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German Pages 231 Year 1998
CHRISTIAN LUTZ
Umweltpolitik und die Emissionen von Luftschadstoffen
Studien zu Umweltökonomie und Umweltpolitik Band3
Umweltpolitik und die Emissionen von Luftschadstoffen Eine empirische Analyse für Westdeutschland
Von
Christian Lutz
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme
Lutz, Christian: Umweltpolitik und die Emissionen von Luftschadstoffen : eine empirische Analyse für Westdeutschland I von Christi an Lutz. Berlin: Duncker und Humblot, 1998 (Studien zu Umweltökonomie und Umweltpolitik ; Bd. 3) Zug!.: Osnabrück, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09460-3
Alle Rechte vorbehalten
© I 998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1435-0238 ISBN 3-428-09460-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 8
Vorwort Die Rückfiihrung des Ausstoßes von Massenschadstoffen auf ein dauerhaft tragfähiges Niveau ist eine der zentralen Aufgaben einer nachhaltigen Umweltpolitik. Daß dazu Änderungen notwendig sind, ist klar. Welcher Weg konkret eingeschlagen werden soll und in welchem Zeitraum diese Reduktionen ohne massive ökonomische und soziale Verwerfungen stattfinden können, ist dagegen umstritten. Die vorliegende Arbeit, die im Juli 1997 vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Osnabrück als Dissertationsschrift angenommen wurde, zeigt gangbare Wege in eine nachhaltigere Zukunft auf. Sie entstand in den Jahren 1993 bis 1997 am Lehrstuhl fiir Makroökonomische Theorie, der von Herrn Prof. Dr. Bernd Meyer geleitet wird. Er hat das Dissertationsvorhaben ermöglicht und betreut. Dafiir gilt ihm mein besonderer Dank. Herrn Prof. Dr. Reinhard Neck danke ich für die Übernahme des Korreferats. Die Arbeit entstand im Rahmen des von der Volkswagen-Stiftung geförderten Forschungsprojekts "Umweltzertiftkate oder Besteuerungslösungen? Wirkungen aufUmweltbelastungen, Wachstum und Struktur der Wirtschaft". Der Volkswagen-Stiftung gilt deshalb mein Dank für die finanzielle Förderung. Das Makro-Team hat durch die angenehme Arbeitsatmosphäre und viele hilfreiche Diskussionen ebenfalls zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Hervorheben möchte ich Frau Dr. Carolin Vogt, Herrn Dr. Georg Ewerhart, Herrn Dr. Rainer Voßkamp und ganz besonderes Herrn Dipl.-Volkswirt Andreas Bockermann. Abschließend danke ich meiner Familie, ohne die diese Arbeit gar nicht erst begonnen worden wäre, und der WG Roonstraße 10. Agnes Kenkel war mir während der gesamten Promotionsphase eine große Hilfe. Sie ertrug meine Launen sowie die häufige Abwesenheit und machte mir das Leben so angenehm wie möglich. Jana Franziska Kenkel hat dieser Arbeit Monate vor ihrer Geburt schließlich den letzten Schub gegeben.
Osnabrück, im Dezember 1997
Christian Lutz
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung................ ..................................... ..................................................... 23
I.
Problemstellung.......................................................................................... 23
ll. Aufbau der Untersuchung ........................................................................... 26 B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen ............. 29 I.
Ökologische, umweltpolitische und umweltökonomische Grundlagen......... . 29 I. Wirkungen erhöhter Luftschadstoftkonzentrationen ................... .. ........... 29
a) Abgrenzung und Problembereiche .......... ................ ........................... 29 b) Zusätzlicher Treibhauseffekt .... ......................................................... 30 c) Versauerung von Luft, Boden und Gewässern .... ......... ...... ................. 32 d) Photosmog ....... ..... ....... ............... ........ ....... ................. ...................... 33 e) Zusammenfassung......... ......................................................... ......... .. 34 2. Umweltpolitische Reduktionsziele ... ........... ..... ...... ......................... ....... 35 a) Internationale Vereinbarungen..................... ............ .................... ...... 35 b) Nationale Reduktionsziele ... ...... .......................... ................... ........... 36 3. Umweltökonomische Lösw1gsansätze ........ ........... ................... ..... ......... . 38 a) Umweltökonomische Grundkonzepte........ .... ...... ............................... 39 b) Die standardorientierten Instrumente der Umweltpolitik: Auflagen, Abgaben und Zertifikate ............... ......... .. .. ...................... ........... ... .... 41 c) Zum praktischen Einsatz umweltpolitischer Instrumente .................... 43 d) Die Diskussion um eine ökologische Steuerreform ............................ 44
ll. Ökonomische Modelle der Reduktion von Lufischadstoffen.... ..................... 47 I. Zur Auswahl der untersuchten Modelle ...... ......... ......................
47
2. Die DIW-Studie "Ökosteuer- Sackgasse oder Königsweg?" (1994) ........ 48 a) Zielsetzw1g und methodisches Vorgehen .. ...... ......... ............ ..... ........ 48
Inhaltsverzeichnis
8
b) Ergebnisse ............ ............................... .
········· .. ......... ..... 51 ..··········
c) Kiitik ........................... ........................ .
52
d) Exkurs: Die Berechnung der ökologischen Folgewirkungen durch das ZEW (1996).............. . .......................... . ............... 55 3. DieiSIIDIW-Studie(l994)........................... .......................................... 55 ... ...... ....
a) Zielsetzung und methodisches Vorgehen
55
b) Ergebnisse .... .............. ....... ....... .......... .
57
c) Kiitik ..................... ---···-·········· ··············-····························
57
4. Allgemeine Gleichgewichtsmodelle ............ ......................... .
58
a) Grundlagen........... . ...... ........................ ..... .. ............... .................... 58 b) DasEWI-Modell(l994) ....................... ...................... ..... ................. 60 c) Das Modell von Conrad/Wang (1993/94) ... ................. .......... ............. 62 d) Das Modell von Böhringer/Rutherford (1994) .......... ..... ... ... ... .... .. .... 63 5. Modellvergleich und weiterer Forschungsbedarf.......................... ........... 64 C. Die Analyse der Emissionsentwicklungen und ihrer Determinanten f\ir die Jah____ _............. ····-- ···-····-················ ····-·-············ 68 re 1978 bis 1990 ..........
I.
Die Beschreibung der Datenbasis............ ............... .................. ..... ... .. ...... 68 I. Der emissionsrelevante Energieverbrauch als Verursacher der Emissionen .................................................... . .. ............ ················ ··········· 69 2. Kohlendioxidemissionen (C02) ..
.................. .. ······- ................ 73
a) Die Emissionsfaktoren .......... ........ ....... ........................................... 73 b) Die Entwicklung der Emissionen. 3. Stickoxidemissionen (NO,) ....
............. ...... ............................ 74 ........... ............................... 76
a) Die Entwicklung der Emissionsfaktoren . ....... ............. .. ............ ........ 76 b) Die Entwicklung der Emissionen .......... .................. ........................... 78 4. Schwefeldioxidemissionen (S02)..... .................. ...... .. .................... .... .. . 80 a) Die Entwicklung der Emissionsfaktoren ..................................... .. ..
80
b) Die Entwicklung der Emissionen ..... .... ..... ........... ........ .......... ... .... . 81 5. Kosten für Luftreinhaltung ................... ............ ............... ...... ....... .. .. . 83 a) Investitionen .. ... ................ ........................... ..... ............. ...... ........ .... . 83
Inhaltsverzeiclmis
9
b) Bruttoanlagevermögen, Abschreibungen und laufende Ausgaben ...
86
6. Zusammenfassung ...... .. .. .. II.
85
Ex-post-Partialanalysen der Emissionsentwicklung und ihrer Determinan~ ................................... ... ......................... ... .................... .. ... .. .. ...
~
I. Die Rolle des emissionsrelevanten Energieverbrauchs........
87
2. Der Beitrag tedmiseher Maßnahmen zur Emissionsminderung.. ..
89
a) NOx-Minderung durch technische Maßnalunen ............... ..... .
89
b) S02-Minderung durch technische Maßnalunen ................. ..
91
3. Der Beitrag der Energieträgersubstitution zur Emissionsminderung...... .. 93 4. Zusammenfassung............................................... ......................... .......... 94 D. Die Prognose der Emissionsfaktoren bis 2005 als Erweiterung des Umweltmoduls von PANTA RHEI.. .. ..... ........ .. .. ........ .. ...... .. .. .......... .. .. ............. ........ .. ...... 97 I.
Zur Vorgehensweise ........ ............................ .. ........................... ... ............. 97 I. Zur Problematik der ökonometrischen Schätzung der Emissionsfaktoren 97
2. Bestimmung von Anpassungsfunktionen für die Emissionsfaktoren.... .... 99 II.
Technische Minderungspotentiale: Der bestmögliche Stand der Teclm.ik im ......................... ......................... .............. 100 Jahr 2005............................. I. Begriff und Abgrenzung ..
········· ············· ················ ················ ··········· 100
2. C02-Minderungspotentiale ........................ ... .... ................. .. ....... ....... .. .. 101 3. NOx-Minderungspotentiale ......................... ... ..... ....... .... ................... ..... 102 a) Straßenverkehr ....... ............................... ... ........... ................. ............. 102 b) Kraftwerke.... ...... ................................. ................................. .. .... ..... I 06 c) Übrige Verbrennungsprozesse ................. ......................................... 107 d) Zusammenfassung. ..... ........................
.... .............. .. ....................... 109
4. S02-Minderungspotentiale .... ..... .... ............... .. ....... ...... .... .. ..... ............. 110 a) Kohle .. .. .... ..... .... .. ..... .. ...................... . .................... ............ ............. 110 b) Übrige Energieträger .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . .. ... .. . .. .. .. .... .. .. .. .. .. .. .. .. . !II c) Zusammenfassung......... .. ................... .. .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. .. .. .. .. . .. .. .. ... .. .. 112 III. Das Trendszenario ..................................................................................... 113 I. Zur Vorgehensweise ......... ............................. ................. ....................... 113
10
Inhaltsverzeichnis 2. Die Entwicklung der NOx-Emissionen .......... .......... .
..... 114
a) Straßenverkelrr ........................................ ................ ............... ......... .. 114 b) Kraftwerke ................................................. ...................................... 116 c) Übrige Verbrennungsprozesse .................. ........................... ... .......... 117 d) Zusammenfassung .... ..... ........................ .............................. .............. 119 3. Die Entwicklung der S02-Emissionen .................................................... 119 a) Kohle ... ..... ........ ...................................... ..... ...................... ... ............ 119 b) Übrige Energieträger ................................... ............... ............ ........... 119 c) Zusammenfassung .......... ....................... .. .. ........................ ..... .... ... 120 IV. Die Entwicklung der Emissionsfaktoren bei Einsatz ökonomischer Instru..................... ......... ..... 120 mente...... ... .......... ...... .... ... .. .......... .. 1. Die Reaktionsmöglichkeiten von Wirtschaftssubjekten auf steigende Emissionspreise ....................................................................... .............. 120 2. Allgemeine Anpassungshypothesen ftir die Emissionsfaktoren ................ 122 a) Die Mängel einer einheitlichen, exponentiellen Anpassung ............. . 122 b) Die Einbeziehung der Schadstoffkostenkomponente .......................... 123 c) Die Einbeziehung tedmiseher Komponenten ... .. ................................ 124 d) Die Einbeziehung des Umsetzungsgrads der besten verfügbaren Technik............................ ............................................ ............ .... 125 e) Die Einbeziehung der Erneuerungsrate des Kapitalstocks . ................ 126 t) Zusammenfassung ...... ...................................................................... . 127 3. Spezielle Anpassungshypothesen für die NOx-Emissionsfaktoren ........... 127 a) Straßenverkehr ....... .................................... ................................ ... .... 127 b) Kraftwerke ........................................................................................ 128 c) Übrige Verbrennungsprozesse .................. ........................... .............. 129 d) Zusammenfassung .. ... .. .. ........................... .............................. ........... 130 4. Spezielle Anpassungshypothesen für die S02-Emissionsfaktoren ............ 131 a) Kraftwerke ......... .. ... ............ ... ..... ...................................................... 131 b) Übrige Verbrennungsprozesse ........................................................... 132 c) Zusammenfassung .... ................................... ...................................... 132
Inhaltsverzeichnis
II
E. Simulationen mit dem im Umweltbereich erweiterten Modell PANTA RHEI ..... 134
I.
Das ökonomisch-ökologische Simulationsmodell PANTA RHEI .................. 134 1. Der ökonomische Modellteil INFORGE .......... ....................................... 134
a) Das Konzept und die Datenbasis ............ ........ ................................... 134 b) Die Modeliierung ..... ... ........................... ................... ...... ........ ........ .. 136 c) Die exogenen Vorgaben ........... ......................................................... 137
2. Das Energiemodul... ............................................................................... 138 a) Das Konzept und die Datenbasis ........................................... .... ........ 138 b) Die Modellierung .............................. .. ........... .... .......................... ..... 140 c) Die exogenen Vorgaben ........................ .... ............................... ........ 143 3. Die Bereclmung der Emissionen .................... ................. ............... ........ 143 4. Die Abbildung von Zertifikatslösungen .. ............... ................. .......... ..... 144
a) Unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten von Zertifikatskonzepten ....................... .. .......................... ............................................ 144 b) Das Zertifikatscheinemodell von Heister/Michaelis u. a. (1991) ........ 145 c) Die Modeliierung f\ir einzelne Schadstoffe ....... ............................. .... 147 d) Die Einbeziehung weiterer Schadstoffe................................... ........... 150 e) Zur Interdependenz der Modellteile .............................................. .... 151 5. Die Abbildung von Steuerlösungen ...... ........... ... .................. ................. 152
6. Zusammenfassung: Vorteile von PANTA RHEI im Modellvergleich ....... 153 ll. Die Basislösung .. ... ................................... ............... .............................. ..... 154 1. Gesamtwirtschaftliche Entwicklung ................... .................................... 154 2. Energieverbrauch und C02-Emissionen ....... .. .. .......................... ............ 155
3. NOx-Emissionen .. ........................................ ............................. . ..... .. .... 157 4. S02-Emissionen ........... .......................................................................... 159 5. Zusammenfassung ... ..... .............................. ...... ................ ..... ..... ...... ..... 160 ill. Zertifikatslösungen ............... .......................................................... ........... 161
I. C02-Zertifikate ........ ... .. ... ........ .................... ............... .................. .... ..... 161 a) Preiseffekte ............. ......................... ........ .... .................. .................. 161 b) Wirkungen aufEnergieverbrauch und Emissionen ............................. 163
12
Inhaltsverzeichnis c) Sektorale Mengeneffekte ....... ........ . ........ ..... .. .. ............................ ... 166 d) Gesamtwirtschaftliche Effekte ......... .... ............. ................................ 169 e) Zusammenfassung ...................................................... ..................... . 170 2. NOx-Zertifikate.......... ..................................... .. .................. ............ .. ..... 171
a) Preiseffekte ......... ...... ... ....................... .. ............................. .............. . 171 b) Wirkungen auf Energieverbrauch und Emissiont!n .......................... ... 173 c) Sektorale Mengeneffekte .. .... ....................................... .................... 174 d) Gesamtwirtschaftliche Effekte ............................ .......... ...... ............. . 177 e) Sensitivitätsanalyse: Variation der technischen Anpassungsgeschwindigkeit... ........... ..... ... ..... .................... ......... .... ............................ ....... 178 f) Sensitivitätsanalyse: Variation der Zertifikatsmenge ................... ... .... 180 g) Zusammenfassung ..................................... ... .............................. ....... 181 3. S02-Zertifikate...... ........................................ ......................................... 182 a) Preiseffekte .......... .... ... ............................ ....................................... 183 b) Wirkungen auf Energieverbrauch und Emissionen .. ....... ...... .
.. ... 184
c) Sektorale Mengeneffekte ........................................... .. ............ ......... 185 d) Gesamtwirtschaftliche Effekte ........................ .............. .... .. ........... ... 187 e) Sensitivitätsanalyse: Variation der technischen Anpassungsgeschwindigkeit. .................. ........ ....................... ...... ........ ................. .............. 187 f) Sensitivitätsanalyse: Variation der Zertifikatsmenge .................... ..... . 189 g) Zusammenfassung... ......... .............
.. .... .. .. ...... .. ...... ... ... .... .. .... 190
4. Zertifikatslösungen für mehrere Schadstoffe ................................... ...... .. 190 a) C02- und NOx-Zertifikate ............................ .... ........ . ... .. ...... .. .. . 191 b) C02- und S02-Zertifikate ......... .
.. .. ........ ..... ... .... .... ... ................. 193
c) NOx- und S02-Zertifikate .. .. ........ .... ................ .................................. 195 d) C02-, NOx- und S02-Zertifikate ............. .............................. .............. 196 e) Zusammenfassung. ...................... ............................................. ......... 197 5. Die Ergebnisse der Zertifikatslösungen im Überblick.. ........................... 197 IV. Steuerlösungen .... ............... ...... ......... .. .......... .. ....... .... ............................... 199 1. C02-Steuern ........... ................................. ......... ............. ......... ..... .... ... .. .. 199 a) Unterschiede zur entsprechenden Zertifikatslösung ........... ..... .. ......... 199
Inhaltsverzeiclmis b) Simulationen mit unterschiedlichen Steuersätzen in 2005
13 ... . 200
c) Simulationen mit unterschiedlichen Steuerpfade11... .......................... 201 2. NOx-Steuern ...................................................... ................................... . 202 a) Unterschiede zur entsprechenden Zertifikatslösung ........... ............... 203 b) Simulationen mit unterschiedlichen Steuersätzen in 2005 .................. 205 3. S02-Steuern ............... ...................................... .. .............................. .... 206 4. Steuern für mehrere Schadstoffe ... ........................... ... ............................ 207 a) C02- und NOx-Steuern ......................... ............................................ . 207 b) C02-, NOx- und S02-Steuern .......................... ............................. ...... 209 5. Zusammenfassung ...... .. ....................... ................................................... 210 F. Zusammenfassung und Ausblick ............. ............. .... .................................... ..... 212 Literaturverzeichnis ............................................................................................... 218 Sachregister... ........... ........ ........... ............ .............. ................... ............... ......... ..... 229
Tabellenverzeichnis B.l
Klimawirksame Treibhausgase ......................... .. ..
31
B.2 Negative Wirkungen energiebedingter Luftschadstoffe
34
B.3 Reduktionsplan der Klima-Enquete-Kommission gegenüber 1987 in v. H...
37
B.4 Verbindliche Ziele der Bundesregierung zur Reduktion von Luftschadstoffen...... ................................ ...... ................................... ........................ .......
38
B.5 Vergleich umweltökonomischer Instrumente bei nationalen Reduktionszielen .. ........... .. ................ ...... .............. .... ........ ........... ........... ....
42
B.6 Sektorale Preiseffekte durch Energiesteuer und Kompensation.. .. .. .. ........ .. ..
51
B.7 Gesamtwirtschaftliche Effekte der ÖSR gegenüber dem Referenzszenario...
52
B.8 Ökologische Effekte mit und alme ÖSR bis 2010 gegenüber 1990 in v. H. .
55
B.9 Wohlfahrts- und C02-Änderungen von C~-Minderungsmaßnahmen in den einzelnen Modellen gegenüber der jeweiligen Basislösung im Endjahr in V. H. ........... ..................... .. ....... .. ................................. ..................... .
65
B.IO Vergleich der einzelnen Modelle............... ..................................... ............
66
C.l Energieverbrauch in Petajoule ...................... ................................... ..........
69
C.2 Emissionsrelevanter Energieverbrauch in Petajoule.. .................... .. ............
70
C.3 Anteile einzelner Energieträger am emissionsrelevanten Energieverbrauch in V. H .... ············· ·········································································· ·········· C.4 C02-Emissionsfaktoren in tffJ.... ........ .......... .. ........................................ .. ..
71 74
C.5 Energiebedingte C02-Emissionen in Mt.............. .. .................................. .. ..
75
C.6 Anteile einzelner Energieträger an den energiebedingten C02-Emissionen in v. H. ................................................................................... ...................
75
C.7 Ausgewählte NOx-Emissionsfaktoren im Bereich Verkehr in kg!fJ.. ...... .. .. .
