Dollarkurs und Beschäftigung: Eine empirische Analyse für die Bundesrepublik Deutschland [1 ed.] 9783428469628, 9783428069620


133 49 58MB

German Pages 335 Year 1990

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Dollarkurs und Beschäftigung: Eine empirische Analyse für die Bundesrepublik Deutschland [1 ed.]
 9783428469628, 9783428069620

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

MEYER I EWERHART I SIEBE

Dollarkurs und Beschäftigung

Volkswirtschaftliche Schriften Begründet von Prof. Dr. Dr. h. c. J. Broermann

Heft 402

Dollarkurs und Beschäftigung Eine empirische Analyse für die Bundesrepublik Deutschland

Von Bernd Meyer, Georg Ewerhart und Thomas Siebe

Duncker & Humblot · Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Meyer, Bernd: Dollarkurs und Beschäftigung: eine empirische Analyse für die Bundesrepublik Deutschland I von Bemd Meyer, Georg Ewerhart und Thomas Siebe. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1990 (Volkswirtschaftliche Schriften; H. 402) ISBN 3-428-06962-5 NE: Ewerhart, Georg:; Siebe, Thomas:; GT

Alle Rechte vorbehalten © 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0505-9372 ISBN 3-428-06962-5

Vorwort

Die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland wird aufgrund ihrer intensiven Verflechtung mit der Weltwirtschaft in starkem Maße durch die kräftigen Schwankungen des Dollar beeinflußt. In der vorliegenden Studie wird versucht, die dabei auftretenden erheblichen Strukturwirkungen zu erfassen, um somit zu detaillierteren, aber auch im Hinblick auf die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge treffenderen Aussagen zu kommen als sie im Rahmen üblicher hochaggregierter Modelle möglich sind. Die Arbeit entstand im Rahmen der DFG-Forschergruppe "Strukturanalyse - theoretische Fundierung, methodische Aspekte und wirtschaftspolitische Relevanz", die von 1982 bis 1988 an der Universität Augsburg eingerichtet gewesen ist. Ich habe der Gruppe von 1984 bis 1988 zusammen mit meinen Mitarbeitern Georg Ewerhart und Thomas Siebe angehört. Die intensiven Diskussionen auf den von der Forschergruppe durchgeführten Workshops haben der Arbeit wesentliche Impulse gegeben. Ich möchte daher den bei diesen Veranstaltungen anwesenden Gästen, den Gutachtern und den Kollegen der Gruppe für ihre Diskussionsbereitschaft sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft für ihre finanzielle Unterstützung herzlich danken. Meine Mitarbeiter Alfons Keuter, Rainer Voßkamp und Klaus Wiener haben sorgfältig bei der Korrektur des Manuskripts geholfen, Herr Keuter hat außerdem eine die Arbeit unterstützende Literaturübersicht zur Thematik erstellt. Mein Dank gilt ferner meiner Sekretärin Bannelore ThammGuschker für die Bewältigung umfangreicher Schreibarbeiten sowie den Studenten Wolfgang Brötje, Manfred Bruns, Gerrit Preckel, Ines Teekienborg und Carsten Tober für die Durchführung zahlloser Hilfsarbeiten.

Osnabrück, im Juni 1990

Bernd Meyer

Inhaltsverzeichnis

0 Fragestellung und Ergebnisse

1

1 Das MSM-Modell

7

1.1 Zur Konzeption des Modells

7

1.2 Das Preise-Mengen-Modell

14

1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4

Das kurzfristige Konkurrenzmarktgleichgewicht Das Input-Output-Modell Eine Erweiterung des Input-Output-Modells Die Schätzung des Preise-Mengen-Modells

15 21 23 25

1.3 Das Endnachfragemodell 1.3.1 Die Konsumnachfrage 1.3.2 Die Investitionsnachfrage 1.3.3 Die Endnachfrage des Staates 1.3.4 Exporte und Importe

32

1.4 Das Faktornachfragemodell 1.4.1 Die Kapitalbestandsfortschreibung 1.4.2 Die Vorleistungsnachfrage 1.4.3 Die Arbeitsnachfrage 1.4.4 Die Lohnsätze

45 45 45

1.5 Das Umverteilungsmodell

52

1.5.1 Überblick 1.5.2 Die Verteilung der Einkommen 1.5.2.1 Die funktionale Einkommensverteilung 1.5.2.2 Die sektorale Einkommensverteilung 1.5.3 Die Einkommensumverteilung 1.5.3.1 Das Budget des Staates 1.5.3.2 Die Ersparnis 1.5.4 Diesektorale Vermögensänderung

33 36 41 42

47 50 53

55

56

58

60 60 63

65

Vlll

Inhaltsverzeichnis

1.6 Das Finanzmärktemodell 1.6.1 Ein Strom-/Bestandsmodell geräumter Finanzmärkte 1.6.1.1 Die Reallokation des bestehenden Portfolios 1.6.1.2 Die Akkumulation neuen Geldvermögens 1.6.1.3 Das simultane Stromgleichgewicht 1.6.1.4 Die Bestimmung der Geldvermögensbestände 1.6.2 Die Schätzung des Modells 1.6.2.1 Die Märkte und Sektoren des Modells 1.6.2.2 Die Schätzergebnisse

68 68 69 73 75 78 79 79 82

1.7 Die Ergebnisse der Basislösung

98

2 Die Wirkungen der Geld- und Fiskalpolitik

110

2.1 Die Geldpolitik 2.1.1 Die Simulationsannahmen 2.1.2 Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen 2.1.3 Die Verteilungs- und Finanzierungseffekte 2.1.4 Die Auswirkungen auf Zinsen und Geldvermögen 2.1.5 Die sektoralen Produktions- und Beschäftigungseffekte

110 110 112 117 122 125

2.2 Die Fiskalpolitik 2.2.1 Die Simulationsannahmen 2.2.2 Die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen 2.2.3 Güternachfrage und Güterpreise 2.2.4 Die Produktions- und Beschäftigungseffekte 2.2.5 Die Wirkungen auf den Finanzmärkten 2.2.6 Beurteilung der Simulationseigenschaften

128 128 129 131 135 138 140

3 Dollarkurs und Binnenwirtschaft-Partialanalyse

144

3.1 Dollarkurs und Endnachfrage 3.1.1 Die Simulationsannahmen 3.1.2 Die Simulationsergebnisse 3.1.2.1 Die Preiselastizitäten im Außenhandel 3.1.2.2 Die Auswirkungen auf die Endnachfragestruktur 3.1.2.3 Der gesamtwirtschaftliche Leistungsbilanzeffekt Exkurs: Die Reaktion der Handelsbilanz auf eine Wechselkursänderung

144 145 148 149 151 154 156

3.2 Dollarkurs und Güterpreise

157

3.3 Dollarkurs und Zinssätze 3.3.1 Die Simulationsannahmen 3.3.1 Die Simulationsergebnisse

160 160 162

Inhaltsverzeichnis

4 Dollarkurs und Beschäftigung - Totalanalyse

IX

169

4.1 Die Wirkungen bei gegebener Wirtschaftspolitik 4.1.1 Die Szenarien 4.1.2 Die Simulationsergebnisse bei historischem Finanzierungsverhalten des Staates 4.1.3 Die Simulationsergebnisse bei geändertem Finanzierungsverhalten des Staates

169 169

4.2 Dollaraufwertung und Geldpolitik 4.2.1 Die Simulationsannahmen 4.2.2 Die Simulationsergebnisse

182 182 183

4.3 Dollaraufwertung und Fiskalpolitik

188

170 178

5 Abschließende Bemerkungen

194

Anhang 1: Das Datenmaterial des MSM-Modells

196

Preis- und Darstellungskonzepte der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen Die Input-Output-Rechnung des Statistischen Bundesamtes Die disaggregierte Sozialproduktsberechnung des Statistischen Bundesamtes Die Finanzierungs- und Geldvermögensrechnung der Deutsehen Bundesbank

196 198 201 202

Anhang 2: Gleichungsverzeichnis des MSM-Modells

206

Anhang 3: Variablenverzeichnis des MSM-Modells

264

Abbildungsverzeichnis

301

Tabellenverzeichnis

307

Sachverzeichnis

311

Autorenverzeichnis

316

Literaturverzeichnis

318

0 Fragestellung und Ergebnisse

Die wirtschaftliche Entwicklung der siebziger und achtziger Jahre ist durch erhebliche Störungen des Gleichgewichts auf den internationalen Aktivamärkten und den Rohstoffmärkten gekennzeichnet gewesen. Rohstoffpreise, Wechselkurse und Zinssätze sind in einem in der Nachkriegszeit bislang unbekannten Ausmaß destabilisiert worden. Insbesondere der für die Wirtschaft der Bundesrepublik wichtige Wechselkurs der DM gegenüber dem Dollar hat in den vergangeneo zwanzig Jahren die Spanne zwischen dem höchsten Wert von etwa 4,00 und dem niedrigsten von etwa 1,60 DM mehrfach durchmessen. Durch ihre intensive Verflechtung mit der Weltwirtschaft ist die Bundesrepublik Deutschland in besonderem Maße von diesen Störungen beeinflußt worden. Die direkten qualitativen Effekte eines Falls des Dollarkurses sind klar: Die Exporte fallen, die Importe steigen, und bei plausiblen Vorstellungen über die Preiselastizitäten der Export und Importnachfrage wird man zum Ergebnis einer Verschlechterung der Leistungsbilanz kommen, was bei einer zu jedem Zeitpunkt ausgeglichenen Zahlungsbilanz einen Kapitalimport in die Bundesrepublik impliziert. Auf den Finanzmärkten der Bundesrepublik generiert der Kapitalimport einen Angebotsüberschuß und somit niedrigere Zinsen. Die mit dem Fall des Dollar verbundene Reduzierung der Importpreise bedeutet bei Rohstoffen eine Minderung der Produktionskosten in der Bundesrepublik und damit ceteris paribus eine Zunahme der Wertschöpfung. Weitergehende Überlegungen zur Abschätzung der Wirkungen auf Produktion und Beschäftigung erweisen sich als sehr schwierig, da gegenläufige Effekte auftreten: Exportminderung und Importsteigerung reduzieren die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, während die fallenden Zinsen die Nachfrage stützen. Gleichzeitig wird die Kostensenkung eine Expansion des gesamtwirtschaftlichen Angebots auslösen. In der wirtschaftspolitischen Diskussion herrscht weithin Unsicherheit bei der Einschätzung der Auswirkung von Wechselkursschwankungen auf die Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland. Allerdings kann nicht übersehen werden, daß die Entwicklung der Exportnachfrage die Erwartungsbildung von Unternehmen und Wirtschaftspolitik dominiert. Die einfache Regel "fallender Dollar - fallende Exporte - Rückgang der Beschäfti-

2

0 Fragestellung und Ergebnisse

gung" verdrängt im Bewußtsein der Wirtschaftssubjekte die komplexeren Kompensationseffekte, die von der Kostenminderung bei den Rohstoffen und der Zinssenkung ausgehen. Man denke etwa an den dramatischen Fall des Dollar im Jahr 1986 und vor allem gegen Ende des Jahres 1987, der von der Öffentlichkeit zweifellos als bedrohlich für die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik empfunden wurde. Bedient man sich der üblichen aggregierten makroökonomischen Modelle, wie sie etwa Gordon (1975) und Phelps (1978) bei der Diskussion der Wirkungen von außenwirtschaftliehen Schocks verwenden, so lassen sich die dargestellten direkten Effekte als Verschiebungen der gesamtwirtschartliehen Angebots- und Nachfragefunktion interpretieren: Es ergibt sich dann eine Rechtsverschiebung der gesamtwirtschaftlichen Angebotsfunktion und eine Linksverschiebung der gesamtwirtschaftlichen Nachfragefunktion. In jedem Fall wird man zu dem Ergebnis eines fallenden Preisniveaus kommen. Völlig unklar ist allerdings die Reaktion des realen Sozialprodukts und der Beschäftigung. Hier kommt es auf die Stärke der Verschiebungen der Angebots- und Nachfragekurve sowie ihre Steigungen an. Das reale Produkt kann grundsätzlich steigen, fallen oder unverändert bleiben. Man mag zweifeln, ob die in der Literatur gepflegte Analyse im Rahmen hochaggregierter makroökonomischer Modelle der Fragestellung gerecht wird. Insbesondere die Aussagen über die Möglichkeiten der Geldpolitik, bei unterschiedlicher Flexibilität des Lohnes Beschäftigungseinbrüche zu verhindern (Gordon 1984; Fischer 1985), sind bei einer disaggregierten Betrachtungsweise fragwürdig (Blinder/Mankiw 1984; Müller 1985; Aizenman /Frenkel 1986). Angebotsschocks - wie etwa Rohstoffpreissteigerungen treffen die einzelnen Sektoren der Volkswirtschaft mit unterschiedlicher Intensität, was zu einer Änderung der relativen Preise führt. Die Nominallöhne entwickeln sich dagegen zumindest in der Bundesrepublik stets einheitlich, so daß die Reallöhne - ausgedrückt in Einheiten des jeweiligen Produktes - verzerrt werden, wie auch immer der Nominallohn auf den Angebotsschock reagieren mag. Eine Antwort auf die Frage, ob und wie die Wirtschaftspolitik dann Beschäftigungseinbrüche verhindern kann, bedarf offensichtlich einer differenzierteren Analyse. Die Fragestellung verlangt nach der Anwendung sektoral disaggregierter makroökonomischer Modelle, die auch die Finanzmärkte abbilden. Die theoretischen Arbeiten von Foley/Sidrauski (1971), Henderson/Sargent (1973), Park (1973) und Benavie (1976) sind allerdings mit zwei bis drei Aktivamärkten, zwei Gütermärkten und zwei Faktormärkten trotz der recht groben Disaggregation bei einer allgemeinen Analyse sehr komplex und deshalb nur begrenzt aussagefähig. Wir benötigen ein ökonometrisch ge-

0 Fragestellung und Ergebnisse

3

schätztes Modell, mit dem dann in Simulationsrechnungen nach Antworten auf die gestellten Fragen gesucht werden kann. Die traditionellen ökonometrischen Strukturmodelle, wie wir eines im Rahmen dieser Analyse verwenden, sind seit einiger Zeit einer zum Teil scharfen Kritik ausgesetzt. Zum einen gibt es den Vorwurf, sie seien bei der Politikanalyse unbrauchbar (Lucas 1976), und zum anderen könne der Anspruch auf Identifikation bei diesen Modellen nicht ernst genommen werden (Sims 1980). Die von Lucas formulierte Kritik der Schule der rationalen Erwartungen stützt sich auf das Argument, daß sich die "wahre" Struktur der Volkswirtschaft vor der Politikänderung von der "wahren" Struktur nachher unterscheide. Da wir im Rahmen unserer Analyse nicht alternative Politikregimes vergleichen, sondern allein die Auswirkungen von Veränderungen der Dosierung bestehender Politikinstrumente betrachten, die nach unserer Ansicht die Struktur der Volkswirtschaft unverändert lassen, sehen wir mit Sims (1982) diese Kritik eher als eine warnende Fußnote an. Sims' Kritik richtet sich im Gegensatz zu der Lucasschen Kritik nicht gegen ökonometrische Modelle im allgemeinen, vielmehr plädiert er gegen die Nutzung traditioneller ökonometrischer Modelle und für die Nutzung von Vektor-Auto-Regressiven Modellen (VAR-Modellen). Trotz der aufgrund falscher a priori-Restriktionen problematischen Identifikation seien die traditionellen ökonometrischen Modelle nützliche und zur Zeit den VAR-Modellen noch überlegene Werkzeuge bei der Prognose und bei der Politikanalyse. Hierzu sei strukturelle Identifikation nicht notwendig, eventuell würden die zur (vermeintlichen) Identifikation benutzten Restriktionen sogar hilfreich sein, diese Aufgaben zu bewältigen. Sims' Folgerung entkräftet das eigene Plädoyer. Darüberhinaus treffen die von ihm angeführten Beispiele für ein zweifelhaftes Vorgehen bei der Identifikation auf das hier verwendete traditionelle ökonometrische Modell kaum zu, was natürlich im Einzelfall zu zeigen wäre. Zudem ist die von ihm vorgeschlagene Alternative im Kontext unserer Fragestellung ungeeignet, da der Informationsbedarf niemals zu decken wäre (ZeHner 1988). Das von den Autoren entwickelte ökonometrische Multi-SektoraleMärkte-Modell (MSM-Modell), das als Instrument der Simulationsrechnungen dienen soll, integriert die Sozialproduktsberechnung, die Input-OutputRechnung und die Finanzierungsrechnung. Wir folgen damit einer Empfehlung von Lawrence Klein (1979; 1983), der auf diesem Wege eine wesentliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit ökonometrischer Modelle erwartet. Die aktuellen Versionen des Wharton-Modells (Klein 1983) und des DRI-Modells (Eckstein 1983) sind solche Systeme. Sie unterscheiden sich von ihren Vorgängern vor allem durch die Ergänzung der Sozialprodukts-

4

0 Fragestellung und Ergebnisse

rechnung und der Input-Output-Rechnung durch eine Geldstromrechnung (flow of funds). Die im Realbereich disaggregierten ökonometrischen Modelle für die Bundesrepublik Deutschland besitzen bis auf das SYSIFO-Modell (Hansen/Westphal 1983) und das IFW-Modell (Gerken/Groß 1985) keinen monetären Teil. Die Finanzierungs- und Geldvermögensrechnung wurde bislang nur als Basis für den monetären Teil aggregierter Realmodelle (Dieckheuer 1978; Lüdeke u.a. 1984; Deutsche Bundesbank 1988b) verwendet. Für die Bundesrepublik Deutschland kann ein weitgehend konsistenter Datensatz zusammengestellt werden, der die reale und monetäre Sphäre sektoral disaggregiert zu modellieren gestattet. Er besteht aus der disaggregierten Sozialproduktsberechnung des Statistischen Bundesamtes, der InputOutput-Rechnung des Statistischen Bundesamtes und der Finanzierungsund Geldvermögensrechnung der Deutschen Bundesbank. Die Entscheidung für diese Datenbasis ist mit dem Vorteil der weitgehenden Konsistenz des Datensatzes begründet. Die Finanzierungsrechnung der Deutschen Bundesbank ist eine Stromrechnung, die Änderungen von Forderungen und Verbindlichkeiten institutionell und funktionell disaggregiert ausweist. Dieser Datensatz stellt eine vollständige Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) im Sinne von Richard Stone (1966) dar, die nicht bei den Vermögensänderungen endet, sondern die sektoralen Finanzierungssalden als Bindeglied zwischen der realen und der monetären Sphäre betrachtet. Die Vorstellungen Richard Stones wurden noch in anderer Hinsicht realisiert. Der hier verwendete Datensatz ist sowohl institutionell nach Wirtschaftsbereichen als auch funktionell nach Gütergruppen disaggregiert. Die disaggregierte Sozialproduktsrechnung untergliedert die Endnachfrage nach Gütergruppen und die Faktorinputs nach Wirtschaftsbereichen. Die sogenannten "make"- und "use"- Tabellen, die wir zur Analyse der Vorleistungsverflechtung verwenden, gliedern die Outputs der Sektoren nach Gütergruppen und ordnen die nach Gütergruppen differenzierten Vorleistungsinputs den einzelnen Sektoren zu. Das gemischte Aggregationsschema ist gleichfalls bei der Finanzierungsrechnung der Deutschen Bundesbank verwirklicht. Es werden dort eine Anzahl institutionell abgegrenzter Wirtschaftsbereiche betrachtet, die als Anbieter und Nachfrager auf verschiedenen Märkten für Finanzaktiva agieren. Die bereits im verwendeten Datensatz angelegte konsequente Berücksichtigung des gemischten Disaggregationsschemas prägt natürlich auch die theoretische Struktur des MSM-Modells und unterscheidet es von anderen disaggregierten Modellen. So ist die repräsentative Firma eines Sektors

0 Fragestellung und Ergebnisse

5

grundsätzlich eine Mehrproduktunternehmung. Eine zweite Besonderheit ist die Koppelung eines im Realbereich disaggregierten Systems mit einem Finanzmärktemodell durch die Berücksichtigung der Budgetrestriktionen für die institutionellen Transaktoren, wobei hervorzuheben ist, daß auch das Finanzmärktemodell disaggregiert ist. Als drittes Charakteristikum ist die Bestimmung von Preisen und Zinsen durch Marktgleichgewichtsbedingungen hervorzuheben. Ausnahmen sind hier lediglich der Arbeitsmarkt und der Agrarmarkt sowie die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen. Die Marktgleichgewichtshypothese ist bei einer Grundzeitperiode von einem Jahr plausibel. Die Datenbasis erzwingt allerdings auch eine Einheitsperiode von einem Jahr. Das MSM-Modell ist ein nichtlineares und hochgradig interdependentes System, geschätzt über den Zeitraum 1971 bis 1983. Es umfaßt 435 Gleichungen und endogene Variablen. Bei den etwa 150 exogenen Variablen handelt es sich um Variablen des Auslands wie Zinsen, Preise, Produktionsindices des Auslands sowie die Wechselkurse der DM gegenüber Dollar und ECU. Daneben sind die Aktionsparameter der Notenbank wie Diskontsatz, Kontingente und Mindestreservesätze usw. exogen. Eine dritte Gruppe von exogenen Variablen bilden die Aktionsparameter des Staates: Steuersätze, Abgabensätze, Beschäftigung des Staates und die Aufteilung des Finanzbedarfs auf die verschiedenen Finanzmärkte. Es sei betont, daß der Staat mit seinen Einnahmen und Ausgaben vollständig endogenisiert ist. Exogen sind die Steuersätze, nicht die Steuereinnahmen. Das Buch beginnt im Kapitel 1 mit einer ausführlichen Dokumentation des MSM-Modells. Zunächst wird ein Überblick über die Konzeption und die Struktur des Modells gegeben. Anschließend diskutieren wir getrennt nach einzelnen Submodellen die Spezifikation der Gleichungen und die Ergebnisse der Schätzungen ihrer Parameter. Den Abschnitt beschließt dann die Präsentation einer dynamischen Basislösung für den Stützzeitraum des Modells. Die Qualität dieser Berechnungen bietet einen ersten Anhaltspunkt für die Plausibilität des ökonometrischen Systems. Im Kapitel 2 untersuchen wir dann die Frage, welche Wirkungen von der Geld- und Fiskalpolitik auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und speziell auf die Beschäftigung aus dem ökonometrischen Modell abgeleitet werden können. Wir werden diese Informationen benötigen, wenn wir in späteren Abschnitten nach vertretbaren Reaktionen der Wirtschaftspolitik auf Änderungen des Dollarkurses fragen werden. Darüberhinaus sind die hier zu diskutierenden Simulationsergebnisse ein weiterer Prüfstein für die ökonomische Plausibilität des MSM-Modells.

6

0 Fragestellung und Ergebnisse

Nachdem wir uns von der Leistungsfähigkeit des Modells überzeugt haben, sollen dann in weiteren Simulationsrechnungen die Wirkungen von Änderungen des Dollarkurses auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland aufgezeigt werden. Zunächst gehen wir im Kapitel 3 partialanalytisch vor, um die vielen einzelnen Effekte isoliert studieren zu können. Wir beginnen mit den Wirkungen einer Änderung des Dollarkurses auf Export und Importnachfrage und die Leistungsbilanz. Anschließend geben wir die mit der Änderung des Dollarkurses verbundene Änderung der Importpreise vor. Uns interessieren also in dieser Simulation die Anpassungsvorgänge auf den Gütermärkten. In der letzten Partialsimulation betrachten wir dann allein die Finanzmärkte. Bei ausgeglichener Zahlungsbilanz steht dem Leistungsbilanzsaldo, der durch die Änderung des Dollarkurses generiert wird, ein Kapitalverkehrsbilanzsaldo gegenüber, der je nach Vorzeichen - zu Angebots oder Nachfrageüberschüssen auf den Finanzmärkten und damit zu Zinsreaktionen führt. Im Kapitel 4 bearbeiten wir die soeben angeschnittenen Fragen im vollständigen Modellzusammenhang. Zunächst diskutieren wir die Wirkungen eines Anstiegs des Dollarkurses bei gegebener Wirtschaftspolitik, ansebliessend fragen wir nach den Möglichkeiten der Wirtschaftspolitik, die unerwünschten Folgen der Dollaraufwertung zu reduzieren. Es zeigt sich, daß die in der öffentlichen Diskussion vorherrschende Argumentationskette "hoher Dollar - hohe Exporte - hohe Beschäftigung" wegen der Vernachlässigung des Einflusses der mit dem Dollar ansteigenden Importpreise nicht gilt. Die gesamtwirtschaftliche Produktion ist bei gegebener Wirtschaftspolitik sogar leicht rückläufig, und es stellt sich nur in den ersten Simulationsperioden ein geringer Beschäftigungszuwachs ein, weil die Löhne verzögert auf den Preisanstieg reagieren. Neben dem relativ schwachen gesamtwirtschaftlichen Niveaueffekt stellen wir einen deutlichen Struktureffekt fest. Allein der Investitionsgütergewerbe wird von einem steigenden Dollarkurs profitieren, weil sich hier die Exportnachfrage konzentriert. Besonders betroffen ist das Grundstoffgewerbe, das einerseits eine besonders heftige Zunahme der Preise für importierte Rohstoffe hinnehmen muß und andererseits schlechtere Kompensationsmöglichkeiten im Export hat. Für die Geldund Fiskalpolitik weisen die Simulationsergebnisse jeweils auf einen ausgeprägten trade-off zwischen den Zielen Preisniveaustabilität und Vollbeschäftigung hin. So kann zwar ein kontraktiver Einsatz des geldpolitischen Instrumentariums die sich ergebende inflatorische Tendenz bremsen, erkauft wird ein solcher Erfolg aber durch zusätzliche Einbußen bei Produktion und Beschäftigung. Genauso bewirkt eine expansive Fiskalpolitik eine Kompensation der negativen realen Effekte der Dollaraufwertung, auf die Inflationsgefahren einer solchen Politik muß aber dennoch hingewiesen werden.

1 Das MSM-Modell

In diesem Abschnitt soll das Instrument der Analyse, das disaggregierte ökonometrische Modell dokumentiert werden. Da es sich um ein recht umfangreiches System handelt, wird zunächst ein Überblick über die "Philosophie" und die "Architektur" des Modells gegeben. Anschließend werden wir eine detaillierte Darstellung der Modellspezifikation und der Ergebnisse der Schätzungen geben. Einen ersten Eindruck von der Qualität des Gesamtsystems soU dann die Vorstellung einer dynamischen Basislösung im Abschnitt 1.7 bieten. Eine frühere Version des Modells ist in Meyer (1989b) vorgestellt. 1.1 Zur Konzeption des Modells

Wir fragen nach den Wirkungen einer Änderung des Dollarkurses gegenüber allen anderen Währungen auf die Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland. Es ist sicherlich legitim, den Dollarkurs in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland als exogen zu betrachten. Eine Endogenisierung des Dollar ist grundsätzlich möglich, indem man die Gleichgewichtsbedingung der Zahlungsbilanz zu seiner Bestimmung benutzt. Dies erfordert aber, daß neben Exporten und Importen auch der Kapitalverkehr endogenisiert ist (Krelle/Sarrazin 1983). Wie unsere Versuche zeigten, ist jedoch die Qualität der Basislösungen eines integrierten Systems, das neben einem Zahlungsbilanzmodell die Güter- und Finanzmärkte in disaggregierter Form enthält, nicht zufriedenstellend. Wir betrachten deshalb den Dollar als exogen und bestimmen über die Zahlungsbilanz-Gleichgewichtsbedingung denjenigen Saldo der Kapitalverkehrsbilanz, der mit dem Saldo der Leistungsbilanz kompatibel ist. Für die Exogenität des Dollar spricht auch die folgende Sicht: Zwar ist die Bundesrepublik gemessen am Welthandelsanteil kein kleines Land, dies gilt aber doch im Hinblick auf die Finanzströme zwischen den Ländern, die heute in wesentlich stärkerem Maße als früher den Dollarkurs bestimmen (Pohl 1988).

