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German Pages 246 [256] Year 1825
Die Feier der Liebe, oder
Beschreibung bet
Verlobungö- und HochzeitsCeremonieen aller Nationen.
D t e Feier der Liede, oder
Beschreibung d er
Derlobungs- und HochzeitsCeremonieen aller Nationen. Zweiter Theil.
Zweite Auflagr.
§)et den Heirathen der
Neuern Griechen herrscht -er sonderbare Gebrauch, daß sich -le Ver lobten einen Pathen oder eine Pathe,
ja manchmal
deren drei oder vier wählen.
Der Pope
empfängt das Brautpaar
an der
Kirchthüre, und macht damit den Anfang, daß er
eS um seine Einwilligung fragt. eS zum Altar,
und
Alsdann führt er
seht beiden einen Kranz von
WeinblLttern, mit Bändern und Spitzen umgebe«,
auf daS Haupt. Er steckt dem Bräutigam einen goldenen, -er
Braut
aber einen silbernen Ring an den Finger,
und wechselt solche mehr alS dreißigmal, dergestalt, -aß er bald der Braut den Ring deS Bräutigam-,
bald aber diesem den Rin- der Braut von de» Fin ger zieht.
Die
Pathen
und machen
nähern sich darauf,
eben diese Ceremonie mit den Ringen deS Braut
paars.
Wenn dieses geschehen ist, nehmen die Pa-
then den jungen Eheleuten die Kränze vom Kopfe,
ergreifen sich bei den Händen und gehen einigemal im Kreise mit einander herum, wobei ihnen von den Umstehenden Faustschläge und Stöße mit den Füßen gegeben werden.
Hierauf nimmt der Pope
ein
Messer, und
schneidet damit etliche längliche Stücken Brod
ab,
die er in eine Schüssel legt, und Wein darauf gießt. Er ißt einS davon, und überreicht davon ein anderes zuerst
der jungen
Ehefrau,
hernach
dem jungen
Manne, und endlich auch allen Anwesenden.
Der Bräutigam
giebt unter dem Seegen des
Priesters seiner Braut den Kuß der Liebe, und bei
de halten brennende Kerzen in der rechten Hand. Dir ehelichen Verbindungen, welche
Die Türken schließen, werden entweder auf die ganze Leben-zeit
ringegangen, ober sie bauern nur eine kurze Zeit,
die man theils unbestimmt läßt, theil- durch einen Vertrag festsetzt.
In diesem Falle werden die Be
dingungen von dem Kadi entworfen und in ein Pro
tokoll eingetragen.
Man nimmt die Braut ohne al
te Feierlichkeiten an,
ohne alle Umstände.
und verabschiedet
sie wieder
Don dieser Ehe ist der Konku
binat mit Sklavinnen, der ohne weiteren Vertrag Statt findet, verschieden.
Im erster» Falle verbinden sich die Türken zwar auf Lebenslang, aber ohne daß das Band durch ge
genseitige Einwilligung hervorgebracht würbe;
man
verspricht dieselben schon einander, eheste einmal im
Stande find zu wählen.
Vater und Mutter verglei
chen sich über die Punkte der Herrath.
Den Verlob
ten wird kein Umgang, ja sich nicht einmal zu sehen
erlaubt; sie kennen sich also weder von Person, noch
von Eharrtter.
An dem Tage der Hochzeit steigt die Braut zu
Pferde, und begle-t sich
unter einer Musik, ve«
Frauenzimmern und Sklaven begleitet, in die Woh nung ihres Bräutigams.
Ihren ganzen Körper ver
hüllt ein Schleier und über ihrem Haupte wird ein Baldachin getragen.
Der von den Ältern ihr mitge-
-e-ebene
Drautfchatz ist !m Gefolge;
Pferbe Und
Kameele sind mit Kasten und Packen beladen, die oft leer find, oder nichts als Kleinigkeiten enthal
ten, und die nur dem Auge ein stolzeS Ansehen ge ben sollen. Der Bräutigam empfängt seine Braut an der
Thüre;
sie reichen sich die Hande,
die zärtlichsten Versicherungen
der
und geben sich Liebe,
obgleich
ihr Herz davon nichts weiß.
An
der feierlichen Verbindung der Che haben
die Priester nicht den geringsten Antheil.
3n Ge
genwart deS weltlichen Richters verpflichtet sich die
MannSperfon eidlich
zur Che,
und verspricht auf
den Fall des TodeS oder der Scheidung der Gattin
ein Gewisses auszusetzen, disponiren kann.
worüber sie nach Gefallen
Der Richter allein unterzeichnet
den Kontrakt, und der Inhalt desselben fasset wei ter uiLsts in sich, als die Namen der Heirathenden,
und
diejenige
Summe,
welche
der
Mann
seiner
Braut zur Entschädigung für den Verlust ihres vo rigen Standes verspricht. Bei der Ceremonie selbst ist die Braut nicht ge-
tzenwärtig, senden, ein Bevollmächtigter erscheint in
ihrem Namen.
Die Verwandten führe» den Dräu-
ligam mit einigen Feierlichkeiten in bad Han- der
Braut, worunter auch diese gehört, da- einige von
ihnen zwei entblöste Degen über seinem Kopf auf
dem Wege zusammenhalten, um dadurch Bezarrds»
rung zu verhüten.
Wenn sich am Abend da- junge Paar in die
Brautkammer begeben hat, gam die Braut aus.
so kleidet der Bräuti
Zur Keuschheit einer türkischen
Braut gehört vorzüglich die Sorgfalt, ihren Leib
gürtel mit einer Menge Knoten zu befestigen.
Die
se löset der Bräutigam auf, während die Braut ein andächtiges Gebet verrichtet.
Da jene mühsame
Arbeit oft eine Stundenlange Beschäftigung ist, so
läßt eS sich denken, welche Probe dies für die Ge duld deS Bräutigams
und die Andacht der Braut
seyn muß.
Den Tag nach der Hochzeit erscheinen die jungen Hochzeitgäste wieder bei den Neuvermählten.
Findet
sich, daß der Mann mit der unentweihten körperli chen Keuschheit seiner Braut zufrieden ist, so wer
den die hochzeitlichen Feierlichkeiten verdoppelt.
Hat
der Mana hingegen keine Merkmale der unbefleckten
8 Keuschheit gefunden, so wird die Braut mit Schimpf behandelt,
und ihren Ältern wieder rurückgeschickt.
Die Rache dieser geht oft so ro/it, daß sie wegen
solcher auf sie zurückfallendea Schande ihre Tochter
auf der Stelle ermorden.
Die Perser haben
wie
die Türken, dreierlei Arten
von Ehen,
welche von den Gesetzen begünstiget werden.
Sie
heirathen nämlich entweder förmlich, oder miethen
eine Frau auf eine gewisse Zeit, oder sie verbinden
sich mit Sklavinnen.
Auch in Persien geschehen die Heirathen durch Bevollmächtigte, weil die Frauen sich vor den Män
nern nicht sehen lassen dürfen.
Die Ältern beider Theile versammeln sich in der
Wohnung der Tochter.
Der Vater empfängt den
Bräutigam in Begleitung seiner Verwandten, um
armt ihn, führt ihn in das Zimmer, wo der Kon
trakt geschlossen werden soll, und entfernt sich. find die Prokuratoren und ein Priester.
Hier
Die Braut
9 befindet sich in Gesellschaft vieler Frauen in einem
Nebenzimmer, dessen Thüre nur halb geöffnet ist, damit Niemand darin gesehen werden kann.
Der
Prokurator der Braut wendet sich nun gegen daZimmer,
euch
dazu
Ich N. Prokurator,
von
verheirathe
bevollmächtigt,
euch jetzt an N. dige Frau
seyn.
und ruft die
worin sich solche befindet,
Heirath also auS:
Ihr werdet seine bestän
für die gesetzte Morgengqbe
Der andere Prokurator antwortet Hieraufr
Ich N. Prokurator, von N. bevollmäch tigt, nehme in feinem Namen die bestän
dige Frau
den
hier
gegeben
N. an,
welche ihm durch N.,
gegenwärtigen
worden,
Prokurator,
unter Bedingung der Hierauf muß
versprochenen Morgengabr.
die Braut die Genehmigung deS Versprechen- mit Ja bekräftigen.
Dieser
Kontrakt
wird besiegelt,
und der Frau in Verwahrung gegeben.
Die Frei
werberinnen find gewöhnlich die Mütter
oder alte
Weiber.
Die feierliche Hochzeit geschieht gewöhnlich bei dem Bräutigam und bauert zehn Tage.
Am zehnten
Tage wird ihm bei hellem Lage die Mitgabe seiner
M
IQ
Fra« zugeschickt.
Solche besteht in ihrer Kleidung,
in Edelgesteinen,
einer
Menge von HausgerLthe,
(n Sklaven und Verschnittenen.
Diele Kameele sind
damit beladen, und ein Chor Musikanten macht die
Begleitung.
Oft leihet man allerlei Geräthschaften
und leere Kasten, um den Troß zu vergrößern.
Die Braut wird deß Nachts unter einer rau schenden Musik, ganz verschleiert, von zwei Frauen
und Verschnittenen begleitet, in daS HauS des BrLu-
ttgamS geschickt.
Eine Stunde nach ihrer Ankunft
führen sie zwei Matronen in das Schlafgemach, zie
hen sie auS, und legen sie in daS Bette. Bald hier auf erscheint der
Bräutigam,
von
Verschnittenen
oder alten Weibern begleitet, und erblickt* nun seine
tzerlobte zum erstenmal.
Bei den
Beduinen, einer nomadischen Nation in dem wüsten Arabien, werden die Heirathen so geheimnißvoll gehalten, wie
ein verbotneö Italien.
Liebesverständniß
in Spanien
oder
***
n
KU
Da überhaupt den Morgenländern aller Umgang mit andern Welbern und Töchtern versagt ist, so er wacht die Liebe nicht durch den Anblick eine- schönen,
Mädchens in dem Herzen eineS Jünglings, sonder»
durch das, was er von demselben hört.
Doch sind unter den' herumstreisenden Arabern den Beduinen,
die Väter oft so gefällig, den
in ihre Tochter verliebten Jüngling im Zelt -u ver stecken , um ihm insgeheim den erwünschten Anblick
ihrer Tochter zu gewähren, oder auch die Schöne, von der Neigung eines Jüngling» unterrichtet, läßt
ihren Schleier vor den Augen des Liebhabers, wie
von ungefähr, fallen.
Der iunge Mensch wirbt alsdann durch feiner
Verwandten
um
die Hand
einen
drS Mädchens.
Man vereinigt sich über den Kaufpreis,
der dem
Schwiegervater bezahlt werden soll, der immer in
Schaafen,
Kameelen und Pferden,
nie im Gelde
besteht; dieser Kontrakt wird vor dem Kadi «ad ei nigen Zeugen schriftlich vollzogen.
Nach geschlossenem Vertrag wird die DrLut von
Deibern in das Bad geführt,
wo sie dieselbe wa-
12
**•
fchen, ihre Haare salben und ihr die besten Kleiber Anziehen.
Tann wird sie auf ein mit Decken, Blu
men und Zweigen geschmücktes Pferd oder Kameel gesetzt, und mit MusiL in das Zelt gebracht, wo
die Hochzeit gefeiert werben soll.
Die Mannspersonen begleiten ihrer Seit- den Bräutigam ebenfalls in das Bad,
ziehen ihn auf
da- Beste an, und fuhren Ihn zu Pferde in einem
feierlichen Zuge wieder zurück.
Die Mannspersonen machen sich bei dem Bräu
tigam, die Frauenspersonen, bei der Braut lustigdiese tanzen, singen, spielen auf klejnen Trommeln,
und sagen der Braut über ihre Schönheit und Ver dienste tausend Schmeicheleien.
Hierauf beten alle
und bitten Gott, daß er die Eheleute vor den Au gen deS Neids, d. h. vor Bezauberung, welche bö
se Leute an ihnen auSüben möchten, bewahren wolle.
Wenn es Abend wird,
bringt man die Braut
V4 ihrem Manne, der sie in einem besondern Zelte
allein nichts;
und
sitzend
die Weiber
erwartet.
Sie
sagen
einander
aber machen dem Bräutigam
ein Kompliment, der mit einer ernsthaften Miene
sitzen bleibt, kein Wort spricht, und sich nicht eher beweget,
alS
biS die Braut vor ihm nkederkotet,
da er Ihr dann ein Stück Gold oder Silber auf die
Stirne legt.
Diese Zeremonie wird an demselben
Abend dreimal wiederholt, und jedesmal verändert die Braut ihre Kleider.
So oft sie dem Bräutigam
vorgesührt wirb, empfängt er sie auf gleiche Art, und mit eben der Ernsthaftigkeit.
Bei dem dritten
mal, da ihm die Braut vorgeführt wird, steht der
Bräutigam aus, umarmt sie, und trägt sie in baZelt, wo sie schlafen wollen.
Hier bleiben sie etwa
eine Viertelstunde allein, und opfern die Erstlinge ihrer Liebe; hernach waschen sie sich beiderseits mit
foltern Wasser, und kleiden sich um. Die junge Frau begiedt sich wieder zu -en an
dern Weibern, der junge Mann aber -u seiner Ge
sellschaft, und zeigt daselbst die Beweise der uobesieckt gewesenen körperlichen Reinigkeit seiner Braut.
Jedermann wünscht ihm Glück, und man bringt den Rest der Nacht vergnügt zu.
Das Fest dauert noch
den folgenden Tag; alsdann entfernen sich alle, und das junge Paar fängt seine Haushaltung an. Unter allen Verwandten ist der Brautvater -er
Einzige, welcher sich nicht bei der Hochzeit ein find et.
14
***
tDtil er glaubt, seine Ehre erfordere, daß er, wäh
rend seine Tochter im Begriff ist, eine Frau zu wer den , sich nach Hause begebe^
Bei andern arabischen Stämmen beobachtet man
noch
Gewohnheiten.
seltsamere
Der
Bräutigam,
von einem Trupp junger Leute begleitet, die, wie er selbst,
mit Stöcken bewaffnet sind,
dringt in
daS Aelt der Braut ein, als ob er sie mit Gewalt entführen wollte.
Die Weiber, welche eben so be
waffnet sind, widersetzen sich, und er muß Gewalt
mit Gewalt vertreiben,
wenn er seine Braut so
gleich in Besitz haben will;
der Streit wird daher
meistrntheils so ernsthaft, daß der Bräutigam sel ten mit heiler Haut davon kömmt.
Unter allen Nationen ist vielleicht keine, bei de
nen die eheliche Verbindung für eine wichtigere Hand lung gehalten würde-, als bei den
Hindus; diese sind so sehr überzeugt, daß Ihnen die Gitter,
nur der Fortpflanzung ihres Geschlechts wegen, daS Daseyn gegeben haben, daß sie dir. Unfruchtbarkeit
wb
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Kl- bas größte Unglück ansehen.
