kausalität zuzuordnen, sondern direkt durch die Wahrnehmung „ihrer“ Aufgaben bestimmt ist. Die Aufgabenverantwortung, die als nach den angeführten125 materiellen Maßstäben und Vorstellungen rechtlich bereits niedergelegt angesehen wird, besitzt den logischen Vorrang. Für die rechtliche Ausformung ist im Endergebnis nur erforderlich, dass der jeweilige herangezogene Verantwortungsträger über hinreichend sachliche Gestaltungsmöglichkeiten bei den ihm zugeordneten Aufgaben verfügt126. Die finanzielle Auswirkung der Gestaltung fällt diesbezüglich nicht ins Gewicht. Die Kausalwirkung der aufgabenrelevanten Entscheidungen auf die Ausgabenlast betrifft nur die innere Rechtfertigung und nicht die konkrete Anwendung des Konnexitätsgrundsatzes127. Zudem spielt es keine Rolle, ob und in welchem Maße ein anderer als der Verantwortungsträger Entscheidungsbefugnis über den Aufgabenzuschnitt oder die Ausgabenhöhe besitzt oder ausübt, da es sich bei der ex-ante-Aufgabenverantwortung um eine Zuweisung, nicht um eine Zurechnung von Verantwortung handelt. Eine vergleichende Wertung, welcher unter mehreren Handelnden

(609); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (490); Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 30; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 8. 124  Vgl. Grote, JZ 1996, S. 832 (832 f.); Schuppert, in: Umbach / Clemens (Hrsg.), GG, Bd. II: 104a Rn. 11 ff.; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 40; Henneke, Die Kommunen in der Finanzverfassung, S. 96; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 12, 15; Kirste, Die Finanzhilfen des Bundes, S. 54; Waiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S. 14 f.; Arnim, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 17. 125  Siehe Teil 2 B. III. 126  Siehe Teil 2 B. III. 2. 127  Selbst die Autoren, die feststellen, dass es bei Art. 104a Abs. 1 GG unabhängig von den finanziellen Auswirkungen überhaupt keinen Raum für die Anknüpfung an die Gesetzgebungszuständigkeit gibt, neigen fast immer dazu, sich auf diese Kausalität zu berufen. Beispielsweise ist das Ergebnis von Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 5 und vielen anderen, dass unter Aufgabenwahrnehmung nur die unmittelbar Ausgaben verursachende Tätigkeit zu verstehen ist, entbehrlich und irreführend. Für das Verständnis der „Wahrnehmung ihrer Aufgaben“ ist die Ausgabenseite irrelevant. Siehe weiter Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 11, 15, der Art. 104a Abs. 1 GG als Konnexitäts- anstatt Verursacherprinzip betont, gleichzeitig aber ein maßgebliches Kriterium der Lastenverteilung darin sieht, die Kosten jeweils möglichst dem Verursacher zuzuordnen.

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Teil 2: Verantwortung im Staatsorganisations- und Kompetenzrecht

den größten Einfluss auf die Aufgabe nehmen kann oder genommen hat, braucht es bei einer normativen Verantwortungszuweisung nicht128. Soll der Träger der Ausgabenverantwortung danach bestimmt werden, ob die Gesetzgebungs- oder die Verwaltungstätigkeiten unmittelbar oder maßgeblich über das „Ob“ bzw. die Höhe der Ausgaben entscheiden, wird in der Tat das Verursacherprinzip verfolgt und eine andere Richtung als die des Konnexitätsgrundsatzes eingeschlagen. Der Ansatz knüpft die Ausgaben – den Bestand der vorausliegenden ex-ante-Aufgabenverantwortung ausklammernd – direkt an ihren eingeschätzten Verursacher129 an und versteht die Aufgabenverantwortung nur in der ex-post-Sicht im Hinblick auf die Zurechnung von Kostenfolgen130. Diese Auslegungslinie hat mit dem Wortlaut und Sinn des Art. 104a Abs. 1 GG jedoch wenig zu tun. Insofern ist auch die Bewertung der Vorschrift als Vollzugskausalität ungeeignet.

III. Die Position der Einnahmeausstattung im System der Aufgabenfinanzierung Unabhängig davon, ob die Ausgabenlast nach dem Konnexitätsgrundsatz oder dem Verursacherprinzip zuzuordnen ist, spielt die Einnahmeausstattung eine fundamentale Rolle im staatlichen Finanzsystem. Sie ist die unerläss­ liche Finanzgrundlage der Aufgaben- und Ausgabenverantwortung. Nach dem Verursacherprinzip kommt die Ausgabenlast ihrem Urheber zu. Darüber hinausgehende Inhalte wie die Art und Weise der Einnahmenbeschaffung lassen sich dem Prinzip nicht entnehmen. Demgegenüber ist der Konnexitätsgrundsatz inhaltsreicher. Die Einnahmeausstattung des normativen Verantwortungsträgers muss sowohl quantitativ als auch qualitativ seiner Aufgaben- und Ausgabenverantwortung entsprechen. Einerseits ist ihm ein hinreichendes Einnahmevolumen zu gewährleisten, wobei die kostenwirksamen Beiträge der Nicht-Verantwortungsträger eine adäquate Berücksichtigung finden und den Verantwortungsträger nicht materiell belasten. Andererseits ist der Verantwortungsträger mit solchen Einnahmen auszustatten, die seine eigenverantwortliche Entscheidung und Gestaltung von Aufgaben ermög­ lichen. Nach dem Konnexitätsgrundsatz soll eine optimale staatliche Finanz128  Vgl.

die zugewiesene und die zugerechnete Verantwortung (Teil 2 A.). nach dem Verursacherprinzip ist dieses Vorgehen nicht völlig unproblematisch. Das Verursacherprinzip verliert weitgehend seinen Sinn als Leitprinzip für eine konkrete Regelung, wenn nicht der jeweilige tatsächliche, sondern ein grob „vorgestellter“ Verursacher herangezogen wird. 130  Röhl, Die Verwaltung 32 (1999) Beiheft 2, S. 33 (37 f.) behandelt die finanzverfassungsrechtliche Aufgabenverantwortung gerade als Zurechnungs- und nicht als Kompetenzbegriff. 129  Auch



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ordnung so aussehen, dass jede Körperschaft, der eine materielle Aufgabenverantwortung zugewiesen wird, auch die aus der Aufgabenerfüllung entstehenden Kosten tragen und die Deckungsmittel aus eigener Kraft oder eigenem Recht beschaffen kann. Dabei unbedingt eingeschlossen ist die Fähigkeit, anhand eigener Aufgabengestaltung die Höhe der Ausgaben und Einnahmen selbst zu bestimmen. Der sachliche und der finanzielle Spielraum müssen einander entsprechen131. Obwohl die deutsche Verfassungstheorie vom Vorrang der sachlichen vor den finanziellen Kompetenzen132 ausgeht und auf das Gebot der Anpassung der Einnahmen an die Aufgaben / Ausgaben verweist, gilt faktisch das Gegenteil. Dies ist nicht nur unter dem Aspekt der Verfassungswirklichkeit133 der Fall, wobei die verfassungsnormativen Bestimmungen durch reale Gegebenheiten und politische Verhalten relativiert werden. Es geschieht auch, da den subnationalen Gebietskörperschaften verfassungsrechtlich nicht hinreichend autonom gestaltbare Einnahmequellen zugewiesen sind134. In den Vordergrund tritt das System der Steueraufkommensbeteiligung und Finanzzuweisung. Unter diesem Umstand wird der Aufgabenspielraum häufig nicht durch faktische Bedingungen oder rechtliche Sachkompetenzen, sondern vielmehr durch die fehlende Einnahmefähigkeit eingeschränkt. Demnach sind Länder und Kommunen, die aufgrund eigener demokratischen Legitimationsgrundlage die Allzuständigkeit besitzen, öfters durch die unzulänglichen eigenen Einnahmequellen verhindert, zweckmäßige aber kostenintensive Initiativen aufzugreifen. Darüber hinaus bietet die unzureichende Einnahmefähigkeit auch einen Anlass dafür, das Verursacherprinzip (stärker) im Mehr-EbenenFinanzsystem zu implementieren.

131  Damit wird nicht gemeint, dass auch eine umgekehrte Anpassung der Aufgaben- an die Finanzverantwortung gelten kann. Eine Gebietskörperschaft darf nicht wegen Kostenübernahme durch andere oder finanzieller Unfähigkeit die sachlichen Kompetenzen verlieren. Gemeint wird vielmehr, dass die Aufgaben- und die Finanzkompetenzen immer eine in sich kohärente Einheit bilden müssen. 132  Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 1129 f.; Heun, Der Staat 31 (1992), S. 205 (208 f.); ders., DVBl. 1996, S. 1020 (1021); Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Vorb. zu Art. 104a–115 Rn. 26; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 9; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 5. 133  Für eine Begriffserklärung siehe etwa Glaser, Nachhaltige Entwicklung und Demokratie, S.  16 f.; Maurer, Staatsrecht I, § 1 Rn. 70 ff. 134  Dies wird als eine Schwachstelle des Gesamtsystems empfunden. Siehe Henneke, ZG 2012, S. 1 (18 ff.); ders., DÖV 2013, S. 825 (833); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 247; Forderung nach mehr Einnahmeautonomie etwa Di  Fabio, Der Landkreis 2010, S. 133 (134); Henneke, Der Landkreis 2013, S. 111 (114); Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 53 f., 58 f.

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Einen Beleg hierfür liefert der Konzeptionswechsel des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips in das Verursacherprinzip. Die unterschiedliche Behandlung der Einwirkungen des Gesetzgebers im Land-­ Kommunen- und Bund-Länder-Verhältnis ist wesentlich der Erkenntnis geschuldet, dass die Länder als Gliedstaaten eines Bundesstaates mehrere Möglichkeiten besitzen, auf die – sowohl sachlichen als auch finanziellen – Entscheidungen des Bundes Einfluss zu nehmen. Den Kommunen hingegen stehen solche Möglichkeiten gegenüber dem Land nur in äußerst begrenztem Umfang zur Verfügung135. Ihre finanzielle Leistungsfähigkeit ist maßgeblich durch die Garantenpflicht des Landes zu bewahren136. Die Vorgehensweise des Landes, auch für die in der Verantwortung der Kommunen liegenden Aufgaben finanziell (teilweise) aufzukommen, stellt sich in gewissem Sinne als eine Reaktion auf die fehlende Anpassungsfähigkeit der kommunalen Einnahmen dar.

135  Siehe Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 230  ff.; Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 87 ff., 92 ff. 136  Siehe Teil 3 C. II.

Teil 3

Grundgesetzlicher Rahmen für die kommunale Aufgabenfinanzierung Dass die Finanzierungsverantwortung die Antwort dafür gibt, wer die mit der Aufgabenwahrnehmung verbundenen Kosten aus seinem Haushalt zu begleichen hat, bedingt, dass es hierbei zuallererst um eine verfassungsrechtliche Frage geht. Gerade die Verfassung hat die Aufgabe, die rechtsstaatliche Grundordnung zu erstellen und die Machtverhältnisse zwischen den am Staatsleben teilnehmenden Organisationen festzusetzen. Die Realität der Machtverhältnisse zwischen diesen hängt nicht zuletzt von ihren Finanzbeziehungen ab1. Die Verfassung muss dafür zumindest einen Grundriss festlegen, der auch vom einfachen Gesetzgeber zu respektieren ist. Die Untersuchung des verfassungsrechtlichen Rahmens für die kommunale Aufgabenfinanzierung besteht aus zwei Teilen: der Aufgaben- und der Finanzordnung. Da die Aufgabenwahrnehmung Ausgaben nach sich zieht und die entsprechenden Einnahmen erfordert, muss ein gewisses Verhältnis zwischen beiden Systemen bestehen. Dieses Verhältnis ist zu verdeutlichen und der Schluss zu ziehen, wie die Finanzierungsverantwortung der staatlichen einschließlich der kommunalen Aufgaben bestimmt und erfüllt wird. Maßgeb­ licher Bezugsrahmen ist die Bundesverfassung, da die gemeindliche Aufgabenwahrnehmung dort in entscheidendem Maße vorgeprägt ist. Nur hinsichtlich der Selbstverwaltung der Landkreise werden Bestimmungen der Landesverfassungen herangezogen, um ihre wiederholte Behandlung im nächsten Teil zu vermeiden.

A. Die grundgesetzliche Aufgabenordnung Die grundgesetzliche Aufgabenordnung behandelt den Fragenkreis, wie die mannigfaltigen staatlichen Aufgaben im Rahmen der grundgesetzlichen Regelungen generiert, ausgestaltet und vollzogen werden. Das Grundgesetz ist diesem Regelungsbedürfnis in zwei Dimensionen nachgekommen. Es handelt sich dabei um eine auf dem Konzept der Gewaltenteilung und 1  Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Rn. 17  f.; Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 12; Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Vorb. zu Art. 104a– 115 Rn. 25.

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

­ unktionstrennung aufbauende Kompetenzverteilung und eine für die verF waltungsmäßige Vollziehung vorgesehene Aufgabenzuordnung. Wegen der Zweigliedrigkeit des Bundestaates geschieht dies vor allem zwischen Bund und Ländern.

I. Die grundgesetzliche Kompetenzverteilung Die grundgesetzliche Kompetenzverteilung ist zunächst funktional angelegt. Es wird zwischen Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Rechtsprechungskompetenzen getrennt, die jeweils von den eigens dafür errichteten Organen ausgeübt werden2 und in der organisatorischen Zusammensetzung, dem Geschäftsverfahren sowie dem Handlungsinstrumentarium voneinander unterschieden sind. Diese Organ- bzw. Funktionstrennung bezweckt, dass jeder Funktionsträger unabhängig staatliche Macht ausüben3, eine Machtkonzentration vermieden und eine gegenseitige Kontrolle betätigt werden kann4. Bereits das Gewaltenteilungskonzept verlangt, dass in jedem Funktionsbereich der drei Staatsgewalten genügend Spielraum für eigenständige Entscheidungen bleibt. So sind die Tätigkeiten der vollziehenden Gewalt nicht ausschließlich im Sinne der Vollziehung von gesetzlich erteilten „Befehlen“ zu begreifen. Die vollziehende Gewalt muss ferner die Fähigkeit haben, auch selbständig verbindliche Entscheidungen, entweder in Form des Verwaltungsermessens oder in Form der untergesetzlichen Normsetzung, für die Bürger zu treffen5. Summa summarum stehen die Gesetzgebung und die Verwaltung in einem Verhältnis zueinander, das nicht lediglich auf die gewaltenteilungsbedingte Unabhängigkeit und gegenseitige Kontrolle verweist. Es versteht sich zugleich als eine faktische Kooperation6, indem jeder 2  Voßkuhle / Kaufhold, JuS 2012, S. 314 (314); Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 295; Poscher, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 8 Rn. 27 f. 3  Gemeint ist nicht eine absolute Unabhängigkeit. Siehe Hofmann, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 20 Rn. 53; Sommermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 20 Rn. 210 ff. 4  BVerfGE 22, 106 (111); 34, 52 (59); 95, 1 (15); 137, 185 (231); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 20 Rn. 53; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 295; Poscher, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 8 Rn. 24. 5  Vgl. Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S.  73  f.; Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 134; Maus, in: Ipsen (Hrsg.), Kommunale Aufgabenerfüllung, S. 33 (33). 6  Vgl. Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 12 Rn. 67: Kooperation als deskriptiver und als normativer Begriff; ähnlich für „Mischverwaltung“ in Burgi, in: Butzer / Kaltenborn / Meyer (Hrsg.), FS Schnapp, S. 15 (17 f.).



A. Die grundgesetzliche Aufgabenordnung83

Funktionsträger innerhalb seines vorgeformten und voneinander abgetrennten Funktionsbereichs zur Erfüllung staatlicher Regelungsbedürfnisse und Zielbestimmungen einen eigenen Beitrag leistet. Im zweiten Schritt werden die Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen nach Sachgebieten zwischen Bund und Ländern verteilt. Die vertikale Kompetenzverteilung erfolgt insgesamt derart, dass außer den ausdrücklich dem Bund zugewiesenen alle übrigen Kompetenzen den Ländern zustehen. Die Kompetenzen der Länder hängen dann davon ab, welche Kompetenzen der Bund besitzt bzw. inwieweit er von diesen Gebrauch gemacht hat. Im Folgenden wird zunächst die Aufteilung der Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern konzis aufgeführt, um einen Eindruck über die Position des Bundes und der Länder in den staatlichen Entscheidungsprozessen zu erlangen. 1. Die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen a) Die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes Im Bereich der Sachgesetzgebung, die die signifikanteste Form staatlicher Entscheidungsfindung darstellt, gibt es zunächst eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes, deren Gegenstände zentral in Art. 73 Abs. 1 GG7 aufgelistet werden. Der Sinn der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes liegt darin, dass ihre Gegenstände pauschal gesehen nur durch den Bund geregelt werden können8. In diesem Bereich ist die Landesgesetzgebung prinzipiell ausgeschlossen – es gilt die sog. Sperrwirkung –, auch wenn der Bund untätig bleibt9. Eine Möglichkeit zur landesrechtlichen Regelung besteht nur im Falle einer ausdrücklichen bundesgesetzlichen Ermächtigung (Art. 71 GG), wenn dabei eine regional differenzierte (Teil-)Regelung für notwendig oder zweckmäßig gehalten wird10. Diese Beurteilung liegt aber im 7  Die hierin enthaltene Aufzählung ist nicht abschließend. Für andere Materien siehe Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 71 Rn. 6; Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 71 Rn. 3 f.; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 70 Rn. 33. 8  BVerfGE 18, 407 (414  f.); Maurer, in: Arndt / Knemeyer / Kugelmann u. a. (Hrsg.), FS Rudolf, S. 337 (339); Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 71 Rn. 21; Peffekoven, in: Nörr / Oppermann (Hrsg.), Subsidiarität, S. 105 (110). 9  Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 71 Rn. 9; Sannwald, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 71 Rn. 12 f.; Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 71 Rn. 14; Heintzen, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 71 Rn. 1. 10  BVerfGE 18, 407 (418); Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 71 Rn. 3; Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 71 Rn. 11; Degenhart, in: Sachs (Hrsg.),

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

freien Ermessen des Bundes und kann unter keinem Umstand einen Anspruch der Länder auf Delegation begründen11. b) Die konkurrierenden Gesetzgebungskompetenzen In einem nächsten Schritt ist die konkurrierende Gesetzgebung anzuführen, für deren Gegenstände (Art. 74 Abs. 1 GG) sowohl bundes- als auch landesgesetzliche Regelungen grundsätzlich zulässig sind. Dem Bund steht – für bestimmte Gegenstände unter Voraussetzung der Erforderlichkeit nach Art. 72 Abs. 2 GG – aber der Vorrang zu12. Hierbei können drei Konstellationen auftreten: Erstens geht die Kompetenz vollständig in die Hand der Landesgesetzgeber über, wenn der Bund von der Kompetenz keinen Gebrauch macht; zweitens können die Landesgesetzgeber in Einklang mit den bundesgesetzlichen Regelungen auf den verbleibenden Rest zugreifen, wenn der Bund nur einen Teil der Materie geregelt hat; drittens reduziert sich der Raum für landesrechtliche Regelung auf Null, sofern der Bund die betreffende Materie erschöpfend geregelt, also „durchnormiert“ hat. In welchem Maße der Bund von einer Kompetenz Gebrauch gemacht hat und die landesrechtliche Regelung zulässig ist, ist „einer Gesamtwürdigung des betreffenden Normenkomplexes“ zu entnehmen13. Insbesondere muss der „absichtsvolle Regelungsverzicht“14 des Bundesgesetzgebers respektiert werden. Außer den von der Erforderlichkeitsklausel erfassten Gegenständen (konditionierte konkurrierende Gesetzgebung) unterliegt die Gesetzgebungsfreiheit des Bundes in der konkurrierenden Gesetzgebung keiner weiteren Schranke GG: Art. 71 Rn. 9 ff.; Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 71 Rn. 17 weist auf das Bedürfnis des Vorhandenseins eines solchen flexiblen Instrumentes zur regionalen Differenzierung hin. 11  Kunig, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 71 Rn. 11; Uhle, in: Maunz /  Dürig (Hrsg.), GG: Art. 71 Rn. 32; Maurer, in: Arndt / Knemeyer / Kugelmann u. a. (Hrsg.), FS Rudolf, S. 337 (339). 12  Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 17; Sannwald, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 14; Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 24 f.; Faber, Die Kommunen zwischen Finanzautonomie, S. 33; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 165. 13  BVerfGE 49, 343 (358); 67, 299 (324); 98, 265 (301); 102, 99 (114); 109, 190 (229); 113, 348 (372); Kunig, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 9; Oeter, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 72 Rn. 70; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 27. 14  BVerfGE 98, 265 (300); 113, 348 (371); BVerwGE 109, 272 (283); 141, 329 (338); siehe Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 93; Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 25; Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn.  28 f.



A. Die grundgesetzliche Aufgabenordnung85

(unkonditionierte konkurrierende Gesetzgebung)15. Es handelt sich dabei um eine „unwiderlegliche Vermutung“16, dass bei den keiner Erforderlichkeitsprüfung unterworfenen Gegenständen eine Erforderlichkeit bereits vorliegt17. Die Differenzierung beider Kategorien ist somit „Produkt politischer Ent­ scheidung“18 und im Vergleich zur Fassung des Art. 72 GG vor der Föderalismusreform 200619, worin die Erforderlichkeitsklausel für alle Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung galt, nur begrenzt rational charakterisierend20. Um diesen Preis wird die Gesetzgebung des Bundes und die der Länder stärker entflochten und eine erhöhte Entscheidungseffizienz erzielt21. Demgegenüber darf der Bund die Gegenstände der konditionierten konkurrierenden Gesetzgebung nur dann aufgreifen, wenn und soweit eine der in Art. 72 Abs. 2 GG gesetzten Zielvorgaben eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht. Insofern spricht das BVerfG auch von „Erforderlichkeits kompetenzen“22. Mit der Ersetzung der alten Bedürfnis- durch die Erforderlichkeitsklausel im Zuge der Verfassungsreform 199423 wird eine gesteigerte Justiziabilität der Inanspruchnahme des Bundes von der konkurrierenden Gesetzgebung24 und der Schutz der Landesgesetzgebung vor weiterer Aus15  Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 17  f.; Oeter, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 72 Rn. 96; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 48; Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 66. 16  Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 51 Fn. 1; Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 17; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 188; Ipsen, Staatsrecht I, Rn. 576. 17  BT-Drs. 16 / 813, S. 9; Degenhart, NVwZ 2006, S. 1209 (1210); Rengeling, DVBl. 2006, S. 1537 (1539 f.); Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 17; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 48; Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 51. 18  Oeter, in: Starck (Hrsg.), Föderalismusreform, S. 9 (13); Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 51 Fn. 1. 19  BGBl. I, S. 2034. 20  Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 51 Fn. 1; Oeter, in: Starck (Hrsg.), Föderalismusreform, S. 9 (13); vgl. auch ders., in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 72 Rn. 96 f. 21  BT-Drs. 16 / 813, S. 1, 7; Klein / Schneider, DVBl. 2006, S. 1549 (1550); Faber, Die Kommunen zwischen Finanzautonomie, S. 33 f.; siehe auch Oeter, in: Mangoldt /  Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 72 Rn. 46 ff. 22  BVerfGE 128, 1 (34); auch Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 18. 23  BGBl. I S. 3146. 24  BVerfGE 106, 62 (142); BT-Drs. 12 / 6000, S. 33; Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 43; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 49; Oeter, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 72 Rn. 30 ff.

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

zehrung25 beabsichtigt. Nunmehr untersteht das Gebrauchmachen von jenen Kompetenzen vollauf der verfassungsgerichtlichen Kontrolle26. Ein kontrollfreier Beurteilungsspielraum des Bundesgesetzgebers scheidet prinzipiell aus27. Dabei ist jedoch zu bemerken, dass die Tatbestände der Erforderlichkeitsklausel, nämlich die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet und die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse, Zielvorgaben – mindestens zum Teil – politischer Eigenschaft sind, die auf politischen Bewertungen, Prognosen und Planungen fußen. Aus diesem Grund muss Art. 72 Abs. 2 GG restriktiv interpretiert und gehandhabt werden28. Dem Bundesgesetzgeber verbleibt aber dennoch ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich der tatsächlichen und zukünftigen Entwicklungen29. In der Erläuterung der Tatbestände des Art. 72 Abs. 2 GG finden sich Formulierungen wie „in erheblicher, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Weise“30 und „im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann“31, die sich ohnehin nicht vollständig objektiv beurteilen lassen32. Der Bundesgesetzgeber ist ferner berechtigt, über das Konzept und die Ausgestaltung des Gesetzes zu entscheiden33. Insgesamt unterliegt die Anwendung der Erforderlichkeitsklausel einer vollumfänglichen gerichtlichen Prüfung mit erhöhter Prüfungsinten­ sität. Fest steht aber nur, dass sie über eine Vertretbarkeitskontrolle hinausgeht34.

25  BVerfGE 106, 62 (142); Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 49; Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 5; Oeter, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 72 Rn. 39 ff. 26  BVerfGE 106, 62 (135  f., 142 f.); Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 18; Oeter, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 72 Rn. 38; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 49; Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 44. 27  BVerfGE 106, 62 (142); 140, 65 (94); Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 72 Rn. 23; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 49. 28  Vgl. Kunig, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 24 ff.; Oeter, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 72 Rn. 116. 29  BVerfGE 106, 62 (143); 111, 226 (255); 125, 141 (154); 138, 136 (177); 140, 65 (94 f.); Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 51; Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 18. 30  BVerfGE 106, 62 (144); 112, 226 (244); 140, 65 (80). 31  BVerfGE 106, 62 (145); 125, 141 (155); 138, 136 (177); 140, 65 (87). 32  Oeter, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 72 Rn. 35, 119; vgl. auch Kunig, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 27. 33  BVerfGE 106, 62 (149); 140, 65 (95); siehe Oeter, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 72 Rn. 117; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 86.



A. Die grundgesetzliche Aufgabenordnung87

Einen besonderen Unterfall von konkurrierender Gesetzgebung stellt die seit der Föderalismusreform 2006 bestehende Abweichungsgesetzgebung der Länder dar. Für die in Art. 72 Abs. 3 GG aufgelisteten Materien besteht eine „Doppelzuständigkeit“35, indem sowohl der Bund als auch die Länder eine Gesetzgebungsbefugnis besitzen. Wenn der Bund in diesem Bereich von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat, entfaltet seine Regelung keine Sperrwirkung für die Länder. Unbeschadet der Gültigkeit der bundesgesetzlichen Regelung können die Länder abweichende Regelungen treffen, denen ein Anwendungsvorrang vor dem Bundesgesetz zukommt36. Anzuwenden ist in „echter Konkurrenz“37 zwischen beiden das jeweils später in Kraft getretene Gesetz. c) Die ungeschriebenen Gesetzgebungskompetenzen des Bundes Über die im Grundgesetztext positiv aufgezählten Sachmaterien hinaus gibt es Gegenstände, die kraft Natur der Sache ausschließlich der Bundesgesetzgebung zustehen38. Zum Verständnis des Ausdrucks „kraft Natur der Sache“ werden auch Wendungen wie „im Wesen der Dinge“, „begriffsnotwendig“ und „a priori“ gebraucht39. Gemeint sind also die Materien, deren sachgerechte Regelung eine bundesgesetzliche Regelung zwingend fordert, da andere Möglichkeiten einschließlich einer koordinierten Gesetzgebung der Länder nicht bestehen40. So führt die ungeschriebene Gesetzgebungs34  BVerfGE 106, 62 (148); 125, 141 (153); 135, 155 (204); Sannwald, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 49; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 72 Rn. 23; Oeter, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 72 Rn.  117 ff. 35  Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 72 Rn. 29; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Vorb. vor Art. 70 Rn. 44. 36  BT-Drs. 16 / 813, S. 11; Stünker, in: Holtschneider / Schön (Hrsg.), Die Reform des Bundesstaates, S. 91 (103); Degenhart, DÖV 2010, S. 422 (424); ders., Staatsrecht I, Rn. 194; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 72 Rn. 117; Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 40. 37  Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 70 Rn. 44; Michael, JZ 2006, S. 884 (887); Frhr. v. Stackelberg, Die Abweichungsgesetzgebung, S. 81; vgl. Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 72 Rn. 56. 38  Rozek, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 70 Rn. 40; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Vorb. vor Art. 70 Rn. 31; Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 71 Rn. 29; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 181. 39  BVerfGE 12, 205 (251  ff.); Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 70 Rn.  75 ff.; Rozek, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 70 Rn. 40; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Vorb. vor Art. 70 Rn. 31; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 182. 40  BVerfGE 11, 89 (99); 22, 180 (217); 26, 246 (257); 84, 133 (148); 85, 360 (374); 98, 218 (248 ff.); Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Vorb. zu Art. 70–74

88

Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

kompetenz kraft Natur der Sache zur ausschließlichen Kompetenz des Bundes41. Des Weiteren sind noch die ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs und die kraft Annexes zu nennen. Erstere betrifft das unerlässliche Übergreifen auf die dem Bund nicht explizit zugesprochenen Gegenstände, wenn er von einer ihm explizit zugewiesenen Kompetenz Gebrauch macht42. Der Regelungsschwerpunkt muss bei der positiv zugewiesenen und nicht bei der kraft Sachzusammenhangs beanspruchten Materie bleiben43. Ebenfalls an eine explizit zugewiesene Kompetenz knüpft sich die ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz kraft Annexes. Im Unterschied zur Kompetenz kraft Sachzusammenhangs geht es hierbei nicht um die erforderliche Mitregelung einer Sachmaterie, sondern um die der Vorbereitung und Durchführung von Sachregelungen44. Dazu zählen die Bestimmungen über Organisation und Verfahren45. Es lässt sich vermerken, dass die Kompetenz kraft Sachzusammenhangs in die thematische bzw. konzeptionelle „Breite“, die Kompetenz kraft Annexes hingegen in die „Tiefe“ geht46.

Rn. 45; Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 70 Rn. 32; Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 70 Rn. 75 f.; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Vorb. vor Art. 70 Rn. 31. 41  Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Vorb. zu Art. 70–74 Rn. 45; Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Vorb. vor Art. 70 Rn. 31; Rozek, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 70 Rn. 40; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 182. 42  BVerfGE 3, 407 (427 f.); 12, 205 (237); 15, 1 (20); 26, 246 (256); 26, 281 (300); 98, 265 (299); 106, 62 (115); 110, 33 (48); Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Vorb. zu Art. 70–74 Rn. 47 f.; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 183; Schröder, Kriterien und Grenzen, S. 121 ff. 43  Ehlers, Jura 2000, S. 323 (324); Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Vorb. zu Art. 70–74 Rn. 47; Rozek, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 70 Rn. 45; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 183. 44  BVerfGE 77, 288 (299, 301); 88, 203 (331); Ehlers, Jura 2000, S. 323 (325); Schröder, Kriterien und Grenzen, S. 233 ff.; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 184; Rozek, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 70 Rn. 48; Sannwald, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Vorb. vor Art. 70 Rn. 39 ff. 45  BVerfGE 9, 185 (190); 22, 180 (210); 77, 288 (298 f.); Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 70 Rn. 73; Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Vorb. zu Art. 70–74 Rn. 49; Rozek, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 70 Rn. 48. 46  Ehlers, Jura 2000, S. 323 (325); Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 70 Rn. 65; Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 70 Rn. 43; ders., Staatsrecht I, Rn. 184; Rozek, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 70 Rn. 44.



A. Die grundgesetzliche Aufgabenordnung89

2. Die Verteilung der Verwaltungskompetenzen In Abschnitt VIII befasst sich das Grundgesetz mit der Aufteilung der Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern, und zwar dem Titel nach ausschließlich bezüglich der „Ausführung der Bundesgesetze“ und der „Bundesverwaltung“. Die Landesverwaltung wird dort überwiegend nur insofern behandelt, als sie für die Ausführung47 von Bundesgesetzen vorgesehen ist. Für ihre übrigen Tätigkeiten gilt die allgemeine Regel des Art. 30 GG48, wonach die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben Sache der Länder ist, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Grundsätzlich unmöglich ist aber eine Bundesausführung von Landesgesetzen49. Darüber hinaus wird – wie es auch bei den Gesetzgebungskompetenzen der Fall ist – eine ungeschriebene Verwaltungskompetenz des Bundes50 kraft Natur der Sache51, kraft Sachzusammenhangs52 und kraft Annexes53 anerkannt. Während letztere zwei Kategorien weiterhin für eine qualitativere Ausübung der ausdrücklich zugewiesenen Kompetenzen vorgesehen sind, lässt sich eine „von Natur aus“ zwingend vom Bund zu vollziehende Angelegenheit nur dann vorstellen, wenn „es für eine Landeskompetenz an jeglichem Anknüpfungspunkt fehlt“54. 47  Zum Begriffsverständnis siehe Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn.  31 f.; Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 50 ff. 48  Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 19; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Vorb. vor Art. 83 Rn. 7; Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 83 Rn. 3. 49  BVerfGE 12, 205 (221); 21, 312 (325  ff.); Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 86 Rn. 5; Dittmann / Winkler, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 83 Rn. 3; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 29 f. 50  BVerfGE 22, 180 (217); Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 83 Rn.  49 ff.; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Vorb. vor Art. 83 Rn. 18 ff.; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 39 ff.; Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 79 ff. 51  BVerfGE 11, 6 (17 f.); 11, 89 (99); 22, 180 (217); 41, 291 (310, 312); Heusch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 149; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 526 ff.; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 41 ff.; Trute, in: Mangoldt /  Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 83. 52  BVerfGE 106, 62 (114  f.); Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 81; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 40. 53  BVerfGE 22, 180 (210); 65, 283 (289); 77, 288 (299); 88, 203 (331); Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 82; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 40. 54  Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 44 f.; siehe auch BVerfGE 11, 6 (17 f.); 22, 180 (216 f.); 41, 292 (312); BVerwGE 98, 18 (23); Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 83.

90

Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

Während die Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern sachkatalogartig verteilt werden, geht die Verteilung von Verwaltungskompetenzen vom Grundsatz der Landesverwaltung55 aus. Die Vollziehung obliegt grundsätzlich den Ländern allein und nur in Ausnahmefällen dem Bund durch seine eigenen Behörden, Anstalten oder Körperschaften des öffent­ lichen Rechts. In der Regel haben die Länder Bundesgesetze als „eigene Angelegenheit“ auszuführen. Nur wenn ein Bundesgesetz dies explizit vorgibt, kann die Gesetzesausführung auch im Auftrag des Bundes erfolgen. a) Ausführung der Bundesgesetze als eigene Angelegenheit durch die Länder Wenn die Länder Bundesgesetze als eigene Angelegenheit durchführen (Art. 84 GG), unterliegen sie außer den bundesgesetzlichen Vorgaben grundsätzlich keiner weiteren Einschränkung. Eine von der Zustimmung des Bundesrates abhängende Weisungsbefugnis des Bundes besteht in der Regel in Form von allgemeinen Verwaltungsvorschriften (Art. 84 Abs. 2 GG) und nur für besondere Fälle in Form von Einzelweisungen (Art. 84 Abs. 5 GG). Neben der Einrichtung von Behörden und Verwaltungsverfahren56 (Art. 84 Abs. 1 GG) können und müssen die Länder auch die bundesgesetzlichen Vorgaben und Aufgaben den jeweiligen Landesgegebenheiten angepasst konkretisieren und zur Geltung bringen57. Das heißt, sie können im Rahmen der Bundesgesetze – etwa durch eigene Interpretation – eigene Ziele und Vorstellungen umsetzen. Mit diesem Verwaltungstyp wird die Eigenständigkeit der Länder betont und eine sach- und ortsnähere Durchführung auch von Bundesgesetzen erzielt58. Die daraus entstehende Finanzlast tragen grundsätzlich die Länder nach Art. 104a Abs. 1 GG59.

55  Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 83 Rn. 5; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Vorb. vor Art. 83 Rn. 9, 13; Heusch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 147. 56  Für die Definition und die problematische Trennung der sachlich-inhaltlichen von organisations- / verfahrensrechtlichen Regelungen siehe Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 84 Rn. 34 ff. m. w. N. 57  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 1; Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 83 Rn. 10. 58  Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 83 Rn. 5. Materiell gesehen handelt es sich eher um eine „Mischverwaltung“, die eine politische und funktionelle Verflechtung der Verwaltung von Bund und Ländern darstellt. Siehe Sommermann, DVBl. 2001, S. 1549 (1549 f.). 59  Siehe Teil 3 B. I. 2.



A. Die grundgesetzliche Aufgabenordnung91

b) Gesetzesausführung im Auftrag des Bundes durch die Länder Anders verhält es sich bei der Bundesauftragsverwaltung durch die Länder (Art. 85 GG). Dabei geht es zwar ebenfalls um eine Form der „Landes­ verwaltung“60. Eine an bestimmte Ingerenzformen gebundene, aber inhaltlich uneingeschränkte Sachleitungsbefugnis steht dem Bund jedoch über die gesetzlichen Vorgaben hinaus zur Verfügung61. Insbesondere müssen die Länder im Vergleich zur Ausführung als eigene Angelegenheit einen stärkeren Organisationseingriff des Bundes dulden. Auf ihrer Seite ist lediglich die Wahrnehmungskompetenz, das heißt Handeln und Verantwortung nach außen62, unentziehbar geschützt63. Dem Bund ist demgemäß verboten, an Stelle der Länder nach außen zu erscheinen64. Ferner muss seine Inanspruchnahme der Weisungsbefugnis nicht gegen die Verfassung verstoßen65. Bei diesem Verwaltungstyp wird ein Hierarchieverhältnis zwischen Bund und Ländern ersichtlich. Der Bund trägt die Ausgaben für die Auftragsangelegenheiten nach Art. 104a Abs. 2 GG und haftet nach Art. 104a Abs. 5 S. 1 Hs. 2 GG für inhaltlich fehlerhafte Weisungen66.

60  Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 75; Heusch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 161; Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 23; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 85 Rn. 1; Dittmann / Winkler, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 85 Rn. 1. 61  Sommermann, DVBl. 2001, S. 1549 (1551); Heitsch, DÖV 2002, S. 368 (368); Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 23; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 22; Dittmann / Winkler, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 85 Rn. 5. 62  Siehe Teil 1 B. II. 3 über die formelle Verantwortung. 63  BVerfGE 81, 310 (331 f.); 104, 249 (264, 266); Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 120; Heitsch, DÖV 2002, S. 368 (369); Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 85 Rn. 19; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 85 Rn. 1; Dittmann / Winkler, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 85 Rn. 5. 64  BVerfGE 104, 249 (267); Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 85 Rn. 26; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 85 Rn. 2; Dittmann / Winkler, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 85 Rn. 5 f.; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 520. 65  BVerfGE 81, 310 (332 f.); 102, 167 (174); Sommermann, DVBl. 2001, S. 1549 (1553 f.); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 85 Rn. 1; Näheres siehe Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 85 Rn. 52 ff. 66  Heitsch, DÖV 2002, S. 368; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn.  36 ff.; Kube, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 53; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 45; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 38.

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

c) Die materielle Bedeutung der zwei Verwaltungstypen Während in einem Bundesstaat primär das Modell ins Auge fällt, dass Bund und Länder jeweils eigene Normen setzen und vollziehen, geht das Grundgesetz von einem abweichenden Modell aus, wonach die Länder außer eigenen Gesetzen prinzipiell auch Bundesgesetze vollziehen müssen67. Selbst in den Auftragsangelegenheiten, wobei der Bund einschneidend in die materielle Verwaltung der Länder eingreifen kann, muss letzteren die Wahrnehmungskompetenz unentziehbar überlassen werden. Bundesverwaltung durch eigene Organisationen bleibt die seltene Ausnahme, die sich hauptsächlich auf Fälle der Art. 87 ff. GG mit Einschluss der ungeschriebenen Verwaltungskompetenz bezieht68. Aufgrund dessen, dass der Bund den Löwenanteil an Gesetzgebungskompetenzen mit günstigen Gebrauchsbedingungen erhalten hat, führt eine derartige Verteilung der Verwaltungskompetenzen zur Verschränkung beider föderalen Ebenen in den meisten materiellen Aufgabenbereichen des Staates69. Von der Bezeichnung „eigene“ bzw. „Auftragsangelegenheit“ kann weder auf eine pure „Landes-‍“ noch auf eine reine „Bundesangelegenheit“ geschlossen werden70. Beide sind der Qualität nach Mittelding zwischen den zwei genannten Kategorien, die jeweils in Form der Landes- und Bundesausführung von eigenen Gesetzen erledigt werden. Es wird mitunter vertreten, dass die Verwaltungstypen der Gesetzesausführung „als eigene Angelegenheit“ und „im Auftrag des Bundes“ durch die Länder lediglich „rechtstechnische Bezeichnung ohne materiellen Inhalt“ seien71. So erklärt dies auch, warum in den früheren Diskussionen über die Auslegung des Art. 104a Abs. 1 GG eine direkte Anknüpfung an Art. 83 GG nicht gewollt schien72. Diese Bewertung überzeugt nicht. Sicherlich dürfen die Bezeichnungen „eigene Angelegenheiten“ und „Auftragsangelegenheiten“ nicht derart verstanden werden, dass sie jeweils auf diejenigen Angelegenheiten verweisen, die „kraft Natur der Sache“ den Ländern oder dem 67  Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 83 Rn. 5; Oeter, Integration und Subsidiarität, S. 405 f.; für einen kurzen internationalen Vergleich siehe Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 13 ff. 68  Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 83 Rn. 1; Dittmann / Winkler, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 85 Rn. 3; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Vorb. vor Art. 83 Rn. 16 ff.; Degenhart, Staatsrecht I, Rn. 523 ff. 69  Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 83 Rn. 5; Trute, in: Mangoldt /  Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 6; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Vorb. vor Art. 83 Rn. 23; Sommermann, DVBl. 2001, S. 1549 (1550); Heitsch, DÖV 2002, S. 368 (371). 70  Heusch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 161; Sommermann, DVBl. 2001, S. 1549 (1549 f.). 71  Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 50. 72  Vgl. Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S.  127 f. m. w. N.



A. Die grundgesetzliche Aufgabenordnung93

Bund zustehen73. Dies allein kann aber nicht zu ihrer Qualifikation als bloßer Anknüpfungspunkt an die Regelungsinhalte der Art. 84, 85 GG führen. Vielmehr beweist die inhaltliche Gestaltung der Art. 84, 85 GG, dass die Bezeichnungen nicht lediglich inhaltslose technische Namen sind. Das unterschiedliche Gewährleistungsniveau der Organisations- und Weisungsfreiheit der Länder in Art. 84, 85 GG sowie die unterschiedliche Zuordnung der Aufgabenkosten (Art. 104a Abs. 1, 2 GG) zeigen auf, dass das Grundgesetz mit dem Ausdruck „eigen“ und „im Auftrag“ die materielle Verantwortung im Sinne der Letztentscheidung und -haftung für die betreffende Angelegenheit der jeweiligen Staatsebene pauschal anvertrauen will74, da die sachliche Entscheidungsbefugnis und die Finanzierungs- sowie Einstandspflicht prinzipiell in einer Hand liegen müssen75. Dass es sich dabei nicht um eine „volle“ Verantwortung handelt, schadet nichts. Entscheidend ist ausschließlich, ob der herangezogene Verantwortungsträger für die betreffende Sache noch über genügend Einflussmacht verfügt, um von einer materiellen Verantwortung sprechen zu können. Nach der Praxis, dass einerseits den Ländern bei den bundesgesetzlich veranlassten „eigenen“ Angelegenheiten trotz der steigenden Regelungsdichte bzw. -intensität im Ganzen gesehen noch ein hinreichender Entscheidungs- bzw. Gestaltungsspielraum verbleibt76 und andererseits solche Angelegenheiten häufig erst im Stadium der Landesvollziehung konkret verantwortbar sein werden, ist diese Frage zu bejahen. Die beiden vom Grundgesetz vorgesehenen Typen der Landesverwaltung dürfen daher nicht als bloße technische Bezeichnung angesehen werden. Obwohl die Art und Weise ihrer Inanspruchnahme in Art. 84, 85 GG abschließend geregelt ist77, wohnt der Bezeichnung eine materielle Bedeutung 73  Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 49 f. untermauert seine These eines „nur rechtstechnischen Namen[s]“ gerade mit diesem Argument. 74  Vgl. BVerfGE 37, 363 (385); 55, 274 (318); Heusch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S.  148 f.; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 22; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 33: Bei Ausführung als eigene Angelegenheit führen die Länder das Bundesrecht so aus, „als sei es Landesrecht“. 75  Aufgrund der Aufgabenpriorität darf zwar nicht von der Ausgabentragung auf die Aufgabenverantwortung geschlossen werden, um einer vernünftigen Regelung willen dürfen beide aber nicht völlig auseinandergehen. Auch die Staatspraxis hat bestätigt, dass die Länder bei der Finanzbeteiligung des Bundes häufig mit dessen Einflussnahme auf die sachliche Aufgabenwahrnehmung rechnen sollten. Siehe Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 2; Arnim, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 14 ff. 76  Siehe auch Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 130; Korioth, NVwZ 2005, S. 503 (506 f.); Hesse, ZSE 2017, S. 201 (214). 77  Broß / Mayer, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 84 Rn. 3; Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 31; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 84 Rn. 17 ff.; vgl. BVerfGE 63, 1 (40).

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

aus der Grundkonzeption und Systematik der Kompetenzverteilung inne. Dies ergibt sich bereits aus Art. 83 GG, der die Ausführung von Bundesgesetzen als eigene Angelegenheit der Länder als „Regelfall“ bestimmt. Die Konstruktion des Art. 83 GG basiert auf der Grundannahme einer rahmensetzenden Bundesgesetzgebung und konkretisierenden Landesverwaltung78. Außer der Zielsetzung einer sach- und ortsnäheren Gesetzesausführung wird dabei auch der effizienten und ökonomischen Verwaltungsorganisation79 sowie der vertikalen funktionalen Gewaltenteilung80 Rechnung getragen81. Die Rationalität des Art. 83 GG lässt sich nur insoweit aufrechterhalten, als die Länder die Bundesgesetze den jeweiligen regionalen Verhältnissen gemäß in nicht unerheblichem Umfang materiell konkretisieren können82. Damit wird der Bundesgesetzgeber aufgefordert, beim Gebrauchmachen von Gesetzgebungskompetenzen den Ländern nach Möglichkeit Freiräume zu überlassen83, wenn seine Gesetze als eigene Angelegenheit der Länder auszuführen sind. Dies ist umso bedeutsamer, als der Bund einen großen Kompetenzkatalog im Bereich der Gesetzgebung besitzt. Geht die Normierungsdichte bzw. -intensität der Bundesgesetze über das notwendige Maß hinaus, werden die Länder – vor allem die Landesparlamente – an der ihnen gebührenden Bedeutung einbüßen. Insbesondere ist zu vermeiden, dass die Länder ein „durchnormiertes“ Bundesgesetz als eigene Angelegenheit auszuführen und dabei keinen nennenswerten Entscheidungsspielraum haben. Dies steht nicht nur mit dem Sinn der Art. 83 GG, sondern auch mit dem Systemkon­ strukt der Art. 84, 85 GG im Widerspruch, da eine „eigene Angelegenheit“ größeren Spielraum der Länder als eine „Auftragsangelegenheit“ zulassen muss.

78  Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 83 Rn. 10; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 18; siehe auch Benz, ZSE 2017, S. 395 (411): Verwaltung bedeutet Herrschaft im Einzelfall, im Konkreten, während Gesetzgebung abstrakte und generelle Regeln festlegt. 79  Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 17; Heusch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S.  147 f.; Sommermann, DVBl. 2001, S. 1549 (1552). 80  BVerfGE 55, 274 (318 f.); Isensee, in: Isensee / Lecheler (Hrsg.), FS Leisner, S. 359 (392); Heusch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 148; Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 5; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 18. 81  Für weitere Rationalitäten dieser Struktur siehe Sommermann, DVBl. 2001, S. 1549 (1552) mit Bezug auf die Bundesauftragsverwaltung. 82  Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 83 Rn. 18. 83  Dieser Gedanke findet sich bereits in der Verteilung von Gesetzgebungskompetenzen. Mit der positivverfassungsrechtlichen Gestaltung, etwa der Kürzung des Anwendungsbereichs der Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG, wird seine tatsächliche Wirkung gemindert.



A. Die grundgesetzliche Aufgabenordnung95

II. Die grundgesetzliche Aufgabenzuordnung – die Frage nach Aufgabenverantwortung Wie im zweiten Teil festgestellt gebietet sich bereits aus dem demokratischen Legitimations- und Verantwortungszusammenhang heraus ein jeder Gebietskörperschaft eigener Aufgabenbestand84, der Erzeugnis und zugleich Gegenstand ihrer Hoheitsgewalt darstellt. Dieser Aufgabenbereich ist zunächst inhaltsoffen und auf die konkrete Gestaltung und Zuweisung angewiesen. Nicht zuletzt um einer friktionslosen mehrstufigen Aufgabenerledigung willen wird der Verfassungs- bzw. einfache Gesetzgeber verpflichtet, diese politisch-demokratisch gekennzeichnete Aufgabenzuordnung positivrechtlich zu verankern oder zumindest zu erkennen zu geben. Gefordert ist dabei lediglich, dass sich jede zugewiesene „eigene“ Aufgabe in hinreichendem Maße von der Gebietskörperschaft selbst ausformen lässt85. Abgesehen vom System der funktionalen Kompetenzaufteilung gibt es im Grundgesetz noch eine andere Aufgabensystematisierung, die durch die Gestaltung der Verwaltungskompetenzen verwirklicht ist. Im vorangegangenen Abschnitt wurde erläutert, dass das Grundgesetz mit den beiden Typen der Landesausführung von Bundesgesetzen die materielle Verantwortung im Sinne der Letztentscheidung und -haftung für betreffende Angelegenheiten der jeweiligen föderalen Ebene anvertraut hat. Der auf den ersten Blick aufkommende Zweifel, ob diese ausschließlich auf die Verwaltungsverantwortung86 abstellende Aufgabenzuordnung tatsächlich die grundgesetzliche Aufgabenzuordnung darstellt, kann ohne weiteres bereinigt werden. Zwar hat sich auch der Gesetzgeber für die Inhalte der von ihm erlassenen Gesetze vor dem Volk zu verantworten. Die gesetzgeberische Verantwortung allein eignet sich jedoch in der Regel nicht zur Aufgabenverantwortung, da letztere auf die Verantwortung für das endgültige Wahrnehmungsergebnis einer konkreten Aufgabe verweist87. Abstrakt-generell entscheidend soll der Gesetzgeber nur als Mit- oder Nicht-Verantwortungsträger behandelt werden. Eine Ausnahme liegt nur dann vor, wenn die betreffende Aufgabe bereits durch gesetzliche Regelungen detailliert geregelt wird und sich das endgültige Wahrnehmungs84  Siehe

Teil 2 B. II. Teil 2 B. III. 2. 86  Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 73 f. begreift diesen uneinheitlich verwendeten Terminus zutreffend als die unbeeinflusste und eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung, die die Zurechnung und das Einstehenmüssen für ein Verhalten und dessen Folgen umfasst; auch Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 131 f. und Kube, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 28 unterscheiden zwischen der formellen Verwaltungszuständigkeit und der materiellen Verwaltungsverantwortung. 87  Siehe Teil 2 B. II. 85  Siehe

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

ergebnis in maßgeblichem Umfang unmittelbar auf die gesetzgeberische Entscheidung zurückführen lässt. In diesem Fall entfalten die gesetzlichen Regelungen die gleiche Wirkung wie die verwaltungsmäßigen Weisungen. Um die Systemgerechtigkeit zu erhalten, müssen derartig bundesgesetzlich geregelte Aufgaben als Auftragsangelegenheiten der Länder erfüllt werden. Daher lässt sich die grundgesetzliche Aufgabenzuordnung problemlos an die zwei Verwaltungstypen der Länder anknüpfen. Bei Landesausführung der Bundesgesetze als eigene Angelegenheit handelt es sich auch um die materiell „eigenen“ Aufgaben der Länder. Demgegenüber können die Auftragsangelegenheiten als quasi-Bundesaufgaben88 angesehen werden. Eine Zuordnung nach anderweitigem Maßstab ist dem Grundgesetz nicht zu entnehmen. Das Grundgesetz hat also für die rechtliche Aufgabenzuordnung ein Konzept der Verwaltungsverantwortung erstellt, wonach die Aufgaben ihrem materiellen Verwaltungsträger – inkl. Inhaber der Fachaufsichtsmaßnahmen und vornehmlich Einzelweisungsberechtigte – zuzuordnen sind. Maßnahmen der Rechtsaufsicht, selbst wenn sie dem Inhalt oder der Wirkung nach einer Fachaufsicht gleichkommt, stellen grundsätzlich keinen „Eingriff“ in die Aufgabenverantwortung dar. Dieses Konzept wird auch in der Aufgabenzuordnung zwischen Land und Kommunen umgesetzt89 und hat weitergehende Bedeutung. Nicht zu vernachlässigen ist allerdings, dass die Erhaltung seiner Rationalität wie bereits ausgeführt eine behutsame Kompetenznutzung des Bundes voraussetzt.