8

1 Das MSM-Modell

Eine Änderung des Dollarkurses hat bei ausgeglichener Zahlungsbilanz sowohl realwirtschaftliche als auch monetäre Wirkungen. Auf den Gütermärkten verändern sich Importpreise und Exportpreise und damit Importe und Exporte und folglich der Leistungsbilanzsaldo. Auf den Finanzmärkten ergeben sich Einflüsse durch den entgegengerichtet zum Leistungsbilanzsaldo sich entwickelnden Saldo der Kapitalverkehrsbilanz. Die Fragestellung dieses Buches legt nahe, die in der Makroökonomik übliche Unterscheidung in Arbeitsmarkt, Gütermarkt und Geldmarkt als zu grob abzulehnen. Eine Änderung des Dollarkurses beeinflußt die Gütermärkte in ganz unterschiedlicher Art und Weise: Importierte Rohstoffe werden international üblicherweise in Dollar abgerechnet, so daß hier eine sehr starke Verknüpfung des Marktgeschehens mit dem Dollar gegeben ist. Investitionsgüter sind die wichtigsten Exportprodukte der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb wird ihre Produktion in wesentlich stärkerem Maße wechselkursabhängig sein als etwa die der Konsumgüter oder der Dienstleistungen. Diese Hinweise mögen ausreichen, um zu verdeutlichen, daß die Annahme eines aggregierten Gütermarktes bei der Diskussion unseres Problems nicht adäquat ist. Das MSM-Modell unterscheidet daher die folgenden sieben Gütermärkte: Agrarprodukte; Grundstoffe (Energie, Grundstoffe u. Produktionsgüter); Investitionsgüter; Konsumgüter; Bauten; private Dienste; öffentliche Dienste. Eine tiefere Disaggregation wäre im Hinblick auf die Fragestellung nützlich und nach der Datenlage auch möglich. Wir bleiben aber bei dieser Mindestaggregation, um den Modellumfang nicht zu groß werden zu lassen. Wir müssen berücksichtigen, daß das Modell als Instrument für Simulationsrechnungen einzusetzen ist. Zu große Modelle werden aber schnell zur "black box'' (Meyer 1982). Auch im monetären Bereich empfiehlt sich eine disaggregierte Betrachtungsweise: Änderungen des Wechselkurses der DM beeinflussen die Kapitalverkehrsbilanz und damit den Zu- und Abfluß von ausländischen Finanzierungsmitteln. Die direkten Angebots- bzw. Nachfragewirkungen auf den Finanzmärkten können sehr unterschiedlich sein. Hinzu kommt, daß die im Realbereich der Wirtschaft durch Wechselkursänderungen ausgelösten Anpassungen der institutionellen Transaktoren die Finanzmärkte in ganz un-

1.1 Zur Konzeption des Modells

9

terschiedlicher Weise beeinflussen, weil die einzelnen Transaktaren em durchaus differenziertes Finanzierungsverhalten aufweisen. Das MSM-Modell unterscheidet die folgenden Finanzaktiva: Bargeld; Sichteinlagen; Termineinlagen; Spareinlagen; Geldmarktanlagen; festverzinsliche Wertpapiere; kurzfristige Bankkredite; längerfristige Bankkredite; sonstige Finanzaktiva. An Produktionsfaktoren berücksichtigt das MSM-Modell Kapital, Arbeit und Vorleistungen. Dabei unterscheiden wir zwei Kapitalgüter - Ausrüstungen und Bauten. Die Bestände der Ausrüstungen und Bauten in den Unternehmen werden mit den Investitionen fortgeschrieben. Die Nachfrage nach dem Faktor Kapital ist somit Nachfrage nach Bauten bzw. Ausrüstungen auf den bereits genannten Gütermärkten. Ebenso erfassen wir die Vorleistungsnachfrage differenziert nach den sieben Produktgruppen als Nachfrage auf den einzelnen Gütermärkten. Wir unterstellen somit, daß jedes Gut Konsumgut, Investitionsgut oder Vorleistung sein kann. Lediglich für den Faktor Arbeit benötigen wir spezifische Faktormärkte. Wenn auch die Lohnentwicklung für die einzelnen Wirtschaftszweige untereinander hoch korreliert ist, so bleiben doch unterschiedliche Entwicklungen beobachtbar. Wir unterscheiden deshalb Lohnsätze und Arbeitsnachfrage für die einzelnen Wirtschaftszweige. Wir betrachten die Arbeitsmärkte als nicht geräumt. An institutionell abgegrenzten Wirtschaftseinheiten - wir sprechen im folgenden auch von institutionellen Transaktaren - unterscheidet das MSMModell die privaten Haushalte, den Staat, das Ausland und die Unternehmen. Den Unternehmenssektor spalten wir nach dem Schwerpunkt der Güter, die in einem Sektor erzeugt werden, auf. Grundsätzlich unterstellen wir, daß alle Unternehmen Mehrproduktunternehmen sind und jedes Produkt erzeugen können. Nach dem Produktionsschwerpunkt im Hinblick auf die sieben definierten Gütergruppen unterscheiden wir aber die Wirtschaftsbereiche:

10

1 Das MSM-Modell

Agrarwirtschaft; Grundstoffgewerbe; Investitionsgütergewerbe; Konsumgütergewerbe; Bauwirtschaft; privates Dienstleistungsgewerbe; Staat. Auf den Finanzmärkten beschreibt das MSM-Modell gleichfalls die Dispositionen des Auslands, der privaten Haushalte, des Staates und der Unternehmen, wählen aber eine andere Disaggregation des Unternehmenssektors. Hier unterscheiden wir die Transaktoren: Produktionsunternehmen (nichtfinanzielle Unternehmen ohne Wohnungswirtschaft); Wohnungswirtschaft; Deutsche Bundesbank; Kreditinstitute; Paramonetäre Institute (Versicherungen und Bausparkassen). Wir unterstellen somit, daß die finanziellen Dispositionen innerhalb der Industrie und des nichtfinanziellen Dienstleistungsbereiches sich nicht systematisch unterscheiden. Diese Voraussetzung erscheint plausibel. Allerdings ist eine tiefere Disaggregation der nichtfinanziellen Unternehmen in der Finanzierungsrechnung der Deutschen Bundesbank auch nicht vorgesehen. Das MSM-Modell beschreibt die Dispositionen der institutionellen Transaktaren auf den einzelnen Märkten und die Abstimmung dieser Dispositionen im Modellgleichgewicht Gleichgewichtsbedingungen sind zum einen bei den institutionellen Transaktaren die Budgetgleichungen, die außerdem die reale und die monetäre Sphäre miteinander verbinden. Durch die Dispositionen im Realbereich werden die Finanzierungssalden der institutionellen Transaktaren bestimmt, die Angebot bzw. Nachfrage von neuen Finanzaktiva darstellen. Auf nahezu allen Güter- und Finanzmärkten sind zum anderen die Marktgleichgewichtsbedingungen erfüllt. Es werden somit Preise und Zinsen nicht über Strukturgleichungen, sondern mit den Gleichgewichtsbedingungen bestimmt. Ausnahmen sind hier lediglich der Agrarmarkt und der Arbeitsmarkt, auf dem die Nachfrage das Angebot rationiert, sowie die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen durch den Staat. Die Struktur des MSM-Modells ist in Abbildung 1 grob schematisiert. Kern des Systems ist das Preise-Mengen-Modell, in dem die intersektorale

11

1.1 Zur Konzeption des Modells

Verflechtung der Volkswirtschaft abgebildet wird. Es dient vor allem zur Bestimmung des Preisvektors und des Vektors der realen Bruttoproduktionswerte. Die sektoralen und die nach Gütergruppen disaggregierten Preise und Mengen sind die zentralen Variablen des Modells. Abbildung 1:

Die Struktur des MSM-Modells

...

1-i Flnanzmlrktemodell

.oll""

Endnachfragemodell

~

i

Prelae-MengenModell

,,. ____.

._

Fektornachfragemodell

., ~

um ... rtellungamodell

....

.....

Das Endnachfragemodell bestimmt den Vektor des privaten Verbrauchs, den Staatsverbrauch, den Export- und den Importvektor jeweils nach Gütergruppen sowie die Ausrüstungs- und Bauinvestitionen sowohl nach investierenden Wirtschaftsbereichen als auch nach den nachgefragten Gütergruppen. Im Faktornachfragemodell betrachten wir die Kapitalstockfortschreibung der Wirtschaftsbereiche sowie ihre Vorleistungsnachfrage. Im Mittelpunkt dieses Teilsystems steht die Arbeitsnachfrage sowie die Ermittlung der sektoralen Lohnsätze. Im Umverteilungsmodell befassen wir uns mit der funktionalen und der sektoralen Einkommensverteilung sowie der Einkommensumverteilung des Staates. Außerdem ermitteln wir in diesem Teilmodell die Vermögensänderung der institutionellen Transaktoren, die die Brücke zwischen der realen und der monetären Sphäre des Modells bildet.

12

1 Das MSM-Modell

Tabelle 1:

Übersicht über das MSM-Modell

Teilmodell

Anzahl der Gleichungen stochastisch definitorisch Summe

Preise-Mengen-Modell: - Bruttoproduktion nach Gütergruppen - Bruttoproduktion nach Sektoren - Preise nach Gütergruppen - Preise nach Sektoren -sonstige

11

47

58

-

7 23

1

7 29 13 8 1

6 5

-

8 8

Endnachfragemodell:

29

109

138

- privater Verbrauch nach Gütergruppen - Investitionen nach Gütergruppen - Exporte nach Gütergruppen - Importe nach Gütergruppen - Endnachfrage nach Gütergruppen -sonstige

7 12 5 5

.

17 44 17 12 15 4

24 56 22 17 15 4

Faktornachfragemodell:

13

19

32

-

15

-

- Kapitaleinsatz nach Sektoren - Lohnsätze nach Sektoren - Arbeitseinsatz nach Sektoren -sonstige

7 6

.

1 3

15 7 7 3

U mverteilungsmodell:

4

56

60

- Einkommensentstehung und -Verwendung - Staatsbudget - Ersparnis/Finanzierungssalden nach Sektoren

3

-

1

15 10 31

18 10 32

Finanzmärktemodell:

32

115

147

- Finanzvermögen nach Sektoren, Veränderung -Zinssätze - Kursgewinne/-verluste - Finanzvermögen nach Sektoren, Bestand

30 1

1

-

10 20 12 73

40 21 12 74

Gesamtmodell:

89

346

435

-

1.1 Zur Konzeption des Modells

13

Das Finanzmärktemodell bestimmt die Veränderung der Forderungen und Verbindlichkeiten der institutionellen Transaktaren disaggregiert nach den verschiedenen Finanzaktiva. Durch Marktgleichgewichtsbedingungen wird der Zinsvektor bestimmt, der als Determinante der Endnachfrage schließlich Interdependenz zwischen realer und monetärer Sphäre herstellt. Eine Übersicht über die Anzahl der Gleichungen und Variablen der Teilmodelle bietet Tabelle 1. Die Gleichungsstruktur des MSM-Modells ist nichtlinear und hochgradig interdependent. Eine Analyse der Blockstruktur ergibt, daß im Zentrum des Modells ein großer Simultanblock steht, der aus 376 Variablen besteht und innerhalb dessen weitere Interdependenzschleifen existieren. Vor diesem Simultanblock stehen 5 rekursive Gleichungen, nach ihm die restlichen 54 Gleichungen.

1.2 Das Preise-Mengen-Modell

Input-Output-Modelle sind entweder nach Wirtschaftsbereichen (institutionell) oder nach Gütergruppen (funktionell) disaggregiert. Wählt man das funktionelle Modell, so hat man das ideale Disaggregationsschema bei der Modeliierung der Nachfrage gefunden, denn Konsumenten und Investoren disponieren über Güter, wobei deren sektorale Herkunft völlig unerheblich ist. Auf der anderen Seite kann die Beschäftigung der Primärfaktoren nicht einzelnen Gütern zugerechnet werden, womit das institutionelle Disaggregationsschema in diesem Fall eher geeignet erscheint. Der geschilderte Sachverhalt legt nahe, die Mehrproduktunternehmung als repräsentative Firma in jedem Sektor zu unterstellen. Grundsätzlich produziert jeder Wirtschaftsbereich jedes Produkt, das in dem Modell unterschieden wird. Diese Vorstellung wird durch die Ergebnisse vieler Studien gestützt (Frenger 1978), die die Bedeutung einer Änderung des product mix als eine Quelle für sich ändernde Inputkoeffizienten betonen. In der folgenden Darstellung soll ein Konkurrenzmarktmodell vorgestellt werden, das als theoretische Basis für ein gemischt (funktionell/institutionell) disaggregiertes Input-Output-Modell dienen soll. Weiterhin wird dieses Modell ökonometrisch geschätzt. Die statistische Basis eines solchen Modells können nicht die üblichen Input-Output-Tabellen sein. An ihrer Stelle werden make- und use-Matrizen (Stone 1966) verwendet: Die use-Matrix zeigt die Güterstruktur der sektoralen Inputs und die make-Matrix enthält Informationen über die Güterstruktur der sektoralen Outputs. Wir unterstellen eine linear homogene Substitutionale Technologie für die Erzeugung eines jeden Produkts. Zusätzlich wählen wir die geläufige Annahme, daß die Technologie für ein Gut in allen Sektoren identisch ist. Neoklassische Input-Output-Modelle unterstellen üblicherweise ein Langfristgleichgewicht eines Konkurrenzmarktes, in dem die Unternehmen den Einsatz aller Faktoren simultan optimieren. Wir können diesen Weg schon deshalb nicht gehen, weil damit konstante Grenzkosten impliziert wären. In diesem Fall wird ein langfristiges Gleichgewicht für Mehrproduktunternehmen aber nicht existieren, weil die Kostenunterschiede zu einer Spezialisierung der Anbieter führen würden. Wir unterstellen deshalb, daß

1.2 Das Preise-Mengen-Modell

15

die Unternehmen eine kurzfristige Gewinnmaximierung betreiben, worunter wir verstehen wollen, daß bei der Optimierung des Einsatzes der anderen Produktionsfaktoren der Kapitalstock bereits gegeben ist. Der Kapitalstock wächst historisch aus den Investitionsentscheidungen der Vergangenheit, welche wiederum das Ergebnis langfristiger Dispositionen sind. Dieser plausible Ansatz impliziert steigende Grenzkosten, und die Konkurrenzmarktpreise gestatten die Entstehung von Profiten. Im Abschnitt 1.2.1 wird zunächst das kurzfristige Konkurrenzmarktgleichgewicht dargestellt, im Abschnitt 1.2.2 spezifizieren wir dann daraus das gemischt disaggregierte Input-Output-Modell. Im Abschnitt 1.2.3 nehmen wir eine Modellerweiterung vor und präsentieren abschließend im Abschnitt 1.2.4 die Ergebnisse der Schätzungen. Das hier dargestellte Modell ist von Meyer (1989a) entwickelt und auch für einen tieferen Disaggregationsgrad (12 Sektoren) mit Erfolg angewendet worden.

1.2.1 Das kurzfristige Konkurrenzmarktgleichgewicht Hudson/Jorgenson (1974) haben mit der Translog-Funktion erstmalig flexible Formen bei der Analyse der sektoralen Produktionsverflechtung eingesetzt. Für die Bundesrepublik Deutschland haben u.a. Friede (1980) und Nakamura (1984) dieses Konzept angewendet. Die Dualität von Kostenfunktion und Produktionsfunktion (Samuelson 1953; Shephard 1953) impliziert, daß die Technologie gleichermaßen durch die Produktionsfunktion wie durch die Preisfunktion beschrieben wird. Nakamura (1984) verwendet flexible Formen, die eine sehr allgemeine Spezifikation der Schätzansätze gestatten, und schätzt Preisfunktionen. Die Ergebnisse seiner Schätzungen lassen den Schluß zu, daß die Technologie der Vorleistungsverflechtung in der überwiegenden Zahl der Fälle vom CobbDouglas-Typ ist. Allerdings werde der Einfluß der Preise für im portierte Energie auf die Preise des Grundstoff- und Produktionsgütergewerbes bei diesem Ansatz unterschätzt (Nakamura 1984, S. 152). Diese Ergebnisse der umfangreichen Arbeit Nakamuras sprechen dafür, die Technologie von vornherein als vom Cobb-Douglas-Typ zu spezifizieren (Kiy 1984; Krelle 1984; Hillebrand/Kiy/Neuhaus 1989). Wie noch zu zeigen sein wird, könnte eine allgemeinere Spezifikation der Technologie in unserem gemischt institutionell/funktionell disaggregierten Modell wegen der Datenrestriktionen auch gar nicht geschätzt werden.

1 Das MSM-Modell

16

Wir betrachten eine Wirtschaft, in der jeder Sektor j einen Outputvektor mit den Inputs Arbeit, Kapital und Vorleistungen produziert. Für jedes Gut i existiert eine Cobb-Douglas-Technologie in jedem Sektor j:

(1)

x.. (t) = H.. • A.(t) IJ

IJ

0: ..

n

I)

• 1l

IJ

k=1

~ii

V k .. (t) IJ

• e

w ..• t I)

xij(t)

Output des Gutes i, Sektor j

Aij(t)

Arbeitsinput, Produktion des Gutes i, Sektor j

K..(t)

Kapitaleinsatz, Produktion des Gutes i, Sektor j

vkIJ.. (t)

Vorleistungen der Art k, Produktion des Gutes i, Sektor j

w ..

Fortschrittsrate

IJ

IJ

(2) n

(3)

o:ij + ßij + :E gk.. = 1 . k=l IJ

Die in Gleichung (3) angesprochenen Koeffizienten sind die partiellen Produktionselastizitäten der zugeordneten Inputs. Wir unterstellen nun, daß die Technologie der Produktion des Gutes i in den verschiedenen Sektoren j identisch sein möge. Dies ist die bekannte commodity technology-Hypothese. Wir können dann schreiben:

(4)

o:i1

= o:i2

= 0:.

= o:i;

ßi1

= ßi2

= ß.

= ß.;

gki1

= gki2

= gkin

= gki;

wi1

= wi2

= w.

= w..

m m

m

I

I

Der Preis pi des homogenen Gutes i möge derselbe in jeder Verwendung sein. Wir unterstellen dies gleichfalls für den Lohnsatz l und für den Preis der Vorleistungsinputs f..1 Die Unternehmer optimieren den Einsatz von Arbeit und Vorleistungen simultan, während bei dieser Optimierung der Kapitalinput gegeben ist. In diesem Sinne unterstellen wir ein kurzfristiges Gleichgewicht. Der optimale Faktoreinsatz ist:

1.2 Das Preise-Mengen-Modell

xij(t) • pi(t)

(5)

(6)

17

l(t) • xij(t) • pi(t) V k.. (t) = gk. - - - ' - - - IJ I f/t)

Substituiert man die Gleichungen (5) und (6) in Gleichung (1) und löst nach x.. auf, so ergibt sich: IJ (1-ß.)jß. -a..jß. n -gki/ßi I I I I (7) xlj.. (t) = H..IJ • p.(t) • l(t) • 1f fk(t) I k=1 (w.jß.) • t I I H.. > 0. • K..(t) • e lj IJ Der Anteil des Sektors j an der gesamten Produktion des Gutes i ist o .. : IJ x.. (t) K..(t) K..(t) lj IJ IJ ---'--(8) n

!: x..(t)

j = 1 IJ

oder: (9)

x .. (t) = o .. (t)

IJ

IJ

n

!: K. .(t)

j=l

IJ

K.I . (t)

• x.I. (t).

Wir nennen o .. den Outputkoeffizienten. Multipliziert man Gleichung (9) mit dem Preis p~J'1 so läßt sich zeigen, daß die Relation auch für die nominalen Variablen gilt: (10)

y..(t) = p.(t) • x..(t) = o .. (t) • p.(t) • x. (t) = o .. (t) • y. (t). IJ I IJ IJ I I. IJ I.

Die Konstrukteure der Input-Output-Tabellen nennen Y = (y..) die make-Matrix. Die Matrix der Output-Koeffizienten 0 = ( o .. ) ist fü/J gegebene Kapitalbestände konstant. Gleichung (8) zeigt, daß dii Outputkoeffizienten sich verändern, wenn die Struktur des Kapitalbestands variiert. Aus Gleichung (6) folgern wir:

(11)

fk(t) • VkIJ.. (t) = gk.I • xIJ.. (t) • p.(t) I = lklj.. (t) + Mklj.. (t). Nominaler Input des Gutes k aus inländischer Produktion, Produktion des Gutes i, Sektor j MkIJ..(t)

Nominale Importe des Gutes k, Produktion des Gutes i, Sektor j

1 Das MSM-Modell

18

Wenn wir Gleichung (11) über i summieren, erhalten wir eine Matrix mit den Elementen I..k."' die den gesamten Einsatz des Gutes k im Sektor j aus inländischer Produ-ktion angeben:

- Mk .(t). ·J

Der gesamte Input des Gutes k aus inländischer Produktion über alle Sektoren ist: n

(13)

Ik.. (t)

= I:

j=1

Ik/1)

= gk1 • Yn(t) + gk2 • y21(t) +

+ gkn ·ynl(t)

+ gkl • y12(t) + gk2. y22(t) +

+ gkn • Ynit)

Wegen: n

I: y..(t) IJ j=1

=

y.I. (t);

folgt aus Gleichung (13):

(14)

n Ik..(t) = I: gk.i • yi.(t) - Mk.. (t).

i= 1

Gleichung (14) beschreibt die Input-Output-Relationen für Güter. Bezeichnen wir die nominale Endnachfrage nach dem Gut h mit F h' so erhalten wir als Definition: n

(15)

Yh.(t) = Fh(t) + Ih ..(t) = Fh(t) + I: ghi • Yi.(t) - Mh..(t);

i= 1

1.2 Das Preise-Mengen-Modell

19

oder: (16)

yG(t)

[E-Gr 1

=



[F(t)- M(t)]. Vektor der nominalen Bruttoproduktion nach Gütern

F(t)

Vektor der nominalen Endnachfrage nach Gütern

M(t)

Vektor der nominalen Importnachfrage nach Gütern

G

(gk) Produktionselastizität des Gutes k bei der Produktion des Gutes i

Gleichung (16) ermöglicht die Berechnung des Vektors der nominalen Bruttoproduktion für Güter aus der Endnachfrage für Güter. Die Koeffizienten der Matrix G sind konstante partielle Produktionselastizitäten des Gutes k bei der Produktion des Gutes i. In der Input-Output-Terminologie sind es nominale Inputkoeffizienten. Wenn wir Gleichung (10) in Gleichung (16) substituieren, erhalten wir: (17)

y5 (t)

=

0' • [E-Gr 1 • [F(t) - M(t)]. Vektor der nominalen Bruttoproduktion nach Wirtschaftsbereichen O(t)

Matrix der Outputkoeffizienten

Gleichung (17) ermöglicht die Berechnung des Vektors der nominalen Bruttoproduktion für Wirtschaftsbereiche durch die nominale Endnachfrage nach Gütern. Wir nennen deshalb die Matrix 0' • [E-Gr 1 die "Kreuz-Inverse", weil sich hier das funktionelle und das institutionelle Disaggregationsschema kreuzen. Die Matrix G enthält konstante nominale Inputkoeffizienten, während die Matrix 0' nur in der kurzen Frist konstant ist. Langfristig ergeben sich Bewegungen der Outputkoeffizienten, wenn die Allokation des Kapitals sich verändert. Im nächsten Schritt leiten wir Preise und Mengen ab. Das Gesamtangebot auf dem Markt i erhalten wir, indem wir die Angebotsfunktionen (7) über alle Sektoren aufsummieren:

20

1 Das MSM-Modell

(18)

x.1. (t)

=

n I: x..IJ (t) j=1

= H.I -

• K.I . (t) • p.(t) I n

• 1T fk(t)

k=1

(1-ß.)/ß. I I

• l(t)

-a..jß I I

-gkJßi (wJß) • t •e

Da die Vorleistungsinputs des Gutes k aus inländischer und ausländischer Produktion geliefert werden, ist der Faktorpreis fk ein gewogenes Mittel des Inlandspreises pk und des Importpreises qk. Ausgehend von einer nichtlinearen Technologie wählen wir ein geometrisches Mittel mit der Importquote mlc eines Basisjahres als Gewicht. Wir erhalten somit Linearität in den Loganthmen: (19)

fk(t)

= pk(t)

1-mk

• qk(t)

mk .

Mit dki = gki • (1-mk) und J.Lki = gki • mk erhält man aus Gleichung (18):

(20)

- -ßi -ßi a.i n dki n ~-'ki pi(t) = Hi • Ki_(t) • l(t) • 1T pk(t) • 1r qk(t) k=1 k=1 -w. • t

• e

I

ß.I • yi(t) .

Der Preis des Gutes i hängt von allen Faktorpreisen, dem Kapitalstock und dem nominalen Output ab, der bestimmt ist durch die Endnachfrage. Hier wird der Unterschied zum Langfristgleichgewicht deutlich, bei dem die Preise der Güter allein durch die Preise der Produktionsfaktoren bestimmt sind. Die reale Bruttoproduktion ergibt sich dann per Definition: (21)

X.

I.

(t)

= y.I . (t) I p.(t). I

21

1.2 Das Preise-Mengen-Modell

1.2.2 Das Input-Output-Modell Das System (16), (17) und (20) ist die reduzierte Form des Konkurrenzmarktmodells. Fügen wir Gleichung (20) in logarithmischer Schreibweise hinzu, so erhalten wir das System (22), (23), (24): (22)

y0 (t) = [E-Gr1 • [F(t)- M(t));

Vektor der nominalen Bruttoproduktion nach Gütern

(23)

(24)

F(t)

Vektor der nominalen Endnachfrage nach Gütern

M(t)

Vektor der nominalen Endnachfrage nach Gütern

G

(gk) Produktionselastizität des Gutes k bei der Produktion des Gutes i

y5(t) = O'(t) • y0 (t);

ln p(t)

ys(t)

Vektor der nominalen Bruttoproduktion nach Sektoren

O(t)

Matrix der Outputkoeffizienten o ..

=

IJ

[E-Dr1 • [- B • R(t) + A·ln l(t) + N ·In q(t)

+ B ·ln y0 (t) - W • t

).

p(t)

Vektor der Güterpreise

l(t)

Vektor der (identischen) Lohnsätze

q(t)

Vektor der Importpreise

A

diag (a 1, a 2, ...,an)

B

diag (ß1, ß 2,

D

(d..k) Produktionselastizität des Gutes k aus inländ. Produktion, Produktion des Gutes i

N

(IJ.k.i) Produktionselastizität des Gutes k aus ausländ. Produktion, Produktion des Gutes i

... ,

ßn)

22

1 Das MSM-Modell

-

-

-

R.(t) = In H. + In K. (t) I I I.