76
C.8 Ausgewählte NOx-Emissionsfaktoren im Produktionsbereich Elektrizität, Dampf, Warmwasser in kg/TJ.. .. ...................... ...... ...... ...............................
77
C.9 Energiebedingte NOx-Emissionen in kt.................... ... .. ................ ... ..
78
C.IO Anteile einzelner Energieträger an den energiebedingten NOx-Emissionen in v.H. .... ..................... ........................... .. .......... ........................ ................
79
C.ll Ausgewählte S02-Emissionsfa.ktoren im Produktionsbereich Elektrizität, Dampf, Warmwasser in kg/TJ.. ........................ .................................. .. .......
80
Tabellenverzeichnis
15
C.l2 S01-Emissionsfaktoren fttr Mineralölprodukte in kg!fJ ..
81
C.l3 Energiebedingte S01-Emissionen nach Sektoren in kt ..
82
C.l4 Energiebedingte S02-Emissionen nach Energieträgem in kt...
82
C.15 Investitionen für Luftreinhaltung in laufenden Preisen in Mio. DM....
84
C.16 Bruttoanlagevermögen für Luftreinhaltung in Preisen von 1985 in Mio. DM........................................ .............................. ........................ ...... .... ..
86
C.l7 Energieeinsatz, Luftschadstoffemissionen und Luftreinhalteinvestitionen .. ..
87
C.18 Technikeffekt bei NOx nach Sektoren von 1978 bis 1990 ...... ..... .. .. ........... ..
90
C.19 Technikeffekt bei NOx nach Energieträgem von 1978 bis 1990 ... ..... .... .......
91
C.20 Technikeffekt bei S01 nach Sektoren von 1978 bis 1990 .... ........... ..............
92
C.21 Technikeffekt bei S01 nach Energieträgem von 1978 bis 1990....................
92
C.22 Bestinunungsfaktoren der Emissionsentwicklung von 1978 bis 1990 .... .......
96
D.l Kohleeinsatz im Bereich Elektrizität, Dampf, Warmwasser.........................
98
D.2 Technische NOx-Einsparpotentiale gegenüber 1990 ............................. .......
109
D.3 Technische S01-Einsparpotentiale gegenüber 1990 .. .... ...... .. .. .......... .. .... .....
113
D.4 Veränderung von NOx-Emissionsfaktoren im Trendszt!nario bis 2005 .........
118
D.5 Veränderung von S01-Emissionsfaktoren im Trendszenario bis 2005 ..
120
D.6 Unterstellte technische Anpassungsgrößen für NO,.. .. .......................... .......
130
D.7 Unterstellte technische Anpassungsgrößen für S02 .. .................... ... ...........
133
E.l
Zuordnung der Energieträger zu den Produktionsbereichen .........................
139
E.2 Modell vergleich zur Abbildung umweltpolitischer Instrumente ...... .............
153
E.3
Veränderung der C01-Emissionen in der Basislösung nach ausgewählten Sektoren bis 2005 gegenüber 1990..........................................
E.4
Veränderung der C02-Emissionen in der Basislösung nach ausgewählten Energieträgem bis 2005 gegenüber 1990.............. .. ................ ........ ... .. ...... ..
156
E. 5 NOx-Emissionen bei unterschiedlichem Stand der Vermeidungstechnik .... ..
157
E.6 Veränderung der NOx-Emissionen in der Basislösung nach ausgewählten Sektoren bis 2005 gegenüber 1990................ ................ .................. ......... ...
158
E.7 Veränderung der NOx-Emissionen in der Basislösung nach ausgewählten Energieträgem bis 2005 gegenüber 1990...... .................. ... .. ... ... ........ ... .... ...
158
156
E.8 S02-Emissionen bei unterschiedlichem Stand der Vermeidungstechnik...... . 159 E.9 Veränderung der S02-Emissionen in der Basislösung nach ausgewählten Sektoren bis 2005 gegenüber 1990................................................. .......... ...
159
16
Tabellenverzeichnis
E.l 0 Veränderung der S02-Emissionen in der Basislösung nach ausgewählten Energieträgern bis 2005 gegenüber 1990............. ............................. ......... .. 160 E.l1 Änderung ausgewählter Energieträgerpreise in der C02-Zertifikatslösung .......... .... .. gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 .............................
162
E.l2 Änderung ausgewählter Güterpreise nach Gütergruppen in der C02Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 ................ ......... 163 E.l3 Änderung der Energieeinsätze und der C02-Emissionen nach ausgewählten Energieträgern in der C02-Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 in v. H. ........................ ........... .. ........... .............. .......... 164 E.l4 Änderung der NOx-Emissionen in der C02-Zertifikatslösung nach ausgewählten Sektoren gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 .................... ..... 164 E.l5 Änderung der NOx-Emissionen in der C02-Zertifikatslösung nach ausgewählten Energieträgern gegenüber der Basislösung im Jahr 2005...... .. ........ 165 E.l6 Änderung der S02-Emissionen in der C02-Zertifikatslösung nach ausgewählten Energieträgern gegenüber der Basislösung im Jahr 2005...... ..... .. ... 165 E.17 Änderung der Bruttoproduktionswerte in Preisen von 1985 in der C02Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 ................... ...... 167 E.l8 Änderung der geleisteten Arbeitsstunden nach ausgewählten Wirtschaftsbereichen in der C02-Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 ........ ........................... .. ... .................... .................................... ..... 169 E. l9 Änderung ausgewählter Energieträgerpreise in der NOx-Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005.. ........... .......... ............... ........ ..... .. 172 E.20 Änderung ausgewählter Güterpreise nach Gütergruppen in der NOxZertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 ................. ........ 173 E.21 Änderung der Energieeinsätze und der NOx-Emissionen nach ausgewählten Energieträgem in der NOx-Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 in v. H... .. ....... .... ..... .. .. .. .. .... .. ......... .. .................... ......... 174 E.22 Änderung der Bruttoproduktionswerte in Preisen von 1985 in der NOxZertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 ..... .. ..... ... .. ........ 175 E.23 Änderung der geleisteten Arbeitsstunden nach ausgewählten Wirtschaftsbereichen in der NOx-Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005.. ..................... ............................................ ....................... ........ .. 177 E.24 Abweichung gesamtwirtschaftlicher Größen in der NOx-ZertifikatslöswJg gegenüber der Basislösung in v. H. .............. .. ....... .. .............. ...... ...... .. .... ...
178
E.25 Variation der technischen Anpassungsgeschwindigkeit an steigende Zertifikatskosten bei einer zugelassenen NOx-Zertifikatsmenge von 900 kt in 2005... ..... ....... ........................... ......................... ...... .. ..................... .
179
E.26 Einbau von Anpassungsschwellen für technische Minderungsmaßnahmen bei einer zugelassenen NOx-Zertifikatsmenge von 900 kt in 2005 ............... 180 E.27 Ausgewählte Preise, Mengen und Emissionsfaktoren bei unterschiedlichen NOx-Minderungszielen in 2005......................... .......... ........................ ....... 181
Tabellenverzeiclmis
17
E.28 Änderung ausgewählter Energieträgerpreise in der S02-Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005......................................... .... ....... .
183
E.29 Änderung ausgewählter Güterpreise nach Gütergruppen in der S02Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 ....... .................
184
E.30 Änderung der Energieeinsätze und der SOz-Emissionen nach ausgewählten Energieträgem in der S02-Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 in v. H. ...................................... .............................. ......
184
E.31 Änderung der Bruttoproduktionswerte in Preisen von 1985 in der S02Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 . ..... .. ... ... ........ ..
185
E.32 Änderung der geleisteten Arbeitsstunden nach ausgewählten Wirtschaftsbereichen in der S02-Zertifikatslösung gegenüber der Basislösung im Jahr ······························· ···························· 2005........................
187
E.33 Variation der technischen Anpassungsgeschwindigkeit an steigende Zertifikatskosten bei einer zugelassenen S02-Zertifikatsmenge von 390 kt in 2005.... ............. ... ..... ........ ....... . ....... .... ............ ...... .. .............. .. .. .... .. .
188
E.34 Einbau von Anpassungsschwellen für technische Minderungsmaßnahmen bei einer zugelassenen S02-Zertifikatsmenge von 390 kt in 2005 ... ..
189
E.35 Ausgewählte Preise, Mengen und Emissionsfaktoren bei unterschiedlichen S02-Minderungszielen in 2005 .......... ......... ..... .... .. ....... .... ..
190
E.36 Änderung der Energieträgerpreise und der Energieeinsätze nach ausgewählten Energieträgem in der C02-/NOx-Zertifikatslösungsvariante CN1 gegenüber der reinen C02-Lösung (-25%) im Jahr 2005 in v. H. ........ .... .....
192
E.37 Änderung der Energieträgerpreise und der Energieeinsätze nach ausgewählten Energieträgem in der NOx-/C02-Zertifikatslösungsvariante CN2 gegenüber der reinen NOx-Lösung (-50%) im Jahr 2005 in v. H.. .............. .
193
E.38 Änderung der Energieträgerpreise und der Energieeinsätze nach ausgewählten Energieträgem in der C02-/S02-Zertifikatslösung gegenüber der reinen C02-Lösung (-25%) im Jahr 2005 in v. H..... ....... . ..... .. .. . ... ... ........
194
E.39 Änderung der Energieträgerpreise und der Energieeinsätze nach ausgewählten Energieträgem in der NOx-/S02-Zertifikatslösung gegenüber der ............. . reinen NOx-Lösung (-50%) im Jahr 2005 in v. H........ ...
195
E.40 Änderung von BIP und Emissionen in den Zertifikatslösilllgen gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 in v. H. .. .... ... . . . . . . . . . . . . . ..
198
E.41 Änderung gesamtwirtschaftlicher Größen in der C02-Steuer- gegenüber der C02-Zertifikatslösung in v.H. ................ ...... . ... .... ..... ......... ........
200
E.42 Änderung gesamtwirtschaftlicher Größen in C02-Steuerlösungen bei unterschiedlichen Steuersätzen gegenüber der Basislösw1g im Jahr 2005 in ~H..... . . . . .. .. . . . . ... . . .. ..... . .....
······················· ···· ····
··· ········
~
E.43 Änderung ausgewählter Energieträgerpreise in der NOx-Sleuerlösung gegenüber der Basis- und der NOx-Zertifikatslösung im Jahr 2005 in v. H. ..... 203 2 Lulz
18
Tabellenverzeiclmis
E.44 Ändenmg gesamtwirtschaftlicher Größen in der NOx-Steuerlösung gegenüber der Basis- und der NOx-Zertiftkatslösung im Jahr 2005 in v. H.
204
E.45 Ändenmg gesamtwirtschaftlicher Größen in NOx-Steuerlösungen bei unterschiedlichen Steuersätzen gegenüber der Basislösung im Jahr 2005 in V. H. ............... ................ ............................... .... ............................. .... ........
206
E.46 Ändenmg ausgewählter Energieträgerpreise in der S02-Steuerlösung gegenüber der Basis- und der S02-Zertiftkatslösung im Jahr 2005 in v. H....... 207 E.47 Gesamtwirtschaftliche Größen bei unterschiedlichen C02- und NOxSteuersatzkombinationen im Jahr 2005 .. .. .. .. ............ ............ ...... .... .......... . 208 E.48 Ausgewählte sektorale Größen bei unterschiedlichen C02- und NOxSteuersatzkombinationen im Jahr 2005 ...................... .................. ............ ..
209
E.49 Gesamtwirtschaftliche Größen bei unterschiedlichen Steuersatzkombinationen der drei Schadstoffe im Jahr 2005.............. .. ................ ...... .. .... .. ..
209
Abbildungsverzeichnis B.l Methodisches Vorgehen des DIW ...... ................. ........................................
50
C.1 Anteile am emissionsrelevanten Energieverbrauch der privaten Haushalte ~~a
....................................................................................................... n
C.2 Entwicklung von BIP und Energieverbrauch von 1978 bis 1990 ....... . ... .......
88
C.3 Technikeffekt bei S02 im Zeitverlauf.............. ............ ................................
93
C.4 Substitutionseffekt auf die NOx- und S02-Emissionen........................ ....... .
94
C.5 Entwicklung von BIP, Energieverbrauch und Luftschadstoffemissionen.......
95
D.l Mögliche Entwicklungspfade der NOx- und S02-Emissionsfaktoren ....... ... .. 100 D.2 NOx-Emissionsfaktoren im Vergleich zu Otto-Pkw ohne Katalysator......... .. 104 D.3 NOx-Emissionsfaktoren von Kfz in kgffJ ~ 2005 mit und ohne Richtlinie Euro-3 ab 2001. ............... ... ........................... ........................................ ..... 116 D.4 Handlungsmöglichkeiten bei steigenden Schadstoffpreisen ......................... 121 E.l
Die Interdependenz der Modellteile im erweiterten Modell PANTA RHEI .. 152
E.2
Energiee~sätze
und Emissionen in der Basislösung.. ........... .................. ..... 160
E.3 Abweichung des BIP und seiner Komponenten in der C02-Zertifl.katslösung gegenüber der Basislösung in v. K .............. .... .. ................... ........... ... 170 E.4 Steuersätze bei verschiedenen C02-Steuervarianten in DM/t C02 .. .... ....... .. 201 E.5 Abweichung des BIP bei verschiedenen C02-Steuervarianten im Vergleich ..... ........ .... ... .... .... ......... ... ..... 202 zum l~earen Steuerpfad in v. H.. ... .... E.6 Abweichung der C02-Emissionen bei verschiedenen C02-Steuervarianten im Vergleich zum linearen Steuerpfad ~ v. H. ............................................ 202 E.7 Emissionskosten in DM/k.g in der NOx-Steuer- und -Zertifikatslösung ........ 204 E.8 NOx-Emissionen in kt in der NOx-Steuer- und -Zertifikatslösung ....... ......... 205 E.9 BIP in Preisen von 1985 in Mrd. DM in der NOx-Steuer- und -Zertitikatslösung ............................................ .. ......................... ...................... .. ......... 205
2*
Abkürzungsverzeichnis AGE
Applied General Equilibrium
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BMU
Bundesministerium ftir Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
BSP
Bruttosozialprodukt
COz
Kohlendioxid
DIW
Deutsches fustitut fur Wirtschaftsforschung
EKK.lima
Enquete-Kommission "Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" des Deutschen Bundestages
EK Umwelt
Enquete-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" des Deutschen Bundestages
EWI
Energiewirtschaftliches fustitut an der Universität Köln
FCKW
Fluorchlorkohlenwasserstoffe
GFAVO
Großfeuerungsanlagenverordnung
GJ
Gigajoule
G-Kat
Geregelter Katalysator
HKW
Halogenierte Kohlenwasserstoffe
1-0-Tabelle
fuput-Output-Tabelle
ISI
Fraunhofer-Institut ftir Systemtechnik und Innovationsforschung
NMVOC
Nicht-Methan-VOC
NOx
Stickoxide
ÖSR
Ökologische Steuerreform
PB
Produktionsbereich
PJ
Petajoule
pr. HH
private Haushalte
SOz
Schwefeldioxid
SRU
Der Rat von Sachverständigen filr Umweltfragen
TA
Technische Anleitung
TJ
Terajoule
UBA
Umweltbundesamt
Abkürzungsverzeichnis U-Kat
Ungeregelter Katalysator
VGR
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen
voc
Flüchtige organische Verbindungen (Volatile Organic Compounds)
V-Kat
Vorgeheizter Katalysator
ZEW
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung
Vorsätze und Vorsatzzeichen 1-1
Mikro
w-6
m
Milli
w-3
k
Kilo
103
M
Mega
G
Giga
106 109
T p
Tera
1012
Peta
1015
21
A. Einleitung I. Problemstellung In den letzten Jahren hat sich gezeigt, daß zunehmende Stoffeinträge in die Umwelt eine zukunftsfaltige Entwicklung gefahrden. Luftschadstoffe spielen dabei eine zentrale Rolle. Auf globaler Ebene fuhren sie durch den zusätzlichen Treibhauseffekt zur Erwärmung der Erdatmosphäre und zerstören die Ozonschicht, die vor UV-Strahlung schützt. Die Versauerung von Böden und Gewässern durch Luftschadstoffe, die auch zum Waldsterben beigetragen hat, und der in Schönwetterperioden im Sommer auftretende Photosmog in Form hoher Ozonwerte sind eher regionale Probleme. Alle diese Umweltschäden sind nicht sofort bei erhöhten Schadstoffemissionen aufgetreten. Vielmehr verfügen ökologische Systeme über Pufferungskapazitäten. Erst wenn die Ernissionen dauerhaft erhöht sind und kritische Konzentrationswerte überschritten werden, kommt es zu sieht- bzw. meßbaren Effekten. Umgekehrt wirken umweltpolitische Maßnahmen ebenfalls erst mit zeitlichen Verzögenmgen. Über Maßnahmen zur Eindämmung der Umweltschäden wurde auf nationaler und internationaler Ebene in vielen Kommissionen und auf zahlreichen Konferenzen, von denen die der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro im Jahr 1992 sicher die bekannteste war, diskutiert und verhandelt. Erste Schritte wie die Klimarahrnenkonvention, die 1994 völkerrechtlich in Kraft trat, wurden in die Wege geleitet. Doch zwischen den Forderungen der überwiegenden Mehrheit der Klima- und Umweltforscher nach drastischen Emissionsminderungen und den eingeleiteten politischen Maßnahmen klaffen immer noch große Lücken. Die Lösung der genannten Umweltprobleme, die über nationale Grenzen hinausgehen, kann nur auf internationaler Ebene erfolgen. In den letzten Jahren hat sich aber gezeigt, daß Verhandlungslösungen zur Bewahrung des öffentlichen Gutes Umwelt auf internationaler Ebene nicht immer einfach und schnell erreichbar sein werden. Deshalb kommt zumindest in einer Übergangszeit den Nationalstaaten eine besondere Bedeutung bei der Umsetzung der ersten Schritte zu. Die deutsche Bundesregierung hat sich seit 1990 mehrmals international zu dem Ziel bekannt, die Kohlendioxidemissionen (C02) bis zum Jahr 2005 um ein Viertel gegenüber 1990 zu senken. Außerdem wurden auf europäischer Ebene nationale Ziele für die Reduktion der Stickoxid(NOx) und Schwefeldioxidemissionen (S02) festgelegt.
24
A.
Einleitung
Zur Erreichung der umweltpolitischen Ziele, die eine Verringerung der energiebedingten Schadstoffemissionen vorsehen, stehen den Wirtschaftssubjekten grundsätzlich vier Handlungsmöglichkeiten offen, die einzeln oder gemeinsam umgesetzt werden können: 1. Technische Vermeidungsmaßnahmen: Durch den vor- oder nachgeschalte-
ten (end-of-the-pipe) Einsatz technischer Maßnahmen können die Ernissionen pro Energieeinheit ohne Änderung des Verbrennungsprozesses gesenkt werden.
