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German Pages 283 Year 2014
Schriften zum Steuerrecht Band 115
Kommunale Einkommensbesteuerung Von Bernd Schulte
Duncker & Humblot · Berlin
BERND SCHULTE
Kommunale Einkommensbesteuerung
S c h r i f t e n z u m St e u e r r e c ht Band 115
Kommunale Einkommensbesteuerung
Von Bernd Schulte
Duncker & Humblot · Berlin
Die Hohe Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Sommersemester 2013 als Dissertation angenommen.
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Fremddatenübernahme: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: Buch Bücher de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 978-3-428-14326-9 (Print) ISBN 978-3-428-54326-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-84326-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat die vorliegende Arbeit im Sommersemester 2013 als Dissertation angenommen. Mein besonderer Dank gilt meiner Betreuerin, Frau Professor Dr. Johanna Hey, für die Anregung zu diesem Thema und die stets gute Unterstützung während des Verfassens dieser Arbeit. Herrn Professor Dr. Joachim Lang danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat mich während des Studiums und während der Promotionsphase in ihre – finanzielle wie ideelle – Förderung aufgenommen. Für diese Stipendien bin ich äußerst dankbar. Für anregende Diskussionen über Fragen der Gemeindefinanzierung und der Abläufe in der Finanz- und der Kommunalverwaltung danke ich Herrn Professor Dr. Patrick Sensburg MdB, Vorsitzender des Unterausschusses Europarecht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, für den ich während der Promotionszeit als freier wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war, dem Bürgermeister meiner Heimatstadt Meschede im Hochsauerland, Herrn Uli Hess, sowie Herrn Regierungsdirektor Siegmar Moritz, Finanzverwaltung NRW. Meinen Freunden Dr. Patricia Rogosch und Dr. Tobias Schöppner danke ich für die Korrektur und kritische Durchsicht dieser Arbeit, Letzterem überdies für die stete Motivation und das gute Miteinander über die gesamte juristische Ausbildung hinweg. Meine Eltern haben mich stets in meinem Werdegang gefördert und bestärkt und mich uneingeschränkt unterstützt. Ihnen bin ich mehr als dankbar. Schließlich danke ich meiner Frau, Carmen Helena Schulte, als meinem wichtigsten, liebevollen Rückhalt über all die Jahre. Münster, im Dezember 2013
Bernd Schulte
Inhaltsübersicht
Einführung: Reformbedarf bei den Kommunalfinanzen
23
I. Strukturelle Defizite im Kommunalfinanzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 III. Zielsetzung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Kapitel 1
Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte
29
I. Die Rolle der Gemeinden in Bundesstaat und Finanzausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Staatliche und kommunale Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Die Finanzierung kommunaler Aufgaben im bundesstaatlichen Finanzausgleich 34 3. Die Grundentscheidung für eine Steuerfinanzierung des Gemeinwesens . . . . . . 38 II. Kommunale Einnahmen und kommunale Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1. Die kommunale Einnahmenstruktur im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Die Struktur kommunaler Steuern in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3. Fazit: Ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer als Reformidee . . . . . . . 58 III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 1. Die Einkommensteuer als tragende Säule des Staatshaushalts . . . . . . . . . . . . . . 60 2. Der Gemeindeanteil in der Entwicklung der Gemeindefinanzen . . . . . . . . . . . . 61 3. Verteilungsmechanismen des kommunalen Einkommensteueranteils . . . . . . . . 62 4. Rechtliche Klassifikation des Gemeindeanteils als Problem . . . . . . . . . . . . . . . . 67 5. Ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer als Alternative . . . . . . . . . . . . . 73 6. Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer in der Diskussion . . . . . . . . . 77 IV. Ergebnisse des ersten Kapitels und weiteres Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Steuern als Ansatzpunkt für eine Kommunalfinanzreform . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 2. Ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer als naheliegende Reformoption 85 3. Kernfragen für den weiteren Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
8
Inhaltsübersicht Kapitel 2
Anforderungen an ein kommunales Steuersystem – eine „kommunale Einkommensteuer“ als Alternative?
88
I. Kommunale Selbstverwaltung und Finanzautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie im Gefüge der Staatsverfassung . . . 90 2. Kommunale Finanzhoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 3. Wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht, Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 4. Fazit: Art. 28 Abs. 2 GG als Anker für eine „kommunale Einkommensteuer“ . . 108 II. Vorgaben der Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Funktion und Regelungstiefe der Art. 104a ff. GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 2. Umsetzbarkeit des kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung vor dem Hintergrund der Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3. Bewertung einer „kommunalen Einkommensteuer“ vor dem Hintergrund des Finanzausgleichssystems in Art. 106 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Konkurrenz zweier Grundsätze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Leistungsfähigkeit und kommunaler Zugang zur Einkommensteuer . . . . . . . . . 134 3. Äquivalenz, Transparenz und kommunaler Zugang zur Einkommensteuer . . . . 139 IV. Die Prüfkriterien der Gemeindefinanzkommission 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Interessenband zwischen Kommunen und örtlicher Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . 146 2. Hebesatzrecht der Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3. Aufkommenswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4. Sicherung des deutschen Steuersubstrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 5. Verteilungswirkungen zwischen den Gebietskörperschaften . . . . . . . . . . . . . . . 153 6. Be- und Entlastungswirkungen zwischen den Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . 161 7. Breite der Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 8. Rechtsvereinfachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 9. Gestaltungsanfälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 10. Administrierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 11. Qualität des Standortes Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
Inhaltsübersicht
9
12. Vereinbarkeit mit übergeordnetem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 13. Ergänzendes Kriterienraster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 14. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 V. Weitere steuerpolitische Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 1. Neutralität der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 2. Fiskalpolitische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 VI. Ergebnisse des zweiten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 2. Gründe für eine Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Gründe gegen eine Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 4. Abwägung der Ergebnisse und weiteres Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Kapitel 3
Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer – Möglichkeiten der Ausgestaltung
174
I. Notwendige Änderungen im Gesamtsystem der kommunalen Steuerfinanzierung . 174 1. Reformkonzepte in der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Abstimmung mit einer „kommunalen Einkommensteuer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“ . . . . . . 187 1. Grundsätzliche Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 2. Freibeträge, Anrechnungen, Ermäßigungen und weitere Sonderfälle . . . . . . . . . 208 3. Interkommunale Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 III. Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 1. Grundlegende Gestaltung der Administration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 2. Zuständigkeit für die Verwaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ . . . . . 249 3. Die Erhebung der kommunalen Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 IV. Probleme des Übergangs auf ein neues System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 1. Der Systemübergang als politisches Hindernis für eine Reform . . . . . . . . . . . . . 264
10
Inhaltsübersicht 2. Der Systemübergang als administrative Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . 266
V. Ergebnisse des dritten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
Inhaltsverzeichnis
Einführung: Reformbedarf bei den Kommunalfinanzen
23
I. Strukturelle Defizite im Kommunalfinanzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 III. Zielsetzung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Kapitel 1
Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte
29
I. Die Rolle der Gemeinden in Bundesstaat und Finanzausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Staatliche und kommunale Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 a) Die Zuständigkeitsverteilung öffentlicher Aufgaben als politische Wertungsentscheidung auf finanzwissenschaftlicher Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 b) Die Gemeinden als staatsrechtliche Untergliederung der Länder und eigenständige politische Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 c) Klassifizierung kommunaler Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Die Finanzierung kommunaler Aufgaben im bundesstaatlichen Finanzausgleich 34 a) Die Gemeinden in der Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 b) Die finanzverfassungsrechtliche Trennung von Ausgabenverantwortung und Einnahmeberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3. Die Grundentscheidung für eine Steuerfinanzierung des Gemeinwesens . . . . . . 38 II. Kommunale Einnahmen und kommunale Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 1. Die kommunale Einnahmenstruktur im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Kommunale Steuereinnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Entgeltabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 aa) Gebühren und Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 bb) Erwerbseinkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 c) Zuweisungen und sekundärer kommunaler Finanzausgleich . . . . . . . . . . . . 44 aa) Vertikaler Finanzausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 bb) Horizontaler Finanzausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 d) Weitere öffentliche Einnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
12
Inhaltsverzeichnis e) Fazit: Das Gemeindesteuersystem als erster Ansatzpunkt für eine Gemeindefinanzreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Die Struktur kommunaler Steuern in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Realsteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 aa) Die Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 bb) Die Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 (1) Allgemeine Erwägungen zur Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 (2) Die Gewerbesteuer in der Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 b) Örtliche Aufwands- und Verbrauchssteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 c) Der kommunale Anteil am Einkommensteueraufkommen . . . . . . . . . . . . . . 56 d) Der kommunale Anteil am Umsatzsteueraufkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3. Fazit: Ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer als Reformidee . . . . . . . 58
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 1. Die Einkommensteuer als tragende Säule des Staatshaushalts . . . . . . . . . . . . . . 60 2. Der Gemeindeanteil in der Entwicklung der Gemeindefinanzen . . . . . . . . . . . . 61 3. Verteilungsmechanismen des kommunalen Einkommensteueranteils . . . . . . . . 62 a) Bundeseinheitliche Ermittlung des Gemeindeanteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 b) Zerlegung des Einkommensteueraufkommens auf die Länder . . . . . . . . . . . 63 c) Verteilung des Gemeindeanteils innerhalb der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Das Verfahren im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 bb) Die Festlegung der Kappungsgrenzen als ständiges politisches Konfliktfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 d) Zusammenfassendes Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 4. Rechtliche Klassifikation des Gemeindeanteils als Problem . . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) Finanztechnische und finanztheoretische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 b) Wörtliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 c) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 5. Ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer als Alternative . . . . . . . . . . . . . 73 a) Fehlende kommunale Mitbestimmung bei der Einkommensteuer . . . . . . . . . 73 b) Grundlegende Varianten der Ausgestaltung des kommunalen Einkommensteuerzugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 aa) Eigenständige Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 bb) Kommunales Hebesatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 cc) Kommunaler Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 6. Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer in der Diskussion . . . . . . . . . 77
Inhaltsverzeichnis
13
a) Ähnliche Steuern vor Geltung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 aa) Gemeinden und Einkommensteuer in der Miquel’schen Steuerreform 1893 78 bb) Gemeinden und Einkommensteuer in der Erzbergerschen Finanzreform 1919/1920 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 cc) Die „Gemeindliche Bürgersteuer“ von 1930 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b) Die Gemeindefinanzreform 1969 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 c) Die Diskussion heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 IV. Ergebnisse des ersten Kapitels und weiteres Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Steuern als Ansatzpunkt für eine Kommunalfinanzreform . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 2. Ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer als naheliegende Reformoption 85 3. Kernfragen für den weiteren Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Kapitel 2
Anforderungen an ein kommunales Steuersystem – eine „kommunale Einkommensteuer“ als Alternative?
88
I. Kommunale Selbstverwaltung und Finanzautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie im Gefüge der Staatsverfassung . . . 90 a) Institutionelle Garantie und Rechtssubjektsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 b) Garantie der Allzuständigkeit der Gemeinden im örtlichen Bereich . . . . . . . 91 c) Ausgestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Kommunale Finanzhoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Finanzautonomie als zentraler Bestandteil der Selbstverwaltungsgarantie . . 93 b) Kommunale Finanzhoheit im Lichte der Finanzverfassung des Grundgesetzes 94 c) Finanzhoheit und angemessene Finanzausstattung der Kommunen . . . . . . . 96 aa) Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung? . . . . . . . . . . . . . . . 96 bb) Inhalt und Umfang des Anspruchs auf aufgabenadäquate Finanzausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 d) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 aa) Finanzautonomie nur unzureichend berücksichtigt . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Zum Verhältnis von Einnahmeautonomie und Ausgabenautonomie . . . . 102 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3. Wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht, Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 a) Einfügung von Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. in das Grundgesetz . . . . . . . . . . . 105 b) Die Einkommensteuer als Steuer im Sinne des Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG 106 c) Schlussfolgerungen für eine „kommunale Einkommensteuer“ . . . . . . . . . . . 108
14
Inhaltsverzeichnis 4. Fazit: Art. 28 Abs. 2 GG als Anker für eine „kommunale Einkommensteuer“ . . 108
II. Vorgaben der Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Funktion und Regelungstiefe der Art. 104a ff. GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Finanzverfassung und Verfassungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Grundlegende Regelungen der Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Umsetzbarkeit des kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung vor dem Hintergrund der Finanzverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Ausgestaltung als eigene kommunale Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 aa) Ertragshoheit einer neuen Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 bb) Gesetzgebungskompetenz und generelle Zulässigkeit einer neuen Steuer 116 cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Ausgestaltung als kommunales Hebesatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Ertragshoheit bei einer Ausgestaltung als Hebesatzrecht . . . . . . . . . . . . 117 bb) Gesetzgebungshoheit und generelle Zulässigkeit eines Hebesatzrechtes 117 cc) Rechtliche Klassifikation des Hebesatzrechtes des Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG 118 (1) Enge wörtliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (2) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (3) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 (4) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Ausgestaltung als kommunaler Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Bewertung einer „kommunalen Einkommensteuer“ vor dem Hintergrund des Finanzausgleichssystems in Art. 106 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Konkurrenz zweier Grundsätze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 a) Leistungsfähigkeit als unumstößliches Grundprinzip der Besteuerung . . . . . 126 b) Das Äquivalenzprinzip als alternativer Rechtfertigungsansatz? . . . . . . . . . . 126 c) Steuern und Äquivalenz – ein Widerspruch in sich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 d) Äquivalenz als Ausgestaltungs- und Rechtfertigungsgrundsatz im weiteren Sinne: Der Gedanke des Interessenausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 aa) Gruppenäquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 bb) Generaläquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Leistungsfähigkeit und kommunaler Zugang zur Einkommensteuer . . . . . . . . . 134 a) Die Berücksichtigung objektiver und subjektiver Leistungsfähigkeit . . . . . . 134 b) Leistungsfähigkeit und Lastenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 c) Belastungsunterschiede in verschiedenen Kommunen als Problem? . . . . . . . 137
Inhaltsverzeichnis
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d) Belastungsunterschiede von Wohnbevölkerung und Unternehmen als Problem 138 e) Zusammenfassendes Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3. Äquivalenz, Transparenz und kommunaler Zugang zur Einkommensteuer . . . . 139 a) Aussagen zur grundsätzlichen Ausgestaltung einer Steuer . . . . . . . . . . . . . . 139 b) Äquivalenz und Finanzierung kommunaler Aufgaben – die Grundsätze institutionelle Kongruenz, fiskalische Äquivalenz und örtliche Radizierbarkeit . 140 c) Äquivalenz, Transparenz und Demokratische Teilhabe – zum Erfordernis von „Merklichkeit“ und „Fühlbarkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 d) Äquivalenz und politische Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 e) Äquivalenz und Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 f) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 IV. Die Prüfkriterien der Gemeindefinanzkommission 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Interessenband zwischen Kommunen und örtlicher Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . 146 2. Hebesatzrecht der Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3. Aufkommenswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 a) Bundesweit (insgesamt für die Gebietskörperschaften) . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Konjunkturreagibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 c) Wachstumsreagibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 4. Sicherung des deutschen Steuersubstrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 5. Verteilungswirkungen zwischen den Gebietskörperschaften . . . . . . . . . . . . . . . 153 a) Zwischen Bund, Ländern und Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Zwischen Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 aa) Räumliche Streuung als unvermeidbares Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 bb) Räumliche Streuung und „kommunale Einkommensteuer“ . . . . . . . . . . 157 (1) Steuerwettbewerb und steuerlich induzierte Migrationsbewegungen als Chance oder Problem? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (2) Kommunaler Zugang zur Einkommensteuer als Korrektiv zur Gewerbesteuer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 (3) Kommunaler Finanzausgleich als Werkzeug zur Lösung von Verteilungskonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 (4) Fazit: Ein Steuergefälle als notwendiges und lösbares Problem . . . . 161 6. Be- und Entlastungswirkungen zwischen den Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . 161 7. Breite der Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 8. Rechtsvereinfachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 9. Gestaltungsanfälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 10. Administrierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
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Inhaltsverzeichnis a) Aus Sicht der Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) Aus Sicht der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 11. Qualität des Standortes Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 12. Vereinbarkeit mit übergeordnetem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 a) Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 b) Vereinbarkeit mit EU-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 c) Vereinbarkeit mit internationalen Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 13. Ergänzendes Kriterienraster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 14. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
V. Weitere steuerpolitische Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 1. Neutralität der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 2. Fiskalpolitische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 VI. Ergebnisse des zweiten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 2. Gründe für eine Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Gründe gegen eine Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 4. Abwägung der Ergebnisse und weiteres Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Kapitel 3
Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer – Möglichkeiten der Ausgestaltung
174
I. Notwendige Änderungen im Gesamtsystem der kommunalen Steuerfinanzierung . 174 1. Reformkonzepte in der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 a) Prüfmodell der Gemeindefinanzkommission 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 b) Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände zur Gemeindefinanzreform 2010 176 c) Vorschlag der Stiftung Marktwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 d) Weitere Vorschläge, die auf eine Ablösung der Gewerbesteuer durch eine gewinnorientierte Besteuerung sowie ein Zuschlagssystem abzielen . . . . . . . . 177 aa) Vorschlag von BDI/VCI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 bb) Vorschlag des Bundes der Steuerzahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 cc) Vorschlag der F. D. P.-Bundestagsfraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 e) Vorschläge, die auf eine Ablösung der Gewerbesteuer durch eine „kommunale Wertschöpfungssteuer“ abzielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 aa) Grundzüge und Kritik einer Wertschöpfungssteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 bb) Vorschlag der Bertelsmann-Stiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
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cc) Vorschlag des Kronberger Kreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 g) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Abstimmung mit einer „kommunalen Einkommensteuer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) Reformen bei der Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 b) Reformen bei der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) Weitere Änderungen im kommunalen Steuersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 d) Isolierte Einführbarkeit einer „kommunalen Einkommensteuer“ . . . . . . . . . 185 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“ . . . . . . 187 1. Grundsätzliche Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 a) Steuersubjekt und Steuerobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 b) Proportionale oder progressive Steuer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 c) Wahl der Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 aa) Eigenständige Ermittlung der Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . 192 bb) Bemessungsgrundlage aus der staatlichen Einkommensteuer . . . . . . . . . 193 (1) Anknüpfung an den Gesamtbetrag der Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . 193 (2) Anknüpfung an das Einkommen oder das zu versteuernde Ein kommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 (3) Anknüpfung an tarifliche oder die festzusetzende Einkommensteuer 194 (4) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 d) Gestaltung des Steuer-/Hebe- oder Zuschlagsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 aa) Aufteilung in eine „staatliche“ und eine „kommunale“ Steuer oder Annex zur staatlichen Einkommensteuer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 bb) Absenkung des Tarifs der staatlichen Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . 198 (1) Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (2) Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 (a) Progressionsvorbehalt, § 32b EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (b) Abgeltungssteuer, § 32d EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (c) Außerordentliche Einkünfte, §§ 34, 34b EStG . . . . . . . . . . . . . . 200 (d) Thesaurierungsbegünstigung, § 34a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (e) Ausländische Einkünfte, § 34c EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 (f) Pauschsteuersätze bei der Lohnsteuer (§§ 37a, 37b, 40, 40a und 40b EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 cc) Aus dem Einkommensteueraufkommen entnommene Zahlungen . . . . . 202 dd) Steuermesszahl und Steuermessbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 ee) Proportionaler Hebesatz bzw. Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 ff) Begrenzungen der Hebe- bzw. Zuschlagsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
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Inhaltsverzeichnis gg) Kopplung mit Gewerbesteuer bzw. kommunaler Unternehmenssteuer? . 205 hh) Gesetzliches Wohlverhaltensgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 e) Grundsätzliche Ausgestaltung: Zusammenfassendes Ergebnis . . . . . . . . . . . 207 2. Freibeträge, Anrechnungen, Ermäßigungen und weitere Sonderfälle . . . . . . . . . 208 a) Grundfreibetrag, § 32a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 b) Ehegatten-Splitting, § 32a Abs. 5, §§ 26 ff. EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 c) Familienleistungsausgleich, §§ 31, 32 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 aa) Der Familienleistungsausgleich im geltenden Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 209 bb) Familienleistungsausgleich und „kommunale Einkommensteuer“ . . . . . 210 (1) Variante 1: Kein Familienleistungsausgleich bei der „kommunalen Einkommensteuer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (2) Variante 2: Keine Günstigerprüfung bei der „kommunalen Einkommensteuer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (3) Variante 3: Familienleistungsausgleich wie im geltenden Recht auch bei der „kommunalen Einkommensteuer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 (4) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 d) Zusätzliche Altersvorsorge, § 10a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 e) Verhältnis der „kommunalen Einkommensteuer“ zur Gewerbesteuer und § 35 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 aa) Szenario 1: Beibehaltung der Gewerbesteuer (unveränderte Rechtslage) 215 (1) Gestaltung bei Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ als Zuschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (2) Gestaltung bei Anknüpfung der „kommunalen Einkommensteuer“ an das zu versteuernde Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (3) Alternative: Keine Berücksichtigung gewerblicher Einkünfte bei der „kommunalen Einkommensteuer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 bb) Szenario 2: Ablösung der Gewerbesteuer durch einen kommunalen Zugang zur Einkommen- und zur Körperschaftssteuer . . . . . . . . . . . . . . . . 219 cc) Szenario 3: Ablösung der Gewerbesteuer durch eine „kommunale Unternehmenssteuer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 f) Auslandseinkünfte und ausländische Steuern, § 34c EStG . . . . . . . . . . . . . . 220 g) Steuerermäßigung für Parteispenden, § 34g EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 h) Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen, § 35a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 i) Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Zuschlagsteuern . . . . . . . . . . . . . . . 225 3. Interkommunale Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Wegfall der bisherigen Verteilungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Das Wohnsitzprinzip als Grundlage für die interkommunale Verteilung . . . . 227 aa) Wohnsitz als zentrales systematisches und verfassungsrechtliches Kri terium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
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bb) Definition des Wohnsitzbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 cc) Behandlung von Zweitwohnsitzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 dd) Sonderfall: Zusammenveranlagte mit unterschiedlichen Wohnsitzen . . . 230 ee) Behandlung von Nichtansässigen, § 1 Abs. 2–4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . 231 ff) Umzug eines Steuerpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 c) Verteilung nach dem Betriebsstättenprinzip als Alternative . . . . . . . . . . . . . . 232 aa) Szenario 1: Beibehaltung der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 bb) Szenario 2: Ablösung der Gewerbesteuer durch einen kommunalen Zugang zur Einkommen- und zur Körperschaftssteuer . . . . . . . . . . . . . . . . 235 cc) Szenario 3: Ablösung der Gewerbesteuer durch eine „kommunale Unternehmenssteuer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 d) Kappung der Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 e) Weitere Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 f) Gemeindeverbände und „kommunale Einkommensteuer“ . . . . . . . . . . . . . . 241 g) Änderungserfordernisse beim sekundären kommunalen Finanzausgleich . . 242 aa) Vertikaler Finanzausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 bb) Horizontaler Finanzausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 III. Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 1. Grundlegende Gestaltung der Administration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Anknüpfung an die staatliche Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 b) Das Verfahren im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 2. Zuständigkeit für die Verwaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ . . . . . 249 a) Sachliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 aa) Zuständigkeit für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen . . . . . . . 250 bb) Zuständigkeit für die Steuerfestsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 cc) Zuständigkeit für die Zahlung der Steuer und das weitere Verfahren . . . 252 dd) Zuständigkeit für mögliche Rechtsbehelfsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 253 ee) Abschließende Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 b) Örtliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 aa) Begriff des Wohnsitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 bb) Steuerpflichtige mit mehreren Wohnsitzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 cc) Örtliche Zuständigkeit in weiteren Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 3. Die Erhebung der kommunalen Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 a) Grundsatz: Erhebung im Veranlagungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 b) Verwaltung bei Vorauszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 c) Erhebung im Quellenabzugsverfahren bei der Lohnsteuer . . . . . . . . . . . . . . 258
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Inhaltsverzeichnis d) Erhebung bei der Abgeltungssteuer/Kapitalertragssteuer . . . . . . . . . . . . . . . 260 e) Alternative: Aufteilung des kommunalen Einkommensteueraufkommens nach Gemeindeschlüsseln (sog. aggregiertes Verfahren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 4. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
IV. Probleme des Übergangs auf ein neues System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 1. Der Systemübergang als politisches Hindernis für eine Reform . . . . . . . . . . . . . 264 2. Der Systemübergang als administrative Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 V. Ergebnisse des dritten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280
Abkürzungsverzeichnis a. A. andere Ansicht Abs. Absatz a. E. am Ende Alt. Alternative AO Abgabenordnung Art. Artikel Aufl. Auflage BB Betriebs-Berater Bd. Band BGBl. Bundesgesetzblatt BMF Bundesminister der Finanzen BR-Drucks. Bundesrats-Drucksache BT-Drucks. Bundestags-Drucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerwG Bundesverwaltungsgericht bzw. beziehungsweise DÖV Die öffentliche Verwaltung DVBl. Deutsches Verwaltungsblatt EStG Einkommensteuergesetz FAG Finanzausgleichsgesetz FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung GewStG Gewerbesteuergesetz GFRG Gemeindefinanzreformgesetz GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls GrStG Grundsteuergesetz GVBl. Gesetzes- und Verordnungsblatt Hs. Halbsatz i. S. d. im Sinne des i. V. m. in Verbindung mit RGBl. Reichsgesetzblatt Rn. Randnummer Rz. Randziffer S. Seite; Satz sog. sogenannte(r/s) StuW Steuern und Wirtschaft Tz. Textziffer Var. Variante vgl. vergleiche
22 z. B. ZKF
Abkürzungsverzeichnis zum Beispiel Zeitschrift für Kommunalfinanzen * * *
Im Übrigen richten sich Abkürzungen nach: Kirchner, Hildebert/Pannier, Dietrich, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6. Aufl. 2008
Weitere Hinweise Diese Arbeit legt das geltende Recht am 1.4.2012 zu Grunde. Rechtsprechung, Literatur und Zahlenmaterial sind ebenfalls bis zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt. Soweit für die Untersuchung der geltenden Rechtslage die Heranziehung landesrechtlicher Vorschriften erforderlich ist, beschränkt sich diese Arbeit weitgehend auf das Recht des Landes Nordrhein-Westfalen.
Einführung: Reformbedarf bei den Kommunalfinanzen „Das deutsche Steuerrecht ist zu einem Monstrum heran gewachsen, das Gerechtigkeit, Transparenz, Glaubwürdigkeit und damit in letzter Konsequenz die Demokratie beschädigt.“1 „Im heutigen deutschen Föderalismus bezahlt jeder für jeden. (…) Daher hat jeder einen Anreiz, auf Kosten des anderen zu leben.“2 „2010 war finanziell ein schwarzes Jahr für die Kommunen. Sie sind so tief in die roten Zahlen gerutscht wie noch nie seit Bestehen der Bundesrepublik. Fast 10 Milliarden Euro Defizit müssen die Politik in Bund und Ländern aufrütteln.“3
Drei Aussagen – der aktuelle Kommentar in der Tagespresse, der Auszug aus einem Standardwerk der Finanzwissenschaft sowie die Verlautbarung des Deutschen Städtetages – seien hier nur exemplarisch angeführt. Doch verdeutlichen diese drei Zitate aus drei verschiedenen Kontexten und mit drei unterschiedlichen Aussagen die im Kern ihrer Analyse quasi unbestrittene Ausgangsposition für die nachfolgende Untersuchung bereits nahezu vollumfänglich: Das intransparente, daher ungerechte, wenig glaubwürdige und demokratieschädliche deutsche Steuerrecht hat schlechterdings eine besondere Ausprägung in der schier unauflöslichen Verflechtung der Finanzströme zwischen den Gebietskörperschaften sowie der finanziellen Not der Gemeinden.
I. Strukturelle Defizite im Kommunalfinanzsystem Letzterer der vorgenannten Aspekte – die finanzielle Belastung der Kommunen in Deutschland – ist der in der Praxis wohl am deutlichsten als defizitär fühlbare. Die gemeindliche Finanznot stellt jedoch kein Novum dar. Sie entwickelt sich vielmehr zu einer permanent wiederkehrenden Problematik. Die Analyse der Symptome wie der Ursachen erfreut sich dabei einer großen Bandbreite: Steigende Aus 1
Haverkamp, Liste des Muts, in: Der Tagesspiegel v. 29.6.2011, S. 1. Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 627. 3 Siehe die Pressemitteilung des Deutschen Städtetages v. 14.2.2011, http://www.staedte tag.de/10/presseecke/pressedienst/artikel/2011/02/14/00767/index.html, abgerufen am 18.2. 2011. 2
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Einführung: Reformbedarf bei den Kommunalfinanzen
gaben, höhere Standards, vor allem im sozialen Bereich4, zusätzliche Aufgaben und nicht vollumfänglich verwirklichte Konnexität von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung, ebenso aber das zunehmend komplexe, steuersystematisch kritikwürdige und gleichheitsrechtlich problematische kommunale Finanz- und Steuersystem5, welches keine zuverlässige Finanzausstattung und nur wenig finanzielle Autonomie gewährleistet, lassen die Kommunen immer tiefer in finanzielle Nöte geraten. Die Gesamteinnahmen der Kommunen in Deutschland beliefen sich im Jahr 2010 auf 173 Mrd. €; die Gesamtausgaben lagen bei 183 Mrd. €.6 Insgesamt sind die Gemeinden mit 119,4 Mrd. € verschuldet.7 Wenngleich der Verschuldungsgrad von Bund und Ländern in quantitativer Hinsicht deutlich problematischer einzustufen ist, stehen die Gemeindefinanzen am Scheideweg. Insbesondere der hohe Anteil der Kassenkredite sollte für die Gemeindefinanzierung die Alarmglocken schellen lassen: Diese – eigentlich nur zur kurzfristigen Überbrückung finanzieller Engpässe gedacht – belaufen sich nunmehr auf inzwischen 44,3 Mrd. €.8 Allein diese Tatsache ist als Signal zu werten, dass es vielen Kommunen immer schwerer fällt, ihre Tätigkeiten zu finanzieren.9 Die grundlegende Ursache dieser Kommunalfinanzkrise kann nicht mit vorübergehenden konjunkturbedingten Problemen erklärt werden. Auch kann nicht von einer grundsätzlichen, allgemeinen, strukturellen Unterfinanzierung die Rede sein.10 Vielmehr liegt der Grund offensichtlich im System: Zum einen ist die Kon 4 Siehe nur BMF, Eckdaten zur Entwicklung und Struktur der Kommunalfinanzen 2000– 2009, Stand: Mai 2010, S. 19 ff. Nach Darstellung von Kuban, FR 2010, S. 978, stiegen die kommunalen Soziallasten im Jahr 2009 erstmals über 40 Mrd. € und sind damit fast doppelt so hoch wie nach der Wiedervereinigung. 5 Nach Hey, VVDStRL 66 (2007), S. 277 (321) m. w. N. verstößt „das geltende System der Gemeindefinanzierung […] gegen nahezu jeden Grundsatz eines rationalen dezentralen Steuersystems.“ 6 Statistisches Bundesamt, Fachserie 14 Reihe 10 – 2010, Schulden der öffentlichen Haushalte, Wiesbaden 2011. 7 Stand: 31.12.2010. Statistisches Bundesamt, Fachserie 14 Reihe 10 – 2010, Schulden der öffentlichen Haushalte, Wiesbaden 2011. 8 Deutscher Städtetag, Aktuelle Finanzlage der Städte – Rückblick auf 2011 und Prognose für 2012, S. 2. Demnach sind die Kassenkredite seit Beginn der Finanzmarktkrise (Ende des Jahres 2008) um etwa 14,5 Milliarden Euro gewachsen, das entspricht einem Zuwachs von nahezu 50 % in drei Jahren. Indessen stellt sich – wie am Beispiel der Kassenkredite deutlich wird, die Situation in den einzelnen Ländern unterschiedlich dar; so entfallen (Stand: 2009) 90 % der Kassenkredite auf die Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland. Vgl. dazu die Darstellung bei Deubel, Durch mehr kommunale Selbstverwaltung aus der Krise, in: FS Lang, 2011, S. 423 ff. 9 Siehe zur differenzierten Betrachtung dieser Frage auch Wölte, Wege aus der Kommunalverschuldung, 2012, S. 19 ff. 10 Siehe die Analyse von Brügelmann/Fuest, Reform der Gemeindefinanzen, 2011, S. 14 ff. Danach haben die Kommunen im dort untersuchten Zeitraum von 1993 bis 2009 gar bei einer Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen insgesamt 7,6 Mrd. Euro erwirtschaftet.
I. Strukturelle Defizite im Kommunalfinanzsystem
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nexität kommunaler Einnahmen, Aufgaben und Ausgaben nicht hinreichend berücksichtigt. Zum anderen gewährleistet das kommunale Finanzsystem auch bei einer isolierten Betrachtung keine verlässlichen Einnahmen. Einzelne Jahre mit ‚sprudelnden Steuerquellen‘ sind kein Lichtblick, sondern vielmehr Symptom eines grundlegenden Problems: Das Kommunalfinanzsystem basiert in wesentlichen Teilen nicht auf stetigen, sondern auf volatilen, immens konjunkturabhängigen Einnahmequellen. Von Planbarkeit und Zuverlässigkeit kann keine Rede sein: Die Kommunen können nur schwerlich mit sicheren Einnahmen rechnen.11 Hinzu kommt, dass der Autonomiegehalt der gemeindlichen Einnahmenstruktur zu wünschen übrig lässt: Der größte Teil ihrer Einnahmen fließt den Gemeinden ohne eigenes Mitbestimmungsrecht und ohne klare Zuordenbarkeit, sondern vielmehr auf „verschlungenen Pfaden“12 zu. Der einzelne Bürger erkennt deshalb nicht, was mit seinen Abgaben passiert. Das Interesse an Kommunalpolitik ist entsprechend häufig nur marginal, die Wahlbeteiligung bei Gemeinderats- oder Bürgermeisterwahlen gering, das Anspruchsdenken gegenüber den Gemeinden hingegen oft hoch, das Verständnis für die Finanzierung öffentlicher Güter klein – es könnte gar von einem Demokratiedefizit gesprochen werden. Der Begriff der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Grundgesetzes wird vor dem Hintergrund solcher Tendenzen vielerorts von den Verantwortlichen als Worthülse empfunden. Der breite Konsens, dass sich angesichts dieser Entwicklungen etwas ändern muss, wird nicht bestritten und ist nicht erst seit jüngerer Zeit gegeben – doch bereits bei dieser Frage des ‚ob‘ findet dieser Konsens seine Grenze: Zuletzt blieben in den Jahren 2002/2003 und 2010/2011 mit großen Erwartungen eingesetzte Gemeindefinanzreformkommissionen ohne nennenswerte Ergebnisse. Während auf Seiten der Wissenschaft wie auch der Wirtschaft hinsichtlich der Notwendigkeit einer umfassenden, strukturellen Reform der Kommunalfinanzen weitgehend Einigkeit besteht13, verhindern politische Kräfte, insbesondere die durch große, gewerbestarke Städte dominierten kommunalen Spitzenverbände, durch das Klammern an bekannte und vermeintlich ertragreiche Steuerquellen den möglichen ‚großen Wurf‘.14 Statt dessen werden Probleme mit zusätzlichem Geld ge 11 So ergibt sich aus der Analyse von Brügelmann/Fuest, Reform der Gemeindefinanzen, 2011, S. 14 ff. auch, dass sich im dort untersuchten Zeitraum von 1993 bis 2009 Jahre mit deutlich positiven und deutlich negativen Finanzierungssalden gegenüber standen. Dabei ist die Volatilität der Einnahmen größer als die der Ausgaben. 12 Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission Steuergesetzbuch, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2006, S. 15. 13 Dies wird im weiteren Verlauf der Untersuchung im Einzelnen noch dargelegt. Vgl. hier nur Brügelmann/Fuest, Reform der Gemeindefinanzen, 2011, S. 5 sowie Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2010/11, BTDrucks. 17/3700, Tz. 393 ff. 14 Kritisch zum Scheitern der Gemeindefinanzreform 2010/2011 etwa der Kommentar von Schäfers, Ungenügend, FAZ v. 15.6.2011, S. 11: „Die Städte halten an ihr (der Gewerbesteuer, d. Verf.) fest, auch wenn schwer zu verstehen ist, warum. Die Einnahmen sind schwer kalku
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Einführung: Reformbedarf bei den Kommunalfinanzen
löst15 – und es bleiben kleine ‚Reförmchen‘, durch die an den vielen Stellschrauben des Kommunalfinanzsystems gedreht, das System als solches jedoch nicht reformiert, sondern nicht selten vielmehr ad absurdum verkompliziert wird. Es ist daher an der Zeit, Möglichkeiten einer kleinschrittigeren Reform, die das System zwar langsam, aber stetig auf neue Füße stellt, zu erörtern. Wenn der ‚große Wurf‘ nicht machbar oder jedenfalls politisch nicht durchsetzbar ist16, muss er – das ist die bleibende Erkenntnis zahlreicher Reformdebatten – durch viele ‚kleine Würfe‘ ersetzt werden.17
II. Ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung? Mit einem dieser „kleinen Würfe“ – der isoliert umsetzbar ist, aber im Kontext einer großen Reformidee stehen kann – befasst sich die vorliegende Arbeit. Bereits seit der Gemeindefinanzreform von 1969 sind die Gemeinden am Aufkommen aus der Einkommensteuer beteiligt – und bereits seitdem sieht das Grundgesetz in Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG die Option eines kommunalen Hebesatzrechtes im Bereich der Einkommensteuer vor. Ein solcher eigener kommunaler Zugang zur Besteuerung des Einkommens der Wohnbevölkerung wird in der steuerpolitischen Diskussion um eine Reform der Kommunalfinanzen und der Gemeindesteuern immer wieder – wenn auch in verschiedenen Varianten der Ausgestaltung – aufgegriffen.18 Er wurde jedoch bislang nicht umgesetzt.
lierbar, sie hängen von der Konjunktur und von wenigen Unternehmen ab. […] Die großen Städte, die von dem System profitieren, nutzen ihre Vorherrschaft im Spitzenverband, um den Status quo zu verteidigen.“ − Siehe dazu ferner nur die Pressemeldung des Deutschen Städtetages v. 27.12.2011, http://www.staedtetag.de/10/presseecke/pressedienst/artikel/2011/ 12/27/00830/index.html, abgerufen am 9.1.2012. 15 Vgl. zuletzt das Gesetz zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen v. 6.12.2011, BGBl. I 2011, S. 2563, mit dem die Lasten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung schrittweise vermehrt durch den Bund übernommen werden sollen. 16 Zur Reformproblematik insbesondere bei der Einkommensteuer und den Kommunalsteu ern Hey, Steuerreformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftspolitische Blätter 2008, S. 519 (521). Zur Durchsetzbarkeit grundlegender, großer Reformen im „Parteien und Verbändestaat“ allgemein auch Kirchhof, Bundessteuer gesetzbuch, 2011, Vorwort, S. VII f. 17 Jedenfalls gilt dies für solche Fälle, in denen die einzelnen Reformschritte abgrenzbare, voneinander weitgehend unabhängige Teilbereiche sind, vgl. Hey, Steuerreformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftspolitische Blätter 2008, S. 519 (520). In anderen Fällen führe eine „Politik der kleinen Schritte“ hingegen zu hohen Kosten und bringe einer Gefahr der Verwässerung mit sich. 18 Statt vieler siehe hier zunächst nur Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland („Troeger-Gutachten“), 1966, Tz. 410 ff.; Wendt, BB 1987, S. 1677 (1681 ff.); Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission „Steuergesetzbuch“: Steuerpolitisches Programm, Berlin 2006, S. 42.
III. Zielsetzung und Gang der Untersuchung
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Die Gründe dafür sind vielfältiger Natur. Sie reichen von rechtlichen, ökonomischen und verwaltungstechnischen Bedenken bis hin zu politischen Verteilungskämpfen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, zwischen großen und kleinen, zwischen steuerstarken und steuerschwachen Kommunen, zwischen Ballungsgebieten und ländlichem Raum. Nicht selten bleiben in einer solchen politischen Debatte jedoch grundlegende Erwägungen auf der Strecke. Und wie so häufig in einer Systemfrage scheint es, als würde das Richtige unter dem Vorwand des Mach baren dem politisch Durchsetzbaren geopfert.19
III. Zielsetzung und Gang der Untersuchung Zusammenfassend lässt sich somit festhalten: Die finanzielle Lage der Gemeinden in Deutschland ist desolat. Dies ist ein Problem sowohl der Aus- und Aufgaben als auch der kommunalen Einnahmen. Bei Letzteren können einzelne Jahre mit sprudelnden Steuerquellen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Einnahmesystem als solches einer Reform bedarf: Es basiert im Wesentlichen auf volatilen Steuerquellen und gewährleistet nur wenig finanzielle Autonomie. Verschiedene Reformvorhaben, die diese Probleme angehen sollten, bleiben mangels politischer Durchsetzbarkeit einer umfassenden Reform ohne Erfolg. An dieser Stelle setzt die vorliegende Arbeit an. Sämtliche Aspekte zur Beteiligung der Gemeinden an der Einkommensteuer und den Möglichkeiten ihrer Ersetzung durch einen eigenen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung sollen in der vorliegenden Dissertation untersucht und abgewogen werden. Was ist der Status Quo? Was ist der richtige Weg? In welcher Form ist dieser Weg realisierbar? Ausgehend von einer Analyse der kommunalen Einnahmen- und insbesondere der Kommunalsteuerstruktur wird der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer als Teil des Systems aufgegriffen, einer umfassenden Kritik unterzogen und auf Reformbedürftigkeit und Reform möglichkeit untersucht. Grundlage dafür ist das in der Arbeit entwickelte Anforderungsprofil an ein kommunales Steuersystem. Schließlich werden detailliert die zahlreichen Möglichkeiten der Ausgestaltung einer solchen „kommunalen Einkommensteuer“ erörtert – von der materiell-rechtlichen Gestaltung über die Einrichtung des Verwaltungsverfahrens bis hin zu einem möglichen Übergang vom jetzigen zu einem neuen System. Dieser mögliche „kleine Wurf“ für die Reform der Kommunalfinanzen ist dabei stets vor dem Zusammenhang einer umfassenden Reform mit all ihren intersteuerlichen Bezügen zu sehen und zu untersuchen:
19 Überzeugend zur Problematik von Steuerreformen in Deutschland Hey, Steuerreformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschafts politische Blätter 2008, S. 519 ff. Danach gilt insbesondere die Einkommensteuer als „reform resistent“. Siehe ferner Eilfort, Steuerrechtsordnung und Gesetzgebung – ein Widerspruch?, in: FS Lang, 2011, S. 375 ff.
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Einführung: Reformbedarf bei den Kommunalfinanzen
Nur durch eine Betrachtung in einem breiten Kontext lassen sich Wertungswidersprüche vermeiden. Und nur, falls die einzelnen Schritte entsprechend aufeinander abgestimmt sind, kann am Ende, wenn alle Stützen des Kommunalfinanzsystems nach und nach reformiert wurden, eine angemessene, durchschaubare, verlässliche Finanzausstattung der Kommunen in Deutschland stehen.
Kapitel 1
Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte Jeglicher Reformdiskussion muss eine grundsätzliche und sorgfältige Analyse und Kritik des Status Quo vorausgehen. Im Folgenden sollen daher zunächst grundlegende Erwägungen dargestellt sowie die Strukturen der kommunalen Einnahmen unter besonderer Berücksichtigung der kommunalen Steuern erörtert werden. Vor diesem Kontext wird der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer schließlich als bedeutender Ansatz für eine Reform des Kommunalfinanzsystems herausgegriffen und im Detail untersucht.
I. Die Rolle der Gemeinden in Bundesstaat und Finanzausgleich Welche Aufgaben soll der Staat übernehmen? Welche öffentlichen Träger sollen welche dieser Aufgaben ausführen? Wie sind diese Aufgaben zu finanzieren? Die Antwort auf diese für das Gemeinwesen zentralen Fragen ist in den wesentlichen Umrissen eindeutig, im Detail jedoch umstritten und aufgrund ihrer direkten Bezüge zum einzelnen Bürger ständiger, zentraler Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. 1. Staatliche und kommunale Aufgaben a) Die Zuständigkeitsverteilung öffentlicher Aufgaben als politische Wertungsentscheidung auf finanzwissenschaftlicher Basis Was die Kernaufgaben eines Staates sind, kann weder abschließend noch allgemeinverbindlich definiert werden. Exemplarisch genannt werden können etwa die Gewähr von Rechtsstaatlichkeit, von innerer und äußerer Ordnung, Landesverteidigung, Katastrophenschutz sowie die Gestaltung und Entwicklung einer Kultur.20 20
So etwa Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 43 f.
30 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte Diese Aufgaben werden im Wesentlichen durch den Unterhalt von Gerichten, Ordnungsbehörden, Polizei, Militär, Diplomatie und Bildungseinrichtungen erfüllt. Das Gemeinwesen ist jedoch in der Lage, eine Vielzahl weiterer Tätigkeiten und Aufgaben zu übernehmen. Dabei kann der Staat – in einer Demokratie damit die stimmberechtigte Bevölkerung – frei entscheiden, welche Lebensbereiche öffentlich geregelt, welche Leistungen übernommen werden sollen – und welche nicht. Diese Freiheit bringt, so scheint es, eine ständige Ausweitung der Staats tätigkeit21 und in unvermeidbarer Konsequenz auch ein Wachstum der staatlichen Ausgaben22 mit sich – schließlich existiert „in jedem Gemeinwesen (…) zu jedem Zeitpunkt eine unbegrenzte Anzahl von Bedürfnissen“23. Diesen stehen begrenzte Ressourcen gegenüber, sodass bestimmt werden muss, welche Bedürfnisse wie, wann, wo und mit welchen Mitteln befriedigt werden sollen (Allokation).24 In der Bundesrepublik Deutschland regelt und übernimmt der Staat neben den genannten Kernaufgaben viele weitere Tätigkeiten.25 Um bei dieser Aufgabenfülle eine optimale und vergleichsweise kostengünstige Berücksichtigung der – in vielen Faktoren unterschiedlichen – Vorstellungen der Bürger zu gewährleisten, ist nach der ökonomischen Theorie des Föderalismus ein dezentraler Staatsaufbau erforderlich.26 Die verfassungsrechtliche Grundentscheidung für einen solchen 21 So bereits das sog. Wagnersche Gesetz von 1893: „… geschichtliche (zeitliche) und räumliche, verschiedene Länder umfassende Vergleiche zeigen, daß bei fortschreitenden Culturvölkern … regelmäßig eine Ausdehnung der Staatsthätigkeiten und der gesamten öffentlichen, durch die Selbstverwaltungskörper neben dem Staate ausgeführten Thätigkeiten erfolgt“ (Wagner, Lehr- und Handbuch der politischen Ökonomie, 3. Aufl., Leipzig 1893, S. 893 – zitiert nach Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 117). Allgemein zur Problematik der wachsenden Staatsausgaben Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 157 ff. sowie Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 113 ff. 22 Nach Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 160, ist der Anteil der staatlichen Gesamtausgaben am Bruttonationaleinkommen in der Bundesrepublik Deutschland von 31,2 % im Jahr 1950 auf 47,0 % im Jahr 2009 gestiegen; im gleichen Zeitraum in Großbritannien von 33,6 % auf 57,6 %, in den Vereinigten Staaten von 22,3 % auf 42,2 %. 23 Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 10. 24 Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 10 ff.; siehe auch Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 1991, S. 27 ff. 25 Quantitativ bedeutsam sind darunter vor allem die Bereitstellung einer Infrastruktur (Straßen, Wasserwege, Flughäfen aber auch etwa öffentliche Gesundheitsversorgung) und eines sozialen Ausgleichsnetzes. Letzterer Aspekt ist dabei der wesentliche Faktor für den wachsenden staatlichen Aufgabenkreis und steigende Staatsausgaben: Während der Anteil der staatlichen Realausgaben in Deutschland von 16,4 % des Bruttonationaleinkommens im Jahr 1950 auf einen Anteil von 13,6 % im Jahr 2009 gesunken ist, ist der Anteil der Transferleistungen im gleichen Zeitraum von 14,8 % auf 33,4 % gestiegen (Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 160). 26 Siehe zu dieser Theorie nur Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 613 ff.; Rehm, Kommunalfinanzen, 2010, S. 39 ff.; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 14 ff. m. w. N. Als weitere Argumente für den föderativen Aufbau in Bund, Länder und Gemeinden nennt Zimmermann ferner die Machtaufspaltung im föderativen System sowie die intensivere Möglichkeit der Bürgerbeteiligung durch zusätzliche Staatsebenen.
I. Die Rolle der Gemeinden in Bundesstaat und Finanzausgleich
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wurde mit der Gewähr der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie in Art. 28 Abs. 2 GG fixiert.27 Um die Durchführung staatlicher Aufgaben und Befugnisse konkurrieren in Deutschland entsprechend mehrere Gebietskörperschaften – der Bund, die Länder und die Gemeinden.28 In Art. 30 GG kommt der Verfassungsgedanke zum Ausdruck, dass die Zuständigkeit für staatliches Handeln grundsätzlich bei den Ländern liegt, sofern das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Die Zuständigkeitsverteilung für die einzelnen Bereiche der staatlichen Tätigkeit in den Ausprägungen der Gesetzgebung, Regierung, Verwaltung und Rechtsprechung ergibt sich jedoch auch vollständig aus anderen Normen der Staatsverfassung.29 Welche Aufgaben die Kommunen konkret erfüllen können und müssen, ist somit Ergebnis einer rechtlich fixierten Wertungsentscheidung des (Verfassungs-)Gesetzgebers. Diese basiert jedoch auch auf grundlegenden finanzwissenschaftlichen Erwägungen, insbesondere hinsichtlich der Geeignetheit einzelner Aufgabenfelder für eine zentrale oder eine dezentrale Erfüllung.30 b) Die Gemeinden als staatsrechtliche Untergliederung der Länder und eigenständige politische Einheit Den Gemeinden kommt in der bundesstaatlichen Struktur eine ambivalente Rolle zu. Die Entwicklung, sie überhaupt als Teil der staatlichen Sphäre zu begreifen, hat sich erst nach und nach ergeben. Noch die Verfassung des Deutschen Reiches von 184931 führte das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden im Bereich der Grundrechte32; die Gemeinden wurden seinerzeit „dem gesellschaftlichen Bereich zugeordnet und als Korporationen der Bürger in Abwehrstellung gegenüber dem Staat begriffen“.33 Nunmehr macht die Stellung von Art. 28 im Grundgesetz im Bereich der staatsorganisationsrechtlichen Vorschriften deutlich, dass die Kommunen vollständig als Teil des organisierten Staatsaufbaus zu sehen sind.34 Sie 27 So überzeugend Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 48 ff. 28 Zu Letzteren zählen auch die Gemeindeverbände, die der Übersichtlichkeit halber nicht gesondert erwähnt werden. 29 Die Regelung des Art. 30 GG ist daher grundsätzlich weitgehend entbehrlich, vgl. Korioth, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 30 Rn. 1 (2006). Siehe dazu auch Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 16 ff. 30 Siehe dazu etwa die Skala bei Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 72 ff. 31 „Verfassung des deutschen Reiches vom 28. März 1849“ – auch „Paulskirchenverfassung“ oder „Frankfurter Reichsverfassung“. 32 In Abschnitt VI. („Die Grundrechte des deutschen Volkes“) der Verfassung heißt es in § 184: „Jede Gemeinde hat als Grundrechte ihrer Verfassung: a) die Wahl ihrer Vorsteher und Vertreter; b) die selbstständige Verwaltung ihrer Gemeindeangelegenheiten mit Einschluß der Ortspolizei, unter gesetzlich geordneter Oberaufsicht des Staates; c) die Veröffentlichung ihres Gemeindehaushaltes; d) Öffentlichkeit der Verhandlungen als Regel.“ 33 BVerfGE 83, 37 (54). 34 Gebhardt, Das kommunale Selbstverwaltungsrecht, 2007, S. 23 f.
32 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte stellen jedoch grundsätzlich gerade keine eigene, dritte Ebene dar, sondern sind – obgleich ihres besonderen Selbstverwaltungsstatus – als Gebietskörperschaft ein Träger mittelbarer Staatsverwaltung.35 Das Grundgesetz hat sich für einen zweistufigen Staatsaufbau entschieden, in dem staatliche Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland vom Bund und den Ländern durchgeführt werden. Die Gemeinden gehören verfassungsrechtlich zum Organisationsbereich der Länder.36 Sie sind aber nicht nur nachgeordnete Elemente des staatlichen Verwaltungsaufbaus, sondern eigenständige politische Körperschaften. Entsprechend können sie in diesem Gefüge als demokratisch verfasste Gebietskörperschaften gem. Art. 28 Abs. 2 GG37 zum einen Selbstverwaltungs angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in Eigenverantwortung regeln.38 Zum anderen können ihnen daneben auch Aufgaben der Landes- und Bundesverwaltung übertragen werden.39 Es ist also zwischen einem „eigenen Wirkungskreis“ der Gemeinden und den „von Staat den Gemeinden übergebenen Aufgabenbereich“ zu unterscheiden.40 Die von den Kommunen ausgeübte Staatsgewalt unterscheidet sich in beiden Fällen qualitativ nicht von der durch Bund und Länder.41 Die Gemeinden sind somit einerseits eine dezentrale Verwaltungseinheit, andererseits als Selbstverwaltungskörperschaft aber auch „Keimzelle der Demokratie“42; sie haben in diesem Zusammenhang eine zentrale Funktion für die demokratischen Strukturen des Gemeinwesens, in dem „dem Gedanken des Selbstbestimmungsrechts der Gemeindebürger wieder erhöhte Geltung zu verschaffen“43 ist und Demokratie ausgehend von der kommunalen Selbstverwaltung von unten nach oben aufgebaut werden muss.44 35 BVerfGE 65, 283, 289; BVerfGE 78, 344, 348; BVerfGE 86, 148, 215; Maunz, in: ders./ Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 79 (Grundwerk 1958); Nierhaus, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 28 Rn. 34. Dieser rechtlichen Einordnung steht jedoch eine finanzwissenschaftliche Sichtweise gegenüber, nach der die Gemeinden selbstverständlich als dritte Ebene in einem dreistufigen Staatsaufbau angesehen werden, siehe nur Zimmermann, Kommunal finanzen, 2. Aufl. 2009, S. 59. 36 Statt vieler BVerfGE 86, 148 (215). 37 Vgl. auch in den Landesverfassungen: Art. 71 LV BW; Art. 11 Abs. 2 i. V. m. Art. 83 BayVerf; Art. 97 Verf Brb; Art. 144 BremVerf; Art. 137 HV; Art. 72 MVVerf; Art. 57 NdsVerf; Art. 78 NRW Verf; Art. 49 und 50 RhPfVerf; Art. 118 SLVerf; Art. 84 SaVerf; Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LSAVerf; Art. 46 Abs. 1 und 2 SHVerf; Art. 91 Abs. 1 und 2 ThürVerf. Für Berlin und Hamburg entfällt die Garantie einer kommunalen Selbstverwaltung, da diese Bundesländer jeweils nur aus einer einzigen Kommune bestehen. 38 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 42 ff. 39 „Zu dem Bild der Selbstverwaltung gehört seit je, daß die Kommunen auch im sogenannten übertragenen Wirkungskreis tätig werden, der Staat sich ihrer zur Erfüllung eigener Aufgaben bedient.“ (BVerfGE 78, 344, 348) 40 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 66. 41 BVerfGE 47, 253, 272 ff.; BVerfGE 83, 37, 53 ff. 42 BVerfGE 79, 127 (149). 43 BVerfGE 79, 127 (149). 44 So BVerfGE 79, 127 (149); Dreier, in: ders., Grundgesetz, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 28 Rn. 85 m. w. N.
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c) Klassifizierung kommunaler Aufgaben Die kommunalen Aufgaben lassen sich entsprechend in Selbstverwaltungsaufgaben und übertragene Aufgaben (Fremdverwaltungsaufgaben) untergliedern.45 Selbstverwaltungsangelegenheiten sind diejenigen, die in der jeweiligen (örtlichen) Gemeinschaft wurzeln oder auf diese einen spezifischen Bezug haben und von ihr eigenverantwortlich und selbstständig durchgeführt werden können.46 Beide Aufgabentypen können den Kommunen nur durch die Länder, nicht (mehr) jedoch unmittelbar von Seiten des Bundes, also unter Übergehung der Länderebene, zugewiesen werden.47 Dementsprechend existieren sowohl freiwillige als auch pflichtige Selbst verwaltungsaufgaben. Zu Ersteren zählt etwa die Bereitstellung von öffentlichem Nahverkehr, Wirtschaftsförderungsmaßnahmen, Bibliotheken, Theatern, Sportstätten und Museen sowie sozialen Leistungen wie Krankenhäusern. Diese kann die Kommune weisungsfrei und eigenverantwortlich übernehmen, ist dazu aber nicht verpflichtet.48 Entsprechend obliegt ihr – dem Konnexitätsgrundsatz folgend – aber auch die Finanzierung.49 Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben sind hingegen etwa der Bau und die Unterhaltung von Schulen50, Kindergärten, Straßen51 oder Friedhöfen, die Durchführung einer Bauleitplanung52, oder die Bereitstellung von Feuerschutz und Abwasserbeseitigung. Hier ist die Kommune durch Landes- oder Bundesrecht zur Übernahme der Aufgabe verpflichtet, jedoch in ihrer Ausgestaltung frei.53 Neben den Selbstverwaltungsangelegenheiten werden den Kommunen staatliche Aufgaben – klassifiziert als „übertragene Aufgaben“, „Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung“ oder „Auftragsangelegenheiten“ – übertragen.54 Zu nen 45 Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 503. Diese Terminologie wird jedoch nicht in allen Bundesländern einheitlich verwendet, so Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 105 m. w. N. 46 So BVerfGE 8, S. 122 (134). Den Umfang der Selbstverwaltung bestimmt dabei das Landes- und das Bundesrecht, vgl. Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 72. 47 So explizit Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG in der durch die Föderalismusreform I, Gesetz v. 28.8.2006 (BGBl. I 2006, S. 2034) neu gefassten Form. Siehe auch Art. 85 Abs. 1 S. 2 GG. Nach Art. 125a Abs. 1 GG gilt jedoch bisher erlassenes Bundesrecht als Bundesrecht fort, kann jedoch durch Landesrecht ersetzt werden. Vgl. dazu auch F. Kirchhof, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 84 Rn. 152 ff. 48 Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 503. 49 Siehe zur Ausgabenkompetenz der Gemeinden nur Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 2001, S. 45 ff. 50 Siehe etwa § 10 Abs. 1, Abs. 2 SchVG NW, GV. NW. 1982, S. 486. 51 Siehe etwa § 47 StrWG NW, GV. NW. 1995, S. 1028. 52 Siehe § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB. 53 Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 503. 54 Burgi, Kommunalrecht, 3. Aufl. 2010, S 76 ff. Die Einordnung und Benennung der einzelnen Aufgabentypen ist dabei Sache des Landesrechts, vgl. Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 73 ff.
34 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte nen wären beispielhaft die Bauaufsicht55, Gefahrenabwehr56, Natur-, Katastrophen- und Zivilschutz57 aber auch die Verwaltung von Sozialhilfe (Grundsicherung) und Wohngeld sowie die Durchführung von Wahlen. Hier ist die Kommune teilweise bis in Detailregelungen weisungsgebunden, ihr obliegt allerdings die Personal- und Organisationshoheit.58 Bereits diese Darstellung verdeutlicht, dass die Abgrenzung zwischen pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben und übertragenen Aufgaben häufig fließend und nur schwerlich vorzunehmen ist.59 Entsprechende Probleme können sich auch bei der Finanzierung der jeweiligen kommunalen Tätigkeitsfelder ergeben. 2. Die Finanzierung kommunaler Aufgaben im bundesstaatlichen Finanzausgleich Vielfach wird versucht, mit dem Begriff der „Konnexität“ die Frage nach der Finanzierung kommunaler Aufgaben zu beantworten: Liegt die Aufgabenkompetenz bei der Kommune, soll ihr auch die Ausgabenverantwortung obliegen; ist eine Aufgabe – unabhängig vom Aufgabentypus – den Kommunen von höherer Ebene zugewiesen, soll dies eine Verpflichtung des Bundes bzw. Landes mit sich bringen, eine (zumindest teilweise) Finanzierung dieser Aufgaben zu gewährleisten.60 Bei einer Zuweisung durch den Bund ist dabei der „Umweg“ über den Länderfinanzausgleich in Kauf zu nehmen, indem der entsprechende Finanzbedarf der Kommunen im Rahmen des Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern berücksichtigt wird.61 55 Siehe etwa § 60 Abs. 2 BauO NRW, GV. NRW. 1999, S.622, i. V. m. §§ 11 ff. OBG NW, GV. NW. 1980, S. 528. 56 Siehe etwa § 3 OBG NW. 57 § 2 Abs. 1 KatSchG NW, § 2 ZivSchG NW. 58 Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 503. 59 So auch die Folgerung bei Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 503. 60 Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84c; Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 517 f.; Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 1991, S. 45 ff.; Henneke, Die Kommunen in der Finanzverfassung des Bundes und der Länder, 4. Aufl. 2008, S. 138 ff. Ein grundsätzliches Problem stellt dabei jedoch die Durchsetzbarkeit des Konnexitätsprinzips auf verfassungsprozessualem Wege dar, vgl. nur Henneke, in: Oebbecke/Ehlers/Schink/ Pünder (Hrsg.), Kommunalfinanzen, 2001, S. 27 (43 ff.) mit Verweis auf Ehlers, DVBl. 2000, S. 1520 ff. Aktuell auch Engels, Die gerichtliche Durchsetzbarkeit des Konnexitätsprinzips, in: Bunzel/Hanke (Hrsg.), „Wer zahlt die Zeche?“ Das Konnexitätsprinzip – richtig angewandt, 2011, S. 45 ff. Vgl. zur Möglichkeit der Zuweisung von Aufgaben durch den Bund nun jedoch Art. 84 Abs. 1 S. 7 sowie Art. 85 Abs. 1 S. 2 GG in der durch die Föderalismusreform I, Gesetz v. 28.8.2006 (BGBl. I 2006, S. 2034) neu gefassten Form; siehe ferner zur Fortwirkung von Bundesrecht Art. 125a Abs. 1 GG. 61 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 96. Auch bei der Bedarfsermittlung des jeweiligen Landes im Rahmen des horizontalen Länderfinanzausgleichs wird der Finanzbedarf der Kommunen – abstrakt aufgabenorientiert zu ermitteln – berücksichtigt, vgl. BVerfGE 86, 148 (222).
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In einigen Fällen übernimmt der Bund bzw. das Land aber auch vollständig die finanzielle Verantwortung. Jedenfalls richtet sich der Anspruch der Kommunen auf die entsprechende Finanzausstattung aufgrund der staatsorganisationsrechtlichen Zuordnung primär an die Länder.62 Die Frage der Ausgabenverantwortung wird damit in einen logischen Zusammenhang mit der Einnahmenkompetenz gestellt: Der Finanzbedarf der öffentlichen Hand ist aus der Wirtschaft des Staatsgebiets, welches von Bund, Ländern und Gemeinden gleichsam umschlossen ist, zu ziehen. Ebenso wie um die staatlichen Aufgaben konkurrieren Bund, Länder und Gemeinden somit auch um die Verteilung der öffentlichen Mittel.63 Die Regelung der finanziellen Ausstattung der einzelnen Gebietskörperschaft ist dabei nicht minder bedeutend als die Zuordnung von Aufgaben und Zuständigkeiten – befähigen doch erst selbstständige Einnahmen zu einem kraftvollen Tätigwerden. Entsprechend zählt „die Auf- und Zuteilung der stets knappen Finanzmasse zu einer der großen Herausforderung föderaler Systeme.“64 a) Die Gemeinden in der Finanzverfassung Der rechtliche Handlungsrahmen, innerhalb dessen eine optimale, wirtschaftlich rationale, also den Präferenzen der Bürger entsprechende und kostengünstige Allokation der staatlichen Mittel erfolgt, ist in der Finanzverfassung des Grundgesetzes, Art. 104a ff. GG, festgelegt.65 Für die Finanzierung der Kommunen ist zusätzlich die Vorschrift des Art. 28 Abs. 2 GG zu beachten, die durch die Art. 104a ff. GG, insbesondere Art. 106 GG konkretisiert wird.66 Vor allem spielt der daraus hervorgehende, nachfolgend noch näher zu untersuchende Grundsatz der Finanzhoheit67 der Kommunen, also der Gewährleistung einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft, der unstreitig zum Kern der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie zählt, eine besondere Rolle.68 Die Ausgaben- und Lastenverantwortung für staatliches Handeln regelt Art. 104a GG. In dieser Norm kommt das Konnexitätsprinzip zum Ausdruck: Demnach sollen Aufgabenwahrnehmung und Verantwortung für die daraus resul 62
BVerfGE 86, 148 (218 f.). So bereits Hensel, StuW 1926, S. 878 (879). 64 Hey, VVDStRL 66 (2007), S. 277 (279) m. w. N. 65 So auch Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 26 f. 66 Siehe nur BVerfGE 71, 25 (Leitsatz). 67 Der Begriff Finanzhoheit wird in dieser Arbeit mit dem Begriff der Finanzautonomie gleichgesetzt; siehe dazu auch Waldhoff, VVDStRL 66 (2007), S. 216 (224 f.). 68 Siehe nur BVerfGE 23, 353, 369; BVerfGE 26, 228, 244; BVerfGE 52, 95, 117. Im weiteren Verlauf der Untersuchung soll darauf detaillierter eingegangen werden. Siehe auch Kirchhof, Die kommunale Finanzhoheit, in: Püttner (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 6, 2. Aufl. 1985, S. 3 ff. 63
36 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte tierenden Ausgaben im Bundesstaat grundsätzlich bei derselben staatlichen Ebene liegen.69 Die Kommunen erwähnt Art. 104a GG jedoch nicht ausdrücklich. Bei der Verteilung der Einnahmen verhält es sich hingegen anders: In Art. 106 GG, der den Gebietskörperschaften die Ertragshoheit der einzelnen Steuern zuordnet und damit wesentlich den primären Finanzausgleich regelt, hat der Verfassungsgesetzgeber in den Absätzen 5 bis 7 die Kommunen ausdrücklich aufgeführt und steuerlich neben Länder und Bund gestellt. Dies weicht von dem zuvor genannten Grundsatz ab, dass es grundsätzlich Sache des Landesrechtes ist, wie die Finanzierungskompetenzen zwischen Land und Gemeinden zu verteilen sind.70 Der Bund ist damit sowie in seiner Rolle als Zuständiger für die Gesetzgebung71 für die finanzielle Ausstattung der Kommunen mit verantwortlich – wenngleich diese Verantwortung eher grundsätzlicher Natur ist, während die Länder nach wie vor die Hauptlast der Gewährleistung der Gemeindefinanzierung tragen.72 Die Gemeinden werden somit in der bundesstaatlichen Finanzverfassung nur auf der Einnahmeseite ausdrücklich als Berechtigte aufgeführt. Diese besondere Rolle im Gefüge der Finanzverfassung ist besonders in den Blick zu nehmen und im weiteren Verlauf der Arbeit zu untersuchen. b) Die finanzverfassungsrechtliche Trennung von Ausgabenverantwortung und Einnahmeberechtigung Die vorangegangene Darstellung verdeutlicht, dass die Regelung der staatlichen und kommunalen Aufgaben und der entsprechenden Lastentragung von der Regelung der Einnahmen in der Finanzverfassung in rechtlicher Hinsicht grundsätzlich voneinander losgelöst und nebeneinander existiert. Die Auf- und Ausgaben sowie die für die Finanzierung der Aufgaben erforderlichen Einnahmen sind grundsätzlich als zwei Seiten einer Medaille zu betrachten: Die Aufgabenverteilung und damit auch die Ausgabenverantwortung zwischen den Gebietskörperschaften wird in der Regel aufgrund politischer Grundentscheidungen vorgenommen, die Verteilung der Einnahmen folgt dieser Zuständigkeitsverteilung. Sie hat damit – insbesondere, wenn primär auf die zu 69
Siekmann, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 104a Rn. 2. Ferner Rehm, Kommunalfinanzen, 2010, S. 71 f. 70 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 77 – Die genaue Einordnung der Gemeinden in das staatliche Einnahmensystem ist dabei grundsätzlich umstritten und soll im weiteren Verlauf dieser Untersuchung noch erörtert werden. Kirchhof, NJW 2002, S. 1549, spricht etwa von einer „Zweieinhalb-Stufigkeit“ der Finanzverfassung. Siehe zu dieser Frage ferner Wieland, KStZ 2003, S. 81. 71 Vgl. Art. 106 Abs. 5 S. 2 GG; Art. 106 Abs. 5a S. 3 GG; Art. 106 Abs. 6 S. 5 GG sowie grundlegend Art. 105 Abs. 2 i. V. m. Art. 106 Abs. 3 S. 1, Abs. 5 S. 1 GG bzw. Art. 105 Abs. 2 i. V. m. Art. 72 Abs. 2 GG. 72 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 80 ff.
I. Die Rolle der Gemeinden in Bundesstaat und Finanzausgleich
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vor genannte Funktion der Gemeinden als dezentrale Verwaltungseinheit73 abgestellt wird – lediglich eine Hilfsfunktion74. Mit anderen Worten: Die Einnahmeverteilung hat in den gegebenen Aufgabenzuständigkeiten ihre Grundlage und dient ihr, um eine entsprechende Aufgabenerfüllung zu ermöglichen. Wird hingegen die Rolle der Gemeinden als eigenständige politische Einheit und Selbstverwaltungskörperschaft in den Blick genommen, wird die logische Wechselwirkung von der Ausstattung mit finanziellen Mitteln einerseits und der Befähigung zur Aufgabenwahrnehmung andererseits offenbar: Ein enger Begrenzungsrahmen bei den kommunalen Einnahmen kann de facto die Ausgaben und damit die Aufgabenerfüllung begrenzen75, eine großzügige Ausstattung mit Einnahmen die Gemeinden hingegen zu einer Übernahme zusätzlicher Aufgaben befähigen. Entsprechend können auch die Aufgaben den Einnahmen folgen. So unterschiedlich diese Wirkungen sind, bleibt festzuhalten: Kommunale Einnahmen und kommunale Auf- und damit Ausgaben bedingen einander. Sie sind aber rechtlich nicht unmittelbar verknüpft.76 Die Tatsache, dass die Einnahmen den Zweck haben, den Gemeinden die Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, kann dabei als Grundaussage festgehalten werden.77 Für den Gemeindehaushalt gilt – wie für andere staatliche Haushalte auch – der Grundsatz der Gesamtdeckung, nach dem alle Einnahmen grundsätzlich zur Finanzierung aller Ausgaben dienen.78 Die zuvor beschriebene Verteilung der Ausgabenverantwortung und Einnahmeberechtigung der Kommunen in der Finanzverfassung verdeutlicht jedoch, dass die Verteilung der Einnahmen gesonderten Mechanismen unterworfen ist. Sie ist damit in einem gesonderten Schritt von der konkreten Aufgabenverteilung losgelöst zu analysieren.79 Eine Kritik kommunaler Aufgaben und der damit verbundenen Lastenverteilung soll entsprechend in dieser Untersuchung nur insoweit vorgenommen werden, wie sie für die Rechtfertigung der Einnahmequellen erforderlich ist.
73
Siehe oben 1. b). So ausdrücklich Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 108 f. 75 So die Annahme von Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 109. 76 Ebenso Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 1991, S. 48. 77 Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 1991, S. 48. 78 Statt vieler Hey, StuW 2002, S. 314 (316) m. w. N. 79 So auch die Annahmen von Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Grundgesetz, 12. Aufl. 2011, Art. 106 Rn. 10, sowie Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 30 ff. 74
38 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte 3. Die Grundentscheidung für eine Steuerfinanzierung des Gemeinwesens Eine Finanzierung der staatlichen Aufgaben erfolgt weitgehend durch öffentliche Abgaben; insbesondere durch Steuern. Steuern sind gem. § 3 Abgabenordnung (AO) 80 Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen erhoben werden.81 Das Grundgesetz regelt die Erhebung von Steuern in der Finanzverfassung, Art. 104a ff. GG. Diese Vorschriften sind ein „wichtiger Eckstein“82, ein „tragender Pfeiler“83 der bundesstaatlichen Verfassung. Sie dürfen nicht durch die Einführung anderer öffentlicher Abgaben unterlaufen werden, sodass solche stets einer sachlichen Rechtfertigung bedürfen.84 Im Gegensatz zu den Steuern als öffentliche Zwangsabgabe ohne den Anspruch auf Gegenleistung stehen die sogenannten Entgeltabgaben, die eine Zahlung aufgrund einer staatlichen Leistung darstellen.85 Darunter fallen zum einen die Erwerbseinkünfte des Staates als Eigentümer oder Beteiligter an öffentlichen oder privatwirtschaftlichen Unternehmen, vor allem aber auch Gebühren und Beiträge: Wenn der Staat zusätzliche Aufgaben der allgemeinen Daseinsfürsorge – etwa Wasserversorgung oder Abfallentsorgung – übernimmt, können diese durch Gebühren oder Beiträge finanziert werden. Diese haben ihre Legitimation in ihrer Ausgleichsfunktion; die Beitrags- bzw. Gebührenhöhe entspricht somit höchstens den Kosten für die entsprechende Aufgabe.86 Daneben kennt das System öffentlicher Einnahmen insbesondere noch die sogenannten Sonderabgaben. Darunter versteht man öffentliche Abgaben, die ähnlich der Steuer ohne eine konkrete Gegenleistung erhoben werden, die jedoch weiteren engen Voraussetzungen im Hinblick auf Erhebungskompetenz und Mittelverwendung unterliegen.87 Weiterhin besteht der Auffangtatbestand der „sonstigen Abgaben“, welche nur sehr begrenzt zulässig sind und einer besonderen Rechtfertigung bedürfen.88 Darunter fallen vor allem die – in quantitativer Hinsicht sehr 80
BGBl. I 2002, 3866; BGBl. I 2003, 61. Vgl. zur allgemeinen Geltung dieser Definition auch BVerfGE 7, 244. 82 BVerfGE 55, 274 (302). 83 BVerfGE 72, 330 (388). 84 Siekmann, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Vor Art. 104a Rn. 72 f. 85 Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, 2001, S. 36. 86 BVerfGE 108, S. 186, 216 f.; BVerfGE 93, S. 319, 344. Vgl. auch § 3 S. 2 VwKostG. 87 BVerfGE 81, 156, 186 m. w. N.; Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, HStR, Bd. 5, 3. Aufl. 2007, § 119 Rn. 69. „Die Sonderabgabe hat gegenüber der Steuer die seltene Ausnahme zu sein; daraus folgt, daß die Zulässigkeitskriterien strikt auszulegen und anzuwenden sind“, so das BVerfG, BVerfGE 55, S. 274 (Leitsatz). Zu den Zulässigkeitskriterien von Sonderabgaben siehe ferner Siekmann, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Vor Art. 104a Rn. 157 ff. m. w. N. 88 Pahlke, in: ders./König, Abgabenordnung, 2. Aufl. 2009, § 3 Rn. 43 f.; BVerfGE 113, S. 128, 146 f. m. w. N. 81
II. Kommunale Einnahmen und kommunale Steuern
39
bedeutenden – Sozialversicherungsabgaben, die ob des fehlenden konkreten Bezuges zwischen Leistung und Gegenleistung89 in offiziellen Steuerstatistiken auch als „steuerähnliche Einnahmen“ bezeichnet werden.90 Steuern und steuerähnliche Abgaben machen regelmäßig rund 90 % sämtlicher öffentlicher Einnahmen aus.91 Der Anteil der unternehmerischen Einkünfte und der Gebühren und Beiträge liegt hingegen insgesamt nur bei etwa 5 %.92 Diese verfassungsrechtliche Grundsatzentscheidung für eine Steuerfinanzierung des Gemeinwesens93, der folglich grundsätzlich fehlende Zusammenhang zwischen Zahlung und staatlicher Leistung, ermöglicht dem Staat ein Handeln unabhängig von seinem Finanzier und somit eine Erfüllung seiner Kernaufgaben für alle Bürger unabhängig von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit.94 Als Kehrseite dieser Medaille kann hingegen betrachtet werden, dass der Einzelne den abstrakten Bezug zwischen staatlichen, steuerfinanzierten Leistungen und der eigenen Steuerzahlung an den Staat entsprechend nur schwerlich nachvollziehen und erkennen kann. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit ist darauf einzugehen, wie dieses Spannungsverhältnis entschärft werden könnte.
II. Kommunale Einnahmen und kommunale Steuern Vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Vorüberlegungen zu staatlichen und kommunalen Aufgaben und ihrer Finanzierung wird im Folgenden das kommunale Einnahmesystem unter besonderer Berücksichtigung der kommunalen Steuern in den Blick genommen. Dabei ist die zuvor festgehaltene Kernfunktion 89
Siekmann, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Vor Art. 104a Rn. 125 f. Siehe etwa Statistisches Bundesamt, Fachserie 14 Reihe 3.1 – Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts 2007, Wiesbaden 2010. 91 Im Jahr 2007 betrugen die öffentlichen Einnahmen nach finanzwirtschaftlicher Darstellung rund 1.027 Mrd. €; davon entfielen 537 Mrd. € auf Steuern und 377 Mrd. € auf steuerähnliche Einnahmen, insgesamt also etwa 89 %. 99,6 % der steuerähnlichen Einnahmen flossen dabei den Sozialversicherungen zu. Vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 14 Reihe 3.1 – Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts 2007, Wiesbaden 2010. 92 Im Jahr 2007 betrugen die Gesamteinnahmen der öffentlichen Hand aus wirtschaftlicher Tätigkeit rund 22 Mrd. €, aus Gebühren und sonstigen Entgelten rund 28 Mrd. €; insgesamt entspricht das rund 4,8 % der Gesamteinnahmen. Vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 14 Reihe 3.1 – Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts 2007, Wiesbaden 2010. 93 So Siekmann, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Vor Art. 104a Rn. 71 m. w. N.; Birk/ Eckhoff, Staatsfinanzierung durch Gebühren und Steuern: Vor- und Nachteile aus juristischer Perspektive, in: Sacksofsky/Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, 2000, S. 54 (55 ff.). Vielfach wird der Staat des Grundgesetzes auch als „Steuerstaat“ bezeichnet, vgl. dazu etwa Heun, Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts in theoretischer und tatsächlicher Hinsicht, in: Sacksofsky/Wieland (Hrsg.), a. a. O., S. 10 ff. 94 Kirchhof, Nichtsteuerliche Abgaben, Handbuch des Staatsrechts, Bd. 5, 3. Aufl. 2007, § 119 Rn. 1 ff. 90
40 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte der kommunalen Einnahmen – den Gemeinden eine ausreichende Ausstattung mit Finanzmitteln zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu gewährleisten – zu beachten. 1. Die kommunale Einnahmenstruktur im Überblick Die Einnahmen der Kommunen unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung in einigen Punkten von der zuvor dargestellten gesamtstaatlichen Einnahmenstruktur: Sie ergeben sich im wesentlichen aus den drei Säulen Steuereinnahmen (1), laufenden Zuweisungen, Zuschüssen und Erstattungen (2) vor allem von Seiten der Länder95, und weiteren Einnahmen, vor allem den sogenannten Entgeltabgaben, also Gebühren, Beiträgen sowie Erwerbseinnahmen (3). Der Anteil der Steuereinnahmen ist mit etwa 40 % der größte; er liegt in den alten Bundesländern mit 45 % jedoch deutlich höher als in den neuen Ländern mit nur 25 %. Der Bereich der Zuweisungen, Zuschüsse und Erstattungen macht etwa 35 % aus, er ist jedoch als Gegenstück zu den Steuereinnahmen in den neuen Ländern mit 55 % deutlich bedeutender als in den alten Ländern, wo sein Anteil nur bei etwa 30 % der kommunalen Einnahmen liegt. Die weiteren Einnahmen machen etwa 25 % der kommunalen Finanzmasse aus (20 % in den neuen, 25 % in den alten Ländern).96 Die Entwicklung der einzelnen Einnahmeposten und ihrer relativen Bedeutung für die Finanzausstattung der Gemeinden kann anhand der folgenden Tabelle nachvollzogen werden: 2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
Steuern
41 %
39 %
38 %
38 %
40 %
40 %
43 %
43 %
44 %
40 %
Zuweisungen
31 %
32 %
32 %
32 %
31 %
33 %
31 %
32 %
33 %
35 %
weitere Einnahmen
28 %
29 %
30 %
30 %
29 %
27 %
26 %
25 %
23 %
25 %
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von: BMF, Eckdaten zur Entwicklung und Struktur der Kommunalfinanzen 2000 97 bis 2009, 2010, S. 1.
Danach ist der Anteil der einzelnen Einnahmebereiche im dargestellten Zeitraum im Wesentlichen konstant. In der absoluten Höhe gibt es indes freilich grö 95 Siehe für NRW Art. 106 Abs. 7 S. 1 GG, Art. 79 S. 2 VerfNRW; daneben aber auch Zuschüsse des Bundes. 96 Sämtliche Zahlen gerundet auf Basis von BMF, Eckdaten zur Entwicklung und Struktur der Kommunalfinanzen 2000–2009, Stand: Mai 2010, S. 1. Stadtstaaten sind nicht be rücksichtigt. 97 Anmerkung: Die Tabelle stellt die Anteile der einzelnen Einnahmeposten an den Gesamteinnahmen des Verwaltungshaushalts der Gemeinden und Gemeindeverbände von 2000 bis 2009 dar; sämtliche Werte sind gerundet; Stadtstaaten sind nicht berücksichtigt; bereinigt um Zahlungen von gleicher Ebene; enthält nicht die haushaltstechnischen Verrechnungen und die besonderen Finanzierungsvorgänge.
II. Kommunale Einnahmen und kommunale Steuern
41
ßere Schwankungen. Die einzelnen Einnahmequellen der Kommunen sollen im Folgenden kurz näher beleuchtet werden. a) Kommunale Steuereinnahmen Steuereinnahmen stellen regelmäßig den größten Anteil der kommunalen Einnahmen dar. Sie legen – entsprechend der Definition der Steuer – allen Steuerpflichtigen der jeweiligen Gebietskörperschaft unabhängig von ihrer Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen einen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens auf. Die Kommunen erhalten jedoch nicht nur Steuereinnahmen aus dem Aufkommen der Steuerpflichtigen aus ihrem Gemeindegebiet. Im Einzelnen fließen ihnen die Erträge aus der Gewerbe- und der Grundsteuer sowie nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den örtlichen Aufwands- und Verbrauchssteuern zu (Art. 106 Abs. 6 GG), daneben erhalten sie einen Anteil am Einkommen- sowie am Umsatzsteueraufkommen (Art. 106 Abs. 5, 5a GG). Hinsichtlich der Steuerertrags- und Gesetzgebungskompetenz ist im bundesstaatlichen Finanzausgleich zu differenzieren:98 Im sogenannten Steuerverbund sind mehrere Gebietskörperschaften am Aufkommen einer Steuer zu bestimmten Anteilen beteiligt.99 So bestimmt Art. 106 Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 5, 5a GG, dass das Aufkommen aus der Einkommen- und der Umsatzsteuer anteilig dem Bund, den Ländern und den Gemeinden zusteht. Die Details und auch die Höhe der jeweiligen Anteile bestimmen entsprechende Bundesgesetze. Das bedeutet, dass für den kommunalen Anteil an der Einkommen- sowie an der Umsatzsteuer der Bund als Gesetzgeber nicht nur sämtliche Umstände der Ausgestaltung, des Tarifs, der Erhebung und der Verteilung, sondern auch die Höhe des kommunalen Anteils am Gesamtsteueraufkommen regelt. Das Gegenstück bildet das sogenannte Trennsystem, in dem sich jede Gebietskörperschaft die notwendigen Einnahmen selbstständig beschaffen kann.100 Gem. Art. 106 Abs. 6 GG haben die Kommunen die Ertragshoheit über die Realsteuern, also die Grund- und die Gewerbesteuer, sowie die örtlichen Aufwands- und Verbrauchssteuern. Die Gesetzgebungshoheit liegt jedoch auch hier beim Bund101 98 Zu den verschiedenen Finanzausgleichssystemen siehe Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 32 ff. 99 Siehe auch Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 150 f. Die Klassifizierung als „Mischsystem“ oder „Verbundsystem“ ist im Einzelnen jedoch umstritten, vgl. Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen, 1988, S. 10 f., 15 ff. 100 Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 34; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 134 ff. Die Unterscheidung zwischen einem Trennsystem und einem „Mischsystem, bei welchem die beiden Finanzsphären irgendwie […] miteinander verbunden sind“ nimmt bereits Hensel, StuW 1926, S. 878 (879) vor. 101 Für die Grund- und die Gewerbesteuer, Art. 105 Abs. 2 i. V. m. Art. 72 Abs. 2 GG; siehe auch Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 105 Rn. 52 (Lfg. 17).
42 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte bzw. bei den Ländern102, während die Kommunen Hebesätze festlegen und die Steuerquellen ausschöpfen können. Es wird daher von einem gebundenen Trennsystem gesprochen.103 b) Entgeltabgaben Wie oben104 bereits ausgeführt, versteht man unter Entgeltabgaben Zahlungen aufgrund einer staatlichen Leistung. Gemeinsam mit den weiteren Formen der öffentlichen Abgaben beträgt ihr Anteil an den kommunalen Einnahmen etwa 25–30 %. Entgeltabgaben spielen damit auf kommunaler Ebene eine deutlich wichtige Rolle als in der Einnahmestruktur des Bundes und der Länder.105 aa) Gebühren und Beiträge Die wohl wichtigste Erscheinungsform der Entgeltabgaben im kommunalen Bereich sind Gebühren und Beiträge. Gebühren sind „öffentlich-rechtliche Geld leistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner (durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahmen, d. Verf.) auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken“106. Die Gebühr steht damit – zumindest teilweise – im konkreten Äquivalenzverhältnis zur Leistung. Zu differenzieren ist zwischen Verwaltungsgebühren (als Gegenleistung für eine Amtshandlung) und Benutzungsgebühren (z. B. Abwassergebühren, Eintritt zu öffentlichen Einrichtungen o.ä.).107 Beiträge werden definiert als (einmalige) Geldleistungen, die zum vollen oder teilweisen Ersatz des Aufwandes einer öffentlichen Einrichtung von jedem, der die Möglichkeit der Wahrnehmung der Vorteile dieser Einrichtung hat, erhoben werden.108 Der Beitrag wird somit – im Gegensatz zur Gebühr – nicht für die konkrete Nutzung, sondern für die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung entrichtet.
102
Für die örtlichen Aufwands- und Verbrauchsteuern, Art. 105 Abs. 2a GG. H. Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 134 ff.; F. Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen und die Finanzierung der kommunalen Aufgaben in der Bundesrepublik Deutschland, 1988, S. 11 f. 104 Vgl. I. 3. 105 Ihr Anteil an den Gesamteinnahmen des Staates beträgt nur 5 %, siehe bereits oben I. 3. mit Fn. 92. 106 BVerfGE 113, S. 128, 146 f. mit Verweis auf BVerfGE 50, S. 217 (226); 108, S. 1 (13); 110, S. 370 (388). 107 Statt vieler etwa § 4 KAG NW, GV. NRW 1969, S. 712. 108 Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht, Bd. I, 12. Aufl. 2007, § 42 Rn. 25. 103
II. Kommunale Einnahmen und kommunale Steuern
43
Kommunale Gebühren und Beiträge basieren im Regelfall auf kommunalen Abgabensatzungen, die aufgrund der jeweiligen Kommunalabgabengesetze der Länder erlassen werden. Da Gebühren und Beiträge durch ihre Ausgleichsfunktion gerechtfertigt werden, ist ihnen gemeinsam, dass ihre Höhe die Kosten der Gegenleistung nicht überschreiten darf.109 Über Gebühren und Beiträge können die Gemeinden somit die Kosten für Leistungen der öffentlichen Hand den jeweiligen Nutznießern – teilweise oder vollständig – unmittelbar auferlegen. In der Finanzwissenschaft wird diese Form der Abgabenerhebung im kommunalen Bereich daher anderen Abgaben vorgezogen.110 Voraussetzung ist jedoch stets, dass eine Zuordnung der Nutzer zur jeweiligen Leistung im Sinne eines Äquivalenzverhältnisses überhaupt möglich ist. Dies ist in vielen Bereichen nicht der Fall. Auch sind Gebühren und Beiträge nicht geeignet, um über die Kosten der eigentlichen Leistung hinaus – also zu Fiskalzwecken – Einnahmen zu erzielen. Als Problem kann ferner angemerkt werden, dass ihnen keine verteilungspolitische Komponente innewohnt.111 Ihr Potential als kommunale Einnahmequelle ist aus diesen Gründen begrenzt. bb) Erwerbseinkünfte Neben den Gebühren und Beiträgen zählen insbesondere die Erwerbseinkünfte des Staates – unabhängig von einer privat- oder einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung – zu den sogenannten Entgeltabgaben. Solche liegen vor, wenn der Staat aus einer unternehmergleichen privatwirtschaftlichen Tätigkeit Einnahmen erzielt.112 Die Gemeinde kann so etwa durch Vermietung und Verpachtung gemeindeeigener Grundstücke, als kommunaler Anbieter für Nahverkehr oder Energieversorgung (sog. ‚Stadtwerke‘), ebenso aber auch durch eine Vielzahl anderer Unternehmungen – von der kommunalen Brauerei bis zur kommunalen Telekommunikationsgesellschaft – unternehmerisch tätig sein.113 Eine solche staatliche erwerbswirtschaftliche Betätigung ist in einem gewissen Rahmen, insbesondere bei der Versorgung der Gemeindeeinwohner im Rahmen der klassischen Daseinsführsorge, durch die kommunale Selbstverwaltungsgarantie, Art. 28 Abs. 2 GG, geschützt..114 Dennoch kann eine wirtschaftliche Betätigung der Kommunen nur in begrenztem Maße möglich sein: Andernfalls würde der Staat in Konkurrenz zu 109 Statt vieler § 4 S. 2 VwKostG; § 5 Abs. 4 und § 6 Abs. 1 S. 2 KAG NW; §§ 9 Abs. 2, 10 Abs. 2 HessKAG, GVBl. I 1970, S. 225. Dazu gibt es jedoch auch Ausnahmen. Kritisch zu diesem normativen Verständnis von Gebühren und Beiträgen aus finanzwissenschaftlicher Perspektive Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 1991, S. 51 ff. 110 Statt vieler nur Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 121 ff. m. w. N. 111 So auch Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 125 f. 112 Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 1991, S. 85. 113 Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 126 f. 114 Statt vieler Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 28 ff., 221 ff. mit Verweis auf BVerfGE 45, S. 63 ff.; 79, S. 127 (143 f.).
44 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte privaten Unternehmen treten und damit deren unternehmerische Freiheit beeinträchtigen.115 Entsprechend sind die Möglichkeiten der Gemeinden zur Einnahmeerzielung durch unternehmerische Betätigung in ihrem Umfang beschränkt.116 c) Zuweisungen und sekundärer kommunaler Finanzausgleich Die Verantwortung der Länder für die Finanzausstattung der Kommunen schlägt sich insbesondere in der Leistung von Zuweisungen und Zuschüssen nieder. Gem. Art. 106 Abs. 7 GG fließt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender – im Regelfall beträchtlicher – Teil der Landessteuereinnahmen den Gemeinden und Gemeindeverbänden im Rahmen des landesinternen kommunalen Finanzausgleichs zu. Dabei handelt es sich zumindest um Steuermittel aus dem Länderanteil an den Gemeinschaftssteuern (Art. 106 Abs. 7 S. 1 GG), ggf. auch aus den landeseigenen Steuern (Art. 106 Abs. 7 S. 2 GG). Diese Zuweisungen und Zuschüsse ergänzen die – primäre – Verteilung der staatlichen Steuerquellen auf die Kommunen, sodass vom „sekundären“117 oder „ergänzenden“118 kommunalen Finanzausgleich sowie vom Finanzausgleich „im engeren Sinne“119 die Rede ist. Zweck dieser Regelungen ist zum einen die Gewährleistung einer angemessenen Finanzausstattung der Kommunen (vertikal), zum anderen ein Ausgleich der Leistungsunterschiede zwischen den Kommunen (horizontal) und damit auch eine bedarfsgerechte Ausstattung der Kommunen mit Finanzmitteln, welche allein durch die Zuteilung von Steuerquellen nicht gewährleistet werden kann120. Die Zuweisungen von höherer Ebene stellen rund ein Drittel sämtlicher kommunaler Einnahmen dar und sind damit eine wesentliche Säule der Kommunalhaushalte. Neben den Steuereinnahmen sind sie damit die bedeutendste Einnahmequelle der Kommunen. aa) Vertikaler Finanzausgleich Die Gesamthöhe der kommunalen Zuweisungen innerhalb eines Landes wird pauschal ermittelt. Sie ergibt sich vor allem aus einem Von-Hundert-Satz des Lan 115 „Die Steuer ist der Preis der Freiheit“, siehe ausführlich Kirchhof, Die Steuern, in: Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 5, 3. Aufl. 2007, S. 959 (960 ff.). 116 Zu dieser umfassenden Problematik im Überblick siehe etwa Burgi, Kommunalrecht, 3. Aufl. 2010, S. 229 ff.; Schmidt-Aßmann/Röhl, in: Schmidt-Aßmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, S. 95 ff. 117 Zum Begriff etwa Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1017. 118 Zum Begriff Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 124 m. w. N. 119 Zum Begriff Schmidt, DÖV 2012, S. 8 ff. 120 So Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeindefinanzen – ein Vorschlag der Bertelsmann Stiftung, 2003, S. 33.
II. Kommunale Einnahmen und kommunale Steuern
45
desanteils auf Aufkommen der Gemeinschaftssteuern, Art. 106 Abs. 7 S. 1 GG, sowie ggf. auch aus einem Anteil am Aufkommen der Landessteuern, Art. 106 Abs. 7 S. 2 GG. Die Regelung der Finanzausgleichssysteme obliegt nach dieser Vorschrift den Ländern, sodass sich die Details der Ausgestaltung in den Finanzausgleichssystemen teilweise erheblich unterscheiden.121 Einen wesentlichen Anteil machen im Regelfall die sogenannten Schlüsselzuweisungen aus, die als auflage- und zweckfreie Zuweisung auf die einzelnen Gemeinden oder Gemeindeverbände verteilt werden. Dies geschieht nach einem landesrechtlich festzulegenden Schlüssel, der sich vor allem nach der Steuerkraft und den Aufgaben der Gemeinde richtet. Maßgeblich ist insbesondere die Einwohnerzahl, daneben können weitere Aspekte, etwa die Zahl der Schüler an Schulen in kommunaler Trägerschaft, die Zahl der in der Gemeinde erfassten Bedarfsgemeinschaften für Grundsicherung nach dem SGB II sowie die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten relevant sein.122 Ein direkter kommunaler Einfluss auf die Höhe der eigenen Zuweisung besteht mithin nicht. Neben den Schlüsselzuweisungen sind die sogenannten zweckgebundenen Zuweisungen zu nennen, die sich ebenfalls nach festen Faktoren wie z. B. der Einwohner- oder der Schülerzahl richten.123 Ferner sind Erstattungen von Landesoder Bundesebene für kommunale Aufgaben – im Regelfall für Auftragsangelegenheiten – zu beachten, etwa Ausgleichsleistungen nach dem Familienleistungsausgleich.124
121 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 83. Siehe dazu im Detail die Finanzausgleichsgesetze der Länder, in Niedersachsen daneben auch das Finanzverteilungsgesetz, in Nordrhein-Westfalen das Gemeindefinanzierungsgesetz; vgl. Schmidt, DÖV 2012, S. 8 (9). 122 So exemplarisch im Gemeindefinanzierungsgesetz NRW 2010, GV. NRW 2009, S. 871 ff. − Weitere mögliche Ansätze zur Ermittlung des kommunalen Bedarfes sind nach Schmidt, DÖV 2012, S. 8 (10 f.) m. w. N. etwa eine überdurchschnittliche Zahl von Kindern und Jugendlichen, eine geringe Einwohnerdichte, ein langes Straßennetz, die Förderung des ÖPNV, die Grenzlage, Bergbaugebiete, die Eigenschaft einer Kommune als Kurort, als Stationierungsort von Streitkräften, als zentraler Ort oder als Standort bedeutender kultureller Einrichtungen, ein besonderer Bevölkerungszuwachs oder ein besonderer Bevölkerungsschwund sein. 123 Ein Überblick zum kommunalen Finanzausgleich findet sich etwa bei Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 508 ff., sowie Schmidt, DÖV 2012, S. 8 ff. 124 Die Zuweisungen des Bundes spielen im Vergleich zum landesinternen kommunalen Finanzausgleich nur eine untergeordnete Rolle und sind auch nur partiell von Bedeutung. Ein solcher Fall war hier die – nach BVerfGE 119, S. 331 ff. verfassungswidrige – Regelung der sog. Optionskommunen bei der Verwaltung des ALG II; ebenso die Finanzhilfen des Bundes im Rahmen des nach der Wirtschafts- und Finanzkrise verabschiedeten Konjunkturpaketes II (vgl. das Zukunftsinvestitionsgesetz, BGBl. I 2009, S. 428). Generell spielen die Zuwendungen von Seiten des Bundes nur eine marginale Rolle; auf sie soll hier daher nicht weiter eingegangen werden. Vgl. zu den aufgeführten Beispielen und zur Thematik Wölte, Wege aus der Kommunalverschuldung, 2012, S. 48 ff.
