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German Pages 322 [324] Year 2023
Forschungen zum Alten Testament Herausgegeben von
Konrad Schmid (Zürich) ∙ Mark S. Smith (Princeton) Andrew Teeter (Harvard)
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Urmas Nõmmik
Die Erzelternerzählungen im Lichte höfischer Erzählkunst Motivkritische Studien zu den Überlieferungen von Lot, Isaak, Rebekka und Jakob
Mohr Siebeck
Urmas Nõmmik, 1975; 2008 Dr. theol. (Marburg); 2016 Habilitation (München); seit 2021 Professor für Altes Testament und Semitistik an der Universität Tartu. orcid.org/0000-0001-6391-123X
ISBN 978-3-16-159782-4 / eISBN 978-3-16-159783-1 DOI 10.1628/978-3-16-159783-1 ISSN 0940-4155 / eISSN 2568-8359 (Forschungen zum Alten Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2023 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Martin Fischer in Tübingen gesetzt, von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.
Im Andenken an meinen Lehrer Otto Kaiser (1924–2017)
Vorwort Das vorliegende Buch ist die korrigierte und leicht modifizierte Fassung meiner Habilitationsschrift, die im Sommersemester 2016 von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München angenommen wurde. Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Levin gilt mein herzlichster Dank: Er hat das Erstgutachten erstellt und mich darüber hinaus bei der sprachlichen Korrektur des Buches mit großer Geduld unterstützt; und nicht zuletzt sei erwähnt, dass er schon seit vielen Jahren mit Hingabe meinen Weg in der alttestamentlichen Wissenschaft begleitet. Für die weiteren Gutachten bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. Friedhelm Hartenstein, Herrn Prof. Dr. Reinhard G. Kratz und Herrn Prof. Dr. Jan Rohls. Eine Reihe von Freunden, Kollegen, Kolleginnen und ganzen Arbeitsgruppen haben mit unzähligen Gesprächen und Anregungen die Vorbereitung und Schriftwerdung des Buches bereichert. Vor allem zu danken habe ich Prof. Dr. Reinhard Müller und Dr. habil. Juha Pakkala, deren kritischer Beitrag in methodologischen, redaktionskritischen und religionsgeschichtlichen Fragen für mich immer wichtig ist. Ebenfalls bin ich dankbar für die lebhaften Diskussionen in der Münchner alttestamentlichen Sozietät, bei den jährlichen Treffen des Netzwerkes „Old Testament Studies: Epistemologies and Methods“ (OTSEM) sowie bei zahlreichen Arbeitstreffen des Exzellenzzentrums „Changes in Sacred Texts and Traditions“ (CSTT) der Finnischen Akademie an der Theologischen Fakultät der Universität Helsinki. Besonders fruchtbare Anregungen erhielt ich in diesem Rahmen durch die von Juha Pakkala geleitete Arbeitsgruppe „Literary Criticism in the Light of Documented Evidence“, zu der neben Christoph Levin und Reinhard Müller auch Dr. Francis Borchardt, Dr. Ville Mäkipelto, Dr. Mika Pajunen, Dr. Timo Tekoniemi und Dr. Anssi Voitila zählten. Mein Dank gilt schließlich auch meinen Kollegen und Kolleginnen an der Theologischen Fakultät der Universität Tartu, besonders Dr. Amar Annus und Dr. Anu Põldsam. Das vorliegende Buch wäre ohne längere Forschungsaufenthalte in München und Helsinki nicht möglich gewesen. Für deren Finanzierung möchte ich der Alexander von Humboldt-Stiftung und dem Exzellenzzentrum CSTT unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Martti Nissinen aufrichtig danken. Den Herausgebern der Reihe Forschungen zum Alten Testament und dem Verlag Mohr Siebeck danke ich für die Annahme der Arbeit und ihre Begleitung bei der Drucklegung.
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Vorwort
Mein Versinken in die Tiefen des untersuchten Materials hat von meiner Familie viel Geduld und Mühe gefordert – mein herzlicher Dank an Evelyn, Karoliine und Karmen Nõmmik. Tartu, im März 2020
Urmas Nõmmik
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII I Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II Jakob – ein legendärer Held . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1. Jakob, der aufstrebende Bruder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.1 Der Text Genesis 25,19–34 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.2 Ein zivilisierter und ein wilder Mann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Jakob, der Listenreiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.1 Der Text Genesis 27 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.2 Verbindungen zur ugaritischen Epik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.3 Die Intrige und die dramatische Wende in den biblischen Parallelen (Numeri 22–24; 1 Könige 1; 2 Könige 11) . . . . . . . . . . . . 43 3. Jakob, der Träumer und Kultgründer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3.1 Der Text Genesis 28,10–29,1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3.2 Der König als Träumer im Alten Orient und in Ägypten . . . . . . . . 66 3.3 Weitere Folgerungen vor dem Hintergrund der nordwestsemitischen Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 3.4 Vom Kultstein zum Himmel: Einige religionsgeschichtliche Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4. Jakob, der Held . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 4.1 Der Text Genesis 32,23–32 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 4.2 Das Ringen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4.3 Die Konsequenzen aus dem Motiv des Tagesanbruchs . . . . . . . . . . 103 III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Der Jakobzyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1.1 Die zwei Brüder in Genesis 25,19–34*; 27*; 33,1–4* und die Bethel‑ und Jabbok-Episoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1.2 Das Verhältnis des Zwei-Brüder-Zyklus zu den Jakob-Laban-Erzählungen in Genesis 29,2–32,2a . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Der Jakobzyklus, der Saul-David-Zyklus und die Mose-Erzählungen 118
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Inhaltsverzeichnis
2.1 Der Vergleich der Zyklen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2.2 Gilgamesch als Vorbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3. Jakob als Vorfahre israelitischer Könige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 IV Isaak – Friede mit den Nachbarn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1. Der Text Genesis 26 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2.1 Konfliktlösungs-Erzählungen im Alten Testament . . . . . . . . . . . . . . 157 2.2 Der Typus der Konfliktlösungs-Erzählung im Kurzepos Bilgames und Akka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2.3 Der Typus der Konfliktlösungs-Erzählung und sein Sitz im Leben am Königshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 V Lot – gerettet aus der Vernichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 1. Der Text Genesis 19,1–28 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 2. Die Sodom-Erzählung und die Sintflut-Erzählung der Jahwe-Schicht im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 3. Die Motivik der Sodom-Erzählung im altorientalischen Vergleich . . . 204 3.1 Die generelle Narrativstruktur der Sintflut-Erzählungen . . . . . . . . 204 3.2 Die Motive des Lärms und der Zerstörung einer Stadt . . . . . . . . . . 207 3.3 Die Motive des Tagesanbruchs und der Zerstörung . . . . . . . . . . . . . 212 3.4 Zusammenfassende Erörterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 VI Ertrag und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Schriftliche Erzählkultur an den Königshöfen in Israel und Juda . . . . 223 1.1 Beobachtungen zu den Texten und Textzyklen . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1.2 Der Sitz im Leben der älteren Schriftkultur und das Verhältnis zur mündlichen Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 2. Motivgeschichtliche Folgerungen: verwandte Werke und Traditionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 3. Religionsgeschichtliche Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 3.1 Die Entwicklung der Götterwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 3.2 Rituale und das Ideal des Friedens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 Autorenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Stichwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
Abkürzungen Allgemeine Abkürzungen Atr AB Die altbabylonische Version des Atramchasis-Epos E Elohist Gilg AB Die altbabylonische Version des Gilgamesch-Epos Gilg AB P Die Pennsylvania-Tafel der altbabylonischen Version des Gilgamesch-Epos Gilg AB Y Die Yale-Tafel der altbabylonischen Version des Gilgamesch-Epos Gilg MB Die mittelbabylonische Version des Gilgamesch-Epos Gilg SB Die babylonische Standardversion des Gilgamesch-Epos hif. hifil hitp. hitpael hof. hofal J Jahwist LXX Septuaginta MT Masoretischer Text nif. nifal P Priesterschrift pi. piel pu. pual S Peschitta Sam Samaritanischer Pentateuch V Vulgata
Bibliographische Abkürzungen ANET3 CAD CS DDD2 DISO DUL EM
Ancient Near Eastern Texts Relating to the Old Testament. Third edition with supplement. J. B. Pritchard, ed. Princeton, N. J., 1969. The Assyrian Dictionary of the Oriental Institute of the University of Chicago. Chicago, Ill., Glückstadt, 1956 ff. The Context of Scripture, vol. 1–3. W. W. Hallo, K. L. Younger, eds. Leiden et al., 1997–2002. Dictionary of Deities and Demons in the Bible. Second, extensively revised edition. K. van der Toorn et al., eds. Leiden et al., 1999. J. Hoftijzer / K. Jongeling. Dictionary of the North-West Semitic Inscriptions, parts I–II. Leiden et al., 1995. G. Del Olmo Lete / J. Sanmartín. A Dictionary of the Ugaritic Language in the Alphabetic, parts I–II. Transl. by W. G. E. Watson. Leiden, Boston, 2003. Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. K. Ranke et al., Hgg. Berlin, New York, 1977 ff.
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Abkürzungen
Ges18
W. Gesenius. Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, unter verantwortlicher Mitarbeit von U. Rüterswörden, bearb. und hrsg. von R. Meyer und H. Donner. Berlin et al., 1987–2012. GK28 W. Gesenius. Hebräische Grammatik. Völlig umgearb. von E. Kautzsch. Darmstadt, 1991 (zuerst erschienen 1909). KBL3 L. Köhler / W. Baumgartner. Hebräisches und aramäisches Lexikon zum Alten Testament, Bd. 1–2, neu bearb. von W. Baumgartner et al. Leiden, 1995. KTU2 M. Dietrich et al. The Cuneiform Alphabetic Texts from Ugarit, Ras Ibn Hani and Other Places. KTU: second, enlarged edition. ALASP 8. Münster, 1995. RA Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie. Begr. von E. Ebeling, B. Meissner; hrsg. von M. P. Streck et al. Berlin, New York, 1932 ff. ThWAT Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament. Bd. 1–10. G. J. Botterweck et al., Hgg. Stuttgart et al., 1973–2015. TUAT Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Bd. 1–3. O. Kaiser, Hg. Gütersloh, 1981–1997. Ergänzungslieferung, 2001. TUAT.NF Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge. B. Janowski et al., Hgg. Gütersloh, 2004 ff.
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Motive und Elemente in Genesis 25,19–34 und im hethitischen Appu-Märchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Tabelle 2: Motive und Elemente in Genesis 27 und Numeri 22–24 . . . . . . . . 48 Tabelle 3: Motive und Elemente in 1 Könige 1 und 2 Könige 11 im Vergleich mit Genesis 27 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Tabelle 4: Vergleichbare Motive und Elemente der RingkampfSchilderungen in Genesis 32,23–32* und im Gilgamesch-Epos AB P und SB II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Tabelle 5: Vergleich von Jakobzyklus (Genesis) und Saul-David-Zyklus (1 Samuel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Tabelle 6: Vergleich des Jakobzyklus und des Saul-David-Zyklus mit zwei Unterzyklen des Gilgamesch-Epos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Tabelle 7: Vergleich des Jakobzyklus mit der Inschrift von Idrimi . . . . . . . . . 141 Tabelle 8A: Der Erzähltypus der Konfliktlösung in Genesis 26* und 31–32* 168 Tabelle 8B: Der Erzähltypus der Konfliktlösung in 2 Samuel 3*; 2 Könige 6* und Josua 9* . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Tabelle 9: Der Erzähltypus „Konfliktlösung“ in Genesis 26* und im sumerischen Kurzepos von Bilgames und Akka . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Tabelle 10: Die Hauptmotive in der Lot-Sodom-Erzählung Genesis 19,1–28* und der Jahwe-Schicht der Fluterzählung Genesis 6–8* . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 Tabelle 11: Vergleich der Sodom-Erzählung Genesis 19,1–28* mit den biblischen und mesopotamischen Sintflut-Erzählungen und ‑Epen . . . . . . . 218
I Einleitung Wer nach mehr als zweihundert Jahren Forschung am Pentateuch, und besonders nach dem Zusammenbruch der neueren Urkundenhypothese, dennoch eine Studie auf diesem Gebiet unternimmt, geht ein Wagnis ein. In der heutigen Situation, die von einer Vielzahl von Entstehungsmodellen und methodischen Wegen bestimmt wird, ist kein ertragreicher Beitrag möglich, ohne sich mit manchen dieser Modelle oder Methoden prinzipiell auseinanderzusetzen.1 Allerdings kann man sich mit diesem Stand der Forschung nicht beruhigen und abwarten, ob sich aus weiteren Textbereichen, neuen Fragestellungen und methodischen Ansätzen neue Antworten ergeben. Die vorliegende Studie sollte an die ältesten Schichten der Erzelternerzählungen erneut die religionsgeschichtliche Frage richten.2 Alsbald ergab sich die Einsicht, dass die Motivkritik der angemessene methodische Weg war. Denn dafür bot sich neben der biblischen Literatur ein reicher Fundus an außerbiblischen Zeugnissen als Vergleichsmaterial an. Im Laufe der Untersuchung weitete sich die ursprüngliche Fragestellung. Die Motivgeschichte allgemein kam in den Blick wie auch die Frage nach dem Sitz im Leben der ältesten Erzelternerzählungen und der Identität ihrer Schreiber. Zunächst zu den Voraussetzungen, der Fragestellung, den angewendeten Methoden und der Auswahl der Texte: Den Ausgangspunkt bildet die Einsicht der Forschungsgeschichte, dass die ältesten Schichten der Erzelternerzählungen auf vorexilische Zeit zurückgehen. Die Datierung der Erzählungen hat sich in jüngerer Zeit grundlegend gewandelt, zumal was ihre mögliche mündliche Vorstufe angeht: Die Annahme, dass die Überlieferung im 2. und sogar 3. Jahrtausend v. Chr. begonnen habe, ist – etwas übertrieben gesagt – der These gewichen, die Erzählungen entstammten fast ausschließlich der nachexilischen Zeit. Dass die mündliche Tradition vor dem 1. Jahrtausend v. Chr. verschriftet worden sei, wird gegenwärtig nur noch gelegentlich angenommen.3 Das mündliche Stadium ist 1 Zum Forschungsstand siehe folgende Übersichten und Beiträge: Kaiser 2000a; Römer 2002; Jeremias 2005; Gertz 2006b:187–302; Schmid 2014:239–250; Levin 2015; Kratz 2011; 2016; 2018. 2 Für die Anregung dazu fühlt sich der Verfasser seinem Doktorvater Prof. Otto Kaiser und dem Gedankenaustausch mit ihm zu Dank verpflichtet. 3 Hier sollte eher die Diskussion darüber erwähnt werden, ob von einer Schriftkultur in Israel und Juda vor dem 9.–8. Jh. überhaupt die Rede sein kann. Jamieson-Drake 1991 erschließt aus archäologischen und historisch-soziologischen Gründen, dass ein zentralisiertes Königreich Juda und die dortige Schriftkultur erst im 8. Jh. entstanden sind (bes. S. 138.145–148; vgl. die
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zusammengeschrumpft.4 Die Tendenz zur Spätdatierung von großen Textblöcken ist so vorherrschend, dass man manchmal den Eindruck gewinnt, als ob es keine vorexilischen Texte gegeben hätte. Desto überraschender ist, dass es immerhin Texte gibt, die in die Königszeit datiert werden, und sogar in nicht wenigen Studien. Im Falle von Erzelternerzählungen kann man sogar von einem begrenzten Konsens sprechen. Dieser umfasst bei Abraham (der nicht ohne Lot zu denken ist) Gen 13* und 18–19*, bei Isaak Gen 26* und bei Jakob Gen 25,19 ff.* und 27–33*.5 Es gibt zwar viele Entstehungsmodelle für den Pentateuch, die sich auf seinen exilisch-nachexilischen Werdegang konzentrieren, sie setzen jedoch in den genannten Textbereichen in der Regel älteres Material voraus. Auch jene Exegeten, die die Priesterschrift für die älteste durchgehende Quelle des Pentateuchs halten, rechnen in den ergänzten nichtpriesterschriftlichen Texten gelegentlich mit vorexilischem Material.6 Wenn umgekehrt der Prozess des Werdens von den nichtpriesterlichen Kompositionen ausgegangen sein soll, wird dessen Anfang regelmäßig in der Königszeit angesetzt.7 Jene Exegeten, die neben der Priesterschrift ein jahwistisches Erzählungswerk annehmen, das nach dem Untergang des Südreiches entstanden ist, kommen ohnehin nicht ohne früheres Material aus.8 Die genannten Abschnitte in den Erzelternerzählungen beruhen also mit großer Wahrscheinlichkeit auf vorexilischem Material. Unter dieser VoraussetKritik bei Faust [2012:29 f.]). Kaiser 2010:523 f. stellt fest, dass sich die Schriftkultur „im Nordreich erst unter den Omriden im zweiten Drittel des 9. und im Südreich um die Wende vom 9. zum 8. Jh.“ entwickelt hat und umfangreichere Geschichtserzählungen ebenso wie die Schriftprophetie erst in der zweiten Hälfte des 8. Jh.s entstanden sind. Ähnlich Finkelstein 2010. Dagegen plädieren Polak 2010:68, Anm. 105; Blum 2010; Carr 2011:375–385 und Stipp 2013:171– 177 nach wie vor für einen früheren Beginn der Schriftkultur. Vgl. weiterhin auch Liverani 2010:78–80; Rollston 2010 und die Diskussion zur Khirbet Qeiyafa-Inschrift als einem administrativ-instruktiven Text aus dem 10. Jh. bei Achenbach 2012. 4 Siehe dazu Hendel 1987:13 passim und zur Forschungsübersicht Hendel 1987:13, Anm. 53. In der Forschung ist mehrfach festgestellt worden, dass mit einer gewissen Stabilität mündlicher Überlieferung nur im zeitlichen Rahmen von vier Generationen gerechnet werden kann. Ausnahmen gibt es nur im Falle sehr prägnanter oder sich stets in ähnlicher Weise wiederholender Ereignisse. Beispiele dafür finden sich in der estnischen Familienüberlieferung, siehe Jaago / Jaago 1996:70.117 passim. 5 Siehe z. B. Kilian 1966; Rendtorff 1977:34–37; Blum 1984:7–35.66–203.273–289; 2012; Levin 1993:143 f.153–170.197–200.207–244.250–258; de Pury 2006; Carr 2011:473–476.484 f.; Römer 2011b; Schmid 2014:245–250. Größere Unterschiede gibt es bei Gen 26, aber siehe besonders Thiel 1993; Levin 1993:201–204; Schmidt 1998; Jeremias 2005:16 und weitere bei Schmid 1991:40. Kaiser (2000a:116) stellt mit Rücksicht auf die Entwürfe von Blum und Levin die Frage, „ob die Zukunft nicht eher einer konsequenteren Kombination ihrer beider Anliegen gehört, die in die historische Tiefe der prä‑ und protojahwistischen Texte zurückfragt und andererseits sorgfältig zwischen dem redaktionellen Anteil des Jahwisten und den nachfolgenden Redaktionen bis hin zum Endredaktor und eventuellen noch späteren Zusätzen unterscheidet“. 6 Z. B. de Pury 2006; 2007:112 f. 7 Z. B. Blum 1984 und 2012. 8 Van Seters 1975 (bes. S. 313); 1992:277–280; 2013:41–49; Levin 1993:389–398.
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zung sind sie auch oft behandelt worden. Falls man die Erzählungen literar‑ und redaktionskritisch analysiert, sind die Hinweise nicht zu übersehen. So hat man bereits seit langem wahrgenommen, dass in den ältesten Textteilen die Theologisierung und oft auch die Jahwisierung des Geschehens noch nicht geschehen ist.9 Abgesehen von der Verteilung der Texte auf die Quellen im Sinne der Urkundenhypothese10 wird in den letzten Dekaden zunehmend angenommen, dass der Jahwe-Name oft erst auf redaktioneller Ebene ins Spiel gekommen ist. Ein klassisches Beispiel ist die Bethel-Episode Gen 28,10–22, in der der Monolog Jahwes in V. 13aβ–15 (und Jakobs Reaktion in V. 16) als sekundäre Ergänzung beurteilt wird, auch wenn in der vorliegenden Gestalt des Textes das prägnante und gut funktionierende Stilmittel der Inklusion wahrgenommen wird; umstritten sind lediglich vier Worte am Anfang von V. 13, nämlich ob Jahwe überhaupt im Traum erschienen ist oder nicht.11 An diesem Beispiel zeigt sich, welch erhebliche religionsgeschichtliche Konsequenzen die Literar‑ und Redaktionskritik haben kann. Als Ausgangspunkt einer religionsgeschichtlichen Studie reichen die Fragen nach den Gottesbezeichnungen und den vordefinierten Gattungen bei weitem nicht aus.12 Es müssen andere Schwerpunkte gesetzt werden. Für den heutigen Stand der Forschung ist entscheidend, dass die vorexilischen Erzählungen kaum anderswo als am Königshof oder im Tempel entstanden sein können, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass eine relativ autonome Klasse von wenigen Schreibern, die sowohl im Dienst des Königshofs als auch des Tempels gestanden haben, der Traditionsträger gewesen ist.13 Für unsere Untersuchung gehen wir aus drei Gründen vom Königshof als dem Ort der ältesten Erzelternerzählungen aus. Zum einen spricht dafür der oft bemerkte Umstand, dass die ältesten literarischen Schichten untheologisch sind bzw. nur menschliche Akteure in menschlichen Situationen darstellen.14 Zum zweiten lassen die altorientalischen Beispiele vermuten, dass an den Königshöfen ein intensives Interesse an bestimmten, ideologisch angelegten Erzählungen bestand. Zum dritten legen die 9 Z. B. Gunkel 1910:217: „Unjahvistischer Ursprung ist auch für viele andere Sagen sehr wahrscheinlich“; siehe aber bereits Hupfeld 1853:10 f. passim. 10 Siehe die Forschungssynopse bei de Pury 1975:32–45 (und Anm. 5). 11 Blum 1984:29.34 (korrigiert Blum 2000b:51–54); Boecker 1992:58; Köckert 2007:57 und Becker 2009:166 f. schließen V. 13aα ein, Westermann 1981:550–552; Levin 1993:216– 220; 2012:163 nicht; siehe unten II 2.1. 12 Zur Diskussion über die Gottesnamen siehe Blum 1984:471–475; de Pury 2002 und zur Diskussion über die Gattungen Ben-Amos 1971; 1980b; Longman 1991:3–21; Kim 2011:11–26. 13 Zur Diskussion siehe van der Toorn 2007:82–89, der (polemisch gegen Abhandlungen wie die von Lipiński 1988) den Jerusalemer Tempel als Verschriftungsort bevorzugt, aber zugleich unterstreicht, dass es keine Dichotomie zwischen Tempel und Palast gegeben habe. Beweis dafür sei, was zu Ilimalku in KTU 1.6.VI 54–58 gesagt wird. Weiterhin vgl. Sanders 2009:130–133, der für eine unternehmerisch selbständige Schreiberklasse plädiert. So fehlten in Israel Texte mit dem königlichen „Ich“ (S. 130). 14 Siehe oben Anm. 9.
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Erzählungen von Saul, David, Salomo und anderen königlichen Heroen es nahe, dass ihr natürlicher überlieferungsgeschichtlicher Ort der Königshof gewesen ist. Mit den Worten von Fritz Stolz:15 Wahrscheinlich ist eine Erzählweise, wie sie in Aufstiegs‑ und Thronfolgeerzählung vorliegt, in einer gewissen Kontinuität zum volkstümlichen Erzählen zu sehen. Man hat mit Kreisen zu rechnen, die in der Nähe des Hofes (und damit auch der „Weisheit“, des Schul‑ und Wissenschaftsbetriebes) zu suchen sind; hier ergaben sich gewisse politische und theologische Tendenzen, die sich nun in der Überlieferung des Erzählgutes niederschlugen.
Folglich führt eine Studie, die die Analyse von vorexilischen Prosatexten zum Ziel hat, früher oder später zu der Einsicht, dass diese Texte ihren Sitz im Leben am Königshof gehabt haben – oder auch zu der Gegenfrage: Ist die Verbindung mit dem Hof aus irgendwelchen Argumenten auszuschließen?16 Zwei exemplarische Lösungen aus der Forschungsgeschichte seien an dieser Stelle vorgestellt. Eine bekannte Antwort betrifft die sammelnde und archivarische Tätigkeit der Schreiber am Königshof; beispielhaft dafür ist der Jahwist der Urkundenhypothese gewesen, der bereits im 10.–9. Jahrhundert v. Chr. die volkstümlichen Erzählungen gesammelt und in ein umfassendes Erzählwerk eingearbeitet haben soll. Diese noch aus dem Ideal der Romantik schöpfende Vorstellung eines Folkloristen-Theologen, der um des Volkes, seiner Geschichte und seines Gottes willen ein heilsgeschichtliches Epos zusammengestellt habe, ist weithin mit Recht auf Kritik gestoßen.17 Ein rein historisches und volkstümliches Interesse ist zwar für jedes Zeitalter denkbar; berücksichtigt man aber, wie aufwendig das Schreiben im Altertum gewesen ist, bedarf die Entstehung eines umfassenden Literaturwerks besondere Umstände. Wie die Studien zur altorientalischen Literatur gezeigt haben, setzt ein Text in der Königszeit das Interesse von Seiten des Königs oder des Tempels voraus. Also muss die Frage erneut gestellt werden, welchen Sitz im Leben die ältesten Erzählungen gehabt haben. Ein Unterproblem stellt die vormals verbreitete, aber auch gegenwärtig noch vertretene Prämisse dar, es in diesen Texten mit Orts-, Kult‑ und ethnischen Ätiologien zu tun zu haben, auf die sich das Interesse der Schreiber gerichtet hätte.18 In vielen Fällen habe die Ätiologie als solche den Nukleus der Überlieferung gebildet. Klassische Beispiele dafür sind die Bethel‑ Stolz 1981:18. manche wegweisenden Beobachtungen bei Van Seters 1992:287 f.305 f. (zu den Segnungen); Levin 1993:408–410 (zur jahwistischen Sprache) und ferner Schmid 2014:247 f. 17 Ein Sonderfall ist die Annahme eines Historikers nach Vorbildern der klassischen Antike; siehe z. B. Van Seters 1975; 1992; 2013 und ähnlich Whybray 1987. Vgl. dagegen Hendel 1987:162–165. 18 Damit verbindet sich die Erwartung, zum Beispiel den Jakoberzählungen Hinweise auf die Sozialgeschichte der Hirten oder kleineren Volksgruppen oder ihren Wanderungen entnehmen zu können; siehe symptomatisch Seebass 1966:41–49. 15
16 Siehe
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und Penuël-Ätiologie.19 Freilich stellt sich auch hier die Frage nach der Funktion dieser Texte, die ja nach Samaria oder Jerusalem transponiert worden sein müssen. Ist vielleicht doch etwas Anderes für den Sitz im Leben entscheidend gewesen? Auch die zweite Antwort genießt bis zum heutigen Tag eine gewisse Popularität; sie setzt voraus, dass irgendwelche politischen Gegebenheiten die raison d’être der ältesten Prosatexte bestimmt haben müssen. Bei Texten, die von David oder Salomo erzählen, sind königsideologische Interessen leicht vorauszusetzen; bei den Erzelternerzählungen ist die Frage deutlich komplexer, denn – politischhistorisch gesehen – erweisen sich nur die Ortsnamen und Eponyme wie Israel, Edom, Moab und Ben-Ammi als Haftpunkte.20 Die Aufmerksamkeit gilt meist den Eponymen, weil sie sich mit den politischen Verhältnissen im 10.– 8. Jh. kombinieren lassen, die in den Samuel‑ und Königebüchern beschrieben werden. Freilich versteht sich für kritische Stimmen von selbst, dass dieses Vorgehen unsicher bleibt. Die Angaben in den Samuel‑ und Königebüchern unterliegen vielfach historischem Zweifel, wenn sie sich nicht sogar redaktionskritisch widerlegen lassen.21 Gelegentlich gibt man diese Schwierigkeiten auch zu.22 In anderen Fällen muss der Leser solcher Studien feststellen, dass die Rolle, die eine nationale oder staatliche Ideologie für die Erzählungen spielen konnte, überschätzt wird. Wir schlagen einen anderen Weg ein, der auch bereits in vielen Studien zur altorientalischen Literatur und generell zur Folklore begonnen hat: Wir wollen uns auf die Handlung als Teil des Narrativs und auf den Hauptakteur als Fokus der narrativen Dynamik konzentrieren und daraus Konsequenzen für den Sitz im Leben der Erzählungen ziehen. In der Forschungsgeschichte lassen sich viele lehrreiche Studien nennen.23 Aus ihnen werden wir im Folgenden die für uns beispielhaften Werke und Ideen auswählen, ohne uns im faszinierenden Wald der Folkloristik und der Literaturwissenschaft zu verirren. Für unsere Vorgehensweise steht Vladimir Propp mit seinem bahnbrechenden und zuerst auf Russisch erschienenen Buch Morphologie des Märchens aus dem Jahre 1928 am Anfang, weil hier nämlich eine Bewegung, eine im Rahmenwerk des Narrativs 19 Für die Jabbok-Episode behauptet Dietrich 2001:200, dass sie eine „Orts‑ oder auch Heiligtumslegende“ sei, die die Jakobsippen übernommen und auf Jakob übertragen hätten. Vgl. auch Finkelstein / Römer 2014:324 f. 20 Siehe z. B. Blum 1984; 2012:207–210; Finkelstein / Römer 2014:331 f.; Schmid 2014:247. 21 So werden sich unsere Gründe, warum die älteste Schicht in Gen 26* in die Königszeit zu datieren ist (unten IV ), von denjenigen bei Blum (1984:304–307) stark unterscheiden. 22 Z. B. Finkelstein / Römer 2014:331 f. 23 Als Einführung in die folkloristische Forschung am Alten Testament siehe Kirkpatrick 1988 und Niditch 2000:1–22, aber auch Irvin 1978:105–115 und Hendel 1987:1–32; zur Anwendung der entsprechenden Methodik auf altorientalische Texte und die Erzelternerzählungen siehe Irvin 1978 (darunter Gen 16; 18–19; 21; 22; 28); Hendel 1987 (Jakob‑ und Mose-Zyklen); Niditch 2000:23–125 (Gen 12; 20; 26; Jakob‑ und Josephszyklen); ferner den ExodusKommentar von William H. C. Propp (1998).
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funktionierende und formalisierbare Handlung im Zentrum steht.24 Hier eine Zusammenfassung von Karl Eimermacher:25 Ausgehend von der Bestimmung derartiger [konstanter (invariabler) und inkonstanter (variabler) – U. N.] „Funktionen“ gelang es Propp sodann, ein [das] Zaubermärchen wesentlich konstituierendes festes Repertoire formalisierbarer invariabler Elemente zu isolieren. Damit war ein hilfreiches Selektionsprinzip zur Vereinfachung des in vielfältigen Variationen im Märchen gebotenen stofflichen, nicht ohne weiteres überschaubaren Materials gegeben. Erst diese wissenschaftsökonomisch gesehen nützliche Reduzierung der Zahl möglicher[, das] Märchen konstituierender Bausegmente schuf eine brauchbare Grundvoraussetzung, um die Beziehungen dieser Segmente, also das für die Gattung gesuchte Beziehungssystem, die Struktur von Märchen, systematisch zu untersuchen.
Für uns sind nicht die einunddreißig proppschen Funktionen entscheidend, sondern wissenschaftsökonomisch nur das Prinzip: die Fokussierung auf formalisierte invariable und variable Bausegmente und ihre Reihenfolge.26 Zum einen sind der genaue Inhalt des Geschehens und das Wesen des Protagonisten zwar wichtig, aber die Struktur des Narrativs ist wichtiger.27 Dabei ist für eine komparative Studie die Übertragbarkeit von Funktionen auf unterschiedliche Darsteller von Bedeutung.28 Zum anderen zielt unsere Untersuchung nicht auf universale Folgerungen, sondern auf die Funktion des Narrativs, die sich anhand der strukturellen Schwerpunkte jeweils erschließen lässt. Daher wird es uns auch nicht stören, dass es unter den von uns zu behandelnden Texten keine Märchen im Sinne von Propp gibt. Wir können das komplizierte Problem des Märchens im Alten Testament vollkommen ignorieren.29 In vorbildlicher Weise hat der Historiker und Altorientalist Mario Liverani den Impuls von Propp aufgenommen. Seine Abhandlungen aus den 1970er Jahren, unter anderen zur Inschrift des Königs Idrimi aus Alalach und zur Erzählung über die Thronbesteigung des Joasch in 2 Kön 11, belegen eindrücklich, welches Potenzial ein Funktions‑ bzw. Motivvergleich für das Verständnis von ähnlichen narrativen Strukturen in der altorientalischen und altägyptischen Li-
24 Propp 1972; zu seiner Methode siehe Meletinskij 1972; Eimermacher 1972; Kirkpatrick 1988:79–81; Hendel 1987:134 und Niditch 2000:6 f. 25 Eimermacher 1972:217 f. 26 Kurz und treffend bei Propp 1972:27–30. 27 Vgl. Niditch 2000:7: „Propp provides a useful model for tracing the narrative forms of the Old Testament, indeed, a tool of form-criticism, but one must be wary, as one should be with all form-criticism, of forcing biblical texts into a pattern that Propp deduced […]“. 28 Propp 1972:25–27; Hendel 1987:37 f. 29 Siehe dazu die Überlegungen von Kirkpatrick 1988:79 f. und das von ihr hervorgehobene kontroverse Resultat der Analyse von Gen 32,23–33 bei Barthes 1971. Beachte auch das Urteil von Ben-Amos 1976:217 (und vgl. Irvin 1978:115), dass bei der Untersuchung von altorientalischen und biblischen Texten nicht die Motive als solche, sondern das Motiv im Kontext, d. h. das plot-motif und die traditional episode ausschlaggebend sind.
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teratur besitzt.30 Liveranis besondere Stärke liegt darin, dass er sein Augenmerk präzise und motivgeschichtlich bewusst auf das Verhältnis zwischen Fakt und Fiktion, Geschichte und Märchen richtet. Er fragt nicht zuerst nach der Herkunft von bestimmten Motivmustern, sondern nach ihrem politischen und sozialen Sitz im Leben. Um ein Beispiel zu nennen, markiert der Topos von der Reise auf dem Streitwagen in die Wüste den Anfang des Abenteuers, das wiederum die königliche Qualität des Protagonisten beweisen soll.31 Ein Bezug zu realen Geschehnissen kann immerhin vorhanden sein, aber auf diese Frage kann erst eingegangen werden, nachdem das Märchenhafte ausgesiebt worden ist.32 Ein exemplarisches Zitat von Liverani sei hier angefügt:33 In fact most protagonists of ‘fairy tale’ stories in the ancient Near East are usurpers: Idrimi, Sargon of Akkad, Hattushili III, David, Darius, and so on. They all rose to power in an irregular way from a modest background. It was appropriate and necessary to recount their stories as a fairy tale accomplishment, in which the hero’s bravery, assisted by magic or divine help, and notwithstanding an unfavourable starting point, succeeded in surmounting every obstacle and in achieving success.
Damit kommt das Stichwort Legitimation in unser Blickfeld, das bestätigen kann, dass viele alttestamentliche Erzählungen ihren Sitz im Leben in königlichem Umfeld haben. Die Legitimation gehört ihrerseits zu einer weitergehenden Identitätsbildung, denn solche Narrative sind oft für mehrere Generationen von Bedeutung. An dieser Stelle tritt der wichtigste Identitätsträger des Alten Orients, der legendäre Gilgamesch, ins Rampenlicht. Mehr als alle anderen ist er für die Königsdynastien zum Prototyp des idealen Königs geworden.34 Ausgehend 30 Liverani 2004a; 2004b. Vgl. auch zur Chronologie in biblischen historischen Texten Liver ani 2010, in den David-Erzählungen im engeren Sinne Liverani 2011:13; zu Propp vgl. Liverani 2004a und 2011:13. 2 Kön 11 und die Idrimi-Stele werden von uns unten II 2.3 und III 3 behandelt. 31 Liverani 2004a, zumal S. 94. 32 Zum Vergleich können manche methodisch vergleichbaren Studien genannt werden: Vater 1979 als ein früher, aber trefflicher Kurzbeitrag; Gnuse 1982 zu 1 Sam 3; Longman 1991 zur Gattung der fiktionalen akkadischen Autobiographie (zum Verhältnis zu den biblischen Erzählungen S. 70–73); Naumann 2000 zu den Erzählmotiven in 2 Sam 11–12 und Kim 2011 zum Phänomen der literarischen type-scene der Inkubation in Keret, Aqhat und 1 Sam 1–2 (siehe bes. S. 11–19.61–87). 33 Liverani 2004a:96. Vgl. auch Cogan 1991. 34 Zur Einleitung in die Gilgamesch-Tradition siehe George 2003:3–155; Maul 2005:9– 42; Sallaberger 2013. Es ist hinzuzufügen, dass die Gilgamesch-Tradition in Syrien und der Levante verbreitet gewesen ist; dazu Steymans 2010, der das gesamte textliche und ikonographische Material aus der Levante zusammengetragen hat und folgendermaßen beurteilt: „Somit füllen die Bilddarstellungen die zeitliche Lücke der Schriftzeugnisse und lassen auf eine fortdauernde mündliche Überlieferungsgeschichte in der Eisenzeit II (1000–586) schließen. Die mündlichen Überlieferungen mit Einfluss auf die Bibel und die frühjüdische Literatur hafteten lokal an Phönizien und der Gegend südlich des Hermongebirges“ (S. 287). Weiterhin siehe Ornan 2010:249–254, die am Beispiel der ikonographischen Humbaba-Motivik sowie der Löwentötungsszenen wahrscheinlich macht, dass der Gilgamesch-Stoff in Syrien und der Levante im 1. Jt. bekannt war. Fragmente der Gilgamesch-Tafel sind in Megiddo und Emar (Msk
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von der Beobachtung, dass das aus dem letzten Drittel des 2. Jahrtausends v. Chr. stammende babylonische Standardepos – in der altorientalischen epischen Literatur ganz ungewöhnlich – einem bestimmten Schreiber namens Sinleq-unnini zugeschrieben worden und überdies mit einem Rahmen von Preisliedern auf die Mauer von Uruk versehen ist (Gilg SB I,1–23; XI,323–328),35 beschreibt Stefan M. Maul den Beitrag des Gilgamesch-Epos zur Identitätsbildung folgendermaßen:36 Das Epos, das der Dichter im Prolog als eine Königsinschrift präsentiert, muß daher auch als Botschaft des Gilgamesch gesehen werden, die dieser eigentlich an einen ihm in der Zukunft nachfolgenden Fürsten richtete. […] Gleichsam als königlicher Nachfolger des Gilgamesch kann der Hörer des Epos so an den für Könige bestimmten Lehren, an den Erfahrungen und Nöten des Gilgamesch Anteil haben. […] So hören wir in der subtilen Konstruktion des Prologs des Gilgamesch-Epos, den an den Hörer gerichteten Imperativ heraus, die uralte, von Gilgamesch begründete und von der Gemeinschaft von Göttern und Menschen getragene Zivilisation, die ihr Sinnbild in der Mauer von Uruk findet, zu erhalten, zu pflegen und fortzuführen. Nicht zuletzt durch das Rezitieren des Textes und das damit verbundene gemeinschaftliche Erinnern des Namens Gilgameschs, des Gründungsheroen der altorientalischen Kultur, wird dieses identitätsstiftende Ziel erreicht.
Daraus folgt für unsere Untersuchung, dass wir unser Augenmerk auf das Moment der Identitätsbildung richten müssen. Anhaltspunkte dafür liefern die Texte selbst; denn als Narrative bestehen sie aus einer Reihe von Funktionen bzw. Handlungen, in denen eine bestimmte Identität zum Ausdruck kommt. Gelegentlich tragen sie auch Orts‑ und Zeitangaben, die auf subtile Weise zusätzliches Bedeutungspotenzial enthalten. Voraussetzung ist, dass die Einzelheiten direkt und indirekt die Rolle des Protagonisten illustrieren. Freilich geht es in den Erzählungen jeweils um die Identität einer bestimmten Person. Deshalb gehören die Narrative in einen bestimmten Kontext. Dazu können wir von dem Ethnologen Dan Ben-Amos lernen, dass volkstümliche Überlieferung nie in einem leeren Raum spielt, sondern in einem lebendigen kommunikativen Kontext, der noch dazu relativ eng umrissen zu denken ist.37 Da wir für die Situation unserer Texte keine Feldforschung betreiben können, wird die Bedingung, dass sie von einer kleinen sozialen Gruppe stammen, gerade 74128d und 7498n++) gefunden worden; die Erörterungen dazu siehe bei Tigay 1982:123–129; Gertz 2006a:53; Sanders 2009:85; Ornan 2010:253 f. und Hamori 2011:639–642. Oft wird in den Forschungsarbeiten darauf verwiesen, dass die aramäische und phönizische Literatur verloren ist, die zweifelsfrei einmal das Zwischenglied gebildet hat, so z. B. bei George 2003:70. 35 Maul 2008b:343.346–348. 36 Maul 2008b:350. 37 Siehe den programmatischen Aufsatz von Ben-Amos 1971 (bes. S. 9.12 f.), der folgende Definition gibt: „folklore is artistic communication in small groups“ (S. 13); ebenso Ben-Amos 1993:218: „Similarly, code, style, and measure, intonation and dramatization, genre and its conventions, and time and place of performance convey meanings“; und Ben-Amos 1973:121– 125 passim.
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dann außerordentlich wichtig, wenn wir uns auf die Anfängen der Tradition von den Erzeltern richten. Man kann sogar fragen, ob je in einem Kontext ohne Massenmedien, wie er damals gegeben war, ein Narrativ außerhalb einer relativ kleinen Gruppe funktionieren konnte. Sogar die erste literarische Bearbeitung bedeutete zunächst nur, dass das Material einer bestimmten Gruppe von einer anderen übernommen werden konnte, nicht aber, dass es zum Allgemeingut wurde.38 Diese Gruppe war lokal begrenzt als Dorf‑ oder Stadtgemeinschaft oder Großfamilie. Angesichts der wenigen Schreiber in altorientalischen Kulturen, die zudem an Institutionen gebunden waren, dürfte am ehesten eine institutionelle Gruppe in Betracht kommen: die Kaste der Schreiber selbst, die Tempelbeamten, die höfische Oberschicht oder die Königsfamilie.39 Soweit uns bekannt, wurden Texte oft und dann laut vorgelesen, bei großen Festen auch vor einem größeren Publikum, doch schon die physischen Gegebenheiten der damaligen Welt begrenzen die Reichweite erheblich.40 Zwei Gruppen heben sich für eine Adaption von Motiven aus anderen Kulturen besonders hervor: die Schreiber und der Königshof und dessen Umkreis. Beide hatten Kontakt mit anderen Kulturbereichen, sei es durch schriftliche Dokumente, sei es durch diplomatischen Verkehr, sei es durch von außerhalb angeworbene Fachkräfte oder eingeheiratete Königstöchter.41 Beachtenswert ist, dass in bestimmten Fällen ein Zyklus von mehreren Erzählungen besser als einzelne Erzählungen zur Identitätsbildung seiner Verfasser oder Adressaten beitragen kann. Wie die Abfolge einzelner Motive traditions‑ und religionsgeschichtlich höchst bedeutungsvoll sein kann, so auch die Sukzession bestimmter Erzählungen. Obwohl man in der Forschung seit Hermann Gunkel den Begriff „Sagenkranz“ schon lange gebraucht42, hat man den Erzählzyklen erst seit den 1970er Jahren mehr Aufmerksamkeit geschenkt und erkannt, welche Programmatik in ihnen zur Darstellung kommen kann. So hat Michael Fishbane den Jakobzyklus auf synchroner Ebene beschrieben und Albert de Pury der Stellung von Gen 28,10–22 im weiteren Kontext eine elaborierte Studie 38 Auf die möglichen Änderungen und Verschiebungen während der Verschriftung des mündlichen Traditionsgutes geht Ben-Amos 1980b ein. Lehrreich sind auch Abhandlungen zu Familienüberlieferungen, wie sie für Estland Jaago / Jaago 1996:42–44 passim erarbeitet haben. Sie zeigen unter anderem, wie der Wechsel des Umfelds zu Änderungen führt. 39 Wie Ben-Amos (1973) gezeigt hat, müssen in den Analysen soziale, politische und andere Marker beobachtet werden. So kann z. B. für den jüdischen Humor gesagt werden: „Since every narrator identifies himself with fewer groups than he disassociates himself from, it is necessary not only to examine against whom he directs his humorous remarks, but also whom does he avoid criticising“. 40 Vgl. van der Toorn 2007:11–14. 41 Vgl. van der Toorn 2007:53.65, und weiterhin seine Übersicht über die mesopotamischen, altägyptischen (S. 54–73) und israelitischen (S. 75–108) Schreiberinstitutionen. Ich bedanke mich für ein Gespräch dazu auch bei Frau Dr. Sylvie Honigman. 42 Gunkel 1910:xxxi–xxxiii.
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gewidmet.43 Ronald S. Hendel und Susan Niditch haben darüber hinaus den Jakobzyklus einerseits mit dem Mose-Zyklus und der ugaritischen Epik, andererseits mit dem Josephszyklus motivgeschichtlich verglichen.44 Obwohl die beiden Arbeiten literarkritische Fragen kaum beantworten, haben sie gezeigt, dass zwischen diesen Zyklen unübersehbar strukturelle Verbindungen bestehen. Das hat weitgehende Konsequenzen sowohl für die literar‑ und redaktionskritische Analyse der Erzelternerzählungen als auch für ihre Motivgeschichte im Kontext der altorientalischen Literaturen. Wenn in einer und derselben literarischen Schicht zwei oder drei Episoden eine szenische Abfolge bilden, stellt sich die Frage, wie die darin zum Ausdruck kommende zyklische Dynamik zu deuten ist, welche Interessen dahinterstehen und ob vielleicht gerade eine solche Sukzession von Episoden anderswo Parallelen besitzt. Der Schwerpunkt auf der Motivkritik bedeutet nicht, dass die folgende Studie die Literar‑ und Redaktionskritik als etablierte Methode ignorieren will. Unsere erste Aufgabe wird vielmehr sein, die möglichen ältesten Schichten in den Erzählungen herauszupräparieren. Erst danach ist auf die Frage des motivgeschichtlichen Ortes einzugehen. Wenn ein und dasselbe Motiv oder dieselbe Motivkombination außerbiblisch belegt ist, folgt daraus nicht ohne weiteres, dass die betreffende biblische Erzählung hohes Alter hat oder einheitlich ist.45 Eine Motivfolge kann sich auch von einer kürzeren zu einer komplexeren und konventionelleren Fassung entwickelt haben, die dann in altorientalischen Parallelen belegt ist. Einer der Gründe für die Literar‑ und Redaktionskritik liegt darin, dass die Anwendung der motivgeschichtlichen Methode eine Entscheidung über das Verhältnis von mündlicher und schriftlicher Erzählkultur voraussetzt.46 Da die Erzelterngeschichten in schriftlicher Form vorliegen, darf auf keinem Fall unmittelbar auf mündliche Fassungen zurückgeschlossen werden.47 Denn wir müssen voraussetzen, dass die Schriftkultur einen eigenen Stilkanon besessen hat, der 43 Fishbane 1975 und de Pury 1975:473–585. Andere gewichtige Arbeiten sind z. B. Blum 1984:5–203; de Pury 2006, aber vgl. bereits Eising 1940. Gegenwärtig ist das Interesse an den Zyklen in der Forschung verbreitet, siehe z. B. Finkelstein / Römer 2014; Schmid 2014:245– 250. 44 Hendel 1987 und Niditch 2000:93–125. 45 Das wird in der Forschung gern behauptet, zuletzt z. B. von Heintz 2015:267–280, der meint, dass die Mari Parallelen, die es für einen „pacte bipartite“ gibt, die Kohärenz von Gen 31,43–32,1 bestätigen (vgl. Kutsch 1973:89). 46 So ist eine der Hauptfolgerungen von Hendel 1987:162–165, dass für die mündliche, kanaanäisch-hebräische Erzähltradition die Zyklen, nicht die Einzelerzählungen prägend waren; zur Diskussion siehe Carr 2011:13–36. 47 Barton 2009, bes. S. 188.191.193, zeigt für Gen 32,23–33, dass diese Erzählung mündlich nicht funktioniert. Die Ergebnisse der folkloristischen Untersuchungen zur Mündlichkeit haben die alttestamentliche Wissenschaft insgesamt sehr spät erreicht. Man beachte, wie detailreich noch Elliger 1951 (bes. S. 10–12); Schmidt 1979 (bes. S. 133) oder Hentschel 1977 (bes. S. 18.35) mit mündlichen Vorstufen von Gen 32 argumentieren.
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nicht ohne weiteres mit dem mündlichen übereinstimmt.48 Viele literarkritische Studien haben zu relativ knappen Grundfassungen der Erzählungen geführt, die noch keine mündliche Kommunikationssituation voraussetzen. Eine Erzählung von vier bis fünf Sätzen braucht nämlich zwei bis drei Minuten Zeit zum Vorlesen, ein fünf‑ bis sechsteiliger Zyklus sogar bis fünfzehn Minuten. Es ist zwar vorstellbar, dass ein solcher Zyklus verlesen worden ist, aber nicht zur öffentlichen Unterhaltung. Solche Zyklen wollen nicht die Überlieferung in ihrer ursprünglichen Gestalt archivieren, sondern haben ein anderes Ziel. Das schließt einen indirekten Bezug auf die mündliche Tradition nicht aus, zumal sich direkte literarische Anleihen kaum beweisen lassen, umso weniger zwischen Werken, deren Ursprung voneinander zeitlich und geographisch entfernt ist.49 Eine Ausnahme bildet hier die Methode von Frank H. Polak, der bei der Prosa zwischen lean style und elaborate style unterscheidet und ersteren mit der Mündlichkeit verbindet.50 Tatsächlich können kurze Bausteine sowohl auf der Satzebene als auch auf der idiomatischen Ebene ein Anzeichen für Mündlichkeit sein. Trotzdem scheint es uns im Rahmen dieser Studie methodisch sicherer, von der schriftlichen Form der Erzählungen auszugehen. Beobachtungen zum schriftlichen Erzählstil schließen Folgerungen für den mündlichen Vortragsstil ja nicht aus. Auf der literar‑ und redaktionsgeschichtlichen Ebene gelten aber andere Regeln. Während mündliche Überlieferung an feste Gattungen gebunden ist und mit ihrem „Sitz im Leben“ steht und fällt, kann ein schriftlich vorhandenes Werk ohne weiteres durch Bearbeitung wiederbelebt werden, wenn eine neue kommunikative Situation die Ergänzung der Motivstruktur erfordert. Dasselbe gilt für den nachträglichen Eintrag bekannter Motive und Einzelerzählungen. Sogar für den mündlichen Vortrag kann eine jüngere Textfassung besser geeignet gewesen sein als eine ältere, knappe Schicht. Wie alle Methoden liefert aber auch die Literar‑ und Redaktionskritik nur begrenzte Ergebnisse.51 Die Diskussion über den Pentateuch demonstriert zur Genüge, dass sich mehrere Lösungen für die Entstehung einer Erzählung oder Erzählkette nicht ausschließen müssen. Darüber hinaus hat diese Methode immer mit der Möglichkeit von Auslassungen und Überarbeitungen zu kämpfen, die die Voraussetzung kohärenter und vollständiger literarischer Schichten in
Vgl. auch van der Toorn 2007:14–16. die mesopotamischen Texte in Keilschrift geschrieben waren, sind Anleihen daraus besonders schwierig vorzustellen, wie z. B. van der Toorn 2000 und Morrow 2005:205–207 angedeutet haben. 50 Z. B. Polak 2010 und bes. S. 64 f. Seine Argumente hat z. B. Hutzli 2010:516 ähnlich verwendet. 51 Volz 1933:118: Man wird „nie eine völlige Aufhellung aller Einzelheiten erreichen, auch nicht erwarten können“. Trotzdem sind wir im Blick auf die Rekonstruierbarkeit der ältesten Schichten optimistischer als z. B. Blum 2012:207. 48
49 Da
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Frage stellt.52 Damit von einer regelrechten Motivkritik die Rede sein kann, muss auch das Ergebnis der Literar‑ und Redaktionskritik korrigierbar sein. Gelegentlich schließt die Zuordnung zu einer jüngeren Schicht ein älteres Motiv oder einen älteren Begriff keineswegs aus. Gleichwohl setzen wir zunächst für die einzelne Erzählung die Kohärenz voraus. Deshalb wird im Folgenden oft von einem narrativen Minimum die Rede sein, um das Grundgerüst einer Erzählung zu sichern. Eine solche Vorgehensweise bereitet zugleich die motivkritische Analyse vor, indem sie die narrativen Motive markiert. Motive sind die kleinsten funktionstragenden Bestandteile der Handlung. Für die Definition greifen wir dabei nicht auf andere Voruntersuchungen zurück.53 Voraussetzung für geprägte Motive ist vielmehr, dass sie in mehreren Narrativen in ähnlicher Form begegnen.54 Falls ein bestimmtes Motiv nirgends wieder begegnet, kann seine Prägung nicht bewiesen werden und es wird deshalb nicht berücksichtigt. Darüber hinaus betrachten wir prägnante Einzelmotive, die wegen eines ähnlichen kulturellen, geographischen, zeitlichen oder institutionellen Kontexts von Bedeutung sind. Um diesen Kontext sicher voraussetzen zu können, werden nur Einzelmotive berücksichtigt, die mit anderen Einzelmotiven in gleicher Reihenfolge oder mit zusätzlichen charakteristischen Elementen kombiniert werden. Daher notieren wir auch Begleitelemente wie die Zahl und den Charakter der Darsteller, spezifische Datierungen und Lokalisierungen, stilistische Kleinformen und wiederkehrendes Vokabular.55 Diese Einzelheiten gehören nicht zur Struktur des Narrativs, können aber dafür sprechen, dass ein Narrativtypus vorliegt, oder auf identitätsbildende und religionsgeschichtlich bedeutungsvolle Details hinweisen. Wir vereinfachen damit die Methode von Susan Niditch, die zwischen generic, specific, typological und individual elements unterscheidet.56 Generic elements sind die allgemeinen narrativen Grundfunktionen im Sinne unserer narrativen Motive. Specific elements ergänzen die allgemeinen um die für eine Erzählung spezifischen inhaltlichen Aspekte, die mit 52 Kritisch zu den methodischen Problemen siehe Pakkala 2013, aber auch Überlegungen wie bei Blum 1984:286: „[D]aß ein selbstständiger Erzählungsanfang bei der Einarbeitung in einen größeren Kontext transformiert wird, folgt doch schon aus dem Bemühen um erzählerische Kohärenz, daß in erster Linie die Textränder von dem Prozeß der Überlieferung betroffen sind“. 53 Daraus folgt, dass wir nicht auf einen allgemeinen Motivkatalog zurückgreifen werden. Das schließt nicht aus, dass darauf aufbauende Untersuchungen ebenfalls wichtig sein können, wie z. B. die Studie von Irvin 1978, die den traditionellen Episoden von Geburt, Mahl-/Ratsversammlung, Epiphanie und Botensendung nachgeht. 54 Siehe die kritische Übersicht und Definition bei Ben-Amos 1980a. 55 Ein einzelnes Wort wird besonders dann wichtig, wenn es z. B. im Hebräischen und Akkadischen ähnlich ist und mit einem vergleichbaren Motiv einhergeht; daher werden auch Wörterbücher herangezogen, unter denen das von Hayim ben Yosef Tawil (2009) besonders hervorzuheben ist. 56 Niditch 2000:28 f. Der Begriff „Narrativtypus“ kann in gewisser Weise mit dem Begriff der family resemblance von Kim 2011:14–18 verglichen werden.
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anderen Erzählungen verglichen werden können und die „Morphologie“ des Narrativs ausmachen. Wir nennen sie ebenfalls narrative Motive. Die typological elements beschränken sich auf den Typus der behandelten Erzählung, wobei z. B. die Zahl und der Charakter der Darsteller spezifiziert werden können. Für uns sind das meistens Einzelmotive und Begleitelemente. Die individual elements charakterisieren nur die jeweilige Erzählung und keine andere, werden aber von uns nur selten analysiert. Eine solche Verbindung von Literar‑ und Motivkritik erlaubt es, die Motivik einer einzelnen Erzählung von einem Erzählzyklus zu unterscheiden; lose und geprägte Motivverbindungen können unterschieden, die Entwicklung von einfachen Motivverbindungen zu Motivstrukturen kann wahrgenommen werden. Das gilt auch für den Vergleich mit Parallelen außerhalb der Erzelternerzählungen und mit außerbiblischen Parallelen. Eine Verlagerung in andere institutionelle Kontexte, z. B. von einem Kultort an den Hof, wird erkennbar. Der Sitz im Leben am Hof oder in den Kreisen der Schreiber kann bestätigt oder widerlegt werden. Wie bereits erwähnt, werden wir nicht das ganze Korpus der Erzelternerzählungen behandeln. Wir beschränken uns auf solche Texte, die von der literarkritischen und redaktionskritischen Forschung nach wie vor in die Königszeit datiert werden. Unter den Jakoberzählungen sind das die beiden Episoden über die Geburt von Jakob und Esau und den Verkauf des Erstgeburtsrechts in Gen 25,19–34. Die bisherige Forschung hat sich das Motiv der Kinderlosigkeit sowie auf den Bezug auf Edom und Seïr57 konzentriert. Seit E. A. Speiser ist auf das Motiv der behaarten Haut und die Verwandtschaft des Wortes ֵשׂ ָערmit dem Akkadischen šuʾuru notiert worden, das in der Schilderung von Enkidu in der Gilgamesch-Tradition begegnet.58 Die Erzählung von der Erlistung des väterlichen Segens in Gen 27 hat wegen mehrerer Einzelheiten das besondere Interesse der Forschung gefunden. Geläufig sind die Parallelen in der ugaritischen Epik gewesen, die sogar zu weitgehenden Spekulationen im Blick auf einen möglichen kultischen Hintergrund geführt haben.59 Hingegen steht die motivgeschichtlich auffällige Weise, wie Rebekka in dieser Erzählung dargestellt wird, stets im Schatten. Die Literatur zur Bethel-Episode Gen 28,10–22 (29,1) und zur JabbokEpisode Gen 32,23–33 ist inzwischen unübersehbar. Zweifellos sind die beiden Texte für religionsgeschichtliche Erwägungen von größter Bedeutung. Wegen ihrer Funktion als Brückentexte zwischen Jakob-Esau‑ und Jakob-Laban-Zyklus wird aber ihre eigene Entwicklung bisher nicht ausreichend wahrgenommen. Das motivgeschichtliche Potenzial in Gen 28, das in der Verbindung des Traums 57 Man kann sogar sagen, dass von der Evaluierung des relativen Ortes des letztgenannten Motivs in der Entstehungsgeschichte von Gen 25 (und auch 27) dramatische (auch motivgeschichtliche) Unterschiede entstehen; vgl. z. B. auf einer Seite Blum 1984:66–88; Van Seters 1992:280–288 und auf anderer Seite Eising 1940:41 f.; Otto 1979:25–28; Levin 1993:200. 58 Speiser 1964:196 und andere; siehe unten II 1.2 und Anm. 44. 59 Im Mittelpunkt steht dabei der Wortlaut des väterlichen Segens Gen 27,28.39 selbst, bereits seit Charles Virolleaud (1938:27); siehe unten II 2.2 und Anm. 123.
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mit der Errichtung der Massebe liegt, weist eigentlich auf einen Zusammenhang mit der Königsideologie hin. Bei dem Ringkampf Jakobs am Jabbok gilt die Aufmerksamkeit bisher den vielen Ätiologien. Die Einzigartigkeit der Szene und ihren Zusammenhang mit der folgenden Episode vom Friedensschluss mit Esau in Gen 33* hat man jedoch kaum gewürdigt.60 Auch die Bedeutung, die in der auffallenden Verbindung von Morgendämmerung שׁחרund Sonne שׁמשׁ in Gen 32 liegt, wurde noch nicht ausreichend wahrgenommen. Den weiteren Jakob-Laban-Zyklus werden wir allerdings mit Ausnahme von 31,25–32,2a kaum berühren. Für die Entstehung des Jakobzyklus als Ganzen verspricht der Vergleich mit dem Mose-Zyklus neue Einsichten.61 Daraus folgt weiterhin die Notwendigkeit, das Verhältnis des Jakobzyklus zu den Erzählungen über Saul und David zu bestimmen. In der neueren Forschung verdichtet sich nämlich der Eindruck, dass alle diese Zyklen in einem Bezug zur Gilgamesch-Tradition stehen. Über die Jakoberzählungen hinaus wollen wir noch zwei Texte literar‑ und motivkritisch überprüfen, die der Abhandlung eine weitere Dimension hinzufügen können. Der erste dieser Texte ist die Isaak-Abimelech-Erzählung in Gen 26, die den Nukleus der Isaak-Erzählungen bildet. Die Meinung darüber, wie sie sich zu ihren Parallelen in den Abrahamerzählungen Gen 12, 20 und 21 verhält, ist in der Forschung gespalten. Meist wird Gen 26 für jünger als Gen 12 erklärt.62 Diese Entscheidung leitet auch den Zugang zur Motivgeschichte. Entgegen verbreiteter Meinung63 kann hingegen eine gründliche literarkritische Analyse das höhere Alter von Gen 26* erweisen. Damit eröffnen sich eine ganze Anzahl von narrativen Parallelen, die von verwandten biblischen Erzählungen bis in die frühe Gilgamesch-Tradition zurückreichen und unter anderem auch die auffallende Betonung des Begriffs „ שׁלוםFrieden“ am Ende der Erzählung besser verstehen lassen. Ein zweiter wichtiger Text außer dem Jakobzyklus ist die Lot-Sodom-Erzählung in Gen 19, weil bei ihr Beziehungen zur biblischen Sintflut-Erzählung zu beobachten sind.64 Wir wollen sie unter verstärkter Berücksichtigung der Literarkritik, aber auch der über die biblischen Parallelen hinausgehenden Verwandtschaft mit altorientalischen Parallelen untersuchen. Auch hier darf man sich von den näherliegenden Parallelen wie Ri 19 oder der Nachbarerzählung in Gen 18 nicht täuschen lassen. Stattdessen muss die Frage beantwortet werden, warum es eine solche Erzählung wie Gen 19* überhaupt gibt. Auffallend ist, welche 60 Bahnbrechend ist nun die Abhandlung von Esther J. Hamori (2011), obwohl bereits Jensen 1906 und Poliakoff 1987 Hinweise gegeben haben; siehe unten II 4.2. 61 Siehe oben Anm. 23. 62 Leider sind dafür sogar motivgeschichtlich angelegte Studien zu nennen, wie Niditch 2000:23–69. 63 Siehe oben Anm. 5. 64 Z. B. Clark 1971:193–195; Levin 1993:47 f.159–163 und Wenham 1994:42 f.; aber auch Westermann 1974:71 f.; 1981:361 f.375.377 und Oden 1981:210.
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Rolle trotz der jahwistischen Überarbeitung65 das Motiv des Tagesanbruchs spielt. Nicht eigens behandeln müssen wir Texte wie Gen 18 und vergleichbare Bewirtungsepisoden, zu denen es bereits umfangreiche Untersuchungen, besonders im Blick auf mögliche ugaritische Parallelen (Keret und Aqhat), gibt.66 Unsere Studie ist nicht die erste, die eine vergleichende Motivgeschichte alttestamentlicher und altorientalischer Literatur zum Gegenstand hat. Für die Erzelternerzählungen hat es solche Untersuchungen seit langem gegeben, beginnend mit frühen, methodisch fraglichen Studien, die jedoch dank ihrer mutigen Suche nach vergleichbarem Material interessante Beobachtungen liefern,67 bis hin zu reifen und ertragreichen Arbeiten in den letzten Jahrzehnten. Da die Forschung stark von den Editionen der Texte abhängt, hat Andrew R. George mit seiner im Jahre 2003 erschienenen, bemerkenswert elaborierten Edition der mesopotamischen Gilgamesch-Texte68 eine neue Ära für die Erforschung der Einflüsse dieser Tradition auf das Alte Testament eröffnet.69 Auch für andere Textbereiche verbessert sich die Lage laufend: So ist die hethitische Literatur heutzutage erheblich besser für vergleichende Studien zugänglich.70 Studien zur mesopotamischen Königsideologie haben bereits die Forschung an den Samuel‑ und den Königebüchern beeinflusst.71 Einzelne Untersuchungen gelten Motiven wie der Rolle des Traums.72 Die Erforschung der ugaritischen Literatur ist bemerkenswert fortgeschritten.73 Auch zu Texten wie der Stele des Idrimi aus Alalach, die Da wir nur die früheste Phase der Literargeschichte der Erzelternerzählungen und ihrer Zyklen behandeln werden, werden wir auf die spätere Entwicklung der Zyklen (die Verbindung von Abraham-Isaak-Jakob-Joseph usw.) nicht näher eingehen. Vgl. dazu die Debatte zum späten Jahwisten (und Dozeman / Schmid 2006). Das Phänomen der Jahwisierung und der literarischen „Jahwe-Schichten“ ist nicht zu übersehen; vgl. bes. Jeremias 2005:18–20. 66 So Westermann 1976:123–127.155–160; Irvin 1978:17–24.72 ff.; Hendel 1987:38–59 oder Avishur 1999:57–74. 67 Zwei Untersuchungen seien hier genannt. In einer umfangreichen Studie zum AT und zum Gilgamesch-Epos ist Peter Jensen (1906) auf unzählige Parallelen gestoßen (vgl. dazu Hartenstein 2009:104). Daniel Völter (1912) hat für Gen 26 einen Sonnenmythus als ägyptische Parallele benannt (S. 40 f.) und die Rolle Jakobs in der Bethel-Episode (S. 59–61) wie auch in der Jabbok-Episode (S. 61–67.72–77) als die des Erdgottes Qeb gedeutet, der die Gottheit Schu bekämpft. Eher auf Einzelheiten beschränkt, aber solider im Urteil ist der altorientalische Kommentar zum AT von Anton Jirku aus dem Jahre 1923 (1972). 68 George 2003 und die wichtigen Ergänzungen George 2007 zu den Ugarit-Tafeln und Al-R awi / George 2014 zu Gilg SB IV; aber bereits Jeffrey H. Tigay (1982) hat einen wichtigen Impuls gegeben. 69 Siehe z. B. Baumgart 1999:419–559 zu Gen 5–9 und Gilg SB XI; Hartenstein 2009 (hier S. 101–103 zur Forschungsgeschichte) zu Gen 2–3 und Gilg SB I; Gerhards 2013 zu Gen 2–3 und 11; Hamori 2011 zu Gen 32 und dem Ringkampf zwischen Gilgamesch und Enkidu. 70 Siehe besonders Hoffner 1998 und Haas 2006. 71 Z. B. McCarter 1980a; Longman 1991; Hallo 1991; Ishida 1999; siehe auch Yoon 2014:85–108. 72 Z. B. Gnuse 1982; 1984; Seow 1984; Butler 1998 und besonders Husser 1994; Zgoll 2006 und Kim 2011. 73 Z. B. Loretz 1978; 1990; Parker 1989. 65
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für die alttestamentliche Forschung eher marginal sind, gibt es aus neuerer Zeit gewichtige Studien.74 Hermann Gunkel hat zu den Erzelternerzählungen einst festgestellt: „Wir haben in diesen Sagen die Anfänge der Religionsgeschichte“.75 Über viele Jahrzehnte hat sich das Interesse der deutschsprachigen Forschung vor allem auf die Literar‑ und Redaktionsgeschichte gerichtet. Obwohl es einen relativen Konsens gibt, welche Schichten in den Erzelternerzählungen in die Königszeit gehören, hat man die religionsgeschichtlichen Konsequenzen nicht gezogen. Das ist umso merkwürdiger, als gegenwärtig eine intensive religionsgeschichtliche Debatte über das Verhältnis zwischen Polytheismus und Monotheismus in vorexilischer Zeit und über die Rolle von Jahwe, El und dem Begriff Elohim stattfindet. Zu diesen Erörterungen gehört auch die Frage des möglichen Sonnengott-Kults in Israel und Juda, die in mehreren Studien berührt worden ist, aber noch nicht im Lichte der literar‑ und redaktionskritischen Voraussetzungen systematisch analysiert worden ist.76 Die Aufforderung, mit der Othmar Keel seine Abhandlung zu Gen 19 geschlossen hat, gilt nach wie vor:77 Es wäre eine reizvolle Aufgabe, den Spuren der alten Sonnenreligion in der judäischen Theologie nachzugehen und von daher einige Unterschiede zur stärker von der Auseinandersetzung mit dem Baalskult geprägten Theologie des Nordreiches herauszuarbeiten.
Die Erzelternerzählungen liefern dazu mit dem Motiv des Tagesanbruchs signifikantes Material. Anhand unserer vorläufigen Überlegungen zu den Schreibern und ihren königlichen Auftraggebern liegt es nahe, dass auch die Frage der göttlichen Gerechtigkeit und des einvernehmlichen Zusammenlebens, das ihr auf menschlicher Seite entspricht, in den Erzelternerzählungen und ihren Parallelen zum Gegenstand wurde. Das Ziel unserer Studie lässt sich so zusammenfassen: Wir wollen die ältesten literarischen Schichten der Erzählungen über Jakob, Rebekka, Isaak und Lot (aber auch über Esau und Abimelech) im Kontext der biblischen und altorientalischen Literatur motivkritisch untersuchen, um ihren Sitz im Leben und ihren literargeschichtlichen sowie sozial‑ und religionsgeschichtlichen Hintergrund zu verstehen.
74 Z. B. Greenstein / Marcus 1976; Dietrich / Loretz 1981; Oller 1989 und besonders Liverani 2004a; 2004b und Durand 2011. 75 Gunkel 1910:xxiv. 76 Aus der bisherigen Forschung sind z. B. Keel 1979; Janowski 1989; 1995; und Kutter 2008 hervorzuheben. 77 Keel 1979:17, und noch Anm. 47 ebendort: „So etwa dem den Sonnenkulten eigenen Trend zum Universalismus oder dem zur Betonung des Ethos im Rahmen eines weisheitlichen Ordnungsdenkens“. Vgl. Janowski 1989:187.
II Jakob – ein legendärer Held 1. Jakob, der aufstrebende Bruder 1.1 Der Text Genesis 25,19–34 Die Doppelepisode in Gen 25,19–34* über die Geburt der beiden Brüder Esau und Jakob und den Verkauf des Erstgeburtsrechts von Esau an Jakob ist die erste Erzählung, die eine nähere Betrachtung verdient. Bei ihr vermutet man seit langem ein literarisches Wachstum, zumal die Quellenscheidung sich als unwahrscheinlich erwiesen hat.1 Dass der Episode eine relativ alte Schicht zugrundeliegt, liegt sehr nahe, und mehrere motivgeschichtlich interessante Details verlangen nach Erklärung. Als erstes ist festzustellen, dass V. 28 zwischen den beiden Episoden V. 19–27 und 29–34 ein Fremdkörper ist. Die Vorliebe Isaaks für Esau sowie Rebekkas für Jakob ist in dem vorliegenden Kurznarrativ nicht begründet. Sie bezieht sich auf die Erzählung von der Erlistung des väterlichen Segens Gen 27, zu der sie eine Brücke schlägt.2 Die unterschiedlichen Charakterzeichnungen der beiden Brüder in V. 27 gehen fließend in die Exposition der neuen Episode in V. 29 über. Zum zweiten fällt auf, dass die Geburtsepisode durch V. 19–20 und 26b auf das priesterschriftliche Koordinatensystem bezogen worden ist.3 In den verbleibenden Versen 21–26a erregen literarkritisch vor allem zwei Doppelungen Aufmerksamkeit: Erstens wird Jahwe in V. 21 und 22 zweimal hintereinander angerufen, und zweitens erfährt Rebekka bereits in V. 22–23 von der Geburt der Zwillinge, so dass ihre Überraschung, von der V. 24 erzählt ()והנה, den Anlass verliert. Die narrative Logik verlangt, dass die Schwangerschaft zuvor erwähnt werden musste. Das leistet die Notiz in V. 21c. Die Verse 21c und 24 lassen sich Vgl. kritisch zur Quellenscheidung in Gen 25 bereits Volz 1933:70–73. Siehe bes. Otto 1979:30 und Van Seters 1992:282; 2013:43 und dagegen Blum 1984:68. Levin 1993:198 sieht in 25,28 einen Vers, der einmal 27,1 vorangegangen sei; seine Rekonstruktion setzt jedoch für den Einschub V. 29.31–32.33b.34aβγ ein nachträgliches apologetisches Ziel voraus, wenn auch noch auf der Ebene des Quellentextes für J. Zur zweiten Bearbeitungsschicht in Gen 27 siehe unten 2.1. 3 Vgl. zuerst Wellhausen 1899:30.34 (Q) und Holzinger 1898:173, dann auch Gunkel 1910:384 f.; von R ad 1987:212; Speiser 1964:193.196; Westermann 1981:502; Blum 1984: 66 f.79; Van Seters 1992:280–281; Levin 1993:200; Wahl 1997:246; vgl. auch Eising 1940:36 f. und Otto 1979:24. 1 2
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ohne weiteres verknüpfen. Daraus folgt, dass V. 22–23 eine spätere Extrapolation sein können.4 Schwieriger zu entscheiden ist, wie Isaaks Bitte in V. 21a–b, die er wegen Rebekkas Unfruchtbarkeit an Jahwe richtet, sich zu der Befragung Jahwes durch Rebekka in V. 22–23 verhält. Beide sind schwerlich in einem Zug entstanden, zeigen aber beide eine generelle, die Vätererzählungen umspannende Perspektive: Außer Rebekka sind auch Sarai (Gen 11,30) und Rahel (Gen 29,31) zunächst unfruchtbar ()עקרה. Darin zeigt sich ein die einzelnen Überlieferungen übergreifendes Motiv. Das Geburtsorakel V. 23 hingegen überblickt nicht nur den gesamten Jakob-Esau-Zyklus, der in seiner späteren Fassung die Entstehung von zwei Völkern – Israel und Edom – erzählt, sondern nimmt auch die spätere Polemik gegen Edom voraus5. Die unterschiedliche Reichweite – V. 21a–b auf die Familien der Erzväter bezogen, V. 22–23 auf externe, historische Verhältnisse – spricht dafür, dass V. 21a–b älter ist,6 wenn das Motiv, das die Erzelterngeschichte als Ganze betrifft, auch nicht zur ältesten Fassung der Geburtsepisode gehören kann. Vers 21c hingegen ist für das ursprüngliche Narrativ unentbehrlich.7 In V. 24–26 spricht abgesehen von einem Detail in der Beschreibung Esaus in V. 25 und abgesehen von der priesterschriftlichen Notiz in V. 26b nichts gegen die Annahme eines alten Texts, denn hier ist narrativisch gesehen fast nichts überflüssig: Als die Zeit der Geburt gekommen ist, werden überraschenderweise ( והנהin V. 24) Zwillinge geboren. Für beide werden der Name und dessen „Etymologie“ angegeben: „behaart“ ֵשׂ ָערfür Esau und die „Ferse“ ָע ֵקבfür Jakob. Keines der beiden Wortspiele ist für den ursprünglichen Text entbehrlich, denn sie bereiten das Folgende vor8: Zwar wird für Jakob der Anspruch auf Dominanz unterstrichen und für Esau das Aussehen, doch spielt für Esau von Anfang an sein besonderes Verhältnis zu dem eine Rolle, was wir vorerst das „Wilde“ nennen wollen – es ist motivgeschichtlich nicht unbedeutend, dass bei Esau das unkonventionelle Äußere betont wird. Demgegenüber erweist sich das Adjektiv 4 So Long 1968:49 f., Otto 1979:25–27, Westermann 1981:502–505 und Levin 1993:62.197– 200; vgl. bereits Gunkel 1910:294 f. Anders Blum 1984:67–69 (Anm. 2).79 f. Dass das Verb דרשׁ (hier in V. 22) eher in jüngeren Texten gebraucht worden ist, zeigt die Episode der Inkubation König Salomos in 2 Chr 1: Dort ist das Verb vorhanden, während es in der älteren Fassung 1 Kön 3 fehlt; vgl. auch Seow 1984:146 und zu 1 Kön 3 unten 3.2. 5 Siehe weiterhin Levin 1993:200 und vgl. mit anderer Datierung Westermann 1981:504 f. Otto 1979:25–28 sieht in 25,22.23.25*.30; 27,29aα.b.39.40; 32,4b und 33,14.16 eine EdomSchicht; auch Eising 1940:41 f. findet, dass „die besonders gute Personendarstellung“ in V. 30 f. gegen eine „Völkergeschichte“ spreche. Gegen solche Erklärungen und für die organische Zugehörigkeit der Ätiologie Israels und Edoms zur ältesten Schicht äußert sich Blum 1984:69–79. 6 So oder ähnlich: Otto 1979:25–27; Westermann 1981:503 f.; Levin 1993:197–200. Es ist zu notieren, dass Westermann V. 21 wegen des ungeschickten Stils als eine „abkürzende Wiedergabe“ einer für uns verloren gegangenen Erzählung deutet und dass Holzinger 1898:178 die heutige Gestalt von V. 21 für fraglich hält. 7 Das Verb עתר, das in den Erzelternerzählungen nur hier begegnet, würde eher für spätere Herkunft sprechen, vgl. Gerstenberger 1989, ferner Wahl 1997:247. 8 Siehe zumal Long 1968:50.
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אדמוניals fraglich, „da כאדרת שׂערschlecht als Vergleich zu אדמוניpaßt“9. Während שׂערtatsächlich als lautliches Spiel mit עשׂוin Betracht kommt, eignet sich אדמוני nur als Vergleich zu אדם, was aber in der vorliegenden Erzählung nur in dem sekundären Vers 30 begegnet.10 Eine Seïr-Etymologie (vgl. 27,11–12.16.21–23; 33,14–16) lässt der hiesige Kontext überhaupt nicht erwarten.11 Damit gilt für die Geburtsepisode: Es gibt zwei Brüder, die von Geburt an unterschiedlich, gar rivalisierend sind, aber noch nicht Edom und Israel verkörpern. An die Überleitung zur zweiten Episode in V. 27 und die Exposition der Szene von der Erlistung der Erstgeburt in V. 29 schließt sich in V. 30 ein weiteres sekundäres Wortspiel an. Dieses ist nun anders als V. 25 durch die Begründung על־כןals regelrechte Etymologie gestaltet worden und muss sekundär sein; denn das ältere Ziel der Erzählung in V. 29–34 – die Verwirklichung von Jakobs Anspruch auf Führung – wird verfehlt.12 Darüber hinaus ist אדמוניin V. 25 sehr wahrscheinlich von אדםin V. 30 abhängig. In V. 34 ist verdächtig, dass am Schluss einer alten Erzählung unversehens ein wə-PN+qatal-Satz auftritt, zumal wayyiqtol-Sätze hier generell dominieren und in der Mitte von V. 34 sogar eine auffallende Viererreihe ( )ויאכל וישׁת ויקם וילךbilden. Der Schlusssatz ויבז עשׂו את־הבכרה, der die Konsequenz zieht, ist ebenfalls verdächtig; denn unsere Beobachtungen an alten Erzählungen stützen ein solches Resümee sonst nicht.13 So liegt es nahe, dass in dieser Erzählung – außer den priesterschriftlichen Versen und der sekundären Anknüpfung durch V. 28 an Gen 27 – in V. 22 f.30.34a eine relativ umfangreiche Edom-Redaktion vorliegt. Weiteres aus der ältesten Gestalt der Erzählung auszuscheiden, gibt es zumindest auf dieser Etappe der Studie keinen ausreichenden Grund.14 Mithin liegt den Versen 19–34 folgende alte Erzählung zugrunde:15 19 Und das ist die Geschlechterfolge Isaaks, des Sohnes Abrahams: Abraham zeugte Isaak. 20 Und Isaak war vierzig Jahre alt, als er Rebekka, die Tochter Betuels, des Aramäers aus 9 Otto 1979:25 (ferner S. 25 f.). Ähnlich auch Holzinger 1898:179, der mit Karl Budde ָ oder besser noch ֵע ָשׂוstammgleiches, später nicht annimmt, dass stattdessen „ein 2711 23 )(שׂ ִעיר mehr verstandenes und durch ַא ְדמוֹנִ יersetztes Wort dagestanden“ habe. Bei der älteren Quellenscheidung wurde אדמוניdem J und שׂ ערdem E zugeschrieben, so z. B. von Gunkel 1910:293 f. 10 Siehe unten. 11 Levin 1993:199 nimmt nachjahwistische Herkunft an wegen der durchgehend sekundären Kontextualisierung von Esau mit Edom, ganz anders wiederum Blum 1984:68–79, der die Edom-Ätiologie gerade für das Älteste in der Erzählung hält. Aus irgendeinem Grund wussten bereits die Masoreten, ֵשׂ ָערin 25,25 und ָשׂ ִערin 27,11 unterschiedlich zu vokalisieren (BHS). 12 Siehe bes. Otto 1979:26 und Levin 1993:199; nur V. 30b wird oft zur Ergänzung erklärt, so Gunkel 1910:297; Long 1968:9; Westermann 1981:510; Blum 1984:73; Wahl 1997:255 u. a. 13 V. 34aα und b werden von Levin 1993:199 als Ergänzungen betrachtet. 14 Levin 1993:199 scheidet auch V. 33a aus, weil er den ersten Redegang in V. 31 wiederhole, und ליעקבkönne „nicht gut auf לוgefolgt sein“ – doch ohne weitere Beobachtungen reichen seine Argumente nicht aus. Früher hat man wegen der Quellenscheidung die Charakterisierungen in V. 27 auf J und E verteilt, so z. B. Gunkel 1910:294.296. 15 Kursiv wird gesetzt, wo wir sichere Extrapolationen annehmen, und geschweifte Klammern {…} dort, wo wir eine relativ frühe Umarbeitung des Textes voraussetzen.
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II Jakob – ein legendärer Held
Paddan-Aram, die Schwester Labans, zur Frau nahm. 21 Da betete Isaak zu Jahwe dringend wegen seiner Frau, denn sie war unfruchtbar. Und Jahwe ließ sich von ihm erbitten. {Da wurde Rebekka, seine Frau, schwanger.} 22 Da stießen die Söhne einander in ihrem Innern, und sie sagte: „Wenn (es) so ist, warum bin ich es?“ Da ging sie, um Jahwe zu befragen. 23 Und Jahwe sagte ihr: „Zwei Völker sind in deinem Leib und zwei Stämme trennen sich aus deinem Schoß; und der eine Stamm wird dem anderen Stamm überlegen sein und der Ältere wird den Jüngeren dienen!“ 24 Aber als ihre Tage sich erfüllten, dass sie gebären sollte, siehe, da waren Zwillinge16 in ihrem Leib. 25 Da kam der erste heraus, rötlich war er, sein Ganzes war wie ein behaarter Mantel. Da nannten sie17 ihn Esau. 26 Und danach kam sein Bruder heraus, und seine Hand hielt Esau an der Ferse. Da nannte er18 ihn Jakob. Und Isaak war sechzig Jahre alt, als sie geboren wurden. 27 Und die Knaben wuchsen heran. Esau war ein Mann, der sich auf die Jagd verstand, ein Mann des freien Feldes. Aber Jakob war ein sanfter Mann, der in Zelten wohnte. 28 Und Isaak liebte Esau, denn das Wildbret19 war (gut) in seinem Munde; aber Rebekka liebte Jakob. 29 Und Jakob kochte ein Gericht. Da kam Esau vom freien Felde, und er war erschöpft. 30 Da sagte Esau zu Jakob: „Lass mich nun von dem Roten, diesem Roten,20 verschlingen, denn ich bin erschöpft.“ Daher nannte man ihn Edom. 31 Da sagte Jakob: „Verkaufe mir heute deine Erstgeburt21!“ 32 Da sagte Esau: „Siehe, ich sterbe nahezu,22 was soll mir da die Erstgeburt?“ 33 Da sagte Jakob: „Schwöre mir heute!“ Da schwor er ihm und verkaufte seine Erstgeburt an Jakob. 34 Darauf gab Jakob dem Esau Brot und Linsengericht. Und er aß und trank und stand auf und ging davon. Und Esau verachtete seine Erstgeburt.
Falls die so gewonnene Gestalt die literarische Grundlage der Erzählung wiedergibt, muss die Frage der Selbständigkeit negativ beantwortet und die Szene mit der Brautwerbung für Isaak in Gen 24 verknüpft werden.23 Bei genauerem Hinsehen beruht die Verknüpfung aber nur auf der Notiz V. 21c; die eigentliche Geburtsepisode wie auch die Szene von der Erlistung der Erstgeburt bieten keine anderen Namen als Esau und Jakob. Da am Anfang von V. 24 ein wayyiqtolx-Satz steht, kann nicht behauptet werden, dass darin der ursprüngliche An16 Zur
Wortform siehe BHS. Verb קראwird in V. 25 pluralisch und in V. 26 singularisch benutzt. Das ist verdächtig, aber nicht zu lösen, denn LXX, S und V verwenden in beiden Fällen Singular, Sam und Fragmente aus der Geniza in Kairo den Plural; Wevers 1993:393 untersteicht, dass wegen V. 24 das Subjekt in LXX V. 25 Rebekka sein muss. 18 Siehe vorige Anm. 19 LXX und Sam fügen um die Klarheit willen das Suffix 3ms hinzu (BHS). 20 Der Text ist wegen der Verdoppelung von האדםunsicher; vgl., wie LXX den Stil verbessert. 21 Im Sinne des Erstgeburtsrechts. 22 Wörtlich eine partizipiale Konstruktion mit הולך. 23 Da 25,1–18 Abrahams Tod und Ismaels Nachkommen zum Thema haben sowie den Text der Priesterschrift oder der Ergänzer vertreten, kommt als ältere Verbindung nur die zwischen 24,67a und 25,21c in Betracht – so besonders Levin 1993:197, vgl. auch Wahl 1997:246. Wester mann 1981:503 hält 25,19–28 für eine „von R gebildete Einleitung zur Jakob-Esau-Geschichte“, und Blum 2012:191, Anm. 28, meint, V. 19 f. würden einen älteren Erzählungsbeginn ersetzen. 17 Das
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fang der Erzählung vorliegt, aber es kann ebenso wenig ausgeschlossen werden, dass ihr Ursprung von den Isaak-Rebekka-Geschichten unabhängig ist.24 Daher bleibt der Tatbestand offen, dass V. 21c nicht unbedingt zur ältesten Gestalt der Erzählung gehört haben muss, aber dass V. 24 so auch nicht ohne weiteres (vgl. die Possessivsuffixe 3fs) eine alte selbständige Episode einleiten konnte. Jedenfalls umfasst die älteste Schicht zwei Kurzepisoden, die zu einer Erzählung V. (21c).24–27*.29–34* verschmolzen sind. Den Höhepunkt der ersten Episode bildet die Geburt zweier unterschiedlicher Brüder, von denen der zweite die Dominanz beansprucht. Der Höhepunkt der zweiten Episode rundet die Erzählung ab, indem er berichtet, wie Jakob sich die erstrebte Erstgeburt angeeignet hat.25 Es wird von einem Konflikt bzw. einer Rivalität erzählt, die auf ihre eigene Weise gelöst wird. Die Lösung beruht auf dem Motiv der List und wird durch das Stakkato der vier Verben am Ende der Erzählung unterstrichen.26 Es wird dabei nur von zwei (Haupt‑)Darstellern – Jakob und Esau – berichtet. Dass Rebekka und besonders Isaak zur ältesten Schicht gehört haben, ist literarkritisch nicht gesichert. Religionsgeschichtlich fällt auf, dass Gott nicht zu den Personen der Handlung gehört. Die Etymologien der Namen Jakob und Esau sind eigentlich nur knappe Wortspiele, die auf dem Klang beruhen und die Personen ad hoc charakterisieren sollen, aber nicht ihr tiefstes Wesen erfassen, geschweige dass sie deren Nachkommenschaft einbeziehen. Sie werden auch nicht moralisch gewertet: Jakob und Esau und ihre Handlungsweisen werden zwar kontrastiert, aber ohne dass dafür ethische Maßstäbe benannt werden. Stattdessen werden Motive ins Spiel gebracht wie zum Beispiel der behaarte Körper, die sich ohne Hintergrundwissen nicht erschließen lassen und möglicherweise weitere Erzählungen voraussetzen, die nicht erhalten sind. Der Stil der Erzählung ist knapp: Sie beruht auf der Aneinanderreihung von narrativen Elementen durch wayyiqtol-Formen und beschränkt sich damit auf die Handlung, ohne jedoch kurze, den Ablauf unterstützende direkte Reden auszuschließen. Der jetzige Anfang in V. 20, der mit einem mit ויהיeingeiteten Nominalsatz beginnt und in der Regel der Priesterschrift zugewiesen wird, könnte einen älteren Anfang verdrängt haben. 1.2 Ein zivilisierter und ein wilder Mann Im Alten Testament gibt es mehrere Rivalitätslegenden sowie Berichte von den besonderen Umständen einer Geburt; sie kommen jedoch aus unterschiedlichen 24 Wie unten zu zeigen sein wird, gibt es stilistische Differenzen zwischen Gen 25,21–34* und beiden älteren Schichten in Gen 27*. Daraufhin ist eine und dieselbe Herkunft unwahrscheinlich (dies gilt ebenso für Gen 24). Blum 1984:86–88 nimmt bei Gen 25B und 27 zwei ursprünglich für sich stehende Erzählungen an, deren Wortlaut er aber nicht rekonstruiert. 25 Der Stilmittel der Doppelepisode wird noch in weiteren alten Erzählungen benutzt, zu 1 Kön 3* siehe unten 3.2 und zu Gen 26 unten IV 1.1. 26 Beide Motive können unten auch motivgeschichtlich versichert werden; siehe unten IV 1.2.
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II Jakob – ein legendärer Held
Gründen für einen direkten Vergleich nicht in Betracht. Zu den wichtigsten zählt die Erzählung von Kain und Abel in Gen 4, wo von den vielfältigen Motiven in Gen 25,21–34* nur die (brüderliche) Feindschaft belegt ist. Die Episode von der Entbindung der Tamar in Gen 38,27–30, die mit der Geburtsepisode Jakobs und Esaus mehrfach im Wortlaut übereinstimmt und mit der Rivalität der Zwillinge ein paralleles Motiv bietet, ist von Gen 25 abhängig.27 Das Thema der Unfruchtbarkeit samt der Geburt eines wichtigen Sohnes wird z. B. in Gen 18; Ri 13; 1 Sam 1 und 2 Kön 4 entfaltet, aber nirgends in Verbindung mit rivalisierenden Brüdern. Das Motiv der Rivalität begegnet in Gen 16 und 21,9–21, um die Verhältnisse im Drei‑ bzw. Fünfeck Abraham – Sara (Isaak) – Hagar (Ismael) darzustellen. Dort liegt der Akzent aber auf Sara und Hagar, nicht auf den Söhnen. Deshalb beginnen wir unsere motivgeschichtliche Suche mit der Kombination von besonderer Behaarung und ungewöhnlicher Lebensweise. Denn zusätzlich zu seinem behaarten Körper ()כלו כאדרת שׂער28 wissen wir von Esau, dass er ein אישׁ ידע ציד, ein „Mann, der sich auf die Jagd versteht“, und ein אישׁ צדה, ein „Mann des freien Feldes“ war. In der Episode vom Verkauf der Erstgeburt kommt Esau zurück vom freien Felde (25,29), in der Erzählung vom Erwerb des väterlichen Segens in Gen 27 geht Esau auf die Jagd (V. 3 und 30), und Isaak erwartet, dass er nach dem freien Felde riecht (V. 27).29 Die Suche nach Entsprechungen im Alten Testament ergibt zwei Charaktertypen und eine auffällige Person. Den ersten Typus repräsentiert Elia, dessen Mantel אדרתin mehreren Szenen eine besondere Rolle spielt (1 Kön 19,13.19; 2 Kön 2,8.13 f.) und der in 2 Kön 1,8 sogar für einen ִאישׁ ַּב ַעל ֵשׂ ָערgehalten wird. Zumal die letzte Wendung lässt eine ambivalente Deutung zu: Elia kann sowohl selbst behaart sein als auch ein härenes Gewand tragen.30 Die späte Polemik in Zech 13,4 setzt voraus, dass zu einem Propheten ein härener Mantel אדרת שׂערgehört. Elia ist ein Prophet, ein Gottesmann, der mehrfach auf Wanderung geschildert wird (vgl. 1 Kön 19,4– 8; 2 Kön 1,4.7) und zu keiner bestimmten Ortschaft gehört, wohl aber sich auf einem Berge aufhalten (1 Kön 19,8–18; 2 Kön 1,9) oder an einem Fluss Wunder vollbringen kann (2 Kön 2,8; vgl. V. 13–14).31 Den zweiten Typus bilden die Nasiräer נזיר, deren Kopfhaare שׂער ראשׁnicht geschnitten werden dürfen, solange das Nasiräergelübde in Kraft ist (Num 6,5.18). Ein solcher begegnet auch in der Gestalt Simsons (Ri 13,5.7; 16,17), dessen Haare im Erzählzyklus eine bedeutende Rolle spielen und der zugleich ein besonderes Verhältnis zur Wildnis besitzt. Seine Haare, einmal als שׂער ראשׁ Vgl. Levin 2009:282–285; Hagedorn 2009:143. Weiterhin sind Varianten vertreten in 27,11 als „ ִאישׁ ָשׂ ִערbehaarter Mann“ und in 27,23 als „ ְשׂ ִערֹתbehaart“ für die Hände. 29 Dazu siehe gleich unten 2.1. 30 Dazu siehe Ges18:162b.1295a. 31 Parallelen zwischen Esau und Elia hat im Kontext des Typus des „wilden Mannes“ Mobley 1997:227 hervorgehoben; siehe auch unten. Die Eliaerzählungen sind freilich literargeschichtlich komplex, siehe z. B. Fohrer 1968:33–55; Kratz 2000:169–171; Levin 2003a. 27 28
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„Kopfhaar“ (16,22) bezeichnet, einmal „ שׁבע מחלפותsieben Locken“ (16,13.19)32 genannt, hängen mit seiner außergewöhnlichen Kraft zusammen. Diese Kraft wird wiederum mehrmals in wilden Szenen hervorgehoben: Simson zerreißt einen jungen Löwen (14,5 f.), er schlägt die Philister zusammen und erschlägt sie (15,8.14–17), er reißt einen Dagon-Tempel nieder (16,26–30), das alles mit bloßen Händen oder dem Kinnbacken eines Esels. Simsons gespanntes Verhältnis zur Zivilisation und sein Grenzgängertum zeigt sich auch in der Erzählung mit der Frau aus Timna (14,7–15,8), wo er sich am Ende in die Felsenkluft von Etam zurückzieht bzw. hinabzieht (15,8.11). Es ist kennzeichnend, dass er nicht in ein Haus geht; denn außer seinem Elternhaus, das die Redaktion hinzugefügt hat,33 besitzt er kein festes Zuhause. Das Heldenhafte, das in diesen Episoden zur Geltung kommt, wird von Gregory Mobley als fundamentaler Charakterzug des Typus des „wilden Mannes“ bestimmt. Das gilt zumal, wenn man die mesopotamische laḫmu-Tradition in Betracht zieht, eine ikonographische Tradition, in der laḫmu, der „Behaarte“, als ein nackter – neuassyrisch auch bekleideter –, bärtiger und langhaariger Mann dargestellt wird („parted down the middle and worn in six locks, three plaits to a side“), der häufig mit Tieren kämpft und dabei auch unbewaffnet sein kann.34 Mobley sieht in Simson den „wilden Mann“ schlechthin,35 andere, zumal Othmar Keel, finden in der Verbindung mit Haaren und/oder mit der Bezwingung des Löwen zumindest eine Typus-Ähnlichkeit.36 Eine Schwierigkeit bildet die sehr komplexe literarische Mehrschichtigkeit der Simson-Überlieferung: Obwohl Teile von ihr in die vorexilische Zeit zurückreichen, wie meistens angenommen wird,37 können die Episoden, in denen Simsons Haar erwähnt wird (13; 16), nicht derselben literarischen Ebene wie seine Heldentaten (14–15) zugeteilt werden.38 Ordnet man aber die Tierkampf32 Das
Wort (Ges18:658b: „Haarflechten, Strähnen“) begegnet im AT nur hier, besitzt aber Parallelen im Ugaritischen mḫlpt (DUL:539: „plait, ringlet“) und Phönizischen (DISO:613: „lock of hair“); abgeleitet von חלףI (Ges18:357b–358a: „vorbeigehen, dahinfahren“), kann die Wurzel sich auf das Tauschen der Kleider beziehen und hat eine bemerkenswerte Parallele auch im Akkadischen: לִ בוּשׁ/ ַח ּ ֵלף ִשׂ ְמלָ ה/ ( ַה ֲחלֵ ףGen 35,2; 41,14; 2 Sam 12,20; Ps 102,27) ≈ lubūša / naḫlapta ḫalāpta „to be dressed with a garment“ u. ä. (Tawil 2009:108b); vgl. Gilg SB VI,3–4. 33 Vgl. z. B. Stipp 1995:348, Anm. 40; Witte 2000:547 f.; Groẞ 2009:657–659. 34 Mobley 1997:223 f. Zur Diskussion siehe Mayer-Opificius 1982; Wenning / Zenger 1982:47–55; Keel 1992 und Groẞ 2009:688–690.736 f. Zur Verbindung mit dem Motiv des „jungen Helden“ siehe Lemardelé 2011; vgl. die ikonographischen Beobachtungen zu Gilg und Simson bei Frayne 2010:184. 35 Mobley 1997:228–233; vgl. die Kritik bei Groẞ 2009:737 f. 36 Keel 1992:44 schreibt dazu, dass am Anfang kein Text, sondern ein Bild gestanden haben kann: „Dumuzi / Tammuz, Gilgamesch, Nimrod, Simson, Herakles-Herkules und Mithras können in diesem Sinne mindestens in einzelnen ihrer Aspekte als literarische Historisierungen, Differenzierungen und Variationen der Helden der in der vorderasiatischen Rollsiegelglyptik ab dem 3. Jt. belegten Tierkampfszenen verstanden werden“. Vgl. vorsichtig Groẞ 2009:690.737. 37 Groẞ 2009:739–743, bes. 743: Nach ihm fügt sich der Erzählkranz Ri 14+15* historisch am besten in das 7. Jh. v. Chr. (S. 657: älteste Darstellung 14,5–18*.19–20*; 15,1–17). 38 So weist z. B. Witte (2000, bes. 547 f.) Ri 13 und 16 der „Wunderschicht“ zu, die nicht früher sei als das 5. Jh. v. Chr.; vgl. Wenning / Zenger 1982:44–47.
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II Jakob – ein legendärer Held
episode 14,5–6* dem ältesten Sagenstoff zu,39 liegt es angesichts der Prävalenz des ikonographischen Motivs im Alten Orient immerhin nahe, dass jemand, der mit bloßen Händen einen Löwen zerreißt, a priori als langhaarig oder behaart vorgestellt wird.40 Außerdem hat man öfters den märchenhaften Charakter der Erzählung von Simson und Delila unterstrichen. Das kann bedeuten, dass die Simsons Haaren innewohnende magische Kraft möglicherweise doch bereits früher bekannt gewesen ist und so die spätere Theologisierung durch das Nasiräat verursacht hat.41 Von Elia und Simson wenden wir uns nun aber zu Enkidu, dem Gegner, Freund und Bruder des Gilgamesch. Nach Mobley repräsentierte er zum ersten Mal in der Weltliteratur und ‑kultur den Typus des „wilden Mannes“.42 Enkidu sei ein Überbleibsel der frühen Menschheit, ein wildes Monster, das sich in die städtische Kultur einmische, aber auch ein Bändiger der Monster (Humbaba) und ein Doppelgänger Gilgameschs. „[H]e is a secondary figure, a character actor, providing earthly ballast to the story of a primary man of culture, to him he is the sidekick.“43 Den motivgeschichtlichen Hintergrund des Wortspiels mit dem Begriff „behaart“, das mit der Namensgebung Esaus in Gen 25,25 einhergeht, hat aber zuerst E. A. Speiser bemerkt, wenn er „Esau as a sort of Enkidu figure“ bezeichnet.44 Die hebräische Wendung hat bei der Beschreibung des Enkidu eine akkadische Parallele. In der altbabylonischen Version des Gilgamesch-Epos lautet sie šu᾿urum (AB P 107), in der babylonischen Standardversion (SB I,105) [š]uʾur šārta.45 Dort lauten die Zeilen I,105–112:46 [š]u-ʾ-ur šar-ta ka-lu zu-um-ri-šú up-pu-uš pe-re-tu kīma(gim) sin-niš-ti ˹i˺-ti-iq pe-er-ti-šu uḫ-tan-na-ba ki-ma dnissaba la i-de ni-šī(ùg)meš u ma-tam-ma 39 So Witte 2000:547, Anm. 13 (V. 5a*.b.6aα2β); Groẞ 2009:652–654 (V. 5–6); vgl. Bartelmus 1979:104 f. Dabei kann die Episode des Löwenkampfs nicht vom ältesten Erzählkranz Ri 14–15* getrennt werden, vgl. vor allem Groẞ 2009:652–654. 40 So im Unterschied zu Witte 2000:541. 41 Vgl. bes. Stipp 1995:369 und Groẞ 2009:656 f. Witte 2000:540 hat behauptet, dass die Verbindung zwischen Haaren und Kraft nur aus dem griechischen und nicht aus dem mesopotamischen Bereich bekannt sei; aber siehe Groẞ 2009:656.736 f., der feststellt, dass laḫmu immerhin eine Parallele bildet. 42 Mobley 1997:220. 43 Mobley 1997:222 f. 44 Speiser 1964:196; ihm sind Gaster 1969:164.367; Westermann 1981:505 f.; Hendel 1987:117, Anm. 54; Soggin 1997:342–343; Hagedorn 2009:143 und Hamori 2011:633 gefolgt; vgl. Mobley 1997:226. Die allgemeine Ähnlichkeit zwischen Enkidu und Esau hat bereits Jensen 1906:233–234 gesehen, wenn auch auf seine charakteristische Weise. 45 Lexikalisch diskutiert nur Tawil 2009:379 hebräische und akkadische Belege, darunter jedoch keine Passagen aus Gen 25 oder Gilg; vgl. CAD 17/3:418 (šuʾuru A) und 17/2:125–130 (šārtu). 46 Text George 2003:544, Übersetzung Maul 2005:49; die Zeilenzählung hier und im Folgenden nach George 2003.
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lu-bu-uš-ti la-biš kīma(gim) dšákkan it-ti ṣabâtim(maš.dà)meš-ma ik-ka-la šam-mi it-ti bu-lim maš-qa-a i-tep-pir it-ti nam-maš-še-e mê(a)meš i-ṭib lìb-ba-šú Dicht behaart ist er an seinem ganzen Leibe, versehen mit Locken wie eine Frau. Seiner Haarmähne Locken sprießen so üppig hervor wie Nissaba selbst. Nicht sind ihm die Menschen47 und (nicht) das Kulturland bekannt. Mit seinem Gewande bekleidet wie Schakkan, frißt mit Gazellen er Gras. Mit Herdentieren drängt er sich an der Wasserstelle, mit wilden Tieren labt er sich am Wasser.
Es ist die erste Beschreibung Enkidus, unmittelbar nachdem Aruru ihn erschaffen hat (Z. 101–104). Die Wendung [š]u-ʾ-ur šārta kalu zumrišu in Z. 10548 gleicht כלו כאדרת שׂערin Gen 25,25 aufs engste; auch „das Gewand“ (lubuštu) als Beschreibung der natürlichen, fellartigen Körperbehaarung49, das inhaltlich אדרתparallel geht und mit dem Enkidu dem Schakkan gleicht, der Gottheit der Herden‑ und Raubtiere (Z. 109), ist für Esau genannt. Enkidu wird in der babylonischen Gilgamesch-Tradition in der Wildnis erschaffen als eine wilde, dämonische Kreatur. Als ihm an der Wasserstelle ein „Fallensteller“ und „Räuber-Mensch“50 begegnet, jagt er diesem einen Schrecken ein (SB I,113–117). Erst von der Dirne Schamchat wird er zivilisiert (SB I,178–203). Seine Humanisierung bringt mit sich, dass er an Verstand gewinnt, während er seine wilde Kraft einbüßen muss und er seinen Charakter als „Ur-Mensch“ (lullû amēlu) und „mörderischer Bursche aus dem Innersten der Steppe“51 (Z. 178– 179, vgl. 185, 192) nach und nach verliert. Aber noch nach seinem Tod gedenkt Gilgamesch an Enkidu als den „Maulesel auf der Flucht, Wildesel aus dem Gebirge, Panther aus der Steppe“ (SB VIII,50–51)52. Auch Gilgamesch besitzt „wilde Züge“: Die oben zitierte Aussage über Enkidus schöne Locken (Z. 107) wird wörtlich auch auf das Aussehen des Gilgamesch bezogen (SB I,60).53 Als er um Enkidu trauert und in der Wildnis umherläuft (VIII,90–91) oder die Löwen tötet (IX,1–18), werden die Ungepflegtheit seiner Körperbehaarung sowie ein Löwenfell statt zivilisierter Kleidung hervorgehoben. So lautet es in SB VII,146–147:54 Zu den Varianten, darunter „Göttern“, siehe George 2003:789 f. George 2003:544, vgl. CAD 17/3:418. 49 George 2003:790; Maul 2005:157 und vgl. Tigay 1982:200–202. 50 Maul 2005:50. 51 Maul 2005:52; zur Bedeutung „Ur-Mensch“ und nicht „Wilder“ siehe Tigay 1982:202–209 mit Anm. 15, und die Anmerkung von Mobley 1997:222. 52 Maul 2005:112; vgl. weiterhin SB VIII 3–6 und AB P 46–47, 183–189. 53 George 2003:789; Maul 2005:157; vgl. Ziegler 2011:294–297. 54 Text George 2003:642, Übersetzung Maul 2005:105. Das Vokabel für Haare ist malû für „unkempt hair“ (CAD 10:173b–174a) und das für Fell mašku (CAD 19:378a). 47 48
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II Jakob – ein legendärer Held
[ù šu]-˹ú˺ ar-ki-ka ú-šá-áš-šá-a ma-la-a pa-gar-˹šú˺ [il-tab-bi-i]š maš-ki lab-bi-im-ma i-rap-pu-ud ṣ[ēra(edin)] „Doch er selbst wird, wenn du nicht mehr bist, an seinem Leibe verfilzen lassen das Haar, in ein Löwenfell wird er sich kleiden und umherlaufen in der Steppe.“
Fassen wir die oben aufgelisteten Motive zusammen, heben sich das Motiv des Aufenthalts in der Wildnis oder auf der Grenze zur Wildnis, das Motiv der auffallenden Behaarung bzw. des härenen Gewandes und das Motiv der Kraft oder Wunderkraft hervor. Bei all den erwähnten Gestalten – Elia, Simson, Enkidu und Gilgamesch – spielen diese Motive mehr oder weniger eine Rolle. Ohne daraufhin den Typus eines kulturübergreifenden „wilden Mannes“ zu postulieren, wird für das Weitere doch wichtig sein, dass zwei dieser Motive auch bei Esau vertreten sind und dass das dritte, das Motiv der Kraft, anhand der Wendung אישׁ ידע צידwenigstens zu ahnen ist.55 Das stützt die Annahme, dass שׂערin Gen 25,25 nicht ausschließlich als ein Bestandteil der späten Edom-Seïr-Etymologie betrachtet werden kann, sondern bereits mit dem Ursprung der Jakob-EsauTradition zu tun hat. Bei Simson und Enkidu kommt eine gewisse Ambivalenz der Charaktere und der Handlungsweisen hinzu.56 Simsons Taten sind in der Exegese höchst kontrovers und haben seit jeher Kopfzerbrechen bereitet.57 Simson ist in Konflikte verwickelt und bringt am Ende sich selbst um, auch wenn dabei viele Philister als Feinde Israels umkommen. Enkidu wird vom Gegner des Gilgamesch (SB I,215–223; II,100–115;58 AB P 200–239) zu seinem Freund und (Halb)Bruder (SB II,162–192, vgl. AB Y 10–2559; SB III,124–128); auch er bleibt am Ende nicht am Leben (SB VII,254–267). Vor seinem Tode offenbart er verbittert sein gespaltenes Verhältnis zu seiner Zivilisierung und zu Schamchat (und dem Fallensteller), die ihn humanisiert hat, indem er sie so übermäßig verflucht, dass er vom Sonnengott gemahnt wird und schließlich Schamchat segnet (SB VII,92– 161). Gemessen an den „wilden“ Charakteren Enkidu und Simson erhält das oft für leichtfertig erklärte Verhalten Esaus, als er seine Erstgeburt verkauft, zwar keine Begründung, ist aber nicht einmalig. 55 Es sei darüber hinaus erwähnt, dass Mobley 1997:226 neben Esau noch Ismael wegen Gen 16,12 als „wilden Mann“ hervorhebt. Die Wendung „ein Mensch wie ein Wildesel“ פרא אדם habe eine Entsprechung in akkannu „Wildesel“, die für Enkidu in der oben zitierten Passage Gilg SB VIII,50 gebraucht wird. Wegen seines „Urmensch“-Charakters ist auch Adam mit Enkidu verglichen worden; vgl. Speiser 1968:26–28; Westermann 1981:51 f.224 f.279.308 f. passim; Mobley 1997:227; im Blick auf die Menschwerdung Hartenstein 2009, bes. S. 112– 114; Gerhards 2013, z. B. S. 241–246. 56 Ähnlich z. B. Mobley 1997:224: „[…] the „wild man“ connotes a spectrum of characters, not a single immutable form“. 57 Vor allem angesichts der Bezeichnung Nasiräer; eine kritische Übersicht zur Diskussion gibt Stipp 1995. 58 Hier fehlt in SB ein großer Teil des Textes, der aber anhand von AB P im Prinzip rekonstruiert werden kann, siehe George 2003:456. 59 Zur Rekonstruktion des lückenhaften Textes siehe George 2003:194–197.
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1. Jakob, der aufstrebende Bruder
Man kann noch einen Schritt weitergehen. Enkidu hat ein ausgeprägtes Verhältnis zu seinem Freund und Bruder Gilgamesch. Am Anfang stehen sie sich als der zivilisierte, städtische Mann aus Uruk und als der humanisierte Wildling gegenüber. Auch ohne damit gewisse Kulturtypen zu verbinden,60 lässt sich darin der Kontrast zwischen Jakob als einem „sanften Mann, der in Zelten wohnte“, und Esau, der „sich auf die Jagd verstand, ein Mann des freien Feldes“ (Gen 25,27), erkennen. Die Motivverbindungen verdichten sich.61 Einen Hinweis auf das Vorhandensein eines solchen Motivkomplexes kann man auch einem Abschnitt der „Phönizischen Geschichte“ des Philo von Byblos (der Sanchuniaton referiert) entnehmen, der in der Praeparatio evangelica des Eusebios von Caesarea62 (1.10.10) zitiert wird:63 Εἶτά ϕησι· τὸν Ὑψουράνιου οἰκῆσαι Τύρον καλύβας τε ἐπινοῆσαι ἀπὸ καλάμων καὶ θρύων καὶ παπύρου, στασιάσαι δὲ πρὸς τὸν ἀδελφὸν Οὔσωον, ὃς σκέπην τῷ σώματι πρῶτος ἐκ δερμάτων ὧν ἴσχυσιν συλλαβεῖν θηρίων εὗρεν. ῥαγδαίων δὲ γενομένων ὄμβρων καὶ πνευμάτων παρατριβέντα τὰ ἐν Τύρῳ δένδρα πῦρ ἀνάψαι καὶ τῆν αὐτῶν ὕλην καταφλέξαι. δένδρου δὲ λαβόμενον τὸν Οὔσωον καὶ ἀποκλαδεύσαντα πρῶτον τολμῆσαι εἰς θάλατταν ἐμβῆναι. Dann sprach er: Hypsouranios besiedelte Tyrus und er erfand Hütten, gemacht aus Schilf, Binsen und Papyrus. Er stritt mit seinem Bruder Ousoos, der als erster erfand, wie man aus dem Fell der Tiere, die er erlegt hatte, eine Bedeckung für den Körper machte. Einmal, als während eines heftigen Regens und Sturmwinds die Bäume in Tyrus aneinanderrieben, entstand ein Feuer, und ihr Waldstück brannte nieder. Ousoos nahm einen Baum, schlug die Äste ab und wagte als erster, das Meer zu befahren.
Auf den Zusammenhang mit Gen 25,21–34 hat man seit Franz Delitzsch mit unterschiedlichem Nachdruck hingewiesen, dabei sogar die Ähnlichkeit der Namen עשׂוund Οὔσωος postulierend.64 Neben den Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen diesen zwei Erzählungen65 sei vor allem unterstrichen, dass der Motivkomplex von zwei streitenden Brüdern66, deren einer in Hütten 60 Das hat man sehr oft getan. Zur Diskussion über Gilgamesch und Enkidu siehe Tigay 1982:29 f.46 f.192–213; zu Jakob und Esau siehe Hagedorn 2009 und zu den beiden Paaren Speiser 1964:196; Hendel 1987:117–119; Mobley 1997:226 f. und Hamori 2011:632–634. 61 Es sei noch darauf hingewiesen, dass in AB P 106–109 die behaarte und glatte Haut eindeutig gegenübergestellt werden: „Der Friseur behandelte seinen behaarten Körper – / mit Öl salbte er sich und wurde zu einem Menschen“ (Übersetzung Dietrich 2010:54, ebendort auch Erörterungen zu altorientalischen Vorstellungen über die Entwicklung vom „Urmenschen“ zum Kulturträger). 62 Zur religionsgeschichtlichen Auswertung dieser Quelle siehe Bonnet 2010:29.181 f. 63 Text Attridge / Oden 1981:43, Übersetzung Hagedorn 2009:147 (mit Modifikationen); vgl. Baumgarten 1981:14. 64 Delitzsch 1860:444; zuvor J. J. Scaliger (1583) und J. C. Orelli (1826), nach Baumgarten 1981:160, Anm. 114. Vgl. z. B. Meyer 1967:278 f.; Westermann 1981:506; Mobley 1997:225 f. Der Name des anderen Bruders Hypsouranios geht auf den phönizischen רמם שׁמםzurück (PE 1.10.9), siehe Baumgarten 1981:159 und Hendel 1987:125–128. 65 Siehe Hagedorn 2009:147 f. und vgl. Baumgarten 1981:162–164. 66 Es sei angemerkt, dass in PE 1.10.11–14 eine ganze Reihe von Brüderpaaren vorgestellt
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II Jakob – ein legendärer Held
wohnt, während der andere sich im Freien bewegt und mit Tierfellen bedeckt, unverkennbar ist; und überdies im semitischen Bereich.67 Die augenfälligen Unterschiede beweisen, dass die Erzählungen in der Gilgamesch-Überlieferung, der Esau/Jakob-Tradition und der phönizischen Überlieferung selbständig sind; aber die einzelnen Motive in unterschiedlicher Verbindung sind vergleichbar. Das Motiv des Wilden ist bei einem von zwei Protagonisten (Brüdern) bemerkenswert geläufig gewesen. Es kann sogar gezeigt werden, dass das Motiv der Rivalität zweier Brüder im Alten Orient wesentlich älter ist, als Gen 25 oder die schlecht datierbare „Phönizische Geschichte“ behaupten lassen. Das hethitische Märchen von Appu und seinen beiden Söhnen (CTH 360)68 das in neuhethitischer Sprache belegt ist, jedoch ältere grammatikalische Elementen aufweist,69 liefert eine Vielzahl von Motivparallelen zur Genesis, die in der Forschung gelegentlich genannt worden sind,70 allerdings fast nur zu Abraham; denn Appu ist wie Abraham reich, aber ohne Nachkommen (1 i 9–21). Volkert Haas hat die Grundmotive dieses Märchens als den Erzähltyp „Geburt, Erteilung, Feindschaft“ oder Zweibrüdermärchen zusammengefasst und aus der Genesis als Beispiele sowohl der (brüderlichen) Feindschaft als auch des Kulturkonflikts immerhin die Kain-Abel-Erzählung (4), den Abraham-Lot-Streit (13) und die Gegenüberstellung von Jakob und Esau (25) herangezogen.71 Für uns erweist sich als wichtig, dass wir bei der Rivalität von Jakob und Esau mit einer Motivreihe zu tun haben, die dem zweiten Teil des Appu-Märchens gleicht, wobei eine ganze Anzahl von Sätzen sich ähnlich übersetzen lässt (siehe Tabelle 1). werden, die den Überlieferungen im Buch Genesis vergleichbar sind: ein Paar habe Jagdkunst und Fischerei und dann Metallurgie (Χουσὼρ = Kotar-und-Hasis) erfunden, ein anderes repräsentiert Handwerker und Ureinheimische, eines das Feld und den Helden des Feldes oder Bauern, eines den Fallensteller und den Jäger, d. h., die Wandernden und Titanen, ein Paar ist Amynos und Magos, ein anderes ist Misor (Μισὼρ = משר ׁ < )ישר ׁ und Sydyk (Συδύκ = )צדקmit ihrem Nachwuchs; siehe dazu auch die Kommentare von Attridge / Oden 1981:84 f. 67 Zu den griechischen Parallelen siehe Hagedorn 2009:143–146; Baumgarten 1981:160, Anm. 114. Aus dem Alten Orient will Mobley 1997:225 f. noch die Hochzeit des sumerischen Martu, des hetitischen Kessi, die assyrischen Helden Erra und Ischum, und das Tukulti-NinurtaEpos als Parallelen ansehen. Blum 1984:77, Anm. 56, äußert sich kritisch dazu, weil eher „die spät belegte phönizische Überlieferung von der biblischen beeinflußt wurde als umgekehrt“. 68 Deutsche Bearbeitungen Siegelová 1971:1–34; Jakob-Rost 1977:69–72; Ünal 1994:848– 851; mit Kommentar Haas 2006:194–199; englische Bearbeitung Hoffner 1998:82–85 (die Zählung hier und im Weiteren nach Hoffner und Ünal). 69 So Hoffner 1998:82. 70 Vgl. Hoffner 1998:82; Haas 2006:194.196. Irvin 1978 findet außer den Motivparallelen zu Abrahamerzählungen (S. 58 f.61 f.) auch die von Hagar in Gen 16 und 21 (S. 59.61 f.), von Lot in Gen 19 (S. 61) und die von Jakob und Laban in Gen 31,7–9 (S. 61). 71 Haas 2006:194; als weitere Belege nennt er das Anubis-Bata-Märchen aus Ägypten und die sumerische Erzählung von Enmesch und Enten; deren Vergleichspotenzial mit Gen 25 ist m. E. begrenzt; vgl. auch Horálek 1979. Parker 1989:106.108 nennt flüchtig sowohl Gen 25 als auch das Appu-Märchen.
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1. Jakob, der aufstrebende Bruder
Tabelle 1: Motive und Elemente in Genesis 25,19–34 und im hethitischen AppuMärchen Genesis 25,21–34* (in Motive und Elemente Klammern redaktionelle Teile)
Appu-Märchen
* (Isaak, Rebekka,) Esau, Jakob, (Jahwe).
* Zwei bis vier menschliche und ein göttlicher Darsteller.
* Appu, seine Frau, Schlecht, Gerecht, Sonnengott.
(Rebekka ist unfruchtbar, V. 21aβ.)
(Die Unfruchtbarkeit der Eltern.)
Appu hat keine Nachkommen (1 i 16–21).
(Isaak bittet Jahwe und wird erhört, V. 21aα.b.)
Bitte an einen Gott mit positivem Ausgang.
Appu bittet den Sonnengott und wird erhört (1 i 38 – ii 9).
Rebekka wird schwanger (V. 21c).
Schwangerschaft.
Appus Frau wird schwanger (Doppelbericht 1 iii 7 / 17).
Als sich die Tage erfüllen, werden Zwillinge geboren (Doppelbericht V. 24–25aα / 26aα).
Die Zeit der Schwangerschaft und Geburt. * Form: Doppelbericht.
Monate vergehen und ein Sohn wird geboren (Doppelbericht 1 iii 7–9 / 18).
Esau und Jakob erhalten Namen, begründet mit ihrem Aussehen und Handeln (Doppelbericht V. 25aβ / 26aβ).
Bedeutende (programmatische) Namen und Begründungen. * Form: Doppelbericht.
Schlecht und Gerecht erhalten Namen, begründet durch die göttliche Vorhersage (Doppelbericht 1 iii 10–16 / 18–22).
Die Knaben wachsen heran (V. 27a).
Die Söhne wachsen heran.
Die Söhne wachsen heran (1 iii 23–24, iv 1–2).
Esau verkauft sein Erstgeburtsrecht an Jakob gegen eine Speise (V. 29.31–33.34aβ).
Es kommt zum Streit um das Erbe. * Form: Dialog zwischen Brüdern.
Schlecht schlägt Gerecht vor, den Haushalt zu teilen, wobei Gerecht das schlechtere Rind bekommt (1 iv 3–33).
Es lohnt sich, ein bruchstückhaftes Fragment (Nr. 16 = ABoT 48) in den Vergleich einzubeziehen, das als Fortsetzung des Appu-Märchens angesehen wird.72 Dort mündet das Teilen anscheinend in einen Streit und führt zu einer Befragung des Sonnengottes, von dem eine gerechte Entscheidung erbeten wird (Z. 4–9). Das Urteil fällt zugunsten des jüngeren Bruders, aber der Ausgang der Erzählung ist unbekannt. Die Reaktion des (vermutlich) älteren Bruders Schlecht – das Fluchen – wird jedoch erwähnt (Z. 6), was an die Reaktion Esaus in Gen 27 erinnert.73 Die organische Verbindung des Geburtsmotivs mit dem Motiv der Unfruchtbarkeit und der Bitte an einen Gott, die beiden Erzählungen gemeinsam ist, scheint unserer Annahme eines redaktionellen Wachstums in Gen 25 sogar zu widersprechen; aber es sei an die literar‑ und redaktionskritischen Beobachtungen oben erinnert. Genau besehen sind bei der Geburt wichtiger Personen besondere Umstände zwar üblich (z. B. bei Isaak, Siegelová 1971:3.16 f.25 f. und Anm. 31; Hoffner 1998:84. Zum ganzen Zyklus siehe unten unter III.
72 73
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II Jakob – ein legendärer Held
Simson, Samuel u. a.),74 verhalten sich aber keinesfalls organisch zum Motiv des Streits zwischen Brüdern / Verwandten (Kain-Abel, Abram-Lot, GilgameschEnkidu, Hypsouranios-Ousoos). Deshalb dürfte in Gen 25 das ursprüngliche Motiv allein die von Geburt an gegebene Rivalität zwischen den beiden Brüdern gewesen sein, und das Motiv der wunderbaren Geburt, das aus den AbrahamIsaak-Erzählungen bekannt sein konnte, ist redaktionell hinzugekommen. Überdies fehlen mehrere Elemente aus dem Appu-Märchen in Gen 25 vollständig: So treffen wir in der Jakob-Esau-Episode nicht auf die relativ aktive Rolle der Gottheit, auf die mit Komik gewürzten Versuche des Vaters, Kinder zu zeugen, auf den Reichtum des Vaters oder auf die Episodenvielfalt bei der Lösung des Streits. Die Überarbeitung von Gen 25 durch die Jahwe-Edom-Schicht erhöht die Nähe zu der Motivreihe im Appu-Märchen, lässt sich aber mit dem Willen erklären, die besonderen Verhältnisse der Geburt zu unterstreichen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die beiden Episoden von der Geburt der Zwillinge und dem Verkauf des Erstgeburtsrechtes in Gen 25 sich als Vertreter mehrerer im Alten Orient spätestens seit der zweiten Hälfte des 2. Jt.s bekannter Motivkomplexe erweisen.75 Im Vordergrund steht sowohl der Gegensatz zwischen zwei Brüdern, die sich in ihrem Charakter und ihrem Verhalten unterscheiden (wild und nachlässig gegen geschickt und prätentiös), als auch ihre Feindschaft. Eine literarische Abhängigkeit kann zwar nicht festgestellt werden, aber die Verwandtschaft der Motive und Elemente, die sich austauschen lassen, bezeugt die weite Verbreitung der Motive gerade in der mündlichen Überlieferung. Das Interesse an den Personen mag dazu beigetragen haben, dass die Geburtslegende in späterer Zeit gewachsen ist.
2. Jakob, der Listenreiche 2.1 Der Text Genesis 27 Die Episode von der Erlistung des väterlichen Segens in Gen 27 folgt inhaltlich unmittelbar auf die Handlung in Gen 25; denn Gen 26 bildet eine ursprünglich selbständige, Jakob und Esau gänzlich ignorierende Einheit und kann erst eingeschaltet worden sein, als Jakob‑ und Isaak-Erzählungen zu einem längeren Zyklus verbunden wurden.76 Die Erzählung in Gen 27, die sich in vieler Hinsicht 74 Siehe dazu näher unten VI 3. Bei mehreren alttestamentlichen Figuren fehlen solche Erzählungen ja überhaupt, vgl. Abraham, David, Elia, Elisa usw. 75 Vgl. Van Seters 1992:281 mit Hinwiesen auf griechisches Material, aber in hohem Maße generalisierend: „What we have in 25:21–34 is a very common and widespread folk-tradition at the pre-Yahwistic level of composition“; ebenfalls ist die Frage des Verhältnisses zum Typus des Zweibrüdermärchens vorsichtig zu behandeln; siehe dazu Lüthi 1979 (zumal Sp. 855 f.) und R anke 1979. 76 Siehe auch unten IV 1.1.
