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German Pages 160 [161] Year 2007
Wolfgang Wippermann • Die Deutschen und der Osten
wolfgang wippermann
Die Deutschen und der Osten Feindbild und Traumland
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© 2007 by Primus Verlag, Darmstadt Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Einbandgestaltung: Jutta Schneider, Frankfurt Gestaltung und Satz: Johannes Steil – www.brotschrift.de Printed in Germany www.primusverlag.de isbn: 978-3-89678-343-1
Inhalt „Kommen Sie aus dem Westen?“ Einleitung 7 „Ex oriente lux“ Religiöser und orientalischer Osten
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„Toti Occidenti“ Gefährlicher Osten 25 „Nicht barbarisch“ Anziehender Osten 45 „Nach Ostland“ Drang nach Osten
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„Auf Kosten Russlands“ Das Dritte Reich und der Osten 69 „Nach Moskau“ Westdeutschland und der Osten 83 „Neue Ostpolitik“ Die Überwindung der Stereotype „Verostung“ Die Wiederkehr der Stereotype
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„Kampf der Kulturen“ Der neue Orientalismus
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„Im Osten geht die Sonne auf“ Zusammenfassung
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Anhang Anmerkungen 127 Literaturverzeichnis 148 Personenregister 155 Bildnachweis 159
„Kommen Sie aus dem Westen?“ Einleitung „Kommen Sie aus dem Westen?“ – werde ich bei Vorträgen, die ich in den neuen Bundesländern halte, häufig und leicht vorwurfsvoll gefragt. „Nein!“, pflege ich meist trotzig zu antworten, „ich komme aus dem Norden“. Das stimmt zwar, denn meine Heimatstadt Bremerhaven liegt nun mal in Norddeutschland, doch es hilft mir nichts. Ich werde als „Wessi“ wahrgenommen, von „Ossis“, die aber gar nicht aus dem historischen „Ost“-, sondern aus „Mitteldeutschland“ kommen, das geographisch nicht irgendwo „im Osten“, sondern mitten in Europa liegt.1 Selbstverständlich tri≠t das auch auf Berlin zu, wo ich seit langer Zeit wohne. Seine Bewohner werden immer noch fein säuberlich in Ost- und Westberliner unterschieden. Mit diesen Bezeichnungen, die es so in keiner anderen deutschen Stadt gibt, ist aber keineswegs der Wohnort in einem östlichen oder westlichen Stadtteil gemeint, sondern die Zugehörigkeit zur früheren „Hauptstadt der DDR“ oder einer Stadt, die im Osten „Westberlin“, im Westen dagegen „Berlin (West)“ genannt wurde. In diesem früheren West-Berlin liegt auch ‚meine‘, die Freie Universität. Sie verstand sich seit ihrer Gründung in der Hochphase des Ost-West-Konflikts als „Bollwerk des Westens gegen den Osten“.2 Diese Bollwerkfunktion kann man sehr gut an ihrem Hauptgebäude, dem Henry-Ford-Bau, ablesen. Das nach dem Sohn des amerikanischen Autokönigs und Antisemiten Henry Ford (II) genannte Gebäude soll sich nach dem Willen seiner Erbauer gegen den Osten wenden und gen Westen ö≠nen. Weist doch seine, durch große Fenster und Türen o≠en und einladend gestaltete Eingangsfront nach Westen, seine Ostfront dagegen hat keine Türen, nur kleine, Schießscharten ähnliche Fenster und macht mit seiner kalten Natursteinwand einen mehr als abweisenden Eindruck.
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„Kommen Sie aus dem Westen?“
All das bemerkt man nur, wenn man die Geschichte der FU und die Baugeschichte des Henry-Ford-Baus kennt. Denn tatsächlich wendet sich der Henry-Ford-Bau nur gegen die im Osten aufgehende Sonne (weshalb die in seinem Ostflügel befindlichen Vorlesungsräume künstlich beleuchtet werden müssen); und tatsächlich lag der „unfreie“ Teil Berlins und Deutschlands, gegen den sich die Freie Universität politisch wandte, gar nicht im Osten. Jedenfalls nicht in geographischer Hinsicht. Diese scheinbar banalen und oberflächlichen Betrachtungen machen Folgendes deutlich: „Osten“ ist nicht gleich „Osten“. Neben der Himmelsrichtung Osten gibt es noch den ,politischen Osten‘, der mit dem ,historischen‘ und ,geographischen Osten‘ keineswegs identisch ist und sein muss. Doch das ist nicht alles. Es gibt noch zwei weitere Osten. Verdeutlichen möchte ich das wiederum an einem Gebäude aus meinem räumlichen Umfeld: Der St. Annenkirche in Berlin-Dahlem. Diese Dahlemer Dorf kirche wendet sich (wie alle anderen Kirchen auch) nicht nach Westen, sondern nach Osten. Dies zudem in keiner abweisenden, sondern einladenden Weise, was durch die schönen Glasfenster im Altarraum unterstrichen wird. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass man aus dem Osten das durch Jesus Christus repräsentierte und gebrachte „Heil“ erwartet. Kommen wird es nach christlicher Auffassung aus dem Heiligen Land. Denn dort ist Jesus geboren, gestorben und „am dritten Tage auferstanden von den Toten“. Von dort wird er auch „am jüngsten Tage“ wieder kommen. Dieses „Heilige“ befindet sich bekanntlich im „Morgenland“ aus dem die „Heiligen drei Könige“ gekommen sind und wo der als Symbol des christlichen Glaubens besungene „Morgenstern“ aufgeht.3 Geographisch liegen das „Heilige“ und das ebenfalls religiös konnotierte „Morgenland“ bzw. der „Orient“ aber nicht im Osten, sondern weit im Süd-Osten. Jedenfalls aus Berliner Perspektive. Denn die deutsche Hauptstadt befindet sich ungefähr auf dem 52. Breitengrad; die Hauptstadt des Heiligen Landes, Jerusalem, liegt dagegen auf dem 31. Breitengrad. Breitengradmäßig ist Berlin osteuropäischen Städten wie Warschau (ebenfalls 52. Breitengrad) und selbst Moskau (55. Breitengrad) näher als Jerusalem, das im „Orient“ bzw. im „Nahen Osten“ lokalisiert wird. Die Betrachtung der St. Annenkirche lehrt uns zweierlei. Einmal,
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dass es neben dem ,politischen‘ auch noch einen ,religiösen Osten‘ gibt. Zum anderen, dass der ,europäische‘ vom ,orientalischen Osten‘ zu unterscheiden ist. Insgesamt haben wir es also mit ,vier Osten‘ zu tun. Zum politischen und religiösen kommen der europäische und orientalische Osten. Alle vier Osten sind nicht einfach und von Anfang an da. Sie sind in einem langen und tief in die Geschichte zurückreichenden Prozess erfunden, stereotypisiert und zu dem gemacht worden, was ich Geostereotype nenne.4 Dieser Begri≠ ist neu, doch nicht die Sache. Die Forschung hat nämlich schon seit längerem erkannt, dass geographische Räume von Menschen „gemacht“ sind,5 wobei es zu einer allgemeinen „Ideologisierung der Windrose“6 und zu einer speziellen Stereotypisierung von Himmelsrichtungen wie dem „Norden“, Erdteilen wie „Europa“7, Regionen wie dem „Orient“8, „Osteuropa“9, dem „Balkan“10, dem (italienischen) „mezzogiorno“11 etc. gekommen ist. Es liegen auch einige ältere und neuere Studien über das „Bild“ vor, das sich die Deutschen vom „Osten“ gemacht haben. Allerdings vornehmlich im 20. Jahrhundert und vornehmlich vom europäischen Osten12 bzw. von Russland.13 Doch eine Darstellung der Entstehung, Genese und Funktion des bzw. der deutschen Geostereotype über den bzw. die Osten gibt es bisher nicht. Dies unternimmt der vorliegende Band. Er basiert auf schriftlichen und bildnerischen Quellen sowie Kar14 ten , die mit Hilfe von Methoden der historischen Ideologiekritik15 und Stereotypenforschung16 analysiert werden. Nicht herangezogen wurden die Methoden der „mental-map“- Forschung.17 Kann ich doch den Thesen von einigen dieser mental-map-Forscher nicht folgen, wonach räumliches Wissen im Kopf, ja genauer im (anatomischen) Gehirn gespeichert sei, was mit Methoden der kognitiven Psychologie herauszufinden sei, die mir als Historiker ziemlich fremd sind. Statt von den Gehirnen der Menschen bin ich von ihrer Geschichte ausgegangen. Genauer gesagt der Deutschen, die innerhalb ihrer Geschichte bestimmte Bilder vom und Geostereotype über den Osten entwickelt haben. Begonnen wird mit den Bildern und Geostereotypen über den ,religiösen‘ und ,orientalischen Osten‘ von den Anfängen bis zur NSZeit. Ebenfalls von den Anfängen bis zur NS-Zeit werden dann in den nächsten drei Kapiteln die Geostereotype über den ,europäischen
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Osten‘ analysiert. Dieser Osten stellte für die meisten Deutschen ein Feindbild dar. Für einige war oder sollte er jedoch auch Traumland sein oder werden, das man nicht nur aus der Entfernung bewunderte, sondern in das man eindringen wollte, um hier Siedlungsland und Lebensraum zu gewinnen. Die Herkunft, Genese und Funktion der Ideologie vom „deutschen Drang nach Osten“ wird besonders intensiv untersucht. Dies vor allem deshalb, weil Hitler und die Nationalsozialisten an dieses Geostereotyp angeknüpft und mit ihm ihren beispiellosen Rassen- und Vernichtungskrieg im und um den Osten begründet haben. Die letzten vier Kapitel behandeln in etwas kürzerer Form die Zeit nach 1945. Zunächst herrschte in Westdeutschland die Angst vor dem kommunistisch gewordenen und weit nach Westen vorgedrungenen ,politischen Osten‘ vor. Sie war jedoch auch mit Aggression gegenüber dem ,europäischen Osten‘ verbunden. Im Zuge der „neuen Ostpolitik“ ist es aber dann zu einer Überwindung beider Ost-Geostereotype gekommen. Dies hat sich nach und sogar wegen des Untergangs des Ostblocks nach der Wiedervereinigung geändert. Der „Osten“ wurde für einige wieder zum Traumland und für viele zum Feindbild. In der unmittelbaren Gegenwart deutet vieles darauf hin, dass selbst der vormals noch relativ positiv bewertete ,orientalische Osten‘ zu einem islamistischen oder ,neo-orientalistischen‘ Feindbild geworden ist. Insgesamt handelt es sich um ein nicht nur weites, sondern auch schwieriges Feld. Dennoch, ja deshalb wird es bewusst auf knappem Raum und in einer eher essayistischen Form behandelt. Alles beruht aber auf einer langjährigen Beschäftigung mit dem Thema, das mich seit meiner Studentenzeit nicht los gelassen hat.18 Erste und bis heute nachwirkende Anregungen erhielt ich von meinem akademischen Lehrer Walter Schlesinger in Marburg, weitere Hinweise und Ratschläge dann von meinem Kollegen Wolfgang H. Fritze in Berlin. Dem Andenken dieser hoch verdienten Historiker ist dieses Buch gewidmet.
„Ex oriente lux“ Religiöser und orientalischer Osten „Ex oriente lux“ – aus dem Osten kommt das „Heil“ bzw. das „Licht“. In vielen Kulturen sind Licht und Heil fast identisch. Dies gilt auch für den antiken Mithraskult, der die – aufgehende – Sonne verehrte, und einen gewissen Einfluss auf das Christentum ausübte. Doch dies ist nicht der oder gar der alleinige Grund, weshalb das „Morgenland“ auch für Christen eine gewisse religiöse Bedeutung hat. Weit wichtiger ist, dass sich im Land der aufgehenden Sonne – „Orient“ – das „Heilige Land“ befindet, in dem Jesus Christus geboren, gestorben und „am dritten Tage auferstanden von den Toten“ ist. Hier wird er nach christlicher Überlieferung auch am „jüngsten Tag“ wieder kommen. Daher war Jerusalem auf vielen mappae mundi im Zentrum verortet als Nabel der Welt.1 Doch aus Jerusalem erwarten auch die Juden den Messias, und Muslime glauben, dass der Prophet Mohammed von hier aus in den Himmel gefahren ist. Jerusalem im Heiligen Land ist für drei Religionen heilig. Das führt zu einer Art Jerusalem-Konkurrenz und hat sich schon immer auf das Bild ausgewirkt, das sich das christliche Abendland vom gesamten Morgenland gemacht hat. „Abendland“ und „Morgenland“ Das Christentum ist im Osten des damaligen Römischen Reiches entstanden, hat sich aber sehr schnell auch über dessen westliche Teile verbreitet. Im Jahr 391 wurde es Staatsreligion im gesamten Römischen Reich, das vier Jahre später in einen östlichen und westlichen Teil geteilt wurde, der schon 476 unterging. Diese politischen Vorgänge beeinflussten auch die Kirche und führten letztlich dazu, dass sie ebenfalls in einen westlichen und östlichen Teil zerfiel. Diese Entwicklung begann bereits im 4. Jahrhundert, als die Bi-
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„Ex oriente lux“
„Abendland“ und „Morgenland“
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schöfe von Rom eine Sonderstellung innerhalb der vier Patriarchate – Jerusalem, Antiochia, Alexandria, Rom – beanspruchten. Dies mit dem Hinweis auf ihren „Vorgänger“, den Apostel Petrus, der in Rom ermordet und begraben wurde, nachdem ihn Jesus mit einer besonderen Befugnis ausgestattet und als „Fels“ bezeichnet hatte, auf den er seine „Gemeinde“ auf bauen wollte und dem er des „Himmelreichs Schlüssel“ übergeben hatte. Dies alles konnten die römischen Bischöfe zwar mit dem Hinweis auf Matthäus 16, 18–19 theologisch begründen, waren aber zunächst kaum in der Lage, diesen Anspruch auch politisch durchzusetzen. Der oströmische (!) Kaiser Valentinian III. hatte nämlich 445 den Primat des als vicarius Christi (Stellvertreter) bezeichneten römischen Bischofs respektive Papstes nur für die Territorien des vor dem Zerfall stehenden weströmischen Reiches anerkannt. Das sechs Jahre später tagende Konzil von Chalkedon war noch einen Schritt weiter gegangen und hatte gegen den energischen Protest Papst Leos I. die Gleichrangigkeit der „Bischöfe“ (!) von Rom und Byzanz bestätigt. Auf dem 6. Ökumenischen Konzil von Konstantinopel wurde schließlich 681 die Vormachtsstellung Roms gegenüber Byzanz und dem Osten generell bestritten. Die (römischen) Päpste waren in eine aus ihrer Sicht mehr als missliche Lage geraten. Um sich aus ihr zu befreien, gri≠en sie einmal zu moralisch anrüchigen und rechtlich verwerf lichen Methoden wie dem Fälschen von Urkunden, die wie die (angebliche) donatio Constantini (konstantinische Schenkung) und die (völlig fiktiven) „pseudo-isidorischen Dekretalien“ ihren Machtanspruch beweisen sollten. Recht-
< 1 Schematische Weltkarte aus einem englischen Computus-Manuskript aus dem Jahr 1110 (oben: Original, unten: Umzeichnung). Die Karte ist in christlicher Tradition geostet. Jerusalem (Hierusalem, mit einem Kreuz im Kreis gekennzeichnet) findet sich quasi im Zentrum der Welt. Asien liegt in der oberen Hälfte der Karte, Europa nimmt den größten Teil der unteren (westlichen) Hälfte ein, während Afrika in der rechten unteren Ecke eher randständig erscheint. Auf der Karte links, also ganz im Norden, sollen Britannien, Irland und – schon außerhalb des Weltkreises – „Thule“ liegen.