R(t)

wl w2

w

Vektor der Fortschrittsraten

wn Die Sektorpreise p8 sind als gewogene Mittel der Güterpreise definiert. Zur Gewichtung nehmen wir die Outputstruktur des Jahres 1980:

o .. (t)

(25)

IJ

yij(t)

= - - - = o .. (t) y .(t) ·)

I)

y.I. (t) • --y .(t) ·)

Die realen Bruttoproduktionswerte für Güter x.I und für Sektoren x.) sind gegeben mit: (26) (27)

x.(t) = y.(t) / p (t) I I I

(i = 1, ... , n);

G=

1, ..., n).

Das System (22) bis (27) ist ein nichtlineares blockrekursives Modell, in dem jeder Block eine lineare und interdependente Struktur hat. Die exogenen Variablen sind der nominale Endnachfragevektor F, der nominale Importvektor M, die Löhne I und der Importpreisvektor q. Diese Vektoren werden in anderen Teilmodellen des Gesamtsystems endogenisiert.

1.2 Das Preise-Mengen-Modell

23

1.2.3 Eine Erweiterung des Input-Output-Modells Das soeben beschriebene Input-Output-Modell gibt uns die theoretische Basis für die Spezifikation des Preise-Mengenmodells. Aber wir haben noch zwei Tatbestände zu beachten, die ein leicht unterschiedliches System erfordern: Zunächst ist zu beachten, daß das Input-Output-Modell ein kurzfristiges Konkurrenzmarktgleichgewicht repräsentiert, das nicht zu jedem Zeitpunkt etabliert sein mag. So kann sich z.B. der aktuelle Preis p von dem Gleichgewichtspreis p • unterscheiden, wenn Schocks die Wirtschaft treffen. Ein anderer Grund für eine Abweichung vom Gleichgewicht kann durch Konjunkturschwankungen gegeben sein. Wir berücksichtigen diese Argumente mit der folgenden zusätzlichen Gleichung: (28)

In p.(t) - In p.I •(t) I

=

s.I • Dq 2(t) + v.I • REX(t). Änderungsrate der Preise für Rohstoffimporte

REX(t)

relative Abweichung der Bruttoproduktion vom Trend

Die Variable REX ist als Differenz zwischen den Logarithmen der gesamtwirtschaftlichen Bruttoproduktion und ihres Trendwertes definiert. Es erscheint plausibel, daß plötzliche Rohstoffpreissteigerungen den Monopolgrad p.jp.· vorübergehend beeinflussen können. Über die Richtung I I dieses Einflusses bestehen allerdings keine a priori Vorstellungen. Eine Schwankung des Monopolgrades im Konjunkturzyklus wird schon durch das empirische Phänomen des Lohnlags erzwungen: Im frühen Aufschwung steigen die Preise schneller als der Lohn, in der Spätphase des Booms kehrt sich dies um. Da die relative Trendabweichung in der frühen Aufschwungphase negativ und in der späten Boomphase positiv ist, erwarten wir vi < 0. Kommen wir nun zu dem zweiten Tatbestand, der eine erweiterte Spezifikation des Input-Output-Modells erfordert: Wir besitzen nur eine OutputMatrix für das Jahr 1980, unsere Theorie beschreibt die Output-Matrizen aber als variabel. Da wir konstante Outputkoeffizienten unterstellen müssen, obwohl sie tatsächlich sich ändern werden, erhalten wir Fehler.

1 Das MSM-Modell

24

Wir versuchen deshalb einen zweistufigen Ansatz, um zumindest indirekt Variabilität der Outputkoeffizienten berücksichtigen zu können. In der ersten Stufe berechnen wir den Vektor der Bruttoproduktion nach Sektoren, der realisiert worden wäre, falls die Output-Matrix für das Jahr 1980- 0 80 sich während des Schätzzeitraums nicht verändert hätte: (29)

JS(t) = o'SO • yG(t).

In der zweiten Stufe erklären wir die relative Abweichung zwischen diesem fiktiven Vektor und dem tatsächlichen Vektor der Bruttoproduktion nach Sektoren durch den Relativpreis des betreffenden Sektors, die Änderungsrate des Preises für importierte Rohstoffe Dq2 und einen Zeittrend. Für den Sektor j ergibt sich:

(30)

u.(t) = J

y.(t) - y.(t) J

yp)

J

p(t)

gesamtwirtschaftlicher Preisindex

P/t)

Preis des Sektors j

Wenn der Relativpreis des Sektors j ansteigt, dann wird der damit verbundene Gewinnanstieg die Unternehmer veranlassen, in diesem Sektor den Kapitalstock zu erhöhen. Somit werden die Outputkoeffizienten dieses Sektors zunehmen und die tatsächliche Produktion des betreffenden Sektors folglich die berechnete übersteigen. Da wir den Vektor yG nicht beobachten können, können die Abweichungen natürlich auch auf Änderungen der Matrix G zurückzuführen sein. Die nominalen Inputkoeffizienten sind ja nur konstant, wenn die Substitutionselastizität genau -1 ist. Wenn dieser Parameter tatsächlich absolut kleiner ist, wird ein Anstieg des Relativpreises des Inputgutes seinen nominalen Inputkoeffizienten steigern. Dann werden Bruttoproduktionswert und Relativpreis dieses Sektors zunehmen. Dieser Effekt wird gleichfalls von der Gleichung (30) erfaßt. Beide Argumente lassen uns erwarten, daß gilt: a 1i > 0. Die Schockvariable Dq) möge die Outputentscheidungen der Sektoren in unterschiedlicher Weise beeinflussen, so daß wir keine a priori Informationen über das Vorzeichen des Koeffizienten a 2j haben.

1.2 Das Preise-Mengen-Modell

25

Der Zeittrend t solllangfristige Änderungen der sektoralen Outputstruktur erfassen. Wir nehmen an, daß es einen Spezialisierungstrend gibt, der die Produktion von Dienstleistungen innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes reduziert und somit die Produktion des Dienstleistungssektors begünstigt. Wir erwarten somit: für Sektoren des Verarbeitenden Gewerbes; für Dienstleistungssektoren.

0

Mit diesen Ergänzungen läßt sich das vollständige Preise-Mengen-Modell wie folgt beschreiben: (22)

y0 (t)

(29)

;'(t) = 0'80 • y0 (t);

=

(E-Gr1



(F(t)- M(t)];

(29a) y.(t) = y.(t) / (1- u.(t)); J

J

J

. • p.(t)/ p(t) + a 2. • Dq2 (t) + a 3. • t; = aOJ. + a 1J J J ~

(30)

u.(t)

(24)

In p • (t) = - B • R(t) +

J

A•In l(t) + N •In q(t) + D •In p(t)

+ B•lny0 (t)-W•t; (28)

In p.(t) = In p ·.(t) + s. • Dq2(t) + v. • REX(t); I I I I

(25)

ps(t) =

0·so • p(t);

(26)

(27)

1.2.4 Die Schätzung des Preise-Mengen-Modells Die disaggregierte Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung des Statistischen Bundesamtes enthält Zeitreihen für die Endnachfrage und die Importe nach Gütergruppen, ferner für die nominale Bruttoproduktion und für die Primärinputs (Arbeit und Kapital) nach Sektoren. Zeitreihen für den Preisvektor p sind ebenfalls durch die Input-Output-Rechnung gegeben.

26

1 Das MSM-Modell

Für ein Jahr (1980) besitzen wir eine quadratische make-Matrix und eine quadratische use-Matrix. 1 Der gesamte Input des Gutes k aus ausländischer und inländischer Produktion, die der Sektor j nachfragt, ist definiert als: (12a) Lk .(t) ·J

n

=

b fk(t) • Vk .. (t). i= 1 IJ

Unter den weiter oben diskutierten Voraussetzungen erhalten wir: (12b) Lk.J.(t)

n

=,b

gk.I • ylj.. (t) . ·

1= 1

Division durch y . ergibt: ·J

-

(12c) U(t) = G • O(t);

o.. (t) IJ

yij(t)

= -;

Y·I. (t)

·J

Lk.j(t) U(t) = ( - - ) ; y .(t) ·J

oder: (12d) G = U(t) •

Yi.(t) O(t) = (o..(t) - ) ; lj y .(t)

o- (t). 1

U ist die Matrix der commodity by industry-Inputkoeffizienten, 0 die Matrix der commodity by industry-Outputkoeffizienten. Da G als konstant definiert ist, reichen die Beobachtungen der use-Matrix U und der makeMatrix 0 für 1980 aus, um G zu ermitteln. Wir versuchen nun, die Matrizen A und B zu berechnen. Unter den Annahmen der Optimierung in einer Cobb-Douglas-Welt sind die Koeffizienten der Diagonalmatrix A konstante nominale Arbeitsinputkoeffizienten. Da wir dieselbe Technologie für ein Gut i in den verschiedenen Sektoren unterstellen, können wir den Sektor, in dem wir die Arbeits1 Nähere Erläuterungen zum benutzten Datenmaterial finden sich im Anhang 1.

1.2 Das Preise-Mengen-Modell

27

inputkoeffizienten beobachten wollen, frei wählen. Wir entscheiden uns für diejenige Industrie, die den größten Anteil an der Erzeugung des betreffenden Gutes hat. Ungefähr 90 v.H. der Produktion dieser Industrie besteht aus dem Gut i. Somit wird der sektorale Arbeitsinputkoeffizient dieser Industrie eine gute Annäherung für den Arbeitsinputkoeffizienten in der Produktion des Gutes i sein. Da Güter und Sektoren in der Weise angeordnet sind, daß diejenige Industrie, die den größten Anteil an der Erzeugung eines Gutes hat und das betreffende Gut dieselbe Nummer tragen, können wir schreiben: für i = j.

a.~a. I

.J

a . kann als Durchschnittswert der Beobachtungen für die Periode 1971 bis i983 bestimmt werden. Die Koeffizienten ß.1 ergeben sich aus der Annahme der linearen Homogenität: n ß.I = 1 - L gki k=1

a I. .

Mit d~. = gk. • (1-mk) und J.Lki = ~· • mk sind wir in der Lage, die Koeffi• I M atnzen I • D und N zu spez11fi1Zleren. . ztenten er

-

Zur Bestimmung der Elemente des Vektors R werden in der Gleichung (24) die Variablen K. benutzt. Da wir nur sektorale Kapitalbestände K. beobachten können, si~d die folgenden Berechnungen notwendig. Aus Gleichung (8) folgt: (8a)

K .. (t) = o .. (t) • K. (t); IJ

IJ

I.

und:

(8b)

K.(t) ·J

n

L o.IJ (t) • K.I. (t); i= 1

oder: k(t) =

o'-1(t)

• k5 (t).

k 5(t)

Vektor der sektoralen Kapitalbestände

k(t)

Vektor der Kapitalbestände nach Gütergruppen

28

1 Das MSM-Modell

Da wir nur eine make-Tabelle für 1980 besitzen, können wir die K.I. nur unter der Voraussetzung einer konstanten make-Matrix berechnen. Wir müssen nun noch die Parameter der Gleichungen (30) und (28) sowie die Parameter B •in H und W der Gleichung (24) spezifizieren. Wir beginnen mit Gleichung (24) und Gleichung (28). Zur besseren Übersicht definieren wir eine neue Variable p.:I (28a) in p1.(t)

=

-

ß.I •in K.I. (t) + a.I •in l(t) + ß.I ·in y.I. (t) n

+ I: (dki •in pk(t) + J..l.ki •in qk(t)).

k=l

Diese Variable unterscheidet sich somit vom Gleichgewichtspreis p •.I durch das Fehlen des Absolutgliedes ß.I ·in HI und des Fortschrittstrends w. • t. I

Da sich ferner der Logarithmus des Gleichgewichtspreises p •i und der Logarithmus des tatsächlichen Preises um den Schockeinfluß si • Dq2 und den Konjunktureinfluß vi ·REX unterscheiden (Gleichung 28), muß gelten:

Wir messen in dieser Gleichung mit wi die Fortschrittsrate der Produktionsfunktion dieser Gütergruppe sowie mit s.1 und v.I den Einfluß der RohStoffpreisschocks Dq2 und der Konjunkturvariablen REX auf den Monopolgrad bzw. die price-cost-margin der Güterpreise. Die Schätzergebnisse für die Gleichungen (28b) sind für den Beobachtungszeitraum in der Tabelle 2 wiedergegeben. Es fehlen die Agrarprodukte, weil davon auszugehen ist, daß der Preis für diese Gütergruppe sich nicht auf dem Markt bildet, sondern in Brüssel festgesetzt wird. Wir unterstellen daher im Modell, daß der Preis für die Agrarprodukte exogen ist. Außerdem fehlt die Gütergruppe 7 - öffentliche Dienstleistungen. Hier unterstellen wir, daß der Staat die Entwicklung seiner Preise an die der Faktorkosten koppelt.

qzlp

Von den in der Tabelle 2 genannten Variablen ist nicht in der Spezifikation der Gleichung (28b) enthalten. Dieser Relativpreis mißt das Verhältnis zwischen dem Importpreis für Rohstoffe und dem gesamtwirtschaftlichen Preisindex. Diese Variable mußte ad hoc der Preisfunktion für den Grundstoffsektor hinzugefügt werden, da sonst nur unbefriedigende Schät-

1.2 Das Preise-Mengen-Modell

Tabelle 2:

29

Die Preisfunktionen. Abhängige Variable: In pi -In pi

Erklärende Variable

Grundstoffe

lnvest.güter

Konsumgüter

Bauten

t

-0,006 (-9,9)

-0,012 (-32,6)

-0,012 (-56,8)

-0,003 (-2,3)

REX

-0,485 (-10,3)

-0,244 (-3,7)

-0,342 (-8,3)

0,531 (3,5)

In (q2/P)

0,176 (12,7) -0,0003 ( -2,8)

0,0005 (6,5)

Dq2 Dummyvariable1 Absolutglied

0,049 (4,2) -0,530 (-71,7)

-1,181 (-334,3)

-0,660 (-338,6)

R2beremtgt ·· 0,944 0,994 0,989 DW 2,23 1,75 2,67 Schätzverfahren2 OLS/HL OLS/HL OLS/HL !-Statistik in Klammem

.

..

private Dienste

-0,176 (-2,5)

-0,0003 (-2,6)

...

0,010 (2,5)

-1,362 (-106,4)

-0,346 (-171,3)

0,853 2,11

0,733 1,58

OLS

OLS/HL

.mit einem Lag .. D7123 ... D723

zungen möglich gewesen wären. Ein Anstieg des Relativpreises der importierten Rohstoffe führt zu systematischen Abweichungen des Preises für diesen Sektor von dem Wert, der sich in einem Konkurrenzmarktgleichgewicht bei einer Cobb-Douglas-Technologie ergeben würde. Ob die Konkurrenzannahme oder die der Cobb-Douglas-Technologie verletzt ist, kann allerdings nicht gesagt werden. Für eine Verletzung der Die Bezeichnung einer Dummyvariablen beginnt einheitlich mit D7. Die nachfolgende Zifferngruppe gibt die Jahre an, in denen die Variable den Wert Eins hat. D7123 nimmt z.B. von 1971 bis 1973 den Wert Eins und sonst den Wert Null an. 2 Die Angabe OLS steht hier, wenn die betreffende Gleichung mit dem OLS-Verfahren geschätzt worden ist, OLS/HL dann, wenn das OLS-Verfahren mit autoregressiver Korrektur nach Hildreth-Lu angewendet worden ist.

30

1 Das MSM-Modell

Cobb-Douglas-Annahme spricht, daß im Beobachtungszeitraum die Entwicklung des relativen Rohstoffpreises von der Preisentwicklung des Erdöls dominiert worden ist. Dieses Gut kann nur in engen Grenzen substituiert werden, so daß die im Cobb-Douglas-Fall unterstellte Substitutionselastizität von Eins sicherlich zu hoch ist. Dann muß natürlich eine Änderung dieses Relativpreises sehr viel stärker als im Cobb-Douglas-Fall auf den Outputpreis durchschlagen. Zu diesem Ergebnis ist auch Nakamura (1984) bei seiner Analyse der Preis- und Vorleistungsverflechtung gekommen. Die Ergebnisse seiner Translog-Schätzungen bestätigen in den meisten Fällen den Cobb-Douglas-Ansatz, stellen ihn aber für das Grundstoff- und Produktionsgütergewerbe in Frage. Die Dummyvariable D7123 dient dazu, die Zeit vor dem ersten Ölpreisschock von der Zeit danach zu trennen, um Strukturbrüche im Verhalten der Wirtschaftssubjekte erfassen zu können. Sie erwies sich nur für die Erklärung der Baupreise und der Preise für private Dienste als signifikant. Zweifellos hat der Bausektor nach 1973 auch den stärksten und nachhaltigsten Nachfrageeinbruch erlebt. Die Konjunkturvariable REX ist in der ersten Aufschwungphase negativ und in der Spätphase des Booms positiv. Ihr signifikant negativer Einfluß bei den verschiedenen Gütergruppen der Industrie sowie der Gütergruppe der privaten Dienste bedeutet somit, daß in der frühen Aufschwungphase die price-cost-margin größer ist als in der Spätphase des Booms. Mit anderen Worten: Zu Beginn des Aufschwungs steigen die Preise schneller als die Kosten. In der Spätphase holen die Kosten - vor allem der Lohn - dann auf. Dies hält bis in die erste Abschwungphase an. Bei den Preisen für Bauten haben wir dagegen ein positives Vorzeichen der Konjunkturvariablen, die allerdings verzögert ist, was die Interpretation erschwert. Der Zeittrend ist mit Ausnahme der privaten Dienste immer negativ, was auf positive Fortschrittsraten schließen läßt. Bei der Beurteilung der Niveaus der Fortschrittsraten muß berücksichtigt werden, daß es sich um totale Faktorproduktivitäten handelt. Der Zeittrend für den Dienstleistungssektor war nicht gesichert, was angesichts der schwachen Fortschrittsraten in diesem Sektor als plausibel erscheint. Die Trendvariable wurde deshalb hier nicht berücksichtigt. Die Schätzergebnisse für die Gleichungen (30) sind in der Tabelle 3 wiedergegeben. Für den Sektor 3 (Investitionsgüter) konnte im Beobachtungszeitraum keine systematische Abweichung zwischen der nominalen Bruttoproduktion und ihrem fiktiven Wert beobachtet werden. Die Absolutbeträge der relativen Abweichungen betrugen für diese Gütergruppe im Durch-

31

1.2 Das Preise-Mengen-Modell

schnitt etwa 1 Prozent. Wir haben diese Größen im folgenden als exogen angenommen. Tabelle 3:

Die Fehlerkorrekturfunktionen für die sektorale Bruttoproduktion. Abhängige Variable: u. J

Erklärende Variable

Agrarwirtschaft

P/P

0,468 (6,1)

t

-0,014 (-10,4)

Grund- Konsum- Bau- privates stoff- güter- wirt- Dienstl.gew. gew. schaft gew. Staat



0,578 (16,2)

-0,015 (-23,8) 0,0013 (3,6)

Dqz

-0,002 (-2,9)

0,005 (10,9)

..

0,027 (21,4)

0,0006 -0,0002 0,0006 (4,1) (-2,0) (6,3)

D71

-0,020 (-2,7)

0,020 (3,3)

Absolutglied

-0,306 (-3,6)

-0,609 (-20,1)

0,134 (23,8)

0,020 (4,0)

-0,066 (-15,6)

-0,059 (-23,4)

· · R2beremtgt DW Schätzverfahren

0,952 2,47

0,965 1,93

0,980 2,03

0,438 1,93

0,924 1,54

0,974 0,88

!-Statistik in Klammem

OLS

OLS

.

OLS

OLS

relativer Importpreis

OLS

..

OLS

logarithm. Trend

Die Schätzergebnisse für die Abweichungen der restlichen Sektoren entsprechen den Erwartungen. Der Relativpreis hat jeweils einen positiven Einfluß, der Zeittrend ist für den Dienstleistungsbereich positiv, für das Konsumgütergewerbe sowie die Agrar- und die Bauwirtschaft negativ. Der Relativpreis des Sektors war nur für die Agrarwirtschaft und den Grundstoffsektor signifikant. Für den Grundstoffsektor erwies sich jedoch der relative Preis der importierten Rohstoffe (q 2/j5) als stärkere Variable.

1.3 Das Endnachfragemodell Bei der Diskussion des Input-Output-Modells im vorangegangenen Abschnitt wurde der Endnachfragevektor als exogen behandelt. Im folgenden Abschnitt sollen nun die Konsumnachfrage, die lnvestitionsnachfrage, die Nachfrage des Staates sowie Exporte und Importe endogenisiert werden. Die Lagerinvestitionen betrachten wir als exogen. Bei der Spezifikation des Preise-Mengen-Modells sind wir von homogenen Gütergruppen ausgegangen. Diese Annahme stimmt selbstverständlich nur näherungsweise. So wundert es nicht, daß das Statistische Bundesamt bei den einzelnen Endnachfragekomponenten einer Gütergruppe unterschiedliche Preise angibt, die sich von den Preisindices des Preise-MengenModells unterscheiden. Wir betrachten diese Unterschiede als exogen und koppeln die Konsumgüterpreise PCG.I und die Exportgüterpreise PEG.I in ihren historischen Relationen (KFJ an die entsprechenden Güterpreise PGI.. Somit gilt: (31)

PCG.(t) I

=

KF- PCG.(t) • PG.(t); I I

(32)

PEG.(t) I

=

1 KF- PEG.(t) • PG.(t). I I

Die Preise der sektoralen Ausrüstungsinvestitionen führen wir über exogene Quoten auf die Preise der Gütergruppe 3 (Investitionsgüter) und die Preise der sektoralen Bauinvestitionen über exogene Quoten auf die Preise der Gütergruppe 5 (Bauten) zurück: (33)

PIAusrSi(t)

(34)

PIBauSi(t)

=

KF_PIAusrS/1) • PGit);

= KF_PIBauS/1)

• PG5 (t).

Die gesamtwirtschaftlichen Preise PCG und PEG8 ermitteln wir als gewogene arithmetische Mittel der betreffen~en Güterpreise, wobei das jeweilige Mengengerüst des Jahres 1980 als Gewichtungsschema gewählt ist. 2 Von diesem Abschnitt an ändert sich die Variablenbezeichnung und lehnt sich nun stärker an die Nomenklatur des ökonorneirischen Modells an. Dadurch ergeben sich gewisse Unterschiede gegenüber der Bezeichnung im Preise-Mengen-Modell. V~n nun an werden die Güterpreise mit PG. statt mit p., die Sektorpreise mit PS statt mit p , die reale sektoJ rale Bruttoproduktion n'tit XS. statt'mit xs u.s.w. bezeichnet. J J

J

2 Gesamtwirtschaftliche Variablen tragen -sofern sie im Modell durch Aggregation gebildet werden - den Index 8.

1.3 Das Endnachfragemodell

33

1.3.1 Die Konsumnachfrage

Die Dispositionen der privaten Haushalte über ihre Güternachfrage analysiert man in disaggregierten ökonometrischen Modellen häufig auf der Basis von Warengruppen des privaten Verbrauchs, die nach Konsumkategorien der Haushalte gegliedert sind und sich natürlich von dem Disaggregationsschema der Input-Output-Rechnung unterscheiden. Der Wechsel zwischen den Disaggregationsschemata wird dann durch eine sogenannte "bridge"-Matrix vollzogen, die i.d.R. nur für einen Beobachtungszeitpunkt gegeben ist (Almon u.a. 1974; Hansen 1982). Die damit notwendige Annahme konstanter Koeffizienten der bridge-Matrix ist eine bedeutsame Fehlerquelle. Man mag unter diesen Umständen zweifeln, ob die Analyse des Konsumentenverhaltens auf der Basis der Konsumkategorien wirklich vorteilhaft ist. Eine zur Vermeidung dieses Problems erforderliche Zeitreihe von bridge-Matrizen stand nicht zur Verfügung. Wir haben deshalb direkt Konsumfunktionen in der Disaggregation der Input-Output-Rechnung geschätzt. Es stellt sich dabei die Frage, ob die bei der Analyse der Konsumkategorien sinnvolle Annahme der generellen Substituierbarkeit auch hier erfüllt ist. Wir entscheiden uns deshalb für ein zweistufiges Vorgehen. Zunächst betrachten wird die Nachfrage nach Energie und Grundstoffen (CPRG2), nach dauerhaften Konsumgütern (CPRd) sowie nach nichtdauerhaften Konsumgütern (CPRnd) in isolierten Konsumfunktionen als unabhängig voneinander. In einem zweiten Schritt lassen wir dann Substitution innerhalb der Gruppe der dauerhaften bzw. der Gruppe der nichtdauerhaften Konsumgüter zu. Erklärende Variablen der Konsumfunktionen sind das mit dem Konsumgüterpreisindex PCG8 deflationierte verfügbare Einkommen YVH der privaten Haushalte, der Langfristzins R KrL sowie die Inflationsakzelerationsvariable D7T. Die Inflationsakzelenrtionsvariable ist eine qualitative Variable, die in Jahren mit ansteigenden (fallenden) Inflationsraten den Wert + 1 (-1) annimmt. Es handelt sich um eine endogene Variable des Modells. In Phasen ansteigender Inflationsraten wird die Nachfrage nach nichtdauerhaften Konsumgütern reduziert. In der Tabelle 4 sind die Schätzergebnisse zusammengestellt.

1 Das MSM-Modell

34

Tabelle 4:

Die Funktionen für die Konsumnachfrage nach Energie, dauerhaften und nichtdauerhaften Gütern. Abhängige Variable: CPRG 2, CPRd bzw. CPRnd

Erklärende Variable

Energie

YVH/PCG8

0,061 (3,9)

YVH(t-1)/ PCG8 (t-1)

0,060 (4,1)

dauerhafte Güter

0,265 (4,2) 0,098 (40,1)

Dn

· · R2b erem1gt DW Schätzverfahren

0,417 (7,3)

-2504 (-10,8)

R KrL

Absolutglied

nichtdauerhafte Güter

-3979 (-4,1) -27718 (-8,3)

-25777 (-1,9)

0,989 1,95

0,973 2,16

0,996 2,14

OLS

OLS

OLS

!-Statistik in Klammem

Zu den dauerhaften Konsumgütern zählen Haushaltsgeräte, Autos sowie Reparaturleistungen an Wohnungen und Gebäuden. Es erscheint plausibel, daß neben der Realeinkommensvariablen der Langfristzins eine wichtige erklärende Größe ist. Die Nachfrage nach nichtdauerhaften Konsumgütern wird aus der Einkommensentwicklung und der Inflationsakzelerationsvariablen D7T erklärt. Die Aufteilung der Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern auf die Gütergruppen 3 (Fahrzeuge, elektrotechnische Geräte etc.) und 5 (Reparaturleistungen an Gebäuden) wird mit der folgenden Gleichung vollzogen:

35

1.3 Das Endnachfragemodell

(35)

CPRG5(t)/CPRG3(t) = 0,00075 • t + 0,0034 • Drr(t) (8,4) (9,5)

+ 0,00139 • R_KrL(t-1) + 0,0165. (5,5)

OLS

R 2bereinigt = 0,899

(7,2)

DW = 2,59

Der Anteil der Haushaltsgeräte und Fahrzeuge an der Nachfrage nach dauerhaften Konsumgütern nimmt im Trend zu. Bei ansteigenden Inflationsraten erhöht sich dagegen der Anteil der Gebäudereparaturen. Geht man davon aus, daß beide Komponenten negativ mit dem Zins korreliert sind, dann ist der signifikant positive Zinseinfluß auf die Quote wie folgt plausibel zu interpretieren: Die Nachfrage nach Haushaltsgeräten und Fahrzeugen ist dem Absolutbetrag nach stärker zinsabhängig als die Nachfrage nach Gebäudereparaturleistungen. Tabelle 5:

Die Funktionen für die Struktur der Nachfrage nach nichtdauerhaften Konsumgütern. Abhängige Variable: CPRG 1/CPRnd, CPRG4 /CPRnd bzw. CPRGiCPRnd

Erklärende Variable

Agrarprodukte

Konsumgüter

öffentl. Dienste

t

-0,0007 (-17,0)

-0,030 ( -16,2)

0,0007 (8,3)

PCG/PCG6

-0,015 (-2,7)

-0,127 (-2,0)

-0,067 (-16,6)

REX

-0,019 (-3,3)

Absolutglied

0,049 (9,0)

0,519 (7,7)

0,106 (30,9)

R 2b eremtgt · · DW Schätzverfahren

0,961 1,80 OLS

0,959 1,53 OLS/HL

0,963 1,98 OLS

t-Statistik in Klammem

.