2. Jakob, der Listenreiche
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von der Doppelepisode in Gen 25 unterscheidet, gehört zu den ausgeprägtesten Narrativen im Alten Testament.77 Weil sie die Brücke schlägt zwischen Gen 25 und 29 ff., ist sie von den Forschern oft und mit Nachdruck als eine literarische Einheit behandelt worden. Vorauszuschicken ist, dass nicht alle textlichen Unebenheiten als bewusste strukturelle Maßnahmen erklärt werden können.78 Nachdem für dieses Kapitel die Quellenscheidung aufgegeben wurde, weil zwei parallele Erzählfäden sich bei weitem nicht vollständig rekonstruieren lassen,79 kann stattdessen ein literarischer Wachstumsprozess vermutet werden. So fallen bereits in V. 5 und 6 zwei aufeinander folgende wə-PN+qatal-Sätze auf, was dem Stil einer fließenden Erzählung widerspricht, zumal am Anfang eine solche Einführung fehlt (vgl. ויהיin V. 1), weil die Szene wahrscheinlich in einem früheren Entwicklungsstadium an eine vorausgehende Erzählung angeschlossen hat. Betrachtet man den Fall genauer, kann in den Versen 5–6 nur V. 5b im literarkritischen Sinne ursprünglich sein und unmittelbar an den Monolog Isaaks in V. 2–4 anschließen. Daraus folgt für das Weitere, dass Rebekkas Intrige in V. 5a und in V. 6 ff. mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu einer älteren Erzählung, sondern auf eine Bearbeitungsebene gehört. Die geschickte Wiederholung und Entfaltung der Bitte Isaaks im Munde Rebekkas (V. 7–10, vgl. V. 2–4) unterstreicht diese Beobachtung: Der auffallend lange Monolog (54 Wörter) ist gegenüber dem Monolog Isaaks (31 Wörter) ein komplexes Gebilde, das noch ein Zitat Isaaks einschließt (V. 7) und zweimal – und in der gesamten Erzählung Gen 27 nur hier – die Zitationsformel לאמרgebraucht.80 Weiter fällt beim Vergleich ins Auge, dass Isaak seine folgende Bitte nur mit einem ועתהmarkiert, während Rebekka auf ועתהeine umfangreiche und in deuteronomistischem Zusammenhang häufig belegte Wendung folgen lässt: בני שׁמע בקלי לאשׁר אני מצוה „ אתךmein Sohn, höre auf meine Stimme, was ich dir auftrage!“,81 bevor sie ihre Anweisung ( )צוהin Worte fasst, womit sie den Gang der Erzählung entscheidend verändert.82 Im Gegensatz zu Isaaks einfachem Wunsch richtet sich die komplizierte Intrige Rebekkas auf den ganzen Jakob-Esau-Zyklus; denn sie legt den Eising 1940:69: „Ein Meisterwerk des Scenenaufbaus“. Und das trotz ausführlicher Analysen bei Volz 1933:67–70; Eising 1940:44–87; Blum 1984:80–85; Berge 1990:119–128 und Boecker 1992:43–53. 79 Mit Nachdruck z. B. Westermann 1981:530 f.; Blum 1984:80–85; Berge 1990:119–128 (alles J), aber vgl. bereits Volz 1933:61–70, bes. S. 61: „An diesem prachtvollem Kapitel ist mir vor langen Jahren zum erstenmal die Unnot und das Mißliche der Quellenscheidung aufgegangen.“ 80 Außerdem wird in der sekundären Entfaltung der Bitte Isaaks dreimal mit dem Verb דבר auf sie verwiesen (V. 5.6.19) und zweimal die Wendung ( לפני מותV. 7.10) gebraucht statt בטרם אמותwie in V. 4. 81 Außer zahlreichen Stellen aus Dtn (13,9; 15,5 u. ö.) und einigen aus Jer (7,23 u. ö.) kann nur eine Passage in Gen (3,17) einigermaßen mit Gen 27,8 verglichen werden. 82 Im Monolog Rebekkas gibt es eine spätere Glosse: לפני יהוהin V. 7. Das zeigen der Vergleich mit der sonst ähnlichen Aussage in V. 10 sowie das doppelte ( לפניWestermann 1981:533; siehe auch Boecker 1992:44 f.); nach Levin 1993:207 ist es eine Ergänzung des J. 77 78
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II Jakob – ein legendärer Held
Grund für Esaus Hass und Jakobs Flucht. Rebekka hebt sich von dem altersschwachen Isaak deutlich ab. Die Beobachtung hat gravierende Folgen für die Rekonstruktion der ältesten Schicht in Gen 27; denn ohne Rebekka fällt in ihr die Rolle Jakobs gänzlich weg.83 Das eigentliche Ziel der Initiative Rebekkas offenbart sich erst in V. 42; denn für den Gesamtduktus des Jakobzyklus muss Jakob sein Elternhaus verlassen, um zu Laban zu kommen. Die Rede Rebekkas in V. 42–45 hebt sich durch auffallende, hierarchisch klingende Formulierungen ab: Erstens hört Rebekka diesmal nicht selbst, welche Pläne Esau hat, sondern es wird ihr berichtet ()וַ ּי ַ ֻּגד wie einer Königin,84 und zweitens sendet sie und ruft Jakob ()ותשׁלח ותקרא, als ob sie eine Herrscherin wäre85. Diese zweite Initiative Rebekkas folgt aus der ersten in V. 6–10 und ist auch ähnlich formuliert, vgl. die verkürzte Formel: ועתה בני „ שׁמע בקליund nun, mein Sohn, höre auf meine Stimme“ (V. 43). Die Menge des Textes, die in Gen 27 nicht der ältesten Fassung der Erzählung angehört, ist beträchtlich. Eigentlich müsste man Reinhard G. Kratz Recht geben und annehmen, dass nur eine Kurzerzählung übrig bleibt, in der der alte Vater den Wunsch an den Sohn richtet und, nachdem der Wunsch erfüllt ist, den Sohn, und zwar Esau, segnet: Man lese V. 1–4.5b.18a.24–27bα.28.86 Alle Dubletten und zum Teil auch die oben beschriebenen Widersprüche und stilistischen Unterschiede wären so aufgehoben.87 Auffallend ist, dass in den genannten Versen, zumal in V. 24–27a, nirgends die Namen Rebekka oder Jakob belegt sind, und zwar ohne dass man Glossen oder Änderungen annehmen muss. Eine frühere Isaak-Esau-Erzählung, die später für den Jakobzyklus durch Rebekka-Jakob-Intrige aktualisiert worden ist, ist sehr wahrscheinlich. Die Rebekka-Jakob-Schicht ist in sich aber auch nicht einheitlich. Damit die sekundäre Schicht erzählerisch plausibel ist, braucht man lediglich die Initiative 83 Vgl.
gründlich Eising 1940:46–48. die in Königslegenden populäre Wortverbindung נגדhif./hof. + שׁלחzumal in 1 Sam 19,19–21; 2 Sam 10,5; 1 Kön 1,51–53; 2,29 f.41 f.; 2 Kön 6,13 f.; darüber hinaus sind möglicherweise auch die Wendungen bezüglich Delila in Ri 16,18 von solcher Hofsprache beeinflusst. Levin 1993:405 zählt das Verb נגדhif./hof. zum jahwistischen Wortschatz, vorjahwistische Ausnahmen bilden im Pentateuch nach ihm nur Gen 27,42; 31,22; 37,5; 45,26. 85 Siehe dieses auffallende Wortpaar nämlich beim Pharao in Gen 41,8.14; Ex 9,27; beim König Balak in Num 22,5.37; Jos 24,9; bei den Richtern/innen Debora und Gideon in Ri 4,6; 6,35; 7,24; beim König Saul in 1 Sam 22,11; beim König Salomo in 1 Kön 2,36.42, und ferner bei Delila in Ri 16,18. Merke zugleich den Unterschied zur Einleitung des Monologs von Isaak in V. 1, denn hier ist das Verb קראmit der Nota accusativi אתverwendet, während es in V. 42 mit der Präposition לgeschieht. 86 Kratz 2000:272.280; ohne nähere literarkritische Erörterungen hat schon Völter 1912: 54 f. dasselbe behauptet; kritisch zu Kratz äußert sich Blum 2012:182, Anm. 6. Der Relativsatz „ אשׁר ברכו יהוהwas Jahwe gesegnet hat“ in V. 27bβ wirkt nach dem Bikolon und unmittelbar vor der Erwähnung Elohims im nächsten Kolon überflüssig und ist sekundär; ähnlich Levin 1993:207 (korrigiert bei Levin 2012:160, Anm. 28); vgl. Noth 1948:30, Anm. 93. 87 Darunter finden sich z. B. die fünf Belege für ל+ ( אמרV. 13.31.32.34.37) statt des üblichen אמר+ אל. 84 Siehe
2. Jakob, der Listenreiche
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Rebekkas in V. 5a.6–10, die Vorbereitungen zur Begegnung mit Isaak in V. 14– 1588.17, sowie im Anschluss an die Begegnung und den Segen die Aufdeckung der Intrige in V. 30b–33,89 den Plan zur Ermordung Jakobs in V. 41b90 und schließlich Rebekkas zweiten Monolog in V. 42–45, der Jakob zur Flucht veranlasst91. Dies vorausgesetzt, bemerkt man auch, dass die beiden parallelen Erzählfäden, nach denen Jakob einerseits Esaus Kleider erhält (V. 15+26–27) und zugleich seine Hände mit Fellen von Ziegenböckchen umwickelt werden (V. 11–13+16+21–23), aber literarkritisch getrennt werden können.92 Da die Erzählung auf den Segen V. 27bff. zuläuft und dieser mit dem Geruch der Kleider verbunden ist, erweist sich der Erzählfaden mit den Kleidern als primär. Den Faden in V. 11–13+16+21– 23 mit den „behaarten“ Händen Jakobs, die Isaak betasten will, können wir dagegen als tertiäres Material aussondern. Der Anschluss von V. 14 an V. 6–10 ist erzählerisch durchaus angemessen: Jakob setzt Rebekkas Auftrag unmittelbar in die Tat um. Ebenfalls schließt sich V. 17 sehr gut an V. 14–15 an.93 Ohne den Segen in V. 23 entfällt auch das Problem der verdoppelten Segnung in V. 23b und 27aβ. Weiterhin müssen auch V. 18b–2094 zu der Bearbeitungsschicht mit den „behaarten“ Händen V. 21–23 gehören; denn erstens schließt sich der Dialog V. 24– 25 fugenlos an die Anrede „Mein Vater“ in V. 18a an, mit der Jakob das Gespräch mit Isaak beginnt. Zweitens bildet Jakobs Selbstvorstellung in V. 19, mit der er um den väterlichen Segen bittet, zusammen mit dem Segen in V. 23 einen Rahmen um den Dialog in V. 19–23, der daraufhin V. 18b als Klammer braucht, um zwischen V. 18a und 24 eingefügt zu werden. Die Ergänzungsschicht in V. 11– 13+16+18b–23 will verdeutlichen, wie kam es dazu, dass Isaak seinen Sohn Jakob wirklich nicht erkennen konnte.95 Diese Ausscheidung hat weitere Folgen; denn die Verse 11–13+16+18b–23 hängen eng zusammen mit der uns schon aus Gen 25 bekannten redaktionellen Tendenz, Esau mit Edom und Seïr in Verbindung zu bringen, das heißt, die Erzählung auf Israels (Jakobs) Verhältnis zu Edom (Esau) zu beziehen. Ein großer 88 Der
Teilsatz „die Kostbarkeiten, die sie im Hause hatte,“ in V. 15 ist freilich verdächtig. V. 30b–33 sind allerdings nicht einheitlich, denn, sofern MT vertraut werden kann, machen zwei von fünf Stellen mit ל+ אמרin Gen 27, die sich hier, in V. 31b und 32a befinden (vgl. Anm. 87) gegenüber אל+ אמרin V. 32b.33 die literarische Lage kompliziert. Aber V. 30a scheidet als Glosse sowieso aus, da zwei kurze, als Protasis fungierende Sätze, beide durch ויהיeingeleitet, nicht aufeinander folgen können (Holzinger 1898:181; Levin 1993:208). 90 Wie Levin 1993:213 f. vermutet, kann V. 41a später sein; vgl. Westermann 1981:540. 91 Eigentlich braucht man lediglich V. 42–43 und vielleicht V. 44 und 45b; V. 45a bildet sicherlich eine Dublette zu V. 44 (vgl. Levin 1993:209 sowie bereits Holzinger 1898:182; Wellhausen 1899:32). 92 Vgl. wie Holzinger 1898:180 gerade V. 11–13+16+21–23 dem E zuordnet; anders Westermann 1981:535 und Albertz 2009:138, Anm. 22. 93 So erklärt sich gut auch der auffallende wə-(Objekt)+qatal-Satz in V. 16, der zur tertiären Schicht gehören muss; Eising 1940:76 f. scheidet stattdessen V. 15 aus. 94 Bei V. 20 kann es sich auch um eine selbständige spätere Ergänzung handeln. 95 Vgl. auch andere Lösungen wie die von Eising 1940:76–80, der V. 15 und 24–27a ausscheidet (Kleidermotiv). 89
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Teil des Segens für Jakob, nämlich V. 29, bezieht sich direkt auf die Israel-EdomFrage und kann ähnlich wie 25,23 als sekundär beurteilt werden.96 Der Wortlaut verweist darüber hinaus deutlich auf die wichtigen Segensverheißungen in Gen 12,3 (für Abraham und seine Nachkommen) und in Num 22,6.12; 24,9 (für Israel). Wenn etwas in Isaaks Segensspruch gut in das älteste Narrativ passt, dann ist es der Geruch der Kleider Esaus (V. 27bα),97 der auf den Segen in V. 28 führt. Und V. 28 genügt als Segen im Rahmen des Narrativs vollauf, um gemäß der ersten Bearbeitung die Feindschaft Esaus (V. 41) und die Flucht Jakobs (V. 42– 45) zu begründen. Der Gegenpart des Segens, die Antwort Isaaks auf Esaus Bitte in V. 39–40, ist dann des tertiären Charakters verdächtig. Denn V. 40 bezieht sich noch einmal auf Edom und Israel. Dass das Fett der Erde und der Tau des Himmels von Esau fernbleiben sollen, könnte zwar bereits die Intention der ältesten Bearbeitung der Erzählung gewesen sein; aber dagegen spricht vieles. Erstens fällt der formale und inhaltliche Unterschied zu der Segensformel in V. 28 ins Auge: Letztere umfasst vier Komponenten (Tau, Fett [= Regen oder Sprühregen]98, Korn, Most) in vier Kola, V. 39b hingegen nur zwei Komponenten (in umgekehrter Reihenfolge: Fett, Tau99) in drei Kola. Zweitens ist über die Ursprünglichkeit nicht ohne V. 37 zu entscheiden: Auch dort sind die Knechtschaft Edoms und Korn und Most so verbunden, dass sie sich literarisch nicht trennen lassen und daher eindeutig beide zur tertiären Schicht gehören. Sowohl V. 37 als auch V. 39–40100 müssen von V. 28 abhängig und daher wenigstens sekundär, besser tertiär sein. In diesem Bereich ist das literarische Wachstum sicherlich mehrstufig gewesen; denn Esau reagiert zweimal bitter auf den verlorenen Segen (V. 34a.38b), und insgesamt dreimal bittet er um den Segen oder fragt nach einem zweiten Segen (V. 34b.36b.38a). Während V. 36 vorab auf V. 39–40 reagiert101 – erst in V. 39–40 wird endgültig festgehalten, dass Esau ohne Segen bleibt – und als eine späte Zusammenfassung der Geschehnisse in Gen 25 und 27 zu lesen ist, kann nicht ent 96 Otto 1979:26–32 weist V. 29aα.b der „Edom-Schicht“ zu, und Levin 1993:208 f.213 dem J (das Übrige sei jünger). 97 Da der Jahwe-Name in der Edom-Seïr-Bearbeitungsschicht in Gen 25 fest verankert ist, kann hier V. 27bβ zur tertiären Schicht gehören; vgl. auch V. 20 und oben Anm. 82. 98 Zur Bedeutung siehe Zobel 1970, bes. S. 212–216. 99 Blum 1984:87, Anm. 115, findet hier einen Chiasmus, Gevirtz 1963:35–47 die Betonung der Antithese. 100 Einschließlich der Einleitung V. 39a, weil nur hier, in V. 37 und 39, die direkte Rede mit der Formel ויען (יצחק) ויאמרeingeleitet wird. Nach Otto 1979:26–32 sind V. 39–40 sekundär; nach Levin 1993:207–209.214 sind V. 39–40a J, und V. 40b ist nachjahwistisch; V. 40b ist sekundär nach Westermann 1981:540; Blum 1984:193 f. und Boecker 1992:50 f. 101 Unseres Erachtens wird V. 36a wegen des Wortspiels mit dem Namen Jakob oft zu unkritisch der ältesten Schicht zugewiesen; so z. B. Eising 1940:89–94; Otto 1979:26–32; Van Seters 1992:283 f.; Blum 2012:183; anders aber Westermann 1981:539; Levin 1993:214 und Soggin 1997:352.
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schieden werden, ob V. 34 (oder allein V. 34a) oder 38 das Bindeglied zwischen dem sekundären Vers 33 und dem tertiären Vers 39 bildet.102 Fassen wir zusammen: Wahrscheinlich ist der Erzählung über die Erlistung des väterlichen Segens in V. 1–10.14–15.18a.24–27bα.28.30b–33.41b–44.45b103, die im Rahmen des Jakobzyklus die Flucht Jakobs mit dem Hass Esaus begründet, eine ältere Erzählung über den Segen Esaus in V. 1–4.5b.18a.24–27bα.28 vorausgegangen. Eine zweite Bearbeitung oder zumindest ihr Nukleus in V. 11–13.16.18b–23.27bβ.29–30a.34(?).37.38(?).39–41a sieht in den zwei Brüdern die Beziehung zwischen Israel und Edom, erklärt aber zugleich, warum Isaak tatsächlich Jakob nicht erkennen konnte.104 Einige kleinere Ergänzungen können auch später erfolgt sein; so sind V. 20, 30a, 36 oder 45a verdächtig. Mithin ergibt sich folgende Schichtung:105 {1 Da geschah es, dass Isaak alt geworden war, und seine Augen wurden trüb, so dass er nicht mehr sah. Und er rief Esau, seinen älteren Sohn, und sagte zu ihm: „Mein Sohn!“ Und er sagte zu ihm: „Siehe, da bin ich!“ 2 Und er sagte: „Siehe doch, ich bin alt geworden. Ich kenne den Tag meines Todes nicht. 3 Nun aber, nimm doch dein Gerät, deinen Köcher und deinen Bogen,106 und geh aufs Feld und jage mir ein Wildbret107. 4 Und bereite mir eine feine Speise, so wie ich es liebe, und bringe mir! Ich will essen, damit meine Seele dich segnet, ehe ich sterbe!“} 5 Aber Rebekka hatte gehört, was Isaak zu Esau, seinem Sohn, sprach. {Da ging Esau aufs Feld, um Wildbret zu jagen für seinen Vater.108} 6 Aber Rebekka sagte zu Jakob, ihrem Sohn: „Siehe, ich habe deinen Vater zu Esau, deinem Bruder, sprechen hören: 7 „Bringe mir ein Wildbret und bereite mir eine feine Speise. Ich will essen und dich segnen vor Jahwe, bevor ich sterbe!“ 8 Nun aber, mein Sohn, höre auf meine Stimme, was ich dir auftrage! 9 Geh doch zum Kleinvieh und hole mir von dort zwei gute Ziegenböckchen, und ich will davon eine feine Speise für deinen Vater zubereiten, so wie er es liebt. 10 Und bringe (das) deinem Vater, dass er esse, damit er dich segne, bevor er stirbt!“ 11 Da sagte Jakob zu Rebekka, seiner Mutter: „Sieh, Esau, mein Bruder, ist ein behaarter Mann, aber ich bin ein Mann mit glatter Haut.109 12 Vielleicht betastet mich mein Vater, und ich werde in seinen Augen wie ein Betrüger sein und ich werde einen Fluch über mich bringen, und keinen Segen.“ 13 Da sagte seine Mutter zu ihm: „ Auf mich (komme) dein Fluch, mein Sohn! Höre nur auf meine Stimme und geh, hole (sie) mir!“ 14 Da ging er und holte (sie) und brachte (sie) seiner Mutter. Und seine Mutter bereitete eine feine Speise zu, wie sein Vater es liebte. 15 Da nahm Rebekka die Kleider Esaus, 102 Vgl. Levin 1993:207–209: V. 33b–34 und 38b–40a seien J, V. 36b–38a nachjahwistisch. Blum 1984:81 f. und Berge 1990:122–127 lassen keine Ausscheidung zu. 103 In längeren Abschnitten eventuell mit weiteren späteren Erweiterungen. 104 V. 46 kann schwerlich zu den frühesten Schichten gehören; vgl. Levin 1993:215. 105 Gegenüber der Rebekka-Jakob-Schicht (in Normalschrift) ist die älteste Schicht mit {…} markiert, die zweite Bearbeitung sowie spätere Ergänzungen in Kursiv. 106 Die teilweise asyndetische Reihe von Geräten ist vielleicht nicht vollständig; siehe unten Anm. 133. 107 Lies Qere (BHS, Holzinger 1898:180; Westermann 1981:528; Levin 1993:63, Anm. c). 108 Lies mit LXX לאביוstatt ( להביאBHS; Speiser 1964:209; Westermann 1981:528 u. a.); Wevers 1993:420 erklärt MT mit einem Hörfehler. 109 Wortwörtlich: „ein glatter Mann“.
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ihres älteren Sohnes, die Kostbarkeiten, die sie im Hause hatte, und zog sie Jakob, ihrem jüngeren Sohn, an. 16 Aber die Felle der Ziegenböckchen legte sie um seine Hände und um seinen glatten Hals110. 17 Da gab sie die feine Speise und das Brot, das sie bereitet hatte, Jakob, ihrem Sohn, in die Hand. 18 {Da kam er zu seinem Vater und sagte: „Mein Vater!“} Und er sagte: „Siehe, hier bin ich. Wer bist du, mein Sohn?“ 19 Da sagte Jakob seinem Vater: „Ich bin Esau, dein Erstgeborener. Ich habe getan, wie du mir gesprochen hast. Richte dich doch auf, setze dich und iss von meinem Wildbret, damit deine Seele mich segnet!“ 20 Und Isaak sagte zu seinem Sohn: „Wie hast du so schnell (etwas) finden können, mein Sohn?“ 111 Und er sagte: „Weil Jahwe, dein Gott, es mir entgegenbrachte.“ 21 Und Isaak sagte zu Jakob: „Komm doch näher heran, dass ich dich betaste, mein Sohn, ob du mein Sohn Esau bist oder nicht!“ 22 Und Jakob kam näher zu Isaak, seinem Vater, heran und er betastete ihn. Und er sagte: „Die Stimme ist Jakobs Stimme, aber die Hände sind Esaus Hände.“ 23 Und er erkannte ihn nicht, denn seine Hände waren behaart wie die Hände Esaus, seines Bruders. Und er segnete ihn. {24 Da sagte er: „Du bist mein Sohn Esau?“112 Und er sagte: „Ich bin es.“ 25 Und er sagte: „Bring (es) mir! Und ich will essen vom Wildbret meines Sohnes, dass meine Seele dich segnet.“ Und er brachte (es) ihm, und er aß. Und er brachte ihm Wein, und er trank. 26 Da sagte Isaak, sein Vater, zu ihm: „Komm doch näher und küsse mich, mein Sohn!“ 27 Und er kam näher und küsste ihn. Da roch er den Geruch seiner Kleider und segnete ihn. Und er sagte: „Sieh, der Geruch meines Sohnes ist wie der Geruch des Feldes,} das Jahwe gesegnet hat. {28 Und es gebe dir Gott vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde und viel Korn und Most!} 29 Völker sollen dir dienen und Stämme sich vor dir beugen!113 Du sollst Herr über deine Brüder sein und beugen sollen sich vor dir die Söhne deiner Mutter! Verflucht sei, wer dir flucht, und gesegnet sei, wer dich segnet!“ 30 Da geschah es, als Isaak vollendet hatte, Jakob zu segnen, dass es geschah, als Jakob kaum hinausgegangen war von Isaak, seinem Vater, da kam Esau, sein Bruder, von seiner Jagd. 31 Und es bereitete auch er eine feine Speise und brachte (sie) zu seinem Vater. Und er sagte zu seinem Vater: „Mein Vater richte sich auf und esse vom Wildbret seines Sohnes, damit deine Seele mich segnet!“ 32 Da sagte Isaak, sein Vater, zu ihm: „Wer bist du?“ Und er sagte: „Ich bin dein Sohn, dein Erstgeborener, Esau.“ 33 Da kam ein überaus heftiges Zittern über Isaak und er sagte: „Wer war es denn, der ein Wildbret gejagt und mir ge-
110 Lies Singular mit Sam (BHS; Westermann 1981:528), wortwörtlich: „um die Glätte seines Halses“. 111 Zur Übersetzung der Frage siehe Wevers 1993:427. 112 Wie Sam andeutet, kann der Satz auch als eine Frage verstanden werden; siehe GK28 150a. 113 Hier und im übernächsten Kolon leicht korrigiert, siehe BHS; Holzinger 1898:181; Westermann 1981:529.
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bracht hat? Und ich habe gegessen von allem114, ehe du kamst, und ich habe ihn gesegnet. Er wird auch gesegnet bleiben.“ (34 [Da geschah es]115, als Esau die Worte seines Vaters hörte, schrie er mit lautem und überaus bitterem Geschrei und sagte zu seinem Vater: „Segne auch mich, mein Vater!“) 35 Und er sagte: „Dein Bruder ist mit List gekommen und hat deinen Segen weggenommen.“ 36 Und er sagte: „Hat man ihn nicht Jakob genannt? Zweimal hat er mich überlistet: Meine Erstgeburt hat er genommen; und siehe, nun hat er meinen Segen genommen!“ Und er sagte: „Hast du mir keinen Segen aufgehoben?“ 37 Und Isaak antwortete und sagte zu Esau: „Sieh, ich habe ihn zum Herrn über dich gesetzt und alle seine Brüder habe ich ihm als Knechte gegeben. Und mit Korn und Most habe ich ihn versorgt. Und was kann ich denn tun, mein Sohn?“ (38 Und Esau sagte zu seinem Vater: „Hast du nur einen Segen, mein Vater? Segne auch mich, mein Vater!“ [Und Isaak antwortete nicht(?)]116 Und Esau erhob seine Stimme und weinte.) 39 Und Isaak, sein Vater, antwortete und sagte zu ihm: Siehe, vom Fett der Erde sei fern dein Wohnsitz, und vom Tau des Himmels von oben! 40 Und von deinem Schwerte sollst du leben und deinem Bruder sollst du dienen! Und es wird geschehen, wenn du dich anstrengst(?)117, wirst du sein Joch reißen von deinem Hals!“ 41 Da wurde Esau feindlich gegen Jakob wegen des Segens, mit dem sein Vater ihm gesegnet hat, und Esau sagte in seinem Herzen: „Die Tage nahen, wenn man meinen Vater trauern wird. Und ich will Jakob, meinen Bruder, töten!“ 42 Es wurden die Worte Esaus, ihres älteren Sohnes, Rebekka angesagt. Und sie sandte und rief Jakob, ihren jüngeren Sohn, und sagte zu ihm: „Siehe, Esau, dein Bruder, will sich an dir rächen und dich töten. 43 Und nun, mein Sohn, höre auf meine Stimme und mach dich auf, flieh zu Laban, meinem Bruder, nach Haran 44 und bleibe bei ihm einige Zeit, bis der Grimm deines Bruders sich gewendet hat, 45 bis der Zorn deines Bruders sich von dir gewendet hat und er vergisst, was du ihm angetan hast. Und ich werde senden und dich von dort holen. Warum sollte ich euch beide an einem einzigen Tag verlieren?“ 46 Und Rebekka sagte zu Isaak: „Es ekelt mich mein Leben wegen der Töchter Hets. Wenn Jakob eine Frau nimmt von den Töchtern […]118 des Landes, was soll mir noch das Leben?“
Für unsere weitere Analyse sind die zwei ältesten Schichten von Bedeutung. Das herausragende Motiv ist unbestritten der väterliche Segen, der sich zumal im Spiegel der zwei weiteren Bearbeitungsschichten als unwiderruflich erweist. Bereits in der ältesten Erzählung ist das Motiv mit einer feinen Speise verbunden, die den Vater vor seinem Tod noch erfreuen und stärken soll. Esau schafft sie 114 Vielleicht besser: „ וָ אֹכַ ל ָאכֹלhabe arglos gegessen“, vgl. Westermann 1981:529; Levin 1993:65, Anm. a, aber dagegen Wevers 1993:434. 115 Mit Sam und LXX kann ויהיvorangeschaltet werden (BHS, Holzinger 1898:181; Wevers 1993:434; Levin 1993:65, Anm. b; Soggin 1997:355; vgl. Westermann 1981:529). 116 Es ist nicht ausgeschlossen, dass, was in LXX noch bezeugt ist (κατανυχθέντος δὲ Ισαακ), durch V. 39–41a verdrängt worden ist, siehe oben. Speiser 1964:207.210 ergänzt so. 117 Das Wort תרידund seine Bedeutung sind nicht sicher, siehe BHS und Ges18:1224a; vgl. Westermann 1981:529; Wevers 1993:439. 118 Drei Wörter sind wegen Textverderbnis ausgelassen, siehe BHS und LXX.
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herbei und vermag sie auch zuzubereiten. Ein flüchtiger Vergleich mit der bereits analysierten Doppelepisode Gen 25,19–34119 lenkt unsere Aufmerksamkeit auf das Wortpaar ( ויאכל וישׁת25,34), denn auch hier, in Gen 27,25 spielt das Essen und Trinken am Höhepunkt der Erzählung eine herausragende Rolle. In der Rebekka-Jakob-Schicht verbinden sich damit folgende Motive: Die dramatische Initiative der Mutter, die List, die Veränderung des Aussehens eines Hauptdarstellers (Jakobs Verkleidung) und der Streit zwischen zwei Brüdern.120 Gott wird in den beiden ältesten Schichten nur האלהיםgenannt, kennzeichnenderweise im Rahmen des Segens (V. 28), sonst spielt Gott wie in Gen 25,19–34* keine Rolle. Erst die zweite Bearbeitungsschicht bringt Jahwe ins Spiel (V. 27bβ und vielleicht in V. 7 und 20).121 Erzähltechnisch entfaltet sich die älteste Schicht zwischen zwei Monologen Isaaks. Der erste in V. 2–4 setzt das Narrativ in Gang, der zweite in V. 27bα.28, der Segen an den Sohn, ist, soweit das älteste Textgefüge noch zuverlässig ist, das Finale. Die Dialoge in V. 1b und 18a.24–25a sind vergleichsweise knapp. Sie führen das Geschehen weiter, das sonst durch die wayyiqtol-Verben bestimmt wird. Die Wendung „ בניmein Sohn“ in der Einleitung des Segens V. 27bα dient als Schlüssel, der die außerordentliche Bedeutung erkennen lässt, die den Verwandtschaftsverhältnissen in der ganzen Erzählung in ihrer heutigen Gestalt zukommt. Die erste Bearbeitungsschicht nimmt diesen Zug bewusst auf, indem die Verhältnisse in der Familie ganz genau im Auge behalten werden. Sie setzt auch den narrativen Stil prägnant fort, vgl. besonders Vers 14, der 25,34 gleicht. Aus dieser Redaktionsschicht stammen die zwei einleitenden ויהי-Zäsuren in V. 1 und 30aβ, die Gen 27 ähnlich wie Gen 25,19–34* in zwei Episoden gliedern. 2.2 Verbindungen zur ugaritischen Epik In der Forschung ist seit den 1970er Jahren wiederholt auf einige Parallelen hingewiesen worden, die Gen 27 in der ugaritischen Epik besitzt; eine gründlichere Behandlung liegt aber nicht vor. Im Folgenden wird ein flüchtiger Versuch gemacht, die Parallelen zu systematisieren und aus dem sicherlich komplexen Bild Konsequenzen für unsere Analyse zu ziehen. Vor allem hat die Segensformel in Gen 27,28.39 die Aufmerksamkeit geweckt, denn für das Paar שׁמני הארץ// טל השׁמיםgibt es im Alten Testament keine genaue Entsprechung122, im ugaritischen Korpus aber sehr wohl. Wortwörtlich begegnen die Ausdrücke im Baal-Zyklus, KTU 1.3 II 38–41 (ṭl šmm šmn arṣ in der zweiten Zeile):123
Siehe oben 1.1.
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120 Von den Motiven wurde oben der Streit kurz erörtert. Darauf wird unten III 1.1. noch ein-
mal eingegangen. Das Motiv der List wird unten IV 2.1. behandelt. 121 Vgl. Holzinger 1898:183: „Das Stück ist durchaus untheologisch“. 122 Vgl. nur Dtn 33,13.28; Num 13,20; Ps 133,2–3; Neh 9,35; Hag 1,10. 123 Text KTU2:11; Übersetzung Loretz 1990:74; die Parallele zu Gen 27,28 wird ebendort
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tḥspn mh wtrḥṣ ṭl šmm šmn arṣ rbb [r]kb ʿrpt ṭl šmm tskh [r]bb nskh kbkbm Sie (= cAnat) schöpfte Wasser und wusch sich mit dem Tau des Himmels und dem Öl der Erde, dem Sprühregen des Wolkenfahrers, Tau, den die Himmel ausgossen, Sprühregen, den die Sterne für sie ausgegossen.
Weitere Stellen wie KTU 1.4 VII 49–52; 1.6 III 4–13; 1.19 I 38–46a bezeugen den untrennbaren Bezug von Tau, Regen und Fett auf die Fruchtbarkeit und den Gott der Fruchtbarkeit.124 In Ugarit war es Baal, im Alten Testament ist es Jahwe. In Gen 27,28 ist es eigentümlicherweise, wie oben angedeutet, האלהים. Falls wir mit unserer Analyse richtigliegen und der Vers zur ältesten Schicht gehört, fällt die Verschiebung von einer konkreten göttlichen Bezeichnung zum Begriff האלהים auf. Vielleicht soll er die Gottesbezeichnungen in verschiedenen vorgeprägten Formeln vereinen oder auch Älteres ersetzen.125 Abgesehen von dem Inhalt des Segens sticht zweitens ins Auge, dass in der ugaritischen Epik das Segnen und eine Mahlzeit im Ritual organisch zusammengehören. Im Keret-Epos lädt Keret die Götter zum Hochzeitsmahl ein (KTU 1.15 II), und währenddessen segnet El Keret und seine Frau (Z. 16b–20):126 ks yiḫd [il b]yd krpn bm[ym]n brkm ybrk [ʿbdh] ybrk il krt [ṯʿ] [ym]rm nʿm[n] ġlm il El nahm den Becher in die Hand, das Trinkgefäß in die [Rech]te: Reichlich segnete er [seinen Knecht], es segnete El den [edlen] Keret, [er stärk]te den Lieblichen, den Jungen Els. genannt sowie bei Virolleaud 1938:27; Gordon 1940:89; Ginsberg 1969:136, Anm. 5; nach ihm Driver 1956:85, Anm. 22; Eissfeldt 1975:567; Gevirtz 1963:36; Zobel 1970; Avishur 1984:608, der beide Wendungen in V. 28 als ein Kolon zählt; Fenton 1994:87; Smith / Pitard 2009:192; vgl. auch Otzen 1982:345.347. Dass שׁמני הארץRegen oder Sprühregen meint, siehe bei Zobel 1970. Auch Westermann 1981:537 nennt die Parallele und unterstreicht das hohe Alter des Segens in Gen 27: „Hierbei ist zu beachten, daß das Begriffspaar „Himmel – Erde“ V. 28 (vgl. Gn 48,25 und die ug. Parallele) nicht im Zusammenhang des Redens von der Schöpfung (Gn 1,1), sondern des Redens vom Segen begegnet“. Zur Wendung siehe gründlich Smith / Pitard 2009:191–193. 124 Siehe dazu Loretz 1990:73–75.161–166 und Otzen 1982. 125 Siehe unsere zusammenfassenden Erörterungen unten VI 3.1. 126 Rekonstruktion und Übersetzung nach Dietrich / Loretz 1997:1234 (auch KTU2:41).
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Es folgt der Hochzeitssegen selbst (Z. 21 ff.), der zahlreiche Nachkommen vorhersagt.127 Das Verb ist brk, im dritten Kolon rkm ybrk, im vierten noch einmal, im fünften gepaart mit mrr „stärken, segnen“. Dasselbe wiederholt sich auch im Aqhat-Epos, denn dort, formelhaft im fast gleichen Wortlaut,128 nimmt El den Becher und segnet Danil (KTU 1.17 I 34–37). Der Ertrag des Segens soll die Empfängnis eines Kindes sein (Z. 38 ff.). Auch weitere Passagen, in denen ein Mahl und ein Ritus verbunden sind, zeigen die signifikante Zusammengehörigkeit der beiden Motive.129 Es lohnt sich drittens, eine dieser Stellen hervorzuheben, wo der neue, von Koschar-und-Chasis geschaffene Bogen an Aqhat übergeben wird, worauf sein Vater Danil der Jagdwaffe einen Namen gibt und sie segnet (KTU 1.17 V 28b–39a).130 Von diesem Segen sind drei Kola erhalten (Z. 37–39). Sie bezeugen den Brauch, den ersten Jagderfolg dem Vater zu überbringen (für ein Opfer?):131 prʿm ṣdk ybn [bln] prʿm ṣdk hn p[rʿm] ṣd bhkly Das Erste deiner Jagd, oh Sohn, [bring mir,] das Erste deiner Jagd, siehe, das Ers[te] deiner Jagd sei für mich!
Die Ähnlichkeit mit der Anweisung Isaaks in Gen 27,3 ist unübersehbar: „Nun aber, nimm doch dein Gerät, deinen Köcher und deinen Bogen, und geh aufs Feld und jage mir ein Wildbret.“ Das „Erste deiner Jagd“ prʿm ṣdk überschneidet sich mit צידin Gen 27,3.25,132 und auch der Bogen ( קשׁתugaritisch: qšt) wird erwähnt.133 127 Pardee
1977:55, Anm. 25, verweist bei der Diskussion zu Keret-Passage auf die Parallele mit Gen 27, besonders V. 4 und 25; vgl. auch Margalit 1989:282, Anm. 2; vgl. weiterhin den Hochzeitssegen in Gen 24,60 (auch von Irvin 1978:75 und Dietrich / Loretz 1997:1234, Anm. 143, hervorgehoben). 128 Die Stelle ist lückenhaft und daher viel diskutiert worden. Hier wird ihre Ergänzung anhand der Keret-Passage vorausgesetzt; siehe dazu Jackson / Dressler 1975; gründlicher Pardee 1977 und noch gründlicher Margalit 1989:191–197.281 f.; vgl. auch Dietrich / Loretz 1997:1263. 129 So KTU 1.16 V 39–43, wo nach der Rekonstruktion von Dietrich / Loretz 1997:1249 die ersten zwei Zeilen aus 1.15 II 16b–20 wiederholt werden und El die Beseitigung der Krankheit Kerets fordert. Ebenso KTU 1.17 V 28b–39a, wo die Namensgebung und die Segnung von Aqhats Bogens direkt an die Bewirtung des göttlichen Gastes anschließt, und eine unklare Stelle 1.15 V 9–11, wo im Kontext der Trauer eindeutig šty und brk, aber sehr wahrscheinlich auch lḥm (siehe Dietrich / Loretz 1997:1239) zu identifizieren sind. Jackson / Dressler 1975:100 f. erwähnen zusätzlich eine ikonographische Parallele mit dem sitzenden El, der segnet und vermutlich ein Becher in der Hand hält, und einem vor ihm stehenden Menschen (=König). 130 In KTU2 rekonstruiert als qšt yqb [yb]rk; siehe Dietrich / Loretz 1997:1270. 131 Rekonstruktion und Übersetzung von Dietrich / Loretz 1997:1270 (auch KTU2:51). 132 Siehe oben Anm. 107. 133 Die Parallele zu Gen 27,2–4.25–29 wird von Dietrich / Loretz 1997:1270, Anm. 96, genannt; vgl. Wyatt 1998:372, Anm. 21. Es ist allerdings nicht sicher, ob die teilweise asyndetische
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Viertens kann noch eine Stelle genannt werden, wo der Motivkomplex Mahlzeit-Segen im Hintergrund aufleuchtet und zwei weitere wichtige Motive das Gesamtbild deutlich komplexer machen. Am Ende des Aqhat-Epos (KTU 1.19 IV 22bff.) begegnet eine Szene, die Opfern und Segnen verbindet. Zwar wird nicht direkt von einer Mahlzeit berichtet, aber nachdem Danil Opfer dargebracht hat (Z. 22b–25a, 29–31), bittet ihn seine Tochter Puchat um einen Segen (Z. 32–33, brk / mrr):134
tbrkn alk brktm tmrn alk nmrrt Segne mich doch, damit ich gesegnet gehe, Stärke mich, damit ich gestärkt gehe!
Als Puchat erklärt, den Mörder ihres Bruders vernichten zu wollen (Z. 34–35a), folgen die Worte Danils („Es lebe Puchat!“ usw.), die als Segen gelten (Z. 36bff.). Die Mission Puchats beginnt daraufhin mit einem Ritus, in dem sie sich wäscht und rötet (Z. 41b–43a; vgl. bei Keret KTU 1.14 II 9b–11 und III 52–54) und anschließend doppelt ankleidet, zuerst mit einem Männerkleid und darüber mit einem Frauenkleid (Z. 43b–46).135 Damit nimmt sie anscheinend magisch die Kampfeskraft an (das Rote und Männerkleidung)136 und das Aussehen cAnats, um den Krieger Yattupan zu täuschen. Dieses Trickster-Motiv ist, vor allem wegen des darin enthaltenen Aspekts der List, bereits mit der Verkleidung Jakobs mit den Kleidern Esaus in der Rebekka-Jakob-Schicht von Gen 27 verglichen worden.137 Weiterhin sei hervorgehoben, dass Puchat als listige Rächerin für einen besonderen Charaktertypus stehen kann. Das hat Parallelen mit der Initiative Rebekkas in Gen 27; denn auch hier sind List und entschiedene Dramatik im Spiel.138 Reihe כליך תליך וקשׁתךin Gen 27,3 ursprünglich ist (siehe dazu Levin 1993:215). Welche von den Dreien am ältesten ist/sind, ist nicht zu entscheiden, falls man nicht die Parallele hier im AqhatEpos als Argument verwenden möchte. 134 Übersetzung Dietrich / Loretz 1997:1303 (auch KTU2:61); vgl. KTU 1.17 I 23–24; die Parallele (auch mit Num 22,6) ist von Parker 1989:129 vermerkt worden. 135 Vgl. auch eine signifikante Parallele im Chester Beatty Papyrus VII (so nach Margalit 1989:455) und zur roten Farbe Margalit 1989:453 mit Anm. 1. 136 Siehe Margalit 1989:455 und die von ihm unterstrichene Stelle Nah 2,4; vgl. Dietrich / Loretz 1997:1221, Anm. 50, 1303, Anm. 351. Hendel 1987:93–94 (und Anm. 24) verweist auf das Rote im Opferritual in KTU 1.14 II 9; III 52. 137 Hendel 1987:89–98 findet umfangreiche kompositionelle Symmetrien im Aqhat-Epos (Anat, Puchat) und in den Erzählungen von Rahel und Jakob (List, der Jüngste gegen den Ältesten, der Jüngste gegen den Vater usw.). Hendel 1987:84–86 vermutet anhand eines Hinweises von Smith 1969:467 auf eine Passage aus Lukians De dea Syria 55 (Attridge / Oden 1976:56– 57) und anhand von ikonographischen Belegen, dass hinter Gen 27 auch Andeutungen eines Opferrituals stecken können. Aber dafür fehlen im Text selbst hinreichende Indizien. 138 Hendel 1987:90 und Margalit 1989:454.458 f. sehen die Analogie vor allem mit den biblischen Gestalten Jael und Judith; vgl. Margalit 1989:479 f. Hendel 1987:94–98 fügt den
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Und fünftens, bevor wir die Parallelen zusammenfassen, darf nicht unerwähnt bleiben, dass es auch zu der emotionsbeladenen physischen Reaktion des Vaters ähnliche Schilderung gibt. Im Aqhat-Epos hört Danil die bestürzende Nachricht vom Tode seines Sohnes (KTU 1.19 II 41–44). Das führt zu einer dramatischen Reaktion (Z. 44b–48a). Die Reste lassen sich anhand einer anderen Schilderung aus KTU 1.3 III 32–35a ergänzen:139 [bh pʿnm] tṭṭ ʿl[n pnh tdʿ] [bʿdn] ksl ġṯ[br] [yġṣ pnt kslh] anš d[t ẓrh] [yšn gh] wyṣ[ḥ] [Seine Füße] begannen zu schlottern, ob[en brach sein Gesicht in Schweiß aus], [hinten] ver[bog] sich sein Rückgrat, [es zitterten seine Rückenwirbel], auch das Gesäß an [seiner Hinterseite]. [Er erhob seine Stimme] und rie[f ].
Genau dieselbe Technik, die Dramatik zu steigern, wird in Gen 27,33 mit dem heftigen Zittern Isaaks ויחרד יצחק חרדה גדלה עד־מאדeingesetzt, um den Augenblick zu schildern, als Isaak plötzlich begreift, dass er von Jakob betrogen worden ist. Man bekommt den Eindruck, als ob hier die ähnliche (ugaritische) Schreibertechnik ein fernes Echo gefunden hätte. Der Motivvergleich zwischen Gen 27 und der ugaritischen epischen Literatur hat eine Reihe von Parallelen, von kleinen bis hin zu komplexen, zutage gebracht. Es steht außer Frage, dass einiges für ein Kontinuum in der narrativen Kultur zwischen einem kanaanäischen Stadtstaat der Bronzezeit und der entstehenden Schreiberkultur in der südlichen Levante der Eisenzeit zeugt. Da die wörtlichen Parallelen zu Gen 27 in der ugaritischen Literatur relativ punktuell sind und die komplexeren Motivverbindungen dicht im eigenen Kontext verwurzelt sind, können schriftliche epische Vorbilder für Gen 27 anhand dieser Texte nicht bewiesen werden. Falls man aber eine mündliche Tradition in Betracht zieht, in der populäre Motive und auch ähnliche Erzähltechniken umliefen und sich miteinander verbinden ließen, dann zeigt sich doch, dass die Motivwelt von Gen 27 mit der ugaritischen bemerkenswert verwandt ist. Das betrifft vor allem das hohe Alter sowohl der Segensvorstellungen als auch der Schilderung der Ver-
Gegensatz zwischen Lea und Rahel als Parallele hinzu. Zur intrigierenden Frauengestalt siehe auch unten 2.3. 139 Rekonstruktion und Übersetzung Dietrich / Loretz 1997:1294 (auch KTU2:58); vgl. leichte Variationen bei Margalit 1989:230 f.380 ff.
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wandtschaftsverhältnisse,140 aber auch die Art, wie bestimmte Motive (Trickster, die Initiative einer bemerkenswerten Frau, oder die Verbindung von Mahlzeit und Segen) miteinander verbunden werden. Die Nähe der Motivwelten ist so groß, dass man diesen Einfluss auch für die Literarkritik ernst nehmen sollte. So lässt sich motivgeschichtlich nicht sichern, dass der Dominanzsegen in Gen 27,29a, der u.E. nachgetragen ist, sich von vornherein auf den Fruchtbarkeitssegen in V. 28 bezieht.141 Umgekehrt könnte der Bogen in V. 3 vielleicht doch ein organischer Bestandteil der ältesten Schicht sein. 2.3 Die Intrige und die dramatische Wende in den biblischen Parallelen (Numeri 22–24; 1 Könige 1; 2 Könige 11) Verglichen mit der ugaritischen Epik sind die Belege für eine rituelle Mahlzeit im Alten Testament zwar zahlreich, besonders in den Kultgesetzen,142 aber angesichts des uns bereits bekannten Verbpaars ׁשתה/ אכלgibt es außer in Gen 27 eigentlich keinen anderen Beleg, bei dem ברךunmittelbar im Zusammenhang mit einer Mahlzeit steht. Am nächsten stehen zwei Erzelternerzählungen, in denen einem nahen Verwandten beim morgendlichen Abschied ein Segen erteilt wird, nachdem am vorangegangenen Abend ein (Fest‑)Essen stattgefunden hat: Die Brautwerbung für Isaak in Gen 24 (dort V. 54 und 60)143 und der Bund zwischen Jakob und Laban Gen 31,43–32,2a* (dort 31,46.50; 32,1)144. Wenn man die Suche in den alttestamentlichen Texten dahin erweitert, dass in einer Prosaerzählung einerseits das Segnen sich an ein Opfer anschließen soll und andererseits noch der magische Aspekt herausgestellt wird – denn in Gen 27 kann der Segen ja nicht zurückgenommen werden145 –, bietet sich die Bileamgeschichte in Num 22–24 zum Vergleich an. Diese im Laufe der Überlieferung umfangreich gewachsene und in jüngerer Zeit zumal wegen der
140 Vgl. weiterhin, dass Sauren / Kestemont 1971:206, Anm. 64 (vgl. de Pury 1975:522, Anm. 199b), bei KTU 1.15 III 16–17 das Wort‑ und Motivspiel mit bkr und brk unterstreichen, das auch Gen 25 und 27 zusammenbinde („deux volets du même fait“). 141 In der Forschung wird jedoch oft angenommen, in Gen 27,27b–29 (mit der Parallele in Gen 25,23b) seien diese zwei Segensinhalte eng verbunden; vgl. Westermann 1981:537; Blum 1984:70 f. passim (aus politisch-historischen Gründen); Van Seters 1992:286–288; und vgl. auch Gevirtz 1963:47. 142 Die Forschungsarbeiten dazu vermehren sich rasch, siehe z. B. Smend 1977; E. Schmitt 1994; Janzen 2004; Belnap 2008; MacDonald 2008; Altmann 2011, nicht zu reden von der ganzen ritualtheoretischen Forschungsrichtung. Die Bedeutung der Mahlzeit im Kontext des Friedensschlusses wird auch unten IV 2.1. erörtert. 143 In V. 54 isst und trinkt man, in V. 60 segnet man; wenn auch der Segensinhalt in V. 60 spät sein sollte (vgl. Levin 1993:192: Der Vers als ganzer sei eine nachjahwistische Ergänzung), kann ויברכו את־רבקהin V. 60aα (vgl. BHS) immerhin zu den älteren Schichten gehören. Van Seters 1992:285 f. nennt die Parallele und unterstreicht auch bei Gen 27, dass dort von den Verwandten Abschied genommen werde. 144 Gen 31,46 ist sicherlich älter als 31,50; siehe auch unten III 1.2. 145 So bereits z. B. Holzinger 1898:181 f.; vgl. auch Westermann 1981:536.
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Frage der Quellenscheidung sowie einer Jahwe-Schicht viel diskutierte Episode146 enthält den Segen Bileams über Israel, der von dem Protagonisten, dem moabitischen König Balak, ursprünglich als Fluch angeordnet war. Daher muss zuerst der Frage nachgegangen werden, ob der Segen und das Opfer – einmal oder mehrfach – Bestandteile der frühesten Textebene bilden, und sodann entschieden werden, welche weiteren mit Gen 27 vergleichbaren Motive zur ältesten literarischen Schicht gehören.147 Als sicher gilt, dass das Narrativ ohne einen Spruch bzw. einen Segen Bileams nicht funktioniert, weil die Spannung im Dreieck Bileam-Balak-Israel nur in einem oder mehreren Sprüchen zugespitzt und gelöst wird.148 Ähnlich unumstritten ist, dass die insgesamt sieben Sprüche Bileams im heutigen Text nicht alle von gleichem Alter sind, sondern höchstens die drei ersten als älter in Betracht kommen.149 Aber auch diese drei sind wegen des in die Erzählung hier und dort nachträglich eingeschriebenen Dreierschemas nicht alle ursprünglich.150 Erstens ist anzumerken, dass die Eselinepisode 22,22aβ–35 – ausgehend von der Beobachtung, dass nur in 22,22–35 der Bote Jahwes ( )מלאך יהוהauftritt (V. 22–27.31 f.34 f.), und auch wegen der auffallenden Rolle der Eselin – sich sehr einfach als sekundär ausgrenzen lässt; denn sie ist eindeutig ein Einschub zwischen dem Aufbruch aus Petor in 22,21 und der Ankunft in Moab in 22,36 (vgl. besonders die Wiederholung von ] וילך עם־שׂרי [בלקaus V. 21 in V. 35).151 Wenn damit das in dieser Episode belegte Dreierschema entfällt, erhärtet sich der Verdacht, dass es trotz der Dreizahl der Sprüche, die in 22,41–24,11 der 146 Eine gute, kritische Übersicht über die neuere Forschungsgeschichte befindet sich bei Witte 2002:191–197; siehe auch Seebass 2004:2–70. 147 Die Überlegungen zur Literarkritik der Bileamerzählung haben ihren Anfang in einem Gespräch mit Reinhard Müller genommen; ich bedanke mich bei ihm. 148 Siehe Rudolph 1938:112; Levin 1993:383; Husser 1994:175; Seebass 2004:44–46. 149 Die vier Verfluchungen von Moab, Edom, Amalek, den Kenitern und Assur in 24,14b–24, die ohnehin als Nachahmungen der – sogar eschatologischen – Verkündigung in der Prophetie wirken, können als sekundär beiseitegelassen werden, zumal die zornige Reaktion Balaks in 24,10 ihnen vorausgeht, statt ihnen zu folgen. Siehe besonders H.-C. Schmitt 1994 sowie Wellhausen 1899:111; Holzinger 1903:111.121; Levin 1993:388, und Schmidt 2004:122 f.; Seebass 2004:29 zu 24,20–24 und vgl. Seebass 2004:46 zum vierten Spruch. 150 Zum dreigliedrigen Aufbau der Bileamepisode siehe H.-C. Schmitt 1994:182–184 und Witte 2002:207 f. Dass die Ältesten Balaks in 22,5–20 zweimal zu Bileam kommen müssen, erklärt sich nicht so sehr aus einem alternativen Zweierschema, als vielmehr aus dem redaktionellen Bogen, der mithilfe der יהוה-Frömmigkeit Bileams in 22,18 und 24,12–13 die Erzählung umrahmt. Dabei steht aber der zweite, sekundär eingefügte Besuch 22,12–20 im Gegensatz zu der unmittelbar folgenden zornigen Reaktion von אלהיםin 22,22; damit gerät auch 22,37–38 unter Verdacht; vgl. Levin 1993:387 f. (anders dagegen H.-C. Schmitt 1994:193 f.). 151 Mit unterschiedlichen Begründungen wird die Eselinepisode von Rost 1977:383 f.; Rose 1981:65–70; Levin 1993:387; Husser 1994:173–175; H.-C. Schmitt 1994:193–198; Van Seters 1997:126.131 f.; Witte 2002:206–208.213 für sekundär und spät erklärt; vgl. auch Wellhausen 1899:109 f.; Rudolph 1938:106–111; Gross 1974:331–369; Seebass 2004:28 f. und weiterhin späte Phänomene wie שׂ טן. Die Verse 22,28–30(31) können ihrerseits tertiär sein.
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zornigen Reaktion Balaks in 24,10a vorausgehen, am Anfang nur einen einzigen Segensspruch gegeben hat. Zweitens bieten die Sprüche selbst einige Schwierigkeiten, denn die ersten beiden unterscheiden sich von dem dritten. Der dritte Spruch ist ausschließlich auf Israel fokussiert, während die ersten beiden die göttliche Initiative aus dem Narrativ (zumal 23,8–9 und 23,19–20) und die Rolle Israels (23,22–24, vgl. 24,7b–9) reflektieren und den Eindruck machen, als ob ihr logischer Ort eher nach dem dritten Segensspruch wäre, oder sie von ihm abgeleitet seien.152 Weiterhin ist hervorgehoben worden, dass die ersten beiden Sprüche im Vergleich zum dritten eine viel einheitlichere poetische Gestalt besitzen,153 dass in ihnen eschatologische Ansätze fehlen154 und dass sich der Sprachgebrauch unterscheidet.155 Diese Beobachtungen könnten die These ins Wanken bringen, der dritte Spruch sei älter als die ersten beiden. Es muss jedoch erwähnt werden, dass Bileam selbst nur vor dem dritten Spruch eingeführt wird (24,3b–4).156 Darüber hinaus fällt die prophetische Eröffnungsformel (ohne )יהוה auf. Sie ist mit dem Text von Tell Deir cAllā in gewissem Grade vergleichbar und muss nicht ohne weiteres der nachköniglichen Zeit zugewiesen werden.157 Aus vielen Gründen fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten, um den Wortlaut des frühesten, gewiss nicht von Anfang an in der vorliegenden Gestalt ge152 Vgl. Wellhausen 1899:110; anders H.-C. Schmitt 1994:188–190 und Seebass 2004:44– 46.62. 153 Siehe zumal Witte 2002:206–208.213, nach dem die ersten zwei Sprüche denselben Verfasser haben; Wittes wichtige Beobachtungen zur Poesie müssten anhand der ältesten Prophetie weiterer Prüfung unterzogen werden. 154 Siehe H.-C. Schmitt 1994; Witte 2002; vgl. kritisch zur eschatologischen Deutung Seebass 2004:29. 155 Dabei nicht nur, um das jüngere Alter der dritten Segnung, sondern das von allen drei zu unterstreichen; siehe zumal Timm 1989:97–157; auch von Gall 1900:31–36 und Witte 2002:208 f. Die Wortstatistik leidet aber darunter, dass zu wenig Vergleichsmaterial zur Verfügung steht (vgl. kritisch bes. Rudolph 1938:112; Seebass 2004:46–51) und geht manchmal von einem zu wenig differenzierten Text aus. 156 Siehe zumal Wellhausen 1899:110, aber auch Levin 1993:388 und S. 383: „Der Bileamspruch 24,3 ff. muß im Kern auf vorjahwistischer Überlieferung beruhen“. In 24,15b–16 ist die Einführung nachgeahmt. 157 Levin 1993:384; Seebass 2004:55. Dagegen wird heute von vielen die nachexilische Herkunft angenommen, z. B. Timm 1989, bes. S. 147–157; Husser 1994:172–180.191 f.; Witte 2002:207, der allerdings eine ältere Vorlage für die „Grundschicht“ voraussetzt (vgl. auch Holzinger 1903:115–121). Dass die erste Zeile נאם שׁמע אמרי־אלin V. 4 in Sam und der ganzen LXX-Tradition nicht belegt ist (vgl. BHS) und in der parallelen Stelle 24,16a einen poetischen Gegenpart וידע דעת עליוןhat, spricht nicht für (so aber Levin 1993:386, Anm. 17; Husser 1994:191) oder gegen die Ausscheidung der vorhandenen Zeile oder gegen ihre Ergänzung aus 24,16a (so aber BHS; Witte 2002:200, Anm. 35). Wenn auch das Wort נאםin Verbindung mit einem Menschen nicht ganz problemlos ist (Timm 1989:156), darf gerade auf Z. 1 in der Kombination I des Tell Deir cAllā Texts verwiesen werden: spr blʿm brbʿr ʾš ḥzh ʾlhn (so auch Levin 1993:386); weiterhin ist das Wort mḥzh / מחזהvon ebendort im AT nur in Num 24,4.16; Gen 15,1 und Ez 13,7 vertreten (so Husser 1994:191, und Anm. 64). Das Relativpronomen אשׁרmuss weggelassen werden.
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schriebenen Spruches zu rekonstruieren: Umstellungen sowie Auslassungen und Änderungen sind möglich, und keine Rekonstruktion gilt als bewiesen.158 Unabhängig von allen möglichen Argumenten ist es jedoch schwer vorstellbar, dass hier ein Fruchtbarkeitssegen (vgl. V. 6 oder 7a) oder eine Gottesbezeichnung (vgl. V. 6 oder 8a) gefehlt haben. Müsste man zwischen zwei Arten des Segens und zwei Gottesbezeichnungen wählen, sollte man von der Grundbeobachtung ausgehen, dass die Rede in der zweiten und die in der dritten Person (V. 5–6.9b gegen V. 7–9a) nicht auf ein und dieselbe literarische Ebene gehören. Für das höhere Alter der Fassung in der dritten Person spricht, dass keiner der Israeliten den Segen auf der Baal-Höhe hören kann, sondern nur Balak allein.159 Unter den Versen 5–9 können die drei Bikola in V. 7a+8a+9a durchaus einen denkbaren ursprünglichen Segen gebildet haben, in welchem das erste Bikolon die Fruchtbarkeit (Wasser), das zweite die Führung aus Ägypten und das dritte die Ankunft Israels im Land und sein sicheres Wohnen in Worte fasst.160 Für unseren Vergleich heißt das, dass die Segenssprüche in Gen 27,28 und Num 24,7a.8a.9a sich vor allem bei dem Fruchtbarkeitsmotiv gleichen. Nach unseren literarkritischen Überlegungen oben hat sich in der Rebekka-Jakob-Schicht von Gen 27 der Herrschaftsanspruch Israels noch nicht zu Wort gemeldet. Doch auch im Bileamspruch bringen die Verse 8a und 9a eher ein geographisch-historisches Selbstverständnis zur Geltung als den Anspruch auf Dominanz.161 Da es ursprünglich wahrscheinlich nur einen Spruch Bileams gegeben hat, ist die Dreizahl der Opfer ebenfalls verdächtig. Tatsächlich ist die Beschreibung der Opferhandlungen in Kapitel 23 (V. 1–2+4; 14; 29–30) unterschiedlich und eindeutig nachträglich gewachsen; denn obwohl der Satz ויעל פר ואיל במזבח drei‑ bzw. viermal begegnet (V. 2b*162; [4b163;] 14bβ; 30b), stimmt er mit dem 158 Daraus erklären sich möglicherweise die Schwierigkeiten des Sprachgebrauchs; denn fast überall können Bezüge zu nachexilischen Texten gezeigt werden; paradigmatisch z. B. von Gall 1900:16–47; Timm 1989:145 u. a.; H.-C. Schmitt 1994:187–190. Levin 1993:383.386 hält V. 6a für vorjahwistisch und V. 5.6b.9b für jahwistisch. Ein älteres Orakel sei verdrängt worden. 159 Siehe dagegen von Gall 1900:34 und vgl. Levin 1993:383–384; Witte 2002:200. 160 Das Bikolon mit יהוהV. 6b ist wegen der Eröffnungsformel, in der יהוהfehlt, verdächtig; V. 7b entfällt wegen des Bezugs auf Agag, der sicher spät ist (vgl. die Datierung von 1 Sam 15 durch Donner 1983:248 und H.-C. Schmitt 1994:187 f.; auch das Wort מלכותist überwiegend spät; vgl. dagegen aber Seebass 2004:53); V. 8b ist ähnlich verdächtig wegen der behaupteten Machtverhältnisse und eschatologischen Bezüge; die Ausdrucksweise in V. 9b gleicht der Verheißung an Abram in Gen 12,1–3 und den sekundären Teilen des Segens an Jakob in Gen 27,27bβ.29. 161 In der Forschung ist die inhaltliche Ähnlichkeit des Segens in Gen 27,28 f. und Num 24,5– 9 hervorgehoben worden, siehe Van Seters 1992:287: „/…/ all the components are present in the same order: (1) prosperity and fertility of the land, vs. 5–7a, (2) political and military superiority, vs. 7b–9, (3) the blessing and curse formula (v. 9b)“. Ähnlich auch Westermann 1981:537. 162 Der Einschub בלק ובלעםals Doppelsubjekt zu ויעלim Singular, der auch nicht in allen Handschriften bezeugt ist (siehe BHS), beweist den sekundären Textzuwachs sehr gut. 163 Hier im Rahmen der direkten Rede Bileams in erster Person Singular, die für das Weitere nicht relevant ist.
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dreifachen Bericht über den Bau von sieben Altären (V. 1–2a; 14bα; 29–30a) und mit der zweifachen ausdrücklichen Anordnung Bileams an Balak nicht überein, sieben Jungstiere und Widder zu nehmen (V. 1; 29). Lassen wir die Siebenzahl der Altäre und Opfertiere als sekundär beiseite, bleiben nur V. 2b* und 30b als mögliche Kandidaten für eine Notiz über die Opferung übrig. In ihnen ist alles ausdrücklich im Singular formuliert. Weiteres lässt sich nicht entscheiden. Allerdings können wir vermuten, dass wie in anderen alten Prosaerzählungen164 auch hier eine wichtige (rituelle) Handlung nicht ohne Opfer und Mahl geblieben ist. Zumindest für Gen 27 ist das schon hervorgehoben worden;165 denn die Verbindung des Segens mit einem rituellen Essen, d. h. einem Opferritual, unterstreicht die Irreversibilität des Segens166. Wahrscheinlich aber hat nur eine der beiden zugehörigen Notizen in Num 23,2b* oder 23,30b zur ältesten Schicht gehört. Einem Spruch Bileams und dem damit zusammengehörenden Opfer sind sicherlich weitere Motive und Elemente vorausgegangen und gefolgt. Durch den Spruch geschieht das Gegenteil dessen, was der Protagonist Balak erwartet hat. Das heißt: Sowohl die zornige Reaktion Balaks auf den Segen Bileams in 24,10a als auch Balaks Anordnung an die Ältesten Moabs in 22,4b–6*, Bileam nach Moab zu holen und Israel verfluchen zu lassen,167 und ihr Besuch bei Bileam in 22,7* gehören zum Grundnarrativ. Davon direkt abhängig und für den vorhandenen Text unerlässlich ist die Übernachtung im Haus Bileams in 22,8* sowie der morgendliche Aufbruch nach Moab in 22,21. Dass Balak Bileam entgegengeht und ihn zu einem bestimmten Ort168 führt (22,36*.39), ist für das Grundnarrativ ebenfalls naheliegend; und dasselbe gilt für die abschließende Notiz in 24,25, dass Bileam und Balak die Szene verlassen. Diese Beobachtungen reichen aus, um den Vergleich der (ältesten) Bileamerzählung mit Gen 27* (auf der literarischen Ebene der Rebekka-Jakob-Schicht) in einem tabellarisch dargestellten Grundmuster weiterzuführen (Tabelle 2).
164 Siehe unsere Beobachtungen zu Gen 25 und 27 oben 1.1 und 2.1 sowie zu Gen 26 unten IV 2.1. 165 Besonders stark favorisiert von Albertz 2009:137 ff.; vgl. auch Hendel 1987:83. 166 Siehe Albertz 2009:141: „/…/, dass mit dem Vollzug des Rituals schon eine Applikation des zukünftigen Segenswirkens Gottes auf den gesegneten Sohn stattgefunden hat“. 167 Vgl. besonders den vermutlichen Beginn der ursprünglichen Erzählung mit einem wəPNNominalsatz in V. 4b. 168 Der Name der Stadt (oder Städte) קרית חצותist allerdings nicht sicher, siehe die verschiedenen Varianten in BHS.
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Tabelle 2: Motive und Elemente in Genesis 27 und Numeri 22–24 Genesis 27 (Rebekka-JakobBearbeitung)
Motive und Elemente
Numeri 22–24 (das Grundnarrativ)
* Isaak, Esau, Rebekka, Jakob. * Vier Darsteller.
* Balak, Boten, Bileam, Israel.
Isaak bittet Esau um ein Exposition des primären Wildbret und will ihn segnen Movens. (V. 1–4).
(Siehe unten.)
Rebekka veranlasst die Vertauschung der Söhne (V. 5a.6–10).
Dramatische Initiative. * Form: Monolog eines Darstellers.
Balak sendet Boten zu Bileam (22,4b–6*), wobei das Movens in V. 5* genannt wird.
– Esau geht auf die Jagd, während Jakob die Ziegenböckchen holt (V. 5b.14). – Rebekka kleidet Jakob um (V. 15*). – Jakob bringt die Speise zu Isaak (V. 17–18a.24).
Vollzug der Initiative.
– Die Ältesten Moabs gehen zu Bileam und bleiben über Nacht bei ihm (22,7–8*). – Bileam bricht auf (22,21). – Balak geht Bileam entgegen und geleitet ihn (22,36*.39).
Isaak isst und trinkt (V. 25).
Essen/Opfer (unmittelbar vor Bileam opfert am nächsten der narrativen Kulmination). Morgen an der Höhe Baals (22,41; 23,2b*/30b).
Isaak segnet Jakob (V. 26–28*).
Dramatische Wende durch den magischen Segen zugunsten der Identifikationsfigur. * Form des Segens: poetisch, unter Einbezug des Gottes und ohne den Adressaten namentlich zu nennen; Fruchtbarkeit.
Bileam spricht den Segen statt des Fluchs (24,2b–9*).
Esau erfährt, was geschehen ist, und reagiert zornig (V. 30b–33*.41b).
Dramatische Reaktion des Hauptdarstellers. * Form: Tatsache der physischen Reaktion.
Balak reagiert zornig (24,10a).
Rebekka fordert Jakob auf, zu Der/die Hauptdarsteller verfliehen (V. 42–45*; vgl. 28,5). lässt/-lassen die Szene.
Bileam und Balak gehen davon (24,25).
Das so gewonnene Grundnarrativ der Bileamerzählung wird ähnlich wie in Gen 27* mit einem Monolog eröffnet, der das Geschehen in Gang bringt (Num 22,5b–6* // Gen 27,1b–4+6–10*169). Er kann zugleich als eine Intrige bezeichnet werden und ist für die traditionsgeschichtliche Lokalisierung solcher Texte von Bedeutung, wie unten beim Vergleich mit 2 Kön 11 zu zeigen sein wird. Den Höhepunkt beider Erzählungen bildet ein in poetischer Form verfasster Segen (vermutlich ursprünglich Num 24,3–9* // Gen 27,27bβ–28*), wobei der Durch die Rebekka-Jakob-Schicht wurde der Monolog in Gen 27 verdoppelt.
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Ortswechsel des Hauptdarstellers (Bileam nach Moab und zurück // Jakob anschließend zu Laban) und vermutlich auch ein Ritual (Opferung // Mahlzeit) hinzugehört. Das Objekt des Segens Bileams ist Israel, das im ursprünglichen Spruch – offenbar wegen des israelitischen Blickwinkels – vielleicht nicht genannt worden ist. Es sei erinnert, dass auch der Segen in Gen 27,27bβ–29 in allen seinen Schichten neben der Anrede „ בניmein Sohn“ keinen Namen enthält. Erst dadurch ist der Austausch des Segensobjektes in der Rebekka-Jakob-Schicht möglich geworden. Wenn Esau durch Jakob ersetzt wird, folgt daraus, dass er für die Verfasser die Identifikationsfigur gewesen ist. Ob Jakob dabei bereits eponymisch für Israel gestanden hat, kann weder bestätigt noch ausgeschlossen werden.170 Weiterhin ist beiden Überlieferungen der magische Aspekt gemeinsam, dass der Segen zu Gunsten der Identifikationsfigur (Israel//Jakob) und zu Lasten des Gegenspielers (Balak//Esau) unwiderruflich ist. Dabei wird ein Moment der dramatischen, mehr oder minder überraschenden Wende wichtig: In der Bileamgeschichte ist es der Segen anstelle des Fluchs und in Gen 27 der Segen für Jakob statt für Esau. Die emotionalen physischen Reaktionen der Gegenseite unterstreichen diese Wende prägnant. Ob das Motiv des göttlichen Eingriffs in der Bileamerzählung zur frühesten Textebene gehört hat oder nicht, kann an dieser Stelle nicht näher behandelt werden. Es sei nur vermerkt, dass mehrere Anzeichen dafür sprechen, dass die Verfasser der ältesten Prosaschicht den göttlichen Darsteller mit אלהיםund nicht mit יהוהbezeichnet haben.171 Die kurze Feststellung unmittelbar vor dem dritten Segensspruch, dass die רוח האלהיםüber Bileam gekommen sei (24,2b), steht in Kontrast zu den umfangreichen Schilderungen, wie יהוהvor allen drei Segnungen in das Geschehen eingreift (23,3–5; 23,15–17 und ein wenig anders in 24,1). Weil nicht erkennbar ist, was eine redaktionelle Einfügung der רוח האלהים-Notiz veranlasst haben könnte, wenn die יהוה-Passagen bereits vorhanden gewesen wären, dürfte diese Notiz die ältere sein.172 Mit אלהיםals göttlichem Akteur würde die Bileamerzählung sich ein weiteres Mal mit Gen 27 überschneiden (vgl. האלהיםin
170 Vgl. auch das nächste Kapitel. Viele, wie z. B. Blum 1984:69–79, sprechen sich für die Völkerätiologie aus. 171 Vgl. z. B., wie Holzinger 1903:107 f. im Rahmen der Urkundenhypothese die Grundschicht des Abschnitts 22,6–21 der Quelle E zuweist, oder die Diskussion zu E und J bei Seebass 2004:26–66. Nach Witte 2002:208 verwendet die erzählende Grundschicht nur אלהים und die direkte Rede יהוהund אל. 172 Diese Notiz in 24,2b würde logischerweise auch voraussetzen, dass אלהיםes ist, der den Bileam in der Nacht aufruft, nicht nach Moab zu gehen (22,8–10*.12*) und dessen Zorn durch Bileams Ungehorsam hervorgerufen wird (22,22a). Reduziert man die Bileamgeschichte auf das minimale Grundnarrativ mit einem einzigen Spruch (z. B. 22,4b–8*[V. 8 ohne כאשׁר ידבר יהוה ]אלי.9–10.12a[b?].21–22a[bis ]הוא.36*.39.41; 23,2b*[oder 23,30b]; 24,2b–4.7a.8a.9a.10a.25), funktioniert es vollkommen ohne יהוה.
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V. 28).173 Auffallend ist auch, dass die Erzählung in Gen 27 fast keine (sekundäre) Theologisierung erfahren hat. Den Vergleich von Gen 27 und Num 22–24 zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die beiden Grundschichten nicht in gegenseitiger literarischer Abhängigkeit stehen,174 dass aber die Anzahl der gemeinsamen Motive und Elemente zusammen mit ihrer vergleichbaren Abfolge „Exposition des primären Movens > dramatische Initiative > Vollzug der Initiative > Essen/ Opfer > dramatische Wende durch den magischen Segen zugunsten der Identifikationsfigur > dramatische Reaktion des Kontrahenten > die Hauptdarsteller verlassen die Szene“ für eine spezifische narrative Logik spricht, die einen mehr oder minder ähnlichen überlieferungsgeschichtlichen Hintergrund bezeugt. Um diesem Hintergrund näherzukommen, fragen wir statt nach einem König wie Balak nach einer Frauengestalt, die wie Rebekka in Gen 27 die Initiative zum Geschehen ergreift. Innerhalb der Erzelterngeschichten lässt sich an Sara in Gen 16 und 21,8–21 denken, weil sie gegen Hagar (und deren Sohn Ismael) intrigiert. Das Motiv steht hier aber nicht im Rahmen der weiteren, von uns oben behandelten Motive. Es fehlt vor allem an der dramatischen Reaktion, aber auch die narrative Wende (List, Überraschung) ist wenig profiliert, und schließlich ist die Konstellation in der Familie eine andere: Der Protagonist oder die Identifikationsfigur ist eher Ismael als Sara, und Sara wendet sich nicht gegen ihren eigenen Mann, wie Rebekka es tut.175 Ein weiteres Beispiel ist die Geburtslegende des Mose in Ex 2,1–10, in der Moses’ Mutter durch eine List das Leben ihres Sohnes rettet und sogar die beste Versorgung für ihn erreicht. Auch hier fehlen mehrere Aspekte des oben entwickelten Motivkomplexes, obwohl sowohl die israelitische Identifikationsfigur als auch die Initiative der Mutter vorhanden sind und die Legende darüber hinaus am Beginn des Mosezyklus eine Parallele zum Anfang des Jakobzyklus bildet.176 Unserem Motivkomplex wesentlich näher kommen zwei andere Erzählungen: die Thronbesteigung Salomos in 1 Kön 1 und der Sturz der Atalja in 2 Kön 11. Beide berichten von Frauen, die am Königshof von besonderer Bedeutung sind. Batseba als Frau Davids und Mutter Salomos erweist sich zwar nicht selbst als Intrigantin, aber ihre Schlüsselrolle im Verhältnis zum König (1 Kön 1,15–27) zeigt die nachrangige Stellung des Propheten Nathan als des eigentlichen „Ränke-
173 In dem dritten Bileamspruch rechnen wir freilich auch mit den Bezeichnungen אל 24,4.8(a) und ( שׁדי24,4). 174 Es liegen nur wenige wörtliche Überschneidungen vor, wie קרא+ שׁלחin Gen 27,42 (vgl. V. 1) und Num 22,5 (vgl. V. 37). 175 Hinzu kommt das überlieferungsgeschichtlich buntere Material, vgl. die Brunnenätiologie in 16,14. 176 So Hendel 1987:133–165, bes. S. 141–148; die den ganzen Jakobzyklus treffenden Fragen werden unten unter III 2.1 behandelt.
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schmieds“ (1,11–14).177 Den erfolgreichen Machenschaften und der Thronbesteigung der Königinmutter Atalja (2 Kön 11,1.3b) wird die Intrige der Joscheba, der Tante des Joasch, entgegengesetzt (11,2), wenn auch in diesem Fall sechs Jahre später dem Jojada178 eine wichtige Rolle zukommt, wenn es gilt, die „legitime“ Thronbesteigung zu vollenden (11,4 ff.). Die zentralen Identifikationsfiguren sind in beiden Fällen die neuen Könige Salomo und Joasch, die die Daviddynastie legitim fortsetzen. Sie wirken aber in der Erzählung fast wie Statisten. Das erinnert an Jakob in Gen 27, der fast keine eigene Initiative zeigt, aber dessen Rang als Identifikationsfigur der (Hinter)list Rebekkas die positive Bedeutung verleiht. Bevor wir die um diese Frauengestalten gewobenen Motivkomplexe näher betrachten, sei in Form einer Tabelle vorläufig dargestellt, welche aus Gen 27 bekannten (strukturellen) Motive in den Erzählungen von Salomo und Joasch vorkommen: Tabelle 3: Motive und Elemente in 1 Könige 1 und 2 Könige 11 im Vergleich mit Genesis 27 1 Könige 1
Motive und Elemente in Genesis 27
2 Könige 11
* Adonija, Nathan, Batseba, David, Salomo.
* Vier(‑fünf ) Darsteller.
* Atalja, Joscheba, Jojada, Joasch.
David ist altersschwach, und Exposition des primären Adonija lässt sich zum König Movens. erheben (V. 1.4.5–7.9).
Ahasja ist tot. Atalja ergreift die Macht und tötet die Prinzen (V. 1.3b).
Nathan initiiert die InthroDramatische Initiative. nisation Salomos, * Monolog * Form: Monolog eines (V. 11–14). Darstellers.
Joscheba rettet Joasch (V. 2, * kein Monolog, siehe unten).
– Batseba und Nathan benachrichtigen David (V. 15–27). – Königlicher Beschluss (siehe unten).
Vollzug der Initiative.
– (Siehe auch oben.) Vorbereitungen zur Inthronisation unter Führung Jojadas, * Monolog (V. 4–11).
(Fehlt; Adonijas Königsfeier wird jedoch von Opfer und einem Mahl begleitet; vgl. V. 9.25.41.)
Essen/Opfer (unmittelbar vor (Fehlt.) der narrativen Kulmination).
177 Ishida 1999:122 verweist auf die Parallele zwischen 1 Kön 1 und Gen 27 bei dem Motiv der Blindheit (David und Isaak), und Cogan 2001:167 nennt Gen 25,29–34 und 27 (Jakob) als Beispiele für das Motiv der Überlistung des Thronrivalen; auch Hagan 1979 sieht in 2 Sam 9–20 und 1 Kön 1–2 mehrere Erzählungen mit dem deception-Motiv (bes. S. 320–322) und nennt dabei auch Gen 27 zum Vergleich (S. 302). 178 Die Bezeichnung „Priester“ für Jojada in 2 Kön 11,9 f.15.18 muss nicht unbedingt Teil des ältesten Narrativs sein; vgl. Levin 1982:18 f.29.36.80 passim.
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II Jakob – ein legendärer Held
1 Könige 1
Motive und Elemente in Genesis 27
2 Könige 11
– Königlicher Beschluss (V. 29–30; kein Segen, aber ein Schwur). – Inthronisation Salomos (V. 38–40; kein Segen, aber Salbung und die Freude des Volkes).
Dramatische Wende durch den magischen Segen zugunsten der Identifikationsfigur.
Inthronisation des Joasch (V. 12. 17.19b; kein Segen, aber Salbung, Bund und die Freude des Volkes).
Adonijas Gäste laufen davon; Adonija sucht Asyl am Altar (V. 49–50; nachdem er benachrichtigt worden ist, in V. 41–48).
Dramatische Reaktion des Hauptdarstellers. * Form: Tatsache der physischen Reaktion.
Atalja zerreißt ihre Kleider und ruft: „Verrat!“ (V. 13–14).
Salomo sendet Adonija nach Der/die Hauptdarsteller verHause (V. 50–53; nach seiner lässt/-lassen die Szene. Begnadigung).
(Atalja wird getötet, V. 16.179)
Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, sind fast alle mit Gen 27 vergleichbaren Komponenten grundsätzlich vorhanden. In 2 Kön 11 fehlt nur das Motiv des Opfers und des Mahls, auch treten die Protagonisten nicht ab, sondern die Antagonistin wird getötet. In 1 Kön 1 ist das Mahlmotiv nur bedingt vorhanden, denn auch wenn die Anhänger Adonijas ein Opfermahl halten,180 geschieht die Inthronisation der Identifikationsfigur ohne eine solche Handlung. In keiner der beiden Erzählungen wird ein Segen erteilt, aber ein ritueller Kontext ist in Form der Inthronisationsprozedur eindeutig vorhanden.181 Die im königlichen Beschluss verwendete Schwurformel חי־יהוהsowie der Schwur ( שׁבעnif.) selbst (1 Kön 1,29–30) und darauf folgend die Akklamation des Volkes ( … יחי המלךin 1 Kön 1,34.39) unterstreichen den magischen Aspekt. Zugestehen muss man allerdings, dass die Wende in 1 Kön 1 erzähltechnisch nicht vergleichbar deutlich zugespitzt wird wie in Gen 27 oder gar in 2 Kön 11, doch die dramatische Wende kommt in beiden Narrativen durch die Reaktionen des Protagonisten und der Antagonistin sehr wohl zur Geltung: Adonijas Parteigänger erschrecken plötzlich (1 Kön 1,49, חדרwie bei Isaak in Gen 27,33) und laufen davon, Adonija fürchtet sich ( )יראund sucht Asyl am Altar (V. 50); Atalja zerreißt ihre Kleider und verurteilt das Geschehen laut als Verrat (2 Kön 11,14; vgl. Gen 27,34). Die strukturelle Verwandtschaft der Erzählungen untereinander und mit Gen 27 ist unübersehbar. Dabei kommt die Erzählung von Salomo der letzteren näher, denn hier begegnen neben wörtlichen Parallelen (z. B. )חדרauch andere bezeichnende Elemente. Darunter sticht am meisten hervor, dass die Altersschwäche der ent179 Die weitere Notiz über den Tod Ataljas in V. 20b ist offensichtlich eine spätere Extrapolation; vgl. Levin 1982:24. 180 Vgl. Smend 1977:450. 181 Zur Prozedur siehe Levin 1982:91–94.
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scheidenden Partei der Auslöser für die Intrige ist: Sowohl Isaak als auch David sind ( זקןGen 27,1; 1 Kön 1,1); beide entscheiden über ihre Nachfolge. Daraufhin lässt Salomo hinsenden ( ;שׁלח1 Kön 1,53; vgl. Rebekka in Gen 27,42) und fordert Adonija auf, in sein Haus zu gehen – tatsächlich verlässt einer der Protagonisten ebenso wie in Gen 27 am Ende die Szene.182 Eine kurze literarkritische Erörterung kann im Folgenden die Frage der motivgeschichtlichen Verhältnisse in Gen 27 verdeutlichen. Ebenso wie in Gen 27 können auch in 1 Kön 1 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht alle genannten strukturellen Motive auf die älteste Schicht zurückgeführt werden.183 Mehrere Einzelheiten erwecken den Verdacht, dass die breiter ausgeführte Erzählung erst durch Textzuwachs zustande gekommen ist: (1.) Die fünf statt vier Protagonisten in Gen 27 und 2 Kön 11184 und die zahlreichen Statisten überfüllen die Erzählung. Außerdem werden sie einmal mit, einmal ohne Prädikat eingeführt, und sie treten in unterschiedlicher Weise auf, auch wenn fast wörtlich von denselben Ereignissen die Rede ist (vgl. z. B. V. 7.9.19.25).185 (2.) Das Motiv der Altersschwäche fügt sich literarisch nicht glatt in das Narrativ ein. Vers 15b unterbricht die Satzfolge in V. 15–16. Ein wəPN+qotel-Satz in dem narrativisch wichtigen V. 5 macht den Abschnitt V. 1–4 fraglich, besonders wegen des ähnlich strukturierten wəPN+qatal-Satzes in V. 1.186 (3.) In dem Monolog Nathans V. 11–14, mit dem die dramatische Initiative einsetzt, wird das Opferfest nicht erwähnt, obwohl Batseba und Nathan später in V. 19 und 25 davon sprechen.187 (4.) Wenngleich oft angenommen wird, dass Batseba und Nathan in V. 15–31 mehrmals bei David ein‑ und ausgegangen sein müssen, ist ein literarischer Zuwachs (vgl. besonders V. 32) wahrscheinlicher als ein einheitlicher Text. Der Umstand, dass die Protagonisten den Raum des Königs nicht verlassen, obwohl sie mehrmals eintreten, könnte darauf hinweisen.188 (5.) Der Inthronisationsprozess 182 Weil dieses letzte Motiv gut zu den anderen hier behandelten Texten passt, werden V. 50– 53 nicht als Einleitung zu 1 Kön 2 behandelt, vgl. Long 1984:36. 183 So, obwohl die Einschichtigkeit verbreitet vertreten wird, etwa von Whybray 1968:33: „This story is technically perhaps the most complex story describing a single event in the Old Testament; yet the scenes have been so well dovetailed that the whole narrative reads smoothly and naturally /…/“. Sucht man Erweiterungen, dann vor allem im Bereich der Verse 35–37 und 46–48, so Veijola 1975:16–18; Würthwein 1985:8.16 f.19 (auch V. 29 f.*) und Kratz 2000:180 (auch V. [1–4.]20b); vergleichbar sind auch Langlamet 1976 und Vermeylen 2000a:484 f. (V. 35.37.46–48 und kleinere Zusätze im Bereich von V. 5–8.12.21.51 f.); Kaiser 2000b:149–153 (V. 30aγ.35bβ.37b.46–48) und Dietrich 2002:36–37.40(Anm. 25) (V. 6b.35–37.41b–48). Zur Forschungsgeschichte siehe weiterhin Dietrich / Naumann 1995:284–291. 184 Im Vergleich zu Gen 27 ist Nathan als Protagonist überflüssig und im Vergleich zu 2 Kön 11 David. 185 Vgl. Rudnig 2006:77–79. 186 Vgl. Noth 1968:11.13 f.21; Rudnig 2006:74 f. 187 Darüber hinaus unterscheiden sich die Opfertiere in den Berichten, vgl. V. 9.19.25. Siehe dazu gründlich Rudnig 2006:88.96–99. 188 Vgl. Rudnig 2006:86–90 und Gen 27,30b, wo genau festgehalten wird, dass Jakob davongeht, bevor Esau bei Isaak eintrift. Vgl. dagegen Halpern 2001:396.
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wird in V. 32–35, 38–40 und 43–45 unterschiedlich geschildert, wobei V. 38–40* sicherlich den Kern bilden. V. 32–35 bereiten die Szenen vor, sind aber vielleicht auch von ihnen literarisch abhängig, und V. 43–45 gehen höchstwahrscheinlich darauf zurück, dass Jonatan sekundär oder tertiär eingeschaltet worden ist.189 Solche Beobachtungen haben dazu geführt, den ältesten Text nur in V. 5.7 f. (oder 9 f.).32–34.38–40*.49–51* und 53 zu suchen,190 d. h. die Intrige Nathans und Batsebas dem fortgeschrittenen literarischen Stadium zuzuweisen.191 Auch wenn man die Probleme mit dem komplizierten szenischen Aufbau von V. 15–34 und dem Opferfest in V. 9 f.19.25.41–49 u. a. beiseite lässt und eine einfachere Schicht mit nur einer Anrede Batsebas rekonstruiert, also V. 5.7–8*.11–13*.15a.16–18.32– 34.38–40*.50–51a.53 voraussetzt,192 bleibt die Frage, ob die kurze Exposition in V. 5.7–8, wo das Geschehen mit einer direkten Rede Adonijas, die lediglich zwei Worte umfasst, einsetzt, und der ausführliche Bericht in V. 11–13*.16–18 und dessen kammerspielartiger Ton mit vielen Beteiligten und längeren Monologen auf einen und denselben Verfasser zurückgehen. Stattdessen passen das primäre Movens (V. 5.7–8) und die dramatische Wende (V. 38–40) ursprünglich gut zusammen. Die dramatische Intrige (V. 11–13*) und deren Vollzug (V. 15a.16–18.32– 34) sowie die anschließende dramatische Reaktion des Antagonisten (V. 50–51a), der schließlich die Szene verlässt (V. 53), gehören jedoch zur späteren Schicht. Die Entwicklung ist vergleichbar mit der Einfügung der Rebekka-Jakob-Schicht in Gen 27. Das betrifft auch die sprachliche Ebene; denn die Art, wie Rebekka und David benachrichtigt werden ( נגדpu.), wie sie hinschicken ( )שׁלחund Instruktionen erteilen (Gen 27,42–44.45b und 1 Kön 1,32–34.51a.53), ist sehr ähnlich. Es ist unmöglich zu entscheiden, ob wir hier mit einer literarischen Abhängigkeit zu tun haben oder eher nur mit einer ähnlichen Erzählart, die in der Hoftradition verbreitet gewesen ist. Da aber wahrscheinlich die Altersschwäche Davids ( זקןin V. 1) sowie das Erschrecken der Gäste Adonijas ( חדרin V. 49) und das Festmahl (in V. 25 sogar )אכלים ושׁתיםspäter hinzugefügt worden sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass 1 Kön 1 zumindest auf der tertiären Bearbeitungsebene von Gen 27 abhängig ist. Es sei darüber hinaus vermerkt, dass die Salomoerzählung im Laufe ihres literarischen Wachstums immer stärker mit dem weiteren Zyklus der Erzählungen von der Thronnachfolge verschmolzen worden ist, ähnlich wie Gen 27 in der heutigen Gestalt fest im Jakob-Esau-Zyklus verankert ist.193 Dazu gründlich Rudnig 2006:81–85; vgl. Veijola 1975:16 f. Vgl. Hentschel 1984:19–25, der die frühe mündliche Tradition in V. 9–10.32–34.38– 45.49–50.51a.bα.53 vermutet; Rudnig 2006:71–108, bes. 91–95, sieht den Grundbestand in V. 5.7.8aαb.38.39a*[ohne ]מן־האהל.39b.40aαγb, der durch die „dynastiekritische Bearbeitung“ V. 11.12a*[nur ]ועתה לכי.13[ohne ]לכי.15aα.16–18.32–34 erweitert worden sei. Siehe oben Anm. 183. 191 So besonders Rudnig 2006:71–108. 192 Vgl. wiederum Rudnig 2006:71–108. 193 Es ist unwahrscheinlich, dass die Salomoerzählung ursprünglich eine selbständige Erzählung gewesen ist (so aber Cogan 2001:166). 189 190
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Anders verhält es sich bei 2 Kön 11. Denn hier gehören die strukturellen „Pflichtmotive“ auf jeden Fall zur ältesten Schicht, wobei die Grunderzählung meistens auch relativ früh datiert wird,194 falls eine literarische Schichtung überhaupt angenommen wird.195 Diese primären Elemente sind oft sehr kurz und stehen an strategisch wichtiger Stelle im Text. Sie können nicht aus dem Narrativ entfernt werden. So ist die Rolle der Tante des Joasch zwar nur kurz und bleibt auf die Rettungsaktion begrenzt (V. 2), aber sie gehört eindeutig zum Grundbestand, weil nur hier gesagt ist, dass Joasch gerettet wird. Ebenso verhält es sich mit der Intrige (V. 2) als primärem Movens (V. 1.3b), auch wenn ihre Ausführung (V. 4–11*) auf die zwei voneinander unabhängigen Protagonisten Joscheba und Jojada verteilt ist. Auch die Inthronisation des Joasch als die dramatische Wende (V. 12.17.19b) und die Reaktion Ataljas (V. 13–14) gehören zum Minimalbestand der Erzählung. Wie Christoph Levin gezeigt hat, kann man jene Teile des Textes, die sich auf den Priester, den Tempel Jahwes und den Tempel Baals, den Altar und den Sabbat beziehen (etwa in V. 3a.7a.9.11b.13b.18–19), als sekundär betrachten.196 Aber diese Motive gehören nicht zu jenen, die für die Erzählstruktur konstitutiv sind.197 Mithin bleibt als Grundlage ein relativ knapp verfasstes, aber feines Narrativ, das seine raison d’être darin findet, den Machtanspruch des Joasch (oder vielleicht eher des Jojada198) zu rechtfertigen, und daher seinen historischen Ort am ehesten noch zu Lebzeiten Joaschs gehabt hat. Wie in Tabelle 3 oben gezeigt worden ist, ergibt der Vergleich eine offensichtliche Strukturparallele mit der Salomoerzählung in 1 Kön 1, die auch bereits erkannt und als Royal Historical Writing of Apologetic Nature (Tomoo Ishida) definiert worden ist199. Da aber die Struktur der Salomoerzählung Spuren mehrerer Überarbeitungen zeigt, ist 194 Liverani (2004b:159; 2010:78 f.) nimmt an, dass die Erzählung als Apologie des Königs noch aus den Lebzeiten Joaschs stammen kann; ähnlich Levin 1982:95; Hentschel 1985:51 f.; Barré 1988:88–90; vgl. die Kritik bei Long 1991:154. 195 Der Ansicht, der Text sei aus zwei Quellen zusammengestellt (so z. B. Lemaire 2011:267 f.: Quellen in V. 4 f.7–9.11 f.19–20a und 13.14b.16), stehen Abhandlungen gegenüber, in denen von einer Grundschicht die Rede ist: So Levin 1982:18–19.79–82 passim (V. 1 f.3b.4aα.bα1.β.5a.b*.6a. 8a.11a.bβ2.12b.13a*.14a.bβ.16.17aα.b.19b.20a); Hentschel 1985:51–54 (V. 1 f.3a*.4.5b.6a.8a.11.12aβ. b.13 f.16.19a.20a); Barré 1988:23–29 (V. 1–5.7–9.11–15a.16–17aα*.17b.19–20a); vgl. etwas anders Würthwein 1984:345–352 (V. 1 f.3f *.5a.8 f.*11 f.*17*.18b.19*.20), der die in der „volkstümlichen Tradition“ verwurzelte dramatische Reaktion Ataljas als sekundäre Einfügung betrachtet. 196 Levin 1982:29–77; er verteilt diese Motive auf eine priesterliche und eine bundestheologische Bearbeitung; siehe auch die anderen, oben Anm. 194 erwähnten Forscher. 197 Ob es sich ursprünglich um eine selbständige Erzählung (Liverani 2004b:158 f.) oder ein Fragment gehandelt hat (Levin 1982:79; vgl. Barré 1988:29), kann hier nicht diskutiert werden. 198 So besonders Liverani 2004b:154–159. 199 Siehe zumal Ishida 1999:107 ff., bes. 110: „In the structure of the apologetic historical writings, the court intrigue was the legitimate king’s counter-attack against an unlawful attempt by an incompetent rival prince to gain the crown. As in these historical writings, Solomon’s purge of his enemies shows his competence as a ruler“; und auch Cogan 2001:167 und Halpern 2001:396, ferner Marti 2011 zu Asarhaddon.
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II Jakob – ein legendärer Held
das eigentliche Narrativ rund um die Thronbesteigung Salomos erst durch diese Redaktionen zustande gekommen. Das erklärt, wie alle diese Redaktionen sehr wahrscheinlich lange Zeit nach Salomo entstanden sein können, darüber hinaus den mutmaßlichen literarischen Bezug auf Gen 27, das eine ähnliche Struktur besitzt, und schließlich die Tatsache, dass es anhand des heutigen Textes schwierig ist, die Usurpation Salomos moralisch zu bewerten: In 1 Kön 1 folgt die Schilderung der Intrige zugunsten Salomos einer geläufigen, zur Legitimation des Thronfolgers gebrauchten Erzählstruktur (ähnlich wie in Gen 27 und 2 Kön 11), deren moralische Zweideutigkeit sich anscheinend eher aus dem Zusammenspiel mehrerer Erzählungen in einem Zyklus ergeben hat. In einer einzelnen Erzählung sind alle Mittel, die zur Thronnachfolge führen, legitim, und daher nur bedingt als Hinterlist zu verstehen; in einem Erzählzyklus hingegen kann auch der Hauptdarsteller (etwa Salomo, Joasch, Jakob) kritisiert werden, weil die hinterlistige Intrige sich dadurch relativiert, dass er zu einer positiven Identifikationsfigur wird, etwa im Sinne „unseres (davidischen) Königs“ oder JakobIsraels.200 Auf diese Beobachtungen wird unten zurückzukommen sein, denn die Diskussion bedarf eines breiteren Blicks auf die Königsideologie und Identitätsbildung im Alten Orient.201 Was die Rolle der Frauen betrifft, kann vor allem beobachtet werden, dass in allen drei behandelten Erzählungen die Intrige nicht den Personen angelastet wird, zu deren Gunsten interveniert wird (Jakob, Salomo, Joasch). Drei der fünf Intriganten aber, die genannt werden (Rebekka, Natan, Batseba, Jojada und in gewisser Hinsicht auch Joscheba), sind Frauen.202 Das zeugt von einem in der Hoftradition geläufigen Motiv, in dem sich die Bedeutung der Hoffrauen spiegelt – seien sie Mütter des Prinzen bzw. des Königs oder andere weibliche Verwandte. In der altorientalischen Tradition gibt es genügend Analogien für die dramatische Rolle solcher Frauen. Historisch gesehen bezeugen z. B. indirekte Quellen eine solche Rolle für Naqia / Zakutu, die Mutter des assyrischen Königs Asarhaddon, in den Wirren während dessen Thronbesteigung.203 Überlieferungsgeschichtlich gesehen finden sich dramatische Frauenfiguren in den im Alten Orient maßgebenden Traditionen von den Königen Gilgamesch oder Gudea.204
200 In der Forschung ist die Annahme einer „salomokritischen“ Redaktion populär gewesen, vgl. Würthwein 1974:11–17.49–59; Rudnig 2006 u. a. Vgl. aber die Kritik bei Long 1984:41, die pro-salomonische Deutung von Whybray 1968:50–55; Ishida 1999:102–136 u. a., und die generelle Kritik von Blum 2000a gegenüber der Suche nach den „salomofreundlichen“ und „salomokritischen“ Tendenzen. 201 Entsprechende altorientalische Parallelen werden unten III 2 und 3 diskutiert. 202 Eigentlich zählt auch Atalja zu den Intrigantinnen, aber da sie als das Movens des Narrativs in 2 Kön 11 fungiert, wird sie hier nicht mitgerechnet. 203 Siehe Edzard 2009:218.224 (und vgl. zu Adda-guppi S. 243); Rudnig 2006:93–95; zu den Thronfolgewirren bei den Hethitern siehe Astour 1989:21–24. 204 In Verbindung mit dem „wilden Mann“ in Gen 2–3 und der Gilgamesch-Tradition ist eine solche Frauenfigur von Hartenstein 2009 u. a. behandelt worden; siehe auch oben Anm. 55.
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In der Gilgamesch-Tradition sind es Ninsun / Ninsunna, die die Träume deutende göttliche Mutter des Protagonisten und Adoptivmutter Enkidus (SB I,243–298; III,13–135 ff. u. a.),205 die Dirne Schamchat, die die humane Transformation Enkidus begleitet (SB I,134–300 u. a.),206 die göttliche Kneipenwirtin Schiduri, die Gilgamesch den rechten Weg in die jenseitige Welt weist (SB X,1–91), und Uta-napischtis Frau, die Gilgamesch nach seiner Rückkehr aus der Wildnis beisteht (SB XI,212 ff.).207 Bis in die sumerische Zeit zurück reicht das Beispiel der Göttin Nansche, die von König Gudea als Mutter angesprochen wird und ähnlich wie Ninsun die Träume deutet (Gudea-Zylinder A I–II). Eine solche Frauengestalt ist nicht nur dramatisch, sondern sie ist, ähnlich wie Eva oder Delila im Alten Testament, in gewissem Grade numinos oder dämonisch, denn sie mischt sich ein, und das hat spürbare Folgen, ohne dass die Gründe erklärt werden.208 Angesichts der Analyse oben gilt für die Rebekka-Jakob-Schicht in Gen 27: Es ist schwer vorstellbar, dass sie von der ihrerseits mehrschichtigen Salomoerzählung 1 Kön 1 oder von der Grundstruktur der Joascherzählung 2 Kön 11 literarisch abhängig ist, denn ihr dramatischer Mittelpunkt, die Segnung, steht damit nicht in Einklang. Es ist aber auch kaum möglich, dass die RebekkaJakob-Schicht unabhängig von der Hoftradition zustande gekommen ist; sie ist keine Familiengeschichte und stammt sehr wahrscheinlich vom Königshof,209 partizipiert – wie zumal die Bileam‑ und Joascherzählungen zeigen – an der dort geläufigen Motivik und Erzählkunst und ist vielleicht ihrerseits ein Vorbild gewesen. Jedenfalls sticht der Kontrast zwischen der patriarchalischen Isaak-Esau-Schicht, die den Segen in den Mittelpunkt stellt, und der mit der Hoftradition verwandten, eher matriarchalischen Rebekka-Jakob-Schicht ins Auge. Darin wird ein Übergang von eher archaischer Überlieferung zur entwickelten Hoftradition greifbar: Während die ugaritischen Parallelen Einzelheiten betreffen und sich mit den Motiven Mahl, Segen und List vor allem in der Isaak-Esau-Schicht zu Wort melden, hat die Rebekka-Jakob-Schicht strukturelle Parallelen in der Hoftradition. Die listige Frauengestalt kann gelegentlich auch in ugaritischen Texten vorkommen (Puchat), aber das stilistische Verfahren, durch das Rebekka in Gen 27 in die Handlung eingeschaltet worden ist, ähnelt den Erzählungen von Salomo und von Joasch.
205 Hamori 2011:634 f. sieht die Parallele zwischen Ninsun und Rebekka; Harris 1990:219– 221 diskutiert die wachsende Rolle Ninsuns in Gilg SB; zu Ninsun siehe auch unten III 2.2. 206 Siehe auch Harris 1990:222–224; Hartenstein 2009:107–109.113–115. 207 Harris 1990:224–226 und Mobley 1997:222 haben darauf hingewiesen, dass die letzten beiden Frauen eine Rolle bei der Rückkehr Gilgameschs in die Zivilisation, d. h. bei seiner ReHumanisierung spielen. 208 Zur Rolle einer wichtigen Frau siehe auch unten III 2.2. 209 So in einem gewissen Kontrast zu Westermann 1981:530 f.; Boecker 1992:46 f.; Levin 1993:390 u. a.
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3. Jakob, der Träumer und Kultgründer 3.1 Der Text Genesis 28,10–29,1 Es besteht kein Zweifel daran, dass im Kern von Gen 28,10–29,1 eine Legende über die Entstehung der Kultstätte von Bethel bewahrt ist. Allein der wiederholte, betonte Gebrauch des Wortes „ מקוםStätte“, zumal gleich am Anfang in V. 11a determiniert und ohne eine Spezifizierung oder ein Prädikat,210 legt den Eindruck nahe, dass wir eine Erzählung lesen, die untrennbar zu Bethel gehört und ebendort entstanden und aufgeschrieben worden ist.211 Der große Zauber und zugleich das größte Problem der Legende ist ihr konzentrischer und mehrschichtiger Aufbau. Ebenso problematisch ist ihre Stellung im Rahmen der heutigen Jakoberzählungen; denn sie unterbricht den Zusammenhang, dient aber zugleich als ein Brückentext zwischen dem Jakob-Esau‑ und dem JakobLaban-Zyklus. Die konzentrische, ja chiastische Struktur nimmt man anhand der Schlüsselwörter leicht wahr:212 In der Mitte steht Jahwes Monolog (V. 13b–15), der durch Aussagen über יהוהgerahmt ist (V. 13a+16); diese werden ihrerseits von Sätzen umfasst, die Gott אלהיםbzw. Gottes Boten מלאכי אלהיםund Gottes Haus ( בית אלהיםV. 12b+17bβ1) und die Himmel השׁמיםbzw. das Himmelstor שׁער ( השׁמיםV. 12a+17bβ2) nennen; diese ganze Konstruktion wird dann noch einmal mit einem Rahmen versehen, der aus den fast gleichklingenden Sätzen „er + שׂ ים+ nahm von den / den Stein/en … und legte an sein Kopfende“213 מראשתיו ׁ אבן+ ( ויקחV. 11bα+18a) und aus dem Wort für die Stätte המקום/( בV. 11aα+19a) besteht. Ferner scheint das Wortspiel mit der aufgestellten ()מ ָ ּצב ֻ Steige (V. 12),214 215 und mit dem aufgestellten Stein mit dem auf ihr stehenden ( )נִ ָ ּצבJahwe (V. 13a) bzw. der Massebe ( ָמ ֵ ּצ ָבהV. 18.22) bewusst gewählt zu sein. Das Gelübde V. 20–22 wird jedoch in diese komplizierte Struktur nicht einbezogen. Dagegen können die Itinerare 28,10 und 29,1 (vgl. )וילךals äußerer Rahmen betrachtet werden. Diese konzentrische Struktur stammt nicht von einer einzigen Hand. Mehrere Beobachtungen lassen die literarische Einheitlichkeit als verdächtig er
210 Genau genommen sind wir beim ersten Beleg in V. 11aα ( )במקוםvon der masoretischen Vokalisation abhängig, aber gleich darauf folgt in V. 11bα המקום. Vgl. GK28 126b, wo vermerkt wird, dass die determinierte Form im Hebräischen bereits bei der ersten Erwähnung einer Sache gebraucht werden kann; de Pury 1975:36–37, Anm. 14; Otto 1976:169 und Blum 1984:13, Anm. 17. 211 Vgl. GK28 126r; Westermann 1981:552; Lipton 1999:104–113. 212 Die Struktur ist öfters analysiert worden; vgl. besonders Fokkelman 1975:46–81; Otto 1976:172–175; 1979:69; Blum 1984:9–19.35; Husser 1994:99–106 und Koenen 2003:150–159. 213 Zu dieser Übersetzung siehe Oblath 2001:118 f., Anm. 5, und 1 Sam 19,13.16; 26,7.11 f.16; 1 Kön 19,6 (vgl. Jer 13,18); vgl. Boecker 1992:59. 214 Die Übersetzung „Steige“ deutet hier und im Folgenden auf die vertikale Richtung hin. Was genau damit gemeint gewesen sein kann, dazu siehe unten. 215 Jahwe steht auf der Steige und nicht vor Jakob, siehe Blum 1984:21 und Levin 1993:216.
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scheinen.216 Drei verschiedene Wörter für Gott werden dicht nebeneinander verwendet: ( אלהיםV. 12.13.17.20–22), ( יהוהV. 13.16.21) und אלals Teil des Namens בית ( אלV. 19; aber vgl. auch בית אלהיםin V. 17.22). Gottes Boten ( מלאכי אלהיםV. 12) kommen hinzu. Jakob, der in den Versen 10 f. und 18 f. nur handelt und nicht spricht, bringt in V. 16 und V. 17 zwei kurze, durch ויאמרseparat eingeleitete Sätze vor; in den Versen 20–22 aber, die ohnehin aus dem konzentrischen Rahmen fallen, tut er ein längeres Gelübde. Die Rede Jakobs in V. 17b umfasst drei kurze Perioden, bei denen man durchaus fragen kann, ob sie alle von demselben Schreiber stammen. Den mündlichen Deklarationen Jakobs in V. 16–17 und seiner Kulthandlung in V. 18 gehen zwei Phrasen voraus, die beide im Sinne von „aufwachen“ ( וייקץ משׁנתוin V. 16 und וישכם ׁ in V. 18)217 oder zumindest als Ansätze eines neuen Handlungsabschnitts gedeutet werden wollen.218 Dasselbe geschieht am Anfang der Erzählung mit dem Einschlafen, denn sowohl וילן (V. 11a) als auch וישכב ׁ (V. 11b zusammen mit ויחלםin V. 12a) können das für die Erzählung notwendige Übernachten auch allein bezeichnen.219 Zumal in V. 12– 13, ergänzt noch durch V. 15, werden viermal nacheinander kurze Sätze mit והנה eingeleitet. Das macht mehrere Schreiberhände sehr wahrscheinlich. Der Monolog Jahwes mit den Verheißungen des Landes und der Nachkommen innerhalb von Jakobs Traum V. 13b–15 ist unproportioniert und erzeugt im Ablauf des Geschehens eine längere Pause. Jahwe verheißt Jakob das ganze Land הארץ, wobei ein Bezug auf den Ort המקוםvollkommen fehlt.220 Bei dem Rahmen aus den Itineraren 28,10 und 29,1 fällt auf, dass das Ziel der Reise unterschiedlich genannt wird, wobei „in das Land der Ostleute“ ארצה בני־קדםin 29,1 eine im Alten
216 Für
lange Zeit hat man die Bethel-Episode auf zwei Quellen – J etwa in V. 13–16.19 und E etwa in V. 11 f.17 f.20–22 – verteilt; vgl. z. B. Wellhausen 1899:30 f. (V. 19b eine Glosse); Holzinger 1898:191–193; Gunkel 1910:316–322; Ehrlich 1953:27–29 (mit leichten Varia tionen); Jepsen 1978:71 (V. 13.16.21 von J); de Pury 1975:32–45 (und das Kompendium der Forschungsgeschichte ebendort, Anm. 5); Otto 1976:167–170 (V. 19 zu J); Koenen 2003:153– 157 (allerdings mit V. 13–16* als einem Fragment) und Gomes 2006:62–77 (aber V. 19b.21b von späterer Herkunft); anders aber bereits Volz 1933:73–78 (eine Einheit und nur von J) und kritisch und gründlich dazu Blum 1984:19–25. 217 Für ׁשכםsiehe zum Aspekt des Aufwachens (neben der dominierenden Bedeutung „früh aufmachen“) KBL, 970a; siehe auch unten III 1.2; falls man den Text synchron lesen möchte, ist die einzige Möglichkeit, den Beginn von V. 18 mit „dann fing Jakob früh an …“ zu übersetzen (vgl. Fokkelman 1975:65 f. und Anm. 41 dort: „to react alertly“). 218 So Levin 1993:218 zu V. 18. Gelegentlich wird behauptet, dass die Handlung in V. 16–17 in der Nacht stattfände und in V. 18 am Morgen; vgl. Volz 1933:77; Westermann 1981:555 f.; Blum 1984:12. 219 Das Problem besteht vor allem darin, dass es sich in V. 11–12 um eine narrativische und nicht um eine subordinierende Reihe handelt; vgl. Berge 1990:150–154. 220 Vgl. Blum 1984:17: „Während die Erzählung unermüdlich auf den „Ort“ und seine besondere Qualität zielt, verrät die Verheißung gerade in den Elementen, die den engsten Bezug zum näheren Kontext haben, ein wesentlich anderes Interesse: Ihr geht um das „Land“ /…/ insgesamt, in welchem der „Ort“ von Gen 28 lediglich einer von vielen ist.“
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Testament einmalige Wendung ist;221 darüber hinaus ist auch die Phrase „hob seine Füße“ וישׂא רגליוohne jegliche Parallele. Und schließlich wird in unserem Text מקוםunterschiedlich kombiniert und so häufig verwendet, dass alle Belege unmöglich zu einem und demselben literarischen Horizont gehören oder von derselben Herkunft sein können: המקום/ בin V. 11, המקום ההואin V. 11.19 und המקום הזהin V. 16.17. Während die zweite Kombination folgerichtig ist, nachdem המקום bereits einmal genannt wurde, lässt sich המקום הזהbestenfalls mit der direkten Rede erklären. Betrachtet man im Licht dieser Beobachtungen die oben erörterte chiastische Rahmenstruktur, stellt man erstens fest, dass der ויקח+ אבן-Rahmen in V. 11 und 18 (d. h. zusammen mit dem Errichten der Massebe) wohl von einer einzigen Hand stammen muss. Es ist darüber hinaus kaum vorstellbar, dass Jakobs Einschlafen und Aufwachen (vgl. schon klanglich וַ ִ ּי ׁ ְש ַּכבund )וַ ַ ּי ׁ ְש ֵּכםsowie die Salbung der Massebe nicht zu diesem Rahmen gehört haben.222 Diese Verse sind auch durch die doppelte Dreiergruppe ויקח+ וישׂם+ ( וישׁכבV. 11b) und וישׂם+ ויצק ויקח+ (V. 18) aufeinander bezogen.223 Weiterhin kann kein Zweifel bestehen, dass die Erwähnung der Stätte המקום/ בin der Exposition der Erzählung (V. 11aα) auf die Namensgebung in V. 19a zielt.224 Dieser המקום-Rahmen muss nicht mit dem ויקח+ אבן-Rahmen auf eine und dieselbe literarische Ebene gehören, denn das Narrativ kann theoretisch auch nur aus V. 11aα.12.17.19a bestehen;225 diese beiden Rahmen können aber durchaus zusammengehören, weil וילן שׁם כי־בא השׁמשׁin V. 11a neben וישׁכב במקום ההואin V. 11b (vgl. וישכם ׁ in V. 18 und המקום ההואin V. 19a) nicht unbedingt zur ältesten Schicht gehören muss.226 Aber einen überzeugenden Grund, וילן שׁם כי־בא השׁמשׁaus der ältesten Schicht von V. 11a auszuscheiden, gibt es nicht. Das chronologische Pendant וישׁכם יעקב בבקרin V. 18 sowie eine analoge narrative Verben-Serie in anderen Texten spricht für die Beibehaltung.227 So wäre eine ältere Rahmenerzählung V. 11+18.19a rekonstruierbar: Jakob kommt zu einer bestimmten Stätte (nur המקום/ בund )המקום ההוא, schläft dort, weil es spät ist, nimmt einen Stein für seinen Kopf, richtet den Stein am nächsten Morgen (nur )וישכם ׁ als Massebe auf und nennt die Stätte „ בית־אלdas Haus Els“. Dabei müssen die Ätiologien für Bethel und für die Massebe einander nicht unbe-
221 Auch die בני־קדםbegegnen überhaupt nur in Ri 6,3.33; 7,12, 8,10; 1 Kön 5,10; Hi 1,3; Jes 11,14; Jer 49,28; Ez 25,4.10; siehe Finkelstein / Römer 2014:324. 222 Vgl. Otto 1976:173, Anm. 41, und Husser 1994:102. 223 So Husser 1994:102. 224 Vgl. bes. Otto 1976:173 f.; Westermann 1981:558; Blum 1984:16 f.22 f.; Husser 1994:99– 102. 225 So vor allem Levin 1993:217 f.; vgl. Holzinger 1898:193. 226 Vgl. Berge 1990:153 f. 227 Vgl. Gen 25,34 oben und die ugaritischen Parallelen unten. Weiterhin kann die Rolle der Sonne in Gen 32 erwähnt werden, siehe unten 4.3.
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dingt widersprechen,228 denn eine Massebe – in welchem genaueren Sinne auch immer – kommt dem Wesen der Bezeichnung Bethel nahe (vgl. auch V. 22).229 Ein sinnvoller Handlungsablauf erfordert jedoch darüber hinaus eine Legitimation vor allem für den Namen Bethel, aber auch für den Kultstein, die nur im narrativen Mittelpunkt der Erzählung – im Traum bzw. in der Traumvision – gesucht werden kann. Dafür eignet sich der סלםin V. 12a sehr gut. Daraus erwächst unmittelbar die dringende Frage, wie sich der אלהיםRahmen (V. 12b+17bβ1) und der יהוה-Rahmen (V. 13a+16) zueinander verhalten: Welcher von beiden gehörte zur ältesten Schicht? Jedenfalls wirken beide zugleich wegen der drei Partizipialsätze und dem dreifachen והנהin V. 12–13 etwas überfüllt. Die zwei Hälften des יהוה-Rahmens (V. 13a+16) können schlecht auf zwei unterschiedliche Schreiberhände verteilt werden,230 während der אלהיםRahmen grundsätzlich auch allein mit der Aussage über die מלאכי אלהיםin V. 12b funktioniert. Vers 17, der die zweite Hälfte dieses Rahmens bildet, gliedert sich genau besehen in die drei Aussagen Jakobs über seine Furcht, die Begründung des Ortsnamens ( )בית אלהיםund das Himmelstor. Literarkritisch gesehen und ohne textexterne Hilfe kann nicht entschieden werden, ob sie alle zur selben literarischen Ebene gehören, und falls nicht, welche der drei Aussagen – „wie furchtbar ist jene Stätte (“)המקום הזה, „hier ist nichts anderes als Gottes ()אלהים Haus“ und „das ist das Tor des Himmels (“)השמים – notwendig zur ältesten ׁ Schicht gehört. Sowohl der zweite Teil des אלהים-Rahmens als auch des השמיםׁ Rahmens kann ja sekundär sein. Als noch komplizierter erweist sich die Frage der mit Demonstrativpronomen הזהversehenen Form ( המקוםund nach diesem Vorbild vermutlich später in V. 16). Falls es kein literarkritisches Argument gibt, muss Jakob hier entweder auf etwas Abgelegenes oder auf etwas Neues oder neu zu Definierendes hindeuten.231 Die Antwort auf diese Frage beeinflusst erheblich das Gesamturteil über die Ätiologien in der ältesten Schicht. Ohne V. 17 (und 16) steht der Stein / die Massebe zusammen mit dem Ort, d. h. das irdische Areal und dessen Verbindung zum Göttlichen, im Mittelpunkt des ältesten Narrativs, mit V. 17 aber ist das Augenmerk auf das Himmlische oder – vielleicht richtiger – auf den סלםals Verbindungsweg gerichtet232. Im ersten Fall ist die Massebe als Kult
228 Levin 1993:217 f. erklärt die literarischen Gegensätze in V. 11 und V. 17–19 damit, dass er die Ätiologien von Bethel und der Massebe innerhalb der Quellen von J auf unterschiedliche literarische Ebenen verteilt. Er sieht die Grundlage in V. 11aα.12.17.19a und hält V. 11aβ.γ.b.18 für eine spätere Vergegenständlichung der Kultgründung. Vgl. auch Levin 2012:163. 229 Siehe unsere Erörterungen unten 3.4. 230 Dass V. 16 ohne V. 13a nicht funktioniert, haben Blum 1984:10 f. passim und Becker 2009:164 gezeigt. Einen eigenen Weg schlägt Boecker 1992:58 ein, wenn er in V. 13a und 16, die zur ältesten Schicht gehören sollen, annimmt, dass Elohim sekundär durch Jhwh ersetzt worden sei. 231 Vgl. GK28 136a–b. 232 So geht Oblath 2001:120–122 mit seinen Erwägungen zur Bedeutung von סלםin die richtige Richtung, wenn auch die Deutung „the gate structure“ nicht sicher ist.
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stein und Bethel als Kultort wichtig, im zweiten Fall repräsentiert der Stein das Unsichtbare und Göttliche in Gestalt von סלםund מלאכים, wie auch der Name Bethel nicht nur den Stein und den Ort umfasst, sondern auch das bei Tage Unsichtbare. Ohne bereits hinreichende Argumente vorzubringen, belassen wir den ganzen Vers 17 vorläufig der ältesten Schicht bzw. den ältesten Schichten, aber mit Vorbehalt.233 Der mehrmals geäußerte Einwand, Jakob müsse zuerst aufgewacht sein, um sich zu fürchten oder etwas sagen zu können, und daher וייקץ משׁנתוaus V. 16 für V. 17 nötig sei,234 hätte zur Folge, dass nichts in V. 16–17 zur ältesten Ebene gehört. Dem kann entgegnet werden, dass die ausdrückliche Feststellung des Aufwachens motivgeschichtlich nicht immer nötig ist.235 Ob bereits ursprünglich in dem Traumgesicht jemand auf der Spitze der Steige gestanden hat, und, falls ja, wer, muss vorerst offen bleiben. Fasst man die bisherigen Beobachtungen, auch jene zu Gen 25* und 27*, zusammen, spricht vieles dafür, dass die Jahwe-Schicht jünger ist als die Elohim-Schicht.236 Allerdings können wir noch nicht sicher behaupten, dass im ältesten oder zweitältesten Text ein Orakel völlig gefehlt habe; denn die Eröffnung והנה יהוה נצב עליוin V. 13a bietet dafür eine gute Möglichkeit. Wenn der Monolog V. 13b– 15 keinen Hinweis auf die Massebe oder überhaupt auf eine kultische Handlung enthält und sich in seiner heutigen Gestalt mit den jüngeren Väterverheißungen in Gen 12,1–3.7 und 13,14–17 eng berührt,237 könnte er auch die Fortentwicklung eines älteren, kürzeren Textes sein. Der Monolog selbst ist schwerlich aus einem Guss, die Interjektion והנהund das variierende Personalpronomen אנכיin V. 15 233 Nicht gänzlich ausgeschlossen ist die Möglichkeit, dass die erste und die letzte Aussage in V. 17 einmal ein poetisches Bikolon gebildet haben; kolometrisch (14:11) wäre es denkbar. Vgl. anders Becker 2009:166 f., der die Aussage über das Himmelstor für jünger hält und V. 17abα direkt mit V. 19 verbindet, vgl. auch Husser 1994:113 und bes. Oblath 2001:120–122, der Beispiele für die Konstruktion זה … וזהim AT nennt, die oft zu späten Stellen gehören, siehe bes. 1 Chr 22,1. Lipton 1999:90 f. will die grammatische Konstruktion als „dieses hier“ (Haus Gottes unten) und „jenes da“ (Himmelstor oben) deuten. 234 Z. B. Blum 2000b:40–43; Becker 2009:166, der aber mit Husser 1994:110 f. V. 16a.17b nicht als ursprünglich ansehen möchte. Vgl. auch Koenen 2003:153 f., Anm. 39, für den V. 17 f. nicht V. 16 voraussetzen müssen. 235 Das Aufwachen wird z. B. in Gen 20,8; 41,4.7.21; 1 Sam 3,15; 1 Kön 3,15; im „Traum des Dumuzi“, Z. 17–18, in Lugalbanda I 352–353, Gilg SB I,245.274, und Tell Deir cAllā Text, Kombination 1, Z. 3, genannt, dagegen z. B. in Gen 31,24–25; 37,9–10; 41,22–24; Gudea-Zylinder A I,17 ff. und in der Sargon-Legende, Z. 12 ff. (siehe die Bearbeitung von Römer 1986:31) nicht. 236 Vgl. bereits Tuch 1838:436 f., der behauptet, dass V. 13–16 ein „Einschiebsel“ seien, und dabei wegen der Übereinstimmung mit Ergänzungen in 12,2.3 und 12,13–16; 26,3.4 die Identität des Verfassers betont; ähnlich Hupfeld 1853:40 für V. 13–16.19; siehe die Begründungen von Levin 1993:216 f.219 f.; Carr 1996:205–208; ähnlich Van Seters 1998:506 (ausgenommen V. 16aα). Anderer Meinung sind Husser 1994:113–115 (V. 12.17b sehr spät) und Becker 2009:165 (die Boten Gottes distanzieren sich „bewußt von einer allzu massiven Vorstellung, wie sie im Stehen Jahwes auf einer Leiter zum Ausdruck kommt“). 237 Siehe Köckert 1988:264.320 f. (gilt für Gen 28,13b–14, nicht aber für V. 15) und vgl. Schmid 1999:113 f.; Becker 2009:167 (zu V. 14).
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(vgl. אני יהוהin V. 13) machen ein literarisches Wachstum wahrscheinlich.238 Ob die Beistandsformel אנכי עמךin V. 15a oder die Landverheißung in V. 13b ursprünglich zur Botschaft des Traums gehört haben, muss hier auf sich beruhen. Deutlich ist nur, dass der Monolog entweder mit dem יהוה-Rahmen auf eine und dieselbe Ebene gehört oder von ihm abhängt, nicht aber ihm vorausgeht.239 Während die Lus-Glosse V. 19b und der Monolog Jakobs V. 20–22 ohne weiteres als sekundäre Ergänzungen erkennbar sind, weil sie den Großteil des übrigen Textes voraussetzen,240 ist die Frage der Itinerare 28,10 und 29,1 erheblich schwieriger. Leicht kann der Eindruck entstehen, beide Itinerare seien auf sekundärer Ebene nötig, um die Bethel-Episode in den Jakobzyklus einzuschalten. Es ist zwar wahrscheinlich, dass die Bethel-Ätiologie, mit oder ohne Jakob als Protagonist,241 nachträglich in den Jakobzyklus eingefügt worden ist; aber welche Gestalt der Jakobzyklus damals besaß, ist unklar. Man könnte sich vorstellen, dass 28,10 jünger als 29,1 ist, denn es versteht sich nicht von selbst, dass die Nennung von Beerscheba in 28,10, die sich auch auf die Isaak-Erzählungen bezieht, schon zur ersten Fassung des Jakobzyklus gehört hat; nach unseren Beobachtungen an den Jakob-Esau-Erzählungen in Gen 25* und 27* wurde dort ursprünglich nur einmal eine Ortschaft genannt ( חרןin 27,43).242 Dass 29,1 das höhere Alter hat, würde auch durch die auffallende Phraseologie gestützt. Umgekehrt, wenn 28,10 der jüngere Text wäre, würde in der Exposition der Bethel-Erzählung der Name
238 Vgl. auch „das Land ()הארץ, auf dem du dich schlafen gelegt hast“ in V. 13 und „ich will dich zurückbringen in dieses Land ( “)האדמת הזאתin V. 15. Levin 1993:216 f.219 f. verteilt den Monolog auf die jahwistischen Verse 13a.15a.16 und die nachendredaktionellen Verse 13b–14.15b. Blum 2000b:51–54 hält V. 13b.14 für jünger, Becker 2009:167 (vgl. auch de Pury 1975:167–207) V. 14, Husser 1994:97 f. V. 14b.15 (deuteronomistisch), Koenen 2003:156 f. und Köckert 2007:58 V. 15 (eine die Boten Gottes zu „guardian angels“ verwandelnde Korrektur) und Köhlmoos 2006:234 f. V. 15b (spätdeuteronomistisch); vgl. Finkelstein / Römer 2014:323. 239 Vgl. Berge 1990:157 f. Blum 1984:7–35; 2000b:43 f.51 ff. und Becker 2009:164 setzen voraus, dass Jahwe sich selbst vorstellen müsse (V. 13a), obwohl 13b–15 oder ihre Teile dabei doch jünger sein können. 240 Das Gelübde ist sekundär oder steht zumindest außerhalb der Rahmenkomposition nach Eising 1940:261 f.; Otto 1976:173 f.; Westermann 1981:551.558 f.; Blum 1984:18 f.; Boecker 1992:57 f.; Van Seters 1992:293–295; Levin 1993:218 f.; Husser 1994:103 f.; Koenen 2003:155 f.; Becker 2009:167 u. a. Umgekehrt ist für de Pury 1975:434–446 u. a. das Gelübde gerade deswegen ursprünglich, weil es das Vorangegangene zusammenfasst (vgl. auch Fokkelman 1975:74 ff. und Gomes 2006:65–67 passim, der hier mit dem Elohisten rechnet). Weitere Argumente für eine literarkritische Ausscheidung liefern Parker, der fünf Gelübde im AT mit ugaritischen und hethitischen Gelübden vergleicht und zu dem Ergebnis kommt, dass Gen 28:20–22 am weitesten von dem üblichen Muster abweicht (1989:70–87, genauer S. 82–85), und Van Seters, der feststellt, dass die göttliche Zusage und das Gelübde in verkehrter Reihenfolge stehen (1998:506–508). Die Verse sind vielleicht ihrerseits nochmals erweitert worden (vgl. V. 22b mit Gen 14,20b). Sie lesen sich als Zusammenfassung und Ergebnis des Aufenthalts Jakobs in Bethel und besonders des Jahwe-Monologs. 241 Levin 1993:217 vermutet, die alte Bethel-Erzählung nenne Jakob nicht. 242 Vgl. ähnlich kritisch Van Seters 1998:505.