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lich korrekter und politisch erfolgreicher war dagegen das Bündnis mit dem Frankenreich, das schließlich im Jahr 800 mit der Krönung Karls des Großen zum imperator Romanorum durch Papst Leo III. besiegelt wurde. Gewissermaßen mit den Kaisern im Rücken konnten die Päpste jetzt ihre Macht, die schon in der Stadt Rom gefährdet gewesen war, im gesamten christlichen Abendland durchsetzen und sich zugleich von der Kirche im dann immer schwächer werdenden öströmischen bzw. byzantinischen Reich abgrenzen. Dafür wurde die Spaltung der Kirche in einen westlichen und östlichen, katholischen und orthodoxen Teil (die beide wieder in weitere Kirchen zerfielen) in Kauf genommen. Alle Versuche, die schon 867 vollzogene und 1054 endgültig fixierte Spaltung zu überwinden, blieben erfolglos. Dieses Schisma hält bis heute an. Die Kirchenspaltung hat zugleich dazu geführt, dass das gegenüber dem antiken2 gewissermaßen nach Nordosten gedrehte Europa3 auf seinen westlichen katholischen Teil verengt wurde. Dieses „christliche Abendland“ war zudem mit dem von Karl dem Großen begründeten und dann von den ostfränkischen, sächsischen und schließlich deutschen Kaisern erneuerten „Römischen Reich“ nahezu identisch. Obwohl die politischen Beziehungen zwischen diesem neuen „Römischen“ und dem vormals „oströmischen“ und jetzt „byzantinischen“ Reich zunächst gut waren, wovon nicht zuletzt die dynastischen Beziehungen etwa der Ottonen mit den byzantinischen Kaisern zeugen, grenzten sich beide Reiche immer mehr voneinander ab. Allerdings hat sich das „Reich der Deutschen“ nicht an dem vom Papst ausgerufenen vierten Kreuzzug beteiligt, der 1204 zur Eroberung Konstantinopels und zur Gründung eines „lateinischen Kaiserreiches“ führte, das zwar 1261 wieder unterging, aber zu einer nachhaltigen Schwächung des byzantinischen Reiches geführt hat. Mit den von der Ostkirche missionierten Völkern im Osten und Südosten Europas gab es dagegen von Anfang an nur sehr lose Kontakte, die völlig abrissen, als fast ganz Russland unter die mongolische Fremdherrschaft geriet und die ebenfalls orthodoxen Balkanstaaten von den muslimischen Osmanen erobert wurden. Generell ist festzustellen, dass der Antagonismus zwischen dem christlichen bzw. katholischen Abendland und dem orthodoxen Osten für „die Deutschen“ keine große Bedeutung hatte. Der von dem
„Parzival“ und „Feirefiz“
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amerikanischen Politologen Huntington konstatierte „Kampf der Kulturen“ zwischen dem westlichen Katholizismus und der östlichen Orthodoxie ist auch in der Neuzeit nicht ausgebrochen, als das orthodoxe Russland wieder erstand und zur Großmacht wurde – und wird es auch in der Gegenwart nicht tun.4 Anders ist es mit dem Antagonismus zwischen dem gesamten christlichen Abendland und dem islamisch gewordenen Morgenland. Ihn hat es gegeben, und er hat auch einen ganz entscheidenden Einfluss auf das Selbstverständnis Europas ausgeübt, das sich wesentlich durch die Abgrenzung vom Islam definiert, ja konstituiert hat. Der christlich-islamische Konflikt führte gleichzeitig zu einer Veränderung des Bildes, das sich das Abendland vom Morgenland machte. Verantwortlich war die religiöse Konnotation des Morgenlandes, in dem sich einige der wichtigsten heiligen Stätten beider Religionen befanden. Um ihren Besitz oder Nichtbesitz wurden sehr grausame und unheilige, „Kreuzzug“ und Jihad genannte „Heilige Kriege“ geführt. Beide Seiten verteufelten einander und wollten im Land des jeweils anderen das „Reich des Bösen“ erblicken. Dennoch hat es immer auch Gegenstimmen und Nebenströmungen gegeben. Mit Abendländern, die sich nach wie vor vom Morgenland angezogen fühlten, und mit Christen, für die Muslime nicht Feinde, sondern Brüder waren, wollen wir uns im Folgenden beschäftigen. „Parzival“ und „Feirefiz“ Vom Morgenland angezogen wurden keineswegs nur aggressive Kreuzfahrer, sondern auch friedliche Pilger, die im Heiligen Land nur ihr Seeelenheil suchten. Auch die Kreuzfahrer zog es nicht immer aus religiösem Fanatismus in den Osten. Wussten und schätzten sie es doch, dass das Morgenland dem christlichen Abendland in kultureller und geistiger Hinsicht weit voraus war. Zeugnisse dieser überlegenen orientalischen Kultur haben sie dann auch mit zurück ins Abendland gebracht. Neben Gebrauchsgegenständen wie Gläsern und Teppichen sowie Gewürzen und Genussmitteln waren es auch Kenntnisse über den besseren Bau von Burgen und Häusern. So sollen sie die Idee, wenigstens einige Räume ihrer Burgen, die so genannten Kemenaten, zu beheizen, im vergleichsweise warmen Orient gewonnen haben. Doch
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weitaus wichtiger waren die geistigen Güter, nämlich die Schriften von antiken Philosophen und Naturwissenschaftlern wie Aristoteles und anderen, die ins Arabische übersetzt und so überliefert worden waren.5 Als ,geistige Umschlagplätze‘ zwischen dem weiter entwickelten Orient und dem vergleichsweise ,rückständigen‘ christlichen Abendland fungierten neben Spanien, in dem es geradezu zu einer kulturellen Symbiose von Orient und Okzident kam, auch Apulien und Sizilien. Diese Territorien waren aus normannischem in den Besitz der Staufer übergegangen und gehörten damit zum „Deutschen“ und späteren „Heiligen Römischen Reich deutscher Nation“. Der wegen seines unheiligen Lebenswandels (er soll sich nach orientalischer Sitte einen Harem gehalten haben) und wegen seiner antipäpstlichen Politik von der Kirche viel gescholtene Kaiser Friedrich II. hat sich für den ostwestlichen ,Kulturtransfer‘ besonders interessiert und um ihn verdient gemacht.6 Dafür war er persönlich bestens vorbereitet. Sprach und las er doch neben Deutsch (dies jedoch zunächst ziemlich schlecht) sowie Latein und Griechisch auch noch Arabisch. Kaiser Friedrich II. stand mit seiner Bewunderung für den Orient nicht allein da. Sein Vorbild wurde auch von einigen Angehörigen der adligen Herrenschicht imitiert. (Wie das einfache Volk dachte, wissen die Historiker nicht, sofern sie sich überhaupt dafür interessiert haben.) Dies wirkte sich wiederum auf die mittelhochdeutsche Literatur aus. In ihr wurden die orientalischen Glaubensfeinde keineswegs immer als „Antichristen“ und „Teufelskinder“ bezeichnet und beschimpft, sondern nicht selten als ritterliche und durchaus ebenbürtige Gegner geschätzt. Bestes und eindrucksvollstes Beispiel ist Wolfram von Eschenbachs Epos Parzival.7 Wolfram von Eschenbach zeigte hier eine bemerkenswerte Missachtung des sonstigen fundamentalen Gegensatzes zwischen dem muslimischen Orient und dem christlichen Okzident. Sein Parzival spielt in beiden Welten und zeigt, dass in beiden gute und schlechte Menschen, Schurken und Helden leben. Einer dieser Helden ist Parzivals Vater Gahmuret, der sich nicht scheut, in den Dienst des (natürlich islamischen!) Kalifen von Bagdad zu treten. Hier, im ansonsten fremden und verteufelten Orient vollbringt Gahmuret verschiedene ritterliche Heldentaten. Er befreit die völlig schutzlose Königin von Sasamanc, Belakane, aus der Hand ihrer Feinde, um sich sogleich in sie
„Mohren“ aus dem „Morgenland“
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zu verlieben. Dabei ist Belakane nicht nur Heidin, sondern auch noch von swarzer varwe. Trotz dieser ihrer rabens varwe gilt sie als schön und tugendhaft. Obwohl in doppelter Hinsicht ungleich – ungelich war doch ih zweier hut –, werden Belakane und Gahmuret ein Paar und bekommen einen Sohn namens Feirefiz, der von Wolfram von Eschenbach (dem die Mendelschen Vererbungsgesetze noch nicht bekannt waren) als zweifarbig – der zweier varwe was – wie eine Elster (als ein agelster wart gevar / sin har und och sin vel vil gar) geschildert wird. Gahmuret verlässt dann zwar seine Belakane, um nach Europa zurückzukehren, doch nicht deshalb, weil er moralische Skrupel bekommen hat, sondern weil er weitere Abenteuer erleben möchte. An seiner Liebe zu Belakane hält er auch noch fest, als er durch einen Schiedsspruch verurteilt wird, Herzeloyde zu heiraten, die ihm Parzival gebiert. Ohne das zunächst zu wissen, begegnet dann der erwachsene Parzival seinem Halbbruder Feirefiz, durch den er im ritterlichen Kampf besiegt, aber in noch ritterlicherer Weise am Leben gelassen wird. Beide Brüder erkennen sich und ziehen gemeinsam zur Gralsburg, wo es Parzival mit Hilfe von Feirefiz gelingt, Gralskönig zu werden. Diese Geschichte ist schön. Schön wegen ihrer religiösen und, wenn man will, sogar „rassischen“ Toleranz. Vor allem aber ist sie ein Beispiel dafür, dass das deutsche Bild des Orients im Mittelalter ganz o≠ensichtlich nicht völlig negativ (nämlich unzivilisiert und bedrohlich) war wie das englische und französische, auf das sich Edward W. Said in seinem Orientalismus-Buch gestützt hat.8 „Mohren“ aus dem „Morgenland“ Beim deutschen Türkenbild der frühen Neuzeit war dies anders. Es scheint sogar noch negativer gewesen zu sein als das westeuropäische. Dennoch gab es auch hier Ausnahmen und Unterströmungen zur allgemeinen Turkophobie, auf die noch (im nächsten Kapitel) einzugehen ist. Bewundert und sofort übernommen wurden vor allem die türkischen Genussmittel. Allen voran der Ka≠ee, der 1683 nach der Niederlage des türkischen Heeres von den Wienern im verlassenen türkischen Heerlager gefunden und nicht nur zu ihrem, sondern auch vieler Deutschen Lieblingsgetränk wurde. Trotz aller Mahnungen, dass doch eigentlich nur „der Muselman“ vom „Ka≠ee nicht lassen
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„Mohren“ aus dem „Morgenland“
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kann“. Hieß es doch in einem Lied: „K-A-F-F-E-E / Trink doch nicht zu viel Ka≠ee / Du bist doch kein Muselman / Der das nicht lassen kann.“ Adlige und sonstige Reiche, die es sich leisten konnten, wollten auch von ihren, wie der (viel) spätere Sarotti-Mohr in türkische Gewänder gekleideten „Kammermohren“ nicht lassen, die sie sich aus der Türkei kommen ließen und als eine Art Statussymbol hielten.9 Dabei kamen diese „Kammermohren“ ursprünglich gar nicht aus der Türkei. Es handelte sich um Afrikaner, die versklavt und an Türken verkauft worden waren. Das Image dieser „Mohren“ genannten Afrikaner war weitaus besser als das der später direkt aus Afrika geholten „Neger“. Beweis und Beispiel sind die „Mohrenköpfe“, die bürgerliche und adlige Häuser und Wappen zierten. Einige dieser „Mohren“ galten sogar als „edel“. Der bekannteste ist einer der drei Könige oder Weisen aus dem Morgenland – der schwarze Balthasar. Eindeutig türkischer Herkunft sind auch einige Musikinstrumente wie die Pauke und der von der Bundeswehr heute noch bei Großen Zapfenstreichen und bei der Begrüßung ausländischer Staatsgäste verwandte Schellenbaum. (Nach einer leider unbestätigten Meldung soll sich ein afrikanischer Staatsgast einmal statt vor der Fahne vor diesem mit Rossschweifen drapierten Schellenbaum verbeugt haben, weil er ihn für das deutsche Staatssymbol gehalten hat.) Türkische Musikinstrumente wurden ursprünglich nur innerhalb der ebenfalls von den Türken erfundenen Militärmusik gebraucht. Dann fanden sie jedoch auch Eingang in die ,zivilen‘ Opern. Und damit sind wir natürlich bei Mozarts Entführung aus dem Serail. „Nie werd’ ich deine Huld verkennen“ Diese erstmals 1782 aufgeführte Oper spielt in der Türkei, sprich dem Osmanischen Reich (ungefähr des 16. Jahrhunderts) und handelt von
< 2 Mohr „alla Turca“. Mit diesem in türkische Gewänder gehüllten „Mohren“ wurde Werbung für Ka≠ee gemacht, den zuerst die Wiener 1683, dann die übrigen Europäer den Türken verdankten. Ein Beispiel für das positive Orient-Bild. • Werbepostkarte des Berliner „Special-Geschäfts für Ka≠ee-Tee-Kakao Julius Staege“ (um 1910).
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Türken, die Belmontes Geliebte Konstanze entführen und „im Mohrenland gefangen“ halten. Aus den zunächst noch recht bösen werden dann einigermaßen gute Türken. Dies gilt selbst für den Sultan Selim, der am Schluss Konstanze und Belmonte (sowie ihren Bedienten Pedrillo und Blondchen) die Freiheit schenkt, was diese gerührt anerkennen: „Nie werd’ ich deine Huld verkennen.“ Keineswegs islam- oder orientfeindlich ist auch Mozarts im September 2006 ins Gerede gekommene und des Antiislamismus verdächtigte Oper Idomeneo.10 Schon deshalb nicht, weil sie nicht im Orient, sondern im mehr mythischen als realen Kreta spielt, weshalb natürlich auch keine Muslime auftreten. In der Idomeneo-Oper geht es wie in der Entführung aus dem Serail letztlich um Toleranz, für die der überzeugte Freimaurer Mozart plädierte. Tatsächlich sind die Anlehnungen an bestimmte freimaurerische Ideen in der „Entführung“ (sowie natürlich in der „Zauberflöte“) unverkennbar. Dass sich Mozart dafür ausgerechnet den Orient ausgesucht hat, hatte ebenfalls etwas mit seiner freimaurerischen Zugehörigkeit zu tun. Haben sich doch viele Freimaurer durch eine gewisse schwärmerische Liebe für den Orient ausgezeichnet, aus dem sie wirklich das „Licht“ erwarteten. Ablesbar ist dies einmal an einigen ihrer geheimen Riten und Rituale, die sie aus dem Orient übernommen haben wollen, sowie an den Namen einiger ihrer Logen wie der berühmten „Loge vom Großen Orient“.11 Man könnte daher von einem freimaurerischen „Orientalismus“ reden, der aber einen keineswegs negativen Charakter hatte und eher zu dem zu rechnen ist, was Said die romantic presentations of the Orient nennt.12 Ein, wenn man will „romantisches“, auf jeden Fall aber äußerst positives Orientbild findet man auch bei dem wohl berühmtesten Freimaurer. Gemeint ist Johann Wolfgang Goethe. „Herrlich ist der Orient“ Goethe ist in seinem dichterischen Werk mehrmals und in der Regel äußerst positiv auf den „Orient“ eingegangen. So vor allem im WestÖstlichen Divan.13 Hier hat Goethe die kulturbringende Funktion des Orients mit folgenden, viel zitierten Worten gepriesen: „Herrlich ist der Orient / übers Meer gedrungen: / Nur wer Hafiz liebt und kennt, / weiß, was Calderon gesungen.“14 Dem politisch zerfallenen und zer-
„Kara Ben Nemsi“ und der „kranke Mann am Bosporus“
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berstenden Westen stellt er den „reinen Osten“ gegenüber: „Nord und West und Süd zersplittern, / Throne bersten, Reiche zittern, / Flüchte du, im reinen Osten / Patriarchenluft zu kosten.“15 In diesen „reinen“ und „rechten“ Ursprung aller Kultur solle man zurückkehren: „Dort, im Reinen und im Rechten / Will ich menschlichen Geschlechten / In des Ursprungs Tiefe dringen.“16 Nur in der Vereinigung von Orient und Okzident liege der Frieden: „Gottes ist der Orient! / Gottes ist der Okzident! / Nord und südliches Gelände / Ruht im Frieden seiner Hände.“17 Die Völker des Orients und des Okzidents sollten sich nicht länger gegenseitig verachten, sondern gemeinsam nach „demselben trachten“: „Und wo sich die Völker trennen, / Gegenseitig im Verachten, / Keins von beiden wird bekennen / Daß sie nach demselben trachten.“18 Goethe stand mit seiner Verehrung des „herrlichen Orients“ keineswegs allein da. Der Orient ist auch von anderen deutschen Dichtern gefeiert und als Ursprung aller Kultur angesehen worden. Ein ebenfalls vergleichsweise positives Orientbild vertraten auch die meisten deutschen Orientalisten. Insgesamt war das deutsche Bild des Orients im 19. Jahrhundert weitaus positiver als das französische und englische. Erwähnung verdient in diesem Kontext noch ein anderer Deutscher, der zwar kein so positives Bild des Orients wie Goethe, dafür aber ein mit Sicherheit noch wirkungsvolleres als Goethe gescha≠en und verbreitet hat. Wer kann das sein? Natürlich Karl May! „Kara Ben Nemsi“ und der „kranke Mann am Bosporus“ In den insgesamt sechs Werken Karl Mays, die ausschließlich oder überwiegend im Orient spielen,19 wird der orientalische Raum insgesamt als rückständig und wild gekennzeichnet.20 Am ausgeprägtesten ist dies im Wilden Kurdistan der Fall. Unter den Orientalen gelten die Türken als schlecht und tückisch. Im negativen Sinne übertro≠en werden sie nur noch von den (christlichen!) Armeniern.21 So heißt es in Karl Mays Erzählung Der Kys-Kaptschij: „Wo immer Heimtücke, eine Verräterei geplant ist, da ist sicher die Habichtsnase eines Armeniers im Spiele. Wenn selbst der gewissenlose Grieche sich weigert, eine Schurkerei auszuführen, findet sich ohne Zweifel ein Armenier, welcher bereit ist, den Sündenlohn zu verdienen.“22
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Die Araber dagegen sind zwar auch räuberisch und rachedurstig, doch immerhin gastfreundlich und freiheitsliebend. Insofern ähneln sie etwas den Indianern, ohne jedoch den Rang der Apachen zu erreichen, die von Karl May als wild und edel charakterisiert werden. Vom edlen Winnetou ist Hadschi Halef Omar23 weit entfernt. Er wird niemals zum Freund, sondern bleibt in Abhängigkeit von seinem deutschen Herrn Karl Deutsch alias Kara Ben Nemsi, der ihn mit einer gewissen Herablassung behandelt, aber zugleich auch zu einem tapferen (Hilfs-)Krieger erzieht. Insofern ist Halef eine Verkörperung dessen, was der „kanke Mann am Bosporus“ für Deutschland werden sollte.24 Mit diesem vom russischen Zaren Nikolaus I. schon 1852 geprägten Stereroyp war das Osmanische Reich gemeint, dessen Erbe sowohl Russland wie England und Frankreich antreten wollten. Deutschland hielt sich wie vorher schon Preußen, das im Krimkrieg neutral blieb, zurück und begnügte sich mit der wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit mit der Türkei. Im Unterschied zu England und Frankreich, die ihre imperialistischen Ansprüche auf große Teile des orientalischen Ostens mit gewissen „orientalistischen“ Feindbildern begründeten, wobei sich Frankreich selbst auf die mittelalterlichen Kreuzfahrerstaaten im „Morgenland“ berief,25 hat Deutschland wenigstens zunächst auf derartige antiislamische und antiorientalische Stereotype und Feindbilder verzichtet. Auch dies ist ein weiterer Beweis für die schon mehrfach betonte Tatsache, dass das westliche Bild des Orients weitaus schlechter war als das deutsche. Harem, Zigaretten und Porzellan Deutschen und westeuropäischen Männern gemein war jedoch im 19. Jahrhundert ein lüstern wirkendes Interesse an den orientalischen Frauen im Allgemeinen und den Haremsdamen im Besonderen. Davon zeugen zahlreiche Harems-Geschichten und noch mehr Harems-Bilder, die alle zwar ziemlich sexistisch sind, aber dennoch mehr Ausdruck einer Anziehung als Abscheu vor dem orientalischen Osten waren.26 Sehr geschätzt wurden im gleichen Zeitraum auch die orientalischen Zigaretten. Dafür sorgte schon die (damals nicht verbotene) Tabakwerbung, die mit exotisierenden Bildern des Orients den Kauf von Zigaretten anpries, die aus Tabak aus dem Orient hergestellt worden
Harem, Zigaretten und Porzellan
3 Odaliske. Das Bild dieser Haremsdame aus dem Jahr 1862 ist zwar etwas sexistisch, aber zugleich ein Beweis für die Anziehungskraft des Orients auf Europäer – zumindest europäische Männer. • Luigi Mussini „Odaliske“, 1862. Öl auf Leinwand.
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waren. Als Werbeträger dienten aber keine orientalischen Frauen, sondern türkisch oder arabisch aussehende Männer. Sie wurden erst im 20. Jahrhundert von Cowboys und anderen Marlboro-Men verdrängt. Positiv konnotiert waren auch noch andere Produkte aus dem Orient. Dazu gehörte das ursprünglich aus dem Fernen Osten, nämlich aus China stammende Porzellan. Im 18. Jahrhundert war es das Luxusgut par excellence. Dies zeugt zugleich von der bis weit ins 19. Jahrhundert anhaltenden Bewunderung, die viele Europäer für China und die Chinesen hegten. Doch dann wurden aus den notorisch weisen Chinesen „gelbe Teufel“.27 Die in diesem Zusammenhang lancierten Warnungen vor der „gelben Gefahr“ dienten zur Legitimierung der imperialistischen Ansprüche der europäischen Mächte auf große Teile Chinas.28 Doch das gehört eigentlich nicht mehr zum Thema Orient und Orientalismus. Jedenfalls nicht in Deutschland, denn hier wurden – anders als in England und Frankreich – China und der gesamte Ferne Osten spätestens seit dem beginnenden 20. Jahrhundert nicht mehr zum Orient gerechnet. Mit dem Bild, das sich die Deutschen vom Osten gemacht haben, hatte all dies nur noch wenig zu tun. Mit Osten meinte und meint man bis heute meist den europäischen Osten. Mit seinem wandelnden und ambivalenten Bild wollen wir uns in den nächsten Kapiteln beschäftigen.
„Toti occidenti“ Gefährlicher Osten „Toti occidenti excidium comminantes“ – von ihnen droht dem gesamten Westen Verheerung und Verwüstung, warnte Kaiser Friedrich II. im Jahr 1241.1 Gemeint waren die Mongolen, die gerade ein deutschpolnisches Heer unter Führung des schlesischen Herzogs Heinrich bei Liegnitz vernichtend geschlagen hatten. Doch obwohl sie sich damit den Weg nach Westen gebahnt hatten, zogen sich die Mongolen nach Asien zurück. Ihr Heerführer Batu wollte nämlich an den Auseinandersetzungen um die Nachfolge des am 11.12.1241 gestorbenen GroßChans Ögädai in Quara Qorum teilnehmen. Das mongolische Heer war also keineswegs an dem von Friedrich II. beschworenen „vereinten und damit überlegenen kaiserlichen Europa zerschellt“ und „zum Teufel geschickt worden“. Doch dies, das unbegründete Selbstlob Friedrichs II. ist hier nicht so wichtig. Wichtiger ist sein Hinweis auf einen „Osten“, der das „kaiserliche Europa“ und den gesamten Westen – toti occidenti – bedrohe. Friedrich II. stand mit seinen Warnungen vor einem, allerdings nicht genau spezifizierten und lokalisierten „Osten“2 nicht allein da. Schon sechshundert Jahre vor Friedrich II. hatte der gotische Geschichtsschreiber Jordanes die Hunnen als hesperiae plagae, als Gefahr für den Westen bezeichnet und den weströmischen Feldherrn Aetius, der ein hunnisches Heer 451 auf den Katalaunischen Feldern geschlagen hat, als „Stütze des Abendlandes“ bezeichnet.3 Mit ähnlichen Worten hat der Chronist Widukind von Corvey Otto den Großen wegen seines 967 errungenen Sieges über die weit nach Westen vorgedrungenen Ungarn gefeiert. Otto sei „von seinem Heer als Vater des Vaterlandes“ gefeiert und gleichzeitig zum „Kaiser“ ausgerufen worden. Habe er doch mit diesem erfolgreichen Abwehrkampf gegen die eingedrungenen Ungarn jene Verpflichtung erfüllt, die er bei seiner Königskrönung eingegangen sei, als ihm der Erzbi-
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schof das Schwert mit folgenden Worten überreicht hatte: „Empfange das Schwert und treibe mit ihm aus alle Widersacher Christi, die Heiden und die schlechten Christen, da durch Gottes Willen die Macht im ganzen Frankreich dir übertragen ist, zum bleibenden Frieden aller Christen.“4 Verdienste im Abwehrkampf gegen irgendwelche „Fluten aus dem Osten“ konnten also auch zur Legitimierung von, modern gesprochen, innenpolitischen Zielen benutzt werden. Bei Widukind von Corvey war es das Bestreben, den Anspruch des Sachsen Otto auf die Herrschaft auch über die anderen deutschen Stämme zu rechtfertigen, was durch die Krönung Ottos I. als König und dann auch Kaiser besiegelt wurde. Außenpolitisch motiviert waren die Beschreibungen der damals noch außerhalb des Reichs lebenden Elb- und Ostseeslawen in den Chroniken Thietmars von Merseburg, Adams von Bremen und Helmolds von Bosau5, die deshalb so schlimm und bedrohlich dargestellt wurden, um sie unterwerfen und sich in den Besitz ihres Landes setzen zu können. Bei dieser aggressiven Absichten dienenden Angst- und Panikmache hat sich vor allem Helmold von Bosau hervorgetan. Er hat „den Slawen“ generell „angeborene Grausamkeit“ nachgesagt. Zum Beweis führte er folgende, dann immer wieder kopierte und abgeschriebene Schauergeschichte an. Die heidnischen Slawen würden den gefangenen Christen die „Eingeweide“ herausreißen und sie dann „um einen Pfahl wickeln“. Einem namentlich unbekannten Geistlichen aus dem Erzbistum Magdeburg gelang in seinem Kreuzzugsaufruf aus dem Jahr 1108 noch eine Steigerung dieser Schauergeschichten über die heidnischen Slawen.6 Sie seien „Männer ohne Barmherzigkeit“ und würden samt und sonders „rauben, morden und viele mit ausgesuchten Martern umbringen“. Die „Fanatiker unter ihnen“ trieben dabei folgendes Spiel: „Wenn es ihnen einmal gefällt, ein Trinkgelage zu halten“, pflegten sie zu sagen, „Köpfe will unser Pripegal! Solche Opfer soll er haben!“ Darauf würden sie die Christen „vor den Altären ihres Götzendienstes“ enthaupten und mit „Krügen voller Menschenblut“ in ihren Händen mit „schrecklichen Rufen“ heulen: „Machen wir uns einen Tag der Freude!“ Diese Beschwörung der ,slawischen Gefahr aus dem Osten‘ hatte aber folgenden aggressiven Zweck, den dieser Geistliche auch deutlich aussprach: „Die Heiden sind schlimm, aber ihr Land ist sehr gut an
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Fleisch, Honig, Mehl […] und Vögeln, und, wenn es bebaut wird, voller Reichtum der Ernten vom Lande, so daß ihm keines verglichen werden kann.“ Tatsächlich ging es nicht mehr um die Bekämpfung von „Pripegal“ und anderen Götzen, sondern um die Gewinnung und den Ausbau von Land durch deutsche und zum Christentum übergetretene slawische Fürsten, Bauern und Bürger. De facto drohten aus dem „Osten“ seit dem Hochmittelalter keine realen Gefahren mehr. Nach den noch von Heinrich II. mit den christianisierten Polen um den Besitz der Lausitz geführten Kriegen herrschte an der Ostgrenze des (seit dem 15. Jahrhundert so genannten) „Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation“ Frieden. Der Deutsche Orden und der Osten Frieden herrschte aber nur an der Grenze des deutschen Reiches. Jenseits davon lag der Staat des Deutschen Ordens, der seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert verschiedene Kriege mit dem benachbarten Polen geführt hat.7 Sie sind von späteren, sowohl deutschen wie polnischen Historikern als Beweis und Beispiel für den Antagonismus zwischen dem „Germanen-“ und dem „Slawentum“ gedeutet worden, wobei es um die Herrschaft im „Ostraum“ gegangen sei.8 Polnische Historiker sprachen in diesem Zusammenhang von einem „deutschen Drang nach Osten“ und deutsche Historiker wurden nicht müde, vor den „slawischen Fluten aus dem Osten“ zu warnen, gegen die „Dämme und Deiche“ hätten errichtet werden müssen. Nichts an diesen, wohlgemerkt späteren, Deutungen ist richtig. Der 1190 im Heiligen Land gegründete Deutsche Orden war ein Ritterorden, der nicht dem deutschen König oder Kaiser, sondern allein dem Papst unterstand. Der von ihm im späteren Ostpreußen errichtete Ordensstaat war niemals Teil des „Imperium Romanorum“ bzw. des späteren „Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation“. Seine Urbewohner, die heidnischen Prussen, waren keine Slawen, sondern Angehörige der baltischen Völkerfamilie. Ihre Bekämpfung und Unterwerfung, die sich von 1230 bis 1283 hinzog, geschah auf Bitten und zunächst auch unter tätiger Mithilfe der Polen. Die Prussen waren zwar, ähnlich wie vorher die heidnischen Elb- und Ostseeslawen, von den Chronisten des Deutschen Ordens in den schwärzesten Farben als
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4 Ordensritter im Kampf mit „slawischen Barbaren“. Das „Des Deutschritters Ave“ genannte Bild aus dem Jahr 1852 verherrlicht den „deutschen Drang nach Osten“. • „Des Deutschritters Ave“ – Lithographie nach einem Gemälde von Wilhelm Camphausen 1852.