46 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte bb) Horizontaler Finanzausgleich Diese vertikale Distribution staatlicher Mittel auf die Gemeinden beinhaltet auch eine horizontale, interkommunale Komponente, die für einen Ausgleich zwischen finanzstarken und finanzschwachen Gemeinden sorgen und damit die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland gewährleisten soll.125 Ansatzpunkt für diesen horizontalen Finanzausgleich ist die Berücksichtigung der Steuerkraft bei der Verteilung der Mittel im Rahmen des vertikalen Finanz ausgleichs. Diese bemisst sich nach den kommunalen Einkünften aus der Einkommen-, Gewerbe-, Grund- und Umsatzsteuer, wobei die kommunal variierenden Hebesätze herausgerechnet werden; Gebühren und Beiträge sowie kommunale Aufwands- und Verbrauchssteuern fließen nicht in die Berechnung ein.126 Die konkrete Höhe der Zuweisung ergibt sich schließlich daraus, inwieweit der kommunale Finanzbedarf die kommunale Steuerkraft übersteigt: Ist die Steuerkraft geringer als der Finanzbedarf, erhält die Gemeinde entsprechend Zuweisungen, ist die Steuerkraft höher muss sie nach den Finanzausgleichsgesetzen einiger Bundesländer Mittel an das Land abführen, in anderen Ländern hingegen nicht.127 Die Anknüpfung an die Steuerkraft führt somit zu einer Angleichung der finanziellen Ausstattung der Gemeinden – trotz unterschiedlicher Voraussetzungen. Dies kann zur Folge haben, dass einige Gemeinden gar keine Mittel aus der Finanzausgleichsmasse erhalten, während andere sich fast ausschließlich aus diesen Einnahmen finanzieren.128 Eine direkte Umverteilung zwischen den Gemeinden, wie dies etwa der Länderfinanzausgleich nach den §§ 4 ff. des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (FAG)129 vorsieht, erfolgt jedoch nur in einigen Ländern. d) Weitere öffentliche Einnahmen Die weiteren Formen der öffentlichen Einnahmen – Sonderabgaben und sonstige Abgaben – spielen im kommunalen Bereich nur eine sehr untergeordnete 125
Oestreicher, FR 2010, S. 965 (972 ff.). Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 129 m. w. N., sowie Schmidt, DÖV 2012, S. 8 (11), der die Steuerkraft auch als „kommunale Leistungsfähigkeit“ bezeichnet, m. w. N. auf die jeweiligen Normen in den Finanzausgleichsgesetzen der Länder. 127 Eine solche sog. Abundanzumlage sehen vor: § 1a FAG BW; § 17a BbgFAG; § 8 FAG MV; § 16 NdsFAG; § 23 FAG Rh-P; § 25a SächsFAG; § 23 FAG LSA; § 29 FAG S-H – zitiert nach Schmidt, DÖV 2012, S. 8 (12). 128 So auch Oestreicher, FR 2010, S. 965 (973 f.), der letzteren Fall als problematisch anmerkt, da damit nahezu alle Einnahmen dieser Kommunen durch Landes- oder Bundes gesetze festgelegt werden. 129 BGBl. I 2001, S. 3955. 126
II. Kommunale Einnahmen und kommunale Steuern
47
Rolle.130 Als weitere Quelle kommunaler Einnahmen kann schließlich noch die Aufnahme von Schulden gewertet werden131, die jedoch – zumindest bei einer längerfristigen Sichtweise – kein probates Mittel zu Gemeindefinanzierung ist.132 e) Fazit: Das Gemeindesteuersystem als erster Ansatzpunkt für eine Gemeindefinanzreform Es lässt sich festhalten, dass die Kommunen ihre Finanzmittel im Wesentlichen aus folgenden Quellen schöpfen: (a) Einerseits stehen ihnen unmittelbar die Erträge bzw. ein Teil der Erträge aus staatlichen Steuern zu. Bei der Gewerbe- und der Grundsteuer können die Kommunen die Höhe der Steuer – und damit die Höhe der eigenen Einnahmen – über ein Hebesatzrecht beeinflussen, bei den anderen Steuern nicht. (b) Ferner finanzieren sich die Kommunen zu nicht unwesentlichen Teilen auch über Gebühren, Beiträge und unternehmerische Einnahmen, die jedoch stets eine konkrete Gegenleistung für eine öffentliche Leistung darstellen. (c) Im Rahmen des „sekundären“ kommunalen Finanzausgleichs erhalten die Kommunen weiterhin entsprechend ihrer Bedarfe Zuweisungen und Erstattungen von höherer Ebene. Dabei handelt es sich ebenfalls um Steuereinnahmen, die über die Regelungen des „primären“ Finanzausgleichs zunächst den Ländern bzw. dem Bund zugewiesen wurden. Die Kommunen haben hier keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Zuweisung. (d) Weitere kommunale Einnahmen spielen daneben keine beachtenswerte Rolle. Dieser finanzsystematische Überblick macht die besondere Bedeutung der Steuereinnahmen im Gefüge der gemeindlichen Finanzierungsstruktur offenbar: Grundlegend ist festzuhalten, dass Steuern regelmäßig die quantitativ bedeutendste Einnahmeposition der Gemeinden darstellen. Vor allem aber ist eine allgemeine, autonome Erschließung von Einnahmequellen – allein schon aufgrund der unter I. 3. geschilderten Vorgaben der Finanzverfassung – ebenso wie eine direkte, generelle finanzielle Inanspruchnahme der Gemeindeeinwohner oder der kommunalen Unternehmen nur über Steuern möglich: Die Höhe der Zuweisungen und Zuschüsse von Seiten des Bundes und der Länder an die Gemeinden ist von kommunaler Seite höchstens mittelbar zu beeinflussen, indem auf die Faktoren, anhand derer die Zuschusshöhe berechnet wird, versucht wird Einfluss zu nehmen. 130 BMF, Eckdaten zur Entwicklung und Struktur der Kommunalfinanzen 2000–2009, Stand: Mai 2010, S. 1. 131 So etwa Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 1991, S. 69, 102 ff.; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 187 ff. 132 Dazu ausführlich statt vieler Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 187 ff., insbes. 197 ff.
48 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte Den Entgeltabgaben steht immer eine konkrete Gegenleistung gegenüber: Gebühren und Beiträge können nicht über die Finanzierung der konkreten Gegenleistung hinaus zur Einnahmeerzielung genutzt werden. Auch eine unternehmerische Betätigung ist nur in sehr begrenztem Maße zulässig; vor allem zieht sie aber den Bürger nicht unmittelbar zur Finanzierung heran. Dieser Vergleich der verschiedenen Einnahmearten hinsichtlich ihres Aufkommens und ihres Autonomiegrades verdeutlicht, dass die eigenen, originären Einnahmen der Kommunen sowohl der Art als auch der Höhe nach begrenzt sind.133 Die kommunale Einnahmenautonomie, wesentlicher Bestandteil der nachfolgend näher zu untersuchenden kommunalen Finanzhoheit, fußt somit im Wesentlichen auf den Steuereinnahmen der Gemeinden: nur die Steuern sind ein Mittel zur allgemeinen, selbstbestimmten Erzielung kommunaler Einnahmen. Hinzu kommt, dass eine Reform der Gemeindefinanzen in erster Linie dort ansetzen sollte, wo der Bundesgesetzgeber entsprechenden Handlungsspielraum hat: In 14 Bundesländern – die Stadtstaaten Hamburg und Berlin haben keine Kommunen – bestehen 14 unterschiedliche kommunale Finanzausgleichssysteme.134 Auch der rechtliche Rahmen hinsichtlich der Kommunalabgaben ist landesrechtlich geregelt. Im Bereich der wichtigsten kommunalen Steuern sind die wesentlichen Eckpfeiler hingegen bundeseinheitlich oder gar verfassungsrechtlich normiert. Ferner sollten die Steuereinnahmen – der finanzwissenschaftlichen Systematik folgend – grundsätzlich die primäre Einnahmequelle der öffentlichen Hand darstellen. Finanzausgleichsmechanismen knüpfen erst in einem zweiten Schritt dort an, wo die jeweilige Ertragskompetenz der Steuerquellen ihr Ende findet und zur bedarfsgerechten Verteilung der vorhandenen Steuermittel zwischen einzelnen Gebietskörperschaften nicht ausreicht – oder kurz gesagt: auch Finanzausgleichsmechanismen verteilen nur Steuereinnahmen um.135 Der Finanzausgleich ist somit erst aufbauend auf der Steuersystematik auszugestalten.136 Missstände sollten entsprechend in einem ersten Schritt zunächst unmittelbar bei den Steuern zu beheben versucht werden. Eine Gemeindefinanzreform muss aus diesen Gründen bei den kommunalen Steuereinnahmen ansetzen und diese besonders in den Blick nehmen. Im Folgenden soll zur weiteren Eingrenzung eine kurze Analyse der wichtigsten Grundzüge der verschiedenen Kommunalsteuern, die ihrerseits unterschiedliche Strukturen und Ansatzpunkte aufweisen, erfolgen.
133 Ebenso Beland, Entwicklung der Realsteuerhebesätze der Gemeinden mit 50.000 und mehr Einwohnern im Jahr 2010 gegenüber 2009, 2010, S. 8 f. 134 So auch Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 8 f. 135 Nach Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1010 m. w. N., 1017, hat der Finanzausgleich nur „Auffang- und Komplementärfunktion“. 136 So auch Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 9 f.
49
II. Kommunale Einnahmen und kommunale Steuern
2. Die Struktur kommunaler Steuern in Deutschland Die verschiedenen kommunalen Steuereinnahmen in Deutschland und ihre Einordnung wurden oben bereits erwähnt.137 Bevor im Weiteren die einzelnen kommunalen Steuerquellen kurz untersucht werden, wird nachfolgend zunächst die Entwicklung der Einnahmen des Verwaltungshaushalts der Gemeinden und Gemeindeverbände aus Steuereinnahmen dargestellt: 2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
8,0
8,1
8,3
8,6
8,9
9,1
9,3
9,4
9,5
9,6
Gewerbesteuer
19,3
17,2
15,8
15,3
20,8
23,3
28,2
30,0
31,1
25,0
Anteil ESt
21,4
20,5
20,3
19,8
18,6
18,6
20,2
22,9
25,9
23,9
Anteil USt
2,7
2,6
2,6
2,6
2,6
2,6
2,7
3,1
3,2
3,2
Örtliche. Steuern
0,6
0,7
0,5
0,6
0,5
0,7
0,6
0,7
0,7
0,7
52,0
49,1
47,5
46,9
51,4
54,3
61,0
66,1
70,4
62,4
Grundsteuer
Summe Angaben in Mrd. Euro.
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von: BMF, Eckdaten zur Entwicklung und Struktur der Kommunalfinanzen 2000 138 bis 2009, 2010, S. 1.
Diese Übersicht verdeutlicht bereits, dass das kommunale Steueraufkommen starken Schwankungen unterliegt – im Vergleichszeitraum zwischen 46,9 Mrd. € im Jahr 2003 und 70,4 Mrd. € im Jahr 2008. Diese resultieren vornehmlich aus der konjunkturellen Anfälligkeit von Steuerquellen, die an den Ertrag – insbesondere den Gewinn von Unternehmen – anknüpfen, während andere in ihrem Aufkommen eher konstant sind. Auch wird die unterschiedliche Bedeutung der einzelnen Steuern für die Kommunalhaushalte deutlich: Insbesondere die Gewerbesteuer und der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer spielen für die Kommunen eine wichtige Rolle. Dabei gilt grundsätzlich, dass die Bedeutung der Gewerbesteuer und ihr Anteil an den kommunalen Einnahmen grundsätzlich mit der Einwohnerzahl einer Gemeinde steigen, während der Anteil an der Einkommensteuer mit steigenden Einwohnerzahlen an Bedeutung verliert.139 137
II. 1. a), Kommunale Steuereinnahmen. Anmerkung: sämtliche Werte sind gerundet; Stadtstaaten sind nicht berücksichtigt; bereinigt um Zahlungen von gleicher Ebene; enthält nicht die haushaltstechnischen Verrechnungen und die besonderen Finanzierungsvorgänge. 139 So Oestreicher, FR 2010, S. 965 (970) m. Abb. 6 und Verweis auf Statistisches Bundesamt, Fachserie 14, Reihe 10.1, 2009. Danach liegt der Anteil des Einkommensteueranteils an den kommunalen Steuereinnahmen bei Gemeinden unter 3.000 Einwohnern bei rund 50 %, der Anteil der Gewerbesteuer bei unter 30 %. Bei Gemeinden mit mehr als 500.000 Einwohnern ist das Verhältnis nahezu umgekehrt. Die Anteile der Grundsteuer und der Umsatzsteuer sind hingegen weitgehend von der Gemeindegröße unabhängig. 138
50 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte Die einzelnen Steuerarten werden im Folgenden einer summarischen Unter suchung unterzogen. a) Realsteuern Die Grund- und die Gewerbesteuer zählen teilweise aufgrund ihrer derzeitigen Ausgestaltung sowie jedenfalls § 3 Abs. 2 AO folgend zu den Realsteuern, da sie in ihrer ursprünglichen Ratio weniger an die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners, sondern vielmehr an den Besitz eines bestimmten Objektes – in diesem Fall das Eigentum an Grund und Boden bzw. die Inne habung der wirtschaftlichen Ertragskraft eines Gewerbebetriebs – gebunden sind (Objektsteuercharakter).140 Gem. Art. 106 Abs. 6 S. 1, 1. Var. GG steht das Aufkommen aus diesen Steuern grundsätzlich den Gemeinden zu. Gem. S. 4 können der Bund und die Länder allerdings am Gewerbesteueraufkommen beteiligt werden; dies geschieht derzeit ihm Rahmen der Gewerbesteuerumlage, vgl. § 6 Gemeindefinanzreformgesetz (GFRG)141. Die Gesetzgebungskompetenz liegt gem. Art. 105 Abs. 2 i. V. m. Art. 72 Abs. 2 GG für beide Steuern beim Bund.142 Gem. Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG können die Kommunen die Höhe der Steuer jedoch durch ein Hebesatzrecht eigenständig festlegen. Diese Vorgaben haben im Grundsteuergesetz (GrStG)143 bzw. im Gewerbesteuergesetz (GewStG)144 Ausdruck gefunden.
140 BVerfGE 21, 54, 63. Siehe auch Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 105 Rn. 52. Die Frage, ob die Gewerbesteuer noch zu den Realsteuern gezählt werden kann, ist nach Abschaffung der Lohnsummensteuer (zum 1.1.1980, BGBl. I 1978, S. 1849) sowie der Gewerbekapitalsteuer (zum 1.1.1998, BGBl. I 1997, S. 2590) allerdings strittig. Hey spricht gar von der „sich zunehmend als Lebenslüge erweisenden Einordnung der Gewerbesteuer als Objektsteuer“ (StuW 2011, S. 131 (135)). Da nach wie vor jedoch dem Gewerbeertrag einige Posten hinzugerechnet werden (§ 8 GewStG, BGBl. I 2002, S. 4167), steht keine reine Ertragsbesteuerung im Vordergrund, sodass nach anderer Ansicht eine Klassifikation als Realsteuer – wie auch in § 3 Abs. 2 AO erfolgt – rechtlich noch geboten sei. Der Verfassungsgesetzgeber hat allerdings im Rahmen der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer zum 1.1.1998 (Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, S. 2590) die Formulierung des Art. 106 Abs. 6 GG geändert: Das Wort „Realsteuern“ wurde an mehreren Stellen durch „Grundsteuer und Gewerbesteuer“ ersetzt (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 20.10.1997, BGBl. I 1997, S. 2470). Im Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 10.9.1997 heißt es dazu, dass die aufgeführte „Ergänzung im Sinne einer Klarstellung notwendig ist, da die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer den Charakter der Gewerbesteuer als Realsteuer (Objektsteuer) in Frage stellen könnte. Für diesen Fall enthielte das Grundgesetz keine Zuordnung einer verbleibenden Gewerbeertragssteuer mehr zugunsten der Gemeinden“ (BT-Drucks. 13/8488, S. 9). 141 BGBl. I 1969, S. 1587. Aktuelle Fassung: BGBl. I 2009, S. 502. 142 Ebenso Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 105 Rn. 52. 143 BGBl. I 1973, S. 965. 144 BGBl. I 2002, S. 4167.
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aa) Die Grundsteuer Kerngedanke der Grundsteuer ist, dass derjenige, der über Grundbesitz verfügt, einen entsprechenden Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leistet. Die Steuer knüpft dementsprechend gem. § 2 GrStG an den Grundbesitz im Sinne des Bewertungsgesetztes an. Unterschieden wird zwischen der Besteuerung von landund forstwirtschaftlicher Nutzfläche (§ 2 Nr. 1 GrStG – sog. Grundsteuer A) sowie der Besteuerung bebauter oder bebaubarer Grundstücke (§ 2 Nr. 2 GrStG – sog. Grundsteuer B). Gem. § 1 Abs. 1 GrStG bestimmt grundsätzlich die Gemeinde über das „Ob“ der Steuererhebung und über die Höhe der Steuer. Die Grundsteuer spielt unter den Gemeindesteuern im Vergleich zur Gewerbesteuer und zum Gemeindeanteil an der Einkommensteuer zwar eine quantitativ untergeordnete, dennoch aber wichtige Rolle: Als Substanzsteuer ist ihr Aufkommen konstant, da die Bewertung von Grund und Boden im Regelfall keinen starken Schwankungen unterliegt, sondern vielmehr durch zunehmende Bebauung leicht steigt. Entsprechend ist auch das Aufkommen aus der Grundsteuer in den letzten 30 Jahren stetig, wenngleich auch langsam gestiegen.145 Für eine verlässliche Finanzplanung der Kommunen ist sie mithin ein besonders wichtiger Grundstock. Das eigene Hebesatzrecht verschafft den Gemeinden ein gewisses Maß an Autonomie in der Finanzplanung. Vorteilhaft ist auch, dass über die Grundsteuer ein vergleichsweise großer Teil der Gemeindeeinwohner zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen wird. Teilweise steht jedoch auch die Grundsteuer als reformbedürftig in der Kritik.146 Problematisch erscheinen vor allem die Regelungen zur Bewertung der Grund stücke.147 Dementsprechend wurden vor allem von Seiten einiger Bundesländer Reformansätze vorgelegt, die z. T. auch eine wertunabhängige Grundsteuer vorsehen.148 Bei einer quantitativen Betrachtung ist ferner zu beachten, dass die Grundsteuer als Substanzsteuer nicht deutlich über ihr jetziges Aufkommen hinaus zur Erzielung von Einnahmen genutzt werden kann, ohne Grundbesitzer und Mieter unangemessen zu benachteiligen.149
145 Siehe die Übersicht bei Beland, Entwicklung der Realsteuerhebesätze der Gemeinden mit 50.000 und mehr Einwohnern im Jahr 2010 gegenüber 2009, 2010, S. 33 f. 146 Dazu im Überblick Beland, Entwicklung der Realsteuerhebesätze der Gemeinden mit 50.000 und mehr Einwohnern im Jahr 2010 gegenüber 2009, 2010, S. 21 ff. 147 Der BFH hat mit Urteil vom 30.6.2010, BFHE 230, S. 78 ff., festgestellt, dass es v. a. hinsichtlich des allgemeinen Gleichheitssatzes verfassungswidrig sei, wenn eine allgemeine Neubewertung des Grundvermögens zum Zwecke der Grundsteuer weiterhin unterbleibt. S. dazu auch bereits Eisele, DStR 2005, S. 1971 ff. 148 Siehe den Vorschlag zur aufkommensneutralen Reform der Grundsteuer, vorgelegt von den Bundesländern Bayern und Rheinland-Pfalz. 149 Dazu auch Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 157 f.
52 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte bb) Die Gewerbesteuer (1) Allgemeine Erwägungen zur Gewerbesteuer Wie der Grundbesitz soll auch die Innehabung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Gewerbebetriebs besonders besteuert werden. Die Gewinne aus Gewerbebetrieb – mit Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG) – unterliegen daher gem. § 7 S. 1 GewStG der Gewerbesteuer, die gem. § 1 GewStG eine „Gemeindesteuer“ ist und zu deren Erhebung die Gemeinden verpflichtet sind. Aufgrund des Gewerbeertrags als Bezugsgröße unterliegt das Aufkommen aus der Gewerbesteuer großen konjunkturell bedingten Schwankungen.150 Trotz dieser bemängelten Volatilität wird jedoch von einigen Seiten angenommen, dass die Ergiebigkeit aus der Gewerbesteuer auf lange Sicht grundsätzlich vergleichsweise stark zunimmt.151 Hinzu kommt, dass die Gewerbesteuer, wie obenstehender Tabelle zu entnehmen ist, ohnehin einen großen Anteil der kommunalen Steuereinnahmen ausmacht. Aus diesen Gründen sowie aufgrund des erwähnten Hebesatzrechtes bei den Realsteuern152 gilt die Gewerbesteuer als die wichtigste steuerliche Einnahmequelle der Kommunen.
150 Aus oben stehender Tabelle lässt sich z. B. entnehmen, dass sich das Gewerbesteueraufkommen vom Jahr 2003 bis ins Jahr 2007 von 15,3 auf 30,0 Mrd. € nahezu verdoppelt hat. Auch sind die Gewerbesteuereinnahmen in Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 um 19,7 % im Vergleich zu 2008 gefallen, vgl. BMF, Eckdaten zur Entwicklung und Struktur der Kommunalfinanzen 2000–2009 (Fn. 96), S. 9; zur langfristigen Entwicklung siehe auch Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 12 f., die aber auch die fehlende Dauerergiebigkeit der Gewerbesteuer kritisieren (S. 13 ff.). 151 So eine gängige Argumentation, insbesondere von Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, vgl. nur Kuban, FR 2010, S. 978 (979 f.). Dies könnte bereits aus oben stehender Übersicht, II. 2. Die Struktur kommunaler Steuern in Deutschland, entnommen werden, wenngleich diese nur einen Ausschnitt wiedergibt. Nach Jonas, FR 2010, S. 976 f. mit Verweis auf den Monatsbericht der Deutschen Bank Juli 2007, S. 29 ff., wären die Kommunen für den Zeitraum von 1997 bis 2006 indes finanziell besser gestellt gewesen, wenn die Gewerbesteuer auf weniger volatile Steuerarten wie etwa die Umsatz- oder die Einkommensteuer verlagert worden wäre. 152 Bei der Gewerbesteuer ist – anders als bei der Grundsteuer – ein Mindesthebesatz von 200 % vorgesehen, § 16 Abs. 4 S. 2 GewStG. Diese Regelung wurde zum 1.1.2004 eingeführt (Gesetz zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze v. 23.12.2003, BGBl I 2003, S. 2922). Damit soll verhindert werden, dass „Gewerbesteueroasen“ entstehen, weil einige Kommunen keine Gewerbesteuer erheben, vgl. Hofmeister, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG. Kommentar, § 1 GewStG Rn. 16. Dieser Mindesthebesatz verstößt nicht gegen das Grundgesetz, BVerfGE 125, S. 141 ff. Insbesondere ist er auch mit der Gewährleistung des kommunalen Hebesatzrechts in Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG sowie Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG vereinbar. Auch ist die Vermeidung von Steueroasen ein legitimes gesetzgeberisches Ziel, vgl. BVerfGE 23, S. 353 (371), BVerfGE 125, S. 141 (171). Kritisch zur Verfassungsmäßigkeit des Mindesthebesatzes noch Hey, Steuerwettbewerb in Deutschland, in: FS Solms, 2005, S. 35 (41 f.).
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(2) Die Gewerbesteuer in der Kritik Diese Abhängigkeit der Kommunen von einer sehr konjunkturabhängigen Steuer war stets Gegenstand kontroverser Debatten.153 Bereits im Zuge der Gemeindefinanzreform 1969 wurden in der Konsequenz die Länder und der Bund über eine Umlage am Gewerbesteueraufkommen beteiligt, vgl. Art. 106 Abs. 6 S. 4 GG, § 6 GFRG. Im Gegenzug erhielten die Kommunen einen Anteil an der Einkommensteuer.154 Seit Einführung der Gewerbesteuerumlage ist daher zwischen der Gewerbesteuer (brutto), also dem Gesamtaufkommen der Gewerbesteuer, und der Gewerbesteuer (netto), also dem Anteil des Aufkommens, welcher nach Abzug der Umlage den Gemeinden zufließt, zu unterscheiden. Die Gewerbesteuer steht darüber hinaus angesichts zahlreicher weiterer Aspekte seit langer Zeit als gleichheitssatzwidrig und asystematisch in der Kritik: Zu nennen sind hier etwa die zu kuriosen Gestaltungsmöglichkeiten und entsprechender Rechtsunsicherheit führende einseitige Belastung gewerblicher Einkünfte155, die fehlende Rechtsformneutralität156, die daraus folgende Belastung nur einer geringen Zahl von Unternehmen, die schmale Bemessungsgrundlage der Gewerbe steuer, zahlreiche Ausnahmetatbestände, gewisse Substanzsteuereffekte, ihre Volatilität157 und konjunkturelle Anfälligkeit, ferner die ungleichmäßige räumliche Streuung158 und zahlreiche weitere Erwägungen.159 Auch ihr Charakter als 153 Ein Überblick zur historischen Entwicklung der Gewerbesteuer seit 1810 und den entsprechenden Diskussionen und Reformen findet sich bei Brügelmann/Fuest, Reform der Gemeindefinanzen, 2011, S. 6 ff. Danach betrug der Anteil der Gewerbesteuer an den gesamten Gemeindesteuern im Jahr 1913 noch 18,4 %, im Jahr 1950 47,9 %, im Jahr 1969 75,5 %. 154 Siehe das Finanzreformgesetz, BGBl. I 1969, S. 359. 155 Vgl. Beispiele bei Kirchhof, FR 2010, S. 961 (962) m. w. N. zur jeweiligen Rspr.: Demnach gilt es etwa als Gewerbe, wenn eine Zahnprothese in der Werkstatt eines Zahntechnikermeisters hergestellt wird; bei einer Herstellung in einer Zahnarztpraxis durch einen angestellten Zahntechniker gilt dies als Nebenbetrieb der Zahnarztpraxis und damit als nichtgewerbliche Tätigkeit. Eine Personengesellschaft aus verschiedenen Freiberuflern unterschiedlicher Profession gilt als nicht gewerbliche Mitunternehmerschaft, während eine Freiberufler-Personengesellschaft, an der sich eine Freiberufler-Kapitalgesellschaft mitunternehmerisch beteiligt, vollumfänglich gewerblich tätig ist. 156 Kirchhof, FR 2010, S. 961 (962), verweist hier – m. w. N. zum „Versuch eines ‚Gegen steuerns‘ durch restriktive Auslegung“ durch den BFH – insbesondere auf die sog. „Abfärberegelung“ des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. 157 Dazu Jonas, FR 2010, S. 976 f., der auch einige Beispiele für Einzelrisiken anführt, die die Gewerbesteuereinnahmen kurz- oder mittelfristig bedrohen können. 158 Jonas, FR 2010, S. 976 (977 f.) führt neben weiteren Beispielen an, dass Frankfurt am Main etwa ein um den Faktor zehn höheres Gewerbesteueraufkommen pro Kopf erzielt als einige Städte des Ruhrgebietes. 159 Siehe ausführlich zur gesamten Thematik neben den bereits genannten Quellen auch bereits Wendt, BB 1987, S. 1257 ff.; Hegelau, Verfassungsrechtliche Vorgaben für eine Reform der Gemeindesteuern, 2. Aufl. 1990, S. 77 ff.; Jachmann, BB 2000, S. 1432 (1433 f.); Hey, StuW 2002, S. 314 (315 ff.); Sander, Gemeindeeinkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004, S. 37 ff.; Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 12 Rn. 1 f. m. w. N.; Sarrazin, in: Lenski/Steinberg, GewStG, Anm. 105 ff.
54 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte Objektsteuer steht dabei in Frage160, wenngleich ein „gesetzliche(s) Bemühen um eine ‚Objektivierung der Steuer‘“161 durch entsprechende – systematisch frag würdige – Hinzurechnungstatbestände wahrgenommen wird. Auch einige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus jüngerer Zeit162 lassen vermuten, dass das Gericht die Steuer nicht als verfassungswidrig erachtet. Dennoch reißt die Kritik nicht ab. Dabei kann jedoch auch angemerkt werden, dass durchaus fraglich ist, ob man vom Bundesverfassungsgericht erwarten kann und darf, dass sich das Gericht durch eine deutlich richtungsweisende Entscheidung in eine politisch derart aufgeladene Frage wie die der Gewerbesteuer intensiv einmischt.163 Die übermäßige steuerliche Inanspruchnahme von Einzelunternehmen und Personengesellschaften gegenüber Kapitalgesellschaften soll dadurch ausgeglichen werden, dass die Gewerbesteuer gem. § 35 Einkommensteuergesetz (EStG)164 auf die Einkommensteuer angerechnet werden kann. Auch dies führt jedoch zu steuersystematischen Unsauberkeiten.165 Weiter wird als problematisch angemerkt, dass kleinere Unternehmen wegen hoher Freibeträge nahezu vollständig ausgespart werden166,
Ferner Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 11, die die Gewerbesteuer als „steuersystematischen Fremdkörper“ betiteln. Anders dagegen Wieland, KStZ 2003, S. 81 f.; Kuban, FR 2010, S. 978 (979). 160 Vgl. dazu bereits Fn. 140. 161 Kirchhof, FR 2010, S. 961 (962). 162 Entsprechend einem Urteil des BVerfG vom 15.1.2008, BVerfGE 120, S. 1, ist es „mit dem Gleichheitssatz vereinbar, dass die Einkünfte der freien Berufe, anderen Selbstständigen und der Land- und Forstwirte nicht der Gewerbesteuer unterliegen“ (Leitsatz). Das BVerfG argumentiert hier vor allem mit dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer (und eben nicht als Ertragssteuer) sowie mit dem Äquivalenzprinzip. − Mit Urteil vom 24.3.2010 (Az. 1 BvR 2130/09, NJW 2010, S. 2116) hat das BVerfG ferner entschieden, dass auch die Rechtsformabhängigkeit der Gewerbesteuer nicht als verfassungswidrig anzusehen ist. 163 Siehe jedoch Hey, Steuerreformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftspolitische Blätter 2008, S. 519 (523 f.) m. w. N., die das Bundesverfassungsgericht als steuerpolitischen „Reformmotor“ bezeichnet, da das Gericht etwa bei der Erbschaftssteuer, der Rentenbesteuerung oder der Besteuerung von Kapitaleinkünften „Reformverpflichtungen“ aussprach. Solche fehlen jedoch bei der Gewerbesteuer – was mit Blick auf die besondere politische Bedeutung der Gewerbesteuer erklärt werden könnte. 164 BGBl. I 2009, S. 3366, 3862. 165 Kirchhof, FR 2010, S. 961 (962 f.) bezeichnet die Gewerbesteuer aufgrund der Regelung des § 35 EStG und der damit verbundenen Aufkommensverschiebung zwischen Bund, Ländern und Kommunen als „Rechnungsposten zur Verteilung eines Steueraufkommens“. Kritisch ferner Jachmann, Die Gewerbesteuer im System der Besteuerung von Einkommen, in: Perspektiven der Unternehmensbesteuerung, DStjG Bd. 25, 2002, S. 195 (213 ff.). 166 Nach Brügelmann/Fuest, Reform der Gemeindefinanzen, 2011, S. 22, zahlten im Jahr 2004 nur 38,8 % aller Gewerbebetriebe überhaupt Gewerbesteuer. 99,2 % des Gewerbesteueraufkommens (bzw. des Messbetrages, d. h. bereinigt um die jeweiligen Hebesätze) entfiel auf Betriebe mit mehr als 24.100 € Gewerbeertrag; 90,7 % auf Betriebe mit mehr als 125.000 € Gewerbeertrag; 78 % auf Betriebe mit mehr als 500.000 € Gewerbeertrag; 52,4 % auf Betriebe mit mehr als 5.000.000 € Gewerbeertrag.
II. Kommunale Einnahmen und kommunale Steuern
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sodass die Gewerbesteuer auch als „kommunale Sondersteuer für ertragsstarke Kapitalgesellschaften“167 bezeichnet wird. Eine Reform oder gar eine Abschaffung respektive Ersetzung der Gewerbesteuer erscheint daher unausweichlich.168 b) Örtliche Aufwands- und Verbrauchssteuern Von den Kommunen können ferner örtliche Aufwands- und Verbrauchssteuern erhoben werden, vgl. Art. 106 Abs. 6 S. 1, 2. Var. GG. Darunter sind Steuern zu verstehen, die einen lokalen Bezug haben und deren unmittelbare Wirkung auf das Gemeindegebiet beschränkt bleibt.169 Dazu zählen die Jagd- und Fischereisteuer, die Getränkesteuer, die Vergnügungssteuer, die Hundesteuer, die Zweitwohnungsteuer oder die Gemeindeeinfuhrsteuer Helgoland.170 Die Gesetzgebungskompetenz für örtliche Aufwands- und Verbrauchssteuern liegt bei den Ländern, vgl. Art. 105 Abs. 2a GG. Rechtsgrundlage für die Steuererhebung sind kommunale Abgabensatzungen.171 Das Aufkommen aus diesen Steuern ist allerdings sehr gering und spielt in der Summe der kommunalen Einnahmen nur eine sehr untergeordnete Rolle. Sie werden daher auch als Bagatellsteuern oder ‚kleine‘ Gemeindesteuern bezeichnet.172 Aktuell erleben die örtlichen Aufwand- und Verbrauchssteuern jedoch aufgrund der Finanznot einiger Städte eine Renaissance: So hat die Stadt Köln eine Hotelbettensteuer („Kulturförderabgabe“) eingeführt173. eine Bräunungssteuer auf die Nutzung von Solarien in der Stadt Essen174 wurde hingegen vom Innenministerium des Landes Nordrhein-
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Hey, StuW 2002, S. 314 (316). Zur Problematik auch Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 175 f. Dies kritisiert im Grundsatz auch der Deutsche Städtetag (Hrsg.), ZKF 2002, S. 146. 168 Vgl. dazu nur aus der jüngeren Zeit die Forderungen von Fahrenschon, FR 2010, S. 975 ff.; Jonas, Reformnotwendigkeit der Gewerbesteuer, in: FS Herzig, 2010, S. 335 ff.; ders., FR 2010, S. 976 ff.; Kirchhof, FR 2010, S. 961 ff.; Merz, Vom Bierdeckel zur Reform – der lange Weg der Steuervereinfachung, in: FS Lang, 2011, S. 367 (372 f.), der die Gewerbesteuer als entscheidenden Blockadepunkt für jedwede Ertragssteuerreform sieht; Oestreicher, FR 2010, S. 965 ff.; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 176 ff. − Ausführlicher zur Debatte um eine Reform der Gewerbesteuer und den konkreten Reformentwürfen siehe die nachfolgenden Ausführungen unter Kapitel 3, I. 1. 169 Siehe nur BVerfGE 16, 306, 327; 65, 325, 349. 170 Vgl. im Detail zur Zulässigkeit von örtlichen Aufwands- und Verbrauchssteuern Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 105 Rn. 55 ff. 171 Siehe dazu Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 180 ff. 172 Elsner, Das Gemeindefinanzsystem, 1979, S. 146. 173 Satzung zur Erhebung einer Kulturförderabgabe im Gebiet der Stadt Köln vom 23.9.2010, Amtsblatt der Stadt Köln 2010, S. 843. Diese ist auch rechtmäßig, so VG Köln, Urt. v. 6.7.2011, Az. 24 K 6736/10. 174 So vom Rat der Stadt Essen am 22.9.2010 beschlossen.
56 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte Westfalen als wirtschaftlich nicht sinnvoll nicht genehmigt175; in der Stadt Meerbusch wird etwa über eine Pferdesteuer nachgedacht, in Porta Westfalica über eine Katzensteuer176. c) Der kommunale Anteil am Einkommensteueraufkommen Neben den bisher dargestellten, weitgehend den Kommunen allein zufließenden und auch von ihnen verwalteten Steuern steht den Gemeinden auch ein Anteil an den Gemeinschaftssteuern im Steuerverbund zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu. Gem. Art. 106 Abs. 5 S. 1 GG erhalten die Gemeinden „einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist.“ Diese Regelung wurde mit Wirkung zum 1.1.1970 in das Grundgesetz eingefügt. Das Nähere bestimmt das Gemeindefinanzreformgesetz als Bundesgesetz i. S. d. Art. 106 Abs. 5 S. 2 GG. Demnach (§ 1 GFRG) steht den Gemeinden derzeit 15 % an der veranlagten Einkommen- und an der Lohnsteuer sowie 12 % des Aufkommens der Kapitalertragsteuer zu. Abhängig von der jeweiligen konjunkturellen Entwicklung übertrifft das Aufkommen des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer teilweise dasjenige aus der Gewerbesteuer.177 Entsprechend ist die Einkommensteuer für die Gemeinden ebenfalls eine wichtige Einnahmequelle, wenngleich konjunkturelle Schwankungen auch hier nicht zu vermeiden sind. Im Vergleich mit der Gewerbesteuer, die nur die Erträge aus Gewerbebetrieb besteuert, welche – anders als etwa Löhne oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – besonders von konjunkturellen Aspekten abhängig sind, sind die Aufkommensschwankungen der Einkommensteuer jedoch weniger ausgeprägt.178 Die Gemeinden haben jedoch keinerlei Befugnisse, die Höhe der Steuer zu beeinflussen.179 Im Gegenteil sind sie von den Änderungen des Bundesgesetzgebers im Bereich der Einkommensteuer – ohne Mitspracherecht – unmittelbar be 175
Vgl. http://www.steuerzahler-nrw.de/Keine-Steuer-auf-kuenstliche-Braeune/40798c492 36i 1p128/index.html, abgerufen am 19.1.2012. 176 Vgl. FAZ v. 28.11.2011, S. 2. 177 Vgl. oben II. 2. 178 Siehe dazu nur die unter 2. aufgeführten Daten: Das Aufkommen aus der Gewerbesteuer schwankte im Vergleichszeitraum zwischen 15,3 und 31,1 Mrd. €, also um über 100 %, das Aufkommen aus dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer zwischen 18,6 und 25,9 Mrd. €, also nur um max. 40 %. 179 Bei Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 114, ist dazu von einer „,Bemessungsgrundlagen‘-Politik“ die Rede, nach der eine Kommune versuchen kann, Einkommensteuerzahler anzuziehen und zu halten. Die Möglichkeit der Einflussnahme hat dabei aber sehr enge Grenzen.
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troffen.180 Auch die in Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG geschaffene verfassungsrechtliche Möglichkeit eines kommunalen Hebesatzrechtes für den Gemeindeanteil wurde vom Bundesgesetzgeber bislang nicht ausgestaltet. d) Der kommunale Anteil am Umsatzsteueraufkommen Seit dem 1.1.1998 erhalten die Kommunen – u. a. als Ausgleich für den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer181 – auch einen Anteil am Aufkommen der Umsatzsteuer, vgl. Art. 106 Abs. 5a GG182. Die Verteilung erfolgt, da eine Zuordnung auf die einzelne Gemeinde (Radizierbarkeit) kaum möglich ist, weitgehend pauschal „auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels“ (Art. 106 Abs. 5a S. 2 GG).183 Die Regelungen ergeben sich aus dem Gemeindefinanz reformgesetz und dem Finanzausgleichsgesetz. Gem. § 1 S. 3 FAG beträgt der Anteil der Gemeinden derzeit 2,2 %. Aus Sicht der Kommunen stellt der Anteil am Umsatzsteueraufkommen eine untergeordnete, wenngleich auch verlässliche Einnahmequelle dar. Auch bei der Umsatzsteuer hat die Gemeinde keine Befugnis, die Höhe der Steuer – etwa durch ein eigenes Hebesatzrecht – zu beeinflussen. Anders als bei der Einkommensteuer steht dies jedoch bei der Umsatzsteuer kaum zur Diskussion. Einerseits wäre ein kommunaler Zuschlag zur staatlichen Umsatzsteuer vor dem Hintergrund des Vorsteuerabzugs und der damit verbundenen Mechanismen kaum praktikabel, vor allem aber wäre er aufgrund europarechtlicher Schwierigkeiten beim Umsatzsteuerausgleich vermutlich gar nicht zulässig.184 Hingegen kann der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer variabel und administrativ unproblematisch an sich wandelnde Finanzbedarfe angepasst werden, um die Einnahmesituation der Gemeinden generell zu verbessern. Entsprechend gilt eine Ausweitung des Umsatzsteueranteils in der Reformdiskussion häufig als Stellschraube, die mögliche Mindereinnahmen aufgrund anderer Entscheidungen pauschal kompensieren könnte.
180
Vgl. nur Weiß, ZKF 2001, S. 26 (29 f.) sowie Karrenberg, ZKF 1997, S. 74 ff. Brügelmann/Fuest, Reform der Gemeindefinanzen, 2011, S. 12; Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1057 m. w. N. 182 Eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 20.10.1997, BGBl. I 1997, S. 2470. 183 Zu Details siehe statt vieler Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1057 ff. 184 Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 54 ff.; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 151. 181
58 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte 3. Fazit: Ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer als Reformidee Der Anteil der Einnahmen, bei denen die Gemeinde weitgehend autonom über die Höhe bestimmen kann185, ist – so lässt sich aus der Analyse in diesem Abschnitt folgern – vergleichsweise gering: Nur rund 40 % der Kommunaleinnahmen stammt unmittelbar aus Steuerquellen – und nur bei den kommunalen Bagatellsteuern sowie der Grund- und der Gewerbesteuer, die insgesamt meist einen Anteil von etwa 55–60 % an den gemeindlichen Steuereinnahmen haben, haben die Gemeinden einen eigenen Besteuerungszugang in Form eines Hebe- bzw. Steuersatzrechts. Insgesamt ermöglichen damit nur etwa 20–25 % der kommunalen Einnahmen eine finanzielle Autonomie der Gemeinden. Auf Grundlage dieser Vorüberlegungen können nun denkbare Ansatzpunkte für eine Kommunalsteuerreform diskutiert werden: Einerseits wäre die Einführung neuer Steuern zumindest theoretisch denkbar.186 Vor allem sind jedoch Änderungen bei vorhandenen kommunalen Steuerquellen oder deren teilweise Ersetzung für eine Reform relevant. Aus vorangegangener Darstellung lässt sich folgern, dass die einzelnen Steuerquellen dabei unterschiedlich zu gewichten sind: Die Grundsteuer führt zu einem beständigen Aufkommen, ist jedoch aufgrund ihres Steuergegenstandes und ihres Charakters als Substanzsteuer in ihrem Aufkommenspotential begrenzt. Auch werden nur diejenigen Gemeindeeinwohner direkt belastet, die Grundeigentum besitzen.187 Die örtlichen Aufwands- und Verbrauchssteuern mögen im Einzelfall eine größere Rolle spielen; in der Gesamtbetrachtung haben sie jedoch nur eine marginale Bedeutung. Auch der kommunale Anteil an der Umsatzsteuer ist bislang eher unbedeutend. Eine Erhöhung dieses Anteils wäre allerdings denkbar. Bei der Umsatzsteuer ist jedoch kaum eine Zuordnung zur einzelnen Gemeinde möglich, sodass es sich faktisch wiederum nur um eine Art Zuweisung handelt188, auf deren Höhe die Gemeinden keinen direkten Einfluss nehmen können. Entsprechend ist die Ermittlung des Verteilungsschlüssels für den kommunalen Umsatzsteueranteil problematisch. In 185 Ein Versuch der Abstufung der einzelnen kommunalen Einnahmen nach ihrem Auto nomiegehalt findet sich bei Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 112 ff. 186 Der Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 54, untersucht etwa die Einführung einer Allgemeinen kommunalen Verbrauchssteuer (S. 82 ff.) oder die Ersetzung der Gewerbesteuer durch eine kommunale Wertschöpfungssteuer (S. 52 ff.). Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, diskutiert gemeindliche Steuern auf die Einkommensverwendung (S. 179 f.). 187 Es ist jedoch zu beachten, dass die Grundsteuer in der Regel – z. B. über die Neben kostenabrechnung des Vermieters – auf den Mieter umgelegt wird, § 556 BGB i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Betriebskostenverordnung (BGBl. I 2003, S. 2346). 188 So etwa Jachmann, StuW 2006, S. 115 (122).
II. Kommunale Einnahmen und kommunale Steuern
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Anbetracht der Entwicklung der Einnahmen aus einzelnen Steuerquellen könnte es sich andererseits jedoch für die Kommunen vorteilhaft auswirken, wenn sie verstärkt auch an Steuereinnahmen aus solchen Steuern, die an den Konsum anknüpfen, beteiligt werden. Außerdem stellt der Anteil an der Umsatzsteuer einen stetigen und daher wichtigen Grundstock der kommunalen Einnahmen dar. Die Gewerbesteuer spielt für die Kommunen und damit auch für eine Kommunalsteuerreform hingegen aufgrund ihrer Funktion als Steuerquelle, die bei den örtlichen Unternehmen ansetzt, sowie wegen der Höhe ihres Aufkommens und wegen des kommunalen Hebesatzrechtes eine bedeutende Rolle. Allein die Gewerbesteuer verwirklicht derzeit die Vorgabe von Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG, „den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle“ zu sein. Sie wäre daher im Rahmen einer Reform besonders in den Blick zu nehmen – zumal die Kritik an ihr nicht abreißt: Ihre schmale Bemessungsgrundlage macht sie zu einem „steuersystematischen Fremdkörper“189; ihre gleichheitsrechtlich problematische Anknüpfung nur an den Gewinn aus Gewerbebetrieb führt zu einer immensen Konjunkturreagibilität, welches den Gemeinden jedwede Planbarkeit nimmt; ebenso schwebt, wie zuvor dargestellt, wiederkehrend die Frage einer möglichen Verfassungswidrigkeit durch den Raum.190 Der kommunale Anteil an der Einkommensteuer ist nahezu ebenso wichtig für die Finanzierung der Kommunen. Als Gegenstück zur Gewerbesteuer nimmt die Beteiligung an der Einkommensteuer die Wohnbevölkerung der Gemeinde steuerlich in Anspruch. Das Aufkommen des Gemeindeanteils ist konstanter als das aus der Gewerbesteuer, wenngleich auch hier ein Bezug zur wirtschaftlichen Entwicklung gegeben ist. Die Kommunen haben jedoch bislang keine Möglichkeit, die Höhe des Steueraufkommens zu beeinflussen. Ein eigener gemeindlicher Zugang zur steuerlichen Belastung des Einkommens der Wohnbevölkerung ist gesetzlich nicht geregelt. Die in Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG vorgesehene verfassungsrechtliche Möglichkeit eines kommunalen Hebesatzrechtes wurde bislang nicht vom Bundesgesetzgeber ausgestaltet. Die Gewerbesteuer und der Gemeindeanteil am Einkommensteueraufkommen sind somit die zentralen Standbeine der kommunalen Steuerfinanzierung. Beide bieten in ihrer derzeitigen Ausgestaltung jedoch zahlreiche Ansatzpunkte für Kritik und somit mögliche Reformvorhaben. Für die Gewerbesteuer wurde dies von wissenschaftlicher Seite bereits ausführlich untersucht. Zahlreiche Beiträge und Dissertationen haben sich mit der Verfassungsmäßigkeit, möglichen Neustrukturierungen oder Alternativen im Hinblick auf die Gewerbesteuer befasst.191 In 189
Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 11. Dazu bereits oben II. 2. a) bb). 191 Zu nennen sind insbesondere drei aktuelle Dissertationen: Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005; Dann, Alternativen zur Gewerbesteuer, 2008; Kathstede, Die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer und das Modell der kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer (BDI/VCI 190
60 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte dieser Untersuchung soll hingegen der Schwerpunkt auf die Reformbedürftigkeit und Reformmöglichkeiten bei den kommunalen Einnahmen aus der Einkommensbesteuerung gelegt werden192 – wenngleich dabei die anderen Komponenten des kommunalen Steuersystems nicht ausgeblendet werden können. Dafür soll zunächst der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer aus dem Kontext der bisherigen Untersuchung im Detail dargestellt und rechtlich gewürdigt werden.
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer 1. Die Einkommensteuer als tragende Säule des Staatshaushalts Als Ertragssteuer erfasst die Einkommensteuer die in einem bestimmten Zeitraum vom Steuerpflichtigen erzielten Einkünfte als Ausweis seiner Finanzkraft.193 Damit trägt sie dem Prinzip der Leistungsfähigkeit besonders Rechnung. Bereits im Jahr 1799 wurde in England die erste Steuer auf das Einkommen eingeführt; 1851 trat in Preußen das „Gesetz, betreffend die Einführung einer Klassen- und klassifizierten Einkommensteuer“ in Kraft194; im Jahr 1920 wurde im Rahmen der Erzberger’schen Steuerreform das erste Reichseinkommensteuergesetz erlassen; die Gesetzesstruktur des jetzigen EStG wurde mit dem Reichseinkommensteuergesetz von 1934 begründet.195 Heute ist die Einkommensteuer aufgrund ihres Aufkommens neben der Umsatzsteuer die wichtigste Steuer in Deutschland.196 Die Einkommensteuer ist gem. Art. 106 Abs. 3 S. 1, Abs. 5 GG eine Gemeinschaftssteuer, die dem Bund, den Ländern und den Gemeinden zusteht.197 Die Gesetzgebungskompetenz liegt dementsprechend beim Bund, vgl. Art. 105 Abs. 2 GG. Rechtsgrundlage ist vor allem das Einkommensteuergesetz (EStG), aber auch Modell), 2008. Vgl. ferner die Aufzählung in: BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 35 ff.; im Übrigen siehe Auflistung bei Hey, StuW 2002, S. 314, Fn. 2 und 72–81. 192 Dies ist im Rahmen einer Dissertation bislang nur aus finanzwissenschaftlicher Perspektive und mit dem spezifischen Fokus einer Ablösung der Gewerbesteuer durch eine Gemeindeeinkommensteuer untersucht worden, siehe Sander, Gemeindeeinkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004. 193 Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 600. 194 Mathiak, StuW 2001, S. 324 mit Fn. 1 und Verweis auf die Preußische Gesetzessammlung (GS) 1851, S. 193. 195 Zur Historie der Einkommensteuer Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 20011, Rn. 18 ff. 196 Im Jahr 2009 betrug das Aufkommen aus der Lohnsteuer, der veranlagten Einkommensteuer sowie der Abgeltungssteuer insgesamt etwa 174 Mrd. €, im Jahr 2008 188 Mrd. €. Das entsprach jeweils rund 33 % des gesamten Steueraufkommens in der Bundesrepublik Deutschland. Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 14, Reihe 4, Finanzen und Steuern – Steuerhaushalt 2009, Wiesbaden 2010. 197 Die Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund und Ländern richtet sich nach dem Zerlegungsgesetz, BGBl. I 1998, S. 1998.
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
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die Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) sowie weitere Steuergesetze198. Steuersubjekt der Einkommensteuer sind nur natürliche Personen (§ 1 EStG). Die Bemessungsgrundlage ist das nach dem Einkommensermittlungsschema des § 2 EStG zu versteuernde Einkommen, vgl. § 2 Abs. 5 EStG. Erhebungsformen der Einkommensteuer sind neben der Veranlagung die sogenannten Quellensteuern, vor allem die Lohnsteuer, die den wesentlichen Teil des Steueraufkommens ausmacht, die Abgeltungssteuer (vormals Kapitalertragssteuer), aber auch z. B. die Aufsichtsratsteuer oder die Bauabzugssteuer. 2. Der Gemeindeanteil in der Entwicklung der Gemeindefinanzen Die Beteiligung der Gemeinden am Einkommensteueraufkommen findet in Art. 106 Abs. 5 GG ihre verfassungsrechtliche Fundierung. Sie erfolgte mit der Änderung des Grundgesetzes durch das Finanzreformgesetz von 1969 zum 1.1.1970.199 Mit dieser „Großen Finanzreform“ war vor allem auch eine „Stärkung der bundesverfassungsrechtlichen Stellung der Gemeinden und ihrer Gemeinde finanzen“ intendiert.200 Im Gegenzug wurde die Gewerbesteuerumlage eingeführt, mit der Bund und Länder am Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt wurden. Die große Abhängigkeit der Gemeinden von der Gewerbesteuer und die damit verbundenen Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden sollten so gemildert werden.201 Dieser „Tausch“ hat sich für die Kommunen bezahlt gemacht: Im Jahr 1971 lag die Höhe der Gewerbesteuerumlage bei 4,7 Mrd. DM, die Höhe des kommunalen Einkommensteueranteils bei 7,7 Mrd. DM.202 Im Jahr 2009 lag die Gewerbesteuerumlage bei rund 4,9 Mrd. €, der kommunale Einkommensteueranteil etwa bei 25,8 Mrd. €.203 Bis ins Jahr 1989 war die Entwicklung der kommunalen Einnahmen aus der Einkommensteuer stetig steigend, seitdem wächst das Aufkommen aufgrund einiger, temporärer Rückgänge langsamer. Diese sind insbesondere auf Rechtsänderungen im Bereich der Einkommensteuer, etwa Unternehmenssteuerreformen, sowie auf konjunkturelle Entwicklungen zurückzuführen. Relativ gesehen machte der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer seit 1970 regelmäßig über 40 % an den kommunalen Steuereinnahmen aus; seit dem Jahr 1995 198
Etwa das Außensteuergesetz (AStG) oder das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG). BGBl. I 1969, S. 359. 200 Hidien, Kommentar zum Gemeindefinanzreformgesetz, Einleitung Rn. 3 mit Verweis auf BT-Drucks. 5/2861, S. 32 ff. 201 Begründung zum Regierungsentwurf des Finanzreformgesetzes, BT-Drucks. 5/2861, Rn. 235 f. 202 Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen, 1988, S. 76. 203 Statistisches Bundesamt, Fachserie 14, Reihe 4, Finanzen und Steuern – Steuerhaushalt 2009, Wiesbaden 2010. Zu berücksichtigen ist bei diesem Vergleich allerdings, dass dies auch besonders auf Änderungen des Gewerbesteuerrechts, etwa die Abschaffung der Lohnsummensteuer zum 1.1.1980 oder beachtliche Erhöhungen von Freigrenzen, zurückzuführen ist. 199
62 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte ging er jedoch mit sinkender Tendenz auf nunmehr etwa 35 % zurück. In den alten Bundesländern spielt der Einkommensteueranteil eine bedeutendere Rolle als in den neuen Ländern.204 Damit ist der Anteil an der Einkommensteuer insgesamt eine zentrale Finanzierungsquelle der Gemeinden. 3. Verteilungsmechanismen des kommunalen Einkommensteueranteils Den Auftrag des Grundgesetzes, die Einzelheiten bzgl. des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer zu regeln (vgl. Art. 106 Abs. 5 S. 2 GG) hat der Bundesgesetzgeber mit dem ebenfalls 1969 beschlossenen Gemeindefinanzreformgesetz erfüllt. Die Verteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer auf die einzelnen Gemeinden ist somit bundeseinheitlich geregelt.205 Diese erfolgt in drei Stufen: Der bundeseinheitlichen Ermittlung des Gesamtanteils aller Gemeinden an der Einkommensteuer [a)], der Zerlegung auf die Länder [b)] und der Verteilung des Gemeindeanteils innerhalb der Länder auf die einzelnen Gemeinden [c)].206 a) Bundeseinheitliche Ermittlung des Gemeindeanteils Die Ermittlung des Gemeindeanteils richtet sich zunächst bundeseinheitlich nach § 1 S. 1 GFRG. Danach erhielten die Gemeinden seit dem 1.1.1970 zunächst 14 %, nunmehr seit dem 1.1.1980 15 %207 an der veranlagten Einkommen- und an der Lohnsteuer. Hinzu kam seit dem 1.1.1994 eine Beteiligung von 12 % am Aufkommen des Zinsabschlages, seit dem 1.1.2009 eine entsprechende Beteiligung am Aufkommen der Kapitalertragsteuer.208 204
Vgl. die Finanzberichte des BMF. Die Ausführungen in diesem Abschnitt zur detaillierten Verteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer orientieren sich an: BMF, BMF-Dokumentation: Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer in der Gemeindefinanzreform, 2011; Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 83 ff.; Hidien, Kommentar zum Gemeindefinanz reformgesetz, § 1 Rn. 5 ff., §§ 2 bis 5, sowie Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 163 ff. 206 Siehe auch Hidien, Kommentar zum Gemeindefinanzreformgesetz, § 1 Rn. 6. 207 Steueränderungsgesetz 1979 vom 30.11.1978, BGBl. I 1978, S. 1849. Diese Erhöhung sollte die Verluste durch den Wegfall der Lohnsummensteuer kompensieren. 208 Betrifft das Aufkommen der Teile der Abgeltungssteuer, die bislang dem Zinsabschlag unterlagen, siehe § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, 7 und 8–12, S. 2 EStG. Der geringere Anteil am Aufkommen aus dem Zinsabschlag bzw. der Kapitalertragssteuer gegenüber dem Anteil am Lohn- und Einkommensteueraufkommen ist damit zu erklären, dass körperschaftssteuerpflichtige Unternehmen ebenfalls kapitalertragssteuerpflichtig sind, nach Art. 106 Abs. 5 GG aber nur ein Anteil am Aufkommen der Einkommensteuer für die Gemeinden vorgesehen ist. 205
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
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b) Zerlegung des Einkommensteueraufkommens auf die Länder Der Anteil der einzelnen Gemeinde richtet sich dabei zunächst nach den in dem Gebiet des jeweiligen Bundeslandes vereinnahmten Steuereinnahmen. Dabei wird gem. § 1 S. 2 GFRG die Zerlegung nach Art. 107 Abs. 1 GG i. V. m. dem Zerlegungsgesetz (ZerlG)209 berücksichtigt. Für die Verteilung der Lohnsteuer auf die Länder ist dafür der Wohnsitz des Arbeitnehmers maßgeblich (Wohnsitzprinzip), § 1 ZerlG. Die Aufteilung geschieht in einem pauschalierten Verfahren, bei dem derzeit jeweils drei Jahre lang anhand des Lohnsteueraufkommens berechnete Zerlegungsanteile angewendet werden, vgl. § 7 ZerlG. Die dafür maßgeblichen Bundesstatistiken erlässt der Bundesminister der Finanzen per Rechtsverordnung. Die Zerlegung des Zinsabschlags bzw. der Kapitalertragssteuer richtet sich gem. § 8 ZerlG nach Prozentsätzen, denen der Anteil des entsprechenden Landes – unter Berücksichtigung des Wohnsitzes bzw. Sitzes des Steuerpflichtigen – am Gesamtaufkommen zu Grunde liegt. c) Verteilung des Gemeindeanteils innerhalb der Länder aa) Das Verfahren im Detail Die Verteilung innerhalb der Länder auf die einzelnen Gemeinden hat gem. Art. 106 Abs. 5 S. 1 GG auf Grundlage der Steuerleistung der Einwohner zu erfolgen. Dazu werden gem. §§ 2, 3 GFRG Schlüsselzahlen ermittelt. Grundlage dafür sind die Bundesstatistiken über die Lohnsteuer und die veranlagte Einkommensteuer nach § 1 Steuerstatistikgesetz (StStatG)210. Der Bundeminister der Finanzen legt gem. § 3 Abs. 3 GFRG regelmäßig per Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nähere Bestimmungen zur Ermittlung der Schlüsselzahlen fest.211 Neben Terminen und Fristen sowie Regelungen bzgl. der Rundung der Zahlen oder zum Verfahren im Falle einer kommunalen Neugliederung wird darin auch bestimmt, welche Steuerstatistiken für die Ermittlung der Schlüsselzahlen relevant sind. Aufgrund der langen Fristen zur Einreichung einer Steuererklärung und der dementsprechenden Zeitverzögerungen bei der Veranlagung der Einkommensteuer können die Statistiken im Regelfall derzeit erst fünf Jahre Dementsprechend können die Gemeinden nur insoweit am Aufkommen des Zinsabschlags bzw. der Kapitalertragssteuer beteiligt werden, wie es sich auf Einkommensteuerpflichtige bezieht. Dieser Anteil wurde auf 80 Prozent geschätzt, sodass die Kommunen nicht 15 %, sondern entsprechend nur 12 % am Aufkommen aus dem Zinsabschlag bzw. der Kapitalertragssteuer erhalten (Hidien, Kommentar zum Gemeindefinanzreformgesetz, § 1 Rn. 9). 209 BGBl. I 1998, S. 1998. 210 BGBl. I 1995, S. 1250. 211 Vgl. erstmals die Verordnung des BMF über die Ermittlung der Schlüsselzahlen für die Aufteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer ab 1970 v. 26.11.1969, BGBl. I 1969, S. 2149.
64 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte nach dem Erhebungsjahr berücksichtigt werden. Mit Verordnung vom 28. September 2011 wurden von Seiten des Bundesministeriums der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates etwa die Steuerstatistiken des Jahres 2007 als maßgebend für den Verteilungsschlüssel der Jahre 2012, 2013 und 2014 bestimmt.212 Dementsprechend wirken sich Entwicklungen der Steuerkraft einer Gemeinde – gleichwohl ob positiv oder negativ – erst mit deutlicher Verzögerung auf die Verteilung des Einkommensteueranteils aus. Die Schlüsselzahlen spiegeln den Anteil der einzelnen Gemeinde am Steuer aufkommen aller Gemeinden eines Landes wider. Maßgeblich ist dabei der Wohnsitz der Steuerpflichtigen, § 3 Abs. 1 S. 5 GFRG. Bei der Ermittlung der Schlüsselzahlen werden jedoch nur Steuererträge, die auf einem zu versteuernden Einkommen bis zu einem gewissen Höchstbetrag – derzeit 35.000 € (bzw. 70.000 € bei zusammen veranlagten Ehegatten) – beruhen, berücksichtigt. Dies führt dazu, dass Spitzensteuerzahler nicht ins Gewicht fallen und es zu einer Nivellierung zwischen den einzelnen Gemeinden kommt (vgl. § 3 Abs. 1 S. 4 GFRG). Ein proportionaler Zusammenhang zwischen dem Einkommensteueraufkommen der Bürger einer Gemeinde und dem letztlich zugewiesenen Gemeindeanteil ist damit nicht gegeben. Die Höhe der Bemessungsgrenze ist dabei der ausschlag gebende Faktor für den Grad der Nivellierung. Die Anknüpfung an das zu versteuernde Einkommen führt ferner dazu, dass sich die verschiedenen Abzugsposten, die bereits das zu versteuernde Einkommen mindern, nachteilig auf die jeweilige Schlüsselzahl auswirken. Insbesondere sind hier Kinderfreibeträge zu nennen; Gemeinden mit einem hohen Kinderanteil werden entsprechend benachteiligt.213 Aus diesen Gründen wird vereinzelt hinterfragt, ob eine Vorschrift wie § 3 Abs. 4 S. 1 GFRG mit dem Wortlaut des Grundgesetzes übereinstimmt, welcher verlangt, den Gemeindeanteil „auf Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Bürger“ (Art. 106 Abs. 5 S. 1 GG) an die Kommunen weiterzuleiten.214 Eine Grenze ist jedenfalls dann erreicht, wenn die Vorgabe des Grundgesetzes so deutlich nicht mehr als erfüllt zu betrachten ist, dass faktisch nur noch die Zahl der Steuerzahler für die Verteilung relevant ist. Eine regelmäßige Anpassung der Kappungsgrenzen ist daher erforderlich. Bei dieser Anpassung werden Berechnungen des Statistischen Bundesamtes berücksichtigt, welche die quantitativen Konsequenzen einer Neuregelung der Verteilungskriterien auf die konkrete Aufteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer auf die einzelnen Kommunen veranschaulichen. Seit 1998 ist das 212 § 1 der Verordnung über die Ermittlung der Schlüsselzahlen für die Aufteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer für die Jahre 2012, 2013 und 2014 v. 28.9.2011 (BGBl. I 2011, S. 1950). 213 Hansmeyer/Zimmermann, AfK 1993, S. 221 (236 f.). 214 Weiß, ZKF 2001, S. 26 (30 f.) und S. 52 (54 ff.) sowie Hidien, ZKF 1999, S. 270 (272) m. w. N. Gefordert wurde jedoch auch, Art. 106 Abs. 5 GG bzgl. dieses Wortlautes zu ändern, vgl. Hickel, Der Städtetag 1988, S. 327 (330).
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
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Statistische Bundesamt zur Erstellung solcher Modellrechnungen gem. § 1 Abs. 3 S. 2 StStatG verpflichtet.215 Die Kriterien zur Beurteilung der Ergebnisse der Berechnungen, also einer Bewertung der möglichen Umverteilungswirkungen, ergeben sich aus den steuerpolitischen und fiskalischen Erwägungen, die der Gemeindefinanzreform 1969 zu Grunde lagen216; dabei sind Kennwerte wie etwa die Größe oder die Steuerkraft einer Gemeinde zu berücksichtigen, aus denen sich Vergleichsgruppen bilden lassen.217 bb) Die Festlegung der Kappungsgrenzen als ständiges politisches Konfliktfeld Von hohen Bemessungsgrenzen und einer dementsprechend geringen Umverteilung profitieren grundsätzlich eher steuerstarke Gemeinden, in denen Bezieher hoher Einkommen ihren Wohnsitz haben, also tendenziell größere Städte und Ballungsräume. Niedrige Bemessungsgrenzen, die zu einer hohen Umverteilung führen, kommen hingegen eher kleineren und mittleren Gemeinden, somit vor allem dem ländlichen Raum, sowie strukturschwachen Gebieten zugute. Dieses Spannungsverhältnis erklärt, warum der Prozess der Festlegung und der Anpassung der Höchstbeträge im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 4 GFRG meist mit politischen Auseinandersetzungen einher ging.218 Dabei wurde – bei intensiven Diskussionen – stets einer mäßigen Erhöhung der Kappungsbeiträge den Vorzug vor größeren Änderungen gegeben. Zum 1.1.1970 lagen die Grenzen bei 8.000 DM für Alleinstehende und 16.000 DM für zusammen veranlagte Ehegatten.219 Ab dem Jahr 1972 sollten sie, so wurde bereits im Rahmen der Gemeindefinanzreform von Seiten der SPD gefordert, gänzlich wegfallen220 ; schließlich einigten die beteiligten Fraktionen sich auf den in § 3 Abs. 2 der Ursprungsfassung des GFRG festgeschriebenen
215 Gesetz zur Datenermittlung für den Verteilungsschlüssel des Gemeindeanteils am Umsatzsteueraufkommen und zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 23.6.1998 (BGBl. I 1998, S. 1496). 216 Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 23, nennen „die Erhaltung und Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung durch eine qualitative und quantitative Verbesserung des Gemeindesteuersystems“ als zentrales Ziel. − Hidien, Kommentar zum Gemeindefinanzreformgesetz, Einleitung Rn. 7 nennt konkreter als Ziele der Gemeinde finanzreform, „die dysfunktionale Gewerbesteuer quantitativ zurückzudrängen, das Gemeinde steuersystem zu stabilisieren, mit dem Einkommensteueranteil eine – mittelbar – an den Einwohner anknüpfende, finanzausgleichsrechtlich geeignete Steuerquelle einzuführen, die Gewerbesteuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden (,von oben‘) abzubauen und die Investitionskraft der Gemeinden insgesamt zu stärken.“ 217 Dazu BMF-Dokumentation, Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer in der Gemeindefinanzreform, 2011, S. 18 f. 218 Siehe Müscher, Der kommunale Anteil an der Einkommensteuer – zur Raumbedeutsamkeit des Verteilungssystems und des geplanten Hebesatzrechtes, 1979, S. 69 ff. 219 BGBl. I 1969, S. 1587. 220 Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 72.
66 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte Kompromiss, sie auf 80.000 DM (160.000 DM) zu verzehnfachen.221 Modellrechnungen der Bundesregierung zeigten jedoch, dass dies zu einer erheblichen Umverteilung zu Lasten strukturschwacher und kleinerer Gemeinden geführt hätte, sodass die Höchstbeträge zum 1.1.1972 lediglich auf 16.000 DM (32.000 DM) verdoppelt wurden.222 Die nächste Anpassung zum 1.1.1979 auf 25.000 DM (50.000 DM)223 wurde vom Deutschen Städtetag heftig als deutlich zu niedrig und damit „als ein weiteres Zeichen der steuerpolitischen Irrationalität“224 kritisiert.225 Zum 1.1.1985 wurden die Beträge auf 32.000 DM (64.000 DM) erhöht226, nachdem eine solche bereits zum 1.1.1982 vorgesehene Anhebung am Votum des Bundesrates scheiterte.227 Die nächste Erhöhung folgte zum 1.1.1994 auf 40.000 DM (80.000 DM).228 In den neuen Bundesländern erfolgte die Verteilung des kommunalen Einkommensteueranteils zunächst aufgrund fehlender Steuerstatistiken auf Basis der Einwohnerzahl; erst ab dem 1.1.1997 konnte die Steuerleistung der Einwohner berücksichtigt werden. Dabei wurde aufgrund der geringeren Einkommensteuerleistungen zunächst ein geringerer Höchstbetrag von 25.000 DM (50.000 DM) festgesetzt.229 Zum 1.1.2000 wurden die Höchstbeträge in den alten Ländern auf 50.000 DM (100.000 DM), in den neuen Ländern auf 40.000 DM (80.000 DM) angehoben230 ; zum 1.1.2003 auf 30.000 € (60.000 €) bzw. 25.000 € (50.000 €)231. Die Anpassung der Höchstbeträge in den neuen Bundesländern auf das westdeutsche Niveau erfolgte schließlich zum 1.1.2006.232 Zuletzt wurden die Kappungsgrenzen zum 1.1.2012 auf nunmehr 35.000 € (70.000) € angehoben.233 221
BGBl. I 1969, S. 1587. Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes v. 27.12.1971 (BGBl. I 1971, S. 2157). Dies forderte auch der Wiss. Beirat beim BMF, Stellungnahme zu § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuordnung der Gemeindefinanzen (Gemeindefinanzreformgesetz) vom 8.9.1969 v. 18.12.1970, in: Wiss. Beirat beim BMF, Entschließungen, Stellungnahmen und Gutachten 1949–1973, 1974, S. 471 ff. 223 Zweites Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes v. 19.1.1979 (BGBl. I 1979, S. 97). 224 Klein/Münstermann, Gemeindefinanzbericht 1979, in: Der Städtetag 1979, S. 56 (74). 225 Klein/Münstermann, Gemeindefinanzbericht 1979, in: Der Städtetag 1979, S. 56 (74). 226 Drittes Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes v. 20.12.1984 (BGBl. I 1984, S. 1709). 227 Karrenberg/Münstermann, Gemeindefinanzbericht 1983, in: Der Städtetag 1983, S. 69 (75 f.). 228 Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes v. 7.3.1994 (BGBl. I 1994, S. 416). 229 § 3 Abs. 2 GFRG in der ab dem 1.1.1997 gültigen Fassung (Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes v. 16.4.1997 (BGBl. I 1997, S. 790)). 230 Sechstes Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes v. 17.12.1999 (BGBl. I 1999, S. 2486). 231 Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes und des Aufbauhilfefondsgesetzes v. 17.6.2003 (BGBl. I 2003, S. 862). 232 Siebentes Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes v. 26.4.2006 (BGBl. I 2006, S. 1090). 233 Siehe das Neunte Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes, BT-Drucks. 17/8235 und 17/8867 (noch nicht im BGBl. verkündet). 222
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
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Die Steigerung der Bemessungsgrenze entspricht damit in etwa der des Einkommensteueraufkommens. In der Zeitspanne von 1970 bis 2010 wurde die Bemessungsgrenze von 8.000 DM (entspricht etwa 4.090 €) auf 30.000 €, also um etwa 733 % angehoben. Das Aufkommen aus dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer entwickelte sich in diesem Zeitraum von 6 Mrd. DM (entspricht 3,2 Mrd. €) auf 25,8 Mrd. € im Jahr 2009234, wuchs somit um etwa 806 %. Zu beachten ist zuletzt, dass die Anknüpfung der Schlüsselzahlen an das zu versteuernde Einkommen auch Freibeträge berücksichtigt, also eine andere Verteilung als bei einer Anknüpfung etwa an das Bruttoeinkommen erfolgt. Kinderreiche Familien etwa, die hohe Freibeträge in Anspruch nehmen können, fallen bei der Ermittlung entsprechend nur nachrangig ins Gewicht. d) Zusammenfassendes Ergebnis Die Höhe des Anteils der einzelnen Gemeinde am Einkommensteuerauf kommen ergibt sich somit, indem zunächst das Einkommensteueraufkommen gem. Art. 107 Abs. 1 GG auf die Länder zerlegt wird, anschließend der Gemeindeanteil an diesem Einkommensteueraufkommen ermittelt wird (vgl. § 1 GFRG), und dieser mit der Schlüsselzahl der einzelnen Gemeinde (vgl. § 3 GFRG) multipliziert wird. Zentrales Kriterium bei der Verteilung ist dabei die Steuerleistung der Gemeindeeinwohner, also die Steuerkraft der einzelnen Kommune im Hinblick auf die Einkommensteuer. Die Höchstgrenze bei der Bemessung der Schlüsselzahlen (§ 3 Abs. 1 S. 4 GFRG) führt dabei zu einer Nivellierung. Dementsprechend ist die Festlegung dieser Kappungsgrenze Gegenstand ständiger politischen Auseinandersetzungen, in denen sowohl statistische Erwägungen als auch konkrete Interessen einzelner Gemeindegruppen eine gewichtige Rolle spielen.235 4. Rechtliche Klassifikation des Gemeindeanteils als Problem Umstritten ist, wie der Anteil der Gemeinde am Einkommensteueraufkommen rechtlich einzuordnen ist.236 Dieser Streit kreist vor allem um die Frage, ob die Gemeinden bei der Einkommensteuer – wie von der weiten Mehrheit der Stimmen 234 Statistisches Bundesamt, Fachserie 14, Reihe 4, Finanzen und Steuern – Steuerhaushalt 2009, Wiesbaden 2010. 235 Für eine kritische Analyse der Verteilungsmechanismen des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer aus raumordnungspolitischer Perspektive wird verwiesen auf Müscher, Der kommunale Anteil an der Einkommensteuer – zur Raumbedeutsamkeit des Verteilungssystems und des geplanten Hebesatzrechtes, 1979, S. 82 ff. 236 Umfassend zur Thematik Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1023 ff.; Hidien, ZKF 1999, S. 270 f.
68 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte angenommen237 – eine eigene Steuerertragsberechtigung haben, sodass die Einkommensteuer neben dem Bund und den Ländern auch unmittelbar Gemeinden zusteht – oder ob die Ertragsberechtigung allein bei Bund und Ländern liegt, und die Gemeinden ihren Anteil lediglich als Zuweisung238 bzw. Steuerüberweisung239 erhalten. Daneben existieren auch vermittelnde Positionen.240 Der Wortlaut der Finanzverfassung ist hier teilweise missverständlich, jedenfalls keineswegs ein deutig. Ebendieses gilt jedoch auch für die in dieser Streitfrage verwendete Terminologie.241 Hinter den unterschiedlichen verwendeten Begrifflichkeiten verbirgt sich jedoch auch die grundlegende Fragestellung, inwieweit die Kommunen in einnahmerechtlicher Hinsicht in der Finanzverfassung als eigenständige Ebene neben Bund und Ländern betrachtet werden können – haben sie doch unbestritten in der Entwicklung der Finanzverfassung mit Blick auf ihren finanzrechtlichen Status eine Aufwertung erfahren242. a) Finanztechnische und finanztheoretische Analyse Eine rein faktische, finanztechnische Beurteilung lässt das Ergebnis nahe erscheinen, den Einkommensteueranteil der Kommunen als reine (Finanz-)Zuweisung zu klassifizieren:243 Die Gemeinden erhalten eine bestimmte, nach bundes- und landesgesetzlichen Regeln ermittelte Geldsumme ohne rechtliche Mitsprachebefugnis und unabhängig von ihrem Leistungsangebot und ihren Verpflichtungen von höherer Ebene „zugewiesen“ bzw. von den Ländern „weiter 237 So Meyer, DÖV 1969, S. 261 (265); Stern, Staatsrecht, Bd. II, 1980, S. 1158 f.; Kluth, DÖV 1994, S. 456 (460) m. w. N.; Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 84 f.; Rosenschon, Gemeindefinanzsystem und Selbstverwaltungsgarantie, 1980, S. 77; Pagenkopf, Der Finanzausgleich im Bundesstaat, 1981, S. 267 ff.; Hidien, Kommentar zum Gemeindefinanzreformgesetz, § 1 Rn. 2 ff.; ders., in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1025 ff.; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Grundgesetz, 12. Aufl. 2011, Art. 106 Rn. 35. 238 So etwa Schmidt, Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 26. 239 So Schnorr, Das Hebesatzrecht der Gemeinden, 1972, S. 162 ff., der nicht von einer gemeindlichen Ertragshoheit, jedoch von einer Einordnung als Steuerüberweisung ausgeht. 240 Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 191. 241 Dies wird etwa an der Argumentation von Schnorr, Das Hebesatzrecht der Gemeinden, 1972, S. 162 ff., offenbar, der zwischen Steuerertragsberechtigung, Steuerbeteiligung, Gemeindeeinkommensteuer, Steuerüberweisung und Finanzzuweisung abgrenzt. Siehe dazu auch Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1023, der mit entsprechenden Nachweisen die Bezeichnungen als „(quotale) Steuerertragsbeteiligung, unselbstständige oder quotale (Steuer-)Überweisung, Teilhabe am Steuerverbund, (echte) Gemeindeeinkommensteuer, partielle, unvollkommene Gemeinschaftssteuer oder echte Gemeinschaftssteuer bzw. Ertragsberechtigung der Gemeinden“ anführt. 242 Statt vieler Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1030. Diese Aufwertung bezieht sich dem folgend jedoch allein auf das Finanzsystem und kann nicht zu einer gesamtstaatlichen verfassungsrechtlichen Statusänderung interpretiert werden. 243 So Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 76.
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
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geleitet“. Sie haben keine Möglichkeit, ihren Anteil an der Einkommensteuer als eigene Steuerquelle autonom auszuschöpfen, sondern erhalten schlicht einen bestimmten Geldbetrag, der sich lediglich an der Einkommensteuerleistung ihrer Einwohner orientiert. In finanztechnischer Hinsicht könnte damit eine Parallele etwa zu den Schlüsselzuweisungen gezogen werden. Unter finanztheoretischen Gesichtspunkten – also solchen, die sich aus der finanzwissenschaftlichen Diskussion ergeben – ist eine solche Analyse jedoch zu verneinen. Vielmehr wird darauf verwiesen, dass in einem Fall wie dem vor liegenden dann eine Steuerbeteiligung vorliegt, wenn ein Verbundanteil auf der Basis eines Ertragsrechts der jeweiligen Gebietskörperschaft weitergeleitet wird, was bereits dann jedenfalls der Fall sei, wenn sich der Verteilungsschlüssel nach dem vereinnahmten örtlichen Aufkommen richtet.244 Finanzzuweisungen seien dagegen „summenmäßig begrenzte, nach ihrer Mittelherkunft entindividualisierte Finanztransfers“, die etwa „nach sonstigen, z. B. finanzbedarfsorientierten Maßstäben gewährt werden, die mit der Steuer selbst nichts zu tun haben“.245 Nach dieser – in theoretischer Hinsicht überzeugenden – Definition ist der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, der – wie zuvor unter 3. beschrieben – auf Basis des örtlichen Steueraufkommens verteilt wird – keine Finanzzuweisung, sondern eine Steuerertragsberechtigung. Zu beachten ist jedoch, dass das Kriterium der „Entindividualisiertheit“, welches die Loslösung des Steueraufkommens vom Steuerzahler treffend umschreibt, vor dem Hintergrund der Verteilungsregelungen des Gemeindefinanzreformgesetzes nicht zwingend eindeutig als gegeben betrachtet werden muss: Angesichts der Kappungsgrenzen des § 3 Abs. 1 S. 4 GFRG ist der Grat zwischen einer Verteilung nach dem örtlichen Aufkommen und einer Verteilung (nahezu) ausschließlich nach der Einwohnerzahl – trotz der verfassungsrechtlichen Vorgabe des Art. 106 Abs. 5 S. 1, 2. Hs. GG – sehr schmal, der Übergang von Finanzzuweisung und Steuerertragsberechtigung damit gleichsam fließend. Allein diese finanztheoretischen Überlegungen könnten daher nicht über die finanztechnische, faktische Wahrnehmung hinweg helfen, dass der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer nach der geltenden Rechtslage aufgrund des fehlenden Mitbestimmungsrechtes der Gemeinden und der nahezu nivellierenden Verteilungsregelungen im Gemeindefinanzreformgesetz den Anschein einer Finanz zuweisung hat.246
244
Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1025. Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1025. Siehe auch Rosenschon, Gemeindefinanzsystem und Selbstverwaltungsgarantie, 1980, S. 78. 246 Dagegen Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1031. 245
70 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte b) Wörtliche Auslegung Diese Annahme ließe sich grundsätzlich auch durch den Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und Dokumenten unterfüttern. Im Rahmen der Finanzreform 1969 wurde der Gemeindeanteil in der Gesetzesvorlage der Bundesregierung als „Finanzzuweisung“ bezeichnet.247 Ebenso ist in Art. 106 Abs. 3 S. 1 GG ausdrücklich von einer „Zuweisung“ eines Teils des Einkommensteueraufkommens an die Gemeinden die Rede. Diese Norm stellt den Begriff „Gemeinschaftssteuern“ zudem nur in den Kontext der Ertragsberechtigung von Bund und Ländern, während der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer semantisch davon abgegrenzt ist („soweit …“).248 c) Systematische Auslegung Die alleinige Argumentation anhand finanztechnischer und finanztheoretischer Betrachtungen ist bei der Ermittlung des Rechtscharakters jedoch nicht zielführend, ebenso wenig eine rein wörtliche Auslegung. So kann der Wortlaut von Art. 106 Abs. 3 GG ebenso auch als rechtliche „Zuweisung“ einer Steuerquelle und eben nicht als Finanzzuweisung des Bundes bzw. der Länder an die Gemeinden interpretiert werden.249 Auch in Art. 106 Abs. 5 GG ist davon die Rede, dass die Gemeinden einen Anteil an der Einkommensteuer „erhalten“, den die Länder lediglich an sie „weiterleiten“250, sodass eine direkte Beziehung zwischen dem Bund und den Gemeinden hergestellt ist.251 247
BT-Drucks. 5/2816, Tz. 332. Dazu auch Schnorr, Das Hebesatzrecht der Gemeinden, 1972, S. 166 ff. 249 So Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen, 1988, S. 17; Rosenschon, Gemeindefinanzsystem und Selbstverwaltungsgarantie, 1980, S. 78. 250 Die Terminologie „Weiterleiten“ verdeutlicht hier den Unterschied zwischen einer Steuer ertragsberechtigung (Ertragshoheit) und einer Steuergläubigerschaft: Die Gemeinden haben zwar einen unmittelbaren Anspruch auf ihren Anteil an der Einkommensteuer aus dem Gesamtaufkommen, Steuergläubiger der Einkommensteuer sind jedoch zunächst die Länder, denen nach Art. 108 Abs. 2 S. 1 GG die Verwaltung der Einkommensteuer obliegt und die entsprechend vom Steuerschuldner (Steuerpflichtigen) die Steuer fordern können; vgl. Elsner/ Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 84 f. Siehe zur Problematik des Vermengens von Steuerertragsberechtigung und Steuergläubigerschaft auch Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1024 m. w. N. sowie Rn. 1028. Danach meint der Begriff des „Weiterleitens“ „lediglich den bundesstaatsinternen Vorgang der Verwirklichung der Ertragsberechtigung, wenn diese nicht mit der Vereinnahmungszuständigkeit identisch ist.“ 251 So Hidien, Kommentar zum Gemeindefinanzreformgesetz, § 1 Rn. 2 ff., der den Wortlaut von Art. 106 Abs. 5 GG insofern als misslungen bezeichnet. − Nach a. A. wird die Tatsache, dass die Länder überhaupt in Art. 106 Abs. 5 G Erwähnung finden, auch dahingehend interpretiert, dass die Ertragshoheit nicht bei den Gemeinden liegt und daher die Länder „zwischengeschaltet“ werden müssen; so Schnorr, Das Hebesatzrecht der Gemeinden, 1972, S. 167 f. 248
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
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Dieser Streit ist auch vor dem Hintergrund verschiedener Versuche der Systematisierung der Einnahmequellen der öffentlichen Hand und ihrer Verteilung zu betrachten. Dabei wird, wie oben252 bereits kurz angerissen, eine Unterscheidung in ein Trennsystem, in dem jede Gebietskörperschaft sich die für die Erfüllung ihrer Einnahmen notwendigen Einnahmen autonom beschaffen kann, ein Verbundsystem, in dem die beteiligten Gebietskörperschaften mit bestimmten Anteilen am Gesamtsteueraufkommen beteiligt sind, und ein Mischsystem aus diesen beiden Systemen vorgenommen.253 Darauf aufbauend erscheint eine systematische Betrachtung angebracht: Der Verfassungsgesetzgeber hat sich im bundesstaatlichen Finanzausgleich für ein Mischsystem aus Steuerverbund und Trennsystem entschieden.254 Zentrale Erwägung dabei ist, dass einerseits eine vollständige Trennung der Einnahmequellen von Bund, Ländern und Gemeinden eine unverhältnismäßigen Schwankung des Finanzaufkommens der einzelnen Gebietskörperschaften mit sich brächte; andererseits aber ein reiner Steuerverbund eine regelmäßige Aktualisierung des Finanzausgleichs erforderte, welche – wie bereits an der vorgehenden Darstellung der Historie der Festlegung der Höchstgrenzen im Rahmen des § 3 Abs. 1 S. 4 GFRG exemplarisch deutlich wird255 – fast zwangsläufig zu erheblichen politischen Streitigkeiten führt.256 Dies gilt erst recht, wenn die Finanzausgleichsregelungen einer verfassungsrechtlichen Festlegung bedürften, wie es bei einem reinen Steuerverbund zur Vermeidung eines übermäßigen Gestaltungsspielraumes einer Ebene im Bundesstaat erforderlich wäre.257 Aus diesem Grund sind in Art. 106 GG einige Steuerquellen einzelnen Gebietskörperschaften alleinig zugewiesen (Trennsystem); die aufkommensstarken Steuern wie die Umsatz-, die Körperschaft- und auch die Einkommensteuer stehen hingegen mehreren Ebenen gemeinsam zu (Verbundsystem). Die konkreten Mechanismen des Finanzausgleichs sind einfachgesetzlich zu regeln – aber zur Gewährleistung der Eigenständigkeit der jeweils berechtigten Ebenen ist zwingend erforderlich, dass diese insbesondere auch im Verbundsystem eine eigenständige, verfassungsrechtlich abgesicherte Ertragsberechtigung an ihrem Steueranteil haben.
252
Siehe II. 1. a). Etwa Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 16 ff.; Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 32 ff.; Pagenkopf, Der Finanzausgleich im Bundesstaat, 1981, S. 60 ff.; Rosenschon, Gemeindefinanzsystem und Selbstverwaltungsgarantie, 1980, S. 68 f.; F. Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen, 1988, S. 12 ff. 254 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 16 ff. 255 Siehe oben III. 3. c). 256 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 16 ff. 257 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 5 ff. 253
72 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte d) Stellungnahme Eine Betrachtung von Art. 106 Abs. 3 S. 1 und Abs. 5 S. 1 ergibt vor diesem Hintergrund der Systematik des Steuerverbundes, dass der Gemeindeanteil eben nicht dem Bund oder den Ländern zuzuordnen ist; er muss somit unmittelbar den Gemeinden zustehen.258 Dafür spricht auch die Regelung des Art. 106 Abs. 5 S. 3, in der ein Hebesatzrecht für die Gemeinden vorgesehen ist. Ein solches ist nur dann dogmatisch konsequent, wenn man von einer Ertragsberechtigung der Kommunen ausgeht – bei der Annahme einer reinen Finanzzuweisung würde ein Hebesatzrecht keinen Sinn machen.259 Diese Erwägungen sprechen überzeugend dafür, dass die Gemeinden in steuer licher Hinsicht als dritte, mit eigener Ertragshoheit ausgestattete Ebene neben den Ländern und dem Bund betrachtet werden können.260 So formulierte das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Finanzausgleich vom 11.11.1999261: „Bei der Regelung der verfassungskonkretisierenden Maßstäbe wird zusätzlich zu berücksichtigen sein, daß das Grundgesetz die finanzielle Eigenverantwortung der Kommunen nunmehr ausdrücklich anerkennt (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG) und den Gemeinden einen eigenen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer (Art. 106 Abs. 5 GG) und an der Umsatzsteuer (Art. 106 Abs. 5a GG) garantiert. Diese gestärkte finanzwirtschaftliche Unabhängigkeit und Verselbstständigung der Kommunen modifiziert die bisherige Zweistufigkeit der Finanzverfassung.“ Entsprechend handelt es sich mit dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer – sofern eine rechtsdogmatische Einordnung erfolgt – nicht um eine Finanzzuweisung im Sinne einer nur mittelbaren Beteiligung am Steueraufkommen, sondern um eine eigene Steuerertragsberechtigung der Gemeinden. Einer solchen Klassifikation stünde auch nicht entgegen, dass die Verteilung des Einkommensteueranteils auf die einzelnen Gemeinden einen deutlichen umverteilenden Charakter hat.262
258 Ebenso Hidien, ZKF 1999, S. 270 (271). Dies bedeute jedoch nicht, dass die Einkommensteuer eine Gemeinschaftssteuer von Bund, Ländern und Gemeinden ist. Sie sei nach dem eindeutigen Wortlaut von Art. 106 Abs. 3 S. 1 nur „insoweit“ eine Gemeinschaftssteuer von Bund und Ländern, wie sie eben nicht den Gemeinden zugewiesen ist; siehe Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1032 mit Verweis auf die amtliche Begründung zum GFRG, BT-Drucks. 5/3876, zu § 1, S. 11. Dieser Wortlaut sei jedoch im Ergebnis systematisch unpassend (Hidien, a. a. O., Rn. 1033). 259 Ebenso Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1029, 1045. 260 Ebenso Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1001 ff., der von einer „einnahmenrechtlich modifizierten Zweistufigkeit“ spricht; Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 77; Elsner, Das Gemeindefinanzsystem, 1979, S. 141 f. 261 BVerfGE 101, S. 158 (230). 262 Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen, 1988, S. 18.
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
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Dennoch bleibt zwischen der finanztheoretischen, systematischen, verfassungsrechtlichen und der rein faktischen Analyse ein Widerspruch: die Gemeinde hat dogmatisch einen eigenen, grundgesetzlich gesicherten, primären Anspruch auf einen Anteil des Einkommensteueraufkommens. Dieser wird ihr jedoch unter Zugrundelegung nahezu nivellierender Verteilungsregelungen, ohne eigene Mitwirkungs- und Rechtssetzungsbefugnisse, auch ohne Aktivierung des in Art. 106 Abs. 5 S. 3 vorgesehenen Hebesatzrechts, von den Ländern weitergeleitet. Die Ertragshoheit der Gemeinden existiert losgelöst von der Steuerhoheit, also der Gesetzgebungskompetenz263, die die Höhe des jeweiligen Ertrages festlegt: Der gesetzgeberische ‚Zugang‘ zur Einkommensbesteuerung liegt also beim Bund. Auch die Verwaltungshoheit ist nicht mit der Steuerhoheit der Gemeinden verknüpft: Der verwaltungstechnische ‚Zugang‘ liegt gem. Art. 108 Abs. 2 S. 1 GG bei den Ländern in Form der Finanzämter. Dies spiegelt sich in der Wahrnehmung durch den Bürger wider: Es ist bekannt, dass der Bund den Steuertarif festlegt; es ist bekannt, dass die Finanzämter die Steuer festsetzen und einziehen. Dabei ist der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer jedoch nicht offen ausgewiesen, sodass dem Bürger nicht deutlich wird, dass 15 % seiner Einkommen- und Lohnsteuer zu seiner Wohngemeinde gelangen. Dieses Spannungsfeld zwischen rechtsdogmatischer Einordnung und finanztechnischer Realität gilt es im Rahmen dieser Untersuchung zu beachten. 5. Ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer als Alternative a) Fehlende kommunale Mitbestimmung bei der Einkommensteuer Dem kommunalen Einkommensteueranteil begegnet in seiner derzeitigen Ausgestaltung immer wieder der zentrale Kritikpunkt der fehlenden kommunalen Regelungsbefugnis bei dieser für sie so wichtigen Steuerquelle.264 Obwohl der Gemeindeanteil in rechtlicher Hinsicht eine eigene Ertragshoheit der Gemeinden mit sich bringt, kann der Bund die Regelungen ohne direkte Mitwirkung der Kommunen modifizieren, ebenso wie er die Höhe der Einkommensteuer durch Änderung des Tarifes und sonstige Vergünstigungen selbstständig ändern kann.265 Den Kommunen fehlt somit ein eigener Zugang zur steuerlichen Belastung ihrer Wohnbevölkerung. Stattdessen erhalten sie ihren Anteil am Einkommensteueraufkom 263
Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1. So etwa Elsner, Das Gemeindefinanzsystem, 1979, S. 18 f.; Weiß, ZKF 2001, S. 26 (30) und 52 ff.; Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission Steuergesetzbuch, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2006, S. 15; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 166 f. 265 Hidien, ZKF 1999, S. 270 (271); Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 80. Kritisch dazu Schaden, Der Gemeindehaushalt 1997, S. 205 ff. 264
74 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte men auf „verschlungenen Pfaden im Wege einer Zuweisung“266. Dies führt dazu, dass die komplexen Regelungen zur Zerlegung des Gemeindeanteils am Einkommensteueraufkommen auf die einzelnen Kommunen die Beziehung zwischen dem steuerpflichtigen Bürger und der Gemeinde deutlich aufweichen. Dem Bürger ist damit – wie zuvor bereits festgestellt – nicht erkennbar und folglich wohl auch kaum bewusst, dass ein nicht unwesentlicher Teil seiner Einkommensteuerschuld seiner Wohnsitzgemeinde zugutekommt.267 Ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung könnte diese grund legenden Kritikpunkte möglicherweise beheben. In anderen europäischen Staaten, etwa den skandinavischen Ländern Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden bildet eine solche Gemeindeeinkommensteuer eine zentrale Säule der Gemeindefinanzierung; auch in der Schweiz, in Belgien sowie in einigen Bundesstaaten der USA spielen kommunale Zugänge zur Einkommensbesteuerung eine wichtige Rolle.268 b) Grundlegende Varianten der Ausgestaltung des kommunalen Einkommensteuerzugangs Grundsätzlich sind bei einem kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung verschiedene Alternativen zur bisherigen Rechtslage – einer Weiterleitung eines Anteils am Einkommensteueraufkommen an die Gemeinden – denkbar. Insbesondere stellt sich die Grundfrage, wie weit der kommunale Zugang zur Besteuerung des Einkommens der Wohnbevölkerung von der bisherigen Einkommensteuer abgekoppelt werden soll. Eine starke Anbindung an die Einkommensteuer gewährleistet eine vergleichsweise einfache Handhabung und Administrierbarkeit, im Gegenzug wäre der Spielraum der Kommunen bei einer von der Einkommensteuer losgelösten Besteuerung jedoch umso größer. Im Einzelnen lassen sich folgende Varianten diskutieren: aa) Eigenständige Steuer Eine eigene kommunale Steuer auf das Einkommen würde den Kommunen entsprechend weitreichende Regelungsbefugnisse zusichern. Denkbar wäre etwa, dass jede Gemeinde selbst bestimmen kann, wie die Modalitäten der Steuer – also etwa die Festlegung der Steuersubjekte, des Steuerobjektes, der Bemessungs 266 So Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission Steuergesetzbuch, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2006, S. 15. Von der Finanzverfassung als „Hort extremer Verflechtung“ spricht Waldhoff, VVDStRL 66 (2007), S. 216 (229). 267 So auch Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 166. 268 Sander, Wirtschaftsdienst 2001/VIII, S. 447 (449 f.) m. w. N. Ausführlich ders., Gemeinde einkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004, S. 73 ff.
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
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grundlage und des Tarifs – zu regeln sind. Entsprechend sollten die Kommunen die Steuererhebung auch selbstständig verwalten.269 Ein Steuerfindungsrecht, also die Berechtigung, eine neue Steuer durch Rechtssetzungsakt einzuführen, kennt jedoch sehr enge Grenzen.270 Zu beachten wären insbesondere die Vorschriften der Finanzverfassung, Art. 104a ff. GG.271 Auf mögliche Probleme einer solchen eigenen kommunalen Steuer soll im weiteren Verlauf der Untersuchung eingegangen werden. Alternativ könnte der Bundes- oder wahlweise auch der Landesgesetzgeber die wesentlichen Modalitäten einer solchen eigenständigen kommunalen Steuer auf das Einkommen auch einheitlich regeln. Den Kommunen bliebe dann die Möglichkeit der Beeinflussung einiger wesentlicher Faktoren, etwa des Steuertarifs. Denkbar wären solche eigenen kommunalen Steuern sowohl in Form einer Kopfsteuer als auch in Form einer proportionalen oder progressiven Besteuerung. Zu beachten ist jedoch, dass auch abseits möglicher verfassungsrechtlicher Probleme in Anbetracht des derzeitigen „Vielsteuersystems“272 vermutlich kaum zu rechtfertigen und politisch nicht durchsetzbar ist, im Bereich des Einkommens eine weitere, vollständig neue, von den einzelnen Gemeinden individuell auszugestaltende Steuerquelle zu schaffen. Auch könnte die Harmonisierung mit der Gesamtsystematik des Steuerrechts – insbesondere konkret im Bereich der Ertragsbesteuerung – problematisch sein. bb) Kommunales Hebesatzrecht Weniger komplex zu handhaben wäre es, wenn den Gemeinden im Bereich der Einkommensteuer ein eigenes Hebesatzrecht273 zugestanden würde. Das würde bedeuten, dass in einem ersten Schritt auf Basis eines im Rahmen der Einkom 269 Dies ist gem. Art. 108 Abs. 4 S. 2 G möglich. Eine Pflicht zur Verwaltung durch die Kommunen findet sich im Grundgesetz freilich nicht. 270 Zimmermann, Das System der kommunalen Einnahmen, 1988, S. 12 ff. 271 Vor allem ist die umstrittene Frage zu bedenken, inwieweit Art. 106 GG die Ertrags berechtigungen auch für neue, nicht explizit aufgeführte Steuern zuweist; vgl. Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 20 f. (Grundwerk). Demnach könnte eine eigene kommunale Steuer, die an ein Steuerobjekt – etwa das Einkommen – anknüpft, welches bereits von höherer Ebene in Anspruch genommen wird, grundsätzlich unzulässig sein. 272 So Kirchhof, NJW 2002, S. 1549. Danach wurden im Jahr 2002 vom Bundesgesetzgeber 36 verschiedene Steuern erhoben. 273 Die Terminologie insbesondere bei der Verwendung der Begriffe „Hebesatz“ und „Zuschlag“ und ihrer Bedeutung weicht in der einschlägigen steuerrechtlichen Fachliteratur und den Reformvorschlägen häufig voneinander ab (vgl. dazu nur Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 126 ff. mit entsprechenden Nachweisen). In dieser Arbeit sollen die Begriffe „Hebesatz“ und „Zuschlag“ daher durchgängig im Sinne der in diesem Abschnitt dargelegten Definition und Umschreibung verwendet werden.