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Jakob fehlen, da er erst in V. 16 und V. 18 begegnet. Gewisse Überarbeitungen oder Auslassungen am Rande einer Episode sind freilich immer möglich.243 Nur flüchtig sei noch das Verhältnis von Gen 28,11–22 zu Gen 35,1–15 angesprochen, dem anderen Text, der Jakob mit Bethel verbindet. Der Abschnitt 35,9–15 muss in mehreren Schritten entstanden sein, ist aber insgesamt jünger als Gen 28.244 Er kann als eine Kompilation aus 28,11–22* und 32,23–33* verstanden werden oder als eine stärker theologisierende (priesterschriftliche) Fassung der Rolle Jakobs / Israels in Bethel, die den ätiologischen Aspekt in den Hintergrund rückt.245 Dass in ihr Jahwe nicht namentlich genannt wird, sondern nur אלהים, mag ein Licht auf den möglichen Zusammenhang mit Jakobs Gelübde in 28,20–22 werfen; denn dort wird Jahwe als אלהיםgenannt. Man kann sagen, dass durch Gen 28 und 35 um den Jakob-Laban-Rahel-Zyklus Gen 29–33* ein Bethel-Rahmen geschlagen wurde. Das geschieht indes auf einer späteren literargeschichtlichen Stufe, die für unsere Untersuchung nicht mehr von Bedeutung ist.246 Unsere Erörterungen können dahingehend zusammengefasst werden, dass die älteste Schicht in V. 11aα.b.12a.18.19a gefunden werden kann. Das ist nicht ebenso sicher bei den Versen 28,10.12b.17 und 29,1, von denen durchaus einige Teile ebenfalls zur ältesten Fassung, aber auch zu ihren frühesten Ergänzungen gehört haben können. Der Jahwe-Rahmen kann vorläufig als sekundär gelten, tertiär sind Teile des Jahwe-Monologs und V. 19b.20–22.247 Als Grundlage unserer motivgeschichtlichen Analyse wählen wir eine vereinfachte Dreiteilung: Älteste
Nach Levin 2012:159 mit Anm. 23 kommt Jakob in 28,10 bereits in Haran an. Dass Gen 35 von Gen 28 abhängt, setzt bereits Tuch 1838:436 voraus; viele nehmen es an. Dagegen aber nun Becker 2009:180–182, der 28,11 ff. und 35,1–16* für (exilisch‑)frühnachexilisch hält und behauptet, beide Texte zeugten von der wachsenden Bedeutung Bethels „zumal nach dem Untergang Jerusalems“. Dass der ganze ursprüngliche Jakobzyklus sich in besonderem Maße auf Bethel bezieht, unterstreicht de Pury 1975, siehe bes. S. 587–609. Der Zyklus finde in Gen 35 seinen Abschluss. Vgl. auch Eising 1940:265–281. 245 Siehe de Pury 1975:530–559 (der mit Anteilen von E rechnet); Blum 1984:267–270; 2012:191 f.; Becker 2009:173. 246 Vgl. Eising 1940:248–290 und Van Seters 1998:510–512. Vielleicht ist die Bethel-Episode in Gen 35 von dem Altarbaubericht 35,1.6–7 provoziert worden, der mit den ähnlichen Notizen in Gen 12–13 verwandt ist. Dabei müssen die Verse 2–5, die die Rivalität zwischen Sichem und Bethel betreffen, ihrerseits von anderer Herkunft und jünger sein; vgl. auch Boecker 1992:122 f.; Koenen 2003:159–162; Knauf 2006:326–333; Becker 2009:181 f. Blum 1984:35–65 hebt die inhaltliche und sprachliche Übereinstimmung mit den Rahmenstücken des Richterbuchs und mit Jos 24 hervor. 247 Zusammenfassend sei vergegenwärtigt, dass viele eine Grunderzählung annehmen, deren Umfang mit unseren Ergebnissen vergleichbar ist: vgl. Westermann 1981:550–552 (V. 10–12.16– 19); Blum 1984:29.34 passim (V. 11–13aα.16–19 – ähnlich, aber ohne V. 19b Boecker 1992:58); Van Seters 1992:292 (V. 11–12.16aα.17–19a); Köckert 2007:57 (V. [10.]11–13a*.16–19a); stärker variierend Becker 2009:166 f. (V. 11a.12a.13a[mit Selbstvorstellung Jahwes].16.17abα.19a); vgl. dagegen Levin 1993:216–220, der 28,10; 28,11aα.12.17.19a und 28,11aβ.γ.b.18 als ältere Vorlagen betrachtet und 28,13a.15a.16 für Ergänzungen des JR hält. 243 244
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Schicht, jüngere Schichten und jene Teile, die beides sein können oder überarbeitet worden sind:248 28,10 {Und Jakob zog aus von Beerscheba und ging nach Haran.} 11 Dann traf er an der249 Stätte ein und blieb dort über Nacht, denn die Sonne war untergegangen. Und er nahm von den Steinen der Stätte und legte an sein Kopfende und legte sich an dieser Stätte schlafen. 12 Da träumte ihm, und siehe, eine Steige stand250 auf der Erde und ihre Spitze rührte an den Himmel. {Und siehe, Boten Gottes stiegen darauf auf und ab}. 13 Und siehe, Jahwe stand oben darauf und sprach: „Ich bin Jahwe, der Gott Abrahams, deines Vaters, und der Gott Isaaks! Das Land, auf dem du dich schlafen gelegt hast, will ich dir geben und deinen Nachkommen! 14 Und deine Nachkommen sollen werden wie der Staub auf Erden; und du wirst dich ausbreiten nach Westen und Osten und Norden und Süden; und durch dich sollen alle Geschlechter auf der Erde gesegnet werden 251! 15 Und siehe! Ich bin mit dir, und ich will dich behüten, wo immer du hingehst, und ich will dich zurückbringen in dieses Land! Denn ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir zugesagt habe!“ 16 Dann wachte Jakob von seinem Schlaf auf und sprach: „Fürwahr, Jahwe ist an jener Stätte! Und ich, ich wusste es nicht.“ 17 {Dann fürchtete er sich und sprach: „Wie furchtbar ist jene Stätte – hier ist nichts anderes als Gottes Haus; und das ist das Tor des Himmels!“} 18 Dann stand Jakob am Morgen früh auf 252 und nahm den Stein, den er an sein Kopfende gelegt hatte, und richtete ihn auf als Massebe; dann goss er Öl oben darauf. 19 Dann nannte er diese Stätte Bethel. Hingegen ist früher Lus der Name der Stadt gewesen. 20 Dann tat Jakob ein Gelübde und sprach: „Wird Gott mit mir sein und mich behüten auf diesem Wege, den ich gehe, und mir Brot zu essen und Kleider anzuziehen geben, 21 und werde ich zurückkehren in Frieden zum Haus meines Vaters, so soll Jahwe mir Gott sein! 22 Und jener Stein, den ich als Massebe aufgerichtet habe, soll ein Haus Gottes sein! Und von allem, was du mir gibst, will ich dir den Zehnten geben!“ 29,1 {Dann hob Jakob seine Füße und ging in das Land der Ostleute.}
Bereits bei der ursprünglichen Fassung hat es sich eindeutig um eine Nachtvision gehandelt, zu der wenigstens der סלםgehört hat und mit ihm die Verbindung zwischen Himmel und Erde, höchstwahrscheinlich aber auch die Boten Gottes. Sie gehen damit יהוהin V. 13 literargeschichtlich voraus. Die Ätiologie einer besonderen Massebe an dem besonderen Ort Bethel ist das Ziel der ursprünglichen Kurzerzählung gewesen, aber im Zusammenspiel mit V. 17 geht die Ätiologie deutlich darüber hinaus und bezieht nicht nur den bedeutenden religiösen Gegenstand, sondern generell das unsichtbare Göttliche ein. Entscheidend ist, dass die Analyse die Gründungslegende eines bedeutenden Heiligtums freigelegt hat, die durch die Traumvision mit der Gestalt des Jakob in Verbindung gebracht wurde. Sowohl die Itinerare als auch die Wahl des Pro248 Normalschrift gibt die älteste Schicht wieder, Kursivschrift repräsentiert die sicher oder sehr wahrscheinlich späteren Schichten, und mit {…} werden die Sätze eingegrenzt, die beides sein können. 249 Siehe oben Anm. 210 und 211. 250 Eigentlich pu., d. h. passiv; zur „Steige“ siehe unten. 251 Glosse, vgl. Gen 12,3 und 18,18; Westermann 1981:550.555. Anders Levin 1993:219 f. 252 Siehe oben Anm. 217.
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tagonisten Jakob sprechen für eine frühe Einbindung in einen Erzählzyklus, den wir unten diskutieren werden.253 Freilich ist die Erzählung von Beginn an in Bethel lokalisiert worden, und der literarische Werdegang der Episode lässt erkennen, dass sich der Schwerpunkt immer mehr auf Jakobs Taten verlagert hat. Mit anderen Worten: Die bekannte Massebe in Bethel bot den Schreibern die Möglichkeit, die legendären Taten Jakobs gegenwärtige Realität werden zu lassen, ähnlich wie die Stadtmauer von Uruk mit Gilgamesch als Identifikationsfigur in Verbindung gebracht wurde.254 Stilistisch besteht die annähernd rekonstruierte ältere Episode ähnlich wie Gen 25* und 27* aus kurzen narrativischen Sätzen, die aber in V. 12 durch Partizipialsätze und in V. 18 durch einen Relativsatz unterbrochen werden. Allerdings gibt die konzentrische Struktur der Erzählung eine eigene Prägung und spricht für einen geprägten schriftlichen (Kurz‑)Text. Die Passage ist einer der besten Kandidaten im Alten Testament für einen geradezu „ikonographischen“ Text. Die mehrfache Inklusio (Stätte [11] > Sonnenuntergang + Stein am Kopfende [11] > Himmel [12] > Gottes [Boten] [12] > < Gottes [Haus] [17] < [Tor des] Himmel[s] < Morgen + Stein an seinem Kopfende [18] < Stätte [19a]), ergänzt um das Wortspiel mit ( ֻמ ָ ּצבV. 12) und ( ָמ ֵ ּצ ָבהV. 18) sowie mit dem אש ׁ ָרJakobs (V. 11.18) und der Massebe (V. 18) drängt geradezu die Vorstellung auf, dass mit diesem Text eine bildliche Darstellung auf einem Kultobjekt oder in dessen Nähe verbunden war. Selbst wenn die konzentrische Struktur das Ergebnis einer grundlegenden Überarbeitung einer älteren Notiz sein sollte, bleibt der Unterschied gegenüber Gen 25* und 27* noch immer so groß, dass es schwierig ist, die Bethel-Episode als eine vergleichbare Erzählung zu betrachten.255 Das Gegebene, nämlich der Kultort und dessen Name sowie die Massebe als Kultgegenstand, beherrscht die heutige Episode in solchem Maße, dass die nachträgliche Verbindung des (auch literarisch) unterschiedlichen Materials mit dem Jakobzyklus offensichtlich ist. 3.2 Der König als Träumer im Alten Orient und in Ägypten Die Motivkette in der Bethel-Episode in ihrer literarisch fortgeschrittenen Gestalt besteht aus der Ankunft an einem besonderen Ort, dem initiatorischen Traumgesicht, das eine göttliche Botschaft vermittelt, der Feststellung des Protagonisten über die Besonderheit des Ortes, einer kultischen Handlung und 253 Siehe
Kap. III unten. 2008b. 255 Gunkel 1910:322 und Westermann 1981:550 rechnen mit einer kurzen Notiz als Grundlage und betonen, dass sie keine eigentliche „Geschichte“ sei (vgl. Eising 1940:257 f.). Nach Blum 1984:24 f., Anm. 69, handelt es sich bei Gen 28,10–22* nicht um die Verschriftung einer mündlichen Überlieferung, sondern von vornherein um eine schriftliche Tradition; vgl. de Pury 1975:451–470 und Otto 1976:175. Schließlich vgl. auch Liverani 2010:78–80 zur Möglichkeit von Stelentexten. 254 Maul
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der Benennung des Ortes. Die Suche nach einer ähnlichen Motivkette im Alten Testament ergibt keine direkte Parallele; es fällt aber sofort auf, dass die BethelEpisode mit zahlreichen ätiologischen Sagen und Legenden sowie anderen Erzählungen, in denen ein Traum eine Rolle spielt, bestens mithalten kann.256 Wenn man die Motivkette auf zwei Grundsegmente verkürzt, z. B. auf eine göttliche Botschaft und eine Kulthandlung, gibt es hingegen viele Parallelen, darunter mehrere allein in den Erzelterngeschichten,257 und es ist folglich besser, zumindest das Traumgesicht (ob in der Nacht oder nicht) als ein weiteres Kriterium hinzuzunehmen.258 Daraufhin wird unsere Diskussion auch die Frage der Inkubation ansprechen müssen.259 So gesehen hebt sich im ganzen Alten Testament eine einzige Erzählung heraus, die durch mehr als zwei Segmente zum Vergleich herangezogen werden kann: die Episode von Salomos Traum in Gibeon, 1 Kön 3,4–15.260 Dort kommt Salomo zuerst in Gibeon an261, um auf einer großen Kulthöhe zu opfern (V. 4), in der Nacht wird er von Gott im Traum angesprochen (V. 5, vgl. V. 15); ein langer Dialog zwischen Gott und Salomo folgt, in dem Salomo Weisheit, Reichtum, Ehre und ein langes Leben zugesprochen erhält (V. 6–14); am Ende wacht Salomo aus seinem Traum auf, geht nach Jerusalem, bringt Opfer dar und veranstaltet ein Fest (V. 15). Angesichts mancher Ungereimtheiten (Gibeon versus Jerusalem in V. 4 und 15,262 אלהיםversus יהוהund אדניin V. 5, 7 und 10 f.,263 Weisheit versus Frömmigkeit in V. 11 und 14264) und des offensichtlich nachträglich noch erweiterten Dialogs stellt sich die Frage, ob alle geschilderten Elemente zur ältesten Schicht gehören oder nicht.265 Erstens kann festgehalten werden, dass die Offenbarung im Traum stattgefunden hat, auch wenn V. 5a, der den Traum er256 Das Träumen wird wortwörtlich in Gen 20,3–8; 31,10–13.24 f.; 37,5–10; 40,5–19; 41,1–32 und 1 Kön 3,4–15 genannt; in gewisser Hinsicht kann man Gen 22; 46,2–4 und 1 Sam 3 hinzuzählen. 257 Vgl. Gen 12,7; 22; 26,24 f. 258 Es ist auch möglich, nach der Kombination von göttlicher Botschaft und Handlung zu fragen, wenn die Szene bei Nacht spielt oder ein schlafähnlicher Zustand ist. Für diesen Fall kämen auch die Erzählungen von Elia am Horeb und der Berufung Elisas 1 Kön 19,3–21 (zweimal übernachtet Elia, zweimal erhält er eine Botschaft, als symbolische Handlung übergibt er den Mantel an Elisa) und die Kurzepisode mit Hagar in der Wüste Gen 21,14–19 in Betracht (Hagar öffnet die Augen, erhält eine göttliche Botschaft, als Handlung bekommt sie zu trinken; vgl. auch Gen 16). Parker 1989:155–158 hat diese Szenen in seine vergleichende Behandlung des Keret-Epos aufgenommen, aber der Vergleich leidet daran, dass die Motive zu undeutlich bleiben, und an einer zu frühen Datierung der biblischen Quellen. 259 Siehe oben I und Anm. 72. Kim 2011:64–82 zählt die Motive auf, die zur type-scene der Inkubation gehören sollen. 260 Vgl. Gnuse 1984:81–84. 261 Das Verb ויקםist mit LXX vor וילךzu setzen, siehe auch Husser 1994:69. 262 Vgl. Carr 1991:25 f. 263 Vgl. Noth 1968:44; Carr 1991:24–26; Cogan 2000:190 und dagegen Veijola 1982:146, Anm. 8. 264 Vgl. Carr 1991:17–21. 265 Und das trotz der Strukturiertheit des Endtextes, wie Husser 1994:66 f. gezeigt hat.
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wähnt, erst nachträglich hinzugefügt worden ist, um zu unterstreichen, dass es Jahwe gewesen ist, der Salomo im Traumgesicht erschienen ist;266 denn in V. 15 wacht Salomo aus dem Traum auf ( והנה חלום+ )ויקץ.267 Dass die Grunderzählung in der Nacht spielt, kann hingegen weder bestätigt noch widerlegt werden. Der Traum besteht aus einem Dialog zwischen Gott (ursprünglich nur )אלהיםund Salomo. Dass Salomo die Gabe der Weisheit, aber auch des Reichtums, der Ehre und des langen Lebens versprochen wird, ist sicher; denn andernfalls würde dem Narrativ die Pointe fehlen (V. 11–13*).268 Obwohl Salomo sehr wahrscheinlich in V. 15 erst sekundär nach Jerusalem zurückgeführt wird und vor die Bundeslade tritt, steht außer Frage, dass das Motiv der Kulthandlung, d. h. das Opfer von עלותund שלמים,ׁ hier angebracht ist.269 Dem entspricht auch, dass das anschließende Mahl ()משתה ׁ für die Großen des Königs als Finale entsprechender Schilderungen tendentiell zum alten Erzählgut gehört.270 Im Verhältnis zu Gen 28 begegnet auch in der ältesten Fassung der Erzählung von 1 Kön 3 das Motiv einer Traumvision in Verbindung mit einer Kulthandlung, ergänzt um die Motive des Ortswechsels (hin zu einer kultisch wichtigen Stätte) und des Aufwachens aus dem Traum. Eine literarische Abhängigkeit der einen Erzählung von der anderen kann dennoch nicht behauptet werden. Dafür enthalten beide zu viele Besonderheiten, zumal wenn man auch ihren knappen Umfang berücksichtigt: Die Salomoerzählung richtet sich nicht in erster Linie auf die Kultstätte, die als bekannt gilt, sondern auf die Person des Protagonisten und die mit ihr verbundene Handlung (daher auch das Motiv des Mahls am Ende), während die Jakoberzählung sich ursprünglich auf Bethel als Ort und auf die Massebe als Kultobjekt bezog und vermutlich erst nachträglich in den Zyklus des Protagonisten mit dem Namen Jakob aufgenommen worden ist. Das Motivmuster gleicht sich jedoch in solchem Maße, dass Gen 28,10–29,1* mit Jakob als Hauptdarsteller in die Nähe der Salomoerzählung rückt, so dass 266 Vgl.
Wälchli 1999:39 f. der Exposition der Erzählung braucht man keinen Hinweis auf den Traum, weil es ursprünglich um die Überraschung gegangen sein kann, ähnlich wie der Wunsch Salomos erst in seiner Antwort auf Gottes Frage genannt wird. 268 Ohne eine im einzelnen begründete literarkritische Lösung bieten zu wollen, rechnen wir zum Grundbestand des Dialogs mindestens V. 5b.6aα.9a.11aα.12bα.13a.14a (wobei auch V. 12a dazu gehören kann und ein Teil von V. 6–8, der nicht mehr richtig rekonstruiert werden kann, aber wohl V. 9a einst vorausgegangen ist); vgl., wie bes. Würthwein 1985:30–32, aber auch Noth 1968:44–46; Veijola 1982:146, Anm. 8; Hentschel 1984:32 f.; Carr 1991:13–31 und Särkiö 1994:19–24 die eine „vordeuteronomistische“ Grundschicht rekonstruieren; anders Wälchli 1999:37–52. 269 V. 15 ist literarkritisch kompliziert, aber zumindest der Gang nach Jerusalem vor die Bundeslade ist sekundär; ursprünglich ging es nach sehr vielen Autoren nur um Gibeon: Ehrlich 1953:20, Anm. 1; Noth 1968:44–47; Würthwein 1985:31 f.; Hentschel 1984:32; Carr 1991:25 f.; Särkiö 1994:22 f.; Mulder 1998:151; Wälchli 1999:49 f.; Cogan 2000:188, u. a. 270 Vgl. dazu besonders unten IV 2.1. Das Mahl wie auch der Umstand, dass die Offenbarungsrede, gemessen an ihrer literarischen Form, ein Traum ist, sprechen dafür, dass V. 15 zur ältesten Schicht gehört. 267 In
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sich die Erzählung als Königslegende zu verstehen gibt. Der Sitz im Leben der Salomoerzählung ist ursprünglich gewesen, die besondere Weisheit des Königs zu betonen,271 also eine Eigenschaft, die der göttlichen Legitimation bedarf. In ähnlicher Weise kann die Rolle Jakobs in Gen 28 verstanden werden; denn indem der Text in den Jakobzyklus aufgenommen worden ist, geht es auch dort darum, die Eigenschaft Jakobs als Offenbarungempfänger und Kultgründer festzustellen. Dass Jakob im Traum keine Bitte äußert, bedeutet keinen grundsätzlichen Unterschied, denn bereits die Jakob-Esau-Erzählungen zeigen Jakob im Lichte einer klugen und geschickten Persönlichkeit. Mithin stützt der Motivvergleich die Annahme, dass die Bethel-Erzählung die Identität Jakobs hervorheben soll.272 Jakob steht dank seiner Eigenschaft dem legendären König Salomo nahe, ja allgemein der Rolle des Königs. Auf der Grundlage dieses Befundes kann nun nach außerbiblischen Parallelen gefragt werden. Die Salomoerzählung 1 Kön 3 ist oft mit einem ägyptischen Text verglichen worden, nämlich der ägyptischen Königsnovelle Thutmosis’ IV., der sogenannten Sphinx-Stele.273 Auf dieser Stele ist eine Episode an einem besonderen Ort – bei der Sphinx von Gizeh – wiedergegeben: ein Mittagstraum des HarmakhisKhepri-Re-Atum, der eine Vision mit einer Botschaft und der Beistandsformel enthält. Am Schluss der Episode wacht der Pharao auf. Der Text ist abgebrochen. Manche vermuten, dass noch eine kultische oder ähnliche Handlung gefolgt ist, z. B. die Reinigung der Sphinx vom Sand o. ä.274 Der Vergleich mit 1 Kön 3 ist mit Recht kritisiert worden; denn eine direkte literarische Beziehung zwischen der Salomoerzählung und dem ägyptischen Text besteht sicherlich nicht.275 Aber der oben genannte monarchische Kontext ist und bleibt wichtig,276 denn ein Text, in dem es im Rahmen eines göttlichen Traumgesichts und einer (vermutlichen) Kulthandlung um die Eigenschaften des Herrschers geht, soll die königliche Identität prägen und stärken. Bemerkenswert ist in dem nachgetragenen JahweMonolog in Gen 28,13–15 ein gewisser Anklang an Elemente, die in der Rede des 271 Das wird zusätzlich mit der Episode von einem königlich-weisen Richterspruch, dem Salomonischen Urteil, unterstrichen. Vielleicht ist das ein weiteres Beispiel für eine Doppelepisode wie in Gen 25 (siehe oben 1.1) und Gen 26 (siehe unten IV 1). 272 Das bestätigt die bisherige Exegese der Bethel-Episode, sofern sie den Endtext im jetzigen Kontext betrachtet, zumal die Episode in ihrem fortgeschrittenen Stadium tatsächlich mehr über den Protagonisten sagt und weniger über Bethel (bes. klar ausgedrückt bei Lipton 1999:64 f.). Allerdings ist die „moralische Legitimierung“ Jakobs, die nach den Geschehnissen in Gen 25 und 27 notwendig wird, nach unseren Beobachtungen ein späteres Motiv; ursprünglich haben Gen 25 und 27 anscheinend andere Ziele gehabt, siehe dazu unten III 1. 273 Siehe die Übersetzung bei Wilson 1969c:449. Die These geht auf Siegfried Herrmann (1953/54) zurück; siehe auch Gnuse 1984:82. 274 Z. B. Wilson 1969c:449. Nach seiner Meinung stammt der restaurierte Text aus der Zeit zwischen dem 11. und 7. Jh. 275 Z. B. Seow 1984:141 f.151 f.; Würthwein 1985:31 f.; Husser 1994:71 f.; Särkiö 1994:29–31; Wälchli 1999:54 f.; Cogan 2000:190 f. und auch Carr 1991:49. 276 Vgl. Husser 1994:72.83–92, besonders S. 91 f. zum Keret-Epos und zu 1 Kön 3.
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Harmakhis-Khepri-Re-Atum enthalten sind. Es könnte für das Verständnis der Väterverheißungen von Bedeutung sein, in einer künftigen Studie einmal die in dieser Rede enthaltenen Komponenten wie die Übergabe des Königtums in seiner Weite und Breite, die Beistandszusage oder die göttliche Selbstvorstellung unter Verweis auf das Vater-Sein näher zu vergleichen. Mit der Ausprägung der königlichen Identität kommen wir zu dem umfangreichen Korpus ähnlicher Texte aus dem alten Vorderen Orient und Ägypten. Mehrere auf die Monarchie bezogenene Texte kennen bedeutungsvolle Träume, oft ergänzt um weitere für uns wichtige Motive und Einzelheiten, darunter Kulthandlungen.277 Da es unter diesen Texten keine Erzählung gibt, die, verglichen mit der Bethel-Erzählung, über eine generelle Strukturparallele hinausgeht, und da andererseits die Anzahl dieser Texte sehr hoch ist, beschränken wir uns an dieser Stelle auf eine Auswahl und nennen stichwortartig die für uns bedeutsamen Motive und Einzelheiten: aus Sumer sind der Gudea-Zylinder A I,12–VII,8 zu nennen, der mehrere Träume enthält (das Traumgesicht, Unruhe/Furcht als Reaktion, Deutung, Opfer, sowie auf den Zylindern A–B den Tempelbau in Girsu mit anschließenden, umfangreichen Ritualen),278 und das Lugalbanda-Epos I 331–353 (Traumgesicht, Botschaft, Erwachen);279 aus Babylonien gibt es die Adad-guppi-Inschrift II 5 ff. (Traumgesicht, Botschaft, Tempelbau in Harran)280 und den Nabonid-Zylinder I–III (Traumgesicht, Botschaft, dreimal Tempelbau in Harran und Sippar, kultische Handlungen)281; aus Ägypten kennen wir außer dem genannten Thutmosis-Text die Beschreibung des asiatischen Aufmarsches von Amenhotep II. auf den Stelen in Memphis und Karnak, Z. 20–22 277 Eine systematische Darstellung von Traum und Welterleben im Alten Mesopotamien bietet Anette Zgoll (2006). Zu den Königen als Träumern in ihrer Studie siehe S. 97 f. (Sumerisch), S. 129 f. (Akkadisch), S. 190 (zu Assurbanipal, der nicht selbst träumt), S. 217 f. (zu Nabonid u. a.), S. 249 (Ugarit) und vgl. S. 365; eine Zusammenstellung der wichtigsten mesopotamischen Traumerzählungen und Traumerwähnungen S. 547–553. Vorausgegangen ist die motivgeschichtlich bedeutende Abhandlung von Oppenheim (1956); sie hat Gnuse 1982 inspiriert, der seinerseits vor dem Hintergrund von 1 Sam 3 einen motivgeschichtlich wichtigen und übersichtlichen Einblick in die Traumepiphanien bietet (hier S. 11–55 zum altorientalischen Material und S. 67–69 zu Gen 28); ferner siehe Lipton 1999:80–92, die Gen 28 analysiert. 278 Siehe die Übersetzungen bei Averbeck 2000 und teilweise bei Römer 1986:23–27 (zur Einleitung auch Kim 2011:28–31). Averbeck erwähnt (S. 419, Anm. 6) auch das grundlegende Zusammenspiel von Weisheit und Tempelbau bei Gudea und Salomo, 1 Kön 3 + 5; in Anm. 7 wird darüber hinaus auch Gen 28,10–22 als Parallele genannt und auf S. 422 die Parallele zum Aufenthalt im Tempel 1 Kön 3,4 f. (Gudea A VIII 2). Einen Vergleich von Gen 28 mit dem GudeaText gibt es bei Lipton 1999:81–88. 279 Übersetzung bei Römer 1986:32–34. Zur Stellung des Gudea-Zylinders und des Lugalbanda-Epos unter den sumerischen Traumerzählungen siehe Zgoll 2006:97–128. 280 Übersetzungen bei Oppenheim 1969:560–562; Hecker 1988:479–485 und Longman 1997a. 281 Übersetzungen bei Hecker 1988:493–496 und Beaulieu 2000. Zur Stellung der Nabonid-Texte unter den akkadischen Traumerzählungen siehe Zgoll 2006:129–158 und zur Einleitung Kim 2011:41–43.
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(Traumgesicht, Botschaft, Handlung am frühen Morgen)282 und die BachatnaStele, Z. 24–28 (Traumgesicht, Erwachen in Panik, kultische Handlung, bei der der Gott zurück in seinen Tempel geführt wird).283 Zu den bedeutenden (auch legendarischen) Königen und Pharaonen als Träumern gehören weiterhin z. B. auch Dumuzi („Traum des Dumuzi“, Z. 15–69, Traumgesicht, Erwachen, Deutung),284 Gilgamesch (mehrere Belege in verschiedenen Texten, wobei das Motiv der Wanderung eng hinzugehört),285 Sargon (Sargon-Legende, Z. 12 ff., Traumgesicht)286, Djoser in der Tradition von sieben armen Jahren in Ägypten, Z. 18 ff. (Traumgesicht, Botschaft, Erwachen und Anordnung, Opfer, Zehnter)287 und Hattusili III. (die Apologie Hattusilis, I,36–39; III,4–6; IV,7–16.20–23, Träume, Botschaften, Handlung)288.289 Bedenkt man dieses umfangreiche Textkorpus und daraufhin die Verbreitung der Motivik im Alten Orient, zumal an den Königshöfen, muss bezweifelt werden, dass nach der Aufnahme der BethelEpisode in den Jakobzyklus die Kultätiologie nach wie vor am wichtigsten gewesen ist – eher ist es die Person des Jakob, die durch besondere Ereignisse und Taten herausgehoben werden soll. Dasselbe war – für Salomo – in 1 Kön 3 der Fall.290 Wie in der Forschung schon ansatzweise gesehen wurde, liegt die Betonung darauf, dass der Protagonist Jakob es ist, der den Ort für heilig erklärt, nicht Gott oder die Boten oder der Erzähler.291 Als Leser (oder Zuhörer) kommt man an Jakob nicht vorbei, und das könnte man auch für die ganze Forschungsgeschichte sagen: Während die Gottesnamen oder die Hierarchie der Ätiologien der exegetischen Debatte unterlagen, hat es sehr wenig Anlass gegeben, an dem Protagonisten als Hauptdarsteller zu zweifeln. 282 Übersetzungen bei Wilson 1969a:245–247; Hoffmeier 2000. Zur Einleitung vgl. Kim 2011:53 f. 283 Übersetzungen bei Wilson 1969b:29–31; Lichtheim 1997b und Kammerzell 2005. Kammerzell datiert die Stele ins 6.–4. Jh. v. Chr. (S. 955). 284 Übersetzung bei Römer 1986:27–30. 285 In Gilg SB gibt es mehrere Träume (mit Deutungen in I 243–271; 272–297; ganze Zyklen in IV 5–33, 38–55, 83–110 ff., u. a.), aber bereits im sumerischen „Tod des Bilgames“, Z. 25–35, finden sich zwei Träume, auf die Handlungen folgen; vgl. die Übersetzung von Römer 1986:34– 36 und die Anmerkungen von Zgoll 2006:101–104. Zum Wanderungsmotiv siehe auch unten III 2.2. 286 Übersetzung bei Römer 1986:31–32. 287 Übersetzungen bei Wilson 1969b:31–32; Lichtheim 1997a. Nach Lichtheim (S. 130) stammt die Stele aus ptolemäischer Zeit. 288 Übersetzungen bei Otten nach Otten / Kümmel 1985 und van den Hout 1997; zur Einleitung Haas 2006:89–95. 289 Zu weiteren Inkubationen siehe Kim 2011:32–59. Wichtig ist die Beobachtung Gnuses (1982:388 f.), dass die Traumepiphanien in der späten neuassyrischen Periode stark zugenommen haben, während sie in Ägypten immer vorhanden gewesen sind. 290 Vgl. auch Seow 1984, bes. S. 143 f. Abwegig ist die These Liptons (1999:80–92), dass die altorientalischen Parallelen voraussetzen, dass Jakob einen Tempel gebaut habe. Die Massebe sei der Grundstein des künftigen Tempels gewesen. Für eine solche Deutung ist der Text, besonders in älteren Schichten, zu knapp. 291 So bereits Fokkelman 1975:63, Anm. 37 zu Gen 28 und 32.
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3.3 Weitere Folgerungen vor dem Hintergrund der nordwestsemitischen Texte Im Blick auf die königlichen Träume verdient die Literatur aus Ugarit besondere Beachtung. Dort wird an zwei Stellen verhältnismäßig sicher der König als Träumer vorgestellt: Es sind Keret im Keret-Epos (KTU 1.14) und Danil im Aqhat-Epos (KTU 1.17). Bei keinem von beiden unterstreicht das Träumen eindeutig die Herrscher-Funktion; eher gehört es organisch zum jeweiligen Narrativ. Der Keret-Text ist für uns durch den strategischen und sich teilweise mit der Bethel-Episode berührenden Wortgebrauch bedeutsam. In KTU 1.14 I 31 ff. schläft Keret ein (yškb), nachdem er lange in seiner Kammer geweint hat, und erlebt einen Traum, der einen umfangreichen Dialog enthält (b ḥlmh / b ḏhrth). Hier der Anfang dieses Berichts (Z. 33–37a):292
šnt tlu[n]n293 w yškb nhmmt w yqmṣ w b ḥlmh il yrd b ḏhrth ab adm Schlaf überwältigte ihn, und er legte sich hin, Schlummer, und er beugte sich nieder.294 Da stieg in Traum El herab, in seinem Gesicht295 der Vater der Menschen.
Die Brücke zu Gen 28,11 f. wird durch škb / ׁשכבund ḥlmh / חלםgeschlagen, die das Einschlafen und den Traum benennen; darüber hinaus ist der göttliche Darsteller der Gott El (il), dessen Name aus dem Namen Bethel geläufig ist. Auch in der Reaktion des Keret auf die Traumvision wird sein besonderes Verhältnis zu El unterstrichen (KTU 1.14 III 46–52 bzw. 46–47 = VI 31–32).296 In der von uns oben angeführten Stelle 1.14 I 36 steigt die Gottheit überdies von oben herab (yrd), ähnlich wie in der Bethel-Episode die Boten Elohims ( ירדיםneben עלים in V. 12).297 Neben die Traumvision des Keret-Epos tritt der Traum des Danil im AqhatEpos KTU 1.17 I 2 ff. – vorausgesetzt, dass es sich um einen Traum handelt.298 Wie
292 Text
KTU2, Übersetzung Dietrich / Loretz 1997:1219. tlunn; siehe Husser 1994:33. 294 Zur Bedeutung siehe Husser 1994:33 f.; Zgoll 2006:344.347 und Kim 2011:183–185. 295 Zur Bedeutung von dhrt siehe Tropper 1996. 296 Ob die Aussage krt yḫt w ḥlm in Z. 50 f. auch das Erwachen meint, wie Seow 1984:148; Greenstein 1997:18 oder Kim 2011:185.238 annehmen, ist nicht sicher; vgl. Dietrich / Loretz 1997:1226 („Keret prüfte“). Den Anklang an 1 Kön 3,15a stellen aber sowohl Seow (1984:148) als auch Dietrich / Loretz (1997:1226, Anm. 103) fest. 297 So trotz der Anmerkung von Husser 1994:35, dass das Verb im Keret-Epos lediglich bedeute, dass der Gott sich dem (sich passiv verhaltenden) Menschen annähert. Kim 2011:197 f. ist gegenüber dem Verb yrd skeptisch, weil es in diesem Zusammenhang einmalig sei; er hebt auch בואim AT hervor, vergisst aber, Gen 28,12 zu erwähnen. 298 Von einem Traum ist nicht ausdrücklich die Rede (vgl. Parker 1989:101; Husser 1994:41– 43.50 f.; Dietrich / Loretz 1997:1260 f., Anm. 29; Kim 2011:98.113–116), doch unmittelbar zu
293 Lies
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die Untersuchung des Keret‑ und des Aqhat-Epos gezeigt hat, ist beiden Traumvorgängen die Worteinheit w yškb gemeinsam (1.14 I 34 und 1.17 I 14);299 vgl. die Schilderung in 1.17 I 13b–15a:300 yd ṣth [dn]il yd ṣth yʿl w yškb [yd] mizrth p yln Es warf ab sein Oberkleid [Dan]il, er warf ab sein Oberkleid, stieg hoch und legte sich nieder, [er warf ab] seinen Lendenschurz301 und nächtigte.
Da die Inkubation Danils ein siebentägiges Ritual voraussetzt, muss alles, zumindest aber der Traum, an einem besonderen Ort stattfinden: Ein Hinweis darauf mag sich in dem Verb yʿl „er stieg hinauf “ (Z. 14) verbergen. Es verweist auf einen höher gelegenen Bereich, vielleicht ein Dach.302 Damit wird die in dem Verb yrd bereits enthaltene vertikale Dimension des Vorgangs weiter unterstrichen (vgl. עלהin Gen 28,12). Der Verfasser der Danil-Episode benutzt auch das Verb yln (Z. 15), womit er die Tatsache des Schlafens betont und auf die ganze Nacht ausdehnt. Das Wortpaar לין/ שׁכבbegegnet auch in Gen 28,11 f. Bei weitem am wichtigsten aber ist, an wen die Bitte Danils in letzter Instanz gerichtet wird. Zwar ist es anscheinend Baal, der mit Danil Kontakt aufnimmt (1.17 15b–16a), aber er vermittelt die Bitte um Nachkommenschaft an El.303 El trifft die Entscheidung, seine Antwort wird wiederum von jemandem, vermutlich Baal,304 an Danil vermittelt (1.17 II 1–8). So stellt sich El in den zwei ugaritischen Epen bei den Inkubationen als die zentrale Instanz dar. Man könnte einwenden, dass El hier lediglich die Rolle des Lebensspenders verkörpert und nur deswegen für kinderlose Menschen wie Danil zentrale Bedeutung besitzt;
vor schläft Danil ein. Gegen die verbreitete Annahme einer Inkubation wendet sich Margalit 1989:260–266, gesteht aber eine Offenbarung zu (S. 266 f.). 299 Auch das Verb w yqrb „und er [die Gottheit] näherte sich [dem Menschen]“ ist hervorgehoben worden; vgl. Zgoll 2006:343–351, ebenso Parker 1989:100–102.148; Seow 1984:146 und Husser 1994:50 f. 300 Text und Rekonstruktion KTU2, Übersetzung Dietrich / Loretz 1997:1260. Ein ähnlicher Wortlaut wird oft für die schlecht überlieferten Zeilen 3b–5a rekonstruiert (Dietrich / Loretz 1997:1259, vgl. KTU2; Parker 1997a:51). 301 Zur Bedeutung von mizrt / uzr siehe Husser 1994:37–41, vgl. auch Kim 2011:109–113. 302 Zgoll 2006:348, Anm. 665, vermutet ein Dach, weil es in Mesopotamien typisch für Inkubationen sei. 303 An wichtiger Stelle fehlen die betreffenden Zeilen, aber dass Baal sich an El wendet, ist sicher, vgl. I 34; Parker 1989:100 f.; Husser 1994:41–43; Dietrich / Loretz 1997:1261 und Kim 2011:133 f.; siehe auch oben 2.2. Ähnlichen Wortlaut rekonstruieren sie für die schlecht überlieferten Zeilen 3b–5a (S. 1259, vgl. KTU2 und Margalit 1989:247). Zu Z. 16 siehe auch Parker 1997a:79, Anm. 7. 304 Nach Dietrich / Loretz 1997:1264, Anm. 60, fehlen beim Übergang von der Rede Els zur Botschaft an Danil ca. 12 Zeilen (siehe auch Dietrich / Loretz 1997:1264, Anm. 61, und Margalit 1989:250).
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aber eine weitere Stelle im Baal-Zyklus lässt El sogar selbst träumen, um der Nachfrage der Anat zu entsprechen und ein Omen für das Schicksal Baals einzuholen (KTU 1.6 III 4–13).305 Deshalb geht die Bedeutung Els über die Funktion des Lebensspenders hinaus und betrifft die Inkubation als solche. Neben diesen Gemeinsamkeiten zwischen der Bethel-Episode und den ugaritischen Passagen gibt es freilich auch Unterschiede; einer der wichtigsten ist, dass Jakob in Gen 28 an einem für ihn unbekannten – wenn auch dem Erzähler bekannten – Ort einschläft und dass damit jegliche Inkubation ausgeschlossen ist, anders als in den altorientalischen Szenen einschließlich der Salomo-Episode.306 Jakob gilt auch nicht als König. Deshalb steht die Bethel-Episode weder in einem direkten Bezug zur Keret-Passage noch zu einer anderen der oben genannten Szenen. Das lässt jedoch den Vergleich nicht gegenstandslos werden: Die Jakob-Episode gehört zur alten nordwestsemitischen Vorstellungswelt, in der wichtige Personen bedeutungsvolle Träume haben. Neben dem Traum und dem legendarischen Helden (Herrscher) gehört zu diesem Motivbündel auch eine Gottheit oder mehrere göttliche Figuren und ein bedeutungsvoller Ort. Dass das Motiv jeweils auf irgendeine kultische Handlung folgt, versteht sich von selbst. Es verhält sich in 1 Kön 3 und Gen 28 nicht anders als in der ugaritischen Literatur.307 Der Vergleich hat darüber hinaus mit der herausragenden Funktion Els sowie den Verben yʿl / עלהund yrd / ירדdie besondere Nähe der Bethel-Episode zur beschriebenen Vorstellungswelt gezeigt.308 So wie sich die göttlichen Boten in Gen 28 zwischen Himmel und Erde bewegen, muss Danil hinaufsteigen (yʿl), um den Inkubationsritus durchzuführen. Ebenso steigt El als der höchste Gott herab (yrd). Das übliche und deswegen nicht immer eigens erwähnte Phänomen der vertikalen Ausrichtung des Geschehens ist in diesen Texten in bemerkenswert hohem Masse präsent.309 Neben El soll noch kurz auf die Sonnengottheit eingegangen werden. In Gen 28 gibt es zwar keinen Hinweis auf den personalisierten Sonnengott. Außer der Erwähnung des Sonnenuntergangs kommt שׁמשׁnicht vor. Wir sollten das
305 Siehe Dietrich / Loretz 1997:1191 und vgl. Zgoll 2006:351. In Bezug auf Gen 27,28.39 wurde die Stelle bereits oben 2.2. erwähnt, siehe dort. 306 Dass Gen 28 keine Inkubation voraussetzt, dazu siehe Houtman 1977:346; Gnuse 1984:67 f.; Lipton 1999:77–79. Darüber, ob es sich im Keret-Epos um Inkubation handelt, ist lange diskutiert worden (vgl. Parker 1989:155–158; Husser 1994:44–47.54–56; Dietrich / Loretz 1997:1218, Anm. 33), Zgoll (2006:343–351) hat aber anhand von altorientalischen Parallelen gezeigt, dass im Keret-Epos wahrscheinlich ein Inkubationstraum geschildert ist und im Aqhat-Epos KTU 1.17 I 2 ff. ein Inkubationsritual. 307 Die Salomo-Episode ist von Seow 1984:147–151 mit dem Keret-Epos KTU 1.17 verglichen worden, vgl. Parker 1989:149–151 und Dietrich / Loretz 1997:1219 f., Anm. 40. 308 Es sei erwähnt, dass Husser 1994:111 f. mit der Möglichkeit spielt, dass in V. 13 in der ältesten Fassung der Bethel-Episode אלund nicht יהוהgestanden hat. U. a. hat Schöpflin 2009:107 auf die Nähe von ירדzur mythischen Sprache hingewiesen. 309 Nach Fokkelman 1975:66 f. betont das Wortspiel mit נצבdie vertikale Ausrichtung des Geschehens. Siehe ferner unsere Zusammenfassung unten 3.4 und VI 3.1.
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Stichwort jedoch für die weitere Analyse in Erinnerung behalten. Der vorläufige Grund sind eine Beobachtung und zwei Texte. Erstens ist den altorientalischen Träumen allgemein mehr oder weniger der Bezug auf den Sonnengott zugesprochen worden wegen der naheliegenden Vermutung, dass das Geschehen in den Träumen meist im hellen Licht stattfindet. Wenn auch die Sonnengottheit selbst relativ selten im Traum erscheint, gehören die öfter begegnenden Traumgottheiten oder Traum-Dämonen zu ihrer Umgebung.310 An dieser Stelle kann neben der Gilgamesch-Tradition (vgl. Tell Harmal-Tafel, SB IV Inkubationsrituale vor Schamasch u. a.) zusätzlich an einen hurritischhethitischen Text erinnert werden, den wir bereits in die Diskussion eingebracht haben. Im Appu-Märchen311 wird nicht von einem Traum oder einer Inkubation gesprochen, aber bezeichnenderweise will Appu während oder nach einem Opferritual den Sonnengott um Nachkommen bitten, und der Sonnengott selbst steigt in Gestalt eines Jünglings auf die Erde herab (1 I 38–45). Diese Szene und der auf sie folgende Dialog ist sowohl mit der Salomo-Episode 1 Kön 3 als auch mit dem Keret-Epos verglichen worden.312 Diese Beobachtungen bündeln sich in vielerlei Hinsicht in dem zweiten noch zu behandelnden Text. In der ersten Kombination des Texts von Tell Deir cAllā – in geographischer Nähe zu Bethel –,313 kommen Götter in der Nacht zu Bileam, einem „Mann, der die Götter sieht“ ʾš ḥzh ʾlhn (Z. 1). Sie werden, ähnlich wie in der biblischen Bileamerzählung, ʾlhn und šdyn genannt, und zwar im Plural, nicht im Singular, so wie auch die Götterbezeichnung אלהיםGen 28,12 – im Unterschied zum überwiegenden Gebrauch im Alten Testament – nicht notwendig singularisch verstanden werden muss. Ohne zu behaupten, dass in der „prä-jahwistischen“ Textgestalt von Gen 28 eine Göttervielfalt vorausgesetzt sei, schließt dieser Text mit seinen vielfältigen Angaben zu Gott oder zu dessen Boten Erwägungen zu einem polytheistischen Hintergrund nicht aus. Zum zweiten wird im Deir cAllā Text, Z. 1, wörtlich festgestellt:
310 Zgoll 2014:115 f. und 2006:300; zu den Traumgottheiten siehe Butler 1998:73–88. Unter den hethitischen Texten vgl. noch die Apologie Hattusilis III. (Ischtar) und das Gebet des Kantuzilis (KUB 30.10, Schamasch). 311 Siehe oben 1.2. 312 Siehe zumal Parker 1989:149–151 und vgl. die Notizen bei Hoffner 1998:82 und Dietrich / Loretz 1997:1219 f., Anm. 40. 313 Falls bei Gen 28* mit einer vorexilischen Schicht zu rechnen ist, wie wir annehmen, darf auch die zeitliche Nähe zum Deir cAllā Text behauptet werden; denn dieser ist nicht später als 700 v. Chr. entstanden und wird meist ins 8. Jh. datiert, auch wenn mit einer früheren Vorlage oder Motivik gerechnet werden kann; zur Datierung siehe Hoftijzer 1976:276; Caquot / Lemaire 1977:192; McCarter 1980b:50; Lemaire 1985:315; 1991:34–41; Puech 1985:355; Husser 1994:180 f.; Weippert 1997:185; Blum 2008:597 f. Es sei daran erinnert, dass wir auch bei der Bileamerzählung von einem vorexilischen Bestand ausgegangen sind, siehe oben 2.3.
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hʾ wyʾtw.ʾlwh314.ʾlhn.blylh Zu ihm nämlich315 kamen die Götter in der Nacht.
Damit kommen die Götter zum Seher, nicht anders als in Gen 28 die göttlichen Boten sich zwischen Himmel und Erde bewegen (oder auf der späteren literarischen Stufe Jahwe). Und das geschieht im Rahmen einer Vision, also eindeutig in der Nacht.316 Zum dritten ist es möglich, dass die Botschaft der Götter in der Nachtvision den Ausspruch Els vermittelt. In Z. 2 findet sich das Wort ʾl, das häufig als El gelesen wird.317 Das Ende von Z. 1 und der Anfang von Z. 2 kann folgendermaßen rekonstruiert werden: [(w)yḥz mḥz]h318 kmšʾ319 ʾl [(und) er sah ein Gesi]cht gemäß dem Ausspruch320 Els.
Falls es sich an dieser Stelle nicht um El handeln sollte, ist die Präsenz Els im Text von Tell Deir cAllā dennoch sehr wahrscheinlich, denn er begegnet womöglich auch in der Kombination 2, Z. 6.321 Es ist daran zu erinnern, dass auch in der Bileamerzählung Num 22–24* die Götterbezeichnungen אלהים, אלund שׁדיhervorstechen. 314 Das Wort gehört in den Text, obwohl oberhalb der Zeile geschrieben, siehe Hoftijzer 1976:185. 315 Das Wort hʾ wird hier mit Hoftijzer 1976:185 und Weippert / Weippert 1982:84 (ferner Husser 1994:182–184) als ein eingliedriger Nominalsatz verstanden und auf eine wörtliche Übersetzung verzichtet; eine Alternative wäre die Partikel hāʾ „siehe!“ (so vorsichtig McCarter 1980b:52 und Puech 1985:356). 316 Zur Unterscheidung von ( חזהauditive Erfahrung / „Vision“) und ( חלוםTraum) siehe Husser 1994:152–157.185. 317 So Weippert / Weippert 1982:84; Weippert 1997:167.179 f.; Hackett 1984:33; Lemaire 1985:317; Puech 1985:356.360; Moore 1990:79; bes. Levine 1991 und Husser 1994:182 f.192 f.; die alternative Deutung ist ein Demonstrativpronomen: „diese (Worte)“ (so Caquot / Lemaire 1977:194 f. und nach ihnen McCarter 1980b:52; Lemaire 1985:318). Das zusätzliche Argument für El besteht in der Nennung einer göttlichen Figur vor der direkten Rede. Levine 1985:333 ff. unterstreicht, dass sowohl in Gen 28 als auch in Gen 32 der hieros logos mit El verbunden ist, dass das theophore Element in ammonitischen Namen im 7. Jh. oft El ist, aber auch, dass es in Deir cAllā einen El-Tempel gegeben haben soll. 318 Die Textlücke wird laut Hackett 1984:33 von Gordon Hamilton durch zwei Fragmente in dieser Weise ergänzt. Das muss unsicher bleiben (dafür Levine 1985:333; Puech 1985:356.360; Husser 1994:183–185, dagegen Weippert 1997:165), doch niemand bestreitet, dass es sich im Bileamtext inhaltlich um ein Nachtgesicht handelt. Weippert / Weippert 1982:84 setzen das Verb ʾmr und [ʾlw]h voraus; inhaltlich ähnlich McCarter 1980b:51 und Lemaire 1985:318. 319 Die Lesart ist nicht ganz sicher, wird aber meist so rekonstruiert, siehe Weippert / Weippert 1982:84; Hackett 1984:33; Levine 1985:329; Puech 1985:356.360 und Husser 1994:182 f. 320 Zur Bedeutung (Hebräisch )משׂאsiehe Weippert / Weippert 1982:84 und Weippert 1997:167, Anm. 14. 321 Nach Hackett 1984:59 f.
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Nachdem Bileam im Traum eine Botschaft322 erhalten hat, wird viertens sein Erwachen am Morgen festgehalten, wobei der Wortlaut den entsprechenden Aussagen in der Bethel-Episode Gen 28,16 und 18 wie auch der Bileamerzählung in Num 22* ähnelt. In Z. 3 heißt es: wyqm.blʿm.mn.mḥr323 Da stand Bileam tags darauf Morgen auf.
Fünftens folgt im Deir cAllā Text ein Ritual (oder auch mehrere). Da der Text lückenhaft ist, gibt es unterschiedliche Rekonstruktionen, aber meist wird das Verb yṣm / tṣm „fasten“ vermutet.324 Sicher ist bkh „weinen“ in Z. 3–4, es kann aber sowohl ein Ritual als auch eine prophetische Zeichenhandlung meinen. Die Kombination dieser Motive geschieht in den Anfangszeilen der BileamInschrift so beiläufig, dass man sie ohne die vielen Parallelen in altorientalischen Texten überlesen würde: Die Nacht stellt sicher, dass es sich um ein Traumgesicht handelt, eine göttliche Botschaft ist eindeutig vorhanden, das Erwachen am frühen Morgen wird hervorgehoben, und eine oder zwei rituelle Handlungen folgen. Diese Handlungen werden allerdings nicht im Traum gefordert, sondern entsprechen eher prophetischen Zeichenhandlungen. Auch Jakob bekommt in seinem Traum nicht den Auftrag, die Massebe zu errichten oder dem Ort den Namen zu geben. Im Blick auf unsere weitere Analyse sei als sechster Punkt hinzugefügt, dass diskutiert wird, welche Gottheit in den Zeilen 6 und 10 des Deir cAllā Textes angesprochen wird; denn nur der Anfangsbuchstabe š ist eindeutig zu erkennen. Viele schlagen š[mš], die Sonnengottheit Schamasch vor,325 denn es ist von der Götterversammlung die Rede sowie davon, dass das Licht sich verdunkelt. Es ist umstritten, ob die Sonnengottheit dafür zuständig sein kann, dass die Welt dunkel wird. Doch sei erstens an die in alten Zeiten gefürchtete Sonnenfinsternis erinnert326 und zweitens daran, dass der Sonnengott in der Fluterzählung begegnet, und zwar sowohl in der Fassung des Atramchasis-Epos als auch auf Tafel
Das Verb ʾmr ist eindeutig vorhanden. Der letzte Buchstabe ist textlich nicht sicher, aber inhaltlich dürfte kein Zweifel bestehen, siehe Hoftijzer 1976:189; McCarter 1980b:51; Weippert / Weippert 1982:86; Hackett 1984:36; Husser 1994:182; vgl. Hebräisch ִמ ּ ָמ ֳח ָרתin Gen 19,34 u. a. und unbedingt auch Num 22,(13.)21 (die Parallele wird auch oft erwähnt). 324 Ob ein‑ (Z. 4) oder zweimal (Z. 3–4), hängt von der jeweiligen Rekonstruktion ab, siehe McCarter 1980b:51; Lemaire 1985:318; Puech 1985:356.360 f.; Weippert 1997:165.167; Hackett 1984:25.29; Husser 1994:182 f. 325 Caquot / Lemaire 1977:196 f.; Weippert 1997:168; Blum 2008:577 (für Z. 6); Müller 2010:589, Anm. 90; siehe Moore 1990:81–84 zur himmlischen Götterversammlung und vgl. Hackett 1984:41 f. Ältere Vorschläge betreffen die Gottheiten šgr (Hoftijzer 1976:272–274; 1991:135 f.; Weippert / Weippert 1982:87; Puech 1985:356.361; vgl. auch Z. 14), Šala (Hackett 1984:42) und Šeol šʾl (McCarter 1980b:53 f.). 326 Vgl. Caquot / Lemaire 1977:197. 322 323
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XI des Gilgamesch-Epos: Dort ist der Sonnengott organisch in die letzten Tage vor der Flut und den Anfang der Flut eingebunden.327 3.4 Vom Kultstein zum Himmel: Einige religionsgeschichtliche Beobachtungen Wir haben bereits mehrmals festgestellt, dass in der Bethel-Episode die Vertikale bewusst betont wird. Unsere Beobachtungen betrafen die Wortwurzel נצב, die in mehreren Abwandlungen vorkommt und die vertikale Dimension am besten widerspiegelt, sowie die Absicht der Autoren, das Wesen Bethels als Ort der Verbindung zwischen Himmel und Erde zu erklären. Ob Jakob von Anfang an als Protagonist fungierte, kann nicht beantwortet werden. Die Textanalyse ergab jedoch eindeutig, dass der Text von vornherein auf den konkreten Ort Bethel bezogen war und auf die Massebe, die untrennbar zu diesem Ort gehört. Es ist unmöglich, in diesem Text, der „die umfangreichste Stelle im AT ist, an der ausführlich über die Errichtung einer Massebe (Gen 28,18.22) berichtet wird“,328 die Ätiologien Bethels und der Massebe voneinander zu trennen. Folglich bezieht sich der Name בית־אלgleichermaßen auf zwei Phänomene, auf den Ort המקום und auf den Stein האבןbzw. die Massebe מצבה. Auch für den Fall, dass V. 17 (בית )אלהיםzur ältesten Schicht gerechnet werden sollte, bleibt die doppelte Ausrichtung auf Stein und Ort bestehen.329 Die Stätte zeichnet sich durch nichts aus als durch viele Steine, die dort liegen. Die Massebe wird zum einzigen Marker der Heiligkeit des Ortes (oder der besonderen Beziehung zu den unsichtbaren Realien). Falls jemand an diesem Ort ein Ritual ausführen möchte, muss es in der Nähe des Steins stattfinden und sich mehr oder weniger auf ihn beziehen. Weiterhin kann kein Zweifel darüber bestehen, dass סלםund שׁער השׁמיםirgendeinen sachlichen Bezug auf den Stein haben müssen.330 Deswegen muss unsere Aufmerksamkeit der Massebe gelten und dem, womit sie in Verbindung steht. Zunächst sei erwähnt, dass im Aqhat-Epos neben den bereits vermerkten Motivparallelen auch die Aufstellung eines Kultsteins begegnet. Ein Bikolon, das sich darauf bezieht, wird im Rahmen der sechsgliedrigen Charakterisierung eines besonderen Sohnes, nämlich des künftigen Sohnes von Danil, wenigstens dreimal zitiert (1.17 I 26 f., 44 f.; II 16 f.):331 nṣb skn ilibh bqds ztr ʿmh Siehe unten V 3.3. Hutter 1993:100. 329 Siehe besonders Hutter 1993:101. 330 Das gilt umso mehr, weil V. 13b–16 von uns als sekundär beurteilt wurden; anders Houtman 1977:342 f. u. a., die die synchrone Verbindung zwischen מצבהund נצבin V. 13 überschätzen. 331 So nach KTU2 und Dietrich / Loretz 1997:1262–1265 (hier auch ihre Übersetzung); sie setzen dasselbe noch einmal am Anfang der zweiten Tafel voraus. 327 328
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Der aufstellt eine Stele für seinen Vatergott, im Heiligtum das Denkmal332 seines Stammes.
Der Vorgang steht nicht ausdrücklich in Verbindung mit den kultischen Handlungen oder der Inkubation Danils, ist aber jedenfalls kultisch: Nicht nur der genannte Vatergott, sondern auch die unmittelbar folgenden Zeilen, die vermutlich auf das Begräbnisritual hinweisen,333 legen den rituellen Kontext nahe. Der Vorgang findet ein fernes Pendant in Gestalt von ויצב יעקב מצבה על־קברתה in Gen 35,20, indem Jakob über dem Grab seiner Frau Rahel eine Massebe errichtet (vgl. 35,14).334 Von den vergöttlichten Ahnen oder Ahnengöttern wie in Ugarit führt nur ein kurzer Schritt zur Frage, was eine Massebe bezeichnen kann. Neben vielen anderen Möglichkeiten335 kann eine Massebe anscheinend an die Gottheit oder den Totengeist erinnern und ihn symbolisieren wie auch verkörpern bzw. repräsentieren. Vier Beispiele mögen genügen. Das erste findet sich bei Philo von Byblos in einem locus classicus zu den Stelen im antiken Mittelmeerraum (PE 1.10.23):336 ἔτι δὲ (φησίν) ἐπενόησε θεὸς Οὐρανὸς Βαιτύλια, λίθους ἐμψύχους μηχανησάμενος „Und überdies,“ sagt er, „hat der Gott Ouranos sich Baityloi ausgedacht, die belebten Steine gestaltend.“
Der zweite Beleg findet sich auf einer gut erhaltenen und erst seit einigen Jahren veröffentlichten Stele eines Mannes namens ktmw, einem Knecht des Königs Panamuwa von Zincirli. Im Rahmen der beabsichtigten Opfer und den sie empfangenden Gottheiten heißt es in der Zeile 5:337 332 Die Bedeutung von ztr ist nicht sicher (vgl. Dietrich / Loretz 1997:1264, Anm. 42; Margalit 1989:270 f. und Hutter 1993:89), hingegen ist die Deutung von skn als „Stele“ gegen Margalit 1989:268 f. („tomb“) zuverlässig, vgl. Dietrich / Loretz / Mayer 1989 (bes. S. 134 f.); Hutter 1993:88–91; Dietrich / Loretz 1997:1264, Anm. 40; und auch Durand 1985:82, Anm. 10, und Parker 1997a:53. 333 So nach der Auslegung von Dietrich / Loretz 1997:1262. 334 Auch wenn im hebräischen Bereich und auch anderswo ursprünglich zwischen Masseben und Grabstelen zu unterscheiden ist, wie Hutter 1993:104 f. vermutet, kann m. E. zwischen beidem nicht scharf getrennt werden, siehe Graesser 1972:37. 335 Zu den Masseben allgemein siehe Graesser 1972; Hutter 1993; Mettinger 1995:140– 191; auch Ribichini 1999 (vgl. Röllig 1999:174 f.); Zevit 2001:256–262; Bloch-Smith 2005; für Mesopotamien Worthington 2011; Seidl 2011; für Mari bei Durand 1985, für die Hethiter Popko 1993:320.324 f.; Hutter 2011; Herbordt 2011; und für die Aramäer bei Lipiński 2000:599–604; Morandi Bonacossi 2011; in Verbindung mit Gen 28 besonders de Pury 1975:401–430. 336 Text nach Baumgarten 1981:16; vgl. Attridge / Oden 1981:53. Baumgarten (S. 202 und Anm. 131) verweist auf S. Bochart, Phaleg et Canaan (1646), der schon eine Verbindung zwischen Philo und Gen 28 gesehen habe, und deutet selbst die Baityloi als „abodes of gods“. Einige Zeilen vorher (PE 1.10.16) gibt es allerdings auch βαίτυλος als Personenname, dessen Bezug auf die Stele nicht klar ist. 337 Text nach Pardee 2009:53–54; vgl. auch Z. 10–13. Vgl. auch Morandi Bonacossi 2011:141.
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wybl.lnbšy.zy.bnṣb.zn Und ein Bock für meine Seele, die in dieser Stele (sein wird).
Dennis Pardee hebt die Zeile hervor, weil hier wie bei der längst bekannten Tatsache, dass npš in aramäischen Dialekten sowie im Hebräischen das Grabdenkmal bezeichnen kann, eindeutig ein Beleg für das Überdauern der nbš in der Stele vorliegt.338 Es besteht kein Zweifel, dass zahlreiche Masseben als beseelt galten und sie die Gottheit oder den Toten(‑Geist) repräsentierten.339 Das dritte Beispiel besteht in der gleichzeitig von Manfred Hutter und der Autorentrias Manfried Dietrich, Oswald Loretz und W. Mayer mitgeteilten Beobachtung, dass das syrische sikkanum die Kultstele bezeichnet (vgl. KTU 1.17 I 26 f. oben).340 Jean-Marie Durand und Hutter leiten das Wort von der Wurzel skn „wohnen, leben“ ab und verstehen die Stele als Repräsentation Gottes.341 Hutter sieht darüber hinaus eine direkte Parallele zwischen sikkanum und dem בית אלהים.342 Als viertes Beispiel erweisen sich die Sfire-Verträge (KAI 222–224) zwischen dem König Bar-ga’jā von ktk und König Matī‘-’el von Arpad aus der Mitte des 8. Jh.s v. Chr. Die Verbindung von zwei mehrmals belegten Aussagen lässt keine andere Möglichkeit zu, als die Inschriftenstelen von Sfire als Repräsentanten der Vertragsgötter ʾlhy ʿdyʾ zu deuten. Die folgende Phrase begegnet nicht weniger als neun Mal (KAI 222 B, Z. 23, 33; 223 B, 9, 18; C 13; 224, 4, 14, 17, 23):343 šqrt lʾlhy ʿdyʾ zy bsprʾ znh Dann bist du vertragsbrüchig geworden gegenüber den Vertragsgöttern, die in dieser Inschrift sind.
Dass der Nominalsatz die Götter lediglich erwähnt, wird durch folgende Wendung ausgeschlossen (223 C, 2 f.):344 lhldt spryʾ [ʾ]ln mn bty ʾlhyʾ ʾn zy y[r]šmn /…/ [d]iese Inschriften zu beseitigen von den „Götterhäusern“, auf denen sie einge[gr]aben sind.
338 Pardee 2009:62; vgl. zur Frage der Personifikation der mesopotamischen Stelen Worthington 2011:133. 339 Siehe dazu auch de Pury 1975:411–416. 340 Hutter 1993; Dietrich / Loretz / Mayer 1989. Zur (früheren) Forschungsgeschichte siehe Fleming 1992:76 f., Anm. 27, und S. 76–79. 341 Durand 1985:82, Anm. 10; Hutter 1993:88–91 passim. Dietrich / Loretz / Mayer 1989:139 lassen die Etymologie offen. Vgl. Sigrist 1993:404. 342 Hutter 1993:90; vgl. Mettinger 1995:130–132. 343 Text Donner / Röllig 2002:54–57; Übersetzung Donner / Röllig 1964:241.259.264 f. 344 Rekonstruktion Donner / Röllig 2002:55; Übersetzung Donner / Röllig 1964:259; ganz ähnlich noch in Z. 6 f. und 9 f.
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Die „Götterhäuser“ bty ʾlhyʾ sind die Stelen selbst. Ihre Inschriften erlangen besondere Bedeutung, weil sie durch die Gegenwart der Götter geschützt sind.345 Das beweist nicht nur, dass die Gottheit durch die Stele repräsentiert wird; sogar die Bezeichnung bty ʾlhyʾ wird gebraucht, die dem Namen בית־אלin Gen 28 sehr nahe kommt.346 Eine motivgeschichtliche Stütze dafür, dass der Ort und die Massebe nicht getrennt werden können und die Massebe dabei die Gottheit repräsentiert, ist der Zusammenhang zwischen der Errichtung der Massebe und der Libation, das heißt einem Opferritual, „the only ritual before a cultic masseba ever explictly mentioned in the Old Testament (Gen. 28:18; 35:14)“347. Sowohl mehrere der oben bereits genannten Beispiele als auch weitere Beispiele im syrischen und hethitischen Bereich sprechen dafür.348 Eines sei hier vorgestellt: Im Einsetzungsritual der Entu-Priesterin von Emar kommt sowohl eine Stele vor als auch neben einem Opfer die Libation von Feinöl (Emar VI/3, Nr. 369, Z. 34–35):349 I SILA4 NA4.si-ka-ni ša DINGIR.Ḫé-bat i-na-qu-u NIN.DINGIR Ì.DU10.GA a-na SAG.DU NA4.s[i-k]a-[ni š]a DINGIR.Ḫé-bat i-tab-ba-ak 1 Lamm wird man an der Betyle der Hebat opfern, und die Entu wird gutes Öl über die Spitze der Betyle der Hebat gießen.
Die Stele (hier sikkanum) stellt das Numen des Gottes dar. Das Öl (Ì.DU10.GA = šamnu ṭābu)350 wird wörtlich „auf den Kopf/Schädel“ (SAG.DU = qaqqadum) der Stele gegossen.351 Zusätzlich zu der Verbindung von Massebe und Libation bzw. Opferung findet sich noch ein weiteres Motiv in einer fernen hethitischen Parallele, nämlich dem 345 So deuten diese Stelle ausdrücklich Donner
1962:69 f.; Donner / Röllig 1964:262, aber siehe auch Fitzmyer 1967:90; 2000:216 (sogar „bethels“); Rössler 1983:186 und Anm. 3 a, und Mettinger 1995:130 f. Anders wollen Lemaire / Durand 1984:128.142 die Bezeichnung verstehen („maisons des dieux“ = „temples“). Siehe auch Seebass 1966:13 und Anm. 10. 346 Donner / Röllig 1964:262 erwähnen Gen 28,22 und Fitzmyer 2000:216 Gen 28,19 als Parallele. 347 Graesser 1972:46. 348 Einige Beispiele wie Emar VI/3, 369, Z. 34 f.; 370, Z. 41–43; KUB XIII 2 iii, Z. 1–3 (ergänzt aus XXXI 88 iii, Z. 1); LVIII 33 iii, Z. 20 f. und aus der Apologie Hattusilis III., 28 iv, Z. 71–75, hat Hutter 1993 zusammengestellt, siehe dazu besonders noch Hutter 1993:93–95. Die maßgebende Bezeichnung der Stele im Hethitischen ist ḫuwaši. Ferner siehe die beschriftete HadadStatue (nṣb) (KAI 214), deren Zeilen 1, 14–18 und 21 f. die Nähe beider Motive voraussetzen lassen (vgl. Donner / Röllig 1964:215.219). 349 Rekonstruktion und Übersetzung Dietrich 1989:52.81; der Hinweis auf den Text stammt von Dietrich / Loretz / Mayer 1989:134; siehe auch Hutter 1993:88. Vgl. zusätzlich die Rekonstruktion, Übersetzung und Hinweise auf Gen 28,18; 31,13 und 35,14 bei Fleming 1992:17; 1997:429 und 2002:238–240. Die Salbung hier und in Gen 28:18 hat auch Koenen 2003:135 erwähnt. 350 Zum Öl siehe Fleming 1992:145 f. 351 Weitere Belege von sikkanum und einer Salbung pašāšu sind bei Fleming 1992:78 f., Anm. 36 (Emar 373, Z. 32, 57 f.; 375, Z. 14, 16) angegeben.
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Beschwörungsritual der Paškuwatti an die Göttin Uliliyašši (CTH 406).352 In den Kolumnen III, Z. 11’–19’, und IV, Z. 1–21 (KUB VII 5, 7, 8), wird die Inkubation des Opfermandanten beschrieben, und die erwarteten Ergebnisse der Träume werden im Voraus bewertet. Dazu gehören auch die Zeilen 11–16 in Kolumne IV:353 nu-za ú-iz-zi DINGIR-LUM i-e-zi nam-ma-aš-ši ma-a-an DUGḫar-ši-ia-al-li a-aš-šu na-an-za-an DUGḫar-ši-ia-al-li ti-it-ta-nu-zi ma-a-an Ú-UL-ma na-an-za NA4ḫu-u-wa-ši ti-it-ta-nu-zi na-aš-ma-an-za ALAM-ma i-ua-zi Dann kommt er und verehrt die Göttin. Wenn ihr ferner ein Pithos gut (scheint), stellt er sie als Pithos auf. Wenn aber nicht, stellt er sie als Kultstele auf oder er macht sie als Statue.
Obwohl der Sitz im Leben dieser Passage nicht mit Gen 28 vergleichbar ist, besitzen wir mit dem Beleg einen Hinweis auf das bedingte Aufstellen einer Massebe (ḫuwaši), wobei die Göttin in einem Traum ihre Zustimmung zu erkennen gibt. Der kultische Kontext ist durch die Inkubation und die weiteren Umstände gesichert. Am einfachsten ist sowohl der Pithos als auch die Stele oder die Statue als die Repräsentation der Göttin vorzustellen.354 In Bethel ist es das Numen des Ortes, das zur kultischen Handlung drängt. Das Numen ist auch in der ältesten Schicht, die Jahwe noch nicht nennt, auf eine Gottheit bezogen, sei es ursprünglich אל, אלהיםoder בית־אל – die Aussagen sind leider zu spärlich, um weitergehende Folgerungen zur Bezeichnung des Gottes zu ziehen.355 Das Bemerkenswerte ist jedoch der Gleichklang von בית־אלmit Bezeichnungen in den Sfire-Inschriften wie auch mit dem Terminus βαίτυλος; es scheint, als bilde die Erzählung in Gen 28 nicht nur eine Ätiologie für den Namen des Ortes oder der dortigen Massebe, sondern für die Kultstele oder den Kultort als solchen.356 Alles in allem ergibt der Vergleich, dass die Errichtung der Massebe und die Libation in der Bethel-Episode sich ohne weiteres in die syrisch-levantische Tradition sowohl der Bronze‑ als auch der Eisenzeit fügen und weitere Parallelen im hethitischen Bereich besitzen. Die Motivkombination setzt sehr wahr352 Hoffner 1987 und die monographische Abhandlung von Fleming 1992; Hutter 1993:102 f. hat darauf hingewiesen. 353 Textbearbeitung Hoffner 1987:276; Übersetzung Hutter 1993:103. 354 Vgl. Fleming 1992:76 f.; Gurney 1977:25–28.36–38. 355 In Gen 35,7 liegt der Gottesname Bethel nahe; zur Gottheit siehe Mettinger 1995:130 f.; Röllig 1999 und zum Befund im aramäischen Bereich des 7. Jh.s van der Toorn 1992:83–85, der vor einer voreiligen Verbindung mit dem biblischen Bethel mahnt. 356 Vgl. den Ortsnamen Sikkān (Tell Faḫarīya), den Lipiński 2000:599 mit dem Kult eines Betyls in Verbindung bringt, und den oben erörterten Begriff sikkanum. Röllig 1999:174 vermutet anhand von Gen 28,11–19 hinter בית־אלursprünglich eine allgemeine Bezeichnung für offene Kultplätze.
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scheinlich voraus, dass die Massebe von Bethel die Gottheit repräsentieren soll,357 und schließt die Bedeutung als Gedenkstein eher aus. Ebenso wie bei bedeutenden Traumvisionen im Alten Orient und Ägypten sowie in den ugaritischen Texten der Protagonist des Textes und dessen Identität wichtiger sind als die narrativen Elemente oder andere Details, mangelt es auch in den syrisch-levantischen Inschriften nicht an Angaben zu wichtigen Persönlichkeiten, die die Stelen (oder Statuen) aufgestellt haben. Obwohl auch höhere Beamte nicht ausgeschlossen sind, sind die meisten Protagonisten Könige, weil solche Stelen und Statuen oft dem königlichen Kontext entstammen.358 Der Anfang der Melqart-Stele (KAI 201, Z. 1) mag als Beispiel dienen, wie die Könige auf den berühmten Stelen und Statuen aus dem aramäischen Bereich im 9. und 8. Jh. vorgestellt werden:359 nṣbʾ.zy.šm br.ḥdd.br [(ḥzyn br?). ] mlk ʾrm lmrʾh lmlqrt.zy nzr lh wšmʿ lqlh Die Stele, die gesetzt hat Bar[ha]dad, der Sohn des [ ] König von Aram, dem Melqart, seinem Herrn, der, als er ihm ein Gelübde tat, auf seine [Stimme] hörte.
Ähnliche Wendungen finden sich auf der Zakkur-Stele (KAI 202 A, Z. 1; B, Z. 13)360, auf der Hadad-Statue Panamuwwas I. von Sam’al aus dem 8. Jh. (KAI 214, Z. 1, 14 f.: qwm nṣb),361 auf der Statue für Panamuwwa II., die von seinem Sohn Barrākib gestiftet wurde (KAI 215, Z. 1: šym nṣb)362 usw.363 Dabei besteht ein bemerkenswerter Unterschied zu den sehr zahlreichen babylonischen und assyrischen Königstelen, die anders als die hethitischen oder syrisch-palästinischen Stelen nicht Gottheiten visualisieren, sondern meistens den König in zahlreichen Situationen und die für die Materialisierung der Königsideo357 Das wird ausdrücklich von Hutter 1993:100–103 behauptet; vorsichtiger ist Graesser 1972:46–48. Vgl. weiterhin zur Massebe als Repräsentant göttlicher Präsenz bei de Vaux 1961:285 f.; de Pury 1975:409–411; Berge 1990:163; Zevit 2001:259; Römer 2014:188–191 und vgl. Gunkel 1910:319 f. und Smith 1969:200–212. 358 Siehe Worthington 2011:131. 359 Text Donner / Röllig 2002:47, Übersetzung 1964:203; weitere Bearbeitung Pitard 2000. 360 Text Donner / Röllig 2002:47 f., Bearbeitungen Donner / Röllig 1964:204 f.; Millard 2000. 361 Text Donner / Röllig 2002:49 f., Bearbeitung Donner / Röllig 1964:214 f. (und Kommentar auf S. 223), hervorgehoben auch von Hutter 1993:100, Anm. 85. 362 Text Donner / Röllig 2002:50 f., Bearbeitung Donner / Röllig 1964:223 f. 363 Auf die Melqart-Stele ist hingewiesen worden, weil dort die Errichtung einer Stele (Z. 1) mit einem Gelübde (Z. 4) zusammenhängt (Hutter 1993:102 und Anm. 101: Die Stele dient entweder als Zeuge oder als Erfüllung des Gelübdes). Wie unsere Erörterungen oben 3.1. gezeigt haben, ist es in Gen 28 literar‑ und redaktionskritisch sehr schwierig, diese Motivverknüpfung als ursprünglich anzunehmen. Doch kann ein im Alten Orient oder im näheren levantinischen Umfeld bekannter Motivzusammenhang auch eine sekundäre Ergänzung veranlasst haben (siehe auch Anm. 240 oben). Es sei darauf hingewiesen, dass dort auch das Motiv des Hörens (KAI 201, Z. 4) sowie auf der Zakkur-Stele die Beruhigungsformel ʾl t(z?)ḥl „fürchte dich nicht“ (A, Z. 13) belegt sind. Das heißt aber nicht ohne weiteres, dass die ähnlichen Elemente in Gen 28 der ältesten Schicht zuzuweisen sind.
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logie eine ausgeprägte Rolle spielen.364 Unabhängig von der Tatsache, ob die assyrischen Könige in stärkerem Maße als die westsemitischen vergöttlicht wurden oder nicht, ist das viel engere Verhältnis der Stelen zur Person und Macht des Königs offenkundig.365 Weiterhin haben die Könige ähnlich wie die oben angeführten Beispiele von Priestern oder Priesterinnen an Libationen teilgehabt. Ein ugaritischer Ritualtext, das Gebet für die belagerte Stadt (KTU 1.119), enthält in den Zeilen 24– 25 die Aussage hn šmn.šlm bʿl.mtk.mlkm366, die von Dennis Pardee vorsichtig als Libationsopfer zugunsten von (gestorbenen) Königen gedeutet wird.367 Bei den Hethitern gehörte die Libation für die Seelen verstorbener Könige und Königinnen zu den Totenritualen, aber libiert wurde auch bei königlichen Festen.368 Libierende Könige und Königinnen wie Gudea, Assurbanipal, Nabuapla-iddina oder Hattusili III. sind sowohl für Mesopotamien als auch für den hethitischen Bereich ikonographisch und textlich bezeugt.369 Zwei Einzelheiten der Bethel-Episode verdienen noch unsere Aufmerksamkeit: סלםund ;שׁער שׁמיםdenn sie beziehen sich auf die Massebe und unterstreichen die vertikale Ausrichtung der ganzen Episode. Beide sind im Alten Testament ohne Parallele. Umso intensiver sind sie anhand außerbiblischer Entsprechungen diskutiert worden. Schon die Tatsache, dass es sich im Hebräischen um Hapax Legomena handelt, ist bemerkenswert; denn der Verfasser hätte auch ein gewöhnliches Wort wie מעלהnehmen können, das z. B. in 1 Sam 9,11 den Anstieg zu einer Stadt bezeichnet. Es muss eine Sondertradition vorgelegen haben, die den ersten Bearbeitern der Jakoberzählungen wahrscheinlich bereits schriftlich zur Hand war. Der besondere Sprachgebrauch will die Besonderheit Jakobs hervorheben. Seit langem wird eine Konsonantenmetathese unterstellt und סלםmit dem akkadischen simmiltu in Verbindung gesetzt.370 Der simmiltu kann dabei alles bezeichnen, worauf man steigen kann, auch figurativ.371 Dass zwischen den akka364 Vgl.
Seidl 2011. spricht, wie z. B. Assurnasirpal die Stelen oft „meine Stelen“ (NA4.NA.RÚ.A-ia) nennt (Grayson 1991:305.325 A.0.101.38, Z. 40; A.0.101.52, Rv. Z. 9‘), wie Schalmaneser III. die Stele auf den Ruinen einer eroberten Stadt errichtet (Grayson 1996:25 A.0.102.3, Z. 94–96), die Wendung „my royal stele“ (ṣa-lam MAN-ti-ia, Grayson 1996:103 A.0.102.28, Z. 13.19 passim), und wie Gudea laut Gudea-Zylinder A am Ende rund um den Tempel-Komplex sechs Stelen errichtet (XXII 24 – XXIV 7). 366 Text Miller 1988:140 und Pardee 2002:51 f.; Übersetzung Pardee 1997:284, der auch Gen 28,18; 35,14 als Parallelen angibt. 367 Pardee 1997:284, Anm. 19; 2002:104; Miller 1988:146 anders. 368 Frantz-Szabó 1987:5 f. 369 Siehe die Belege bei Homès-Fredericq 1987; Frantz-Szabó 1987:6; Rittig 1987:11 und Grayson 1991:151.256: Adad-nārārī (A.0.99.2, Z. 74), Assurnasirpal (A.0.101.18, Epigraph, Z. 1). 370 KBL3:715b; vgl. Hendel 1987:65 und Anm. 89. 371 CAD 15:273–275; Landsberger / Güterbock 1937–39; nach Ambos 2014:122 könnte die Grundbedeutung „Stufe“ sein. 365 Dafür
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dischen und hebräischen Worten eine Verbindung besteht, ist schwer zu bestreiten; denn auch im Phönizischen ist wahrscheinlich das Wort als slmh mit der Bedeutung „Stufe“ belegt.372 Obwohl über die genaue (Bau)-Form des סלםin Gen 28 viel spekuliert worden ist, besagt die Verwandtschaft zum Akkadischen leider nichts; denn Hinweise im näheren literarischen Kontext fehlen fast völlig.373 Ein Vergleich mit den Miniaturleitern, die in den hethitischen Ritualen verwendet wurden, um eine Verbindung mit den Göttern oder den Toten aus der Unterwelt herzustellen,374 ist denkbar, aber die Knappheit des Ausdrucks in Gen 28 lässt auch hier keine sicheren Aussagen zu. Was ein wenig weiterhilft, sind einige Belege der Treppe zum Himmel in der mesopotamischen Literatur. Eines der bekanntesten Beispiele stammt aus dem Enuma Elisch. Auf Tafel VII, Z. 127, wird geschildert, wie Marduk seinen Stern Neberu „auf der himmlischen Leiter Stand nehmen“375 lässt, wobei kun-sag-gá als Steige zum Himmel gedeutet wird.376 Zwei weitere Belege sind wesentlich älter und werden wegen des vorausgesetzten physischen Verbindungswegs zwischen Himmel und Erde von Wayne Horowitz zusammen genannt.377 In der Amarna-Version des Adapa-Epos (VS 12 194 = EA 356), Vorderseite, Z. 37’–40’, erreicht Adapa das „Tor Anus“ (ba-ab da-ni), anscheinend in Begleitung eines Boten, über den „Himmelsweg“ (ḫarrān šamê), wobei das Tor von zwei Gottheiten, Tammuz und Gizzida, bewacht wird.378 In der Version des Epos von Nergal und Ereschkigal aus Sultantepe (STT 28), Z. 13’–16’, steigt Nergal mit zwei göttlichen Wesen, Kakka und Namtar379, die „Himmelssteige“ (simmelat šamāmī) hinauf zum „Tor von Anu, Enlil und Ea“ (bāb da-nim den-líl u dé-a).380 Das letzte von Horowitz angeführte Beispiel aus
So DISO:788 trotz der Probleme mit dem Text. Zwei Erklärungsversuche können genannt werden: Houtman 1977:347 schlägt den „,way‘ which gave entry to the sanctuary“ vor, Oblath 2001:122–125 aber eine „gate structure“. Mit der letzten These würde die suffigierte Präposition בוin V. 12 sehr gut korrelieren (Oblath 2001:125); vielleicht besteht ein Bezug auf die Massebe beim Tor einer Stadt, wie z. B. in Betsaida und Tel Dan. 374 Ambos 2014:123; Hutter 1985:159, Anm. 12: KUB XV 31 vs II 17–19. 375 Übersetzung Lambert 1994:601. 376 So Lambert 2013:130 f.491 f.: „foremost staircase“ oder ähnlich; so versteht er auch Z. 92 auf Tafel VII. Doch vgl. anders Kämmerer / Metzler 2012:306. 377 Horowitz 1998:65 f. Im Folgenden handelt es sich um seine Deutung. 378 Text Izre’el 2001:18 und Horowitz 1998:65. 379 Siehe Hutter 1985:78–83. 380 Horowitz 1998:66; siehe die deutschen Übersetzungen bei Müller 1994:766–780 und Hutter 1985:28 (Kol. V 13–15); vgl. Dalley 1997. Die Episode wird im Epos mehrmals wiederholt. Die Parallele zu Gen 28 ist auch von Köckert 2007:57(Anm. 25).74 vermerkt worden; er nimmt an, dass nur die Boten und nicht die Götter die Treppe benutzt haben; siehe auch de Pury 1975:430 und Hendel 1987:65. Köhlmoos 2006:239 f. erwägt, dass man den (durch das Phönizische vermittelten) Text in Bethel vielleicht gekannt hat, betont aber auch den Unterschied, dass dort die Steige nicht auf der Erde steht, sondern bis in die Unterwelt hinabreicht. 372 373
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dem altbabylonischen Gebet bei der Opferschau (HSM 7494), Z. 9, ist wert, hier zitiert zu werden:381 UTU te-ep-te-a-am sí-ik-ku-ri da-la-at ša-me-e te-li-a-am sí-mi-la-at uq-ni-im el-li-im
d
Shamash, you opened the bolt of the doors of heaven. You ascended the stairway of pure lapis.
Nach Horowitz macht die Stelle wahrscheinlich, dass man sich unter simmiltu in solchen Kontexten doch eine solide Treppe vorstellen sollte. Für uns ist wichtig, dass auch hier die Steige (simmiltu) und die „Himmelstür“ (dalāt šamê) zusammen vorkommen. Mithin kann angesichts der offensichtlich verbreiteten Bekanntheit der Epen im mesopotamischen Bereich von einem logischen Zusammenhang zwischen der Steige zum Himmel und dem göttlichen (himmlischen) Tor ausgegangen werden.382 Göttliche Wesen, in zwei Beispielen paarweise, benutzen die Steige oder stehen am Tor, und in einem Fall ist es die Sonnengottheit Schamasch selbst, die auf der Steige emporsteigt.383 Unabhängig davon, ob סלםmit dem akkadischen simmiltu verwandt ist oder nicht, unterstützt diese Verbindung von Steige und Himmelstor, gelegentlich einschließlich göttlicher Wesen, die Vermutung, dass שׁער שׁמיםin Gen 28,17 mit dem סלםin V. 12 auf dieselbe literarische Ebene gehört. Es lässt überdies die bewusste poetische Gestaltung des ältesten Textes noch stärker hervortreten: שׁער שׁמיםbildet demnach nicht nur zusammen mit der Wendung וראשׁו מגיע השׁמימהeine Inklusion, sondern auch mit סלם. Die Konstellation betont die Verbindung zwischen Himmel und Erde, analog zu den königlichen Traumvisionen (vgl. Gudea A V 11–19) und Tempelbauten in Mesopotamien (vgl. Gudea A XXI 19–23).384 Die Ergebnisse summierend kommen wir zu dem Schluss, dass verschiedene kleinere Motivverbindungen in der Bethel-Episode erstens auf unterschiedliche Kulturkreise hinweisen und zweitens eine gewisse Verschiebung erkennen lassen, die sich während der literarischen Entwicklung ereignet hat. Mit der Verbindung zwischen der Errichtung einer Massebe, die die Gottheit repräsentiert, und der Libation partizipiert Gen 28* am syrisch-levantinischen Kulturraum, wobei auch 381 RA 38 87, 10 f.; Text Starr 1974:34; Übersetzung Horowitz 1998:66; genannt auch in CAD 15:274 und bei Rochberg-Halton 1983:214, Anm. 28. 382 Ähnlich Hutter 1985:159. Das Himmelstor KÁ.GAL AN begegnet in weiteren neuassyrischen Texten auch allein, etwa im Orakel Assurs/Ischtars von Lā-dāgil-ili an Asarhaddon (K 2401; SAA 9:3), wo der Gott Assur „issued forth as a fiery glow from the gate of heaven“ (II, Z. 15 f.; Parpola 1997:24; der Text wird unten V 3.3 nochmals erörtert); vgl. ferner Enuma Elisch V, Z. 9 und die Belege bei Starr 1974:68 und Rochberg-Halton 1983:214, Anm. 28 f. Bemerkenswert ist, dass dabei fast immer die Sonne eine Rolle spielt. 383 Vgl. auch die zahlreichen ikonographischen Belege (bes. auf Siegeln) des Sonnengottes auf einem Berg oder einer Treppe. 384 So besonders Lipton 1999:80–92.
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die hethitischen Parallelen vermerkt werden sollen. Durch die Lokalisierung in Beth-El und die Traumvision, bei der in vielen Parallelen El eine Rolle spielt, hat die Bethel-Episode eindeutig teil am Gemeingut, das von den ugaritischen Texten und dem Tell Deir cAllā Text bezeugt wird, wobei beim letzteren, obwohl es sich hier um einen prophetischen Text handelt, zusätzlich die Motivreihe von Traumgesicht, göttlicher Erscheinung, Erwachen am Morgen und kultischen Ritualen auffällt. Um nun zu der von uns markierten motivgeschichtlichen Verschiebung zu kommen, sei zum einen noch einmal daran erinnert, dass sowohl der im Ortsnamen präsente El als auch die mit El im Zusammenhang stehenden Motivparallelen dadurch relativiert werden, dass אלin Gen 28* gar nicht selbst in Erscheinung tritt. Bei der Übernahme dieses alten Textstückes verwendete man stattdessen die Bezeichnung אלהים, die eine oder mehrere Gottheiten markierte, und El ist nicht mehr stillschweigend vorausgesetzt. Jedenfalls wirkt בית אלהים in Gen 28,17 statt בית־אלgeradezu programmatisch. Zum zweiten zeigen die Parallelen zu der Himmelssteige und dem Himmelstor aus den mesopotamischen Epen und Gebeten, dass sich der Fokus später auf den Einfluss aus dieser Richtung verschoben hat.385 Dafür spricht auch die grundlegende Beobachtung, dass die Wendungen שׁער שׁמיםund בית אלהיםJakob in den Mund gelegt werden, womit sich der textinterne Fokus von der Ätiologie Bethels auf die Person Jakobs verlagert. Schließlich rufen wir noch einmal die berühmten altorientalischen Traumvisionen in Erinnerung, denn dort erreicht die frühe Literargeschichte der Bethel-Episode ihr Ziel: Jakob stellt sich als eine Persönlichkeit heraus, die bekannte und oft königsideologisch geladene Motive und Motivkomplexe an sich gezogen hat, und dies in einem bemerkenswert schmalen Text. Bevor die Episode um die Offenbarung Jahwes erweitert worden ist, wollte sie vermitteln, dass Bethel deswegen wichtig ist, weil dort Jakob seinen Traum gehabt und wichtige Handlungen vollzogen hat.
4. Jakob, der Held 4.1 Der Text Genesis 32,23–32 Wie schon oben beobachtet,386 erweist sich die Episode des nächtlichen Kampfes von Jakob am Jabbok in Gen 32,23–33 als auffällig. Sie kann literarisch keinesfalls als einheitlich gelten;387 der Abschnitt enthält nicht weniger als drei Ätiologien, bei denen sich fragen lässt, warum sie nebeneinander stehen bzw. ob sie von vornherein alle in eine übergreifende Erzählstruktur gehört haben: Erstens wird Jakob Israel genannt (V. 29); sodann erhält der Schauplatz den Namen Pnuël Zum mesopotamischen Einfluss siehe auch Finkelstein / Römer 2014:323. Siehe oben unter I. 387 Siehe bes. Weimar 1989:(49)67–69. 385 386
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II Jakob – ein legendärer Held
(V. 31); und schliesslich wird die Sitte begründet, das Muskelstück über der Hüfte nicht zu essen (V. 33). Die zahlreichen Rekonstruktionen, die man vertreten hat,388 verlangen nach einer weitergehenden traditionsgeschichtlichen Einordnung, die wir im Folgenden zu geben versuchen. Zunächst aber eine Erörterung der literarkritischen Probleme. Fragt man nach der möglichen ältesten Schicht, gehören zweifellos das Ringen אבקund das Segnen ברךin der Nacht kurz vor der Morgendämmerung und dem Aufgang der Sonne zum Kern der Handlung (V. 25, 27, 30). Das Erzählgerüst setzt mindestens eine Reihe von narrativen Imperfekten voraus: Der Protagonist steht mitten in der Nacht auf, um die Furt des Jabbok zu durchqueren. Er ringt mit einem איש. ׁ Einer der beiden Antagonisten muss einsehen, dass er den anderen nicht besiegen kann. Ein kurzer Dialog zwischen den Akteuren führt zu der Segnung in V. 30b.389 Die Verbindung zwischen den einzelnen Schritten der Handlung ist so eng, dass nichts davon entbehrt werden kann. Auch die Feststellung in V. 32aα, dass über Jakob die Sonne aufging, kann noch hinzugehören. Denn auch in ihrer kürzest möglichen Fassung läuft die Erzählung bereits auf den Tagesanbruch hinaus, und der Satz lässt sich auf keine Weise aus den drei Ätiologien herleiten.390 Diese Ätiologien finden sich aber in der möglichen ältesten Gestalt der Erzählung gerade nicht. Erzähltechnisch hat die Kurzerzählung in V. 23aα(bis )הוא.b(ab )ויעבר.25b. 26a.27.30b.32aα nur einen Mangel: Es fehlt eine klare Exposition; denn keiner der Antagonisten wird namentlich eingeführt. Stilistisch gesehen ist V. 22b mit dem wəX-qatal-Satz der beste Kandidat für den Beginn der Szene; durchaus in Frage kommt auch das Sätzchen V. 14a, falls es irgendetwas aus dem vorausgehenden Text fortsetzen soll (yiqtol-X-Satz)391. Aber auch in diesen beiden Fällen wird der Name Jakob nicht genannt; in V. 22b wird nur das Personalpronomen הואverwendet. Hätte die älteste, einst selbständige Erzählung392 die von uns rekonstruierte minimale Gestalt gehabt, so wäre ihr ursprünglicher Anfang nicht wiederherstellbar, oder das Fehlen des Namens Jakob würde darauf 388 Während man auch diese Passage ähnlich wie andere auf zwei Quellen zu verteilen versucht hat, gibt es seit je auch die Annahme ihrer (relativen) Einheit; vgl. die Übersicht bei de Pury 1975:520, Anm. 194; Geller 1982:49 f., Anm. 36, und siehe z. B. Wellhausen 1899:44 (!); Volz 1933:116–119 und de Boer 1991, und vgl. die gewichtige Kritik an der Quellenscheidung bei Blum 1980 und Geller 1982, bes. S. 49. 389 Relativ ähnlich rekonstruieren die ältere Gestalt Schmidt 1979:126–129 (dabei nur im mündlichen Stadium!) und Levin 1993:251 f. (vorjahwistische Quelle). 390 Siehe Weimar 1989:(49) 75 f. (wenn auch mit V. aβ zusammen) und vgl. Westermann 1981:634. 391 So z. B. Kratz 2000:273. 392 Als ursprünglich selbständig gilt die Erzählung für Hentschel 1977:31 passim; Schmidt 1979:126; Otto 1979:41; Dietrich 2001:200 u. a. Siehe besonders Gunkel 1910:365: „Ursprünglich steht die Sage ganz auf eigenen Füßen und hat mit der Jaqob-Esau-Geschichte nichts zu tun: der mutige Gottesbesieger und der Jaqob, der vor Esau zittert, sind eigentlich ganz verschiedene Gestalten“.
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hindeuten, dass die Episode bereits zu einer Abfolge von Erzählungen gehört hat.393 Dennoch steht außer Zweifel, dass die Episode von Anfang an Jakob als Akteur voraussetzt, denn sie enthält ein umfangreiches Wortspiel, das mit dem Namen יעקבzusammenklingt: das Verb „ עברhindurchziehen“, das Nomen „ מעברFurt“, den Ortsnamen ( יבקalle in V. 23b) und das Verb אבקnif. „ringen“ (V. 25b). Dabei nehmen wir an, dass die Furt des Jabbok als Schauplatz im ältesten Narrativ fest verankert ist, vor allem wegen der Euphonie mit dem zentralen und im ganzen Alten Testament nur hier begegnenden Verb אבק. Die klangliche Anspielung an יעקבdürfte für die Episode grundlegend sein. Selbst wenn eine der drei Komponenten später hinzugekommen sein sollte,394 würde es unsere motivgeschichtliche Analyse nicht in Frage stellen. So könnte man der in der neueren Forschung vertretenen Behauptung beipflichten, dass die Szene gezielt für ihren Kontext geschaffen worden sei, dass sie ähnlich wie Gen 28,10–22 als literarische Brücke zwischen dem Jakob-Esau‑ und dem Jakob-Laban-Erzählkreis diene und deshalb am ehesten in die Zeit des Zweiten Tempels gehöre.395 Tatsächlich lässt sich wegen der problematischen Exposition die vollständige älteste literarische Gestalt einer selbständigen Erzählung nicht rekonstruieren. Immerhin müsste dabei die Beobachtung berücksichtigt werden, dass die doppelte Erwähnung der von Jakob über den „Fluss“ ( הנחלin V. 24 gegen מעברin V. 23b) hinübergebrachten Familie in V. 23b.24 (+ die Konsequenz in V. 25a) wohl nicht zum ältesten Narrativ gehört.396 Gerade darin liegt aber der Hauptgrund für die These eines Brückentextes zwischen 393 Siehe Schmidt 1979:128 f. (bereits im mündlichen Stadium). Die Beobachtung wird dadurch verstärkt, dass „der Anschluß von Gen 32,22 an Gen 33,1 keineswegs glatt ist“ (Arneth 2008:353; vgl. Weimar 1989:[49] 55, Anm. 9 f.). 394 Das umfassende Klangspiel unterstreichen richtig Eising 1940:126; Seebass 1966:80; Otto 1979:46 f.; Weimar 1989(49):59 f. und Anm. 26 (auch das Verb יקעin V. 26 gehöre zum Wortspiel, was nicht mehr so eindeutig ist) und Arneth 2008:354 f., Anm. 14; vgl. Dietrich 2001:199 f. und Anm. 7. Jakob ist später eingeschaltet nach Schmidt 1979:129; Levin 1993:251 u. a.; Jabbok nach Becker 2009:179. Bemerkenswert ist weiterhin das Wortspiel zwischen אבק hier und חבקin Gen 33,4 ( אבקals Nebenform von חבק, siehe Ges18:10b.320a), wie Gunkel 1910:366 und Hamilton 1995:329 gesehen haben (siehe auch Vrolijk 2011:288, Anm. 135); zu den Folgerungen für den Jakobzyklus siehe unten III 1.1. 395 So oder ähnlich Köckert 2007:61 und Anm. 37 über den Kern in V. 23.25b.26a.27– 30. 31(?).32 (die Szene sei für den Kontext konstruiert; vgl. früher Köckert 2003:172: V. 23.25b.26.27.30b.32–33); Becker 2009:179 f. zu Gen 32 und 28: „Beide Erzählungen enthalten Gottesoffenbarungen, die mit einem Ort in Beziehung gesetzt werden, noch dazu mit dem Gottesnamen „El“. In beiden Erzählungen spielt das Motiv der Gottesfurcht eine Rolle, /…/ und beide Erzählungen schließen wortgleich mit der Benennung des Kultortes“. Dieser These geht die These Blums voraus (1980, zumal S. 19 f.; 1984, zumal S. 143–145), dass die Jabbok-Szene gezielt für den (vorexilischen) Jakobzyklus geschaffen worden sei. Vgl. auch Geller 1982:41–43 und Thompson 1987:111. 396 Beachte weiterhin die stilistisch überflüssige dreimalige Häufung von עברin V. 23b.24, die am besten literarkritisch zu lösen ist. Dass die Durchquerung der Furt in V. 23 und nicht diejenige des Flusses in V. 24 zur ältesten Schicht gehört, ist mit Recht von Schmidt 1979:126.128 f.; Weimar 1989(49):70 f.; Levin 1993:253 f. und Arneth 2008:360 f. hervorgehoben worden; vgl.
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den Jakob-Esau‑ und Jakob-Laban-Zyklen: Entfernt man V. 23b.24.25a, wird die Kontextbezogenheit der Szene sehr schwach. Die Erzählung kann ohne weiteres aus irgendeinem anderen Zusammenhang stammen oder ein Einzeltext mit einem uns unbekannten Sitz im Leben gewesen sein – denn der Anfang einer Erzählung kann nachträglich angepasst worden sein (Ergänzungen wie V. 23b.24.25a sind ja möglich!),397 – oder aus einem Jakobzyklus stammen, dessen exakte literarische Gestalt uns nicht mehr zugänglich ist.398 Dass der Anfang der Episode sekundär angepasst wurde, wird u. a. dadurch wahrscheinlicher, dass nicht sicher ist, dass die „Nacht“ הלילהzusammen mit dem Demonstrativum in V. 23399 von vornherein determiniert war.400 Die These, dass unsere Episode sich eng auf andere Teile des Jakobzyklus bezieht, ist in hohem Maße von der Literarkritik abhängig. Wird z. B. die Episode auf die geschilderte Minimalgestalt reduziert und werden die Ätiologien von Israel, Pnuël und dem Speiseverbot entfernt, kann nicht mehr vorausgesetzt werden, dass die unmittelbar umgebenden Jakoberzählungen bereits den heutigen Umfang gehabt oder gar überhaupt schon vorhanden waren.401 So kommt man literarkritisch über die rekonstruierte Mindestfassung nicht hinaus. Für die ursprüngliche Selbständigkeit der Episode bildet nur das Fehlen der Exposition ein Problem. Gen 32,23–32 ist aber literarisch noch weitergewachsen als nur um V. 23bα. 24.25a. Wie oben erwähnt, liegt der Verdacht nahe, dass die drei Ätiologien nicht unmittelbar miteinander zusammenhängen. Es kann sogar behauptet werden, dass die Ätiologien für Israel und für Pnuël miteinander rivalisieren; denn beide beruhen auf der Gottesbezeichnung El, und für den Leser bleibt im Dunkel, ob für die Verfasser die Begegnung mit El als solche oder der Ringkampf das wichtigere Motiv gewesen ist. Die jüngere der beiden Ätiologien ist eher die PnuëlÄtiologie gewesen,402 und das aus fünf Gründen: Erstens wird der Name Pnuël in V. 31b damit erklärt, dass Jakob die Gottesbegegnung überlebt habe.403 Das scheint zumindest für die späteren Leser wichtiger gewesen zu sein als die Ätioauch Hentschel 1977:35 f. (V. 23–25a) und Dietrich 2001:198 f. Blum (1980:5; 1984:144 f.) zählt V. 24 zum sekundären Bestand. Zu V. 24b siehe ferner auch Levin 1993:237. 397 Siehe Otto 1979:41, Anm. 1: „Die ursprüngliche Exposition der Erzählung ist zugunsten der Verse 23.24 /…/ weggebrochen /…/“; und Dietrich 2001:200: Die Vorform der Erzählung sei „auf der literarischen Ebene nicht mehr nachweisbar“. 398 Vgl. auch unsere methodischen Überlegungen oben unter I. 399 Das Personalpronomen soll gegen MT und mit V. 22b, Sam, BHS und Arneth 2008:353, Anm. 11, als determiniert ההואgelesen werden. 400 Vor allem Arneth 2008:362, Anm. 32. 401 Vgl. die an sich sorgfältig im Spannungsfeld der Synchronie und Diachronie erarbeiteten These Blums (1980:19 f. passim; 1984:143 passim), dass die Pnuël-Szene „von vornherein auf unsere Jakoberzählung hin gestaltet worden“ sei, was aber immerhin bereits die Annahme eines gewissen literarischen Prozesses und der Erzählkohärenz voraussetzt. Werden die Nachbarerzählungen literarkritisch operiert, ändert sich das Bild erheblich. 402 Das wird von Levin 1993:252 f. u. a. angenommen und von Long 1968:29 vermutet; vgl. weiterhin Hermisson 1974:244 f.; Blum 1980:8 und Husser 1994:118. 403 Trotz des Problems, dass die Begründung der Namensgebung in V. 31 in direkter Rede
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logie in V. 31a selbst. Damit erweist sich die „Ätiologie“ als ein frommer Kommentar, der den Grundsatz in Ex 33,20 voraussetzt und Texten und Zusätzen wie Ex 3 und Jes 6,5b nahekommt.404 Zweitens erinnert die Namengebung an andere Ortsätiologien im Alten Testament, unterscheidet sich von ihnen aber darin, dass der Ortsname nicht die raison d’être für die Erzählung bildet.405 Drittens macht die Ätiologie dem Wortspiel mit Jabbok Konkurrenz.406 Viertens unterbricht V. 31 anders als die Israel-Ätiologie in V. 28–30a den Zusammenhang von V. 30b und 32aα, so dass die Symmetrie des Textes deutlich gestört wird. Fünftens gehört die Ätiologie möglicherweise zu den sekundären Verknüpfungen mit dem weiteren Kontext, vgl. besonders das Stichwort פנהin 32,21 und die Deutung in 33,10.407 Die Frage, ob V. 31a zunächst für sich eingetragen worden sein kann, hängt im starken Maße davon ab, wie die Entstehung des ganzen Jakobzyklus zu beurteilen ist; denn erstens bleibt eine gewisse (vielleicht gewollte) Ähnlichkeit zur Bethel-Episode als Brückenszene (28,19a) bestehen, und zweitens kann die (Um?‑)Lokalisierung der Episode in Pnuël durchaus bereits in vorexilischer Zeit stattgefunden haben.408 Schwieriger verhält es sich mit der wiederholten Erwähnung Pnuëls in V. 32aβ. Auf der einen Seite braucht die Szene einen Übergang zu etwas, das folgt oder einmal gefolgt ist, und der Aufgang der Sonne in V. 32aα kann diese Funktion allein nicht erfüllen. Der Sonnenaufgang könnte sogar den Abschluss einer selbständigen Erzählung bilden, wenn der Szene nicht eine Exposition fehlen würde. Dazu würde das Verb עברin V. 32aβ durchaus passen, weil es im Einklang mit dem Anfang der Episode in V. 23b steht. Auf der anderen Seite aber stünde der Ortsname Pnuël in V. 31a ohne eine ätiologische Erklärung in Spannung zu der Lokalisierung am Jabbok in V. 23b. Das Problem ist mit literarkritischen Mitteln nicht zu lösen und muss an dieser Stelle offenbleiben, wobei wir voraussetzen, dass es einst einen Abschluss der Episode oder einen Übergang gegeben hat, den wir nicht rekonstruieren können. Wenden wir uns nun der Ätiologie des Speiseverbots in V. 33 zu: Diese fällt durch das betonte על־כןauf, das der Erzählung eine vollkommen neue Pointe gibt. Noch auffallender wird die Ätiologie, wenn man den wəX-qotel-Satz in V. 32b in Betracht zieht – in eine stilistisch kohärente Erzählung passen solche ohne das entsprechende Marker ויאמרgeschieht, nehmen wir an, dass V. 31 als eine Einheit eingetragen worden ist. 404 Siehe Seebass 1966:17 f. und Levin 1993:253 und Anm. 16. 405 Obwohl sich die Formel ויקרא יעקב שׁם המקוםan die Bethel-Ätiologie in Gen 28,19a ähnelt, ist die Episode in Gen 28,10–22 viel stärker auf den Namen Bethel gezielt – so gegen die These von planmäßig verfassten Brückentexten; vgl. auch Levin 1993:252. 406 Das wird auch von Westermann 1981:633 thematisiert. 407 Siehe Levin 1993:258 und Dietrich 2001:203, Anm. 20. 408 Otto 1979:43–47 (V. 31); Westermann 1981:632 f. (V. 31a); Kratz 2000:273 f. (V. 31 f.) und Dietrich 2001:198–200 (V. 31 f.) zählen die Pnuël-Ätiologie zur ältesten Schicht; Hentschel 1977 lässt V. 32a bei der ältesten Ortssage stehen.
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Ergänzungen nicht reibungslos.409 Da das Hüftgelenk410 auch in V. 26 zweimal genannt wird, muss die Hand des Ergänzers auch dorthin gereicht haben. Logischerweise gilt es auch für den bβ-Teil:411 Diese Begründung konkretisiert den bα-Teil und bereitet V. 32b und 33 eindeutig vor. Fazit: V. 26bβ.32b.33 sind Zusätze. Es dürfte kein Zweifel bestehen, dass sie zuletzt hinzukamen. Der Satz ויגע בכף־ירכוin V. 26bα kann aber noch durchaus in die älteste Schicht gehören,412 wobei zu fragen ist, ob die oft benutzte Wiedergabe mit „schlagen“ noch sinnvoll ist und „berühren“ nicht besser wäre.413 Auf jeden Fall bedarf der Satz einer traditionsgeschichtlichen Erklärung. Weiterhin stellt sich die Frage, wer in V. 26a.bα Subjekt und wer Objekt ist; denn erst der Zusatz in V. 26bβ nennt Jakob und korrigiert damit die Kräfteverhältnisse der ursprünglichen Erzählung. Der Dialog in V. 27+30b setzt voraus, dass Jakob über den אישׁdominiert, und das müsste so auch in V. 26a.bα gewesen sein: Jakob berührt das Hüftgelenk des Gegners und nicht umgekehrt.414 Die berühmte Umbenennung Jakobs in V. 28–30a ist vermutlich eine spätere Extrapolation, jedoch älter als die oben beschriebenen zwei Ätiologien. „Wäre V. 28 f. erst entstanden, als V. 26b und 31 schon zu der Erzählung gehörten, dann hätte die Etymologie in V. 29 anders formuliert werden müssen, nämlich: ,denn du hast mit Gott gekämpft‘.“415 Es wird zum einen ständig hervorgehoben, dass das Verb ( שׂ רהhier als ätiologischer Bestandteil des Namens )ישׂ ראלmit dem Verb אבקkonkurriert und damit kein wesentlicher Teil der alten Erzählung sein kann. Vers 30a sehen wir als eine logische Fortführung des eingefügten Dialogs V. 28 f., wenn auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass er eine weitere Glosse ist, ähnlich wie man sie in Ri 13,6.17 f. oder Ex 3,3 f. findet.416 Es fehlen eindeutige V. 33 wird von der Mehrheit als sekundär erkannt; manche unterstreichen, dass V. 33 außerhalb der Inklusion in V. 23 und 32 bleibt, siehe zumal Weimar 1989:(49) 55; vgl. Levin 1993:254 (er versteht V. 26b.32b als eine Bearbeitung, die die paradoxale Überlegenheit Jakobs über den Gott Israels nivelliert, und V. 33 als eine andere, die das Speisetabu erklärt). 410 Zur Bedeutung siehe Westermann 1981:630 und Anm. c bei Levin 1993:68. 411 Siehe Luther 1901:66 f.; Schmidt 1979:126; Otto 1979:43; Westermann 1981:630 f.635; Weimar 1989:(49) 72 f.; dagegen Dietrich 2001:200, Anm. 9. Bezeichnend ist auch, dass V. bβ sich durch die Erwähnung des Jakob-Namens hervorhebt, und das erst nach dem anonymen V. a.bα, so besonders Schmidt 1979:126 f. 412 So zumindest Westermann 1981:630; Levin 1993:251.253 und Arneth 2008:361 f. 413 Siehe auch Wevers 1993:541 zu LXX. 414 Siehe besonders Luther 1901:65.67; Gunkel 1910:361.365; auch Smith 1969:610, und vgl. Schmidt 1979:126 f. Sehr kritisch gegenüber solchen „zirkulären“ Lösungen ist Blum 1980:8, Anm. 46; vgl. auch Eising 1940:126, Anm. 36, und Köckert 2003:169 f. 415 Schmidt 1979:132 (das alles aber noch im mündlichen Stadium, sic!). 416 Bereits Volz 1933:118 f. hat darauf hingewiesen, dass es statt der Quellenscheidung literarkritisch normal wäre, V. 28–30a für Zusatz zu erklären, wollte aber keine Entscheidung treffen. V. 28–30a werden von McKenzie 1963:74; Schmidt 1979:127.132; Weimar 1989:(49) 74 f.; Levin 1993:250 f. und 2012:167 f.; Kratz 2000:274 u. a. und V. 28 f. von Otto 1979:46 f.; Westermann 1981:631 f.; Husser 1994:118 f. u. a. als Erweiterung angenommen; vgl. weiterhin Hermisson 1974:243 f. 409
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Argumente, wann die Einfügung geschehen sein kann, da es für den Wechsel von Jakob zu Israel im Alten Testament keine weiteren Hinweise gibt (vgl. nur Gen 35,10; 1 Kön 18,31; 2 Kön 17,34 und ferner Hos 12 mit Ephraim). Für uns wird im Folgenden wichtig sein, dass die Ergänzung auch älter sein kann als die Zeit des Zweiten Tempels;417 denn sie setzt die Jakob-Esau‑ und Jakob-Laban-Zyklen oder ihre Verbindung nicht unbedingt voraus. Der Name Jakob wird in den folgenden Kapiteln weiterhin gebraucht, und das Motiv des „Kampfes mit den Menschen“ fehlt in der heutigen Gestalt des Jakobzyklus – der Streit mit Esau oder mit Laban kommt als Kampf kaum in Frage, und 33,10 kann nicht sehr alt sein. Auch der sekundäre Charakter des Wandels von Esau in Edom bildet kein zwingendes Argument, weil von Anfang an auffällt, dass die Edom‑ und IsraelÄtiologien im Jakobzyklus auf unterschiedlichen Ebenen liegen. Es muss bei der Vermutung bleiben, dass die Israel-Ätiologie vorgegeben war, zumal sie sich mit ihrer poetischen Struktur (Chiasmus, Stufenparallelismus, ausgewogene Kolometrie) von der übrigen Szene abhebt.418 Es dürfte kein Zufall sein, dass die Heiligkeit des Ortes Beth-El in Gen 28,17 den Terminus אלהיםverwendet, genau wie es hier für die Erklärung Israels geschieht.419 Unsere Erörterungen ergeben mithin die folgende literarische Schichtung des Textes:420 23 Dann stand er auf {in dieser421 Nacht} und nahm seine zwei Frauen und seine zwei Mägde und seine elf Kinder und durchzog die Furt des Jabbok. 24 Und er nahm sie und brachte sie über den Fluss; und er brachte hinüber, was422 er hatte; 25 und Jakob allein blieb zurück. Da rang jemand mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. 26 Und423 er sah, dass er ihn nicht besiegen konnte, und er berührte das Gelenk seiner Hüfte, und das Gelenk der Hüfte Jakobs wurde über dem Ringen mit ihm verrenkt. 27 Da sprach er: „Lass mich gehen, denn die Morgenröte bricht an!“ Und er sprach: „Ich lasse dich nicht gehen, bis 417 Levin und Kratz (siehe vorige Anm.) halten die Israel-Ätiologie für eine jahwistische Ergänzung (obwohl unterschiedlich datiert), und auch nach Schmidt ist sie die älteste Erweiterung; vgl. auch Finkelstein / Römer 2014:322 zu Hos 12 und Carr 2011:473 f. Gegen eine vorexilische Datierung kann man die zahlreichen späten Belege des Wortpaars Jakob/Israel kaum ins Feld führen (vgl. z. B. Timm 1989:126–129), aber die Frage stellt sich, wie man begründen soll, dass alle Belege spät sind. 418 Vgl. Coote 1972:137. Das Bikolon erweist sich kolometrisch (13:14) als ideal. 419 Vgl. Blums These (1980:23 f.; 1984:145 passim), dass der ganzen Szene die Israel-Ätiologie zugrunde liege und die Erwähnung der Familienmitglieder in V. 23 die Geburtserzählungen voraussetze; ähnlich auch Köckert 2003:173.176; vgl. auch Schmitt 1998:414 f. passim, der mit einem „elohistischen“ Kompositor in Gen 32–33 rechnet. 420 Nur das minimale narrative Gerüst ist in normaler Schrift wiedergegeben, mögliche frühe Anteile oder Ergänzungen des Textes in (Klammern) und der vielleicht umgestaltete Text in {geschweifen Klammern}. 421 Siehe oben Anm. 399. 422 Der gewöhnliche Erzählstil würde hier die Wendung את־כל־אשר־לו „alles, was er hatte“ erׁ warten lassen, so wie es auch ein hebräisches Manuskript, Sam und die Versionen bieten (BHS). 423 Da wir in V. 26 eine strategische Ergänzung voraussetzen, ändert sich die syntaktische Lage erheblich; da wir aber nicht wissen, ob die Verfasser einen Konditionalsatz vor Augen hatten, werden V. 26 und 27 hier parataktisch übersetzt.
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du mich gesegnet hast.“ (28 Da sprach er zu ihm: „Wie ist dein Name?“ Und er sprach: „Jakob“. 29 Da sprach er: „Nicht Jakob sollst du mehr genannt werden, sondern Israel; denn du hast gekämpft mit Gott und mit Menschen, und hast obsiegt.“ 30 Und Jakob fragte und sprach: „Gib nun deinen Namen bekannt!“ Und er sprach: „Warum fragst du nach meinen Namen?“) Und er segnete ihn dort. 31 (Da nannte Jakob die Stätte Pnuël424), „Denn gesehen habe ich Gott von Angesicht zu Angesicht, aber meine Seele wurde gerettet.“ 32 Und die Sonne ging ihm auf, {als er durch Pnuël hindurchzog}. Und er, er hinkte an seiner Hüfte. 33 Daher essen die Israeliten nicht das Muskelstück, das sich auf dem Hüftgelenk befindet, bis auf den heutigen Tag; denn er hat das Hüftgelenk Jakobs berührt, das Muskelstück.
In der zu vermutenden ältesten Schicht liegt uns eine kurze Erzählung über einen nächtlichen Ringkampf Jakobs mit einem Unbekannten vor, die mit dem Segnen unmittelbar vor dem Sonnenaufgang schließt. Wegen des umfangreichen Klangspiels setzt die Episode sehr wahrscheinlich sowohl Jakob als Protagonisten als auch den Ort Jabbok als Schauplatz voraus; ob sie einmal für sich gestanden oder zu einer größeren Komposition gehört hat, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, obwohl die zweite Variante wahrscheinlicher ist. Ihr Stil gleicht dem von Gen 25* und 28*; denn die parataktischen wayyiqtol-Sätze fassen die Handlung rhythmisch zusammen,425 und der Höhepunkt wird durch einen Dialog bzw. durch mündliche Rede markiert. Es sei hervorgehoben: Im Mittelpunkt dieser einstigen Kurzerzählung stehen zwei Handlungen – der Ringkampf und das Segnen –, die beide im narrativen Kern fest verankert sind.426 Das wird durch eine Inklusion von Zeitangaben gestützt ( בלילה [ה]הואin V. 23a und ויזרח־לו השׁמשׁ in V. 32aα), eine Stilfigur, die von den späteren Ergänzern aufgenommen und weiterentwickelt worden ist, siehe die Position der Israel-Ätiologie zwischen zwei Belegen des Schlüsselworts ברךin V. 27 und 30b.427 Bereits auf der frühesten Ebene und ungeachtet der Frage, ob der Protagonist von Anfang an Jakob gewesen ist, handelt es sich in der Episode um eine legendäre Gestalt, die mit dem Numinosen kämpft und den Segen gewinnt. Wenn nicht weitere motiv‑ und traditionsgeschichtliche Hinweise hinzukommen, bleibt der Hintergrund dunkel; denn die Schreiber haben vom Numinosen und vom Ringkampf ( אבקund vielleicht vom Berühren des Hüftgelenks) offensichtlich mehr gewusst als wir heute. Die Obskurität und Eigenart der Szene legt ihre relativ alte Herkunft nahe.428 Die späteren Ergänzer haben die Handlung 424 In MT פניאל, aber nach Sam, Symmachus, S und V ist פנואלzu lesen (BHS), siehe auch Elliger 1951:7; van Trigt 1958:291; Wevers 1993:544 und Husser 1994:118. 425 Siehe auch Weimar 1989(49):57.79. 426 Siehe zumal Hentschel 1977:30, Anm. 73, der feststellt, dass „doch der Ringkampf das ursprüngliche und zentrale Thema der Erzählung zu sein scheint“. Ob die älteste Erzählung außer dem Ringkampf noch „ein zweites auslösendes Moment notwendig“ braucht, wie Hermisson 1974:245 hinsichtlich der Pnuël-Ätiologie behauptet, ist fraglich. 427 Siehe die Analyse von Arneth 2008:354 ff., aber auch Weimar 1989 und vgl. Fokkelman 1975:208–235 und Nõmmik 2016. 428 Gunkel 1910:365: „Auch dem Stil nach gehört die Sage zu den ältesten, am knappsten
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nicht mehr im Sinne der ersten Autoren verstanden und den Text umgedeutet. Dies gilt insbesondere für die Ätiologie des Speiseverbots. Aber auch die PnuëlÄtiologie scheint nachträglich in das dunkle Geschehen neues Licht bringen zu wollen. Ungeachtet des terminologischen Widerspruchs ( אבקgegen )שׂרהkönnte aber die Umbenennung Jakobs in Israel der ältesten Schicht sachlich verhältnismäßig nahestehen. Entscheidend dafür ist, welche Gestalt der Jakobzyklus seinerzeit hatte; das kann hier aber nicht erörtert werden. Motivgeschichtlich fällt der Ringkampf am meisten auf.429 Damit hängt die Frage zusammen, wer der Antagonist gewesen ist und an welcher Furt / an welchem Fluss das Geschehen gespielt haben soll. Da das Geschehen wie in Gen 28 in der Nacht und am frühen Morgen spielt, soll weiterhin der Sonnenaufgang als entscheidender Zeitpunkt in Erinnerung behalten werden.
4.2 Das Ringen Wenn in der Forschungsgeschichte nach traditionsgeschichtlichen Parallelen zur ältesten Überlieferung gesucht wurde, die hinter der Jabbok-Episode gestanden haben könnten, ist man oft der Spur einer dämonischen Gestalt, eines Flussdämons430 oder einer Flussgottheit431 oder schlicht einer (kanaanäischen) Gottheit432 nachgegangen und dann zu unterschiedlichsten Erklärungsversuchen des Textes gelangt. Die Kritik daran ist zumal deshalb berechtigt, weil solche Versuche angesichts der knappen Angaben im Text nicht verifizierbar sind oder sich anhand weiterer Beobachtungen als untauglich erweisen.433 Hand in Hand mit der Frage, wer der Gegner gewesen ist, geht oft die Frage, ob es sich bei Gen 32 ursprünglich um eine Heiligtumslegende gehandelt hat.434 Falls man Gen 35 nicht zwingend für die richtige Deutung von Gen 32 hält – und das sollte man nicht – ist die Heiligtumslegende schwer zu begründen, denn ein Kultobjekt fehlt vollkommen. erzählten /…/“. Die von McKenzie 1963:72 erhobenen Fragen gelten m. E. auch nach 50 Jahren noch immer. Das und die Zeit, die für die zahlreichen Ergänzungen nötig gewesen ist, möchten wir als Argument gegen die nachexilische Ansetzung des Textes hervorheben. M. E. wäre ein späterer (Brücken‑)Text viel breiter und theologisch deutlicher ausgeführt worden. 429 Vgl. McKenzie 1963:72 f. 430 Die Deutungen als Dämon sind zahlreich, siehe z. B. Schmidt 1979:129.133; Geller 1982:49 (spirit guardian); Levin 2012:167; Arneth 2008:363. 431 Eine Flussgottheit wird von Gunkel 1910:364; van Trigt 1958:283 f.304; Kaiser 1962:95–99 u. a. angenommen. 432 McKenzie 1963:73.76 (Gottheit oder Dämon). Einen Sonderfall stellt die Annahme von Völter 1912:61–67 dar, der den Antagonisten als die ägyptische Gottheit Schu versteht, die mit Esau gleichgesetzt worden müsse. 433 Siehe z. B. den Einwand Köckerts (2007:61), dass Dämonen nicht zu segnen pflegen; vgl. Eising 1940:124; Hermisson 1974:247, Anm. 20, und Blum 1980:20–23, der für Jahwe hinter dem אישׁplädiert. 434 So viele Forscher, siehe z. B. Elliger 1951:10 f., zuletzt auch Finkelstein / Römer 2014:324 f. Siehe die Kritik bei Köckert 2003:171 f.
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Ein kurzer Vergleich mit dem Angriff Gottes auf Mose in Ex 4,24–26 lohnt sich, um das generelle Problem zu erleuchten. Diese Szene ist bereits mit der Jabbok-Episode verglichen und als Argument herangezogen worden, dass Gott hinter der Gestalt des Angreifers stehe.435 Aber in Ex 4 fehlt ein Fluss oder allgemein ein Gewässer, und die Szene besitzt ungleich weniger als die JabbokEpisode den Charakter eines rite de passage. Ähnlich wie Jakob ist Mose zwar ebenfalls auf dem Heimweg, aber wie sich sein Leben genauer ändert, bleibt offen.436 Es besteht die grundsätzliche Frage, ob ein Vergleich hier überhaupt möglich ist; denn während Gen 32 zumindest durch die drei Ätiologien relativ klar ist und man von einem (oder mehreren) Ziel(en) der Episode sprechen kann, bietet Ex 4 fast keinen Anhaltspunkt für eine sichere Exegese. Jahwe wird in der Mose-Episode zwar klar identifiziert,437 aber die zusätzliche Person der Zippora kompliziert die Situation deutlich. Das heisst, dass die Mose-ZipporaEpisode einen für uns nicht mehr fassbaren Zweck besessen hat, und wahrscheinlich auf gewisse Weise die Position der Jabbok-Episode im Jakobzyklus nachahmen will.438 Aber die Suche nach Motivparallelen kann auch bei Jakob als Hauptdarsteller und dem Ringkampf als Handlung ihren Anfang nehmen.439 Esther J. Hamori ist in ihrem Aufsatz auf die parallelen Züge eingegangen, die einzig der Schilderung des Kampfes zwischen Gilgamesch und Enkidu in AB P und SB II und der Jabbok-Episode gemeinsam sind.440 Sie hebt hervor, dass die physische Konfrontation der Antagonisten dramatisch beschrieben wird: Gilgamesch ringt mit Enkidu, weil Enkidu den Eingang in das nächste Hochzeitshaus blockiert hat (AB P 200–226; SB II,100–115441). Im Vergleich listet Hamori acht Aspekte auf, die mit einer Ausnahme alle bereits in der AB-Version des Gilgamesch-Epos belegt sind.442 Wir stellen den Vergleich mit kleinen Ergänzungen und unter Einbeziehung der Begegnung der Brüder am Anfang von Gen 33, die auf die Ringkampfsszene folgt, tabellarisch vor (Tabelle 4). 435 Siehe z. B. McKenzie 1963:76; Hendel 1987:158–161; zu den Schwierigkeiten und der Motivgeschichte Propp 1998:233–240 und zum Problem des Dämonischen Hüllstrung 2003. 436 Eine gewisse Änderung kann man vermuten, wie Hendel (1987:159) es tut, aber wie er selbst anmerkt (S. 160), hat es sich vielleicht um die Verweigerung der Beschneidung des Sohnes gehandelt, die der Grund für Jahwes Angriff war. Das rückt die Episode nicht in die Nähe von Gen 32. Vgl. auch die Kritik bei Römer 2011a:234 und allgemeiner Eising 1940:121, Anm. 18. 437 So auch McKenzie 1963:76. 438 Darin, dass die Jakob‑ und Mose-Zyklen vergleichbar sind, ist Hendel Recht zu geben; siehe dazu näher unten III 2.1. Auch Levin 1993:332 unterstreicht die Unselbständigkeit der Szene und die Absicht der Autoren, das Problem der Unbeschnittenheit zu beseitigen; siehe weiterhin die textinternen Bezüge auf Ex 2,15 und 4,22, wie ויבקשׁ להרג/המיתו. 439 Siehe auch Jepsen 1978:61, der das Ringen um Segen in 32,25.27 f.30 f. für den Inhalt der frühesten Legende hält. 440 Hamori 2011; ihr folgt Carr 2011:473, Anm. 44. 441 Sofern der Text noch verständlich ist; siehe George 2003:562–563. 442 Hamori 2011:626–632. Nur Aspekt (b) begegnet nicht in AB.