.

logarithm. Trend

1 Das MSM-Modell

36

Betrachten wir nun die Struktur der Nachfrage der privaten Haushalte nach nichtdauerhaften Konsumgütern. Es handelt sich um Güter der Gruppen 1 (landwirtschaftliche Erzeugnisse), 4 (Textilien, Nahrungs- und Genußmittel etc.), 6 (private Dienste) und 7 (öffentliche Dienste). Wir unterstellen, daß die privaten Haushalte die industriell bzw. von der Landwirtschaft erzeugten Produkte preisabhängig gegen private Dienstleistungen substituieren. Außerdem mögen langfristige Trends sowie Konjunkturschwankungen die Struktur der nichtdauerhaften Konsumgüternachfrage verändern. In der Tabelle 5 sind die Schätzergebnisse für drei der vier Gütergruppen angegeben. Den Anteil der vierten Gruppe (Konsumnachfrage nach privaten DienstIeistungen) an der Nachfrage für nichtdauerhafte Konsumgüter bestimmen wir über eine Definitionsgleichung als Rest. Es ergibt sich: (36)

CPRG6(t) I CPRnd(t) =

1- (CPRG 1(t)+CPRG4 (t)+CPRGlt))

I CPRnd(t)

= 0,327 + 0,030 ·ln(t) + 0,015 • PCG 1(t)IPCGit)

+ 0,127 • PCGit)IPCG6 (t) + 0,067 • PCGlt)IPCG6 (t) + 0,019 • REX(t). Der Anteil der privaten Dienstleistungen nimmt somit im Trend zu und mit steigendem Preis ab. Eine konjunkturelle Belebung, d.h. ein Anstieg der relativen Trendabweichung der gesamtwirtschaftlichen Bruttoproduktion REX, erhöht die Konsumnachfrage nach privaten Diensten.

1.3.2 Die Investitionsnachfrage Die Investitionsentscheidungen treffen die investierenden Wirtschaftsbereiche. Dabei unterscheiden wir in jedem Wirtschaftsbereich j die realen Ausrüstungs- und Bauinvestitionen IRAusrS bzw. IRBauS .. Die Investitionen des Staates betrachten wir als exogen. J J Bei der Analyse der Vorleistungsverflechtung im Rahmen des PreiseMengen-Modells haben wir kurzfristige Optimierung der Unternehmen bei einer Cobb-Douglas-Technologie unterstellt: Die Unternehmen optimieren simultan den Einsatz der Faktoren Arbeit und Vorleistungen bei gegebenem Kapitaleinsatz. Wir trennen damit bewußt die die Unternehmung langfristig

1.3 Das Endnachfragemodell

37

bindende Investitionsentscheidung von der über den kurzfristig revidierbaren Einsatz der anderen Faktoren. Langfristig bindende Entscheidungen sind mit hohen Unsicherheiten belastet, die eine Strukturierung der von der neoklassischen Investitionstheorie postulierten Zielfunktion als nicht mehr möglich erscheinen lassen. In solchen Situationen wenden die Firmen einfache Entscheidungsregeln an (Simon 1955; Heiner 1983; Winter 1986). Die relativ schlechten Ergebnisse empirischer Tests der neoklassischen Investitionstheorie (König 1976; Wegener 1987) können als Bestätigung dieser Sichtweise gewertet werden. Kern unserer einfachen Entscheidungsregel ist die Vorstellung, daß die Unternehmen mit steigendem Realzins und zunehmender Besteuerung ihre Investitionsquote senken. Wichtigste Determinanten der Investitionsnachfrage eines Wirtschaftsbereiches sind damit seine reale Bruttoproduktion XS. als Nachfragevariable, der Langfristkreditzins R KrL, die InflationserJartungen sowie eine Steuerbelastungsvariable. Da die erwartete Inflationsrate nicht beobachtbar ist, verwendet man häufig an ihrer Stelle die tatsächliche aktuelle oder die zeitlich verzögerte Inflationsrate 1T. Dieses Vorgehen brachte in unserem Fall nicht immer den gewünschten Erfolg. Die in vielen Fällen gemessene Insignifikanz des Einflusses der Inflationsrate läßt auf eine träge Anpassung der Inflationserwartungen schließen. Möglicherweise wird sie auch durch die im Beobachtungszeitraum liegenden Preisschocks, die von den Ölpreisschocks der Jahre 1973/74 und 1979/80 ausgegangen waren, verdeckt. Für diese Interpretation spricht der in jedem Fall als signifikant positiv gemessene Einfluß ~er Ölpreisschockvariablen Dq2, wobei dann häufig der Einfluß der Inflationsrate insignifikant wurde. In diesen Fällen ersetzt Dq2 die Inflationsrate. Als Steuerbelastungsvariable verwenden wir die mit dem Eigenpreis des Sektors deflationierte Differenz zwischen indirekten Steuern und Subventionen (TZS/PSi). Die weltwirtschaftliehen Erschütterungen zu Beginn des Beobachtungszeitraums (Zusammenbruch des Weltwährungssystems, Energiekrise etc.) haben vor allem bei den auf langfristige Entwicklungen abgestimmten Investitionsentscheidungen Strukturbrüche ausgelöst. Wir versuchen, dies mit den Dummyvariablen D71, D712 und D7123 zu erfassen. Da der Strukturbruch in 1972, 1973 oder auch 1974 liegen kann, haben wir keine a priori Vorstellungen, welche der Strukturbruchvariablen jeweils signifikant ist, erwarten aber grundsätzlich ein positives Vorzeichen.

1 Das MSM-Modell

38

Tabelle 6:

Die sektoralen Nachfragefunktionen nach Ausrüstungsinvestitionen. Abhängige Variable: IRAusrS. J

Erklärende Variable

Agrarwirtschaft

Grund- Invest.- Konsum- Bau- privates stoffge- güter- güterge- ge- Dienstl.werbe gewerbe werbe werbe gewerbe -176,9 (-2,9)

t

xs.J

.

-606,2 (-9,2)

R KrL R KrL -1T

-

.

7,279 (-4,6)

Dq2

TZS./PS. J

J

.

0,064 (19,6)

-1221 ( -3,5)

-289,3 (-3,4)

-250,7 ( -2,7)

-2228 (-8,0)

1593 1 (4,5)

55102 (4,5)

-10603 (-3,7)

-36668 (-6,5)

0,874 2,01

0,980 2,28

66,44

-1,192 (-9,1)

-2,255 ( -5,9)

-0,326 ( -3,1)

33102 (3,1)

26602 (6,8)

Dummyvariable

-1166 1 (-8,4)

50182 (9,2)

Absolutglied

12721 (22,2)

58248 (14,9)

R 2b ere1mgt · ·

0,947 2,07

0,973 2,24

!-Statistik in Klammem

0,093 (6,0)

23,71 (2,8)

-14362 ( -2,0)

OLS

0,051 (8,9)

-926,2 ( -3,1)

REX

DW Schätzverfahren

.

0,075 (9,0)

OLS

(2,4)

0,849 2,04

0,891 1,89

OLS

.

OLS

OLS

OLS

mit einem Lag 1 0712 2 07123

1.3 Das Endnachfragemodell

Tabelle 7:

39

Die sektoralen Nachfragefunktionen nach Bauinvestitionen. Abhängige Variable: IRBauS. J

Erklärende Variable

Agrarwirtschaft

xs.J

Grund- Invest.- Konsum- Bau- privates stoffge- güter- güterge- ge- Dienst!.werbe gewerbe werbe werbe gewerbe 0,028 (3,9)

R KrL

-109,5 (-7,0)

.

-556,3 (-3,7)

rr

0,010 (4,1)

.

0,094 (14,1)

-287,4 (-6,1)

-3366

31,21 (5,9)

403,2 (4,6)

254,7 (2,4)

R KrL- rr

-

-1167 ( -2,9)

Dq2 TZS./PS.

-0,231 ( -1,8)

-0,653 (-3,1)

-0,287 (-5,1)

Dummyvariable

23121 (3,4)

13012 (3,7)

25833 (14,7)

537,93 (9,1)

9180 (7,8)

-1104 (-2,4)

J

J

413803 (10,6)

D72

-306,2 (-4,0)

1246 (2,2)

Absolutglied

2894 (20,8)

7307 (2,1)

10600 (5,4)

R 2b erem1gt · · DW Schätzverfahren

0,828 2,18 OLS

0,515 2,12 OLS

0,739 0,962 0,960 0,859 2,52 2,57 2,07 2,77 OLS OLS/HL OLS/HL OLS/HL

!-Statistik in Klammern

• mit einem Lag 1 D71 2 D712 3 D7123

1 Das MSM-Modell

40

Als Spezifikation der Investitionsfunktionen läßt sich somit schreiben:

(37)

(+) (-) (+) (-) (+) IRAusrS/t) = f (XSj(t), R_KrL(t), n(t), TZSj(t)/PS/t), D7 ... );

beziehungsweise:

(38)

(+) (-) (+) (-) (+) IRBauS.(t) = f (XS.(t), R KrL(t), n(t), TZS.(t)/PS.(t), D7 ...). J

J

-

J

J

Die Schätzergebnisse sind in den Tabellen 6 und 7 dargestellt. Die erwarteten Vorzeichen wurden in den allermeisten Fällen auch realisiert. Eine Ausnahme macht hier lediglich die Agrarwirtschaft mit dem Vorzeichen der Strukturbruchvariablen. Bei den Ausrüstungsinvestitionen des Grundstoffgewerbes mußte die Ausgangsspezifikation modifiziert werden: Anstelle der Nachfragevariablen zeigte sich ein negativer Zeittrend als signifikant. Dies kann man akzeptieren, wenn man bedenkt, daß diesem Sektor viele stagnierende oder gar schrumpfende Wirtschaftszweige wie etwa die Stahlindustrie, der Bergbau und die Industrie Steine/Erden angehören. Investitionen haben einen dualen Charakter: Sie sind einerseits Änderungen des Kapitalstocks der investierenden Wirtschaftsbereiche und andererseits nach Gütergruppen strukturierte Endnachfrage. Die Modeliierung des ersten Aspekts haben wir soeben diskutiert. Doch welcher Zusammenhang besteht mit der Endnachfrage? Mit der Unterscheidung von Ausrüstungsinvestitionen und Bauinvestitionen ist bei dem Disaggregationsgrad unseres Modells die Güterstruktur der Investitionen schon weitgehend festgelegt, denn etwa 95 v.H. der Ausrüstungsinvestitionen sind der Gütergruppe 3 (Investitionsgüter) und etwa 85 v.H. der Bauinvestitionen der Gütergruppe 5 (Bauten) zuzurechnen. Es ist daher keine enge Festlegung, wenn wir im folgenden die Güterstruktur der nominalen Investitionen als exogen vorgeben. Für die nominale Nachfrage nach Ausrüstungsinvestitionen der Gütergruppe i gilt somit:

1.3 Das Endnachfragemodell

(39)

41

n

INAusrG.(t) = XQ IAusrG.(t) • L IRAusS (t) • PIAusrS.(t). I I J J . 1 J= XQ- IAusrG.(t): Anteil der gesamten nominalen AusrüstungsI investionen, der Endnachfrage bei der Gütergruppe i darstellt PIAusrS.(t) J

: Preisindex der Ausrüstungsinvestitionen des Sektors j

Analog gilt für die nominalen Bauinvestitionen der Gütergruppe i: (40)

n

INBauGi(t) = XQ_IBauGi(t) • L IRBauS.(t) • PIBauS (t). . 1

J=

J

J

1.3.3 Die Endnachfrage des Staates Der Endnachfragevektor des Staates enthält nur ein Element - die Nachfrage des Staates nach öffentlichen Dienstleistungen AST, die vom Sektor 7 (Staat) produziert werden. Im Vokabular der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung spricht man vom Eigenverbrauch des Staates. Die Güterkäufe des Staates bei der Privatwirtschaft sind an dieser Stelle nicht zu betrachten. Sie sind Vorleistungsnachfrage bei der Dienstleistungsproduktion. Die reale Nachfrage des Staates nach öffentlichen Dienstleistungen ASTreal betrachten wir als Gegenstand politischen Handeins des Staates und somit als exogen. Für die nominale Nachfrage des Staaates nach öffentlich produzierten Diensten gilt dann: (41)

AST(t) = ASTreal(t) • PGit). Preis der Gütergruppe 7 (öffentliche Dienste)

42

1 Das MSM-Modell

1.3.4 Exporte und Importe Die realen Exporte werden durch einen Produktionsindex der EG-Länder (BIP E10real), der die reale Einkommensentwicklung im Ausland messen soll, und den relativen Preis der deutschen Exporte auf den Auslandsmärkten (RPEG.) bestimmt. 1 Tabelle 8:

Die Exportnachfragefunktionen nach Gütergruppen. Abhängige Variable: EXRG.1

Erklärende Variable

Agrarprodukte

BIP E10real

76,02 (4,9)

RPEG.(t-1) 1

-1989 (-2,5)

-

D7123



Invest.güter

Konsumgüter

private Dienste

1661 (77,4)



3274 (17,1)

1056 (21,4)

939,4 (12,3)

-32517 (-29,0)

-81965 (-8,2)

-12749 (-3,8)

-22565 (-5,4)

-9752 (-22,6)

-18722 (-6,2)

Grundstoffe

I-Statistik in Klammem

-3635 ( -3,4) -39341 (-5,1)

Absolutglied · · R 2b ere1mgt DW Schätzverfahren

.

0,830 0,995 1,20 2,15 OLS/HL OLS/HL

0,973 1,79 OLS

0,976 1,75 OLS

.

0,959 1,68 OLS

mit einem Lag

Eine Näherungsgröße für den Relativpreis erhalten wir, indem wir den Exportpreis des Gutes i (PEG.) mit dem zugehörigen Außenwert der DM e. multiplizieren und das Produkt durch den Preisindex (P OECD) de; OECD-Länder dividieren. Da die Exporte der einzelnen Gütergruppen eine unterschiedliche Regionalstruktur haben, sind bei der im Abschnitt 3.1.1 beschriebenen Bestimmung des gütergruppenspezifischen Außenwerts der DM die Gewichte der Währungen entsprechend der Regionalstruktur der Exporte dieser Gütergruppe gewählt worden:

1.3

(42)

RPEG.(t) I

=

Das Endnachfragemodell

43

PEG.(t) • e.(t) / P- OECD(t). I I

Die Dummyvariable D7123 soll die Beeinträchtigungen der Exportnachfrage infolge der Währungsturbulenzen zu Beginn der siebziger Jahre messen. Wir spezifizieren die Exportfunktionen folglich mit: (43)

EXRG.(t) I

(+)

(-)

(-)

= f (BIP- E10real(t), RPEG.(t), D7123). I

Die Schätzergebnisse sind in der Tabelle 8 wiedergegeben, alle Variablen haben das jeweils erwartete Vorzeichen. Die realen Importe der Bundesrepublik erklären wir durch die gesamtwirtschaftliche reale Bruttoproduktion XS8 als Niveauvariable sowie den Tabelle 9:

Die Importnachfragefunktionen nach Gütergruppen. Abhängige Variable: IMRG.I Agrarprodukte

Grundstoffe

Invest.güter

Konsumgüter

private Dienste

XS8

0,006 (8,3)

0,072 (15,2)

0,018 (3,5)

0,036 (13,9)

0,011 (8,1)

PMG./PG. I I

-15534 ( -6,1)

-34553 ( -3,1)

-37108 ( -3,3)

Erklärende Variable

IMRG(t-1) I

0,659 (5,9)

D71

9526 (3,0)

Absolutglied R 2b erem1gt · · DW Schätzverfahren I-Statistik in Klammern

21086 (4,7)

.

-63137 (-7,1)

3586 (2,4)

-81039 (-8,5)

0,958 0,979 1,92 2,32 OLS/HL OLS/HL

.

-10654 (-2,3) 0,984 OLS

0,958 1,50 OLS/HL

0,846 2,08 OLS

.mit einem Lag

44

1 Das MSM-Modell

Relativpreis PMG./PG., der aus dem Preis des Importgutes und dem des I I betreffenden Gutes aus inländischer Produktion gebildet wird: (44)

(+) (-) IMR.(t) = f (XS8(t), PMG.(t)/PG.(t)). I I I

Die Schätzergebnisse sind in der Tabelle 9 dargestellt. Nur im Falle der Importe von Investitionsgütern mußte die eingangs formulierte Spezifikation durch eine vorzögerte Anpassung und die Berücksichtigung der Strukturbruchvariabien 071 ergänzt werden.

1.4 Das Faktornachfragemodell

Das Faktornachfragemodell knüpft an das Preise-Mengen-Modell an und bestimmt die Nachfrage der Sektoren nach Kapital, Arbeit und Vorleistungen.

1.4.1 Die Kapitalbestandsfortschreibung Mit den im Endnachfragemodell beschriebenen Investitionsentscheidungen der Wirtschaftsbereiche werden die sektoralen Kapitalbestände fortgeschrieben: (45)

KRS.(t) J

=

KRS.(t-1) + IRAusrS.(t) + IRBauS.(t) - AbgS.(t) J

J

J

J

KRSj(t)

Kapitalstock des Sektors j

IRAusrSj(t)

Ausrüstungsinvestitionen des Sektors j

IRBauSj(t)

Bauinvestitionen des Sektors j

AbgSj(t)

Kapitalabgänge des Sektors j

Der Kapitalstock wird jeweils nach dem Bruttokonzept erfaßt. Deshalb verwenden wir bei der Fortschreibung auch nicht Abschreibungen, sondern Abgänge. Das Anlagevermögen wird bis zum Ende der Nutzungsdauer mit der vollen Kapazität berücksichtigt.

1.4.2 Die Vorleistungsnachfrage Im Rahmen des Preise-Mengen-Modells ergibt sich (vgl. (12b)) die unter Cobb-Douglas-Bedingungen optimale nominale Vorleistungsnachfrage Lk. des Sektors j nach dem Gut k als: ·J

46

1 Das MSM-Modell

n

(46)

Lk.j(t)

=

:E gki • yij(t). i=l nominale Bruttoproduktion des Gutes i im Sektor j nominaler Inputkoeffizient des Gutes k bei der Erzeugung des Gutes i

Zieht man hiervon die nominalen Importe M . ab und summiert anschließend über alle Sektoren j, so erhält man (vg~·! (14)) für die nominale Vorleistungsnachfrage nach dem Gut k aus inländischer Produktion: n

(47)

Ik.. (t) = ~ gki • Yi.(t)- Mk.. (t). i= 1

Damit wird deutlich, daß durch die Vorgabe der Importfunktionen implizit Aussagen über die Nachfrage nach im Inland produzierten Vorleistungen gemacht worden sind. Nimmt z.B. der Importpreis eines Gutes zu und ist ferner die Preiselastizität der betreffenden Importe kleiner als Eins, so wird der nominale Import dieses Gutes steigen, was dann einen Rückgang der nominalen und - bei gegebenen Inlandspreisen - auch der realen Vorleistungsnachfrage aus inländischer Produktion bedeutet. Oder anders ausgedrückt: Der Importpreisanstieg erhöht den aus Inlandspreis und Importpreis gebildeten Vorleistungspreis der Gütergruppe, was eine entsprechende Reduktion der realen Vorleistungsnachfrage für die Gütergruppe insgesamt bedeutet. Die Aufteilung auf Vorleistungen aus inländischer und ausländischer Produktion wird durch die Preiselastizität der Importnachfrage bestimmt. Ist sie kleiner als Eins, so wird auch die inländische Vorleistungsnachfrage reduziert. Ist sie größer als Eins, so nimmt die reale Inlandsnachfrage zu. Durch die zweistufige Konstruktion ist es möglich, näherungsweise die komplexen technologischen Beziehungen zwischen importierten und im Inland produzierten Gütern einer Gütergruppe abzubilden. Nehmen wir die Grundstoffe als Beispiel: Zum Teil handelt es sich um Substitute (Stahl aus inländischer Produktion gegen importierten Stahl), zum Teil gehen die Importe direkt als Vorleistungen in die Produktion derselben Gütergruppe ein (importiertes Öl bei der Produktion von Chemikalien und Kraftstoffen), zum Teil handelt es sich um komplementäre Inputs. Die direkte Messung der Preiselastizitäten in den Importfunktionen gibt somit einen Durchschnittswert über die einzelnen Komponenten der Gütergruppe.

47

1.4 Das Faktornachfragemodell

1.4.3 Die Arbeitsnachfrage

Die unter Konkurrenzbedingungen gewinnmaximierende Arbeitsnachfrage des Sektors j ist bei der im Preise-Mengen-Modell (vgl. (5)) postulierten Cobb-Douglas-Technologie:

(48)



Aj(t)

=

z/t) • Aj(t)



=

-

cxj • (PSj(t) • XSj(t)) / wp).

A(t) J

optimale Anzahl der im Sektor j eingesetzten Arbeitsstunden

z.(t)

Arbeitsstunden pro Beschäftigten im Sektor j

A(t)

optimale Anzahl der Beschäftigten, Sektor j

PS.(t)

Preis des Sektors j

XS.(t)

Bruttoproduktion des Sektors j

J

.

J

J

J

Stundenlohn im Sektor j partielle Produktionselastizität der Arbeit Bei der Schätzung einer allgemeiner formulierten gesamtwirtschaftlichen Arbeitsnachfragefunktion kommen Franz/König (1986, S. 238) zu dem Ergebnis, daß die Elastizität der Arbeitsnachfrage in Bezug auf den Reallohn und die Produktion bei -1 bzw. + 1 liegt, während die user cost of capital keinen signifikanten Einfluß ausüben. Dies rechtfertigt es von vornherein, die oben spezifizierte Cobb-Douglas-Hypothese anzusetzen. Franz/König (1986) argumentieren weiter, die Unternehmen würden sowohl die Arbeitsstunden pro Beschäftigten als auch die Zahl der Beschäftigten zum Gegenstand ihrer Optimierung machen: Schwankungen in der Produktion werden wegen entstehender Kosten der Kündigung und Beschaffung von Arbeitskräften nicht voll auf die Beschäftigtenzahl durchschlagen, sondern auch zu Anpassungen der Arbeitsstundenzahl je Beschäftigten führen. Franz/König (1986) schätzen dann einen simultanen Optimierungsansatz, bei dem die Unterscheidung zwischen Tariflohn und Effektivlohn von besonderer Bedeutung ist.

1 Das MSM-Modell

48

Wegen der gegebenen Datenrestriktionen können wir diesen Weg nicht gehen. Um die Arbeitsstunden nicht als exogene Variable behandeln zu müssen, definieren wir den Jahreslohnsatz US. mit: J

(49)

US/t)

=

-

z/t) • wp).

Für die optimale Zahl der Beschäftigten A gilt dann: J

mit:

YS.(t) J

=

PS.(t) • XS.(t) J

J

In Phasen ansteigender bzw. fallender Inflationsraten mögen Verzerrungen auftreten: Bei ansteigenden Inflationsraten schließen die Unternehmen auf eine Verbesserung ihres Relativpreises und erhöhen deshalb die Arbeitsnachfrage über das Niveau hinaus, das bei konstanten Inflationsraten gelten würde. Außerdem gestatten wir Abweichungen für die Jahre 1971 und 1972, die durch besonders heftige Lohnsteigerungen gekennzeichnet waren. Wir erwarten für diese Jahre eine geringere Arbeitnachfrage und somit ein negatives Vorzeichen für die betreffende Variable. Wir spezifizieren somit:

(51)

(+) (+) (-) AS.(t) = f (YS.(t)/US.(t), D7T(t), D712) J

J

AS.(t) J

J

Beschäftigung im Sektor j

Die Arbeitsnachfrage des Staates sehen wir als Gegenstand wirtschaftspolitischer Entscheidungen und somit als exogen an. Die Schätzergebnisse für die Arbeitsnachfrage des Verarbeitenden Gewerbes und des privaten Dienstleistungsgewerbes sind in der Tabelle 10 zusammengefaßt. Für das Grundstoff- und Produktionsgütergewerbe konnten keine zufriedenstellenden Schätzungen erzielt werden. Offensichtlich ist hier die CobbDouglas-Hypothese verletzt, was bereits bei der Diskussion des PreiseMengen-Modells festgestellt wurde. Außerdem scheint hier der technische Fortschritt nicht neutral im Sinne von Harrod zu sein. Jedenfalls war durch die Berücksichtigung eines Zeittrends eine Verbesserung des Ergebnisses möglich.

49

1.4 Das Faktornachfragemodell

Tabelle 10:

Die sektoralen Arbeitsnachfragefunktionen. Abhängige Variable: AS. J

Grundstoffgewerbe

Erklärende Variable

Invest.- Konsumgütergütergewerbe gewerbe

YS./US.

