Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur, Geldpolitik und zeitvariable Risikoprämien: Eine empirische Analyse des Euro-DM-Geldmarktes [1 ed.] 9783428497140, 9783428097142

Die umfangreiche empirische Literatur zur Gültigkeit der Erwartungstheorie der Zinsstruktur in den USA hat einen "U

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German Pages 205 Year 1999

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Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur, Geldpolitik und zeitvariable Risikoprämien: Eine empirische Analyse des Euro-DM-Geldmarktes [1 ed.]
 9783428497140, 9783428097142

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JÖRN W A S M U N D

Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur, Geldpolitik und zeitvariable Risikoprämien

Studien zu Finanzen, Geld und Kapital Band 7

Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur, Geldpolitik und zeitvariable Risikoprämien Eine empirische Analyse des Euro-DM-Geldmarktes

Von Jörn Wasmund

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Wasmund, Jörn: Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur, Geldpolitik und zeitvariable Risikoprämien : eine empirische Analyse des Euro-DM-Geldmarktes / von Jörn Wasmund. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Studien zu Finanzen, Geld und Kapital ; Bd. 7) Zugl.: Glessen, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09714-9

Alle Rechte vorbehalten © 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0939-5113 ISBN 3-428-09714-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Θ

Vorwort Die vorliegende Studie stellt den Versuch dar, die empirisch festgestellte Ablehnung der Erwartungstheorie der Zinsstruktur durch das geldpolitische Steuerungsverfahren und geldpolitische Zielsetzungen von Zentralbanken in Verbindung mit zeitvariablen Risikoprämien zu erklären. Während sich einige Autoren im angelsächsischen Raum bereits dieses Problems angenommen haben, stellt eine derartige empirische Analyse für Deutschland ein Novum dar. Die sich aus dieser Arbeit ergebenden Erkenntnisse sind nicht nur theoretisch relevant, sie lassen sich auch zur Zinsprognose effizient einsetzen. Die Arbeit ist während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Geld, Kredit, Währung der Justus-Liebig-Universität entstanden und im Sommer 1998 vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften als Dissertation angenommen worden. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater PD Dr. Jochen Michaelis, der die Arbeit fachlich kompetent betreut, von überflüssigem Ballast befreit und für ein produktives und angenehmes Arbeitsklima am Lehrstuhl gesorgt hat. Besonderer Dank gebührt ferner Professor Dr. Horst Rinne für die bereitwillige Übernahme und zügige Anfertigung des Zweitgutachtens. Bedanken möchte ich mich zudem bei meinem Kollegen Dr. Peter Anker, der mir in unzähligen Diskussionen wertvolle Hinweise und Anregungen gegeben hat, sowie bei Ralf Ahrens und Dr. Stefan Wirths, die die Arbeit mit spitzer Feder Korrektur gelesen und mich auf Schwachstellen aufmerksam gemacht haben. Herzlich danken möchte ich schließlich Ivonne Tebbe und meinen Eltern. Gießen, im Dezember 1998

Jörn Wasmund

nsverzeichnis 1. Einleitung

15

1.1. Problemstellung

15

1.2. Vorgehensweise

21

2. Grundkonzepte 2.1. Grundformen festverzinslicher Wertpapiere

24 24

2.1.1. Null-Kupon-Anleihen

24

2.1.2. Kupon-Anleihen

28

2.2. Theorien der Zinsstruktur

32

2.2.1. Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur

32

2.2.2. Die Liquiditätspräferenztheorie und der Preferred-Habitat-Ansatz

35

2.2.3. Die Theorie segmentierter Märkte

38

2.2.4. Interpretation von Zinsstrukturverläufen

39

2.3. Empirische Testansätze der Erwartungstheorie

41

2.3.1. Kointegration als notwendige Bedingung der Erwartungshypothese

42

2.3.2. Der Informationsgehalt des Spread für Änderungen kurzfristiger Zinsen

44

2.3.3. Der Informationsgehalt des Spread zwischen Monatszinsen und Tagesgeldzins

50

2.3.4. Der Informationsgehalt des Spread für Änderungen langfristiger Zinsen

51

2.3.5. Der kumulierte und marginale Informationsgehalt des Spread

55

2.3.6. Zusammenfassung

56

3. Empirische Untersuchungen der Erwartungshypothese am Euro-DM-Geldmarkt

57

3.1. Bisherige Evidenzen für Deutschland

57

3.2. Datenauswahl

58

3.3. Integrations- und Kointegrationseigenschaften deutscher Geldmarktsätze

70

8

alverzeichnis 3.3.1. Integrationseigenschaften

70

3.3.2. Kointegrationseigenschaften

77

3.4. Test der Erwartungshypothese 3.4.1. Der Informationsgehalt des Spread für Änderungen kurzfristiger Zinsen

82 82

3.4.2. Der Informationsgehalt des Spread zwischen Monatszinsen und Tagesgeldzins

88

3.4.3. Der Informationsgehalt des Spread für Änderungen langfristiger Zinsen

90

3.4.4. Die Bedeutung von Spezifikationsfehlern

96

3.5. Zusammenfassung 4. Zeitvariable Risikoprämien

99 101

4.1. Der Einfluß zeitvariabler Risikoprämien auf Tests der Erwartungshypothese 101 4.1.1. Zeitvariable Risikoprämien und Änderungen kurzfristiger Zinsen

101

4.1.2. Zeitvariable Risikoprämien und Änderungen langfristiger Zinsen

106

4.1.3. Implikationen für die Zinsprognose

108

4.2. Erklärungsansätze für zeitvariable Risikoprämien

109

4.2.1. Risikoprämien am Interbankenmarkt

110

4.2.2. Risikoprämien im CAPM

111

4.3. Modellierung zeitvariabler Risikoprämien im Rahmen von ARCH-Modellen 114 4.3.1. ARCH-Modelle

114

4.3.1.1. Univariate ARCH-Modelle

114

4.3.1.2. Multivariate ARCH-Modelle

119

4.3.2. ARCH-in-Mean-Modelle

121

4.3.2.1. Univariate ARCH-M-Modelle

121

4.3.2.2. Multivariate ARCH-M-Modelle

123

4.4. Risikoprämien am Euro-DM-Geldmarkt

125

4.4.1. Die durchschnittliche Höhe der Risikoprämien

125

4.4.2. Zeitvariable Risikoprämien

127

4.4.2.1. Risikoprämien in univariaten ARCH-M-Modellen

127

4.4.2.2. Risikoprämien in multivariaten ARCH-M-Modellen

130

4.5. Zusammenfassung

137

alverzeichnis 5. Irrationale Erwartungen

9 139

5.1. Der Einfluß irrationaler Erwartungen auf Tests der Erwartungshypothese

139

5.2. Die Überreaktionshypothese

140

5.3. Das Peso-Problem in der Zinsstruktur

143

5.4. Empirische Überprüfung der rationalen Erwartungsannahme

145

6. Zentralbankverhalten und Zinsstruktur

149

6.1. Konzeptionelle Überlegungen

149

6.2. Theoretische Aspekte

152

6.2.1. Das Modell von McCallum

152

6.2.1.1. Geldpolitische Reaktionen und Änderungen kurzfristiger Zinsen

152

6.2.1.2. Geldpolitische Reaktionen und Änderungen langfristiger Zinsen

156

6.2.1.3. Kritische Würdigung des Modells

157

6.2.2. Der Ansatz von Rudebusch (1995)

159

6.2.2.1. Einordnung der Geldmarktsteuerung in das geldpolitische Gesamtkonzept

159

6.2.2.2. Die Geldmarktsteuerung der Zentralbank

160

6.2.2.3. Anpassungen des Operationsziels

163

6.3. Empirische Evidenzen

165

6.3.1. Geldmarktsteuerung und Zinsstruktur in den USA

165

6.3.2. Geldmarktsteuerung und Zinsstruktur in Deutschland

169

6.3.2.1. Die Geldpolitik der Deutschen Bundesbank

169

6.3.2.2. Zinsstrukturevidenzen in unterschiedlichen geldpolitischen Regimen

176

6.3.2.2.1. Der Spread zwischen Monats- und Tagesgeldzins

178

6.3.2.2.2. Der Spread zwischen Drei- und Einmonatszins

178

6.3.2.2.3. Der Informationsgehalt in längerfristigen Spreads

180

6.3.2.2.4. Die Bedeutung der Mindestreserve

182

6.4. Zusammenfassung

184

7. Abschließende Bemerkungen

186

Literaturverzeichnis

192

blnverzeichnis Tabelle 2.1:

Der Informationsgehalt der US-Zinsstruktur für Änderungen kurzfristiger Zinsen

Tabelle 2.2:

48

Der Informationsgehalt der US-Zinsstruktur für Änderungen des Tagesgeldsatzes in den nächsten ein bis drei Monaten

Tabelle 2.3:

Der

Informationsgehalt

der

US-Zinsstruktur

für

51 Änderungen

langfristiger Zinsen

54

Tabelle 3.1:

Zeitreiheneigenschaften der Zinsniveaus

59

Tabelle 3.2:

Eigenschaften täglicher Zinsänderungen

63

Tabelle 3.3:

Eigenschaften wöchentlicher Zinsänderungen

64

Tabelle 3.4:

Eigenschaften monatlicher Zinsänderungen

65

Tabelle 3.5:

Ergebnisse der ARCH-Tests für tägliche Zinsänderungen

68

Tabelle 3.6:

Ergebnisse der ARCH-Tests für wöchentliche Zinsänderungen

68

Tabelle 3.7:

Ergebnisse der ARCH-Tests für monatliche Zinsänderungen

69

Tabelle 3.8:

Kritische Werte der Integrationstests

72

Tabelle 3.9:

Ergebnisse der (Tagesdaten)

Unit-Root-Tests

für

Geldmarktsätze 74

Tabelle 3.10: Ergebnisse der Unit-Root-Tests (Wochendaten)

für

Tabelle 3.11: Ergebnisse

für

der Unit-Root-Tests

deutsche

deutsche

Geldmarktzinsen 75

deutsche

Geldmarktzinsen

(Monatsdaten)

76

Tabelle 3.12: Unit-root-Tests für Zinsspreads (Tagesdaten)

79

Tabelle 3.13: Unit-root-Tests für Zinsspreads (Wochendaten)

80

Tabelle 3.14: Unit-root-Tests für Zinsspreads (Monatsdaten)

81

Tabelle 3.15: Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für Änderungen kurzfristiger Zinsen (Tagesdaten)

84

Tabelle 3.16: Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für Änderungen kurzfristiger Zinsen (Wochendaten)

85

Tabellenverzeichnis

11

Tabelle 3.17: Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für Änderungen kurzfristiger Zinsen (Monatsdaten)

86

Tabelle 3.18: Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für Änderungen kurzfristiger Zinsen in unterschiedlichen Teilzeiträumen

87

Tabelle 3.19: Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für Änderungen des Tagesgeldzinses in den nächsten Wochen und Monaten

89

Tabelle 3.20: Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für einperiodige Änderungen langfristiger Zinsen (Tagesdaten)

92

Tabelle 3.21: Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für einperiodige Änderungen langfristiger Zinsen (Wochendaten)

93

Tabelle 3.22: Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für einperiodige Änderungen langfristiger Zinsen (Monatsdaten)

94

Tabelle 3.23: Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für einperiodige Änderungen

langfristiger

Zinsen in unterschiedlichen

Teilzeit-

räumen

95

Tabelle 3.17a: Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für Änderungen kurzfristiger Zinsen, Instrumentenvariablen-Schätzung

97

Tabelle 3.22a: Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für einperiodige Änderungen langfristiger Zinsen; Instrumentenvariablenschätzung

98

Tabelle 4.1 :

Einperiodige Überschußrenditen

126

Tabelle 4.2:

Mehrperiodige Überschußrenditen

127

Tabelle 4.3:

Risikoprämien im univariaten GARCH-M-Modell

129

Tabelle 4.4:

Risikoprämien im CAPM

132

Tabelle 4.5:

Risikoprämien im multivariaten GARCH-M-Modell

134

Tabelle 4.6:

Deskriptive Statistiken der geschätzten Risikoprämien

135

Tabelle 6.1 :

Zinsstrukturergebnisse für die USA

168

Tabelle 6.2:

Hauptcharakteristika verschiedener Geldmarktsteuerungsverfahren

175

Tabelle 6.3:

Zinsstrukturevidenzen in unterschiedlichen geldpolitischen Regimen

177

Tabelle 6.4:

Mittelwert und Varianz täglicher Zinsänderungen

182

Tabelle 6.5:

Der Informationsgehalt des Spread zwischen Monats- und Tagesgeldzins im Verlauf eines Monats

183

Abbildungsverzeichnis Abbildung 2.1 :

Zinsstruktur am Interbankenmarkt

25

Abbildung 2.2:

Alternative Verläufe erwarteter Einperiodenrenditen

40

Abbildung 2.3:

Renditenstruktur und einperiodige Terminrenditen

41

Abbildung 2.4:

β -Koeffizient und Restlaufzeit des einperiodigen Papiers

49

Abbildung 3.1:

Zinsstrukturkurven am Euro-DM-Geldmarkt (1,11)

60

Abbildung 3.2:

Zinsstrukturverlauf in der BRD (1977-1997)

62

Abbildung 4.1 :

plim β und die Varianz erwarteter Zinsänderungen

104

Abbildung 4.2:

plim δ als Funktion der relativen Variabilität der Risikoprämie q 107

Abbildung 4.3:

Risikoprämien am Geldmarkt

136

Abbildung 6.1 :

Anpassung des Operationsziels durch die Zentralbank

164

Abbildung 6.2:

Der Euro-DM Tagesgeldzins in unterschiedlichen geldpolitischen Regimen (1,11)

171

Verzeichnis der Abkürzungen und Symbole ADF

augmented Dickey/Fuller

AR

autoregressive

ARCH

autoregressive conditional heteroskedasticity

ARCH-M

ARCH-in-mean

ARIMA

autoregressive integrated moving average

ARMA

autoregressive moving average

bzw.

beziehungsweise

C

Kupon-Zahlung

CAPM

Capital Asset Pricing Model

Cov (·)

Kovarianzoperator

Dc(n)

Duration; in Periode t ermittelte mittlere Restlaufzeit einer KuponAnleihe mit einer Laufzeit von η Perioden

d.h.

das heißt

E,

bedingter Erwartungswert in Periode t

et al.

und andere

etc.

et cetera

EWS

Europäisches Währungssystem

f

folgende Seite

ff

folgende Seiten

1p-VJ)

1

Forwardrate; aus der Zinsstruktur zum Zeitpunkt t extrahierte implizite Verzinsung einer Anleihe mit einer Restlaufzeit von i Perioden in t+j

GARCH

generalized autoregressive conditional heteroskedasticity

GARCH-M

GARCH-in-mean

GMM

generalized method of moments

HF

Hasza/Fuller

14

Verzeichnis der Abkürzungen und Symbole

//,('v/)

Holding Yield; Rendite, die sich ergibt, wenn ein Papier mit einer Restlaufzeit von i Perioden in Periode t erworben und in Periode t+j verkauft wird

Hrsg.

Herausgeber

1(d)

integriert vom Grad (d)

IV

instrumental-variables

L

Lag-Operator

MA

moving-average

OECD

Organization for Economic Cooperation and Development

OLS

ordinary least squares

plim

Wahrscheinlichkeitslimes

PP

Phillips/Perron Preis einer Kupon-Anleihe mit einer Restlaufzeit von η Perioden zum Zeitpunkt t

Pf in)

Preis einer Null-Kupon-Anleihe mit einer Restlaufzeit von η Perioden zum Zeitpunkt t interner Zinsfuß einer Kupon-Anleihe mit einer Restlaufzeit von η Perioden zum Zeitpunkt t

R\n)

interner Zinsfuß einer Null-Kupon-Anleihe mit einer Restlaufzeit von η Perioden zum Zeitpunkt t

R2

Bestimmtheitsmaß

S.

Seite Spanne zwischen Rj n)

und

Tab.