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Tabelle 4: Vergleichbare Motive und Elemente der Ringkampf-Schilderungen in Genesis 32,23–32* und im Gilgamesch-Epos AB P und SB II Genesis 32,23–32*
Motive und Elemente
Gilgamesch-Epos AB P und SB II
* Jakob und der Unbekannte.
* Zwei Hauptdarsteller, Protagonist und Antagonist.
* Gilgamesch und Enkidu.
Der Unbekannte fürchtet den Der Antagonist ist von göttlicher Herkunft oder hat BeTagesanbruch und segnet zug zum Göttlichen. (V. 29.31).
Enkidu als numinoser wilder Mann, der auf Grund des göttlichen Beschlusses humanisiert worden ist (SB I,95 ff.).443
Überraschung der Begegnung Der Antagonist kennt und die Bewusstheit des den Protagonisten, aber Unbekannten (V. 25.28–30). nicht umgekehrt.
Überraschung der Begegnung und die Bewusstheit Enkidus (AB P 175 ff.; SB II,100 ff.).
Nacht und die Zeit vor dem Tagesanbruch (V. 23.25.27.32).
Nächtliche Zeit.
Nacht, in AB P 198–199 genannt; in SB II vorausgesetzt.
Der Unbekannte kämpft mit Jakob (V. 25).
Der Antagonist greift als Erster an.
Enkidu kämpft mit Gilgamesch (AB P 200–217; SB II,111–112).
Keine Waffen erwähnt und Verben אבקund נגע (V. 25–27).
Die Kämpfer sind un bewaffnet.
Keine Waffen erwähnt, Gegner „fassen einander“ tiṣbutu (AB P 218–226; SB II,113–115).
Ringen, keine Opfer (V. 27.30).
Der Kampf ist nicht letal.
Ringen, keine Opfer (AB P 218–230; SB II,113–115), und das Ergebnis (Z. 162).
Der Unbekannte segnet Jakob Der Antagonist segnet (V. 30). den Protagonisten.444
Enkidu ehrt Gilgamesch (AB P 234–240).
* Der Unbekannte segnet Jakob (V.29); aber vgl. auch die Begegnung zwischen den Brüdern Jakob und Esau (33,1–4).445
* Das Ende der Konfrontation markiert den Beginn der Freundschaft und Bruderschaft zwischen beiden Personen (AB Y 18 ff.; SB II,178 ff.).
* Die Funktion der Episode ist ein rite de passage.
Wie Hamori beobachtet hat, sind diese zwei Ringkampfschilderungen im Alten Orient tatsächlich ohne weitere Parallele.446 Wenn wir uns nur auf Motive wie das Ringen und/oder Segnen beschränkten und von den mehr oder weniger wichtigen Begleitaspekten absähen wie der Nacht als Zeitraum, dem Fehlen Siehe unsere Erörterungen zu Esau und Enkidu oben 1.2. Hamori 2011:632 fügt hinzu, dass der Segen in beiden Fällen ein komplexes Verhältnis zwischen Göttern und Menschen voraussetzt. Das würde für Gen 32 nur im Zusammenspiel mit der Israel-Ätiologie zutreffen. In der Gilgamesch-Tradition aber gibt es keine entsprechende Ätiologie. 445 Dass die Verbindung zwischen Gen 32 und 33 mit dem Gilgamesch-Epos verglichen werden kann, ist bereits von Jensen 1906:235 und Poliakoff 1987:134–136 bemerkt worden. 446 Hamori 2011:626. 443 444
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von Waffen oder dem Einvernehmen als Ergebnis des Kampfes, gäbe es im Alten Orient viele Beispiele, von denen manche unten auch erörtert werden sollen; aber ein vergleichbar komplexes Exempel findet sich nicht. Die Übereinstimmung mit der Gilgamesch-Tradition geht so weit, dass sie sogar den Übergang von der Jabbok-Episode zu der Versöhnung der Brüder einschließt, die sich in Gen 33,1 ff.* anschließt. Fügen wir die oben genannten Beobachtungen hinzu, dass es zwischen Esau und Enkidu eine gewisse Ähnlichkeit des Typus gibt und in beiden Fällen auch das Motiv der Rivalität zwischen Brüdern vorhanden ist, liegt nahe, dass es ähnlich wie den Gilgamesch-Zyklus auch einen alten JakobEsau-Zyklus gegeben hat.447 Die Beobachtung, dass diese beiden Kampfepisoden weitgehend parallel ablaufen, hat weitgehende Folgerungen; denn das Motiv des Ringens hat tatsächlich viele sowohl textliche als auch ikonographische Parallelen im Alten Orient. Daraus ergeben sich für unsere Erörterungen mehrere wichtige Aspekte. Joseph Azize hat in einem Aufsatz über das Ringen als Symbol für die Aufrechterhaltung der Ordnung im Alten Orient beobachtet, dass die ambivalenten Gestalten laḫmu und kusarikku oft mit wilden Tieren ringen in der Absicht, nicht sie zu töten, sondern die Ordnung in der Natur bzw. auf dem zu bewachenden Territorium aufrechtzuerhalten (vgl. auch Humbaba und seinen Zedernwald in der Gilgamesch-Tradition).448 Das Ringen endet eher in der Harmonie als im Sieg.449 Ähnlich zielt der Ringkampf Jakobs mit seinem Opponenten nicht darauf, ihn zu töten, und der Segen (sowie die alsbald folgende Versöhnung mit Esau) kann durchaus als Anzeichen der Harmonie gedeutet werden. Für den Ringkampf zwischen Gilgamesch und Enkidu gilt das eindeutig: Ihre erste Begegnung ist dramatisch, aber am Ende steht der Ausgleich. Obwohl man fragen kann, ob Gilgamesch zeitweilig die Oberhand hat,450 treffen hier zwei Gestalten aufeinander, die eine brüderliche Beziehung eingehen werden (vgl. SB II,178 ff.).
447 Siehe oben 1.2 und vgl. Hamori 2011:637; jedenfalls behalten wir den Befund für das folgende Kapitel in Erinnerung, siehe unten III 1.1. Anders als Hamori halten wir für möglich, dass keine literarische Abhängigkeit vorliegt. 448 Azize 2002; siehe auch unsere Erörterungen zu Enkidu und Esau oben 1.2 und vgl. Mobley 1997:223 f. 449 Azize 2002:21; vgl. die Diskussion zum Motiv des Ringens bei Rollinger 1994:18–40 und Poliakoff 1987:23–53 und das Hauptargument bei Hamori 2011:628–632, dass es sich in einmaliger Weise um einen Kampf ohne Waffen handelt. 450 Über den Ausgang des Ringkampfs ist viel diskutiert worden, siehe Rollinger 1994:17 f. und vgl. den Kontext der Heiligen Hochzeit und der Wettkämpfe bei Tigay 1982:184–189. Einen unentschiedenen Ausgang setzen z. B. Maul 2005:25 f. und Annus 2010:36 voraus, den Sieg Gilgameschs dagegen Glassner 1990:68–70; George 2003:169.191 f. und Hamori 2011:630 f. George argumentiert mit dem Kontext, aber man kann dieses Argument auch umkehren: Trotz der „Siegesstellung“ sollte man fragen, warum Gilgamesch nachgibt. Anscheinend will er aufbrechen; aber vgl. auch Offner 1962:36–38, der eine Verbindung mit den klassischen Ringkämpfen in Griechenland und ihren Regeln sieht.
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Für den zweiten Aspekt sei zuerst die Stelle aus AB P, Z. 218–230, zitiert:451 iṣ-ṣa-ab-tu-ma ki-ma le-i-im i-lu-du si-ip-pa-am iʾ-bu-tu ⌜i-ga⌝-rum ir-tu-ut d GIŠ ù ⌜den⌝-ki-du10 iṣ-ṣa-ab-tu-ú-ma ki-ma le-i-im i-lu-du si-ip-pa-am iʾ-bu-tu i-⌜ga⌝-rum ir-tu-ut ik-mi-is-ma dGIŠ i-na qá-aq-qá-ri ši-ip-šu ip-ši-iḫ uz-za-šu-ma i-ni-iʾ i-ra-as-sú Sie packten einander und wie ein Athlet452 gingen sie in die Knie; den Türpfosten zerbrachen sie, die Mauer wankte. Gilgamesch und Enkidu, sie packten einander und wie ein Athlet gingen sie in die Knie; den Türpfosten zerbrechen sie, die Mauer wankte. (Da) kniete Gilgamesch nieder (mit einem Fuss), (fest) am Boden seinen (anderen) Fuss, es besänftigte sich seine Wut, er wandte die Brust ab.
Die Szene lässt sich ohne ein Verständnis für (sportliche) Wettkämpfe nicht interpretieren. Die poetische Figur der Wiederholung deutet ein lang andauerndes Geschehen an, und die Kniestellung Gilgameschs in den beiden letzten Zeilen soll entweder zeigen, dass er unmittelbar vor dem Abbruch des Kampfes der Überlegene war, oder die Geste soll im entscheidenden Augenblick die Gleichstellung der beiden Kontrahenten markieren. Das wird auch durch die folgende Versöhnung bestätigt. Dafür hat man auch die ikonographisch bezeugten Ringkampfszenen in die Diskussion eingebracht.453 Obwohl sie außer der Vermutung, dass die Kniestellung Gilgameschs mit dem Siegesgestus in der laḫmuIkonographie u. ä. vergleichbar ist,454 für eine detaillierte Deutung nicht viel erbringen, weckt ein bestimmter Aspekt unsere Aufmerksamkeit. „Das gegenseitige Festpacken /…/ erfolgte dabei wohl durch ein Festhalten des gegnerischen Schurzes, der sozusagen als Angelpunkt für die einzelnen Griffe und Aktionen diente“, schreibt Robert Rollinger455 zu unserer Szene. Der Schurz, Gürtel oder zumindest der Schenkel spielt in den altorientalischen Ringkampfdarstellungen 451 Siehe den Text bei George 2003:180; die Übersetzung stützt sich auf Rollinger 1994:16, aber mit Modifikationen. Siehe seine ganze Behandlung der Passage im Kontext der altorientalischen Vorstellungen von Sport Rollinger 1994:16–18. 452 Die Bedeutung des Wortes le-i-im ist umstritten. Rollinger 1994:16, Anm. 50, bevorzugt lēʾûm aufgrund der „lexikalischen Gleichung á-tuku und lēʾûm, beides Termini, die in sumerischen Texten auf Sportler hinweisen können“ (siehe auch CAD 9:36 und 16:34 [lēʾîm]); ähnlich auch Offner 1962:35 f.; Tigay 1982:280 f. zu vi, 15–16, 21 und Glassner 1990:69 (ihnen geht die Deutung von A. Leo Oppenheim voraus); oft wird das Wort als lîm / lēʾim gedeutet und mit „Stier“ übersetzt, so Hecker 1994:653; George 2003:191 (siehe auch Z. 136 f. aus dem Schulgi Hymnus C, die er S. 168 anführt); Annus 2010:81. In Wahrheit kann es sich um ein Wortspiel handeln, wie Renger 1978:40 f. vorgeschlagen hat. 453 Einen Überblick über das für Ringkampfszenen relevante Bildmaterial liefert Eder 1994; siehe auch Offner 1962 und die Diskussion unserer Szene bei Steymans 2010:313–318. 454 Glassner 1990:68 f. vgl. Rollinger 1994:17 f. 455 Rollinger 1994:17.
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eine eindeutige Rolle.456 Vor diesem Hintergrund ist kaum zu umgehen, dass das Verb נגעin Gen 32,26 das Berühren oder Ergreifen („ כף־ירךdes Hüftgelenks“) und nicht das Schlagen bedeutet457 und als eine deutliche Geste gegenüber dem Opponenten zu verstehen ist. Der Opponent begreift seine Niederlage oder – genauer – Quasi-Niederlage; denn der Ringkampf wird abgebrochen. Wie in der Forschung gesehen, hat die Gilgamesch-Tradition und sicherlich auch die Institution des Königtums nicht nur in dieser einen Episode mit dem Ringkampf zu tun.458 Es gab wahrscheinlich ein Ritual oder sogar mehrere, die sich mit dem Gedenken an Gilgamesch verbanden. In der sumerischen Komposition vom Tod Gilgameschs (Nippur-Version) und in der zweisprachigen Menologie des Astrolab B aus dem 1. Jahrtausend werden Ringkämpfe von jungen Männern erwähnt, die an bestimmten Kalendertagen im Monat Abu stattfanden und mit dem Gedenken an Gilgamesch verbunden waren. Wie diese Wettbewerbe genauer ausgesehen haben, bleibt wegen des fragmentarischen Textbestands im Dunkel.459 Ringkämpfe waren im Alten Orient ein Kennzeichen des Königtums; ein Beleg aus einem prophetischen Brief eines Šibtu aus Mari an König Zimri-Lim (ARM 26 207 = ARM 10 4)460 erwähnt den Ringkampf (ḫumāšu) von zwei Königen. Das muss nicht heissen, dass Ringkämpfe (oder eine andere Sportart, vielleicht im rituellen Kontext) für die altorientalische Königsideologie unerlässlich waren, aber das Gegenteil ist angesichts der Bedeutung der Gilgamesch-Gestalt ebenso unwahrscheinlich. Für uns ist wichtig, dass Jakob mit seinem Ringkampf in eine Reihe tritt mit berühmten und legendären altorientalischen Ringkämpfern wie Gilgamesch und Schulgi.461 Zwar ist, wie bereits angesprochen, der Unterschied Jakobs gegenüber Gilgamesch und anderen unübersehbar. Dennoch ist Jakob vergleichbar, mit weiterreichenden Konsequenzen. Nachdem wir die Rolle der laḫmu‑ and kusarikku-Gestalten, die technische Seite der Ringkämpfe und die Rolle dieser Wettbewerbe bei den Königen erörtert 456 Siehe Azize 2002:7–10; Rollinger 1994:8–13; 2011:6, und die in diesen Publikationen genannte weitere Literatur; vgl. weiterhin Poliakoff 1987:30–33. 457 Siehe unsere Erörterungen oben 4.1. Populär ist auch die Deutung als magische Berührung gewesen, siehe z. B. Blum 1980:8 („zauberische“ Berührung) und van Trigt 1958:287 f.304 (magisch in Verbindung mit der geschlechtlichen Reproduktion). 458 George 2003:168: „This contest was firmly established in the traditions of Babylonian folklore, being also mentioned in the bilingual menology of Astrolabe B“; siehe auch Tigay 1982:184–189; Rollinger 1994:40–46; 2011:11 f., besonders zu Gilgamesch und Schulgi, vgl. auch Rollinger 1994:46–53 zum Laufen als königlichem Attribut (Schulgi). Weiterhin ist die Rekonstruktion und Übersetzung von Römer 1986:34 der Z. 346 mit der Schilderung des Traums von Lugalbanda bemerkenswert. 459 Siehe Tigay 1982:186 f.; 2002:7–10; Rollinger 1994:36–40; George 2003:125–127 und die Texte bei Römer 1986:35.50 und Cavignaux / Al-R awi 2000:16.61 (Kommentar auf S. 9). 460 Siehe den Text bei Nissinen 2003, Nr. 17, und die Erwähnung bei Rollinger 1994:42 (und Anm. 183); deutsche Übersetzung bei Dietrich 1986:84. Vgl. die kritischen Anmerkungen bei Hamori 2011:630. 461 Poliakoff 1987:23.134–136; zu den Abweichungen bei Schulgi siehe Hamori 2011:629.
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haben, kommt eine weitere Beobachtung hinzu, die auch für den monarchischen Kontext wichtig ist. Unter den hethitischen Ritualen gibt es einen Text (KBo 21, 34 = CTH 699, teilweise zu ergänzen durch Bo 6871), der die Kultfeier für den Wettergott Tešub und die Göttin Ḫepat schildert, die in Lawazantija im nordöstlichen Kizzuwatna stattfand. Die Übersetzung von zehn Zeilen, I:59–II:3 lautet wie folgt:462 … nu DḪé-pát kar-pa-an-zi na-an-kán ma-aḫ-ḫa-an pár-na-aš an-da ar-nu-an-zi nu GIŠ IG iš-tap-pa-an-zi nu LÚSANGA te-ez-zi UM-MA DINGIRLIM-MI A-NA LUGAL […] LUGAL-uš EGIR-pa-ṷa e-ḫu UM-MA DINGIRLUM-MA nu-ṷa ma-a-an EGIR-pa ú-ṷa-mi nu-ṷa-mu-za QA-DU ANŠE.KUR.RAMEŠ GIŠGIGIRMEŠ ku-e-ez tar-aḫ-ši UM-MA LUGALMA tar-aḫ-mi-ṷa!-du-za UM-MA DINGIRLUM-MA […] UM-MA LUGAL-MA TI-tar-ṷamu ḫa-ad-du-la-a-tar DUMU.NITAMEŠ DUMU.SALMEŠ ŠA EGIR U4-MI pé-eš-ki […] nuṷa-mu LÚKÚRMEŠ-IA ŠA-PAL GÌRMEŠ-IA zi-ik-ki nu GIŠIG ḫi-ša-an-zi … Sie nehmen die Göttin Ḫepat auf, und sobald man sie ins Gebäude hineinbringt, verschließen sie die Tür. Nun sagt der Priester: Folgendermaßen (spricht) die Gottheit zum König: „Wo[…?“ Darauf antwortet] der König: „Kehre zurück!“ Folgendermaßen die Gottheit: „Wenn ich zurückkomme, wie wirst du mich mit Pferden und (Streit‑)Wagen besiegen?“463 Folgendermaßen der König: „Ich werde dich besiegen!“ Folgendermaßen die Gottheit: „Wünsche dir (etwas)!“464 Folgendermaßen der König: „Gewähre mir Leben, Gesundheit, Söhne und Töchter, für alle Zukunft […]465 und lege mir meine Feinde unter meine Füße!“ – Nun öffnet man die Tür […]466.
Wie dem Text zu entnehmen ist, wird eine Götterstatue von ihrem bisherigen Standplatz in ein sakrales Gebäude getragen. Hinter verschlossener Tür beginnt ein Dialog zwischen der Göttin, repräsentiert vom Priester, und dem König, in welchem dem König der „Sieg“ über die Gottheit und eine anschließende Belohnung verheißen wird. Bereits Heinrich Otten hat darauf hingewiesen, dass im hethitischen Bereich einschlägige Parallelen fehlen, aber stattdessen Gen 32,25– 29 ins Auge fällt.467 Er war sogar geneigt, die Begegnung des Königs mit der Gottheit als realen Kampf zu deuten, und die Lücke in der vorletzten Zeile mit aller gebotenen Vorsicht durch eine Parallele aus dem Mythos KUB 33.108: II 15 ff. zu schließen: „Töte mich nicht, ich will dir [ ] Leben verkünden! Wie wird [je?] der Wettergott den Gott ,Meer‘ besiegen? W[ie werden] die Berge den Wettergott im Kampfe ergr[eifen? und] besiegen?“468 Matitiahu Tsevat ist im Gespräch mit 462 Text und Übersetzung nach der ersten (deutschen) Bearbeitung: Otten 1974:139 f. Varianten zum Text KBo XXI.34 siehe in den Anmerkungen Otten 1974:140–142. 463 Hervorhebung von Otten. Tsevat 1983:321 (und Anm. 8) übersetzt hier: „If I come back, will you in whatever manner – (such as) with horses and chariots – (strive to) prevail over me?“ 464 Die Phrase ú-e-ek-wa-za ist Bo 6871 entnommen, so Tsevat 1983:321 (und Anm. 9). 465 Tsevat 1983:321 (und Anm. 9) füllt die Lücke aufgrund der Ergänzung Ottens (1974:140) vorsichtig mit [ta]r-ḫu-i-li-in-na GIŠTUKUL „strong weapons“. 466 Tsevat 1983:321 fügt am Ende noch „and takes Khebat out“ hinzu. 467 Otten 1974:142. Kritisch gegenüber dieser These ist Köckert 2003:173, vor allem, weil Jakob den Ringkampf dann absichtlich herbeigeführt haben müsste. 468 Otten 1974:141.
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James G. Frazer auf den Vergleich mit Gen 32 näher eingegangen.469 Aufgrund seiner Analyse können folgende Merkmale identifiziert werden: Erstens findet zwischen einem Menschen und einer Gottheit oder einem Numen ein Kampf statt, real oder virtuell; zweitens ist die Gottheit physisch behindert; drittens bittet die Gottheit um Freilassung470; viertens wird eine Bedingung gestellt; fünftens ist diese Bedingung der göttliche Segen; sechstens wird am Ende der Segen erteilt (im hethitishen Text durch den Kontext gegeben, vgl. die letzte Phrase). Von den sechs Merkmalen können der Kampf, die Bedingung und der Segen als Motive bzw. als narrative Motivreihe festgehalten werden, die als weitere Einzelheiten um den menschlichen Protagonisten und den göttlichen Antagonisten zu ergänzen sind. Tsevat vermerkt richtig, dass angesichts der Kürze beider Texte diese gemeinsame Motivreihe mehr als auffallend ist.471 Obwohl die Mehrdeutigkeit gegen eine allzu nahe Verwandtschaft spricht, die auch durch die zeitliche und geographische Ferne nicht eben gestützt wird, und obwohl die Parallele aus der Gilgamesch-Tradition hier starke Konkurrenz macht,472 kann der Ertrag der bisherigen Diskussion dahin zusammengefasst werden, dass wir einen rituellen Hintergrund für die Jabbok-Episode grundsätzlich für wahrscheinlich halten, auch wenn wir dafür keine Einzelheiten nennen können. Das würde für den selbständigen Ursprung des JabbokTextes sprechen. Darüber hinaus muss jedenfalls betont werden, dass sowohl der hethitische Ritualtext als auch die Gilgamesch-Tradition ihren Sitz eindeutig im königlichen Kontext haben. Nach den bisherigen Erörterungen zu Gen 27; 28 und 32 ist das nicht mehr überraschend. Damit rückt auch die Jabbok-Episode in das Umfeld des Königtums. Die im Rahmen der Bibel auffallende Episode des Ringkampfes, zudem mit einer numinosen Gestalt,473 schöpft aus einer relativ alten Tradition und setzt Motivverbindungen voraus, die sonst bei wichtigen Persönlichkeiten wie den Königen vorkommen. In noch fernere Zeit müssen motivgeschichtlich die möglichen rituellen Bezüge zurückgehen. Ob die JabbokEpisode in ihrer von uns erschlossenen ältesten Gestalt in die Königszeit Israels gehört oder nicht, wird im nächsten Kapitel beantwortet werden. Tsevat 1983:321 f. Obwohl hier beim hethitischen Text die Bitte nur vorausgesetzt werden kann. 471 Tsevat 1983:322; er geht noch weiter und schlägt ein genetisches Verhältnis beider Texte vor. 472 Es sei noch vermerkt, dass diskutiert wurde, ob Gilgamesch auf der Tell Harmal-Tafel 1 (AB) im Traum einen Kampf mit Schamasch in Gestalt eines Stiers erlebt (Z. 3–6, 11–14, siehe etwa Hendel 1987:107 f.). Aber das ist nicht nur höchst fraglich, sondern sogar bündig widerlegt worden; denn Schamasch rettet den Stier; siehe George 2003:247–251 und vgl. Tigay 1982:77– 81. Unter den einschlägigen Textstellen aus dem Hethitischen findet sich auch KUB 25.23: I 8 ff. (Gurney 1977:27), wo während eines Rituals beim ḫuwaši-Stein „[i]n the presence of the god there is wrestling. They start fighting, they make merry …“. 473 Wer der Antagonist אישׁgewesen ist, bleibt offen, aber wird unten V 3.3. bei der Analyse von אנשׁיםin Gen 19 berührt werden. 469 470
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4. Jakob, der Held
An dieser Stelle wenden wir uns nur noch kurz der Israel-Ätiologie zu. Wir haben oben gefunden, dass sie relativ alt sein kann und vielleicht die älteste Ergänzung der Jabbok-Episode gewesen ist. Es gibt dafür zwei Gründe. Erstens begegnet das Wortpaar אנשים ׁ / אלהיםin ähnlicher Weise im Alten Testament nur in der Jotamfabel Ri 9,8–15 (V. 9.13) (vgl. auch בני אדם/ אלהיםPs 36,8). Deren Grundform muss nach neuesten Untersuchungen in die monarchische Zeit datiert werden, und ihr Wesen setzt das auch voraus.474 In der Jotamfabel ist es das Preisen ( כבדpi.) und das Erfreuen ( שׂמחpi.) der Götter und der Menschen, in der Jabbok-Erzählung der Kampf ( )שׂרהmit Gott und den Menschen. Im frühen religionsgeschichtlichen Kontext kann אלהיםdurchaus auch im Plural gelesen werden. Sowohl die Fabel als auch die Israel-Ätiologie können eine ältere Tradition darstellen, die später in die Prosaerzählungen übernommen worden ist. Dabei liegt für die Ätiologie ähnlich wie für die Fabel der königliche Kontext sehr nahe. Zweitens ist an unsere Beobachtung zu erinnern, dass die Israel-Ätiologie im Rahmen von Gen 32 ähnlich wie in Gen 28 ein Paradoxon darstellt.475 Das theophore Element El im Namen Israel (wie in Gen 28 Bet-El) stimmt nicht überein mit der ätiologischen Begründung, die sich vielmehr auf אלהיםbezieht. Es ist deshalb mehr als wahrscheinlich, dass das Kampfmotiv erst sekundär mit dem Namen Israel verbunden worden ist. Das muss nicht unbedingt eine schriftliche Tradition voraussetzen. Der Name Israel stammt aus einer Zeit und Situation, als der Gott El genügend Autorität besaß, um das Eponym einer Volksgruppe (bzw. einer Gruppe mit ihren Anführern) zu prägen. All das spricht unseres Erachtens dafür, dass die Israel-Ätiologie älter ist als das 6. Jahrhundert oder gar die spätere Zeit. Die Ätiologie hat wahrscheinlich etwas zu tun mit dem Übergang von der im Dunkel liegenden proto-israelitischen Zeit zum Königreich Israel (wohl dem Nordreich). Auch wenn die von uns oben festgestellte Grunderzählung von Gen 32,23–33* noch keine Israel-Ätiologie enthalten hat, schließt das ihr relativ hohes Alter nicht aus. Sie ist wahrscheinlich früh an das Ringkampfmotiv angeschlossen worden.
4.3 Die Konsequenzen aus dem Motiv des Tagesanbruchs Ein letztes Motiv der Jabbok-Episode bleibt noch zu besprechen, das wir hier neben Gen 28 bereits zum zweiten Mal antreffen und das in den folgenden 474 Solche Fabeln gehören zur weisheitlichen und schreibkundigen Weltbetrachtung gerade in der Königszeit; siehe vor allem Müller 2004:12–34.237 f. (S. 23 erwähnt er Gen 32,29) und auch Ps 36,7–9. Das Wortpaar begegnet noch im Ugaritischen, im Baal-Zyklus KTU 1.4 VII 51 (so Avishur 1984:549; Müller 2004:23, Anm. 68; Kommentar bei Smith / Pitard 2009:692), und vgl. auch KAI 215, Z. 23: qdm ʾlhy wqdm ʾnš (von Donner / Röllig 1964:229 und Avishur 1984:549 als pluralisch gedeutet). Weiterhin können Avishurs (1984:124, 548) Anmerkungen zu 1 Sam 2,26 genannt werden. 475 Siehe oben 4.1.
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II Jakob – ein legendärer Held
Kapiteln sehr wichtig werden wird. Die Jabbok-Episode wie die Bethel-Episode werden durch das Motiv des Sonnenuntergangs (28,11: )בא השׁמשׁund Sonnenaufgangs (32,32: )ויזרח־לו השׁמשׁgerahmt. Damit entsteht ein programmatischer Rahmen um den ganzen Jakobzyklus: der Sonnenuntergang markiert Jakobs Flucht, der Sonnenaufgang seine Selbstbehauptung und die Versöhnung mit Esau.476 Da aber die Motive in beiden Erzählungen narrativ eng verwoben sind und als Voraussetzung für das Nachtgesicht wie auch für den günstigen Ausgang des Ringkampfs jeweils zur ursprünglichen Fassung gehört haben müssen, sollten die beiden Texte besser unabhängig voneinander motivgeschichtlich untersucht werden. Tatsächlich ist die Wendung וישׁכם בבקרin Gen 28,18 motivgeschichtlich aufgeladen. Das wird im besonderen Maße unten bei der Analyse von Gen 19 und Gen 26 deutlich werden.477 Schon jetzt kann durchaus gesagt werden, dass das Motiv des Aufstehens am frühen Morgen die Episode deutlich stärker bestimmt als der Sonnenuntergang; vgl. auch die oben genannte Parallele im Deir cAllā Text.478 Aber auch in der viel komplexeren Jabbok-Episode ist der Sonnenaufgang stärker eingebunden, als es beim ersten Blick scheint. Zum einen ist neben שׁמשׁzweimal, in V. 25 und 27, שׁחרgenannt. Warum dann nicht sogleich שׁמשׁwie in V. 32? Die vorläufige Antwort liefert wieder ein außerbiblischer Vergleich: Die Verbindung deutet שׁמשׁund שׁחרals Gottheiten. Das legen auch einige biblische Belege nahe, und dieser Befund darf für Gen 32 nicht unterschätzt werden. Dass das Wort שׁחרim Alten Testament bisweilen stark mythologisch gefärbt ist, ist bekannt und zeigen Belege wie Hi 38,12 und Jes 14,12 eindeutig.479 Manche Texte verwenden שׁחרin einem Kontext, der sonst den alttestamentlichen Gott in die Nähe der Sonnenmetaphorik rückt. Deutlich gilt das für Psalm 57 mit dem Aufruf, שׁחרzu wecken (V. 9), während man unter dem Schatten der Flügel Gottes Zuflucht sucht (V. 2).480 Dieser Psalm vermittelt den Eindruck, als ob die Gewissheit des Psalmisten, dass die Bösewichter alsbald untergehen werden, 476 Die strukturelle Beziehung zwischen beiden Episoden sowie der programmatische Wert des Motivs ist mehrmals hervorgehoben worden; siehe Fokkelman 1975:48 f.221; Husser 1994:116. 477 Zu Gen 26 siehe unten Kap. IV und zu Gen 19 Kap. V. 478 Siehe oben 3.3. 479 Zu שׁחרgenerell siehe Parker 1999. 480 In Ps 57 wird Jahwe nicht genannt, obwohl neben mehreren Belegen für אלהיםund je einem für עליוןund אלursprünglich in V. 10 auch יהוהgestanden hat (so nach Ps 108,4 und vielen hebräischen Handschriften [siehe BHS]; zur elohistischen Redaktion siehe Müller 2014:62 f., Anm. 16). Zumindest auf die Sonne der Gerechtigkeit, wenn nicht auf den Sonnengott hat man die Wendung gedeutet, vgl. Hossfeld / Zenger 2000:125 f.128 f. Es sei vermerkt, dass die deutliche weisheitliche Sprache in V. 5.7 (diese Verse bilden zusammen mit Versen 2, 8 f. und 12 eine vorexilische Schicht – dazu Müller 2014) die göttliche Richterfunktion stark hervorhebt. Das ruft wiederum Parallelen wie den babylonischen Schamasch-Hymnus in Erinnerung; zur Diskussion siehe Nõmmik 2010:257–262.
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darauf beruhe (V. 5.7), dass man im Dunkel der Situation auf das baldige Erwachen von ( שׁחרV. 9b) und damit auf den Sonnenaufgang hoffen darf, den Augenblick schlechthin, in dem die Gefahr gebannt ist. Darüber hinaus stehen שׁחרund שׁמשׁnur in Gen 19 und 32 in nahem Zusammenhang, und beide gewähren einen Rückblick in die Zeit des Polytheismus.481 Daraufhin sind nun auch einige Parallelen in der ugaritischen Literatur sowie in einem bereits oben genannten Text aus Emar wichtig. Aus Ugarit ist Schachar als Gottheit bekannt. In Beschwörungen, die den Schlangenbiss und das Gift betreffen (KTU 1.100, Z. 51 f. und 1.107, Z. 43), begegnet šḥr zusammen mit šlm; an der Spitze einer Reihe von Gottheiten, gegen deren Ende šḥr und šlm genannt sind, steht die Sonnengottheit špš482, die die Botschaft an die Götter überbringen soll.483 Das entspricht der Götterliste KTU 1.123, Z. 11, in der ebenfalls šḥr und šlm zusammen begegnen, aber an deren Spitze diesmal El steht.484 Und sehr prägnant tritt Schachar, wieder zusammen mit Schalam, in dem El-Mythos hervor, der von der Zeugung dieser zwei Gottheiten handelt (KTU 1.23, Z. 51–55).485 Episodisch ist šḥr in einer Hydrophorie (KTU 1.12 I 7 f.) vertreten, dabei möglicherweise gepaart mit der Gottheit Qadmu.486 In dem von uns oben herangezogenen Text Emar 369 wird unter den Göttern, denen geopfert werden soll, neben Addu und Ḫepat ša-aʾ/aḫ-ri-ru mehrmals und relativ auffallend genannt.487 Aus dem Text von Gen 32 selbst und aus diesem Überblick können für die Motivgeschichte der Jabbok-Episode folgende Konsequenzen gezogen werden. Erstens verstärken שׁחרund שׁמשׁin Gen 32 einander: Falls man zwischen Morgendämmerung und Sonnenaufgang keinen Unterschied sehen möchte, könnte behauptet werden, dass die Episode auch ohne einen der beiden funktionieren würde. Nimmt man aber die unterschiedlichen Bezeichnungen ernst, kann der Schluss nur sein, dass sie gezielt eingetragen worden sind und einander verstärken. Zweitens wäre der Unterschied am einfachsten zu erklären, wenn man שׁחרund שׁמשׁin personalisierter Form verstünde; wenn man sich zusätzlich vergegenwärtigt, wie die Menschen des Alten Orients diese Bezeichnungen in 481 Gen 19 wird unten Kap. V erörtert; vgl. zudem ferner Jona 4,7 f. Geller 1982:46 hat unter Verweis auf Ri 5,20; Hi 38,7 und Jes 14 vermutet, dass שׁחרin Gen 32 mehr besagt als nur einen Zeitpunkt; er erwähnt in Anm. 29 auf S. 46 den möglichen Bezug auf Gen 19,15. 482 Zur Sonnengottheit in Ugarit siehe Kutter 2008:17–209, bes. 202–209. 483 Texte und Übersetzungen bei Pardee 2002:172–184, sowie KTU 1.100 bei Parker 1997b; zu den Texten sowie zur Rolle der Sonnengottheit darin Kutter 2008:106–129. 484 Text und Übersetzung bei Pardee 2002:150–153. 485 Text und Übersetzung bei Lewis 1997, zum Text sowie zur Sonne und dem Götterpaar siehe Kutter 2008:100–105. 486 Übersetzung Dietrich / Loretz 1997:1199–1212, 1203, und Parker 1997c. 487 Zum Text siehe oben 4.2 und Anm. 349; die Stellen nach Dietrich 1989 sind Z. A24 (Fleming 1992:35 f. bestreitet die Nennung hier), 52 und A92. Siehe außerdem zur Gottheit in Emar 369 und zu einem weiteren Text Emar 371.10 Fleming 1992:21.29.79; er unterstreicht auch, dass in Emar Schachru zum Baal-Kreis gehöre, so wie El in Ugarit. Hutter 1996:137 vermutet, dass der ugaritische Schachar mit dem Schachru aus Emar identisch ist.
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einem solchen Text verstanden haben werden – haben sie in ihnen wirklich nur Zeitangaben gesehen, zumal bei einer Ringkampfszene mit einem göttlichen Opponenten? Drittens kann man die jeweilige Funktion von שׁחרund שׁמשׁin Gen 32 besser verstehen, wenn man sie unterscheidet: Schachar markiert für Jakob den günstigen Moment des Übergangs von der Nacht zum Morgen und Schamasch den umfassenden Beistand. Zur Verstärkung dieser These sei daran erinnert, dass die Wendung ויזרח־לו השׁמשׁin Gen 32,32 nicht nur in besonderer Weise persönlich ist – es entsteht ein besonderes Verhältnis zwischen Jakob und der Sonne –, sondern dass dieselbe Wendung nur noch in der späten Stelle Mal 3,20 vorkommt und dort mit einem deutlichen Bezug auf Gott, weil die „Sonne der Gerechtigkeit“ für die, die Jahwes Namen fürchten, nur auf Jahwe selbst und seine richterliche Funktion bezogen werden kann.488 Viertens bildet Schachar auch in altorientalischen Texten mit anderen Gottheiten ein Paar. Darunter finden sich neben kleineren Gottheiten auch einige grössere, unter ihnen El und Schamasch. El kann wegen des Namens Israel vielsagend sein,489 was wir aber nicht weiter erörtern können. Ohne weiteres kann die Sonnengottheit zusammen mit Schachar in einem und demselben Kontext auftreten. Somit plädieren wir dafür, dass in der ältesten Textschicht und gemäss den damaligen Vorstellungen sowohl שׁחרals auch שׁמשׁgenannt waren und nicht nur als Zeitangaben, sondern als Jakob begünstigende Gottheiten aufgefasst werden konnten. Blicken wir zusätzlich zurück auf Gen 28, so legt auch dort die Errichtung der Massebe am frühen Morgen ein fernes Echo der Sonnengottheit nahe; weiterhin ist religionsgeschichtlich bedeutsam, dass die Sonne gleich am Anfang der Szene in V. 11 erwähnt wird. Die motivgeschichtlichen Bezüge reichen jedoch noch weiter und stützen die These, dass der Sonnengottheit bei Jakob eine mehr oder weniger ursprüngliche Rolle zukam. Ein Textkorpus, in dem der Sonne, ohne sie jedoch als Gottheit zu bezeichnen, für das Entkommen aus der nächtlichen Gefahr eine prägnante Rolle zukommt, sind die phönizischen Beschwörungen gegen Nachtdämonenen aus Arslan Taș (KAI 27).490 Obwohl das aus dem 7. Jh. stammende Amulett, das vielleicht an einem Türpfosten aufgehängt war, sehr viele Fragen aufwirft,491 ist es doch sicher, dass die Texte gegen mehreren Nachtdämonen bzw. ‑Gott488 Vgl. auch das umfangreiche Spiel in Jes 60,1–3 mit dem Licht über Israel, das die Völker anzieht – besonders V. 3b: וּמלָ כִ ם לְ נֺגַ הּ זַ ְר ֵח ְך ְ „Könige (ziehen) zum Glanz, der über dir aufgeht“ steht Gen 32,32 und Mal 3,20 nahe –, und ferner Ps 112,4 (mit אורfür )ישׁרים. 489 Vgl. auch Husser 1994:192 f., die für Gen 32 das Beieinander von El und Schamasch in der Tell Deir cAllā Tradition für sehr wichtig hält. 490 Text bei Donner / Röllig 2002:7 f.; vgl. die Rekonstruktionen von Cross / Saley 1970; Caquot 1973; Gibson 1982:78–88; Avishur 2002:208 f. und Kutter 2008:237–240, sowie die Diskussion bei Avishur 2002:221–223, zur Frage der Authentizität Avishur 2002:240–243, und vgl. auch Donner / Röllig 1964:43–47. 491 Zur Datierung Donner / Röllig 1964:43 und Avishur 2002:202. Siehe Hendel 1987: 104–105, der den Text im Kontext von Gen 32 behandelt.
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heiten gerichtet sind; zumindest erlauben die vielen Bezeichnungen eine solche Annahme. Darüber, ob ssm (bn pdrššʾ) „Ssm (Sohn des Pdršš‘)“ in Z. 2 und 27 die Person ist, die die Beschwörungen sprechen soll, oder der wichtigste unter den numinosen Gegnern, gehen die Meinungen auseinander.492 Relativ deutlich verweisen Bezeichnungen wie ʿptʾ (ʾlt) „Fliegerin (Göttin)“ (Z. 1.19)493, ḥnqt ʾmr in Z. 4 f.494, pḥṣt in Z. 21495 und llyt/n in Z. 20496 auf dämonische Züge. Die Bösen werden im finsteren Raum (bḥdr ḥšk in Z. 19) zur Bedrohung, aber bei Sonnenaufgang (bzw. wenn die Sonne hinaustritt, šmš yṣʾ in Z. 26) entkommt man ihnen.497 In Z. 28 wird ihnen befohlen, dass sie „verschwinden“ (ḥlp) sollen.498 Für uns ist wichtig, dass die Sonne bei dieser Gelegenheit deutlich den rettenden Augenblick am Morgen markiert und ihr dabei göttliche Eigenschaft zukommt. In einer Szene auf der oben bereits genannten Tell Harmal-Tafel 1 (AB) aus der Gilgamesch-Tradition499 wird die wesentliche Rolle, die Schamasch im nächtlichen Kontext einnimmt, besonders ersichtlich. Dabei ist die Sonne eindeutig als Gottheit dargestellt. Gilgamesch sieht einen Traum, in dem er mit einem Stier zu kämpfen hat und von jemandem gerettet wird (Z. 7 f.). Da die Zeilen nicht gut lesbar sind, sind wir auf die Erklärung Enkidus in den Zeilen 12 f. angewiesen:500 ⌜zi-mu⌝ ša ta-mu-ru dšamaš(utu) na-am-ru-⌜um⌝ ⌜i⌝-na da-an-na-tim i-ṣa-ba-at qa-at-ni The countenance that you saw was shining Šamaš, he will take our hand in adversity.
492 Nach manchen Rekonstruktionen begegnet ssm auch in Z. 21 oder 23 (Cross / Saley 1970:46, Anm. 28; Avishur 2002:209); dagegen deutet Caquot 1973:51 die ssm als Menschen, vgl. auch Conklin 2003:90 f. 493 In Z. 1 ist ʿ[p]tʾ mit p zu ergänzen; Donner / Röllig 1964:44 und Avishur 2002:210 lesen den Begriff im Singular, Cross / Saley 1970:44, Anm. 5, und Gibson 1982:87 im Plural; Caquot 1973:47; Gibson 1982:84 und Kutter 2008:237, Anm. 137, bestreiten die Deutung ʾlt in Z. 1 („Bann, Eid“). 494 Die Deutung ist fraglich, vgl. Donner / Röllig 1964:44 „Würgerin des Lammes“; Gibson 1982:83.85 „Breaker-of-the-lamb’s-neck“; Avishur 2002:212–214 „strangler of lamb“ usw. 495 Die Deutung ist fraglich, nach Donner / Röllig 1964:46 „Zerschlagerin“ oder „Brecherin der Knochen“; auch Cross / Saley 1970:46: „crushers“; Caquot 1973:47: „Etrangleuse(s)“; Conklin 2003:90: „stranglers“; keine Person nach Gibson 1982:87 f. 496 Wegen des schlechten Zustands des Textes ist nicht sicher, ob Singular oder Plural zu lesen ist; Donner / Röllig 2002:7; Cross / Saley 1970:46, Anm. 25; Caquot 1973:49 und Gibson 1982:87 setzen Plural voraus. Anders Conklin 2003:98: ll z „this night“. 497 So Cross / Saley 1970:47; Avishur 2002:209; Conklin 2003:93; vgl. anders Donner / Röllig 1964:44.46. Conklin 2003:89.93 f.98 und Kutter 2008:241 f. verstehen šmš ausdrücklich als Sonnengott und rücken das Amulett motivgeschichtlich in die Nähe der oben genannten Texte aus Ugarit KTU 1.100 und 1.107, die gegen die Folgen des Schlangenbisses gerichtet sind. 498 Vgl. im Akkadischen das Verb ḫalāpu A, das gegen Dämonen verwendet wird, die durch die Tür oder das Fenster schleichen (CAD 6:35). 499 Siehe oben Anm. 472. 500 Text und Übersetzung nach George 2003:250 f., siehe seine Deutung auf S. 247 f.
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II Jakob – ein legendärer Held
Das erinnert an die göttliche Beistandsformel, auch wenn es von Enkidu ausgesprochen wird. Das Aufgehen der Sonne ויזרח־לו השׁמשׁin Gen 32,32 wirkt vor diesem Hintergrund mehr oder weniger wie eine narrative Form der göttlichen Beistandsformel. Das letzte Beispiel bringt uns zurück zur Gilgamesch-Tradition, die in unseren Vergleichen immer wieder aufgetaucht ist. Die zuletzt zitierte Stelle illustriert am besten die besondere Beziehung zwischen Gilgamesch und dem Sonnengott, die zumal in der SB zum Ausdruck kommt. In III,43 ff.501; IV,5–9.38–42.83–87; V502; VII,93 ff. (mit Enkidu); VIII,1 ff.65 ff.92 ff.213 ff. finden die Gebete, Opfer u. a. direkt oder indirekt vor dem Sonnengott statt. Weiterhin hat Schamasch bei der Kampagne Gilgameschs und Enkidus gegen Humbaba in der AB Yale-Tafel eine prominente Rolle.503 Das zeigt ein Gebet Gilgameschs an Schamasch in Z. 217 ff. und der Segen der Ältesten Uruks für Gilgamesch und Enkidu, Z. 249–271.504 Da wir bereits die Motivverbindungen zwischen der Jabbok-Episode (und Gen 25; 27 und 28 oben) und der Gilgamesch-Tradition festgestellt haben, muss am Ende dieses Kapitels gefragt werden, wie diese derart häufigen Parallelen zu erklären sind. Die Antwort hängt davon ab, wie der Sitz im Leben der frühesten Jakoberzählungen – vielleicht sogar des frühesten Jakobzyklus – zu erklären ist. Dazu könnte die Gilgamesch-Tradition der Forschung einen wertvollen Hinweis geben; denn der Motivkomplex der Reise und des (Ring‑)Kampfes sowie des göttlichen Beistands begegnet in beiden Überlieferungen.
Hier verbunden mit dem Motiv der weisen Handlung der Mutter; siehe unten III 2.2. 2014 meinen, dass Gilgamesch vor Schamasch zögert. 503 Das ist in Verbindung mit Gen 32 von Hendel 1987:106–109 unterstrichen worden. 504 Siehe die ikonographischen Beobachtungen von Opificius 2010:81–83.87 zu den Humbaba-Szenen: zu einem altbabylonischen Terrakotarelief aus Larsa (Standarte mit Scheibenbekrönung als Zeder und Sonnengott), zu einem spätakkadischen Rollsiegel, der ältesten bisher greifbaren bildlichen Darstellung einer Gilgamesch-Szene, vermutlich mit Schamasch, und zu einem Siegel aus der Sammlung de Clercq ebenfalls mit Schamasch. In mancher Hinsicht wirkt Gen 32 wie ein Text zu der Ikonographie der Humbaba-Szenen, die sich mit Hilfe der Jakobepisode als Erscheinung der Sonnengottheit erkennen lassen. 501
502 Al-R awi / George
III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel? 1. Der Jakobzyklus 1.1 Die zwei Brüder in Genesis 25,19–34*; 27*; 33,1–4* und die Bethel‑ und Jabbok-Episoden Zu Beginn der folgenden Erörterungen, ob die im vorigen Kapitel behandelten Jakoberzählungen bereits auf einer früheren literarhistorischen Stufe einen Erzählzyklus gebildet haben, sollen einige unserer bisherigen Beobachtungen zusammengefasst und systematisiert und um weitere Beobachtungen ergänzt werden. Die methodischen Prämissen wie auch die Analyse der Jakoberzählungen haben ergeben, dass eine Rekonstruktion der ältesten Textformen in den meisten Fällen nicht mit letzter Sicherheit möglich ist. Dieser Schluss erschwert die These eines frühen Erzählzyklus. Es gibt jedoch indirekte Anzeichen, die uns helfen können. Im vorigen Kapitel wurden zunächst zwei Texte behandelt, in denen die Brüder Jakob und Esau beide eine Rolle innehatten (Gen 25,19–34 und 27), darauf zwei weitere Texte, in denen Jakob allein der Handelnde war (Gen 28,10– 29,1 und 32,23–32). Unter den Episoden mit beiden Brüdern haben wir die Edom-Seïr-Etymologie als sekundär ausgeschieden, die innerhalb des heutigen Jakobzyklus deutlich das Ziel hat, eine Reihe von Texten zu verknüpfen. Auf der anderen Seite konnte aus der Analyse dieser Szene gefolgert werden, dass die Episoden in Gen 25 und 27 auf der Rebekka-Jakob-Ebene eher auf das Zusammenspiel mit anderen Texten zielen und keine Einzelepisoden sein wollen. Bereits der Umstand, dass Gen 25 zwei Szenen enthält – die Geburtserzählung in V. 21c(?).24.25*.26a und die Episode vom Verkauf der Erstgeburt in V. 27.29.31– 33.34aβ – zeigt die frühe Tendenz zur Zyklusbildung.1 Man kann darüber hinaus fragen, ob die Geburt zweier Brüder mit ihren unterschiedlichen Charakteren, gefolgt von einer Szene, in der der eine Bruder den anderen überlistet, nicht von vornherein auf Fortsetzung angelegt war. Darauf werden wir gleich zurückkommen. Ein sicheres Argument dafür bietet der motivgeschichtliche Vergleich: das Motiv der rivalisierenden Brüder (oder Halbbrüder) hat in allen von uns 1 Wie oben II 1.1., Anm. 25, bereits angedeutet, wird eine Doppelepisode auch unten IV 1.1.; 1.2., für Gen 26 behauptet. Eine ähnliche Doppelepisode haben wir für 1 Kön 3 angenommen, siehe oben II 3.2, Anm. 271.
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
behandelten parallelen Traditionen (Gilgamesch-Enkidu, Schlecht-Gerecht im Appu-Märchen, Hypsouranios-Ousoos) irgendwelche weiteren Ereignisse zur Folge. Die Erzählung in Gen 27 von der Erlistung des väterlichen Segens kann allerdings nicht als die ursprünglich unmittelbare Folgeerzählung gelten, weil der Verdacht naheliegt, dass die beiden Paare Isaak-Esau und Rebekka-Jakob erst auf redaktioneller Stufe zusammenkamen. Darüber hinaus besitzt die Erzählung einen ausgeprägteren Stil als die beiden Kurzerzählungen in Gen 25*. Auf der sekundären literarischen Stufe hingegen gehören Gen 25* und 27* sehr wohl zusammen, auch wenn der genaue literarische Werdegang wahrscheinlich nicht mehr rekonstruiert werden kann. So, wie die um die Rebekka-Jakob-Schicht erweiterte Erzählung in Gen 27 heute endet, bedarf sie eindeutig einer Fortsetzung; also muss das Kapitel zu einem kleineren oder größeren Zyklus gehört haben. Ein weiterer, von uns bisher nur flüchtig berührter Text, der die Brüder Jakob und Esau zum Thema hat, findet sich am Anfang von Gen 33. Er muss wegen des zentralen Motivs der Wiederbegegnung der Brüder zum Zyklus gehört haben, in welchem Rahmen auch immer. Die Wiederbegegnung setzt einen Konflikt voraus, dessen Beilegung die harmonische Koexistenz zum Ergebnis hat, wie so oft in den altorientalischen Erzählungen oder Zyklen.2 Die Doppelepisode in Gen 25* und der Anfang von Gen 33* passen zueinander wie Schlüssel und Schloss. Ein kurzer Blick auf Gen 33 besagt, dass die Szene auch stilistisch mit Gen 25* übereinstimmt. In V. 4 begegnet nämlich auch hier ein Stakkato von Verben: ויבכו3וירץ עשׂו לקראתו ויחבקהו ויפל על־צוארו וישׁקהו. Die ersten Verse seien hier zitiert: 1 Und als Jakob seine Augen hob, sah er, und siehe, [sein Bruder?]4 Esau kam und mit ihm vierhundert Mann. Und er verteilte die Kinder auf Lea und auf Rahel und auf die zwei Mägde. 2 Er stellte die Mägde und ihre Kinder vornean und Lea und ihre Kinder dahinter, und Rahel und Joseph dahinter. 3 Er aber ging vor ihnen her und neigte sich siebenmal zur Erde, bis er nahe zu seinem Bruder kam. 4 Und Esau lief ihm entgegen, umarmte ihn, fiel ihm um den Hals5 und küsste ihn, und sie weinten.
Die literarkritischen Beobachtungen lassen den Verdacht aufkommen, dass nicht alles von der Hand des frühesten Verfassers stammt. Die Passage wird von wayyiqtol-Formen geprägt, doch V. 3 setzt unerwartet mit einem wəX-qatal-Satz ein. Damit gerät der ganze Vers oder wenigstens der a-Teil unter den Verdacht, Siehe auch unten Kap. IV zu Gen 26. Die Wortfolge in MT ist nicht sicher: וישׁקהוkann auch ויפל על־צוארוvorausgehen, siehe LXX und Wevers 1993:547 f. 4 Es ist nicht ausgeschlossen, dass LXX hier mit ὁ ἀδελφὸς αὐτοῦ gegenüber dem ältesten hebräischen Text im Recht ist, siehe Wevers 1993:546. 5 Siehe BHS. 2 3
1. Der Jakobzyklus
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eine sekundäre Erweiterung zu sein. Das hat wiederum Konsequenzen für die Aktionen Jakobs gegenüber seiner Familie in V. 1b–2; denn eine Einschaltung wie am Anfang von V. 3 kommt logischerweise dann in Frage, wenn der ursprüngliche Erzählverlauf zuvor durch eine andere Einschaltung gestört worden ist. Zieht man in Betracht, dass V. 5 ähnlich (aber nicht wortgleich) wie V. 1 beginnt und V. 5–7 noch einmal auf die Familie Jakobs zu sprechen kommen, ohne dass die folgenden Verse die Familie nochmals erwähnen (das geschieht erst in V. 13), kann gefolgert werden, dass im ältesten Textbestand wahrscheinlich V. 1a und V. 4 aneinander angeschlossen haben, wobei die ursprüngliche Fortsetzung vielleicht ab V. 8 gefunden werden kann.6 Die Vermutung wird dadurch gestützt, dass sich auch in Gen 32,23–33 jene Teile des Textes als sekundär erwiesen haben, die sich auf Jakobs Familie beziehen. Wie bereits beobachtet, ist der Stil von V. 1a.4 dem von Gen 25,19–34* sehr ähnlich. Daraus folgt: Der älteste, knappe Bestand von Gen 25 und 33 gehört sehr wahrscheinlich einem alten Zyklus an. Das gilt durchaus auch für zwei weitere Kurzerzählungen um Jakob: die Bethel‑ und die Jabbok-Episode. In der ersten haben Literarkritik und Motivvergleich eine Verschiebung von der Ätiologie des Bethel-Heiligtums (Massebe) hin zur Person Jakobs aufgedeckt. Damit kann der Text Gen 28,10–19* trotz seiner möglichen selbständigen Herkunft (aus Bethel selbst) sehr gut Teil eines Zyklus gewesen sein, der sich um die Person Jakobs rankte. Die Möglichkeit, dass wenigstens eines der beiden Itinerare (wahrscheinlich 29,1) relativ früh hinzugefügt worden ist, und die Wahrscheinlichkeit, dass entweder der Beginn der Szene umgearbeitet oder Jakob erst nachträglich eingearbeitet worden ist, legen nahe, dass die Erzählung von früh an zu einem Zyklus gehörte. Auch bei der Jabbok-Episode gibt es das Problem der fehlenden Exposition, obwohl Jakob wegen des umfangreichen Wortspiels sich viel besser als in Gen 28 von Anfang an als Protagonist der Erzählung eignet. Der motivgeschichtliche Vergleich hat ergeben, dass die Wiederbegegnung der Brüder am Anfang von Gen 33 sehr gut an den dramatischen Ringkampf in Gen 32* anschließt. Verglichen mit der Ringkampfszene in der Gilgamesch-Tradition ruft Gen 32 geradezu nach einem harmonischen Finale. Dafür spricht auch die oben erwähnte Beobachtung, dass das Verb „ חבקumarmen“ in Gen 33,4 vermutlich mit dem Verb „ אבקringen“ in Gen 32,25 verwandt ist;7 in jedem Fall zielt die Wahl der beiden Verben auf ein Klang‑ bzw. Wortspiel, um das Ende von Gen 32 und den Anfang von Gen 33 zusammenzubinden. Daraus folgt, dass auch diese beiden Szenen früh verknüpft worden sind.8 Wieder gibt es eine Übereinstimmung mit 6 Ähnlich rekonstruieren Levin 1993:255–258 (JQ in V. 1a.4; siehe auch die auf S. 256 f. gebrachten sprachlichen Parallelen sowie Ähnlichkeiten der Motive mit den Joseph-Erzählungen) und Kratz 2000:273, Anm. 57 (V. 1a.4.12–15 als ältester Bestand). 7 Siehe oben II 4.1, Anm. 394. 8 Vgl. auch die strukturellen Beobachtungen auf der Grundlage einer detaillierten literarkritischen Analyse, zum Beispiel von Weimar 1989(50):79: „Aus literarischer wie theologischer
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der Gilgamesch-Tradition: In der Szene, in der Gilgamesch und Enkidu Freundschaft schließen und die in der AB-Version des Epos fragmentarisch erhalten ist, findet sich die Zeile it-ta-aš-qú-ú-ma i-pu-šu ru-ʾu5-tam (AB Y 18 f.) „sie küssten einander, schlossen Freundschaft“.9 Auch wenn der Text nur fragmentarisch erhalten ist, deutet sich eine sehr emotionale Szene an, die hier auch durch das akkadische Verb našāqu, vgl. hebräisch נשׁקin Gen 33,4, besonders bemerkenswert ist.10 Die Bethel-Episode schien uns vom Ursprung her ein direkt aus Bethel stammender und die Heiligkeit des Ortes erklärender, in seiner konzentrischen Stilisierung bereits schriftlich überlieferter Text zu sein. Im fortgeschrittenen Stadium konzentriert sich die kurze Erzählung auf die Person und Identität Jakobs. Dasselbe gilt in hohem Maße für die Ringkampfepisode, in der Jakob als Protagonist eine deutlich wichtigere Rolle spielt als der Schauplatz am Jabbok oder andere Details. Besonders die Israel-Ätiologie in V. 28–30a, die wir für den frühesten Einschub halten, richtet sich auf Jakob und nicht auf den Schauplatz oder die anderen Ätiologien. Zumal bei der Doppelepisode in Gen 25,19–34* und der Versöhnungsszene Gen 33,1–4* besteht keine Frage, dass das Erzählmotiv vom Konflikt und dessen Lösung sich auf die Gestalt des Jakob bezieht. Entgegen der geläufigen Annahme, die Bethel‑ und die Jabbok-Episode seien Brückentexte gewesen und auch gegen die gelegentliche These ihrer späten Herkunft folgt daraus, dass sie sehr gut in einen früheren Zusammenhang passen, nämlich in einen Zyklus oder zumindest eine Sammlung von Erzählungen rund um die Person des Jakob. Aus unseren Beobachtungen folgt, dass es, abgesehen von einigen Ausnahmen wie der Bethel-Ätiologie, schon zu Anfang der schriftlichen Entwicklung der Jakoberzählungen die Tendenz gab, die Kurzerzählungen oder ‑Episoden untereinander zu verknüpfen. Die Identifikationsfigur für die Schreiber bzw. Überlieferungsträger ist dabei eindeutig Jakob gewesen, der sich durch seine beAbsicht vertritt die Gotteskampfepisode dabei offensichtlich bewußt jene Stelle im Erzählablauf, die durch das Fehlen einer Erhörungsmitteilung auf die an Jahwe gerichtete Bitte um Errettung aus der Hand Esaus gekennzeichnet ist, womit zugleich das Geschehen des Gotteskampfes unter ein ganz bestimmt geprägtes theologisches Vorzeichen gerückt erscheint. /…/ Nicht minder bedeutsam ist der durch die Einfügung der Gotteskampfepisode hergestellte Zusammenhang zum Geschehen der Versöhnung von Jakob und Esau, das sich so als Konsequenz des von Jakob bestandenen Kampfes mit dem göttlichen Wesen darstellt (vgl. auch die retardierende Dialogszene Gen 33,8–15*).“ Hamori 2011:632 f. spricht vom „split“ der Rollen (in Gen 32 אישׁ, in 33 Esau). 9 Zum Text siehe George 2003:196 f. In der SB-Version wird die Szene ähnlich emotional dargestellt, siehe II 178–183, bes. Z. 182 f.: „Da faßten die (beiden) einander, und gemeinsam setzten sie sich hin. Sie schlossen sich in die Arme und ihre Hände lagen ineinander wie […]“ – so rekonstruiert Maul 2005:60; vgl. George 2003:564 f.807. 10 Siehe KBL3:730b–731a; CAD 11/2:57–60; Tawil 2009:251 und Gen 29,13; 48,10; 1 Sam 20,41. Auch das Verb râ’u aus dieser Passage ist zusammen mit seinen Derivativen im Hebräischen bekannt als ( רעהauch wenn es in den Jakoberzählungen nicht verwendet wird), siehe Tawil 2009:370b.
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sonderen Taten auszeichnete sowie durch die komplexe, dynamische und am Ende doch harmonische Beziehung zu seinem Bruder. 1.2 Das Verhältnis des Zwei-Brüder-Zyklus zu den Jakob-Laban-Erzählungen in Genesis 29,2–32,2a Es ist seit langem bemerkt worden, dass die Jakob-Esau-Erzählungen und die Jakob-Laban-Erzählungen gesondert behandelt werden können, weil Esau in den Jakob-Laban-Erzählungen fehlt und Laban in den Esau-Erzählungen.11 Zusätzlich hat man beobachtet, dass der Jakob-Esau-Zyklus einen Rahmen um den Jakob-Laban-Zyklus bildet, wobei die Bethel‑ und Jabbok-Episoden als Brückentexte fungieren. In ihnen handelt Jakob allein, und sie stellen jeweils auch wörtlich den Übergang in eine neue Situation dar.12 Ein Beispiel mag zeigen, dass auch die Jakob-Laban-Erzählungen ein gewisses Potenzial für das Studium der frühen Literatur‑ und Motivgeschichte bieten. Es handelt sich um das Ende des Zyklus in Gen 31,25–32,2a, wo Jakob und Laban miteinander Frieden schließen. Die Schilderung, wie die beiden Opponenten sich begegnen, ist massiv überarbeitet worden, enthält aber einen alten Kern.13 Das narrative Minimum besteht darin, dass Laban Jakob einholt, der mit Lea, Rahel und den Kindern geflohen ist, sie miteinander einen Bund schließen und sich danach trennen. Während mit einfachen Strichen geschildert wird, wie Laban Jakob ereilt (31,23) und die beiden sich trennen (32,1b–2a), ist die Darstellung des Vertrags verwickelt. Der Bund wird vorgeschlagen (31,44), aber der Vertragsschluss selbst wird nicht berichtet; stattdessen vollziehen Laban und Jakob mehrmals Handlungen, die als Begleiterscheinungen eines Bundesschlusses gedeutet werden können: In 31,45 richtet Jakob einen Stein als Massebe auf, in V. 46 werden Steine aufgehäuft und oben darauf gegessen. Der Steinhaufen wird von Laban in V. 48 zum Zeugen erklärt. Der Haufen und die Massebe werden in V. 51 f. noch einmal als Zeugen genannt, und schließlich, in V. 54, leistet Jakob einen Schwur, bringt ein Opfer dar, und es gibt ein gemeinsames Mahl. Das Nebeneinander von Steinen und Massebe belastet den Text in einem Maße, dass die zahlreichen Wiederholungen und Verflechtungen ihn fast unlesbar machen.14 Beide beziehen sich zudem auf die unterschiedlichen Orts11 Zur Forschungsgeschichte siehe den kurzen Überblick oben I und Anm. 43 ebendort. Kratz 2000:270–275 bietet das Beispiel einer diachronen Lösung: Nach ihm findet sich der älteste Bestand in den Jakob-Laban-Erzählungen, der zunächst mit den Isaak‑ bzw. IsaakRebekka-Esau-Erzählungen verbunden und danach um die Brückentexte und viele spätere Hinzufügungen ergänzt worden sei. Siehe auch unten Anm. 30. 12 Die Beobachtung wird unterschiedlich gedeutet, bis hin zu der Annahme (z. B. Kratz 2000:270–275; Dietrich 2001:204), dass die Episoden mit keiner der beiden Zyklen etwas zu tun haben. 13 So trotz der Skepsis von Van Seters 1992:277 f. u. a. 14 Bemerkenswert ist, dass LXX in den Versen 46–49 eine abweichende Reihenfolge bietet und Einiges auslässt; siehe auch Wevers 1993:522–525.
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ätiologien von Gilead (vgl. עד+ )גלbzw. Mizpa (vgl. )מצבה.15 Der Wettbewerb um die älteste Fassung entscheidet sich zugunsten der Steine. Die Errichtung der Massebe erinnert so sehr an Gen 28, als sei sie von dort nachgeahmt. Vers 46 oder noch besser V. 46b lässt sich gut an V. 44 anschließen.16 An sich sind bereits der Steinhaufen und das Essen und Trinken in V. 4617 hinreichende Zeichen für den Bundesschluss, und es ist fraglich, ob die älteste Schicht noch Weiteres bedurfte. Allerdings braucht V. 44 eine Exposition, die man in V. 43a finden kann. Dort muss zumindest die erste Rede Labans an seine Töchter und Enkel V. bα1, wahrscheinlich aber auch die rhetorische Frage in V. bβ ursprünglich sein. Da V. 43 mit dem Verb ויעןbeginnt, muss eine Rede Jakobs vorausgehen. Diese kann schwerlich in dem langen Monolog V. 36–42 bestanden haben, denn dieser bietet eine Nacherzählung von Jakobs Aufenthalt bei Laban, die in eine theologische Schlussfolgerung mündet (V. 42),18 die mit V. 49.50b.53–54a verwandt ist. Da auch die Szene mit den Teraphim in V. 19.30.32–35 literarkritisch leicht ausgesondert werden kann19, können V. 26 ( )ויאמר לבן ליעקבund V. 31 (ויען )יעקב ויאמר ללבן20 gut den einleitenden Dialog gebildet haben, dessen Thema nur die „Entführung“ der Töchter gewesen wäre. Wie oben vermerkt, werden die Töchter in diesem Dialog noch in V. 43 sowie in V. 50a genannt.21 Unter den kleineren Details, die zur ältesten Schicht gehören können, heben wir nur noch hervor, dass Laban seine Enkel und Töchter am frühen Morgen küsste und seg15 Die Ätiologie für Gilead ist älter. Früher begründete man mit diesen Beobachtungen die Quellenscheidung, siehe z. B. bei Wellhausen 1899:40–43; Gunkel 1910:343–353; Kutsch 1973:60–64; Otto 1979:47–53.63–66 (nach ihm lag die Ätiologie von Gilead schon J vor und ist älter als E). Auch wer die Scheidung bestritten hat, hat ältere Quellen angenommen, seien sie „vorjahwistisch“ (Levin 1993:237–241: Vertrag in 31,22–23a.26.31.43*.44.50*; 32,1b–2a und Ätiologie für Gilead in 31,21b.23b.46*.48; Kratz 2000:270, Anm. 53 f.: 31,21–23.26[–28].31 und 31,43 f.46.48; 32,1–2a) oder der „Kompositionsschicht“ vorausgehend (Blum 1984:132–140: „ursprünglich selbständige Einzelüberlieferung von einem Grenzvertrag“ in V. *46.51–53; vgl. Boecker 1992:92 in V. 46.48.51–53; Albertz 2009:149 f. in V. 46.51–53aα.b), oder man rechnet bei V. 44–54 mit späteren Einschüben (Volz 1933:103–108; Eising 1940:231–238). Da es für uns nur um die früheste Schicht geht, genügt die Annahme, dass in diesem Bereich Vieles zugewachsen ist, unabhängig von der Frage der einzelnen überlieferungsgeschichtlichen Bausteine. 16 Vgl. Eising 1940:231. 17 Es liegt nahe, dass LXX in V. 46 die ältere und vollständige Wendung ויאכלו וישׁתו שׁם bewahrt hat; vgl. unsere Erörterung zum Motiv der feierlichen Mahlzeit unten IV 2.1; Wevers 1993:522 und Albertz 2009:143 f., obwohl Smend 1977:448 hervorhebt, dass LXX in Ri 19,8; 1 Sam 1,9; 2 Sam 12,21 eine Tendenz zur Zweigliedrigkeit habe; siehe auch Kutsch 1973:89. 18 Siehe besonders Levin 1993:242–244; aus anderen Gründen scheidet Blum 1984:117–132 V. 38–43 aus, die er der „Kompositionsschicht“ zuweist. 19 Siehe besonders Levin 1993:244; Kratz 2000:271. 20 Beachte die Präposition ל, die für die älteste Schicht kennzeichnend ist, obwohl in 31,43 ausnahmsweise אלsteht. 21 Dazu, dass die Sorge um die Töchter das Hauptproblem bildet, siehe Blum 1984:135. Ob V. 50a in einem vorjahwistischen Fragment ursprünglich direkt an V. 44 angeschlossen hat, wie Levin 1993:239–241 annimmt, lassen wir an dieser Stelle offen und bevorzugen ein sichtbares Ritual, d. h. das Anhäufen der Steine und das Essen.
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nete (32,1a), denn diese Gesten eignen sich als Abschluss der Erzählung sehr gut, bringen den motivgeschichtlich naheliegenden Zeitpunkt des frühen Morgens ins Spiel und schlagen eine Brücke zurück zu V. 28a, der vermutlich zur ältesten Rede Labans in V. 26 gehört. Neben der sekundären theologisierenden Tendenz liegt es in hohem Maße nahe, dass die Ätiologien von Gal-Ed und Mizpa in V. 23b.47.48b22.49 spätere Extrapolationen nach Art von Gen 28,19a und 32,31 sind, vielleicht sogar Nachahmungen.23 Mithin dürfte die älteste Fassung der Episode wie folgt zu lesen sein:24 31,26 Und Laban sagte zu Jakob: „Was hast du getan? Du hast mein Herz gestohlen und meine Töchter entführt wie Kriegsgefangene. /…/ 28 Und du hast mich meine Söhne und meine Töchter nicht (einmal) küssen lassen. /…/“ 31 Da antwortete Jakob und sagte zu Laban: „/…/25 Weil ich dachte, du würdest deine Töchter von mir wegnehmen. /…/“ 43 Da antwortete Laban und sagte zu Jakob: „Die Töchter sind meine Töchter, und die Söhne sind meine Söhne. /…/ 44 Aber nun, komm, lass uns ein Bund schließen, ich und du! Und er sei Zeuge zwischen mir und dir!“ /…/ 46 /…/ Da nahmen sie Steine und machten einen Haufen. Dann aßen [und tranken]26 sie dort, auf dem Haufen. /…/ 32,1 Und Laban stand am Morgen früh auf und küsste seine Söhne und seine Töchter und segnete sie. Dann ging Laban und kehrte zurück an seinen Ort, 2a und Jakob ging seines Wegs.
Falls das Küssen nicht zum ältesten Textbestand gehören sollte, ist die Episode vom Bund zwischen Laban und Jakob dennoch auf die Versöhnungsszene in Gen 33 hin angelegt. Beide Szenen zusammen geben dem Konflikt einen versöhnlichen Ausgang. Es gibt freilich auch Unterschiede, aus denen hervorgeht, dass die ältesten Schichten beider Erzählungen voneinander unabhängig gewesen sind. So wird in Gen 33 nicht von einem Vertrag gesprochen, und auch Jakobs Frauen und Kinder scheinen dort noch kein Problem zu bilden – der Konflikt, der hier zu lösen ist, hat einen anderen Grund, nämlich den Anspruch Jakobs auf Dominanz (Gen 25). Die Emotionalität der Szenen ist bis zu einem gewissen Grad vergleichbar, doch die Versöhnung von Jakob und Esau hat verglichen mit der Versöhnung von Laban und Jakob sicherlich das größere Gewicht. Stilistisch gesehen liegt in 32,1 auch eine mit Gen 25,34 und 33,4 vergleichbare Reihe von Verben vor, aber von anderen Merkmalen her ist die Jakob-Laban-Szene eher mit Gen 27* auf der Ebene der Rebekka-Jakob-Er22 V. 48b zieht sehr wahrscheinlich auch V. a mit sich. V. 47 wird von vielen als Glosse beurteilt, z. B. Wellhausen 1899:41; Gunkel 1910:351; Blum 1984:133; Levin 1993:244. 23 Für Mizpa gilt es als sicher, für Gilead nicht im selben Maße; denn es kann auch Ortsätiologien gegeben haben, die seit jeher mit legendären Gestalten wie Jakob in Verbindung gebracht worden sind. Vgl. auch den LXX-Text in diesem Abschnitt. Nach Levin 1993:237–241 ist die Mizpa-Ätiologie jahwistisch (und ahmt Gen 28,18 nach). 24 Hier werden nur die Verse und Versteile angeführt, die wir in der Analyse der ältesten Schicht zugewiesen haben; einige weitere können durchaus noch dazugehören. 25 כי יראתיam Anfang des Redegangs wiederholt die sogleich anschließende weitere כיAussage und fehlt auch in LXX; auch BHS; Levin 1993:67, Anm. e, nehmen die Phrase aus. 26 Siehe oben Anm. 17.
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weiterung vergleichbar. Generell sind drei Motive hervorzuheben: die väterliche Liebe zu den Kindern, die in den emotionalen Gesten zum Ausdruck kommt und auch den Segen umfasst, die sich aus einem Konflikt ergebende Flucht (in beiden Texten ist Jakob das Subjekt von ;ברח27,43 und 31,22), und die herausragende Rolle der Frauen für die Familie27. Diesen Hauptthemen sekundieren einige bemerkenswerte sprachliche Mittel: Dafür kommt ein Vers (31,22) unmittelbar vor dem oben zitierten Abschnitt in Betracht, der aber durchaus der frühesten Schicht zugeordnet werden kann: ויגד ללבן ביום השׁלישׁי כי ברח יעקב. Zumal das Verb וַ ּי ַ ֻּגדpu. erinnert stark an die „Hofsprache“ in Gen 27, wie wir oben festgestellt haben.28 Mithin könnte die Rebekka-Jakob-Schicht in Gen 27 und Gen 31* durchaus verwandt sein und vielleicht die These der Brückentexte, die gewöhnlich auf Gen 28,10–22 und 32,23–33 bezogen wird,29 revidieren. Tatsächlich bildet die Intrige Rebekkas und Jakobs in Gen 27 eine Brücke von dem Jakob-Esau-Zyklus zum Jakob-Laban-Zyklus. In Anbetracht dessen, dass die Rebekka-Jakob-Schicht bereits eine Redaktion darstellt und nicht zwangsläufig mit den ältesten Schichten in Gen 25; 28; 32 und 33 in direkte Verbindung gebracht werden muss, ist unser vorsichtiger Schluss – unabhängig von der Frage, ob und inwieweit der JakobLaban-Zyklus eine selbständige literarische Vorgeschichte gehabt hat30 –, dass die ältesten Formen der Erzählungen in Gen 25; 28; 32 und 33 Teile eines frühen Zyklus bilden, der sich um die Person Jakobs gerankt hat. Im Mittelpunkt hätte das Motiv des Konflikts zwischen zwei Brüdern gestanden und daraufhin auch das Motiv der Flucht oder zumindest eines Aufenthalts in der Fremde, weil Gen 28* und 32* ohne Itinerare nicht denkbar sind.31 Es ist wichtig zu vermerken, dass solche frühen Erzählungen uns vermutlich nicht mehr in ihrer Gesamtheit erhalten sind, dass sie nicht in jedem Fall Isaak und Rebekka vorausgesetzt haben müssen und dass sie geographisch einzig auf Bethel und den Jabbok bezogen sind, d. h. nicht weiter in den Süden verweisen. 27 Levin 1993:239 betont richtig den Rang von Rahel und Lea für die Jakob-Überlieferung, allerdings bezieht sich dies ursprünglich nicht auf die „familienrechtliche Stellung“ (wie aus 31,14 zu schließen wäre), sondern gehört wie Gen 27 (Rebekka) zu dem Motiv der intrigierenden Frau „am Königshof “. Auf den Königshof verweisen auch die von Ottosson 1969:44–47 und Blum 1984:135 genannten Beispiele für die Behandlung der Königstöchter in hethitischen Verträgen. 28 Siehe oben II 2.1 und Anm. 84–85. Levin 1993:239 merkt das „politisch-militärische Muster“ bei Laban in Gen 31, verwendet das Argument aber für das Vorhandensein der jahwistischen Schicht. 29 Vgl. Levin 2012:159. 30 Die Meinungen gehen auseinander. Kratz 2000:270 und Dietrich 2001:204 zum Beispiel halten die Jakob-Laban-Erzählungen für älter als die Jakob-Esau-Erzählungen. Finkelstein / Römer 2014:323 f. rechnen sogar mit der vormonarchischen Zeit. Viele Forscher schreiben aber dem Jakob-Esau-Stoff ein höheres Alter zu. 31 Darüber hinaus gehört vielleicht die Kurzepisode in Gen 32,2b–3 zum ältesten Stoff.
2. Der Jakobzyklus, der Saul-David-Zyklus und die Mose-Erzählungen
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Wir bewegen uns damit im Bereich der Anfänge der narrativen Schriftkultur in Israel (nicht so sehr in Juda)32, für die es freilich noch andere Kandidaten gibt, etwa in der Exodus-Erzählung oder unter den Königserzählungen. Könnte dieser Schluss dafürsprechen, dass die Jakoberzählungen in das Nordreich Israel vor 722 gehört haben? Vielleicht kann die Motivgeschichte Hinweise geben auf einen bestimmten Sitz im Leben. Zuvor sei aber noch eine weitere wichtige Frage erörtert: Wie verhält sich der Jakobzyklus in seinen frühesten Formen zu anderen bedeutenden narrativen Zyklen, nämlich zu den Mose-Erzählungen und dem Saul-David-Zyklus.
2. Der Jakobzyklus, der Saul-David-Zyklus und die Mose-Erzählungen 2.1 Der Vergleich der Zyklen Einige Beobachtungen sprechen dafür, dass unter den längeren Erzählzyklen im Alten Testament zwischen dem Jakobzyklus, den Mose-Erzählungen und dem Saul-David-Zyklus eine nähere literarische und motivgeschichtliche Beziehung besteht. Wir haben bereits zweimal auf die Mose-Erzählungen verwiesen: bei dem Motiv der listigen Frau/Mutter in Gen 27, verglichen mit der Geburtslegende des Mose in Ex 2,1–10,33 und bei der Ringkampfepisode Gen 32, verglichen mit dem Angriff Jahwes auf Mose in Ex 4,24–26.34 Beide Exodus-Texte sind auch von Ronald S. Hendel in seiner vergleichenden Studie zu narrativen Traditionen in Kanaan und Israel genannt worden, die unter anderem breite strukturelle Analogien zwischen den beiden Zyklen behauptet. Insgesamt vergleicht Hendel folgende Episoden: die besondere Geburt Gen 25,21–26 // Ex 2,1–10; die jugendliche (illegale, subversive) Tat Gen 25,29–34 und 27,1–40 // Ex 2,11–14; die Flucht als deren Folge Gen 27,41–28,9 // Ex 2,15; die Verheißung bzw. den Auftrag der Gottheit am heiligen Ort Gen 28,10–22 // Ex 3,1–4,17; die Episode mit der künftigen Frau am Brunnen Gen 29,1–14 // Ex 2,16–21; die Heirat und die Geburt der Nachkommen Gen 29,15–30,24 // Ex 2,21–22; die Rückkehr in das Land der Geburt Gen 31,1–32,22 // Ex 4,18–23; die gefährliche Begegnung mit der Gottheit Gen 32,23–33 // Ex 4,24–26; die Begegnung mit dem Bruder; und die Ankunft zu Hause Gen 33,1–20 // Ex 4,27–31.35 Hendel notiert Ähnlichkeiten 32 Zur Unterstützung der Herkunft aus dem Norden sei daran erinnert, dass wir bei der Israel-Ätiologie in Gen 32,28–30a einen relativ alten Anschluss an die Ringkampfszene und eine noch ältere Verwurzelung in der Tradition angenommen haben (siehe oben II 4.2). 33 Siehe oben II 2.3. 34 Siehe oben II 4.2. 35 Hendel 1987:137–165. Eine ähnliche Kurzanalyse des „Sojourner’s tale“ findet sich bei Propp 1998:241–243. Propp rechnet dabei in bemerkenswerter Weise nicht nur mit der
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
und Unterschiede und kommt zu dem Schluss, dass die Herkunft der Erzählzyklen von Jakob und von Mose sich am besten aus der mündlichen Erzählüberlieferung Israels erklären lässt. Auf mündlicher Ebene seien die einzelnen Elemente unterschiedlich kombiniert worden, aber den Zyklen könnten nicht selten auch ähnliche Strukturmuster zugrunde liegen.36 Hendels Beobachtungen treffen in vielen Punkten zu. Aber neben zahlreichen Unterschieden, die er ebenfalls nennt, muss sein Befund weitergehend relativiert werden. Wir beginnen mit der von uns bereits kurz erörterten Szene vom Angriff Jahwes auf Mose in Ex 4,24–26. Sie ist nicht schlüssig mit der Ringkampfszene Jakobs vergleichbar. Die Mose-Szene leidet unter einem deutlichen Mangel an Anhaltspunkten, die eine eindeutige Erklärung erlauben würden; die zusätzlichen Akteure, die Frau und der Sohn, komplizieren den Befund, und die Szene ist auch kein rite de passage.37 Das hat Konsequenzen für den Mose-Zyklus als solchen; denn wir haben eine frühe Zusammengehörigkeit der Jabbok-Episode mit der anschließenden Versöhnung festgestellt. Weiterhin fällt auf, dass das Zweibrüdermotiv im Mose-Zyklus fehlt, auch wenn die beiden Brüder Mose und Aaron in Ex 2,27 aufeinandertreffen (vgl. das Entgegenkommen לך לקראתin Ex 4,27 und וירץ…לקראתוin Gen 33,4 und das Küssen נשׁקebendort). Der kleine Zyklus um Mose ist Teil eines viel größeren Zusammenhangs. Er will lediglich die Erzählung vom Exodus vorbereiten, in der Mose zwar einer der Hauptdarsteller ist, aber nicht der Kristallisationskern der Überlieferung. Schon in den Anfängen der Mose-Erzählungen dominiert das Motiv des Exodus. Israel als Kollektivum oder auch Jahwe als Initiator gelten als ebenso wichtig oder sogar wichtiger als Mose, auf welcher literarischer Ebene immer.38 Zwei weitere Beobachtungen kommen hinzu. Nach Hendel hat es in Israel unbestreitbar eine frühe narrative Tradition gegeben. Aus unserer Behandlung der Jakoberzählungen geht allerdings hervor, dass die Art und Weise, wie die Erzählungen sich darbieten, auf schriftliche Tradition zurückgeht. Wie anhand von ugaritischen Parallelen zumal bei Gen 27 festgehalten werden konnte, reichen die Wurzeln zwar eindeutig in die mündliche Zeit zurück, aber der Stil, der begrenzte Umfang der Erzählungen, parataktische Verbreihen und eine charakteristische, formelhafte Sprache setzen die Verschriftung voraus. Wenn man aus dieser Perspektive den oben beschriebenen Mose-Zyklus ansieht, der lediglich drei Kapitel umfasst, dessen Großteil darüber hinaus die OffenbarungsQuellenteilung, sondern nimmt auch eine weitere Strukturähnlichkeit der Josephs‑ und Exoduserzählungen an (Israel vs. Ägypten). 36 Hendel 1987:163 f. 37 Wie oben II 4.2, Anm. 472, angemerkt worden, wird dies auch von der von Hendel 1987:107 f. genannten Parallele Gilg AB Tell Harmal nicht unterstützt. 38 Siehe z. B. die Rekonstruktion der J-Quellen bei Levin 1993:317–388 und wichtige Beobachtungen zum möglichen Anfang der Mose-Tradition bei Römer 2011a:226–230; aber auch zu Jahwe als Initiator bei Schmid 1999:143–152. Zur Möglichkeit, Rollen zu spalten und auf mehrere Darsteller zu übertragen, siehe Liverani 2004b:155 f.
2. Der Jakobzyklus, der Saul-David-Zyklus und die Mose-Erzählungen
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szene bildet und der sicherlich auch nicht wenig späteres Material enthält, fällt in noch stärkerem Maße auf, dass der Zyklus nicht unmittelbar aus mündlicher Tradition stammen kann. Er setzt eher eine Art von (für uns fast konspekthafter) Schriftkultur voraus, bei der wir vermuten müssen, dass Schriftsteller und nicht die mündliche Erzählkultur für die vorliegende Szenenfolge verantwortlich waren. Bei den Jakoberzählungen bzw. dem Jakobzyklus kann es nicht grundsätzlich anders gewesen sein. Mithin haben die Verfasser des Mose-Zyklus die Elemente bewusst in die heutige Abfolge gebracht und dabei vielleicht Vorbilder wie den Jakobzyklus gehabt. Jedenfalls fällt beim Vergleich und angesichts des knappen Erzählstils sehr auf, wie dicht die Mose-Erzählungen die aus den Jakob erzählungen bekannten Motive und Elemente bündeln. Die Wiedergabe des Stoffs in äußerst kurzen Sequenzen kann mündlichem Erzählstil schwerlich entsprochen haben. Sie muss aus schriftlichen Quellen schöpfen.39 Eigentlich können nur die Episode von Moses Geburt in 2,1–10 und, etwas weniger deutlich, der Bericht von seinem Aufenthalt in Midian in 2,15–22 als Erzählungen mit einem wahrscheinlich relativ alten Kern bestimmt werden.40 Wir konnten oben vermerken, dass Gen 27 wegen des Motivs der listigen Frau mit der Geburtserzählung des Mose indirekt verglichen werden kann. Das kann an dieser Stelle um die Beobachtung ergänzt werden, dass unsere Annahme, in Gen 27 werde auf der Ebene der Rebekka-Jakob-Bearbeitung die Sprache des Hofes gebraucht, durch Ex 2,1–10* Unterstützung erhält: Mit der Tochter des Pharaos gelangen wir an den ägyptischen Königshof (vgl. auch Elemente wie ותשׁלחin Ex 2,5 und Gen 27,42). Die höfische Kultur bildet den Hintergrund für die Darstellung Moses wie auch Jakobs in der frühesten schriftlichen Überlieferung.41 Die Schilderung von Moses Aufenthalt in Midian könnte sogar dafür sprechen, dass der Mose-Zyklus von dem Jakobzyklus, aber auch von anderen Erzelternerzählungen abhängig ist. Die Szene am Brunnen weist ähnliche Motive auf wie Gen 29, so den Schauplatz am Brunnen באר, die Hirten oder Hirtinnen bzw. das Verb רעה, das Kleinvieh ( )צאןdes Vaters, das getränkt ( שׁקהhif.) werden soll, die künftige Frau des Protagonisten, seine helfende Tat, der dadurch entstehende Kontakt zu dem künftigen Schwiegervater, die Begegnung mit ihm. Das Ganze ist aber sehr pragmatisch angelegt: Mose muss mit Midian und Zippora in Verbindung gebracht werden, wobei mehrere wohlbekannte Elemente aus der Tradition aufgenommen und variiert werden: So fehlt beim Treffen mit den 39 Auch Van Seters 2013:281, nimmt an, dass die Jakoberzählungen viel entwickelter sind. Demgegenüber seien viele Elemente im Mose-Zyklus „treated in a very cryptic fashion“. 40 Vgl. Levin 1993:317–333. Die Geburtsepisode hat bekanntlich Parallelen in den altorientalischen Königslegenden, etwa bei Sargon, vgl. Hendel 1987:141–144; Propp 1998:155–158 (beide nennen auch die mythisch angelegten Motive aus den Horus-Legenden) und Römer 2011a:230–233; kritisch dazu Longman 1991:70–72. 41 Siehe die treffende Einschätzung von Römer 2011a:241 (vgl. S. 235 f.): „Moïse est conçu comme un roi, mais un roi sans pays et (presque) sans conquêtes“. Er versetzt dabei die Übernahme von königlichen Motiven in die Mose-Erzählungen in die persische Zeit.
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Hirten in Gen 29 der Konflikt, der in Ex 2 stattdessen an die Handlung in Gen 26 erinnert,42 und das Motiv der Gastfreundschaft, das sich in Ex 2,20 f. in ungewöhnlicher Kürze wiederholt und an die Bewirtungsszenen in Gen 18 und 19 erinnert43. Dass die Mose-Erzählungen von den Erzelternerzählungen abhängig sein können,44 wird durch die Schilderung der „jugendlichen (illegalen, subversiven) Tat“45 in Ex 2,11–14 noch unterstützt, wo die mit Gen 25 und 27 verwandte Motivik in einige äußerst knappe Sätze gepackt wird und auch das Stichwort ברח „fliehen“ (vgl. Ex 2,15 mit Gen 27,43 und auch 31,22) anklingt. Darauf zielt ganz pragmatisch das Motiv der Tötung des Unterdrückers. Es kann sehr wohl den Jakobzyklus im Ganzen, nicht allein Gen 27 im Auge haben. Wir wenden uns nun dem Saul-David-Zyklus zu, der in der Forschung viel breiteres Interesse gefunden hat als der Jakobzyklus; denn er ist sehr umfangreich und bietet selbstverständlich viel mehr Material, das den Vergleich mit anderen Texttraditionen erlaubt.46 Außerdem ist unbestritten, dass der SaulDavid-Zyklus aus monarchischen Milieu stammt. Können diese Prämissen uns bei der Erklärung des motiv‑ und auch religionsgeschichtlichen Hintergrunds des Jakobzyklus weiterhelfen? Wie beim Vergleich mit dem Mose-Zyklus, wollen wir anhand einiger Beispiele ein wenig Licht in das Verhältnis zwischen dem Jakobzyklus und Saul-David-Zyklus bringen. Saul und David haben in 1 Sam ein spannungsvolles und äußerst ambivalentes Verhältnis, das in vieler Hinsicht mit dem zwischen Jakob und Esau verglichen werden kann: Obwohl Saul am Anfang David hochschätzt, sogar ihn sehr liebt (1 Sam 16,21), wird er, sobald David im Kampf gegen die Philister erfolgreich ist, neidisch auf ihn (18,5–16) und zwingt ihn zur Flucht (19,9–17), ähnlich wie Jakob vor Esaus Zorn fliehen muss. David muss für längere Zeit vom Königshof fernbleiben (21,2–22,5; 23 f.; 26). Er weilt in der Wildnis, auf der Bergfeste, sogar im „Ausland“ bei König Achisch von Gat. Am Ende versöhnen sich die großen Widersacher (24; 26), auch wenn Sauls Schicksal und Charakter bis zum Schluss ambivalent bleiben (28,3–25) und er mitten in der Schlacht Selbstmord begeht (31). Erinnert man sich an das ebenfalls gespaltene Verhältnis von Jakob Zum Motivmuster der Konfliktlösung siehe unten IV 2. Zu diesem Motivkomplex siehe unten V 1. 44 Van Seters 1994:31–33 (vgl. auch Van Seters 2013:280–282) vergleicht die Szene am Brunnen mit Gen 29, aber auch mit 1 Kön 11, und kommt zu dem ähnlichen Schluss, dass der Verfasser (für Van Seters J) den Stoff aus anderen Modellen geschöpft hat (für ihn aus den Patriarchenerzählungen und dem Deuteronomistischen Geschichtswerk); vgl. auch de Pury 2006:66. Berner 2015:101, Anm. 26, hält Ex 2,15–22* für nachpriesterschriftlich und Gen 24 und 29 für Vorbilder. Die Szene ist ferner von Avishur 1999:118 mit Gen 24,10–32 verglichen worden. 45 Hendel 1987:145–148. 46 Siehe z. B. den ganzen motivgeschichtlich angelegten Band: Durand et al. 2011. Laut Dietrich / Naumann 1995:58 hat P. D. Miscall im Jahre 1983 einen wichtigen synchronen Vergleich vorgelegt. 42 43
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und Laban, fällt weiterhin auf, dass Saul seine Tochter Michal David zur Frau gibt, davor aber auch die andere Tochter Merab in das Geschehen verwickelt ist (18,17–29). Michal wird später das Motiv der „dramatischen“ Frau verkörpern, wenn sie David zu fliehen hilft (19,8–17). Der Vergleich spitzt sich zu, wenn man darüber hinaus auf bestimmte Einzelheiten aufmerksam wird: Bei der Flucht Davids zieht Michal Ziegenhaare und einen Teraph zur Hilfe, was nicht nur die Episode von Jakobs List in Erinnerung ruft, sondern auch, wie Laban die Teraphim gestohlen werden. Kaum zu übersehen ist die berühmte Szene vom Triumph Davids über Goliat (17), die mit dem Motiv des spannungsvollen Verhältnisses zwischen zwei Protagonisten in gewisser Weise an den Ringkampf Jakobs erinnert. Bezeichnend ist, dass Davids Aussehen in 1 Sam 17 sowie im vorausgehenden Kapitel mit dem Wort אדמ(ו)ניbezeichnet wird, das im ganzen Alten Testament nur dreimal und nur bei Esau und David verwendet wird (Gen 25,25; 1 Sam 16,12; 17,42).47 Um der Antwort auf die Frage, ob eine Beziehung zwischen beiden Zyklen besteht, näher zu kommen, seien vorerst die soeben vorgeführten Beobachtungen zusammen mit einigen weiteren, die Phraseologie treffenden Details in Tabellenformat präsentiert (Tabelle 5). Tabelle 5: Vergleich von Jakobzyklus (Genesis) und Saul-David-Zyklus (1 Samuel) Genesis (Jakobzyklus)
Motive und Elemente
1 Samuel (Saul-David-Zyklus)
* Jakob und Esau.
* Zwei Hauptdarsteller, Protagonist und Antagonist.
* Saul und David.
1. Esau ist rötlich und behaart 1. Ein Darsteller hat „wilde“ (25,25), ein geschickter Jäger, Züge ( )אדמוניund ist vertraut ein Mann des freien Feldes mit der wilden Natur. (25,27).
1. David ist rötlich und schön (16,12; 17,42), Schafhüter in der Wildnis (16,11; vgl. 16,18 f.; 17,15. 34).48
2. Isaak liebt Esau und Rebekka liebt Jakob (25,28).
2. Saul liebt David sehr (16,21).50
2. Die Hauptdarsteller lieben oder werden geliebt ()אהב, und das hat narrative Konsequenzen.49
47 Dieser Befund wird manchmal relativiert, weil man in 1 Sam 16,12 die Konjektur אדם ונעים vorschlägt (so z. B. McCarter 1980a:275) und die Wendung in 17,42 als Erweiterung ansieht, die durch 16,12 inspiriert worden sei (McCarter 1980a:275; siehe dagegen R. W. Klein 1983:161). 48 Vgl. weiterhin die Beschreibung Davids in 1 Sam 16,12 und der beiden Töchter Labans in Gen 29,17. Ein zusätzliches Motiv, das bei Jakob wesentlich, bei David aber nebensächlich ist, ist das des jüngsten Bruders, der sich selbst behauptet. 49 Vgl. auch das Wortpaar נשׂא כלים, das in Gen 27,3 als für Isaaks Bitte an Esau („nimm dein Gerät“) und in 1 Sam 16,21 als Bezeichnung für den Waffenträger verwendet wird. 50 Das Schlüsselverb אהבbegegnet noch mehrmals in 1 Sam 18: für Davids Verhältnis zu Jonatan (V. 1; vgl. 20,17), zum Volk (V. 16), zu Michal (V. 20.28) und zu den Knechten des Königs (V. 22).
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
Genesis (Jakobzyklus)
Motive und Elemente
1 Samuel (Saul-David-Zyklus) 8. Davids Kampf mit Goliat (17).
3. Rebekka und Jakob ver3. Eine List unter Verwenden Ziegenfelle, um Isaak wendung von Ziegenzu täuschen (27,16.22 f.). haaren / ‑Fellen ()העזים.
4. Esau ist zornig wegen der Erlistung des väterlichen Segens (27,31–45).
4. Der Neid und Zorn des Antagonisten (nachdem der Prota gonist erfolgreicher ist).
4. Saul ist neidisch auf Davids Erfolg (18,5–16; 18,28–19,2 usw.). 7. David liebt Sauls Tochter Michal und heiratet sie, an deren Stelle ursprünglich Merab sein soll (18,17–29).
5. Rebekka hilft Jakob zu fliehen (27,41–45).
5. Die Flucht des listigen Protagonisten mit Hilfe einer Frau ()ברח.
5. Michal hilft David zu fliehen (19,9–17). 3. Michal verwendet die Ziegenhaare (und den Teraph51), um vorzutäuschen, dass David im Bett schlafe (19,13.16).
6. Jakob bei Laban (29,2– 32,1).
6. Das Leben des Protagonisten auf der „Flucht“.
7. Jakob dient um zwei Töchter Labans und heiratet sie (29,2–30).
7. Der Protagonist heiratet zwei Töchter des (anderen) Antagonisten.
6. David bei dem König von Gat, auf der Bergfeste usw. (21,2–22,5; 23 f.; 26).
8. Jakobs Ringkampf mit dem 8. Der Protagonist gewinnt Unbekannten (32,23–33). ( )יכלgewinnt einen dramatischen Kampf. 9. Versöhnung Jakobs und Esaus (33,1–4).
9. Versöhnung beider Hauptdarsteller.52
9. Versöhnung Davids und Sauls (24; 26).
* Esau verliert sein Erstgeburtsrecht und den väterlichen Segen. Er heiratet kanaanäische Frauen. Das Verhältnis Israels zu Edom (Esau) ist verwickelt (25,27– 34; 26,34 f.; 27 usw.).
* Das Schicksal des Antagonisten ist ambivalent.
* Saul verliert sein Königreich, seine Kraft, und begeht Selbstmord; er ist eine ambivalente Figur (15; 28,3–25; 31).
51 Die Teraphim finden sich in Gen 31 in einem Zusammenhang, bei dem ebenfalls eine Tochter des Antagonisten, der Antagonist selbst und der Protagonist beteiligt sind. 52 Beachte weiterhin, dass die emotionsgeladene Versöhnungsszene in Gen 33,3 f. mit der Anreihung der Verben und Wendungen וישׁתחו … פעמים, (ה)ו und ויבכוin der Freundschaft Davids und Jonatans in 1 Sam 20,41 f. eine Entsprechung hat.
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Ohne in die literar‑ und redaktionskritischen Details zu gehen, fällt in der Tabelle sogleich auf, dass es sich bei einer Anzahl von Motiven um eine feststehende Reihe, bei anderen Elementen aber um bewegliche Komponenten handelt.53 Zur ersten Reihe gehören die „wilden“ Züge des Darstellers (1), die Liebe (2), der Neid und Zorn (4), mit der Flucht als Folge (5), das Leben des Protagonisten in der Fremde (6), die Versöhnung der beiden Hauptpersonen (9) und das ambivalente Schicksal des Antagonisten (10). Die List mit den Ziegenhaaren (3), die Heirat des Protagonisten (7) und der dramatische Kampf (8) begegnen im Saul-DavidZyklus in anderer Reihenfolge. Da wir wissen, dass der Saul-David-Zyklus im Laufe der Zeit massiv gewachsen ist, wie zahlreiche Studien festgestellt haben,54 können wir sogleich fragen, ob die letzten drei Motive bzw. Motivkomplexe überhaupt zur ältesten Gestalt des Zyklus gehört haben. Sie auszuscheiden, gibt es hinreichende Gründe. Die Erzählung von Davids Kampf mit Goliat (1 Sam 17) ist ein redaktionsgeschichtlich komplexes Gebilde,55 aber insgesamt eine sekundäre Hinzufügung – allein schon die viel archaischer anmutenden chronikartigen Kurzepisoden in 2 Sam 21,15–22 (Elhanan als Töter des Gatiters Goliat in V. 19) setzen hinter die ganze David-Goliat-Episode ein deutliches Fragezeichen.56 Kapitel 18* schließt gut an Kapitel 16 an. Ohne Kapitel 17 würden auch viele literarische Doppelungen entfallen.57 Die Flucht Davids mit Hilfe seiner Frau Michal in 19,9–17 kann nicht Teil des ältesten Zyklus gewesen sein, weil die Szene nicht nur auf Gen 27 und 31 zurückblickt, sondern genau genommen entbehrlich 53 Es gibt auch ganz anders angelegte Vergleiche dieser Zyklen, zum Beispiel anhand der geographischen Angaben und Itinerare; siehe Vermeylen 2000b:538–541. 54 Siehe dazu allgemein Van Seters 1983:264–271; Dietrich / Naumann 1995:47–119; Kratz 2000:182–187. 55 Zudem stellt das Kapitel wegen des wesentlich kürzeren Texts der LXX vor großflächige textkritische Probleme; siehe allgemein zu 1 Sam 17 McCarter 1980a:284–309; Kratz 2000:183 f.; Auld 2004 und die Forschungssynopsen bei Campbell 2003:189–191; Yoon 2014:123–140. 56 Es ist geläufig anzunehmen, 1 Sam 17* sei vormals selbständig gewesen und nachträglich in den größeren Erzählkomplex eingefügt worden; so z. B. Van Seters 1983:268; R. W. Klein 1983:173; Kratz 2000:183 f. (vgl. Stolz 1981:115 und Yoon 2014:165 f.). Vermeylen 2000b:411 hält die Elhanan-Variante für das ältere Vorbild, obwohl er auch die Grundschicht von 1 Sam 17 in sehr früher Zeit ansetzt. Auch wenn die kurze LXXB-Version viele Dubletten vermeidet, löst sie nicht das Problem von Elhanan und Goliat (vgl. Stoebe 1973:312–315; Hentschel 1994a:108; aber auch Stolz 1981:115). 57 Neben vielen wichtigen Dubletten (siehe die Listen bei Van Seters 1983:269 und Campbell 2003:173 f.) kann bereits die dreifache Einführung Davids (16,1–13; 16,14–23; 17) als Beispiel genügen – wobei die mittlere wahrscheinlich die älteste ist (siehe Wellhausen 1899:247– 249; Stoebe 1973:302.308 f.; McCarter 1980a:295 f.; Kratz 2000:184; vgl. Yoon 2014 und Dietrich / Naumann 1995:87–98). Die zwei jüngeren idealisieren die Person Davids. Dabei wird das Wort ( אדמוני16,12; 17,42) aus Gen 25 einbezogen. Eine weitergehende Untersuchung von 1 Sam 17 würde eine eingehende Analyse der Motivik erfordern, die mit Sinuhe und seinem Kampf gegen Retenu auf dem kanaanäischen Boden verbunden ist (Forschungssynopse dazu bei Dietrich / Naumann 1995:97 f.); vgl. auch die Reminiszenz an Simson und den Löwen (Ri 14,5 f.) in 1 Sam 17,33–37.
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
ist. Davids Flucht wird mehrmals notiert (vgl. nur das Schlüsselverb ברח, das in der Exposition der Szenen in 20,1 und 21,11 begegnet; bezogen auf David noch in 19,12.18; 22,17; 27,4). Der Text hat sich im Laufe der Überlieferung deutlich vermehrt.58 Das nährt den Verdacht, dass auch die längere Ausführung des Motivs der Heirat Davids in 18,17–29 oder zumindest ihr Löwenanteil dem Zyklus später hinzugefügt worden ist.59 Da die Ziegenhaare und der Teraph in 19,9–17 relativ sicher die Bekanntheit mit dem Jakobzyklus voraussetzen, und zwar in einem literarisch fortgeschrittenen Stadium,60 können wir an dieser Stelle annehmen, dass der Jakobzyklus dem Saul-David-Zyklus wenigstens auf seinen späteren literarischen Ebenen als Vorbild gedient hat. Die Freundschaft zwischen David und Saul, ihr anschließender, neidvoller Konflikt und die Flucht Davids können aber als konstitutiv für einen Zyklus mit Erzählungen von Saul und David betrachtet werden. Wie in der Forschung gelegentlich mit Recht angenommen worden ist, sind die Saul-Erzählungen zunächst wohl noch nicht mit David verbunden gewesen.61 Ein Zyklus konnte nur durch die Verbindung mit den David-Erzählungen entstehen, die sicherlich ebenfalls einen alten Kern haben, und besonders durch die Hinzufügung mehrerer Saul-David-Erzählungen. Dass dieser literarische Prozess den Jakobzyklus zum Vorbild hatte, kann nicht einfach behauptet werden, aber manche Details sprechen doch für eine solche These. Die Wörter אדמוניund אהב, die wir bereits hervorgehoben haben, finden sich in der sekundären Schicht des JakobEsau-Zyklus. Die rötliche Hautfarbe Esaus ist wegen der Edom-Ätiologie in der sekundären Edom-Seïr-Schicht fest verankert, während bei David kein Grund dafür vorliegt, das Wort אדמוניzu verwenden; damit liegt eine Entlehnung aus dem bereits gewachsenen Jakobzyklus nahe.62 Ähnlich nimmt der Hinweis auf die elterliche Vorliebe in Gen 25,28 auf Gen 27 Bezug und muss deswegen sekundär sein.63 Ein Schritt weiter, in der ersten Versöhnungsszene zwischen Saul und David in 1 Sam 24, treffen wir auf die väterliche Frage Sauls (in der Dunkelheit der Höhle, also ohne etwas sehen zu können; vgl. auch 26,17) הקלך זה בני „ דודIst es deine Stimme, mein Sohn David?“, und auf die Feststellung וישׂא שׁאול „ קלו ויבךUnd Saul erhob seine Stimme und weinte“ (V. 17). Die Frage klingt ähnlich wie die verdutzte Reaktion Isaaks in Gen 27,22, als er die Stimme seines Sohnes vernimmt, und die Feststellung entspricht wörtlich Gen 27,38 – dort weint Esau über seinen Verlust (des Segens). Auch hier kann man daraus, dass zwei in Gen 27 voneinander getrennte Elemente in 1 Sam 24,17 in einem Vers zu58 Siehe
besonders Vermeylen 2000b:114–116 (trotz seiner sehr frühen Datierungen). Vgl. Wellhausen 1899:249 und Stoebe 1973:350–353. 60 Z. B. Yoon 2014:171 f. hält V. 11–17 für sekundär. 61 So z. B. Kratz 2000:174–179.182 f.; siehe dagegen Vermeylen 2000:471–500 und Nihan 2011:314 f. 62 Siehe oben II 1.1, und vgl. manche Ähnlichkeiten in 1 Sam 16,12 und Gen 29,17 (oben Anm. 48). 63 Siehe oben II 1.1. 59
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sammengefügt worden sind, eher die Abhängigkeit vom Jakobzyklus als umgekehrt entnehmen.64 Dafür spricht auch, dass das Motiv des Weinens in der späten Literatur zunehmend populär wird.65 Falls also die Einführung Davids und seines besonderen Verhältnisses zu Saul in 1 Sam 16 zusammen mit dem sich anschließenden Konflikt in 1 Sam 18 und dessen Lösung in 1 Sam 24 (oder 26) zur ältesten Schicht im Saul-David-Zyklus gehören, setzt sie wohl den Jakobzyklus voraus. Andererseits muss man zugestehen, dass der Saul-David-Zyklus nicht ausschließlich nach dem Jakobzyklus gebildet worden sein kann: Dazu fehlen im Saul-David-Zyklus manche grundlegenden Motive wie die besondere Geburt (vgl. Gen 25) oder die direkte Auseinandersetzung mit dem Numinosen (vgl. Gen 28 oder 32). Auch war der von den Jakoberzählungen unabhängige Stoff zu Saul und David, ob mündlich oder schriftlich, sicherlich vorhanden und bildete die Grundlage für die Entstehung des Zyklus. Der Einfluss des Jakobzyklus auf den Saul-David-Zyklus (später vielleicht auch umgekehrt) bestand zu Anfang vermutlich nur in einigen Anhaltspunkten, die im Laufe des literarischen Prozesses eine Reihe von weiteren Motiven und Elementen mit sich gebracht haben.66 Darüber hinaus kann bei beiden Zyklen mit weiteren Einflussfaktoren gerechnet werden. Um diese soll es im Folgenden gehen. 2.2 Gilgamesch als Vorbild Da bei der motivgeschichtlichen Analyse der Jakoberzählungen im vorigen Kapitel mehrmals die Frage der Beziehungen zur Gilgamesch-Tradition aufgekommen ist, kann sie auch diesmal gestellt werden: Wie verhalten sich die Zyklen zur Gilgamesch-Tradition, zumal zu ihrer spätbabylonischen Version? Dazu seien nun die wichtigsten Komponenten in diesem Motivkomplex näher betrachtet.67 64 1 Sam 24 und 26 werden oft als Parallelüberlieferungen behandelt (siehe etwa Stoebe 1973:430–432 und Stolz 1981:163 f.), aber auch in eine relative literarische Anordnung gesetzt (siehe dazu R. W. Klein 1983:237; Adam 2007:109–113; Yoon 2014:16 f. und vgl. Vermeylen 2000b:145–159). Laut Dietrich 2004 (bes. S. 242.247–249) verteilen sich die erörterten Textpartikel auf einen ursprünglichen Textteil (V. 17b) und eine sekundäre Hinzufügung (V. 17a sei aus 26,17 übernommen; vgl. dagegen Veijola 1975:91 oder Vermeylen 2000b:157). So oder so ist trotz mancher Impulse aus 1 Sam 25 der Einfluss von Gen 27 schwer zu bestreiten, so besonders Vermeylen 2000b:157. 65 In den Erzelternerzählungen begegnet der Satz noch in Gen 21,16 und 29,11, weiterhin vgl. aber Ri 2,4; 21,2; Ruth 1,9.14; 1 Sam 11,4; 30,4; 2 Sam 3,32; 13,36; Hi 2,12. 66 Das jüngere Alter des Saul-David-Zyklus spiegelt sich vermutlich auch darin, dass die Geburtsgeschichten für die Identität der judäischen Monarchen nicht mehr von Belang waren, während bei Jakob die älteren heldenhaften Züge noch vorhanden sind. Für die Datierung des ältesten Materials im Saul-David-Zyklus siehe die geographischen, politischen und religionsgeschichtlichen Argumente bei Hutzli 2010:514–516. 67 Zum Folgenden siehe auch die Tabelle 6.
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
a. Ein Zyklus von Episoden bzw. Erzählungen entsteht am einfachsten durch die Gegenüberstellung zweier Personen. Dabei fungiert eine der beiden sinnvollerweise als Protagonist, also derjenige, mit dem der Hörer oder Leser sich identifizieren soll, die andere als Antagonist. Dem dient in den ältesten Jakoberzählungen das Gegenüber von Jakob und Esau in Gen 25*, das sich in der Rebekka-Jakob-Schicht von Gen 27* zuspitzt und nun eine Lösung fordert. Auch wenn Jakobs Taten ambivalent sind, folgen ihm die Hörer und Leser stets im Gang der Erzählung. Ebenso bilden Gilgamesch und Enkidu in den akkadischen Fassungen zu Anfang einen starken Gegensatz. Wie wir festgestellt haben, geht das so weit, dass sich auch die Terminologie im Falle von שׂערmit Jakob und Esau überschneidet. Der Antagonismus ist voller Affekt und wird im Gilgamesch-Epos mit dem frontalen Zusammenstoß bis zum Äußersten getrieben. Obwohl David, verglichen mit Saul, als viel schöner und stärker eingeführt wird, setzt das Drama erst ein, als David den viel größeren militärischen Erfolg hat. Seither ist nicht mehr möglich, dass beide noch gemeinsam an einem und demselben Königshof leben. Falls Saul und David nachträglich einander zugeordnet worden sind, ist die Sympathie, die sie anfänglich für einander empfinden, Indiz für eine Zyklusbildung. Dafür ist der Jakob-Esau-Zyklus ein mögliches Vorbild. Auch der Umstand, dass David in einer Enkidu-artigen Rolle die Bühne betritt, könnte für Nachahmung sprechen, denn die äußerliche Kontrastierung zwischen ihm und Saul wirkt künstlich.68 Beiden Zyklen ist gemeinsam das Motiv des jüngsten Bruders (Gen 25; 27; 1 Sam 16), das auf die Selbstbehauptung des benachteiligten, aber mutigen Protagonisten hinausläuft. Für die Jakoberzählungen ist das Motiv konstitutiv, bei David scheint es eher eine literarische Ausschmückung zu sein, denn für die Gegenüberstellung mit Saul ist es unwesentlich. Es ist sicherlich aus anderem Traditionsgut entliehen.69 Der Mose-Zyklus kommt dafür nicht in Betracht, denn dort fehlt der eindeutige Antagonist; einmal ist es der Pharao, ein andermal irgendein Ägypter – eine affektvolle Beziehung wächst daraus nicht, geschweige denn eine Versöhnung. b. Der Kontrast führt zum Konflikt, der sich in der bereits erwähnten Zuspitzung äußert. Bei Jakob und Esau folgt auf die Intrige Rebekkas und Jakobs der berechtigte Zorn Esaus und hat zur Folge, dass Jakob fliehen muss. In der Gilgamesch-Tradition kommt Enkidu nach Uruk und hindert den Protagonisten daran, sich an den Einwohnern Uruks zu vergehen (SB II,107–112). An dieser Stelle muss schließlich ein weiterer Konflikt und damit eine andere Gegenüberstellung im Gilgamesch-Epos genannt werden: Der Unterzyklus von der Expedition zu Humbaba (SB II,193–VI,4) lässt sich mit dem Jakob-Esau-Zyklus 68 Dann aber, entsprechend unserer oben genannten Beobachtung, mit dem fortgeschrittenen Jakobzyklus als Vorbild. 69 Vgl. die Übersicht, wo das Motiv in den Erzählungen belegt ist, bei Vermeylen 2000b:612– 616.
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vergleichen.70 Wieder findet sich ein Protagonist, der hier ausnahmsweise in zwei Gestalten, Gilgamesch und Enkidu, auftritt, und der Antagonist Humbaba. Obwohl die Expedition damit begründet wird, dass Gilgamesch während seines kurzen Lebens Ansehen erlangen will (SB II,216–240),71 so dass es keinen akuten Grund zum Angriff auf den mächtigen Humbaba gibt, wird das Folgende als Auseinandersetzung mit ihm dargestellt.72 Sie spitzt sich zu in einem Kampf, der damit endet, dass Humbaba getötet wird (V,249–275)73. Zunächst aber führt die Begegnung zu einem Wortgefecht (teilweise erhalten in V,27 ff.74). In den Mose-Erzählungen gibt es tatsächlich diesen Konflikt, der zur Tötung eines Ägypters führt und Mose zur Flucht nötigt. Im Saul-David-Zyklus beruht der Konflikt auf dem übermäßigen Erfolg Davids, der Sauls Neid hervorruft, und führt wie der vorige Zyklus zu Anschlägen auf Davids Leben und zu seiner Flucht. Darin gleichen beide Zyklen dem Jakobzyklus, nicht aber der Gilgamesch-Tradition. c. Der Konflikt wird durch die Versöhnung gelöst. Sie verleiht dem Zyklus den nötigen komplexen Charakter. Sowohl im Jakob-Esau-Zyklus als auch in der Verbrüderungsepisode des Gilgamesch-Epos wird die Versöhnung wörtlich ausgesprochen; beide Male geschieht das nach einem dramatischen Ringkampf, auch wenn Jakob und Esau nicht gegeneinander handgreiflich werden. Während Jakob und Esau ihr Bruderverhältnis wiederherstellen, schließen Gilgamesch und Enkidu nicht nur Freundschaft, sondern werden Brüder, indem Enkidu von Gilgameschs Mutter Ninsun adoptiert wird (SB III,120–128). Die Versöhnung vollzieht sich voller Emotion. Das kommt durch das Verb נשׁק/ našāqu “küssen“ und weitere Einzelheiten zum Ausdruck. Unsere Analyse hat gezeigt, dass die Begegnung zwischen David und Jonatan jener Abschnitt des Saul-David-Zyklus ist, der die meisten Emotionen enthält (1 Sam 20,41 f.). Mit größerer Wahrscheinlichkeit ist diese Stelle vom Jakobzyklus abhängig; denn dort gehören das Neigen zur Erde sowie das Küssen und Weinen zu verschiedenen literarischen Schichten (Gen 33,3+4). Die erste Versöhnungsszene zwischen Saul und David in 1 Sam 24 zielt eher auf die Reue Sauls als auf die folgende harmonische Koexistenz, zumal Saul hernach an Kraft verliert und bald darauf stirbt. Sie hat damit nicht dieselbe narrative Funktion wie in der Gilgamesch-Tradition. Stattdessen hat sie die aus späteren li
70 Siehe die Strukturanalyse bei Sallaberger 2004 und die diachrone Analyse, wie die Figuren der Darstellung sich einander zuordnen, bei Mittermayer 2010. 71 Die SB-Version ist hier teilweise zerstört, aber siehe George 2003:457; Sallaberger 2004:44 f. und Maul 2005:26. 72 Treffend zu solchen Gegenüberstellungen Hendel 1987:102: „If the hero is defined by the adversary, then the greater the adversary, the greater the hero.“ In Ugarit sei der wichtigste Gegner Yamm (Hendel 1987:104). 73 Siehe die neue Rekonstruktion und Nummerierung von Al-R awi / George 2014:80–83 (bis Z. 275); vgl. die Rekonstruktion von Maul 2005:85 f. (hier noch als V,130–269). 74 Al-R awi / George 2014:76 ff.
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
terarischen Schichten in Gen 27 (V. 38) bekannte phraseologische Parallele. Eine Angleichung an den Jakobzyklus ist wahrscheinlich, wenn auch nicht sicher. d. Sowohl im Zyklus von Jakob und Esau als auch in der Gilgamesch-Tradition wird das dramatische Gerüst zunehmend komplexer; denn über den Konflikt zwischen dem Protagonisten und Antagonisten hinaus führen auch eine oder mehrere Handlungen des Protagonisten zu einem gestörten Verhältnis zum eigenen Volk oder der eigenen Familie. In der Gilgamesch-Tradition wird durch Gilgameschs Machtmissbrauch bzw. seine eifrige Nutzung des Rechtes primae noctis (SB I,63–76) die Lage in der Stadt Uruk erheblich belastet (SB I,77–78). Das begründet, weshalb Enkidu in die Erzählung eingefügt wird (SB I,79–98). Vor diesem Hintergrund versteht man deutlich, weshalb Jakob nicht nur vor Esau flieht, sondern auch seine Familie verlässt und bei einer anderen Familie Zuflucht findet. Das wird besonders auf der Ebene der Rebekka-Jakob-Bearbeitung ersichtlich. Ähnlich wie in der Gilgamesch-Tradition sind die ambivalenten Handlungen Jakobs der Anlass: am Anfang sein Dominanzanspruch, später die Intrige von Rebekka und Jakob.75 Ziehen wir die literarische Entwicklung von Gen 25 und 27 (und auch 33) in Betracht, kann eine schrittweise Annäherung an die Gilgamesch-Tradition behauptet werden. Hendel sieht Vergleichbares auch im Mose-Zyklus:76 Mose muss nach der Tötung des Ägypters fliehen und findet Zuflucht bei einer anderen Familie. Wie wir aber festgestellt haben, ist der Kurzzyklus von Mose nicht ohne weiteres mit dem längeren Zyklus von Jakob und Esau vergleichbar; eher wurden die legendären Züge des Mose vermehrt, wobei man eine Reihe bekannter Elemente lediglich andeutete. Die Hauptsache war jedoch, das Ganze als Einleitung zur Exodus-Geschichte zu gestalten. Auch im Saul-David-Zyklus bleibt das Motiv des gespaltenen Verhältnisses zum eigenen Volk oder zur eigenen Familie eher unwichtig. Die Familien von David und Saul spielen eine Statistenrolle. Es gibt den Königshof und das Volk, aber neben ihrer Neigung, der idealisierten Person Davids zur Seite zu treten, kann weiter nichts festgestellt werden. e. Ein weiteres Motiv, das den dramatischen Verlauf des Zyklus beeinflusst, ist die weise bzw. listige Handlung einer Frau, auf die wir bei der Rebekka-JakobSchicht in Gen 27 gestoßen sind.77 Für die Gilgamesch SB haben wir bereits auf die weisen und geschickten Frauengestalten hingewiesen, insbesondere auf Ninsun. Sie wird mehrmals ausdrücklich als weise bezeichnet (z. B. AB P 15; 37; SB I,259 f.286 f.317). Sie deutet die Träume von Gilgamesch (SB I,244–29878), adoptiert Enkidu, so dass er Gilgameschs Bruder wird (SB III,121–128; vgl. AB P 43), und vollzieht ein Ritual vor dem Gott Schamasch, um dessen Beistand für Gilgamesch und Enkidu bei der Expedition zu Humbaba zu erbitten (SB III,37– 75 Vgl.
Hendel 1987:145–149 zur Mose-Tradition, aber auch bereits Jensen 1906:233 f. Siehe oben 2.1. 77 Siehe oben II 2.3. 78 Vermutlich boten die zerstörten Zeilen AB P 39 ff. einen ähnlichen Text. 76
2. Der Jakobzyklus, der Saul-David-Zyklus und die Mose-Erzählungen
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45; eine Bitte folgt in Z. 46–11579). Damit spielt das Motiv besonders im zweiten Unterzyklus der Expedition zu Humbaba eine wichtige Rolle und ist, obwohl kein Movens wie in Gen 27, unentbehrlich für die Verbindung von Gilgamesch, Enkidu und dem Sonnengott. Generell scheint das Motiv auf den Protagonisten und seine Mutter zugespitzt zu sein.80 Vor diesem Hintergrund fällt auf, dass Rebekkas Zuneigung zu Jakob nicht begründet wird, so als wenn die Israeliten genau gewusst hätten, dass das Motiv des besonderen Verhältnisses zwischen dem Protagonisten und seiner (listigen bzw. weisen) Mutter üblicher Bestandteil eines solchen Zyklus ist. Eine weitere Übereinstimmung besteht darin, dass sowohl Ninsun als auch Rebekka ihre Söhne in ferne Länder (Haran, Libanon) schicken.81 Die Mose-Erzählungen können auch hier die Konkurrenz nicht bestehen. Die einzige Frau, Zippora, tritt episodisch auf (überhaupt nur in Ex 2,21; 4,25 und 18,2). Dagegen begegnet im Saul-David-Zyklus eine bedeutende Frau, Michal, zwar nicht in der Rolle der Mutter des Protagonisten, aber in der Rolle der Frau Davids und Tochter Sauls, die sich dem Motiv der intrigierenden Frau annähert. Wir haben oben vermutet, dass zumindest die Fluchtszene in 1 Sam 19 sekundär ist und den Jakobzyklus vor Augen hat; es ist entscheidend, dass dieser und nicht die Gilgamesch-Tradition den Hintergrund bildet. Der Saul-David-Zyklus ist im fortgeschrittenen Stadium eher dem Jakobzyklus verpflichtet. f. Mit der weisen bzw. listigen Frau ist unmittelbar das Motiv der Wanderung des Protagonisten in ein fremdes Land (bzw. hinweg aus der Heimat) verbunden. Im Jakobzyklus wird in Gen 27 die Flucht initiiert, und auch die Distanz zum nächsten Aufenthaltsort Haran wird benannt. Für den Zyklus darf davon ausgegangen werden, dass die Itinerare bereits früh vorhanden gewesen sind (das gilt besonders für Gen 29,1, aber auch für 32,1b.2a.23b). Daraufhin ist von vornherein mit einer längeren Wanderung des Protagonisten zu rechnen. Im GilgameschEpos SB muss der Protagonist zwar nicht fliehen, unternimmt aber dennoch zwei große „Expeditionen“: Gilgamesch und Enkidu gehen zu Humbaba in den Libanon (SB II,193–VI,4), wo sie mit ihm in Konflikt geraten (wie oben angedeutet), kämpfen (wie unten anzumerken ist) und ihn schließlich töten (V,249–27582). Gilgamesch wandert auf der Suche nach Unsterblichkeit bis ans Ende der Welt zum Wohnort des Uta-napischti (IX,1–XI,320). Unterwegs muss Gilgamesch unter anderem die „Wasser des Todes“ überqueren (X,155–183), ein Das Ende der Bitte ist zerstört. 2011:634 f. die „hero-mother-relationship“ hervorgehoben; siehe auch Harris 1990:219–221 zu Ninsun und ihrer sukzessiv wachsenden Rolle in Gilg SB. 81 Es fällt auf (vgl. Hamori 2011:635 u. a.), dass eine Frau (Rebekka) in Gen 25,22 ohne einen Vermittler Jahwe direkt befragt ()דרשׁ. Diese im AT einmalige Besonderheit ist aber vor dem Hintergrund der Ninsun-Figur gut erklärbar. Der Gen-Vers gehört anscheinend zu den später ergänzten Schichten. Falls daher eine Motivverbindung vorliegt, zeigt sich an dieser Stelle, wie sich der Einfluss der Gilgamesch-Tradition auf die Jakob-Tradition später vertieft. 82 Siehe oben Anm. 73. 79
80 Vergleichbar hat Hamori
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
Motiv, das hier mit einem weiteren Kampfmotiv (mit den šūt abni „Steinernen“ und dem Meer in X,92–10783) kombiniert wird. Besonders der Humbaba-Unterzyklus und die Reihe der Motive, die mit der Reise Jakobs im Jakobzyklus verbunden sind, zeigen, wie nahe diese beiden Traditionen zueinanderstehen. Das wird noch unterstrichen, weil, erstens, Jakob sich sehr wahrscheinlich bereits im ältesten Zyklus auf die Reise begibt und er, zweitens, während der Wanderung in einen entscheidenden Ringkampf gerät und, drittens, seine Situation sich dadurch grundsätzlich ändert, ähnlich wie es mit Gilgamesch auf seiner Suche nach Unsterblichkeit geschieht. Im Saul-David-Zyklus ist das Motiv der Reise bzw. des Aufenthalts in der Fremde ebenfalls, sogar mehrmals vorhanden (David beim König von Gat, auf der Bergfeste usw.). Auch das lässt sich entfernt mit der Gilgamesch-Tradition vergleichen. Strukturell entspricht das Motiv aber dem Jakobzyklus, denn es folgt entweder in der älteren Textgestalt auf das Motiv des Konflikts (mit Saul) oder in der jüngeren auf das Motiv der listigen Hilfe einer Frau bei der Flucht (durch Michal). Auch der kurze Zyklus mit Mose teilt das populäre Motiv: Mose flieht aus Ägypten nach Midian und kehrt später, nach einem entscheidenden Ereignis (der Offenbarung Gottes) zurück. Auch hier gilt: Falls dieser kurze Zyklus ein direktes Vorbild gehabt hat, dann im Jakobzyklus, weniger in der GilgameschTradition.84 g. Aus dem Vergleich der Ringkampfepisode in Gen 32 mit der GilgameschTradition haben wir ein wichtiges Argument für die Beziehungen zwischen Jakob‑ und Gilgamesch-Traditionen gewonnen.85 Obwohl Jakob nicht mit dem Antagonisten Esau kämpft wie Gilgamesch mit Enkidu in den AB‑ und SB-Versionen, gleichen sich mehrere Motive und Elemente sowie ihre Reihenfolge unübersehbar. Als ein weiteres Argument für die intensiven Motivbeziehungen bis hin zur strukturellen Ebene hat sich das sich unmittelbar anschließende Versöhnungsmotiv erwiesen. Aber auch der Unterzyklus mit Humbaba und 83 „Die Wasser“ werden hier auf verschiedene Weisen poetisch bezeichnet, darunter auch nāru „Fluss“ in Z. 106. 84 Es muss freilich zugegeben werden, dass der Topos der Flucht ins Ausland in vielen altorientalischen Königslegenden vorkommt, z. B. in der Idrimi-Inschrift (siehe unten unter 3), und auch sonst im AT (siehe zu Jerobeam in 1 Kön 11,40 + 12,2 und Römer 2011a:232 f.). Daher können mehrere Vorbilder zugleich von Einfluss gewesen sein. Siehe auch Propp 1998:243, der im Rahmen des sog. „Sojourner’s tale“ Odyssee, Gilg SB, die Geschichte des Schiffbrüchigen, Sinuhe, die Erzählung des Wenamun (zur Motivik in diesen drei siehe wiederum Schipper 2005, bes. S. 294–298) und die Idrimi-Inschrift auflistet, und Liverani 2004b:149 f.; 2011:14–16 und 2004a, der am Beispiel des Topos des mit seinem Streitwagen, Pferd und dem Pferdeknecht in die Wüste wandernden Protagonisten (Funktion: Der Beginn des Abenteuers) das Motiv der Wanderung in der Idrimi-Inschrift und den ägyptischen Texten analysiert. Bevor wir unten auf die Idrimi-Erzählung näher eingehen, sei bereits hier erwähnt, dass das Motiv der Flucht und Wanderung bei David der Idrimi-Erzählung nähersteht, denn im Unterschied zu Jakob flüchtet David tatsächlich in die Wüste und damit in das große Ungewisse (Liverani 2004a:90 f.). Ferner vgl. noch Asarhaddons Apologie und Marti 2011. 85 Das hat auch Hamori 2011 bereits gesehen; siehe oben II 4.2.