B. Die grundgesetzliche Finanzordnung Nach einhelliger Auffassung haben die sachlichen vor den finanziellen Kompetenzen Vorrang90. Während der Staat seine Existenzberechtigung primär in der Erfüllung von staatlichen Aufgaben findet, steht die Finanzordnung auf der sekundären Ebene und zielt darauf ab, die staatliche Aufgabenwahrnehmung finanziell zu unterstützen. In diesem Sinne wird die Finanzverfassung91 gemeinhin als „Folgeverfassung“92 erfasst. Diese Ansicht ist 88  Vgl. Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 85 Rn. 7; Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 132: Auftragsangelegenheiten sind Bundesangelegenheiten im materiellen Sinne. 89  Siehe Teil 4 B.; auch Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 119 f. 90  Siehe Nachweise in Teil 2 Fn. 132. 91  Gemeint ist die Finanzverfassung im engeren Sinne, also Art. 104a bis 108 GG. Die übrigen Artikel des X. Abschnittes des Grundgesetzes (Art. 109 bis 115 GG) werden als Haushaltsverfassung bezeichnet. Siehe Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Rn.  39 ff.; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Vorb. zu Abschnitt X, Rn. 6 f. 92  Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 28; Mückl, Finanzverfassungs­ rechtlicher Schutz, S. 157; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Vorb.



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung97

prinzipiell korrekt. Doch ist hierbei anzumerken, dass das System der Finanzen keinen derartigen Bestandteil des Grundgesetzes darstellt, der als absolut abhängig von den staatlichen Sachentscheidungen anzusehen wäre93. Vielmehr besitzt es einen politisch erheblichen Eigenwert und kann seine Ausgestaltung betreffend selbständig erhebliche Auswirkungen hervorrufen. Die Ausgestaltung des Finanzsystems unterliegt in großem Maße eigenen Regeln und Grenzen94, die von der Aufgabenordnung unabhängig sind. Das heißt, dass die Finanzverteilung zwar grundsätzlich eine der Aufgabenverteilung „dienende“ Funktion ausüben und dieser gegenüber nur „sekundär“ sein soll. Wegen ihrer eigenen Regelhaftigkeit wirkt sie jedoch zugleich auf die Aufgabenverteilung zurück95. Kaum wird die staatliche Aufgabenerfindung und -ansiedlung ohne Rücksicht auf die Finanzlage der betreffenden Gebietskörperschaften bzw. Organisationen vorgenommen. Die Aufgabenverteilung ist nicht eine gesonderte, sondern eine gemeinsam mit der Finanzlast und -ausstattung getroffene Entscheidung. In gewissem Maße stehen die Finanz- und die Aufgabenordnung in einem Wechselverhältnis96 zueinander und dienen der Erreichung staatlicher Sachzwecke in Form eines Funktionsverbundes. Grundsätzlich besteht eine Finanzordnung aus Regelungen zweierlei Kategorien: den Regelungen bezüglich der Einnahmenbeschaffung und denen der Ausgabenverpflichtungen. Weiter zu unterscheiden ist die Einnahmenhoheit97 und Ausgabenverantwortung von der bloßen Zuständigkeit zum VerArt. 104a–115 Rn. 29; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 4; Huber, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 107 Rn. 33. 93  Heun, DVBl. 1996, S. 1020 (1021); Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Vorb. zu Art. 104a–115 Rn. 26 f.; Tappe, DVBl. 2013, S. 1079 (1079 f.); Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 21 f.; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Vorb. zu Abschnitt X Rn. 45 m. w. N. 94  Etwa die Steuergerechtigkeit und steuerliche Belastbarkeit. In Betracht kommen unter anderem auch die Auswirkungen auf die (gesamtstaatliche) wirtschaftliche und soziale Ordnung sowie Gesichtspunkte der Finanzverwaltungsökonomie und -praktikabilität. Siehe auch Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Vorb. zu Art. 104a–115 Rn. 24. 95  Heun, DVBl. 1996, S. 1020 (1021); Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Vorb. zu Art. 104a–115 Rn. 26; siehe auch Hellermann, in: Mangoldt /  Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 4. 96  Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 5; Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 92 f.: Komplementarität; Heun, DVBl. 1996, S. 1020 (1021): Gegenseitige Interdependenzen und Überschneidungen. 97  Damit ist die Ertragshoheit im Unterschied zur Verwaltungshoheit der Finanzmittel gemeint, die bestimmt, in wessen „Verfügungsmacht“ der Geldbetrag gelangt ist. Vgl. Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 8.

98

Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

einnahmen und Verausgaben98. So muss die Einnahmen- mit der Ausgabensowie Aufgabenverteilung immer in Übereinstimmung gebracht werden. Anzufügen ist, dass diese Übereinstimmung sowohl quantitativ als auch qualitativ zu gewähren ist. Das heißt, dass das Finanzsystem nicht nur hinsichtlich des Finanzvolumens die Aufgabenerfüllung jedes Aufgabenträgers befriedigen muss. Gefordert ist vielmehr eine strukturelle Entsprechung zwischen der Finanz- und der Aufgabenordnung. Konkret muss das Finanzsystem auch den materiellen Vorgaben der staatlichen Strukturprinzipien wie denen des Demokratieprinzips, des Bundesstaatsprinzips und der kommunalen Selbstverwaltung hinreichend Rechnung tragen99. Ohne eine strukturell entsprechende Finanzbasis können diese Prinzipien nicht angemessen zur Geltung kommen. Die Komplexität und Diffizilität der Ausgestaltung einer transparenten, sach- und systemgerechten Finanzordnung wird durch das soeben Angeführte deutlich. Es treten dabei neben den politisch-rechtlichen insbesondere (volks-)wirtschaftliche Erwägungen in den Vordergrund, die zu unterschiedlichen bis gegensätzlichen Ergebnissen führen können100. Ferner muss die Finanzordnung zwischen den Zielen der Stabilität und der Flexibilität ausbalancieren, um zu garantieren, dass die staatlichen Körperschaften bzw. Organisationen einerseits auf einer stabilen sowie sicheren Finanzbasis fußen und sich andererseits den dynamischen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen finanziell schnell anpassen können. All dies hat die Finanz­ reform zum ständigen Thema der politischen Agenda gemacht101. Im Anschluss wird die gegenwärtige Finanzverfassung je auf der Ausgaben- und der Einnahmenseite kurz dargelegt und klargemacht, unter welchen finanziellen Rahmenbedingungen die kommunale Selbstverwaltung zu diskutieren ist. Den Schwerpunkt bildet dabei nicht die Finanzmasse, sondern die Finanzstruktur, also der Zusammenhang zwischen der Aufgaben- und der Finanzordnung.

98  Siehe

Teil 2 C. III. 72, 330 (383); 86, 148 (264); Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S.  12 f.; Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 5 ff. 100  Siehe Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Vorb. zu Art. 104a–115 Rn. 24. 101  Für einen kurzen Überblick über die jüngste Reform im Jahre 2017 siehe etwa Benz, ZSE 2017, S. 395 (401 ff.). 99  BVerfGE



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung99

I. Die Ausgabenverteilung Bevor auf die Einnahmenseite der Finanzverfassung eingegangen wird, ist zunächst die Regelung der Ausgaben zu betrachten. Vor der Finanzreform 1969 befasste sich das Grundgesetz überwiegend mit der Frage der Einnahmenverteilung102. Es wurde allgemein eine Anpassung der Einnahmen- an die Aufgabenverteilung postuliert. Zwar war dafür das Kalkulieren der Aufgabenkosten der notwendige Zwischenschritt. Die Frage nach der Ausgabenverantwortung – also danach, wer aus eigenem Haushalt die Ausgabenlast tragen soll – blieb aber im Dunkeln und es kam immer wieder zur Mischfinanzierung und -verwaltung103. Von einer transparenten und systemgerechten Finanzordnung war das System weit entfernt. Erst nach der Finanzreform 1969104 fand die Lastenverteilung eine explizite und zentrale Normierung in Art. 104a des Grundgesetzes. In der folgenden Erläuterung sind nicht alle Verfassungsnormen zu behandeln, die Bund und Länder zum Verausgaben verpflichten oder ermächtigen. Angeführt werden lediglich die Vorschriften, die unmittelbar mit der staatlichen Aufgabenwahrnehmung zusammenhängen. Die Regelungen über Haushaltshaftung und Investitionsförderung sowie die Sonderfälle der Art. 91a ff. GG bleiben außer Acht. 1. Zweck- und Verwaltungsausgaben Vor allem muss zwischen Zweck- und Verwaltungsausgaben unterschieden werden. Verwaltungsausgaben sind etwa die persönlichen sowie sachlichen Ausgaben105 für die Erhaltung und den Betrieb eines Verwaltungsapparates106. Demgegenüber dienen Zweckausgaben der Erfüllung des Sachzwecks

102  Für einen kurzen historischen Überblick über die Lastenverteilungsregelung im Grundgesetz siehe Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 24 ff.; Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 17 ff.; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze, S. 349 ff. 103  Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 22; Schuppert, in: Umbach / Clemens (Hrsg.), GG, Bd. II: 104a Rn. 9; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 28; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 3 f. 104  BGBl. I S. 359. 105  Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 17; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 13; Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 59; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze, S. 363; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 236; Tappe / Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, S. 29 Rn. 120. 106  BVerwG, Urt. v. 24.07.2008 – 7 A 3.07, Jurion, Rn. 11; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 9; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 17;

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

der Einzelaufgaben107. Für die Abgrenzung zwischen beiden Segmenten in konkreten Fällen kommt es aber nicht bloß auf den „Inhalt“ der Ausgaben an, also auf die Frage, ob die Ausgaben in Form von Personal- bzw. Sachkosten des Verwaltungsapparates oder in Form der Kosten für konkrete Leistungen nach außen auftreten. Von Bedeutung ist vielmehr, ob die Ausgaben in unmittelbarem Zusammenhang mit der Wahrnehmung einer Sachaufgabe stehen108 und für die Zweckerreichung erforderlich sind109. Diese Abgrenzung kann im Einzelfall überaus komplex sein. Differenziert werden muss unter den verschiedenen Ausgabenposten dahingehend, welche allgemein für die Erhaltung des Verwaltungsapparates vom Aufgabenträger und welche speziell für die Erfüllung der Sachaufgaben anfallen110. Wenn zum Beispiel für eine Sachaufgabe besondere Einrichtungen etabliert werden müssen, sind die dafür notwendigen Sach- und Personalkosten Zweckausgaben. Werden Behörden für die Etablierung, Beaufsichtigung oder Erhaltung dieser Einrichtungen errichtet, fallen nur Verwaltungsausgaben an111. Gewissermaßen wird dem Gesetzgeber auch ein Beurteilungsspielraum zugesprochen112. Nach Art. 104a Abs. 5 S. 1 Hs. 1 GG tragen Bund und Länder jeweils die bei ihren Behörden entstehenden Verwaltungsausgaben. Damit wird in Korrespondenz mit der Organisationshoheit die Eigenständigkeit der Gebietskörperschaften beider föderalen Ebenen ausgedrückt113. Die Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zweckausgaben hat vornehmlich Bedeutung für Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze, S. 363; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 236; Tappe / Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, S. 29 Rn. 120. 107  Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 17; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 13; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 9; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 104a Rn. 16; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 236; Tappe / Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, S. 29 Rn. 121. 108  Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 50; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 10; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 236; BVerwG, Urt. v. 24.07.2008 – 7 A 3.07, Jurion, Rn. 11 f.; Urt. v. 27.01.2010 – 7 A 8.09, Jurion, Rn. 19: Personalkosten unterfallen den Zweckausgaben, wenn sie der entsprechenden Sachaufgabe zurechenbar sind. 109  BVerwG, Urt. v. 24.07.2008 – 7 A 3.07, Jurion, Rn. 11 f. 110  Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 10; Kube, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 22 f.: Verwaltungs- und Zweckausgaben sind jeweils mit den Gemein- und Einzelkosten der Kostenrechnung vergleichbar. 111  Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 64; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze, S. 364; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 146; vgl. auch Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 11; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 18. 112  Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 64. 113  Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 236; Henneke, Die Kommunen in der Finanzverfassung, S. 97.



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung101

Fälle, in denen der Bund völlig oder teilweise die von den Ländern durchgeführten Aufgaben finanzieren darf114. Ungeachtet der Aufgabenzugehörigkeit darf der Bund grundsätzlich keine Verwaltungsausgaben der Länder übernehmen115. Artikel 104a Abs. 2–4 GG gelten insofern ausschließlich für Zweckausgaben116. 2. Die allgemeine Lastentragungsregel des Art. 104a Abs. 1 GG Gemäß Art. 104a Abs. 1 GG tragen der Bund und die Länder grundsätzlich gesondert die Ausgaben, die aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben resultieren. Dem Wortlaut nach besteht eine Konnexität zwischen Ausgaben und Aufgaben nur insoweit, als die Ausgabenverantwortung der „Aufgabenzugehörigkeit“ folgt. Es gilt somit der Grundsatz, dass jede Gebietskörperschaft die Finanzlast für ihre „eigenen“ Aufgaben tragen muss und eine Fremd­ finanzierung – sei es eine einseitige Kostenübernahme / -abwälzung oder eine solche nach Vereinbarung – unzulässig ist117. An sich ist diese Regelung hinreichend klar und sie bringt nur die Eigenständigkeit sowie Eigenverantwortlichkeit des Bundes und der Länder zum Ausdruck. In diesem Sinne weniger exakt ist die anderweitige Bezeichnung des Art. 104a Abs. 1 GG als eine „Lastenverteilungsregel“118, da die Lasten niemals „verbunden“ sind. Unter dem Kontext des Grundgesetzes könnte Art. 104a Abs. 1 GG allerdings noch auslegungsbedürftig sein. Die Kernfrage besteht hinsichtlich des kontextbezogenen Verständnisses des zur Kostentragung führenden Tat­ bestandes der „Wahrnehmung ihrer Aufgaben“. Ungeachtet dessen, ob der Interpretationsgegenstand auf der „Aufgabe“ oder der „Wahrnehmung“ von 114  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 13; Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 61; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 11; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 25. 115  Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 59; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 13; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 13; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 236. 116  Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 16; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 13; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 37. 117  Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 19; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 6; Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 25; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 12; Arnim, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 17; Waiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S. 15; Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 33. 118  Etwa Waiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S. 30; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 235; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 13.

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

Aufgaben basiert119, sind zwei Fragen zu beantworten: was die „eigenen“ Aufgaben des Bundes sowie der Länder bzw. wie sie voneinander abzugrenzen sind und ob der Tatbestand auf eine bestimmte Kompetenzart – also die Gesetzgebung oder die Verwaltung – verweist. Artikel 104a Abs. 1 GG lässt sich demnach nicht als eine isolierte Vorschrift, sondern vielmehr als ein Bestandteil der gesamten Normenkonstruktion des Bund-Länder-Verhältnisses betrachten. Sein Verständnis ist wesentlich auf die grundgesetzliche Gestaltung der Sachkompetenzen angewiesen. Allem vorweg muss klargestellt werden, dass sich die Formulierung der „Wahrnehmung ihrer Aufgaben“ nicht per se an eine bestimmte Kompetenzart zu knüpfen hat120. Die Ursache für eine Auswahl zwischen den beiden Alternativen liegt darin, dass im Grundgesetz die funktionale Kompetenzverteilung im Vordergrund steht und eine davon unabhängige explizite Aufgabenzuordnung nicht besteht121. Artikel 83 ff. GG werden zunächst nur als Regelungen über die zwei Typen der Landesausführung von Bundesgesetzen angesehen. Die bisherige Analyse hat aber geklärt, dass die im Bereich der Verwaltungskompetenzen vorgenommene Aufgabensystematisierung auch eine materielle Aufgabenzuordnung darstellt122. Es gibt somit keinen Zweifel mehr daran, dass die Formulierung „Wahrnehmung ihrer Aufgaben“ an die Verwaltungskompetenz nach Art. 83 ff. GG anzuknüpfen hat. Gemeint wird die Sach- anstatt von Wahrnehmungskompetenz, also die verwaltungsmäßige Sachleitungsbefugnis123. Für eine Kopplung an die Gesetzgebungskompetenz gibt es im geltenden Grundgesetz überhaupt keinen Anknüpfungspunkt. Die Auffassung, dass der (Bundes-)Gesetzgeber wegen seines steigenden Einflusses auf die Aufgaben und ihre Ausgaben letztere tragen müsse, steht dem Wortlaut und Sinn des Art. 104a Abs. 1 GG entgegen124. Nach dem Konnexitätsgrundsatz ist der Beitrag des Gesetzgebers zur Ausgabenhöhe im zweiten Schritt durch eine lastengerechte Einnahmenverteilung auszugleichen125. Der Gedanke, die Ausgaben nach dem finanziellen Beein119  Siehe

Teil 1 A. I. 1. c). wird seit der Entstehung des Art. 104a Abs. 1 GG von der Verknüpfung der „Wahrnehmung ihrer Aufgaben“ mit der Verwaltungszuständigkeit bzw. -verantwortung ausgegangen, dem Wortlaut nach lässt der Ausdruck andere Möglichkeiten zu. Siehe Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 13; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 12; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze, S. 359; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 237; Arnim, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 18 f. 121  Vgl. Grote, JZ 1996, S. 832 (833); Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 14. 122  Siehe Teil 3 A. I. 2. c) und II. 123  Siehe Teil 3 A. I. 2. b). 124  Siehe Teil 2 D. II. 3. 120  Zwar



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung103

flussungspotential des jeweiligen Entscheidungsträgers zuzuordnen, indiziert gewissermaßen die Dysfunktion des geltenden Einnahmesystems126. 3. Lastentragung bei Bundesauftragsverwaltung nach Art. 104a Abs. 2 GG Im Unterschied zu Absatz 1 trägt der Bund nach Art. 104a Abs. 2 die Zweckkosten, wenn die Aufgabe in seinem Auftrag von den Ländern ausgeführt wird. Diese Regelung gilt als eine Bestätigung des in Art. 104a Abs. 1 GG verankerten Konnexitätsgrundsatzes127. Obwohl die Länder die Wahrnehmungskompetenz der Auftragsangelegenheiten unentziehbar behalten, liegt die materielle Aufgaben- und somit Ausgabenverantwortung beim Bund. Artikel 104a Abs. 2 GG ist auch eine allgemeine Lastentragungsregel für die Bundesauftragsverwaltung. Demgegenüber stellt sich Art. 104a Abs. 3 GG als eine Spezialregelung dar128, wobei der Bund für die in seinem Auftrag auszuführenden Geldleistungsgesetze nicht unbedingt die Vollkosten zu tragen hat. 4. Sonderregelung der Geldleistungs- und geldwerten Leistungsgesetze nach Art. 104a Abs. 3 und 4 GG Bundesgesetze, die Geldleistungen, geldwerte Sachleistungen oder vergleichbare Dienstleistungen gegenüber Dritten vorsehen, erfahren eine Sonderregelung in Absatz 3 und 4 des Art. 104a GG. Zum einen bedürfen solche Gesetze der Zustimmung des Bundesrates, wenn die mit den Leistungen verbundenen Ausgaben von den Ländern zu erbringen sind. Zum anderen schlägt der Verwaltungsmodus automatisch in die Auftragsverwaltung um, 125  BVerfGE 72, 330 (383); 86, 148 (248); Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 131; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 13; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 130. 126  Dies zeigt sich auch in der Zahlenzunahme vertikaler zweckgebundener Finanztransfers. Siehe Scheller, in: Junkernheinrich / Lange (Hrsg.), Die Reform der föderalen Finanzen, S. 99 (100 ff.). 127  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 22; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 22; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 37; vgl. auch Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 23; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 72 ff. 128  Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 32; Kube, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 40; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 30; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 104a Rn. 10; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 39.

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

wenn der Bund für ein Geldleistungsgesetz mindestens die Hälfte der Ausgaben übernimmt. a) Zustimmungsbedürftigkeit Nach Art. 104a Abs. 4 GG bedarf ein Bundesgesetz der Zustimmung des Bundesrates, wenn die Länder zur Erbringung der genannten Leistungen verpflichtet werden und die damit einhergehenden Ausgaben ganz oder zum Teil zu tätigen haben. Den einzigen Anknüpfungspunkt für die Zustimmungsbedürftigkeit stellt die finanzielle Belastung der Landeshaushalte dar129. Es spielt keine Rolle, ob das betreffende Gesetz als eigene Angelegenheit oder im Auftrag des Bundes ausgeführt wird. Das seit der Föderalismusreform 2006 im Grundgesetz befindliche Zustimmungserfordernis räumt den Ländern die Möglichkeit ein, durch Ausübung des Vetorechts des Bundesrates ein kostenerhebliches Bundesgesetz ganzheitlich abzuwehren130. Mit dem Zustimmungstatbestand hat sich das Grundgesetz für einen politischen Lösungsweg entschieden131, unabhängig davon, ob die betreffenden Leistungen der Sache nach von dem Bund oder den Ländern finanziert werden sollen. Den Ländern wird eine starke Verhandlungsposition beigemessen132, indem sie entweder durch die Ablehnung des Bundesrates überhaupt die Lastenentstehung verhindern oder für die Zustimmung eine grundgesetzlich zulässige Mitfinanzierung des Bundes, eine erhöhte Umsatzsteuerbeteiligung133 oder andere günstige Bedingungen aushandeln können.

129  BT-Drs. 16 / 813, S. 18; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 36 ff.; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 43; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 50 f.: Der Zustimmungsvorbehalt greift nicht ein, wenn den Ländern etwa kraft Abgabentatbestände keine Kosten entstehen. 130  Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 31 f.; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 39; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 45; ders., Der Landkreis 2010, S. 592 (596); ders., DVBl. 2011, S. 125 (127); Häde, JZ 2006, S. 930 (935); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S.  106 f. 131  Röttgen / Boehl, in: Holtschneider / Schön (Hrsg.), Die Reform des Bundesstaates, S. 17 (24); Henneke, DVBl. 2006, S. 867 (868); ders., DVBl. 2011, S. 125 (127); kritisch Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 39. 132  Henneke, Der Landkreis 2010, S. 592 (596); ders., DVBl. 2011, S. 125 (127); Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 33; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 106. 133  Henneke, Der Landkreis 2010, S. 592 (596); ders., DVBl. 2011, S. 125 (127).



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung105

b) Geldleistungsgesetze aa) Tatbestand Mit Geldleistungen sind explizite Geldzuwendungen gemeint, die gegenleistungsunabhängig, einmalig oder laufend gegenüber privaten oder öffent­ lichen Empfangsberechtigten geleistet werden134. Dazu gehören neben den Zuschüssen auch die zinsvergünstigten Darlehen135. Für das Vorliegen eines Geldleistungsgesetzes ist nicht erforderlich, dass dabei dem Begünstigten ein Rechtsanspruch auf Geldleistung eingeräumt wird136. Es reicht, dass die Länder durch das Gesetz intern – etwa in den Haushaltsplänen – an die Bereitstellung von Geldleistungen gebunden sind137. Fraglich könnte sein, ob ein Geldleistungsgesetz gegebenenfalls zusammen mit einer Rechtsverordnung unbedingt das „Ob“ und die Höhe der Geldleistungen festlegen muss. Für die zustimmende Auffassung wird angeführt, dass Art. 104a Abs. 3 GG als eine Sonderregelung zur allgemeinen Lastentragungsregel des Art. 104a Abs. 1 GG die Fälle betreffen solle, in denen die Länder über keine oder nur geringe Konkretisierungsspielräume verfügten138. Dies geschehe nur dann, wenn das „Ob“ und die Höhe der Geldleistungen bereits durch den Bund maßgeblich entschieden seien139. Es bedürfe zwar keiner mit genauen Zahlenangaben vorgesehenen Regelung.

134  Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 26; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 27; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 82; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 25; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze, S. 365. 135  Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 82; Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 33; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 25; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 27. 136  Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 28; Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 35; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 26; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 31; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 104a Rn. 11; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze, S. 366. 137  Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 35; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze, S. 366. 138  Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 36; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 24; siehe auch BT-Drs. V / 2861 S. 31 f. 139  Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 35; vgl. auch Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 24; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 45.

106

Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

Vorhanden sein müssten aber klare Merkmale140, die die Länder ohne wesentliche Ermessensspielräume anzuwenden hätten. Ebenfalls von der Einordnung als Sonderregelung ausgehend lautet eine gewissermaßen variierende Begründung zur zustimmenden Auffassung, dass die Länder beim Vollzug von Geldleistungsgesetzen keinen Ermessensspielraum hinsichtlich der „Höhe der zu verausgabenden Mittel“ besäßen141 oder dass ihnen bei Geldleistungsgesetzen unmittelbar Ausgaben entstünden142. Obwohl dabei auch auf die Ermangelung von Einwirkungsmöglichkeiten der Länder abgestellt wird, geht es im Kern um das Beeinflussungspotential hinsichtlich der Kostenfolgen. Diese Auslegung steht offensichtlich in Einklang mit der Interpretation des Art. 104a Abs. 1 GG nach dem Verursacherprinzip143 und stellt sich als deren konsequente Fortführung dar. Hingegen wird auch behauptet, dass die Geldleistungen teilweise im Ermessen der Länder liegen dürften144. Ein besonderes Schutzbedürfnis145 entstehe, wenn sich die Länder der Leistungsgewährung nicht komplett zu entziehen vermöchten und die zu erwartende Ausgabenlast das Länderinteresse erheblich berühren könnte146. Diese Ansicht stützt sich gleichfalls auf das Verursacherprinzip, sieht die Ursache für die Sonderbehandlung aber ausschließlich in der verglichen mit anderen Gesetzen deutlich gewichtigeren Finanzwirksamkeit der Geldleistungsgesetze. 140  Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 36; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 45; Hellermann, in: Mangoldt / Klein /  Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 87; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 44. 141  BT-Drs. 16 / 813, S. 18; Ekardt / Buscher, DÖV 2007, S. 89 (91); Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 37; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 44; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 42; vgl. Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 80. 142  Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 30; vgl. Hellermann, in: Mangoldt /  Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 80. 143  Siehe Teil 2 D. II. 3. 144  Hellermann, in: Starck (Hrsg.), Föderalismusreform, S. 145 (151); Arnim, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 44; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 26 hält einmal eine Ermessensleistung für zulässig und geht ein anderes Mal davon aus, dass es keinen Ermessensspielraum der Länder bei Geldleistungsgesetzen gibt (siehe Nachweis in Fn. 141). 145  Grote, JZ 1996, S. 832 (834); Henneke, Der Landkreis 2013, S. 304 (305 f.); ders., in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 24. 146  BT-Drs. 16 / 813, S. 18; Henneke, Der Landkreis 2013, S. 304 (305 f.); ders., in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 24; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 37; Kube, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 41; vgl. Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 81.



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung107

Es ist davon auszugehen, dass wegen seiner Stellung in Art. 104a GG der Absatz ‍3 die Fälle regeln soll, die sich von Absatz 1 und 2 der Vorschrift nicht erfassen lassen. Zum einen zeichnen sich die Geldleistungen dadurch aus, dass sie im Vergleich zu anderen Aufgaben in der Regel durch die gesetzlichen Bestimmungen konkretere Gestalt gewinnen können147. Der Zusammenhang zwischen gesetzgeberischer Entscheidung und Aufgabenzuschnitt ist unmittelbarer und deutlicher, sodass ein potentielles Bedürfnis nach Sonderbehandlung bereits deswegen gegeben wird. Zum anderen muss eine qualifizierte Durchbrechung zu Art. 104a Art. 1 und 2 GG nicht unbedingt auf der Tatbestandsseite geschehen. Eine Sonderregelung braucht es auch, wenn der Verfassungsgeber nur eine unterschiedliche Rechtsfolge als die einseitige Lastentragung durch Bund oder Länder an Geldleistungsgesetze knüpfen will. Demnach ist es nicht zwingend, dass die Geldleistungen durch bundesgesetzliche Regelungen voll verbindlich geregelt werden müssen. Erfordert wird lediglich, dass das betreffende Gesetz selbst die Geldleistungen anordnet148 und sich zum wahren Geldleistungsgesetz qualifiziert. Ermessensspielraum hinsichtlich des „Wie“ der Leistungserbringung einschließlich der Höhe von Leistungen für die Länder kann problemlos bestehen149. Artikel 104a Abs. 3 GG hat bereits dann eine von Absatz 1 und 2 deutlich abweichende und äußerst flexible Rechtsfolge. Er ist unabhängig von der inhaltlichen Qualität des Geldleistungsgesetzes ohnehin als eine besondere Lastenverteilungsregelung einzustufen. Die unterschiedlichen Meinungen und Begründungen zu Art. 104a Abs. 3 GG haben die Vielfalt der hinter den Finanzregelungen stehenden Konzepte und Gedankenlinien hervorgestrichen, die sich bei genauerem Hinsehen nicht immer als plausibel erweisen.

147  Vgl.

Teil 3 A. II. Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 185; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 28; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 31; vgl. Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 87 f.; ders., in: Starck (Hrsg.), Föderalismusreform, S. 145 (151); Arnim, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 44. 149  Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 87 f.; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 28; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 104a Rn. 11; Arnim, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 44. 148  Mückl,

108

Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

bb) Rechtsfolge (1) Fakultative Kostenbeteiligung des Bundes Für die Geldleistungsgesetze ist eine besonders flexible Rechtsfolge hinsichtlich der Lastenverteilung vorgesehen. Der Bund kann frei entscheiden, ob und in welcher Höhe er an der Ausgabenlast solcher Leistungen beteiligt wird150. Dies bedeutet, dass die Finanzbeteiligung des Bundes nicht unbedingt nach seinem konkreten Verursachungsbeitrag bemessen werden muss. Es handelt sich dabei um eine auf politische Verhandlung151 angewiesene Ausgabenverteilung, die weder als Anwendung des Konnexitätsgrundsatzes noch als die des Verursacherprinzips anzusehen ist. (2) U  mschlagen in Bundesauftragsverwaltung nach Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG bei Geldleistungsgesetzen Eine besonders kritikanfällige Regelung stellt Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG dar, wonach ein Geldleistungsgesetz automatisch im Auftrag des Bundes ausgeführt wird, wenn der Bund mindestens die Hälfte der Ausgaben trägt. Das heißt, der Bund könnte mit der Übernahme nur einer Hälfte der Zweckausgaben der Geldleistungen die Sachleitungsbefugnis über die Ausführung des gesamten Gesetzes oder eines Gesetzeskapitels – das zugleich andere Leistungen bzw. Aufgaben enthalten kann – gewinnen152. Für die Länder bleibt nur die Schutzmöglichkeit durch die Ausübung des Vetorechts des Bundesrates gemäß Absatz ‍4. Diese rechtspolitische Konzeption, dass die Länder für die Finanzierung vollkommen bundesseitig zu verantwortender Aufgaben herangezogen werden könnten, ist jedenfalls verfehlt153. Artikel 104a Abs. 3 S. 2 GG sollte ersatzlos gestrichen werden154. 150  Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 29; Pieroth, in: Jarass /  Pieroth, GG: Art. 104a Rn. 12; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 92; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 40; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 32 f. 151  Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 38; in Bezug auf die unterschiedlichen Beteiligungsquoten bei verschiedenen Gesetzen siehe Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 34 ff. 152  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 34; vgl. Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 42; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 32 f. Hellermann, in: Mangoldt / Klein /  Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 95a ff. 153  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 34; ders., DVBl. 2014, S. 1422 (1431); Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 104a Rn. 30; vgl. Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 95a.



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung109

c) Die geldwerten Sach- und vergleichbaren Dienstleistungen Neben den Geldleistungen werden auch die geldwerten Sachleistungen und vergleichbaren Dienstleistungen besonders behandelt. Diese sind also die Schaffung von Vorteilen für Dritte, die nicht in Form der Geldmittelzahlungen und nicht als unmittelbares Substitut für Geldleistungen zu erfolgen ist155. Verwaltungsakte wie Genehmigungen und Erlaubnisse, die lediglich die Vereinbarkeit mit materiellen Gesetzesvorgaben feststellen, zählen nicht hierzu156. Die Vergleichbarkeit einer Dienstleistung mit Geld- und geldwerter Sachleistung liege vor, „wenn sie unter vergleichbar engen Voraussetzungen wie dies bei Geld- und Sachleistungen der Fall ist, einem Dritten Vorteile gewährt oder sonstige Maßnahmen gegenüber Dritten veranlasst, die zu einer erheblichen Kostenbelastung der Länder führen“157. Nach der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung soll die Kostenerheblichkeit keine entscheidende Rolle für die Ausgabenverteilung spielen. Weder stellt sie einen theoretisch plausiblen Maßstab für die Lastenzuordnung dar, noch lässt sich die Frage beantworten, in welcher Höhe eine „erhebliche“ Finanzlast entsteht. Vielmehr muss die Vergleichbarkeit bereits gegeben sein, wenn die betreffende Dienstleistung ähnlich wie eine Geld- oder geldwerte Sachleistung direkt durch bundesgesetzliche Bestimmungen begründet und konkret ausgestaltet wird. Die Absonderung der Leistungsgesetze von den anderen Gesetzen soll daran liegen, dass sich die Leistungsaufgaben in hohem Maße unmittelbar aus den Gesetzen ergeben und der Gestaltungsspielraum des Verwaltungsträgers entsprechend vermindert wird158. Unter dem Kontext der Anpassungsunfähigkeit des Einnahmenverteilungssystems wird dazu geneigt, wie es im Falle von Art. 104a Abs. 3 GG nicht ganz zufriedenstellend geschieht, die Beteiligung des Gesetzgebers an der Finanzlast zu ermöglichen. Auch der Umstand, dass beide Arten von Leistungen regelmäßig in einem Gesetz untrennbar mitein-

154  Henneke, DVBl. 2014, S. 1422 (1431); vgl. Hellermann, in: Mangoldt / Klein /  Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 98. 155  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 27; ders., Der Landkreis 2013, S. 304 (306); Hellermann, in: Mangoldt / Klein /  Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 84, 100. 156  BT-Drs. 16 / 813, S. 18. 157  BT-Drs. 16 / 813, S. 18; siehe auch Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 101; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann /  Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 45. 158  Vgl. auch Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 44 f.; Hellermann, in: Starck (Hrsg.), Föderalismusreform, S. 145 (151); Arnim, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 138 Rn. 44.

110

Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

ander verflochten159 bzw. gegeneinander austauschbar160 sind, spricht für eine Gleichbehandlung. Trotz der rechtspolitischen Fragwürdigkeit161 wird eine solche Gleichbehandlung bewusst unterlassen. Anders als Geldleistungen ist eine Kostenbeteiligung des Bundes an geldwerten Sach- und vergleichbaren Dienstleistungen ausgeschlossen, um der Tendenz des sich vermehrenden Bundeseinflusses auf die Landesverwaltung per Mitfinanzierung entgegenzuwirken162. Sollten alle Leistungen einheitlich behandelt werden, wäre mit weitreichenden rechtsproblematischen Mischfinanzierungen zu rechnen163. 5. Zwischenergebnis Für die Zuordnung bzw. Verteilung der Ausgaben der staatlichen Aufgabenerfüllung zwischen Bund und Ländern finden sich drei Gedankenlinien. Geht man vom Vorhandensein der Gestaltungs- bzw. Entscheidungsspielräume der Länder aus, wird dem Konnexitätsgrundsatz entsprechend der Schwerpunkt auf die sachliche Aufgabenverantwortung gelegt. Die Finanzlast hat direkt dieser zu folgen. Demgegenüber tritt das sich auf die finan­ ziellen Auswirkungen konzentrierende Verursacherprinzip hervor, wenn etwa die Argumente vorgebracht werden, dass die betreffende Aufgabe „unmittelbar kostenwirksam“ sei und eine „erhebliche“ Finanzbelastung mit sich bringe oder dass die Länder keinen Einfluss auf die Kostenhöhe hätten. Diese verwobene Interpretation insbesondere für dieselbe Regelung ist problematisch, da das Verursacherprinzip und der Konnexitätsgrundsatz zwar zusammenhängend, im Grunde aber inkompatibel sind, zumal sich der Entscheidungsspielraum des Aufgabenzuschnittes nicht mit dem der Ausgabenhöhe 159  Kirchhof, Gutachten D für den 61. DJT, S. 31; Korioth, DVBl. 1993, S. 356 (361); Heun, DVBl. 1996, S. 1020 (1024); Henneke, Der Landkreis 2013, S. 304 (306); Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 84, 93. 160  Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 84, 93; Korioth, DVBl. 1993, S. 356 (361); Heun, DVBl. 1996, S. 1020 (1024); Henneke, Der Landkreis 2013, S. 304 (306). 161  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 27; ders., in: ders. (Hrsg.), Föderalismusreform in Deutschland, S. 225 (264); Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 43; Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 84. 162  Schön, in: Holtschneider / Schön (Hrsg.), Die Reform des Bundesstaates, S. 73 (85 f.); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 27; ders., Der Landkreis 2013, S. 304 (306); Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 37 f. 163  Hellermann, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 104a Rn. 84; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 27; ders., Der Landkreis 2013, S. 304 (306).



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung111

gleichsetzen lässt. Außerdem öffnet sich für bestimmte Tatbestände der Weg zur politischen Vereinbarung, um einerseits eine flexible Lösung zu ermög­ lichen und andererseits die mit Bundesfinanzierung einhergehenden Eingriffe in die Sachkompetenzen der Länder zu vermindern. Aufgrund dessen, dass sich das geltende System der Einnahmenverteilung den steigenden gesetzgeberischen Einwirkungen nicht gerecht anzupassen vermag, findet das Verursacherprinzip mehr Beachtung für die Gestaltung einzelner Ausgabenregelungen. Es gilt allerdings zu konstatieren, dass das Prinzip in diesem Bereich nicht problemlos zu handhaben ist. Oftmals kann nicht überzeugend begründet werden, wann und in welcher Weise das Prinzip Anwendung finden muss und wann nicht. Auch das Grundgesetz folgt nicht immer der gleichen Linie. Es geht dabei häufig weniger darum, anhand von sachlichen Kriterien und logischer Argumentation nach der „richtigen“ Lösung zu suchen, sondern mehr darum, die jeweilige politische Position oder das Resultat politischer Verhandlungen mit juristischen Argumenten zu stützen164. Die Verstärkung der Verhandlungselemente im Recht verschafft zwar eine verfahrensrechtliche Schutzmöglichkeit der Länder für ihre Finanzen und mehr Flexibilität für die Lastenverteilung, verwischt aber zugleich die bundesstaatliche Verantwortungsklarheit. Dies hilft der Lösung der Strukturprobleme wenig. Vielmehr kann der Konzeptionsmix von dem Konnexitätsgrundsatz, dem Verursacherprinzip und der politischen Vereinbarung bei den Ausgabenregelungen die Einrichtung eines strukturgerechten Einnahmenverteilungssystems zusätzlich erschweren.

II. Die Einnahmenverteilung Es wurde bereits ausgeführt, dass die Einnahmen die wesentliche Grundlage für die staatliche Aufgabenwahrnehmung bilden. Insbesondere wenn sich bei der Ausgabenverteilung am Konnexitätsgrundsatz orientiert wird, muss die Einnahmeausstattung sowohl quantitativ als auch qualitativ höhere Anforderungen erfüllen165. Der Verantwortungsträger muss über einen seinem Aufgabenspielraum entsprechenden finanziellen Spielraum verfügen und dabei die Einnahmehöhe selbst bestimmen können. Die Entscheidungsmacht über die Einnahmen zeigt sich zunächst in den Steuergesetzgebungskompetenzen, die als lex specialis die allgemeinen Vorschriften der Sachgesetzgebung verdrängen166. An sekundärer Stelle stehen die SteuerertragskomWaiblinger, Die „Aufgabe“ im Finanzverfassungsrecht, S. 25. Teil 2 D. III. 166  Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Rn. 45; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 4; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 22; Ekardt / Buscher, DÖV 2007, S. 89 (92). 164  Vgl.

165  Siehe

112

Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

petenzen, wobei durch Verhandlungs-, Ausgleichs- bzw. Garantiemechanismen ein indirekter Einfluss auf die Steuereinnahmen ausgeübt werden kann. Andere Einnahmearten wie Gebühren, Beiträge und Erwerbseinkünfte, die regelmäßig auch eine eingeschränkte Bestimmungsmacht über die Einnahmehöhe gewähren, dürften außer Acht bleiben, da sie dem Anwendungsumfang oder der Größenordnung nach von vergleichsweise geringer Bedeutung sind. 1. Die Steuergesetzgebungskompetenzen Auch die Verteilung der Steuergesetzgebungskompetenzen folgt in gewissem Maße dem Subsidiaritätsprinzip. Vor allem fällt dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz über die Zölle167 und Finanzmonopole zu (Art. 105 Abs. 1 GG), da diesbezüglich ein offensichtliches Interesse an national einheitlichen Regelungen besteht168. Für die übrigen Steuern, die nach herrschender Auffassung auf die vom Grundgesetz ausdrücklich erfassten Steuertypen beschränkt sind169, darf der Bund von einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen, soweit er nach Art. 106 GG an ihren Aufkommen zu beteiligen ist oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen (Art. 105 Abs. 2 GG). Artikel 72 Abs. 2 GG regelt drei Tatbestandsalternativen, die im Bereich der sachlichen konkurrierenden Gesetzgebung zur bundeseinheitlichen Regelung berechtigen. In Bezug auf die Steuergesetzgebung ist das Erfordernis der Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit von besonderer Relevanz. Da die Steuerlast zurzeit einen der empfindlichsten Faktoren für den interregionalen bzw. internationalen Wirtschaftswettbewerb darstellt und eine zersplitterte Steuergesetzgebung öfters länderübergreifend negative wirtschaftliche Wirkungen mit sich bringt, drängt sich das Bedürfnis oder die Präferenz für bundeseinheitliche Regelungen immer mehr in den Vordergrund.

167  Nunmehr nahezu vollständig auf die EU übergegangen, siehe etwa Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Rn. 3. 168  Siehe Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 32 f.; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 15 ff.; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Rn. 31 f. 169  Also kennt das Grundgesetz weder ein unbegrenztes Steuererfindungsrecht des Bundes noch eines der Länder an. Siehe BVerfGE 145, 171 (197 ff.); Arndt / Jenzen, Grundzüge des allgemeinen Steuer- und Abgabenrechts, § 3, S. 72 ff.; Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 46; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 35; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 105 Rn. 46 f.; a. A. Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Rn. 33; Sondervotum von Richter Huber und Müller in BVerfGE 145, 171 (230 ff.).



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung113

Mit der Vorschrift werden also die Steuereinnahmen des Bundes durch eigene Entscheidung abgesichert und ihm auch im Bereich der Steuergesetzgebung das gesamtstaatliche Interesse wahrende Einflussmöglichkeiten hinreichend garantiert. Artikel 105 Abs. 2 GG hat die Dominanz des Bundes in der Steuergesetzgebung statuiert170, da seine – wenngleich „konkurrierend“ genannte – Steuergesetzgebungskompetenz nicht an bestimmte Steuerarten oder Sachkriterien anknüpft, sondern daran, dass der Bund am Aufkommen einer Steuer teilhat. Die Praxis geht genau in diese Richtung und Art. 105 Abs. 2 GG verläuft für die Länder fast im Leeren171. Sie besitzen nur noch ein kollektives Vetorecht durch den Bundesrat, wenn das Steueraufkommen ihnen einschließlich der Kommunen ganz oder teilweise zusteht (Art. 105 Abs. 3 GG). Als Gliedkörperschaft mit Staatsqualität haben auch die Länder Steuergesetzgebungskompetenz inkl. des Steuererfindungsrechts. Dies betrifft vor allem die ausschließliche Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, soweit sie den bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig sind (Art. 105 Abs. 2a GG). Mit dem Merkmal der „Örtlichkeit“ wird gemeinhin in Anlehnung an das vor der Finanzreform 1969 geltende Recht auf den örtlich bedingten Wirkungskreis172 hingewiesen. In Betracht kommen folglich nur solche Steuern, „die an örtliche Gegebenheiten, vor allem an die Belegenheit einer Sache oder an einen Vorgang im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde anknüpfen und wegen der Begrenzung ihrer unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet nicht zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle führen können“173. Überdies unterliegt die Landesgesetzgebungskompetenz über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Gleichartigkeitsverbot, das in ähnlicher Weise wie Art. 72 Abs. 1 GG wirkt und ebenfalls einen Vorrang der Bundesgesetzgebung indiziert174. Das Gleichartigkeitsverbot soll verhindern, dass einerseits 170  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 23; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 5; Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 1114; Seer, in: Tipke / Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 2 Rn. 56. 171  Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Rn. 29, 33; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 4; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 6; Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 71. 172  BVerfGE 40, 56 (61); 65, 325 (349); BVerwGE 96, 272 (283); kritisch Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 1122. 173  BVerfGE 16, 306 (327); 40, 56 (58); 65, 325 (349); BVerwGE 96, 272 (283); siehe auch Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Rn. 40; Wernsmann, in: Wieland (Hrsg.), Kommunalsteuern und -abgaben, S. 95 (102); Arndt / Jenzen, Grundzüge des allgemeinen Steuer- und Abgabenrechts, § 3, S. 76 f. 174  Schuppert, in: Umbach / Clemens (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 105 Rn. 44; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 48 ff.; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 105 Rn. 50.

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

die Bürger durch eine unkoordinierte Mehrfachbesteuerung desselben Gegenstandes überlastet werden und andererseits die Besteuerung des Bundes infolge der Inanspruchnahme derselben Steuerquelle durch die Länder beeinträchtigt wird175. Die in Art. 105 Abs. 2a GG normierte Sperrwirkung tritt ein, wenn die betreffende Landessteuer in ihren wesentlichen Merkmalen – etwa dem Erhebungstatbestand und -gegenstand, der Bemessungsgrundlage und Erhebungstechnik sowie den wirtschaftlichen Auswirkungen – mit einer Bundessteuer identisch ist176. Den Ausschlag geben vor allem die wirtschaftlichen Auswirkungen, insbesondere die Frage, ob beide Steuern dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen177. Es gilt also zu protokollieren, dass der Steuergesetzgebung des Landes auch in diesem Bereich nur eine Randbedeutung zukommen kann, da der Großteil von Quellen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit bereits vom Bund besteuert wird178. 2. Die Steuerertragskompetenzen Die grundgesetzliche Einnahmenverteilung soll sicherstellen, dass der Bund und die Länder mit einer angemessenen Finanzausstattung die ihnen zufallenden staatlichen Aufgaben erledigen können. Sie erfolgt in zwei Richtungen – die vertikale Verteilung zwischen Bund und Ländergesamtheit und die horizontale Verteilung zwischen Ländern untereinander – mit zwei Funktionen, der originären Einnahmenverteilung und der korrigierenden Umverteilung. Bis Ende 2019 wird es insgesamt vier Stufen der Ertragsverteilung geben179: die vertikale Einnahmenverteilung zwischen Bund und Länder­ gesamtheit (Art. 106 GG), die horizontale Einnahmenverteilung unter den 175  Wernsmann, in: Wieland (Hrsg.), Kommunalsteuern und -abgaben, S. 95 (103); Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Rn. 36; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 25; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 51; Seer, in: Tipke / Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 2 Rn. 50. 176  BVerfGE 49, 343 (355); 65, 325 (351); 98, 106 (125); Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Rn. 37; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 105 Rn. 53; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 51; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 26. 177  BVerfGE 49, 343 (355); 65, 325 (351); Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Rn. 37; Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 43; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 105 Rn. 51; Seer, in: Tipke /  Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 2 Rn. 50. 178  Für eine Aufzählung der Steuergesetze des Bundes siehe Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Fn. 155. 179  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 20; Huber, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 107 Rn. 25 ff.; Tappe, DVBl. 2013, S. 1079 (1082); Lenk / Glinka, ZSE 2017, S. 417 (422 ff.); Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 6 ff.; Näheres in Meyer, NordÖR 2015, S.  289 (292 f.).



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung115

Ländern (Art. 107 Abs. 1 GG a. F.), die horizontale Umverteilung unter den Ländern (Art. 107 Abs. 2 S. 1, 2 GG a. F.) und schließlich die vertikale Umverteilung zwischen Bund und Ländern (Art. 107 Abs. 2 S. 3 a. F., 106 Abs. 4 S. 2, Abs. 8 GG). Im Zuge der Verfassungsreform 2017180 mit Geltung ab 2020 wird dieses System durch die Neuregelung des Art. 107 GG umgestaltet: Erstens wird der sog. Umsatzsteuervorwegausgleich181 (Art. 107 Abs. 1 S. 4 GG a. F.) in der horizontalen Einnahmenverteilung, wonach steuerschwächere Länder bis zu einem Viertel des Länderanteils an der Umsatzsteuer als Ergänzungsanteile erhalten können182, gestrichen. Die Länder beteiligen sich dann am gesamten Aufkommen ihres Umsatzsteueranteils nach Maßgabe der Einwohnerzahl, freilich unter Anrechnung der Zuschläge zu bzw. Abschläge von der jeweiligen Finanzkraft183 (Art. 107 Abs. 1 S. 4, Abs. 2 S. 2 GG). Zweitens wird die horizontale Umverteilung unter den Ländern (Länder­ finanzausgleich im engeren Sinne184), womit die wirtschaftlich ärmeren Länder finanzielle Hilfeleistungen von den reicheren Ländern bekommen, abgeschafft und die vier Systemstufen auf drei reduziert185. Drittens wird die vertikale Umverteilung, einschließlich der allgemeinen sowie SonderbedarfsErgänzungsweisungen186 für leistungsschwache Länder, um zwei Anwendungstatbestände erweitert. Einer davon liegt vor, wenn die Gemeinden (Gemeindeverbände) der Länder eine besonders geringe Steuerkraft aufweisen (Gemeindesteuerkraftzuweisungen, Art. 107 Abs. 2 S. 6 Alt. 1 GG). Der andere betrifft die Länder, deren Anteile an den Fördermitteln im Bereich der gemeinschaftlich wahrgenommenen Aufgaben nach Art. 91b GG ihre Einwohneranteile unterschreiten (Art. 107 Abs. 2 S. 6 Alt. 2 GG). Beide neuen Tatbestände sind wegen ihres systembrechenden Charakters heftiger Kritik ausgesetzt. Einerseits geht es bei Art. 91b GG um zweckgebundene Finanzierung, die gerade systematisch von der zweckungebundenen, auf die Finanzschwäche der Länder gerichteten Umverteilung getrennt 180  BGBl. I

S. 2347. in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 16; Tappe, DVBl. 2013, S. 1079 (1083); Meyer, NordÖR 2015, S. 289 (293); Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 93: Umsatzsteuervorausgleich. 182  Bezüglich der Durchführung siehe etwa Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 17 ff. 183  Nach Art. 10 FAG 2020 63 % des Unterschiedsbetrags zwischen Ausgleichsmesszahl und Finanzkraftmesszahl. 184  Huber, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 107 Rn. 97; Sitzmann, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 3 (4). 185  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 25; ders., DVBl. 2017, S. 214 (217); Lenk / Glinka, ZSE 2017, S. 417 (424). 186  Art.  9 ff. MaßstG; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 107 ff.; Lenk / Glinka, ZSE 2017, S. 417 (424). 181  Siekmann,

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

wird187. In der Sache hat die Höhe der Fördermittel mit den Maßstäben der Umverteilung nichts zu tun188. Andererseits ist zu beachten, dass die grundgesetzliche Einnahmenverteilung zwischen Bund und Ländern erfolgt, was die zwingende Folge der zweistufigen Bundesstaatlichkeit und der Eingliederung der Kommunen in die Länder darstellt. Auf dieser Grundlage baut das gesamte System einschließlich der Verteilungs- und Umverteilungsmechanismen auf. Konsequenterweise muss bei der Berechnung nur die Finanzkraft und der Finanzbedarf des jeweiligen Landes in Betracht kommen. Die Finanzkraft der Kommunen soll ausschließlich als Bestandteil der Landesfinanzkraft berücksichtigt und ausgeglichen werden. Ein gesonderter Ausgleich der kommunalen Steuerkraft verzerrt das geltende System. Daran ändert nichts, dass in Kombination mit der unvollständigen Berücksichtigung der kommunalen Finanzkraft bei der vorgeschalteten horizontalen Umsatzsteuerverteilung eine Art komplementäre Zuweisung für extreme Fälle („besonders“ geringe Steuerkraft) im Ergebnis zweckmäßig sein kann189. Diese grundlegende Systeminkompatibilität führt dazu, dass Art. 107 Abs. 2 S. 6 Alt. 1 GG in mehrfacher Hinsicht bedenklich ist190. Praktisch bedeutet die Regelung, dass der Bund neben bzw. anstelle von solchen Ländern für die konkrete Finanzsituation191 und die angemessene Finanzausstattung deren Kommunen sorgen darf192. Damit wird die föderale Struktur des Grundgesetzes durchbrochen193, wonach das jeweilige Land die volle Verantwor187  Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 49; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 101; Korioth, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 5 (8); Lenk / Glinka, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 9 (11); dies., ZSE 2017, S. 417 (429). 188  Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 49; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 101; ders., Aufgaben und Finanzbeziehungen, S. 203 f. 189  Vgl. Lenk / Glinka, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 9 (11); Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 48; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 100a; ders., DVBl. 2017, S. 214 (218); ders., Aufgaben und Finanzbeziehungen, S. 202 f. 190  Siehe etwa Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 100a; ders., Aufgaben und Finanzbeziehungen, S. 201 ff.; Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 48; Korioth, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 5 (8); Lenk / Glinka, ZSE 2017, S. 417 (427 f.). 191  Hiervon zu unterscheiden ist die abstrakte finanzverfassungsrechtliche Gewährleistung kommunaler Steuerertrags- sowie Hebesatzrechte. Normalerweise soll sich die subsidiäre Sorgepflicht des Bundes für die Kommunen darin erschöpfen. Vgl. Wendt, in: Burmeister (Hrsg.), FS Stern zum 65. Geburtstag, S. 603 (612 f.); Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 157 ff. m. w. N. 192  Vgl. Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 100a; ders., DVBl. 2017, S. 214 (218); ders., Aufgaben und Finanzbeziehungen, S. 203.