Tabelle

Var (·)

Varianzoperator

VAR

Vektorautoregressives System

z.T.

zum Teil

Δ

Differenzenoperator

Θί"'" 0 Φ,

(/ / )

Ψ, Ω,

(/7)

Rj m)

"rolling-risk" Prämie "holding-risk" Prämie "forward-risk" Prämie Informationsmenge zum Zeitpunkt t

1. Einleitung

1.1. Problemstellung Zinssätze sind Preise, die Kreditnehmer Kreditgebern dafür zahlen, daß diese ihnen für eine bestimmte Zeit einen positiven Geldbetrag zur Verfügung stellen. Die Beziehung, die zwischen diesen Preisen und der Laufzeit von Krediten besteht, wird durch die Zinsstruktur erfaßt. In der Literatur sind unterschiedliche Theorien zur Erklärung der Zinsstruktur entwickelt worden, von denen die Erwartungstheorie sicherlich die populärste ist.1 Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur besagt, daß der langfristige Zinssatz ein geometrischer Durchschnitt aus dem heutigen und den für die Zukunft erwarteten kurzfristigen Zinssätzen ist. Daraus folgt unmittelbar, daß eine steigende Zinsstrukturkurve ein Indikator für einen erwarteten Anstieg kurzfristiger Zinssätze darstellt, während eine fallende Zinsstrukturkurve auf einen Rückgang kurzfristiger Zinsen schließen läßt. Die Erwartungshypothese impliziert ferner, daß bei einem positiven Zinsspread ein Anstieg, bei einem negativen Zinsspread ein Rückgang des langfristigen Zinses innerhalb der Laufzeit des kurzfristigen Zinses erwartet wird. Grundlage für diese Überlegungen ist eine Art Arbitrageprozeß, nach dem im Gleichgewicht die erwarteten Erträge unterschiedlicher Anlagealternativen mit gleichem Risiko innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums übereinstimmen müssen. Bei Gültigkeit der Erwartungshypothese lassen sich somit aus dem Verlauf der Zinsstrukturkurve Rückschlüsse auf die am Markt vorhandenen Erwartungen über zukünftige Zinssätze ziehen. Wird von einem rationalen Verhalten der Marktteilnehmer ausgegangen, sind diese Erwartungen optimale Prognosen zukünftiger Zinssätze. Unter optimal ist eine Prognose zu verstehen, bei der alle am Markt vorhandenen Informationen in die Prognose einbezogen werden. Die Prognose zukünftiger Zinssätze ist von entscheidender Bedeutung für eine Vielzahl von Transakteuren. Dazu gehören Privatpersonen, die zur Finanzierung eines Hauses zwischen einem Kredit mit fester oder variabler Verzinsung wählen müssen, Unternehmen, welche die relative Vorteilhaftigkeit unterschiedlicher Fristigkeitsstrukturen ihrer Verschuldung einschätzen oder auch 1

Vgl. Cox/Ingersoll/Ross (1985).

16

1. Einleitung

Anleger, die bei gegebenem Risiko den Ertrag ihrer Anlage maximieren möchten. Von speziellem Interesse ist die Zinsprognose für die Einschätzung von Zinsänderungsrisiken im Rahmen eines Risikomanagements. Dies gilt insbesondere deshalb, weil infolge des rasanten Wachstums von Derivaten und deren hoher Sensitivität gegenüber Zinsänderungen sehr schnell hohe Verluste entstehen können. Relevanz besitzt die Zinsstruktur schließlich für Zentralbanken. Bei Gültigkeit der Erwartungshypothese und unter der Annahme stationärer Realzinssätze enthält die Zinsstruktur Informationen über die am Markt vorhandenen Inflationserwartungen. Unterstellt man, daß Zentralbanken mehr oder weniger direkt eine Politik des "Inflation-targeting" betreiben, lassen sich die Inflationserwartungen als Indikator für die Glaubwürdigkeit einer Zentralbank nutzen. Zugleich ist die Zentralbank in der Lage, schon frühzeitig auf veränderte Inflationserwartungen zu reagieren. Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht der Informationsgehalt von Zinsspreads für zukünftige Änderungen nominaler Zinssätze. Dagegen wird auf den Informationsgehalt von Zinsspreads für die Inflationsentwicklung nur am Rande eingegangen. Die in diesem Zusammenhang relevanten Aspekte werden in den Arbeiten von Fama (1975) und Mishkin (1990) erläutert. Nicht betrachtet wird der Informationsgehalt von Zinsspreads für die Konjunkturentwicklung. Studien von Estrella/Hardouvelis (1991) und Estrella/Mishkin (1997) zeigen, daß eine inverse Zinsstruktur ein Indikator für eine nachfolgende Rezession darstellt, während eine positive Steigung der Zinsstruktur Zeichen einer zukünftigen Boomphase ist. Unterstellt man rationale Erwartungen der Marktteilnehmer, kann die Erwartungstheorie der Zinsstruktur empirisch getestet werden, indem die durchschnittlichen Änderungen kurzfristiger Zinssätze innerhalb der Laufzeit des langfristigen Papiers auf den Zinsspread regressiert werden. Bei Gültigkeit der Erwartungstheorie sollte der Regressionskoeffizient des Spread Eins sein. Ein Regressionskoeffizient, der von Eins abweicht, aber signifikant von Null verschieden ist, zeigt, daß der Zinsspread einen signifikanten Informationsgehalt für zukünftige kurzfristige Zinssätze besitzt und somit zur Prognose genutzt werden kann. Empirische Untersuchungen der Erwartungshypothese fur die USA gelangen zu dem Ergebnis, daß die geschätzten Koeffizienten vielfach einen Wert weit unter Eins annehmen.2 Die empirischen Evidenzen zeigen dabei einen "U-förmigen" Verlauf des Informationsgehalts von Spreads zwischen lang- und kurz2

Hier sind in erster Linie die Arbeiten von Fama (1984), Mankiw/Miron (1986), Hardouvelis (1988), Mishkin (1988) und Campbell/Shiller (1991) zu nennen. Einen Überblick geben Shiller (1990) und Rudebusch (1995).

1.1. Problemstellung

17

fristigen Zinsen für zukünftige kurzfristige Zinsen: Der Prognosegehalt des Spread zwischen Drei- und Einmonatszinssatz für die durchschnittliche Änderung des Einmonatszinssatzes in den nächsten beiden Monaten ist verhältnismäßig hoch, der Informationsgehalt des Spread zwischen Sechs- und Dreimonatszins für den Dreimonatszins in drei Monaten und zwischen Zwölf- und Sechsmonatszins für den Sechsmonatszins in sechs Monaten ist annähernd Null und der Informationsgehalt von Spreads zwischen Zwei- und Einjahreszins, Vier- und Zweijahreszins und Zehn- und Fünfjahreszins für die korrespondierenden kurzfristigen Zinsen in einem, zwei bzw. fünf Jahren steigt erneut an. Eine zweite Möglichkeit, die Erwartungshypothese zu testen, besteht darin, ein deterministisches Vielfaches der Änderung des langfristigen Zinssatzes innerhalb der Laufzeit des kurzfristigen Papiers auf den Spread zwischen langund kurzfristigem Zinssatz zu regressieren. Gemäß der Erwartungshypothese darf auch hier der geschätzte Regressionskoeffizient nicht signifikant von Eins verschieden sein. Warum ein positiver Spread einen Anstieg langfristiger Zinsen prognostiziert, wird aus der Sicht eines Anlegers deutlich, der die Wahl hat zwischen einer langfristigen und einer einperiodigen Anleihe. Erwartet der Anleger einen Anstieg des langfristigen Zinses in der nächsten Periode, so wird er bei heutigem Erwerb der langfristigen Anleihe durch die mit dem Zinsanstieg verbundene Preissenkung einen Kapitalverlust erleiden. Um die erwarteten Renditen von langfristiger und einperiodiger Anleihe über die nächste Periode auszugleichen, muß die langfristige Anleihe somit zwingend einen höheren Zins aufweisen als das kurzfristige Papier. Die Resultate von Shiller/Campbell/Shoenholtz (1983), Fama/Bliss (1987), Campbell/Shiller (1991) und Hardouvelis (1994) zeigen allerdings, daß die Regressionskoeffizienten signifikant von diesem theoretischen Wert abweichen und häufig sogar negativ sind. Ein positiver Spread impliziert demnach nicht einen Anstieg, sondern einen Rückgang langfristiger Zinssätze in der nächsten Periode. Diese Ergebnis bedeutet, daß ein naiver Investor, der Wertpapiere allein nach ihrer Rendite auswählt und langfristige Wertpapiere kauft, wenn diese eine verhältnismäßig hohe Rendite aufweisen, in der Vergangenheit Überschußrenditen erzielt hat. Ein solches Resultat steht im Widerspruch zur Annahme effizienter Märkte. Konkret ergeben sich aus diesen Ergebnissen folgende Fragestellungen: 1. Worauf ist der angesprochene U-förmige Verlauf des Informationsgehalts von längerfristigen Zinssätzen für zukünftige kurzfristige Zinssätze zurückzuführen? 2. Warum weisen Änderungen kurzfristiger Zinsen die von der Erwartungshypothese prognostizierte positive Korrelation mit dem Zinsspread auf, während dies für einperiodige Änderungen langfristiger Zinsen nicht der Fall ist? 2 Wasmund

18

1. Einleitung

Internationale Vergleiche stellen heraus, daß der Informationsgehalt der USZinsstruktur für die Entwicklung kurzfristiger Zinssätze deutlich niedriger ist als in anderen Ländern. Kugler (1988, 1990) und Kugler/Borutta (1993) finden, daß die Entwicklung des Einmonatszinses in den nächsten beiden Monaten in den übrigen G-7 Ländern, Spanien, Schweden und den Niederlanden besser prognostiziert werden kann als in den USA. Ergänzend zeigen Gerlach/Smets ( 1997) in einer Untersuchung der Zinsstrukturen von 17 Ländern, daß auch der Informationsgehalt der US-Zinsstruktur für Änderungen des Einmonatszinses in den nächsten sechs und zwölf Monaten unterdurchschnittlich ist. Drastische Unterschiede ergeben sich bei einem Vergleich des Informationsgehalts in Sechs- und Zwölfmonatszinssätzen. Cuthbertson (1996) zeigt für Großbritannien, daß der Informationsgehalt der Zinsstruktur am Interbankenmarkt im Bereich von ein bis zwölf Monaten durchgängig hoch ist. Einen hohen Informationsgehalt des Spread zwischen Sechs- und Dreimonatszins für den Dreimonatszins in drei Monaten und zwischen Zwölf- und Sechsmonatszins für den Sechsmonatszins in sechs Monaten stellen Dahlquist/Jonsson (1995) auch in Schweden fest. Dagegen zeigt Engsted (1996), daß der U-förmige Verlauf des Informationsgehalts in Spreads nicht allein in den USA auftritt: für dänische Geldmarktzinssätze mit Laufzeiten bis zu sechs Monaten ist zwischen 1988 und 1992 ein ähnliches Muster festzustellen. Eine weitaus höhere Konformität ergibt sich im Hinblick auf die mangelhafte Prognostizierbarkeit von Änderungen langfristiger Zinsen. Mankiw (1986) und Hardouvelis (1994) weisen nach, daß der Spread zwischen einem zehnjährigen Kapitalmarktzins und dem Dreimonatszins in Kanada, Deutschland, Großbritannien bzw. den übrigen G-7 Staaten ebenfalls keine signifikanten Informationen über den Kapitalmarktzins in drei Monaten enthält. Im Unterschied zu der Vielzahl von Studien für die USA sind empirische Untersuchungen der Erwartungshypothese für die BRD selten. Eine Ausnahme stellen die Arbeiten von Anker (1993) und Gerlach (1997) dar. Diese untersuchen anhand von monatlichen Beobachtungen den Informationsgehalt der von der Bundesbank geschätzten Renditenstruktur für Laufzeiten zwischen einem und zehn Jahren. Kugler (1988, 1990) und Gerlach/Smets (1997) analysieren, ebenfalls anhand von Monatsdaten, den Informationsgehalt am kurzen Ende der deutschen Zinsstruktur; allerdings lediglich für Änderungen des Einmonatszinses. Die vorliegende Arbeit ergänzt und erweitert diese Analysen. Es erfolgt eine umfassende Untersuchung der Erwartungshypothese für Zinssätze mit Laufzeiten bis zu fünf Jahren. Dazu wird ein langer, hochfrequenter Satz von EuroZinssätzen für Ausleihungen am Geldmarkt mit Laufzeiten von einem Tag bis zu fünf Jahren verwendet. Da die Geldmarktausleihungen de-facto NullKupon-Anleihen darstellen, können die im Fall von Kupon-Anleihen notwendigen Approximationen vermieden werden. Zudem ist es durch die Verwen-

1.1. Problemstellung

19

dung hochfrequenter Zeitreihen möglich, explizit die Volatilität von Zinssätzen durch neuere ökonometrische Verfahren zu erfassen. Im Mittelpunkt der durchgeführten Analyse stehen folgende Fragen: 3. Wie hoch ist der Informationsgehalt der deutschen Zinsstruktur für zukünftige kurz- und langfristige Zinssätze? 4. Sind die empirischen Evidenzen für die USA in ähnlicher Form auch für Deutschland feststellbar, und lassen etwaige Unterschiede oder Gemeinsamkeiten einen Schluß auf die Ursachen der oben geschilderten "Puzzle" zu? In der Literatur existieren mehrere Erklärungsansätze für die unter (1) und (2) skizzierten Fragen. Da der Test der Erwartungstheorie eine verbundene Hypothese überprüft, können die empirischen Evidenzen Beleg dafür sein, daß die Erwartungstheorie falsch ist oder die Annahme rationaler Erwartungen der Realität nicht entspricht. Ein populärer Ansatz zur Erklärung des Puzzle geht davon aus, daß Marktteilnehmer sich nicht rational verhalten, sondern auf 'news' zu stark reagieren (Mankiw/Summers (1984), Campbell/Shiller (1991)). Diese "Überreaktionshypothese" besagt, daß neue Informationen zu stark von Marktteilnehmern gewichtet werden, beispielsweise indem sie im Rahmen eines Announcements der Zentralbank über eine restriktivere Geldpolitik zu hohe Erwartungen über zukünftige kurzfristige Zinsen bilden. Damit verbunden steigen der heutige langfristige Zins als Durchschnitt erwarteter kurzfristiger Zinsen und dadurch der Spread stärker, als dies bei einer rationalen Einschätzung der Fall wäre. Innerhalb der nächsten Periode realisieren Marktteilnehmer die vorangegangene Überreaktion und passen ihre Erwartungen nach unten an. Entsprechend fallt der langfristige Zins; es kommt zu der beobachteten negativen Korrelation zwischen langfristiger Zinsänderung und vorangegangenem Zinsspread. Gleichzeitig führt die restriktivere Geldpolitik zu dem prognostizierten Anstieg kurzfristiger Zinsen (vgl. Hardouvelis (1994)). Andere Arbeiten (Hamilton (1988), Lewis (1991)) versuchen, die ex-post festgestellte "Irrationalität" von Marktteilnehmern durch Regimeunsicherheiten zu erklären. In der Literatur ist dieser Punkt als "Peso-Problem" bekannt: In einer Situation, in der Marktteilnehmer mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eine Regimeänderung erwarten, diese jedoch nicht stattfindet, führen die ex-ante rationalen Regimeänderungserwartungen in kleinen Stichproben zu den ex-post festgestellten systematischen Prognosefehlern. Ein alternativer Erklärungsansatz besteht in der Berücksichtigung zeitvariabler Prämien, die für risikobehaftete Assets gezahlt werden müssen. In den oben angesprochenen Untersuchungen werden zwar unterschiedliche Risikoprämien für verschiedene Laufzeiten zugelassen, aber unterstellt, daß diese im Zeitablauf konstant sind. Sind Risikoprämien zeitvariabel, enthält der Spread

2*

20

1. Einleitung

gleichzeitig Informationen über Variationen der Risikoprämie und über zukünftige Zinssätze. Fama (1984) zeigt, daß zeitvariable und mit den erwarteten kurzfristigen Zinsänderungen korrelierte Risikoprämien bei einfachen OLSSchätzungen zu verzerrten Koeffizientenschätzern und damit zu einer Ablehnung der Erwartungstheorie führen können. Ein effizienter Test der Erwartungshypothese erfordert daher die explizite Modellierung zeitvariabler Risikoprämien. Eine solche Möglichkeit bieten die auf die Arbeiten von Engle (1982) und Engle/Lilien/Robins (1987) zurückgehenden ARCH- bzw. ARCH-MModelle. Ein interessanter Aspekt der neueren Literatur rückt die Rolle der Geldpolitik bei der Erklärung der Zinsstrukturevidenzen in den Mittelpunkt. Hier wird der Tagesgeldsatz als Instrument der Zentralbank betrachtet und unterstellt, daß Geldmarktzinssätze mit unterschiedlicher Laufzeit in hohem Maße von dem aktuellen und erwarteten Niveau des Tagesgeldzinses bestimmt werden. Die Erklärung des Zinsstrukturverhaltens erfordert daher Kenntnis über die Steuerung des Tagesgeldsatzes im Zeitablauf seitens der Zentralbank. Von besonderer Bedeutung zur Erklärung der Zinsstrukturpuzzle sind die Arbeiten von Rudebusch (1995) und McCallum (1994b). Rudebusch (1995) zeigt, daß der für die USA festgestellte U-förmige Verlauf des Informationsgehalts des Spread für zukünftige kurzfristige Zinsen auf die Geldmarktsteuerungsstrategie der amerikanischen Zentralbank zurückzuführen ist. Dabei kommen dem Instrumentarium der Zentralbank und der Umsetzung von Zinsglättungsmotiven besondere Bedeutung zu. McCallum (1994b) weist in einem rationalen Erwartungsmodell nach, daß die empirischen Evidenzen mit der Gültigkeit der Erwartungshypothese vereinbar sind und sich durch systematische geldpolitische Reaktionen erklären lassen. Entscheidend sind hier die mittelfristigen Ziele der Zentralbank. 3 Neben Informationen über den Prognosegehalt von Zinsspreads kann die Analyse der bundesdeutschen Zinsstruktur Aufschluß über die Relevanz der angeführten Argumente geben. Insbesondere soll geklärt werden, ob Evidenzen für zeitvariable Risikoprämien feststellbar sind und welcher Zusammenhang zwischen der Geldpolitik der Deutschen Bundesbank und den empirischen Ergebnissen zur Zinsstruktur besteht. Dies erfordert eine Analyse der Geldpolitik und Geldmarktsteuerung der Deutschen Bundesbank. Um die Auswirkungen der Geldmarktsteuerung auf die Unsicherheit im Bankensektor abzu-

3 Der Schnittpunkt beider Modelle ist das Zinsglättungsmotiv der Zentralbank. Damit stellen die Modelle in gewisser Weise eine Formalisierung des Arguments von Mankiw/Miron (1986) dar. Mankiw/Miron (1986) weisen nach, daß eine Politik der Zentralbank, die darauf gerichtet ist, kurzfristige Zinsen zu stabilisieren, dazu führt, daß der Zinsspread keinerlei Informationsgehalt für die Entwicklung kurzfristiger Zinssätze aufweist.