76 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte mensbesteuerung ermittelten Wertes – etwa der Summe oder des Gesamtbetrages der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG), des Einkommens (§ 2 Abs. 4 EStG) oder des zu versteuernden Einkommens (§ 2 Abs. 5 EStG) – nach bundeseinheitlichen Regeln ein Steuermessbetrag als Bemessungsgrundlage ermittelt wird. In einem zweiten Schritt würden die Kommunen einen eigenen Hebesatz als Steuersatz festlegen, aus dessen Anwendung sich dann die konkrete Steuerlast ergibt.274 Auch hier wäre ein einheitlicher, proportionaler Hebesatz ebenso möglich wie eine progressive Ausgestaltung. Auch könnte gesondert über Freibeträge oder Beitragsbemessungsgrenzen ebenso wie über eine Kappung der Bemessungsgrundlage und weitere Modalitäten des Tarifs nachgedacht werden. cc) Kommunaler Zuschlag Die einfachste Möglichkeit einer kommunalen Mitbestimmung bei der Höhe ihres Einkommensteueranteils besteht in der Einführung eines kommunalen Zuschlagsrechtes275. Das würde bedeuten, dass die Kommunen die Höhe des ihnen zustehenden Anteils am Einkommensteueraufkommen für ihren Bereich durch einen prozentualen Zu- oder Abschlag erhöhen oder mindern können. Diese unmittelbare Anknüpfung an die tarifliche oder die festzusetzende Einkommensteuer bedeutet zwingend eine progressive Ausgestaltung auch des kommunalen Anteils. Zu überdenken wäre auch hier, inwieweit Freibeträge und weitere Modalitäten des Tarifes für den kommunalen Anteil gegebenenfalls noch zu modifizieren wären. Der Unterschied zu einem Hebesatzrecht wird damit erklärt, dass bei einem Steuerzu- bzw. Steuerabschlag eine andere, übergeordnete Ebene ihrerseits eine eigene Steuer erhebt, auf die eine andere, untergeordnete Ebene lediglich einen eigenen Zuschlag erheben kann, während der übergeordneten Ebene weiterhin die Objekts- und Ertragshoheit bei dieser Steuer zukommt und diese auch die Festsetzung und Veranlagung übernimmt.276 Der Hebesatz als solcher entspricht dem gegenüber quasi einem Steuersatz.277 Konkret bedeutet dies: Ein Zuschlag wird immer auf eine bereits vollumfänglich berechnete Steuer erhoben – ein Hebesatz kann hingegen auch an andere Messgrößen anknüpfen.278 274 Vgl. zu Begrifflichkeit, Wesen und Funktion eines Hebesatzes Schnorr, Das Hebesatzrecht der Gemeinden, 1972, S. 10 ff. 275 Siehe Fn. 273. 276 Schnorr, Das Hebesatzrecht der Gemeinden, 1972, S. 10 ff., 175 ff. 277 Schnorr, Das Hebesatzrecht der Gemeinden, 1972, S. 10 ff., 175 ff. 278 Zur Verdeutlichung kann folgendes Beispiel dienen: Ein Steuerpflichtiger muss aufgrund der Bemessungsgrundlage B, auf die der Steuersatz C angewendet wird, die entsprechende Steuer D zahlen. Ein Steuerzuschlag würde bedeuten, dass die Gemeinde die zu zahlende Steuer D durch einen prozentualen Satz E nach oben oder unten verändern kann. Es ist also schon eine vollumfänglich berechnete Steuer als Ausgangspunkt für den Zuschlag erforderlich. − Bei einem Hebesatzrecht hingegen legt die Gemeinde zwar auch einen pro-
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
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Aufgrund möglicher Unterschiede bei der Steuerertrags- und Objekthoheit sowie der Verwaltung, Festsetzung und Veranlagung ist somit eine Differenzierung zwischen Zuschlag und Hebesatzrecht angebracht. Der kommunale Zuschlag zur Einkommensteuer könnte damit auch als diejenige Ausgestaltungsvariante des Hebesatzrechtes bezeichnet werden, bei der sich der Steuermessbetrag unmittelbar aus der konkreten Steuerschuld ergibt. Angemessen erscheint es also, das Zuschlagsrecht als „Minus“ gegenüber dem Hebesatzrecht zu bezeichnen. c) Fazit Die denkbaren Alternativen zur bisherigen Rechtslage sind somit vielfältiger Natur. Die Grenzen zwischen den einzelnen Ausgestaltungsmöglichkeiten sind nahezu fließend. Allen Varianten ist jedoch gemein, dass sie den Kommunen erweiterte Regelungs- und Mitsprachebefugnisse bei der Steuer zugestehen – jedenfalls in Bezug auf die Höhe der Steuerlast ihrer Einwohner. Auch würde der Anteil des Bundes und der Länder an der Einkommensteuer in seiner bisherigen Form nicht berührt – nur der Gemeindeanteil von 15 % wäre von einer Reform betroffen. Weitere Differenzierungen und Untersuchungen der einzelnen Methoden sollen erst an späterer Stelle vorgenommen werden. Zuvor ist ausführlich zu prüfen, ob es rechtlich möglich und unter verschiedenen Aspekten vorzugswürdig ist, den Kommunen einen eigenen Zugang zur Besteuerung des Einkommens ihrer Wohnbevölkerung einzuräumen. 6. Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer in der Diskussion Überlegungen, den Gemeinden einen eigenen Zugang zur Einkommens besteuerung einzuräumen, sind nicht neu. Vielmehr ziehen sie sich wie ein roter Faden durch die Historie des Einkommensteuerrechts und der Kommunal finanzierung.
zentualen Satz F (Hebesatz oder Steuersatz) fest. Dieser wird jedoch auf eine eigenständige Bemessungsgrundlage G angewendet, die sich aus der Bemessungsgrundlage B, der zu zahlenden Steuer D, aber auch aus irgendeinem anderen im Rahmen dieser Steuerberechnung erforderlichen Wert ergeben kann. Wichtig ist nur, dass die Bemessungsgrundlage G b undesoder landeseinheitlich ermittelt wird, während die Gemeinde den Hebe- bzw. Steuersatz individuell bestimmen kann.
78 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte a) Ähnliche Steuern vor Geltung des Grundgesetzes aa) Gemeinden und Einkommensteuer in der Miquel’schen Steuerreform 1893 Vor dem ersten Weltkrieg lag der Schwerpunkt der finanziellen Kompetenzen damit auch das Recht der Ausschöpfung der Hauteinnahmequellen im Deutschen Reich nach der Reichsverfassung vom 18.1.1871 bei den Bundesstaaten, entsprechend auch die Ordnung des Kommunalabgabenrechts.279 In Preußen sah bereits das auf Johannes von Miquel zurückgehende preußische Kommunalabgabengesetz vom 14.7.1893280 in § 36 ein kommunales Zuschlagsrecht auf die staatliche, veranlagte Einkommensteuer vor.281 Auch besondere Gemeindeeinkommen steuern sowie die Besteuerung der von der staatlichen Einkommensteuer nicht umfassten Einkünfte waren nach den §§ 37, 38 dieses Gesetzes in Preußen zulässig.282 Auch in Sachsen konnten die Gemeinden die direkten Steuern weitgehend frei ausschöpfen, in Bayern konnten sie teilweise Zuschläge auf die direkten staatlichen Steuern erheben.283 bb) Gemeinden und Einkommensteuer in der Erzbergerschen Finanzreform 1919/1920 In der Weimarer Reichsverfassung wurde die Verantwortung für das Finanz wesen schließlich auf das Reich übertragen; die zuvor genannten landesrechtlichen Regelungen wurden in der Finanzreform von Matthias Erzberger in den Jahren 1919/1920 durch das Landessteuergesetz vom 30. März 1920284, am 23. Juni 1923 neu bekannt gemacht als „Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden (Finanzausgleichsgesetz)“285 faktisch wieder abgeschafft.286 Die Gemeinden wurden – ebenso wie die Länder – im Steuerverbund am Aufkommen der Einkommensteuer, bemessen nach dem örtlichen Aufkommen und dem 279
Elsner, Das Gemeindefinanzsystem, 1979, S. 22 f. Preußische Gesetzessammlung (GS) 1893, S. 152. 281 Siehe dazu Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 24 ff., 85, 99 ff.; Pagenkopf, Der Finanzausgleich im Bundesstaat, 1981, S. 94 f. Mit dieser Gemeindefinanzreform wurden ferner u. a. auch die Gewerbe- und die Grundsteuer den Gemeinden überlassen. Ausführlich zur Einkommensteuer in Preußen im 19. Jahrhundert Mathiak, FR 2007, S. 544 ff. 282 Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 25. 283 Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 24; Elsner, Das Gemeindefinanzsystem, 1979, S. 23. 284 RGBl. I 1920, S. 402. 285 RGBl. I 1923, S. 494. 286 Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 29 ff.; Ausführlich zur Stellung der Kommunen im Reichsfinanzausgleich nach der Erzbergerschen Finanzreform Hidien, Der bundesstaatliche Finanzausgleich in Deutschland, 1999, S. 275 ff. 280
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
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Steuersoll, beteiligt.287 Auch damals gab es bereits Forderungen und Überlegungen zu einem selbstständigen, kommunalen Besteuerungsrecht bei der Einkommensteuer288, welcher mit dem im Jahr 1925 vorgelegten „Entwurf eines Gesetzes über Änderungen des Finanzausgleichs zwischen Reich, Ländern und Gemeinden“289 eingeführt werden sollte. Dieser wurden den Gemeinden jedoch schließlich – aufgrund fehlender Beurteilungsmöglichkeiten – zunächst zum 1. April 1927290, dann zum 1. April 1929291 und schließlich erneut ohne Nennung eines Datums292 lediglich in Aussicht gestellt.293 cc) Die „Gemeindliche Bürgersteuer“ von 1930 Zwischen 1930 und 1942 wurde im Deutschen Reich eine „Gemeindliche Bürgersteuer“ erhoben, die zunächst ähnlich einer Kopfsteuer, schließlich zunehmend nach der Höhe des Einkommens gestaffelt ausgestaltet war.294 Diese ähnelte damit teilweise einer Einkommensteuer.295 b) Die Gemeindefinanzreform 1969 Die Finanzverfassung des Grundgesetzes sah schließlich zunächst keine Beteiligungen der Kommunen an der Einkommensteuer vor. Erst im Rahmen der Finanzreform 1969 wurde wieder über eine Beteiligung der Gemeinden nachgedacht. In diesem Zusammenhang wurden kommunale und auf die Wohnbevölkerung bezogene Elemente im Bereich der Einkommensteuer politisch diskutiert.296 Die Sachverständigenkommission zur Vorbereitung der Finanzreform sprach sich 287
Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 32 f. Dies gehörte bereits seit 1920 zur ständigen Forderung des Deutschen Städtetages, vgl. Deutscher Städtetag (Hrsg.), Städte. Staat. Wirtschaft. Denkschrift, 1926, S. 70 f. 289 RT-Drucks. Nr. 802. 290 Gesetz über Änderungen des Finanzausgleichs zwischen Reich, Ländern und Gemeinden v. 10.8.1925, RGBl. I 1925, S. 254. 291 Gesetz zur Übergangsregelung des Finanzausgleichs zwischen Reich, Ländern und Gemeinden v. 9.4.1927, RGBl. I 1927, S. 91. 292 Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen v. 1.12.1930, RGBl. I 1930, S. 517. 293 Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 35. 294 Ausführlich zur konkreten Ausgestaltung Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 36. 295 Pagenkopf, Der Finanzausgleich im Bundesstaat, 1981, S. 123 f. 296 Siehe etwa Präsidium des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Gedanken zur Finanzreform, Einzeldarstellungen des Bundes der Steuerzahler Nr. 76, 1965, S. 21 f.; Karl-BräuerInstitut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Finanzreform, 1967, S. 52 f.; Bohmann, Gemeindefinanzsystem, 2. Aufl. 1967, S. 41 ff.; Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zum Gemeindesteuersystem und zur Gemeindesteuerreform in der Bundesrepublik Deutschland, BMF-Schriftenreihe, Heft 10, 1968, S. 34, 41 ff. 288
80 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte nicht nur für eine Beteiligung der Gemeinden am Einkommensteueraufkommen, sondern auch für ein Hebesatzrecht der Gemeinden bei der Einkommensteuer aus.297 Dies wurde von den kommunalen Spitzenverbänden weitgehend positiv aufgenommen.298 Schließlich entschloss sich die Bundesregierung jedoch, dass das Hebesatzrecht erst dann aktiviert werden solle, wenn die konkreten Auswirkungen der weiteren Regelungen der Finanzreform in ihrer Breite zu übersehen wären299 – auch wenn einzelne Stimmen forderten, die verfassungsrechtliche Option durch eine Verpflichtung des Bundesgesetzgebers zu ersetzen300. Im Ergebnis blieb es daher zunächst bei einer Beteiligung der Kommunen an der Einkommensteuer sowie der Einfügung der verfassungsrechtlichen Möglichkeit eines Hebesatzrechtes, Art. 106 Abs. 5 S. 3, ins Grundgesetz. Überlegungen, das Hebesatzrecht im Rahmen der anstehenden Steuerreform 1971/72 einzuführen, wurden „aus gewichtigen Gründen“ verworfen.301 Auch in den Folgejahren hatte die Einrichtung eines Hebesatzrechtes bei der Einkommensteuer wenig Aussicht auf Erfolg.302 Die Option des Hebesatzrechtes wurde schließlich bis heute nicht vom Bundesgesetzgeber aktiviert. Die „anhaltende finanzielle Notlage“303 der Gemeinden ließ die Diskussion um Reformvorschläge für das kommunale Steuersystem auch in den Folgejahren nicht abreißen. Die Aktivierung des in Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG ermöglichten Hebesatzrechtes oder ähnlicher kommunaler Besteuerungsmöglichkeiten des Einkommens stand dabei weiterhin zur Debatte.304 Dieser Idee begegneten einzelne Stellung 297
Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland („Troeger-Gutachten“), 1966, Tz. 410 ff. 298 Hidien, Kommentar zum Gemeindefinanzreformgesetz, Einleitung Rn. 4 mit Verweis auf die Gemeinsame Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände zum Troeger-Gutachten, in: Der Städtetag 1967, S. 175. 299 So die Begründung der Bundesregierung zum Finanzreformgesetz, BT-Drucks. 5/2861, Rn. 240 sowie die Begründung der Bunderegierung zum Gemeindefinanzreformgesetz, BTDrucks. 5/3876, S. 8. 300 So der Wiss. Beirat beim BMF, Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz) v. 25.5.1968, in: Wiss. Beirat beim BMF, Entschließungen, Stellungnahmen und Gutachten 1949–1973, 1974, S. 435 (440). 301 So das Gutachten der Steuerreformkommission, BMF-Schriftenreihe Heft 17, 1971, Tz. VIII/171. 302 Einen Überblick über die Diskussion in den Jahren nach der Finanzreform gibt Müscher, Der kommunale Anteil an der Einkommensteuer – zur Raumbedeutsamkeit des Verteilungssystems und des geplanten Hebesatzrechtes, 1979, S. 197 ff. 303 So der Schlussbericht der Enquete-Kommission zur Verfassungsreform, BT-Drucks. 7/5924, S. 206. Die 1976 vom Deutschen Bundestag eingesetzte Kommission sah in der Be hebung jedoch kein verfassungsrechtliches, sondern ein finanzpolitisches Problem. Zur Problematik aus verfassungsrechtlicher Sicht siehe auch Knemeyer, Der Städtetag 1988, S. 330 ff. 304 Karl-Bräuer-Institut (Hrsg.), Der Weg zu einem zeitgemäßen Steuersystem, 1971, S. 205; abwägend Karl-Bräuer-Institut (Hrsg.), Abbau und Ersatz der Gewerbesteuer, 1984, S. 68 ff.; ausführlich Wendt, BB 1987, S. 1677 (1681 ff.); Schneider, StuW 1991, S. 354 (364); Wendt, StuW 1992, S. 66 (80); Hansmeyer/Zimmermann, AfK 1993, S. 221 ff. Eine „Einwohnersteuer“ sieht 1988 auch der Kronberger Kreis vor, veröffentlicht in: Frankfurter Institut, Argumente zur Wirtschaftspolitik Nr. 17, 1988.
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
81
nahmen mit Bedenken305; vor allem fand sie aber „bei weitem nicht die Beachtung, die sie […] im Grunde haben müsste“306. Vielmehr standen andere Reformansätze im Vordergrund, die keine Änderung beim kommunalen Einkommensteueranteil vorsahen: Kern sämtlicher Reformbemühungen war und ist regelmäßig vielmehr die Abschaffung bzw. Ersetzung der Gewerbesteuer.307 c) Die Diskussion heute Seit Beginn des neuen Jahrtausends befindet sich das Thema Gemeindefinanzreform wieder weit oben auf der politischen Agenda. Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer werden dabei inzwischen vermehrt diskutiert. In der jüngeren rechtswissenschaftlichen Literatur wird die Idee von mehreren Autoren diskutiert und befürwortet308; ebenso von Seiten der Finanzwissenschaft309 wie auch der Politik310. Diese Vorschläge aufgreifend haben diverse Institutionen ausführliche Reformansätze ausgearbeitet311, die einen kommunalen Zugang zur Einkom 305 Schlussbericht der Enquete-Kommission zur Verfassungsreform, BT-Drucks. 7/5924, S. 206; Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 114 ff., 140 f.; Ritter, BB 1983, S. 389 ff.; ablehnend auch Hickel, Der Städtetag 1988, S. 327 ff. 306 So Wendt, BB 1987, S. 1677 (1681 f.) mit Fn. 52 und zahlreichen Nachweisen, an denen er bemängelt, dass, sofern dieses Thema überhaupt aufgegriffen wird, keine tiefergehende Auseinandersetzung stattfindet. 307 Zu nennen ist hier insbesondere der Reformvorschlag einer „kommunalen Wertschöpfungssteuer“, siehe statt vieler Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 134 ff. Auch heute spielen diese Reformansätze in der Diskussion noch eine wichtige Rolle, vgl. zur Übersicht Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 29 ff. Da diese Konzepte jedoch nicht die Besteuerung des Einkommens der Wohnbevölkerung betreffen, soll auf sie nur am Rande eingegangen werden. 308 Kirchhof, FR 2010, S. 961 ff.; Sensburg, Die Zukunft der Finanzierung kommunaler Aufgaben in Europa, in: Grimber/Niedostadek/Stember, Kommunalfinanzierung im Brennpunkt, Ostbevern 2010, S. 83 (97); Jachmann, StuW 2006, S. 116 ff.; Hey, StuW 2002, S. 314 ff.; Kirchhof, NJW 2002, S. 1549 ff.; Hey, FR 2001, S. 870 (880); Jachmann, BB 2000, S. 1432 (1440 ff.). 309 Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 159 ff., 162; Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005; Broer, DStZ 2001, S. 622 ff.; Sander, Gemeindeeinkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004; Scherf, in: Andel (Hrsg.), Probleme der Kommunalfinanzen, 2001, S. 47 ff. 310 Deubel, Durch mehr kommunale Selbstverwaltung aus der Krise, in: FS Lang, 2011, S. 423 (435 f.); Pinkwart, Gemeindefinanzreform als Schlüssel für ein modernes Unternehmensteuerrecht, in: FS Solms, 2005, S. 141 ff. 311 Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, §§ 65 ff. sowie S. 18 ff.; Deutsches Wissenschaftliches Institut der Steuerberater e. V. (Hrsg.), Wissenschaftlicher Arbeitskreis „Steuer recht“, Vorschlag einer kommunalen Einkommen- und Körperschaftssteuer, 2010, S. 5 ff.; Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission „Steuergesetzbuch“: Steuerpolitisches Programm, Berlin 2006, S. 42; Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.)/Kronberger Kreis, Gute Gemeindesteuern, 2003, S. 36 ff.; Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeindefinanzen – ein
82 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte mensteuer als „kommunale Einkommensteuer“312, „Bürgersteuer“313 oder „Gemeindeeinkommensteuer“314, als „kommunale Zuschlagsteuer“315, „kommunaler Zuschlag“316 oder „kommunales Hebesatzrecht“317 vorsehen. Die aufgeführten Konzepte stehen jedoch in der Regel in einem weiteren Kontext: Fast sämtliche Beiträge fordern eine Ablösung der Gewerbesteuer durch ein kommunales Hebesatzrecht im Bereich der Einkommen- und teils auch der Körperschaftssteuer, einige legen eine vollkommen neu gefasste Unternehmens- bzw. Einkommensbesteuerung zu Grunde. Hinsichtlich einzelner Fragen stehen der Idee eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung jedoch auch nicht zu vernachlässigende Bedenken gegenüber.318 Mit dem Ergebnis expliziter, grundsätzlicher Ablehnung setzen sich mit dieser Frage in der Wissenschaft aktuell jedoch nur wenige Beiträge auseinander.319 Rechtsprechung zu dieser Frage gibt es keine. Allerdings gibt es durchaus auch Vorschläge zur Neuordnung der Gemeindefinanzen, die explizit keinen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung vorsehen.320 Bei der Frage der konVorschlag der Bertelsmann Stiftung, 2003, S. 16 ff.; F. D. P., Liberale Gemeindefinanzreform, 2003, http://www.F. D. P.-bundespartei.de/files/363/Kommissionerg.pdf, abgerufen am 22.4.2010, S. 8; Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 200 ff.; Bundesverband der Deutschen Industrie e. V., Verband der Chemischen Industrie e. V. (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, Köln 2001, S. 18 f. Keinen kommunalen Einfluss bei der Besteuerung der Wohnbevölkerung vorsehend dagegen Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Hrsg.), Vorschlag für eine modernisierte Gewerbesteuer, Mitteilungen vom 28.2.2003, Köln 2003. − Neben diesen Vorschlägen siehe auch die Zusammenfassungen bei Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 42 f., 50 f., sowie bei BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 35 ff. 312 So im in Fn. 311 genannten Vorschlag von Bundesverband der Deutschen Industrie e. V., Verband der Chemischen Industrie e. V., die aber gleichwohl auch von einem „Hebesatzrecht“ und einem „Zuschlag“ sprechen. 313 So in den in Fn. 311 genannten Vorschlägen der Stiftung Marktwirtschaft, des Kron berger Kreises und der Bertelsmann Stiftung. 314 So Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982; Sander, Wirtschaftsdienst 2001/VIII, S. 447 ff. 315 So im in Fn. 311 genannten Vorschlag der Arbeitsgruppe „Bundessteuergesetzbuch“/ Kirchhof. 316 So im in Fn. 311 genannten Vorschlag von Bundesverband der Deutschen Industrie e. V., Verband der Chemischen Industrie e. V. 317 So in den in Fn. 311 genannten Vorschlägen des Karl-Bräuer-Instituts des Bundes der Steuerzahler und der F. D. P. 318 Diese werden in Kapitel 2 dieser Arbeit ausführlich untersucht. 319 Neben den in Fn. 305 genannten aktuell Kuban, FR 2010, S. 978 sowie Wieland, KStZ 2003, S. 81 ff. Zahlreiche Beiträge lehnen die Idee jedoch ab, ohne sich weiter damit auseinandergesetzt zu haben; ferner sind im Gesamtkomplex Gemeindefinanzreform auch weiterhin abweichende Reformkonzepte in der Diskussion, vgl. Fn. 307. 320 Siehe etwa der Vorschlag des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, in: Brügelmann/ Fuest, Reform der Gemeindefinanzen, 2011, S. 27 ff.
III. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer
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kreten Ausgestaltung schließlich bleiben die Reformvorschläge jedoch oft bruchstückhaft oder widersprechen einander. Die Reaktionen der Politik und vor allem der kommunalen Spitzenverbände auf diese Reformvorschläge waren stets verhalten. Bislang hat sich keine Koalition an die Mammutaufgabe einer neuerlichen Kommunalfinanzreform herangewagt. Im Jahr 2003 hat sich eine Arbeitsgruppe im Bundesfinanzministerium mit verschiedenen Entwürfen zu den Kommunalsteuern befasst321, ohne dass es zu nennenswerten Änderungen kam. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sicherlich sind Probleme bei der Realisierung, vor allem hinsichtlich der Administration sowie der Gestaltung des Systemübergangs zu nennen. Vor allem aber scheinen die Kommunen bei jeder Reform eine nahezu gemeindescharfe Aufkommensneutralität gewährleistet haben zu wollen, welche sich bei Änderungen im Steuersystem niemals realisieren lässt. Ferner wurde der Reformdebatte im Jahr 2003 wegen guter wirtschaftlicher Entwicklungen und dementsprechend sprudelnden Steuereinnahmen wohl auch der erforderliche Reformdruck genommen. Zuletzt wurde im Jahr 2010 auf Beschluss des Bundeskabinetts erneut eine Kommission zur Neuordnung der Gemeindefinanzen ins Leben gerufen, die im März 2010 ihre Arbeit aufgenommen hat.322 Entsprechend der Koalitionsvereinbarung der Regierungsfraktionen von CDU, CSU und F. D. P. von 2009323 hat diese die Ersetzung der Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer sowie einen „kommunalen Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftssteuer mit eigenem Hebesatz“ geprüft („Prüfmodell“324). Daneben wurde ein Modell der kommunalen Spitzenverbände zur Revitalisierung der Gewerbesteuer („Kommunalmodell“325) sowie ein modifizierter Vorschlag des Reformkonzeptes der Stiftung Marktwirtschaft326 in die Diskussion einbezogen.327 Auch dieser neue Anlauf blieb jedoch ohne Erfolg: Die Beharrungskräfte waren – insbesondere mit
321
BMF, Bericht der Arbeitsgruppe Kommunalsteuern, 2003. FAZ v. 25.2.2010, S. 12; FAZ v. 5.3.2010, S. 15. 323 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und F. D. P., 17. Legislaturperiode, 2009, Zeile 270 ff. 324 Siehe zum Prüfmodell: BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 2. 325 Siehe zum Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände: BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 3. Dieser Vorschlag ist eine aktualisierte Version des Kommunalmodells für die Gemeindefinanzkommission 2002/2003. 326 Siehe zum modifizierten Konzept der Stiftung Marktwirtschaft: BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 4. 327 Eine Zusammenfassung der wesentlichen Züge der drei diskutierten Modelle findet sich etwa bei Oestreicher, FR 2010, S. 965 (966 ff.). 322
84 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte Blick auf der Gewerbesteuer – so stark, dass auch die Gemeindefinanzkommission 2010 im Juni 2011 ihr Scheitern eingestehen musste.328
IV. Ergebnisse des ersten Kapitels und weiteres Vorgehen Als Ergebnisse der in diesem Kapitel dargestellten Grundlagen und angestellten Vorüberlegungen lassen sich die nachfolgenden Punkte festhalten, aus denen sich die Agenda für den weiteren Gang der Untersuchung ergibt: 1. Steuern als Ansatzpunkt für eine Kommunalfinanzreform Die bereits in der Einleitung dieser Arbeit ausgedrückte Problematik ist durch die Untersuchung in diesem Kapitel untermauert worden: Die Finanzierung der Kommunen in Deutschland bedarf einer Reform. Diese Problematik ist jedoch nicht Ursache, sondern Symptom eines tieferliegenden Problems: Das Gemeindefinanzsystem bietet in seiner derzeitigen Ausgestaltung weder eine ausreichende, noch eine stetige und zuverlässige Ausstattung der Kommunen mit erforderlichen Finanzmitteln – und ebenso wenig die ausreichende Möglichkeit der autonomen Erschließung oder Ausschöpfung möglicher Einnahmequellen durch die Kommunen. Ansatzpunkte für eine Gemeindefinanzreform gibt es viele. Vor allem ist jedoch das kommunale Steuersystem in den Fokus zu nehmen: Zum ersten, weil Steuern regelmäßig den größten Anteil der kommunalen Einnahmen ausmachen. Zum zweiten, weil die Steuern für die Kommunen eine flexible, zumindest in Ansätzen autonom festzulegende Einnahmequelle bedeuten: Insbesondere an dieser Stellschraube lassen sich für die öffentliche Hand neue Einnahmen generieren, insbesondere im Bereich der Steuern ist der Grad an kommunaler Finanzautonomie besonders hoch, insbesondere hier ist eine breite Einbeziehung von Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern möglich. Zum dritten ist bei einer systematischen Betrachtung zunächst das System des primären Finanzausgleichs – also der unmittelbaren Verteilung der staatlichen Steuereinnahmen – in den Blick zu nehmen, bevor über eine Neujustierung des sekundären Finanzausgleichs – also einer nur mittelbaren Verteilung der Steuereinnahmen über Zuweisungen und Zuschüsse – nach 328 BMF, Protokoll der abschließenden Sitzung der Gemeindefinanzkommission am 15.6. 2011, http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_53848/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/ Finanz__und__Wirtschaftspolitik/Foederale__Finanzbeziehungen/Kommunalfinanzen/ 20110615-Gemeindefinanzen-Beschluesse-der-Kommission-3-Sitzung,property=publication File.pdf, abgerufen am 29.6.2011. Siehe ebenso FAZ v. 15.6.2011, S. 11; FAZ v. 16.6.2011, S. 14.
IV. Ergebnisse des ersten Kapitels und weiteres Vorgehen
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gedacht wird. Dafür spricht auch, dass das System des primären Finanzausgleichs bundesrechtlich geregelt ist, während der sekundäre kommunale Finanzausgleich in jedem Bundesland eine eigene Rechtsgrundlage hat, was eine länderübergreifende Reform nahezu unmöglich macht. Eine Kommunalfinanzreform muss daher zuvorderst bei den kommunalen Steuern ansetzen. 2. Ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer als naheliegende Reformoption Den verschiedenen kommunalen Steuern kommen bei einer Reform unterschiedlich zu gewichtende Stellenwerte zu. Allein schon aufgrund ihrer quantitativen Bedeutung für die Gemeindefinanzierung spielen dabei die Gewerbesteuer und die Einkommensteuer eine bedeutende Rolle. Kritik und mögliche Alternativvorschläge bei der Gewerbesteuer sind in politischer Diskussion und Forschung bereits in großer Breite erörtert worden. Eine Reform, die auf eine Ablösung der Gewerbesteuer zielt, erscheint jedoch trotz der Unzufriedenheit mit der Gewerbesteuer in ihrer jetzigen Form auf mittlere Sicht aussichtslos: Die vielschichtige Interessenlage, vor allem die Position der einflussreichen kommunalen Spitzenverbände, unter (fast) allen Umständen an der – zumindest für die dominierenden größeren Städte – ertragreichen und vermeintlich ohne großen Aufwand zu verwaltenden Gewerbesteuer festzuhalten oder vielmehr ihre „Weiterentwicklung“ zu fordern329, ist kaum zu überwinden. Vor allem aber würde die Ablösung der Gewerbesteuer zwingend eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich machen. Eine verfassungsändernde, zumindest kurzfristig also auch koalitionsübergreifende Mehrheit scheint jedoch in weiter Ferne. Allenfalls käme eine Reform der Gewerbesteuer in Betracht. Eine Neuregelung im Bereich des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer ist aus diesen Gründen naheliegender. In seiner jetzigen Ausgestaltung bewegt der Gemeindeanteil sich im Spannungsfeld zwischen einer rechtsdogmatischen und finanztheoretischen Klassifikation, die auf eine eigenständige Ertragsberechtigung 329 So forderten die kommunalen Spitzenverbände in ihrem Vorschlag zur Gemeindefinanzkommission 2010 unter anderem eine Einbeziehung von Selbstständigen i. S. d. § 18 EStG in die Gewerbesteuer sowie die Hinzurechnung aller gezahlten Zinsen sowie teilweise Hinzurechnung von Mieten, Pachten und Leasingraten, zum Gewerbeertrag, außerdem die vollständige Erfassung sämtlicher Veräußerungsgewinne (abgesehen vom Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG). Siehe zu diesem Vorschlag: BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 3. Dieser Vorschlag ist eine aktualisierte Version des Kommunalmodells für die Gemeindefinanzkommission 2002/2003 (Siehe Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Hrsg.), Vorschlag für eine modernisierte Gewerbesteuer, Mitteilungen vom 28.2.2003, Köln 2003).
86 Kap. 1: Einkommensteuer im Gefüge der Einnahmenstruktur kommunaler Haushalte der Gemeinden schließen lässt, sowie einer finanztechnischen Einordnung, nach der die Kommunen auch im Bereich der Einkommensteuer lediglich ihren Anteil am Steueraufkommen ohne eigene Mitsprachebefugnis „zugewiesen“ bekommen. Auch die konkreten, bundesrechtlichen Regelungen zur Ermittlung und Verteilung des Gemeindeanteils führen immer wieder zu politischen Streitigkeiten. Hier könnte ein eigener kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung, also ein Mitbestimmungsrecht der Kommunen, welches einen unmittelbaren Zugriff auf die steuerliche Inanspruchnahme der Wohnbevölkerung ermöglicht, möglicherweise ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Dabei sind verschiedene Modelle denkbar – von einem einfachen, eng an die staatliche Einkommensteuer angelehnten kommunalen Zuschlag über ein kommunales Hebesatzrecht bis zu einer eigenständigen kommunalen Steuer. Zumindest für einige der diskutierten Ausgestaltungsmöglichkeiten sind – wie zu zeigen sein wird – mit der Option des Hebesatzrechtes in Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG gegebenenfalls schon die erforderlichen verfassungsrechtlichen Grundlagen gegeben. Auch kann darüber nachgedacht werden, eventuelle Anpassungen bei der Gewerbesteuer, wie zu untersuchen sein wird, in eine solche Reform zu integrieren. Unter gewissen Voraussetzungen erscheint zudem eine breitere Akzeptanz möglich: In jeder der denkbaren Ausgestaltungsformen würde ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer die Finanzautonomie der Gemeinden stärken. Bereits seit der Abschaffung des kommunalen Zuschlags zur Einkommensteuer durch die Erzbergersche Steuerreform im Jahr 1919/20 wird die Idee eines kommunalen Zugangs zur Einkommensteuer immer wieder diskutiert. Die zentralen Hindernisse für seine Einführung wurden dabei vor allem mit Blick auf die Administrierbarkeit und die interkommunalen Verteilungswirkungen geäußert. Vor diesem Hintergrund ist aber, wie noch dargestellt wird, insbesondere in weiten Teilen ungeklärt oder umstritten, wie ein solches gemeindliches Mitbestimmungsrecht bei der Einkommensteuer überhaupt konkret materiell-rechtlich ausgestaltet und verwaltet werden könnte.
3. Kernfragen für den weiteren Gang der Untersuchung Die Agenda für die weitere Untersuchung ist damit vorgegeben. Zunächst ist ein umfassendes Anforderungsprofil für ein kommunales Steuersystem zu entwickeln, welches sämtliche, für die Beantwortung dieser Fragen erforderlichen Kriterien, insbesondere solche verfassungsrechtlicher, finanzwissenschaftlicher und steuerpolitischer Natur, berücksichtigt. Dabei ist zum ersten etwa darauf einzugehen, wie weit die kommunale Finanzhoheit auch bei der autonomen Ausschöpfung steuerlicher Einnahmequellen zu berücksichtigen ist. Zum zweiten ist unklar, welche Formen der Ausgestaltung von der Hebesatzoption in Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG überhaupt gedeckt werden. Zum dritten ist strittig, ob und wie stark der Bürger den Zusammenhang zwischen individueller Steuerzahlung und staatlicher Leistung er-
IV. Ergebnisse des ersten Kapitels und weiteres Vorgehen
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kennen muss bzw. inwieweit ein solcher Zusammenhang abgabenrechtlich überhaupt angenommen werden kann. Zum vierten stößt die Möglichkeit der Kommunen, die Höhe der Besteuerung des Einkommens ihrer Einwohner für ihren Anteil selbst festlegen zu können, ihrerseits auch grundsätzlich auf Bedenken, vor allem hinsichtlich der daraus resultierenden Verteilungs-, Wettbewerbs- und Wanderungsaspekte unter den Kommunen und der Frage der Administrierbarkeit einer solchen kommunalen Besteuerung. Vor dem Hintergrund dieser Kernfragen und weiterer Aspekte soll schließlich beurteilt werden, ob die derzeitige Ausgestaltung des kommunalen Einkommensteueranteils gegenüber anderen Gestaltungsmöglichkeiten vorzugswürdig ist bzw. inwieweit solche anderen Formen der Ausgestaltung rechtlich überhaupt möglich sind. Schließlich wird – ebenfalls auf Basis des Anforderungsprofils an kommunale Steuern – erörtert, wie ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung ausgestaltet werden könnte. Dabei stellen sich auch die Fragen nach der Administration sowie nach der Regelung des Übergangs vom alten auf ein neues System. Soweit vorhanden, spielen bei der nachfolgenden Untersuchung auch die in nahezu über 100 Jahren entwickelten Stellungnahmen, Gutachten und Reformentwürfe zu Fragen der Kommunalsteuern eine Rolle. Häufig fehlt diesen jedoch einerseits der Tiefgang einer (rechts- wie finanz-)wissenschaftlichen Analyse, andererseits unterliegen die kommunalen Aufgaben und Herausforderungen sowie entsprechend die finanziellen Verflechtungen – bedingt durch ökonomische, technische, rechtliche und soziale Entwicklungen sowie Veränderungen politischer Ziele – einem stetigen Wandel, der neue Bewertungen erforderlich macht.
Kapitel 2
Anforderungen an ein kommunales Steuersystem – eine „kommunale Einkommensteuer“ als Alternative? Von einer Steuerreform lässt sich gegenüber einer reinen Steuerrechtsänderung nur dann sprechen, wenn die Änderungen auf Basis einer „übergeordnete(n) Konzeption“ erfolgen.330 Die Überlegung einer Umwandlung der pauschalen Zuweisung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer an die Kommunen in eine eigenverantwortlich ausschöpfbare „kommunale Einkommensteuer“331 bedarf entsprechend einer umfassenden theoretischen Grundlage, um eine ihrem Namen gerecht werdende Reform im Sinne von „systematischer und prinzipiengeleiteter Weiterentwicklung des Rechts im Sinne einer Verbesserung“332 zu ermöglichen. Im Folgenden soll daher zunächst herausgearbeitet werden, welche Anforderungen an ein kommunales Steuersystem zu stellen sind. Die Überlegungen können dabei auf mehreren, bereits entwickelten, grundlegenderen Anforderungsprofilen aufgebaut werden.333 Davon abgrenzend setzt die nachfolgende Untersuchung jedoch ihren zentralen Fokus bei der Frage, wie vor dem Hintergrund der jeweiligen 330
Hey, Steuerreformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftspolitische Blätter 2008, S. 519 (520). 331 Für die möglichen Reformalternativen wird in der Diskussion keine einheitliche Terminologie verwendet (die Rede ist etwa von einer „kommunalen Einkommensteuer“, „Gemeindeeinkommensteuer“ oder „Bürgersteuer“, von einem „kommunalen Zuschlag“ oder „kommunalen Hebesatzrecht“ – siehe dazu oben Kapitel 1, III. 6. c) mit den Fn. 312 bis 317). Im weiteren Verlauf dieser Untersuchung wird der Begriff der „kommunalen Einkommensteuer“ einheitlich verwendet. Darunter ist die Ersetzung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer durch einen kommunalen Zugang zur Einkommensteuer, bei dem die Gemeinden selbst die absolute Höhe der Steuer bestimmen können, zu verstehen. Diese Terminologie ist unabhängig von der materiell-rechtlichen wie verfahrenstechnischen Ausgestaltung sowie von in einzelnen Steuermodellen kursierenden Vorschlägen; sie impliziert entsprechend keine bestimmte Form eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung. 332 Hey, Steuerreformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftspolitische Blätter 2008, S. 519 (520). 333 Grundlegend bereits Popitz, Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, 1932, S. 112 ff. Spezifische Kriterienraster für ein kommunales Finanzsystem aus finanzwissenschaftlicher Perspektive formulieren in neuerer Zeit etwa Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 24, oder Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 29 ff. Letzteres wird aufgegriffen durch Scherf, in: Andel (Hrsg.), Probleme der Kommunalfinanzen, 2001, S. 16 ff.
I. Kommunale Selbstverwaltung und Finanzautonomie
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herausgearbeiteten Kriterien ein eigenständiger kommunaler Zugang zur Besteuerung des Einkommens zu bewerten ist und welche Ansatzpunkte, Grundlagen und entgegenstehende Aspekte erkennbar sind. Bei dieser Untersuchung ist zunächst im Wesentlichen auf den zentralen Unterschied zwischen den beiden Systemen abzustellen: Bei einer kommunalen Steuer kann jede Gemeinde für ihren kommunalen Anteil die Höhe der Steuer individuell bestimmen, beim bisherigen Verfahren ist der Gemeindeanteil festgelegt und die Höhe der Steuer somit bundesweit einheitlich. Die detaillierte steuer- und verfahrenstechnische Ausgestaltung einer solchen „kommunalen Einkommensteuer“ spielt zunächst keine Rolle. Auch ist die Ersetzung des kommunalen Anteils an der Einkommensteuer durch eine Steuer mit kommunalem Hebe-, Steuer- oder Zuschlagsatzrecht – zunächst – isoliert, also bei einem im Übrigen nicht wesentlich geänderten kommunalen Steuersystem, zu betrachten. Maßstab der Untersuchung sind vor allem Prinzipien des Verfassungs- und Steuerrechtes; aber auch finanzwissenschaftliche, fiskal- und steuerpolitische Erwägungen fließen in die Erörterung ein.
I. Kommunale Selbstverwaltung und Finanzautonomie Zuvorderst sind bei der Frage nach einem Kriterienraster für kommunale Steuern die Rolle und der Umfang der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, Art. 28 Abs. 2 GG, für die Ausgestaltung des Kommunalsteuersystems zu erörtern.334 Nach der grundsätzlichen Frage, wie weitgehend die kommunale Selbstverwaltungsgarantie im Hinblick auf die Finanzautonomie der Gemeinden zu verstehen ist, ist zu untersuchen, ob sich für die Kommunen ein Recht auf eine aufgaben adäquate Finanzausstattung ergibt. Schließlich ist zu erörtern, welche Schlussfolgerungen für eine „kommunale Einkommensteuer“ sich aus der Garantie einer wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit Hebesatzrecht, Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG, ableiten lassen.
334 Diese sei „Verfassungsrechtlicher Ausgangspunkt für die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen“ so Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 37.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
1. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie im Gefüge der Staatsverfassung Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet das Recht der Gemeinden und Gemeinde verbände ein auf Selbstverwaltung. Was darunter konkret zu verstehen ist, ist keineswegs unumstritten.335 Überzeugend ist, Selbstverwaltung rechtlich als die eigenverantwortliche und weisungsfreie Erfüllung von – normativ vorgegebenen oder in einem nicht normativ ausgefüllten Bereich liegenden – Aufgaben durch eigene, unabhängige Organe zu definieren.336 Ferner ist als Bestandteil der Selbstverwaltung die eigenverantwortliche Rechtsetzung für den inneren Bereich zu nennen, die sich in der Befugnis zum Erlass von Satzungen als abstrakte, untergesetzliche Rechtsvorschriften manifestiert.337 Daneben kann Selbstverwaltung im politischen Sinn auch als „Aktivierung der Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten […] zur eigenverantwortlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben der engeren Heimat […] mit dem Ziel, das Wohl der Einwohner zu fördern und die geschichtliche und heimatliche Eigenart zu wahren“338 verstanden werden, was bedeute, dass „die örtliche Gemeinschaft […] nach dem Leitbild des Art. 28 GG ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und in eigener Verantwortung solidarisch gestalten“339 soll. Aus ökonomischer Perspektive bringt diese Form der bürgernahen Verwaltung deutliche Vorteile – etwa im Hinblick auf eine allokativ günstige Verteilung öffentlicher Gelder: Die Bürger sind in der Lage, die Entscheidungsfindung, Planung und Durchführung bei öffentlichen Projekten zu verfolgen, zu begleiten, teilweise zu kontrollieren und sie auch zu beeinflussen, sodass derartige Maßnahmen ihren Bedürfnissen gerecht werden.340 Die Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung umfasst eine institutionelle und damit verbunden eine Rechtssubjektsgarantie sowie die Garantie der Allzuständigkeit der Gemeinden im örtlichen Bereich. Sie ist jedoch kein Grund-
335 Vgl. Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 38 ff. Zu beachten ist, dass der Selbstverwaltungsbegriff nicht nur im Zusammenhang mit kommunalen Gebietskörperschaften, sondern auch bei weiteren rechtsfähigen Organisationen, v. a. Körperschaften des öffentlichen Rechts gebraucht wird. Neben der kommunalen Selbstverwaltung ist insbesondere auf dem Gebiet berufsständischer Zusammenschlüsse (Kammern etc.), im kulturellen (Hochschule, Rundfunkanstalten) und im sozialen Bereich (Sozialversicherungsträger) von Selbstverwaltung die Rede. 336 So Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 44 (1996). 337 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 44 (1996), mit Verweis auf Badura, Rechtssetzung durch Gemeinden, DÖV 1963, S. 561. 338 BVerfGE 11, S. 266 (275 f.) unter Verweis auf Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 292. 339 BVerfGE 11, 266 (276) unter Verweis auf Köttgen, Sicherung der gemeindlichen Selbstverwaltung, 1960, S. 9. 340 Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 26. Siehe ferner Rehm, Kommunalfinanzen, 2010, S. 39 ff.; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 14 ff.
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recht oder grundrechtsgleiches Recht der Kommunen gegen den Staat341, wenngleich sie einem solchen durchaus nahe kommt. Die Annahme eines Grundrechtes macht aber schon deshalb wenig Sinn, da die Gemeinden als Teil des Staatsaufbaus zu verstehen sind.342 a) Institutionelle Garantie und Rechtssubjektsgarantie Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet das Institut der Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft.343 Davon umfasst ist jedoch nicht die Garantie des Bestandes der einzelnen Gemeinde, sondern lediglich die Gewährleistung, dass es im Staatsaufbau der Bundesrepublik Gemeinden als rechtlich selbstständige Einrichtung geben muss.344 b) Garantie der Allzuständigkeit der Gemeinden im örtlichen Bereich Ferner umfasst Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG das Recht, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.“ Unter Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne dieser Vorschrift versteht man „diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen; auf die Verwaltungskraft der Gemeinde kommt es hierfür nicht an.“345 Aus der Allzuständigkeit der Gemeinden ergibt sich damit kein Verbot, örtliche Aufgaben durch andere als durch kommunale Behörden zu erledigen.346 Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistet den Gemeinden aber einen Handlungsbereich, auf den – abgesehen von einer Rechtmäßigkeitsprüfung – grundsätzlich von staatlicher Seite kein Einfluss genommen wird. Auf der anderen Seite ist jedoch eine Begrenzung des kommunalen Wirkungskreises anzunehmen: So kann den Gemeinden kein allgemeinpolitisches Mandat für sämtliche für die Gemeindebevölkerung relevanten politischen Fragen, deren Bedeutung über die örtliche Gemeinschaft hinausgeht, zugestanden werden.347 341
Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 47 ff. Dazu bereits ausführlich oben Kapitel 1, I. 1. b). 343 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 45 (1996). 344 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 45 (1996); ebenso BVerfG, DVBl. 1992, S. 960 (961). 345 BVerfGE 79, S. 127 (Leitsatz). 346 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 60. 347 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 61. 342
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
c) Ausgestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers Der Gesetzgeber kann das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen gestalten und auch eingrenzen. Unstrittig ist, dass sich der Regelungsvorbehalt („im Rahmen der Gesetze“) auf förmliche Gesetze ebenso wie auf auf einer Ermächtigung gem. Art. 80 Abs. 2 S. 1 GG beruhende Rechtsverordnungen bezieht.348 Der Bestand der kommunalen Aufgaben und der Status Quo des gemeindlichen gegenständlichen Wirkbereichs sind also nicht generell durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützt.349 Die Gesetzgebungshoheit für Fragen des Kommunalrechts liegt mangels entsprechender Aufführung der Materie in den Katalogen der Art. 73, 74 GG bei den Ländern, Art. 70 Abs. 1 GG. Über spezielle Materien, die die Gemeinden betreffen, kann der Bund jedoch Gesetze erlassen, sofern ihm die Gesetzgebungskompetenz dafür zukommt. Letzteres gilt etwa auch für den Bereich der Einkommensteuer.350 Das Selbstverwaltungsrecht ist jedoch in seinem Kernbereich unantastbar; die Gemeinden sollen zu „kraftvoller Betätigung“ befähigt sein und nicht nur ein „Scheindasein“ führen.351 Diese Wesensgehaltsgarantie bedeutet, dass der Charakter und der Aufbau des Rechtsinstituts der Gemeinde nicht durch essentielle Neuregelungen geändert werden dürfen. Der Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie kann dementsprechend nicht – etwa im Sinne der Ermittlung eines Kataloges seiner wesentlichen Bestandteile oder durch Definition desjenigen, was nach einer Beschränkung noch übrig bleiben muss – generell festgelegt werden, sondern ist im Einzelfall durch eine qualitative und historische Betrachtung zu ermitteln.352 Das Erfordernis der Ausgestaltung und Begrenzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts ist daher entsprechend stets durch Gründe des Gemeinwohls und des öffentlichen Interesses zu rechtfertigen und am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen.353 d) Fazit Bereits vor diesem Hintergrund kann die Frage aufgeworfen werden, ob das kommunale Einnahmensystem in seiner jetzigen Form den Voraussetzungen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie noch gerecht wird. Die Gemeinden ha 348
BVerfGE 26, S. 228 (237 und Leitsatz). Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 51 mit Verweis auf BVerfGE 23, S. 353. 350 Siehe oben Kapitel 1, III. 1. Vgl. auch Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 68 f. 351 So ausdrücklich BVerfGE 79, S. 127 (155) unter Verweis auf BVerfGE 1, S. 167 (174 f.); 22, S. 180 (204 f.); 23, 353 (367) sowie 38, S. 258 (279). 352 Statt vieler BVerfGE 11, 266 (274 f.); 22, 180 (205); 23, 353; 79, 127 (146). 353 BVerfGE 79, S. 127 (154); 83, S. 363 (382) sowie 125, S. 141 ff. (Orientierungssatz) mit Verweis auf BVerfGE 76, S. 107 (121 ff.); 107, S. 1 (2). 349
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ben – wie in Kapitel 1 gezeigt wurde – nur in einem sehr engen Rahmen die Möglichkeit, ihre Einnahmen eigenverantwortlich zu erschließen und zu verwalten. Eine „kraftvolle Betätigung“354 ist vor diesem Hintergrund oftmals problematisch. Andererseits ist jedoch zu beachten, dass die wesentlichen Bestandteile der Selbstverwaltungsgarantie eben nicht abstrakt ermittelt werden können und daher nicht pauschal gesagt werden kann, inwieweit den Kommunen eigenverantwortliches Handeln auf dem Gebiet der Abgaben gewährleistet sein muss. Ferner könnte eine Begrenzung des Selbstverwaltungsrechts durch Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt werden. Zunächst soll daher erörtert werden, inwieweit die kommunale Selbstverwaltungsgarantie Aussagen zur finanziellen Ausstattung der Gemeinden macht. 2. Kommunale Finanzhoheit a) Finanzautonomie als zentraler Bestandteil der Selbstverwaltungsgarantie Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und die daraus resultierende Eigenverantwortlichkeit erfordert notwendig auch eine weitgehende finanzielle Autonomie der Gemeinden. Ohne die Verfügungsmacht über finanzielle Ressourcen lassen sich öffentliche Ziele und Aufgaben nicht erfüllen.355 Ohne eine eigenverantwortliche Verwaltung und Verwendung der kommunalen Einnahmen und Ausgaben könnten die Gemeinden nicht, wie es der Kernbereich der Selbstverwaltung vorsieht, kraftvoll ihren Aufgaben nachgehen.356 Gem. Art. 28 Abs. 2 S. 3, 1. Hs. GG umfasst die kommunale Selbstverwaltungsgarantie daher auch „die Grundlage der finanziellen Eigenverantwortung“ der Kommunen. Diese Formulierung wurde erst im Zuge der Verfassungsreform vom 27.10.1994357 ins Grundgesetz aufgenommen. Doch auch zuvor herrschte Einigkeit, die Finanzautonomie der Kommunen als unmittelbaren – und notwendigen – Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 und 2 GG anzusehen.358
354
Siehe Fn. 351. Kirchhof, Die kommunale Finanzhoheit, in: Püttner (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 6, 2. Aufl. 1985, S. 3. 356 Das VG Köln hat mit Urteil vom 19.3.2004 (4 K 3720/03) etwa entschieden, dass die Anordnung des Grundsteuerhebesatzes durch die Kommunalaufsichtsbehörde nicht zulässig ist (NVwZ 2005, S. 1341). 357 BGBl. 1994 I, 3146. 358 Siehe v. a. BVerfGE 23, S. 353 (365 ff.); 26, S. 172 (180 ff.); 26, S. 228 (244); 52, S. 95 (117); 71, S. 25 (36 f.); 83, S. 363 (386); 125, S. 141 (159). Aus der Rechtslehre siehe ferner Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, S. 413 f.; Kirchhof, Die kommunale Finanzhoheit, in: Püttner (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 6, 2. Aufl. 1985, S. 3 ff.; Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1003. 355
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
Die explizite Einfügung der Gewährleistung finanzieller Eigenverantwortung der Kommunen ins Grundgesetz ist somit vornehmlich deklaratorischer Natur. Die finanzverfassungsrechtliche Stellung der Gemeinden wird damit nicht geändert. Sie wird jedoch „materiell-rechtlich verstärkt“359. Die Formulierung unterstreicht, dass der Gesetzgeber der Finanzhoheit eine zentrale Position im Gefüge der Selbstverwaltung beimisst: Die gemeinsame Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat360, die die entsprechende Formulierung vorgeschlagen hatte, wollte damit ein deutliches Signal für eine Stärkung der Handlungsfähigkeit der Kommunen setzen.361 Dies geschah vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass der Abbau kommunaler Steuern und ihre Ersetzung durch staatliche Zuweisungen dazu führe, dass der Staat zunehmend Einfluss auf die Kommunen nähme, die dadurch Schwierigkeiten hätten, ihren Verpflichtungen in den originären Aufgabengebieten der Selbstverwaltungsangelegenheiten nachzukommen.362 Das Grundgesetz sichert somit mit der kommunalen Selbstverwaltung auch deren finanzielle Voraussetzungen. Die kommunale Finanzhoheit ist im Rahmen von Art. 28 Abs. 2 zu gewährleisten. Wie andere geschützte Gemeindehoheiten steht sie damit in einem „Spannungsverhältnis zu staatlichen Regelungsansprüchen“363. So gilt gleichzeitig jedoch auch hier der Regelungsvorbehalt des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, sodass der Gesetzgeber die kommunale Finanzautonomie näher ausgestalten und – eine Rechtfertigung durch das Allgemeinwohl oder öffentliches Interesse vorausgesetzt – auch begrenzen kann. Auch dabei wird allerdings zwischen Eingriffen in den Kern- und den peripheren Bereich unterschieden.364 Den Kommunen muss also stets auch in finanzieller Hinsicht ein substantieller Spielraum zur eigenverantwortlichen Gestaltung verbleiben.365 b) Kommunale Finanzhoheit im Lichte der Finanzverfassung des Grundgesetzes Unter kommunaler Finanzhoheit ist eine eigenverantwortliche Ausgaben- und Einnahmenwirtschaft der Gemeinden zu verstehen.366 Im Bereich der Ausgaben meint dies die weitgehend freie Verfügungsbefugnis der Gemeinde über die ihr zustehenden Finanzmittel.367 359 BVerwGE 106, S. 280 (286 f.) unter Verweis auf Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84b. 360 Zur Einsetzung der Kommission siehe BT-Drucks. 12/1590, 12/1670 und BR-Drucks. 741/91 aufgrund Art. 5 EinigVtr. 361 Abschlußbericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drucks. 12/6000, S. 46 ff. 362 Abschlußbericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drucks. 12/6000, S. 46. 363 Pünder/Waldhoff, in: Henneke/Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 1 Rn 8. 364 Siehe nur BVerfGE 23, S. 353 (365); 26, S. 172 (181). 365 Meyer, Die Finanzverfassung der Gemeinden, 1969, S. 66 f. 366 Siehe etwa BVerfGE 23, 353 (369); 26, 228 (244); 71, 25 (36). 367 Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 502.
I. Kommunale Selbstverwaltung und Finanzautonomie
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Die staatliche Einnahmehoheit bedeutet die generelle Befugnis zur eigenverantwortlichen Gestaltung einer Einnahmepolitik unter Verwendung von Hoheits befugnissen.368 Darunter sind alle Rechte zusammengefasst, die mit der staatlichen Inanspruchnahme einer Finanzquelle zusammenhängen, also etwa die Kompetenz zur Ausschöpfung und Verwaltung einer Steuerquelle. Dazu zählen die Gesetzgebungshoheit, Ertragshoheit und Verwaltungshoheit für die Steuererhebung – somit also die wesentliche Grundlage staatlicher Macht.369 Fraglich ist jedoch, inwieweit diese Umschreibung der staatlichen Einnahmehoheit auf die kommunale Einnahmehoheit übertragen werden kann. Welche staatliche Ebene im Bereich der Steuern die entsprechenden Kompetenzen hat, regelt die Finanzverfassung im X. Abschnitt des Grundgesetzes. Auch Art. 28 Abs. 2 GG ist nach Maßgabe des Prinzips der Einheit der Verfassung zu interpretieren, sodass den Kommunen – deren Selbstverwaltungsrecht weitgehend, wie oben erläutert, lediglich von staatlicher Ebene abgeleitete Rechte betrifft – über die Vorschriften des X. Absatzes des Grundgesetzes hinaus im zweigliedrigen Bundesstaat keine eigene Abgabenhoheit zugestanden werden kann.370 Sie werden durch einige Vorschriften der Finanzverfassung jedoch hinsichtlich ihrer Einnahmeberechtigung und im Rahmen dieser Vorschriften auf eine eigene staatliche Einnahmeebene neben Bund und Ländern gestellt371, sodass eine durch die Finanzverfassung begrenzte Steuer- und Abgabenhoheit besteht, „die den Gemeinden erlaubt, ihre Einwohner aus eigenem Recht zu den aus der Aufgabenerfüllung resultierenden Lasten heranzuziehen“372. Ein originäres kommunales Steuerfindungsrecht besteht hingegen nicht373; ein solches wäre auch – so wird angenommen – aus ökonomischer Perspektive mit negativen raumwirtschaftlichen Folgen verbunden.374 Die kommunale Finanzhoheit impliziert also eine eigene kommunale Steuerund Abgabenhoheit, aus der die Gemeindeeinwohner in Anspruch genommen werden können, sie ist aber stets vor dem Hintergrund der Vorschriften der Finanz-
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So Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 74; Wixforth, Die gemeindliche Finanzhoheit und ihre Grenzen, 1962, S. 25 ff. sowie bereits Hensel, Der Finanzausgleich im Bundesstaat, 1922, S. 15, der Finanzhoheit als „die Fähigkeit eines Staates, sich die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Geldmittel nach eigenem Wunsch und Willen zu beschaffen“ definiert. 369 Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 74. 370 BVerwGE 106, 280 (286 f.); Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84b. 371 Dazu bereits oben Kapitel 1, III. 4. 372 BVerfGE 125, S. 141 (159) unter Verweis auf Pünder/Waldhoff, in: Henneke/Pünder/ Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 1 Rn. 10; Schmitt, Inhalt, verfassungsrechtliche Stellung und Bedeutungsgehalt der kommunalen Finanzhoheit, 1995, S. 54; Henneke, Jura 1986, S. 568 (570), ferner auch Bonk, FR 1999, S. 443 (447). 373 Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1009; Pünder/Waldhoff, in: Henneke/Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 1 Rn 14. 374 Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 26.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
verfassung zu betrachten.375 Art. 106 Abs. 5 GG, der bestimmt, dass die Kommunen einen Anteil an der Einkommensteuer erhalten, stelle, so das Bundesverfassungsgericht, „insofern eine Konkretisierung des Art. 28 Abs. 2 GG dar, als die in ihr vorgesehene, aber nicht näher bezifferte kommunale Steuerbeteiligung in ihrer Ausgestaltung nicht zu einer Unterschreitung des durch Art. 28 Abs. 2 GG garantierten Gesamtumfangs der gemeindlichen Finanzausstattung führen darf.“376 c) Finanzhoheit und angemessene Finanzausstattung der Kommunen Ferner ist die Frage zu beantworten, ob sich aus der Garantie der Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung, also einer weitgehend autonomen Ausgabenund Einnahmenwirtschaft der Kommunen, auch ein Recht auf eine angemessene und aufgabenadäquate Finanzausstattung ergibt. Dies könnte schon allein deshalb angenommen werden, weil die kommunale Selbstverwaltung und finanzielle Eigenverantwortung leer liefen, stünden keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung.377 Wie nachfolgend dargestellt wird, ist jedoch hoch umstritten, inwieweit sich ein solches Recht überhaupt quantitativ ausfüllen und durchsetzen ließe. aa) Recht auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung? Vor der Frage, in welchem quantitativen Bereich sich eine finanzielle Mindestausstattung der Kommunen bewegen müsste, ist darauf einzugehen, ob überhaupt ein solcher Anspruch auf eine angemessene Finanzausstattung angenommen werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage bislang ausdrücklich offen gelassen378, den Ländern aber aufgegeben, „für eine aufgabengerechte Finanzausstattung ihrer Kommunen zu sorgen“379. Zahlreiche Verfassungsgerichtsbarkeiten der Länder380 vertreten hingegen ebenso wie das Bundesverwaltungsge-
375 Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84b; Pünder/Waldhoff, in: Henneke/ Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 1 Rn 10 ff. 376 BVerfGE 71, 25 (Leitsatz). 377 So Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 24; Kirchhof, NJW 2002, S. 1549, nach dem das Grundgesetz mit der Selbstverwaltungsgarantie zugleich deren finanzielle Voraussetzung in Form einer zur Eigenverantwortung befähigenden Finanzausstattung sichert. 378 BVerfGE 26, 172 (181); 71, 25 (36); 83, 363 (386). 379 BVerfGE 86, 148 (219). 380 Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 79, verweist auf: StGH BaWü VBlBW 1956, 168 (169); ESVGH 22, 202 (205 f.); VBlBW 1994, 12 (15); VBlBW 1994, 52 (56); DVBl. 1999, S. 1354; Nds.StGH, DVBl. 1995, 1175; BayVerfGH, BayVbl. 1997, 303 (304); VGHE (N. F.) 41 II 140; VGHE (N. F.) 5 II 1 (9); VGHE (N. F.) 12,
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richt381 und weite Teile der staatsrechtlichen Literatur382 den Standpunkt, dass ein solcher Anspruch als notwendiger Ausfluss von Art. 28 Abs. 2 GG besteht. Durch die Einfügung von Art. 28 Abs. 2 S. 3 ins Grundgesetz wird dies auch materiellrechtlich verstärkt.383 Ein Anspruch auf aufgabenadäquate Finanzausstattung ist vor sämtlichen im bisherigen Verlauf der Arbeit zum Umfang der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und der kommunalen Finanzhoheit angestellten Untersuchungen nahezu zwingend erforderlich. Wenn eine finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden rechtlich nicht gewährleistet wäre, würde Art. 28 Abs. 2 GG in seinem Kern bereich angetastet. Dass davon auch das Grundgesetz ausgeht, verdeutlicht die konkrete Formulierung in Art. 115c Abs. 3 GG: Danach ist der Bund im Verteidigungsfall zwar zu einer Neuregelung der Finanzverwaltung berechtigt, hat aber dabei ausdrücklich „die Lebensfähigkeit der […] Gemeinden und Gemeindeverbände, insbesondere auch in finanzieller Hinsicht, zu wahren“. Wenn also die Gewähr einer finanziellen Mindestausstattung selbst für den Verteidigungsfall ausdrücklich normiert ist, muss eine aufgabenadäquate Finanzausstattung erst recht für den Normalfall als gewährleistet angesehen werden. Dies lässt darauf schließen, dass der Anspruch auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung der Kommunen nahezu zweifelsfrei angenommen werden kann.384 Verpflichteter dieses Anspruchs sind im zweistufigen Staatsaufbau die Länder; dem Bund steht ein unmittelbarer Durchgriff auf die kommunale Ebene nicht zu.385 Er ist jedoch durch das Grundgesetz gehalten, als Garant für die Gewähr der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie einzustehen, vgl. Art. 28 Abs. 3 GG.386
48 (54 f.); VerfGH NW, OVGE 19, 297 (306); OVGE 38, 301 (303, 312 ff.); DVBl. 1985, 685 (686); DVBl. 1985, 1306; DVBl. 1989, 151 (152); DVBl. 1993, 1205 f.; VerfGH Rh.-Pf., DÖV 1978, 763 (764); AS 19, 339 (341); DVBl. 1992, 981; NVwZ 1993, 159 (169). 381 BVerwGE 106, S. 280 (Leitsatz, 286 f.). 382 Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Bd. II, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Rn. 244 ff.; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84b; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, 2. Aufl. 1984, S. 413 f.; Kirchhof, Die kommunale Finanzhoheit, in: Püttner (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 6, 2. Aufl. 1985, S. 3. 383 So überzeugend Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84b. 384 Ebenso Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 79 ff.; Pünder/Waldhoff, in: Henneke/Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 1 Rn 9. 385 Siehe dazu etwa die amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur Änderung von Art. 106 GG vom 13.6.1995: „Durch die neue Beteiligungsmöglichkeit der Gemeinden an der Umsatzsteuer wird die Länderkompetenz für die Finanzausstattung der Gemeinden und die grundsätzliche finanzwirtschaftliche Zugehörigkeit der Kommunen zu den Ländern nicht berührt (vgl. Art. 106 Abs. 9 GG).“ (BT-Drucks. 13/1685, S. 4) 386 Dazu ausführlich Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 87 ff. m. w. N.; Hidien, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1004; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84c.
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Davon umfasst ist, wie erläutert, auch eine entsprechende Ausgestaltung der Vorschriften der Finanzverfassung. bb) Inhalt und Umfang des Anspruchs auf aufgabenadäquate Finanzausstattung Deutlich komplexer als die Überlegungen, ob ein Anspruch auf aufgabenadäquate Finanzausstattung angenommen werden kann, erweist sich die Frage nach dessen konkretem Inhalt und dessen Quantifizierbarkeit. Nach weitgehend einhelliger Meinung bezieht sich die Verpflichtung zu einer angemessenen Finanzausstattung nicht auf eine über den expliziten Wortlaut von Art. 28 Abs. 2 GG hinausgehende, bestimmte Ausgestaltung des Systems, sondern lediglich auf das Gesamtvolumen sämtlicher kommunaler Einnahmen: Danach wäre es nicht möglich, aus dem Recht auf eine angemessene Finanzausstattung auch bestimmte Regelungen des kommunalen Einnahmesystems und des Finanzausgleichs als gewährleistet und zwingend anzusehen.387 Die kommunale Finanzhoheit umfasst – auch in ihrer Modifikation durch die Vorschriften der Art. 104a ff. GG – allerdings zumindest ein Recht auf teilweise in Eigenverantwortung auszuschöpfende Einnahmen388: Es muss neben Finanzzuweisungen und der Beteiligung an Landessteuern auch eigene, autonom auszuschöpfende Steuerquellen geben.389 Eine generelle quantitative Bemessung des Anspruchs erscheint ebenso kaum möglich. Das Maß der notwendigen finanziellen Ausstattung der Kommunen könnte sich nach den erforderlichen Ausgaben und damit nach den zwingenden Aufgaben einer Gemeinde richten.390 Damit wären die Ausgaben aufgrund der pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben, der staatlichen Auftragsangelegenheiten, der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung und der übertragenen Aufgaben der Gemeinde – also die Kosten sämtlicher kommunaler Aufgaben, die nicht zu
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Das Bundesverfassungsgericht formulierte dazu: „ein solcher Anspruch könnte nicht auf Gewährleistung einer bestimmten Steuer gerichtet sein, wenn man nicht dem gesamten geltenden System der Gemeindesteuern Verfassungsrang einräumen will.“ (BVerfGE 26, 172 (182)). Dies bestätigend BVerfGE 125, S. 141 (159 ff.). Siehe ferner Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 81 unter Verweis auf BayVerfGH, BayVBl. 1997, 303 (305); DÖV 1959, 701 (702); VerfGH NW, DVBl. 1985, 685; VerfGH RH.-Pf., DVBl. 1978, 802 (803); StGH BW, VBlBW 1994, 12 (15); OVG NW, KStZ 1957, 173 (179). 388 Jachmann, BB 2000, S. 1432 mit Fn. 11. 389 Statt vieler BVerfGE 125, S. 141 (159 ff.) unter Verweis auf Henneke, Jura 1986, S. 568 (570). 390 So auch Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 82, unter Verweis auf Wixforth, Die gemeindliche Finanzhoheit und ihre Grenzen, 1962, S. 28 f.
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den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben gehören391 – Indiz für den kommunalen Mindestfinanzbedarf. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass es gerade die freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben sind, die einen unverzichtbaren Bestandteil einer zu kraftvollem Handeln befähigten Gemeinde darstellen und somit vom Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie umfasst sind. Die aufgabenadäquate Finanzausstattung muss somit zusätzlich Raum für gemeindliche Initiative belassen.392 Neben den Mitteln für die pflichtigen Aufgaben der Kommune sollten also auch – in einem gewissen Rahmen – Mittel für freiwillige Selbstverwaltungs aufgaben vorhanden sein, um von einer aufgabenadäquaten Finanzausstattung sprechen zu können. Hinzu kommt, dass sich die zweckungebundenen Mittel der Kommunen weder relativ noch absolut fixieren lassen. Sie hängen vielmehr von unterschiedlichen Faktoren ab. Schließlich ist zu beachten, dass die Finanzdecke von Bund, Ländern und Gemeinden von der Entwicklung der Steuereinnahmen und somit von konjunkturellen Faktoren abhängig ist. Bund und Länder sind im Finanzverbund weder berechtigt, die eigenen Finanzbedarfe primär zu decken, noch verpflichtet, den Anspruch auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung der Kommunen vorrangig und losgelöst von der eigenen Finanzsituation zu erfüllen. Es gilt vielmehr das Prinzip der finanziellen Gleichberechtigung von Bund, Ländern und Gemeinden sowie Gemeindeverbänden: Alle Ebenen sollen gerecht – also nach dem Verhältnis ihrer finanziellen Verpflichtungen – bei der Verteilung des Finanzaufkommens berücksichtigt werden.393 Art. 28 Abs. 2 GG steht dem nicht entgegen; vielmehr grenzt die finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates den Anspruch der Kommunen ein.394 Fraglich ist, wie in diesem Zusammenhang die Tatsache zu bewerten ist, dass den Gemeinden bislang bei der Grund- und der Gewerbesteuer ein Hebesatzrecht zusteht. Ein hoher Hebesatz führt zu einem entsprechenden Finanzaufkommen, sodass der weitere finanzielle Bedarf der Gemeinde als geringer eingestuft werden könnte, als in vergleichbaren Kommunen mit niedrigeren Hebesätzen. Eine solche Betrachtung wäre jedoch unter Gerechtigkeitsaspekten zu verwerfen. Vor dem Hintergrund der kommunalen Finanzautonomie muss die Festlegung der 391
Zu den verschiedenen Aufgaben der Gemeinden siehe bereits oben Kapitel 1, I. 1. a). Nach BVerwGE 106, S. 280 (286 f.) setzt „eine aufgabenadäquate Finanzausstattung […] voraus, daß die gemeindlichen Finanzmittel ausreichen, um den Gemeinden die Erfüllung aller zugewiesener und im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auch die Erfüllung selbst gewählter Aufgaben zu ermöglichen.“ − Siehe auch Wixforth, Die gemeindliche Finanzhoheit und ihre Grenzen, 1962, S. 28 f.; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Bd. III, 6. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 103. Dies bedeute auch, dass die Länder nicht befugt sind, die den Kommunen zur Verfügung stehenden Finanzmittel durch eine Fülle rechtlicher Vorgaben zu binden, vgl. Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84c. 393 Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 85 ff. 394 Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 86 f. mit Verweis auf BayVGH, BayVBl. 1997, 303 (304); VGH NW, DVBl. 1989, 151 (152); OVG Münster, DVBl. 1980, 763 (764). 392
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steuerlichen Belastung bei den Gemeindesteuern der Gebietskörperschaft überlassen bleiben; auch mittelbar dürfen Bund und Land durch Finanzausgleichsmechanismen keinen Einfluss auf die Gestaltung der Hebesätze nehmen, indem niedrige Hebesätze durch hohe Zuwiesungen „belohnt“, hohe Hebesätze durch niedrige Zuweisungen „bestraft“ werden. Dementsprechend berücksichtigen die Finanzausgleichsvorschriften der Länder lediglich die Steuerkraft der einzelnen Gemeinde, indem Nivellierungshebesätze oder Durchschnittssteuersätze zugrunde gelegt werden.395 Der Anspruch auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung der Kommunen ist somit nur schwerlich zu quantifizieren. Vielmehr sind die geltenden Regelungen einer stetigen Prüfung dahingehend zu unterziehen, inwieweit die gegenwärtigen Mechanismen die pflichtigen Ausgaben der Gemeinden decken und gleichzeitig noch Raum für kommunale Initiative belassen. d) Kritik aa) Finanzautonomie nur unzureichend berücksichtigt Die Realität ist in vielen Punkten fern der aufgeführten Erwägungen. Die Kommunen beklagen sich über eine zunehmende Aufgabenflut, deren Bezug zur örtlichen Gemeinschaft nicht immer offensichtlich ist.396 In diesem Zusammenhang wird angemahnt, dass Aufgaben, die den Kommunen von Bund oder Ländern zugewiesen werden, grundsätzlich angesichts des Konnexitätsprinzips auch mit entsprechenden Mittelzuweisungen einhergehen sollten.397 Die finanziellen Mittel der Gemeinden unterliegen daher einer zunehmenden Bindung. Freie Ressourcen für die Verwirklichung freiwilliger, initiativer Selbstverwaltungsaufgaben bleiben kaum noch. Die gemeinsame Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat sah sich bereits im Jahr 1994 aus diesen Gründen veranlasst, die „Grund lagen der finanziellen Eigenverantwortung“ explizit als Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie mit Art. 28 Abs. 2 S. 3, 1. Hs. in das Grundgesetz aufzunehmen.398 Heute kann die kommunale Finanzautonomie ernsthaft als gefährdet betrachtet werden.399 Teile der Literatur sind der Ansicht, dass der verfassungsrechtliche Auf 395
Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 232 ff. Kirchhof, NJW 2002, S. 1549, spricht exemplarisch etwa den Vollzug bundesgesetzlich geregelter Rentenreformen an. 397 Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 77. Siehe auch die Kritik des Deutschen Städtetages (Hrsg.), ZKF 2002, S. 146 (147 f.). 398 Abschlußbericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drucks. 12/6000, S. 46. Vgl. auch bereits oben I. 2. a). 399 Zum Ganzen siehe auch Kirchhof, NJW 2002, S. 1549. Diese Entwicklung ist indes nicht neu. Von einem „zunehmenden(n) Autonomieverlust der Gemeinden“ spricht bereits 396
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trag aus Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG mit der derzeitigen Rechtslage nicht als vollständig erfüllt anzusehen ist.400 In der Tat erscheint fraglich, ob angesichts der enormen gemeindlichen Lasten und der – jedenfalls in Zeiten geringer wirtschaftlicher Prosperität – nur marginalen Flexibilität kommunaler Haushalte noch von einer eigenverantwortlichen Einnahme- und Ausgabewirtschaft die Rede sein kann. Andererseits ist zu beachten, dass die Finanzausstattung der Gemeinden stets, wie oben geschildert, im Lichte der Steuerkraft des gesamten Finanzverbundes zu sehen ist: Auch Bund und Länder stehen vor gewaltigen fiskalpolitischen Problemen. Allein die Tatsache, dass das Grundgesetz und zunehmend auch zahlreiche Landesverfassungen durch sogenannte Schuldenbremsen, die der Gebietskörperschaft ein verantwortungsvolles Wirtschaften auferlegen, ergänzt werden401, lässt im Hinblick auf die Finanzausstattung von Bund und Ländern tief blicken. Vielfach ist es dem Bund und vor allem den Ländern gar nicht möglich, den Kommunen durch erweiterte Mittelzuweisungen aus ihrer finanziellen Misere zu helfen und ihnen wieder zur Möglichkeit kraftvoller, eigenverantwortlicher Betätigung zu verhelfen. Der Annahme, der verfassungsrechtliche Auftrag des Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG sei nicht vollständig erfüllt, stehen somit durchaus Bedenken gegenüber. Jedenfalls soweit auf den Anspruch auf eine aufgabenadäquate, angemessene Finanzausstattung der Gemeinden abgestellt wird, lassen sich keine offensichtlichen Abweichungen von Art 28 Abs. 2 GG erkennen: Zum einen ist hier nur schwerlich zu begründen, dass angesichts der fiskalischen Probleme sämtlicher Gebietskörperschaften eine bessere Berücksichtigung der Gemeinden geboten sei. Vor allem aber lässt sich, wie oben erläutert, aus diesem Anspruch auch keine Verpflichtung zu einer bestimmten Ausgestaltung des Finanzausgleichssystems ziehen. Es geht um eine rein quantitative Betrachtung. Mit Blick auf die Eigenverantwortlichkeit im Bereich der kommunalen Einnahmen lassen sich jedoch aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und der daraus resultierenden Finanzhoheit durchaus Aspekte für die Ausgestaltung des kommunalen Steuersystems entnehmen: Zu einer wirklichen Autonomie gehört neben einer rein quantitativ ausreichenden Ausstattung mit entsprechenden Mitteln auch ein unmittelbarer und eigener Müscher, Der kommunale Anteil an der Einkommensteuer – zur Raumbedeutsamkeit des Verteilungssystems und des geplanten Hebesatzrechtes, 1979, S. 16, unter Verweis auf Barbarino, der dies im Bericht zur Problematik und Reformbedürftigkeit der gegenwärtigen Finanzverfassung, Enquete-Kommission Verfassungsreform, Kommissionsdrucksache Nr. 076 v. 12.12.1973, S. 1 ff. anmerkt. 400 So ausdrücklich Kirchhof, NJW 2002, S. 1549. 401 Änderung Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 29.7.2009, BGBl. I 2009, S. 2248. In den Landesverfassungen siehe etwa Art. 141 HessVerf; Art. 119 Verf RP; Art. 53, 59a Verf S-H. In NRW scheiterte ein entsprechendes Gesetzesvorhaben, siehe aber der Gesetzesentwurf der CDU-Landtagsfraktion, Landtags-Drucksache 15/1068.
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Einfluss der Gemeinden auf die Höhe ihrer Einnahmen.402 Derzeit können die Gemeinden nur einen sehr kleinen Teil ihrer Einnahmen selbst beeinflussen.403 Die Höhe des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer hängt vom Steueraufkommen und somit auch vom Steuertarif ab – welcher vom Bundesgesetzgeber festgelegt wird. Somit bestimmt der Bund indirekt über die Höhe des kommunalen Anteils.404 Die Gemeinden haben keinen eigenen Zugang zur Einkommensbesteuerung ihrer Wohnbevölkerung. Ein solcher würde sie im Sinne einer eigenverantwortlichen Einnahmewirtschaft jedoch deutlich stärken. Neben der Grund- und der Gewerbesteuer könnte die Gemeinde auch im Bereich der Einkommensteuer selbst die Belastung der Gemeindeeinwohner wie auch der ansässigen Unternehmen festlegen. Entsprechend ihres Finanzbedarfs wäre somit eine deutlich flexiblere und angemessenere Einnahmenerzielung möglich. Anders als bei der Einnahmeverteilung im Finanzverbund nach von Seiten des Landesgesetzgebers festgelegten Quoten, die niemals Finanzkraft und Finanzbedarf einer Kommune optimal abbilden können, wäre hier die Gemeinde im besten Sinne der Selbstverwaltung autonom in der Lage, die Belastung ihrer Einwohner und somit die Höhe ihrer Einnahmen in einer für sie wichtigen Steuerquelle selbst festzulegen. Gleichzeitig würde eine breite Masse der Gemeindeeinwohner deutlich spürbarer als bisher zur Finanzierung der kommunalen Aufgaben herangezogen, sodass die Grundidee der Selbstverwaltung im positiven Sinne eine bessere Geltung finden würde.405 bb) Zum Verhältnis von Einnahmeautonomie und Ausgabenautonomie In der Diskussion, ob die Einnahmenautonomie der Gemeinden durch einen eigenen Zugang zur Einkommensbesteuerung etwa in Form eines eigenen kommunalen Zuschlags- oder Hebesatzrechtes gestärkt werden solle, darf die Komponente der Ausgabenautonomie jedoch nicht vollständig ausgeblendet werden: In der Praxis betreffen bei nicht wenigen Kommunen nur noch rund 10 bis 15 % ihrer Ausgaben den Bereich der freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten.406 Damit ist ein wesentliches Indiz für den Autonomiegrad der kommunalen Aufgaben – jedenfalls was den Anteil der Aufgaben betrifft, bei denen die Kommunen auch über das „Ob“ der Aufgabenerfüllung entscheiden können407 – gegeben. Auch wenn die Frage der Ermittlung dieses Autonomiegrades darüber hinaus – ins 402
Vgl. auch Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 25 f.; Jachmann, BB 2000, S. 1432. 403 Siehe dazu bereits oben Kapitel 1, II. 404 Siehe oben Kapitel 1, III. 5. a) mit Fn. 265. 405 So etwa auch Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeinde finanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 27. 406 So Kuban beim 36. Berliner Steuergespräch, siehe Richter/Welling, FR 2010, S. 981 (982). 407 Zur Klassifizierung kommunaler Aufgaben siehe bereits oben Kapitel 1, I. 1. c).
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besondere für Aufgaben, bei denen den Kommunen nur das „Wie“ der Aufgabenerfüllung freisteht – nicht leicht zu beantworten ist408, kann entsprechend festgehalten werden, dass die Gemeinden im Umfang ihrer Tätigkeiten in weiten Teilen gebunden sind. Dementsprechend verantworten sie auch den weit größten Teil ihres Finanzbedarfs nicht selbst, sondern er geht auf übertragene Aufgaben von der Landes- und Bundesebene zurück. Die Zahl der zusätzlich erforderlichen Mittel ist dabei in den letzten Jahren permanent gestiegen.409 Dies ist nach überzeugender Auffassung durch steigende Standards nicht nur im sozialen Bereich, sondern auch im Umwelt- und Naturschutz, im Brandschutz, bei Bauvorgaben oder Vorgaben zu Infrastruktur- und Verkehrsmaßnahmen begründet.410 Mit dieser Feststellung werden eine Reihe grundsätzlicher Fragen aufgeworfen: Zum einen drängt sich das – im Rahmen dieser Untersuchung nicht zu erörternde411 – Problem auf, ob ein solch geringer Grad kommunaler Aufgabenautonomie überhaupt noch mit dem Leitbild der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie in Art. 28 Abs. 2 GG vereinbart werden kann. Zum zweiten ist jedoch auch fraglich, ob und wieweit es angemessen und sachgerecht ist, den Kommunen einerseits staatliche Aufgaben aufzubürden, ihnen andererseits aber nicht die finanzielle Ausstattung dafür mitzugeben. Diese Problematik mag mit Verweis auf den Konnexitätsgrundsatz vermeintlich eindeutig beantwortet werden zu können. Eine Erhöhung von Standards bringt jedoch häufig eine „schleichende“ Steigerung der kommunalen Ausgabeverpflichtungen mit sich, die nicht mit einer Verbesserung der Finanzausstattung durch Landes- oder Bundesmittel einhergeht. Daraus ergibt sich jedoch eine dritte, ebenso grundsätzliche Frage: Es ist zu überlegen, ob bei der Untersuchung des kommunalen Finanzsystems auch auf ein ausgeglichenes Verhältnis von selbstbestimmten Auf- und damit Ausgaben und selbstbestimmten Einnahmen geachtet werden muss.412 Schließlich würde einerseits, wie im Rahmen dieser Untersuchung bereits breit erörtert, die kommunale Autonomie bei der Aufgabenerfüllung erstickt, wenn die kommunalen Einnahmen zu engen, nicht autonom bestimmbaren Grenzen unterliegen würden. Auf der anderen Seite würde je 408
Siehe dazu nur Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 103 ff. Danach kann die Bestimmung des Autonomiegrades auch aufgrund anderer Kriterien als dem Anteil der rechtlich pflichtigen Aufgaben erfolgen, etwa nach dem Grad der Fremdbestimmung kommunaler Aufgaben oder dem Anteil der aus eigenen Quellen finanzierten Ausgaben. 409 Für den Bereich der Sozialausgaben stellt Kuban, FR 2010, S. 978, dar, dass die kommunalen Soziallasten im Jahr 2009 erstmals über 40 Mrd. € stiegen und damit fast doppelt so hoch sind wie nach der Wiedervereinigung. 410 So Fahrenschon beim 36. Berliner Steuergespräch, Richter/Welling, FR 2010, S. 981. 411 Zur Abgrenzung kommunaler Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen und damit zur Begrenzung des Gegenstandes dieser Untersuchung siehe bereits oben Kapitel 1, I. 2. b). 412 In diese Richtung bereits Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zum Gemeindesteuersystem und zur Gemeindesteuerreform in der Bundesrepublik Deutschland, BMF-Schriftenreihe, Heft 10, 1968, S. 40. So ferner die grundlegende These von Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 111 f. Dazu auch Fahrenschon, FR 2010, S. 975, der es etwa als Ziel einer Gemeindefinanzreform definiert, Einnahmen und Ausgaben wieder zusammen zuführen.
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doch auch die Erklärungsnot der Gemeinden mit unausgeglichenen Haushalten zunehmen, wenn diese für die Generierung ihrer Einnahmen zunehmend, etwa durch Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“, selbst verantwortlich würden und damit nicht mehr auf die Ausstattung durch Bund und Länder verweisen könnten. Die Tatsache, dass die Ausgaben der Gemeinden weitgehend fremdbestimmt sind, könnte dabei in den Hintergrund geraten. Das würde bedeuten, dass ein ‚Mehr‘ an finanzieller Einnahmenautonomie für die Kommunen auch dazu führen kann, dass den Gemeinden der ‚Schwarze Peter‘ für die Finanzierung ihnen von Bundes- und Landesebene auferlegter Aufgaben zugeschoben wird.413 In diesem Zusammenhang müsste grundsätzlich an dieser Stelle einerseits eine kommunale Aufgabenkritik erfolgen, andererseits die durchgängige Beachtung des Konnexitätsgrundsatzes überprüft werden. Dies kann jedoch im Rahmen einer Untersuchung, die sich mit dem kommunalen Einnahmesystem befasst, nur in sehr engen Grenzen geschehen. Es soll jedoch festgehalten werden, dass die Gemeinden für die Erledigung der ihnen von Bundes- und Landesebene übertragenen Aufgaben auch durch eine ausreichend Ausstattung mit Finanzmitteln von diesen Ebenen befähigt werden müssen.414 Sie dürfen nicht in die Zwangslage geraten, die Finanzierung übertragener Aufgaben durch eine Erhöhung der Hebesätze im Rahmen der ihnen zustehenden kommunalen Steuerquellen – und womöglich auch einer „kommunalen Einkommensteuer“ – sicherstellen zu müssen. Ein ‚Mehr‘ an Einnahmenautonomie soll damit nicht nur ein ‚Mehr‘ an Verantwortung, sondern vor allem auch ein ‚Mehr‘ an Ausgaben- und damit Aufgabenautonomie, also eine Ausweitung der Befähigung zur Übernahme freiwilliger Aufgaben und damit eine deutliche Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung mit sich bringen.415 cc) Fazit Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, die auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung umfasst, bietet also deutliche Anhaltspunkte, den Gemeinden auch im Bereich der Einkommensteuer ein Mitspracherecht ein 413 Auf der anderen Seite wird zudem angenommen, dass die Gemeinden auch grundsätzlich kein ‚Mehr‘ an Finanzautonomie wollen, da die damit wachsende Verantwortung („Verantwortungszwang“) möglicherweise einigen Kommunalbeamten und -politikern unlieb sein könnte, vgl. Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 184 f., sowie Hey, StuW 2011, S. 131 (134). Ein solches „Vermeiden von Verantwortlichkeit“ kann hier jedoch nicht argumentativ ins Gewicht fallen, sondern spielt, wie zutreffend von Hey angemerkt, allenfalls bei der Frage der politischen Durchsetzbarkeit einer Gemeindefinanzreform eine Rolle. 414 So bereits Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zum Gemeindesteuersystem und zur Gemeindesteuerreform in der Bundesrepublik Deutschland, BMF-Schriftenreihe, Heft 10, 1968, S. 40. 415 So auch Kirchhof bei den 36. Berliner Steuergesprächen, siehe Richter/Welling, JG 2010, S. 981 (983).
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zuräumen. Gleichzeitig ist aber festzuhalten, dass sich aus Art. 28 Abs. 2 GG gerade keine konkreten Ansprüche zur Ausgestaltung des X. Abschnittes des Grundgesetzes ergeben, sofern die entsprechenden Normen noch dem Grundgedanken des Art. 28 Abs. 2 genügen. Bevor dies abschließend untersucht werden kann, ist jedoch zunächst noch auf die Garantie einer wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit Hebesatzrecht einzugehen. 3. Wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht, Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG Zur gemeindlichen Finanzautonomie gehört gem. Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG auch eine wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht. Bei der Diskussion um eine „kommunale Einkommensteuer“ könnte diese Garantie eine wichtige Rolle spielen. Daher ist zu untersuchen, ob auch die Einkommensteuer einen solchen Wirtschaftskraftbezug aufweist. Zuvor soll jedoch die Norm des Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG mit Blick auf ihre Genese eingeordnet werden, um schließlich entsprechende Schlussfolgerungen ziehen zu können. a) Einfügung von Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. in das Grundgesetz Während der erste Halbsatz von Art. 28 Abs. 2 S. 3 im Jahr 1994 ins Grundgesetz eingefügt wurde, folgte die explizite Aufführung der Garantie einer wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit Hebesatzrecht erst im Jahr 1997.416 Hintergrund der Einfügung dieser Garantie war die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer im Rahmen der Unternehmenssteuerreform zum 1.1.1998417, welche die Gemeinden dazu veranlasste, eine verfassungsrechtlich abgesicherte Kompensation zu fordern.418 Auch in der amtlichen Begründung zur Neuregelung des Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG heißt es, die verfassungsrechtliche Ergänzung sei „erforderlich, um kommunale Finanzautonomie durch den Bestand der Gewerbeertragsteuer oder durch eine andere an der Wirtschaftskraft der am Wirtschaftsleben in der jeweiligen Gemeinde Beteiligten anknüpfende Steuer zu gewährleisten.“419 Daraus lässt sich einerseits entnehmen, dass die Gewerbesteuer derzeit den verfassungsmäßigen Auftrag aus Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG erfüllt. Auf der anderen Seite ist je 416
Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 20.10.1997, BGBl. I 1997, S. 2470. Ein „Recht der Kommunen auf eigenverantwortlich ausschöpfbare Finanzquellen“ existierte jedoch auch zuvor, siehe etwa nur bereits Wendt, BB 1987, S. 1677 (1679 f.) m. w. N. 417 Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997 – BGBl. I 1997, S. 2590. 418 Im Gegenzug wurde den Gemeinden auch der Anteil am Umsatzsteueraufkommen verfassungsrechtlich eingeräumt (Art. 106 Abs. 3 S. 1, Abs. 5a GG), BGBl. I 1997, S. 2470. Vgl. auch Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84a. 419 BT-Drucks. 13/8340, S. 2.
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doch bereits aus diesem Wortlaut der Gesetzesbegründung zu folgern, dass der Bestand der Gewerbesteuer durch diese Vorschrift nicht verfassungsrechtlich gesichert ist.420 Sie könnte vielmehr durch eine andere, vergleichbare Steuer ersetzt werden – wobei umstritten ist, ob diese der Gewerbesteuer hinsichtlich ihres Umfanges und ihrer Bedeutung gleichwertig sein muss.421 Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG kommt über die deklaratorische Bestärkung der kommunalen Finanzautonomie hinaus ebenso die Funktion zu, den Kommunen mit der Garantie einer wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit Hebesatzrecht auch ein Instrument der Standortpolitik zuzuweisen.422 Das Band zwischen Kommune und Wirtschaft soll durch diese Wirtschaftskraftbezogenheit eine elementare finanzielle Verflechtung erhalten und damit gestärkt werden. b) Die Einkommensteuer als Steuer im Sinne des Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG begründet ebenso wie die anderen Vorschriften des Art. 28 Abs. 2 GG keinen über die Normen der Finanzverfassung des Grundgesetzes hinausgehenden Steuertatbestand.423 Dementsprechend fallen unter die verfassungsrechtliche Garantie einer „den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende(n) wirtschaftskraftbezogene(n) Steuerquelle“ nur die in den Art. 104a ff. GG vorgesehenen Steuern. Folglich ist die Frage zu beantworten, ob auch das von der Einkommensteuer erfasste Einkommen als wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle angesehen werden kann. Voraussetzung für den Wirtschaftskraftbezug einer Steuer im Sinne des Art. 28 Abs. 2. S. 3, 2. Hs. GG ist, dass die Steuer an die kommunale Produktivität anknüpft, also ein Bezug der Bemessungsgrundlage zum lokalen Bruttoinlandsprodukt gegeben ist.424 Dies kann an der objektiven Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners gemessen werden.425 Entsprechend ist die Einkommensteuer einzuord 420 BVerfGE 125, S. 141 (161). Entsprechend heißt es auch im Zusammenhang mit der Ände rung des Art. 106 GG im Hinblick auf die explizite Einfügung des Wortes „Gewerbesteuer“ (vgl. ausführlich oben, Fn. 140) im Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 10.9.1997, dass „die ausdrückliche Aufnahme des Wortes ‚Gewerbesteuer‘ in die Bestimmungen des Art. 106 Abs. 6 S. 1 GG [..] keine institutionelle Garantie der Gewerbesteuer als solche bedeutet, da Art. 106 GG allein die Ertragshoheit regelt, den Ertrag selbst aber verfassungsrechtlich nicht garantiert.“ (BT-Drucks. 13/8488, S. 9) 421 Dazu Hey, StuW 2002, S. 314 (318) m. w. N. 422 Hey, StuW 2002, S. 314 (318) m. w. N. zu dieser Funktion der Gewerbesteuer. 423 Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84d. 424 So die Definition von Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 131. 425 So Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, S. 552 ff. m. w. N.: Dem Wirtschaftskraftbe zug steht danach auch nicht entgegen, dass die Einkommensteuer auch die subjektive Leistungsfähigkeit berücksichtigt (a. A. demnach noch Fromme, Gemeindehaushalt 2002, S. 178 (181)).
I. Kommunale Selbstverwaltung und Finanzautonomie
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nen: Sie knüpft in ihrer Besteuerung der Einkünfte aus den sieben Einkunftsarten (vgl. § 2 EStG) ebenso wie die Gewerbesteuer an die ökonomische Wertschöpfung des Steuerpflichtigen und somit an die Wirtschaftskraft an.426 Dem steht auch der hohe Anteil der Lohnsteuer am Einkommensteueraufkommen nicht entgegen, da auch Löhne und Gehälter unbestritten Element der kommunalen Wertschöpfung sind.427 In Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG ist ferner ein kommunales Hebesatzrecht vorgesehen. Neben der Gewerbesteuer käme also grundsätzlich auch die Einkommensteuer als „wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht“ im Sinne des Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG in Betracht.428 Zu erörtern bleibt allerdings, ob sich aus Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG konkrete Vorgaben ergeben, damit nicht nur generell die Einkommensteuer als Steuerquelle, sondern auch die „kommunale Einkommensteuer“ in ihrer konkreten Ausgestaltung den Anforderungen dieser Vorschrift genügt. So könnte insbesondere das Tatbestandsmerkmal der Wirtschaftskraftbezogenheit voraussetzen, dass etwa bestimmte Einkünfte am Ort des Wohnsitzes oder am Ort der Betriebsstätte versteuert oder einzelne Einkünfte aus der Bemessungsgrundlage heraus gerechnet werden müssten. So wird erwogen, dass es die Ratio von Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG erfordere, unternehmerische Einkünfte am Ort der Betriebsstätte zu besteuern und Beamtenpensionen sowie gesetzliche Renten aus der Bemessungsgrundlage heraus zu rechnen.429 Diese Überlegungen können jedoch nur in den Fällen Relevanz haben, in denen die „kommunale Einkommensteuer“ die einzige wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht der Gemeinden ist. Normzweck von Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG kann es lediglich sein, den Gemeinden eine entsprechende Steuerquelle als Instrument der lokalen Wirtschaftspolitik zu garantieren – und nicht, Vorgaben für sämtliche kommunalen Steuern mit Hebesatzrecht zu machen. Eine solche Vorgabe müsste ihren Platz systematisch in der Finanzverfassung und nicht im Bereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie haben. Besteht also die Gewerbesteuer weiter fort – wovon bei der Untersuchung in diesem Kapitel auszugehen ist430 – steht nicht in Frage, dass die Gewähr des Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG – wie oben bereits erläutert – bereits durch die Gewerbesteuer erfüllt ist. Fragen nach der konkreten Ausgestaltung einer „kommunalen Einkommensteuer“ stellen sich im Zusammenhang mit dieser Norm dann nicht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die „kommunale Einkommensteuer“ alleinig die Garantie des Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG ausfüllen muss.
426
Nierhaus, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 28 Rn. 87; Siehe dazu sowie zum Begriff der „Wirtschaftskraft“ auch Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84d. 427 So ausführlich Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 132 f. 428 So auch BVerfGE 125, S. 141 (162). 429 Dazu ausführlich Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 133 ff. 430 Vgl. Vorbemerkungen zu Kapitel 2.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
c) Schlussfolgerungen für eine „kommunale Einkommensteuer“ Die Garantie einer wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit Hebesatzrecht spielt für das Gemeindefinanzsystem eine wichtige Rolle.431 Sie lässt sich dementsprechend mit Blick auf die Einführung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung insbesondere dahingehend auslegen, dass den Anforderungen, die Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG an das Kommunalsteuersystem stellt, durch ein Mitbestimmungsrecht der Gemeinden bei der Einkommensteuer besser Genüge getan wäre. Auch wären mögliche Reformierungsbestrebungen, die auf eine Ablösung bzw. Ersetzung der Gewerbesteuer zielen, verfassungsrechtlich weniger problematisch, wenn den Gemeinden mit der Einkommensteuer noch eine zweite wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht zustünde. In jedem Fall würde ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung die kommunale Selbstverwaltung somit auch mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG deutlich stärken. 4. Fazit: Art. 28 Abs. 2 GG als Anker für eine „kommunale Einkommensteuer“ Unter Selbstverwaltung ist im politischen Sinn – wie oben bereits ausgeführt – auch die „Aktivierung der Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten […] zur eigenverantwortlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben der engeren Heimat“432 zu verstehen. Dies meine, dass „die örtliche Gemeinschaft […] nach dem Leitbild des Art. 28 GG ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und in eigener Verantwortung solidarisch gestalten“ soll.433 Zu einer solchen eigenverantwortlichen Gestaltung und Aufgabenerfüllung gehört auch eine wirkliche Autonomie der Gemeinden im finanziellen Bereich. Die derzeitige Gestaltung der kommunalen Einnahmen wird dem nur unzureichend gerecht. Die Gemeinde kann lediglich über die Gewerbeund die Grundsteuer selbstbestimmt Einnahmen generieren und die örtlichen Unternehmen sowie einen Teil ihrer Gemeindeeinwohner steuerlich in Anspruch nehmen. Darüber hinaus enden die steuerlichen Kompetenzen der Kommunen. Der Autonomiegrad der kommunalen Einnahmequellen liegt damit bei nur 20 bis 25 %. Im Bereich der Einkommensteuer haben sie nicht nur kein Mitspracherecht, es wird dem Einzelnen mangels unmittelbarer Besteuerungsmöglichkeit, mangels entsprechender Ausweisung im Einkommensteuerbescheid auch nicht deutlich, dass ein großer Teil seiner Steuerlast der Gemeinde zugutekommt. 431 Bei Forderungen nach einer Gemeindefinanzreform ist insbesondere diese Garantie ein wichtiger Anker, auf den sich etwa Kommunen berufen; vgl. nur das Memorandum zur Gemeindefinanzreform von Vertretern der Ruhrgebietsstädte vom 19.11.2001, abgedruckt in: Junkernheinrich/Zierold (Hrsg.), Bevölkerung, Finanzkrise und Gemeindefinanzreform, 2004, S. 67 ff. (76). 432 BVerfGE 11, 266 (275). 433 BVerfGE 11, 266 (275).