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung117

tung für die Finanzen seiner Kommunen trägt, und das Verantwortungsbewusstsein der Länder für ihre Kommunen geschwächt194. Auch der Umstand, dass die Zuweisungen nicht direkt an die Kommunen adressiert, sondern durch das Land übermittelt werden, vermag diese Vorgehensweise des Bundes nicht zu rechtfertigen. Vielmehr beweist gerade die Übermittlerposition der Länder, dass die Kommunalfinanzen ihrer Regie unterstehen und dem Bund verschlossen sind. Es stellt bereits ein Paradoxon dar, wenn der Bund Finanzmittel speziell für Kommunen vorsieht, jedoch wegen des zwingenden Transfers über die Landeshaushalte nicht sicherstellen kann, dass ihnen die Mittel in vollem Umfang zukommen195. Eine rechtliche Weiterleitungspflicht der Länder lässt sich aus dem Grundgesetz nicht herleiten196. Unabhängig davon, ob es sich um eine vier- oder dreistufige Einnahmenverteilung handelt, ist erkennbar, dass sich die dort genannte „Verteilung“ und „Umverteilung“ lediglich auf die formellen Formen und Verfahrensschritte beziehen. Bei der „Umverteilung“ handelt es sich ausschließlich um eine solche Konstellation, in der der Bund oder die Länder die ihnen einmal zugewiesenen Einnahmen in einem anderen Schritt wieder anderen zufließen lassen. Wird hingegen die „Umverteilung“ materiell – also auf den umverteilenden „Effekt“ bezogen – verstanden, ist sichtbar, dass die Einnahmenverteilung und die Umverteilung nicht immer voneinander getrennt werden, sondern gewissermaßen ineinandergreifen. Eine umverteilende Wirkung wird angestrebt, wenn das Steueraufkommen nicht etwa nach Maßstäben der steuerlichen Leistungen197 – wie dem des örtlichen Aufkommens unter Korrektur durch Abgrenzung und Zerlegung nach Art. 107 Abs. 1 S. 1, 2 GG –, sondern nach Gesichtspunkten des Finanzbedarfs der jeweiligen Gebietskörperschaft oder Gebietskörperschaftsebene aufzuteilen ist. Dies trifft insbesondere die 193  Verfassungsrechtlich bedenklich ist zudem die in der Praxis öfters getätigte anteilige oder vollständige „Übernahme“ bzw. „Beteiligung“ der Kosten bestimmter von den Kommunen wahrgenommener Aufgaben durch den Bund. Vgl. Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 79 ff.; Scheller, in: Junkernheinrich / Lange (Hrsg.), Die Reform der föderalen Finanzen, S. 99 (100 ff.). Nach Benz, ZSE 2017, S. 395 (414) ist die finanzielle Unterstützung des Bundes für die kommunale Aufgabenerfüllung unproblematisch. Zutreffend hingegen etwa Henneke, Der Landkreis 2012, S. 128 (128 f.); Meyer, NdsVBl. 2015, S. 37 (39). 194  Für den Verlust dieses Verantwortungsbewusstseins vgl. Teil 4 D. II. 2. c) und III. 3.; auch Henneke, Der Landkreis 2017, S. 91 (91); Heinemann, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 13 (14): Steigerung der Verantwortungslosigkeit der Länder durch die „Vertikalisierung“ des Finanzausgleichs. 195  Korioth, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 5 (8); vgl. auch Benz, ZSE 2017, S. 395 (414); nach Lenk / Glinka, ZSE 2017, S. 417 (427 f.) kann ferner den Ländern ein finanzieller Anreiz zur Reduzierung der Gemeindefinanzkraft entstehen. 196  Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 101 ff. m. w. N. 197  Auch die „wirkliche Steuerkraft“ genannt, siehe BVerfGE 72, 330 (391 ff.).

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

Umsatzsteuerverteilung sowohl zwischen Bund und Ländergesamtheit als auch zwischen den Ländern untereinander. Nach Art. 106 Abs. 3 S. 4 GG wird das Umsatzsteueraufkommen zwischen Bund und Ländergesamtheit nach ihrem jeweiligen notwendigen Ausgabenbedarf gleichmäßig verteilt, wobei auch ein billiger Ausgleich für die Vermeidung steuerlicher Überbelastung und Wahrung einheitlicher Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zu erzielen ist. Hinsichtlich der Aufteilung zwischen den Ländern entfällt zwar der für steuerschwächere Länder vorgesehene Umsatzsteuervorwegausgleich, das Aufkommen der Umsatzsteuer verteilt sich aber wie zuvor primär nach der Einwohnerzahl – wobei eine durch strukturelle Eigenarten bedingte Einwohnerwertung möglich ist198 –, die zugleich199 als ein abstrakter Bedarfsmaßstab200 gilt. Auch die vom bisherigen Länderfinanzausgleich ausgeübte horizontale Umverteilung wird durch die Anrechnung der Zu- und Abschläge gemäß der Finanzkraft in die Umsatzsteuerverteilung integriert201, sodass die Länder trotz des Wegfalls des Länderfinanzausgleichs nur formell entsolidarisiert sind202. Verändert werden allerdings die Rolle sowie das Gewicht des Bundes und der Länder bei den Verhandlungen und damit gewissermaßen die föderalen Machtverhältnisse203. Beachtenswert ist insbesondere, dass sich der anlässlich der Umsatzsteuerverteilung zu erfolgende Finanzkraftausgleich (Art. 107 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 GG) nicht auf das Volumen des Umsatzsteuerauf198  BVerfGE 72, 330 (401); 86, 148 (239); 101, 158 (206); Näheres siehe etwa Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 35 ff.; Huber, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 107 Rn. 131 ff. 199  BVerfGE 72, 330 (384); 101, 158 (221): Für die Umsatzsteuer drückt die Einwohnerzahl das örtliche Aufkommen passender aus. Siehe ferner Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 14 f.; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 107 Rn. 17. 200  BVerfGE 72, 330 (384); 101, 158 (221); 116, 327 (379); Pieroth, in: Jarass /  Pieroth, GG: Art. 107 Rn. 5; Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 26; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn.  25; a. A. Huber, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 107 Rn. 89. 201  BT-Drs. 18 / 11131, 18; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 18 f.; ders., DVBl. 2017, S. 214 (217); Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 6; Sitzmann, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 3 (4); Benz, ZSE 2017, S. 395 (404). 202  Sitzmann, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 3 (4); Korioth, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 5 (7); Henneke, DVBl. 2017, S. 214 (217); Benz, ZSE 2017, S. 395 (404); Lenk / Glinka, ZSE 2017, S. 417 (426); Häde, in: Junkernheinrich / Korioth / Lenk u. a. (Hrsg.), Jahrbuch für öffentliche Finanzen 1-2016, S. 111 (113); Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 31. 203  Vgl. Korioth, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 5 (7 f.); Lenk / Glinka, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 9 (10); dies., ZSE 2017, S. 417 (426); Heinemann, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 13 (14); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 53 f.; Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Vorb. zu Art. 104a–115 Rn. 14.



B. Die grundgesetzliche Finanzordnung119

kommens beschränkt und sodann auch die grundsätzliche Unbeschränktheit des Länderfinanzausgleichs materiell erhalten bleibt204. Dabei gelten die Grundelemente, grundlegende Berechnungstechnik und Grundregeln des Länderfinanzausgleichs weiter205 – mit einer fragwürdigen Änderung206, dass bei der Festlegung der Finanzkraft die bergrechtliche Förderabgabe mit nur einem Teil ihres Aufkommens zu berücksichtigen ist (Art. 107 Abs. 2 S. 4 GG). Die hierfür maßgebliche Finanzkraft des jeweiligen Landes verweist über die Steuerkraft hinaus auf die Einnahmefähigkeit aus prinzipiell allen Quellen207, worin auch die Finanzkraft und der Finanzbedarf208 der Kommunen einzurechnen sind, jedoch nur teilweise mit einer interessengeleiteten Zahl209. Auszuklammern sind Einnahmen, die keine Relevanz für den Finanzkraftunterschied zwischen den Ländern besitzen. Dazu gehören die Einnahmen aus Entgelten oder ähnlichen Abgaben, die grundsätzlich nur die Aufwendungen bestimmter staatlicher Leistungen zu kompensieren bezwecken210, und die Einnahmen, die vom Volumen her geringfügig sind, in allen Ländern vergleichsweise gleichmäßig anfallen oder deren Ermittlung unverhältnismäßig aufwendig ist211. 204  BT-Drs. 18 / 11131, 18; Kube, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 15; siehe auch Art. 10 Abs. 2 S. 2 FAG 2020, wonach der Unterschiedsbetrag noch vom Land aufzubringen ist, wenn der ermittelte Abschlag seinen Anteil an der Umsatzsteuer übersteigt. 205  Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 39; Henneke, DVBl. 2017, S. 214 (217); Häde, in: Junkernheinrich / Korioth / Lenk u. a. (Hrsg.), Jahrbuch für öffentliche Finanzen 1-2016, S. 111 (113 f.); Häde, Schriftliche Stellungnahme, S. 3. 206  Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 33; Henneke, DVBl. 2017, S. 214 (217); die alte Rechtsprechung siehe BVerfGE 72, 330 (411 f.). 207  Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 33; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 107 Rn. 7; Huber, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 107 Rn. 105; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 56. 208  Für die Festlegung siehe BVerfGE 86, 148 (223 ff.); Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 78 ff. 209  Meyer, NordÖR 2015, S. 289 (294); Lenk / Glinka, ZSE 2017, S. 417 (426 f.); vgl. ferner Wieland, Gutachten zur Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft, S.  3 ff.; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 107 Rn. 25; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 63 ff.; Wendt, in: Härtel (Hrsg.), Handbuch Föderalismus, Bd. II, § 41 Rn. 27 ff. 210  Art. 7 Abs. 1 MaßstG; BVerfGE 101, 158 (223); Huber, in: Mangoldt / Klein /  Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 107 Rn. 107; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 56. 211  Art. 7 Abs. 1 MaßstG; BVerfGE 72, 330 (400); Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 33; Huber, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 107 Rn. 107; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 56; Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 26 f.

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

Im Gesamtbild lässt sich erkennen, dass die grundgesetzliche mehrstufige Steuerertragsverteilung auch mehrstufig umverteilend funktioniert, was zugleich zu geringer Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Finanzverteilung beiträgt212. Dies zeichnet sich nicht lediglich in den unmittelbaren, sondern auch in den mittelbaren Umverteilungen ab, also den auf umverteilende Wirkungen zielenden Verteilungen. Ihre Grenze liegt zum einen darin, dass die ausgleichs- bzw. abschlagpflichtigen Länder nicht durch die (materielle) horizontale Umverteilung entscheidend geschwächt werden dürfen213. Zum anderen muss die Finanzkraftreihenfolge zwischen den Ländern nicht durch die vertikale sowie horizontale Umverteilung verändert werden214, es sei denn, wenn die Veränderung durch Bundesergänzungszuweisungen anhand von Sonderbedarfen einzelner oder aller Länder herbeigeführt wird215. Der Eigenverantwortlichkeit der Länder und dem Gleichbehandlungsgebot gemäß soll diese Kategorie von Ergänzungszuweisungen normalerweise nur dazu dienen, die strukturbedingt langfristigen, nicht aber die durch politische Entscheidung des Landes bewirkten kurzfristigen Sonderlasten auszugleichen216. In der Umsatzsteuerverteilung und dem – ab 2020 nicht mehr bestehenden – Länderfinanzausgleich findet der Gedanke der bündischen Solidarität deutlich Ausdruck. 3. Zwischenergebnis Artikel 105 GG hat durch seinen Absatz 2 dem Bund eine äußerst günstige Bedingung geschaffen, womit er nahezu schrankenlos alle in Art. 106 GG abschließend aufgelisteten Steuern regeln kann. Er hat sich auch diese Bedingung zunutze gemacht und den Ländern nur die Gesetzgebung über die 212  Diese Lage wird durch die Neugestaltung des Art. 107 GG verbessert, aber nicht beseitigt. Vgl. Wieland, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 16 (17); Janeba, ZSE 2017, S. 368 (388); Häde, Schriftliche Stellungnahme, S. 2; Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. ‍9. 213  Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 17 m. w. N.; Kube, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 13; siehe auch Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 50. 214  BVerfGE 72, 330 (398); 86, 148 (215); 101, 158 (221 f.); Tappe, DVBl. 2013, S. 1079 (1083); Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 38, 43; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 50, 97 ff.; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 107 Rn. 10. 215  Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 43; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 99; Kube, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 37. 216  BVerfGE 72, 330 (404  f.); Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 107 Rn. 43; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 99; Kube, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 107 Rn. 36.



C. Die kommunale Selbstverwaltung121

örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern gemäß Art. 105 Abs. 2a GG belassen, soweit sie einer Bundessteuer nicht gleichartig sind. Zwar mag diese Rechtslage als für eine geordnete wirtschaftliche Wettbewerbsordnung notwendig angesehen werden217. Sie führt aber gleichzeitig zur unerwünschten starken Abhängigkeit der Haushalte der Länder und Kommunen von der Steuergesetzgebung des Bundes. Länder und Kommunen besitzen dann nur einen marginalen Entscheidungsspielraum über eigene Steuereinnahmen, was eine einschränkende Wirkung auf ihre sachliche Eigenverantwortung zur Folge hat. Dieses Strukturproblem ist auch durch die mehrstufig umverteilende Steuerertragsverteilung nicht zu lösen.

C. Die kommunale Selbstverwaltung Das Grundgesetz geht von einem zweigliedrigen Staatsaufbau aus. Obgleich in Art. 28 Abs. 2 GG die Gewährleistung der Selbstverwaltung und in der Finanzverfassung eine gewisse Sicherung ihrer Steuerquellen sowie Steuerertragsbeteiligung vorgenommen werden, bilden die Kommunen keine dritte Staatsebene, sondern nur eine Verwaltungsebene, die organisatorisch dem jeweiligen Land eingegliedert ist218. Anders als das Verhältnis zwischen Bund und Ländern sind die Kommunen dem Land hierarchisch untergeordnet, indem das Land unter Beachtung des bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Selbstverwaltungsrechts der Kommunen ihre Geschäftsführung – zum Beispiel hinsichtlich der Bestimmung ihres Aufgabenbestandes und Wahrnehmungsmodus219 – weitgehend ausformen kann. Ein bundesrecht­ licher „Durchgriff“ auf die Kommunen ist hingegen seit der Föderalismusreform 2006 generell verboten220. Da die Kommunen zugleich untere Verwaltungsbehörden des Landes und mit eigener politischer Legitimation ausgestattete Selbstverwaltungskörperschaften sind – sog. Doppelrolle221 der Kommunen –, nehmen sie Aufgaben 217  Vgl. etwa Fuest / Thöne, in: Härtel (Hrsg.), Handbuch Föderalismus, Bd. II, § 37 Rn. 14 ff. 218  BVerfGE 39, 96 (109); 86, 148 (215); BVerwGE 96, 45 (56); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 86; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 4; Schoch, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 11 (11). 219  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 4; Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 42. 220  Näheres siehe Teil 4 D. III. 1. 221  Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 77; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 40; Schmidt-Aßmann, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 59 (67); Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 1, Rn. 16.

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

von zweierlei Herkunft wahr: die vom Land und die von der jeweiligen Kommune selbst veranlassten Aufgaben. Aus Art. 28 Abs. 2 GG folgt ebenfalls eine Zweiteilung der kommunalen Aufgaben, der Maßstab ist allerdings nicht die Herkunft der Aufgaben hinsichtlich ihres Initiators. Vielmehr stellt er auf die materielle Qualität der Aufgaben ab, also die Frage, ob die einzelnen Aufgaben (maßgeblich) die örtliche oder die überörtliche Gemeinschaft interessieren. Im Folgenden wird der Inhalt des Art. 28 Abs. 2 GG näher betrachtet.

I. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden Nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Es herrschten einmal Streitigkeiten über die Rechtsnatur dieser Vorschrift, also über die Frage, ob es sich dabei um ein subjektives Recht oder nur um eine institutionelle Garantie handelt. Mit dem klaren Wortlaut der Vorschrift und der Gewährung der Verfassungsbeschwerde individueller Gemeinden wegen Verletzung ihres Rechts auf Selbstverwaltung (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG) ist heutzutage der subjektive Rechtscharakter allgemein anerkannt222. Dieser Befund schließt jedoch nicht aus, die gemeindliche Selbstverwaltung zugleich als eine durch Verfassung und Gesetz auszuformende Institution zu verstehen223. Zum einen genießen die individuellen Gemeinden keine Existenzgarantie. Zum anderen hat zwar jede einzelne Gemeinde einen Rechtsanspruch auf Gewährleistung ihrer Selbstverwaltung und eine darauf bezogene verfassungsgerichtliche Klagemöglichkeit. Die Bewertungs- bzw. Prüfungsmaßstäbe dafür, ob ihr Selbstverwaltungsrecht durch bestimmte Maßnahmen verletzt ist, sind nicht völlig individuell orientiert. Eine einzelne Gemeinde wird regelmäßig so behandelt, dass das Land nicht vom tatsächlichen, sondern nur von einem typisierten Bild von ihr ausgeht224. Soweit das Land hinsichtlich einer typi222  Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 40; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 51; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 94; Badura, Staatsrecht, S. 477; Schoch, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 11 (20); Schmidt-Aßmann, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 59 (64 f.). 223  So die ständige Rechtsprechung des BVerfG, etwa BVerfGE 86, 90 (107); 103, 332 (366); 138, 1 (18); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (38); auch Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 41; Eggers, Die Verzonung, S. 169; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 51; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 40; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 78. 224  BVerfGE 79, 127 (154); 138, 1 (19); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (38); Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 416; Eggers, Die Verzonung, S. 139. Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 102.



C. Die kommunale Selbstverwaltung123

schen Gemeinde kein Fehlverhalten aufweist, gilt das Selbstverwaltungsrecht der individuellen Gemeinde grundsätzlich als unverletzt. In der Tat charakterisiert sich die gemeindliche Selbstverwaltung als eine subjektive Rechts­ position der einzelnen Gemeinden mit einem institutionell ausgerichteten Schutzumfang oder eine institutionelle Garantie, zu deren effektiver Durchsetzung ein subjektivrechtlicher Schutz zu gewähren ist225. Sie ist nicht um ihrer selbst willen – und mithin systematisch unterschiedlich von den Grundrechten226 –, sondern für die Verwirklichung eines staatlichen Organisationskonzeptes, nämlich die Sicherung einer dezentralen und demnach bürger- und ortsnahen Staatsverwaltung227 sowie die Entfaltung einer „Demokratie von unten nach oben“228, vorgesehen. 1. Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG bezieht sich auf „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“. Dazu hat das BVerfG im Rastede-Beschluss so formuliert: „Hiernach sind Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen; auf die Verwaltungskraft der Gemeinde kommt es hierfür nicht an. Es liegt auf der Hand, dass diese Angelegenheiten keinen ein für allemal feststehenden Aufgabenkreis bilden; ebenso ist deutlich, dass dieser auch nicht für alle Gemeinden unerachtet etwa ihrer Einwohnerzahl, flächenmäßigen Ausdehnung und Struktur gleich sein kann.“229 225  Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 409; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 41  f.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 94 ff.; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 41 ff.; Schwarz, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 28 Rn. 130; Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 37. 226  Siehe Schwarz, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 28 Rn. 130; Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 69 f.; BVerfGE 21, 362 (369 ff.); 26, 228 (244); 137, 108 (154): Der Staat kann nicht zugleich Träger und Schützer von Grundrechten sein (sog. Konfusionsargument). 227  BVerfGE 79, 127 (149); 83, 363 (383); 91, 228 (236); 110, 370 (400); 137, 108 (156 f.); 138, 1 (18); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (38); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 36; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 40; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 76. 228  Art. 11 Abs. 4 BayVerf; BVerfGE 79, 127 (149); Püttner, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 144, Rn. 3; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 41; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 33. Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 76. 229  BVerfGE 79, 127 (151 f.); siehe auch BVerfGE 8, 122 (134); 50, 195 (201); 52, 95 (120); 110, 370 (400); 138, 1 (16); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (38); Röhl, in:

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

Die Bestimmung des gemeindeeigenen Tätigkeitsbereichs ist somit per se eine individuell orientierte Frage, die nur anhand der objektiven – etwa der räumlichen, wirtschaftlichen, sozialen und technischen – Gegebenheiten230 sowie der subjektiven Vorstellungen und Zielsetzungen der Einwohner bzw. Bürger jeder Gemeinde beantwortet werden kann231. Gerade in den subjektiven Faktoren findet eine Gemeinde als politische Gemeinschaft ihren Ausdruck. Nach dem Wortlaut des Zitates ist zudem zu erkennen, dass das Gericht die „Angelegenheit“ mit der „Aufgabe“ gleichsetzt oder zumindest nicht scharf zwischen ihnen differenziert232. Diese Vorgehensweise ist üblich und in funktioneller Hinsicht meistens unschädlich233. Falk weist auf die Unterschiedlichkeit von beiden Begriffen234 hin, sieht den Unterschied jedoch lediglich im fehlenden Pflichtelement der Angelegenheit235. Er erkennt die höhere Abstraktheit der Angelegenheit als die der Aufgabe236 und geht davon aus, dass beide einen Sachzweck umschrieben237. Ob der Ausdruck „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ nur die Sachanliegen der Gemeindebürger bzw. -einwohner repräsentiert, oder ob er zugleich auch die Binnenorganisation einschließlich des Personaleinsatzes, des Finanzwesens sowie anderer Hilfstätigkeiten der Gemeindeverwaltung einbeziehen kann, muss in der Tat nicht konklusiv festgestellt werden. Ohnehin handelt es sich bei den Organisationstätigkeiten um die eigenen „Sachen“ der Gemeinden, die in Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen von ihnen selbst zu entscheiden sind238. Die gängige Interpretation, die die Organisationstätigkeiten aus den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft ausklammert239 und Schoch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 1, Rn. 31; Zur Vagheit dieser Ausführung etwa Eggers, Die Verzonung, S. 136 f. 230  Vgl. BVerfGE 138, 1 (17); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (38); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 104. 231  Siehe Teil 2 B. III. 1; vgl. auch Eggers, Die Verzonung, S. 138 f. 232  Etwa auch BVerfGE 83, 363 (382); Fügemann, Zuständigkeit als organisa­ tionsrechtliche Kategorie, S. 11; Eggers, Die Verzonung, S. 110. 233  Dies liegt daran, dass ein Gegenstand der Praxis in der Regel nur durch „Aufgabe“ gebildet wird, soweit er nicht der „Eigenverantwortung“ zuzuordnen ist. Im Hinblick auf den originären Sinngehalt des Normtextes ist diese Gleichsetzung bzw. Vermischung problematisch. Eine klare Unterscheidung zwischen beiden hat große Bedeutung für das korrekte Normverständnis. 234  Vgl. auch BVerwGE 87, 228 (232). 235  Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 26. 236  Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 26; auch Eggers, Die Verzonung, S. 111. 237  Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 26. 238  Siehe etwa BVerwGE 19, 121 (123): „Personalangelegenheiten gehören zu den Selbstverwaltungsangelegenheiten der Gemeinden“; auch Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 86: Die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung ist stets eine „kommunale Angelegenheit“. 239  BVerfGE 91, 228 (240); MVVerfG, KommJur 2010, S. 292 (295).



C. Die kommunale Selbstverwaltung125

unter dem Garantieelement der Eigenverantwortung behandelt, führt zum Ergebnis, dass der Bezugsinhalt der Eigenverantwortung über die „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ hinausreiche240. Damit lässt sich der irrige Eindruck erwecken, dass die Eigenverantwortung der Gemeinden auch für nicht-örtliche Angelegenheiten gelten könnte. An früherer Stelle wurde jedoch bereits geklärt, dass die Eigenverantwortung nur so weit greifen kann, als es um die gemeindeeigenen Sachen geht241. Dass ein hinreichender organisatorischer Spielraum der Gemeinden auch bei den übertragenen Aufgaben vorhanden sein muss242, ist der Überzeugung geschuldet, dass die Organisationsangelegenheiten an sich den Gemeinden zugehörig sind. Dieser Charakter ändert sich auch bei Wahrnehmung fremder Aufgaben nicht. Selbst wenn die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft exklusiv auf Sachanliegen beschränkt werden, sind sie dennoch qualitativ unterschiedlich von den „eigenen Aufgaben“ der Gemeinden. Auf der einen Seite greift die „Regelung von Angelegenheiten“ weiter als die „Wahrnehmung von Aufgaben“. Während sich erstere auf das gesamte Spektrum des Agierens einer Organisation bezieht243, bildet letztere nur ein Teilgebiet davon244. Auf der anderen Seite liegt die Bestimmungsmacht über die „eigenen“ Aufgaben nicht völlig in der Hand der Gemeinden selbst. Die Klassifizierung als „eigene“ oder „übertragene“ Aufgabe245 ist gemäß derzeitiger Verfassungsinterpretation ein essenzielles Instrument des Gesetzgebers, um die gemeindliche Selbstverwaltung weiter auszuformen246. In diesem Zusammenhang ist das Verhältnis der „eigenen“ und „übertragenen“ Aufgaben zu den „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ nicht so zu verstehen, dass die „eigenen“ Aufgaben letzteren angehören, die „übertragenen“ Aufgaben hingegen nicht. Wie erwähnt werden die örtlichen Angelegenheiten nach ihrem Interessenbezug zur örtlichen Gemeinschaft definiert. Einerseits kann eine Angelegenheit 240  BVerfGE 79, 127 (143); 83, 363 (382); 91, 228 (236, 241); 138, 1 (17); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 50; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 57; Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 40.2. 241  Siehe Teil 2 B. II. 242  BVerfGE 83, 363 (382); 91, 228 (241); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 123; Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 40.2. 243  Vgl. BVerwGE 6, 247 (252); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 54; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 57 f. 244  Vgl. Eggers, Die Verzonung, S. 112: Die Aufgabe ist ein Teilbereich der Angelegenheit. 245  Dieses Begriffspaar verweist unter Gleichsetzung von Aufgabe und Angelegenheit in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auf die örtlichen und überörtlichen Aufgaben, kann freilich inhaltlich Unterschiedliches bedeuten. Vgl. Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 104 ff.; auch Teil 4 B. III. 246  Siehe Teil 3 C. I. 3.

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sowohl örtlich als auch überörtlich von Belang sein247 („Gemengelagen“248). Andererseits vermag eine Aufgabe, die schwerpunktmäßig als örtlich zu bewerten ist, auch „Angelegenheiten“ der überörtlichen Gemeinschaft zu be­ inhalten249. Da die Angelegenheiten begrifflich abstrakter und mithin praktisch umfangreicher sind, reichen sie von grob formulierten politischen Themen über konkret ausgestaltete Aufgaben bis hin zu deren Einzelfragen und -punkten. Mit der Wortauswahl des „Regelns“ anstatt des „Erfüllens“ zeigt Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG auch seine Absicht, von einem umfassenden Verständnis der „Angelegenheit“ auszugehen. Es kann daher bei den vom Gesetzgeber pauschal als „gemeindeeigen“ etikettierten Aufgaben Aspekte der überörtlichen Gemeinschaft geben. Ebenfalls können Einzelpunkte bzw. -fragen der „übertragenen“ Aufgaben zu den „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ zählen. Genau so kommt in der Praxis vor, dass eine übertragene Aufgabe häufig Freiraum enthält, der von den staatlichen Weisungen verschont und den Gemeinden belassen wird. Diese offengelassenen Einzelpunkte müssen sich von den „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ erfassen lassen, da sonst die Gemeinden – aufgrund des demokratischen Legitimationszusammenhangs – gänzlich unbefugt wären, über sie eigenständig zu entscheiden. Damit wird klar, dass zwischen „Angelegenheiten der örtlichen / überörtlichen Gemeinschaft“ und „eigenen / übertragenen Aufgaben“ der Gemeinden ein Wesensunterschied besteht. Während die erstere Bezeichnung den originären umfassenden Wirkbereich der gemeindlichen Selbstverwaltung beschreibt und begrenzt, betrifft die letztere den auf das gesetzgeberische Konkretisierungskonzept angewiesenen Garantieinhalt. Der Ausdruck „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ ergibt nicht unmittelbar Aufgaben für die Gemeinden und ordnet zunächst nur eine intensive Orientierung am Subsidiaritätsprinzip250 („alle“) für die Aufgabengestaltung an. Überdies wird den Gemeinden verboten, spontan überörtlich radizierte Angelegenheiten aufzugreifen251. Das Grundelement des Gegenstandes der gemeindlichen Selbstverwaltung ist die „Angelegenheit“ anstatt der „Aufgabe“. 247  So etwa weist die klassische Kommunalaufgabe der Daseinsvorsorge nicht unerhebliche überörtliche Aspekte auf. Siehe etwa Eggers, Die Verzonung, S. 137; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 51. 248  Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 51; Eggers, Die Verzonung, S. 144; Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 1 Rn. 31; Burgi, Kommunalrecht, § 6 Rn. 16. Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 104. 249  Vgl. BVerfGE 110, 370 (401); 138, 1 (17); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (38); Burgi, Kommunalrecht, § 6 Rn. 16: Zerlegbarkeit der Aufgaben. 250  Siehe Teil 2 B. III. 3.; auch Teil 3 C. I. 3. 251  Beispielsweise die allgemeine Politik, siehe BVerfGE 79, 127 (147); BVerwGE 87, 228 (231); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 49; Nierhaus / Engels, in: Sachs



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2. Die eigenverantwortliche Regelung Nachdem eine Angelegenheit als gemeindeeigen qualifiziert worden ist, haben die Gemeinden sie in Eigenverantwortung zu regeln. Mit dem Präfix „eigen-“ deutet der Begriff „Eigenverantwortung“ zunächst darauf, dass sich eines oder mehrere der in der Verantwortungsbeziehung enthaltenen Subjekte mit dem Verantwortungsträger decken252. In Betracht kommen dann zwei Alternativen: der Verantwortungsadressat und die Verantwortungsinstanz. Zwar ist die gemeindliche Selbstverwaltung geläufig als „Betroffenenver­ waltung“253 ausgelegt und damit auf die Partizipation254 des Verantwortungsadressaten an der Verwaltung gerichtet. Doch ist dabei zu beachten, dass es eine durch Gemeindewahlen hergestellte demokratische Identität zwischen der Gemeindeverwaltung, der gemeindlichen Volksvertretung und den Gemeindebürgern gibt. Demgemäß drückt „Eigenverantwortung“ die demokratisch-legitimatorische Essenz der gemeindlichen Selbstverwaltung255 aus, indem die örtlichen Angelegenheiten nicht nur „von“ den Gemeindebürgern, sondern auch „für“ sie verwaltet und endlich „vor“ ihnen verantwortet werden müssen. In diesem Sinne ist die „eigenverantwortliche Regelung“ nicht als ein bloßer Aufgabenwahrnehmungsmodus – also Wahrnehmung frei von staatlichen Weisungen256 – anzusehen257. Die Formulierung trägt in sich einen materiel(Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 46; Schwarz, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 28 Rn. 171 ff.; Erbguth / Mann / Schubert, Besonderes Verwaltungsrecht, Rn. 201. 252  Für die Strukturelemente des Verantwortungsbegriffs siehe Teil 1 B. II. 1. 253  Hendler, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 143 Rn. 14; Groß, DVBl. 2002, S. 1182 (1183 f.); Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 103; Eggers, Die Verzonung, S. 101. 254  BVerfGE 83, 37 (55); 107, 59 (88); 138, 1 (18); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (38); Merten, VVDStRL 55 (1996), S. 7 (35); Burgi, Kommunalrecht, § 2 Rn. 8 f.; Hendler, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 143, Rn. 14 ff. 255  Böckenförde, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. II, § 24 Rn. 31; Trute, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 6 Rn. 5; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 187 f.: Die personellen Grundlagen von Kommunen werden von Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG als Teilvölker anerkannt, die nicht auf die Betroffenheit, sondern auf eine offene und unbestimmte Allgemeinheit Bezug nehmen. 256  BVerfGE 83, 363 (382); 107, 1 (13); Hendler, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 143, Rn. 35 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 59 (75); Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 413; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 52; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 105. 257  Dies zeigt sich bereits dadurch, dass die Rechtsdogmatik die „Eigenverantwortung“ und die „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ als zwei separate Garantieelemente behandelt, was sogar zu asymmetrischen Bezugsinhalten von beiden führt. Der „Eigenverantwortung“ wird dabei ein eigenständiger Wert beigemessen.

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len Bedeutungsüberschuss, der an den demokratischen Legitimations- und Verantwortungszusammenhang anknüpfen kann. Die Verantwortungsfähigkeit der Gemeinden entstammt ihrer demokratischen Legitimationsgrundlage und vermag sich bereits deswegen nur auf solche Angelegenheiten zu beziehen, die zur örtlichen Gemeinschaft gehören258. Die beiden Bestandteile „eigenverantwortliche Regelung“ und „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ (einschließlich der Organisationsangelegenheiten) sind also nicht gesondert voneinander, sondern immer in Verknüpfung miteinander zu verstehen259. Sie bedingen sich wechselseitig: Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft müssen stets von den Gemeinden eigenverantwortlich geregelt werden; zugleich dürfen die Gemeinden nur für diese Angelegenheiten die Eigenverantwortung tragen. Herkömmlicherweise haben Rechtsprechung und Literatur die Eigenverantwortung der Gemeinden in den Gemeindehoheiten – nämlich Gebiets-, Organisations-, Personal-, Planungs-, Satzungs- und Finanzhoheit260 – umschrieben. Hinzu kommen die Steuer- und Abgabenhoheit261 sowie die Kooperationshoheit262. Diese „Hoheiten“ der Gemeinden bringen allerdings nur die typischen und heterogenen Aspekte ihres eigenverantwortlichen Handelns hervor263, woraus sich ein bestimmtes Schutzniveau der Eigenverantwortung nicht ableiten lässt. Isoliert betrachtet ist lediglich der Grundbestand264 jeder solchen Hoheit vorbehaltlos zu gewährleisten (so der Kernbereichsschutz).

258  Siehe

Teil 2 B. III. 1. weist Schoch, in: Henneke (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung in der Bewährung, S. 11 (13) darauf hin, dass die dort eingesetzte Begrifflichkeit Selbst„Verantwortung“ den Schutzgehalt des Art. 28 Abs. 2 GG umfassend zum Ausdruck bringt. 260  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn.  100 ff.; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 53; Erbguth / Mann /  Schubert, Besonderes Verwaltungsrecht, Rn. 54 ff.; Eggers, Die Verzonung, S. 124. 261  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn.  118 ff.; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 53; vgl. auch Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 132. 262  BVerfGE 119, 331 (362); 138, 1 (18); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (38); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 104; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 53; Erbguth / Mann / Schubert, Besonderes Verwaltungsrecht, Rn. 57. 263  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 100; Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 40; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 120; vgl. auch Eggers, Die Verzonung, S. 124 f. 264  BVerfGE 103, 332 (366); 138, 1 (22); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (40); vgl. auch BVerfGE 125, 141 (168); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 59; Eggers, Die Verzonung, S.  124 f.; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 53; Bull, DVBl. 2008, S. 1 (4). 259  Ähnlich



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Weitere Schutzansprüche können in Verknüpfung mit der Eigenschaft des konkret betroffenen Sachgegenstandes geltend gemacht werden. 3. Im Rahmen der Gesetze Schließlich ist das Recht der Gemeinden auf Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze zu garantieren. Dies weist nicht nur auf das allgemeine Rechtsmäßigkeitserfordernis allen gemeindlichen Handelns hin, sondern bringt zusätzlich die Befugnis des Gesetzgebers hervor, die gemeindliche Selbstverwaltung durch Gesetz weiter zu gestalten265. Der Gesetzesvorbehalt gilt sowohl für den Aufgabenbestand als auch für die Eigenverantwortung der Gemeinden266 und stellt sich als ein Ausgestaltungsvorbehalt mit potentiellem Eingriffscharakter dar267. Artikel 28 Abs. 2 S. 1 GG gibt mit den beiden Garantieelementen, wodurch der Schutzinhalt der Vorschrift abschließend festgelegt ist, bereits ein klar umrissenes Recht vor268. Nur seine Umsetzung insbesondere im Mehrebenen-Staatsaufbau setzt eine gesetzgeberische Konkretisierung voraus269, die sich – vor allem aus praktischen Gründen – einengend auf den originären Schutzumfang auswirken kann. Wenn die Einengung eine gewisse Intensität erreicht, liegt ein Eingriff vor. Erforderlich ist daher, dass der originäre Schutzinhalt des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG nicht durch die Gestaltung des Gesetzgebers unangemessen eingeengt wird. Die vorangegangene Ausführung hat allerdings gezeigt, dass eine objektive Festlegung der in den örtlichen Bedürfnissen und Interessen wurzelnden gemeindlichen Angelegenheiten normalerweise unmöglich ist. Die Aufzäh265  BVerfGE 79, 127 (143); 125, 141 (167); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 64; Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 44; Brüning, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 3, § 64 Rn. ‍39. 266  BVerfGE 79, 127 (143); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 56; Eggers, Die Verzonung, S. 162; Möller, Subsidiaritätsprinzip, S. 141 f.; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 90; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 109. 267  Vgl. Ehlers, in: Ehlers / Krebs (Hrsg.), Grundfragen des Verwaltungsrechts, S. 59 (78); Püttner, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 144 Rn. 30; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 61; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 109; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 90 ff. 268  Vgl. Schink, VerwArch 81 (1990), S. 385 (396); Ehlers, in: Ehlers / Krebs (Hrsg.), Grundfragen des Verwaltungsrechts, S. 59 (72); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 39; Eggers, Die Verzonung, S. 168; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 85 ff. 269  Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 59; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 88; Eggers, Die Verzonung, S. 151, 168: Für die Definition der „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ steht dem Gesetzgeber kein Beurteilungsspielraum zu. Bei der Gewichtung der örtlichen und überörtlichen Bezüge kann er hingegen Wertungen vornehmen.

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lung ist zudem dynamisch270 und von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Dem Gesetzgeber fällt dann ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Einschätzungsspielraum zu271, den eigenen Aufgabenkreis der Gemeinden – je nach deren Größe, Einwohnerzahl, Struktur etc. – typisierend zu bestimmen272. In Anlehnung an die vom BVerfG entwickelte Kern- / Randbereichslehre273 ist der Schutzgehalt des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG und mithin die Schranke der gesetzgeberischen Ausgestaltungsbefugnis dergestalt zu verstehen: In den Kernbereich des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts fällt zunächst die Universalität oder Allzuständigkeit274 sowie das Aufgabenerfindungs- oder Aufgabenzugriffsrecht275 der Gemeinden, also „die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Verwaltung übertragen sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen“276. Im Randbereich ist der aufgabenverteilende Gesetzgeber gehalten, hinsichtlich der Angelegenheiten mit örtlichen Bezügen die Ansiedlung auf Gemeindeebene vorzuziehen277. In welcher Situation eine solche Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft entzogen und auf eine höherstufige Gemeinschaft verlagert werden soll, lässt sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der allgemein für den

270  Eggers, Die Verzonung, S. 133 f.; Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S.  107 f.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 104; Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 1 Rn. 31. 271  BVerfGE 79, 127 (153); 83, 363 (382); 110, 370 (400 f.); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S.  51 f.; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 47; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 43; ausführlich Eggers, Die Verzonung, S. 146 ff. 272  BVerfGE 79, 127 (153 f.); 138, 1 (20 f.); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S.  51 f.; Eggers, Die Verzonung, S. 139; Brüning, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 3, § 64 Rn. 23. 273  BVerfGE 1, 167 (174 f.); 38, 258 (278 f.); 76, 107 (118); 79, 127 (146); Engels, Die Verfassungsgarantie, S.  44 ff.; Lange, Kommunalrecht, Kap. 1 Rn. 93 ff.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 115 ff. 274  BVerfGE 79, 127 (146); 107, 1 (11 f.); 138, 1 (21 f.); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (40); Brüning, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 3, § 64 Rn. 20; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 45; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 48. 275  BVerfGE 79, 127 (146 ff.); BVerfGE 83, 37 (54); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 103; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 48; Rennert, in: Umbach / Clemens (Hrsg.), GG, Bd. I: Art. 28 II Rn. 123; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 45, 93. 276  BVerfGE 79, 127 (146); 107, 1 (12); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (40); BVerw­GE 87, 228 (230); siehe auch Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 59; Eggers, Die Verzonung, S. 114; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 64. 277  BVerfGE 79, 127 (150 f.); 83, 363 (383); 91, 228 (236); 110, 370 (400); 138, 1 (19 f.); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 117; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 68; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 47 ff.



C. Die kommunale Selbstverwaltung131

„Ausgleich widerstreitender Interessen in rechtskonformer Art“278 Geltung beansprucht, beurteilen279. Demnach ist eine Hochzonung nur dann zu gestatten, wenn die den Aufgabenentzug tragenden Gründe des Gemeininteresses280 gegenüber denen der dezentralen Aufgabenansiedlung überwiegen281. Das BVerfG kennt solche Situationen als legitime Entzugsgründe an: wenn eine ordentliche Aufgabenerfüllung durch die Gemeinden nicht sichergestellt werden kann oder eine gemeindliche Aufgabenerfüllung zu unverhältnismäßigen Mehrkosten führen würde. Demgegenüber sind bloße Organisation­ erwägungen wie Verwaltungsvereinfachung und Zuständigkeitskonzentration als Hochzonungsgründe prinzipiell abzulehnen282. Neben dem formellen schützt Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG auch vor dem materiellen Aufgabenentzug283, nämlich dem Entzug der Eigenverantwortung. Das Prinzip der dezentralen Aufgabenansiedlung greift über eine bloße dezentrale Aufgabenvollziehung hinaus auf die möglichst dezentrale Zuweisung der Aufgabenverantwortung284. Im Mittelpunkt steht also die Sachleitungsbefugnis der Aufgabenerfüllung. Auch ihre Beschränkung bei den gesetzlich determinierten gemeindlichen Aufgaben muss grundsätzlich am Maßstab der Verhältnismäßigkeit gemessen werden285. Eine solche Schranke gibt es hin278  Faber, Die Kommunen zwischen Finanzautonomie, S. 15; siehe auch Bleckmann, JuS 1994, S. 177 (178); Stern, in: Badura / Scholz (Hrsg.), FS Lerche, S. 165 (173 ff.); Ehlers, DVBl. 2000, S. 1301 (1307); Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 73. 279  BVerfGE 125, 141 (167); 138, 1 (19); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (39); NdsStGH, Urt. v. 06.12.2007  – Az. 1 / 06, OpenJur, Rn. 93; NWVerfGH, DVBl. 2008, S. 241 (247); NVwZ-RR 2003, 612 (613); Tepe, Verfassungsrechtliche Vorgaben, S.  123 f.; Eggers, Die Verzonung, S. 239; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 73; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 114. Der einmal bestehende Streit über die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Staatsorganisationsrecht ist weitgehend geklärt. 280  Für eine Auflistung der betreffenden Gemeinwohlgründe siehe etwa Eggers, Die Verzonung, S.  245 ff. 281  BVerfGE 79, 127 (153 f.); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (39); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 61; Hermes, Maßstab und Grenzen, S. 84; Eggers, Die Verzonung, S. 239; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 68. 282  BVerfGE 79, 127 (153); 138, 1 (6); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (39); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 61; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 69; Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 48. 283  Vgl. VG Regensburg, BayVBl. 2004, S. 538 (539); Knemeyer, in: Mann / Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. 1, § 12 Rn. 38 ff.; Eggers, Die Verzonung, S. 120 ff. nennt dies den Schutz der Sachaufgabe / -zuständigkeit im Vergleich zur Wahrnehmungsaufgabe / -zuständigkeit. 284  Vgl. den Unterschied zwischen Dezentralisation und Dekonzentration in Teil 1 Fn. 3. 285  BVerfGE 95, 1 (27); 103, 332 (366 f.); Schink, VerwArch 81 (1990), S. 385 (401 ff.); Vietmeier, DVBl. 1992, S. 413 (418 f.); Brems, Die Aufgabenverlagerung,

132

Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

gegen bei den als „staatlich“ eingestuften Aufgaben nicht286, obgleich diese auch materielle „Angelegenheiten“ der örtlichen Gemeinschaft enthalten können287. Durch diese starre Aufgabenzweiteilung – wie es allgemein bei einer „typisierenden“ Regelung geschieht – wird der originäre Schutzgehalt des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG relativiert288. Diese Vorgehensweise an sich stellt aber keinen rechtlich bedenklichen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht dar.

II. Die finanzverfassungsrechtliche Sicherung der gemeindlichen Selbstverwaltung Nach den vorangegangenen Ausführungen schützt Art. 28 Abs. 2 GG die Gemeinden vor einem Aufgabenentzug sowohl formeller als auch materieller Art. Demgegenüber wird eine Aufgabenzuweisung – entweder nur in der Durchführung oder auch in der Verantwortung – an sich prinzipiell nicht als ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff angesehen289. Bedenken dafür liegen jedoch aufgrund der mit der Zuweisung verbundenen Ausgabenlast vor, durch die die Entfaltungsmöglichkeiten der Gemeinden in den (anderen) örtlichen Angelegenheiten eingeschränkt werden könnten290. Das gleiche Problem träte auch beim materiellen Aufgabenentzug auf, wenn eine fremde Aufgabenentscheidung etwa durch Aufgabenerweiterung bzw. Standarderhö-

S. 63; Faber, Die Kommunen zwischen Finanzautonomie, S. 48 ff.; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 51; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 73. 286  BVerfGE 78, 331 (341); 83, 363 (382); ThürVerfGH, DVBl. 2005, S. 443 (447); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 56; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 81; Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 153; Geis, Kommunalrecht, § 4 Rn. 7. 287  Vgl. BVerfGE 8, 122 (134); BVerwGE 87, 228 (229 ff.); Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 71 Rn. 42: Stellungnahme zur Frage der Errichtung einer Militäranlage im Gemeindegebiet als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft. 288  Insoweit kommt Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG einem Rechtsprinzip nahe, das nur auf eine optimale Umsetzung gerichtet sein kann. Siehe Bull, DVBl. 2008, S. 1 (3 f.); Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 103 ff. 289  Dafür spricht die Einordnung der Gemeinden als Funktionseinheiten eines gegliederten staatlichen Regierens. Siehe Teil 2 D. II. 1.; auch Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 113 ff. 290  BVerfGE 119, 331 (354); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 88; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 71; Henneke, DÖV 2013, S. 825 (830); sonstige Belastungen durch Aufgabenzuweisungen siehe Brenner, in: Vorstand des Europäischen Zentrums für Föderalismus-Forschung Tübingen (Hrsg.), Jahrbuch des Föderalismus 2003, S. 138 (138 ff.); Hermes, Maßstab und Grenzen, S. 94; Eggers, Die Verzonung, S. 127 ff. sieht bereits im Pflichtelement der Aufgabenzuweisung einen Eingriff.



C. Die kommunale Selbstverwaltung133

hung die Gemeindefinanzen belasten würde. Dies erhebt die Frage nach der finanziellen Sicherung der gemeindlichen Selbstverwaltung. Es ist ein rechtlich üblicher Gedanke, dass einem Subjekt die entsprechenden Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen müssen, wenn ihm eine Pflicht bzw. ein Auftrag auferlegt wird. Da die Gemeinden umfangreiche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen haben und keine originäre Abgabenhoheit besitzen, sind ihnen vonseiten des Staates die entsprechenden Finanzgrundlagen zu sichern. Nach herrschender Meinung leitet sich ein Anspruch der einzelnen Gemeinden auf eine aufgabengerechte Finanzausstattung bereits aus Art. 28 Abs. 2 GG ab291. Problematisch kann jedoch sein, wie diese „Gerechtigkeit“ zu verorten und erreichen ist292. Abgesehen von der Konkretisierbarkeit dieses Anspruchs ist zunächst eine hinlängliche Finanzmasse zu garantieren, die sich als die quantitative Komponente293 der Finanzsicherung vornehmlich auf alle vom Staat auferlegten und einen Bestand selbst ausgewählter Aufgaben bezieht294. Darüber hinaus muss zwischen der Selbstverwaltung und ihrer Finanzsicherung noch eine qualitative295, also strukturelle Entsprechung bestehen. Die Gemeinden sind nicht bloße „Vollzugsagenturen“ oder „Außenstellen“ der unmittelbaren Staatsverwaltung, sondern eigenständige „allzuständige“ politische Entscheidungs- und Wirkungseinheiten. Das Grundgesetz und die Landesverfassungen sind von einem Bild der gemeindlichen Selbstverwaltung ausgegangen, in dem sich die Gemeindebürger aktiv an der Gestaltung eigener Politik beteiligen und eine „kraftvolle Betätigung“296 verwirklicht wird. Der „Eigenverantwortung“ Rechnung tragend darf sich die Finanzausstattung der Gemeinden nicht damit zufriedengeben, dass ihnen insgesamt ein ausreichendes Finanzvolumen zur Verfügung steht. Vielmehr verlangt die Eigenverantwortung der Gemeinden, dass ihnen auch ein – jedenfalls nicht geringfügiger –

291  BVerwGE 106, 280 (287); BVerwG, DVBl. 2013, S. 858 (858); Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 54; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 78; Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 179; Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S.  70; Schmidt-Aßmann, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 59 (81); Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 181. 292  Siehe Teil 4 B. und C. 293  Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Rn. 845; ders., in: Wieland (Hrsg.), Kommunalsteuern und -abgaben, S. 117 (126); ders., DVBl. 2014, S. 1422 (1427); Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 54.1. 294  BVerwGE 106, 280 (287); 127, 155 (157); BVerwG, DVBl. 2013, S. 858 (860 f.). 295  Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Rn. 845; ders., DVBl. 2014, S. 1422 (1427); Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 54.6. 296  BVerfGE 1, 167 (175); 22, 180 (205); 79, 127 (155).

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

finanzpolitischer Spielraum zusteht297. Sie müssen einen wesentlichen Teil der Einnahmen aus eigenem Recht erschließen können298. Zu einer parallelen Finanzstruktur trägt die Finanzverfassung insoweit bei, als sie den Gemeinden über die Ertragskompetenz am Aufkommen der Einkommensteuer (Art. 106 Abs. 5 GG), der Umsatzsteuer (Art. 106 Abs. 5a GG) sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern (Art. 106 Abs. 6 S. 1 GG, soweit diese nicht durch Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zustehen) hinaus noch die mit Hebesatzrecht ausgestattete Grund- und Gewerbesteuer (Art. 106 Abs. 6 S. 1, 2 GG) zuweist. Ein potenzielles Hebesatzrecht der Gemeinden besteht für ihren Anteil an der Einkommensteuer (Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG), ist bisher jedoch nicht gebraucht worden. Zusätzlich ordnet Art. 106 Abs. 7 GG an, dass ein vom Landesgesetzgeber zu bestimmender Prozentsatz des Länderanteils an den Gemeinschaftssteuern den Gemeinden zufließen muss, der die Grundlage für den kommunalen Finanzausgleich bildet. Zusammengenommen wird sichtbar, dass den Gemeinden durch die Finanzverfassung eine Einnahmenbasis aus den Steuerquellen garantiert wird, die die örtliche Wirtschaftskraft allgemein darzustellen fähig sind. Damit müssen sie an den wirtschaftlichen Erträgen der jeweiligen örtlichen Gemeinschaft teilnehmen und eine gesunde sowie nachhaltige Entwicklung erzielen können. Diese Einnahmenbasis wird allerdings überwiegend losgelöst vom konkreten Aufgabenbestand der Gemeinden bestimmt, sodass von einer – sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht – „aufgabengerechten“ Finanzausstattung nicht die Rede sein kann. Außer dem Hebesatzrecht bei Grund- und Gewerbesteuer fehlt es an Mechanismen, um eine Anpassung der Einnahmen an die Schwankungen des gemeindlichen Aufgabenbestandes abzusichern. Theoretisch gesehen gibt es gegen diese Lage nichts einzuwenden, da der Finanzverfassung als Teil des Grundgesetzes die Zweistufigkeit des Bundesstaats zugrunde liegt. Die konkrete Gewährleistung einer aufgabengerechten Finanzausstattung der Gemeinden obliegt nur dem jeweiligen Landesrecht. Zu beachten ist aber, dass die Verdrängung der Länder aus der Steuergesetzgebung bzw. -erfindung durch den Bund auch die Gemeinden beeinflusst. Für die Gemeinden wird gleichzeitig die Möglichkeit geschmälert, mit vom Land verliehener Staatsgewalt über die Höhe ihrer weiteren Steuereinnahmen selbst zu bestimmen. 297  So die Finanzhoheit, nämlich die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens. Siehe BVerfGE 26, 228 (244); 71, 25 (36); 83, 383 (386); ThürVerfGH, DVBl. 2005, S. 443 (446). 298  Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Rn. 845; ders., in: Wieland (Hrsg.), Kommunalsteuern und -abgaben, S. 117 (126 f.); Faber, Die Kommunen zwischen Finanzautonomie, S. 43.