1.2. Vorgehensweise

21

schätzen, wird die Erwartungshypothese auch am ganz kurzen Ende der Zinsstruktur getestet (vgl. Roberds/Runkle/Whiteman (1996)). Die Geldmarktsteuerungsstrategie der Deutschen Bundesbank unterlag in den letzten 20 Jahren einigen Regimewechseln. Es ist zu klären, ob die Regimewechsel einen signifikanten Einfluß auf den Informationsgehalt der Zinsstruktur und die Unsicherheit im Bankensektor haben und ob ein derartiger Einfluß mit den von Rudebusch (1995) aufgezeigten theoretischen Zusammenhängen kompatibel ist. Ein solches Ergebnis ließe sich als Evidenz für die Erwartungstheorie interpretieren. Darüber hinaus würde es zeigen, daß die empirische Verwerfung von plausiblen, auf Arbitrageüberlegungen basierenden Hypothesen nicht zwangsläufig impliziert, daß diese Hypothesen falsch sind, sondern daß möglicherweise der empirische Testansatz nicht adäquat ist.

1.2. Vorgehensweise Kapitel 2 enthält eine Darstellung der Grundkonzepte, auf denen die vorliegende Arbeit aufbaut. Es werden die Grundformen festverzinslicher Wertpapiere vorgestellt und die Begriffe (Kassazinssätze, implizite Terminrenditen, Holding-Yields und Durationen) definiert, die bei der anschließenden Formulierung der Zinsstrukturhypothesen Verwendung finden. Hier wird zunächst die Erwartungshypothese betrachtet und auf die zugrundeliegenden Arbitrageüberlegungen eingegangen. Danach wird die Liquiditätspräferenztheorie (Hicks (1946)) und die Theorie segmentierter Märkte (Culbertson (1957)) erläutert. Schließlich wird gezeigt, inwiefern sich bei Gültigkeit der Erwartungshypothese aus der Zinsstrukturkurve die erwarteten zukünftige Zinssätze und Inflationsraten extrahieren lassen. Neben der Zinsprognose können diese Größen unter anderem genutzt werden, um Aufschluß über die Glaubwürdigkeit von Zentralbanken zu erhalten. Basierend auf den theoretischen Zusammenhängen werden anschließend die in der Literatur verwendeten Testansätze der Erwartungstheorie aus den Integrations- und Kointegrationseigenschaften von Zinssätzen abgeleitet. Für den empirisch nachgewiesenen Fall instationärer Zinssätze stellt die Kointegration von Zinssätzen mit unterschiedlicher Fristigkeit eine notwendige Bedingung für die Gültigkeit der Erwartungstheorie dar (Evans/Lewis (1994)). Die Testansätze der Erwartungstheorie lassen sich in diesem Kontext als restringierte Fehlerkorrekturmodelle interpretieren. In Verbindung mit den abgeleiteten Testansätzen sind die empirischen Evidenzen zur amerikanischen Zinsstruktur dargestellt. In Kapitel 3 werden die in Kapitel 2 beschriebenen Zusammenhänge auf deutsche Geldmarktzinssätze übertragen. Nach einer deskriptiven Analyse der Zeitreihen werden die Integrationseigenschaften überprüft und die theoreti-

22

1. Einleitung

sehen Kointegrationsbeziehungen getestet. Im Rahmen einer umfassenden Untersuchung wird anschließend die Erwartungshypothese für verschiedene Laufzeiten analysiert, um festzustellen, ob sich das in den USA beobachtete Zinsstrukturverhalten auch in bundesdeutschen Zinssätzen widerspiegelt. In Anlehnung an die ökonometrische Literatur werden die Koeffizienten mit OLS geschätzt und die Varianz-Kovarianzmatrix mit der Methode von Hansen (1982) um Autokorrelation und Heteroskedastizität der Prognosefehler bereinigt. Dies kann im Fall einer großen Anzahl von MA-Komponenten zu Problemen führen. Um dieses Problem zu umgehen und den Einfluß von Saisonschwankungen innerhalb einer Woche oder eines Monats auszuschalten, wird bei der Analyse zusätzlich auf Wochen- und Monatsdaten übergegangen. Ein weiteres methodisches Problem ergibt sich, wenn die Zinssätze fehlerhaft erfaßt werden (vgl. Hardouvelis (1994)). Aus diesem Grund werden Tests der Erwartungshypothese ergänzend mit der Methode der Hilfsvariablen durchgeführt. Die abschließende Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse zeigt, daß ähnlich wie in den USA die rationale Erwartungshypothese für deutsche Geldmarktzinssätze häufig abgelehnt wird. Die nachfolgenden Kapitel beschäftigen sich mit möglichen Ursachen für dieses Ergebnis. Kapitel 4 widmet sich den Auswirkungen zeitvariabler Risikoprämien auf die empirischen Tests der Erwartungshypothese. Es wird gezeigt, daß Verzerrungen entscheidend durch die relative Variabilität von Risikoprämien und erwarteten Zinsänderungen beeinflußt werden. Damit kommt der Modellierung zeitvariabler Risikoprämien eine zentrale Bedeutung zu. Unter anderem wird dabei auf das von Sharpe(1964) und Lintner (1965) entwickelte "CapitalAsset-Pricing-Model" (CAPM) zurückgegriffen. Im CAPM ist die Risikoprämie, die für ein bestimmtes Asset im Marktgleichgewicht gezahlt werden muß, proportional zur Kovarianz dieses Assets mit dem Marktportfolio. Durch das von Engle(1982) entwickelte ARCH-Modell ist es heute möglich, die Änderung von Varianzen und Kovarianzen zeitreihenanalytisch zu erfassen und zur Darstellung von Risikoprämien zu nutzen (vgl. Engle/Lilien/Robins (1987) und Bollerslev/Engle/Wooldridge (1988)). Nach einer Erläuterung des ARCHAnsatzes werden Risikoprämien für bundesdeutsche Geldmarktzinssätze im Rahmen univariater und multivariater ARCH-M-Modelle geschätzt. Die Erwartungstheorie der Zinsstruktur wird gewöhnlich in Verbindung mit konstanten Risikoprämien und der Annahme rationaler Erwartungen getestet. Eine Ablehnung der Nullhypothese kann somit auch ein Hinweis auf die Irrationalität von Marktteilnehmern sein. In Kapitel 5 wird die Auswirkung von Irrationalität auf die geschätzten Koeffizienten beschrieben. Anschließend wird mit der Überreaktionshypothese eine Theorie irrationalen Verhaltens erläutert und darauf eingegangen, ob die ex-post beobachtete Irrationalität auch durch andere Phänomene erklärt werden kann.

1.2. Vorgehensweise

23

Kapitel 6 geht auf die Bedeutung des Zentralbankverhaltens zur Erklärung der Zinsstrukturevidenzen ein. Nach einem Überblick über die theoretischen Modelle von McCallum (1994b) und Rudebusch (1995) werden die Charakteristika der Geldpolitik der amerikanischen Zentralbank dargestellt und der Zusammenhang zwischen Geldmarktsteuerungsverfahren und Zinsstrukturevidenzen für die USA aufgezeigt. Basierend auf diesen Überlegungen wird im Anschluß die Geldpolitik der Deutschen Bundesbank analysiert. Nach einer Darstellung der Rahmenbedingungen, unter denen die Bundesbank agiert, wird auf das konkrete Steuerungsverfahren der Bundesbank eingegangen und verschiedene Regime der Geldmarktsteuerung abgegrenzt. Danach werden anhand einer empirischen Analyse die Auswirkungen alternativer Steuerungsverfahren auf den Informationsgehalt der Zinsstruktur am kurzen Laufzeitende untersucht und die Implikationen für die Unsicherheit im Finanzmarktsektor diskutiert. Dabei wird auf einige spezifische Eigenarten deutscher Geldmarktsätze eingegangen. Kapitel 7 enthält eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und einige abschließende Bemerkungen zur Erwartungshypothese der Zinsstruktur und zu den sich daraus ergebenden Möglichkeiten für die Zinsprognose.

2. Grundkonzepte 2.1. Grundformen festverzinslicher Wertpapiere In Modellen mit rationalen Erwartungen ergeben sich Assetpreise als Wert zukünftig erwarteter Zahlungen, die auf den heutigen Zeitpunkt diskontiert werden (Campbell/Shiller (1987)). Wertpapiere mit fester Verzinsung werden im Vergleich zu Aktien häufig als sichere Anlagealternative betrachtet, da ihre Auszahlungen bereits im Vorfeld spezifiziert sind, und daher keine Unsicherheit über zukünftige cash-flows besteht. Wird ein solches Papier bis zur Fälligkeit gehalten, kann eine nominal sichere Rendite realisiert werden. Allerdings fuhren zwischenzeitliche Änderungen der Marktzinssätze zu Preisänderungen des Wertpapiers, so daß es bei einem vorzeitigen Verkauf zu Kursverlusten kommen kann. Festverzinsliche Wertpapiere lassen sich in zwei Kategorien einteilen: -

Kupon-Anleihen (Coupon-Bonds): Der Halter einer Kupon-Anleihe erhält bis zum Fälligkeitstag in jeder Periode eine feste, gleich hohe Zinszahlung (Kupon). Zusammen mit der letzten Kuponzahlung wird der Nennwert der Anleihe zurückgezahlt. Kupon-Anleihen können nach Emittent, Nennwert, Art (vor- oder nachschüssig) und Anzahl der Kuponzahlung pro Jahr sowie der Laufzeit der Anleihe unterschieden werden. Ein typisches Beispiel für Kupon-Anleihen sind Staatsanleihen.

-

Null-Kupon-Anleihen (Zero-Bonds, Discount-Bonds): Eine Null-Kupon Anleihe wird vor Fälligkeit unterhalb ihres Nennwertes gekauft und am Fälligkeitstag vom Emittenten zum Nennwert zurückgekauft. Im Gegensatz zur Kupon-Anleihe finden bis zur Fälligkeit keine Zinszahlungen statt. Beispiele für Null-Kupon-Anleihen sind US-Schatzwechsel. Im folgenden werden die Grundkonzepte und -notationen für den später empirisch untersuchten Fall von Null-Kupon Anleihen betrachtet.

2.1.1. Null-Kupon-Anleihen Kassazinsen Der Kassazins (Rendite, Spotrate) Rj n) stellt den zum Zeitpunkt t beobachtbaren internen Zinsfuß einer Anleihe mit einer Restlaufzeit von η Perioden bis

2.1. Grundformen festverzinslicher Wertpapiere

25

Fälligkeit dar. Als interner Zinsfuß wird der Zins bezeichnet, bei dem der Barwert einer Anleihe deren Marktwert P t (n ) entspricht. Aufgrund dieser allgemein anwendbaren Definition sind interne Zinsfüße ein geeignetes Instrument, um unterschiedliche Kreditformen vergleichbar zu machen. Im Fall einer NullKupon-Anleihe, die den Nennwert von 1 D M in Periode t+n auszahlt, ist: (2.1)

P™ =

1

(l + ^ y

'

Durch Umformung erhält man:

(2.2)

+

Die zum Zeitpunkt t beobachtbare Menge der internen Zinssätze von NullKupon Anleihen, die sich lediglich bezüglich ihrer Restlaufzeit unterscheiden, wird als Zinsstruktur bezeichnet. Die graphische Darstellung dieser Zinssätze in Abhängigkeit von ihrer Laufzeit zum Zeitpunkt t heißt Zinsstruktur kurve. Für Kupon-Anleihen werden analog die Begriffe Renditenstruktur und Renditenstrukturkurve verwendet. Abbildung 2.1 zeigt die Zinsstrukturkurve am Euro-DM-Geldmarkt im Januar 1992 und im April 1997.

Abbildung 2.1 : Zinsstruktur am Interbankenmarkt

26

2. Grundkonzepte

Die Zinsstruktur im April 1997 weist einen "normalen" Verlauf auf. Mit zunehmender Laufzeit der Anleihen steigen die Zinssätze an. Man spricht von einer inversen Zins- bzw. Renditenstruktur, wenn die Zinssätze mit zunehmender Restlaufzeit der Anleihen abnehmen. Dies ist im Januar 1992 der Fall gewesen. Grundsätzlich sind nahezu beliebige (flache, konkave, konvexe etc.) Verläufe der Zinsstruktur möglich. Die Steigung der Zinsstruktur wird durch den Zinsspread Sj" ,m) = ßOO _ ß(m) e r f a ß t j ) e r zinsspread (Zinsspanne) ist die Differenz zwischen einem längerfristigen (n-periodigen) und einem kürzerfristigen (m-periodigen) Zins. Die Differenz zwischen dem einperiodigen Ertrag einer langfristigen Anleihe und dem Ertrag einer einperiodigen Anleihe wird als (einperiodige) Überschußrendite bezeichnet. Um Übergänge der Zinsstruktur von einem normalen zu einem inversen Verlauf (oder umgekehrt) zu verdeutlichen, wird häufig die Entwicklung der Zinsstruktur im Zeitablauf abgebildet. Diese Darstellung heißt Zinsgebirge. Renditengebirge zeigen die Entwicklung der Renditenstruktur im Zeitablauf. Terminrenditen

(Forwardraten)

Durch gleichzeitigen Kauf und Verkauf von Null-Kupon-Anleihen mit unterschiedlicher Restlaufzeit ist ein Investor auf einem vollkommenen Kapitalmarkt in der Lage, bereits heute die Verzinsung einer Anlage, die erst in einer späteren Periode erfolgen soll, sicherzustellen. Dieser Zins wird als implizite Terminrendite oder Forwardrate bezeichnet. Beispielsweise kann durch den Kauf einer zweiperiodigen Anleihe und dem Verkauf geeigneter Mengen einperiodiger Anleihen zum Zeitpunkt t, ein (Netto) Zahlungsstrom generiert werden, in dem in Periode t keine Zahlung, in Periode t+1 eine Investition in ein Papier mit einer Restlaufzeit von einer Periode, und in t+2 die damit verbundene Auszahlung erfolgen. Die sich aus diesen Transaktionen ergebende implizite Terminrendite der einperiodigen Anleihe in t+1 ist: 4

Gleichung (2.3) verdeutlicht, daß die Forwardrate F , ( u ) durch die Preise bzw. Zinssätze der ein- und zweiperiodigen Null-Kupon-Anleihen zum Zeitpunkt t bestimmt wird. Allgemein läßt sich die implizite Terminrendite einer

4

Eine Darstellung der Zahlungsstromcharakteristik findet man bei Campbell/Lo/ MacKinlay (1997), S. 399f.

2.1. Grundformen festverzinslicher Wertpapiere

Anleihe mit einer Restlaufzeit von i Perioden zum Zeitpunkt t+j ( Fj-' den Kassazinssätzen R)* 1 und R' r" '' errechnen. Es gilt: (2.4)

(1 + F,

)' =

(1 + R j i + n r ·».„ , ei+/?;")'

27 J)

) aus

0 < i,0 < j .

Holding-Yields Einen weiteren zentralen Begriff in Untersuchungen zur Zinsstruktur stellt die Holding-Yield dar. Die Holding-Yield Hj' J) ist die Rendite pro Periode, die sich ergibt, wenn ein Papier mit einer Restlaufzeit von i Perioden in t erworben und vor Fälligkeit zum Zeitpunkt t+j verkauft wird. Im Fall von NullKupon-Anleihen ergibt sich die Rendite bei einer Haltedauer von j Perioden aus der Preisänderung der Anleihe zwischen t und t+j: pU-j)

(2.5)

(1 + H ^ i J ) y = -zjjy-

0 7 ' ( Ι + Λ ; 0 0 ) * 'o+/tfc(,,))2 + ' " + , , ' ( i + / t / c ( w ) r

8

r

t

Für den Fall, daß C = 0 ist, entspricht die Kupon-Anleihe einer NullKupon-Anleihe und die Duration der Laufzeit dieser Null-Kupon-Anleihe. Falls C > 0 ist die Duration kleiner als die Restlaufzeit der Anleihe. Die Duration steht in einem engen Zusammenhang zu dem Preisänderungsrisiko von Anleihen. Ableiten von (2.8) nach (1 + Rf {n )) und Erweitern mit (1 + 1ζ {α ))/Ρ« η) ergibt: (2.10)

o + f p .