2. Energieträgersubstitution: Der Wechsel von emissionsreichen auf emissionsärmere oder emissionsfreie Energieträger ermöglicht niedrigere Emissionen bei sonst gleichem Energieeinsatz. 3. Substitution von Vorleistungen oder Endnachfrage: Die Wahl energieärmerer Technologien in der Produktion oder die verstärkte Nachfrage der Industrie und der privaten Haushalte nach energiearmen Gütern und Dienstleistungen erhöhen die Energieeffizienz, d. h. der Energieeinsatz pro Produktions- oder Konsumeinheit geht zurück. 4. Senkung des wirtschaftlichen Niveaus (Suffizienzstrategie): Schließlich bewirkt auch die Senkung des Produktions- oder Konsumniveaus ceteris paribus einen Rückgang von Energieeinsatz und Emissionen. Angesichts weitreichender Minderungsziele stellt sich die Frage nach einer kostenminimalen Kombination dieser vier Strategien. Während in der politischen Praxis bisher in erster Linie technische (Auflagen-)Lösungen eingesetzt werden, besteht in der umweltökonomischen Debatte Einigkeit darüber, daß hierfiir die Steuerung über den Preismechanismus am besten geeignet ist, die den Wirtschaftssubjekten alle Handlungsmöglichkeiten offen läßt. Zertifikate und Steuerlösungen sind solche Preisinstrumente. Zertifikate erreichen das vorgegebene Minderungsziel in jedem Fall, Steuersätze erleichtern die Planung der Wirtschaftssubjekte. Die Entscheidung, welches der beiden Preisinstrumente bevorzugt wird, sollte sich deshalb daran orientieren, ob Unsicherheiten eher im ökologischen Bereich oder eher im ökonomischen Bereich vertretbar erscheinen. Die Abbildung aller beim Einsatz von Preisinstrumenten auftretenden Effekte ist sehr schwierig. Bisher entwickelte ökonomische Modelle sind auch nach Ansicht des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU 1996, S. 353) noch nicht in der Lage, alle Handlungsoptionen zusammen abzubilden. Die Modelle beschränken sich in erster Linie auf die Fragen der Substitution von Energieträgern und mögliche Verluste an Produktions- und Konsummöglichkeiten (Niveaueffekte), während Verbesserungen der Energieeffizienz meist exogen vorgegeben werden. Technische Vermeidungsmaßnahmen sind noch nicht berücksichtigt worden. Damit sind alle bisherigen Modellergebnis-
I. Problemstellung
25
se im Hinblick auf sektorale und gesamtwirtschaftliche Effekte, die insbesondere auf dem Arbeitsmarkt für die politische Akzeptanz von Preislösungen entscheidend sind, kritisch zu hinterfragen. Eine Ursache dieser Defizite dürfte im hohen Zeit- und Arbeitsaufwand zur Erstellung eines adäquaten Modelltyps liegen. Benötigt wird ein System, das die Entwicklung von Ökonomie, Energieverbrauch und Emissionen simultan und konsistent erklärt. Energieeinsätze und Emissionen sind dabei möglichst tief disaggregiert abzubilden, um unterschiedliche technische Prozesse beschreiben zu können. Ökonomische Zusammenhänge müssen sektoral und gesamtwirtschaftlich ermittelt werden, um einerseits eine Kopplung der Energieverbräuche und Emissionen zu ermöglichen und andererseits gesamtwirtschaftliehe Effekte wählbarer Politikstrategien zu beschreiben. Die hier eingesetzte erweiterte Version des Modells FANTA RHEI II 1 ermöglicht erstmals die gleichzeitige Abbildung der vier Handlungsstrategien. Der ökonomische Modellteil INFORGE2 beschreibt die westdeutsche Volkswirtschaft in tiefer sektoraler Disaggregation. Die Makrogrößen ergeben sich konsistent aus den Sektorgrößen. Durch die Kopplung mit passenden Energieund COrDaten ist es zum ökonomisch-ökologischen Simulationsmodell PANTA RHEI erweitert worden. Mit einer ersten Modellversion konnten bisher schon Substitutions- und Niveaueffekte von C02 -Zertifikaten gemeinsam abgebildet werden (Meyer/Ewerhart 1996). Hockermann (1995 und 1998) hat die Modeliierung im Energiebereich vorgenommen und dargestellt. In der vorliegenden Arbeit werden die schwieriger zu modellierenden NOxund SOrEmissionen und Möglichkeiten ihrer technischen Vermeidung, die in der Vergangenheit den Schwerpunkt der deutschen Luftreinhaltepolitik ausgemacht haben, zusätzlich in FANTA RHEI integriert. Auf diese Weise können die Verrneidungsmöglichkeiten, die bisher in der Literatur aus technischer Sicht und somit zwangsläufig partialanalytisch betrachtet wurden, im ökonomischen Gesamtzusammenhang beurteilt werden. Für die Vergangenheit kann der Beitrag einzelner Emissionsminderungsstrategien zur Emissionsentwicklung ermittelt werden. Außerdem werden Steuer- und Zertifikatskonzepte für einzelne und insbesondere auch für mehrere Luftschadstoffe sowie die Kompensation der Einnahmen des Staates in das Modell eingebaut. Mit Hilfe von PANTA RHEI ist es dann für die Zukunft möglich, den Wirkungszusammenhang zwischen dem Einsatz umweltpolitischer Instrumente und der Senkung der Emissionen empirisch zu verdeutlichen. Sektorale, gesamtwirtschaftliche 1 PANTA RHEI geht auf den griechischen Philosophen Heraklit (um 500 v. Chr.) zurück und bedeutet "alles fließt" .
2 futerindustry
Forcasting Germany.
26
A. Einleitung
und ökologische Effekte können in konsistenter Weise dargestellt und verglichen werden. Wegen der Datenlage beschränkt sich die Analyse auf die alten Bundesländer. Da nicht alle Luftschadstoffe betrachtet werden können, wird aus folgenden Gründen nur auf C02 , NOx und S02 eingegangen: -
Die Emissionen der drei Schadstoffe entstehen in Deutschland fast ausschließlich bei der Verbrennung fossiler Energieträger. Zeitreihendaten in tiefer Disaggregation, die mit ökonomischen Daten kompatibel sind, liegen für diese Luftschadstoffe vor.
-
Für alle drei Schadstoffe hat die Bundesregierung nationale Minderungsziele für die nächsten Jahre beschlossen.
-
Die drei Luftschadstoffe unterscheiden sich hinsichtlich der technischen Vermeidungsmöglichkeiten und deren Umsetzung ganz wesentlich und sind somit auch als Prototypen für andere Schadstoffe zu sehen: Für C02 bestehen derzeit keine wirtschaftlich einsetzbaren technischen Abscheidungsmöglichkeiten vor oder nach dem Verbrennungsprozeß. Bei NO, bestehen diese Möglichkeiten, aber erst ein kleiner Teil wurde im Beobachtungszeitraum von 1978 bis 1990 umgesetzt. SOrEmissionen wurden dagegen bereits bis 1990 in großem Umfang durch solche technischen Maßnahmen reduziert.
-
C02 ist der wichtigste Verursacher des zusätzlichen Treibhauseffekts. NOx und S02 haben hauptsächlich zur Versauerung beigetragen. Der Photosmog wird in erster Linie durch Emissionen des Straßenverkehrs hervorgerufen, wobei den Stickoxiden die größte Bedeutung zukommt.
II. Aufbau der Untersuchung Die Arbeit besteht aus sechs Teilen. Nach der Einleitung in Teil A gibt Teil B einen Überblick ökologischer, politischer und umweltökonomischer Grundlagen. Im dritten Teil C wird die Entwicklung der Emissionen im Beobachtungszeitraum von 1978 bis 1990 analysiert. Anschließend werden plausible Annahmen für die zukünftige Entwicklung der Emissionsfaktoren diskutiert (Teil D). In Teil E wird zuerst das erweiterte Modell PANTA RHEI vorgestellt. Damit werden dann Simulationsrechnungen auf der Basis der Ergebnisse des Teils D durchgeführt, bevor abschließend Ausblick und Zusammenfassung in Teil F folgen. In Kapitel B.I werden grundlegende Zusammenhänge dargestellt. Die negativen Wirkungen der betrachteten Luftschadstoffe bilden den Ausgangspunkt
II. Aufbau der Untersuchung
27
der Untersuchung. Dann werden die Reduktionsziele dargestellt, die die Politik als Antwort auf die Umweltprobleme formuliert hat. Die ökonomische Theorie, die sich bereits seit Jahrzehnten mit diesen Fragen beschäftigt, ist gefordert, effiziente Lösungsansätze zu liefern. Es wird gezeigt, daß Preisinstrumente wie Steuern und Zertifikate besser zur Erreichung der Minderungsziele geeignet sind als die bisher nicht nur in Deutschland bevorzugten Auflagen. Angesichts der komplexen Zusammenhänge können ökonomische Modelle zusätzliche Informationen liefern. In Kapitel B.II werden entsprechende Modelle für Westdeutschland vorgestellt. Allerdings waren bisher weder die Verbindung von ökonometrischen Modellansätzen mit Energieszenarien noch angewandte Gleichgewichtsmodelle in der Lage, die Wirkungen umweltpolitischer Instrumente in einem konsistenten Modellrahmen realitätsnah abzubilden. Auftechnische Vermeidungsmaßnahmen wurde nicht eingegangen. Kapitel C.I beschreibt die Datenbasis im Beobachtungszeitraum von 1978 bis 1990. Niveau und Entwicklung der Energieeinsätze, der Emissionsfaktoren und der aus beiden Größen berechneten Emissionen geben wertvolle Hinweise auf besonders schadstoffintensive Energieträger und Sektoren. Die Kosten für Luftreinhaltung machen deutlich, in welchen Bereichen bereits technische Minderungsmaßnahmen umgesetzt wurden. In Kapitel C.II wird zunächst auf die Entwicklung des emissionsrelevanten Energieverbrauchs eingegangen. Dann wird im Rahmen von ex-post-Analysen gezeigt, daß die NOK-Emissionen durch technische Maßnahmen wie Filter und Katalysatoren ab 1986 gesenkt werden konnten, während sie durch den verstärkten Einsatz schadstoffreicher Energieträger im Verkehr anstiegen. Da der Technikeffekt stärker war als der Substitutionseffekt, gingen die tatsächlichen Emissionen ab 1986 zurück. Bei S02 haben beide Effekte zur Senkung der Emissionen beigetragen, wobei der Einfluß technischer Maßnahmen überwog. Die zukünftige Entwicklung der Emissionsfaktoren, also der Emissionen pro Schadstoffeinheit, hängt für NOK und S02 von der weiteren Umsetzung technischer Vermeidungsmaßnahmen ab. Zu ihrer Darstellung werden in Teil D Entwicklungspfade der Faktoren bis zum Jahr 2005 abgeschätzt, weil eine Erklärung der Emissionsfaktoren aus dem ökonomischen Zusammenhang nicht möglich ist. Kapitel D.I erläutert die Vorgehensweise. In Kapitel D.II werden die technischen Minderungspotentiale beschrieben, die in der Literatur als bestmöglicher Stand der Technik bis dahin für realisierbar gehalten werden. Das folgende Kapitel D.III stellt die Trendentwicklung dar. Abschließend werden in Kapitel D .IV plausible Annahmen über die Ausschöpfung der Minderungspotentiale für den Fall ermittelt, daß ökonomische Instrumente den Schadstoffpreis erhöhen. Die Emissionsfaktoren bewegen sich dabei in jedem Fall zwischen dem Trendfall und der bestmöglichen Technik in 2005, die als Randszenarien die Entwicklung der Emissionsfaktoren eingrenzen.
28
A. Einleitung
Hierauf aufbauend werden in Simulationen mit PANT A RHEI in Teil E ökonomische Instrumente zur Emissionsminderung mit der Entwicklung im Trendfall bis zum Jahr 2005 verglichen. Zuerst werden in Kapitel E.I das Modell und insbesondere seine Erweiterungen dargestellt. Neben der Berechnung der Emissionen werden Zertifikatslösungen für einzelne und mehrere Schadstoffe in P ANTA RHEI integriert. Ausgangspunkt ist dabei das theoretische Zertifikatscheinemodell von Heister/Michaelis u. a. (1991), das weitgehend umgesetzt wird. Auch Steuerlösungen werden in das Modell eingebaut. In Kapitel E.II folgt die Beschreibung der Ergebnisse der Basislösung, in der eine unveränderte Luftreinhaltepolitik unterstellt wird. Das Kapitel E.III ermöglicht den sektoralen, gesamtwirtschaftlichen und ökologischen Vergleich von Zertifikatslösungen für einzelne Schadstoffe mit der Basislösung und zwischen verschiedenen Zertifikatslösungen. In Sensitivitätsanalysen wird untersucht, welchen Einfluß die in Teil D getroffenen Annahmen über die Entwicklung der Vermeidungstechnik auf die Ergebnisse haben. Außerdem werden Kombinationen für mehrere Schadstoffe durchgespielt. Da die in Kapitel E.IV untersuchten Steuerlösungen im Vergleich mit den entsprechenden Zertifikatslösungen wenig zusätzliche Erkenntnisse liefern, wird nur kurz auf die ökonomischen und ökologischen Effekte im Vergleich zur Basislösung eingegangen. Durch die Variation der Steuersätze und damit der Preispfade wird vor allem die Pfadabhängigkeit von Emissionsminderungsstrategien untersucht. Teil F faßt das Vorgehen und die Ergebnisse der Arbeit zusammen. Den Abschluß bildet ein Ausblick auf zukünftige Erweiterungen und Einsatzmöglichkeiten der vorgestellten Modellversion von PANTA RHEI.
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen I. Ökologische, umweltpolitische und umweltökonomische Grundlagen
Zuerst werden die Wirkungen hoher Luftschadstoffemissionen und der daraus folgenden erhöhten Schadstoffkonzentrationen dargestellt. Die Politik hat darauf mit ersten Emissionsminderungszielen reagiert, die im zweiten Abschnitt beschrieben werden. Zu ihrer Realisierung stehen verschiedene umweltökonomische Konzepte und Instrumente bereit. Diese werden im letzten Abschnitt diskutiert. 1. Wirkungen erhöhter Luftschadstoffkonzentrationen a) Abgrenzung und Problembereiche
Als Luftschadstoffe bezeichnet die Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" (EK Klima 1995, S. 1434) "in der Luft befindliche Stoffe, die sich direkt oder indirekt schädigend auf die Biosphäre auswirken". Ihre zeitlichen und räumlichen Wirkungen auf belebte und unbelebte Umwelt, die Immissionen, beeinflussen die Handlungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Schäden. Wegen der großen Schwierigkeiten der Immissionsmessung, setzen Vermeidungsmaßnahmen aber an den Emissionen, d. h. dem Ausstoß der Schadstoffe in die Außenluft, an. Kernper (1989, S. 72) trennt Schadstoffe nach ihren räumlichen Immissionswirkungen in Global- und Oberflächenschadstoffe. Der Clean Air Act sah in den USA bereits in den 80er Jahren ein unterschiedliches Vorgehen bei den in ähnlicher Weise unterschiedenen "criteria pollutants" und "hazardous pollutants" vor (Tietenberg 1985, S. 2 f.). Bei Oberflächenschadstoffen spielen Ort und Zeit der Emissionen und vor allem Immissionen fiir die Schadenswirkungen eine entscheidende Rolle. Bei einigen Stoffen wie z. B. bei Dioxinen oder bestimmten Lösungsmitteln sind bereits lokal oder temporär erhöhte Konzentrationen im Milli- oder Mikrogrammhereich gefährlich. Bei Globalschadstoffen, die sich gleichmäßig in der Atmosphäre verteilen, ist dagegen die emittierte Gesamtmenge im Kilo-, Mega- oder sogar Gigatonnenbereich bzw. die langfristige Konzentration in der
30
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
Luft von Bedeutung. Kohlendioxid ist der Prototyp eines solchen Globalschadstoffs. Andere Luftschadstoffe wie Stickoxide, Schwefeldioxid und bodennahes Ozon können sowohl in kurzfristig lokal als auch in langfristig erhöhten Konzentrationen Gesundheits- und Umweltschäden hervorrufen (vgl. UBA 1989, S. 298 ff.). Aufgrund der weitgehenden ordnungsrechtlichen Maßnahmen treten in Deutschland unmittelbare Gefährdungen durch diese Schadstoffe mit Ausnahme des Sommersmogs aber kaum noch auf. Probleme bereiten vor allem die Gesamtemissionsmengen, also ihre Wirkung als Globalschadstoffe. Sogar bei der Problematik des Sommersmogs betont der Rat von Sachverständigen fiir Umweltfragen (SRU 1995) den Vorrang langfristiger Senkungen der durchschnittlichen Ozonkonzentrationen. Im Augenblick werden bezogen auf die Bundesrepublik vier überregionale Problembereiche unterschieden, die auf den Ausstoß von Globalschadstoffen in die Luft zurückgefiihrt werden. Neben den globalen Entwicklungen der weltweiten Erwärmung und der Zerstörung der Ozonschicht sind dies auf europäischer Ebene die Übersäuerung von Luft, Boden und Wasser und bei Schönwetterperioden im Sommer auftretender Photosmog (EK Umwelt 1994, S. 577 ff.). 1 Auf die Zerstörung der Ozonschicht wird hier nicht weiter eingegangen, weil Produktion und Einsatz ozonschichtschädigender Stoffe nicht nur in Deutschland weitgehend verboten und fiir die meisten übrigen Stoffe auf internationaler Ebene Reduktions- und Ausstiegsziele festgelegt worden sind. 2 Die anderen drei Problembereiche hängen zu einem großen Teil von den Emissionen der Schadstoffe C02 , NOx und S02 aus Verbrennungsprozessen ab. b) Zusätzlicher Treibhauseffekt Der Kenntnisstand über mögliche Klimaveränderungen durch den steigenden Ausstoß klimarelevanter Spurengase hat sich in den letzten Jahren weiter verbessert und verdichtet. 3 Die Treibhausgase lassen die von der Sonne einstrahlende kurzwellige Energie weitgehend passieren, absorbieren aber teil-
1 Stickoxide haben außerdem einen Anteil an der Eutrophierung (Überdüngung) vieler Gewässer, die überwiegend durch Ammoniak- und Phosphorausbringungen der Landwirtschaft hervorgerufen wird. 2 Der aktuelle Kenntnisstand und die eingeleiteten internationalen Gegenmaßnahmen sind in EK Klima ( 1995) ausfuhrlieh dargestellt.
3 Vgl. dazuEK Klima (1995, S. 14 ff.), EK Klima (199Ia), Graßl (1995) und Sch6nwiese (1995). Einen guten Überblick aus ökonomischer Sicht gebenBauer(l993) und Fankhauser ( 1995). Auch international besteht inzwischen weitgehend Einigkeit über die Wirkungszusammenhänge (Intergovemmental Panel on Climate Change 1996).
I. Ökologische, umweltpolitische und umweltökonomische Grundlagen
31
weise die von der Erdoberfläche zurückgestrahlte langwellige Energie. 4 Dadurch liegt die Durchschnittstemperatur auf der Erdoberfläche ungefähr bei 15 °C statt bei -18 °C. Meßergebnisse zeigen nach Tabelle B.l, daß die Konzentrationen der den Treibhauseffekt verstärkenden Spurengase seit Beginn der Industrialisierung deutlich zugenommen haben. Bis 1994 ist die C02Konzentration gegenüber Werten vor der Industrialisierung um 30% und die Methankonzentration sogar um 150% gestiegen. Halogenierte Kohlenwasserstoffe (HKW) wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) hatte es zu Beginn dieses Jahrhunderts noch nicht gegeben. Aktuelle Klimamodelle errechnen daraus einen langfristigen Anstieg der Durchschnittstemperatur auf der Erde, nachdem sie in bodennahen Luftschichten in den letzten 130 Jahren global bereits um etwa 0,5 oc pro Jahrhundert zugenommen hat (EK Klima 1995, S. 19). Tabelle B.l Klimawirksame Treibhausgase Spurengas
Anteil am zusätzlichen Treibhauseffekt in den 80er Jahren in v. H•
Konzentrationsanstieg in der Luft seit 1765 in v. H.
co2
50
30
Wichtigste Verursacherbereiche Energieerzeugung, Brandrodung
HKW
24
Anstieg von 0
Herstellung chemischer Produkte
Methan
13
150
Landwirtschaft, Energieerzg., Mülldeponierung
Lachgas
5
12
Herstellung chemischer Produkte, Landwirtschaft
a Der Rest verteilt sich auf Ozon und Wasserdampf Es werden nur direkte Effekte betrachtet. Quellen: EK Klima (1995, S. 34) und Graßl (1995, S. 42).
Bezogen auf die 80er Jahre wird dem Kohlendioxid weltweit ein Anteil am zusätzlichen, anthropogenen Treibhauseffekt von 50 % zugerechnet; halogenierte Kohlenwasserstoffe, Methan, Ozon, Lachgas (Disticksto:ffoxid) und Wasserdampf folgen nach Anteilen in dieser Reihenfolge. Für die Berechnung der Anteile sind nicht in erster Linie die emittierten Mengen, sondern die Ab-
4 Auf die zunehmende Konzentration sog. Aerosole, die sich aus Stickoxiden und Schwefeldioxid bilden und dieser Entwicklung über den Industrieregionen Europas, Nordamerikas und Asiens entgegenwirken, wird im Problembereich Versauerung eingegangen.