C. Die kommunale Selbstverwaltung135

III. Die Selbstverwaltung der Landkreise Neben den Gemeinden sieht Art. 28 Abs. 2 GG vor, dass auch die Gemeindeverbände – wozu ohnehin die Landkreise gehören299 – im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs nach Maßgabe der Gesetze das Selbstverwaltungsrecht besitzen. Zu gewährleisten sei, dass den Gemeindeverbänden ein Mindestbestand an gewichtigen Selbstverwaltungsaufgaben zugewiesen werde300. Auf den ersten Blick scheint die Selbstverwaltung der Landkreise in vollem Umfang von den einzelnen Aufgabenzuweisungen abzuhängen301. Dies ist aber nicht notwendigerweise der Fall. Mit der homogenen Legitimationsgrundlage ist die Kreisverwaltung durchaus imstande302, über eine der gemeindlichen Selbstverwaltung vergleichbare Allzuständigkeit zu verfügen303 und alle kreisörtlichen – nämlich die allein die gemeinsamen Interessen und Bedürfnisse der Kreisbürger bzw. -einwohner betreffenden304 – Angelegenheiten eigenständig zu regeln. Auch die Kommunalordnungen haben die Aufgaben der Landkreise generalklauselartig geregelt305. Dabei wird auf die die gemeindliche Leistungsfähigkeit übersteigenden Aufgaben306, die 299  Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 78; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 140; Hellermann, in: Epping /  Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 51; Lange, Kommunalrecht, Kap. 18 Rn. 3. 300  BVerfGE 119, 331 (353); 137, 108 (157); Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 79; Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 52; Tepe, Verfassungsrechtliche Vorgaben, S. 55 f.; Eggers, Die Verzonung, S. 118 f.; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 44. 301  BVerfGE 79, 127 (150); 83, 363 (383); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 46; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 79; Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 52; Tepe, Verfassungsrechtliche Vorgaben, S.  54 f.; Eggers, Die Verzonung, S. 112. 302  Anhand des Legitimations- und Verantwortungszusammenhangs (Teil 2 B. II.) ist der Kreis dazu nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. 303  BVerfGE 83, 37 (54 f.); Schmidt, DÖV 2013, S. 509 (513); Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 174; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als ­Ordnungsidee, 2. Kap. Rn. 88; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 47; ders., in: Wieland (Hrsg.), Kommunalsteuern und -abgaben, S. 117 (124 f.); ders., DVBl. 2018, S. 133 (134); Eggers, Die Verzonung, S. 118: „subsidiäre Allzuständigkeit“. 304  Schoch, DVBl. 1995, S. 1047 (1049 f.); Henneke, Der Landkreis 2004, S. 244 (247); Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 179; Meyer, in: Mann / Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. 1, § 25 Rn. 17; vgl. auch Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 82; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 158. 305  Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 175; Schmidt, DÖV 2013, S. 509 (510); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 96; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 83. 306  Art. 2 Abs. 1 S. 1 BWLKO; Art. 122 Abs. 2 S. 1 BbgKV; Art. 2 Abs. 1 S. 1 HessLKO; Art. 2 Abs. 1 S. 1 SHKO.

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Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

durch das Kreisgebiet begrenzten überörtlichen Aufgaben307 oder beide alternativ308 abgestellt. Die Landkreise erfüllen also zum einen als Selbstverwaltungskörperschaft die kreisörtlichen Aufgaben und unterstützen zum anderen die Aufgabenerledigung der kreisangehörigen Gemeinden. Letztere Funktion wird gemeinhin in den ergänzenden und ausgleichenden Aufgaben der Landkreise umschrieben309, die sowohl bloße Verwaltungshilfen als auch Auf­ gabenwahrnehmung anstelle der Gemeinden einschließen. Nach der Konstruktion von Landesverfassungen wird der Schutzumfang der kreislichen Selbstverwaltung erweitert310. Während Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG nur einen gesetzlichen Bestand von eigenverantwortlich wahrzunehmenden Aufgaben garantiert, sollen die Kreise in ihrem generalklauselartig zugewiesenen Wirkungsbereich, der durch eine kreisspezifische Relevanz gekennzeichnet ist, einen Vorrang gegenüber dem Land besitzen. Ein Eingriff des Landes in diesen Bereich ist also grundsätzlich rechtfertigungsbedürftig311. Auf der finanziellen Seite wird eine unmittelbare Steuerbeteiligung der Landkreise in der Bundesverfassung nicht vorgesehen. Eingeräumt wird lediglich, dass sie anstelle der Gemeinden nach Maßgabe des Landesrechts das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern erhalten können (Art. 106 Abs. 6 S. 1 GG). Das wesentliche mit hoheitlichen Entscheidungsbefugnissen ausgestattete Finanzinstrument der Landkreise ist die Kreisumlage312, womit zur Finanzierung der Kreisaufgaben die kreisangehörigen Gemeinden direkt herangezogen werden. Dadurch partizipieren die Kreise mittelbar an den gemeindlichen Steuerertragskompetenzen313. Alles in allem steht den Landkreisen ein den Gemeinden ähnliches Selbstverwaltungsrecht zu, das einen vergleichbaren Finanzausstattungsanspruch beinhaltet. Auch der Finanzbedarf des Kreises ist mit dem der kreisangehöri307  Art. 5 Abs. 1 BayLKO; Art. 2 Abs. 1 S. 1 NWKO; Art. 2 Abs. 1 S. 1 RhPfLKO; Art. 140 Abs. 2 SaarlKSVG; Art. 87 Abs. 1 ThürKO; siehe Meyer, in: Mann / Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. 1, § 25 Rn. 19. 308  Art. 89 Abs. 1, 2 S. 1 MVKV; Art. 3 Abs. 2 S. 1 NdsKVG; Art. 2 Abs. 1 S. 1 SächsLKO; Art. 3 Abs. 2 S. 1 SachsAnhKVG. 309  BVerwGE 101, 99 (103 f.); Schmidt, DÖV 2013, S. 509 (510 f.); ders., Kommunalrecht, Rn.  256 ff.; Meyer, in: Mann / Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. 1, § 25 Rn. 22; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 96; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 82 f. 310  Vgl. Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 156; Henneke, DÖV 2002, S. 463 (467); Meyer, in: Mann / Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. 1, § 25 Rn. 15; Lange, Kommunalrecht, Kap. 18 Rn. 58 ff.; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 112. 311  Vgl. Meyer, in: Mann / Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. 1, § 25 Rn. 15. 312  Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 163; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 106 Rn. 55 ff.; Lange, Kommunalrecht, Kap. 18 Rn. 102 ff. 313  Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 92.



D. Zwischenergebnis137

gen Gemeinden gleichrangig314. Die Kreise sind durch die Instrumente der Steuererhebung bzw. -beteiligung, der Umlageerhebung sowie des kommunalen Finanzausgleichs so auszurüsten, dass von ihnen alle pflichtigen einschließlich eines Mindestmaßes an freiwilligen Aufgaben wahrgenommen werden können315. Zu beachten ist hierbei, dass das Prinzip der dezentralen Aufgabenansiedlung auch für die Aufgabenverteilung zwischen Kreis und kreisangehörigen Gemeinden Geltung beansprucht316. Aufgabenerfüllung durch die Gemeinden besitzt den Vorrang gegenüber dem Landkreis, wenn die Aufgaben gemeindeörtliche Bezüge aufweisen. Auch die finanzverfassungsrechtlichen Regelungen über die Steuerausstattung beiderlei Selbstverwaltungskörperschaften zeigen, dass die Bundesverfassung das Hauptgewicht der Verwaltung der unteren Ebene auf die Gemeinden legt. Die Landkreise sollen dabei überwiegend Beistand leisten und im Falle der gemeindlichen Unfähigkeit eine Ersatzvornahme tätigen („Komplementärfunktion“317). In diesem Sinne lassen sich die Verwaltung der kreisangehörigen Gemeinden und die des Kreises als eine Einheit gegenüber der unmittelbaren Landesverwaltung erfassen.

D. Zwischenergebnis Im Ganzen gesehen hat das Grundgesetz für die staatliche Aufgabenzuordnung – sowohl zwischen Bund und Ländern als auch zwischen Land und Kommunen – die im zweiten Teil angeführten Maßstäbe und Prinzipien durchgesetzt. Dennoch zeichnen sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der verwendeten Technik und Modi in der jeweiligen Zuordnung ab, die nicht zuletzt auf die unterschiedliche staatsrechtliche Stellung sowie Funktion der Länder und der Kommunen zurückführen. Die Aufgabenzuordnung zwischen Bund und Ländern ist gekennzeichnet durch eine Funktionenteilung mit Rahmencharakter, einen Verhandlungsmechanismus („Verhandlungsfödera­ lismus“) und eine relativ schmale gerichtliche Prüfungsmöglichkeit. Trotz der nachteiligen Positionierung innerhalb der Gesetzgebung tragen die Länder als Hauptverwaltungsträger die materielle Verantwortung für die meisten 314  BVerwGE

145, 378 (380 f.). in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 95, 149; ders., DVBl. 2014, S. 1422 (1423); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 157; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 112. 316  BVerfGE 79, 127 (150); 138, 1 (15); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (39); Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 68; Schönenbroicher, in: Heusch /  Schönenbroicher (Hrsg.), NWVerf: Art. 78 Rn. 50; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 49; Henneke, DVBl. 2018, S. 42 (43); Ipsen, Niedersächsisches Kommunalrecht, Rn. 144: Subsidiaritätsprinzip. 317  BVerwGE 67, 321 (324); Ipsen, Niedersächsisches Kommunalrecht, Rn. 145. 315  Henneke,

138

Teil 3: Grundgesetzlicher Rahmen

Aufgaben des Staates. Es wird also gehofft, dass sie durch Mitwirkung auf Bundesebene die Substanz ihrer Verantwortung in gebührendem Maße bewahren können. Bezüglich des Verhältnisses zwischen Land und Kommunen wird ein anderer Weg eingeschlagen. Artikel 28 Abs. 2 S. 1 GG hat zunächst das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht umfassend und prinzipienhaft formuliert und den (Landes-)Gesetzgeber zur (Weiter-)Gestaltung beauftragt. Für diese Gestaltung werden zugleich Schranken errichtet. Mit dem Gebot der dezentralen Aufgabenansiedlung, das dem Subsidiaritätsprinzip entspringt, und der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips in der gerichtlichen Prüfung genießen die Gemeinden einen vollumfänglichen (bundesverfassungs-)gerichtlichen Schutz ihrer Aufgabenverantwortung. Schwerwiegende strukturelle Defizite bestehen allerdings bei der Finanzordnung. Der dezentralen Aufgabenstruktur wird nicht mit einer dezentralen Finanzstruktur entsprochen. Länder und Kommunen sind in der eigenständigen Einnahmefähigkeit weitgehend eingeschränkt und auf Bundesgesetzgebung angewiesen, zumal es an effektiven Mechanismen fehlt, die ihre finanzielle Anpassungsfähigkeit hinsichtlich eines durch höhere Ebenen nahezu beliebig erweiterbaren Aufgabenkatalogs absichern. Dies wird im BundLänder-Verhältnis durch die Anwendung des Verursacherprinzips für kostspielige Aufgaben und die Einräumung einer starken Verhandlungsposition der Länder teilweise „kompensiert“. In Kauf genommen wird dabei die Verantwortungsunklarheit und die Kompliziertheit des Systems. Auf die strukturell negativen Folgen für Kommunen haben die Länder mit einer grundlegenden Orientierung am Verursacherprinzip reagiert. Dies wird im nächsten Teil ausgeführt.

Teil 4

Finanzierungsverantwortung des Landes für kommunale Aufgaben Artikel 28 Abs. 2 GG stellt eine rahmenartige Mindestgarantie dar1, die in erster Linie auf Gewährleistung und Weitergestaltung durch die Länder verweist. Wegen der organisatorischen Einbettung der Kommunen in das jeweilige Land nimmt letzteres eine Garantenstellung für seine Kommunen ein2. Die Ansprüche der Kommunen sind primär an das Land zu adressieren3. Während das BVerfG für die Bestimmung des kommunalen Aufgabenbestandes das Prinzip dezentraler Aufgabenzuordnung vorgibt und bei Abweichungen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vornimmt, belässt es einen noch weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Finanzausstattung der Kommunen. Die aus ihrer Rolle als Aufgabenträger abgeleitete allgemeine Forderung nach einer aufgabengerechten Finanzausstattung haben zwar alle Landesverfassungen mit Ausnahme Bayerns expressis verbis normiert4. Hinsichtlich der Durchsetzung der Forderung bestehen aber Unklarheiten und Unterschiede.

A. Die finanzielle Mindestausstattung und die angemessene Finanzausstattung Es wird durch die Literatur5 und Landesverfassungsgerichte6 anhand der Kern- / Randbereichsdogmatik zwischen einer finanziellen Mindestausstat1  Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 85; vgl. auch BVerfGE 138, 1 (16 ff.); BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (35 ff.). 2  HessStGH, NVwZ 2013, S.  1151 (1152); Schuppert, in: Umbach / Clemens (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 106 Rn. 26; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 102 ff.; Heintzen, in: Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 104a Rn. 24. 3  ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, S. 665 (667); Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 184; Hellermann, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 54.5; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 136. 4  Etwa Art. 99 S. 2 BbgVerf; Art. 73 Abs. 1 BWVerf; Art. 58 NdsVerf. 5  Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 189; Schoch, in: Ehlers / Krebs (Hrsg.), Grundfragen des Verwaltungsrechts, S. 93 (122 ff.); Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S.  62 ff.; Henneke, DÖV 2008, S. 857 (858 ff.); Schwarz, ZKF 2009, S.  241 (243 ff.); Schmitt, DÖV 2013, S. 452 (455 f.). 6  Kritisch Volkmann, DÖV 2001, S. 497 (503 f.); Groh, LKV 2010, S. 1 (7 f.); Gebhardt, Das kommunale Selbstverwaltungsrecht, S. 200 ff.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

tung und einer angemessenen Finanzausstattung der Kommunen unterschieden. Als Bestandteil des unantastbaren Kernbereichs steht den Kommunen zunächst eine finanzielle Mindestausstattung zu, die ihre Wahrnehmung aller pflichtigen und eines Mindestmaßes an freiwilligen Aufgaben ermöglicht7. Dies ist unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes8 auf jeden Fall zu garantieren9, gegebenenfalls mit Maßnahmen entweder der Einnahmenerweiterung oder der Ausgaben- bzw. Aufgabenkürzung10. Demgegenüber bemüht sich die angemessene Finanzausstattung darum, eine gerechte Aufgaben- und Einnahmenverteilung zwischen Land und Kommunen zu erzielen. Hierfür hat der NdsStGH aufgrund der prinzipiellen Gleichwertigkeit von Landes- und Kommunalaufgaben das Gebot der aufgabengerechten Einnahmenverteilungssymmetrie11 entwickelt, wonach der Finanzbedarf des Landes und der der Kommunen gleichermaßen aufgabenadäquat zu decken sind. Der Grundsatz der Verteilungssymmetrie steht in Einklang mit dem Leistungsfähigkeitsvorbehalt des Landes beim kommunalen Finanzausgleich und besagt, dass negative finanzielle Entwicklungen nicht einseitig den Landes- oder den Kommunalhaushalt belasten dürfen12. Als Mitglieder 7  Schmidt-Aßmann, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 59 (81); Lange, DVBl. 2015, S. 457 (457  f.); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 128; Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 188. 8  Eine von der Leistungsfähigkeit des Landes unabhängige kommunale Mindestfinanzausstattung verneinen etwa BWStGH, BWVBl. 1999, S. 294 (301); BayVerfGH, Entscheidung v. 28.11.2007 – 15-VII-05, Jurion, Rn. 172 ff.; MVVerfG, LKV 2006, S. 461 (462 f.); NdsStGH, NdsVBl. 2008, S. 152 (155); NWVerfGH, DVBl. 2011, S. 1155 (1156); DVBl. 2014, S. 918 (920 f.); RhPfVerfGH, DVBl. 2012, S. 432 (433); SachsAnhVerfG, DVBl. 2012, S. 1560 (1562). 9  BVerwG, DVBl. 2013, S. 858 (860 f.); ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, S. 665 (668); BbgVerfG, DVBl. 2013, S. 1180 (1183 ff.); HessStGH, NVwZ 2013, S. 1151 (1152); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 128; Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 193; Schoch, Verfassungsrechtlicher Schutz, S. 152; Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 78, 81 ff. 10  RhPfVerfGH, DVBl. 2000, S. 992 (995); NdsStGH, NVwZ-RR 2001, S. 553 (557); ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, S. 665 (668); Berlit, in: Hufen (Hrsg.), FS Schneider, S.  339 (344  f.); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 128; Schoch, BWVBl. 2006, S. 122 (123); Schmitt, DÖV 2013, S. 452 (456). 11  NdsStGH, DVBl. 1998, S. 185 (187); NVwZ-RR 2001, 553 (556 f.); NdsVBl. 2008, 152 (156 f.); ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, S. 665 (668 f.); MVVerfG, LKV 2006, S. 461 (463); RhPfVerfGH, DVBl. 2012, S. 432 (432 ff.); HessStGH, NVwZ 2013, S. 1151 (1154); siehe auch Art. 2 Abs. 1 S. 2 SächsFAG; Gebhardt, Das kommunale Selbstverwaltungsrecht, S. 205 ff.; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 306 ff. 12  Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 180  f.; Faber, Die Kommunen zwischen Finanzautonomie, S. 81; Nierhaus, LKV 2005, S. 1 (5); Groh, LKV 2010, S. 1 (7 f.); Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 197; Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 165.



A. Die finanzielle Mindestausstattung141

der staatlichen Verantwortungsgemeinschaft13 sind die Kommunalfinanzen nur vor ungerechtfertigten Beeinträchtigungen des Landes zu schützen. Konzeptionell gebührt der zweischichtigen Gewährleistung der kommunalen Finanzausstattung, die der Gestaltungsmacht des Landesgesetzgebers und der politischen Fairness Rechnung trägt, zwar Zustimmung. Das Problem der Durchsetzbarkeit bleibt aber weiterhin ungelöst. Weder die Mindest- noch die angemessene Finanzausstattung lässt sich quantifizieren14 oder nach festen Kriterien berechnen15. Fraglich kann insbesondere sein, inwieweit sie unter eigenen Anstrengungen der Kommunen – etwa durch Inanspruchnahme des Vermögens oder Ausschöpfung der Hebesatzspielräume – zu gewährleisten sind16. Hierbei greift auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht ein17, da es sich bei der aufgabengerechten Finanzausstattung nicht um eine Eingriffsoder Regel-Ausnahme-Situation, sondern vor allem darum handelt, wer aufgrund seiner staatsrechtlichen Stellung und Funktion eine bestimmte Aufgabe finanzieren muss. So sind die Ausgaben der Auftragsangelegenheiten immer vom Land selbst zu tätigen. Für die Aufgabenfinanzierung gibt nur die Eigenschaft – etwa die rechtliche Zuordnung, der Interessenbezug oder der Autonomiegrad – der Aufgabe den Ausschlag18. Wenn hingegen vom gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum oder Abwägungsbedürfnis die Rede ist19, kann damit lediglich die vom Solidaritätsgedanken gestützte (mittelbare) Umverteilung20, die Pauschalierungs- und Typisierungsnotwendigkeit21 oder die Aus13  Siehe

Teil 2 D. II. 1. teilweise vertretene Vorhaben, den Kommunen einen bestimmten prozentualen Anteil der insgesamt verfügbaren Mittel als Untergrenze zu garantieren, ist wegen der fehlenden Begründbarkeit abzulehnen. Siehe Würtenberger, in: Isensee /  Lecheler (Hrsg.), FS Leisner, S. 973 (980 ff.); BWStGH, BWVBl. 1999, S. 294 (301); MVVerfG, LKV 2006, S. 461 (462 f.); Lohse, Kommunale Aufgaben, S. 121 ff.; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 146 m. w. N. 15  Vgl. BWStGH, BWVBl. 1999, S. 294 (301); MVVerfG, LKV 2006, S. 461 (463); NdsStGH, NdsVBl. 2008, S. 152 (155 ff.); NWVerfGH, DVBl. 2014, S. 918 (920); Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 190, 197 f.; ders., DVBl. 2015, S. 457 (461 f.); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 199; Engels, Die Verfassungsgarantie, S.  308 ff.; Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 169. 16  Vgl. MVVerfG, LKV 2006, S. 461 (463); NWVerfGH, DVBl. 2014, S. 918 (920). 17  Vgl. Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 295 ff.; unzutreffender Einsatz Lohse, Kommunale Aufgaben, S. 107. 18  Näheres siehe Teil 4 C. 19  Etwa BayVerfGH, BayVBl. 2007, S. 364 (366); NdsStGH, NdsVBl. 2008, S. 152 (157); NWVerfGH, DVBl. 2011, S. 1155 (1156); Schoch, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 11 (56); Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 198. 20  Siehe Teil 3 B. II. 2. 21  Vgl. etwa NWVerfGH, DVBl. 2011, S. 1155 (1157); Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 183, 190. 14  Das

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

wahl von Finanzierungsinstrumenten22 gemeint sein. Die Finanzausstattung der Kommunen enthält also stets ein qualitatives Element, das unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Landes und der Kommunen rein aufgabenorientiert ist. Nur war es über längere Zeit mit dem quantitativ umverteilenden Element verzahnt und erst durch die Einfügung des (strikten) Konnexitätsprinzips abgesondert und deutlich gemacht. In Bezug auf die Beantwortung einer Frage nach der Finanzierungsverantwortung für kommunale Aufgaben ist daher unbedingt mit deren Struktur anzufangen.

B. Struktur des kommunalen Aufgabenbestandes An den Gedanken der Dezentralisation anschließend haben auch die Landesverfassungen den Kommunen bei der Gesetzesausführung einen Vorrang eingeräumt. Es gibt ferner eine von politischen, ökonomischen sowie rechtlichen Zielsetzungen getragene Kommunalisierungstendenz23, der gemäß bisher von anderen Hoheitsträgern wahrgenommene Aufgaben und Kompetenzen auf die kommunale Ebene zu verlagern sind. Dass die Kommunen neben den freiwillig aufgenommenen auch die landes- und bundesgesetzlich veranlassten Aufgaben orts- und bürgernah wahrzunehmen haben, hat zur Folge, dass sie einen besonders komplexen Aufgabenbestand aufweisen. Diese Komplexität zeigt sich nicht lediglich in der sachlichen Vielfalt, sondern auch in der Entscheidungs- und Verantwortungsstruktur einzelner Aufgaben. Dies ist für die Finanzfrage erheblich, da die systemgerechte Aufgabenfinanzierung eine systemgerechte Aufgabenentscheidung voraussetzt. Der angeblich aus Art. 28 Abs. 2 GG gefolgerten, überkommenen dualistischen Aufgabenstruktur der Gemeinden24, die zwischen Selbstverwaltungsund staatlichen Aufgaben unterscheidet, haben sich sieben Bundesländer25 an­geschlossen. Andere fünf Länder verfolgen nach dem Weinheimer Entwurf26 eine monistische Aufgabensystematik27, wonach die Gemeinden in 22  Vgl. etwa NWVerfGH, DVBl. 2011, S. 1155 (1156); Schoch, in: Henneke /  Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 11 (56). Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 198. 23  Henkel, Die Kommunalisierung, S. 25 ff.; Kremer, VerwArch 102 (2011), S. 242 (243 ff.); Meyer, NdsVBl. 2015, S. 37 (44); Baer, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 11 Rn. 21. 24  Als Unterstützungsinstitution der gemeindlichen Aufgabenwahrnehmung sollen hier auch die Landkreise mit einbezogen werden. Ähnliches gilt auch bei Aufgabenmonismus. 25  Art. 7, 8 BayGO; Art. 2, 3 MVKV; Art. 4–6 NdsKVG; Art. 2 RhPfGO; Art. 5, 6 SaarlKSVG; Art. 4–6 SachsAnhKVG; Art. 2, 3 ThürKO. 26  Siehe Engeli / Haus, Quellen zum modernen Gemeindeverfassungsrecht, S.  740 ff.



B. Struktur des kommunalen Aufgabenbestandes143

ihrem Gebiet alle „öffentlichen Aufgaben“ in eigener Verantwortung wahrnehmen. Nicht eindeutig zuordenbar ist die Regelung Brandenburgs28, die einerseits zwischen Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft29 und denen des Landes30 unterscheidet, andererseits die für das monistische Modell kennzeichnenden Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung31 vorsieht. Dies gilt bereits als Indiz dafür, dass beide Modelle im Wesentlichen miteinander kompatibel sind und mithin kombiniert werden können32.

I. Der Aufgabendualismus Der Dogmatik des BVerfG zu Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG folgend geht der Aufgabendualismus von der örtlichen / überörtlichen Radizierung der Aufgaben aus33. Es wird zwischen „eigenen“ bzw. Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinden und „übertragenen“ bzw. staatlichen Aufgaben oder Auftragsangelegenheiten unterschieden, die jeweils im Interesse der örtlichen und überörtlichen Gemeinschaft wurzeln. Zur ersteren Kategorie zählen neben den durch die Gemeinden aus eigenem Antrieb an sich gezogenen „freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben“ auch die zwar per Gesetz angeordneten, aber dennoch von den Gemeinden eigenverantwortlich wahrzunehmenden „pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben“. Während die Selbstverwaltungsaufgaben nur gesetzmäßig ausgeführt werden müssen, unterliegt die Erledigung der 27  Art. 2 Abs. 1 BWGO; Art. 2 HessGO; Art. 2 NWGO; Art. 2 Abs. 1 SächsGO; Art. 2 Abs. 1 SHGO. 28  Vgl. Hohndorf / Falk, in: Brünneck / Peine (Hrsg.), Staats- und Verwaltungsrecht für Brandenburg, S. 93 (118); Nierhaus, Kommunalrecht für Brandenburg, Rn. 185; Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 154. Die Ausführungen beziehen sich zwar auf die alte BbgGO. Die betreffenden Termini sind aber wortgleich von der neuen BbgKV übernommen. Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 1 Rn. 61 und Brüning, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 3, § 64 Rn. 68 ordnen die Regelung dem monistischen Modell zu. 29  Art. 2 Abs. 1 BbgKV; Art. 97 Abs. 2 BbgVerf. 30  Art. 97 Abs. 3 BbgVerf. 31  Art. 2 Abs. 3 BbgKV sieht im Unterschied zu anderen dualistischen Kommunalverfassungen, die mit ähnlichen Formulierungen die staatliche Weisungsbefugnis bei übertragenen bzw. Auftragsangelegenheiten beschränken wollen, diesen Aufgabentyp nicht unter dem „übertragenen Wirkungskreis“ vor. 32  Vgl. auch Art. 3 Abs. 1 MVKV, der unter „übertragenem Wirkungskreis“ die „öffentlichen Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung“ versteht. Außerdem können „übertragene Angelegenheiten“ nach Art. 8 Abs. 3 BayGO zur „selbständigen Besorgung“ der Kommunen zugewiesen werden. 33  BVerwGE 19, 121 (123); 95, 333 (335 f.); Falk, Die kommunalen Aufgaben, S.  153 ff.; Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 1 Rn. 61, 63; Schmidt, Kommunalrecht, S. 80 Rn. 233.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

übertragenen Aufgaben bzw. der Auftragsangelegenheiten einem prinzipiell uneingeschränkten Weisungsrecht des Landes34. Die Bezeichnung „Auftragsangelegenheit“ wird oft mit den durch Länder auszuführenden Bundesauftragsangelegenheiten assoziiert35. Ob mit derselben Bezeichnung auch eine gleiche oder vergleichbare Beziehung zwischen Land und „beauftragten“ Gemeinden anzunehmen ist und darauf die Aussagen über Bund-Länder-Verhältnis bei der Bundesauftragsverwaltung allgemein zu übertragen sind, kann weiterhin offenbleiben36. Ohnehin sind die Auftragsangelegenheiten nicht im Sinne eines privatrechtlichen Auftragsverhältnisses zu verstehen. Ein Unterschied zwischen beiden Konstellationen liegt jedoch zumindest darin, dass die Wahrnehmungszuständigkeit der Gemeinden für Landesauftragsangelegenheiten nicht verfassungsrechtlich zwingend ist. Das Land kann durchaus die Aufgaben durch eigene Behörden oder in Form der Organleihe37 ausführen lassen, soweit es eine umfassende Kontrolle über die Aufgabenwahrnehmung haben muss. Es liegt somit nahe, dass die Gemeinden an den Landesauftragsangelegenheiten – trotz deren materiellen Zuordnung zum Land – auch ein Eigeninteresse und dementsprechend einen Spielraum haben sollen. Die Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten der Länder auf Weisungen impliziert ein Mindestmaß an Gestaltungsspielraum der Gemeinden. Deshalb ist den pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben und den übertragenen Aufgaben gemein, dass beide Typen von Aufgaben von Gesetzes wegen den Gemeinden zukommen und in der Regel sowohl örtliche als auch überörtliche Bezüge aufweisen. Das Prinzip der dezentralen Aufgabenansiedlung fordert grundsätzlich die Zuordnung aller dieser Aufgaben zu den Gemeinden bzw. als Selbstverwaltungsaufgaben, deren Wahrnehmung nur der rechtlichen Steuerung zu unterliegen hat. Für eine „Ausnahme“-Situation, in der die Aufgabenwahrnehmung wegen gewichtiger überörtlicher Belange eine weitere verwaltungsmäßige Steuerung verlangt, steht das Instrument der übertragenen Aufgaben bzw. Auftragsangelegenheiten zur Verfügung. Der Inhalt und die Reichweite der rechtlichen sowie verwaltungsmäßigen Steuerung liegt aber weitgehend im Ermessen des Landes. Es kann also dazu kommen, dass den Gemeinden eine pflichtige Aufgabe zur Selbstverwaltung zugewie34  So formuliert etwa Art. 3 Abs. 1 ThürKO, dass die staatlichen Weisungen hinsichtlich der übertragenen Aufgaben allgemein oder im Einzelfall erfolgen können. Siehe Brüning / Vogelgesang, Die Kommunalaufsicht, Rn. 118 ff. 35  Siehe Teil 3 A. I. 2. b). 36  Siehe Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 114 f. 37  Schmidt, Kommunalrecht, S. 82 Rn. 239 ff.; Burgi, Kommunalrecht, § 8 Rn. 10 f.; Brüning, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 3, § 64 Rn.  72 ff.; Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 83 Rn. 34.



B. Struktur des kommunalen Aufgabenbestandes145

sen ist, die aber wegen der ins Detail gehenden rechtlichen Vorgaben den Selbstverwaltungsspielraum übermäßig verdrängt. In diesem Fall kommt die pflichtige Selbstverwaltungs- einer übertragenen Aufgabe materiell gleich38 und ihre Verantwortung vor der gemeindlichen Volksvertretung bleibt nur noch im formellen Sinne39.

II. Der Aufgabenmonismus Bundesländer, die eine monistische Aufgabenstruktur der Gemeinden annehmen, differenzieren – zumindest textlich – nicht zwischen „eigenen“ und „staatlichen“ Aufgaben. Stattdessen erklären sie die Gemeinden zum alleinigen und eigenverantwortlichen Verwaltungsträger für alle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in deren jeweiligem Gebiet, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Diese Regelung führt aber nicht zu einem grundsätzlichen Verbot von Weisungen des Landes hinsichtlich der gemeindlichen Aufgabenwahrnehmung. Außer den freiwilligen Aufgaben und weisungsfreien Pflichtaufgaben dürfen den Gemeinden ohne weiteres auch Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung zugewiesen werden. Dabei ist allerdings vorgesehen, dass der Umfang des Weisungsrechts gesetzlich zu bestimmen40 und prin­ zipiell begrenzt ist41. Die hessische und die sächsische Gemeindeordnung haben noch näher geregelt, dass die Weisungen auf allgemeine Anordnungen42 beschränkt werden und in der Regel nicht in die Einzelausführung eingreifen sollen43. Eine Einzelweisung ist daher gegenüber der allgemeinen Weisung subsidiär und nur dann zulässig, wenn sie unter Wahrung überört­ licher Interessen für den Steuerungserfolg erforderlich ist44.

38  Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 72; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 117 f.; Suerbaum, in: Dreier (Hrsg.), Macht und Ohnmacht, S. 75 (92); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 82; Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1143). 39  Siehe Teil 1 B. II. 3.; auch Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 104; Maurer, in: Henneke / Maurer / Schoch, Die Kreise im Bundesstaat, S. 139 (150); Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 82: Selbstverwaltungsangelegenheiten im formellen und materiellen Sinne. 40  Etwa Art. 2 Abs. 3 BWGO; Art. 3 Abs. 2 NWGO. 41  Zuweilen Sonderaufsicht genannt, etwa in Art. 119 Abs. 2 NWGO. Zum Charakter und Umfang der Sonderaufsicht siehe Brüning / Vogelgesang, Die Kommunalaufsicht, Rn.  121 ff., 304 ff. 42  Zu allgemeinen und besonderen Weisungen siehe Brüning / Vogelgesang, Die Kommunalaufsicht, Rn. 318; Wessels, Inhalt und Grenzen der Steuerung, S. 38 f. 43  Art. 4 Abs. 1 HessGO; Art. 2 Abs. 3 SächsGO. 44  Vgl. Wessels, Inhalt und Grenzen der Steuerung, S. 39 f.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

Trotzdem mag die Frage als bedenklich gelten, ob das Vorhandensein der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung dem monistischen Aufgabenmodell widerspricht, da mit der Weisungsgebundenheit diese Aufgaben aus der Eigenverantwortung der Gemeinden zu fallen neigen. In den Diskussionen45 um die Rechtsnatur der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung werden sodann trotz der explizit monistischen Aufgabenordnung die Positionen vertreten, dass es sich dabei um umbenannte Auftragsangelegenheiten46, um Selbstverwaltungsaufgaben in abgeschwächter Form47 bzw. im weiteren Sinne48, um ein „Zwischending“49 bzw. eine „Zwischenform“50 zwischen Auftrags- und Selbstverwaltungsaufgaben von eigener Art51, oder noch ab­ strakter um „gemeindliche Fremdverwaltung“52 handele. Der Streitstand scheint zu zeigen, dass die vom Aufgabenmonismus beabsichtigte Überbrückung der Kluft und Umgehung der Abgrenzungsschwierigkeiten53 zwischen staatlichen und gemeindlichen Aufgaben nicht durch eine bloße „monistische“ Terminologie erzielt würde. Allein die Vermeidung des Ausdrucks „staatlich“ und die Bezeichnung aller Aufgaben als „gemeindlich“ verändern 45  Zum Streitstand siehe Gern, Deutsches Kommunalrecht, Kap.  7 Rn. 239; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 136 ff.; Schönenbroicher, in: Heusch / Schönenbroicher (Hrsg.), NWVerf: Art. 78 Rn. 66 ff.; Brüning, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 3, § 64 Rn. 71; Maurer / Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 21. 46  BVerfGE 6, 104 (116); Schmitt-Kammler, in: Burmeister (Hrsg.), FS Stern zum 65. Geburtstag, S. 763 (765 ff.); Gern, Deutsches Kommunalrecht, Kap. 7 Rn. 239; Zuordnung zum übertragenen Wirkungskreis auch Schoch, DVBl. 2008, S. 937 (939). 47  BbgVerfG, NVwZ-RR 1997, S. 352 (353); Hermes, Maßstab und Grenzen, S. 84; Tepe, Verfassungsrechtliche Vorgaben, S. 103; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 52; vgl. auch Ehlers, DVBl. 2001, S. 1601 (1602 f.); Lange, DÖV 2007, S. 820 (823 f.). 48  Meyer, in: Mann / Püttner (Hrsg.), HkWP, Bd. 1, § 25 Rn. 30. 49  OVG NW, OVGE 13, 356 (359). 50  Oldiges, in: Stern / Grupp (Hrsg.), GS Burmeister, S. 269 (277 ff.); Stober, Kommunalrecht, S. 34. 51  OVG NW, OVGE 13, 356 (359); Schmidt, Kommunalrecht, S. 81 Rn. 236; Birkenfeld-Pfeiffer, Kommunalrecht Hessen, Rn. 182. 52  Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht II, S. 89; auch Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 109; Schmidt, Kommunalrecht, S. 81 Rn. 236: „Fremdverwaltung in Form der Selbstverwaltung“. 53  Vgl. Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 104 ff.; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S.  119 f.; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 460 f. Dort wird gezeigt, dass die Annahme des Abgrenzungsproblems mit der ehemaligen Vorstellung eines „natürlichen“ Wirkungskreises der Gemeinden zu tun hat. Nach der Inkorporation der Gemeinden in den Staat geht es nicht mehr um eine Abgrenzung, sondern um eine Zuordnung von Aufgaben. Das örtliche bzw. überörtliche Interesse an den Aufgaben gilt dann als (wechselbarer) Zuordnungsmaßstab. Von „Abgrenzungsschwierigkeiten“ kann somit nicht die Rede sein.



B. Struktur des kommunalen Aufgabenbestandes147

die Tatsache nicht, dass die weisungsgebundenen Aufgaben ihrer Qualität nach den übertragenen Aufgaben nahe- bzw. gleichkommen. Das Konstatieren der materiellen Vergleichbarkeit zwischen beiden Kategorien ist zwar zutreffend, wohl aber überflüssig54. Der Aufgabenmonismus zielt gerade darauf, aufgrund der Konzeption eines einheitlichen Wirkungskreises der Gemeinden die von ihnen wahrgenommenen Aufgaben trotz eventueller materieller Unterschiede unter einen gemeinsamen Namen zu stellen. Diese zunächst nur formelle Vereinheitlichung ist für die meisten Aufgaben, die sowohl örtliche als auch überörtliche Bezüge haben, auch materiell korrekt, da es sich bei der staatlichen Aufgabenzuordnung um eine Zuweisung anstatt um eine Zurechnung von Aufgabenverantwortung handelt. Erfordert wird lediglich, dass der herangezogene Verantwortungsträger für die Aufgabe (noch) in hinreichendem Maße selbst entscheiden und verantworten kann55. Deshalb ist es prinzipiell unproblematisch, alle Aufgaben mit begrenzter staatlicher Weisungsbefugnis als gemeindeeigen anzuordnen56, es sei denn, dass diese Anordnung wegen herausragender staatlicher Substanz der Aufgabe von vornherein nicht denkbar ist57. Auch Art. 28 Abs. 2 GG fordert eine Rechtfertigung nur für die Hochzonung von Aufgaben mit relativ ört­lichen Bezügen, nicht aber die Abzonung58 von Aufgaben mit überproportionalen überörtlichen Bezügen. Das Erörtern der Weisungsaufgaben unter dem Schema des Aufgabendualismus ist an sich verfehlt. Die Gemeinden vermögen ebenso wie im dualistischen Modell die Eigenverantwortung nur in dem Maße zu tragen, als das Land keine Gesetzesvorgabe und Weisung erteilt. Ein vergleichbarer Extremfall ist auch hier anzunehmen, wenn eine mit äußerst umfangreichen bzw. intensiven Regelungen 54  Vgl. Vietmeier, DVBl. 1992, S.  413 (415  f.); Schoch, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 11 (32); Maurer / Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 21. 55  Siehe Teil 2 B. III. 2. Hier zeigt der Aufgabenmonismus seine Nähe zur Aufgabenzuordnung zwischen Bund und Ländern, die alle Aufgaben prinzipiell als „landeseigen“ sieht. 56  Für die Einordnung der Weisungsaufgaben als Selbstverwaltungsaufgaben etwa Vietmeier, DVBl. 1992, S. 413 (415 f.); Schoch, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 11 (33); Brüning, in: Ehlers / Fehling / Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 3, § 64 Rn. 71; Brüning / Vogelgesang, Die Kommunalaufsicht, Rn. 124; Henkel, Die Kommunalisierung, S. 82; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 88; Wessels, Inhalt und Grenzen der Steuerung, S. 33. 57  Siehe Teil 2 B. III. 3.: Für die staatliche Aufgabenzuordnung ist die sachliche Relevanz der Aufgabe für die betreffende Gebietskörperschaft gegenüber anderen Faktoren abzuwägen. 58  Terminus nach Eggers, Die Verzonung, S. 16, der die „Verzonung“ in Hoch-, Ab- und Querzonung unterteilt.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

oder Weisungen vorgesehene Aufgabe in der Verantwortung der Gemeinden liegt, obgleich der bei der Wahrnehmung bestehende Spielraum tatsächlich nur von Rand- bzw. Minimalbedeutung ist. Die „Eigenverantwortung“ der Gemeinden verliert dann ihren materiellen Sinn.

III. Das Verhältnis zwischen Aufgabendualismus und -monismus Allgemein wird die Festlegung einer monistischen Aufgabenstruktur als eine Ausweitung des bundesverfassungsrechtlichen gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts angesehen59, da die eigenverantwortliche Entscheidung der Gemeinden über die „örtlichen Aufgaben“ sich nun auf „alle öffentlichen Aufgaben“ im Gemeindegebiet erstrecke („Totalitätsprinzip“60). Diese Aussage trifft aber nicht ohne weiteres zu. Dem demokratischen Legitimationszusammenhang gemäß reicht die Eigenverantwortung der Gemeinden nur für die „örtlichen“ Angelegenheiten. Handelt es sich um eine Angelegenheit, die sich hinsichtlich ihrer materiellen Bedeutung gar nicht der Gemeindeebene zuordnen und von dieser ausschließlich für fremde Rechnung durchführen lässt, ist die gemeindliche Eigenverantwortung schlicht nicht vorhanden. Wenn hierbei von „allen öffentlichen Aufgaben“ die Rede ist, kann dies nur den „örtlichen“ Teil der Aufgaben bedeuten. Auch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG schützt dem Wortlaut nach die örtlichen „Angelegenheiten“, die in der Regel auch bei den von den Gemeinden wahrgenommenen überörtlichen Aufgaben bestehen61. Auf keinen Fall soll Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG mit dem dualistischen Aufgabenmodell gleichgesetzt werden. Es ist somit zutreffender dahingehend zu argumentieren, dass der Aufgabenmonismus (nur) den Schutzumfang des Aufgabendualismus erweitert. Im Vergleich zum Aufgabendualismus kennzeichnet sich der Aufgabenmonismus entscheidend dadurch, dass er nicht zwischen örtlichen und überört­ lichen Aufgaben unterscheidet. Das Land wird also nicht gehalten, die ört­ lichen und überörtlichen Bezüge jeder Aufgabe zu gewichten und sie letztlich entweder als „örtlich“ oder als „überörtlich“ zu klassifizieren. Vielmehr muss es alle öffentlichen Aufgaben, die einen nennenswerten örtlichen Bezug aufweisen, den Gemeinden als ihre „eigenen“ Aufgaben zuweisen, soweit keine bedeutenden Gemeinwohlgründe dagegensprechen. Ob die betreffende Auf59  Etwa Glaser, in: Darsow / Gentner / Glaser u. a., Schweriner Kommentierung der MVKV: § 3 Rn. 1; Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 158; Eggers, Die Verzonung, S.  182 f.; Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 65. 60  Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 158; Eggers, Die Verzonung, S. 183; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 464 Fn. 44. 61  Siehe Teil 3 C. I. 1.



B. Struktur des kommunalen Aufgabenbestandes149

gabe aus Sicht des dualistischen Konzeptes in der örtlichen oder überört­ lichen Gemeinschaft wurzelt, ist belanglos62. Ohnehin handelt es sich um eine nach dem bundesstaatlichen demokratischen Legitimations- und Verantwortungszusammenhang zulässige Aufgabenzuordnung63, sodass die Gemeinden problemlos diese Aufgaben als ihre „eigenen“ auffassen können, zumal damit auch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG stärker konkretisiert wird. Einerseits ist das Prinzip der dezentralen Aufgabenansiedlung intensiver umgesetzt. Der Aufgabenmonismus an sich verbietet nicht die Wahrnehmung der als „staatlich“ etikettierten Aufgaben durch die Gemeinden64, also deren Ausnutzung als staatliche Vollzugsbehörden, sondern stellt für diese Etikettierung strengere Anforderung an den Gesetzgeber. Aufgaben mit vergleichsweise geringeren örtlichen Bezügen, deren Zuordnung zum Land im dualistischen Modell relativ direkt gerechtfertigt werden kann, müssen im monistischen System grundsätzlich in gemeindlicher Verantwortung bleiben. Durch die Vermeidung der Einteilung in örtliche / überörtliche Aufgaben sowie die Einführung des Instrumentes der Pflichtaufgabe mit begrenzter Weisung wird andererseits dem Land ermöglicht, eine stufenlose Gestaltung und Wahrnehmungssteuerung aller öffentlichen Aufgaben vorzunehmen. Es ist nicht mehr gezwungen, zur Durchführung notwendiger Sachleitung die Aufgabenverantwortung an sich zu ziehen. Damit wird das Defizit des Aufgabendualismus, dass sich die „überörtlichen“ Aufgaben ganzheitlich dem Selbstverwaltungsschutz entziehen65, im monistischen Konzept korrigiert. Mit der Einordnung in die gemeindeeigenen Aufgaben muss prinzipiell jede Weisungserteilung der Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten können66. Es zeichnet sich ab, dass sich Aufgabendualismus und -monismus im Rahmen des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG befinden. Obwohl die Aufgaben des monistischen Modells ungeachtet ihrer örtlichen / überörtlichen Radizierung nach dem Grad der Eigenverantwortlichkeit systematisiert sind67, kann ihre Gestaltung bzw. Zuordnung nicht losgelöst von den relevanten örtlichen bzw. 62  So ist etwa Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 163, der zwischen örtlichen und überörtlichen Pflichtaufgaben nach Weisung unterscheidet und letztere als „Auftragsangelegenheiten in abgeschwächter Form“ sieht, abzulehnen. Er geht von der Identität des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG mit dem Aufgabendualismus aus und erörtert das monistische System unter dem dualistischen Schema. 63  Siehe Teil 2 B. III. 64  So hat Art. 4 Abs. 2 HessGO auch „Auftragsangelegenheiten“ vorgesehen. Außerdem sind immer „Auftragsangelegenheiten“ auf dem Wege der Organleihe möglich. Die Ansicht, dass die monistische Konzeption die Begründung von Auftragsangelegenheiten ausschließt, ist zumindest unpräzis. Vgl. Wessels, Inhalt und Grenzen der Steuerung, S.  27 ff. m. w. N. 65  Siehe Teil 3 C. I. 3. 66  Vietmeier, DVBl. 1992, S. 413 (418 f.). 67  Falk, Die kommunalen Aufgaben, S. 160.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

überörtlichen Belangen vorgenommen werden68. Dies ist nicht nur durch den als Untergrenze fungierenden Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, sondern vielmehr durch den demokratischen Legitimations- und Verantwortungszusammenhang der Gebietskörperschaft bedingt. Ohne einen örtlichen Bezug darf eine Aufgabe nicht von Gemeinden verantwortet werden, auch nicht in Form der Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung. In diesem Sinne muss es beim kommunalen Aufgabenmodell weniger um ein systemkonformes Konstituieren und mehr um ein systemkonformes Gebrauchmachen gehen. Es überrascht daher nicht, dass die dualistischen und die monistischen Kommunalverfassungen – um einer sachgerechteren Aufgabenerfüllung sowie Steuerung willen – eine gewisse Annäherung aneinander kennen69. Im Grunde sind beide Konzepte miteinander kompatibel. Auch in der Praxis können nur geringe Unterschiede zwischen ihnen ausgemacht werden70.

C. Die kommunale Aufgabenstruktur und Finanzgarantie Unabhängig davon, ob das jeweilige Land das dualistische oder das monistische Modell praktiziert, nehmen die Kommunen sowohl eigene als auch übertragene (oder fremde) Aufgaben wahr. Mit den Bezeichnungen „eigen“ und „übertragen“ ist hier ungeachtet des verwendeten Maßstabs nur das Ergebnis der Aufgabenzuordnung gemeint. Aufgrund dieser grundlegenden Aufgabenteilung drängt sich für die Finanzverteilung vor allem der Konnexitätsgrundsatz71 auf, wonach die eigenen Aufgaben vom Kommunal- und die übertragenen Aufgaben vom Landeshaushalt zu finanzieren sind. Das Land hat dann die Kommunen mit entsprechenden Finanzquellen auszustatten, deren Art theoretisch auch von der Eigenschaft der betreffenden Aufgaben abhängen muss72. Allgemein gesagt sollen Aufgaben mit sachlichem Entscheidungsspielraum mit solchen Einnahmen finanziert werden, deren Höhe die Kommunen je nach ihrer Aufgabengestaltung selbst bestimmen können. Anderenfalls genügen die Finanzzuweisungen. Zudem kann auch das – nur unter erheblichem Aufwand quantifizierbare – Gewicht der örtlichen Bezüge 68  Vgl. auch Teil 2 B. III. 2.: Das Vorhandensein des sachlichen Entscheidungsspielraums ist Folge, nicht Kriterium der Aufgabenzuordnung. 69  Siehe Fn. 32 und Fn. 64; vgl. auch Geis, Kommunalrecht, § 4 Rn. 6 f.; Kremer, VerwArch 102 (2011), S. 242 (261 f.); Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 1 Rn. 64. 70  Röhl, in: Schoch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Kap. 1 Rn. 64; Geis, Kommunalrecht, § 4 Rn. 7; vgl. auch Schmitt-Kammler, in: Burmeister (Hrsg.), FS Stern zum 65. Geburtstag, S. 763 (768 f.). 71  Siehe Teil 2 D. I. 2. 72  Siehe Teil 2 D. III.