Durch Umformung nach der relativen Preisänderung erhält man: (2.11)

^ ζ

ΐ

=

_n'(") d{\ + R ? n ) )

c (") _ Α") c w Λ 7?
(1 +

)(1 + £, r M )

erfüllt ist. Dabei kennzeichnet = den auf Basis der Informationsmenge Ω, in Periode t gebildeten Erwartungswert über den einperiodigen Zins in Periode t+1. Allerdings ist der in (2.12) beschriebene Zustand instabil, da sich durch Kauf der zweiperiodigen Anlage Arbitragegewinne realisieren lassen. Die hieraus resultierende Überschußnachfrage nach dem zweiperiodigen Papier fuhrt zu steigenden Preisen und damit zu sinkenden Zinsen dieser Anleihe. Ein Gleichgewicht ist erreicht, wenn alle Transakteure zwischen der revolvierenden Anlage in einperiodige Papiere und dem Erwerb des zweiperiodigen Papiers indifferent sind. In diesem Fall gilt: (2.13)

(1 + R)2))2

= (1 + Λ/ (1) )(1 + £,/?,+}).

Einschränkend ist darauf hinzuweisen, daß dieser Überlegung keine "echte" Arbitragebeziehung zugrunde liegt, da es sich bei dem erwarteten kurzfristigen Zins um eine stochastische Größe handelt, die mit Risiko behaftet ist. Das durch Gleichung (2.13) beschriebene Gleichgewicht ist Grundlage der reinen Erwartungshypothese. Alternativ fordert sie, daß die erwartete Überschußrendite der langfristigen Anleihe im Vergleich zu einer revolvierenden Anlage in kurzfristige Anleihen Null beträgt. Bei diesen Überlegungen wird davon ausgegangen, daß die Erwartungen der Marktteilnehmer über zukünftige einperiodige Zinsen unverzerrt sind, Anleihen mit unterschiedlichen Restlaufzeiten perfekte Substitute darstellen und steuerliche Gesichtspunkte und Transaktionskosten keine Rolle spielen. Durch lineare Approximation von Gleichung (2.13) erhält man: (2.13a) ^ ^ i R V

+ E ^ ) .

Analog zum Fall der zweiperiodigen Anleihe gilt fur n-periodige NullKupon Anleihen: (2.14)

Λ = - ( R ? ] + E X \ + η

+...+£, 0.

Nach Gleichung (2.18) müssen im Marktgleichgewicht die erwarteten einperiodigen Renditen unterschiedlicher Investitionsmöglichkeiten gleich sein. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, finden solange Preis- und Zinsanpassungen statt, bis ein Investor mit einem Anlagehorizont von einer Periode zwischen den unterschiedlichen Alternativanlagen indifferent ist. Um diesen Zusammenhang zu veranschaulichen, sei eine Situation betrachtet, in der ein Investor mit einem Anlagehorizont von einer Periode die Wahl hat zwischen dem Erwerb einer einperiodigen Anleihe oder dem Kauf einer zweiperiodigen Anleihe und deren Wiederverkauf in einer Periode. Der Zins der einperiodigen Anleihe betrage 6%, während die zweiperiodige Anleihe eine Rendite von 7% aufweisen soll. Der vom Investor erwartete einperiodige Zins 14

Vgl. Shiller/Campbell/Schoenholtz (1983, S. 181)

2.2. Theorien der Zinsstruktur

35

in t+1 sei 7%. Da zu Beginn der nächsten Periode die zweiperiodige Anleihe ebenfalls eine Restlaufzeit von einer Periode besitzt, muß sie zu diesem Zeitpunkt die gleiche Rendite aufweisen, wie das neu emittierte einperiodige Papier, d.h. ebenfalls 7%. Im Rahmen dieser Annahmen ist die erwartete einperiodige Holding-Yield der zweiperiodigen Anleihe nach (2.7a): Η ) 2 Λ ) = 2 · 7% - (2 - 1)· 7% = 7% und damit um einen Prozentpunkt höher als der Zins der einperiodigen Anleihe. In dieser Situation kommt es zu einer Überschußnachfrage nach zweiperiodigen Anleihen und damit zu steigenden Preisen bzw. sinkenden Renditen dieser Papiere. Der Prozeß dauert solange an, bis Gleichung (2.18) erfüllt ist. 15 Dies ist der Fall, wenn die Rendite der zweiperiodigen Anleihe 6,5% beträgt. Eine Implikation der Erwartungshypothese ist, daß im Marktgleichgewicht sowohl die erwartete Änderung des langfristigen Zinses in der nächsten Periode E,R\]~ X X ) - R)2) (hier 0,5%) als auch die Hälfte der erwarteten Änderung des einperiodigen Zinses E,/?^} - R(2 ) (1%) durch die Spanne zwischen lang- und kurzfristigem Zinssatz S}2' ]) (0,5%) prognostiziert werden kann.

2.2.2. Die Liquiditätspräferenztheorie und der Preferred-Habitat-Ansatz Eine zentrale Annahme der reinen Erwartungstheorie ist die vollkommene Substituierbarkeit zwischen kurz- und langfristigen Anleihen. Von unterschiedlichen Präferenzen oder Risiken wird abstrahiert. Die Bedingung ist jedoch nur dann erfüllt, wenn Marktteilnehmer risikoneutral sind oder vollkommene Voraussicht besitzen. Im Liquiditätspräferenz- und PreferredHabitat-Ansatz wird die Annahme der Risikoneutralität aufgegeben. Kurz- und langfristige Anleihen stellen hier lediglich beschränkte Substitute dar. Nach der Liquiditätspräferenztheorie (Hicks (1946)) ziehen Kapitalgeber Anleihen mit kurzer Laufzeit vor, da diese einen höheren Liquiditätsgrad besitzen und weniger riskant sind. Im Gegensatz zu einer kurzfristigen Anleihe stellt eine Investition in ein langfristiges Papier für einen Anleger mit einem Planungshorizont von einem Jahr ein Risiko dar, da unerwartete Zinsänderungen zu unerwarteten Kursverlusten (bzw. entsprechenden Kursgewinnen) führen können. Bei gegebener Zinsänderung sind die Kursänderungen um so höher, je größer die Restlaufzeit oder Duration der Anleihe ist (vgl. Gleichung (2.11)).

Die beschriebene Situation stellt auch eine Verletzung von Bedingung (2.15a) dar. Hier ist die implizite Forward-Rate nach (2.4a) mit 8% zunächst höher als der vom Investor erwartete einperiodige Zins in t+1, bis die Preisanpassungen zu einem Ausgleich geführt haben. 3;

36

2. Grundkonzepte

Zusätzlich wird davon ausgegangen, daß Kapitalnehmer die Ausgabe langfristiger Anleihen präferieren, da sie dadurch ihre Planungsunsicherheit reduzieren können. Um Anleger zu veranlassen, trotz des höheren Risikos langfristige Anleihen nachzufragen, muß ihnen im Marktgleichgewicht eine positive Prämie gezahlt werden. Aufgrund der positiven Korrelation von Risiko und Duration nimmt die Liquiditäts- oder Risikoprämie mit der Restlaufzeit der Anleihen zu. Kapitalgeber, die über einen längerfristigen Planungshorizont verfugen, erhalten auf diese Art eine zusätzliche Prämie, ohne dafür ein zusätzliches Risiko tragen zu müssen. Eine Erweiterung der Liquiditätspräferenztheorie ist der auf Modigliani/Sutch (1966) zurückgehende "Preferred-habitat" Ansatz. Er basiert auf der Annahme, daß Anleger unterschiedliche Präferenzen für einzelne Laufzeitsegmente besitzen. Dies ist darauf zurückzuführen, daß Transakteure ihr Risiko minimieren, wenn ihre in unterschiedlichen Perioden anfallenden Verbindlichkeiten durch korrespondierende Forderungen gedeckt werden. Beispielsweise zieht ein Anleger, der kurzfristig liquide sein muß, kurzfristige Anleihen vor, während ein Anleger, der viele langfristige Verbindlichkeiten besitzt, längerfristige Papiere präferiert. Für diesen Typ Anleger ist der Ertrag einer revolvierenden Anlage in kurzfristige Papiere unsicher, da er mit den zukünftigen kurzfristigen Zinsen variiert, so daß er für den Erwerb kurzfristiger Papiere eine Risikoprämie verlangt. Nach der "Preferred-habitat" Theorie müssen für diejenigen Laufzeiten Risikoprämien gezahlt werden, für die sich insgesamt eine unzureichende Nachfrage ergibt. Dominieren kurzfristig orientierte Anleger auf Finanzmärkten, werden langfristige Papiere nur in ausreichendem Maß nachgefragt, wenn hierfür eine positive Prämie gezahlt wird. Überwiegen hingegen langfristig orientierte Anleger, kann die Risikoprämie für langfristige Papiere, im Unterschied zu den Prämien im Rahmen der Liquiditätspräferenztheorie, auch negativ sein. Aufgrund der Substitutionsmöglichkeiten zwischen kurz- und langfristigen Anleihen bleiben die zentralen Aussagen der reinen Erwartungstheorie im Liquiditätspräferenz- und "Preferred-habitat" Ansatz erhalten. Der Unterschied besteht darin, daß zusätzlich eine erwartete Risikoprämie berücksichtigt werden muß, wobei η und m jeweils die Restlaufzeiten der Anleihen sind, zwischen denen Substitutionsbeziehungen bestehen. Für m=l folgt: (2.18)

/?"> =

+ £,/C +

Λ ί 1 Ι ) + θ

0.

Zwischen den Risikoprämien in (2.19), (2.20) und (2.21) existieren bestimmte definitorische Zusammenhänge, so daß - etwa im Fall von Zinssätzen mit Laufzeiten η und m, für die n=2m ist - die Modellierung einer dieser Prämien ausreicht, um auf die anderen Prämien schließen zu können. 18 Für allgemeine Laufzeiten i und j ist: 19

(2.22)

16

i>j>

i

0

Nach der Liquiditätspräferenztheorie gilt: 0 < Φ ( , 2,1) < O j 3 , 0 = £ , / £ } + « „ , .

Die Annahme rationaler Erwartungen beinhaltet, daß Marktteilnehmer in einem ihnen bekannten und stabilen wirtschaftlichen Umfeld keine systematischen Erwartungsfehler begehen und keine in Periode t verfügbaren Informationen unberücksichtigt lassen, die die Güte ihrer Prognosen verbessern. Dies bedeutet, daß der Prognosefehler w,+1 einen Erwartungswert von Null aufweist und mit keinem Element der in t verfügbaren Informationsmenge korreliert. In Verbindung mit der Annahme rationaler Erwartungen wird die Erwartungstheorie auch als rationale Erwartungstheorie der Zinsstruktur bezeichnet. Durch Einsetzen von (2.28) in (2.27) erhält man: (2.29)

+

Empirische Evidenzen zur Erwartungshypothese resultieren aus Regressionen mit Spot- und Forwardraten. Im Fall rationaler Erwartungen und konstanter Risikoprämien stellt

45

2.3. Empirische Testansätze der Erwartungstheorie

(2.30)

+

eine Regressionsbeziehung dar, in der die Störgröße einen Erwartungswert von Null aufweist und mit dem Regressor unkorreliert ist. 24 Bei Gültigkeit der Erwartungstheorie muß ßx - 1 sein. Allerdings ist Gleichung (2.30) bei instationären Zinssätzen nicht für einen Test der Erwartungstheorie geeignet. Bei Gültigkeit der Erwartungstheorie ist die Forwardrate als optimale Prognose der Spotrate ebenfalls 1(1) und mit der Spotrate kointegriert. 25 Da die Kointegrationsregression (2.30) nur auf den langfristigen Zusammenhang von Forward- und Spotrate abstellt, wird unter der Nullhypothese der Kointegrationsparameter ßx superkonsistent geschätzt, unabhängig von der kurzfristigen Dynamik in der Beziehung zwischen Spotund Forwardrate. Selbst ein autokorrelierter oder mit der Forwardrate korrelierter Störterm kann bei der Schätzung vernachlässigt werden. Auch eine zeitvariable Risikoprämie wirkt sich nicht auf die Schätzung aus, solange sie stationär ist (Evans/Lewis (1994, S. 296)). Um zu testen, ob die kurzfristige Dynamik der Kassakurse mit der Erwartungstheorie kompatibel ist, ist an der Fehlerkorrekturdarstellung für ansetzen. Diese lautet: (2.31)

Δ R',11 = a

0

- ß

0

- ß

l

F ™ )

+b{A

+ alAK} li+...+a mA

F^ +...+bn,AF,^

R^ m

+®(L)u l+l

Andererseits erhält man durch Umformungen von (2.30) unter der Nullhypothese: (2.32)

Δ Rll\ = -(Ä)+b iM*"

)

+ «,tI

Berücksichtigt man ferner die unter der Nullhypothese geltenden Restriktionen /?, = 1 und 6, = 1, erhält man den beispielsweise von Fama (1984) und Hardouvelis (1988) verwendeten Testansatz der Erwartungstheorie: (2.35)

+

Bei Gültigkeit der Erwartungshypothese mit konstanten Risikoprämien muß β gleich Eins sein. Ein signifikant von Eins abweichender Schätzwert für β ist unvereinbar mit der Erwartungstheorie der Zinsstruktur oder einer der angenommenen Hypothesen.26 Ein signifikant von Null verschiedener Regressionskoeffizient fur β zeigt, daß der Spread Informationsgehalt bezüglich der zukünftigen Entwicklung des einperiodigen Zinses besitzt. Im Fall einer zeitlich konstanten Risikoprämie ist der Test der Nullhypothese β = 1 gleichzeitig ein Test auf Unverzerrtheit: Es wird getestet, ob die am Markt prognostizierten Zinsänderungen im Durchschnitt mit den realisierten Zinsänderungen übereinstimmen. Abweichungen von Eins sind unter den getroffenen Annahmen auf die Korrelation von Prognosen und Prognosefehler zurückzuführen und können als Hinweis fiir die Ineffizienz von Marktprognosen interpretiert werden. Berücksichtigt man die Definition der Forwardrate, ergibt sich der alternative Testansatz: (2.36)

=a

+

») + „ , „ .

Beträgt die Laufzeit des einperiodigen Zinses m Monate und ist n=2m, gilt: (2.36a)

- /?">) = α + /*(/?"> -

+ «ltm .

Die Tatsache, daß die Kointegration von Spot- und Forwardrate eine notwendige Bedingung der Erwartungstheorie darstellt, wird in Wolters (1995) und Evans/Lewis (1994) beschrieben. Hall/Anderson/Granger (1992) testen die Erwartungstheorie in einem Fehlerkorrekturmodell. Die Beziehung zwischen Kointegrationsgleichung und restringiertem Fehlerkorrekturmodell werden für den Fall der ungedeckten Zinsparität von Hakkio/Rush (1989) aufgezeigt.

2.3. Empirische Testansätze der Erwartungstheorie

47

Gleichung (2.36) kann mit OLS konsistent geschätzt werden. Das Problem dieser Schätzung sind die sich überlappenden Prognosefehler, wenn das Datenerhebungsintervall nicht mit dem Prognoseintervall übereinstimmt. Wird beispielsweise eine Regression der Änderung des Dreimonatszinses auf den Spread zwischen Sechs- und Dreimonatszinsen mit Monatsdaten durchgeführt, weist der Störterm als rationaler Erwartungsfehler einer Drei-Schritt-Prognose die Autokorrelationsstruktur eines MA(2)-Prozesses auf. Dies ist deswegen der Fall, weil bei einem Prognosehorizont von drei Perioden und einem Datenerhebungsintervall von einer Periode der in t+3 realisierte Prognosefehler mit den Prognosefehlern aus t+1 und t+2 korreliert. 27 Aufgrund dieser Autokorrelationsstruktur liefert OLS inkonsistente Schätzwerte der Varianz/Kovarianzmatrix. Einen konsistenten Schätzer dieser Matrix, der Autokorrelation und Heteroskedastizität der Prognosefehler berücksichtigt, erhält man mit der Methode von Hansen (1982). Die Erwartungshypothese der Zinsstruktur ist in zahlreichen Untersuchungen für unterschiedliche Laufzeiten von Zinssätzen getestet worden. Während die empirischen Ergebnisse für die USA die langfristige Gültigkeit der Erwartungstheorie stützen (Hall/Anderson/Granger (1992)), ist die Evidenz bezüglich der kurzfristigen Dynamik uneinheitlich. Tabelle 2.1 enthält eine Auswahl amerikanischer Zinsstrukturergebnisse. Die Punktschätzungen der anhand der Gleichungen (2.35) und (2.36) geschätzten /^-Koeffizienten sind zusammen mit deren Standardabweichung und dem Bestimmtheitsmaß der Regression nach der Laufzeit der einperiodigen Anleihe geordnet. Beispielsweise stammt der geschätzte ß-Wert -0.147 von Campbell/Shiller (1991) aus einer Regression der durchschnittlichen Änderung von Dreimonatszinsen auf den Spread zwischen Sechs- und Dreimonatszins. Nahezu alle geschätzten Koeffizienten liegen deutlich unter dem theoretischen Wert von Eins, einige sind nicht einmal signifikant von Null verschieden. Das oftmals niedrige Bestimmtheitsmaß läßt darauf schließen, daß Zinsänderungen in vielen Fällen nicht erwartet wurden, so daß naive Mno-changeM Prognosen fast gleichwertige Prognosen liefern. Naive no-change-Prognosen sind dann optimal, wenn der kurzfristige Zins einem random-walk folgt. Langfristige Zinsen (und Forwardraten) sollten in diesem Fall bis auf eine Risikoprämie den kurzfristigen Zinsen entsprechen, so daß der Regressor in (2.36) konstant ist und keinen Erklärungsgehalt für zukünftige Zinsänderungen aufweist.