0,017 (2,5)

0,315 (261,5)

0,176 (21,4)

D1T

37,69 (9,9)

52,44 (3,4)

29,23 (2,8)

J

J

0712

Baugewerbe

privates Dienst!.gewerbe

0,247 (8,6)

0,131 (383,6)

-250,4 (-5,7)

t

-29,71 ( -35,5)

Absolutglied

2676 (31,3)

R 2bere1mgt · · DW Schätzverfahren

0,986 1,76 OLS/HL

-214,0 (-4,8) -13,24 ( -2,8)

0,884 1,81 OLS

251,8 (2,9)

636,9 (3,6)

0,987 2,13 OLS

0,965 1,57 OLS/HL

0,954 2,25 OLS

!-Statistik in Klammern

Für die Agrarwirtschaft erwies sich die Ableitung der Arbeitsnachfrage aus dem Cobb-Douglas Ansatz als unbrauchbar. Anstelle der Variablen YS./US. mußte hier die reale Bruttoproduktion XS. verwendet werden. Die J J ScliJ..atzung ergab : (52)

AS 1(t)

=

0,0018 • XS 1(t) + 8,5 • D7T(t) - 0,447 • Dqz(t) (4,2) (5,6) ( -4,8)

+ 30,91 • 071 + 132,03 (6,5)

OLS

(4,8)

R 2bereinigt = 0,934

DW

=

2,33

1 Das MSM-Modell

50

1.4.4 Die Lohnsätze

Wie im vorangegangenen Abschnitt bereits dargestellt, handelt es sich bei den Lohnsätzen des Modells um Jahreslohnsätze bzw. Durchschnittseinkommen je Beschäftigten. In der Bundesrepublik Deutschland haben die Ergebnisse der Lohnverhandlungen in der Investitionsgüterindustrie einen starken Einfluß auf die Vereinbarungen in den anderen Sektoren der Volkswirtschaft. Wir können daher den Lohnsatz des Sektors 3 (US 3) als Ecklohn verwenden (Walelu/ Horn/Zwiener 1989). Wir unterstellen, daß die Gewerkschaften zu Beginn eines Jahres bei der Aushandlung des Nominallohnes stationäre Preiserwartungen haben und eine Anpassung des Reallohnes an den Produktivitätstrend anstreben. Die Lohngleichung des Modells mißt den Erfolg dieser Bemühungen, wobei wir unterstellen, daß die Gewerkschaften sich umso weniger durchsetzen können, je höher die Arbeitslosenquote ist, und daß bei steigenden Inflationsraten höhere Reallöhne als bei fallenden Inflationsraten realisiert werden. Die folgende Spezifikation dieses Ansatzes lieferte die besten Ergebnisse: (53)

In (US3/t)/PCG8(t-1))

=

0,252 ·ln(t) - 0,0082 • ArLoQuote(t) (25,9) (-3,3)

+ 0,01. D7T(t) + 0,07. D71 + 3,16 (3,3)

OLS

R 2bereinigt

=

0,996

(6,0)

DW

=

(256,8)

1,88

Der implizierte lineare Zeittrend bewährte sich, weil im Beobachtungszeitraum offenbar kein exponentielles Wachstum der Arbeitsproduktivität gegeben war. Die zusätzliche Berücksichtigung der Dummyvariablen D71 für das Jahr 1971 war notwendig, um die in diesem Jahr durch heftige Arbeitskämpfe erstrittenen überdurchschnittlichen Lohnsteigerungen erfassen zu können. Die Lohnsätze in den einzelnen Sektoren werden durch den Lohnsatz des Sektors 3 erklärt, wobei in Phasen der Inflationsbeschleunigung bzw. -verlangsamung abweichende Lohnentwicklungen in den Sektoren auftreten können, die wir durch die Variable D7T messen. Außerdem mögen unter-

51

1.4 Das Faktornachfragemodell

schiedliche Lohnentwicklungen bei Rohstoffpreisschocks (Dq2) zulässig sein. Die Spezifikation der Lohnfunktionen lautet somit: (54)

(?) (?) ( +) USi(t) = f (US 3 (t), Dq2(t), Dn(t))

Die Ergebnisse der Schätzungen sind in der Tabelle 11 dargestellt.

Tabelle 11:

Die sektoralen Lohnfunktionen. Abhängige Variable:

us.J

Erklärende Variable

us3

Agrar- Grund- Konsum- Bau- privates wirtstoff- güterge- Dienstl.schaft gewerbe gewerbe werbe gewerbe Staat 0,682 (87,4)

1,067 (105,0)

0,729 (59,0)

0,689 (26,0)

0,710 (85,3)

0,746 (37,2)

D'Tl'

0,28 (-3,1)

-0,67 (-3,0)

Dq2

0,017 (3,1)

0,046 (3,4)

Absolutglied

0,84 (3,2)

1,00 (2,9)

1,65 (3,9)

3,84 (13,8)

9,08 (13,6)

R 2b eretntgt · · DW Schätzverfahren

0,998 1,59 OLS

0,999 2,33 OLS

0,997 0,995 0,999 2,32 1,85 1,81 OLS OLS/HL OLS

0,993 1,98 OLS

!-Statistik in Klammern

6,26 (6,6)

1.5 Das Umverteilungsmodell

Die Transmissionswege zwischen den realen und monetären Variablen sind im Umverteilungsmodell abgebildet. Ausgehend von der Einkommensentstehung bestimmen wir über die Einkommensverteilung und -umverteilung die Vermögensänderung der Sektoren. Eine geschlossene Modeliierung der Umverteilung erfordert die Endogenisierung der wichtigsten Ausgabe- und Einnahmekomponenten des Staates. Ein weiterer Bestandteil des Submodells ist die Leistungsbilanz. Mit der Bestimmung der Finanzierungssalden werden die Budgetrestriktionen aller Sektoren berücksichtigt. Die Finanzierungssalden gehen in die "spezifischen Sparfunktionen" (Tobin 1982, S. 187) des Finanzmärktemodells ein und erklären einen Teil des Geschehens auf den Märkten für fmanzielle Aktiva. Die Entscheidungen der Sektoren auf den Güter-, Faktor- und Finanzmärkten sind damit wechselseitig voneinander abhängig. Die Endogenisierung der Einkommensverteilung und -umverteilung ist ein wichtiger Bestandteil des MSM-Modells, da Übertragungen zwischen dem Staat und den privaten Wirtschaftseinheiten in entwickelten Volkswirtschaften eine große Bedeutung haben. Modelle, die Steuern und Transfers nicht erklären, sind wegen ihres geringen Endogenisierungsgrades kaum zu Simulations- und Prognosezwecken brauchbar. Nach einem Überblick über das Submodell und der Abgrenzung der Transaktaren und Transaktionen wird in Abschnitt 1.5.2 die Endogenisierung der Faktoreinkommen erläutert. Die sektoralen Anteile am Volkseinkommen lassen sich aus der funktionalen Einkommensverteilung durch die Modeliierung der Einkommenszahlungen zwischen den Sektoren bestimmen. Mit Hilfe der zum größten Teil endogenen Transfers ergibt sich im Rahmen der Einkommensumverteilung und unter Berücksichtigung der Einkommensverwendung die Ersparnis der Sektoren (Abschnitt 1.5.3). Durch die Einführung der Budgetrestriktionen lassen sich im letzten Schritt die Finanzierungssalden als derjenige Teil der Ersparnis bestimmen, der nicht in die Sachvermögensrechnung eingeht (Abschnitt 1.5.4).

1.5 Das Umverteilungsmodell

53

1.5.1 Überblick

Das Umverteilungsmodell ist mit den anderen Teilmodellen verflochten. Die Abbildung 2 gibt dazu einen Überblick. Dabei sind aus Gründen der Übersichtlichkeit die Interdependenzen zwischen den übrigen Submodellen und die Rückkoppelungen innerhalb des Umverteilungsmodells nicht dargestellt. Trotz dieser Vereinfachung sollte nicht übersehen werden, daß das Umverteilungsmodell voll in das MSM-Modell integriert ist und daß der Interdependenzgrad durch die Existenz des Teilmodells beträchtlich erhöht wird. Abbildung 2:

Die Beziehungen des Umverteilungsmodells zu den übrigen Submodellen

Umvertellung1modell Endnach· tragekom· ponenten

Arbeit•· nachtrate Kapital·

besUnd•

Diskutieren wir zunächst die in Abbildung 2 dargestellten wechselseitigen Beziehungen zum EndnachfragemodelL Die entstandenen Einkommen entsprechen definitionsgemäß den verwendeten Einkommen und damit der über sämtliche Komponenten und Gütergruppen aggregierten Endnachfrage. Die Exporte und Importe bestimmen den Saldo der Leistungsbilanz. An-

54

1 Das MSM-Modell

dererseits gehen Variablen des Umverteilungsmodells in das Endnachfragemodell ein: Aus den Transferbeziehungen zwischen Staat und privaten Haushalten ergibt sich das verfügbare Einkommen der Haushalte. Vom Preise-Mengen-Modell und vom Faktornachfragemodell bestehen nur einseitige Beziehungen zum Umverteilungsmodell über Preise, Löhne und Faktornachfrage. Aus der Verteilung der entstandenen Einkommen auf die Sektoren ergeben sich die Anteile am Volkseinkommen. Diese Einkommen werden vom Staat umverteilt. Die sektorale Ersparnis als Ergebnis der Einkommensverteilung, -umverteilung und -Verwendung ist zusammen mit den Nettoinvestitionen Gegenstand der sektoralen Vermögensänderungskonten, deren Salden als neu entstehendes Vermögen die Anlageentscheidungen an den Finanzmärkten beeinflussen. Aus dem Finanzmärktemodell gehen in das Umverteilungsmodell die Zinsen und die Geldvermögensbestände ein, die zur Ermittlung der intersektoralen Vermögenseinkommenszahlungen dienen. Da der Umverteilungsprozeß nicht primärer Erklärungsgegenstand des Gesamtmodells ist, kann die Endogenisierung der Transfers auf ein notwendiges Minimum beschränkt werden. Der Aggregationsgrad des Umverteilungsmodells ist also höher als bei vergleichbaren ökonometrischen Modellen. 1 Er wird durch die Disaggregationschemata der anderen Submodelle mitbestimmt. Die Besonderheiten einzelner Wirtschaftsbereiche legen es nahe, die Unternehmen hinsichtlich ihrer Güter- und Faktordispositionen und ihrer Entscheidungen auf den Finanzmärkten institutionell unterschiedlich abzugrenzen. Das Finanzierungs- und Anlageverhalten wird sich z.B. zwischen den verschiedenen Bereichen der Industrie kaum unterscheiden, so daß die Produktionsunternehmen im Finanzmärktemodell zusammengefaßt werden können. Demgegenüber zeichnen sie sich durch eine unterschiedliche Absatz- und Beschaffungsstruktur aus, die bei der Abbildung ihrer Dispositionen auf den Güter- und Faktormärkten die Disaggregation in verschiedene Produktionsbereiche erfordert. Die maximal mögliche institutionelle Disaggregationstiefe des Umverteilungsmodells wird allerdings auch durch das Datenangebot begrenzt.2 Abweichend von der sektoralen Disaggregation des Realmodells fassen wir die privaten Produktionsbereiche zusammen und grenzen lediglich die Unternehmen ohne eigene RechtsOkonometrische Modelle für die Bundesrepublik Deutschland, die der Staatstätigkeit und der Umverteilung einen größeren Stellenwert einräumen, dienen in erster Linie zur Konjunkturprognose und zur Evaluierung fiskalpolitischer Maßnahmen. Sie zeichnen sich daher durch eine detaillierte Abbildung der Umverteilung aus (Hansen/Westphal (1983); Hujer/Bauer/Knepel (1985); Sarrazin (1986)). 2 Zum Datenmaterial des Umverteilungsmodells siehe Anhang 1.

1.5 Das Umverteilungsmodell

55

persönlichkeit (U.o.e.R.) von den Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit (U .m.e.R.) ab. Das ist im Hinblick auf die Endogenisierung der sektoralen Einkommensverteilung notwendig, weil die Gewinne der Personengesellschaften den privaten Haushalten zugerechnet werden. Die nicht entnommenen Gewinne der Personengesellschaften sind Bestandteil der Ersparnis der Unternehmen. Neben den Unternehmen unterscheiden wir die privaten Haushalte, den Staat und das Ausland als Sektoren des Umverteilungsmodells. In funktioneller Hinsicht werden im Umverteilungsmodell Einkommensströme und laufende Übertragungen unterschieden. Einkommen sind Gegenleistungen für die Bereitstellung von Faktoren. Wir unterscheiden vier Einkommensarten: Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit, Einkommen aus Unternehmertätigkeit sowie Geld- und Sachvermögenseinkommen. Die laufenden Übertragungen machen die intersektorale Einkommensumverteilung aus. Die Übertragungsbeziehungen des Staates mit den privaten Haushalten und Unternehmen werden durch die Erfassung des Budgets des Staates endogenisiert, so daß der leistende und der empfangende Wirtschaftsbereich identifizierbar ist. Diese Übertragungen sind die quantitativ bedeutendsten Transfers. Die weniger bedeutenden Übertragungen werden bei jedem Sektor als geleistete bzw. empfangene Zahlungen brutto erfaßt und bleiben exogen. Das Umverteilungsmodell umfaßt 60 Gleichungen, von denen 29 an die Einkommensverteilungs- und -umverteilungsrechnung der Sozialproduktsberechnung (SPB) angelehnte Definitionen sind. Bei vier Gleichungen handelt es sich um stochastische Verhaltensgleichungen. Die Einnahmen und Ausgaben des Staates sind durch zehn Gleichungen erklärt. Weitere zehn Gleichungen ermöglichen den Übergang von den Variablen in der Abgrenzung der Sozialproduktsberechnung auf die Variablen der Finanzierungsrechnung. Die verbleibenden sieben Gleichungen definieren die sektoralen Finanzierungssalden.

1.5.2 Die Verteilung der Einkommen

Im folgenden Abschnitt wird die Bestimmung der Wertschöpfung, ihre Aufteilung in Löhne und Gewinne sowie deren Zuordnung zu den Transaktaren des Umverteilungsmodells diskutiert.

1 Das MSM-Modell

56

1.5.2.1 Die funktionale Einkommensverteilung Zur Ermittlung der Wertschöpfung wird die Identität der entstandenen und der verwendeten Einkommen genutzt. Das nominale Bruttosozialprodukt wird als Summe der Komponenten der Einkommensverwendung in der Abgrenzung der Sozialproduktsrechnung (privater Konsum CPNSP, Investitionen INSP, Exporte EXNSP, Importe IMNSP) ermittelt. Die aggregierten Endnachfragevariablen werden zu diesem Zweck zunächst in das entsprechende Darstellungskonzept überführt: (55)

CPNSP(t) = CPNGg(t) • (1 + (wCPR • PO_UMST(t)));

(56)

INSP(t)

=

(INAusrS8(t) + INBauS8(t)) • (1 + (1-wCPR) • PO_UMST(t));

(57)

EXNSP(t) = EXNG8(t) + LE_GelA(t) + VE_GelA (t);

(58)

IMNSP(t) = IMNG8(t) + LE_EmpfA(t) + VE_EmpfA(t).

Die Korrekturen bei Konsum und Investitionen bestehen im wesentlichen aus der in den Variablen zu Ab-Werk-Preisen unberücksichtigten Umsatzsteuer. Wir nutzen Informationen aus der Input-Output-Rechnung des Statistischen Bundesamtes (1984, S. 94 f.) über den Anteil der auf den privaten Konsum entfallenden Umsatzsteuer am gesamten Umsatzsteueraufkommen des Jahres 1980 wCPR und schließen damit auf die in den Investitionsausgaben enthaltene Umsatzsteuer. Die Außenhandelsströme werden durch die Berücksichtigung der vom Ausland geleisteten und der vom Ausland empfangenen Lohn- und Vermögenseinkommen (LE und VE Gel bzw. LE_ und VE_ EmpfA) an das in der Leistungsbilanzstatistik gebräu~liche Generalhandelskonzept angepaßt. Aus diesen Variablen und dem Staatsverbrauch AST ergibt sich das nominale Bruttosozialprodukt per Definition: (59)

BSPnominal(t)

=

CPNSP(t) + AST(t) + INSP(t) + EXNSP(t) - IMNSP(t).

Durch Deflationierung wird aus der Wertgröße das reale Sozialprodukt. Das Pendant zum nominalen Sozialprodukt ist im Inlandskonzept die gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfung BWSS8. Diese Variable ergibt

1.5

Das Umverteilungsmodell

57

sich durch eine weitere Definition als Gesamtheit der im Inland entstandenen Einkommen: (60)

BWSS8 (t)

=

BSPnominat(t) - LE_GelA(t) - VE_GelA(t)

+ LE_EmpfA(t) + VE_EmpfA(t). Die Bruttowertschöpfung besteht aus der Lohnsumme (LS8 ), den Gewinnen (GS8), den Abschreibungen (DS8) und den Produktionssteuern abzüglich Subventionen (TZS8). Die Lohnsumme ist definitionsgemäß die Summe der mit dem Lohnsatz US. bewerteten sektoralen Arbeitsnachfrage AS .. Die Produktionssteuern (PS'f) und die Subventionen (SUB) werden vmh Staat festgelegt. Wenn die Abschreibungen bekannt sind, ergeben sich die gesamtwirtschaftlichen Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen definitorisch als Rest: (61)

GS8 (t) = BWSS8 (t) - DS8 (t) - TZS8(t) - LS8 (t); 7

mit

LS8 (t) =

und

.

~

J=l

US.(t) • AS.(t); J

J

TZS8 (t) = PST(t) - SUB(t).

Die Abschreibungen dienen hier allein der Ermittlung der gesamtwirtschaftlichen Gewinne. Später gehen sie ebenfalls in die sektoralen Finanzierungssalden ein. Wie im Abschnitt 1.5.4 näher erläutert wird, reicht es aus, zu diesem Zweck die Abschreibungen des privaten Dienstleistungsgewerbes, des Staates und der Gesamtwirtschaft zu bestimmen. Die Kapitalbestandsrechnungen des Statistischen Bundesamtes (1985), die mit Hilfe der "perpetual inventory"-Methode vorgenommen werden, können im Modell aufgrund der dazu notwendigen langen Investitionszeitreihen nicht nachvollzogen werden. Statt dessen werden sie durch einen linearen Ansatz approximiert: (62)

DS.(t) J

=

a0. + a 1. • (PG 3 (t) • KRS.(t)) + a 2. • (PG5 (t) • KRS .(t)). l

J

J

Die Schätzergebnisse finden sich in Tabelle 12.

J

J

1 Das MSM-Modell

58

Tabelle 12:

Die sektoralen Abschreibungsfunktionen. Abhängige Variable: DS. J

Erklärende Variable

privates Dienstleistungsgewerbe

Staat

Gesamtwirtschaft

PG3 •KRSj

0,010 (6,4)

0,011 (3,8)

0,015 (27,6)

PG5 • KRSj

0,016 (11,7)

0,012 (5,1)

0,014 (27,8)

D7123

2757,0 (4,8)

501,3 (2,9)

Absolutglied

-11665 ( -11,6)

-2125,3 (-5,9)

-1781,1 ( -3,8)

0,999 1,70 OLS

0,999 1,63 OLS

0,999 1,78 OLS/HL

· · R 2b erem1gt

DW Schätzverfahren t-Statistik in Klammern

Die Abschreibungen des privaten Dienstleistungsgewerbes, des Staates und der Gesamtwirtschaft sind von dem mit laufenden Investitionsgüterpreisen bewerteten realen sektoralen Bruttoanlagevermögen abhängig. Da die Unterscheidung des Sachkapitals in Ausrüstungen und Bauten im Modell nicht vorgesehen ist, sind die Koeffizienten a1. und a2 als Produkt aus Abschreibungssatz und sektoraler Gewichtung de~ beiden1Bestandteile des Kapitalbestands interpretierbar. Die Dummyvariable fängt die Schwächen der Approximation am Anfang des Schätzzeitraumes auf.

1.5.2.2 Die sektorale Einkommensverteilung Auf die Endogenisierung der Wertschöpfungskomponenten folgt in diesem Abschnitt die sektorale Zuordnung der Einkommen. Wir werden zunächst die Verflechtung der Vermögenseinkommen und anschließend die

59

1.5 Das Umverteilungsmodell

Aufteilung der Einkommen aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit auf die Sektoren diskutieren. Durch die Berücksichtigung aller sektoralen Eink~mmenskomponenten ergeben sich definitorisch die sektoralen Anteile am Volkseinkommen. Die Vermögenseinkommen lassen sich grundsätzlich aus den sektoralen Sach- und Geldvermögensbeständen und deren Verzinsung bestimmen. Dieser Zusammenhang kann aufgrund fehlender Informationen über Eigentumsverhältnisse und Renditen des Sachvermögens im Modell nicht abgebildet werden. Es ist aber sinnvoll, die im Finanzmärktemodell erklärten Geldvermögensbestände und Zinsen zur Bestimmung der Vermögenseinkommen zu nutzen. Deshalb bilden wir die durch Forderungen entstandenen Einkommen als Summe der mit den entsprechenden Zinssätzen gewichteten Finanzvermögensbestände der Vorperiode ab. Wir unterstellen, die Abweichungen dieser Hilfsvariablen von den tatsächlich beobachtbaren intersektoralen Einkommensleistungen seien Sachvermögenseinkommen und behandeln sie als exogen. Die vom Sektor j empfangenen Vermögenseinkommen VE Empf. bestehen demnach aus einem exogenen EinkommensbestandteilVEX. 1und aus der Verzinsung r1 seiner Forderungen For in 1 1 der Vorperiode: (63)

m

VE_Emp~(t) = ~

r1(t-1) • Fo1/t-1) + VEX/t).

I= 1

Für die geleisteten Vermögenseinkommen des Sektors j gilt derselbe Ansatz bezüglich seiner Verbindlichkeiten: (64)

VE Gel.(t) = -

J

m ~ I= 1

r1(t-1) • Verb1.(t-1) + VGX.(t). J

J

Mit den Gleichungen (63) und (64) werden die empfangenen und die geleisteten Vermögenseinkommen der privaten Haushalte, die geleisteten Vermögenseinkommen der Unternehmen sowie die vom Staat gezahlten Zinsen auf die Staatsschuld bestimmt.1 Die Vermögenseinkommen des Auslands und die empfangenen Vermögenseinkommen des Staates sind exogen. Da es sich um ein geschlossenes System von Zahlungsströmen handelt, lasWir folgen damit dem theoretischen Modell von Blinder/Solow (1973), das die Wirkungen eines Budgetdefizits mit endogenen Zinszahlungen auf Staatsschulden diskutiert. Die meisten ökonometrischen Modelle für die Bundesrepublik verzichten auf die Endogenisierung der Zinszahlungen des Staates oder erklären sie durch exogene Größen (Martiensen 1984, S. 33ff.).

1 Das MSM-Modell

60

sen sich die empfangenen Vermögenseinkommen der Unternehmen als Rest bestimmen. Die Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit werden - vom Lohneinkommenssaldo mit dem Ausland abgesehen - den privaten Haushalten zugerechnet. Die Einkommen aus Unternehmertätigkeit sind auf die privaten Haushalte und die Unternehmen zu verteilen. Den Konventionen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung folgend werden die Unternehmen nach der Rechtsform abgegrenzt: Gewinne der Personengesellschaften (GUoeR) sind Einkommen der Haushalte und werden dort versteuert, während Gewinne der Kapitalgesellschaften bei den Unternehmen der Umverteilung unterliegen. Da die Wahl der Rechtsform der Unternehmen für unsere Fragestellung als gegeben angenommen werden kann, erfolgt die Aufteilung der Unternehmensgewinne auf Personen- und Kapitalgesellschaften mit Hilfe der historisch beobachteten Aufteilung. Die Anteile der Haushalte und der Unternehmen am Volkseinkommen NSP H bzw. NSP u ergeben sich als Summe der ihnen zugeordneten Einkommen: (65)

NSPH(t)

=

LS8(t)- LE_EmpfA(t) + LE_GelA(t) + GUoeR(t)

+ VE_EmpfH(t) - VE_GelH(t); (66)

NSPu(t)

=

GS8(t) - GUoeR(t) + VE_Empfu(t) - VE_Gelu(t).

1.5.3 Die Einkommensumverteilung Die Umverteilung der Einkommen nimmt der Staat vor. Deshalb erläutern wir zunächst die Bestimmung der Einnahmen und Ausgaben des Staates. Im Anschluß daran werden die daraus abkitbaren Einkommensänderungen bei den privaten Haushalten und den Unternehmen diskutiert. Unter Berücksichtung der Einkommensverwendungsgrößen des Endnachfragemodells ist es möglich, für alle Sektoren die Ersparnis zu bestimmen.

1.5.3.1 Das Budget des Staates Die Endogenisierung der wichtigsten Einnahmen und Ausgaben des Staates ist im Hinblick auf Simulationsrechnungen notwendig, da Änderungen

l.S Das Umverteilungsmodell

61

der außenwirtschaftliehen Rahmendaten bei unveränderter Wirtschaftspolitik zu einem veränderten Niveau der staatlichen Aktivität führen. Die Rolle des Staates als Produzent öffentlicher Dienstleistungen wurde im PreiseMengen-Modell diskutiert, so daß wir uns nunmehr auf die Erklärung des staatlichen Eigenverbrauchs und der Umverteilungsausgaben beschränken. Die meisten ökonometrischen Prognosemodelle bestimmen die Budgetpositionen des Staates über stochastische Verhaltensgleichungen. Bei Prognosemodellen ist diese Vorgehensweise sinnvoll, da sie die Anzahl der a priori zu bestimmenden Exogenen reduziert (Almon u.a. 1974, S. 141). Da unser Modell ausschließlich zu Simulationszwecken eingesetzt wird und die historischen Steuer- und Ausgabensätze bekannt sind, können wir die Budgetstruktur mit Hilfe dieser gegebenen Quoten endogenisieren. Sie sind als Instrumentvariable zu verstehen, die durch die Politik bestimmt sind und auf deren Erklärung verzichtet wird. Durch die Anknüpfung an geeignete Bemessungsgrundlagen sind die wichtigsten Steuern und Ausgaben endogen. Änderungen der staatlichen Wirtschaftspolitik können in Simulationsszenarien durch Änderungen der exogenen Quoten abgebildet werden. Abbildung 3:

Das Budget des Staates

Einnahmen

Ausgaben

-empfangene Vermögenseinkommen - Produktionssteuern (endogen) -Umsatzsteuer (endogen) - Einfuhrabgaben (endogen) -Einkommensteuer (endogen) - Körperschaftssteuer (endogen) - Sozialversicherungsbeiträge (endogen) - sonstige empfangene laufende Übertragungen

- geleistete Vermögenseinkommen (endogen)

-empfangene VermögensÜbertragungen • Abschreibungen (endogen) - Finanzierungssaldo (endogen)

- Subventionen (endogen) -Transfers (endogen) - Staatsverbrauch (endogen) - sonstige geleistete laufende Übertragungen - geleistete VermögensÜbertragungen • Bruttoinvestitionen (endogen)

62

1 Das MSM-Modell

Die Abbildung 3 zeigt das Budget des Staates. Der laufende Haushalt und der Vermögenshaushalt sind voneinander abgesetzt. Wir erläutern zunächst die Endogenisierung der sechs Steuerarten des Modells. In die Steuerfunktionen gehen neben den Bemessungsgrundlagen die politisch determinierten Steuersätze (POJ ein. Betrachten wir als erstes die indirekten Steuern: Die Produktionssteuern PST hängen von der gesamtwirtschaftlichen Bruttoproduktion in jeweiligen Preisen ab. Die Einfuhrabgaben IMST werden aus den Importwerten bestimmt, und die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer UMST kann, wie oben erläutert wurde, aus einer gewichteten Summe des Konsums und der Investitionen berechnet werden: (67)

PST(t)

(68)

IMST(t) = PO_IMST(t) • IMNG8(t);

(69)

UMST(t)

=

PO_PST(t) • YS8 (t);

=

PO_UMST(t) • (wCPR • CPNG8(t)

+ (1-wCPR) • (INAusrS8(t) + INBauS8(t))). An weiteren Abgaben unterscheiden wir die Einkommensteuer (EST), die Körperschaftssteuer (KST) und die Beiträge der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung (SOZB). Die Einkommensteuer wird als Proportionalsteuer behandelt. Die Vernachlässigung der Progression erscheint uns als zulässig, da die personelle Einkommensverteilung im Modell keinen Einfluß auf die Dispositionen der Haushalte hat. 1 Die Körperschaftssteuer wird durch die nicht ausgeschütteten Gewinne der Unternehmen m.e.R. und die Sozialbeiträge der Haushalte durch die Lohnsumme der Inländer erklärt: PO_EST(t) • NSPH(t);

(70)

EST(t)

(71)

KST(t) = PO_KST(t) • NSP u(t);

(72)

SOZB(t)

=

=

PO_SOZB(t) • (LS8(t) + LE_GelA(t) - LE_EmpfA(t)).

Die gesamten Einnahmen ergeben sich durch Summierung der oben erläuterten Einnahmekomponenten, wobei die sonstigen empfangenen TransOkonometrische Modelle, die die personelle Einkommensverteilung berücksichtigen, sind zur Prognose der konjunkturellen Effekte staatlicher Umverteilungsmaßnahmen sicherlich besser geeignet. Die Annahme linearer Tarife ist vertretbar, wenn man unterstellt, daß die Auswirkungen der simulierten Wechselkursänderung auf die Einkommensverteilung hinreichend klein sind.