C. Die kommunale Aufgabenstruktur und Finanzgarantie151

der Aufgabe eine gewisse Berücksichtigung finden. Wenn also eine Aufgabenerfüllung die örtliche Gemeinschaft deutlich interessiert, können die Ausgaben auch in entsprechendem Maße von den „eigenen“ – damit ist die wirtschaftliche Herkunft der Einnahmen73 gemeint – Einnahmen der Kommunen getragen werden74. Ein solches völlig an die Aufgabenstruktur angepasstes Finanzsystem kann allerdings nicht realisiert werden, einerseits wegen der eigenen Regelhaftigkeit der staatlichen Finanzordnung75, andererseits deswegen, weil die deutsche Finanzordnung nicht scharf zwischen „eigenen“ und „fremden“ Einnahmen jeder Gebietskörperschaft unterscheidet. Ähnlich wie die als Regelfall angenommene Aufgabenverflechtung legt auch die Finanzordnung mehr Wert auf die aus (gesamt-)staatlicher Sicht optimale Verwirklichung von Staatszielbestimmungen als auf die Eigenständigkeit der jeweiligen Gebietskörperschaft. Anstatt den Kommunen mehr finanziellen Spielraum zu belassen neigt sie dazu, von einem (Um-)Verteilungssystem auszugehen. Dieser Gedanke findet ihren Ausdruck etwa in der fiskalischen Funktion des kommunalen Finanzausgleichs76, die auf der Tatsache basiert, dass die meisten Kommunen ohne staatliche Finanzzuweisungen ihren Finanzbedarf nicht vollständig abdecken können77. Bereits infolge des Auseinanderfallens der sachlichen und der finanziellen Entscheidungskompetenz fällt die vom Konnexitätsgrundsatz geforderte gerechte Einnahmeausstattung schwer. Außerdem stellt der Umstand, dass das Land bezüglich zahlreicher Aufgaben anstelle von zahlreichen Kommunen deren Finanzkraft sowie -bedarf bestimmen muss, die Verteilungsgerechtigkeit überhaupt in Frage78. Es verwundert daher nicht, dass der kommunale Finanzausgleich ständig in der 73  Zimmermann, Kommunalfinanzen, S. 115 f.; Döring / Otter / Rischkowsky, Kommunale Finanzausstattung, S. 31: Einnahmen aus lokaler Wertschöpfung. 74  Vgl. Teil 2 D. I. 3. (Interessenprinzip). Auch aus ökonomischer Sicht ist dies die vorrangige Lösung. Siehe Döring / Otter / Rischkowsky, Kommunale Finanzausstattung, S. 20; Zimmermann, Kommunalfinanzen, S. 108 ff. 75  Siehe Teil 3 B. 76  RhPfVerfGH, DVBl. 2012, S. 432 (432); HessStGH, NVwZ 2013, S. 1151 (1152); Groh, LKV 2010, S. 1 (4); Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 205; Lohse, Kommunale Aufgaben, S. 116; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 186. 77  Brems, Die Aufgabenverlagerung, S.  186; Bravidor, Die Vereinbarkeit der Schuldenbegrenzungsregelungen, S. 68; Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 180; zu diesem Phänomen als Zeichen eines „vertikalen fiskalischen Ungleichgewichts“ siehe Zimmermann, Kommunalfinanzen, S. 213; Döring / Otter / Rischkowsky, Kommunale Finanzausstattung, S.  32 f.; Shah, Perspectives on the design of intergovernmental fiscal relations, S. 82. 78  Würtenberger, in: Isensee / Lecheler (Hrsg.), FS Leisner, S. 973 (977 f.). Das Problem findet sich auch in der Einnahmenverteilung zwischen Bund und Ländern. Siehe dazu Fuest / Thöne, in: Härtel (Hrsg.), Handbuch Föderalismus, Bd. II, § 37 Rn. 21; Lenk / Glinka, in: Junkernheinrich / Lange (Hrsg.), Die Reform der föderalen Finanzen, S.  66 f.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

Tauglichkeit der eingesetzten Indikatoren, Parameter bzw. Berechnungsmethoden bemängelt wird79. Die Verfassungsgerichte dürfen aber nur ihre sachliche Vertretbarkeit sowie Widerspruchsfreiheit zueinander prüfen. Zu beanstanden ist nur dann etwas, wenn die Regelung hinsichtlich solcher Elemente eindeutig fehlerhaft oder wiederlegbar ist80. Dieses kaum vollständig zu beseitigende Defizit des Verbund- und Verteilsystems wird in gewissem Maße durch die Einführung des am Verursacherprinzip orientierten Konnexitätsprinzips gemildert, jedoch maßgeblich nur in quantitativer Hinsicht81. Den qualitativen Merkmalen wie dem Gestaltungsspielraum82 der Kommunen und dem Interessenbezug der Aufgaben werden – zumindest nach dem Wortlaut der Regelungen – ebenso wenig Rechnung getragen. Die Unterscheidung zwischen pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben und Auftragsangelegenheiten im dualistischen Modell verliert weitgehend an Bedeutung, ebenso die Differenzierung zwischen weisungsfreien und -gebundenen Aufgaben nach der monistischen Konzeption83. Theoretisch zählt das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip zur ­finanziellen Mindestausstattung der Kommunen84. Es leitet sich unmittelbar aus der Finanzgerechtigkeit ab, dass die Kommunen nicht durch fremde Aufgabenentscheidungen in ihren eigenen Finanzen beeinträchtigt werden müssen85. Der Ausgleich des aufgabenbezogenen Verursachungsbeitrags des 79  Vgl. etwa Lohse, Kommunale Aufgaben, S. 126 f.; Döring, Wirtschaftsdienst 2007, S. 40 (42 ff.); Boettcher, DÖV 2013, S. 460 (461 ff.). 80  NWVerfGH, DVBl. 2014, S. 918 (919); ThürVerfGH, Urt. v. 02.11.2011 – VerfGH 13 / 10, Jurion, Rn. 67 ff.; siehe auch Würtenberger, in: Isensee / Lecheler (Hrsg.), FS Leisner, S. 973 (975 ff.); kritisch zur bloßen Evidenzkontrolle Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 83. 81  Davon unabhängig ist, dass das Konnexitätsprinzip den Kommunalfinanzen eine Struktursicherung gewährt. Siehe Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 156; Schoch, in: Brink / Wolff (Hrsg.), FS v. Arnim, S. 411 (414); ders., DVBl. 2016, S. 1007 (1008). 82  So kritisiert Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 300 ff., dass die Eigenverantwortlichkeit der Kommunen durch das Konnexitätsprinzip beeinträchtigt wird. 83  Vgl. auch Teil 4 D. II. 3. d) aa). 84  Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 334; vgl. auch NWVerfGH, DVBl. 2015, S. 171 (175): Das Konnexitätsprinzip bezweckt den Schutz der kommunalen Selbstverwaltung vor finanzieller Aushöhlung. A. A. Schmidt-Aßmann, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 59 (81 f.). Damit verwandt ist auch die Meinungsverschiedenheit über das Verhältnis des Konnexitätsprinzips zu Art. 28 Abs. 2 GG. Vgl. dazu Schliesky, DÖV 2001, S. 714 (718 f.); Lohse, Kommunale Aufgaben, S. 143; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 291. 85  Vgl. Lohse, Kommunale Aufgaben, S. 143; Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S.  156 f.; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 321; Bravidor, Die Vereinbarkeit der Schuldenbegrenzungsregelungen, S. 69; Dombert, LKV 2011, S. 353 (356); Henneke, DÖV 2013, S. 825 (830).



C. Die kommunale Aufgabenstruktur und Finanzgarantie153

Landes ist unabhängig von der Form des Finanzsicherungsmechanismus vorzunehmen. Mit der Einführung des Konnexitätsprinzips wird lediglich dieser Vorgang aus dem allgemeinen Finanzausgleich verselbständigt und damit mehr Klarheit sowie Überprüfbarkeit geschaffen. Letztendlich werden in allen Landesverfassungen die Kommunen unter eine duale Finanzgarantie86 gestellt: die Abgabenhoheit87 plus finanzkraftabhängige staatliche Finanzzuweisungen – so der kommunale Finanzausgleich88 – und die durch das Konnexitätsprinzip gesicherte finanzkraft­ unabhängige Kostendeckung bei staatlicher Aufgabenübertragung89. Während der kommunale Finanzausgleich neben der allgemeinen fiskalischen und redistributiven auch eine Reihe anderer Funktionen ausübt90, handelt es sich beim Konnexitätsprinzip um ein spezifisches Aufgabenfinanzierungs- bzw. Ausgabenverteilungskonzept91, das durch ein solides (ex-post-)Verantwortungsverhältnis des herangezogenen Finanziers zur betreffenden Aufgabe begründet wird. Aufgrund dieser Funktionstrennung hat nunmehr die finan­ zielle Mindestausstattung in zwei Schritten zu erfolgen: zunächst die Aufgabenfinanzierung nach dem Konnexitätsprinzip und dann die Umverteilung mit dem Ziel, dass jede Kommune neben allen pflichtigen Aufgaben auch freiwillige Aufgaben wahrnehmen kann. Die Einordnung des Konnexitätsprinzips in die finanzielle Mindestausstattung bedeutet nicht, dass das Land auch für alle bundes- und europarechtlich veranlassten Kommunalaufgaben unbedingt das Prinzip anzuwenden hat. Eine solche Anwendung ist wie immer nur möglich, wenn sich der betreffende Fall von Wortlaut und Systema86  BVerfGE 103, 332 (360); BayVerfGH, BayVBl. 2007, S. 364 (365); NWVerfGH, DVBl. 2010, S. 1561 (1562); SachsAnhVerfG, DVBl. 2012, S. 1494 (1495); Berlit, in: Hufen (Hrsg.), FS Schneider, S. 339 (342); Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 318; Henneke, DÖV 2013, S. 825 (826); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1008). 87  Art. 83 Abs. 2 S. 2 BayVerf; Art. 99 S. 1 BbgVerf; Art. 73 Abs. 2 BWVerf; Art. 137 Abs. 5 S. 2 HessVerf; Art. 73 Abs. 1 MVVerf; Art. 58 NdsVerf; Art. 79 S. 1 NWVerf; Art. 49 Abs. 6 S. 2 RhPfVerf; Art. 119 Abs. 1 SaarlVerf; Art. 88 Abs. 3 SachsAnhVerf; Art. 87 Abs. 2 SächsVerf; Art. 56 SHVerf; Art. 93 Abs. 2 ThürVerf. 88  Art. 83 Abs. 2 S. 3 BayVerf; Art. 99 S. 2, 3 BbgVerf; Art. 73 Abs. 3 BWVerf; Art. 137 Abs. 5 S. 1 HessVerf; Art. 73 Abs. 2 MVVerf; Art. 58 NdsVerf; Art. 79 S. 2 NWVerf; Art. 49 Abs. 6 S. 1 RhPfVerf; Art. 119 Abs. 2 SaarlVerf; Art. 88 Abs. 2 SachsAnhVerf; Art. 87 Abs. 3 SächsVerf; Art. 57 Abs. 1 SHVerf; Art. 93 Abs. 3 ThürVerf. 89  Art. 83 Abs. 3 BayVerf; Art. 97 Abs. 3 BbgVerf; Art. 71 Abs. 3 BWVerf; Art. 137 Abs. 6 HessVerf; Art. 72 Abs. 3 MVVerf; Art. 57 Abs. 4 NdsVerf; Art. 78 Abs. 3 NWVerf; Art. 49 Abs. 5 RhPfVerf; Art. 120 SaarlVerf; Art. 87 Abs. 3 Sachs­ AnhVerf; Art. 85 Abs. 1, 2 SächsVerf; Art. 57 Abs. 2 SHVerf; Art. 93 Abs. 1 ThürVerf. 90  Henneke, Öffentliches Finanzwesen, Rn. 917 ff.; Lohse, Kommunale Aufgaben, S.  116 ff.; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 186 ff.; Zimmermann, Kommunalfinanzen, S.  212 f.; Döring / Otter / Rischkowsky, Kommunale Finanzausstattung, S. 32 ff. 91  Siehe Teil 2 D. I. 2 und II. 2.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

tik der Konnexitätsregelungen erfassen lässt. Mit der Strukturierung der ­finanziellen Mindestausstattung in eine zweischrittige Gewährleistung soll allerdings der Kritikpunkt gegen das rein aufgabenbezogene Konnexitätsprinzip, dass dadurch die ärmeren Kommunen weniger Finanzmittel aus dem Finanzausgleich erhalten und sodann benachteiligt würden92, entfallen. Wenn sich die Ausgleichswirkung als unbefriedigend erweist, muss ausschließlich das System der Umverteilung – etwa in Bezug auf das Volumen der vom Land bereitgestellten Ausgleichsmittel oder die Verteilungsmethoden – überprüft werden. Ohnehin sind die reicheren Kommunen nicht durch die Konnexitätsanwendung ungerecht begünstigt.

D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips Zusammengefasst lauten die Konnexitätsbestimmungen93 der Landesverfassungen94 in ihrem Grundbestand wie folgt: Wenn den Kommunen bestimmte öffentliche (oder staatliche95) Aufgaben per Gesetz (oder Rechtsverordnung) übertragen (oder sie dazu verpflichtet) werden, sind dabei (oder gleichzeitig) Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Kommunen, ist ein entsprechender (oder angemessener) finanzieller Ausgleich zu schaffen. Ähnlich wie Art. 104a Abs. 1 GG handelt es sich beim landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip um eine aufgabenakzessorische Lastenverteilung, die eine strukturelle Finanzsicherung des Landes für die Kommunen darstellt.

I. Bedeutung und Funktionen des Konnexitätsprinzips Das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip gebietet dem Landesgesetzgeber, für die Finanzierung jeder von ihm gestellten, die Kommunen verpflichtenden Aufgabe Sorge zu tragen. Die Aussage, dass die Ausgabenverantwortung aller vom Land veranlassten Aufgaben pauschal ihm aufzuer92  Inhester, Kommunaler Finanzausgleich, S. 157; Schumacher, LKV 2005, S. 41 (45); Oebbecke, Der Gemeindehaushalt 2014, S. 193 (195). Im gleichen Zug ist auch die Kritik zu nennen, dass das Konnexitätsprinzip die Kommunen einseitig zulasten des Landes bereichere. Siehe Teil 4 D. II. 3. d) aa). 93  Zur Entwicklungsgeschichte des Konnexitätsprinzips in den Landesverfassungen siehe Schönenbroicher, in: Heusch / Schönenbroicher (Hrsg.), NWVerf: Art. 78 Rn. 54; für Niedersachsen siehe Ipsen, NdsVerf, Art. 57 Rn. 37 ff. 94  Ausnahmen stellen Art. 57 Abs. 4 NdsVerf und Art. 93 Abs. 1 ThürVerf dar, die ohne Bestimmung zur Kostendeckung nur einen finanziellen Ausgleich vorsehen. 95  Art. 93 Abs. 1 S. 2 ThürVerf.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips155

legen ist, trifft noch nicht zu. Anders als Art. 104a Abs. 1 GG, wonach Bund und Länder die Ausgaben zu „tragen“ haben, geht das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip primär von einem Regelungsauftrag des Landesgesetzgebers für die Aufgabenfinanzierung aus. Der Lastenausgleich findet eher an sekundärer Stelle statt. Falls die Kosten nach Einschätzung des Gesetzgebers vollständig durch die Kostendeckungsregelung abgedeckt werden können, reduziert sich der Betrag des Mehrbelastungsausgleichs auf Null. In der Tat wird das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip von mehreren Ansätzen gestützt, als das üblicherweise als seine Leitidee angenommene Mantra „Wer bestellt, bezahlt“96 oder das Veranlassungs- bzw. Verursachungsprinzip an sich97 suggeriert98. Hinsichtlich der anwendungsbedingten Auslegung des Konnexitätsprinzips gilt es zu erkennen, dass ihr Ergebnis häufig auf einer Interessenabwägung zwischen Land und Kommunen basiert. In gewissem Sinne sollte dies nicht gerügt werden, da es sich bei den vertikalen (Finanz-)Beziehungen nicht um ein originär geeignetes Einsatzfeld für das Verursacherprinzip handelt und dessen Anwendung nur in qualifizierter Situation denkbar ist99. Ebenso gilt dies bei der Handhabung des Konnexitätsprinzips, wobei ohne eine Kontemplation des Gesamtsystems die von ihm bezweckte „Finanzierungsgerechtigkeit“100 nicht zu erreichen ist. Die Komplexität der Problemlage lässt sich bereits in einer Auflistung der Zwecke bzw. Funktionen101 des Konnexitätsprinzips illustrieren, die jeweils seine praxisorientierte Interpretation in entgegengesetzte Richtungen lenken können. Im Folgenden werden die zentralen Funktionen und der wesentliche Sinngehalt des Konnexitätsprinzips näher geschildert.

96  Etwa Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1150); Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (983); Dombert, LKV 2011, S. 353 (353); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (481); Jäger, NWVBl. 2015, S. 130 (133). 97  Das konnexitätsrelevante Verursacherprinzip ist vor allem nur so zu verstehen, dass der kostenverursachende Akt des Landes das Eintreten der Rechtsfolge der Konnexitätsregelungen auslöst. 98  Vgl. Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1009). 99  Siehe Teil 2 D. II. 1. 100  Höfling, in: Jochum / Elicker / Lampert u. a. (Hrsg.), FS Wendt, S. 585 (586); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1008); Wendt, DÖV 2017, S. 1 (1); siehe auch Schoch /  Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 167: „Gerechtigkeitsregel“. 101  Dazu etwa Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (983 f.); Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn.  28 ff.; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 182 ff.; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S.  16 ff.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

1. Die Funktionen des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips Die Funktionen bzw. Zwecke des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips lassen sich nicht nur aus den Gesetzesmaterialien, sondern vielmehr auch aus dem „objektiven“ Systemzusammenhang ablesen. Mit ihnen werden die wesentlichen Abwägungsaspekte für die Anwendung der Regelungen ausgedrückt. a) Warn- bzw. Präventivfunktion Während sich das bundesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip auf die Verwaltungsverantwortung102 bezieht, stellt das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip auf den gesetzgeberischen Beitrag ab103. Damit wird der Gesetzgeber stärker zu einer kostenbewussten Entscheidung motiviert104. An vorderster Stelle steht die Warn-105 bzw. Präventivfunktion106 des Konnexitätsprinzips. Dem Landesgesetzgeber ist geboten, bei der Entscheidung über eine Aufgabenübertragung zugleich die entsprechenden Finanzierungsmöglichkeiten ins Kalkül zu ziehen. Vermag er den Kommunen solche Möglichkeiten nicht zur Verfügung zu stellen, darf die Aufgabenübertragung nicht stattfinden. Die Warn- bzw. Präventivfunktion des Konnexitätsprinzips ist ein Ausdruck des politisch umsichtigen Entscheidens durch den Gesetzgeber107. 102  Siehe

Teil 3 A. II. allgemeiner Auffassung werden diese zwei „Konnexitätsprinzipien“ jeweils „Vollzugs-‍“ und „Gesetzeskausalität“ genannt. Siehe etwa MVVerfG, KommJur 2010, S. 292 (294); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (490); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103). Wie bestätigt stellt Art. 104 Abs. 1 GG jedoch keine „Kausalität“, sondern eine „Verantwortung“ dar (Teil 2 D. II. ‍3.). 104  NWLT-Drs. 13 / 5515, S. 20; RhPfLT-Drs. 14 / 3016, S. 3; Bertrams, in: Sachs / Siek­ mann (Hrsg.), FS Stern zum 80. Geburtstag, S. 3 (5); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (491); auch Dombert, LKV 2011, S. 353 (357): Der Gesetzgeber sollte sich der Tatsache bewusst sein, dass die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben zunächst Sache des Landes ist. 105  SachsAnhVerfG, DVBl. 2004, S. 434 (435); NWVerfGH, DVBl. 2010, S. 1561 (1564); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (491); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1009); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 185; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 29; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 18 f. 106  MVVerfG, KommJur 2010, S.  292 (294); Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1155); Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1144); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1009); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 184; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 29; ders., DÖV 2011, S. 745 (750); Henneke, Die Kommunen in der Finanzverfassung, S. 252; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 18 f. 107  Vgl. MVVerfG, KommJur 2010, S. 292 (294); BbgVerfG, NVwZ-RR 2009, S. 185 (187); HessStGH, NVwZ-RR 2012, S. 625 (626); Dombert, LKV 2011, S. 353 (357). 103  Nach



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips157

Er muss nur das leisten, was er tatsächlich leisten kann, und darf nicht das von ihm selbst nicht Leistbare auf die Kommunen abwälzen. b) Transparenz- und Vorsorgefunktion Wenn sich die Aufgabe nach sorgfältiger Überprüfung als finanziell realisierbar erweist und ihre Übertragung auf die Kommunen beschlossen wird, hat der Gesetzgeber gleichzeitig die dafür erforderlichen Kosten transparent und nachvollziehbar zu ermitteln108 und in der Haushaltsplanung für den Kostenausgleich vorzusorgen109. Die Transparenz-110 und Vorsorgefunktion betont insbesondere, dass die Kostenfestlegung und die daran zu knüpfende Bestimmung der Kostendeckung sowie des Lastenausgleichs prinzipiell vor der kommunalen Aufgabendurchführung im Rechtsetzungsverfahren erfolgen müssen. Die Aufgaben- und Ausgabenanalyse wird schließlich nicht mehr allein als Sache des Landes, sondern vielmehr durchweg unter Beteiligung der kommunalen Verbände unternommen111, wodurch den Entscheidungen mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit anhaftet. Die Kommunen stehen damit auf einer sicheren Finanzbasis, bevor sie Geld für die Aufgabenwahrnehmung auszugeben haben. c) Schutzfunktion Den Hauptanlass für die Einfügung des (strikten) Konnexitätsprinzips in die Landesverfassungen gab die vormals allgemein zu konstatierende kritische Situation der Kommunen, deren finanzielle Selbstverwaltungsgrund­ lagen durch langjährig praktizierte Aufgabenübertragung ohne adäquate Kostenerstattung fortdauernd aufgebraucht oder sogar entzogen wurden112. Außer dem aus Art. 28 Abs. 2 GG und den Landesverfassungen hergeleiteten, jedoch schwer umsetzbaren Finanzausstattungsanspruch hatten die Komsiehe Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 337 ff. Das Konnexitätsprinzip, Rn. 29. 110  NWVerfGH, DVBl. 2010, S. 1561 (1564); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (491); Kaplonek, SächsVBl. 2007, S. 277 (278); Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (983 f.); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1009); Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 30. 111  Art. 83 Abs. 7 BayVerf; Art. 97 Abs. 4 BbgVerf; Art. 71 Abs. 4 BWVerf; Art. 57 Abs. 6 NdsVerf; Art. 78 Abs. 3 S. 4 NWVerf; Art. 120 S. 5 SaarlVerf; Art. 91 Abs. 4 ThürVerf. 112  Meyer, NVwZ 1999, S. 843 (845 f.); Schoch, Verfassungsrechtlicher Schutz, S. 15; Döring, WiSt 2004, S. 609 (609); Schink, NWVBl. 2005, S. 85 (87); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (482); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 234; Becker, Der Schutz der Kommunen, S. 59. 108  Näheres

109  Engelken,

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

munen keine Möglichkeit, sich gegen dieses Vorgehen des Gesetzgebers durchzusetzen. Daher dient das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip, wie generell angenommen, primär dem Schutz113 der Kommunen vor der Überlastung durch gesetzliche Aufgabenverpflichtungen. Die Kommunen müssen trotz der pflichtigen Aufnahme zusätzlicher Aufgaben in der Lage bleiben, eigene Initiativen entwickeln und vollziehen zu können. Nunmehr können sie sich auf den durch das strikte Konnexitätsprinzip begründete Anspruch auf Lastenausgleich berufen. Eigentlich stehen die eben genannten anderen Funktionen mehr oder weniger in Zusammenhang mit dem Schutzzweck des Konnexitätsprinzips. Sie haben allerdings einen Eigenwert und können eventuell auch zulasten der Schutzintensität wirken. Beispielsweise verwehrt das Erfordernis einer transparenten und vorsorgenden Entscheidung den Kommunen, im Falle nachträglich tatsächlicher Kostenexpansion dem Land entsprechende Zuzahlungen abzuverlangen. Das Land ist auch davor zu bewahren, für die von ihm nicht vorhersehbaren Entwicklungen allgemein einstehen zu müssen. 2. Bedeutung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips Die gerade angeführten Funktionen des Konnexitätsprinzips dürfen nicht überschätzt werden. Insbesondere zu widerlegen ist die Vorgehensweise, die anwendungsbedingte Auslegung der Konnexitätsregelungen einseitig oder übermäßig nach diesen Funktionen oder Zwecken vorzunehmen. Eine objektiv-teleologische Auslegung114 kann nur dann den Ausschlag geben, wenn sie sich zuerst mit dem Wortlaut und systematischen Zusammenhang der Regelungen verträgt115. Es begründet somit der Schutzzweck des Konnexitätsprinzips keinen Kostenausgleich für jede die Kommunen belastende staatliche Maßnahme – etwa durch Ausdehnung der konnexitätsauslösenden „Aufgabe“

113  SachsAnhVerfG, LKV 2005, S. 218 (219); NWVerfGH, DVBl. 2010, S. 1561 (1564); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (491); Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1144); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (102 f.); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1009); Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 68; Schoch / Wieland, Aufgabenzuständigkeit, S. 228; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 182; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 28; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 16. 114  Zur Begriffserklärung siehe etwa Bydlinski / Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, S. 42 ff. 115  Vgl. Engelken, DÖV 2011, S. 745 (752); Möllers, Juristische Methodenlehre, S. 154 f.; kritisch zur teleologischen Gesetzesauslegung Herzberg, NJW 1990, S. 2525 (2526 ff.); Putzke / Putzke, JuS 2012, S. 500 (503); Höpfner / Rüthers, AcP 209 (2009), S.  1 (7 f.); Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, Rn. 725 ff.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips159

oder analoge Anwendung der Regelungen116 –, auch wenn sie sich kosten­ intensiv auswirken mag. Den Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen liegt das verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen ihnen zugrunde, das jedenfalls keine Entkopplung der Kommunen von der staatlichen Verantwortungsgemeinschaft enthält117. Das Konnexitätsprinzip trägt zum Schutz der Kommunen bei, darf aber nicht einseitig darauf gerichtet sein. Die herrschende Meinung versteht das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip als Ausprägung des Verursacherprinzips118, und zwar der „Gesetzeskausalität“119. Dies ergibt sich nicht lediglich aus dem Wortlaut der Konnexitätsregelungen, wobei die Kausalverknüpfung zwischen gesetzlicher Aufgabenübertragung und Sorgepflicht für Kostenfolgen deutlich hervortritt. Das Abstellen auf das Verursacherprinzip lässt sich vielmehr daraus erkennen, dass sich die Kostenausgleichspflicht des Landes auf diejenigen Aufgaben erstreckt, die trotz der Fremdbestimmung zu den „eigenen“ Aufgaben der Kommunen gehören120 – so die pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben oder weisungsfreien / -gebundenen Pflichtaufgaben. Damit hat das landesverfassungsrechtliche eine vom bundesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip abweichende Regelungsstrategie der Ausgabenverteilung angewandt, laut der die Ausgabenverantwortung ungeachtet der bestehenden ex-ante-Verantwortung der Kommunen für jene Aufgaben der ex-post-Aufgabenverantwortung zu folgen hat121. Das Land hat sich also primär nicht darum zu bemühen, die Kommunen mit genügend Finanzquellen für ihre Verantwortungserfüllung auszustatten (Einnahmevermehrung), sondern vielmehr darum, die Kostenfolgen seiner Entscheidung bei den Kommunen zu beseitigen (Ausgabenkürzung). Bis zu diesem Punkt kann noch nicht endgültig beurteilt werden, ob das landesverfassungsrechtliche ein effektiveres Konzept als das bundesverfas116  Siehe

etwa Teil 4 D. II. 2. c) aa). Teil 2 D. II. 1. 118  Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (491); Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (984); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (484); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 103; Hermes, Maßstab und Grenzen, S. 167. 119  Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 61; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 9; Hermes, Maßstab und Grenzen, S. 167; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 103; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 318; Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103). 120  Nur das Abstellen auf die tatsächliche und nicht auf eine beliebig vorgestellte Kausalität stellt eine echte Implementation des Verursacherprinzips dar. So kann die Bestimmung des Landes Thüringen (Art. 93 Abs. 1 S. 2 ThürVerf), die die Konnexitätspflicht nur für übertragene „staatliche“ Aufgaben vorsieht, nicht ohne weiteres als das Verursacherprinzip eingestuft werden. Siehe Teil 2 D. II. 2. und 3. 121  Siehe Teil 2 D. I. 2 und II. 2. 117  Siehe

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

sungsrechtliche Konnexitätsprinzip verwendet. Theoretisch sind beide Konzepte vertretbar. Das immer populärer werdende Postulat „Wer bestellt, bezahlt“ entsteht jedoch aus dem Umstand, dass unter der auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführenden Vereinheitlichungstendenz die Gesetze eine immer größere Regelungsdichte bzw. -intensität aufweisen. Die Kommunen verlieren dadurch einen wesentlichen Teil ihres Einflusses nicht nur hinsichtlich der pflichtigen, sondern auch in Bezug auf die freiwilligen „eigenen“ Aufgaben, wenn sie die Ausgaben für die pflichtigen Aufgaben völlig selbst tragen müssen, da eine entsprechende Anpassungsfähigkeit auf der Einnahmeseite, die vom Konnexitätsgrundsatz dringlicher gefordert wird, ihnen häufig nicht zur Verfügung steht. Daher wird sichtbar, dass die Gerechtigkeit der Ausgabenverteilung nur systematisch zu gewährleisten ist. Ein bestimmtes Konzept der Ausgabenverteilung erfordert eine korrespondierende Aufgaben- und Einnahmenverteilung. Mit der Orientierung am Verursacherprinzip lässt sich die Kritik an den „durchnormierten“ eigenen Aufgaben der Kommunen gewissermaßen – so etwa auf der finanziellen Seite – entschärfen. Gleichzeitig können jedoch Berechnungsstreitigkeiten hinsichtlich der „Gesetzeskosten“ entstehen, wenn die betreffende Aufgabe in nicht unerheblichem Umfang noch von den Kommunen weiter zu gestalten sind122. Letztendlich ist sowohl nach dem Konnexitätsgrundsatz als auch nach dem Verursacherprinzip erforderlich, dass die kommunale Eigenverantwortung nicht durch finanzielle Belastung von fremden Aufgabenverpflichtungen beeinträchtigt wird123. Den entscheidenden Fortschritt macht das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip sodann dahingehend, dass es eine transparente und intensive Befassung mit dem immer stärker ins Gewicht fallenden gesetzgeberischen Beitrag des Landes zur Aufgabenkosten verfassungsrechtlich gebietet. Die Berechnungsrichtigkeit unterliegt nunmehr der Landesverfassungsgerichtsbarkeit unabhängig von der Aufgabenzugehörigkeit und der Finanzsituation des Landes ausschließlich in Bezug auf die Aufgabengestaltung im Einzelnen.

II. Normativer Gehalt der Konnexitätsregelungen Nachdem der Leitgedanke des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips geklärt wurde, ist anschließend auf die Einzelheiten der Regelungen einzugehen. Trotz eventueller Unterschiede etwa hinsichtlich der Anforde122  Siehe Teil 2 D. II. 2; vgl. auch Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 188; ders., DVBl. 2015, S. 457 (459); Oebbecke, Der Gemeindehaushalt 2014, S. 193 (195): Mit der Kostenermittlung sind regelmäßig für die Ministerialverwaltung ungewohnte Wertungen verbunden. 123  Siehe Teil 4 C.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips161

rungen an Tatbestände lassen sich strukturelle Gemeinsamkeiten zwischen den Konnexitätsbestimmungen verschiedener Landesverfassungen ausmachen124. Außerdem zeigt sich eine Annäherungstendenz bei der Formulierung und Auslegung der Bestimmungen125. Zusammen mit dem gemeinsamen Leitgedanken bedingt dies, dass eine konsequente Interpretation der Konnexitätsregelungen eines Landes häufig auf die parallelen Regelungen anderer Länder übertragbar oder zumindest für deren Verständnis einleuchtend ist. 1. Formelle Anforderungen Für die Aufgabenübertragung ist prinzipiell ein förmliches Gesetz erforderlich126, also Rechtsnormen, die durch ein parlamentarisches oder direkt demokratisches Entscheidungsverfahren zustande kommen. Dies trägt der Schutz-, Warn- und Transparenzfunktion des Konnexitätsprinzips stärker Rechnung als eine Rechtsverordnung, indem die Aufgabenkosten plausibler und nachvollziehbarer ermittelt werden können127. Dennoch sehen die meisten Landesverfassungen128 ein förmliches Gesetz und eine Rechtsverordnung (oder „aufgrund eines Gesetzes“) als gleich geeignet an. Eine besondere Regelung hat die Verfassung des Saarlandes getroffen, indem sie zwischen Formerfordernis bei Übertragung neuer Aufgaben und dem bei nachträg­ lichen Veränderungen differenziert. Nach Art. 120 S. 2 SaarlVerf ist für den ersteren Fall ein förmliches Gesetz notwendig, während für den letzteren eine Rechtsverordnung genügt. Das Formerfordernis gilt nur für landesrechtliche Vorschriften129 und nicht für Bundesgesetz oder -rechtsverordnung. Obgleich nach der Föderalismusreform 2006 eine bundesrechtliche Aufgabenübertragung auf die Kommunen verboten worden ist, ist es weiterhin zulässig, dass das Land aufgrund einer 124  Engelken, NVwZ 2010, S. 618 (618); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (102); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 45 f.; Tappe / Wernsmann, Öffentliches Finanzrecht, S. 248 Rn. 1052. 125  Zuletzt neu gefasst Art. 120 SaarlVerf durch Gesetz Nr. 1896 vom 13. Juli 2016 (Amtsblatt I, S. 710) in enger Annäherung an Art. 78 Abs. 3 NWVerf. 126  Art. 10 Abs. 3 S. 1 BayVerf; Art. 71 Abs. 3 S. 1 BWVerf; Art. 85 Abs. 1 S. 1 SächsVerf; Art. 87 Abs. 3 S. 1 SachsAnhVerf. 127  Dombert, LKV 2009, S. 343 (346); Laier, NdsVBl. 2009, S. 217 (223 f.); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 79. 128  Etwa Art. 97 Abs. 3 Abs. 1 BbgVerf; Art. 57 Abs. 4 S. 1 NdsVerf; Art. 78 Abs. 3 S. 1 NWVerf. 129  NWVerfGH, DVBl. 2010, S. 1561 (1562); Remmert, VerwArch 94 (2003), S.  459 (466 f.); Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 205; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 14; Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 115; Hermes, Maßstab und Grenzen, S. 185 f.; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 78.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

bundesgesetzlichen Verordnungsermächtigung gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG die Aufgabenübertragung vornimmt. Dem Sinn und Zweck des Konnexitätsprinzips gemäß muss auch die in diesem Fall vom Land erlassene Rechtsverordnung die Konnexitätsfolgen analog auslösen können, obgleich sich ein solcher Übertragungsakt infolge der Normenhierarchie nicht vom landesrechtlichen formellen Tatbestand erfassen lässt130. 2. Der materielle konnexitätsauslösende Grundtatbestand Außer den formellen Anforderungen wird die Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips nur dann ausgelöst, wenn ein qualifizierter Aufgabenübertragungsakt vorliegt. Hierbei zu unterscheiden ist die Grundkonstellation der Übertragung neuer Aufgaben von der Erweiterungskonstellation einer nachträglichen Änderung bestehender Aufgaben. Obwohl letztere nur in einem Teil der Landesverfassungen ausdrücklich vorgesehen wird131, ist es möglich, die Aufgabenänderung als eine faktisch „neue“ Aufgabenübertragung anzusehen und entsprechend daran die Rechtsfolge des Grundtatbestandes zu knüpfen. a) Die konnexitätsrelevante „Aufgabe“ Bereits zu Beginn der vorliegenden Arbeit wurde der Begriff „Aufgabe“ im öffentlichen Recht analysiert und unterstrichen, dass eine Aufgabe nicht mit Handlungsmittel oder Kompetenz gleichzusetzen ist132. Obwohl der Zweck und die Mittel zum Zweck nicht im krassen Gegensatz zueinander stehen, liegt die Aufgabe dem Zweckbegriff näher und stellt sich überwiegend als Gegenstand der Handlungsmittel dar. Ferner sind Organisationsangelegenheiten auszuklammern133. Dies gilt zutreffend auch für die Anwendung des Konnexitätsprinzips134. Die Organisation inkl. anderer verwaltungsinterner Tätigkeiten wie Personal-, Haushalts- und Vermögensverwaltung übt nur eine die130  Kaplonek, SächsVBl. 2007, S. 277 (279); Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 115; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 34; ders., DÖV 2011, S. 745 (748); für eine direkte Anwendung Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 82. 131  Art. 71 Abs. 3 BWVerf; Art. 137 Abs. 6 HessVerf; Art. 57 Abs. 4 NdsVerf; Art. 78 Abs. 3 NWVerf; Art. 49 Abs. 5 RhPfVerf; Art. 120 SaarlVerf; Art. 85 Abs. 2 SächsVerf. 132  Siehe Teil 1 A. I. 1. b). 133  Siehe Teil 1 A. I. 1. d). 134  MVVerfG, KommJur 2010, S. 292 (294); Henneke, BWVBl. 2008, S. 321 (322 f.); Engelken, DVBl. 2016, S. 163 (165); Engels, Die Verfassungsgarantie, S.  327 f.; Glaser, in: Darsow / Gentner / Glaser u. a., Schweriner Kommentierung der



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips163

nende Funktion zur Sachaufgabenerfüllung aus. All diese sind die notwendigen Querschnittstätigkeiten für eine Vielzahl von Sachaufgaben135 und haben keinen eigenen Zweck. Auch der bei den Konnexitätsbestimmungen erkennbare Gesetzeszweck spricht gegen die Annahme der Existenz- bzw. Organisationsvorkehrungen als konnexitätsrelevante Aufgaben, obgleich die auf die kommunale Organisation gerichteten gesetzlichen Regelungen durchaus (Mehr-)Kosten verursachen können. Als eigenständige Gebietskörperschaft müssen die Kommunen ihre Organisation prinzipiell aus eigener Kraft besorgen und Beihilfe dafür nur aus dem allgemeinen Finanzausgleich bekommen. Die diesbezüglichen gesetzlichen Verpflichtungen stellen sich lediglich als Gesetzmäßigkeitsanforderungen dar. Es ist dem deutschen Staatsrecht fremd, davon auszugehen, dass jede Mehrbelastung von ihrem „Verursacher“ erstattet werden müsste136. So wird zum Beispiel eine Kostenerstattung hinsichtlich der Einführung der Doppik vom MVVerfG137 und der Umsetzung des geänderten Personalvertretungsgesetzes vom NWLT138 zu Recht verneint. Daher ist die in den Konnexitätsbestimmungen gemeinte Aufgabe „ein konkretes Aufgabengebiet im Sinne bestimmter zu erledigender Verwal­ tungsangelegenheiten“139, genauer eine der öffentlichen Verwaltung gehörende140, mit hinreichender Konkretheit versehene und nach außen141 zu erfüllende pflichtige Sachagenda. „Bestimmte“ Aufgaben in diesem Zusammenhang können auch ein Bündel von Aufgaben, ganze Sachgebiete oder -materien sein, die vom Gesetzgeber bei der Zuständigkeitsregelung zusammengefasst sind142. Entscheidend ist ausschließlich, dass sie sich in sach­ MVKV: § 2 Rn. 2; kritisch Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1011); Trips, NVwZ 2015, S.  102 (103 f.). 135  Engelken, DVBl. 2016, S. 163 (165); MVVerfG, KommJur 2010, S. 292 (295); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103). 136  Siehe Teil 2 D. II. 1; vgl. auch Engelken, DVBl. 2016, S. 163 (165) ders., Das Konnexitätsprinzip, Rn. 20. 137  MVVerfG, KommJur 2010, S. 292 (292 ff.); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103). 138  NWLT-Drs. 15 / 1644, S. 4 f.; kritisch Oebbecke, Der Gemeindehaushalt 2014, S. 193 (194). 139  BWStGH, BWVBl. 1999, S. 18 (21); BWVBl. 1999, S. 294 (299); LVerfGE 9, 3 (14); 10, 3 (21); Schwarz, ZKF 2006, S. 265 (268); Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 19; ders., NVwZ 2010, S. 618 (619); Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 118; Glaser, in: Darsow / Gentner / Glaser u. a., Schweriner Kommentierung der MVKV: § 4 Rn. 4. 140  Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 114, 123 ff.; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 16; Schwarz, ZKF 2006, S. 265 (268); Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (983). 141  MVVerfG, KommJur 2010, S. 292 (294); Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 18; ders., NVwZ 2010, S. 618 (619). 142  Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 17; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 90.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

licher Hinsicht vom Gesamtbestand der kommunalen Aufgaben absondern lassen143. Es erhebt sich die Frage, ob eine den Kommunen auferlegte Finanzierungs- bzw. Förderpflicht als Aufgabe im umrissenen Sinne anzusehen ist, wenn der Sachvollzug nicht den Kommunen, sondern einem (privaten) Dritten obliegt. Hiervon zu unterscheiden sind also die Subventionen, wobei die Geldzahlungen selbst den Sachvollzug darstellen. Trotz der fehlenden eigenen „Handlungsverpflichtung“144 erkennt nunmehr die überwiegende Mehrheit die Finanzierungsverpflichtungen als konnexitätsrelevante Aufgaben an145 und hat das Land Rheinland-Pfalz dies sogar in seiner Verfassung ausdrücklich normiert146, da die Finanzierungspflicht in engem Konnex zur sachlichen Aufgabenerfüllung steht. In dieser Beziehung formuliert das BVerfG: „Die Förderpflicht stellt die Fortsetzung der Sachaufgabe dar […] und ist mit dieser gerechtfertigt“147. Mit der Erfüllung von Finanzierungspflichten bedienen sich die Kommunen eines anderen Mittels, erledigen in materieller Hinsicht die Sachaufgabe selbst148. Anders ausgedrückt ist nur eine unmittelbar durch Sachaufgabenerfüllung ausgelöste Ausgabenpflicht vom Konnexitätsprinzip erfasst und darf sie sich nicht auf die allgemeinen Organisationskosten richten. Etwa die Verpflichtung der Kommunen zur Erhöhung der Beamtenbesoldung ist nicht konnexitätsrelevant149.

143  Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 17; Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 118; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 94. 144  SachsAnhVerfG, LVerfGE 9, 368 (383 f.); 9, 391 (404 f.); BWStGH, BWVBl. 1998, S. 295 (304 f.); Gundlach, LKV 1999, S. 201 (204); Zieglmeier, NVwZ 2008, S. 270 (272); Engels, VerwArch 102 (2011), S. 285 (290). 145  MVVerfG, KommJur 2010, S.  292 (294); SachsAnhVerfG, DVBl. 2015, S.  1535 (1535 f.); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (489); Kaplonek, SächsVBl. 2007, S. 277 (284); Aker, BWVBl. 2008, S. 258 (261); Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1144); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1010); Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S.  134 f.; Glaser, in: Darsow / Gentner / Glaser u. a., Schweriner Kommentierung der MVKV: § 4 Rn. 4. 146  Art. 49 Abs. 5 S. 1 RhPfVerf. 147  BVerfGE 83, 363 (385); siehe auch MVVerfG, LKV 2006, S. 217 (218); NWVerfGH, DÖV 2004, S. 662 (664); Henneke, Der Landkreis 2002, S. 180 (196 f.); Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1144). 148  BVerwGE 101, 99 (108); BVerwG, NVwZ 1998, S. 63 (65); RhPfOVG, DVBl. 1999, S. 846 (849): „Die Subventionierung privater Dritter stellt mithin lediglich die Wahrnehmung einer bestimmten Sachaufgabe mit anderen Mitteln dar“; Mückl, DÖV 1999, S. 841 (847); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 117. 149  Zieglmeier, NVwZ 2008, S. 270 (272); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (496); Huber / Wollenschläger, VerwArch 100 (2009), S. 305 (318).



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips165

b) Der Aufgabenübertragungsakt Das zentrale Tatbestandsmerkmal der Konnexitätsregelungen ist der auf die Kommunen gerichtete Übertragungs- bzw. Verpflichtungsakt einer Aufgabe durch das Land. Obwohl der Ausdruck des „Übertragens“ die Verlagerung der Aufgabenträgerschaft von einem auf einen anderen Verwaltungsträger suggeriert150, wird die rechtsverbindliche Bestimmung der kommunalen Trägerschaft einer – entweder bestehenden oder neuen – Aufgabe allgemein als konnexitätsrelevant anerkannt151, da es für die Kommunen keinen Unterschied macht, ob die Aufgabe zuvor von jemandem anderen wahrgenommen oder ganz neu für sie entwickelt wurde. Auch wenn die Verpflichtung der Kommunen zu keiner Entlastung des Landes führt, liegt ebenfalls ein qualifizierter Übertragungsakt vor152. Ausschlaggebend ist ausschließlich, dass der Aufgabenbestand der Kommunen mit Verbindlichkeit vergrößert wird153. Die mit dem Aufgabenübertragungsakt den Kommunen zukommenden Aufgaben lassen sich also nicht mit dem „übertragenen Wirkungskreis“, der nur die von Kommunen wahrgenommenen „staatlichen“ Aufgaben meint, verwechseln. Deshalb stellt es auch eine Aufgabenübertragung dar, wenn eine ehemals von den Kommunen freiwillig wahrgenommene Aufgabe nunmehr durch Gesetz als pflichtig angeordnet wird154. Obwohl der kommunale Aufgabenbestand nach der Umwandlung quantitativ gleichbleibt, ist allerdings eine

150  Etwa BVerfGE 126, 77 (103): Eine gesetzliche Regelung „überträgt“ den Ländern Aufgaben, soweit sie ihnen Aufgaben zuweist, die ihnen zuvor nicht oblagen. Siehe auch Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 42. 151  Bereits der Wortlaut von etwa Art. 72 Abs. 3 MVVerf; Art. 78 Abs. 3 NWVerf; Art. 120 SaarlVerf; auch SachsAnhVerfG, LKV 2005, S. 218 (219); Aker, BWVBl. 2008, S. 258 (261 f.); Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 41; Engels, Die Verfassungsgarantie, S.  325 f. 152  Engelken, DÖV 2011, S. 745 (746); ders., Das Konnexitätsprinzip, Rn. 38; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 163; vgl. auch SachsAnhVerfG, LKV 2005, S. 218 (219). 153  SachsAnhVerfG, LKV 2005, S. 218 (219); Aker, BWVBl. 2008, S. 258 (262); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (483); Schoch, BWVBl. 2006, S. 122 (125); Engelken, BWVBl. 2012, S. 325 (326); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S.  160 ff.; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 325 f. 154  Art. 71 Abs. 3 S. 4 BWVerf; Art. 83 Abs. 3 S. 1 BayVerf; Art. 85 Abs. 2 S. 2 SächsVerf; Lahmann, KommJur 2005, S. 127 (128); Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (985 f.); Zieglmeier, NVwZ 2008, S. 270 (272); Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (127); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1009 f.); Glaser, in: Darsow / Gentner / Glaser u. a., Schweriner Kommentierung der MVKV: § 4 Rn. 4; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 328.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

qualitative Veränderung vorgenommen155. Durch die Umwandlung der freiwilligen zur Pflichtaufgabe haben die Kommunen eine Einbuße an Entscheidungsspielräumen erlitten. Zumindest können sie sich nicht mehr von der Aufgabenwahrnehmung zurückziehen und die dafür aufzuwendenden Finanzmittel ersparen. In der Konsequenz kommt den Kommunen eine „relativ“ neue Aufgabe zu, die ihnen ebenso wie eine „absolut“ neue Aufgabe finanzielle Folgen auferlegt und grundsätzlich eine vom Konnexitätsprinzip zu erfassende Konstellation darstellt. In den landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsregelungen, die nicht ausdrücklich den Tatbestand der Aufgabenänderungen bzw. -erweiterungen156 thematisieren157, wird dieser bisweilen auch per Interpretation in die „Aufgabenübertragung“ einbezogen158. Die abgeänderte bzw. erweiterte Aufgabe wird ebenfalls als eine faktisch „neue“ Aufgabe betrachtet. c) Anwendung unter Voraussetzung der freien Entscheidung des Landes? Normalerweise nimmt das Land aus eigener Entscheidung die Aufgabenübertragung vor. Dies gilt auch für Aufgaben, die nicht vom Land, sondern vom Bund oder der EU veranlasst, inhaltlich bestimmt und für die Erledigung den Ländern einschließlich der Kommunen anvertraut werden. Es wird mitunter behauptet159 und eventuell in den KonnexAG160 oder Vereinbarungen zwischen Land und kommunalen Verbänden161 ausdrücklich normiert, dass die Anwendung des Konnexitätsprinzips das Gebrauchmachen eines bestehenden Gestaltungsspielraums des Landes für die Umsetzung solcher Aufgaben voraussetze. Mit dem Gestaltungsspielraum wird auf die Entschei155  Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1144); Lahmann, KommJur 2005, S. 127 (128); Schoch / Wieland, Aufgabenzuständigkeit, S. 238; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 120; Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 122; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 167. 156  Näheres siehe Teil 4 D. II. 4. 157  Etwa Art. 97 Abs. 3 BbgVerf.; Art. 87 Abs. 3 SachsAnhVerf. 158  BbgVerfG, LKV 2002, S. 323 (323 f.); DVBl. 2013, S. 852 (853); SachsAnhVerfG, DVBl. 2012, S. 1560 (1565); DVBl 2015, 1535 (1536); Zieglmeier, NVwZ 2009, S. 1455 (1458); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (483); Lohse, Kommunale Aufgaben, S. 167; Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 120 f. 159  BayLT-Drs. 14 / 12011, S. 6; RhPfLT-Drs. 14 / 3016, S. 3; Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (494); Worms, DÖV 2008, S. 353 (358); Zieglmeier, NVwZ 2009, S. 1455 (1459); Kraack, NWVBl. 2011, S. 41 (44); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 244 ff.; Schwarz, Gutachten zur Umsetzung der UN-BRK, S. 19. 160  Art. 2 Abs. 1 NWKonnexAG; Art. 1 Abs. 2 RhPfKonnexAG; Art. 2 Abs. 1 SaarlKonnexAG. 161  Etwa BayKonsultVer I. 2. (GVBl. 2004, S. 218).



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips167

dungskompetenz des Landes sowohl über die organisatorische Trägerschaft als auch über den Inhalt und Umfang von Aufgaben verwiesen162. Zunächst muss festgestellt werden, dass das Voraussetzen eines inhaltlichen Gestaltungsspielraums ohne weiteres dem Wortlaut und Sinn der Konnexitätsregelungen entgegensteht163. Das Fehlen an eigenem Gestaltungsspielraum bedeutet lediglich, dass die betreffende Aufgabe materiell gesehen keine Landesaufgabe ist164. Wenn das Land diese Aufgabe auf eigene Kosten wahrzunehmen hat, erleidet es eine ungerechtfertigte Beeinträchtigung. Dies hat aber mit der landesinternen Lastenverteilung nichts zu tun. Vielmehr will das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip gerade hemmen, dass das Land durch Aufgabendelegation seine eigene Finanzen zulasten der Kommunen schonte165. Ob die betreffende Aufgabe durch Bundes- oder Europarecht inhaltlich durchgeformt166 bzw. sach- und lastengerecht auf das Land transferiert wurde, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Problematisch bleibt allerdings die Tauglichkeit des Vorbehaltes eines Gestaltungsspielraums des Landes hinsichtlich der Bestimmung der Aufgabenträgerschaft. Nach diesem Vorbehalt entfalle die Konnexitätspflicht des Landes, wenn die kommunale Aufgabenzuständigkeit nicht durch die freie Entscheidung des Landes, sondern durch die Entscheidung des Bundes oder der EU erfolge. Dem Land müsse also die Möglichkeit zustehen, sowohl rechtlich als auch tatsächlich167 eine andere Regelung zu treffen. Eine rechtliche Möglichkeit existiert, wenn sich die Aufgabenzuständigkeit dem bestehenden Recht nicht entnehmen lässt. Das Land ist dann kompetent, den Aufgabenträger – insbesondere zwischen seinen unmittelbaren Behörden und den Kommunen – selbst rechtmäßig auszuwählen. Demgegenüber besteht eine tat162  Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (493); Zieglmeier, NVwZ 2009, S. 1455 (1459); Engelken, NVwZ 2010, S. 618 (619); Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (131 f.); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 151 ff. 163  Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (132); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (494); Kraack, NWVBl. 2011, S. 41 (44); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (485); Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn.  48 ff.; Becker, Der Schutz der Kommunen, S. 61; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 152. 164  Siehe Teil 2 B. III. 2. 165  Schoch, AfK 2000, S. 225 (235); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (491); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (103). 166  Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (494); Engelken, NVwZ 2010, S. 618 (620); ders., Das Konnexitätsprinzip, Rn. 47 f.; Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (132); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (485); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 98. 167  Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 47; ders., DÖV 2011, S. 745 (747 f.); ders., NWVBl. 2011, S. 413 (414); Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1154); Zieglmeier, NVwZ 2008, S. 270 (272); die Relevanz des tatsächlichen Umstandes ablehnend Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 99; Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1011).