27

Allgemein folgt eine Störgröße, die rationale Erwartungsfehler von k-SchrittPrognosen reflektiert, einem M A ( k - l ) Prozeß (vgl. Hansen/Hodrick (1980)).

48

2. Grundkonzepte

Tabelle 2.1 Der Informationsgehalt der US-Zinsstruktur für Änderungen kurzfristiger Zinsen !(/&>

- R^)

=a +

- *) =

+ — 1 — (R>, Ay t_. + e,

/=ι die Nullhypothese der Differenzenstationarität H 0 : ((p-\\ß) = (0,0) gegen die Alternativhypothese der Trendstationarität mit einem F-Test überprüft werden. Die kritischen Werte sind in Dickey /Fuller (1981, S. 63) aufgeführt. Bei Akzeptanz der Nullhypothese ist auf Modell (3.8) überzugehen, da die in diesem Modell vorgenommenen Tests eine höhere Macht besitzen, wenn die Zeitreihe keinen linearen deterministischen Trend aufweist (vgl. Davidson/MacKinnon (1993, S. 702)). 38

Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Laganzahl so zu wählen, daß eine etwaige Saisonfigur erfaßt wird. Für Monatsdaten ergäbe sich beispielsweise k= 12 (Hamilton (1994, S. 583)).

72

3. Empirische Untersuchungen der Erwartungshypothese

nommen werden, was den für die Macht der Test entscheidenden Stützbereich erheblich reduzieren kann. Die Tests werden als nicht-parametrisch bezeichnet, da keine exakte Spezifikation des Störterms erforderlich ist (d. h. es sind keine Annahmen über AR- und MA-Koeffizienten zu treffen). 39 Ist die Hypothese einer Unit-Root und damit eines Integrationsgrades von Eins angenommen, läßt sich mit Hilfe der Hasza/Fuller (HF)-Statistik testen, ob y t 1(2) ist. Das hierzu angemessene Regressionsmodell lautet: (3.9)

Ψ

y l=a Q+a,y l_ l+a 1

k Vy,_, + /'= 1

V

2

^ + e,

Die Nullhypothese zweier Unit-Roots H 0 : ( α , , a 2 ) = (0,0) kann anhand der in Hasza/Fuller (1979, S. 1116) tabellierten kritischen Werte überprüft werden. Die kritischen Werte der ADF, PP und HF-Tests sind:

Tabelle 3.8 Kritische Werte der Integrationstests 1%

5%

10%

ADF-/-Test PP-f-Test

-3,43

-2,86

-2,57

HF-F-Test

8,22

6,16

5,21

Probleme von Unit-Root-Tests In der Literatur existiert eine Reihe von Einwänden gegen Unit-Root-Tests. Ein bedeutendes Charakteristikum dieser Tests besteht darin, daß sie starke Verzerrungen aufweisen zugunsten der Annahme der Nullhypothese der Instationarität. Eine Ursache hierfür sind die häufig von offiziellen Stellen verwendeten Saisonbereinigungsverfahren (Davidson/MacKinnon (1993, S. 714)). Ein zweiter wichtiger Aspekt liegt darin, daß Strukturbrüchen häufig nicht Rechnung getragen wird (Perron (1989)). Zudem ist gezeigt worden, daß für

39

Phillips/Perron-Tests erfordern eine Festlegung des "Truncation-Parameters". Der Truncation-Parameter gibt die Anzahl der Autokovarianzen der Residuen an, die bei der Berechnung der Varianz des Stichprobenmittelwerts σ 2 Verwendung finden, σ 2 wird zur Modifikation der t -Statistik benötigt (vgl. Davidson/MacKinnon (1993, S. 713)).

3.3. Integrations- und Kointegrationseigenschaften

73

stationäre Prozesse mit ρ > 0,9 die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler zweiter Art (Annahme der Nullhypothese, obwohl sie falsch ist) relativ hoch ist (Hamilton (1994, S.532)). Diese und andere methodische Probleme der Unit-Root-Tests implizieren, daß die Annahme der Nullhypothese nicht notwendigerweise bedeutet, daß eine untersuchte Zeitreihe tatsächlich eine Einheitswurzel aufweist, sondern lediglich, daß die Daten nicht gegen die Existenz einer Einheitswurzel sprechen. Die Ergebnisse der t -Tests von Dickey/Fuller und Phillips/Perron und des F-Tests von Hasza/Fuller sind in Tabelle 3.9-3.11 aufgeführt. Das Entscheidungskriterium für die Anzahl k* der in den Regressionsansatz aufgenommenen verzögert abhängigen Variablen, ist die Insignifikanz der Ljung-BoxStatistik auf 10%-Niveau. Im Rahmen der Phillips/Perron-Tests wurde der truncation-Parameter mit dem gewählten k* gleichgesetzt. Der sich maximal ergebende Wert von k* betrug im Fall von Tages-, Wochen- respektive Monatsdaten 24, 17 und 7. Die Ergebnisse zeigen, daß von einer Instationarität der Zinssätze auszugehen ist. Die Teststatistiken der ADF- und PP-Tests sind größtenteils insignifikant. Eine Ausnahme sind die z.T. signifikanten Phillips-Perron-Tests für den Tages- und Wochenzins am Geldmarkt. Dieses Ergebnis ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf vorhandenen MA-Komponenten zurückzuführen. 40 Schwert (1989) zeigt anhand von Simulationsstudien, daß die PP-Tests zu häufig zu einer Ablehnung der Nullhypothese fuhren, wenn die Zeitreihe signifikante MA-Komponenten enthält, die kleiner sind als -0,5. Im Unterschied hierzu entspricht die Ablehnwahrscheinlichkeit der ADF-Tests bei vorhandenen MAKomponenten dem tatsächlichen Signifikanzniveau, so daß diese Tests vorzuziehen sind. 41 Auf Basis der Hasza/Fuller-Tests kann die Hypothese eines Integrationsgrades von Zwei für alle Zinssätze abgelehnt werden. 42 Im folgenden wird daher davon ausgegangen, daß die einmal differenzierten Nominalzinsen stationäre Prozesse darstellen. Dieses Resultat wird gestützt durch Ergebnisse

40

Um zu untersuchen, ob MA-Komponenten in Tagesdaten vorliegen, wurde für Tagesgeld- und Wochenzinsen ein A R I M A ( l , l , l ) - M o d e l l geschätzt. Der MA(1)Koeffizient für den Tageszins (Wochenzins) am Geldmarkt ist hochsignifikant und beträgt -0,5 (-0,6). 41 Vgl. Schwert (1989), S. 158. 42

Die Ergebnisse der HF- und ADF-Tests sind robust bezüglich der Zahl der aufgenommen verzögert abhängigen Variablen. Lediglich für im Vergleich zu k* verhältnismäßig kleine k wird die Nullhypothese abgelehnt. In diesen Fällen ist das Signifikanzniveau der Ljung-Box-Statistik ) + v/+l

Da keine Beobachtungen für Samstage und Sonntage vorliegen, wird η im Rahmen der durchgeführten Tests gleich 5, 22 bzw. 66 gesetzt. Neben den Resultaten für den Gesamtzeitraum (erste Spalte) wird wiederum der Informationsgehalt in einzelnen Teilzeiträumen untersucht. Die /?-Koeffizienten und das Bestimmtheitsmaß der Regressionen zeigen, daß der Informationsgehalt des Spread zwischen Monatszins (Dreimonatszins) und Tagesgeldzins für durchschnittliche Änderungen des Tagesgeldzinses im nächsten Monat (den nächsten drei Monaten) recht hoch ist. Der durch den Spread erklärten Teil der Änderungen von Tagesgeldzinsen in den nächsten 30 und 90 Tagen liegt im Gesamtzeitraum bei 32% bzw. 44%. Es ergeben sich wiederum deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Teilzeiträumen. Besonders hervorzuheben ist das geringe R 2 in der Phase von März 1980 bis Januar 1985. Der nicht durch die Regression erklärte Teil der durchschnittlichen Änderungen des Tagesgeldzinses ist stetig zurückgegangen. Eine eingehende Analyse der hierfür relevanten Zusammenhänge erfolgt in Kapitel 6. Im Unterschied zu diesen Resultaten ist der Erklärungsgehalt von Spreads zwischen Wochen- und Tagesgeldzins für durchschnittliche Änderungen des Tagesgeldzinses in den nächsten 7 Tagen prinzipiell gering. Offensichtlich haben Änderungen des Tagesgeldzinses über Wochenfrist weitgehend persistenten Charakter. In einem Szenario, in dem an verschiedenen Tagen gehaltene Bankeinlagen vollkommene Substitute sind, ist dieses Ergebnis wenig verwunderlich. Auch hier ist der Informationsgehalt im zweiten Teilzeitraum überdurchschnittlich gering. Die Erwartungshypothese der Zinsstruktur mit konstanten Risikoprämien wird in 10 von 12 Fällen auf einprozentigem Niveau abgelehnt. Lediglich in einer Regression ist der -Koeffizient nicht signifikant von Eins verschieden.

3.4.3. Der Informationsgehalt des Spread für Änderungen langfristiger Zinsen In Kapitel 2.3.4 wurde gezeigt, daß der geschätzte Koeffizient Regression

δ der

3.4. Test der Erwartungshypothese

(3.13)

- *, 10%

> 10%

< 10%

0,3826

0,1148

-0,2393

0,8206

1,0628

1,1435

1,2796

0,0014

0,0003

0,0018

0,0418

-0,8033 -

1,0265

-0,9487

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

0,1719

-0,0252

-0,3559

-0,9729

0,8964

1,1150

1,1798

1,3611

1,6333

0,0002

0,0000

0,0035

0,0363

0,0016

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

0,0340

-0,1012

-0,3921

-0,8559

-0,0645

0,9858

1,1824

1,2290

1,4128

1,7964

0,0000

0,0001

0,0036

0,0244

0,0001 > 10%

-0,2016

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

120 Monate -0,2532

-0,1742

0,1970

0,6923

-0,6775

0,7372

0,8623

0,8483

0,8807

0,4922

0,0003

0,0004

0,0009

0,0199

0,0242

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

< 1%

Die jeweils erste Zeile enthält den ^-Koeffizienten der mit OLS geschätzten Regression (3.13; j=22). Die zweite Zeile enthält den heteroskedastizitäts- und autokorrelationskonsistenten Standardfehler (Hansen (1982)). In der dritten Zeile steht das Bestimmtheitsmaß der Regression R 2 . Die vierte Zeile enthält das Signifikanzniveau der Hypothese S= 1. In Fällen, in denen n/m > 6 ist und Zinssätze mit den benötigten Fristigkeiten nicht vorliegen, wird R(n-m:t+m) durch R(n:t+my) approximiert.a,b,c kennzeichnet signifikante Teststatistiken auf 1%- ,5%- und 10%- Niveau.

3.4. Test der Erwartungshypothese

93

Tabelle 3.21 Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für einperiodige Änderungen langfristiger Zinsen (Wochendaten) η\m

1 Monat

3 Monate

0,4431

-0,2693

0,2295

0,2174

0,0071

0,0084

< 1%

< 1%

6 Monate

12 Monate 24 Monate 60 Monate

3 Monate

6 Monate

12 Monate

-0,4132

0,1031 0,2674

-

0,0002

0,0105 < 1%

< 1% 24 Monate

36 Monate

48 Monate

0,4191

0,5719

0,4004

0,5823

0,8392

0,0050

0,0047

> 10%

> 10%

0,3685

0,1247

-0,8347 -

1,0033 0,0499 < 10%

-0,2290

-0,9565

0,7346

1,0450

1,1181

1,2542

0,0014

0,0003

0,0017

0,0439

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

0,1548

-0,0233

-0,3484

-0,9829

0,8024

1,0950

1,1547

1,3329

1,6088

0,0002

0,0000

0,0038

0,0381

0,0022

-0,2354

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

0,0315

-0,0990

-0,3932

-0,8820

-0,1102

0,8857

1,1615

1,2039

1,3804

1,7755

0,0000

0,0001

0,0037

0,0266

0,0004

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

120 Monate -0,1853

-0,1893

0,1785

0,6844

-0,6432

0,6777

0,8486

0,8353

0,8666

0,4984

0,0002

0,0004

0,0008

0,0199

0,0240

> 10%

> 10%

> 1.0%

> 10%

< 1%

> 10% 60 Monate

Die jeweils erste Zeile enthält den ^-Koeffizienten der mit OLS geschätzten Regression (3.13; j=4). Die zweite Zeile enthält den heteroskedastizitäts- und autokorrelationskonsistenten Standardfehler (Hansen (1982)). In der dritten Zeile steht das Bestimmtheitsmaß der Regression R 2 . Die vierte Zeile enthält das Signifikanzniveau der Hypothese δ = 1. In Fällen, in denen n/m > 6 ist und Zinssätze mit den benötigten Fristigkeiten nicht vorliegen, wird R(n-m:t+m) durch R(n:t+nv) approximiert. a,b,c kennzeichnet signifikante Teststatistiken auf 1%- ,5%- und 10%- Niveau.

94

3. Empirische Untersuchungen der Erwartungshypothese

Tabelle 3.22 Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für einperiodige Änderungen langfristiger Zinsen (Monatsdaten) η\m

1 Monat

3 Monate

6 Monate

12 Monate 24 Monate 60 Monate

3 Monate

6 Monate

12 Monate

0,6593

c

-0,4359

0,3407

0,2186

0,0146

0,0213

> 10%

< 1%

0,3802 0,3585

-0,3678 -

< 1%

< 5% 24 Monate

36 Monate

48 Monate

60 Monate

0,4116 0,0094

0,0033 0,7337

0,3660

0,7540

0,8607

-0,8233

0,0084

0,0040

0,0481

> 10%

> 10%

< 10%

0,5385

0,1012

-0,3058

0,9021

1,0772

1,1287

1,2614

0,0032

0,0002

0,0030

0,0431

-

1,0016

-0,9574

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

0,3800

0,0126

-0,3526

-0,9547

0,9694

1,1198

1,1588

1,3427

1,6668

0,0013

0,0000

0,0035

0,0353

0,0005

-0,1171

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

0,2345

-0,0768

-0,4113

-0,8374

-0,0057

1,0941

1,1898

1,2093

1,3890

1,8029

0,0004

0,0001

0,0040

0,0237

0,0000 > 10%

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

120 Monate -0,1401

-0,1588

0,2265

0,7380

-0,5988

0,8110

0,8646

0,8530

0,8610

0,5089

0,0001

0,0003

0,0012

0,0231

0,0187

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

< 1%

Die jeweils erste Zeile enthält den ^-Koeffizienten der mit OLS geschätzten Regression (3.13; j = l ) . Die zweite Zeile enthält den heteroskedastizitäts- und autokorrelationskonsistenten Standardfehler (Hansen (1982)). In der dritten Zeile steht das Bestimmtheitsmaß der Regression R 2 . Die vierte Zeile enthält das Signifikanzniveau der Hypothese S= 1. In Fällen, in denen n/m > 6 ist und Zinssätze mit den benötigten Fristigkeiten nicht vorliegen, wird R(n-m:t+m) durch R(n:t+nV approximiert. a,b,c kennzeichnet signifikante Teststatistiken auf 1%- ,5%- und 10%- Niveau.