Sie verheirathea
sich so oft ton Neuem, bis sie eine männliche Nach»
kommenschast erzielen;
und wenn alle ihre Weiber
unfruchtbar sind, so adoptiren sie einen Knaben auS
ihrer nächsten Verwandt schäft, damit Jemand da ist, der die kindlichen Pflichten bei ihrem Leichenfest an
den Tag le-en könne. -rund,
sich
eine
DieS ist der mächtige Beweg»
zahlreiche Nachkommenschaft
ju
wünschen, der unter allen Nationen ihnen nur al
lein eigen ist.
SO wie
viele
andere morgenländische Völker,
verbinden sie mit der unbefleckten körperlichen Rein heit der Jungfrauen den höchsten Werth.
Sie knü
pfen schon das Band der Ehe mit Mädchen,
die
noch lange nickst die Jahrc der Reife erreicht habe»;
sie verachten die mannbaren Jungfrauen,
weil f?t
von ihrer noch unentweiheten Keuschheit keine völll-r Sicherheit haben zu können glauben.
Wen» es aber einem Mädchen zur Schande ge reicht, vor ihrer Mannbarkeit noch unverheirathet
zu sey», so ist es gleichwohl keine für einen Man», her in einem Alter noch zur Ehe schreitet, wo n
seine AeirgnngSkraft schon verloren hat;
daher sieht
IG
***
man nicht selten sechzigjärige Greise, die sich mit
Mädchen von vier Jahren verbinden.
Wittwen dürfen nie wieder heirathen; wenn sie
auch als Jungfrauen, und ohne die Bestimmung der
Natur
erfüllt
zu haben,
ihre Männer
verlieren,
so verurthellt sie dennoch der Aberglaube zu einer
Immerwährenden Ehelosigkeit. Man sieht den Stand einer Wittwe, alL eine sich durch das vorige Leben -ugezogene verdiente Strafe an.
Wer eine Wittwe
zur Frau nehmen wollte, würde alS ein Mann an
gesehen werden, der sich dem unaufhkltsamen Gan ge der göttlichen Gerechtigkeit entgegen setze,
den Aorn der Götter auf sich ziehe.
und
Die Altern je
der Wittwe, wenn sie nur ein wenig auf Frömmig keit halten, stellen Wallfahrten an, thun Bußwer-
ke and getreu Almosen zur Versöhnung der Sünden ihrer Töchter, damit diese wenigstens bei der bevor stehenden Seelenwanderung glücklicher seyn möchten:
Da die Mädchen in einem Alter heirathen, wo
sie weder Liebe empfinden noch einflößen können, so lenkt auch diese Leidenschaft nie die Wahl deS In
diers.
Es bedarf weiter nichts, alS daß die Ältern
deS Mädchens sich an die Auguren unter den Brami-
17 nen wenden, um den Willen des Himmels um Rath zu fragen,
welcher
jederzeit um so günstiger,
je
reicher diese Wahrsager und Seichendeuter beschenkt
werden.
Wenn ein Indianer ein Mädchen von seiner Ver
wandtschaft
als (S'attfn für seinen Sohn wünscht,
so läßt er erst den Vater des MadchcnS durch einen
Fremden erforschen, damit er durch den Korb nicht bcschimxst werden möchte.
Gefällt der Jüngling, so
bestimmen die Auguren den Tag und den Augenblick,
wo der Vater aus dem Hause gehen soll, um auf eine förmliche Art um daS Mädchen zu werben.
Er
muß wenigstens von einer bemannten Frau, einigen
Verwandten und einem m der Zeichendeutung erfahr
nen Brammen begleitet seyn. Stößt ihnen untenvegeS etwas Ungünstiges auf, -.Bi einLlkrämer, ein Hund,
welcher die Ohren schüttelt, eia über (le wegfliegen» her Rabe u. d. gl., so wird daS Geschäft auf einen
andern. Tag verschoben.
Geht hingegen alles nach Wunsch, so darf doch
der Brautvater nicht augenblicklich seine Einwilligung
geben; er wendet vor, daß er den jungen Menschen erst sehen müsse.
Auch die Bestimmung dieses Be»
Feier der Liebe, II. Th.
2
**>
18
such- wirb btn Auguren überlassen.
Hierauf folgen
von Seiten der Ältern gegenseitige kostbare Geschenke und Gastmalr.
Wenn der Tag der Hochzeit bestimmt ist, so fängt man an, den Kal in dem Hofe der Wohnung der Braut oder des Bräutigams zu pflanzen, d.h., einen Pfahl von dem Zelt in die Erde zu setzen, welches
hier ausgerichtet wird.
Beim Pflanzen des Kals finden sich alle Ver
wandte und Freunde ein, dem Vater ihre Glückwün
sche abzustatten, und es würde als ein entscheidendeZeichen der Feindschaft angesehen werden, Lei dieser Feierlichkeit nicht zu erscheinen.
Die Freundinnen bringen den Verlobten Betel zum Geschenk, und fitzen unter einem Dach.
In der
Mitte des Hofes errichtet man einen steinernen Pol le ar, so heißt der Gott der Ehen, der mit einem Elephantenkopf und einem dicken Bauch vorgestellt wird.
Die Braminen opfern ihm Kokosnüsse, Bananen und
Betel, und bitten ihn, durch seinen Schutz die Hei-
rath zu begünstigen. Hierauf wird ein Ast von einem dem Ehestand geheiligten Baume in die Erbe gesteckt;
19 der Kal wird in einer Ecke beS HofS errichtet; so
bald aber das Zelt aufgeführt wird, entfernt man den Pollear.
Unter dem Zelt werden alle Feierlich
keiten der Hochzeit vollzogen.
Man bringt vor dem
Hause Verzierungen und Gemälde an, worauf zuwei len die Geschichte deS nicht sehr züchtigen GotteS
Guichena zu sehen ist.
Täglich erscheinen die Tänzerinnen, um die ver lobten durch ihre Ballets, und durch auf ihre Ver
bindung abgefaßte Hochzeitlieder zu ergötzen.
2Cm
Morgen und Abend reiben sie dieselben in dem In
nern beS Gezelts mit Beeren von einer der Ehe geweiheten Pflanze.
Reiche Leute lassen am Abend bas junge Paar in prächtigen Palankins auf den Straßen und Spa
ziergängen beim Glanze zahlreicher Lichter herumtra gen, von Musik, von tanzenden und singenden Baja
deren, den reich geschmückten Kindern der verwand ten und Freunde, von Elephanten, Kameelen und Pferden re. begleitet.
In diesem feierlichen Aug fuhrt man den Bräu tigam in die Wohnung der Braut.
Wenn sr in die
20 Thüre tritt, wird er auf eine gewisse Art entzaubert, denn die Indier glauben, daß boshafte Blicke neidi
scher Menschen die verderblichsten Felgen über andere bringen können.
Wenn z. B. wahrend des Essens
Jemand die Augen auf die mir vorgesetzten Speisen heftet, von denen ich essen will, so isr
so dürfte man
so *** nicht fürchten, seine Frau oder Tochter durch einen
mächtigern, nach ihrem Besitze begierigen Despoten, zu verlieren.
Man würde sie öffentlich erscheinen
lassen und weniger Ursache haben, ihren Anblick den 2lugen aller Männer zu entziehen.
Die Delikatesse der Morgenländer in ihrem DerhältniH zum andern Geschlecht
geht so weit,
daß
eS augenblicklich ihre Eifersucht entflammen würde, wenn man sich nach dem Befinden der Weiber oder Töchter erkundigen wollte, und sie halten es für eine
große Unanständigkeit, wenn einer von den Frauen zimmern seines Hauses, alS den niedrigsten, verachtetsten Wesen, die sie mit andern Hausthieren in eine
gleiche Klasse setzen, sprechen wollte.
Man muß mit ihnen schon auf einem sehr ver
trauten Fuß stehen, wenn man eS wagen will, die Unterhaltung auf diese Materie zu lenken. —
Sie können nicht begreifen, wie unsere Weiber mit unbedecktem Gesichte gehen können, sie, Lei denen ein aufgehobener Schleier daS Kennzeichen einer Buhlerin
oder das Signal eines glücklichen Abentheuers ist. Eben so wenig können sie sich vorstellrn, wie man, ohne
31
—
Begierden ja empfinden, sie sehen, sprechen, fie del der Hand nehmen, und mit ihnen ein Täte L täte ha'r
den kann, ohne dabei die letzte Gunst zu verlangen.
Ihr Erstaunen hierüber lehrt unS, waS sie von
dem weiblichen Umgänge denken;
man
siehet sehr
deutlich, da- sie mit dem Wort Liebe keine-wegeS solche Begriffe verbinden, als wir.
DaS Bedürfniß, der erste Keim der Liebe, ist
bei ihnen
aller jener seinen Ruanzen beraubt, die
ihm erst seinen höchsten Reiz verschaffen; de- Mäd chen» Hingebung geschieht ohne Aufopferung, denn
sie besitzt über ihre Person nicht das geringste Recht;
die Männer siegen ohne Kampf und genießen ohne
Dellkateffe; sie gehen von der ersten bei ihnen enva-
chenden Begierde ohne Zwischenraum zur SättigunLber.
Verliebte gleicht« hier Gefangenen; stet- einver
standen, ihre Wachen zu betrügen, und stet- bereit,
jede Gelegenheit zu benutzen, weil sie schnell und selten kömmt, verschwiegen wie Derschworne, verbergen ftl
ihr GlüS wie eia Verbrechen, weil ihnen die schreck-
lichsten Folgen drohen.
Dolch und Gift würden best
32 Unbesonnenen verfolgen, der sich fcineß GlückS rüh
men wollte.
In großen Stödten, wo die Intrike mehr Un terstützung findet als in kleinern Ortschaften, herrschen eben so viel Ausschweifungen, als bei uns, nur mit hem Unterschiede, d?ß sie weniger bekannt werden.
Alcp, DamaS und vorzüglich Kairo, geben hierin Paris und London nichts nach.
Die jungen Mädchen
sind zwar da-elst eben so zurückhaltend, wi: ander
wärts, weil ihnen eia entdeckter Liebeshandel daS Le ben kosten würde; die vcrheiratheten Frauen aber er
lauben sich desto mehr Freiheiten, da sie weit länger
unter dem Zwange leben mußten, und zuweilen die gerechtesten Ursachen zu haben glauben, sich an ihren
despotischen Gebietern zu rächen; und wirklich wer den die Türken durch die Vielweiberei sehr frühzeitig
entkräftet.
Nichts ist gewöhnlicher, als Männer von
dreißig Jahren sich über ihr Unvermögen klagen -u
hören.
Dies ist die Krankheit, wegen welcher sie
die Europäer cm meisten um Rath fragen, und von
ihnen M ad jun oder stimulirende Pillen verlangen. Ihr Kummer ist desto bittrer, weil bei ihnen die Uns
fruchtbarrclt für die größte Schande geachtet wird.
Dennoch sind sie unvernünftig genug, selbst zur Zeit,
53 vV* wenn ihre Gesundheit zerrüttet ist, noch immer die Gränzen der Natur zu überschreiten; auch die- ist
eine von den schönen Wirkungen de- Koran-, wor in der große Prophet sagt:
einen
Brunnen,
Maa könnte eher
al- die Zeugung-kraft
eine-Manne-erschöpfen.
In welche Verhältnisse der Geschlechter man auch seinen BUS wirft, da findet man Alle- vereinigt, wajebeS Gefühl von Liebe au- den Herzen der Weiber
verscheucht.
Im Innern der Familien sieht man den
Schauplatz eine- immerwährenden bürgerlichen Krieg-.
Stets zankt sich eine Frau mit der andern, und be
lästiget ihren Mann mit Klagen.
Die vier rechtmä
ßigen Frauen beklagen sich, daß man ihnen Sklavin nen vorletzt, und die Sklavinnen, daß sie der Eifersucht ihrer Gebieterinnen Preis gegeben find.
Hat
die eine ein Merkmal von Zuneigung, eia Geschenk
oder die Erlaubniß erhalten in- Bad zu gehen, so wollen alle übrige da- Nämliche vom Manne haben, und machen gemeinschaftliche Sache.
Um den Frieden herzustellen, muß dann berMmm al- DeSpot befehlen; die- ist der Augenblick, wo
seine Weiber wahren Sklavenfina annehmen, wo sie Feier der Liebe, IL LH.
S
— 34 äußerlich die größte Anhänglichkeit zu heucheln, und
im Herzen ihn -u verabscheuen anfavgru.
Wie Buh
lerinnen denken sie nun auf weiter nichts, als durch unaufhörliche Detheurungen, daß sie ihn mehr wie
alle andere lieben, durch Liebkosungen, Schmeicheleien
und übertriebene Gefälligkeiten sich durch Geschenke von ihm zu bereichern, und ihn erst zu plündern, ehe
sie verstoßen werden.
Sin solcher Liebhaber, dessen
Wünsche -war Befehle sind, der aber schon seit lan ger Zelt keine Begierden mehr fühlt, der von allen diesen Liebkosungen, von dem Überdruffe der Sätti
gung zu Boden gedrückt wird,
der genießt wahr
lich kein beacidenswerthes Loos. —
Wie können diese Weiber jene auSschließende, nur
allein beglückende Liebe für ein einzige- Wesen füh
len , wenn sie sehen, da- solche ihre Männer unter mehrere vertheilen?
Wie können sie jene Schaam-
haftigkeit, ohne die der Mensch m der Liebe zum
Thier herabsiakt, besitzen, wenn sie täglich Auftritte der schaamlofesten Ausschweifungen erblicken ?
Mit
einem Worte, wie können sie durch ihre Sitten eine gewisse Achtung erwecken, wenn man für ihre Er
ziehung nicht die geringste Sorge trägt! —
—
35
ES laßt sich leicht begreifen, da- In so kindischen,
unwissenden und geschäftlosen Geschöpfen,
al- die
morgenländischea Mädchen und Werber sind, die Be gierde nach jeder Art von sinnlichem Genuß, alle Lei
denschaften um so heftiger seyn müssen, da sie durch Einschränkung und Täuschung natürlicher Triebe un
aufhörlich gereiht werden. —
Aber die Sprache, die Gedichte, die Lieber der
Liebe, und Mährchen in der Manier der Lausend
und eine Nacht, welche die morgenlLndischenVöl ker haben, zeichnen sich durch einen unnachahmlichen
Reiz deö Kolorit- ihrer aus der Natur gewählten Bilder aus.
Sie haben in ihren Poesien ganz eigene
Nationalschönheilen, die freilich sehr oft, der Natur
der asiatischen Begeisterung gemäß,
die Schranken
der Mäßigkeit überschreiten.