I. Kommunale Selbstverwaltung und Finanzautonomie
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Von einer „Aktivierung“ der Gemeindeeinwohner kann so keine Rede sein. Durch die Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ würden somit neben Unternehmern auch die Einwohner hingegen spürbar zur kommunalen Finanzierung herangezogen und somit stärker in die kommunale Selbstverwaltung eingebunden.434 Das kann zu einem verstärkten Interesse und Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen bei politischen und finanziellen kommunalen Fragen führen und damit ein mögliches Demokratiedefizit beheben.435 Ein kommunales Mitspracherecht bei der Höhe der Einkommensteuer ließe die Steuereinnahmen zudem deutlich besser dem reellen Finanzbedarf der Gemeinde entsprechen.436 Andererseits findet die Einschränkung der gemeindlichen Finanzautonomie bei der Einkommensteuer und damit der Gewährleistung kommunaler Selbstverwaltung im Gesetzesvorbehalt des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ihre Grundlage, sofern sie gerechtfertigt ist – was aus Gründen des Gemeinwohls nicht unmöglich erscheint: So soll an dieser Stelle auf ein wesentliches, grundsätzliches Dilemma aufmerksam gemacht werden, welches die Diskussion um die Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ bestimmt: Auf der einen Seite führt eine größere Autonomie der Gemeinde dazu, dass die Steuerquelle flexibel an sich wandelnde Finanzbedarfe angepasst werden kann. Auf der anderen Seite kann dies zu der Gefahr einer zunehmend uneinheitlichen Wirtschafts- und Finanzpolitik und somit zu einer unterschiedlichen Höhe in der Steuerbelastung und der Steuereinnahmen führen, womit auch die weitgehende Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse wegen einer unterschiedlichen Intensität der öffentlichen Aufgabenerfüllung gefährdet werden könnte. Wenig Autonomie resultiert somit in einem einheitlicheren Steuersystem und einer einheitlichen Steuerverwaltung; außerdem wird vermieden, dass Schwankungen im Steueraufkommen zu einseitigen Belastungen bestimmter – schwächerer – Kommunen führen. Dem ist wiederum die unvermeidbare Konsequenz eines Steuerverbundes entgegenzuhalten, dass die Festlegung der Verteilungsregelungen zu massiven politischen Auseinandersetzungen führt437 – wobei im Ergebnis nicht immer 434 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 86 mit Fn. 113 u.w.N.; siehe auch Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (169). Ebenso bereits Schneider, StuW 1991, S. 354 (364), nach dem die Bürger dann „unmittelbar an ihrem Steuerbescheid erkennen, wie teuer ihnen ihre Gemeinde ist“ oder Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, S. 18, der als Konsequenz eines Zuschlagsrechtes bei der Einkommensteuer konstatiert: „Der Bürger erlebt Kommunalpolitik in Selbst betroffenheit.“ Auch in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung zum Finanzreformgesetz heißt es bereits, aus Perspektive der Selbstverwaltung sei es grundsätzlich erwünscht, mit Hebesätzen einen großen Kreis der Einwohner zu den Gemeindelasten heranzuziehen (BTDrucks. 5/2861, Rn. 183 ff.). 435 So schon Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zur gegenwärtigen Problematik der Gemeindefinanzen v. 11.7.1959, in: Wiss. Beirat beim BMF, Entschließungen, Stellungnahmen und Gutachten 1949–1973, 1974, S. 154 (180). 436 Scherf, in: Andel (Hrsg.), Probleme der Kommunalfinanzen, 2001, S. 19. 437 Dazu ausführlich oben Kapitel 1, III. 3. c) bb).
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
diejenigen Quoten gefunden werden, die den Aufgaben und Pflichten der einzelnen Gemeinden angemessen sind. Das Spannungsfeld bewegt sich also zwischen Bürgernähe, Autonomie und Flexibilität auf der einen und Einheitlichkeit, Verteilungsgerechtigkeit, Effizienz der Verwaltung und einer gewissen Stabilität auf der anderen Seite.438 Diese Erwägungen verdeutlichen, dass eine Ausweitung der kommunalen Finanzautonomie im Hinblick auf eine weitgehende Selbstständigkeit bei der Einnahmeerzielung – etwa durch einen eigenen Zugang zur Einkommensbesteuerung – auch Konsequenzen mit sich bringen kann, die eher negativ bewertet werden. Entsprechend ist es möglich, eine entsprechende Begrenzung der kommunalen Finanzhoheit durch andere Aspekte des Allgemeinwohls zu rechtfertigen. Dies gilt, so lange der Kern der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie unberührt bleibt – also so lange, wie die Einnahmesituation den Kommunen die Möglichkeit zu eigenverantwortlichen Entscheidungen belässt. Bei einer isolierten Betrachtung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ergibt sich jedoch der eindeutige Schluss, dass ein größeres Mitbestimmungsrecht der einzelnen Gemeinde auf dem Gebiet ihrer Einnahmengestaltung jedenfalls wünschenswert wäre. Die Kommunen gewännen unbestritten zusätzlichen Gestaltungsspielraum. Vor allem aber könnte die – derzeit offensichtlich geschwächte – Finanzautonomie der Gemeinden im Bereich der Einnahmen deutlich gestärkt werden. Das Maß dieser Autonomie ließe sich jedoch entsprechend des aufgezeigten Spannungsfeldes definieren: Wie bereits aufgezeigt, wäre ein eigenes kommunales Steuerfindungsrecht nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus raumwirtschaftlichen Erwägungen keinesfalls geboten. Eine begrenzte Mitwirkungsmöglichkeit der Kommunen bei bestehenden, weitgehend einheitlich geregelten Steuerquellen – etwa durch ein Hebesatzrecht bei der Einkommensteuer – würde hier jedoch einen guten Mittelweg darstellen, der einerseits das Bedürfnis einer weitgehend einheitlichen Wirtschafts- und Steuerpolitik sowie Finanzverwaltung berücksichtigt, andererseits aber auch dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden Rechnung trägt.439 Von einem zwingenden, rechtlichen Gebot, die gemeindliche Finanzautonomie auszuweiten, kann hingegen nicht gesprochen werden. Der Verfassungsgesetzgeber hat im Rahmen der Einfügung der Garantie der Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung der Gemeinden und einer wirtschaftskraftbezogenen 438
Zu diesem gesamten, zuvor aufgezeigten Spannungsfeld Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zur gegenwärtigen Problematik der Gemeindefinanzen v. 11.7.1959, in: ders. (Hrsg.), Entschließungen, Stellungnahmen und Gutachten 1949–1973, 1974, S. 154 (168); ders., Gutachten zum Gemeindesteuersystem und zur Gemeindesteuerreform in der Bundesrepublik Deutschland v. 16.3.1968, in: ders., Entschließungen, Stellungnahmen und Gutachten 1949– 1973, 1974, S. 400 (401 ff.). Ferner Inhester, Kommunaler Finanzausgleich im Rahmen der Staatsverfassung, 1998, S. 35. 439 Vgl. dazu auch Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 27.
II. Vorgaben der Finanzverfassung
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Steuerquelle mit Hebesatzrecht in Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG in den Jahren 1994 bzw. 1997 deutlich gemacht, dass der Grundanspruch der Gemeinden auf eine angemessene Finanzausstattung in Form einer abgeleiteten Einnahmehoheit zwar verstärkt werden sollte. Weitergehende, extensivere Auslegungen wie eine eigene, unbeschränkte Abgabenhoheit der Kommunen waren jedoch ausdrücklich nicht intendiert.440 Der Bund sollte nicht über die Bestimmungen der Finanzverfassung hinaus verpflichtet werden; Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG sei stets im Gefüge der Gesamtverfassung zu interpretieren; die Verfassungsergänzung sollte zudem nicht den zweigliedrigen Staatsaufbau und das System der Finanzverfassung verändern, sondern lediglich die kommunale Selbstverwaltungsgarantie in Ergänzung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung441 deklaratorisch um die finanzielle Eigenverantwortung erweitern.442 Aus dieser Entstehungsgeschichte heraus lässt sich ein Gebot, die kommunale Einnahmenhoheit zu erweitern, unter historischen und teleologischen Gesichtspunkten nicht annehmen. Dies gilt erst Recht für die Gewähr einer bestimmten steuerlichen Ausgestaltung.443 Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, die die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung der Gemeinden und eine wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle umfasst, steht einem eigenen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung somit in keinem Punkt entgegen. Im Gegenteil würde ein Mitbestimmungsrecht der Gemeinden im Bereich der Einkommensteuer die den Kommunen in Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten Rechte fördern und im besten Sinne der Verfassung erweitern. Die derzeitigen Probleme bei der Finanzautonomie der Kommunen könnten so weitgehend gelöst werden. Wenn auch ein rechtliches Gebot nicht anzunehmen ist, spricht Art. 28 Abs. 2 GG dafür, den Kommunen weiter gehende Besteuerungsmöglichkeiten oder einen Zugang zu bestehenden Steuern wie etwa der Einkommensteuer einzuräumen.
II. Vorgaben der Finanzverfassung Nach der Analyse der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie in Art. 28 Abs. 2 GG sind weitere verfassungsrechtliche Normen mit Fokus auf die Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ zu untersuchen. Hier ist insbesondere die
440 Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 28 Rn. 84b; Pünder/Waldhoff, in: Henneke/ Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 1 Rn 10 ff. 441 Zu nennen sind hier v. a. BVerfGE 52, 95 (117); 71, 25 (36 f.) und 83, 363 (386). 442 Siehe Abschlußbericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drucks. 12/6000, S. 48, sowie die Begründung des Gesetzentwurfes von CDU/CSU, SPD und F. D. P., BTDrucks. 12/6633. 443 Das Bundesverfassungsgericht formulierte bereits, „ein solcher Anspruch könnte nicht auf Gewährleistung einer bestimmten Steuer gerichtet sein, wenn man nicht dem gesamten geltenden System der Gemeindesteuern Verfassungsrang einräumen will.“ (BVerfGE 26, 172 (182))
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
zuvor bereits aufgeführte Finanzverfassung als „wichtiger Eckstein“444 und „tragender Pfeiler“445 der Verfassung, als „rechtlicher Handlungsrahmen“446 für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung in den Blick zu nehmen. 1. Funktion und Regelungstiefe der Art. 104a ff. GG a) Finanzverfassung und Verfassungsprinzipien Die Art. 104a ff. GG definieren als Finanzverfassung in ihrem ersten Teil insbesondere die Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Ertragskompetenzen und damit alle relevanten Grundfragen im Hinblick auf die Steuern in der Bundesrepublik Deutschland. Für andere Abgaben als Steuern im Sinne des § 3 AO447 gelten sie nicht; sie dürfen indes ebenso wenig durch die Einführung steuerähnlicher Abgaben unterlaufen werden.448 Die Regelungen der Art. 104a ff. GG sind im Lichte der anderen Normen des Grundgesetzes zu interpretieren, für ihren Bereich jedoch abschließend. Anders als etwa das zuvor erörterte Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung, anders als die im Folgenden zu untersuchenden Grundsätze wie das Leistungsfähigkeitsprinzip oder der Äquivalenzgrundsatz, anders als steuerpolitische Erwägungen stellt die Finanzverfassung des Grundgesetzes kein eigenes Prinzip dar. Sie ist vielmehr Resultat und Ausfluss, Verfassungsrecht gewordene Struktur, durch die zentrale Grundsätze zum Ausdruck kommen. Sie ist Ausdruck von Verfassungsprinzipien, aber kein Prinzip an sich.449 Für die vorliegende Untersuchung bedeutet das: Die Finanzverfassung bildet den Ordnungsrahmen, innerhalb dessen sich auch eine „kommunale Einkommensteuer“ bewegen müsste. Dieser Ordnungsrahmen enthält freilich eigene, die bundesstaatliche Struktur prägende
444
BVerfGE 55, 274 (302). BVerfGE 72, 330 (388). 446 Kapitel 1, I. 2. a). 447 Steuern im Sinne des § 3 AO sind „Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Er zielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.“ 448 Dazu sowie zur Abgrenzung von anderen Abgabenarten Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 104a Rn. 7 ff. Ebenso siehe auch bereits die Erläuterungen in Kapitel 1, I.3. 449 Vgl. auch Hey, StuW 2002, S. 314 (317) m. Verweis auf Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1088 ff., insbes. 1093 ff. Weil sie an die Regelungen der vorangehenden Normen des Grundgesetzes, insbesondere der Kompetenzverteilung in den Art. 70 ff. GG, gebunden ist, wird sie teilweise auch als „Folgeverfassung“ bezeichnet, so etwa Kluth, in: Henneke (Hrsg.), Die Kommunen in den Föderalismusreformen I und II, 2008, S. 20 (22) m. w. N. Auf den Streit, inwieweit diese Einordnung treffend ist, soll hier indes nicht eingegangen werden. Vgl. dazu etwa Waldhoff, VVDStRL 66 (2007), S. 216 (246 ff.) m. w. N. sowie die Nachweise bei Hey, VVDStRL 66 (2007), S. 277 (281) mit Fn. 14. 445
II. Vorgaben der Finanzverfassung
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Wertungsentscheidungen450 – er könnte jedoch, wenn grundlegendere oder höherrangige verfassungsrechtliche oder steuerliche Prinzipien dies erfordern, ggf. angepasst werden. Erforderlich dazu ist die verfassungsändernde Mehrheit des Art. 79 Abs. 2 GG, also die Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates. Im Folgenden ist daher einerseits die Einrichtung einer „kommunalen Einkommensteuer“ anhand der gegebenen Regelungen der Art. 104a ff. GG zu prüfen. Gleichzeitig sind jedoch die Kernaussagen der Finanzverfassung herauszuarbeiten, auf deren Grundlage eine mögliche Änderung der Finanzverfassung zu überdenken wäre. b) Grundlegende Regelungen der Finanzverfassung Hinsichtlich der Ertragshoheit bestimmt Art. 106 GG in seinen Absätzen 3 und 5, dass das Aufkommen aus der Einkommensteuer dem Bund, den Ländern und den Gemeinden zusteht. Wie oben bereits erörtert, handelt es sich dabei rechtsdogmatisch um eine eigene Ertragskompetenz der Gemeinden.451 Die Steuerhoheit, also die Gesetzgebungskompetenz452 für die Einkommensteuer hat entsprechend gem. Art. 105 Abs. 2 GG ebenfalls der Bund, wenngleich gem. Abs. 3 ein Zustimmungserfordernis des Bundesrates gegeben ist. Die Verwaltungskompetenz für die Einkommensteuer liegt gem. Art. 108 Abs. 2 S. 1 GG bei den Landesfinanzbehörden, also den Finanzämtern. Für die Gemeinden sind insbesondere die Absätze 5–7 von Art. 106 GG relevant; sie werden auch als Gemeindefinanzverfassung453 bezeichnet. Kernaussage dieser Verfassungsregelungen ist, dass die Gemeinden einerseits die Ertragshoheit über einen Anteil an der Einkommensteuer (Abs. 5) und der Umsatzsteuer (Abs. 5a) sowie über die Grund- und die Gewerbesteuer (Abs. 6) haben; ihnen steht andererseits aber im Rahmen des landesinternen vertikalen kommunalen Finanzausgleichs auch ein Anteil an den Steuereinnahmen des jeweiligen Landes zu (Abs. 7). Dieser Dualismus von Steuereinnahmen und Finanzausgleich ist nach überzeugender Auffassung insoweit als Grundsatz der Gemeindefinanzverfassung zu beachten, als dass beide Einnahmeformen der Gemeinden keine Ausmaße annehmen dürfen, welche die jeweils andere Einnahmeform marginalisieren würden.454 Für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer führt dazu das Bundesverfas 450 Statt vieler Kluth, in: Henneke (Hrsg.), Die Kommunen in den Föderalismusreformen I und II, 2008, S. 20 (22). 451 Kapitel 1, III. 4. 452 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1. 453 So etwa Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 77. 454 So etwa Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 84. Damit solle vor allem vermieden werden, dass der Bund die Länder aus ihrer Hauptverantwortung für die Finanzierung der Kommunen heraus drängt.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
sungsgericht aus: „Die Höhe des gemeindlichen Anteils ist zwar in Art. 106 Abs. 5 GG selbst nicht festgelegt, dieser Anteil soll aber, wie der Normzweck zeigt, eine eigenständige Säule der gemeindlichen Finanzausstattung darstellen.“455 2. Umsetzbarkeit des kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung vor dem Hintergrund der Finanzverfassung Zu untersuchen ist, inwieweit vor dem Hintergrund dieser Rahmenbestimmungen ein eigener kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung zu bewerten ist. Entscheidend kommt es dabei auf die Frage an, wie eine solche „kommunale Einkommensteuer“ ausgestaltet ist. Vorgehend ist dabei auf der grundlegenden Ebene zwischen einer eigenen kommunalen Steuer [a)], einem kommunalen Hebesatzrecht [b)] und einem kommunalen Zuschlag [c)] differenziert worden.456 Diese Differenzierung soll ebenso wie die jeweils aufgeführte Definition und Umschreibung beibehalten werden. Anzumerken allerdings, dass diese und vergleichbare Begrifflichkeiten in der steuerwissenschaftlichen Literatur vielfach für verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten verwendet werden457 und somit keinesfalls als einheitliche Terminologie aufgefasst werden können. a) Ausgestaltung als eigene kommunale Steuer Die schwerwiegendsten finanzverfassungsrechtlichen Komplikationen bringt, wie zu vermuten steht, die Ausgestaltungsvariante als eigenständige kommunale Einkommensteuer mit sich. Diese sollen nachfolgend untersucht werden. aa) Ertragshoheit einer neuen Steuer Fraglich ist bereits, ob es überhaupt möglich ist, eine weitere, vollkommen neue Steuer einzurichten, deren Ertragshoheit bei den Gemeinden liegt. Es ist grundsätzlich umstritten, ob die Art. 104a ff. GG auch inhaltliche Vorgaben für die Zusammensetzung des Steuersystems bzw. die inhaltliche Ausgestaltung einzelner Steuern enthalten.458 Jedenfalls abzulehnen sind Ansichten, nach der die bloße 455
BVerfGE 71, 26 (36). Siehe oben Kapitel 1, III. 5. b). 457 Siehe dazu exemplarisch oben Kapitel 1, III. 6. c) mit den Fn. 312 bis 317. 458 Siehe Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1088 ff., der den Streit über die Frage darstellt, ob der Bundesgesetzgeber eine neue, in den Art. 105 ff. GG nicht aufgeführte, Steuer einführen darf – etwa die vom Wiss. Beirat beim BMF 1982 vorgeschlagene Wertschöpfungssteuer (Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982) – ohne zuvor die Verfassung zu ändern. 456
II. Vorgaben der Finanzverfassung
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Nennung einer bestimmten Steuerart im Grundgesetz zu einer institutionellen Garantie der jewieligen Steuer oder zu einem direkten Bezug auf die jeweilige Steuer in ihrer konkreten Ausgestaltung führt; vielmehr ist die Terminologie des Grundgesetzes hier eher abstrakt zu verstehen.459 Relevant ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Frage, welche Aussagen die bisherige Finanzverfassung hinsichtlich der Ertragsberechtigung einer neuen Steuer macht. Nach einer Auslegung von Art. 106 GG ist die Ertragshoheit bei einer neuen Steuer derjenigen Ebene zuzuordnen, welche auch die Ertrags hoheit über Steuern aus einer ähnlichen „Gruppe“ hat, also etwa anderer Steuern vom Einkommen; die herrschende Lehre hingegen stellt auf die Ebene ab, die die Ertragshoheit über gleichartige Steuern, also solche, die dieselbe Quelle wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ausschöpfen460, inne hat.461 Falls also eine neue, eigene kommunale Steuer, die an das Einkommen der Wohnbevölkerung anknüpft, eingerichtet werden soll, stünde das Aufkommen dieser Steuer nach beiden Ansichten entsprechend der bisherigen Rechtslage ebenfalls dem Bund, den Ländern und den Gemeinden gemeinschaftlich zu, Art. 106 Abs. 3, 5 GG. Das gewünschte Ergebnis, dass den Kommunen das Aufkommen aus dieser Steuer allein zusteht, könnte also nur durch eine Verfassungsänderung herbeigeführt werden. Bei einer Ausgestaltung der kommunalen Steuer als Kopfsteuer – also bei einem einheitlichen Steuertarif unabhängig vom Einkommen des Steuerpflichtigen462 – erscheint jedoch fraglich, ob eine Gleichartigkeit zur Einkommensteuer oder eine Zuordnung zur „Gruppe der Steuern vom Einkommen“ überhaupt möglich ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dies etwa für die bzgl. des Tarifs an den Wohnraum und die Mietaufwendungen anknüpfende Einwohnersteuer der Gemeinden im ehemaligen Bundesland Württemberg-Hohenzollern verneint.463 In solchen Fällen stünde, so die herrschende Meinung, die Ertragshoheit dann bei den Ländern – wenn die neue Steuer auf Landesrecht beruhe; wenn sie auf Bundesrecht beruhe, müsste die Ertragshoheit nach einer Ansicht verfassungsrechtlich durch eine Ergänzung von Art. 106 GG, nach anderer Ansicht einfachgesetzlich geregelt werden.464 Diese Frage stellt sich für diese Untersuchung jedoch ohnehin nur 459
Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 19. Zu dieser Definition der „gleichartigen Steuer“ siehe BVerfGE 13, S. 181 (193). Vgl. auch BVerfGE 7, S. 244 (260). Ebenso Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 105 Rn. 43. 461 Zur Darstellung dieses Meinungsstreites Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 20. 462 Dazu nur Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 183. 463 BVerfGE 16, S. 64 (73). Steuerpflichtige dieser Einwohnersteuer waren grds. alle Per sonen über 18 Jahren, die selbstständig auf eigene Rechnung leben und nicht nur vorübergehend in der Gemeinde Wohnraum in Anspruch nehmen (§§ 1, 2 Abs. 1 der Rechtsanordnung über die Erhebung einer Einwohnersteuer (Einwohnersteuerordnung) v. 11.10.1946, Abl. 1946, S. 261). Die Höhe der Steuer richtete sich – bei einem Hebesatzrecht der Gemeinde – gem. § 5 EStO nach dem Mietaufwand. Vgl. zur Zulässigkeit der Erhebung einer solchen Einwohnersteuer ausführlich Haury, StuW 1979, S. 51 ff. 464 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 20. 460
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
am Rande: Explizit geht es in der vorliegenden Arbeit nur um Steuern, die – unabhängig von der Ausgestaltung – an das Einkommen anknüpfen, sodass eine Kopfsteuer nur der Vollständigkeit halber beleuchtet werden soll. bb) Gesetzgebungskompetenz und generelle Zulässigkeit einer neuen Steuer Es ergibt sich jedoch die zentrale Frage, inwieweit eine neue, in Art. 106 GG nicht ausdrücklich aufgeführte Steuer, die an ein bereits von einer anderen, höheren Ebene in Anspruch genommenes Steuerobjekt – in diesem Fall das Einkommen – anknüpft, überhaupt zulässig ist. Das Bundesverfassungsgericht führt dazu aus: „Das Einkommensteuergesetz ist eine abschließende Inanspruchnahme des Gesetzgebungsgegenstandes ‚Steuern vom Einkommen‘ durch den Bund, weil im Bereich der Steuergesetzgebung die Inanspruchnahme eines Steuergegenstandes durch den Bund im Sinne des Art. 72 Abs. 1 GG grundsätzlich eine erschöpfende Regelung bedeutet (vgl. BVerfGE 7, S. 244 (258 f.)). Die Länder können deshalb die Steuerquelle ‚Einkommen‘ auch nicht in der Weise beanspruchen, daß sie Einkunftsarten besteuern, die von der Einkommensteuer nicht herangezogen werden.“465 Dies bedeutet jedenfalls für die Gesetzgebungskompetenz, dass es den Ländern nicht zusteht, für den Bereich der Einkommensbesteuerung eine weitere Steuer einzurichten. Fraglich ist jedoch, ob es dem Bund möglich wäre, den Gemeinden zu gestatten, neben der bestehenden Einkommensteuer – in einem gewissen bundesgesetzlich festgelegten Rahmen, der von der einzelnen Kommune durch Steuersatzungen ausgefüllt werden kann – eine eigene kommunale Steuer, die in irgendeiner Form an das Einkommen anknüpft, zu erheben. Dafür spricht, dass mit der Gewerbesteuer bereits eine bundesgesetzlich geregelte und den Gemeinden zustehende Steuer besteht, die elementar an eine Einkommensart anknüpft. Allerdings ist zu beachten, dass Objekt der Gewerbesteuer als Realsteuer eben nicht die Einkünfte, sondern die Innehabung der wirtschaftlichen Leistungskraft eines Gewerbebetriebes ist. Doch auch abseits dieses Argumentes spricht vieles dafür, dass es dem Bund möglich sein muss, auch eine weitere – kommunale – Einkommensteuer einzurichten: Als Inhaber der Gesetzgebungskompetenz über Steuern vom Einkommen kann der Bundesgesetzgeber den Gegenstand der Einkommensteuer innerhalb der verfassungsrechtlichen Schranken frei regeln. Danach regelt Art. 106 Abs. 3 S. 1 GG nur das – zuvor erörterte – Ertragsverhältnis an der Einkommensteuer. Im Weiteren steht dem Bund mangels entsprechender Einschränkungen die Gesetzgebungskompetenz über Steuern vom Einkommen gem. Art. 105 Abs. 2, 1. Alt. i. V. m. Art. 106 Abs. 3 S. 1 GG frei zu.
465
BVerfGE 16, S. 64 (74). Ähnlich Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 105 Rn. 42a.
II. Vorgaben der Finanzverfassung
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cc) Ergebnis Die Ausgestaltungsvariante des kommunalen Einkommensteuerzugangs als eigenständige Steuer würde somit in jedem Fall aufgrund des Erfordernisses der Neuregelung der Ertragskompetenzen für diese Steuer eine Verfassungsänderung in Art. 106 GG erfordern, wenn die Ertragskompetenz dieser neuen Steuer alleinig oder weitgehend den Gemeinden zustehen soll. Auch müsste zumindest der Rahmen dieser Steuer bundesgesetzlich geregelt sein, da der Bund mit der Einkommensteuer bereits die Materie der Besteuerung des Einkommens erschöpfend im Sinne des Art. 72 Abs. 1 GG geregelt hat und somit keiner anderen Ebene die Kompetenz zukommen kann, hier ergänzende Regelungen zu treffen. b) Ausgestaltung als kommunales Hebesatzrecht Anders als bei einer Ausgestaltung als eigenständige kommunale Steuer würde die Aktivierung des Hebesatzrechtes nichts daran ändern, dass die Einkommensteuer vollumfänglich eine staatliche Steuer als Gemeinschaftssteuer von Bund, Ländern und Gemeinden bleibt.466 aa) Ertragshoheit bei einer Ausgestaltung als Hebesatzrecht An der Ertragshoheit von Bund, Ländern und Gemeinden gem. Art. 106 Abs. 3 S. 1, Abs. 5 GG würde sich entsprechend nichts ändern. Der Anteil, für den die Gemeinden ein Hebesatzrecht haben, stünde aber entsprechend der Vorschrift des Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG vollumfänglich den Gemeinden zu. bb) Gesetzgebungshoheit und generelle Zulässigkeit eines Hebesatzrechtes Die Gesetzgebungshoheit würde ebenso gem. Art. 105 Abs. 2, 1. Alt. i. V. m. Art. 106 Abs. 3 S. 1 GG für die Einkommensteuer weiterhin beim Bund stehen, insbesondere auch gem. Art. 106 Abs. 5 S. 2, 3 GG für die Regelungen um die Verteilung und das – zulässige – Hebesatzrecht beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer.
466
Heun, in: Dreier, Grundgesetz, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 106 Rn. 33.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
cc) Rechtliche Klassifikation des Hebesatzrechtes des Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG Es stellt sich jedoch die entscheidende Frage, welche steuertechnischen Aus gestaltungen von der Formulierung „daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen“ im Wortlaut von Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG gedeckt sind. Diese Formulierung ist mehr als doppeldeutig.467 Es ist schon im Grundsatz fraglich, was die Finanzverfassung unter einem Hebesatzrecht versteht – und wie weit dementsprechend der Gestaltungsspielraum des Bundesgesetzgebers nach der Vorschrift des Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG ist. Hebesätze sind – abstrakt betrachtet – Größen, die auf nach gesetzlichen Vorschriften zu ermittelnde Steuermessbeträge angewendet werden, um die Steuerschuld zu bestimmen.468 Sie entsprechen damit als letztes Element der Berechnung der konkreten Steuer – nach Steuersubjekt, Steuerobjekt, Bemessungsgrundlage und Steuereinheit – faktisch dem Steuersatz.469 Fraglich ist jedoch, wie Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG in diesem Kontext auszulegen ist. Dem Wortlaut folgend ist der „Gemeindeanteil“, auf den Sicht das Hebesatzrecht bezieht, der Anteil der einzelnen Gemeinde am Einkommensteueraufkommen. Dass die Gemeinden dieses Aufkommen unmittelbar für ihren Bereich durch einen Hebesatz ändern können, ist nicht möglich – schließlich soll der Hebesatz die Steuerlast des einzelnen Steuerpflichtigen und nicht unmittelbar das Aufkommen beeinflussen.470 Eine solche Auslegung scheidet mithin aus. Ebenso kann die Vorschrift nicht so ausgelegt werden, dass die Gemeinden durch ein Hebesatzrecht die gesamte Einkommensteuer für ihren Bereich erhöhen oder verringern können.471 Entsprechend bleibt nur, das Hebesatzrecht auf den – nach den bisherigen Verteilungsmechanismen des Gemeindefinanzreformgesetzes fiktiven – Anteil der Einkommensteuer des einzelnen Steuerpflichtigen zu beziehen, der an seine Gemeinde fließt. Auch hier sind jedoch verschiedene Auslegungen denkbar: Eine enge Auslegung würde bedeuten, dass ein Hebesatzrecht im Sinne dieser Vorschrift die Kommunen ausschließlich dazu ermächtigen würde, die Höhe der individuellen Steuerschuld für den Gemeindeanteil zu erhöhen oder zu ver
467
Dazu bereits kritisch Meyer, DÖV 1969, S. 261 (265 f.). Siekmann, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 106 Rn. 44; Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1044; Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 192. − Siehe zur Terminologie „Hebesatz“ in dieser Arbeit auch Kapitel 1, III. 5. b) bb) mit Fn. 273. 469 So Schnorr, Das Hebesatzrecht der Gemeinden, 1973, S. 10 ff. 470 So bereits Meyer, DÖV 1969, S. 261 (265 f.) sowie Pagenkopf, Der Finanzausgleich im Bundesstaat, 1981, S. 269, der den Überweisungsanteil der Gemeinde als „nicht gestaltungsfähig“ qualifiziert. 471 Meyer, DÖV 1969, S. 261 (266). 468
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ringern.472 Das hieße, dass auf Ebene der für den einzelnen Steuerpflichtigen festgesetzten und schließlich gezahlten Einkommensteuerschuld zunächst der Gemeindeanteil ermittelt wird, anschließend die Gemeinden ihren so ermittelten Anteil für ihren Bereich erhöhen oder mindern können. Der Steuermessbetrag für den kommunalen Anteil, auf den dann der jeweilige von der Gemeinde festgelegte Hebesatz angewendet wird, wäre also zwingend der Gemeindeanteil der individuellen tariflichen Einkommensteuer. Damit würde es sich nicht um ein Hebesatzrecht im eigentlichen Sinne, sondern faktisch (lediglich) um einen prozentualen Steuerzu- oder Steuerabschlag auf den nach Art. 106 Abs. 5 S. 1 i. V. m. dem Gemeindefinanzreformgesetz festgesetzten Gemeindeanteil handeln.473 Hingegen könnte der Wortlaut von Art. 106 Abs. 5 GG auch weiter ausgelegt werden, sodass diese Norm dem Bundesgesetzgeber die verfassungsrechtliche Befugnis einräumt, die Regelungen um den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer weitgehend frei auszugestalten.474 Zentrale Aussage wäre danach, dass die Gemeinden einen Anteil am Einkommensteueraufkommen erhalten müssen, der einen Bezug zur Einkommensteuerleistung der Gemeindeeinwohner hat. Das würde bedeuten, dass die Aufteilung zwischen dem Bund-/Länder- und dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer nicht zwingend erst auf Grundlage der festgesetzten und gezahlten Steuer geschehen muss, sondern das etwa bereits beim Steuersatz zwischen einem „staatlichen“ und einem „kommunalen“ Steuer- bzw. Hebesatz unterschieden werden kann. Ein Hebesatzrecht der Gemeinden müsste somit nicht zwingend in Form eines Zu- oder Abschlages an die Steuerschuld anknüpfen, sondern könnte – je nach Ermittlung des Gemeindeanteils – sich auch auf andere Größen, etwa das zu versteuernde Einkommen, beziehen. (1) Enge wörtliche Auslegung Für die erste Ansicht könnte der Wortlaut des Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG sprechen, in dem von einem „Hebesatzrecht für den Gemeindeanteil“ die Rede ist. Dies kann als Verweis auf den nach Satz 1 von Art. 106 Abs. 5 GG den Gemeinden zustehenden Anteil am Aufkommen aus der Einkommensteuer verstanden werden. Eine Ansicht geht daher davon aus, dass durch das Hebesatzrecht lediglich der kommunale Anteil der tariflichen Steuerschuld, der anknüpfend an das 472 So formulieren etwa Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Grundgesetz, 12. Aufl. 2011, Art. 106 Rn. 35; Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 86; Schnorr, Das Hebesatzrecht der Gemeinden, 1972, S. 175 ff. 473 Vgl. zur Abgrenzung zwischen Hebesatzrecht und Steuerzuschlag bereits die Ausführungen in Kapitel 1, III.5.b)cc) sowie Schnorr, Das Hebesatzrecht der Gemeinden, 1972, S. 175 ff., der dieser engen Ansicht folgt. 474 So etwa Jachmann, StuW 2006, S. 115 (120); Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1045 f., der Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG als Alternative zur vorherigen Festsetzung des Gemeindeanteils aus dem Steueraufkommen nach Art. 106 Abs. 5 S. 1 GG betrachtet; Rosenschon, Gemeindefinanzsystem und Selbstverwaltungsgarantie, 1980, S. 79.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
Einkommensteueraufkommen der jeweiligen Gemeinde und damit der gezahlten Einkommensteuer ermittelt wird, durch Zu- oder Abschläge erhöht oder gemindert würde.475 Diese Auffassung übersieht jedoch Satz 2 von Art. 106 Abs. 5 GG, nach dem die Ermittlung des Gemeindeanteils durch einfaches Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt wird. Die jetzigen Vorschriften zur Bestimmung und Verteilung des Gemeindeanteils im Gemeindefinanzreformgesetz476 sind weitgehend durch andere Regelungen ersetzbar und müssen sich eben nur nach den Vorgaben des Art. 106 Abs. 5 GG richten – nicht andersherum. Gleiches gilt für die Regelungen des Einkommensteuergesetzes, die ebenfalls durch den Bundesgesetzgeber frei geändert werden könnten – auch was die Bemessungsgrundlage eines kommunalen Hebesatzrechtes bei der Einkommensteuer betrifft. (2) Systematische Auslegung Allerdings könnte die Differenzierung zwischen einem Hebesatz- und einem Zuschlagsrecht Anhaltspunkte dafür geben, dass es sich bei Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG nur um einen Zuschlag handeln kann: Wie bereits ausgeführt, ist ein Steuerzuschlag dadurch gekennzeichnet, dass er auf eine bereits bestehende, von anderer Ebene auszuschöpfende, erhobene und festgesetzte Steuer angewendet wird. Dies, so wird argumentiert, sei bei der Einkommensteuer der Fall.477 Damit könnte es sich auch hier lediglich um einen Zuschlag handeln. Dagegen spricht jedoch bereits der Wortlaut des Art. 106 Abs. 5 S. 3, der eindeutig von einem Hebesatz und eben nicht von einem Zuschlag spricht. Die Bezeichnung Hebesatz wird ebenfalls in Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG im Zusammenhang mit der Grund- und der Gewerbesteuer verwendet. Bei diesen Steuern verhält es sich wie folgt: Bei der Gewerbesteuer wird etwa ein bundeseinheitlich nach den §§ 7–11 GewStG auf Grundlage des Gewerbeertrages ermittelter Steuermess betrag gem. § 14 GewStG festgesetzt; auf diesen wird der von der Gemeinde bestimmte Hebesatz angewendet, um die individuelle Höhe der Steuer zu ermitteln und festzusetzen, § 16 Abs. 1 GewStG. Gem. § 16 Abs. 4 S. 2 GewStG beträgt der Hebesatz mindestens 200 %, im Übrigen kann er von der Gemeinde autonom festgesetzt werden.478 Bei der Grundsteuer ist es ähnlich: Aus dem nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes bestimmten Wert des Grundstückes ist gem. § 13 GrStG ein Steuermessbetrag zu ermitteln, auf den gem. § 25 GrStG ein von 475 So Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 141 ff. 476 Dazu ausführlich oben Kapitel 1, III. 3. c). 477 So Schnorr, Das Hebesatzrecht der Gemeinden, 1972, S. 175 ff. 478 Zur Verfassungsmäßigkeit eines solchen Mindesthebesatzes BVerfGE 125, S. 141 ff. Demnach stehen Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG sowie Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG einer Beschränkbarkeit des kommunalen Hebesatzrechts nicht entgegen.
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der Gemeinde zu bestimmender Hebesatz angewendet wird. Rahmenvorschriften zur Festlegung der Hebesätze kann hier gem. § 26 GrStG der Landesgesetzgeber erlassen. Bei der Grund- und der Gewerbesteuer ist somit entsprechend der obigen Definition unter einem Hebesatzrecht die generelle Befugnis der Gemeinde zu ver stehen, die Höhe der Steuer auf der Basis des nach bundes- oder landesrechtlichen Regelungen einheitlich ermittelten Bemessungsgrundlage für einen ihren Bereich zu bestimmen. Eine Hebesatzrecht ist damit nichts anderes, als die Befugnis, das letzte Glied in der Kette der Steuerberechnung, also einen Steuersetz festzulegen – allein mit dem besonderen Merkmal, dass bei einem Hebesatzrecht die Berechnung der Bemessungsgrundlage nach gebietsübergreifenden Vorschriften geschieht, während einzelne regionale Einheiten – etwa Gemeinden – nur den Satz für ihren Bereich selbst festlegen können. Allein schon, weil nicht angenommen werden kann, dass der Verfassungs gesetzgeber den Begriff Hebesatz innerhalb ein und der selben Norm mit verschiedenen Bedeutungen belegt, muss es sich beim Hebesatz bei der Einkommensteuer ähnlich verhalten. Freilich besteht der Unterschied zur Gewerbe- und zur Grundsteuer darin, dass die Einkommensteuer keine reine Gemeindesteuer ist.479 Allerdings haben diese drei Steuern gemeinsam, dass die Steuerhoheit, also die Gesetzgebungskompetenz, gem. Art. 105 Abs. 2 GG beim Bund liegt. Ebenso haben die Gemeinden bei allen drei Steuern eine eigene Steuerertragshoheit.480 Es gibt daher keine deutlichen Anhaltspunkte, dass der Verfassungsgesetzgeber unter einem Hebesatzrecht bei der Grund- und der Gewerbesteuer ein Hebesatzrecht nach der obigen Definition versteht, während er mit dem Hebesatzrecht für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer lediglich eine Befugnis zu Steuerzu- bzw. Steuerabschlägen meint. (3) Historische Auslegung Auch die Begründung zum Regierungsentwurf des Finanzreformgesetzes versteht unter einem Hebesatzrecht bei der Einkommensteuer, dass die Gemeinden die Möglichkeit haben, „den Tarif für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer ihrer Einwohner in gesetzlichen Grenzen nach oben oder unten zu ver ändern. Die Einkommensteuer kann insoweit für Rechnung der jeweiligen Ge-
479 So der Einwand von Schmidt, Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 31, der von einem „Hebesatzrecht nur in ganz engen Grenzen“ spricht und das damit begründet, dass es sich beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer nur um eine Steuerbeteiligung und eben nicht eine eigene Gemeindesteuer handele. Die sich daraus ergebenden Probleme für ein Hebesatzrecht konkretisiert er dabei jedoch nicht. 480 Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 77. Für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer siehe ausführlich oben Kapitel 1, III. 4.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
meinde geändert werden“.481 Dieser Wortlaut deckt sich mit obiger Definition, könnte gar auf eine noch weitergehende Interpretation schließen lassen. Als Steuertarif definiert man die Summe der Vorschriften, in denen der Gesetzgeber über die Steuerlast entscheidet.482 So wird etwa zwischen proportionalen und progressiven Tarifen unterschieden. Die Rechengröße, die der Bemessungsgrundlage den Steuerbetrag zuordnet, ist hingegen der Steuersatz.483 Die Kompetenz der Kommune zur Änderung des Steuertarifes im Rahmen des kommunalen Hebesatzrechtes würde demnach gar die Befugnis der Kommunen umfassen, noch weitergehend als durch die reine Festlegung des Hebesatzes die Höhe des Gemeindeanteils zu bestimmen. Davon ist jedoch allein schon aus Praktikabilitätsgesichtspunkten nicht auszugehen. Festzuhalten bleibt damit aber jedenfalls, dass auch die Gesetzesbegründung keinerlei Anhaltspunkte dafür bietet, dass sich das Hebesatzrecht des Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG in Form eines Zu- bzw. Abschlages zwingend auf die Steuerschuld beziehen muss. (4) Stellungnahme Die Vorschrift des Art. 106 Abs. 3, Abs. 5 GG kann in ihrer Kernaussage nicht über den Gehalt hinaus interpretiert werden, dass das Aufkommen der Einkommensteuer dem Bund, den Ländern und den Gemeinden gemeinschaftlich zusteht, wobei den Gemeinden für ihren Anteil – der Ihnen von den Ländern auf Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiter zu leiten ist – einfachgesetzlich ein Hebesatzrecht eingeräumt werden kann. Alle weiteren Regelungen – von der konkreten Ausgestaltung der Einkommensteuer, ihrer Verwaltung und ihrer Verteilung – sind einfachgesetzlich, insbesondere im Einkommensteuergesetz sowie für die Ermittlung und Verteilung des Gemeindeanteils im Gemeindefinanzreformgesetz, zu regeln. So lange er sich im Rahmen der Vorgaben des Art. 106 GG bewegt, kann der Bundesgesetzgeber somit die Ausgestaltung des Hebesatzrechtes frei festlegen. Eine Grenze wäre wohl erst dann erreicht, wenn die Einkommensteuer nicht mehr als einheitliche Steuer und Gemeinschaftssteuer angesehen werden könnte.484 Dem Wortlaut der Vorschrift des Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG kann entsprechend – auch vor dem Hintergrund des Vergleiches mit der Gewerbe- und der Grundsteuer sowie der Gesetzesbegründung in der Finanzreform – keine enge Auslegung des Begriffes „Hebesatzrecht“ entnommen werden. Im Gegenteil gibt die Norm dem Bundesgesetzgeber die Freiheit, das Hebesatzrecht der Gemeinden auch bei der 481 So die Gesetzesbegründung zum Finanzreformgesetz im Gesetzesentwurf der Bundes regierung, BT-Drucks. 5/2861, Rn. 338. 482 Lang, in: Tipke/ders., Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 9 Rn. 43. 483 Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 105. 484 Siehe bereits die Einführung zu diesem Abschnitt unter Verweis auf Heun, in: Dreier, Grundgesetz, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 106 Rn. 33.
II. Vorgaben der Finanzverfassung
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Einkommensteuer ebenso wie die Ermittlung und Verteilung des Gemeindeanteils weitgehend frei auszugestalten: Ein Hebesatzrecht beschränkt sich also nicht lediglich darauf, dass die Steuerschuld, die sich auf den Gemeindeanteil bezieht, gegenüber dem Steuerpflichtigen durch prozentuale Zu- oder Abschläge erhöht bzw. gemindert werden kann. Vielmehr kann der Steuermessbetrag für den Gemeindeanteil bei der Einkommensteuer auch etwa am Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG), am Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG) oder zu versteuernden Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG) anknüpfen.485 Der Ratio eines Hebesatzrechtes entsprechend ist es lediglich erforderlich, dass die Ermittlung des Steuermessbetrages einheitlich zu regeln wäre und somit nicht von der Gemeinde bestimmt werden kann, die Kommunen aber eben selbst festlegen können, wie hoch auf Basis dieses einheitlich zu ermittelnden Messbetrages schließlich die festzusetzende Steuer ist. Somit ist der Wortlaut von Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG – „Hebesatzrecht für den Gemeindeanteil“ – in einem weiteren Sinne dahingehend aufzufassen, dass die Option eröffnet wird, nicht lediglich die individuelle Steuerschuld, die sich auf den Gemeindeanteil bezieht, von den Kommunen durch einen Zu- oder Abschlag modifizieren zu können, sondern dass es ebenso möglich ist, den Steuermessbetrag des Gemeindeanteils auch weitergehend an andere Größen im Bereich Einkommensteuer anknüpfend zu gestalten. Die Finanzverfassung steht damit einem als Hebesatzrecht ausgestalteten kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung nicht im Wege. Vielmehr bietet sie in Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG die verfassungsrechtliche Grundlage für eine „kommunale Einkommensteuer“, durch die der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer weiterentwickelt wird – ohne freilich den Grad einer eigenständigen Steuer zu erreichen. c) Ausgestaltung als kommunaler Zuschlag Nach vorgehender Untersuchung und den Ausführungen in Kapitel 1, III. 5. b) cc) ist davon auszugehen, dass auch die Ausgestaltungsform eines kommunalen Zuschlages auf die Einkommensteuerschuld als „Minus“ zu einem Hebesatzrecht von der Formulierung des Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG umfasst ist. Ertrags- und Gesetzgebungskompetenz entsprechen somit ebenso den vorgehenden Ausführungen: Die Ertragshoheit der Einkommensteuer läge gem. Art. 106 Abs. 3 S. 1, Abs. 5 GG bei Bund, Ländern und Gemeinden. Der kommunale Zuschlag stünde als „Minus“ gem. Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG vollumfänglich den Gemeinden zu. Die Gesetzgebungshoheit würde gem. Art. 105 Abs. 2, 1. Alt. i. V. m. Art. 106 Abs. 3 S. 1 GG für die Einkommensteuer weiterhin beim Bund liegen, insbesondere auch gem. Art. 106 Abs. 5 S. 2, 3 GG für die Regelungen um die Verteilung und das Hebesatz- bzw. Zuschlagsrecht beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer.
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So im Ergebnis auch Jachmann, StuW 2006, S. 115 (120).
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
3. Bewertung einer „kommunalen Einkommensteuer“ vor dem Hintergrund des Finanzausgleichssystems in Art. 106 GG Das Grundgesetz hat sich in der Finanzverfassung bei der Verteilung der Einnahmen und der Zuweisung von Steuerquellen für das Mischsystem entschieden, eine Kombination aus der gesonderten Zuweisung einzelner Steuern an jeweils eine Ebene (vgl. Art. 106 Abs. 1 (Bund), Abs. 2 (Länder) und Abs. 6 (Gemeinden) GG) und der gemeinsamen Steuerertragsberechtigung mehrerer Ebenen bei den sogenannten Gemeinschaftssteuern (vgl. Art. 106 Abs. 3, 5, 5a GG) im Steuerverbund. Hintergrund ist die Herausforderung zwischen der Gewährleistung gleichmäßiger, wenig schwankender Steuereinnahmen einerseits und einer bedarfsgerechten Allokation und einer der Wirtschaftskraft der jeweiligen Gebietskörperschaft entsprechenden Verteilung andererseits.486 Diese regelmäßige Anpassung und das Austarieren der einfachgesetzlichen Verteilungsvorschriften stellen dabei den Bundesgesetzgeber stets vor große politische Herausforderungen. Neben der erforderlichen Zustimmung des Bundesrates (vgl. Art. 105 Abs. 3 GG) reden auch die kommunalen Spitzenverbände – wenngleich nicht rechtlich, so doch politisch – ein gewichtiges Wort mit. Vor diesem Hintergrund könnte ein eigener kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung die stetigen, aus dieser finanzverfassungsrechtlichen Grund entscheidung resultierenden politischen Verteilungskämpfe im Steuerverbund entschärfen. Wenn die Gemeinden selbst über die Höhe der steuerlichen Belastung ihrer Gemeindebevölkerung im Hinblick auf den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer entscheiden und sie somit auch eigenverantwortlich die Höhe ihrer Einnahmen aus der Einkommensteuer festlegen, entfallen Verteilungsdebatten zwischen den Gebietskörperschaften aufgrund des regelmäßigen Anpassungserfordernisses der Finanzausgleichsregelungen für den Bereich der Einkommensteuer weitgehend. Es erscheint als vorstechende Kombination aus Elementen des Verbund- und des Trennsystems, wenn im Bereich der Einkommensteuer den Gemeinden zwar eine eigene Steuerertragsberechtigung eines konkreten Anteils an der Gemeinschaftssteuer, die im Steuerverbund verteilt wird, zukommt, sie aber andererseits eigenverantwortlich die absolute Höhe dieses Anteils entsprechend ihrer Bedürfnisse und ihrer politischen Grundentscheidungen der Selbstverwaltung bestimmen können. Auch der bereits mehrfach in dieser Untersuchung angesprochene Konflikt zwischen der Ertragshoheit, die für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer bei den Gemeinden liegt, und der Steuerhoheit, die für die Einkommensteuer beim Bund liegt, was zu einer faktischen Zuweisung des nach bundesgesetzlichen Vorschriften ermittelten Einkommensteueranteils führt, könnte auf diese Weise zwar nicht ausgeräumt, aber jedenfalls entspannt werden. 486
Siehe dazu auch bereits oben Kapitel 1, III. 4.
III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
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4. Fazit Es lässt sich somit festhalten, dass der Ordnungsrahmen der Finanzverfassung einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung zulässt, ihn aber nicht gebietet. Die Vorschrift des Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG, in der der Bundesgesetzgeber ermächtigt wird, ein kommunales Hebesatzrecht für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer einzuführen, kann weit ausgelegt werden, sodass verschiedene Formen und Anknüpfungspunkte des gemeindlichen Hebesatzrechtes auch ohne eine Änderung des Normtextes verfassungsrechtlich zulässig wären. Die Form einer eigenständigen kommunalen Steuer, die an Stelle des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer an das Einkommen anknüpfend erhoben wird, würde hingegen eine Verfassungsänderung erfordern, da die Ertragskompetenzen einer solchen zunächst durch den Verfassungsgesetzgeber neu geregelt werden müssten. Im Rahmen der weiteren theoretischen Überlegungen sollte dies nicht außer Betracht gelassen, aber nicht als hinderndes Kriterium gewertet werden. Weiterhin ergeben sich aus den Art. 104a ff. GG keine weiteren zwingenden Regelungen für die Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“. Es ist jedoch zu betonen, dass das Finanzausgleichssystem des Grundgesetzes durch die Einführung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung eine systematisch passende, seiner Ratio zuträgliche Modifikation erfahren würde.
III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz Nach welchen Prinzipien ist ein kommunales Steuersystem auszugestalten, damit es ökonomisch wie rechtlich „richtig“ funktioniert, damit es gerecht und gleichzeitig effizient ist?487 Der Leistungsfähigkeits- und der Äquivalenzgrundsatz geben als elementare Besteuerungsgrundsätze aus Sicht der Rechts- bzw. Finanzwissenschaft eine Antwort auf diese Fragen und damit Hinweise für die Rechtfertigung wie auch die Ausgestaltung von Steuern. Unbestritten sind diese Prinzipien unterschiedlich zu gewichten – nichtsdestotrotz spielen sie beide für kommunale Steuern eine Rolle. Es ist somit zu untersuchen, welche Anwendung diese Grundsätze im Bereich der kommunalen Steuern einerseits, der Einkommensteuer andererseits finden und welche Aussagen sie für die „richtige“ Ausgestaltung von Steuern machen. Im Folgenden sollen daher zunächst das Leistungsfähigkeits- und das Äquivalenzprinzip sowie ihre grundsätzliche Bedeutung für kommunale Steuern, ebenso wie ihre wechselseitige Wirkung und ihr Verhältnis erläutert werden. Daran anschließend werden sie konkret im Hinblick auf einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung untersucht. 487
Zur Frage nach den grundlegenden Ausgestaltungsprinzipien von Steuern vgl. Birk, Steuer recht, 14. Aufl. 2011, Rn. 10, 26 mit Verweis auf Smith, Wohlstand der Nationen, 5. Aufl. 1789, Neudruck 1978, S. 703 f., der die Grundsätze der Steuergleichheit, der Bestimmtheit des Steueranspruchs, der Bequemlichkeit und der Effizienz der Steuererhebung aufführt.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
1. Konkurrenz zweier Grundsätze? a) Leistungsfähigkeit als unumstößliches Grundprinzip der Besteuerung Das Leistungsfähigkeitsprinzip, Ausfluss des allgemeinen Gleichheitssatzes, Art. 3 Abs. 1 GG, fordert, dass jeder nach Maßgabe seiner individuellen ökonomischen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung staatlicher Leistungen beitragen soll.488 Das bedeutet, dass vor allem die Frage, welchen Beitrag der Einzelne zur Finanzierung des Gemeinwesens zu leisten vermag, für seine steuerliche Inanspruchnahme heranzuziehen ist.489 Der Leistungsfähigkeitsgrundsatz ist damit heute elementarer Maßstab und zentrales allgemeines Prinzip für die Steuererhebung in Deutschland, gleichzeitig auch wichtigste Grundlage für die Rechtfertigung und die gleichheitsrechtliche Beurteilung einer Steuer.490 Insbesondere im Bereich der Ertragssteuern, so vor allem bei der Einkommensbesteuerung, findet er als Kernprinzip Anwendung.491 b) Das Äquivalenzprinzip als alternativer Rechtfertigungsansatz? Dem Äquivalenzprinzip liegt demgegenüber der Gedanke zugrunde, dass der Nutzer staatlicher Einrichtungen und staatlicher Infrastruktur auch für ihre Kosten aufzukommen – bzw. andersherum den erlangten Vorteil teilweise wieder zu 488 Erstmals wurde dieser Grundsatz bereits 1848 von Mill formuliert: „Wenn jemand weniger als seinen angemessenen Anteil an den Lasten trägt, müssen andere mehr als ihren Anteil beisteuern, und die Erleichterung des einen ist unter gleichen Verhältnissen für diesen nicht ein so großer Vorteil, wie der vermehrte Druck auf die anderen ein Übel ist. Gleichmäßigkeit der Besteuerung als steuerpolitischer Grundsatz bedeutet daher Gleichmäßigkeit der Opfer.“ (Mill, Principles of Political Economy with Some of their Applications to Social Philosopy, 1848 (Deutsche Ausgabe Jena 1921–1924), Buch V, S. 468 – zitiert nach Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 184.) − Siehe ferner BVerfGE 66, S. 214 (223); 82, S. 60 (86); Lang, in: Tipke/ders., Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 4 Rn. 81; Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 188. Die Besteuerungsgleichheit hat in jedem Fall Priorität. Eine Ungleichbehandlung des vom Steuereingriff betroffenen Bürgers kann nicht durch die Notwendigkeit einer gerechten Verteilung des Steueraufkommens zwischen den einzelnen Steuergläubigern gerechtfertigt werden, vgl. Hey, StuW 2002, S. 314 (317). 489 So bereits von Miquel, der ausführt, dass die Steuer ein „unmittelbar aus der Staats angehörigkeit zu begründender Beitrag zu dem staatlichen Finanzbedarfe“ sei und „deshalb ausschließlich die Leistungsfähigkeit des Einzelnen zur Grundlage der Steuerbemessung“ zu machen sei, da „der gegenwärtig fast allseitig anerkannte Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit dem Begriffe und Wesen des Staates am meisten entspricht“ (Denkschrift vom 2. November 1892 zu den dem preussischen Landtage vorgelegten Entwürfen der Steuerreformgesetze, in: Finanzarchiv 1893, Bd. 1, S. 296 ff. (306)). 490 Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, 2001, S. 19 ff. m. w. N. aus der Finanzwissenschaft und der Rechtswissenschaft. 491 Lang, in: Tipke/ders., Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 9 Rn. 1; Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 14 m. w. N.
III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
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rück zu gewähren – hat.492 Über den Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens soll demnach also nicht die Leistungsfähigkeit des Einzelnen, sondern – entsprechend einer marktwirtschaftlichen Logik – der Nutzen, den er aus staatlichen Leistungen erlangt, bzw. die Kosten, die für die in Anspruch genommenen Leistungen entstehen, entscheiden.493 Die Ebenen der staatlichen Einnahmen und der staatlichen Ausgaben erführen auf diese Weise eine Verknüpfung, die derzeit nicht gegeben ist.494 Bei der Ausgestaltung der Einkommensbesteuerung spielt das Äquivalenzprinzip derzeit kaum eine Rolle.495 Einziges Kriterium für die Bemessung der Steuerlast ist – abgesehen von diversen Lenkungstatbeständen – die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Insbesondere im Bereich der kommunalen Steuern, aber auch darüber hinaus, wird jedoch diskutiert, neben dem Leistungsfähigkeitsprinzip auch das Äquivalenzprinzip zur Rechtfertigung und zur inhaltlichen Ausgestaltung einer Steuer heranzuziehen.496 c) Steuern und Äquivalenz – ein Widerspruch in sich? Bereits diese Gegenüberstellung verdeutlicht den grundlegenden Konflikt zwischen Leistungsfähigkeit und Äquivalenz: Es handelt sich um zwei vollkommen unterschiedliche, sich gar teilweise ausschließende Ansätze, die individuelle Steuerbelastung einerseits am persönlichen Nutzen bzw. den Kosten für die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen, andererseits an der persönlichen Leistungsfähigkeit anknüpfen zu lassen. Die Frage, welcher dieser Grundgedanken primäre Anwendung findet, musste somit zwingend beantwortet werden – und das deutsche Steuersystem hat eine im Grundsatz unmissverständliche Antwort formuliert: § 3 AO definiert Steuern als Geldleistungen, die keine Gegenleistung für eine 492 Zu möglichen Definitionen ausführlich Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staats finanzierung, 2001, S. 32 ff. 493 Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, 2001, S. 17 f.; Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 29. Das Äquivalenzprinzip wird daher auch als „Nutzenprinzip“ oder „benefit principle“ bezeichnet, vgl. Lang, in: Tipke/ders., Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 4 Rn. 86; ders., StuW 2011, S. 144 (146 f.); Hey, Vom Nutzen des Nutzenprinzips für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (134 ff.), die entsprechend zwischen „Kostenäquivalenz“ und „Nutzenäquivalenz“ differenziert. 494 Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, 2001, S. 17. 495 Zu aktuellen Tendenzen einer nutzentheoretischen Rechtfertigung der Einkommensteuer, die indes „gegenüber einer Rechtfertigung durch das Leistungsfähigkeitsprinzip kaum Mehrwert bringt und – zumindest was die konkrete Ausgestaltung eines stark progressiven Einkommensteuertarifs angeht – schnell an ihre Grenzen stößt“ Hey, Vom Nutzen des Nutzenprinzips für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (149 f.). 496 Statt vieler Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 32 ff.; Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, S. 153 ff.; Hey, StuW 2002, S. 314 (319 f.) m. w. N.; Jachmann, StuW 2006, S. 115 (116 f.) m. w. N.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
konkrete Leistung darstellen. Im Falle einer Steuerfinanzierung soll in der Regel also gerade keine direkte Zurechnung der kommunalen Leistung zu den Nutzern gegeben sein497 – dies entspräche vielmehr dem Spezifikum einer Staatsfinanzierung durch Gebühren oder Beiträge.498 Eine solche Zuordnung von Nutzung und Zahlung wäre aufgrund der fehlendenden Quantifizierbarkeit staatlicher Leistungen auch weitgehend nicht möglich.499 Eine individuelle Äquivalenz, also eine konkrete Beziehung zwischen Leistung und Gegenleistung, scheidet somit als Ansatzpunkt zur Rechtfertigung und Ausgestaltung auch einer kommunalen Steuer aus. Daraus wird deutlich, dass nur das Leistungsfähigkeitsprinzip als zentraler Maßstab für die Rechtfertigung und Ausgestaltung der individuellen Steuer belastung in Betracht kommt. Auch im Bereich der kommunalen Steuern ent faltet es dementsprechend grundlegende Wirkung – insbesondere wäre dies auch bei einer „kommunalen Einkommensteuer“ der Fall.500 Dies wäre auch verfassungsrechtlich geboten: Eine Steuer, die an das Einkommen anknüpft, hat sich in ihrer grundlegenden Ausgestaltung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu orientieren; andernfalls wäre sie nicht mit dem Grundsatz vertikaler Steuergerechtigkeit und somit nicht mit Art. 3 GG vereinbar.501 Grundsätzlich ist die Leistungsfähigkeit also stets zu beachten. Ob hingegen der Lastenausgleich, der über das Leistungsfähigkeitsprinzip vorgenommen wird, im Bereich der kommunalen Steuern ebenso vollumfänglich angesiedelt sein sollte, wie dies bei anderen Steuern der Fall ist, kann und soll jedoch hinterfragt werden.502 Das Äquivalenzprinzip ist daneben nicht vollständig auszublenden; es steht aber aus rechtlicher, finanzwissenschaftlicher und finanzpolitischer Perspektive im Schatten der Leistungsfähigkeit503 – wenngleich in der Steuerrechtslehre Ten 497 Andererseits lässt sich daraus – dem Äquivalenzprinzip folgend – jedoch der Grundsatz der Allgemeinheit von Steuern ableiten: Öffentliche Güter, die Allen gleichermaßen zur Verfügung stehen, sollten auch von der Allgemeinheit – über allgemeine Steuern – finanziert werden. So Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, 2001, S. 211. 498 Zu dieser Abgrenzung bereits oben Kapitel 1, I. 3. sowie II. 1. b) aa). Ebenso Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundes republik Deutschland, 1982, S. 32 f.: Eine individuelle Äquivalenz kann nur durch die Er hebung einer kostendeckenden Gebühr Ausdruck finden. Vgl. auch Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 24 f. Gebühren und Beiträge werden daher aus finanzwissenschaftlicher Sicht auch als die optimale Finanzierungsform insbesondere im kommunalen Bereich angesehen, vgl. nur Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 121 ff. 499 Siehe nur Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 30 ff.; Hey, Vom Nutzen des Nutzen prinzips für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (136 f.). 500 So auch Hey, StuW 2002, S. 314 (319). 501 Statt vieler BVerfGE 82, S. 60 (89) mit Verweis auf Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 165, 170. 502 So der Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 44 f. 503 Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, 2001, S. 23 m. w. N.
III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
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denzen erkennbar sind, dem Äquivalenzprinzip als Nutzenprinzip bei nahezu allen Steuerarten einen gewissen Stellenwert einzuräumen504. Eine individuelle Äquivalenz kann entsprechend der bisherigen Erörterung jedoch keinesfalls angenommen werden. Dennoch hat der Grundsatz der Äquivalenz insbesondere – wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung und auch hier nicht als Individualäquivalenz – bei den Gemeindesteuern seinen Platz.505 Bereits der „Vater des neuzeitlichen Gemeindesteuersystems“506, Johannes von Miquel, betonte: „Innerhalb der Kommunalverbände kann die Leistungsfähigkeit nicht den ausschliesslichen Maßstab der Besteuerung bilden. Er wird ergänzt werden müssen durch den Grundsatz der Leistung und Gegenleistung.“507 Dem folgend, sind die nachstehenden Überlegungen, äquivalenztheoretische Erwägungen – primär indes mit einem Ansatz über den Nutzen des Einzelnen, nicht über die Kosten der staatlichen Leistung – zur Rechtfertigung und zur Ausgestaltung einer kommunalen Steuer heranzuziehen, berechtigt. Sie müssen jedoch ihren Ausgangspunkt und ihre Grundlage bei der Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit haben. d) Äquivalenz als Ausgestaltungs- und Rechtfertigungsgrundsatz im weiteren Sinne: Der Gedanke des Interessenausgleichs Entsprechend ist die Frage zu diskutieren, inwieweit das Äquivalenzprinzip in einem weiteren Sinne bei den kommunalen Steuern wenn nicht an Stelle, so doch neben den Leistungsfähigkeitsgrundsatz treten kann.508
504
Siehe dazu Hey, Vom Nutzen des Nutzenprinzips für die Gestaltung der Steuerrechts ordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (134 f.), die in jüngerer Zeit einen „Vorstoß zugunsten des Nutzenprinzips“ – wenngleich auch „insgesamt vorsichtig formuliert“ – erkennt. Dies gelte insbesondere insofern, als dass dem Grundgedanken der Abschöpfung der Vorteile gegenüber dem Verständnis als Entgelt für die Kosten staatlicher Leistungen der Vorzug gegeben wird (ebd., S. 144). So sei bei diesem Verständnis als Nutzenprinzip kein unmittelbarer Widerspruch zu § 3 Abs. 1 AO gegeben. Ebenso Lang, Steuergerechtigkeit und Globalisierung, in: FS Schaumburg, 2009, S. 45 ff., der in der Definition des „equality“-Prinzips von Adam Smith – „Die Untertanen jeden Staates sollen Steuern im Verhältnis zum Einkommen zahlen, das sie unter dem Schutz des Staates genießen“ – eine „Vereinigung“ von Leistungsfähigkeitsund Nutzenprinzip sieht. 505 Siehe nur Hey, Vom Nutzen des Nutzenprinzips für die Gestaltung der Steuerrechts ordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (151 ff.). 506 So wörtlich Elsner, Das Gemeindefinanzsystem, 1979, S. 49. 507 Denkschrift vom 2. November 1892 zu den dem preussischen Landtage vorgelegten Entwürfen der Steuerreformgesetze, in: Finanzarchiv 1893, Bd. 1, S. 296 ff. (309). 508 Eine solche Untersuchung kann im Rahmen dieser Arbeit freilich nur in begrenztem Umfang und mit spezifischem Fokus geschehen.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
aa) Gruppenäquivalenz Etwa wird erwogen, nicht die individuelle Besteuerung des Einzelnen, sondern die Steuerlast verschiedener Gruppen als Maßstab für eine Äquivalenzbeziehung zu Grunde zu legen. Dies hieße konkret, dass gewerbliche Unternehmer über die Gewerbesteuer einen besonderen Ausgleich dafür zu leisten haben, dass sie besonders von bestimmten Infrastrukturleistungen einer Gemeinde profitieren; dass ebenso die Bürger einer Gemeinde, die von Leistungen der Daseinsvorsorge, wie Schwimmbädern, Bibliotheken, Grünanlagen, Nahverkehr und Kulturangeboten einen Nutzen haben, im Gegenzug über den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer einen besonderen Beitrag leisten.509 Die Gewerbesteuer wurde seit ihren Anfängen mit diesen Erwägungen begründet.510 Dies würde jedoch voraussetzen, dass es für die konkreten kommunalen Bedarfe – also etwa Infrastruktur für Gewerbe, kulturelle Einrichtungen, Sport stätten etc. – einigermaßen zuverlässige Indikatoren gibt, die einen Anknüpfungspunkt für eine kommunale Steuer bieten.511 Doch sind derartige Verknüpfungen zwischen öffentlichen Leistungen, die bestimmten Gruppen zugutekommen und der Steuerzahlung dieser Gruppe im Regelfall zu lose, um eine Gruppenäquivalenz anzunehmen. Vor allem steht einer solchen äquivalenztheoretischen Rechtfertigung aber wiederum die Definition der Steuer als Leistung, die nicht Gegenleistung für eine besondere Leistung ist (§ 3 Abs. 1 AO), entgegen: Steuern können als solche keine Äquivalenzbeziehung zwischen Zahlung und konkreter öffentlicher Leistung darstellen.512 Die Tatsache, dass die Einnahmen aus einer bestimmten Steuer jedoch nicht zwingend vollumfassend gruppennützlich verwendet werden
509
So bereits die grundlegenden Überlegungen von Miquel in seinen Grundsätzen zur preußischen Finanzreform von 1893, siehe Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 27 f. Dazu ferner Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 24 f.; Jachmann, StuW 2006, S. 115 (117 f.). 510 Statt vieler nur BVerfGE 26, S. 172 (182); 120, S. 1 (37 f.) mit Verweis auf die Begründung zum Gewerbesteuergesetz, RStBl. 1937, S. 696; Gutachten der Steuerreformkommission 1971, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 17, Abschnitt VIII Rn. 120 ff., S. 725 ff.; Zitzelsberger, Grundlagen der Gewerbesteuer, 1990, S. 37 ff., 146 ff.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2. Aufl. 2003, S. 1136 ff. − Konkret führt das BVerfG etwa aus: „Große Gewerbebetriebe mit einer hohen Zahl von Beschäftigten und einem erheblichen Einsatz von Produktionsmitteln verursachen einen höheren Bedarf an Infrastrukturleistungen, etwa in Form der Ausweisung und Erschließung von Gewerbegebieten oder der Bereitstellung von Wasser, Abwasser, Energie, Straßen und öffentlichem Nahverkehr, als dies bei freien Berufen typischerweise der Fall ist. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Leistungen vollständig durch kommunale Gebühren und Beiträge abgedeckt werden.“ (BVerfGE 120, S. 1 (39)) − Siehe zu dieser Historie der Gewerbesteuer auch Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 282 ff. 511 Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 31 ff. 512 Lang, Entwurf eines Steuergesetzbuchs, BMF-Schriftenreihe Heft 49, 1993, Rn. 747 f.; Hey, StuW 2002, S. 314 (319).
III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
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sowie der einer Steuer häufig immanente umverteilende Ansatz stehen einer äquivalenztheoretischen Rechtfertigung indes nicht grundsätzlich entgegen513 In einem weiteren Sinne könnte der Grundgedanke der Gruppenäquivalenz in einem kommunalen Steuer- und Finanzsystem Ausdruck finden: Es sollte so an gelegt sein, dass alle steuerfähigen Gemeindebürger und Unternehmen mindestens zu einer der ertragreichen kommunalen Steuern herangezogen werden, dass der Kommune also mehrere, möglich zuordenbare Steuerquellen zur Verfügung stehen.514 Nur so ließe sich vermeiden, dass politisch dominierende Gruppen einerseits öffentliche Leistungen beschließen, die ihrer Gruppe zugute kommen, und gleichzeitig die Lastenverteilung so regeln, dass andere Gruppen die Hauptlast tragen.515 Diese Gruppeninteressen bedürfen im System eines Ausgleichs – und dafür bedarf es auch entsprechender Handlungsspielräume der Kommunen.516 Diese Form des Interessenausgleichs geht also insofern über eine reine, trennscharfe GruppenÄquivalenzbeziehung hinaus, als dass neben der ökonomischen Beziehung auch ein politischer Zusammenhang in den Blick genommen und berücksichtigt wird. Entsprechende Erwägungen legt auch das Bundesverfassungsgericht zu Grunde: Nachdem es über einen längeren Zeitraum das Äquivalenzprinzip auch grundsätzlich als Rechtfertigungsgrund für die Gewerbesteuer ansah517, hat das Gericht insbesondere aufgrund der Beteiligung von Bund und Ländern an der Gewerbesteuer durch die Einführung der Gewerbesteuerumlage im Rahmen der Finanzreform von 1969 die Bedeutung der Äquivalenz für Bestand und Ausgestaltung der Gewerbesteuer geringer gewichtet.518 In seinem Urteil zur Gewerbesteuer vom 15.1.2008 stellte das Gericht schließlich jedoch klar, es sei nicht so, „dass der Ausgleichsgedanke jegliche finanzrechtliche Bedeutung verloren hätte. Als allgemeiner Ausgangspunkt für die innere Rechtfertigung der Gewerbesteuer hat der Gedanke, dass die Gewerbesteuer einen pauschalen Ausgleich für die besonderen Infrastrukturlasten bietet, die durch die Ansiedlung von Gewerbebetrieben ver 513
Statt vieler Hey, Vom Nutzen des Nutzenprinzips für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (144 ff.) m. w. N. 514 Grundlegend bereits Popitz, Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, 1932, S. 114 f.; Hansmeyer/Zimmermann, AfK 1993, S. 221 (227 f.). 515 Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (169), nennt hier das Problem, dass bei derzeitiger Rechtslage die Mehrheit der Bürger (zumindest mittelbar) übermäßige Ausgaben zu Lasten der gewerbesteuerzahlenden Unternehmen beschließen könnten. 516 Vgl. zu dieser Thematik Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 32 ff. 517 Siehe etwa BVerfGE 13, S. 331 (348); 19, S. 101 (112); 21, S. 54 (65); 26, S. 1 (11). 518 BVerfGE 46, S. 224 (236 f.). Indes stellte das Gericht fest, beim Äquivalenzprinzip handele es sich „um eine pauschale Rechtfertigung der Gewerbesteuer insgesamt.“ Neben der Gewerbesteuerumlage ließen auch Entwicklungen wie der Wegfall der Lohnsumme und des Gewerbekapitals aus der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer den Zusammenhang zwischen Steuerlast und gemeindlichen Tätigkeiten zunehmend weniger erkennen, vgl. auch Jachmann, Die Gewerbesteuer im System der Besteuerung von Einkommen, in: Perspektiven der Unternehmensbesteuerung, DStjG Bd. 25, 2002, S. 195 (210 ff.) m. w. N.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
ursacht werden, nach wie vor Bestand.“519 Diese Ansicht ist insbesondere mit Blick auf die generelle Rechtsfertigung der Gewerbesteuer nicht unumstritten520 ; in ihrer vermittelnden Position erscheint sie jedoch als Maßstab für die allgemeine Bedeutung des Äquivalenzprinzips insbesondere unter dem Aspekt der Gruppenäquivalenz bei kommunalen Steuern treffend: Einerseits widerspricht ein strenges Äquivalenzverhältnis dem grundlegenden Verständnis einer Steuer, darüber hinaus wäre es auch gar nicht trennscharf umsetzbar. Andererseits ist der grundlegende Gedanke des Interessenausgleichs zwischen den verschiedenen Gruppen der Nutzer des kommunalen Leistungsspektrums jedoch eine wichtige Richtschnur. Er darf indes auch bei einer kommunalen Steuer nicht zu einer unbegründeten Mehrbelastung einzelner Gruppen führen. Es kann somit in keinem Fall eine strenge Äquivalenz, sondern lediglich eine an den Äquivalenzgedanken angelehnte Form des Interessenausgleichs zur Rechtfertigung einer Steuer herangezogen werden. Für eine „kommunale Einkommensteuer“ würde dies bedeuten, dass eine kommunale Steuer, die die Einwohner einer Gemeinde in Anspruch nimmt und deren Aufkommen der Kommune zugutekommt, durchaus dem Gedanken des Interessenausgleichs und in einem weiteren Sinne damit auch äquivalenztheoretischen Erwägungen entspräche – wenngleich bei ihrer Ausgestaltung das Leistungsfähigkeitsprinzip vollumfängliche Berücksichtigung erfahren muss. Auch darf der Äquivalenzgrundsatz nicht für eine zusätzliche Belastung durch eine „kommunale Einkommensteuer“ missbraucht werden: Vielmehr müsste diese vollumfänglich an die Stelle des bisherigen Gemeindeanteils an der Einkommensteuer, der bislang den Nutzen des steuerzahlenden Bürgers – wenn auch aufgrund der Verteilungsmechanismen nicht trennscharf und ohne gemeindliches Mitbestimmungsrecht – für das kommunale Leistungsangebot abschöpft, treten. bb) Generaläquivalenz In einem noch weiteren Sinne ließe sich schließlich auch die Gesamtheit der Steuerpflichtigen in einem bestimmten Gebiet in den Blick nehmen: Die öffentliche Hand erhebt Steuern zur allgemeinen Ertragserzielung, um öffentliche Aufgaben und Leistungen finanzieren zu können. Der Nutzen, den die Allgemein 519 BVerfGE 120, S. 1 (37 f.) mit Verweis auf Flämig, Die Ausgestaltung der Gewerbesteuer als verfassungsrechtliches Problem, in: Steuerrecht und Verfassungsrecht, DStjG Bd. 12, 1989, S. 33 (39) sowie Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2. Aufl. 2003, S. 1141). Dazu auch Lang, Perspektiven der Unternehmenssteuerreform, in: Brühler Empfehlungen, BMFSchriftenreihe Heft 66, 1999, Anhang Nr. 1, S. 56 f. 520 So etwa Hey, Vom Nutzen des Nutzenprinzips für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (152 ff.), die zutreffend darauf hinweist, dass das Äquivalenzprinzip vom Bundesverfassungsgericht ohne nähere Begründung für eine allgemeine Rechtfertigung der mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip schwerlich vereinbaren Sonderbelastung der Gewerbebetriebe missbraucht wird. Kritisch ebenso Hartmann, BB 2008, S. 2490 ff.
III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
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heit durch staatliche Leistungen hat, rechtfertigt somit – im Sinne einer (weiten) Äquivalenz – die steuerliche Inanspruchnahme der Allgemeinheit.521 Dem folgend wird eine „Generaläquivalenz“522, ein noch allgemeiner gehaltener Interessenausgleich523 als Rechtfertigungsansatz in Betracht gezogen. Dieser „allgemeine Tauschgedanke“ begründet freilich – sofern er auf die Allgemeinheit der Bürgerinnen und Bürger eines Staates bezogen ist – für jede Art der Besteuerung eine Rechtfertigung.524 Er ließe sich jedoch konkret auf die einzelne Gemeinde übertragen. So gilt für den Gemeindehaushalt ebenso der „Grundsatz der Gesamtdeckung“, das heißt alle Einnahmen dienen grundsätzlich zur Finanzierung aller Ausgaben.525 Danach muss nicht der Einzelne, sondern die Allgemeinheit der Gemeindeeinwohner und der Unternehmen die Erfüllung der kommunalen Aufgaben, die Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft finanzieren.526 Dem Äquivalenzprinzip kann damit – in einem weiteren Sinne – eine räumliche Dimension entnommen werden, nach der Grenzen zwischen verschiedenen Steuergesetzgebungseinheiten erklärt sowie unterschiedliche Belastungen der Steuerpflichtigen verschiedener Gemeinden gerechtfertigt werden könnten.527 Bei diesem Ansatz bleibt zwar problematisch, inwieweit überhaupt eine Kongruenz zwischen Gemeindeeinwohnern und den Nutzern der Einrichtungen einer Kommune gegeben ist. So nehmen etwa insbesondere in Kernstädten auch Bürger aus dem Umland das Infrastrukturangebot wahr.528 Auch die konkrete Zuordnung 521 In dieser weiten Ausprägung ist der Äquivalenzgedanke als „die Heranziehung des Bürgers zur Steuerzahlung […] als notwendige Folge der Staatstätigkeit“ unumstritten, vgl. Hey, Vom Nutzen des Nutzenprinzips für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (142) m. w. N. Siehe auch dies., StuW 2002, S. 314 (319) sowie bereits Fn. 497. 522 Zum Begriff Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2. Aufl. 2000, S. 476 ff.; Lang, Entwurf eines Steuergesetzbuchs, BMF-Schriftenreihe Heft 49, 1993, Rn. 748. 523 Zum Begriff Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 32 ff. 524 Hey, Vom Nutzen des Nutzenprinzips für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (143) mit Verweis auf Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, 2001, S. 209. 525 Hey, StuW 2002, S. 314 (316) m. w. N. 526 So Jachmann, StuW 2006, S. 115 (117), dies., BB 2000, S. 1432 (1437) m. w. N. Vgl. auch Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 33. 527 Hey, StuW 2002, S. 314 (319); dies., Vom Nutzen des Nutzenprinzips für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (161 f.); Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, 2001, S. 258 f. 528 Siehe daher die Bedenken von Wieland, KStZ 2003, S. 81 f., zu diesem Rechtfertigungsansatz. Lt. Jachmann, StuW 2006, S. 115 (117) könnte dieser Aspekt jedoch durch Finanzausgleichsmaßnahmen relativiert werden. Zum Problem („Hypothese einer Ausbeutung der Kernstadt durch ihr Umland“) und möglichen Lösungen aus finanzwissenschaftlicher Sicht vgl. statt vieler auch Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 64 ff., 82 ff. Vor dem Hintergrund des Gedankens der Finanzautonomie siehe dazu auch Hey, VVDStRL 66 (2007), S. 277 (290).
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
des Steuerpflichtigen zu einer kommunalen Gebietskörperschaft kann sich als schwierig erweisen, wenn es etwa eine Konkurrenz zwischen dem Wohnsitzprinzip und dem Ort der Arbeitsstelle gibt. Diese Fragen lassen sich jedoch allgemein nur schwerlich durch kommunale Steuern lösen, sondern wären vielmehr etwa im Rahmen des interkommunalen Finanzausgleichs zu klären.529 Die Erwägung, dass die Bürger und Unternehmen einer Gemeinde im besten Sinne der Selbstverwaltung im Rahmen einer „Generaläquivalenz“ grundsätzlich auch die kommunalen Leistungen selbst zu regeln und somit auch zu finanzieren haben, hat also prinzipiell Bestand. e) Fazit Diese Erörterung verdeutlicht, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip auch bei einem kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung als grundlegender Maßstab, anhand dessen – insbesondere aus gleichheitsrechtlicher Perspektive – die Ausgestaltung eines solchen zu messen ist, unangetastet bleibt. Es lässt ebenso wie die Legaldefinition der Steuer in § 3 AO auch im kommunalen Bereich keinen Raum für die Annahme einer individuellen Äquivalenz oder einem Verständnis der Steuer als konkrete Gegenleistung. Damit wird der Gedanke der Äquivalenz jedoch nicht grundsätzlich verdrängt. In der Form einer Generaläquivalenz oder eines allgemeinen Interessenausgleichs kann der Äquivalenzgedanke insbesondere in seiner Ausprägung als Nutzenprinzip im kommunalen Bereich in einem weiteren, abstrakten Sinne Anwendung finden und zur generellen Rechtfertigung sowie Ausgestaltung einer „kommunalen Einkommensteuer“ Anhaltspunkte geben. Im Folgenden ist die „kommunale Einkommensteuer“ daher anhand dieser beiden Grundsätze zu untersuchen. 2. Leistungsfähigkeit und kommunaler Zugang zur Einkommensteuer a) Die Berücksichtigung objektiver und subjektiver Leistungsfähigkeit Bei der Ausgestaltung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung müsste also zunächst die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Mangels anderweitiger Anknüpfungspunkte530 bemisst sich diese 529
Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 36 f. 530 Zur theoretischen Frage, wie man die Leistungsfähigkeit des Einzelnen messen könnte siehe Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 33 ff.
III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
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entsprechend dem objektiven Nettoprinzip nach den Einkünften des Steuerpflichtigen, also den Erwerbseinnahmen abzüglich der Erwerbsausgaben bzw. der Werbungskosten.531 Nach dieser Gewinnbesteuerung ist also derjenige besonders leistungsfähig, der hohe Einkünfte erzielt.532 Eine „kommunale Einkommensteuer“ würde sich daran orientieren: Sie würde in sämtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten533 an die Einkünfte des Steuerpflichtigen anknüpfen und damit das objektive Nettoprinzip, also die objektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen berücksichtigen. Zur Leistungsfähigkeit gehört jedoch unbestritten auch, dass private Lasten, die für die Lebensführung erforderlich sind, als existenzsichernde Aufwendungen nicht in die Bemessungsgrundlage einfließen (subjektives Nettoprinzip).534 Dieser Grundsatz würde bei einer „kommunalen Einkommensteuer“ zunächst von der Einzelfrage abhängen, ob die Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer an die Steuerschuld (§ 2 Abs. 6 EStG), das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG), das Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG) oder der Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) anknüpft: Auf der Ebene des zu versteuernden Einkommens und der auf dieser Bemessungsgrundlage bestimmten Steuerschuld sind bereits sämtliche steuerrechtlich abzugsfähigen Faktoren in die Ermittlung eingeflossen und somit objektive wie subjektive Leistungsfähigkeit gleichsam berücksichtigt.535 Das Einkommen gem. § 2 Abs. 4 EStG berücksichtigt hingegen den Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG sowie den Härteausgleich nach § 46 Abs. 3 EStG nicht. Damit wäre die subjektive Leistungsfähigkeit nicht vollumfänglich berücksichtigt.536 Der Gesamtbetrag der Einkünfte, § 2 Abs. 3 EStG, umfasst ferner zusätzlich die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen des Einzelnen sowie den Verlustabzug nach § 10d EStG noch nicht, sodass hier die subjektive Leistungsfähigkeit unstrittig nicht zum Tragen kommt. Dies würde einem kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung, der an das Einkommen nach § 2 Abs. 4 EStG oder gar den Gesamtbetrag der Einkünfte gem. § 2 Abs. 3 EStG anknüpft, ent
531
Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 189 f., 615 ff. Richtiger wäre es womöglich, die Leistungsfähigkeit nicht nach den tatsächlich erzielten Einkünften, sondern nach der abstrakten Fähigkeit zur Einkünfteerzielung zu bemessen. Diese Option ist allerdings praktisch kaum umsetzbar. Siehe auch Lang, in: Tipke/ders., Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 4 Rn. 92 ff. 533 Dazu oben Kapitel 1, III. 5. b). 534 BVerfGE 61, 319 (343 f.); Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 189 f., 628 ff.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2. Aufl. 2000, S. 505. 535 Lang, in: Tipke/ders., Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 9 Rn. 68. 536 Lt. BVerfGE 82, 60 (Orientierungssatz) ist der Minderung der Leistungsfähigkeit von Steuerpflichtigen, die durch den Unterhalt ihrer Kinder bedingt ist, durch den Kinderfreibetrag Rechnung zu tragen. Nach Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 630, ist das subjektive Nettoprinzip hingegen bereits durch § 2 Abs. 4 EStG verwirklicht. Dennoch ist das familiäre Existenzminimum in jedem Fall von Verfassungs wegen steuerlich zu berücksichtigen, vgl. auch Wernsmann, StuW 1998, S. 317 (322 ff.). 532
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
gegenstehen.537 Entsprechend ist bei der Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ in den Fällen, in denen die Beachtung der subjektiven Leistungsfähigkeit in der Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer noch nicht impliziert ist, darauf hinzuwirken, dass diese nach Anwendung des Steuersatzes auf die Bemessungsgrundlage – etwa durch einen gesonderten Abzug von Verlusten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen und eine gesonderte Berücksichtigung des Familienleistungsausgleichs – Berücksichtigung findet. b) Leistungsfähigkeit und Lastenausgleich Auf den Grundgedanken des Leistungsfähigkeitsprinzips aufbauend wird über das Steuersystem, insbesondere im Bereich der Einkommensteuer, auch eine Umverteilung in Form eines Lastenausgleichs vorgenommen. So tragen regelmäßig etwa die „leistungsfähigsten“ 10 % der Einkommensteuerpflichtigen gut 50 % zum Einkommensteueraufkommen bei, obwohl sie nur etwa 25 % der realen Nettoäquivalenzeinkommen beziehen, während die „ärmsten“ 50 % der Steuerpflichtigen nur 6,5 % des Aufkommens tragen, obwohl auf sie 28,7 % der realen Nettoäquivalenzeinkommen entfallen.538 Der Umverteilungseffekt, der sich im Rahmen der Einkommensteuer vollzieht, ist somit – wenngleich sozialpolitisch gewollt und zu rechtfertigen – beachtlich. Fraglich ist jedoch, inwieweit dieser zwingend – und falls, dies verneint wird – inwieweit er auch auf kommunaler Ebene zu berücksichtigen ist.539 Der Leistungsfähigkeitsgrundsatz sagt aus, dass der einzelne entsprechend seiner Leistungsfähigkeit zur Finanzierung des Gemeinwesens heran zu ziehen ist. Ein sozialer Lastenausgleich findet damit in einem gewissen Rahmen ohnehin statt – allein schon dadurch, dass nicht, wie etwa bei einer Kopfsteuer, ein jeder den gleichen Beitrag zur Steuerfinanzierung des Gemeinwesens leistet, sondern dass derjenige, der ein hohes Einkommen hat, auch mehr Steuern zahlt als jemand, dessen Einkommen geringer ist. Das bedeutet, dass ein proportionaler Steuertarif den Grundsätzen der Leistungsfähigkeit und damit der Steuergerechtigkeit entspricht, eine progressive Ausgestaltung des Tarifs, wie sie derzeit bei der 537 Für eine Anknüpfung einer kommunalen Steuer an den Gesamtbetrag der Einkünfte verneint Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 138, die Vereinbarkeit mit Art. 3 GG, da „die Beachtung der subjektiven Leistungsfähigkeit bei einer Einkommensteuer unerläßlich ist.“ Hier wird jedoch übersehen, dass eine Berücksichtigung der subjektiven Leistungsfähigkeit bei der „kommunalen Einkommensteuer“ noch gesondert geschehen könnte. 538 Lebenslagen in Deutschland. Der 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, 2008, S. 16, 19. Zahlen für den Anteil am Steueraufkommen aus dem Jahr 2007, Zahlen bzgl. des realen Nettoäquivalenzaufkommens aus dem Jahr 2004. 539 Zur grundsätzlichen Frage, inwieweit und durch welche Instrumente Umverteilung auf kommunalpolitischer Ebene geschehen kann vgl. Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 39 ff. m. w. N.
III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
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Einkommensteuer gegeben ist, mithin keineswegs zwingend ist.540 Die Progression im Einkommensteuertarif ist vielmehr Ausfluss der „umverteilenden Sozialstaatlichkeit“541; sie fußt damit nicht auf steuerrechtlichen oder gar ökonomischen Prinzipien, sondern auf politischen wie sozialstaatlichen Erwägungen. Bei einem kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung sind indes noch andere Aspekte zu berücksichtigen, die mit einer umfassenden Berücksichtigung des Lastenausgleichs, etwa in Form eines progressiven Tarifes, kollidieren könnten. Zu nennen sind hier etwa der oben bereits erläuterte Gegensatz zwischen Gedanken der Äquivalenz und des Interessenausgleichs einerseits und der Leistungsfähigkeit andererseits, ebenso mögliche Probleme bei der räumlichen Streuung des Steueraufkommens, auf die im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch gesondert einzugehen ist.542 Dies spricht dafür, im Rahmen einer „kommunalen Einkommensteuer“ keinen umfassenden Lastenausgleich vorzunehmen – ohne freilich sozialpolitische Erwägungen vollumfänglich außer Acht zu lassen. c) Belastungsunterschiede in verschiedenen Kommunen als Problem? Zu untersuchen ist auch, ob sich Belastungsunterschiede von Bürgern gleicher Leistungsfähigkeit rechtfertigen lassen, nur weil diese in unterschiedlichen Gemeinden ansässig sind.543 Als Maßstab für eine eventuelle Ungleichbehandlung käme dazu Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass Art. 3 GG nur den jeweiligen Hoheitsträger bindet, der im Rahmen seiner Befugnisse tätig wird. Wenn verschiedene Gemeinden als Selbstverwaltungsträger verschiedene Steuersätze festlegen, fällt dies nicht unter den Schutz des allgemeinen Gleichheitssatzes.544 Ein weiterer Maßstab könnte sich jedoch aus Art. 72 Abs. 2 GG ergeben, dessen Voraussetzungen gem. Art. 105 Abs. 2 GG auch bei einer bundeseinheitlich zu regelnden Steuer gegeben sein müssen. Demnach ist „die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit“ als wichtiger Maßstab zu berücksichtigen. Dieser kann damit als Grenze einer unterschiedlichen steuerlichen Belastung aufgefasst werden. Zur 540 Jachmann, StuW 1998, S. 293 (295); Lang, in: Tipke/ders., Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 4 Rn. 186 f. sowie § 8 Rn. 8; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2. Aufl. 2000, S. 403, 480. 541 Lang, in: Tipke/ders., Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 4 Rn. 187; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2. Aufl. 2000, S. 403. 542 So auch Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 44 f. 543 Problematisch sehen dies etwa Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zur gegenwärtigen Problematik der Gemeindefinanzen v. 11.7.1959, in: Wiss. Beirat beim BMF, Entschließungen, Stellungnahmen und Gutachten 1949–1973, 1974 S. 154 (181); Wieland, KStZ 2003, S. 81 (82); Ritter, BB 1983, S. 389 (391). 544 Ebenso Hey, StuW 2002, S. 314 (320).
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
Rechtfertigung können hier die bereits erörterte kommunale Selbstverwaltungsgarantie und Finanzautonomie sowie die Garantie einer wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit Hebesatzrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG herhalten, ebenso die ausdrückliche Option eines Hebesatzrechtes bei der Einkommensteuer in Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG. Vor allem aber die oben unter 1. d) bb) erörterte räumliche Dimension des Äquivalenzprinzips zur Rechtfertigung unterschiedlicher Belastungen der Bürger und Unternehmen in unterschiedlichen Gemeinden verdeutlicht, dass unterschiedliche Steuerbelastungen durchaus zu rechtfertigen sind – wie dies bereits das Hebesatzrecht der Gemeinden bei den Realsteuern demonstriert.545 Diese finden indes freilich bei einer Gefährdung der gleichwertigen Lebensverhältnisse auf Bundesebene ihre Grenze. Dieser Aspekt wäre somit bei der Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ zu berücksichtigen. d) Belastungsunterschiede von Wohnbevölkerung und Unternehmen als Problem Umgekehrt könnte in Anbetracht des Status Quo die Frage aufgeworfen werden, ob die Besteuerungsgleichheit mit der Tatsache, dass über die Gewerbesteuer einige wenige gewerbliche Unternehmen einen wesentlichen Teil des kommunalen Finanzbedarfs tragen, überhaupt vereinbar ist.546 Entsprechend könnte ein besserer Ausgleich zwischen Belastung von Unternehmern und Einwohnern geboten sein, den die Kommune bei einer „kommunalen Einkommensteuer“ herstellen könnte. Einen solchen Schluss lässt der Leistungsfähigkeitsgrundsatz bzw. der zu Grunde liegende allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 GG aber wohl unmittelbar nicht zu: Zum einen lässt sich nur schwerlich ermitteln, welchen Anteil der gesamten kommunalen Einnahmen von Wohnbevölkerung bzw. örtlichen Unternehmen getragen werden. Zum anderen erscheint eine Ungleichbehandlung dieser beiden Gruppen zumindest mit Blick auf Art. 3 GG gerechtfertigt zu sein. e) Zusammenfassendes Ergebnis Der Leistungsfähigkeitsgrundsatz steht der Einrichtung eines kommunalen Zuganges zur Einkommensbesteuerung nach dem zuvor gesagten weder entgegen, noch gibt er nennenswerte Anhaltspunkte, die explizit für ein kommunales Mitbestimmungsrecht bei der Einkommensteuer einzubringen wären.
545
So auch Hey, StuW 2002, S. 314 (320) m. w. N.; dies., Steuerwettbewerb in Deutschland, in: FS Solms, 2005, S. 35 (37 ff., 40). 546 Wendt, BB 1987, S. 1257 ff.; Jachmann, StuW 2006, S. 115 (116). So auch Hey, StuW 2002, S. 314 (322). Einer solchen Umverteilung der Steuerlast stehen aber lt. Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 76 f. auch kritische Stimmen gegenüber.
III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
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Grundsätzlich setzt das Leistungsfähigkeitsprinzip in Form insbesondere des objektiven wie subjektiven Nettoprinzips damit vor allem Maßstäbe, die im Rahmen der Ausgestaltung einer „kommunalen Einkommensteuer“ zu berücksichtigen sind. Festzuhalten bleibt daneben jedoch auch, dass der Lastenausgleich, der im Rahmen der staatlichen Einkommensteuer geschieht, nicht zwingend in einem vergleichbaren Umfang auf kommunaler Ebene stattfinden muss, sodass ein progressiver Tarif der „kommunalen Einkommensteuer“ nicht allein aufgrund des Leistungsfähigkeitsgrundsatzes zwingend wäre. Auch Belastungsunterschiede zwischen einzelnen Kommunen durch unterschiedliche Hebe-, Zuschlag- oder Steuersätze stellen kein Problem dar. 3. Äquivalenz, Transparenz und kommunaler Zugang zur Einkommensteuer Schließlich ist zu untersuchen, welche konkreten Anhaltspunkte das Äquivalenzprinzip im Hinblick auf einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung geben könnte. Der vollumfänglich zu berücksichtigende Leistungsfähigkeitsgrundsatz lässt, wie zuvor bereits gezeigt wurde547, noch Raum für eine zusätzliche Berücksichtigung des Äquivalenz- und Interessenausgleichsgedankens. Dies muss erst recht gelten, wenn auf kommunaler Ebene kein so umfangreicher Lastenausgleich vorgenommen wird. Entsprechend folgerte bereits von Miquel in seinen Grundsätzen zur Finanzreform von 1893, dass „das Gemeindesteuersystem (…) auf den Grundsätzen der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sowie der Steuerverteilung nach Leistung und Gegenleistung aufgebaut“ wird.548 In einem engen Zusammenhang mit äquivalenztheoretischen Überlegungen, die eine Beziehung zwischen der öffentlichen Leistung und ihrer Finanzierung herstellen, stehen auch Erwägungen nach mehr Transparenz, einer größeren „Merklichkeit“549 und „Fühlbarkeit“ der Besteuerung sowie einer Beachtung des Subsidiaritätsgrundsatzes, die nachfolgend ebenfalls erörtert werden sollen. a) Aussagen zur grundsätzlichen Ausgestaltung einer Steuer Die unter 1. d) ausgeführten grundsätzlichen Erwägungen zum Äquivalenzprinzip in den weitergehenden Ausprägungen als Gruppenäquivalenz, Generaläquivalenz und Grundsatz des Interessenausgleichs geben bereits generelle Hinweise für die Gestaltung eines kommunalen Steuersystems im Hinblick auf einen eigenen kommunalen Zugang zur Einkommensteuer. 547
So auch bereits das Fazit oben 1. e). Elsner/Schüler, Das Gemeindefinanzreformgesetz, 1970, S. 28. 549 Zum Begriff: Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Abbau und Ersatz der Gewerbesteuer, 1984, S. 70. 548
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
Einerseits sollte darauf hingewirkt werden, dass den Kommunen ein ausge glichenes Steuersystem zur Verfügung steht, welches sie befugt, über verschiedene Steuern die einzelnen Interessengruppen – etwa Gewerbetreibende, Bürger oder Grundeigentümer – zur Finanzierung des Gemeinwesens heranzuziehen, um so einen Interessenausgleich zu erzielen. Damit die Kommune im Hinblick auf die Steuerbelastung der einzelnen Gruppe selbstständig agieren kann, wäre jeweils ein eigener Zugang zu den jeweiligen Steuerquellen erforderlich. Für die Besteuerung der Bürger wäre dies nur über einen gemeindlichen Zugang zur Einkommensteuer möglich. Dieser grundsätzliche Ansatz spricht damit für eine weitergehende Autonomie der Gemeinde bei der Einkommensteuer, etwa in Form eines kommunalen Hebesatzrechtes. Auch dem Grundsatz der Generaläquivalenz könnte besser Rechnung getragen werden, wenn die Gemeinde selbst bestimmen kann, in welchem Maße sie ihre Bürger über die Einkommensteuer zur Finanzierung des Gemeinwesens heranzieht. b) Äquivalenz und Finanzierung kommunaler Aufgaben – die Grundsätze institutionelle Kongruenz, fiskalische Äquivalenz und örtliche Radizierbarkeit Hinzu kommt, dass dem Äquivalenzgedanken bei der Finanzierung kommunaler Aufgaben – unabhängig von der Art der Einnahmequelle – generell eine zentrale Bedeutung zuzusprechen ist.550 Während Aufgaben, deren individueller Nutzen für den Einzelnen sich nur schwerlich ermitteln lässt – etwa die Bereitstellung von Landesverteidigung und Außenpolitik, eines Rechtssystems oder auch eines sozialen Lastenausgleichs – in einem föderalistischen System im Regelfall von der höchsten Ebene wahrgenommen werden, kommen der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaft eher Aufgaben zu, die ohnehin „nah beim Bürger“ liegen und sich im konkreter zuordnen lassen.551 Diese sollten zuallererst über Gebühren und Beiträge finanziert werden, bevor eine Steuer- oder Kreditfinanzierung in Betracht gezogen wird.552 Eine solche Ausweitung der Äquivalenzfinanzierung sei „aus finanzwissenschaftlicher Sicht sinnvoll, faktisch und rechtlich möglich und fiskalisch notwendig“553. Als „Minus“ einer Ausweitung der Finanzierung durch Gebühren und Beiträge – die nicht immer politisch gewollt ist – könnte diesem
550
Siehe nur Hey, Vom Nutzen des Nutzenprinzips für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (151 ff.). 551 Zu dieser sog. Ökonomischen Theorie des Föderalismus siehe ausführlich Rehm, Kommunalfinanzen, 2010, S. 39 ff. sowie Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 7 ff. 552 Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 121 ff. Ebenso ferner BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Bericht AK Strukturanalyse v. 27.1.2011, S. 18 ff. 553 BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Bericht AK Strukturanalyse v. 27.1.2011, S. 20.