2. Der Jakobzyklus, der Saul-David-Zyklus und die Mose-Erzählungen
131
dem Kampfmotiv sticht hervor (V,249–27586); denn der Kampf ist mit einer Reihe weiterer Motive verbunden: 1.) der Gegenüberstellung von Gilgamesch und Enkidu einerseits und Humbaba andererseits; 2.) der weisen Fürsorge der Mutter (Ninsun); 3.) der Reise der Protagonisten zu Humbaba in den Libanon; und 4.) dem Konflikt mit Humbaba. Hingegen bietet der Saul-David-Zyklus die bekannte heroische Kampfepisode mit David und Goliat (1 Sam 17), die sich in keiner Weise mit dem Versöhnungsmotiv verbinden lässt. Auch mit der strukturellen Motivreihe ist sie nicht kongruent, denn sie gehört sowohl zum Anfang des Saul-David-Zyklus, als auch zur Exposition Davids. Sie soll David als Idealgestalt schildern, und dies über den Saul-David-Zyklus hinaus für die weiteren David-Erzählungen. Im Mose-Zyklus verbanden die Verfasser mit der Episode von Jahwes Angriff auf Mose sogar ein strukturelles Ziel. Ihr Umfang und ihre mögliche Bedeutung und Position, der aber das Motiv der Versöhnung fehlt, sprechen dafür, dass hier der Jakobzyklus ein fernes Echo gefunden hat. Das Vorbild der Gilgamesch-Tradition liegt hingegen nicht nahe. h. Obwohl es nach der narrativen Logik nicht zu dem Zyklus gehören muss, neigen die Erzählungen dazu, das Schicksal des Doppelgängers des Protagonisten als ambivalent oder problematisch darzustellen. Auch wenn sich die Brüder versöhnen, hat Esau sein Erstgeburtsrecht sowie den väterlichen Segen für immer verloren. Für die spätere Entwicklung des Jakobzyklus gab das Schicksal Esaus in Gen 25 und 27 die Richtung vor; denn Esau wird nicht nur immer deutlicher als Eponym Edoms verstanden, sondern Edom wird als der schwächere und ambivalente Nachbar dargestellt. Im Gilgamesch-Standardepos ist es kennzeichnend, dass Enkidu, obwohl von der Göttin Ninsun adoptiert und als Gilgameschs Bruder von vergleichbarer Macht, als einziger der beiden für die Tötung Humbabas und des himmlischen Stiers mit dem Tod bestraft wird (SB VII).87 Dabei können sowohl die Ringkampfszene als auch die sich unmittelbar anschließende Eingliederung in Gilgameschs „Familie“ so gedeutet werden, dass damit die Überlegenheit Gilgameschs anerkannt wird.88 Aber auch der zweite Unterzyklus mit der Expedition zu Humbaba endet mit dem Tod des Antagonisten. Für den Saul-David-Zyklus gilt dieses Motiv vor allem, weil der Antagonist Saul tatsächlich den ganzen Zyklus hindurch unter einem Unglücksstern steht. Die Verfasser des Zyklus können ohne weiteres sowohl die Jakobstradition als auch die Gilgamesch-Tradition vor Augen gehabt haben. In den Mose-Erzählungen hingegen konnte nur Ägypten oder der Ägypter die Rolle des Antago-
Siehe oben Anm. 73. Siehe George 2003:478. 88 Vgl. auch Hartenstein 2009:111, der feststellt, dass Enkidu ein Grenzgänger ist und bleibt. 86 87
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
nisten übernehmen; aber das geschieht nicht mehr innerhalb des kurzen Zyklus, sondern in Verbindung mit dem Exodus-Motiv. i. Zum Schluss dieses übergreifenden Vergleichs kann nun auch die religionsgeschichtliche Frage gestellt werden: Wie verhalten sich die Darsteller der von uns beschriebenen oder angenommenen früheren literarischen Zyklen zur Götterwelt. Im Einzelnen stellt sich die Frage, auf wen das Motiv des göttlichen Beistands gerichtet ist. Die ältesten Jakoberzählungen können sicherlich im polytheistischen Kontext gelesen werden, auch wenn es dafür keine eindeutigen Belege gibt. Hinzu kommt, dass „ שׁחרMorgenröte“ und „ שׁמשׁSonne“ bemerkenswerte motivgeschichtliche Verbindungen mit El haben. Diese Beobachtungen wären an sich keiner Erwähnung wert, aber vor dem Hintergrund anderer Motivverbindungen fällt auf, welch ausgeprägte Stellung der Sonnengott in der Gilgamesch-Tradition hat. Neben den nordwestsemitischen Bezügen zu El mag die Sonnengottheit (und Schachar) in der ältesten Jakobüberlieferung eine Funktion gehabt haben. Beachtenswert ist auch, dass im Jakobzyklus die rituellen Handlungen nur erwähnt, aber nicht geschildert werden, so dass sie fast nur anhand indirekter Merkmale als solche erkennbar sind; ursprünglich enthielten die Jakoberzählungen auch keine Gottesreden oder ausgeführte Dialoge mit dem Göttlichen. Diese Beobachtungen machen die Einschätzung der Rolle des Göttlichen in den älteren Jakoberzählungen schwierig. Obwohl im Vergleich dazu die GilgameschTradition sehr viele rituelle Handlungen schildert, auch längere Gebete und Ähnliches enthält und zweifellos aus polytheistischem Kontext stammt, kann auch das Verhältnis zwischen dem Menschlichen und dem Göttlichen stark schwanken. Bei mehreren Wesen ist ihre genaue Natur nur schwer identifizierbar und daraufhin auch, welcher Art die Begegnung mit ihnen gewesen ist. Bemerkenswert ist, dass der Ablauf von der göttlichen Ebene aus gelenkt wird. Der Antagonist Enkidu wird auf göttliche Initiative hin89 von der Muttergöttin Aruru geschaffen (SB I 79–104). Ähnliche Relikte des Numinosen sind auch bei der Gestalt Esaus noch zu erkennen.90 Vor dem Hintergrund der Ringkampfepisode in der Gilgamesch-Tradition lässt sich das Moment des Numinosen in der Jabbok-Episode mit der Gestalt Esaus verbinden. Numinos ist aber nicht nur der unbekannte Gegner, sondern auch der Augenblick des Tagesanbruchs mit dem Aufgang der Sonne; denn anders hätte Jakob kaum die Oberhand gewinnen können. Freilich ist angesichts der sehr unterschiedlichen Darstellungsweise und der anderen Gattung die Rolle der Götter und des Numinosen in diesen beiden Traditionen kaum zu vergleichen. Im Jakobzyklus wurde die Initiative Jahwes erst später ergänzt; dadurch ist auch die Rolle des Göttlichen deutlicher geworden. 89 Es ist nicht eindeutig, wer über den Himmelsgott Anum hinaus an der Initiative beteiligt ist. Maul 2005:24 sieht hier auch Ischtar und Enlil im Spiel. 90 Siehe oben II 1.2.
2. Der Jakobzyklus, der Saul-David-Zyklus und die Mose-Erzählungen
133
Doch auch in der Gilgamesch-Tradition scheint die Teilnahme des Göttlichen an dem Geschehen im Laufe der Tradition eher gewachsen zu sein, als dass sie abgenommen hätte.91 Zwei Episoden wollen wir trotzdem nebeneinander stellen: Die Bethel-Episode enthält das Motiv des bedeutungsvollen Traums, das mit der Errichtung der Massebe am nächsten Morgen kultisch unterstrichen wird. Im Rahmen des Zyklus wächst die Episode über die Ätiologie des Kultorts und seines Namens, die vormals im Mittelpunkt gestanden hat, hinaus und betrifft nunmehr die Rolle Jakobs, indem sie hervorhebt, dass er den göttlichen Beistand genießt. Das gilt indirekt bereits, bevor Jahwe auftritt und Jakob seinen Beistand verheißt. Bemerkenswert ist daneben das Verhältnis zwischen Gilgamesch (und Enkidu) und dem Sonnengott Schamasch, auf dem der ganze Unterzyklus der Reise zu Humbaba beruht: Ninsun sucht den Beistand von Schamasch; Gilgamesch und Enkidu vollziehen mehrmals Rituale vor Schamasch, um gute Orakelträume zu erhalten; in den Träumen wird ebenfalls mehrmals die Hilfe des Schamasch festgestellt, und der Sonnengott leistet im Kampf mit Humbaba direkten Beistand. Die Fülle gemeinsamer Motive in beiden Zyklen – die Reise, die kultische Handlung, der Traum, der göttliche Beistand und der Sonnenaufgang am Ende des Ringkampfs – ist sehr auffallend. Die Saul-David‑ und Mose-Erzählungen können an dieser Stelle nicht erschöpfend analysiert werden. Aber auch ohne eine Untersuchung, die die literar‑ und redaktionskritischen Aspekte einbeziehen müsste,92 fällt auf, dass auf der jüngeren literarischen Ebene des Saul-David-Zyklus die göttliche Initiative sich zuerst nicht an Saul oder David, sondern an Samuel richtet, der den neuen König salben soll (1 Sam 16). Der kurze Mose-Zyklus hingegen wäre ohne die zentrale göttliche Offenbarung in Ex 3 überhaupt nicht vorstellbar, mag sie auf die älteste Ebene gehören oder nicht. Genauso wie der Zyklus nicht von der Darstellung des Exodus zu trennen ist, findet er durch die Offenbarungsepisode seinen „Seinsgrund“. In dieser Hinsicht ist unwahrscheinlich, dass der MoseZyklus von den ältesten Jakoberzählungen abhängt, und das scheint auch für die mögliche Beziehung auf die Gilgamesch-Tradition zu gelten. Am Ende dieses Unterkapitels kommen wir zu dem Schluss, dass die ältesten Jakoberzählungen und die Entstehung des Jakobzyklus ohne Kenntnis der Motive aus der Gilgamesch-Tradition nicht vollständig erklärt werden können. Mehrere Schwerpunkte in den Erzählungen werden auf diese Weise klarer. Besonders gilt das für die Identität Jakobs, die auf der Übernahme der uns aus der Gilgamesch-Tradition bekannten Motive beruht. Das muss nicht 91 Siehe
z. B. zu Schamasch Tigay 1982:76–81. unsere Analyse der Bileamerzählung oben II 2.3, aus der sich das relativ höhere Alter der אלהים-Stellen gegenüber יהוה-Stellen ergab, die aber auch das Motiv des frühen Morgens und weitere Motivbeziehungen zum Deir cAllā Text freilegte. Vgl. auch Levin 1993:317 ff., der in den „vorjahwistischen“ Mose-Erzählungen nur in der Meerwunder-Erzählung und im Mirjamlied (Ex 14–15) den Jahwe-Namen findet. 92 Vgl.
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
bedeuten, dass die frühen Verfasser das SB-Epos direkt vor den Augen gehabt haben (dagegen sprechen die Motivverschiebungen), sondern wahrscheinlich ist das Motivmuster von zweier im Gilgamesch-Epos vertretenen Unterzyklen den israelitischen Schreibern mehr oder weniger geläufig gewesen. Entscheidend für den Jakobzyklus war aber die Rolle der Verfasser und ihrer Vorstellung. Erst sie rückten den Jakobzyklus durch die Hinzufügung der Rebekka-JakobSchicht näher an die Gilgamesch-Tradition heran, obwohl auch ein früherer Einfluss auf Gen 25*+28*+32–33* sehr wahrscheinlich ist. Da aber in allen von uns behandelten ältesten Jakoberzählungen sehr oft einzelne Motive auftauchen, die sich an den nordwestsemitischen Kulturraum anschließen, wurden die Erzählungen zweifellos, wohl auch auf mündlichem Wege, von dem natürlichen (levantinischen) Kontext beeinflusst. Tabelle 6: Vergleich des Jakobzyklus und des Saul-David-Zyklus mit zwei Unterzyklen des Gilgamesch-Epos93 Gilgamesch: Verbrüderung (SB,I–II)
Gilgamesch: ExMotive pedition zu Hum- und Elemente baba (II,193–VI,4)
Jakobzyklus (Genesis)
Saul-DavidZyklus (1 Samuel)
* Gilgamesch und Enkidu.
* Gilgamesch + Enkidu und Humbaba.
* Zwei Hauptdarsteller, Protagonist (Identifikationsfigur) und Antagonist.
* Jakob und Esau.
* David und Saul.
(1. Humbaba als mächtiger Gegner).
1. Affektvolle Gegenüberstellung zweier Darsteller (Feindschaft oder Liebe).
1. Brüder, aber gegensätzlich.
1. Sympathie Sauls.
4. Problem für Einwohner Uruks. 1. Unter schiedliche Herkunft.
7. Kampf mit Goliat. (2. –)
2. Befürwortung der Mutter Ninsun.
2. Weise bzw. listige Handlung einer Frau (Mutter).
2. Intrige der Mutter Rebekka.
93 Wir folgen der strukturellen Reihenfolge der Motive im Jakobzyklus und beziehen die Mose-Erzählungen nicht ein, denn dort reichen die gemeinsamen Motive für einen vergleichbaren, im Detail ausgeführten Ablauf nicht aus.
2. Der Jakobzyklus, der Saul-David-Zyklus und die Mose-Erzählungen Gilgamesch: Verbrüderung (SB,I–II)
Gilgamesch: ExMotive pedition zu Hum- und Elemente baba (II,193–VI,4)
3. Enkidu behindert Gilgamesch. (4. –)
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Jakobzyklus (Genesis)
Saul-DavidZyklus (1 Samuel)
3. Konflikt.
3. Erlistung des väterlichen Segens.
3. Erfolg Davids, Saul neidisch und gefährlich.
4. Verkehrtes Verhältnis zu den Angehörigen.
4. Problem mit der Familie.
(4. –)
2. Listige Vertuschung der Flucht (Michal). (5. –)
5. Reise nach Libanon.
(6. –)
6. Beistand von 6. Beistand Schamasch: Gebet der Gottheit Ninsuns an ihn, (Traum). Träume G.-s.
5. Wanderung des Protagonisten.
5. Reise nach Haran.94
5. Aufenthalt in Gat, auf der Bergfeste usw.
6. Göttlicher Beistand: Traum in Bethel.
(6. –)
3. Wortstreit mit Humbaba. 7. Ringkampf mit Enkidu.
7. Kampf mit Humbaba.
7. (Ring‑)Kampf. 7. Ringkampf am Jabbok.
8. Versöhnung mit Enkidu.
(8. –)95
8. Versöhnung.
8. Versöhnung mit Esau.
8. Versöhnung mit Saul.
* Enkidu wird bestraft und stirbt.
* Humbaba wird getötet.
* Ambivalentes Schicksal des Antagonisten.
* Esau gerät in den Hintergrund (Edom benachteiligt).
* Saul schwach und begeht Selbstmord.
Soweit sich die Motivmuster im Gilgamesch-Epos widerspiegeln, erklären sie sich am besten im Kontext des Königshofes – sowohl die einzelnen Motive als auch ihre Kombinationen verstärken Gilgameschs Identität als des altorientalischen Königs schlechthin.96 Unter der mehr oder weniger mit der Institution 94 Trotz sehr unterschiedlichem Kontext sei als Einzelheit erwähnt, dass sowohl die Wanderung Jakobs (Gen 29,2–12) als auch diejenige von Gilgamesch und Enkidu (SB IV,5–9.38– 42.83–87.125–129.166–170) Brunnen-Episoden enthalten. 95 Vgl. jedoch die siegreiche Tötung des Humbaba, die auf gewisser Weise als „Versöhnung“ gedeutet werden kann, aus der sich Gilgameschs Ansehen erklärt. 96 Siehe Mittermayer 2010:159–162. Weiterhin äußert sich Chen 2013:171–182 exemplarisch dazu, wie verschiedene Überlieferungsstränge in Gilg SB zusammenkommen, weil Gilgamesch ein König ist (bes. S. 171). Auch Maul 2008b:349 f. beschreibt Gilgamesch als Identifikationsfigur für alle Könige, die sich im Anblick der Mauer von Uruk als Nachfolger dieser legendären Zeit und ihres legendären Helden verstehen konnten.
136
III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
der Monarchie verbundenen Literatur im Alten Orient stünde der Jakobzyklus nicht allein, da er die Tradition spiegelt, die Identität eines legendären Protagonisten im Verlauf eines Erzählzyklus zu entwickeln. Dagegen spräche allein, dass Jakob kein König ist. Allerdings handelt er wie ein König, kommt in vergleichbare Situationen und überwindet sie, als ob er ein König wäre. Die Lebensbilanz eines legendären Helden bzw. Königs, wie sie in der sumerischen Komposition vom Tod des Bilgames erhalten ist, lohnt ein Zitat. In Z. 52–56 der Meturan-Version beginnt das Lob Enlils für Bilgames folgendermaßen:97 inim-ba ḫar-ra-an di-id-bi-a a-na àm-me-abi ĝiš eren ĝiš dili kur-bi ga-an-˹e-dè˺ d ḫu-wa-wa tir-bi-ta saĝ ĝiš ra-ra-za na-dù-a ud ul-lá-šè me-gub-gub-bu-uš me-da ud-šè é diĝir-re-e-ne ki ĝar-ĝar-a-ba zi-du-sù-ta!-aš ki-bi-a saĝ im-ma-ni-˹ti˺ In this case: having traveled each and every road, having fetched that cedar, that unique tree down from its mountain after you smote Huwawa in his forest, having erected stelae for future days, for ever, having founded temples of the gods, you reached Ziusudra in his abode.
Hier sind die Motive der Wanderung, des heroischen Kampfs, der Errichtung der Stelen und einschließlich der folgenden Zeilen 57–59 auch der rituellen Handlungen zusammengetragen – es würde kaum überraschen, wenn ähnliche Zusammenfassungen im Alten Orient verbreitet waren und auf viele Helden angewendet werden konnten.98 Die bisher beschriebene Darstellungsweise erklärt sich am besten so, dass Jakob für den Königshof besondere Bedeutung besaß. Anhand der Schauplätze in Bethel, am Jabbok, in Gilead, vielleicht in Haran liegt der nördliche, d. h. israelitische Königshof traditionsgeschichtlich am nächsten. Die frühe Ergänzung der Jabbok-Episode durch die Israel-Ätiologie unterstreicht diese Annahme. Damit erweist sich die frühe Jakobtradition als eine die Identität der israelitischen Könige untermauernde Überlieferung: Jakob ist der legendäre Vorfahre der israelitischen Könige. 97 Text nach Gadotti 2014:104 f., Übersetzung nach Veldhuis 2003:141; vgl. auch Text, Übersetzung und Kommentar bei Cavignaux / Al-R awi 2000:27.40.56; die Zeilen wiederholen sich noch einmal in Z. 144–149 (den Hinweis verdanke ich Peeter Espak und seiner Behandlung dieses Textes, Espak 2013). Für Gadetti (2014:104–106) belegt dieser Passus die frühe Zyklusbildung in der sumerischen Gilgamesch-Tradition. Zur Komposition siehe noch Tigay 1982:36 f. und Mittermayer 2010:161 f. (hier die Annahme des semitischen Einflusses auf die sumerische Komposition). 98 Siehe auch die ikonographischen Zeugnisse aus Israel und seinem Umfeld bei Steymans 2010:304–306 (Skaraboide mit einer vermutlichen Humbaba-Szene aus Tell Keisan und Tell Nagila, ein Kultstand aus der Davidstadt), die die Bekanntheit der Gilgamesch-Motivik sehr wahrscheinlich machen; siehe auch oben I, Anm. 34, und II 4.3, Anm. 504.
3. Jakob als Vorfahre israelitischer Könige
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Eine solche Folgerung kann die unübersehbar starken Verbindungen zwischen dem Jakobzyklus und dem Saul-David-Zyklus erklären. Mit der wahrscheinlich später hinzugefügten Goliat-Episode und der Fluchtepisode mit Michal kommt der legendäre David den Jakoberzählungen besonders nahe. Das gilt allerdings nicht für den ganzen Zyklus, weil die Motivverschiebungen im Vergleich zum Jakobzyklus sehr auffallend sind – der ältere Zyklus hat wegen seines einfacheren Musters dem Jakobzyklus wohl nähergestanden. Weiterhin ist nicht ausgeschlossen, dass die Motivmuster der Gilgamesch-Tradition auf den SaulDavid-Zyklus Einfluss genommen haben. Im Falle der Mose-Erzählungen spricht vieles dafür, dass der Exodus-Zyklus, als er schriftlich niedergelegt wurde, eine Einleitung bekommen hat, die die Identität des Mose erklären soll. Unabhängig davon, ob es alte Erzählungen über Mose gegeben hat oder nicht, hat der Kurzzyklus in Ex 2–4 größere Zyklen wie den von Jakob kurz und programmatisch nachgebildet.99
3. Jakob als Vorfahre israelitischer Könige Wir haben damit die Vergleichsmöglichkeiten noch nicht erschöpft; denn außer der Gilgamesch-Tradition gibt es im Alten Orient noch weiteres mehr oder weniger relevantes Material. Neben mehreren, unten zu behandelnden Einzelheiten, die den königlichen Kontext der ältesten Jakoberzählungen absichern können, muss unsere Aufmerksamkeit einem Text gelten, der seit Jahrzehnten zum Orbit der alttestamentlichen Forschung gehört. Die Inschrift auf der Statue des Königs Idrimi von Alalach enthält mehrere große Sequenzen, die die besondere königliche Qualität des Idrimi begründen sollen.100 Die erste (Z. 3–42a) ist besonders interessant, denn in ihr wird eine Reihe von Motiven gebraucht – und in einer auffallenden Reihenfolge –, die bei der Analyse der alten Erzählzyklen des Alten Testaments nicht übersehen werden darf. Der Einführung des Königs am Anfang der Inschrift (Z. 1–2) schließen sich zwei sehr kurz formulierte Motive an: ein Konflikt im Vaterhause des Königs (der lediglich angedeutet wird) und die dadurch veranlasste Flucht des Idrimi (Z. 3–4):101 i-na uruḪa-la-abki bīt(É) a-bi-ia ma-ši-ik-tú it-tab-ši ù ḫal-qà-nu In Ḫalab, meinem Vaterhaus, hatte sich eine Untat ereignet, und wir flohen. Vgl. dazu besonders Schmid 2014:255 und Berner 2010:430.451. Rekonstruktion und deutsche Bearbeitung bei Dietrich / Loretz 1981, die neueste Bearbeitung bei Durand 2011:135–150; weitere Übersetzungen von Oppenheim 1969:557 f. und Longman 1997b. Zum historischen Kontext siehe Astour 1989:16–21 und einleitend zum Werk Longman 1991:60–66, zu seinen fiktiven Aspekten des Näheren Longman 1991:64–66. 101 Text und Übersetzung hier und unten nach Dietrich / Loretz 1981:204 f. 99
100
138
III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
Der Konflikt102 und die Flucht begegneten als Motivpaar auch innerhalb des Jakobzyklus in der Rebekka-Jakob-Schicht von Gen 27. In der Inschrift Idrimis wird sodann die Flucht zur Familie seiner Mutter genannt (Z. 5–6): amēlūt(LÚḫi.a) uruE-marki a-ḫa-te-ḫi.aši ša um-mi-ia ù aš-ba-nu a-na uruE-marki Die Herren von Emar stammten von den Schwestern meiner Mutter ab, sodass wir uns in Emar niederließen.
Wie im Jakobzyklus nimmt der Protagonist bei den Verwandten seiner Mutter Zuflucht.103 Damit treffen wir auch hier auf das Motiv der Wanderung des Protagonisten. Idrimi flieht zusammen mit seinen älteren Brüdern (Z. 7), hat aber den Vorrang vor ihnen (Z. 8b–12).104 Von dort zieht er weiter durch die Wüste bis in das Land Kanaan (Z. 13–18). Auf dieser Weise entfernt er sich von seiner Heimat so weit wie möglich. Dort sammelt Idrimi die Leute seines Landes um sich, und sie erkennen ihn an (Z. 20b–27a). Die nächsten sieben Jahre verbringt er unter den ḫapirū-Leuten (Z. 27b–28a) und übt die Befehlsgewalt über sie aus. Darin liegt ein Hinweis, dass gewaltsame oder zumindest ungewöhnliche Ereignisse folgen werden.105 Wie Mario Liverani treffend beobachtet hat, liegt auf der siebenjährigen Periode besonderes Gewicht. Dieses (Märchen‑)Motiv begegnet auch in der von uns analysierten Erzählung von dem Sturz der Königinmutter Atalja bzw. der Thronbesteigung des jungen Königs Joasch in 2 Kön 11, die ihrerseits mit der Inschrift Idrimis verglichen worden ist;106 im Jakobzyklus dient Jakob Laban zweimal sieben Jahre um seine Töchter (Gen 29,18–30)107. Im Unterzyklus der Wanderung zu Humbaba des Gilgamesch-Epos fehlt zwar die Zahl sieben, aber stattdessen verleihen die fünf parallel gestalteten Kurzepisoden mit Gilgameschs Träumen und ihrer Deutung durch Enkidu (SB IV ) dem Geschehen besondere 102 Was genauer mit dem mašiktum gemeint worden ist, ist unmöglich zu sagen, aber siehe die Anmerkungen von Dietrich / Loretz 1981:251 und Durand 2011:98 f., Anm. 14. 103 Ob a-ḫa-te die „Schwester“ (Dietrich / Loretz 1981:204.210) oder die „Geschwister“ oder auch etwas im übertragenen Sinne (vgl. Durand 2011:113 f.) bedeutet, spielt an dieser Stelle keine Rolle, weil die „Mutter“ ummu sicherlich vorhanden ist. Durand 2011:114, Anm. 70, verweist auf die „Brüder“ Gilgamesch und Enkidu in Gilg SB VI,156, wenn er den Begriff erörtert, und Liverani 2004b:153 geht auf die Bedeutung des Motivs der Mutter ein. 104 Bei den „älteren“ Brüdern kann es sich um ein literarisches Motiv handeln, aber auch um historische Gegebenheiten; zur Frage des ältesten Bruders in der Thronfolge siehe Durand 2011:96–98. Darauf, dass die Brüder wegen ihrer Untätigkeit fast als Antihelden (für uns: Antagonisten) fungieren, hat Liverani 2004a:90 aufmerksam gemacht. Das Motiv gleicht der Darstellung des jüngsten Bruders im Jakobzyklus. 105 Siehe Liverani 2004a:93. Damit ist auch Davids Aufenthalt auf der Bergfeste vergleichbar; zu den ḫapirū siehe Durand 2011:99–103.105–107. 106 Zum Vergleich siehe Liverani 2004b, aber auch 2004a:95; zu 2 Kön 11 und Gen 27 siehe oben II 2.3. Die Zahl sieben begegnet auch in der nächsten Episode der Idrimi-Inschrift; zur Zahl siehe Dietrich / Loretz 1981:214 und Liverani 2004a:95. 107 Nach Levin 1993:225 f. und Kratz 2000:270 gehört der größere Teil des Textes, darunter die Zahl sieben, zur vorjahwistischen Quelle.
3. Jakob als Vorfahre israelitischer Könige
139
Dauer. Es besteht auch ein bemerkenswerter Unterschied zwischen dem Motiv der Wanderung in der Idrimi-Inschrift auf der einen Seite und dem Jakobzyklus sowie dem Humbaba-Unterzyklus auf der anderen: Wie Liverani hervorhebt, ist das Motiv bei Idrimi damit verbunden, dass er seine Ausrüstung erhält: Streitwagen, Pferd, Pferdeknecht. Anders als bei vielen anderen Belegen für das Wanderungsmotiv in der altorientalischen und ägyptischen Literatur soll es bei Idrimi bereits vor seinem „Test“ in der Wüste seinen königlichen Status markieren.108 Darauf folgen zwei ebenfalls nur knapp erwähnte Motive (Z. 28b–30a): aš-ba-ku iṣṣurāti (MUŠENḫi.a) ú-za-ki puḫādī(SILA4ḫi.a) ab-ri-ma ù še-eb-i š-na-ti dTešub(IM) a-na qaqqadī(SAG.DU)-ia it-tu-ur Ich ließ Vögel fliegen, führte an Lämmern Opferschauen durch. Im siebten Jahr wandte sich Tešub mir zu.
Zweifellos geht es hier um kultische Handlungen: Während man über die Aktion mit den Vögeln diskutieren kann,109 ist die Opferschau jedoch eindeutig rituell. Welche Funktion sie für die Erzählung hatte, kann man fragen. Dient sie als Hinweis auf den göttlichen Beistand oder soll sie den Zeitpunkt für die Rückkehr in die Heimat angeben?110 In jedem Fall bestätigt die Aussage über den Beistand des Wettergottes, dass es sich um kultische Handlungen handelt. Dies heißt aber, dass die Errichtung der Massebe und die im Traum erfahrene Zusage des göttlichen Beistands, von denen die Bethel-Episode erzählt, hier ihre strukturelle Entsprechung finden. Es folgt nun eine relativ lange Schilderung, wie Idrimi über das Meer in seine Heimat zurückreist (Z. 30b–34). Seine Ankunft wird in Alalakh und in den umgebenden Ländern begrüßt und gefeiert (Z. 35–42), ähnlich wie es auch in 2 Kön 11 der Fall ist. Besondere Beachtung verdient die Wiederbegegnung Idrimis mit seinen Brüdern, die, gemessen an der knappen Darstellungsweise der Inschrift, relativ breit und emotionsreich geschildert wird (Z. 39b–42a):111 aḫḫī(ŠEŠmeš)-ia iš-mu-ú-ma ù a-na maḫ-ri-ia il-li-ku-ú aḫ-ḫiḫi.a-ia it-ti-ia-ma in-na-ḫu-ú aḫ-ḫéḫi.a-ia aṣ-ṣur-šu-nu Meine Brüder hörten (davon) und kamen zu mir. Meine Brüder verbrüderten sich mit mir. Meine Brüder beschützte ich. Liverani 2004a:91 f. Durand 2011:107 f. 110 Siehe Dietrich / Loretz 1981:251, die so deuten: „Wiederholte Vogel‑ und Opferschau sollte während dieser Zeit den Moment zu erkennen geben, an dem eine Rückkehr in die Heimat angetreten werden kann“. Nach Durand 2011:107 f., geht es wie gewöhnlich um die Autorisation. 111 Im Rahmen einer die Qualität und Legitimität des Königs sichernden Komposition kann dieses Motiv als „recognition“ durch die Untertanen (Liverani 2004b:152–154) gewertet werden. 108
109 Siehe
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
Obwohl die Erzählung nicht die Brüder und Idrimis Verhältnis zu ihnen in den Mittelpunkt stellt, fehlt auch der Einfluss des Zweibrüdermotivs nicht ganz. Die anonym und summarisch genannten Brüder begegnen sowohl am Anfang des Abschnitts in Z. 7–8a,112 als auch und besonders an seinem Ende, in den zitierten Zeilen 39b–42a. Der Aufenthalt Idrimis in der Ferne, der innerhalb der Erzählung beträchtlichen Umfang einnimmt (Z. 13–34), geschieht betont fern von der eigenen Familie.113 Daraufhin entwickelt sich die Identität des legendären Idrimi unter anderem anhand des Motivs von zwei Brüdern. Das erlaubt, die Erzählung mit dem Jakobzyklus zu vergleichen. Hingegen fehlt in der IdrimiLegende der Antagonist, zu einem Konflikt mit einem eindeutig identifizierbaren und für die weitere Erzählung wichtigen Gegner kommt es nicht. Diese Beobachtung unterstützt die mehrfach vertretene These, dass die Idrimi-Erzählung sich auf gewisse historische Tatsachen gründet, aber stark durch übliche Motive und Erzählstrukturen geprägt ist;114 auch die Probe während der Flucht und die Legitimation als König vor allen Untertanen sind wichtiger als das Zweibrüdermotiv. Ein großer Konflikt oder Zweikampf wäre für die Darstellung des Aufenthalts in der Fremde anscheinend zu viel gewesen.115 Erst für die spätere Regierungszeit Idrimis wird die Eroberung einiger Städte und Gebiete erwähnt. Andererseits spielen die Brüder sowie überhaupt die verwandtschaftlichen Beziehungen Idrimis in der Inschrift eine wichtige Rolle, so dass sie gerade in der ersten Erzählung nicht fehlen durften. Dazu konnte das altbekannte Zweibrüdermotiv dienen. Der überwiegend fiktive Charakter des ersten Teils der Inschrift wird weiterhin von der Kurzatmigkeit der Formulierung der Motive unterstützt; dabei scheitert ein Vergleich mit dem Mose-Zyklus daran, dass die Inschrift sich mit einer begrenzten Fläche begnügen musste.116 Das Ergebnis sei vor dem Hintergrund des Zweibrüdermotivs in eine Tabelle zusammengefasst (Tabelle 7).117
112 Auch das Verb ḫal-qà-nu mit seiner Pluralform in Z. 4 spiegelt die gemeinsame Flucht mit den Brüdern. 113 Longman 1997b:479 vermerkt, dass die Wanderung eine Parallele zu David in 1 Sam 20–30 bildet. 114 Zur Diskussion siehe Oller 1989; Liverani 2004a:94–96; 2004b. 115 Auch wenn mit der Wüstenwanderung das Moment des „Tests“ vorhanden ist; siehe Liverani 2004a:90 f.94–96. 116 Dagegen sind die David-Erzählungen mit der Idrimi-Stele kurz verglichen worden, siehe die Literatur bei Liverani 2011:11 f. und die Strukturanalyse des Idrimi-Texts, Liverani 2011:13, anhand der Terminologie von Propp. 117 Vgl. auch die vergleichende Tabelle der Motivstruktur der Idrimi-Inschrift und der JoaschErzählung 2 Kön 11 bei Liverani 2004b:149.
3. Jakob als Vorfahre israelitischer Könige
141
Tabelle 7: Vergleich des Jakobzyklus mit der Inschrift von Idrimi Jakobzyklus (Genesis 25–33*) Motive und Elemente
Inschrift von Idrimi (Z. 3–42a)
* Jakob, Esau.
* Idrimi (Identifikationsfigur), ältere Brüder (aber keine direkten Antagonisten).
* Zwei Hauptdarsteller, jüngerer Protagonist (Identifikationsfigur) und Antagonist.
3.a+4.a Konflikt im Vaterhaus. (5.a Aufenthalt in Emar). 1. Zwei sehr verschiedene Brüder.
1. Affektvolle Gegenüberstellung zweier Darsteller.
(1. –)
2. Intrige der Mutter Rebekka.
2. Weise bzw. listige Handlung einer Frau (Mutter).
(2. –; aber die erste Aufenthalt bei den Verwandten mütterlicherseits.)
3. Erlistung des väterlichen Segens.
3. Konflikt.
3.b+4.b Gegenüberstellung mit den älteren Brüdern.
4. Problem mit der Familie.
4. Verkehrtes Verhältnis zu den Eigenen.
5. Aufenthalt in Haran (7+7 Jahre).
5. Wanderungen des Protagonisten.
5.b Aufenthalt bei den ḫapirūLeuten (7 Jahre).
6. Göttlicher Beistand: Traum in Bethel.
6. Beistand der Gottheit (Traum).
6. Beistand des Wettergottes (kultische Handlung).
7. Ringkampf am Jabbok.
7. (Ring‑)Kampf.
(7. –; aber vgl. Wüste und ḫapirū.)
8. Versöhnung mit Esau.
8. Versöhnung.
8. Wiederbegegnung der Brüder.
* Esau gerät in den Hintergrund (Edom benachteiligt).
* Ambivalentes Schicksal des Antagonisten.
(* –)
Am wichtigsten für unsere Analyse ist, dass die Legende, die aus historischen Fakten und fiktiven, aber bekannten Motiven um die Person Idrimis zusammengetragen worden ist, ihren Sitz im Leben im monarchischen Kontext hat. Auch wenn sie viele Jahre nach Idrimis Tod verfasst worden ist – um das Selbstverständnis der Dynastie zu bestärken –, kann das Verhältnis Idrimis zu seinen Nachkommen118 mit dem Verhältnis Jakobs zu dem israelitischen Königshof 118 Zur Diskussion über die späte Datierung siehe Oller 1989 und Longman 1991:65 f. Nicht ausgeschlossen sind auch mit dem Ahnenkult verbundene Aspekte (siehe Mayer-Opificius 1981; Longman 1991:66). Treffend schreibt aber Sparks 2005:288: „Whether one dates the text to the fifteenth or the twelfth century, its primary purpose was the same: to extol and support the royal dynasty of Alalakh by appealing to the heroic deeds of its ancient founder, Idrimi“. Vgl. auch Van Seters 1983:190 und zu folkloristischen Motiven im ersten Drittel Longman 1991:64. Weiterhin ist bemerkenswert, wie in der Inschrift die Gleichstellung mit den anderen
142
III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
verglichen werden. Für uns scheinen die Idrimi-Erzählungen und der JakobZyklus zwei Seiten derselben Medaille zu sein, wobei, was Idrimi betrifft, der realen Geschichte nähersteht und direkt das Königliche betont, während die Jakob-Überlieferung näher an der Legende ist und das Heldenhafte unterstreicht. Weiterhin dient das Zweibrüdermotiv in der Idrimi-Erzählung lediglich als Kulisse, denn die Betonung liegt eindeutig auf den Fähigkeiten und der Identität des Idrimi, wohingegen der Jakobzyklus die Motive von den zwei Brüdern und vom erfolgreichen Aufenthalt im Ausland eher in klassischer Weise gebraucht (vgl. Gilgamesch). Es könnten noch weitere Beispiele diskutiert werden, zum Beispiel die ägyptische Erzählung von Sinuhe, die zwar nicht direkt den König zum Protagonisten hat, wohl aber einen in höchste Position gelangten Vertreter der Elite.119 Doch lassen wir sie an dieser Stelle auf sich beruhen. Stattdessen wenden wir uns drei Aspekten zu, die, motivgeschichtlich gesehen, sehr oft in den altorientalischen Königstexten ihren Platz finden. Da diese auch religionsgeschichtlich interessanten Motive oben gesondert behandelt worden sind, seien sie hier kurz zusammengefasst. Besonders bei der Jabbok-Episode, aber auch bei der Bethel-Episode haben wir zwei Gottheiten erwähnt. Mehrere motivgeschichtliche Bezüge wiesen auf die kanaanäischen Vorstellungen von El hin und wurden durch den Ortsnamen Bethel sowie die Israel-Ätiologie unterstrichen. Die Sonnengottheit erhielt nicht nur wegen ihrer Rolle in der Jabbok-Episode (zusammen mit Schachar) besondere Beachtung, sondern auch wegen ihrer Bedeutung für die GilgameschTradition, die mit den Jakoberzählungen in Verbindung steht. Die zentrale Stellung des Sonnengotts erklärt sich am besten aus dem königlichen Kontext. Schamasch steht sehr oft sowohl in den Texten als auch ikonographisch mit der Königsideologie in Zusammenhang. Der folgende Text aus dem aramäischsprachigen Raum kann das veranschaulichen. Er zeigt auch, wie sich im Rahmen der Königsideologie El und Schamasch verbinden können. Die aramäischen Achiqar-Sprüche aus dem 8. oder 7. Jh. v. Chr. enthalten an einer Stelle drei Aussagen zum König (6,91–92):120
Königen mehrmals wiederholt wird. z. B. Z. 81: „Meinen Thron machte ich den Thronen der Könige gleich“ usw. (Dietrich / Loretz 1981:206). 119 Siehe die Erzählung bei Blumenthal 1995. In ihr finden sich die Motive Flucht, Wanderung / Aufenthalt im Ausland, Heirat mit der Tochter eines Stammesherrschers, Erfolg im Ausland, heroischer Kampf und Rückkehr in die Heimat. 120 Rekonstruktion und Übersetzung nach Weigl 2010:167.177; siehe auch seine Erörterungen auf S. 167–185. Zur Datierung und Lokalisierung vgl. Kottsieper 1990:241.246; 1996:131 ff.; Weigl 2010:657–690 und Niehr 2007:14.
3. Jakob als Vorfahre israelitischer Könige
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mlk krḥmn ʾp qlh gbh h[w]121 mn hw zy yqwn qdmwhy lhn zy ʾl ʿmh špyr mlk lmḥzh kšmš wyqyr hdrh ldrky ʾrqʾ bnyḥ[h] Ein König – wie er barmherzig ist, so [ist] auch seine Stimme hoch.122 Wer ist er, der vor ihm stehen kann, außer der, mit dem El ist? Schön ist ein König anzusehen wie Šamaš, und eindrucksvoll ist seine Pracht für jene, die auf Erden zu [seiner] Zufriedenheit wandeln.
Beide Gottheiten123 sind an die Person des Königs gebunden, beide helfen den Verfassern, den König in seiner besonderen Position darzustellen, beide prägen den Aufruf an die Untertanen, durch ihr wohlwollendes Verhalten gegen den König an der harmonischen Ordnung der Welt teilzuhaben. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, wie die Person Jakobs in den Bethel‑ und Jabbok-Episoden dargestellt wird und warum Jakob mit den Bezeichnungen Bethel, Israel und שׁמשׁin Zusammenhang gebracht wird. Im Blick auf die Motivgeschichte der Jabbok-Episode kann gesagt werden, dass Jakob am Jabbok in gewisser Weise einen Sieg über das Chaos erringt – nach diesem Ereignis herrscht Harmonie, der Konflikt mit dem Bruder wird gelöst, im Sinne des längeren Zyklus ist auch der Konflikt mit Laban behoben. Die assyrischen, aber auch die auf sie folgenden altorientalischen Könige haben sich als Hüter der Weltordnung verstanden.124 Sie sahen sich als von den Göttern legitimiert, besonders vom Sonnengott, der im Universum alles sieht, Dunkelheit verbannt, das Böse bekämpft und seit der altbabylonischen Zeit ein besonderes Verhältnis zur Institution des Königtums hatte.125 Die Brutalität der Kämpfe gegen jene Gebiete und Völker, die noch nicht unter assyrischer Herrschaft standen, erklärt sich mit dem entschlossenen Ziel, 121 Kottsieper 1990:12.21 rekonstruiert anders (Kol. X = 54,14): ʾp qlh gbh( )h „ja, als seinen Gesandten hat er ihn erhöht“ (dazu vgl. Weigl 2010:168, Anm. 323, und S. 169, Anm. 332). 122 Siehe vorige Anm. Niehr 2007:43 übersetzt hingegen: „Ein König: Je gnädiger er ist, desto höher is[t] seine Stimme“. 123 Für El als Gottesnamen siehe Niehr 2007:19 und Weigl 2010:169 f., Anm. 333, und für Schamasch als Gottesnamen siehe Niehr 2007:19.43 und Anm. 6,92a. Zur Sonnengottheit in den Achiqar-Sprüchen siehe Kutter 2008:326–337. 124 So besonders Maul 1999, aber auch Azize 2002. 125 Maul 1999:206. Als Beispiel sei auf den Anfang des Thronbesteigungslieds Assurbanipals aus dem Jahre 669 v. Chr. verwiesen („Šamaš, König über Himmel und Erde, erhebe dich zum Hirtenschaft über die vier Weltgegenden!“ – so nach Dietrich 2003:130); dieses Lied (siehe Livingstone 1989:26 f.) ist in der Diskussion über die Herkunft der Grundlage von Ps 72 herangezogen worden (siehe Arneth 2000:57–64.96–98.202; anders Loretz 2002:171–214). Zur Sonnengottheit und Königsideologie siehe Kutter 2008:392–396.
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
überall Ordnung und Gerechtigkeit herzustellen.126 Die Könige glaubten, die Ordnung garantieren zu können, bis dahin, dass der Unterschied zwischen dem König und der Gottheit dahinfiel.127 Es ist hier der Ort, an Psalm 72 zu erinnern, dessen älteren Teile nicht nur aus vorexilischer Zeit stammen, sondern sehr wahrscheinlich auch mit der königlichen Institution in Juda in Verbindung zu bringen sind.128 Zumal in den Versen 5–7 findet sich „ שׁמשׁSonne“ in einem Kontext, der königsideologisch klingt:129 Er {währe lange}130 vor131 der Sonne und vor dem Mond von Geschlecht zu Geschlecht; er komme nieder wie Regen auf die Aue, wie Regenschauer, der die Erde {feuchtet}132; er lasse blühen zu seinen Tagen die {Gerechtigkeit}133 und mache groß den Frieden, bis kein Mond134 mehr ist.
Die breite motivgeschichtliche Bedeutung dieser Verse wird durch einen Krönungshymnus unterstrichen, der sowohl in Ugarit belegt ist (RS 1979–25) als auch in den aus Emar stammenden Texten in Mari (Msk. 74243).135 Darin sind im Rahmen eines Segensspruchs sowohl das Paar Schamasch und Sin als auch „Regen des Überflusses“ belegt.136 In dem anschließenden Vers 8 lesen wir auch das Stichwort „ נהרFluss“: „Er herrsche von einem Meer bis ans andere / und von dem Fluss bis zu den Enden
126 Maul
1999:213. Sonnengott dUTU fehlt auch nicht in der Idrimi-Inschrift, obwohl er dort in Z. 100 in Verbindung mit dem Schreiber Šarruwa auftritt; siehe aber Liverani 2004b:153, Anm. 9, zur Verbindung zwischen dem Motiv der Wiederkehr des „legitimen“ Königs und dem Motiv der Wiederherstellung der Ordnung. Das Verhältnis des Sonnengottes zu den ältesten Erzelternerzählungen wird unten IV 2.2 und VI 3.3 weiter untersucht. 128 So bes. Arneth 2000; weiterhin zum monarchischen Charakter des Psalms siehe Carr 2011:393 f. und im Kontext der Segnungen wie Gen 27,28 f. Van Seters 1992:287 f. 129 Die Verse 5–9 gehören nach Loretz 2002:206 f. zu einem älteren Fragment; Levin 2003c:335 f. sieht die Grundschicht in V. 1.5.7.17, die früh um V. 3.6.16 ergänzt worden sei (siehe auch Arneth 2000:29–44); nach Hossfeld / Zenger 2000:312–314 findet sich der vorexilische „Primärpsalm“ in V. 2–7.12–14.16–17a. Beachte auch die im AT nur zweimal belegte Wendung לפני שׁמשׁin V. 17 (zu Hi 8,16 und den Verbindungen mit dem Sonnengott siehe Nõmmik 2010:254–261). 130 ְ וְ יַ ֲא ִר. Statt MT יִ ָיראוּ ָךlies mit LXX, BHS und Loretz 2002:185 יך 131 Die Präposition עםkann hier anhand des Parallelismus mit „vor“ übersetzt werden; siehe Loretz 2002:186. 132 Das Hapax Legomenon זרזיףwird seit langem zu יזריפוkonjiziert, siehe KBL3:268b; BHS; vgl. Loretz 2002:187 („ זרזפוreich besprengen“). 133 Der „Gerechte“ צדיקsteht wohl unter dem Einfluss der „Armen“ im übrigen Psalm und ist mit Hilfe von einigen Handschriften, LXX und S als צדקzu lesen; so BHS; Loretz 2002:187; Levin 2003c:336 u. a. 134 Die Lesart „Mond“ ist nicht sicher, siehe Loretz 2002:187 u. a. 135 Die Parallele wird von Dietrich 1998:192 f. und Loretz 2002:204 f. diskutiert; zu Text und Übersetzung siehe bei Dietrich 1998:158–164. 136 Siehe bes. Z. 1.8–10.15–22 (Dietrich 1998:158 ff.). 127 Der
3. Jakob als Vorfahre israelitischer Könige
145
der Welt.“ Das bringt uns zu einem anderen, bemerkenswerten Motiv, auf das manche Itinerare in den altorientalischen Königslegenden und Königsinschriften aufmerksam machen. Wir haben bei der Behandlung des Gilgamesch-Epos bereits auf die Überquerung der „Wasser des Todes“ hingewiesen. Die Bezeichnung nāru für „Fluss“ (SB X,106), die dort den Text poetisch bereichert, kann nicht zufällig sein, denn das Motiv des Überschreitens eines Flusses findet sich in den Königsinschriften bemerkenswert häufig. Gewiss mussten die mesopotamischen und hethitischen Könige auf ihren Feldzügen Tigris oder Euphrat oder ihre zahlreichen Nebenflüsse überqueren. Das kann ein Grund sein, warum das Motiv sich im Laufe der Zeit verbreitete und ein Kennzeichen der Macht einer (königlichen) Person wurde. Neben zahlreichen Königen und ihren Texten, wie z. B. den Annalen Hattusilis I. (CTH 4, KBo 10,1–2),137 den Inschriften Tiglatpilesers I.,138 den Annalen Assurnasirpals II.,139 dem schwarzen Obelisken Salmanassars III.140 sowie seinen übrigen Texten kann die überwiegend als Itinerar verfasste Inschrift Tukulti-Ninurtas II. (AO 4655+VAT 10422)141 als eines der prägnantesten Beispiele genannt werden. Es liefert uns mehrere bezeichnende Details. Erstens findet der Aufmarsch entlang des Euphrats statt. Zweitens wird sehr oft die Formel GAR-an be-de „ich schlug ein Lager auf, übernachtete“ gebraucht. Drittens überquert der König auch Kanäle, z. B. in Z. 52:142 a-na URU.BÀD-mku-ri-gal-zu aq-ṭí-rib GAR-an be-de ˹iš-tu˺ URU.BÀD-m˹ku˺-ri-gal-zu ˹ittu8-muš˺ ÍD pa-at-ti-dBAD e-te-bir GAR-an be-de I approached Dur-Kurigalzu, pitched camp (and) spent the night. Moving on from DurKurigalzu I crossed the Patti-Enlil Canal, pitched camp (and) spent the night.
Und viertens dürfen für die Grundlegung der königlichen Macht am Ende der Inschrift auch die Errichtung von Stelen (für die Vorväter) und ihre Salbung mit Öl nicht fehlen (Z. 140–145).143 Die Selbstverständlichkeit, mit der die Motive der Wanderung, der Überquerung eines Flusses sowie der Errichtung der Stelen und ihrer Salbung aneinander gereiht werden, spricht für die tiefe Verwurzelung in der Tradition. Auch das Geschehen um Jakob kann solche Wurzeln haben. Aber das Motiv der Überquerung eines Flusses ist in der Ideologie dermaßen verankert, dass es auch kleinste Textbausteine erreicht hat, z. B. die Dedikation
137 Siehe die Übersetzung bei Kümmel 1985; in der akkadischen Fassung Vs. I, Z. 34, in der hethitischen Fassung Vs. II, Z. 17 ff. 138 Siehe die Übersetzung bei Borger 1984:356–358; Tontafel B, Z. 29 ff.; Tontafel C, Z. 34. 139 Siehe die Übersetzung bei Borger 1984:358–360; III, Z. 64 ff. 140 Siehe die Übersetzung bei Borger 1984:362f; Z. 26 ff.57 ff.87 ff.91 f.97 ff.102 ff. 141 Siehe den Text und die Übersetzung bei Grayson 1991:170–179 und vgl. Grayson 1976:98–105. 142 Text und Übersetzung Grayson 1991:173 f.; vgl. 1976:101. 143 Grayson 1976:105: „steles“; 1991:178 f.: „inscribed monuments“. Vgl. auch Z. 59–60 (Grayson 1976:102; 1991:174).
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III Jakob – ein Vorfahre der Könige von Israel?
für Hasael auf einer Pferde-Stirnplatte aus dem Heraion von Samos, die den frühesten Jakoberzählungen auch zeitlich und geographisch nahesteht:144 zy ntn hdd lmrʾn ḥzʾl mn ʿmq bšnt ʿdh mrʾn nhr Dies gab HDD unserem Herrn Hasael aus ̒MQ in dem Jahr, als er den Strom überquerte.
Unsere Erörterungen zum Beistand des Sonnengottes und dem Motiv der Überquerung eines Flusses rücken das Itinerar Jakobs in die Nähe der königlichen Chroniken. Die Jabbok-Episode verbindet die zwei Motive in besonders bemerkenswerter Weise, aber das Motiv des frühen Morgens mit dem Sonnenaufgang betrifft auch die Bethel-Episode sowie die Versöhnung von Jakob und Laban. Jakob überquert sogar noch einmal in 31,21 einen Fluss, der wohl der Euphrat sein soll.145 Am Ende unserer motiv‑ und religionsgeschichtlichen Erörterungen zu den ältesten Jakoberzählungen kommen wir zum Schluss, dass die Verfasser des Jakobzyklus aus einer tiefen Quelle der Tradition geschöpft haben. Das geschah meistens auf einer kleinen Textfläche, die jedoch ein großes motivgeschichtliches Potenzial aufweist. Gewiss kann die Knappheit der Darstellung uns bisweilen auf falsche Wege leiten, doch die Frage ist unumgänglich, wie jemand, der die akkadischen, hethitischen oder aramäischen königsideologischen Texte oder die Überlieferungen von legendären (königlichen) Helden kannte, die Jakoberzählungen verstanden hätte. Unsere Antwort ist, dass er immer wieder auf die tief in der höfischen Tradition verwurzelten Motive und ihrer üblichen Kombinationen gestoßen wäre. Daraus folgt: Jakob wurde sehr wahrscheinlich als ein Vorfahre der israelitischen Dynastie(n) verstanden; in jedem Fall ist Jakob als ein legendärer, den altorientalischen Königen in gewissem Grade gleichender Held dargestellt worden.146 Wenn die Überlieferung ohnehin kaum anderswo als am Königshof bzw. im Bereich von schriftkundigen Händen am Königshof 144 Der Text und die Diskussion findet sich bei Na’aman 1995:381, die Übersetzung bei Kottsieper 2001:181 (ähnlich Na’aman 1995:383). Trotz der andauernden Diskussion darf das Motiv der Überquerung des Flusses als sicher angesehen werden (Röllig 1988:67 übersetzt dennoch anders als hier). Zur Datierung ins 8., vielleicht ins 9. Jh. und zu einem Paralleltext auf Scheuklappen aus dem Heiligtum des Apollon Daphnephoros in Eretria auf Euböa siehe Röllig 1988:69–71, zur Platte siehe näher Kyrieleis 1988 und zur Flügelsonne darauf (die wohl kein Sonnengott sein soll) Kyrieleis 1988:44 f. 145 Das Motiv der Überquerung gehört laut Levin 1993:238 f. und Kratz 2000:270, Anm. 53, zum vorjahwistischen Bestand. 146 Ohne weitgehende Folgerungen zu ziehen, sei angemerkt, dass Jakob im Buch der Jubiläen als ein Familienmensch (z. B. Jub 34,5–6; 4Q223–224 2 IV 13–15 [Jub 37,24–25]), ein „warrior“ (4Q223–224 2 IV 18–20 [Jub 38,2–3]) und ein „peace-seeker“ (4Q223–224 2 IV 30–31 [Jub 38,11–12]) beschrieben wird (Livneh 2013, bes. 203–206). Obwohl dieses Bild in den biblischen Jakob-Texten begründet ist (Kampf am Jabbok, große Familie Jakobs) und auch Abraham ein mögliches Vorbild war (zumal Gen 14), kann darin ein Echo von Jakobs (=Israels) legendären „heldenhaften“ Zügen nachklingen, die in der Makkabäerzeit zweifellos an Bedeutung gewonnen haben. Livneh 2013:209 betont die Bedeutung des im Kampf errungenen Segens und Israels militärischen Erfolg. Zum Einfluss der altorientalischen Motivik und Vorbilder
3. Jakob als Vorfahre israelitischer Könige
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entstanden sein kann, entsteht die Frage, wen anders eine solche Darstellung betreffen konnte als den legendären Vorfahren. Jakob ist für die Schreiber in solchem Maße eine Identifikationsfigur gewesen, dass sie und ihre Auftraggeber einen direkten Bezug zu ihm gehabt haben müssen.147 Diese Erörterungen erklären auch den Einfluss auf den Saul-David-Zyklus, denn David als der legendäre königliche Vorfahre der judäischen Dynastie musste in derselben Weise dargestellt werden. Es liegt am nächsten, dass dafür die Hoftradition des nördlichen Königtums Vorbild gewesen ist, die in der Mitte des 8. Jh.s sehr wahrscheinlich weiter ausgeprägt war. Dass nach dem Untergang des Nordreichs die dortige Hoftradition dem südlichen Pendant einen wesentlichen Impuls gegeben hat, ist nach wie vor sehr glaubhaft.
auf die levantinische Königsideologie siehe Naumann 2000:146–163 (David) und Sanders 2009:109–122 (Schriftkultur). 147 Vgl. noch einmal die Erörterungen von Blum 1984:29 zur Bethel-Episode.
IV Isaak – Friede mit den Nachbarn 1. Der Text Genesis 26 Abgesehen von Gen 27 bildet die Erzählung von Isaak und Rebekka bei Abimelech in Gen 26 den eigentlichen Nukleus und den motivgeschichtlich interessantesten Teil der Isaak-Überlieferung. In ihrer heutigen Gestalt ist sie das Ergebnis eines mehrstufigen literarischen Wachstums. Mehrere Querverbindungen im Text sowie zahlreiche Bezüge auf die vorausgehenden Abrahamerzählungen bilden den Schlüssel, um diesen Prozess zu verstehen.1 Zunächst fällt die Offenbarung Jahwes in V. 2–5 auf. Die späteren Verfasser stellten dem umfangreichsten Isaak-Text die göttlichen Verheißungen voran, um Isaak am Segen Abrahams ausdrücklich teilhaben zu lassen (vgl. Gen 12,1–3). Der Segen wird teilweise wortwörtlich wiederholt und seine Gewissheit unterstrichen.2 Die Ergänzer haben zudem hervorgehoben, dass Isaak nicht nach Ägypten gehen soll, wie Abraham es während einer ähnlichen Hungersnot in der Episode Gen 12,10–20 getan hat, sondern im Lande bleiben soll. Darüber hinaus haben sie sich wahrscheinlich auf die bereits früher eingefügte Offenbarung Jahwes in V. 24 bezogen3. Innerhalb von V. 2–5 könnte die Begründung für den Segen Abrahams in V. 5 noch später hinzugefügt worden sein; denn sie überdehnt den Satz in V. 2–4 und spiegelt mit der Wortwahl שׁמר משׁמרתי מצותי „ חקותי ותורתיmeine Rechte, meine Gebote, meine Weisungen und meine Gesetze halten“ die späte Frömmigkeit.4 Die Notiz in V. 1aβ, wonach die Hungersnot sich in die mehreren Hungersnöte zur Zeit Abrahams einreiht, kann nur von jemandem stammen, der sich auf die Episode in Gen 12 bezieht.5 Die älteste Schicht muss einen Grund genannt Zur Forschungsgeschichte siehe Schmid 1991:1–36. Vgl. auch 28,15, und siehe Köckert 1988:321; Levin 1993:201 und vgl. Blum 1984:298 f.; Boecker 1992:35 f.; Thiel 1993:257 f. 3 Siehe unten sowie Westermann 1981:522 und vgl. Blum 1984:301; Boecker 1992:37; Levin 1993:206; Thiel 1993:258; Schmid 1991:39 f. 4 Vgl. Gunkel 1910:300 f. (nur Teile von V. 2a und 3a ursprünglich; so auch Thiel 1993:257 f.); Kilian 1966a:203–206 und Levin 1993:25 f. Blum 1984:298 f.301.362 f. nimmt für V. 3bβ–5 spätere Entstehung an. Nach Boecker 1992:32.35 sind V. 2–5 insgesamt noch jünger. Ganz anders Van Seters 1992:269 f. 5 Vgl. Gunkel 1910:300; Noth 1948:115, Anm. 302; Kilian 1966a:202; Levin 1993:205 und Thiel 1993:256 f. 1 2
1. Der Text Genesis 26
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haben, warum Isaak nach Gerar ging; dafür eignen sich V. 1aα und Teile von V. b sehr gut. Dass Abimelech in V. 1b erwähnt wird, muss hingegen gegenüber dem zweiten Beleg in V. 8 sekundär sein; sie dürfte mit den Zusätzen in V. 2–5 zusammenhängen.6 Für die notwendige Information in V. 1 genügt der Satz ויהי רעב „ וילך יצחק גררהund es geschah ein Hungersnot und Isaak ging nach Gerar“. Allerdings stellt sich die Frage, warum in V. 1a eine Ortsangabe fehlt; denn הארץbleibt unbestimmt. Möglicherweise ist in V. 1 noch etwas mehr aus der ältesten Schicht erhalten, das sich aber nicht mehr mit Sicherheit rekonstruieren lässt. Auf jeden Fall wird für den Anfang der folgenden Episoden ein Marker gebraucht; ein mit PN+qotel‑ oder PN-qatal-Konstruktion beginnender Satz fehlt sowohl in V. 1 als auch in V. 6–7, und ויהיwürde sehr wohl passen.7 Die Verse 6–9 sind für die Erzählung unentbehrlich und gehören insgesamt zur ältesten Schicht.8 Allein die Notiz am Ende von V. 7, dass Rebekka schön war, ist verdächtig; denn sie fügt nicht nur zu zwei Nebensätzen einen weiteren hinzu, sondern deckt sich auch mit der idealisierenden Tendenz in den Abrahamerzählungen, die Schönheit der Frau des Erzvaters hervorzuheben. Die akute Todesgefahr, die zum narrativen Muster gehört, setzt ohnedies voraus, dass die Einheimischen einen Grund haben, nach Rebekka zu greifen.9 In V. 9–10 reimen sich die zwei Fragen Abimelechs nicht damit, dass sie nur eine einzige Antwort Isaaks erhalten. Da die zweite Frage sich eindeutig als rhetorisch verstehen lässt, wesentlich länger ist als die erste und zudem eine moralische Stellungnahme enthält, erhebt sich der Verdacht, dass sie nach dem Vorbild der Abraham-Episoden in Gen 12 und 20 (vgl. 12,18 und 20,9) später hinzugefügt worden ist. Das Wort für Schuld אשׁם, das außer in 42,21 im Buch Genesis nicht mehr belegt ist, spricht dafür, dass der Ergänzer bereits die Priesterschrift kannte.10 Vers 11 löst das in V. 7 geschilderte Problem. Hier liegt die ursprüngliche Pointe; mit ihr schließt die erste Episode mit Isaak und Abimelech, die wir im Folgenden als Gen 26A bezeichnen wollen.11 Dagegen stehen, wie Claus Westermann richtig beobachtet hat, V. 12–14 und V. 17 zueinander in Spannung. Der 6 Levin 1993:201–203 nimmt diese Doppelung in V. 1b und 8 sogar für die vorjahwistische Quelle an. 7 Vgl. ähnliche, die jeweilige Exposition betreffenden Probleme in Gen 28,10 ff. (oben II 3.1) und 32,23 ff. (oben II 4.1), sowie die syntaktischen Probleme am Anfang von Gen 18 (unten V 1). 8 In V. 7 sollte nach אשׁתיein היאeingefügt werden (vgl. Sam und LXX [BHS]), um den Satz zu vervollständigen. 9 Kilian 1966a:206 f. sieht einen Gegensatz zwischen den Verben הרגin V. 7 und מותin V. 9.11, und in V. 7b (ab )פןerkennt er auch eine Erweiterung – das kann man nicht vollkommen ausschließen. 10 So Levin 1993:206; er sieht אשׁםabhängig von der sakralrechtlichen Sprache des P. Allerdings begegnet das Wort möglicherweise bereits in der zweiten Hälfte des 7. Jh.; vgl. Renz 1995a:328 und 1995b:214; vgl. auch Kilian 1966a:208. 11 Es ist nicht zu entscheiden, ob העםmit Sam und LXX (BHS) besser als עמוzu lesen ist.
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
große Reichtum eines sesshaften Bauern, den V. 12–14 beschreiben, passt nicht zu dem bescheidenen Leben eines Nomaden in V. 17 (vgl. „sich lagern“ )ויחן.12 Der Gegensatz ist zugunsten von V. 17 zu entscheiden, weil dieses Itinerar als das Bindeglied zwischen zwei an unterschiedlichen Orten lokalisierten Episoden dient (Gerar und das Tal von Gerar in V. 17 und 19) und insofern unentbehrlich ist. Die Szene in V. 16, wo Abimelech die Überlegenheit Isaaks anerkennt, hängt wiederum von V. 12–14 ab und muss demselben späteren Verfasser zugeschrieben werden. Die sekundären Verse 12–14.16 nutzen geschickt den Szenenwechsel und die Wanderung Isaaks, um den Segen Jahwes (V. 12) in das Kapitel einzuschreiben; sie gehören auf eine ähnliche literarische Ebene wie V. 2–5 und V. 24. Die beiden jüngeren Verse 15 und 18 gehören inhaltlich locker zusammen und reagieren auf die Abraham-Tradition (vgl. 21,22–34).13 Dass die Philister in V. 15 die Brunnen Abrahams zerstörten, kann zwar mit ihrem Neid begründet werden (vgl. V. 14), doch kann Isaak die Brunnen Abrahams nur erneut gegraben haben, wenn diese wieder zugeschüttet worden sind.14 Wenn V. 12–16 und 18 ausscheiden, entfällt in Gen 26 insgesamt das Problem der auffallend wechselnden Lokalisierungen: In V. 15 werden die Brunnen in der Stadt zugeschüttet, in V. 17 zieht Isaak in den Talgrund, in V. 18 kehrt er nach Gerar zurück, um die Brunnen freizulegen und dann wiederum ab V. 19 ff. im Tal Brunnen graben zu lassen. So schließt sich V. 19 ursprünglich am besten an V. 17 an.15 Isaak lässt in den älteren Versen 19–21 zwei Brunnen graben, die sich möglicherweise noch in der Gegenwart des Erzählers lokalisieren ließen.16 Der dritte Brunnen in V. 22 mag dazugehören, setzt aber voraus, dass Isaak erneut den Ort gewechselt hat (vgl. ויעתק משׁםin V. 22).17 An dieser Stelle kommt nicht nur eine weitere Namensätiologie ins Spiel, die die ersten beiden an Länge deutlich übertrifft, sondern der Name wird ganz ungewöhnlich mit dem Eingreifen Jahwes
12 Westermann 1981:519. Verse 12–14 werden auch von Noth 1948:115, Anm. 303; Levin 1993:201 f. (J) für redaktionell gehalten. Dagegen sieht Blum 1984:303 in V. 12 f. eine notwendige Überleitung zwischen den beiden Episoden (ähnlich Boecker 1992:36; Thiel 1993:258–261). 13 So auch Wellhausen 1899:20 f.; Gunkel 1910:302; Westermann 1981:520; Blum 1984:301 f. (und Anm. 4); Boecker 1992:36 f.; Levin 1993:205; Thiel 1993:258 und Van Seters 2013:41; vgl. Kilian 1966a:253. 14 Die widersprüchliche Zahl der Brunnen (in 21,22–34 nur einer, in 26,15.18 mehrere) kann darauf zurückgehen, dass die Verfasser von V. 15 und 18 die entsprechende Abraham-Tradition vorausgesetzt und die Fassung von Gen 21 noch nicht gekannt haben. 15 So richtig Westermann 1981:521. 16 So ist in der Forschung vermutet worden. Westermann 1981:521 beispielsweise plädiert für wādi Ruḥēbe. Er hält die Itinerare und drei Brunnennotizen für die ältesten Teile der Erzählung (S. 520); ähnlich Boecker 1992:37. 17 Der Wortschatz erinnert darüber hinaus an die späte Stelle 12,8 (siehe dazu Levin 1993:202). Das seltene Verb עתקmag, ähnlich wie an anderen Stellen (Gen 12,8; Hi 9,5; 14,18; 18,4), zum späten Wortschatz gehören.
1. Der Text Genesis 26
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begründet. Vermutlich handelt es sich um eine Einzeltradition aus deutlich jüngerer Zeit als die erste Fassung der Isaak-Abimelech-Erzählung.18 Das ganze Interludium in Beerscheba in V. 23–25 ist eine eigenständige Überlieferungsgröße. In der Mitte steht die Offenbarung und Verheißung Jahwes an Isaak in V. 24, die möglicherweise älter ist als die Verheißungsrede in V. 2–5, aber wie diese von der Verheißung an Abraham am Anfang von Gen 12 abhängt.19 In ihrer Wortwahl und Kürze stimmt die Notiz, dass Isaak in Beerscheba gezeltet und einen Altar gebaut habe, mit 12,7 f. in solchem Maße überein (vgl. ויט־שׁם אהלו, )ויבן שׁם מזבח, dass sogar die Herkunft von derselben Hand naheliegt. Aus unseren Erwägungen folgt, dass der ältere Erzählfaden von V. 19–21 sich erst in V. 26 fortsetzt, ohne dass das Tal von Gerar verlassen wird; die Delegation Abimelechs dürfte damit in V. 26 aus Gerar zu den Brunnen und zum Aufenthalt Isaaks ins Tal gekommen sein. In der Szene vom Vertragsschluss in V. 26–31 verweist die zweite Hälfte von Isaaks Begrüßung (V. 27b) so eindeutig auf die sekundären Verse 12–16 zurück (vgl. )ותשׁלחוני מאתכם, dass die Entscheidung über ihren jüngeren Charakter nicht schwer fällt.20 Der Anfang der Antwort Abimelechs in V. 28a (außer )ויאמרו bezieht sich zusätzlich auf Jahwes Worte in V. 3 und 24.21 Dass in V. 28 drei suffigierte Präpositionen aufeinander folgen ()בינותינו בינינו ובינך, kann literarkritisch so gelöst werden, dass die Rede Abimelechs ursprünglich nur תהי נא אלה „ בינותינוes soll ein Eid sein zwischen uns“ umfasst hat.22 In diesen Worten ist der Vorschlag zum Frieden bereits vollständig zum Ausdruck gebracht. Das entspricht bestens der üblichen kurzen und gezielten Phrasierung in der ältesten Schicht. Demgegenüber wirkt der Vorschlag, einen Bund zu schließen (כרת )ברית, wie ein Überschuss, zumal im Alten Testament ein Bundesschluss nicht notwendig Teil eines Friedensschlusses ist.23 Darüber hinaus fungieren V. 28a und 29a nicht auf derselben Ebene: Während V. 29a (bis נגענוךeinschließlich) die Aufforderung, einen Eid zu schließen, begründet, reagiert V. 28a (ohne ויאמר und ונאמרeinschließlich) auf V. 12–14 und kann schwerlich bereits ursprünglich vorhanden gewesen sein. Das zweite und stilistisch durchaus deplatzierte כאשׁרin 18 Levin 1993:202 begründet den sekundären Charakter damit, dass der harmonische Ausgang der Streitigkeiten programmatisch auf Jahwe zurückgeführt wird. Anders Blum 1984:303, der in den Brunnenstreitigkeiten die „territoriale Abgrenzung“ sieht. 19 Diese Verse werden auch von Levin 1993:204–206 (in zwei Schichten; vgl. Boecker 1992:37 und Schmid 1991:49 f.), V. 24–25a von Gunkel 1910:303; V. 24 von Blum 1984:301; Köckert 1988:152.321 und Thiel 1993:258 (bei ihm genauer 25aα) für sekundär gehalten. Schmidt 1970:19 f. weist darauf hin, dass es in Ri 6,24 einen Einschub gibt, der Gen 26,24–25a gleicht. 20 Darüber hinaus hat der rhetorisch betonte Satzbau wə-Personalpronomen+qatal in den übrigen Versen dieses Kapitels keine Entsprechung. 21 Darüber hinaus wirkt die figura etymologica hier künstlich. Siehe auch Levin 1993:202. 22 In LXX fehlt ein Pendant für בינותינו. Wie Wevers 1993:411, Anm. 25, bemerkt hat, steht Anm. a bei V. 28 in BHS an falscher Stelle. 23 Ähnlich Levin 1993:204.
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
V. 29 markiert den Anfang einer sekundären Erweiterung, die den einfachen und an das Todesrecht aus V. 11 erinnernden Inhalt „so dass du uns keinen Schaden tust, wie auch wir dich nicht angetastet haben“ (אם־תעשׂה עמנו רעה כאשׁר לא נגענוך, beachte besonders )נגעmit Hilfe einer ganzen Reihe von aus V. 11.12 und 16 gesammelten Elementen überbieten will und dabei den Begriff שׁלוםaus V. 31 vorwegnimmt.24 Im Anschluss an den Friedensvorschlag und dessen Begründung in V. 28aα.29a bilden V. 30–31 für die ursprüngliche Form der zweiten Episode, die wir im Folgenden als Gen 26B bezeichnen wollen, das angemessene Fazit. Sie deuten an, dass das gemeinsame Essen, das Schwören am frühen Morgen und der Abschied im Frieden in der ältesten Schicht eine deutlich wichtigere Position besaßen als in der heutigen Gestalt des Textes.25 Die Formeln ויהי ביום ההואund על־כןin V. 32–33 gehören zum sprachlichen Grundbestand späterer Autoren, wenn sie Texte ergänzen. Sie zeigen, dass diese Verse an das Ende der Isaak-Abimelech-Erzählung angehängt worden sind. Sie ziehen die ätiologische Konsequenz aus der damals anscheinend bereits vorhandenen Überlieferung über die Beziehung zwischen Isaak und Beerscheba und aus der vorliegenden Isaak-Abimelech-Erzählung.26 Die Schreiber wollen nicht verhehlen, dass sie eine Ergänzung vorgenommen haben. Mit der Wendung עד היום הזהbeziehen sie ihr Fazit auf die eigene Gegenwart. Dass V. 34–35 aus dem Umkreis der Priesterschrift stammt, ist unstrittig.27 Die Grundschicht unseres Textes teilt sich damit in zwei Unterepisoden, in die Episode in V. 1–11*, die erzählt, wie Isaak und Rebekka von Abimelech in königlichen Schutz genommen werden, und in die Episode in V. 17–31*, die erzählt, dass die Knechte Isaaks und Abimelechs um die Brunnen streiten, und wie der Konflikt durch einen Friedenschluss zwischen Isaak und Abimelech gelöst wird. Die Episoden wurden zu einer Haupterzählung zusammengebunden, wie der mit dem wə+PN+qatal-Satz markierte Einschnitt am Anfang von V. 26 (d. h. erst an dieser Stelle des Erzählverlaufs und nicht früher) eindeutig zeigt. Zugleich entspricht die Doppelepisode dem bereits bei Gen 25* beobachteten Phänomen der Aneinanderreihung von zwei kurzen, thematisch gebundenen Episoden, das in der frühesten Erzählliteratur anscheinend geläufig gewesen ist.28 Zu beiden Episoden gibt es Parallelen in den Abrahamerzählungen, für die zweite in Gen 21,22–32 und für die erste sogar zweimal, in Gen 12,10–20 und 24 Ähnlich Levin 1993:204; Blum 1984:303 sieht dagegen in solchen Querverweisen ein Zeichen für die dichte Komposition von Gen 26. 25 Wegen מרעהוin V. 26 könnte לרעהוin V. 31 eine bessere Variante sein (Sam, LXX, BHS) als לאחיוin MT. 26 Oder sie reagieren auf die mittlerweile entstandenen Abrahamerzählungen, einschließlich Gen 21, wie Levin 1993:204 f. annimmt. 27 Siehe dazu Levin 1993:214; hingegen argumentieren Jepsen 1978:71 und Schmid 1991:38 mit „alten Traditionsstoffen“. 28 Siehe oben II 1.1; in II 3.2 wurde erwähnt, dass sich in 1 Kön 3 eine weitere alte Doppelepisode findet.
1. Der Text Genesis 26
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Gen 20. Dass die ihrerseits wenigstens einmal erweiterte Erzählung über den Vertrag zwischen Abraham und Abimelech und die Ätiologie Beerschebas in Gen 21,22–32 von Gen 26 abhängt,29 zeigt sich bereits daran, dass der Streit um einen Brunnen in 21,25b kurz und ohne Exposition in einem Nebensatz erledigt wird – als ob ein Streit um Brunnen in der Nähe von Beerscheba eine altbekannte Tatsache wäre. Gerar oder das Tal werden in Gen 21 nicht genannt, stattdessen das Land der Philister.30 Alles konzentriert sich auf Beerscheba, das ein Wallfahrtsort, wenigstens aber eine kultisch wichtige Stadt gewesen ist.31 Darüber hinaus ist die philistäische Delegation schematisch auf zwei Mitglieder reduziert. Die drei namentlich genannten Philister in Gen 26 hingegen sind eindeutig origineller.32 Mit dem Motiv der Gefährdung der Ahnfrau verhält es sich komplizierter, zumal wegen der Variante in Gen 12,10–20. Die dritte Variante in Gen 20 gehört zu den sogenannten „elohistischen“ Texten und ist laut der aktuellen Diskussion nicht nur die jüngste Fassung,33 sondern ist in ihrer midraschartigen Ausprägung auch von beiden früheren literarisch abhängig.34 Trotz des Vorbehalts, in Gen 26,1–11 fehle es im Vergleich zu Gen 12 an „innerer Dramatik“,35 So bereits Hupfeld 1853:49.147, und auch Kilian 1966a:254 f.257 f. (Gen 21 und 26 als Varianten, wobei Gen 21 auf dem Wege mündlicher Tradition von Gen 26 abhängig sei; ähnlich Boecker 1992:39); Westermann 1981:424; Levin 1993:172–175; vgl. Gunkel 1910:304 f. (parallele Traditionen); Thompson 1987:57 f. und Blum 1984:411–419. Eine umgekehrte Meinung vertrat früher Van Seters 1975:186–191; 1992:268, siehe nun aber 2013:41.136–138, wo er behauptet, dass Gen 20 und 21,22–34 nachjahwistisch seien. 30 Darin spiegelt sich vielleicht auch die historische Tatsache, dass man in der Zeit, als die Abrahamerzählungen entstanden, von Gerar nichts mehr gewusst hat. Zu Gerar siehe unten 2.2, Anm. 126. 31 Vgl. Am 5,5 und 8,14. 32 Levin 1993:203 schreibt der Erzählung einen historischen Kern zu und hält auch Abimelech, Ahusat und Pichol für historische Personen, vgl. auch Noth 1948:171. Jedenfalls spricht die Einzigartigkeit des Namens Pichol sowie dessen anatolische (karische) und damit den Philistern einigermaßen nahe Etymologie *Πικωλδος oder *Πιγωλλος (siehe R ay 1986:358 f.) für einen historischen Prototyp. Noth 1948:171 mit Anm. 443 dachte noch an eine ägyptische Etymologie. 33 So auch Kilian 1966a:214 f.; Blum 1984:406 f.414–416; Schmid 1991:40; Levin 1993:172– 175; Schmid 1999:148 f.; Jeremias 2006:67 f.; Kratz 2009:125–128 und gegen seine frühere Meinung auch Van Seters 2013:41.134–136; vgl. auch Wöhrle 2011:34–38. Zum Vergleich: Bei Gunkel 1910:226 ist Gen 26 sogar die jüngste Variante. 34 Genauer gesagt hat Gen 20 vermutlich eine Zeitlang selbständig existiert und ist erst von einem Redaktor aufgenommen und in das Gerüst der Abrahamerzählungen eingebaut worden (vgl. Blum 1984:418). Vgl. Kratz 2009:126–128. Beachte weiterhin Verschiebungen wie die Einsetzung von יראת אלהיםin 20,11 statt des einfachen Verbs יראin 26,7, oder die markante Verwendung der Formel ימות/ מות תim Munde Gottes in 20,7 statt im Munde des Königs in 26,11. Außerdem wird in Gen 20 generell die moralische Lauterkeit von Abraham und Sara unterstrichen (so bereits Hupfeld 1853:49), und Abraham wird sogar als Prophet bezeichnet, den man um Fürsprache bei Gott bitten kann. 35 Keel / Küchler 1971:125; vgl. bereits Skinner 1910:364: „writer’s timid handling of the theme“; Gunkel 1910:226: „ästhetisch geringwertig“; Van Seters 1992:268: „a tame version“ (vgl. 1975:167–186). 29
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
ist diese Fassung keine schematisierte Wiederholung von Gen 12, sondern bildet eine den Handlungsverlauf mit innerer Folgerichtigkeit darstellende Erzählung. Genesis 26 bietet den plot als Handlung zwischen den beteiligten Personen, in Gen 12 hingegen finden sich einerseits Auslassungen, andererseits Ausführungen, die weitergehende Voraussetzungen ins Spiel bringen. So wird die Verheimlichung des Familienstands ausführlich geplant und die Schönheit Sarais gerühmt, während in Gen 26 die Handlungsweise Isaaks kurz und bündig wiedergegeben wird, ohne dass man dabei ein Detail vermisst. Die Schönheit Rebekkas ergibt sich ohne weiteres aus der Situation36. Am meisten bezeichnend ist, dass in Gen 26 der theologische Aspekt der Handlung vollkommen fehlt, während in Gen 12 Gott den Pharao heimsucht, damit dieser den wirklichen Sachverhalt erkennt. Bei einem großen Herrscher wie dem Pharao ist das Eingreifen Gottes angemessener und wirkungsvoller als bei einem lokalen Herrscher wie Abimelech. Die Verfasser von Gen 12,10–20 verschmelzen darüber hinaus das Motiv der Gefährdung der Ahnfrau mit dem des Wohlstands des Patriarchen, was, wie oben gezeigt, in Gen 26* ein sekundärer Aspekt ist. Ein gravierender Unterschied kommt hinzu: Der Verfasser von Gen 12,10–20 hat die Exodusgeschichte gekannt, nicht nur wegen des ägyptischen Exils, sondern wegen der Plage in V. 17.37 Es bedarf nur eines Hinweises, dass Gen 12,10–20 durch zwei Itinerare gerahmt werden musste, um nachträglich in das Gerüst von Gen 12– 13 eingebaut werden zu können. Letztendlich ist auch fraglich, ob eine weitere Variante des Wortspiels mit dem Namen Isaak יִ ְצ ָחק ְמ ַצ ֵחקin Gen 26,8 neben der dreifachen Erklärung des Namens durch Lachen in Gen 17,16–19; 18,10–15 und 21,6–7 notwendig gewesen wäre, wenn Gen 26 eine jüngere Reaktion auf die Abrahamerzählungen sein sollte.38 Vielmehr verankert dieses Wortspiel gerade den Namen Isaak und keinen anderen in dieses Motivgerüst.39 Nämlich auch dann, wenn die entsprechende Notiz im ältesten Text fehlt; siehe oben. Siehe bes. Levin 1993:141 f.; Becking 2009:42–43; Levin 2014. Es sei betont, dass Gen 12,10–20 nicht als vorgegebene (dabei Gen 26 zeitlich vorausgehende) Überlieferung bestanden haben muss, wie z. B. von Blum 1984:307–311; Köckert 1988:250 f. (und Anm. 437).321 und Wöhrle 2011:30–31, Anm. 20, angenommen wird; die Erzählung bildet im Rahmen von Gen 12–13 nicht einfach eine Episode „im Ausland“, sondern funktioniert ausschließlich in Ägypten. Für die damaligen Autoren gab nicht gab den Ausschlag, dass die Isaak-Rebekka-AbimelechEpisode kopiert wurde, sondern der Schauplatz in Ägypten; vgl. Levin 1993:142. Eine in früheren Zeiten populäre traditionskritische Lösung ist auch die von parallelen Traditionen gewesen, die von einem Redaktor, sei es von J oder einem anderen, zusammenredigiert worden sind, siehe etwa Kilian 1966a:213–219 (bei ihm Gen 26 immerhin eindeutig die älteste Variante und im mündlichen Stadium das Vorbild); Scharbert 1986:185–188; Boecker 1992:29–31 (ähnlich zu Kilian, aber im schriftlichen Stadium hängt Gen 26 von Gen 12 ab). Vgl. auch Thiel 1993:251–256 und zur weiteren Literatur siehe Schmid 1991:40 f. 38 Ähnlich Levin 1993:155.172. 39 Siehe bes. Kilian 1966a:207.214.217. Ein die erotische Konnotation beleuchtendes Beispiel begegnet im Epos von Nergal und Ereschkigal, aber auch in anderen Texten (akk. ṣiḫatu, siehe Hutter 1985:90 f. mit Hinweis auf Gen). 36 37
1. Der Text Genesis 26
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Unsere Folgerung lautet: Die Suche nach der ältesten Schicht in Gen 26* ergibt, dass die Textmasse um mehr als die Hälfte zu reduzieren ist. Bei der ersten Episode A in V. 1–11* handelt es sich um eine eigenständige, sehr wahrscheinlich sogar um die früheste Aufzeichnung des Motivs der Gefährdung der Ahnfrau.40 „Nur Gen 26 kann ohne Verständniseinbußen für sich allein gelesen werden.“41 Beim Motiv des Friedensschlusses (Episode B in V. 31) besteht kein Zweifel, dass Gen 26 der Fassung von Gen 21 zeitlich vorausgeht. Die Doppelepisode mit Isaak und Abimelech bildet den Kern der Isaak-Überlieferung. Die älteste Schicht ist eindeutig an Gerar und die fünf namentlich genannten Darsteller gebunden. Im späteren Verlauf der Literar‑ und Redaktionsgeschichte haben sich die Schwerpunkte innerhalb von Gen 26 verschoben: Aus dem friedlichen Übereinkommen zwischen Isaak und Abimelech ( שׁלוםin V. 31) wurde eine Beschreibung des Lebens eines Erzvaters Israels unter dem Segen Jahwes ( ברךin V. 3.12.24.29). Hier die Rekonstruktion der Schichten von Gen 26:42 1 {Und es kam eine Hungersnot?} im Lande, neben der ersten Hungersnot, die es in den Tagen Abrahams gegeben hat. {Nun ging Isaak?} zu Abimelech, König der Philister, {nach Gerar?}. 2 Da erschien ihm Jhwh und sagte: „Geh nicht nach Ägypten! Lebe im Lande, das ich dir zeigen werde. 3 Bleibe als Fremdling in diesem Lande, und ich will mit dir sein und dich segnen; denn dir und deinen Nachkommen will ich alle diese Länder geben und will meinen Schwur wahrmachen, den ich deinem Vater Abraham geschworen habe. 4 Ich will deine Nachkommen mehren wie die Sterne am Himmel und will deinen Nachkommen alle diese Länder geben; und alle Völker der Erde sollen gesegnet werden durch deine Nachkommen, 5 weil Abraham meine Stimme gehört hat und meine Rechte, meine Gebote, meine Weisungen und meine Gesetze gehalten hat.“ 6 So wohnte Isaak in Gerar. 7 Als die Leute des Ortes nach seiner Frau fragten, sagte er: „Sie ist meine Schwester“; denn er fürchtete sich zu sagen: „[Sie ist]43 meine Frau, damit die Leute des Ortes mich nicht töten um Rebekkas willen, denn sie ist schön von Gestalt.“ 8 Es geschah, als er eine Zeit lang da war, dass Abimelech, der König der Philister, durchs Fenster schaute; und er sah, und siehe, Isaak koste mit Rebekka, seiner Frau. 9 Da rief Abimelech den Isaak und sprach: „Siehe, sie ist ja deine Frau! Wie hast du denn gesagt: „Sie ist meine Schwester“?“ Da sprach Isaak zu ihm: „Weil ich dachte, ich würde sterben um ihretwillen.“ 10 Nun sprach Abimelech: „Warum hast du uns das angetan? Es wäre leicht geschehen, dass einer vom Volk sich zu deiner Frau gelegt hätte, und du hättest eine Schuld auf uns gebracht.“ 11 Dann gebot Abimelech allem Volk44 und sprach: „Wer diesen Mann oder seine Frau antastet, der soll des Todes sterben.“ 12 Und Isaak säte in dem Lande und 40 Für die überlieferungsgeschichtlich älteste Fassung dieses Motivs halten Gen 26,1–11 Schottroff 1969:128; Zimmerli 1976:25 f.; Axelsson 1987:85–87 passim; Levin 1993:141; Kratz 2009:126–127 u. a. Vgl. auch Hupfeld 1853:153–155; Noth 1948:114 ff. und Schmid 1991:40. 41 Willi-Plein 2011:36 (zu Gen 12,10–20). 42 Die älteste Schicht wird mit Normalschrift widergegeben, die jüngeren in Kursiv; mit {…} sind die fraglichen Textstellen markiert. 43 Der Vollständigkeit des Satzes wegen muss היאzugefügt werden, so auch Sam, LXX und BHS. LXX interpretiert das Folgende nicht als direkte Rede, siehe Wevers 1993:401. 44 Sam und LXX setzen עמוstatt העםvoraus (BHS).
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erntete in diesem Jahre hundertfältig45; denn Jhwh segnete ihm. 13 Und der Mann wurde groß und immer größer, bis er sehr groß wurde. 14 Und er hatte Herden von Kleinvieh und Herden von Rindern und ein großes Gesinde. Darum beneideten ihn die Philister. 15 Nun verstopften die Philister alle Brunnen, die die Knechte seines Vaters in den Tagen Abrahams, seines Vaters, gegraben hatten, und füllten sie mit Erde. 16 Dann sprach Abimelech zu Isaak: „Zieh von uns, denn du bist viel mächtiger geworden als wir.“ 17 Da zog Isaak weg von dort und lagerte sich im Tal von Gerar und wohnte dort. 18 Und Isaak grub die Wasserbrunnen wieder auf, die {die Knechte}46 Abrahams, seines Vaters, gegraben hatten und die die Philister verstopft hatten nach Abrahams Tod. Und er nannte sie mit denselben Namen, mit denen sein Vater sie genannt hatte. 19 Als nun Isaaks Knechte im Tal gruben, fanden sie dort einen Brunnen mit lebendigem Wasser. 20 Aber die Hirten von Gerar stritten mit den Hirten Isaaks und sprachen: „Das Wasser ist unser!“ Da nannte er den Brunnen Esek, weil sie mit ihm gezankt hatten. 21 Und sie gruben einen anderen Brunnen; um den stritten sie auch. Da nannte er ihn Sitna. 22 Dann zog er fort von dort und grub einen anderen Brunnen; um den stritten sie nicht. Da nannte er ihn Rehobot und sprach: „Nun hat Jhwh uns Raum verschafft, und wir können fruchtbar sein im Lande.“ 23 Dann zog er von dort nach Beerscheba. 24 Und Jhwh erschien ihm in derselben Nacht und sprach: „Ich bin der Gott Abrahams, deines Vaters. Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir! Ich will dich segnen und deine Nachkommen mehren um meines Knechtes Abrahams willen.“ 25 Dann baute er dort einen Altar und rief den Namen Jhwhs an und schlug dort sein Zelt auf, und seine Knechte gruben dort einen Brunnen. 26 Abimelech aber ging zu ihm von Gerar mit Ahusat, seinem Freund, und Pichol, seinem Feldhauptmann. 27 Da sprach Isaak zu ihnen: „Warum seid ihr zu mir gekommen? Ihr hasst mich doch und habt mich von euch weggesandt.“ 28 Und sie sprachen: „Wir sehen mit sehendem Auge, dass Jhwh ist mit dir; so sprachen wir: Es soll ein Eid sein zwischen uns, zwischen uns47 und dir, und wir wollen einen Bund mit dir schließen, 29 so dass du uns keinen Schaden tust, wie auch wir dich nicht angetastet haben und wie wir dir nur alles Gute getan und dich mit Frieden haben ziehen lassen. Nun, du bist48 von Jhwh gesegnet!“ 30 Dann machte er ihnen ein Mahl, und sie aßen und tranken. 31 Und sie standen am Morgen früh auf und schworen einer dem anderen49. Dann entließ Isaak sie, und sie zogen von ihm im Frieden. 32 Und es geschah an diesem Tag, dass Isaaks Knechte kamen und ihm berichteten von dem Brunnen, den sie gegraben hatten, und zu ihm sprachen: „Wir haben Wasser gefunden!“ 33 Und er nannte ihn Schiba; deswegen heißt die Stadt Beerscheba, bis auf den heutigen Tag. /…/
Die zwei kurzen Episoden erzählen von zwei problemhaften Situationen, die einvernehmlich gelöst werden. Der Stil ist ausgeprägt und ähnlich knapp wie bei den behandelten Jakoberzählungen, aber erzählerisch ergiebig. Meist werden wayyiqtol-Sätze gebraucht, zweimal werden Szenenwechsel durch ( ויהיV. 8) und 45 LXX und S können Recht haben, wenn sie „ שׂעריםGerste“ statt שׁעריםverstehen, siehe Wevers 1993:404. 46 Aus irgendeinem Grund ist בימיin עבריgeändert worden, wie wegen Sam, LXX und V anzunehmen ist, siehe BHS und Wevers 1993:406. 47 Siehe oben (auch Anm. 22). 48 Mit Sam und LXX kann die unnatürliche Wortfolge zu עתה אתהverbessert werden. 49 Siehe oben Anm. 25.
2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus
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einen wəPN-qatal-Satz markiert (V. 26). Die direkten Reden und Dialoge sind ebenfalls kurz und Teil des narrativen Ablaufs. Der Protagonist beider Episoden ist Isaak. Das wird dadurch unterstrichen, dass Abimelech wahrscheinlich erst in V. 8 eingeführt wird, dass er in V. 26 zu Isaak kommt und nicht umgekehrt,50 und auch dadurch, dass Rebekka erst in V. 8 namentlich genannt wird. Die Erzählung ist reich an Motiven und Einzelheiten; darauf soll sogleich näher eingegangen werden. Vorläufig können folgende Motive festgehalten werden: ein Konflikt (Brunnenstreitigkeiten) oder eine gefährliche Situation (Todesgefahr), eine List (Verschleierung, dass Rebekka Isaaks Frau ist), ein Aufeinandertreffen der Hauptpersonen, das besonders betont wird, ein Dialog bzw. eine Verhandlung, eine (rechtliche) Lösung des Problems, ein (rituelles?) Mahl, der Tagesanbruch und ein Abschied in Frieden.
2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus 2.1 Konfliktlösungs-Erzählungen im Alten Testament Einzeln genommen begegnen Motive aus der soeben aufgelisteten Reihe in sehr vielen alttestamentlichen Erzählungen. Im Folgenden beschränken wir uns auf Texte, in denen die Motive möglichst konzentriert sind und zugleich das erzählerische Grundgerüst bilden. Auch sollten die Erzählungen mutmaßlich ein hohes Alter haben. Folgende Passagen können als gattungsgeschichtlich oder zumindest motivgeschichtlich verwandt gelten, auch wenn sich die Schwerpunkte und Zusammenhänge selbstverständlich unterscheiden: der Vertragsschluss zwischen Jakob und Laban in Gen 31,2(22)–32,2a; die List der Gibeoniter in Jos 9,6–15; Abners Überlaufen zu David in 2 Sam 3,6–21; und die Konfliktlösung durch Elisa in 2 Kön 6,8–23.51 Es sei erinnert, dass wir auch die Erzählung mit Isaak und Abimelech in Gen 26* in zwei ineinander verwobene Episoden unterteilt haben (V. 2–11*[17] und V. 17–31*), die jeweils Auseinandersetzungen betreffen.52 Die genannten Texte sind freilich unterschiedlich alt und aus einem komplizierten literarischen Wachstum hervorgegangen; es kann nicht einmal aus Anders Levin 1993:203, der Abimelech die zentrale Rolle zuschreibt. Die Abraham-Abimelech-Episode in Gen 21 lassen wir wegen ihres unselbständigen Charakters außer Betracht. Grundsätzlich könnte noch die Erzählung in 2 Sam 14,1–23* einbezogen werden, die von der List Joabs handelt, der mit Hilfe der klugen Frau aus Tekoa Absalom zu David zurückbringt (vgl. den königlichen Befehl mit נגעin V. 10, die List und deren Entdeckung sowie den wohlwollenden Ausgang), aber da sie eher mit Gen 26A* als mit 26B* vergleichbar ist und zudem das komplexe Verhältnis zu Jos 9 berücksichtigt werden müsste, lassen wir sie auf sich beruhen. 52 Thompson 1987:57 f. behandelt Gen 26 tatsächlich als eine „conflict story in type“, allerdings als eine Konflikterzählung unter vielen anderen in den Erzelternerzählungen. 50 51
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geschlossen werden, dass zwischen einzelnen von ihnen eine gegenseitige literarische Abhängigkeit besteht. Trotzdem können mit literar‑ und redaktionskritischen Mitteln die vermutlich ältesten literarischen Schichten erschlossen werden und kann die Frage erörtert werden, ob sie literarisch selbständig sind oder nicht. Die Isaak-Abimelech-Erzählung haben wir soeben behandelt, der Vertragsschluss zwischen Jakob und Laban ist ebenfalls bereits Gegenstand unserer Analyse gewesen mit dem Ergebnis, dass die Grundschicht in 31,26.28a.31*.43a(bis )בני.44.46*; 32,1–2a einen Vorschlag Labans zur Versöhnung mit Jakob umfasst hat sowie den Vertragsschluss mit einem (rituellen) Mahl.53 Es liegt auch nahe, dass diese Versöhnungsszene an den Konflikt zwischen Jakob und Laban in Gen 29–31 anschließt. Die Verse Gen 31,2.4 f. zeigen deutlich, dass das Verhältnis zwischen den beiden nicht mehr intakt ist. Folgerichtig lassen die Verse 14.17.21 Jakob mit seinen zwei Frauen und den Kindern fliehen. Wie oben festgestellt, kann man davon ausgehen, dass die älteste Schicht im Jakob-Laban-Zyklus nicht wesentlich jünger ist als die Jakob-Esau-Erzählungen; nach verbreiteter Ansicht gehört die älteste Schicht der Erzählung von der Versöhnung zwischen Jakob und Laban sogar zu den ältesten Erzählungen im Alten Testament.54 Folgende Motive und Elemente lassen sich mit Gen 26 vergleichen:55 ein Problem (Konflikt) bzw. seine Nachwirkung, das Zusammentreffen des Protagonisten und des Antagonisten, ein Dialog bzw. eine Verhandlung, ein Festmahl, darauf die Versöhnung (Bund) und der Abschied in Frieden. Das Motiv der List fehlt zwar in der ältesten Schicht, aber selbstverständlich geschieht die Flucht heimlich, denn Laban erfährt von ihr erst nach mehreren Tagen; außerdem wird in 31,26 (sekundär vielleicht in 31,20) die treffende Wendung „ גנב את־לבבdas Herz stehlen“ verwendet. Eine strukturelle Abhängigkeit der ältesten Isaak-Erzählung von der Versöhnungsepisode in Gen 31,22–32,2a* oder umgekehrt ist auszuschließen. Schon allein die komplexere Struktur der Isaak-Erzählung mit ihren zwei Episoden, bei denen in der ersten das Festmahl fehlt und in der zweiten das Motiv der Verheimlichung, spricht für eine eigenständige Herkunft. Bei Jos 9,3–15 liegt insgesamt der Verdacht nahe, dass diese Erzählung zu den jüngsten gehört und von mehreren bereits genannten Texten abhängt. Die früheste Schicht könnte aus der List der Gibeoniter, den Verhandlungen mit Josua und den Israeliten in V. 3–5.8b56.9*57.11–13 und dem Vertragsschluss in Siehe oben III 1.2. Siehe oben III 1.2 und oben Anm. 30. 55 Auf die Vergleichbarkeit von Gen 26 und 31 verweist Gunkel 1910:351. Allerdings nimmt er an, dass sich darin völkergeschichtliche Vorgänge spiegeln. 56 Gemessen daran, dass der Dialog gewöhnlich mit einer Frage einsetzt, dürfte der ursprüngliche Text von V. 8 mit der Frage Josuas begonnen haben. V. 6–8a ist ein zu früh eingefügter Zusatz, der V. 11 verdoppelt. 57 Wollte man in diesem Text eine vordeuteronomistische Schicht finden, so müsste man die zweite Vershälfte (ab )לשׁם יהוהals Nachtrag ausscheiden; allerdings bliebe dann an dieser Stelle die Frage unbeantwortet, warum die Gibeoniter gekommen sind. 53 54
2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus
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V. 15 bestanden haben – ob sie aber als vordeuteronomistisch gelten kann, ist in hohem Maße umstritten.58 Allein die Einleitung „ ויעשׂו גם־המה בערמהUnd auch sie haben eine List erdacht“ in V. 4 zeugt von der bewussten Nachbildung eines bekannten Motivs, das in V. 4 f. möglicherweise noch mit dem Trickster-Motiv aus Texten wie Gen 27 bereichert worden ist. Dabei erweist es sich als wichtig, dass in V. 16–27, also wenn der Betrug der Gibeoniter entdeckt wird, vermutlich nichts zur Grundschicht gehört hat.59 Die dritte Erzählung 2 Sam 3,6–21 gehört zu den Nachklängen des Saul-DavidZyklus. Sie berichtet, wie Abner, der frühere Heerführer Sauls, zu David überläuft. Der Text weist eine Reihe von literarischen Spannungen auf, anhand deren sich ein älterer Kern freilegen lässt. Vor allem fällt auf, dass die Bedeutung Davids als König, Jahwes Zustimmung zu Davids Königtum und auch das Einverständnis der Benjaminiter nachträglich unterstrichen worden sind. Den Schlüssel dazu bildet der kurze und sekundäre Abschnitt V. 17–19. Dort fällt auf, dass V. 19 den Bericht über Abners Gang zu David nach Hebron in V. 20 vorab verdoppelt und erweitert hat. Dabei verschleiert diese Doppelung, dass Abner in V. 20 von zwanzig Männern begleitet wird. Darüber hinaus muss man fragen, ob es zur ältesten Schicht gehört haben kann, dass die Ältesten Israels bereits in der Zeit, als Saul noch lebte, nach Davids Königtum verlangt und ihn als Retter von den Philistern bezeichnet haben – der Titel ( דוד עבדיV. 18) klingt ohnehin nach später Theologisierung. Eine weitere Ergänzung begegnet in V. 21, wo Abner „ganz Israel“ aufruft, sich bei „seinem Herrn, dem König,“ zu versammeln.60 Auch in V. 12 ist die Botschaft Abners ähnlich extrapoliert worden61 – für den ursprünglichen Verlauf der Erzählung genügte der Vorschlag an David, einen Bund zu schließen. Während die Treue Abners in V. 8 für die Erzählung wichtig ist,62 ist der weitgehende theologisch-historische Anspruch in V. 9b–10 eindeutig nachgetragen. Sowohl die Erwähnung von Davids Königtum als auch die Initiative 58 Siehe besonders Knauf 2008:90 f., der die ganze Erzählung ins 5. Jh. versetzt, und Fritz 1994:4 f., der für den deuteronomistischen Grundtext in V. 1–12* mit keinen literarischen Vorstufen rechnet (die Grundschicht finde sich in V. 3–7.9a.11–15a [Fritz 1994:6.99 ff.]). Dagegen sieht Görg 1991:42–47 in V. 3–9.11–17.22–23.25–27* eine vordeuteronomistische Schicht, in V. 1–2.10.24 eine deuteronomistische Schicht, in V. 9.27 Einschübe und in V. 18–21 eine nachdeuteronomistische Kommentierung. Bei V. 16 und 25 äußert Görg den Verdacht, dass hier ein früherer Redaktor tätig gewesen sei (JE). Mit einer vordeuteronomistischen Schicht rechnet auch Nelson 1997:124–127. 59 Vgl. vor allem Fritz 1994:101 und auch Boling / Wright 1982:262.266; das Kapitel wird auch von Nelson 1997:123 f. grundsätzlich in mindestens zwei Teile unterteilt. 60 LXX gibt wahrscheinlich noch die frühere Lesung ואכרתהwieder. In MT ist die Verbform als ויכרתוspäter an die Ergänzung in V. 21aβ1 angepasst worden; vgl. McCarter 1984:108. 61 Die rhetorische Frage ( למי־ארץdavon ist das fehlerhafte לאמרabhängig; vgl. McCarter 1984:107) und der Objektsatz להסב אליך את־כל־ישׂראלsind eingefügt worden (vgl. aber unten den Abschnitt d). Auch in V. 13 wirkt בבאך לראת את־פניwie eine Dublette. S lässt sie weg (BHS). 62 Nur אשׁר ליהודהwird von LXX nicht unterstützt und ist eine Glosse; vgl. McCarter 1984:106. Bei diesem Vers gibt es reichlich Potenzial, MT nach der lukianischen Rezension und der Vetus Latina zu ändern; siehe McCarter 1984:106.
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Jahwes dürfte sekundär sein.63 Es liegt darüber hinaus sehr nahe, dass die Darsteller infolge der umfangreichen Überarbeitungen die Rollen getauscht haben: Zumal V. 14 ist sehr verdächtig, weil er unversehens von Michal redet und David und Isch-Baal64 in Verbindung bringt. Falls man ihn aus der frühesten Schicht entfernt, muss auch אישׁ בשׁתam Anfang von V. 15 gelöscht werden und Abner das Subjekt von וישׁלחsein. Damit begrenzt sich die Rolle Isch-Baals auf die erste Szene, und er steht nur im Verhältnis zu Abner.65 Daraufhin können wir dem wahrscheinlich ältesten Text von 2 Sam 3,6–21 folgende Motive entnehmen: Am Anfang steht ein Konflikt, der Streit zwischen Abner und Isch-Baal wegen der Nebenfrau Sauls (V. 6–8.11); dieser Streit gibt Abner Anlass, mit David zu verhandeln (V. 12 f.*), wobei die Erwähnung der Boten andeutet, dass Abner sein Vorhaben verheimlicht; als Folge der Verhandlungen wird Sauls Tochter Michal herbeigeholt, auf die David Anspruch erhoben hat (V. 15 f., ohne ;)אישׁ בשׁתdann geht Abner mit seinen Männern zu David über (V. 20a); ihre Aufnahme wird mit einem Festmahl begangen (V. 20b); Abner bekundet die Treue zu seinem neuen König, indem er einen Bundesschluss in Aussicht stellt; am Ende trennen sich die beiden im Frieden (V. 21*). Diese Erzählung ist mit den vorausgehenden Texten verbunden: (a) Sie setzt als generellen Hintergrund die Auseinandersetzung zwischen Sauls Nachfolgern und David voraus, wobei durch Abners Übergang das Kräfteverhältnis sich deutlich zu Davids Gunsten verschiebt; (b) der eigentliche Anlass für Abner, die Seite zu wechseln, liegt in seinem Streit mit Isch-Baal (2 Sam 3,7 f.11) – dieses Problem löst sich dadurch, dass Abner Isch-Baal verlässt (im Dialog wird Isch-Baal als anspruchsvoll, aber schwach dargestellt); (c) zusätzlich muss Abner Davids frühere Frau Michal (vgl. 1 Sam 18,20–28; 19,9–18) zu ihm bringen (V. 13b). Bei der vierten Erzählung 2 Kön 6,8–23 handelt es sich um Elisas Konfliktlösung, die dazu führt, dass die Angriffe Arams auf das Nordreich Israel enden. Die literarische Gestalt ist auch in diesem Fall mehrschichtig. Zwar gibt es Argumente für die literarische Einheit des Textes,66 doch weit mehr spricht dafür, 63 Der Wechsel von אלהיםzu יהוהzeigt, dass der Verfasser von V. 9a nicht derselbe ist wie der von 9b–10; der Text ist nicht sicher (warum sollte Abner sich selbst mit Namen nennen?) und vielleicht zu ändern, z. B. nach der lukianischen Rezension (siehe McCarter 1984:107): כה יעשׂה לי האלהים וכה יסיף. 64 MT bietet Isch-Boschet, aber sicherlich liegt eine bewusste Textänderung vor, siehe McCarter 1984:85–87 und vgl. Campbell 2005:42. 65 Ähnlich wie wir findet Hentschel 1994b:14 f. den ältesten Text in V. 6–8.11–13.15 f.19–21; vgl. auch Veijola 1975:59–63 (und nach ihm Anderson 1989:55), der V. 9 f. und 17–19, und Schmidt 1970:130.137 f., der V. 9 f. und 18 für sekundär hält. Viele andere gehen von einem viel einheitlicheren Text aus: Stolz 1981:200 und McCarter 1984:116 sehen eine Ergänzung in V. 18; Stoebe 1994:122–133 in V. 10. Der Text wird öfters auch für auffallend alt gehalten; so etwa Stolz 1981:19: „2–3 Generationen nach David“. 66 Z. B. versetzt Sweeney 2007:26.307 die ursprüngliche, nach seiner Ansicht einheitliche Erzählung ins späte 9. Jh. und die Komposition der Berichte über die Dynastie Jehus in das 8. Jh.; siehe auch Long 1991:83–89.
2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus
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dass zwei Motive, nämlich der göttliche Schutz und das Schlagen mit Blindheit, erst später hinzugekommen sind, sowie der Diener משׁרתals weitere Person. Dieser tritt einzig in V. 15–17 auf, wodurch der Eindruck entsteht, als ob seine Anwesenheit nur dazu dient, das Motiv des göttlichen Schutzes in die Erzählung einzufügen. Bei Elisas Gebet zu Jahwe, die Augen des Dieners zu öffnen, damit er die Rosse und feurigen Wagen67 sehe, liegt es nahe, dass es erstens das Motiv der Verblendung der Aramäer nachbildet68 und zweitens auf Elias Himmelfahrt (2 Kön 2,1–18) reagiert69; drittens lassen sich V. 15b–16 und das Wort משׁרתin 15a70 so aus dem Text entfernen, dass V. 19 ohne Probleme V. 15a fortsetzen kann. Da man sich auch beim Motiv der Verblendung der Aramäer wundern kann, dass die sonst so untheologische Erzählung hier Jahwe ins Spiel bringt,71 und da V. 20 zudem innerhalb dieser kurzen, wohlgestalteten und fast ausschließlich mit wayyiqtol-Formen verfassten Erzählung einen Abschnitt mit der auffallenden Satzkonstruktion ויהי כ־+ qətol einleitet72, ist anzunehmen, dass die Verse 18 und 20 aus dem ältesten Text herausfallen.73 Dementsprechend wäre die Erzählung durchaus ohne V. 15b–18 und 20 lesbar. Die für den Erzählverlauf wichtige Frage, wie Elisa in V. 19 ohne weiteres wissen kann, dass die Aramäer hinter ihm her sind, findet auch in V. 15b–18 keine Antwort und ist daher kein Gegenargument. Näher liegt deshalb, dass Elisa von vornherein zu erwarten hatte, dass man ihm nachstellen würde. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass im älteren Text etwas entfallen ist, als V. 15b–18 hinzugefügt wurde.74 Vielleicht wollten die Autoren auch andeuten, dass die Aramäer sich in Israel nicht auskannten, und Elisa das ausgenutzt habe.75 67 Dass Gott den Menschen die Augen öffnet ( פקח+ )עינים, ist ein seltenes Motiv; desto prägnanter sind (junge) Vergleichsstellen wie Gen 21,19; Jes 35,5; 42,7 und ferner Sach 12,4. 68 Beachte, dass sich die zwei Sätze mit Elisas Gebet in V. 17 und 18 auch stilistisch unterscheiden. 69 Die feurigen Wagen רכב אשׁund Rosse begegnen überhaupt nur in den Elia-Erzählungen, ein weiteres Mal in 2 Kön 2,11 (ferner vgl. Nah 2,4). 70 Siehe auch BHS, Schmitt 1972:217, Anm. 133; Hentschel 1985:28; Sauerwein 2014:68. 71 Es sei erwähnt, dass der Titel אישׁ אלהיםin V. 9, 10 und 15, der das besondere Verhältnis zu Gott unterstreicht, nicht sicher ist: Erstens wird sonst in der Erzählung fast durchgehend der Name Elisas verwendet und zweitens bietet die LXX-Tradition „Elisa“ statt des „Gottesmannes“. Schmitt 1972:93 passim vertritt die These, dass der Name Elisa hier sekundär mit dem Gottesmann (vgl. V. 9.15a) verbunden worden ist. 72 Die Beobachtung fällt vor dem Hintergrund eines כ־+qətol-Satzes in V. 21aβ besonders auf. 73 Die redaktionskritische Lösung von Sauerwein 2014:68–71, dass das Verblendungsmotiv für die Grundschicht zu retten ist (ohne Jahwe in V. 18aα.bβ.20aα, so dass Elisa es ist, der die Aramäer mit Blindheit schlägt), ist möglich, ändert aber unsere Feststellungen zum Erzählmuster nicht; außerdem ist die sehr seltene Wendung נכהhif. + סנוריםwohl aus Gen 19,11 entlehnt; siehe dazu unten V 1.1 und Anm. 22. 74 Stipp 1987:320–335 kommt durch elaborierte Text‑ und Literarkritik zu dem Schluss, dass in V. 15–17 ein Einschub vorliegt, dessen Anfang aber umgestaltet und nicht mehr rekonstruierbar sei. 75 Zum Vergleich sei erwähnt, dass Schmitt 1972:91–93.216–218; Würthwein 1984:304– 307; Jones 1984:422–424; Hentschel 1985:28; Fritz 1998:33 f. und Sauerwein 2014:66–
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
Abgesehen von kleineren Zusätzen und Glossen76 können für die älteste Schicht in 2 Kön 6,8–23 folgende Motive festgehalten werden: Den Ausgangspunkt bilden zwei miteinander verschränkte Konflikte. Der allgemeine Konflikt besteht in den Angriffen der Aramäer auf Israel; der nähere, für die Erzählung ausschlaggebende Konflikt beruht auf dem erfolgreichen Eingriff des Protagonisten Elisa (V. 8–13*). Die Aussendung von aramäischen Truppen, die Elisa ergreifen sollen (V. 14*), führt zum Treffen zwischen dem Protagonisten und – in Gestalt der Truppen – den Antagonisten. Die gefährliche Situation wird durch eine List gelöst, die darauf beruht, dass die Aramäer weder Elisa noch den Schauplatz zu kennen scheinen (V. 15a*.19). In einem kurzen Dialog in V. 21–22 verhandelt Elisa mit dem König Israels über das Schicksal der Aramäer und schlägt ein Mahl vor (V. 22b). Es folgen das Festmahl und die Entlassung (V. 23a). Am Ende steht der wiederhergestellte Frieden, denn die Aramäer „kamen seitdem nicht mehr ins Land Israel“ (V. 23b). Der Übersicht über die ältesten Schichten dieser Texte können wir entnehmen, dass die für uns wichtigen Motive und Elemente jeweils in der Grundschicht belegt sind. Damit liegen die Voraussetzungen vor, einen (relativ verbreiteten) Erzähltypus der friedlichen Konfliktlösung anzunehmen. Bevor wir uns den einzelnen Komponenten dieser Motivkette zuwenden, sei noch festgestellt, dass diese Erzählungen stets zwei Hauptdarsteller haben. Am wichtigsten ist dabei der Protagonist, der zugleich jeweils eine für einen größeren Textzyklus wichtige Einzelperson ist, entweder ein Israelit wie David, Elisa oder Josua, oder ein Erzvater wie Isaak oder Jakob. Den Gegenpart bildet eine nicht-israelitische Einzelperson wie der Philister Abimelech, der Aramäer Laban, indirekt auch der anonyme aramäische König, ferner Isch-Baal, oder eine Gruppe wie die Aramäer oder die Gibeoniter. Eine Ausnahme scheint Sauls Heerführer Abner zu sein. Diese bestätigt aber die Regel, weil Abner zunächst Saul dient, der in der Aufstiegsgeschichte Davids bekanntlich den Antagonisten bildet.77 Der Erzähltypus der Konfliktlösung bzw. die entsprechende Motivkette wird im Folgenden näher betrachtet. a. Das Zusammentreffen des Protagonisten und des Antagonisten steht im Zeichen einer Konfrontation bzw. eines Konflikts. In Gen 26A* fürchtet sich Isaak im Herrschaftsbereich Abimelechs wegen seiner Frau (V. 7*); in der zweiten Unterepisode 26B* streiten die Hirten Isaaks und Abimelechs um Brunnen (V. 19–21, beachte das Verb ;)ריבin Gen 31,2–32,2a* flieht Jakob – nach einer 71 (vgl. oben Anm. 73) Nachträge in V. 15b–17.18 (Schmitt, Würthwein, Jones und Fritz genauer V. 18aβγ.b) und 20 voraussetzen; Schmitt und Jones streichen ferner V. 23b (siehe dagegen Long 1991:83); Würthwein V. 10b.14aβ–15a.23b; Fritz V. 10b und Sauerwein V. 10b.14. 76 Z. B. streicht Hentschel 1985:28 mit Recht חייל כבדin V. 14. 77 Beachte auch, dass Benjamin und Juda einander gegenübergestellt werden und dass ein Heerführer ( )שׂרdes Königs wie Abner in einer alten (königlichen) Erzählung zu erwarten ist, nicht anders als Abimelechs Heerführer ( )שׂרPichol in Gen 26,17–31*.
2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus
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längeren Vorgeschichte – mitsamt seiner Familie heimlich vor Laban (31,19– 22*); in Jos 9,3–15* fürchten sich die Gibeoniter vor Josuas Siegeszug und versuchen mit List, die Immunität zu gewinnen (V. 3–5). Abners Übergang zu David in 2 Sam 3,6–21* und Elisas List im Umgang mit dem Heer der Aramäer in 2 Kön 6,8–23* scheinen Ausnahmen zu sein, verdanken dies aber komplexen Verbindungen mit vielen beteiligten Personen und umgebenden Texten. Da ist zum einen die Auseinandersetzung zwischen David und den Sauliden. Abner steht zunächst auf der Seite Sauls (2 Sam 3,6). In 2 Kön 6,8a entspricht dem der Konflikt zwischen Israeliten und Aramäern. Er bildet den Hintergrund für die folgenden Verhandlungen. Diese großen Konflikte werden zwar nicht gelöst, aber die Machtbalance wird durch den Übergang Abners zu David und durch die List Elisas jeweils zugunsten des Protagonisten verändert. Das kommt auch in den Dialogen zum Ausdruck. Der eigentliche Anlass für Abner, zu David überzugehen, liegt in seinem Streit mit Isch-Baal (2 Sam 3,6–8.11). Für die Aramäer wiederum gilt, dass ihre militärische Taktik an einem fähigen Kontrahenten scheitert (2 Kön 6,8b–12*). Die beiden Konflikte lösen sich, indem der mächtige Abner zu David übergeht und Elisa das Heer der Aramäer überlistet. Die zugehörenden Dialoge zwischen Abner und Isch-Baal einerseits und zwischen Elisa und den aramäischen Truppen andererseits sollen keine Friedensverhandlungen sein, sondern sind erzählerisch wichtige Zwischenstationen. b. Ein wesentlicher Bestandteil unseres Erzählmusters ist die Überlistung bzw. Verheimlichung, wobei dieser „Betrug“ ursprünglich nicht als ein solcher verstanden wurde, sondern als in gewissen Situationen lebenswichtig galt.78 In Gen 26A* täuscht Isaak die Bewohner Gerars über die wahre Rolle seiner Frau, indem er sie als seine Schwester ausgibt (V. 7*). Die Flucht Jakobs in Gen 31,2–32,2a* kann nur heimlich geschehen (vgl. גנב את־לבבin 31,26). In 2 Kön 6,8–23* nutzt Elisa die Unkenntnis des Landes und seiner Person,79 um die Aramäer direkt zum König von Israel zu führen (V. 19). In Jos 9,3–15* soll der Leser ausdrücklich den Eindruck gewinnen, dass eine List (hier eine angebliche Delegation aus einem fernen Land) zum üblichen Arsenal der Selbstverteidigung gehört (vgl. noch einmal den Satz ויעשׂו גם־המה בערמהin V. 4). Bemerkenswert ist auch, dass Abner in 2 Sam 3,6–21* nicht persönlich die Verhandlung mit David eröffnet, sondern – wie bei führenden Beamten des Königs üblich – Boten schickt (V. 12 f.*). Gen 26B*, wo das Motiv der List fehlt, bildet eine Ausnahme. Weil aber die gesamte Isaak-Abimelech-Erzählung in Gen 26* eine Zwei-Einheit bildet, ändert das wenig am Gesamtbild. Durch die Verknüpfung der beiden Unterepisoden entsteht sogar ein besonders wirkungsvolles Zusammenspiel von List und Versöhnung. 78 Vgl. Nelson 1997:126 zu Jos 9,3–15*: „More generally, appreciation for an underdog’s cleverness is universally part of the folktale world“. 79 Falls das Verblendungsmotiv tatsächlich nicht in die älteste Schicht gehört, wie wir oben, in Anm. 73 angedeutet haben.
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
c. Die Spannung, die durch den Konflikt, die List oder die Verheimlichung verursacht wird, spitzt sich zu, wenn die Protagonisten und Antagonisten oder ihre Repräsentanten aufeinanderstoßen. Das Aufeinandertreffen wird jedes Mal konstatiert, indem dafür gesorgt wird, dass einer der Hauptdarsteller den Ort wechselt, meist ausgedrückt durch das Verb ( הלךhauptsächlich als wayyiqtolForm). Wenn der Protagonist kein Israelit ist, kann er durch eine Delegation vertreten oder von ihr begleitet werden. In Gen 26B* kommt ( )הלך אליוAbimelech in Begleitung seines Heerführers Pichol und seines Vertrauten Ahusat zu Isaak ins Tal von Gerar (V. 26).80 In Gen 31,2–32,2a* verfolgt Laban den Jakob – statt lediglich festzustellen, dass Laban zu Jakob gekommen sei, jagt er ihm sieben Tage nach ()רדף, bevor er ihn erreicht ( דבקhif., 31,23). In 2 Sam 3,6–21* sendet ()שׁלח Abner Boten zu David, so dass die Verhandlung ohne ihn stattfindet (V. 12*), bevor er selber hinzustößt ( הלך+ )בואund mit einer Truppe von zwanzig Mann zu David überläuft (V. 20). In 2 Kön 6,8–23* sendet ( )שׁלחder König von Aram Wagen und Rosse, die Elisa in Dotan erreichen ( ;בואV. 14–15a*). Im weiteren Verlauf führt Elisa die Truppe zum König von Israel nach Samaria (zweimal הלךhif.; V. 19). In Jos 9,3–15* gehen ( )הלךdie Gibeoniter zu Josua (V. 4a)81. Eine Ausnahme bildet Gen 26A*, da hier Abimelech nicht zu Isaak kommt (und daher auch keine Delegation braucht), sondern ihn zu sich ruft ( ויקראV. 9aα), wobei stillschweigend vorausgesetzt ist, dass er nicht durchs Fenster (vgl. V. 8b) gerufen, sondern einen Boten geschickt hat. d. Nach der Ankunft halten die beiden Hauptdarsteller oder ihre Vertreter einen kurzen Dialog, der auch als Verhandlung gedeutet werden kann.82 Dabei wird eine Lösung des Problems bzw. ein Vertrag vorgeschlagen. Dafür wird ברית, gelegentlich auch einmal das Wort אלהgebraucht. In Gen 26A* klärt sich im Gespräch mit Abimelech, warum Isaak die Rebekka als seine Schwester ausgab (vgl. V. 8b), ohne dass jedoch eine Lösung des Problems genannt wird (V. 9aβ.b). In Gen 26B* schlägt Abimelech Isaak einen Eid אלהvor, um den Streit um die Brunnen zu lösen (V. 27–29*).83 In Gen 31,2–32,2a* wird Jakob von Laban gerügt, dass er seine Töchter entführt habe, aber bekommt auch das Angebot, einen Vertrag zu schließen ( ;כרת ברית31,26.28*.31*.43 f.*). In 2 Sam 3,6–21* wird ebenfalls ein Vertragsschluss bzw. Bund zwischen Abner und David vorgeschlagen (כרת ;בריתV. 12 f.*). In Jos 9,3–15* vermitteln die Gibeoniter mit allen Mitteln den Eindruck, dass sie aus einem fernen Land kommen, und schlagen einen Vertrag vor ( ;ברית כרתV. 8b.9*.11–13). Ausnahmsweise gibt es in 2 Kön 6,8–23* keinen unmittelbaren Hinweis auf einen Vertrag oder Friedensschluss, aber Elisa schlägt dem König in Form einer rhetorischen Frage vor, dass man die gefangenen 80 Isaak wird auf diese Weise sowie durch die anschließende gemeinsame Mahlzeit zur Würde eines Königs erhoben; so Westermann 1981:522 f., siehe auch Schmid 1991:50. 81 Wie oben angedeutet (Anm. 55), kann die Ankunft der Gibeoniter in V. 6 sekundär sein. 82 Zur Rolle der Dialoge siehe unten. 83 בריתin V. 28bβ ist wahrscheinlich nicht ursprünglich, siehe oben 1.1.
2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus
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Aramäer nicht unbedingt töten solle (V. 22). Der Vorschlag führt zum Ausgleich der politischen und militärischen Spannung und zum Frieden zwischen Aram und Israel. Stets bestehen die Dialoge aus kurzen Phrasen, besonders auffallend in den beiden Unterepisoden von Gen 26*. Die Einleitung mit ויאמרgehört zum Stammvokabular, und stets wird der Dialog mit einer Frage eröffnet (מדוע באתם אליin Gen 26,27; מה עשׂיתusw. in Gen 31,26; ההכה אכה אביin 2 Kön 6,2184; מי אתם ומאין תבאוin Jos 9,8). Dazu gehört auch die rhetorisch verstärkte Feststellung Abimelechs: אך הנה אשׁתך היאin Gen 26,9, die den Fragen entspricht. Der einzige Dialog, der nicht eindeutig in diese Reihe gehört, ist 2 Sam 3,12*.85 e. Der friedliche Ausgang des Dialogs bzw. der Verhandlungen wird mit einem Festmahl besiegelt. Das Festmahl wird meist als משׁתהbezeichnet oder zumindest durch das Verb אכלmarkiert. Das Mahl geht dem endgültigen Vertragsschluss oder Schwur voran. Auf diese Weise fungiert es einerseits als Zeichen der Freundschaft, andererseits als Bestandteil einer Audienz bei dem Protagonisten.86 In Gen 26B* bereitet Isaak der philistäischen Delegation ein Mahl (עשׂה משׁתה+ ;ויאכלו וישׁתוV. 30). In Gen 31,2–32,2a*, wo die Umstände kein משׁתה erlauben, wird auf dem Steinhügel, der das Zeichen des Bundes ist, dennoch zusammen gegessen und getrunken ( ;ויאכלו וישׁתו שׁם31,4687). In 2 Sam 3,6–21* wird von einem Mahl für Abners Delegation berichtet ( ;עשׂה משׁתהV. 20b88). In 2 Kön 6,8–23* wird ein reichliches Festmahl veranstaltet, um den friedlichen Ausgang des Konflikts hervorzuheben ( גדולה89 כֵּ ָרה+ ;ויאכלו וישׁתוV. 22b–23). Ausnahmen bilden die Unterepisode Gen 26A* und die Szene in Jos 9,3–15*, weil dort ein Mahl nicht erwähnt wird. Im ersten Fall liegt der Grund in der Doppelepisode. Das abschließende Festmahl sowie der Eid schließen beide Szenen mit ein (V. 30). Im zweiten Fall lässt sich die Abweichung damit erklären, dass wir mit einer rein literarischen Fassung zu tun haben, die sich von der traditionellen 84 Zur Textkritik siehe BHS. Beachte auch, dass der Dialog zwischen Elisa und dem König mit einer Frage beginnt, nicht aber der Dialog zwischen Elisa und den Aramäern in V. 19. 85 Die Frage למי־ארץin 2 Sam 3,12 ist vermutlich sekundär, aber es ist immerhin nicht ausgeschlossen, dass in der ältesten Gestalt dieses mit mehreren textkritischen Problemen behafteten Verses (siehe BHS und oben Anm. 60) eine Frage stand. 86 Vgl. Stolz 1981:201: „Staatsbankette, die noch heutzutage die Krönung gelungener Verhandlungen darzustellen pflegen“; nicht richtig dagegen Stoebe 1994:133, dass das Essen „an die Gast‑ (auch Opfer‑)mahlzeiten im Zusammenhang mit (u.U. noch geheimen) Königseinsetzungen“ erinnere. 87 Beachte, dass der Text von MT verbessert worden ist (siehe oben III 1.2 und Anm. 17). Auch Westermann 1981:523 vermerkt die Parallele zwischen Gen 26 und 31. Albertz 2009:143 f. hebt die friedenstiftende Funktion des Mahls hervor. Nach Smend 1977:455 f. handelt es sich um ein Bundesmahl. 88 Vgl. Smend 1977:456 unterstreicht, dass es sich hier nicht um ein Bundesmahl handelt, weil nur שׁלוםerwähnt sei. 89 Dieses Hapax Legomenon zusammen mit dem sehr seltenen Verb כרהIII (vgl. KBL3:473a) bezeichnet eindeutig ein Festmahl (vgl. akk. qerū und qerītu); das so konjizierte hif.-Verb begegnet laut KBL3:473a und einigen Handschriften (siehe BHS) auch im Umkreis des anderen Vergleichstexts 2 Sam 3,6–21*, nämlich in 3,35.