Die Beduinen, bei denen tpan kein ein-lgeL
Buch antrifft, haben ihre Lieder der Liebe, in denen
aber mehr Natur und Gefühl herrscht, als in den Ge sängen der übrigen Morgenländer und der Bewohner der Städte, ohne Zweifel deswegen, weil jene rei nere Sitten haben, und die Liebe im höher» Sinne-
36
***
kennen, da bei diesen hingegen sinnlicher Genuß da
einzige Bedürfniß ist.
Eine besondere Leidenschaft haben die Bedui
nen für romantische Erzählungen, und füllen damit
einen großen Theil ihrer Muße aus.
Wenn sie de-
AbenbS im runden Zirkel, vor oder in ihrem Zelte, traulich beisammen sitzen, fängt unversehendS einer an: vor vielenJahren war einmal, und theilt
ihnen von Anfang bi- -u Ende die Abentheuer eine
jungen SchaikS und einer jungen Beduine mit. Er erzählt, wie der junge Mensch seine Geliebte an fangs nur verstohlen sahe, und dadurch sterblich in sie
verliebt
Er malt die
wurde.
junge blühende
Schönheit Zug für Zug, rühmt ihre schwarzen Au
gen, groß und sanft, wie die Augen einer Gazelle:
melancholischen
ihren ihre
wie
zwei
ihre
Augenbraunen; wie
eine Lanze;
einher
tritt,
und leidenschaftlichen
Bogen
er
gleich
von
Taille
Ebenholz
grade
schildert sie, einem
jungen
Blick;
gewölbten
und
schlank,
wie sie
Füllen,
leicht wie
ihre Augenlieber schön geschwärzt find, wie K oh el,
ihre Lippen mit blau, und ihre Nägel goldfarbig mit Henne gefärbt find, wie ihr Busen ein Paar Gra natäpfeln gleicht, und ihre Worte süßer find al- Ho-
nig.
Er erzählt die Leide» de- junge» Liebhaber-,
der sich vou Sehnen und hejßerLiebe so ver-
-ehrte, daß fei» Körper leine» Schalten mehr von
sich warf.
Nachdem er endlich die Bemühungen deS
jungen SchaikS, seine Geliebte zu sehe», die Hinder nisse , welche ihm die Ältern in den Weg legten, ei nen Einbruch der Feinde und die Gefangenschaft, in
welche beide gerathen u. s. w., ausführlich dargestellt hat; endigt er zur Zufriedenheit seiner Zuhörer, daß
er beide Liebende vereinigt, und glücklich in daS vä
terliche Zelt wieder zurückbringt, und jeder opfert seiner Beredsamkeit da- ma cha allab, d.
vor
trefflich. —
♦
♦
«'
Denn einmal di« Leidenschaft der Liebe in dem Herzen einer Morgenländerin
erwacht ist, so kön
nen ihren Begierden weder Schlösser noch unerbitt liche Hüter Einhalt thu».
Selbst der fürchterlichste
Lod mag über ihrem Haupte schweben; sie wendet alle Mittel tm, ihre Wünsch« zu befriedigen. — Zur nähern
Kenntniß, wie man im Morgenland« liebt, dient fol gende Geschichte, die sich »ach Savary vor kurzem zu Rosette in Ägypten-u-ett--err hat.
38 Hassan, ein alter, reicher und äußerst eifer süchtiger Muselmann, heirathete eine Georgierin
von sechSzehn Jahren, in der alle Grazien einer mor-
genländischen Schönheit vereiniget waren.
Auf da
sorgfältigste ward die junge Gemile, (fj hieß die Georgierin) durch Riegel und Schlösser und Sklaven
aber ihr Herz konnte er nicht bewachen.
gefesselt,
AuS grenzenloser Liede oder vielmehr Eifersucht, schlug
er ihr selten einen Wunsch ab, wenn er nur von wei tem keine Gefahr ahndete.
So gab er auch Gemt-
U die Erlaubniß, in seinem nahe an der Stadt ge
legenen anmuthvollen Garten frische Luft zu athmen. Hassan entließ sie zuweilen desAbendS dahin, aber
nie ohne zahlreiche Begleitung feiner treuesten Skla
ven und Sklavinnen; jene bewachten die Thüre und
die Ringmauer des Gartens; diese waren ihre Be gleiterinnen in den schattigen Bogengängen von Dat
teln und Pomeranzeobäumen.
Demi le hatte ein gefühlvolle- Herz, und ahn
dete hier die glücklichen Freuden eine- fesselfreien Ge
nusseQuelle,
deS
Leben».
da-
DaS
sanfte
wollüstige Düften
Rauschen einer der Blumen und
Früchte in der Kühle de- Abend-, die zärtlich locken den Tone der ungestörten Bewohner der Bäume und
*** 59 *** SauBefl/ wetten bald die reizendsten Bilder in der Phantasie der Georgierin, bald senkten sie sie in die tiefste Melancholie.
Die Früchte, die sie brach, wa
ren ihr geschmacklos, die Blumen, die sie pflückte, ge
währten ihr kein Vergnügen.
Sie ward immer trau
rig in diesem Aufenthalt, und fühlte hier ihr Schick
sal, ihre Ketten tausendmal quaalvoller und unertrLg»
kicher, alS selbst in HasfanS Harem, und doch ward ihre Sehnsucht nach diesem Aufenthalt so un widerstehlich,
da-
sie
unaufhörlich
dahin
zurück-
kehrte.
AlS sie eine- Abendö den Weg nach diesem Tar
ten längs am Ufer eines FlusseS nahm, erblickte sie einen Mann in europäischer Kleidung.
Die lebhafte
Farbe blühender Jugend, die auf seinen von den
brennenden Strahlen der Sonne noch nicht geschwärz ten Wangen glänzte, fesselte ihren Blick.
Sie geht
langsamer, läßt ihren Fächer fallen, steht einen Au genblick still, und gewinnt Gelegenheit, den Fremden anzusehen; seine Blicke begegnen den ihrigen, und
dringen so tief in ihr Herz, baß von nun an der schöne Europäer mit seinem schlanken Wuch-, mit
feinen blonden Haaren und Augen ihrer Phantasie schwebte.
unaufhörlich vor
*** 40 Kaum war sie tn dem Garten, so zog sie ihre trauteste Sklavin beiseit, und entfernte sich mit ihr unvermerkt von den übrigen in daü tiefste Gebüsch. „Hast du den schönen Fremdling gesehen?
ein Feuer in seinen Augen!
auf mich warf!
O
Welch
Welch ein Blick, den er
meine Freundin,
meine liebe
Zetfe! geh, und suche ihn auf, sag'ihm, da- ich
übermorgen ihn erwarte, dort mtfA den PappelbLumen, am Ende de- Garten-, wo die Mauer am nie drigsten ist.
Sag ihm, daß ich ihn sehen, daß ich
mich mit ihm unterreden muß; aber sag ihm auch,
daß er sich der Gefahr, von meinen Hütern gesehen -u werden, nicht aussrtze.
Dieser Auftrag ward pünktlich ausgerichtet.
Der
Europäer fand die Einladung so reizend, daß er im ersten Augenblick sein Wort gab.
Aber kaum dachte
er an' die Gefahr, entdeckt zu werben, so bereurte er
seine Unbesonnenheit, und erschien nicht.
An eine Krämerin verkleidet, kommt zum zwei
tenmal die Sklavin' zu ihm, und kehrt mit Entschul digungen und neuen Versicherungen des Europäers, sich an dem bestimmte» Ort einzufinden, zu ihrer Gebieterin zurück.
Aber die Aorstellung, auf einen
***
41
Pfahl gespiest zu werbe», fiegt über ftine Begierden,
und macht ihn znm zweitenmal wortbrüchig.
Nun wurde Aetfe mit heftigen Vorwürfen, cm den Europäer abgeschickt; doch diesen folgt sogleich eine Schilderung,
wie fturtg er von ihrer Gebie
terin geliebt würde;
ein hinreißendes Gemälde ih
rer Reize, ihrer Schönheit und ihres Unglück-, 1Hvfn Ältern entrissen, und an einen Barbaren ver-
kauft zu seyn, den sie verabscheue.
Der Züngllng,
den diese Darstellung bezaubert, schwört, da- er sich
am folgenden Tage, eine Stunde nach Sonnenunter gang uvfehlbar ei»,finden werde.
Die schöne Gemil-, von neuer Hoffnung be lebt , setzt heute in ihre Schönheit Mißtrauen.
Sie
verweilt länger an ihrer Toilette als gewöhnlich, und schmückt sich eben so prächtig alS geschmackvoll.
Eia
leichtes Gewand bezeichnet die Umrisse ihre- schönen Körper-, und ein reich gestickter Gürtel umgiebt ihre schlanke Taille.
ES war ein heißer Lag vorüber, al-
sie nach dem Garten eilte.
Um die Kühle ganz zu
genießen, wirft sie ihren Schleier und Mantel ab. Die Sonne war verschwunden, die Sterne glänzte» schon am Firmament, und Gemile'S sehnsucht-volle
— 42 Unruhe wird immer höher gespannt.
Bald entfernt
sie sich schnell von dem glücklichen Ort, bald nähert fie sich demselben wieder
mit zitternden Schritten.
-Lauschend hörte sie auf die Bewegung des kleinsten
Lüftchens um sich her, Furcht und Hoffnung wechseln in ihrer Seele.
Sie schwebte in diesem quälenden
Kampf, als Aet fe sie erinnerte, die Stunde ihrer Rückkehr sey da.
Zum drittenmal betrogen, verließ
Teails diesen Ort.
Kaum war sie in ihrem Zimmer, so überließ sie sich den heftigsten Anwandlungen von Wuth, den fürchterlichsten Entwürfen von Rache.
ES wäre ihr
ein LeichteS gewesen, selbst, ein gerichtliches TodeSurtheil über den Fremdling aussprechen zu lassen; aber
dieser Gedanke gieng in ihrer Seele schnell vorüber, und heißeS Verlangen nach Liebe bewegt Gemlls, noch einen Versuch zu wagen.
Die getreue Aetfe wird wieder zu dem Euro
päer gesandt.
Ja ihren Worten, in ihrer Schilderung
von dem Zustand ihrer Gebieterin liegt soviel geheime
Zauberkraft, daß eS dem schwachen lüsternen Jüngling unmöglich
ist,
zu widerstehen;
er erneuert seine
Schwüre, und bricht fie von neue».
***
43
„ Neun Monate habe ich den Fremdling verge bens angefleht; soll ich mm alle meine Hoffnung auf
geben, vergeblich die Qualen dieser langen Zeit em pfunden haben?
Nein, ich muß es noch einmal wa
gen , sein Herz zu rühren; vielleicht ist es dann nicht unerbittlich. "
So sprach Gemils nach dieser aber
maligen Täuschung zu sich, und entschuldigte den Eu ropäer, der es so wenig verdiente.
CineL Abends hatte sie sich länger als gervihn» lkch in dem Garten verweilt.
Stets mit dem Bilde
ihres Geliebten beschäftigt,
irrt sie lange umher,
wirft sich, von Sehnsucht ermattet, auf ein Blumen
beet, und bricht in einen Strom heißer Thräne» aus.
Hassan hatte sie schon lange erwartet und begeg nete ihr nun mit hatten und drohende» Ausdrücke».
Dies l&pte den Zauber ihrer Liebe.
Doll Wuth begab sie sich in ihr Zimmer.
Die
zur Verzweiflung gebrachte Liebe reizte sie zur Rache. „Höre, sprach sie zu ihrer getreuen Zetfe, eile mor
gen beim Anbruch des Tags zu dem treulosen Euro
päer, und bring ihm in meinem Namen diese letzte Botschaft: Fremdling, ich sah dich, ich liebte dich
— ich traute deinem Herzen Gefühl zu.
Neun länge
*** 44 Monate hast du meine süßeste Hoffnung auf baS schrecklichste getauscht.
Du spielst mit Meineiden! —
Aittre, ich bin zur Rache gereizt. meinen Händen.
Morgen
Dein Leben ist in
verreist Hassan,
mein Gemahl; spät kehrt er wieder zurück.
be diesen Tag in meinem Garten zubringen.
empfängst entweder Verzeihung -u
—
Ich wer Du
meinen Füßrn,
oder ein Sklave bringt mir deinen Kopf.
Wähle! —
Gemile soll gerächt oder befriedigt werden!
DieS
schwöre ich dir bei dem großen Propheten."
Bet dieser Nachricht zögerte der Europäer keiveNdVugenblick, dem Tod, der ihn zu einem zauber
vollen Vergnügen einlud, den Vorzug zu geben.
Er
bewaffnet sich und begiebt sich mit anbrechender Rächt
auf den Weg.
Mit klopfendem Herzen nähert er
sich dem Wäldchen von Dattelbäumen,
fleht erst
schüchtern um sich her, und ersteigt nun muthig die Mauer»
Gemilö erschrickt bei feinem Anblick, giebt ih
rer Sklavin einen Wink, sich zu entfernen, und geht ihm entgegen. „Fremdling, warum tauschtest du mich
so oft? du liebtest mich also nicht!" —
Verzeihe,
schöne Gemile; du erriethest schon hei dem ersten Bei
***
45
gegnen unsrer Blicke, baß du mir nicht gleichgültig
wärest; ich lieble dich, und eben darum wollte ich dein IheureS Lrbea einer fürchterlichen Befahr nicht
Preis geben. —
Gemi
will Ihre Vorwürfe erneuern, aber ff»
ersterben auf ihren Lippen. —
Sie ergreift die Hand
de- Jünglings, die in der ihrigen zittert.
„Fürchte
nichts, schöner Europäer," sprach GemilS- „folge mir m jene Laube, wo unS selbst bas Licht der Ve»
stirne nicht belauschen kann." — Blumen
bestreute
glücklichen PaarS.
Eine weiche mit
Rasenbank i wartete
hier
beS
Die Zeit war kostbar, und dt»
schmachtende GemilL wollte keinen Augenblick von
dieser glücklichen Stunde mrgenoffen lassen. —
*
♦
*
Unter den hochzeitlichen Gebräuchen der Oftln-
bier und übrigen asiatischen Völker find noch folgende merkwürdig.
— 46
Sn Maeassar führt man da- Brautpaar in eine dunkle «Kammer,
worin nur eine brennt.
kleine Lampe
in
einem
Winkel
Hier werden sie drei Lage und drei Nächte
allein gelassen, ohne da- sie heraus oder andere hin ein gehen dürfen.
2Cn der Thüre steht eine alte Frau,
welche ihnen dasjenige, waS sie nöthig haben, rei
chen muß.
Damit sie unter keinem Dorwand Heraus
gehen dürfen, befindet sich zur Entlebigung der na
türlichsten Bedürfnisse in der Kammer ein kleine- Ka-
binetchrn.