III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
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Ruf auch durch einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung zumindest teilweise Rechnung getragen werden. Dafür sprechen insbesondere grundlegende finanzwissenschaftliche Über legungen. Falsche Anreize und daraus resultierende fehlgeleitete Verteilungen sind immer dann zu erwarten, wenn öffentliche Güter von Personen genutzt werden, die sie nicht bezahlen – und ebenso, wenn der Finanzier der öffentlichen Leistung nicht über die Höhe seines Beitrages bestimmen kann, sondern dies in der Hand der Nutzer oder gar von Dritten liegt. Nach dem Prinzip der institutionellen Kongruenz entspräche es daher dem Ideal, wenn Zahler und Nutzer einer öffentlichen Leistung auch mit stimmberechtigter Bevölkerung übereinstimmen.554 Im Ergebnis würden dann – im besten Sinne einer fiskalischen Äquivalenz – die Bürger einer Kommune als Gesamtheit das finanzieren, was sie beschließen und schließlich nutzen oder konsumieren555 – oder, andersherum, würden die Steuern im Sinne einer örtlichen Radizierbarkeit aus dem Gebiet der Gemeinde stammen.556 c) Äquivalenz, Transparenz und Demokratische Teilhabe – zum Erfordernis von „Merklichkeit“ und „Fühlbarkeit“ Zu seiner Teilhabe am demokratischen Entscheidungsprozess (vgl. Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG) bedarf der Einzelne ausreichender Informations- und Kontrollmöglichkeiten. So führt eine fehlende Verknüpfung zwischen Zahlung und Inanspruchnahme („Merklichkeit“557 oder „Fühlbarkeit“558) zu einem Transparenzund Spürbarkeitsdefizit bei der demokratischen Mitwirkung. Entsprechend fehlt dem Einzelnen häufig das Verständnis, wie die von ihm in Anspruch genommenen staatlichen Leistungen finanziert werden. Die Finanzwissenschaft spricht in diesem Zusammenhang auch von fiskalischer Illusion, also Fehlwahrnehmungen der Bürger über die Höhe der öffentlichen Einnahmen und Ausgaben, in Form der Kostenillusion auch über die Tatsache, dass öffentliche Ausgaben Kosten nach 554
Dazu Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 28, 627 ff.; Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (167). 555 Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 628; Rehm, Kommunalfinanzen, 2010, S. 47 f; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 19 ff. − Das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz ist damit eine besondere Form gegenüber dem klassischen Äquivalenzgrundsatz als reiner Konnex zwischen Nutzung und Zahlung; siehe Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, 2001, S. 32 ff., 40. 556 Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 145; Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 1991, S. 58. Siehe auch bereits Popitz, Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, 1932, S. 114 f. 557 Zum Begriff: Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Abbau und Ersatz der Gewerbesteuer, 1984, S. 70. 558 Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 1991, S. 59 f.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
sich ziehen.559 Diese Fehlwahrnehmung zieht positive wie negative Konsequenzen mit sich: Einerseits macht der fehlende offensichtliche Zusammenhang zwischen Steuerzahlung und staatlicher Leistung, die Trennung der Einnahme- von der Ausgabeebene, den Staat unabhängiger vom Steuerzahler: Wüsste der Einzelne en Detail, welche Aufgaben der Staat mit „seiner“ Steuerzahlung erfüllt, wäre die Steuerlast für ihn deutlich „merklicher“, gar „schmerzhafter“; möglicherweise würde er gar deutlich größeren Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen wollen. Dies könnte hinsichtlich Ressourcenschonung und Nutzenoptimierung zu rationaleren, allokativ günstigeren Entscheidungen führen – andererseits aber auch die Abhängigkeit der öffentlichen Hand von ihrem Finanzier vergrößern. Problematisch kann Letzteres sein, weil insbesondere im Bereich der Ertragssteuern der Kreis derjenigen, die den größten Beitrag zum Steueraufkommen und damit zur Staatsfinanzierung leisten, im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sehr überschaubar ist560 – und weil andererseits ein Großteil der Steuereinnahmen für soziale Zwecke verwendet wird. Kehrseite dieser Medaille ist, dass die fehlende Kenntnis, welche Einnahmen und Ausgaben der Staat hat, die fehlende Verknüpfung dieser Ebenen, also das Nichtwissen, ‚was mit meiner Steuer geschieht‘, letztlich zu Desinteresse, fehlendem Verantwortungsbewusstsein, politischer Resignation sowie übersteigerten Ansprüchen an das Gemeinwesen führt. Auch eine überbordende Staatstätigkeit kann das Ergebnis sein.561 Ebenso könnte die staatliche Unabhängigkeit und entsprechende fehlende Kontrollierbarkeit zu Fehlentscheidungen bei der Allokation der Steuergelder führen. Damit stellt sich die grundsätzliche Frage, inwieweit dem Bürger spürbar sein darf, inwieweit spürbar sein muss, wie staatliches (Ausgabe-)Verhalten und Steuerzahlung korrespondieren. Dies ist auf den verschiedenen Ebenen des Staates freilich unterschiedlich zu beantworten: Auf Bundesebene erscheint es einerseits kaum möglich, die einzelne staatliche Leistung mit der eigenen Steuerzahlung in Verbindung zu bringen. Andererseits ist auch zu bezweifeln, inwieweit dies gewünscht sein kann, ohne eine gewisse Unabhängigkeit des Staates zu verlieren. Die Frage, ob zunächst das politisch Gewollte, das staatlich Erforderliche in den Blick genommen werden soll oder zuvor der Blick auf die finanzielle Belastung des Steuerzahlers gelenkt werden müsste, ist nicht einheitlich zu beantworten und 559
Dazu Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staatsfinanzierung, 2001, S. 102 ff. Siehe für die Einkommensteuer oben 2. b). 561 Nach Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 175 f. m. w. N. kann eine Stärkung der direkten Demokratie bei Entscheidungen über staatliche Einnahmen und Ausgaben zu einer Reduktion des Staatsausgabenwachstums führen, wie Studien anhand von Entwicklungen in den USA oder der Schweiz zeigten. Einen ähnlichen Effekt hätte eine Stärkung des Föderalismus mit der Folge, dass politische Entscheidungen näher beim (Wahl-) Bürger fallen. 560
III. Leistungsfähigkeit und Äquivalenz
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offenbart gar verschiedene Grundverständnisse von Politik. Jedenfalls kann aber wohl festgehalten werden: Ein gewisses Mindestmaß der Unabhängigkeit des Staates von seinem Finanzier ist zwingend erforderlich – allein aus demokratischen Erwägungen. Die weitgehende Ausblendung der Finanzierungsfrage sowie der steuerlichen Belastung der Bevölkerung – insbesondere Einzelner – ist indes demokratisch ebenso wenig wünschenswert. Auf der Ebene kommunaler Selbstverwaltung verhält sich diese Gewichtung hingegen womöglich anders.562 Die bereits diskutierte „Aktivierung der Beteiligten für ihre eigenen Angelegenheiten […] zur eigenverantwortlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben der engeren Heimat“563 erscheint nur möglich, wenn ein Bezug zwischen Zahlung und Leistung der Kommune erkannt, eine fiskalische Illusion somit weitgehend vermieden werden kann.564 Bislang ist den Gemeindeeinwohnern vielfach nicht bewusst, dass sie – etwa über den Gemeindeanteil am Einkommensteueraufkommen – an der Finanzierung der kommunalen Leistungen teilhaben.565 Es entspricht jedoch demokratischen Grundgedanken, wenn der Einzelne verstehen kann, dass eine kommunale Investition – etwa ein Opernhaus oder ein Erlebnisbad – auch zu höheren Steuerlasten führt, dass er also „weiß, wofür er zahlt“566. Eine engere Verknüpfung in Form kommunaler Elemente bei der Einkommensteuer könnte somit demokratischen Grundsätzen besser Rechnung tragen. Dies kann dem Bürger als Souverän weitergehende Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten zusichern. Er könnte über seine Wahlentscheidung Einfluss auf die Gemeinde nehmen, welche wiederum die Höhe des Gemeindeanteils selbst bestimmt. Hinzu kommt, dass die Gemeinde in der Verantwortung stünde, die Höhe der Steuer und somit ihr Ausgabeverhalten zu begründen und damit demokratisch kontrollier barer zu machen.567 Diese Kontrollierbarkeit und eine direktere Möglichkeit der Einflussnahme durch den Souverän könnte womöglich letztlich auch eine Reduktion der Staatsausgaben mit sich bringen.568 Nicht nur aus äquivalenztheoretischen Erwägungen, sondern bereits grundlegend aus Kerngedanken der demokratischen 562 Dazu jedoch kritisch Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 44 ff. 563 BVerfGE 11, 266 (275). 564 Dazu auch Hey, VVDStRL 66 (2007), S. 277 (287 ff.). 565 So auch Jachmann, StuW 2006, S. 115 (116); aus finanzwissenschaftlicher Perspektive Beland, AfK 1998, S. 104 (107 ff., insbes. 112 f.). 566 Jachmann, StuW 2006, S. 115 (121). 567 Dazu Wendt, BB 1987, S. 1677 (1685); Hey, StuW 2002, S. 314 (320); Jachmann, StuW 2006, S. 115 (121) – eher kritisch dagegen Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 45 ff. Ferner ist auch zu beachten, dass eine starke Fühlbarkeit der Besteuerung auch die Attraktivität von möglichen steuerinduzierten Abwanderungen erhöht, vgl. Scherf, in: Andel (Hrsg.), Probleme der Kommunalfinanzen, 2001, S. 21, S. 48. 568 Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 175 f. (siehe auch bereits Fn. 561).
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Struktur des Gemeinwesens, die eine gewisse Transparenz staatlicher (Finanzierungs-)Vorgänge erfordert, lässt sich damit folgern, dass insbesondere in einer kommunalen Selbstverwaltungskörperschaft eine hohe „Merklichkeit“ der Steuern erstrebenswert erscheint. d) Äquivalenz und politische Verantwortlichkeit Die „Merklichkeit“ und „Fühlbarkeit“ der steuerlichen Belastung durch eine kommunale Steuer ergänzt sich auf der anderen Seite mit der Verpflichtung der politisch Verantwortlichen, die Erhebung einer Steuer und ihre Höhe rechtfertigen zu müssen. Entsprechend muss die Gebietskörperschaft, die öffentliche Gelder ausgibt, diese grundsätzlich auch selbst erheben.569 Nur auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass politische Ebenen nicht der Verlockung einer übermäßigen steuerlichen Inanspruchnahme anheimfallen, da sie nicht die Möglichkeit haben, sich hinter der Steuerhoheit einer anderen politischen Ebene zurückzuziehen.570 Entsprechend würde ein eigener kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung den Gemeinden die politische Verantwortlichkeit sowie die Verpflichtung zur Rechtfertigung der festgesetzten Steuerhöhe übertragen, was zu einer besseren Einnahme- und Ausgabenpolitik führen könnte.571 e) Äquivalenz und Subsidiarität Schließlich ist an dieser Stelle der Grundsatz der Subsidiarität zu erwähnen: Eine bürgernahe Politik setzt voraus, dass Aufgaben, die die kleinste – also die kommunale – politische Ebene lösen kann, auch bei dieser Ebene verbleiben.572 Erst wenn eine kommunale Leistung auch über die Gemeindegrenzen hinaus gehende Auswirkungen hat, kann über eine Verlagerung auf eine höhere Ebene nachgedacht werden.573 Dies muss entsprechend auch für die Finanzierung kommunaler Leistungen gelten. Auch dem wäre ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung zuträglich. 569 Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (168) spricht hier vom Grundsatz „no representation without taxation“. 570 Siehe Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (167 f.), mit Verweis auf Blankart, ZWS 1999, S. 331 ff., der annimmt, die deutschen Bundesländer hätten gern auf eine eigene Steuergesetzgebungshoheit verzichtet, um die politische Verantwortlichkeit für die Steuerpolitik auf die Bundesebene überwälzen zu können. 571 Siehe dazu auch Hansmeyer/Zimmermann, AfK 1993, S. 221 (224 ff.). 572 Dazu nur Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 624 f.; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 22 f. 573 Siehe dazu Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (167).
IV. Die Prüfkriterien der Gemeindefinanzkommission 2010
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f) Fazit Das Äquivalenzprinzip kann bei der Rechtfertigung und Ausgestaltung von Steuern eine Rolle spielen, die neben dem Leistungsfähigkeitsprinzip zwar nur nachrangiger Natur ist – es beinhaltet jedoch wichtige Aussagen, die bei der generellen Gestaltung von Steuern, insbesondere kommunalen Steuern berücksichtigt werden sollten. Diese sprechen eine deutliche Sprache für einen eigenen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung: Der Verknüpfung zwischen staatlicher Leistung und Steuerfinanzierung, die im Äquivalenzprinzip zum Ausdruck kommt, könnte durch kommunale Elemente bei der Einkommensteuer besonders Rechnung getragen werden. Dieses würde den Gemeinden die Kompetenz geben – analog zur Gewerbesteuer bei den gewerblichen Unternehmen – selbst festzulegen, welche Mittel für die kommunalen Leistungen zugunsten der Einwohner erforderlich sind und wie weit die Einwohner insgesamt zur Finanzierung der Selbstverwaltungskörperschaft heran gezogen werden sollen. Insbesondere der Aspekt der „Merklichkeit“ von Steuern spricht im kommunalen Bereich für ein erkennbares Äquivalenzverhältnis: Wenn der Steuerzahler und Finanzier auch der Nutzer kommunaler Einrichtungen ist, wenn dieser über seine Wahlentscheidung oder gar basisdemokratische Elemente auf kommunalpolitische Entscheidungen Einfluss nehmen kann, wird die Aktivierung des Bürgers für seine eigenen, die Kommune betreffenden Angelegenheiten, wie sie eine Definition der Selbstverwaltung vorsieht, deutlich gestärkt. Das Äquivalenzprinzip gibt somit nicht im engen Sinne einer Individualäquivalenz, wohl aber in Form einer weitergehenden Interpretation, in der das Verhältnis zwischen den Leistungen der Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft und der Finanzierung dieser Leistungen durch einzelne Gruppen und die Gesamtheit der Gemeindeeinwohner und der kommunalen Unternehmen zum Ausdruck kommt, deutliche Anhaltspunkte für einen kommunalen Zugang zur Einkommensteuer. Angesichts der nachrangigen Bedeutung des Äquivalenzprinzips, die nicht zu einer ‚quasi verfassungsrechtlichen Berücksichtigungspflicht‘ – ähnlich dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz – führt, kann jedoch nicht von einer Gebotenheit einer solchen steuerlichen Ausgestaltung ausgegangen werden.
IV. Die Prüfkriterien der Gemeindefinanzkommission 2010 Mit den Prinzipien der kommunalen Selbstverwaltung, der Leistungsfähigkeit und der Äquivalenz sowie den Rahmenbedingungen der Finanzverfassung wurden die zentralen rechtlichen Aspekte für kommunale Steuern erörtert. Daneben sind in einem Anforderungsprofil an ein kommunales Steuersystem jedoch weitere, vornehmlich steuer- und finanzpolitische sowie ökonomische Erwägungen zu berücksichtigen.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
Im Rahmen der beim Bundesministerium der Finanzen angesiedelten Gemeinde finanzkommission, die in den Jahren 2010 und 2011 einen Vorschlag zur Neu regelung der Kommunalfinanzen unterbreiten sollte, wurden sogenannte Prüfkriterien für kommunale Steuern formuliert, anhand derer Vorschläge zur Neuordnung der Kommunalfinanzen bewertet wurden.574 Diese zwölf Kriterien sind als solche nicht neu575, sondern bieten vielmehr eine gute Widergabe und Zusammenstellung von teilweise bereits vielfach erörterten Anforderungen an ein kommunales Steuersystem. Aus Gründen der Vergleichbarkeit sollen sie im Folgenden dargestellt und im Hinblick auf einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung untersucht werden.576 Zu beachten ist dabei einerseits, dass die von der Gemeindefinanzkommission zusammengestellten Aspekte nicht vollständig sind; weitere Erwägungen werden daher in den nachfolgenden Gliederungspunkten berücksichtigt. Weiterhin sind die Kriterien auch nicht speziell für eine „kommunale Einkommensteuer“, sondern mit Blick auf das gesamte Kommunalsteuersystem entwickelt worden. Auch hat der Katalog durchaus eine gewisse Lastigkeit vor allem bei solchen Kriterien, die für die politische Durchsetzbarkeit einer Steuer relevant sind. Dennoch bieten die Prüfkriterien der Gemeindefinanzkommission beim Bundesminister der Finanzen einen guten Überblick und einen Leitfaden für das weitere Anforderungsprofil an ein kommunales Steuersystem. 1. Interessenband zwischen Kommunen und örtlicher Wirtschaft Bei einer Betrachtung des kommunalen Steuersystems als Ganzes ist die Frage relevant, inwieweit ein enger Bezug zwischen lokaler Wirtschaftskraft und kommunalen Einnahmen gewährleistet ist.577 Ein solcher ist erforderlich, damit die Kommunen einen Anreiz haben, Unternehmen anzusiedeln.578 Die Vermeidung von Lärm, Schmutz, Gebietsverbrauch und teurer Infrastruktur könnten eine Gemeinde andernfalls womöglich dazu veranlassen, keine Gewerbeflächen bereit zu stellen und den Fokus auf die Ansiedlung von Wohnbevölkerung zu legen.579 Relevante Faktoren für ein solches Interessenband sind einerseits der Kreis der Steuer 574 Bundesministerium der Finanzen, Zwischenbericht der Arbeitsgruppe Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Anlage 1. 575 Sie wurden u. a. auch vom BMF weitgehend in dieser Form bereits von der AG Kommunalsteuern während der vorangegangenen Diskussionen um eine Gemeindefinanzreform im Jahr 2003 verwendet, vgl. BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 7. 576 Die folgende Gliederung ist der Vergleichbarkeit halber weitestgehend mit dem Wortlaut der Prüfkriterien der Gemeindefinanzkommission identisch. 577 Damit eng verknüpft ist das Ziel der örtlichen Radizierbarkeit einer Steuer, nach dem Steuern aus einer lokalen, eigenen Quelle kommen sollten. Vgl. dazu bereits oben III. 3. b) sowie Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 145 f. 578 Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 21 f. 579 Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 26 f.
IV. Die Prüfkriterien der Gemeindefinanzkommission 2010
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zahler, andererseits die Breite der Bemessungsgrundlage sowie die Höhe bzw. Fühlbarkeit der Steuerzahlung.580 Diese Frage spielt insbesondere mit Blick auf die Garantie einer wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit Hebesatzrecht, Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG581, bei der Gewerbesteuer eine wichtige Rolle. Diese gewährleistet in ihrer derzeitigen Ausgestaltung, der direkten Anknüpfung an den Gewerbebetrieb als Steuerobjekt, eine unmittelbare Verknüpfung zwischen der Gemeinde und den lokalen gewerblichen Unternehmen. Zu beachten ist gleichwohl, dass die Belastung lediglich der gewerblichen Einkünfte dazu führt, dass etwa freiberufliche oder landund forstwirtschaftliche Tätigkeiten nicht von der Gewerbesteuer umfasst sind.582 Aufgrund hoher Freibeträge sind ferner auch zahlreiche kleinere gewerbliche Unternehmen nicht von der Gewerbesteuer betroffen.583 Die Forderungen nach einem großen Kreis der Steuerzahler sowie einer breiten Bemessungsgrundlage sind damit nicht erfüllt. Hier könnte ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung das Band zwischen den Gemeinden und sämtlichen Unternehmern, Freiberuflern und sonstigen Selbstständigen vor Ort stärken – schließlich sind alles diese Gruppen wenn nicht zwingend gewerbe-, so doch zumindest einkommensteuerpflichtig. Wenngleich die Kommunen bereits einen Anteil am Einkommensteueraufkommen erhalten, würde – wie bereits erläutert – ein Mitspracherecht der Gemeinde etwa bei der Ausgestaltung des Hebesatzes für eine deutliche Fühlbarkeit und somit ein stärkeres Interessenband sorgen. Voraussetzung wäre allerdings, dass eine solche „kommunale Einkommensteuer“ teilweise nicht an den Wohnsitz des Steuerpflichtigen, sondern an den Ort seiner Tätigkeit anknüpft. Bislang richtet sich die Höhe des Gemeindeanteils lediglich nach dem Wohnsitz des Steuerpflichtigen.584 Auch wenn einerseits anzunehmen ist, dass große Teile der genannten Berufsgruppen – etwa Landwirte – ohnehin am Ort ihrer Tätigkeit auch wohnen, andererseits manche gar aufgrund ihrer Residenzpflicht dazu verpflichtet sind585, kann nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass insbesondere Bezieher hoher Einkommen aus freiberuflicher Tätigkeit auch ihren Wohnsitz am Ort ihrer Berufsausübung haben. Dieser Aspekt ist somit bei der Untersuchung der Ausgestaltung zu berücksichtigen. 580 So BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 6. Vgl. auch Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 31. 581 Dazu ausführlich oben I. 3. 582 Dies ist auch mit dem Gleichheitssatz vereinbar, vgl. BVerfGE 120, 1. 583 Gem. § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG beträgt der Freibetrag für Einzelunternehmen und Personengesellschaften derzeit 24.500 €. Siehe dazu auch Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 172, 175 f. 584 Siehe dazu oben Kapitel 1, III. 3. c). 585 Siehe für Vertragsärzte etwa § 24 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV, BGBl. I 1957, S. 572, 608. Demnach muss ein Vertragsarzt seine Wohnung so wählen, dass er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Vertragsarztsitz zur Verfügung steht.
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Auf der anderen Seite dürfen die Kommunen aber auch nicht das Interesse am Zuzug bzw. Erhalt der Wohnbevölkerung verlieren.586 Davon ist jedoch schon deshalb nicht auszugehen, weil nicht nur das Aufkommen verschiedener Steuern, sondern auch die Höhe der Schlüsselzuweisungen sich weitgehend an der Einwohnerzahl bemisst. Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer bezüglich des Interessenbandes zwischen Kommune und örtlicher Wirtschaft zumindest neutral zu bewerten ist. Bei einer teilweisen Anknüpfung nicht an den Wohnort des Steuerpflichtigen, sondern auch an den Ort seiner Tätigkeit, könnte das Band zwischen der Gemeinde und auch den ansässigen Landwirten, Freiberuflern und sonstigen Selbstständigen gestärkt werden, sodass ein größerer Steuerzahlerkreis spürbar von der Kommune steuerlich belastet wird.587 2. Hebesatzrecht der Kommunen Aus Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG, ergibt sich, wie bereits oben unter I. 3. er örtert, dass den Gemeinden eine wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht zustehen muss. Die sich aus einem solchen Hebesatzrecht ergebende Beweglichkeit der Gemeindebesteuerung588 ist erforderlich, damit die Kommunen flexibel auf sich wandelnde Bedarfe sowie sich ändernde Zahler- und Nutzerkreise reagieren können.589 Neben der Gewerbesteuer wäre auch eine „kommunale Einkommensteuer“ eine Steuerquelle mit kommunalem Hebe- bzw. Zuschlagsrecht. Daher wäre eine solche vor den Hintergrund dieses Kriteriums positiv zu bewerten. 3. Aufkommenswirkungen Von zentraler Bedeutung sind die Konsequenzen einer Änderung im Kommunalsteuersystem für die Höhe des Steueraufkommens: Das wohl wichtigste, wenngleich nahezu selbstverständliche Ziel einer Gemeindesteuer sollte sein, dass ihr Aufkommen den Gemeinden verlässlich und stetig, vor allem aber ausreichend die erforderlichen Mittel zur Finanzierung ihrer Aufgaben gewährleistet (Fiskal 586
Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 6 f. 587 Die weiteren Kriterien für ein starkes Interessenband zwischen Kommune und Wirtschaft werden bzw. wurden an anderer Stelle thematisiert: Die Breite der Bemessungsgrundlage wird unten (IV. 7.) gesondert erörtert. Das Kriterium der Höhe bzw. Fühlbarkeit der Steuer ist bereits im Rahmen des Äquivalenzprinzips (III. 3. b)) diskutiert worden. 588 Dazu etwa Hansmeyer/Zimmermann, AfK 1993, S. 221 ff. 589 Popitz, Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, 1932, S. 113 f.; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 148 f.
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ziel bzw. Fiskalische Ergiebigkeit).590 Das bedeutet auch, dass ein kommunales Steuersystem den unterschiedlichen Einnahmebedarfen der Gemeinden Rechnung tragen sollte.591 Als zentrale Interessen der Kommunen bei jedweder Reform lässt sich daraus zum ersten der Grundsatz der Aufkommensneutralität ableiten: Eine Kommunalsteuerreform dürfte keinesfalls dazu führen, dass das bisherige Aufkommen aus den Kommunalsteuern spürbar zurückgeht. Zum zweiten ist auch das Bedürfnis nach einer gewissen Planungssicherheit zu nennen. Auf diese Ziele soll nachfolgend näher eingegangen werden. a) Bundesweit (insgesamt für die Gebietskörperschaften) Grundsätzlich erscheint angebracht, dass sich die Aufkommenswirkungen einer Gemeindesteuerreform bei einer bundesweiten Betrachtung insgesamt für die Gebietskörperschaften – und ebenso für die Steuerpflichtigen – in einem vertretbaren Maß bewegen. Ein höheres Gesamtaufkommen bedeutet auf der Schattenseite eine stärkere steuerliche Belastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen. Dies ist angesichts der für weite Teile der Bevölkerung ohnehin bereits vergleichsweise hohen Steuerlast zu vermeiden. Eine – womöglich angezeigte – Entlastung der Steuerpflichtigen wiederum würde zumindest kurz- bis mittelfristig zu Mindereinnahmen der staatlichen Ebenen führen, die ohnehin über eine mangelnde Finanzausstattung klagen. Die Frage nach den generellen, globalen Aufkommenswirkungen jedweder Steuerreform stellt sich jedoch im Rahmen einer steuersystematischen Betrachtung – trotz politischer Nachvollziehbarkeit592 – ohnehin nur am Rande593: Eine Änderung im System sollte rechtlich, finanzpolitisch und steuertechnisch wohlüberlegt sein und sich nach entsprechenden Kriterien richten. Die globalen Aufkommenswirkungen sind hingegen vielmehr als Aspekt der Steuersatzgestaltung in einem zweiten Schritt zu erörtern: Ob eine Steuer gut oder schlecht ist, hängt 590
Bereits Popitz, Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, 1932, S. 112 f.; ferner Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 24; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 140 f. Letzterer spricht in diesem Zusammenhang auch das Merkmal der Kostengünstigkeit einer Steuer an, welches sich aus der Erhebungsbilligkeit und der Entrichtungsbilligkeit ergebe. 591 Oestreicher, FR 2010, S. 965 (968 ff.); Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 29 ff. 592 Eilfort, Steuerrechtsordnung und Gesetzgebung – ein Widerspruch?, in: FS Lang, 2011, S. 375 (378), verweist zutreffend auf die „vorauseilende Selbstaufgabe“ der Politik in Form der Annahme, Steuerreformen seien nur in Verbindung mit Entlastungen für den Bürger möglich. 593 Siehe auch Hey, Steuerreformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftspolitische Blätter 2008, S. 519 (522), die zu Recht bemängelt, dass präzise Reformziele in der politischen Debatte stets von Aufkommens- und Verteilungsfragen in den Hintergrund gerückt werden.
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nicht von ihrem – globalen (!) – Aufkommen ab, da dieses durch den Steuersatz jederzeit zu regeln wäre. Dies gilt erst recht bei der Diskussion einer von den Kommunen autonom festzusetzenden Steuer: Grundsätzlich ist die Einführung eines kommunalen Hebesatz- bzw. Zuschlagrechtes bei der Einkommensteuer zunächst global aufkommensneutral: Die Einkommensteuerbelastung für den Bürger ändert sich zunächst – durch die Systemänderung an sich – grundsätzlich nicht. Sie hängt im wesentlichen auch nicht vom Systemwechsel, sondern von der Gestaltung der jeweiligen Steuer-, Hebe- oder Zuschlagssätze ab – schließlich entspricht es dem Wesen der Diskussion, dass die Gemeinden selbst festlegen, welches Steueraufkommen zur Deckung entsprechender Bedarfe erforderlich ist. Die Frage der Aufkommenswirkungen lässt sich bei Steuerreformen daher bereits grundsätzlich nur schwerlich vorhersagen.594 Bei einer vollumfänglichen Hebe- bzw. Steuer- oder Zuschlagssatzautonomie der Gemeinden wäre die Erzielung einer trennscharfen Aufkommensneutralität schlichtweg vermutlich gar nicht möglich595 – wenngleich nicht davon auszugehen ist, dass sich größere Schwankungen ergeben. Allenfalls wären daher Überlegungen hinsichtlich bestimmter Ober- oder Untergrenzen für die Gestaltung der Sätze, wie dies bei der Gewerbesteuer der Fall ist596, denkbar, um übermäßige Entwicklungen in Einzelfällen zu verhindern. Ansonsten ist die Frage nach den bundesweiten Aufkommenswirkungen einer „kommunalen Einkommensteuer“ nur wenig relevant. Sobald dieser Aspekt jedoch nicht lediglich global, sondern hinsichtlich der Aufkommensverschiebungen zwischen den staatlichen Ebenen und den einzelnen Gebietskörperschaften betrachtet wird, ergeben sich für die Ausgestaltung einer Steuer wichtige Aspekte: Einerseits ist die „kommunale Einkommensteuer“ in jedem Fall weitgehend so auszugestalten, dass sich das Aufkommen für Bund und Länder aus der Einkommensteuer nicht ändert, sondern lediglich der Gemeindeanteil betroffen ist.597 Weiterhin sind aufgrund des Bedürfnisses der Gemeinden nach Planungssicherheit und stetigen Einnahmen Fragen der Konjunktur- und Wachstumsreagibilität zu beachten. In besonderer Weise stellt sich die Frage der Aufkommenswirkungen schließlich bei einer interkommunalen Betrachtung: Hier sind die Verteilungswirkungen besonders in den Blick zu nehmen. Diese Aspekte werden im weiteren Verlauf der Untersuchung behandelt. Teilweise können sie je 594
Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 84 mit Fn. 55; Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, Vorwort, S. VIII. Ebenso Hey, Steuerreformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftspolitische Blätter 2008, S. 519 (525 f.), die aus diesem Grund das übermäßige politische Gewicht entsprechender Quantifizierungen kritisiert. 595 Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 84 ff., 86. 596 § 16 Abs. 4 S. 2 GewStG. 597 Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 31; Hey, Steuer reformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftspolitische Blätter 2008, S. 519 (526 f.).
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doch allenfalls auf der Basis einer Quantifizierung verschiedener Reformmodelle beurteilt werden – wobei selbst solche nicht zwingend zu verlässlichen Aussagen führen müssen. b) Konjunkturreagibilität Im zentralen Interesse der Gemeinden liegt es, über längere Zeiträume mit bestimmten Einnahmen rechnen zu können. Planungssicherheit und – aufgrund des weitgehend unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen gegebenen Finanzbedarfs der Kommunen – vor allem auch Stetigkeit der Einnahmequellen sind ein stets angebrachtes Kriterium für ein Gemeindesteuersystem.598 Diese Aspekte hängen von der Konjunkturreagibilität einer Steuer ab. Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass ertragsabhängige Steuern wie die Gewerbe- oder die Einkommensteuer (zumindest hinsichtlich der Gewinneinkünfte) und somit auch eine „kommunale Einkommensteuer“ stets konjunkturellen Schwankungen unterworfen sind. Eine geringe Konjunkturanfälligkeit könnte hingegen vor allem – so sehen es diverse Steuerreformkonzepte vor – durch eine an der Wertschöpfung orientierte und somit ertragsunabhängige, zusätzliche Steuer, z. B. auf die erwirtschafteten Bruttolöhne, gewährleistet werden.599 Das Bedürfnis einer Unabhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen ist jedoch kein Spezifikum kommunaler Haushalte, sondern jedes öffentlichen Etats. Entsprechend lassen sich Substanzsteuern auch auf kommunaler Ebene wegen Verstoßes gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip und der Gefahr eines unverhältnismäßigen Eigentumseingriffs nicht rechtfertigen.600 Eine ertragsunabhängige Gemeindesteuer hat somit verfassungsrechtliche Grenzen.601
598
Siehe bereits Popitz, Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, 1932, S. 117 f. Auch die Kommission für die Finanzreform bemängelte Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland („Troeger-Gutachten“), 1966, Tz. 4, einleitend als zentralen Mangel des damaligen Finanz- und Steuersystems der Kommunen, dieses sei „allzu konjunkturempfindlich“. Siehe ferner Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 41 ff.; Hickel, Der Städtetag 1988, S. 327; Hey, StuW 2002, S. 314 (320); Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 1991, S. 58; Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 96; BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 7 ff.; Schwarting, Kommunale Steuern, 2. Aufl. 2007, Rn. 29. Die Arbeitsgruppe Kommunalsteuern der Gemeindefinanzkommission 2003 nennt das Ziel „Verstetigung der gemeindlichen Steuereinnahmen“, vgl. Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 32. 599 So etwa Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 57 ff. 600 So Hey, StuW 2002, S. 314 (320); Jachmann, BB 2000, S. 1432, 1433 ff. 601 Jachmann, BB 2000, S. 1432.
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Das Kriterium der möglichst geringen Konjunkturreagibilität kann entsprechend nicht allzu sehr ins Gewicht fallen. Dazu ist ferner zu berücksichtigen, dass eine geringe Konjunkturreagibilität einer Steuer nach einer überzeugenden Ansicht prozyklische Effekte mit sich bringen könnte, welche womöglich zu einer Verschärfung entsprechender Krisen führen.602 Ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung ist vor diesem Hintergrund weitgehend positiv zu bewerten: Als ertragsabhängige Steuer ist einerseits eine gewisse Konjunkturreagibilität gegeben, sodass die Gefahr prozyklischer Effekte nicht gegeben ist. Durch die breite Bemessungsgrundlage, die Einbeziehung eines großen Teiles der Einwohner als Steuerpflichtige sowie die quantitativ große Bedeutung der Lohnsteuer ist ferner eine gewisse Beständigkeit der Einnahmen garantiert. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass es ebenso zu konjunkturell bedingten Schwankungen, die sich nur singulär in einzelnen Gemeinden auswirken, kommen kann. Diese werden bei der bestehenden Rechtslage durch Regelungen wie insbesondere die bestehenden Kappungsgrenzen (vgl. § 3 Abs. 1 S. 4 GFRG) oder die enge Verknüpfung sämtlicher Gemeinden bei der Verteilung des Einkommensteueranteils teilweise aufgefangen. Wie sich dies bei einem eigenständigen Zugang der Kommunen zur Einkommensteuer verhielte, hängt im Wesentlichen von der Ausgestaltung ab. Der Faktor der Konjunkturreagibilität ist entsprechend auch diesbezüglich im dritten Kapitel dieser Arbeit zu berücksichtigen. c) Wachstumsreagibilität Eine „gute Steuer“ sollte hinsichtlich ihres Aufkommens zwar kurzfristig eher stetig sein, langfristig aber mit dem Wirtschaftswachstum Schritt halten können.603 Der entsprechende Maßstab dafür ist die Wachstumsreagibilität einer Steuer. Die Finanzwissenschaft ermittelt in diesem Zusammenhang die sogenannte Aufkommenselastizität, die den Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Wachstum des Steueraufkommens und damit die Dauerergiebigkeit einer Steuer darstellt.604 Es erscheint erstrebenswert, dass diese kurz- und langfristig den Wert 1 aufweist, damit das Steueraufkommen nicht im Vergleich zur Wirtschaftskraft abfällt.605
602
Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 34 f.; BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 8 mit Fn. 2. 603 Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 146 f.; Sander, Wirtschaftsdienst 2001/VIII, S. 447 (450); ders., Gemeindeeinkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004, S. 114 ff. m. w. N.; Junkernheinrich, Gemeindefinanzen, 1991, S. 58. 604 Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 13 ff. 605 Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 146 f.
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Eine noch bessere Aussagekraft hat hier die sogenannte Bemessungsgrundlagen elastizität, die gegenüber der Aufkommenselastizität die Wirkungen von Steuerbzw. Hebesatzänderungen bzw. kalter Progression nicht berücksichtigt, sondern nur das Verhältnis von Wirtschaftswachstum und Wachstum der Bemessungsgrundlage einer Steuer darstellt. Ein Wert größer oder gleich 1 weist auf eine hervorragende Dauerergiebigkeit einer Steuer hin.606 Die Wachstumsreagibilität der Einkommensteuer fällt grundsätzlich positiv aus, da ihre Bemessungsgrundlage sich weitgehend proportional zur Entwicklung des Sozialproduktes verhält.607 Dies ist teilweise bereits auf die kalte Progression, einer Preissteigerung ohne Wachstum, zurückzuführen, da hier bedingt durch den progressiven Tarif einige Einkommensbezieher in höhere Steuerklassen „hineinrutschen“.608 Für einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung ist dies indes eher nachrangig, da die Einführung eines progressiven Tarifes die für die Frage der Wachstumsreagibilität der Einkommensteuer relevanten Faktoren vermutlich kaum berühren würde. Allenfalls könnte ein progressiver Tarif der „kommunalen Einkommensteuer“ zu einer überproportionalen Wachstumsreagibilität führen.609 4. Sicherung des deutschen Steuersubstrats Zu den Kriterien der Gemeindefinanzreformkommission zählt ferner, dass das Steuersystem so ausgelegt sein sollte, dass die Steuereinnahmen in ihrem Kern erhalten bleiben und kein Steuersubstrat ins Ausland abwandert, indem etwa für Unternehmen Anreize zur Gewinnverlagerung ins Ausland geschaffen werden. Dieser Aspekt ist bei der Untersuchung einer „kommunalen Einkommensteuer“ allenfalls nachrangig zu berücksichtigen, da in die wesentlichen Züge der Einkommensteuer nicht eingegriffen werden soll und auch nicht von einer signifikanten Erhöhung der Steuerbelastung ausgegangen wird. 5. Verteilungswirkungen zwischen den Gebietskörperschaften Die Frage der Verteilungswirkungen einer Steuerreform gehört zu den wesentlichsten zu treffenden Erwägungen. Zunächst gilt dies bereits deshalb, weil die Verteilung der Steuereinnahmen weitreichende allokative, ökonomische und politische Konsequenzen mit sich bringen kann. Dabei spielt auch das Ziel der Gleich 606
Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 15 f. Sander, Gemeindeeinkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004, S. 116 f. 608 BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 8 f. 609 Sander, Gemeindeeinkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004, S. 116 f. m. w. N. 607
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
wertigkeit der Lebensverhältnisse eine wichtige Rolle. Vor allem ist aber die Frage der Verteilungswirkungen für die politische Durchsetzbarkeit einer Reform der zentrale Aspekt. Während rechtswissenschaftliche Erwägungen zur kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, zu Leistungsfähigkeit und Äquivalenz oder zu verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen den Kern der steuertheoretischen Debatte ausmachen und wohl auch die wesentlichen Eckpfeiler für die Ausgestaltung eines kommunalen Steuersystems geben, zählt am Ende – insbesondere für die politischen Entscheidungsträger – in erster Linie, was ‚vor Ort ankommt‘ und welche finanziellen Gewichtsverschiebungen sich – vertikal – zwischen Bund, Ländern und Kommunen sowie – horizontal – zwischen einzelnen Gemeinden oder einzelnen Ländern aus einer solchen Reform ergeben.610 Dabei scheint zu gelten: Wer sich im Ergebnis – wenn auch nur mit einem kleinen Minus – auf der Seite der „Reformverlierer“ glaubt, stellt sich gegen jedwede Reformbemühungen. Sämtliche grundlegenden, systematischen Erwägungen scheinen dabei auf der Strecke zu bleiben. Dieser Faktor ist in einem föderalen, demokratischen Staat, der eine Vielzahl von Kräften und Einzelinteressen hervorbringt, wohl als zwingend hinzunehmen. Entsprechend muss eine Reform so ausgestaltet sein, dass sie hinsichtlich der absehbaren Verteilungswirkungen weitgehend keine nennenswerten Änderungen mit sich bringt – oder jedenfalls weite Teile der Gebietskörperschaften sich zu den „Gewinnern“ einer Reform zählen dürfen, ohne dass die „Verlierer“ gravierende Konsequenzen erwarten müssen. Bei grundlegenden systematischen Einschnitten erweist sich diese Anforderung als große Hürde. Im Folgenden sollen daher zunächst die grundsätzlichen Kriterien für die Verteilungswirkungen ermittelt werden, während die konkreten Konsequenzen im Regelfall mit Fragen der Ausgestaltung zusammenhängen und daher im dritten Kapitel dieser Arbeit erläutert werden sollen. a) Zwischen Bund, Ländern und Kommunen Wie bereits oben unter 3. a) erläutert, sollte die Einführung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensteuer soweit möglich so ausgestaltet sein, dass die Anteile des Bundes und der Ländern an der Einkommensteuer unangetastet bleiben. Dies dürfte im Falle der Einführung etwa eines einfachen Hebesatz- oder Zuschlagsrechtes unproblematisch möglich sein. Es wird jedoch noch die grundsätzliche Frage, welche notwendigen Änderungen im gesamten Steuersystem, insbesondere im Bereich der Gewerbesteuer, bei einer Einführung eines kommunalen Einkommensteuerzugangs erforderlich wären, zu erörtern sein. Aus solchen Änderungen könnten sich dann gegebenenfalls auch weitergehende Verschiebun 610 Vgl. dazu kritisch auch Hey, Steuerreformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftspolitische Blätter 2008, S. 519 (522, 526 f.).
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gen in der Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund, Ländern und Kommunen ergeben. Im Einzelnen kann diese Frage jedoch erst im Rahmen der Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ im dritten Kapitel dieser Arbeit untersucht werden. b) Zwischen Gemeinden Mindestens ebenso wichtig wie die Verteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist die interkommunale Komponente der Verteilungswirkungen einer Steuerreform. aa) Räumliche Streuung als unvermeidbares Problem Dem Idealbild entspräche ein annähernd gleich hohes Pro-Kopf-Aufkommen einer Gemeindesteuer – identische Hebesätze vorausgesetzt – in den meisten oder sogar allen Kommunen, sodass eine kommunale Steuer möglichst wenig räumliche Streuung hervorruft.611 Dies würde jedoch ausgewogene räumliche Strukturen, etwa hinsichtlich der Bevölkerungsdichte, der Einkommensverteilung oder der Gewerbestruktur, voraussetzen.612 Solche sind freilich nicht gegeben. Daraus resultiert die sog. Stadt-Umland-Problematik, eine im Bereich der kommunalen Steuern zentrale Herausforderung: Es scheint nicht möglich, die allokativ beste Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Ballungsräumen, Umlandgemeinden und dem ländlichen Raum durch steuerrechtliche Mechanismen abschließend zu lösen.613 Die Steuereinnahmen der Kommunen in Deutschland divergieren bei der geltenden Rechtslage enorm.614 Im Einzelnen unterscheidet das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) in einer bevölkerungs- und siedlungsstrukturellen Klassifizierung der Kommunen zwischen (1) Kernstädten in Agglomerationsräumen, (2) Kernstädten 611
Dazu bereits grundlegend Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zur Reform der Gemeindesteuern in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 37. 612 Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 37 f. 613 Zu Stadt-Umland-Verteilungen bereits krit. Hickel, Der Städtetag 1988, S. 327 (328); Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 119. 614 Nach BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Bericht AK Strukturanalyse v. 27.1.2011, S. 16 f., lagen die durchschnittlichen gemeindlichen Steuereinnahmen im Jahr 2008 bei 1.013 € je Einwohner; in den Staatstaaten waren es allerdings 1.237 €, in den ostdeutschen Flächenländern nur 555 €; in Frankfurt am Main gar 3.398 €, in den Gemeinden des Landkreises Uecker-Randow nur 302 €.
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in verstädterten Räumen, (3) Städten in anderen siedlungsstrukturellen Räumen, (4) Umlandgemeinden und (5) sonstigen Gemeinden in ländlichen Räumen.615 Die Kategorien der Kernstädte (1 bzw. 2) können aufgrund großer Niveau- und Strukturunterschiede nochmals nach überdurchschnittlicher, durchschnittlicher und unterdurchschnittlicher Steuerkraft unterteilt werden.616 In allen diesen Kategorien wirken sich Änderungen am bestehenden Kommunalsteuersystem unterschiedlich aus (vertikale Streuung), teilweise ist aber auch innerhalb der einzelnen Gemeindeklassen eine große Streuung des Steueraufkommens gegeben (horizontale Streuung).617 Hinzu kommt, dass Kernstädte, die auch für die Bevölkerung umliegender Gemeinden Infrastruktur wie Schulen, Schwimmbäder oder Theater bereitstellen, sowie Betriebsgemeinden, in denen Arbeitsplätze auch für die einpendelnden Bewohner umliegender Gemeinden existieren, regelmäßig einen höheren Pro-Kopf-Finanzbedarf haben als Kommunen, die in erster Linie dem Wohnen dienen.618 Aufgrund dieses im Regelfall höheren Grades an Industrie und Gewerbe in größeren Gemeinden sowie deren Funktion als Oberzentrum, welches auch Einwohner der umliegenden Kommunen wahrnehmen, lässt sich die vertikale Streuung teilweise rechtfertigen; die horizontale Streuung ist hingegen meist problematisch.619 Auch bei der vertikalen Streuung können sich jedoch Probleme ergeben: Zu nennen ist hier insbesondere das sogenannte Speckgürtelphänomen620, welches treffend eine Konzentration des Steueraufkommens in den Wohnsitzgemeinden – häufig in der nahen Umgebung von Großstädten – bei gleichzeitig geringem Aufkommen in den Betriebsstättengemeinden beschreibt. Allzu große Unterschiede in der räumlichen Streuung des Steueraufkommens könnten unter den Gemeinden steuerlich induzierte räumliche Fehlentwicklungen hervorrufen621 und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse gefährden.622 Steuerstarke Gemeinden könnten etwa aufgrund ihres hohen Steueraufkommens auch bei vergleichsweise niedrigen Steuer- bzw. Hebesätzen ein überdurchschnittlich großes Leistungsangebot und entsprechend besondere Standortvorteile bieten, während steuerschwache Kommunen kaum mehr aus eigener Kraft ihre finanziel-
615
Übernommen nach BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 9. So BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 10. 617 Zu den Begriffen: Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 40 f. 618 Zur „Hypothese einer Ausbeutung der Kernstadt durch ihr Umland“ siehe Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 64 ff., 82 ff. Siehe zum Thema auch Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 148 m. w. N. 619 So Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 40 f. 620 Zum Begriff Hey, StuW 2002, S. 314 (324) m. w. N. 621 So Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 38. 622 Statt vieler Scherf, in: Andel (Hrsg.), Probleme der Kommunalfinanzen, 2001, S. 19 f. 616
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len Lage verbessern können, da selbst niedrige Hebesätze bei einem sehr schmalen kommunalen Leistungsangebot wenig attrahierend wirken.623 Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an einer angemessenen Infrastruktur und einer adäquaten Daseinsvorsorge des Staates ebenso wie an einer angemessenen Steuerbelastung ist unbestritten. Eine Steuerreform sollte daher im Blick haben, diesen Konflikt nach Möglichkeit wenigstens im Bereich der horizontalen Streuung zu entschärfen.624 bb) Räumliche Streuung und „kommunale Einkommensteuer“ Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Überlegungen zur Problematik der räumlichen Streuung ist nun nachfolgend die Frage zu erörtern, wie sich die Einrichtung eines kommunalen Mitbestimmungsrechtes bei der Einkommensteuer auf die räumliche Verteilung des Steueraufkommens auswirkt. (1) Steuerwettbewerb und steuerlich induzierte Migrationsbewegungen als Chance oder Problem? Die Situation insbesondere steuerschwacher Kommunen könnte durch mögliche negative externe Effekte eines „kommunalen Unterbietungswettbewerbs“ um günstige Steuersätze gefährdet sein. Gemeindesteuern sollten aber gerade nicht dazu beitragen, Infrastrukturunterschiede zwischen einzelnen Gemeinden zu verstärken.625 Damit stellt sich hier der Kernkonflikt einer steuerlichen Konkurrenz: Einerseits ist davon auszugehen, dass ein – durch einen eigenen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung, aber auch durch die schon existierenden Hebesätze bei den Realsteuern entstehender – kommunaler Wettbewerb um niedrige Steuern, aber auch um ein entsprechendes kommunales Leistungsangebot, zu einer besseren Allokation der vorhandenen Mittel, einer besser auf die Bedürfnisse der Bürger abgestimmten Infrastruktur, einem effizienteren Einsatz der Ressourcen, einer kostengünstiger arbeitenden Verwaltung und damit letztendlich zu leistungsstärkeren Kommunen führt.626 Andererseits stellt sich jedoch die Frage, ob demgegenüber negative Effekte überwiegen, indem etwa einige wenige, steuerstarke Gemeinden ihren Vorsprung noch erhöhen, während steuerschwache Gemeinden auch bei hohen Steuersätzen kaum mehr die grundlegende Daseins 623 So Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 38. 624 Ebenso statt vieler BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 17. 625 Lang, Entwurf eines Steuergesetzbuchs, BMF-Schriftenreihe Heft 49, 1993, Rn. 743. 626 Siehe zu diesem „Wettbewerbsföderalismus“ grundlegend Zimmermann, Kommunal finanzen, 2. Aufl. 2009, S. 33 ff. Positiv dazu Siekmann, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 106 Rn. 46.
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fürsorge gewährleisten können, indem es zu einem Race to the bottom627 kommt, sich die Gemeinden also dadurch gegenseitig Schaden zufügen, dass die Steuersatzkonkurrenz zu zu niedrigen Sätzen führt. Entscheidend bei dieser Problematik ist die Frage, welchen Einfluss die Höhe kommunaler Steuersätze einerseits sowie das kommunale Leistungsangebot andererseits überhaupt auf die Bürgerinnen und Bürger haben, das heißt welche Abweichungen von einem Erwartungshorizont der Gemeindeeinwohner Wanderungsbewegungen auslösen könnten – und inwieweit derartige Wanderungsbewegungen nicht gar als notwendige und richtige Konsequenz des Systemwechsels erwünscht sind. Die Problematik der steuerlich induzierten Migration stellt sich insbesondere bei einkommensstarken Bürgern.628 Schon mit Blick auf das Preußische Kommunalabgabengesetz von 1893, welches kommunale Zuschläge bei der Einkommensteuer vorsah, wurde festgestellt, dass wohlhabende Bürger aus Industriestädten in Gemeinden mit niedrigen Steuersätzen abwanderten, sodass in ersteren nur noch ärmere Arbeiter lebten.629 Eine solche Konsequenz des Steuerwettbewerbs kann allein aufgrund der daraus resultierenden Ungleichheiten in der Bevölkerungsstruktur ebenso wie – in der Konsequenz – auch der Finanzausstattung auch heute keine Zustimmung finden. Entsprechend sollte bei der Ausgestaltung einer „kommunalen Einkommensteuer“ auf eine gleichmäßige, aber dennoch dem Leistungsfähigkeitsprinzip genügende Belastung der Steuerbürger Acht gegeben werden. Wenn auch Grundgedanken der Äquivalenz berücksichtigt werden sollen, bietet sich entsprechend etwa ein proportionaler Tarif an630 ; ebenso kann entsprechend der bisherigen Verteilungsregelungen im Gemeindefinanzreformgesetz womöglich über eine Kappung der Bemessungsgrundlage oder gar einen bestimmten Korridor für den Steuer-, Hebe- bzw. Zuschlagsatz631 nachgedacht werden. Unter diesen Voraussetzungen ist Migration im Sinne eines Steuerwettbewerbs nicht schädlich. Abstrakt betrachtet, erfordert eine Abwanderungsabsicht, dass die Aussicht, in einer anderen Gemeinde einen höheren Lebensstandard zu erzielen und gleichzeitig geringere Steuern zu zahlen, die Kosten der Wanderung und sämt 627 Dazu Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 285 f. mit Verweis auf Zodrow/Mieszkowski, Pigou, Tiebout, Property Taxation and the Under-Provision of Local Public Goods, Journal of Urban Economics Vol. 19, 1986, S. 296 ff. 628 Oestreicher, FR 2010, S. 965 (971); Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (171). 629 So die Beobachtung von Erzberger, siehe Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 149 m. w. N. 630 Dazu bereits oben III. 2. b). 631 Unter den Voraussetzungen des im Rahmen der Finanzreform 1969 von der TroegerKommission vorgesehenen Hebesatzrechtes, welches die Steuerlast durch den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer um bis zu 20 % erhöhen oder vermindern konnte, sieht Müscher, Der kommunale Anteil an der Einkommensteuer – zur Raumbedeutsamkeit des Verteilungssystems und des geplanten Hebesatzrechtes, 1979, S. 202 ff., keinen Anlass für eine steuerlich induzierte Migration, nicht einmal für eine Einbeziehung der lokalen Steuerbelastung in die Umzugskalkulation.
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liche Bindungen an den bisherigen Wohnort übersteigen.632 Zudem ist jedoch davon auszugehen, dass auf Basis des Prinzips der institutionellen Kongruenz Nutzer und Zahler kommunaler Einrichtungen sowie stimmberechtigte Bevölkerung weitgehend übereinstimmen633 und entsprechend im Wege demokratischer Partizipation innerhalb der Gemeinde ein mehrheitlich gewünschtes und vermutlich auch allokativ günstiges Verhältnis von kommunalen Leistungen und kommunaler Besteuerung gefunden sowie entsprechend der Wünsche der Bürger regelmäßig angepasst wird. Allein diese direkte Einbindung der Bevölkerung an den Entscheidungen über die Finanzierung ihrer Gemeinde und das daraus resultierende stärkere Interesse an kommunalen Angelegenheiten könnte einer Wohnsitzverlagerung der Bürger entgegenwirken.634 Wenn einzelne Bürger dennoch in anderen Kommunen ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis vorfinden, steht es ihnen frei und ist notwendige und richtige Konsequenz des Systems, womöglich auch den Wohnsitz zu wechseln.635 Zu bedenken ist dabei jedoch auch, dass die Frage nach kommunaler Besteuerung und kommunalen Leistungen – sofern diese nicht eklatant auseinander driften, was zu verhindern wäre – im Regelfall nur nachrangig die Wohnortwahl beeinflussen wird. Hier stehen vielmehr Faktoren wie persönliche und familiäre Bindungen an einen Ort, Grundbesitz oder ein Arbeitsverhältnis eine Rolle; auch sind die Kosten eines Wohnsitzwechsels zu berücksichtigen.636 Hinzu kommt, dass eine gewisse ‚Trägheit‘ oder ‚Beharrlichkeit‘ wohl dazu führt, dass sich die besseren Lebensbedingungen (oder die geringere Steuerbelastung) an einem anderen Ort „förmlich aufdrängen“ müssten, bevor sich der einzelne Bürger zu einem Umzug entschließt637 – und dass er sicher sein muss, dass diese besseren Bedingungen eine genügend lange Zeit anhalten638. Aus diesen Gründen wird sich die steuerlich induzierte Migration – so steht zu vermuten – in handhabbaren 632
Dazu ausführlich Beland, AfK 1998, S. 104 (107 ff.). Dazu ebenso bereits oben III. 3. b) mit Verweis auf Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 28, 627 ff., sowie Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (167). 634 Oestreicher, FR 2010, S. 965 (971). 635 Teilweise wird dies auch als gewünschtes Ziel einer „kommunalen Einkommensteuer“ angesehen, siehe etwa Wendt, BB 1987, S. 1677 (1683); Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 149 ff. Eine Einordnung als „notwendige und richtige Konsequenz“ erscheint jedoch sachgerechter, da die primären Ziele einer „kommunalen Einkommensteuer“ in anderen Aspekten – etwa der Finanzautonomie und der Stärkung des Interessenausgleichs – begründet sind. − Der Deutsche Städtetag (Hrsg.), ZKF 2002, S. 146 (147) lehnt jedoch aus Gründen einer befürchteten Migration insbesondere von Kernstädten in das Umland ein Hebesatzrecht beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer ab. 636 Diese Kriterien vernachlässigt Tiebout in seinem Modell zur Migration (Tiebout, A pure theory of local expenditures, in: Journal of Political Economy, Bd. 64, 1956, S. 416 ff.) – zitiert nach Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 31 ff. 637 So überzeugend Beland, AfK 1998, S. 104 (108 ff.); ähnlich Wendt, BB 1987, S. 1677 (1685). 638 Sander, Gemeindeeinkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004, S. 124 m. w. N. 633
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Grenzen halten und im Gegenzug der Impuls zu einer Mitgestaltung des Gemeinwesens verstärkt werden. Der durch eine „kommunale Einkommensteuer“ entstehende Wettbewerb zwischen den Gemeinden ist in seiner anzunehmenden Intensität und Stoßrichtung damit primär wünschenswert. (2) Kommunaler Zugang zur Einkommensteuer als Korrektiv zur Gewerbesteuer? Auf der anderen Seite wird ins Feld geführt, dass ein Hebesatzrecht auch bei der Einkommensteuer dazu führen kann, dass die Stadt-Umland-Problematik entschärft wird, indem bestehende Verwerfungen zwischen Gemeinden mit ertragsstarken Gewerbebetrieben und Gemeinden, die vornehmlich als Wohnstätte dienen, korrigiert werden. So formuliert etwa der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Jahresgutachten 2010/11: „Die Verteilung der Steuereinnahmen zwischen den Gemeinden würde deutlich einheitlicher ausfallen, da sich das Pro-Kopf-Einkommen regional wesentlich weniger unterscheidet als die Unternehmensgewinne. Dies bedeutet aber auch, dass es zu Aufkommensverschiebungen von den bislang von der Gewerbesteuer profitierenden Betriebsstättengemeinden hin zu den Wohnstättengemeinden kommen würde. Damit würde aber nur die bestehende regionale Ungleichverteilung des Gewerbesteueraufkommens korrigiert.“639 Dieser Auffassung ist nur wenig hinzuzufügen. Zu beachten ist auch, dass die Einkommensteuer aufgrund ihrer deutlich breiteren Bemessungsgrundlage, die vor allem auch gewinnunabhängige Elemente beinhaltet, deutlich weniger Volatilität aufweist als die Gewerbesteuer. Entsprechend böte sich hier ein kommunaler Zugang als Korrektiv an. (3) Kommunaler Finanzausgleich als Werkzeug zur Lösung von Verteilungskonflikten Schließlich ist zu berücksichtigen, dass den Ländern mit dem interkommunalen, horizontalen Finanzausgleich ein Mittel zur Verfügung steht, um Verteilungskonflikte wenigstens zu entschärfen. Dieses sollte jedoch – um die vorgehenden Überlegungen zur Finanzautonomie, zum Äquivalenzgedanken und der entsprechend besseren Einbindung des Bürgers in seiner Gemeinde nicht zu konterkarieren – nur mit Zurückhaltung und Bedacht eingesetzt werden, um unlösbare Verwerfungen zu korrigieren. Auch dies ist im dritten Kapitel dieser Arbeit bei der Untersuchung der konkreten Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ zu berücksichtigen. 639 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2010/11, BT-Drucks. 17/3700, Tz. 397. Ebenso Sander, Wirtschaftsdienst 2001/ VIII, S. 447 (450).
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(4) Fazit: Ein Steuergefälle als notwendiges und lösbares Problem Abschließend lassen sich zu dieser Überlegung zwei Aspekte festhalten. Grundsätzlich ist zu beachten, dass das hier zu Recht kritisierte und bei Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ befürchtete Steuergefälle in einem gewissen Rahmen möglicherweise auch notwendige Konsequenz vieler der in diesem Kapitel geschilderten Ziele und Erwägungen ist.640 Vor allem aber hängt das Ausmaß, in dem eine „kommunale Einkommensteuer“ zu räumlichen Streuungen des Steueraufkommens führt, in erster Linie von der konkreten Ausgestaltung, der Bestimmung von Bemessungsgrundlage, dem Kreis der Steuerpflichtigen, der Anknüpfung an den Wohnsitz und den weiteren Regelungen des Tarifes ab.641 Geringe oder keine Freibetragsregelungen, eine Kappungsgrenze bei der Bemessungsgrundlage, eine breite Einbeziehung von Steuerpflichtigen sowie ein proportionaler Tarif würden einer breiten räumlichen Streuung beispielsweise vermutlich entgegenwirken. Diese Aspekte können und müssen abschließend bei der Untersuchung der Ausgestaltung im dritten Kapitel dieser Arbeit berücksichtigt werden. Eine besondere Schwierigkeit liegt schließlich darin, dass neben dem Interesse der Gemeinden nach einem möglichst gleichbleibenden oder höheren Steueraufkommen ebenso ein Interesse der Bürger und der Unternehmen an einer gleichmäßigen Steuerlast besteht. Beide gleichzeitig sind bei einer Systemänderung nur schwerlich zu berücksichtigen. Auf die Verteilungswirkungen zwischen den Steuerpflichtigen soll im Folgenden eingegangen werden. 6. Be- und Entlastungswirkungen zwischen den Steuerpflichtigen Schließlich soll das Interesse der Bürger berücksichtigt werden, durch eine Änderung des Kommunalsteuersystems nicht wesentlich stärker belastet zu werden (Belastungsneutralität). Neben dem Gerechtigkeitsaspekt spielen auch Gründe der politischen Durchsetzbarkeit einer Reform bei diesem Kriterium eine Rolle.642 Eine Reform sollte entsprechend – sofern dies nicht politisch gewollt ist – nicht zu einer signifikanten Verlagerung der Steuerlasten, etwa zu einer verstärkten Belastung der Wohnbevölkerung zum Zwecke der Entlastung der Wirtschaft oder an 640
Vgl. auch bereits Wendt, BB 1987, S. 1677 (1683). Ebenso Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 39. 642 Dazu Hey, Steuerreformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftspolitische Blätter 2008, S. 519 (522): „Der Wähler lässt sich (…) nicht mit Gerechtigkeitsargumenten kaufen, sondern nur mit der Versprechung neuer und der Wahrung bestehender Steuervorteile.“ 641
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ders herum führen. Einerseits ist dabei die Belastung der einzelnen Gruppen der Steuerpflichtigen (Arbeitnehmer, Kapitalgesellschaften, Personenunternehmen, Selbstständige etc.) global zu betrachten, andererseits aber auch der Beitrag der jeweiligen Gruppe zum kommunalen Steueraufkommen.643 Diese Aspekte wären im Rahmen der Quantifizierung bestimmter Steuer modelle zu erörtern.644 Bei einer isolierten Einführung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung ist jedoch von keinen signifikanten Verlagerungen der Be- und Entlastung der Steuerpflichtigen auszugehen.645 7. Breite der Bemessungsgrundlage Die Gemeindefinanzreformkommission führte ferner das Kriterium einer sowohl hinsichtlich der Steuerpflichtigen (personell) als auch hinsichtlich des Steuerobjekts (sachlich) breite Bemessungsgrundlage an. Dahinter steht das politische wie demokratietheoretische Argument, dass sich eine Steuer auf eine breite Basis stützen soll, um den Kreis der Finanziers der Staatstätigkeit nicht zu gering werden zu lassen. Dies geschieht bei der Einkommensteuer zum einen durch eine Steuerpflicht aller natürlichen Personen (§ 1 Abs. 1 S. 1 EStG), zum zweiten durch eine breite Erfassung von Formen der Einnahmeerzielung durch die sieben Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 S. 1 EStG) und einen eher schmalen Ausnahmenkatalog (§§ 3, 3b EStG) sowie moderate Freibeträge. Dies ist für die Stetigkeit und Verlässlichkeit der Einkommensteuer als Steuerquelle, ebenso aber auch für die gesellschaftliche Akzeptanz einer solchen Steuer relevant. Dieser Aspekt ist im Rahmen der Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ zu berücksichtigen. 8. Rechtsvereinfachung Jedwede Steuerreform sollte ferner nach Möglichkeit keine Rechtsverkomplizierung mit sich bringen. Im Interesse des Bürgers liegt ein transparent, einfach und verständlich ausgestaltetes Steuerkonzept.646 Dieses ist auch aus steuerpoliti 643
Vgl. dazu etwa BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 22 ff. So geschehen für das Modell von BDI/VCI sowie das sog. Kommunal-Modell in BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 22 ff. 645 A. A. Ritter, BB 1983, S. 389 (390 f.), der bei einem eigenen kommunalen Zugang der Kommunen zur Einkommensbesteuerung die Gefahr einer Mehrbelastung sieht. Dies begründet er damit, dass aufgrund der verschiedenen Ebenen, die für ihren Teil die Höhe der Steuern bestimmen können, keine klaren Verantwortlichkeiten für „hohe Steuern“ bestünden. 646 Siehe nur Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 32; Lang, StuW 2011, S. 144 (151 f.), der dies auch mit dem zweiten Besteuerungsprinzip vom Adam Smith – „certainty“ – begründet. 644
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schen und steuersystematischen Gesichtspunkten zu beachten.647 Dabei sind auch die übrigen Wege der Finanzierung der Kommunen, insbesondere das Verhältnis zur Gewerbesteuer, mit einzubeziehen. Ein mindestens ebenso wichtiger Aspekt, dem insbesondere bei einem kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung Rechnung zu tragen ist, ist zudem die Einfachheit der Erhebung und die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung einer Steuer auf der staatlichen Seite.648 Diese Erwägungen könnten im Hinblick auf einen kommunalen Einkommensteuerzugangs problematisch sein. Die bisherige, pauschale Weiterleitung eines fixen Anteils am Einkommensteueraufkommen an die Gemeinden ist auf der einen Seite grundsätzlich ein „einfacheres“ Konzept als eine Ausgestaltungsform, in der jede Gemeinde selbst den Steuer- bzw. Hebesatz ihres Anteils bestimmen kann. Andererseits würden die komplexen Verteilmechanismen des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer wegfallen; so könnte es dem Transparenzerfordernis eher genügen, wenn dem Bürger deutlich wird, dass die Kommune einen Anteil seiner Einkommensteuerzahlung erhält. Auch bei der Frage nach der Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ mit Blick auf die Gewerbesteuer und ihre Anrechnung ist die Frage der Rechtsvereinfachung relevant. Die Frage der Rechtsvereinfachung ist entsprechend bei der grundsätzlichen Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ unbedingt zu berücksichtigen. 9. Gestaltungsanfälligkeit Die Gestaltungsanfälligkeit einer Steuer sollte unbedingt vermieden werden. Konkret bedeutet dies, dass die Wahl bestimmter rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten – etwa durch eine entsprechende Rechtsformwahl oder bestimmte Finanzierungsmöglichkeiten – nicht zu einer Reduktion der Steuerlast führen darf.649 Eine „kommunale Einkommensteuer“ bietet grundsätzlich nicht deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten als die bisherige einkommensteuerrechtliche Regelung. Im Einzelnen ist dieser Aspekt jedoch ebenfalls im Rahmen der Ausgestaltung zu beachten.
647
So bereits Ritter, BB 1983, S. 389 (390). Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 44, sowie Lang, StuW 2011, S. 144 (152), der dies nun auf das vierte Besteuerungsprinzip vom Adam Smith – „economy in collection“ – zurück führt. 649 BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 30. 648
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10. Administrierbarkeit Ferner liegt ein möglichst geringer zusätzlicher Verwaltungsaufwand im Interesse der Kommunen sowie der Bürger und Unternehmen. Dies wird insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungskosten als Erhebungs- und Entrichtungsbilligkeit einer Steuer ins Feld geführt. Diesem Kriterium ist Genüge getan, wenn das Steueraufkommen in einem angemessenen Verhältnis zu sämtlichen Entrichtungs- und Erhebungskosten steht650 – wenn also sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung die Kosten der Administration der „kommunalen Einkommensteuer“ möglichst gering sind. a) Aus Sicht der Steuerpflichtigen Dem Steuerpflichtigen ist zudem gedient, wenn das Verfahren der Steuer erhebung für ihn möglichst einfach zu handhaben ist. Ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer könnte dann zu Mehrbelastungen führen, wenn etwa ein Unternehmer im Rahmen der Lohnsteuer die Hebesätze verschiedener Gemeinden berücksichtigen muss. Hier gilt es, den erforderlichen Verwaltungsaufwand und damit auch die Verwaltungskosten unbedingt soweit möglich zu minimieren. b) Aus Sicht der Verwaltung Der Faktor der Administrierbarkeit ist insbesondere auch aus Sicht der Administrierenden zu beachten.651 Die Steuerverwaltung stößt bereits jetzt teilweise an ihre Grenzen. Daneben ist sie nicht zuletzt auch ein erheblicher Kostenfaktor für die öffentliche Hand. Ein eventueller Mehrbedarf an Personal insbesondere auch aufgrund erwartbarer Vorarbeiten für eine Systemumstellung können bei Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Unterschiedliche Steuersätze oder gar unterschiedliche Ausgestaltungen in verschiedenen Gemeinden schaffen unzweifelhaft ein ‚Mehr‘ an Verwaltungs aufwand. Dieser könnte jedoch eventuell teilweise durch eine entsprechende EDV-Unterstützung aufgefangen werden. Insbesondere bei diesem Aspekt ist ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, den zusätzlichen Verwaltungsaufwand unbedingt so weit wie möglich zu reduzieren.
650 Siehe dazu nur Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 140 f.; Sander, Gemeindeeinkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004, S. 109 ff. m. w. N. 651 Darauf weisen auch insbesondere Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 28, hin.
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Die Frage der Administrierbarkeit – sowohl aus Sicht der Steuerpflichtigen als auch aus Sicht der Verwaltung – kann somit für die „kommunale Einkommensteuer“ nicht abstrakt beantwortet werden, sondern ist entsprechend vielmehr im Rahmen der Ausgestaltung als zentrales Kriterium zu Grunde zu legen. 11. Qualität des Standortes Deutschland Schließlich wird erwogen, dass Gemeindesteuern auch zur Standortattraktivität beitragen sollen, sodass der Standort Deutschland international wettbewerbsfähig bleibt.652 Die Ausgestaltung der kommunalen Finanzen sollte so angelegt sein, dass sie Wachstum und Beschäftigung fördern. Unbestritten ist, dass die Steuer- und Abgabenbelastung ein essentieller Standortfaktor ist.653 Daneben spielen jedoch auch die Leistungen des Staates für die ansässigen Unternehmen, insbesondere im Bereich der Infrastruktur, eine Rolle.654 Beide Faktoren könnten durch einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung beeinflusst werden: Es ist wahrscheinlich, dass es durch den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Gemeinden um Unternehmen und Einwohner zu einer allgemeinen Steigerung der Effizienz und einer zielgerichteteren Ausrichtung gemeindlicher Infrastrukturleistungen einerseits655 und kommunaler Steuersätze andererseits kommen kann. Jedoch sind auch hier – wie zuvor erläutert – mögliche negative externe Effekte – etwa durch einen „kommunalen Unterbietungswettbewerb“ – zu berücksichtigen. Zu beachten sind ferner die sich möglicherweise aus einer „kommunalen Einkommensteuer“ ergebenden Probleme hinsichtlich der kommunalen Streuung, die zu allokativen Verwerfungen in der kommunalen Wirtschaftsstruktur führen könnten.656 Auch diese Punkte sind bei der Ausgestaltung einzubeziehen.
652
So auch die Grundannahme von Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (164, 173 f.); siehe ebenfalls Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 28; Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 143 f. 653 Statt vieler nur BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 32 f. Außerdem Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (173 f.) m. w. N., der ausführt, dass eine Senkung des Steuersatzes um einen Prozentpunkt zu einem Zuwachs um 3,3 % bei den netto zufließenden Direktinvestitionen führt. 654 BMF, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2003, S. 33. 655 Dazu auch Zimmermann, Kommunalfinanzen, 2. Aufl. 2009, S. 45 f.; Siekmann, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 106 Rn. 46. 656 Siehe bereits oben IV. 5. sowie Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 37 ff.
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12. Vereinbarkeit mit übergeordnetem Recht a) Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz Die Vereinbarkeit einer „kommunalen Einkommensteuer“ mit dem Grund gesetz ist in diesem Kapitel mit Fokus auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie, Art. 28 Abs. 2 GG, die Finanzverfassung, Art. 104a ff. GG sowie die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung einer Steuer, Art. 3 Abs. 1 GG, bereits intensiv untersucht worden.657 Probleme mit weiteren Normen oder Prinzipien der Verfassung sind nicht ersichtlich. b) Vereinbarkeit mit EU-Recht Probleme der Vereinbarkeit eines kommunalen Einkommensteuerzugangs mit dem Gemeinschaftsrecht bestehen aus Sicht des Verfassers grundsätzlich nicht.658 Zu beachten ist allerdings, dass regional divergierende Steuersätze innerhalb eines Staates als europarechtswidrige Beihilfe gewertet werden könnten, wenn die politischen und finanziellen Konsequenzen nicht autonom von der Gebietskörperschaft, die die Steuerhoheit ausübt, getragen werden.659 Dies ist bei der Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ zu beachten. c) Vereinbarkeit mit internationalen Verträgen Probleme der Vereinbarkeit mit internationalen Verträgen – insbesondere bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen – sind ebenfalls nicht ersichtlich. Bei der Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ hinsichtlich ausländischer Einkünfte sind jedoch entsprechend die von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen einzubeziehen.
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Siehe oben I., II. und III. Nach Hidien, Kommentar zum Gemeindefinanzreformgesetz, Einleitung Rn. 12 greift das Gemeinschaftsrecht nur im Bereich der Umsatzsteuer unmittelbar in die gemeindliche Steuerverteilung ein. 659 Oestreicher, FR 2010, S. 965 (973 f.) mit Verweis auf EuGH v. 11.9.2008 – C-428/06 bis 434/06 – La Rioja, OJ v. 8.11.2008 (2008/C 285/08), C 285, S. 6, sowie de Weerth, IStR 2008, S. 732 ff. 658
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13. Ergänzendes Kriterienraster Die vorgehend genannten zwölf Prüfkriterien der Gemeindefinanzkommission sind ein gutes Raster für ein Anforderungsprofil an ein kommunales Steuer system. Gegenüber den zuvor erörterten rechtlich-theoretischen Gesichtspunkten berücksichtigt das Bundesministerium der Finanzen mit diesen Kriterien primär die ökonomisch- und politisch-praktischen Konsequenzen einer Steuerreform. Die Arbeitsgruppe Kommunalsteuern der Gemeindefinanzkommission 2003 hat vor diesem Hintergrund die aufgeführten Prüffelder nochmals in einem separaten Kriterienkatalog konkretisiert. Dieser lautet wie folgt: 660 1. Verstetigung der gemeindlichen Steuereinnahmen. 2. Wahrung der kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort durch eine aufkommensstarke, mit Hebesatzrecht versehene Steuer bei Vermeidung steuerbedingter Verwerfungen. 3. Verminderung der Konjunkturreagibilität der kommunalen Steuereinnahmen. 4. Verringerung der Abhängigkeit der Einnahmen von wenigen Steuerzahlern vor Ort. 5. Reduzierung der horizontalen Streuung der kommunalen Steuerkraft. 6. Abbildung der Auswirkungen auf das Stadt-Umland-Verhältnis. 7. Erhalt der Administrierbarkeit des Gemeindesteuersystems. 8. Vereinbarkeit mit Art. 28 Abs. 2 GG, d. h. insbesondere Garantie einer wirtschaftskraftbezogenen Gemeindesteuer mit Hebesatzrecht. 9. Stärkung des Bandes zwischen der ortsansässigen Wirtschaft insgesamt und der Standortgemeinde: –– Einbeziehung aller örtlichen Unternehmen einschließlich der freien Berufe und –– Ausschluss gemeindegebietsfremder Ertragsfaktoren. 10. Möglichkeit der Nutzung des gewonnenen Aufkommenspotenzials auch zur Entlastung der heutigen Gewerbesteuer-„Vollzahler“ durch Ausweitung des Kreises der Steuerpflichtigen/Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer. 11. Stärkung des Äquivalenzgedankens und Herstellung größerer Belastungs gerechtigkeit, insbesondere durch die Einschränkung steuermindernder Gestaltungsmöglichkeiten. 660
Darstellung wörtlich übernommen aus Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 32 f.
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12. Vermeidung einseitiger Belastungsverschiebungen (z. B. von Unternehmen auf Arbeitnehmer). 13. Reduzierung der Abhängigkeit der Steuereinnahmen der Kommunen von Steuerzahlungen einzelner oder eines einzigen Unternehmens.661 Diese Kriterien stellen im Wesentlichen eine Zuspitzung der bislang untersuchten Prüffelder im Hinblick auf die Kernherausforderungen einer Reform der Kommunalsteuern dar. Im Hinblick auf einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung sind sie im Rahmen der bisherigen Aspekte bereits untersucht worden. Das aufgeführte, ergänzende Kriterienraster hilft jedoch bei der deutlichen Benennung der politischen Kernziele für kommunale Steuern. 14. Fazit Die vorgehende Untersuchung lässt mögliche Probleme eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung deutlich werden: Zum einen sind die Verteilungswirkungen zwischen den Gemeinden und die Möglichkeit des Auftretens negativer externer Effekte durch einen eventuellen „Unterbietungswettbewerb“ unklar. Darüber hinaus stellt sich deutlich die Frage nach dem administrativen Aufwand. Beide Aspekte sprechen jedoch nicht als solche gegen eine „kommunale Einkommensteuer“. Sie sind weniger Teil der theoretischen Überlegung, was verfassungsrechtlich, ökonomisch, steuersystematisch und politisch richtig ist, sondern wären erst in einem zweiten Schritt, der untersucht, was steuertechnisch und administrativ machbar ist, zu erörtern. Entsprechend sind die Fragen nach der Administrier barkeit und den interkommunalen Verteilungswirkungen erst im Rahmen der Ausgestaltung der Steuer im dritten Kapitel dieser Arbeit zu betrachten. Im Hinblick auf die weitere Prüffelder verhält sich ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer weitgehend neutral (Aufkommenswirkungen, Sicherung des deutschen Steuersubstrates, Be- und Entlastungswirkungen zwischen den Steuer pflichtigen, Gestaltungsanfälligkeit) oder könnte positive Ergebnisse mit sich bringen (Interessenband zwischen Kommunen und Wirtschaft, Hebesatzrecht der Kommunen, Breite der Bemessungsgrundlage, Qualität des Standortes Deutschland). Häufig hängen diese Fragen jedoch im Detail von der konkreten Ausgestaltung ab. Insofern wären auch diese in die Überlegungen im dritten Kapitel dieser Arbeit einzubeziehen
661 Dem ließe sich nur durch eine Reform der Gewerbesteuer entgegentreten, vgl. Oest reicher, FR 2010, S. 965 (970 f.).
V. Weitere steuerpolitische Kriterien
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V. Weitere steuerpolitische Kriterien 1. Neutralität der Besteuerung Zu nennen ist als weiteres Kriterium ferner das Gebot der Neutralität der Besteuerung: Soweit möglich, sollte eine Steuer so ausgestaltet sein, dass der Einzelne durch die Steuererhebung nicht in seinem wirtschaftlichen Verhalten beeinflusst wird, indem seine Entscheidungen hinsichtlich der Allokation seiner Mittel verzerrt werden. Dieses Ziel ist freilich bei keiner Steuer vollständig zu erreichen – dennoch sollte ihm bei der Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ Rechnung getragen werden.662 2. Fiskalpolitische Erwägungen Fiskalpolitisch muss das Interesse des Staates und der Gesellschaft an ausge glichenen öffentlichen Haushalten beachtet werden. So könnten übermäßige Forderungen von Seiten der Bürger gemäßigt werden, wenn „das Band zwischen Leistungserwartungen und Zahlungsbereitschaft“ gestärkt wird.663 Ferner kann der aus der Einführung einer kommunal festzulegenden Steuer resultierende interkommunale Wettbewerb – um die Höhe der Steuern ebenso wie um das infrastrukturelle Angebot – zu Effizienzsteigerungen bei den kommunalen Ausgaben, gar einer „fiskalische(n) Disziplinierung des Leviathans“ führen.664 Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Bürger klar erkennen kann, welchen Beitrag er zu den gemeindlichen Angeboten leistet.665
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Zum Ganzen Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 27 f.; Sander, Gemeindeeinkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004, S. 104 ff.; Hey, StuW 2002, S. 314 (317); Scherf, in: Andel (Hrsg.), Probleme der Kommunalfinanzen, 2001, S. 21. 663 Kirchhof, NJW 2002, S. 1549 (1550). Dies ist eine logische Konsequenz der Kongruenz von Zahlern, Nutzern und Entscheidungsträgern in einer Kommune. So heißt es bereits in Deutscher Städtetag (Hrsg.), Städte. Staat. Wirtschaft. Denkschrift, 1926, S. 70 f.: „Vor dem Kriege wirkte sich das gemeindliche Zuschlagsrecht zur Einkommensteuer dahin aus, daß diejenigen, die über die gemeindlichen Ausgaben Beschluß faßten, auch die Mitte aufzubringen hatten und so die durch die kommunale Verwaltung verursachte Belastung an sich selbst spürten. Diese für die Selbstverwaltung, wie für die Steuerpolitik gleich wichtige Funktion des gemeindlichen Zuschlagsrechtes […] ist die Voraussetzung für eine wirklich verantwortungsbewußte Sparsamkeitspolitik der Gemeinden.“ 664 Hey, VVDStRL 66 (2007), S. 277 (283) m. w. N. 665 Hey, StuW 2002, S. 314 (320). – Ebenso Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 1996/1997, Tz. 321 ff.: „Für die staatlichen Leistungen sollen – wo immer möglich und sinnvoll – die Bürger zahlen, die auch in den Genuß der Leistungen kommen. Gelingt dies nicht, dann ist tendenziell mit einer Ausweitung der Staatstätigkeit zu rechnen.“ (Zit. nach Hansjürgens, Äquivalenzprinzip und Staats finanzierung, 2001, S. 25, Fn. 28.)
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
VI. Ergebnisse des zweiten Kapitels 1. Zusammenfassung der Ergebnisse Die Untersuchungen in diesem Kapitel lassen zunächst den Schluss zu, dass es rechtlich möglich ist, den Gemeinden im Bereich der Einkommensteuer einen eigenen Zugang, ein eigenes Mitbestimmungsrecht zumindest hinsichtlich der absoluten Höhe des Gemeindeanteils, zu eröffnen. In der Ausgestaltungsvariante als eigene kommunale Steuer wäre dazu eine Änderung der Finanzverfassung erforderlich. Die Ausgestaltungsformen als kommunaler Zuschlag zur Einkommensteuer sowie kommunales Hebesatzrecht wären durch einfache Rechtsänderung realisierbar. Weiterhin kann festgestellt werden, dass die rechtlichen, steuersystematischen, ökonomischen wie politischen Kriterien, aus denen sich ein Anforderungsprofil für ein kommunales Steuersystem ergibt, darauf hindeuten, dass ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung den Grundgedanken und Anforderungen an kommunale Steuern besser Rechnung tragen würde, als die derzeitige Regelung der pauschalen Zuweisung eines Anteils am Einkommensteueraufkommen. Eine „kommunale Einkommensteuer“ wäre demnach eine gute Gemeindesteuer. 2. Gründe für eine Reform Dafür sprechen im Kern folgende, thesenhaft formulierte, Ergebnisse: –– Erstens: Die Gemeinden brauchen eine weitere, autonom bestimmbare, flexible Einnahmequelle. Dies ergibt sich grundlegend aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und der daraus resultierenden Gewährleistung der kommunalen Finanzautonomie und einer wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit Hebesatzrecht, Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG. Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben sind mit dem jetzigen Kommunalfinanzsystem nur unzureichend erfüllt: Die Kommunen können bislang nur 20 bis 25 % ihrer Einnahmen unmittelbar hinsichtlich der Höhe beeinflussen.666 Sie benötigen daher neben der Gewerbeund der Grundsteuer eine weitere aufkommensstarke Steuerquelle, bei der sie zumindest hinsichtlich der Steuerhöhe ein Mitbestimmungsrecht haben – nur so können sie selbstständiger festlegen, welche Einnahmen sie benötigen und diese flexibel an sich wandelnde Finanzbedarfe anpassen. Andernfalls könnte 666 Etwa 40 % der Gemeindeeinnahmen sind Steuereinnahmen, siehe oben Kapitel 1, II. 1.; andere Einnahmen können die Gemeinden nicht unmittelbar beeinflussen, Kapitel 1, II. 1. e). Bei diesen Steuereinnahmen haben die Gemeinden nur bei den Realsteuern sowie den örtlichen Bagatellsteuern ein eigenes Hebe- bzw. Steuersatzrecht. Diese machen nur etwa 60 % der kommunalen Steuereinnahmen aus; siehe Kapitel 1, II. 2. und 3. Insgesamt ergibt sich daraus somit nur ein Anteil von 20–25 % an den Gesamteinnahmen.
VI. Ergebnisse des zweiten Kapitels
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die kommunale Finanzautonomie hinsichtlich der Einnahmehoheit als gefährdet angesehen werden. Hier bietet sich die Einkommensteuer geradezu an. Einerseits steht bereits ohne hin ein großer Teil des Aufkommens den Gemeinden zu. Ferner ist die Option eines Hebesatzrechtes bereits verfassungsrechtlich festgelegt. –– Zweitens: Wirtschaft und Bürger sollten bei der Finanzierung kommunaler Aufgaben gleichermaßen spürbar in Anspruch genommen werden. Dies ergibt sich aus dem Gedanken des Interessenausgleichs und einer weit gefassten Äquivalenz: Bei der Gestaltung des kommunalen Steuersystems ist zu beachten, dass die Infrastruktur der Gemeinden einerseits von Unternehmen, andererseits aber eben auch von privaten Haushalten genutzt wird. Entsprechend muss auch die Wohnbevölkerung von den Kommunen direkt steuerlich in Anspruch genommen werden können. Dies sollte ‚merklich‘ geschehen, um Selbstverwaltung, also eine Aktivierung der Beteiligten durch Transparenz, Sensibilisierung für die Finanzierung des Gemeinwesens und damit letztendlich Demokratie zu unterstützen. –– Drittens: Mittel aus dem Steuerverbund und eigene Steuerquellen sollten sich optimal ergänzen. Die Systematik des Finanzausgleichssystems, wie er in der Finanzverfassung des Grundgesetzes angelegt ist, lässt darauf hindeuten, dass bei der Finanzierung der Gemeinden die Waage zwischen primären, von den Gemeinden auszuschöpfenden Finanzquellen einerseits sowie der – rein faktisch betrachtet – bloßen Weiterleitung von Zuweisungen, Zuschüssen und Anteilen aus dem Steuerverbund andererseits zu halten ist. Die Festlegung der Verteilungsregelungen im Steuerverbund führt meist zu massiven politischen Auseinandersetzungen, bei denen im Ergebnis nicht immer diejenigen Quoten gefunden werden, die den Aufgaben und Pflichten der einzelnen Gemeinden angemessen sind. Außerdem droht die Autonomie der einzelnen Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft und damit das Kräfteverhältnis zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aus dem Gleichgewicht zu geraten. Ein kommunaler Zugang zur Einkommensteuer bildet hier einen optimalen Mittelweg zwischen einer Trennung der Einnahmequellen einerseits und einem Steuerverbund andererseits. –– Viertens: Ebenso sind weitere politische, ökonomische und steuersystematische Aspekte anzuführen: Bei einer entsprechenden Ausgestaltung könnte durch einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung das Interessenband zwischen Kommunen und örtlicher Wirtschaft gestärkt werden. Auch könnte die Qualität des Standortes Deutschland durch den interkommunalen Wettbewerb um Steuersätze und Infrastruktur verbessert werden.
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Kap. 2: Anforderungen an ein kommunales Steuersystem
3. Gründe gegen eine Reform Dem gegenüber stehen folgende, nicht zu vernachlässigende Erwägungen, die gegen einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung sprechen könnten: –– Erstens: Unterschiedliche Steuersatzgestaltungen in den einzelnen Gemeinden könnten zu einer uneinheitlichen Wirtschafts- und Finanzpolitik, zu einer unterschiedlichen Höhe in der Steuerbelastung und der Steuereinnahmen führen, womit auch die weitgehende Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse wegen einer unterschiedlichen Intensität der öffentlichen Aufgabenerfüllung gefährdet werden könnte. Hinzu kommen die Gefahr eines „kommunalen Unterbietungswettbewerbs“ sowie die räumliche Streuung einer „kommunalen Einkommensteuer“. Das bisherige System wirkt hier nicht nur wegen der flächendeckend gleichen Steuerhöhe, sondern auch wegen der entsprechenden Verteilungsund Finanzausgleichsmechanismen im Steuerverbund stabilisierend, sodass Schwankungen im Steueraufkommen derzeit eher nicht zu einseitigen Belastungen schwächerer Kommunen führen. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Stabilität bei Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ teilweise gefährdet würde. –– Zweitens: Ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung führt zwangsläufig zu einem gewissen Mehraufwand hinsichtlich der Administrierbarkeit – teilweise für den Steuerpflichtigen, in jedem Fall aber für die staatliche Steuerverwaltung.
4. Abwägung der Ergebnisse und weiteres Vorgehen Die letztgenannten Gründe gegen eine Reform fallen in ihrem Gewicht deutlich hinter den Argumenten für ein kommunales Mitbestimmungsrecht bei der Einkommensteuer zurück. Dies gilt vor allem deshalb, weil sie nicht, wie der Großteil der befürwortenden Erwägungen, Ergebnis einer systematischen, rechtlichen, steuertheoretischen Betrachtung sind, die das beste Ergebnis für ein stimmiges kommunales Steuersystem im Blick hat, sondern weil es sich um Bedenken hinsichtlich der praktischen Konsequenzen einer Kommunalsteuerreform handelt. Selbstverständlich sind diese praktischen Erwägungen von höchster Priorität: Auf der Ebene dessen, was vermeintlich richtig ist, spielen sie aber nur eine nachrangige Rolle. Auf der Ebene dessen, was realisierbar ist, sollten sie indes grundlegend beachtet werden und in die Wahl möglicher Ausgestaltungsformen gewichtig mit einfließen. Im dritten Kapitel dieser Arbeit soll daher untersucht werden, wie ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung auch umsetzbar wäre. Die Ergebnisse dieses Kapitels sind dafür die wesentliche Grundlage.
VI. Ergebnisse des zweiten Kapitels
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Zu beachten sind neben den aufgeführten Bedenken hinsichtlich der räumlichen Streuung und der Gefährdung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sowie der Administrierbarkeit und verwaltungstechnischen Umsetzbarkeit auch folgende Aspekte, die sich ebenfalls aus der vorgehenden Untersuchung ergeben: Die Gesamtbelastung des Steuerpflichtigen sollte sich nicht erhöhen; ebenso sollte die Reform für sämtliche Staatsebenen möglichst aufkommensneutral sein. Auch sollten sich keine signifikanten Verschiebungen zwischen verschiedenen Gruppen der Steuerpflichtigen – etwa Arbeitnehmern und Arbeitgebern, zwischen Viel- und Geringverdienern – einerseits, zwischen den verschiedenen Kommunen – etwa Ballungsregionen und ländlichen Räumen – andererseits ergeben. Die inhaltliche Ausgestaltung sowie das Erhebungsverfahren sind entsprechend im weiteren Verlauf der Untersuchung zu entwickeln. Als Ergebnis der rechtlichen und steuersystematischen Untersuchung dieses Kapitels bleibt jedoch festzuhalten: Es ist rechtlich möglich und würde den Anforderungen eines kommunalen Steuersystems besser Rechnung tragen, wenn die Wohnbevölkerung in die Finanzierung der kommunalen Haushalte einbezogen würden. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer wird dem in seiner bisherigen Form nicht gerecht, weil die Kommune kein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Höhe der Steuerlast hat. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat dies in seinem Jahresgutachten 2010/11 im Rahmen einer Analyse verschiedener Reformmodelle treffend auf den Punkt gebracht: „Da die Hebesätze durch Anwendung auf die Einkommensteuer auf eine breitere Basis angewandt würden, könnten die Gemeinden ihre Einnahmen besser gestalten und neue Handlungsspielräume gewinnen. Von einem über kommunale Hebesätze ausgetragenen Steuerwettbewerb wären Effizienzgewinne zu erwarten. Die stärkere Orientierung am Einkommen der Bürger würde dem Sachverhalt Rechnung tragen, dass viele Leistungen der Gemeinden für alle Bürger und nicht nur für die ansässigen Unternehmen erbracht werden.“667
667 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2010/11, BT-Drucks. 17/3700, Tz. 397 (S. 229).
Kapitel 3
Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer – Möglichkeiten der Ausgestaltung Im dritten und abschließenden Kapitel dieser Arbeit werden die konkreten Möglichkeiten der Ausgestaltung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung untersucht. Dazu wird die materiell-rechtliche Ausgestaltung erörtert (II.), sodann das Erhebungsverfahren und die verwaltungstechnische Umsetzung (III.), schließlich werden Probleme des Übergangs auf ein neues System angerissen (IV.). Theoretische Grundlage für die Untersuchung der praktischen Umsetzungsmöglichkeiten ist das in Kapitel 2 dieser Arbeit entwickelte Anforderungsprofil an ein kommunales Steuersystem. Dieses wird nun jedoch – anders als in der vorangegangenen steuertheoretischen Erörterung – stets durch die „Brille“ der Praktikabilität betrachtet. Vor diesen Erörterungen wird jedoch ein Fokus auf die Einbindung der in dieser Arbeit untersuchten Reform des kommunalen Einkommensteueranteils in das weitere Steuersystem gelegt. Dabei ist die Frage zu beantworten, inwieweit eine „kommunale Einkommensteuer“ isoliert eingeführt werden kann, ohne diese Änderung in eine umfassende Reform der Kommunalfinanzen und ggf. auch der Unternehmensbesteuerung einzubetten und mit anderen Neuerungsvorschlägen zu kombinieren. Da diese Aspekte für die inhaltliche Ausgestaltung und das Verwaltungsverfahren als nicht irrelevant erachtet werden, sind dazu zunächst einige Anmerkungen zu machen (I.).
I. Notwendige Änderungen im Gesamtsystem der kommunalen Steuerfinanzierung Bereits in der Einleitung sowie in Kapitel 1 dieser Arbeit wurde deutlich, dass das System der kommunalen Einnahmen, insbesondere das System der kommunalen Steuern in vielen Punkten reformbedürftig ist.668 Im Rahmen dieser Untersuchung ist es nicht möglich, die zahlreichen Ansatzpunkte für eine solche Reform umfassend zu beleuchten; entsprechend wurde mit dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer nur ein Teil des Kommunalsteuersystems herausgegriffen und isoliert auf Reformbedürftigkeit und Reformmöglichkeiten untersucht. Diese 668
Dazu allgemein bereits die Einleitung, ferner v. a. Kapitel 1, II.
I. Notwendige Änderungen im Gesamtsystem der kommunalen Steuerfinanzierung 175
Untersuchung erfolgt grundsätzlich auf Basis der Grundannahme eines im Übrigen nicht geänderten kommunalen Steuersystems.669 Dennoch können weitere Reformerfordernisse im Bereich der Kommunal steuern – vor allem im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung der Ausgestaltung, des Erhebungsverfahrens und des Systemübergangs bei einem kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung – nicht vollständig ausgeblendet werden. Insbesondere ist die Abstimmung mit der – eventuell reformierten – Gewerbesteuer relevant. Entsprechend soll im Folgenden zunächst kurz dargestellt werden, welche weiteren zentralen Reformansätze im Bereich der kommunalen Steuern diskutiert werden. Anschließend wird untersucht, welche Konsequenzen die Realisierung oder eben die Nichtrealisierung der erfolgversprechendsten Reformansätze auf die mögliche Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ haben. 1. Reformkonzepte in der Diskussion a) Prüfmodell der Gemeindefinanzkommission 2010 Das sogenannte Prüfmodell, welches der Gemeindefinanzkommission 2010 als Grundlage für ihre Beratungen diente670, sieht in seinen Grundzügen entsprechend der Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und F. D. P. von 2009671 vor, die Gewerbesteuer komplett zu streichen und durch einen mit Hebesatzrecht ausgestatteten Zuschlag der Gemeinden zur Einkommen- sowie zur Körperschaftssteuer zu ersetzen. Damit entfiele auch die Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer (§ 35 EStG) sowie die Gewerbesteuerumlage (Art. 106 Abs. 6 S. 4 GG). Der Tarif der Einkommensteuer soll entsprechend gesenkt, der Tarif der Körperschaftssteuer entsprechend erhöht werden; der kommunale Zuschlag soll für die Einkommensteuer der Wohnsitzgemeinde, für die Körperschaftssteuer der Betriebsstättengemeinde zustehen. Zudem ist angedacht, den Anteil der Gemeinden am Umsatzsteueraufkommen zu erhöhen.672
669
Dazu bereits oben, Kapitel 2, Vorbemerkung. Das Prüfmodell basiert auf der Vereinbarung im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und F. D. P. vom 26.10.2009, nach dem die Ersetzung der Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer sowie einen „kommunalen Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftssteuer mit eigenem Hebesatz“ geprüft werden soll; siehe Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und F. D. P., 17. Legislaturperiode, 2009, Zeile 270 ff. 671 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und F. D. P., 17. Legislaturperiode, 2009, Zeile 270 ff. 672 Siehe zum Prüfmodell: BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 2. Zur Kritik an diesem Vorschlag statt vieler Fahrenschon, FR 2010, S. 975 (976). Siehe ferner – jedoch mit grundsätzlich zustimmender Tendenz – aus Sicht der Finanzwissenschaft Brügelmann/Fuest, Reform der Gemeindefinanzen, 2011, S. 24 ff. 670
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
b) Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände zur Gemeindefinanzreform 2010 Der im Rahmen der Gemeindefinanzkommission ebenfalls diskutierte Entwurf der kommunalen Spitzenverbände geht in eine andere Richtung: Im Kern geht er von einer Ausweitung der Gewerbesteuer aus: Selbstständige im Sinne des § 18 EStG sollen in den Kreis der Steuerpflichtigen bei der Gewerbesteuer einbezogen werden. Ferner ist angedacht, die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer durch 100 %ige Hinzurechnung aller gezahlten Zinsen sowie teilweise Hinzurechnung von Mieten, Pachten und Leasingraten, außerdem die vollständige Erfassung sämtlicher Veräußerungsgewinne (abgesehen vom Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG) zu verbreitern.673 c) Vorschlag der Stiftung Marktwirtschaft Die Stiftung Marktwirtschaft schlägt vor, die kommunale Steuerfinanzierung auf vier Säulen zu stellen: Die Gewerbesteuer soll einerseits durch eine kommunale, rechtsformneutrale, gewinnorientierte Unternehmenssteuer674 mit kommunalem Hebesatzrecht ersetzt werden, die ihrerseits auf einer Neuordnung der Unternehmensbesteuerung, die eine Abschaffung der Körperschaftssteuer impliziert, beruht. Daneben soll den Kommunen als weiterer Ersatz für die Gewerbesteuer sowie den ebenfalls wegfallenden kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer ein Anteil am Lohnsteueraufkommen nach dem Betriebsstättenprinzip zustehen (Betriebslohnsteuer). Als dritte Säule soll der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer durch eine eng an die Einkommensteuer angelehnte Bürgersteuer mit kommunalem Hebesatzrecht ersetzt werden. Die vierte Säule bildet schließlich eine weiterentwickelte Grundsteuer.675 Für die Beratungen der Gemeindefinanzkommission 2010 wurde das Modell der Stiftung Marktwirtschaft ebenfalls ergänzend herangezogen. Allerdings hat 673
Siehe zum Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände: BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 3. Dieser Vorschlag ist eine aktualisierte Version des Kommunalmodells für die Gemeindefinanzkommission 2002/2003 (siehe Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Hrsg.), Vorschlag für eine modernisierte Gewerbesteuer, Mitteilungen vom 28.2.2003, Köln 2003). − Kritisch dazu Brügelmann/Fuest, Reform der Gemeindefinanzen, 2011, S. 23 f. 674 Grundlegend zu einem Umbau der Gewerbesteuer in eine kommunale Unternehmenssteuer bereits Lang, Perspektiven der Unternehmenssteuerreform, in: Brühler Empfehlungen, BMF-Schriftenreihe Heft 66, 1999, Anhang Nr. 1, S. 53 ff. Ferner Jachmann, Die Gewerbesteuer im System der Besteuerung von Einkommen, in: Perspektiven der Unternehmensbesteuerung, DStjG Bd. 25, 2002, S. 195 (236 ff.). 675 Siehe Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission Steuergesetzbuch, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2006, S. 10 ff.