95

3.4. Test der Erwartungshypothese

Tabelle 3.23 Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für einperiodige Änderungen langfristiger Zinsen in unterschiedlichen Teilzeiträumen n,m \Zeitraum 6, 1

12, 1

6,3

12,6

120, 1

1/75-8/97

1/75-2/80 0,0213

-0,3234

0,7945

0,2393

0,3730

0,6324

0,3591

0,0038

0,0000

0,0017

0,0310

10/88-8/97 1,0532 a 0,3011 0,0678

b

1,0498 a

-0,8681

-0,7705

0,8440

0,2746

0,4440

0,7647

0,4267

0,3785

0,0002

0,0159

0,0055

0,0173

0,0345

0,2391

0,3596

b

-0,3476

-0,3985

-1,0944

0,2144

0,3021

0,4899

0,2424

0,2328

0,0118

0,0166

0,0567

0,0070

0,0239

-0,3852

-1,4405

-0,8461

0,4676

0,4014

0,4183

0,5328

0,9216

0,4394

0,4517

0,0090

0,1260

0,0186

0,0171

0,0189

-0,2532*

**

-0,3804

-0,4938

-0,3864

1,4286

0,9037

0,9344

0,0006

0,0010

0,0009

-0,7007

-0,2794

-0,3342

1,7134

0,9986

1,0590

0,0047

0,0012

0,0019

0,2136

-0,3305

-0,4631

1,5590

1,0077

1,0475

0,0008

0,0031

0,0064

1,1896

0,0564

-0,1957

**

-0,1742* 0,8623 0,0004

**

0,1970* 0,8483 0,0009

120, 12

b

0,0956

0,0003

120,6

2/85-8/97

0,3422

0,7372

120,3

3/80-1/85

**

0,6923 * 0,8807 0,0199

-

a

1,2308

1,0513

1,0972

0,0419

0,0002

0,0018

Die jeweils erste Zeile enthält den ^-Koeffizienten der mit OLS geschätzten Regression (3.13; j=22). Die zweite Zeile enthält den heteroskedastizitäts- und autokorrelationskonsistenten Standardfehler (Hansen (1982)). In der dritten Zeile steht das Bestimmtheitsmaß der Regression R 2 . In Fällen, in denen n/m > 6 ist und Zinssätze mit den benötigten Frostigkeiten nicht vorliegen, wird R(n-m:t+m) durch R(n:t+m,) approximiert. * Der Schätzzeitraum beginnt im April 1977. * * Aufgrund des kurzen Schätzzeitraums wird auf eine Darstellung der Ergebnisse verzichtet. a,b,c kennzeichnet signifikante Teststatistiken auf 1%- ,5%- und 10%- Niveau.

96

3. Empirische Untersuchungen der Erwartungshypothese

3.4.4. Die Bedeutung von Spezifikationsfehlern Die durchgeführten Tests zeigen, daß die Erwartungshypothese mit konstanten Risikoprämien in der Mehrzahl der betrachteten Fälle abgelehnt wird. Eine mögliche ökonometrische Ursache für diese negativen Evidenzen sind Fehler bei der Erfassung von Zinssätzen. Betrachtet sei beispielsweise ein Fall, in dem der langfristige Zins R$n) fehlerhaft erfaßt wird und der Erfassungs- oder Meßfehler s t einem whitenoise Prozeß folgt. Unter dieser Annahme ist die abhängige Variable gleich - R>n) = R t Z m ) und der Spread Ä,(M) - Rj m ) entspricht Rl" h-Rj m) + et, wobei R,(" h der unbeobachtbare, "wahre" Wert des langfristigen Zinses ist. Es läßt sich zeigen, daß in diesem Fall der ^-Koeffizient in Gleichung (3.11) verzerrt geschätzt wird. Die Verzerrung beträgt für allgemeine m, n: (3.14)

^

- C o v { - s n s , ) l v a r ( R r - tf") = - ^

·

Gemäß (3.14) wird in Zinsstrukturregressionen vom Typ (3.13) der SpreadKoeffizient tendenziell zu klein geschätzt. Dies ist auch für die anderen betrachteten Regressionen der Fall (Pindyck/Rubinfeld (1991, S. 161)). Die Verzerrung nimmt ab, wenn Meßfehler autokorreliert sind (vgl. Hardouvelis (1994, S. 265 ff)). Die Möglichkeit eines Meßfehlers wird in ökonometrischen Anwendungen häufig vernachlässigt, in der Hoffnung, daß dieser lediglich zu geringen Verzerrungen fuhrt. 49 Eine Methode, mit der Meßfehlern Rechnung getragen wird, ist die Schätzung mit Instrumentenvariablen. Die Ergebnisse der mit Instrumentenvariablen geschätzten Regressionen (3.11) und (3.13) für Monatsdaten sind in den Tabellen 3.17a und 3.22a aufgeführt. Bei der Schätzung wurden acht Instrumentenvariable benutzt: vier Lags des Spread und vier verzögert abhängige Variable. Ein Vergleich der Ergebnisse zeigt, daß hinsichtlich der Gültigkeit der Erwartungshypothese respektive des Informationsgehalts von Spreads die Resultate der Instrumentenvariablen- und OLS-Schätzungen nahezu identisch sind. 50 Dies gilt auch dann, wenn bei der Schätzung eine höhere Anzahl Hilfs49

Eine explizite Analyse der Auswirkungen fehlerhaft erfaßter Daten auf den Erwartungswert des OLS-Schätzers für den Regressionskoeffizienten findet man bei Rinne (1998). 50 Die Abweichungen zwischen den beiden Schätzmethoden sind um so stärker, je niedriger die bei der Schätzung verwendete Datenfrequenz ist. Dies ist darauf zurückzuführen, daß monatliche Meßfehler einen stärkeren white-noise Charakter haben als tägliche Fehler.

3.4. Test der Erwartungshypothese

97

Tabelle 3.17a Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für Änderungen kurzfristiger Zinsen, Instrumentenvariablen-Schätzung η\ m 3 Monate

1 Monat 0,5545

3 Monate

6 Monate

12 Monate 24 Monate 60 Monate

a

0,1592 0,2667 < 1% 6 Monate

0,5144 a

0,3751

0,1756

0,1587

0,1807

0,0496 < 1%

< 1% 12 Monate

24 Monate

0,5363

b

120 Monate

0,3031 0,2746

0,1477

0,0760

0,0347

< 10%

< 5%

< 5%

0,6471

0,4031

0,3428

0,4000

0,4610

0,5086

0,3375

0,2033

0,0638

0,0006

0,7932

b

0,0888

> 10%

> 10%

> 10%

1,1791 a

0,6817

0,1927

0,2615

0,4258

0,5380

0,5794

0,5857

0,3932

0,1365

0,0089

1,4425

a

1,8536

> 10% a

2,0575

> 10% a

2,4785

> 10% a

1,4879

b

0,2959

0,1990

0,2334

0,3189

0,7004

0,7159

0,6641

0,6327

0,5657

0,2412

0,0212 > 10%

< 1%

< 1%

> 10%

2,2920 a

2,4796 a

2,9845 a

0,2054

0,2424

0,2719

0,4278

0,5625

0,5761

0,5676

0,5290

< 1% 60 Monate

b

0,2579

< 10% 48 Monate

0,4606

0,2466

> 10% 36 Monate

b

2,0801

a

< 1%

< 1%

0,7737 a

1,3735

0,1224 0,4026 < 10%

< 1%

< 1%

l,6009a

1,7333

0,1171

0,0843

0,0560

0,6022

0,6834

0,7869

0,8382

0,0000

< 1%

< 1%

< 1%

> 10%

a

a

1,2894

b

Vgl. Tabelle 3.17. Die Regressionskoeffizienten wurden mit der Instrumentenvariablen-Methode geschätzt. Es wurden acht Instrumente benutzt: vier Lags des Spread und vier verzögert abhängige Variable. 7 Wasmund

98

3 Empirische Untersuchungen der Erwartungshypothese

Tabelle 3.22a Der Informationsgehalt der Euro-DM-Zinsstruktur für einperiodige Änderungen langfristiger Zinsen; Instrumentenvariablenschätzung η\m

1 Monat

3 Monate

0,3402

-0,2497

0,3960

0,3174

0,0143

0,0126

< 10%

< 1%

6 Monate

12 Monate 24 Monate 60 Monate

3 Monate

6 Monate

12 Monate

0,0885

-0,3938

0,4295

0,5491

0,0017

0,0044

< 5% 24 Monate

36 Monate

48 Monate

< 5%

0,1842

0,2354

-0,8224

0,7488

0,8390

1,0172

0,0027

0,0026

0,0696

> 10%

> 10%

-0,0650

-0,1248

< 10% -0,3947

-0,9736

0,9089

1,0631

1,1197

1,2450

0,0000

0,0000

0,0041

0,0569

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

-0,1380

-0,2168

-0,4517

-0,9720

-0,4081

0,9524

1,1069

1,1562

1,3099

1,4318

0,0000

0,0000

0,0044

0,0455

0,0063

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

-0,2457

-0,3226

-0,5196

-0,8427

-0,3788

1,0744

1,1810

1,2099

1,3449

1,5353

0,0000

0,0000

0,0049

0,0306

0,0034

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

120 Monate -0,3384

-0,0510

0,3733

0,9048

0,9447

0,9155

0,8885

0,8821

1,1633

0,0000

0,0001

0,0018

0,0244

0,0000

> 10%

> 10%

> 10%

> 10%

< 5%

60 Monate

-1,4908

Vgl. Tabelle 3 22. Die Regressionskoeffizienten wurden mit der Instrumentenvariablen-Methode geschätzt Es wurden acht Instrumente benutzt: vier Lags des Spread und vier verzögert abhängige Variable.

3.5. Zusammenfassung

99

variable verwendet wird. Daraus läßt sich schließen, daß im Fall der hier betrachteten Daten Meßfehler nur eine untergeordnete Rolle spielen oder hoch autokorreliert sind. 51

3.5. Zusammenfassung Im vorliegenden Kapitel wird die Gültigkeit der Erwartungshypothese der Zinsstruktur zwischen Januar 1975 und August 1998 anhand von Kassazinssätzen für am Euro-DM-Geldmarkt gehandelte Einlagen mit Laufzeiten von einem Tag bis zu fünf Jahren untersucht. Die zunächst durchgeführte deskriptive Analyse der Daten ergibt: 1. Der Mittelwert der Euro-DM-Geldmarktsätze für Laufzeiten über einem Monat steigt mit zunehmender Laufzeit der Einlagen an. Umgekehrt geht die Varianz der Zinssätze mit steigender Laufzeit zurück. 2. Die einmal differenzierten Zinszeitreihen sind nicht normal verteilt und weisen signifikante ARCH-Effekte auf. Diese Effekte gehen mit zunehmender Aggregation der Daten verloren. Im Anschluß werden die Integrations- und Kointegrationseigenschafiten der Zinszeitreihen überprüft. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen 3. Die betrachteten Zinssätze sind instationäre Prozesse mit einem Integrationsgrad von Eins. 4. Zinssätze für am Euro-DM-Geldmarkt gehandelte Einlagen mit Laufzeiten von einem Tag bis zu einem Jahr sind kointegriert. Dagegen existiert keine Kointegrationsbeziehung, wenn die Laufzeit wenigstens einer der Zinssätze größer ist als ein Jahr. Dieses Ergebnis läßt sich als "schwache" Evidenz für die Gültigkeit der Erwartungshypothese am kurzen Ende der Zinsstruktur interpretieren. Die Ergebnisse der Zinsstrukturregressionen für bundesdeutsche Geldmarktzinsen sind mit den Resultaten für amerikanische Zinssätze vergleichbar. Es gilt:

Eine drittes Schätzverfahren, bei dem zusätzliche Restriktionen, die unter der Rationalen Erwartungstheorie der Zinsstruktur Gültigkeit besitzen, berücksichtigt werden können, ist die von Hansen (1982) entwickelte "verallgemeinerte Momentenmethode" (GMM). Im Fall der mit G M M geschätzten Regressionen (3.11) und (3.13) ergeben sich nahezu identische Ergebnisse wie in Tabelle 3.17a und 3.22a. Als Instrumentensatz wurde der gleiche Vektor wie im Fall der Instrumentenvariablenschätzung verwendet. Die Tatsache, daß das Signifikanzniveau für den Test der überidentifizierenden Restriktionen größer als 0,1 ist, spricht für die Erwartungstheorie. 7*

100

3. Empirische Untersuchungen der Erwartungshypothese

5. Die Erwartungshypothese der Zinsstruktur in Verbindung mit der Annahme rationaler Erwartungen und konstanter Risikoprämien wird für bundesdeutsche Geldmarktzinssätze häufig verworfen. Die geschätzten Koeffizienten liegen in der Regel deutlich unter Eins. 6. Die empirischen Evidenzen zeigen, daß die Spanne zwischen Monats- bzw. Dreimonatszins und Tagesgeldzins einen hohen Informationsgehalt für durchschnittliche Änderungen des Tagesgeldzinses in den nächsten ein und drei Monaten besitzt. Auch Änderungen des Einmonatszinses in den nächsten beiden Monaten sind prognostizierbar. 7. Im Unterschied zur USA enthält der Spread zwischen Sechs- und Dreimonatszins signifikante Informationen über Änderungen des Dreimonatszinses in drei Monaten. 8. Spreads zwischen Zwölf- und Sechsmonatszins und zwischen Zwei- und Einjahreszins enthalten im Gesamtzeitraum (weitgehend) keine Informationen über die Änderung des Sechsmonatszinses in sechs Monaten und über die Änderung des Einjahreszinses in einem Jahr. 9. Änderungen von Zinssätzen mit Laufzeiten über zwei Jahren lassen sich verhältnismäßig gut anhand der Zinsstruktur prognostizieren. 10. Spreads zwischen lang- und kurzfristigen Zinssätzen enthalten normalerweise keine signifikanten Informationen über Änderungen des langfristigen Zinses in der Laufzeit des kurzfristigen Zinses. Die geschätzten Koeffizienten sind nicht selten negativ. 11. Der Informationsgehalt der aus Geldmarktsätzen mit Laufzeiten von einem Monat bis zu einem Jahr gebildeten Spreads für zukünftige Änderungen von Lang- und Kurzfristzinsen variiert innnerhalb einzelner Teilzeiträume. Seit 1985 kann die Entwicklung von Geldmarktsätzen tendenziell besser prognostiziert werden als in der Phase zuvor. 12. Die unter 3.-11. aufgeführten Ergebnisse sind unabhängig von der zugrundegelegten Frequenz der Daten. Sie sind ebenfalls weitgehend robust gegenüber dem verwendeten Schätzverfahren (OLS-, IV- oder GMM). Die Zusammenfassung verdeutlicht, daß für deutsche Geldmarktzinssätze ebenfalls ein U-förmiger Zusammenhang zwischen den geschätzten β -Koeffizienten und der Laufzeit des einperiodigen Zinses besteht. Wie auch in den USA, sind kurzfristige Änderungen langfristiger Zinssätze in der Regel unprognostizierbar. In den folgenden Abschnitten werden zunächst die vorhandenen Erklärungsansätze dieser Zinsstrukturpuzzle beschrieben. Anschließend wird überprüft, ob und inwieweit diese Ansätze geeignet sind, die empirischen Evidenzen für die bundesdeutsche Zinsstruktur zu erklären.

4. Zeitvariable Risikoprämien

4.1. Der Einfluß zeitvariabler Risikoprämien auf Tests der Erwartungshypothese Im vorangegangenen Kapitel wurde gezeigt, daß die Erwartungshypothese der Zinsstruktur mit konstanten Risikoprämien für deutsche Zinssätze in der Regel abgelehnt wird. Wie im Fall der amerikanischen Zinsstruktur liegen die empirischen Schätzwerte der ß- und ^-Koeffizienten meist signifikant unterhalb des theoretischen Werts von Eins. Diese Ergebnis impliziert, daß a) die Erwartungstheorie der Zinsstruktur die Beziehung zwischen Zinssätzen unterschiedlicher Fristigkeit nicht adäquat darstellt, b) die Annahme konstanter Risikoprämien falsch ist oder c) die Annahme rationaler Erwartungen nicht zutrifft. Die folgenden Überlegungen verdeutlichen, welche Auswirkungen zeitvariable Risikoprämien auf die Wahrscheinlichkeitslimites der ß- und SSchätzer haben. Im Anschluß daran wird ein Modell spezifiziert, das in der Lage ist, zeitvariable Risikoprämien empirisch zu erfassen.