32
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
sorptionsfähigkeit und die Verweildauer der Gase in der Atmosphäre, d. h. das vom Zeithorizont abhängige Treibhauspotentia/, entscheidend. Zu beachten ist auch, daß treibhauswirksames, bodennahes Ozon durch die Vorläufersubstanzen Kohlenmonoxid, NOx und flüchtige organische Verbindungen (VOC) gebildet wird, die somit indirekt treibhauswirksam sind. Zurückgeführt werden die Emissionen etwa zur Hälfte auf die Gewinnung und Verbrennung fossiler Brennstoffe, zu knapp 15 % auf Reisanbau und Rinderhaltung in der Landwirtschaft, zu weiteren 15% auf die Brandrodung tropischer Wälder und zu 20 % auf die Freisetzung bestimmter chemischer Produkte. Tabelle B.l stellt diese Zusammenhänge im Überblick dar. Ob die Klimaänderung bereits begonnen hat, ist noch umstritten. Aber das Risiko besteht, daß in wenigen Jahrzehnten Temperaturen erreicht werden könnten, die höher sind als je zuvor in der menschlichen Entwicklungsgeschichte. Als mögliche Auswirkungen werden ein Anstieg des Meeresspiegels, Niederschlagsänderungen und insgesamt negative Folgen für Ökosysteme, Landwirtschaft und Wasserversorgung genannt (EK Klima 1991a, S. 261 ff.). Wirkungen auf den Menschen sind nur schwer vorherzusagen. Ein Überblick von Huckestein (1994) über Studien zur Bestimmung der volkswirtschaftlichen Kosten einer globalen Erwärmung zeigt enorm divergierende Abschätzungen. Schon vor Jahren kam die damalige Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" (EK Klima 199la, S. 42) aber zu dem Schluß, daß "dies alles Hunger, Elend und Umweltflüchtlingsströme in bisher nicht gekanntem Ausmaß zur Folge haben wird." c) Versauerung von Luft, Boden und Gewässern
Im 5. Immissionsschutzbericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit [BMU] 1992, S. 55 f.) läßt sich nachlesen, was heute in bezugauf die Versauerung naturwissenschaftlich und politisch in Deutschland weitgehend Konsens ist: Ursachen der sauren Niederschläge und des direkten "trockenen" Eintrags der Schadstoffe in Boden und Gewässer sind die Emissionen von Schwefeldioxid und Stickoxiden, in erster Linie aus Verbrennungsprozessen. 5 Weltweit liegen heute beispielsweise die anthropogenen, d. h. aus menschlichen Aktivitäten stammenden Schwefelemissionen etwa dreimal höher als die natürlichen Emissionen (EK Klima 1995, S. 38). Insbesondere in Waldböden können die Säuren mit der Zeit zu einer Erschöpfung der Pufferungsfahigkeit führen.
5 Die chemischen Reaktionen der Säurebildung und die Eintragung der Schadstoffe werden ausführlich in UBA (1989, S. 77 ff.) und UBA (1990, S. 28 ff.) dargestellt.
I. Ökologische, umweltpolitische und umweltökonomische Grundlagen
33
Dann werden u. a. toxische Aluminium- und Schwermetallionen gelöst und gleichzeitig wichtige Nährstoffe dem Boden entzogen. Die starken Waldschäden der letzten Jahre werden auf diese chemischen Prozesse im Waldboden und hohe Schadstoffkonzentrationen in der Luft zurückgeführt. Die Bundesregierung stellt dazu fest: "Es ist nicht mehr umstritten, daß die Bodenversauerung wesentlich zur Entstehung von Waldschäden beiträgt" (BMU 1992, S. 55). Ein Zusammenhang zum Treibhauseffekt und zur Zerstörung der Ozonschicht besteht durch die teilweise Umwandlung des Nitrats im Waldboden in Stickoxide und Lachgas. Ein anderer Teil des als Nitrat gebundenen Stickstoffs wird aus dem Boden ins Grund- und Oberflächenwasser ausgewaschen. Ammoniakemissionen aus intensiver Tierhaltung, die mit Wasser und Mikroorganismen zu sauren Verbindungen reagieren, tragen zusätzlich direkt zur Gewässerversauerung bei. Sie gefahrdet zusammen mit der Düngewirkung des Stickstoffs die Artenvielfalt und die menschliche Wasserversorgung. Seit Jahren steigen die Nitratkonzentrationen im Grundwasser in ländlichen Gebieten bei einem Grenzwert von 50 mg/1 um durchschnittlich 1 mg/1 pro Jahr (EK Umwelt 1994, S. 585 f.). Darüber hinaus sind vielfaltige negative Auswirkungen der sauren Schadstoffe auf Menschen, Umwelt, Bauwerke und Materialien zu beobachten (vgl. dazu ausführlich UBA 1989, S. 272 ff. und UBA 1990, S. 97 ff. sowie den Problembereich Photosmog). Anfang der 90er Jahre lagen die durchschnittlichen Depositionsraten, d. h. der Eintrag von Schwefel- und Stickstoffverbindungen, in Deutschland deutlich über den kritischen Grenzen für besonders empfindliche Regionen. Die Bundesregierung sah deshalb trotz rückläufiger Emissionen weiteren Handlungsbedarf: "Hieraus ist ersichtlich, daß die bisher durchgeführten und geplanten Vermeidungsmaßnahmen im Bereich der Luftreinhaltung noch nicht ausreichen, um das Problem der Versauerung der Böden und des Grund- und Oberflächenwassers zu lösen" (BMU 1992, S. 56). d) Photosmog
In den letzten Jahren sind in der Bundesrepublik wie zuvor schon in anderen Regionen mit hohem Verkehrsaufkommen in sommerlichen Schönwetterperioden zunehmend hohe Konzentrationen von Ozon und Carbonylverbindungen in Bodennähe, der sog. Sommer- oder Photosmog, aufgetreten. Die Photooxidantien entstehen bei intensiver Sonneneinstrahlung aus den Vorläufersubstanzen Stickoxide, Kohlenmonoxid und flüchtige organische Verbindungen (Kuttler/Zmarsly 1995). Hauptemittent der Vorläufersubstanzen ist der Straßenverkehr. Gleichzeitig mit der Zunahme von Sommersmogperioden hat sich die mittlere Ozonkonzentration in Bodennähe auf der Nordhalbkugel gegen3 Lutz
34
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
über vorindustriellen Werten mehr als verdoppelt (EK Klima 1995, S. 72). Beides ist deshalb sehr bedenklich, weil Ozon sowohl kurzfristig hoch konzentriert, als auch über längere Zeiträume in niedrigeren Konzentrationen für Menschen, Tiere und Pflanzen schädlich wirken kann (BMU 1992, S. 97 ff.). Waldschäden könnten hierdurch ebenso verstärkt werden wie die seit Jahren zunehmenden Atemwegserkrankungen. Auch ein Krebsrisiko besteht. Außerdem ist bodennahes Ozon, wie unter b) dargestellt, treibhauswirksam. Die seit Sommer 1995 in Deutschland gültige Sommersmogverordnung sieht bei hohen Ozonkonzentrationen ab 240 J.l.g/m3 u. a. Warnungen und Fahrverbote für ältere Fahrzeuge ohne geregelten Katalysator vor. Ob allerdings gemessene Ozonwerte eine sinnvolle Entscheidungsgrundlage für diese Maßnahmen sind, wird nicht nur von Kuttler/Zmarsly (1995, S. 159) bezweifelt. Sind erst einmal hohe Konzentrationen der Vorläufersubstanzen erreicht, wird auch die Sommersmogverordnung hohe Ozonkonzentrationen nicht mehr verhindem können (Teufel u. a. 1996). Dagegen würde ein generelles Absenken der Ozonkonzentrationen in der Luft in die Nähe des vorindustriellen Niveaus nicht nur die Sommersmogverordnung überflüssig machen, sondern auch die genannten langfristigen Risiken mindern. Dazu müssen die Ozonvorläufersubstanzen überproportional gesenkt werden. Untersuchungen in der Schweiz und den Niederlanden haben gezeigt, daß die Ozonkonzentrationen langsamer zurückgehen als die Konzentrationen der Vorläufersubstanzen (SRU 1995, S. 165). e) Zusammenfassung
Die drei geschilderten Problembereiche Treibhauseffekt, Versauerung und Photosmog werden zu großen Teilen durch die Verbrennung fossiler Energieträger verursacht. Dabei werden Mengen an C02 , NOx, S02 , Kohlenmonoxid und flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) freigesetzt, die die natürlichen Kreisläufe überfordern (vgl. Tabelle B.2). Tabelle B.2 Negative Wirkungen energiebedingter Luftschadstoffe
Luftschadstoff
Treibhauseffekt
co2
X
Versauerung
Photosmog
X
SOz
X
X
NOx
indirekt über Ozon
Kohlenmonoxid
indirekt über Ozon
X
indirekt über Ozon
X
voc
I. Ökologische, umweltpolitische und umweltökonomische Gnmdlagen
35
Außerdem tragen vor allem die nicht energiebedingten Emissionen von Methan, Lachgas und halogenierten Kohlenwasserstoffen wesentlich zum Treibhauseffekt bei. Für die Versauerung von Boden und Wasser ist außerdem Ammoniak verantwortlich. Mit dieser Auflistung aktueller Umweltprobleme wird im Vergleich zu den Umweltdebatten der 70er Jahre eine Akzentverschiebung von der Erschöpfung nicht-erneuerbarer Ressourcen hin zum begrenzten Schadstoffsenkenpotential der Erde deutlich. Die Enquete-Kanunission "Schutz des Menschen und der Umwelt" (EK Umwelt 1994, S. 51) betont: ,,In den letzten Jahren hat sich inuner deutlicher herausgestellt, daß die natürlichen Gnmdlagen des Wirtschattens durch die Überanspruchung der Aufnahmekapazität der Umwelt fllr anthropogene Stoffeinträge schneller und stärker gefahrdet werden, als durch die Erschöpfung nicht-erneuerbarer Ressourcen."
Die EK Umwelt (1994, S. 51) formuliert deshalb als eine Grundregel einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, daß sich Stoffeinträge in die Umwelt an der Belastbarkeit der Umweltmedien orientieren sollen. Die Politik muß diese Grundregel konkretisieren. 2. Umweltpolitische Reduktionsziele
Angesichts der internationalen Wirkungszusanunenhänge können die beschriebenen Umweltprobleme letztlich auch nur international gelöst werden. Für die Zielpräzisierung und vor allem für die Zielumsetzung sind aber - zur Zeit noch - die Nationalstaaten verantwortlich. Problembezogene Lösungsansätze wären aus wissenschaftlicher Sicht wünschenswert. Wegen der problemübergreifenden Schadenswirkungen und der beschriebenen hohen Komplexität der Phänomene waren und sind bei heutigem Wissensstand aber nur schadstoffbezogene Reduktionsziele definierbar. Im folgenden werden die internationalen Vereinbarungen zur Emissionsminderung und die zum Teil daraus abgeleiteten bundesdeutschen Reduktionsziele beschrieben. a) Internationale Vereinbarungen 6
Die Konferenz der Vereinten Nationen for Umwelt und Entwicklung (UNCED), die 1992 in Rio de Janeiro stattfand, brachte mit der Klimarahmenkonvention eine erste internationale Vereinbarung zum Klimaschutz. Die Konvention ist am 21. März 1994 in Kraft getreten und schreibt eine Stabili6 Einen
Überblick zum Klimaschutz gibt EK Klima (1995, S. 85 ff.).
36
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
sierung der Treibhausgaskonzentrationen auf einem für die Menschen ungefahrlichen Niveau vor. Die Industrieländer sind außerdem zur Rückführung der Treibhausgasemissionen auf das Niveau von 1990 verpflichtet. Diese angesichts des Problemdrucks noch unangemessene Vereinbarung soll auf Konferenzen der Vertragsstaaten konkretisiert werden. Allerdings brachte die erste UN-Konferenz dieser Staaten in Berlin im April 1995 aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage verschiedener Staatengruppen ebensowenig weitere Reduktionsverpflichtungen (Lamprecht 1995) wie die zweite 1996 in Genf. Entscheidend wird die Frage sein, welche Treibhausgaskonzentration noch als ungefahrlich gelten kann. Selbst zur Stabilisierung auf dem dreifachen vorindustriellen Niveau müssen ab Anfang des nächsten Jahrhunderts massive Emissionsreduktionen gegenüber der Trendentwicklung erreicht und langfristig die heutigen Emissionen deutlich unterschritten werden (Graßl 1995, S. 43). Nach dem Gefahrdungsbegriff der Klima-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages (EK Klima 1995, S. 96 f.) stellen noch weitergehende Reduktionen bis zum Jahr 2100 auf ein Drittel des heutigen Niveaus die vertretbare Obergrenze dar. Für die Problembereiche Versauerung und Photosmog wurden 1979 in Genf die ersten europaweiten Ziele formuliert (EK Umwelt 1994, S. 587 und BMU 1992, S. 128 f.). Im Helsinki-Protokoll verpflichteten sich die Vertragsstaaten im Jahr 1985, ihre Schwefelemissionen bis 1993 gegenüber dem Niveau von 1980 um 30 % zu reduzieren. 1994 wurde in Oslo ein Folgeprotokoll unterzeichnet, das länderspezifisch verschiedene Reduktionen mit Obergrenzen für die Jahre 2000, 2005 und 2010 vorsieht. Deutschland geht darin die Verpflichtung ein, die S02 -Emissionen gegenüber 1980 um 83 % bzw. 87 % bis 2000 bzw. 2005 zu senken (UBA 1994b, Anhang S. 15). Für Stickoxide wurde im Sofia-Protokoll von 1988 ein Einfrieren der Emissionen auf dem Niveau von 1987 bis 1994 völkerrechtlich verbindlich festgeschrieben. Zusätzlich vereinbarten dort 12 westeuropäische Staaten, darunter auch die Bundesrepublik, ihre nationalen Emissionen bis 1998 gegenüber einem Jahr der 80er Jahre um 30 % zu senken. Das deutsche Basisjahr ist 1986. Schließlich regelt das 1991 in Genf unterzeichnete VOC-Protokoll die Reduktion der Klasse der flüchtigen organischen Verbindungen. Hier ist ebenfalls eine nationale Senkung um 30 % gegenüber 1988 bis zum Jahr 1999 vorgeschrieben. Ausnahmeregelungen gelten für einige Staaten. b) Nationale Reduktionsziele
Im Klimabereich stellen die Reduktionsempfehlungen der Klima-EnqueteKommission die Grundlage der nationalen Ziele dar. Neben der Forderung nach einer weitreichenden Reduktion klimarelevanter Spurengase bis 2005
I. Ökologische, umweltpolitische und umweltökonomische Grundlagen
37
legte die Enquete-Kornmission fiir die Jahre 2020 und 2050 Zielorientierungen vor, die die Notwendigkeit langfristig drastischer Emissionsminderungen verdeutlichen. Bei allen Gasen wird bis 2050 eine Reduktion um den Faktor 5 oder sogar 10 empfohlen. Bei flüchtigen organischen Verbindungen ohne Methan (NMVOC), bei Kohlenmonoxid und bei Stickoxiden sollen die Emissionen bereits bis 2005 um die Hälfte und mehr zurückgehen. Für C02 und Methan wird immerhin ein Rückgang um 30 % fiir notwendig gehalten. Alle Ziele und Empfehlungen in Tabelle B.3 gelten fiir ganz Deutschland, auch wenn bei ihrer Formulierung nur sehr unzureichende Informationen über die Emissionssituation in Ostdeutschland vorlagen. Tabelle B.3
Reduktionsplan der Klima-Enquete-Kommission gegenüber 1987 in v. H.
Spurengase
Ziel bis 2005
co2
-30 -30 -50 -60 -80
Methan NOx Kohlenmonoxid NMVOC
Empfehlung bis 2020 -50 -50 -70 -75 -90
Empfehlung bis 2050 -80 -80 -90 -90 - 95
Quelle: EK Klima ( 1991a, S 88).
Die Reduktionsempfehlungen wurden schnell von den politischen Institutionen umgesetzt. Der 12. Deutsche Bundestag übernahm mit Beschluß vorn 27.09.I991 alle genannten Vorgaben. Die Bundesregierung hatte bereits am 07.11.1990 eine Reduzierung der energiebedingten C02-Emissionen bis 2005 gegenüber 1987 um 25% in Westdeutschland und eine deutlich höhere Reduktion in Ostdeutschland beschlossen. Mit weiteren Beschlüssen 1991 und 1994 hat sie dieses Ziel weiter konkretisiert und bekräftigt. Bei der Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention in Berlin gab Bundeskanzler Kohl das Ziel bekannt, die C02 -Emissionen gegenüber 1990 bis 2005 um 25% zu senken. 1990 ist das international übliche Basisjahr. Mit dem bereits umgesetzten Ausstieg aus Produktion und Einsatz von FCKW sowie Halonen und den internationalen Reduktionsverpflichtungen bei NOx und VOC strebt die Bundesregierung damit bis 2005 eine Reduktion aller Treibhausgase in C02-Äquivalenten um 50 %an (BMU 1993, S. 11 ). Dabei wird der unterstellte Emissionsrückgang anderer energiebedingter Spurengase durch die COT Reduktion, d. h. durch den verminderten Einsatz fossiler Energieträger, mit einbezogen. Zum Schutz der Ozonschicht wurden Produktion und Einsatz von FCKW sowie Halonen in Deutschland eingestellt. Einige der teils immer noch ozon-
38
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
schichtschädigenden Ersatzstoffe sind aber klimarelevant Bei Lachgas, Methan und Kohlenmonoxid sind noch keine stoffspezifischen Reduktionsziele gesetzt worden. Die Kohlenmonoxidemissionen gehen aber seit Jahrzehnten kontinuierlich zurück und waren 1990 in Westdeutschland nur noch halb so hoch wie 1975 (UBA 1994c, S. 236). Zusammen mit den international eingegangenen Reduktionsverpflichtungen von Stickoxiden, Schwefeldioxid und der Gruppe der flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) ergeben sich damit die aktuellen Ziele der Bundesregierung zur Reduktion von Luftschadstoffen, die ein wenig hinter dem Reduktionsplan der Klima-Enquete-Kommission in Tabelle B.3 zurückbleiben, wie folgt: Tabelle B.4 Verbindliche Ziele der Bundesregierung zur Reduktion von Luftschadstoffen
Spurengase
co2
NOx
so2 voc
Reduktionsziel in v. H. -25 -30 - 83/- 87 - 30
Zieljahr 2005 1998 2000/2005 1998
Basisjahr 1990 1986 1980 1988
Quellen BMU (1995, S. 182 ff.) und EK Umwelt (1994, S. 577 ff.).
Bei einigen Stoffen gibt es Forderungen, die über die Ziele der Bundesregierung hinausgehen. So hält der Rat von Sachverständigen fiir Umweltfragen (SRU 1995, S. 166) eine- möglichsteuropaweite- Reduktion bei Stickoxiden und VOC von 80% bis 2005 gegenüber 1987 fiir erforderlich, um die Ozonkonzentrationen auch in sommerlichen Schönwetterperioden auf gesundheitlich unbedenkliche Werte zu reduzieren. In einer aktuellen Studie des Wuppertal-Instituts fiir Klima, Umwelt und Energie (Loske/Bleischwitz 1996, S. 80) über ein zukunftsfähiges Deutschland wird dieses Ziel aufgegriffen. Zusätzlich werden neben vielen anderen drastischen Zielen eine Reduktion der COz-Emissionen bis 2010 um 35% gegenüber 1987 und der SOrEmissionen um 80 % bis 90 % gegenüber heutigen Größenordnungen genannt. 3. Umweltökonomische Lösungsansätze Die beschriebenen Reduktionsziele werfen die Frage nach dem kostengünstigsten Vorgehen zu ihrer Erreichung auf. Zur Beantwortung dieses originär ökonomischen Problems werden die Reduktionsziele zunächst in die umweltökonomische Debatte eingeordnet. Dann werden die einsetzbaren Instrumente der Umweltpolitik in Theorie und Praxis miteinander verglichen. Der derzeit diskutierte Vorschlag einer ökologischen Steuerreform wird abschließend dargestellt.