I. Notwendige Änderungen im Gesamtsystem der kommunalen Steuerfinanzierung 177
es – mit Blick auf die politische Realisierbarkeit – dahingehend eine Modifikation erfahren, als dass die allgemeine rechtsformneutrale kommunale Unternehmenssteuer zunächst durch eine kommunale Unternehmenssteuer ersetzt wird, die für Kapitalgesellschaften an der Körperschaftssteuer, für Personengesellschaften an den Gewinneinkünften im Bereich der Einkommensteuer anknüpft und damit den Dualismus der Unternehmensbesteuerung beibehält. Eine Anrechnung dieser kommunalen Unternehmenssteuer auf die Einkommensteuer wäre dann weiterhin erforderlich.676 d) Weitere Vorschläge, die auf eine Ablösung der Gewerbesteuer durch eine gewinnorientierte Besteuerung sowie ein Zuschlagssystem abzielen Daneben existieren eine ganze Reihe weiterer, ähnlicher Reformentwürfe, die auf eine Ablösung der Gewerbesteuer und ihre Ersetzung durch eine gewinnorientierte Besteuerung, häufig in Form von kommunalen Hebesatz- oder Zuschlagsrechten bei der Einkommen- und der Körperschaftssteuer, abzielen. Diese wurden meist in den Jahren 2001 bis 2004 veröffentlicht. Im Folgenden werden einige dieser Vorschläge herausgegriffen und kurz dargestellt: aa) Vorschlag von BDI/VCI Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) haben im Jahr 2001 ein Konzept vorgelegt, nach dem die Gewerbesteuer ebenfalls komplett gestrichen bzw. zu einer sogenannten kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer umgestaltet werden soll, die als Zuschlag auf die festzusetzende Einkommen- bzw. Körperschaftssteuerschuld konzipiert ist und alle Steuerpflichtigen einer Gemeinde erfassen soll. Unternehmerische Einkünfte sollen nach dem Betriebsstättenprinzip, alle anderen Einkünfte nach dem Wohnsitzprinzip verteilt werden. Die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gem. § 35 EStG könnte entsprechend wegfallen.677
676 Siehe zum modifizierten Konzept der Stiftung Marktwirtschaft BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 4. 677 Siehe Bundesverband der Deutschen Industrie e. V., Verband der Chemischen Industrie e. V. (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 18 ff.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
bb) Vorschlag des Bundes der Steuerzahler Das Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler hat im Jahr 2002 einen äußerst umfassenden Reformentwurf vorgelegt. In den Grundzügen wird hier ebenfalls ein vollständiger Abbau der Gewerbesteuer vorgeschlagen. Sie soll durch eine Erhöhung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer sowie eine Einrichtung von Hebesatzrechten an der Einkommen- sowie der Körperschaftssteuer ersetzt werden; der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer fiele entsprechend in seiner jetzigen Form ebenfalls weg.678 cc) Vorschlag der F. D. P.-Bundestagsfraktion Die F. D. P.-Bundestagsfraktion brachte im Mai 2004 einen Gesetzesentwurf ein, der vorsah, die Gewerbesteuer abzuschaffen und sie durch eine deutliche Erhöhung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer sowie einen kommunalen Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftssteuer zu ersetzen. Der kommunale Einkommensteueranteil würde im Gegenzug ebenfalls abgeschafft.679 e) Vorschläge, die auf eine Ablösung der Gewerbesteuer durch eine „kommunale Wertschöpfungssteuer“ abzielen Bereits deutlich früher kamen Vorschläge auf, die Gewerbesteuer nicht durch eine rein gewinnorientierte Besteuerung, sondern durch eine „kommunale Wertschöpfungssteuer“ zu ersetzen. Zu nennen sind hier insbesondere Vorstöße des Wissenschaftlichen Beirates beim BMF (1982), des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1983), des Kronberger Kreises (1983) und des Deutschen Städtetages (1986).680
678
Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 166 ff. 679 Siehe der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Gemeindefinanzreform) der F. D. P.-Bundestagsfraktion v. 26.5.2004, BT-Drucks. 15/3232. 680 Siehe Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuer autonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 244 mit weiteren, nachfolgenden Nachweisen auf die einzelnen Vorschläge: Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zur Reform der Gemeindesteuern, 1982, S. 52 ff.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 1999, BT-Drucks. 14/2223, Rz. 326 (mit Hinweis auf das Jahresgutachten 1983, Rz. 399 ff. und das Jahresgutachten 1995, Rz. 346 ff.); Kronberger Kreis, Vorschläge zu einer „Kleinen Steuerreform“, in: Frankfurter Institut (Hrsg.), Heft 2, 1983, S. 12, 25, 29; Vorschlag des Deutschen Städtetages zur Umgestaltung der Gewerbesteuer, in: Der Städtetag, Sonderdruck aus Heft 12/1986.
I. Notwendige Änderungen im Gesamtsystem der kommunalen Steuerfinanzierung 179
aa) Grundzüge und Kritik einer Wertschöpfungssteuer Kerngedanke einer solchen Steuer ist, dass sämtliche Unternehmen auf Grundlage ihrer Wertschöpfung, die sich aus gezahlten Löhnen, Mieten, Zinsen und Pachten sowie den erzielten Unternehmensgewinnen ergibt, zu einer kommunalen Steuer herangezogen werden, die als Betriebsausgabe von der Einkommensteuer abzugsfähig ist.681 Damit sollte insbesondere der Gedanke des Interessenausgleichs sowie das Band zwischen Gemeinde und Wirtschaft gestärkt, der Kreis der Steuerzahler und die Bemessungsgrundlage verbreitert, die Konjunkturreagibilität gedämpft sowie die fiskalische Ergiebigkeit insgesamt gesteigert werden.682 Aus Sicht der Kommunen wäre eine Wertschöpfungssteuer damit eine optimale Einnahmequelle. Dieser „gemeindliche Wunsch nach einer ertragsunabhängigen Gemeindesteuer“ hat jedoch verfassungsrechtliche Grenzen, sobald ein gewisser Grad der Substanzbesteuerung erreicht ist.683 Europarechtliche Komplikationen mit der Umsatzbesteuerung ergeben sich indes nicht.684 Bei einer Gesamtbetrachtung hält die Wertschöpfungssteuer den Anforderungen an eine kommunale Steuer jedoch kaum stand: Die Substanzbesteuerung steht der erstrebten Förderung von Wachstum und Beschäftigung und wohl auch dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit massiv entgegen.685 Inzwischen haben sich der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesminister der Finanzen, der Sachverständigenrat und der Kronberger Kreis ausdrücklich anderen Steuermodellen angeschlossen und sind damit von der Idee der Wertschöpfungssteuer wieder abgerückt.686 Zu nennen sind jedoch auch aktuelle Entwürfe für eine umfassende Reform der Kommunalfinanzen, die Wertschöpfungs elemente bei der kommunalen Unternehmensbesteuerung vorsehen: 681
Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 245. Vgl. auch Fuest/Thöne, Gemeindefinanz reform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 41 f. 682 Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 245. 683 So Jachmann, BB 2000, S. 1432, 1433 f. Eine Substanzbesteuerung verstößt demnach gegen Art. 14 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 GG. 684 Mit Urteil vom 3.10.2006 hat der EuGH entschieden (Rs. C-475/03, EuGHE 2006, I-9373 (Banca popolare di Cremona)), dass die italienische regionale Wertschöpfungssteuer „IRAP“ nicht nach Art. 401 MwStSystRL (vormals Art. 33 Abs. 1 der 6. MwStRL) aufgrund eines mit der Umsatzsteuer vergleichbaren Charakters unzulässig ist. Dies erscheint zutreffend, weil die Umsatzsteuer in ihrer jetzigen Ausgestaltung die Wertschöpfung des Unternehmens nicht belastet, vgl. Reiß, in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 14 Rz. 3. Die Stiftung Marktwirtschaft, Bericht der AG Kommunalfinanzen, 2006, S. 8, hatte hingegen noch „damit gerechnet, dass eine umfassende kommunale Wertschöpfungssteuer europarechtlich nicht zu halten ist.“ 685 So auch Bundesverband der Deutschen Industrie e. V., Verband der Chemischen Industrie e. V. (Hrsg.) (BDI/VCI), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 25 f. 686 Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 244 f. m. w. N.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
bb) Vorschlag der Bertelsmann-Stiftung Insbesondere der Vorschlag der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2003 sieht eine komplette Streichung der Gewerbesteuer und ihre Ersetzung durch eine kommunale Wirtschaftssteuer, die sämtliche Gewinneinkünfte umfasst, aber auf – nicht näher definierten – gewinnunabhängigen Wertschöpfungsbestandteilen als Besteuerungsgrundlage basiert, vor. Der kommunale Einkommensteueranteil soll durch eine proportionale, auf Basis des zu versteuernden Einkommens erhobene Bürgersteuer mit kommunalem Hebesatzrecht ersetzt werden. Die Grundsteuer soll in einer reformierten Form, die eine Streichung der Grundsteuer A vorsieht, beibehalten werden. Daneben sollen auch abseits des kommunalen Steuersystems weitere Teile der kommunalen Finanzstruktur reformiert werden.687 cc) Vorschlag des Kronberger Kreises Im Jahr 2003 hatte der bei der Stiftung Marktwirtschaft angesiedelte Kronberger Kreis ebenfalls noch vorgeschlagen, die Gewerbesteuer abzuschaffen und durch eine wertschöpfungsbasierte allgemeine Betriebssteuer, die an die Produktion anknüpft, zu ersetzen. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer sollte durch eine allgemeine Bürgersteuer, die proportional auf Basis der Summe der Einkünfte erhoben wird, ersetzt werden. Die Grundsteuer soll in eine allgemeine Bodensteuer umgewandelt werden, was insbesondere eine Änderung der Bemessungsgrundlage bedeuten sollte.688 f) Zusammenfassung Diese Darstellung verdeutlicht, dass nicht nur ein kommunaler Zugang zur Einkommensbesteuerung, sondern auch – und damit verknüpft – eine Ablösung der Gewerbesteuer von einer breiten Mehrheit der aktuellen Reformentwürfe befürwortet wird. An ihre Stelle soll in den meisten Modellen eine gewinnorientierte kommunale Unternehmensbesteuerung treten, die sich nicht lediglich auf die gewerblichen Einkünfte beschränkt. Konkret wird dazu meist eine Anknüpfung an die Einkommen- sowie die Körperschaftssteuer vorgeschlagen, aus denen sich jeweils ein Messbetrag ergibt, auf den die Kommunen einen eigenen Steuer-, Hebe- oder Zuschlagsatz anwenden können. Je nach Ausgestaltung würde die Anrechenbarkeit dieser kommunalen Unternehmenssteuer auf die Einkommensteuer wegfallen oder bestehen bleiben. Uneinheitlich beantwortet wird auch, wie die Verteilung der Einkünfte zwischen Wohn- und Betriebsstättengemeinde er folgen soll. Außerdem wird die Frage nach dem erforderlichen „stabilisierenden 687
Siehe Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeindefinanzen, 2003, S. 23 ff. Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.)/Kronberger Kreis, Gute Gemeindesteuern, 2003, S. 5 ff.
688
I. Notwendige Änderungen im Gesamtsystem der kommunalen Steuerfinanzierung 181
Element“, welches derzeit vom Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer wahrgenommen wird, unterschiedlich gesehen: Teilweise ist eine Ausweitung dieses Umsatzsteueranteiles vorgesehen, teilweise auch eine Ablösung durch Anteile an anderen Steuern, so etwa am Lohnsteueraufkommen. Die neben diesen Modellen stehende Idee einer Wertschöpfungssteuer wird heute nur noch vereinzelt vertreten. An der Gewerbesteuer halten nur noch die kommunalen Spitzenverbände fest, indem sie gleichzeitig eine „Revitalisierung“ fordern. g) Stellungnahme Eine umfassende Reform des Kommunalsteuersystems erscheint insbesondere mit Blick auf die Gewerbesteuer unausweichlich. Der nunmehr einige Zeit zurückliegenden Feststellung, dass „sich eigentlich alle einig sind, dass die Gewerbesteuer abgeschafft und durch ein alternatives Instrument der Gemeindefinanzierung ersetzt werden muss“689, kann – abgesehen von rein politisch-praktikablen Erwägungen zu den (fehlenden) Erfolgsaussichten einer umfassenden Reform690 – kaum etwas entgegen gesetzt werden: Wie in Kapitel 1 bereits ausgeführt691, steht die Gewerbesteuer nicht nur wegen ihrer konjunkturellen Anfälligkeit, sondern vor allem angesichts der einseitigen Belastung gewerblicher Einkünfte, ihrer schmalen Bemessungsgrundlage, hoher Freibeträge und zahlreicher Ausnahmetatbestände und der daraus folgenden Belastung nur einer geringen Zahl von Unternehmen zu Recht in der Kritik.692 Sie ist – auch über das Gebiet der Kommunalfinanzen hinaus – der zentrale „Blockadepunkt“ für eine Steuerreform.693 Auch die in dieser Arbeit untersuchte Einrichtung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung kann für sich genommen eine Ablösung oder umfassende Reform der Gewerbesteuer noch nicht ersetzen, sondern wäre vielmehr eine Ergänzung.694 Grundlegend müssten die Kommunen – den Erwägungen aus Kapitel 2 689
So Hey, FR 2004, S. 876. Inzwischen schlägt etwa Hey daher – auf Grundlage der Erkenntnis, dass mittelfristig keine Perspektive für einen „großen Wurf“ gegeben sei – eine Reform der Gewerbesteuer „im System vor, vgl. Hey, StuW 2011, S. 131 (135 ff.). 691 Kapitel 1, II.2.a)bb)(2). 692 Siehe ausführlich bereits Wendt, BB 1987, S. 1257 ff.; Hegelau, Verfassungsrechtliche Vorgaben für eine Reform der Gemeindesteuern, 2. Aufl., Bonn 1990, S. 77 ff.; Jachmann, BB 2000, S. 1432 (1433 f.); Hey, StuW 2002, S. 314 (315 ff.); Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 12 Rn. 1 f. m. w. N.; Sarrazin, in: Lenski/Steinberg, GewStG (Loseblatt, Stand: Februar 2010), Anm. 105 ff. Ferner Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, FifoBerichte Nr. 1, 2005, S. 11, die die Gewerbesteuer als „steuer-systematischen Fremdkörper“ betiteln. Anders dagegen Wieland, KStZ 2003, S. 81 f. 693 So die politische Einschätzung von Merz, Vom Bierdeckel zur Reform – der lange Weg der Steuervereinfachung, in: FS Lang, 2011, S. 367 (372 f.). 694 Ähnlich Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 519. 690
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
folgend – mit der „kommunalen Einkommensteuer“ einen Zugang (nur) zur Besteuerung ihrer Wohnbevölkerung und daneben mit einer „kommunalen Unternehmenssteuer“ einen Zugang zur Besteuerung der örtlichen Wirtschaft haben, der anders als die Gewerbesteuer an die Unternehmensbesteuerung auf Bundesund Landesebene anknüpft. Diese Trennung zwischen Besteuerung von Bürgern und Unternehmen würde die systematisch unsaubere Verquickung von Einkommen- und Gewerbesteuer durch § 35 EStG überflüssig machen. Sie setzt aber freilich eine Neuordnung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland hin zu einer echten Rechtsformneutralität voraus.695 Demgegenüber sind die insbesondere von Seiten der kommunalen Spitzenverbände ins Feld geführten Argumente für eine Beibehaltung oder gar Ausweitung der Gewerbesteuer zwar in Teilen nachvollziehbar; sie vermögen die hier nur kurz angerissenen Probleme aber nicht zu entkräften. Insbesondere führt die intendierte Verstetigung der Gewerbesteuer durch ertragsunabhängige Elemente zu Substanzsteuereffekten, die sich aus ökonomischer Sicht nachhaltig schädlich für die Unternehmen auswirken können und angesichts des Leistungsfähigkeitsprinzips mit Blick auf ihre Verfassungsmäßigkeit grenzwertig sind.696 Reformmodelle, die eine Ablösung der Gewerbesteuer durch eine andere, an den Ertrag anknüpfende und damit im besten Sinne des Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht vorsehen, sind aus diesen Gründen unterstützenswert. Eine Wertschöpfungssteuer dürfte demgegenüber insbesondere aufgrund ihres weiten Bezuges auf gewinnunabhängige Elemente ebenso als problematisch einzustufen sein.697 Zu dieser Frage kann im Rahmen dieser Arbeit jedoch keine umfassende Abwägung vorgenommen werden. Im Folgenden sollen daher die wesentlichen Reformvorschläge auf ihre Kompatibilität mit einer „kommunalen Einkommensteuer“ untersucht werden. 2. Abstimmung mit einer „kommunalen Einkommensteuer“ Es stellt sich entsprechend die Frage, welche weiteren Auswirkungen auf das kommunale Steuersystem eine Ersetzung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer durch einen eigenen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung mit sich bringen würde – bzw. welche Abstimmungserfordernisse sich aus 695 Zu dieser Forderung, die „so alt [ist] wie das Nebeneinander von Körperschaftssteuer und Einkommensteuer“, ausführlich Hey, Besteuerung von Unternehmensgewinnen und Rechtsformneutralität, in: Besteuerung von Einkommen, DStJG Bd. 24, 2001, S. 155 ff. 696 Dazu statt vieler nur Brügelmann/Fuest, Reform der Gemeindefinanzen, 2011, S. 23 f. 697 Zur Kritik an wertschöpfungsorientierten kommunalen Steuern siehe ausführlich die Stellungnahme des Karl-Bräuer-Instituts des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 245 ff. Siehe ferner Fuest/ Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 41 f.
I. Notwendige Änderungen im Gesamtsystem der kommunalen Steuerfinanzierung 183
den genannten Reformvorschlägen, die weitgehend, etwa in Form einer Bürgersteuer, selbst einen solchen Zugang vorsehen, ergeben. a) Reformen bei der Grundsteuer Verschiedenste Reformentwürfe sehen Änderungen auch bei der Grundsteuer vor. Diese wirken sich auf die Einkommensteuer jedoch in keiner Weise aus. Bereits im derzeitigen kommunalen Steuersystem besteht keine Verknüpfung zwischen der Grundsteuer und anderen kommunalen Steuern. Als Realsteuer knüpft die Grundsteuer an den Besitz von Grund und Boden an; sie ist nicht auf Ertragssteuern anrechenbar. Allenfalls der Vorschlag der Bertelsmann-Stiftung, nach dem die Grundsteuer A wegfallen und durch die Besteuerung der land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte kompensiert werden soll698, sieht hier eine (rein fiskalische) Verbindung vor. Auch diese würde sich jedoch nicht auf eine „kommunalen Einkommensteuer“ auswirken. b) Reformen bei der Gewerbesteuer Anders verhält es sich mit Reformen bei der Gewerbesteuer: Allein schon die Anknüpfung der Gewerbesteuer an die gewerblichen Einkünfte (vgl. § 7 GewStG), die ihrerseits zusätzlich in die Bemessungsgrundlage der staatlichen Einkommensteuer einfließen, lassen die enge Verbindung von Gewerbe- und Einkommensteuer erkennen. Zu beachten ist hier insbesondere die verfassungsrechtliche Garantie einer den Gemeinden zustehenden, wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit Hebesatzrecht, Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG, die derzeit von der Gewerbesteuer ausgefüllt wird.699 Wird die Gewerbesteuer ersetzt, müsste ihr Substitut – womöglich eine „kommunale Einkommensteuer“ oder auch eine „kommunale Einkommen- und Körperschaftssteuer“ bzw. „kommunale Unternehmenssteuer“ – den Anforderungen dieser Norm genügen. Hinzu kommt die Möglichkeit der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die gezahlte Einkommensteuer nach § 35 EStG: Um gewerbliche Personengesellschaften, deren Gesellschafter der Einkommensteuer unterliegen, und Kapitalgesellschaften, die der Körperschaftssteuer unterliegen, annähernd gleich zu stellen und eine übermäßige Belastung mit Gewerbe- und Einkommensteuer zu vermeiden, ist es angesichts der deutlich niedrigeren Steuersätze bei der Körperschaftssteuer erforderlich, die sowohl von Kapital- als auch von gewerblichen Personengesellschaften zu entrichtende Gewerbesteuer für die Personengesellschaften auf 698
Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeindefinanzen, 2003, S. 29. Siehe dazu oben Kapitel 2, I. 3.
699
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
die Einkommensteuer anrechnen zu lassen.700 Wenn die Gewerbesteuer nun wegfiele und etwa durch die Einführung eines kommunalen Hebesatzrechtes auf die Einkommen- und die Körperschaftssteuer oder eine kommunale Unternehmenssteuer ersetzt würde, stellte sich im Einzelnen die Frage, inwieweit weiterhin eine solche Anrechnung noch erforderlich ist. Dies wäre jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die Mammutaufgabe der Rechtsformneutralität bei der Unternehmensbesteuerung angegangen würde, wie dies etwa der Ausgangsentwurf der Stiftung Marktwirtschaft noch vorsieht.701 Davon ist jedoch derzeit aus politischen Gründen nicht auszugehen.702 Dennoch ist die angestrebte rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung als Leitbild für die Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ sowie des möglichen Ersatzes der Gewerbesteuer in den Blick zu nehmen: Personen- und Kapitelgesellschaften sollten – zumindest annähernd – steuerlich gleich belastet werden. In jedem Fall ist ferner zu berücksichtigen, dass gewerbliche oder ggf. auch andere unternehmerische Einkünfte nicht doppelt mit einer kommunalen Steuer belastet werden sollten. Wie dies im Einzelnen zu lösen ist, ergibt sich aus der konkreten Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ sowie der weiteren Kommunalsteuern. Die vielfach vorgesehene Ersetzung der Gewerbesteuer durch einen kommunalen Zugang (in Form eines Hebesatz- oder eines Zuschlagrechtes) zur Einkommen- und gleichzeitig zur Körperschaftssteuer bedarf auch einer grundlegenden Abstimmung. Zu klären wäre für diesen Fall etwa, inwieweit Bemessungsgrundlagen sowie Hebe- bzw. Zuschlagssätze gleich, gekoppelt oder voneinander losgelöst sein sollten. c) Weitere Änderungen im kommunalen Steuersystem Neben den Reformfragen beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer sowie der Gewerbe- und der Grundsteuer ist – insbesondere bei einer stärkeren Orientierung an gewinnbezogenen Elementen – die Frage relevant, durch welches weitere 700
So auch die Begründung im Gesetzesentwurf zum Unternehmenssteuerreformgesetz 2008, BT-Drucks. 16/4841, S. 65, durch welches § 35 EStG modifiziert werden sollte. Die Vorschrift des § 35 EStG löste im Jahr 2001 eine Regelung in § 32c EStG ab, die eine besondere Tarifbegrenzung bei gewerblichen Einkünften vorsah, siehe Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz), BGBl. I 2000, S. 1433. Siehe dazu auch Jachmann, Die Gewerbesteuer im System der Besteuerung von Einkommen, in: Perspektiven der Unternehmensbesteuerung, DStjG Bd. 25, 2002, S. 195 (214 ff.). 701 Siehe oben 1. c). Dazu auch Hey, StuW 2002, S. 314 (321 ff.), die anmerkt, dass Reformbemühungen bei den Gemeindefinanzen „unweigerlich in eine erneute Reform der Unternehmensbesteuerung münden müssen.“ 702 So auch der Vorsitzende der Stiftung Marktwirtschaft, Michael Eilfort, in einem Brief an das BMF vom 31.3.2010 in: BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 4.
I. Notwendige Änderungen im Gesamtsystem der kommunalen Steuerfinanzierung 185
Element im kommunalen Steuersystem eine gewisse Kontinuität und Stetigkeit gewährleistet sein könnte. Hier wird insbesondere eine quantitative Ausweitung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer erwogen, daneben auch die Einführung eines Gemeindeanteils am Lohnsteueraufkommen. Abstimmungserfordernisse mit einer „kommunalen Einkommensteuer“ er geben sich hier auf der systematischen Ebene nicht: Eine steuertechnische Verbindung von Umsatz- und Einkommensteuer ist in keiner Weise gegeben. Auch bei der Idee eines Gemeindeanteils am Lohnsteueraufkommen ist die Gestaltung einer „kommunalen Einkommensteuer“ nicht berührt: Die Steuer auf die Lohnsumme soll zwar vollständig auf die Lohnsteuer anrechenbar sein; ein weitergehendes Abstimmungserfordernis mit der Einkommensteuer ergibt sich jedoch nicht.703 Neben dieser steuersystematischen Betrachtung ist jedoch auch die fiskal politische Komponente zu berücksichtigen: Hier stellt sich selbstverständlich die Frage, wie die einzelnen Elemente des kommunalen Steuersystems anteilig zur Finanzierung der gemeindlichen Aufgaben beitragen sollen. Dabei spielen verschiedene der in Kapitel 2 erörterten Anforderungen an ein kommunales Steuersystem eine Rolle. Der Beitrag der einzelnen Steuer lässt sich dann aber in erster Linie über die Höhe der jeweiligen Steuer-, Hebe- und Zuschlagssätze sowie die Festlegung der Steueranteile und der Zerlegung regeln. Die systematische Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ ist davon nur am Rande berührt. d) Isolierte Einführbarkeit einer „kommunalen Einkommensteuer“ Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Möglichkeit einer isolierten Einführung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensteuer, wie es bisher in dieser Untersuchung vorausgesetzt wurde. Sowohl aus theoretischer wie auch aus praktischer Perspektive erscheint dies grundsätzlich nicht unmöglich: Die systematischen und die faktischen Verknüpfungen mit den anderen kommunalen Steuern sind, wie zuvor erörtert wurde, ausreichend gering, dass einer schlichten Ersetzung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer keine größeren steuertechnischen Probleme entgegen stehen – wenngleich bei der konkreten Ausgestaltung einige Aspekte, insbesondere die Abstimmung der Gewerbesteuer bzw. einer kommunalen Unternehmenssteuer mit dem kommunalen Einkommensteuerzugang, berücksichtigt werden sollte. Dennoch lässt sich argumentieren, dass es vorteilhaft sei, die Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ in eine weiterreichende Reform der Kommunalfinanzen einzubetten und sie so mit weiteren Änderungen zu verknüpfen. 703 Siehe zur möglichen Ausgestaltung Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission Steuergesetzbuch, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2006, S. 13 f.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
So wird etwa vorgebracht, dass die kommunale Streuung bei der isolierten Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ problematisch sein könnte.704 Ebenso würden die Vorgaben hinsichtlich einer Stärkung der kommunalen Finanzautonomie leer laufen, wenn gleichzeitig nicht etwa das Konnexitätsprinzip gestärkt würde, um kommunale Ausgaben und Aufgaben selbstbestimmter durchführen zu können.705 Für eine Einbettung der Einführung der „kommunalen Einkommensteuer“ in eine umfassende Gemeindefinanzreform spricht auch, dass es den äquivalenz theoretischen Erwägungen, die der Entscheidung für eine „kommunale Einkommensteuer“ zu Grunde liegen, nicht entsprechen würde, wenn örtliche Unternehmen, die nicht die Rechtsform der Kapitalgesellschaft gewählt haben, mit zwei kommunalen Steuern belastet wären. Zielführend wäre hier vielmehr, wenn es eine gesonderte Steuer für die Gemeindeeinwohner und eine weitere Steuer für die Unternehmen geben würde. Diese Gründe verdeutlichen, dass es besser wäre, gemeinsam mit der Einführung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung auch weitere Aspekte des kommunalen Einnahmensystems zu reformieren. Bereits in der Einleitung zu dieser Untersuchung ist jedoch angeklungen, dass die politische Realisierbarkeit einer umfassenden Gemeindefinanzreform derzeit nicht gegeben scheint. Entsprechend bleibt festzuhalten, dass eine „kommunale Einkommensteuer“ grundsätzlich und ohne nennenswerte absehbare Probleme auch isoliert eingeführt werden kann. 3. Fazit Es lässt sich somit festhalten, dass die Idee einer „kommunalen Einkommensteuer“ in den diskutierten Reformentwürfen aus der jüngeren Zeit nahezu durchgängig mit weiteren Reformen des Kommunalsteuersystems, insbesondere im Bereich der Gewerbesteuer, verknüpft ist. Eine Ablösung der Gewerbesteuer durch eine gewinnorientierte kommunale Unternehmensbesteuerung erscheint – soweit dies ohne eine tiefer gehende Analyse zu beurteilen ist – allein schon aufgrund der aufgeführten Kritik an der Gewerbesteuer, aber auch vor dem Hintergrund des entwickelten Anforderungsprofils an ein kommunales Steuersystem als vorzugswürdig. Die isolierte Einführung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensteuer kann den unstreitig vorhandenen Reformbedarf bei der Gewerbesteuer nicht kompensieren. Sie wäre jedoch ein erster Schritt zu einer Neuordnung des Kommunalsteuersystems, der in einigen Möglichkeiten der Ausgestaltung auch ohne das Erfordernis einer Verfassungsänderung zu realisieren ist. 704 So jedenfalls die Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeindefinanzen, 2003, S. 21 f. Siehe dazu jedoch auch die vorgehende Untersuchung in Kapitel 2, IV. 5. b). 705 Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeindefinanzen, 2003, S. 35 f.
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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Wenngleich die Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ steuersystematisch auch isoliert machbar ist und daher in der nachfolgenden Untersuchung nach wie vor von einem im Übrigen nicht geänderten Steuersystem (Rechtslage: 1.4.2012) ausgegangen wird, soll zusätzlich ein Szenario berücksichtigt werden, in dem die Gewerbesteuer durch ein kommunales Hebesatzrecht an der Einkommenund der Körperschaftssteuer ersetzt wird.
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“ Die inhaltliche Ausgestaltung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensteuer richtet sich im Wesentlichen nach den bereits im vorangegangenen Kapitel 2 erörterten Kriterien. Dabei können sich auch Widersprüche zwischen einzelnen Zielen und Anforderungen an kommunale Steuern ergeben. Entsprechend ist die nachfolgend untersuchte Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ immer als Kompromiss aus möglicherweise widerstrebenden Interessen und Prinzipien zu sehen, der im Wege einer Abwägung zu entwickeln ist. Ziel ist, eine Ausgestaltung zu ermitteln, die den in Kapitel 2 herausgearbeiteten Grundsätzen am besten entspricht. Dabei ist insbesondere der Gesichtspunkt der Praktikabilität zu berücksichtigen: Der zusätzliche Verwaltungsaufwand ist unbedingt minimal zu halten. In diesem Abschnitt wird zunächst die grundsätzliche Gestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ untersucht (1.), wobei insbesondere den Fragen nach der Bemessungsgrundlage und der Gestaltung des Steuer- bzw. Hebe- oder Zuschlagsatzes breiter Raum eingeräumt werden muss. In einem zweiten Schritt werden Einzelfragen der Tarifgestaltung diskutiert (2.); dabei ist die Abstimmung mit einer – eventuell reformierten – Gewerbesteuer besonders relevant. Schließlich stellt sich die entscheidende Herausforderung der interkommunalen Verteilung (3.), im Besonderen verknüpft mit der Rolle des Wohnsitz- und des Betriebsstättenprinzips. 1. Grundsätzliche Erwägungen Die grundsätzliche Ausgestaltung bietet im Detail verschiedenste Varianten. Wie bereits oben706 ausgeführt, sind drei grundlegende Formen denkbar: (a) eine eigenständige kommunale Steuer, die weitgehend losgelöst von der bisherigen Einkommensteuer besteht und deren Rechtsgrundlagen entweder bundes- oder landeseinheitlich oder gar hinsichtlich bestimmter, wesentlicher Details autonom im Rahmen der kommunalen Rechtssetzung bestimmt werden können; (b) ein 706
Kapitel 1, III. 5. b).
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
kommunales Hebesatzrecht im Rahmen der bestehenden, staatlichen Einkommensteuer oder (c) ein kommunaler Zuschlag auf die staatliche Einkommensteuerschuld. Alle drei Ausgestaltungsformen sind rechtlich zulässig und denkbar, wenngleich nochmals festzuhalten ist, dass für eine eigenständige kommunale Steuer (a) eine entsprechende Änderung der Finanzverfassung erforderlich wäre – was steuersystematisch nicht als Hindernis anzusehen, gleichwohl aber politisch zu berücksichtigen ist.707 Grundlegend stellt sich damit in der nachfolgenden Untersuchung die Frage, wie eng die „kommunale Einkommensteuer“ an die staatliche Einkommensteuer angekoppelt sein sollte. Dazu ist bereits an dieser Stelle voranzustellen: In An betracht des derzeitigen „Vielsteuersystems“708 erscheint es kaum zu rechtfertigen, eine vollständig neue, von den einzelnen Gemeinden individuell auszugestaltende Steuerquelle zu schaffen.709 Vorzugswürdig wäre es vielmehr, die wesentlichen Fragen bzgl. der Steuerpflichtigen, des Tarifs, der Erhebungsmodalitäten und eben auch der Bemessungsgrundlage bundeseinheitlich zu regeln; den Gemeinden bliebe dann (nur) das für eine Finanzautonomie wesentliche Instrument: Die Befugnis zur Festlegung des Steuer-, Hebe- bzw. Zuschlagsatzes.710 Praktikabel erscheint es ferner ebenfalls, bei der Gestaltung von Bemessungsgrundlage und Tarif auf bereits anderweitig ermittelte Daten zurück zu greifen, sodass eine Anbindung an die bestehende staatliche Einkommensteuer vorzugswürdig wäre. Demgegenüber führt eine zu enge Verknüpfung zwischen staatlicher und kommunaler Steuer jedoch dazu, dass sämtliche Details des Tarifs der staatlichen Steuer und sämtliche Tarifänderungen sich unmittelbar auf die kommunale Steuer auswirken, was die mit dem kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung erstrebte Stärkung von kommunaler Finanzautonomie sowie den Interessenausgleich und den Äquivalenzgedanken wieder schwächen würde. Dieses Spannungsfeld zeigt bereits den Problembogen der nachfolgenden Untersuchung auf. Im Detail werden dazu im Folgenden die Fragen nach Steuerobjekt und Steuersubjekt [a)], der grundsätzlichen Ausgestaltung des Tarifs [b)], der Bemessungsgrundlage [c)], der Gestaltung von Steuer- bzw. Hebe- oder Zuschlagsatz [d)] sowie der Regelung von Freibeträgen [e)] untersucht.
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Siehe dazu ausführlich oben Kapitel 2, II. 2. a). Zum Begriff Kirchhof, NJW 2002, S. 1549. Danach wurden im Jahr 2002 vom Bundesgesetzgeber 36 verschiedene Steuern erhoben. 709 So etwa der Bundesverband der Deutschen Industrie e. V., Verband der Chemischen Industrie e. V. (Hrsg.) (BDI/VCI), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, Köln 2001, S. 18; Sander, Wirtschaftsdienst 2001/VIII, S. 447 (448). 710 So etwa Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 115 ff. 708
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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a) Steuersubjekt und Steuerobjekt Als Steuersubjekt kommen anknüpfend an § 1 Abs. 1 S. 1 EStG einzig natürliche Personen in Betracht. Personengesellschaften werden nach dem Transparenzprinzip durch ihre Gesellschafter repräsentiert.711 Kapitalgesellschaften unterliegen der Gewerbe- und der Körperschaftssteuer – bzw. im Falle einer umfassenden Reform einer kommunalen Unternehmenssteuer – und sind entsprechend nicht in die „kommunale Einkommensteuer“ einzubeziehen. Grundsätzlich bietet sich an, an den Wohnsitz der Steuerpflichtigen anzuknüpfen, sodass alle Einwohner einer Gemeinde Steuersubjekt der „kommunalen Einkommensteuer“ wären. Inwieweit dieser Grundsatz – insbesondere aufgrund der möglichen Auswirkungen auf die räumliche Streuung – Modifikationen erfahren sollte, ist im weiteren Verlauf dieser Arbeit detailliert zu untersuchen. Steuerobjekt sollten – unabhängig von der konkreten Ausgestaltung in jeder der möglichen Varianten – anknüpfend an § 2 Abs. 1 S. 1 EStG die Einkünfte in den sieben Einkunftsarten sein, die der Steuerpflichtige erzielt. b) Proportionale oder progressive Steuer? Grundlegend stellt sich weiter die Frage, ob der kommunale Zugang zur Einkommensbesteuerung proportional oder progressiv ausgestaltet sein sollte. Hier sind steuertechnisch zwei Fälle zu unterscheiden: Basiert die „kommunale Einkommensteuer“ auf einer Bemessungsgrundlage, welche ihrerseits bereits eine progressive Komponente beinhaltet, ist eine progressive Ausgestaltung auch der kommunalen Steuer unvermeidlich: Entsprechend würde die Variante als kommunaler Zuschlag auf die Einkommensteuerschuld zwingend zu einem progressiven Aufkommensverlauf führen. Eine Bemessungsgrundlage, die ihrerseits noch kein progressives Element beinhaltet, kann hingegen – je nach Ausgestaltung – bei nur einem, einheitlichen Steuer- bzw. Hebesatz innerhalb einer Kommune zu einer proportionalen Steuer, bei mehreren Steuer- bzw. Hebesatzstufen auch auf kommunaler Ebene ebenso zu einer progressiven Steuer führen. Beide Ausgestaltungsformen sind somit möglich. Entsprechend ist anhand der ermittelten Kriterien abzuwägen, ob eine proportionale oder eine progressive Ausgestaltung geboten sind: Dem Sozialstaatsgebot würde durch einen progressiven Tarif besser genüge getan: Wer – als Ausweis seiner Leistungsfähigkeit – hohe Einkünfte erzielt, kann auch einen großen Anteil dieser Einkünfte zur Finanzierung der Selbstverwaltungskörperschaft abgeben. Aber auch bei einem proportionalen Tarif ist die Leistungsfähigkeit bereits unstrittig manifestierend beinhaltet: Die absolute Höhe der Steuerschuld steigt mit der Höhe der Einkünfte. Entsprechend konnte bereits fest 711
Siehe nur Gosch, in: Kirchhof (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, 10. Aufl. 2011, § 1 Rn. 5.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
gestellt werden, dass der Lastenausgleich im Sozialstaat, dem das Leistungsfähigkeitsprinzip und auch die progressive Ausgestaltung der Einkommensteuer besonders Rechnung tragen, im Bereich der kommunalen Steuer nicht zwingend eine so vollumfängliche Berücksichtigung, wie dies durch einen progressiven Tarif geschähe, erfahren muss.712 Demgegenüber kommen drei Faktoren in Betracht, die für eine proportionale Ausgestaltung des kommunalen Zugangs zur Einkommensteuer ins Feld zu führen sind: Zum Ersten soll, wie oben bereits erläutert, durch einen solchen Zugang auch dem Äquivalenzprinzip und dem Gedanken des Interessenausgleichs besonders Rechnung getragen werden.713 Diese Prinzipien sind schon grundsätzlich allenfalls mit einer moderaten Umverteilung zu vereinbaren714: Schließlich stellen sie gerade nicht auf die Leistungsfähigkeit des Einzelnen, sondern auf den Nutzen, den der Einzelne von der staatlichen bzw. kommunalen Leistung hat, ab. Das Leistungsspektrum einer Gemeinde ist jedoch für alle Einwohner weitgehend gleich, jedenfalls hängt es nicht überproportional von den Einkünften des Bürgers ab. Es wird so sein, dass derjenige, der höhere Einkünfte erzielt, auch kommunale Institutionen mehr nutzt als ein Geringverdiener und so erfolgreicher wirtschaften kann – zwingend ist dies freilich jedoch nicht. Dem folgend wäre die proportionale Ausgestaltung des Tarifs der richtige Mittelweg zwischen der progressiven Variante, die einkommensstarke Bürger besonders belastet, und einer Kopfsteuer, die jeden Steuerpflichtigen in gleichem Maße in Anspruch nimmt und die daher nicht mit dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz zu vereinbaren ist. Zum Zweiten sind – so wurde bereits als eines der wesentlichen Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchung festgehalten – die mögliche räumliche Streuung und die daraus resultierenden möglichen allokativen Verwerfungen die zentralen Aspekte, die einem kommunalen Mitbestimmungsrecht bei der Einkommensteuer entgegen stehen.715 Diese haben ihre Ursache in erster Linie in den strukturellen Unterschieden insbesondere auch hinsichtlich der ungleichen Verteilung verschiedener Einkommensstärken zwischen den Kommunen. Diese würden jedoch durch einen progressiven Steuertarif nochmals verstärkt, sodass eine Kommune mit vielen Spitzenverdienern überproportional bevorzugt würde.716 Auch hier könnte eine Kopfsteuer sämtliche Strukturunterschiede einebnen, da jeder Steuerpflichtige unabhängig von seinem Einkommen den gleichen Steuerbetrag zahlen müsste.
712
Siehe oben Kapitel 2, III. 2. b). Siehe Kapitel 2, III. 1. d). 714 So auch Hey, Vom Nutzen des Nutzenprinzips für die Gestaltung der Steuerrechtsordnung, in: FS Lang, 2011, S. 133 (146, 149 f.) m. w. N. 715 Siehe Kapitel 2, IV. 5. b) sowie zusammenfassend Kapitel 2, VI. 3. 716 Siehe dazu Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (170 f.). 713
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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Ein proportionaler Steuersatz wäre somit auch bei diesem Kriterium als Mittelweg vorzugswürdig. Zum Dritten ist auch das Ziel der möglichst geringen Konjunkturreagibilität einer Steuer zu berücksichtigen.717 Hier führt ein progressiver Tarif dazu, dass sich konjunkturelle Schwankungen, die sich auf die Einkünfte der Steuerpflichtigen auswirken, überproportional im Steueraufkommen niederschlagen, da sich nicht nur die Bemessungsgrundlage, sondern häufig auch der Steuersatz mit der Höhe des Einkommens ändert. Dies ist besonders deshalb relevant, weil sich konjunkturelle Schwankungen weniger bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, also weniger beim ‚normalen Lohnsteuerzahler‘, sondern vielmehr bei den für das Einkommensteueraufkommen so wichtigen Spitzenverdienern718 niederschlagen. Eine proportionale Ausgestaltung wäre also auch angesichts der erwünschten geringen Konjunkturreagibilität zu bevorzugen. Vor dem Hintergrund der Anforderungen an ein kommunales Steuersystem ist es somit empfehlenswert, den kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung proportional auszugestalten.719 Eine Anknüpfung an die Steuerschuld als Bemessungsgrundlage wäre somit problematisch. Wird an eine andere Größe angeknüpft, müsste in Anbetracht des Leistungsfähigkeitsprinzips jedoch über einen gesonderten Grundfreibetrag720, möglicherweise auch eine Abmilderung im unteren Einkommensbereich721 sowie die Berücksichtigung weiterer Freigrenzen und Freibeträge nachgedacht werden. Hier ergeben sich – je nach Ausgestaltung – sehr unterschiedliche Konstellationen, die im Weiteren dargestellt werden und deren Auswirkungen im Detail zu untersuchen und abzuwägen sind. c) Wahl der Bemessungsgrundlage Entsprechend dieser Vorüberlegungen wäre auch die Bemessungsgrundlage einer „kommunalen Einkommensteuer“ auszuwählen und zu bewerten. Dabei sind theoretisch folgende Formen denkbar: Grundlegend besteht einerseits die Möglichkeit, dass die Ermittlung der Bemessungsgrundlage gesondert geregelt wird [dazu nachfolgend unter aa)].722 Dies wäre bei einer Ausgestaltung als eigenständige Steuer der Fall. Andererseits kann sich die Bemessungsgrundlage je 717
Siehe oben Kapitel 2, IV. 3. b). Siehe bereits oben Kapitel 2, III. 2. b). 719 Gegen eine progressive Ausgestaltung im Ergebnis auch Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeindefinanzen, 2003, S. 19 f.; Sander, Wirtschaftsdienst 2001/VIII, S. 447 (451 f.). 720 Dieser wird bei der Einkommensteuer erst im Tarif berücksichtigt, § 32a EStG. 721 So auch Stiftung Marktwirtschaft, Bericht der AG Kommunalfinanzen, 2006, S. 17. 722 Einen solchen Vorschlag macht etwa Scherf, in: Andel (Hrsg.), Probleme der Kommunalfinanzen, 2001, S. 9 (49 ff.), der die Ermittlung einer zweiten Bemessungsgrundlage zur Abkoppelung von der staatlichen Finanzpolitik vorsieht. 718
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
doch auch nach der staatlichen Einkommensteuer richten [bb)]: Bei einer Ausgestaltung als kommunales Hebesatzrecht bestünde etwa die Möglichkeit, an das zu versteuernde Einkommen723, § 2 Abs. 5 S. 1 EStG, das Einkommen, § 2 Abs. 4 EStG, oder den Gesamtbetrag der Einkünfte724, § 2 Abs. 3 EStG, anzuknüpfen.725 Bei einer Ausgestaltung als kommunaler Zuschlag, welcher eine Sonderform des kommunalen Hebesatzrechtes ist726, wäre hingegen eine Anknüpfung an die tarifliche Einkommensteuer727 oder die festzusetzende Steuerschuld728, § 2 Abs. 6 EStG, vorgegeben. Diese Möglichkeiten sind im Folgenden zu erörtern. aa) Eigenständige Ermittlung der Bemessungsgrundlage Die gesonderte, von der staatlichen Einkommensteuer losgelöste Ermittlung der Bemessungsgrundlage eröffnet dem Gesetzgeber die Möglichkeit, die „kommunale Einkommensteuer“ auch grundlegend an die Anforderungen an ein kommunales Steuersystem anzupassen, ohne auf bestehende Regelungen Rücksicht nehmen zu müssen. Er wäre in der Ausgestaltung weitestgehend frei. Dies würde auch gewährleisten, dass Änderungen am Tarif oder sonstigen Regelungen im Bereich der staatlichen Einkommensteuer sich nicht unmittelbar auf die kommunale Steuer auswirken.729 Entsprechend fällt aber auf der anderen Seite der zusätzliche Verwaltungsaufwand ins Gewicht: Die Ermittlung einer eigenständigen Bemessungsgrundlage würde von den Steuerpflichtigen zusätzliche Angaben erforderlich machen, von 723
So der Vorschlag der Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeindefinanzen, 2003, S. 19; Hey, StuW 2002, S. 314 (322). 724 So der Vorschlag des Kronberger Kreises: Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.)/Kronberger Kreis, Gute Gemeindesteuern, 2003, S. 38. 725 Siehe dazu Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (170). Eine Ausgestaltung als „Kopfsteuer“, also unabhängig von den Einkünften des Einzelnen, kann demnach ebenfalls diskutiert werden, wird jedoch ls politisch nicht durchsetzbar erachtet bzw. breit abgelehnt, vgl. auch Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.)/Kronberger Kreis, Gute Gemeindesteuern, 2003, S. 37 f. 726 Siehe oben Kapitel 1, III. 5. b) cc). 727 So das Prüfmodell der Gemeindefinanzkommission 2011, BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Rn. 15; sowie allgemein zum Prüfmodell Anlage 2. 728 So auch der Vorschlag von BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 21 f. Dagegen Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.)/Kronberger Kreis, Gute Gemeindesteuern, 2003, S. 43 ff., 48. 729 Aus diesen Gründen sieht der Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 116, die Möglichkeiten, eine Gemeindeeinkommensteuer optimal an die Kriterien für ein Kommunalsteuersystem auszurichten, am besten bei einer komplett eigenständigen Steuer, am ehesten gegeben.
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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den Steuerbehörden müssten diese zusätzlich ausgewertet werden, um einen zusätzlichen Wert zu ermitteln. Der erforderliche administrative Aufwand wäre entsprechend enorm. Eine Anknüpfung an andere Werte, etwa den Gesamtbetrag der Einkünfte, das zu versteuernde Einkommen oder die Steuerschuld, die ohnehin im Rahmen der staatlichen Einkommensteuer von den Finanzbehörden zu ermitteln sind, würde hingegen den Verwaltungsaufwand deutlich minimieren. Allein aus diesen Praktikabilitätsgründen ist eine eigenständige Ermittlung der Bemessungsgrundlage kaum zu rechtfertigen. Sie wäre entsprechend wohl politisch auch nicht durchsetzbar. Damit ist die Ausgestaltung als eigenständige kommunale Steuer ohne Anlehnung an die staatliche Einkommensteuer nur äußerst nachrangig in Betracht zu ziehen.730 bb) Bemessungsgrundlage aus der staatlichen Einkommensteuer Zu untersuchen bleibt damit, welche Größe aus den Ermittlungsstufen der staatlichen Einkommensteuer am besten als Anknüpfungspunkt für die Bemessungsgrundlage der „kommunalen Einkommensteuer“ geeignet ist. Je nachdem, an welcher Stelle des Einkünfteermittlungsschemas des § 2 EStG angeknüpft wird, sind wesentliche Aspekte der Steuerbemessung in der Bemessungsgrundlage enthalten – oder sie sind es eben noch nicht. Dies führt dazu, die verschiedenen Anknüpfungspunkte einerseits unter dem Aspekt der Leistungsfähigkeit unterschiedlich zu bewerten. Denkbar sind vor allem mögliche unerwünschte Nebenwirkungen hinsichtlich der sozialen Verteilungswirkungen.731 Andererseits müsste auch gesondert überlegt werden, welche der nicht in der Bemessungsgrundlage enthaltenen Aspekte ggf. zusätzlich bei der „kommunalen Einkommensteuer“ zu berücksichtigen wären – was jeweils einen entsprechenden administrativen Mehraufwand bedeuten würde. Im Folgenden soll dies zunächst dargestellt werden732: (1) Anknüpfung an den Gesamtbetrag der Einkünfte Der Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) ergibt sich, indem von der Summe der Einkünfte aus den sieben Einkunftsarten, die ihrerseits bereits Betriebsausgaben und Werbungskosten beinhalten, im Wesentlichen der Alters 730 So im Ergebnis auch Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 116. Siehe ferner Hansmeyer/Zimmermann, AfK 1993, S. 221 (228 f.). 731 Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 120 f. 732 Siehe dazu auch das Schema zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und der festzusetzenden Einkommensteuer in EStR 2 (Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 2008, BStBl. I 2008, S. 1017).
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
entlastungsbetrag nach § 24a EStG, der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG sowie der Freibetrag für Land- und Forstwirte nach § 13 Abs. 3 EStG abgezogen werden.733 Weitere Elemente sind auf dieser Ebene noch nicht berücksichtigt. Insbesondere schließt der Gesamtbetrag der Einkünfte den Verlustabzug nach § 10d EStG sowie sämtliche Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, deren Berücksichtigung ein wesentlicher Ausfluss der subjektiven Leistungsfähigkeit ist, noch nicht mit ein. Entsprechend ist eine Anknüpfung an den Gesamtbetrag der Einkünfte wegen der fehlenden Berücksichtigung der subjektiven Leistungsfähigkeit nicht mit Art. 3 GG vereinbar, falls Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen nicht anderweitig im Tarif der „kommunalen Einkommensteuer“ berücksichtigt würden.734 Dies wäre jedoch mit zusätzlichem, bei einer Anknüpfung an einen anderen Wert vermeidbarem administrativem Aufwand verbunden. (2) Anknüpfung an das Einkommen oder das zu versteuernde Einkommen Das Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG) ergibt sich, indem vom Gesamtbetrag der Einkünfte der Verlust nach § 10d EStG, sämtliche Sonderausgaben (§§ 10, 10a, 10b, 10c EStG) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 33, 33a, 33b EStG) abgezogen werden. Außerdem sind die Steuerbegünstigungen nach den §§ 10e, 10f, 10g, 10h und 10i EStG sowie das zuzurechnende Einkommen nach § 15 Abs. 1 AStG735 zu berücksichtigen. Bei einer Anknüpfung an das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG) ist zusätzlich zum Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG) der Kinderfreibetrag nach §§ 31, 32 Abs. 6 EStG sowie der besondere Härteausgleich nach § 46 Abs. 3 EStG berücksichtigt. Das zu versteuernde Einkommen bildet schließlich die Grundlage zur Ermittlung der Steuer, § 32a Abs. 1 S. 1 EStG. (3) Anknüpfung an tarifliche oder die festzusetzende Einkommensteuer Bereits die tarifliche Einkommensteuer (§ 32a EStG) schließt dann bereits den entsprechenden Grundfreibetrag, das Ehegatten-Splitting nach § 32a Abs. 5 EStG, einige Sondervorschriften für beschränkt Steuerpflichtige (vgl. § 50 Abs. 3 EStG) sowie diverse außerordentliche Steuerberechnungstatbestände mit ein. 733 Hinzu kommt derzeit der Hinzurechnungsbetrag nach § 52 Abs. 3 S. 3 EStG sowie § 8 Abs. 5 S. 2 Auslandsinvestitionsgesetz. 734 Siehe bereits oben Kapitel 2, III. 2. a). 735 Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) v. 8.9.1972, BGBl. I 1972, 1713.
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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Eine Anknüpfung an die festzusetzende Einkommensteuer nach § 2 Abs. 6 EStG als Bemessungsgrundlage würde schließlich dazu führen, dass sämtliche Aspekte des Einkommensteuertarifs bereits enthalten sind. Zu nennen sind hier insbesondere etwa die Ermäßigung aufgrund gezahlter Gewerbesteuer nach § 35 EStG, Steuerermäßigungen für Parteispenden nach § 34g EStG, Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG oder die Anrechnung ausländischer Steuern nach § 34c EStG. Sie müssten für die kommunale Steuer also nicht gesondert berücksichtigt werden, was den administrativen Aufwand deutlich verringern, andererseits aber eben auch die genannten Aspekte in die „kommunale Einkommensteuer“ implizieren würde. (4) Stellungnahme Wenn dem Gesichtspunkt der Administrierbarkeit besonders Rechnung getragen werden soll, ist nach der vorstehenden Analyse eine Anknüpfung an die Steuerschuld als Bemessungsgrundlage und somit eine Erhebung der Steuer als Zuschlag auf die Einkommensteuerschuld vorteilhaft. Alle Freibeträge sowie sämtliche Aspekte, die vom Gesetzgeber als steuermindernd oder steuer erhöhend klassifiziert wurden, sind bei Anknüpfung an die festzusetzende Einkommensteuer bereits enthalten und müssten nicht zusätzlich bei der Ermittlung der schließlich festzusetzenden „kommunalen Einkommensteuer“ berücksichtigt werden.736 Es ist aber durchaus fraglich, inwieweit eine Beachtung dieser Aspekte auch bei der „kommunalen Einkommensteuer“ überhaupt rechtlich geboten, systematisch richtig und politisch gewollt ist. Bei einer Anknüpfung an die festzusetzende Einkommensteuer wäre es teilweise nur schwerlich möglich, einzelne Gesichtspunkte wieder herauszurechnen. Hinzu kommt, dass mit der Einkommensteuerschuld als Bemessungsgrundlage eine progressive Ausgestaltung zwingend wäre. Angesichts der unter b) getroffenen Erwägungen wäre dies nur eine suboptimale Lösung. Zu beachten ist zudem, dass damit auch jede Änderung des Bundesgesetzgebers im Einkommensteuerrecht – und sei es nur der Tarifverlauf – direkt auf die kommunale Steuer durchschlagen würde.737 Die gemeindliche Hebe- bzw. Zuschlagsatzautonomie würde damit durch jede Änderung des Steuersatzes durch den Bund faktisch begrenzt – zumal jedweder Anpassungsversuch der Kommunen politisch immer unter Rechtfertigungsvorbehalt stehen würde.
736 Inwieweit jedoch die Mechanismen der Anrechnung zu einer übermäßigen Berücksichtigung der einzelnen Steuerbefreiungs- oder Ermäßigungstatbestände führen können, was entsprechende Korrekturen erforderlich machen würde, ist im Einzelnen zu untersuchen. Dazu sodann unter 2. 737 Kritisch dazu Schaden, Der Gemeindehaushalt 1997, S. 205 ff.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
Aus diesen Gründen ist eine Anknüpfung der „kommunalen Einkommensteuer“ an die festzusetzende, staatliche Einkommensteuer nach § 2 Abs. 6 EStG als Bemessungsgrundlage nicht optimal. Auf der anderen Seite wären jedoch, wie zuvor bereits ausgeführt, auch der Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG sowie das Einkommen nach § 2 Abs. 4 EStG als Anknüpfungspunkt problematisch: Wesentliche Aspekte der Leistungsfähigkeit und grundlegende steuerpolitische und steuersystematische Aspekte wie etwa die Berücksichtigung von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen, Verlustvor- und -rücktrag sowie die Günstigerprüfung im Rahmen der Kinderfreibeträge sind hier noch nicht enthalten. Grundsätzlich wäre es zwar möglich, diese bei der „kommunalen Einkommensteuer“ gesondert einfließen zu lassen. Dies wäre aber mit einem erheblichen administrativen Mehraufwand verbunden, der nicht gerechtfertigt erscheint. Aus diesen Gründen kommt der Gesamtbetrag der Einkünfte als Bemessungsgrundlage quasi nicht in Betracht. Auch das Einkommen nach § 2 Abs. 4 EStG ist nicht optimal. Entsprechend bietet sich das zu versteuernde Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG als Mittelweg an:738 Bei dieser Größe sind die wesentlichen Aspekte, die der Gesetzgeber im Rahmen der Einkommensteuer berücksichtigt wissen wollte, bereits enthalten. Andere Gesichtspunkte, die im Tarif einbezogen werden und vornehmlich Lenkungscharakter haben oder aus sonstigen politischen Erwägungen eingefügt wurden739, schließt das zu versteuernde Einkommen jedoch noch nicht ein. Sie könnten, falls gewünscht, jedoch nachträglich teilweise auch in der „kommunalen Einkommensteuer“ Ausfluss finden. Dies wäre jedoch nicht zwingend. Für das zu versteuernde Einkommen als Bemessungsgrundlage spricht auch ein zentrales systematisches Argument: Die Identität der Bemessungsgrundlagen von „staatlicher“ und „kommunaler Einkommensteuer“ würde sich am besten in die Steuersystematik einfügen. Sie bringen ein gleichberechtigtes Nebeneinander der staatlichen und kommunalen Steuer auf einheitlicher Basis mit sich. Die umfasst die theoretische Möglichkeit, die „kommunale Einkommensteuer“ sowohl pro portional als auch progressiv auszugestalten. Aus diesen Gründen stellt das zu versteuernde Einkommen die bestmögliche Bemessungsgrundlage für eine „kommunale Einkommensteuer“ dar. Dennoch sollen weitere mögliche Bemessungsgrundlagen, insbesondere die Steuerschuld, bei der nachfolgenden Untersuchung nicht vollständig ausgeblendet werden. Auch 738
Ähnlich argumentierte bereits Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zum Gemeindesteuersystem und zur Gemeindesteuerreform in der Bundesrepublik Deutschland, BMF-Schriftenreihe, Heft 10, 1968, S. 41 ff. 739 Zu nennen sind hier zum Beispiel die Steuerermäßigungen für Parteispenden nach § 34g EStG oder Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG.
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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schließt die Anknüpfung der „kommunalen Einkommensteuer“ an einer Bemessungsgrundlage aus der staatlichen Steuer nicht aus, dass diese Grundlage im Vergleich zur staatlichen Steuer noch modifiziert wird. d) Gestaltung des Steuer-/Hebe- oder Zuschlagsatzes aa) Aufteilung in eine „staatliche“ und eine „kommunale“ Steuer oder Annex zur staatlichen Einkommensteuer? Die „kommunale Einkommensteuer“ sollte so ausgestaltet sein, dass es sich dabei gleichsam um ein Äquivalent zum bisherigen Gemeindeanteil an der Einkommensteuer handelt und der Einkommensteueranteil des Bundes und der Länder unangetastet bleibt.740 Entsprechend wäre es im Sinne des unbestrittenen Kriteriums der Belastungsneutralität741 für den Bürger erforderlich, dass der staatliche Einkommensteuersatz insofern gesenkt würde, als dass der Anteil der Kommunen am Einkommensteueraufkommen rechnerisch entfällt. Die Belastung des Bürgers mit „staatlicher“ und „kommunaler“ Einkommensteuer zusammen würde somit der aktuellen Belastung durch die Einkommensteuer entsprechen. Gleichzeitig müsste jedoch auch – bei durchschnittlichen Hebe- bzw. Zuschlagsätzen – eine Aufkommensneutralität für die Kommunen gewährleistet sein.742 Das würde bedeuten, dass der Tarif der Einkommensteuer logisch in einen „staatlichen“ und einen „kommunalen“ Tarif gesplittet werden, die zusammen die Gesamtbelastung der Einkommensteuer ergeben – welche freilich, Art. 106 Abs. 3 GG folgend – vollumfänglich eine Gemeinschaftssteuer von Bund, Ländern und Gemeinden bliebe. Bei einer Ausgestaltung als Steuerzuschlag wäre jedoch auch eine sehr eng an die bisherige Rechtslage angelehnte Tarifgestaltung denkbar, in der es bei einem einheitlichen Einkommensteuertarif bleibt, jedoch die Mitbestimmungsrechte der Kommunen für ihren Anteil gestärkt werden. Die „kommunale Einkommensteuer“ wäre dann als Annexsteuer zur bisherigen Einkommensteuer ausgestaltet. Die Bemessungsgrundlage einer solchen Annexsteuer würde zwar ebenfalls in der Steuerschuld liegen, es würde sich dabei aber um einen reinen Zu- bzw. Abschlag zur bisherigen staatlichen Einkommensteuer handeln. Das bedeutet, dass die staatliche Einkommensteuer zunächst vollkommen unverändert zur bisherigen Rechtslage erhoben wird; auch die Verteilung auf die einzelnen Gemeinden nach dem System der Schlüsselzahlen ändert sich nicht.743 Die Gemeinden können jedoch 740
Siehe oben Kapitel 2, IV. 3. a) bzw. IV. 5. a). Siehe oben Kapitel 2, IV. 6. 742 Siehe oben Kapitel 2, IV. 3. 743 Vgl. Hansmeyer/Zimmermann, AfK 1993, S. 221 (234 ff.) sowie das „Modell 106/5“ der Gemeindefinanzkommission 2010: BMF, Zweiter Ergänzungsbericht des Arbeitskreises „Administrierbarkeit“ vom 7.4.2011, S. 40 ff., http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_53848/ 741
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
einen Zu- oder Abschlag auf ihren Anteil festsetzen, der ihnen dann alleinig zusteht bzw. von ihnen alleinig zu tragen wäre. An der bisherigen Rechtslage würde sich entsprechend nur sehr wenig ändern.744 Das Splitting in eine „staatliche“ und eine „kommunale“ Einkommensteuer bringt – wie nachfolgend unter bb) zu zeigen sein wird – einen größeren administrativen Aufwand mit sich als die Annexsteuer. Auch unter dem Kriterium der Rechtsvereinfachung wäre ein Annex vorzugswürdig, da keine auch nur teilweise „neue“ Steuer geschaffen würde. Auf der anderen Seite eröffnet eine solche Annexsteuer jedoch aufgrund der engen Anlehnung an die bisherige Rechtslage jedoch nur einen marginalen Spielraum – vor allem, weil die derzeitigen nivellierenden Verteilmechanismen bestehen bleiben müssten und sämtliche Aspekte des staatlichen Einkommensteuertarifs einschließlich der progressiven Gestaltung übernommen werden müssten. Eine Annexsteuer würde somit nur in einem sehr kleinen Maße mehr Autonomie, mehr Eigenständigkeit und mehr Gestaltungsspielraum für die Kommunen mit sich bringen. Vor dem Hintergrund der vorgehenden Untersuchung zu den Anforderungen an ein kommunales Steuersystem wäre sie damit kein ausreichender Reformschritt. bb) Absenkung des Tarifs der staatlichen Einkommensteuer Bei einer Aufteilung in einen staatlichen und einen kommunalen Steuertarif müsste der staatliche Steuertarif entsprechend der oben genannten Kriterien der Aufkommens- und Belastungsneutralität zunächst gesenkt werden. In Betracht kommt – dem derzeitigen Aufteilungsverhältnis (§ 1 S. 1 GFRG) folgend – eine durchgehende Absenkung des Steuertarifes um 15 % über den gesamten Tarifverlauf. Dies macht jedoch nur dann Sinn, wenn der Tarif der „kommunalen Einkommensteuer“ diese Tarifsenkung wieder ausgleicht, er also progressiv gestaltet ist. Insbesondere für eine Anknüpfung an die Steuerschuld als Bemessungsgrundlage wäre eine solche durchgehende Tarifsenkung um 15 % der richtige Ausgleich. Wird die „kommunale Einkommensteuer“ – wie grundsätzlich befürwortet745 – hingegen mit einem proportionalen Tarif erhoben, würde eine relative Absenkung DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Finanz__und__Wirtschaftspolitik/Foederale__Finanz beziehungen/Kommunalfinanzen/20110615-Gemeindefinanzen-AK-AdministrierbarkeitZweiter_20Erg_C3_A4nzungsbericht,property=publicationFile.pdf, abgerufen am 28.7.2011. 744 Diesem Vorschlag ähnelt auf den ersten Blick auch das Reformmodell des Karl-BräuerInstituts, Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 201 ff. Hier ist jedoch vorgesehen, dass die Kappungsgrenzen bei der Verteilung auf die einzelnen Gemeinden wegfallen und die Gemeinden entsprechend weiter gehende Mitwirkungsrechte erhalten. Es handelt sich dabei also durchaus auch um eine Aufteilung in eine „staatliche“ und eine „kommunale“ Einkommensteuer, die jedoch auf dem Steuerbescheid einheitlich dargestellt wird, sodass der Bürger seine Einkommensteuerlast auf einen Blick erkennen kann. 745 Siehe oben b).
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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des Tarifs zwar eine Aufkommensneutralität gewährleisten, aber gegen das Kriterium der Belastungsneutralität verstoßen: Die Gesamtbelastung von kommunaler und staatlicher Einkommensteuer würde im unteren Tarifverlauf zunehmen, im oberen Tarifverlauf abnehmen. Entsprechend käme bei einer proportionalen Tarifgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ hier eine in absoluter Hinsicht gleichmäßige Absenkung des Tarifs der staatlichen Einkommensteuer in Betracht. Das würde dazu führen, dass der Anteil der kommunalen Einkommensteuer an der Gesamt-Einkommensteuer im unteren Einkommensbereich deutlich höher ist als im oberen Einkommensbereich, was zwischen einkommensstarken und einkommensschwachen Gemeinden ausgleichend wirken würde; im Durchschnitt müsste er aber dem bisherigen Anteil von 15 % entsprechen, um Aufkommensneutralität zur gewährleisten. Es ist jedoch durchaus fraglich, um wie viele Prozentpunkte eine Absenkung erforderlich ist, um dieses Ziel zu erreichen. Dies kann nur durch entsprechende Modellrechnungen ermittelt werden; diese müssten ggf. auch regelmäßig durchgeführt werden, wenn politisch gewollt ist, den Wert veränderten Bedingungen anzupassen. Die Stiftung Marktwirtschaft nimmt in ihrem Entwurf etwa eine Größe von vier Prozentpunkten an.746 Dieser soll auch in dieser Arbeit zu Grunde gelegt werden. (1) Regelfall Im Regelfall würde der Eingangssteuersatz entsprechend statt bisher 14 % (§ 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG) nunmehr bei einer relativen Absenkung 11,9 %, bei einer absoluten Absenkung 10 % betragen. Der reguläre Spitzensteuersatz würde von 42 % (§ 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 4 EStG) auf 35,7 % bzw. 38 % sinken, der Tarif der sogenannten Reichensteuer von 45 % (§ 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 5 EStG) auf 38,25 % bzw. 41 %. (2) Sonderfälle Es müssten jedoch auch weitere, außerordentliche Einkommensteuersätze entsprechend gesenkt werden, wenn die jeweiligen Einkünfte in die Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer einfließen und somit die Senkung des Steuertarifs der staatlichen Steuer durch die Erhebung der „kommunalen Einkommensteuer“ in etwa kompensiert wird. Der Katalog des § 32a Abs. 1 S. 2 EStG nennt hier die §§ 32b, 32d, 34, 34a, 34b und 34c EStG. Zudem sind Pauschsteuer sätze bei der Lohnsteuer zu bedenken. Diese Fälle sind im Einzelnen zu unter suchen:
746
Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission Steuergesetzbuch, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2006, S. 16 f.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
(a) Progressionsvorbehalt, § 32b EStG Der Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG sieht in bestimmten Sonderfällen – etwa bei Bezug von Arbeitslosen-, Kurzarbeiter-, Kranken- oder Mutterschaftsgeld – einen ermäßigten Steuersatz vor. Dieser bezieht sich gem. § 32b Abs. 2 S. 1 EStG auf den Einkommensteuertarif nach § 32a EStG, sodass Anpassungen im Regeltarif sich auch auf den Progressionsvorbehalt auswirken. Da die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte in der Summe der Einkünfte nach § 2 Abs. 2 ESG enthalten sind und somit auch in die Bemessungsgrundlage einer „kommunalen Einkommensteuer“ einfließen, ist hier keine Anpassung er forderlich. (b) Abgeltungssteuer, § 32d EStG Fraglich ist, wie es sich mit der Abgeltungssteuer, also dem gesonderten Steuer tarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen, § 32d EStG, verhält. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob die „kommunale Einkommensteuer“ auch auf (sämtliche) Kapitaleinkünfte erhoben werden soll. Bislang erstreckt sich der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer wegen des Verweises in § 1 GFRG nur auf § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, 7, 8–12, S. 2 EStG nicht vollumfänglich auf alle der Abgeltungssteuer unterliegenden Kapitaleinkünfte, insbesondere nicht auf Dividenden. Knüpft die „kommunale Einkommensteuer“ nun jedoch direkt an die staatliche Steuer und nicht erst an das Steueraufkommen an, sind die der Abgeltungssteuer unterliegenden Kapitaleinkünfte, die gem. §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, 20 EStG in die Summe der Einkünfte einfließen, in jeder der möglichen Bemessungsgrundlagen einer „kommunalen Einkommensteuer“ – mit Ausnahme der tariflichen bzw. festzusetzenden Einkommensteuerschuld – enthalten. Entsprechend ist eine Senkung des Steuersatzes der Abgeltungssteuer unvermeidlich. Dabei kommt eine Verringerung des staatlichen Satzes von 25 % (§ 32d Abs. 1 S. 1 EStG) auf 21,25 % bei einer relativen Absenkung bzw. 21 % bei einer absoluten Absenkung in Betracht. (c) Außerordentliche Einkünfte, §§ 34, 34b EStG Bei außerordentlichen Einkünften im Sinne des § 34 EStG wird ebenfalls ein gesonderter Steuertarif angesetzt. Dieser bezieht sich gem. § 34 Abs. 1 S. 2–4, Abs. 3 S. 3, 4 EStG auf den allgemeinen Steuertarif nach § 32a EStG. Gleiches gilt für den Sondertarif für außerordentliche forstwirtschaftliche Einkünfte, § 34b Abs. 3 EStG. In beiden Fällen würde sich somit eine Absenkung des regulären Steuertarifes (§ 32a EStG) auch in den Sondertarifen fortsetzen. Da auch die außerordentlichen Einkünfte unter die jeweiligen Einkunftsarten des § 2 EStG fallen und somit in jeder möglichen Bemessungsgrundlage einer „kommunalen Einkommensteuer“ enthalten wären, ergibt sich auch hier kein Änderungserfordernis.
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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(d) Thesaurierungsbegünstigung, § 34a EStG Die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG betrifft die Besteuerung nicht entnommener Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit, die ebenfalls bereits in die Summe der Einkünfte nach § 2 Abs. 2 EStG und damit in jede der möglichen Bemessungsgrundlagen einer „kommunalen Einkommensteuer“ einfließen. Der besondere, begünstigte Steuersatz von 28,25 % (§ 34a Abs. 1 S. 1, 1. Hs. EStG) muss somit entsprechend um 15 % auf 24,0125 % bzw. um 4 %-Punkte auf 24,25 % gesenkt werden; ebenso muss der Steuersatz für die Nachversteuerung gem. § 34a Abs. 4 S. 2 EStG von 25 % auf 21,25 % bzw. 21 % gesenkt werden. (e) Ausländische Einkünfte, § 34c EStG Fraglich ist schließlich, wie es sich mit der Steuerermäßigung für ausländische Einkünfte, § 34c EStG, verhält. Die Norm des § 34c wird zwar in § 32a als Tarif vorschrift ausdrücklich aufgeführt, hat jedoch keinen konkreten Einfluss auf den Steuertarif. Vielmehr handelt es sich bei Abs. 1 und 6 um eine Steuerermäßigungsvorschrift; die Abs. 2 und 3 werden bereits bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt.747 Lediglich Abs. 5 kann Auswirkungen auf den Steuertarif nach § 32a EStG haben748, die aber für die vorliegende Untersuchung nicht relevant sind. Entsprechend ergeben sich aus § 34c EStG für die Frage der Tarifsenkung bei der staatlichen Einkommensteuer keine Probleme. Weitere Fragen im Zusammenhang mit ausländischen Einkünften sind im weiteren Verlauf dieser Untersuchung jedoch noch zu thematisieren. (f) Pauschsteuersätze bei der Lohnsteuer (§§ 37a, 37b, 40, 40a und 40b EStG) Wird die Lohnsteuer mit einem pauschalen Steuersatz erhoben (Fälle der §§ 37a, 37b, 40, 40a und 40b EStG), müssten die pauschalen Steuersätze ebenfalls – abhängig von einer Ausgestaltung als kommunaler Zuschlag oder kommunales Hebesatzrecht – abgesenkt werden. Mit Blick auf die nachfolgend noch zu untersuchende Administrierbarkeit der Steuererhebung im Quellenabzugsverfahren bei der Lohnsteuer kann jedoch auch darüber nachgedacht werden, auf die Erhebung der „kommunalen Einkommensteuer“ bei der pauschalen Lohnsteuer angesichts des vergleichsweise geringen Volumens zu verzichten. 747
Wagner, in: Blümich, EStG – KStG – GewStG, Kommentar, § 34c EStG Rn. 9. Wagner, in: Blümich, EStG – KStG – GewStG, Kommentar, § 34c EStG Rn. 9; siehe auch Kuhn, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 34c EStG Rn. 1.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
cc) Aus dem Einkommensteueraufkommen entnommene Zahlungen Das Splitting des Tarifes ein eine „staatliche“ und eine „kommunale Einkommensteuer“ führt dazu, dass die kommunale Steuer nun unmittelbar an das Einkommen des Steuerpflichtigen bzw. seine Steuerschuld anknüpft. Es gibt somit kein „Gesamt-Einkommensteueraufkommen“ mehr, aus dem die Kommunen einen Anteil erhalten.749 Vielmehr existieren von vornherein ein „staatliches Einkommensteueraufkommen“ und ein Einkommensteueraufkommen der einzelnen Gemeinde. Das zieht das Problem mit sich, wie mit Zahlungen umgegangen wird, die im geltenden Recht aus dem Einkommensteueraufkommen entnommen werden: So wird derzeit das Kindergeld als Steuervergütung nach §§ 31 f., 62 ff. EStG sowie die Altersvorsorgezulage nach §§ 10a, 69 f. EStG aus dem Lohnsteuer aufkommen gezahlt; entsprechend wird zwischen einem Bruttoaufkommen und einem Kassenaufkommen der Lohnsteuer unterschieden. Diese – nicht unbeträchtlichen750 – Kosten werden gem. § 5 Abs. 3, 4 FVG751 von Ländern und Gemeinden entsprechend der für die Verteilung des Aufkommens der Einkommensteuer maßgeblichen Vorschriften mitgetragen. Die Verteilung des Einkommensteueraufkommens auf die einzelnen Gemeinden erfolgt im geltenden Recht erst nach Entnahme bzw. Erstattung dieser Steuervergütungen.752 Somit tragen die Kommunen bisher entsprechend der Höhe ihres Anteils (15 %, § 1 Abs. 1 S. 1 GFRG) auch einen Anteil der entsprechenden Abzüge mit. Wenn nach Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ zukünftig jedoch – wie unter aa) diskutiert – von vornherein zwischen dem staatlichen und dem kommunalen Einkommensteueraufkommen differenziert wird, wirken sich die Abzüge vom staatlichen Einkommensteueraufkommen nicht mehr unmittelbar auf die einzelne Kommune aus, sodass die Kommunen die Kosten für das Kindergeld sowie die Altersvorsorgezulage nicht mehr mit tragen würden. Sie könnten allenfalls zurück gerechnet und entsprechend von der einzelnen Kom-
749
Siehe dazu auch Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1033. Im Jahr 2010 betrug etwa das Bruttoaufkommen aus der Lohnsteuer rund 169 Mrd. €, das Kassenaufkommen (also nach Abzug von Kindergeld und Altersvorsorgezulage) rund 128 Mrd. €, also etwa nur 75 %; vgl. BMF, Monatsbericht des BMF – Juli 2011, S. 59 (http:// www.bundesfinanzministerium.de/nn_136596/DE/BMF__Startseite/Publikationen/Monats bericht__des__BMF/2011/07/inhalt/Monatsbericht-Juli-2011,templateId=raw,property= publicationFile.pdf, abgerufen am 29.7.2011). 751 Gesetz über die Finanzverwaltung
(Finanzverwaltungsgesetz), BGBl. I 2006, S. 846, S. 1202. 752 Diese werden monatlich trennscharf zwischen dem Bund und den Ländern abgerechnet, wobei die Länder den Gemeindeanteil mit abrechnen, siehe die Verordnung zur Durchführung von § 5 Abs. 3 FVG v. 19.12.1995 (BGBl. I 1995, S. 2086), zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 18 des Gesetzes v. 22.9.2005 (BGBl. I 2005, S. 2809), sowie die Verordnung zur Durchführung von § 5 Abs. 4 FVG v. 22.8.2002 (BGBl. I 2002, S. 3405), zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 19 des Gesetzes v. 22.9.2005 (BGBl. I S. 2809). 750
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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mune erstattet werden. Wie dies zu bewerten und zu gestalten ist, ist im weiteren Verlauf der Untersuchung noch zu diskutieren.753 dd) Steuermesszahl und Steuermessbetrag Auf der Basis der gewählten Bemessungsgrundlage bestimmt die Gemeinde dann die Höhe der Steuer. In einer Ausgestaltung als eigenständige kommunale Steuer würde sie einen eigenen Steuersatz festlegen, der – je nach Bemessungsgrundlage – bei Berücksichtigung von Aufkommens- und Belastungsneutralität entsprechend der Annahme unter bb) bei etwa 4 % liegen müsste. Sowohl eine proportionale als auch eine progressive Ausgestaltung wären möglich. Bei einem kommunalen Hebesatz- oder Zuschlagsrecht wird grundsätzlich – etwa bei der Gewerbe- und der Grundsteuer – zunächst mit Hilfe einer Steuer messzahl ein Steuermessbetrag festgelegt, auf den dann der Hebesatz (oder Zuschlagsatz) angewendet wird. Bei dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Einkommen oder dem zu versteuernden Einkommen als Bemessungsgrundlage könnte die Gestaltung der bisherigen Regelung bei der Gewerbesteuer754 ähnlich sein. In Betracht käme etwa eine Steuermesszahl von 1 %, was bedeutet, 1 % der Bemessungsgrundlage für einen Hebesatz = 100 festzulegen. Ein Hebesatz von 400 würde dann – entsprechend der Annahme unter bb) – einem Steuersatz von 4 % entsprechend und damit in etwa zu einer Aufkommens- und Belastungsneutralität führen. Zu berücksichtigen ist hier insbesondere die Frage des Grundfrei betrags und weiterer Steuerabzüge bzw. Hinzurechnungen. Dies ist im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch ausführlich zu untersuchen. Bei der Ausgestaltung als kommunaler Zuschlag ist denkbar, einen Zuschlagsatz von 17,65 % auf die Einkommensteuer als Messbetrag für einen Hebesatz = 100 festzulegen. Dieser Satz würde eine Aufkommens- und Belastungsneutralität mit sich bringen.755 Für kommunale Hebesätze kleiner 100 würde sich entsprechend einer kommunaler Abschlag ergeben, für Hebesätze größer 100 ein kommunaler Zuschlag. Zu bedenken ist freilich, dass Steuermessbetrag und Steuermesszahl nur technische Instrumente sind, deren Anwendung die Berechnung der Grundlage für den Hebe- oder Zuschlagsatz ermöglicht: Die Bemessungsgrundlage wird durch einen vom-Hundert-Satz – die Steuermesszahl – noch einmal dergestalt modifi 753
Systematisch erfolgt dies nachfolgend unter 2. c) und d). Siehe § 11 GewStG. 755 Der Satz von 17,65 % ergibt sich aus dem bisherigen Verhältnis 15/85, nach dem der Gemeindeanteil sowie der Anteil von Bund und Ländern an der Einkommensteuer bisher gem. § 1 S. 1 GFRG aufgeteilt ist. Wenn der Bund-/Länderanteil bzw. die staatliche, um 15 % geminderte Einkommensteuer der Bemessungsgrundlage entspricht, muss der Zuschlag 15/85 ≈ 0,1765, also 17,65 % betragen. 754
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
ziert, dass der Steuermessbetrag herauskommt. Es handelt sich somit nur um eine Modalität der Berechnung; bei einer Steuermesszahl von 100 % wäre der Steuermessbetrag so etwa identisch mit der Bemessungsgrundlage. Da sich ein Hebesatzrecht nach der vorgehenden Untersuchung nur darüber definiert, dass auf eine nach übergeordneten Vorschriften ermittelte Grundlage ein entsprechender Satz angewendet wird756, wäre es auch bei einer Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ als Hebesatzrecht praktisch denkbar, dass ein von der Kommune zu bestimmender Steuersatz als Hebesatz auf eine nach bundeseinheitlichen Vorschriften zu ermittelnde Bemessungsgrundlage – etwa das zu versteuernde Einkommen – angewendet wird. ee) Proportionaler Hebesatz bzw. Zuschlag Beim kommunalen Hebesatz bzw. Zuschlag empfiehlt es sich, es bei einem einheitlichen, proportionalen Satz zu belassen: Eine progressiver Gestaltung mit verschiedenen Sätzen wäre zwar theoretisch möglich, würde jedoch – neben den generellen Erwägungen, die für eine proportionale Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ sprechen757 – zu einem erheblichen, nicht zu rechtfertigenden administrativen Mehraufwand führen.758 Die Frage der generellen Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ hinsichtlich eines proportionalen oder progressiven Verlaufs hängt damit nicht von der Gestaltung der Sätze, sondern von der Bemessungsgrundlage ab: Wohnt dieser – wie bei Anknüpfung an die festzusetzende oder die tarifliche Einkommensteuerschuld – bereits der progressive Charakter des staatlichen Einkommen steuertarifs inne, schlägt dieser auch auf die „kommunale Einkommensteuer“ durch; wird jedoch an einen Wert vor Anwendung des Tarifs – wie das zu versteuernde Einkommen – angeknüpft, bleibt es bei einer proportionalen Gestaltung.759 ff) Begrenzungen der Hebe- bzw. Zuschlagsätze Diskutiert wird, für die Steuer- bzw. Hebesätze einen bestimmten Korridor, eine Obergrenze oder eine bestimmte Quote rechtlich festzuschreiben.760 Dafür wird 756
Siehe Kapitel 2, II. 2. b) cc). Dazu bereits oben b). 758 Ebenso Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 128. 759 Siehe oben c) bb) (4). 760 Siehe etwa Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuer autonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 213. Auch bereits die Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland („Troeger-Gutachten“), 1966, Tz. 420 ff., die nur fünf verschiedene Hebesätze (80, 90, 100, 110 und 120 %) vorschlägt. 757
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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ins Feld geführt, dass durch eine solche Grenze die Aufkommens- und Belastungsneutralität der „kommunalen Einkommensteuer“ gewährleistet werden könnte. Auch allzu große Verwerfungen bei der räumlichen Streuung des Steueraufkommens könnten möglicherweise vermieden werden, ebenso ein Auseinanderdriften der Steuersätze und damit eine Gefährdung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet761. Bei der Gewerbesteuer ist seit 2003 ein Mindesthebesatz von 200 Prozent vorgesehen.762 Diese Regelung ist – insbesondere auch in Bezug auf Art. 28 Abs. 2 S. 3 und Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG – verfassungsrechtlich unproblematisch763, sodass – mit Blick auf die „schwächere“ Formulierung in Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG – für eine Hebesatzbegrenzung bei der Einkommensteuer erst recht keine Probleme anzunehmen sind: Nach Art. 106 Abs. 5 S. 3 GG kann den Gemeinden ein Hebesatzrecht bei der Einkommensteuer eingeräumt werden, nach Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG ist dies bei der Gewerbesteuer einzurichten. Wenn dem Bundesgesetzgeber also schon die Einrichtung eines Hebesatzrechtes freisteht, wird er dieses erst Recht begrenzen können.764 Allerdings würde ein solcher Korridor die gemeindliche Autonomie, die durch einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung gerade gefördert werden soll, wieder einschränken. Es macht wenig Sinn, den Gemeinden einerseits ein Mitbestimmungsrecht einräumen zu wollen, andererseits dieses auf enge Grenzen zu beschränken. Ein Korridor ist daher – zunächst – nicht zu befürworten. Allenfalls könnte bei einer Überdehnung der „kommunalen Einkommensteuer“ durch übermäßige Hebesätze, die die Ertragsbefugnis des Bundes und der Länder an der Einkommensteuer überlagern, eine Begrenzung nach oben ins Auge gefasst werden.765 Ebenso kann darüber nachgedacht werden, einen bestimmten Mindesthebe- bzw. Mindeststeuersatz festzuschreiben, um einen allzu starken interkommunalen Unterbietungswettbewerb zu vermeiden.766 gg) Kopplung mit Gewerbesteuer bzw. kommunaler Unternehmenssteuer? Fraglich ist ferner, ob man eine Kopplung des Hebesatzes von „kommunaler Einkommensteuer“ und Gewerbesteuer in Betracht zieht. Dies könnte vor allem 761
Siehe dazu oben Kapitel 2, III. 2. c). Siehe dazu bereits oben Kapitel 1, II. 2. a) bb)(1) mit Fn. 152. 763 BVerfGE 125, S. 141 ff. 764 So im Ergebnis auch Wölte, Wege aus der Kommunalverschuldung, 2012, S. 176 ff. 765 Siehe auch Hansmeyer/Zimmermann, AfK 1993, S. 221 (238). 766 So auch Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 69 (S. 564 ff.). Zuschlagsbegrenzungen nach oben hingegen hätten in Norwegen zu einem Zustand geführt, in dem alle Kommunen nunmehr den Höchstsatz erheben, sodass faktisch kein Steuerwettbewerb mehr besteht; vgl. Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 148 unter Verweis auf Zimmer, Laerebok i skatterett, 4. Aufl., Oslo 2001, S. 479. 762
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
dann sinnvoll erscheinen, wenn die Gewerbesteuer durch eine „kommunale Unternehmenssteuer“ ersetzt wird.767 Eine Kopplung der Steuer- bzw. Hebesätze würde vor allem zu einer Vereinfachung beitragen. Auch wäre – eine entsprechende Gestaltung der Bemessungsgrundlagen vorausgesetzt – gewährleistet, dass Unter nehmen und Einwohner gleichermaßen bei der kommunalen Steuerfinanzierung herangezogen werden. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass es insbesondere dem Gedanken des Interessenausgleichs und dem Äquivalenzgrundsatz entsprechen würde, wenn die Kommune entsprechend dem Nutzen, den Unternehmen und Wohnbevölkerung vor Ort genießen, die Steuer für die jeweiligen Gruppen festsetzen könnte. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass Einwohner und Unternehmen kommunale Leistungen und kommunale Infrastruktur gleichermaßen in Anspruch nehmen. Entsprechend muss der Gemeinde möglich sein, für beide Gruppen unterschiedliche Steuer- bzw. Hebesätze festlegen zu können. hh) Gesetzliches Wohlverhaltensgebot Wenn die „kommunale Einkommensteuer“ als Zuschlag auf die staatliche Steuerschuld konzipiert ist, wird diskutiert, wie der Fall berücksichtigt wird, in dem sich der Tarif der staatlichen Einkommensteuer aufgrund bundespolitischer Entscheidungen und damit die Bemessungsgrundlage des Kommunalzuschlags erhöht. Dafür könnte angedacht werden, durch ein „gesetzliches Wohlverhaltensgebot“ zu normieren, dass die Kommunen den Hebesatz bei steigenden Tarifen nach unten anpassen, um nicht – ohne eine Erhöhung des eigenen Zuschlagsatzes – vom steigenden Satz der staatlichen Einkommensteuer zu profitieren.768 Derartige Überlegungen lassen einmal mehr das zentrale Problem für den Fall offenbar werden, wenn die tarifliche oder die festzusetzende Einkommensteuer als Bemessungsgrundlage der „kommunalen Einkommensteuer“ festgelegt werden769: Die Kommunen müssen im Regelfall auf die sich ändernden Sätze der staatlichen Einkommensteuer reagieren. Sie dazu durch eine gesetzliche Rege 767 Vgl. Vorschläge von BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 18, die jedoch von einer Ablösung der Gewerbesteuer durch eine kommunale Gewinnsteuer ausgehen. Grundsätzliche Bedenken hinsichtlich der Koppelung der kommunalen Besteuerung von Wohnbevölkerung und Wirtschaft hat der Kronberger Kreis: Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.)/ Kronberger Kreis, Gute Gemeindesteuern, 2003, S. 43 ff. Ebenso ist dies im Prüfmodell der Gemeindefinanzkommission 2010 vorgesehen, vgl. BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 2. 768 So im Vorschlag von BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 22. 769 Dazu auch bereits oben II. 1. c) bb) (4).
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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lung zu zwingen, würde indes den Erwägungen zur kommunalen Finanzautonomie wiedersprechen. e) Grundsätzliche Ausgestaltung: Zusammenfassendes Ergebnis Zu den vorangehenden Ausführungen lässt sich entsprechend thesenhaft festhalten: (a) Als Steuerobjekt kommen die Einkünfte aus den sieben Einkunftsarten des § 2 EStG in Betracht, als Steuersubjekt § 1 EStG folgend als natürliche Personen die Einwohner einer Gemeinde. (b) Ein proportionaler Tarif ist aus Gründen der räumlichen Streuung und der Konjunkturreagibilität sowie aus äquivalenztheoretischen Erwägungen gegenüber einer progressiven Tarifgestaltung vorzugswürdig und auch mit dem Leistungsfähigkeitsgrundsatz vereinbar. (c) Eine eigenständige Ermittlung der Bemessungsgrundlage der „kommunalen Einkommensteuer“ kommt aus Praktikabilitätsgründen nicht in Betracht. Zudem wäre dazu eine Verfassungsänderung erforderlich.770 Die Bemessungsgrundlage sollte sich vielmehr an die staatliche Einkommensteuer anlehnen. Dabei sind der Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) und das Einkommen (§ 2 Abs. 4) EStG aufgrund der fehlenden vollumfänglichen Berücksichtigung der subjektiven Leistungsfähigkeit suboptimal. Die tarifliche bzw. die festzusetzende Einkommensteuer (§ 2 Abs. 6 EStG) ist aus administrativen Gründen möglicherweise771 vorzugswürdig, impliziert jedoch einen progressiven Tarif und würde die Kommunen von sämtlichen Änderungen des Bundesgesetzgebers bei der staatlichen Einkommensteuer abhängig machen. Für ein Nebeneinander von staatlicher und kommunaler Einkommensteuer auf einheitlicher Bemessungsgrundlage bietet sich entsprechend das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG) als optimale Bemessungsgrundlage an. Bei der nachfolgenden Untersuchung sollen dennoch mehrere denkbare Bemessungsgrundlagen berücksichtigt werden; auch könnten die jeweiligen Bemessungsgrundlagen noch teilweise modifiziert werden, soweit dies erforderlich ist. (d) Der Steuersatz ist – je nach Tarifgestaltung – proportional oder linear zu senken. Dies gilt auch für Sonderfälle des Steuertarifes. Die Gemeinden legen einen eigenen Steuer- bzw. Hebe- oder Zuschlagsatz fest. Eine Hebesatz begrenzung erscheint dabei nicht sinnvoll; ebenso wenig eine Kopplung des Hebesatzes mit der Gewerbesteuer oder einer anderen kommunalen Unternehmenssteuer.
770 771
Siehe oben Kapitel 2, II. 2. a). Das heißt vorbehaltlich der nachfolgenden Untersuchung unter 2.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
Die Ausgestaltungsform als eigenständige kommunale Steuer kann nach diesen Ergebnissen, wie unter c) aa) festgestellt, an dieser Stelle quasi bereits ausgeschlossen werden und ist daher nicht in die weitere Untersuchung einzubeziehen.772 2. Freibeträge, Anrechnungen, Ermäßigungen und weitere Sonderfälle Neben den zuvor untersuchten Grundfragen einer Steuer – Steuersubjekt, Steuerobjekt, Bemessungsgrundlage und Tarif – fließen in die Berechnung der staatlichen Einkommensteuer auf den verschiedenen Ebenen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage und des Tarifs zahlreiche weitere Aspekte ein. Ob und inwieweit diese auch bei der „kommunalen Einkommensteuer“ Berücksichtigung finden, hängt rein technisch gesehen zunächst davon ab, an welcher Stelle die Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer anknüpft. Wird jedoch ein anderes Ergebnis aus systematischen Erwägungen oder politischen Gründen gewünscht, wäre es auch möglich, die einzelnen Punkte zusätzlich bei der „kommunalen Einkommensteuer“ einfließen zu lassen oder sie wieder herauszurechnen. Entsprechend ist im Detail nachfolgend jeweils für die Modelle des kommunalen Zuschlags, also einer progressiven Ausgestaltung, und des kommunalen Hebesatzrechtes, also einer proportionalen Ausgestaltung, zu untersuchen, welche Elemente des Steuertatbestandes auch in der „kommunalen Einkommensteuer“ Niederschlag finden sollen. Als Kriterien dafür sind die Ergebnisse von Kapitel 2 zu Grunde zu legen. Dabei sind dabei vor allem die Prinzipien der Aufkommensund der Belastungsneutralität relevant: Einerseits sollte der Bürger im Ergebnis gleich belastet werden, andererseits sollte sich das staatliche Steueraufkommen nicht signifikant ändern. Bezüglich des Letzteren ist insbesondere zu erörtern, wie die Nutzen- bzw. Lastenverteilung bei den einzelnen Tatbeständen zwischen Bund, Ländern und Kommunen sach- und systemgerecht austariert werden kann. Dabei ist der Faktor der Administrierbarkeit stets im Blick zu behalten. Im Einzelnen ergeben sich folgende Problemfelder: a) Grundfreibetrag, § 32a EStG Der Grundfreibetrag, § 32a Abs. 1 S. 2 EStG, gewährleistet die Steuerfreiheit des Existenzminimums. Damit ist er ein zwingender Ausfluss des Leistungsfähigkeitsprinzips und muss auch bei einer „kommunalen Einkommensteuer“ berücksichtigt werden. Hat diese ihre Bemessungsgrundlage in der tariflichen oder der festzusetzenden Einkommensteuer, ist der Grundfreibetrag bereits enthalten. 772 Im Ergebnis ebenso Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 124.