Wahrscheinlich will man die jungen Eheleute an
einander gewöhnen, und
ernsthafte Betrachtungen
über die Beschwerlichkeiten desienjgen Zustande- bei ihnen veranlassen, in welchen sie sich begeben wollen.
Während sie diese drei Tage in der Einsamkeit
-«bringen, belustigen sich ihre Verwandten und Freunde mit Schmausereien.
Am Morgen des vierten Tag-
nimmt der neue Ehemann von den Verwandten sei
ner Frau Abschied, um da- Hau-, welche- er bewohr
*** 47 xxx ntn soll, 8» beziehen.
Ehe er aber au- der fin-.
stern Kammer geht, bringt ein Diener mit LageSaur hruch eine Stange Eisen, worauf einige gehfimnißvolle Karaktere stehen, und einen Eimer mit frische«
Wasser
hinein.
Der Älteste von der Gesellschaft,
kommt gleich hinter ihm nach, nähert sich dem Lette, befiehlt den neuen Eheleuten aufzustehea, und mit
bloßen Füßen auf die Stange zu Eisen treten. Alüdann
gießt er ihnen den ganzen Ermer Wasser über den
Leib, 'und sagt einige Gebete dabei her.
Hierauf
gehen die Bedienten hinein, um ihre Herrschaft abzur trocknen und anzukleiden. Den andern Tag verehrt-der.
Mann ftinnHrau eine kleine goldneKetrte, zum Zei chen, baß sie von nun an feine erste Sklavin sey. —
Auf den
Philippinen,
wo man nur entjungfert» Mädchen heirathet, und wo, ehe die Spanier InS Land kamen, da- Geschäft
der Entjungferung ein öffentliches Amt war, sind bin Heirathen mit unmäßigen Kosten verknüpft.
Zuerst
«aß der HeirathSlustige die Erlaubniß bezahlen, daß
« r» feiner Geliebten in daß Hau- gehen darf, die-
heißt Passava; hierauf erlegt er da- Patignog, und darf mit ihr sprechen; alsdann folgt daS Pas-
salog, für die Erlaubniß mit ihk zu essen und zu trinken, und endlich zahlt er den Ältern für die Frei
heit bei ihr
schlafen, da- Ghina - puang, wel
che- nach Stand und Vermögen bestimmt wird. —
Sm Königreiche
Siam ist es LanbeZsitte, nie außer der FamiNe zu heirathen; bei ihnen ist kein Grad der Verwandtschaft ver-
tottii, al- zwischen leiblichen Geschwistern.
Die Äl
tern der Mädchen wählen sich einen Schwiegersohn, der ihnen gefällt.
Sind die ersten Unterhandlungen
geschlossen, so bringen des Bräutigams Ältern den Ältern der Braut siebe« Schachteln mit Betel.
Ei
nige Zeit hernach wird dieses Gescheut wiederholt.
Endlich aber kommt auch der Verlobte selbst, und bringt das Seinige, welche- in vierzehn Schachteln besteht.
Nun bleibt er einige Monate im Hauie sei
nes künftigen Schwieger-vaters,
um
seine Braut
genauer kennen zu lernen, und um sich an ihren Um gang zu gewöhnen.
Die Hochzeit wird nun ohne all-
49 Einmischung von ReligionSgebräuchen vollzogen; die Verwandten und Ältesten des Orts versammeln sich,
und ein Leder legt etwa- in die Börse, alSr Lrmbänder, Ringe, Geld re.
Einer von ihnen nimmt
hierauf eia brennendes Licht und fährt damit sieben mal um die Geschenke herum.
Die andern erhe
ben ein Freudengeschrei, und bringen dem neuen Ehe
paar ihre Glückwünsche dar.
Nun wird ein Gastmahl
gegeben, und die Braut -um Bräutigam gebracht.
2m KöKigleiche Pegu überlassen die Vorneh men die Feier der Brautnacht einem Andern, als ein
sehr mühsames Geschäft, und bezahlen ihn dafür.
Wenn auf der Insel
Java
zwei Liebende sich verlobt haben,
so bestreut der
Bräutigam da- Haupt seiner Braut einigemal mit. Blumen;
die Braut wiederholt
dasselbe mit dem
'Bräutigam; alsdann schließt er sie in feine Arme, giebt ihr ein Kuß und bietet ihr eine Schaale Milch
an, wovon jedes viermal trinkt.
Hierauf läßt der
Bräutigam Betel in seinem Munde zergehen, theilt Feier der Lieb», U. Th.
*
***
50
ihn der Braut mit, die ihn vollend- zerkLuet.
An
gleicher Seit erscheint deS Bräutigam- Mutter mit
einer Lampe, hält sie viermal vor da- Erficht dejungen Paar-, und ertheilt ihnen den Seegen. Hier auf knüpfet sie den Zipfel der Weste ihre- Sohn- an da- Kleid ihrer Schwiegertochter, führt beide in die
Kammer, und läßt fie allein. —
Wenn in Bantam der Bräutigam mit feierli chem Geleite durch die Stadt geführt und hierauf da-
Gastmal geendiget worben ist,
so tot* da- junge
Paar von den Anwesenden unter ein mit Vorhängen
umgebenes Dach geführt, um hier die Brautnacht zu feiern.
Auf der Insel '
Formosa geschehen die Heirathen ohne alle kirchlichen Gebräu
che und mit einer besondern Ehrlichkeit. Jüngling rin Mädchen nach
Findet ein
seinem Geschmack, so
«acht er vor deren Hause mit Mufik einigemal feine
Aufwartung.
Hat die Schöne Lust zu dem Berner-
der, so zeigt fie sich ihm, und dir Bedingungen mro
51 den bestimm.
—
DaS Hochzeitfest wird in dem Haufe
der Braut gefeiert, wo auch daS neue Paar feine
künftige Löhnung aufschlägt.
DteS sieht der Schwie
gervater kmesweges alS eine Last, sondern vielmehr alö eine Glückseligkeit für feine Familie an.
Man
wünscht ft# auch daher lieber Töchter als Söhne,
well man durch diese Schwiegersöhne bekommt, die
in der Fole die Stütze der Familie sind.
Aber hier
herrscht dir grausame Sitte, da- eine Frau nicht eher
alS nach irem sechs und dreißigsten Jahre es wagen darf, Muter zu werden.
Empfängt sie vor diesem
Alter, so reiben ihr die Priesterinnen die Frucht ab,
indem sie U Frau mit Füßen treten.
Ist sie so un
glücklich, vr dieser Zeit ein Kind zur Welt zu brin gen , so wrd sie beschimpft, und alö eine Verbreche
rin bestraft
Als ene merkwürdige Feier der Liebe erwähnen wir jene te Hülle der Tugend tragende unmensch
liche Vewhnheit r
•*** 52
das Derbrennen der indi
schen Frauen mit den Leichen ihrer Männer.
In den ältesten Zeiten zwang ein barbarisches Gesetz die Frauen -u diesem Opser; der Ursprung
desselben wird von den alten Schriftstellern also er
zählet:
Ja dem alten Indien ward zu einer ehelichen Verbindung mehr nicht erfordert, als gegenseitiger
Einverständnis der Liebenden.
Verbindungen, wobei man nur den Instinkt, nicht die Vernunft zu Rathe zieht, pflegen selten glücklich
zu seyn; und da man in Indien sogar den jüngsten Personen daS Recht, fich selbst zu wählen, zugestand,
so trat jener Fall natürlich nur zu oft ein.
Sobald
der allmählig verschwindende Taumel der Sinne den
Rechten der zurückkehrenden Vernunft wieder Platz
machte, bereuten oft beide Gatten ihre unbesonnene Wahl.
55 Die Männer behandelten nun ihre Frauen tote" Sklavinnen, und diese rächten sich an der Härte th»
rer Männer durch Untreue.
Auf diese Art mußte der Druck auf der einen,
die'Derzwtiflung auf der andern, und der Abscheu auf
beiden Seiten immer höher steigen, bis zuletzt in dem sanfteren Geschlechte sogar die Stimme der Menschheit erstickt wurde: die Frauen suchten, durch Vergiftung ihrer Despoten, sich von ihrem Joche zu befreien.
Die Natur des Landes bot denselben selbst Mit tel zur Befriedigung ihrer Rache dar; Indien bringt
«ine große Menge schädlicher Kräuter hervor, wor
unter einige ein so durchdringende- Gift enthalte», daß man, um jemand auS der Welt zu schaffen, bloß
seine Speisen und Becher damit reiben darf. Die Ruchlosigkeit erreichte binnen kurzer Zeit den
höchsten Grad deS Verderbnisses.
Das Beispiel der
Mörderinnen, welche man vor ihren Augen Hinrichtete, machte nicht den mindesten Eindruck auf ihre Mitschwestern; sie fuhren fort, ihre Männer zu ver
giften.
64 Endlich erschien ein Gesetz, welche- allen Witt
wen , wenn sie nur nicht Mütter oder schwanger wä
ren, die Pflicht auferlegte, sich auf der Leiche ihrer
Männer zu verbrennen.
Welche Indianerin diesem
Gesetze zu unterwerfen sich weigern würde, diese sollte -u einem ewigen Wittweustande verdammt, als eine
Missethäterin angesehen, und aller Rechte der Mensch
heit und iedeS Troste- der Religion verlustig seyn.
Die- Gesetz hatte die Wirkung, welche die Ge
setzgeber sich davon
versprachen.
Die Frauen In
dien-, welche vorher öle Tage ihrer Männer abkürz-
ten, wachten nun mit gleicher Sorgfalt für da- Le
den derselben, wie für ihr eigenes, und stritten bei ihrem Tode um die Ehre mit ihnen zu sterben.
Bei einem Streite von so sonderbarer Art war, nach Diodors Erzählung, einst ein ganzes griechi-
chksche- Heer Augenzeuge, und seine Feldherrn mach ten die Richter.
KeteuS, der Anführer der indischen Hülfstruppen, war in dem hitzigen Treffen geblieben, welches
Eumenes
dem Antigonos in
Parätakene
eferte; er hatte zwei Frauen zurückgelassen, die ihn
***
55
mit -reicher Zärtlichkeit liebten, und einander dm
Dorzug
streitig
machten,
ihn nicht überlebe» zu
dürfen.
Die Sache -am endlich vor die griechischen Feld herrn.
Die Leiden Frauen vertheidigten ihre grau
samen Rechte mit einem Eifer, womit andere nur ihr Leben vertheidigen würden.
Die Ältere führte den
Vorzug ihres Alter- an, welchem In jedem Falle mehr Ehre alS der Äugend gebühre.
Die Jüngere berief
sich hingegen auf daS Gesetz, welche- ihre Nebenbuh
lerin von dem ruhmvollen Tove au- dem Grunde
auöschloß, weil sie schwanger wäre. Richter,
Die griechischen
von der Wahrheit diese- Beweise- über
zeugt , fällten da- Urtheil, da- die Ehre zu sterben,
der Jüngern gebühre.
Dieser AuSfpruch war ein Donnerschlag für die besiegte Indianerin; sie riß sich die Binde vom Haupte, raufte sich die Haare au-, und entfernte sich heulend und in Thränen gebadet von dem Tribunal.
Indeß
gieng die junge Siegerin ganz entzückt, mit Blume» bekränzt, und mit kostbaren Ringe», Armbändern
und
Perlen
auf da- prächtigste geschmückt,
Scheiterhaufen wie
zu einem Hochzeitfeste.
zum Ihre
56 Verwandten begleiteten sie und erhoben Ihren Hel
denmuth in schönen Liedern.
Beim Scheiterhaufen nahm sie ihren Schmuck und ihre Kostbarkeiten wieder ab, und vertheilte sie
unter ihre Freunde und Verwandten, um ihnen ein
Denkmal ihrer Liebe zu hinterlassen.
Sie umarmte
sodann Alle zum letztenmal, und bestieg, von ihrem
Bruder geführt, mit feierlichem Stolze den Schei
terhaufen, legte sich neben dem Überreste ihres nur
zu theuren Gemahls hin, und starb, ohne auch nur
durch den geringsten Laut ihre Furcht oder daS Ge fühl ihres Schmerzes zu verrathen.
Dieses außerordentliche Schauspiel von ehelichem
Fanatismus machte- auf die Gemüther der unzähli gen Zuschauer verschiedene Eindrücke.
Einige priesen
den Heldenmuth des unerschütterlichen Weibes; an dere fühlten Mitleiden mit ihrer überspannten Zärt lichkeit, und der kleinere, aber edlere Haufe nannte
die ganze Behandlung grausam und barbarisch.
Vergebens rühmen die Dichter de- Alterthums diesen Gebrauch,
und preisen un6 die Gatten und
Gattinnen Indiens glücklich, wie wir auS dem sonst
KW
57
schrnea und kraftvollen Gemälde bei Proper» sehen.
Felix Eois lex funeris una maritis, Quos aurora suis rubra colorat equis.
Namque ubi mortifero jacta est fax ultima lecto, Uxorum ftfsis stat pia turba comis;
Et certarnen habent lethi, quae viva sequatur Conjugium: pudor est non licuisse mori. Ardent victrices , et slammae pectora praebent, Imponuntque suis ora pertula viris. — Der Philosoph, welcher isich von ihrem Enthu siasmus nicht hinr^ißen lä-t,
verwirft diese- Ge
pränge von Tugend mit Ab scheu. —
Ist jene Quelle
des Ursprungs dieses Menschenopfers gegründet, desto
schlimmer für die Männer; diese stolzen und hart
näckigen Despoten lassen dem schwächeren Geschlecht nur zu oft ihr Übergewicht fühlen, und spielen nur
mit
dem Loose der Weiber.
Nicht zufrieden, sie
während ihres Lebens nur alS Sklavinnen behandelt zu haben, erlauben sie ihnen nicht einmal ihr Joch zu überleben, und verdammen sie zu dem nämlichen Scheiterhaufen, auf welchem die Gebeine ihrer Ty rannen verbrennen.
53 *** Wahr ist eö, daß im alten Indien die Vergif tungen sehr häufig gewesen seyn müssen, weil, dem
Strabo zu Folge, ein Gesetz nöthig war, welches demjenigen, der eine neue Giftart entdeckte, ohne
zugleich ein Gegengift zu erfinden, den Lod zuerkannte.
Dessen ungeachtet scheint der Ursprung, von
welchem die alten Schriftsteller den heroischen Selbst mord
der indischen
Frauen
herleiten,
verdächtig;
sollte nicht vielmehr derselbe in den fanatischen Be
griffen von Religion und Ehre zu suchen seyn? die enthusiastische Liebe der alten und heutigen Indiane rinnen begünstigt diese Vermuthung; auch ist es nicht
wohl möglich, baß aus ruchlosen Mörderinnen, ver mittelst eines unmenschlichen Gesetzes,
tugendhafte
Weiber werden können. Um die unglücklichen Frauen
diesem
zu zwingen, sich
grausamen Schicksal mit Geduld
und selbst
mit einer Art von Heroismus zu unterwerfen, so floßt man ihnen von Jugend auf überspannte Be
griffe von Treue und Ehre ein, erhitzt ihre Phan tasie durch religiöse Mährchen und fanatische Helden
geschichten.