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„Teufelskinder“ ( filii Belial) dargestellt, doch niemals als Bedrohung Deutschlands oder gar des gesamten Westens empfunden worden. Anders war es mit den Polen, mit denen der Deutsche Orden verschiedene Kriege ausgefochten hat, in die aber das Deutsche Reich nicht involviert war. Ausgangspunkt dieser Konflikte war die Annexion Danzigs und Pommerellens durch den Deutschen Orden im Jahr 1309. Sie wurde von Polen, das damit von der Ostseeküste abgeschnitten war, nicht anerkannt. Zur Legitimation seiner Ansprüche auf Danzig stellte Polen auch die Abtretung des Kulmer Landes an den Deutschen Orden durch den polnischen Herzog Konrad von Masowien im Jahr 1230 in Frage. Damit wurde eine historische Kontroverse erö≠net, die bis heute anhält und in der es um die Echtheit dieses Kruschwitzer Vertrages von 1230 geht. Doch entscheidend waren nicht Urkunden und ihre Echtheit, sondern der Einsatz von Gewalt. Und diese kriegerischen Auseinandersetzungen gingen zunächst zugunsten des Ordens aus. Im Jahr 1347 gab Polen nach und verzichtete endgültig auf Danzig und Pommerellen. Diese Gebiete bekam Polen auch dann nicht zurück, als es 1410 ein Heer des Deutschen Ordens bei Tannenberg vernichtend geschlagen hatte. Die Schlacht von Tannenberg, von den Polen Schlacht von Grunwald genannt, hatte also längst nicht die Bedeutung, die ihr von den späteren Historikern zuerkannt wurde. Von einem heldenmütigen Abwehrkampf gegen den „deutschen Drang nach Osten“ oder die „slawischen Fluten aus dem Osten“ konnte überhaupt nicht die Rede sein. Dennoch war die Niederlage von Tannenberg für den Ordensstaat nicht folgenlos. Sein militärischer Nimbus war gebrochen und seine finanzielle Leistungskraft war nachhaltig geschwächt. Er musste die Steuern erhöhen, worüber sich wiederum die preußischen Stände beschwerten, die darüber hinaus Mitspracherechte einforderten, was vom Orden mit dem Hinweis auf seine geistliche Struktur verweigert wurde. Darauf hin schlossen sich die preußischen Stände 1454 zu einem „bund vor gewalt“ genannten Bündnis gegen ihren Landesherrn zusammen. Der darauf hin ausbrechende preußische Bürgerkrieg endete 1466 mit der Teilung des Landes. Der westliche Teil mit den Städten Kulm, Thorn, Danzig und Elbing fiel an Polen. Im östlichen Teil, dem späteren Ostpreußen ohne das Ermland, konnte der Orden seine Herrschaft aufrechterhalten. Doch auch dies gestaltete
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sich immer schwieriger. Der Orden brauchte Hilfe aus dem Reich. An den Heidenkampfgedanken konnte er kaum noch appellieren. Denn der war gewissermaßen aus der Mode gekommen, zumal es in der näheren und weiteren Umgebung des Rest-Ordensstaates gar keine Heiden mehr gab. Nach der Christianisierung der Litauer konnte sich der Ordensstaat beim besten Willen nicht mehr als „mawer ken dy heiden“ (Mauer gegen die Heiden) ausgeben.9 Folglich berief sich der Orden auf seine soziale und nationale Funktion als „spital und u≠enhalt des deutschen Adels“. Gemeint war die Versorgung der nachgeborenen Söhne des deutschen Adels, die durch ihren Eintritt in diesen Ritterorden ihrer sonst vielleicht drohenden Verelendung entgingen. Dieser Versorgungsanspruch stände, wie der Deutsche Orden jetzt betonte, jedoch nur deutschen Adligen zu. Generell hob der Deutsche Orden seinen „deutschen“ Charakter hervor und sah es gern, wenn sein inzwischen arg geschrumpfter MiniStaat in Preußen von den zeitgenössischen Humanisten als „Nova Germania“ bezeichnet wurde.10 Die letzten Hochmeister, allen voran Albrecht von Hohenzollern, nutzten diese von den Humanisten entdeckte und geschürte ,frühnationale Welle‘ für ihre politischen Zwecke aus, indem sie Kaiser und Reichstag um Unterstützung für ihre kriegerischen Auseinandersetzungen mit Polen baten. In einem im Mai 1512 verfassten Bettelbrief drückte dies der Hochmeister Albrecht von Hohenzollern folgendermaßen aus. Wenn Kaiser und Reich ihm jetzt nicht zur Hilfe kämen, werde die „teutsche nacion der lande Preussen und volgende Ly≠ land […] gancz ausgereut und vertilget werden“. Unter polnische und russische Herrschaft werde ein Land fallen, das „wie wissentlich durch den orden das heyling Romisch Reich mit grossen darlegen leibs und guts und blutvergiessen vor langen jaren zu unserm glauben und in unser Teutsch gezung gebracht, dadurch es genant wurd in etlichen hystorien nova Germania, das ist Neu Teutschland“.11 Zwölf Jahre später, 1524, malte Albrecht von Hohenzollern in einem Schreiben an Erzherzog Ferdinand folgende nationale Schreckensvision an die Wand: Wenn jetzt keine Hilfe vom Reich komme, falle Preußen unweigerlich an Polen. Livland werde sich dann auch nicht mehr halten können. Dann würden Polen und andere „Undeutsche“ der „deutschen Nation […] über 200 Meilen Weges, die jetzt
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deutsch sind, entzogen“ haben. Da ferner zu erwarten sei, dass die Polen und Litauer den Vorstoß der „Moskowiter“ nicht auf halten könnten, werde ganz Livland bis an die Memel russisch. Wenn dann Polen mit den „Moskowitern und Tataren“ Frieden schließen würde, habe die „deutsche Nation einen jungen Türken an der Seite liegen“.12 Mit dem „jungen Türken“ war Russland gemeint, das sich durchaus mit Polen gegen das Reich und den Westen verbünden könne. Dies wirkt wie eine Vorwegnahme der Warnungen vor den „slawischen Fluten aus dem Osten“ in der deutschen Publizistik des 19. Jahrhunderts. Der Ursprung dieser Metapher liegt jedoch nicht in der Angst vor Russland und den „Slawen“, sondern vor den Türken.13 Die Türken Die Türkenangst war nicht unbegründet. War doch das Osmanische Reich seit dem 14. Jahrhundert langsam, aber scheinbar unauf haltbar nach Westen vorgedrungen: 1389 wurden die Serben auf dem Amselfeld vernichtend geschlagen; anschließend Bulgarien, die Walachei und Teile Griechenlands erobert. Im Jahr 1453 fiel Konstantinopel; und 1463 gehörte schließlich ganz Griechenland zum Osmanischen Reich. Die Osmanen besiegten 1526 ein ungarisches Heer unter König Ludwig II.; und drei Jahre später, 1529, standen sie zum ersten Mal vor Wien. Obwohl sie hier geschlagen worden waren und 1571 mit der Seeschlacht von Lepanto auch die Vorherrschaft im Mittelmeer verloren hatten, stießen sie 1683 noch einmal bis Wien vor. Erst der bei Wien durch ein deutsch-polnisches Heer errungene Sieg brachte die Wende. Die Türken wurden schrittweise zuerst aus Ungarn dann aus dem gesamten Balkan zurückgedrängt. Dies dauerte jedoch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Statt sich vor ihm zu fürchten, stritten sich die europäischen Mächte jetzt um das Erbe des „kranken Mannes am Bosporus“. Die Türkenangst an sich war damit aber nicht vorbei.14 Sie hat tiefe Spuren im kollektiven Gedächtnis der Deutschen hinterlassen. Verantwortlich dafür war zunächst und vor allem die katholische Kirche. Sie war es, die ihren gesamten ,Propagandaapparat‘ gegen die Türken in Bewegung setzte. Zur Bannung der Türkengefahr wurde gebetet und Geld gesammelt sowie besondere Prozessionen unter dem Geläut von Türken-Glocken durchgeführt. All dies geschah unter
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deutlicher Bezugnahme auf den hochmittelalterlichen Kreuzzugsgedanken. Dies wurde von den Protestanten zwar abgelehnt, doch auch sie feierten und forderten den Kampf gegen die Türken, weil es sich dabei, wie sich Lucas Osiander ausdrückte, um einen absolut gerechtfertigten „Notkrieg“ handele, zu dem „alle christlichen oberkeiten ihres amptes und beru≠s halben“ verpflichtet seien, weil „sie das schwerdt von Gott empfangen haben, die frommen zu schützen und die bösen zu stra≠en“.15 Genau wie Luther, für den die Türken gleich nach den „teuf lischen Juden“ kamen,16 sah Osiander in den Türken die Inkarnation des Bösen schlechthin. „Der Türck“ sei ein „rechter tyrann, mörder, rauber, mordbrenner“ und „rasender teu≠elskop≠ “. Er „raubt, würget, schändet weiber und kinder“, „führet die leute in unleidentliche dienstbarkeit und gefängnis“ und „wütet recht als ein rewliches wildes thier“.17 Die von Osiander hier nur angedeuteten teuf lischen und tierischen Taten der Türken wurden in den damaligen Flugblättern18 und teilweise bereits bebilderten Neuen Zeitungen in aller Ausführlichkeit und mit einer voyeuristischen Liebe zum Detail geschildert. Letzteres galt vor allem für das Schicksal der geschändeten und versklavten Frauen, das so schrecklich sei, „das es möcht ein stein zersprungen sein“.19 Die Türken wurden jedoch nicht nur wegen ihrer Grausamkeit, sondern auch wegen ihrer militärischen Tüchtigkeit gefürchtet. Dabei waren ihnen die deutschen Soldaten in wa≠entechnischer Hinsicht eigentlich überlegen, worauf Johann Baptist Fickler in einer 1598 verö≠entlichten „Trewhertzigen Warnungsschri≠t an die Stände zu
> 5 „Türkengräuel“. Das Bild aus dem Jahr 1548 zeigt im unteren Teil, wie – durch Turbane kenntlich gemachte – türkische Soldaten Frauen und Kinder abschlachten und – im Bild ganz unten rechts – Kirchen schänden. Im mittleren Teil ist der – an seiner Tiara erkennbare – Papst abgebildet, wie er, begleitet von Bischöfen, Landsknechten und dem Teufel, arme Leute verfolgt. Ganz oben links sind gute und wahrhaft Gott-gläubige Protestanten zu sehen. Das Bild vereint zwei Feindbilder – das türkische und das katholische, bzw. „papistische“. • Matthias Gerung, Türks slaughtering Christians, the Pope pursuing the Pooper (1548).
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Regenspurg au≠ dem Reichstag daselbst“ mit folgenden Worten hinwies: „Ir geht mit schwertern, sie mit messern um. Ir schiest mit bühsen, sie mit bögen, ir regiert ewer Pferd, sie aber werden von iren rossen regirt.“20 Diese qualitative Überlegenheit helfe den Deutschen angesichts der schier unermesslichen Zahl der Türken nicht, die mit einem Meer zu vergleichen seien, „das niemals zunimmt oder abnimmt und niemals ruht, sondern stets an verschiedenen Stellen aufwallt und hin und her wogt“. Diese Fluten-Metapher wurde von einem anderen Autor folgendermaßen ausgedrückt: „Denn die Türcken sind schier einem großen Wasser zu vergleichen, dieselbe wenn sie wachsen, anlaufen und endlich wie durch einen Tamm die Erde durchbrechen, überschwemmen sie gantze Lender.“ Moscowiter Diese ,türkische Flut‘ werde noch durch ihre „gehülfen“, die „Tataren“ und die „Moskowiter“ verstärkt.21 „Türck und Moscowiter“ zählte Christoph Crucejus 1561 zu den „feinden des heiligen Reichs“.22 Während die Türken Österreich bedrohten, versuchten die „Moscowiter“, einen „grostheil von Li≠ land“, das ebenfalls zum „Heiligen Reich“ gehöre, zu erobern. Wenn dies geschehe, sei die Macht der „Moscowiter“ so groß, dass ihnen neben „Pommern, Preußen, Mechelburg (=Memel) auch Lübeck und alle andere stedte bey der Ostsee o≠en“ stünden. Zur türkischen war also die russische Gefahr gekommen. Und beide drohten im Bewusstsein der Zeitgenossen aus dem Osten, obwohl Russland auf den zeitgenössischen Karten noch im Norden Europas lag oder liegen sollte. Auf jeden Fall kam es zu einer Transponierung des türkischen auf das russische Feindbild. Die bisher den Türken nachgesagten Grausamkeiten wurden jetzt auch den Russen oder „neuen Türken“ vorgeworfen. Dies geschah teilweise in den gleichen Neuen Zeitungen und in der gleichen Form. So ‚machte‘ die 1561 in Nürnberg erschienene Neue Zeitung mit folgendem Titel ,auf ‘: „Sehr grewliche, erschröckliche, vor unerhörte, wahrha≠tige New zeyttung, was für grausame Tyrannei der Moscowiter, an den Gefangenen, hinweggeführten Christen auß Lyf land, beides an Mannen und Frawen, Junckfrawen und kleinen Kindern, begeht.“23 Fast schon im Stil der heutigen Bild-Zeitung prangte auf dem Titelblatt dieser Neuen Zeitung
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6 Gräuel der „Moskowiter“. Russische Soldaten schießen mit Pfeil und Bogen auf nackte Frauen. Derartige Gräueltaten wurden vorher und auch noch zur gleichen Zeit den Türken nachgesagt. Wir haben es mit einer Übertragung des turkophobischen auf das antirussische Feindbild zu tun. • Titelblatt einer Flugschrift aus dem Jahr 1561.