I. Ökologische, umweltpolitische und umweltökonomische Grundlagen
39
a) Umweltökonomische Grundkonzepte
Vorläufer und zugleich Ausgangspunkt der umweltökonomischen Debatte war die Erkenntnis von Pigou (1932/46, S. 192 ff.), daß externe Effekte eine pareto-optimale Ressourcenallokation durch Märkte verhindem können. Allokatives Marktversagen in Form externer Kosten oder Nutzen tritt auf, wenn Wirkungen von Produktion oder Konsum nicht über Märkte entschädigt werden. Daraus ergibt sich die Forderung nach einer Internalisierung der externen Effekte durch den Staat. Pigou sah zum Ausgleich der externen Effekte staatliche Steuern und Subventionen in Höhe der Differenz von privaten und sozialen Grenzkosten vor. Dann orientieren sich alle Wirtschaftssubjekte an den sozialen Grenzkosten ihrer Aktivitäten. Die Ressourcenallokation wäre wieder pareto-optimal. Obwohl sich Pigou noch gar nicht mit Umweltproblemen im heutigen Sinn beschäftigt hat, steht deshalb sein Name in der umweltökonomischen Literatur für die Anwendung des Verursacherprinzips und für die Erhebung von Schadstoffsteuern, die auch als Pigou-Steuern bezeichnet werden (Cansier 1993, S. 36). Coase (1960) schlug dagegen vor, das geschilderte Problem durch eine Zuweisung von Eigentumsrechten zu lösen. Nach dem Coase-Theorem führen dann Verhandlungen zwischen Privaten zu einer Internalisierung der externen Effekte. Unabhängig von der Ausgangsverteilung werden sich Schädiger und Betroffene auf eine für alle Seiten optimale Lösung verständigen. Entweder zahlt der Verursacher den Betroffenen eine Entschädigung, oder sie veranlassen ihn durch Ausgleichszahlungen, die Schädigung zu reduzieren. Das Allokationsergebnis - aber nicht das Distributionsergebnis - ist in jedem Fall gleich. Die Lösung des Problems externer Effekte kann nach Coase über den Marktmechanismus erfolgen, wenn Eigentumsrechte vorhanden sind bzw. zugewiesen werden können. Im Bereich überregionaler Umweltprobleme mit langem Zeithorizont stoßen beide Konzepte der Internalisierung externer Effekte in ihrer Reinform auf enorme Schwierigkeiten, die z. B. Endres (1994, S. 41 ff.) und Kernper (1989, S. l2 f.) zusammenfassend darstellen. Pigou-Steuern setzen voraus, daß die Verläufe der sozialen, d. h. gesamtwirtschaftlichen Grenzvermeidungskostenund Grenzschadenskurve bekannt sind. Das ist insbesondere bei dem öffentlichen Gut "saubere Luft" nicht der Fall. Offentliehe Güter zeichnen sich im Gegensatz zu privaten Gütern dadurch aus, daß sie nicht teilbar sind und niemand von ihrem Gebrauch ausgeschlossen werden kann. Obwohl jeder einzelne an sauberer Luft interessiert ist, wird er versuchen, als Freifahrer von den Ausgaben anderer dafür zu profitieren, zumal er bei sehr langem Zeithorizont kaum seine Präferenzstruktur kennen wird. Sind aber die Präferenzen unklar, sind auch alle Mechanismen wie z. B. die Clarke-Steuer zur Präferenzenthül-
40
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
Jung zum Scheitern verurteilt. Aber auch die von Coase geforderte Zuweisung von Eigentumsrechten etwa an sauberer Luft wird wegen des Freifahrerverhaltens der Akteure zu keiner pareto-optimalen Lösung führen. Da die Zahl der Emittenten und Geschädigten sehr groß ist, sind Verhandlungen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Das Coase-Theorem ist dagegen für klar definierte Verschmutzerund Geschädigte in einer Welt ohne Transaktionskosten konzipiert. Schließlich stellt sich bei beiden Konzepten die Frage, ob die Bestimmung des Umweltschutzniveaus allein individuellen Präferenzen überlassen sein sollte. Bonus (1981, S. 58) verneint dies, weil der Umweltschutz für ihn eine Überlebensfrage darstellt. Die Langfristigkeil und die globale Dimension der Luftschadstoffproblematik, d. h. die Möglichkeit der Externalisierung von Kosten auch auf kommende Generationen und andere Staaten, sprechen für dieses Argument. Aufbauend auf dem Konzept der Pigou-Steuer machten BaumoVOates (1971, S. 51) deshalb den Vorschlag, bestimmte Verschmutzungsmengen oder -standards vorzugeben und diese durch eine Emissionsteuer mit den geringsten Kosten zu erreichen: "This will not, in general, result in an optimal allocation of resources, but the procedure does at least represent the least-cost method of realizing the specified standards."
Baumol und Oates sind sich der Schwächen ihres Standard-Preis-Ansatzes, der keine optimale Ressourcenallokation anstrebt, bewußt, verweisen aber auch darauf, daß er dem politischen Handeln in vielen Bereichen entspricht. Die amerikanische und deutsche Luftreinhaltepolitik der letzten Jahre sind dafiir gute Beispiele. So lassen sich die oben genannten bundesdeutschen Luftreinhalteziele auch genau an diesem theoretischen Ansatz festmachen. Der Standard-Preis-Ansatz trägt den komplexen Ursache-Wirkungszusammenhängen der dargestellten Umweltprobleme Rechnung, die eine pareto-optimale Lösung unmöglich machen. In jüngster Zeit mehren sich allerdings kritische Stimmen zum StandardPreis-Ansatz. Immer stärker wird ein dosiertes Vorgehen bei der Zielumsetzung gefordert, um zu negative gesamtwirtschaftliche, sektorale und regionale Effekte zu vermeiden (Bach u. a. 1994, Görres/Ehringhaus/von Weizsäcker 1994 und EG-Kommission 1992). Richter (1995a) spricht von einem neuen Leitbild der Makroneutralität von Umweltschutzmaßnahmen. Dem ist entgegenzuhalten, daß genau diese Makrogrößen massiv zuungunsten einer intakten Umwelt verzerrt sind (van Dieren 1995, UN 1993, Wicke 1986). Eine Reduktion der von Leipert ( 1989) als "die heimlichen Kosten des Fortschritts" bezeichneten Fehlallokationen führt demnach zumindest in der ersten Phase zu Wohlfahrtsgewinnen. Letztlich ist Makroneutralität nur ein griffiges (wirtschafts-)politisches Schlagwort, das nicht operationalisierbar ist und auch von
I. Ökologische, umweltpolitische und umweltökonomische Grundlagen
41
keiner anderen wirtschaftspolitischen Maßnahme ernsthaft gefordert werden kann. Angesichts der weitreichenden Handlungsempfehlungen der Klima-Enquete-Kommission für das nächste Jahrhundert und den damit zwangsläufig verbundenen massiven Strukturveränderungen wird der Begriff der Makroneutralität vollends unbrauchbar. b) Die standardorientierten Instrumente der Umweltpolitik: Auflagen, Abgaben und Zertifikate
Im folgenden werden die umweltökonomischen Instrumente Auflagen, Abgaben und Zertifikate verglichen. Grundlage ist dabei der Ansatz der Einhaltung eines Mengenzieles von Baumol und Oates, der für die Umsetzung nationaler Luftreinhalteziele umweltpolitisch und ökonomisch am besten geeignet ist. Endres (1994, S. 97) spricht von den "standardorientierten" Instrumenten der Umweltpolitik. Auflagen schreiben Wirtschaftssubjekten vor, in welchem Umfang Schadstoffemissionen höchstens zulässig sind. Im Extremfall sind wie z. B. bei FCKW keine Emissionen mehr erlaubt. Ein solches Verbot ist dann angebracht, wenn jede weitere emittierte Schadstoffeinheit direkt gesundheitsgefahrdend ist. Häufiger sind Gebote, die einen Emissionsgrenzwert pro Anlage, Zeiteinheit oder Abluftvolumen festschreiben. Emissionsabgaben beziehen sich auf die gesamte Emissionsmenge eines Schadstoffes. Jede abgegebene Schadstoffeinheit wird mit einem vorgegebenen Abgabensatz belegt. Grundsätzlich wäre auch eine Subventionslösung denkbar, die aber weder dem Verursacherprinzip entspricht noch für den Bereich der Luftschadstoffe ernsthaft erwogen wird. Bei den auf Dales (1968) zurückgehenden Zertifikatslösungen wird dagegen die maximale Emissionsmenge für eine bestimmte Region vorgegeben. Der Staat bringt in diesem Umfang handelbare Emissionsrechte in Umlauf. Denkbar sind Versteigerungen oder eine freie Vergabe an Altemittenten. Auf dem Zertifikatsmarkt stellt sich dann ein markträumender Preis ein, bei dem jeder Emittent Emissionsrechte gemäß seiner privaten Vermeidungskostenkurve hält.
Beim Vergleich von Grundformen der drei Instrumente stehen die ökonomische Effizienz und die ökologische Zielerreichung im Mittelpunkt (z. B. Cansier 1993, S. 220 ff. und Endres 1994, S. 118 ff.). Aber auch dynamische Anreizwirkungen, Wettbewerbs- und Struktureffekte sowie Akzeptanzprobleme müssen berücksichtigt werden. Während die Zertifikatslösung die ökologisch gewollte Wirkung in jedem Fall erzielt, können Abgaben und anlagen- oder produktionsbezogene Auflagen das gewünschte Ziel weit über- oder untererfüllen. Dafür sind die Kosten dieser beiden Instrumente fur die Wirtschaftssubjekte gut vorhersehbar, während handelbare Emissionsrechte mit großen Unsi-
42
B. Der Stand der Debatte wn die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
cherheiten verbunden sind. Längerfristig begünstigen Abgaben und Zertifikate den umweltfreundlichen technischen Fortschritt, weil jede Emissionseinheit Kosten verursacht. Bei Auflagen sind Lösungen über den vorgeschriebenen Standard hinaus einzelwirtschaftlich sinnlos. Wird der sogenannte beste Stand der Technik vom Gesetzgeber vorgeschrieben, führt jede technische Neuerung zu strengeren Auflagen, die mit zusätzlichen Kosten verbunden sind. Der Forschungseifer der Unternehmen erlahmt. Insofern beschreibt der in der Literatur geprägte Begriff "des Schweigekartells der Oberingenieure" nur einen Teil des Problems (Endres 1994, S. 133). Hartje (1990, S. 177 ff.) spricht zu Recht vom "Sperrklinkeneffekt" der Auflagenlösung. Abgaben und Zertifikate wirken auf funktionsfahigen Märkten wettbewerbsneutral. Anlagenbezogene Auflagen zur Erfüllung eines nationalen Emissionsziels können dagegen die Markteintrittskosten für neue Unternehmen erhöhen und vorhandene Strukturen konservieren. In der Literatur oft vorgetragene wettbewerbspolitische Bedenken gegen Emissionszertifikate sind bei der Errichtung nationaler Zertifikatsmärkte nicht stichhaltig (vgl. dazu ausführlich Endres 1994, S. 144). Da Auflagen fiir Unternehmen und private Haushalte mit geringeren Kosten verbunden sind, wird von einer höheren Akzeptanz als bei Abgaben- oder Zertifikatslösungen ausgegangen. Besonders handelbare Emissionsrechte werden in diesem Punkt negativ beurteilt, weil zum einen mit der Umweltverschmutzung - die heute umsonst möglich ist - gehandelt wird, und zum anderen kaum Erfahrungen mit diesem Instrumentarium vorliegen. Für das Erreichen nationaler Emissionsziele sind Zertifikate am besten geeignet. Ebenso wie Abgaben sind sie ökonomisch effizient und fördern den umweltfreundlichen tedmischen Fortschritt. Dagegen ist die ökonomische Planungssicherheit nur bei Auflagen und Abgaben gegeben. Die Auswahl zwischen Zertifikaten und Abgaben muß sich nach Tabelle B.5 daran orientieren, ob Unsicherheiten eher im ökonomischen oder ökologischen Bereich tolerierbar erscheinen, und ob die Anwendungsbedingungen (vgl. dazu Huckestein 1993a und 1993b) erfüllt sind. Tabelle B.5
Vergleich umweltökonomischer Instrumente bei nationalen Reduktionszielen
Ökologische Effektivität
Auflagen
Abgaben
Zertifikate
-
-
Ökonomische Effizienz Förderung des umweltfreundIichen technischen Fortschritts
-
+ +
+ + +
Ökonomische Planungssicherheit
+
+
-
I. Ökologische, wnweltpolitische und wnweltökonomische Grundlagen
43
c) Zum praktischen Einsatz umweltpolitischer Instrumente
In der umweltpolitischen Praxis werden in Deutschland bis heute fast ausschließlich A ujlagen eingesetzt. Für bestimmte Anlagen werden dem Stand der Technik entsprechende Emissionsstandards vorgegeben und teilweise im Zeitablauf immer wieder angepaßt (dynamisiert). Besonders bei Großkraftwerken und Pkw, aber auch bei industriellen und privaten Feuerungsanlagen wurden diese Maßnahmen umgesetzt. Die immer undurchsichtigeren Regelungen und die hohen notwendigen Investitionen und vor allem laufenden Kosten setzen einem weiteren Einsatz von Auflagen aber Grenzen. Auch in: der flexiblen Form von Flottenstandards im Verkehrsbereich sind sie nach Richter (1995b) nicht zieladäquat Umweltabgaben und Zertifikatslösungen spielen dagegen bis heute bei der Luftreinhaltung in Deutschland keine Rolle, auch wenn etwa die Mineralölsteuer Einfluß auf die Luftschadstoffemissionen hat. Umweltabgaben werden allerdings unter dem Schlagwort der Ökologischen Steuerreform intensiv diskutiert. Joint implementation als kostengünstige und bei international vereinbarten Emissionsobergrenzen ökonomisch effiziente Umsetzung nationaler Emissionsziele im Ausland wird hier nicht behandelt (vgl. dazu Rentz 1995 und Michaelowa 1995). Denn beim heutigen Stand der internationalen Klimadebatte kann es nicht sinnvoll sein, langfristig völlig unzureichende nationale Reduktionsziele durch kaum kontrollierbare Maßnahmen im Ausland aufzuweichen. In anderen Staaten sind bereits Erfahrungen mit Abgaben- und Zertifikatslösungen im Bereich der Luftreinhaltung gemacht worden. Einen Überblick geben für Abgaben Zusammenstellungen des Umweltbundesamtes (1994a, S. 70 ff.) und des schweizerischen Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (1993). Insbesondere Dänemark (dazu auch Mez 1995) und Schweden haben umfangreiche Konzepte umgesetzt und in den vergangeneo Jahren positive Erfahrungen gemacht. Für einzelne Branchen oder die gesamte Industrie waren und sind dabei Ausnahmeregelungen in Form verminderter Steuersätze oder Steuerbefreiungen vorgesehen. In Japan und Frankreich werden seit über 10 Jahren S02 - bzw. S02 - und NOx-Emissionen von Großkraftwerken besteuert. Zertifikatslösungen haben in von der theoretischen Konzeption stark abgewandelter Form in den USA eine lange Tradition (vgl. zu den einzelnen Varianten z. B. Tietenberg 1985, S. 113 ff., Endres 1994, S. 19 ff. und Weimann 1995, S. 246 ff.). Mit der Novelle des Clean Air Act im Jahr 1990 wurde ab 1995 ein nationaler SOrZertifikatsmarkt für Kraftwerksbelreiber geschaffen. Endres/Schwarze (1994, S. 212) kommen allerdings zu dem Ergebnis, daß das Konzept wegen vieler Einschränkungen eher den alten Ansätzen als einer vollkommenen Marktlösung entspricht. Gleichwohl sind sie ebenso wie Hans-
44
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
jürgens/Fromm (1994) bzgl. der Funktionsfahigkeit des Programms verhalten optimistisch und verweisen auf den notwendigen Lernprozeß hin zu einer reinen Marktlösung. Derzeit scheint das Programm zu funktionieren. Im Frühjahr 1996 fiel der Preis für eine Tonne S02 gegenüber dem Vorjahr um fast die Hälfte auf 68 Dollar, nachdem 1993 noch mit Preisen von 1500 Dollar gerechnet worden war (Boulton 1996). Gleichzeitig sanken die SOrEmissionen stärker als vorgeschrieben. Teilweise werden die SOrZertifikate zusammen mit Kohle oder Gas verkauft, was die Planungssicherheit der Energieversarger erhöht (Doucet/Strauss 1994 ). In Südkalifornien trat 1994 darüber hinaus das S02 - und NOx-Zertifikatsprogramm RECLAIM in Kraft, das die auflagenorientierte Luftreinhaltepolitik im Großraum Los Angeles ablöste. Viele Ausnahmen, insbesondere die Nichteinbeziehung des Verkehrs als bedeutendster Emittentengruppe, schwächen aber die Wirksamkeit des im Grundsatz positiv bewerteten Ansatzes (Bader/Rahmeyer 1996). Aufgrund seiner Aktualität ist auch das Konzeptfreiwilliger Selbstverpflichtungsabkommen anzusprechen. Die Einzelerklärungen zum Klimaschutz von 14 Branchenverbänden vom März 1995 (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung [DIW] 1995, S. 282) wurden ein Jahr später von insgesamt 18 Branchen konkretisiert (Bundesverband der Deutschen Industrie 1996). Sie stellen kein umweltökonomisches Instrument im eigentlichen Sinne dar, weil Entscheidungen nicht über Marktpreise gesteuert werden. Entweder entspricht nämlich die "Selbstbeschränkung" dem Kostenminimierungskalkül des Unternehmens bzw. der Branche. Die Reduktion von Schadstoffen ist dann Ergebnis des normalen Marktprozesses. Oder das Unternehmen bzw. die Branche reduziert - mit welcher nichtökonomischen Motivation auch immer - den Schadstoffausstoß über das bei gegebenen Preisen optimale Niveau hinaus, was sektoral und gesamtwirtschaftlich ineffizient ist. Auch deshalb sind Selbstverpflichtungsabkommen nach Meinung des DIW ( 1995) "kein Ersatz für aktive Klimapolitik".7 Ziel freiwilliger Selbstverpflichtungen ist vielmehr die Verhinderung des Einsatzes umweltökonomischer Instrumente, was in der Bundesrepublik auch erfolgreich gelungen ist. d) Die Diskussion um eine ökologische Steuerreform
Aufbauend auf den Ansätzen von Pigou (1932/46) und Baumol/Oates (1971) und auch als Reaktion auf die zunehmend erkannten Gefahren durch Luft-
7 Eine andere Frage ist allerdings, ob bestimmte Branchen oder die gesamte Industrie bei Einführung nationaler Maßnahmen aus Gründen der internationalen Wettbe-
werbsfähigkeit von Belastungen befreit werden sollten.