Man verlobt die indischen Mädchen schon in ih
rer zartesten Jugend, und erlaubt ihnen nie einen
69 andern Mann zu sehen, selbst nicht einmal den Va
ter ober die ältesten Brüder ihres ManneS. —
Man
lehrt ft#, ihren Gatten alö ein höchst vortresflicheWesrn zu betrachten und zu verehren; man prägt
ihnen die eheliche Lreue als den wichtigsten Punkt
ihrer Religion ein, und dieser Gedanke wird bei ih
nen fu stark,
daß ihn selbst die Hitze des Klima-
nicht austöschen kann.
Es fallt diesen gutmüthigen
und sanftfühlenden Geschöpfen gat nicht ein, ihren
von der Welt entfernten Aufenthalt in dem Zenarra (Harem) hart und abscheulich zu finden.
Sie hal
ten ihn vielmehr für eine Bedingung ihreS Daseyn-, und genießen in vieler Einschränkung alle Glückselige
feit, von der sie einen Begriff haben.
Alle ihre Wün
sche vereinigen sich in dem Besitz ihres Manne-, ih
rer Kinder, ihrer Speisen, ihrer Juwelen und toeibNchen Bedienten.
Au- der Religion und Erziehung rührt der große
Unterschied zwischen den Mongolischen und In dischen Frauen unter Einem Himmelsstriche her.
Die Frauen der Muhamedaner werden durch Schlös ser, Gitter und Verschnittene vor Verführung ge sichert, und dennoch fallt es den Europäern nicht
schwer, über ihre Unschuld und Lreue zu siegen.
Die
w
60
Weiber der eingebornen Hindus (Dschentu) wer den nicht so bewarbt, hängen mit ganzer Seele an
ihren Männern, und halten ihnen, so lange sie le
ben, beisviellose Treue;
wenig Fremdlinge können
sich rühmen, Eindruck auf eine derselben gemacht -u haben, außer auf die von den niedrigsten Kasten.
Luch die alten Schriftsteller rühmen die Keusch
heit
der
indischen
Frauenzimmer.
Arrian
und
Strabo versichern, edle Indianerinnen hätten um
keinen Preis zur Ausschweifung gereizt werden kön
nen, außer um einen Elephanten.
Nur um diese«
Preis befriedigten sie die Wünsche des Liebhabers. Denn die Indier hielten eS für keine Schande, die
Keuschheit für
einen Elephanten aufzuopsern;
die
Ehre einer Frau gewann vielmehr dadurch, daß ihre Schönheit dem Werthe eineö solchen Thieres gleich
geschätzt wurde.
Hieraus läßt eS sich begreifen, wie eS möglich ist, daß ein indisches Weib freiwillig den schrecklichen
Entschluß fassen kann, sich mit ihrem verstorbenen
Manne lebendig verbrennen zu lassen. Bei welcher Frau dessen ungeachtet die Natur über den Zwang deS Gesetze- siegt, und welche diesem
*** 61 Wi zum Trotze Ihren Mann zu überleben wagt, Liese wird als Wittwe mit unaustilgbarer Schande ge» brandmarkt.
Mau scheidet ihr die Haare ab, ver i ver
dammt sie zu
ächtlichsten Sklavendiensten, und zwingt sie, eine Art
rother Kleidung, zum auffallendsten Zeichen ihrer Er niedrigung, zu tragen.
Diese durch so viel Schmach niederzebeugten Wei ber, erliegen gewöhnlich unter dem Druck ihre-Schick
sal-, und sterben an Gram; oder sie trennen sich auf ewig von ihrer Nation, fliehen in die Arme anderer Menschen, und entsagen der Religion ihrer Väter.
Man denke sich auf der andern Seite den bezau bernden Reiz, den ihre Phantasie durch die Vorstel lung, ihren eigenen Namen zu verewigen, auf ihre
Kinder,
auf ihre- Mannes und
Familie einen unsterblichen Len
lebhafteren Schwung,
auf ihre eigene
Glanz
-u verbreiten;
den sie durch die ihre
Standhaftigkeit prüfenden Bitten aller Freunde, ih
ren Vorsatz zu ändern, empfängt. —
Welche Ban
den vermögen wohl noch das unglückliche Opfer an eine Erde zu fesseln, auf der sie nur Höllenquaalea
.entgegen sieht; —
62 Obgleich das Verbrenne» der Wittwen mit den
Leichen ihrer Männer in den muhamedanischen Staa ten heutiges TageS abgeschafft ist, so ist es hingegen
in jenen Ländern, in welchen sich die Dschentu von dem Joche der Ausländer frei erhalten haben, nichtUngewöhnliche-,
Männer dieses
der Eitelkeit und
Eifersucht
der
barbarische Leicheuopfer zu bringe».
Man verbrennt die Betäubten auf dem Scheiterhau
fen ihrer Männer, oder wo es Sitte ist, die Todten zu begrabe»,
begräbt
man fie lebendig mit
den
selben.
Sonnerat- Bemerkung,
da- diese Gewohn
heit fast durchgängig abgekommen, widerspricht un ter andern neuern Reisebeschreibern auch dem in der
Notizie del mondo Nro. 85» abgedruckten Bericht deFontana, welcher neuerlich
in Bengalen von
einem solchen traurigen Schauspiel Augenzeuge war.
Derunvermuthete Tod eines Dr am in en brachte seine Frau zu dem Entschluß, sich mit ihm verbren nen zu lassen, nicht etwa aus einer rasch aufwallen den Leidenschaft, sondern au- heroischer Entschlossenhert, auS hohem Stolze, einen durch daS Ansehen
der Religion geheiligten Gebrauch zu ehren.
SS war
63 %v* etat Person von acht und zwanzig Jahren, vollkom-
mtn gesund und blühend schön.
Gegen Sonnenun
tergang versammelten sich alle Verwandte, Freunde, Nachbarn und Bekannte beS Verstorbenen.
Mitten
unter i-rrn trostlos weinenden Verwandten erscheint sie allein ruhig und unerschrocken.
Ein sanftes Lä
cheln verbreitet sich über ihr heitere- Gesicht.
Man
trägt die Leiche an baS Ufer deS FlusseS; derselben folgt zunächst die Gattin von Brammen und allen
andern begleitet, mit festem Schritt und erhabenem Haupte; sie spricht mit ihnen von den Tugenden des
Verstorbenen und der Freude, die sie entzücken wird, wenn in jener Welt sein Schatten dem ihrigen be
gegnet.
Nachdem sie sich in dem Flusse gewaschen
hat, nähert sie sich dem Holzstoß, und verweilt za den Füßen der Leiche; man reicht ihr Betel und ein mit Opium vermischtes Getränk.
Nun wird die Leiche
auf den Scheiterhaufen gelegt, und mit Reis, Lut ter, Früchten, Betel und andern Lebensmitteln ver
sorgt.
Unterdessen entkleidet sich die Wittwe von ih
rem Obergewand, nimmt ihre Armbänder, ihre Ohr
ringe, ihren ganzen Schmuck ab, und vertheilt alles unter ihre Verwandten und Freunde, welche begierig darnach streben, und daS Empfangene als ei» Hetlig-
thu« aufbewahren.
w 64 Hierauf besteigt sie, mit einer brennenden Fackel in der Hand, den Holzstoß, legt sich nach einigen
Ausrufungen bei dem Leichnam ihres Mannes nieder,
und umarmt ihn auf das feurigste.
Man reicht ihr
noch eine Dosis betäubender Mittel.
Schallende In
strumente und Triumphgesänge
erfüllen
die
Luft,
man vernimmt keinen Ton des Wehklagens — sie stirbt als das bedauernswürdigste Opfer einer religiö sen Schwärmerei. —
Di« Sineser haben zwei Arten von ehelicher Verbindung; die eine ist unzertrennlich, die andere kann -u allen Zetten
aufgehoben werden.
Die erste Art wirb mit vielen gesetzlich bestimm ten Feierlichkeiten angefangen und vollzogen.
Ältern
verloben ihre Kinder schon in der zartesten Jugend,
und oft ehe sie geboren find, ohne sich um ihre Nei gung zu bekümmern.
Zwei Männer, deren Weiber
schwanger find, vergleichen sich dahin, daß, wenn dem einen ein Sohn unv dem andern eine Tochter geboren
wird, beide Kinder sich he rathen sollen, sie mögen nun gleich gebrechlich geboren oder es hernach wer-
65 den, schön ober häßlich seyn»
Au- der Benennung
dieses Kontrakts, Ehi so, das heißt, Bäume be stimmen, sieht man schon, waS sie von der ehe lichen Treue für Begriffe haben. — der Hochzeit bekommen
Dor dem Tage
sich die Verlobten nie zu
sehen.
Nach dem EinverstLnbniß beiderseitiger Ältern, ihre
Kinder mit einander zu verheirathea, gehen sie tn den Tempel ihrer Vorfahren.
Hier zeigen sie densel
ben umständlich an, wie der oder jener, ihr Enkel, von dem und dem Alter, vorhabe, sich mit der ober
jener zu verehlichen, und wie sie sich deswegen ihren Beistand ausbäten.
Ein Gleiche- thun die Ältern der
Braut.
Zu den andern vor der Hochzeit gebräuchlichen Feierlichkeiten gehört vornLmllch, daß der Bräutigam seiner Braut mancherlei Speisen, Weine und Früchte
überreicht.
Der Hochzeittag wird mit besondern Ee-
remonkeen durch den Rath der Sternleher festgesetzt',
und der Bräutigam macht feiner Geliebten hierauf allerlei Geschenke an Gold und Edelsteinen. Den Tag vor der Ankunft der Braut in dem Hause deS Bräutigam- werben dahin alle Mvbllien
Feier der Liebe, II. Th.
6
*** 66 **' und Geräthschasten der Braut gebracht.
Dieser Aug
nimmt oft eine ganz» Straße ein, und besteht mristtntheil- aut Stühlen, Bänken, Sänften und Son
nenschirmen.
Überdies muß die Braut ein Pferd mit
Sattel und Arug mitbringen.
Der Verlobte holt seine Braut in seine Woh nung, wohin sie in einem sehr prachtvoll ausgeschmück-
ten Tragsessel gebracht wird.
Pfeifer, Trompeter
und Trommelschläger gehen voran-; Miethlinge mit Kerzen und Fackeln, am Hellen Mittag, umgeben die Sänfte; den Beschluß de- feierlichen Geleit- machen die Verwandten und Freunde von beiden Seiten.
Die Braut nimmt von ihrer Familie förmlich
Abschied, und setzt sich hierauf in die Sänfte, welche verschlossen wird.
Den Schlüssel aber sendet man
entweder der Mutter de- Bräutigam-,
oder man
vertraut ihn dem nächsten Verwandten, oder einem treuen Bedienten an.
Dieser muß ihn dem Bräuti
gam, welcher an feiner Thüre in reich geschmückter Kleidung die Braut empfängt, einhändigen.
Er öff
net alsdann die Sänfte, und erblickt seine künftige
Gattin nun zum erstenmal.
Glaubt er mit ihr nicht
glücklich leben zu können, so schließt er die Gänfte
67 sogleich wieder zu, und schickt bat Mädchen wieder zurück. In diesem Fall, der jedoch selten eintritt, ver liert er alle gemachten Geschenke.
Denn die Braut au- der Sänfte gestiegen ist., bcgtebt sich daS junge Paar in den Saal.
Hier ma
chen sie vier Verbeugungen gegen den Lyon, da ist, Himmel oder Gott, und hernach thut die Brau*
dasselbe
gegen die Anverwandten de- Bräutigams-
Alsdann wird sie seiner Mutter oder ander« Frauen
zimmern , welche zu dem Feste mit eingeladen find,
überliefert.
Mit diesen bringt fie den ganzen Lag
unter Schmausen und Lustbarkeiten zu.
Der Bräu
tigam bewirthet unterdessen sein» Freunde in einem
andern Zimmer.
Endlich wird die Braut von ihrer Schwiegermut
ter in das für fie und ihren Bräutigam bestimmte
Zimmer geführt. gesehen.
Diese- Zimmer wird als heilig an
Keiner Mannsperson wird der Eingang in
dasselbe verstattet.
Weder der Schwiegervater noch
des Bräutigams Brüder dürfen dasselbe betreten.
Nach Verlauf eine- Monats reiset die junge
Ftme aus eine Zeitlang z» ihre« Bater -urück, welche
68 Steife
die
Wiederrehr
zur
Ruhe
genannt
wird. —
In der Buch ar ei sehen sich die Verlobten wäh rend der Hochzeitceremonie gar nicht; der Jüngling
bezieht» sich unenMeidet und in
Gegenwart
vieler
Matronen zur Braut in- Bette; er darf aber nur
einen Augenblick darin verweilen.
Diese Farce wird
drei Lage wiederholt; in der dritten Nacht endlich genießt er die Rechte deS Ehestände-.
In der Provinz Sch an herrscht eine lächerliche
Gewohnheit von einer andern Art. hier sogar Todte mit einander.
Man verehelicht
Denn nämlich der
Fall eintritt# daß der Sohn de- einen und die Toch ter de- Andern zu gleicher Zeit sterben, so werden die Ältern einig, sie mit einander zu verheirathen. Die Särge bleiben zuweilen zwei bi- drei Jahre und
«och länger im Hause stehen.
Sie schicken einander
die gewöhnlichen Geschenke zu, al- ob sie noch leb ten, und alle- die- geschieht mit vielem Gepränge und mit Mufft.
Die Särge werben neben einander gestellt, man hält vor denselben den Hochzeitschmauö, und endlich
69 *** werben fie in einem Grabe beigesetzt.
Die Altern
betrachten sich von der Zeit, an nicht nur als gute
Freunde, sondern auch als die nächsten Anverwandten, wie sie es gewesen seyn würden, wenn ihre Kinder
noch bet ihrem Leben mit einander verehelicht wor
den waren. —
Gegen Mädchen, an denen man außer der She
Zeichen wahrnimmt, daß sie der LiebeSgöttin gehul digt haben, sind die Sineser sehr umbarmherzig r
sie werden auf den öffentlichen Markt geführt und an
den Meistbietenden zur ewigen Sklaverei ver
kauft. —
Im Königreiche
Japan erhebt sich am frühen Morgen die zum Hochzeitfeste
gebetene Gesellschaft, und
holt die Verlobten ab.
Draut und Bräutigam besteigen jedes seinen beson dern Wagen, der mit vier Ochsen bespannt ist.
Der
Aug geht vor die Stadt und ist mit Musik begleitet. Die Hochzeit selbst wirb auf einem Hügel gefeiert.