1.5 Das Umverteilungsmodell

63

fers des Staates Tr_Empfs und seine empfangenen Vermögenseinkommen VE_Empfs exogen sind: (73)

LfdEinnahmen(t) = PST(t) + UMST(t) + IMST(t) + EST(t)

+ KST(t) + SOZB(t) + Tr_Empf5(t) + VE_ Empf5 (t). Auf der Ausgabenseite werden die Entscheidungen ebenfalls über politisch determinierte Quoten abgebildet. Die geleisteten laufenden Übertragungen des Staates an die privaten Haushalte TRAN und an die Unternehmen SUB ergeben sich als feste Anteile an der Summe der laufenden Einnahmen: (74)

TRAN(t) = PO_TRA(t) • LfdEinnahmen(t);

(75)

SUB(t) = PO_SUB(t) • LfdEinnahmen(t).

Die Nachfrage nach öffentlichen Dienstleistungen besteht aus Lieferungen des Staates an andere Wirtschaftsbereiche, Verkäufen von Verwaltungsleistungen (CPNG7) und unentgeltlich abgegebenen Verwaltungsleistungen. Die Produktion und der Preisindex des Staates werden wie für alle anderen Sektoren durch das Preise-Mengen-Modell bestimmt. Im Unterschied zu anderen Wirtschaftsbereichen legt der Staat allerdings den Staatsverbrauch als wichtigste Endnachfragekomponente selbst fest. Wir fassen die Entscheidung des Staates über den realen Staatsverbrauch deshalb als exogen auf. 1 Die Endogenisierung der geleisteten Vermögenseinkommen des Staates wurde oben diskutiert. Damit definieren wir die Ersparnis des Staates Sps als Saldo des laufenden Budgets: (76)

Sps(t) = LfdEinnahmen(t)- VE_Gel5 (t)- TRAN(t) - SUB(t) - Tr_Gel5 (t) - AST(t).

1.5.3.2 Die Ersparnis Sämtliche vom Staat ausgehenden Übertragungen gehen in die Wirtschaftsrechnung der verbleibenden Sektoren ein. Durch die Berücksichtigung der Empfänger staatlicher Transfers und der Steuerzahlungen der Pri1 Diese Annahme ergibt sich letztlich aus der im Abschnitt 1.3.3 getroffenen Annahme einer exogenen Arbeitsnachfrage des Staates.

1 Das MSM-Modell

64

vaten wird das Umverteilungsmodell geschlossen. Aus den sektoralen Anteilen am Volkseinkommen (Gleichungen (65) und (66)) lassen sich mit Hilfe der Steuern und Transfers das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte und die Ersparnis der Sektoren ermitteln. Wir diskutieren zunächst die Einsatzstellen von Steuern und Transfers bei den Haushalten und Unternehmen. Anschließend gehen wir auf die Leistungsbilanz und somit auf die Ersparnis des Auslands ein. Das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte (YVH) ergibt sich aus dem Anteil der Haushalte am Volkseink?.mmen (NSPH) unter Berücksichtigung der empfangenen und geleisteten Ubertragungen. Die Haushalte empfangen vom Staat Transfers und entrichten Einkommensteuern sowie Beiträge zur Sozialversicherung. Ihre sonstigen geleisteten und empfangenen Übertragungen (TrJ sind exogen: (77)

YV H(t) = NSPH(t) + TRAN(t) + Tr_EmpfH(t) - EST(t) - SOZB(t) - Tr_GelH(t).

Die Ersparnis der privaten Haushalte ist derjenige Teil des verfügbaren Einkommens, der nicht konsumiert oder von Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit thesauriert wird (CPNSP bzw. GUoeR): (78)

SpH(t) = YV H(t) - CPNSP(t) - GUoeR(t).

Die geleisteten Übertragungen der Unternehmen bestehen im wesentlichen aus zu entrichtender Körperschaftssteuer (KST). Die Ersparnis der Unternehmen entspricht der Summe aus thesaurierten Gewinnen der Körperschaften und den nicht entnommenen Gewinnen der Personengesellschaften: (79)

Spu(t)

=

NSPu(t) + Tr_Empfu(t) - KST(t) - Tr_Gelu(t) + GUoeR(t).

Die Ersparnis des Auslands ist der Saldo der Leistungsbilanz aus Sicht des Auslands. Die Leistungsbilanz erfaßt neben Einkommenszahlungen und dem Güter- und Dienstleistungsaustausch die beiderseitigen Übertragungen. Die Übertragungen mit dem Ausland sind von untergeordneter Bedeutung, werden also nicht erklärt. Es ergibt sich als Leistungsbilanzsaldo: (80)

LBSaldo(t)

=

EXNSP(t)- IMNSP(t) + Tr_GelA (t) - Tr_EmpfA (t).

1.5 Das Umverteilungsmodell

65

1.5.4 Diesektorale Vermögensänderung

Die Summe der Ersparnis der einzelnen Sektoren entspricht dem neu entstehenden Vermögen in der Volkswirtschaft. Nach Abzug der Nettoinvestitionen (!Brutto. - Abschr.) ergeben sich die Finanzierungssalden der Sektoren, d.h. diejdnigen Mitiel, die zur Neubildung von Geld- oder Finanzvermögen zur Verfügung stehen. Die Unternehmen und der Staat sind die investierenden Sektoren. Ihre Nettoinvestitionen sind in der Regel größer als die Ersparnis, so daß sie aufgrund der negativen Finanzierungssalden als Defizitsektoren bezeichnet werden können. Die privaten Haushalte und das Ausland bauen kein Sachkapital auf. Ihre Ersparnis entspricht ihrer Geldvermögensbildung. Allgemein gilt für jeden Sektor j die Budgetrestriktion:

(81)

FinSaldo.(t) = Ersparnis.(t) + Abschr.(t) - IBrutto.(t) J

J

J

+ VUe Empf.(t) - VUe Gel.(t). -

J

-

J

J

Die Ersparnis, die Abschreibungen und die Bruttoinvestitionen der Sektoren sind bisher in der Abgrenzung der disaggregierten Sozialproduktsrechnung bestimmt. Da die Vermögensänderungskonten im Modell in der Abgrenzung der Finanzierungsrechnung abgebildet werden, sind die oben genannten Variablen in diese Abgrenzung zu überführen. Der Übergang erfolgt auf der Modellebene. Die Vermögenänderungskonten bilden daher die Schnittstelle zwischen der Sozialproduktsrechnung des Statistischen Bundesamtes und der Finanzierungsrechnung der Deutschen Bundesbank. Die Vermögensänderungspositionen der Sozialproduktsrechnung und der Finanzierungsrechnung sind grundsätzlich kompatibel. Die Einführung additiver Korrekturvariablen erlaubt den Übergang von der Sozialproduktsrechnung auf die Finanzierungsrechnung. Diese Korrekturen sind für die Ersparnis der Unternehmen, des Staates und des Auslands notwendig. Zum anderen treten Abweichungen durch unterschiedliche Abgrenzongen und Restbildungen auf (Deutsche Bundesbank 1988a, S. 133). Theoretische Überlegungen sprechen darüberhinaus für die unterschiedliche Abgrenzung des Unternehmenssektors in den verschiedenen Submodellen. Im Finanzmärktemodell wird eine Aufteilung dieses Bereiches in Produktionsunternehmen und Wohnungswirtschaft vorgenommen. Ersparnis, Investitionen und Abschreibungen des Unternehmenssektors der Sozialproduktsrechnung müssen folglich auf zwei Subsektoren verteilt werden. Zur Überwindung der unterschiedlichen Sektorabgrenzungen führen wir Korrekturfakto-

66

1 Das MSM-Modell

ren ein, deren Werte sich aus linearen Einfachregressionen der Variablen der Finanzierungsrechnung gegen die entsprechenden Variablen der Soziaiproduktsrechnung als geschätzte Parameter ergeben. Die Schätzergebnisse sind der Tabelle 13 zu entnehmen. Tabelle 13:

Die Funktionen für die sektorale Vermögensänderung in der Abgrenzung der Finanzierungsrechnung. Abhängige Variable: IBrutto. bzw. Abschr. J

Erklärende Variable

Investitionen der Wohnungswirtschaft

J

Abschreibungen Abschreibungen der Wohnungsdes wirtschaft Staates

Bauinvestitionen des privaten Dienstleistungs- 0,74 gewerbes in der SPB (85,1) Abschreibungen des privaten Dienstleistungsgewerbes in der SPB Abschreibungen des Staates in der SPB

0,44 (175,1) 0,79 (529,7)

I-Statistik in Klammem

Die hohen t-Werte deuten auf stabile Beziehungen zwischen den Variablen der Finanzierungsrechnung und ihren Bezugsgrößen aus der SPB hin. Die Koeffizienten liegen alle in der zu erwartenden Größenordnung. Die Wohnungswirtschaft ist Teil des privaten Dienstleistungsgewerbes. Die Investitionen der Wohnungswirtschaft machen etwa drei Viertel der Bauinvestitionen des Dienstleistungssektors aus. Für die Abschreibungen ergibt sich analog ein Anteil von gut 40 v.H. Die Abschreibungen des Staates in der Finanzierungsrechung umfassen aufgrund unterschiedlicher Sektorabgrenzungen etwa 80 v.H. der Abschreibungen im Konzept der SPB. Der Staat bestimmt seine realen Bruttoinvestitionen ebenso wie den Staatsverbrauch in konstanten Preisen als politische Variable. Durch Bewertung mit dem Preis der staatlichen Bauinvestionen ergeben sich die nominalen Bruttoinvestitionen als:

1.5 Das Umverteilungsmodell

(82)

IBruttos(t)

67

PIBauSlt) • IRBruttos(t).

=

Da die Ersparnis der Wohnungswirtschaft in der Finanzierungsrechnung als Restgröße ermittelt wird, sehen wir sie als exogene Variable an, so daß noch drei Positionen der Vermögensänderungskonten zur Endogenisierung bisher noch nicht diskutiert worden sind. Es handelt sich um die Ersparnis der privaten Haushalte und um die Investitionen und Abschreibungen der Unternehmen, die jeweils als Rest bestimmt werden. Kommen wir im letzten Schritt zu den Vermögensübertragungen: Die von den Haushalten für Wohnungsbauzwecke eingebrachten Eigenmittel als fiktive Zahlungsströme der Haushalte an die Wohnungswirtschaft werden als geleistete Vermögensübertragungen erfaßt. Es handelt sich also um eine Umschichtung zwischen Finanz- und Sachvermögen: Die Übertragungen nehmen mit der Ersparnis der Haushalte zu und sinken aufgrund erhöhter Kosten der Baufinanzierung bei steigenden Langfristzinsen: (83)

VUe_GelH(t) OLS

=

0,324 • SpH(t) - 1,628 • R _KrL(t) - 7,113. (16,1) ( -4,3) ( -2,1)

R 2bereinigt = 0,957

DW = 2,24

Die empfangenen Vermögenübertragungen der Wohnungswirtschaft entsprechen quantitativ fast vollständig den geleisteten Vermögensübertragungen der Haushalte, so daß im Gegensatz zu der sonstigen Behandlung der Vermögensübertragungen Zahlungsbeziehungen unterstellt werden können. Alle anderen Vermögensübertragungen zwischen den Sektoren werden aufgrund ihrer untergeordneteten Bedeutung als exogene Variable aufgefaßt und daher nicht abgebildet. Aus der Ersparnis, den Nettoinvestitionen und dem Saldo der Vermögensübertragungen ergeben sich die Finanzierungssalden der Sektoren nach Gleichung (81) als endogene Variablen. Dieses neu entstehende Finanzvermögen bestimmt maßgeblich das Geschehen auf den Finanzmärkten.

1.6 Das Finanzmärktemodell

Als letzter Teil des MSM-Modells ist in diesem Abschnitt das Finanzmärktemodell vorgestellt. Im Abschnitt 1.6.1 erfolgt zunächst eine Darstellung des zugrundeliegenden theoretischen Modells, im Abschnitt 1.6.2 sind dann die Schätzergebnisse präsentiert.1

1.6.1 Ein Strom-/Bestandsmodell geräumter Finanzmärkte

Das in diesem Abschnitt vorgestellte theoretische Modell beschreibt das Angebots- und Nachfrageverhalten der Sektoren einer Volkswirtschaft auf den Finanzmärkten sowie die Zinsbildung. Das Modell ist in nominalen Größen konzipiert. Dieses Vorgehen ist insofern gerechtfertigt, als die Planungen der Sektoren bezüglich der Anlagealternative Realvermögen bereits vorab erfolgt sind. Im Rahmen des Finanzmärktemodells wird allein die Aufteilung des Finanzvermögens abgebildet. 2 In die Vermögensdispositionen der Sektoren geht neben dem Motiv "Reallokation des bestehenden Portfolios" das Motiv "Akkumulation neuen Geldvermögens" ein, welches aus der Ersparnis der Überschußsektoren und der spiegelbildlich dazu entstehenden Verschuldung der Defizitsektoren resultiert. Das Modell kann mit Tsiang (1982, S. 168) als ein loanable fundsModell bezeichnet werden. Es steht in der Tradition der makroökonomischen Portfolioselektionsmodelle (Brainard/Tcbin 1968; Friedman 1977; Tobin 1980; 1982). In den Abschnitten 1.6.1.1 und 1.6.1.2 werden zunächst die oben bereits skizzierten Motive für das Angebots- und Nachfrageverhalten der Sektoren auf den Finanzmärkten diskutiert. Anschließend bestimmen wir im Abschnitt 1.6.1.3 den gleichgewichtigen Zinsvektor und im Abschnitt 1.6.1.4 den Bestand der Sektoren an Geldvermögensaktiva und -passiva. Die folgende Beschreibung des Finanzmärktemodells stellt eine verkürzte Fassung der Abschnitte 2.2 und 2.3 aus Ewerhart (1990) dar. 2 Eine simultane Betrachtung aller Dispositionen eines institutionellen Transaktars (König 1988) ist unserer Vergehensweise sicherlich vorzuziehen. Wir sind zu der gewählten Modellierung durch die gegebenen Datenrestriktionen gezwungen.

1.6 Das Finanzmärktemodell

69

1.6.1.1 Die Reallokation des bestehenden Portfolios

Das Modell unterscheidet p SektorenG = 1, ... , p), die auf n Finanzmärkten (i, k, 1 = 1, ..., n) agieren. Jeder der Sektoren halte und variiere ein individuelles Portfolio mit finanziellen Aktiva und Passiva. Unabhängig von der Veränderung des Geldvermögens in der laufenden Periode existiere für jeden der unterschiedenen Sektoren eine optimale Portfoliostruktur. Der für das Ende der Periode t vom Sektor j gewünschte Bestand an Finanzaktiva der Art k sei: (84)

Für das Ende der Periode t vom Sektor j gewünschter Bestand an Finanzaktiva der Art k Zinssatz des Finanzaktivums 1, Periode t Ausprägung der h-ten zusätzlichen Variablen, die die langfristig gewünschte sektorale Portfoliostruktur beeinflußt, in der Periode t NGV.(t) J

Nettogeldvermögen (Differenz zwischen sämtlichen Finanzaktiva und -passiva) des Sektors j am Ende der Periode t

Für jeden Sektor sind die von ihm gehaltenen Finanzaktiva und -passiva Bruttosubstitute (Tobin 1982, S. 184t): Der gewünschte Bestand an Finanzaktiva der Art k ist positiv vom Eigenzins und negativ von den Zinsen sämtlicher Anlagealternativen abhängig. Auch die Erhöhung des Zinses einer jeden möglichen Verschuldungsform (Kreditaufnahme) verringert den als gewünscht angesehenen Bestand an Finanzaktiva der Art k: (85)

-

bkjl

;::: 0,

1= k, für allekund j;

50,

I

=f k, für allekund j.

Die Variablen Xh in diesem Portfolioselektionsmodell stehen als Platzhalter für die Einflüsse, die neben dem Vektor der spezifischen Ertragssätze

1 Das MSM-Modell

70

der Finanzanlagen auf die langfristig gewünschte Zusammensetzung des sektoralen Portfolios wirken. In Bezug auf den Einfluß des Geldvermögens der Sektoren bedeutet die hier gewählte gegenüber der traditionellen Formulierung eine Modifikation insofern, als die gewünschte Portfoliostruktur nicht linear homogen bezüglich der Vermögensvariable ist. Das entscheidende Argument für die hier verwendete Alternativhypothese einer additiven Verknüpfung von Nettogeldvermögen und gewünschter Bestandsgröße ist, daß nur sie die allgemeine Lösung und eine Diskussion der Gleichgewichtseigenschaften des Modells gestattet. Der für das Ende der Periode t vom Sektor j gewünschte Bestand an Finanzpassiva der Art k ergibt sich in Analogie zu den Aktivabeständen wie folgt: (86)

Verbkj • (t)

Für das Ende der Periode t vom Sektor j gewünschter Bestand an Finanzpassiva der Art k

Auch für die finanziellen Passiva eines Sektors gilt, daß ihr gewünschter Bestand negativ vom jeweiligen Sollzins und positiv vom Zinssatz jeder Verschuldungsalternative sowie der Rendite jeder Anlagemöglichkeit abhängt:

(87)

gkjl

:S: 0, ~

0,

1=k, für alle k und j; I+ k, für allekund j.

Im Sinne der von Brainard/Tobin (1968) für monetäre Modelle geforderten Konsistenzbedingungen ("adding up restrictions") gilt im Rahmen dieses Modells der folgende Satz an a priori-Restriktionen:

für alle j;

1.6

n :E (bk'l - gk) k=l J J (88)

Das Finanzmärktemodell

= 0,

für alle j und l;

n - :E ( ck.h - hk.h) = 0, k=l J J

für alle j und h;

n - :E ( dk. - kk") k=l J J

für alle j.

= 1,

71

Die genannten Bedingungen stellen die Konsistenz des Modells sicher. Zum einen garantieren sie, daß für jeden Sektor bei der Variation eines jeden Zinssatzes und einer jeden sonstigen Variablen die Summe der Substitutionseffekte gleich Null ist. Zum anderen gilt jederzeit, daß die Summe des gewünschten Bestands an Finanzaktiva abzüglich der Summe des gewünschten Bestands an Finanzpassiva dem Nettogeldvermögen des Sektors am Anfang der Periode entspricht. Nach der Bestimmung der gewünschten Bestände formulieren wir nun den Anpassungsprozeß und leiten das Mittelangebot und die Mittelnachfrage der Sektoren ab. Aufgrund von Transaktionskosten sowie Erwartungsbildungs- und Wahrnehmungslags wird in der laufenden Periode nicht die gesamte Diskrepanz zwischen den gewünschten und den tatsächlichen Beständen durch Umschichtungen des bestehenden Portfolios beseitigt. Das resultierende Mittelangebot des Sektors j auf dem Finanzmarkt i lautet: (89)

n + L: a .k•(Verbk.. (t)-Verbk(t-1)). k=l IJ J J DFo.. R(t) IJ

Mittelangebot des Sektors j auf dem Finanzmarkt i zur Reallokation seines Portfolios in der Periode t Bestand des Sektors j an Finanzaktiva der Art k am Ende der Periode t Bestand des Sektors j an Finanzpassiva der Art k am Ende der Periode t

1 Das MSM-Modell

72

Der Anpassungskoeffizient 9 .. k gibt für i=k an, welchen Anteil der Diskrepanz zwischen gewünschtem 1hnd tatsächlichem Bestand an Finanzaktiva der Art i der Sektor j in der laufenden Periode abbaut: (90)

o ~ 9ijk ~ 1,

k = i, für alle i und j.

Das Auftreten von ai.k für k =f i und von ai.k. in der multivariaten Bestandsanpassungsfunktiob (89) ist, wie gleich getetgt wird, aus Gründen der Modellkonsistenz erforderlich. Auch bei den finanziellen Passiva der Sektoren erfolgt nur eine partielle Anpassung des tatsächlichen Bestandes an den gewünschten. Die resultierende Mittelnachfrage des Sektors j auf dem Finanzmarkt i in der Periode t lautet: (91)

n

R



DVerbij (t) = k: ~ijk • (Verbkj (t)- Verbkp-1)) 1 n

+ L:

k=l

DVerb.. R(t) IJ

T ..k • (Fok.' (t)

IJ

J

- Fok (t-1)). J

Mittelnachfrage des Sektors j auf dem Finanzmarkt i zur Reallokation seines Portfolios in der Periode t

Hier gilt:

..

(92)

o~~ k~1, IJ

k = i, für alle i und j;

~ ijk ~ 0,

k =f i, für alle i und j; für alle i, j und k.

Modellkonsistenz ist wiederum durch die Gültigkeit der folgenden Bedingungen gewährleistet: n

(93)

L: (9 IJ.. 1 • t=l

n T .. I) =

IJ

L: (9 IJ..2 • 1=1

T ..2) =

IJ

.

n L: (9.. -

t=l

.

n L:

IJfi

(~ ..

t=l

!Jfi

T .. ),

für alle j;

),

für alle j.

!Jfi

- a ..

IJfi

1.6 Das Finanzmärktemodell

73

Diese Bedingungen sorgen für die Konsistenz der geplanten Umschichtungen. Für jeden Sektor und jede Aktiv- und Passivposition gilt bei Einhaltung dieser Restriktionen stets, daß der geplante Abgang bei einer Position der Summe der geplanten Zugänge aus dieser Quelle bei sämtlichen anderen Positionen entspricht. Aufgrund der unvollkommenen Anpassung entsprechen die tatsächlichen Bestände nur in der langen Frist den gewünschten Beständen.

1.6.1.2 Die Akkumulation neuen Geldvermögens Mit der Einführung des Anpassungsprozesses ist das Modell in Bestandsdifferenzen (Strom-Konzept) überführt worden, was die gleichzeitige Erfassung des Motivs der Vermögensakkumulation in den Funktionen ermöglicht. Die Hypothese in Bezug auf die Aufteilung des Finanzierungssaldos des Sektors j in der laufenden Periode auf sein Geldvermögensportfolio lautet: (94)

A

DFo.. (t) IJ

=

n a.. + L: b ..k • rk(t) + e .. • FinSaldo.(t). IJ k = 1 IJ IJ J

DFo.. A (t)

Mittelangebot des Sektors j auf dem Finanzmarkt i zur Allokation seines Geldvermögenszuwachses in der Periode t

FinSaldo.(t)

Finanzierungssaldo (Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben) des Sektors j in der Periode t

IJ

J

Auch das Mittelangebot der Sektoren auf den Finanzmärkten im Rahmen der Aufteilung ihres Zuwachses an Geldvermögen hängt positiv vom jeweiligen Ertragszins und negativ von den Zinsen alternativer Finanzanlagen und möglicher Verschuldungsformen ab: (95)

~

0,

k =i, für alle i und j;

~

0,

k

bijk

=f i, für alle i und j.

I Das MSM-Modell

74

Im Gegensatz zu Friedman (1977), der für die Aufteilung des Geldvermögenszuwachses unterstellt, sie erfolge aufgrund der gegenüber Portfolioumschichtungen geringeren Transaktionskosten direkt in den jeweils gewünschten Proportionen, stellt unsere Formulierung eine schwächere Hypothese dar. Analog gilt für die Mittelnachfrage der Sektoren: n A . DVerb.. (t) = f.. + :E g ..k • rk(t) + 1.. • FmSaldo.(t).

(96)

IJ

IJ

k=1

IJ

IJ

J

Mittelnachfrage des Sektors j auf dem Finanzmarkt i zur Allokation seines Geldvermögenszuwachses in der Periode t Hier gilt wiederum:

(97)

~

0,

k =i, für alle i und j;

~

0,

k ::f i, für alle i und j.

gijk

Modellkonsistenz ist gewährleistet durch den folgenden Satz an Bedingungen:

.

n :E(a-f..)

= 0,

für alle j;

:E (bijk - gijk)

= 0,

für alle j und k;

n :E ( e .. - 1..)

= 1,

für alle j.

I= 1

(98)

IJ

IJ

n

0

1=1 .

1=1

IJ

IJ

Sie sorgen dafür, daß für jeden Sektor und bei jeder Konstellation der Zinssätze die Differenz zwischen geplantem Mittelangebot und geplanter Mittelnachfrage zur Akkumulation neuen Finanzvermögens dem Finanzierungssaldo entspricht.

1.6 Das Finanzmärktemodell

75

1.6.1.3 Das simultane Stromgleichgewicht

Den Zinsvektor bestimmen wir im simultanen Stromgleichgewicht auf den Finanzmärkten. Zunächst addieren wir in einem ersten Schritt für jeden der p Sektoren und jeden der n Märkte die in den beiden letzten Abschnitten unterschiedenen Komponenten seiner Nachfrage und seines Angebots. Anschließend bestimmen wir in einem zweiten Schritt durch Summation über die Sektoren das Gesamtangebot und die Gesamtnachfrage für jeden einzelnen Markt. In einem letzten, dritten Schritt lösen wir das resultierende lineare System nach dem Gleichgewichtszinsvektor auf. Für den Sektor j ergibt sich als sein gesamtes Mittelangebot auf dem Finanzmarkt i in der Periode t:

(99)

DFo .(t) = DFo .. R (t) + DFo ..A (t) IJ

IJ

n

-

+ ~ (e,.k. dk. k=l J J

-

n ~

IJ

+ a .. k. kk.) IJ

J

NGV.(t-1) J

a ..k

k=l IJ n ~

a .. k

k=l IJ

+ eIJ..

FinSaldo.(t). J

1

76

Das MSM-Modell

Seine gesamte Mittelnachfrage auf dem Finanzmarkt i lautet analog: (100) DVerb.. (t) = DVerb.. R(t) + DVerb ..A(t) ~

~

n

~

n

_

_

_

+ :E

:E (ti.k •gk.l + T .. k •bk.l + g..k) • 1= 1 k= 1 J J IJ J IJ m

n

_

_

+ :E

:E ( t i"k • hk.h + 7 ijk • ckjh) h=l k=l J J n

-

+ :E ( ti.k • kk. + k= 1

J

NGV.(t-1)

T iJ"k • dkJ.)

J

J

n

- :E t .. k k=l IJ n

- :E 1" ""k k=l IJ FinSaldo.(t).

+ 1..IJ

J

Durch Aufsummieren der sektorindividuellen Angebots- und Nachfragefunktionen über sämtliche auf dem jeweiligen Markt agierenden Sektoren ergibt sich das Gesamtmittelangebot DFO auf den einzelnen Märkten: 1 .......

.......

.......

-

(101) DFO(t) = A + B • R(t) + C • X(t) + D • NGV(t-1) - 8 1 • F01(t-1) - ... - 9P • FOP(t-1)

- a 1 •VERB1(t-1) - ... - C7P ·VERB/t-l)

-

+ E • FINSALDO(t). DFO(t) R(t) 1

nxl-Vektor des gesamten Mittelangebots nxl-Vektor der Zinssätze

Die von nun an benutzte Vektor- bzw. Matrixschreibweise lehnt sich eng an die bisherige Notation an. Wo immer es möglich ist, wird dabei der bisherige Variablenname in Großbuchstaben und ohne lndizierung benutzt.