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

sächliche Möglichkeit, wenn nicht die rechtlichen, sondern die tatsächlichen Gegebenheiten diese Auswahl des Landes zulassen168. Hierbei ist zwischen einer direkten und einer indirekten Aufgabenübertragung169 durch den Bund oder die EU auf die Kommunen zu unterscheiden. aa) Direkte Aufgabenübertragung durch den Bund oder die EU Von einer direkten Aufgabenübertragung wird gesprochen, wenn der Bund oder die EU ausdrücklich170 die Kommunen als Aufgabenträger bestimmt. Anhand der aktuellen rechtlichen und tatsächlichen Lage verliert dieser Fall zwar weitgehend an Relevanz, da ein Durchgriff auf die Organisation der Aufgabenwahrnehmung innerhalb des jeweiligen Landes durch den Bund oder die EU komplett verboten bzw. äußerst unwahrscheinlich ist171. Er stellt sich dennoch als ein zweckmäßiger Ausgangspunkt für die Problematik der „Mehrebenen-Konnexitäts-Konstellationen“172 dar, aus dessen Behandlung bestimmte von der positiven Regelung unabhängige allgemeine Aussagen zu folgern sind. Nach der herrschenden Meinung173 und der (vergangenen) Staatspraxis174 findet das Konnexitätsprinzip keine Anwendung, wenn die Aufgabenüber­ tragung von Bund oder EU vorgenommen wird. Dafür sprechen vor allem Wortlaut und Standort der Konnexitätsregelungen. Es wurde bereits betont, dass das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip ausschließlich für 168  Die tatsächliche Möglichkeit ist bedeutungslos, wenn bereits eine rechtliche Möglichkeit fehlt. 169  Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (489 ff.); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitäts­ regelung, S. 146. 170  Die Fälle, in denen sich die kommunale Zuständigkeit nicht aus einer ausdrücklichen Normierung, sondern aus der Systematik des Bundes- bzw. Europarechts ergibt, zählen ebenfalls zur indirekten Aufgabenübertragung. Siehe Teil 4 D. II. 2. c) bb). 171  Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (490); Jäger, NWVBl. 2013, S. 121 (123 f.); dies., Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 146; vgl. auch Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 84 Rn. 12 ff. 172  Höfling, Rechtsfragen zur Umsetzung der Inklusion, S. 54. 173  BWStGH, BWVBl. 1999, S. 294 (297); BbgVerfG, NVwZ-RR 2009, S. 185 (186); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 244 f.; Schoch / Wieland, Aufgabenzuständigkeit, S.  66 f.; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 144 f.; Remmert, VerwArch 94 (2003), S. 459 (467); Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1150); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (485); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1010). 174  Nach der Rechtslage vor der Föderalismusreform 2006 durfte der Bund direkt Aufgaben auf die Kommunen übertragen, ohne dabei eine entsprechende Kostenerstattung vornehmen oder die Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips auslösen zu müssen.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips169

landesrechtliche Aufgabenübertragungen anwendbar ist. Außerdem ist dabei kein Verursachungsbeitrag des Landes zu erkennen, was dem Leitgedanken des Konnexitätsprinzips widerspricht. Vornehmlich kann das Abstimmungsverhalten im Bundesrat bei Bundes- und EU-Angelegenheiten nicht als eine konnexitätsrelevante Entscheidung bzw. Verursachung des jeweiligen Landes angesehen werden175. Obwohl der Bundesrat regelmäßig als Schutzschild der Länder einschließlich der Kommunen vor Übergriffen höherer Ebenen gedacht wird, fungiert er letztlich als Bundesorgan und nicht als Organ der Länder176. Er übt Bundesstaatsgewalt aus177. Von Belang ist daher nur die von ihm durch ein Mehrheitsverfahren herbeigeführte endgültige Entscheidung, die die Auffassung aus Sicht der Landesebene repräsentiert178. Die Stimmabgabe jedes einzelnen Landes hat hingegen rein verfahrensinterne Bedeutung179. Ebenso unmöglich ist es, das Abstimmungsergebnis des Bundesrates als eine gemeinsame Entscheidung aller Länder anzusehen und da­ rauf die Konnexitätsrelevanz zu begründen. Neben dem staatsorganisatorisch bedingten sowie qualitativen Unterschied zwischen beiden Arten des Beschlusses lässt sich nicht erklären, wieso einzelne unterlegene Länder „in die finanzielle Geisel-Haft(ung) einer Ländermehrheit genommen werden“ sollten180. Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die Mitglieder des Bundesrates von der jeweiligen Landesregierung anstatt vom Landesparlament entsandt sind (Art. 51 Abs. 1 GG). Ihre Stimmabgabe lässt sich nicht mit einer par­ lamentarischen Entscheidung über die Aufgabenübertragung gleichsetzen. Schließlich liefe auch die Warn-, Präventiv- sowie Vorsorgefunktion des 175  Remmert, VerwArch 94 (2003), S. 459 (467); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (492); Engelbrecht, BayVBl. 2011, S. 718 (721); Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1153); Kingreen, NdsVBl. 2014, S. 265 (269); Engelken, BayVBl. 2011, S. 713 (714 f.); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 107 ff.; a.  A. Durner, BayVBl. 2007, S. 161 (163). 176  BVerfGE 106, 310 (330); Robbers, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 50 Rn. 5 f.; Bauer, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 50 Rn. 18; Odendahl, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 50 Rn. 5; Heusch, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 153; Remmert, VerwArch 94 (2003), S. 459 (467); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 107 f. 177  Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 247; Remmert, VerwArch 94 (2003), S. 459 (467). 178  Vgl. auch Bauer, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 50 Rn. 18; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 254; Robbers, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 50 Rn. 13; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 108: Der Bundesrat wahrt neben den föderalen Interessen auch die gesamtstaatliche Verantwortung. 179  Vgl. auch Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 57: „Zustimmung und Einspruch des Bundesrats erweitern zudem nur die Mitwirkungsbefugnisse einer Mehrheit der Länder, nicht des einzelnen Landes.“ 180  Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 247; vgl. auch Hermes, Maßstab und Grenzen, S. 235.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

Konnexitätsprinzips ins Leere, wenn sich das Land als purer Kostenträger für fremde Verursachung einsetzen ließe181. Aus den genannten Gründen ist die Konnexitätsrelevanz der bundes- oder europarechtlich direkten Aufgabenübertragung zu leugnen. Die Konnexitätsregelungen können systematisch nur die landesinterne Aufgaben- und Ausgabenverteilung erfassen. Eine planwidrige Regelungslücke182, die eine analoge Anwendung der Regelungen183 rechtfertigte, liegt nicht vor184. Beachtenswert ist allerdings, dass sich hierbei ein für das Mehr-Ebenen-System typisches Strukturproblem185 zeigt, das unabhängig vom Bestand des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips allgemein existiert. Wenn der Bund oder die EU durch Gesetzgebung186 – gegebenenfalls inkl. der direkten Aufgabenübertragung  – die Kommunen belastet, braucht er / sie nicht zugleich für deren Finanzen zu sorgen, da diese in der Verantwortung des jeweiligen Landes liegen. Das Land muss auch nicht spezifisch dafür sorgen, da es mit dem kostenverursachenden Tatbestand nichts zu tun hat. Mit diesem „Zusammenwirken“ der Verantwortungs-187 und Verursachungsüberlegung werden die Kommunen in Verlegenheit versetzt, insbesondere im Hinblick darauf, dass sie – im Vergleich zu den Ländern – genügend Einfluss weder auf die höhere Gesetzgebung noch auf die Finanzverteilung haben, um ihre Interessen zu verteidigen188. Es gibt zu erkennen, dass das Grundgesetz von der Zweigliedrigkeit des Bundesstaates ausgehend die Kommunen als integralen Bestandteil des jeweiligen Landes betrachtet, wenn es direkte Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen verweigert189. Aus Sicht des Landes Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 107. Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 39; Kramer, Juristische Methodenlehre, S. 191 ff.; Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, Rn. 832 ff. 183  Etwa Maurer, in: Henneke / Maurer / Schoch, Die Kreise im Bundesstaat, S. 139 (153 ff.). 184  Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 204 ff.; Remmert, VerwArch 94 (2003), S. 459 (467); Kaplonek, SächsVBl. 2007, S. 277 (279); Hermes, Maßstab und Grenzen, S.  234 f. 185  Auch im Einheitsstaat wird in der Regel die nächsthöhere Ebene als primärer Garant für eine funktionstüchtige lokale Ebene gedacht, sodass ein ähnliches Problem besteht. 186  Siehe Teil 2 D. II. 1. Zwar stellen die mit der Änderung allgemeiner rechtlicher Rahmenbedingungen einhergehenden finanziellen Auswirkungen in der Regel kein rechtlich zu beanstandendes Problem dar, sie sind aber politisch bedeutsam. 187  Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine Art vorsorgend zuweisende Verantwortung, die der nachträglich zurechnenden Verantwortung gegenübersteht. Vgl. Teil 2 D. I. 2 und II. 2. 188  Beispielsweise in der Verfassungsreform 2017 gewannen Vertreter der Kommunen keinen Einfluss, obwohl die Kommunen auch von den Ergebnissen tangiert werden. Siehe etwa Benz, ZSE 2017, S. 395 (412 ff.). 181  Vgl.

182  Siehe



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips171

werden die Kommunen jedoch weniger als Teil seiner Organisation und mehr als eine eigenständige dritte Gebietskörperschaftsebene unmittelbar von höheren Entscheidungen betroffen, sodass es nur die – sekundäre – finanzielle Garantie- und Ausgleichspflicht eingeht, deren Umfang weitgehend in seinem Ermessen liegt. Grundlegend rechtliche Einwände gegen beiderseitige Ansichten lassen sich nicht vorbringen. In diesem Zusammenhang hat die Stellung der Kommunen als eigenverantwortliche Gebietskörperschaften eher ein Risiko für Lastenüberwälzung erzeugt. Die höheren Ebenen können legitime, jedoch die Kommunalinteressen beeinträchtigende Entscheidungen treffen. Der Lösungsweg für dieses Strukturproblem im geltenden Rechtsrahmen190 liegt zunächst in der Stärkung des (politischen) Verantwortungsbewusstseins der Länder für ihre Kommunen, die außer der sachgerechteren Konkretisierung des kommunalen Finanzausstattungsanspruchs etwa auch durch organisatorische191 und verfahrensrechtliche Vorkehrungen erfolgen kann. Das Funktionieren des zweigliedrigen Föderalismus hängt davon ab, dass die Länder die Interessen ihrer Kommunen als eigene Interessen verstehen. Hinsichtlich des Übergriffs der höheren Ebenen auf die Kommunen durch direkte Aufgabenübertragung soll der Gedanke der Konnexität zwischen Aufgaben und Finanzen universal durchgesetzt werden. Dies bedeutet nicht, dass der Verursachungskonnexität generell (rechtliche) Geltung verliehen werden muss, sondern umgekehrt im politischen Sinne, dass eine höhere Ebene keine Aufgaben auf die Kommunen übertragen darf, wenn sie nicht zugleich für deren Finanzen sorgen kann, selbst wenn die kommunale Zuständigkeit für einen „ordnungsgemäßen“192 oder „wirksamen“193 Aufgabenvollzug notwendig scheint. Der Aufgabenveranlasser soll vielmehr die Organisation der Aufgabenerfüllung den Ländern anvertrauen und nur noch die Ergebniskon­ trolle ausüben. Aufgaben- und Finanzbeziehungen müssen stets miteinander korrespondierend bestehen. Für die schädliche Asymmetrie beiderlei Beziehungen zwischen Bund und Kommunen hat also die Föderalismusreform 2006 – im Hinblick auf die zweistufige Bundesstaatlichkeit und das Ziel der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins der Länder für die Kommunen –

189  Siehe

Nachweise in Fn. 305. Benz, ZSE 2017, S. 395 (415), der die Kooperationsbedürftigkeit und den „federal spirit“ des Föderalismus betonend für die Betrachtung der Kommunen als dritte föderale Ebene plädiert. Dies ist im geltenden Rechtsrahmen nicht möglich. 191  Oebbecke, Der Gemeindehaushalt 2014, S. 193 (193) nennt den Organisationswandel des Landtages als Ursache für vermehrte kommunalbelastende Entscheidungen. 192  BVerfGE 11, 6 (18). 193  BVerfGE 22, 180 (210); 77, 288 (299); 119, 331 (359). 190  Vgl.

172

Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

mit dem Statuieren des Aufgabenübertragungsverbotes den einzig passenden Weg eingeschlagen194. bb) Indirekte Aufgabenübertragung durch den Bund oder die EU Bei der indirekten Aufgabenübertragung handelt es sich um eine Situation, in der der Bund oder die EU lediglich den Inhalt und Umfang, nicht aber den Träger einer Aufgabe bestimmt. Das jeweilige Land hat selbst zu entscheiden, ob die Aufgabe durch seine unmittelbaren Behörden auszuführen oder an die Kommunen zu delegieren ist. Dieser dem Land zunächst abstrakt zustehende Entscheidungsspielraum kann in konkreten Fällen auf Null reduziert werden, wenn etwa eine Aufgabe mit starken örtlichen Bezügen verfassungsrechtlich zwingend von den Kommunen wahrzunehmen195 oder eine Aufgabenwahrnehmung durch Landesbehörden mit unerträglichen Nachteilen verbunden ist196. Unter diesem Umstand stellt sich die Frage, ob eine „erzwungene“ Aufgabenübertragung des Landes noch eine konnexitätsrelevante Aufgabenübertragung konstituiert. In Anbetracht des Leitgedankens des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips scheint diese Frage verneint werden zu müssen. Dem Verursacherprinzip gemäß sei die Finanzlast nur dann zurechenbar, wenn sie Folge der „Ausübung freien Willens“ darstelle197. Diese Ansicht trifft jedoch nicht zu. Vor allem lässt sich eine solche Voraussetzung dem Wortlaut der Konnexitätsregelungen nicht entnehmen198. Wegen des aus Art. 28 Abs. 2 GG abgeleiteten Gebotes der dezentralen Aufgabenansiedlung, das in den monistischen Landesverfassungen noch geschärft wird, handelt es sich bei der landesrechtlichen Aufgabenverteilung vielmehr generell um eine – mehr oder weniger – „erzwungene“ Entscheidung. Dass das Land aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Bedingungen nach einem 194  Zu anderen diskutierten Vorschlägen siehe Korioth, NVwZ 2005, S.  503 (506 ff.); Henneke, in: Ennuschat (Hrsg.), GS Tettinger, S. 255 (267). 195  Engelken, NVwZ 2010, S. 618 (619); ders., DÖV 2011, S. 745 (747 Fn. 23); ders., Das Konnexitätsprinzip, Rn. 47; Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (132); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 154. 196  Vgl. etwa die Zentralisierungsprobleme (Teil 2 B. III. 3.); auch Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 47; ders., NVwZ 2010, S. 618 (619); ders., DÖV 2011, S. 745 (747): Fehlen geeigneter Landesbehörden. All diese sind Beispiele der tatsächlichen Unmöglichkeit. 197  Vgl. Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1154); Zieglmeier, NVwZ 2009, S.  1455 (1456 f.); Engelken, NVwZ 2010, S. 618 (620); ders., DÖV 2011, S. 745 (747); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 99 ff. 198  Engelken, NVwZ 2010, S. 618 (619 f.); ders., DÖV 2011, S. 745 (747); Jäger, NWVBl. 2013, S. 121 (124); Kingreen, NdsVBl. 2014, S. 265 (269); Henneke, in: Jochum / Elicker / Lampert u. a. (Hrsg.), FS Wendt, S. 561 (573); ders., Der Landkreis 2016, S. 386 (389 f.); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1014).



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips173

Abwägungsvorgang zur Aufgabendelegation an die Kommunen geboten ist, stellt einen Normalfall der Aufgabenverteilung dar. In diesem Aspekt ist es wenig plausibel, einen Entscheidungsspielraum des Landes hinsichtlich der Aufgabenträgerschaft spezifisch für bundes- und europarechtlich veranlasste Aufgaben vorauszusetzen. Hiervon vermag auch das Argument, dass es ohne einen solchen Spielraum um eine Verursachung des Bundes oder der EU anstatt des Landes gehe, nicht zu überzeugen. Zum einen kann die „Zwangslage“ (teilweise) vom Land selbst durch seine eigene Rechtsetzung199 oder Verschaffung tatsächlicher Bedingungen200 herbeigeführt werden, sodass eine Verursachungszurechnung zu Bund / EU ohne weiteres zu verneinen ist. Zum anderen sind die Länder der Adressat der indirekten Aufgabenübertragung201. Es handelt sich dabei um ein Verhältnis zwischen Bund / EU und Ländern, nicht aber zwischen ihnen und Kommunen. Deshalb kann der Bund oder die EU bereits aus rechtlicher Sicht nicht als Verursacher gegenüber den Kommunen auftreten, selbst wenn sich die kommunale Aufgabenzuständigkeit per (systematische) Auslegung des Bundes- / Europarechts ermitteln lässt. Eine mediatisierende Verursachungshandlung des Landes ist notwendig und konstitutiv. Es hat eine ursprünglich in seiner Verantwortung liegende Aufgabe auf die Kommunen verlagert. Ohne diesen Akt könnten die Aufgabe und Ausgaben bei den Kommunen gar nicht entstehen. cc) Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Anwendung des Konnexitätsprinzips nicht vom Bestehen eines Entscheidungsspielraums des Landes für die Aufgabengestaltung und -übertragung abhängt. Entscheidend ist ausschließlich die Rückführbarkeit des formellen Aufgabenübertragungsaktes auf das Land202. Sodann verliert die weitere Voraussetzung, dass das Land von diesem Spielraum „Gebrauch gemacht“ haben müsse, an Relevanz. Dieses Ergebnis zeigt, dass das konnexitätsbezogene Verursacherprinzip in Bezug auf die komplexen Ursachen- und Wirkungszusammenhänge bei der kommunalen Aufgabenwahrnehmung immer sorgfältig und in Vereinbarung 199  Ritgen,

LKV 2011, S. 481 (485); Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 47. durch Verzicht auf Einrichtung eigener Vollzugsbehörden, vgl. Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 47; ders., NVwZ 2010, S. 618 (619); ders., DÖV 2011, S. 745 (747). 201  Vgl. Teil 4 D. III. 1. und 3. 202  Ritgen, LKV 2011, S. 481 (485); Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (132); ders., SächsVBl. 2013, S. 253 (261); ders., in: Jochum / Elicker / Lampert u. a. (Hrsg.), FS Wendt, S. 561 (573 f.); Kingreen, NdsVBl. 2014, S. 265 (269); Jäger, NWVBl. 2013, S. 121 (123); dies., NWVBl. 2015, S. 130 (133 f.); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1011). 200  Etwa

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

mit den verfassungsrechtlichen Beziehungen zwischen den Hoheitsebenen zu deuten ist. Dem eher interessengeleiteten Annehmen oder Ablehnen eines Verursachungsbeitrags muss entgegengewirkt werden. 3. Rechtsfolge: Die Kostendeckungsregelung und der Mehrbelastungsausgleich Wenn die Tatbestände der Konnexitätsbestimmungen vorliegen, kommt grundsätzlich eine zweistufige Rechtsfolge in Betracht: die Verpflichtung des Landesgesetzgebers zur Regelung der Kostendeckung und zum Ausgleich der Mehrbelastung. Nur wenn ein Mehrbelastungsausgleich im Verfassungstext vorgesehen ist, ist die Rede von einem „strikten“ Konnexitätsprinzip203. Bisher haben alle Landesverfassungen ihre Konnexitätsbestimmungen im Sinne des strikten Konnexitätsprinzips niedergelegt und damit einen „Paradigmenwechsel“204 hinsichtlich des Finanzverhältnisses zwischen Land und Kommunen erfahren. a) Die konnexitätsrelevanten Kosten und Mehrbelastungen Aus dem Wortlaut der Landesverfassungstexte lässt sich keine Einschränkung in Bezug auf den Umfang der konnexitätsrelevanten Kosten ableiten. Auch die Schutzfunktion des Konnexitätsprinzips spricht dafür, dass die aus der Aufgabenwahrnehmung resultierenden gesamten Ausgaben von ihm zu erfassen sind205. Dazu zählen neben den Zweck- auch die Verwaltungskosten206, soweit sie – vergleichbar mit dem Finanzverhältnis zwischen Bund und Ländern im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung207 – in unmittelba203  Zum „relativen“ und „strikten“ Konnexitätsprinzip siehe Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S.  160 ff.; Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 64. 204  Bertrams, in: Sachs / Siekmann (Hrsg.), FS Stern zum 80. Geburtstag, S. 3 (5); Henneke, ZG 2005, S. 193 (212); ders., Der Landkreis 2005, S. 255 (270); ders., Der Landkreis 2004, S. 152 (163); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 15. 205  Mückl, DÖV 1999, S. 841 (850); Lahmann, KommJur 2005, S. 127 (129); für die Abgrenzung ausgleichsfähiger Verwaltungskosten vgl. Teil 3 B. I. 1; auch Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 174 ff. 206  BWStGH, BWVBl. 1999, S. 18 (21); NdsStGH, NVwZ-RR 2001, S. 553 (554); SachsAnhVerfG, LKV 2005, S. 218 (219); Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 208; Schumacher, LKV 2000, S. 98 (102); Lahmann, KommJur 2005, S. 127 (129); Schwarz, NWVBl. 2013, S. 81 (90); Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1145). 207  Siehe Teil 3 B. I. 1. Obwohl bei der Bundesauftragsverwaltung nur die „Zweckausgaben“ zu erstatten sind, diese schließen materiell auch die „Verwaltungskosten“ ein, die unmittelbar durch Sachaufgabenerfüllung ausgelöst werden.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips175

rem Zusammenhang mit der sachlichen Aufgabenerfüllung stehen. In Verknüpfung damit, dass die Kostendeckungsbestimmung „gleichzeitig“ mit der Aufgabenübertragung zu treffen ist, deuten die hier gemeinten Kosten nicht auf die von Kommunen für die Aufgabenerledigung tatsächlich ausgegebenen, sondern auf die zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung vom Gesetz­ geber prognostizierten Aufwände hin. Darunter fallen in der Regel nur die notwendigen, durchschnittlichen Kosten208, die für neu geplante oder komplexe Aufgaben schwer festzustellen sein können209. Bei der Kostenermittlung bzw. -prognostizierung geht der Gesetzgeber daher von einer durchschnittlichen, sparsam und wirtschaftlich agierenden Kommune aus210. Es dürfen also – gegebenenfalls aufgrund von Erfahrungswerten211 – Typisierungen und Pauschalierungen stattfinden212, auch wenn sie auf Verwaltungsvereinfachung gerichtet sind213, soweit jeder einzelnen Kommune die realistische Möglichkeit verbleibt, mit zumutbaren Anstrengungen die Aufgabenkosten völlig abzudecken214. Dies entspricht gerade jener Erkenntnis, dass sich die staatliche Garantie der kommunalen Selbstverwaltung zwischen einer institutionellen und einer individuellen bewegt215. Auch die Mehrbelastung ist primär zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung anhand der Kostenprognose festzustellen. Andernfalls entfiele die vom 208  Art. 78 Abs. 3 S. 2 NWVerf; Art. 120 S. 2 SaarlVerf; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 159; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 75; Färber / Wieland / Salm u. a., Reform des kommunalen Finanzausgleichs in Thüringen, S. 11; Henneke, NdsVBl. 2006, S. 89 (96); Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1144). 209  Vgl. Faber, NWVBl. 2014, S. 8 (13 ff.); dies., Der Landkreis 2014, S. 228 (229 ff.); dies., in: Posser / Pünder / Schröder (Hrsg.), Liber amicorum Ehlers, S. 87 (90 ff.). 210  NWLT-Drs. 13 / 5515, S. 21; Kaplonek, SächsVBl. 2007, S. 277 (280); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 190; Engels, Die Verfassungsgarantie, S.  335 f. 211  Art. 3 Abs. 3 Nr. 3 NWKonnexAG; Art. 3 Abs. 3 Nr. 3 SaarlKonnexAG; BbgVerfG, DÖV 2002, S. 522 (523); Meier / Greiner, NWVBl. 2005, S. 92 (94); Engelbrecht, BayVBl. 2007, S. 164 (167); Worms, DÖV 2008, S. 353 (360). 212  NWLT-Drs. 13 / 5515, S. 24 ff.; BbgVerfG, DÖV 2002, S. 522 (523); NdsStGH, NVwZ-RR 2001, S. 553 (554); ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, S. 665 (672 f.); Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 210; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 150; Lahmann, KommJur 2005, S. 127 (129); Engelbrecht, BayVBl. 2007, S. 164 (167 f.); Kaplonek, SächsVBl. 2007, S. 277 (280); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1010). 213  BayVerfGH, BayVBl. 1998, S. 462 (465); Färber / Wieland / Salm u. a., Reform des kommunalen Finanzausgleichs in Thüringen, S. 11. 214  BbgVerfG, DÖV 2002, S. 522 (523); ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, S. 665 (673); Schoch, BWVBl. 2006, S. 122 (125); ders., DVBl. 2016, S. 1007 (1011); Engelbrecht, BayVBl. 2007, S. 164 (167 f.); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 151 f.; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 75; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 336. 215  Siehe Teil 3 C. I.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

Konnexitätsprinzip erzielte Warn-, Schutz- und Vorsorgefunktion. Bereits das Wort „Mehrbelastung“ verweist auf einen Vergleich, also auf die Gegenüberstellung der realen gegenwärtigen vor und der hypothetischen zukünftigen Finanzsituation der Kommunen nach der Aufgabenübertragung216. Eventuelle Entlastungen und Einsparungen sind dabei einzurechnen217. Ebenso in diesem Kontext findet der Fall der Umwandlung freiwilliger zu pflichtigen Aufgaben Beachtung. Die von manchen vertretene Auffassung218, dass nur der den Kommunen tatsächlich entstandene Mehraufwand zur ausgleichs­ fähigen „Mehrbelastung“ gehöre und es dann für umgewandelte freiwillige Aufgaben keine Ausgleichspflicht gebe, überzeugt nicht. Die Verpflichtung der Kommunen schränkt ihren finanzpolitischen Spielraum ein, da sie nicht mehr durch Einstellung der Aufgabenerfüllung die Finanzmittel einsparen können. Die umgewandelten freiwilligen Aufgaben belasten den Kommunalhaushalt zwar nicht quantitativ, aber durchaus qualitativ hinsichtlich seiner „freien Spitze“219. Die Mehrbelastung ist daher nach normativen Kriterien und nicht nach faktischen Umständen zu berechnen220. Ihr Ausgleich stellt sich als ein begleitender Kostenersatz für vorangegangene gesetzliche Regelung dar. b) Die Kostenfolgeabschätzungsprognose aa) Die Maßgeblichkeit der einmaligen Kostenfolgeprognose Bisher wurde gezeigt, dass sowohl der Kostendeckungsbestimmung als auch dem Mehrbelastungsausgleich eine Kostenprognose, anhand der Art. 78 Abs. 3 S. 5 NWVerf und Art. 120 S. 2 SaarlVerf Kostenfolgeabschätzungsprognose genannt, zugrunde liegt. Sie ist für die zum Zeitpunkt der Auf­ gabenübertragung zu treffende Konnexitätsfolgenregelung maßgeblich. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber grundsätzlich nicht gehalten ist, die einmal vorgegebene Kostendeckungsbestimmung und Ausgleichsleistung an später 216  Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 128; vgl. Schumacher, LKV 2005, S. 41 (45); BWLT-Drs. 14 / 2442, S. 7. 217  Lahmann, KommJur 2005, S. 127 (129); Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 126; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 185 ff. 218  SachsAnhVerfG, DVBl. 2004, S. 434 (434); Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 64; Schumacher, LKV 2000, S. 98 (102). 219  Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 80; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 120, 183; Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 118; Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1145); BirkenfeldPfeiffer, Kommunalrecht Hessen, Rn. 187. 220  Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 80; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 119 f.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips177

veränderte rechtliche oder tatsächliche Bedingungen221 anzupassen222. Soweit die zugrunde gelegte Kostenprognose fehlerfrei erstellt ist, ist die Konnexitätsfolgenregelung prinzipiell für die gesamte Dauer der Aufgabenwahrnehmung bindend, auch wenn sich nachher ein für die Kostenfolgen wesentlicher, jedoch zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung nicht prognostizierbarer Umstand feststellen lässt223. Dieses Verständnis hat die Schutzwirkung des Konnexitätsprinzips relativiert, da in der Wirklichkeit solche nicht auf kommunales Fehlverhalten zurückzuführenden Kostenerhöhungen nicht selten zu konstatieren sind. Dies gilt umso mehr, als die Kommunen eine Vielzahl von kostenwirksamen Aufgaben langfristig wahrzunehmen haben. Auf Seite des Landes könnte aber ebenfalls behauptet werden, die reale Entwicklung sei von seinem Übertragungsakt nicht zu verantworten224. Ob dieses Argument überzeugt, wird im nachfolgenden Absatz erörtert. Fest steht allerdings, dass ein Verpflichten des Landesgesetzgebers zur Reaktion auf jede nachträgliche Kostensteigung ihn überfordern und die Warn-, Präventiv- sowie Vorsorgefunktion des Konnexitätsprinzips außer Kraft setzen würde. Sodann muss von der grundsätzlichen Maßgeblichkeit der einmal fehlerfrei vorgenommenen Prognose ausgegangen werden. bb) Die Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht Kein Zweifel besteht daran, dass eine unbeschränkte Nachbesserungspflicht hinsichtlich des Funktionsmechanismus des Konnexitätsprinzips abzulehnen ist. Die Ansicht, dass das Land wegen der fehlenden Kausalität zwischen Aufgabenübertragung und Kostenerhöhung letztere völlig außer Acht lassen dürfe, trifft allerdings auch nicht zu. Die das Konnexitätsprinzip tragende Kausalität lässt sich nicht im Sinne einer einmaligen und statischen Kausalität begreifen, der gemäß sich keine der beteiligten Parteien für den Kostenanstieg zu verantworten hat. Mit ihr wird vielmehr ein Aufgabenfinanzierungs- bzw. Ausgabenverteilungskonzept bezeichnet, wonach der tatsächliche Initiator bzw. Entscheider anstelle des normativen Verantwortungs221  Hiervon unberührt sind die unmittelbaren, zielgerichteten Veränderungen der rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen der Konnexitätsanwendung (Teil 4 D. II. 4.). 222  RhPfVerfGH, DVBl. 2015, S. 1581 (1581 f.); Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn.  91 ff.; ders., DÖV 2011, S. 745 (751). 223  Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 128  f.; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 91; ders., DÖV 2011, S. 745 (751 Fn. 45); Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S.  164 f. 224  Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 91; ders., NVwZ 2015, S. 342 (343). Für eine direkte Kausalität zwischen Kostenanstieg und Aufgabenübertragung sprechen sich Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (988) und Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 340 aus.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

trägers der Aufgabe die Ausgaben tragen muss225. Sein Verursachungsbeitrag wirkt kontinuierlich und dynamisch226, hat sich also immer auf die aktuellen (kostentreibenden) Konditionen zu beziehen. Außerdem ist das Land stets fähig, die rechtlichen sowie tatsächlichen Entwicklungen zu beobachten, die neu eintretenden Umstände ins Kalkül zu ziehen und damit die Kosten sachgerechter für die Zukunft zu bemessen227. Ergo gibt es eine mittelbare Kausalität zwischen dem fortbestehenden Ausgleichsdefizit und dem Untätigbleiben des Landes, wenn ihm für die Optimierung genügend Reaktionszeit gewährt wird. In diesem Zusammenhang werden auch die Funktionen des Konnexitätsprinzips, die das Kostenbewusstsein des Gesetzgebers intensivieren und seine Finanzplanung ermöglichen, erfüllt. Ferner muss beachtet werden, dass das Land ohnehin dazu gehalten ist, in regelmäßigen Zeitabständen die an Kommunen delegierten Aufgaben auf ihre Wahrnehmungs­ effektivität bzw. -effizienz228 zu prüfen. Es besitzt die Befugnis, wegen In­ effizienz die einmal übertragene Aufgabe wieder zurückzuziehen, und darf nicht die ungedeckten Kosten ohne Umschweife den Kommunen belassen. Der periodischen Nachprüfungspflicht ist das geltende Landesrecht bisher nachgekommen229. Die Annahme, dass sich diese Prüfung weiterhin auf die „Richtigkeit“ der Kostenprognose beschränke230, kann aber gemäß den angeführten Gründen keineswegs akzeptiert werden231. Einzurechnen sind somit auch Umstände, die auf vom Land nicht vorhersehbare Tätigkeiten des Bundes oder der EU zurückführen. Unbehelligt bleibt hiervon die unmittelbare Änderung der Grundlagen der Konnexitätsanwendung232. Die aufgrund der neuen Kostenprognose vorgenommenen Modifikationen begründen wie er225  Siehe

Teil 2 D. I. 2. und II. 2. Kaplonek, SächsVBl. 2007, S. 277 (280 f.); Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (988); Wendt, DÖV 2017, S. 1 (5 f.); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 126 f. 227  Vgl. ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, S. 665 (672); MVVerfG, LKV 2006, S. 461 (466); NdsStGH, NdsVBl. 2008, S. 152 (157); NWVerfGH, DVBl. 2011, S. 1155 (1156); RhPfVerfGH, DVBl. 2012, S. 432 (434); HessStGH, NVwZ 2013, S. 1151 (1153); Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 99. 228  Grundbegriff der Verwaltungswissenschaft, neben ökonomischer unter anderem auch in sozialer, kultureller und organisatorischer Hinsicht, siehe Baer, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 11 Rn. 69; Röhl, DVBl. 2006, S. 1070 (1070). 229  Etwa Art. 4 Abs. 5 NWVerf; Art. 2 Abs. 6 RhPfKonnexAG; Art. 4 Abs. 7 SaarlKonnexAG; Art. 5 SHKonnexAG. 230  Art. 4 Abs. 5 NWVerf; Art. 4 Abs. 7 SaarlKonnexAG; Kaplonek, SächsVBl. 2007, S. 277 (280); Engelken, DÖV 2011, S. 745 (751 Fn. 45); ders., NVwZ 2015, S. 342 (343); Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 339 f. 231  Zutreffend hat Art. 5 SHKonnexAG „sich aufgrund späterer unvorhersehbarer Entwicklungen [ergebende] erhebliche Abweichungen“ explizit eingeschlossen. Siehe auch Art. 71 Abs. 3 S. 3 BWVerf; Art. 2 Abs. 6 RhPfKonnexAG. 232  Siehe Teil 4 D. III. 3. 226  Vgl.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips179

wähnt entweder eine Übertragung neuer oder eine Änderung bestehender Aufgaben. Da die Nachbesserung der Konnexitätsanwendung nur periodisch und zukunftsgerichtet erfolgen kann, haben die Kommunen für die gegenwärtig entstandenen Mehrkosten selbst aufzukommen233. Das Land trifft die allgemeine Garantiepflicht für ihre angemessene Finanzausstattung. Hierbei handelt es sich um eine Risikoverteilung, die damit begründet werden kann, dass die Kommunen an der Erfüllung fremdbestimmter Aufgaben normalerweise auch ein Eigeninteresse haben234. In diesem Sinne dürfte ebenfalls gefordert werden, dass für Auftragsangelegenheiten im dualistischen Aufgabenmodell stets ein nachträglicher Ausgleich vorzunehmen ist, da die Kommunen an diesen Aufgaben relativ geringeres Eigeninteresse sowie geringeren Spielraum besitzen. In ähnlicher Richtung235 sieht sogar die monistische Verfassung des Landes Baden-Württemberg ausdrücklich vor, dass auch die später nicht vom Land veranlasste Mehrbelastung für übertragene Pflichtaufgaben nach (begrenzter) Weisung ausgleichsfähig ist (Art. 71 Abs. 3 S. 3 BWVerf). Dies stellt sich als eine besonders kommunalfreundliche Regelung dar, hat eigentlich mit dem Konzept des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips nur wenig zu tun236. Für die „staatlichen“ bzw. mit intensiven Weisungen verbundenen Aufgaben müssen die Länder ohnehin mindestens den überwiegenden Teil der Kosten tragen. c) Die Kostendeckungsbestimmung Auf der ersten Stufe der Rechtsfolge der Konnexitätsanwendung muss der Landesgesetzgeber die Deckung der mit Aufgabenwahrnehmung verbundenen Kosten regeln. Dies hat „gleichzeitig“ mit der Aufgabenübertragung bzw. „dabei“ zu erfolgen. Das Gebot versteht sich aber nicht in seinem wörtlichen Sinne. Insbesondere meint es nicht, dass die Kostendeckungsbestimmung und die Aufgabenübertragung im selben Gesetz normiert werden müssten237. Mit dem Konnexitätsprinzip wird vor allem eine „enge rechtliche 233  A. A. Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 127, der einen nachträglichen Ausgleich für tatsächliche Kostenerhöhung fordert. Damit wird der Funktionsmechanismus des Konnexitätsprinzips, etwa die vorsorgende Planung und Regelung, außer Kraft gesetzt. 234  Siehe Teil 4 D. II. 3. d) aa). 235  Siehe BWLT-Drs. 14 / 2442, S. 8; Aker, BWVBl. 2008, S. 258 (263). 236  Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 107; vgl. auch Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (988): Die Anpassungspflicht für Pflichtaufgaben nach Weisung gilt „verursachungsunabhängig“. 237  SachsAnhVerfG, LVerfGE 14, 413 (427); NWVerfGH, DVBl. 2010, S. 1561; Aker, BWVBl. 2008, S. 258 (264); Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 125;

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

Verklammerung“238 von beiden erstrebt. Für ihre effektive Durchsetzung ist erforderlich, dass die Kostendeckungsbestimmung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufgabenübertragung getroffen wird239. Manche sprechen sich für ein gleichzeitiges Inkrafttreten aus240. Die zusätzliche zeitliche Verklammerung kann den Kommunen mehr Rechts- und Planungssicherheit für die Aufgabenwahrnehmung verschaffen241. Das Treffen der Kostendeckungsbestimmung stellt sich nicht als eine bloße Prüfungs- und Befassungspflicht242 dar, sondern als eine Verpflichtung zum Erlass einer Sachregelung243. Der Gesetzgeber muss also nicht nur für die Kostendeckung „Sorge tragen“, sondern auch im Gesetzestext seine Vorstellung darüber konkretisieren, mit welchen Einnahmen einschließlich der Art und Weise der Vereinnahmung die Kommunen die Kosten abzudecken haben. Eine allgemeine Angabe der Einnahmequellen genügt nicht. Außerdem darf nicht auf eine Selbsttragung der Kommunen hingewiesen werden244. In Verknüpfung mit dem anschließenden Mehrbelastungsausgleich muss vielmehr die Kostendeckungsbestimmung auf sachlichen Einschätzungen beruhen, Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 140 ff.; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 269; Hermes, Maßstab und Grenzen, S. 190. 238  NWVerfGH, DVBl. 2010, S. 1561 (1561); DVBl. 2017, S. 249 (250); vgl. auch Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 163; Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 210; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 137; Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1014). 239  NWVerfGH, DVBl. 2010, S. 1561 (1561); siehe auch Engelbrecht, BayVBl. 2007, S. 164 (166); Aker, BWVBl. 2008, S. 258 (264); Glaser, in: Darsow / Gentner / Glaser u. a., Schweriner Kommentierung der MVKV: § 4 Rn. 4; Meier / Greiner, NWVBl. 2005, S. 92 (93); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 317; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 331. 240  Art. 2 Abs. 4 RhPfKonnexAG; SachsAnhVerfG, LVerfGE 11, 429 (448); 14, 413 (430); ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, S. 665 (672); Schoch, BWVBl. 2006, S. 122 (127); ders., DVBl. 2016, S. 1007 (1014); Kaplonek, SächsVBl. 2007, S. 277 (282); Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (987); Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 125; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 78. 241  Vgl. Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (987), der sich aus diesem Grund für ein Festhalten am Wortsinn der „Gleichzeitigkeit“ ausspricht. 242  Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 76; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 135 f.; Hermes, Maßstab und Grenzen, S. 189; Volkmann, DÖV 2001, S. 497 (499). 243  NWVerfGH, DVBl. 1997, S. 483 (484); BWStGH, BWVBl. 1999, S. 18 (21); Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 207; ders., in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 77; Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 166; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 135. 244  BWStGH, BWVBl. 1999, S. 18 (21); Mückl, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 3 Rn. 77; ders., Finanzverfassungsrecht­ licher Schutz, S. 207; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 135 f.; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 269.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips181

wodurch Klarheit darüber gewonnen wird, wie und bis zu welchem Grad die Kosten konkret abgedeckt werden können. Die inhaltliche Gestaltung der Kostendeckungsbestimmung liegt im Ermessen des Gesetzgebers245. Er kann für die Kommunen bestehende Einnahmequellen erweitern oder neue Einnahmenquellen erschließen, andere Aufgaben abbauen bzw. deren kostenrelevante Standards absenken246. Allein dies betreffend zeigt sich, dass das Verursacherprinzip nicht im strikten Sinne von den Konnexitätsregelungen umgesetzt ist247. Durch die vom Landesgesetzgeber frei zu gestaltende Kostendeckungsbestimmung wird nicht notwendigerweise der Verursacher belastet. Es kann vorkommen, dass die Deckungsmittel den eigenen Ressourcen der Kommunen entstammen oder die Mittelerhebung die kommunale Einnahmenbasis beeinträchtigt. In diesem Fall „tragen“ die Kommunen letztendlich die Kosten selbst. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn es um solche Aufgaben geht, die mehr überörtlich als örtlich bedeutsam sind und maßgeblich die überörtliche Ebene belasten sollen. Hiergegen kann argumentiert werden, dass die deutsche Finanzordnung inkl. der Finanzordnungen der Länder gerade von einem Verbund- und Verteilmechanismus ausgeht und weniger Gewicht auf die finanzielle Eigenständigkeit verschiedener Hoheitsebenen legt. Es sollte jedoch zumindest eingeräumt werden, dass das Gebot zur Kostendeckungsbestimmung in seiner aktuellen Ausprägung materiell nur einen minderen Wert besitzt, sowohl für das Praktizieren des Konzeptionswechsels zum Verursacherprinzip als auch für das Beseitigen der strukturellen Inkongruenz zwischen Aufgaben / Ausgaben und Einnahmen. Dieses Instrument kann nur dann eine optimale Wirkung entfalten, wenn bei seinem Einsatz auch die Herkunft und Eigenschaft der eingesetzten Einnahmen beachtet wird. Die betreffenden Einnahmen müssen zum einen entweder nach dem Verursacherprinzip generell dem Land zugeordnet werden können oder nach dem Interessenprinzip mit der Radizierung der Aufgabe vereinbar 245  Maurer, in: Henneke / Maurer / Schoch, Die Kreise im Bundesstaat, S. 139 (157); Schoch / Wieland, Aufgabenzuständigkeit, S.  240 f.; Schoch, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 11 (55 Fn. 248); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 137; Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 269. 246  BWStGH, BWVBl. 1999, S. 18 (21); SachsAnhVerfG, DVBl. 2015, S. 1535 (1536); Maurer, in: Henneke / Maurer / Schoch, Die Kreise im Bundesstaat, S. 139 (157); Schoch, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 11 (55 Fn. 248); ders., DVBl. 2016, S. 1007 (1010); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 137 f.; Lahmann, KommJur 2005, S. 127 (129); Dombert, LKV 2009, S. 343 (346). 247  Ausnahmen sind Art. 57 Abs. 4 NdsVerf und Art. 93 Abs. 1 ThürVerf, die ohne Bestimmung zur Kostendeckung nur einen finanziellen Ausgleich vorsehen. Der Ausgleich in ThürVerf geschieht aber nur für die Übertragung staatlicher Aufgaben und kommt in der Tat dem Konnexitätsgrundsatz nahe.

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sein248. Zum anderen sind die Einnahmearten, deren Höhe sich durch die Kommunen selbst bestimmen lässt, für die Erfüllung der mit sachlichem Gestaltungsspielraum verbundenen Aufgaben vorzuziehen249. Nur auf diese Weise kann der Spielraum von den Kommunen ideal genutzt werden. Wird hingegen der Mehrbelastungsausgleich angewandt, entsteht normalerweise das Problem der Berechnungsschwierigkeit bzw. -ungenauigkeit250. d) Der „entsprechende“ und der „angemessene“ Mehrbelastungsausgleich Wenn die prognostizierten Ausgaben durch die Kostendeckungsbestimmung nicht vollständig gedeckt werden können, greift der Mehrbelastungsausgleich, der überwiegend durch Geldmittelzuweisungen geleistet wird. Er ist ebenfalls zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung zu regeln251 und hat dann auch Vorsorge- sowie Prognosecharakter. Während der Großteil der Länder einen „entsprechenden“ Ausgleich für die verbleibenden Lasten vorsieht, der auf einen quantitativ Vollausgleich verweist252, ordnen Art. 87 Abs. 3 SachsAnhVerf und Art. 93 Abs. 1 ThürVerf einen „angemessenen“ Ausgleich an, der eher qualitativ und wertorientiert festzulegen ist. Insoweit sieht der ThürVerfGH den angemessenen Ausgleich als „volle Erstattung der angemessenen Kosten“253. Die Beurteilung der Angemessenheit obliegt dem Gesetzgeber254 und ermöglicht ihm, die Ausgleichsmittel zu seinem Gunsten zu reduzieren255. Er hat also bei der Regelung des Mehrbelastungsausgleichs 248  Zu örtlich radizierten Einnahmen gehören unter anderem die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, Realsteuern und Konzessionsabgaben. Problematisch wird es, wenn der Gesetzgesetzgeber für die Finanzierung überörtlicher Aufgaben die Erhöhung dieser Einnahmen vorsieht. 249  Zur Selbstverwaltungsfreundlichkeit einzelner Einnahmearten siehe Kluth, in: Henneke (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung in der Bewährung, S. 116 (123). 250  Siehe Teil 4 D. I. 2. 251  Huber / Storr, Der kommunale Finanzausgleich, S. 93 f.; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 139; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 11. 252  BWStGH, BWVBl. 1999, S. 18 (21); SächsVerfGH, SächsVBl. 2001, S. 61 (62); NWVerfGH, DVBl. 2010, S. 1561 (1562); BbgVerfG, DVBl. 2013, S. 852 (854); Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 206; Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 163; Aker, BWVBl. 2008, S. 258 (260); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1010); Lahmann, KommJur 2005, S. 127 (129); Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1145). 253  ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, S. 665 (670). 254  SachsAnhVerfG, LVerfGE 9, 343 (357); 9, 368 (385); 9, 391 (405); 11, 429 (447); Gundlach, LKV 1999, S. 201 (205); Huber / Storr, Der kommunale Finanzausgleich, S. 70. 255  Henneke, in: Henneke / Pünder / Waldhoff (Hrsg.), Recht der Kommunalfinanzen, § 24 Rn. 153; Färber / Wieland / Salm u. a., Reform des kommunalen Finanzaus-



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je nach den konkreten Umständen anhand eigener Wertungen eine angemessene Geldsumme zu bestimmen. So differenziert das SachsAnhVerfG zwischen der erstmaligen Aufgabenzuweisung, wofür ein Vollausgleich zu gewähren sei, und der Pflichtigmachung freiwilliger Aufgaben, die den Abzug einer kommunalen Interessenquote zulasse256. Dabei komme es auf Erwägungen wie die Erfahrungen der Kommunen im relevanten Sachgebiet, die aus der Aufgabenwahrnehmung zu erschließenden Vorteile sowie die vorhandenen Sparmaßnahmen der Kommunen an257. aa) Die Zulässigkeit einer kommunalen Interessenquote Bei der sog. kommunalen „Interessenquote“258, auch „Eigeninteresse“259 der Kommunen an der Aufgabenerfüllung oder „Eigenbeteiligung“260 bzw. „Eigenanteil“261 an den Aufgabenkosten genannt, handelt es sich um einen Begriff, der nicht mit einem feststehenden Inhalt verbunden wird. Damit erlangt eine solche Quote Relevanz auch für Landesverfassungen, die einen „entsprechenden“ Ausgleich vorsehen262. In Literatur und Rechtsprechung ist die Interessenquote von mehreren Ansätzen getragen. Erstens wird sie als die pauschalierende Konkretisierung der tatsächlich zu ermittelnden Einsparmöglichkeiten beschrieben, die sich aus der sparsamen Mittelverwendung, der Verwaltungseffizienzsteigerung und den durch Aufgabenzusammenführung erzeugten Synergieeffekten ergeben263. Die so verstandene Interessenquote befindet sich noch im Rahmen der für die Konnexitätsanwendung allgleichs in Thüringen, S. 7 sieht die bei wirtschaftlicher Verwaltungstätigkeit notwendigen Kosten als „angemessen“ an. 256  SachsAnhVerfG, LVerfGE 9, 343 (357); 9, 368 (385); 9, 391 (405); 11, 429 (447); Henneke, Der Landkreis 2005, S. 276 (281); vgl. Gundlach, LKV 1999, S. 201 (205). 257  Hopfe, in: Linck / Jutzi / Hopfe, Die Verfassung des Freistaats Thüringen: Art. 93 Rn. 5; Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 140. 258  SachsAnhVerfG, LVerfGE 9, 343 (357); 9, 368 (385); 9, 391 (405); 11, 429 (447); NdsStGH, DVBl. 1998, S. 185 (185); NdsVBl. 2001, S. 184 (186 f.). 259  Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 146; Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1153). 260  BbgVerfG, DÖV 2002, S. 522 (523); Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 275. 261  Kirchhof, DVBl. 1998, S. 189 (190); Kluth, LKV 2009, S. 337 (342). 262  Etwa Art. 12 Abs. 1 NdsFAG, wonach 25 % der Mehrbelastung für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises abzuziehen ist. Siehe auch Gundlach, LKV 1999, S. 201 (205). 263  BbgVerfG, DÖV 2002, S. 522 (523); ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, S. 665 (672 f.); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 146 ff.; Wendt / Elicker, VerwArch 93 (2002), S.  187 (210 ff.); Engelbrecht, BayVBl. 2007, S. 164 (167); vgl. auch Kluth, LKV 2009, S. 337 (342 f.).