I. Ökologische, umweltpolitische und umweltökonomische Grundlagen
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schadstoffe und Stoff- bzw. Materialströme insgesamt wurden in den letzten Jahren Konzepte einer umfassenden Reform des Steuersystems zur Reduzierung der Umweltbelastung entwickelt. In der aktuellen Diskussion werden die Begriffe Öko-Steuer und Ökologische Steuerreform (ÖSR) hierfür teilweise synonym verwendet. Nach Linscheidt/Truger ( 1995, S. 64) besteht der Kerngedanke darin, "die bisher weitgehend isolierte oder sogar konfliktäre Betrachtung der Politikbereiche Umwelt und Beschäftigung zu überwinden und durch eine Verlagerung der steuerlichen Belastung zur simultanen Lösung beider Problernkomplexe beizutragen". Durch Entlastung des Faktors Arbeit und gleichzeitige Belastung von Stoffströmen und Schadstoffen wird ein Rückgang der Arbeitslosigkeit bei Verbesserung der Umweltsituation erwartet. Anders formuliert soll die ÖSR neben der Umweltentlastung zusätzliche Wohlfahrtsgewinne, die sogenannte doppelte Dividende, bringen. Das World Resources Institute (Repetto/Dower/Jenkins/Geoghegan 1992, S. II) ermittelt für die USA aus Partialanalysen Gewinne von 0,45 bis 0,80 US-Dollar bei jedem von anderen Steuern in Umweltsteuern umgewandelten Dollar. Ob zusammen mit der Umweltdividende eine solche zweite Dividende durch Abbau von Verzerrungen im Steuer- und Abgabensystem tatsächlich erzielbar ist, ist aber umstritten.8 Nicht einmal über die Existenz solcher Verzerrrungen in Deutschland herrscht Einigkeit. Das ifo-Institut (Sprenger/Körner/Paskuy/Wackerbauer 1994) konstatiert viele umweltschädliche Einzelregelungen des deutschen Abgaben- und Steuersystems. Während aber z. B. das DIW (Bach u. a. 1994, S. 9 ff.) und Görres/Ehringhaus/von Weizsäcker (1994) negative Umweltwirkungen des Steuersystems insgesamt sehen, erweist sich diese These nach Linscheidt/Truger ( 1995, S. 165) als falsch. In der Diskussion der letzten Jahre wurde die Idee der ÖSR konkretisiert. Nach dem ersten umfassenden Reformvorschlag des Umwelt- und PrognoseInstituts Heidelberg (Teufel u. a. 1988), der viele Einzelregelungen vorsah, folgten u. a. ähnliche Konzepte von Parteien und Umweltverbänden.9 Aufvon Weizsäcker (l994a, S. 159 ff.) geht vor allem der Vorschlag zurück, die Steuersätze über viele Jahre gleichmäßig anzuheben. Andere Konzepte greifen für den Anfang nur den Energieverbrauch (Görres!Ehringhaus/von Weizsäcker 1994, Bach u. a. 1994) bzw. Energieverbrauch und C02"Emissionen (EGKommission 1992) als Bemessungsgrundlage der Ökosteuern heraus. 10 Mit
8 Schöb (1995) und Kosche/! Weinrich (1995, S. 24 ff.) bieten einen Überblick der aktuellen, auch international geflihrten Diskussion.
9 Einen umfassenden Überblick bis Anfang 1994 geben Linscheidt!Truger (1995, S. 67 ff.) und Nagel (1993, S. 147 ff.).
°
1 Koschel/ Weinrich (1995, S. 29) fassen die drei Konzepte übersichtlich zusammen. Der Vorschlag des DIW (Bach u. a. 1994) wird in Abschnitt B.II.l erläutert.
46
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
dem Vorschlag des DIW (Bach u. a. 1994) hat sich die Forderung nach Auf-
kommensneutralität auch aufpolitischer Ebene weitgehend durchgesetzt.
Nicht nur energieintensive Branchen stehen den Vorschlägen sehr kritisch gegenüber und verweisen auf die bereits bestehenden hohen Umweltstandards und Steuerbelastungen in Deutschland (z. B. Bundesverband der Deutschen Industrie 1994, Heck/Schiffer 1995). Auch Klemmer (1994) zweifelt an der ökologischen Wirksamkeit und der ökonomischen Effizienz des Ansatzes und fürchtet negative Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie. Dagegen sieht Bach (1995) ein eigenständiges Interesse von Unternehmern an einer ÖSR. Aus finanzwissenschaftlicher Sicht (Linscheidtrrruger 1995, BMU 1994, Ewringmann 1994) gibt es erhebliche steuersystematische Bedenken. Werbeck (1995) verweist auf die grundsätzliche Überlegenheit spezifischer Auflagen oder Zertifikatslösungen gegenüber allgemeinen Energiesteuern zur Senkung von Emissionen. Nach wie vor ist die Idee der ÖSR im politischen Spektrum, zwischen einzelnen Gewerkschaften, zwischen Unternehmen und Unternehmensverbänden und in der Wissenschaft heftig umstritten. 11 Mit der Konkretisierung und der steigenden Umsetzungswahrscheinlichkeit des Ansatzes haben sich folgende Kritik- und Streitpunkte herauskristallisiert, denen sich jedes Steuerkonzept ebenso wie Vorschläge für Zertifikats- oder Auflagenlösungen stellen muß: - Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen: Wird insbesondere die Arbeitslosigkeit gesenkt, ohne daß andere wirtschaftspolitische Ziele gefährdet sind? - Ökologische Wirksamkeit: Werden die Umweltziele im Inland erreicht, und wird dabei ein Teil der Umweltverschmutzung ins Ausland verlagert? - Ökonomische Effizienz: Sind andere Instrumente zur Zielerreichung besser geeignet? - Staatliche Einnahmensicherheit Lassen sich Fiskal- und Lenkungsziel gleichzeitig erreichen, oder bricht mit dem Erfolg der Umweltsteuern die Steuerbasis weg?
11 Einen guten Einstieg in die Debatte gibt die Diskussion von Hoflmann/Kohlhaas (1994), Klemmer (1994) und von Weizsäcker (1994b). Auch der Sammelband von Hohmeyer (1995) gibt verschiedene Meinungen wieder. Ein aktueller Überblick kritischer Veröffentlichungen findet sich in Schlegelmilch/Görres (1996), die auf die häufigsten Kritikpunkte antworten. BMU (1994), Linscheidt/I'roger (1995) und Ewringmann (1994) beurteilen die Vorschläge insbesondere aus finanzwissenschaftlicher Sicht. Heck/Schiffer (1995) stellen die aktuellen Konzepte der politischen Parteien dar. Hochmuth!Kurz (1994) gehen auf Verteilungswirkungen von Umweltsteuern ein. Eine sehr aktuelle Zusammenfassung des Diskussionsstands findet sich bei Kirchgässner (1996).
II. Ökonomische Modelle der Reduktion von Luftschadstoffen
47
- Verteilungseffekte: Welche Branchen und Bevölkerungsgruppen sind Gewinner, welche Verlierer der ÖSR? Und wird Aufkommensneutralität erreicht, oder steigt die Staatsquote? - Internationale Wettbewerbsfähi.gkeit: Bringt ein nationaler Alleingang Voroder Nachteile für die deutsche Wirtschaft? Damit verbunden sind die Fragen nach europäischen oder weltweiten Lösungen, Abwanderungen ins Ausland und mögliche Ausnahmeregelungen für besonders betroffene Branchen. - Reaktion internationaler Energiemärkte: Werden positive Effekte von Energieeinsparungen durch sinkende Weltmarktpreise auf globaler Ebene neutralisiert?12 Angesichts der komplexen und umstrittenen Wirkungszusammenhänge können ökonomische Modelle dazu beitragen, verschiedene Effekte einer ÖSR zu quantifizieren. In Kapitel B.II werden deshalb die bisher in Deutschland entwickelten Modellansätze diskutiert.
II. Ökonomische Modelle der Reduktion von Luftschadstoffen 1. Zur Auswahl der untersuchten Modelle In den letzten Jahren wurde eine Vielzahl ökonomischer Energiemodelle zur Prognose von Energieverbrauch und COrEmissionen und zur Evaluierung verschiedenster Reduktionskonzepte und -instrumente entwickelt. Eine Einbeziehung anderer (Luft-)Schadstoffe oder Umweltbelastungen erfolgte nur in wenigen Fällen. Neben ökonornefrischen Modellen wurden auch Input-OutputModelle und angewandte allgemeine Gleichgewichtsmodelle (AGE-Modelle) eingesetzt. Die Auswahl beschränkt sich im folgenden auf die wichtigsten Modelle, die den Einsatz ökonomischer Instrumente zur Energie- oder C02 Minderung in Deutschland gesamtwirtschaftlich und sektoral disaggregiert abbilden. Der am stärksten beachtete Beitrag der letzten Jahre ist zweifellos das DIWGutachten für Greenpeace (Bach u. a. 1994), das den Schwerpunkt des Überblicks bildet. Es ragt "infolge seines Detaillierungsgrades und der ökonomischen Kompetenz des DIW gegenüber anderen Beiträgen heraus" (Werbeck 1995, S. 41 f.). Für den Rat von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU 12 Auf diesen in der Diskussion sonst eher vernachlässigten Punkt verweist vor allem Massarat ( 1993), aber auch Heins/Ströbele (1995) sehen hier Probleme.
48
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
1996) ermittelte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Auswirkungen des DIW-Vorschlags auf drei weitere Luftschadstoffe, Abwasser und Abfallaufkommen. Eine weitere Studie verfaßte das DIW mit dem Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) im Auftrag der EK Klima (Schön u. a. 1994). Drei AGE-Modelle von Welsch!Hoster (1994 und 1995), Conrad/Wang (1993 und 1994) und Böhringer/Rutherford ( 1994) schließen den Modellüberblick ab.
Einen Überblick über internationale Modelle geben Bauer ( 1993, S. 108 ff.), EK Klima (1995, S. 756), Fankhauser (1995, S. 95 ff.) und ausführlich die OECD (1993). Prognos (1993) untersucht in ähnlicher Weise wie das DIW die Auswirkungen einer COTAbgabe in der Schweiz. Proops/Faber/Wagenhals (1993) vergleichen in einem statischen Input-Output-Ansatz Komponenten der C02-Entwicklung der vergangeneu Jahre in Deutschland und Großbritannien. Für ex-ante-Simulationsrechnungen ist es angesichts weitgehender Konstanz der Parameter weniger geeignet. Das Bielefelder ökonometrische Modell (Frohn/Leuchtmann 1996, Frohn!Friedmann!Laker 1989), ein disaggregiertes Input-Output-Modell, wurde bisher nur für ex-post-Simulationen eingesetzt. Das DIW und das Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung schätzen die Kosteneffektivität von Energieminderungsmaßnahmen mit einem linearen Programmierungsmodell ab (EK Klima 1995, S. 750 :ff.) Ähnlich geht Wietschel (1995) vor, der mit einem Energie-Emissionsmodell auch Auswirkungen auf die SOT und NOx-Emissionen erfassen kann. Sektorale und gesamtwirtschaftliche Effekte von Emissionsminderungsmaßnahmen werden mit diesem sehr technisch orientierten Ansatz kaum abgebildet (Wietschel 1995, S. 181).
2. Die DIW-Studie "Ökosteuer- Sackgasse oder Königsweg?" (1994) a) Zielsetzung und methodisches Vorgehen
Im Herbst 1993 beauftragte die Umweltschutzorganisation Greenpeace das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, die wirtschaftlichen Auswirkungen einer ökologischen Steuerreform abzubilden. Kern des Gutachtens (Bach u. a. 1994) ist der Vergleich eines Referenzszenarios ohne besondere umweltpolitische Maßnahmen mit verschiedenen Varianten eines Steuerszenarios. Als Umweltabgabe wählten die DIW-Wissenschaftler eine Energiesteuer, "da diese die quantitativ bedeutendste unter den diskutierten Ökosteuern darstellt und der Energieverbrauch mit einer Vielzahl verschiedener Umweltbelastungen verbunden ist" (Bach u. a. 1994, S. 3).
II. Ökonomische Modelle der Reduktion von Luftschadstoffen
49
Im Steuerszenario wird im nationalen Alleingang eine progressiv ansteigende Mengensteuer auf fossile Energieträger und Elektrizität erhoben. Energieexporte, erneuerbare Energieträger, Fernwärme, Hochofengas und Klärgas sind ausgenommen. Die Endenergiebesteuerung von Elektrizität und Mineralölprodukten soll die Gleichbehandlung von Importen gewährleisten. Ausgehend von einem einheitlichen Grundpreis von 9 DM pro Gigajoule (GJ), dem durchschnittlichen Preis für Primärenergie im Jahr 1990, steigt der einheitliche Steuersatz von 1995 bis 2010 jährlich um real 7% an. 1995 beträgt der Steueraufschlag in Preisen von 1990 somit 0,63 DM/GJ, 2010 ist er auf 17,57 DM/GJ angestiegen. Je nach Energiegehalt und Ausgangspreis werden die Energieträger sehr unterschiedlich belastet. Insbesondere die Preise für Treibstoffe und Elektrizität werden nur unterdurchschnittlich steigen, bei schwerem Heizöl und Gasen kommt es zu den größten Preiserhöhungen (Bach u. a. 1994, S. 135). Im Rahmen einer Kompensation erhalten die privaten Haushalte 29,1% des Aufkommens als Pro-Kopf-Bonus erstattet. Mit den restlichen 70,9% werden die Arbeitgeberbeiträge der Unternehmen zur Rentenversicherung gesenkt. Die Aufteilung der Rückerstattung auf Produktionssektoren und private Haushalte erfolgt entsprechend den direkten Lieferungen der Energiesektoren an Produktionssektoren und private Haushalte im Jahr I 988. Die einzelnen Produktionsbereiche werden gemäß ihres Anteils an den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung entlastet. Das Konzept ist hinsichtlich der staatlichen Einnahmen aufkommensneutraL Die Berechnungen der wirtschaftlichen Auswirkungen im Steuerszenario sind dreistufig aufgebaut. Zunächst werden mit einem offenen statischen Input-Output-Preismode/1 die direkten und indirekten Preiseffekte der ÖSR, also der Energiebesteuerung und der Kompensation, für Produktionsbereiche und Endnachfragekomponenten für 15 Jahre abgeschätzt. Erhöhungen und Senkungen der Produktionskosten werden dabei voll auf die Preise überwälzt. Wirtschaftsstruktur und Produktionstechnologien bleiben konstant. Basis der Berechnung ist die Input-Output-Tabelle des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 1988. Zusätzlich werden vier Energiesektoren der Input-Output-Tabelle für inländische Produkte und Importe in insgesamt 32 Subsektoren aufgespalten. In einer zweiten Stufe werden die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der ÖSR für 10 Jahre in einer modifizierten Version des kurzfristigen DIW-Konjunkturmodells für Westdeutschland simuliert. 1 Die maßgeblichen Impulse für das Modell liefern die aggregierten Preiseffekte des Input-Output-Modells. 1 Vgl. zu Aufbau und Wirkungsweise des Modells Bach u. a. (1994, S. 161) und ausführlich Zwiener (1989).
4 Lulz
50
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
Insgesamt enthält die Modellversion 49 stochastische Gleichungen und 26 exogene Variablen. Die Gleichungen werden mit Vierteljahresdaten des DIW über einen Zeitraum von 10 Jahren mit der Methode der kleinsten Quadrate geschätzt. Das Modell erklärt wichtige Aggregate der Volkswirschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR), staatliche Einnahmen und Ausgaben und die Beschäftigten- und Arbeitslosenzahlen endogen. Zinssätze und realer Wechselkurs sind dagegen exogen. Die Tarifparteien orientieren sich bei der Lohnfestsetzung wie in der Vergangenheit an der Inflation, der Arbeitsproduktivität und der Arbeitslosenquote. Die Transferzahlungen an die privaten Haushalte spielen dagegen keine Rolle. Diese Annahmen werden durch Sensitivitätsanalysen in fünf Modellvarianten getestet. Schließlich wird im dritten Schritt die energiewirtschaftliche Entwicklung im Referenz- und im Steuerszenario für Westdeutschland und auch für Gesamtdeutschland bis 2010 abgeschätzt. Das DIW erstellt aber keine eigene Prognose, sondern orientiert sich im Referenzszenario an Studien von Prognos (Eckerle/Hofer/Masuhr 1992) und der Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" (EK Klima 199lb). Für das Steuerszenario wird insbesondere auf die Arbeiten der EK Klima (199lb) zurückgegriffen. Zusammen mit weiteren Studien über technische und wirtschaftliche Energieeinsparpotentiale und den abgeschätzten Energiepreissteigerungen dienen sie zur Bestimmung plausibler Einsparpotentiale für die einzelnen Emittentengruppen und Energieträger im Steuerszenario (Bach u. a. 1994, S. 107 ff.). Hierzu werden fur verschiedene Emittenten und Energieträger Veränderungen spezifischer Verbrauchswerte abgeschätzt. Auswirkungen des Strukturwandels und ein möglicher Einfluß der Energiesteuer auf das Wachstum werden bei den Schätzungen nicht berücksichtigt (Bach u. a. 1994, S. 85 und S. 113). Außerdem wird im Kraftwerkssektor eine konstante Brennstoffstruktur unterstellt. Input-Output-
DIW-
Energie-
Preismodell
Konjunktunnodell
Szenarien
Abbildung B. l: Methodisches Vorgehen des DIW
Die drei Schritte sind, wie in Abbildung B.l dargestellt, in rekursiver Form hintereinander geschaltet. Die sektoralen Preiseffekte gehen als Impulse in die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ein, die wiederum die Energieeinsätze und COrEmissionen bestimmt. Die sektoralen Preiseffekte sind aber unabhängig von gesamtwirtschaftlicher Entwicklung und Energieverbrauch, und die Annahmen über die Entwicklung des Energieverbrauchs haben keinen Einfluß auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung.
TI. Ökonomische Modelle der Reduktion von Luftschadstoffen
5I
b) Ergebnisse
Die sektoralen Preiseffekte von Energiesteuer und Kompensation im InputOutput-Modell, die wegen der unterstellten vollkommenen Preisüberwälzung den Kostenänderungen entsprechen, variieren stark (Bach u. a. 1994, S. 154). Neben den Energiesektoren müssen auch die Grundstoffindustrie und das Produktionsgütergewerbe mit teils deutlichen Preissteigerungen rechnen. Dagegen sinken bei den meisten Produktionsbereichen des Investitionsgütergewerbes und der Dienstleistungen sowie im Bau die Preise. Von den innovations- und exportstarken Sektoren der deutschen Wirtschaft ist nur die Chemische Industrie negativ betroffen, während sich die Effekte beim Straßenfahrzeugbau ausgleichen und Maschinenbau und Elektrotechnik sogar mit leichten Preisrockgängen rechnen können. Tabelle B.6 zeigt die Preisänderungen in ausgewählten Sektoren. Tabelle B.6 Sektorale Preiseffekte durch Energiesteuer und Kompensation Produktionsbereiche•
4 Gas lO Mineralölerzeugnisse
3 Elektrizität, Dampf, Warmwasser 6 Kohle, Erz. des Kohlenbergbaus 16 Eisen und Stahl 9 Chemische Erz., Spalt- und Brutstoffe 23 Straßenfahrzeuge 41 Hoch- und Tiefbauleistungen u. ä. 26 Elektrotechnische Erzeugnisse 23 Maschinenbauerzeugnisse 47 Dienst!. des Postd. und Fenuneldew. 56 Dienstl. der Gebietskörperschaften
Rangfolge nach 15 Jahren in v. H. gegenüber der Preisdem Basisjahr effekte 157,6 101,1 76,7 50,7 35,1 12,5 0,0 -0,5 - 1,4 - 1,5 -5,7 - 5,9
1 2 3 4 5
8 36 42
48 49
56 57
'Für den Produktionsbereich 49. Dienstleistungen der Kreditinstitute, sind keine Ergebnisse angegeben worden. Quelle: Bach u. a. (1994, S 154).
Die Preiseffekte auf die Endnachfragekomponenten sind gegenüber dem Basisszenario sehr gering (Bach u. a. 1994, S. 158). Nur beim privaten Verbrauch und im Export werden die Preise leicht steigen, der öffentliche Verbrauch wird sogar entlastet. Die gesamtwirtschaftlichen Effekte der ÖSR sind nach Tabelle B. 7 bis auf die Beschäftigungseffekte unbedeutend (Bach u. a. 1994, S. 167). Das Brutto4•
52
B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
inlandsproduld (BIP) und seine Komponenten bleiben nahezu unverändert. Während sich Exporte und Staatsverbrauch den Annahmen entsprechend nicht ändern, gehen privater Verbrauch, Anlageinvestitionen und Importe kaum meßbar zurück. Die Preise steigen nur wenig stärker an als im Basisszenario. Aufgrund der sinkenden Lohnnebenkosten liegt die Beschäftigung im 10. Jahr der Steuerreform aber um über 600.000 Personen höher. Das staatliche Defizit sinkt. Varianten mit geändertem geld-, finanz- und lohnpolitischem Verhalten ändern das Ergebnis nicht wesentlich. Tabelle B.7 Gesamtwirtschaftliche Effekte der ÖSR gegenüber dem Referenzszenario
Bruttoinlandsprodukt, real (in v. H.) Privater Verbrauch, real (in v. H.) Staatsverbrauch, real (in v. H.) Anlageinvestitionen, real (in v. H.) Exporte, real (in v. H.) Importe, real (in v. H.) Preisindex des BSP (in v. H.) Beschäftigung (in 1000) Finanzierungssaldo Staat (in Mrd. DM)
im 5. Jahr
im 10. Jahr
0,1
-0,2
- 0,1
- 1,0
0,0
0,0
-0,1
- 0,3
0,0
0,0
-0,4
- 1,2
0,6
1,5
300
610
6,1
14,3
Quelle: Bach u. a. (1994, S 167).