*** 70 Wenn beide M dem Hügel auf Derfchiedenem Wege angekommen find, so gehen sie, die Verwand
ten und Musikanten, alle auf verschiedene» Seiten den Hügel hinan.
Aus demselben nehmen die Ver
wandten ihren Platz, zwei und zwei, unter einem
von Bedienten gehaltenen Sonnenschirm hinter der Braut; die Musikanten stellen und lagern sich hinter
dem Bräutigam;
einige spielen auf Instrumenten,
andere schlagen auf messingene Kugeln, die an zwei
Stücken Hol- mit Ketten hängen, noch andere tan
zen
nach dieser seltsamen Musik.
Die feierliche Verbindung oder die Trauung ge schieht in einem Zelte, welches auf dem Hügel er
richtet ist.
Die Form desselben Ist achteckig.
Über
demselben erheben sich Pyramiden, welche zur Be deckung dienen.
Die äußern Wände des Gezelts sind
mit in Öl getränktem Papier überzogen, die Innern mit reichen Stoffen außgeschlagen.
In der Mitte de- Zelts befindet sich ein schön geschmückter Altar; auf demselben steht das Bild de-
Lottes der Che.
Er ist mit einem Hundskapf abge
bildet, um Treue und Wachsamkeit, gleich wichtige Eigenschaften im Ehestände, anzuzeigen.
Der Götze
71 -reitet feine X#te auS einander, und -hält, -le Festigkeit -es Ehlandes anzudeuten, In den Hande»
einen mesfingeun Draht.
Lor dem Wat steht ein
Priester, an beirn Seiten das Brautpaar, die Braut
zur Rechten un der Bräutigam zur Linken. linke Hand hat bei diesen Nationen
(Die
den Vorzug.)
Jedes hält, na; altgriechischer und römischer Sitte, eine Hoch-eitfackl in der Hand.
Während fcr Priester einige Gebete hermurmelt, steckt die Braut hre Fackel an einer Lampe an, hier
auf der Drlutiram die seinige
Braut.
an der Fackel der
Der Prester ertheilt ihnen seinen Seegen;
aste Umstehende rrheben ein Freudengeschrei, fingen
Hochzeltlieder, mb bringen den Neuvermählten ihre Glückwünsch« dar.
Unterdefen riese Ceremonieen auf dem Hügel vor
sich gehen, belästigt sich ein Theil der am Fuße
desselben 8eUir('.-nen Hochzeitgäste mit andern durch
die Gewohnleit geheiligten Gebräuchen.
Einige verfen die Puppen und dergleichen Ge
genstände dr jugendlichen Spiele -er Braut ins Feuer; andev haben ein Spinnrad un- einen Rocken
in btn Händen, und machen damit verschiedene Wen dungen , um anzudeuten, daß die Neuvermählte die
scherzenden Spiele der Kinder mit den ernsthaften
Geschäften einer HauSfrau vertausche.
Zum Beschluß opfern die Priester am Fuße des Hügels zwei flämische Ochsen und einige Hammel dem Heirathsgotte.
Hierauf führt man die Braut wieder zurück, und
begleitet sie unter dem jauchzenden Zurufen und Glück
wünschen des Volks in die Wohnung des Bräuti gams.
Jünglinge und Mädchen, mit Blumenkrän-
zcn geschmückt, pflanzen Fahnen auf den Gipfel des
Hauses,
und bestreuen mit
Blumen alle Zimmer.
DaS Fest dauert gewöhnlich acht Tage und verur sacht ungeheure Kosten. —
Man verlangt in Japan kein Heirathsgut von
der Frau, damit es ihr nicht einfallen möge, stolz
und herrschsücht'g zu werden.
Es wird sogar den
Schwiegerältern eine Summe Geld bezahlt, welche
die Tochter, alS eine Erkenntlichkeit für die Mühe ihrer Erziehung, ihnen selbst überbringt.
73 ' Die Japanisch en Ehen sind mit keinem Zwange
verknüpft, beide Eheleute haben die Freiheit, sich der geringsten Ursachen wegen zu trennen.
Der Ehemann
darf sich so viel Beischläferinen halten, att ihm be liebt,
und dennoch sind die Japaner vielleicht die
einzigen Männer in der Welt, die bei einer so großen Strenge gegen ihre Frauen, die Herzen derselben zu gewinnen, und sie bei der aufrichtigsten Gesinnung zu
Alle Reisebeschreiber
erhalten wissen.
rühmen die
Lreue und große Liebe der Frauen zu iHren Män
nern, und er-äblen, daß sich oft Wittwen zu Lode
hungern, weil sie kein ander Mittel wissen, sich mit ihren Männern ist jener Welt zu vereinigen. —
Unter den
Mauren ist eS einem Frauenzimmer nicht erlaubt, sich zu vrr» heirathen, sondern eS muß von einer MannSperson
angegeben werden.
Hat sie keinen Vater, Bruder
oder sonst jemand in der Familie mehr, so kömmt dieses dem Kadi zu, und sie darf sich einer solchen Wahl nie nstdersctzen; nur in dem Fall wenn sie eine
Wittwe ist, wird ihre Einwilligung, erfordert.
*** 74 Der Liebhaber wendet sich zuerst an den Pater,
•btt an den, der seine Stelle vertritt, und verlangt seine Tochter zur Ehe, die er noch nie gesehen hat; dabei gelobt er zugleich eine gewisse Summe Gelde-,
z. B. hundert Dukaten, und setzt fest, wie viel er gleich baar bezahlen, wie viel die Staut zu Kleidern
und zum Staat haben, und waS als Rest biS auf
den Fall rückständig bleiben soll, da eS ihm gefallen
möchte, sich von ihr zu trennen.
Selbst die, welche
nichts besitzen, versprechen doch etwa-, ob sie gleich me etwa- bezahlen.
Sind sie einig geworden, so wird ein Kontrakt vor den Adduln (d. i. Notariis publicis) errichtet
und der Later giebt eine kleine Kollation.
Nach Verlauf eines Halbes Jahres geht die Hoch
zeit vor sich.
Der Bräutigam reitet am Abend vor
dem Hochzeittage durch die Straßen, und eine große
Schaar junger Leute folgt hinter ihm her.
Am Tage
der Hochzeit rofrb dieser Aufzug wiederholt, und die
Kraut ist in dem Gefolge.
Sie fitzt auf einem Maul
thier in einem viereckigen Käfig, der mit feiner wei
ßer Leinwand, bisweilen auch mit Gaze und seidenem Zeuge,Nürnberger Spiegeln und andernKleinig-
75 leiten bedeckt ist.
Sine Anzahl von jungen Manns
personen stellt sich gegen den Bräutigam, und schießt
mit bloßer Pulverladung.
Kommt ihnen ein Jude
in den Weg, so nehmen sie ihm seine Mütze weg,
tmb schießen so lange darnach, alö ein Stück dar an ist.
Der Bräutigam reitet auf einem sch-nen H)serde, und hat einen blauen Mantel über, dtn Hail, (ein lang-?- weißeS wollenes Stück Zeug, daS vom Kopf
nach der linken Schulter herabhängt) und einen Tur ban auf dem Kopf.
Über seine rechte Schulter Hängt
in einem breiten Bande ein großer Säbel.
Wenn er vornehm thun will,
so hält tr ein
Schnupftuch vor den Mund, welches, auch bei ander» Gelegenheiten, bei den Mauren ein Zeichen de- Stol
zes ist, und wenn sie oft nicht einmal ein Schnupf' tuch dazu haben, so halten sie alsdann den Hail
vor den Mund.
Gin Miethling geht vor dem Zug her, Welcher
mit einem Stück Tuch den Rauch, de» Staub und
die Fliegen vertreibt.
Die unmittelbar ausdrnLrLrr-
tigam folgende Musik besteht an- drei chazrttsttst«
76 und eben so viel Trommelschlägern.
Hinter diesen
geht eine große Anzahl von Maure» mit spanischen
Schritte».
Daß ganze Gefolge schließen Negerinnen,
die den Kuskus (eine Art von Grütze) und die
übrigen Gerichte auf dem. Kopfe tragen, womit die Hochzeitgäste bewirthet werden.
Die Frauenzimmer streifen, so wie bei jeder an der» festlichen Gelegenheit, allein, und kommen den Mann-personen nie zu Gesichte.
Nach der
noch
am Tage geendigten Mahlzeit
wird der Bräutigam in die ganz finstre Kammer sei ner .Maut begleitet.
Wenn
da- Brautpaar
von
Stande Ist, so findet sie der Bräutigam auf einem seidenen oder sammetnen Polster
hinter einem klei
nen Tische sitzen, auf dem zwei Wach-lichter brennen, mit den Händen vor den Augen. —
Auf ein gegebenes Zeichen wird die Thür wieder
geöffnet, und zweien Abduln, welche erwartungs voll vor derselben stehen, wird da- Luch mit den mosaischen Zeichen de- verlornen jungfräuliche» Zu
standes überreicht, worüber sie sogleich ein Dokument abfaffe», welches dem Later der Braut überliefert
77 wird.
Einige Weiber nehmen dieses Lach In Em
pfang, und bringen eS unter Freudengeschrei und un
ter Trommeln nach dem Hause des Vaters, wo e-
nebst dem schriftlichen Dokument, zum DeweiS bei einer etwa von dem Bräutigam zu erhebenden Klage, als eine heilige Urkunde in Verwahrung niedergelegt
wird.
Bei der Eröffnung der Thur erlangt der Bräuti gam erst daS Recht, feine Braut zum erstenmal zu sehen, und er muß nun mit ihr zufrieden seyn, eS
wäre
denn,
da-
jener DeweiS
ihrer unbefleckte»
Keuschheit gefehlt hätte, in welchem Fall er sie so gleich verstoßen darf, und der Vater derselbe» ver bunden ist, die Mitgabe und Alle-, was der Bräu tigam auf dieselbe verwandt hat, zurück zu geben.
Die Braut darf in den ersten acht Monaten nicht au- dem Hause gehen; dem Mann steht solche- aber schon
nach
den
ersten
acht Lagen
frei.
Wäh
rend dieser Zeit wird er von seinen Freunden und
Verwandten im Scherz für einen König angesehen,
der Urtheile
sprechen und Strafen auflegen kann.
Seitdem aber Mu lei A bd Allah einst an einem
Lage acht dergleichen Bräutigam-- oder Loh-
78 nenkünlge an die Schwänze von Mauleseln bin
den, und sie so lange auf den Straßen herumschlei fen ließ, bis sie den Geist aufgaben, verfährt man sehr vorsichtig mit dieser Königswürdr. —
Es ist einem Mauren erlaubt, vier rechtmäßige Eheweiber zu nehmen.
Kann er außer diesen noch
Beischläferinnen ernähren, so darf er sich auch diese
halten.
Die Reichen haben für jede Frau ein Hauö.
Die jungen Männer sind gewöhnlich sehr eifersüch
tig, und verschließen daher die Häuser ihrer Wei der, wenn sie sich von da wegbegeben.
Dessen unge
achtet sind sie wegen der Treue ihrer Weiber wenig
gesichert, da diese nicht allein selbst zu Liebe-händeln
auftavntern, sondern auch die Mittel, die die Mau ren zur Verhütung der Untreue
ihrer Weiber ge
brauchen, gerade zur Beförderung derselben dienen. An Weiberkleidern kann ein Mann lercht unbemerkt
über die Straßen kommen, denn er ist sicher, daß
ihn kein Mohr anreden oder auch nur ansehea werde,
da Frauenzimmer rhr Gesicht weder selbst entblößen, »och Männer rin solche- an denselben thun dürfen. Gelingt eS nun einem Liebhaber, da- Hau- einer Frau zu einer Zeit zu besuchen, wo der Wann ab wesend ifb, so darf er gar nicht nicht furchten, selbst
*** 79 bet dessen amvmmtherer Rückkehr» entdeckt gu tom den; drmr^ »an der Herr vom Hause Pantoffeln von einem Treten Frauenzimmer vor der Thüre sei
ne- Harem- stren sieht, so schließt er daran-, «I
sey eme SLachprm da, und nähert sich dem Atmwer nicht eher, al- bi- die Pantoffeln weggenvmme«
find. -
Dle.Nege: in
Eenegambierr verloben fich gwöhnlich mit Mädchen, ehe diese In einem Alter sird, wo fie heirathen können. geschieht die- ncht
ohne Einwilligung
Doch
ihrer Lev-
wandten, in been Hände der Bräutigam das ststgs-
setzte Leibgediag oder die Morgengabe übergiebt. Auch der König oder der oberste Statthalter fordert, al-
ONervvrmund der Jungfrau, ein Geschenk für seine
Einwilligung.
Wenn da- Mädchen das Alter erreicht hat, wor
in fie zur Herrath fähig ist, so geht der Bräutigam in Begleitung einiger jungen Leute, beim Moud-
fcheine, Aberd- in da- Haus seiner- Braut, und evst
80 führt fie mit Gewalt; die Braut sträubt sich, und
schreit aus allen Kräften.
Auf ihr Geschrei kommen
alle junge Mädchen aus dem ganzen Orte zusammen,
ihr Hülfe -u leisten.
Die jungen Männer stellen sich,
al- ob sie die Braut der Gewalt ihrer Freudinnen
entreißen wollten,
und der Bräutigam
und seine
Freunde führen sie nun im Triumph in sein HauS.
Hier bleibt sie eine Zeitlang versteckt. —
Einige
Monate hernach geht sie nie ohne Schleier aus, der
nach spanischer Art Alles bis quf da- eine Auge be deckt.
Die Morgengabe wird ihr aufgehoben,
damit
sie sich tm Fall der Wittwen schäft einen Mann kau
fen könne.
Dean dies ist bei den Wittweü sehr ge
wöhnlich.
Moore versichert, die Ältern versprechen ihre
Töchter oft, sobald fie geboren sind , und dann kön nen sie den Vertrag nimmermehr brechen; eben so
wenig dürfe daS Mädchen, da- auf eine solche Art verschenkt worden,
sich einem andern Mauve ohne
Erlaubniß des erster« überlassen. behält seine völlige Freiheit.
Der Mann hingegen
Sie holen ihre Weiber
81 w gemeiniglich sehr jung nach Hause; ehe die Braut
aber mitgeht, muß der Bräutigam den Ältern der
selben zwei Kühe, zwei Stange» Eisen rmb zweihun dert Kolannüsse erlegen.
Bei
dieser Heimholuag stellt der
Mann
eine
Gasterei an, zu welcher alle Leute, die Lust habe»,
ohne Einladung kommen, und drei bis vier Tage mit schmausen können.
Die Frau wird au- dem Hause ihrer ÄUeru von
Mannspersonen auf den Schultern getragen, und hat einen Schleier über daS Gesicht, vollendeter Hochzeit behält.
den
sie bis nach
Unterdessen tanzen und
singen die Gaste, rühren die Trommel und feuern
Flinten ab.