4.1.1. Zeitvariable Risikoprämien und Änderungen kurzfristiger Zinsen Die Erwartungstheorie besagt, daß der Spread zwischen lang- und kurzfristigem Zinssatz die am Markt erwarteten Änderungen kurzfristiger Zinssätze widerspiegelt und daher benutzt werden kann, um kurzfristige Zinsen zu prognostizieren. Eine konstante Risikoprämie hat keinen Einfluß auf den Informationsgehalt des Spread. Dagegen werden im Fall zeitvariabler Risikoprämien die im Spread enthaltenen Informationen über erwartete Zinsänderungen von Informationen über erwartete Risikoprämien überlagert. Dies kann dazu fuhren, daß der Spread keinen Informationsgehalt für zukünftige Zinsänderungen aufweist, obwohl von Transakteuren Zinsänderungen erwartet werden. Die folgende Analyse gibt Aufschluß über die relevanten Zusammenhänge. Unter der Annahme zeitvariabler Risikoprämien ist Gleichung (2.36) (2.36)

= a

+

+

4.

eitvariable Risikoprämien

eine Regression mit fehlendem Regressor (des zeitvariablen Teils der Risikoprämie), so daß β verzerrt geschätzt wird. Der Wahrscheinlichkeitslimes des OLS-Schätzers für flautet: 5 2

(4.1)

phm/? = F

P

C o v f i i ^ i - ^ X i ^ - ^ * -, r Ka/-(tf 2) - tf")

0

) ) -

Unterstellt man die Gültigkeit der Erwartungshypothese tf 2>=i(tf'> +£,tf:i) +©r''>, mit Θ ' υ ) als Risikoprämie, und tf]» = £ , t f l ! + un[ aus, folgt aus (4.1):

(4

·2)

p , i m / ? =

H

^

geht

Ö

T

von

rationalen

Erwartungen

^

wobei Ε , Δ / ^ = E t - /?,(1) die zum Zeitpunkt t erwartete Änderung des einperiodigen Zinses in der nächsten Periode darstellt. Durch Umformen von (4.2) erhält man:

(4 3) }

ohm/? = V

μ

Kar(£,Atf:>+2©i U ) )



Va^E^W+l®^)

'

Bei rationalen Erwartungen ist der Prognosefehler m /+1 nicht mit Informationen korreliert, die zum Zeitpunkt der Prognose verfügbar sind. Dies bedeutet, daß er auch mit erwarteten Zinsänderungen und der (erwarteten) Risikoprämie unkorreliert sein muß. Damit ist der zweite Ausdruck auf der rechten Seite Null und Ausdruck (4.3) wird zu:

(4.4)

plim/? =

i * [var(E tM^^) + Var{20
0 . 6 0 Daraus folgt: (4.11)

R2 0 und a j > 0, / = l,....,g sein und alle Wurzeln des Polynoms 1 -axz-a 2z 2-..-aqzl außerhalb des Einheitskreises liegen (Engle(1982, Theorem 1 und 2)). Gerade die Nichtnegativitätsbedingung für die α.'s ist bei empirischem Arbeiten häufig nicht erfüllt, insbesondere wenn eine hohe LagLänge q gewählt werden muß, um persistente Änderungen der Volatilität zu erfassen. Eine Erweiterung des ARCH-Modells, die eine sparsamere Parametrisierung der bedingten Varianz erlaubt und ein längeres Gedächtnis besitzt, ist das "Generalized"-ARCH (GARCH)-Modell. Das GARCH(p,q)-Modell ist folgendermaßen definiert: 68 (4.20)

y, = E(y, |Q f _,) + ff,

(4.21)

(4.22)

~W(0,Ä,) h, = a 0 + Σ α · ε 1 ί + Y j ß i h i - i > /•=l

/= l

mit ρ

> 0,

q>

0

a0 >0,

ai >0,

ßt>0 9

/ = 1

i=

\,....,q

ρ .

Das Modell ist stationär mit Erwartungswert Varianz

E ( s f ) = 0, unbedingter

Μ'Λ-'.ΜΣ'/ΜΣΑ))" und Kovarianz C o v ( s n s x ) = 0 Umformung von (4.22) nach ε 2,

68

8*

Vgl. Bollerslev( 1986), S. 309.

für t ^ s , wenn

(Σ^τ,· + Χ Α ) < 1· Die

4. Zeitvariable Risikoprämien

116

w = max (p,q)

(4.23)

ε] = α 0 +

£

ρ

(α, + ßi)

/=1

v,_, + v , , i=l

mit ν, = ε] - Α, zeigt, daß das GARCH(p,q)-Modell als ARMA(w,p)-Modell für die quadrierten Residuen aufgefaßt werden kann (Bera/Higgins (1993, S. 317)). Aufgrund dieser Analogie kann zur Auswahl der Lag-Ordnungen für den GARCH-Prozeß auf die zur Identifikation von ARMA-Modellen verwendeten Modellselektionskriterien (Akaike (1974), Schwarz (1978)) zurückgegriffen werden. Häufig wird auch direkt das GARCH(l,l)-Modell ausgewählt, das sich in vielen empirischen Anwendungen als adäquat erwiesen hat. Die Gleichung für die bedingte Varianz lautet hier: (4.24)

h, =

ο ht=a 0+

+ M - i (a x + ßx ) Vi + ax (ε]_ χ - Vi )

In der dritten Gleichung von (4.24) stellt ν, = ε] - ht die Abweichung der aktuellen Varianz von ihrem Erwartungswert dar und ist somit als Schock im Varianzprozeß zu interpretieren. Der Koeffizient ax zeigt an, wie sensibel die bedingte Varianz in t auf einen Schock in t-1 reagiert. Die Summe der GARCH-Koeffizienten αλ und ß x mißt die Persistenz von Schocks (Bollerslev (1986)). Dies läßt sich leicht anhand der Umformung des Modells (4.24) zu: (4.25)

Λ, =

+...),

mit λ = (a x +/?,) erkennen. Auftretende Schocks in t-1 ( v M ) fuhren dazu, daß die bedingte Varianz ht über mehrere Perioden hinweg größer ist als die unbedingte Varianz α 0/(\-λ). Der Einfluß der Schocks nimmt, abhängig vom Parameter λ, exponentiell im Zeitablauf ab. Wenn λ Eins beträgt (a ]+ß l = 1 ), haben Schocks einen permanenten Einfluß auf den Varianzprozeß - das Modell wird zum M Integrated"-GARCH oder IGARCH-Modell (Engle/Bollerslev (1986)). Ein Nachweis derartiger Persistenzen kann, analog zu Persistenzen im "mean-process", auf einen Strukturbruch in der zugrunde liegenden Zeitreihe zurückzuführen sein. (Lastrapes (1989)). 69

69

Lastrapes (1989) zeigt, daß Wechselkursvolatilitäten des Dollars von geldpolitischen Regimen in den USA abhängen. Die Einbeziehung von Dummy-Variablen, die

4.3. Modellierung zeitvariabler Risikoprämien

117

Ein Nachteil der betrachteten ARCH- und GARCH-Modelle besteht darin, daß die Varianzfunktion symmetrisch auf positive und negative Schocks reagiert. Dies impliziert, daß Märkte in der gleichen Weise von (unerwarteten) Kursgewinnen und Kursverlusten beeinflußt werden. Häufig ist jedoch auf Aktienmärkten zu beobachten, daß die Volatilität von Aktienpreisen stärker auf negative "news" reagiert. Dieses Phänomen kann durch den Leverage-Effekt erklärt werden (Black (1976)). Um einen asymmetrischen Einfluß von positiven und negativen "news" zuzulassen, wurden verschiedene nichtlineare ARCH-Prozesse entwickelt. Ein solcher Ansatz ist beispielsweise das von Glosten/Jagannathan/Runkle (1993) entwickelte Modell: 70 (4.26)

mit

ht = a0 + axsf_ x + ßxh t_ x +rS,~sf_ x, lì, wenn ε, < 0 s;=\ [0 sonst

Die Einführung der Zustandsvariablen S~ bewirkt, daß negative Schocks die bedingte Varianz stärker beeinflussen als positive Schocks. Alternativ lassen sich diese asymmetrischen Effekte innerhalb des "Exponentiellen"-GARCH oder EGARCH-Ansatz von Nelson (1991) modellieren. Schätzung von ARCH-Modellen Üblicherweise werden die GARCH-Parameter mit Hilfe der MaximumLikelihood-Methode geschätzt. Im Fall des oben definierten GARCH(p,q)Modells (4.20)-(4.22) ist die Log-Likelihood-Funktion der t-ten Beobachtung definiert als: (4.27)

/, (θ) = const- \ log(h, ) - jsf /h t

mit θ = (niean- Parameter, a0,ax...a ( J,ß x...βDie

Log-Likelihood-Funk-

tion über alle Τ Beobachtungen lautet: (4.28)

Ir(0) = £/,(*), t =\

Wird für die bedingten Residuen eine andere Verteilung als die der Normalverteilung unterstellt, muß die Likelihood-Funktion entsprechend modifiziert

diesen Regimewechseln Rechnung tragen, führt dort zu einer signifikanten Reduzierung der bedingten Varianzen. 70 Vgl. hierzu Engle/Ng (1993, S.1755).

118

4. Zeitvariable Risikoprämien

werden. 71 Der Maximum-Likelihood-Schätzer ist jener Parametervektor Θ, unter dem (4.28) maximal wird. Das GARCH-Modell weist die attraktive Eigenschaft auf, daß die Parameter des Mean- und des Varianzprozesses aufgrund der Blockdiagonalität der Informationsmatrix getrennt voneinander geschätzt werden können (Bollerslev (1986, S. 316)). Es läßt sich nachweisen, daß die resultierenden ML-Schätzer konsistent und asymptotisch normalverteilt sind (Engle (1982), Weiss (1986)). Damit sind Standardtests, wie beispielsweise t-Tests, in gewöhnlicher Weise anwendbar (Lütkepohl (1997, S.72)). Zur Berechnung der Parameter und der Varianz-Kovarianzmatrix wird in der Regel der BHHH-Algorithmus von Berndt/Hall/Hall/Hausmann (1974) verwendet. Eine Alternative bietet das Schätzverfahren von Broyden/Flet72

cher/Goldfarb/Shanno (BFGS). In modernen Okonometrieprogrammen wie RATS oder Econometric Views sind diese Schätzalgorithmen bereits implementiert. Ursachen von ARCH-Effekten ARCH-Modelle haben in der Praxis eine große Verbreitung gefunden. Neben ihrer Einfachheit liegt der Erfolg der ARCH-Modelle darin, daß sie vielen beobachtbaren Eigenschaften von Finanzmarktdaten, etwa das Auftreten von Volatilitäten in Clustern, der Leptokurtosis der Verteilung und Änderungen in der Fähigkeit, zukünftige Werte einer Zeitreihe zu prognostizieren, Rechnung tragen. Insbesondere in Zeitreihen mit Tages- und Wochendaten sind hochsignifikante ARCH-Effekte feststellbar. Mit abnehmender Frequenz der Daten werden diese ARCH-Effekte deutlich schwächer (Bauer/Nieuwland/Verschoor (1994), Diebold (1988)). Eine mögliche Erklärung für ARCH-Effekte basiert auf der von Clark (1973) und Tauchen/Pitts (1983) entwickelten Mischungsverteilungshypothese. Die Mischungsverteilungshypothese geht davon aus, daß die Varianz täglicher Preisänderungen durch die Anzahl der an einem Handelstag neu auftretenden Informationen bestimmt wird. Ist die Zahl der neu ankommenden Informationen autokorreliert, impliziert dies eine zeitliche Abhängigkeit in den zweiten Momenten (Lamoureux/Lastrapes (1990b)). Lamoureux/Lastrapes (1990b) zeigen, daß durch Aufnahme täglicher Handelsvolumina als Proxy-Größe für die Informationsankunft auf Märkten ARCH-Effekte zum Teil erklärt werden

Bollerslev (1987) und Bauer/Nieuwland/Verschoor (1994) betrachten etwa den Fall einer Student-t-Verteilung für die bedingten Residuen und leiten daraus die LogLikelihoodfunktion ab. 72 Vgl. Press/Flanery/Teukolsky/Vettering ( 1988).

4.3. Modellierung zeitvariabler Risikoprämien

119

können. Allerdings ist dieser Ansatz wenig befriedigend, da eine Erklärung dafür fehlt, aus welchen Gründen Informationen in Clustern auftreten. 73 Ein zweiter Erklärungsansatz führt ARCH-Effekte auf Fehlspezifikationen des zugrunde gelegten Zeitreihenmodells zurück. Eine Ursache dieser Fehlspezifikationen ist die Nichtberücksichtigung von Strukturbrüchen (Cai (1994), Lastrapes (1989)). Lastrapes (1989) zeigt, daß durch die Einbeziehung von Dummy-Variablen in den ARCH-Prozeß, die diesen Strukturbrüchen Rechnung trägt, die Persistenz von ARCH-Effekten drastisch zurückgeht. Cai (1994) findet, daß durch die endogene Modellierung von Regimewechseln im Rahmen eines Markov-Switching-Modells ARCH-Effekte zum großen Teil eliminiert werden können. Eine andere Art der Fehlspezifikation sind fehlende Regressoren im MeanProzeß, die zu einer signifikanten Abhängigkeit der zweiten Momente fuhren können (Bollerslev/Chou/Kroner (1992, S. 38)). Insbesondere bei sehr hochfrequenten Finanzmarktdaten existiert eine Reihe von Einflußfaktoren, etwa "Cheap-Talk" auf diesen Märkten, die sich nicht durch adäquate Proxies im Mean-Prozeß erfassen lassen. Wenn allerdings eine solche Abhängigkeit besteht, kann und sollte sie zu Prognosezwecken genutzt werden. Bezogen hieraufkonstatiert Bollerslev (1990, S. 311): Finally it is worth stressing, that the various ARCH and GARCH parameterizations suggested in the literature represent nothing but a convenient statistical tool for summarizing the time-series dependence observed in the data.

4.3.1.2. Multivariate

ARCH-Modelle

Die vorgestellten ARCH-Ansätze lassen sich auf natürliche Weise zu multivariaten Modellen verallgemeinern. Die Analyse finanzwirtschaftlicher Fragestellungen in einem multivariaten Kontext ist von Bedeutung, da viele ökonomische Variablen eine enge Beziehung zueinander aufweisen, die zu Erklärungs- und Prognosezwecken ausgenutzt werden kann. Ursache einer solchen Beziehung kann neben "fundamentalen" langfristigen Zusammenhängen, die im Mittelpunkt der Kointegrationsanalyse stehen, die Tatsache sein, daß viele Variable auf neue Informationen in der gleichen Art und Weise reagieren. Beispielsweise zeigen Cook/Hahn (1989), daß sich im Anschluß an "news" über die Geldpolitik kurz- und langfristige Zinsen in gleicher Weise ändern. Darüber hinaus erfordert die Analyse von finanzwirtschaftlichen Größen, wie 3 Der Einfluß neuer Informationen auf die Volatilität von Finazmarktzeitreihen ist auch Gegenstand einer Untersuchung von Engle/Ito/Lin (1990). Engle/Ito/Lin (1990) zeigen, daß ausländische "News" einen signifikanten Einfluß auf die Volatilität von Wechselkursen haben und Wechselkursschwankungen besser erklären können als verzögerte inländische News.

4. Zeitvariable Risikoprämien

120

etwa des systematischen Risikos, Schätzer für die Kovarianzen zwischen den relevanten ökonomischen Variablen und damit ein multivariates Modell. Mit y t = {γ λ , ,y 2f >'-->yNt) als A^x / Vektor der relevanten Zeitreihen lautet das multivariate GARCH-Modell: (4.29)

yt =£(yt|Q,_,)

(4.30)

e t |0,_, ~ i V ( 0 , H t )

+

et

Hierbei stellt £(y t |Q,_,) den bedingten Erwartungsvektor bei gegebener Informationsmenge Ω,_, und e t ein N x 1 Vektor von Störgrößen dar ( e t = (e u,..., ε Νι) ). Ηt repräsentiert die bedingte Varianz-Kovarianzmatrix von e t . Unter Verwendung des Vech-Operators, der die Elemente unterhalb der Hauptdiagonalen einer symmetrischen Matrix spaltenweise untereinander in einen Vektor schreibt, läßt sich die Abhängigkeit der bedingte Varianz-Kovarianzmatrix H t von verzögerten eigenen Werten und verzögerten Produkten und Kreuzprodukten von e t ausdrücken als: (4.31)

Kec/z(Ht ) = C + £ A j · Vech(e x_ {e)

+ £ Bt · Vech{\\ t_. ).74

In (4.31) ist C ein \ N(N + 1) -dimensionaler Vektor und die Ai und Bt sind y N ( Ν + 1) x j N ( Ν + 1) Koeffizientenmatrizen. Maximum-Likelihood-Schätzer der Parameter des multivariaten GARCH-Modells erhält man wiederum mittels des BHHH (1974)-Algorithmus. Zwei Hauptprobleme treten bei der Schätzung der Parameter auf. Das erste Problem besteht darin, daß sichergestellt werden muß, daß die Η t -Matrizen positiv definit sind, wodurch es zu Einschränkungen des Wertebereichs für die Parameter kommt. Zum anderen sind schon bei einer geringen Anzahl Ν an Variablen eine große Anzahl an Parametern zu schätzen, was zu zusätzlichen Komplikationen und häufig instabilen Parameterschätzungen führt (Lütkepohl (1997, S. 81)). Bei der praktischen Umsetzung werden deshalb aus Vereinfachungsgründen häufig ein GARCH(l,l)-Modell unterstellt (p = q=\) und zusätzliche, plausible Restriktionen eingeführt. Beispielsweise lassen Bollerslev/Engle/Wooldridge (1988) nur diagonale A , und B, Matrizen zu: (4.32)

74

h iJt = γij + a y s ^ e j ^ + β

Beispielsweise ist Vech

°

1./-I

I./-1 ° 2./ — 1

i

j

= \,...N .