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
Motivkette schon gelöst hat, wobei die Bedeutung des Festmahls „vergessen“ wurde. Eine gewisse Variation in der Motivstruktur ist nicht auszuschließen, aber angesichts der starken Präsenz des Festmahlmotivs nicht wahrscheinlich. Eher darf in älteren Fällen der Vertragsschluss fehlen wie in 2 Kön 6,8–23* (siehe sogleich). f. Die zunächst im Dialog vorgeschlagene Lösung des Problems wird sodann verwirklicht – die Versöhnung kommt zustande. Nachdem im Dialog oft ein Vertrag בריתvorgeschlagen wird, ist hier die terminologische Breite bemerkenswert. In Gen 26A* erlässt Abimelech mit der מות יומת-Formel den Befehl (צוה pi.), Isaak und seine Frau nicht anzurühren (V. 11). In Gen 26B* wird nach dem Festmahl am folgenden Morgen geschworen ( שׁבעnif.; V. 31a).90 In dem von uns festgestellten Grundbestand von Gen 31,2–32,2a* gelten der Steinhaufen (גל und )אבניםund das Mahl (31,46) als Zeichen der Versöhnung. In 2 Sam 3,6–21* werden im ältesten Text wahrscheinlich das Festmahl und der Vertragsschluss genannt (V. 20 f.*). In Jos 9,3–15* wird das ganze mögliche Vokabular eingesetzt (V. 15): Es wird Frieden geschaffen ()עשׂה שׁלום, ein Bund geschlossen ()כרת ברית und ein Schwur abgelegt ( שׁבעnif.).91 Die gewisse Überfüllung spricht dafür, dass die Erzählung ein jüngeres, literarisches Produkt ist. In 2 Kön 6,8–23* wird, wie oben bereits angedeutet, ausnahmsweise kein Vertrag oder Eid genannt, daher folgt dem Mahl auch keine weitere Aktion. g. Der Friedensschluss mündet in einen Abschied im Frieden. Fast immer „geht“ der Antagonist oder der zweitwichtigste Hauptdarsteller „hinweg“ ()הלך. Manchmal geht eine Entlassung voraus ( שׁלחpi.), und oft im Frieden ()שׁלום. In dieser Weise verlässt der Antagonist die Bühne in Gen 26,31b ( שׁלחpi. + וילכו ;)מאתו בשׁלוםin 32,1 ()וילך, obwohl auch Jakob weiterzieht (32,2a); in 2 Sam 3,21b ( שׁלחpi. + )וילך בשׁלוםund in 2 Kön 6,23aβ ( שׁלחpi. + )בשׁלום. In Gen 32,1 segnet Laban zusätzlich am nächsten Morgen (vgl. Gen 26,31) seine Töchter und Söhne. In 2 Kön 6,23b wird die Dauer des Friedens dadurch betont, dass keine aramäischen Streifscharen mehr ins Land eingedrungen seien. Eine Ausnahme bildet Gen 26A, weil nach der königlichen Audienz nicht Abimelech, sondern Isaak die Szene verlässt (V. 17); immerhin bringt sich die Motivkette mit dem Verb הלךzur Geltung.92 In Jos 9,3–15* wurde der Friede ( )שׁלוםbereits im Rahmen der Lösung genannt. Dass die Gibeoniter davongehen, wird ausnahmsweise nicht erwähnt.93 Siehe auch Kutsch 1973:59–64. Da es im AT wenige Stellen gibt, in denen das Verb שׁבעnif. im Plural verwendet wird, ist Jos 9,15.18 wahrscheinlich von Gen 26,31 abhängig, vgl. Jer 5,7; Esr 10,5; 1 Chr 15,14. 92 Gleichzeitig fungiert der Vers hier geschickt als Einleitung in die zweite Unterepisode Gen 26B*; siehe auch oben 1.1. 93 Vielleicht ist die ursprüngliche Notiz über das Weggehen verloren gegangen, als die Verse 16–27 angehängt wurden. Wahrscheinlicher aber ist die Möglichkeit, dass die Episode spät ist und das Muster nicht mehr genau einhält. 90 91
2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus
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Damit haben wir den Vergleich der einschlägigen Texte noch nicht abgeschlossen, denn beide Episoden in 2 Sam 3* und 2 Kön 6* enthalten ursprünglich zwei oder drei Dialoge oder Szenen mit direkter Rede: Abner und Isch-Baal, die Boten Abners und David; der König von Aram und seine Untergebenen, Elisa und die Truppe der Aramäer, Elisa und der König von Israel. Das ist offenbar kein Zufall, sondern spricht für eine Tendenz, das Motiv literarisch anspruchsvoller auszugestalten, sowie für die bekannte Tatsache, dass zumindest die volkstümlichen Erzählungen oft zwei‑ oder dreifache Strukturen benutzen. In den beiden Unterepisoden von Gen 26* dürfte ein ähnliches Prinzip gelten, hier vermutlich erst auf literarischer Ebene: Beide Unterepisoden enthalten einen Hauptdialog und einen oder zwei Nebenmonologe; in der ersten Unterepisode geht dem Hauptdialog zwischen Isaak und Abimelech in V. 9 eine aus indirekter und direkter Rede kombinierte Kurzszene mit den Leuten der Stadt und Isaak in V. 7a voraus, und in V. 11 folgt ein Monolog Abimelechs, nämlich sein Befehl. In der zweiten Unterepisode findet sich der Hauptdialog zwischen Isaak und Abimelech in V. 27–29*, setzt jedoch den Streit zwischen den Knechten Isaaks und Abimelechs voraus, der in V. 20 eine kurze Aussage in direkter Rede enthält. Aus unserer Analyse geht hervor, dass die Doppelepisode mit Isaak und Abimelech in Gen 26* ein von den anderen analysierten Erzählungen literarisch unabhängiges Narrativ ist. Sie unterscheidet sich von anderen Texten dieser Art am deutlichsten dadurch, dass die einschlägigen Motive auf zwei Unterepisoden verteilt sind. Hinzuzufügen ist, dass die Begegnung zweier Hauptdarsteller in der ersten Unterepisode Gen 26A* unkonventionell gelöst wird. Der Protagonist geht zu dem Antagonisten und erhält königlichen Schutz. Darüber hinaus fehlt in Gen 26* der in den anderen Episoden außer in 2 Kön 6* übliche Begriff ברית, der sich in eher jüngeren Texten zu verbreiten scheint. Der Narrativtypus an sich scheint in der alten Erzählkultur allerdings dermaßen verbreitet gewesen zu sein, dass vergleichbare Erzählungen nicht unbedingt in literarischer Abhängigkeit gestanden haben müssen. Eine Tabelle soll unsere Analyse zusammenfassen (Tabelle 8).
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
Tabelle 8A: Der Erzähltypus der Konfliktlösung in Genesis 26* und 31–32* Motive und Elemente
Isaak und Rebekka bei Abimelech Gen 26,1–17*
Der Vertrag zwischen Der Vertrag zwischen Isaak und Abimelech Jakob und Laban Gen 26,17–31* Gen 31,2–32,2*
* Protagonist und Antagonist.
* Isaak und Abimelech.
* Isaak und Abimelech.
* Jakob und Laban.
* Nebendarsteller.
* Rebekka, die Bewohner Gerars.
* Die Knechte Isaaks und Abimelechs; Pichol, Ahusat.
* Jakobs Familie, Labans Männer.
1. Konflikt.
Furcht wegen Rebekka (V. 7*).
Streit um Brunnen (V. 19–21).
Konflikt mit Laban und Flucht (31,2… 19–22*).
2. List / Verheimlichung.
Die Frau wird als Schwester ausgegeben (V. 7*).
–
Heimliche Flucht (31,17, vgl. 20).
3. Treffen (Bewegung, oft )הלך.
Audienz bei Abimelech (V. 9).
Abimelech kommt mit einer Delegation zu Isaak (V. 26).
Laban verfolgt Jakob (31,23).
4. Verhandlung (Dialog, oft ברית, eröffnende Frage, )אמר.
Der wahre Sachver- Ende des Streits, Vor- Vertragsangebot halt wird aufgedeckt schlag für einen Eid (31,26.28*.31*43 f.*). (V. 9). (V. 27–29*).
5. Festmahl (oft משׁתה, אכל+ )שׁתה.
–
6. Versöhnung (Vertrag, Schwur usw.).
Königliche AnSchwur am Morgen ordnung der Un(V. 31a). antastbarkeit (V. 11).
(Siehe die Zelle oben.)
7. Abschied im Frieden (oft הלך, שׁלחpi., )שׁלום.
(Isaak geht weg, V. 17.)
Laban geht seines Wegs (32,1).
Festmahl (V. 30).
Abimelech geht hinweg im Frieden (V. 31b).
Gemeinsames Essen auf dem Steinhaufen (31,46).
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2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus
Tabelle 8B: Der Erzähltypus der Konfliktlösung in 2 Samuel 3*; 2 Könige 6* und Josua 9* Motive und Elemente
Abners Übergang zu Elisa überlistet die David Aramäer 2 Sam 3,6–21* 2 Kön 6,8–23*
* Protagonist und Antagonist.
* David und Abner.
* Nebendarsteller.
* Isch-Baal, die * Der König von zwanzig Gefolgsleute Aram; der König Abners. von Israel.
* Die Israeliten.
1. Konflikt.
Streit zwischen Isch- Elisa greift in Baal und Abner die aram. An(V. 6–8.11). gelegenheiten ein (V. 8–12*).
Furcht vor Josuas Siegeszug (V. 3).
2. List / Verheimlichung.
Geheimverhandlungen mit David (V. 12 f.*).
Elisa überlistet die Aramäer (V. 19).
Scheindelegation (V. 4 f.).
3. Treffen (Bewegung, oft )הלך.
Abner sendet heimlich Boten (V. 12) zu David (V. 20).
Elisa trifft auf die Die Gibeoniter suchen Truppen (V. 14– Josua auf (V. 4a). 15a*); Elisa führt sie nach Samaria (V. 19).
4. Verhandlung (Dialog, oft ברית, eröffnende Frage, )אמר.
Vertragsangebot durch Boten (V. 12 f.*).
Elisa rät, die Aramäer Vertragsangebot nicht zu töten (V. 22). (V. 8b.9*.11–13).
5. Festmahl (oft משׁתה, אכל+ )שׁתה.
Essen für Abner und Bankett für die Männer (V. 20). Aramäer (V. 22 f.).
–
6. Versöhnung (Vertrag, Schwur usw.).
Vertragsschluss (V. 20 f.*).
Frieden, Bund mit Schwur (V. 15).
7. Abschied im Frieden (oft הלך, שׁלחpi., )שׁלום.
Abner geht hinweg Die Aramäer werden – im Frieden (V. 21b). im Frieden entlassen, keine Feldzüge mehr (V. 23).
Die Gibeoniter und Josua Jos 9,3–15*
* Elisa und die * Josua und die Truppen der Aramäer. Gibeoniter.
–
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
Es liegt in hohem Maße nahe, dass die Erzählung von Isaak und Abimelech in Gen 26* einer der ältesten schriftlichen Belege für den gerade erörterten Erzähltypus ist. Die Erzählung von Josua und den Gibeonitern in Jos 9* mag dagegen der jüngste Repräsentant der Motivstruktur sein, wobei auch zweifelhaft ist, ob sie sich auf ein reales historisches Ereignis bezieht. Es kann freilich nicht ausgeschlossen werden, dass dem späteren Text irgendein älteres Motiv zugrunde liegt.94 Bei den Erzählungen fällt auf, dass die List nicht moralisch gewertet wird, obwohl sie jüngeren alttestamentlichen Maßstäben gelegentlich widerspricht. Daraus folgt, dass das Motiv der List einem anderen erzählerischen Ziel dient, nämlich einen Schwur oder Vertrag herbeizuführen. Ist der Schwur oder Eid erst geleistet, ist er unabänderlich. Ein Schwur oder Vertrag aber bedeutet Gleichgewicht und Einvernehmen zwischen den Parteien, und für dieses Finale sind alle Mittel recht. Es liegt nahe, dass den lokalen Machthabern an solchem Einvernehmen gelegen war, zumal in einer politischen Gesamtlage wie in der Zeit der Kleinkönigtümer in der ersten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. der Fall war, als es keine eindeutig dominierende Partei gab, bevor das Land den Machtanspruch der Assyrer zu spüren bekam. Diese Erzählungen können unter der damaligen Herrenschicht ihren Sitz im Leben gehabt haben. Der Erzähltypus war damals offenbar populär. Er wurde gern mit legendären Gestalten der Vorgeschichte in Verbindung gebracht. Da in den ältesten Schichten der Erzählungen immer wieder dieselbe Motivfolge auftritt, dürfte sie früh populär geworden sein. Dass sie in weiteren Texten, die das Motiv der Überlistung stark betonen, ein Nachleben besitzt, etwa in der von uns analysierten Erzählung Jos 9 oder in der Erzählung von der Frau aus Tekoa in 2 Sam 14, bestätigt die Annahme, dass das Erzählmuster früh verbreitet war. Am meisten bemerkenswert ist die Beobachtung, dass zwei der von uns angesprochenen Texte, nämlich 2 Sam 3,6–21* und 2 Kön 6,8–23*, sich eindeutig auf die israelitische und judäische Königszeit beziehen. Zumal für die ElisaErzählung, aber auch für die Abner-Erzählung ist der Ursprung am Königshof sehr wahrscheinlich. Die Elisa-Erzählung besitzt Anzeichen, dass sie über mehrere Generationen mündlich tradiert worden und erst danach in einer Kurzform verschriftet worden ist, als die genaue Identität des israelitischen und des aramäischen Königs keine Rolle mehr spielte. Die gesamte Anlage dieses Textes spricht eher dafür, dass diese Tradition ihren Ort am Königshof oder in seinem Umfeld hatte als unter dem Volk. Die Episode mit der Versöhnung zwischen Jakob und Laban in Gen 31,2–32,2* spielt in der Zeit der Patriarchen, und es gibt keinen Hinweis, wann sie verschriftet worden ist; nach unserer Analyse95 gehen wir dennoch davon aus, dass ihr Grundstock vorexilisch ist. 94 Siehe die Anmerkungen zur Sonderstellung Gibeons (1 Kön 3,4) bei Fritz 1994:102. Die Episode in Jos 9 wird deswegen in der Tabelle 8 in der letzten Spalte behandelt. 95 Siehe oben III 1.2.
2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus
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Die Doppelepisode Gen 26* versteht Isaak eindeutig nicht als König; gleichwohl geht er in der zweiten Unterepisode mit dem philistäischen König wie mit Seinesgleichen um. Eine der wenigen direkten Reden Isaaks gebraucht eine am Königshof häufige Wendung: ( מדוע באתם אליV. 27); vgl. die ähnlichen Fragen von Saul an seinen Sohn Jonatan in 1 Sam 20,27: ;מדוע לא־בא בן־ישׂי … אל־הלחם von Sauls Sohn Isch-Baal an Abner in der bereits behandelten Stelle 2 Sam 3,7: ;מדוע באתם אל־פילגשׁ אביvon Davids Sohn Absalom an David in 2 Sam 14,32: ;למה באתי מגשׁורvon Arauna an König David in 2 Sam 24,21: מדוע בא אדני־המלך ;אל־עבדוvon den „ שׂריםHauptleuten“96 des Königs an den soeben zum König gesalbten Jehu in 2 Kön 9,1197: מדוע בא־המשׁגע הזה אליךund schließlich von Jeftah an die Ältesten von Gilead in Ri 11,798: … ומדוע באתם אלי עתה. Diese und andere Beobachtungen besagen, dass die Isaak-Tradition überwiegend die höfische Sichtweise wiedergibt und deshalb irgendeine Verbindung zum Königshof bestehen muss.99 Eine weitere, wenn auch zeitlich und geographisch ferne Parallele wird weiteres Licht in die Sache bringen. 2.2 Der Typus der Konfliktlösungs-Erzählung im Kurzepos Bilgames und Akka Bevor wir uns dem zeitlich und geographisch fernen sumerischen Kurzepos Bilgames und Akka zuwenden, in dem wir eine bemerkenswerte Parallele zu unserem Erzähltypus zu finden glauben, sei an Gilgamesch und seine Beziehung zu Schamasch erinnert.100 Auch sie ist mit Libationen und Inkubationen verbunden. Weil dafür frisches Wasser gebraucht wird, werden Brunnen101 gegraben. Dreimal graben Gilgamesch und Enkidu im Standardepos auf ihrer Reise zu Humbaba solche Brunnen (SB IV,5.38.83102), siehe Z. 38–42:103 [a-n]a pān(igi) dšamaš(utu) ú-ḫar-ru-ú bu-ú-ru: m[ê(a)meš? … iš-ku-nu i-na … ‑pa]104 ˹i˺-li-ma dGIŠ-gím-maš ina muḫ-[ḫi šá-di-i] [m]aṣḫat(zì.mad.gá)-su ut-te-qa-a [ana ḫur-sa-a-ni] [š]adû(kur)ú bi-i-la šu-ut-t[a a-mat damiqti? lu-mur] Vgl. noch einmal Abimelechs Hauptmann Pichol in Gen 26,26. Auch Jes 50,2, ist von der Sprache des Königshofs bestimmt. 98 Nach Becker 1990:222 und Groẞ 2009:567 gehört Ri 11,7 zum ältesten Bestand der Jeftah-Erzählung, den beide mit kleineren Unterschieden in V. 1–11a* suchen. In Ri 11,12 ist eine weitere ähnliche Frage belegt, die aber aus späterer Zeit stammt. 99 Die These von Van Seters 1992:270 f., dass die Abraham‑ und Isaak-Erzählungen königsideologisch gefärbt sind, trifft zu, jedoch muss man zwischen dem alten natürlichen Kontext und der jüngeren Färbung unterscheiden. 100 Siehe oben III 2.2 und 3. 101 Beachte auch, dass die hebräischen Wörter „ ְּב ֵארBrunnen“ und „ בוֹרGrube“ im Akkadischen die Äquivalente būru und būrtu haben, siehe Tawil 2009:43 f.46 f.; Tawil verweist bei der Behandlung der beiden Wörter u. a. auf Gen 26. 102 So nach der Rekonstruktion von George 2003:588–592. 103 Text George 2003:590, Übersetzung Maul 2005:75. 104 Parpola 1997b:83 rekonstruiert: na-di-šu-nu. 96 97
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
Vor Schamasch gruben sie einen Brunnen. Frisches Wasser stellten sie in Schläuchen105 bereit. Es stieg Gilgamesch hinauf auf den Gipfel des Berges, sein Röstmehlopfer goß er dem Gebirge dann hin. „Bringe, o Berg, mir einen Traum! – Ich möchte eine gute Nachricht sehen!“
Aber bereits in der AB-Version geben die Ältesten dem Gilgamesch den Rat, dass er Schamasch ein Wasseropfer bringen solle (AB Y 268–271):106 i-na nu-ba-ti-ka ḫi-ri bu-ur-tam lu ka-a-a-nu mû(a) ellūtum(sikil) i-na na-di-ka [k]a-ṣú-tim me-e a-na dšamšim(utu) ta-na-qi [il-k]a ta-ḫa-sà-as dlugal-bàn-da When you camp for the night, dig a well; in your bottle should be fresh water always. You must poor cool water (in libation) to Šamaš, you must remember your [god], Lugalbanda.
Die Mesopotamier haben Brunnen in trockenen Teilen Süd-Mesopotamiens oder Syriens auf dem Weg zum Mittelmeer traditionell für von Gilgamesch angelegt gehalten.107 Aus welchem Grund auch immer, galt der legendäre Gilgamesch als Brunnenbauer. Diese Tradition mag bis in die sumerische Zeit zurückreichen, denn aus dieser Zeit kennen wir einen Streit um die Brunnen. Im Kurzepos von Bilgames und Akka108, „not only the shortest tale about Gilgamesh, but also the only one lacking mythical or legendary elements“,109 bricht zwischen den Städten Unug (Uruk) und Kisch ein Konflikt um Brunnen aus. Die epische Dichtung ist kurz, aber trotz erheblicher Schwierigkeiten ist eine narrative Struktur erkennbar.110 Der Plot beginnt mit einer Botschaft der Boten Akkas (Z. 1 f.), die nicht näher wiedergegeben wird. Akkas Vorschlag wegen der Brunnen wird darauf von Bilgames in zwei langen Sequenzen erörtert, die Gelegenheit geben, dass sowohl die Ältesten als auch die jungen Waffenträger sich zu dem Machtanspruch von Kisch äußern (Z. 3–39). Bilgames entscheidet sich, Akka zu widerstehen, wie ihm die Jüngeren empfehlen (Z. 40–47). Als Akka bald danach vor den Mauern Unugs steht (Z. 48 f.), ruft Bilgames seine Helden auf, gegen Akka vorzugehen (Z. 50–54), und einer seiner Untergebenen bietet sich an (Z. 55–58). Er wird aber von Akkas Männern verprügelt (Z. 59–64). Es folgt eine Szene, in der Akka einen 105 Der Wortlaut ist nicht sicher, „frisches Wasser“ wird sowohl von George 2003:591 als auch von Maul 2005:75 gelesen, „Schläuche“ nur von Maul. 106 Text und Übersetzung George 2003:206 f. 107 George 2003:94 f.; Maul 2005:163. 108 Diese Analyse stützt sich auf die Rekonstruktionen von Römer 1980, Edzard 1993 und Katz 1993, die Zeilenzählung folgt Römer. 109 Katz 1993:3. 110 Manchmal wird die dramatische Struktur leider unterschätzt, z. B. von Renger 1978:33: „The story in its present form, although preserved in its entirety, lacks thrust and dramatic structure“.
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weiteren seiner Knechte auf der Stadtmauer für Bilgames hält und der verprügelte Knecht mit einem Loblied auf Bilgames antwortet, wofür er ein weiteres Mal verprügelt wird (Z. 65–83). In der folgenden Szene lässt sich Bilgames auf der Mauer sehen und Enkidu gibt Akka Bescheid, dass es der große König selbst sei (Z. 84–92). Die folgenden Zeilen sind schwierig zu deuten, aber das Erscheinen von Bilgames sowie wahrscheinlich Enkidus Eingreifen entscheiden den Ausgang der Konfrontation, und Akka wird gefangen genommen (Z. 93–99).111 In der folgenden Rede wird die Größe der Stadt Unug und des Königs Bilgames gelobt (Z. 100–111) – ob es sich hier um einen Monolog von Bilgames oder einen Dialog zwischen Bilgames und Akka handelt, ist nicht eindeutig zu entnehmen.112 Bezeichnenderweise erinnert Bilgames als Protagonist an frühere Verdienste Akkas. Sie werden zum Anlass, Akka frei gehen zu lassen (Z. 104–106):113 ak-ka3 zi mu-e-sum ak-ka3 nam-ti mu-e-sum ak-ka3 1u2-kar-ra ur2-ra bi2-in-tum2-mu ak-ka3 mušen-kar-ra še bi2-ib-si-si Akka, Lebenshauch hast du mir gegeben, Leben hast du mir gegeben. Akka, dem flüchtigen Mann bringst du in den Schoß, Akka, dem flüchtigen Vogel hast du Gerste gefüttert!
Das Kurzepos endet tatsächlich im Wohlgefallen, denn Akka wird befreit (Z. 112 f.):114 ak-ka3 kišiki-še3 šu ba-ni-in-ba igi-dutu-še3 šu-u4-bi-ta e-ra-an-gi4 Akka ließ er nach Kiš frei (ausgehen) (mit den Worten): ‚Vor Utu habe ich dir (hiermit) die Wohltat(en)/Hilfe von damals vergolten!‘
Die Schlusszeilen (114 f.) erinnern daran, dass alles zum höheren Ruhm des Bilgames geschehen ist. Für unsere Analyse ist wichtig, dass uns eine Erzählung vorliegt, die von einer Konfliktlösung berichtet und in mehreren Punkten mit der Episode in Gen 26,17–31* vergleichbar ist. Zum einen handelt es sich in beiden Geschichten um zwei Hauptdarsteller, den Protagonisten (Isaak, Bilgames) und den Antagonisten (Abimelech, Akka). Ihnen stehen eine Reihe von Nebendarstellern zur Seite: Ahusat und Pichol als Vertraute Abimelechs in Gen 26B* und Enkidu und zwei weitere Knechte des Bilgames im sumerischen Epos. Während die Nebenpersonen in Gen 26B* ausnahmsweise nicht auf Seiten des Protagonisten auftreten, 111 Siehe Katz 1993:6 f., die die Rolle Enkidus in der Schlacht als entscheidend versteht, ähnlich J. Klein 1983:204, und vgl. Edzard 1993:549. 112 Katz 1993:45 und Römer 1980:41.97 verstehen die direkte Rede als Dialog, Edzard 1993:558 f. und Anm. 11 a) aber nimmt einen Monolog von Bilgames an. 113 Text Katz 1993:44; Übersetzung Römer 1980:41; zum früheren Verdienst siehe unten. 114 Text Katz 1993:44; Übersetzung Römer 1980:41; die Zeilen stehen in manchen Textvertretern in umgekehrter Reihenfolge. Diese Lesart wird von Katz 1993:44 f.48 (Z. 111 f.) und Edzard 1993:559 und Anm. 113 a) bevorzugt.
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
sondern bei Abimelech, ist es immerhin auffallend, dass alle fünf als die engsten Vertrauten eines Königs gelten: Ahusat ist ein Freund des Königs, Pichol ist der Feldhauptmann (V. 26)115, Enkidu ist der Knecht des Bilgames (Z. 42)116 und die zwei weiteren Knechte – BIR-ḪUR-tu19-ra und zabar-dab – haben ebenfalls beim König eine Funktion.117 Bei den letztgenannten ist hervorzuheben, dass BIR-ḪUR-tu19-ra eine deutlich wichtigere Rolle spielt, der zabar-dab hingegen nur als Statist fungiert. So kann man sagen, dass zwei und nicht drei dem König nahestehende Knechte das Epos bestimmen. Zum zweiten kann das Motivmuster beider Erzählungen auf eine einfache Grundstruktur zurückgeführt werden: Konflikt > Konfrontation > Dialog > friedliche Lösung. Zusätzlich gibt es mehrere Details, die die Vergleichbarkeit der Erzählungen untermauern. Der Konflikt entsteht in beiden Fällen unmittelbar wegen der Brunnen. Die Konfrontation beginnt, als der Antagonist zum Protagonisten kommt. Beide Streitfälle lassen einen Kampf erwarten, aber zu Handgreiflichkeiten kommt es nur im sumerischen Epos. Dass Abimelech mit einer Delegation kommt, zeigt, wie ernst die Lage ist, doch die Verhandlung ist friedlich. Der Dialog ist in beiden Fällen – falls bei Bilgames und Akka von einem Dialog im formalen Sinne ausgegangen werden kann118 – respektvoll; und zwar auch, wenn die Konfrontation von Bilgames und Akka sich verschärft. Am Ende wird eine friedliche Lösung geschildert: Der Dialog zwischen Bilgames und Akka deutet die früheren Wohltaten Akkas an. Damit kommt der Konflikt, der zeitweise von Bilgames beherrscht war, wieder ins Gleichgewicht, was beide Seiten bezeugen. Ähnlich erinnert Abimelech in Gen 26B* an das Wohlwollen, das er Isaak in der ersten Unterepisode erwiesen hat, und für Isaak gibt es keinen Grund, die Balance zu stören. So kann ein Eid die friedliche Lösung bestätigen. Eine Einzelheit, die für den Vergleich der Erzählungen wichtig ist, besteht in dem Hinweis auf frühere Wohltaten, der den Konflikt zu lösen hilft. Welche Verdienste sich Akka erworben hat, ist uns unbekannt. Anhand der militärischen Rangbezeichnungen in Z. 102 f. wurde vermutet, sie könnten mit dem Aufstieg des Bilgames unter der militärischen Führung Akkas zu tun haben.119 Wesentlich ist, dass Bilgames und Akka einander aus früheren Begebenheiten kennen und 115 Obwohl die beiden Vertrauten als Statisten fungieren, wird ihr Rang genannt, und sie gehören zur Delegation. 116 Laut Römer 1980:62 bietet die Mehrheit der Textzeugen šubur („wahrscheinlich „[subarärischer] Sklave““) und eine Fassung das Wort ìr „Sklave“; Katz 1993:42.47 liest hier arad2 „Sklave“. 117 Zur Diskussion zum Namen BIR-ḪUR-tu19-ra siehe Römer 1980:69 f.; vgl. Katz 1993:43: „bodyguard“ und Edzard 1993:555: „ein königlicher Diener“. Zur Funktion von zabar-dab siehe Römer 1980:74 und vgl. Katz 1993:43: „cup-bearer“. Er steigt auf die Mauer, wird aber namentlich nicht genannt (Z. 65, 84). 118 Siehe oben Anm. 111. 119 Römer 1980:95.99 und Edzard 1993:550.559 mit Anm. 103 a), die beide zusätzlich auf Th. Jacobsen verweisen.
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anscheinend einer vom anderen in irgendeiner Weise abhängig gewesen ist. In der neuen Situation besteht nunmehr eine Machtbalance. Isaak gewinnt in der ersten Unterepisode Gen 26A* das Recht, in der Stadt Abimelechs und in deren Umgebung zu wohnen. Insoweit ist er von Abimelech abhängig. In der zweiten Unterepisode Gen 26B* aber tritt das hierarchische Verhältnis in den Hintergrund, und Isaak wird sowohl von Abimelech als auch vom Erzähler als gleichberechtigter Partner des philistäischen Königs angesprochen. Auch der Abschluss der beiden Erzählungen ist erwähnenswert, denn die jeweiligen Antagonisten, Abimelech und Akka, verlassen die Bühne bzw. kehren im Frieden nach Hause. In diesem Vergleich fehlte bisher das Motiv der List. Dieses Motiv gibt es bei Bilgames und Akka nicht so prägnant wie in Gen 26A*. Stattdessen entsteht ein zusätzlicher dramatischer Effekt dadurch, dass Akka sich zunächst von zabardab täuschen lässt und ihn für Bilgames hält. Das gibt BIR-ḪUR-tu19-ra die Gelegenheit, das Lob des Bilgames zu singen, um dem entscheidenden Auftritt des Protagonisten die dramatische Tiefe zu verleihen. Auf diese Weise geht es auch im sumerischen Kurzepos nicht ganz ohne Täuschung ab.120 Für die IsaakAbimelech-Erzählung hat unsere Analyse bereits ergeben, dass das Motiv der List (nämlich die Ehefrau als Schwester auszugeben) in Gen 26* zur ersten Episode gehört, ihr Fehlen in der zweiten Episode aber dadurch ausgeglichen wird, dass das Motiv des Friedensschlusses nur in der zweiten vorhanden ist.121 Dina Katz hat in ihrer Untersuchung des Epos seine parallel laufenden Szenenwiederholungen hervorgehoben: zwei Ratsversammlungen, die Bilgames einberuft, mit zwei Reden und zwei Antworten, der zabar-dab auf der Mauer und BIR-ḪUR-tu19-ra bei Akka, sowie Bilgames auf der Mauer und Enkidu bei Akka.122 Auch das erinnert an den Aufbau der Doppelepisode mit Isaak und Abimelech. Am Ende dieses Vergleichs sei noch erwähnt, dass das Motiv des Schwurs am frühen Morgen in Gen 26,31 religionsgeschichtlich bedeutsam ist.123 Eine rituelle Handlung zu dieser Tageszeit kann im Alten Orient nicht von der Sonne (und dem Sonnengott) getrennt werden. Obwohl in Gen 26 der Sonnenaufgang nicht direkt genannt wird, lässt das Verb שׁכםhif. zusammen mit der Zeitangabe בבקר keinen Zweifel aufkommen. Im Kurzepos von Bilgames und Akka wird ausdrücklich die Sonnengottheit Utu genannt. Vor ihr bekräftigt Bilgames, dass er die Wohltaten Akkas vergolten hat. Utu ist überhaupt die einzige Gottheit neben 120 Katz 1993:1 findet im Epos eindeutig das Motiv der List wieder: „… unable to initiate a battle in the open Gilgamesh tricks Akka by distracting his attention from the city gate and enabling Enkidu to break through the gates and take Akka captive“; ähnlich vermutet J. Klein 1983:204. 121 Das königliche Verbot, Isaak und Rebekka anzutasten, das die erste Unterepisode beschließt, war noch nicht die endgültige Lösung, siehe oben 2.1. 122 Katz 1993:2 f. 123 Siehe oben II 4.3 und unten 2.3 und V 3.3.
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
An, die im Kurzepos genannt wird, und die Nähe des legendären königlichen Helden zum Sonnengott haben wir bereits mehrmals angesprochen. Tabelle 9: Der Erzähltypus „Konfliktlösung“ in Genesis 26* und im sumerischen Kurzepos von Bilgames und Akka Genesis 26,17–31*
Motive und Elemente
Bilgames und Akka
* Isaak und Abimelech.
* Zwei Hauptdarsteller, Protagonist und Antagonist.
* Bilgames und Akka.
* Knechte, Abimelechs Vertraute Ahusat und Pichol.
* Nebendarsteller, besonders zwei Vertraute des Königs.
* Die Knechte von Bilgames: Enkidu und BIR-ḪUR-tu19-ra.
Die Knechte Isaaks und Abimelechs streiten wegen der Brunnen (V. 19–21).
Konflikt zwischen dem Protagonisten und dem Antagonisten (unmittelbare Ursache: Brunnen).
Die Städte Unug und Kisch streiten wegen der Brunnen, Bilgames gibt nicht nach (Z. 1–47).
Abimelech kommt mit Ahusat und Pichol zu Isaak, um mit ihm zu verhandeln (V. 26).
Konfrontation: Der AntagoAkka kommt vor die Mauer nist kommt zum ProtagoUnugs, um mit Bilgames zu nisten, um den Streit zu lösen. kämpfen (Z. 48 f.).124
(Täuschung der Schwester in Täuschung, List (durch VerGen 26A*). wechslung von Personen).
Akka täuscht sich wegen des Knechts und hört das Loblied des BIR-ḪUR-tu19-ra (Z. 65– 83).
Dialog zwischen Isaak und Abimelech, in dem ein Eid vorgeschlagen wird (auf den Unantastbarkeitsbefehl von Abimelech wird hingewiesen, V. 27–29*).
Dialog (?) zwischen Bilgames und Akka, in dem beide einander anerkennen (auf eine frühere Guttat Akkas wird hingewiesen, Z. 100–113).
Dialog: respektvoll wird auf die Lösung zugesteuert (auf eine frühere Guttat wird hingewiesen).
Das Festmahl am Abend und Friedliche Lösung (der frühe der Schwur am Frühmorgen Morgen oder der Sonnengott (V. 30–31a). sind von Bedeutung).
Bilgames erwähnt die Vergeltung der Wohltaten Akkas vor Utu (Z. 113).
Isaak entlässt Abimelech und die Seinen im Frieden (V. 31b).
Bilgames lässt Akka frei (Z. 112).
Der Protagonist entlässt den Antagonisten, und er geht heim.
Damit darf angenommen werden, dass in dem analysierten narrativen Grundmuster der Konfliktlösung die Sonnengottheit, die ursprünglich vielleicht sogar im Zentrum stand, nach wie vor eine mehr oder weniger bedeutende Rolle gespielt hat.125 Es sei daran erinnert, dass auch die Boten Akkas in Z. 1 f. Unug bereits besucht haben. Das gilt, obwohl die Epen von Bilgames und Lugalbanda nach Tigay 1982:76, Anm. 10, in der sumerischen Literatur wegen des besonderen Verhältnisses zum Sonnengott fast die einzigen Ausnahmen bilden. 124 125
2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus
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Welche Züge beiden Erzählungen gemeinsam sind, haben wir oben in Tabelle 9 zusammengefasst. Freilich gibt es zwischen dem sumerischen Kurzepos und der Isaak-Abimelech-Erzählung auch viele Unterschiede. Das Epos ist in die Form einer epischen Dichtung gegossen, die biblische Erzählung hingegen vertritt die den älteren Schichten der biblischen Literatur charakteristische Kurzprosa. Uruk und Kisch sowie ihre Herrscher sind nach Größe und Bedeutung nicht mit den viel bescheideneren Verhältnissen im Süden Palästinas vergleichbar; auch droht in den Gesprächen zwischen Isaak und Abimelech kein militärischer Konflikt, obwohl ihre Knechte miteinander gestritten haben. Die Unterschiede hindern jedoch nicht, die in vielerlei Hinsicht gemeinsame Narrativstruktur anzuerkennen, zumal auch im Alten Testament Konflikte zwischen Machtzentren nach demselben Motivmuster gelöst werden, wie oben bei 2 Sam 3 und 2 Kön 6 festgestellt worden ist. Die Gattung der epischen Dichtung ist im Alten Testament ohnehin nicht zu erwarten. Ohne auf andere mögliche Parallelen innerhalb oder außerhalb der Bibel einzugehen, kann damit bereits jetzt gefolgert werden, dass viele Erzählungen, die von einer Konfliktlösung berichten, auf dem narrativen Grundmuster des Konflikts, der List bzw. Täuschung und der friedlichen Lösung beruhen. Viele weitere Motive und Aspekte ergänzen diese Erzählstruktur. Die bestimmte Form der einzelnen Erzählung hängt von vielen Gegebenheiten ab: von den handelnden Personen, historischen Gegebenheiten, die mehr oder weniger in den Erzählungen reflektiert werden, geographischen und zeitlichen Bedingungen, letztendlich auch von der literarischen Form, die die Schriftkundigen verwendet haben, usw. 2.3 Der Typus der Konfliktlösungs-Erzählung und sein Sitz im Leben am Königshof Nachdem wir das Erzählmuster der Konfliktlösung im Alten Testament und im Kurzepos von Bilgames und Akka verglichen haben und die Ähnlichkeiten feststellen konnten, wenden wir uns nun dem Kontext zu, aus dem dieser Erzähltypus stammt. Denn dass dieses Erzählmuster im Alten Testament, zumal in Gen 26*, von dem aus dem 3. Jahrtausend stammenden Kurzepos Bilgames und Akka literarisch abhängig sei, muss und kann nicht behauptet werden. Stattdessen legt es sich nahe, nach dem folkloristischen und historischen Anlass solcher Erzählungen zu fragen. Alle behandelten Erzählungen verfügen deutlich über einen Protagonisten und einen Antagonisten. Immer kommt der Antagonist wegen eines Konflikts zum Protagonisten und geht im Frieden davon. Der Erzähler steht auf der Seite des Protagonisten. Die „wir“-Perspektive bezieht sich auf eine legendäre Gestalt, einen geographischen Ort und manchmal auf eine soziale Gruppe. Bisweilen sind auch mehrere Schauplätze im Spiel. Die Personen sind Isaak, Bilgames, Jakob, Elisa und David, Schauplatz das Tal von Gerar, Uruk, Gilead, Dotan und
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
Samaria, Hebron. Beteiligte Gruppen sind die Familie bzw. der Klan Isaaks, die Einwohner, zumal die Vollbürger der Stadt Uruk, die Familie bzw. der Klan Jakobs, die Israeliten und die Judäer. Daraus folgt ferner, dass auch der Antagonist eine legendäre Gestalt, einen geographischen Ort oder eine Gruppe der „anderen“ verkörpert: Abimelech, Gerar und die Philister, Akka und Kisch, Laban und Haran, der aramäische König, die Aramäer und ihre Truppen, Abner und der Klan Sauls. Wie die Parteilichkeit des Erzählers immer spürbar ist, können die Erzähltraditionen auch mehr oder weniger genau lokalisiert werden. Bei der Gilgamesch-Tradition steht im Wesentlichen außer Zweifel, dass Uruk ihr Haftpunkt ist, und bei Jakob haben wir bereits die nördliche, israelitische bzw. nordöstliche Perspektive festgestellt, so dass nicht überraschend ist, dass das Geschehen in Gilead spielt. Vielsagend sind aber besonders die Erzählungen in 2 Kön 6* und 2 Sam 3*; denn Dotan, Samaria und der anonyme König von Israel verweisen auf die Elisa-Überlieferung, die früher oder später in Samaria und seinem Königshof heimisch wurde, und David und sein Aufenthalt in Hebron verweisen auf den Sitz in Jerusalem und seinem Königshof. Damit verglichen ist das Tal von Gerar unbedeutend, doch dürften sich dort, am südwestlichen Rand des Siedlungsgebiets der Judäer, gewisse historische Gegebenheiten abgespielt haben, wann auch immer.126 Die späteren Bearbeitungen dieser Überlieferung, die Isaak mit Beerscheba in Verbindung gebracht haben, und die motivgeschichtliche Verknüpfung mit der Abraham-Tradition127, durch die auch Mamre und Hebron (Gen 13,18) und die Gegend am Toten Meer (Gen 18–19)128 ins Spiel kamen, haben die Isaak-Tradition näher an Jerusalem rücken lassen.129 In jedem 126 Dass Konflikte zwischen Völkergruppen mit unterschiedlicher Lebensweise in SyrienPalästina zum Alltag gehört haben, ist sicher, vgl. den „typologischen“ Text Ri 6,2–6* (siehe dazu Becker 1990:141–144), der jünger ist als Gen 26*. Die Stadt Gerar wird mit Tel Haror (Tell Abū Hurēre) am Naḥal Gerar (Wādi eš-Šerīca) identifiziert (siehe dazu Oren 1993 und vgl. Keel / Küchler 1982:134–136; Noort 1994:52 und Aharoni 1956:31 f.) und gehört damit zu der breiten Übergangsregion zwischen der Küstenebene und Beerscheba sowie dem Hügelland von Hebron (Aharoni 1956:32). Zur möglichen Bedeutung von Gerar siehe Niemann / Lehmann 2010:228: „[A]ndererseits zeigen die biblischen Berichte der Auseinandersetzungen der sog. Erzväter Abraham und Isaak eine – nicht immer friedliche – Symbiose von Hirten und Städtern in exakt diesem Gebiet. Damit beschreiben die Erzählungen – unabhängig von der Frage nach ihrer Historizität oder der Datierungen – zutreffende (strukturelle) Lebensweisen dieser Region durch die Jahrtausende.“ Die Hungersnot als Anlass für Isaak, nach Gerar zu ziehen, passt zu der Bedeutung dieser Region für den Getreideanbau, die durch zahlreiche Silos in den ausgegrabenen Städten (vgl. Niemann / Lehmann 2010:229) belegt wird. Bagg 2010 weist darauf hin, dass die neuassyrischen Herrscher Verträge auch mit den arabischen Nomaden abgeschlossen haben. So könnte im Falle von Gen 26* ein bekannter Vorgang aus dem 8. und 7. Jh. in die frühere Zeit zurückprojiziert worden sein. 127 Siehe unsere Erörterungen zu den Verbindungen zwischen Gen 26 und Gen 12 und 20– 21 oben 1. 128 Zu den Texten siehe unten unter V. 129 Es gibt kaum Anhaltspunkte, wie die Überlieferung nach Jerusalem gelangt sein kann. Vielleicht geschah es durch wichtige, aus diesem Gebiet stammende Beamte. Erwähnens
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Fall gibt die Isaak-Überlieferung eine südliche bzw. südwestliche Fassung der Konfliktlösungs-Erzählungen wieder. Daraus können wir mit großer Wahrscheinlichkeit schließen, dass der Erzähler oft oder immer den Blickwinkel des Königshofs vertreten hat. Die Erzähler lassen die Konflikte zugunsten des Königs oder seiner legendären Vorfahren gelöst werden, auch wenn der Friede am Ende alle Parteien umfasst. Unsere motivgeschichtlichen Erörterungen sowie die Beobachtungen zum Sprachgebrauch legen die Nähe zum Königshof von vornherein nahe.130 Ein auffallendes Detail kann das zeigen: Im Alten Testament wird nur für zwei Herrscher der Philister, Abimelech in Gen 26* und Achisch in 1 Sam 21,10–15 und 27,1– 6, der Titel „ מלךKönig“ verwendet.131 In beiden Fällen kann sowohl der Name als auch der Titel auf den Antagonisten übertragen worden sein, denn bei den Herrschern der Philister ist eher der Titel שׂרzu erwarten.132 Der Name Abimelech ist relativ verbreitet und nicht mit den viel exotischeren Namen Pichol und Ahusat133 zu vergleichen. Er spricht nicht unbedingt für eine authentische historische Gestalt. Dass der Antagonist als König bezeichnet und durch einen konkreten Namen historisiert wurde, erhärtet den Verdacht, dass solche Traditionen am Königshof ihre schriftliche Form gefunden haben. Dazu passt auch am besten, dass in diesen Erzählungen am Ende der Friede steht. Der Begriff שׁלוםbildet mehrfach die Pointe. In Gen 26 (V. 31) ist er das letzte Wort der ältesten Schicht. Auch andere Marker können dafürstehen, etwa der Vertragsschluss, das Bankett, eine besondere Handlung am frühen Morgen bzw. beim Sonnenaufgang oder das unbehelligte Weggehen des Antagonisten. Aus zwei Gründen verweist das Motiv des שׁלוםbesonders auf das Königtum. Zum einen dürften sich die Schreibkundigen am Königshof zusammen mit der Lese‑ und Schreibkompetenz auch bestimmte Ideale zu eigen gemacht haben. Es gibt Anzeichen, dass zumal die Weisheit (Sprüche, Lehren, Lehrreden) den Schülern diese Ideale vermittelt hat. Das Ethos der Weisheit widerspiegelt allgemein das Ideal der Harmonie. Man erlernte das Bewusstsein der eigenen gesellschaftlichen Position und das Wissen von den Pflichten und Verboten, die dazu dienten, die harmonische Ordnung am Königshof, in der Gesellschaft
wert ist, dass der Hauptweg von Beerscheba, dem wichtigsten Wegekreuz im Südwesten, nach Jerusalem über Hebron führte; siehe die Karte der Verkehrswege bei Dorsey 1991:118 und seine Erläuterungen auf S. 117–124. 130 Siehe oben 2.1 und vgl. Van Seters 1975:167–191; 1992 (bes. S. 270), der Gen 26 als eine Nachahmung der Abrahamerzählungen behandelt, bei der aus Nomaden „Könige“ geworden seien. 131 Hervorgehoben z. B. bei Edenburg 2011:36. 132 Vgl. die Anmerkung von Noort 1994:52 zu den Herrschern der Pentapolis. Sich auf N. Na’aman stützend vermutet Edenburg 2011:37, dass ein Schreiber im 7. Jh. den Namen Achisch auf den anonymen Herrscher/König der Stadt Gat in 1 Sam 21; 27 übertragen hat. 133 Siehe oben Anm. 32.
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IV Isaak – Friede mit den Nachbarn
und in der Welt zu bewahren.134 In diesem Rahmen muss der Begriff שׁלוםeine zentrale Stellung eingenommen haben, auch wenn er im biblischen Buch der Sprüche nicht sehr verbreitet ist.135 Deutlich häufiger ist das Verb שׁלםhif., hof., pi. oder pu.136 Das wird anhand der Worte des Bilgames in Z. 112 f., dass er die früheren Wohltaten Akkas vergolten habe, signifikant.137 Zum zweiten gibt es im hebräischen, im weiteren levantinischen und selbstverständlich auch im akkadischen Bereich genug Beispiele, die aus dem monarchischen Kontext stammen und in dem Lexeme wie šlm oder šulmu (salīmu) und das Verb šalāmu (salāmu) prägnant vertreten sind.138 An dieser Stelle mögen einige Beispiele genügen. In der althebräischen Epigraphik gehört das Wort šlm vom 9. Jh. bis 6. Jh. fest zu den Grußformeln der Briefe.139 Die Form solcher Briefeinleitungen gehörte zum festen Repertoire der Schriftkundigen. Im phönizischen Bereich, nämlich in der Azatiwada Inschrift (KAI 26) aus dem Ende des 8. Jh.s, lesen wir in einer Liste von Selbstcharakterisierungen in einer idealen königlichen Autobiographie folgenden Standardsatz (A i 11–12):140 wšt ʾnk šlm ʾt kl mlk Und ich habe mit allen Königen Frieden geschlossen.
Ebenso gehört zu einer solchen Inschrift, dass der König reich gesegnet wird (A iii 2–4):141 wbrk bʿl kr[n]tryš ʾyt ʾztwd ḥym wšlm wʿz ʾdr Und es möge Ba’al-Kr[n]tryš Azatiwada mit Leben und Frieden und Kraft der Macht segnen.
In einem Hymnus an die Ischtar von Nineveh und die Ischtar von Arbela (K 1290) lässt Assurbanipal seine Herrschaft über die unterworfenen Länder unter anderem wie folgt beschreiben (rs. Z. 9 f.):142
134 Siehe
auch Schmid 1971:30–44.58–62. nur in Prov 3,2.17, vgl. auch Hi 5,24; 15,21; 21,9; 25,2; Ps 73,3 u. a. 136 Siehe Prov 6,31; 7,14; 11,31; 13,13.21; 16,7; 19,17; 20,22; 22,27; 25,22. 137 Siehe das Zitat oben. 138 Zu den hebräischen und akkadischen Beispielen im phraseologischen Vergleich siehe Tawil 2009:398 f.402 f. 139 Siehe Renz 1995b:13–16. 140 Text nach Gibson 1982:46; zur Einleitung der Inschrift siehe Avishur 2000:171–175; vgl. auch die Charakterisierung Salomos in 1 Kön 5,4. 141 Text nach Gibson 1982:50 und Avishur 2000:177; vgl. die andere Version III C 17–18 Avishur 2000:35.194. Weiterhin ist die Inschrift von der Zitadelle von Arauna erwähnenswert. In dieser Bauinschrift (Tempel o. ä.) aus dem 9. Jh. trifft man in Z. 8 auf Friedenswunsch šlm lk; siehe Fulco 1978. 142 Text und Übersetzung nach Livingstone 1989:12 (SAA 3.3.9 f.); vgl. außerdem zu Assurbanipal SAA 3.11.12–14 (Krönungshymnus, VAT 13831); 3.2.15’, und ferner 3.32.11. Zu weiteren Beispielen für den Vertragsschluss im Frieden siehe CAD 15:100a–102a. 135 So
2. Die Konfliktlösung als Erzähltypus
181
i-na ut!-nin!-na ù tas-pi-te ú-ba-ʾu-u sa-li!-me ina ṣu-ul-le-e su-up-pe-e ú-na-áš-šá-qu GÌRu-a They seek peace with me in prayer and in supplication; with observance and prayers, they kiss my feet.
Bemerkenswert ist, dass Asarhaddon in seinen zahlreichen Befragungen des Sonnengotts unter den zu wählenden Mitteln gegen die Feinde immer auch „friedliche Verhandlungen“ nennt. Als er eine seiner Töchter einem anderen König zur Heirat überlässt, fragt er den Sonnengott nach dem „friedlichen“ bzw. günstigen Ausgang dieses Vertrags.143 Dass die Befragungen sich an den Sonnengottheit richten, zeigt erneut die Verbindung zwischen der Sonnengottheit und der Königsideologie. Der König ist für die Ordnung in seinem Reich zuständig. Er ist sich dessen bewusst, dass der alles sehende Sonnengott als Garant der Gerechtigkeit144 handelt und die Einhaltung von Abkommen und Verträgen überwacht. In dem berühmten babylonischen Hymnus an Schamasch gibt es Zeilen, die gerade diesen Gesichtspunkt in Worte fassen (Z. 55 f.):145 […] šá rik-sa-a-ti kit-mu-sa ma-ḫar-ka [i-na ma]ḫ-ri-ka kit-mu-su rag-gu u ke-e-num Those who make sworn treaties are on their knees before you, The wicked and the just alike are on their knees before you.
Der kurze Exkurs sollte die Vermutung belegen, dass der Schwur am frühen Morgen, der in Gen 26,31 nur knapp erwähnt wird, einen zur der Zeit des Erzählers üblichen Vorgang meint, nämlich den Schwur vor dem Sonnengott. Damit gewinnt diese These über das Verb שׁכםhif. hinaus die motivgeschichtliche Bestätigung; denn sowohl der Begriff שׁלוםals auch die Struktur der Erzählung rücken die Doppelepisode von Isaak und Abimelech in den monarchischen Kontext, in dem im Alten Orient die Sonnengottheit immer eine prägnante Rolle gespielt hat. Die Isaak-Überlieferung in Gen 26* hat mithin am Königshof oder in dessen Nähe ihre früheste schriftliche Form gewonnen. Der südliche, d. h. der judäische Königshof liegt dafür am nächsten. Die genaue Zeit der Abfassung lässt sich nicht festlegen, aber die Zeit der Monarchie liegt motivgeschichtlich näher als die exilische oder nachexilische Zeit. Das zeigt auch der Unterschied zu den Abraham-Erzählungen, die motiv‑ und religionsgeschichtlich deutlich jünger sind. In ihnen spielt das Ideal der friedlichen Beziehungen zu den Nachbarn nicht mehr dieselbe Rolle wie zur Zeit der komplexen Machtverhältnisse in der Levante des 9. bis 7. Jh. v. Chr. Mit Abraham, der für ganz Israel steht, tritt eine universalistische Perspektive an die Stelle. Siehe Starr 1990, genauer SAA 4.20.4–10; 4.21.1’–4’; 4.30.4 ff.; 4.31.4 ff.; 4.43.9–11; 4.44.8 ff. Reiner 1985:68 f. 145 Text Lambert 1960:128, Rekonstruktion und Übersetzung nach Reiner 1985:72. 143
144
V Lot – gerettet aus der Vernichtung 1. Der Text Genesis 19,1–28 In der biblischen Literatur‑ und Rezeptionsgeschichte spielt die Erzählung über die Zerstörung von Sodom und Gomorra und die Errettung des Lot eine bemerkenswerte Rolle.1 Man hat vermutet, dass die motiv‑ und religionsgeschichtlichen Wurzeln der Legende, gemessen am Alten Testament im Ganzen, in eine frühe Zeit zurückreichen. Daher gehen wir im Folgenden der Spur mehrerer Motive in V. 1–28 nach. Die priesterschriftliche Notiz in V. 29 bleibt dabei ebenso ausgeklammert wie die sich an die Lot-Sodom-Erzählung anschließende Kurzepisode über die Herkunft von Moab und Ammon in V. 30–38.2 Die Art, wie Lot und seine Töchter in dieser Szene geschildert werden, unterscheidet sich von V. 1–26 in solchem Maße, daß sich kaum behaupten lässt, zwischen dieser Episode und der älteren Erzählung über Lot und Sodom bestünde eine genuine Verbindung. Dies vorausgeschickt, können wir uns den Konturen der frühesten literarischen Schicht in der Lot-Sodom-Erzählung zuwenden. Dabei ziehen wir zum Vergleich die ersten drei Verse der berühmten Szene in Gen 18,1–8* heran, wo Abraham die drei Männer bewirtet. Obwohl die beiden Szenen verschiedene Gastgeber haben und auch die Gäste unterschiedlich bezeichnet werden (bei Abraham „drei Männer“, bei Lot „zwei Boten“), hat die große Übereinstimmung zwischen den beiden Texten schon immer die Aufmerksamkeit der Leser und Forscher geweckt. Fast alle Elemente der Bewirtungsszene von Gen 19,1–3* finden sich auch in Gen 18,1–8*, auch wenn sie in Gen 19 deutlich einfacher
1 Einige Erörterungen dazu bei Zimmerli 1976:88; Westermann 1981:362–364; Nõmmik 2012b:200–202. 2 Das Verhältnis von V. 1–28 und V. 30–38 (V. 29 ist P) ist viel diskutiert worden. Nach Kilian 1966a:136–143 handelt es sich um eine selbständige Höhlenerzählung; vgl. Gunkel 1910:217 f.; Kratz 2000:276. Demgegenüber meinen Van Seters 1975:219–221; Westermann 1981:379 f. und Blum 1984:281 f., dass die Sodom-Erzählung gerade in die Ätiologie Moabs und Ammons münde, oder dass eine frühere, selbständige Gestalt nicht zu rekonstruieren sei. Levin 1993:164–167 löst das Problem mit mehreren vorjahwistischen Quellen. Die eine habe von der Gastfreundschaft und Bewahrung des Lot berichtet, die andere von der Vernichtung Sodoms und dem Ursprung Moabs und Ammons.
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1. Der Text Genesis 19,1–28
ausgeführt werden. Am auffallendsten ist die Reihenfolge der Komponenten:3 (a) Die Szene ist lokalisiert (bei der Terebinthe zu Mamre / in Sodom). (b) Der Gastgeber sitzt ()ישׁב. (c) Das wird näher bestimmt: im Eingang des Zelts / im Tor der Stadt. (d) Der Gastgeber nimmt die Gäste wahr ()וירא. (e) Er begrüßt sie ( ויקם לקראתם/ )וירץ. (f ) Dabei neigt er sich zur Erde ()וישׁתחו [אפים] ארצה. (g) Er spricht die Gäste an ()ויאמר. (h) Er verwendet die Höflichkeitsformel אדני. (i) Er fordert sie auf, die Füße zu waschen ()ורחצו רגליכם, (j) sich auszuruhen und (k) danach ihres Wegs zu gehen. (l) Die Gäste antworten ()ויאמרו. (m) Das Mahl für die Gäste wird bereitet ( )עשׂהund (n) eingenommen ()ויאכלו. Nur drei Einzelheiten tauschen die Plätze: (a) das Auftreten der Gäste, (b) die Zeitangabe und (c) die Höflichkeitsformel עבדיכם. Narrativisch sticht nur ein Unterschied hervor: Während Abrahams Gäste in 18,5 ohne Zögern die Einladung annehmen, muss Lot seine Gäste in 19,2 f. nötigen. Trotz dieser Nuance spricht die weitgehende Übereinstimmung der beiden Szenen dafür, sie auf einen gemeinsamen Verfasser zurückzuführen.4 Tatsächlich wird oft angenommen, dass den späteren Abrahamerzählungen ein von einem Autor geschriebener und später stark überarbeiteter Abraham-Lot-Zyklus in Gen 13; 18–19* zugrunde liegt.5 Wenn wir uns der ältesten Form des Textes in Gen 19,1–3 (im Vergleich mit 18,1–8) zuwenden, muss zunächst konstatiert werden, dass aus V. 1–3 außer einer fraglichen Einzelheit literarkritisch nichts ausgeschieden werden kann und muss. Diese Einzelheit betrifft die Benennung der Gäste Lots als שׁני המלאכיםin V. 1, denn in V. 12 und 16 werden sie als האנשׁיםbezeichnet. Auch wenn המלאכים in V. 15 noch einmal begegnen, nähren auch die alten Übersetzungen und der Samaritanus den Verdacht,6 dass wir uns bei der Angabe in V. 1 nicht sicher sein können. Im Prinzip könnte die Diskrepanz überall in der ältesten Textschicht zugunsten von האנשׁיםgelöst werden, denn V. 15b muss nicht ursprünglich sein,7 und die literarkritischen Erörterungen zu den „drei Männern“ שׁלשׁה אנשׁיםin der parallelen Szene Gen 18,1–10 (V. 2, vgl. V. 16 und 22) führen fast immer zu dem Schluss, dass sie literargeschichtlich älter sind als Jahwe (V. 1a, vgl. V. 3).8 In Gen 18 fehlt die Bezeichnung המלאכיםüberhaupt. Da die Bewirtungsszenen in Gen
3 Vgl. Blum 1984:280–282 und besonders die Tabellen bei Kilian 1966a:150 f.; Van Seters 1975:215 f. und Wenham 1994:43 f. 4 Z. B. nach Kilian 1966a:154 ist gerade die unterschiedliche Reaktion auf die Einladung ein Beweis, dass Gen 18* und 19* zusammengehören. 5 So vor allem – mit kleinen Unterschieden – Gunkel 1910:159 f.176 f.193; Kilian 1966a:285– 289 und Blum 1984:273–289. Auch Levin 1993:144.155 f.163–167 nimmt vorjahwistische Quellentexte in Gen 13* und 18 f.* an. 6 Z. B. liest Sam überall, auch in V. 12, המלאכיםstatt האנשׁים. LXX macht den Wechsel in MT mit, außer ἄγγελοι in V. 16 und einer Variante in V. 10 aus der f-Gruppe, siehe Wevers 1974:194; 1993:271.275. 7 Siehe dazu gleich unten. 8 Dass in 18,1–16 die jahwistische Redaktion eingewirkt habe, wird sehr breit angenommen; siehe Gunkel 1910:193–201; Kilian 1966a:289–294; Levin 1993:153–156; 2012:165–167; Römer 2011b:618–620 (hier auch religionsgeschichtliche Erwägungen) u. a. Als viel einheitlicher, wenn
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V Lot – gerettet aus der Vernichtung
18 und 19 eng verwandt sind, wird oft geschlossen, dass ( האנשׁיםdann als drei Männer gemeint) oder sogar nur das Verb ohne Subjekt in 19,1 angemessener sind als שׁני המלאכים.9 Freilich kann nicht ausgeschlossen werden, dass beide Begriffe nebeneinander gebraucht wurden.10 Auch in V. 12 und 16 können die „Boten“ gegen die „Männer“ sekundär ausgetauscht worden sein. Ursprünglich liegen die „Männer“ jedoch näher als die „Boten“. Obwohl die endgültige Entscheidung von den motivgeschichtlichen Beobachtungen abhängt,11 kann bereits hier daran erinnert werden, dass uns bereits in der Jabbok-Episode Gen 32,23–33 ein אישׁ, „Mann“ oder „jemand“, begegnet ist. Auf das dritte eben genannte Bedenken zum literar‑ und traditionsgeschichtlichen Vorrang der Abraham-Tradition soll bereits an dieser Stelle kurz eingegangen werden. Nach unserem Eindruck ist der Lot-Sodom-Stoff in Gen 19* älter als der Abraham-Stoff in Gen 18*. Drei Beobachtungen im Vergleich der beiden Bewirtungsszenen veranlassen zu dieser Annahme. Erstens fällt die unterschiedliche Zeitangabe auf: In 18,1 sieht Abraham seine Gäste „ כחם היוםin der Tageshitze“, in 19,1 kommen die Gäste Lots nach Sodom „ בערבam Abend“. Noch ohne auf weitere motivgeschichtliche Parallelen einzugehen,12 kann man erkennen, dass die Zeitangabe nur in Gen 19,1 erzähltechnisch unerlässlich ist; denn der unmittelbar folgende Konflikt spielt während der Nacht, und die Zerstörung der Stadt geschieht am folgenden Morgen. Demgegenüber ist von der Tageszeit unabhängig, wann Abrahams Gäste ihm anschließend an die Bewirtung die Geburt eines Sohnes – oder ursprünglich etwas Anderes – in Aussicht stellen, zumal große Bewirtungen am Mittag gar nicht üblich gewesen sind. Der Verfasser der Erzählfolge Gen 18–19* hat den Mittag nur gewählt, weil ihm durch die Sodom-Erzählung der Abend vorgegeben war.13 Die zweite Beobachtung trifft den Ort, wo die Gäste begrüßt werden: Für die Verfasser des Abraham-Lot-Zyklus war Lot als Stadtbewohner anscheinend durch die SodomLegende vorgegeben, doch als sich später das Interesse auf Abraham verschob, erwuchs daraus in Gen 13* anachronistisch die Schilderung, dass Lot wie Abauch mit einer möglichen Vorgeschichte, stellt Blum 1984:273–280 die älteste Schicht in 18,1–16 dar; vgl. auch seine Erörterungen zu den Singular‑ und Pluralformen auf S. 277 f. 9 Nach Kilian 1966a:112 f. u. a. hat der Jahwist bei den Subjekten in V. 1 (ursprünglich sogar )שׁלשׁה אנשׁיםund 15 eingegriffen, da Jahwe in Gen 18 einer von drei Männern sein soll (vgl. auch Gillischewski 1923:79.83 und die Vorschläge von BHS). Auch nach Holzinger 1898:155; Gunkel 1910:206 f.; Westermann 1981:366; Blum 1984:282; Kratz 2000:276, Anm. 62, u. a. liegt eine sekundäre Änderung vor. Levin 1993:58 f.168–170 hält die „Boten“ in Gen 19 für spätere Ergänzung, so dass in V. 1 sich das Verb ursprünglich ohne eigenes Subjekt an 18,16 oder 18,22 glatt anschließt. 10 Vgl. auch die Anmerkungen von Wevers 1993:267 f. zu Gen 19,5 LXX. 11 Zur Motivgeschichte siehe unten 3.3. 12 Siehe dazu unten 3.3. 13 Ähnlich Kilian 1966a:153 f., aber vgl. Gunkel 1910:214; Gillischewski 1923:82; Blum 1984:282 f. und Levin 1993:155 f.
1. Der Text Genesis 19,1–28
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ram Nomade war und in 13,12 „ ויאהל עד־סדםmit Zelten bis nach Sodom zog“; in 19,1 hingegen sitzt er als Stadtbewohner im Tor.14 Diese Beobachtung vertieft den Eindruck, dass der Szenenanfang im Tor in Gen 19 – wie im Alten Orient üblich – vorgegeben und normal ist; demgegenüber wirkt künstlich, dass Abraham in Gen 18 im Eingang seines Zelts sitzt. Drittens sorgt in 19,2 f. das anfängliche Sträuben, mit dem die Gäste auf das Angebot Lots reagieren, in seinem Haus die Nacht zu verbringen, sogleich für die angemessene erzählerische Dramatik. Lot muss sie überreden. Verglichen damit beschränkt sich die Bewirtungsszene bei Abraham auf die ausführliche Schilderung des vorbildlichen Gastmahls und die knappe Ankündigung der Geburt des Sohnes. Fazit: Während Gen 19 vollständig von Dramatik durchzogen ist, fehlt der Bewirtungsszene in Gen 18 eine vergleichbare Dynamik. Aus dem bisherigen Beobachtungen kann man bereits an dieser Stelle die Konsequenz ziehen, dass die schriftliche Grundgestalt der Lot-Sodom-Legende auf den Verfasser von Gen 13+18 f.* zurückgeht, die Sodom-Erzählung Gen 19* aber wegen ihrer gegenüber der Bewirtungsszene Abrahams stärkeren narrativen Dynamik in irgendeiner Form vorgegeben war.15 Obwohl uns nur die jüngere, schriftliche Gestalt des Textes vorliegt und unserer Nachfrage Grenzen setzt, wird uns besonders die Motivfolge der ältesten Schicht der Sodom-Erzählung interessieren. Die nächste Szene in Gen 19,4–11 schildert den Konflikt zwischen Lot und den Bewohnern der Stadt Sodom. Kleinere Glossen und Ergänzungen sind an den Dubletten leicht erkennbar. Das betrifft die asyndetisch eingegliederten אנשׁי סדם „die Männer von Sodom“ in V. 4a16 und beide Teile der vermutlich redaktionellen Präzisierung „ מנער ועד־זקן כל־העם מקצהvom Jungen bis zum Alten, das ganze Volk von allen Enden“ in V. 4b.17 In V. 6 ist das Obj.+qatal-Sätzchen והדלת סגר אחריו „und die Tür schloss er hinter sich zu“, das einen ähnlichen Satz aus V. 10b aufnimmt und den Kontext stört, mehr als verdächtig.18 Darüber hinaus fallen in V. 9 die beiden Reden der Einwohner Sodoms sehr auf, die beide mit ויאמרוeingeleitet werden und ohne eine Gegenrede Lots unmittelbar aufeinander folgen. Eine von beiden ist sehr wahrscheinlich eine sekundäre Erweiterung. Für den Ablauf der Erzählung genügt die erste kurze Rede, die den Versuch einleitet, die So auch Thompson 1987:93. Dies muss nicht ausschließen, dass auch Gen 18 eine selbständige Legende zur Grundlage gehabt hat (vgl. zumal Gunkel 1910:211), aber da der Text stärker als Gen 19 von der Überarbeitung betroffen ist, ist es nicht möglich, darüber Näheres zu wissen; siehe auch unten. 16 Glosse auch nach BHS; Holzinger 1898:155; Gunkel 1910:208; Gillischewski 1923:79; Kilian 1966a:113; Zimmerli 1976:84, Anm. 36, u. a.; dagegen vgl. Westermann 1981:367. 17 So auch Gunkel 1910:208. Nach Gillischewski 1923:79 und Kilian 1966a:113 ist nur der zweite Teil eine Glosse. 18 Nach Gunkel 1910:209 eine Glosse, nach Levin 1993:58.164 gehört das Sätzchen jedoch zum ältesten Quellentext. Die Textgeschichte bezeugt Probleme seit frühester Zeit, denn Sam belegt das Verb im Plural. 14 15
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V Lot – gerettet aus der Vernichtung
Tür aufzubrechen, der am Ende des Verses auch folgt.19 Weiterhin ist die asyndetische Wortfolge von באישׁ בלוט, die sich an ויפצרוanschließt, wahrscheinlich nicht ursprünglich.20 Wie die sekundäre Präzisierung in V. 4a will anscheinend auch die Glosse מקטן ועד־גדולin V. 11aβ die Sünde sämtlicher Einwohner Sodoms hervorheben. Mit der letzten Beobachtung gelangen wir zu der weitergehenden These, dass der Streit zwischen Lot und seinen Gästen auf der einen Seite und den Männern Sodoms auf der anderen nachträglich übermalt worden ist. In der älteren Schicht bedrohen die Sodomiten die Gäste, ohne dass dabei bereits alle Männer Sodoms gemeint wären. Für eine funktionierende Erzählung würde der Satz נסבו על־הבית „sie umstellten das Haus“ in V. 4a durchaus genügen21, an den anschließend Lot in V. 6a vor die Tür tritt, die Sodomiten ihn kurz und direkt bedrohen und zur Tür vordringen (Anfang und Ende von V. 9). Die Gäste retten Lot aus seiner gefährlichen Lage (V. 10) und schlagen die Sodomiten mit Blindheit22 (V. 11 ohne Glosse). Der mit sexueller Konnotation gefärbte xenophobe Charakter des Angriffs sowie die Beteiligung sämtlicher Stadtbewohner an der Sünde wird in der sekundären Schicht thematisiert, die V. 5 und 7–8 sowie Glossen und größere Ergänzungen in V. 4, 6, 9 und 11 umfasst.23 Wahrscheinlich dieselbe Redaktion ist auch daran beteiligt, die Lot-Sodom-Erzählung mit der Ursprungslegende von Moab und Ammon in V. 30–38 zu verknüpfen; denn die Legende und die Bearbeitungen reimen sich am besten mit dem Angebot Lots in V. 8, statt der Gäste seine zwei jungfräulichen Töchter zu vergewaltigen.24 Vers 8 muss wiederum eine Verbindung zur Überarbeitung in Gen 18 haben; denn dort ist es keinesfalls sicher, dass die drei Männer ursprünglich die Geburt des Sohnes oder spezifischer des Isaak vorausgesagt haben; denn diese Aussagen gehören in die jüngere Jahwe-Schicht. Vielleicht bezog sich die Reaktion der Gäste eher auf 19 Das zweite ויאמרוfehlt in LXX (außer in der Hexapla; Wevers 1993:270); siehe Levin 1993:47.160; Kratz 2000:276, Anm. 62. Hingegen halten Gunkel 1910:209; Kilian 1966a:114 u. a. den ganzen ersten Redegang ויאמרו גשׁ־הלאהfür eine Glosse. Dagegen spricht aber der einzigartige Charakter der Formulierung גשׁ־הלאהim AT – das ist bei einer Glosse nicht zu erwarten. 20 Überraschenderweise sind beide aber in LXX reflektiert (Wevers 1993:270 f.). Für Holzinger 1898:155; Gunkel 1910:209 u. a. ist בלוטeine Glosse; Levin 1993:58.169 hält באישׁ für die Formulierung des J und בלוטfür eine späte Glosse. 21 Um zu beschreiben, dass die Sodomiter das Haus umstellten, und für die narrative Spannung genügt das Verb ( סבבqal oder nif., manchmal + )על, siehe Jos 7,9; Ri 20,5; Ps 17,11; 88,18 und andere Beispiele in Ges18:869a (qal, 11) und 869b (nif., 4); siehe auch Levin 1993:160. 22 Beachte, dass „ ַסנְ וֵ ִריםBlindheit“ ein sehr seltenes Wort ist (siehe dazu Ges18:893b; Speiser 1964:139 f.143 [„flash of supernatural light“], Stol 1986 und Tawil 2009:264). Es begegnet nur noch in 2 Kön 6,18, dort aber sehr wahrscheinlich in Abhängigkeit von Gen 19, weil wiederum mit dem Verb נכהhif. kombiniert; siehe oben IV 2.1. 23 Vgl. besonders Levin 1993:160.163 f., der V. 4aα.6.9aα.bβ–11aα.b der vorjahwistischen Quelle zuweist und das Übrige für jahwistisch erklärt; dagegen versteht z. B. Kilian 1966a:113 V.4 f. ohne Glossen als vorjahwistisch. 24 Siehe oben Anm. 2.
1. Der Text Genesis 19,1–28
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das, was in Sodom bald geschehen würde.25 So wie Abraham in späterer Zeit mit Isaak (und Israel generell) in Verbindung gebracht wurde, wurde auch Lot auf Moab und Ammon bezogen. Die folgende Szene mit der Ankündigung der Katastrophe und der Reaktion der Schwiegersöhne in V. 12–14 ist schwerlich aus einem Guss. Während die Gäste Lots die Zerstörung von Sodom mit der Phrase כי־משׁחתים אנחנו את־המקום הזה „wahrlich, wir werden diesen Ort verderben!“ bestätigen (V. 13a) und damit die Sodom-Erzählung weiterführen, bildet ihre Frage nach Lots Familie – und besonders nach einem möglichen Schwiegersohn (V. 12bα) – sowie das Gespräch Lots mit den Schwiegersöhnen (V. 14) eine narrative Sackgasse. Die Frage und der Dialog werden im Grundgerüst der Sodom-Erzählung nicht weitergeführt – Lot wird wegen seiner Gastfreundschaft gerettet, ob seine Familie ebenfalls gerettet wird oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Die Sorge um die Familienmitglieder ist wie in V. 8 nur damit zu erklären, dass die Sodom-Episode auf die später angehängte Ursprungslegende von Moab und Ammon ausgerichtet wurde, und der tertiäre Zwischenfall mit den Schwiegersöhnen26 kann sich nur auf das Interesse eines Redaktors gründen, der einen warnenden Hinweis geben wollte, welche Folgen es hat, Gottes Zusage zu bezweifeln. Wegen des Wortes „ כמצחקwie ein Witz“ kann man sicher sein, dass diese Ergänzung auf das Lachen צחקAbrahams und Saras und den in Gen 17,16–21 und 18,10b–15 geäußerten Zweifel anspielt.27 So sind zumindest V. 12b und 14 sekundär und tertiär. Ob V. 12a und 13a, vielleicht auch noch etwas darüber hinaus zur ältesten Schicht gehörten, oder ob eine ältere Fassung umgearbeitet worden ist, kann anhand der bisherigen Beobachtungen nicht beantwortet werden. Von dieser Antwort hängt aber ab, wer ursprünglich Sodom zerstört hat.28 Die Begründung כי־גדלה „ צעקתם את־פני יהוהweil ihr Geschrei groß geworden ist vor Jahwe“ in V. 13bα wirkt wegen des doppelten כיstilistisch überflüssig und muss vorläufig für se25 Die älteste Schicht von Gen 18 kann hier nicht näher analysiert werden, aber die Möglichkeit, dass die drei Gäste Abraham ursprünglich etwas Anderes eröffneten, z. B. die Zerstörung oder wenigstens die Inspektion von Sodom, verdient weitere Untersuchung; vgl. Holzinger 1898:155; Wellhausen 1899:26; Gunkel 1910:199 f. und Krašovec 1989:172. 26 Beachte auch, dass die Schwiegersöhne in der Aufforderung an Lot, mit Frau und Töchtern aus Sodom wegzuziehen (V. 15), fehlen. Zu den Versuchen in LXX, die Schwierigkeiten auszugleichen, siehe Wevers 1993:273 f. 27 Die entsprechenden Verse in Gen 17 gehören zu P oder einem späteren Redaktor, und die Verse in Gen 18 sind sicherlich als Redaktion aufzufassen; siehe Levin 1993:157 f. Beachte auch, dass in 19,14 ausnahmsweise das Verb דברpi. und nicht wie üblich אמרeingesetzt wird. 28 Während V. 12a (bis )לוטsich inhaltlich (zusammen mit 13a) gut in das Narrativ einfügt, stört ein stilistisches Detail das Bild: In der ältesten Schicht wird das Präpositionalobjekt hinter dem Verb אמרvermieden, hier aber steht ;ויאמרו האנשׁים אל־לוטvgl. sekundär in V. 5 ( ויאמרו לוzusätzlich vgl. )ויקראו אל־לוטund in V. 18 und 21 mit אל. Kilian 1966a:114–118.130 vermutet trotz komplexer jahwistischer und nachjahwistischer Überarbeitungen in V. 12–14 eine alte PluralVorlage (vgl. auch Gillischewski 1923:79 und Keel 1979:12, Anm. 12); Levin 1993:58.164–167 sieht in V. 12aα.13a und in V. 12(nur )חתן.14aα.b frühe Bearbeitungen einer alten Quelle.
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V Lot – gerettet aus der Vernichtung
kundär erklärt werden; andere Möglichkeiten, dieses Motiv motivgeschichtlich einzuordnen, werden unten erörtert.29 In den Versen 15–16 verhält es sich ähnlich wie in den vorigen. Auch hier kann man von einem narrativen Minimum ausgehen, das mehr oder weniger der ältesten Schicht entsprechen dürfte und später ergänzt worden ist. Vers 15 wird mit der wichtigen Zeitangabe „ וכמו השׁחר עלהund als die Morgenröte aufging“ eröffnet, die auch syntaktisch auffällt und anscheinend bereits in der frühesten Schicht den Anfang eines neuen Abschnitts markiert hat. Man darf nicht übersehen, dass es auch in V. 23a eine ähnliche Angabe gibt: השׁמשׁ יצא על־הארץ „Die Sonne ging auf über dem Land“. Beide klingen mit dem in V. 1 genannten Abend zusammen, mit dem in V. 2.4* die Gastszene beginnt, und bereiten Schritt für Schritt vor, dass die Stadt bei den ersten Sonnenstrahlen zerstört werden wird. Für das Narrativ ist auch wichtig, dass Lot aus der Stadt geführt wird. Dies geschieht am Ende von Vers 16; der Satz kann zur ältesten Schicht gehören. Dass die Gäste Lot aufrufen, seine Frau und seine beiden Töchter mitzunehmen und zu fliehen (V. 15b), und dass sie ihn, als er zaudert,30 zusammen mit seiner Familie tatsächlich aus der Stadt zu führen beginnen (V. 16a), passt gut zu der Bearbeitungsschicht, die die Sodom-Legende mit V. 30–38 verbinden will. Der Verdacht wird dadurch bestätigt, dass der wichtigste Satz, der in V. 16b in der ältesten Schicht von der Herausführung Lots berichtet, seine Frau und Töchter noch nicht erwähnt. Auch die kurze Begründung, die die Boten geben: „ פן־תספה בעון העירdass du nicht umkommst wegen der Schuld der Stadt“, steht im Singular und könnte zur ursprünglichen Schicht gehören. An sich müssen die Gäste Lot nicht direkt anreden, denn die kurzen Sätze V. 15a und 16b würden für ein Narrativ genügen, gegebenenfalls erweitert um Lots Zaudern und um die Nachricht, dass die Gäste seine Hand ergriffen (וכמו השׁחר עלה ויתמהמה ויחזקו )האנשׁים בידו ויצאהו וינחהו מחוץ לעיר. Die direkte Rede ist in der ältesten Schicht aber nicht ausgeschlossen. Das würde dann bedeuten, dass fast der ganze Text in V. 15 (außer )קח את־…הנמצאתzur ältesten Schicht gehört.31 Wir beschränken uns vorsichtig auf das textliche Minimum32 und fügen an dieser Stelle nur hinzu, 29 Das Suffix an צעקתםist auffallend, denn es liegt zwischen dem Objekt את־המקום הזהund dem Objektsuffix an לשׁחתהּ, die beide auf die Stadt bezogen sind (V liest im letzten Fall 3. masc. plur. [BHS]; vgl. 18,21 und unten Anm. 46). Falls man beim Suffix 3. masc. plur. die Einwohner Sodoms voraussetzen (vgl. Irvin 1978:20 f.) und V. 13b für eine spätere Ergänzung halten würde, ließe sich das Problem wenigstens zur Hälfte lösen, und auch der Weg für motivgeschichtliche Konsequenzen bliebe offen. Zur Motivgeschichte siehe unten 3.2. 30 LXX übersetzt dieses Verb ein wenig anders und im Plural; siehe Wevers 1993:275. 31 Vielleicht hat LXX Recht, wenn sie im Originaltext noch וצאvoraussetzt (καὶ ἔξελθε, siehe BHS; Zimmerli 1976:85, Anm. 42; Wevers 1993:274) – die direkte Rede könnte mit קום וצאeingesetzt haben. Ob es sich im ursprünglichen Text um die „Boten“ (MT) oder um die „Männer“ (Vorschlag von BHS) gehandelt hat, bleibt offen, wie oben bereits angedeutet. 32 Allerdings ist auch LXX nicht unproblematisch: V. 16b wird dort nur in der Hexapla (Wevers 1993:275). Anscheinend sind die Überarbeitungen hier sehr komplex gewesen.
1. Der Text Genesis 19,1–28
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dass der Kommentar „ בחמלת יהוה עליוJahwes Mitleid war auf ihm“ in V. 16 den narrativen Stil deutlich stört und eine jüngere Glosse bildet.33 Der Marker ויהיleitet den nächsten Absatz V. 17–22 ein. Der Abschnitt kann fast in seinem ganzen Umfang als sekundäre Ergänzung eingestuft werden. Es gibt dafür zwei Gründe. Der eine bezieht sich darauf, dass der Fokus der ZoarÄtiologie im Verhältnis zur Sodom-Legende eine Verschiebung bedeutet.34 Für das Grundnarrativ der Legende ist unwesentlich, wohin sich Lot flüchtet oder dass eine bisher nicht genannte Stadt in der Umgebung von Sodom die Katastrophe übersteht – eine Katastrophe übrigens, die in der Grundschicht eindeutig nur auf eine Stadt bezogen ist (V. 13a). Ob dann auch V. 23b, wo Lots Flucht nach Zoar kurz erwähnt ist, Teil der Zoar-Ergänzung bildet, kann nicht literarkritisch entschieden werden.35 Ein zweiter Grund, in V. 17–22 eine Extrapolation zu sehen, folgt aus dem Numeruswechsel in diesen Versen. In V. 17a.18 stehen die Gäste im Plural, in V. 17b.19.21 im Singular. Das erinnert bis in den Wortlaut an das Numerusproblem in Gen 18,1–10. Die Höflichkeitsformel הנה־נא „ מצא עבדך חן בעיניךsiehe nun, dein Knecht hat Gnade gefunden in deinen Augen“ in V. 19 wirkt fast wie ein Zitat von Gen 18,3. Wie oben erwähnt, ist die Diskrepanz zwischen Singular und Plural in Gen 18,1–10 hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass eine ältere Schicht mit drei Gästen von der Jahwe-Schicht überlagert wird, in der Subjekt und Objekt im Singular stehen.36 Mithin gehört der größere Teil des Textes in 19,17–22 zur Jahwe-Schicht, die ihn mit der JahweBearbeitung von Gen 18 verbindet. Wenn man überdies den im Kontext der LotSodom-Erzählung verdächtig langen Monolog Lots in V. 18b–20 hinzunimmt,37 liegt es nahe, dass der älteste Text in Gen 19 einmal von V. 16b oder V. 17* direkt nach V. 23a überging.38 Eine andere, kompliziertere Möglichkeit wäre, dass die Bearbeitungen von V. 24–25 Änderungen in den vorausgehenden Versen provoziert haben – jedenfalls wäre ein X+qatal-Satz in V. 23a relativ bald nach V. 15a im narrativen Kontext ungewöhnlich. Bei V. 17 muss aber die Möglichkeit offenbleiben, dass bereits die ältesten Schreiber von Gen 18–19* das Motiv der So Gunkel 1910:211 u. a. Siehe Long 1968:20 f. 35 Z. B. Gunkel 1910:206.212; Kilian 1966a:123 und Römer 2011b:621 halten V. 23b für sekundär, Westermann 1981:372 lässt die Möglichkeit einer unterschiedlichen Zielangabe zu. 36 Siehe oben. In Gen 19,17–22 hilft uns außer in V. 17 auch die Textkritik nicht weiter, denn die alten Übersetzungen lesen nur in V. 17 das Verb im Plural (BHS). BHS korrigiert V. 18 in den Singular und erhält damit in V. 17–22 einen einheitlichen Text. 37 Siehe auch Gunkel 1910:206 und beachte, dass in V. 18 und 21 gegen den sonst in Gen 19 üblichen Stil die Präpositionalobjekte mit אלangegeben werden; vgl. oben Anm. 28. 38 Verse 17–22 sind nach Gunkel 1910:206 f. sekundär (jedoch „Nachtrieb aus altem Sagenstamm“ und noch vor der Jahwisierung); Keel 1979:11 u. a.; V. 18–22 nach Westermann 1981:371; Römer 2011b:621 und V. 17–23 nach Zimmerli 1976:86.89 f. Für Levin 1993:167 gehört die ganze Zoar-Ätiologie zu der alten, aus der Erzählung über Sodoms Untergang entwickelten Quelle des J; vgl. Kratz 2000:276, Anm. 63, die komplexe Rekonstruktion von Kilian 1966a:119–123.144 f. und auch die Kritik bei Van Seters 1975:217 f. 33 34
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Salzsäule aufgenommen haben; denn das Verbot, hinter sich zu blicken, setzt den dramatischen Blick der Frau Lots hinter sich in V. 26 voraus. Dafür wäre der Anfang von V. 1739 sowie der Anfang der direkten Rede bis einschließlich אל־תביט אחריךals Minimum nötig. Man würde erwarten, dass gerade am Höhepunkt der Lot-Sodom-Erzählung, der Zerstörung der Stadt in V. 23–25, ein Schlüssel für das Verständnis der Literargeschichte von Gen 19 zu finden ist. Leider ist die Lage gerade hier dermaßen komplex, dass wir nur einige bescheidene Konsequenzen ziehen können. Unbeschadet des genauen Wortlauts haben wir das Motiv des Sonnenaufgangs in V. 23a bereits für ursprünglich erklärt. Für die Flucht Lots nach Zoar in V. 23b bleibt es unentschieden. Die Zerstörung von Sodom kann man auch für ein von der Tradition vorgegebenes Motiv halten, denn andernfalls würde der Erzählung die Pointe fehlen, und auch V. 13a bliebe in der Luft hängen.40 Aber zwei auffällige Beobachtungen zwingen zu dem Schluss, dass aus dem heutigen Text die ursprüngliche Textgestalt nicht mehr zu erschließen ist. Das erste Problem ist die Mehrzahl der Städte, die zerstört werden: In V. 24 ist zu der Vernichtung von Sodom „ ועל־עמרהund über Gomorra“ hinzugefügt,41 und in V. 25 wächst die Katastrophe ins Übermaß, denn zerstört werden „die Städte und der ganze Umkreis und alle Einwohner der Städte und das Gewächs des Erdbodens“. Zweitens muss jeder Leser darüber stolpern, dass die Tat nunmehr Jahwe zugeschrieben wird, nachdem Lots Gäste in V. 13a mit Nachdruck davon gesprochen haben, dass sie (Personalpronomen )אנחנוdie Zerstörung von Sodom veranlassen werden. Die Zerstörung einer Mehrzahl von Städten und des ganzen Umkreises könnte durch die Tätigkeit dieses Bearbeiters erklärt werden, der die Lot-Sodom-Erzählung in ihrer ersten schriftlichen Gestalt verfasst und ihr auch zugleich die Bewirtungsepisode Abrahams in Gen 18* und die Trennung von Abram und Lot in Gen 13* (vor allem V. 10–12*) vorangestellt hat. Aber es kann auch sein, dass die sekundäre Anknüpfung der Ätiologie Moabs und Ammons (V. 30–38) an die Sodom-Legende erforderlich gemacht hat, irgendwo vor V. 31 darzustellen, dass das Land von Menschen entblößt war. Da der von uns rekonstruierte älteste Text von Gen 19,1–23* an keiner Stelle zwangsläufig die Präsenz Jahwes oder seine Initiative voraussetzt, kann die Frage des Subjektes in V. 24–25 nicht gelöst werden.42 39 In diesem Falle ist für ויאמרauch die von LXX, S und V vorausgesetzte Pluralform zu bevorzugen; vgl. Gunkel 1910:206. 40 Ähnlich Kilian 1966a:123. Westermann 1981:364 f.372 f. vermutet eine selbständige Überlieferung, um die die Erzählung gelegt worden ist; wegen V. 13a setzt Levin 1993:164–167 die Vernichtung Sodoms zwar in der Quelle des J bereits voraus, schreibt die Ausführung aber einem Bearbeiter zu, der die Rettung Lots mit der Ursprungslegende von Moab und Ammon in Verbindung gebracht hat; aber auch dann ist der heutige Wortlaut der des J. 41 Weil Gomorra hier und in Gen 13 oder 18 deutlich seltener vorkommt als Sodom (aber z. B. auch in 13,10 und 18,20 wahrscheinlich sekundär, siehe Levin 1993:143.159), nimmt man eine Glosse an; siehe Gunkel 1910:212; Kilian 1966a:123; vgl. dagegen Westermann 1981:364 f. 42 Nur in V. 24 kann מאת יהוהsicher als Glosse gelten; siehe Kilian 1966a:124: „Diese
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Der ursprüngliche Text ist eindeutig umgeschrieben worden, und dass ursprünglich nicht Jahwe das Subjekt gewesen ist, liegt sehr nahe. Das Subjekt sollte stattdessen irgendwie mit den Gästen Lots in Zusammenhang stehen, aber mehr kann man an dieser Stelle nicht sagen. Ein Anzeichen für die Umschreibungen – und nicht lediglich Ergänzungen – sind übrigens auch syntaktische Auffälligkeiten, besonders, wenn man V. 26 für alt halten will. Vers 23a bildet nämlich einen X+qatal-Satz, der einen neuen Absatz einleiten sollte. In V. 24 fehlt aber der zu erwartende narrative wayyiqtol+PN-Satz. Stattdessen lesen wir erneut einen wPN+qatal-Satz. In V. 25 und 26 stehen normale wayyiqtol(+PN)-Sätze. Mithin liegt in V. 24 eine von einer Überarbeitung erzeugte Zäsur vor.43 Es ist höchste Zeit, einen Blick auf die zweite Hälfte von Gen 18 zu werfen, weil dort in V. 20–21 auf die Sodom-Legende und auf Gen 19,24–25 Bezug genommen wird. Die entsprechenden Zeilen lauten wie folgt: ויאמר יהוה20 צעקת סדם כי־רבה וחטאתם כי כבדה מאד׃ ארדה־נא ואראה הכצעקתה הבאה אלי עשׂו כלה ואם־לא אדעה׃21 20 Und Jahwe sprach: „Das Geschrei44 über Sodom – wahrlich: groß –, und ihre Sünde – wahrlich: sehr schwer! 21 Ich will nun hinabsteigen und sehen, ob sie ganz45 so getan haben, wie das Geschrei lautet, das zu mir gekommen ist,46 oder nicht – das will ich wissen.“
Angesichts mehrerer bereits angedeuteter Probleme mit der Zahl der Gäste in Gen 18, zu denen noch hinzuzufügen ist, dass der Dialog zwischen Jahwe und Abraham in 18,22b–33a sicher sekundär ist47 und der Monolog Jahwes in Betonung ist letztlich nur dann sinnvoll, wenn J sich hierin wieder mit seiner Vorlage auseinandersetzt, nach welcher eben nicht Jahwe, sondern die drei Männer die Zerstörung durchführten“. 43 Darüber hinaus fällt auf, dass V. 26 den Erzählstrang so fortsetzt, als ob es V. 24–25 (oder V. 17[18]–25) überhaupt nicht gäbe – auf Lot bezieht sich nur das Suffix an אשׁתו, und in MT blickt die Frau hinter Lot zurück מאחריו. Es ist schwer vorstellbar, dass jemand einen solchen Satz hinter V. 24–25 eingefügt hätte, denn der Eindruck entsteht, als bezögen sich die Suffixe auf Jahwe (LXX korrigiert übrigens nur das zweite Suffix, siehe Wevers 1993:280 f.). 44 Wir lesen mit V. 21 צעקהstatt ;זעקתSam; Gunkel 1910:202; Westermann 1981:346; Levin 1993:57 u. a. 45 Das Wort ָּכלָ הin MT kann leicht in ֻּכ ּ ָל ּהgeändert werden; so auch BHS, Gunkel 1910:202; Kilian 1966a:107 f.; Zimmerli 1976:80, Anm. 33; Westermann 1981:346; Levin 1993:57 u. a., vgl. aber Wenham 1994:37. 46 Das Suffix 3. fem. sing. bei הצעקתה ּ ist nur auf Sodom bezogen; mehrere alte Übersetzungen setzen 3. masc. plur. voraus, um auch die Einwohner Sodoms einzuschließen (vgl. Irvin 1978:20 f.). Siehe auch Wevers 1993:258 f. und Holzinger 1898:154; Zimmerli 1976:80, Anm. 34; Levin 1993:57, die LXX folgen. 47 Der Dialog wird z. B. von Wellhausen 1899:25 f.; Gunkel 1910:203; Gillischewski 1923:78; Schmidt 1976:164; Westermann 1981:348–350 und Blum 1984:404 (beide behandeln V. 17–32 als eine Einheit); Ben Zvi 1992:31 f.; Levin 1993:170; 2003b:41 und Schöpflin
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18,17–19 ebenfalls von späterer Hand stammt,48 herrscht über die Ursprünglichkeit von V. 20–21 keine letzte Sicherheit. Die literarkritische Analyse von 18,1–10* ergibt nur, dass Jahwe als Akteur im ältesten Text nicht vorkommt. Infolgedessen können V. 20–21 in ihrer heutigen Gestalt nicht von demselben Verfasser stammen wie die Grundschicht. Zwei Möglichkeiten sind am wahrscheinlichsten: Entweder leiten sich die beiden Verse von einer anderen Quelle ab als die Grundschicht in Gen 18,1–10*, die ebenfalls bereits schriftlich vorgegeben war, oder der ältere Text wurde von einem jüngeren Bearbeiter umgeschrieben, der die Rolle Jahwes unterstreichen wollte. Eine Kombination beider Möglichkeiten ist auch nicht ausgeschlossen. Auf jeden Fall ist offensichtlich, dass die Aussage über Sodom וחטאתם כי כבדה מאד//צעקת סדם כי־רבה, ohne das vermutlich später hinzugefügte ועמרה,49 Poesie und nicht Prosa ist50, was im Kontext eines Narrativs wie Gen 18 eine literarische Anleihe aus einer anderen Quelle nahelegt. Der Stil dieses Bikolons ist eher mit der prophetischen Literatur vergleichbar (z. B. Jes 5,7b). Literar‑ und motivgeschichtlich bestehen bei צעקה und ירדin V. 21 Verbindungen zur Mose-Episode Ex 3, genauer V. 7–9,51 und zur Turmbau-Episode Gen 11,1–9*, wo sich ebenfalls ein Wechsel von Singular und Plural findet.52 Der explikative und begründende Stil lässt sich ähnlich im Flutprolog Gen 6,5–7* beobachten.53 Solche Parallelen legen nahe, dass Vertreter eines und desselben Traditionsstrangs an diesen Passagen gearbeitet haben. Der genaue Hintergrund der Aussagen oder ihrer Elemente in Gen 18,20–21 bleibt indessen dunkel. Die literarische Umgestaltung des älteren Materials und wahrscheinlich auch die jüngeren Anleihen aus einer älteren Quelle lassen keine literarkritische Rekonstruktion des ältesten Textes zu.54 So muss ein Urteil auch 2009:111 als sekundär angesehen (vgl. dagegen Van Seters 1975:213–215); näher dazu auch Nõmmik 2012b:195–198. 48 Siehe vor allem das Thema der Frömmigkeit Abrahams und die auffallende Syntax der aufeinander folgenden Verben in V. 16b (wPN+qotel), 17 (wPN+qatal) und 18 (wPN+qatal), die den narrativen Ablauf unterbrechen. V. 17–19 sind sekundär z. B. nach Wellhausen 1899:26; Gunkel 1910:202 f.; Levin 1993:170; Schöpflin 2009:108; anders z. B. Westermann 1981:350, der V. 17–19 nicht von den folgenden Versen trennen will (so auch Blum 1984:400–405), und Van Seters 1975:213. 49 So auch Gunkel 1910:202; Kilian 1966a:107; Westermann 1981:346; Levin 1993:159 u. a. 50 Es sind zwei parallel aufgebaute und mit Kopula getrennte Kola mit normaler Länge (12:15) vorhanden; zu צעקהsiehe oben Anm. 29. Das Pluralsuffix am Ende von וחטאתםmuss auf die Einwohner Sodoms bezogen sein, denn im Falle der beiden Städte Sodom und Gomorra wäre ein Suffix fem. plur. zu erwarten, vgl. Westermann 1981:346. 51 Die Verse sind vielleicht mehrschichtig; siehe Levin 1993:76.326–332 und zur Verbindung zu Gen 18 Levin 1993: 159. 52 In Gen 18 sind es ursprünglich drei Gäste, in V. 20–21 dann nur Jahwe, in Gen 11,1–9 begegnet Jahwe, aber die direkte Rede ist in 1. plur. Die Passage stammt von mehreren Händen, siehe Levin 1993:127–132. Gillischewski 1923:81 betont mit Recht, dass ירדdas Herabsteigen aus dem Himmel meint und führt Gen 11,5 und 19,24 zum Vergleich an; siehe auch oben II 3.3. 53 Siehe Levin 1993:159. 54 Z. B. begegnen sowohl זעקהals auch צעקהsehr oft in jüngeren Texten des AT, aber da die
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über Gen 19,24–25 lauten: Außer der hohen Wahrscheinlichkeit, dass das Motiv der Zerstörung von Sodom in der älteren Textvorlage vorhanden war, ohne dass Jahwe der Initiator gewesen ist, kommen wir mit literarkritischen Mitteln nicht hinter den heutigen Text zurück. Wir hoffen auf eine motivgeschichtliche Analyse.55 Es bleiben noch V. 26–28 zu behandeln. Beim Zwischenfall mit Lots Frau in V. 26 haben wir oben für möglich gehalten, dass er noch auf die älteste Schicht zurückgeht, obwohl in dieser Hinsicht keine Sicherheit herrscht.56 Demgegenüber besteht keine Frage darin, dass die Inspektion Abrahams am nächsten Morgen in V. 27–28 bereits in der ältesten Schicht eine Brücke zwischen den Abraham‑ und den Lot-Erzählungen schlagen will.57 Da aber der ältere Text von 18,20–21 und 19,24–25 überarbeitet ist, können wir nicht ohne weiteres behaupten, dass alle Elemente in 19,27–28 redaktionell sein müssen. So kann der Zeitpunkt am Morgen bereits den frühesten Text widerspiegeln, und der Rauch, der vom Land aufstieg, klingt ebenfalls logisch, falls Sodom ursprünglich durch eine Feuerkatastrophe zerstört worden ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass es eine besondere Vorlage gegeben hat, ist bei V. 27b hoch, denn sowohl „ ִקיטוֹרRauch“ als auch „ ִּכ ְב ַשׁןOfen“ sind im Alten Testament äußerst seltene Wörter,58 und darüber hinaus lässt sich V. 27 auch ohne Abraham lesen. Alle Erwägungen zusammenfassend, dürfte der Text der ältesten schriftlichen Gestalt der Lot-Sodom-Erzählung (Normalschrift) wie folgt aussehen:59 zugrundeliegenden Verben meist einen emotionalen oder notbedingten (Hilfe‑)Ruf bedeuten, so häufig in den Psalmen (Albertz 1979:569 f.), kann ihre literarische Einfügung auch älter als nachexilisch sein; selbstverständlich geht das Motiv eines lauten Geschreis aus einer Stadt auf universale Erfahrungen der Stadtbewohner zurück; vgl. auch 1 Sam 4,13 f.; Jer 20,16; Est 4,1. Zum Vergleich sei hinzugefügt, dass z. B. Kilian 1966a:107 f. eine ältere Plural-Version annimmt, die später von J „frei gestaltet, verändert“ worden sei und der „neue Aspekte hinzufügt“ worden seien (vgl. auch Gillischewski 1923:81), und dass Westermann 1981:352 f. voraussetzt, dass in V. 20–21 Gut aus einer älteren Erzählung übernommen sei (vgl. auch Schmidt 1976:134; Blum 1984:282 f.). 55 Bei Gen 19,24 f. vermutet Kilian 1966a:125.136 eine ursprüngliche, überlieferungsgeschichtlich komplexe Plural-Schicht (vgl. aber schon Wellhausen 1899:26; Gunkel 1910: 212), wobei er auch die Zerstörung von oben her (aus dem Himmel) für sekundär hält: „Da öffnete sich die Erde und spie Schwefel und Feuer (oder: und Schwefel und Feuer stiegen empor)“. Westermann 1981:373 hält Varianten der Legende für möglich, etwa die Schilderung einer Flut (vgl. Gen 13,10), Levin 1993:166 zieht es vor, dass die Stadt ursprünglich im Salzmeer versank. Römer 2011b:621 f. zählt V. 25 zu den Redaktionen. 56 So hält Gunkel 1910:206 alles, was die Frau Lots betrifft, für nachträglich; vgl. Zimmerli 1976:86.90; Westermann 1981:375; Levin 1993:164–166. 57 Es ist oftmals hervorgehoben worden, dass die durch Tageszeiten strukturierte Dramaturgie in Gen 18–19 in 19,27 zu Ende kommt; siehe Gunkel 1910:214 und Blum 1984:283 (und Anm. 8). 58 Sie begegnen entsprechend nur in Ps 119,83; 148,8 und Ex 9,8.10; 19,18. Obwohl keiner dieser Belege für einen allzu alten Verwendungshorizont spricht, ist ihr Gebrauch an dieser Stelle immerhin sehr auffällig. Zu beiden siehe noch einmal unten 3.3. 59 Genauer gesagt handelt es sich um die Lot-Sodom-Erzählung (Normalschrift), ob schriftlich oder mündlich, die unter den Ergänzungen der Abraham-Lot-Erzählung und den
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1 Da kamen zwei Boten (?)60 nach Sodom am Abend. Aber Lot saß im Tor von Sodom. Als er (sie) sah, stand er auf, um sie zu begrüßen, neigte sich mit dem Angesicht zur Erde 2 und sprach: „Siehe, meine Herren, kehrt doch ein im Hause eures Knechts und bleibt über Nacht und wascht eure Füße; dann mögt ihr früh aufbrechen und eures Wegs gehen.“ Und sie sprachen: „Nein, denn wir wollen draußen über Nacht bleiben.“ 3 Da er sie sehr nötigte, kehrten sie bei ihm ein und kamen in sein Haus. Und er bereitete ihnen ein Mahl und backte ungesäuerte Brote, und sie aßen. 4 Bevor sie sich aber niedergelegt hatten, umstellten die Männer der Stadt – Sodoms Männer – das Haus; vom jungen bis zum alten, das ganze Volk ohne Ende. 5 Dann riefen sie Lot: „Wo sind die Männer, die heute Nacht zu dir gekommen sind? Bringe sie heraus zu uns, dass wir ihnen beiwohnen.“ 6 Dann ging Lot hinaus zu ihnen61 vor die Tür, schloss die Tür hinter sich zu 7 und sprach: „Nicht doch, meine Brüder, tut nicht so übel! 8 Siehe nun, ich habe zwei Töchter, die noch von keinem Manne wissen; ich will sie euch hinausbringen. Dann tut mit ihnen, was gut ist in euren Augen; aber diesen62 Männern tut nichts, denn darum sind sie unter den Schatten meines Daches gekommen.“ 9 Aber sie sprachen: „Mach dich fort!“ Und sie sprachen: „Einzeln ist er gekommen, um als Fremdling zu wohnen, will aber richten! Jetzt, wir wollen dir Übleres antun als jenen.“ Und sie drangen sehr auf Lot ein,63 und sie traten herzu, um die Tür aufzubrechen. 10 Da streckten die Männer ihre Hände aus und zogen Lot zu sich ins Haus; und die Tür schlossen sie zu. 11 Die Männer aber, die vor der Tür des Hauses waren, schlugen sie mit Blindheit, vom kleinen bis zum großen, so dass sie es aufgaben, die Tür zu finden. 12 (Dann sprachen die Männer zu Lot:) „Nun, wer von den Deinen ist noch hier? Ein Schwiegersohn? Deine Söhne und deine Töchter und alles, was du hast in der Stadt – bringe weg von [diesem]64 Ort! 13 (Wahrlich werden wir diesen Ort verderben), weil ihr65 Geschrei groß geworden ist vor Jahwe – Jahwe hat uns gesandt, sie zu verderben.“ 14 Und Lot ging hinaus und redete mit seinen Schwiegersöhnen, die seine Töchter nehmen sollten, und sprach: „Macht euch auf, geht hinweg von diesem Ort, denn Jahwe wird die Stadt verderben.“ Aber er war in ihren Augen, als würde er scherzen. 15 Als die Morgenröte aufging, drängten die Boten Lot zur Eile und sprachen: „Mach dich auf,66 nimm deine Frau und deine zwei Töchter, die hier sind, so dass du nicht umkommst wegen der Schuld der Stadt.“ 16 Da zauderte er und die Männer ergriffen seine Hand (und die Hand seiner Frau) und die Hand seiner beiden Töchter – Jahwes Mitleid war mit ihm. Und sie führten ihn hinaus und ließen ihn draußen vor der Stadt.
Überarbeitungen der Jahwe-Schicht noch zu ahnen ist. Neben der normalen Schrift sind die sekundären Schichten in Kursiv angegeben; die Anteile, die beides sein können, sind mit runden Klammern und die Umschreibungen durch die Jahwe-Schicht mit geschweiften Klammern eingefasst. 60 Siehe die Erörterungen oben und Anm. 6 und 9. 61 Das Präpositionalobjekt אלהם, das teilweise auch in der LXX-Tradition reflektiert wird, wäre nach לוטkorrekter, (siehe Wevers 1993:268); einfacher ist, hier eine Glosse zu vermuten. 62 Lies ;האלהso BHS; Gunkel 1910:209; Levin 1993:58, Anm. a, u. a. 63 Siehe oben. 64 Ein הזהist bei המקוםwahrscheinlich verloren gegangen, vgl. V. 13–14, Sam, LXX und S (BHS). 65 Siehe oben Anm. 29. 66 Siehe oben Anm. 31.
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17 (Es geschah, als sie sie nach draußen hinausführten, dass sie sprachen67: „Rette dein Leben! Blicke nicht hinter dich) und bleibe nicht stehen im ganzen Umkreis! Rette dich auf das Gebirge, damit du nicht umkommst!“ 18 Aber Lot sprach zu ihnen: „Nicht doch, meine Herren68! 19 Siehe nun, dein Knecht hat Gnade gefunden in deinen Augen, und du hast deine Huld großgemacht, die du an mir erwiesen hast, als du mich am Leben erhieltest. Aber ich, ich kann mich nicht auf das Gebirge retten, bevor das Unheil mich ereilen wird und ich sterben werde. 20 Siehe nun, diese Stadt ist nahe genug, um in sie zu fliehen 69. Ich will mich dorthin retten – ist sie nicht klein? – und ich werde am Leben bleiben.“ 21 Und er sprach zu ihm: „Siehe, ich habe dich angesehen auch in dieser Sache, dass ich die Stadt nicht zerstören werde, von der du gesprochen hast. 22 Eile, rette dich dorthin, denn ich kann nichts machen, bis du dorthin kommst!“ Daher nennt man die Stadt Zoar. 23 {Die Sonne ging auf über das Land} (und Lot ging nach Zoar). 24 {Jahwe ließ Schwefel und Feuer auf Sodom} und Gomorra {regnen} – von Jahwe –, {vom Himmel herab. 25 Und er zerstörte diese70 Städte und den ganzen Umkreis und alle Einwohner der Städte und das Gewächs des Erdbodens.} (26 Aber seine Frau blickte hinter ihn und wurde zur Salzsäule.) {27 Aber Abraham machte sich früh am Morgen an auf den Ort, wo er vor Jahwe gestanden hatte. 28 Dann richtete er seinen Blick auf Sodom} und Gomorra {und auf das ganze 71 Umkreis; und schaute, und siehe, ein Rauch stieg auf vom Lande wie der Rauch eines Ofens.}
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Erzählung in Gen 19 auf ihrer frühesten literarischen Stufe eine Bewirtung der Gäste Lots in Sodom und einen Konflikt mit den Bewohnern der Stadt umfasst hat. Das Motiv der auf den Konflikt folgenden Rettung des Lot (und vielleicht seiner Frau) dürfte zusammen mit der Zerstörung von Sodom ebenfalls zum ältesten Narrativ gehört haben. Diese Schicht stammt aus der Hand eines Verfassers, der in Gen 18* drei Gäste Abraham besuchen ließ und in Gen 13* Abram und seinen Neffen Lot getrennt hat. Obwohl ein noch älterer Motivkomplex, der die Rettung Lots aus der Zerstörung von Sodom beschrieben hat, durch den ältesten Text hindurchschimmert, reicht unser literarkritischer Blick nicht hinter den vorliegenden Text zurück. Demgegenüber kann gefolgert werden, dass im Laufe der Zeit das prägnante Motiv der Rettung des Lot durch das Motiv der Zerstörung von Sodom und durch die Jahwisierung in den Hintergrund gedrängt worden ist. Aus dieser Zeit stammen die Überarbeitungen von 19,24–25 (und 19,27–28; 18,20–21), aber sehr wahrscheinlich auch die angehängte Episode mit Lot und seinen zwei Töchtern in 19,30–38 (ähnlich wie die Ankündigung der Geburt des Sohnes in Gen 18).
Mehrzahl nach LXX, S und V; siehe oben und dazu Anm. 39. Falls keine Überarbeitungen vorliegen, ist hier Singular besser; so BHS; Levin 1993:58, Anm. d. 69 Eine Glosse gemäß der BHS; Levin 1993:59 hält diese Aussage hier für älter als die in der zweiten Vershälfte. 70 Lies ;האלהso BHS. 71 Zur Rekonstruktion dieser Stelle siehe BHS und vgl. Wevers 1993:281. 67 68
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V Lot – gerettet aus der Vernichtung
Die älteste Schicht ist, ähnlich wie die von uns bereits analysierten Erzählungen, von einem charakteristischen Narrativstil geprägt. Die wayyiqtol-Sätze von etwa gleicher Länge verleihen der Erzählung ein gutes Tempo, das nicht von allzu langen direkten Reden unterbrochen wird. Eine Besonderheit scheint das ursprüngliche Fehlen der Präpositionalobjekte am Verb אמרzu sein, was hinter die inhaltlich wohl angebrachten Versteile 12a und 13a ein kleines Fragezeichen setzt. Falls man die Motivgeschichte der drei ältesten Stufen in Gen 19, also von der Lot-Sodom-Erzählung, der Abraham-Lot-Erzählung und der Jahwe-Schicht, untersuchen möchte, von denen sich die erste kaum und die zweite nur unvollständig literarisch rekonstruieren lassen, bieten sich folgende Motive besonders an: Ein Konflikt innerhalb einer (ruchlosen) Stadt, in den – wegen der numinosen Züge – göttliche Wesen eingreifen. Die Stadt wird umfassend zerstört und eine besondere Person gerettet. Viele weitere Motive wie das Geschrei, die Konzentration des Geschehens auf eine Stadt und der strategische Zeitpunkt am frühen Morgen ermöglichen, den motiv‑ und religionsgeschichtlichen Hintergrund von Gen 19 in den Grundzügen zu erfassen.
2. Die Sodom-Erzählung und die Sintflut-Erzählung der Jahwe-Schicht im Vergleich Bevor wir uns dem Verhältnis der Lot-Sodom-Erzählung zur Sintflut-Erzählung zuwenden, muss ihre Beziehung zu einem anderen biblischen Text behandelt werden, der oft zum Vergleich herangezogen worden ist. Ein Teil der Erzählung über die Schandtat von Gibea in Ri 19,11 ff. und deren Folgen in Ri 20 erinnert sowohl wegen der gemeinsamen Ausdrucksweise als auch anhand struktureller Merkmale stark an Gen 19. Die kurze Analyse unten wird zum Ergebnis kommen, dass die Episode in Ri 19 nicht nur jünger, sondern teilweise auch Gen 19 nachgebildet worden ist. Es gibt direkte Parallelen, die tatsächlich gleich oder ähnlich formuliert sind.72 Der Anonymus von Ri 19, nur in V. 1 als Levit73 und sonst immer als אישׁ bezeichnet, kommt zusammen mit seiner Nebenfrau und seinem Knecht an einem Abend in die Stadt Gibea (V. 15) und wird von einem alten Mann, der in der Stadt als Fremdling wohnt (V. 16), angesprochen (V. 17–20) und beherbergt (V. 21). Sogleich kommen die Stadtbewohner herbei und fordern den Gastgeber auf, seinen Gast herauszugeben, damit sie ihm beiwohnen (V. 22). Der Gast Vgl. auch den Vergleich bei Westermann 1981:362 f. Da die Bezeichnung „Levit“ in der Erzählung weiter keine Rolle spielt und nur in 19,1 und 20,4 genannt wird, handelt es sich um eine sekundäre Größe; siehe Pfeiffer 2009:270 f.; Groẞ 2009:813; Stipp 2013:178 f. 72 73
2. Die Sodom-Erzählung und die Sintflut-Erzählung der Jahwe-Schicht im Vergleich 197
geber bietet stattdessen seine jungfräuliche Tochter an (V. 23–24).74 Im Weiteren nimmt die Erzählung einen anderen Verlauf als in Gen 19, strebt aber ebenfalls auf die Zerstörung von Gibea und die Tötung ihrer aggressiven Bewohner zu, die in Ri 20,19–48, besonders in V. 40–42.48, erzählt wird. Viele Einzelheiten wecken sogar den Eindruck, dass zwischen beiden Texten ein direkter literarischer Kontakt besteht: In V. 15.20 ist die Rede von der Übernachtung im Freien auf dem Platze ( ברחוב+ לין, vgl. Gen 19,2), in V. 14.16 von Sonnenuntergang und Abend (vgl. Gen 19,1), in V. 16 vom Fremdling in der Stadt (das Verb גור, vgl. Gen 19,9) und in V. 16.22 von den Männern des Ortes ( אנשׁי המקוםund אנשׁי העיר, vgl. אנשׁי העירin Gen 19,4, aber auch המקוםin 19,12–14.27). In V. 17 nimmt der Gastgeber die Gäste wahr (ראה, vgl. Gen 19,1, aber besonders auch 18,2), in V. 21 waschen die Gäste ihre Füße und essen und trinken ( רחץ רגליםin Gen 19,2 und vgl. ויאכלו וישׁתוmit משׁתהund ויאכלוin V. 3). In V. 22 umstellen die Bewohner der Stadt das Haus (]את־בית[ה/נסבו על־, vgl. Gen 19,4) und es entwickelt sich ein Dialog vor der Tür oder durch die Tür (vgl. Gen 19,6), in dessen Verlauf gefordert wird, den Gast herauszugeben ( יצאhif., vgl. Gen 19,5.8), damit man ihm beiwohnen kann (ידע, vgl. Gen 19,5). In V. 23 f. tritt der Gastgeber hinaus und spricht ( ויאמר+ ויצא אליהם, vgl. Gen 19,6 f.). Der kurze Monolog erinnert sehr stark an Gen 19,5–8. Aber auch die Unterschiede zwischen Gen 19 und Ri 19 sind unübersehbar. In Ri 19 werden andere Schwerpunkte gesetzt. Von Anfang an zeichnet sich das böse Verhalten der Gibeaniter ab: Während Lot seine Gäste zum Übernachten überreden muss, wird in Ri 19,15 unterstrichen, dass niemand aus der Stadt den Protagonisten und seine Begleitung beherbergen wollte. Das wird in V. 19 zusätzlich hervorgehoben, indem der Mann betont, dass er alles Nötige besitzt und nur die Herberge fehlt. Drastisch wird die Vergewaltigung – noch dazu der Nebenfrau des Gastes (V. 25 f.) – geschildert, die diesmal tatsächlich geschieht. Hinzu kommt das Motiv der Zerstückelung der Leiche, um alle Israeliten von der Schandtat Kenntnis zu geben (V. 29). Die Gibea-Episode wirkt wie eine Paraphrase von Gen 19, ja sogar wie eine Parodie. Die parodistischen Züge zeigen sich in den literarischen Übertreibungen und ausschweifenden Anspielungen:75 Die Gibeaniter sind nicht bereit, die Gäste zu beherbergen; die Schandtat wird sehr häufig benannt, vgl. רעע hif., עשׂה נבלה, חזקhif., ידעund עללhitp. in V. 23–25; die Vergewaltigung geschieht tatsächlich und dauert bezeichnenderweise bis zum Anbruch der Morgenröte
74 In V. 24–25 liegen sicherlich eine oder mehrere Bearbeitungen oder Störungen vor, denn die Tatsache, dass der Gastgeber zugleich seine Tochter und die Nebenfrau des Gasts anbietet, ist eigenartig – verständlicher wäre, wenn der Gastgeber zunächst nur seine Tochter anbietet oder gar der Gast seine Nebenfrau; siehe auch Pfeiffer 2009:272, BHS zu V. 24 und Becker 1990:261. Groẞ 2009:819–821.825.840–843 nimmt an, dass der ganze V. 24 sekundär ist. 75 Herbert Specht hat die Bezeichnung „Parodie“ auf das Verhältnis von Ri 19 zu Gen 19 angewendet (Hinweis bei Bartelmus 1991:252).
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V Lot – gerettet aus der Vernichtung
(כעלות השׁחר,76 vgl. Gen 19,15); die Leiche wird zerstückelt.77 Im heutigen Text sind alle Einzelheiten darauf angelegt, das Blutbad an den Gibeanitern und den Benjaminitern in Ri 20 zu rechtfertigen und jeglichen Zweifel auszuräumen, dass es die gerechte Strafe gewesen ist. Das wird in Ri 20,4–6 noch einmal resümiert. Literargeschichtlich ist die Lage freilich komplexer; denn nicht alle Episoden in Ri 19 f. gehören auf eine und dieselbe Ebene.78 Im Laufe der Entwicklung hat sich das parodistische Element noch verstärkt; denn manche Übertreibungen sollten zunächst nicht die Zerstörung der Stadt begründen, sondern lediglich den Gegensatz zu der übertriebenen Gastfreundlichkeit des Schwiegervaters des Mannes in Bethlehem (vgl. Gen 18,1–10) unterstreichen.79 Man erkennt deutlich, dass das Motiv der Zerstörung der bösen Stadt in Ri 20,40, wenn auch im Rückgriff auf Ri 19, nur als Folie für die drastische Schilderung der Tötung aller streitbaren Männer Benjamins dient (20,16–48).80 Der Fokus hat sich überall verschoben, und das bleibt auch so, wenn man aus Ri 19–20 die möglichen Nachträge aussondert. Die beschriebenen Motivanalogien und phraseologischen Parallelen setzen Gen 19 in einem fortgeschrittenen schriftlichen Stadium voraus. Das gilt insbesondere für den Dialog vor der Tür des Gastgebers (Gen 19,4–9 par. Ri 19,22– 24): Während die Lot-Erzählung auch funktionieren würde, ohne dass Lot den Männern der Stadt seine Töchter anbietet, ist für Ri 19 die Preisgabe der Nebenfrau des Mannes wesentlich.81 Es fällt auch auf, dass der alte Mann die Gäste nach dem Muster von Gen 18,2 wahrnimmt ()וישׁא עיניו וירא, obwohl sonst phraseologische Verbindungen eher zu Gen 19 bestehen.82 Für den unseres Erachtens auszuschließenden Fall, dass die jüngeren Redaktionen von Gen 19 etwas aus Ri 19 entliehen hätten, würde das nicht für die Grundschicht von Gen 19 gelten. Daher ist unser Fazit, dass die Motive aus Gen 19, die in Ri 19–20 wiederkehren, nicht älter und auch keine unabhängigen Parallelen sind, sondern Aufnahmen und Anspielungen.83 Sie werden einer neuen Erzählung 76 So
gegen בעלותmit vielen hebräischen Manuskripten (BHS). Vgl. auch Pfeiffer 2009:274. 78 Zur Verbindung zwischen Ri 19 und 20 siehe vor allem Pfeiffer 2009:268–270 und Stipp 2013:182–189; dabei gilt Ri 19* manchmal als der älteste Teil des Komplexes Ri 17–21 (Pfeiffer 2009:270), oft auch als ursprünglich selbständige Erzählung (Groẞ 2009:825; vgl. Becker 1990:296 f.). 79 Siehe Becker 1990:264–266; Pfeiffer 2009:275 f.; Stipp 2013:196–199. 80 Vgl. Becker 1990:279.286. 81 Auch ohne V. 24 oder anderen Bearbeitungen, siehe oben Anm. 74. 82 Es sind auch weitere Anlehnungen an andere Erzählungen vorhanden, siehe z. B. Wellhausen 1899:231 f.; Gunkel 1910:217; Pfeiffer 2009:281–284; Groẞ 2009:836–839.845 f.; Stipp 2013:227–231. 83 Nach Wellhausen 1899:231 ist Richter 19 im Verhältnis zu Gen 19 eine Reminiszenz, nach Gunkel 1910:217 eine Nachahmung, nach Pfeiffer 2009:284 von Gen 19 abhängig. Für die umgekehrte Abhängigkeit plädiert Niditch 1982:375–377, die dazu noch einen gemeinsamen folkloristischen Bestand voraussetzt. Doch die Begründung ist äußerst fraglich. Warum soll die Entwicklung von einem komplexeren zum einfacheren Text verlaufen sein? Ein höheres Alter 77
2. Die Sodom-Erzählung und die Sintflut-Erzählung der Jahwe-Schicht im Vergleich 199
mit anderem Schwerpunkt dienstbar gemacht. Für die folgende motivgeschichtliche Abhandlung ist die Gibea-Erzählung in Ri 19–20 daher unwesentlich. Sie bestätigt vielmehr das höhere Alter der Lot-Sodom-Erzählung84 einschließlich ihrer Erweiterungen. Als weit prägender in motivgeschichtlicher Hinsicht erweist sich die Sintflut-Erzählung in Gen 6–8, obwohl sich in ihr, anders als in Ri 19, nur wenige phraseologische Parallelen zu Gen 19 finden.85 Unser Augenmerk richtet sich vor allem auf die nichtpriesterliche Version dieser Erzählung, wenn auch bei ihr kein lückenloser Erzählstrang rekonstruiert werden kann und ihr literarischer Charakter und ihre Abfassungszeit umstritten sind. In einer beträchtlichen Anzahl von Einzelheiten bildet diese Jahwe-Schicht jedoch eine Parallele zum priesterlichen Flutbericht und stammt von einer anderen Hand.86 Da in Gen 19 die priesterliche Handschrift außer in V. 29 fehlt und manches für das gegenüber dem priesterlichen Erzählstrang höhere Alter der frühesten Lot-Sodom-Erzählung spricht, die jedenfalls durch die Jahwe-Schicht ergänzt worden ist, ist ein Vergleich mit der Jahwe-Schicht der Flutgeschichte der einzig mögliche. In der Jahwe-Schicht gibt es hinreichend Motive und sprachliche Elemente, die in irgendeinem Verhältnis zur Sodom-Erzählung stehen und eine Analyse fordern. Erstens wird in der Jahwe-Schicht ein Problem dargestellt: Falls man das Movens für die weiteren Ereignisse nicht in 6,1–4 suchen will, wird immerhin in 6,5a festgehalten, dass die Bosheit der Menschen groß war.87 Dieses Motiv soll von Ri 19 gilt auch für Westermann 1981:366 als wahrscheinlicher, aber die vom Erzähler vorausgesetzten Lebensbedingungen können auch eine Archaisierung sein, und die Verbindung zwischen Ri 19 und 20 ist ohnehin nicht ursprünglich. 84 So auch Gunkel 1910:217. Richter 19* wird in der Forschung nach wie vor unterschiedlich datiert; den Überblick siehe bei Pfeiffer 2009:277 f., die Gründe für die Spätdatierung Pfeiffer 2009:278–281. 85 Die Parallelen zwischen der Sintflut-Erzählung und der Sodom-Erzählung sind von Clark 1971:193–195 (der Noah-Zyklus als Sünde-Strafe-Paradigma und die Sodom-Erzählung als breitere Ausführung); Levin 1993:47 f.159–163 und Wenham 1994:42 f. hervorgehoben worden; siehe auch Westermann 1974:71 f.; 1981:361 f.375.377 und Oden 1981:210. 86 Mit Levin 1993:103–120; Gertz 2006a:53–57; 2006b:256–258; Carr 2011:456–469 u. a. kann man annehmen, dass die nichtpriesterliche Erzählung ältere Züge darstellt als die priesterliche. Nach Levin ist J ins 6. Jh. zu datieren, aber die Vorlagen sind älter; Gertz datiert Nicht-P in die ausgehende Königszeit. Witte 1998:171–205; Kratz 2000:259–262; Arneth 2007:230 ff. passim; Schmid 2008:153–155; Kvanvig 2011:201–207.265–273 u. a. behaupten dagegen, dass die nichtpriesterlichen Texte als Ergänzungen in die P-Erzählung nachgetragen worden seien. Siehe den vergleichenden Überblick über die J‑ und P-Bestandteile bei Westermann 1974:531– 536 und Levin 2006:15 f.; kritisch zum Forschungsstand Levin 2006:30–33. 87 Wegen Jahwe gehört Gen 6,5a sicherlich zur Jahwe-Schicht. Die Frage, ob die an die Enoch-Tradition erinnernden Verse in 6,1–4 oder Teile von ihnen vor‑ oder nachpriesterlich sind, ist umstritten; vgl. etwa, wie Levin 1993:104 in 6,1 f. (die Vermehrung der Menschen und die Vermählung der Göttersöhne mit den Menschen; vgl. auch Van Seters 1992:149–159) die Tätigkeit des J findet (siehe auch Levin 2006:22 f., Anm. 50, S. 31), oder wie Witte 1998:65– 74.172.291–303 V. 1–4 im Kontext der Endredaktion der Urgeschichte im ausgehenden 4. Jh. behandelt (ähnlich Gertz 2006a:52); ähnlich zu Witte stimmt auch Kvanvig 2011:274–310
200
V Lot – gerettet aus der Vernichtung
die Vertilgung der Boshaften begründen. Ähnlich geschieht es in Gen 19. Dort wird die Bosheit näher geschildert und daraus in V. 4–9 eine ganze Episode gebaut. Die Motive der vollständigen Vernichtung der Menschen und der Rettung einer ausgewählten Person bilden den Hauptinhalt der Sintflut-Erzählung und sind daher in Gen 7,1–8,21*88 breiter durchgeführt als in Gen 19,10–25*. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass das Motiv der Rettung (Noah, Lot) fest zum Duktus beider Erzählungen gehört; laut unserer Analyse gilt das ebenso für das Motiv der Zerstörung. Die Reihenfolge „Bosheit > Rettung > Zerstörung“ ist dieselbe. Allerdings ist die Sodom-Erzählung komplexer: So wie sie der Konflikt-Episode die Bewirtungsszene voranstellt, verteilt sie auch das Motiv der Rettung auf zwei Szenen: die Rettung aus der Hand der Sodomiten (V. 10 f.) und die Rettung aus der Katastrophe (V. 15.17*). Darüber hinaus kann der göttliche Auftrag in Gen 7,1–5*, dass Noah in die Arche gehen soll, um sich und andere aus der Sintflut zu retten,89 und die Mitteilung in Gen 19,12a.13a, dass Sodom dem Untergang geweiht ist, als ein und dasselbe Motiv gelten – beide Stellen zielen auf Warnung und Rettung.90 Das Motiv muss bereits in den ältesten Schichten beider Erzählungen vorhanden gewesen sein, vorausgesetzt dass die Jahwe-Schicht eine eigenständige Erzählung gebildet hat. Es dient der Verbindung von Katastrophe und Rettung. Auch die Struktur der Erzählung ist dieselbe: Bosheit > Warnung > Rettung > Zerstörung. Demgegenüber kann nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden, ob Lots Frau in der ältesten Schicht von Gen 19 zusammen mit ihm geflohen ist, so dass in beiden Fällen die Familie des Protagonisten in die älteste Erzählung einbezogen gewesen ist. Da wir die Einschaltung von Lots Töchtern für sekundär erklärt haben, unterscheiden sich die Erzählungen in diesem Punkt.91 Die Beobachtung kann aber durchaus mit den späteren Bearbeitungen beider Erzählungen zusammengebracht werden: In den anschließenden Episoden Gen 9,20–27 und 19,30–38 erhalten beide eine ähnliche narrative Fortführung. In beiden Fällen begehen die Nachkommen – Ham, der Sohn Noahs, und die Töchter Lots – eine moralisch ambivalente Tat, die wiederum deren Nachwuchs betrifft und ihn namentlich markieren: Kanaan, (siehe auch Bartelmus 1979) der Notwendigkeit eines Vergleichs mit Enoch-Tradition zu und zeichnet einen Bruch dieser Verse gegenüber Atr AB aus. Aber es entsteht die Frage, ob eine literarkritische Verteilung von V. 1 f. und 3 f. auf verschiedene Hände und ein Vergleich statt Atr mit Gilgamesch, der ius primae noctis in Gilg SB I missbraucht, eher berechtigt wären (Witte 1998:109 f., Anm. 120, nimmt aber im Anschluss an älteren Vorschlägen bei der Nimrodnotiz in Gen 10,8–12 Hinweise auf Gilgamesch an). 88 Zum Anfang der Schilderung der Flut in der Jahwe-Schicht siehe Westermann 1974:571 f.; Van Seters 1992:160 f.; Levin 1993:106. 89 Der Befehl, die Arche zu bauen, ist nur in der P-Version vorhanden (6,14–21), Jahwe gebietet Noah, mit seiner Familie in die Arche zu gehen, in 7,1; vgl. Van Seters 1992:161 f.165; Levin 1993:106; 2006:31; Witte 1998:177 f.183 und Gertz 2006a:48 f., die mit Auslassung eines Teils der jahwistischen Schicht von einem Redaktor rechnen. 90 Siehe Wenham 1994:43. 91 Wenham 1994:43 hebt die Parallele hervor; zur Literarkritik siehe oben unter 1.