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ein Holzschnitt, auf dem drei völlig nackte und an einem Baum aufgehängte Frauen zu sehen sind, die von einigen Russen mit Pfeilen beschossen werden. Dieses Schauerbild war mit folgender noch schauerlicheren Erklärung versehen: „Und haben die Moscoten auß dem selben orth landes (=Livland) 25 oder 26 wagen vol die schönsten Edle und Unedle Junckfrawen und Frawen hinweg in die Moscaw gefüret, und so vil schand und unehr damit getryben, das es weder zusagen noch zuschreiben ist, und wann sie dieselben durch schand und unzucht geschwecht, das sie kaum noch leben können, so hengen sie die geschwechten nackend auf die Bäume und schiessen mit ihren Bogen darnach. Wer die Scham an den gehenckten tre≠en kan, der wirdt gerümbt.“24 Genug dieser Beispiele der erst türkischen und jetzt russischen Grausamkeiten. Beruhten sie auf wahren Gegebenheiten? Was war der historische Hintergrund? Im ausgehenden 15. Jahrhundert hatte der Großfürst von Moskau Iwan III. (1462–1505) den Zarentitel angenommen, die tatarische Oberhoheit abgeschüttelt und mit der als „Sammlung der russischen Länder“ bezeichneten Wiederherstellung des russischen Reiches begonnen. Dabei hatte er im Westen und Süden Smolensk, Twer und Rjasan und im Norden das bisher unabhängige Nowgorod erobert. Im Jahr 1502 war er auch in Livland (dem heutigen Estland und Lettland) eingefallen, wo sein Heer jedoch von dem Landmeister des Deutschen Ordens Wolter von Plettenberg auf dem zugefrorenen Smolina-See geschlagen wurde. Der Nachfolger von Iwan III., Iwan IV. (1533–1584), versuchte es 1558 erneut. Der Krieg um Livland, an dem sich neben Russland auch Polen, Dänemark und Schweden beteiligten, zog sich bis 1582 hin und endete mit dem russischen Verzicht auf Livland, das unter schwedische Herrschaft fiel. Die Bevölkerung Livlands hatte natürlich unter diesem fast fünfzigjährigen Krieg schwer zu leiden. Das galt keineswegs nur für die deutsche Herrenschicht, sondern auch, ja noch mehr für die estnischen und lettischen Bauern. Und ob sich die russischen Soldaten durch besondere Grausamkeiten auszeichneten, ist ebenfalls zweifelhaft. Die Kriege im Osten wurden generell mit besonderer Grausamkeit geführt. Dies schon deshalb, weil sie meist während des Winters stattfanden, wenn die Sümpfe und Seen zugefroren und begehbar waren. Wur-
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den, was natürlich auch im Westen immer vorkam, die Häuser und Dörfer verbrannt, verhungerten und erfroren ihre Bewohner. Die Zivilbevölkerung war im Osten nicht nur Leidtragende, sondern häufig geradezu Ziel der kriegerischen Auseinandersetzungen. Erfolge und Misserfolge wurden, und zwar schon von den Chronisten des Deutschen Ordens, daran gemessen, wie viele Dörfer zerstört wurden und wie viel Beute gemacht wurde. Als Beute galten neben Wertsachen und Vieh auch Frauen und Kinder, die in die Sklaverei geführt wurden. Diese Art der Kriegsführung ist also keineswegs von den Russen erfunden worden. Dennoch wurden gerade sie besonders angegri≠en und besonderer Grausamkeiten beschuldigt. Einmal, weil im Westen nur die westliche und in deutscher Sprache verfasste Berichterstattung wahrgenommen wurde. Zum anderen, weil die Russen aus dem Osten kamen oder kommen sollten und schon deshalb als „barbarisch“ galten. Der Topos vom „barbarischen Russland“ war von dem österreichischen Diplomaten Sigismund Freiherr von Herberstein (1486– 1552)25 und dem deutschen Naturwissenschaftler Adam Olearius (1599–1671)26 gescha≠en worden, die Russland bereist (v. Herberstein im Auftrag des Kaisers und Olearius im Dienste des Herzogs von Holstein-Gottorf ) und über ihre Erlebnisse Bücher verfasst haben, die einen prägenden und lang anhaltenden Einfluss auf das deutsche Russlandbild ausgeübt haben. „Barbarisches Russland“ Als „barbarisch“ und „schrecklich“ wurde nicht nur die Regierungspraxis Iwans IV. wahrgenommen, dessen Beiname „Grozny“ mit „der Schreckliche“ übersetzt wurde,27 auch Russland selber galt geradezu als „Hort der Barbarei“. Dieses Urteil stützte sich keineswegs nur auf die Beobachtungen von Herbersteins und Olearius’, die die bis heute geläufigen Stereotype über die gern und zu viel trinkenden und ihre Frauen verprügelnden Russen schufen und kolportierten. Es handelte sich ganz o≠ensichtlich um ein schon vorher gefasstes und geprägtes Vorurteil. Das Stereotyp vom „barbarischen Russland“ stammt aus der Literatur des Barock, in der die Russen als Nachfahren der von den antiken Schriftstellern erwähnten Skythen angesehen wurden.28 Diese Sky-
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then waren für die alten Griechen die Barbaren schlechthin. Das „skythische Land“ galt geradezu als Hort der Barbarei. Dieses griechische Geostereotyp ist dann auf Russland übertragen worden. Daran hat auch Peter der Große mit seinen Reformen nicht viel ändern können, die auf eine Verwestlichung Russlands abzielten. Sie wurden im Westen zwar wahrgenommen und durchaus positiv bewertet, änderten aber an der grundsätzlichen Einschätzung Russlands als „barbarisch“ (bzw. vorher als „skythisch“ und „neu-türkisch“) nicht viel. Gottfried Wilhelm Leibniz hielt es zwar wegen der petrinischen Reformen für möglich, dass die Russen, die er zuvor noch als „doppelte Türken“ bezeichnet hatte, ,entbarbarisiert‘ (débarbariser) würden, sie könnten aber allenfalls zu Mittlern zwischen Europa und Asien werden.29 Andere Autoren nahmen ebenfalls das, wie es Friedrich Christian Weber genannt hatte, „veränderte Russland“30 wahr, charakterisierten es aber trotz der Reformen Peters des Großen weiterhin als „barbarisch“ und „asiatisch“.31 Daran änderten auch die antifranzösischen Befreiungskriege nichts, die ja mit Hilfe Russlands geführt und gewonnen wurden.32 Sicherlich wurde die Niederlage Napoleons in Russland sehr begrüßt, doch dabei konnte man ein gewisses Schaudern über das schreckliche Ende der „Grande Armee“ (in der ja auch viele Deutsche dienten) in der „eisigen Weite des riesigen russischen Raumes“ nicht unterdrücken. Bei aller Freude über den Fall des verhassten Napoleon hielt man an der negativen Einschätzung des „barbarischen“ Russlands fest. Der Dichter Friedrich Rückert brachte diese ambivalente Einschätzung in einem Gedicht folgendermaßen zum Ausdruck: „Geschrieben stand’s, daß die Barbarenheere, / Die euch mit ungestraften Fuß zertraten / Nur fallen sollten vom Barbarenspeere.“33 Russland wurde allenfalls bei den preußischen Konservativen als antifranzösischer Bündnispartner und Garant für die Aufrechterhaltung der Teilung Polens geschätzt. Von einer wirklichen Russlandfreundschaft kann allerdings auch bei den Konservativen nicht die Rede sein. Die deutschen Liberalen waren dagegen geradezu fanatische Russenfeinde. Einmal aus politischen Gründen. Sahen sie doch in Russland den eigentlichen Garanten für die auf dem Wiener Kongress gescha≠ene europäische Friedensordnung, durch welche die Errichtung eines vereinten und freiheitlichen Deutschlands und mit ihm
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brüderlich zusammenlebenden Polens verhindert wurde. Die Russenangst der Liberalen wies geradezu hysterische Züge auf. So bei dem Theologiestudenten Karl Ludwig Sand, der den, übrigens sehr mittelmäßigen Dichter August von Kotzebue 1819 ermordete, weil er in ihm einen „Agenten des Zaren“ sah. Im Verhör begründete Sand seine grässliche Tat – er hatte Kotzebue in dessen Mannheimer Wohnung erdolcht – mit der grotesken Behauptung, dass Kotzebue in seinen Schriften nachzuweisen versucht hätte, „daß diese Völker im Osten keine Barbaren seyen“, weshalb „nachgewiesen [sei], daß Kotzebue die Sinnesart gehabt [habe], die teutsche Freiheit unter die Russen stellen zu wollen“.34 „Slawismus“ Doch wer war mit den von Sand genannten „Völkern im Osten“ gemeint? Nur die Russen oder die Slawen generell? Sie waren von Johann Gottfried Herder zu einem Volk gezählt worden. Dieses „Slawentum“ hat Herder in seinen „Ideen zur Philosophie der Menschheit“ aus den Jahren 1784 bis 1801 als überaus positiv charakterisiert.35 Im krassen Unterschied zum deutschen sei das slawische „nie ein unternehmendes Kriegs- und Abenteuervolk“, sondern ein Volk von friedlichen und fleißigen „Hirten und Ackerleuten“ gewesen. Doch gerade deshalb, weil sich das „slawische Volk“ wegen „seiner Liebe zur Ruhe und zum häuslichen Fleiße keine dauernde Kriegsverfassung“ gegeben habe, sei es zum Opfer der deutschen Aggressoren geworden. Jetzt stehe ihm jedoch eine glückliche Zukunft bevor, weil es vom „Schlaf ermuntert“ und von seinen „Sklavenketten befreit“ sei. Herders positives, ja geradezu schwärmerisches Bild des „slawischen Volkes“ wurde naturgemäß von den Angehörigen der verschiedenen slawischen Völker positiv aufgenommen. Doch nicht bei allen Deutschen. Der Schriftsteller August Wilhelm Schlegel meinte, dass die „Slaven überall und unter allen Umständen zur Sklaverey bestimmt (welches Wort auch unstreitig von ihnen herkommt)“ seien, weshalb es auch „nicht sonderlich bedauernswert“ sei, „wenn so viele slavische Völkerschaften unter die ursprünglich freylich sehr harte deutsche Herrschaft gerathen“ seien.36 Der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel rechnete die Slawen gar zu den „geschichtslosen Völ-
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kern“, weil sie (mit Ausnahme der Russen) „bisher nicht als ein selbständiges Moment in der Reihe der Gestaltungen der Vernunft in der Welt aufgetreten“ seien.37 Sie hätten allenfalls als ein „Mittelwesen in den Kampf des christlichen Europas und des unchristlichen Asiens“ eingegri≠en. Der Junghegelianer Arnold Ruge (1803–1880) war noch radikaler und slawenfeindlicher. Für ihn gab es nur den Gegensatz zwischen dem „romanisch-germanischen Prinzip der Freiheit“ und dem „slavischen Prinzip der Unfreiheit“.38 Im krassen aber zunächst nicht erkannten Widerspruch zu dieser negativen Sicht der Slawen und des „Slawentums“ stand jedoch die Sympathie der deutschen Liberalen für die Polen, die nach dem von Russland brutal niedergeschlagenen Aufstand von 1830 geradezu schwärmerische Züge annahm. Diese ostentative Polenfreundschaft war jedoch bereits in den Polenliedern nicht nur mit einem fanatischen Russenhass, sondern mit einer abgrundtiefen Verachtung alles Slawischen und des „Ostens“ generell verbunden. So heißt es in dem 1830 verfassten „Aufruf an die Deutschen“ von August Graf von Platen: „Wenn der blut’ge Strauß beginnt, / Weiß ich, wer den Kranz gewinnt. / Wo Germane gegen Slave / Wo der Knecht bekämpft das Brave, / Sollte Freiheit unterliegen? / Deutsche siegen!“ Die deutschen Fürsten ermahnte Platen, „Wehr und Damm“ gegen „Slawen“, „Moskowiten“, „Türken“ und „Asiaten“ zu bilden. Denn: „Aus Europa muß hinaus / Jeder absolute Graus! / Moskowiten oder Türken / Wollen uns entgegenwürken? / Kehrt nach Osten eure Taten, / Asiaten!“39 Die Fluten-und-Dämme-Metapher wurde auch in einem anderen zeitgenössischen Polenlied bemüht, in dem es heißt: „Kommt denn immer, Russenheere! / Wälzt die ungeheuren Meere, / Wälzt sie nur auf unser Land! / Felsen halten wir euch Stand.“40 In einer 1832 verö≠entlichten „Geschichtlichen Darstellung über das höchst gefährliche Wachstum Rußlands für die übrigen Staaten Europas“ wurde die Gefahr einer neuen slawischen „Völkerwanderung“ beschworen, die Europa „überschwemmen“ und den gesamten Kontinent in die „Barbarei“ zurückstoßen werde. In einer Reisen in den Ruinen des alten Europas im Jahr 2820 betitelten utopischen Schrift aus dem Jahr 1820 konnte man lesen, dass Europa „durch die Überschwemmung östlicher Völker völlig verwüstet und zu einer Einöde gemacht“ worden
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sei.41 Und in einem Zeitungsartikel vom Ende der 1830er Jahre hieß es gar, „daß hinter unserem Rücken, in dem Ocean der slawischen Völkerschaften sich Elemente gestalten, deren weiter Schoß alle vereinzelte Civilisation des europäischen Lebens in sich verschlingt“.42 War, wie einige Liberale immer noch meinten, Polen wirklich bereit und in der Lage, sich an dem Bau des auch von Ludwig Börne geforderten „Walls“ zu beteiligen, „der die Freiheit des westlichen Europas gegen die Angri≠e des östlichen schützt“?43 Diese Frage wurde 1848 in der Polendebatte der Frankfurter Paulskirche von den meisten liberalen Abgeordneten verneint.44 Da sie ebenfalls Slawen und damit „Stammverwandte“ der Russen seien, würden sie keineswegs, wie der Linke Robert Blum erwartete, zusammen mit den Deutschen „eine Mauer gegen die östliche Barbarei“ bilden,45 sondern, „sobald sie frei geworden, sich lieber mit Rußland als mit uns verbünden […] sich lieber dem asiatischen Despotismus in die Arme werfen, als an die deutsche Freiheit anschließen“.46 Der Abgeordnete Löw aus Posen benutzte in diesem Zusammenhang ein neues, in den 1840er Jahren geprägtes, Schlagwort: „Der Slawismus, meine Herren, klopft gerüstet von mehr als einer Seite an unsere Thür, lassen sie es im Hause ertönen wie im trojanischen Roß.“47 Der „Slawismus“ oder „Panslawismus“ wurde zum bevorzugten Feindbild der deutschen Linken. Allen voran Marx und Engels. Engels hatte schon 1842 im „Slawentum“ den Feind der „deutschen Nationalität“ erkannt, weshalb er meinte, dass Preußen „als Vertreter Deutschlands gegen die Barbarei des slawischen Ostens geachtet zu werden“ verdiene.48 Im Jahr 1848 hatte er jedoch den Beschluss des Paulskirchenparlaments, einen großen Teil der preußischen Provinz Posen zu behalten und nicht an Polen fallen zu lassen, scharf kritisiert,49 um jedoch nur ein Jahr später, 1849, wieder gegen die „Slawen“ zu wettern. Die kleineren slawischen Völker rechnete Engels zu den „Völkerruinen“, die niemals als „Trägerinnen der geschichtlichen Entwicklung“ aufgetreten seien.50 Sie gehörten zu den „reaktionären Völkern“, die beim „nächsten Weltkrieg“ zu verschwinden hätten. In seinem antislawischen Eifer vergaß Engels fast seine propolnischen Sympathien und schlug in einem Brief vom 23.5.1851 an Marx Folgendes vor: „Den Polen im Westen abnehmen, was man kann, ihre Festungen unter dem Vorwand des Schutzes mit Deutschen okkupieren, besonders Posen, sie
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wirtschaften lassen, sie ins Feuer schicken, ihr Land ausfressen, sie mit der Aussicht auf Riga und Odessa abspeisen.“51 Diese ,Ostverschiebung‘ Polens sei notwendig, weil sonst „unsere“ (!) „ohnehin schon miserabel schwache (Ost-)Grenze […] ruiniert“ und die „ganze Ostseeküste bis nach Stettin bloß“ gelegt werde. Andernfalls werde die Grenze zwischen „Germanentum und Slawentum“, zwischen „Kultur und Barbarei“ einmal „von Stettin an der Ostsee bis Triest an der Adria“ verlaufen.52 Strebe doch der „Panslawismus“ danach, „ungeschehen zu machen, was eine Geschichte von tausend Jahren gescha≠en hat“, nämlich „die Türkei, Ungarn und die Hälfte Deutschlands von der Karte Europas wegzufegen“. Wenn man auf die ehemaligen polnischen Territorien verzichte, dann würde nach Marx der „direkte Weg von Wien nach Berlin durch Rußland“ führen.53 „Unsere Stellung gegenüber den Slawen wäre im Süden wenigstens dieselbe wie vor Karl dem Großen.“ Auch Marx fürchtete sich also keineswegs nur vor der „russischen Despotie“, deren „asiatischen Ursprünge“ er in seiner 1855/57 verfassten Geschichte der Geheimdiplomatie des 18. Jahrhunderts54 in geradezu verschwörungsideologischer Weise meinte bewiesen zu haben, er hatte darüber hinaus entsetzliche Angst vor dem Panslawismus und generell vor den Fluten aus dem Osten. Der Gegensatz zwischen „Deutschtum und Slawentum“, zwischen dem „barbarischen Osten“ und dem „zivilisierten Westen“55 bestimmte Marx und Engels politisches Denken. Damit standen Marx und Engels keineswegs allein da. Der Historiker und Orientexperte Jakob Philipp Fallmerayer hielt den Antagonismus zwischen „Orient und Occident“ für mindestens so wichtig wie den zwischen Revolution und Gegenrevolution, und der damals bekannte und einflussreiche Publizist Gustav Diezel rief zum Kampf der „Freiheit gegen die Sklaverei, der Zivilisation gegen die Barbarei“ auf.56 In diesem Zusammenhang wurde immer wieder die Fluten-undDämme-Metapher bemüht. Zahlreiche Beispiele dafür findet man vor allem in der Belletristik.57 Die ,ethnische Zusammensetzung‘ dieser „Fluten aus dem Osten“ änderte sich jedoch. Mal waren es die mittelalterlichen Hunnen, „Wenden“ und Mongolen; mal die neuzeitlichen Türken, Russen und Slawen allgemein. Im ausgehenden 19. Jahrhundert kamen noch Treitschkes „hosenverkaufende Jünglinge“ hinzu, die „Jahr für Jahr aus der unerschöpf lichen polnischen Wiege“ nach Deutschland herein drängen würden.58
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„Ostjuden“ Gemeint waren Juden, die nichts Negatives getan hatten – das Verkaufen von Hosen war schließlich kein Verbrechen – außer dass sie Juden waren, die noch dazu aus dem negativ stereotypisierten „Osten“ kamen.59 Diese jüdischen Immigranten, die wegen des seit 1842 in Preußen geltenden Blutrechts (ius sanguinis) meist nicht eingebürgert worden waren, wurden kurz und bündig und absolut negativ „Ostjuden“ genannt. Tatsächlich handelte es sich um die Nachfahren von deutschen Juden, die Mitte des 14. Jahrhunderts aus Angst vor den grassierenden Pogromen während der Pest ihre „deutsche Heimat“ verlassen und „nach Osten“, genauer nach Polen gezogen waren, um jetzt, d. h. im ausgehenden 19. Jahrhundert, wiederum aus Furcht vor Pogromen in das Land ihrer Väter zurückzukehren. Hier wurden sie jedoch keineswegs mit o≠enen Armen aufgenommen. Auch von vielen ihrer jüdischen Glaubensgenossen nicht, die in den jüdischen Einwanderern „unwillkommene Fremde“ sahen. Fremd und fremdartig wirkten einige von ihnen tatsächlich. Sprachen sie doch Jiddisch oder Deutsch mit einem erkennbaren jiddischen Akzent. Die Orthodoxen unter ihnen trugen zudem noch die im damaligen Osteuropa, aber nicht mehr in Deutschland übliche „jüdische“ Kleidung (Kaftan und schwarzer Hut) und hielten aus ebenfalls religiösen Gründen an der traditionellen Haar- und Barttracht fest. Außerdem waren sie – anders als die weitaus meisten alteingesessenen und inzwischen auch emanzipierten deutschen Juden – in der Regel sehr arm, weshalb sie sich nur billige Wohnungen in heruntergekommenen Bezirken der deutschen Großstädte wie dem Berliner Scheunenviertel leisten konnten. Doch eins waren die „Ostjuden“ mit Sicherheit nicht – eine Gefahr, weder in sozialer noch in quantitativer Hinsicht. Die ostjüdische Einwanderung hatte mit 78.000 Personen im Jahr 1910 ihren Höchststand erreicht. Dies war etwas mehr als 0,01 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung. Eine soziale Belastung stellten sie schon deshalb nicht dar, weil nahezu alle von ihnen ihr allerdings sehr bescheidenes Auskommen als Händler, Handwerker und Arbeiter hatten. Dennoch wurden Antisemiten aller Couleur nicht müde, die „ostjüdische Gefahr“ an die Wand zu malen und vor weiteren „ostjüdi-
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schen Fluten aus dem Osten“ zu warnen. Schon 1881 forderte der von Nietzsches Schwager Bernhard Förster (1843–1899) gegründete und geleitete „Deutsche Volksverein“ (neben der Rückgängigmachung der Emanzipation) die Ausweisung aller nach Deutschland eingewanderten „polnischen Juden“. Diese „Antisemitenpetition“ war zumindest teilweise erfolgreich. In den Jahren 1885/86 wurden neben 25.000 Polen, die aus dem russischen und österreichischen Teil ihres Vaterlandes in den preußischen eingewandert waren, auch etwa 10.000 Juden aus Preußen ausgewiesen.60 Dies war den Antisemiten nicht genug. Sie setzten ihre Kampagne gegen die „Ostjuden“ fort, in der sich Ideologien des Antisemitismus und Antislawismus mit dem Geostereotyp vom „Osten“ mischten, zumal die deutsche Reichsleitung nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges weitere 35.000 „Ostjuden“ anwarb, um sie in der deutschen Rüstungsindustrie einzusetzen. Der Funktionär des „Alldeutschen Verbandes“, Georg Fritz, verfasste darauf hin eine Broschüre über die „Ostjudenfrage“, in der er einen sofortigen Einwanderungsstopp forderte, um „unsere Reichsgrenzen vor der Überflutung durch die ostjüdischen Massen zu verschließen“.61 Dies wurde mit folgenden eindeutig rassistischen Argumenten begründet: Der von Deutschland geführte „Entscheidungskampf […] gegen die Rassenbastarde im Westen und Süden“ sowie gegen die „entarteten Slawen und die nachrückenden Mongolen im Osten“ sei nur dann zu gewinnen, wenn das „germanische Gepräge unseres Volkes“ möglichst rein gehalten werde.62 Stil und Inhalt dieser Broschüre verweisen bereits auf die NS-Zeit, in der vor einer noch viel größeren Gefahr gewarnt wurde – dem Bolschewismus, der im „asiatischen Russland“ entstanden sei, das von „minderwertigen Slawen“ bewohnt werde, und der eine Ideologie vertrete, die von dem „Juden Marx“ erfunden und von „Ostjuden“ wie Trotzki exekutiert würde. Dennoch führt kein gerader Weg von den immer wieder beschworenen Warnungen vor den „Fluten aus dem Osten“ zum nationalsozialistischen „Drang nach Osten“. Es hat immer auch eine Gegenströmung gegeben, die sich durch eine positive Bewertung des „Ostens“ auszeichnete.