Nach Labats Berichte wendet sich ein junger
Neger am Senegal, der seine Augen auf ein Mäd chen wirft, zuerst an ihre Ältern, um die Einwilli
gung zu erhalten, und wenn sie eine Waise ist, an
die nächsten Verwandten.
Weil sich die Parteien ge
meiniglich schon verglichen hab.n, ehe sie noch zu sammen kommen, so hat der Vertrag seine Richtig
keit, sobald der Liebhaber zu einem Geschenk an die Feier der Liebe, XL LH.
6
82 ältern ober Verwandten geneigt ist, welche- gemei
niglich in Vieh, baumwollenen Tüchern, Glasperlen vnb Branntwein besteht.
Wenn daS Geschenk entrichtet ist, so wird die
Braut zu ihrem Manne nach Hause geführt,
der sie
bei der Hand empfängt, und ihr dann nach dem Was
ser, Holz und dem ganzen HauSwesen zu sehen be fiehlt.
Sie gehorcht seinen Befehlen.
Wenn derselbe
seine Abendmahlzeit zu sich genommen hat, so ißt fie
die ihrige, und wartet dann, biS fie zu Bette geru fen wird.
Die Morgeagade, -sagt le Maire, besteht höch stens auS fünf Stück Rindern, die dem Later in
Verwahrung
gegeben werden.
Nach geschlossenem
Vergleiche gehen fie ohne weitere Ceremonie -ü Bette.
Wenn die Braut sich für eine unentehrte Jung
frau auSgiebt, (Jungfrauen giebt eS aber hier sel ten»; so wird ein weißeS Tuch auf da-Lrautdette gelegt, wozu? wird man leicht errathen.
Findet
Man nach dem ersten Opfer der Liebe das Erwartete, so wird mir dem Tuche um das ganze Dorf ein feier
licher Aug gehalten, wobei sich die Qu irioten ein-
flnlttt, die das Lob derSchöaen in hochzMichev tft< der» DeMen.
Hal aber der junge Mann irgend einen Grund
zu de« Verdachte, baß feine Frau nickt die strengst» Keuschheit bewahret habe, so ist der Vater auf fein Verlangen verbunden, sie zurück zu nehmen und da- gee schenkte Rindvieh heraus zu geben. Dieß geschieht aber
selten; denn die Braut wird vor der Hochzeit scharf untersucht, und der Mann begnügt sich bloß «1t einem thätigen Beweis.
Das zurückgeschickte Mädchen wird jedoch de-we» gen nicht verachtet; denn wenn sie gleichwohl nicht
feine Frau seyn darf, so kann sie doch bei einem An dern Beischläferin werden, und auf diese Art kann
sich der Vater beständig neue Vortheile machen.
Iannequia erzält, daß sie der Mann von den Altern «Lckeud empfängt, und mit ihr zu dem Priester oder Mar buten geht, der sie unter allerlei Cerk*
moniern ein wenig Band verschlucken laßt, und ihe ntft dann befiehlt, die Heirath diese Nacht zu volle ziehen.
Die Braut wird
auf eia weißes Siegene
sell gelegt, und wenn den folgenden Morgen die Sei«
— 84 chea der Jungfrauschaft nicht darauf gefunden wer
den , so wird sie von dem Manne verstoßen.
Daher
sind denn auch die Jungfrauen der Schwarzen in die
sem Punkte so gewissenhaft, daß sie lieber sterben, als sich den Schatz ihrer jungfräulichen Ehre vor der
Heirath rauben lassen.
Doch find
die betrogenen
Manner an dem Gambia sehr duldsam; sie wür den sich großem Ärgernisse aus setzen, wenn sie die in
der Drautnacht
gemachte
unangenehme Entdeckung
verbreiten wollten.
Wenn es einem Neger erlaubt ist, so viel Wei
ber zu nehmen, alS er ernähren kann, so genießt doch nur eine die Vorrechte einer Ehefrau, und ist bestänr
dig um ihren Mann.
Handfrau.
Die Engländer nannten sie die
Diese ist verschiedener mühsamen Ge
schäfte überhoben, welchen sich die Übrigen unterzie
hen müssen.
Doch darf sie nicht mit dem Manne,
auch nicht einmal in seiner Gegenwart essen, sondern in einem andern Hause.
Er erlaubt sich auch nie
öffentlich einiger Liebkosungen oder Küsse gegen sie, eben so wenig gegen eine von den Übrigen, die nur bloße Beischläferinnen sind, und gegen welche er keine
eheliche Neigung bezeugt.
85 xxx Sehr merkwürdig ist er, da- sich die Weiber nie unter einander veruneinigen oder zanken. Abend- geht jede in ihre eigene Wohnung, und ist zu dem Dienste
de- Manne- bereit; deS Morgen- begrüßen sie ihn auf den Knien, Schenkel. — '
und legen die Hand auf seinen
Gei den Negern auf
Sierraleona versöhnt Weiberliebe alle zwischen Familien, ja selbst
zwischen
ganzen Stämmen herrschende
Feindschaft,
oder knüpft aus andern Gründen daS engste Bänd der Freundschaft.
So sieht man oft nach den blutig
sten Kriegen zwischen verschiedenen Völkern Friede und Eintracht zurückkehren, nachdem die Oberhäup
ter, durch wechselseitigen Tausch ihrer Töchter, die Grundlage zu den engsten Verbindungen gelegt ha ben.
Eben dieß geschieht bei Familien und Privat
personen.
Um Familien mit einander zu vereinigen, be
stimmen sie oft einem Mädchen gleich nach der Ge burt ihren Gatten, welchem eS auch sogleich über-
86 ** geben wird.
Bei den Susi em aber bleibt d-t Mäd
chen unter der Aufsicht feiner Mutter, bis eö zur
Vermählung daS gehörige Alter erreicht hat; diese-
wird mehr nach dem Körperbau LlS nach den Jahren bestimmt.
Am Tage der Hochzeit stellt der Bräutigam in eine gewisse Entfernung mit Getränken und Erfri
schungen versehene Leute an den Weg hin, auf dem man die Braut erwartet
Sobald der Zug die Stadt
erreicht hat, hält er stille, um sich mit deS Bräuti gams Gesandtschaft zu vereinigen $ der ganze Troß
bezeugt seine Freude durch Schießen, Jauchzen, Sin gen und Schreien, wobei da- Trinken nicht verges sen wird.
Die Braut ist mit einem Tuche bedeckt, und darf
sich vor Vollziehung der Heirath von keiner Manns person sehen lassen.
Ein alteS Weib nimmt sie auf
den Rücken, und schleppt sie unter dem Jauchzen und
Lärmen ihrer Begleiter in die Wohnung deS Bräu
tigams.
Der Weg, den das alte Weib mit ihrer
Bürde betritt, ist mit Matten belegt, damit ihre
heiligen Füße die Erde nicht berühren.
87 Abend- begiebt sich der Bräutigam mit derVraut in die Brautkammer,
und
löset ihr den Gürtel.
Glaubt er an ihrer Keuschheit zweifeln zu dürfen", ft verläßt er sie auf der Stelle wieder.
Sobald die-
ihre Verwandten erfahren, entfernen sie sich schreiend
und heulend vor Beschämung.
Ist er aber mit ihr
zufrieden, so bleibt er die ganze Nacht über bei ihr.
Ihre Verwandten freuen sich diese- Triumphe-, und ziehen mit dem ehrenvollen Zeichen ihrer Iuntz
frauschaft im wilden Taumel durch die Straßen der Stadt. —
In jedem Falle steht e- dem Bräutigam frei, die
Braut wieder zurück zu schicken, dabei muß er ihr aber die ganze Mitgabe zurückgebeu.
Bei den Bullamern, Bagoern und Timmaneiern herrscht die Sitte, daß der Bräutigam
feine Braut schon al- Kind ins Hau- nimmt, und
sie an seiner Seite erzieht.
Er muß nach seinem
Vermögen den Ältern ein Geschenk machen, welche-
man unter denselben Dein für dasselbe abzie-
h en heißt.
*** 88 *** Sollte aber dem Mädchen vor der Heirath übel begegnet werden, so haben die Ältern das Recht, eL
zurück zu nehmen, wenn sie ihm daS Geschenk zurückgeben; aber auch der Bräutigam hat das Recht, sie
zurück zu schicken, ohne da- er daS Geschenk zurück fordern darf. Bei diesen Völkern stehet dke Keuschheit deS schö
nen Geschlechts nur vor der Hochzeit in einem hohen
Werthe.
Die Weiber achten sie nicht sehr.
ES herrscht unter ihnen sogar eine gewisse ga
lante Lebensart, die zum guten Tone gehört, und eS ihnen zur Ehre macht, ihre Männer zu krönen.
Eine solche galante Dame hält es für große Unhöf
lichkeit, ihrem Anbeter einen Korb zu geben, wenn
sie schon weiß, daß auf seine Begünstigung eine grüße Strafe gesetzt ist.
Eheliche Untreue gehört so sehr
-um modischen Geschmack, daß der gute Name eineS WeibeS bei der Überführung gar nicht darunter leidet.
Fast jede verheirathete Negerin hat in dieser Ge gend ihren Buhlen oder CiciSbeo, den sie Gan
tz ih Kanih nennt, und dem sie den ersten Antrag macht.
Die Ehebrecherin giebt sich auch gar nicht viel
89 *** Mühe, diesen Umgang geheim zu halten, den« der Mann sieht sich sehr oft genöthigt,
schlimmen
-u schweigen,
auLsetzea
wenn
er sich
will.
Zwar sind die Landesgesetze gegen den Ehe
keinen
bruch sevr scharf;
aber es
Folgen
erfordert
Ansehen, sie in Ausübung zu bringen.
ein
großes
Indessen find
solche Liebschaften doch meistens nur unter den vor
nehmen zu finden, welche eine große Menge Weiber haben,
da der gemeine Neger sich
mit einer oder
zwei Frauen begnügt. — Tout comme chez nousl
Nach Des March als sind die Neger nur auf
die erste oder eigentliche rechtmäßige Frau eifersüch tig , die andern Weiber und Beischläferinnen überlas sen sie gern den Fremden.
Indessen wagt eS eine Ehebrecherin nur selten, ihren Mann bei der Geburt des KindeS zu hinter
gehen, und giebt ihm meisten- den rechten Vater an.
Wünscht der Mann von einem geliebten Weibe gern Kinder, so nöthigt er sie, zu schwören, daß sie sich
eine Zeitlang alles fremden Umgangs enthalten wolle. Zst aber ein solches Peib nach der Hand schwach ge
nug, durch List odexjGewalt ihren Schwur zu bre chen, so erkühnt sie fo nicht, es zu leugnen, und die
***
9Q
*****
beide« Schuldigen setze« sich bann der schimpflichste« Strafe aus; ja sie werde« auf immer mit Verachtung angesehen, und für ehrlo- gehalten.
Die Gewohnheiten und Formalitäten der Neger
bei ihre« Heirathen sind -war läng- der
Goldküste in Guinea in einigen Umständen verschieden, ia der Hauptsache
aber einerlei. Ihre Hochzeiten find mit sehr wenigen Ceremo
nien verbunden.
Wen« ein junger Mann im Stande
ist, 'sein Brod zu verdiene«, so sucht er entweder selbst, oder sein Vater eine Frau sür ihn.
Sind die
jungen Leute mit einander einig, so spricht der Va ter des Bräutigam- mit de» Ältern der Braut, und kommt mit ihnen über da- überein, wa- sie für die
selbe haben wollen.
Sobald dieser Punkt berichtigt
ist, wird ein Feti schier geh-lt, um den Eid able-
gen zu lassen. lieben, und
Die Braut schwört ihren Mann zu
ihm getreu
zu seyn;
der Bräutigam
schwört auch, sein zukünftige-Weib zu lieben; de«
Punkt der Treue übergeht er eher.
Nach dieser Ceremonie beschenken die Ältern von
beiden Seiten einander, und bringen den Lag mit Schmausen und Lustbarkeiten zu. Auf den Abend fuhrt
der Mann seine Braut, in Begleitung einiger Frau/n-r
Personen, welche ihr die erste ganze Woche Gesell schaft leisten, nach Hause, um der neuen Verbindung
das Siegel aufrudrücken.
Müller sagt, wahrend
der ersten sieben Nächte müsse ein Mädchen von fie ben bis acht Jahren zwischen den Neuvermählten lie gen, um zu verhindern, daß sie wahrend der Zeit
einander nicht berühren.
Es ist auf der Goldküste nicht selten,
daß
Mädchen vor ihrer Mannbarkeit sich verheirathen.
In diesem Falle kommen die beiderseitigen Verwand ten in dem väterlichen Hause der Braut zusammen
und machen sich lustig.
Abends wird die Braut in de- Bräutigams Hau
geführt , und daselbst in deS Ehemann- Bette zwi schen zwei Weiber gelegt, um zu verhindern, da- er
fie nicht berühre.
Diese Ceremonie wird drei Nächte
hinter einander wiederholt, worauf sie der Mann ih ren Ältern wieder zurückschiSt, um daselbst bi- zu
ihrer Mannbarkeit zu verbleiben.
Wenn nun dieser
92 *** gtifpttntt kommt, so wirb die Ehe vollzogen, und der Bräutigam muß jeder der jungen Weibspersonen, die die Braut nach Hause begleitet hatten, einen 2UH (den sechözehnten Theil von einer Unze) Gold geben.
Es heirathet hier jeder so viel Weiber, als er ernähren kann, doch beläuft sich die Zahl derselben, außer den Beischläferinnen, selten über zwanzig, und wenn Jemand so viel nimmt, so geschieht eS blos, um für groß und reich angesehen zu werden. Alle diese Weiber bauen daS Feld, säen MaiS und pflanzen JgnameS, außer zweien, welche bei rei chen Männern gemeiniglich von der Arbeit frei sind. Die Vornehmste heißt Odufu, die große Frau, und hat die Aufsicht im Hause. Die andere heißt die Vos sum, weil sie ihrer Gottheit geweiht ist.
Auf diese zwei Weiber sind die Männer sehr ei fersüchtig, vornehmlich auf die Vossum; dies sind meist sehr schöne Sklavinnen, die sie gekauft und ih ren Gottheiten geweihet haben. Sie schlafen bei den selben, entweder aus Religionsgründen oder wegen ihrer Schönheit, nur an gewissen Tagen, als an ih-
*** 9S w rem Geburt-tage, oder am Diensttage,.al- an threm
Fetischrage oder Sabbath.
Die- erhebt den Zustand
der Bossumssrauen über den Zustand der übri
gen Weiber, die schwere Arbeit verrichten müssen.