2. Die Sodom-Erzählung und die Sintflut-Erzählung der Jahwe-Schicht im Vergleich 201
Moab und Ben-Ammi. In beiden Fällen ist der Vater während der Tat trunken und nicht bei Bewusstsein.92 Die Erzählungen sind sowohl motivisch als auch strukturell in hohem Maße verwandt. Darin spiegelt sich eine jüngere und vermutlich gemeinsame literarische Entwicklung. Auf der anderen Seite verweist die Beobachtung, dass die Rettung in Gen 19* auf zwei Akte verteilt ist, sowie die ganz unterschiedliche Ausführung der Bosheit, durch die das Geschehen jeweils ausgelöst wird, darauf, dass die literarischen Anfänge bei der Umsetzung der gemeinsamen Motivstruktur unterschiedliche Wege verfolgt haben. Vorausgesetzt dass unsere Ableitung der möglichen Vorstufen der Sintflut-Erzählung in der JahweSchicht im Recht ist,93 ist der Unterschied sogar noch deutlicher. In Tabelle 10 sind die Ergebnisse der bislang durchgeführten Analyse und unserer vorläufigen Folgerungen zusammengefasst:94 Tabelle 10: Die Hauptmotive in der Lot-Sodom-Erzählung Genesis 19,1–28* und der Jahwe-Schicht der Fluterzählung Genesis 6–8* Genesis 19,1–28* (die älteste Schicht)
Motive und Elemente
Genesis 6–8* (Jahwe-Schicht)
* Lot und die Gäste (Männer).
* Der Protagonist und seine göttlichen Helfer.
* Noah und Jahwe.
* Männer von Sodom.
* Bösewichter.
* Alle Menschen.
Konflikt zwischen Lot und den Männern von Sodom (V. 4–9*).
Exposition des Movens (Begründung der Zerstörung).
Die Bosheit von Menschen grämt Jahwe (6,1 f.[?] 5–7*).
Die Gäste kündigen die Zerstörung der Stadt an (V. 12a.13a).95
Ankündigung der Katastrophe (Auftrag an den Protagonisten).
Jahwe beauftragt Noah, vor der Sintflut in die Arche zu gehen (7,1–4*).
Die Gäste führen Lot aus der Stadt (V. 15–17*).
Rettung des Protagonisten ()סגר.96
Noah geht in die Arche, und Jahwe schließt hinter ihm zu (7,5.16b).
(Sodom wird zerstört; V. 24 f.).
Vertilgung von Menschen.
Regen und Flut, die Menschen sterben (7,10–23*).
Die Gäste retten Lot aus der Hand der Sodomiten und schließen die Tür des Hauses (V. 10 f.).
92 So besonders Wenham 1994:42; vgl. Oden 1971:195; Westermann 1981:379–381. Die Episode in 9,20–27 wird unterschiedlich behandelt: Nach Levin 1993:118–120 stammen V. 20– 23a.24–25 von der Hand von J, nach Witte 1998:102–105 wurden V. 20–26* durch die Endredaktion mittels V. 18b.27 in die P-Erzählung eingefügt. 93 Vgl. z. B. Levin 1993:109 f. 94 Vgl. die vergleichende Liste der Motive bei Oden 1971:195. 95 Wie oben behauptet, ist es nicht sicher, ob der Befehl in V. 17a zur ältesten Schicht gehört oder nicht, in der Narrativstruktur kommt er gewiss zu spät vor. 96 Siehe dazu gleich unten.
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V Lot – gerettet aus der Vernichtung
Unsere vorläufige These wird nun anhand einiger formaler Merkmale geprüft. Auch wenn wir nicht wissen, wie Sodom in Gen 19,24 f. ursprünglich zerstört worden ist, wirkt die Sintflut als Katastrophe in 7,4.12.17 anders als der Feuerregen in 19,24. Dass es unterschiedliche Traditionen gab, bestätigt die Wortwahl: Während mehrere literarische Schichten der Sodom-Erzählung wie die priesterliche Schicht der Sintflut-Erzählung das Verb שׁחתnif., hif. oder pi.97 verwenden (6,11–13.17 und 19,13 f.), das einen breiteren Anwendungsbereich besitzt, gebrauchen die Bearbeitungen in Gen 19 und die Jahwe-Schicht in Gen 6–8 entweder nur ( הפך19,21.25.29) oder nur מחהqal und nif. (6,7; 7,4.23). Obwohl die letzten zwei Verben mit ihrem jeweiligen Kontext in Einklang sind – הפךheißt „umstülpen, umstürzen“ (vgl. Erdbeben)98 und מחהqal und nif. „wegwischen, weggewischt werden“ (vgl. Flut)99 –, könnte übertragener Sinn auch auf literarischer Übernahme beruhen. Das ist aber in Gen 6–8 und 19 nicht der Fall, und daher kann angenommen werden, dass die Schilderungen der Katastrophen von Sodom und der Sintflut am ganzen Anfang – sei es mündlich, oder sei es schriftlich – tatsächlich kaum in Berührung standen. Für die Stelle 19,13a, die wir zur ältesten Schicht rechnen, gilt aber, dass das Verb שׁחתhif. nicht sekundär von der priesterlichen Schicht in Gen 6–8 oder dem priesterlichen Vers 19,29 geprägt worden ist, sondern den ältesten Beleg für dieses die Katastrophe von Sodom bezeichnende Verb liefert – eher entwickeln sich aus diesem Gebrauch die jüngeren Belege in Gen 19 (gegen P auch zusammen mit יהוהals Subjekt) und in der Sintflut-Erzählung.100 Die Katastrophe im engeren Sinne beginnt in der heutigen Gestalt beider Erzählungen mit dem Regen ( מטרhif.; 7,4; 19,24 f.), in dem einen Fall mit Wasser und in dem anderen mit Feuer. Nach unserer These, dass die Schilderung in Gen 19,24 f. überarbeitet worden ist, und entgegen der Möglichkeit, dass wörtliche Reste des früheren Texts noch erhalten sein können, hat bei der heutigen Gestalt von V. 24 f. wahrscheinlich eher die Sintflut-Erzählung Pate gestanden. Vor diesem Hintergrund dürfte die Jahwe-Bearbeitung in Gen 19 von der Jahwe-Schicht in Gen 6–8 beeinflusst oder aufs engste mit ihr verwandt sein. Ob aber letztere durch den ältesten Text in Gen 19* beeinflusst sein kann, steht noch offen. Bemerkenswert ist nun, dass die göttlichen Gäste Lot bergend in dessen Haus ziehen und hinter der Tür in Sicherheit bringen (19,10, das Verb )סגרund dass Jahwe hinter Noah die Arche, das Symbol der Rettung schlechthin, verschließt (7,16b, )סגר.101 Darüber hinaus bringen die Gäste Lot ins Haus zurück, Siehe Ges18:1343b–1344: „verderben, zugrunde richten, vernichten, zerstören“. Siehe Ges18:283b; vgl. Tawil 2009:87b, dass das akkadische abāku im Unterschied zum Hebräischen nicht für die Schilderung einer Katastrophe geeignet ist. 99 Siehe Ges18:656a. 100 Oden 1971:195 unterstreicht die Richterfunktion Gottes und das Verb שׁחתin 19,13 und 6,13. 101 So auch Wenham 1994:43. Weil Jahwe Subjekt ist, wird Gen 7,16b von vielen freilich zur Jahwe-Schicht gezählt; siehe Westermann 1974:588; Levin 1993:103–109; anders Witte 1998:217. 97 98
2. Die Sodom-Erzählung und die Sintflut-Erzählung der Jahwe-Schicht im Vergleich 203
genauso wie Noah seine Hand ausstreckt, die Taube fasst und sie in die Arche hereinnimmt (… בוא את… אלhif. + ]את־[ יד+ שׁלחin 8,9b und 19,10).102 Der Verfasser der Jahwe-Schicht in der Sintflut-Erzählung scheint bei der Bearbeitung seiner Vorlage – in welcher Gestalt auch immer – einen der Höhepunkte der Sodom-Erzählung 19,10 in Erinnerung gehabt zu haben.103 Die ähnliche Motivstruktur beider Erzählungen, die ansonsten von unterschiedlicher Herkunft sind, hat man anscheinend bereits früh erkannt. Noch einmal begegnet der gleiche Wortlaut in 6,8a und 19,19: Noah findet Gnade in den Augen Jahwes, und ebenso Lot (… ;מצא חן בעיניvgl. auch 18,3); hier dürfte aber die Redaktion in 19,17b–22 von der Sintflut-Erzählung abhängig oder zumindest mit der dortigen JahweSchicht zeitgenössisch sein.104 Aus diesem Vergleich folgt, dass die motivischen und formalen Übereinstimmungen zwischen der Sodom-Erzählung und den Sintflut-Erzählungen nicht oberflächlich sind, sondern tiefer in die strukturelle Verwandtschaft und die mehr oder weniger verwandte Literaturgeschichte hineinreichen. Bei der Annahme einer direkten literarischen Abhängigkeit zwischen der ältesten Fassung der Sodom-Erzählung und der möglichen Vorlage für die Jahwe-Schicht in Gen 6–8 ist allerdings Vorsicht geboten, denn die erste kann aus der zweiten kaum etwas aufgenommen haben; eher die zweite aus der ersten, wie die wörtlichen Parallelen andeuten. Am wahrscheinlichsten ist jedoch, dass erst die Bearbeitungen beider Erzählungen im unmittelbaren literarischen Verhältnis zueinanderstehen. Über die gemeinsame Schreiberkultur hinaus kann die Hypothese aufgestellt werden, dass die Jahwe-Schicht der Sintflut-Erzählung bereits die Sodom-Erzählung in irgendeiner Gestalt kannte, obwohl wiederum die Jahwe-Schicht in Gen 19 die Erzählung an die Sintflut-Erzählung angleicht.105 Aber an dieser Stelle ist sicherlich ein weiterer und viele Details besser beleuchtender Vergleich, nämlich mit der altorientalischen Sintflut-Tradition, angemessen.
102 So auch Wenham 1994:43. Die Vershälfte 8,9b wird von vielen zur Jahwe-Schicht gezählt, siehe Levin 1993:103.107; Witte 1998:179 f. u. a. 103 Freilich kann auch das umgekehrte Verhältnis vermutet werden, aber die Verteilung der Aussagen aus 19,10 auf zwei getrennte Ereignisse in 7,16b und 8,9b scheint uns wahrscheinlicher zu sein; vgl. auch, dass Levin 1993:103.163 f. die genannten Versteile dem J, dagegen 19,10 der vorjahwistischen Quelle zuschreibt. Zur Vogelszene 8,6–12, die fast nur als J-Text behandelt worden ist, siehe Westermann 1974:596 ff. und vgl. Witte 1998:179 f. (ohne V. 7.9aβ). 104 Die Parallele ist auch von Oden 1971:195 und Wenham 1994:43 vermerkt worden. Zum Problem des Wechsels von Singular und Plural in 19,19 siehe oben unter 1. Zu den J-Charakteristika in 6,5–8 siehe Westermann 1974:546–554; vgl. Levin 1993:402, der die Wendung für ein deutliches Kennzeichen des J hält; 6,8 gehört auch nach Witte zur „jahwistischen“ Schicht (1998:176 f.). 105 Bemerkenswert ist die Folgerung bei Clark 1971:195, dass „the Sodom story seems to have provided a model for the structuring of the Noah materials as a whole“, und „we may suggest that the understanding of the events of the primeval history as sin and judgement also comes via the flood story through its assimilation to the Sodom story“.
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V Lot – gerettet aus der Vernichtung
3. Die Motivik der Sodom-Erzählung im altorientalischen Vergleich 3.1 Die generelle Narrativstruktur der Sintflut-Erzählungen In den drei großen Vertretern der mesopotamischen Sintflut-Tradition, in der Sumerischen Flutgeschichte, im Atramchasis-Epos und auf der elften Tafel der Standversion des Gilgamesch-Epos stehen im Mittelpunkt bekanntlich die Motive der Sintflut, und dass ihr ein besonderer Mensch entkam. Dass sie den biblischen Sintflut-Geschichten als Vorbild gedient haben, ist auch mehr oder weniger sicher.106 Die Struktur der Erzählung, die Motive der Zerstörung durch die Sintflut, des Schiffsbaus und der Rettung des Protagonisten sowie die Phraseologie gleichen sich weitgehend. Bei alledem wird die Tatsache, dass mit der Sintflut-Episode ein Teil des Atramchasis-Epos in das GilgameschStandardepos Eingang gefunden hat,107 für die folgenden Erwägungen wichtig sein, weil damit zusätzliche Motive und Aspekte einhergehen, die den Rahmen unseres Vergleichs erweitern. Am einfachsten ist der Vergleich bei den Motiven der Vernichtung von Menschen und der Rettung eines Einzelnen. In der sehr fragmentarisch erhaltenen Sumerischen Fluterzählung108 entkommt der Protagonist Ziusudra der Flut in der Arche, und die fünf Städte sowie das Land werden überflutet (V,1–4). Im altbabylonischen Atramchasis-Epos bzw. im Gilgamesch-Epos tritt Atramchasis bzw. Uta-napischti in die Arche und überlebt die Sintflut (XI,94– 133; Atr AB III,ii 51 – iii 20 ff.)109. Komplexer wird der Befund aber, wenn die Beobachtung hinzukommt, dass in Gilg XI,94–96 (vgl. Z. 89) und Atr AB III,ii 51 f. der Protagonist das Tor der Arche verpicht. Hier die Zeilen aus Gilg:110 e-ru-ub ana lìb-bi gišeleppim(má)-ma ap-te-ḫ ba-a-bi a-na pe-ḫi-i šá gišeleppi(má) mpu-zu-ur-denlil(kur.gal) lúmalāḫi(ma.laḫ4) ēkalla(é.gal) at-ta-din a-di bu-še-e-šú 106 Zur Forschungsgeschichte und den entsprechenden Thesen siehe Westermann 1974:66– 73; Gertz 2006a:53 f., aber z. B. auch Clark 1971; Oden 1981. Ein Hinweis auf Textsynopse aus Atr AB II,viii–III,vi; Gilg SB XI und Gen 6–9 (alle Schichten) bei Kvanvig 2011:212–223 sei hervorgehoben; er markiert folgende Bestandteile: Entschluss, die Flut zu senden; Auftrag, das Boot zu bauen; Anweisungen zum Bootsbau; Bau des Bootes; die Beladung des Bootes mit Proviant, der Familie und den Lebewesen; die Gewalt der Sintflut; das Abebben des Wassers; die Landung des Bootes auf einen Berg; die Aussendung der Vögel; Opfer als Speisung der Götter; die Zusage: Keine Sintflut mehr. Die Sodom-Erzählung wird bei Kvanvig nicht erwähnt. 107 Näher dazu siehe Tigay 1982:214–240 und George 2003:508 ff. 108 Unser Vergleich stützt sich auf die Übersetzung von Römer 1993:448–458; vgl. die Textbearbeitung von Civil 1969; die Übersetzungen bei Kramer 1969:42–44 und Jacobsen 1997, und die Behandlungen bei Kvanvig 2011:84–89 und Chen 2013:118–121. 109 In Atr AB fehlt das Ende der Flut; unser Vergleich stützt sich auf die Übersetzung von von Soden 1994; vgl. den Text bei Lambert / Millard 1969 und die Übersetzung bei Foster 1997; zu den Epos-inneren Strukturparallelen zwischen Igigu-Mythos und Sintflut-Mythos siehe Moran 2002c und Kvanvig 2011:19–29. 110 Der Text nach George 2003:708, die Übersetzung nach Maul 2005:143.
3. Die Motivik der Sodom-Erzählung im altorientalischen Vergleich
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Ich trat ein in das Innere des Schiffes und verpichte mein Tor. Da gab ich dem, der das Schiff verpichte, Puzur-Enlil, dem Schiffer, den Palast mit all seinem Gut.
Die Feststellung, dass die Tür geschlossen wurde, erinnert stark an das verwandte Motiv in den beiden biblischen Erzählungen Gen 6–8 und 19, dessen Übereinstimmung wegen des gemeinsamen Verbs סגרzudem besonders auffiel. Die Schließung der Tür markiert in allen Texten mit Ausnahme der sumerischen, in dem die Schilderung des Eintretens in die Arche nicht erhalten geblieben ist, die entscheidende narrative Schwelle. Mit der Schließung ist der Protagonist aus der angespannten Lage heraus in die Sicherheitszone getreten, alles außerhalb ist dem katastrophalen Untergang geweiht. In den akkadischen Berichten schließen entweder der Protagonist (Atr) oder ein nächster menschlicher Helfer (Gilg) die Tür, in den biblischen der göttliche Darsteller, Jahwe oder die Gäste Lots. Auf der einen Seite relativiert der mesopotamische Befund unsere These, dass die Sodom-Erzählung dem Schreiber der Jahwe-Schicht in der Sintflut-Erzählung bekannt gewesen sein dürfte, weil das Motiv, unabhängig von dem Verb, auf die mesopotamischen Vorbilder zurückgehen kann. Auf der anderen Seite verstärkt er gerade die motivgeschichtliche Verbindung zwischen Gen 19 und der mesopotamischen Sintflut-Tradition. Dass dabei dieses Motiv in der SodomErzählung die erste Rettung aus den Händen der Sodomiten charakterisiert und nicht die zweite Rettung aus der Katastrophe, spricht für eine längere selbständige Vorgeschichte der Sodom-Erzählung. Des Weiteren stimmen alle zu vergleichenden Texte darin überein, dass die nahende Katastrophe angekündigt wird oder der Protagonist durch den Auftrag, eine Arche zu bauen, davon erfährt. Das geschieht nicht ohne göttliche Initiative. Als Ea listig und heimlich Uta-napischti die Ankündigung übermittelt, erfährt der Flutheld zusammen mit dem Auftrag und einem zusätzlichen Ratschlag in Gilg SB XI,19–47 von der Vertilgung der Menschen. Ähnlich, wiewohl in kürzerer Form, erfährt Atramchasis von dem göttlichen Plan und dem Auftrag, die Arche zu bauen (Atr III,i 1–35).111 Auch in der Sumerischen Fassung gibt Enki Ziusudra den Bescheid, dass die Flut bevorsteht (IV,3 ff.).112 Bekanntlich beauftragt Jahwe in Gen 7,1–4 Noah, vor der Sintflut in die Arche zu gehen, und schildert sein baldiges Vorhaben.113 Für die Sodom-Erzählung gilt, dass die älteste Schicht auch ohne das Gebot an Lot in V. 15, die Stadt zu verlassen, höchstwahrscheinlich die Ankündigung der Zerstörung in V. 13a enthalten hat. Diese Botschaft findet sich zwar im Munde der göttlichen Gäste Lots, aber das Motiv ist dasselbe. Bei alledem fällt ein weiteres Detail in Gilg SB XI,87–89 auf: Der 111 Vgl. auch die spätassyrische Version, II iii (?), 14–15, in der Rekonstruktion von Foster 1993:94. 112 Nur der Anfang der Rede Enkis ist erhalten; siehe Römer 1993:455; Jacobsen 1997:515. 113 Zur Frage, ob im nichtpriesterlichen Text ein Auftrag gestanden hat, die Arche zu bauen, siehe oben Anm. 89.
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V Lot – gerettet aus der Vernichtung
Sonnengott setzt für den Schiffbau den sechsten Abend als Frist und kündigt die Vorzeichen an. Damit kann in dieser Version der Sintflut auch Schamasch als ein weiterer göttlicher Agent vermerkt werden. Darin mag sich die prägende Rolle des Sonnengottes in der Gilgamesch-Tradition zu Wort melden, die unten noch einmal erläutert werden wird.114 Die Ankündigung der Vernichtung und der Auftrag von Ea/Enki ergeben sich in den mesopotamischen Sintflut-Texten aus der himmlischen Ratsversammlung, bei der die Götter den Entschluss fassen, mit drastischen Maßnahmen gegen die Menschheit vorzugehen. Der längere Bericht im Atramchasis-Epos (II,vi–viii)115, der auf Tafel II noch weitere Ratsversammlungen und Plagen voraussetzt, wird im Gilgamesch-Epos sehr kurz zusammengefasst (XI,14–18; Z. 19 berichtet die abweichende Position des Ea). Reste der Ratsversammlung und des göttlichen Entschlusses über das Schicksal der Menschen sind noch in der sumerischen Version erhalten (III,15’–19’).116 In der biblischen SintflutErzählung gibt es erwartungsgemäß keine Ratsversammlung, weil sowohl die priesterliche Version als auch die Jahwe-Schicht monotheistisch angelegt sind. Die göttliche Reaktion auf die menschliche Bosheit (6,5) wird aber immerhin fixiert, indem Jahwe zu dem Entschluss der Vernichtung kommt, der mit einer Kohortativ-Form ( )אמחהklar markiert ist (6,6 f.).117 Die Lage in der SodomErzählung ist komplizierter: Der Kundgabe in V. 13a geht keine himmlische Beratung voraus, obwohl die Vernichtung auf das feindliche Verhalten der Sodomiten reagiert. Vielleicht haben die Schreiber der ältesten Schicht den göttlichen Entschluss und die Ankündigung bewusst oder unbewusst in unmittelbarem Zusammenhang gesehen. Bemerkenswert ist aber der oben bereits erörterte Befund in Gen 18,20 f. Dort spricht Jahwe von seinem Plan, Sodom in Augenschein zu nehmen. In dem großen Geschrei über Sodom deutet sich das Problem wenigstens an. Da die Formulierung von V. 20 f. aber von der Jahwe-Schicht nicht zu trennen ist, die eindeutig sekundär ist, bedeutet das, dass der ältesten SodomErzählung nachträglich ein Reflex der himmlischen Ratsversammlung vorausgeschickt worden ist, der den Ablauf an das Sintflut-Narrativ angleicht (noch einmal und sekundär reflektiert in 19,13b). Es fällt nämlich auf, dass Jahwe das Geschrei aus der Ferne vernimmt (vgl. )הכצעקתה הבאה אליund herabsteigen will, um sich den Sachverhalt anzusehen ()ארדה־נא ואראה, als ob seine Überlegung im Himmel geschähe. Wir verstehen Gen 18,20 f. und 19,13b als Signale einer sukzessiven literarischen Anpassung von Gen 19 an die aus den Sintflut-Erzählungen bekannte Narrativstruktur. Siehe oben II 4.3; III 2.2, und unten 3.3. Der Anfang der Versammlung in Kolumne v ist nicht erhalten, und die Schilderung enthält Lücken; siehe von Soden 1994:634–636. 116 Siehe Römer 1993:453; Jacobsen 1997:514. 117 Vgl. Moran 2002b:74. 114
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3. Die Motivik der Sodom-Erzählung im altorientalischen Vergleich
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3.2 Die Motive des Lärms und der Zerstörung einer Stadt Zwei sogleich zu erörternde Motive können manche Aspekte der Verwandtschaft der Sodom-Erzählung und der Sintflut-Erzählungen entschlüsseln. In Gen 18,20 f. deutet sich mit dem Geschrei ( )צעקהan, dass in Sodom eine Notlage herrscht. Da nicht erklärt wird, worum es sich handelt, liegt der Hinweis in dem Motiv des „Geschrei“ selbst. Das Atramchasis-Epos kennt das Motiv des störenden Geräuschs in der Form des Lärms, den die sich rasch vermehrende Menschheit hervorbringt und mit dem sie Enlils Schlaf stört (I,354–359; II,i 1–8). Die Zeilen 3–8 in Kolumne II,i, in denen die Rede Enlils beginnt, lauten wie folgt:118 [m]a-tum ki-ma li-i i-ša-ab-bu [i-n]a ḫu-bu-ri-ši-na i-lu it-ta-aʾ-da-ar [den-l]íl iš-te-me ri-gi-im-ši-in is-sà-qar a-na i-li ra-bu-tim ik-ta-ab-ta ri-gi-im a-wi-lu-ti i-na ḫu-bu-ri-ši-na ú-za-am-ma ši-it-ta Das Land lärmt wie Stiere; durch ihr lautes Tun geriet der Gott in Unruhe. [En]lil hörte nun ihr Geschrei; er sprach zu den großen Göttern: „Zu lästig wurde mir nun das Geschrei der Menschen; infolge ihres lauten Tuns entbehre ich den Schlaf.“
Der Lärm treibt die große Gottheit zu dem Entschluss, die Menschen zu vermindern und schließlich sogar zu vernichten. Im Gilgamesch-Epos wird auf die Ursache der Sintflut nicht eingegangen. Sie gilt anscheinend als bekannt. Auch in der sumerischen Fassung erfahren wir das Movens nicht, vielleicht wegen des fragmentarischen Zustands des Textes. Die Bedeutung der im AtramchasisEpos gebrauchten Worte ḫubūru und rigmu119 ist oft diskutiert worden, zumal im Lichte der Frage, ob sie die Sünde der Menschen, nämlich ihre gegen die Götter gerichtete Absicht, reflektieren.120 Obwohl die Götter vor den Folgen der Sintflut erschrecken, sie ohne die Opfer der Menschen vom Hunger heimgesucht werden 118 Text Lambert / Millard 1969:72 (dort III,i 3–8), Übersetzung von Soden 1994:629. Vgl. auch die assyrische Version (K 3399+3934 [S], Rv. iv), Z. 2–16 (Lambert / Millard 1969:106 f.; Chen 2013:217), die sumerischen Klagen über Uruk (LW A 1–6 nach Chen 2013:224) und Sumer und Ur (LSU 367 nach Chen 2013:234 f.), in denen wahrscheinlich das Motiv der Vermehrung enthalten ist. 119 Zu den Lexemen siehe CAD 6:220b–221a und 14 (bes. S. 331b–334b); Kvanvig 2011:72 und Westenholz 1996:198–200; vgl. weiterhin Kvanvigs (2011:59.72–82) und Chens (2013:227 f.) Erörterungen zum Lärm in Atr AB. 120 Siehe den forschungsgeschichtlichen Überblick bei Albertz 1999:4–9; Kvanvig 2011:72– 75 und z. B. die Polemik von Moran 2002a:35–41 (auch Van Seters 1992:52) gegen die von Pettinato 1968 vorgebrachte These, dass das Geschrei die böse Absicht markiere, und vgl. auch Machinist 1983:225, Anm. 24; Finkel 2014:93 f.
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(III,iii–iv) und sie daher fortan wesentlich freundlicher gegen die Menschen gesonnen sind, verhindern sie die Vermehrung der Menschen, indem sie todwirkende Geister erschaffen (Reste in III,vi 45 ff. und vii 1 ff.). Die sich daraus ergebende tödliche Auslese unter den Menschen ist zumindest teilweise mit der Schuld der Betroffenen begründet (III,vi 25 f.). Ähnlich stellt Ea den Plan, die Zahl der Menschen durch Löwen, Wölfe, Hungersnot und Erra klein zu halten, als wesentlich klüger dar, gemessen an der vollständigen Vernichtung durch die Sintflut (Gilg XI,185–195). Hier die Zeilen 185 f. aus Eas Rede:121 be-el ár-ni e-mid ḫi-ṭa-a-šú be-el gíl-la-ti e-mid gíl-lat-[su] (Nur) dem, der selbst eine Sünde beging, laste seine Schulden an! (Nur) dem, der eines Fehlers sich schuldig machte, laste seine Fehler an!
Im Atramchasis-Epos ist der Lärm für Enlil der hauptsächliche Grund, gegen die Menschen vorzugehen. Dessen Ursache liegt aber in der überaus großen Zahl der Menschen und nicht in ihren bösen Plänen. Die von Ea/Enki vorgeschlagene Lösung erweist sich dann tatsächlich als geeignet, denn durch die Heimsuchungen wird die Zahl der Menschen künftig begrenzt sein, nicht aber gänzlich reduziert.122 Es wird keine Lärmbelästigung mehr geben, aber die Götter müssen auch nicht hungern. Obwohl der Lärmpegel den unmittelbaren Störfaktor bildet, wirkt das Getöse auch wie ein Lackmustest.123 Schon dass Atr III und Gilg XI am Ende in die Frage nach dem Tun-Ergehen-Zusammenhang münden und auf die Sünde die neue Weltordnung folgt, weist in gewisser Weise in diese Richtung.124 Auch andere bekannte Texte aus Mesopotamien kennen das Motiv des Lärms, und auch dort geht es um die Störung, die damit einhergeht. Das babylonische Weltschöpfungsepos Enuma Elisch berichtet, dass die jüngeren Götter solchen Lärm machen (I,21–28), dass die älteren Götter davon im Schlaf gestört und krank werden. Daraufhin will Apsu die jüngeren Götter vernichten (I,37–40). Dabei fällt in Z. 25 das bereits erwähnte Stichwort rigmu für Geschrei.125 Dass es sich nicht 121 Text George 2003:714, Übersetzung von Maul 2005:147. Beachte, dass die Sünde חטאה aus Gen 18,20 ihre Entsprechung hier im akkadischen Wort ḫīṭu (ḫiṭṭu) findet; siehe Tawil 2009:103a (und vgl. auch 103b zu ḫiṭītu). 122 Vgl. Moran 2002a:40–43, der die Funktion der Sintflut als die Wiederherstellung der Balance zwischen Götter und Menschen in der Welt deutet; der Lärm sei dann ein Anzeichen der fehlenden Balance; vgl. weiterhin Moran 2002c:53–57 und seine Beobachtung ebendort (S. 54), dass das Motiv der Vermehrung der Menschen anderswo in Mesopotamien nicht belegt ist. 123 Vgl. die Einschätzung von Kvanvig 2011:75, dass das Argument der Vermehrung überschätzt worden sei, und seine These zum Leitwort-Charakter des Wortes rigmu in Atr (S. 75– 82), und ähnlich bereits Oden 1981:207 f.; anders dagegen z. B. Albertz 1999:12 f. 124 Siehe zumal das Argument von Oden 1981:204 f. 125 Siehe Kämmerer / Metzler 2012:115. Die Stelle und der Zusammenhang (weiterhin I,133) ist auch von Kvanvig 2011:79 f. behandelt worden.
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einfach um lautes Tun handelt, sondern um negative Handlungen, zeigen unter anderem das eindeutig negativ belastete Verb nazāru „beschimpfen, verfluchen“ in Z. 22 und das Verb šuʾduru (adāru) „Unruhe verbreiten“ in Z. 24.126 Die harmonische Ruhe, die mehr oder weniger als Ideal gilt, ist gestört; die Bedränger sind arrogant, weil sie keinen Respekt vor Älteren haben.127 Noch einmal begegnet das Motiv des störenden Lärms in der Dichtung von Ischum und Erra aus dem 8. Jh.128 Der Gott Anum stellt Erra die Sibitti-Götter als Helfer zur Seite und empfiehlt, ihre zerstörerischen Fähigkeiten gegen die Menschen einzusetzen, falls nötig. In I,41 f. wird – als gewöhnlicher Umstand – vorausgesetzt, dass der „Lärm der Menschen aus den Siedlungen“ für eine Gottheit unerträglich werden kann, so dass sie daraufhin zu töten beginnt.129 In I,81 f. stört dann tatsächlich der Lärm (ḫubūru) der Menschen die Anunnaki-Götter (vgl. noch IV,66–69). Hier sieht man am deutlichsten, dass Lärm und Gebrüll einen Doppelsinn haben kann. Erras Gebrüll (rigmu in I,61) soll den Lärm der Menschen verringern oder vernichten (I,74 f.).130 Dabei sollte der Gesamtsinn der Dichtung bedacht und der heftige, zerstörerische Aktionismus des Erra wahrgenommen werden. Mithin kann der Lärm bzw. das Geschrei auch einen dämonischen Aspekt haben.131 Darüber hinaus kennzeichnet der Lärm nicht nur die Vitalität der Menschheit, sondern kann auf eine gewisse Störung in der normalen Ordnung hinweisen, nämlich auf negativen, vielleicht sogar sündhaften Über-Aktionismus.132 Ein weiterer Beleg findet sich in einem Orakel der Ischtar von Arbela, das von La-dagil-ili an Asarhaddon vermittelt worden ist (SAA 9 2.3)133; die Deutung ist allerding nicht ganz sicher. Die Zeilen 17’–20’ lauten wie folgt:134 amēlūtu ṭullumâ anāku šî qābītu ēpissu marʾutu ḫubburtu anāku uṣṣāna ubāra adda[nak]ka Mankind is treacherous, but I am the one whose words and deeds are reliable. I am the one who sniffs out and captures the riotous people and gi[ves] them to you.
126 Siehe Kämmerer / Metzler 2012:114 f. und CAD 1:105a–108a; 11:139a–140b; vgl. auch Atr AB I,77.241 f.; II,vii 31 f. und Kvanvig 2011:57 dazu. 127 Kvanvig 2011:80 stützt sich auf Th. Jacobsen und bevorzugt den Gegensatz zwischen der (Über‑)Aktivität der jüngeren und der Inaktivität der älteren Götter. 128 Nach Dalley 2000:282 nicht vor dem 8. Jh., aber sicherlich mit älterem Material; vgl. auch Machinist 1983:221 f. 129 Siehe Müller 1994:785; Dalley 2000:286. 130 So Machinist 1983:224 f.; vgl. Kvanvig 2011:80–82. 131 Siehe noch einmal Machinist 1983:224 f., Anm. 23, und Chen 2013:228 f., die darauf hinweisen, dass auch in Atr AB III,iii 20.23 rigmu die Flut bezeichnen kann; der ganze Katalog der Belegstellen in Atr bei Kvanvig 2011:76 f. 132 Ähnlich Kvanvig 2011:81 f., der betont, dass das Gleichgewicht zwischen dem Tun der Götter und der Menschen das Ideal bildet; vgl. noch einmal Machinist 1983:225, Anm. 24; nach ihm Launderville 2007:246.259 f. Chen 2013:230 f. vermutet, dass das Geschrei über die Zerstörung sekundär zur Ursache der Zerstörung geworden ist. 133 Nissinen 2003:113 f. (Nr. 80). 134 Text und Übersetzung nach Nissinen 2003:113.
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V Lot – gerettet aus der Vernichtung
Die Wendung marʾutu ḫubburtu in Z. 19‘ lautet wortwörtlich etwa „die unruhige Tochter“,135 und der Teilsatz ließe sich auch als „ein tatkräftiges Mädchen bin ich“ übersetzen,136 aber da die Wendung sich auf Ischtar bezieht, dürfte sie eher wie bei Erra auf eine dämonische Tat anspielen.137 Schließlich kommen wir erneut auf die Gilgamesch-Tradition zurück; denn in ihr ist das Motiv des Lärms in besonders auffälliger Weise in einen anderen Kontext als die Flutgeschichte in Gilg SB XI übertragen worden. In der Standardversion klagen die Frauen Uruks darüber, dass Gilgamesch seine Macht über die jungen Männer und Frauen der Stadt in maßloser Weise ausübt (I,63–78).138 Das verwendete Lexem ist tazzimtu (Z. 74, 78).139 Es kommt rigmu sehr nahe, wie sich aus einer Gilgamesch-Tafel aus Ugarit (RS 94.2006 = MB Ug1)140 ergibt, weil hier in Z. 14 f. tazzimtu und rigmu im selben Zusammenhang nebeneinander stehen:141 ta-zi-im-ta-ši-na il-te-né-mi diš8-˹tár!˺ rig-mu mar-ṣu ik-ta-na-ša-da ana šamê(an)e anim(an)nim Ištar keeps hearing their complaint, the terrible din reaching (even) the heaven of Anu.
Das Motiv des Geschreis verweist auf ein Geschehen, das, ob frevelhaft oder nicht, den gewöhnlichen Lauf der Dinge missachtet. Der Lärm steigt dabei immer von unten nach oben, von jüngeren Göttern zu den älteren, aber oft von Menschen zu den Göttern. Manchmal ist der Lärm ein normaler Vorgang, der mit der Aktivität der Menschen einhergeht. Dennoch ist er ein Anzeichen, dass die Welt aus dem Gleichgewicht ist, und daher kann er eine bewusste Appellation an die Götter bedeuten, ein Geschrei um Hilfe. Wenn wir uns den biblischen Texten zuwenden, fällt auf, dass das Motiv des Lärms in der Sintflut-Erzählung fehlt. In der nichtpriesterlichen Erzählung gilt die Bosheit der Menschen (Gen 6,5a) als Anlass der Flut. Nicht auszuschließen ist aber, dass auch die Notiz über die Vermehrung der Menschen in 6,1 zur Jahwe-Schicht gehört hat und nicht später zugefügt worden ist, so dass sie den Zorn Jahwes veranlasst.142 In diesem Fall hat der Verfasser der Jahwe-Schicht Nach Nissinen 2003:114, Anm. e, ist sie einmalig. So Weippert 2001:44 f.; Nissinen 2003:114, Anm. e. 137 Nissinen 2003:114, Anm. e, vermutet jedoch den Lärm der Menschen wie in Atr. 138 Zur Diskussion, inwieweit auch der maßlose Wettbewerb oder das ius primae noctis in die Klage einbezogen sind, siehe George 2003:449 und Tigay 1982:180.191. 139 George 2003:542; zum Wort siehe CAD 18:302b–304a und Tigay 1982:180. 140 Siehe dazu George 2007. 141 Text und Übersetzung nach George 2007:239.241. Er betont, dass die Auslassung des parallelen Kolons (Z. 15) in Gilg SB I überraschend ist (S. 247). 142 Levin 1993:104 betrachtet V. 1 f. als Teil des J-Textes und verweist auf das AtramchasisEpos, siehe auch Levin 2006:31; Moran 2002b:73 vermerkt ebenfalls die Parallele, fügt aber hinzu, dass in Gen 6,1–4 neben dem Atramchasis-Epos der Igigu-Mythus reflektiert sein könnte („Als die Götter Menschen waren“). Kvanvig 2011:228 f. zieht aus dem Leitwort‑ und Hin135 136
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lediglich das Motiv des Lärms ausgelassen. Das gilt aber nicht für Gen 18–19, wo die ( צעקה18,20 f.; 19,13b) ein prägnantes Motiv ist. Vor dem Hintergrund der soeben genannten Beispiele klingen alle Bestandteile des Jahwe-Monologs in 18,20 f. plausibel: Das Geschrei aus Sodom (und nicht über Sodom) ist laut und steigt herauf in den Himmel; der fast synonym verwendete Begriff „ חטאהSünde“ macht die Bedeutung des Geschreis eindeutig.143 Jahwe muss herabsteigen, um den Zustand in Augenschein zu nehmen. Die mit dem Monolog Jahwes in 18,20 f. unmittelbar zusammenhängende Ergänzung in 19,13b untermauert die Aussage: Der Zwischenfall mit den fremdenfeindlichen und übergriffigen Sodomiten hat erwiesen, dass das „Geschrei“ von Sodom, das Jahwe in die Ohren dringt, d. h. die Sünde tatsächlich groß ist. Im Verhältnis zur ältesten Schicht der Sodom-Erzählung bedeutet das, dass der Verfasser der Jahwe-Schicht das in der Erzählung implizierte Potenzial einer „Sintflutgeschichte“ expliziert hat. Die Sodom-Erzählung folgt jetzt tatsächlich der Motivkombination von der Vernichtung der sündhaften Menschen und der Rettung eines Einzelnen. Zusätzlich kommt ein weiteres Motiv in Betracht. In der GilgameschTradition ist das Geschrei auf eine besondere Stadt bezogen – auf Uruk, die Stadt Gilgameschs (I,63–78).144 Auf das Geschrei reagieren die Götter mit einer Ratsversammlung (vgl. I,79.94), wo sie beschließen, Enkidu zu erschaffen, um das Problem mit Uruk zu lösen (I,94–98). Das erinnert stark an die Sintflut-Tradition, in der ein durch Lärm charakterisiertes Problem eine himmlische Ratsversammlung veranlasst, in der eine Sintflut beschlossen wird; die Motivfolge auf Tafel I des Gilgamesch-Epos liest sich wie eine kurze Dublette der Sintfluterzählung auf Tafel XI. Aber auch die Erzählung rund um Uta-napischti nimmt ihren Anfang in der legendären Stadt Schuruppak (XI,11–14.23). Obwohl das Land (mātu) es ist, das überflutet wird (XI,101.105 u. a.), und im Atramchasis-Epos überhaupt keine Stadt genannt wird, ist es immerhin auffallend, dass Gilg SB XI Schuruppak so prägnant unterstreicht. Dies scheint Wurzeln tief in der Tradition zu haben; denn in der Sumerischen Fassung werden im kultätiologischen Kontext in ähnlicher Weise Städte genannt, in diesem Fall die fünf sumerischen Städte Eridu, Badtibira, Larak, Zimbir und Schuruppag (II,13’–18’). Sie kommen auch im Beschluss der Götter vor und in der Flutschilderung (IV,6–7; V,2)145. Die Einwohner dieser Städte und des Landes Sumer146 werden vernichtet. Doch weis-Charakter von rigmu in Atr AB den Schluss, dass die nichtpriesterliche Sintflut-Erzählung in ähnlicher Weise den Gott auf menschliche Übertretungen reagieren lässt. 143 Oden 1981:210 hält rigmu in Atr für die perfekte semantische Parallele zu זעקהin Gen 18,20; wir haben oben (Anm. 44) das Wort in צעקהemendiert. 144 Zu Uruk in Gilg SB siehe George 2003:527; Chen 2013:181 f. 145 Die sich auf Th. Jacobsen stützende Rekonstruktion von Römer 1993:456 f. dürfte zutreffen. Zum literaturgeschichtlichen Hintergrund siehe Chen 2013:119 f.; er meint auch, dass Eridus Flutmythos in der mesopotamischen Literaturtradition am populärsten wurde (S. 126 und Anm. 37). 146 So Kramer 1969:43, Anm. 6.
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wird auch hier eine Stadt, nämlich Schuruppag, besonders hervorgehoben, weil Ziusudra der König von Schuruppag ist.147 So rückt in Mesopotamien in der Motivreihe von der Vernichtung der Menschen eine besondere, legendäre Stadt in den Mittelpunkt. Die Vernichtung reagiert auf ein Geschrei, das ein Problem darstellt oder anzeigt, und beruht auf einem Beschluss der Götter. Vielleicht steht dahinter eine längere Traditionsbildung, weil sich das Motiv der Flut laut Y. S. Chen erst in der altbabylonischen Periode zur Zäsur zwischen der vorsintflutlichen und der „geschichtlichen“ Zeit entwickelt hat.148 Andererseits hat sicherlich die altorientalische Tradition der Stadtklagen149 dazu beigetragen, dass in manchen Varianten wie etwa in Gilg SB I und XI das Motiv der Stadt wieder stärker hervortritt. Durch seinen menschlichen Protagonisten hat das Atramchasis-Epos noch einen unmittelbaren Bezug zur älteren Tradition bewahrt, denn Atramchasis konnte man sich nicht ohne Schuruppak vorstellen.150 Das gilt auch dann, wenn das Epos die Sterblichkeit der Menschen begründet, im Gegensatz zur älteren Tradition, die die Ewigkeit des Königtums begründet.151 Die biblischen Sintflut-Erzählungen haben diesen Bezug vollkommen verloren. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass Noah mit irgendeiner Stadt in Verbindung gestanden hätte. Hier ist dem Universalen deutlich mehr Gewicht gegeben, der lokal-urbane Bezug ist zurückgetreten. Vor diesem Hintergrund dürfte es naheliegen, dass im Falle von Sodom der urbane Motivkontext genuin ist und die Überlieferung hier eine alte, genuin judäische Fassung gefunden hat. Ganz unabhängig von benachbarten Traditionen ist diese judäische Motivkette nicht. Dafür ist die Motivreihe zu ähnlich. Insgesamt geben diese Beobachtungen genug Anlass zu der Vermutung, dass sich die Narrativstruktur „Geschrei / Konflikt > göttliche(r) Ratsversammlung und Entschluss > Ankündigung der Katastrophe > Rettung des Protagonisten > Vernichtung“ ursprünglich auf eine legendäre Stadt bezog und im Laufe der Zeit immer universaler geworden ist. So, wie die Heimsuchung von unterschiedlichen Städten erzählt werden kann, ist auch die Art der Katastrophe variabel. Meistens ist es die Flut, aber die Vernichtung kann auch auf andere Weise geschehen. Dies wird unten noch einmal erörtert.
3.3 Die Motive des Tagesanbruchs und der Zerstörung In der literarkritischen Analyse der Lot-Sodom-Erzählung haben wir oben festgestellt, dass der Konflikt zwischen Lot, seinen Gästen und den Bewohnern der Stadt in der Nacht stattfindet und daher Verse 15 und 23, die die Morgen147 So nach der sumerischen Königsliste, siehe Kramer 1969:42, Anm. 3; siehe auch Chen 2013:129–131.243 und vgl. Van Seters 1992:64. 148 Chen 2013:65 f.123–127 passim 149 Siehe dazu Chen 2013:125 f.200–252. 150 Siehe auch Chen 2013:156–158.194.243; das Epos nennt Schuruppak nicht. 151 So nach Chen 2013:120 f.
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dämmerung und den Sonnenaufgang vor und während der Zerstörung von Sodom erwähnen, erzählerisch angebracht sind. Wenn wir uns auch für die älteste Textgestalt nicht sicher waren, kamen wir zu dem Schluss, dass der Konflikt in Gen 19 genuin in der Nacht verankert ist und die Katastrophe von Sodom dann logischerweise am Morgen stattfindet. Die Nacht ist in vielerlei Hinsicht die Zeit für dunkle Ereignisse, die daraufhin mit dem ersten Sonnenstrahl gelöst werden. Das Motiv eines entscheidenden Ereignisses am Morgen oder frühen Morgen, in welcher genauen Formulierung auch immer, gehört in der ältesten Erzählung fest zur narrativen Struktur. Die biblischen Sintflut-Erzählungen lassen den frühen Morgen als strategischen Zeitpunkt außer Acht. Denn neben der universalen Schuld der Menschheit als solcher gibt es keinen besonderen Anlass, der zu irgendeiner konkreten Tageszeit in Beziehung stehen könnte. In der Sumerischen Fluterzählung ist der Text beschädigt, so dass die Ausgangslage nicht eingeschätzt werden kann. Im Atramchasis-Epos gibt es keinen Hinweis auf einen besonderen Zeitpunkt. Die Sturmflut setzt einfach ein, obwohl es gelegentlich gewisse Zeitangaben gibt wie etwa „am Abend“ in der spärlich erhaltenen Schilderung des Gastmahls, III,ii 40–45. Anders verhält es sich im Gilgamesch-Epos. Hier wird der besondere Zeitpunkt unterstrichen, an dem die Flut beginnt, SB XI,97–98:152 mim-mu-ú še-e-ri ina na-ma-ri i-lam-ma iš-tu i-šid šamê(an)c ur-pa-tum ṣa-lim-tum Kaum dass die Morgenröte zu leuchten begann, stieg aus dem Fundament des Himmels eine schwarze Wolke empor.
Bei Z. 97 handelt es sich um eine geläufige Formel im Standardepos des Gilgamesch. Sie unterstreicht nochmals die Rolle des Schamasch.153 Dem entspricht, dass auch der Zeitpunkt der Flut von der Sonnengottheit angekündigt wird. Sie setzt dem Fluthelden für den Schiffbau eine Frist von sechs Tagen. Am Morgen und Abend des letzten Tages werde sie Zeichen geben (XI,87– 91). In dieser Hinsicht bietet die Standardversion des Gilgamesch-Epos eine weitere Motivparallele zu Gen 19*. Die Zeitangaben in Gen 19,15a und 23a, in denen שׁחרund שׁמשׁausdrücklich genannt werden, erweisen sich über ihre Gliederungs‑ und Datierungsfunktion hinaus als Hinweise, dass der Sonnengott in der Sodom-Erzählung ursprünglich eine tragende Rolle gespielt hat. Es sei noch vergegenwärtigt, dass die einzige alttestamentliche Erzählung neben Gen 19, die beide Bezeichnungen nebeneinander sowohl mit einer narrativ-strukturellen als auch mit einer inhaltlichen Funktion aufweist, die Jabbok-Episode Gen 32* ist. Auch am Ende der Flut zeigt sich, welch entscheidende Rolle dem Sonnengott zukommt. In der Sumerischen Fluterzählung kommt nach dem verheerenden Text George 2003:708, Übersetzung Maul 2005:143. Siehe die Angaben zu Gilg SB oben III 4.3, unsere Erörterungen ebendort und Tigay 1982:231. 152 153
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Sturm die Sonne zum Vorschein, und Ziusudra lässt ihre Strahlen in das Schiff hinein; in V,8–10 wird berichtet:154 ù? dutu giš-nux(ŠIR)-ni-da gišmá-gur4-gur4-šè ba-an-ku4-re-en zi-u4-sud-rá lugal-àm igi-dutu-šè KA ki-su-ub ba-gub Da ließ der [Jü]ngling Utu sein Licht ins Innere155 des sehr großen Schiffes hineingehen. Ziusudra, der große König, trat vor Utu hin, indem er sich prosternierte.
In der folgenden Zeile ist noch zu lesen, dass ein Opferritual folgt, dann wird der Text lückenhaft.156 Es sei noch einmal daran erinnert, dass auch am Schluss des Kurzepos von Bilgames und Akka der Sonnengott genannt wird; die Erwähnung des Utu zeigt an, dass das Schlimmste überstanden ist und Bilgames entkommen konnte. Bevor wir uns der Schilderung der Katastrophe zuwenden, sei noch auf eine Beobachtung hingewiesen, die einen Hinweis geben könnte, was es mit den „Männern“ in der Sodom-Erzählung auf sich hat. Im Textkorpus zum babylonischen Abwehrzauber-Ritual Maqlû fällt die besondere Rolle des Sonnengottes auf. Vor allem der Gerichtsprozess findet vor Schamasch statt, weil die für das Recht zuständige Gottheit ein gerechtes Urteil fällen soll, und das oft in der Nacht und bei Sonnenaufgang als dem Zeitpunkt der Rettung.157 Statt Schamasch kann man sich im Ritual aber „zunächst an den nächtlichen Stellvertreter des Sonnengottes, also an Nuska, den Gott der Lampe und des Lichts,“ wenden, und anschließend an den Feuergott Gira, den Helfer des Schamasch (Nuska und Gira werden oft zusammen genannt, z. B. in V,19–25).158 Obwohl es zahlreiche Beispiele gibt, dass Schamasch oder Gira bei Fackelschein die Strafe vollziehen, seien hier zwei Ausschnitte aus einem weiteren rituellen Text zitiert, der auffallend lange Beschwörungen an Schamasch und Gira enthält.159 Dort wird als Gegenmittel gegen Hexerei von Gira (Z. 58–65) und Schamasch (Z. 66–79) unter anderem Folgendes erbeten (Z. 58–60.74b–76):160 154 Text
Civil 1969:144, Übersetzung von Römer 1993:456. Wort ist nicht sicher, siehe Römer 1993:456, Anm. 8a). 156 So Römer 1993:456. 157 Allgemein zu Maqlû siehe Schwemer 2007 und Abusch 2015:1–37, zum Gerichtsprozess Schwemer 2007:205 f., und Abusch / Schwemer 2008:128–135, zur Diskussion über das Alter Abusch / Schwemer 2008:129, und Kutter 2008:522 f. (spätes 2. Jt. oder frühes 1. Jt.). 158 Schwemer 2007:206 f.209; siehe auch Abusch 2002:67 ff. Zur Entstehungsgeschichte von Maqlû, zur Verschiebung der göttlichen Rollen sowie zur wachsenden Bedeutung von Nuska siehe Abusch 1990. 159 Ediert von Lambert 1958 aus LKA 154 (+) 155; vgl. auch Abusch 2002:73 f., der den Text (S. 69 ff.) im Rahmen der redaktionellen Zusammenfügung der Beschwörungen zur Verbrennung (älteres Motiv) und der Sendung in die Unterwelt (jüngeres Motiv) behandelt. Für den Hinweis auf diesen Text bin ich Annus 2007:54 zu Dank verpflichtet. 160 Text und Übersetzung nach Abusch 2002:73 f.; vgl. Lambert 1958:293 f. 155 Das
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dŠamaš dGirra
tappûka lītallil idā[y]a Šamaš dGirra qāmû liqmišunūti dGirra likkilmešunūti d Girra lišrupšunūti dGirra lišḫarmissunūti dGirra li[ṣ]arripšu[nūt]i … d Šamaš ūmka ezzu likšu[ssunūti] kīma diqāri ḫubussunūti kīma tinūri qutur(ū)šunu līrimū [šamê] liḫīlū lizūbū u littattu[kū] d
O Šamaš, may Girra your companion be bound to my side. O Šamaš, may Girra, the burner, burn them, may Girra glare at them, May Girra scorch them, may Girra melt them, may Girra fire them … … Šamaš, may your fiery red light overwhelm them. Smash them like a pot and like a furnace may their smoke cover the heavens, May they dissolve, melt, drip ever away …
Auch wenn die zwei Zyklen erst nachträglich zusammengefügt worden sind,161 sieht man auf den ersten Blick, dass sowohl Schamasch als auch sein Begleiter mit ihren üblichen Mitteln wie Hitze und Feuer gegen die Hexen vorgehen, um den bösen Zauber abzuwehren. Motiv‑ und religionsgeschichtlich gewinnen wir durch solche Beispiele, die sicherlich nicht auf die Beschwörungstexte beschränken sind, dreierlei: Zum einen kann der Sonnengott durch Hitze und Feuer jemanden und etwas zerstören, wenn es dafür einen gerechten Grund gibt; zum zweiten können ihm andere Götter helfen oder ihn repräsentieren, und zum dritten sind diese Vertreter typischerweise zwei Gottheiten, hier Nuska und Gira.162 Wir müssen keinen direkten Einfluss von Maqlû-Riten auf Gen 19 annehmen, um davon ausgehen zu können, dass den Schreibern von Gen 19 höchstwahrscheinlich bestimmte Abwehrriten bekannt gewesen sind. Vor einem solchen Hintergrund erhebt sich die Frage, ob die Verfasser dem Motiv des Sonnenaufgangs tatsächlich keine weitere Bedeutung zuerkannt haben. Weiter kann man fragen, ob die Zahl der zwei Boten in der heutigen Textgestalt von Gen 19,1 tatsächlich ohne jeden religionsgeschichtlichen Hintergrund ist.163 Aber noch weitere Beobachtungen sind zu erörtern. Mit der Schlüsselzeit am frühen Morgen und der möglichen Trias der göttlichen Handlungsträger gelangen wir dazu, wie in den oben behandelten Epen und Erzählungen der Beginn der Katastrophe geschildert wird. Die Flut als Folge eines starken Regens oder einer Sturmflut ist auf den ersten Blick grund161 So
Abusch 2002:74 f. Siehe ferner die Grabstele des šnzrbn (KAI 225), in deren Zeilen 9–11 die Beschwörung steht und wo in Z. 9 Schachar, Schemesch, Niklal und Nusku erwähnt sind; dazu Kutter 2008:315–320 und zu Nusku in Harran Kutter 2008:318. 163 Zwei Boten und paarweise Götter gibt es auch in Ugarit, z. B. im Baal-Zyklus KTU 1.1–1.6, genauer 1.5 II 12.16 ff. Römer 2011b:622–625; 2014:136 hält unter Hinweis auf Jes 1,21 צדקund משׁפטfür die beiden Begleiter, die der Sonnengottheit helfen. Siehe ferner Keel 1979. Janowski 1989:187 nimmt an, dass das Morgenmotiv im AT mit der im vorisraelitisch-jebusitischen Jerusalem verehrten Gottheit Šḥr-Šlm zusammenhängt. 162
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legend für die Sintflut-Erzählungen. In der Bearbeitung der Sodom-Erzählung wird ein Regen aus Feuer und Schwefel eingesetzt (Gen 19,24), um die Stadt zu zerstören. Wie oben vermerkt, verbindet das Verb מטרhif. die Jahwe-Schichten in den Sintflut‑ und Sodom-Erzählungen, aber dieser zumindest für Gen 19* sekundäre literarische Vorgang will anscheinend für die Sodom-Erzählung die Möglichkeit einer „Sintflut-Erzählung“ in Gestalt des Sintbrands164 eindeutig machen. Ein Blick auf die Anfangszeilen der Flutschilderungen genügt, um ein komplexeres Bild zu erhalten, das die Flut als Fokus dieser Erzählungen relativiert. Die Sintflut-Erzählungen in der Bibel sind knapp, denn sie verfügen über keine besonderen Angaben zum Beginn der Flut – es setzt lediglich ein Regen ein. Die mesopotamischen Berichte nennen hingegen auch den Sturm und den Wind. Der Anfang der Sumerischen Fluterzählung, soweit er erhalten ist (V,1),165 und die Zeilenfragmente am Anfang der iii. Kolumne auf Tafel III des Atramchasis-Epos zeigen, dass der Flut ein längeres Proömium vorausgegangen ist, wobei auch ein Ungewitter (Z. 5) genannt wird166. Am interessantesten für uns ist jedoch die Version von Gilg SB XI, weil nicht weniger als dreizehn Zeilen (97–109) für die Sturmschilderung gebraucht werden, ehe die Flut selbst beginnt. Neben dem Brüllen Adads und dem Eingreifen von Errakal und Ninurta u. a. werden noch die Anunnaki-Götter und ihr Tun genannt (Z. 104 f.):167 da-nun-na-ki iš-šu-ú di-pa-ra-a-ti ina nam-ri-ir-ri-šú-nu ú-ḫa-am-ma-ṭu ma-a-tum
Die Unterweltsgötter erhoben Fackeln und mit ihrem Feuerglanz setzen sie das Land in Flammen.
Die literarische Ausführung der Katastrophe zieht also auch andere Register als die bloße Wassermasse. Dies kann durchaus mit der Universalisierung des Flutmotivs in der altbabylonischen Zeit zusammenhängen.168 So dürften die von Errakal herausgerissenen Pflöcke (Gilg SB XI,102) auf die Pfropfen verweisen, die die kosmischen Wasser zurückhalten.169 Tatsächlich haben Motive aus den mesopotamischen Stadtklagen stark dazu beigetragen, die Flut mit zusätzlichen 164 So
Westermann 1981:361; vgl. Römer 2011b:623. Römer 1993:456. 166 Von Soden 1994:639 f. Siehe die detaillierte Analyse von Chen 2013:21–66 zur ganzen auf die Flut bezogenen Terminologie bis zur altbabylonischen Zeit. Und vgl. den Parallelismus von Sturm und Flut in Z. 147–150 in der AB Version des Fluchs über Akkade (so Westenholz 1996:198) und in der Komposition Ischum und Erra I,173 f. 167 Text George 2003:708, Übersetzung Maul 2005:143 f. Vgl. auch das von Chen 2013:218 f. zitierte Beispiel des Flutmonsters in Gestalt des Anzu-Vogels aus den Klagen über Uruk (LW 3,7–10), der Blitze und Feuer abgibt. 168 Vgl. Chen 2013:65 f. passim zur sumerischen Bezeichnung a-ma-ru und akkadischen abūbu in der Bedeutung der Urflutkatastrophe; dabei kann auch die Inversion der Weltschöpfungsvorgänge eine Rolle spielen. 169 So Maul 2005:187. 165
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Einzelheiten auszustatten.170 Die Verbindung der Zerstörung einer bestimmten Stadt mit einer (vermutlich von vornherein so gedachten) Feuerkatastrophe in der Sodom-Erzählung reicht damit tief in die vorliterarische Zeit zurück und hat dort eine nicht näher bestimmbare Berührung mit der mesopotamischen Flut‑ und Stadtklagen-Tradition. Die späteren Überarbeitungen haben den Bezug zur Jahwe-Schicht der biblischen Sintflut-Erzählung und mittelbar oder unmittelbar zur mesopotamischen Sintflut-Tradition deutlich gemacht. Das gerade formulierte Ergebnis wird schließlich dadurch bestätigt, dass nach der Katastrophe die Folgen in Augenschein genommen werden. Dieses Motiv ist nämlich auch in der Standardversion des Gilgamesch-Epos vorhanden, indem Uta-napischti wahrnimmt, dass die Menschheit vollständig vernichtet und die Erdoberfläche eingeebnet ist (XI,134–141). Ebenso besieht auch Abraham am nächsten Morgen die Folgen der Katastrophe (Gen 19,27 f.). Der Text in seiner heutigen Gestalt kann aber auf keinem Fall aus der ältesten Schicht stammen. Dies mag ein Hinweis darauf sein, dass Motivauswahl und Handlungsablauf sich auf der Ebene der Abraham-Bearbeitung der mesopotamischen SintflutTradition annähern. Ein weiterer Hinweis liegt in dem Stichwort qutru „Rauch“ in Z. 75 der oben zitierten Beschwörung. Es ist als קיטורin Gen 19,28 in derselben Bedeutung belegt.171 Wie bereits festgestellt, findet sich die Verbindung mit „ כבשׁןOfen“ im Alten Testament nur hier;172 hinzuzufügen ist, dass der Vergleich innerhalb des Satzes „ עלה קיטר הארץ כקיטר הכבשׁןein Rauch ging auf vom Lande wie der Rauch eines Ofens“ an eine geläufige Wendung erinnert. Die Zeile 75 enthält sowohl den Vergleich (kīma) als auch über qutru hinaus das Wort tinūru für Ofen173 – die Analogiebildung kīma di-qa-ri ḫu-bu-su-nu-ti kīma ti-nuri qu-tur-šú-nu li-rimu [šamêe] „wie einen Topf zerbrich sie, wie von einem Ofen bedecke ihr Rauch den Himmel“ zeigt, dass die Metaphorik geläufig war.174 Obwohl dieses Bild zu erwarten ist, wenn die Vernichtung durch Feuer geschildert werden soll, ist es im Alten Testament nur ein einziges Mal hier in Gen 19,24 belegt. Interessant ist 170 Siehe Chen 2013:200–252, bes. 208–221, und bes. 220, wo die sumerischen Parallelen zu Gilg SB XI,104 f. aufgelistet sind. 171 Siehe CAD 13:326a–327a; Tawil 2009:338b nennt Gen 19,28 als Beispiel, allerdings nicht die Abwehrriten. 172 Siehe oben 1, Anm. 58. 173 Siehe CAD 18:420a–421b; Hebräisch תנּ וּר,ַ ּ siehe Tawil 2009:433b und Gen 15,17. 174 Vgl. darüber hinaus Maqlû III,166–169 (Text nach Abusch 2015:80, Übersetzung Abusch / Schwemer 2008:153 mit Modifikationen): qutri dGirra līrima/ā pānīkunu kīma tinūri ina ḫiṭâtīkunu kīma diqāri ina luḫummêkunua lispuḫkunūši dGirra ezzu [D]er Rauch des Girra soll euer Gesicht bedecken! Wie einen Ofen durch eure Schadstellen, wie einen Topf durch euren Schlamm möge der wütende Girra euch zerstreuen!
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auch, was auf Sodom hinabregnet: „ גפרית ואשׁSchwefel und Feuer“ fallen auf die Stadt. Schwefel kibrītu175 wird in den Maqlû-Riten gebraucht, um die rituellen Figuren anzuzünden, bis hin zu den personalisierten Beschwörungen auf Tafel VI (Z. 69–77.78–84.85–97.98–105 usw.)176, abgesehen vom Gebrauch des Feuers. So könnten die Bosheit und das Schicksal der Sodomiten an die Hexen erinnern, deren Figuren in Mesopotamien rituell verbrannt wurden. Allerdings bleibt das Problem, dass Gen 19,23–28 von starken Überarbeitungen betroffen ist. Man könnte vermuten, dass der Verfasser der Jahwe-Schicht bewusst auf den möglichen rituellen Kontext hinweisen wollte. Einfacher wäre aber die Möglichkeit, dass die Verbindung von Sonnenaufgang (mit direkt genanntem )שׁמשׁ, Schwefel‑ und Feuerregen und dem rauchenden Ofen auf eine ältere Textgestalt verweist. Das lässt sich natürlich nicht sichern. Dennoch vermittelt der Wortlaut, der im Alten Orient insbesondere mit Schamasch und seinen Helfern in Verbindung steht, den Eindruck, dass hinter den (zwei) göttlichen Akteuren der Sonnengott steht. 3.4 Zusammenfassende Erörterungen Tabelle 11: Vergleich der Sodom-Erzählung Genesis 19,1–28* mit den biblischen und mesopotamischen Sintflut-Erzählungen und ‑Epen177 Sumerische Flutgeschichte
Gilgamesch SB (I+)XI (und Atramchasis AB)
Motive und Elemente
Genesis 19,1– 28* (+JahweÜberarb.)
* Ziusudra und Enki.
* Uta-napischti (Atramchasis) und Ea (Enki).
* Der Protago* Lot und die nist und seine Gäste (Männer). göttlichen Helfer.
(* Fünf Städte aus Sumer, II,13’–18’).
* Schuruppak (* Uruk).
* Eine Stadt steht im Mittelpunkt.
* Sodom.
Genesis 6–8*, Jahwe-Schicht * Noah und Jahwe. –
(Die Klagen der Frauen Uruks erreichen Ischtar, Gilg I,73 f.78). (Göttl. Entschluss, Gilgamesch einen Widerpart zu schaffen, Gilg I,79–98).
(Göttliche Ankündigung, sich um das Geschrei aus Sodom zu kümmern, 18,20 f.).
Siehe CAD 8:333b–334b und die Belege dort; sowie Tawil 2009:68b. Siehe auch II,71.76; III,82.87a; V,73. 177 Es sei noch einmal auf die Textsynopse bei Kvanvig 2011:212–223 hingewiesen. 175 176
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Sumerische Flutgeschichte
Gilgamesch SB (I+)XI (und Atramchasis AB)
Motive und Elemente
Genesis 19,1– 28* (+JahweÜberarb.)
Genesis 6–8*, Jahwe-Schicht
?178
(Der Lärm der sich vermehrenden Menschen stört Enlil, Atr I,353– 359; II,i 2–8).
Konflikt, Begründung der Zerstörung.
Konflikt zwischen Lot und den Sodomiten. Die göttl. Gäste werden bedrängt (V. 4–9*).
Die Bosheit (+ die Vermehrung) der Menschen grämt Jahwe (6,1 f.[?] 5*).
Die Gäste retten Lot aus der Hand der Sodomiten und schließen die Tür (V. 10 f.). Göttl. Enttäuschung und Entschluss (Reste in III,15’–19’).
Göttl. Entschluss über die Sintflut (Z. 14–18; vgl. Atr II,vi–viii).
Enki warnt Ea rät UtaZiusudra wegen napischti, die der Flut (IV,3 ff.). Arche zu bauen (Z. 19–47; vgl. Atr III,i 1–35).
Göttliche Ratsversammlung, Entschluss.
–
Die Bosheit grämt Jahwe (6,6 f.*).
Ankündigung (und Auftrag) der/s göttlichen Helfer(s) an den Protagonisten.
Die Gäste kündigen die Zerstörung der Stadt an (V. 12a. 13a).
Jahwe beauftragt Noah, wegen der Sintflut in die Arche zu gehen (7,1–4*).
Schamasch gebietet, in die Arche zu gehen (Z. 87–89). ?
Uta-napischti tritt in die Arche ein und das Tor wird verpichtet (Z. 94. 96, vgl. Atr III,ii 51 f.).
Rettung des Protagonisten (+ Verschließen der Tür).
Gäste führen Noah geht in die Lot aus der Stadt Arche und Jahwe (V. 15–17*). schließt hinter ihm zu (7,5.16b).
Sturm und Flut über Städte und Sumer, Menschen sterben (V,1–4).
Sturm und Flut, Menschen sterben (Z. 97– 137, vgl. Atr III,ii 53 – iii 20 ff.).
Vertilgung von Menschen.
(Sodom wird Regen und Flut, zerstört; V. 24 f.). die Menschen sterben (7,10– 23*).
* Strategischer Zeitpunkt am frühen Morgen.
* Rettung und Zerstörung am frühen Morgen (V. 15a.23a).
–
(Abraham besieht die Folgen, V. 27 f.).
–
(* Prostration vor * Katastrophe Utu; V,8–10). beginnt in der Morgenröte (Z. 97).
Uta-napischti be- Besichtigung der sieht die Folgen Katastrophe. (Z. 134–141).
–
Vgl. die Klage über Sumer und Ur (LSU, Z. 367, nach Chen 2013:235).
178
220
V Lot – gerettet aus der Vernichtung
Nachdem wir die Gibea-Episode in Ri 19 aus der Analyse ausgeschlossen haben, weil dieser Text Gen 19 auf einer fortgeschrittenen literarischen Stufe bereits voraussetzt, kamen wir beim Vergleich der Sodom-Erzählung mit der JahweSchicht in der biblischen Sintflut-Erzählung Gen 6–8* zu dem Schluss (siehe auch Tabelle 11), dass die Strukturen der Erzählungen auf vielen literarischen Ebenen parallel laufen (Exposition des Movens [Begründung] > Ankündigung und Auftrag > Rettung des Protagonisten > Vertilgung von Menschen) und sich im Laufe der Zeit sogar noch weiter angeglichen haben. Dabei erwies sich, dass der Verfasser der Jahwe-Schicht in der Sintflut-Erzählung wahrscheinlich die Sodom-Erzählung in irgendeiner Gestalt bereits gekannt hat. Der Vergleich der biblischen Erzählungen mit den mesopotamischen Sintflut-Texten und anderen Kompositionen ergab, dass die Legende in Gen 19* eine längere selbständige Vorgeschichte gehabt haben muss, bevor der Text von der Abraham-Bearbeitung übernommen und durch die Jahwe-Schicht überarbeitet worden ist. Anzeichen dafür sind die Verdoppelung des Rettungsmotivs und die Änderung der Motivfolge, bei der die göttliche Ankündigung in Gen 18,20 f. sekundär der Erzählung vorausgeschickt worden ist, die die Worte der Gäste in Gen 19,13a vorwegnimmt. Andererseits ist gerade das Motiv des Verschließens der Tür, das sich schon in der frühesten Gestalt von Gen 19 findet – richtiger: in der Motivfolge „Movens > Ankündigung > Rettung > Vertilgung“ –, mit der Sintflut-Tradition verwandt. Die durch die Jahwe-Schicht hinzugefügte Anspielung auf den Lärm aus Sodom bestätigt die Annahme, dass Gen 19 nachträglich in größerem Maße an die altorientalische – und nicht nur biblische – Sintflut-Tradition angeglichen worden ist. Auf anderer Seite zeigt der Umstand, dass eine bestimmte Stadt im Mittelpunkt des Geschehens steht, die frühe Verwandtschaft mit den mesopotamischen Untergangs‑ und Rettungs-Erzählungen.179 Die Verdacht, dass der Sonnengott und / oder seine (zwei) Helfer sowohl in der frühesten Schicht der Sodom-Erzählung als auch in der Abraham-Bearbeitung die göttlichen Agenten gewesen sind, lässt vermuten, dass wir uns mit den zwei ältesten Ebenen von Gen 19 religionsgeschichtlich in der Nähe von Gen 32 bewegen und daher mit einem der ältesten Erzählungen im Alten Testament zu tun haben. Diesem Befund entspricht die Art, wie die Zerstörung geschildert wird, obwohl die Erzählung nur in überarbeiteter und jahwisierter Fassung überkommen ist. Anspielungen auf das Wirken der Sonnengottheit bestimmten in einem Maße den Grundton, dass auch die Verfasser der Jahwe-Schicht die Spuren nicht beseitigen konnten.
179 Es wäre nicht überraschend, wenn sich in der Sodom-Erzählung noch der Untergang der bronzezeitlichen levantinischen Städtekultur in irgendeiner Weise widerspiegeln würde; vgl. auch die Anmerkung Chens (2013:250 f.) zu den sozio-politischen Änderungen in Mesopotamien als historischem Hintergrund für die Motive der Zerstörung und des Neuanfangs in der Flut-Tradition. Leider reicht unser verfügbares Material nicht aus, um dieser Frage nachzugehen.
221
3. Die Motivik der Sodom-Erzählung im altorientalischen Vergleich
Die weitergehende Frage, ob die Sodom-Erzählung von dem einen oder anderen Text in besonderer Weise abhängig ist – in Betracht kommen das Atramchasis-Epos oder die Fassung des Gilgamesch-Epos – kann dahin beantwortet werden, dass der ältesten Form wegen der Sonnengott-Metaphorik und auch wegen des Motivs einer bestimmten Stadt die Standardversion des GilgameschEpos am nächsten steht, auf der fortgeschrittenen literarischen Ebene aber die Jahwe-Schicht der biblischen Sintflut-Erzählung sowie das Atramchasis-Epos den Erzählverlauf prägen.180 Mehrere Motive und Details machen die SodomErzählung jedoch zu einem originalen Beitrag königszeitlicher Judäer zur altorientalischen Literaturgeschichte, auch wenn sie mit altorientalischen Traditionen verwandt ist. Am Schluss unserer Untersuchung soll noch ein weiterer Text stehen. Er gehört nicht zur Sintflut-Tradition, kann aber unseren Gattungshorizont erweitern und zeigen, welcher Spielraum für die untersuchte Motivstruktur besteht. Es geht um einen kurzen Abschnitt aus einem neuassyrischen Orakel Assurs / Ischtars von La-dagil-ili an Asarhaddon (K 2401; SAA 9:3.3,10–25) aus dem 7. Jh.181 Die Verräter (sarsarru in Z. 10182), also die Frevler nach dem Kontext, setzen dem Regenten zu, wörtlich: „sie umringen“ ihn (iltibûka in Z. 11183; vgl. סבבnif. in Gen 19,4). Darauf wendet sich der König an den Gott Assur (Z. 12 f.), der das Geschrei hört (anāku killaka asseme in Z. 14; vgl. צעקהsekundär in Gen 18,20, und in 19,13b).184 Die Gottheit äußert sich durch das Himmelstor (KÁ.GAL AN-e in Z. 15),185 ein Motiv, das in der Regel mit dem Sonnengott verbunden ist; bezeichnend ist, was nun geschieht (Z. 15–19):186
issu libbi abul šamê attaqallalla lakrur išātu lušākilšunu atta ina birtuššunu tazzaz issu pānīka attiši
180 Kvanvig 2011:228–233.268 f. schlägt vor, dass die biblische, zumal die nichtpriesterliche Sintflut-Erzählung eher von Atr als von Gilg SB XI abhängig ist (vgl. auch Witte 1998:205 und Clark 1971:184–188); Kratz 2000:261 ist der umgekehrten Meinung. Offen bleibt die Frage assyrischer Adaptionen von Atr (mit Van Seters 1992:58). 181 Die Lesung stützt sich auf die Rekonstruktion von Parpola 1997a:23 f.; ähnlich Nissinen 2003:120 f.; zum historischen Hintergrund siehe Nissinen 1998:26–28. 182 Zum Wort siehe Nissinen 1998:26; 2003:120 f., Anm. a. 183 So mit Parpola 1997a:23 f. und Nissinen 1998:27, Anm. 114; 2003:120 f. (aus law/bû; CAD 9:69 ff., bes. 75a); vgl. aber Weippert 1972:481, Anm. 103. 184 Vgl. ferner SAA 9:5 (K 6259), Z. 3 (Parpola 1997a:34); ein Hinweis sei hinzugefügt, dass hier das Schema von Klage und Antwort verwendet wird, das in den Psalmen geläufig ist (so auch Parpola selbst). 185 Die Szene erinnert an das Tor des Himmels in Gen 28,17, siehe oben II 3.4. 186 Text nach Nissinen 2003:120, Übersetzung nach Parpola 1997a:23 f.; vgl. Weippert 1972:481 f.
222
V Lot – gerettet aus der Vernichtung
I issued forth from the gate of heaven, as a fiery glow to hurl down fire and have it devour them. You were standing in their midst, so I removed them from your presence.
Assur erscheint wie Feuerglut (anqullu in Z. 16)187, er schleudert Feuer nach unten (lakrur išātu in Z. 17) und lässt danach auch „Steine der Feuerglut“, vielleicht Schwefel, regnen (NA4.MEŠ aq-qul-lu a-zu-nu-un = abnāti aqqullu azzunun in Z. 21; vgl. Gen 19,24)188, um die Frevler zu fressen (lušākilšunu in Z. 17).189 Die Zeilen 18 f. greifen zurück auf Z. 10 f. und beteuern, dass die Verräter vor dem Angesicht des Königs entfernt werden; dies entspricht in unserem Rahmen dem Motiv der Rettung des Einzelnen. Mithin stehen in Z. 15–19 die Motive der Zerstörung der Frevler und der Rettung einer bestimmten Person eng zusammen. Das Orakel mündet in die Beteuerung, dass die Feinde Assur loben sollen, denn er ist der Herr der Götter (bēl ilāni in Z. 24 f.). Gemessen an der oben angeführten Übersicht über die Motive (Tabelle 11) folgt das Orakel dem (vereinfachten) Muster: Konflikt (als Begründung der Vertilgung) > göttlicher Entschluss (entsprechend der göttlichen Ratsversammlung) > göttliche Antwort (an der Stelle von Ankündigung und Auftrag) > Rettung des Protagonisten > Vertilgung der Feinde (sonst: der Menschen); weiterhin sind der Protagonist und sein göttlicher Helfer eindeutig zu erkennen.190 Die Stadt und der Sonnenaufgang fehlen zwar, aber die Metaphorik des Sonnengottes ist klar erkennbar. Die von uns analysierte Motivfolge war zusammen mit anderen Details in Assyrien im 7. Jh. so geläufig, dass es nicht überrascht, wenn sich am Rande oder in der Nachbarschaft des assyrischen Imperiums lokale Ausprägungen dieser Struktur finden. Auch die Übertragung der Sonnengott-Metaphorik auf andere Hauptgötter wie Assur oder in Gen 18–19* Jahwe scheint verbreitet gewesen zu sein.
Siehe dazu Parpola 1997a:24, Anm. zu II:15 f. und Nissinen 2003:121, Anm. e. Siehe Nissinen 2003:120 f. und Anm. g. 189 Siehe Parpola 1997a:24, Anm. zu II:17. 190 Parpola 1997a:24, Anm. zu II:18 ff., 21 und 24, erwähnt zweimal Parallelen zu Gen 19, nämlich das Motiv der Feinde, die in die Berge vertrieben werden (Z. 20; vgl. Gen 19,21 f.), und den Feuerregen (Z. 17.21; vgl. Gen 19,23–25; als weitere Belege nennt Parpola Ez 13,13 f.; 38,22 f.; Jes 45,5 ff.). 187 188
VI Ertrag und Ausblick 1. Schriftliche Erzählkultur an den Königshöfen in Israel und Juda 1.1 Beobachtungen zu den Texten und Textzyklen Unsere Abhandlung über die Gestalt und die Motivgeschichte der ältesten Texte innerhalb der Jakob-, Isaak‑ und Lot-Erzählungen ist an den Punkt gelangt, wo eine Zusammenfassung möglich wird. Zuerst werden wir einen Überblick über die frühesten Schichten der Texte und Textzyklen geben, danach werden die Motive und Motivkomplexe sowie ihre Herkunftsgebiete diachron systematisiert und zuletzt wird der Ertrag der religionsgeschichtlichen Beobachtungen gebündelt. Als erstes haben wir festgestellt, dass in vielen Fällen eine selbständige Erzählung oder deren Fragment die Grundlage für den weiteren literarischen Werdegang der Erzählungen bildet. In Gen 19 dürften etwa die Verse 1–4a*.6a*.9aα.bβ– 11*.(12aα*.13a.) 15aα.16*.(17a.) sowie mit starken Überarbeitungen V. 23–28 den frühesten greifbaren Text oder seine erhaltenen Teile wiedergeben, in Gen 25 die Verse (21c.) 24–27*.29–34*, in Gen 26 die Verse (1*.) 6–7*.8–9.11.17.19–21.26–27a.2 8aα.b*.29a.30–31, in Gen 27 die Verse 1–4.5b.18a.24–27bα.28, in Gen 28 die Verse 11aα.b.12a.18.19a und in Gen 32 die Verse 23a*.bβ.25b.26a.27.30b.32a. In den Analysen weiterer Texte stellte sich heraus, dass Gen 29,1; 31,26.28a.31*.43*.44.46*1 sowie 32,1–2a und 33,1a.4 als alte Textstücke gelten können. Das Material ist vielfältig: Während die Erzählungen Gen 19*; 25* und 26* jeweils ein strukturiertes Narrativ bilden und sogar bis zu zwei miteinander verwobene Szenen umfassen können, sind die frühesten Schichten in Gen 27* (Isaak-Esau); 28,11–19* und 32,23–30* nur bedingt als Narrative zu verstehen. Das narrative Element ist zwar vorhanden, umfasst aber nur wenige Sätze. In der Isaak-Esau-Schicht oder deren Fragment in Gen 27 fehlt darüber hinaus das dramatische Moment. Für die Bethel-Episode liegt es nahe, dass der Text aus Bethel selbst stammt. Wegen des prägnanten Stilmittels der Inklusion könnte man in diesem Fall sogar von einem ikonographischen Text sprechen. Die literarkritische Analyse stand oft vor der Schwierigkeit, dass den ältesten Schichten eine Exposition fehlt. Das mag freilich daher rühren, dass man schon Die Analyse von Gen 31 war nicht endgültig, siehe oben III 1.2.
1
224
VI Ertrag und Ausblick
sehr früh damit begann, die Erzählungen untereinander zu verketten. Die Ursache ist also nicht erst in dem Einbau in den heutigen Kontext zu suchen, sondern hat ältere Wurzeln. Obwohl sich die Entstehungsgeschichte der Jakob‑ und Isaakzyklen nicht lückenlos rekonstruieren lässt, gibt es Anzeichen dafür, dass kleinere Erzählungen zu Minizyklen und sodann zu größeren Erzählketten zusammengefügt worden sind. Eine frühe Entwicklung dürfte das Phänomen der Doppelepisoden sein: So teilen sich die Erzählungen in Gen 25* und 26* jeweils in zwei Episoden: 25,(21c).24–27* und 29–34* sowie 26,6–11* und 17–31*.2 Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die beiden Einzelszenen von Jakobs Traum Gen 28,11–19* und Jakobs Kampf 32,23–32* einmal zusammengehört haben. Beweise dafür gibt es freilich nicht. Hingegen können die Episode von Jakobs Kampf und die anschließende Szene der Versöhnung mit Esau (mindestens 33,1a.4) eine Doppelepisode gebildet haben. Und auch ohne dass man mit Bestimmtheit sagen könnte, wie die älteste Gestalt von Gen 18 ausgesehen hat, sprechen die fast wörtlich gleichen Bewirtungsszenen dafür, dass Gen 18* und die überarbeitete Lot-Sodom-Erzählung Gen 19* eine Doppelepisode gebildet haben. Über diese Verdoppelungen hinaus sind Jakob und Esau in den zum ältesten Bestand gehörenden Texten Gen 25,19–34* + (28,10–29,1* +) 32,22–33,4* ein von der Tradition vorgegebenes Zwillingspaar. Die Erzählungen über sie zeugen für einen kurzen alten Narrativzyklus, der eher im Norden (Israel) als im Süden (Juda) zu lokalisieren ist. Da die literarkritische Analyse für Gen 27 nahegelegt hat, dass diese Erzählung durch die Rebekka-Jakob-Schicht nachdrücklich überarbeitet worden ist (V. 1–10.14–15.18a.24–27bα.28.30–33.41b–44.45b einschließlich eines möglichen Rückgriffs auf 25,28), bedeutet dies, dass Isaak, Rebekka, Jakob und Esau erst auf redaktioneller Ebene zu einer Familie zusammengefügt worden sind. Dies mag wiederum mit der (wahrscheinlich) sekundären Verknüpfung mit dem Jakob-Laban-Zyklus zusammenhängen – durch die RebekkaJakob-Schicht ist Gen 27 zu einem regelrechten Brückentext zwischen Gen 25,21–34*; 28,11–19*; 32,23–33,4* auf der einen Seite und Gen 29,1–32,2a* auf der anderen Seite geworden. Den genauen literarischen Werdegang zu erschließen, war nicht das Ziel unserer Analyse, ebenso wenig die Frage, wann und wie die ursprünglich wahrscheinlich einmal selbständige und wegen Gerar im Süden zu lokalisierende Isaak-Abimelech-Erzählung Gen 26* eingefügt worden ist.3 Es ist sogar mit Bearbeitungen zu rechnen, die die Namen der Protagonisten geändert und angepasst haben. Wie man mit den Namen umgeht, verweist jedoch auf unterschiedliche literarische Schichten: So sind Wortspiele – keine regelrechten Ätiologien – mit Per2 Auch der von uns behandelten Episode 1 Kön 3,4–15* folgt in V. 16–28* eine thematisch verwandte Szene. Eine weitere solche Doppelepisode findet sich in 2 Kön 4. 3 Ob Rebekka in Gen 26* von Anfang an namentlich genannt worden ist, ist nicht sicher. Ebenso haben wir bei Gen 25* die Vermutung geäußert, dass die Namen Rebekka, vielleicht auch Isaak ursprünglich gefehlt haben.
1. Schriftliche Erzählkultur an den Königshöfen in Israel und Juda
225
sonennamen in den frühesten Schichten üblich, so bei Jakob und Esau in 25,25 f.*, bei Jakob noch einmal in 32,23 f.* und bei Isaak in 26,8, aber auch bei Ortsnamen wie Bethel in 28,17–19* und Jabbok in 32,23*. Sie verbinden die Darsteller mit bestimmten Charakterzügen und erklären die Ortsnamen aus bestimmten Legenden und Phänomenen; doch erst nachträglich geht man daran, eponymische und daher programmatische Ätiologien einzubauen. In den Jakoberzählungen stellt die Edom-Schicht eine solche Bearbeitung dar. Sie reagiert möglicherweise auf die früheste Ergänzung der Jabbok-Episode (nämlich die Israel-Ätiologie in 32,28–30a), indem sie Esau zum Vorfahren Edoms erklärt (25,22 f. + אדמניin 25,25 + 25,30.34a; 27,11–13.16.18b–23.27bβ.29–30a.34[?].37.38[?].39–41a). Diese Überarbeitung hat die Isaak‑ und Lot-Erzählungen nicht einbezogen, weil sich das Interesse im Laufe der Zeit auf Abraham und mit ihm in Zusammenhang stehende Erzählungen verschoben hat, vgl. nur die jüngeren Modifikationen des Wortspiels mit dem Namen Isaak aus 26,8 in 17,15–19; 18,10–15; 21,6 f. Bei den ältesten Zyklen fällt auf, dass zumal Texte wie Gen 25*; 28*; 32–33* auf engstem Raum detailreiche und relativ umfangreiche Erzählstrukturen entwickeln konnten. Mit der Rebekka-Jakob-Schicht in Gen 27* und den JakobLaban-Erzählungen wird die schriftliche Erzählkultur einen Schritt weitergeführt und die Struktur sowie der episodische Aufbau bereichert. Unsere Vergleiche haben ergeben, dass spätestens auf dieser Ebene die Erzählzyklen einander zu beeinflussen beginnen. Wird ein legendärer Held zum Mittelpunkt eines Zyklus, beginnt er, Impulse aus anderen Traditionen an sich zu ziehen, deren Struktur als Textzyklen bereits weiterentwickelt sein kann. So dürfte der Jakob-EsauZyklus sowohl für sich als auch zusammen mit dem Jakob-Laban-Zyklus Einflüsse aus der Gilgamesch-Tradition aufgenommen haben. Der Saul-DavidZyklus wiederum hat aus der Gilgamesch-Tradition und aus dem Jakobzyklus geschöpft – auf unterschiedlichen Entwicklungsstadien auch in unterschiedlichem Maße. Die kurzen Mose-Erzählungen in Ex 2 bilden einen Kurzzyklus, der sich unter anderem an dem Vorbild des Jakobzyklus orientiert. Während der narrative Ablauf der Isaak-Abimelech-Erzählung Gen 26* abgesehen von den späten, theologisierenden Ergänzungen literarisch verhältnismäßig wenig geändert worden ist, fällt bei Gen 19 auf, dass eine alte, mit der Sintflut-Tradition verwandte, aber selbständige Sodom-Erzählung schrittweise an die mesopotamische und biblische Sintflut-Tradition angeglichen worden ist. Da die Lot-Sodom-Erzählung in dem Abraham-Zyklus aufgegangen ist, hat sich kein weiterer Lot-Zyklus entwickelt. Vielleicht beruht das darauf, dass im Süden schon bald Abraham die Erzähltradition über die Frühzeit zu dominieren begann, aber vielleicht auch darauf, dass es im Süden am Anfang der schriftlichen Erzählkultur abgesehen von den Saul-David-Erzählungen längere selbständige Erzählungen gab, bevor sie in die Zyklen aufgenommen worden sind. Neben den Doppelepisoden und Wortspielen fällt der knappe narrative Stil auf, der typischerweise relativ kurze wayyiqtol-Sätze umfasst und selten von
226
VI Ertrag und Ausblick
anderen Satzarten unterbrochen wird. Manchmal begegnen wayyiqtol-Verben sogar in Dreier‑ (27,14) oder Viererreihen (25,34; 33,4). Es gibt auch qatal-Sätze (26,26), aber nicht immer sicher in der ältesten Schicht (19,15.23; vgl. 27,5.6). Der Narrativstil wird weiterhin durch sehr kurze, das Narrativ unterstützende Monologe und Dialoge charakterisiert (Gen 19,2.9a.12 f.*; 25,31–33; 26,9.11.27– 29a*; 27,1b.18a.24–25a.26; 28,17; 32,27),4 wobei die Isaak-Esau-Schicht in Gen 27 eine besondere Stellung einnimmt, weil sie durch zwei längere Monologe Isaaks gerahmt worden ist (V. 2–4.27bα.28). Auch die Rebekka-Jakob-Schicht hat nachträglich einen Rahmen aus ungewöhnlich langen Monologen gebildet (V. 6–10.42b–45*).5 Anscheinend war es schon früh üblich, die Episoden und Szenen mit ויהיzu beginnen, Anzeichen dafür gibt es in 25,27; 26,8 und 27,1.6 Zwei Texte sind wegen des Stilmittels der Inklusion aufgefallen, die im Falle der Bethel-Episode von den Ergänzern weiterentwickelt und im Falle der JabbokEpisode durch Bearbeitungen deutlich hervorgehoben worden ist. Einen gesonderten Platz nehmen die poetischen Stücke ein, die sich innerhalb der Prosatexte finden. Ein solcher Text ist der Segen Isaaks in 27,27b*.28, aber auch die Aussage Jakobs in 28,17 könnte dazu gehören. Auf der Ebene der frühen Bearbeitungen gehört dazu wahrscheinlich die Israel-Ätiologie in 32,29 und die sekundär überfärbte Aussage Jahwes in 18,20*. Selbstverständlich zählt auch der Segen Bileams in Num 24,5–9* dazu. Solche Kurzpoesie kann auf mündliche Tradition zurückgehen. In jedem Fall sind sie nach den Maßstäben mündlicher Poesie verfasst worden, wie wir sie besonders aus Weisheit und Psalmen kennen.7 Diese poetischen Stücke und die Tatsache, dass die frühesten Schichten sich nicht vollständig rekonstruieren lassen, belegen, dass die Schreiber auf ältere schriftliche Stücke zurückgegriffen haben (Gen 28* vielleicht sogar aus einer Inschrift), aber sie beim Einfügen in den neuen narrativen Rahmen auch modifiziert haben. Die Gestalt der ältesten Erzählungen: ihr kurzer Stil, der schnelle Episodenwechsel, die sehr fokussierten und pragmatischen Dialoge, die Konzentration auf den Plot bzw. die Identifikationsfigur usw., all das beweist, dass wir bei den ältesten Erzelternerzählungen nicht von einer „Niederschrift“ mündlicher Erzählungen sprechen können. Das bedeutet aber nicht, dass sie ad hoc erfunden worden sind, sondern sie beruhen auf Überlieferung. Schon dass die Narrativ4 In den parallelen Erzählungen verhielt es sich nicht wesentlich anders, vgl. Num 22–24*; 1 Kön 3,4–15*. 5 Die sehr wahrscheinlich zum Teil von Gen 27 abhängige Erzählung in 1 Kön 1* bestätigt mit ihren Monologen und Dialogen dieses Stilmittel. 6 Bei Gen 19,17 und 26,1 konnten wir keine letzte Sicherheit gewinnen; siehe oben IV 1 und V 1. Die Bearbeitungen haben das Bild aber manchmal dramatisch verändert. 7 Siehe u. a. Nõmmik 2012a. Vgl. ferner Gen 8,22. Beachte auch, dass einige ältere Teile des Jesaja-Buches (6–8*; 20*) eine Mischform von Prosa und Poesie darstellen. Das könnte bedeuten, dass die von uns behandelten ältesten Texte den prophetischen oder auch anderen Texten näherstehen, als man bei flüchtigem Hinsehen zunächst annimmt.
1. Schriftliche Erzählkultur an den Königshöfen in Israel und Juda
227
strukturen auch außerhalb der Erzelterngeschichten sowohl in den biblischen als auch in den außerbiblischen Texten begegnen, stützt die These, dass eine lange Tradition im Hintergrund gestanden hat, die auch auf mündlicher Weitergabe beruht haben muss. Zur Schriftkultur lässt sich aber sagen, dass es bereits geprägte Kurzformen für die Verschriftung der mündlichen Tradition gegeben hat. Die Zyklen von narrativen Episoden rund um bestimmte legendäre Gestalten zeugen von kurzen Texten, die wegen ihres einfachen Stilkanons leicht zu lesen waren und für die es ein konkretes Interesse gegeben haben muss. Sie waren nicht in erster Linie Ätiologien für bestimmte Orte oder Kulte, sondern Legitimationserzählungen, in denen die Tradenten ihr Selbstverständnis zum Ausdruck brachten. Diese ältesten Erzählungen dienten als geprägte Miniaturen oder Modelle.8 Sie sollten anhand der Taten legendärer Helden die Identität und Verantwortung der gegenwärtig herrschenden Schicht bestätigen, und zwar nicht nur für die Zeitgenossen, sondern auch für künftige Generationen. 1.2 Der Sitz im Leben der älteren Schriftkultur und das Verhältnis zur mündlichen Kultur Für die Jakoberzählungen und die Isaak-Abimelech-Erzählung besteht kein Zweifel, dass sie um Jakob und Isaak als Identifikationsfiguren kreisen. In geringerem Maße steht Lot als Protagonist im Mittelpunkt, denn das Schicksal der Stadt Sodom spielt eine vergleichbar wichtige Rolle. Zwischen diesen zwei Typen – wenn man so will – lassen sich noch andere der von uns behandelten Erzählungen positionieren: Num 22–24* mit Israel im Mittelpunkt, 2 Sam 3,6– 21* mit David, 1 Kön 1* und 3,4–15* mit Salomo, 2 Kön 6,8–23* mit den Israeliten und 2 Kön 11 mit Joasch. Viele dieser Erzählungen erwähnen einen König oder übermitteln unmittelbar Geschehnisse am Königshof. Aus Motiv‑ und Strukturverbindungen folgt sicher, dass auch die Jakob‑ und Isaak-Erzählungen einen unmittelbaren Bezug auf den Königshof gehabt haben. Unsere Beobachtungen zur Hofsprache in Gen 27 bei Rebekka oder in Gen 26 bei Isaak (ganz abgesehen von Abimelech) verstärken diesen Eindruck. Diese Sprache setzt Standesunterschiede voraus, wie Knechte und Mägde als Zwischenträger, und kollidiert mehr oder weniger mit dem nomadischen, eher egalitären Kontext.9 8 Dem konspekthaften Stil entspricht auch, dass keine Szenen wiederholt werden, wie es in anderen Erzählkompositionen des AT üblich ist. Erst durch die Rebekka-Jakob-Schicht in Gen 27 und durch die Abraham-Bearbeitung in Gen 18–19 werden wortwörtliche Wiederholungen des bereits Gesagten in den Text eingeschaltet. Muhlestein 2011:209–218.225 hält das Stilmittel der Wiederholung für den deutlichsten Hinweis auf den Einfluss der semitischen Literatur auf die mittelägyptische Erzählung vom Schiffbrüchigen. 9 Darin zeigt sich auch ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der vorexilischen und der nachexilischen Literatur: Dass in der Zeit des zweiten Tempels die sog. Armentheologie populär werden konnte, zeigt eine bemerkenswerte Verschiebung des sozialen Blickwinkels. Statt von der gesellschaftlichen Elite stammt diese Literatur aus Kreisen, die sich nicht mehr am Königtum
228
VI Ertrag und Ausblick
Mit Ausnahme der Lot-Sodom-Erzählung gehören die von uns behandelten Erzelternerzählungen sowie ihre Parallelen zu den Legitimationserzählungen. Durch göttliche Legitimation oder dadurch, dass die Protagonisten durch ihr Handeln den Frieden im Lande schaffen, erzeugen die Erzählungen in gewisser Weise eine Gruppenidentität. Die Leser und Hörer können sich in den Protagonisten wiedererkennen. Jakob wird uns in den ältesten Texten als ehrgeizig und schlau präsentiert, er ist ein Träumer und Kultgründer, ein vornehmer Held, der den Kampf mit einem übermächtigen Wesen gewinnt und Gottes Beistand genießt. Zu all diesen Qualitäten können in den biblischen und außerbiblischen Texten Parallelen gefunden werden. Sie kennzeichnen Jakob als königlichen Protagonisten. Zwar wird er nicht König genannt, aber motivgeschichtlich gesehen kommt die Art, wie er dargestellt wird, den königsideologischen Texten des Alten Orients so nahe, dass er wie eine königliche Gestalt auftritt. Daraus schließen wir, dass die Erzählungen über ihn für die Könige des Nordreichs Israel identitätsbildende Funktion hatten. Dazu passt sehr gut die in Gen 32,28–30a früh ergänzte Israel-Ätiologie, die man als Ausdruck der Identitätsbildung im Nordreich deuten kann. Die Rebekka-Jakob-Schicht in Gen 27 hat aus der älteren Isaak-Esau-Erzählung oder aus ihrem Fragment eine Intrigen-Erzählung entwickelt, die ihre nächsten Parallelen in 1 Kön 1 und 2 Kön 11 besitzt und mit Legitimationserzählungen verwandt ist, die einen „neuen“ Thronnachfolger bestätigen wollen. Daraus entsteht ein regelrechter Legitimationszyklus, denn wegen seiner Intrige muss Jakob zwar fliehen, erhält aber auch die Chance, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Dazu dienen die älteren Kurzerzählungen in Bethel und am Jabbok und der sicherlich bereits in der Königszeit angeschlossene Kern der Jakob-Laban-Erzählung Gen 29,1–32,2a*. So wird die Legitimation Jakobs unterstrichen und die Identität der Dynastie und des Landes bestärkt. Die Isaak-Abimelech-Erzählung und die übrigen zu einem – so zu nennenden – Erzähltypus „Konfliktlösung“ gehörenden Erzählungen innerhalb und außerhalb der Bibel widerspiegeln Werte, die mit der Identitätsbildung der Könige zusammenhängen. Wenn auch im Alten Orient und in der Bibel oft Macht und Gewalt thematisiert und gar idealisiert werden, zeigt diese Gruppe von Erzählungen, dass an den Königshöfen die Fähigkeit, Konflikte zu lösen, hoch im Kurs stand. An diesem Beispiel kann allgemein die Bedeutung des Königtums für die Überlieferung aufgewiesen werden. Bisher sind die Erzelternerzählungen meist als Familiengeschichten oder volkstümliche Erzählungen, kurz als Folklore behandelt worden. Nach unserer Analyse darf nun gefragt werden, ob nicht vielmehr the royal lore während der Königszeit den natürlichen Hintergrund geausrichteten, sondern unmittelbar auf den eigenen Gott bezogen (vgl. den Bedeutungswandel des Begriffs )עבד יהוה.
1. Schriftliche Erzählkultur an den Königshöfen in Israel und Juda
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bildet hat.10 Auch wenn volkstümliche Elemente aufgenommen wurden, müssen sie am Königshof verschriftet worden sein und wurden durch die Schreiber entsprechend verändert. Sie repräsentieren eine gewisse Internationalität; Motive und Narrativtypen wurden unter den Königshöfen nachgeahmt. Dies erklärt die Strukturverwandtschaften, wie sie zum Beispiel mit dem sumerischen Kurzepos von Bilgames und Akka besteht, oder bei den Erzählzyklen die Nähe zur Gilgamesch-Überlieferung. Die Annahme liegt nahe, dass solche Erzählungen zum Grundstock des mündlichen Materials gehört haben, mit dem die Werte durch die Generationen hin weitergegeben wurden. Die Verschriftung dieses Materials bot Anlass, die „königlichen“ Eigenschaften der Figuren wie auch den friedlichen Ausgang des Geschehens hervorzuheben; denn, wie wir oben vermutet haben, spielte dabei auch die Weisheit eine ausgeprägte Rolle und damit das Ideal der Harmonie, das besonders in dem Begriff שׁלוםzum Ausdruck kommt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die bereits verschrifteten Erzählungen und Zyklen auch öffentlich vorgetragen worden sind.11 Bemerkenswert ist auch die Rolle der Frauen. Die ausgeprägte Position, die der Königinmutter am Königshof zukam, sei sie in der Rolle der Intrigantin oder der Adoptivmutter oder in anderer Weise, legt nahe, dass die Erzählkultur auch von den Frauen getragen wurde. Neben der in der bisherigen Forschung hochgeschätzten Figur eines Barden oder professionellen männlichen Erzählers ist nicht zu übersehen, dass in vielen Kulturen die Mütter (oder die Gouvernanten oder die Sängerinnen usw.) wichtige Träger der Tradition gewesen sind.12 Angesichts des Brauchs, unter den Königshöfen, die sich politisch nahestanden, die Königstöchter wechselseitig zu verheiraten, ist es mehr als wahrscheinlich, dass diese „internationalen“ Mütter durch ihre Erzählungen auf Prinzen und Prinzessinnen eine gewisse Wirkung ausübten. Vielleicht kommen die aus anderen Volksgruppen beigezogenen Gouvernanten zusätzlich als Traditionsträger in Betracht. Auf jeden Fall sollte das Phänomen in der künftigen Forschung stärker einberechnet werden. Solche Überlegungen können auch auf die Frage ein Licht werfen, auf welche Weise die Motive von einem Königshof zum anderen gelangt sind. Sicherlich hat es z. B. Adaptionen der Gilgamesch-Tradition auch in lokalen Sprachen gegeben13, und, wie immer bei einem traditionsgeschichtlichen Vergleich, kann 10 Oder in bestimmten Fällen the scholarly lore, so van der Toorn 2007:65; vgl. auch Blum 2012:210. 11 Renger 1978:37 zum Beispiel unterstreicht in Verbindung mit der These, dass die Epen an den Königshöfen rezitiert worden seien, die didaktische Intention des Gilgamesch-Epos. 12 Vgl. Hutzli 2010:517, der erwägt, ob die Frauen bei der Weitergabe eine Rolle gespielt haben, wenn er seine These erörtert, dass die Saul-David-Erzählungen für längere Zeit unabhängig von Dtn und 1–2 Kön mündlich existiert haben und erst seit dem Beginn des Exils niedergeschrieben worden sind. 13 Vgl. z. B. die hethitischen Fragmente des Gilgamesch-Epos; siehe oben unter I, z. B. auch Anm. 34. Nach Ornan 2010, bes. S. 254 f., macht die Ikonographie wahrscheinlich, dass es west-
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VI Ertrag und Ausblick
das Problem nicht unberücksichtigt bleiben, dass das umfangreiche aramäische und phönizische Schrifttum verloren gegangen ist. Viele Anzeichen zeugen von der mündlichen Zwischenstufe in der Traditionsbildung, vor allem dass bekannte Motive in unterschiedlicher Reihenfolge vorkommen.14 Und selbst wo Sprachkenntnisse und erlernter Umgang mit der Motivik im Spiel gewesen sind, muss das nicht heißen, dass die Narrativstrukturen aus einer anderen schriftlichen Quelle kopiert worden sind. Dass die „common episodic patterns“ in der mündlichen Erzähltradition Israels zu lokalisieren sind, wie Ronald Hendel es ausdrückt,15 ist zwar richtig, muss aber erstens überwiegend auf das höfische Milieu begrenzt werden und zweitens neben den Schreibern auch die Rolle der Traditionsträgerinnen in Betracht ziehen. Darüber hinaus muss künftig auf die Frage gründlicher eingegangen werden, was das ikonographische Material zur Traditionsbildung beigetragen hat (zumal am Beispiel des Jabbok-Kampfes).16 Da wir mit unserer Analyse wahrscheinlich bis in die Anfänge der Verschriftung der aus mündlicher Tradition entlehnten narrativen Motive und Motivkombinationen in Israel zurückkommen, ist es natürlich, dass auch ganz archaische Motive begegnen, z. B. solche, die sich mit der ugaritischen Epik berühren. Wie sehr sich die verwendeten Motive verschieben konnten und die Art, wie man sie miteinander verbunden hat, haben die Isaak-Esau‑ und die Rebekka-Jakob-Schichten in Gen 27 erwiesen. Gewisse motivgeschichtliche Verschiebungen konnten auch in der Bethel-Episode festgestellt werden. Als besonders komplex hat sich die motiv‑ und literargeschichtliche Lage bei der Lot-Sodom-Erzählung erwiesen: Ursprünglich handelte es sich um eine selbständige lokale Erzählung, die durch die Motive der Zerstörung einer Stadt und der Rettung eines besonderen Menschen entfernt mit der Sintflut-Tradition verwandt war. Im Laufe der Literargeschichte hat sie sich allmählich den biblischen und außerbiblischen Sintflut-Erzählungen angenähert. Daraus lässt sich schließen, dass der Untergang von Sodom einerseits ein mündlich gut überliefertes Motiv gewesen ist, seine Übernahme aber andererseits darauf beruht, dass er zu einer belehrenden Reflexion darüber dienen konnte, welche Folgen ein Konflikt mit Fremden und besonders mit göttlichen Gästen haben kann. Lot wird zu einer Identifikationsfigur, an der sich die richtige Einstellung gegensemitische Übersetzungen des Gilgamesch-Materials gegeben hat. Davon geht auch Steymans 2010 aus. 14 Gewiss können epische Texte an den Königshöfen rezitiert worden sein, sogar sumerische an den akkadischsprachigen Höfen, wie Renger 1978:37 vermutet. Aber angesichts der umfangreichen Verschiebungen in der Tradition ist der Befund zu relativieren. George 2003:21 zum Beispiel äußert den Verdacht, dass die akkadischen Literati keine sumerischen Dichtungen vor Augen gehabt haben, als sie das Gilgamesch-Epos schrieben; eher habe die GilgameschTradition den allgemeinen Hintergrund gebildet. 15 Hendel 1987:162–165 passim. 16 Vgl. Ornan (2010:255 passim), die die Reihenfolge mündliche Tradition > Bilder > Schriften vorschlägt.
2. Motivgeschichtliche Folgerungen
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über Gästen zeigen lässt. Eine solche Belehrung galt aber nicht nur für den Hof, sondern viel allgemeiner allen, die zur Gastfreundschaft verpflichtet waren. Vielleicht ist diese Rolle des Lot ein Grund gewesen, warum er später durch Abraham in den Hintergrund gedrängt worden ist. Für die Datierung der behandelten Erzählungen und Zyklen sind für uns folgende Gesichtspunkte leitend gewesen. Zum einen zeigen die motivischen und strukturellen Verschiebungen, die sich in vielen Texten beobachten lassen, dass sehr alte Erzähltraditionen – wenn auch nur in jüngerer schriftlicher Gestalt – im Hintergrund stehen. Wir sind nahe an den Beginn der schriftlichen Erzählkultur gelangt. Zum zweiten haben wir beobachtet, dass es in den Saul-David‑ und Mose-Zyklen mehrere Anzeichen für Anleihen aus dem Jakobzyklus gibt. Auch wenn die aus der üblichen Königsideologie stammenden Motive in all diesen Zyklen theoretisch auch nach dem Untergang der beiden Königreiche adaptiert worden sein konnten, steht der Jakobzyklus in der relativen Chronologie an der ersten bzw. ältesten Stelle. Deshalb liegt am nächsten, dass sein Anfang im 8. Jh. (oder gar früher) in Israel zu suchen ist. Zum dritten liegt es nahe, dass die für Königsideologie charakteristischen Motive in der Zeit der Königreiche Israel und Juda aufgenommen worden sind, auch wenn es für die Datierung der Traditionsbildung viele Möglichkeiten gibt. Selbst wenn das nicht für alle unsere Beobachtungen und Schlüsse zutreffen mag, bildet die Königszeit den Hintergrund für die älteste Gestalt unserer Erzählungen und deren frühe Weiterentwicklung.
2. Motivgeschichtliche Folgerungen: verwandte Werke und Traditionen Der umfangreiche Motivvergleich hat ein mehrschichtiges Ergebnis erbracht. Zum einen haben wir Beziehungen zu bestimmten biblischen und außerbiblischen Texten oder zu von ihnen repräsentierten Traditionen festgestellt. Zum zweiten konnten Verschiebungen beim Einsatz von Motiven und strukturellen Motivfolgen erkannt werden. Zum dritten konnte dadurch der Kontext näher bestimmt werden, in den die unterschiedlichen literarischen Schichten gehören. Das traf besonders für die ältesten literarischen Schichten zu. Zum vierten ließen sich solche Kulturbereiche, die für die ältesten Schichten von höherer Bedeutung gewesen sind, von anderen unterscheiden, deren Einfluss im Laufe der Zeit zugenommen hat. Zum fünften ergaben sich gelegentlich Argumente für literarkritische Entscheidungen. Im Alten Testament sind uns besonders einige Erzählungen aufgefallen, deren Struktur den Erzelterngeschichten gleicht. Bei der Mehrzahl von ihnen ist wahrscheinlich, dass der Nukleus auf die Königszeit zurückgeht. Am prägnantesten
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VI Ertrag und Ausblick
ist sicherlich das populäre Narrativmuster der Konfliktlösung, dessen Varianten in Gen 26A* und B*; Gen 31,2(22)–32,2; 2 Sam 3,6–21 und 2 Kön 6,8–23 begegnen.17 Dieses von der Motivreihe „Konflikt > List / Verheimlichung > Treffen > Verhandlung > Festmahl > Abschied in Frieden“ gekennzeichnete Erzählgerüst gehört anscheinend in die Nähe des Königshofes und zeugt von dem Ideal der friedlichen Koexistenz mit den Nachbarn. Eine andere Gruppe von untereinander verwandten Erzählungen ist bei der Analyse der Rebekka-Jakob-Schicht in Gen 27* aufgefallen.18 Zu ihr gibt es strukturelle Parallelen in Num 22–24*; 1 Kön 1* und 2 Kön 11*, die ebenfalls durch eine Intrige und eine dramatische Wende bestimmt sind. Die Motivreihe „Exposition des primären Movens > dramatische Initiative > Vollzug der Initiative > Essen / Opfer > dramatische Wende durch den magischen Segen zugunsten der Identifikationsfigur > dramatische Reaktion des Kontrahenten > die Hauptdarsteller verlassen die Szene“ verweist auf einen gemeinsamen überlieferungsgeschichtlichen Hintergrund, auch wenn eine literarische Abhängigkeit nur zwischen Gen 27 und 1 Kön 1 nahegelegt werden konnte. Die Erzählungen vom Segen Bileams und vom Sturz der Atalja gehören diesem Narrativtypus von vornherein an, Gen 27 und 1 Kön 1 wurden durch Überarbeitungen angeglichen. Dabei sind Teile von 1 Kön 1 möglicherweise nach dem Vorbild von Gen 27 ergänzt worden. Dass auch die Bethel-Erzählung eine Art Königslegende ist, zeigt die Parallele von Salomos Traum in Gibeon 1 Kön 3,4–15*.19 Dort finden sich Motive wie „Ankommen am berühmten Kultort > Traumvision > Dialog mit Gott im Traum > Bestätigung der besonderen Eigenschaft des Protagonisten > Aufwachen > Kulthandlung > Feier“. Das erste, zweite, fünfte und sechste dieser Motive begegnet auch in Gen 28*. Dadurch wird die besondere Rolle Jakobs unterstrichen. Für den motivgeschichtlichen Ort der Lot-Sodom-Erzählung Gen 19* mussten wir die in vielerlei Hinsicht verwandte Erzählung von der Schandtat in Gibea in Ri 19 als echte Parallele ausschließen, da sie jünger und von Gen 19 abhängig ist. Stattdessen bildet die Sintflut-Erzählung in Gen 6–8 einen ähnlichen Narrativtypus.20 Dabei war der Jahwe-Schicht der Vorrang zu geben, weil die priesterliche Sintflut-Erzählung sicher jünger ist als die ältesten Schichten in Gen 19. Vor dem Hintergrund der gemeinsamen Grundstruktur von „Exposition des Movens > Ankündigung der Katastrophe (Auftrag an den Protagonisten) > Rettung des Protagonisten > Vernichtung der Menschen“ ist die Verwandtschaft der JahweSchicht in Gen 6–8 und der ältesten Schichten in Gen 19 allerdings äußerst komplex. Unser vorläufiger Schluss lautete, dass eine der älteren Schichten der Lot-Sodom-Erzählung den Schreibern der Jahwe-Schicht in Gen 6–8 bekannt
17 Einen weiteren verwandten Text Jos 9,6–15 haben wir wegen seines wahrscheinlich jüngeren Alters nur als Vergleichsfolie benutzt; siehe oben IV 2.1. 18 Siehe oben II 2.3. 19 Siehe oben II 3.2. 20 Siehe oben V 2.
2. Motivgeschichtliche Folgerungen
233
war, die jüngere Jahwe-Schicht in Gen 19 aber auf die Sintflut-Erzählung abgestimmt wurde. Auch einzelne Motivparallelen in einigen anderen alttestamentlichen Texten tragen zum Verständnis von Einzelheiten in den Erzelterngeschichten bei. So finden sich bei Elia in 1 Kön 19; 2 Kön 1–2 und besonders bei Simson in Ri 13–16 ähnlich wie bei Esau Züge des Typus des „wilden Mannes“, und dies wahrscheinlich bereits in der jeweils frühesten literarischen Prägung.21 In der Jotamfabel Ri 9,8–15 begegnet das Wortpaar אנשׁים/ אלהיםwie auch in zentraler Position in Gen 32, beide vermutlich noch aus der Königszeit.22 Die ältere Schicht in Ps 57 illustriert mit Schachar wie in Gen 19 und 32 den Sonnenaufgang als Wendepunkt,23 und ähnlich erwähnt Ps 72 die Sonne im königsideologischen Kontext.24 In der außerbiblischen Literatur dominierte die Gilgamesch-Tradition fast überall den motivgeschichtlichen Vergleich. Daraus kann nur ein Schluss gezogen werden: Diese Tradition ist den Schreibern an den Höfen in Israel und Juda bekannt gewesen. Fraglich ist nur, ob das auf mündlichem oder schriftlichem Wege geschah und welche der uns bekannten Fassungen dieses Stoffs den Erzelternerzählungen am nächsten steht. In den Jakoberzählungen gibt es besonders zwischen der Jabbok-Episode Gen 32* und dem Ringkampf von Gilgamesch und Enkidu starke Berührungspunkte, die auch das anschließende Versöhnungsmotiv in Gen 33,1a.4 einbeziehen.25 Weiterhin ist das Motiv der zwei Brüder bemerkenswert, bei denen einer der beiden wilde Züge trägt. So erinnert die Schilderung Esaus in Gen 25* an Enkidu in der Gilgamesch-Tradition.26 Weitere Einzelmotive, die sich in die Struktur des Erzählzyklus eingliedern lassen, sind die weise bzw. listige Handlung der Mutter, die Wanderung des Protagonisten und der Beistand der Gottheit.27 Bemerkenswert ist, dass die bedeutende Rolle, die Schamasch in der Gilgamesch-Tradition einnimmt, ein Pendant besonders in der Jabbok-Episode, aber auch in der Bethel-Episode findet. Viele dieser Motive finden sich bereits in der altbabylonischen Version des GilgameschEpos, manche, wie die Rolle des Sonnengottes, sind im Standardepos noch einmal unterstrichen worden. Da die Jakoberzählungen diese Motivik recht frei verwendet haben und Berührungspunkte auch mit anderen Traditionen bestehen, kann nicht behauptet werden, dass sie von bestimmten GilgameschTexten direkt abhängig sind. Doch ist die Zusammenstellung ausgewählter, mit Gilgamesch verbundener Motive in einer bestimmten Reihenfolge, also als Zy
Siehe oben II 1.2. oben II 4.2. 23 Siehe oben II 4.3. 24 Siehe oben III 3. 25 Siehe oben II 4.2; III 2.2. 26 Siehe oben II 1.2. 27 Siehe oben II 2.3; 4.3; III 2.2. 21
22 Siehe
234
VI Ertrag und Ausblick
klus, den Verfassern des ersten Jakobzyklus sicherlich bekannt gewesen. Es muss dahingestellt bleiben, ob dieser Komplex auf mündlicher Ebene umlief oder aus irgendwelchen verloren gegangenen phönizisch‑ oder aramäischsprachigen Texten bekannt war. In jedem Fall liegt nahe, dass die Gilgamesch-Tradition einen langfristigen Einfluss ausgeübt hat; denn bei manchen Motiven wie dem der weisen / intrigierenden Mutter oder des verkehrten Verhältnisses zum eigenen Volk berührt sich jene literarische Stufe im Jakobzyklus, die dem Gilgamesch-Epos am nächsten steht, genau wie dieses mit der Überlieferung von den legendären Königen der Frühzeit. Ein Reflex der frühesten, sumerischen Gilgamesch-Tradition fand sich in dem doppelt verwendeten Motiv einer Konfliktlösung, das die Isaak-Abimelech-Erzählung Gen 26* überliefert. Im engeren Sinne ist es das sumerische Kurzepos von Bilgames und Akka, das der Isaak-Erzählung die traditionsgeschichtliche Tiefe verleiht.28 Diese Art von Erzählungen über Konflikte zwischen Protagonisten und Antagonisten, die mit einem Friedensschluss enden und oft auch das Motiv der List enthalten, gehörten anscheinend zum Grundstock königlicher Erzählungen im ganzen Alten Orient. Die sumerische Komposition vom Tod des Bilgames in ihrer Meturan-Version bietet geradezu ein Kompendium dieser Vorstellungswelt. Das entspricht den ältesten Erzählungen von Jakob, der als legendärer Vorfahre israelitischer Könige auftritt.29 Auch die Lot-Sodom-Erzählung in Gen 19* bietet genug Anhaltspunkte, die die Verwandtschaft mit dem Motivkomplex einer Katastrophe nahelegen, die eine oder mehrere wichtige Städte erfasst und aus denen eine besondere Person durch göttliche Intervention gerettet wird, so wie sie sich in der biblischen und mesopotamischen Sintflut-Tradition findet. Am wichtigsten ist dabei, dass eine Version dieser Tradition im Standardepos von Gilgamesch, Tafel XI, belegt ist. Genau diese Version steht der Lot-Erzählung am nächsten, vor allem, weil die Klimax am frühen Morgen erreicht wird.30 Wir haben auch gefunden, dass die Möglichkeit einer „Sintflut“-Motivreihe in Gen 19 bereits früh von den Bearbeitern erkannt worden ist, weil die Erzählung schrittweise an die SintflutTradition angeglichen wurde, genauer an die Fassungen in Gen 6–8 und im Atramchasis-Epos. Zumal das Motiv des Lärms, aber auch das des Regens bzw. Feuerregens spielen dabei eine Hauptrolle. Die Motivanalyse ließ noch weitere punktuelle Parallelen in den mesopotamischen Quellen erkennen. Neben den Motiven des träumenden Königs und des königlichen Kultgründers, die auf die besondere Stellung des Protagonisten verweisen,31 legen auch die Treppen oder Steigen zwischen Himmel und Erde und das Himmelstor, die im Enuma Elisch sowie in den Epen von Adapa, Nergal
28 Siehe
oben IV 2.2. Siehe oben III 2.2. 30 Siehe oben V 3. 31 Siehe oben II 3.2. 29
235
2. Motivgeschichtliche Folgerungen
und Ereschkigal vorkommen, nahe, dass die Treppe und das Himmelstor in Gen 28 auf eine und dieselbe literarische Ebene gehören.32 Der Name Bethel und die Kultstele verweisen auf einen älteren levantinischen Hintergrund, der später unter mesopotamischem Einfluss motivgeschichtlich überlagert wurde. Auch dass die unter göttlichem Schutz stehenden Könige Stelen errichten und Flüsse überqueren, bestätigt die zeitlich jüngere Einwirkung aus Mesopotamien.33 Einen eigenen Weg hat das Motiv des Friedens bzw. der Harmonie genommen, das selbstverständlich auch für die Könige im Alten Orient ein Ideal gewesen ist. Es war seit frühester Zeit verbreitet und zunächst klar auf den Sonnengott bezogen.34 Der Sonnengott spielt auch in der Sintflut-Tradition eine entscheidende Rolle: Die sumerische Fluterzählung und Gilg SB XI helfen uns, die „Morgendämmerung“ und den „Sonnenaufgang“ in Gen 19 zu verstehen. Überraschenderweise lässt sich die Wortwahl bei der Katastrophenschilderung in der heutigen Gestalt von Gen 19,24 f.27 f. sehr wahrscheinlich auf frühere Formulierungen zurückverfolgen; denn das babylonische Abwehrzauber-Ritual Maqlû verwendet in Verbindung mit der Sonnengottheit und ihren Helfern dasselbe Vokabular.35 Ein neuassyrisches Orakel Assurs / Ischtars an Asarhaddon (K 2401; SAA 9:3:3) belegt für die Verbindung der Motive „Vernichtung von (frevlerischen) Menschen und Rettung einer besonderen Person“ die Nähe zum Königshof, sogar einschließlich des Feuerregens.36 Das Motiv der Rivalität zweier Brüder hat im hethitischen Kulturbereich wichtige Strukturparallelen. Das zeigt die nahe Berührung zwischen Gen 25 und dem Appu-Märchen, sogar so, dass das Stakkato von Doppelszenen im Stil beider Szenen hervortritt. In beiden Fällen bildet die Geburt von zwei unterschiedlichen Brüdern den Ausgangspunkt. Aber auch in der Bethel‑ und der Jabbok-Episode gibt es Reminiszenzen an hethitische Rituale. Obwohl der ganze Kulturkreis im Syrien und Südostanatolien Kultsteine und die dazugehörigen Rituale kennt, bildet das Beschwörungsritual (CTH 406; KUB VII) eine auffallende Parallele, da es die Inkubation mit der Aufrichtung der die Göttin repräsentierenden Stele verbindet.37 Aber auch der legendäre Kampf Jakobs ist mit der Motivreihe „Kampf > Ultimatum > Segen“ in dem Kurztext KBo 21,34 = CTH 699 + Bo 6871 verglichen worden.38 Auch dort stehen sich ein menschlicher Protagonist und ein göttlicher Antagonist gegenüber. Fragt man nach Motivverschiebungen, die durch Redaktionen verursacht worden sind, sieht man bei der Doppelepisode Gen 25*, dass ihre ursprüng
Siehe oben II 3.4. oben III 3. 34 Siehe unsere Beobachtungen zum Motiv des Tagesanbruchs und des Friedensschlusses sowie zum Schamasch-Hymnus oben IV 2.3. 35 Wieviel dabei auf die Jahwe-Schicht zurückgeht, blieb offen; siehe oben V 3.3. 36 Siehe oben V 3.4. 37 Siehe oben II 3.4. 38 Siehe oben II 4.2. 32
33 Siehe
236
VI Ertrag und Ausblick
liche Verwandtschaft mit der Motivreihe im Appu-Märchen durch das Motiv der Unfruchtbarkeit nur scheinbar verstärkt worden ist; in diesem Fall dürfte eher die biblische Motivik entscheidend gewesen sein. Bei der Bethel-Episode scheinen mehrere Elemente wie die Treppe, das Himmelstor dafür zu sprechen, dass der älteste Kern von jüngeren mesopotamischen Einflüssen überlagert worden ist. Allgemein belegen diese hethitischen Parallelen entweder, dass in der frühen Eisenzeit Kulturkontakte zwischen dem (nord‑)israelitischen und dem hethitischen Bereich bestanden haben, oder dass der nordsyrische Raum eine tragende Rolle in beiden Richtungen gespielt hat. Als ein eigener und bedeutender Kulturbereich erwies sich stets der nordwestsemitische bzw. syrische Raum. Die wichtigsten Motivparallelen bestehen mit der ugaritischen Literatur: Sie sind sehr häufig zu beobachten, sind aber meist punktuell und nicht strukturell. Das beste Beispiel sind die beiden älteren Schichten in Gen 27, in denen zusätzlich zu den wortwörtlichen Einzelparallelen (Segen und Fruchtbarkeit), die es im Keret‑ und im Aqhat-Epos gibt, folgende Motivverbindungen auftreten: Es gibt ein Mahl und ein Ritus; der Protagonist erlegt mit dem Bogen eine Jagdbeute; ein listiger Held tritt auf und eine Frau, die die Initiative ergreift.39 Für die Bethel-Episode Gen 28* erbrachte die Analyse ebenfalls eine Reihe von punktuellen Parallelen. El erscheint im Traum, und das Hinauf‑ und Hinabsteigen sowie die Stele (bzw. in Ugarit das Hausdach) betonen die vertikale Dimension.40 Bei der Jabbok-Episode Gen 32* und der Lot-SodomErzählung sind uns die Gottheiten der Morgenröte šḥr und der Sonne špš aufgefallen, die in den ugaritischen Ritualtexten zusammen belegt sind. Fast überall gehören diese Parallelen zu den ältesten Textschichten. Daran lässt sich ablesen, wie selbstverständlich die Schreiber der ältesten Texte die Kultur des nordwestsemitischen Raums teilten.41 Die größte Bedeutung unter den nordwestsemitischen Quellen hat die Inschrift auf der Statue des Königs Idrimi von Alalach. Deren erster Teil bezeugt in leicht abweichender Reihenfolge die aus dem Jakobzyklus bekannten Motive: gestörtes Verhältnis zur eigenen Familie, Wanderung des Protagonisten, Aufenthalt bei den Verwandten mütterlicherseits, Aufeinandertreffen des Protagonisten mit den Brüdern, Beistand der Gottheit und Versöhnung mit den Brüdern.42 Alle diese Einzelheiten zeigen, wie nahe der ältere Jakobzyklus dem Königtum steht. Von den weiteren außerbiblischen Texten aus der Levante verdient besonders der Text aus Tell Deir cAllā besondere Beachtung. Der Motivkomplex von Traumvision und Kulthandlung, der in der Bethel-Episode wiederkehrt, steht auch dort in einem einzigen Text in engem Zusammenhang. Angesichts mancher Querbezüge zu ugaritischen Texten und der zeitlichen und geographischen Nähe 39 Siehe
oben II 2.2. Siehe oben II 3.3. 41 Siehe oben II 4.3 und V 3.3. 42 Siehe oben III 3. 40
3. Religionsgeschichtliche Zusammenfassung
237
zu den ältesten Erzelternerzählungen kann die Inschrift als einer der wichtigsten Brückentexte gelten, der uns aus der Eisenzeit für die Motivgeschichte in der südlichen Levante zur Verfügung steht.43 Weitere Motivparallelen in der zeitgenössischen aramäisch‑ und phönizisch-sprachigen Literatur haben dazu beigetragen, das Phänomen der Kultstele in Gen 28* und das Motiv des Sonnenaufgangs in Gen 32* zu verstehen.44 Für Gen 32* ist dabei das Amulett aus Arslan Taş von besonderer Bedeutung. Da wir die These aufgestellt haben, die Gestalt des Jakob sei als legendärer Vorfahre der israelitischen Könige zu deuten, sind darüber hinaus einige königsideologische Passagen in den Achiqar-Sprüchen wichtig, die sich auf El und Schamasch beziehen, sowie das Motiv der Flussquerung auf einer Pferde-Stirnplatte für Hasael.45 Stark generalisierend können wir für die Motivgeschichte eine Tendenz feststellen, bei der der genuin levantinische Hintergrund später von mesopotamischen Einflüssen überlagert wurde. So entspricht es auch dem zeitgeschichtlichen Horizont der neu entstandenen Königshöfe in der südlichen Levante, die seit dem 9. Jahrhundert zunehmend unter mesopotamischen und vor allem neuassyrischen Einfluss gerieten. Auch die literargeschichtliche Entwicklung bestätigt diese Tendenz. Die levantinischen Parallelen bestimmen eher die Einzelerzählungen, einzelnen Episoden und Motive, die Zyklen hingegen reflektieren mesopotamische (und königsideologische) Vorbilder wie Gilgamesch. Eine besondere Stellung nimmt bei alledem der hethitische Bereich ein, wo sich nordsyrische und mesopotamische Einflüsse bereits früher verbanden. Der Motivvergleich wird durch den Wortschatz untermauert. Immer wieder gebrauchten die hebräischen Erzählungen spezifische Wörter und Begriffe, für die es im Akkadischen sowie in anderen Sprachen Äquivalente gibt. Bestimmte sprachliche Muster dienten als eindeutige Motivträger und wurden in den anderssprachigen Zusammenhang übernommen.