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gemein zulässigen typisierenden und pauschalierenden Vorgehensweise des Landes und darf mithin nicht zur Belastung der Kommunen führen. Zweitens wird davon ausgegangen, dass die Kommunen mit der Aufgabenerledigung einen „Mehrwert“264 schaffen könnten265. Abgestellt wird nicht darauf, dass die Kommunen durch ein geschicktes Agieren und Wirtschaften die Kosten senken können, sondern darauf, dass ihnen die Erfüllung von fremdveranlassten Aufgaben auch – etwa durch die Infrastrukturverbesserung – zugutekommt. Zu erwerben ist also mit Ausrichtung auf das Interessenprinzip ein Vorteilsausgleich. Interessenquote in diesem Sinne bedeutet durchaus, dass die Kommunen die Aufgabenkosten teilweise zu tragen haben. Schließlich wird auch von manchen behauptet, dass die Interessenquote eine Berücksichtigung der kommunalen Leistungsfähigkeit zulasse266. Ein solches Verständnis führt ebenfalls zur Belastung des Kommunalhaushaltes, durchbricht aber den Rahmen des finanzkraftunabhängigen, allein aufgabenbezogenen Konnexitätsprinzips und kommt dem kommunalen Finanzausgleich nahe. Vor allem zu kritisieren ist der letztgenannte Ansatz. Die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Kommunen im aufgabenorientierten Lastenausgleich steht der Konzeption der dualen Finanzgarantie entgegen und kann – soll dennoch bereits bei der Konnexitätsanwendung eine umverteilende Wirkung erzielt werden – das gesamte System unnötig komplizieren. Im Übrigen bleibt zu beurteilen, ob eine auf Vorteilsausgleich gerichtete Lastenbeteiligung der Kommunen beim konnexitätsrelevanten – zumal dem „entsprechenden“ – Mehrbelastungsausgleich zulässig ist. Dem Wortlaut der Konnexitätsregelungen gemäß ist dies nur für einen „angemessenen“ Ausgleich denkbar, da der hier gemeinte „Vorteil“ aus der Aufgabenerfüllung nicht zu den kostensparenden bzw. -mindernden Faktoren gehört. Ein „entsprechender“ Ausgleich hat diesen nicht zu berücksichtigen. Selbst beim „angemessenen“ Ausgleich hält der ThürVerfGH fest, dass sich die Interessenquote ausschließlich auf die Bestimmung der Kostensenkungsspielräume beziehe und eine damit intendierte Kostentragung der Kommunen vor dem strikten Konnexitätsprinzip überhaupt keinen Bestand habe267. Andere bezweifeln die 264  Schmidt-Jortzig,

in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 137 (139). in: Darsow / Gentner / Glaser u. a., Schweriner Kommentierung der MVKV: § 4 Rn. 4; Schmidt-Jortzig, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 137 (139); Gundlach, LKV 1999, S. 201 (205); vgl. auch NdsStGH, DVBl. 1998, S. 185 (186); NVwZ-RR 2001, S. 553 (554); SachsAnhVerfG, 11, 429 (447). 266  SachsAnhVerfG, LVerfGE 11, 429 (447); Mückl, Finanzverfassungsrecht­ licher Schutz, S. 213; Gundlach, LKV 1999, S. 201 (205 f.); Hopfe, in: Linck / Jutzi /  Hopfe, Die Verfassung des Freistaats Thüringen: Art. 93 Rn. 5; Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 140; vgl. auch Huber / Storr, Der kommunale Finanzausgleich, S.  75 f. 267  ThürVerfGH, NVwZ-RR 2005, S. 665 (673). 265  Glaser,



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Quantifizierbarkeit und insbesondere den eher rein „fingierten“ prozentualen Abzug der kommunalen Vorteile268. Tatsächlich lässt sich das Problem der Interessenquote mit dem Konzep­ tionsmangel des (strikten) Konnexitätsprinzips assoziieren. Wie bereits erwähnt269 trägt der Leitgedanke des Verursacherprinzips den qualitativen Merkmalen der kommunalen Aufgaben keine Rechnung. Er neigt dazu, alle Aufgaben ungeachtet ihrer materiellen Eigenschaft und Zugehörigkeit einheitlich nach dem Maßstab der Kausalität zu behandeln. An sich ist dieses Konzept unproblematisch. Die Ansicht, dass der separate, nur aufgabenorientierte Lastenausgleich die Kommunen zulasten des staatlichen Finanzverbundes begünstige270, trifft zumindest theoretisch nicht zu. Beim konnexitätsbezogenen Mehrbelastungsausgleich geht es schließlich nicht um eine von (gesamt-)staatlichen Finanzen abhängende quantitative Finanzausstattung der Kommunen, sondern um eine qualitative Aufgabenfinanzierung durch den „Verursacher“, der nicht ausschließlich das Land ist. Für die Aufgaben mit (starken) örtlichen Bezügen, eben deren Finanzierung vornehmlich strittig ist, wird das Land sogar verpflichtet, den Kommunen Spielraum zur Eigengestaltung zu gewähren und sie dann auch zum „Verursacher“ zu machen. Selbst ein konnexitätsbedingter „Vollausgleich“ obliegt dem Land nur nach seinem konkreten Verursachungsbeitrag, der seinen – wenngleich bloß abstrakten – Interessenanteil an der Aufgabenerfüllung repräsentiert271. Die Kommunen werden also nicht einseitig begünstigt. Diesem theoretisch unproblematischen Konzept haftet freilich ein Mangel für die Durchführung an. Da sich der Kausalbeitrag des Landes ohne eine konkrete Aufgabengestalt kaum festlegen lässt272, werden die pflichtigen eigenen Aufgaben der Kommunen regelmäßig prä- und überdeterminiert273. Das Land hat also praktisch diese Aufgaben ähnlich den Auftragsangelegenheiten zu behandeln und die gesamten notwendigen Kosten der Aufgabenerfüllung zu tragen. In diesem Zusammenhang scheint es plausibel, durch eine 268  Glaser, in: Darsow / Gentner / Glaser u. a., Schweriner Kommentierung der MVKV: § 4 Rn. 4; vgl. auch Schmidt-Jortzig, in: Henneke / Meyer (Hrsg.), FG Schlebusch, S. 137 (139). 269  Siehe Teil 4 C. 270  Brems, Die Aufgabenverlagerung, S. 297 ff. m. w. N.; vgl. auch Lohse, Kommunale Aufgaben, S.  145 ff. 271  Siehe Teil 2 D. I. 3. 272  Siehe Teil 2 D. II. 2. und Teil 4 D. I. 2. 273  Vgl. auch Oebbecke, NWLT-Zuschrift 13 / 3696, S. 5 f.; ders., Der Gemeindehaushalt 2014, S. 193 (195): Die vom Land ermittelten durchschnittlichen, notwendigen Kosten werden in der Praxis zu „Normkosten“. In ähnlicher Weise hinsichtlich der Implementation von „Gesetzeskausalität“ zwischen Bund und Ländern, siehe Huber, Gutachten D für den 65. DJT, S. ‍95 f.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

Lastenbeteiligung der Kommunen einen Vorteilsausgleich zu erzielen. Selbst bei den Auftragsangelegenheiten ist eine gewisse kommunale Kostenbeteiligung prinzipiell denkbar, soweit sie einen nennenswerten örtlichen Bezug besitzen. Erfordert wird allerdings, dass die auszugleichenden Vorteile mit hinreichender Konkretheit zuverlässig bewiesen und bemessen werden274. Dem genügt ein eher beliebig festgesetzter Prozentsatz ohne taugliche Begründung jedenfalls nicht. bb) Die „wesentliche“ bzw. „erhebliche“ Mehrbelastung Es gibt eine weitere Schranke für den Mehrbelastungsausgleich: Das Land ist in der Regel nur dann ausgleichspflichtig, wenn es sich um eine „wesentliche“275 bzw. „erhebliche“276 Mehrbelastung handelt. Für die „Wesentlichkeit“ der Belastung ist die „Dauer und Intensität der Inanspruchnahme kommunaler Ressourcen“277 ausschlaggebend. Das Landesrecht hat dies bisher durch eine „Bagatellgrenze“278 konkretisiert, die regelmäßig auf eine bestimmte Geldsumme pro Kopf und Jahr gesetzt wird279. Übersteigt die eingeschätzte Mehrbelastung nicht diese Grenze, entfällt die Ausgleichspflicht. Die Ursache für das Setzen einer Bagatellgrenze liegt darin, dass die Abwicklung der Ausgleichsleistungen von derart kleinem Ausmaß öfters unpraktisch bzw. unwirtschaftlich ist280. Zu beachten ist allerdings, dass der 274  Glaser, in: Darsow / Gentner / Glaser u. a., Schweriner Kommentierung der MVKV: § 4 Rn. 4. 275  Etwa Art. 71 Abs. 3 S. 3 BWVerf; Art. 78 Abs. 3 S. 2 NWVerf. 276  Art. 57 Abs. 4 S. 2 NdsVerf. 277  NWLT-Drs. 13 / 4424, S. 14; 13 / 5515, S. 23; Schink, NWVBl. 2005, S. 85 (88); Schwarz, Gutachten zur Umsetzung der UN-BRK, S. 34; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 183; vgl. Becker, Der Schutz der Kommunen, S. 60; Engels, Die Verfassungsgarantie, S.  330 f. 278  NWLT-Drs. 13 / 4424, S. 14; 13 / 5515, S. 21, 23; NWVerfGH, DVBl. 2010, S. 1561 (1562); DVBl. 2015, S. 171 (174); Henneke, Der Landkreis 2008, S. 390 (404); Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (988); Engels, VerwArch 102 (2011), S. 285 (293); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (106); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 183. 279  Siehe NWLT-Drs. 13 / 4424, S. 14; 13 / 5515, S. 23; NdsLT-Drs. 17 / 259, S. 10; Meffert / Müller, RhPfKonnexAG, § 1 Nr. 1.5.; Oebbecke, Der Gemeindehaushalt 2014, S. 193 (194) weist auf die Unklarheit des dabei bestehenden gesetzgeberischen Spielraums hin. Ähnliche Kritik in Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (988); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S.  125 f. 280  Henneke, Der Landkreis 2004, S. 152 (163); ders., NdsVBl. 2006, S. 89 (96); Kingreen, NdsVBl. 2014, S. 265 (270 f.); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (106); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 126; Ammermann, Das Konnexitätsprinzip, S. 174: „ineffi­ zient“; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 330: Einengung politischer Gestaltungsspielräume.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips187

dadurch ersparte Verwaltungsaufwand nur das Land begünstigt. Mit dem Entfallen der Ausgleichspflicht sind die Kommunen dem Zweck des Konnexitätsprinzips entgegenstehend mehrbelastet281. Sie laufen überdies dahingehend Gefahr, dass mehrere für sich „unwesentlich“ belastende und somit ausgleichslose Aufgabenübertragungen kumulierend zu einer „wesentlichen“ Belastung anwachsen282, ohne aber die Ausgleichspflicht auszulösen. Diese Lücke muss ebenfalls durch eine Beobachtungs- und periodische Nachprüfungspflicht283 des Landes geschlossen werden284, wobei die Mehrbelastung sämtlicher solcher Aufgaben zu kalkulieren und zu bewerten ist. 4. Anwendung des Konnexitätsprinzips auf Änderung bestehender Aufgaben Der Sinn und Zweck des Konnexitätsprinzips bedingt, dass seine Anwendung nicht auf die einmalige Aufgabenübertragung beschränkt werden darf. Das Prinzip muss grundsätzlich dauernd auch für die nachträglichen Änderungen der Aufgabenerfüllung durch das Land gelten285. Erfasst sind nicht alle rechtlichen und tatsächlichen Änderungen286, die sich auf die Aufgabenwahrnehmung auswirken, sondern nur solche, die zielgerichtet und unmittelbar die Aufgabenwahrnehmung modifizieren287. Erfordert wird in der Regel

281  Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (988); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (106); Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 125 f. 282  Schönenbroicher, in: Heusch / Schönenbroicher (Hrsg.), NWVerf: Art. 78 Rn. 59; Becker, Der Schutz der Kommunen, S. 59; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 126; Kemmler, DÖV 2008, S. 983 (989); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (106); Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1145); siehe auch NWLT-Drs. 13 / 4424, S. 14; 13 /  5515, S. 21. 283  Siehe Teil 4 D. II. 3. b) bb). 284  Becker, Der Schutz der Kommunen, S. 59. 285  Art. 71 Abs. 3 S. 3 BWVerf; Art. 137 Abs. 6 S. 2 HessVerf; Art. 57 Abs. 4 S. 3 NdsVerf; Art. 78 Abs. 3 S. 2 NWVerf; Art. 49 Abs. 5 S. 1 RhPfVerf; Art. 120 S. 2 SaarlVerf; Art. 85 Abs. 2 S. 2 SächsVerf; BbgVerfG, DVBl. 2013, S. 852 (853 f.); HessStGH, NVwZ-RR 2012, S. 625 (626); SachsAnhVerfG, DVBl. 2015, S. 1535 (1536); Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S. 167; Mückl, Finanzverfassungsrechtlicher Schutz, S. 203; Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 124, 159 f.; Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 335; Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1152); Schnelle, DVBl. 2015, S. 1141 (1144); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1010). 286  Siehe Teil 4 D. II. 3. b). 287  Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 101; vgl. auch Wolff, BayVBl. 2004, S. 129 (131); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (496); Worms, DÖV 2008, S. 353 (359 f.); Huber / Wollenschläger, VerwArch 100 (2009), S. 305 (317 f.); Zieglmeier, NVwZ 2008, S. 270 (272 f.); ders., NVwZ 2009, S. 1455 (1459); Engels, Die Verfassungs­ garantie, S. 327.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

eine ausdrückliche Nennung der Aufgabe288. Hierunter fallen also neben den direkten Änderungen des Aufgabenzuschnittes289 oder der Finanzierungsgrundlage290 auch Änderungen sonstiger spezieller organisatorischer291 sowie materieller Anforderungen an die Aufgabenerfüllung292. Außer Acht bleiben dürfen Anforderungen, die zwar mit an die Aufgabenerfüllung gestellt werden, aber andere Zwecke als den der optimalen Aufgabenerledigung verfolgen293. Einzubeziehen sind ferner Einwirkungen des Landes auf bundes- und europarechtlich veranlasste Aufgaben294. Entscheidend ist demnach die Rückführbarkeit des formellen Aufgabenänderungsaktes auf das Land, der eine wesentliche Kostenänderung mit sich bringt. Die Anwendung des Konnexitätsprinzips auf Aufgabenänderungen hat besondere Bedeutung für die Aufgaben, die vor der Einführung des Prinzips in die Landesverfassungen auf die Kommunen übertragen wurden. Zwar vermag das Konnexitätsprinzip nicht rückwirkend diese Aufgaben zu erfassen295. Sie können aber als qualitativ neue Aufgaben unter dem Grundtatbestand oder als modifizierte bestehende Aufgaben unter dem Erweiterungstatbestand des Konnexitätsprinzips subsumiert werden und die entsprechende Rechtsfolge auslösen, wenn das Land im Nachhinein Änderungen vornimmt.

288  Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 101; Huber / Wollenschläger, VerwArch 100 (2009), S. 305 (317). 289  Der Aufgabenzuschnitt bedeutet das Spektrum der mit der Aufgabenerledigung verbundenen Tatbestände. Siehe BWLT-Drs. 14 / 2442, S. 8; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 97; Henneke, BWVBl. 2008, S. 321 (325). 290  Junk, Das Konnexitätsprinzip, S. 128  f.; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 100. 291  Engelken, NVwZ 2010, S. 618 (619); vgl. BbgLT­Drs. 5 / 3030, S. 14; Dombert, LKV 2011, S. 353 (357 f.). 292  Vgl. Art. 49 Abs. 5 S. 1 RhPfVerf; BayLT-Drs. 14 / 12011, S. 7; Lahmann, KommJur 2005, S. 127 (128); Schink, NWVBl. 2005, S. 85 (90); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (496); Worms, DÖV 2008, S. 353 (359 f.); Huber / Wollenschläger, VerwArch 100 (2009), S. 305 (318); Dombert, LKV 2011, S. 353 (355 f.); Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 327. 293  Beispielsweise die Mindestlohnanforderung beim kommunalen Beschaffungswesen (etwa Art. 6 BbgVergG), vgl. BbgLT­Drs. 5 / 3030, S. 15; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 101; Engelbrecht, BayVBl. 2007, S. 164 (165); Worms, DÖV 2008, S. 353 (360); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (488); Trips, NVwZ 2015, S. 102 (105); a. A. Dombert, LKV 2011, S. 353 (357 f.). 294  Trapp, Das Veranlassungsprinzip, S. 250; Schoch / Wieland, Aufgabenzuständigkeit, S. 248; Engelken, Das Konnexitätsprinzip, Rn. 103; Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (493). 295  Schink, NWVBl. 2005, S. 85 (87); Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (494); Macht /  Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1152); Worms, DÖV 2008, S. 353 (358); Edinger, DÖV 2016, S. 474 (475); Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 325.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips189

III. Bundesrechtliche Änderungen der kommunalen Aufgaben Eine Sonderkonstellation des Erweiterungsfalls stellt die bundes- oder europarechtliche Änderung einer Aufgabe dar, die vorher aber per Landesrecht den Kommunen zugewiesen wurde. Dadurch entsteht die Frage, ob die Aufgabenänderung in materieller Hinsicht dem Bund oder der EU zuzurechnen oder dem Bestand der landesrechtlichen Zuständigkeitsregelung gemäß als vom Land „verursacht“ anzusehen ist. Für diese fortgeführten MehrebenenKonnexitäts-Konstellationen296 wird hier nur die Aufgabenänderung durch Bundesrecht behandelt, die allerdings allgemeine Bedeutung hat. Als Hintergrund dieser Problematik ist zunächst das grundgesetzliche Aufgabenübertragungsverbot des Bundes auf die Kommunen zu erläutern. Dies hilft beim Verständnis des Verhältnisses der drei Hoheitsebenen untereinander und mithin auch der materiellen Problemlösung. 1. Das Aufgabenübertragungsverbot nach Art. 84 Abs. 1 S. 7, 85 Abs. 1 S. 2 GG Im Zuge der Föderalismusreform 2006 wurde ein „absolutes Verbot der Aufgabenzuweisung des Bundes auf die kommunale Ebene“297 in das Grundgesetz eingeführt. Nach Art. 84 Abs. 1 S. 7 und Art. 85 Abs. 1 S. 2 GG darf der Bund seitdem nur materielle Bestimmungen über die Aufgabenwahrnehmung erlassen und nicht mehr unmittelbar die Kommunen zur Ausführung von Bundesgesetzen verpflichten298. Darüber zu befinden haben ausschließlich die Länder299. Diese Regelungen tragen in angemessener Weise dem zweigliedrigen Staatsaufbau und der Organisationshoheit der Länder Rechnung300, dienen primär der Stärkung der Handlungs- und Entscheidungsfähig296  Siehe

Teil 4 D. II. 2. c) aa). 119, 331 (359); Burger / Faber, KommJur 2011, S. 161 (161); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 34; Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 88. 298  Burgi, DVBl. 2007, S. 70 (75); Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 136 Rn. 36; Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (126); Engelken, DÖV 2011, S. 745 (745); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 28. 299  BT-Drs. 16 / 813, S. 15; Henneke, BayVBl. 2012, S. 321 (323); ders., in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 36 f.; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 84 Rn. 71; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 136 Rn. 32 f.; Engelken, NVwZ 2015, S. 342 (342). 300  BR-Drs. 178 / 06, S. 1, 14 f.; Burger / Faber, KommJur 2011, S. 161 (163); Kallerhoff, DVBl. 2011, S. 6 (7); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 35; Schoch, in: Henneke (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung in der Bewährung, S. 11 (15 f.). 297  BVerfGE

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

keit der föderalen Ebenen301 durch staatsorganisatorische Entflechtung ihrer Verantwortungsbereiche302. Im Zusammenspiel mit den Landesverfassungen werden gleichzeitig die Kommunalfinanzen unter einen effektiveren Schutz gestellt303. In der Praxis nach der Verfassungsrechtslage vor der Reform wurden den Kommunen häufig durch zustimmungspflichtiges Bundesgesetz unmittelbar kostenträchtige Aufgaben aufgebürdet304. Eine entsprechend direkte Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommunen in Form von Finanztransfers besteht hingegen wegen der Zweistufigkeit der Finanzverfassung nicht305. Für die den Kommunen entstandenen Ausgaben hatten die Länder nur im Rahmen des allgemeinen Finanzausgleichs Sorge zu tragen, da die kostenwirksame Aufgabenübertragung bundesgesetzlich erfolgte und vom landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip nicht zu erfassen war306. Nach der Unterbindung des bundesrechtlichen Durchgriffs kommt nunmehr eine kommunale Aufgabenzuständigkeit ausschließlich durch landesrechtliche Regelung zustande, sodass das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip einen aufgabenspezifischen Lastenausgleich gewähren muss. Diese Vorstellung des Bundesverfassungsgebers lässt sich problemlos verwirklichen bei Bundesgesetzen, die nach dem 01.09.2006 erlassen sind und eine kommunale Zuständigkeitsbestimmung ohnehin nicht enthalten dürfen307. Problematisch sind

301  So die primäre Zielsetzung der Föderalismusreform, siehe BR-Drs. 178 / 06, S.  1, 14 f.; Burgi, DVBl. 2007, S. 70 (75); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 34 f.; a. A. Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 84 Rn. 72. 302  BT-Drs. 15 / 1685 S. 1; BR-Drs. 178 / 06, S. 1, 14 f.; 750 / 03, S. 1; Burger / Faber, KommJur 2011, S. 161 (163); Burgi, DVBl. 2007, S. 70 (75); Schoch, in: Henneke (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung in der Bewährung, S. 11 (11). 303  Meßmann, DÖV 2010, S. 726 (727) entnimmt den Vorschriften keinen Schutzzweck zugunsten der Kommunen. Sie seien nur „reflexhaft“ geschützt. Andere nehmen zumindest einen Randzweck an. Siehe etwa Burger / Faber, KommJur 2011, S. 161 (163); Kallerhoff, DVBl. 2011, S. 6 (6 f.); Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 84 Rn. 72; dazu auch BT-Drs. 16 / 2069, S. 4, 13; BVerfGE 119, 331 (359): Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG als eine „Konkretisierung der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG“. 304  Siehe Henneke, ZG 2005, S. 193 (216 ff.); ders., DVBl. 2006, S. 867 (868); ders., DVBl. 2011, S. 125 (125 f.); Kallerhoff, DVBl. 2011, S. 6 (6). 305  BVerfGE 26, 172 (181 f.); Korioth, NVwZ 2005, S. 503 (506 ff.); Henneke, DVBl. 2006, S. 867 (867 f.); ders., in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 30; Burgi, DVBl. 2007, S. 70 (76); grundgesetzliche Ausnahmen siehe Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 124 ff.; zeitlich befristete Finanzströme siehe Scheller, in: Junkernheinrich / Lange (Hrsg.), Die Reform der föderalen Finanzen, S. 99 (100). 306  Siehe Teil 4 D. II. 1. 307  Engelken, BWVBl. 2008, S. 457 (458): Weiterhin zulässig ist Landesverordnung kraft bundesrechtlicher Ermächtigung nach Art. 80 Abs. 1 GG, soweit die Ermächtigung nicht ausdrücklich das Heranziehen von Kommunen erzwingt.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips191

allerding die „Altfälle“308, also die vor dem Inkrafttreten des Aufgabenübertragungsverbotes erlassenen Gesetze, deren kommunale Zuständigkeit nach Art. 125a Abs. 1 GG ohne Aufhebung weiterbestehen kann. Dabei stellt sich die Frage, ob der Bundesgesetzgeber diese Gesetze noch materiell novellieren darf, oder ob das materielle Novellieren als ein faktischer Übertragungsakt anzusehen und folglich verfassungsrechtlich verboten ist. Bevor diese Frage beantwortet werden kann, ist zunächst klarzustellen, dass Art. 84 Abs. 1 S. 7 und Art. 85 Abs. 1 S. 2 GG nur die bundesgesetzliche Verpflichtung von „Aufgaben“309 verbieten. Im verfassungsrechtlichen Kontext verweisen die „Aufgaben“ gemeinhin auf „alle sachlichen Bereiche staatlichen Tätigwerdens“310. Bezüglich der konkreten Funktion der Kommunen können sie in Anlehnung an das für das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip geltende Aufgabenverständnis noch näher als die die Kommunen verpflichtenden sachlichen Verwaltungsangelegenheiten zur Erfüllung nach außen311 begriffen werden. Dies ergibt sich bereits aus der Ähnlichkeit zwischen beiden Konstellationen312, weshalb auch die „Übertragung“ von Selbstverwaltungsaufgaben auf die Kommunen unzulässig ist313. Auf der anderen Seite sind die Kommunen sowohl gegenüber dem jeweiligen Land als auch gegenüber dem Bund nicht vor Finanzbelastung jeglicher ge308  Söbbeke, KommJur 2006, S. 402 (407); Burgi, DVBl. 2007, S. 70 (76); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (2010); Knitter, Das Aufgabenübertragungsverbot, S. 138; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 29; Engelken, DVBl. 2009, S. 1437 (1437) weist darauf hin, dass wegen der fortbestehenden materiellen Änderungskompetenz des Bundes eigentlich nur ein Teil des Gesetzes – also die unveränderte Zuständigkeitsregelung – „alt“ bleibt. 309  Umfassend über die „Aufgabe“ im öffentlichen Recht siehe Teil 1 A. 310  Henneke, NdsVBl. 2007, S. 57 (65); Schoch, DVBl. 2007, S. 261 (263); Burger / Faber, KommJur 2011, S. 161 (164); Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 84 Rn. 13; Kube, in: Epping / Hillgruber (Hrsg.), GG: Art. 104a Rn. 9. 311  Siehe Teil 4 D. II. 2. a); auch Hömig, in: Hömig / Wolff (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 14: Aufgaben sind „die administrativen Tätigkeiten […], die im Rahmen der verwaltungsmäßigen Ausführung des Bundesrechts gegenüber dem Bürger vorgenommen werden müssen, damit das vom jeweiligen Gesetz verfolgte Regelungsziel erreicht wird“; ähnlich in Schoch, in: Henneke (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung in der Bewährung, S. 11 (17); vgl. Engelken, BWVBl. 2008, S. 457 (458 f.); Meßmann, DÖV 2010, S. 726 (726). 312  Semmler, Die Kommunen nach der Föderalismusreform 2006, S. 78 ff.; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 91; siehe auch Teil 2 D. II. 1. 313  Trute, in: Starck (Hrsg.), Föderalismusreform, S. 73 (87); ders., in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 84 Rn. 58; Kallerhoff, DVBl. 2011, S. 6 (8); Engelken, BWVBl. 2008, S. 457 (466); Meßmann, DÖV 2010, S. 726 (731 f.); Pieroth, in: Butzer / Kaltenborn / Meyer (Hrsg.), FS Schnapp, S. 213 (226 ff.); ders., in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 84 Rn. 14; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 84 Rn.  73; a.  A. Maiwald, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 125a Rn. 8; Ingold, DÖV 2010, S. 134 (138f.).

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

setzlichen Verpflichtung zu bewahren314. Es muss vielmehr unterschieden werden zwischen Aufgabenzuweisungs- und anderen Normen, die Verpflichtungen ohne Aufgabencharakter begründen. Die Befolgung letzterer stellt lediglich ein allgemeines gesetzmäßiges Handeln der Kommunen dar315. Demzufolge ist das Abstellen der in Art. 84 Abs. 1 S. 7 und Art. 85 Abs. 1 S. 2 GG enthaltenen „Aufgabe“ auf die „Ausführung von Bundesgesetzen“316 zumindest ungenau. Es ist sogar unzutreffend, wenn damit argumentiert wird, dass jede durch Bundesgesetz der Kommunalebene zugefügte „negative Kostenfolge“ verhindert werden müsse317. 2. Relativierung durch Art. 125a Abs. 1 GG Der Effekt des „strikten und umfassenden“318 Durchgriffsverbotes kann freilich durch Art. 125a Abs. 1 GG relativiert werden. Die im Zuge der Verfassungsreform 1994 ins Grundgesetz eingegangene Übergangsvorschrift des Art. 125a319 betrifft die Fortgeltung des Bundes- und Landesrechts, wenn diese wegen der Änderung der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung nicht mehr als Bundes- bzw. Landesrecht erlassen werden dürfen. Durch die Einfügung der Vorschrift ist zu vermeiden, dass die Geltung der betroffenen bundes- oder landesrechtlichen Regelungswerke mit dem Wegfall der kompetenzrechtlichen Grundlagen in den Zustand der Unklarheit bzw. Nichtigkeit geriete320. Diese zunächst auf Rechtssicherheit321 zielende Verfassungsnorm 314  Siehe Teil 2 D. II. 1.; auch Burger / Faber, KommJur 2011, S. 161 (164); Engelken, BWVBl. 2008, S. 457 (459); Schoch, in: Henneke (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung in der Bewährung, S. 11 (17); Engels, Die Verfassungsgarantie, S.  349 f., 353 f. 315  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 26; Schoch, DVBl. 2007, S. 261 (263); Burgi, DVBl. 2007, S. 70 (76); Meßmann, DÖV 2010, S. 726 (726); Burger / Faber, KommJur 2011, S. 161 (164). 316  Hofmann, DÖV 2008, S. 833 (835); Schoch, DVBl. 2007, S. 261 (266); ders., Der Landkreis 2008, S. 214 (216); Kallerhoff, DVBl. 2011, S. 6 (7). 317  Für einen absoluten Schutz der Kommunen spricht sich etwa Knitter, ZG 2009, S.  18 (23 f.); dies., Das Aufgabenübertragungsverbot, S. 101 ff., 177 aus; zutreffend kritisch Engelken, DVBl. 2009, S. 1437 (1437 f.); Schoch, in: Henneke (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung in der Bewährung, S. 11 (17). 318  Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 84 Rn. 71; Schoch, DVBl. 2007, S. 261 (263). 319  Entwicklungsgeschichte des Art.  125a GG siehe Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 125a Rn. 2 ff.; Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 125a Rn.  2 ff. 320  Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 125a Rn. 15; Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 125a Rn. 7. 321  Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 125a Rn. 7; Maiwald, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 125a Rn. 1; Henneke, DVBl. 2011,



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips193

bringt allerdings Konsequenzen mit sich, die zu zusätzlichen Interpretationsproblemen führen. Vor allem muss klargestellt werden, dass Art. 125a GG als Übergangsvorschrift lediglich die Schließung der nach der Grundgesetzänderung eventuell eintretenden Gesetzeslücken vorsieht, nicht aber die Fortschreibung von dauerhaften Gesetzgebungskompetenzen322. Aus dieser Vorschrift lässt sich außer der Bestandsfähigkeit der alten Regelungen – und zwar unter dem alten Gesetzeskontext323 – prinzipiell nichts ableiten. Artikel 125a GG stellt keine Rechtsgrundlage dafür dar, um etwa jegliche künftige Entwicklung erfassend die Fortgeltung der dort befindlichen und miteinbezogenen Artikel allgemein zu begründen324. a) Aufhebungsbefugnis des Bundes und Ersetzungsbefugnis der Länder Nach Art. 125a Abs. 1 GG gilt die in der Vergangenheit bundesrechtlich bestimmte kommunale Aufgabenträgerschaft als Bundesrecht fort, soweit sie nicht durch Landesrecht ersetzt wird. Dadurch wird zunächst klar, dass weder der Bund noch die Länder verpflichtet sind, auf die nach der gegenwärtigen Verfassungsrechtslage unzulässige, aber dennoch geltende kommunale Aufgabenträgerschaft zu reagieren. Es liegt prinzipiell im freien Ermessen des Bundes- sowie Landesgesetzgebers, ob sie die alte Zuständigkeitsbestimmung aufheben bzw. ersetzen325. Wenn aber der Bund seine alte Regelung hinsichtlich der kommunalen Zuständigkeit aufhebt, ist eine landesgesetz­ liche Reorganisation der Aufgabenwahrnehmung unumgänglich. Falls das Land die kommunale Zuständigkeit durch eigene Regelung beibehaltet, handelt es sich um eine konnexitätsrelevante „neue“ Aufgabenübertragung, um deren Kostenfolgen sich das Land zu kümmern hat326. Etwas anderes könnte geschehen, wenn das Land bereits vorher eine gleichlautende Zuständigkeitsbestimmung im deklaratorischen Sinne erlassen S. 125 (130); Kallerhoff, DVBl. 2011, S. 6 (9); ders., Die übergangsrechtliche Fortgeltung, S.  23 f. 322  Becker, Der Schutz der Kommunen, S. 45; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 33. 323  Vgl. Henneke, NdsVBl. 2007, S. 57 (67); ders., DVBl. 2011, S. 125 (128); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (484); Kallerhoff, DVBl. 2011, S. 6 (10 f.); Kirchhof, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 166. 324  Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 125a Rn. 7; Henneke, in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 45; ders., NdsVBl. 2007, S. 57 (67); Meßmann, DÖV 2010, S. 726 (727). 325  Engelken, DÖV 2011, S. 745 (746); Becker, Der Schutz der Kommunen, S. 57. 326  NWVerfGH, DVBl. 2010, S. 1561 (1562 f.); BbgVerfG, DVBl. 2013, S. 852 (852 f.); Kraack, NWVBl. 2011, S. 41 (44); Henneke, DVBl. 2015, S. 176 (180).

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

hat. Dabei stellt sich die Frage, ob sich diese Regelung nach dem Inkrafttreten der Art. 84 Abs. 1 S. 7, 85 Abs. 1 S. 2 sowie 125a Abs. 1 GG automatisch in eine (ersetzende327) konstitutive Kompetenzgrundlage umwandelt. Für die bejahende Ansicht328 kommt das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip ohne weiteres in Betracht. Gegen diesen Automatismus spricht die fehlende aktive Willensentscheidung des Landesgesetzgebers bei der deklaratorischen Landesnorm, die dann nicht direkt konnexitätsrelevant sei329. Der Ablehnung durch das bloße Abstellen auf den ehemaligen subjektiven Willen des Gesetzgebers ist mit Skepsis zu begegnen. Maßgeblich muss hingegen die nach Wortlaut und Systematik objektiv330 ermittelte Bedeutung der Rechtsnorm sein331. Dies bedeutet nicht – wie das Hauptargument gegen eine „objektive“ Auslegungstheorie lautet – eine Entbindung der Gesetzesauslegung vom Regelungswillen des Gesetzgebers, die zum Verstoß gegen das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip sowie die funktionale Gewaltenteilung führe332. Der etwa den Gesetzesmaterialien zu entnehmende Gesetzgeberwille hilft unter anderem bei der Auswahl zwischen den Auslegungsalternativen, die der Wortlaut und die Systematik zulassen333. Außerdem bleibt die Gestaltungsmacht über die Gesetzestexte immerhin in der Hand des Gesetzgebers. Er muss seine Vorstellung in den Gesetzestexten unter Beachtung des 327  Auch wenn der Bund die kommunale Zuständigkeit nicht aufhebt, könnte die ursprünglich deklaratorische Regelung als eine automatische landesrechtliche Ersetzung angesehen werden. 328  Kraack, NWVBl. 2011, S. 41 (46  f.); Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (133); ders., BayVBl. 2012, S. 321 (324 f.); ders., SächsVBl. 2013, S. 253 (259 f.); Schoch, in: Henneke (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung in der Bewährung, S. 11 (27 f.). 329  Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1154); Engelken, NWVBl. 2011, S. 413 (415); ders., DÖV 2011, S. 745 (748); Engelbrecht, BayVBl. 2011, S. 718 (720); vgl. auch NWVerfGH, DVBl. 2015, S. 171 (176). 330  „Objektiv“ meint hier nicht – nach der Kritik an der „objektiven“ Auslegungstheorie – den Ersatz des subjektiven Willens des Rechtsgebers durch den des Rechtsanwenders (siehe Nachweise in Fn. 332), sondern eher die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen eine „intersubjektive“ – das heißt eine in gewissem Maße vom Gesetzgeberwillen abweichende und aus Beobachtersicht rationalere – Norminterpretation vorzunehmen. Vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 17 f. 331  Larenz / Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 163 ff.; BVerfGE 1, 299 (312); 10, 234 (244); 11, 126 (130); vgl. BVerfGE 54, 277 (297 f.); 128, 193 (209 ff.); Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 161 ff.; Röhl / Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 631 f.; Wank, Die Auslegung von Gesetzen, S. 34 f.; Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, Rn. 796 ff. 332  Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, Rn. 810  ff.; Wank, Die Auslegung von Gesetzen, S. 35; Röhl / Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 630 ff. 333  Larenz / Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 164 ff.; Wank, Die Auslegung von Gesetzen, S. 35; BVerfGE 1, 299 (312); 10, 234 (244); 11, 126 (130); 54, 277 (297 f.); vgl. Röhl / Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 630 ff.; Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 172 ff.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips195

Systemzusammenhangs möglichst klar machen. Eine deutliche Divergenz zwischen der subjektiven Vorstellung des Gesetzgebers und dem Wortsinn des Gesetzes soll zulasten ersterer wirken, soweit es nicht um einen offenkundigen Formulierungs- bzw. Redaktionsfehler geht334. Auf der anderen Seite mindert sich jedenfalls der Wert des historischen Gesetzgeberwillens, wenn eine Änderung der für das Normverständnis relevanten Rechts- bzw. Sachlage zu konstatieren ist335. In dieser Hinsicht kommt der betreffenden Landesnorm eine konstitutive Wirkung bereits dadurch zu, dass die Norm unter Geltung der neuen Rechtslage rechtswirksam fortbesteht336. Hierfür sprechen auch Gründe der Rechtssicherheit. Das Erfordernis eines zusätz­ lichen „aktiven willensbildenden Handelns“337 des Landes könnte die zwischenzeitliche kommunale Aufgabenwahrnehmung in Schwebe versetzen. Ohnehin ist das Land fähig, die konstitutiv gewordene Norm abzuschaffen und die Zuständigkeit neu zu bestimmen338. Solange es dies nicht tut, bleibt die Norm konstitutiv und konnexitätsrelevant. Das Land hat dann die entsprechende Rechtsfolge der Konnexitätsregelungen zu tragen, es sei denn, dass die betreffende Aufgabe ihrer Eigenschaft nach von Anfang an nicht von den Regelungen erfasst wird339. b) Materielle Änderungskompetenz des Bundes Strittig ist außerdem, ob der Bund weiterhin die Kompetenz besitzt, den materiellen Inhalt der fortgeltenden Gesetze zu modifizieren. Dem Text des Grundgesetzes gemäß lässt sich kein solches Verbot erkennen. Insbesondere spricht der Wortlaut des Aufgabenübertragungsverbotes der Art. 84 Abs. 1 S. 7 und 85 Abs. 1 S. 2 GG nicht gegen eine materielle Änderung340. Im 334  BVerfGE 105, 313 (335); Rüthers / Fischer / Birk, Rechtstheorie, Rn. 950; Näheres siehe Frieling, Gesetzesmaterialien und Wille des Gesetzgebers, S. 126 ff. 335  Wank, Die Auslegung von Gesetzen, S. 33 f.; Rüthers / Fischer / Birk, Rechts­ theorie, Rn. 795; Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 163 f.; Röhl / Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 632. 336  BbgVerfG, DVBl. 2013, S. 852 (853). 337  Engelken, DÖV 2011, S. 745 (748) fordert eine unverzügliche aktive Willensbildung des Landes in Bezug auf die alte deklaratorische Norm. Zwar vermag dieses Erfordernis einer höheren Rechtssicherheit und -klarheit zu dienen. Die Angewiesenheit der Rechtswirkung einer bestehenden Norm auf die (nochmalige) subjektive Feststellung des Landes bleibt aber immerhin anzuzweifeln. 338  Die „Rückholmöglichkeit“ ist nur abstrakt zu verstehen. Siehe Teil 4 D. III. 3. 339  Dies trifft die Landesverfassungen – zurzeit nur Art. 93 Abs. 1 ThürVerf –, in denen das Konnexitätsprinzip für die Übertragung von pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben auf die Kommunen nicht anwendbar ist. 340  Meßmann, DÖV 2010, S. 726 (731 f.); Engelken, BWVBl. 2008, S. 457 (468); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 30.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

Grunde handelt es sich bei der inhaltlichen Gesetzesänderung um eine Frage der sachlichen Gesetzgebungskompetenzen, die nach Art. 70 ff. GG zu beantworten ist341 und mit der Zuständigkeitsregelung nichts zu tun hat. Es würde zu einer „Versteinerung“342 der „alten“ Bundesgesetze kommen, wenn sie sich nicht mehr revidieren ließen. Gegen eine solche Kompetenz des Bundes könnte allerdings angeführt werden, dass eine materiell modifizierte Aufgabe zusammen mit der fortgeltenden kommunalen Zuständigkeit eine faktisch „neue“ Aufgabenübertragung darstelle343. Mit der Anerkennung einer uneingeschränkten materiellen Änderungskompetenz werde dem Bund die Möglichkeit eröffnet, auf dem Wege der Aufgabenneugestaltung weiterhin die Kommunen direkt in Anspruch zu nehmen. Dieser Umstand stehe dem Entflechtungsziel des Aufgabenübertragungsverbotes entgegen. Wenn die Neugestaltung zu Aufgabenerweiterungen oder Standarderhöhungen führe, laufe auch die Schutzwirkung zugunsten der Kommunen ins Leere344. Bei einer Gesamtbetrachtung wird evident, dass der Kern des Problems in der dynamischen Verweisung der Zuständigkeits- auf die materiellen Aufgabenbestimmungen liegt345. Dem Aufgabenübertragungsverbot liegt jedoch gerade die Abtrennung beider Regelungskompetenzen zugrunde. Während dem Bund die Kompetenz zur Bestimmung der kommunalen Zuständigkeit verfassungsrechtlich abgesprochen worden ist, bleibt seine Sachregelungskompetenz hiervon unberührt346. Der Bund ist nunmehr gefordert, von seiner Sachregelungskompetenz in passender Weise – nämlich unter Unterbindung 341  Engelken, BWVBl. 2008, S. 457 (468); Huber, DÖV 2008, S. 844 (849); Meßmann, DÖV 2010, S. 726 (727); Kallerhoff, Die übergangsrechtliche Fortgeltung, S.  84 f.; ders., DVBl. 2011, S. 6 (9); Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 43; ders., DVBl. 2011, S. 125 (129). 342  BT-Drs. 16 / 3971, S. 7; 16 / 3989, S. 2; Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 125a Rn. 40; Kallerhoff, DVBl. 2011, S. 6 (9); Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 34; siehe auch Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (128). 343  Vgl. Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (129); Engels, Die Verfassungsgarantie, S. 350. Damit vergleichbar ist die „Aufgabenübertragung“ im landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip, die gleichermaßen sinngemäß zu verstehen ist (Teil 4 D. II. 2. b)). 344  Henneke, in: ders. (Hrsg.), Föderalismusreform in Deutschland, S. 225 (261); ders., DVBl. 2011, S. 125 (128 f., 130); Knitter, Das Aufgabenübertragungsverbot, S.  165 ff.; Pieroth, in: Butzer / Kaltenborn / Meyer (Hrsg.), FS Schnapp, S. 213 (224 f.). 345  Meßmann, DÖV 2010, S. 726 (727); Engelken, BayVBl. 2011, S. 713 (715); ders., BWVBl. 2012, S. 325 (327); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1009). Zur Verweisungsdynamik der Zuständigkeitsnormen siehe Pieroth, in: Butzer / Kaltenborn / Meyer (Hrsg.), FS Schnapp, S. 213 (223). 346  Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. VI, § 136 Rn. 33; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG: Art. 84 Rn. 13; ders., in: Butzer / Kaltenborn / Meyer (Hrsg.), FS Schnapp, S. 213 (221 f.); Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (127); ders., in: SchmidtBleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 43.



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips197

der dynamischen Verweisung – Gebrauch zu machen. Er hat somit bei einer materiellen Gesetzesänderung gleichzeitig die alte kommunale Zuständigkeit aufzuheben347. Dies geschah etwa beim Erlass des KiföG vom 10.12.2008348, indem der Bund neben der materiellen Ausweitung der Kinderbetreuungsansprüche auch die ursprüngliche kommunale Zuständigkeit mit einer rein funktionalen Festlegung349 ersetzte350. Die Gesetzesbegründung sah dieses Vorgehen als die Umsetzung eines zentralen Anliegens der Föderalismus­ reform an351. Hierbei lässt sich eine Ausnahme akzeptieren, wenn die Gesetzesänderung den konkreten Aufgabenzuschnitt einschließlich der Anforderungen an die Aufgabenerfüllung nicht oder nur geringfügig tangiert352. Eine vergleichbare Annahme stellt die Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 125a Abs. 2 GG dar. Dort hat das Gericht eine eng begrenzte Anpassungs- bzw. Änderungskompetenz angenommen, die an „die Beibehaltung der wesentlichen Elemente der in dem fortgeltenden Bundesgesetz enthaltenen Regelung“ gebunden sei und eine grundlegende Neukonzeption ausschließe353. Ohne auf die Übertragbarkeit dieser Auffassung auf die Anwendung des Art. 125a Abs. 1 GG354 näher eingehen zu müssen, darf die alte Zuständigkeitslage nach der Übergangsnorm fortgelten, wenn die Aufgabe als in ihrer ursprünglichen Gestalt unverändert angesehen werden sollte. Diese Beurteilung muss nicht lediglich hinsichtlich der (Kosten-)Auswirkungen auf die Kommunen getroffen werden355. Selbst wenn die kommunale Arbeits- sowie Ausgabenlast nach der Gesetzesänderung gleichbleiben oder sogar absinken würde, kann es durchaus zu einer komplett „neuen“ Aufgabe kommen, wofür eine Zuständigkeits-

347  Henneke, DVBl. 2011, S. 125 (128); ders., DVBl. 2015, S. 176 (178); siehe auch BT-Drs. 16 / 10173, S. 2; Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1151); Kallerhoff, DVBl. 2011, S. 6 (12 f.); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (484): Es bedarf eines landesgesetzlichen Umsetzungsaktes. 348  BGBl I S. 2403. 349  Baum, LKV 2015, S. 289 (290); vgl. auch BVerfG, DVBl. 2018, S. 35 (41). 350  Weitere Beispiele siehe Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1151). 351  BT-Drs. 16 / 9299, S. 17. 352  Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 34 f. 353  BVerfGE 111, 10 (31); 111, 226 (269); 112, 226 (250); siehe auch Uhle, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 125a Rn. 13. 354  Vgl. dazu Knitter, Das Aufgabenübertragungsverbot, S. 156 ff.; dies., ZG 2009, S.  18 (21 ff.); Schoch, DVBl. 2007, S. 261 (264); Pieroth, in: Butzer / Kaltenborn /  Meyer (Hrsg.), FS Schnapp, S. 213 (222 f.); Kallerhoff, DVBl. 2011, S. 6 (8 f.); ders., Die übergangsrechtliche Fortgeltung, S. 84 ff. 355  Ausschließlich oder maßgeblich in diese Richtung gehen etwa Dittmann / Winkler, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 16; Hömig, in: Hömig / Wolff (Hrsg.), GG: Art. 84 Rn. 14; Knitter, Das Aufgabenübertragungsverbot, S. 216.

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

aufhebung des Bundes geboten ist, da das Aufgabenübertragungsverbot primär die Entflechtung und nicht die Schutzwirkung bezweckt. 3. Konnexitätspflicht des Landes für bundesrechtliche Aufgabenänderung Da der Bund die materielle Änderungskompetenz beibehält und beim Gebrauchmachen nur die alte kommunale Zuständigkeit aufzuheben hat, gilt für bundesrechtlich modifizierte Aufgaben ausschließlich eine landesrechtlich statuierte Zuständigkeitsregelung. Wie vorstehend geklärt muss die „Übertragung“ dieser einschließlich der bundesrechtlich nach dem 01.09.2006 neu angeordneten Aufgaben auf die Kommunen allgemein konnexitätsrelevant sein, unabhängig davon, ob das Land dies aus freier Entscheidung tätigte oder nur dazu „erzwungen“ wurde. Entscheidend ist allein der objektiv erkennbare Aufgabenübertragungsakt des Landes356. In Fortführung dieses Verständnisses sollte zweifellos sein, dass auch die künftig durch Bundesrecht herbeigeführten Aufgaben- und Lastenänderungen bei den Kommunen die Konnexitätspflicht des Landes auslösen können. Diese durch eine Reihe von Autoren357 vertretene Auffassung wurde in jüngerer Zeit durch den NWVerfGH358 und den RhPfVerfGH359 abgelehnt. Beide Fälle beziehen sich auf eine bundesrechtlich geänderte Aufgabe, deren kommunale Zuständigkeit landesrechtlich geregelt ist. Nach Auffassung der Gerichte sei die bundesrechtliche Aufgabenänderung nicht konnexitätsrelevant, da sie sich dem Land nicht ursächlich zurechnen lasse360. Diese Änderung könne nicht von der landesrechtlichen Zuständigkeitsregelung erfasst werden, da sie zum Zeitpunkt der Zuständigkeitsbestimmung nicht absehbar sei361. Auch das Unterlassen der Rückho356  Siehe

Teil 4 D. II. 2. c) cc). in: Henneke (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung in der Bewährung, S. 11 (28); Kaplonek, SächsVBl. 2007, S. 277 (279); Henneke, DVBl. 2006, S. 867 (869); ders., BayVBl. 2012, S. 321 (325); ders., SächsVBl. 2013, S. 253 (261); Ritgen, LKV 2011, S. 481 (486 f.); Kraack, NWVBl. 2011, S. 41 (46); Lange, Kommunalrecht, Kap. 15 Rn. 238; Jäger, Der Tatbestand der Konnexitätsregelung, S. 111; Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 84 Rn. 60; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd.  III: Art.  84 Rn.  74. Die Gegenauffassung vertreten Macht / Scharrer, DVBl. 2008, S. 1150 (1154 ff.); Engelbrecht, BayVBl. 2011, S. 718 (720 f.); Engelken, NWVBl. 2011, S. 413 (416); ders., DÖV 2011, S. 745 (748). 358  NWVerfGH, Urt. v. 9.12.2014 – 11 / 13 –, DVBl. 2015, 171 ff. 359  RhPfVerfGH, Beschl. v. 30.10.2015 – N 65 / 14 –, DVBl. 2015, S. 1581 ff. 360  NWVerfGH, DVBl. 2015, S. 171 (173); RhPfVerfGH, DVBl. 2015, S. 1581 (1581). 361  NWVerfGH, DVBl. 2015, S. 171 (175). Das Gericht nennt zudem seine frühere abweichende Entscheidung (NWVerfGH, Urt. v. 12. 10. 2010 – 12 / 09 –, DVBl 2010, 357  Schoch,



D. Anwendung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips199

lung362 der Aufgabe reiche als qualifizierter Verursachungsbeitrag nicht aus363. In der Literatur finden beide Entscheidungen sowohl Widerhall364 als auch Kritik365. Die kritischen Stimmen sehen den Verursachungsbeitrag des Landes bereits durch seine formelle Zuständigkeitsregelung begründet. Ohne diese Regelung könne die Mehrbelastung überhaupt nicht bei den Kommunen entstehen. Die zentrale Divergenz beider Ansichten besteht in der Frage, ob die konnexitätsbegründende Verursachung – konkreter die Reichweite der landesrechtlichen Zuständigkeitsregelung – vom subjektiven Willen des Landesgesetzgebers abhängt. Die Gerichte haben die in den KonnexAG für den Grundfall der Konnexitätsanwendung vorgesehene Voraussetzung, dass das Land bei der Umsetzung bundes- oder europarechtlich veranlasster Aufgaben einen Gestaltungsspielraum besitzen und davon Gebrauch gemacht haben müsse, akzeptiert und hierbei fortgesetzt366. Das Absehen von der objektiven Rechtsregelung und Abstellen auf die subjektive Vorstellung des Gesetzgebers ist jedoch ein Fehlgriff367. Es würde dazu führen, dass in Zukunft jede bundesrechtliche Aufgaben- und Kostenerweiterung trotz der landesrechtlichen Verpflichtung aus der Konnexitätsanwendung ausschiede und die Kommunen belastete. Umso problematischer ist dies, als der Bund über umfangreiche Sachgesetzgebungskompetenzen verfügt. Außerdem würde der Erfolg der Föderalismusreform faktisch untergraben, wenn bundesrechtliche Aufgabenänderungen weiterhin direkt auf die Kommunen „durchgreifen“ könnten368 und sich die Länder dabei lediglich auf ihr Untätigwerden zu berufen brauchten369. Vielmehr sind die Länder 1561 ff.) einen Sonderfall, da dabei die landesrechtliche Aufgabenübertragung auf die Kommunen „in unmittelbarem zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang“ mit der bundesrechtlichen Aufgabenerweiterung sowie Zuständigkeitsaufhebung steht. 362  Die Rückholbarkeitsthese siehe Ziekow, DÖV 2006, S. 489 (495  ff.); auch ­RhPfLT-Drucks. 14 / 4675, S. 9; Kraack, NWVBl. 2011, S. 41 (46); Müller / Meffert, Der Gemeindehaushalt 2006, S. 121 (123). 363  NWVerfGH, DVBl. 2015, S. 171 (176); RhPfVerfGH, DVBl. 2015, S. 1581 (1581). 364  Engelken, NVwZ 2015, S. 342 (343); ders., NVwZ 2016, S. 589 (589 f.); Edinger, DÖV 2016, S. 474 (476 f.). 365  Henneke, DVBl. 2015, S. 1582 (1583); ders., Der Landkreis 2016, S. 386 (390); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1013 f.); Jäger, NWVBl. 2015, S. 130 (133 f.); Wendt, DÖV 2017, S. 1 (3 f.). 366  Siehe Teil 4 D. II. 2. c). 367  Siehe Teil 4 D. III. 2. a). 368  Etwa Trute, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 3: Art. 84 Rn. 60: „Hierbei mag der Zusammenhang zwischen der Grundgesetzänderung und den entsprechenden Normen in den Länderverfassungen dafür sprechen, dass eine Belastung der Kommunen durch Bundesgesetz ausgeschlossen sein soll.“ 369  Dies wird auch in der Entscheidung zugegeben. Siehe NWVerfGH, DVBl. 2015, S. 171 (175).

200

Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

jetzt der primäre und einzige Adressat von Aufgabenänderungen370. Die neuen Anforderungen müssen stets an die Kommunen „weitergeleitet“ werden, um sie an die Erfüllung der Anforderungen rechtlich zu binden. Diese Funktion leistet gerade die dynamisch verweisende landesrechtliche Zuständigkeitsregelung371. Es darf nicht die Verweisungswirkung der Regelung für das Land abgesagt und gleichzeitig zugelassen werden, dass sich die Verweisungsauswirkungen auf die Kommunen entfalten372. In diesem Sinne ist es unerheblich, ob sich die betreffende Aufgabe praktisch rückholen lässt373. Die Rückholbarkeit soll eher abstrakt verstanden werden374, womit nur gemeint ist, dass die Aufgabe nicht von selbst in kommunaler Zuständigkeit liegt375 und nur per landesrechtliche Anordnung auf die Kommunen übergegangen ist. Betont wird der aktive Beitrag des Landes zur Aufgabenübertragung und die damit verbundene finanzielle Belastung aufseiten der Kommunen. In ähnlicher Weise soll auch die „Absehbarkeit“ begriffen werden, die allgemein anzuerkennen ist, wenn das Land nach der Föderalismusreform weiterhin am (strikten) Konnexitätsprinzip festhält. Für das Land muss stets abstrakt „absehbar“ sein, dass bundesrechtliche Aufgabenerweiterungen und damit einhergehende Kostensteigerungen geschehen können376. Daher vermag das Argument des NWVerfGH, dass der Landesverfassungsgeber das strikte Konnexitätsprinzip im Jahr 2004 einführte und die späteren bundesverfassungsrechtlichen Rahmenänderungen nicht im Blick hatte377, nicht zu überzeugen378. 4. Zwischenergebnis Mit der Einführung des Aufgabenübertragungsverbotes der Art. 84 Abs. 1 S. 7 und 85 Abs. 1 S. 2 in das Grundgesetz ist dem Bund verwehrt, hinsicht370  Siehe

Teil 4 D. II. 2. c) bb). DVBl. 2016, S. 1007 (1014). 372  Siehe auch Wendt, DÖV 2017, S. 1 (3): Eine Einbeziehung der Aufgabenmodifikation in die früher erlassene Zuständigkeitsregelung wird in den Entscheidungen gerade vorausgesetzt. Sonst brauchten die Gerichte nicht über die Ausgleichspflicht zu diskutieren. 373  Vgl. dazu Edinger, DÖV 2016, S. 474 (477 ff.). 374  Kraack, NWVBl. 2011, S. 41 (46). 375  Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1013). 376  Jäger, NWVBl. 2015, S. 130 (133 f.); Schoch, DVBl. 2016, S. 1007 (1013); Wendt, DÖV 2017, S. 1 (5). 377  NWVerfGH, DVBl. 2015, S. 171 (175). 378  Vgl. auch Ritgen, LKV 2011, S. 481 (482); Wendt, DÖV 2017, S. 1 (4 f.): Das Bestehen des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips wird als Voraussetzung für die Einfügung des grundgesetzlichen Aufgabenübertragungsverbotes gedacht. 371  Schoch,



E. Bemerkung zum landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip201

lich der Wahrnehmung bundesgesetzlich vorgegebener Aufgaben in die Organisationshoheit der Länder einzugreifen. Das Bundesrecht darf Aufgaben ausschließlich an die Länder delegieren, die dann aus eigenem Ermessen darüber entscheiden müssen, ob die Aufgaben durch die unmittelbare Landesverwaltung, die Kommunen oder andere Organisationen zu erledigen sind. Im Zusammenspiel mit dem landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip wird – zumindest nebensächlich – eine Schutzwirkung zugunsten der Kommunen erwirkt. Das vom Aufgabenübertragungsverbot verfolgte Hauptziel der Entflechtung der Staatsebenen wird allerdings in gewissem Sinne durch die Übergangsvorschrift des Art. 125a Abs. 1 GG relativiert, wonach die bereits auf die kommunale Ebene übergegangene Aufgabenzuständigkeit – unter Vorbehalt der freiwilligen Aufhebung des Bundes bzw. Ersetzung der Länder – als Bundesrecht fortwirkt. Außer der auf Rechtssicherheit hin ausgelegten Funktion darf Art. 125a Abs. 1 GG keine weitere Wirkung entfalten. Der Bund behält zwar fortan die Kompetenz, die materiellen Aufgabenbestimmungen in den „alten“ Gesetzen abzuändern bzw. neu zu konzipieren, kann aber die modifizierten Aufgaben nicht mehr auf die Kommunen übertragen. Ihm ist geboten, bei der Änderung materieller Aufgabenbestimmungen gleichzeitig die alte kommunale Zuständigkeit aufzuheben. Eine Ausnahme von dieser Aufhebungsnotwendigkeit dürfte angenommen werden, wenn dadurch der konkrete Aufgabenzuschnitt einschließlich der Anforderungen an die Aufgabenerfüllung nicht oder nur geringfügig geändert wird. Wenn der Bund die kommunale Zuständigkeit aufhebt, sind die Länder zu einer eigenen Regelung verpflichtet. Falls eine landesrechtliche deklaratorische Zuständigkeitsbestimmung bereits existiert, wandelt sie sich – unabhängig von der Aufhebungshandlung des Bundes – automatisch in eine konstitutive Kompetenzgrundlage, die die Anwendung des landesverfassungsrecht­ lichen Konnexitätsprinzips auslösen kann. Dieser Automatismus gilt, bis die konstitutiv gewordene Regelung vom Land explizit abgeschafft wird. Demnach sind alle bundesrechtliche Aufgabenänderungen ungeachtet des subjektiven Willens des Landesgesetzgebers konnexitätsrelevant.