Das Energiesteueraufkommen beträgt 2005 in ganz Deutschland 121 Mrd. DM, fünf Jahre später sogar 206 Mrd. DM (Bach u. a. 1994, S. 126). Der Energieverbrauch und auch der C02 -Ausstoß liegen 2005 bzw. 2010 im Vergleich zum Referenzszenario in Westdeutschland um 16% bzw. 18% niedriger. Gegenüber 1990 ist das ein Rückgang um etwa 11% bzw. 14%. In ganz Deutschland ist der C02 -Rückgang gegenüber 1990 bis 2005 mit 17,1% noch höher. Das COrMinderungsziel der Bundesregierung wird aber deutlich verfehlt. Besonders ausgeprägt ist der Rückgang des Energieverbrauchs in Gesamtdeutschland bei den privaten Haushalten mit 30 %. Für Kleinverbraucher wird eine Differenz von 22 %, für das Verarbeitende Gewerbe von 5 %, in der Elektrizitätswirtschaft von 14% und im Verkehrsbereich von 12% ermittelt (Bach u. a. 1994, S. 121 f.).
c) Kritik Hier werden nur das Steuerkonzept, das methodische Vorgehen und die daraus abgeleiteten Ergebnisse des DIW betrachtet. Die generelle Kritik am Kon-
ll. Ökonomische Modelle der Reduktion von Luftschadstoffen
53
zept der ÖSR, die insbesondere negativ betroffene Branchen und Unternehmen als Reaktion auf die DIW-Studie geäußert haben, wurde bereits in Abschnitt B.I.3 dargestellt. Abgesehen davon bleiben folgende Schwachpunkte, wobei die methodischen Probleme besonders schwerwiegend sind. Die konstanten Lieferverflechtungen und Produktionstechnologien des Input-Output-Preismodells lassen keine Verhaltensänderungen der Wirtschaftssubjekte zu. Die berechneten Preiseffekte, die sich in allen Produktionsbereichen proportional entwickeln, sind daher als Obergrenze anzusehen (Bach u. a. 1994, S. 127). Zurecht verweisen aber Böhringer/Fahl/Voß (1994, S. 623) darauf, daß Energiesteuern und Änderungen der Bruttolöhne in der vorgesehenen Größenordnung erhebliche Substitutionsprozesse in der Produktionsund Nachfragestruktur auslösen. Wie leicht es durch die unterstellte konstante Wirtschaftsstruktur zu Mißverständnissen kommt, zeigt eine Aussage von Mitgliedern der KlimaEnquete-Kommission. Sie stellen fest, daß die heimische Stahlindustrie eine Kostensteigerung von 41 % bis 2010 nicht verkraften könnte und ins Ausland abwandern würde (EK Klima 1995, S. 728). Die implizite Annahme, daß die deutsche Stahlindustrie auf die Preissteigerungen nicht reagiert, d. h. weder ihre Lieferstruktur noch ihre Produktionstechnologie ändern kann, ist aber absurd. Auch das DIW-Konjunkturmodell, das normalerweise für kurzfristige Konjunkturprognosen dient, wird vom DIW selbst mit Vorbehalt eingesetzt. Idealerweise müßte "ein sektoral disaggregiertes ökonometrisches Makromodell verwendet werden, das zwischen den Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Energie unterscheidet" (Bach u. a. 1994, S. 162). Da eine Substitution der Faktoren Arbeit, Kapital und Energie im Modell nicht abgebildet wird, bleibt völlig offen, ob Kapital und - wenn überhaupt möglich - Energie durch den billigeren Faktor Arbeit ersetzt werden (Bach u. a. 1994, S. 163). Produktionseffekte in den einzelnen Produktionsbereichen können nicht erfaßt werden. Eine Fundierung der Gesamteffekte durch die sektorale Ebene findet nicht statt. Schließlich ist bei den Energieszenarien Skepsis geboten. Erstens ergeben sich die ökonomischen Basiszahlen des Referenzszenarios nicht konsistent aus dem Konjunkturmodell, sondern werden von anderen Veröffentlichungen übernommen. So ist denkbar, daß ein Teil der Energieeinsparung im Steuerszenario bereits im Konjunkturmodell ohne Ökologische Steuerreform implizit enthalten ist. Zum zweiten werden im Steuerszenario Energieeinsparpotentiale einzelner Sektoren und die mögliche Substitution von Energieträgern aus verschiedenen Studien übernommen oder selbst abgeschätzt. Daß sich z. B. der energiesparende technische Fortschritt im Steuerszenario in allen Produktionsbereichen des verarbeitenden Gewerbes unabhängig von den Preisimpulsen um
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B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
1 % gegenüber dem Referenzszenario beschleunigt (Bach u. a. 1994, S. 113), ist zweifelhaft. Nach Böhringer/Fahl/Voß (1994, S. 623) wird der Energienachfragerückgang im Vergleich mit den Preiselastizitäten anderer internationaler Studien systematisch überschätzt. Das Vorgehen ist auch deshalb problematisch, weil die Energiedaten im Input-Output-Modell und in den Energieszenarien unterschiedlich abgegrenzt sind (Bach u. a. 1994, S. 99). Drittens werden Ergebnisse des Input-Output- und des Konjunkturmodells für Westdeutschland zur Bestimmung gesamtdeutscher Energieverbrauchsänderungen verwendet.
Insgesamt läßt der Einsatz nicht interdependenter Modelle die Ergebnisse fragwürdig erscheinen. Was die Autoren (Bach u. a. 1994, S. 162) letztendlich mit dem abgestimmten Einsatz der verschiedenen Modelle meinen, bleibt unklar. Deutlich wird dies auch bei der Frage des Zeithorizonts der Studie. Sektorale und gesamtwirtschaftliche Effekte im 10. und 15. Jahr nach Einführung der ÖSR werden in den Energieszenarien unvermittelt auf die Jahre 2005 und 20 10 übertragen. Von verschiedenen Autoren werden auch die konstanten Realzinsen, die konstanten realen Wechselkurse und die tarifpolitischen Annahmen kritisiert (Böhringer/FahVVoß 1994, Werheck 1995). Allerdings werden die Annahmen in der DIW-Studie im Rahmen von Modellvarianten geprüft, so daß hier kein zentrales Problem besteht. Die Forderung nach einer Endogenisierung der Wechselkurse, die von Böhringer/Fahl/Voß (1994, S. 623) erhoben wird, ist im Modellzusammenhang im Gegensatz zu AGE-Modellen kaum zu leisten. Unterschiedliche Preisentwicklungen einzelner Produktionsbereiche müßten bei der Berechnung der Importe und Exporte aber unbedingt berücksichtigt werden. Mögliche Abwanderungen energieintensiver Betriebe ins Ausland, das Problem sog. grauer, d. h. im Ausland bereits eingesetzter Energie in liDportprodukten und die globale Bilanz des nationalen Alleingangs bleiben unberücksichtigt (Werbeck 1995, S. 47). Schließlich ist das Steuerkonzept an sich zu kritisieren. Die unterschiedliche Preisentwicklung der Energieträger benachteiligt die emissionsarmen Gase gegenüber Kohle und Mineralölprodukten. Der Verkehr wird unterdurchschnittlich belastet und trägt kaum zur Energieeinsparung bei. Ob spezifische Umweltabgaben oder Zertifikatslösungen einer Energiesteuer vorzuziehen sind (Böhringer/Fahl/Voß 1994, S. 623 f.), ist eine Frage der verfolgten Ziele und nur im Modellzusammenhang zu beantworten. Konzepte einer Ökologischen Steuerreform gehen teilweise weit über das C02-Minderungsziel der Bundesregierung hinaus. Daß allerdings eine COz-Steuer zu ähnlichen gesamtwirtschaftlichen Wirkungen führen wird wie die betrachtete Energiesteuer (Bach u. a. 1994, S. 3), ist fraglich. Zumindest sektoral und auf Energieträgerebene wären andere Ergebnisse zu erwarten.
II. Ökonomische Modelle der Reduktion von Luftschadstoffen
55
d) Exkurs: Die Berechnung der ökologischen Folgewirkungen durch das ZEW (1996) Mittels der Energiebilanz der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen für 1990, der Input-Output-Tabelle 1990, der Emittentenstruktur (vgl. dazu Thomas 1993 und 1996) und der DIW-Studie hat das ZEW sektoraleund ökologische Wirkungen des DIW-Energiesteuerkonzepts in einem gesamtwirtschaftlichen, statischen Ansatz bis 2010 abgeschätzt (SRU 1996, S. 352 f. und S. 374). Substitutionselastizitäten und technischer Fortschritt werden exogen vorgegeben, Produktionsverlagerungen ins Ausland sind ausgeschlossen, und die Emissionskoeffizienten der Emittentenstruktur sind konstant (SRU 1996, S. 374). Insgesamt sind die ökologischen Wirkungen der ÖSR in Tabelle B.8 positiv. Die Luftschadstoffemissionen, die fast vollständig auf die Verbrennung fossiler Energieträger zurückgehen, liegen nahezu parallel um etwa 30 % unter dem TrendfalL Erwartungsgemäß ist die Wirkung bei Abfall und Abwasser schwächer. Für NOx und VOC wurde außerdem in Sensitivitätsanalysen der Einfluß der Emissionskoeffizienten abgeschätzt. Die Wirkung der ÖSR auf diese Emissionen änderte sich dadurch nur geringfügig. Tabelle 8 .8 Ökologische Effekte mit und ohne ÖSR bis 2010 gegenüber 1990 in v. R
olmeÖSR mitÖSR
co2 +8 -24
NOx
+10 -20
so2
+7 -28
VOC + II - 19
Abwasser
Abfall
+25 +9
+ 34 +23
Quelle: SRU (1996, S. 374 ff).
Diese Emissionsabschätzungen geben erste Anhaltspunkte über ökologische Folgewirkungen von Energiesteuern. Für sie gelten aber noch die Schwächen des DIW-Modellansatzes (SRU 1996, S. 353). Ob die Luftemissionen tatsächlich in gleicher Größenordnung sinken würden, bleibt deshalb offen. Daneben sind insbesondere die konstanten Emissionskoeffizienten zu kritisieren, die sich bei NOx, S02 und VOC in den letzten 10 Jahren teilweise dramatisch verändert haben und weiter verändern. 3. Die ISIIDIW-Studie (1994) a) Zielsetzung und methodisches Vorgehen Die Klima-Enquete-Kommission beauftragte 1992 das ISI und das DIW mit der Analyse der ökonomischen Auswirkungen von Klimaschutzstrategien
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B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
(Schön u. a. 1994). Neben gesamtwirtschaftlichen Größen sollten auch strukturelle Effekte und Verteilungswirkungen analysiert werden. Vorgabe war eine C02-Minderung in Westdeutschland um 45% bis zum Jahr 2020. In der Studie werden zunächst technisch-ökonomische Minderungspotentiale bestimmt (vgl. Jochem/Mannsbart/Schön 1992). Darauf aufbauende detaillierte Energieszenarien lösen ökonomische Impulse in Form von Investitionen, geänderten Energiekosten und einem zunehmenden Energiesteueraufkommen aus, die in zwei Makromodelle eingehen. Neben dem DJW-Langfristmode/1 wird auch ein dynamisches Input-Output-Mengenmodell des DIW eingesetzt. Als Ergebnis zeigen sich Veränderungen makroökonomischer Zielgrößen gegenüber dem Referenzszenario. Inwieweit die Ergebnisse unterschiedlicher Teilmodelle in einem iterativen Prozeß miteinander verknüpft werden (Schön u. a. 1994, S. 13), bleibt in der Studie offen. Die Energieszenarien orientieren sich an Rahmenannahmen der EK Klima (1995, S. 767 ff.) über die Entwicklung von Gesamtwirtschaft, Bevölkerung und Energiepreisen. In den Steuerszenarien wird eine moderate, jährlich steigende Energiesteuer eingeführt. Exportorientierte Branchen mit hohem Energiekostenanteil sind davon ausgenommen. Der Einsatz deutscher Steinkohle sinkt. Hinsichtlich Kernenergie wird in zwei Szenarien zwischen einer konstanten Kapazität und einem Ausstieg bis 2005 unterschieden. Die Energieszenarien für die einzelnen Emittentengruppen und Energieträger werden aufgrund früherer Untersuchungen von Prognos (Eckerle/Hofer/Masuhr 1992) und der EK Klima (l99lb) sowie weiterem Expertenwissen aufgestellt. Das Vorgehen entspricht in diesem Punkt damit methodisch dem der DIW-Studie (Bach u. a. 1994). Das DIW-Langfristmodell umfaßt rund I 00 Schätzgleichungen und etwa 280 Definitionsgleichungen und bildet das Buchungssystem der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) vollständig ab (Schön u. a. 1994, S. 14 ff.). Gütermarkt, Arbeitsmarkt und die staatliche Umverteilung werden im Modell endogen bestimmt. Zusammen mit den ökonomischen Impulsen der Energieszenarien gehen weitere Annahmen über ökonomische Rahmenbedingungen wie Geld- und Lohnpolitik in das Modell ein. Dabei wird zwischen einem für den privaten Verbrauch günstigen und einem ungünstigen Verlauf unterschieden. Das dynamische Input-Output-Mengenmodell basiert auf den verfügbaren Input-Output-Tabellen der Jahre 1978 bis 1988 und einer Investitionsverflechtungstabelle des ifo-Instituts (vgl. Edler 1990). Durch COrMinderungsmaßnahmen ausgelöste Änderungen von Vorleistungsverflechtung und Investitionsnachfrage wirken im Modell direkt und indirekt auf die sektoralen Produktionswerte. Die aus den Energieszenarien abgeleiteten ökonomischen Impulse durch Änderungen exogener Vorgaben oder Modellparameter gehen auf diese
II. Ökonomische Modelle der Reduktion von Luftschadstoffen
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Weise ins Modell ein. Ihre Auswirkungen werden durch den Vergleich der Steuerszenarien mit einem Referenzszenario gemessen. Preisinduzierte Anpassungsprozesse können dagegen nicht abgebildet werden. b) Ergebnisse
Im Referenzszenario sinkt der gesamte Energieverbrauch in Westdeutschland gegenüber 1987 leicht, der COrAustoß geht sogar um 15% zurück (Schön u. a. 1994, S. 43). In den Steuerszenarien liegen die C02 -Emissionen nochmals um 30 % niedriger, der Energieeinsatz sinkt um 19 % bei Kernenergieweiterbetrieb und um 31 % bei einem Ausstieg aus der Kernenergie. Dazu sind über den gesamten Zeitraum Mehrinvestitionen von 357 bzw. 549 Mrd. DM in Preisen von 1990 notwendig. Das Energiesteueraufkommen beläuft sich im Jahr 2020 real auf 30 bzw. 26 Mrd. DM. Das DIW-Langfristmodell zeigt für alle Szenarien nahezu unveränderte gesamtwirtschaftliche Größen (Schön u. a. 1994, S. 66 ff.). Weder ein Kernenergieausstieg noch unterschiedliche ökonomische Rahmenbedingungen ändern etwas daran, daß Sozialprodukt, Preisniveau und Beschäftigung weniger als 1 % über dem Referenzszenario liegen. Auch der private Verbrauch liegt bei günstigen Rahmenbedingungen in dieser Größenordnung über dem Referenzfall, bei ungünstigen Rahmenbedingungen in ähnlicher Höhe darunter. Besonders günstig verläuft die Entwicklung in den ersten Jahren, auf längere Sicht nähert sie sich der Referenzentwicklung an. Auf sektoraler Ebene entwickeln sich im Steuerszenario des Input-OutputModells in erster Linie die energieerzeugenden Sektoren schwächer als im ReferenzfalL Selbst in der am stärksten betroffenen Mineralölverarbeitung liegt die Differenz aber in allen Szenarien unter 10 %. In den meisten anderen Produktionsbereichen steigt die Bruttoproduktion leicht an. Die größten Zuwächse verzeichnet das Baugewerbe. Insgesamt ist der ausgelöste Strukturwandel sehr gering (Schön u. a. 1994, S. 90 ff.). Als Fazit der Studie wird festgestellt, "daß das Ziel einer durch technische Maßnahmen bis zum Jahr 2020 zu erreichenden C02 -Reduktion um 40% gegenüber 1987 mit insgesamt geringen gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen verbunden ist" (Schön u. a. 1994, S. 146). Die Reduktionsszenarien werden über das gesamte Spektrum der untersuchten Gewichtungen sogar durchweg günstiger beurteilt als der Referenzfall (Schön u. a. 1994, S. 145). c) Kritik
Ähnlich wie bei der DIW-Studie ist insbesondere der Einsatz verschiedener, nicht interdependenter Modelle kritisch zu hinterfragen. Die Autoren (Schön
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B. Der Stand der Debatte um die Reduktion von Luftschadstoffemissionen
u. a. 1994, S. 47) stellen selbst fest, daß "eine konsistente Abbildung der Zusammenhänge zwischen mikroökonomischen Anpassungsprozessen und strukturellen und makroökonomischen Folgewirkungen nicht möglich ist". Strukturänderungen beeinflussen weder die gesamtwirtschaftliche Entwicklung noch gehen sie gemeinsam in die Energieszenarien ein. Damit besteht die Gefahr, komplexe Zusammenhänge zwischen zentralen Entscheidungsgrößen zu übersehen (EK Klima 1995, S. 910). Auch beim Einsatz der einzelnen Modelle treten Inkonsistenzen auf (Jochem!Mannsbart/Schön 1992, S. 14). Ein mit der gesamtwirtschaftlichen und der strukturellen Entwicklung konsistentes Energieszenario wird nicht entwickelt. Die ökonomischen Impulse der Energieszenarien stellen somit nicht mehr und nicht weniger als heutiges Expertenwissen dar. Mitglieder der EK Klima (1995, S. 913 ff.) kritisieren das DIW-Langfristmodell als nachfrageorientiert. Multiplikatoreffekte zusätzlicher Energieeinsparinvestitionen dominieren demnach tendenziell kontraktive Wirkungen höherer Energiepreise. Positive gesamtwirtschaftliche Effekte wären vorprogrammiert. In der Studie wird an einer Stelle der Vorwurf einseitiger Nachfrageorientierung bestritten (Schön u. a. 1994, S. 47 ff.), an anderer Stelle wird die durch COrMinderungen ausgelöste zusätzliche Nachfrage aber als Konjunkturprogramm bezeichnet (Schön u. a. 1994, S. 3). Auf Grenzen und Schwächen des langfristigen Input-Output-Modells geht Edler (1990, S. 60 ff.) ausführlich ein. Das Modell kann keine preisinduzierten Anpassungsprozesse, beispielsweise durch Preisänderungen ausgelöste sektorale Nachfrageverschiebungen, direkt abbilden (Schön u. a. 1994, S. 18). Außer den Investitionen sind alle Endnachfragekomponenten exogen vorgegeben. Die sektoralen Produktionskapazitäten können im Zeitverlauf nicht zurückgehen. Angesichts dieser starren Struktur des Modells überraschen die geringen sektoralen Effekte nicht. Weiter ist zu bedenken, daß die C02 -Minderung exogen vorgegeben wird und nicht Ergebnis des Makromodells ist (EK Klima 1995, S. 914). Der Beitrag der Energiesteuer zur COrMinderung ist letztlich offen. Außenwirtschaftliche Zusammenhänge werden in den Modellen nicht abgebildet. Aussagen über Produktionsverlagerungen ins Ausland oder verstärkte Energieimporte bzw. Importe energieintensiver Güter können nicht gemacht werden. 4. Allgemeine Gleichgewichtsmodelle a) Grundlagen
Die im weiteren dargestellten allgemeinen angewandten Gleichgewichtsmodelle gehen in Anlehnung an die walrasianische Theorie von einem statischen