3. Religionsgeschichtliche Zusammenfassung 3.1 Die Entwicklung der Götterwelt Zu den Götterbezeichnungen, die in mehreren Schichten unserer Texte begegnen, gehören in jedem Fall אלהיםund יהוה, ferner vielleicht בית־אלoder ;אל auch bei שׁמשׁund שׁחרhaben wir die Vermutung geäußert, dass sie mehr als Chiffren für Tageszeiten gewesen sind. Darüber hinaus fanden wir in unseren Texten מלאכיםund einen אישׁbzw. die אנשׁיםals göttliche oder halbgöttliche Wesen vor. Nirgends in den ältesten Schichten war der Gott Jahwe genannt. Er Siehe oben II 3.3. Siehe oben II 4.3. 45 Siehe oben III 3. 43 44
238
VI Ertrag und Ausblick
ist aber in allen von uns behandelten Texten, mit der einzigen Ausnahme von Gen 32, sekundär hinzugefügt worden, das ist in Gen 19,13 f.16.24.27; 25,21–23; 26,2.12.22.24 f.28 f.; 27,7.20.27 und 28,13.16.21.46 Die Schreiber verbinden Jahwe in Gen 25 und 27 mit der Edom-Schicht in Gen 25 und 27. In Gen 19 (und auch Gen 18) schreiben sie ihm die Rolle zu, Sodom zerstört zu haben. In der BethelEpisode Gen 28 lassen sie ihn an entscheidender Stelle in die ohnehin religionsgeschichtlich komplexe Lage eingreifen. Auch in der Isaak-Abimelech-Episode Gen 26 lassen sie ihn die Initiative ergreifen. Ähnlich verhält es sich bei den Texten, die uns als Parallelen aufgefallen sind: Num 22–24; 1 Kön 1; 3,4–15; 2 Kön 6,8–23; 11. Dagegen findet sich die Bezeichnung אלהיםschon in den ältesten Textschichten. Sie wird in Gen 28,17 für die sekundäre Umdeutung des Namens Bethel herangezogen. In der vermutlich ältesten Ergänzung von Gen 32,23–33, die den Namen Israel erklärt, definiert sie nachträglich Jakobs Antagonisten. In der ältesten Fassung der Bileam-Überlieferung Num 22–24 (zumal 22,9– 12*; 24,2*) sowie in der Salomo-Episode 1 Kön 3,4–15 (zumal V. 5*.11*) ist אלהים Träger der Handlung. Auch in dem Segensspruch für Jakob in Gen 27,28 wird die Gottesbezeichnung אלהיםverwendet. Wie lässt sich das Nebeneinander von Jahwe und Elohim erklären? Jahwe ist in der Zeit, als die Erzählungen von Jakob, Isaak und Lot verschriftet wurden, sicherlich keine unbekannte Gestalt gewesen.47 Es gilt sogar: Weil Jahwe der Gott vor allem der Königshäuser Israels und Judas gewesen ist, sollte er gerade in unseren Texten aufgetreten sein. Es kann freilich sein, dass die Texte, die wir untersucht haben, aus einem religionsgeschichtlich liminalen Zeitalter stammen, als der Jahwe-Kult am israelitischen Königshof ein relatives Novum war.48 So gesehen würde die Jakob-Überlieferung das Erbe einer früheren, vorjahwistischen Phase vertreten, die andere göttliche Darsteller kannte. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Jahwe-Name bei der Verschriftung vieler Jakob erzählungen bewusst vermieden wurde. Um von Göttern in der geschilderten archaischen Zeit sprechen zu können, eignete sich der Begriff אלהיםbesonders gut. Auch ließen sich mit ihm religiöse Einflüsse aus Nachbarkulturen leichter adaptieren. Das kann auch unbewusst geschehen sein, wenn die fremden Götter für die bescheidenere Götterwelt in Palästina zu komplex waren, wie es bei der assyrischen Götterwelt der Fall war. Auf diese Weise kann der Begriff אלהים eine Brücke sowohl zur „internationalen Götterwelt“ als auch zur „archaischen
Ferner haben wir 18,20 vermerkt. Teile der prophetischen Literatur und einzelne Psalmen lassen sich in die Königszeit zurückverfolgen. Darunter sind auch Texte, die Jahwe nennen. 48 Vgl., wie z. B. Finkelstein / Römer 2014:327–329 die Jakob-Texte (zumal Gen 28* und 32*) mit dem Wechsel zur Jahwe-Verehrung unter Jerobeam II. in Verbindung bringen; ferner vgl. Blum 2012:210. 46
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vorjahwistischen Zeit“ gebildet haben.49 Jedenfalls musste man in Israel diese Bezeichnung nicht erfinden, weil die analogen Gruppenbezeichnungen von Göttern aus Syrien-Palästina50 wahrscheinlich machen, dass der Begriff vorhanden war.51 Weiterhin gibt es in unseren Texten Spuren von אל. Dieser Name begegnet in unseren Texten in dem Ortsnamen בית־אל, der in Gen 28,17 als בית־אלהים gedeutet wird. El tritt auch in der ugaritischen Version des Motivs der im Traum erscheinenden Gottheit auf, wie sie im Übrigen in Tell Deir cAllā belegt ist. Auch die ugaritischen Parallelen, die sich für die Motivkombination von Segen und Mahl in Gen 27 finden, stehen in Verbindung mit El. Dabei lässt sich eine religionsgeschichtliche Entwicklung beobachten, die von der El-Verehrung wegführt. Dazu passt, dass El als unmittelbar handelnde Person in den von uns behandelten Texten nicht mehr auftritt.52 Am deutlichsten ist diese Entwicklung an der Deutung des Ortsnamens בית־אלals בית־אלהיםzu sehen. Dass El als Gottheit in einer der Aussagen Bileams in Num 24,8a erwähnt wird, ist ein Sonderfall. Die Bileamsprüche können auf ältere Überlieferung zurückgegriffen haben, die ein früheres religionsgeschichtliches Stadium reflektiert.53 Wie schon in der Einleitung erwähnt wurde, hat die Vermutung, dass es in den ältesten Teilen der Jakob-, Isaak‑ und Lot-Erzählungen Spuren des Sonnengotts als aktiver Gottheit gibt, die Auswahl der von uns untersuchten Texte mitbestimmt. Tatsächlich fällt auf, dass abgesehen von Gen 25 und 27 überall Spuren der Sonnengottheit begegnen. Nirgends allerdings erscheint שׁמשׁausdrücklich als Gott. Die Sonne wird an keiner Stelle personifiziert. Aber die auffallende Art, wie die Sonne im Anschluss an den Ringkampf in Gen 32,32 erwähnt wird, legt nahe, dass hier alte Spuren der Sonnengottheit erhalten geblieben sind, zumal wenn man sie mit dem Motiv des Tagesanbruchs nach der Zerstörung von Sodom in Gen 19,23 und, weniger offensichtlich, mit dem Tagesanbruch in Gen 49 Anders Levin 2012:160, der annimmt, dass die nach Juda geflohenen Israeliten durch den Gebrauch von אלהיםstatt יהוהsich eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber den Judäern bewahren wollten. 50 Vgl. allein den Plural šdyn im Tell Deir cAllā Text. 51 Unseres Erachtens kann noch nicht von einer Tendenz zum Monotheismus gesprochen werden, obwohl möglich ist, dass aus Assyrien oder Babylonien gewisse Impulse kamen, die in diese Richtung wiesen. Zu den Aussagen über Assur und Marduk siehe Parpola 1997:xxi–xxvi, lxxxi, Anm. 16; zu Marduk im Enuma Elisch siehe Maul 2008a:167 f.172 f.; zum integrativen Monotheismus im Alten Testament siehe Levin 2012, der S. 169–172 weitere Literatur nennt. 52 Vgl. Levin 2012:156 f., Anm. 10. Beachte auch, dass in den israelitischen und judäischen Ortsnamen die Jahwe-Komponente fast vollständig fehlt, siehe Zevit 2001:586–609. Schließlich kann aber die „Bewegung“ weg von El auch mit der von Kottsieper 2013 formulierten religionssoziologischen Erklärung zusammenhängen: „Im Gegensatz zu den Gottheiten des Hadad / Baal-Typs […], die in unterschiedlichen lokalen Ausprägungen als Gott einer politischen Entität wie z. B. eines Stadtstaates fungierten und damit in direktem Zusammenhang mit den Belangen der politischen Elite und insbesondere mit dem Königshaus standen, besaß El diese ,politische‘ Funktion nicht.“ 53 Vgl. Levin 2012:168 f.
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26,31 und 28,18 verbindet.54 Weiter verstärkt wird dieser Eindruck, weil in Gen 19,15 und 32,25.27 die Morgenröte שׁחרerwähnt wird. Beide Male geht in den ältesten Schichten שׁחרder Erwähnung der Sonne voraus. Der Motivvergleich hat die Vermutung jedes Mal eher verstärkt als entkräftet. Das gilt sowohl für den Vergleich mit Ps 57 und 72 und mit der Rolle des Sonnengotts in den altorientalischen königsideologischen Texten als auch in manchen anderen Texten wie der Beschwörungsserie Maqlû oder dem Appu-Märchen. Religionsgeschichtlich folgt daraus, dass für die Sonnengottheit ähnlich wie für El zu beobachten ist, dass ihr Kult im Laufe der Zeit zurücktrat. Gleichwohl sind die Spuren ihrer Verehrung deutlicher wahrzunehmen als bei El. Sehr wahrscheinlich galt die Sonnengottheit (zusammen mit dem Gott der Morgenröte) immer noch als religiöse Realität, so dass sie in den Texten, die die Identität der Könige begründeten, trotz der Jahwisierungstendenz andeutungsweise erhalten blieb. Die Tradition behielt ihr Gewicht. Wir würden dabei nicht von einer Solarisierung Jahwes sprechen,55 sondern umgekehrt von Spuren der Sonnengottheit, die man bei der Jahwisierung der Texte nicht getilgt hat. Besonders Maqlû als Parallele hat uns gelehrt, was auch Gen 19 und 32 bereits nahegelegt haben, dass der Sonnengott Begleiter hatte, sei es die Morgenröte oder die Feuergottheit Gira oder die Lichtgottheit Nusku. Das führt uns zu מלאכיםund אנשׁים, die in Gen 19 und 28 als göttliche Boten fungieren. In Gen 19 können es in der ältesten Schicht durchaus kleinere Gottheiten gewesen sein, die allein oder gemeinsam mit der Sonnengottheit die Zerstörung von Sodom ins Werk gesetzt haben. Über die Boten auf der Himmelssteige in Gen 28 kann nichts Näheres gesagt werden, denn hier ist bereits der Begriff אלהיםim Spiel. Die mesopotamischen Parallelen zu der Steige und dem Himmelstor haben jedoch nahegelegt, dass es sich um zwei Boten handelte. Der einzelne אישׁin Gen 32 bleibt unerklärt, obwohl er sicherlich von göttlicher oder halbgöttlicher Herkunft war. Die Parallelen in der Gilgamesch-Tradition schließen die göttliche Natur auch nicht aus. Eine weitere Beobachtung kommt hinzu. Sie betrifft das Verhältnis zwischen vertikaler und horizontaler Dimension bei der Begegnung mit den göttlichen Wesen. Einerseits zeigt sich die horizontale Dimension im frontalen Angriff des Fremden in Gen 32 – der Mensch und sein (halb)göttlicher Gegner stehen sich in Person gegenüber. Ähnlich verhält es sich in Gen 19 (und Gen 18) mit den Gästen Lots (und Abrahams). Sie begegnen Lot ganz und gar in menschlicher Gestalt. Andererseits ist die vertikale Dimension besonders in der Bethel-Episode nicht zu übersehen. Sie wird durch die Himmelssteige, die an ihr auf und absteigenden Boten, das Himmelstor und auch durch die Massebe repräsentiert.56 54 Das Motiv des Tagesanbruchs in Verbindung mit einer bestimmten Aktion haben wir weiterhin in Gen 32,1; Num 22,41 u. a. beobachtet. 55 So Keel / Uehlinger 1998:277. 56 Die Bedeutung der Kulthöhen in der Eisenzeit generell und auch in der Königszeit ist bekannt. Auf diese Weise zeigt sich die vertikale Dimension auch in Num 23,39, wenn Bileam
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3.2 Rituale und das Ideal des Friedens In einigen Texten fanden sich Rituale, die organisch zum Narrativ gehören und Teil der Motivkette sind. Zum einen betreffen sowohl die älteste als auch die zweitälteste literarische Schicht in Gen 27 den väterlichen Segen. Bezeichnenderweise ist dieser Segen hier und auch in der Bileamerzählung Num 24,7a.8a.9a unwiderruflich.57 Gerade die Irreversibilität führt in beiden Erzählungen – in Gen 27 in der Rebekka-Jakob-Bearbeitung – die dramatische Wende herbei. In beiden Fällen richtet sich der Segen ursprünglich auf die Fruchtbarkeit. Bei Bileam kommt eine gewisse politische Perspektive hinzu, mit der sich allerdings noch kein Dominanzanspruch verbindet, sondern die lediglich vom Beistand Gottes spricht. Darüber hinaus wird der Segen von einem Mahl bzw. einem Opfer begleitet. Wenn sich diese zwei Motive auf der narrativen Ebene verbinden, darf angenommen werden, dass das zu jener Zeit üblich gewesen ist. Sodann tritt in Gen 28 die Errichtung und Salbung der Massebe hervor. Beide Motive gehören zum Muster einer besonderen Traumvision an einem besonderen Ort und berühren sich darin unter anderem mit dem Salomo-Traum in Gibeon 1 Kön 3,4–15*. Da aus der Levante im 1. Jt. viele Masseben bekannt sind, bildet die Bethel-Episode keine Ausnahme. Allerdings ist dort die Salbung des Kultsteins als Begleitritual erwähnt. Das ist vor dem Hintergrund der hethitischen und anderer Parallelen bedeutsam. Weiterhin wichtig ist, dass Masseben mit einer Person wie Jakob in Verbindung gebracht werden. Ein Mahl ist konstitutiver Bestandteil eines Vertragsschlusses gewesen. Vor allem zwei Texte, einer aus dem Norden (Gen 31,26–32,2a*) und einer aus dem Süden (Gen 26*), aber auch deren Parallelen lassen erkennen, dass ein Mahl nicht nur als ein motivischer Marker für einen Friedensschluss fungierte, sondern auch tatsächlich stattgefunden hat. Auch die Mahlzeiten von Esau in Gen 25,34aβ und von Isaak in 27,25 dienen als Marker im dramatischen Ablauf. Da die akkadischen und hethitischen Vergleichstexte zur Jabbok-Episode ebenfalls Rituale enthalten, ist bei Gen 32,23–33* ein ritueller Hintergrund nicht ausgeschlossen; greifbare Indizien dafür gibt es allerdings nicht. Was aber besonders bei der Jabbok-Episode, der Bethel-Episode und der Isaak-AbimelechErzählung aufgefallen ist und von vielen vergleichbaren Texten bestätigt wird58, ist der besondere Zeitpunkt am frühen Morgen. Der Sonnenaufgang ist für diese Rituale die bevorzugte Zeit gewesen, und das natürlicherweise nicht nur in längst vergangenen Zeiten, sondern auch für die Zeitgenossen, als diese Texte entstanden. Das war einer der Gründe, warum wir die Spuren des Kultes der Sonnengottheit für so wichtig gehalten haben. von der Höhe Baals herab Israel segnet, und in 1 Kön 3,4, wo Salomo auf der großen Kulthöhe in Gibeon opfert. 57 Siehe oben II 2.3. 58 Solche Texte sind Gen 31,2–32,2*; Num 22–24*; 1 Kön 3,4–15*.
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Das Motiv der List ist in vielen Erzählungen und ihren Parallelen aufgetreten. Im Narrativmuster der Konfliktlösung dient es dazu, Versöhnung bzw. Frieden zu erreichen. In den Jakob-Esau-Erzählungen führt die List Jakobs und Rebekkas zwar zunächst zu dem Konflikt zwischen Jakob und Esau, so dass Jakob fliehen muss, doch am Ende, nach der Versöhnungsepisode in Gen 33,1–4*, schließen Jakob und Esau Frieden. Daraufhin konnten alle, die in Jakob ihren Vorfahren sahen, seinen Dominanzanspruch, seine legendären Taten wie die Kultgründung und den erfolgreichen Kampf als ihr Vorbild verstehen. Der göttliche Beistand für Jakob wurde an diesen Ereignissen sichtbar. Daraus lässt für die ethische Einstellung der Zeitgenossen schließen, dass die moralisch ambivalenten Taten zwar zunächst negativ beurteilt wurden, doch im Zusammenhang des Gesamtzyklus eher die Klugheit und List des Protagonisten unterstreichen sollten. Zudem berührt sich das listenhafte Moment mit der Weisheit; darauf ist sogleich zurückzukommen. Anders bei der Lot-Sodom-Erzählung. Dort handelt es sich eindeutig um eine schuldhafte Tat der Sodomiten, die sich nicht nur gegen die Fremden, sondern vor allem gegen die göttlichen Gäste richtet. Dass die Gäste sich entschließen, Sodom vollständig zu zerstören, bestätigt, wie verwerflich das Tun der Sodomiten gewesen ist. Die jüngeren Bearbeitungen von Gen 18–19 haben das noch unterstrichen, wenn sie zum Beispiel das Motiv des Lärms hinzufügten, das aus der (mesopotamischen) Sintflut-Tradition stammt (18,20 f.). Da in der ältesten Lot-Sodom-Erzählung anscheinend die Sonnengottheit an der Vernichtung der Stadt beteiligt war, kann das göttliche Strafgericht als Beleg für die Gerechtigkeit gelten, die von der Sonnengottheit (oder einer anderen Gottheit) universell garantiert wurde. Darüber hinaus fällt bei dem Erzähltypus „Konfliktlösung“ auf, dass er gezielt auf das Ideal des Friedens ausgerichtet ist. Der Begriff שׁלוםbildet in vielen Beispielen dieses Narrativmusters den Abschluss. Wir haben daraus geschlossen, dass dieses Muster sowohl mit den altorientalischen monarchischen Idealen als auch – wenigstens zum Teil – mit der weisheitlichen Ausbildung von Schreibern in Verbindung gestanden hat. Die Kehrseite zeigt sich in der Lot-Sodom-Erzählung, wo die Harmonie dermaßen gestört ist, dass der Störfaktor – die Stadt mit ihren Bewohnern – beseitigt werden muss. Falls unsere Folgerungen aus der Literarkritik dieser Erzählung und dem Motivvergleich zutreffen, haben der Sonnengott und / oder seine (zwei) Boten oder göttlichen Helfer hier die entscheidende Rolle gespielt. Aber auch in anderen Erzählungen kann der Sonnengott ursprünglich im Spiel gewesen sein; denn der Abschluss eines Vertrags oder eines Friedensschlusses diente im Alten Orient jedenfalls auch der gerechten Weltordnung. Die von uns behandelten Texte zeigen, dass auch die Identität der Könige nicht ohne den Beistand des Schamasch zu denken ist. Sie stand in einer komplexen Wechselbeziehung mit den übernatürlichen Kräften. Das lässt sich am besten
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als ein Fünfeck darstellen, dessen Muster in vielen Erzählungen der Königszeit wiederkehrt. Die Ecken werden vom König, den Schreibern, dem harmonischen Ideal, dem Sonnengott und einem weiteren Gott gebildet. Als dieser weitere Gott trat Jahwe in die Arena und hat den Sonnengott im Laufe der Zeit verdrängt bzw. sich dessen Rolle angeeignet. Das hat unsere literarkritische und motivgeschichtliche Analyse mehrfach gezeigt.
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Stellenregister Altes Testament Genesis insgesamt 28, 121–122, 134–135 1,1 39 2–3 15, 56 3,17 31 4 22, 28 5–9 15 6–9 204 6–8 199, 201–203, 205, 218–220, 232, 234 6,1–4 199, 210 6,1–2 199–201, 210, 219 6,1 210 6,3–4 200 6,5–8 203 6,5–7 192, 201 6,5 199, 206, 210, 219 6,6–7 206, 219 6,7 202 6,8 203 6,11–13 202 6,14–21 200 6,17 202 7,1–8,21 200 7,1–5 200 7,1–4 201, 205, 219 7,1 200 7,4 202 7,5 201, 219 7,10–23 201, 219 7,12 202 7,16 201–202, 219 7,17 202 7,23 202 8,6–12 203 8,22 226
9,18 201 9,20–27 200–201 9,20–26 201 9,27 201 10,8–12 200 11 15 11,1–9 192 11,30 18 12–13 154 12 5, 14, 148–149, 151, 153–154, 178 12,1–3 46, 62, 148 12,2 62 12,3 34, 62, 65 12,7–8 151 12,7 62, 67 12,8 150 12,10–20 148, 152–155 12,13–16 62 12,17 154 12,18 149 13 2, 28, 183–185, 190, 195 13,10–12 190 13,10 190, 193 13,12 185 13,14–17 62 13,18 178 14 146 14,20 63 15,1 45 15,17 217 16 5, 22, 28, 50, 67 16,12 26 16,14 50 17,15–19 225 17,16–21 187
272
Stellenregister
17,16–19 154 18–19 2, 5, 178, 183–185, 189, 193, 211, 222, 227, 242 18 14–15, 22, 120, 149, 185–187, 190–192, 195, 224, 238, 240 18,1–16 183–184 18,1–10 183, 189, 192, 198 18,1–8 182–183 18,1 183–184 18,2 183, 197–198 18,3 183, 189, 203 18,5 183 18,10–15 154, 187, 225 18,16 183–184, 192 18,17–32 191 18,17–19 192 18,18 65, 192 18,20–21 191–193, 195, 206–207, 211, 218, 220, 242 18,20 190, 208, 211, 221, 226, 238 18,21 188, 191–192 18,22–33 191 18,22 183–184 19 14, 16, 28, 102, 104–105, 120, 185–186, 190, 195–203, 205–206, 213, 215–216, 220, 223–225, 232–235, 238, 240 19,1–28 182, 194–195, 201, 218–219 19,1–26 182 19,1–23 190 19,1–4 223 19,1–3 182–183 19,1 183–185, 188, 197, 215 19,2–3 183, 185 19,2 188, 197, 226 19,3 197 19,4–11 185 19,4–9 198, 200–201, 219 19,4–5 186 19,4 185–186, 188, 197, 221 19,5–8 197 19,5 184, 186–187, 197 19,6–7 197 19,6 185–186, 197, 223
19,7–8 186 19,8 186–187, 197 19,9 185–186, 197, 226 19,10–25 200 19,10–11 200–201, 219 19,10 183, 185–186, 202–203 19,11 161, 186, 223 19,12–16 188 19,12–14 187, 197 19,12–13 226 19,12 183–184, 187, 196, 200–201, 219, 223 19,13–14 194, 202, 238 19,13 187–190, 196, 200–202, 205–206, 211, 219–221, 223 19,14 187 19,15–17 201, 219, 223 19,15 105, 183–184, 188–189, 198, 200, 205, 212–213, 219, 226, 240 19,16 183–184, 188–189, 238 19,17–25 191 19,17–23 189 19,17–22 189, 203 19,17 189–190, 200–201, 222, 226 19,18–22 189 19,18 187, 189 19,19 189, 203 19,21–22 222 19,21 187, 189, 202, 222 19,23–28 218, 223 19,23–25 190, 222 19,23 188–191, 212–213, 219, 226, 239 19,24–25 189–190, 193, 195, 201–202, 219, 235 19,24 190–192, 202, 216–217, 222, 238 19,25 190–191, 193, 202 19,26–28 193 19,26 190–191, 193 19,27–28 193, 195, 217, 219, 235 19,27 193, 197, 238 19,28 217 19,29 182, 199, 202
Stellenregister
19,30–38
182, 186, 188, 190, 195, 200 19,31 190 19,34 77 20–21 178 20 5, 14, 149, 153 20,3–8 67 20,7 153 20,8 62 20,9 149 20,11 153 21 5, 14, 28, 153, 155, 157 21,6–7 154, 225 21,8–21 50 21,9–21 22 21,14–19 67 21,16 125 21,19 161 21,22–34 150 21,22–32 152–153 21,25 153 22 5, 67 24 20, 21, 43, 120 24,10–32 120 24,54 43 24,60 40, 43 24,67 20 25–33 141 25 13, 17, 21–22, 24, 28–31, 33–34, 43, 47, 62–63, 66, 69, 94, 108–111, 115–116, 120, 123, 125–126, 128, 131, 134, 152, 223–225, 233, 235, 238–239 25,1–18 20 25,19 ff. 2 25,19–34 13, 17, 19, 29, 38, 109, 111–112, 224 25,19–28 20 25,19–27 17 25,19–20 17, 20 25,20 21 25,21–34 21–22, 27, 29, 30, 224 25,21–26 17, 117 25,21–23 238 25,21 17–18, 20–21, 29, 109, 223–224
273
25,22–23 17–19, 225 25,22 17–18, 129 25,23 18, 34, 43 25,24–27 21, 223–224 25,24–26 18, 29 25,24 17–18, 20–21, 109 25,25–26 225 25,25 18–20, 24–25, 109, 121, 225 25,26 17–18, 20, 109 25,27–34 122 25,27 17, 19, 27, 29, 109, 121, 226 25,28 17, 19, 121, 124, 224 25,29–34 17, 19, 21, 51, 117, 223–224 25,29 17, 19, 22, 29, 109 25,30 18–19, 225 25,31–33 29, 109, 226 25,31–32 17 25,31 19 25,33 17, 19 25,34 17, 19, 29, 38, 60, 109, 115, 225–226, 241 26 2, 5, 14–15, 21, 30, 47, 69, 104, 109–110, 120, 148–150, 152–155, 157–158, 162–168, 170–171, 173–179, 181, 223–225, 227, 232, 234, 238, 241 26,1–17 168 26,1–11 152–153, 155, 157 26,1 148–149, 223, 226 26,2–5 148–151 26,2 148, 238 26,3–5 148 26,3 62, 148, 151, 155 26,4 62 26,5 148 26,6–11 224 26,6–9 148 26,6–7 149, 223 26,7 149, 153, 162–163, 167–168 26,8–9 223 26,8 149, 154, 156–157, 164, 225–226
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Stellenregister
26,9–10 149 26,9 149, 164–165, 167–168, 226 26,11 149, 152–153, 166–168, 223, 226 26,12–16 150 26,12–14 149–151 26,12 150, 152, 155, 238 26,14 150 26,15 150 26,16 150, 152 26,17–31 152, 157, 162, 168, 173, 176, 224 26,17 149–150, 157, 166, 168 26,18 150 26,19–21 150–151, 162, 168, 176, 223 26,19 150 26,20 167 26,22 150, 238 26,23–25 151 26,24–25 151, 238 26,24 67, 148, 150–151, 155 26,25 151 26,26–31 151 26,26–27 223 26,26 151–152, 157, 164, 168, 171, 174, 176, 226 26,27–29 164, 167–168, 176, 226 26,27 151, 165, 171 26,28–29 238 26,28 151–152, 164, 223 26,29 151–152, 155, 223 26,30–31 152, 176, 223 26,30 165, 168 26,31 152, 155, 166, 168, 175–176, 179, 181, 240 26,32–33 152 26,34–35 122, 152 27–33 2 27 13, 17, 19, 21–22, 29–34, 39–44, 46–54, 56–57, 62–63, 66, 69, 102, 108–110, 115–120, 122–126, 128–129, 131, 138, 148, 159, 223–228, 230, 232, 236, 238–239, 241
27,1–40 117 27,1–10 35, 224 27,1–4 32, 35, 48, 223 27,1 17, 31–32, 38, 50, 53, 226 27,2–4 31, 38, 40, 226 27,3 22, 40–41, 43, 121 27,4 31, 40 27,5–6 31 27,5 31–33, 35, 48, 223, 226 27,6–10 31–33, 48, 226 27,6 31, 226 27,7–10 31 27,7 31, 38, 238 27,8 31 27,10 31 27,11–13 33, 35, 225 27,11–12 19 27,11 19, 22 27,13 32 27,14–15 33, 35, 224 27,14 33, 38, 48, 226 27,15 33, 48 27,16 19, 33, 35, 122, 225 27,17–18 48 27,17 33 27,18–23 33, 35, 225 27,18–20 33 27,18 32–33, 35, 38, 223–224, 226 27,19–23 33 27,19 31, 33 27,20 33–34, 35, 38, 238 27,21–23 19, 33 27,22–23 122 27,22 124 27,23 19, 22, 33 27,24–27 32–33, 35, 223–224 27,24–25 33, 38, 226 27,24 33, 48 27,25–29 40 27,25 38, 40, 48, 241 27,26–28 48 27,26–27 33 27,26 226 27,27–29 43, 49 27,27–28 48
Stellenregister
27,27
22, 32–35, 38, 46, 225–226, 238 27,28–29 46, 144 27,28 13, 32, 34–35, 38–39, 43, 46, 50, 74, 223–224, 226, 238 27,29 ff. 31 27,29–30 35, 225 27,29 18, 34, 43, 46 27,30–33 33, 35, 48, 224 27,30 22, 33, 38, 53 27,31–45 122 27,31 32–33 27,32 32–33 27,33–34 35 27,33 33, 35, 42, 52 27,34 34–35, 52, 225 27,36–38 35 27,36 34–35 27,37 32, 34–35, 225 27,38–40 35 27,38 34–35, 124, 128, 225 27,39–41 35, 37, 225 27,39–40 34 27,39 13, 18, 34–35, 38, 74 27,40 18, 34 27,41–28,9 117 27,41–45 122 27,41–44 35, 224 27,41 33–34, 48 27,42–45 32–34, 48, 226 27,42–44 54 27,42–43 33 27,42 32, 50, 53, 119 27,43 32, 63, 116, 120 27,44 33 27,45 33, 35, 54, 224 28 5, 13, 59, 64, 68–71, 74–76, 79, 81–83, 85–87, 89, 94–95, 102–103, 106, 108, 111, 114, 116, 125, 134, 223, 225–226, 232, 235–238, 240–241 28,5 48 28,10 ff. 149 28,10–29,1 58, 68, 109, 224
28,10–22
275
3, 9, 13, 66, 70, 89, 91, 116–117 28,10–19 111 28,10–12 64 28,10–11 59 28,10 58–59, 63–64 28,11–22 64 28,11–19 82, 223–224 28,11–13 64 28,11–12 59, 64, 72–73 28,11 58–61, 64, 66, 103, 106, 223 28,12–13 59, 61 28,12 58–61, 64, 66, 72–73, 75, 85, 86, 223 28,13–16 59, 62, 78 28,13–15 3, 58–59, 62–63, 69 28,13–14 62–63 28,13 3, 58–59, 61–65, 74, 78, 238 28,14 62–63 28,15 59, 62–63, 148 28,16–19 64 28,16–17 59, 62 28,16 3, 58–64, 77, 238 28,17–19 61, 64, 225 28,17–18 59, 62 28,17 58–62, 64–66, 78, 86–87, 93, 221, 226, 238–239 28,18–19 58 28,18 58–60, 64, 66, 78, 81, 84, 104, 115, 223, 240 28,19 58–64, 66, 81, 91, 115, 223 28,20–22 58–59, 63–64 28,21 59, 238 28,22 58–59, 61, 63, 78, 81 29–33 64 29–31 158 29,1–32,2 224, 228 29 119–120 29,1–14 117 29,1 13, 58–59, 63–64, 111, 129, 223 29,2–32,2 113 29,2–32,1 122 29,2–30 122
276
Stellenregister
29,2–12 134 29,11 125 29,13 112 29,15–30,24 117 29,17 121, 124 29,18–30 138 29,31 18 31,1–32,22 117 31 116, 122–123, 158, 165 31,2–32,2 157, 162–166, 168, 170, 232, 241 31,2 158, 168 31,4–5 158 31,7–9 28 31,10–13 67 31,13 81 31,14 116, 158 31,17 158, 168 31,19–22 163, 168 31,19 114 31,20 158, 168 31,21–23 114 31,21 114, 146, 158 31,22–32,2 158 31,22–23 114 31,22 32, 116, 120, 232 31,23 113–115, 164, 168 31,24–25 62, 67 31,25–32,2 14, 113, 241 31,26–28 114 31,26 114–115, 158, 163–165, 168, 223 31,28 115, 158, 164, 168, 223 31,30 114 31,31 114, 158, 164, 168, 223 31,32–35 114 31,36–42 114 31,38–43 114 31,42 114 31,43–32,1 10 31,43–32,2 43 31,43–44 114, 164, 168 31,43 114, 158, 223 31,44–54 114 31,44 113–114, 158, 223 31,45 113 31,46–49 113
31,46
43, 113–114, 158, 165–166, 168, 223 31,47 115 31,48 113–115 31,49 114–115 31,50 43, 114 31,51–53 114 31,51–52 113 31,53–54 114 31,54 113 32–33 93, 134, 225 32 14–15, 60, 71, 76, 89, 95–97, 102–106, 108, 111–112, 116–117, 130, 213, 220, 223, 233, 236–238, 240 32,1–2 113–114, 129, 158, 223 32,1 43, 115, 166, 168, 240 32,2–3 116 32,2 166 32,4 18 32,14 88 32,21 91 32,22–33,4 224 32,22 88–90 32,23 ff. 149 32,23–33 6, 10, 13, 64, 87, 103, 111, 116–117, 122, 184, 238, 241 32,23–32 87, 90, 97, 109, 224 32,23–30 223 32,23–25 90 32,23–24 225 32,23 88–94, 97, 129, 223, 225 32,24 89–90 32,25–29 101 32,25–27 97 32,25 88–90, 96–97, 104, 111, 223, 240 32,26 88–89, 92–93, 100, 223 32,27–30 89 32,27–28 96 32,27 88–89, 92–94, 97, 104, 223, 226, 240 32,28–30 91–92, 97, 112, 117, 225, 228 32,28–29 92 32,29 87, 92, 97, 103, 226
Stellenregister
32,30–31 96 32,30 88, 91–92, 94, 97, 223 32,31–32 91 32,31 88, 89, 90–92, 97, 115 32,32–33 89 32,32 88–89, 91–92, 94, 97, 104–105, 108, 223, 239 32,33 88, 91–92 33 14, 96–97, 110–112, 115–116, 128 33,1 ff. 98 33,1–20 117 33,1–4 97, 109, 112, 122, 242 33,1–2 111 33,1 89, 111, 223–224, 233 33,3–4 122, 127 33,3 110–111 33,4 89, 110–112, 115, 118, 223–224, 226, 233 33,5–7 111 33,8–15 112 33,8 111 33,10 91, 93 33,12–15 111 33,14–16 19 33,14 18 33,16 18 35 64, 95 35,1–16 64 35,2 23 35,6–7 64 35,7 82 35,9–15 64 35,10 93 35,14 79, 81, 84 35,20 79 37,5–10 67 37,5 32 37,9–10 62 38,27–30 22 40,5–19 67 41,1–32 67 41,4 62 41,7 62 41,8 32 41,14 23, 32 41,21 62 41,22–24 62
277
42,21 149 45,26 32 48,10 112 48,25 39 Exodus 2–4 137 2 120, 225 2,1–10 50, 117, 119 2,5 119 2,11–14 117, 120 2,15–22 119–120 2,15 96, 117, 120 2,16–21 117 2,20–21 120 2,21–22 117 2,21 129 2,27 118 3,1–4,17 117 3 91, 133, 192 3,3–4 92 3,7–9 192 4 96 4,18–23 117 4,22 96 4,24–26 96, 117–118 4,25 129 4,27–31 117 4,27 118 9,8 193 9,10 193 9,27 32 14–15 133 18,2 129 19,18 193 33,20 91 Numeri 6,5 22 6,18 22 13,20 38 22–24 43, 48, 50, 76, 226–227, 232, 238, 241 22 77 22,4–8 49 22,4–6 47–48 22,5–20 44 22,5–6 48
278 22,5 32, 48, 50 22,6–21 49 22,6 34, 41 22,7–8 48 22,7 47 22,8–10 49 22,8 47, 49 22,9–12 238 22,9–10 49 22,12–20 44 22,12 34, 49 22,13 77 22,18 55 22,21–22 49 22,21 44, 47–48, 77 22,22–35 44 22,22–27 44 22,22 44, 49 22,28–30(31) 44 22,31–32 44 22,34–35 44 22,36 44, 47–49 22,37–38 44 22,37 32, 50 22,39 47–49 22,41–24,11 44 22,41 48–49, 240 23,1–2 46–47 23,2 46–49 23,3–5 49 23,4 46 23,8–9 45 23,14 46–47 23,15–17 49 23,19–20 45 23,22–24 45 23,29–30 46–47 23,29 47 23,30 46–49 23,39 240 24,1 49 24,2–9 48 24,2–4 49 24,2 49, 238 24,3 ff. 45 24,3–9 48 24,3–4 45 24,4 45, 50
Stellenregister
24,5–9 46, 226 24,5–7 46 24,7–9 45–46 24,7 46, 49, 241 24,8 46, 49–50, 239, 241 24,9 34, 46, 49, 241 24,10 44–45, 47–49 24,12–13 44 24,14–24 44 24,15–16 45 24,25 47–49 Deuteronomium insgesamt 229 13,9 31 15,5 31 33,13 38 33,28 38 Josua 7,9 186 9,1–12 159 9,3–15 165, 169–170 9,3–9 159 9,3–5 158, 163 9,3 169 9,4–5 158, 169 9,4 158, 163–164, 169 9,6–15 157–158, 163–166, 232 9,6–8 158 9,6 164 9,8 158, 164–165, 169 9,9 158–159, 164, 169 9,10 159 9,11–17 159 9,11–13 158, 164, 169 9,11 158 9,13 159 9,15 159, 166, 169 9,16–37 159 9,16–27 166 9,16 159 9,18–21 159 9,18 166 9,22–23 159 9,24 159 9,25–27 159
Stellenregister
24 64 24,9 32 Richter insgesamt 64 2,4 125 4,6 32 5,20 105 6,2–6 178 6,3 60 6,24 151 6,33 60 6,35 32 7,12 60 7,24 32 8,10 60 9,8–15 103, 233 9,9 103 9,13 103 11,1–11 171 11,7 171 11,12 171 13–16 233 13 22–23 13,5 22 13,6 92 13,7 22 13,17–18 92 14–15 23–24 14,5–6 23–24, 123 14,7–15,8 23 15,8 23 15,11 23 15,14–17 23 16 23 16,13 23 16,17 22 16,18 32 16,19 23 16,22 23 16,26–30 23 17–21 198 19–20 198–199 19 14, 196–199, 220, 232 19,1 196 19,8 114 19,11 ff. 196
19,13 58 19,14 197 19,15 196–197 19,16 58, 196–197 19,17–20 196 19,17 197 19,19 197 19,20 197 19,21 196–197 19,22–24 198 19,22 196–197 19,23–25 197 19,24 198 19,25–26 197 19,29 197 20 196, 198–199 20,4–6 198 20,4 196 20,5 186 20,16–48 198 20,19–48 197 20,40–42 197 20,40 198 20,48 197 21,2 125 26,7 58 26,11–12 58 26,16 58 1 Samuel insgesamt
5, 15, 120–121, 134–135 1–2 7 1 22 1,9 114 2,26 103 3 7, 70 3,15 62 4,13–14 193 9,11 84 11,4 125 15 46, 122 16 123, 125–126, 133 16,1–13 123 16,11 121 16,12 121, 123–124 16,14–23 123 16,18–19 121
279
280 16,21 120–121 17 121–123, 131 17,15 121 17,33–37 123 17,34 121 17,42 121, 123 18 121, 123, 125 18,1 121 18,5–16 120, 122 18,16 121 18,17–29 121–122, 124 18,20–28 160 18,20 121 18,22 121 18,28–19,2 122 18,28 121 19 129 19,8–17 121 19,9–18 160 19,9–17 120, 122–124 19,11–17 124 19,12 124 19,13 122 19,16 122 19,18 124 19,19–21 32 20–30 140 20,1 124 20,17 121 20,27 171 20,41–42 122, 127 20,41 112 21,2–22,5 120, 122 21,10–15 179 21,11 124 22,11 32 22,17 124 23–24 120, 122 24 120, 122, 124 24,17 124–125, 127 25 125 26 120, 122, 125 26,17 124–125 27,1–6 179 27,4 124 28,3–25 120, 122 30,4 125 31 120, 122
Stellenregister
2 Samuel insgesamt 5, 15 3 178 3,6–21 157, 159–160, 163–167, 169–170, 177, 227, 232 3,6–8 160, 163, 169 3,6 163 3,7–8 160 3,7 171 3,8–12 163 3,8 159 3,9–10 159–160 3,11–13 160 3,11 160, 163, 169 3,12–13 160, 163–164, 169 3,12 159, 164–165, 169 3,13 160 3,14 160 3,15–16 160 3,15 160 3,17–19 159–160 3,19–21 160 3,19 159 3,20–21 166, 169 3,20 159–160, 164–165, 169 3,21 159–160, 166, 169 3,32 125 3,35 165 9–20 51 10,5 32 11–12 7 12,20 23 12,21 114 13,36 125 14 170 14,1–23 157 14,10 157 14,32 171 21,15–22 123 21,19 123 24,21 171 1 Könige insgesamt 5, 15, 229 1–2 51 1 43, 50–51, 53–57, 226–228, 232, 238
Stellenregister
1,1–4 53 1,1 51, 53–54 1,4 51 1,5–8 53 1,5–7 51 1,5 53–54 1,6 53 1,7–8 54 1,7 53–54 1,9–10 54 1,9 51, 53 1,11–14 51, 53 1,11–13 54 1,12 53–54 1,13 54 1,15–34 54 1,15–31 53 1,15–27 50–51 1,15 54 1,16–18 54 1,19 53–54 1,20 53 1,21 53 1,25 51, 53–54 1,29–30 52–53 1,30 53 1,32–35 54 1,32 53 1,34 52 1,35–37 53 1,38–45 54 1,38–40 52, 54 1,38 54 1,39 52, 54 1,40 54 1,41–49 54 1,41–48 52–53 1,41 51–52 1,43–45 54 1,46–48 53 1,49–51 54 1,49–50 52, 54 1,49 54 1,50–53 52–53 1,50–51 54 1,50 52 1,51–53 32 1,51–52 53
281
1,51 54 1,53 53–54 2 53 2,29–30 32 2,36 32 2,41–42 32 3 18, 21, 68–69, 71, 74–75, 109, 152 3,4–15 67, 224, 226–227, 232, 238, 241 3,4–5 70 3,4 67, 170, 241 3,5 67–68, 238 3,6–14 67 3,6–8 68 3,7 67 3,9 68 3,10–11 67 3,11–13 68 3,11 67–68, 238 3,12 68 3,13 68 3,14 67–68 3,15 62, 67–68, 72 3,16–28 224 5 70 5,4 180 5,10 60 11 120 11,40 130 12,2 130 18,31 93 19 233 19,3–21 67 19,4–8 22 19,6 58 19,8–18 22 19,13 22 19,19 22 2 Könige insgesamt 5, 15, 229 1–2 233 1,4 22 1,7 22 1,8 22 1,9 22 2,1–18 161
282
Stellenregister
2,8 22 2,11 161 2,13–4 22 4 22 6 178, 224 6,8–23 157, 160, 162–167, 169–170, 177, 227, 232, 238 6,8–13 162 6,8–12 163, 169 6,8 163 6,9 161 6,10 161–162 6,13–14 32 6,14–15 162, 164, 169 6,14 162 6,15–18 161 6,15–17 161–162 6,15–16 161 6,15 161–162 6,17 161 6,18 161–162, 186 6,19 161–165, 169 6,20 161–162 6,21–22 162 6,21 161, 165 6,22–23 165, 169 6,22 162, 165, 169 6,23 162, 166, 169 9,11 171 11 6, 7, 43, 48, 50–53, 55–57, 138–140, 227–228, 232, 238 11,1–5 55 11,1 51, 55 11,2 51, 55 11,3–4 55 11,3 51, 55 11,4–11 51, 55 11,4–5 55 11,6 55 11,7–9 55 11,7 55 11,9–10 51 11,9 55 11,11–15 55 11,11 55
11,12 52, 55 11,13–14 52, 55 11,13 55 11,14 52, 55 11,15–16 53 11,15 51, 53 11,16–17 55 11,16 52, 55 11,17 52, 55 11,18–19 55 11,18 51 11,19–20 55 11,19 52–53, 55 11,20 52, 55 17,34 93 Jesaja 1,21 215 5,7 192 6–8 226 6,5 91 11,14 60 14 105 14,12 104 20 226 35,5 161 42,7 161 45,5 ff. 222 50,2 171 60,1–3 106 Jeremia 5,7 166 7,23 31 13,18 58 20,16 193 49,28 60 Ezechiel 13,7 45 13,13–14 222 25,4 60 25,10 60 38,22–23 222 Hosea 12 93
Stellenregister
Amos 5,5 153 8,14 153 Jona 4,7–8 105 Nahum 2,4
41, 161
Haggai 1,10 38 Sacharja 12,4 161 13,4 22 Maleachi 3,20 106 Psalmen insgesamt
193, 221, 226, 238 17,11 186 36,7–9 103 36,8 103 57 104, 233, 240 57,2 104 57,5 104, 105 57,7 104, 105 57,8–9 104 57,9 104–105 57,10 104 57,12 104 72 143–144, 233, 240 72,1 144 72,5–9 144 72,8 145 72,17 144 73,3 180 88,18 186 102,27 23 108,4 104 112,4 106 119,83 193 133,2–3 38 148,8 193
Hiob 1,3 60 2,12 125 5,24 180 8,16 144 9,5 150 14,18 150 15,21 180 18,4 150 21,9 180 25,2 180 38,7 105 38,12 104 Proverbia insgesamt 180 3,2 180 3,17 180 6,31 180 7,14 180 11,31 180 13,13 180 13,21 180 16,7 180 19,17 180 20,22 180 22,27 180 25,22 180 Ruth 1,9 125 1,14 125 Esther 4,1 193 Esra 10,5 166 Nehemia 9,35 38 1 Chronik 15,14 166 22,1 62 2 Chronik 1 18
283
284
Stellenregister
Jüdisch-hellenistische Schriften Buch der Jubiläen (4Q223–244) insgesamt 146
Chester Beatty Papyrus VII 41
Alter Orient Sumerische Texte Bilgames und Akka, Kurzepos insgesamt 171–177, 214, 229, 234 Z. 1–47 176 Z. 1–2 172, 176 Z. 3–39 172 Z. 40–47 172 Z. 42 174 Z. 48–49 172, 176 Z. 50–58 172 Z. 59–64 172 Z. 65–83 173, 176 Z. 65 174 Z. 84–92 173 Z. 84 174 Z. 93–99 173 Z. 100–113 176 Z. 100–111 173 Z. 102–103 174 Z. 104–106 173 Z. 111–112 173 Z. 112–113 173, 180 Z. 112 176 Z. 113 176 Z. 114–115 173 Enmesch und Enten insgesamt 28 Flutgeschichte insgesamt 204, 207, 213, 235 II,13‘–18‘ 211, 218 III,15‘–19‘ 206, 219 IV,3 ff. 205, 219 IV,6–7 211 V,1–4 204, 219 V,1 216
V,2 211 V,8–10 214, 219 Gudea-Zylinder A–B 70 A I–II 57 A I,12–VII,8 70 A I,17 ff. 62 A V,11–19 86 A VIII,2 70 A XXI,19–23 86 A XXII,24–XXIV,7 84 Hochzeit des Martu insgesamt 28 Klagen über Sumer und Ur (LSU) Z. 367 207, 219 Klagen über Uruk LW A 1–6 LW 3,7–10
207 216
Lugalbanda-Epos insgesamt 70 I 331–353 70 I 352–353 62 Lugalbanda-Traum Z. 346
100
Menologie des Astrolab B insgesamt 100 Schulgi Hymnus C Z. 136–137
99
285
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Z. 52–56 Z. 57–59 Z. 144–149
„Tod des Bilgames“ Nippur-Version insgesamt 100, 136 Z. 25–35 71
136 136 136
„Traum des Dumuzi“ Z. 15–69 71 Z. 17–18 62
Meturan-Version insgesamt 234
Akkadische Texte Adad-guppi-Inschrift II 5 ff. 70 Adapa-Epos, Amarna-Version (VS 12194 = EA 356) insgesamt 234 Vorderseite, Z. 37‘–40‘ 85 Altbabylonischer Fluch über Akkade Z. 147–150 216 Altbabylonisches Gebet bei der Opferschau (HSM 7494) Z. 9 86 Asarhaddons Apologie insgesamt 130 Assurbanipals Annalen insgesamt 145 Atramchasis-Epos insgesamt 77, 204–205, 210–213, 221, 234 AB insgesamt 200 I,77 209 I,241–242 209 I,353–359 219 I,354–359 207 II,i 1–8 207 II,i 2–8 219 II,i 3–8 207 II,vi–viii 206, 219
II,vii 31–32 209 II,viii–III,vi 204 III 208 III,i 1–35 205, 219 III,ii 40–45 213 III,ii 51–iii 20 ff. 204 III,ii 51–52 204, 219 III,ii 53–iii 20 ff. 219 III,iii–iv 208 III,iii 5 216 III,iii 20 209 III,iii 23 209 III,vi 25 f. 208 III,vi 45 ff. 208 III,vii 1 ff. 208 Assyrische Version (K 3399+3934 [S], Rv. iv) Z. 2–16 207 Spätassyrische Version II,iii (?), 14–15 205 Beschwörungsserie LKA 154 (+) 155 insgesamt 214–215 Z. 58–65 214 Z. 66–79 214 Z. 58–60 214 Z. 74b–76 214 Z. 75 217 Emar VI/3 Nr. 369 Nr. 369, Z. 34–35 Nr. 370, Z. 41–43 Nr. 371 Z. 10
105 81 81 105
286
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Nr. 373, Z. 32, 57–58 81 Nr. 375, Z. 14, 16 81
Megiddo-Tafel (Msk 74128d) insgesamt 7–8
Enuma Elisch insgesamt 234, 239 I,21–28 208 I,22 209 I,24 208 I,25 208 I,37–40 208 V,9 86 VII,92 85 VII,127 85
SB insgesamt
Gilgamesch insgesamt
15, 23–24, 28, 56–57, 126–127, 138, 145, 205, 207, 221, 229–230, 234
AB insgesamt 26, 112, 130, 233 P 15 128 P 37 128 P 39 ff. 128 P 46–47 25 P 106–109 27 P 107 24 P 175 ff. 97 P 183–189 25 P 198–199 97 P 200–239 26 P 200–226 96 P 200–217 97 P 218–230 97, 99 P 218–226 97 P 234–240 97 Y 108 Y 10–25 26 Y 18 ff. 97 Y 18–19 112 Y 217 ff. 108 Y 249–271 108 Y 268–271 172 Emar-Tafel (Msk 7498n++) insgesamt 7–8
8, 57, 71, 97, 112, 125, 127–131, 134–135, 171, 221, 233 I–II 134–135 I 15, 200, 210–212 I,1–23 8 I,60 25 I,63–78 210–211 I,63–76 128 I,73–74 218 I,74 210 I,78 210 I,77–78 128 I,78–79 218 I,79–104 132 I,79–98 128 I,79 211 I,94–98 211 I,94 211 I,95 ff. 97 I,101–104 25 I,105–112 24–25 I,107 25 I,109 25 I,113–117 25 I,134–300 57 I,178–203 25 I,185 25 I,192 25 I,215–223 26 I,243–298 57 I,243–271 71 I,244–298 128 I,245 61 I,259–260 128 I,272–297 71 I,274 62 I,286–287 128 I,317 128 II 96–97 II,100 ff. 97 II,100–115 26, 96 II,107–112 126 II,111–112 97
287
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II,113–115 97 II,162–192 26 II,162 97 II,178 ff. 97–98 II,178–183 112 II,193–VI,4 126, 129, 134–135 II,216–240 127 III,13–135 ff. 57 III,37–45 128–129 III,43 ff. 108 III,46–115 129 III,120–128 127 III,121–128 128 III,124–128 26 IV 15, 75, 138 IV,5–33 71 IV,5–9 108, 135 IV,5 171 IV,38–55 71 IV,38–42 108, 135, 171 IV,38 171 IV,83–110 ff. 71 IV,83–87 108, 135 IV,83 171 IV,125–129 135 IV,166–170 135 V 108 V,27 ff. 127 V,249–275 127, 129, 131 V,275 127 VI,3–4 23 VI,15–16, 21 99 VI,156 138 VII 131 VII,93 ff. 108 VII,92–161 26 VII,146–147 25 VII,254–267 26 VIII,1 ff. 108 VIII,3–6 25 VIII,50–51 25 VIII,50 26 VIII,65 ff. 108 VIII,90–91 25 VIII,92 ff. 108 VIII,213 ff. 108 IX,1–XI,320 129 IX,1–18 25
X,1–91 57 X,92–107 130 X,106 130, 145 X,155–183 129 XI 15, 77–78, 204, 208, 210–212, 234–235 XI,11–14 211 XI,14–18 206, 219 XI,19–47 205, 219 XI,19 206 XI,23 211 XI,87–91 213 XI,87–89 205, 219 XI,89 204 XI,94–133 204 XI,94–96 204, 219 XI,97–137 219 XI,97–109 216 XI,97–98 213 XI,97 219 XI,101 211 XI,102 216 XI,104–105 216–217 XI,105 211 XI,134–141 217, 219 XI,185–195 208 XI,185–186 208 XI,212 ff. 57 XI,323–328 8 Tell Harmal-Tafel insegsamt 75, 118 I,3–6 102 I,7–8 107 I,11–14 102 I,12–13 107 Gilgamesch-Tafel aus Ugarit (RS 94.2006 = MB Ug1) Z. 14–15 210 Grayson 1991 A.0.99.2, Z. 74 A.0.101.18, Epigraph, Z. 1 A.0.101.38, Z. 40 A.0.101.52, Rv. Z. 9‘ A.0.102.3, Z. 94–96 A.0.102.28, Z. 13.19
84 84 84 84 84 84
288 Idrimi Inschrift insgesamt
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Z. 1–2 Z. 3–42 Z. 3–4 Z. 4 Z. 5–6 Z. 7–8 Z. 7 Z. 8–12 Z. 13–34 Z. 13–18 Z. 20–27 Z. 27–28 Z. 28–30 Z. 30–34 Z. 35–42 Z. 39–42 Z. 100
6–7, 15, 130, 137–141, 144, 236 137 137, 141 137 140 138 140 138 138 140 138 138 138 139 139 139 139–140 144
Igigu-Mythos insgesamt
204, 210
Inschrift Tukulti-Ninurtas II. (AO 4655+VAT 10422) insgesamt 145 Z. 52 145 Z. 59–60 145 Z. 140–145 145 Inschriften Tiglatpilesers I. ingesamt 145 Ischum und Erra insgesamt 209 I,41–42 209 I,61 209 I,74–75 209 I,81–82 209 I,173–174 216 IV,66–69 209 Maqlû, Abwehrzauber-Ritual insgesamt 214–215, 235, 240 II,71 218 II,76 218 III,82 218
III,87 218 III,166–169 217 V,19–25 214 V,73 218 VI,69–105 218 Mari Briefe ARM 26 207 = ARM 10 4 100 Mari Msk. 74243 (Krönungshymnus), s. RS 1979–25 Nabonid-Zylinder I–III 70 Nergal und Ereschkigal, Epos insgesamt 154, 234–235 Sultantepe (STT 28) Z. 13‘–16‘ 85 RS 1979–25 (Krönungshymnus) insgesamt 144 Z. 1 144 Z. 8–10 144 Z. 15–22 144 SAA 3.2.15‘ 180 SAA 3.3.9–10 (Hymnus an die Ischtar von Nineveh und die Ischtar von Arbela K 1290) rs. Z. 9–10 180–181 SAA 3.11.12–14 (Krönungshymnus von Assurbanipal VAT 13831) 180 SAA 3.32.11 180 SAA 4 (Assarhaddons Befragungen des Sonnengotts) SAA 4.20.4–10 181 SAA 4.21.1‘–4‘ 181 SAA 4.30.4 ff. 181 SAA 4.31.4 ff. 181 SAA 4.43.9–11 181 SAA 4.44.8 ff. 181 SAA 9.2.3 (Orakel der Ischtar von Arbela von Lā-dāgil-ili an Asarhaddon) SAA 9.2.3.17‘–20‘ 209 SAA 9.2.3.19‘ 210
289
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SAA 9.3.3 (Orakel Assurs/Ischtars von Lā-dāgil-ili an Asarhaddon K 2401) 235 SAA 9.3.3,10–25 221 SAA 9.3.3,10–11 222 SAA 9.3.3,10 221 SAA 9.3.3,11 221 SAA 9.3.3,12–13 221 SAA 9.3.3,14 221 SAA 9.3.3,15–19 221–222 SAA 9.3.3,15 221 SAA 9.3.3,16 222 SAA 9.3.3,17 222 SAA 9.3.3,18–19 222 SAA 9.3.3,20 222 SAA 9.3.3,21 222 SAA 9.3.3,24–25 222 SAA 9.3.3 II,15–16 86
SAA 9.5 (K 6259), Z. 3 221 Sargon-Legende Z. 12 ff.
62, 71
Schamasch-Hymnus insgesamt Z. 55–56
104, 235 181
Schwarzer Obelisk Salmanassars III. insgesamt 145 Thronbesteigungslied Assurbanipals insgesamt 143 Tukulti-Ninurta-Epos (assyrisch) insgesamt 28
Ägyptische Texte Anubis-Bata-Märchen (Ägypten) insgesamt 28
Geschichte des Schiffbrüchigen insgesamt 130, 227
Bachatna-Stele Z. 24–28
Königsnovelle Thutmosis‘ IV (Sphinx-Stele) insgesamt 69
71
Erzählung des Wenamun insgesamt 130
„Sojourner’s tale“ insgesamt
Erzählung von Sinuhe insgesamt 123, 130, 142
Stelen des Amenhotep II in Memphis und Karnak Z. 20–22 70
117, 130
Hethitische Texte Fragment Nr. 16 (ABoT 48) Z. 4–9 29 Bo 6871 insgesamt
101, 235
CTH 4 (Annalen Hattusilis I., KBo 10,1–2) 145 CTH 81 (Apologie Hattusilis III.) 75
CTH 81 I 36–39 71 CTH 81 III 4–6 71 CTH 81 IV 7–16 71 CTH 81 IV 20–23 71 CTH 81 IV 71–75 81 CTH 360 (Appu-Märchen) 28–30, 75, 110, 235–236, 240 CTH 360 1 i 9–21 28 CTH 360 1 i 16–21 29
290
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CTH 360 1 i 38–ii 9 29 CTH 360 1 i 38–45 75 CTH 360 1 iii 7/17 29 CTH 360 1 iii 7–9/18 29 CTH 360 1 iii 10–16/18–22 29 CTH 360 1 iii 23–24 29 CTH 360 1 iv 1–2 29 CTH 360 1 iv 3–33 29 CTH 406 (Beschwörungsritual der Paškuwatti an die Göttin Uliliyašši) 82 CTH 406 III 11‘–19‘ 82 CTH 406 IV 1–21 (KUB VII 5, 7, 8) 82, 235 CTH 406 IV 11–16 82 CTH 699 (KBo 21.34) 101, 235 CTH 699 I 59–II 3 101 KUB XIII.2 iii 1–3 81 KUB XV.31 vs ii 17–19 85 KUB XXV.23 i 8 ff. 102 KUB XXX.10 (Gebet des Kantuzilis) 75 KUB XXXI.88 iii 1 81 KUB XXXIII.108 ii 15 ff. 101 KUB LVIII.33 iii 20–21 81 Kessi, die Erzählung vom Jäger insgesamt 28 Ugaritische Texte KTU 1.1–1.6 (Baal-Zyklus) 74, 215 KTU 1.3 II 38–41 38 KTU 1.3 III 32–35a 42 KTU 1.4 VII 49–52 39 KTU 1.4 VII 51 103 KTU 1.5 II 12 215 KTU 1.5 II 16 ff. 215 KTU 1.6 III 4–13 39, 74 KTU 1.6.VI 54–58 3 KTU 1.12 (Hydrophorie) I 7–8 105 KTU 1.14–1.16 (Keret-Epos) 7, 15, 67, 69, 73–75, 236 KTU 1.14 72 KTU 1.14 I 31 ff. 72 KTU 1.14 I 33–37 72
KTU 1.14 I 34 73 KTU 1.14 I 36 72 KTU 1.14 I 50–51 72 KTU 1.14 II 9b–11 41 KTU 1.14 II 9 41 KTU 1.14 III 46–52 72 KTU 1.14 III 52–54 41 KTU 1.14 VI 31–32 72 KTU 1.15 II 39 KTU 1.15 II 16b–20 39–40 KTU 1.15 II 21 ff. 40 KTU 1.15 III 16–17 43 KTU 1.15 V 9–11 40 KTU 1.16 V 39–43 40 KTU 1.17–1.19 (Aqhat-Epos) 7, 15, 41–42, 73, 78, 236 KTU 1.17 72, 74 KTU 1.17 I 2 ff. 72, 74 KTU 1.17 I 3–5 73 KTU 1.17 I 13–15 73 KTU 1.17 I 15–16 73 KTU 1.17 I 23–24 41 KTU 1.17 I 26–27 78, 80 KTU 1.17 I 34–37 40 KTU 1.17 I 34 73 KTU 1.17 I 38 ff. 40 KTU 1.17 I 44–45 78 KTU 1.17 II 1–8 73 KTU 1.17 II 16–17 78 KTU 1.17 V 28b–39a 40 KTU 1.19 I 38–46a 39 KTU 1.19 II 41–44 42 KTU 1.19 II 44b–48a 42 KTU 1.19 IV 22bff. 41 KTU 1.19 IV 22b–25a 41 KTU 1.19 IV 29–31 41 KTU 1.19 IV 32–33 41 KTU 1.19 IV 34–35a 41 KTU 1.19 IV 36b ff. 41 KTU 1.19 IV 41b–43a 41 KTU 1.19 IV 43b–46 41 KTU 1.23 (El-Mythos) Z. 51–55 105 KTU 1.100 (Beschwörung von Schlangenbiss und Gift) 107 KTU 1.100 Z. 51 f. 105 KTU 1.107 (Beschwörung von Schlangenbiss und Gift) 107
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KTU 1.107 Z. 43 105 KTU 1.119 (Gebet für die belagerte Stadt) Z. 24–25 84
KTU 1.123 (Götterliste) Z. 11
105
Phönizische, aramäische und hebräische Literatur Achiqar-Sprüche insgesamt 142 6,91–92 142–143 54,14 (= Kol. X) 143 Inschrift von der Zitadell von Arauna insgesamt 180 KAI 26 (Azatiwada Inschrift) A i 11–12 180 KAI 26 A iii 2–4 180 KAI 27 (Amulette aus Arslan Taş) 106, 237 KAI 27 Z. 1–28 107 KAI 201 (Melqart-Stele) Z. 1 83 KAI 201 Z. 4 83 KAI 202 (Zakkur-Stele) A, Z. 1 83 KAI 202 B, Z. 13 83 KAI 214 (Hadad-Statue), Z. 1 81, 83 KAI 214 Z. 14–18 81 KAI 214 Z. 14–15 83 KAI 214 Z. 21–22 81 KAI 215 (Panamuwwa II.-Statue) Z. 1 83 KAI 215 Z. 23 103 KAI 222–224 (Sfire-Verträge) 80, 82 KAI 222 B, 23 80 KAI 222 B, 33 80 KAI 223 B, 9 80 KAI 223 B, 18 80 KAI 223 C, 2–3 80 KAI 223 C, 6–7 80 KAI 223 C, 9–10 80 KAI 223 C, 13 80
KAI 224, 4 80 KAI 224, 14 80 KAI 224, 17 80 KAI 224, 23 80 KAI 225 (Grabstele des šnzrbn), Z. 9–11 215 Khirbet Qeiyafa-Inschrift insgesamt 2 ktmw-Stele Z. 5 Z. 10–13
79 79
Pferde-Stirnplatte aus dem Heraion von Samos insgesamt 146, 237 Scheuklappen aus dem Heiligtum des Apollon Daphnephoros in Eretria aud Euböa insgesamt 146 Tell Deir ʿAllā Text Kombination I insgesamt Z. 1 Z. 2 Z. 3–4 Z. 3 Z. 6 Z. 10
45, 75, 87, 104, 133, 236–237, 239 45, 75–76 76 77 62, 77 77 77
Kombination 2 Z. 6
76
292
Stellenregister
Patristische Texte Eusebios von Caesarea, Praeparatio evangelica (PE), Phönizische Geschichte insgesamt 28 1.10.9 27 1.10.10 27
1.10.11–14 27 1.10.23 79 Lukian, De dea Syria 55 41
Autorenregister Abusch, T. 214–215, 217 Achenbach, R. 2 Adam, K.-P. 125 Aharoni, Y. 178 Albertz, R. 33, 47, 114, 165, 193, 207–208 Al-Rawi, F. N. H. 15, 100, 108, 127, 136 Altmann, P. 43 Ambos, C. 84–85 Anderson, A. A. 160 Annus, A. 98–99, 214 Arneth, M. 89–90, 92, 94–95, 143–144, 199 Astour, M. C. 56, 137 Attridge, H. W. 27–28, 41, 79 Auld, A. G. 123 Averbeck, R. E. 70 Avishur, Y. 15, 39, 103, 106–107, 120, 180 Axelsson, L. E. 155 Azize, J. 98, 100, 143 Bagg, A. M. 178 Barré, L. M. 55 Bartelmus, R. 24, 197, 200 Barthes, R. 6 Barton, J. 10 Baumgart, N. C. 15 Baumgarten, A. I. 27–28, 79 Beaulieu, P.-A. 70 Becker, U. 3, 61–64, 89, 171, 178, 197–198 Becking, B. 154 Belnap, D. L. 43 Ben-Amos, D. 3, 6, 8–9, 12 Ben Zvi, E. 191 Berge, K. 31, 35, 59–60, 63, 83 Berner, C. 120, 137
Bloch-Smith, E. 79 Blum, E. 2–3, 5, 10–13, 17–21, 28, 31–32, 34–35, 43, 49, 56, 58–64, 66, 75, 77, 88–90, 92–93, 95, 100, 114–116, 146, 148, 150–154, 182–184, 191–193, 238 Blumenthal, E. 142 Bochart, S. 79 Boecker, H. J. 3, 31, 34, 57–58, 61, 63–64, 114, 148, 150–151, 153–154 de Boer, P. A. H. 88, Boling, R. G. 159 Bonnet, C. 27 Borger, R. 145 Budde, K. 19 Butler, S. A. L. 15, 75 Campbell, A. F. 123, 160 Caquot, A. 75–77, 106–107 Carr, D. M. 2, 10, 62, 67–69, 93, 96, 144, 199 Cavignaux, A. 100, 136 Chen, Y. S. 135, 204, 207, 209, 211–212, 216–217, 219–220 Civil, M. 204, 214 Clark, W. M. 14, 199, 203–204, 221 Cogan, M. 7, 51, 54–55, 67–69 Conklin, B. W. 107 Coote, R. 93 Cross, F. M. 106–107 Dalley, S. 85, 209 Delitzsch, F. 27 Dietrich, M. 16, 27, 39–42, 72–75, 78–81, 100, 105, 137–139, 142–144 Dietrich, W. 5, 53, 88–92, 113, 116, 120, 123, 125 Donner, H. 46, 80–81, 83, 103, 106–107 Dorsey, D. A. 179 Dozeman, T. B. 15
294
Autorenregister
Dressler, H. H. P. 40 Driver, G. R. 39 Durand, J.-M. 16, 79–81, 120, 137–139 Edenburg, C. 179 Eder, C. 99 Edzard, D. O. 56, 172–174 Ehrlich, E. L. 59, 68 Eimermacher, K. 6 Eising, H. 13, 17–18, 31–34, 63–64, 66, 89, 92, 95–96, 114 Eissfeldt, O. 39 Elliger, K. 10, 93, 95 Espak, P. 136 Faust, A. 2 Fenton, T. 39 Finkel, I. 207 Finkelstein, I. 2, 5, 10, 60, 63, 87, 93, 95, 116, 238 Fishbane, M. 9, 10 Fitzmyer, J. A. 81 Fleming, D. E. 80–82, 105 Fohrer, G. 22 Fokkelman, J. P. 58–59, 63, 71, 74, 94, 104 Foster, B. R. 204–205 Frantz-Szabó, G. 84 Frayne, D. 23 Frazer, J. G. 102 Fritz, V. 159, 162, 170 Fulco, W. J. 180 Gadotti, A. 136 von Gall, A. Fr. 45–46 Gaster, T. H. 24 Geller, S. A. 88–89, 95, 105 George, A. R. 7–8, 15, 24–26, 96, 98–100, 102, 107–108, 112, 127, 131, 171–172, 204, 208, 210–211, 213, 216, 230 Gerhards, M. 15, 26 Gerstenberger, E. S. 18 Gertz, J. C. 1, 8, 199–200, 204 Gevirtz, S. 34, 39, 43 Gibson, J. C. L. 106–107, 180 Gillischewski, E. 184–185, 187, 191–193 Ginsberg, H. L. 39 Glassner, J.-J. 98–99
Gnuse, R. 7, 15, 67, 69–71, 74 Gomes, J. F. 59, 63 Gordon, C. H. 39 Görg, M. 159 Graesser, C. F. 79, 81, 83 Grayson, A. K. 84, 145 Greenstein, E. L. 16, 72 Groß, W. 23–24, 44, 171, 196–198 Gunkel, H. 3, 9, 16–19, 59, 66, 83, 88–89, 92, 94–95, 114–115, 148, 150–151, 153, 158, 182–187, 189–194, 198–199 Gurney, O. R. 82, 102 Güterbock, H. G. 84 Haas, V. 15, 28, 71 Hackett, J. A. 76–77 Hagan, H. 51 Hagedorn, A. C. 22, 24, 27–28 Hallo, W. W. 15 Halpern, B. 53, 55 Hamilton, V. P. 76, 89 Hamori, E. J. 8, 14–15, 24, 27, 57, 96–98, 100, 112, 129–130 Harris, R. 57, 129 Hartenstein, F. 15, 26, 56–57, 131 Hecker, K. 70, 99 Heintz, J.-G. 10 Hendel, R. S. 2, 4–6, 10, 15, 27, 41, 47, 50, 84–85, 96, 102, 106, 108, 117–120, 127, 128, 230 Hentschel, G. 10, 54–55, 68, 88, 90–91, 94, 123, 160–162 Herbordt, S. 79 Hermisson, H.-J. 90, 92, 94–95 Herrmann, S. 69 Hoffmeier, J. K. 71 Hoffner Jr., H. A. 15, 28–29, 75, 82 Hoftijzer, J. 75–77 Holzinger, H. 17–19, 33, 35–38, 43–45, 49, 59–60, 184–187, 191 Homès-Fredericq, D. 84 Honigman, S. 9 Horálek, K. 28 Horowitz, W. 85–86 Hossfeld, F.-L. 104, 144 van den Hout, Th. P. J. 71 Houtman, C. 74, 78, 85 Hüllstrung, W. 96
Autorenregister
Hupfeld, H. 3, 62, 153, 155 Husser, J.-M. 15, 44–45, 58, 60, 62–63, 67, 69, 72–77, 90, 92, 94, 104, 106 Hutter, M. 78–83, 85–86, 105, 154 Hutzli, J. 11, 125, 229 Irvin, D. 5–6, 12, 15, 28, 40, 188, 191 Ishida, T. 15, 51, 55–56 Izre’el, S. 85 Jaago, K. 2, 9 Jaago, T. 2, 9 Jackson, J. J. 40 Jacobsen, T. 204–206, 209, 211 Jakob-Rost, L. 28 Jamieson-Drake, D. W. 1 Janowski, B. 16, 215 Janzen, D. 43 Jensen, P. 14–15, 24, 97, 128 Jepsen, A. 59, 96, 152 Jeremias, J. 1–2, 15, 153 Jirku, A. 15 Jones, G. H. 161–162 Kaiser, O. 1–2, 53, 95 Kämmerer, T. R. 85, 208–209 Kammerzell, F. 71 Katz, D. 172–175 Keel, O. 16, 23, 153, 178, 187, 189, 215, 240 Kestemont, G. 43 Kilian, R. 2, 148–150, 153–154, 182–187, 189–193 Kim, K. 3, 7, 12, 15, 67, 70–72 Kirkpatrick, P. G. 5–6 Klein, J. 173, 175 Klein, R. W. 121, 123, 125 Knauf, E. A. 64, 159 Köckert, M. 3, 62–64, 85, 89, 92–93, 95, 101, 148, 151, 154 Koenen, K. 58–59, 62–64, 81 Köhlmoos, M. 63, 85 Kottsieper, I. 142–143, 146, 239 Kramer, S. N. 204, 211–212 Krašovec, J. 187 Kratz, R. G. 1, 22, 32, 53, 88, 91–93, 111, 113–114, 116, 123–124, 138, 146, 153, 155, 182, 184, 186, 189, 199, 221
295
Küchler, M. 153, 178 Kümmel, H. M. 71, 145 Kutsch, E. 10, 114, 166 Kutter, J. 16, 105–107, 143, 214–215 Kvanvig, H. S. 199, 204, 207–210, 218, 221 Kyrieleis, H. 146 Lambert, W. G. 85, 181, 204, 207, 214 Landsberger, B. 84 Langlamet, F. 53 Launderville, D. F. 209 Lehmann, G. 178 Lemaire, A. 55, 75–77, 81 Lemardelé, C. 23 Levin, C. 1–4, 13–14, 17–20, 22, 31–35, 37, 41, 43–46, 51–52, 55, 57–65, 88–89, 91–93, 95–96, 111, 114–116, 118–119, 133, 138, 144, 146, 148–155, 157, 182–187, 189–195, 199–203, 210, 239 Levine, B. A. 76 Lewis, T. J. 105 Lichtheim, M. 71 Lipiński, E. 3, 79, 82 Lipton, D. 58, 62, 69–71, 74, 86 Liverani, M. 2, 6–7, 16, 55, 66, 118, 130, 138–140, 144 Livingstone, A. 143, 180 Livneh, A. 146 Long, B. O. 18–19, 53, 55–56, 90, 160, 162, 189 Longman III, T. 3, 7, 15, 70, 119, 137, 140–141 Loretz, O. 15–16, 38–42, 72–75, 78–81, 105, 137–139, 142–144 Luther, B. 92 Lüthi, M. 30 MacDonald, N. 43 Machinist, P. 207, 209 Marcus, D. 16 Margalit, B. 40–42, 73, 79 Marti, L. 55, 130 Maul, S. M. 7–8, 24–25, 66, 98, 112, 127, 132, 135, 143–144, 171–172, 204, 208, 213, 216, 239 Mayer, W. 79–81 Mayer-Opificius, R. 23, 141
296
Autorenregister
McCarter, P. K. 15, 75–77, 121, 123, 159–160 McKenzie, J. L. 92, 95–96 Meletinskij, E. 6 Mettinger, T. 79–82 Metzler, K. A. 85, 208–209 Meyer, E. 27 Millard, A. 83 Millard, A. R. 204, 207 Miller, P. D. 84 Miscall, P. D. 120 Mittermayer, C. 127, 135–136 Mobley, G. 22–28, 57, 98 Moore, M. S. 76–77 Moran, W. L. 204, 206–208, 210 Morandi Bonacossi, D. 79 Morrow, W. S. 11 Muhlestein, K. 227 Mulder, M. J. 68, 77, 72 Müller, G. G. W. 85, 209 Müller, R. 44, 77, 103–104 Na’aman, N. 146, 179 Naumann, T. 7, 53, 120, 123, 147 Nelson, R. D. 159, 163 Niditch, S. 5–6, 10, 12, 14, 198 Niehr, H. 142–143 Niemann, H. M. 178 Nihan, C. 124 Nissinen, M. 100, 209–210, 221–222 Nõmmik, U. 94, 104, 144, 182, 192, 226 Noort, E. 178–179 Noth, M. 32, 53, 67–68, 148, 150, 153, 155 Oblath, M. 58, 61–62, 85 Oden, R. A. 14, 27–28, 41, 79, 199, 201–204, 208, 211 Offner, G. 98–99 Oller, G. H. 16, 140–141 Opificius, R. 108 Oppenheim, A. L. 70, 99, 137 Orelli, J. C. 27 Oren, E. D. 178 Ornan, T. 7–8, 229–230 Otten, H. 71, 101 Otto, E. 13, 17–19, 34, 58–60, 63, 66, 88–92, 114
Ottosson, M. 116 Otzen, B. 39 Pakkala, J. 12 Pardee, D. 40, 79–80, 84, 105 Parker, S. B. 15, 28, 41, 63, 67, 72–75, 79, 104–105 Parpola, S. 86, 171, 221–222, 239 Pettinato, G. 207 Pfeiffer, H. 196–199 Pitard, W. T. 39, 83, 103 Polak, F. H. 2, 11 Poliakoff, M. B. 14, 97–98, 100 Popko, M. 79 Propp, W. H. C. 5, 96, 117, 119, 130 Propp, V. 5–7, 140 Puech, É. 75–77 de Pury, A. 2–3, 9–10, 43, 58–59, 63–64, 66, 79–80, 83, 85, 88, 120 von Rad, G. 17 Ranke, K. 30 Ray, J. D. 153 Reiner, E. 181 Rendtorff, R. 2 Renger, J. M. 99, 172, 229–230 Renz, J. 149, 180 Ribichini, S. 79 Rittig, D. 84 Rochberg-Halton, F. 86 Röllig, W. 79–83, 103, 106–107, 146 Rollinger, R. 98–100 Rollston, C. A. 2 Römer, T. 1–2, 5, 10, 60, 63, 83, 87, 93, 95–96, 116, 118–119, 130, 183, 189, 193, 215–216, 238 Römer, W. H. Ph. 62, 70–71, 100, 172–174, 204–206, 211, 214, 216 Rose, M. 44 Rössler, O. 81 Rost, L. 44 Rudnig, T. A. 44, 53–54, 56 Rudolph, W. 45 Saley, R. J. 106–107 Sallaberger, W. 7, 127 Sanders, S. L. 8, 146 Särkiö, P. 68–69
Autorenregister
Sauerwein, R. 161 Sauren, H. 43 Scaliger, J. J. 27 Scharbert, J. 154 Schipper, B. U. 130 Schmid, H. H. 180 Schmid, H. 2, 148, 151–155, 164 Schmid, K. 1–2, 4–5, 10, 15, 62, 118, 137, 199 Schmidt, L. 2, 10, 44, 88–89, 92–93, 95, 151, 160, 191, 193 Schmitt, E. 43 Schmitt, H.-C. 44–46, 93, 161–162 Schöpflin, K. 74, 191–192 Schottroff, W. 155 Schwemer, D. 214, 217 Seebass, H. 4, 44–46, 49, 81, 89, 91 Seidl, U. 79, 84 Seow, C. L. 15, 18, 69, 71–74 Siegelová, J. 28–29 Sigrist, M. 80 Skinner, J. 153 Smend, R. 43, 52, 114, 165 Smith, M. S. 39, 103 Smith, W. R. 41, 83, 92 von Soden, W. 204, 206–207, 216 Soggin, J. A. 24, 34, 37 Sparks, K. L. 141 Specht, H. 197 Speiser, E. A. 13, 17, 24, 26–27, 35, 37, 186 Starr, I. 86, 181 Steymans, H. U. 7, 99, 136, 230 Stipp, H.-J. 2, 23–24, 26, 161, 196, 198 Stoebe, H. J. 123–125, 160, 165 Stol, M. 186 Stolz, F. 4, 123, 125, 160, 165 Sweeney, M. A. 160 Tawil, H. ben Y. 12, 23–24, 112, 171, 180, 186, 202, 208, 217–218 Thiel, W. 2, 148, 150–151, 154 Thompson, T. L. 89, 153, 157, 185 Tigay, J. H. 8, 15, 25, 27, 98–100, 102, 133, 136, 176, 204, 210, 213 Timm, S. 45–46, 93 van der Toorn, K. 3, 9, 11, 82, 229 van Trigt, F. 94–95, 100
297
Tropper, J. 72 Tsevat, M. 101–102 Tuch, F. 62, 64 Uehlinger, C. 240 Ünal, A. 28 Van Seters, J. 2, 4, 13, 17, 30, 34, 43–44, 46, 62–64, 113, 119–120, 123, 141, 144, 148, 150, 153, 171, 179, 182–183, 189, 192, 199–200, 207, 212, 221 Vater, A. M. 7 de Vaux, R. 83 Veijola, T. 53–54, 67–68, 125, 160 Veldhuis, N. 136 Vermeylen, J. 53, 123–126 Virolleaud, C. 13, 39 Völter, D. 15, 32, 95 Volz, P. 11, 17, 31, 59, 88, 92, 114 Vrolijk, P. D. 89 Wahl, H.-M. 17–20 Wälchli, S. 68–69 Weigl, M. 142–143 Weimar, P. 87–89, 92, 94, 111 Weippert, H. 76–77 Weippert, M. 75–77, 210, 221 Wellhausen, J. 17, 33, 44–45, 59, 88, 114–115, 123–124, 150, 187, 191–193, 198 Wenham, G. J. 14, 183, 191, 199–203 Wenning, R. 23 Westenholz, J. G. 207, 216 Westermann, C. 3, 14–15, 17–20, 24, 26–27, 31, 33–37, 39, 43, 46, 57–60, 63–66, 88, 91–92, 148–150, 153, 164–165, 182, 184–185, 189–193, 196, 199–204, 216 Wevers, J. W. 20, 35–37, 92, 94, 110, 113–114, 151, 155–156, 183–184, 186–188, 191, 194–195 Whybray, R. N. 4, 53, 56 Willi-Plein, I. 155 Wilson, J. A. 69–71 Witte, M. 23–24, 44–46, 49, 199–203, 221 Wöhrle, J. 153–154 Worthington, M. 79–80, 83 Wright, G. E. 159
298
Autorenregister
Würthwein, E. 53, 55–56, 68–69, 161–162 Wyatt, N. 40 Zenger, E. 23, 104, 144 Zevit, Z. 79, 83, 239 Zgoll, A. 15, 70–75
Ziegler, N. 25 Zimmerli, W. 155, 182, 185, 188–189, 191, 193 Zobel, H.-J. 34, 39 Yoon, S.-H. 15, 123–125
Stichwortregister Aaron 118 Abel 30 Abimelech 16, 148–157, 162, 164–168, 170–171, 173–179, 181, 227 Abner 157, 159, 162–165, 167, 169–171, 178 Abra(ha)m 2, 19–20, 22, 28, 30, 46, 64, 146, 148, 150–151, 153, 155–156, 178, 181–185, 187, 190–193, 195, 217, 219–220, 225, 227, 231, 240 Abrahamerzählungen, -Episoden, -Tradition 14, 28, 148–150, 152–154, 171, 178–179, 181, 183–184, 193, 225 Abraham-Abimelech-Episode 157 Abraham-Isaak-Erzählungen 30 Abraham-Lot-Zyklus, -Erzählung 183–184, 193, 196 Absalom 157, 171 Abschied im Frieden (Motiv) 152, 157–158, 166, 168–169, 232 Abwehrriten 215 Achisch 120, 179 Adad 216 Adad-nārāri 84 Adam 26 Adapa 85 Adda-guppi 56 Addu (Gottheit) 105 Adonija 51–54 Agag 46 Ägypten 118, 130–131, 148, 154–155 Ahnengötter 79 Ahnenkult 141 Ahusat 153, 156, 164, 168, 173–174, 176, 179 Akka 171–176, 178, 180 Alalakh 137, 139, 141 Altar 47, 52, 55, 64, 151, 156
Altersschwäche (Motiv) 53–54 Amalek 44 Ambivalentes Schicksal (Motiv) 131, 135, 141 Amenhotep II 70 Ammon 182, 186–187, 190 An (Gottheit) 176 Anat 39, 41, 74 Ankündigung der Geburt (Motiv) 185–186, 195 Ankündigung der Katastrophe, (göttlicher) Auftrag (Motiv) 200–201, 205–206, 212, 219–220, 222, 232 Anu(m) 85, 132, 208, 210 Anunnaki-Götter 209, 216 Anzu-Vogel 216 Apologie 55 Appu 28–29, 75 Apsu 208 Aqhat 40 Aram, Aramäer 83, 160–167, 169–170, 178 Arauna 171 Arche 200–205, 219 Armentheologie 227 Arpad 80 Aruru 132 Asarhaddon 55–56, 181 Assur 44, 86, 221–222, 239 Assurbanipal 70, 84, 180 Assurnasirpal 84 Assyrer 170 Atalja 50–52, 55–56, 138, 232 Ätiologie, -isch 4, 14, 18–19, 49, 60–61, 64–65, 67, 71, 78, 82, 87–88, 90–97, 103, 111–112, 114–115, 117, 124, 133, 136, 142, 150, 152–153, 182, 189–190, 211, 224–228 Atramchasis, s. Uta-napischti
300
Stichwortregister
Aufenthalt in der Wildnis (Motiv), s. Wanderung in ein fremdes Land Auffachen, -stehen (Motiv) 62, 68, 70–71, 77, 87, 104, 232 Aufstiegserzählung 4 Auftrag (Motiv), s. Ankündigung der Katastrophe Autobiographie 7 Azatiwada 180 Baal 16, 39, 55, 73–74, 239, 241 Badtibira 211 Baitylos 79 Balak 32, 44–48, 50 Bar-ga’jā 80 Barhadad 83 Batseba 50–51, 53–54, 56 Beerscheba 63, 65, 151–153, 156, 178–179 Begräbnisritual 79 Behaarte Haut (Motiv, )שׂער13, 18, 20–27, 33, 35–36, 121, 126 Beistand, göttlich 108, 132–133, 135, 139, 141, 146, 233, 236, 241–242 Beistandsformel 63, 69, 108 Ben-Ammi 5, 201 Benjamin, Benjaminiter 159, 162, 198 Beschneidung 96 Beschwörung 106–107 Besichtigung der Folgen der Katastrophe (Motiv) 217, 219 Bethel 58–62, 64–66, 68–69, 72, 75, 78, 81–83, 85, 87, 93, 103, 111–112, 116, 135–136, 141–143, 223, 225, 228, 235, 237–239 Bethel-Ätiologie 4–5, 63 Bethel-Episode, -Erzählung 3, 13, 15, 59, 63–64, 66–67, 69–72, 74, 77–78, 82, 84, 86, 91, 104, 109, 111–113, 133, 139, 142–143, 146–147, 223, 226, 230, 232–233, 236–238, 240–241 Beth-Elohim 59, 61, 239 Bethlehem 198 Betsaida 85 Bewirtung, Gastfreundschaft (Motiv) 15, 40, 120, 182–185, 187, 190, 195, 198, 200, 224, 231 Bikolon 32, 46, 62, 93, 192
Bileam 44–49, 75, 77, 226, 232, 239–241 Bileamgeschichte, -Erzählung 43–44, 47–49, 57, 75–77, 133, 238, 241 Bilgames, s. Gilgamesch BIR-ḪUR-tu19-ra 174–176 Bitte an einen Gott (Motiv) 29 Blindheit (Motiv) 51 Bogen 35, 40, 43, 236 Bosheit (Motiv) 200–201, 206, 210, 219 Bote(n), göttliche ( )מלאכים44, 58–59, 61–63, 65–66, 72, 74–76, 85, 182–184, 188, 194, 215, 237, 242 Bote(n), königliche ( )מלאכים163–164, 167, 169, 172, 176 Botensendung (Motiv) 12 Brautwerbung 20, 43 Bronzezeit, -lich 42, 220 Brückentext 13, 58, 89, 91, 95, 112–113, 116 Brüder 17, 19, 21, 24, 26–28, 30, 35–38, 96–98, 109–111, 113, 116–118, 121, 126, 128, 131, 134–135, 138–141, 143, 233, 235 Brunnen 117, 119, 120, 135, 150–153, 156–157, 162, 164, 168, 171–172, 174, 176 Bund, s. Vertrag Bundeslade 68 Bundesschluss (Motiv), s. Vertragsschluss Chiasmus, chiastische Struktur 34, 58, 60, 93 Dämon, dämonisch 95–96, 106–107 Danil 40–42, 72–74, 78–79 Dareios 7 Datierung 1–2, 5, 13, 18, 67, 75 David 5, 7, 30, 50–51, 53–54, 120–131, 133–135, 137–138, 140, 147, 157, 159–160, 162–164, 167, 171, 177–178, 227 Daviddynastie 51 David-Erzählungen 4, 7, 14, 124, 131, 140 Debora 32 Deir-ʻA llā 76 Delila 24, 32, 57 Demonstrativum 90 Deuteronomistisch 31, 63, 120, 159
Stichwortregister
Dialog 29, 33, 38, 67–68, 72, 75, 88, 94, 101, 112, 114, 132, 157–158, 160, 162–169, 173, 187, 191, 226, 232 Dialog (Motiv), s. Verhandlung Direkte Rede 21, 34, 60, 76, 157, 167, 173, 188, 195 Djoser 71 Doppelepisode, -Bericht 21, 29, 31, 38, 69, 109–110, 112, 152, 155, 165, 167, 171, 175, 224, 235 Dotan 164, 177–178 Dumuzi / Tammuz 23, 71
Ea / Enki 85, 205–206, 208, 218–219 Edom 5, 13, 18–19, 26, 33–35, 44, 93, 109, 122, 124, 131, 135, 141, 225, 238 El 16, 39–40, 49–50, 59–60, 72–74, 76, 82, 87, 90, 103, 104, 105–106, 132, 142–143, 236–237, 239–240 Elhanan 123 Elia 22, 24, 26, 30, 67, 233 Elia-Erzählungen 22, 161 Elion 104 Elisa 30, 67, 157, 160–164, 165, 167, 169–170, 177–178 Elohim 16, 32, 38–39, 44, 49, 58–59, 61, 64, 67–68, 72, 75–76, 82, 87, 93, 103, 104, 133, 160, 233, 237–240 Elohim-Schicht 62 Elohist, elohistisch 19, 33, 49, 59, 63–64, 93, 114, 153 Emar 105, 138, 141, 144 Enkidu 13, 15, 24–27, 30, 57, 96–99, 107–108, 112, 126–135, 138, 171, 173–176, 211, 233 Enlil 85, 132, 136, 207–208 Enoch 199–200 Entu 81 Ephraim 93 Epiphanie (Motiv) 12 Eridu 211 Erlistung (des Segens, Motiv) 17, 22, 30, 35, 110, 122, 135 Eröffnungsformel 45, 46 Erra 28, 208–210 Errakal 216 Erstgeburt, Erstgeburtsrecht, Verkauf des 13, 17, 19–22, 26, 29–30, 109, 122, 131
301
Erwachen, s. Auffachen Erwerb, s. Erlistung Erzähltypus (Narrativtypus) 12–13 Esau 13–14, 16–22, 24–30, 32–37, 41, 48–49, 53, 88, 93, 95, 97–98, 104, 109–110, 112–113, 120–122, 124, 126–128, 130–132, 134–135, 141, 223–225, 233, 241–242 Essen und Trinken (Motiv) 35, 38, 48, 50, 114–115, 152, 197, 232 Euphrat 145–146 Eva 57 Exodus-Erzählung, -Geschichte, -Motiv 117–118, 128, 132–133, 137, 154 Familienüberlieferung 9 Feindschaft, s. Rivalität Felle von Ziegenböcken 33, 36 Festessen, Festmahl, s. Mahlzeit Feuer 195, 222, 234–235 Fluch, Fluchen (Motiv) 29, 35, 44, 48–49 Flucht (Motiv) 32–35, 116–117, 120, 122–124, 127–130, 137–138, 140, 142, 158, 162–163, 168 Flut, s. Sintflut Fluterzählung, s. Sintflut-Erzählung Folkloristik, -isch 5, 10, 141, 198 Frauen, Rolle der 56, 116, 128–130, 134, 141, 149, 157, 163, 168, 175, 229, 236 Frauengestalt, listige, dramatische 57, 117, 119, 121 Fremdling 197 Freund(schaft) 26–27, 97, 112, 122, 124, 127 Frieden ( )שׁלום14, 151–152, 155–156, 160, 162, 165–166, 168–169, 175–176, 179–181, 228–229, 235, 242 Friedensschluss, Lösung, friedliche Lösung (Motiv) 14, 43, 113, 151–152, 157, 174–177, 234–235, 241–242 Friedensvorschlag 152 Fruchtbarkeit 48, 236, 241 Fruchtbarkeitssegen 43, 46 Furt 89, 95 Gastfreundschaft (Motiv), s. Bewirtung Gat 120, 122, 130, 135, 179
302
Stichwortregister
Gattung 3, 11 Gebet 132, 135, 161 Geburt (Motiv) 12, 17, 21, 29–30, 117, 119, 125 Geburtsepisode (-Erzählung) 18–20, 22, 93, 109, 119 Geburtsorakel 18 Gefahr, Todesgefahr (Motiv) 157 Gefährdung der Ahnfrau (Motiv) 153–155 Gegenüberstellung zweier Personen (Motiv), s. Konflikt Gelübde 59, 63–65 Gerar 149–151, 153, 155–156, 163–164, 168, 177–178, 224 Gerecht (Appus Sohn) 29, 110 Gerechtigkeit 16, 144, 181 Geruch der Kleider 34 Geschrei, s. Lärm (Motiv) Gibea, Gibeaniter 196–199, 220, 232 Gibeon, Gibeoniter 67–68, 157–159, 162–164, 166, 169–170, 232, 241 Gideon 32 Gilead 114–115, 136, 171, 177–178 Gilgamesch, Bilgames 7–8, 13–15, 24–27, 30, 56–57, 66, 71, 96–100, 102, 107–108, 112, 125–131, 133–136, 138, 142, 171–177, 180, 200, 210–211, 214, 218, 233, 237 Gilgamesch-Tradition (-Zyklus) 97–98, 100, 102, 107–108, 110–112, 125–134, 137, 142, 178, 206, 210–211, 225, 229, 230, 233–234, 240 Gira 214–215, 217, 240 Girsu 70 Gizzida 85 Goliat 121–123, 131, 134, 137 Gomorra 182, 190–192, 195 Göttersöhne 199 Götterstatue 101 Götterversammlung 77 Gottesbegegnung 90, 117 Gottheit 95, 101–102, 104–107, 117, 132–133, 135, 142, 144 Grabstele, -Denkmal 79–80 Gründungslegende 65 Gudea 56–57, 70, 84 Gürtel 99
Hadad 239 Hagar 22, 28, 50, 67 Ham 200 Handlung (narrative Einheit) 5–6, 8, 12 ḫapirū 138, 141 Haran 37, 64, 129, 135–136, 141, 178 Harmakhis-Khepri-Re-Atum 69–70 Harmonie, -isch, -ische Ordnung, Balance (auch Motiv) 98, 110–111, 113, 127, 143–144, 151, 179, 208–209, 235, 243 Harran 70, 215 Hasael 146 Hattusili III. 7, 71, 84 Hebat 81 Hebron 159, 178–179 Heilige Hochzeit 98 Heiligtumslegende 95 Heirat (Motiv) 142 Ḫepat (Gottheit) 101, 105 Herakles-Herkules 23 Herrschaftsanspruch 46 Himmel 58, 61, 65–66, 76, 78, 85–86 Himmelfahrt 161 Himmelstor, Tor des Himmels 58, 61–62, 65–66, 78, 84, 87, 221–222, 234–236, 240 Höflichkeitsformel 183 Hofsprache 32, 116, 119, 227 Hoftradition 54, 56–57, 147 Horeb 67 Horus 119 Hüfte 88, 92–94, 100 ḫumāšu 100 Humbaba (Huwawa) 7, 24, 98, 108, 126–131, 133–136, 138–139, 171 Hungersnot 148, 155 ḫuwaši-Stein 102 Huwawa, s. Humbaba Hypsouranios 27, 30, 110 Identifikationsfigur, -Träger 7, 48–52, 56, 66, 112, 126, 134, 135, 141, 147, 226–227, 230, 232 Identität 1, 8, 62, 69–70, 83, 125, 133, 136–137, 140, 142, 170, 227–228, 240 Identitätsbildung 7–9, 12, 56, 228 Idrimi 7, 130, 137–142
Stichwortregister
Ikonographisch 7, 23–24, 40–41, 66, 86, 98–99, 108, 136, 142, 223, 229–230 Ilimalku 3 Initiative, dramatische, Vollzug der (Motiv) 31–33, 38, 41–43, 48, 50–51, 53–56, 116, 126, 128–129, 134, 232, 236 Initiative, göttliche 45, 132, 205 Inklusio(n) 3, 66, 86, 92, 94, 223, 226 Inkubation (Motiv) 7, 18, 67, 71, 73–75, 79, 82, 171, 235 Inthronisation, s. Thronbesteigung Intrige (Motiv), s. Initiative, dramatische Irreversibilität (Segen) 37, 47 Isaak 2, 16–22, 29, 31–38, 40, 42, 47, 51–53, 65, 110, 121–122, 124, 148–152, 154–157, 162–168, 170–171, 173, 175–178, 181, 186–187, 223–227, 238, 241 Isaak-Abimelech-Erzählung 14, 151–152, 158, 163, 175, 177, 224–225, 227–228, 234, 238, 241 Isaak-Erzählungen, -Überlieferung 14, 30, 63, 113, 148, 158, 171, 179, 181, 223–225, 227, 234, 239 Isaak-Esau-Erzählung 32, 57, 223, 226, 228, 230 Isaak-Rebekka-Geschichten, -Episode 21, 113, 154 Isch-Baal 160, 162–163, 167, 169, 171 Ischtar 75, 132, 210, 218 Ischum 28 Ismael 20, 22, 26, 50 Israel, -itisch, Israeliter 1, 5, 16, 18–19, 26, 33–35, 44–49, 56, 64, 87, 90–95, 97, 102–103, 106, 109, 112, 117–118, 136, 141–143, 146–147, 155, 158–165, 167, 169–170, 178, 181, 187, 197, 223–228, 230–231, 233–234, 237–239 Itinerar 58–59, 63, 65, 111, 116, 123, 129, 145–146, 154 Jabbok 87–88, 91, 93–94, 112, 116, 135–136, 141, 143, 146, 225, 228, 230 Jabbok-Episode 5, 13, 15, 95–96, 98, 102–105, 108–109, 111, 113, 118, 132, 136, 142–143, 146, 184, 213, 225–226, 233, 235–236, 241
303
Jael 41 Jahwe 3, 16–18, 20, 29, 32, 34–36, 38–39, 44, 46, 49, 55, 58–59, 61–65, 67–69, 74, 76, 82, 87, 95–96, 104, 106, 112, 117–118, 129, 131–133, 148, 150–151, 155–156, 159–161, 183–184, 187, 189–195, 199–203, 205–206, 210–211, 218–219, 222, 226, 237–239, 243 Jahwe-Edom-Schicht 30 Jahwe-Schicht 15, 44, 62, 186, 189, 194, 196, 199–203, 205–206, 210–211, 216–221, 232–233, 235 Jahwist, -isch 2, 4, 15, 17, 19, 31–32, 34–35, 46, 49, 59, 61, 63–64, 93, 114–116, 118, 120, 150, 154, 159, 183–184, 186–187, 191, 193, 199–201, 210 Jahwisierung 3, 15, 240 Jakob 2–3, 5, 13, 15–22, 27–30, 32–38, 41–43, 46–47, 49, 51, 53, 56, 58–66, 68–69, 71, 74, 77–79, 84, 87–90, 92–97, 100–101, 104, 106, 109–116, 120–122, 126–130, 132–138, 141, 143, 145–147, 157–158, 162–164, 166, 168, 170, 177–178, 224–228, 232, 234–235, 237–238, 241–242 Jakoberzählung(en), -Zyklus, -Überlieferung 4–5, 9–10, 13–14, 30, 32, 35, 50, 58, 63, 66, 68–69, 71, 84, 89, 91, 93, 95–96, 104, 108–109, 112, 116–122, 124–142, 146, 156, 223–225, 227, 231, 233–234, 236, 238–239 Jakob-Esau-Zyklus, -Geschichte, -Erzählungen, -Tradition 13, 18, 20, 26, 28, 31, 54, 58, 63, 69, 88–90, 93, 98, 113, 116, 124, 126–127, 158, 225, 242 Jakob-Laban-Zyklus 13–14, 58, 64, 89–90, 93, 113, 116, 158, 224–225, 228 Jeftah 171 Jehu 160, 171 Jerobeam 130, 238 Jerusalem 5, 64, 67–68, 178, 179 Joab 157 Joasch 51–52, 55–57, 138, 140, 227 Jojada 51, 55–56 Jonathan 54, 121–122, 127, 171 Joscheba 51, 55–56 Joseph 110
304
Stichwortregister
Josephszyklus, -Erzählungen 5, 10, 64, 111, 118 Josua 158, 162–164, 169–170 Jotamfabel 103, 233 Juda, judäisch, Judäer 1, 16, 117, 125, 144, 147, 162, 170, 178, 181, 221, 223–224, 231, 233, 238–239 Judith 41 Kain und Abel (Erzählung) 22, 28, 30 Kakka 85 Kanaan, kanaanäisch 138, 142, 200 Keniter 44 Keret 39, 40, 72 Kessi 28 Kisch 172–173, 176–178 Kizzuwatna 101 Klage 221 Klangspiel 89, 94, 111 Kniestellung 99 Kolometrie 93 Kommunikativer Kontext 8 Kommunikative Situation 11 Konditionalsatz 93 Konflikt, Gegenüberstellung, Auseinandersetzung, Konfrontation, Streit (Motiv) 112, 115–116, 120, 124, 126–131, 134–135, 137–138, 141, 143, 152–153, 157–158, 160, 162–164, 168–169, 172, 174, 176–177, 195–196, 200, 212–213, 219, 222, 230, 232, 234, 242 Konfliktlösung (Erzähltypus) 157–177, 179, 228, 232, 234, 242 König, -in, -lich 3–4, 6–8, 16, 18, 32, 40, 44, 50–53, 55–57, 66, 68–72, 74, 79–80, 83–84, 86, 100–103, 106, 109, 119–122, 130, 133, 135–137, 139–144, 146, 153, 155, 157, 159–160, 162–165, 167, 169, 171, 173–176, 179–181, 212, 214, 221–222, 228, 234–235, 237, 240, 243 Königserzählungen, -Legende 32, 68, 117, 130, 145 Königshof 3–4, 9, 13, 57, 71, 116, 119–120, 126, 128, 135–136, 147, 170–171, 177–179, 223, 227, 229–232, 235, 237–239
Königsideologie, -isch 5, 14–15, 56, 83–84, 87, 100, 142–144, 147, 171, 181, 231, 233, 237, 240, 242 Königstöchter 9, 116 Königszeit, vorexilisch 2, 4–5, 13, 16, 102–104, 144, 170, 199, 221, 228, 231, 233, 240, 243 Königtum 100, 102, 143, 159, 212, 227, 236 Konzentrische Struktur, konzentrischer Aufbau 58, 66 Koschar-und-Chasis 40 Kraft (Motiv) 23–25 Kultgründer, -ung 58, 69, 228, 234, 242 Kulthandlung, kultishe Handlung 67–71, 74, 79, 82, 133, 139, 141, 232, 236 Kulthöhe 67, 240–241 Kultobjekt 95 Kultstätte, -ort 58, 62, 66, 68, 82, 133, 232 Kultstein, -Stele 61–62, 78, 80, 82, 235, 237, 241 Kurzprosa 177 kusarikku 98, 100 Küssen 110, 112, 114–115, 118, 127 Laban 20, 28, 32, 37, 43, 49, 93, 113–115, 121–122, 138, 143, 146, 157–158, 162–164, 166, 168, 170, 178 laḫmu 23, 24, 98–99 Larak 211 Lärm, Geschrei (Motiv) 193–194, 196, 206–212, 219, 221, 234, 242 Lawazantija 101 Lea 42, 110, 113, 116 Legitimation, Legitimität 7, 56, 61, 69, 139, 140, 228 Levante, levantinisch 180–181 Levit 196 Libanon 129, 131, 135 Libation 81, 84, 86, 171–172 Liebe (Motiv) 121, 123, 134 List, Überlistung, Hinterlist, listige Handlung, Verheimlichung (Motiv) 21, 37–38, 41, 50–51, 56–57, 109, 121–123, 128–130, 134, 141, 157–159, 162–164, 168–170, 175–177, 232–234, 236, 242 Lösung des Konflikts (Motiv), s. Friedensschluss
Stichwortregister
Lot 2, 16, 28, 30, 182–183, 185–191, 193–195, 197–198, 200–203, 212, 218–219, 227, 230–231, 238, 240 Lot-Sodom-Erzählung, -Legende 14, 182, 184–186, 189–190, 193, 196, 198–199, 201–207, 211–214, 216–217, 220–221, 223–225, 228, 230, 232, 234, 236, 239, 242 Lots Frau 187–188, 190–191, 193, 195, 200 Lots Schwiegersöhne 187, 194 Lots Töchter 182, 186–188, 194, 198, 200 Löwenkampf, -tötungsszene, s. Tierkampf Lugalbanda 172 Lus 63, 65 Magisch 41, 43, 48–50, 52, 100, 232 Mahl, -Zeit, -Versammlung, Festmahl, Bankett (Motiv) 12, 39–41, 43, 47, 49, 51–52, 54, 57, 67–68, 113–114, 156–158, 160, 162, 164–166, 168–169, 176, 179, 194, 232, 236, 239, 241 Makkabäerzeit 146 Mamre 178, 183 Märchen 5–7, 24, 28, 138 Marduk 85, 239 Martu (sumerisch) 28 Massebe 13–14, 58, 60–62, 65–66, 68, 71, 77–79, 81–86, 106, 111, 113–114, 133, 139, 240–241 Matīʻ-’el 80 Meerwunder-Erzählung 133 Melqart 83 Merab 121–122 Michal 121–123, 129–130, 135, 137, 160 Midian 119, 130 Mirjamlied 133 Mithras 23 Mizpa 114–115 Moab 5, 44, 47, 49, 182, 186–187, 190, 201 Monarchische Zeit, s. Königszeit Monolog 31–33, 38, 48, 51, 53–54, 58–59, 62–64, 69, 114, 167, 173, 189, 191, 197, 211, 226 Monotheismus, monotheistisch 16, 206, 239
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Morgen, Handlung am (strategischer Moment, Motiv) 47, 66, 71, 95, 106–107, 114–115, 133, 146, 152, 156, 166, 168, 175–176, 179, 181, 184, 193, 195–196, 213, 215, 219, 234, 241 Morgendämmerung (-Röte) 14, 88, 93, 105, 188, 194, 197, 212–213 Mose 50, 96, 117, 127–128, 130–131, 137, 192 Mose-Erzählungen, -Zyklus 5, 10, 14, 50, 117–120, 126–129, 131, 133–134, 137, 140, 225, 231 Motivkette, s. Motivkomplex Motivkomplex 27, 30, 41–42, 50–51, 67, 82–83, 86–87 Motivkritik (-geschichte) 1, 10, 12–15, 17–18, 21–22, 24, 43, 53, 62, 64, 70, 81, 87, 178–179, 181–182, 184, 188, 192–193, 196, 199, 205, 215, 228, 230, 232–233, 235, 237, 243 Motivreihe, -Verbindung, s. Motiv komplex Movens, primäres 48, 50–51, 54–56, 129, 199, 201, 207, 220, 232 Mündlich 2, 9–11, 30, 42, 66, 118–119, 125, 134, 170, 227 Muskelstück 88, 94 Mutter 50–51, 56–57, 108, 117, 127, 129, 131, 134, 138, 141, 233–234 Nabonid 70 Nabu-apla-iddina 84 Nachdeuteronomistisch 159 Nachendredaktionell 63 Nachjahwistisch 19, 34–35, 43, 153, 187 Nachpriester(schrift)lich 120, 199 Nacht 88, 90, 95, 97, 106, 213 Nachtvision, s. Traumvision Naḥal Gerar 178 Namtar 85 Nansche 57 Naqia / Zakutu 56 Narrativstruktur 6, 12 Narrativtypus, s. Erzähltypus Nasiräer 22, 26 Nathan 50–51, 53–54, 56 Nebenfrau 196–198 Neberu 85
306
Stichwortregister
Nergal 85 Nichtpriesterlich, -schriftlich 2, 199, 205, 210–211, 221 Niklal 215 Nimrod 24 Ninsun(na) 57, 127–129, 131, 133–135 Ninurta 216 Noah 199–203, 212, 218–219 Nominalsatz 21, 76, 80 Numen, numinos, das Numinose 94, 97, 102, 125, 132 Nuska, Nusku 214–215, 240 Offenbarung 67, 130, 133, 148, 151 Offenbarungsrede 68 Omen 74 Opfer(ung) 40–41, 43–44, 46–54, 67–68, 70–71, 75, 79, 81, 113, 139, 172, 214, 232, 241 Orakel 46, 62, 222 Ouranos 79 Ousoos 27, 30, 110 Panamuwa 79 Parallelismus (auch Stufen-) 93, 144 Parodie, -istisch 197–198 Partizipialsatz 61, 66 Pentapolis 179 Pentateuch 1–2, 11, 32 Persische Zeit 119 Personalpronomen 88, 90, 190 Petor 44 Pharao 32, 69, 71, 119, 126, 154 Philister, philistäisch 23, 26, 120, 150, 153, 155–156, 159, 162, 165, 171, 175, 178–179 Pichol 153, 156, 162, 164, 168, 171, 173–174, 176, 179 Pnuël 5, 87, 90–91, 94–95 Poesie, -tisch 45, 48, 62 Polytheismus, -istisch 16, 105, 132 Präposition 114, 144, 151 Priester 55, 84, 101 Priesterschrift, priester(schrift)lich 2, 17–21, 64, 149, 152, 182, 187, 199–202, 206, 232 Prinz 51, 56 Prophetie, -isch 44–45, 50, 77, 87
Prosaerzählungen 103 Puchat 41, 57 Qadmu 105 Quelle(n) 3, 19, 59, 61, 88, 92, 114, 118–119 Rahel 18, 41–42, 79, 110, 113, 116 Ratsversammlung, himmlische, göttliche (Motiv) 206, 211–212, 219, 222 Rauch 215, 217 Reaktion, dramatische, physische, zornige (Motiv) 43, 47–50, 52, 54–55, 70, 232 Rebekka 13, 16–19, 21, 29, 31–33, 35, 37, 48, 50–51, 53–54, 56–57, 109–110, 113, 121–122, 126, 128–129, 134, 141, 148–149, 152, 154–155, 157, 164, 168, 175, 224, 227, 242 Rebekka-Jakob-Schicht (-Erweiterung, -Bearbeitung) 32, 35, 38, 41, 46–49, 54, 57, 109, 115–116, 119, 126, 128, 134, 138, 224–228, 230, 232, 241 Reise, s. Wanderung Religionsgeschichte, -lich 1, 3, 9, 12–13, 16, 21, 27, 103, 106, 120, 125, 132, 142, 146, 175, 181–183, 196, 215, 220, 223, 237–240 Retenu 123 Rettung (Motiv) 182, 190, 195–196, 200–202, 204, 211–212, 219–220, 222, 230, 232, 234–235 Ringkampf (Motiv) 14–15, 88–90, 93–101, 103–104, 106, 108, 111–112, 117–118, 121–123, 127, 130–133, 135, 141, 146, 233, 235, 239, 242 rite de passage 96–97, 118 Ritual, Ritus, rituell, -e Handlung 39–41, 47, 49, 70, 73, 77–78, 85, 87, 100, 132–133, 136, 138, 175, 218, 236, 241 Rivalität der Brüder (Motiv) 22, 27–30, 38, 98, 109, 134, 235 Rot, rötlich 20, 41, 121, 124 Sagenkranz 9 Šala (Gottheit) 77 Salbung 52, 60, 145, 241 Salomo 4–5, 18, 32, 50–53, 55–57, 67–71, 74–75, 180, 227, 232, 241
Stichwortregister
Salomoerzählung(en), -Episode 4, 54–55, 57, 68–69, 74–75, 238 Samaria 5, 164, 169, 178 Samuel 30, 133 Sanchuniaton 27 Sara(i) 18, 22, 50, 153–154, 187 Sargon 7, 71, 119 Šarruwa 144 Saul 32, 120–122, 124–131, 133–135, 159–160, 162–163, 171, 178 Saul-David-Zyklus 117, 120–125, 127–131, 133–135, 137, 147, 159, 225, 229, 231 Saul-Erzählungen 4, 14, 124 Schachar ()שׁחר, Schachru 104–106, 132, 142, 198, 213, 215, 233, 236–237, 240 Schaddai 50, 76 Schakkan 25 Schalmaneser III. 84 Schenkel 99 Schiduri 57 Schiffbau 204, 206, 213 Schlecht (Appus Sohn) 29, 110 Schamchat 25–26, 57 Schamasch, s. Sonnengottheit Schreiber, Schriftkundige 1, 3–4, 9, 13, 16, 66, 179–180, 189, 203, 206, 233, 236, 238, 242–243 Schrift-/Schreiberkultur 1, 42, 117, 119, 225, 227 Schriftlich 10, 118, 125, 147 Schu 95 Schulgi 100 Schuruppag / Schuruppak 211–212, 218 Schutz, göttlich 161 Schutz, königlich 152 Schwangerschaft (Motiv) 29 Schwefel 195, 218, 222 Schwur, schwören 52, 113, 152, 165–166, 168–170, 175–176, 181 Segen, Segnung 4, 13, 17, 22, 30, 33–35, 37, 39–44, 46–50, 52, 57, 88, 94, 96–98, 102, 110, 114–116, 122, 124, 131, 135, 141, 144, 146, 148, 155–156, 180, 226, 232, 235–236, 239, 241 Segensformel, -Spruch, -Verheißung 34, 45–46, 238 Seïr 13, 19, 26, 33–34, 109
307
Šeol (Gottheit) 77 šgr (Gottheit) 77 Sibitti-Götter 209 Sichem 64 Sieben Jahre (Motiv) 138, 141 Simson 22–24, 26, 30, 233 Sin 144 Sin-leq-unnini 8 Sintflut, Flut 193, 200–213, 215–217, 219 Sintflut-Erzählung, Fluterzählung 14, 77, 196, 199–207, 210–213, 216–217, 220–221, 225, 230, 232–235, 242 Sinuhe 123, 142 Sippar 70 Sitz im Leben 1, 4–5, 7, 11, 13, 16, 90, 108, 117, 141, 170, 177 šlm (Gottheit) 105, 215 Sodom, Sodomiten 182–183, 185–189, 191–194, 200–207, 211–213, 216–221, 227, 237, 239–240, 242 Sonne 14, 64, 74, 94, 104, 107–108, 144, 175, 188, 195, 214, 233, 236, 240 Sonnenaufgang 88, 91, 94–95, 104–105, 107, 132, 146, 179, 190, 213–215, 218, 222, 233, 235, 237 Sonnengott(heit) 16, 26, 29, 74–75, 77–78, 86, 102, 104–108, 128–129, 132–133, 135, 142–143, 146, 171–173, 175–176, 181, 206, 213–215, 218–222, 233, 235, 237, 239, 241–243 Sonnenuntergang 74, 104, 197 Spätdeuteronomistisch 63 Speise, feine, s. Wildbret Speiseverbot 90–91, 95 Sphinx von Gizeh 69 špš (Gottheit) 105 Stadt, ruchlose, besondere (Motiv) 196, 211–212, 217–218, 220–222, 242 Stadtklage 217 Steige (Treppe) 58, 62, 65, 78, 84–87, 234–236, 240 Steinhaufen, -Hügel (Zeichen) 113–115, 165–166 Stele 69, 71, 79–81, 83–84, 136, 145, 235–236 Stelentexte 66 Stier 99, 102, 107, 131 Streit, s. Rivalität
308
Stichwortregister
Sturz der Atalja 50 Sumer 207, 211, 218–219 Sünde 207, 211 šuʾurum 24 Syrien 172 Tagesanbruch (Motiv) 15–16, 88, 97, 103, 132, 157, 212, 235, 239, 240 Tamar 22 Tammuz 85 Taube 203 Tekoa, Frau aus 157, 170 Tel Dan 85 Tel Haror 178 Tell Deir cAllā-Tradition 106 Tell Keisan 136 Tell Nagila 136 Tempel 3–4, 9, 55, 70–71, 76, 84, 86 Teraphim 114, 121–122, 124 Tešub (Gottheit) 101, 139 Thronbesteigung 50–53, 55–56 Thronnachfolge 54, 56 Thutmosis 70 Tierkampf, -Episode 7, 23–24 Tigris 145 Totengeist 79–80 Totes Meer 178 Traum (Motiv) 13, 15, 59, 63, 65, 67, 69–70, 72–75, 77, 82, 87, 128, 133, 135, 138–139, 141, 172, 224, 232, 236, 239 Traum-Dämonen 75 Träume, Deutung der 57 Träumer 58, 66, 71–72, 228, 234 Traumgottheit 75 Traumvision, -Gesicht 59, 62, 65–72, 76–77, 83, 86–87, 104, 107, 232, 236, 241 Treffen, Aufeinandertreffen (Motiv) 157, 162, 164, 168–169, 232, 236 Treppe, s. Steige Trickster (Motiv) 41, 43, 159 Tukulti-Ninurta 28, 129 Tun-Ergehen-Zusammenhang 208 Tür, Verschließen der (Motiv) 101, 185–186, 194, 201–202, 205, 219 Überschreiten, -Queren eines Flusses (Motiv) 145–146, 237
Ugarit 215 Unfruchtbarkeit (Motiv) 18, 22, 29, 236 Unug, s. Uruk Ur 207 Urgeschichte 199 Urkundenhypothese 1, 3–4, 49 Uruk, Unug 8, 27, 66, 108, 126, 128, 134–135, 172–173, 176–178, 210–211, 218 Uta-napischti (Atramchasis) 204–205, 211–212, 217–219 Uta-napischti, Frau von 57 Utu, s. Sonnengottheit Väterverheißungen 62, 70 Veränderung des Aussehens (Motiv) 38, 41, 48 Verblendung, Schlagen mit Blindheit (Motiv) 161, 163 Vergewaltigung (Motiv) 197 Verhältnis (gestört, verkehrt) zum eigenen Volk, zur eigenen Familie (Motiv) 128, 135, 141, 234, 236 Verhandlung, Dialog (Motiv) 157, 160, 163–165, 168–169, 174, 176, 197–198, 232 Verheißung 59, 63, 117, 148, 151 Verkleidung, s. Veränderung des Aussehens Verlassen der Szene, Weggehen (Motiv) 48, 50, 52–53, 179, 232 Vermehrung der Menschheit 207–208, 210, 219 Vernichtung / Vertilgung des Menschen (Motiv) 200–201, 205–208, 211–212, 217, 219–220, 222, 232, 235 Verschriftung 9 Versöhnung, Wiederbegegnung (Motiv) 98–99, 104, 110–112, 115, 118, 122–123, 126–127, 130–131, 135, 141, 146, 158, 163, 166, 168–170, 224, 233, 236, 242 Vertikale (Aus-)Richtung, Dimension 58, 73–74, 78, 84 Vertrag, Bund 43, 52, 113–115, 153, 158, 164–165, 168–170, 181 Vertragsgötter 80
Stichwortregister
Vertragsschluss, Bundesschluss 113–115, 151, 155–160, 165–166, 169, 179, 241 Vordeuteronomistisch 68, 158–159 Vorexilisch, s. Königszeit Vorfahre, legendärer 146–147 Vorjahwistisch 30, 32, 45–46, 88, 114, 133, 138, 146, 149, 182–183, 186, 189–190, 203, 238–239 Vormonarchisch 116 Vorpriesterlich 199 Wādi Ruḥēbe 150 Wanderung in ein fremdes Land, Aufenthalt in der Wildnis, in der Fremde (Motiv) 26, 71, 108, 123, 129–131, 135–136, 138–142, 145, 233, 236 Warnung (Motiv) 200 wayyiqtol 19–21, 38, 94, 110, 156, 161, 164, 191, 196, 225–226 Weinen (Motiv) 125 Weisheit, -lich 4, 16, 67–70, 103–104, 179, 242 wə-PN+qatal-Satz 19, 30, 53, 152, 157, 191–192 Wende, dramatische (Motiv) 43, 48–50, 52, 54–55, 232, 241 Wettergott 139, 141 Wiederbegegnung, s. Versöhnung Wildbret 35–37, 40, 48
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Wilder Mann (Typus) 18, 21–26, 28, 56, 121, 123, 233 Wortspiel 21, 111 X-qatal-Satz 189–190 Yamm 127 Yatupan 41 zabar-dab 174–175 Zedernwald 98 Zehnter 71 Zeichenhandlung 77 Zerstörung der Stadt, Katastrophe (Motiv) 184, 187, 189–191, 193–196, 198, 201, 204–205, 207, 209, 212–213, 217, 219, 230, 240, 242 Ziegenhaare, -Fell 33, 36, 121–124 Zimbir 211 Zincirli 79 Zippora 96, 119, 129 Zittern (Motiv) 43 Ziusudra 136, 204–205, 212, 214, 218–219 Zoar 190, 195 Zornige Reaktion, s. Reaktion, dramatische Zweibrüdermärchen (Typus) 28, 30 Zweibrüdermotiv 140, 142 Zwillinge 17–18, 20, 22, 29–30 (Erzähl)Zyklus 9–11, 13, 15, 56, 66