1.6 Das Finanzmärktemodell

77

X(t)

hx1-Vektor der sonstigen Variablen

NGV(t)

pxl-Vektor des Nettogeldvermögens der Sektoren

FO.(t) J VERB.(t)

nxl-Vektor der Finanzaktiva des Sektors j nx1-Vektor der Finanzpassiva des Sektors j

J

FINSALDO(t): px1-Vektor der Finanzierungssalden der Sektoren nx1-Koeffizientenvektor

A

B, e., u. -

c

J

nxn-Koeffizientenmatrizen nxh-Koeffizientenmatrix nxp-Koeffizientenmatrizen1

J

D,E

Die Gesamtmittelnachfrage DVERB auf den einzelnen Märkten summiert sich zu: (102) DVERB(t)

=

-F + G • R(t) + -H • X(t) + -K • NGV(t-1) ~

- T 1 • F0 1(t-1)

- ... - T P • FOP(t-1)

- t 1 •VERB1(t-1) - ... - IP •VERBP(t-1)

-

+ L • FINSALDO(t). DVERB(t)

nx1-Vektor der gesamten Mittelnachfrage

F

nx1-Koeffizientenvektor

G, T., I.

nxn-Koeffizientenmatrizen

H

nxh-Koeffizientenmatrix nxp-Koeffizientenmatrizen

-

J

K.L

J

Es zeigt sich, daß das gesamte Mittelangebot und die gesamte Mittelnachfrage auf den einzelnen Finanzmärkten vom Zinsvektor, den sonstigen Variablen, dem Niveau und der Struktur des Geldvermögens aller Sektoren am Ende der Vorperiode sowie den Finanzierungssalden der laufenden Periode linear abhängen. Mittels der Hypothese, daß die Märkte des Modells stets geräumt sind, ergibt sich in einem dritten Schritt durch Gleichsetzen der gesamtwirtschaftDie Elemente der Koeffizientenvektoren und -matrizen ergeben sich in naheliegender Weise aus den Gleichungen (99) und (100).

1 Das MSM-Modell

78

liehen Mittelangebots- und -nachfragefunktionen der Gleichgewichtszinsvektor: (103)

R(t) =

[B-Gf1



[F-A + (H-C) • X(t) + (K-D) • NGV(t-1)

+ (T 1 +9 1) • F01(t-1) + ... + (T P +9P) • FOP(t-1) - (a 1 +1 1)•VERB1(t-1)- ... -(ap+IP)·VERBP(t-1) + (L-E) • FINSALDO(t) ). Simultan mit den Zinsen sind auch die Mengen bestimmt: Die resultierenden Bestandsveränderungen für die Finanzaktiva DFo.. und Finanzpassiva DVerb.. der Sektoren ergeben sich durch Einsetzende~ markträumenden Zinsvekto~s R in die Nachfrage- und Angebotsfunktionen (99) und (100) der Sektoren. Die Lösung dieses Strom-/Bestandsmodells zeigt, daß der Zinsvektor nicht nur von den finanziellen Beständen, sondern auch von den Stromgrössen des Einkommenskreislaufs, eben den sektoralen Überschüssen und Defiziten der laufenden Periode, abhängt. Sie zeigt darüberhinaus, daß dieser Einfluß nicht nur in der kurzen, sondern auch in der langen Frist besteht (Bosworth/Duesenberry 1973, S. 84).

1.6.1.4 Die Bestimmung der Geldvermögensbestände Die mit den Bestandsveränderungen korrespondierenden Bestände des Sektors j ergeben sich definitorisch durch Fortschreibung: (104)

Fo .. (t) = Fo. (t-1) + DFo ..(t);

(105)

Verb (t) = Verb ..(t-1) + DVerb ..(t);

(106)

NGV.(t) = Fo .(t) - Verb .(t).

lj

lJ

lJ

lJ

J

lJ

·l

lJ

·l

Aus diesen sektoralen Bestandsgrößen lassen sich schließlich definitorisch die gesamtwirtschaftlichen monetären Aggregate (Mindestreservesoll, Geldbasis, M1, M2, M3, Kreditvolumen) durch Summation (und gegebenenfalls Gewichtung) über die jeweils relevanten Sektoren und/oder Finanzaktiva bestimmen.

1.6 Das Finanzmärktemodell

79

1.6.2 Die Schätzung des Modells

In diesem Abschnitt ist das ökonometrische Finanzmärktemodell dargestellt, dessen theoretisches Vorbild im letzten Abschnitt beschrieben ist. Nach einem Überblick über die Märkte und Sektoren des Modells im Abschnitt 1.6.2.1 sind im Abschnitt 1.6.2.2 die Schätzergebnisse für die stochastischen Gleichungen des Modells präsentiert.

1.6.2.1 Die Märkte und Sektoren des Modells

Ausgehend von der im Abschnitt 1.1 vorgestellten Disaggregation des Finanzmärktemodells werden nun drei Modifikationen des theoretischen Modells beschrieben, die aufgrund von Datenproblemen und konzeptionellen Erwägungen erforderlich sind. Sie betreffen einzelne Märkte und Sektoren des Modells. 1 Die Zinsbestimmung per Gleichgewichtsbedingung analog zum theoretischen Modell erfolgt im ökonometrischen Modell für die Märkte der folgenden fünf Finanzaktiva: Termineinlagen; Spareinlagen; Festverzinsliche Wertpapiere; Kurzfristige Bankkredite; Längerfristige Bankkredite. Kommen wir nun zu den Modifikationen gegenüber dem theoretischen Modell: Zum ersten kann aufgrund von Datenproblemen der strukturelle Ansatz für den Geldmarkt i.e.S., den Markt für Zentralbankgeld, nicht angewendet werden. Da dieser Markt andererseits aber bei der Transmission geldpolitischer Maßnahmen eine wichtige Rolle spielt, benutzen wir zur Bestimmung des Geldmarktzinses eine reduzierte Form (Zinsstrukturgleichung). Die zweite Modifikation gegenüber dem theoretischen Modell ergibt sich aus dem Ziel, die gesamtwirtschaftlichen monetären Aggregate definitorisch

Zur Begründung der gewählten Disaggregationstiefe und zur Abgrenzung der Märkte und Sektoren siehe Ewerhart (1990).

80

I Das MSM-Modell

durch die Summation der sektoralen Bestände zu endogenisieren.I Bei dieser Art der Endogenisierung ist es für einzelne monetäre Aggregate - wie z.B. die monetäre Basis und das Mindestreservesoll der Kreditinstitute notwendig, die Bargeld- und Sichteinlagenbestände der Sektoren zu endogenisieren. Dazu sind die in der Finanzierungs- und Geldvermögensrechnung der Bundesbank nur gemeinsam ausgewiesenen sektoralen Ströme und Bestände an Bargeld und Sichteinlagen auf der Grundlage der Angaben von Janes (1985, S. 185ff.) aufgeteilt worden. Für die Finanzaktiva Bargeld und Sichteinlagen schätzen wir daher einzeln sektorale Mittelangebotsfunktionen, die dem theoretischen Modell genügen und somit u.a. vom Zinsvektor abhängig sind. Die Mittelnachfrage des Bankensystems auf diesen Märkten ist somit als völlig zinsunelastisch unterstellt. Die Bestände der Sektoren ergeben sich dann wiederum über Fortschreibungsgleichungen. Die Kassenbestände der Kreditinstitute an Bargeld sind nicht im Modell berücksichtigt, da sie weder in der Finanzierungs- und Geldvermögensrechnung enthalten sind, noch zur Bestimmung der monetären Aggregate benötigt werden. Da für diese nicht- oder doch nur gering verzinslichen Finanzaktiva keine "eigene" Zinsvariable existiert, hängt die Bargeld- und Sichteinlagennachfrage der Sektoren rekursiv vom Zinsvektor ab und wirkt zumindest nicht direkt auf den Zinsbildungsprozeß zurück. Die dritte und letzte Modifikation gegenüber dem theoretischen Modell besteht darin, daß wir nicht für alle Sektoren des Modells ein zinsabhängiges Angebots- und Nachfrageverhalten auf den Finanzmärkten unterstellen. Für Angebot und Nachfrage der Sektoren Staat und Ausland unterstellen wir im Rahmen unserer Fragestellung, daß sie allein von ihrem jeweiligen Finanzierungssaldo abhängen. Nur die Struktur des Mittelangebots und der Mittelnachfrage dieser Sektoren ist somit exogen, nicht aber deren Höhe. Gegenüber der Modeliierung eines zinsabhängigen Anlage- und Verschuldungsverhaltens, wie man es zumindest auch für das Ausland unterstellen könnte, ist die gewählte Vorgehensweise im Kontext unserer Fragestellung flexibler: In Simulationsexperimenten können die Auswirkungen unterschiedlicher Finanzierungsstrategien des Auslands sowie der öffentlichen Haushalte auf die inländische Zinsbildung untersucht werden. Bei der konkreten Aufteilung der Finanzierungssalden in Angebot und Nachfrage auf den verschiedenen Finanzmärkten sind ganz unterschiedliche I

Ubliche!Weise erfolgt die Endogenisierung monetärer Aggregate in weniger tief disaggregierten Modellen durch geschätzte Gleichungen.

1.6 Das Finanzmärktemodell

81

Formen denkbar und plausibel. Wir haben eine recht einfache und robuste Hypothese gewählt: Die historisch realisierten Bestandsveränderungen bleiben als Grundbetrag von Angebot und Nachfrage bestehen. Aufgeteilt wird nur die Differenz zwischen aktuellem und historisch realisiertem Finanzierungssaldo und zwar nur auf die Märkte für verzinsliche Finanzaktiva, d.h. nicht auf die Märkte für Bargeld, Sichteinlagen und sonstige Finanzaktiva. Der jeweilige Aufteilungsschlüssel ist dann Bestandteil der Simulationsannahmen. Bei dieser Modeliierung ist gewährleistet, daß - solange der Finanzierungssaldo des betreffenden Sektors unverändert gegenüber dem historisch realisierten Wert ist- Angebot und Nachfrage des Sektors auf den verschiedenen Finanzmärkten den historisch realisierten Werten entspricht. Sobald in Simulationsrechnungen der Finanzierungssaldo des Sektors variiert, wird die sich zum historischen Finanzierungssaldo ergebende Differenz konsistent in entsprechende Mehr- bzw. Mindernachfrage verwandelt. Für den Sektor Deutsche Bundesbank unterstellen wir, daß sein Verhalten auf den Märkten für festverzinsliche Wertpapiere, für kurzfristige und für längerfristige Bankkredite exogen ist. Die entsprechenden Bestandsgrössen aus der Geldvermögensrechnung sind in Bezug auf das gesamte Marktvolumen unbedeutend und über den gesamten Zeitraum nahezu konstant. Die im Zusammenhang mit dem Geldangebotsprozeß wichtigen Einlagen und Kredite der Kreditinstitute bei der Bundesbank sind demgegenüber in der Finanzierungsrechnung nicht einzeln ausgewiesen, sondern in der Position "sonstige Forderungen/Verbindlichkeiten" enthalten. Die Refinanzierung der Kreditinstitute bei der Deutschen Bundesbank ist aus diesem Grund im Rahmen unseres Modells in der Gleichung zur Bestimmung des Geldmarktzinses erfaßt. Auf der Grundlage dieses Modellkerns, der den Zinsvektor sowie die finanziellen Bestandsänderungen erklärt, sind über Definitionsgleichungen die finanziellen Bestandsgrößen endogenisiert. Zunächst ergibt sich über Fortschreibungsgleichungen der Bestand an Finanzvermögen nach Sektoren und Finanzaktiva, wobei auch die Umbewertung der Finanzaktiva mit variablem Nennwert (die Kursgewinne bzw. -Verluste der Sektoren) endogenisiert ist. 1 Die so bestimmten Bestandsvariablen sind in der folgenden Periode Argumente der Angebots- und Nachfragedispositionen der Sektoren. 1 Zur Modeliierung der Umbewenungen siehe Ewerhart (1990).

82

1 Das MSM-Modell

Darauf aufbauend erfolgt definitorisch die Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen monetären Aggregate wie der (einfachen) Geldbasis und ihrer Komponenten, der Geldmenge in verschiedenen Abgrenzungen (M1, M2, M3) sowie des Kreditvolumens. Sie ergeben sich durch Summation der jeweiligen Bestandsvariablen über die Sektoren. Die wichtigsten exogenen Variablen des Teilmodells lassen sich in vier Gruppen einteilen: Die erste Gruppe umfaßt die Instrumentvariablen der Geldpolitik: Diskontsatz, Rediskont- und sonstigen Kontingente sowie Mindestreservesätze. Eine weitere exogene Variable ist der Zinssatz für EuroDollar-Geldmarktpapiere. Die Variablen der Anlage- und Verschuldungsstrukturpolitik des Staates und des Auslands repräsentieren die dritte Gruppe. Die vierte und letzte Gruppe der exogenen Variablen sind die Finanzierungssalden der Sektoren, die allerdings im Rahmen des Gesamtsystems endogen bestimmt sind. Sie sorgen für eine konsistente Übertragung der von den Güter- und Faktormärkten ausgehenden ("realen") Impulse in das Finanzmärktemodell. Jeder Sektorüberschuß bedeutet simultan ein (Netto-) Mittelangebot auf den Finanzmärkten in gleicher Höhe, jedes Defizit simultan Mittelnachfrage.

1.6.2.2 Die Schätzergebnisse

In diesem Abschnitt sind die Ergebnisse der Schätzungen nach Sektoren dargestellt, und zwar in der Reihenfolge private Haushalte, Unternehmen, Wohnungswirtschaft, Kreditinstitute und paramonetäre Institute. Beim Sektor Kreditinstitute finden sich auch die Gleichungen zur Bestimmung des Geldmarktzinses und der Überschußreserven der Kreditinstitute. Sämtliche Funktionen sind für den Zeitraum 1971 bis 1983 mit dem OLS-Verfahren geschätzt worden, gegebenenfalls mit autoregressiver Korrektur nach Hildreth-Lu.1 In den Fällen, in denen die eigene Bestandsvariable als Regressor auftritt, ist auf die Angabe der DW-Teststatistik verzichtet worden, da sie dann ohne Aussagekraft ist. Die Ergebnisse für die privaten Haushalte sind in den Tabellen 14 und 15 festgehalten. Die statistischen Prüfmaße zeigen an, daß der theoretische Ansatz die untersuchten Daten gut beschreibt: Sowohl die Koeffizienten der Zins-, als auch der Strom- und der Bestandsvariablen haben die erwarteten

1 Zu einer Diskussion der vorliegenden Schätzproblematik siehe Ewerhart (1990).

1.6

Das Finanzmärktemodell

83

Vorzeichen und sind statistisch signifikant. Die Gleichungen erklären einen hohen Anteil der Varianz der abhängigen Variablen. Tabelle 14:

Die Mittelangebotsfunktionen der privaten Haushalte auf den Finanzmärkten. Abhängige Variable: DFoiH

Erklärende Variable

Bargeld

Sichteinlagen

Termineinlagen

SparFestverz. einlagen Wertpap.

7,75 (10,2) R Term

9,91 (6,3) R_Spar

12,83 (5,2) R FWP

-2,94 (-5,0) R - FWP

-11,29 ( -7,8) R_Spar

-6,17 (-5,2) R Term

-15,38 (-4,9) R_Spar

0,21 (2,4)

0,32 (2,4)

0,55 (2,3)

Eigenzins

Fremdzins

-0,65 ( -4,5) R FWP

-

Finanzierungssaldo Eigene Bestandsvariable(t -1)

-0,64 (-3,4) Fo Bar

Fremde Bestandsvariable(t-1)

0,17 0,06 0,30 (3,0) (2,7) (3,4) Fo Sicht Fo Term Fo FWP

-0,34 -0,24 -0,36 -0,11 (-3,5) ( -5,0) ( -3,1) (-3,2) Fo Sicht Fo Term Fo_Spar Fo FWP

Sonstige Variable Absolutglied R 2b eretmgt · · Schätzverfahren I-Statistik in Klammern

-

-

0,66 (3,8) Verb KrL -7,07 (-3,0) Drr

26,56 (5,0)

24,26 (4,9)

0,716 OLS/HL

0,652 OLS

0,874 OLS/HL

0,896 OLS

0,877 OLS/HL

I Das MSM-Modell

84

Tabelle 15:

Die Mittelnachfragefunktionen der privaten Haushalte auf den Finanzmärkten. Abhängige Variable: DVerbiH

Erklärende Variable Eigenzins

Kurzfr. Bankkredite

Längerfr. Bankkredite

-0,28 (-3,0) R KrK

-5,24 (-6,7) R KrL

-

Fremdzins

-

0,66 (2,4) R Term+R FWP

-

0,15 (7,3)

Finanzierungssaldo (FinSaldo_H) Eigene Bestandsvariable(t-1)

-0,52 (-4,2) Verb KrK

Fremde Bestandsvariable(t-1)

0,21 (4,7) Verb KrL

Absolutglied

7,89 (7,4)

29,88 (11,8)

· · R2b ere1mgt DW Schätzverfahren

0,768

0,925 2,40 OLS/HL

OLS

I-Statistik in Klammem Die geschätzten Koeffizienten für den Finanzierungssaldo der privaten Haushalte weisen darauf hin, daß die privaten Haushalte als typische Überschußeinheilen sich besonders bei den höherverzinslichen Finanzanlagen (Termin-, Spareinlagen und Festverzinsliche) engagieren. Die Summe der geschätzten Koeffizienten über die Mittelangebotsfunktionen beträgt 1,08. Die Schätzergebnisse weisen somit auf eine systematische Spreizung des Finanzvermögens der privaten Haushalte bei einem positiven Finanzierungs-

1.6 Das Finanzmärktemodell

85

saldo hin. Nach Abzug des Koeffizienten in der Mittelnachfragefunktion auf dem Markt für längerfristige Bankkredite in Höhe von 0,15 ergibt sich netto ein Gesamtkoeffizient von 0,93 bezüglich des Finanzierungssaldos. Für die sonstigen Aktiva ist damit ein Koeffizient von 0,07 impliziert. Der geschätzte Koeffizient für die "eigene" Bestandsvariable stellt gleichzeitig den Koeffizienten für die Anpassungsgeschwindigkeit des theoretischen Modells (mit umgekehrtem Vorzeichen) dar. In allen Angebots- und Nachfragefunktionen der privaten Haushalte ergeben sich Werte zwischen Null und Eins, und die Größenverhältnisse der Koeffizienten für die verschiedenen Aktiva und Passiva entsprechen den Erwartungen. Beispielsweise ergibt sich bei Termineinlagen ein deutlich höherer Wert als bei Spareinlagen. Das negative Vorzeichen der Variablen D7T in der Funktion für das Angebot der privaten Haushalte auf dem Markt für Spareinlagen weist darauf hin, daß die privaten Haushalte in Zeiten steigender Inflationsraten ihr Mittetangebot auf diesem Markt offensichtlich verringern. Die Tabelle 16 zeigt die Ergebnisse für das Angebotsverhalten des Unternehmenssektors auf den Finanzmärkten. Die Qualität der Anpassung ist hoch, die gut gesicherten Zins-, Strom- und Bestandsvariablen erklären im Zusammenspiel einen hohen Anteil der Streuung der zu erklärenden Variablen. Der Finanzierungssaldo des Unternehmenssektors berührt auf der Aktivseite des Geldvermögensportfolios offensichtlich allein die Termineinlagenhaltung. Auch für die Mittelnachfrage der Unternehmen auf den Finanzmärkten bewährt sich der theoretische Ansatz offensichtlich, wie die Tabelle 17 zeigt. Mit Ausnahme eines schwachen R 2 bei der Funktion für die Mittelnachfrage der Unternehmen auf dem Markt für festverzinsliche Wertpapiere sind die Testmaße für die Gleichungen gut. Die Zins-, die Strom- und die verzögerten Bestandsvariablen sind durchweg hoch gesichert. Aufsummiert über alle Angebots- und Nachfragefunktionen geht der Finanzierungssaldo des Unternehmenssektors mit einem Gesamtkoeffizienten von 1,04 ein, was einen Koeffizienten von -0,04 für die sonstigen Aktiva impliziert. Einen hohen Anteil des direkten Finanzierungsbedarfs der Unternehmen machen offensichtlich die Bankkredite aus.

86

1 Das MSM-Modell

Die Mittelangebotsfunktionen der Unternehmen auf den Finanzmärkten. Abhängige Variable: DFoiU

Tabelle 16: Erklärende Variable

Bargeld

TerminSichteinlagen einlagen

Eigenzins

Fremdzins

-0,42 -1,62 ( -5,6) (-3,8) R_Term+R_Spar R_Term

2,81 (8,5) R Term

0,42 (6,4) R_Spar

1,82 (4,2) R FWP

-6,77 (-10,3) R_Spar

-0,25 ( -9,1) R Term

-1,82 ( -4,2) R Term

-0,42 ( -5,6) Fo Bar

0,18 0,37 0,40 (4,6) (1,5) (6,9) Fo Term Verb KrK Fo Bar

Fremde Bestandsvariable 2(t-1)

0,15 0,32 (3,8) (1,9) Verb KrL Fo Sicht

-

0,14 (4,9) Fo Sicht

-

-

-

8,17 (7,1) 07123

Sonstige Variable Absolutglied

t-Statistik in Klammem

-

-0,93 -0,49 ( -4,0) ( -7,0) Fo Sicht Fo Term

Fremde Bestandsvariable 1(t-1)

R 2b eremtgt · · DW Schätzverfahren

-

-

0,12 (2,3)

Finanzierungssaldo (FinSaldo_U) Eigene Bestandsvariable(t-1)

SparFestverz. einlagen Wertpap.

6,29 (2,9) 07123

13,59 (3,3)

32,27 (4,9)

-0,77 ( -2,6)

-17,37 ( -4,3)

0,681

0,681

0,967

OLS/HL

OLS

OLS

0,814 2,59 OLS/HL

0,713 2,16 OLS

1.6

Tabelle 17:

Das Finanzmärktemodell

87

Die Mittelnachfragefunktionen der Unternehmen auf den Finanzmärkten. Abhängige Variable: DVerbiU Festverzinsliche Wertpapiere

Kurzfristige Bankkredite

Längerfristige Bankkredite

Eigenzins

-3,13 (-2,9) R FWP

-3,58 (-3,2) R KrK

-19,86 ( -4,0) R KrL

Fremdzins

1,81 (2,9) R _Spar+ R _KrL

4,55 (3,2) R FWP

10,86 (2,8) R FWP

-0,45 ( -3,4)

-0,47 ( -4,7)

-0,40 (-3,4) Verb KrK

-0,40 ( -6,3) Verb KrL

0,81 (3,8) Fo Term

0,85 (6,4) Verb KrK

Erklärende Variable

Finanzierungssaldo (FinSaldo_U) Eigene Bestandsvariable(t-1)

-0,30 ( -3,2) Verb FWP

Fremde Bestandsvariable( t -1) Absolutglied R 2bereinigt Schätzverfahren

7,94 (1,9) 0,506 OLS/HL

55,19 (9,4) 0,799 OLS/HL

0,812 OLS/HL

I-Statistik in Klammern Der Sektor Wohnungswirtschaft ist nur auf dem Markt für Sichteinlagen und auf den Märkten für kurz- und für längerfristige Bankkredite beteiligt. Wie die Tabelle 18 anzeigt, erklärt der gewählte Ansatz bei allen drei Funktionen für die Wohnungswirtschaft einen sehr hohen VarianzanteiL Anstelle der Nettogröße Finanzierungssaldo gehen beim Sektor Wohnungswirtschaft die beiden Bestandteile Eigenmittel und Bruttoinvestitionen

88

1 Das MSM-Modell

ein (Finanzierungssaldo = Eigenmittel - Bruttoinvestitionen), da sich die Saldengröße als nicht signifikant erwies. Tabelle 18:

Die Mittelangebots- und -nachfragefunktionen der Wohnungswirtschaft auf den Finanzmärkten. Abhängige Variable: DFoiW bzw. DVerbiW

Erklärende Variable

Mittelangebot: Sichteinlagen

Eigenzins

Fremdzins

-0,11 (-3,9) R KrK

-

Mittelnachfrage: Kurzfristige Längerfristige Bankkredite Bankkredite -0,67 ( -2,0) R KrK

-4,64 (-7,1) R KrL

1,51 (2,6) R KrL

1,46 (4,0) R KrK

-

-

Brutto0,06 investition (!Brutto_W) (14,9)

0,68 (20,0)

Eigenmittel (Eigenm_W)

-0,61 ( -9,5)

Eigene Bestandsvariable( t -1)

-0,65 (-5,0) Verb KrK

Fremde Bestandsvariable( t -1)

0,67 (6,2) Fo Sicht

0,60 (2,6) Fo Sicht

Absolutglied

-2,28 ( -7,0)

-2,86 ( -1,3)

20,56 (5,4)

R 2b erem1gt · · DW Schätzverfahren

0,948 1,74 OLS

0,780

0,997 2,58 OLS

I-Statistik in Klammern

OLS/ HL

1.6 Das Finanzmärktemodell

89

Die geschätzten Koeffizienten implizieren, daß 32 v.H. der von der Wohnungswirtschaft getätigten Bruttoinvestition über sonstige Finanzpassiva finanziert und 39 v.H. der Eigenmittel in sonstigen Aktiva angelegt werden. Daß sich für die Bestandsvariablen nur in einzelnen Fällen ein signifikanter Einfluß auf Mittelangebot und -nachfrage zeigt, weist darauf hin, daß Portfolioumstrukturierungen für die Wohnungswirtschaft offenbar von untergeordneter Bedeutung sind. Kommen wir zu den Schätzergebnissen für den Sektor Kreditinstitute. Zunächst sind hier die Gleichungen für den Geldmarktzins und für die Überschußreserven der Kreditinstitute dargestellt, daran anschließend finden sich die Ergebnisse für die Parameter der Mittelangebots- und -nachfragefunktionen dieses Sektors auf den übrigen Finanzmärkten. Der Geldmarkt beschreibt in enger Definition den Handel mit Zentralbankgeldüberschüssen zwischen den Kreditinstituten zum Zwecke des Liquiditätsausgleichs. Anbieter sind dort Institute mit einem Liquiditäts-überschuß, Nachfrager sind Institute mit einem Liquiditätsfehlbetrag (Köhler 1977, s. 135ff.). Wie bereits angesprochen, ist es nicht gelungen, den Geldmarkt mit dem strukturellen Ansatz abzubilden, da die entsprechenden Daten der Finanzierungs- und Geldvermögensrechnung der Deutschen Bundesbank nur ein Teilsegment des Geldmarktes, die Geldmarktpapiere, erfassen. Da wir dennoch nicht auf diesen Markt verzichten wollen, endogenisieren wir den Geldmarktzins über eine Zinsstrukturgleichung, müssen dann aber auf eine Mengenvariable für diesen Markt im Modell verzichten. Für den Geldmarktzins werden traditionell zwei wichtige Determinanten genannt, die Kosten einer alternativen Verschuldung bzw. die Erträge einer alternativen Anlage, und die allgemeine Liquiditätssituation des Bankensystems (Schneider 1983, S. 99ff.). Für ein Kreditinstitut mit einem Liquiditätsfehlbetrag existieren neben der Verschuldung auf dem Geldmarkt zwei alternative Formen der Beschaffung des benötigten Zentralbankgeldes. Zum einen besteht die Möglichkeit einer Refinanzierung bei der Deutschen Bundesbank über Diskont- bzw. Lombardkredit, und zum anderen besteht die Möglichkeit der Kreditaufnahme auf dem Euro-Dollar-Geldmarkt (Müller 1987, S. 75ff.). In der zu schätzenden Gleichung für den Geldmarktsatz erwarten wir aufgrund dieser Substitutionsmöglichkeiten für den Diskontsatz (R Diskont) und für den Zinssatz für Euro-Dollar-Geldmarktpapiere (R E$GMP) ein positives Vorzeichen. Da hier das Problem einer hohen Korre-: lation zwischen den beiden Zinssätzen besteht, wir andererseits aber auf kei-

1 Das MSM-Modell

90

ne der beiden Variablen verzichten wollen, spezifizieren wir als zu erklärende Variable die Differenz zwischen dem Geldmarktzins und dem Diskontsatz. Letzterer wird dabei mit dem Faktor 1,2 multipliziert, der der Elastizität des Geldmarktzinses in Bezug auf den Diskontsatz im untersuchten Zeitraum entspricht. Bei der Berücksichtigung der zweiten angeführten Determinante des Geldmarktzinses, der allgemeinen Liquiditätssituation des Bankensystems, ergibt sich das Problem der Wahl einer geeigneten Indikatorvariable. Die Quantiftzierung der Liquidität des Bankensystems ist schon für sich genommen ein Problem. Darüber hinaus ist in der Statistik der Deutschen Bundesbank keine für den betrachteten Zeitraum einheitlich abgegrenzte Zeitreihe verfügbar (Schneider 1983, S. 100ff.). Als Indikator für den Zuwachs bzw. Verlust an Liquidität durch das Bankensystem benutzen wir daher eine Variable, die der Erhöhung der Rediskont- und sonstigen Kontingente der Kreditinstitute durch die Bundesbank (MRefLinien) abzüglich der Erhöhung der einfachen Geldbasis (MGeldbasis) mit ihren Komponenten Bargeldumlauf, Mindestreservesoll und Überschußreserve entspricht. Wir erwarten für diese Variable ein negatives Vorzeichen, d.b. jeder Liquiditätszuwachs im Bankensystem senkt das Zinsniveau auf dem Geldmarkt. Desweiteren testen wir mit der Dummyvariablen D7123, ob in der Zeit fester Wechselkurse der Geldmarktzins signifikant höher oder tiefer gelegen hat als in der Zeit danach. Mit der Schockvariablen Dq2 überprüfen wir, ob darüberbinaus das Zinsniveau auf dem Geldmarkt zu den Zeiten der Ölpreisschocks aufgrund einer allgemeinen Unsicherheit bei den Marktteilnehmern signifikant höher war. Bei der Schätzung ergibt sich die folgende Funktion: (107)

R _GMP(t) - 1,2 • R_Diskont(t)

=

0,23 • R_E$GMP(t) (3,9)

- 0,05 • diff(MRefLinien(t)- MGeldbasis(t)) (-1,7)

+ 0,04 • Dq2(t) + 1,68 • D7123- 2,041 (2,8) (2,6) (-3,1) OLS

1 diff(X(t))

=

R 2bereinigt = 0,765

X(t)- X(t-1).