„Nicht barbarisch“ Anziehender Osten „Daß in der Barbarey auch was zu finden sey, das nicht barbarisch sey“, stellte der Dichter Paul Fleming in seinem Reisebericht über Russland überrascht fest und wandte sich an seine Leser mit der Mahnung: „Denkt, daß in der Barbarei / Alles nicht barbarisch sei.“1 Der aus Merseburg stammende Pastor Johann Gottfried Gregori ging noch weiter: „Der tapfere Reuß wird ein Barbar zwar genennet / Und ist doch kein Barbar doch, wie dieses Buch bekennet, / Wie mein Herr Wirt auch weiß, und ich bezeug es frey, / Daß in dem Barbarenland fast nichts barbarisch sey.“2 Auch in den sonstigen überwiegend negativen Reiseberichten über Russland findet man (wie im vorherigen Kapitel bereits erwähnt) immer wieder positive Wendungen über das Leben der einfachen russischen Bauern, für die man trotz ihrer notorischen Trunksucht auch Verständnis auf brachte. Nur, dass sie ihre Frauen schlagen würden, und – für prüde Protestanten noch schlimmer – dass sie zusammen mit ihren Frauen baden und saunen würden, fand man gar nicht gut.3 Natürlich handelte es sich bei der Bewunderung der „einfachen Russen“ und ihrer sprichwörtlich „tiefen russischen Seele“ um Klischees, die zudem an das Stereotyp von den „edlen Wilden“ erinnern. „Verändertes Russland“ Hinzu kam jedoch die Wahrnehmung eines anderen bzw. durch die Reformen Peters des Großen veränderten Russlands. Um seinen Herrschaftsbereich sowohl nach Osten gegenüber dem Osmanischen Reich wie nach Westen auf Kosten Schwedens und Polens auszudehnen, hatte Peter der Große sein Heer umstrukturiert und vergrößert, eine Flotte gebaut und die wirtschaftliche Leistungskraft seines Landes verbessert. All dies geschah zwar nach westlichem Vorbild und auch
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mit Experten aus dem Westen, war aber nur zum Teil mit der Übernahme westlicher Denk- und Verhaltensformen verbunden. Und wenn, dann war dies nur äußerlich und bei der adligen Herrenschicht der Fall. Die Adligen mussten sich zwar westlich kleiden und auf ihre Bärte verzichten bzw. wenn sie dazu nicht bereit waren, eine extra Bartsteuer zahlen, konnten aber nach wie vor mit ihren leibeigenen Bauern machen, was sie wollten. Die Bauern stellten zwar die Masse der Bevölkerung, blieben aber das, was sie gewesen waren – völlig rechtlos und maßlos unterdrückt und ausgebeutet. Mit den Ideen der westlichen Auf klärung hatte all dies nicht das geringste zu tun, wurde aber von einigen Auf klärern so gesehen. Gottfried Wilhelm Leibniz feierte Peter den Großen, weil er Russland entbarbarisiert (débarbariser) habe und im Begri≠ stehe, hier einen Musterstaat zu errichten, weil er im unterentwickelten Russland eine unverfälschte und unverbildete tabula rasa vorfände.4 Wegen seiner unzweifelhaft errungenen Stellung als europäische Großmacht und wegen der mehr als zweifelhaften Unverfälschtheit seiner Sitten und Gebräuche ist das durch Peter den Großen „veränderte Russland“ dann nach der Französischen Revolution von europäischen Konservativen wie Louis de Bonald, Josephe de Maistre und Juan Donoso Cortés als Bollwerk gegen die europäische Revolution eingeschätzt und gefeiert worden.5 Eine historische Begründung für diese konservative Ho≠nung lieferte August von Haxthausen. In der von ihm (wieder-)entdeckten und ausführlich beschriebenen russischen Landgemeinde „mir“ sah Haxthausen eine Art Bollwerk gegen die „soziale Revolution“, die nach seiner Ansicht in Russland „unmöglich“ sei. Gleichzeitig lobte er „die Russen“, weil sie „keine Barbaren, sondern ein frischer, naturkräftiger geistvoller Volksstamm von edler Rasse und von guten Sitten“ seien.6 „Edle Rasse“ Von der „edlen Rasse“ der Russen zeigten sich auch einige deutsche Nationalisten des 19. Jahrhunderts beeindruckt. Der Franzosenfeind und Judenhasser Ernst Moritz Arndt wies in diesem Zusammenhang auf die „germanischen“ und selbst „asiatischen“ Beimischungen hin, durch die sich das russische Volk im positiven Sinne von den übrigen
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Slawen unterscheide.7 Maßgebend für diese positiv gemeinte Bewertung waren jedoch auch politische Motive. Arndt, der wie Stein, Gneisenau und Scharnhorst nach der preußischen Niederlage von Jena und Auerstedt in russische Dienste getreten war, wollte dies und den russischen Beitrag zur Befreiung vom „französischen Despotismus“ nicht vergessen. Unter Hinweis auf die deutsch-russische „Verbrüderung“ von 1812 hielt August Heinrich Ho≠mann von Fallersleben gar eine Lobrede auf den Osten: „Nur im Osten kann es tagen, / Und es tagte wunderbar, / Und im Osten ward geschlagen / Frankreichs sieggewohnte Schar. / Und die Moskowiterhorden / Haben uns das Heil gebracht, / Sind mit uns verbrüdert worden / Durch die deutsche Freiheitsschlacht.“8 Die Befreiungskriege haben dann jedoch weder die Freiheit noch das „Heil“ aus dem Osten, sondern die „Heilige Allianz“ gebracht, die sich gegen alle nationalen und liberalen Bestrebungen wandte. Befürwortet wurde die Allianz mit dem „despotischen“ Russland jedoch von den preußischen Konservativen.9 Dabei wurde einmal auf das gemeinsame politische Interesse an der Aufrechterhaltung der Teilung Polens verwiesen. Darüber hinaus wurde an die gemeinsame Lage Preußens und Russlands im Osten erinnert. Dieser „Osten“ wurde als konservativ und beharrend gefeiert und dem negativ konnotierten ,demokratischen Westen‘ gegenüber gestellt, der als „dekadent“ und vor dem Zerfall stehend angesehen wurde.10 Der merkwürdige und im krassen Gegensatz zu der sonstigen Verachtung Russlands und des Ostens als Hort der „Despotie“ stehende Gedankengang wurde von dem ehemaligen Freund und Förderer von Marx und Engels, Bruno Bauer, in einigen Schriften zum Ausdruck gebracht, die alle in den 1850er Jahren erschienen.11 Nach Bauer stand die „westliche Civilisation“ vor dem Untergang.12 Die Zukunft gehörte der von Russland verkörperten und getragenen Kultur.13 Die Deutschen bzw. wie Bauer sagte, „das Germanenthum“ könnte in dem nun beginnenden „russischen Zeitalter“ nur im „Verein mit dem Russenthum“ bestehen,14 weil sich das „Germanenthum“ des „Cultureinflusses auf Slaven und Romanen“ rühmen könnte.15 Bauer nahm damit Gedanken vorweg, die im 20. Jahrhundert von einigen Konservativen vertreten wurden. Im 19. Jahrhundert waren sie
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jedoch äußerst selten – jedenfalls bei den Linken. Umso erzürnter haben Marx und Engels auf Bauers prorussische Stellungnahmen reagiert.16 Marx witterte sogleich eine „russische Verschwörung“ und vermutete, dass Bauer vom Zaren gekauft worden sei, um „für Russland zu schreiben“.17 Engels kündigte an, Bauer wegen seines „arroganten Blödsinns auf den Kopf zu schlagen“18, was er dann in seiner extrem antirussischen und antislawischen Artikelserie über den „Panslavismus“ auch getan hat. „Dostojewtschina“ Die im 19. Jahrhundert weit verbreitete Verachtung Russlands und des Ostens als Hort der „Despotie und Barbarei“19 wurde jedoch von einigen deutschen Slawisten nicht geteilt, die sich für die russische Literatur von Puschkin über Tolstoi bis Dostojewski interessierten und für sie geradezu schwärmten. Das fand den Beifall von immer mehr Deutschen. Die sorgsam übersetzten und in hoher Auf lage gedruckten Werke der russischen Dichter fanden eine immer breiter werdende Leserschaft. Das galt vor allem für Dostojewski. Schon vor und dann vor allem nach dem Ersten Weltkrieg kam es in Deutschland geradezu zu einer „Dostojewski-Inflation“ bzw. einer, wie der russische Ausdruck lautete, „Dostojewtschina“.20 Sie war Ausdruck einer di≠usen Ho≠nung vieler Deutschen, aus Russland wenn schon nicht das „Heil“ so doch Hilfe bei der Überwindung der durch die Moderne entstandenen Probleme zu finden. Dazu wurde auch die als westlich und den Deutschen durch und durch fremde Demokratie gezählt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es zu einer gewissen „emphatischen deutschen Ostorientierung“.21 Die Frage ist nur, ob man sie als so positiv einschätzen kann, wie dies der Historiker und Publizist Gerd Koenen getan hat. Dies soll am Beispiel der Schriften von drei Autoren untersucht werden, die alle zur „Konservativen Revolution“ gerechnet werden22: Ihrem führenden Vertreter Arthur Moeller van den Bruck, dem Philosophen und Verfasser des Untergangs des Abendlandes Oswald Spengler und dem Nationalbolschewisten Ernst Niekisch.23
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„Blick nach Osten“ „Nachdem wir so lange zum Westen hinüber gesehen haben, bis wir in Abhängigkeit von ihm gerieten, sehen wir jetzt nach dem Osten hinüber“ – erklärte bzw. forderte Arthur Moeller van den Bruck im Jahr 1922.24 Diese Ostwendung war neu. Hatte Moeller van den Bruck doch noch wenige Jahre zuvor im Osten nicht die geistige „Unabhängigkeit“ gesucht, sondern Territorien auf Kosten Russlands gefordert. Erst nachdem der deutsche Ostimperialismus und „Gri≠ nach der Weltmacht“ im Ersten Weltkrieg gescheitert war, hatte sich Moeller van den Bruck dem Osten zu- und vom Westen abgewandt, weil dieser für den demütigenden Vertrag von Versailles verantwortlich sei. Habe doch Deutschland im Vertrauen auf den amerikanischen Präsidenten Wilson die Wa≠en niedergelegt, um dann völlig wa≠enlos den westlichen Siegern ausgeliefert gewesen zu sein. Daraus sehe man, dass die vom Westen so beschworenen liberalen Prinzipien nur etwas für die Sieger seien.25 Deutschland müsse sich stattdessen wieder an Preußen und dem Preußentum orientieren. Denn dieses Preußen sei „die größte kolonisatorische Tat des Deutschtums, wie Deutschland die größte politische Tat des Preußentums sein wird“.26 Die Beschwörung der preußischen bzw. deutschen Ostkolonisation macht deutlich, dass sich Moeller van den Bruck keineswegs völlig von seinen vorherigen ostimperialistischen Forderungen verabschiedet hatte. Allerdings begründete er sie jetzt etwas anders. Das deutsche sei nämlich ein „junges Volk“, das wie die anderen „jungen Völker“ ein Anrecht auf einen hinreichend großen „Raum“ habe“.27 Und dies im „Osten“ und in Zusammenarbeit mit den „jungen Völkern“ des Ostens. Die „jungen Völker des Ostens“ sollten sich am „deutschen Drang nach Osten“ beteiligen, dabei aber Deutschlands Führungsanspruch anerkennen.28 Das las sich so: „Die jungen Völker erobern den Osten arbeitend. Sie gleichen eine lange Vernachlässigung aus. Sie holen Jahrhunderte einer versäumten oder verfehlten Entwicklung nach. Sie tragen Gleichschritt und Zeitmaß in das wartende Leben des Ostens, aber auch Gleichmaß in das verwirrte Leben Rußlands.“29 Auch wenn sich Moeller van den Bruck alle Mühe gab, seine ostimperialistischen Vorstellungen wieder in ein „mystisches Halbdun-
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kel“30 zu tauchen, waren sie deutlich genug. Ihm ging es um nichts anderes als um einen neuen „deutschen Drang nach Osten“, um zusammen mit einigen ,jungen Hilfsvölkern‘ neuen „Lebensraum auf Kosten Russlands“ zu gewinnen.31 Nicht ganz so weit ist Oswald Spengler gegangen. Zu Russland und dem „Osten“ hat sich Spengler bereits 1918 in seinem Hauptwerk Der Untergang des Abendlandes geäußert, allerdings eher am Rande.32 Nachdem er im ersten Band die „unendliche Ebene“ als das „Ursymbol des Russentums“ bezeichnet hatte,33 skizzierte er im zweiten Band die russische Geschichte.34 Dabei bezeichnete er den „primitiven Zarismus“ als die „einzige Form, welche noch heute dem Russentum gemäß“ sei. Doch das durch und durch primitive, aber wenigstens unverfälschte „Russentum“ sei schon von Peter dem Großen in eine „dynastische Form Westeuropas umgefälscht“ worden.35 Die ,Verwestlichung‘ Russlands sei dann von den Bolschewisten fortgesetzt worden, wobei nicht klar wird, was für Spengler negativer war: das ursprüngliche ,primitive‘ oder das ,verwestlichte‘ petrinische und bolschewistische Russland. Angst hatte er aber o≠ensichtlich vor beiden nicht. Auch in seinem Büchlein über Preußentum und Sozialismus36 gab Spengler zu erkennen, dass er noch ganz in der Tradition des alten linken Russlandbildes dachte. Bestünde doch zwischen dem „russischen und dem abendländischen Geist“ eine scharfe „Scheidelinie“.37 Das „Russentum“ sei von Natur aus „kindlich, dumpf und ahnungsschwer“. Allerdings sei ihm von Peter dem Großen, den Westlern und schließlich von den Bolschewisten eine „bereits männlich vollendete“, aber eben „fremde und herrische Kultur aufgezwungen“ worden, wodurch es „gequält, verstört, verwundet, vergiftet worden“ sei. Dieses „Oberflächenrußland“ habe jetzt die „Wahl zwischen preußischer oder englischer Idee, Sozialismus oder Kapitalismus, Staat oder Parlament“.38 Damit deutete er die Möglichkeit einer preußisch-russischen Zusammenarbeit gegen England an, das nach Spengler alle negativen Erscheinungen der Zeit wie Kapitalismus, Liberalismus, Parlamentarismus und selbst Marxismus gescha≠en habe und immer noch repräsentiere, während die „slawische Ostmark“ Preußen alle positiven wie Autoritarismus, Disziplin, Staatsgesinnung etc. verkörpere. Diesen Gedanken hat Spengler in einem im Februar 1922 gehaltenen Vortrag näher ausgeführt, in dem er mit folgenden Argumenten
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für ein Bündnis mit dem bolschewistisch gewordenen Russland warb.39 Die Russen an sich seien nicht gefährlich, sondern „weich, demütig und schwermütig“.40 Das bolschewistische System sei ihnen „fremd, feindlich und verhaßt“ und werde daher „eines Tages vergehen“.41 Schon jetzt habe Russland den „Westen vergessen“ und blicke mehr nach „Vorder- und Ostasien“.42 Von den kommunistischen Parteien im Westen drohe auch keine wirkliche Gefahr.43 Deutschland könne aus seiner „Nachbarschaft“ zu Russland Vorteile ziehen und es bei der Entwicklung seiner Industrie unterstützen. Schon jetzt hätten beide Länder den gleichen Gegner, nämlich die „Hochfinanz der Ententestaaten“.44 Russland war also die Rolle eines Juniorpartners im Kampf gegen den verhassten Westen zugedacht. Die von Ernst Niekisch geforderte „Gesichtswendung nach Osten“ war dagegen mehr innenpolitisch motiviert.45 Im Bündnis und mit Hilfe des Ostens könne Deutschland das „Gift der Modernität“, das ihm der Westen gereicht habe, wieder loswerden und zu seinem „ländlichen, heldischen, antistädtischen, antizivilisatorischen, antirationalistischen, antieuropäischen Lebensstil“ zurückfinden.46 Historisches Vorbild sei das alte Preußen, das schon einmal Deutschland vom Osten her erneuert habe und dessen Bewohner bzw., wie Niekisch meinte, die „preußische Rasse“, aus einer Mischung aus „männlichen Germanen“ und „weiblichen Slawen“ entstanden seien.47 Eine Erneuerung Deutschlands im preußischen – und das hieß antiwestlichen und antidemokratischen Geist – sei nach Niekisch auch im Bündnis mit dem bolschewistischen Russland möglich, das „preußischer“ geworden sei, „als wir selbst es blieben“.48 Außenpolitisches Ziel einer derartigen preußisch-bolschewistischen Allianz sei die Errichtung eines „nordasiatisch-nordeuropäischen Weltreiches“ von „Wladiwostock bis Vlissingen“49, das den „Geist des Demokratismus über den Rhein und die Alpen“ zurückjagen könne und solle.50 Es ist schwer zu entscheiden, was schlimmer und abstoßender war: Niekischs rassistische Spekulationen über die „preußische Rasse“ und den „preußischen Geist“ im bolschewistischen Russland oder seine Phantasien von einem globalen Konflikt zwischen dem bolschewistisch-preußischen Osten und dem demokratischen Westen. Positiv zu werten ist weder das eine noch das andere. Dies gilt auch für die anderen Vertreter der Konservativen Revo-
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lution. Ihre „emphatische Ostorientierung“ (Gerd Koenen) war zutiefst antidemokratisch geprägt. Galt der Osten doch als autoritäres Gegenbild zum demokratischen Westen und als Ziel einer möglichen deutschen Ostexpansion. Vor derartigen antiwestlichen und zugleich ostimperialistischen Gedanken ist zu warnen.
„Nach Ostland“ Drang nach Osten „Naer Oostland willen wy ryden / Naer Ostland willen wy me / Al over die groene heiden / Al over de heiden / Daer isser en bessere stee“.1 Diese Verse entstammen dem (viel später!) so genannten „Lied der Ostlandfahrer“. Es war vor, während und zum Teil noch nach der NS-Zeit fast in jedem deutschen Lesebuch zu finden. Dies mit dem unverkennbaren Ziel, den real existierenden modernen deutschen Ostimperialismus mit dem Hinweis auf ein mittelalterliches Phänomen zu begründen, das es nicht bzw. so nicht gab und das (wiederum viel später!) „deutscher Drang nach Osten“ genannt wurde.2 Wie ist es zu dieser Konstruktion bzw. Ideologie gekommen? Agrarrevolution in Ostelbien Das „Lied der Ostlandfahrer“ ist im 12. Jahrhundert von einem (unbekannten) Flamen verfasst worden. Schon deshalb kann es nicht von einem „deutschen Drang nach Osten“ handeln. Es behandelt überhaupt keine Expansion. Stattdessen geht es um eine, modern gesprochen, ,Arbeitsmigration‘ in ein nicht näher charakterisiertes „Ostland“, wo bessere Lebensbedingungen – „stee“ – als in der flämischen Heimat des Verfassers des Liedes herrschen würden. Das Lied handelt also von einem sozial- und wirtschaftshistorischen Vorgang, der mit nationalen Faktoren kaum etwas zu tun hatte und daher auch nicht mit nationalen Kriterien verherrlicht oder verdammt werden kann, wie dies in der späteren Forschung geschehen ist.3 Worum ging es wirklich? In Flandern sowie in den angrenzenden holländischen, französischen und (west-)deutschen Gebieten war es im 12. Jahrhundert zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung gekommen. ,Leitsektor‘ war die Tuch- und Wollfabrikation. Davon profitierte wiederum die Landwirtschaft. Einmal durch die Produktion von Flachs
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und Wolle. Zum anderen durch die Herstellung von Nahrungsmitteln, vor allem Getreide für die stetig wachsende Bevölkerung in den Städten. Dank neuer Agrartechnologien wie der Erfindung des eisernen Scharpfluges und der Sense sowie der Einführung der Dreifelderwirtschaft konnten die Ernteerträge gesteigert werden. Außerdem wurde durch die Abholzung von Wäldern und die Trockenlegung von Sümpfen etc. neues Land urbar gemacht. Doch all das reichte bald nicht aus. Die Bevölkerungszahl stieg weiter an und das Land wurde knapp. In den östlich angrenzenden Territorien des historischen Mittel- und Ostdeutschland war dies nicht oder noch nicht der Fall. Hier gab es völlig unbebautes oder schlecht bewirtschaftetes Land. Es sollte und wurde dann auch mit Hilfe der im Westen entwickelten neuen Agrartechnologien besser bewirtschaftet oder ganz neu erschlossen. Zunächst von flämischen und niederländischen Spezialisten, die Deiche bauten, Sümpfe trockenlegten, Wälder rodeten und das so gewonnene Land mit neuen Methoden bebauten und in neue Maßeinheiten – die flämische Hufe – einteilten. Sie gaben ihr Spezialwissen dann an deutsche und schließlich auch slawische Bauern weiter, die neue Fluren und Dörfer anlegten oder die alten nach den neuen und besseren Kriterien umformten. Alles mit Zustimmung der weltlichen und geistlichen Gewalten, die den Landesausbau förderten und sich zum Teil selber daran beteiligten, indem sie neue Dörfer und Städte gründeten oder die alten nach neuem (dem so genannten „deutschen“) Recht umwandelten. Die im Westen begonnene Agrarrevolution breitete sich also in den östlich der Elbe gelegenen Territorien aus und hielt das ganze 13. Jahrhundert über an. Erst Mitte des 14. Jahrhunderts kam es wegen der Pest zu einem abrupten Ende des Landesausbaus. Die Bevölkerungszahl ging dramatisch zurück; und die Nachfrage nach Agrargütern sank. Beides führte dazu, dass Felder brachlagen und ganze Dörfer aufgegeben wurden. In den noch verbliebenen konnte der Adel seine Machtansprüche gegenüber den einst freien und meist relativ wohlhabenden Bauern durchsetzen und das einführen, was als „zweite Leibeigenschaft“ bezeichnet wird. Teilweise gerieten sogar einstmals freie Städte in die Abhängigkeit des Adels. Der gesamte Prozess des langsamen, aber um so nachhaltigeren Aufstiegs und des ziemlich jähen Zerfalls fand zwar nicht nur, aber
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vornehmlich in jenem Raum statt, der „Ostelbien“ genannt wurde. Seine Ostgrenze kann nicht genau lokalisiert werden. Er umfasste neben dem historischen Mittel- und Ostdeutschland auch große Teile des damaligen Polens. Der wirtschaftliche Auf- und Abschwung war grenzüberschreitend und hatte mit nationalen Kriterien kaum etwas zu tun, obwohl, ja weil es dabei zu bedeutenden sprachlichen Veränderungen gekommen ist. In den meisten Gebieten des historischen Mittel- und Ostdeutschlands hatte sich die (ober- und nieder-)deutsche Sprache durchgesetzt. Nur die Sorben in der Nieder- und noch mehr in der Oberlausitz hielten ebenso wie die Kaschuben im (späteren) Westpreußen an ihren angestammten Sprachen fest. In Ober-Schlesien und in West- und Zentralpolen wurde dagegen im Zuge des wirtschaftlichen Rückgangs auch die deutsche Sprache wieder zurückgedrängt. All diese sprachlichen und ethnischen Wandlungen waren den Zeitgenossen zwar bewusst, wurden aber nicht mit nationalen Begriffen gepriesen oder beklagt. In den mittelalterlichen Chroniken Widukinds von Corvey,4 Adams von Bremen,5 Helmolds von Bosau,6 Thietmars von Merseburg,7 Peters von Dusburg8 etc. ist zwar viel von den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Elb- und Ostseeslawen, Prussen und auch Polen die Rede, sie wurden aber keineswegs als nationale Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Slawen charakterisiert. Nationale Momente wird man auch in den zahlreich vorliegenden Urkunden zum mittelalterlichen Landesausbau vergeblich suchen.9 „Ostkolonisation“ All das hat man später in sie hineinlesen wollen und von einer spezifisch deutschen „Ostkolonisation“ gesprochen. Dabei handelt es sich um keinen Quellenbegri≠. Die „Ostkolonisation“ war den Zeitgenossen sowohl vom Begri≠ wie von der Sache her fremd. Die „deutsche Ostkolonisation“ ist wie die deutsche Nation von späteren Historikern „erfunden“ und zu einem „Mythos“ gemacht worden.10 Dies begann Ende des 18. Jahrhunderts, nachdem Preußen große Teile Polens annektiert hatte. In den durch die Teilungen Polens 1772, 1793 und 1795 gewonnenen Gebieten setzte Preußen den bereits im
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7 Teilung Polens 1772. Der Stich zeigt ganz rechts Friedrich den Großen, wie er mit dem Degen auf das begehrte Danzig und Westpreußen zeigt. Links neben ihm steht Kaiser Joseph II. von Österreich, der mit dem Finger auf das von ihm beanspruchte Galizien weist. Die östlichen Teile Polens hält die ganz links sitzende Zarin Katharina II. schon in ihren Händen, was den in der Mitte abgebildeten polnischen König Stanislaus II. August Poniatowski veranlasst, verzweifelt an seine Krone zu greifen.