° l.f-l

£

\.t-\ £l.t-\ £

l.t-\

'\.t-\ £l.t

4.3. Modellierung zeitvariabler Risikoprämien

121

hjj t ist das Element an der Position i j in der Kovarianzmatrix H t . Gleichung (4.32) zeigt, daß die bedingten Varianzen und Kovarianzen nur noch von verzögerten eigenen Werten und Schocks abhängen. Eine andere Alternative, mit der die Zahl der zu schätzenden Parameter reduziert werden kann, besteht darin, zwar zeitvariable Varianzen zuzulassen, aber konstante Korrelationskoeffizienten zu unterstellen. Dieses von Bollerslev (1990) verwendete Modell impliziert für die bedingten Varianzen und Kovarianzen: (4.33)

h,t =γ χ +α ί λεΙ_ χ

(4-34)

hiß=

+/?,Α-ι>

/ = U-W

Um den Unterschied zwischen den beiden Modellen zu veranschaulichen, sei eine Situation betrachtet, in der die Renditen zweier Assets jeweils von einem starken Schock, allerdings mit unterschiedlichem Vorzeichen, betroffen sind. In dem Modell von Bollerslev/Engle/Wooldridge (1988) reduziert das dann negative Kreuzprodukt ε ί {_ χε jt_ x die bedingte Kovarianz, während in dem Modell von Bollerslev (1990) das Vorzeichen von e it _ x e jt _ x keine Rolle spielt. Jedes Ereignis, das in diesem Modell zu einer Erhöhung der bedingten Varianz eines der beiden Assets führt, ist ceteris-paribus mit einer Erhöhung der bedingten Kovarianz verbunden (Campbell/Lo/MacKinlay (1997, S. 493)). Die Gleichungen (4.32) und (4.34) zeigen, daß der multivariate GARCHAnsatz dazu benutzt werden kann, um Schätzer für bedingte Kovarianzen zu erhalten. Diese werden im Rahmen der (G)ARCH-in-Mean-Modelle benötigt, um Risikoprämien auf Devisen-, Aktien- und Wertpapiermärkten zu modellieren.

4.3.2 ARCH-in-Mean-Modelle 4.3.2. L Univariate ARCH-M-Modelle In finanzwirtschaftlichen Theorien wird oftmals davon ausgegangen, daß zwischen erwarteter Überschußrendite μ( und Risiko eines Assets ein positiver Zusammenhang besteht. Es gilt: (4.35)

μ, = / + £ . / ( / * , ) ,

wobei /(/*,) eine monotone Funktion der bedingten Varianz ht einer Zeitreihe ist. Der Ausdruck δ• f(h t) stellt den variablen Teil der Prämie dar, die für ein Asset mit höherem Risiko gezahlt werden muß. γ steht für den zeitinvarianten Teil der Risikoprämie.

122

4. Zeitvariable Risikoprämien

Mit dem von Engle/Lilien/Robins (1987) entwickelten ARCH-in-Mean (ARCH-M)-Modell ist es möglich, diesen Sachverhalt zu modellieren und zu testen, ob zeitvariable Risikoprämien existieren. Das ARCH-M-Modell für die realisierten Überschußrenditen y t auf Finanzmärkten lautet: (4.36) (4.37)

y t = γ + δ hf + ε, |Ω,_, ~ Ν(0,/z,),

wobei h, einem beliebigen ARCH oder GARCH-Prozeß folgt. Typischerweise wird κ gleich 14 oder 1 gesetzt. Das Problem bei der Schätzung von (G)ARCH-M-Modellen besteht darin, daß durch die Aufnahme von hr in die Gleichung des Mean-Prozesses die Blockdiagonalität in der Informationsmatrix verlorengeht. Dies impliziert, daß die Parameter des Mean- und des Varianzprozesses simultan geschätzt werden müssen (Mills (1993, S. 137)). Da die Parameter des Mean-Prozesses somit von den Parametern des Varianzprozesses abhängen, führen Fehlspezifikationen von ht zu verzerrten und inkonsistenten Schätzern der Mean-Parameter (Pagan/Ullah (1988)). Im Gegensatz dazu sind die Schätzer der Mean-Parameter in einfachen GARCH-Modellen robust gegenüber Fehlspezifikationen des Varianzprozesses. Empirische Evidenzen Die Möglichkeit, mit ARCH-M oder GARCH-M-Modellen Risikoprämien zeitvariabel zu modellieren, eröffnet in einer Vielzahl von finanzwirtschaftlichen Fragestellungen neue Wege. In einer Untersuchung des amerikanischen Aktienmarktes weisen French/Schwert/Stambaugh (1987) nach, daß tägliche Überschußrenditen, gemessen durch die Rendite des Standard&Poors-Index abzüglich einem risikolosen Zinssatz, adäquat durch das GARCH-M-Modell dargestellt werden können. Der hochsignifikante δ Parameter zeigt, daß die für die Haltung von Aktien erwartete Risikoprämie zeitvariabel ist und positiv von der prognostizierten Volatilität abhängt. Dagegen finden Baillie/DeGennaro (1990), daß zwischen erwarteten Risikoprämien auf Aktien und bedingter Varianz oder Standardabweichung, wenn überhaupt, nur eine schwache Beziehung besteht, die sehr sensibel auf Veränderungen der Modellspezifikation reagiert. Empirische Untersuchungen auf Devisenmärkten zeigen, daß die Forwardrate keinen unverzerrten Schätzer für zukünftige Spotraten darstellt (Hodrick (1987)). Diese Ablehnung der "Unverzerrtheitshypothese" wird gleichzeitig als Evidenz gegen die ungedeckte Zinsparität (UIP) gesehen. Unter der Vielzahl der möglichen Ansatzpunkte für eine Erklärung dieses Resultats dominieren zeitvariable Risikoprämien (Fama (1984a)). Ausgehend von dieser Überlegung verwenden Domowitz/Hakkio (1985) ein ARCH-M-Modell, um zeitvariable

4.3. Modellierung zeitvariabler Risikoprämien

123

Risikoprämien auf Devisenmärkten nachzuweisen. In ihrem Modell ist die Risikoprämie abhängig von der bedingten Varianz der Prognosefehler. Allerdings liefern die Ergebnisse keinen einheitlichen Hinweis auf zeitvariable Risikoprämien, lediglich in zwei von fünf Fällen wird die Nullhypothese einer fehlenden Risikoprämie (Η 0:χ = δ = θ) abgelehnt. Die Überlegungen zur Erwartungshypothese der Zinsstruktur in diesem Kapitel verdeutlichen, daß zeitvariable Risikoprämien zu einer Ablehnung der Erwartungshypothese führen können. Engle/Lilien/Robins (1987) verwenden ein univariates ARCH-M-Modell, um anhand der Überschußrendite von sechsgegenüber dreimonatigen Treasury-Bills zeitvariable Risikoprämien am Geldmarkt zu identifizieren. Die geschätzten δ -Koeffizienten sind sowohl für die Niveaus als auch für die logarithmierten ht hochsignifikant. Die Risikoprämien variieren systematisch innerhalb der Untersuchungsperiode. Im Durchschnitt beträgt die Risikoprämie 57 Basispunkte jährlich, im Maximum des vierten Quartals 1980 erreicht sie auf Jahresbasis 164 Basispunkte.75 Die Ergebnisse für die Überschußrendite von zwei- gegenüber einmonatigen Treasury-Β ills zeigen ebenfalls, daß in Untersuchungen zur Zinsstruktur von zeitvariablen Risikoprämien auszugehen ist. Allerdings sind die empirischen Ergebnisse nicht einheitlich. In einer Studie von Hsu/Kugler (1996) fur die Überschußrendite von drei- gegenüber einmonatigen Schweizer Zinsen ist der £ Koeffizient insignifikant. 4.3.2.2. Multivariate

ARCH-M-Modelle

Das univariate ARCH-M-Modell von Engle/Lilien/Robins (1987) geht von einer Welt aus, in der Transakteure ihr Vermögen in ein sicheres und ein risikobehaftetes Asset investieren können. In diesem Szenario ist das Risiko nicht diversifizierbar und kann durch die bedingte Varianz der Überschußrendite gemessen werden. Die einfache Zwei-Asset-Welt ist in der Literatur aufgrund ihrer Realitätsferne häufig kritisiert worden. In einer Welt mit einer Vielzahl von Assets zeigt das CAPM, daß die erwarteten Risikoprämien nicht von bedingten Varianzen, sondern von den Kovarianzen der einzelnen Assets mit dem Marktportfolio abhängen. Ausgehend von dieser Überlegung benutzen Bollerslev/Engle/Wooldridge (1988) einen multivariaten GARCH-M-Ansatz, um Risikoprämien von kurzund langfristigen Wertpapieren und Aktien zu schätzen. Die Risikoprämien werden hier als Funktion der bedingten Kovarianzen modelliert. Das entsprechende Modell für die Risikoprämien von Geldmarktpapieren, Anleihen und Aktien lautet: 76 75 76

Vgl. Engle/Lilien/Robins (1987), S. 402f. Vgl. Bollerslev/Engle/Wooldridge (1988), S. 120.

124

4. Zeitvariable Risikoprämien

(4.38)

y^b. +^ w ^ + e , , ,

(4.39)

et|nM~W(0,Ht),

(4.40)

hij t = γ.. +

/ = 1,2,3.

+ ßühl}t_ x

, ij = 1,2,3.

Hierbei sind y, = (yi,,y 2 t>y3t) die ex-post realisierten Überschußrenditen der einzelnen Anlageformen über einen risikolosen Zinssatz, e, = (ε ]ηε 2ηε 2ι) der Vektor der Erwartungsfehler mit Varianz-Kovarianzmatrix H t und b, = (b lnb2nb3t) Konstanten, die mögliche "preferred-habitat"-Phänomene oder die steuerliche Bevorzugung einzelner Assets reflektieren. Alternativ zu Gleichung (4.40) lassen sich die bedingten Varianzen und Kovarianzen auch durch die Gleichungen (4.33) und (4.34) spezifizieren. Empirische Evidenzen Das multivariate (G)ARCH-M-Modell ist vielfach zur Modellierung von Risikoprämien auf Finanzmärkten verwendet worden. Verhältnismäßig eindeutig sind die empirischen Evidenzen auf Aktienmärkten. Bollerslev/Engle/Wooldridge (1988) zeigen mittels des obigen Modells, daß die Kovarianzmatrix der Überschußrenditen im Zeitablauf variiert. Die Risikoprämien sind signifikant von der bedingten Kovarianzmatrix abhängig und damit, wie die Betas der einzelnen Assets, zeitvariabel. Hall/Miles/Taylor (1989) finden anhand eines fünfdimensionalen GARCH-M-Ansatzes signifikante Hinweise auf zeitvariable Risikoprämien. Anhand von Portfolios verschiedener Sektoren identifizieren sie einen "Marktpreis des Risikos" δ von 3.25 Basispunkten. Auch Ng (1991) kann in einem multivariaten GARCH-M-Modell zeitvariable Risikoprämien auf Aktienmärkten nachweisen. Baillie/Bollerslev (1990) benutzen ein multivariates GARCH-M-Modell, um die Risikoprämie auf Devisenmärkten zu modellieren. Während das Modell die beobachtbaren Eigenschaften der Varianzen und Kovarianzen von vier Währungen zufriedenstellend abbilden kann, sind die geschätzten Mean-Parameter insignifikant. Die Risikoprämie kann nicht erklärt werden. Im Unterschied hierzu zeigen McCurdy/Morgan ( 1991 ) in einem bivariaten GARCH-M-Modell, daß auf Devisenmärkten zeitvariable Risikoprämien existieren. Die Risikoprämie wird hier durch die Kovarianz mit einem umfassenden Aktienindex modelliert. Dotsey/Otrok (1995) finden in einem trivariaten GARCH-M-Modell Evidenzen für zeitvariable Risikoprämien am kurzen Ende der amerikanischen Zinsstruktur. Die Koeffizienten, die den Einfluß der bedingten Varianz auf den Mean-Prozeß angeben, sind für alle Laufzeiten signifikant. Engle/Ng/Rothschild (1990) verwenden zur Modellierung von Risikoprämien in der Zins-

4.4. Risikoprämien am Euro-DM-Geldmarkt

125

struktur eine Faktor-ARCH-Spezifikation. Sie zeigen, daß ein gleichgewichtetes Portfolio aus Treasury-Bills mit Laufzeiten von zwei bis zwölf Monaten in der Lage ist, Volatilität und Risikoprämien für unterschiedliche Laufzeiten zu prognostizieren.

4.4. Risikoprämien am Euro-DM-Geldmarkt 4.4.1. Die durchschnittliche Höhe der Risikoprämien Die vorliegende Arbeit untersucht die Gültigkeit der Erwartungshypothese der Zinsstruktur anhand von Euro-DM-Geldmarktsätzen für Einlagen mit Laufzeiten zwischen einem Tag und fünf Jahren. Zusätzlich wird ein zehnjähriger Kapitalmarktzins in die Analyse einbezogen. Die Erwartungshypothese fordert, daß die erwarteten Renditen unterschiedlicher Anlagealternativen bei einer Haltedauer von einer Periode bis auf eine Risikoprämie gleich sein müssen. Übertragen auf den Euro-DM-Geldmarkt heißt das, daß die ex-post realisierte Überschußrendite, die sich bei Erwerb einer (verbrieften) Einlage mit einer Laufzeit von η Perioden und Verkauf nach einer Periode im Verhältnis zu der Rendite einer einperiodigen Einlage ergibt, gleich der Risikoprämie ("holding-risk-premia") und dem in t+1 realisierten Prognosefehler sein muß, d.h: (4.41)

H ^ - R ™ =Φ iw,I)+n/+1.

Die Kalkulation der Überschußrenditen erlaubt dementsprechend Rückschlüsse auf die durchschnittlichen Risikoprämien. In Tabelle 4.1 sind die Mittelwerte und Standardabweichungen der ex-post realisierten einmonatigen Überschußrenditen für n=3,6, 12, 24, 36,48,60, 120 Monate enthalten. Bei 1} der Berechnung von Η)" λ) wurde aufgrund der Daten Verfügbarkeit (120,1) durch Z?,^ approximiert. Zur Bestimmung von //, wurde die Duration dieses Papiers verwendet. Alle Berechnungen basieren auf Monatsdaten. Die Ergebnisse zeigen, daß am Geldmarkt positive Überschußrenditen erzielt werden können. Die geschätzten Risikoprämien weisen das theoretisch vorhergesagte Muster auf: die durchschnittlichen Prämien sind positiv und steigen mit zunehmender Laufzeit an. Deutlich sichtbar ist auch, daß die Standardabweichung der einperiodigen Überschußrenditen mit der Laufzeit zunimmt, was das höhere Risiko dieser Anlagen widerspiegelt. Darüber hinaus weisen die Überschußrenditen eine hohe Leptokurtosis auf In Kapitel 4.1 wurde gezeigt, daß der Schätzer der Regressionskoeffizienten in Tests der Erwartungshypothese von der relativen Variabilität von Risikoprämien und erwarteten Zinsänderungen abhängig ist. Um das geschilderte U-

4. Zeitvariable Risikoprämien

126

Tabelle 4.1 Einperiodige Überschußrenditen Statistik

Laufzeit von η (in Monaten) 3

St.-Abw. Schiefe Kurtosis Jarque/B.

12

6

24

36

48

120

0, 1384

0,2798

0,4748

0,5913

0,8306

0, 8059

2, 1132

4,2748

6,6729

9,7640 12,5032 15,1338 22,5014

-0, 1089 -0,6764 -0,2728

0,4548

0, 1697 -0,0853 -0,1675 -0,3692 4,6111

5,8039

9,7418

8,0553

5,4831

a

a

a

a

88,98

273,54

108,37

30,59

11, 86

a

1,0282

60

4,0458 4,91°

1,1414

1,5105

3,7762

4,9990

3,12

45,39 a

Die Tabelle enthält Mittelwert und Standardabweichung der einperiodigen Überschußrenditen Η\" Λ) - R)u . Η (," Λ) ist nach (4.41) ein Schätzer für die "holding-risk" Prämie φ(" Λ). Die Jarque-Bera-Statisitik testet auf Vorliegen normalverteilter Schiefe und Kurtosis. a,b,c kennzeichnet Signifikanz auf 1%-, 5%- und 10% Niveau.

förmige Muster der Koeffizienten zu erklären, ist eine Analyse der Risikoprämien, die in diesen Regressionen eine Rolle spielen, von besonderem Interesse. Ein Schätzer für die ex-post realisierten Risikoprämien ist im Fall η = 2m: R,00 - 0,5 · + R4-1 + Μ,---ι Κ =

ν

°·'ε