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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Knüpft die kommunale Steuer jedoch bereits am zu versteuernden Einkommen oder früher im Einkünfteermittlungsschema an, muss der Grundfreibetrag zusätzlich berücksichtigt werden. Dies ist administrativ unproblematisch möglich; der Einfachheit halber bietet es sich an, den gleichen Betrag wie bei der staatlichen Steuer auch von der „kommunalen Einkommensteuer“ als Existenzminimum freizustellen. b) Ehegatten-Splitting, § 32a Abs. 5, §§ 26 ff. EStG Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b EStG gemeinsam veranlagt werden, beträgt die tarifliche Einkommensteuer grundsätzlich gem. § 32a Abs. 5 EStG das doppelte des Steuerbetrags, der sich für die Hälfte ihres gemeinsam zu versteuernden Einkommens ergibt. Bei einer Anknüpfung an die tarifliche oder die festzusetzende Steuerschuld ist dieses Ehegatten-Splitting im Ergebnis automatisch in der „kommunalen Einkommensteuer“ mit berücksichtigt. Bei einer Anknüpfung an das zu versteuernde Einkommen oder eine im Einkommensermittlungsschema davor liegende Größe müsste § 32a Abs. 5 EStG gesondert auch für die „kommunale Einkommensteuer“ Anwendung finden, was unproblematisch möglich ist. Dies setzt jedoch voraus, dass die Möglichkeit der gemeinsamen Veranlagung auch bei der „kommunalen Einkommensteuer“ politisch gewollt ist, was vor dem Hintergrund von Art. 3 und 6 GG zwar nicht obligatorisch, aber begrüßenswert wäre. Bei einer proportionalen Tarifgestaltung ist allerdings zu beachten, dass der Vorteil durch das Ehegattensplitting in vielen Fällen geringer ausfallen kann als bei einem progressiven Tarif oder gar nicht gegeben ist. c) Familienleistungsausgleich, §§ 31, 32 EStG Schwieriger gestaltet sich die Berücksichtigung der Kinderfreibeträge bzw. des Kindergeldes. aa) Der Familienleistungsausgleich im geltenden Recht Gem. § 31 S. 1 EStG sind auch das Existenzminimums eines Kindes sowie die Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung steuerlich einzubeziehen. Dies geschieht entweder durch die Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages773
773
Gem. § 32 Abs. 6 S. 1 EStG beträgt der Kinderfreibetrag derzeit (Stand: 1.1.2012) insgesamt 3.504 €; bei zusammen veranlagten Ehegatten, bei denen das Kind zu beiden in einem Kindschaftsverhältnis steht, sowie in Fällen des § 32 Abs. 6 S. 3 EStG verdoppelt sich der Betrag auf 7.008 €.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
nach § 32 Abs. 6 EStG oder die Zahlung von Kindergeld774 nach den §§ 62 ff. EStG. Der Kinderfreibetrag ist bereits auf Ebene des Einkommens von der Bemessungsgrundlage abzuziehen und damit im zu versteuernden Einkommen enthalten. Dies geschieht jedoch nur dann, wenn im Rahmen einer Günstigerprüfung ermittelt wird, dass das gezahlte Kindergeld die Steuerersparnis durch den Freibetrag nicht erreicht. Der Anspruch auf Kindergeld ist in diesem Fall gem. § 31 S. 4 EStG der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurechnen und somit in der festzusetzenden Einkommensteuer enthalten, sodass die Familie entweder vom Freibetrag oder vom Kindergeld profitiert, nicht jedoch von beidem. Da das Kindergeld als Steuer vergütung direkt aus dem Lohnsteueraufkommen entnommen wird und damit den Gemeindeanteil am Einkommensteueraufkommen mindert775 und der Kinderfreibetrag auf Ebene des zu versteuernden Einkommens berücksichtigt ist, sind die Gemeinden nach der geltenden Rechtslage in jedem Fall zu 15 % daran beteiligt. bb) Familienleistungsausgleich und „kommunale Einkommensteuer“ Bei Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ und der damit verbundenen Trennung zwischen dem staatlichen Einkommensteueraufkommen und dem Einkommensteueraufkommen der einzelnen Gemeinde würde das Kindergeld jedoch nicht mehr ‚automatisch‘ von den Gemeinden mit getragen.776 Das gezahlte Kindergeld könnte allenfalls auf die einzelne Gemeinde zurückgerechnet werden und aus ihrem Steueraufkommen entnommen werden: Dies erscheint jedoch weder mit Blick auf die Systematik nachvollziehbar noch praktikabel. Allerdings führt ein solches Vorgehen dazu, dass zwar das Kindergeld nur noch von Bund und Ländern getragen wird, der Kinderfreibetrag jedoch – sofern die Günstigerprüfung zu der Berücksichtigung eines solchen führt – auch von der Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer abgezogen wird. Dies führt zu einer unsauberen Trennung, da es von der Günstigerprüfung abhängen würde, ob die Kommune im Einzelfall einen Teil des Familienleistungsausgleichs mitträgt oder nicht. In dem Fall, in dem die Günstigerprüfung ergibt, dass die Berücksichtigung des Freibetrages nicht erforderlich ist, ergeben sich dabei noch keine Schwierigkeiten – schließlich ändert sich dann auch bei der staatlichen Steuer nichts: der Einzelne bekommt Kindergeld; unmittelbar bei der Steuer ist nichts zu berücksichtigen. Für die Lastentragung beim Familienleistungsausgleich bedeutete dies nach
774 Das Kindergeld beträgt gem. § 66 Abs. 1 S. 1 EStG derzeit monatlich für erste und zweite Kinder jeweils 184 Euro, für dritte Kinder 190 Euro und für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 215 Euro; jährlich also 2.208 €/2.280 €/2.580 € (Stand: 1.1.2012). Es kann gem. § 64 Abs. 1 EStG nur einem Berechtigten gezahlt werden. 775 Siehe dazu bereits oben 1. d) cc). 776 Siehe oben 1. d) cc).
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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dem zuvor Gesagten, dass Bund und Länder die Kindergeldzahlung vollständig tragen würden. Nur, wenn die Günstigerprüfung zu einer Berücksichtigung des Freibetrages kommt, würde sich dies auf die „kommunale Einkommensteuer“ auswirken. Entsprechend ist grundsätzlich zu untersuchen, wie hier verfahren werden kann: (1) Variante 1: Kein Familienleistungsausgleich bei der „kommunalen Einkommensteuer“ Administrativ wäre es möglich, den Kinderfreibetrag bei der Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer wieder herauszurechnen und damit den Familienleistungsausgleich ausschließlich und vollumfänglich im Rahmen der staatlichen Einkommensteuer vorzunehmen. Dann müsste lediglich der Freibetrag entsprechend angehoben werden. Die Lösung könnte auf den ersten Blick bestechen. Auf den zweiten Blick ist jedoch bereits problematisch, dass dies bei der „kommunalen Einkommensteuer“ zu einem gewissen Mehraufwand führt; insbesondere müsste bei einer Ausgestaltung als Zuschlag auf die festzusetzende Einkommensteuer das der Steuer hinzugerechnete erhaltene Kindergeld für die kommunale Steuer dann ebenfalls wieder herausgerechnet werden. Vor allem ist jedoch fraglich, ob es verfassungsrechtlich überhaupt möglich wäre, bei der „kommunalen Einkommensteuer“ keinen Familienleistungsausgleich zu berücksichtigen. Mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Leistungsfähigkeitssowie des subjektiven Nettoprinzips ergäben sich dabei Komplikationen: Danach ist es bei der Einkommensteuer grundsätzlich geboten, den Unterhalts-, Erziehungs- und Betreuungsaufwand von Kindern zu berücksichtigen.777 Entsprechend müsste auch bei der „kommunalen Einkommensteuer“ das Existenzminimum der Familie von der Steuer frei bleiben. Bei jedweder anderen Regelung stünde – abgesehen von den Auswirkungen eines solchen politischen Signals als „kinder unfreundlich“ – zumindest die Unsicherheit einer verfassungsgerichtlichen Aufhebung der entsprechenden Regelungen im Raum. (2) Variante 2: Keine Günstigerprüfung bei der „kommunalen Einkommensteuer“ Grundsätzlich kann jedoch bereits gefragt werden, ob die kommunale Steuer überhaupt in die Günstigerprüfung mit einbezogen werden soll. Es wird vorgeschlagen, darauf zu verzichten, im Gegenzug den Kinderfreibetrag jedoch in jedem Fall bei der Bemessungsgrundlage der „kommunalen Einkommensteuer“ zu 777 Siehe dazu nur Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 1088 sowie Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 9 Rn. 92 f. unter Verweis auf BVerfGE 82, S. 60 (89 f.) sowie 99, S. 216 (233 ff.).
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
berücksichtigen, wie dies beim Solidaritätszuschlag778 und der Kirchensteuer779 auch der Fall ist.780 Entsprechend würde sich teilweise eine Besserstellung für Familien mit Kindern ergeben. Verfassungsrechtliche Probleme sind hier nicht gegeben. Eine solche Lösung wäre jedoch ebenfalls mit Aufwand verbunden: Bei einer Ausgestaltung als Zuschlag auf die Steuerschuld müsste der Freibetrag teilweise wieder in die festzusetzende Einkommensteuer hineingerechnet werden; dies geschieht für die Kirchensteuer nach § 51a Abs. 2 S. 1 EStG jedoch ohnehin. Bei einer Ausgestaltung als Hebesatzrecht auf Basis des zu versteuernden Einkommens wäre es systematisch suboptimal, wenn die Bemessungsgrundlagen von staatlicher und kommunaler Steuer auseinanderfallen. (3) Variante 3: Familienleistungsausgleich wie im geltenden Recht auch bei der „kommunalen Einkommensteuer“ Auf der anderen Seite wäre es unproblematisch möglich, die kommunale Steuer unter Zugrundelegung eines standardisieren Hebe- bzw. Steuer- oder Zuschlagsatzes in die Günstigerprüfung mit einzubeziehen. Entsprechend würde im Falle einer Berücksichtigung des Kinderfreibetrages die „kommunale Einkommensteuer“ auch berührt: Wird diese als Zuschlag auf die festzusetzende Einkommensteuer ausgestaltet, wären sämtliche Fragen des Familienleistungsausgleichs bereits in der Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer enthalten. Dies würde jedoch auch bedeuten, dass sich durch die Hinzurechnung des Kindergeldes zur Steuerschuld nicht nur der staatliche Steueranspruch um das gezahlte Kindergeld erhöht, sondern damit auch die Bemessungsgrundlage des kommunalen Zuschlags größer wird. Die Hinzurechnung wirkt sich somit verstärkt und zu Lasten des Steuerpflichtigen aus. Um diesen Effekt auszugleichen, wäre es erforderlich, das erhaltene Kindergeld der staatlichen Steuer nur zu 85 % zuzurechnen. Entsprechend würden auch die Kommunen von der Hinzurechnung auf die tarifliche Steuer profitieren, obwohl sie keinen Beitrag mehr zur Finanzierung des Kindergeldes leisten. Im Ergebnis würden sie bei dieser Variante jedoch – da die Berücksichtigung des Freibetrages höher ausfällt als die Anrechnung des Kindergeldes – einen kleinen Teil des Familienleistungsausgleichs mittragen. Knüpft die „kommunale Einkommensteuer“ an das zu versteuernde Einkommen an, ist problematisch, dass der Freibetrag in der Bemessungsgrundlage ent 778
§ 3 Abs. 2 Solidaritätszuschlaggesetz 1995, BGBl. I 2002, S. 4130. § 51a Abs. 2 S. 1 EStG. 780 So wurde es der Gemeindefinanzkommission vorgeschlagen: BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht des Arbeitskreises „Administrierbarkeit“ für die Sitzung der Arbeitsgruppe „Kommunalsteuern“ am 17.6.2010, S. 13 f. in: Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 5. 779
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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halten ist, die Hinzurechnung des Kindergeldanspruchs gem. § 31 S. 4 EStG auf die Steuerschuld jedoch nicht. Der Kindergeldanspruch würde somit in voller Höhe der staatlichen Steuer hinzugerechnet. Entsprechend würde die Hinzurechnung nur den staatlichen Steueranspruch erhöhen, während sie den Kommunen gar nicht zugutekommen würde; für den Steuerpflichtigen ändert sich in absoluter Hinsicht folglich nichts. Dies ist angesichts der Tatsache, dass das Kindergeld bei der Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ grundsätzlich nicht mehr von den Kommunen getragen wird, jedoch nur folgerichtig.781 In diesen Fällen würden die Kommunen entsprechend auch – da der Freibetrag ihren Steueranspruch mindert – einen Teil der Lasten des Familienleistungsausgleichs tragen. (4) Stellungnahme Findet der Familienleistungsausgleich mit Günstigerprüfung auch bei der „kommunalen Einkommensteuer“ Anwendung, lässt sich eine unsaubere Trennung von staatlicher und kommunaler Lastentragung, wie vorgehende Untersuchung unter (3) zeigt, nicht vermeiden. Diese führt im Ergebnis – neben den entsprechenden systematischen Komplikationen – zu einer deutlichen Begünstigung der Kommunen zu Lasten von Bund und Ländern, die einen höheren Beitrag als bisher zur Finanzierung des Familienleistungsausgleichs beitragen müssten. Dies ließe sich nur durch einen entsprechenden Ausgleich, etwa über den kommunalen Umsatzsteueranteil, kompensieren. Auch wäre es nicht optimal, die Günstigerprüfung anhand standardisierter Hebesätze durchzuführen: In einzelnen Fällen kann dies zu ungerechten Ergebnissen führen, insbesondere wenn der Hebesatz der jeweiligen Gemeinde deutlich vom zu Grunde gelegten Standardsatz abweicht. Eine vollständige Verlagerung des Familienleistungsausgleichs allein auf die staatliche Steuer mag zwar eine naheliegende Option sein – aufgrund verfassungsrechtlicher Unsicherheiten kann sie jedoch nicht in Betracht gezogen werden. Aus diesen Gründen bleibt nur, die Günstigerprüfung vollumfänglich auf die staatliche Steuer auszulagern und im Gegenzug den Kinderfreibetrag – ähnlich wie bei der Kirchensteuer und dem Solidaritätszuschlag – stets bei der kommunalen Steuer zu berücksichtigen. Auch diese Variante würde zwar weder zu einer optimalen Trennung führen, noch wäre sie administrativen problemlos. Insbesondere müsste bei einer Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ als Zuschlag auf die Steuerschuld entschieden werden, ob in den Fällen, in denen nach der Günstigerprüfung auch bei der staatlichen Steuer ein Freibetrag zugrunde gelegt werden muss, im Gegenzug jedoch das gezahlte Kindergeld auf die Steuer 781
Wenn die Kommunen doch einen Teil des Kindergeldes tragen würden, müsste entsprechend des Verhältnisses der Steuersätze ein Teil des Kindergeldanspruchs der staatlichen Steuer, ein Teil der kommunalen Steuer hinzugerechnet werden. Dies erscheint administrativ jedoch sehr aufwändig. Der Steuerpflichtige wird in allen Fällen gleich belastet.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
anzurechnen ist, diese Anrechnung bei der kommunalen Steuer wieder herauszurechnen ist, um die Empfänger eines Freibetrages nicht gegenüber Kindergeldempfängern – die bei der „kommunalen Einkommensteuer“ den Freibetrag ohne Anrechnung in Anspruch nehmen könnten – zu benachteiligen. Dennoch erscheint dieser Weg unter den drei denkbaren und allesamt suboptimalen Varianten das ‚kleinste Übel‘ zu sein. d) Zusätzliche Altersvorsorge, § 10a EStG Deutliche Parallelen zum Familienleistungsausgleich sind bei der Förderung der zusätzlichen Altersvorsorge („Riesterförderung“) nach §§ 10a, 79 ff. EStG gegeben: Zum einen wird auch die Altersvorsorgezulage aus dem Einkommensteueraufkommen gezahlt782; zum zweiten erfolgt auch hier gem. § 10a Abs. 2 EStG eine Günstigerprüfung zwischen der Zahlung der Zulage783, §§ 79 ff. EStG, oder der Berücksichtigung eines Sonderausgabenabzugs784, § 10a Abs. 1 EStG. Insofern kann auf die vorgehenden Ausführungen unter c) aa) verwiesen werden. Entsprechend ergeben sich auch hier drei denkbare Varianten bei der Einbindung von Günstigerprüfung bzw. der Berücksichtigung eines Sonderausgabenabzugs (anstelle eines Freibetrages) und der dann womöglich erforderlichen Anrechnung der erhalten Altersvorsorgezulage im Rahmen der „kommunalen Einkommensteuer“. Diese entsprechen grundsätzlich dem unter c) bb) Dargelegten, sodass auch hier nach oben verwiesen werden kann. Ein grundlegender Unterschied ergibt sich jedoch bei der verfassungsrechtlichen Bewertung: Das Existenzminium für die Familie ist wohl zwingend bei der Einkommensbesteuerung zu berücksichtigen. Der Freibetrag für Altersvorsorgeaufwendungen ist hingegen wohl nicht so umfassend vom Leistungsfähigkeitsprinzip geschützt. Daher könnte bei der zusätzlichen Altersvorsorge – anders als beim Familienleistungsausgleich – darüber nachgedacht werden, diese steuerlich bei der „kommunalen Einkommensteuer“ auszuklammern (entsprechend des Vorschlags unter c) bb) (1)). Dabei sind jedoch mögliche Komplikationen mit der nachgelagerten Besteuerung von Alterseinkünften, die das ‚Gegenstück‘ zur steuerlichen Begünstigung der Vorsorge darstellt, nicht auszuschließen. Aus diesen Gründen sollte auch bei der zusätzlichen Altersvorsorge dem Vorschlag, die Günstigerprüfung nur auf die staatliche Steuer zu beziehen, im Gegenzug aber den Sonderausgabenabzug bei der kommunalen Steuer in jedem Fall zu gewähren785, der Vorzug gegeben werden. 782
Siehe dazu bereits oben 1. d) cc). Die Zulage beträgt jährlich 154 €, § 84 S. 1 EStG; hinzu kommt gem. § 85 Abs. 1 S. 1, 2 EStG eine Kinderzulage für jedes kindergeldberechtigte Kind von 185 € bzw. 300 € für nach dem 31.12.2007 geborene Kinder. 784 Der Sonderausgabenabzug beträgt gem. § 10a Abs. 1 S. 1 EStG bis zu 2.100 € pro Jahr. 785 Siehe dazu oben unter c) bb) (2). Parallel zum Familienleistungsausgleich wurde dies auch hier so der Gemeindefinanzkommission vorgeschlagen: BMF, Gemeindefinanzkommis 783
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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e) Verhältnis der „kommunalen Einkommensteuer“ zur Gewerbesteuer und § 35 EStG Besondere Schwierigkeiten ergeben sich aus der Frage, wie mit der nach geltender Rechtslage vorgesehenen Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer nach § 35 EStG bei Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ verfahren werden soll. Bei einer Anknüpfung an die festzusetzende Steuerschuld als Bemessungsgrundlage ist die Gewerbesteueranrechnung bereits enthalten und müsste ggf. herausgerechnet werden, um eine Ausdehnung des Steuervorteils zu vermeiden; bei einer Anknüpfung an einen im Einkünfteermittlungsschema davor liegenden Wert wie das zu versteuernde Einkommen oder die tarifliche Einkommensteuer müsste die Gewerbesteueranrechnung dann zusätzlich berücksichtigt werden. Die Frage, ob die Gewerbesteuer auch auf die „kommunale Einkommensteuer“ angerechnet werden soll, ist grundsätzlicher Natur: Wie Unternehmen und wie die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde besteuert werden sollen, ist Kern einer jeden Kommunalsteuerreformdebatte. Die Frage nach dem Verhältnis von „kommunaler Einkommensteuer“ und kommunaler Unternehmenssteuer hängt somit untrennbar von der Ausgestaltung des Weiteren kommunalen Steuersystems ab; insbesondere von der Frage, ob und inwieweit die Gewerbesteuer bestehen bleibt oder durch eine andere Form der kommunalen Unternehmensbesteuerung ersetzt wird.786 Entsprechend ist für diese Untersuchung von verschiedenen Szenarien auszugehen: Einer unveränderten Rechtslage, also der Beibehaltung der Gewerbesteuer [aa)], einer Ablösung der Gewerbesteuer durch einen kommunalen Zugang zur Einkommens- und zur Körperschaftssteuer [bb)] oder einer Ablösung der Gewerbesteuer durch eine eigenständige, rechtsformneutrale kommunale Unternehmenssteuer [cc)]. aa) Szenario 1: Beibehaltung der Gewerbesteuer (unveränderte Rechtslage) Bei einer Beibehaltung der Gewerbesteuer ist von der gleichen Prämisse auszugehen wie im geltenden Recht: Gewerbetreibende, die nicht die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gewählt haben, unterliegen sowohl der Einkommen- als auch der Gewerbesteuer; einzig tritt anstelle des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer nun die „kommunale Einkommensteuer“.
sion 2010, Zwischenbericht des Arbeitskreises „Administrierbarkeit“ für die Sitzung der Arbeitsgruppe „Kommunalsteuern“ am 17.6.2010, S. 14 f. in: Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 5. 786 Siehe oben I. 2. b).
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
Vor dem Hintergrund der Vermeidung einer übermäßigen Besteuerung mit Einkommen- und Gewerbesteuer sowie dem Ziel der gleichmäßigen, zumindest rein faktisch quantitativ ansatzweise rechtsformunabhängigen Unternehmensbesteuerung787 sollte die Gewerbesteuer entsprechend grundsätzlich auch bei der „kommunalen Einkommensteuer“ berücksichtigt werden. Auch wenn es für den Steuerpflichtigen letztlich nicht relevant ist, an welcher Stelle sich seine Steuerschuld aufgrund der gezahlten Gewerbesteuer mindert (von einer in der Höhe unveränderten Abziehbarkeit wird hier ausgegangen), muss dabei Ausdruck finden, dass die Gewerbesteuer im Wesentlichen eine Gemeindesteuer ist und es daher sachgerecht ist, sie auch – zumindest teilweise – bei der „kommunalen Einkommensteuer“ zu berücksichtigen. Dafür spricht auch, dass die örtlichen Unternehmen bzw. ihre Gesellschafter grundsätzlich nicht doppelt mit kommunalen Steuern belastet werden sollten. (1) Gestaltung bei Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ als Zuschlag Bei einer Ausgestaltung der kommunalen Steuer als Zuschlag auf die festzusetzende Einkommensteuer ergibt sich ein ähnliches Problem, wie dies zuvor bereits beim Familienleistungsausgleich und der Riester-Förderung festgestellt wurde: Während die vollständige Hinzurechnung des Kindergeldes bzw. der Altersvorsorgezulage auf die tarifliche Einkommensteuer nicht nur die Steuerschuld erhöht, sondern damit auch die Bemessungsgrundlage des kommunalen Zuschlags, würde auch die vollständige Anrechnung der Ermäßigung nach § 35 EStG zusätzlich die Bemessungsgrundlage des kommunalen Zuschlags schmälern. Entsprechend dürfte auch hier nur 85 % des Ermäßigungshöchstbetrages nach § 35 Abs. 1 S. 2 EStG zur staatlichen Steuer hinzugerechnet werden; die übrige Steuerermäßigung würde sich dann abhängig vom Kommunalzuschlag ergeben. Die Alternative, wie bei der Kirchensteuer entsprechend § 51a Abs. 2 S. 3 EStG die Vorschrift des § 35 EStG bei der Ermittlung der Steuerschuld als Bemessungsgrundlage für die Zuschlagsteuer nicht anzuwenden, kommt aus den zuvor erwähnten systematischen Gründen nicht in Betracht.
787 Dies ist das „erklärte Ziel der Steuerermäßigung des § 35 EStG“, siehe nur Jachmann, Die Gewerbesteuer im System der Besteuerung von Einkommen, in: Perspektiven der Unternehmensbesteuerung, DStjG Bd. 25, 2002, S. 195 (214 ff.).
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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(2) Gestaltung bei Anknüpfung der „kommunalen Einkommensteuer“ an das zu versteuernde Einkommen Bei Anknüpfung der kommunalen Steuer an das zu versteuernde Einkommen als Bemessungsgrundlage ist ebenfalls problematisch, wie die Berücksichtigung der Gewerbesteuer gehandhabt werden könnte. Da die entsprechenden Abzugsbeträge nach § 35 EStG ohnehin von den Finanzbehörden ermittelt werden, erscheint es unproblematisch, diese auch im Rahmen der Veranlagung bei der kommunalen Steuer anzurechnen. Hier könnte aus Praktikabilitätsgründen eine Aufteilung nach dem bisherigen Schlüssel 85/15, der auch der grundlegenden Tarifsenkung der staatlichen Einkommensteuer zu Grunde gelegt wurde788, in Betracht gezogen werden, sodass 85 % des anrechenbaren Betrages auf die staatliche Steuer, 15 % auf die kommunale Steuer angerechnet werden. Eine solche Aufteilung der Steuer würde jedoch zu Verwerfungen führen, da aufgrund des proportionalen Tarifs der „kommunalen Einkommensteuer“ das Verhältnis zwischen kommunaler und staatlicher Steuer im Einzelfall – und auch in der Summe – nicht 85/15 ist.789 Eine – administrativ aufwändigere, aber unter Verteilungsgesichtspunkten bessere – zweite Variante wäre es demzufolge, den Abzugsbetrag entsprechend des Verhältnisses der Steuersätze von staatlicher und kommunaler Steuer aufzuteilen. So müsste bei der Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrages nach § 35 Abs. 1 S. 2 EStG dann die kommunale Steuer einbezogen werden; gleichzeitig müsste individuell das Verhältnis zwischen staatlicher und kommunaler Einkommensteuer ermittelt werden. In diesem Verhältnis müsste dann der Ermäßigungshöchstbetrag von beiden Steuern abgezogen werden.790 Dies kann administrativ durchaus problematisch sein; der Einfachheit halber könnte daher mit einem pauschalierten Steuer- bzw. Hebesatz gerechnet werden. Eine dritte Variante wäre es, die Ermäßigung nach § 35 EStG vollständig von der „kommunalen Einkommensteuer“ abzuziehen. Dies ließe sich damit begründen, dass die Gewerbesteuer – abgesehen von der Gewerbesteuerumlage – auch vollständig den Gemeinden zugutekommt. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass die Beteiligung der Gemeinden an der Einkommensteuer eingeführt wurde, um die Abhängigkeit der Gemeinden von der Gewerbesteuer zu mindern; die Gewerbesteuerumlage stellt das ergänzende
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Siehe oben II. 1. d) bb). Die Be- bzw. Entlastung für den Steuerpflichtigen würde sich zwar in absoluter Höhe nicht ändern, weil es für ihn grundsätzlich nicht relevant ist, wie der Abzugsbetrag sich auf die staatliche und die kommunale Steuer aufteilt. Die Verteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen würde jedoch nicht das Verhältnis 85/15 wiedergeben, da der Anteil der gewerblichen Einkünfte bei den einzelnen Steuerpflichtigen unterschiedlich ist, jedenfalls in keinem proportionalen Verhältnis zu den Gesamteinkünften steht. 790 Beispiel: Werden bei einem Steuerpflichtigen 24.000 € staatliche Steuer und 5.000 € kommunale Steuer erhoben, müssten 24/29 des Ermäßigungshöchstbetrages von der staatlichen Steuer, 5/29 von der kommunalen Steuer abgezogen werden. 789
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
Element dazu dar.791 Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer ist heute das zweite, wichtige Standbein der kommunalen Steuerfinanzierung.792 Es macht daher keinen Sinn, über eine Anrechnung der Gewerbesteuer diese wichtige Säule teilweise auszuhöhlen – zumal auch im geltenden Recht die Anrechnung der Gewerbesteuer nicht nur von den Kommunen, sondern entsprechend ihres Anteils am Einkommensteueraufkommen auch von Bund und Ländern getragen wird. (3) Alternative: Keine Berücksichtigung gewerblicher Einkünfte bei der „kommunalen Einkommensteuer“ Es kann jedoch noch eine andere mögliche – systemkonformere – Lösung diskutiert werden: Schließlich lässt sich bereits hinterfragen, ob die Berücksichtigung der Gewerbesteuer bei der „kommunalen Einkommensteuer“ über eine Anwendung von § 35 EStG erfolgen muss – oder ob es eine denkbare Option wäre, gewerbliche Einkünfte bei der „kommunalen Einkommensteuer“ gesondert zu behandeln, sie womöglich bereits im Rahmen der Bemessungsgrundlage vollständig herauszurechnen. Aus systematischer Sicht erscheint es im Falle einer Beibehaltung der Gewerbesteuer sachgerecht, nicht den „Umweg“ über die Anrechnung nach § 35 EStG zu gehen, sondern bereits im Rahmen der Bemessungsgrundlage eine klare Trennung zwischen gewerblichen und allen übrigen Einkünften, entsprechend zwischen Gewerbesteuer und „kommunaler Einkommensteuer“ vorzunehmen. Dafür spricht auch, dass § 35 EStG auch bei einer allgemeinen Betrachtung unter steuersystematischen Gesichtspunkten als einfachgesetzlicher Untergrabung der Aufkommensverteilungsnorm des Art. 106 GG höchst frag würdig zu beurteilen ist.793 Ob dies möglich ist, hängt jedoch einerseits mit den damit verbundenen Aufkommenswirkungen, andererseits von der Administrierbarkeit und den steuertechnischen Konsequenzen dieses Vorschlages ab. Erstere müssten im Einzelnen berechnet werden. Administrativ bringt es grundsätzlich zusätzlichen Aufwand mit sich, bei der Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer die gewerblichen Einkünfte wieder herauszurechnen; das gilt insbesondere bei einer Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ als Zuschlag auf die Steuerschuld. Bei einer Ausgestaltung als proportionale Steuer auf Basis des zu versteuernden Einkommens hält sich der Aufwand grundsätzlich in Grenzen; zudem würde die zuvor besprochene Problematik hinsichtlich des Verhältnisses der Aufteilung des Anrech 791
Siehe oben Kapitel 1, III. 2. Siehe oben Kapitel 1, II. 2. c). 793 Siehe nur Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, S. 20, sowie allgemein Jachmann, Die Gewerbesteuer im System der Besteuerung von Einkommen, in: Perspektiven der Unternehmensbesteuerung, DStjG Bd. 25, 2002, S. 195 (213 ff.).
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II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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nungsbetrages nach § 35 EStG entfallen. Zu berücksichtigen ist aber jedenfalls, dass im Falle der gesonderten Behandlung einer Einkunftsart weitere technische Fragen aufgeworfen werden: Bislang werden etwa Verluste und Gewinne aus den einzelnen Einkunftsarten saldiert; wenn dabei ein Verlust bleibt, kommt es ggf. zu einem Verlustvor- oder -rücktrag. Wenn nun im vorliegenden Beispiel im Bereich der gewerblichen Einkünfte Verluste erzielt würden, stellt sich die Frage, wie sich dies auf die „kommunale Einkommensteuer“ auswirkt: Eine gesonderte Behandlung der gewerblichen Einkünfte würde dazu führen, dass diese Verluste nicht mit Überschüssen aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden könnten, sodass für den Steuerpflichtigen ein Nachteil entstünde. Ein Vorteil entstünde indes dann, wenn die gewerblichen Einkünfte so gering sind, dass sie unter den – erheblichen – Freibeträgen für eine Gewerbesteuerpflicht liegen. Entsprechend würde dann nach der Regelung des § 35 EStG keine Anrechnung vorgenommen, da gar keine Gewerbesteuer gezahlt wird. Fließen diese Einkünfte nun aber auch nicht in die Bemessungsgrundlage der „kommunalen Einkommensteuer“ ein, würde dies den Steuerpflichtigen entlasten. Ebenso stellt sich steuertechnisch die Frage, wie mit sämtlichen Abzugs- und Hinzurechnungstatbeständen, die sich im Einkünfteermittlungsschema des § 2 EStG auf dem Weg von den einzelnen Einkunftsarten bis zum zu versteuernden Einkommen stellen, umzugehen ist. Konkret müsste überlegt werden, ob und inwieweit diese auch auf die gewerblichen Einkünfte anzurechnen wären. Auch dies würde zu größeren administrativen Umständen führen und letztlich zu einer Bemessungsgrundlage führen, die entgegen der Erwägungen unter II. 1. c) aa) nicht mehr eng an die staatliche Einkommensteuer angelehnt ist. Aus systematischer Sicht wäre der Verzicht der Anwendung des § 35 EStG sowie im Gegenzug eine Herausrechnung der gewerblichen Einkünfte aus der Bemessungsgrundlage somit zwar eine nicht wenig charmante Alternative. Um eine übermäßige Entlastung der Gewerbetreibenden durch diese Regelung zu vermeiden, müssten die (dann nur noch auf die staatliche Steuer) anrechenbaren Beträge nach § 35 EStG entsprechend – etwa um 15 % – gekürzt werden. Allerdings sprechen administrative sowie insbesondere steuertechnische Erwägungen gegen eine gesonderte Behandlung gewerblicher Einkünfte: Dies würde die „kommunale Einkommensteuer“ zu weit von der staatlichen Einkommensteuer abkoppeln. Auch sind die Aufkommenswirkungen unklar. Entsprechend ist auf das unter (1) und (2) entwickelte Vorgehen zurück zu greifen.
bb) Szenario 2: Ablösung der Gewerbesteuer durch einen kommunalen Zugang zur Einkommen- und zur Körperschaftssteuer Wird die Gewerbesteuer durch einen kommunalen Zugang zur Einkommenund zur Körperschaftssteuer abgelöst, sodass die Kommunen also einen eigenen Zuschlag oder ein eigenes Hebesatzrecht auch bei der Körperschaftssteuer erhal-
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
ten würden, stellt sich die Frage nach der Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer nicht: Sie könnte vollständig entfallen. Bei der Ausgestaltung von Tarif und Bemessungsgrundlage der kommunalen Einkommen- und Körperschaftssteuer wäre dann zu beachten, dass das Aufkommen aus der Gewerbesteuer entsprechend kompensiert wird.794 Außerdem müsste – wie noch zu untersuchen sein wird – die Verteilung des Steueraufkommens auf die Gemeinden je nach Wohn- bzw. Unternehmenssitz und ggf. auch dem Ort der Arbeitsstätte dann besonders austariert werden. cc) Szenario 3: Ablösung der Gewerbesteuer durch eine „kommunale Unternehmenssteuer“ Wird die Gewerbesteuer nicht durch einen kommunalen Zugang zur Ein kommen- und Körperschaftssteuer, sondern durch eine eigenständige, rechtsformneutrale kommunale Unternehmenssteuer, die neben der „kommunalen Einkommensteuer“ bestünde, abgelöst795, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der Besteuerung von Unternehmen und natürlichen Personen vollkommen neu. Grundsätzlich wären auch in diesem Fall keine Verquickungen beider Sphären zu erwarten, sodass keine Anrechnung der „kommunalen Unternehmensteuer“ auf die „kommunale Einkommensteuer“ bzw. die Einkommensteuer generell mehr erforderlich wäre. Dafür ist jedoch zwingend erforderlich, dass eine dahingehende Rechtsformneutralität hergestellt wird, dass Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform nur zur Unternehmenssteuer, nicht aber zur Einkommensteuer herangezogen werden. Gelingt dies nicht, müsste die „kommunale Unternehmenssteuer“ weiterhin im Rahmen der Einkommensteuer berücksichtigt werden.796 f) Auslandseinkünfte und ausländische Steuern, § 34c EStG Auf ausländische Einkünfte797, die gemäß einem Doppelbesteuerungsabkommen von der Steuer freigestellt sind, kann der Staat und damit auch die Gemeinde 794 So etwa im Prüfmodell der Gemeindefinanzkommission 2010: BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 2. 795 So sieht es etwa die Stiftung Marktwirtschaft vor: Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission Steuergesetzbuch, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2006, S. 10 ff. 796 Siehe Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Verstetigung der Kommunalfinanzen: Das aktualisierte Konzept der „Kommission Steuergesetzbuch“ der Stiftung Marktwirtschaft/Stand Oktober 2010, 2010, S. 5. Dieser Entwurf geht im Vergleich zum Ausgangsentwurf von 2006 (zu Recht) von der politischen Prämisse aus, „dass eine integrierte Unternehmensbesteuerung auf Sicht nicht zu erwarten ist.“ (S. 3) 797 Was ausländische Einkünfte im Sinne des § 34c Abs. 1–5 EStG sind, bemisst sich nach § 34d EStG. Zur Anwendung von § 34d auch auf § 34c Abs. 6 EStG siehe Wagner, in: Blümich, EStG – KStG – GewStG, Kommentar, 110. EL 2011, § 34c EStG Rn. 134.
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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nicht zugreifen, § 34c Abs. 6 S. 1 EStG. Diese sind somit bei der „kommunalen Einkommensteuer“ außer Acht zu lassen.798 Zu klären ist jedoch, wie es sich mit übrigen ausländischen Einkünften verhält. Diese werden grundsätzlich im Inland besteuert, die im Ausland gezahlte Steuer ist jedoch gem. § 34c EStG anzurechnen.799 Das Erfordernis der Anrechnung nach § 34c EStG beruht auf dem Welteinkommensprinzip (§ 1 Abs. 1 S. 1 EStG), nach dem auch ausländische Einkünfte bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 2 EStG einbezogen800 und damit auch in der Bemessungsgrundlage einer „kommunalen Einkommensteuer“ berücksichtigt sind.801 Entsprechend ist zu diskutieren, ob die ausländische Steuer auch teilweise auf die „kommunale Einkommensteuer“ angerechnet werden muss, oder ob vielmehr eine Anrechnung nur auf die staatliche Steuer angemessen erscheint. Wie bei der Anrechnung der Gewerbesteuer ist dies für den Steuerpflichtigen letztlich nicht relevant, da sich an seiner absoluten Steuerbelastung nichts ändert. Maßgeblich ist daher allein, ob neben Bund und Ländern auch die Gemeinden sich einen Teil der bereits im Ausland gezahlten Steuer anrechnen lassen sollten oder müssen. Dagegen könnte sprechen, dass die im Ausland gezahlten Steuern – aufbauend auf den Gedanken des Interessenausgleichs und das Äquivalenzprinzip – grundsätzlich in keinem Zusammenhang mit der kommunalen Besteuerung der Einwohner stehen. Entsprechend ließe sich begründen, die ausländischen Steuern vollständig von der staatlichen Einkommensteuer abzuziehen. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass auch die ausländischen Einkünfte in keinem Zusammenhang mit den kommunalen Verhältnissen des Steuerpflichtigen stehen; diese können jedoch nur mit großem Aufwand aus der Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer herausgerechnet werden. Entsprechend ist es sachgerecht, dass, wenn ausländische Einkünfte in die Bemessung der kommunalen Steuer einfließen, auch ausländische Steuern auf kommunaler Ebene angerechnet werden sollten. Fraglich ist, wie dies ausgestaltet werden könnte: Bei einer Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ als Zuschlag auf die festzusetzende Steuerschuld wäre die Anrechnung ausländischer Steuern zwingend in der Bemessungsgrundlage und damit in der kommunalen Steuer enthalten. Dies würde – wie in den oben geschilderten, vergleichbaren Fällen unter c), d) und e) dazu führen, dass neben der vollständigen Anrechnung auf die staatliche Steuer zusätzlich auch die kommunale Steuer gemindert würde, die Berück 798 Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die „kommunale Einkommensteuer“ eine Steuer im Sinne der von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen ist. 799 Siehe auch Lang, in: Tipke/ders., Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 2 Rn. 42 ff. 800 Wagner, in: Blümich, EStG – KStG – GewStG, Kommentar, 110. EL 2011, § 34c EStG Rn. 25. 801 Ausnahmen dazu finden sich jedoch in § 34c Abs. 2 und 3 EStG. In diesen Fällen wäre die ausländische Steuer in jeder der untersuchten, möglichen Ausgestaltungvarianten einer „kommunalen Einkommensteuer“ enthalten. Aus Gründen der Praktikabilität sollte in diesen Fällen keine Änderung vorgenommen werden.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
sichtigung ausländischer Steuern also ausgeweitet würde. Entsprechend ist auch in diesem Fall eine Anrechnung nur in Höhe von 85 % des regulären Steuerermäßigungsbetrags vorzunehmen.802 Bei einer Anknüpfung der kommunalen Steuer an das zu versteuernde Einkommen oder einen davor liegenden Wert müsste die gezahlte ausländische Steuer bei der „kommunalen Einkommensteuer“ gesondert berücksichtigt werden. Hier könnte ein ähnliches Verfahren wie bei der Anrechnung der Gewerbesteuer zu Grunde gelegt werden803: Die Steuerermäßigung ist entsprechend des Verhältnisses der erhobenen kommunalen und staatlichen Einkommensteuer auf diese beiden Steuern anzurechnen. Zur administrativen Vereinfachung könnte auch hier eine Berechnung anhand pauschalierter Steuer- bzw. Hebesätze oder gar eine pauschale Aufteilung in Betracht gezogen werden. Bedenken zur Realisierbarkeit der „kommunalen Einkommensteuer“ mit Blick auf die Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung804 können somit nicht geteilt werden. g) Steuerermäßigung für Parteispenden, § 34g EStG Nach § 34g EStG können Zuwendungen an Parteien und Wählergemeinschaften zu 50 % bis zu einem Höchstbetrag von derzeit 825 € bzw. 1.650 € bei zusammen veranlagten Ehegatten von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen werden. Auch hier ist fraglich, ob und wie diese Regelung bei Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ modifiziert werden müsste. Hat die „kommunale Einkommensteuer“ ihre Bemessungsgrundlage in einem im Einkünfteermittlungsschema vor der festzusetzenden Einkommensteuer liegenden Wert, ist die Steuerermäßigung für Parteispenden noch nicht darin enthalten. Entsprechend stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, die Ermäßigung auf die staatliche und die kommunale Steuer aufzuteilen oder sie allein von der staatlichen Steuer abzuziehen. Für ersteres spricht, dass die Kommunen auch nach der bisherigen Rechtslage einen Teil der Steuerermäßigung tragen müssen; jede andere Regelung würde entsprechend eine Verschiebung der Lasten mit sich bringen. Demgegenüber sprechen jedoch schwer wiegende Argumente gegen eine Auftei 802 Anders schlägt es der AK Administrierbarkeit der Gemeindefinanzkommission 2010 vor: Hier soll die Anrechnung ausländischer Einkünfte nach § 34c EStG nicht in der Bemessungsgrundlage des Kommunalzuschlags erhalten sein, sondern erst danach im Verhältnis 85/15 bei der kommunalen und der staatlichen Steuer erfolgen, vgl. BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht des Arbeitskreises „Administrierbarkeit“ für die Sitzung der Arbeitsgruppe „Kommunalsteuern“ am 17.6.2010, S. 17 f. in: Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 5. Dies würde jedoch einen deutlich größeren Verwaltungsaufwand mit sich bringen. 803 Siehe oben e) aa). 804 Ritter, BB 1983, S. 389 (391).
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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lung der Steuerermäßigung. Zunächst wäre eine solche rein administrativ kompliziert zu handhaben. Wegen des proportionalen Tarifs der „kommunalen Einkommensteuer“ ist eine pauschale Aufteilung 85/15 nicht sachgerecht, sodass eine Aufteilung nach für jeden Einzelfall gesondert zu berechnenden Quoten erfolgen müsste. Dies wäre mit erheblichem Aufwand verbunden. Neben diesem auf die Praktikabilität gerichteten Argument ist aber vor allem aber die Steuersystematik ins Feld zu führen: Die Steuerermäßigung für Parteispenden ist als reine Lenkungsnorm und parteienrechtliche Subvention zu betrachten.805 Sie lässt sich verfassungsrechtlich oder steuersystematisch nicht begründen; ihr liegt lediglich die politische Entscheidung zu Grunde, Spenden an Parteien in besonderer Form – und noch über Spenden an andere gemeinnützige Organisationen, die gem. § 10b EStG als Sonderausgabe von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer abgezogen werden, sodass sich eine geringere Entlastung als 50 % ergibt, hinaus – zu begünstigen.806 Es ist aber gerade eines der grundlegenden Argumente für die Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ und auch für das zu versteuernde Einkommen als Bemessungsgrundlage, dass der Bundesgesetzgeber vor dem Hintergrund des Grundsatzes der kommunalen Finanzautonomie eben nicht das kommunale Steueraufkommen durch steuerliche Lenkungsnormen, die keinen kommunalen Bezug haben, schmälern soll. Entsprechend wäre es sachgerecht, die Steuerermäßigung für Parteispenden vollständig von der staatlichen, nicht jedoch von der kommunalen Steuer abzuziehen. Bei einer Ausgestaltung als Zuschlag auf die festzusetzende Einkommensteuer wäre die Steuerermäßigung für Parteispenden jedoch bereits in der Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer enthalten; wie in den zuvor untersuchten Fällen würde sie damit zusätzlich auf den Kommunalzuschlag gewährt, also faktisch ausgedehnt. Aus diesen Gründen müsste auch hier der abziehbare Betrag um 15 % gemindert werden, um eine konstante Belastung zu erzielen. Erwägungen, „wegen der damit verbundenen Signalwirkung“ die Steuerermäßigung nach § 34g EStG bei der Bemessungsgrundlage für den Kommunalzuschlag noch nicht zu berücksichtigen und sie statt dessen erst danach einzeln bei der staatlichen und der kommunalen Steuer im Verhältnis 85/15 abzuziehen807 erscheinen aufgrund des damit verbundenen nicht unwesentlichen administrativen Aufwandes mehr als unverhältnismäßig. Allenfalls könnte – der vorgehenden Argumentation folgend – darüber nachgedacht werden, auch bei einer Ausgestaltung als kommunaler Zuschlag die Steuerermäßigung nur von der staatlichen Steuer abzuziehen. Das Argument 805
Kirchhof, in: ders. (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, 10. Aufl. 2011, § 34g Rn. 1. Dazu nur Kirchhof, in: ders. (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, 10. Aufl. 2011, § 34g Rn. 1. 807 So der Vorschlag des AK Administrierbarkeit an die Gemeindefinanzkommission 2010, siehe BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht des Arbeitskreises „Administrierbarkeit“ für die Sitzung der Arbeitsgruppe „Kommunalsteuern“ am 17.6.2010, S. 16 in: Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 5. 806
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
der Praktikabilität spricht hier nicht dafür; im Gegenteil dürfte die Steuerermäßigung nach § 34g EStG noch nicht in die Bemessungsgrundlage des Kommunalzuschlags einfließen und könnte erst danach berücksichtigt werden, was einen geringfügigen Mehraufwand bedeuten würde. Die steuersystematischen Erwägungen sind jedoch von so großem Gewicht, dass es dennoch auch in dieser Ausgestaltung sachgerecht erscheint, steuerliche Lenkungsnormen so weit wie möglich aus der „kommunalen Einkommensteuer“ herauszuhalten und damit auch die Ermäßigung für Parteispenden nur auf die staatliche Steuer anzuwenden. h) Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen, § 35a EStG Aufwendungen für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen können gem. § 35a EStG bis zu bestimmten Höchstbeträgen zu 20 % von der Steuer abgezogen werden, wenn es sich dabei nicht um Betriebs- oder Werbungskosten handelt. Diese Regelung entspricht hinsichtlich ihrer Systematik weitgehend der zuvor untersuchten Steuerermäßigung bei Parteispenden nach § 34g EStG; entsprechend könnte sie bei Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ ebenso modifiziert werden:808 Bei einer Anknüpfung der „kommunalen Einkommensteuer“ an eine Bemessungsgrundlage, die die Steuerermäßigung nach § 35a EStG noch nicht einschließt, sollte auch hier die Steuerermäßigung nicht anteilig auf die staatliche und die kommunale Steuer aufgeteilt werden, sondern vollständig von der staatlichen Steuer abgezogen werden: Ähnlich wie bei der Steuerermäßigung für Parteispenden handelt es sich bei der Ermäßigung für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen um eine steuerliche Lenkungsnorm, die aufgrund einer (arbeitsmarkt-)politischen Erwägung beschlossen wurde809, nicht jedoch aufgrund steuersystematischer oder verfassungsrechtlicher Grundentscheidungen. Entsprechend sollte – den Ausführungen unter g) folgend – die „kommunale Einkommensteuer“ auch nicht durch diese Steuerermäßigung geschmälert werden. Ist die kommunale Steuer als Zuschlag auf die festzusetzende Einkommen steuerschuld konzipiert, bietet sich auch hier an, die abziehbaren Beträge nach § 35a EStG um 15 % zu mindern, um eine Ausweitung der Steuerermäßigung zu vermeiden.810 Sachgerechter wäre es aber auch in diesem Fall, die Steuerermäßi 808
Hinsichtlich der Details wird auf die obigen Ausführungen unter g) verwiesen. § 35a EStG wurde eingefügt durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BGBl. I 2002, S. 4621. Zur Gesetzesbegründung siehe BT-Drucks. 15/26, 15/77 und 15/91. 810 Auch hier schlägt der AK Administrierbarkeit der Gemeindefinanzkommission 2010 vor, „wegen der damit verbundenen Signalwirkung“ die Steuerermäßigung nach § 34g EStG bei der Bemessungsgrundlage für den Kommunalzuschlag noch nicht zu berücksichtigen und sie statt dessen erst danach einzeln bei der staatlichen und der kommunalen Steuer im Verhält 809
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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gung in der Bemessungsgrundlage für den Kommunalzuschlag noch nicht zu berücksichtigen und sie erst anschließend vollständig von der staatlichen Steuer abzuziehen. i) Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer und Zuschlagsteuern Fraglich ist, nach welcher Bemessungsgrundlage sich bei Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ zukünftig Solidaritätszuschlag, die Kirchensteuer und weitere Zuschlagsteuern zur Einkommensteuer im Sinne des § 51a EStG richten sollten. Dabei sollten die Grundsätze der Aufkommens-811 und der Belastungsneutralität812 zu Grunde gelegt werden: Grundsätzlich ist die Reform so auszugestalten, dass sich das Aufkommen aus und die Belastung durch Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag nicht signifikant ändern.813 Bisher werden Solidaritätszuschlag814 und Kirchensteuer815 als Zuschlag auf die Einkommensteuerschuld erhoben. Für eine aufkommens- und belastungsneutrale Reform wäre es also einerseits möglich, die „kommunale Einkommensteuer“ in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen816 – wobei aus Gründen der Administrierbarkeit und der Gleichmäßigkeit der Belastung die variierenden örtlichen Hebesätze außer Acht gelassen werden sollten. Für diese Variante spricht, dass sich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag auch bisher nach der gesamten Einkommensteuer, also auch nach dem Gemeindeanteil gerichtet haben. Wenn die „kommunale Einkommensteuer“ als Zuschlag auf die Einkommensteuerschuld konzipiert ist, könnten der Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer jedoch aus Praktikabilitätsgesichtspunkten auch nur auf die staatliche Einkommensteuer erhoben werden. Als Ausgleich für die durchgängige Tarifabsenkung der staatlichen Steuer um 15 % müssten jedoch die Sätze von Solidarinis 85/15 abzuziehen, siehe BMF, Gemeindefinanzkommission 2010, Zwischenbericht des Arbeitskreises „Administrierbarkeit“ für die Sitzung der Arbeitsgruppe „Kommunalsteuern“ am 17.6.2010, S. 15 f., in: Zwischenbericht der AG Kommunalsteuern an die Gemeindefinanzkommission v. 1.7.2010, Az. 2010/0477346, Anlage 5. Dies erscheint jedoch auch an dieser Stelle wegen des administrativen Mehraufwandes unverhältnismäßig. 811 Siehe oben Kapitel 2, IV. 3. a). 812 Siehe oben Kapitel 2, IV. 6. 813 Dies gilt unabhängig davon, ob Änderungen im Bereich des Solidaritätszuschlages oder der Kirchensteuer systematisch notwendig erscheinen oder politisch gewollt sind. Diese sind jedenfalls nicht Gegenstand dieser Untersuchung. 814 § 3 Solidaritätszuschlaggesetz 1995, BGBl. I 2002, S. 4130. 815 Vgl. die Kirchensteuergesetze der Länder, etwa Art. 4 Nr. 1 BayKirchStG; § 2 Abs. 1 Nr. 1 HKiStG; § 4 Abs. 1 Nr. 1 a) KiStG NW. Wie sich aus diesen Normen ergibt, sind auch andere Erhebungsformen der Kirchensteuer – etwa ein Zuschlag zur Grundsteuer – rechtlich möglich. Bislang findet jedoch nur die Annexsteuer zur Einkommensteuer Anwendung. 816 So auch BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 23 f.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
tätszuschlag und Kirchensteuer entsprechend erhöht werden, um Aufkommensverluste zu vermeiden.817 Diese Variante erscheint systematisch vorzugswürdig: Die kommunale Steuer sollte weitgehend von der staatlichen Steuer losgelöst sein. Es mag zwar – trotz gleich bleibender Belastung des Steuerpflichtigen – politisch schwerlich zu vermitteln sein, die Sätze von Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer wegen der schmaler werdenden Bemessungsgrundlage zu erhöhen. Aber dennoch sind keine schwerwiegenden Gründe dafür ersichtlich, eine logische Verknüpfung zwischen „kommunaler Einkommensteuer“ einerseits und Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer andererseits zu schaffen, wenn auch eine alleinige Anknüpfung an die staatliche Einkommensteuer möglich ist. Bei einer proportionalen Ausgestaltung des Tarifs der „kommunalen Einkommensteuer“ stellt sich jedoch das Problem, dass der Tarif der staatlichen Einkommensteuer eben nicht proportional, sondern nur pauschal gesenkt werden kann, sodass das Verhältnis von staatlicher und kommunaler Steuer bei den einzelnen Steuerpflichtigen im Regelfall nicht konstant – etwa 85/15 – ist, sondern variiert.818 Werden Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag bei dieser Variante nur auf Basis der staatlichen Einkommensteuer erhoben, würden sich teilweise erhebliche Verschiebungen bei der Belastung der Steuerpflichtigen ergeben, die nicht durch eine Änderung des Zuschlagsatzes bei Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer kompensiert werden könnte. Entsprechend bleibt bei einer proportionalen Ausgestaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ nur, auch die kommunaler Steuer bei der Bemessung von Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag zu Grunde zu legen. Hier sollte jedoch mit pauschalierten, bundeseinheitlichen Sätzen gearbeitet werden, um die Belastung mit Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag nicht von der Höhe der gemeindlichen Hebe- bzw. Zuschlagsätze beeinflussen zu lassen. 3. Interkommunale Verteilung Schließlich stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Aufteilung der „kommunalen Einkommensteuer“ auf die Gemeinden von statten gehen soll. Naturgemäß ist das Pro-Kopf-Einkommen in verschiedenen Gemeinden nicht identisch, sodass sich – selbst bei ähnlichen Hebesätzen – eine unterschiedliche Aufkommensverteilung ergeben würde. Wie bereits in Kapitel 2 herausgearbeitet, ist das Ausmaß dieser räumlichen Streuung jedoch ein wesentliches Kriterium für eine ‚gute Gemeindesteuer‘.819 Keinesfalls darf sie dazu führen, dass die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Gemeinden unterschiedlicher Größe 817 Praktikabel erscheint hier auch der Ansatz des Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 204. 818 Siehe oben 1. d) bb). 819 Dazu siehe ausführlich oben Kapitel 2, IV. 5. b).
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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und Struktur signifikant gefährdet wird. Insbesondere hängt auch die politische Durchsetzbarkeit einer Reform davon ab, wie sich das Steueraufkommen verteilt. Zugespitzt wurde dies in Kapitel 2, IV. 5. wie folgt formuliert: „Entsprechend muss eine Reform so ausgestaltet sein, dass sie hinsichtlich der absehbaren Verteilungswirkungen weitgehend keine nennenswerten Änderungen mit sich bringt – oder jedenfalls weite Teile der Gebietskörperschaften sich zu den ‚Gewinnern‘ einer Reform zählen dürfen, ohne dass die ‚Verlierer‘ gravierende Konsequenzen erwarten müssen.“ Dem folgend ist für die interkommunale Verteilung eine steuertechnisch und administrativ umsetzbare Lösung zu finden, die diesen im Kern berechtigten Erwartungen der Kommunen gerecht wird, ohne die anderen in Kapitel 2 herausgearbeiteten Kriterien an ein kommunales Steuersystem zu missachten. a) Wegfall der bisherigen Verteilungsnormen Als Prämisse für die nachfolgende Untersuchung ist hervorzuheben, dass sämtliche Regelungen, nach denen der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer bisher auf die einzelnen Gemeinden verteilt wird820, mit Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ gegenstandslos würden. Die Ausgestaltungsform einer Annexsteuer, also eines kommunalen Zuschlags auf die Einkommensteuerschuld, der zufolge der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer erhalten bleibt und weiterhin nach den gegebenen Regelungen verteilt wird, während den Kommunen lediglich der von ihnen festgesetzte Zuschlag unmittelbar zusteht (bzw. während die Kommunen von ihnen festgesetzte Abschläge erstatten müssten) 821, brächte für die interkommunale Verteilung keine weiteren Konsequenzen und ist daher für die nachfolgende Untersuchung nicht weiter zu Grunde zu legen. Es ist somit davon auszugehen, dass jeder Gemeinde die auf ihr Gebiet entfallende „kommunale Einkommensteuer“ grundsätzlich vollumfänglich zusteht. b) Das Wohnsitzprinzip als Grundlage für die interkommunale Verteilung aa) Wohnsitz als zentrales systematisches und verfassungsrechtliches Kriterium Grundsätzlich haben die in Kapitel 2 getroffenen Erwägungen hinsichtlich der kommunalen Selbstverwaltung, der am Demokratieprinzip orientierten stärkeren Einbindung des Bürgers in seine Gemeinde sowie der äquivalenztheoretische Rechtfertigungsansatz nur Bestand, wenn die „kommunale Einkommensteuer“ in erster Linie nach dem Wohnsitzprinzip erhoben wird und somit der Wohn 820
Siehe dazu im Detail oben Kapitel 1, III. 3. Siehe zu diesem Vorschlag oben 1. d) aa), m. w. N.
821
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
gemeinde zugute kommt.822 Steuersubjekte sind entsprechend grundsätzlich die Einwohner einer Gemeinde.823 Dies ist auch aufgrund der derzeitigen finanzverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen erforderlich: Art. 106 Abs. 5 S. 2 GG fordert, dass der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer – und damit auch die „kommunale Einkommensteuer“, die ihre verfassungsrechtliche Verankerung in Art. 106 Abs. 5 GG hat824 – von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Diese Formulierung, insbesondere der spezifische Bezug auf die Einwohner, bietet nur wenig Spielraum für eine andere Auslegung als eine Verteilung nach dem Wohnsitzprinzip. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund einer historischen Auslegung: Die ursprüngliche Formulierung des Art. 106 Abs. 5 S. 1 GG sollte nach dem Entwurf der Bundesregierung zur Gemeindefinanzreform „unter Berücksichtigung des örtlichen Aufkommens“ lauten.825 Mit dieser weiter gefassten Formulierung sollte dem Gesetzgeber bewusst ein gewisser Spielraum gewährt werden, um auch einen einfacheren Verteilungsmechanismus zu ermöglichen.826 Erst nach Kritik des Bundesrates, dieser zu unbestimmte Wortlaut könne zu verfassungsrechtlich problematischen Eingriffen des Bundesgesetzgebers in den landesinternen kommunalen Finanzausgleich führen827, wurde die derzeitige Formulierung beschlossen. Vor dem Hintergrund dieser Gesetzeshistorie muss der Wortlaut des Art. 106 Abs. 5 S. 1 GG dahingehend ausgelegt werden, dass eine Verteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer auf die einzelnen Gemeinden und daher auch die Steuerertragsberechtigung der einzelnen Kommune sich zumindest weitgehend nach dem Wohnsitzprinzip richten muss.828 Andernfalls müsste die Finanzverfassung an dieser Stelle geändert werden.829
822
Im Ergebnis ebenso statt vieler Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeinde finanzen, 2003, S. 21. So ist es auch in Belgien, Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden und der Schweiz, vgl. Sander, Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004, S. 147. 823 Siehe oben II. 1. a). 824 Siehe dazu oben Kapitel 2, II. 2. b) und II. 2. c). 825 BT-Drucks. 5/2861, Rn. 335 f. Auch die spätere, vom Rechtsausschuss angepasste Fassung des Gemeindefinanzreformgesetzes enthielt noch diesen Wortlaut, siehe BT-Drucks. 5/3605, S. 8 f. 826 BT-Drucks. 5/2861, Rn. 336. 827 BR-Drucks. 14/1/69, S. 13. 828 So auch Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1029, 1040; Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 143 ff. 829 Zur grundsätzlichen Änderungsmöglichkeit der Finanzverfassung im Rahmen einer Kommunalsteuerreform siehe oben Kapitel 2, II. 1. a).
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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bb) Definition des Wohnsitzbegriffes Mit „Wohnsitz“ muss dabei der erste Wohnsitz nach melderechtlichen Vorschriften830 gemeint sein. Andernfalls würde etwa dem Grundsatz der institutionellen Kongruenz831, der auch eine Übereinstimmung der kommunalen Steuerzahler mit stimmberechtigter Bevölkerung erfordert, keine ausreichende Rechnung getragen. Überlegungen, nicht an den melderechtlichen Wohnsitz, sondern – aus Gründen der Einheitlichkeit mit der Zuständigkeit der Finanzbehörden – an den Wohnsitz im Sinne des § 8 AO anzuknüpfen832, haben – wie noch zu zeigen sein wird833 – aufgrund des technischen Fortschrittes, der mögliche administrative Probleme bei einem Auseinanderfallen von steuerertragsberechtigter Gemeinde und zuständiger Verwaltungsbehörde weitgehend bewältigen kann834, wohl keine Durchschlagskraft mehr. Bei der bisherigen Verteilung des Einkommensteueraufkommens ist gem. § 3 Abs. 1 S. 5 GFRG der in der Bundesstatistik zugrunde gelegte Wohnsitz der Steuerpflichtigen maßgebend. Aus § 2 der Verordnung über die Ermittlung der Schlüsselzahlen für die Aufteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer für die Jahre 2012, 2013 und 2014835 ergibt sich, dass auch hier die „Hauptwohnung“ und somit das Melderecht maßgebend ist.836 Die Berechnung der Schlüsselzuweisungen richtet sich ebenso nach den melderechtlichen Vorschriften.837 cc) Behandlung von Zweitwohnsitzen Zu diskutieren ist jedoch, inwieweit ggf. auch mit Zweitwohnsitz gemeldete Einwohner berücksichtigt und in die kommunale Besteuerung einbezogen werden. 830 Siehe § 12 Abs. 2 Melderechtsrahmengesetz (MRRG), BGBl. I 2002, S. 1342, sowie die Meldegesetze der Länder. 831 Siehe dazu oben Kapitel 2, III. 3. b) mit Verweis auf Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 28, 627 ff., sowie Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (167). 832 Die Stiftung Marktwirtschaft schlägt vor, auch hinsichtlich der Ertragsberechtigung auf die Zuständigkeit des Finanzamtes und damit den Wohnsitz nach § 8 AO abzustellen, siehe Stiftung Marktwirtschaft, Bericht der AG Kommunalfinanzen, 2006, S. 19. 833 Siehe dazu unten III. 2. b). 834 So heißt es auch im Konzept der Stiftung Marktwirtschaft: „Ob nach der flächendeckenden Einführung der elektronischen Steuerkarte und der erweiterten Mitteilungspflichten auf Grund der nachgelagerten Besteuerung eine differenzierte Aufteilung in solchen Fällen vorgenommen werden kann, ist dann zu prüfen, wenn die Wohnsitzfinanzämter über die notwendigen Informationen verfügen, was voraussichtlich nicht vor 2010 der Fall sein wird.“ (Stiftung Marktwirtschaft, Bericht der AG Kommunalfinanzen, 2006, S. 19). 835 BGBl. I 2011, S. 1950. 836 Aus der Begründung zu § 2 der Verordnung geht konkret hervor, dass sich dies nach dem Melderechtsrahmengesetz richtet, siehe BR-Drucks. 434/11. 837 Vgl. nur § 8 Abs. 3 S. 1 Gemeindefinanzierungsgesetz NRW 2010, GV. NRW. 2009, S. 889.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
Dafür könnte sprechen, dass Personen mit mehreren Wohnsitzen möglicherweise versucht sein könnten, ihren Erstwohnsitz nicht nach ihrem Lebensmittelpunkt, sondern nach dem günstigsten Steuersatz zu wählen. Um dies zu vermeiden, wird der Vorschlag diskutiert, die Bemessungsgrundlage hälftig zwischen dem ersten und dem zweiten Wohnsitz aufzuteilen.838 Dies ist administrativ jedoch mit erheblichem Aufwand verbunden. Wenn jemand mehr als zwei Wohnsitze hat, die Bemessungsgrundlage entsprechend „gedrittelt“ oder gar „geviertelt“ werden müsste, würde dies den administrativen Aufwand noch weiter steigern. Vor allem ist auch steuersystematisch nicht nachzuvollziehen, die Steuer zwischen Erst- und Zweitwohnsitz aufzuteilen: Die Steuer sollte – entsprechend der obigen Überlegungen zum Äquivalenzgedanken – dort erhoben werden, wo der Bürger seinen Lebensmittelpunkt, wo er aber auch politische Mitbestimmungsrechte hat. Auch Überlegungen, Einwohner auch in ihrer Zweitwohnsitz-Gemeinde zumindest teilweise (und zusätzlich zur Steuererhebung am Erstwohnsitz) zur „kommunalen Einkommensteuer“ heranzuziehen, sind aus diesen Gründen zu verwerfen – zumal auch hier der administrative Mehraufwand nicht unerheblich ist. Gemeinden, die – bei einer faktischen Betrachtung – eine Gegenleistung für die Nutzung kommunaler Infrastruktur und kommunaler Leistungen durch Personen mit Zweitwohnsitz erstreben, sollten weiterhin auf eine gesonderte Zweitwohnsitzsteuer zurückgreifen.839 Eine Einbeziehung von Personen mit Zweitwohnsitz in die „kommunale Einkommensteuer“ ist aus steuersystematischen und administrativen Gesichtspunkten nicht sachgerecht. dd) Sonderfall: Zusammenveranlagte mit unterschiedlichen Wohnsitzen Problematisch ist, wie es sich bei zusammen veranlagten Ehegatten mit unterschiedlichen melderechtlichen Wohnsitzen verhält. Diese sollen entsprechend der obigen Überlegungen840 auch im Rahmen der „kommunalen Einkommensteuer“ zusammen veranlagt werden können; auch das Ehegatten-Splitting nach § 32a Abs. 5 EStG soll möglich sein. Grundsätzlich ist nach melderechtlichen Vorschriften die Hauptwohnung einer verheirateten Person jedoch stets die vorwiegend von der Familie genutzte Woh-
838 Siehe dazu Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.)/Kronberger Kreis, Gute Gemeindesteuern, 2003, S. 41 f.; hier wird dies jedoch im Ergebnis auch abgelehnt. Alternativ wird vorgeschlagen, dass die Kommune in Einzelfälle überprüfen sollte, ob die Angabe von Erst- und Zweitwohnsitz den tatsächlichen Verhältnissen entspricht. 839 Eine solche wurde in den vergangenen Jahren vermehrt im Rahmen des kommunalen Steuerfindungsrechtes eingeführt, vgl. exemplarisch nur Satzung der Stadt Münster über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer vom 10.12.2010, Amtsblatt 2010, S. 190 ff. 840 Siehe II. 2. b).
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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nung – es sei denn, die Ehepartner leben dauerhaft getrennt.841 Im diesem Fall des dauerhaften Getrenntlebens ist jedoch auch keine gemeinsame Veranlagung zur Einkommensteuer möglich, vgl. § 26 Abs. 1 S. 1 EStG; ebenso ergibt sich grundsätzlich keine gemeinsame Zuständigkeit der Finanzbehörden nach § 19 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. AO. Der oben aufgeführte problematische Fall kann somit nur dann eintreten, wenn Melde- und Finanzbehörden die Frage des dauerhaften Getrenntlebens unterschiedlich beurteilen. Dies ist nicht auszuschließen842, wird jedoch nur äußerst selten gegeben sein. In diesen Fällen müsste dann die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen einheitlich unter Berücksichtigung des Ehegattensplittings erfolgen; für die Festsetzung der kommunalen Einkommensteuer müsste jeder Ehegatte einen eigenen Steuerbescheid mit dem Hebe- bzw. Zuschlagsatz seiner Erstwohnsitzgemeinde erhalten. ee) Behandlung von Nichtansässigen, § 1 Abs. 2–4 EStG Fraglich ist ferner, ob und wie nicht in Deutschland ansässige natürliche Personen, die im Inland keinen Wohnsitz und keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben, jedoch inländische Einkünfte erzielen, in die „kommunale Einkommensteuer“ einzubeziehen sind. Grundsätzlich sind solche Personen in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, § 1 Abs. 4 EStG, sofern nicht die Ausnahmen des § 1 Abs. 2 und Abs. 3 EStG greifen. Vor dem Hintergrund der oben angeführten Gründe für die Erhebung nach dem Wohnsitzprinzip, insbesondere der äquivalenztheoretischen Rechtfertigung einer „kommunalen Einkommensteuer“ ist es problematisch, diese Steuer auch von beschränkt Steuerpflichtigen zu erheben: Sie sind keiner Gemeinde spezifisch zuzuordnen; sie nutzen weder kommunale Infrastruktur, noch kommunale Dienstleistungen. Anders verhält es sich hingegen womöglich bei Nichtansässigen im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG, die Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, sowie Nichtansässigen im Sinne des § 1 Abs. 3 EStG, die auf Antrag unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden: Bei diesen kann vermutet werden, dass sie auch inländische öffentliche kommunale Leistungen und Infrastruktur nutzen. Demgegenüber ist jedoch nicht außer Acht zu lassen, dass das Einkommen der Nichtansässigen auch bisher bei der Berechnung des kommunalen Anteils an der Einkommensteuer berücksichtigt wird. Wenn die kommunale Einkommensteuer 841 Siehe § 12 Abs. S. 2 Melderechtsrahmengesetz (MRRG), BGBl. I 2002, S. 1342, sowie die Meldegesetze der Länder, etwa nur § 16 Abs. 2 S. 2 Meldegesetz NRW, GV. NRW. 1997, S. 332. 842 Die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehörde hat für die Ermittlung des Wohnsitzes nach § 8 etwa nur Indizwirkung, vgl. AEAO (Anwendungserlass zur Abgabenordnung v. 2.1.2008, BStBl. I 2008, 26) zu § 8 Nr. 2 S. 3. So auch Koenig, in: Pahlke/ders., Abgabenordnung, 2. Aufl. 2009, § 8 Rn. 4 mit Verweis auf FG RhPf, EFG 1998, S. 1182 sowie BFH, BFH/ NV 2008, S. 351.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
auf dem zu versteuernden Einkommen als Bemessungsgrundlage beruht, könnte auch die Einheitlichkeit der Bemessungsgrundlagen von staatlicher und kommunaler Steuer dafür sprechen, dass auch Nichtansässige die Steuer zahlen müssen.843 Zu beachten ist auch, dass die steuerliche Belastung bei Nichtansässigen sonst deutlich abnehmen würde. Dies ließe sich aber auch äquivalenztheoretisch mit der fehlenden Inanspruchnahme öffentlicher, kommunaler Leistungen begründen. Nach dem vorrangigen Grundsatz der Leistungsfähigkeit und der Steuerdefinition des § 3 AO soll die Nutzbarkeit öffentlicher Einrichtungen aber gerade kein Indikator für die Steuerlast sein. Eine Einbeziehung der Nichtansässigen lässt sich somit gegenüber deren Außerachtlassung bei der „kommunalen Einkommensteuer“ besser rechtfertigen. Dies erscheint auch systematisch sachgerechter: Auch wenn der äquivalenztheoretische Begründungsansatz bei Nichtansässigen, insbesondere bei beschränkt Steuer pflichtigen versagt, soll durch Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ möglichst wenig an der Steuersystematik geändert werden. Das bedeutet, dass die Steuerpflicht von Nichtansässigen auch für den bisherigen Gemeinde anteil an der Einkommensteuer nicht aufgehoben werden darf. Die Zuordnung des Einzelnen zu einer Kommune könnte sich dann nach den Kriterien des § 19 AO richten. Alternativ wäre es auch möglich, die Steuer von Nichtansässigen in Fällen des § 1 Abs. 2 EStG der Gemeinde des letzten Wohnsitzes im Inland, in Fällen des § 1 Abs. 3 EStG der Gemeinde ihrer Arbeitsausübung zukommen zu lassen.844 ff) Umzug eines Steuerpflichtigen Problematisch wäre auch ein Umzug des Steuerpflichtigen innerhalb eines Veranlagungszeitraumes. Hier sollte an den Hebesatz derjenigen Gemeinde, in der der Steuerpflichtige zu einem bestimmten Stichtag gemeldet ist, angeknüpft werden. Diese Kommune sollte dann für das gesamte Jahr die kommunale Einkommensteuer erhalten. Eine trennscharfe Aufteilung der Steuer im Falle eines Umzuges auf zwei Gemeinden wäre administrativ kaum handhabbar. c) Verteilung nach dem Betriebsstättenprinzip als Alternative Ein weiteres, zentrales und damit diskussionswürdiges Problem bei der Verteilung der „kommunalen Einkommensteuer“ auf die Gemeinden ist das bereits an-
843
Vgl. auch Stiftung Marktwirtschaft, Bericht der AG Kommunalfinanzen, 2006, S. 18. So BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 20. 844
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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geklungene „Speckgürtelphänomen“845: Eine reine Anknüpfung der Steuerpflicht an den Wohnsitz des Steuerpflichtigen könnte danach insbesondere im Hinblick auf unternehmerische Einkünfte eine Steueraufkommenskonzentration in den Wohnsitzgemeinden mit sich bringen, die Betriebsgemeinden würden hingegen benachteiligt.846 Entsprechend wird vorgeschlagen, bei einer „kommunalen Einkommensteuer“ nicht sämtliche Einkunftsarten nach dem Wohnsitzprinzip zu verteilen, sondern insbesondere gewerbliche Einkünfte differenziert zu behandeln.847 Konkret wird erwogen, bei gewerblichen Einkünften, möglicherweise auch bei den anderen Gewinneinkünften nicht an den Wohnsitz, sondern an die Betriebsstätte anzuknüpfen; ebenso wird eine hälftige Aufteilung nach Wohnsitz und Betriebsstätte ins Feld geführt848; darüber hinaus gar eine differenzierte Behandlung und Aufteilung aller sieben Einkunftsarten849. Inwieweit dies sachgerecht ist, hängt maßgeblich auch davon ab, inwieweit die Gewerbesteuer in ihrer jetzigen Form bestehen bleibt bzw. von einer „kommunalen Unternehmenssteuer“ abgelöst
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Zum Begriff Hey, StuW 2002, S. 314 (324) m. w. N.; siehe außerdem zur Erläuterung die Ausführungen in Kapitel 2, IV. 5. b). 846 Bereits Popitz, Der künftige Finanzausgleich zwischen Reich, Ländern und Gemeinden, 1932, S. 114, kritisierte daher: „Es ist nicht angängig, die Einkommensteuerpflicht allein auf die Tatsache des Wohnsitzes in der Gemeinde zu gründen, weil sich ja aus der Tatsache des Wohnsitzes durchaus noch kein Schluß auf eine Verknüpfung der Gemeinden mit der Quelle des Einkommens […] ziehen lässt.“ 847 So BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 18. 848 Siehe Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 131 ff.; ähnlich Sander, Wirtschaftsdienst 2001/ VIII, S. 447 (452 f.) der eine relative Steuerteilung vorschlägt. Diese und weitere mögliche Ansätze siehe auch bei Fuest/Thöne, Gemeindefinanzreform, Fifo-Berichte Nr. 1, 2005, S. 78 ff. 849 So Sander, Gemeindeeinkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004, S. 147 ff. Dieser schlägt vor, die Gewinneinkünfte (also solche aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständige Arbeit) in einen „Unternehmerlohn“ und eine Restgröße aufzuteilen; der Unternehmerlohn soll zwischen Wohnsitz und Beschäftigungsgemeinde geteilt werden, die Restgröße zum Wohnsitz zugeordnet werden. Auch Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sollen zwischen Wohnsitz und Beschäftigungsgemeinde geteilt werden, die übrigen Einkünfte (aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte) sollen dem Wohnsitz zugeordnet werden. Sander geht jedoch noch weiter: Die Aufteilung der Einkünfte soll bereits – wie sich aus seinen Ausführungen ergibt – auf der Ebene der Summe der „Bruttoeinnahmen“ erfolgen, Werbungskosten und weitere „private Abzüge“ würden erst nach der Aufteilung der Einkünfte berücksichtigt. Ebenso greift er die Frage auf, ob Verluste in einzelnen Einkunftsarten mit Gewinnen in anderen Einkunftsarten verrechnet werden dürfen; entsprechend könnten sich auch Steuererstattungen ergeben. Im Ergebnis weicht der – freilich rein aus finanzwissenschaftlichen Erwägungen entwickelte – Vorschlag von Sander damit massiv von der derzeitigen Systematik der Einkommensermittlung in § 2 EStG ab und wird geht damit an dem von ihm selbst erkannten „Zielkonflikt zwischen dem Ziel einer theoretischen Exaktheit und dem Wunsch nach einer möglichst einfachen Lösung“ (ebd., S. 168) aufgrund seiner wohl fehlenden Umsetzbarkeit im derzeitigen Steuersystem vorbei.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
wird. Entsprechend ist nachfolgend erneut von den bereits zuvor skizzierten850 drei verschiedenen Szenarien auszugehen. Zu beachten ist dabei, dass eine Verteilung einzelner Einkunftsarten nach einem anderen Kriterium als dem Wohnsitz – wie zuvor untersucht851 – vermutlich eine Verfassungsänderung in Art. 106 Abs. 5 S. 1 GG erfordern würde. Eine solche wäre aber in allen Fällen der Abschaffung bzw. Ersetzung der Gewerbesteuer ohnehin vorzunehmen. Auch wäre die differenzierte Behandlung einzelner Einkunftsarten mit einem deutlichen Verwaltungsmehraufwand verbunden. aa) Szenario 1: Beibehaltung der Gewerbesteuer Bei einer Beibehaltung des Status Quo und der isolierten Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ stellt sich das Problem der gesonderten Behandlung gewerblicher Einkünfte nicht, wenn diese – entsprechend des Vorschlages unter 2.e)aa) – faktisch aufgrund der Regelung des § 35 EStG gar nicht in die kommunale Steuer einbezogen werden. Entsprechend ist eine streng am Wohnsitzprinzip orientierte Betrachtung gerechtfertigt: Die Gewerbesteuer kommt derzeit nach Abführung der Gewerbesteuerumlage gem. § 6 GFRG denjenigen Gemeinden zugute, in denen der Gewerbetreibende eine Betriebsstätte hat, § 28 GewStG.852 Eine Nivellierung durch Kappungsgrenzen wie bei der bisherigen Verteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer erfolgt dabei nicht; im Gegenteil existieren insbesondere für natürliche Personen und Personengesellschaften vergleichsweise hohe Freibeträge853. Entsprechend profitieren insbesondere Kommunen mit einer hohen Dichte größerer Unternehmen von der Gewerbesteuer. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer wird nach der geltenden Rechtslage ausschließlich nach dem Wohnsitz zerlegt, vgl. dazu nur Art. 106 Abs. 5 S. 1 GG. Die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gem. § 35 EStG führt zusätzlich dazu, dass Unternehmer, sofern sie zur Gewerbesteuer herangezogen werden, deutlich weniger Einkommensteuer an ihre Wohnsitz gemeinde zahlen. Wird der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer nun durch eine „kommunale Einkommensteuer“ ersetzt, bei der auch grundsätzlich die Steuerermäßigung aufgrund der gezahlten Gewerbesteuer gem. § 35 EStG Anwendung finden soll854, ist demzufolge davon auszugehen, dass sich allein aufgrund dieser Änderung keine nennenswerte Verschiebung im Steueraufkommen zwi 850
Siehe oben 2. e). Siehe oben b) aa). 852 Die Zerlegung auf die verschiedenen Betriebsstättengemeinden erfolgt hier gem. § 29 GewStG anhand der gezahlten Arbeitslöhne. 853 Gem. § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG beträgt dieser derzeit 24.500 €. 854 Siehe oben 2. e) aa). 851
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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schen Wohnsitz- und Betriebsstättengemeinde ergibt.855 Eine differenzierte Behandlung gewerblicher und sonstiger Einkünfte ist bei einer Beibehaltung der Gewerbesteuer also nicht geboten. Zudem könnte so das eventuelle Erfordernis einer Verfassungsänderung in Art. 106 Abs. 5 S. 1 GG856 ebenso wie ein mit einer differenzierten Behandlung einzelner Einkunftsarten verbundener administrativer Mehraufwand vermieden werden. bb) Szenario 2: Ablösung der Gewerbesteuer durch einen kommunalen Zugang zur Einkommen- und zur Körperschaftssteuer Wird die Gewerbesteuer durch einen kommunalen Zugang zur Einkommenund zur Körperschaftssteuer ersetzt, stellt sich die Frage nach der Aufteilung des Aufkommens zwischen Betriebsstätten- und Wohnsitzgemeinde vollkommen neu. Unbestritten ist dabei auf der einen Seite, dass der kommunale Zuschlag oder das kommunale Hebesatzrecht im Bereich der Körperschaftssteuer nur den Betriebsstättengemeinden der körperschaftssteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften zugutekommen kann. Weitgehend unbestritten ist ebenso, dass die Steuern auf Überschusseinkünfte (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG) der Wohnsitzgemeinde zustehen sollten.857 Fraglich ist jedoch, wie es sich mit den Gewinneinkünften, § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG, also solchen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit verhält. Hier sind theoretisch drei Möglichkeiten denkbar. Zum ersten käme im Betracht, das Aufkommen aus allen drei Gewinneinkunftsarten nach der Stätte des Betriebs bzw. der jeweiligen Tätigkeit zu zerlegen. Auf der anderen Seite stünde – zweitens – ein Vorschlag, dass – wie im geltenden Recht – auch die „kommunale Einkommensteuer“ vollständig nach dem Wohnsitzprinzip verteilt wird. Angelehnt an die bisherige Rechtslage mit einer Anrechnung nach § 35 EStG könnte jedoch auch – drittens – erwogen werden, nur die gewerblichen Einkünfte nach dem Betriebsstättenprinzip zuzuordnen, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie selbstständiger Arbeit jedoch wie bisher nach dem Wohnsitzprinzip zu verteilen. Zwischen diesen drei Optionen gilt es somit abzuwägen. Maßstab dafür sind die in Kapitel 2 herausgearbeiteten Anforderungen, ebenso der Faktor der Administrierbarkeit. 855 Eine Aufkommensverschiebung (nicht jedoch unbedingt zwischen Wohnsitz- und Betriebsstättengemeinden) ergibt sich gleichwohl dadurch, dass die bisherigen Vorschriften zur Zerlegung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer ersatzlos wegfallen. 856 Siehe oben b) aa). 857 Diskutiert wird dies jedoch – mit offenem Ergebnis – bei Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 133 ff.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist zunächst zu beachten, dass bei einer Abschaffung der bisherigen Gewerbesteuer und ihrer Ersetzung durch einen kommunalen Zugang zur Einkommen- und zur Körperschaftssteuer dieser kommunale Zugang den Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG, also der verfassungsrechtlichen Garantie einer den Gemeinden zustehenden, wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit Hebesatzrecht, Genüge tun muss.858 Nach überzeugender Ansicht kann dies nur dann der Fall sein, wenn zumindest die unternehmerischen Einkünfte der Betriebsstättengemeinde zustehen.859 Ansonsten würde die Ratio von Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG, den Gemeinden ein Instrument der Standortpolitik zuzuweisen, für alle nicht als Kapitalgesellschaften organisierten und damit der Einkommensteuer unterliegende Unternehmen verfehlt. Auch den Erwägungen zum Äquivalenzprinzip und zum Interessenausgleich860 folgend, nach denen örtliche Wirtschaft und Wohnbevölkerung gleichermaßen und spürbar zur Finanzierung kommunaler Leistungen und kommunaler Infrastruktur herangezogen werden sollen, sollten die Einkünfte von natürlichen Personen nach dem Wohnsitzprinzip, die Gewinne von Unternehmen nach dem Betriebsstättenprinzip verteilt werden. Entsprechend sollten zumindest die gewerblichen Einkünfte dem Betriebstättenprinzip unterworfen werden. Eben dieses müsste auch für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gelten. Bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit, die in erster Linie eben nicht aus der Inanspruchnahme eines Gewerbebetriebs, sondern aus eigener Leistung des Freiberuflers resultieren, scheint dagegen auch eine Anknüpfung an das Wohnsitzprinzip denkbar. Das Band zwischen Wirtschaft und Gemeinde861 erfordert ebenso nahezu zwingend, dass zumindest die gewerblichen Einkünfte nach dem Betriebstättenprinzip verteilt werden. Andernfalls müsste im Kommunalsteuersystem ein Ausgleich gefunden werden, der die Betriebstättengemeinden begünstigt und damit auch dieses 858
Siehe dazu oben Kapitel 2, I. 3. So Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 133 ff. Neben der hier Zustimmung findenden Ansicht, dass für den Wirtschaftskraftbezug erforderlich ist, dass Einkünfte aus unternehmerischer Tätigkeit auch bei der Einkommensteuer der Besteuerung der Betriebsstättengemeinde unterworfen sein sollten, stellt Otten jedoch auch die Bedingung auf, dass es zudem erforderlich sei, dass Beamtenpensionen und gesetzliche Renten aus der Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer herausgerechnet werden sollten. Dieser letzteren These kann nicht zugestimmt werden. Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG formuliert als Gewährleistung einer wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit kommunalem Hebesatzrecht, die im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gewährt wird, nur einen Katalog positiver Kriterien, die für einen Wirtschaftskraftbezug gegeben sein müssen. Nicht nachvollziehbar ist, warum eine solche Garantie – wenn sie erfüllt ist – gleichzeitig in Form eines Negativkataloges gewisse Einkünfte von der kommunalen Besteuerung ausschließen sollte, weil diese keinen Wirtschaftskraftbezug aufweisen. Art. 28 Abs. 2 S. 3, 2. Hs. GG gibt lediglich vor, dass ein Wirtschaftskraftbezug gegeben sein muss – nicht jedoch, dass ausschließlich ein Wirtschaftskraftbezug gegeben sein darf. 860 Dazu oben Kapitel 2, III. 1. und 3. 861 Dazu oben Kapitel 2, IV. 1. 859
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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Band zwischen Kommune und Wirtschaft stärkt. Eine überzeugende, weil praktikable und dennoch systematisch passende Ausgleichsmaßnahme wäre es etwa, dass die Gemeinden einen Anteil am örtlichen Lohnsteueraufkommen erhalten (sog. „Betriebslohnsteuer“).862 Bei der Frage der Aufkommenswirkungen863 ist – neben dem oben bereits erläuterten Problem der Aufkommenskonzentration im „Speckgürtel“ der Wohnsitzgemeinden im Umland größerer Ballungsräume – indes auch zu berücksichtigen, dass „sich das Pro-Kopf-Einkommen regional wesentlich weniger unterscheidet als die Unternehmensgewinne. Dies bedeutet aber auch, dass es zu Auf kommensverschiebungen von den bislang von der Gewerbesteuer profitierenden Betriebsstättengemeinden hin zu den Wohnstättengemeinden kommen würde. Damit würde aber nur die bestehende regionale Ungleichverteilung des Gewerbesteueraufkommens korrigiert.“864 Für eine Zuordnung allein der gewerblichen Einkünfte nach dem Betriebs stättenprinzip ist ferner ins Feld zu führen, dass alleinig diese auch derzeit der Gewerbesteuer unterliegen, welche den Betriebstätten-Kommunen zugute kommt – und welche durch die Anrechenbarkeit nach § 35 EStG das Einkommensteueraufkommen mindert. Diese Erwägungen sprechen dafür, nicht alle Gewinneinkünfte nach dem Betriebsstättenprinzip zu verteilen. Dies würde das Band zwischen dem Bürger und seiner Kommune, welches mit Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ gerade gestärkt werden sollte, wieder schwächen. Auch ist das Argument, dass das Pro-Kopf-Einkommen in verschiedenen Gemeinden ein bei weitem nicht so großes Gefälle aufweist wie die gewerblichen Einkünfte pro Kopf, ein wichtiger Aspekt für eine stärkere Berücksichtigung des Wohnsitzprinzips. Die Problematik, dass es bei einer differenzierten Behandlung einzelner Einkunftsarten im Falle der einkünfteübergreifenden intertemporären Verlustverrechnung zu Verschiebungen zwischen den einzelnen Einkunftsarten und damit auch zu Aufkommensverschiebungen etwa zwischen der Wohnsitz- und Betriebsstättengemeinde kommen kann, wäre als systembedingt hinzunehmen, zumal diese Verschiebungen nicht einseitig Wohn- oder Betriebsstättengemeinden benachteiligen, sondern in beide Richtungen vorkommen können.865 Bei einer Ersetzung der Gewerbesteuer durch einen kommunalen Zugang zur Einkommen- und Körperschaftssteuer müssen somit im Rahmen der Einkommensteuer aus verfassungsrechtlichen Gründen zumindest gewerbliche Einkünfte dif 862 So im Vorschlag der Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission Steuergesetzbuch, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2006, S. 13 f. 863 Dazu oben Kapitel 2, IV. 5. b). 864 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2010/11, BT-Drucks. 17/3700, Tz. 397. 865 So auch BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 22.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
ferenziert behandelt werden und der Gemeinde der Betriebsstätte zustehen. Zudem könnte – als weiterer Änderungsvorschlag, der das Kommunalsteuersystem über die Einkommensbesteuerung hinaus betrifft – erwogen werden, durch Einführung einer „Betriebslohnsteuer“ im Sinne des Vorschlags der Stiftung Marktwirtschaft866 das Band zwischen Kommune und Wirtschaft zu stärken und die Unternehmen im Sinne des Gedankens des Interessenausgleichs angemessen und stetig an der Finanzierung kommunaler Aufgaben zu beteiligen. Wie die Verteilung schließlich im Einzelnen auszutarieren ist, kann nur auf der Grundlage von Bedarfs- und Aufkommensanalysen ermittelt werden, was im Rahmen dieser Untersuchung nicht möglich ist. cc) Szenario 3: Ablösung der Gewerbesteuer durch eine „kommunale Unternehmenssteuer“ Wird die Gewerbesteuer hingegen durch eine „kommunale Unternehmenssteuer“ ersetzt, in der das Fernziel einer rechtsformneutralen Unternehmensbesteuerung erreicht wird, führt dies dazu, dass die Unternehmen bzw. deren Gesellschafter hinsichtlich der Unternehmenserträge (nicht: deren Ausschüttung oder Entnahme) nur zur „kommunalen Unternehmenssteuer“, nicht jedoch zur „kommunalen Einkommensteuer“ herangezogen werden. Ferner würden auch die Gewinnausschüttungen oder Gewinnentnahmen auf Ebene der Einkommensteuer nur teilweise einfließen.867 In diesem Fall muss davon ausgegangen werden, dass die Trennung von Unternehmensgewinnen und den Einkünften natürlicher Personen so weit durchdacht ist, dass (nur) eine vollumfängliche Berücksichtigung des Betriebsstättenprinzips bei der „kommunalen Unternehmensteuer“ sowie eine vollumfängliche Berücksichtigung des Wohnsitzprinzips bei der „kommunalen Einkommensteuer“ zu einer angemessenen Verteilung des Steueraufkommens wie auch zu einer systemkonformen Lösung führen.868 Dies gilt erst recht in Reformmodellen, in denen die ertragsorientierten Kommunalsteuern umfassend reformiert werden.869 866
Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission Steuergesetzbuch, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2006, S. 13 f. 867 So im Vorschlag der Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission Steuergesetzbuch, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2006, S. 18. Eine übermäßige Besteuerung soll dabei durch ein „Teileinkünfteverfahren“ vermieden werden. 868 So der Entwurf der Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission Steuergesetzbuch, Bericht der AG Kommunalsteuern, 2006. 869 Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, §§ 65 ff. (S. 552 ff.) schlägt etwa eine Erneuerung der Gemeindesteuer auf Grundlage einer vollumfänglich reformierten Einkommensbesteuerung vor. In § 67 (S. 556 ff.) ist dabei vorgesehen, unternehmerische Gewinne (einschließlich der Gewinne von Freiberuflern) am Ort der Betriebsstätte bzw. Niederlassung zu versteuern, Arbeitslohn am Ort der Arbeitsstätte, Einkünfte aus dem Verkauf oder der Überlassung von Grundstücken in der Gemeinde, in der sich das Grundstück befindet und alle anderen Arten der Einkünfte in der Gemeinde, in welcher der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat. Siehe im Ansatz auch bereits ders., FR 2010, S. 961 ff.
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
239
d) Kappung der Bemessungsgrundlage Eine ernsthaft zu diskutierende Möglichkeit, auf die räumliche Streuung einer „kommunalen Einkommensteuer“ Einfluss zu nehmen, wäre eine Kappung der Bemessungsgrundlage870, wie § 3 Abs. 4 S. 1 GFRG es im derzeitigen System vorsieht.871 Dies kann dazu führen, dass Einkünfte ab einer gewissen Grenze der kommunalen Steuer nicht mehr unterliegen. Die – möglicherweise vorteilhafte – Konsequenz einer solchen Regelung wäre damit, dass die Unterschiede im ProKopf-Steueraufkommen zwischen den einzelnen Gemeinden deutlich nivelliert werden.872 Die Idee einer Kappungsgrenze leitet sich aus den Vorschriften des Gemeindefinanzreformgesetzes, die die Verteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer regeln, ab. Selbst bei diesen Vorschriften ist jedoch bereits problematisch, inwieweit sie noch dem Auftrag des Grundgesetzes, den Gemeindeanteil „auf Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Bürger“ (Art. 106 Abs. 5 S. 1 GG) an die Kommunen weiterzuleiten, erfüllen.873 Dennoch ist der verteilungspolitische Aspekt wohl zumindest begründbar. Wendet man solche Kappungsgrenzen jedoch nicht nur bei den Verteilmechanismen, sondern unmittelbar auch bei der kommunalen Steuer an, kommt zu dem verteilungspolitischen Effekt jedoch auch eine Minderbelastung der gutverdienenden Bevölkerung, deren Einkünfte ab einer gewissen Grenze nicht mehr besteuert würden. Dies ist darin begründet, dass bisher alle Einkünfte der Steuer unterliegen, Einkünfte ab einer gewissen Grenze aber für die Verteilung nicht mehr relevant sind. Gibt es jedoch keinen Verteilungsschlüssel mehr, sondern stehen jeder Gemeinde die entrichteten Steuern ihrer Wohnbevölkerung unmittelbar zu, wie es bei der „kommunalen Einkommensteuer“ aufgrund der Überlegungen zur Finanzautonomie sowie zur besseren demokratischen Aktivierung der Beteiligten im Sinne des Gedankens des Interessenausgleichs unbestritten ist874, wirkt sich eine Kappungsgrenze somit auch auf die Steuerbelastung aus. Diese Minderbelastung höherer Einkommensgruppen schlägt sich dann entsprechend entweder in einem geringeren Aufkommen der kommunalen Steuer oder in einer höheren Besteuerung der Einkünfte bis zur Kappungsgrenze und damit einer stärkeren Belastung aller Einwohner, vor allem auch der Geringverdiener, nieder. Diese Ausgestaltung, in der nicht mehr sämt 870 So Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (171). Diskutiert wird dies auch – im Ergebnis jedoch ablehnend – bei Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 130 f. 871 Siehe dazu ausführlich oben Kapitel 1, III. 3. c). 872 Siehe oben Kapitel 1, III. 3. c). 873 Vgl. etwa Weiß, ZKF 2001, S. 26 (30 f.) und S. 52 (54 ff.) sowie Hidien, ZKF 1999, S. 270 (272) m. w. N. 874 Ebenso Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 206 f. m. w. N. Vgl. zu den einzelnen Kriterien ferner die Ausführungen in Kapitel 2.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
liche Einkünfte des Steuerpflichtigen der Steuerpflicht zu Grunde gelegt werden, würde eindeutig gegen den Grundsatz der Leistungsfähigkeit, nach dem ja gerade die Einkünfte Ausweis der Leistungsfähigkeit des Einzelnen sind875, verstoßen. Ebenso wären die Grundsätze der Aufkommens- und der Belastungsneutralität damit offensichtlich verletzt – was sich insbesondere aufgrund fiskal- und sozialpolitischer Erwägungen nicht rechtfertigen lässt. Von einer solchen Kappung der Bemessungsgrundlage muss schon aus diesen Gründen abgesehen werden. Hinzu kommt, dass die Nivellierung im Steueraufkommen, die durch die Nichtberücksichtigung von Einkünften ab einer gewissen Grenze entsteht, auch als solche kritisiert werden muss.876 Vor dem Hintergrund der in Kapitel 2 entwickelten Anforderungen an ein kommunales Steuersystem ist es nicht zu rechtfertigen, dass das fiskalische Band zwischen dem Bürger und seiner Gemeinde dadurch geschwächt wird, dass nur ein Teil seiner Einkünfte der „kommunalen Einkommensteuer“ unterliegt. Auch würde die Finanzautonomie der Gemeinde damit beschnitten und der – mit der Einführung des Hebesatz- bzw. Zuschlagsrechtes ebenfalls intendierte – kommunale Steuerwettbewerb eines wesentlichen Teils seiner Grundlage beraubt. Außerdem würde die „Stadt-Umland-Problematik“ durch eine Nichtberücksichtigung höherer Einkünfte, die vor allem größeren Städten schadet, womöglich weiter verschärft.877 Eine Nivellierung des Steueraufkommens durch eine Kappung der Bemessungsgrundlage ist daher auch grundsätzlich nicht mit den der Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ zugrunde liegenden Erwägungen vereinbar. Eine Möglichkeit wäre es indessen, das Hebe- bzw. Zuschlagsatzrecht der Gemeinde nur bis zu einer gewissen Einkommensgrenze – etwa 100.000 € bzw. 200.000 € bei zusammen veranlagten Ehegatten – zu gewähren.878 Das darüber hinaus gehende Einkommen würde hingegen einem bundeseinheitlichen Satz unterworfen, die Steuereinnahmen auch aus dem diesem bundeseinheitlichen Satz unterliegenden Einkommensbereich jedoch auch gemeindescharf verteilt. Eine solche Regelung würde zwar ebenso einigen Zielen einer Kommunalsteuerreform, insbesondere der beabsichtigten Stärkung der finanziellen Autonomie entgegenstehen. Es ließe sich jedoch eine Entwicklung vermeiden, in der einige wenige Gemeinden aufgrund besonders niedriger Hebe- bzw. Zuschlagsätze (und womöglich attraktiver Lebensbedingungen) zum beliebten ersten Wohnsitz von Beziehern von Spitzeneinkommen – für die ein umfassendes kommunales Leis 875
Siehe nur Lang, in: Tipke/ders., Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 9 Rn. 42 f.; Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 600. 876 So auch Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 130 f.; Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 206 f. m. w. N. 877 So Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 130 m. w. N. 878 Ähnlich Hansmeyer/Zimmermann, AfK 1993, S. 221 (239 f.).