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Oderbruch begonnenen Landesausbau fort. Sümpfe wurden trockengelegt, Wälder gerodet und neue Dörfer und Städte angelegt. Der Landesausbau wurde mit der „Kolonisation“ der westeuropäischen Staaten in den überseeischen Territorien verglichen und schließlich auch so bezeichnet. Auf das überseeische, vor allem nordamerikanische Vorbild deuten Namen von neu gegründeten Dörfern hin, die Philadelphia etc. genannt wurden. Doch nicht nur Dörfer, ganze Provinzen wurden nach dem Vorbild der englischen Kolonien Neu-England, Neu-Schottland, Neu-Braunschweig, Neu-Ostpreußen und Süd-Preußen genannt. Dieser Vergleich zwischen der überseeischen und der preußischen innerstaatlichen „Kolonisation“ wurde von einigen Historikern übernommen und durch einen weiteren ergänzt, nämlich den zwischen dieser neuzeitlichen und der mittelalterlichen „Kolonisation“. Den Anfang machte der Universalhistoriker August Ludwig Schlözer (1735– 1809), der in diesem Zusammenhang ganz dezidiert auf die „deutschen Kolonien“ im Baltikum und in Siebenbürgen verwies, die im Zuge des mittelalterlichen Landesausbaus entstanden waren.11 Noch einen Schritt weiter ging Johann Friedrich Reitemeier. In seiner zwischen 1801 und 1805 verö≠entlichten Geschichte der preußischen Staaten verband er beide historischen Phänomene – den mittelalterlichen Landesausbau und die absolutistische Kolonisations- und Peuplierungspolitik – zu einem einzigen und gab ihm zugleich einen nationalen, nämlich „deutschen“ Anstrich. Schon „die Deutschen“ des Mittelalters hätten den Slawen bzw. Wenden, die sich bis dahin durch „Unreinlichkeit“ und einen „orientalischen Charakter“ ausgezeichnet hätten, die „Vorzüge der deutschen Kultur“ und weitere „Annehmlichkeiten des Luxus“ gebracht.12 Bereits im Mittelalter wäre fast „das ganze Wendenland, über das sich die jetzige Preußische Monarchie erstreckt“, „ganz Deutsch“ gemacht worden.13 Die „Umbildung der Wenden durch die Deutsche Nation“ und die „Vernichtung ihrer asiatischen Sitten durch das Christentum“ sei eine „Revolution von der wohltätigsten Art“ gewesen.14 Sie werde jetzt von Preußen in den annektierten polnischen Gebieten fortgesetzt. Wie unschwer zu erkennen ist, lieferte Reitemeier mit dieser völlig unhistorischen Theorie eine ideologische Rechtfertigung für die Teilungen Polens, die in der europäischen Ö≠entlichkeit als großes Unrecht angesehen wurden. Wilhelm Christian Binder rechtfertigte die Teilungen Polens in
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seinem 1843/1844 verö≠entlichten Buch Der Untergang des Polnischen Nationalstaates pragmatisch entwickelt folgendermaßen: „Die Zivilisation hatte in den letzten Jahrhunderten ihren Gang von Westen nach Osten befolgt und so den Deutschen die Überlegenheit über die Polen, den Polen über die Russen, den Russen über die Tataren verscha≠t.“15 Nüchterner und brutaler urteilte Moritz Wilhelm He≠ter 1847.16 Der von ihm konstatierte „Weltkampf der Deutschen und Slawen seit dem Ende des 4. Jahrhunderts nach christlicher Zeitrechnung“ sei deshalb mit einem klaren Sieg des „Germanenthums“ zu Ende gegangen, weil die Deutschen „Civilisation und Cultur“ gebracht hätten.17 Folglich gehöre „den Deutschen“ das Land, was sie während und durch die „mittelalterliche Ostkolonisation“ wie bei den Teilungen Polens den Slawen abgerungen hätten. Derartige Rechtfertigungen der Teilungen Polens stießen bei den Liberalen im Vormärz auf Kritik. Hatten sie sich doch unter der Parole „für unsere und eure Freiheit“ energisch sowohl für die Scha≠ung eines deutschen Nationalstaates wie für die Wiederherstellung Polens eingesetzt. Auf die Frage, wo die Grenze zwischen dem wiedererstandenen polnischen und dem neu zu scha≠enden deutschen Nationalstaat verlaufen sollte, gingen diese liberalen Polenfreunde jedoch nicht ein. Und kaum jemand von ihnen machte sich Gedanken darüber, was denn mit den jeweiligen nationalen Minderheiten in beiden Nationalstaaten werden sollte. Diese weitgehend ausgeklammerten Fragen und Probleme mussten nach dem Ausbruch der Revolution von 1848 gelöst werden.18 „Eroberungen der Pflugschar“ Zunächst sah alles so aus, als ob die Grenzfragen im Sinne der Polen entschieden würden. Schließlich hatten die liberalen Polenfreunde die Oberhand gewonnen. Sie waren es, die bei der Märzrevolution in Berlin den Führer des polnischen Aufstandes von 1846, Ludwik Mieroslawski, aus seinem Moabiter Gefängnis befreiten und in einem Triumphzug durch das in ein Meer von schwarz-rot-goldenen und weißroten Fahnen getauchte Berlin führten. Das auf Druck der Liberalen und Revolutionäre generell eingesetzte preußische Märzministerium bereitete im April 1848 den von den Liberalen schon immer geforder-
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ten Befreiungskampf gegen Russland vor. Sein Ziel sollte die Wiederherstellung Polens sein. Den in der preußischen Provinz Posen lebenden Polen sagte König Friedrich Wilhelm IV. im April 1848 die „nationale Reorganisation“ Posens zu, das wie Ost- und Westpreußen nicht zum Deutschen Bund gehörte. Sollte ganz Posen an das neu zu errichtende Polen fallen? Dagegen protestierten die deutschen Bewohner. Friedrich Wilhelm IV. gab ihrem Drängen nach und ordnete an, dass nur der östliche Teil Posens zum „Herzogtum Gnesen“ umgewandelt werden sollte, während der westliche, einschließlich der Stadt Posen, dem Deutschen Bund angeschlossen werden sollte. Damit waren wiederum die Polen nicht einverstanden, die einen Aufstand anzettelten, der Anfang Mai 1848 von preußischen Truppen niedergeschlagen wurde. Die Posener Ereignisse brachten die in Frankfurt bereits tagenden deutschen Parlamentarier in eine Zwickmühle. Einerseits fühlten sich die Liberalen unter ihnen als, wie der Abgeordnete Karl Wilhelm Wippermann treuherzig versicherte, „eifrige Freunde“ der Polen,19 andererseits wurden auch sie nun von den deutschen Bewohnern Posens bedrängt, diese Provinz nicht an die Polen zu geben. Zur Prüfung der Angelegenheit setzte man einen Ausschuss ein, der von dem Historiker Gustav Adolf Stenzel geleitet wurde. Er legte dem Paulskirchenparlament am 27. Juli 1848 einen Plan vor, der auf die Teilung der Provinz Posen hinauslief. Er wurde nach einer dreitägigen Debatte mit der überwältigenden Mehrheit von 341 zu 31 Stimmen gebilligt.20 Zugestimmt hatten neben Karl Wilhelm Wippermann auch die meisten anderen liberalen „Polenfreunde“. Warum? Verschiedene liberale Abgeordnete, allen voran der Berliner Wilhelm Jordan führten das Stereotyp von der „polnischen Wirtschaft“ ins Feld, um den Polen die Fähigkeit abzusprechen, „sich selbst zu regieren“.21 Das liege, wie Jordan weiter ausführte, keineswegs nur an den polnischen Adligen, die er als „despotische Schmarotzer“ beschimpfte, dies liege auch am Charakter der Polen insgesamt, die in den schwärzesten Farben als „dreckig“, „faul“ und „primitiv“ geschildert wurden. Erst „der Deutsche“ habe „den Polen“ die „Kultur“ gebracht und ihr Land kultiviert, weshalb man es nicht an die Polen ausliefern müsse und dürfe, eben weil es sich um „Eroberungen der Pflugschar“ handele.22 Zu dieser Kulturträgertheorie bzw. Kulturträgerideologie kam
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8 „Deutsche Kulturträger“. Auf diesem Bild aus dem Jahr 1905 wird gezeigt, wie deutsche Handwerker unter Anleitung deutscher Herrscher (hier Otto I.) deutsche Städte (hier Magdeburg) bauen und damit unter Beweis stellen, dass erst Deutsche die – selbstverständlich ebenfalls deutsche – Kultur in den „kulturlosen slawischen Osten“ getragen haben. • „Otto und Adelheid besichtigen die Befestigungsarbeiten Magdeburgs“ – Fresko von Arthur Kampf, 1905/1906.
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das Bekenntnis zu dem, was Wilhelm Jordan „Volksegoismus“ nannte: „Ich sage, die Politik, die uns zuruft: Gebt Polen frei, es koste, was es wolle, ist eine kurzsichtige, eine selbstvergessene Politik, eine Politik der Schwäche, eine Politik der Furcht, eine Politik der Feigheit. Es ist hohe Zeit für uns, endlich einmal zu erwachen aus jener träumerischen Selbstvergessenheit, in der wir schwärmten für alle möglichen Nationalitäten, während wir selbst von aller Welt mit Füßen getreten wurden, zu erwachen zu einem gesunden Volksegoismus, um das Wort einmal gerade heraus zu sagen, welcher die Wohlfahrt und Ehre des Vaterlandes in allen Fragen oben anstellt.“23 Die politischen Ergebnisse der Polendebatte in der Frankfurter Paulskirche waren gering. Die Revolution scheiterte und die gesamte Provinz Posen blieb bis 1918 preußisch bzw. deutsch. Gar nicht hoch genug einzuschätzen sind jedoch die ideologischen Folgen. Die schon während der Debatte von Arnold Ruge geäußerte Befürchtung, dass man sich mit dem antipolnischen Teilungsbeschluss den „Haß des ganzen großen Slawen-Elementes, dieser ungeheuren Völker-Familie“ auf sich laden würde,24 bewahrheitete sich. „Andrang des Germanenthums“ Ein Jahr nach der Polendebatte verö≠entlichte der polnische Journalist Julian Klaczko ein „O≠enes Sendschreiben“ an den Historiker Georg Gervinus, in dem er sich scharf gegen die Ideologie von der friedlichen und kulturbringenden „deutschen Ostkolonisation“ aussprach, die von Historikern wie Gervinus und Abgeordneten wie Jordan zur Rechtfertigung der Inbesitznahme ehemals polnischer und slawischer Territorien verwandt worden war.25 Von einem friedlichen und kulturbringenden Vorgang könne keine Rede sein. Stattdessen „drang der Deutsche nach dem Osten und machte seine Slawen zu Sklaven.“26 Zwei Jahre später, 1851, sprach der slowakische Publizist Ludovit Stúr in diesem Zusammenhang von einem „Andrang des Germanenthums“;27 und 1861 benutzte der polnische Historiker Karol Szajnocha den Begri≠ „deutscher Drang nach Osten“.28 Dieser wurde dann auch von anderen slawischen Autoren übernommen und avancierte zum festen Bestandteil der Ideologie des Panslawismus, die davon ausging, dass sich alle slawischen Völker zu einem Staat vereinigen sollten, der
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von Russland geprägt und geführt werde. Insofern zielte der Panslawismus auf ein Groß-Russland ab. Um diese eigenen aggressiven Ziele zu rechtfertigen, wies man auf slawischer Seite auf die deutsche Aggression bzw. den „deutschen Drang nach Osten“ hin. Die Deutschen waren aber an der Erfindung dieses ursprünglich slawischen Fremdstereotyps nicht ganz unschuldig. Waren sie es doch gewesen, die das historische Phänomen „deutsche Ostkolonisation“ erfunden und gepriesen hatten, weil die angeblich kulturlosen Slawen dadurch mit den Segnungen der selbstverständlich „deutschen Kultur“ beglückt worden seien. Dies sei jedoch, wie man auf deutscher Seite nicht müde wurde zu versichern, auf friedlichem Wege geschehen. Diese „Eroberungen der Pflugschar“ dürfe man daher behalten und müsse sie nicht an Polen zurückgeben. Es ging diesen preußischen bzw. „kleindeutschen“ Historikern also vornehmlich um die Legitimation des Besitzes von einstmals polnischen Territorien und nicht bzw. noch nicht um die Rechtfertigung eines neuen „deutschen Dranges nach Osten“. „Colonisationsbewegung nach dem Osten“ Bei ihren Opponenten, den „großdeutschen“ Historikern, war dies anders. Sie riefen ganz dezidiert zu einem neuen „deutschen Drang nach Osten“ auf. Ausgangspunkt dieser vor allem in der Augsburger Allgemeinen Zeitung geführten Debatte waren die Ideen des Volkswirtes Friedrich List, der die damalige ökonomische Krise durch eine forcierte Auswanderung nicht nach Übersee, sondern in die Donauländer überwinden wollte.29 Die Redaktion der Augsburger Allgemeinen Zeitung gri≠ Lists Pläne auf und forderte schon 1845 in einem Leitartikel „Über Kleinasien und die deutsche Kolonisation“, dass „die nach allen Strichen der Windrose schweifenden Auswanderungsgedanken und Colonisationsspeculationen eine festere Richtung gewinnen“ und „im Einklang mit unserer geographischen Lage, der Zukunft unseres Handels wie mit den Erinnerungen früherer ruhmvoller Tage“ liegen möge.30 Mit diesen „Erinnerungen früherer ruhmvoller Tage“ war wiederum die „mittelalterliche deutsche Ostkolonisation“ gemeint. An sie, d. h. an die „deutsche Auswanderung nach den Ostseeprovinzen (= des Rus-
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sischen Reiches), nach Polen, Rußland, Ungarn und Siebenbürgen“ solle man anknüpfen und „den Zug der deutschen Auswanderung“ die Donau hinab31 „wieder nach der Wiege der Menschheit, nach dem Morgenland zurück“ lenken.32 So weit wie dieser Autor, der schon an eine deutsche Kolonisation im türkischen Kleinasien dachte, wollte Gustav Höf ken, der ebenfalls Mitarbeiter der Augsburger Allgemeinen Zeitung war, nicht gehen. Er dachte nur an eine „deutsche Auswanderung und Kolonisation mit Hinblick auf Ungarn“.33 Doch auch er forderte dazu auf, den „sich immer stärker und mächtiger ergießenden Strom der Auswanderung […] nach Osten“ zu lenken.34 „Wenn sich dieser Auswanderungsstrom […] in die unteren Donauländer ergösse, wenn zugleich Einheit, Ordnung und Energie dort in die ganze Kolonisation gebracht würde“, dann könnten nicht nur die „überschüssigen Volkskräfte“ aus Deutschland abgelenkt werden, dann würde auch für die Donauländer selber eine glorreiche Zukunft anbrechen.35 Als historisches Vorbild dieses ,Dranges nach Südosten‘ pries Höf ken die „mittelalterliche deutsche Ostkolonisation“, in der er eine Fortsetzung der germanischen Völkerwanderung sehen wollte, die selber eine „Art gewaltige Colonisationsbewegung“ gewesen sei. Nachdem sich die neuen germanischen Reiche gefestigt hätten, „drang die deutsche Colonisation nach Osten in die mittlerweile von den Slawen überfluteten Gebiete zurück“, wobei es dann zu einer „Wiederverdeutschung des Ostens“ gekommen sei.36 Die „deutsche Colonisationsbewegung nach dem Osten“ sei auch in der Neuzeit nicht zum Stillstand gekommen. Dies bewiesen die „deutschen Ansiedlungen“ in Russland sowie die „Niederlassungen […] in slawischen Gebieten“, welche Friedrich der Große, Maria Theresia und Joseph II. gegründet hätten.37 Gustav Höf ken war der Erste, der in der „deutschen Colonisationsbewegung nach dem Osten“ einen epochenübergreifenden Vorgang sehen wollte, der sowohl die germanische Vorzeit wie das Mittelalter und die Frühe Neuzeit umfassen sollte. Sie wurde als unmittelbares Vorbild für eine Politik bezeichnet, die man bereits als ostimperialistisch kennzeichnen kann.38 Kein Wunder, dass er von den späteren deutschen „Ostforschern“ sehr gerühmt wurde.39 Seine zeitgenössischen Historikerkollegen aus dem „kleindeutschen“ Lager haben dies jedoch noch ganz anders gesehen und Höf ken mit Missachtung ge-
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straft, weil er als Vertreter der „großdeutschen“ Richtung galt, die nach 1848 als pro-österreichisch and antipreußisch gebrandmarkt wurde. Von einer „Kolonisation“ in den österreichisch-ungarischen Balkanländern oder gar noch weiter östlich in Kleinasien wollten die „kleindeutschen“ oder „borussischen“ Historiker noch (!) nichts wissen. Sie beschränkten sich, wie gesagt, zunächst auf die Legitimation des Besitzes ehemals slawischer, vor allem polnischer Territorien. Doch dies geschah zunehmend in sehr aggressiver und schon rassistisch geprägter Form. Den Anfang machte Heinrich von Treitschke, der in seinem zuerst 1862 verö≠entlichten Essay über das „deutsche Ordensland Preußen“ die „deutsche Ostkolonisation“ als das „reißende Hinausströmen deutschen Geistes über den Norden und Osten“ und „das gewaltige Scha≠en unseres Volkes als Bezwinger, Lehrer, Zuchtmeister unserer Nachbarn“ charakterisiert.40 Die schon während des Mittelalters geführten „schonungslosen Rassenkämpfe“ würden „im preußischen Volk geheimnisvoll fortleben“, denn: „Es weht ein Zauber über jenem Boden, den das edelste deutsche Blut gedüngt hat im Kampfe für den deutschen Namen und die reinsten Güter der Menschheit.“41 „Zug nach Osten“ Eine noch deutlichere Verbindung zwischen „Blut und Boden“ und „Raum und Rasse“ zog Karl Lamprecht.42 In seiner viel gelesenen, aber von den borussischen Historikern auch angefeindeten Deutschen Geschichte ist er ausführlich auf die „deutsche Ostkolonisation“ eingegangen.43 Dies geschah in sehr positiver und zugleich nationalistischer Weise. Die „Kolonisation des Ostens“ sei als „Großtat unserer Nation“ anzusehen, weil sie zu einer „Germanisation der Lande zwischen Elbe und Oder“ und generell zu einer „Ausdehnung der Deutschen im Osten“ geführt habe.44 Der deutsche „Zug nach Osten“ sei im Zusammenhang einer epochenübergreifenden „Oszillation“ bzw. eines Wechsels von Völker-Fluten und Ebben geschehen.45 Dabei seien zunächst die Germanen während der „ersten großen Völkerwanderung“ bis zum Rhein „vorgedrungen“. Doch während sich das „germanische Wesen“ an den Grenzen des römischen Imperiums „staute“, sei es weiter im Osten zu einer „zweiten Völkerwande-
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rung“ der Slawen gekommen, die in die von den Germanen aufgegebenen Gebiete „eingedrungen“ seien. Nach dieser slawischen „Oszillation nach Westen“, sei es im Mittelalter wieder zu einem deutschen „Zug nach Osten“ gekommen. Dabei „strömten“ und „drangen […] Mengen deutscher Ansiedler“, von einem unauf haltsamen „Wandertrieb“ bewegt, in einem „ununterbrochenen Strome durch mehr als zwei Jahrhunderte in die Länder des Ostens“.46 Im Verlaufe dieses „Vordringens deutschen Wesens“ sei der „gesamte Osten von der Adria bis zur Ostsee […] durch germanische Wanderungen überflutet und bedeckt“ worden.47 Derartige organizistische Metaphern über die Völker-„Fluten“ aus dem „Osten“, die man „eindämmen“ oder durch einen erneuten „deutschen Drang nach Osten“ begegnen müsse, findet man auch bei anderen Autoren: Alexander Wäber, Preußen und Polen. Der Verlauf und Ausgang eines zweitausendjährigen Völkergrenzstreits und deutsch-slawischer Wechselbeziehungen, München 1907; Max Beheim-Schwarzbach, Die Besiedlung Ostdeutschlands durch die zweite germanische Völkerwanderung, Berlin 1882; Ernst Seraphim, Geschichte Liv-, Est- und Kurlands von der „Aufsegelung“ des Landes bis zur Einverleibung in das russische Reich, Reval 1885. Die Reihe der Beispiele (auch Max Weber sprach in seiner Freiburger Antrittsrede von 1894 von polnischem „Vordringen“ und „slawischer Flut“48) ließe sich endlos fortsetzen. Sie deuten darauf hin, dass es keineswegs mehr nur um den Besitz ehemals slawischer Territorien, sondern um mehr, um einen neuen „deutschen Drang nach Osten“ ging. Einer der Ersten, der dies deutlich aussprach, war Paul Lagarde, der in seinen Deutschen Schriften aus dem Jahr 1885 nicht nur über die Juden schimpfte und sie als „Bazillen und Trichinen“ bezeichnete, sondern dazu aufforderte, das im Mittelalter begonnene große „Kolonisationswerk […] nicht in fremden Welttheilen, sondern in unserer nächsten Nähe“ fortzusetzen.49 Dabei dachte de Lagarde einmal an die „dünn bevölkerten“ Gebiete in den „slovakischen und magyarischen Theilen Ungarns“, zum anderen aber auch an das „russische Polen“, das sich „wie eine Bastion zwischen Ost- und Westpreußen […] drängt“. Auch diese Territorien müssten „über die Weichsel hinaus bis an die Pinsker Sümpfe“ annektiert und mit „vom Wehrdienst befreiten gesunden Männern“ kolonisiert werden.50