Die gro-e Frau hat
de- Manne- Geld in
Verwahrung; sie ist gar nicht eifersüchtig, wenn ihr
Mann mehr Weiber nimmt, sondern sie muntert ihn
vielmehr dazu auf, weil sie al-dann vier oder fünf Akki'S Gold von der neuen Frau zum Geschenke be kommt.
Zuweilen ist sie aber auch hartnäckig, er
schwert dem Manne da- Heirathen mehrerer Weiber,
und läßt sich ihre Einwilligung abkaufen.
Wird die große Frau alt, so nimmt der Mann
eine Jüngere an, und die Abgesetzte wird zur Aus wärterin erniedrigt.
Die Weiber wetteifern unter einander, um die Gunst deS Manne- zu gewinnen, und sich den größten Antheil an seinen ehelichen Guüstbezeugungeu zu ver
sichern , welche von deS Mannes Belieben abhängen, wiewohl sie solche gemeiniglich so mittheilen, daß aller
Streit vermieden, und jeder Frau nach ihrer Reihe ge
nügt lvird. Doch sucht der Mann zuweilen nach seiner
94 Laune ble tzrau auS, -ei der er die Nacht zubringen
will.
Diese bezieht sich in ihre Hütte, und hätt ihre
Begünstigung, -u Vermeidung aller Eifersucht, sehr geheim.
Mit noch geringern Kosten und Ceremonien sind die Derheirathungen zu Fidah begleitet, denn da
ein reicher Neger hier einige hundert Weiber oder VeischlLserinnen hat, so würde er die Kosten zu weit-
lLuftigen Hochzeitfesten nicht aufbringen können. Auf der westlichen Küste vvtr rtfrika kaufen die Neger
ihre Dränte oft um hohe Preise, und schicken sie zu rück, wenn sie nicht mehr Jungfrauen sind: zu Ai
da h aber ist dieß alles nicht Mode.
Die Weiber
sind hier nicht sehr ftuchtbar; Mädchen, die schon Proben von ihrer Fähigkeit in diesem Stücke gegeben haben, «erden daher allen andern vorgezogen.
Will rin Neger zu Fidah ein Mädchen heira-
thea, so geht er ohne Ceremonie zu ihrem Vater, und spricht ihn um ftf an.
Dieser versagt ihm selten
feine Einwilligung.
Ihre Ältern führen sie nach ihres Bräutigams
Haufe, wo ihr derselbe beim ersten Eintritt einen
neuen Pagne schenkt, welcher gemeiniglich -er
erste als
ist, den sie anlegt; denn sie bringt weiter nicht-
ihre Person mit, urid wenn sie etwa- erworben Hat, so läßt sie solche- zurück.
Der Bräutigam schlachtet ein Schaf, welche- er
mit Ihren Eltern verzehrt, und wovon er seiner^Braut
auch ein Stück schickt, denn die Gitte erlaubt hier nicht, da- sie mit ihrem Bräutigam speiset.
Denn
sie hierauf ein gfaat Flaschen Branntwein mit einanr der geleert haben, so kehren die filtern zurück, und
lassen die Tochter bei ihrem jungen Manne. Die Priester und Priesterinnen der großen Schlan-
ge zu F i d a h, (die wahrscheinlich al- eine rvohlthL»
tige Würgerin anderer dem Feldbau schädlicher
Thier
ursprünglich vergöttert wird,) spielen eine merkwuw dige Rolle bei diesem Volke.
Unter der Maske
der
Religion durchstreifen die Priesterinnen wie begeisterte
Furien da- ganze Land, und holen die schönsten Mädchen zusammen, um sie dem ehrenvollen Dienste ihrer Gott» heit zu weihen.
Sie bringen solche in Wohnungen
-—die unsern Nonnenklöstern gleichen, und heiligen sie der Schlange, indem sie solche tettaulren,
d. h. ihnen Fignren von Blumen, Thieren und 4e»
96 — sonders von Schlangen in den Leib schneiden.
Unter
den fürchterlichsten Drohungen müssen die Eingewei-
heten die Sage verbreiten, die große Schlange selbst
habe sie mit den Mahlen bezeichnet, und ihre Ältern müssen diese Ehre und die Kosten ihres Unterhalts
in dem Schlangenhause den Priesterinnen theuer be zahle«.
Diesen Gewinn theilen sie mit den Priester«.
Die jungen Priesterinnen bleiben daun bei ihren Äl tern, und gehen von Zeit zu Zeit in daS Haus, wo
sie eingeveihet worden find, um die Tanze und Ge sänge , die sie -u Ehren der Schlange gelernt haben,
zu wiederholen«
Sobald sie mannbar sind, -nämlich in ihrem vier zehnten oder fünfzehnten Jahre, wird die Feier ih
rer Verehelichung mit der großen Schlange vollzogen.
Die Ältern, die auf diese Verbindung stolz find, ge
hen bei dieser Gelegenheit ihren Töchtern dje feinste« PagneS.
Sie werden mit Ceremonieen in de« Tem
pel der großen Schlange geführt;
hier steigen bei
Nacht zwei oder drei auf einmal in eine gewölbte
Grube hinab, worin sich, wie man sagt, zwei oder drei Schlangen, als Anwälde der großen Schlange,
befinden.
Wenn sie darin sind, tanzen und singen die
Priesterinnen und ihre Gefährtinnen nach dem Klange
— 97 von Instrumenten um den Ort herum, doch aber in
solcher Entfernung, daß sie nicht hören können, waS
vorgeht.
Nach Verlauf einer Stunde werden sie
und dann als Frauen der
wieder heraus gerufen,
großen Schlange betrachtet. —
Selbst die Klügeren der Nation vermuthen, diese Stellvertreter
der großen Schlange möchten wohl
ganz andere Wesen seyn, die zu einem Beilager mit
jungen Negerinnen weit mehr Empfehlung haben, alS
jene kriechenden Thiere.
Die nach einer gewissen Zeit
in menschlicher Gestalt
erscheinenden Früchte dieser
heiligen Weihe beweisen,
daß sie sich nicht geirrt
haben.
Wenn sich diese Priesterinnen neben der großen Schlange noch einen andern Gemahl beüulegen belie ben,
so
üben
sie über solchen eine unumschränkte
Herrschaft aus; ihre Männer müssen eben so demü thig und in solchen knieenden Stellungen mit ihnen reden, und ihnen aufwarten, in welchen die übrigen
Männer von ihren Weibern bedient werben.
Würde
ein Mann jemals die Ehrerbietung aus den Augen
setzen, die er seiner geheiligten Gattin, sie mag im merhin die zügelloseste Dirne seyn, schuldig ist, so
Feier der Liebe, II. Th.
7
***
93
würde er daS Opfer der Rache aller ihrer Mitpriesterinnen werden, ohne fich gegen diese unverletzlichen
Repräsentantinnen der höchsten Nationalgotthelt im
geringsten vertheidigen zu dürfen.
Dieser despotischen Vorrechte ungeachtet, fehlt eS Liesen DetaS
(so heißen sie in der Sprache beS
Landes) selten an Freiern, weil sie meistens
sehr
schön find. Mangelt ihnen hingegen diese Eigenschaft,
so verkaufen sie ihre Gunstbezeugungen so hoch, alS sie
können.
Jene alten Priesterinnen ober Priorinnen von Non-
»enklöstern sind weiter nichte als Kupplerinnen, wel
che die unter ihrer Aufsicht habenden Jungfrauen für Geld schänden lassen.
Sie werben von den Kabo-
schiren bestochen, um ihnen diese Mädchen zur Wol
lust zu überliefern.
Diese Novizen zu hintergehen,
gaben die Priesterinnen vor, in einer Unterredung mit der Schlange erfahren zu haben, wie angenehm
eS dieser Gottheit seyn würde, wenn sie dieser oder
jener MannSperson günstig wären.
Hierauf lehren
sie solche, durch mancherlei GebLhrden und Stellun
gen die Wollust ihrer Liebhaber zu reizen, um den PreiS ihrer Begünstigungen erhöhen zu können.
Für
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*'■*
alle diese Gefälligkeiten versprechen sie den Mädchen, tag sie im Lande der großen Schlange reichlich be
lohnt werden sollen.
Erkühnte sich eine in diese Mysterien eingeweihte
Novize etwas zu entdecken, so stünde ihr der gewisse Tod bevor, und Niemand würde eS wider die Ver
sicherung dieser Priesterzunft glauben, wenigstens eS
nicht öffentlich behaupten, daß sie ermordet wäre. —
Also auch schwarze Pfaffen, in dem ungesitteten Afrika, treiben ihre verworfenen Werke der Finsterniß, schmieden
egoistische Systeme
zur Dolksbetrügeret,
lassen unschuldige Schlachtopfer unter ihrem würgen
den Messer bluten!--------
Auch in Kongo und Loango werden die Heirathen ohne besondere Ceremonieen vollzogen.
Hier
herrscht jedoch der Unterschied, daß es in Kongo den Männern erlaubt ist, ihre Braut elm'geSeit auf die
Probe zu nehmen, um ihre Eigenschaften zu prüfen,
und sich von ihrer Fruchtbarkeit zu überzeugen. Fortschicken
Da-
gereicht den Mädchen keineswegeS zur
Schande; aber auch die Mädchen haben die Freiheit,
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100
die Männer zu proben, und sind gemeiniglich eigen sinniger und unbeständiger als diese.
In Loango hingegen findet diese Sitte nicht Statt, und es wird hier vielmehr für das größte Ver
brechen angesehen, ein Mädchen vor der wirklichen Heirath zur Frau zu machen.
Zur Strafe muß das
liebende Paar vor dem König erscheinen, und vor feinen Augen dasjenige wiederholen, wozu beide wahr
scheinlich vorher keine Zeugen gerufen hatten.
Bei den
Holtentokttn werben der Vater oder die nächsten Verwandten des Freiers bet dem Vater oder den nächsten Verwandten
des Mädchens.
Hat sich ein achtzehnjähriger Jüngling
ein Mädchen ausersehen, so besucht sein Vater mit ihm die Ältern desselben.
Der Jüngling beschäftigt
sich damit, der Gesellschaft Taback zuzubereiten und
anzubieten.
Sie rauchen alle, und der um die Braut
werbende Vater des Jünglings eröffnet nicht eher sein Anliegen, alS bis der Rauch alle benebelt hat.
Als-
101 dann hält er um daS Mädchen für seinen Sohn an. Der Vater entfernt sich hierauf auS der Gesellschaft, um seiner Frau den Antrag bekannt zu machen, und sich mit derselben zu berathschlagen; er kommt bald mit einer bestimmten und selten abschlägigen Ant wort zurück, wenn anders die Tochter nicht schon versprochen ist. Gefällt der junge Freier dem Mädchen nicht, so hat sie nur einen Weg, ihn los zu werden. Sie legt sich nämlich mit ihm zu Bette, und bringt eine Nacht an seiner Seite zu. Wird sie von dem Jüngling nicht besiegt, so ist sie frei; überwindet er sie aber, wie es gewöhnlich geschieht, so muß sie ihn heirathen.
Nun wird der Junggesell alS Mann anerkannt. Alle seine Verwandten und Freunde beiderlei Ge schlechts begleiten ihn, treiben einen oder mehrere Ochsen vor ihm her, und führen ihn so tm Triumph nach der Wohnung der Braut, wo sie mit großer Freude ausgenommen werden.. Der Ochse wird hier geschlachtet, alle beschmieren 'sich über und über mit dem Fette, und bestreuen sich mit einem röthlichen Pulver, wdlcheS sie aus einer'wohlriechend en Wurztt
102 bereiten, die Sulu heißt; die Weiber aber bema
len sich die Wangen, Stirn und Kinn mit rothem Kalkstein.
Darauf geschieht die Verehelichung unter folgen den Ceremonieen.
Die Männer hucken in einem Kreise
nieder, in dessen Mitte der Bräutigam in eben der
Stellung sitzt.
In einiger Entfernung befinden sich
die Weiber um die Braut, alle in derselben Atti tüde.
Der Priester tritt nun zuerst in den Kreis der
Männer, und weiht den Bräutigam mit seinem eige
nen frischen Wasser ein; der Braut erweiset er hier
auf eben diese Ehre, und geht dann von einem zum andern der Hochzetgäste so lange fort, bis er seinen
Verrath erschöpft hat.
Während dieser Einweihung
sagt er kurze Segenswünsche her, von ungefähr folgen dem Inhalt:
Lebet glücklich zusammen!
Sohn, ehe ein Jahr vorbei ist!
Habt einen
Sey du ein guter
Jäger, oder Krieger! u. s. w.
Eine Wittwe darf nicht ungestraft zum zweiten mal heirathen, sie muß sich ein Glied vom Finger
abschneidea, und diese Verstümmelung vom kleinen
— 103 Finger an so oft wiederholen, al- sie eine neue Ehe anfLn-t. Wahrscheinlich beschränkt sich die hottentottiscke Kenntniß der Jungfrauschaft nut auf diese Seiche--
Die Bewohner de- Königreich-
Arr a k an sehen die Entjungferung eines Mädchen- alS ein nie driges, ihrer unwürdiges Geschäft an. Man bezahlt daher gewöhnlich Leute vom niedrigsten Pöbel, um diese für einen Indier so beschwerliche Verrichtung zu übernehmen. Nur dann, wenn ein Mädchen sich rühmen kann, nicht mehr Jungfrau zu seyn, darf eS sich Hoffnung machen, einen Mann zu bekommen; je mehr Buhler sie gehabt hat, desto eifriger betreiben Jünglinge die Werbegeschafte um ihre Hand; und ist sie schwanger, oder hat gar eine lebendige Probe ihrer Fruchtbarkeit aufzuweisen < so sind mit ihrem Be sitz die ehrenvollsten Vorzüge verbunden. Jedoch scheint der König von Arrak an einen ganz andern Geschmack zu haben, als seine Unter-
104 thauen. Gr wählt feine Weiber fast auf dieselbe Art, wie der Kaiser von Sina. Er läßt in dem ganzen Königreiche zwölf keusche Jungfrauen auSsuchen, so schön man solche nur finden kann. Diese Mädchen wer den in weißen Kattun gekleidet, unh während einem Zeiträume von sechs Stunden den brennenden Strahlen der Sonne auSgesetzt. Hierauf trocknet man ihnen den Schweiß mit ihren Kleidern ab, und giebt ihnen andere. Jene ausgewogenen Kleider werden gewissen Leuten überreicht, die dazu bestimmt sind, mit der Feinheit ihrer Nase den Geruch derselben zu unter suchen. Diejenigen Mädchen, deren Kleider keinen unangenehmen Dunst von sich geben, werden als die Gesündesten betrachtet, und haben da- Glück, den König al6 Beischläferinnen überliefert zu werden.
Bei einem Mädchen in
Nordamerika einen LiebeSbesuch machen, nennen die Wilden, fein