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Konkurrenzgleichgewicht mit flexiblen Preisen und intersektoral mobilen Faktoren sowie der Dichotomie zwischen realem und monetären Sektor einer Volkswirtschaft aus (Klepper u. a. 1994, S. 515). Sie orientieren sich am neoklassischen Paradigma. Neben Unternehmen und Haushalten werden auch Staat und Ausland abgebildet. Die repräsentativen Produzenten sind Gewinnund die repräsentativen Konsumenten Nutzenmaximierer, womit Arbeits- und Kapitalnachfrage bestimmt werden. Konsumnachfrage und Investitionen werden auf die einzelnen Verwendungen aufgeteilt. Die Vorleistungsnachfrage wird über vorgegebene (nicht ökonometrisch geschätzte) Preiselastizitäten oder durchfixe Inputkoeffizienten bestimmt. Die Staatsausgaben sind exogen. Diese vier Komponenten bilden die Nachfrage, während das gesamtwirtschaftliche Faktorangebot meist exogen vorgegeben wird. Für den Außenhandel gelten die Annahmen eines kleinen Landes, d. h. das Inland hat keinen Einfluß auf den Weltmarkt. Für Importe und heimische Produkte wird die ArmingtonHypothese unvollständiger Substituierbarkeit angenommen. Der reale Wechselkurs bestimmt sich aus dem Handelsbilanzsaldo. Alle Märkte sind im Gleichgewicht geräumt. Einen Überblick der üblicherweise verwendeten Modellgleichungen geben Klepper u. a. (1994, S. 516). Zur Anwendung des Modells auf spezifische Fragestellungen muß zunächst ein mikroökonomisch konsistenter Datensatz erstellt werden, der den empirisch beobachteten Gleichgewichtszustand in einem Basisjahr widerspiegelt (Klepper u. a. 1994, S. 520). Grundlage des Datensatzes ist in disaggregierten Modellen die Input-Output-Tabelle eines Jahres. Anschließend müssen explizite Funktionsformen ausgewählt und die noch freien Parameter so bestimmt bzw. kalibriert werden, daß das Gleichgewicht des Basisjahres reproduziert werden kann. Die freien Parameter werden entweder ökonometrisch geschätzt oder wie in den folgenden Modellen aus der Literatur übernommen. Die Auswahl bestimmter Parameter - meist in Form von Elastizitäten - ist somit zentral fiir die Güte des jeweiligen Modells. Schließlich werden wirtschaftspolitische Maßnahmen oder exogene Schocks über die exogenen Variablen spezifiziert. Durch den Vergleich der neuen Gleichgewichtslösung mit dem Referenzgleichgewicht werden in einer Art komparativ-statischer Analyse die Auswirkungen der Maßnahme bzw. des Schocks deutlich (vgl. zum Vorgehen ausführlich Klepper u. a. 1994, S. 519 ff. und Shoven!Whalley 1992, S. 105 ff.). Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt eine Tendenz zu möglichst kleinen, auf die jeweilige Fragestellung zugeschnittenen Modellen. Neben begrenzten Lösungsalgorithmen und Computerkapazitäten spielt dabei die Frage der Interpretation von Wirkungszusammenhängen eine Rolle (Klepper u. a. 1994, S. 514). Auch im Bereich von Energie- und COrMinderungsmaßnahmen zeigt sich eine solche Modellspezialisierung. Welsch/Hoster (1994, S. 6) sehen zwei Vorteile von AGE-Modellen in diesem Bereich. Erstens können alle Konsum- und Faktornachfragefunktionen preisabhängig spezifiziert werden,
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was für die Abbildung von Steuerlösungen notwendig ist. Zum zweiten wird der Einkommenskreislauf geschlossen abgebildet, was insbesondere für die konsistente Modeliierung der Steueraufkommensentstehung und -Verwendung wichtig ist. Conrad/Wang ( 1993, S. 319) verweisen auf die geschlossene mikroökonomische Fundierung der Modellstruktur. AGE-Modelle können "die Konsistenz verschiedener wirtschaftspolitischer Maßnahmen und die Zielkonflikte von Politikoptionen ... evaluieren" (Klepper u. a. 1994, S. 513). Die Einsatzmöglichkeiten und die Aussagekraft von AGE-Modellen im Energie- und Umweltbereich dürfen aber nicht überbewertet werden. Zentral ist die Frage der Kalibrierung des Modells im Basisjahr, die eng mit der Disaggregationstiere und möglichen Datenproblemen verknüpft ist. Substitutionselastizitäten und Annahmen über den energiesparenden technischen Fortschritt werden nicht aus dem Datensatz bestimmt, sondern aus anderen Studien übernommen und exogen vorgegeben. Dabei weisen diese oft einen abweichenden zeitlichen und regionalen Rahmen auf. Proops/Faber/Wagenhals (1993, S. 98) lehnen die Verwendung von AGE-Modellen im Umweltbereich ab, weil aufgrund fehlender Daten der Aggregationsgrad der meisten Ansätze so hoch sei, daß interindustrielle Verflechtungen nicht mehr angemessen abgebildet werden. In vielen Modellen würden zudem völlig unrealistische Funktionsformen verwendet. Auch Shoven!Whalley (1992, S. 280) sehen in der Auswahl der freien Parameter das derzeit größte Problem. Sie stellen dazu fest: " .. it is surprising how sparse (and sometimes contradictory) the Iiterature is on some key elasticity values" (Shoven!Whalley 1992, S. 105). Conrad/ Wang (1993) setzen deshalb für Schlüsselparameter verschiedene Größen ein, um Lösungsintervalle zu berechnen. Welcher Satz an exogenen Vorgaben der "richtige" ist, bleibt aber auch dann völlig offen. Schließlich ist die Modellphilosophie selbst zu hinterfragen. Proops/Faber/ Wagenhals (1993, S. 98) kritisieren die unterstellten vollkommenen Erwartungen. Angesichts unvollkommener Energiemärkte ist zweifelhaft, daß die gewählte einheitliche mikroökonomische Fundierung eine zumindest in den für die Modeliierung zentralen Teilen nicht durch Optimierung unter Konkurrenzbedingungen geprägte Welt abbilden kann. Nach Conrad/Wang (1993, S. 310) "ist es bislang nicht befriedigend gelungen, in den AGE-Modellen technische als auch ordnungspolitische Maßnahmen integriert abzubilden". Nur konsequent ist deshalb, daß sie den engen theoretischen Modellrahmen teilweise verlassen. b) Das EWI-Mode/1 (1994)
Im Auftrag der EK Klima hat das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität Köln (EWI) gesamtwirtschaftliche Auswirkungen einer EG-weiten
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C02 -/Energiesteuer und einer deutschen Energiesteuer miteinander verglichen (Welsch/Hoster 1994 und 1995). Das eingesetzte Modell LEAN ist ein rekursiv-dynamisches Zwei-Länder-Modell mit 14 Sektoren, das Westdeutschland und eine Gruppe weiterer 9 EG-Staaten unterscheidet (Welsch!Hoster 1995, S. 277). Datenbasis sind auf 14 Sektoren aggregierte Input-Output-Tabellen von 1985. Das Modell entspricht weitgehend der dargestellten Grundform von AGE-Modellen (vgl. Welsch/Hoster 1995, S. 277 ff.). Im Referenzszenario werden die gesamt- und energiewirtschaftliehen Rahmenbedingungen aus Vorgaben, Veröffentlichungen und eigenen Schätzungen ermittelt. Hiernach nimmt das Sozialprodukt bis 2020 jährlich um 2 % und das Preisniveau um 3 % zu. Die C02 -Emissionen wachsen in Westdeutschland um 0,6% pro Jahr, in den übrigen EG-Staaten um 1% (Welsch/Hoster 1994, S. 13). Der Einsatz deutscher Steinkohle sinkt über 45 Mio. t in 2005 auf 25 Mio. t in 2020. Im Steuerszenario steigt im Fall der nationalen Energiesteuer der Steuersatz nominal von 0,42 ECU/Gigajoule in 1996 bis 2005 jährlich um 0,14 ECU/GJ und danach bis 2020 um 0,07 ECU/GJ. Mit der vorgegebenen Preissteigerungsrate von 3 % deflationiert liegt der Steuersatz 2005 bei 1,25 ECU/GJ in Preisen von 1996, 2015 erreicht er den höchsten Wert mit 1,32 ECU/GJ und sinkt bis 2020 leicht auf 1,30 ECU/GJ. Branchen mit einem Energiekostenanteil über 3,75% und einem Exportanteil von mehr als 15% sind von der Steuer ausgenommen. Das Steueraufkommen fließt voll an die privaten Haushalte. Im Ergebnis führt die Energiesteuer gegenüber dem Referenzfall zu einem leichten Rückgang der COrEmissionen von 4 % in 2005 und 5,3 % in 2020 (Welsch!Hoster 1994, S. 22). Braunkohle ist dabei als einziger Energieträger überdurchschnittlich betroffen. Makroökonomische Auswirkungen in Westdeutschland und der übrigen EG sind ebenso vernachlässigbar wie die geringfügige Erhöhung der C02 -Emissionen in der übrigen EG (Welsch/Hoster 1994, S. 22 ff.). An diesem Ergebnis ändern auch unterschiedliche Annahmen über die weitere Kernenergienutzung nur wenig (Welsch/Hoster 1994, S. 34). Nur die C02-Emissionen steigen nach dem Kernenergieausstieg um 5,9% bis 2005 und 4,2% bis 2020. Werden weitere Kernkraftwerke zum Ersatz von Steinkohlekraftwerken gebaut, könnten die C02 -Emissionen um 10,2 % bis 2005 und 14,7% bis 2020 zurückgehen. Noch geringer sind die Änderungen bei alternativen Verwendungen des Steueraufkommens (Welsch/Hoster 1994, S. 42). Auch beim EWI-Modell zeigen sich die generellen Schwächen von AGEModellen. So ist der Aggregationsgrad des Modells mit 5 Energiesektoren und 9 Nichtenergiesektoren sehr hoch. Substitutionselastizitäten und technischer Fortschritt werden ohne ökonometrische Fundierung exogen vorgegeben. Die
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Annahme der vollkommenen Konkurrenz auf den Energiemärkten ist sehr zweifelhaft. c) Das Modell von Conrad/Wang (1993194)
Zunächst wurde das Modell zur Abbildung gesamtwirtschaftlicher Effekte bei Einführung einer nationalen COrSteuer in Westdeutschland eingesetzt (Conrad/Wang 1993). In Anlehnung an das Konzept der EG-Kommission (1992) steigt der Steuersatz von 10 DM/t C02 in 1993 auf 37 DM/t C02 in 2000 an und wird danach nominal konstant gehalten. Das Steueraufkommen fließt an die privaten Haushalte. Eine auf 48 Sektoren zusammengefaßte Input-Output-Tabelle des Statistischen Bundesamtes von 1988 für Westdeutschland bildet den Datenrahmen. Die Inputkoeffizienten sind preisabhängig. In einigen Sektoren mit unvollkommenem Wettbewerb wird statt vollkommener Konkurrenz ein homogenes Oligopol unterstellt (Conrad/Wang 1993, S. 316). Der Lohnsatz ergibt sich aus dem Vorjahressatz plus Inflationsrate und Arbeitsproduktivitätserhöhung des Vmjahres. (Unfreiwillige) Arbeitslosigkeit ist also möglich. Ansonsten entspricht die Modellstruktur weitgehend der beschriebenen Grundform der AGE-Modellansätze (vgl. Conrad/Wang 1993, S. 320 :ff.). Die vorgegebenen Substitutionselastizitäten und Raten des energiesparenden technischen Fortschritts werden variiert, um ihren Einfluß auf die Modellergebnisse zu verdeutlichen. Die Sirnutationen laufen bis 2005. Im Ergebnis zeigt sich, daß das Bruttosozialprodukt (BSP) in vier untersuchten Referenzszenarien ohne Steuer fast unabhängig von Energieeffizienzzunahme und Flexibilität der Produktionsstruktur um gut 2,2 %jährlich wächst, während die C02-Emissionen in 2005 zwischen 825 und 1005 Megatonnen (Mt) liegen und damit gegenüber 1988 stark steigen (Conrad/Wang 1993, S. 317). In den Steuerszenarien gelingt eine Stabilisierung der Emissionen bis zum Jahr 2000, danach steigen sie wieder deutlich an. Nur bei schnellem technischen Fortschritt und niedrigen Substitutionselastizitäten liegen die Emissionen auch 2005 unter dem Wert von 1988. Das BSP wächst in allen Fällen mit etwa 2 %jährlich, bei hohem technischen Fortschritt und niedrigen Substitutionselastizitäten am schnellsten. Effekte auf den Arbeitsmarkt sind unterschiedlich, insgesamt aber gering (Conrad!Wang 1993, S. 318). In allen Fällen steigt das Preisniveau durch die Steuer, und ebenso verbessert sich die Handelsbilanz. In einer zweiten Anwendung wurde das Modell eingesetzt, um insbesondere auch die sektoralen Wirkungen von COrZertiflkaten zu erfassen und mit COrSteuem zu vergleichen (Conrad/Wang 1994). Die Zertifikate werden jedes Jahr kostenlos gemäß der bisherigen Emissionen an die einzelnen Sektoren ausgegeben und sind dann frei handelbar. Nur über die Anfangsausstat-
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tung hinaus benötigte Zertifikate verursachen Kosten. Die Zertifikatspflicht wird auf die gewerblichen Emittenten beschränkt. Als Ergebnis steigt der Zertifikatspreis von anfangs 3 DM auf 20,70 DM im Jahr 2000. Das Wachstum des BSP sinkt gegenüber dem Basisfall von etwa 2% auf ca. 1 %jährlich, die Inflation nimmt leicht zu (Conrad/Wang 1994, S. 83). Die Arbeitslosigkeit geht kaum zurück und der Handelsbilanzüberschuß wächst geringfügig. Das Transaktionsvolumen ist selbst in 2000 mit weniger als 2% der gesamten Emissionen bzw. etwa 190 Mio. DM sehr gering. Über 80 % der gehandelten Zertifikate werden von den energieintensiven Sektoren Elektrizität und Eisen und Stahl angeboten. Größte Nachfrager sind Dienstleistungen, Chemie und Landwirtschaft. Conrad/Wang (1994, S. 84 f.) kommen zu dem Schluß, daß eine Zertifikatslösung zwar einer Steuerlösung vorzuziehen ist, aber auch in der gewählten moderaten Form nicht im nationalen Alleingang durchgeführt werden sollte. Trotz des Einbaus realitätsnäherer Elemente in das Grundmodell gelten auch fiir die Modeliierung von Conrad und Wang die allgemeinen Einschränkungen von AGE-Modellen. Beispielsweise steigen die modellendogen bestimmten C02 -Emissionen in allen Basisszenarien gegen den Trend seit 1973 und viele Prognosen zwischen 20 % und 46 %bis 2005 sehr deutlich an. Möglicherweise wird die Rolle des Strukturwandels oder die Höhe des energiesparenden technischen Fortschritts falsch eingeschätzt. Energiesparender technischer Fortschritt ist nicht ausschließlich autonom. Durch Energiesteuern wird er sich anders entwickeln als ohne ihre Einfiihrung. Bei der Zertifikatslösung ist kaum vorstellbar, daß ein Transaktionsvolumen von maximal 190 Mio. DM in 2000 zu jährlichen Wachstumseinbußen in einer Größenordnung von 25 bis 30 Mrd. DM fuhrt, die sich bis zum Jahr 2000 auf weit über 100 Mrd. DM kumulieren. d) Das Modell von Böhringer!Rutherford (1994)
Böhringer/Rutherford ( 1994) halten sich in ihrem statischen Modell GEMEX eng an die dargestellte Grundform von AGE-Modellen. Sie unterscheiden 5 Energiesektoren, 7 energie- und exportintensive Sektoren und einen zusammengefaßten Sektor, den sogenannten Rest oflndustry. Basisjahr ist 1988. Neben einem allgemeinen C02-Steuerszenario werden in einem zweiten Szenario die sieben Nichtenergiesektoren von der Steuer befreit, in einem dritten wird durch Lohnsubventionen die Beschäftigung in diesen Sektoren konstant gehalten. Für jedes Szenario werden exogene COrMinderungsziele von 10 %, 20 %, 30 % und 40 % vorgegeben und Modellvarianten mit 5 verschiedenen, zum Teil der internationalen Literatur entnommenen Sätzen von Substitutionselastizitäten gerechnet.
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Als Ergebnis zeigt sich, daß eine allgemeine Steuer alleine oder verbunden mit Lohnsubventionen an besonders betroffene Branchen die Ziele mit geringen Wohlfahrtsverlusten, die als Hicksäquivalente Einkommensveränderungen gemessen werden, erreicht. Dagegen sinkt die Wohlfahrt bei Steuerbefreiung einzelner energieintensiver Branchen deutlich. Werden die Kohlesubventionen aufrechterhalten, sind diese Verluste dramatisch. Gesamtwirtschaftliche Größen werden nicht genannt. Interessant sind die riesigen Unterschiede je nach unterstellten Substitutionselastizitäten. Teilweise liegen die prozentualen Wohlfahrtsverluste, Beschäftigungsentwicklungen und Exporte der besonders betroffenen Sektoren und die C02 -Steuersätze um den Faktor 4 und mehr auseinander (Böhringer/Rutherford 1994, S. 25). Je höher die unterstellten Substitutionselastizitäten sind und je weniger Ausnahmen einer optimalen Faktorallokation zugelassen werden, desto günstiger sind die Ergebnisse ausgefallen. Böhringer/Rutherford (1994, S. 36) kommen zu dem Schluß, daß die qualitativen Ergebnisse robust sind, die Größenordnungen aber stark von der Modellspezifikation abhängen. In diesem Ansatz zeigen sich exemplarisch Stärken und Schwächen des Modelltyps. Einerseits erlaubt er den einfachen und schnellen Einbau verschiedenster Sätze exogener Vorgaben ins Modell. Andererseits wird klar, daß quantitativ aussagefähige Ergebnisse nicht zu erwarten sind. Die entscheidende Frage, welcher Satz an Exogenen der "richtige" ist bzw. wie sich die exogenen Variablen im Modell endogenisieren lassen, muß ohne ökonometrische Schätzung unbeantwortet bleiben. 5. Modellvergleich und weiterer Forschungsbedarf Einige der vorgestellten Studien sind schon von der EK Klima (1995, S. 711 ff.), Kohlhaas/Welsch (1995a und 1995b) und Luhmann (1994) hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Wirkungen und der eingesetzten Methoden verglichen worden. Angesichts unterschiedlicher Annahmen, Methoden und COrMinderungen ist dies ein schwieriges Unterfangen. Bereits im Basisfall gehen alle fünf Modelle trotz fast identischer gesamtwirtschaftlicher Entwicklung von teils dramatisch verschiedenen Entwicklungen für die COrEmissionen aus. Bei den Steuerlösungen zeigt sich nach Tabelle B.9 eine große Bandbreite. In allen Fällen gehen die COrEmissionen gegenüber der Referenzlösung zurück. Die Auswirkungen der Steuern auf das Wirtschaftswachstum sind bis auf das Modell von Conrad!Wang vernachlässigbar. Der Verlust beim BSP von etwa 5 % reicht dort gerade zur Stabilisierung der COrEmissionen auf dem Niveau von 1990. Bei DIW/ISI wird dagegen das C02 -Minderungsziel der Bundesregierung ohne Wachstumsverluste erfiillt. Es wird ein Rückgang der COrEmissionen bis zum Jahr 2020 gegen-
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über 1990 um 45 % bei gleichzeitiger Zunahme des BIP um 90% ermittelt. Dabei liegt das Steueraufkommen in Preisen von 1990 nur bei gut einem Zehntel im Vergleich zur DIW-Studie. Die anderen Modellergebnisse liegen zwischen diesen Extremen, wobei die EWI-Studie wegen der niedrigen Steuersätze und der folglich geringen C02 -Reduktion nur begrenzt aussagefahig ist. Tabelle B.9
Wohlfahrts- und C02-Änderungen von C02-Minderungsmaßnahmen in den einzelnen Modellen gegenüber der jeweiligen Basislösung im Endjahr in v. H. DIW
DIW/ISI
EWI
Conrad/
Böhringer/
Wang
Rutherford
Endjahr
2010
2020
2020
2005
-b
BIP/BSP
- 0,2 3 (BIP)
0,1 bis 0,3 (BIP)
-0,06 (BSP)
- 4,5 bis - 6,0 (BSP)
- 0,9 bis- 4,2