E. Bemerkung zum landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip Trotz der Durchsetzungsprobleme ist der Systemwechsel zum auf der Gesetzeskausalität basierenden landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip zu begrüßen, insbesondere im Hinblick darauf, dass unter dem Kontext der immer enger vernetzten Welt und immer mobiler werdenden Gesellschaft eine kontinuierende Intensivierung der (zentral-)staatlichen – sowohl in sach-

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Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

licher als auch in finanzieller Hinsicht – Planung sowie Steuerung und ein entsprechend weiterer Verlust der subnationalen Ebenen an Gestaltungskompetenzen kaum zu vermeiden sind. Auch ein Verhandlungsmechanismus wie derjenige zwischen Bund und Ländern, der flexiblere und zu den individuellen Bedürfnissen einzelner Teilnehmer passendere Lösungen bieten kann, ist für die Kommunalebene gegenüber dem Land bereits aus Effizienzgründen schwer vorstellbar379. Das Heranziehen des Verursachers für die Ausgabenlast jeder die Kommunen verpflichtenden Aufgabe stärkt vor allem ihre Leistungsfähigkeit. Im Vergleich zu Bund-Länder-Finanzbeziehungen, die mit dem Konzeptionsmix380 eher an theoretische Orientierungslosigkeit heranrücken, bildet das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip ein relativ deutliches und auch theoretisch nachvollziehbares Konzept. Außerdem schafft die Trennung des Konnexitätsprinzips vom Finanzausgleich mehr Transparenz und Justiziabilität für die Frage der Angemessenheit der kommunalen Finanzausstattung. Das aktuelle Problem der Konnexitätsanwendung im Mehrebenen-Zusammenwirken wurzelt im Verständnis der Stellung der Kommunen innerhalb des Bundesstaatsaufbaus. Zwar sind die Kommunen organisatorisch dem jeweiligen Land eingegliedert und demnach ihre Aufgabenerledigung sowie Finanzausstattung von letzterem zu besorgen, das Grundgesetz hat sich aber – von der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG ausgehend381 – an manchen Stellen und insbesondere in der Finanzverfassung mit den Kommunen befasst und damit den Eindruck einer modifizierten Zweistufigkeit382 oder „Zweieinhalb-Stufigkeit“383 erweckt. Zwei Vorschriften dürften hier genannt werden: Eine davon ist der im Jahr 2010 eingeführte Art. 91e GG, der eine Mischverwaltung zwischen Bund und Kommunen für die Grundsicherung für Arbeitssuchende und eine Kostentragung des Bundes für die ausnahmsweise allein verwaltenden, sog. Options379  Theoretisch ist diese Idee aber nicht implausibel, insbesondere unter Berücksichtigung darauf, dass die Kommunen zwar keine „Staaten“, jedoch ebenfalls demokratisch legitimierte Gebietskörperschaften sind. Siehe Benz, ZSE 2017, S. 395 (415). 380  Siehe Teil 3 B. I. 5. 381  In diesem Sinne stellt Art. 28 Abs. 2 GG bereits eine „Durchgriffsnorm“ dar. Siehe Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Bd. II: Art. 28 Rn. 44, 83; Nierhaus / Engels, in: Sachs (Hrsg.), GG: Art. 28 Rn. 39; Schwarz, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 28 Rn. 30; Meyer, NdsVBl. 2015, S. 37 (37). 382  BVerfGE 101, 158 (230) in Bezug auf Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG und die Sicherung gemeindlicher Steuereinnahmen in der Finanzverfassung; siehe auch BVerfGE 137, 108 (141); Schwarz, in: Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2: Art. 28 Rn. 259; Meyer, NdsVBl. 2015, S. 37 (38); Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 77. 383  Kirchhof, NJW 2002, S. 1549 (1549).



E. Bemerkung zum landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip203

kommunen zulässt. Trotz des Sonderregelungscharakters384 kann dies wegen der Bedeutsamkeit der betreffenden Aufgabe für die Gesellschaft einen Systembruch darstellen, zumal im Hinblick darauf, dass der Umfang385 der Leistungen zur „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ durch den einfachen Gesetzgeber in Zukunft noch erweitert werden darf386. Die andere Vorschrift (Art. 107 Abs. 2 S. 6 GG) betrifft die neu geschaffenen Gemeindesteuerkraftzuweisungen, die wie bereits erwähnt387 das Verantwortungsbewusstsein der Länder für ihre Kommunen (weiter) schwächen können. Ob solche Regelungen zu einer wirklichen Modifikation der Zweistufigkeit führen, kann dahingestellt bleiben. Der dadurch erweckte Eindruck, dass die Kommunen als eine – unvollkommene388 – „dritte“ Stufe389 auch vom Bund „ansprechbar“ wären, könnte aber Auswirkungen haben. Wenn das Land die Anwendung des Konnexitätsprinzips für bundes- und europarechtlich durchgeformte oder erweiterte Aufgaben verweigert, erblickt es die Kommunen eher als eine selbständige, von ihm losgelöste Ebene, die unmittelbar von Bund / EU verpflichtet und belastet wird. Auch die Ablehnung einer von der Leistungs­ fähigkeit des Landes unabhängigen finanziellen Mindestausstattung durch einige Landesverfassungsgerichte390 unter Berufung auf die „Einbindung der Gemeinden in das gesamtwirtschaftliche Gefüge der öffentlichen Haus­ halte“391 zeigt eine ähnliche Betrachtungsweise. Die Forderung nach absoluter finanzieller Mindestausstattung bedeutet sicherlich nicht, dass das Land die kommunale Aufgabenwahrnehmung in vollem Umfang gewährleisten 384  Trotz der Ausnahmeeigenschaft wird Art. 91e GG im Hinblick auf die durch Mischverwaltung bewirkte Verantwortungsunklarheit teilweise als „verfassungswidriges Verfassungsrecht“ bewertet. Siehe dazu Zieglmeier, KommJur 2010, S. 441 (442 f.); Dyllick / Lörincz / Neubauer, NJ 2011, S. 15 (18 f.); Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 91e Rn. 20 f.; a. A. BVerfGE 137, 108 (143); Klein, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 91e Rn. ‍13; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke (Hrsg.), GG: Art. 91e Rn. 41. 385  Die gegenwärtige Gestalt der Aufgabe weist bereits vielseitige Bezüge zu anderen Bereichen auf. Siehe Art. 1 Abs. 2 SGB II. 386  Klein, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), GG: Art. 91e Rn. 18; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 91e Rn. 26. Insoweit ist die Feststellung in BVerfGE 137, 108 (149), dass Art. 91e GG nur eine „punktuelle“ Abkehr vom Mischverwaltungsbzw. Mischverantwortungsverbot bedeutet, zweifelhaft. Siehe ferner Kingreen, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. XII, § 263 Rn. 37: Die „Konstitutionalisierung des einfachen Rechts“ in Art. 91e GG führt zur „Banalisierung des Verfassungsrechts“. 387  Siehe Teil 3 B. II. 2. 388  Kloepfer, Finanzverfassungsrecht, § 5 Rn. 72. 389  Siehe auch Schoch / Wieland, Finanzierungsverantwortung, S.  65; Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 78. 390  Siehe Nachweise in Fn. 8. 391  NWVerfGH, DVBl. 2014, S. 918 (918).

204

Teil 4: Finanzierungsverantwortung des Landes

muss, auch wenn es sich in finanzieller Notlage befindet. Sie verweist vielmehr auf die Pflicht des Landes, in Zeiten knapper Finanzen die Kommunen durch Aufgabenkürzung oder -standardsenkung zu entlasten, sodass das geminderte Finanzvolumen dennoch dem Aufgabenvolumen entspricht. Davon erfasst werden nicht die Fälle, in denen die Kommunen wegen eigener Aufgabenentscheidungen nicht mehr über ausreichende Finanzmittel verfügen können. Es handelt sich also bei der finanziellen Mindestausstattung nicht um die Frage der Finanzmasse, sondern um das Verantwortungsbewusstsein und den Handlungsbedarf seitens des Landes. Ihm sollen Anreize geschaffen werden, das Kommunalinteresse als Eigeninteresse zu verstehen392. Obwohl zum Beispiel mit der jüngsten Grundgesetzänderung die Kommunen mehr als zuvor durch den Bund „besorgt“ (Art. 107 Abs. 2 S. 6 GG) und gefördert (Art. 104c GG) werden393, ist diese „Stärkung“ ihrer Stellung im Bundesstaatsaufbau auf lange Sicht eher schädlich. Je mehr der Bund die Verantwortung für die Kommunen tragen will394, desto weniger streben dies konsequenterweise die Länder an. Daraus entsteht eine Gefahrenlage für die Kommunen, da die Länder etwa unter dem Druck des ab 2020 geltenden Neuverschuldungsverbotes (Art. 109 Abs. 3, 143d Abs. 1 GG) mehr dazu neigen könnten, Finanzlasten auf die Kommunen zu verlagern395. Auf die damit einhergehende Erosion der kommunalen Finanzbasis ist der Bund – anhand derzeitiger Verfassungsrechtslage – berechtigt, jedoch nicht verpflichtet, zu reagieren. Schließlich zu bemerken ist, dass die Einführung des landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzips zwar eine Reaktion auf die unzureichende Einnahmeautonomie der Kommunen darstellt, aber nicht als eine komplette Ersatzlösung für dieses Problem gelten kann. Die Einnahmenautonomie ist nicht nur für die Stärkung der Leistungsfähigkeit der Kommunen insgesamt bedeutsam, sondern auch für die Erhaltung der demokratischen Verantwortlichkeit396, die den Kern der kommunalen Selbstverwaltung bildet, auf der lokalen Ebene. Nur wenn für die Kommunalbürger konkret wahrnehmbar ist, was mit wessen Mitteln von wem für sie getan wird, vermögen die jeweilige 392  Oebbecke,

Der Gemeindehaushalt 2014, S. 193 (193). Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 78 ff. 394  Siehe Scheller, in: Junkernheinrich / Lange (Hrsg.), Die Reform der föderalen Finanzen, S. 99 (99 ff.); Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 77 ff. 395  Meyer, NdsVBl. 2015, S. 37 (43); Lenk / Kuntze, Neuordnung der föderalen Finanzverfassung nach 2019, S. 6 f.; Wieland, Neuordnung der Finanzverfassung nach Auslaufen, S. 29; Mehlhaf, Kommunen im Finanzausgleich des GG, S. 34 f. 396  Döring / Otter / Rischkowsky, Kommunale Finanzausstattung, S.  30  f.; Heinemann, ifo Schnelldienst 24 / 2016, S. 13 (13) sowie Büttner / Schwager, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik 2003, S. 532 (533) in Bezug auf die Länder; siehe auch Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Art. 105 Rn. 9 m. w. N. 393  Siehe



E. Bemerkung zum landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip205

Kommune und auch die höherrangigen Gebietskörperschaften auf rationaler Basis zu entscheiden und verausgaben. Unter diesem Aspekt ist es bedauerlich, dass eine Eröffnung weiterer autonom gestaltbarer Einnahmenquellen – beispielsweise die seit langem diskutierten Zuschlagsmodelle auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer397 – für Länder und Kommunen noch nicht absehbar ist. Wie auch die in der Verfassungsreform 2017 vorgenommene „(Verwaltungs-)Zentralisierung“398 durch das Eindringen des Bundes in die Landesverwaltung399 zeigt dies gewissermaßen das Misstrauen des Bundes gegenüber der Fähigkeit von Ländern und Kommunen, rational mit einer größeren Einnahmeautonomie umzugehen, und auch die Unwilligkeit von ihnen, gegenüber der jeweiligen Teilgemeinschaft eine stärkere und klarere Verantwortung einzugehen400. Ungeachtet der überwiegend politisch geprägten Diskussionen darüber, wie der deutsche Föderalismus – etwa wettbewerbend oder kooperierend – künftig aussehen soll, steht diese Tendenz der demokratischen Verantwortungsstruktur des Bundesstaates entgegen.

397  Siehe Kempny / Reimer, Gutachten D zum 70. DJT, S. 53  f., 63 ff.; Büttner /  Schwager, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik 2003, S. 532 (534 ff.); ­Fuest / Thöne, Wirtschaftsdienst 2003, S. 164 (164 ff.). 398  Benz, ZSE 2017, S. 395 (406 ff.); siehe auch Hesse, ZSE 2017, S. 201 (212 ff.). 399  Als Kompensation für das erhöhte Finanzvolumen der Länder zulasten des Bundes, siehe Heun / Thiele, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. III: Vorb. zu Art. 104a–115 Rn. 12; Benz, ZSE 2017, S. 395 (407 ff.). 400  Brümmerhoff, Finanzwissenschaft, S. 548 f.; Heinemann, ifo Schnelldienst 24 /  2016, S. 13 (13 f.).

Zusammenfassung Teil 1: 1.  Die „Aufgabe“ meint etwas, das jemandem zu tun aufgegeben ist. Der Begriffsstruktur gemäß bezieht sich eine Aufgabe auf drei Elemente: das aufgegebene Objekt, das beauftragte Subjekt und die vom Beauftragenden geforderte, auf das Objekt gerichtete Handlung. Obwohl die Aufgabe in der Regel nur das aufgegebene Objekt repräsentiert, sind die anderen zwei Elemente für ihr Verständnis ebenso bedeutend. Erst mit dem Vorhandensein eines Aufgabenträgers und einer konkreten Handlungserwartung differenziert sich eine Aufgabe von einem bloßen Ziel und entfaltet sie ihre volle Bedeutung. 2. Darüber hinaus gibt es keine einheitliche, allgemeingültige Definition des Aufgabenbegriffs. Mit dem Begriff wird etwa im Grundgesetz auf Entitäten aller Art – Sachbereiche, Handlungsweisen oder Organisationsangelegenheiten – verwiesen. Der Zweck-Mittel-Struktur Rechnung tragend soll die Aufgabe nur mit einem Sachbereich und nicht mit einer Handlungsweise verknüpft werden. Als nicht „zuordnungsfähiger“ integraler Bestandteil des Daseins des Aufgabenträgers zählen Organisationsangelegenheiten ebenfalls nicht zu „Aufgaben“. 3.  Im Endeffekt ist Aufgabe ein Sachgebiet, das mit einer auf das Allgemeinwohl gerichteten Zielsetzung und einer konkreten Erwartung der Zielerreichung von einer staatlichen Organisation autonom oder pflichtig nach außen wahrgenommen wird. Kommunale Aufgaben sind staatliche Aufgaben im weiteren Sinne. 4.  Der Begriff „Verantwortung“ bedeutet eine insgesamt sechsstellige Relation, die sich aus dem Verantwortungsträger, dem Verantwortungsgegenstand, dem Zurechnungsmaßstab, dem Verantwortungsadressaten, der Verantwortungsinstanz und der Folgerung aus der Verantwortung zusammensetzt. Sie gliedert sich in zwei normative Vorgänge: die Verantwortungszuschreibung und die Verantwortungsoperationalisierung. Letztere wird durch hohe Kontextabhängigkeit gekennzeichnet, die maßgeblich zur Offenheit, Unbestimmtheit und Vieldeutigkeit des Begriffs beiträgt. 5. Es unterscheiden sich nach der wertbezogenen Betrachtungsrichtung die ex-ante- und die ex-post-Verantwortung, die in einer Sollensordnung jeweils die primäre (Vorsorge und Prävention) und die sekundäre (Haftung und

Zusammenfassung207

Sanktion) Normenebene repräsentieren können. In diesem Zusammenhang stehen ex-ante- und ex-post-Verantwortung in einem Wechselverhältnis zueinander. 6.  Weiter zu differenzieren ist zwischen der materiellen und der formellen Verantwortung, also der Verantwortung mit und ohne Entscheidungsmacht. Im ersteren Fall muss der Verantwortungsträger für seine eigene Entscheidung gegenüber einem anderen einstehen. Dementgegen handelt der Verantwortungsträger im letzteren Fall nur weisungsgemäß. Ihm fällt aber die formelle Verantwortung gegenüber dem Weisungsgeber – so dem materiellen Verantwortlichen – infolge der Fach- bzw. Dienstaufsicht zu, oder die formelle Verantwortung gegenüber anderen Instanzen aufgrund einer Außenzuständigkeit. Teil 2: 1. Mit der dreistufigen Legitimations- und Verantwortungsstruktur im Bundesstaat kommt eine Verantwortungsteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen zustande. Sie bedeutet zunächst im politischen Sinne, dass jede Gebietskörperschaft im Interesse des Gebietsvolkes eigenständig zu handeln und vor der Volksvertretung Rechenschaft zu geben hat. In einer mit Mehr-Ebenen-Demokratie ausgestatteten Staatsordnung führt dies zu einem gegliederten Gemeinwohlauftrag, wonach jeder Gebietskörperschaft bzw. Gebietskörperschaftsebene nur die Aufgaben zustehen, die eine spezifische sachliche Relevanz für sie aufweisen. Für die Zuordnung bzw. Abgrenzung von Aufgaben kommt nicht nur eine objektive, sondern auch eine subjektive Bewertung in Betracht, indem die Gebietskörperschaften einer Ebene bestimmte Aufgaben unter Koordination anderer Ebenen spontan an sich ziehen bzw. eigenständig gestalten. 2. Ein weniger subjektiv und mehr objektiv sowie praktisch orientiertes Organisationskonzept stellt das Subsidiaritätsprinzip dar, das eine von unten nach oben gedachte Organisation der staatlichen Tätigkeiten gebietet. Ein Hochlagern von Tätigkeiten lässt sich nur damit rechtfertigen, dass es in den unteren Gebietskörperschaften an praktischer Verantwortungsfähigkeit mangelt. Dies ist der Fall, wenn die Gebietskörperschaften nicht in der Lage sind, die betreffende Tätigkeit auszuführen oder deren Verortung bei ihnen übermäßig unerwünschte gebietsübergreifende Auswirkungen auslösen könnte. Dabei spielen die ökonomischen Gesichtspunkte eine wegweisende Rolle. Für eine optimale Aufgabenzuordnung müssen sowohl die Dezentralisierungs- als auch die Zentralisierungsprobleme in genügendem Maße vermieden werden. Das Heranziehen des Subsidiaritätsprinzips bedeutet keine Substitution des materiellen Zuordnungskriteriums der spezifischen sach­

208 Zusammenfassung

lichen Relevanz. Vielmehr liegt das Kriterium als eine rahmenmäßige Voraussetzung der Anwendung des Prinzips zugrunde. Es muss mindestens eine nennenswerte sachliche Relevanz der Aufgabe für die betreffende Gebietskörperschaft oder Ebene geben. Insbesondere in einer Mehr-Ebenen-Demokratie mit Dezentralisierungswunsch hat sich die Umsetzungsintensität des Subsidiaritätsprinzips unter spezieller Berücksichtigung des politischen Gestaltungswillens der unteren Gebietskörperschaften einzustellen. 3.  Der Bestand des Entscheidungsspielraums ist Folge und nicht Ursache der Aufgabenzuordnung. Seine Kürzung hat keinen Einfluss auf die einmal vorgenommene Aufgabenzuordnung, solange der herangezogene Verantwortungsträger noch in hinreichendem Maße das Aufgabenwahrnehmungsergebnis beeinflussen kann. Auf der anderen Seite dient ein Vollentzug des Entscheidungsspielraums als Indiz dafür, dass die spezifische Relevanz der Aufgabe für die Gebietskörperschaft völlig wegfällt. 4. Im konkreten Rechtskontext kann „Verantwortung“ als Kompetenzoder Zurechnungsbegriff verwendet werden. Die kompetenzielle Verantwortung bedeutet eine rechtsnormative Verantwortungszuweisung, wobei danach zu fragen ist, wie sich der Aufgabenträger benehmen muss, um die Verantwortung zu erfüllen. Dies erfordert, dass die dem Aufgabenträger zur Verfügung stehenden Machtmittel solche einschließen müssen, die ihm hinreichende Entscheidungs- und Steuerungskraft bei der Aufgabenwahrnehmung gewähren. Demgegenüber sucht die Zurechnung leistende Verantwortung danach, wer unter mehreren Handelnden für eine Handlungsfolge Rechenschaft zu geben und einzustehen hat. Zurechnungsmaßstab sind unter anderem die Kausalitätstheorien. 5.  Im weitesten Sinne bedeutet „Finanzierungsverantwortung“ die organisatorische Rollenpflicht des Finanziers, die sachliche Aufgabenerledigung finanziell abzusichern, nämlich Mittel zu beschaffen, zu verteilen und zu verausgaben. Sie betrifft eine Reihe von Schritten innerhalb des „Finanzierens“. In einem engeren Sinne kann die Finanzierungsverantwortung unter Vorbehalt ausreichender Einnahmemöglichkeiten als die Lastentragungspflicht verstanden werden. 6.  Für das Verhältnis zwischen Aufgaben- und Ausgabenverantwortung im Mehr-Ebenen-System kommt vor allem der Konnexitätsgrundsatz in Betracht, wonach die Ausgaben- der ex-ante-Aufgabenverantwortung unmittelbar zu folgen hat. Demgegenüber bedeutet das Verursacherprinzip, dass die Ausgabenverantwortung denjenigen trifft, der aus einer aufgabenrelevanten Entscheidung heraus Kosten verursacht. Dabei versteht sich die Aufgabenverantwortung nur in der ex-post-Sicht und die Ausgabenverantwortung als zu beseitigende bzw. auszugleichende Finanzfolgen. Im Hinblick auf die Gebietskörperschaften gilt außerdem das Interessenprinzip, wonach die Trä-

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ger sowohl der ex-ante- als auch der ex-post-Aufgabenverantwortung anhand ihres jeweiligen Nutzenanteils an der Aufgabenerfüllung für die Ausgaben aufzukommen haben. 7.  Da die geltende Finanzordnung von einer Grundvorstellung der Sachund Finanzverantwortung der jeweiligen Hoheitsebene ausgeht, ist das Verursacherprinzip für die vertikalen (Finanz-)Beziehungen nur in qualifizierten Situationen anwendbar, also dann, wenn eine Gebietskörperschaft für eine in ihrer Verantwortung liegende Angelegenheit, die auch in den Auswirkungen bemessbar, begrenzbar und somit zurechenbar ist, eine andere heranzieht. Zwar lassen sich die „originären“ Verantwortungssphären verschiedener Ebenen gegenständlich voneinander nicht abgrenzen. Die Unterscheidung zwischen Sach- und Organisationsangelegenheiten sowie die vollständige Aufteilung der Sachverantwortung zwischen Bund und Ländern können dafür dennoch eine grundlegende Bedeutung haben. Da die Organisationsangelegenheiten stets in der Eigenverantwortung der jeweiligen Gebietskörperschaft liegen, ist eine diesbezügliche Verursachungszurechnung prinzipiell auszuschließen. Demgegenüber qualifiziert sich jede bundesrechtlich bestimmte und per Landesgesetz den Kommunen zukommende Sachaufgabe zur erstattungsfähigen Verursachung. 8.  Das Implementieren des Verursacherprinzips ist mit Nachteilen verbunden. Einerseits stiftet es Machtkonzentration auf die höheren Ebenen. Andererseits kann die Zuordnung und Berechnung des Verursachungsbeitrags auf Schwierigkeiten stoßen. 9.  Art. 104a Abs. 1 GG praktiziert den Konnexitätsgrundsatz und nicht das Verursacherprinzip. Bund und Länder haben direkt die ihnen jeweils zugeordneten „eigenen“ Aufgaben zu finanzieren. Ob dabei die Gesetzgebungsoder die Verwaltungstätigkeiten die Ausgaben unmittelbar oder maßgeblich „verursachen“, ist irrelevant. Die Kausalität zwischen aufgabenbezogenen Entscheidungen und Kostenfolgen betrifft nur die innere Rechtfertigung, nicht aber die Anwendung des Konnexitätsgrundsatzes. Teil 3: 1. Das Grundgesetz räumt dem Bund im Bereich der Sachgesetzgebung die Übermacht ein. Er verfügt nicht nur über umfangreiche Regelungsgegenstände, sondern auch über günstige Gebrauchsbedingungen. Das „Ob“, „Wie“ sowie „Wieweit“ des Gebrauchmachens liegt in großem Maße in seinem freien Ermessen. Nur für einige Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung muss seine Kompetenzausübung die verfassungsgerichtlich voll überprüfbare Voraussetzung der „Erforderlichkeit“ erfüllen.

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2. Demgegenüber sind Länder die Hauptverwaltungsträger. Bundesverwaltung durch eigene Behörden und Organisationen ist die seltene Ausnahme. Für Landesausführung von Bundesgesetzen werden zwei Verwaltungstypen vorgesehen: Ausführung als eigene Angelegenheit und im Auftrag des Bundes. Während im ersteren Fall die Länder nur bundesgesetzlichen Vorgaben unterstehen und eine relativ große Organisationsmacht besitzen, müssen sie im letzteren Fall noch die Weisungen des Bundes befolgen und stärkere Organisationseingriffe dulden. Ihnen unentziehbar belassen ist allein die Wahrnehmungskompetenz. 3.  Das Grundgesetz hat mit den Bezeichnungen „eigen“ und „im Auftrag des Bundes“ die materielle Verantwortung der betreffenden Angelegenheiten der jeweiligen föderalen Ebene zugewiesen. Dies wird durch die Grundkonzeption und Systematik der bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung bestätigt. Damit wird ein Konzept der Verwaltungsverantwortung umgesetzt. Die gesetzgeberische Verantwortung kann prinzipiell nicht als Aufgabenverantwortung gelten. 4.  Die grundgesetzlichen Ausgabenregelungen sind durch einen Konzep­ tionsmix von Konnexitätsgrundsatz, Verursacherprinzip und politischer Vereinbarung gekennzeichnet und mithin rechtlich nur begrenzt rational. Sie haben ferner die bundesstaatliche Verantwortungsklarheit verwischt und das gesamte System verkompliziert. Auch die Einrichtung eines strukturgerechten Einnahmenverteilungssystems wird damit zusätzlich erschwert. 5. In der Steuergesetzgebung sind die Länder nahezu vollständig verdrängt. Ihnen verbleibt nur die Gesetzgebungskompetenz über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern gemäß Art. 105 Abs. 2a GG, soweit die einer Bundessteuer nicht gleichartig sind. Dies hat eine unerwünschte starke Abhängigkeit der Landes- und Kommunalhaushalte von der Steuerpolitik des Bundes bewirkt. Länder und Kommunen besitzen nur einen marginalen Entscheidungsspielraum über eigene Steuereinnahmen, der eine einschränkende Wirkung auf ihre sachliche Eigenverantwortung entfaltet. Dieses Strukturproblem ist auch durch die mehrstufig umverteilende Steuerertragsverteilung nicht zu lösen. 6. Art. 28 Abs. 2 GG hat die gemeindliche Selbstverwaltung umfassend und prinzipienhaft formuliert. Daraus wird das Prinzip der dezentralen Aufgabenansiedlung, die Allzuständigkeit und der Anspruch der Gemeinden auf aufgabengerechte Finanzausstattung abgeleitet. Für den formellen sowie materiellen Aufgabenentzug gilt die Verhältnismäßigkeitsprüfung. In Verknüpfung mit den landesverfassungsrechtlichen Regelungen tätigen die Landkreise eine ähnlich geartete Selbstverwaltung, die auch einen vergleichbaren Finanzausstattungsanspruch beinhaltet. Ferner haben sie die Gemeindeverwaltung zu unterstützen. Während die Finanzverfassung des Grundge-

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setzes den Gemeinden gewisse Einnahmequellen aus Steueraufkommen unmittelbar gewährt, sind die Kreise überwiegend auf Umlagefinanzierung angewiesen. Teil 4: 1.  Die vom Art. 28 Abs. 2 GG geforderte aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen wird durch die Literatur und Landesverfassungsgerichte in einer finanzkraftunabhängigen finanziellen Mindestausstattung und einer finanzkraftabhängigen angemessenen Finanzausstattung konkretisiert. Den Kommunen steht zunächst die finanzielle Mindestausstattung zu, die ihre Wahrnehmung aller pflichtigen und eines Mindestmaßes an freiwilligen Aufgaben ermöglicht. Demgegenüber zielt die angemessene Finanzausstattung auf eine aufgabengerecht symmetrische Einnahmenverteilung zwischen Land und Kommunen. 2. Im Hinblick auf die kommunale Aufgabenstruktur unterscheiden sich das dualistische und das monistische Aufgabenmodell. Bei ersterem werden die von Gemeinden ausgeführten Aufgaben nach deren örtlicher / überörtlicher Radizierung unterteilt. Zu den örtlichen Aufgaben zählen die freiwilligen und pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben. Die überörtlichen Aufgaben sind Aufgaben staatlichen Ursprungs. Beim letzteren Modell nehmen die Gemeinden grundsätzlich alle öffentlichen Aufgaben in ihrem Gebiet als eigene Aufgaben wahr. Dazu gehören neben den freiwilligen Aufgaben und weisungsfreien Pflichtaufgaben auch die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach (begrenzter) Weisung. Trotz der Kategorisierung nach dem Grad der Eigenverantwortlichkeit wird der Aufgabenmonismus nicht von den örtlichen bzw. überörtlichen Bezügen der Aufgaben entkoppelt. Es gibt keinen markanten Unterschied zwischen beiden Aufgabenmodellen. Sie können miteinander kombiniert zur Anwendung kommen. 3.  Es leitet sich unmittelbar aus der Finanzgerechtigkeit ab, dass die Kommunen nicht durch fremde Aufgabenentscheidungen in ihren eigenen Finanzen beeinträchtigt werden dürfen. Das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip zählt mithin zur finanziellen Mindestausstattung der Kommunen. Es hat das qualitative, rein aufgabenbezogene Element der Finanzausstattung vom kommunalen Finanzausgleich abgesondert und deutlich gemacht. Damit wird auch mehr Transparenz und Überprüfbarkeit der Berechnung geschaffen. 4. Mit dem landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip wird eine Reihe von Funktionen bezweckt, wozu die Warn- und Präventivfunktion, die Transparenz- und Vorsorgefunktion sowie die Schutzfunktion gehören. Diese Funktionen oder Zwecke lassen sich bei der Auslegung der Konnexitätsrege-

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lungen als Argumente heranziehen. Sie können jedoch den Ausschlag nur dann geben, wenn ihnen der Wortlaut und die Systematik der Regelungen nicht entgegensteht. Eine rein teleologische Auslegung ist nicht zulässig. 5. Das landesverfassungsrechtliche Konnexitätsprinzip geht in Abkehr vom bundesverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip vom Ansatz der expost-Aufgabenverantwortung aus, der auch Verursacherprinzip genannt wird. Demnach folgt die Ausgabenverantwortung nicht der normativ zugewiesenen Verantwortungsträgerschaft der Kommunen für ihre eigenen Aufgaben, sondern vielmehr dem tatsächlichen Verursachungsbeitrag des jeweiligen Entscheidungsträgers zu den Aufgabenkosten. Damit wird das Kalkulieren des gesetzgeberischen Einflusses auf die Ausgabenhöhe verfassungsrechtlich geboten. Dies ist unabhängig von der Aufgabenzugehörigkeit und der Finanz­ situation des Landes ausschließlich bezüglich der konkreten Aufgabengestaltung vorzunehmen. 6.  Eine konnexitätsrelevante Aufgabe ist jede der öffentlichen Verwaltung angehörende, mit hinreichender Konkretheit versehene und nach außen zu erfüllende pflichtige Sachagenda. Eingeschlossen wird auch die Finanzierungs- bzw. Förderpflicht, wenn sie unmittelbar durch eine Sachaufgabenerfüllung ausgelöst ist. Einen Aufgabenübertragungsakt stellt jede rechtliche Erweiterung des obligatorischen Aufgabenbestandes der Kommunen dar. 7. Bundes- und europarechtlich direkte Aufgabenübertragung auf die Kommunen löst die Anwendung des Konnexitätsprinzips nicht aus. Demgegenüber ist eine indirekte Aufgabenübertragung jedenfalls konnexitätsrelevant, ohne Rücksicht darauf, ob das Land die Zuweisung zu den Kommunen aus freier Entscheidung tätigte. Das Voraussetzen eines materiellen sowie formellen Gestaltungsspielraums des Landes ist zu widerlegen. 8.  Als Rechtsfolge der Konnexitätsregelungen kommt zunächst die Pflicht des Landes zur Kostendeckungsbestimmung in Betracht. Können dadurch die Kosten nicht vollständig gedeckt werden, muss das Land einen – entsprechenden oder angemessenen – Mehrbelastungsausgleich vornehmen. Die zugrundeliegenden Kostenfolgen sind nach normativen Kriterien und nicht nach faktischen Umständen anhand einer Prognose zu berechnen. Pauschalierungen und Typisierungen dürfen stattfinden, soweit jeder einzelnen Kommune die realistische Möglichkeit verbleibt, mit zumutbaren Anstrengungen die Aufgabenkosten völlig abzudecken. Nachträgliche Abweichungen von der Prognose, die auf veränderte Rahmenbedingungen zurückführen, sind vom Land durch eine Beobachtungs- und periodische Nachprüfungspflicht zu berücksichtigen. Sowohl die Kostendeckungsbestimmung als auch der Mehrbelastungsausgleich müssen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufgabenübertragung erfolgen oder mit ihr gleichzeitig in Kraft treten.

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9. Während der entsprechende Mehrbelastungsausgleich einen quantita­ tiven Vollausgleich bedeutet, weist der angemessene Ausgleich auf eine Wertung hin, womit der Abzug einer kommunalen Interessenquote zugelassen wird. Der Inhalt der Interessenquote ist nicht spezifiziert, sondern von mehreren Ansätzen getragen. Neben den realistischen Einsparmöglichkeiten kann die Interessenquote auch auf den von Kommunen aus der Aufgabenerfüllung zu erschließenden Vorteil abstellen, soweit dieser sich konkret und zuverlässig beweisen und bemessen lässt. Eine Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Kommunen ist hingegen mit der Interessenquote nicht zu rechtfertigen. 10.  Das Konnexitätsprinzip gilt auch für spätere Änderungen der Aufgabenerfüllung durch das Land. Damit ist eine zielgerichtete und unmittelbare Modifikation der Aufgabenwahrnehmung gemeint. Auch die Einwirkungen des Landes auf bundes- und europarechtlich veranlasste Aufgaben sind einzubeziehen. Entscheidend ist die Rückführbarkeit des formellen Aufgabenänderungsaktes auf das Land. 11.  Bundes- und europarechtliche Änderungen von Aufgaben, die vorher per Landesrecht den Kommunen zugewiesen wurden, sind vom Konnexitätsprinzip zu erfassen. Das Land darf sich nicht auf die „Unabsehbarkeit“ der Änderungen zum Zeitpunkt des Erlasses der Zuständigkeitsregelung berufen. Sowohl nach dem Wortlaut der Konnexitätsregelungen als auch nach dem Sinn und Zweck des durch die Föderalismusreform 2006 eingeführten Aufgabenübertragungsverbotes des Bundes auf die Kommunen handelt es sich dabei stets um eine qualifizierte Verursachung seitens des Landes.

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Sachverzeichnis Alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft  27, 122 ff. Allgemeine Gesetzmäßigkeit  26, 129, 163, 192 Allzuständigkeit  79, 130, 133, 135, 210 Anwendungsvorrang  87 Aufgabe – Begriff  21 ff., 162 ff., 191 f., 206, 212 – Gesetzgebungs-/Verwaltungsaufgabe  25 – kommunale  32 ff. – Leistungsaufgabe  109 – Organisations-/Existenzaufgabe  25 f., 29 – Sach-/Zweckaufgabe  25 f., 29, 73 f., 100, 163 f., 209 – staatliche/öffentliche  29 ff. Aufgaben der Kommunen – eigene/übertragene  125 f., 143 ff., 150 f., 159 f. – freiwillige/pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben  33, 143 ff., 152, 159 f., 211 – Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung/ohne Weisung  76, 143, 145 ff. 152, 159 f., 211 Aufgaben der Landkreise, ergänzende/ ausgleichende  136 Aufgabenänderung  187 ff., 213 – materielle  195 ff. – Rückführbarkeit  188, 213 – Rückholbarkeit  198 f. Aufgabenentzug  57, 131 ff., 210 – formeller/materieller  131 ff., 210 Aufgabenfinanzierungskonzept  20, 153 177 f.

Aufgabenträger  27 ff., 45, 54, 59 ff., 98, 100, 139, 167 f., 206, 208 Aufgabenübertragung – Begriff  165 ff., 212 – direkte/indirekte  168 ff., 212 – faktische  191, 196 – Rückführbarkeit  173 Aufgabenübertragungsverbot  74, 171 f., 189 ff., 201, 213 – Schutzzweck  190, 195 ff., 201 Aufgabenverantwortung – ex-ante-/ex-post-Aufgabenverantwortung  67 ff., 74 ff., 159, 208 f., 212 – politisch-demokratisches Verständnis  48 ff., 95 Aufgabenverflechtung  19, 50, 151 Aufgabenzugehörigkeit  50, 52 ff., 57, 101, 160, 185, 212 Aufgabenzugriffsrecht  130 Aufgabenzuordnung  50 ff., 62, 82, 95 f., 102, 137, 147, 149 f., 207 f. – Dezentralisation  55 f., 130 ff., 137 ff., 142 ff., 149, 172, 210 – sachlicher Entscheidungsspielraum  53 f., 208 – spezifische sachliche Relevanz  51 ff., 57, 69 f., 207 f. Aufgabenzuschnitt  77, 107, 110, 188, 197, 201 Aufgabenzuweisungsnorm  192 Auftragsangelegenheit  75 f., 91 ff., 96, 103, 141, 143 ff., 152, 179, 185 f. Ausgaben, Zweck-/Verwaltungsaus­ gaben  99 ff., 108, 174 f. Ausgabenverantwortung  20, 64 ff., 76 ff., 97 ff., 154, 159, 208, 212 Autonomiegrad  54, 141

Sachverzeichnis241 Bagatellgrenze  186 f. Berechnungsschwierigkeit  75 f., 160, 182, 209 Bestandsfähigkeit  193 Beurteilungsspielraum  83 f., 86, 100, 182 Bundesauftragsverwaltung  59, 91, 103 f., 108, 144, 174 f. Bundesstaatsaufbau  20, 202, 204 Bundesstaatsprinzip  98 Bund-Länder-Verhältnis  17, 20, 80, 91, 102, 121, 138, 144, 173 Demokratieprinzip  47, 53, 98, 194 Dienstaufsicht  43, 207 Eigenverantwortung  58, 61, 71, 101, 120 f., 124 f., 127 ff., 131, 133, 146 ff., 160, 209 ff. Einschätzungsspielraum  86, 130 Entflechtung  190, 196, 198, 201 Erforderlichkeitsklausel  84 ff., 209 Ermessensspielraum  105 ff., 144 f., 170 f., 181, 209 Ewigkeitsgarantie  33 Fachaufsicht  43, 96, 207 Finanzausgleich – allgemeiner  163, 190 – horizontaler/vertikaler  71 f., 114 f. – kommunaler  20, 134, 137, 140, 151 ff., 184, 211 – Länderfinanzausgleich im engeren Sinne  115, 118 ff. Finanzbedarf  15, 116 f., 119, 136, 140, 151 Finanzbeziehung  17, 70, 81, 155, 159, 170 f., 190, 202, 209 Finanzgerechtigkeit  70, 152, 155, 211 Finanzielle Abhängigkeit  16, 71 f., 121, 210 Finanzieller Spielraum  79, 111, 133 f., 151, 176 Finanzier  64, 153, 208

Finanzierungsverantwortung  58, 63 ff., 81, 139, 142, 208 Finanzkraft  55, 115 f., 118 f., 151 Finanzkraftausgleich  118 Finanzordnung  15 f., 71 ff., 81, 96 ff., 138, 151, 181, 209 Finanzquelle  79, 150, 159, 180 f., 211 Finanzverbund, staatlicher  185 Finanzzuweisungen  16, 79, 117, 150 f., 153 Fiskalische Äquivalenz  55 f., 69 f. Fiskalischer Föderalismus  55 f. Föderalismusreform  74, 85, 87, 104, 121, 161, 171, 189, 197, 199 f., 213 Freie Spitze  176 Funktionsverbund  97 Gebietskörperschaftsebene  65, 72, 117, 171, 207 Geldleistung  103, 105 ff. Geldleistungsgesetz  103 ff. Gemeindehoheiten  128 Gemeindesteuerkraftzuweisungen  115, 203 Gesetzeskontext  193 Gesetzeslücke  170, 193 Gesetzesvorbehalt – Ausgestaltungsvorbehalt  129 f. – Eingriffsvorbehalt  63, 129, 132, 136 Gesetzgeberwille  194 f., 199, 201 Gesetzgebungskompetenzen – Abweichungsgesetzgebung  87 – ausschließliche  59, 83 f., 88 – konkurrierende  59, 84 ff., 112, 209 – sachliche/organisatorische  196 f., 199 – ungeschriebene  87 f. Gestaltungsspielraum  50, 93, 109, 139, 141, 144, 152, 166 f., 182, 199, 212 Gewaltenteilung – funktionale  82, 94, 194 – vertikale  94 Gleichartigkeitsverbot  113 f., 120 f., 210

242 Sachverzeichnis Gleichrangigkeit von Aufgaben  72, 136 f., 140 Hebesatzrecht  134 Hebesatzspielraum  141 Hierarchieverhältnis  91 Interessenanteil  17, 70, 185 Interessenprinzip  69 f., 150 f., 181 f., 184, 208 f. Justiziabilität  85, 202 Kommunale Aufgabenstruktur  142 ff. – Aufgabendualismus  143 ff. – Aufgabenmonismus  145 ff. Kommunale Finanzausstattung  139 ff. – angemessene  139 ff., 179, 202, 211 – Anspruch  133, 136, 157 f., 171, 210 – aufgabengerechte  133 f., 139, 141, 210 f. – finanzielle Mindestausstattung  139 ff., 152 ff., 203 f., 211 – quantitative/qualitative  133 f. Kommunale Interessenquote  183 ff., 213 – Quantifizierbarkeit  184 f. – Vorteilsausgleich  184 ff. Kommunalisierungstendenz  142 Kommunalordnung  32, 135, 145 Kommunalvertretung  49, 127, 145 Kommunalvolk  33 Konkretisierungsgrad  28 Konkretisierungsspielraum  105 Konnexitätsgrundsatz  20, 65 ff., 74 ff., 102 f., 108, 110 f., 150 f., 160, 208 ff. Konnexitätsprinzip, allgemeines  65 ff. Konnexitätsprinzip, bundesverfassungsrechtliches  65 f., 69, 77, 156, 159, 212 Konnexitätsprinzip, landesverfassungsrechtliches  18 ff., 65 f., 69, 75, 80, 152 ff., 211 f. – Annäherungstendenz  161

– Finanzierungs-/Förderpflicht  164 – Gleichzeitigkeit  154, 175, 179 f., 212 – Kosten  174 ff. – Kostendeckungsbestimmung  155, 157, 174 ff., 179 ff., 212 – Kostenfolgeprognose  175 ff., 212 – Leistungsfähigkeitsvorbehalt  140 ff. – Mehrbelastung  154, 163, 174 ff., 179, 186 f., 199 – Mehrbelastungsausgleich  155, 174, 176, 180 ff., 212 f. – Pauschalierung und Typisierung  141, 175, 183 f., 212 – Präventivfunktion  156 f., 169 f., 177, 211 – Schutzfunktion  157 ff., 161, 174, 176 f., 211 – striktes/relatives  18 f., 142, 157 f., 174, 184 f., 200 – Transparenzfunktion  157 f., 160 f., 211 – Vorsorgefunktion  157 f., 169 f., 176 f., 211 – Warnfunktion  156 f., 161, 169 f., 176 f., 211 Kontrolldichte  42 Kostenbewusstsein  178 Kostenfolgeprognose  175 ff., 212 – Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht  177 ff., 187, 212 – Maßgeblichkeit  176 f. Kreisumlage  136 f., 211 Landesverfassungsgerichtsbarkeit  160 Land-Kommunen-Verhältnis  20, 80, 121, 138, 159 Legitimation, demokratische  32 f., 47 ff., 56 f., 126 ff., 135, 148 ff., 207 Legitimationsorgan, subnationales  49 Leitungsmacht  43 Machtverhältnisse  81, 118 Mehrbelastung  154, 163, 174 ff., 179, 186 f., 199 – wesentlicher/erheblicher  186 f.

Sachverzeichnis243 Mehrbelastungsausgleich  155, 174, 176, 180 ff., 212 f. – entsprechender/angemessener  154, 182 ff., 212 f. – Prognosecharakter  182 Mehr-Ebenen-Demokratie  51, 53, 70, 207 f. Mehr-Ebenen-System  15 f., 53, 56, 79, 170, 208 Mischfinanzierung  99, 110 Mischverwaltung  99, 202 f. Mitfinanzierung  104, 110 Organisationsangelegenheit  26 f., 29, 125, 128, 162 f., 206, 209 Organisationseingriff  91, 210 Reaktionszeit  178 Rechenschaftspflicht  40, 42 f., 48, 50, 62, 207 f. Rechtssicherheit  180, 192, 195, 201 Rechtsstaatsprinzip  194 Regel-Ausnahme-Situation  141 Regelungsauftrag  72, 155, 180 Regelungsdichte/-intensität  93, 160 Regelungsstrategie  42, 69, 159 Regelungsverantwortung  26, 63 Risikoverteilung  179 Rollenpflicht  64, 208 Sachbereich  22 ff., 28 f., 52, 59, 71, 83, 163 f., 183, 206 Sachleistung  103, 109 Sachleitungsbefugnis  91, 102, 108, 131 Sachzweck  26, 124, 162 f. Selbstverpflichtung  28 Selbstverwaltungskörperschaft  32, 121, 136 f. Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden  122 ff. – finanzverfassungsrechtliche Sicherung  132 ff. – Kern-/Randbereichslehre  130 f., 139 f.

– originärer Schutzumfang  129, 132 – Rechtsnatur  122 ff. Selbstverwaltungsrecht der Landkreise  135 ff. – Komplementärfunktion  137 – Schutzumfang  136 f. – Vergleichbarkeit  135 ff. Solidaritätsprinzip  120, 141 Sollensordnung  37 ff., 206 f. Sperrwirkung  83, 87, 114 Staatsfunktion  24 f., 59 Staatsgewalt  33, 48, 82, 134, 169 Staatsverwaltung – mittelbare  33 – unmittelbare  34, 133, 137, 201 Staat-Volk-Verhältnis  19, 47 f. Steuererfindungsrecht  113 Steuerertragskompetenzen  111 f., 114 ff., 134, 136 Steuergesetzgebungskompetenzen  111 ff. Steuerkraft  115 f., 119 Subsidiaritätsprinzip  54 ff., 112, 126, 138, 207 f. Synergieeffekte  183 Systembruch  115 f., 202 f. Systemgerechtigkeit  96, 98 f., 142 Systeminkompatibilität  72 f., 116 Umsatzsteuervorwegausgleich  115, 118 Umverteilung  72, 114 ff., 141, 153 f. – horizontale/vertikale  115, 118, 120 – mittelbare/unmittelbare  117 ff. Universalität  27, 130 Verantwortung – als Kompetenzbegriff  45 f., 58, 60 ff., 208 – als Zurechnungsbegriff  37, 45 f., 62 f., 208 – Begriff  34 ff. – ex-ante-/ex-post-Verantwortung  35, 40 ff., 153, 206 f. – Folgerung  39, 44, 206

244 Sachverzeichnis – materielle/formelle  42 f., 79, 93, 95 f., 137 f., 207, 210 – Zurechnung  37 ff., 45 f., 50, 54, 58, 74, 77 f., 147 – Zurechnungsmaßstab  38 ff., 44, 63, 74, 206, 208 – Zuweisung  40 f., 45 f., 54, 58, 61 f., 68, 77 f., 131, 147, 208 – Zuweisungsmaßstab  40 Verantwortungsadressat  38 f., 127, 206 Verantwortungsbewusstsein  117, 171, 203 f. Verantwortungsfähigkeit  55, 128, 207 Verantwortungsgegenstand  37 f., 40 f., 44, 48, 206 Verantwortungsgemeinschaft  70 ff., 140 f., 159 Verantwortungsinstanz  35 f., 38 f., 42 f., 127, 206 Verantwortungsklarheit  75, 111, 210 Verantwortungsverhältnis  36 ff., 41 f., 47, 127, 153 Verbund- und Verteilmechanismus  152, 181 Verhältnismäßigkeitsprinzip  130 f., 138 f., 141, 149, 210 Verhandlung, politische  53, 104, 108, 111 f., 118, 137 f., 202 Verteilungsgerechtigkeit  76, 151, 160 Verteilungssymmetrie  140 f. Vertretbarkeitskontrolle  86, 152 Verursacherprinzip  19 f., 63, 65, 68 ff., 78 ff., 106, 108, 110 f., 138, 152, 155, 159 f., 172 f., 181, 185, 208 ff., 212

Verursachungsbeitrag  68 f., 73, 75, 108, 152 f., 169, 174, 178, 185, 198 f., 209, 212 Verwaltungsangelegenheit  163, 191 Verwaltungsermessen  82 Verwaltungstyp  90 ff. Verwaltungsverantwortung  95 f., 156, 210 Vetorecht des Bundesrates  104, 108, 113 Weisung  43, 90 f., 96, 126 f., 144 ff., 179 – allgemeine  145 – Einzelweisung  90, 96, 145 Weisungsgebundenheit  17, 146 f. Weiterleitungspflicht  117 Widerspruchsfreiheit  152 Wirkungsbereich  33, 49, 126, 136 Wirkungskreis  69, 113, 147, 165 Zuständigkeit – Außenzuständigkeit  43, 59, 207 – Begriff  58 ff. – deklaratorische/konstitutive  193 ff. – Finanzierungszuständigkeit  64 – funktionale Festlegung  197 – Sach-/Wahrnehmungszuständigkeit  59, 91 f., 102, 144, 149 Zustimmungsbedürftigkeit  90, 103 f., 190 Zweck-Mittel-Struktur  29, 206 Zweistufige Bundesstaatlichkeit  82, 116, 121, 134, 170 f., 189, 202 f.