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Derartige ostimperialistische Forderungen sind dann von den Ideologen des nationalistischen und antiparlamentarischen Alldeutschen Verbandes aufgegri≠en worden, obwohl oder weil sie von der Reichsleitung noch nicht, zumindest nicht ö≠entlich geteilt wurden, um das ohnehin schon schwierige Verhältnis zu Russland, aber auch zu Österreich-Ungarn nicht noch mehr zu belasten. Schon 1894 konnte man in den Alldeutschen Blättern den programmatischen Satz lesen: „Der alte Drang nach Osten soll wieder lebendig werden.“ Neun Jahre später, 1905, rief der Führer des Alldeutschen Verbandes, Ernst Hasse, ganz o≠en zur Annexion der baltischen und polnischen Provinzen Russlands auf, was wiederum mit dem Hinweis auf die „mittelalterliche deutsche Ostkolonisation“ legitimiert wurde.51 Sie, die „mittelalterliche deutsche Ostkolonisation“ wurde von Hasses Nachfolger, Heinrich Claß, im gleichen politischen, d. h. ostimperialistischen Zusammenhang als „größte Tat der mittelalterlichen Geschichte“ gepriesen.52 Die deutschen Kriegsziele beschränkten sich im Ersten Weltkrieg jedoch auf die Gewinnung der baltischen Provinzen des Zarenreiches und großer Teile von, wie es meist verächtlich hieß, „Russisch Polen“.53 In der deutschen Publizistik und inzwischen auch der Historiographie war jedoch oftmals von weit mehr die Rede. Darauf deutet bereits die jetzt völlig unbefangene Verwendung des Schlagworts vom „deutschen Drang nach Osten“ hin. Die diesem Begri≠ von Anfang an innewohnende organizistische Komponente war zudem inzwischen ausgebaut und gewissermaßen verwissenschaftlicht worden. Dies geschah durch eine Wissenschaftsdisziplin, die aus der Geographie kam und „Geopolitik“ genannt wurde.54 „Lebensraum“ Ihr Schöpfer war der deutsche Geograph Friedrich Ratzel (1844–1904), der auch den Begri≠ „Geopolitik“ erfunden hat.55 Ähnlich wie die bisher erwähnten Historiker sah Ratzel in Völkern und Staaten Wesen, die hier und dorthin „drängten“, um „Raum“ zum Leben zu gewinnen. Diesen, wie Ratzel es nannte, „Lebensraum“ benötigten sie, um den Darwinschen „Kampf ums Dasein“ zu gewinnen.56 Ratzel legte das Augenmerk hierbei vor allem auf das deutsche Volk. Sein „Lebensraum“ müsse das gesamte Gebiet umfassen, das vor und während des Ersten
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Weltkrieges von Friedrich Naumann und vor ihm bereits von einigen „großdeutschen“ Publizisten als „Mitteleuropa“ bezeichnet worden war. Insofern stand auch Ratzel in der ideologischen Kontinuität der geschilderten Drang-nach-Osten-Publizistik. Doch dieser spezifisch deutsche ideologische Kontext ist lange Zeit nicht erkannt worden, weil Ratzels geopolitische Lehren auch von einigen Ausländern aufgegri≠en wurden, die jedoch in der Folgezeit vor allem in Deutschland rezipiert worden sind. An erster Stelle ist hier der Schwede Rudolf Kjellén (1864–1922) zu nennen, der sich in seinen Schriften nicht nur zu seinem Lehrmeister Ratzel, sondern generell zu Deutschland und dessen geopolitisch begründeten imperialistischen Ansprüchen bekannte.57 Dies hat er kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges in einer kleinen Schrift Warum ich es mit Deutschland in diesem Krieg halte mit dem Hinweis auf die geographische „Mittellage“ Deutschlands begründet. Sie legitimiere den deutschen Anspruch auf die Herrschaft in ganz „Mitteleuropa“. Eine derartige prodeutsche Parteinahme kann man dem Schotten Halford Mackinder (1861–1947) nicht vorwerfen.58 Im Gegenteil. Schon vor und dann wieder nach dem Ersten Weltkrieg warnte er die demokratischen Staaten vor dem deutschen und russischen Imperialismus. Beide Länder strebten nämlich nach der alleinigen Herrschaft im Osten bzw., wie Mackinder präzisierte, in ganz „Eurasien“. Wer dieses heartland besitze, der verfüge über den geographical pivot, den Drehund Angelpunkt, um die Herrschaft in Europa, ja der ganzen Welt zu erringen.59 Der Deutsche Karl Haushofer (1869–1945), erkannte als einer der Ersten die Bedeutung der geopolitischen Lehren Mackinders. Er übernahm und popularisierte sie und lobte Mackinder als den „am meisten logischen geopolitischen Erzieher zu einer Kontinentalpolitik der alten Welt“.60 Der gelehrigste Zögling dieses „geopolitischen Erziehers“, mit dessen Ideen er durch Haushofer vertraut gemacht wurde, war Hitler.61 Hitler war es, der die Lehren der „Möchte-gern-Staatsdisziplin“62 Geopolitik mit der Ideologie vom „deutschen Drang nach Osten“ verband, um seine Forderung nach „Lebensraum im Osten […] auf Kosten Russlands“ zu legitimieren. Propagiert wurde dieses ostimperialistische Ziel von den deutschen „Ostforschern“.
„Auf Kosten Russlands“ Das Dritte Reich und der Osten „Wollte man in Europa Grund und Boden, so konnte dies im großen und ganzen nur auf Kosten Rußlands geschehen, dann mußte sich das neue Reich wieder auf der Straße der einstigen Ordensritter in Marsch setzen, mit dem deutschen Schwert dem deutschen Pflug die Scholle, der Nation aber das tägliche Brot zu geben.“1 Mit diesen Worten distanzierte sich Hitler in Mein Kampf klar und eindeutig von den Vorstellungen einiger Konservativer, im Bündnis mit Russland den Versailler Vertrag zu revidieren. Damit wollte sich Hitler nicht zufrieden geben. Er wollte mehr. Nämlich „Land im Osten“ gewinnen, um dem deutschen Volk den notwendigen „Lebensraum“ zu geben.2 Dies könne nur „auf Kosten Russlands“ geschehen. Außerdem gefährde ein Bündnis mit dem „jüdisch-bolschewistischen“ Russland den absolut notwendigen „Kampf gegen die jüdische Weltbolschewisierung“. Man könne den „Teufel nicht mit dem Beelzebub“ austreiben.3 Andererseits teilte Hitler die bei den Deutschen tief verwurzelte und weit verbreitete Angst vor Russland und dem Osten generell nicht. Sei doch Russland durch die Machtergreifung des „jüdischen Bolschewismus“ seines „germanischen Kerns“ beraubt worden, der allein das „niedere“ russische Volk zur Staatsbildung befähigt habe. An die Stelle der bisherigen, ursprünglich „germanischen […] oberen leitenden Schichten“ sei „der Jude“ getreten, der jedoch nicht in der Lage sei, „das mächtige [russische] Reich auf Dauer zu erhalten“, weil er, d. h. „der Jude […] kein Element der Organisation, sondern ein Ferment der Dekomposition“ sei. Daher sei das (russische) „Riesenreich im Osten […] reif zum Zusammenbruch“.4 Für die Deutschen sei dies ein „Fingerzeig“ des „Schicksals“. Könnten sie doch in dem vom „jüdischen Bolschewismus“ letztlich geschwächten Russland „Grund und Boden“ für die „durch den [deutschen] Staat zusammengefaßte [germanische] Rasse gewinnen“.5
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Hitlers Bild des Ostens war einseitig. Er teilte weder die Bewunderung des noch die Angst vor dem Osten. Zum ,religiösen Osten‘ hat er sich niemals und zum Orient nur beiläufig geäußert. Der Osten war für ihn ausschließlich Objekt und Ziel seines Ostimperialismus. Er sollte die „deutsche Ostkolonisation“ und generell den „deutschen Drang nach Osten“ fortsetzen und krönen. Ganz dezidiert hat er sich bei seiner Propagierung des Kampfes um „Lebensraum“ im Osten auf die „hauptsächlich von Bajuwaren betätigte Kolonisation der Ostmark“ und die „Erwerbung und Durchdringung der Gebiete östlich der Elbe“ durch Brandenburg-Preußen berufen.6 Dabei schloss er sich den Geschichtsbildern und -forderungen der „kleindeutschen“ Historiker des 19. Jahrhunderts an und rief in deren Stil und Tonfall dazu auf: „Wir stoppen den ewigen Germanenzug nach dem Süden und Westen Europas und weisen den Blick nach dem Land im Osten.“7 Hitlers ostimperialistische „Maximen“ blieben zwar nicht „unbeachtet“, wie einige Historiker gemeint haben,8 sie stießen aber keineswegs bei allen Deutschen auf Zustimmung. Für viele war der „Osten“ kein Traumland, das es zu besiedeln galt, sondern blieb Feindbild. Die nationalsozialistische Propaganda vor und auch noch in den ersten Jahren nach der so genannten „Machtergreifung“ tat wenig, um dies zu ändern. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die Propagierung des Antisemitismus und Antikommunismus und vereinte beide Ideologien zum Feindbild vom „jüdischen Bolschewismus“. Der „jüdischbolschewistische“ Erzfeind wurde überall und keineswegs nur im Osten verortet. Die Legitimierung und Propagierung des von Hitler geforderten neuen „deutschen Dranges nach Osten“ wurde deutschen Historikern und anderen Wissenschaftlern überlassen, die zu diesem Zweck eine neue ,Wissenschafts‘-Disziplin entwarfen, die „Ostforschung“9 genannt wurde und zusammen mit der „Rassenforschung“ zu einer wahrhaft „tödlichen Wissenschaft“10 wurde. „Ostforschung“ Der Begri≠ „Ostforschung“ wurde erst in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre erfunden.11 Die (pseudo-)wissenschaftlichen und ideologischen Ursprünge der „Ostforschung“ liegen jedoch im 19. Jahrhundert. Dies gilt einmal für die bereits skizzierte Publizistik, in der zu
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einem neuen „deutschen Drang nach Osten“ aufgerufen wurde. Hinzu kommt der (ebenfalls schon erwähnte) Teil der Mediävistik, der sich mit dem Phänomen der „mittelalterlichen deutschen Ostkolonisation“ beschäftigte. Schließlich ist drittens die Osteuropaforschung zu nennen, die sich auf die Geschichte Russlands und (weniger) auf die Polens konzentrierte, dabei jedoch ebenfalls von der angeblichen kulturellen Überlegenheit der Deutschen über diese „Ostvölker“ ausging.12 Insgesamt gesehen stellte die „Ostforschung“ eine neue und in keinem anderen Land anzutre≠ende ,Wissenschafts‘-Disziplin dar, die ihren ideologischen Charakter allerdings nie verbergen konnte und wollte. Die „Ostforschung“ arbeitete mit zwei Paradigmen. Einmal mit dem des „Volkes“. Nach dieser auf die Romantik zurückgehenden und von Karl Lamprecht weiterentwickelten Auffassung wird Geschichte nicht von Staaten und Staatsmännern oder gar von Klassen, sondern von Völkern gemacht. Dazu benötigen sie jedoch Raum. Womit „Raum“ das zweite Paradigma ist, das von Friedrich Ratzel und der von ihm entwickelten „Geopolitik“ übernommen wurde. Beide Paradigmen wurden von Landeshistorikern wie dem Lamprecht-Schüler Rudolf Kötzschke, dem zunächst in Bonn und dann in Breslau lehrenden Hermann Aubin, den Königsberger Professoren Gunter Ipsen und Hans Rothfels, dem Danziger Archivar Erich Keyser sowie vor allem dann von dem Direktor des Preußischen Geheimen Staatsarchivs Albert Brackmann zusammengefügt. In Abkehr von der immer noch herrschenden Schule des Historismus (zu der auch die meisten Osteuropahistoriker gehörten) ging es ihnen nicht um Staat und Nation, sondern um Raum und Volk bzw. um „Lebensraum“ und „Rasse“. Schon daran wird der ideologische Charakter der gesamten „Ostforschung“ deutlich. Das ist lange Zeit nicht erkannt worden. Gaben sich doch die „Ostforscher“, zu denen neben Mediävisten auch Neuzeit-Historiker sowie Geographen, Linguisten und Anthropologen gehörten, als ernst zu nehmende und zur Objektivität verpflichtete Wissenschaftler aus. Ihr bevorzugtes Forschungsfeld war die „deutsche Ostkolonisation“ bzw. „Ostbewegung“, zu der von einigen auch die germanische Völkerwanderung und die neuzeitliche Kolonisation gerechnet wurden. Im Anschluss an die schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhun-
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derts entwickelten Kulturträger- und Kulturgefälletheorien entwickelten sie ihre „Volks- und Kulturbodentheorie“. Danach sei der „Osten“, wozu keineswegs nur das Gebiet der preußischen Ostprovinzen, sondern der gesamte ostmitteleuropäische Raum gerechnet wurde, für alle Zeiten vom deutschen Volk und der deutschen Kultur geprägt worden. Es handele sich um einen „deutschen Osten“. Diese Germanisierung des gesamten „Ostens“ war durch die Unbestimmtheit der zentralen Begri≠e (deutsches) „Volk“ und (deutsche) „Kultur“ sehr leicht möglich. Zum „deutschen Volk“ wurden nämlich keineswegs nur die Angehörigen der deutschen „Staats-“, sondern auch der „Kulturnation“ insgesamt gerechnet, also alle Personen, die irgendwo und irgendwie deutsch sprachen. Dies traf auf die so genannten „Volksdeutschen“ zu, die in einigen osteuropäischen Ländern als Minderheiten lebten. Teilweise war dies jedoch nur auf kleinen „Sprachinseln“ der Fall. Dennoch wurde auch der diese „Sprachinseln“ umgebende Raum als deutsch angesehen, weil er von der deutschen Kultur geprägt worden sei. Als Indikator nahm man vor allem Bauten – wie Kirchen im gotischen Stil, denn die Gotik galt per se als deutsch. Waren sie nicht vorhanden, verwies man auf germanische Stämme, die hier gesiedelt haben sollten. Sie und ihre Nachfahren wurden auch dann als „deutsch“ angesehen, wenn sie überhaupt kein Deutsch sprachen. Mit der gleichen, geradezu aberwitzigen Begründung wurden slawische Minderheiten in Deutschland (wie die Sorben) gewissermaßen ,germanisiert‘, weil es sich um Nachfahren der nur sprachlich slawisierten Germanen handele. Zum Beweis dieser abstrusen Theorie untersuchten Anthropologen die Köpfe der Sorben. Waren sie lang und schmal, galten sie als deutsch. Nur „Rundköpfe“ wurden als slawisch angesehen. All dies ist geradezu grotesk und absolut unwissenschaftlich – wiewohl das auf den ersten Blick nicht o≠ensichtlich war. Arbeiteten die „Ostforscher“ doch interdisziplinär und wandten Methoden an, die der Schule des Historismus so nicht bekannt waren. Man hat ihnen sogar eine „methodische Innovation“ attestiert,13 die von den späteren Sozial- und Strukturhistorikern fortgeführt worden sei.14 Tatsächlich waren einige dieser Sozial- und Strukturhistoriker frühere „Ostforscher“. Zu nennen sind vor allem Werner Conze und Theodor
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Schieder. Dennoch ist es etwas oberflächlich und polemisch zu behaupten, dass sich der moderne Struktur- aus dem alten Volksbegri≠ der Ost- und Volkstumsforschung entwickelt habe. Gibt es doch neben einigen personellen und auch inhaltlichen Kontinuitäten deutliche Kontinuitätsbrüche. Sie liegen vor allem im politischen Bereich. Die „Ostforschung“ war nämlich eine dezidiert politische Wissenschaft. Dazu haben sich die meisten „Ostforscher“ mehr als einmal und mehr als deutlich bekannt. In der Zeit der Weimarer Republik ging es vornehmlich um die historische Legitimation der politischen Revision der durch den Versailler Vertrag gezogenen Ostgrenze Deutschlands. Zu diesem Zweck wurden neue Forschungsinstitutionen gescha≠en. So schon 1926 die Stiftung für Volks- und Kulturbodenforschung15, die dann als „Mittelstelle des großen Kreises der hierbei zur Mitwirkung berufenen und tätigen Forscher […] auf allen Gebieten der Deutschtumsforschung“ fungieren sollte.16 Zur wichtigsten Institution der „Ostforschung“ sollte sich jedoch die 1932 beim Geheimen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem angesiedelte Publikationsstelle entwickeln.17 Ihr politisches Ziel war keineswegs nur die Rückgewinnung der an Polen gefallenen ehemaligen preußischen Ostprovinzen, sondern weit mehr: die ideologische Begründung der deutschen Hegemonie im gesamten ostmitteleuropäischen Raum und darüber hinaus. Seine Gewinnung und Germanisierung wurde schließlich detailliert in einem Plan entwickelt, der schlicht „Generalplan Ost“ genannt wurde. Er war das Hauptprodukt der deutschen „Ostforschung“. Seine Anfänge gehen auf das Jahr 1939 zurück. „Generalplan Ost“ Am 19. September 1939 schrieb der „Ostforscher“ und Leipziger Anthropologie-Professor Otto Reche an seinen Kollegen Brackmann, den Berliner Historiker und Direktor der Publikationsstelle Dahlem einen Brief, in dem er einige Gedanken über die Zukunft Polens unterbreitete.18 Bei der künftigen Grenzziehung müsse die Kenntnis „rassischer Fragen“ berücksichtigt werden, über die er – Reche – verfüge. In den zu annektierenden polnischen Territorien dürfe es kein „Volkstum“ geben, das nur im linguistischen Sinne germanisiert sei, tatsächlich je-
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doch ein „rassisches Mischmasch“ mit starken asiatischen Elementen darstelle. „Wir Deutsche“, erklärte Reche ebenso drastisch wie flapsig, benötigen „Raum“, aber „keine polnischen Läuse im deutschen Pelz“. Brackmann antwortete postwendend am 22. September 1939 und schrieb, dass er mit Reches Grundprinzip „Raum, aber keine polnischen Läuse im Pelz“ vollständig übereinstimme.19 Es gebe jedoch gewisse Leute, die darüber anders denken würden. Daher schlug Brackmann Reche vor, ein Positionspapier zu erarbeiten, das Brackmann dann an die zuständigen Stellen weiterleiten würde. Reche machte sich sofort an die Arbeit und übersandte Brackmann bereits am 24. September ein mehrseitiges Manifest über Leitsätze zur bevölkerungspolitischen Sicherung des deutschen Ostens,20 das Brackmann dem Reichsminister des Innern und am besten gleich „dem Führer“ selber überreichen sollte. In diesem Papier führte Reche seine Grundidee, näher aus. Der zu annektierende „Raum“ solle ausschließlich dem „deutschen Volk“ zur Verfügung stehen. Neben den ca. zwei Millionen Juden und „jüdischen Mischlingen“ sowie den „Zigeunern“, die alle so schnell wie möglich vertrieben werden müssten, sei auch an die Deportation großer Teile der polnischen Bevölkerung zu denken, weil es sich bei ihr um eine sehr „unglückliche Mischung“ aus „prä-slawischen“, „ostbaltischen“ und „ostischen Rassen“ mit mongolischen Charakterzügen handele.21 Nur diejenigen Polen, die von ausgebildeten Rasseexperten als „rassisch wertvoll“ eingestuft worden seien, weil es sich um nordisch aussehende Nachkommen von nur sprachlich slawisierten Germanen handele,22 dürften bleiben. Die restlichen Polen sollten in einem „Bevölkerungs-Transfer“ nach Osten gebracht und gegen die Volksdeutschen in der Ukraine, an der Wolga, im Kaukasus und auf der Krim ausgetauscht werden. Unter Hinweis auf die Griechen, denen es immerhin gelungen sei, Anfang der 1920er Jahre 1,5 Millionen anatolische Griechen umzusiedeln,23 obwohl sie über einen äußerst schwachen Staat verfügten, meinte Reche abschließend, dass es dem mächtigen Deutschland mit seinen ausgezeichneten organisatorischen Fähigkeiten ohne weiteres gelingen müsse, in wenigen Jahren zehn oder sogar noch mehr Millionen von Menschen „umzusiedeln“. Brackmann reichte Reches Memorandum zwar, wie versprochen,