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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tungsangebot weitgehend irrelevant, jedenfalls aber nicht erforderlich wäre – werden und damit der kommunale Steuerwettbewerb teilweise ad absurdum geführt würde. Durch eine nicht zu niedrige Festsetzung eine solchen „kommunalen Besteuerungsgrenze“ wäre dabei sichergestellt, dass bis auf nur wenige Ausnahmen weiterhin nahezu alle Gemeindeeinwohner mit sämtlichen Einkünften der „kommunalen Einkommensteuer“ unterliegen. e) Weitere Maßnahmen Darüber hinaus könnten weitere Maßnahmen in Betracht gezogen werden, um die Verteilung zwischen den Kommunen etwas auszugleichen. Zu nennen ist hier insbesondere eine Tarifgestaltung, die hohe Einkünfte nicht überproportional steuerlich belastet, sodass Kommunen mit vielen Gut- und Spitzenverdienern überproportional bevorzugt, Kommunen mit vielen Geringverdienern überproportional benachteiligt würden. Eine progressive Tarifgestaltung würde ein solches Gefälle beim kommunalen Pro-Kopf-Einkommen somit noch verstärken; ein proportionaler Tarif würde dazu führen, dass das Gefälle gleich bleibt, während eine Kopfsteuer zu einer Nivellierung führen würde. Auch aus diesen Erwägungen heraus wurde oben [1. b)] bereits ein proportionaler Steuertarif als optimal erachtet. Auch eine Herabsetzung der Grundfreibeträge würde das Gefälle zwischen Kommunen mit unterschiedlichem Einkommensniveau vermindern. Eine solche Besteuerung des Existenzminimums wäre jedoch verfassungsrechtlich bedenklich. f) Gemeindeverbände und „kommunale Einkommensteuer“ Ferner könnte darüber nachgedacht werden, das Steuersatzrecht auch auf die Landkreise oder gar weitere höhere Kommunalverbände879 auszuweiten.880 Dahinter steht die grundsätzliche Frage, wie die finanzielle Ausstattung dieser Verbände generell zu regeln ist. Die Landkreise erhalten etwa als Gemeindeverbände bislang Anteile am kommunalen Finanzausgleich, außerdem erheben sie eine Umlage von den kreisangehörigen Gemeinden.881 Über diese Umlage können sie die Höhe ihrer Einnahmen somit auch teilweise eigenständig mitbestimmen. Ein direktes Be 879
Höhere Kommunalverbände sind Zusammenschlüsse von Gemeinden, die über das Gebiet mehrerer Landkreise hinausgehen, etwa Landschaftsverbände (in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen), Landeswohlfahrtsverbände (in Hessen oder Sachsen) oder Bezirke (in Bayern). 880 So auch Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeindefinanzen, 2003, S. 20. 881 Scherf, Öffentliche Finanzen, 2. Aufl. 2011, S. 507 f. Im Einzelnen richtet sich dies nach den Gemeindefinanzierungsgesetzen bzw. Finanzausgleichsgesetzten der Länder, vgl. nur §§ 10, 24 GFG NW 2011, GV. NRW. 2011, S. 259. Vgl. ausführlich zur Kreisumlage ferner Schink, in: Oebbecke/Ehlers/Schink/Pünder (Hrsg.), Kommunalfinanzen, 2001, S. 76 ff.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
steuerungsrecht haben sie jedoch nicht. Allenfalls können sie gem. Art. 106 Abs. 6 S. 1 GG am Aufkommen der örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuern beteiligt werden. Ähnlich verhält es sich bei weiteren Formen der Gemeindeverbände. Diese Regelungen erscheinen bei einer Gesamtbetrachtung auch sinnvoll: Es würde den Bürger vermutlich teilweise überfordern, wenn neben dem Bund, den Ländern und den Gemeinden noch weitere staatliche Ebenen eigene Steuern erheben könnten bzw. durch ein Hebesatz- oder Zuschlagsrecht die Höhe von bestehenden Steuern zusätzlich für ihren Bereich ändern könnten. Auch wäre dies der Steuersystematik nicht zuträglich: Eine eigene Steuerertragsberechtigung steht nach dem Wortlaut von Art. 106 GG nur den Gemeinden, nicht jedoch den Gemeindeverbänden zu.882 Den Gemeindeverbänden hier zusätzlich ein Besteuerungsrecht einzuräumen, würde gegen diese Systematik verstoßen und eine Verfassungs änderung erfordern. Da dies mit einer weiteren Verkomplizierung des Steuerrechts einhergehen würde, ist von Überlegungen, Gemeindeverbände in die „kommunale Einkommensteuer“ mit einzubeziehen und ihnen ein eigenes Hebesatz- oder Zuschlagsrecht zu geben, Abstand zu nehmen. g) Änderungserfordernisse beim sekundären kommunalen Finanzausgleich Während die Loslösung des Gemeindeanteils aus den Verteilungsstrukturen der staatlichen Einkommensteuer den primären kommunalen Finanzausgleich teilweise entflechtet, bleiben die nachgeordneten Verteilungsmechanismen des sekundären Finanzausgleichs weiterhin ein wesentlicher Grund für die – teilweise kritisch zu betrachtenden883 – engen fiskalischen Verwebungen insbesondere zwischen Ländern und den einzelnen Gemeinden. Der Regelungen des sekundären kommunalen Finanzausgleichs bedarf es dennoch grundsätzlich auch weiterhin. Es stellt sich jedoch die Frage, wie diese bei einer Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ geändert werden müssten oder gar vereinfacht werden könnten. Zu beachten ist dabei, dass die intendierte Stärkung der kommunalen Finanzautonomie sowie der Äquivalenz durch bestimmte Mechanismen des kommunalen Finanzausgleichs geschmälert werden könnte.884 Auch würden die fiskalischen Konsequenzen einer Kommunalsteuerreform, die sich etwa aus dem Wegfall der Verteilungsregelungen des Gemeindefinanzreformgesetzes ergeben könnten, durch den sekundären kommunalen Finanzausgleich wieder gedämpft.885
882
Zur Steuerertragsberechtigung der Gemeinden siehe bereits Kapitel 1, III. 4. Siehe nur Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (165). 884 Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (180 f., 186). 885 Ebenso Oestreicher, FR 2010, S. 965 (972 ff.). 883
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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aa) Vertikaler Finanzausgleich Bei dieser Frage ist zwischen der horizontalen und der vertikalen Komponente des Finanzausgleichs zu differenzieren: Der vertikale Finanzausgleich, also die Verteilung der Steuereinnahmen insbesondere der Länder (vgl. Art. 106 Abs. 7 GG) und des Bundes (vgl. Art. 107 Abs. 8 GG) in Form von Zuweisungen und Erstattungen auf die Gemeinden zur Erfüllung ihrer Aufgaben886, bedarf allein aufgrund der Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ keiner grundsätzlichen Änderungen. Die Einfügung eines Mitbestimmungsrechtes der Gemeinden bei der Höhe der einkommensteuerlichen Belastung ihrer Einwohner, selbst weitere Änderungen im kommunalen Steuersystem wie die Ablösung der Gewerbesteuer durch eine kommunale Unternehmenssteuer würden grundsätzlich nur das kommunale Steuersystem betreffen und keine signifikanten Änderungen im Steueraufkommen der Gemeinden mit sich bringen. Entsprechend müsste die Zuweisung von Landes- und Bundesmitteln an die Kommunen weiterhin geschehen. Dies wäre auch ohne eine Verfassungsänderung gar nicht möglich: Mit der Vorschrift des Art. 106 Abs. 7 GG ist gewährleistet, dass ein nicht unwesentlicher Teil der kommunalen Einnahmen aus Mitteln des vertikalen, sekundären kommunalen Finanzausgleichs bestehen muss.887 Änderungen beim vertikalen Finanzausgleichssystem wären somit nicht erforderlich. bb) Horizontaler Finanzausgleich Bei der horizontalen, ausgleichenden Komponente des sekundären kommunalen Finanzausgleichs – und damit nicht beim „ob“, sondern beim „wie“ des Finanzausgleichs – könnten jedoch Modifikationen angedacht werden: Die zuvor beschriebene Dämpfung der kommunalen Finanzautonomie, des Äquivalenzgrundsatzes, insbesondere der institutionellen Kongruenz888 – die jeweils durch die Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ gerade gestärkt werden sollten – resultiert nicht aus der vertikalen Verteilung von Steuermitteln auf die Gemeinden, sondern aus dem horizontalen Ausgleich. Entsprechend stellt sich die Frage, inwieweit dieser Effekt problematisch oder als notwendig hinzunehmen ist. Hier muss gelten: So lange der horizontale Finanzausgleich die in gegebenen unterschiedlichen Voraussetzungen begründeten, strukturellen Unterschiede zwischen den Kommunen mildert, ist er das geeignete Instrument zur Gewährleistung bedarfsgerechneter kommunaler Einnahmen. Sofern er aber auch die Konsequenzen politischer Entscheidungen, insbesondere mit Blick auf die Gestaltung der Hebe- bzw. Zuschlag 886
Siehe dazu oben Kapitel 1, II. 1. c). Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 84. 888 Dazu oben Kapitel 2, III. 3. b) mit Verweis auf Blankart, Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 8. Aufl. 2011, S. 28, 627 ff., sowie Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (167). 887
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
sätze, dämpft, kollidiert er mit den in Kapitel 2 herausgearbeiteten Aspekten der politischen Verantwortlichkeit und der kommunalen Finanzautonomie.889 In diesem Zusammenhang ist auch die Frage zu beantworten, wie bei der Berechnung der Steuerkraft der Gemeinde auch die „kommunale Einkommensteuer“ zu berücksichtigen ist. Diese würde – wie auch bisher die Einnahmen aus dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer890 – in die Berechnung der Steuerkraft mit einfließen. Der Wegfall der bisherigen nivellierenden Verteilungsnormen des GFRG891 würde damit teilweise wieder kompensiert. Entsprechend der bisherigen Regelungen bei den Realsteuern892 müsste der örtliche Hebe- bzw. Zuschlagssatz auch bei der „kommunalen Einkommensteuer“ herausgerechnet werden, damit die Wirkung der Hebesatzautonomie nicht durch höhere Zuweisungen bei einer Senkung des Hebesatzes bzw. geringere Zuweisungen bei einer Erhöhung des Hebesatzes quasi aufgehoben wird. Dieser Effekt könnte andernfalls auch europarechtliche Probleme nach sich ziehen: Regional unterschiedliche Steuersätze innerhalb eines Staates könnten als europarechtlich unzulässige Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV (vormals Art. 87 Abs. 1 EGV) gewertet werden, sofern die politischen wie finanziellen Konsequenzen nicht von der Gebietskörperschaft, die die Steuerhoheit ausübt, autonom getragen werden müssen – sofern also etwa niedrige Hebe- bzw. Zuschlagsätze teilweise durch die Höhe der Schlüsselzuweisungen kompensiert werden.893 Überlegungen, nach denen die Steuerkraftmesszahl die jeweiligen Hebesätze der Gemeinden in gewissem Rahmen berücksichtigen soll, müssen vor dem Hintergrund dieser Erwägungen negativ beurteilt werden. Eine darüber hinaus ge 889
Ausführlich Oestreicher, FR 2010, S. 965 (973 f.) m. w. N.; Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 (180 ff.). Letzterer führt mit Verweis auf weitere Untersuchungen an, dass Ausgleichsmaßnahmen, die die kommunal unterschiedlichen Hebesätze nicht berücksichtigen, zu einer höheren Steuerbelastung führen. Dies wird damit begründet, dass steigende Steuererträge aufgrund positiver wirtschaftlicher Entwicklungen durch die aufgrund der höheren Steuerkraft nun niedrigeren Zuweisungen bzw. höheren Umlagen weitgehend wieder abgeschöpft werden, sinkende Steuererträge aufgrund sinkender Steuerkraft hingegen weitgehend kompensiert. Resultieren steigende bzw. sinkende Steuererträge hingegen aus steigenden bzw. sinkenden Hebesätzen (die ihrerseits wieder Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg der Kommune hätten), würden diese nicht durch Ausgleichsmaßnahmen gemildert, da Hebesätze bei Ausgleichsmaßnahmen herausgerechnet werden. Entsprechend profitieren die Kommunen eher von höheren Hebesätzen als von steigender Steuerkraft, was politisch problematisch sei. 890 So § 6 Abs. 1 Nr. 4 FAG BW; Art. 4 Abs. 2 Nr. 4 BayFAG; § 9 Abs. 2 Nr. 3 BbgFAG; § 12 Abs. 2 Nr. 4 HessFAG; § 12 Abs. 3 FAG MV; § 11 Abs. 1 Nr. 3 NdsFAG; § 9 Abs. 2 Nr. 4 GFG NRW; § 13 Abs. 6 FAG R-P; § 11 Abs. 2 Nr. 3 SaarlFAG; § 8 Abs. 2 Nr. 3 SächsFAG; § 14 Abs. 3 Nr. 3 FAG LSA; § 10 Abs. 2 Nr. 3 FAG S-H; § 11 Abs. 2 Nr. 3 ThürFAG. 891 Siehe oben a). 892 Dazu Schmidt, DÖV 2012, S. 8 (11 f.). 893 Oestreicher, FR 2010, S. 965 (973 f.) mit Verweis auf EuGH v. 11.9.2008 – C-428/06 bis 434/06 – La Rioja, OJ v. 8.11.2008 (2008/C 285/08), C 285, S. 6, sowie de Weerth, IStR 2008, S. 732 ff.
II. Materiell-rechtliche Ausgestaltung einer „Kommunalen Einkommensteuer“
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hende, differenzierte Bewertung der Auswirkungen des kommunalen Finanzausgleichs auf das kommunale Einnahmensystem kann jedoch nur im Rahmen einer generellen Kritik erfolgen, die nicht Gegenstand dieser Untersuchung ist.894 Mögliche Änderungserfordernisse des kommunalen Finanzausgleichs bei Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ ergeben sich damit zunächst nur aus dem zuvor aufgezeigten Spannungsfeld zwischen der Sicherung bedarfsgerechter Einnahmeerzielung einerseits und der Vermeidung weitgehender Nivellierungen der Ziele einer Kommunalsteuerreform andererseits. Im Einzelnen erscheint es zudem ratsam, zunächst die Auswirkungen einer „kommunalen Einkommensteuer“ auf die Finanzausgleichsströme zu analysieren und den Finanzausgleich erst in einem zweiten Schritt anzupassen, sodass die Ziele einer Kommunalsteuerreform nicht konterkariert werden.895 4. Zusammenfassung der Ergebnisse Die vorangegangene Untersuchung verdeutlicht die vielgestaltigen Möglichkeiten der konkreten materiell-rechtlichen Ausgestaltung einer „kommunalen Einkommensteuer“. Viele Einzelentscheidungen – etwa zur Berücksichtigung von Freibeträgen oder Steuerermäßigungen – hängen dabei insbesondere auch von der Beantwortung der grundlegenden Fragen ab: An welche Bemessungsgrundlage sollte die „kommunale Einkommensteuer“ anknüpfen? Wird entsprechend ein progressiver oder ein proportionaler Tarif gewählt? Ist davon auszugehen, dass die Gewerbesteuer neben der „kommunalen Einkommensteuer“ erhalten bleibt, oder sollte auch hier eine Reform ins Auge gefasst werden? Um eine möglichst breite Antwort auf die einzelnen Fragestellungen zu geben, sind in der vorangegangenen Erörterung stets mehrere denkbare Szenarien bei der Untersuchung von Einzelproblemen zu Grunde gelegt worden. Eine eindeutige Antwort, welche detaillierte Ausgestaltung die optimale ist, kann es daher nicht geben. Die Beurteilung hängt vielmehr von den zentralen politischen Erwägungen ab, die einer Reform zu Grunde gelegt werden. Entsprechend ist es auch nicht Aufgabe dieser Arbeit, einen Vorschlag für eine kommunale Finanzreform zu unterbreiten, sondern vielmehr die vielgestaltigen Möglichkeiten der Ausgestaltung zu entwickeln, rechtlich zu würdigen und auch mit Blick auf politische, finanzwissenschaftliche und verwaltungstechnische Aspekte zu untersuchen.
894 Siehe dazu etwa die Ausführungen von Schwager, in: Reform der Unternehmensbesteuerung: Verschiedene Wege diskutieren, 2007, S. 163 ff., der fordert, „eine wirklich erfolgreiche Reform der Gemeindefinanzen“ müsse „beide Elemente, Gemeindesteuern und kommunalen Finanzausgleich, gemeinsam in Angriff nehmen.“ (S. 165) 895 Siehe dazu auch Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeindefinanzen, 2003, S. 33 ff.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
Als Fazit dieser Untersuchung kann jedoch festgehalten werden, welche der denkbaren grundlegenden Gestaltungen der Bemessungsgrundlage und des Tarifs unter den Gesichtspunkten der Administrierbarkeit, der Systematik und den in Kapitel 2 herausgearbeiteten Anforderungen an ein kommunales Steuersystem die geeignetste ist. Steuerobjekt der „kommunalen Einkommensteuer“ ist in allen Fällen das nach den Regelungen des § 2 EStG ermittelte Einkommen, Steuersubjekt sind natürliche Personen. Doch schon nach dieser Frage sind bei der Wahl von Bemessungsgrundlage und Tarif insbesondere zwei Optionen denkbar: Eine Ausgestaltung als kommunaler Zuschlag auf die festzusetzende Einkommensteuer oder eine Erhebung auf Basis des zu versteuernden Einkommens als Bemessungsgrundlage. Für eine Ausgestaltung als Zuschlag auf die festzusetzende Einkommensteuer (§ 2 Abs. 6 EStG) und damit einen progressiven Tarif spricht insbesondere die sehr enge Anbindung an die staatliche Einkommensteuer und damit die Praktikabilität der Verwaltung: Sämtliche Aspekte des staatlichen Steuertarifs sind in der festzusetzenden Einkommensteuer bereits enthalten und würden sich damit voll auf die kommunale Steuer ‚durchschlagen‘, was teilweise jedoch auch dazu führt, dass einzelne Aspekte aus der kommunalen Steuer wieder herausgerechnet werden müssten. Der progressive Tarif gewährleistet ferner eine Inanspruchnahme der Bürger unter Berücksichtigung einer sozialstaatlichen Umverteilung und damit eine Parallelität zur staatlichen Steuer, sodass der staatliche Steuersatz durchgängig proportional gesenkt werden könnte und das Verhältnis von staatlicher und kommunaler Steuer unabhängig von den Einkommensverhältnissen des Steuerpflichtigen gleich bleiben würde. Bei einer Anknüpfung an das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG) als Bemessungsgrundlage damit einem proportionalen Tarif der „kommunalen Einkommensteuer“ wäre Letzteres nicht der Fall: Der staatliche Einkommensteuersatz müsste durchgängig in einem absoluten Verhältnis abgesenkt werden, sodass der Anteil der kommunalen Steuer gegenüber der staatlichen Steuer mit zunehmendem Einkommen des Steuerpflichtigen abnimmt. Dennoch sprechen zentrale Argumente, insbesondere die geringere Gefahr der räumlichen Streuung, die geringere Konjunkturreagibilität sowie die bessere Berücksichtigung von Gesichtspunkten des Interessenausgleichs für einen proportionalen Tarif und damit eine Anknüpfung an das zu versteuernde Einkommen. Ebenso bringt das daraus resultierende Nebeneinander von staatlicher und kommunaler Steuer auf einer weitgehend identischen Bemessungsgrundlage in systematischer Hinsicht eine gewisse Stringenz und Klarheit mit sich. Eine Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit ist auch hier gegeben. Die Tatsache, dass die Hinzurechnungen und Kürzungen des staatlichen Steuertarifs noch nicht im zu versteuernden Einkommen enthalten sind, führt nur teilweise zu einem größeren Verwaltungsaufwand. Im Gegenzug ergibt sich daraus jedoch der große Vorteil, dass für jedes Tarifmerkmal gesondert entschieden werden kann, ob dieses überhaupt bei der kommunalen Steuer berücksichtigt werden soll oder nicht.
III. Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens
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Eine Berücksichtigung wird für den Grundfreibetrag, das Ehegattensplitting, den Familienleistungsausgleichs, der Altersvorsorgeleistungen und der Auslandseinkünfte bejaht, für die Steuerermäßigungen für Parteispenden und haushaltsnahe Dienstleistungen verneint. Die Anrechnungen würden jedoch Modifikationen erfahren. In allen Fällen sollte die Steuer im Wesentlichen nach dem Wohnsitzprinzip verteilt werden. Wohnsitz ist damit der erste Wohnsitz nach melderechtlichen Vorschriften; weitere Wohnsitze sollten keine Rolle spielen; aber auch das Einkommen Nichtansässiger sollte der „kommunalen Einkommensteure“ unterliegen. Nur bei einem Wegfall der Gewerbesteuer müsste eine gesonderte Behandlung unternehmerischer Einkünfte in Betracht gezogen werden. Eine Kappung der Bemessungsgrundlage wäre denkbar, wenn die über die Kappungsgrenze hinaus gehenden Einkünfte auch der „kommunalen Einkommensteuer“ – allerdings unter einem pauschalen Steuersatz – unterworfen werden und trennscharf der Wohnsitzgemeinde zugutekommen. Gemeindeverbände sollten nicht in die „kommunale Einkommensteuer“ einbezogen werden. Der Mechanismen des kommunalen Finanzausgleichs bedarf es auch weiterhin.
III. Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens Die Einführung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung wurde seit jeher von der Praktikabilität der verwaltungstechnischen Umsetzung abhängig gemacht.896 Das ist mehr als nachvollziehbar: Selbst wenn eine „kommunale Einkommensteuer“ vor dem Hintergrund des Anforderungsprofils an ein kommunales Steuersystem ‚richtig‘ ist, selbst wenn sie hinsichtlich der verteilungspolitischen Ergebnisse keine Probleme mit sich bringt – sollte die administrative Umsetzung zu übermäßigen Schwierigkeiten führen, wird die Idee der „kommunalen Einkommensteuer“ verworfen werden. Den Bedenken hinsichtlich der verwaltungstechnischen Umsetzbarkeit muss sich daher gestellt werden – selbst wenn diese teilweise seit über 40 Jahren bestehen897 und nunmehr durch den technologischen Fortschritt in der Finanzverwaltung kompensiert werden könnten. Im Folgenden wird daher das mögliche Erhebungsverfahren und damit auch die Verteilungsmechanismen einer „kommunalen Einkommensteuer“ entwickelt und untersucht; dazu werden denkbare Einzelprobleme und mögliche Lösungsansätze diskutiert. 896 Vgl. nur Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 27 f. 897 Siehe nur Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland („Troeger-Gutachten“), 1966, Tz. 432. Indessen hieß es bereits 1926 – freilich unter einer anderen Ausgangslage – in Deutscher Städtetag (Hrsg.), Städte. Staat. Wirtschaft. Denkschrift, 1926, S. 70 f.: „Das Anteilsrecht an der Einkommensteuer ist, wie eingehende Prüfungen des Deutschen Städtetages ergeben haben, technisch durchführbar.“
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
Die Gestaltung der Administration hängt insbesondere von der Ausgestaltung als eigenständige Steuer, kommunales Hebesatzrecht oder kommunaler Zuschlag ab. Erstere Variante wurde vorgehend bereits verworfen898, sodass hier nur die an die staatliche Einkommensteuer anknüpfenden Varianten des Hebesatz- oder Zuschlagsrechtes diskutiert werden. 1. Grundlegende Gestaltung der Administration a) Anknüpfung an die staatliche Einkommensteuer Bei einer Anknüpfung der kommunalen an die staatliche Einkommensteuer bietet es sich an, dass sich entsprechend auch das Erhebungsverfahren nach den Modalitäten bei der Einkommensteuerverwaltung richtet. Die Einkommensteuer entsteht gem. § 36 Abs. 1 EStG grundsätzlich mit Ablauf des Veranlagungszeitraumes; Veranlagungszeitraum ist nach § 25 Abs. 1 EStG das Kalenderjahr. Im Regelfall sind bereits während des Veranlagungszeitraumes quartalsweise Steuer vorauszahlungen zu entrichten, § 37 Abs. 1 EStG. Im hinsichtlich des Steueraufkommens bedeutendsten Fall – der Lohnsteuer – erfolgt die Erhebung in Form des Quellenabzugs, §§ 38 ff. EStG, ebenso auch in den meisten Fällen der Kapitalertragssteuer, §§ 43 ff. EStG. Dem folgend sollte auch die „kommunale Einkommensteuer“ in allen Fällen, in denen bei der Einkommensteuer ein Quellenabzug erfolgt, in diesem Verfahren erhoben werden; in allen übrigen Fällen sollte eine Veranlagung erfolgen. b) Das Verfahren im Überblick Die sich die Bemessungsgrundlage der kommunalen Steuer nach der staatlichen Einkommensteuer richtet, sollte das System der Erhebung an die bekannte Methode des Messbetrags und der Messzahl anknüpfen.899 Wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte, das Einkommen, das zu versteuernde Einkommen oder die Steuerschuld die Bemessungsgrundlage darstellt900, wäre erforderlich, dass der Einkommensteuerbescheid diesbezüglich – unter Berücksichtigung der zusätzlichen Freibeträge und Ermäßigungen901 – zu einem Feststellungsbescheid ausgestaltet wird, der dann den Grundlagenbescheid bzw. Messbescheid der kommunalen Einkommensteuer darstellt. Auf den Messbetrag wird dann der Hebesatz der Wohnsitzgemeinde angewendet und ein Bescheid über die festgesetzte kommunale Einkom 898
Siehe oben II. 1. e). Dazu bereits grundlegend oben II. 1. d) dd). Danach sind Hebesatz, Steuermesszahl und Steuermessbetrag faktisch nichts anderes als Rechengrößen, die das Verfahren der Erhebung allerdings womöglich vereinfachen könnten. 900 Dazu grundlegend oben II. 1. c) bb). 901 Dazu ausführlich oben II. 2. 899
III. Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens
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mensteuer erlassen. Schließlich wird die so ermittelte Steuer an die zuständige Behörde gezahlt bzw. im Quellensteuerverfahren eingezogen. Diesem Erhebungsverfahren folgt schließlich womöglich ein Rechtsbehelfsverfahren. Auch stellen sich Fragen nach der Erstattung oder der Stundung von Steuern. 2. Zuständigkeit für die Verwaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ Fraglich ist, welche Behörden für die unter 1. dargestellten Erhebungsschritte der Steuerverwaltung zuständig sein sollten. a) Sachliche Zuständigkeit In Betracht kommen bzgl. der sachlichen Zuständigkeit die Finanzämter als örtliche Finanzbehörden der Länder902 oder die jeweiligen kommunalen Verwaltungsbehörden. Bei dieser Frage sind neben Praktikabilitätserwägungen und steuersystematischen Überlegungen insbesondere Vorschriften der Finanzverfassung zu berücksichtigen. Art. 106 Abs. 5 S. 1 GG schreibt vor, dass der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer von den Ländern an ihre Gemeinden weiter zu leiten ist. Diese – missglückte – Regelung geht historisch auf im Bundesrat diskutierte Bedenken gegen „direkte staatsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden“ zurück.903 Dennoch spricht die Vorschrift eine vergleichsweise eindeutige Sprache für eine Weiterleitung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer durch die Ländern an die Gemeinden und damit wohl auch eine Verwaltung zumindest des Zahlungsverfahrens durch die Landesfinanzbehörden. Nach Art. 108 Abs. 4 S. 2 GG kann für die den Gemeinden (Gemeindeverbänden) allein zufließenden Steuern die den Landesfinanzbehörden zustehende Verwaltung durch die Länder ganz oder zum Teil den Gemeinden (Gemeindeverbänden) übertragen werden. Voraussetzung für eine Verwaltung durch die Kommunen wäre es also, dass es sich bei der kommunalen Einkommensteuer um eine den Gemeinden allein zufließende Steuer handelt.904 Nach einer Ansicht könnte dies problematisch sein, da die kommunale Einkommensteuer ihre Bemessungsgrundlage in der staatlichen Steuer hat und es sich dabei nach wie vor um den kommunalen Anteil am Einkommensteueraufkommen – nur eben mit eigenem Hebesatz- oder 902
§ 2 Abs. 1 Nr. 4 FVG (Finanzverwaltungsgesetz, BGBl. I 2006, S. 846, 1202). Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1018 unter Verweis auf die Stellungnahme des Bundesrates in BT-Drucks. 5/2861, S. 90. 904 Die Gewerbesteuer ist nach ganz h. M. eine den Gemeinden allein zufließende Steuer; daran ändert auch die Gewerbesteuerumlage nichts. Siehe dazu Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 44 f. mit Fn. 59; Siekmann, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 106 Rn. 41. 903
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
Zuschlagsrecht – handelt.905 Die Einkommensteuer wäre entsprechend weiterhin als einheitliche Steuer zu betrachten – wie sich dies auch aus Art. 106 Abs. 3 S. 1, Abs. 5 GG entnehmen ließe. Nach anderer Ansicht kann der insbesondere in der Finanzautonomie der Gemeinde begründete Gedanke, die kommunale Einkommensteuer von der staatlichen Einkommensteuer zu trennen, dafür sprechen, die „kommunale Einkommensteuer“ hier isoliert zu betrachten und entsprechend eine Verwaltung durch die Gemeinden zu ermöglichen.906 Auch die eigene Steuer ertragsberechtigung der Gemeinden beim bisherigen kommunalen Einkommensteueranteil907 ließe sich dafür ins Feld führen. Es sind somit für beide Ansichten nachvollziehbare Argumente gegeben, sodass eine Verwaltung durch die Gemeinden grundsätzlich in Betracht zu ziehen ist. Die verfassungsrechtlichen Unsicherheiten mit Blick auf Art. 106 Abs. 5 sowie Art. 108 Abs. 4 S. 2 GG ließen sich im Bedarfsfall auch durch eine Änderung des Grundgesetzes beheben.908 Entsprechend ist nachfolgend zu untersuchen, welche Zuständigkeitsverteilung systematisch konform und zugleich praktikabel wäre. aa) Zuständigkeit für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen Aufgrund der Anknüpfung der Bemessungsgrundlage an die staatliche Einkommensteuer bietet es sich an, die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, also den Erlass des Messbescheides, ähnlich wie bisher etwa auch bei der Gewerbesteuer von den Finanzbehörden durchführen zu lassen. Diesen liegen ohnehin alle relevanten Daten und Informationen vor, sodass eine andere Lösung – insbesondere eine Feststellung der Besteuerungsgrundlagen durch die Kommunen – aus Praktikabilitätsgesichtspunkten kaum zu rechtfertigen wäre. bb) Zuständigkeit für die Steuerfestsetzung Auch das weitere Verfahren nach Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bis zur Festsetzung der „kommunalen Einkommensteuer“ kann ohne größeren ad-
905 So Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 211 f. 906 So Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1048; Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 138 f. 907 Siehe dazu ausführlich oben Kapitel 1, III. 4. 908 Zur Möglichkeit der Änderung insbesondere von Vorschriften der Finanzverfassung siehe Kapitel 2, II. 1. a).
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ministrativen Aufwand von den Finanzämtern durchgeführt werden.909 Dem Erfordernis, dass dem Finanzamt die Hebe- bzw. Zuschlagsätze der jeweiligen Gemeinden bekannt sind, kann unproblematisch Rechnung getragen werden; ebenso ist die Zuordnung des Steuerpflichtigen zu den einzelnen Gemeinden problemlos möglich. Daneben wird jedoch auch überlegt, dass bereits die Festsetzung der kommunalen Einkommensteuer durch die Gemeinden erfolgt.910 Vor dem Hintergrund, dass zu einer wirklichen Finanzautonomie nach dem Kerngedanken der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie auch die Verwaltung der finanziellen Grundlagen gezählt werden muss, erscheint dies schlüssig. Der zuvor entwickelte Gedanke, dass es der Partizipation des Einzelnen zuträglich ist, wenn er fühlbar von seiner Gemeinde steuerlich in Anspruch genommen wird911, würde unterstützt, wenn der Steuerpflichtige den maßgeblichen Steuerbescheid auch unmittelbar von der Gemeinde erhält – und nicht von einer Finanzbehörde. Auch unter systematischen Gesichtspunkten wäre es der vorzugswürdige Weg, wenn grundsätzlich die Gemeinden als Steuergläubiger auch die Festsetzung der ihnen alleinig zustehenden kommunalen Einkommensteuer durchführen. Entsprechend wird auch bei der Gewerbe- und der Grundsteuer lediglich die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen von den Finanzämtern übernommen, das weitere Verfahren beginnend mit der Steuerfestsetzung obliegt dann den Kommunalbehörden. Hinsichtlich der Praktikabilität ergeben sich bei den Realsteuern dabei keine Probleme. So richtig diese Aufteilung aus steuersystematischer Sicht ist, ist dennoch aus Praktikabilitätsgesichtspunkten auf zentrale Unterschiede zwischen „kommunaler Einkommensteuer“ auf der einen und Gewerbe- bzw. Grundsteuer auf der anderen Seite abzustellen: Die Realsteuern werden – erstens – grundsätzlich im Wege der Steuerveranlagung mit Steuervorauszahlung erhoben. Bei der kommunalen Einkommensteuer ist jedoch zusätzlich von einer Erhebung im Quellensteuerabzugsverfahren auszugehen. Wie noch zu untersuchen sein wird, führt dieser Quellenabzug insbesondere bei der Lohnsteuer sowie der Abgeltungssteuer zu administrativen Schwierigkeiten, die eine Verwaltung von staatlicher und kommunaler Einkommensteuer in unterschiedlichen Behörden problematisch machen. Daher könnte es ggf. angebracht sein, aus Gründen der Parallelität von Veranlagungsund Quellensteuerabzugsverfahren eine einheitliche Verwaltung der Steuerfestsetzung bei den Finanzämtern vorzusehen. Zudem ist – zweitens – die Zahl der Steuerfälle bei einer „kommunalen Einkommensteuer“ deutlich höher als bei den
909 So vorgeschlagen im Entwurf der Stiftung Marktwirtschaft, Bericht der AG Kommunalfinanzen, 2006, S. 18 f.; ebenso Sander, Wirtschaftsdienst 2001/VIII, S. 447 (454). 910 So BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 23; Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Reform der Gemeindefinanzen, 2003, S. 19. 911 Siehe Kapitel 2, III. 3. c).
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Realsteuern; dies könnte die personellen Kapazitäten der kommunalen Verwaltungen teilweise überlasten und zu deutlichen Mehrkosten führen.912 Hinzu kommt, dass die Gewerbesteuer als zweite Ertragssteuer nur von Ge werbetreibenden, in der Regel also nicht vom „gewöhnlichen Steuerzahler“ erhoben wird. Ersteren ist es eher zuzumuten, sich hinsichtlich anfallender Ertragssteuerfragen neben dem Finanzamt auch noch mit der Kommunalbehörde auseinanderzusetzen als dem „gewöhnlichen Steuerzahler“. Für diesen wäre es deutlich praktikabler, wenn sämtliche Fragen der Einkommensbesteuerung aus einer Hand geklärt werden könnten.913 Zuletzt ist zu beachten, dass eine Festsetzung der „kommunalen Einkommensteuer“ bei der Gemeinde in den Fällen, in denen im Tarif der kommunalen Steuer noch weitere Freibeträge, Abzüge oder Hinzurechnungen berücksichtigt werden müssen914, zu zusätzlichem Aufwand führen kann. Bei einheitlichen Tarifbestandteilen wie dem Grundfreibetrag ist dies noch unproblematisch, aber bereits weitere Aspekte wie die Günstigerprüfung beim Familienleistungsausgleichs oder die Anrechnung der Gewerbesteuer oder die Berücksichtigung von Parteispenden bringen hier schon weiteren Aufwand mit sich. Sollen diese Aspekte – wie zuvor teilweise befürwortet – auch bei der kommunalen Steuer Niederschlag finden, wäre nur eine Administration der Steuerfestsetzung durch die Finanzbehörden praktikabel. cc) Zuständigkeit für die Zahlung der Steuer und das weitere Verfahren Die Frage nach der Verwaltung durch die Finanz- oder die Kommunalbehörde stellt sich nach der Festsetzung der Steuer auch für das weitere Verfahren. Dazu zählen insbesondere die Zahlung der Steuer, die Vollstreckung der Steuerschuld, aber auch mögliche Stundungs- oder Erstattungstatbestände. Für die Übernahme der Verwaltung durch die Kommunen915 lässt sich auch hier das systematische Argument ins Feld führen, dass die Gemeinden als Steuer
912 Siehe auch Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, S. 570. Danach lag die Anzahl der Gewerbebetriebe mit Gewinn im Jahr 1998 bei bundesweit lediglich 1,7 Mio. Das Fallaufkommen bei einer kommunalen Einkommensteuer (bzw. einer kommunalen Zuschlagsteuer nach dem entsprechenden Modell) würde sich demgegenüber verzwanzigfachen. 913 Ebenso Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 210 f. Hier wird ferner der Vorteil angeführt, dass eine weitgehende Verwaltung durch die Finanzämter auch einer Verletzung des Steuergeheimnisses entgegen wirken könne, welches „insbesondere in kleineren Gemeinden“ bei einer Weitergabe der Daten an kommunale Steuerstellen gefährdet sei. 914 Siehe dazu ausführlich oben II. 2. 915 So Wendt, BB 1987, S. 1677 (1682).
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ertragsberechtigte grundsätzlich auch die Zahlung und alle damit in Verbindung stehenden administrativen Vorgänge selbst verwalten sollten. Für eine weitere Verwaltung durch die Finanzämter spräche auch hier insbesondere die Sicherstellung einer Parallelität zur Einkommensteuer. Die gezahlte Steuer würde dann von den Finanzbehörden vereinnahmt und an die Kommunen weitergeleitet. Entsprechende Stundungs- oder Erstattungsansprüche würden ebenfalls von den Finanzbehörden abgewickelt und mit der Kommune verrechnet. Diese Argumente sind letztlich überzeugend. dd) Zuständigkeit für mögliche Rechtsbehelfsverfahren Bei der Zuständigkeit für das Rechtsbehelfsverfahren wäre es konsequent, wenn sich diese entsprechend nach der Zuständigkeit für die streitige Sache richtet: Geht es etwa um einen Streit über die Besteuerungsgrundlage, wäre durch einen Einspruch einerseits der Steuerbescheid anzugreifen, andererseits jedoch auch der Bescheid über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Steuermessbescheid). Sind die Besteuerungsgrundlagen unstrittig, jedoch weitere Modalitäten der Steuererhebung – etwa die Steuerpflicht – umstritten, müsste nur der Steuerbescheid angegriffen werden. Die Frage der Zuständigkeit für das Rechtsbehelfsverfahren sollte sich also danach richten, welche Behörde auch für den einzelnen Verfahrensschritt zuständig ist. Sind dies die Finanzbehörden, müsste die Gemeinde im Falle einer Veränderung des Steuerbescheids womöglich Steuern an die Finanz behörden zurückzahlen, welche diese dann dem Steuerpflichtigen erstatten. Die Gemeinden könnten dann im Klageverfahren notwendig beizuladen sein.916 ee) Abschließende Stellungnahme Es lassen sich somit grundsätzlich Argumente für eine vollständige Verwaltung durch die Finanzämter wie auch eine teilweise Verwaltung durch die kommunalen Steuerstellen ins Feld führen. Insbesondere der Vergleich mit der Gewerbe- und der Grundsteuer als klassische Gemeindesteuern zeigt, dass es unter steuersystematischen Gesichtspunkten sachgerecht erscheint, die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen überörtlich durch die Finanzämter durchführen zu las 916
So jedenfalls Stiftung Marktwirtschaft, Bericht der AG Kommunalfinanzen, 2006, S. 19. Nach anderer Ansicht soll dies analog zur derzeitigen Regelung in § 60 Abs. 2 FGO nicht möglich sein; ebenso sollte den Gemeinden wie derzeit nach § 40 Abs. 3 FGO kein generelles Klagerecht gegen fehlerhafte Steuermessbescheide zustehen, vgl. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 71 Rn. 8 (S. 571), der dies mit der analogen Situation bei Bund und Ländern vergleicht, die – soweit sie abgabeberechtigt seien – ebenso weder gegen fehlerhafte Messbescheide klagen dürfen noch im Verfahren beigeladen werden. Siehe dazu auch Gräber, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl. 2010, § 40 Rn. 123 unter Verweis auf BFHE 181, S. 265 = BStBl. II 1997, S. 136.
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sen, das weitere Verfahren insbesondere der Festsetzung und Zahlung jedoch im idealen Sinne der Selbstverwaltung von den Gemeinden verwalten zu lassen. Diese steuersystematische Sicht findet jedoch bereits bei Fragen der Praktikabilität und der Bürgerfreundlichkeit ihre Grenze: Die auch im Rahmen des Erhebungsverfahrens enge Anbindung an die staatliche Einkommensteuer spricht deutlich für eine einheitliche Verwaltung durch die Finanzbehörden; ebenso auch die teilweise knappen personellen Ressourcen der Kommunalverwaltungen und mögliche hohe Kosten. Auch aus Sicht des Bürgers wäre es praktikabel, sich hinsichtlich seiner Ertragsbesteuerung nur mit einer Behörde auseinander setzen zu müssen. Hinzu kommt auch, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Art. 106 Abs. 5, 108 Abs. 4 S. 2 GG wohl in ihrer jetzigen Form keinen anderen Schluss als eine Verwaltung durch die Länder und damit die Finanzämter zulassen: Die in dieser Arbeit gewählte Terminologie von staatlicher und kommunaler Einkommensteuer kann und darf nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich – trotz aller Erwägungen zur eigenen Steuerertragsberechtigung der Gemeinden sowie zu Finanzautonomie und Äquivalenz – bei der „kommunalen Einkommensteuer“ – zumindest in den Fällen, in denen das Grundgesetz in Art. 106 Abs. 5 nicht geändert wird – weiterhin logisch und rechtlich um den kommunalen Anteil an der Einkommensteuer handelt. Die eigene Ertragsberechtigung und das verwirklichte Hebe- bzw. Zuschlagsrecht der Kommunen können zwar einen Anhaltspunkt dafür darstellen, kommunale und staatliche Einkommensteuer gedanklich zu trennen – sie stehen aber nicht der Tatsache entgegen, dass die Einkommensteuer nach der bisherigen verfassungsrechtlichen Lage eine Gemeinschaftssteuer von Bund, Ländern und Kommunen bleibt und damit auch einheitlich von einer Behörde vereinnahmt werden sollte. Danach wäre eine Verwaltung durch die Gemeinden nach Art. 106 Abs. 5, 108 Abs. 4 S. 2 GG unzulässig oder würde eine Verfassungsänderung erfordern.917 Die Verwaltung der kommunalen Einkommensteuer sollte also vollumfänglich von den Landesfinanzbehörden durchgeführt, die Verwaltungskompetenz vollumfänglich auf sie übertragen werden.918 Die Gemeinden müssten dann jedoch in geeigneter Form über die Festsetzung und Erhebung der „kommunalen Einkommensteuer“ informiert werden.919 Dazu kommt eine Regelung wie derzeit mit § 21 Abs. 3 FVG bei den Realsteuern, die den Gemeinden diverse Kontrollrechte
917
A. A. Hidien, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1048, der darauf abstellt, „rechtlich und praktisch“ habe sich der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer soweit verselbstständigt, dass eine Erhebung durch die Gemeinden statthaft wäre. 918 So im Ergebnis auch Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 71 (S. 570 f.). 919 Nach Stiftung Marktwirtschaft, Bericht der AG Kommunalfinanzen, 2006, S. 19, kommen hier mehrere denkbare Verfahrensweisen in Betracht: Die Gemeinde könnte entweder eine Kopie des Steuerbescheids erhalten; alternativ eine zusammengefasste Liste mit den Namen der Steuerpflichtigen und der jeweiligen Steuerschuld oder – als dritte Variante – lediglich eine Information über die festgesetzte und zu überweisende Summe.
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einräumt, in Betracht.920 Auch müssten die Landesfinanzbehörden – parallel zur Kirchensteuer – ein entsprechendes Verwaltungsentgelt erhalten.921 b) Örtliche Zuständigkeit Die örtliche Zuständigkeit sollte sich den obigen Überlegungen zur inter kommunalen Verteilung der „kommunalen Einkommensteuer“922 folgend grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Steuerpflichtigen richten. Für die Ermittlung der Zuständigkeit der Finanzbehörden sollten im Einzelnen hier – auch aus Vereinfachungsgründen und systematischen Erwägungen – die Vorschriften der Abgabenordnung, §§ 17 ff. AO, herangezogen werden, sodass gem. § 19 Abs. 1 S. 1 AO bei natürlichen Personen im Rahmen der Einkommensteuer grundsätzlich das Wohnsitzfinanzamt zuständig ist. Für kommunale Behörden wäre dem folgend ebenfalls die Gemeinde relevant, in der der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat und in der er entsprechend auch zur Steuer herangezogen wird. aa) Begriff des Wohnsitzes Grundsätzlich stellt sich jedoch die Frage, ob dabei auf den Wohnsitz im Sinne des Melderechts oder den Wohnsitz im Sinne des Steuerrechts (vgl. § 8 AO) abgestellt wird. Diese sind nicht zwingend identisch; die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehörde hat für die Ermittlung des Wohnsitzes nach § 8 etwa nur Indizwirkung, vgl. der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) 923 zu § 8 Nr. 2 S. 3.924 Entsprechend der Überlegungen unter II. 3. b) cc) soll jedoch grundsätzlich nur der Erstwohnsitz im Sinne des Melderechts für die Steuerpflicht relevant sein; auch soll die Gemeinde des Erstwohnsitzes die Steuerertragsberechtigung haben. Damit ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, ob auch für die Bestimmung der Zuständigkeit der Finanzbehörden (vgl. etwa § 19 AO) an die melderechtlichen Gegebenheiten angeknüpft werden oder ob die Ermittlung des Wohnsitzes nach steuerrechtlichen Vorschriften geschehen soll.
920
Nach § 21 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 und 2 FVG haben die Kommunen verschiedene Kontrollrechte, soweit Realsteuern von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden: Demnach können sie mündlich und schriftlich Auskunft verlangen, Akteneinsicht nehmen und unter den angegebenen Voraussetzungen auch an Betriebsprüfungen teilnehmen. 921 So auch Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 71 Rn. 4 (S. 570 f.) mit Verweis auf v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006 S. 179 zum Verfahren bei der Kirchensteuer. 922 Siehe oben II. 3. b). 923 Anwendungserlass zur Abgabenordnung v. 2.1.2008, BStBl. I 2008, 26. 924 So auch Koenig, in: Pahlke/ders., Abgabenordnung, 2. Aufl. 2009, § 8 Rn. 4 mit Verweis auf FG Rh-P, EFG 1998, S. 1182 sowie BFH, BFH/NV 2008, S. 351.
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Unter systematischen Gesichtspunkten wäre es konsequent, grundsätzlich dem melderechtlichen Status den Vorzug zu geben925: Wenn die Einkommensteuer – wie unter II. 3. b) cc) erörtert – nach melderechtlichen Vorschriften verteilt werden soll, wäre es nur folgerichtig, wenn sich auch die Zuständigkeit der Finanzämter nach Vorschriften des Melderechts und nicht nach der Abgabenordnung richtet. Dagegen spricht jedoch schon offensichtlich vor allem die Einheitlichkeit der Verwaltung bei den Finanzbehörden: Wenn – wie unter a) untersucht – ausschließlich die Finanzbehörden für die Verwaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ zuständig sind, macht es keinen Sinn, denselben Steuerpflichtigen hinsichtlich der staatlichen Einkommensteuer beim zuständigen Finanzamt nach seinem Wohnsitz nach § 8 AO, hinsichtlich der kommunalen Einkommensteuer nach dem Finanzamt seines melderechtlichen ersten Wohnsitzes zu führen. Entsprechend können bei einer vollumfänglichen Verwaltung durch die Finanzämter nur die Vorschriften der Abgabenordnung (insbesondere § 19 Abs. 1 S. 1 AO) und damit die Wohnsitzdefinition des § 8 AO für die örtliche Zuständigkeit maßgeblich sein. In den Fällen, in denen die Wohnsitze nach § 8 AO und dem Melderecht auseinanderfallen, könnte es entsprechend zwar Probleme mit sich bringen, wenn das Finanzamt den Hebe- bzw. Zuschlagsatz der Gemeinde des gemeldeten ersten Wohnsitzes kennen und die vereinnahmte kommunale Einkommensteuer an sie weiter leiten muss, obwohl die Gemeinde nicht im Bezirk des Finanzamtes liegen könnte.926 Dies scheint administrativ jedoch realisierbar zu sein – zumal die Zahl solcher kritischen Fälle sich in engen Grenzen halten dürfte. Eine alternative Möglichkeit erscheint nur dann möglich, wenn entgegen der Überlegungen unter a) die Festsetzung der Steuer und das weitere Verfahren von den Kommunalbehörden durchgeführt werden. In diesen Fällen wäre eine Anknüpfung an den melderechtlichen Wohnsitz nicht nur folgerichtig, sondern auch unproblematisch. bb) Steuerpflichtige mit mehreren Wohnsitzen Die Frage des Wohnsitzbegriffs wird insbesondere bei Steuerpflichtigen mit mehreren Wohnsitzen relevant. Die Terminologie des § 19 Abs. 1 S. 2, 1. Hs. AO entspricht hier zwar den melderechtlichen Regelungen, wenngleich dieser den Wortlaut „Erster Wohnsitz“ nicht ausdrücklich verwendet. Dennoch sind auch hier Fälle denkbar, in denen die melderechtlichen Gegebenheiten und die Ermittlung der Zuständigkeit nach § 19 Abs. 1 S. 2 AO zu einem anderen Ergebnis kommen. 925 So im Ergebnis auch BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 20. 926 Die Stiftung Marktwirtschaft schlägt daher vor, auch hinsichtlich der Ertragsberechtigung auf die Zuständigkeit des Finanzamtes und damit den Wohnsitz nach § 8 AO abzustellen, siehe Stiftung Marktwirtschaft, Bericht der AG Kommunalfinanzen, 2006, S. 19.
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Dann stellt sich ebenfalls die Frage, was für die Zuständigkeit der Behörden ausschlaggebend sein soll. Aus Praktikabilitätsgesichtspunkten ist auch hier nur eine Variante denkbar: Wenn die Verwaltung durch die Finanzbehörden erfolgt, sollte für die örtliche Zuständigkeit den Vorschriften der Abgabenordnung der Vorzug vor den melderechtlichen Vorschriften gegeben werden – auch wenn sich die örtliche Steuerpflicht nach dem Melderecht richtet. Eine andere Lösung wäre in vielen Fällen – etwa bei zusammen veranlagten Ehegatten mit unterschiedlichen melderechtlichen ersten Wohnsitzen – kaum realisierbar. Im Falle einer Verwaltung durch die kommunalen Steuerstellen wäre hingegen eine Berücksichtigung des melderechtlichen Wohnsitzes auch für die örtliche Zuständigkeit folgerichtig.
cc) Örtliche Zuständigkeit in weiteren Fällen Auch in weiteren Sonderfällen – etwa bei der Ermittlung der örtlichen Zuständigkeit bei Nichtansässigen – sollte sich die örtliche Zuständigkeit im Falle der Verwaltung durch die Finanzämter nach den Vorschriften der Abgabenordnung, §§ 17 ff. AO, richten. Im Falle einer sachlichen Zuständigkeit der Kommunal behörden liegt es nahe und wäre es folgerichtig, die örtliche Zuständigkeit der Steuerpflicht folgen zu lassen.
3. Die Erhebung der kommunalen Einkommensteuer a) Grundsatz: Erhebung im Veranlagungsverfahren Entsprechend der Überlegungen unter 1. sollte die „kommunale Einkommensteuer“ sich nach der staatlichen Steuer richten: In den Fällen, in denen bislang ein Quellenabzug erfolgt, soll entsprechend die kommunale Steuer abgezogen werden, in allen übrigen Fällen soll eine Veranlagung erfolgen. Die Veranlagung wäre damit – wenn auch nicht der hinsichtlich des Aufkommens quantitativ bedeutsamste – so doch der gesetzliche Regelfall. Für diesen ergeben sich keine besonderen Schwierigkeiten: Wie vorangehend erläutert, setzt das zuständige Finanzamt die „kommunale Einkommensteuer“ unter Berücksichtigung des jeweiligen Hebebzw. Zuschlagsatzes der Wohnsitzgemeinde fest, vollstreckt die Steuerschuld und leitet die Steuer an die Gemeinde weiter.
b) Verwaltung bei Vorauszahlungen Es ist jedoch zu überlegen, wie die Verwaltung bei Vorauszahlungen erfolgen könnte. Diese erfolgen bei der Einkommensteuer gem. § 37 Abs. 1 S. 1 EStG quar-
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talsweise.927 Bei einer Verwaltung des Zahlungsverfahrens durch die Kommunen ergeben sich hier keine Probleme: Es müsste zunächst darüber entschieden werden, ob Vorauszahlungen auch für die „kommunale Einkommensteuer“ erfolgen sollen oder nicht. Die Abwägung wäre hier zwischen Praktikabilität einerseits und dem Fiskalinteresse der Kommunen andererseits zu treffen – wobei keine größeren Probleme bei Fragen der Praktikabilität zu erwarten sind. Etwa könnte sich das Verfahren an das der Gewerbesteuer anlehnen. Bei einer Verwaltung der Zahlung durch die Finanzämter böte es sich an, dass die Vorauszahlungen gemeinsam mit den Vorauszahlungen der staatlichen Einkommensteuer geleistet werden. Dabei könnten auch pauschalierte Hebesätze bzw. die Hebesätze des Vorjahres zu Grunde gelegt werden, zumal die Vorauszahlungen ohnehin nur vorläufigen Charakter haben. Eventuell böte es sich aus Vereinfachungsgründen an, dass die Finanzbehörden den Gemeindeanteil erst im Rahmen der Veranlagung an die Gemeinden überweisen. Bei – zu erwartendem – überwiegendem Fiskalinteresse der Kommunen könnte jedoch auch eine quartalsweise Überweisung ggf. pauschalierter Vorauszahlungsbeträge angedacht werden. Auch hier ergeben sich keine größeren administrativen Schwierigkeiten. c) Erhebung im Quellenabzugsverfahren bei der Lohnsteuer Insbesondere im Quellenabzugsverfahren könnte die Erhebung der kommunalen Steuer problematisch sein.928 Hier dürfte die elektronische Verwaltung jedoch erhebliche Vorteile mit sich bringen. Bei der Lohnsteuer, die gem. §§ 38 ff. EStG vom Arbeitgeber einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird, stellt sich das Problem der bei Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ je nach Wohngemeinde des Arbeitnehmers variierenden Steuersätze. Bis in das Jahr 2010 waren die wesentlichen Daten, die der Arbeitnehmer zur Berechnung der Lohnsteuer benötigt – etwa Informationen über Heirat, Kinderfreibeträge, sonstige Freibeträge oder Kirchenzugehörigkeit – auf der Lohn steuerkarte aufgeführt. Entsprechend wurde vorgeschlagen, auch den Hebesatz der Wohnsitzgemeinde auf der Lohnsteuerkarte zu vermerken.929 Das Verfahren 927 Auf den Quellenabzug bei der Lohn- und der Abgeltungssteuer soll unten gesondert eingegangen werden. 928 Wiss. Beirat beim BMF (Hrsg.), Gutachten zur Reform der Gemeindefinanzen in der Bundesrepublik Deutschland, 1982, S. 118, der auch kritisiert, dass durch den Quellenabzug ein Teil der Fühlbarkeit verloren geht. Anders jedoch Hey, StuW 2002, S. 314 (324); BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 23. 929 So BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 23; Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 129.
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der Lohnsteuerkarte wurde jedoch inzwischen durch das der Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) ersetzt, § 39e EStG. Dabei werden die für die Lohnsteuererhebung erforderlichen Daten beim Bundeszentralamt für Steuern elektronisch gespeichert; der Arbeitgeber, der die steuerliche Identifikationsnummer (IdNr.) des Arbeitnehmers kennt, kann diese dann zur Berechnung der abzuführenden Steuer elektronisch abrufen, vgl. § 39e Abs. 4 EStG. Dieses Verfahren wird erstmals für das Jahr 2012 angewendet, § 39e Abs. 9 S. 1 EStG. Entsprechend könnte auch der Gemeindeschlüssel sowie der Hebe- bzw. Zuschlagsatz der Wohnsitzgemeinde des Arbeitnehmers elektronisch gespeichert und vom Arbeitgeber mit den anderen Merkmalen abgerufen werden.930 Dies setzt jedoch voraus, dass die Kommunen ihren Hebe- bzw. Zuschlagsatz rechtzeitig festsetzen und innerhalb eines Jahres nicht mehr ändern, sodass dieser verbindlich elektronisch gespeichert werden kann.931 Der Arbeitgeber müsste dann entsprechend für jeden Steuerpflichtigen die abzuführende „kommunale Einkommensteuer“ auf Basis des jeweiligen Lohns und unter Zugrundelegung der verschiedenen Hebe- bzw. Zuschlagsätze individuell berechnen. Die Vorgaben des § 39b EStG wären entsprechend auch bei für die „kommunale Einkommensteuer“ zu berücksichtigen. Die „kommunale Einkommensteuer“ würde dann – ähnlich wie die Kirchensteuer932 – zusammen mit der staatlichen Einkommensteuer an das Betriebstättenfinanzamt (§ 41a I Nr. 1 EStG) abgeführt, welches dann den kommunalen Anteil an die Wohnsitzgemeinde weiterleitet.933 Da es möglich erscheint, dass bei vielen Steuerpflichtigen im Nachhinein keine Veranlagung erfolgt, kann im Übrigen eine Regelung wie in § 51a Abs. 2a EStG – mit der Maßgabe einer Modifikation entsprechend der Überlegungen unter II. 2. – gelten. Diese Verwaltung erfordert unbestritten einen gewissen Mehraufwand, dürfte jedoch grundsätzlich aufgrund der elektronischen Durchführung realisierbar sein. Werden hier dennoch Probleme gesehen, könnte darüber nachgedacht werden, aus Gründen der Vereinfachung für den Unternehmer die kommunalen Hebesätze noch nicht im Quellenabzug zu berücksichtigen. Dann würde eine pauschalierte „kommunale Einkommensteuer“, die in etwa dem bisherigen Anteil von 15 % entspricht, als Abschlag auf die kommunale Einkommensteuer beibehalten und vorläufig an die Gemeinden weitergeleitet, erst im Rahmen einer Veranlagung würde 930 Änderungen der melderechtlichen Gegebenheiten werden dem Bundeszentralamt für Steuern von der Meldebehörde mitgeteilt, § 139b Abs. 8 AO. 931 Kirchhof, FR 2010, S. 961 (964) schlägt vor, dass die Kommunen den Hebesatz spätestens im September mit Wirkung für das nächste Jahr festsetzen müssen. Auch soll der Hebesatz höchstens alle zwei Jahre modifiziert werden können. 932 Diesen Vergleich zieht Otten, Die Grundmodelle der Alternativen zur Gewerbesteuer: Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und Europarecht, 2005, S. 129 m. w. N. 933 Ebenso BDI/VCI (Hrsg.), Verfassungskonforme Reform der Gewerbesteuer: Konzept einer kommunalen Einkommen- und Gewinnsteuer, 2001, S. 23; Hey, StuW 2002, S. 314 (324). Siehe ferner Sander, Wirtschaftsdienst 2001/VIII S. 447 (455), der erläutert, es gebe Erfahrungen mit einem solchen System in Dänemark.
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schließlich der Hebesatz angewendet.934 Dies würde jedoch auf Seiten der Finanzbehörden einen gewissen Mehraufwand darstellen935, sodass durchaus fraglich ist, ob der globale administrative Mehraufwand nicht bei einer Berücksichtigung des Hebesatzes bereits beim Quellenabzug durch den Unternehmer geringer wäre. d) Erhebung bei der Abgeltungssteuer/Kapitalertragssteuer Deutlich problematischer als bei der Lohnsteuer wäre das Verfahren bei der Kapitalertragssteuer, die weitgehend als Abgeltungssteuer936 ausgestaltet ist, §§ 43 ff. EStG. Bereits im Rahmen des Steuerabzugs ist die Berücksichtigung des gemeindlichen Hebesatzes kaum realisierbar: Die vom Schuldner der Kapitalerträge einbehaltene Abgeltungssteuer wird an die Finanzbehörden weitergeleitet. Die Finanzbehörden haben zwar die Möglichkeit, über an das Bundeszentralamt für Steuern gemeldete Daten sowie die von den Bank ausgestellten Bescheinigungen die Abgeltungssteuer dem einzelnen Steuerpflichtigen zuzuordnen – die Abführung der Steuer erfolgt jedoch pauschal und anonymisiert. Theoretisch könnte jedoch in Erwägung gezogen werden, auch hier die Abführung der „kommunalen Einkommensteuer“ ähnlich wie die der Kirchensteuer zu gestalten: Die Kirchensteuer wird – sofern der Steuerpflichtige die Bank damit beauftragt937 – zusammen mit der Abgeltungssteuer eingezogen, getrennt von der Abgeltungssteuer gebucht und, zwar pauschal und anonym, aber spezifisch als Kirchensteuer deklariert und trennscharf aufgeteilt nach den jeweiligen Religionsgemeinschaften an die Finanzbehörden weiter geleitet, welche diese dann an die Kirchen überweisen. Entsprechend wäre es theoretisch möglich, dass die Banken neben der Kirchensteuer auch die „kommunale Einkommensteuer“ für jeden Kapitalertragssteuerpflichtigen gesondert berechnen und diese dann – trennscharf nach den einzelnen Gemeinden aufgeteilt – an die Finanzbehörden oder unmittelbar an die Gemeinden abführen. Dies würde erstens erfordern, dass die Banken von jedem einzelnen Kunden den Gemeindeschlüssel sowie den Hebe- bzw. Zuschlagsatz des Erstwohnsitzes kennen. Dies erscheint grundsätzlich noch handhabbar, da die Banken den Wohnsitz ihres Kunden im Regelfall kennen. Die aktuellen Hebesätze könnten dann – ähnlich wie bei der Lohnsteuer – einmal im Jahr elektronisch abgerufen werden. Schließlich müssten die Banken jedoch – zwei 934
Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 202. Die etwa 6 % der Fälle, in denen bei der Lohnsteuer keine Veranlagung durchgeführt wird, stellen aus Sicht des Karl-Bräuer-Instituts kein Problem dar, siehe ebenda, S. 222 f. 935 Siehe das vorgeschlagene Verfahren bei Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler (Hrsg.), Kommunale Steuerautonomie und Gewerbesteuerabbau, Heft 94, 2002, S. 202 ff. 936 Siehe dazu Lang, in: Tipke/ders., Steuerrecht, 20. Aufl. 2010, § 9 Rz. 493 ff.; Birk, Steuerrecht, 14. Aufl. 2011, Rn. 760 ff. 937 Ab dem Veranlagungszeitraum besteht eine entsprechende Pflicht, vgl. die Neufassung von § 51a Abs. 2c sowie 2e EStG durch Gesetz v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, S. 2592.
III. Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens
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tens – für jede einzelne Gemeinde die einbehaltene „kommunale Einkommensteuer“ gesondert buchen und schließlich an die Kommunen – ggf. mit einem Umweg über die Finanzbehörden – weiterleiten. Dies mag bei regionalen Sparkassen oder Genossenschaftsbanken mit lokal begrenztem Kundenkreis womöglich noch denkbar sein – bei Großbanken ist der administrative Mehraufwand indes wohl nicht handhabbar. Auch eine Veranlagung, in deren Rahmen die kommunale Einkommensteuer unproblematisch berücksichtigt werden könnte, erfolgt bei der Abgeltungssteuer in den meisten Fällen nicht. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit eine „kommunale Einkommensteuer“ überhaupt im Rahmen der Abgeltungssteuer erhoben werden kann. Hier wird vorgeschlagen, nicht den Hebesatz der Wohngemeinde des Gläubigers der Kapitalerträge, sondern den der auszahlenden Stelle bzw. des Kapitalertragsschuldners anzuwenden.938 Unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz wäre dies jedoch problematisch: Es ist kein Nutzenverhältnis zwischen dem einzelnen Steuerpflichtigen und der Gemeinde, in der seine Bank ihren Sitz hat, ersichtlich. Auch würde das Problem der Aufteilung der einbehaltenen „kommunalen Einkommensteuer“ auf die Wohnsitzgemeinden der Bankkunden weiter bestehen. Als Alternative sollte daher hier eine Pauschalierung des Hebesatzes – z. B. in Form eines Steuersatzes von 4 % oder des üblichen Zuschlagsatzes von 15 % – in Betracht gezogen werden.939 Fraglich ist dann, ob auch im Falle einer Veranlagung Kapitalerträge einem gesonderten, bundeseinheitlichen Hebe- bzw. Zuschlagsatz unterlägen, oder ob dann der Hebesatz der jeweiligen Gemeinde berücksichtigt wird. Für Letzteres spricht die Einheitlichkeit bei der Administration, für ersteres jedoch Gerechtigkeitsaspekte. Auch eine solche Pauschalierung der Hebe- bzw. Zuschlagsätze löst jedoch nicht das Problem der Verteilung des kommunalen Anteils der Abgeltungssteuer auf die Kommunen. Diese ist aufgrund der anonymen Steuererhebung ebenso nur schwerlich realisierbar. Auch wenn im Vergleich zu einer vollumfänglichen Steuererhebung der Aufwand der Berücksichtigung der einzelnen Hebe- bzw. Zuschlagsätze wegfällt, müssten die Banken weiterhin für jeden Gläubiger von Kapitalerträgen die Gemeindeschlüssel des ersten Wohn sitzes kennen und für jede einzelne Gemeinde die kommunalen Steuererträge gesondert buchen, um sie dann – ähnlich wie bei der Kirchensteuer – trennscharf an die einzelnen Gemeinden weiter leiten zu können. Auch dies würde noch einen erheblichen Aufwand bedeuten. Als Alternative bliebe nur, den kommunalen Anteil der Abgeltungssteuer – vergleichbar mit der geltenden Rechtslage – nach einem zu bestimmenden Schlüssel auf die einzelnen Gemeinden zu verteilen. Dieser könnte sich nach dem Schlüssel zur Verteilung des Umsatzsteueraufkommens auf die Gemeinden richten. Im Falle einer Berücksichtigung der Kapitaleinkünfte im Rah 938
Hey, StuW 2002, S. 314 (324). Dies hätte den Vorteil, dass Dividenden und Zinsen mit der gleichen „kommunalen Einkommensteuer“ belastet würden. 939 So erörtert im Entwurf der Stiftung Marktwirtschaft, Bericht der AG Kommunalfinanzen, 2006, S. 20 f.
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men der Veranlagung würde hingegen die „kommunale Steuer“ gemeindescharf weitergeleitet werden können. Eine sachgerechtere Lösung ist bei der Abgeltungssteuer nicht in Sicht. Eventuell kann die zunehmende computergestützte Verwaltung hier Vereinfachungen bringen, die im Ergebnis auch eine Berücksichtigung der „kommunalen Einkommensteuer“ bei der Abgeltungssteuer ermöglicht. Bis dahin bleibt nur die suboptimale Lösung einer pauschalierten Berücksichtigung. e) Alternative: Aufteilung des kommunalen Einkommensteueraufkommens nach Gemeindeschlüsseln (sog. aggregiertes Verfahren) Nach den zuvor erörterten Verteilmechanismen der „kommunalen Einkommensteuer“ erfolgt die Verteilung des Steueraufkommens in einem sog. dezentralen Verfahren trennscharf auf die Kommunen. Das bedeutet, dass jede Kommune die von ‚ihren‘ Steuerpflichtigen gezahlte Steuer erhält. Als Alternative kann – analog zum Verfahren der Verteilung der Gemeindeeinkommensteuer in Schweden – überlegt werden, das Aufkommen der „kommunalen Einkommensteuer“ nicht unmittelbar und trennscharf an die Gemeinden weiter zu leiten, sondern zunächst einen gemeinsamer Topf zu bilden, der erst in einem zweiten Schritt vollständig auf die einzelnen Gemeinden verteilt wird (sog. aggregiertes Verfahren).940 Die Verteilung würde dann wie bei der Verteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer im geltenden Recht nach Schlüsselzahlen erfolgen.941 Der Gemeindeschlüssel müsste dann jedoch nicht nur das Steueraufkommen der einzelnen Gemeinde, sondern auch den jeweiligen kommunalen Steuer- bzw. Hebe- oder Zuschlagsatz berücksichtigen. Auch dürften die bisherigen nivellierenden Kappungsgrenzen nicht mehr in die Schlüsselzahlen einfließen. Dieses System hätte den Vorteil, dass auch bei der Abgeltungssteuer die Berücksichtigung der „kommunalen Einkommensteuer“ möglich wäre, wenn die Banken den jeweiligen Steuersatz der Erstwohnsitzgemeinde des Steuerpflichtigen kennen. Eine gesonderte Buchung der einbehaltenen Steuer nach Gemeinden wäre dann nicht mehr erforderlich, sondern die Banken könnten diese pauschal an die Finanzbehörden weiterleiten. Dies würde den administrativen Aufwand erheblich verringern. Auch im Quellenabzug bei der Lohnsteuer wäre das Verfahren der Steuerweiterleitung in den Betriebstättenfinanzämtern wohl mit weniger Aufwand verbunden. 940
Zur Unterscheidung dieser Verfahren siehe Hansmeyer/Zimmermann, AfK 1993, S. 221 (234 ff.); Sander, Gemeindeeinkommensteuer – Theoretische Beurteilung und Ausgestaltungsmöglichkeiten, 2004, S. 183 ff. 941 So Sander, Wirtschaftsdienst 2001/VIII, S. 447 (455).
III. Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens
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Dennoch ist dieser Vorschlag nicht vorzugswürdig. Zum einen bedürfte es einer zusätzlichen Stelle, die für die Verteilung der „kommunalen Einkommensteuer“ zuständig ist. Dies würde zusätzlichen Verwaltungsaufwand bedeuten, der den ‚ersparten‘ Aufwand bei der Lohn- und der Kapitalertragssteuer wieder weitgehend zunichtemachen würde. Vor allem spricht jedoch ein grundlegendes Argument gegen ein solches Verteilverfahren: Selbst wenn die nivellierenden Kappungsgrenzen nicht in die jeweiligen Gemeindeschlüssel einfließen würden, selbst wenn die Gemeindeschlüssel die jeweiligen Hebe- bzw. Zuschlagsätze berücksichtigen, würde bei einer Verteilung, in der erst das gesamte kommunale Einkommensteueraufkommen erst ‚in einen Topf geworfen wird‘, um es dann nach einem auf die Gemeinden zu verteilen, das Band zwischen dem steuerzahlenden Bürger und seiner Gemeinde, welches mit Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ ja gerade bekräftigt werden soll, deutlich geschwächt. Hinzu kommt, dass davon auszugehen ist, dass ähnlich wie im geltenden Recht bei der Ermittlung der Schlüsselzahlen immer nur das Einkommensteueraufkommen aus den Vorjahren mit einem Rücklauf von mindestens drei Jahren zu Grunde gelegt werden müsste.942 Unterschiedliche Entwicklungen im Steueraufkommen, insbesondere auch durch Migration oder eben den Effekt unterschiedlicher Hebesätze, wirkten sich erst mit einer entsprechenden Verspätung aus. Ein solcher Verteilmechanismus würde somit einigen grundlegenden Erwägungen für einen kommunalen Zugang zur Einkommensteuer zuwider laufen. Er ist daher abzulehnen. 4. Zusammenfassung der Ergebnisse Die Administration einer „kommunalen Einkommensteuer“ bringt – so zeigen es die Untersuchungen in diesem Abschnitt – unbestritten einen gewissen Mehraufwand gegenüber der aktuellen Situation mit sich. Fragen hinsichtlich der grundlegenden Gestaltung des Verwaltungsverfahrens, die Regelung von Zuständigkeiten sowie die generellen Erhebungsmerkmale sind dabei noch weitgehend unproblematisch. Bei anderen Erhebungsformen, etwa bei der Lohn- und bei der Abgeltungssteuer, wäre ein Mehraufwand hingegen bereits deutlich spürbarer. Der zunehmende Übergang auf eine elektronische Datenverarbeitung, etwa bei der Lohnsteuer, kann diesen jedoch in vielen Punkten kompensieren. Einzig bei der Abgeltungssteuer ergäbe sich selbst bei einer weitgehend elektronischen Verwaltung noch ein unverhältnismäßiger Verwaltungsmehraufwand, sodass hier derzeit 942 Bei der Verteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer im geltenden Recht führt die Anwendung des aggregierten Verfahrens über Schlüsselzahlen gar zu einer Verzögerung von mindestens fünf Jahren, vgl. oben Kapitel 1, III. 3. c) aa). Ein so langer Zeitraum wäre bei der Ermittlung von Schlüsselzahlen für die Verteilung der „kommunalen Einkommensteuer“ zwar wohl nicht erforderlich; in jedem Fall wäre jedoch mit einer zeitlichen Verzögerung zu rechnen.
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nur eine pauschalierte Berücksichtigung der „kommunalen Einkommensteuer“ in Betracht kommt. Demgegenüber ist jedoch auch zu beachten, dass der Wegfall der Verteilungsmechanismen für den bisherigen Gemeindeanteil an der Einkommensteuer nach § 3 GFRG zu freien Kapazitäten bei den Finanzbehörden führen wird. Die Festlegung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit für die Verwaltung sollte auch aus diesem Grund weitgehend nach Gesichtspunkten der Praktikabilität erfolgen. Eine Abwägung der Gesichtspunkte, die für eine Einführung eines kommunalen Zugangs zur Einkommensbesteuerung sprechen, gegenüber dem Mehraufwand und den möglichen Komplikationen bei der verwaltungstechnischen Umsetzung führt damit letztlich eindeutig zu dem Ergebnis, dass die Administrierbarkeit der „kommunalen Einkommensteuer“ ihrer Umsetzung nicht mehr entgegen gesetzt werden kann.
IV. Probleme des Übergangs auf ein neues System Zuletzt stellt sich schließlich die Frage nach der Gestaltung des Übergangs vom jetzigen auf ein neues System der kommunalen Einkommensbesteuerung. Diese Problematik ist einerseits vor dem Hintergrund der politischen Durchsetzbarkeit einer Kommunalsteuerreform zu berücksichtigen (1.), andererseits aber auch als administrativ-technische Problematik (2.). Darauf soll nachfolgend eingegangen werden.
1. Der Systemübergang als politisches Hindernis für eine Reform Aus politischer Hinsicht ist unabdingbar, dass in der Phase des Übergangs das Gebot der Aufkommens- bzw. Belastungsneutralität besonders zu berücksichtigen ist. Eine Kontinuität des Niveaus der Staatseinnahmen und gleichzeitig eine konstante Höhe der Steuerlast bei dem Einzelnen sollten insbesondere hier gewährleistet sein. Gleichzeitig ist dies jedoch kaum möglich: Es widerspricht dem Wesen einer jeden Steuerreform, wenn auch nach der Reform und im Systemübergang sich die Belastungs- und Aufkommensverhältnisse nicht ändern. Stellt sich der Systemwechsel nur dergestalt dar, dass die Gemeinden zukünftig an Stelle des bisher nach den Vorschriften des Gemeindefinanzreformgesetzes verteilten Anteils am Einkommensteueraufkommen ein eigenes Hebesatz- bzw. Zuschlagsrecht bei der Einkommensbesteuerung ihrer Wohnbevölkerung bekommen, halten sich die Probleme des Systemübergangs in engen Grenzen: In fiskalischer Hinsicht handelt es sich hier zunächst um ein Nullsummenspiel – schließ-
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lich wird der Gemeindeanteil faktisch eins zu eins durch die kommunale Steuer ersetzt. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass sich durch den Systemwechsel plötzliche gravierende Änderungen des Steueraufkommens ergeben – wenngleich die Gemeinden sich unbestritten mit der Problematik der Festlegung des Ausgangshebesatzes befassen müssen, ohne Gewissheit über die verteilungspolitischen Konsequenzen der Reform zu haben. Eine spürbare Änderung ergibt sich allerdings daraus, dass die bisherigen, das unterschiedliche Einkommensteueraufkommen in den einzelnen Gemeinden nivellierenden Verteilungsvorschriften des Gemeindefinanzreformgesetzes vermutlich wegfallen werden.943 Dies würden im Systemübergang insbesondere Kommunen, die von den Kappungsgrenzen in § 3 Abs. 1 S. 4 GRF profitieren, also solche mit einem geringen Einkommensniveau ihrer Einwohner, zu spüren bekommen. Noch relevanter wird die Frage nach den politischen Herausforderungen des Systemübergangs dann, wenn neben der Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ auch weitere Teile des Kommunalsteuersystems geändert werden. Wie oben erläutert944, werden hier insbesondere Vorschläge, die auf eine Ablösung der Gewerbesteuer zielen, diskutiert. Jedenfalls im Falle einer solch umfassenden Reform stellt sich die Frage nach dem Systemübergang besonders deutlich, da sich weitreichende Änderungen des Steueraufkommens ergeben könnten. Entsprechend müsste aus Gründen der politischen Durchsetzbarkeit, so ist zu vermuten, der These Rechnung ge tragen werden, dass – selbst wenn ein weit überwiegender Teil der Gemeinden zu den „Gewinnern“ einer Reform gehören würde – es erforderlich ist, auch die jenigen Kommunen, die nach einer Reform womöglich schlechtere Steuereinnahmen erzielen würden, zu konsolidieren, um eine Reform zu ermöglichen.945 Hier wird vorgeschlagen, das Steueraufkommen der letzten Jahre für einen begrenzten Zeitraum abzusichern946 oder zumindest eine Übergangshilfe947 zu geben. In Betracht käme etwa ein degressiver Härteausgleich durch Bildung einer „Aus-
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Siehe oben II. 3. a). Siehe oben I. 1. 945 Nach gemeindescharfen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes im Auftrag des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport würden etwa im Falle der Umsetzung des sog. „Niedersachsen-Modells“, welches auf dem Kommunalsteuer-Modell der Stiftung Marktwirtschaft beruht, rund 83 % der Kommunen von den hier vorgesehenen Reformmaßnahmen profitieren, nur 17 % gehören zu den Verlierern. Siehe Statistisches Bundesamt/ Zwick/Dittrich/Schwabbacher/Zifonun-Kopp, Bericht zur gemeindescharfen Quantifizierung des „Niedersächsischen Modells zur Gemeindefinanzreform“ für das Jahr 2006, Wiesbaden, 25. Januar 2011. 946 Jachmann, StuW 2006, S. 115 (123). 947 So bereits Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zum Gemeindesteuersystem und zur Gemeindesteuerreform in der Bundesrepublik Deutschland, BMF-Schriftenreihe, Heft 10, 1968, S. 44. 944
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gleichsmasse“.948 Als ‚Stellschraube‘, über die das kommunale Finanzaufkommen gesichert werden kann, böte sich hier insbesondere der kommunale Anteil am Umsatzsteueraufkommen an. Dieser könnte für einen gewissen Zeitraum – womöglich auch nur selektiv – angehoben werden, um Einnahmeausfälle für eine gewisse Zeit zu kompensieren und so die politische Zustimmung aller Kommunen zu einer Reform zu gewährleisten. Diese Maßnahmen bedürfen jedoch einer entsprechenden Gegenfinanzierung. Eine Erhöhung der Umsatzsteuer kommt dabei aufgrund der wirtschaftspolitisch fragwürdigen Mehrbelastung für den Verbraucher nur nachrangig in Betracht. Demgegenüber erscheint der Vorschlag, die Finanzausgleichsmasse im sekundären kommunalen Finanzausgleich seitens der Länder zu erhöhen949, immer noch gangbar – wenngleich auch hier eine entsprechende Gegenfinanzierung angedacht werden müsste. Bedenkenswert ist der Vorschlag, zunächst übergangsweise das gemeindliche Hebesatzrecht auf einen Sockelbetrag des Einkommens zu beschränken, um anfangs die Stadt-Umland-Problematik zu entschärfen.950 Bei einer isolierten Ablösung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer durch eine „kommunale Einkommensteuer“, deren Ausgestaltung sich an die vorangegangene Erörterung anlehnt, ist jedoch womöglich gar nicht von einer Verschärfung der Stadt-UmlandProblematik auszugehen.951 2. Der Systemübergang als administrative Herausforderung Andererseits ist der Systemübergang auch in verwaltungstechnischer Hinsicht eine Herausforderung. Probleme stellen etwa im Einführungsjahr insbesondere Vorauszahlungs-, Veranlagungs-, Zahlungs- und Spitzabrechnungstermine dar. Hier müsste mit trennscharfen Regelungen gearbeitet werden, die keine Brüche innerhalb eines Jahres vorsehen. Die Phase des Übergangs ist langfristig zu planen, sodass die Gemeinden entsprechende Steuersatzungen erlassen und sich zudem auf die politischen Herausforderungen der Hebe- bzw. Steuersatzautonomie einstellen können. Die Hebe- bzw. Zuschlagsätze müssten von den Kommunen mit notwendigem Vorlauf gemeldet werden. Auch der Bund müsste bei den elektronischen Steuerabzugsmerkmalen die für die Erhebung erforderlichen Vorkehrungen schaffen, was eines gewissen Vorlaufs bedarf.
948 Pinkwart, Gemeindefinanzreform als Schlüssel für ein modernes Unternehmenssteuerrecht, in: FS Solms, S. 141 (145). 949 Wiss. Beirat beim BMF, Gutachten zum Gemeindesteuersystem und zur Gemeinde steuerreform in der Bundesrepublik Deutschland, BMF-Schriftenreihe, Heft 10, 1968, S. 44. 950 So Stiftung Marktwirtschaft (Hrsg.), Kommission „Steuergesetzbuch“: Steuerpolitisches Programm, 2006, S. 43; Grundsätzlich bereits Hansmeyer/Zimmermann, AfK 1993, S. 221 (239 f.). 951 Vgl. bereits oben Kapitel 2, IV. 5. b) bb) (2).
V. Ergebnisse des dritten Kapitels
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Im Falle einer nahezu vollständigen Verwaltung der „kommunalen Einkommensteuer“ durch die Finanzbehörden – wie zuvor befürwortet – ist der Übergang diesbezüglich administrativ vermutlich weitgehend ohne größere Probleme handhabbar: Im letzten Jahr des bisherigen Systems ist die Verteilung des Einkommensteueraufkommens weiterhin nach den Regelungen des Gemeindefinanzreformgesetzes vorzunehmen. Etwaige Einkommensteuervorauszahlungen für Folgejahre etwa wären jedoch schon getrennt nach staatlicher und kommunaler Einkommensteuer festzusetzen. Die detaillierte verwaltungstechnische Umsetzung muss anhand entsprechender Erfahrungswerte von Experten festgelegt werden und kann im Rahmen dieser Arbeit nicht entwickelt werden. Bei einem entsprechenden langen Vorlauf werden hier jedoch keine gravierenden Probleme gesehen.
V. Ergebnisse des dritten Kapitels Die Ersetzung der pauschalen Zuweisung eines Anteils am Einkommensteueraufkommen an die Gemeinden durch eine „kommunale Einkommensteuer“ kennt somit mehrere Möglichkeiten der Ausgestaltung, die den in Kapitel 2 entwickelten Anforderungen an ein kommunales Steuersystem deutlich besser Rechnung tragen würden als die Regelungen im geltenden Recht. Eine optimale Form der „kommunalen Einkommensteuer“ gibt es indes dabei nicht: Vielmehr kann die letztendliche detaillierte Ausgestaltung nur bestimmt werden, indem die einzelnen Kriterien für kommunale Steuern in vielen Punkten gegeneinander abgewogen und Wertungsentscheidungen getroffen werden. In einzelnen Fällen können andere Wertungen entsprechend auch zu anderen Nuancierungen der Ausgestaltung als zu den in dieser Untersuchung präferierten Varianten führen. Den Ausführungen unter II. folgend ist aufbauend auf dem Kriterienraster für kommunale Steuern eine „kommunale Einkommensteuer“ sachgerecht, die auf der Bemessungsgrundlage des zu versteuernden Einkommens mit proportionalem kommunalem Steuersatz erhoben wird. Ein Zuschlag auf die Steuerschuld, der bereits ein progressiver Tarif inhärent ist, wird demgegenüber insbesondere mit Blick auf das Äquivalenzprinzip, die räumliche Streuung und die Konjunkturreagibilität als suboptimal, aber dennoch als gangbarer Weg beurteilt. Innerhalb der Einkommensteuer müsste damit – auf einheitlicher Bemessungsgrundlage – zwischen einem kommunalen und einem staatlichen Tarif unterschieden werden. Der bisherige Steuertarif würde entsprechend ‚aufgespalten‘. Der Grundfreibetrag, der Familienleistungsausgleich, das Ehegattensplitting sowie zusätzliche Altersvorsorge würden auch bei der „kommunalen Einkommensteuer“ berücksichtigt, einige andere Tarifmerkmale der Einkommensteuer wie der Abzug für Parteispenden oder haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen hingegen nicht. Die Gewerbesteuer müsste jedoch auch auf die „kommunale Einkommensteuer“ anrechenbar sein.
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Kap. 3: Kommunale Elemente bei der Einkommensteuer
Die „kommunale Einkommensteuer“ sollte – sofern keine Änderungen im weiteren Kommunalsteuersystem erfolgen – streng nach dem Wohnsitzprinzip verteilt werden. Mögliche Probleme hinsichtlich der räumlichen Streuung können weitgehend durch entsprechende Mechanismen der Ausgestaltung vermieden werden. Im Übrigen bleibt eine gewisse Streuung gewolltes Ziel und notwendiges Ergebnis des intendierten Steuerwettbewerbs. Die Administrierbarkeit einer „kommunalen Einkommensteuer“ steht ihrer Umsetzung ebenso nicht entgegen. Vielmehr lassen sich die wesentlichen Probleme aufgrund der zunehmenden Digitalisierung der Datenverarbeitung auch in der Steuerverwaltung kompensieren. Im Übrigen – insbesondere bei der Berücksichtigung der „kommunalen Einkommensteuer“ auch im Rahmen der Abgeltungssteuer – sind bei theoretisch wünschenswerten Varianten der Ausgestaltung ggf. Abschläge aufgrund der (bislang) fehlenden verwaltungstechnischen Umsetzbarkeit zu machen. Die Einführung einer solchen „kommunalen Einkommensteuer“ ist grundsätzlich und unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung bei einem im Weiteren in seinen wesentlichen Zügen nicht geänderten Steuersystem möglich. Eine Reform mit diesem Ansatzpunkt wäre entsprechend – als gesondert abgrenzbarer und weitgehend unabhängiger Teilbereich einer umfassenden Steuerreform – isoliert umsetzbar. Eine solche isolierte Änderung, die ausschließlich beim kommunalen Einkommensteueranteil ansetzt, würde entsprechend aber auch nur einige der Probleme des kommunalen Einnahmensystems beheben können. Grundsätzlich ist daher – insbesondere mit Blick auf die Gewerbesteuer – eine umfassende Reform angebracht. Dies konnte freilich im begrenzten Rahmen dieser Untersuchung nicht diskutiert werden. Vor allem aber gilt der bereits in der Einleitung zu dieser Arbeit formulierte Grundsatz: „Es ist […] an der Zeit, Möglichkeiten einer kleinschrittigeren Reform, die das System zwar langsam, aber stetig auf neue Füße stellt, zu erörtern. Wenn der ‚große Wurf‘ nicht machbar oder jedenfalls politisch nicht durchsetzbar ist, muss er – das ist die bleibende Erkenntnis zahlreicher Reformdebatten – durch viele ‚kleine Würfe‘ ersetzt werden.“952
952 Siehe Einleitung, I. mit Verweis auf Hey, Steuerreformfaktoren und Steuerreformhindernisse in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftspolitische Blätter 2008, S. 519 (520).
Zusammenfassung Ausgangspunkt dieser Arbeit ist die These, dass das Gemeindefinanzsystem einer Reform bedarf. Mit nur einem Satz aus der Einleitung – „Das intransparente, daher ungerechte, wenig glaubwürdige und demokratieschädliche deutsche Steuerrecht hat schlechterdings eine besondere Ausprägung in der schier unauflöslichen Verflechtung der Finanzströme zwischen den Gebietskörperschaften sowie der finanziellen Not der Gemeinden.“ – lässt sich bereits ausdrücken, was die Herausforderung jedweder Kommunalsteuerreform sein muss. Im ersten Kapitel dieser Untersuchung wurde der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer im Kontext kommunaler Aufgaben, kommunaler Einnahmequellen und kommunaler Steuern als ein zentraler Ansatzpunkt für eine solche Reform des Kommunalfinanzsystems herausgearbeitet. Sodann folgte eine Analyse der derzeitigen Verteilungsmechanismen sowie der rechtlichen Einordnung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer, welche ihrerseits zusätzlichen Reformbedarf offenlegte. Im Anschluss wurden grundlegende Varianten einer „kommunalen Einkommensteuer“ skizziert und in einem historischen Abriss vergleichbare Steuern im Deutschen Reich und den Ländern sowie die Historie der Reformdebatte in der Bundesrepublik dargelegt. Ausgehend von dieser Bestandsaufnahme wurden im zweiten Kapitel der Arbeit die wesentlichen Kriterien für kommunale Steuern im Hinblick auf die Einführung einer „kommunalen Einkommensteuer“ untersucht. Sowohl Art. 28 Abs. 2 GG, die Garantie kommunaler Selbstverwaltung einschließlich der Garantie kommunaler Finanzautonomie und einer wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle mit Hebesatzrecht, als auch die Vorschriften der Finanzverfassung des Grundgesetzes und die grundlegenden Besteuerungsprinzipien der Leistungsfähigkeit und der Äquivalenz sprechen eine deutliche Sprache für einen kommunalen Zugang zur Einkommensbesteuerung. Auch die sodann untersuchten zahlreichen finanzwissenschaftlichen, steuersystematischen und steuerpolitischen Grundsätze stehen einer solchen im wesentlichen nicht entgegen. In der praktischen Umsetzung sind jedoch insbesondere die Verteilungswirkungen zwischen den Gemeinden sowie der Aspekt der Administrierbarkeit und der praktischen Umsetzung zu berücksichtigen. Im dritten Kapitel wurden auf Basis des im zweiten Kapitel der Untersuchung entwickelten Kriterienrasters die verschiedenen Möglichkeiten der Ausgestaltung einer „kommunalen Einkommensteuer“ detailliert erörtert. Zunächst war dafür die Analyse der Einbindung einer „kommunalen Einkommensteuer“ in das – unstrittig insbesondere mit Blick auf die Gewerbesteuer auch an anderen Stellen re-
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Zusammenfassung
formbedürftige – Kommunalsteuersystem erforderlich. Sodann wurde auf Fragen der materiell-rechtlichen Ausgestaltung, insbesondere auf die Wahl des Tarifverlaufes, die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die Gestaltung des Steuerbzw. Hebe- oder Zuschlagsatzes diskutiert; ebenso die Frage der Behandlung der im geltenden Einkommensteuerrecht vorhandenen Freibeträge, Anrechnungen und Abzüge sowie der interkommunalen Verteilung der „kommunalen Einkommensteuer“. Zuletzt wurde schließlich auf die für eine Reform so bedeutsamen Fragen der Administration sowie der Ausgestaltung des Erhebungsverfahrens wie des Systemübergangs eingegangen. Zu den Ergebnissen der einzelnen Untersuchungsschritte kann auf die jeweiligen Zusammenfassungen am Ende der vorangegangenen drei Kapitel verwiesen werden. Mit einem Satz lässt sich indes festhalten: Eine Ersetzung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer durch einen „kommunale Einkommensteuer“ ist nicht nur eine wesentliche, wichtige Etappe auf dem Weg zu einem den Anforderungen genügendem Kommunalfinanzsystem, sondern auch ein praktikabler und realisierbarer Schritt hin zu mehr Transparenz, Beteiligung und Gerechtigkeit in der kommunalen Selbstverwaltung.
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Sachverzeichnis Abgeltungssteuer 60, 61, 62, 200, 251, 258, 260, 261, 262, 263, 268 Altersvorsorge 214, 267 Annexsteuer 197, 198, 225, 227 Äquivalenz 125, 127, 128, 129, 131, 132, 133, 134, 137, 139, 140, 141, 144, 145, 154, 158, 171, 242, 254, 261, 269 Äquivalenzgrundsatz 112, 125, 132, 141, 206 Äquivalenzprinzip 38, 54, 125, 126, 127, 128, 129, 131, 132, 133, 139, 141, 142, 145, 169, 190, 221, 236, 267, 273 Aufkommensneutralität 83, 149, 150, 197, 199 Aufwands- und Verbrauchssteuern 41, 46, 55, 58 Ausländische Einkünfte 201 Beiträge 38, 39, 42, 43, 46, 47, 48, 59, 82, 128, 130, 140 Belastungsneutralität 161, 197, 198, 199, 203, 205, 208, 225, 240, 264 Bemessungsgrundlage 53, 59, 61, 75, 76, 77, 106, 107, 118, 120, 121, 122, 126, 131, 135, 136, 147, 148, 152, 153, 158, 160, 161, 162, 167, 168, 176, 179, 180, 181, 183, 187, 188, 189, 191, 192, 193, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 203, 204, 206, 207, 208, 210, 211, 212, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 226, 230, 232, 236, 239, 240, 245, 246, 247, 248, 249, 250, 267, 270, 276 Betriebsstätte 107, 233, 234, 238 Betriebsstättenprinzip 176, 177, 232, 235, 236, 237 Bund 23, 24, 26, 27, 30, 31, 32, 34, 35, 36, 41, 46, 47, 50, 53, 54, 56, 60, 61, 68, 70, 71, 72, 73, 89, 92, 95, 97, 99, 100, 101, 102, 104, 111, 113, 115, 116, 117, 119, 121, 122, 123, 124, 131, 150, 154, 155, 171, 195, 197, 202, 203, 208, 210, 211,
213, 217, 218, 221, 242, 249, 253, 254, 266 Ehegatten-Splitting 194, 209, 230 Einkommensteuersatz 197, 246 Familienleistungsausgleich 45, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 216, 267 Finanzausgleich 29, 31, 34, 35, 36, 37, 41, 44, 45, 46, 48, 68, 71, 72, 78, 79, 85, 88, 89, 90, 91, 95, 96, 97, 98, 99, 110, 113, 118, 131, 141, 148, 149, 151, 160, 228, 233, 241, 242, 243, 245, 266, 273, 274, 276, 277 Finanzautonomie 35, 84, 86, 89, 93, 94, 99, 100, 104, 105, 106, 109, 110, 111, 133, 138, 159, 160, 170, 186, 188, 207, 223, 239, 240, 242, 243, 250, 251, 254, 269, 274, 279 Finanzbehörden 193, 217, 229, 231, 249, 250, 252, 253, 254, 255, 256, 257, 258, 260, 262, 264, 267 Finanzverfassung 34, 35, 36, 37, 38, 47, 68, 72, 74, 75, 79, 94, 95, 96, 98, 101, 106, 107, 111, 112, 113, 114, 115, 118, 123, 124, 125, 145, 166, 170, 171, 188, 228, 249, 250, 269, 273, 275, 276, 277, 279 Föderalismus 23, 30, 140, 142 Freibeträge 54, 67, 76, 147, 162, 181, 191, 195, 208, 234, 248, 252, 258, 270 Gebühren 38, 39, 40, 42, 43, 46, 47, 48, 128, 130, 140 Gesetzgebungskompetenz 41, 50, 55, 60, 73, 92, 113, 116, 121, 123 Gewerbebetrieb 52, 56, 59, 147, 201, 233, 235 Gewerbesteuer 25, 41, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 58, 59, 60, 61, 65, 75, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 99, 102, 105, 106, 107, 108, 113, 116, 120, 121, 127, 130, 131,
Sachverzeichnis 132, 136, 138, 139, 141, 145, 147, 148, 150, 154, 156, 158, 159, 160, 163, 167, 168, 175, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 192, 195, 203, 204, 205, 206, 207, 208, 215, 216, 217, 218, 219, 220, 221, 222, 225, 228, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 243, 245, 247, 249, 250, 251, 252, 256, 258, 259, 265, 267, 268, 269, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 279 GFRG 21, 50, 53, 56, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 69, 71, 72, 152, 198, 200, 202, 203, 229, 234, 239, 244, 264, 274 Grundsteuer 41, 47, 49, 50, 51, 52, 58, 78, 108, 120, 121, 122, 170, 176, 180, 183, 184, 203, 225, 251, 253, 273 Günstigerprüfung 196, 210, 211, 212, 213, 214, 252 Hebesatz 75, 76, 77, 83, 99, 118, 119, 120, 121, 123, 150, 154, 163, 175, 177, 184, 189, 203, 204, 206, 213, 217, 232, 240, 242, 248, 249, 258, 259, 260, 261, 264 Hebesatzrecht 47, 50, 51, 57, 59, 68, 70, 72, 75, 76, 77, 80, 82, 86, 88, 89, 99, 105, 106, 107, 108, 110, 111, 114, 115, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 125, 138, 147, 148, 159, 160, 167, 168, 170, 175, 176, 180, 182, 183, 187, 188, 192, 201, 204, 205, 212, 219, 235, 236, 248, 266, 269, 278
281
Konjunkturreagibilität 59, 151, 152, 167, 179, 191, 207, 246, 267 Kopfsteuer 75, 79, 115, 136, 190, 192, 241 Länder 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 40, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 50, 53, 61, 62, 63, 67, 70, 77, 78, 96, 97, 99, 100, 101, 104, 113, 116, 119, 124, 150, 197, 202, 205, 211, 225, 229, 231, 241, 243, 249, 254, 266, 273 Länderfinanzausgleich 34, 46 Land- und Forstwirtschaft 201, 233, 235, 236 Leistungsfähigkeit 39, 46, 50, 52, 60, 99, 106, 115, 125, 126, 127, 128, 129, 134, 135, 136, 137, 139, 145, 154, 179, 189, 190, 193, 194, 196, 207, 232, 240, 246, 269, 276 Leistungsfähigkeitsprinzip 112, 126, 127, 128, 132, 134, 139, 145, 151, 158, 190, 214, 271, 274 Lohnsteuer 56, 60, 61, 62, 63, 73, 107, 152, 164, 185, 199, 201, 202, 248, 251, 258, 260, 262, 263 Merklichkeit 139, 141, 144, 145 Mischsystem 41, 71, 124 Progressionsvorbehalt 200 progressiver Tarif 139, 153, 191, 267 proportionaler Tarif 158, 161, 207, 241, 245 Prüfmodell 83, 175, 192, 206, 220
Infrastruktur 30, 103, 126, 130, 146, 156, 157, 165, 171, 206, 230, 231, 236
Räumliche Streuung 157
kalte Progression 153 Kapitalertragssteuer 61, 62, 63, 248, 260, 263 Karl-Bräuer-Institut 79, 80, 82, 139, 141, 151, 178, 179, 198, 204, 226, 239, 240, 249, 250, 252, 260, 275 Kassenkredite 24 Kindergeld 202, 210, 211, 212, 213 Kirchensteuer 212, 213, 216, 225, 226, 255, 259, 260, 261 kommunale Unternehmenssteuer 176, 177, 183, 184, 206, 215, 220, 238, 243 Kommunalpolitik 25, 109
Schlüsselzuweisungen 45, 69, 148, 229, 244 Selbstverwaltungsangelegenheiten 32, 33, 94, 102 Selbstverwaltungsgarantie 25, 31, 35, 43, 68, 69, 70, 71, 89, 90, 92, 93, 96, 97, 99, 100, 101, 103, 107, 110, 111, 119, 138, 154, 166, 236, 251, 277 Selbstverwaltungsrecht 31, 92, 95, 110, 273, 275 Spitzensteuersatz 199 Steuermessbetrag 76, 77, 119, 120, 123, 203, 248 Steuermesszahl 203, 248
282
Sachverzeichnis
Steuersatz 76, 77, 118, 119, 122, 150, 191, 200, 201, 203, 204, 207, 230, 246, 247, 262, 267 Steuertarif 73, 102, 115, 122, 136, 190, 198, 200, 201, 241, 267 Stiftung Marktwirtschaft 25, 26, 73, 74, 81, 82, 83, 176, 177, 179, 180, 184, 185, 191, 192, 199, 206, 220, 229, 230, 232, 237, 238, 251, 253, 254, 256, 261, 265, 266, 278 Thesaurierungsbegünstigung 201 Trennsystem 41, 42, 71 Umsatzsteuer 41, 46, 49, 57, 58, 59, 60, 72, 83, 97, 113, 166, 175, 176, 178, 179, 181, 185, 266, 279 Unternehmen 26, 38, 44, 47, 49, 53, 54, 59, 62, 84, 102, 108, 131, 133, 134, 138, 145, 146, 147, 149, 153, 161, 164, 165, 167, 168, 171, 173, 179, 181, 182, 186, 206, 215, 216, 220, 234, 236, 238, 278 Unternehmenssteuer 176, 177, 180, 182, 185, 189, 205, 207, 215, 220, 233, 238 Verbundsystem 41, 71
Verteilungswirkungen 86, 150, 153, 154, 155, 161, 168, 193, 227, 269 Verwaltungskompetenz 113, 254 Vorauszahlungen 257, 258 Wiss. Beirat beim BMF 57, 58, 66, 79, 80, 81, 82, 88, 90, 95, 96, 102, 103, 104, 109, 110, 114, 127, 128, 130, 131, 133, 134, 137, 143, 146, 148, 149, 151, 155, 156, 157, 161, 163, 165, 178, 188, 192, 193, 196, 247, 258, 265, 266 Wohnbevölkerung 26, 59, 73, 74, 77, 79, 81, 82, 86, 102, 115, 138, 146, 148, 161, 171, 173, 182, 206, 236, 239, 264 Wohnsitz 63, 64, 65, 147, 159, 161, 187, 189, 227, 229, 230, 231, 233, 234, 235, 237, 238, 240, 247, 255, 256, 260 Zuschlag 57, 75, 76, 77, 82, 83, 86, 88, 114, 120, 123, 139, 170, 175, 177, 178, 188, 189, 192, 195, 201, 203, 204, 206, 211, 212, 213, 216, 218, 219, 221, 223, 224, 225, 227, 235, 246, 248, 267 Zuweisungen 40, 44, 45, 46, 47, 84, 94, 100, 171, 243, 244