DW

= 2,41

91

1.6 Das Finanzmärktemodell

Das positive Vorzeichen der Strukturbruchvariablen D7123 weist auf eine engere Bindung des Geldmarktzinses an den Diskontsatz nach der Wechselkursfreigabe hin. Die in die Instrumentvariable zur Erfassung der Liquiditätssituation des Bankensystems eingehende Geldbasis (MGeldbasis) ist über ihre Verwendungsseite durch die folgende Definitionsgleichung endogenisiert: (108)

MGeldbasis(t) = MBargeld(t) + MReservesoll(t)

+ MUeberReserv(t) Obwohl die Geldbasis somit eine endogene Modellvariable darstellt, ist nicht impliziert, daß sich die Geldbasis stets an die Nachfrage nach Basisgeld anpaßt. Eine solche Argumentation gilt nur für ein gegebenes Niveau des Diskontsatzes. Über ihn und die übrigen Instrumentvariablen beeinflußt die Deutsche Bundesbank die Geldbasis entscheidend. Die erste Komponente der Geldbasis, der Bargeldumlauf außerhalb des Bankensystems (MBargeld), ist dabei als die Summe der Bargeldbestände über die entsprechenden Sektoren endogenisiert. Die zweite Komponente, das Mindestreservesoll der Kreditinstitute (MReservesoll), ergibt sich als die mit den jeweiligen Mindestreservesätzen gewichtete Summe der sektoralen Bestände an Sicht-, Termin- und Spareinlagen bei den Banken. Wir unterscheiden dabei sechs verschiedene Mindestreservesätze, die für die unterschiedlichen Einlagenarten (Sicht-, Termin-, Spareinlagen) und für inländische und für ausländische Kreditinstitute unterschiedlich sind. Zur Endogenisierung der dritten Komponente der Geldbasis, der Überschußreserven der Kreditinstitute (MUeberreserv) spezifizieren wir eine Verhaltensfunktion, in der das gesetzliche Mindestreservesoll (MReservesoll) als Niveauvariable und der Diskontsatz (R Diskont) als Kostenvariable fungiert. Es ergibt sich die folgende Funktion: (109)

MUeberReserv(t) OLS

=

0,19 • MReservesoll(t)- 0,06 • R_Diskont(t) (-1,6)

(4,5)

R 2bereinigt

=

0,291

DW

=

2,05

Nach diesem Ergebnis halten die Kreditinstitute bei steigendem Diskontsatz ceteris paribus weniger Überschußreserven.

1 Das MSM-Modell

92

Kommen wir nun zu den Angebots- und Nachfragefunktionen der Kreditinstitute auf den übrigen Finanzmärkten. In den Tabellen 19 und 20 sind die Schätzergebnisse dargestellt. Auch für diesen Sektor ist die Qualität der Anpassung allgemein als gut zu bezeichnen. Tabelle 19:

Die Mittelangebotsfunktionen der Kreditinstitute auf den Finanzmärkten. Abhängige Variable: DFoiK

Erklärende Variable Eigenzins

Geldmarktzins (R_GMP) Eigene Bestandsvariable( t-1) Fremde Bestandsvariable 1(t-1)

F estverzinsl. Wertpapiere

Kurzfr. Bankkredite

Längerfr. Bankkredite

3,48 (5,3) R FWP

7,72 (4,8) R KrK

3,38 (1,7) R KrL

-3,48 (-5,3)

-3,50 (-2,5)

-3,38 (-1,7)

-0,49 (-4,3) Fo FWP

-0,85 (-9,3) Fo KrK

0,33 (5,2) Verb FWP

0,14 (6,6) Fo KrL

Fremde Bestandsvariable 2(t-1)

!-Statistik in Klammern

0,21 (19,0) Verb_Spar

0,37 (6,6) Verb Sicht

Sonstige Variable · · R 2bere1mgt DW Schätzverfahren

-

5,16 (1,9) 07123 0,744

0,923

OLS/HL

OLS/HL

0,760 2,22 OLS

1.6

Tabelle 20:

Das Finanzmärktemodell

93

Die Mittelnachfragefunktionen der Kreditinstitute auf den Finanzmärkten. Abhängige Variable: DVerbiK

Erklärende Variable

Termineinlagen

Spareinlagen

Festverzinl. Wertpapiere

Eigenzins

-14,61 ( -2,0) R Term

-14,83 ( -6,2) R_Spar

-7,57 (-3,7) R FWP

-

Geldmarktzins (R_GMP)

-

14,61 (2,0)

Eigene Bestandsvariable( t -1)

-0,22 ( -6,3) Verb Term

-0,52 (-9,3) Verb_Spar

-0,36 ( -3,5) Verb- FWP

Fremde Bestandsvariable(t-1)

0,47 (8,6) Verb_Spar

0,43 (6,8) Fo KrK

0,73 (4,4) Fo KrK

Sonstige Variable 1

-0,62 ( -3,1) Dq2

-36,89 ( -6,7) D7123

Sonstige Variable 2

15,26 (4,8) Drr

Absolutglied

-56,75 ( -5,2)

223,32 (10,4)

R 2b ere1mgt · · Schätzverfahren

0,883 OLS

0,825 OLS/HL

-

9,87 (4,1) Drr

0,802 OLS/HL

I-Statistik in Klammem Für die Zins- und die Bestandsvariablen ergeben sich meist hoch gesicherte Koeffizienten mit plausiblen Vorzeichen. Allerdings ist in diesem Sektor kein signifikanter Einfluß für die Stromvariablen zu finden. Dieses Ergebnis entspricht der Erwartung, daß den Kreditinstituten im gesamt-

94

1 Das MSM-Modell

wirtschaftlichen Finanzierungsgefüge in erster Linie die Rolle eines Finanzintermediärs und weniger die eines typischen Überschuß- bzw. Defizitsektors zukommt. Die Akkumulation neuen Geldvermögens scheint als Determinante des Angebots- und Nachfrageverhalten der Kreditinstitute keine Rolle zu spielen. Die Signifikanz und die Vorzeichen der Dummyvariablen D7123 lassen vermuten, daß die Kreditinstitute nach der Wechselkursfreigabe 1973 ihr Angebot an kurzfristigen Krediten zurückgenommen und ihre Nachfrage nach Spareinlagen ausgeweitet haben. Die Koeffizienten bezüglich der Variablen D7T zeigen an, daß die Kreditinstitute in Zeiten beschleunigter Inflation offensichtlich vermehrt Mittel auf den Märkten für Termineinlagen und festverzinsliche Wertpapiere nachgefragt haben. Weiterhin zeigt die Signifikanz der Schockvariablen Dq2 in der Angebotsfunktion für längerfristige Kredite an, daß die Kreditinstitute sich in Zeiten steigender Importpreise bei der Vergabe längerfristiger Kredite restriktiver verhalten haben. Als letzten Sektor betrachten wir die paramonetären Institute. Die in den Tabellen 21 und 22 eingetragenen Schätzergebnisse für die Parameter ihrer Angebots- und Nachfragefunktionen zeigen an, daß das theoretische Modell geeignet ist, die untersuchten Daten auch für diesen Sektor zu erklären. Die Mittelnachfrage (das Emissionsverhalten) der paramonetären Institute auf dem Markt für festverzinsliche Wertpapiere betrachten wir allerdings als exogen. Hier erwies sich der theoretische Ansatz als überfordert. Sowohl im Hinblick auf das Portfolio des Sektors als auch mit Blick auf die Zinsbestimmung ist diese Position quantitativ ohne Bedeutung. Wie bei den Kreditinstituten spielt auch bei den paramonetären Instituten die Stromvariable Finanzierungssaldo keine Rolle, was mit dem gleichen Argument wie dort durchaus den Erwartungen entspricht. Die Koeffizienten für die verzögerten Bestandsvariablen haben plausible Vorzeichen und sind hochsignifikant, allerdings erscheint der Wert für die Termineinlagen relativ klein. Auch der Zinseinfluß in den Funktionen ist jeweils gut gesichert. Leider kann in den Nachfragefunktionen nach Terminund Spareinlagen der Einfluß des jeweiligen Eigenzinses nicht gemessen werden. Für die sonstigen Variablen registrieren wir auch im diesem Sektor einen signifikanten Einfluß: Nach dem Jahr 1973 beobachten wir ein erhöhtes Mittclangebot der paramonetären Institute auf dem Markt für Termineinlagen, ein verringertes Angebot auf dem Wertpapiermarkt sowie eine verringerte Nachfrage auf dem Markt für längerfristige Bankkredite.

1.6

Tabelle 21:

Das Finanzmärktemodell

95

Die Mittelangebotsfunktionen der paramonetären Institute auf den Finanzmärkten. Abhängige Variable: DFoiP

Erklärende Variable

Sichteinlagen

Termineinlagen

Spareinlagen

Eigenzins

Festverzinst Wertpapiere 4,78 (3,9) R FWP

-

FremdZlOS

-0,20 (-2,0) R FWP

-1,08 ( -2,3) R_Spar

-0,01 (-3,5) R Term

Eigene Bestandsvariable(t-1)

-0,69 (-3,9) Fo Sicht

-0,17 (-2,5) Fo Term

-0,36 (-3,5) Fo_Spar

Fremde Bestandsvariable(t-1)

0,03 (5,1) Fo FWP

0,22 (3,2) Fo FWP

0,12 (5,5) Fo Term

Sonstige Variable 1

0,01 (3,7) Dq2

-3,06 (-2,2) 07123

6,30 (3,6) 07123

Sonstige Variable 2

0,38 (3,8) Drr(t-1)

Absolutglied · · R 2b erem1gt Schätzverfahren

t-Statistik in Klammem

-4,78 (-3,9) R_Spar

-3,88 (-6,0) D7T

3,90 (7,1)

12,38 (3,8)

0,24 (4,5)

-9,53 ( -3,6)

0,815 OLS/HL

0,798

0,602

0,763 OLS/HL

OLS

OLS

96

Tabelle 22:

1 Das MSM-Modell

Die Mittelnachfragefunktionen der paramonetären Institute auf den Finanzmärkten. Abhängige Variable: DVerbiP

Erklärende Variable

Kurzfr. Bankkredite

Längerfr. Bankkredite

-0,49 (-2,1) R KrK

-0,30 (-3,2) R KrL

0,93 (2,4) R KrL

0,30 (3,2) R KrK

Eigene Bestandsvariable(t-1)

-0,69 (-3,6) Verb KrK

-0,79 (-6,2) Verb KrL

Fremde Bestandsvariable(t-1)

0,54 (4,8) Verb KrL

0,09 (6,7) Fo Term

Eigenzins

-

Fremdzms

Sonstige Variable 1 Absolutglied R 2b eretntgt · · Schätzverfahren

-

-

-

1,51 (4,2) D7123 -3,87 (-2,8)

-2,06 (-5,0)

0,706 OLS/HL

0,663 OLS/HL

!-Statistik in Klammern Die eine Inflationsakzeleration erfassende Variable Drr zeigt sich in den Angebotsfunktionen auf den Märkten für Sichteinlagen und für festverzinsliche Wertpapiere als signifikant. Darüberhinaus ist das Mittelangebot der paramonetären Institute auf dem Markt für Sichteinlagen offensichtlich in Zeiten steigender Importpreise zusätzlich erhöht.

1.6 Das Finanzmärktemodell

97

Für die sonstigen Variablen registrieren wir auch im diesem Sektor einen signifikanten Einfluß: Nach dem Jahr 1973 beobachten wir ein erhöhtes Mittelangebat der paramonetären Institute auf dem Markt für Termineinlagen, ein verringertes Angebot auf dem Wertpapiermarkt sowie eine verringerte Nachfrage auf dem Markt für längerfristige Bankkredite. Die eine Inflationsakzeleration erfassende Variable Drr zeigt sich in den Angebotsfunktionen auf den Märkten für Sichteinlagen und für festverzinsliche Wertpapiere als signifikant. Darüberhinaus ist das Mittelangebot der paramonetären Institute auf dem Markt für Sichteinlagen offensichtlich in Zeiten steigender Importpreise zusätzlich erhöht. Insgesamt ist festzuhalten, daß der gewählte Ansatz die analysierten ten gut beschreibt. Die reduzierte Form des Finanzmärktemodells, die aus den geschätzten Zinskoeffizienten der sektoralen MittelangebotsMittelnachfragefunktionen ergibt, ist bei Ewerhart (1990) dargestellt analysiert.

Dasich und und

1.7 Die Ergebnisse der Basislösung

Als notwendige Bedingung für die Validität eines ökonometrischen Modells gilt die hinreichend genaue Erklärung der historischen Entwicklung der abgebildeten Volkswirtschaft im Schätzzeitraum. In diesem Abschnitt ist die Anpassungsqualität des Gesamtsystems beschrieben, die sich im Rahmen einer dynamischen Basislösung zeigt. Die Lösung des Modells erfolgt grundsätzlich Periode für Periode. Bei einer dynamischen Simulation werden die Werte der exogenen Modellvariablen vorgegeben, während die zeitverzögerten endogenen Variablen mit ihren vom Modell für die Vorperiode berechneten Werten eingehen. Entsprechen bei einer Simulation die Werte der exogenen Variablen den historisch realisierten Werten und findet darüberhinaus die Simulation im Schätzzeitraum statt, so spricht man von einer Basis- oder auch historischen Simulation, die eine klassische Form der Anpassungsprüfung für ökonometrische Modelle darstellt. Da das ökonometrische Modell eine interdependente Gleichungsstruktur hat, erfolgt die Lösung für die einzelnen Perioden mit einem iterativen Verfahren, und zwar dem Gauss-Seidel-Verfahren. Bei allen Sirnutationen wird ein sehr scharfes Konvergenzkriterium verwendet, um die Stabilität der Lösung zu gewährleisten: Erst wenn sich in einer bestimmten Iteration der Wert jeder endogenen Variablen um nicht mehr als 0,01 v.H. gegenüber der vorherigen Iteration ändert, wird das Verfahren abgebrochen und die Lösung der aktuellen Iteration als Lösung des Modells für die betrachtete Periode akzeptiert. Bei diesem Konvergenzkriterium ergab sich in der dynamischen Basislösung des Modells für den Zeitraum 1971 bis 1983 die folgende Anzahl an Iterationen: 1 1971: 1972: 1973: 1974: 1975: 1976:

29 36 49 62 38 43

Iterationen; Iterationen; Iterationen; Iterationen; Iterationen; Iterationen;

1 Sämtliche Simulationsrechnungen wurden wie die Schätzungen der stochastischen Modellgleichungen mit dem Softwarepaket MODLER (Renfro 1988) auf einem IBM-AT-Rechner durchgeführt.

1.7 Die Ergebnisse der Basislösung

1977: 1978: 1979: 1980: 1981: 1982: 1983:

37 36 48 66 44 41 59

99

Iterationen; Iterationen; Iterationen; Iterationen; Iterationen; Iterationen; Iterationen.

Die Ergebnisse des Vergleichs zwischen der Basissimulation und der tatsächlichen historischen Entwicklung sind für ausgewählte Variablen zum einen graphisch in den Abbildungen 4 bis 8 und zum anderen anband geeigneter Prüfmaße in den Tabellen 23 bis 27 dargestellt. Die Tabellen weisen die folgenden Prüfmaße aus: 1 MAPE mittlerer absoluter prozentualer Fehler; RMSPE Wurzel aus dem mittleren quadratischen prozentualen Fehler; mittlerer absoluter Fehler; MAE RMSE Wurzel aus dem mittleren quadratischen Fehler; Theilscher Verzerrungsanteil; U1 Theilscher Varianzanteil; U2 Theilscher KovarianzanteiL U3 Die beiden ersten Maße stellen auf die durchschnittliche relative Abweichung zwischen der Basislösung und der historischen Entwicklung über den Zeitraum der Basislösung ab. Für Modellvariablen, deren Realisationen in der Nähe von Null liegen, sind diese Prüfmaße wenig aussagekräftig, so daß in diesen Fällen statt der relativen Fehlermaße (MAPE und RMSPE) die entsprechenden absoluten Maße (MAE und RMSE) angegeben sind. Mit Hilfe der Theilschen Ungleichheitsproportionen U1 bis U3 läßt sich der von den übrigen Maßen erfaßte globale Simulationsfehler in drei charakteristische Anteile zerlegen, die sich zu Eins ergänzen. Sowohl der Verzerrungsanteil Ul, der auf einen systematischen Niveaufehler hinweist, als auch der Varianzanteil U2, der auf einen systematischen Fehler bezüglich der Schwankungsstärke hinweist, haben den Idealwert Null. Der Kovarianzanteil U3 zeigt an, inwieweit der Simulationsfehler zufällig ist und sollte idealerweise Eins betragen.

1 Zu einer weiteren Diskussion dieser Prüfmaße siehe Pindyck/ Rubinfeld (1981, S. 360ff.).

100

1 Das MSM-Modell

Abbildung 4:

Die Ergebnisse der Basislösung: Wichtige gesamtwirtschaftliche Variablen

lleechl ltlgung (Mio. Peraonen)

Bruttoproduktion

1n Preleen von 1880 (Mrd. DM)

.

.. .. .,

.... ....

..

n.o

• •·•

n n n

...

n

n

n

n n

n •

~

n

u

PNIIIndex d• Bruttoproduktion (1880o1)

'·'

... ...

...

. .. •• .. .. . " " .. •• . .. n-au t~r llnQerfrtat~ Bankkredite

..

(Promnt pro J.tlr)

noo +--.---.---,.-.-..--,.--.---.-.--,----.-.....J

n n

.. ..... ... ...

n "

"

n

n "

"

~

N

n u

Bruttolallreelohn der BeechiftiQten Im ln-tlllonegUterv-"be (Ted. DM)

...

. .. .. . .. •• . .. •• . " Oeldvolurnen M1 JMrwendbeetand (Mrd. DM)

... ...

..

N

... ... . . .. . .. .. . .. .. . . ... .. .. ... .. .. .. .. . . .. •• .. .

- - Historische Werte

.. . . . Werte der Basislösung

101

1.7 Die Ergebnisse der Basislösung

Abbildung 5:

Die Ergebnisse der Basislösung: Endnachfragekomponenten

Privater Koneum ln PrNen wn 1$80 (M-d. DM)

•••

AuarU•tungeln-~tlonen

ln PrNen

wn 1$80 (M-d. CM)

•••r-- -- - - - - - - - -- ---,

•••

...

... ... ••• N

...••• ...••• •••

••• ••• ••

... ... ... ... ...

a.uln-tltlonen in PrNen wn 1880 (M-d. CM)

... ... ... -...

n

~

~

N

N

"

N

n



'' n

h

Exporte

1n PrNen wn 1880 (Mrd. DM)

. . .. .. . .. .. .. .. •• .. .. .. .. .. . .. .. .. . . •• .. .. 100

'""an.

ln PrNen wn 1880 (M-d.. CM)

-.. .. .. .. .. .. .. - - Historische Werte

"'

.. . .. .. ..

1'1

........ ............ .... ......

ln

"

OM&m.. EndMehlrage ~IIgen

.. .. .. .. 1'1

. . . . . Werte der Basislösung

PreiHn (Mnl. DM)

1"1

"'

.. .. •• .. .

1 Das MSM-Modell

102

Abbildung 6:

Die Ergebnisse der Basislösung: Produktion nach Sektoren

Bruttoproduktton c1er Aw.wtacllllft ln Prelleil von 11180 (Mrd. DM)

Brut~kllon

dM

GN!datof~

1n ........., von 11180 (Mrd. DM)

Bruttoproduktion dM KonaumQUw~ ln ........., von 11180 (Mrd. DM)

--

...

-

Brut~kllon dM ~

1n PNIMn von tll80 (Mrd. DM)

.-..

llruttaproGJkllon dM ",. DlanatlaWIYIQ8•

e-Ma ln Prelleil von tii80 (Mrd. DM)

-.. .... . .. .. .. . .. . • .. • • -· - .. . . .. .. .. .. • .. • • .,

- - Historische Werte

"

. .. . . Werte der Basislösung

.,

103

1.7 Die Ergebnisse der Basislösung

Abbildung 7:

Die Ergebnisse der Basislösung: Beschäftigung nach Sektoren

EIMchiltlgte 1n dw AQrarwrtadl.,t

IT•d.Pw-1

000

....

HO 140

HO

.... ....

m Onmdetotfa-be

IT•d.Pw-1

HOO

HO

...

Beechlttlgte

HOO

.. .. .. .. . . " . . .. •• . " .... .. . . .. .. " . " . .. .. .. HOO

n

....

-

BMchiftiQte m lnwetttlantQIItw-

a-11• (Ttd. Pw-1

.... ....

.......

Beadllft~

m KOMUmgll~be

(Ttd.Pw-1

.... .. .... .... ... ... .. .. .. " . ... .. .. • .. .... .. ... . .. . " . " HOO

11"--""'"'-'......lllU""-'"'-'-""Neuverachuldung

Einnahmen

lnveatltlonen

Staataverbrauch

-

Perlode 1

~ Perlode 2

D

B

Perlode 5

D

l'illllllll Perlode 7

Perlode

e

Zlnaauagaben

Perlode 3

Tranafen

~ Perlode •

Differenzen zur Basislösung in Mrd. DM in jeweiligen Preisen

Nach diesem Überblick verlassen wir die gesamtwirtschaftliche Ebene und diskutieren die Effekte auf Güter-, Faktor- und Finanzmärkten. Im folgenden Abschnitt gehen wir auf die Ursachen der oben geschilderten Entwicklung und die Struktureffekte bei der Güternachfrage ein.

2.2.3 Güternachfrage und Güterpreise

Die primären und induzierten Endnachfrageeffekte erklären einen wesentlichen Teil der Preis- und Produktionsentwicklung. Die Änderungen der realen, aggregierten Endnachfragekomponenten sind in Abbildung 22 dargestellt. Der Konsum liegt während des gesamten Simulationszeitraums über den Vergleichswerten der Basislösung. Das Entwicklungsmuster der Konsumzuwächse ist auf die Änderungen der Realeinkommen zurückzuführen. Die privaten Ausrüstungsinvestitionen steigen wegen der günstigen Produktionsentwicklung an, wobei sich in den letzten Simulationsperioden die steigenden Langfristzinsen dämpfend auf die Nachfrage auswirken. Bei den privaten Bauinvestitionen liegt in der ersten Periode eine Wirkungsverzögerung vor: Der private Wohnungsbau als wesentlicher Bestandteil dieses Aggregates reagiert sofort auf die steigenden Zinsen, während er mit einer Verzögerung auf den Produktionsanstieg reagiert. Am Ende des Simulationszeitraums wird die im Vergleich zu den Ausrüstungsinvestitio-

2 Die Wirkungen der Geld- und Fiskalpolitik

132

nen höhere Zinsreagibilität der Bauinvestitionen deutlich: Die Produktionszuwächse reichen gerade aus, um die kontraktiven Effekte des Zinsanstiegs zu kompensieren. Abbildung 22: Die Wirkung einer expansiven Fiskalpolitik auf die Endnachfragekam ponenten 0,6 , - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - , 0 , 0, wenn: cS'wk.(t) I

IMNGi(t) - €iX > ( 1 + €iM) - - - EXNGJt)

Betrachten wir nun die durch die ökonometrische Schätzung der Exportund Importfunktionen ermittelten partiellen Preiselastizitäten im Außenhandel der Bundesrepublik nach Gütergruppen. Sie sind in der ersten und zweiten Spalte der Tabelle 39 dargestellt. In der dritten Spalte ist abzulesen, ob während des Simulationszeitraums für die entsprechende Gütergruppe in der Ausgangssituation eine aktive oder eine passive Handelsbilanz vorgelegen hat. Im gesamten Zeitraum von 1974 bis 1978 lag nur bei den Investitionsgütern ein Handelsbilanzüberschuß vor, der aber ausreichte, um bei sonst ausschließlich defizitären Teilbilanzen im gesamten Simulationszeitraum einen aggregierten Handelsbilanzüberschuß zu sichern.

150

3 Dollarkurs und Binnenwirtschaft - Partialanalyse

Die geschätzte absolute Preiselastizität der gesamtwirtschaftlichen Exportnachfrage ist langfristig etwas kleiner als Eins. Die disaggregierten Preiselastizitäten streuen um diesen gewogenen Durchschnitt. Die Investitionsgüter als bedeutendster Exportfaktor der Bundesrepublik haben eine überdurchschnittlich hohe Preiselastizität Sie sind offensichtlich durch Lieferungen der Hauptkonkurrenten auf dem Weltmarkt besser als andere Güter substituierbar. Deutsche Konsumgüter und Grundstoffe werden offensichtlich von den Abnehmerländern als weniger homogen aufgefaßt. Tabelle 39:

Die partiellen Preiselastizitäten der Export- und ImportDachfragefunktionen

Gütergruppe Agrarprodukte Grundstoffe Investitionsgüter Konsumgüter Alle Gütergruppen

Exporte

Importe

€iX

€iM

-1,04 -0,62 -1,00 -0,57 -0,82

-0,60 -0,22 -1,38 -1,09 -0,44

HBS.I