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an das Reichsinnenministerium weiter und setzte auch die Korrespondenz mit Reche fort, wobei es vor allem um die Frage – so wörtlich Reche – „wohin mit den Polacken“ ging,24 favorisierte jedoch intern ein anderes Papier, das ungefähr zur gleichen Zeit, also noch im September 1939, von dem damals 31-jährigen Historiker Theodor Schieder verfasst worden war.25 Schieders Denkschrift über die „ostdeutsche Reichs- und Volkstumsgrenze“ stimmte weitgehend mit dem RechePapier überein. Wie Reche setzte sich auch Schieder für die Herstellung eines „geschlossenen deutschen Volksbodens“ ein. Um die „Gefahren einer völkischen Vermischung“ zu vermeiden, sei eine „klare Abgrenzung von polnischem und deutschem Volkstum“ notwendig. Dies sei wiederum ohne „Bevölkerungsverschiebungen allergrößten Ausmaßes“ nicht möglich. Besonders vordringlich sei die „Entjudung Restpolens und der Auf bau einer gesunden Volksordnung“. Schieders Denkschrift wurde am 28. September von der Breslauer Arbeitsgruppe der Publikationsstelle Dahlem diskutiert und geringfügig verändert.26 An dieser Beratung nahmen neben Schieder die Professoren Hermann Aubin, Walter Kuhn, Ernst Birke und Ludwig Petry teil. Das von dieser illustren Runde abgesegnete Schieder-Papier wurde an die Publikationsstelle Dahlem gesandt, dort noch einmal beraten und schließlich unter dem harmlos klingenden Titel Bevölkerungsfragen in Polen am 1. November 1939 an die zuständigen politischen Institutionen versandt.27 Dazu gehörte auch das am 7. Oktober 1939 durch „Führererlass“ neu gescha≠ene Reichskommissariat für die Festigung deutschen Volkstums.28 Eine der Planungsabteilungen dieses Reichskommissariats unter der Leitung des Agrarwissenschaftlers Konrad Meyer legte dann im Januar 1940 einen Plan vor, der in der Folgezeit noch mehrmals ergänzt, radikalisiert und schließlich „Generalplan Ost“ genannt wurde.29 Sein Grundgedanke beruhte auf dem Recheschen Diktum, wonach man nur „Raum“, aber keine „polnischen Läuse“ und Angehörige anderer „rassisch minderwertiger Ostvölker“ benötige.30 Allerdings dachten Meyer und seine Mitarbeiter nicht wie Reche an die Umsiedlung von 10, sondern von 30, ja schließlich sogar von über 50 Millionen Menschen. Man ging davon aus, dass etwa 20 Millionen die „Umsiedlung“ nicht überleben würden und dürften. Dabei waren Juden schon gar nicht mehr mitgezählt. Die, wie sie von Schieder (aber auch
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Werner Conze31) genannt wurde, „Entjudung“ des deutschen „Lebensraums“ wurde als bereits vollzogene Tatsache angesehen und tauchte folglich in den Kalkulationen der Opferzahlen gar nicht mehr auf. In den „entjudeten“ und sonstwie entvölkerten Räumen im Osten sollten neben 6 Millionen Deutschen aus dem Reich,32 dem Baltikum,33 der Sowjetunion34 und Rumänien35 die Völker „artverwandten Blutes“, also Holländer,36 Flamen, Dänen und Norweger angesiedelt werden. Dies sollte in geschlossenen „Siedlungsgebieten“ und entlang der projektierten Autobahnlinien in Form von „Siedlungsstützpunkten“ geschehen, wobei man sich auf die Vorstellungen des Geographen Walter Christaller berief.37 Bei der Planung der auch für diese atavistischen Siedlungspläne als unverzichtbar geltenden Autobahnen wurde u. a. der Rat von Landschaftsgärtnern eingeholt, die sich bereits Gedanken darüber machten, welche „arteigenen“ Pflanzen und Sträucher auf den Seiten- und Mittelstreifen dieser Autobahnen wachsen sollten.38 All diese detaillierten und immer wieder veränderten und aktualisierten Pläne unterstreichen, dass die deutsche Okkupations- und Vernichtungspolitik von deutschen Wissenschaftlern fast aller Fachrichtungen bis ins Detail vorgeplant und ,wissenschaftlich begleitet‘ wurde. Der ,Rassenkrieg‘ des nationalsozialistischen „Rassenstaates“39 war nicht nur der barbarischste, sondern auch der ,wissenschaftlichste‘ Krieg der Weltgeschichte. „Vernichtungskampf “ Exekutiert wurde dieser Krieg von deutschen O∏zieren, die sich schon bei der Planung des „Unternehmens Barbarossas“ auf Hitlers ideologisches Programm beriefen. „Unternehmen Barbarossa“ war der Tarnname für den seit Ende 1940 konzipierten Überfall auf die Sowjetunion. Die Berufung auf die mittelalterliche „deutsche Ostkolonisation“ (und weniger auf den Kreuzzugsgedanken40) war unverkennbar. Dieser neue „deutsche Drang nach Osten“ sollte jedoch in einem Geist geführt werden, der dem Mittelalter völlig fremd war. Ging es doch, wie Hitler vor zweihundert der höchsten O∏ziere der Wehrmacht am 30. März 1941 erklärte, um einen „Vernichtungskampf “.41 Sein Ziel war die „Vernichtung der bolschewistischen Kommissare und der kommu-
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nistischen Intelligenz“. Diese „Leute“ seien „Verbrecher“ und müssten „als solche behandelt werden. […] Der Kommunist“ sei „vorher kein Kamerad und nachher kein Kamerad“.42 Kein einziger der deutschen O∏ziere protestierte gegen diese absolut völkerrechtswidrigen Anweisungen ihres „Führers“. Im Gegenteil. Sie zeigten sich als willfährige Vollstrecker von Hitlers Willen. Schon vier Tage vor dieser Rede Hitlers hatte der Generalquartiermeister Wagner mit Reinhard Heydrich den „Befehl über die Zusammenarbeit mit Sicherheitspolizei und dem SD (Sicherheitsdienst der SS) für den vorgesehenen Ostkrieg“ ausgehandelt.43 Kurz nach dieser Rede machten sich Rechtsexperten (!) der Wehrmacht daran, Vorschriften zu entwickeln, wie dieser „Vernichtungskampf “ zu führen sei. Sie wurden unter dem Titel Die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet „Barbarossa“ von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel am 13. Mai 1941 herausgegeben.44 Es heißt darin, dass „Freischärler“, womit Partisanen und Widerstandskämpfer gemeint waren, „durch die Truppe im Kampf oder auf der Flucht schonungslos zu erledigen“ seien. Ferner seien „alle anderen Angri≠e feindlicher Zivilpersonen gegen die Wehrmacht […] von der Truppe auf der Stelle mit den äußersten Mitteln bis zur Vernichtung des Angreifers niederzukämpfen.“ Für „Handlungen, die Angehörige der Wehrmacht und des Gefolges gegen feindliche Zivilpersonen begehen“, bestünde „kein Verfolgungszwang“. Damit wurde der Wehrmacht eine Lizenz zum Morden erteilt. Begründet wurde dies mit dem Hinweis auf die „zahllosen Blutopfer“, die Angehörige der „nationalsozialistischen Bewegung“ vor 1933 im Kampf gegen unter „bolschewistischem Einfluss“ stehende Kommunisten erbracht hätten. Für diesen „ideologischen Vernichtungskrieg“ gegen die Sowjetunion erließ das Oberkommando der Wehrmacht am 6. Juni 1941 „Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare“ der Roten Armee.45 In diesem so genannten „Kommissarbefehl“ wurde eingangs festgestellt: „Im Kampf gegen den Bolschewismus ist mit einem Verhalten des Feindes nach den Grundsätzen der Menschlichkeit oder des Völkerrechts nicht zu rechnen. Insbesondere ist von den politischen Kommissaren aller Art als den eigentlichen Trägern des Widerstandes eine haßerfüllte, grausame und unmenschliche Behandlung unserer
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Gefangenen zu erwarten.“ Weil dies so sei, dürfte diesen „Kommissaren“ nicht der Status von Kriegsgefangenen zuerkannt werden. Sie seien vielmehr „grundsätzlich sofort mit der Wa≠e zu erledigen“. Dies gelte für „Kommissare jeder Art und Stellung, auch wenn sie nur des Widerstandes, der Sabotage oder der Anstiftung hierzu verdächtig sind“. Die Propaganda-Abteilung der Wehrmacht entwickelte seit Mai 1941 „Richtlinien für das Verhalten der Truppe in Russland“, die dann unmittelbar vor dem Überfall auf die Sowjetunion an die Truppe ausgegeben wurden.46 Auch hier wurden die deutschen Soldaten zu einem „rücksichtslosen und energischen Durchgreifen gegen bolschewistische Hetzer, Freischärler, Saboteure, Juden“ aufgerufen. Eine besondere Behandlung verdienten die „asiatischen Soldaten der Roten Armee“, denn sie seien „undurchsichtig, unberechenbar, hinterhältig und gefühllos“. Da man es mit einem extrem „heimtückischen“ Feind zu tun habe, müsse jeder „aktive und passive Widerstand“ beseitigt werden. Doch nicht nur Hitler und die Wehrmachtsführung47, auch einzelne Generäle riefen vor und nach dem Überfall auf die Sowjetunion ihre Soldaten dazu auf, einen rücksichtslosen „Vernichtungskampf “ gegen das „jüdisch-bolschewistische System“ zu führen, was mit sowohl antisemitischen wie antikommunistischen und antislawistischen Motiven begründet wurde. Besonders deutlich wird diese ideologische Vermischung in einem Schreiben des Oberbefehlshabers der Panzergruppe 4, Generaloberst Hoepner vom 20. Juli 1941. Darin heißt es: „Der Krieg gegen Rußland ist ein wesentlicher Abschnitt im Daseinskampf des deutschen Volkes. Es ist der alte Kampf der Germanen gegen das Slawentum, die Verteidigung europäischer Kultur gegen moskowitisch-asiatische Überschwemmung, die Abwehr des jüdischen Bolschewismus. Dieser Kampf muß die Zertrümmerung des heutigen Rußlands zum Ziel haben und deshalb mit unerhörter Härte geführt werden. Jede Kampf handlung muß in Anlage und Durchführung von dem eisernen Willen zur erbarmungslosen, völligen Vernichtung des Feindes geleitet sein. Insbesondere gibt es keine Schonung für die Träger des heutigen russisch-bolschewistischen Systems.“48 Am 10. Oktober 1941 ermahnte der Kommandeur der 6. Armee (die dann in Stalingrad unterging, nachdem sie eine blutige Spur
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durch Südrussland gezogen hatte), General v. Reichenau, seine Soldaten: „Hinsichtlich des Verhaltens der Truppe gegenüber dem bolschewistischen System bestehen vielfach noch unklare Vorstellungen. Das wesentliche Ziel des Feldzugs gegen das jüdischbolschewistische System ist die völlige Zerschlagung der Machtmittel und die Ausrottung des asiatischen Einflusses im europäischen Kulturkreis. […] Der Soldat ist im Ostraum nicht nur ein Kämpfer nach den Regeln der Kriegskunst, sondern auch Träger einer unerbittlichen völkischen Idee und der Rächer für alle Bestialitäten, die deutschen und artverwandten Völkern zugefügt wurden. Deshalb muß der Soldat für die Notwendigkeit der harten, aber gerechten Sühne am jüdischen Untermenschentum volles Verständnis haben. Sie hat den weiteren Zweck, Erhebungen im Rücken der Wehrmacht, die erfahrungsgemäß stets von Juden angezettelt wurden, im Keime zu ersticken.“49 Und der Kommandeur der 11. Armee General v. Manstein, der nach 1945 den – so der Titel seiner Memoiren – „verlorenen Siegen“ nachtrauern sollte, erklärte am 20. November 1941: „Seit dem 22.6. steht das deutsche Volk in einem Kampf auf Leben und Tod gegen das bolschewistische System. Dieser Kampf wird nicht in hergebrachter Form gegen die sowjetische Wehrmacht allein nach europäischen Kriegsregeln geführt. […] Das Judentum bildet den Mittelsmann zwischen dem Feind im Rücken und den noch kämpfenden Resten der Roten Armee und der Roten Führung. […] Das jüdisch-bolschewistische System muß ein für allemal ausgerottet werden. Nie wieder darf es in unseren europäischen Lebensraum eingreifen. Der deutsche Soldat hat daher nicht allein die Aufgabe, die militärischen Machtmittel dieses Systems zu zerschlagen. Er tritt auch als Träger einer völkischen Idee und Rächer für alle Grausamkeiten, die ihm und dem deutschen Volk zugefügt wurden, auf. Für die Notwendigkeit der harten Sühne am Judentum, dem geistigen Träger des bolschewistischen Terrors, muß der Soldat Verständnis auf bringen.“50 Mit solchen O∏zieren konnte Hitler wirklich zufrieden sein. In ideologischer Hinsicht gab es zwischen ihnen und Hitler völlige Übereinstimmung. Das „jüdisch-bolschewistische System“ musste mit allen und dies heißt, wie der Kommissarbefehl zeigt, auch völkerrechtswidrigen Mitteln „zerschlagen“ werden. Die Vernichtungswut der O∏ziere basierte jedoch keineswegs nur auf der bis zum Kadaver-
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gehorsam reichenden Bereitschaft, ihrem „Führer“ zu folgen. Sie teilten mit Hitler das Feindbild vom „jüdischen Bolschewismus“, in dem die Ideologien des Antisemitismus, Antikommunismus und Antislawismus51 sowie des Geostereotyps vom sowohl bedrohlichen wie anziehenden „Osten“ eine untrennbare Verbindung eingegangen waren. Diese Ideologie hatte einen programmatischen Charakter. Auf die konkrete Verwirklichung dieses ideologischen Programms im „biologistisch begründeten Feldzug gegen Bolschewisten, Juden, Zigeuner und andere slawische Untermenschen“52 kann und muss hier nicht näher eingegangen werden.53 Die Folgen sind bekannt: Neben 6 Millionen Juden und einer (geschätzten) halben Million Sinti und Roma,54 von denen wiederum die meisten im „Osten“ ermordet wurden, hat die Wehrmacht von den insgesamt fast 6 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen über die Hälfte, genau 3,3 Millionen, entweder sofort erschossen oder willentlich und mit Absicht an Hunger und Seuchen sterben lassen.55 Sie, d. h. die sowjetischen Kriegsgefangenen, waren eben „keine Kameraden“.56 Insgesamt sind dem „ideologischen Vernichtungskrieg“ gegen die „jüdisch-bolschewistische“ Sowjetunion über 30 Millionen – nach neuesten Schätzungen sogar 40 Millionen57 – Sowjetbürger zum Opfer gefallen. „Fluten aus dem Osten“ Wer hier Täter und wer Opfer war, ist klar. Dennoch oder deshalb hat die nationalsozialistische Propaganda am Ende des Krieges die Deutschen zu Opfern von „Fluten aus dem Osten“ erklärt, die wahlweise als „jüdisch-bolschewistisch“ oder, um noch einmal Generaloberst Hoepner zu zitieren, als „moskowitisch-asiatisch“ bezeichnet wurden. Die beiden Begri≠e und Feindbilder findet man auf verschiedenen Propaganda-Bildern und -postern, auf denen als „jüdisch“ oder „asiatisch“ konnotierte Sowjetsoldaten zu sehen sind, die mit ihren Händen oder besser Pranken nach Deutschland und ganz Westeuropa greifen oder deutsche Frauen angreifen und vergewaltigen. Diese Propaganda war wirkungsvoll und wirkt bis heute nach, zumal einige (aber längst nicht alle!) – sowjetischen Soldaten am Kriegsende tatsächlich bestialische Verbrechen, vor allem an schutzund wehrlosen Frauen und Mädchen begangen haben, die von den
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nationalsozialistischen als „jüdisch“ und „asiatisch“ von den späteren Propagandisten des Kalten Krieges dagegen ,nur‘ als „asiatisch“ bezeichnet wurden. Das alte, von den Nationalsozialisten zwar nicht erfundene, wohl aber perfektionierte und radikalisierte Stereotyp vom „asiatischen Russland“ wirkte hier nach. Und dies auch und gerade nach 1945, wo man sich wieder als Opfer von imaginierten „Fluten aus dem Osten“ ansah. Nicht zuletzt, um den eigenen vergangenen und potentiellen neuen „deutschen Drang nach Osten“ zu rechtfertigen.
„Nach Moskau“ Westdeutschland und der Osten „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau! Darum CDU“ – hieß es auf einem Wahlplakat der CDU aus dem Jahr 1953.1 Angesprochen und angegri≠en zugleich war die SPD. Sie galt in den Augen der CDU als marxistisch. Doch dies war die SPD schon lange nicht mehr. Das hat sie spätestens in ihrem Godesberger Parteiprogramm von 1958 mehr als deutlich betont. Außerdem konnte keine Rede davon sein, dass die SPD mit und ohne Marxismus in einer irgendwie gearteten Abhängigkeit von „Moskau“ stand. Im Gegenteil kann man sagen: Die damalige SPD war mindestens so antikommunistisch eingestellt wie die CDU. Doch dieser Antikommunismus wurde ihr hier abgesprochen und eine prokommunistische Neigung unterstellt. Das war gemein, aber propagandistisch wirkungsvoll. Denn Antikommunismus wurde als demokratische Tugend angesehen und war so etwas wie die Staatsideologie der noch jungen Bundesrepublik. Wer sich diesem antikommunistischen Konsens verweigerte, wurde verfemt und verfolgt. Dies bekam auch die schon damals völlig einflusslose KPD zu spüren. Sie wurde drei Jahre später, 1956, verboten. Der bundesrepublikanische Antikommunismus ist in der älteren Forschung einhellig positiv bewertet worden.2 Kritische Studien sind selten und wegen ihrer häufig prokommunistischen Parteinahme auch durchaus mit Vorsicht zu betrachten.3 Dies veranlasste die Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan (Präsidentin der Europa-Uni Viadrina in Frankfurt/Oder), zumindest den von ihr so bezeichneten „demokratischen Antikommunismus“ energisch zu verteidigen, weil er die „Zustimmung zur Demokratie“ befestigt und der „totalitären Zwangsherrschaft der kommunistischen Einparteiendiktatur“ eine „fundamentale Absage“ erteilt habe.4 Bei derartigen positiven Einschätzungen des Antikommunismus wird jedoch häufig übersehen, dass er meist nicht allein, sondern in
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Verbindung mit anderen Ideologien auftrat. An erster Stelle mit dem Antisemitismus. So war es schon bei den Nationalsozialisten gewesen, die die Ideologien des Antikommunismus und Antisemitismus zum Feindbild vom „jüdischen Bolschewismus“ verbunden hatten. Zumindest Anklänge dieses „jüdisch-bolschewistischen“ Feindbildes kann man noch auf einem Wahlplakat der CDU aus dem Bundestags-Wahlkampf 1953 erkennen. Hat der durch Hammer und Sichel an der Mütze als Rotarmist kenntlich gemachte Soldat doch unverkennbare „asiatische“ Züge. Dies erinnert stark an die ebenfalls häufig als „asiatisch“ dargestellten „jüdischen Bolschewisten“ auf nationalsozialistischen Propagandabildern.5 Hinzu kommt ein weiteres ideologisches Element und Feindbild. Symbolisiert wird es auf besagtem Wahlplakat der CDU durch die roten und schwarzen Streifen, die gewissermaßen aus den Augen des „asiatischen“ Rotarmisten auf den Betrachter zulaufen und ein Gefühl der Bedrohung und Angst hervorrufen. Angst wovor? Natürlich vor „Moskau“ der Hauptstadt der kommunistischen Welt und des „asiatischen Russlands“, das im so bedrohlichen und „barbarischen“ Osten liegt. Noch besser zum Ausdruck kommt das Feindbild „Osten“ auf zwei Wahlplakaten der CDU und FDP sowie der CSU aus dem Jahr 1948. Sie zeigen eine Karte Europas, von dem aber nur der Westen zu sehen ist. Der Osten ist von dem Bild eines eindeutig „asiatischen“ Sowjetsoldaten bedeckt, der mit seiner Hand bzw. tierisch anmutenden Pranke nach Westeuropa greift. Die Trennungslinie zwischen Osten und Westen verläuft an der Elbe. Damit werden das historische
> 9 „Nach Moskau“. Auf diesem Wahlplakat der CDU zur Bundestagswahl am 6.9.1953 ist ein – durch Hammer und Sichel an der Mütze kenntlich gemachter – sowjetischer Soldat zu sehen. Die auf seine Augen zulaufenden (im Original roten) Streifen sollen seine Gefährlichkeit verdeutlichen. Dieser „roten Gefahr“ soll bereits die als marxistisch angesehene SPD erlegen sein. Man kann die Warnung vor den „nach Moskau“ führenden „Wegen“ aber auch als Aufforderung lesen: der Bedrohung aus dem Osten durch einen Zug „nach Moskau“ zu begegnen
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Mittel- und Ostdeutschland sowie der gesamte ostmitteleuropäische Raum zu diesem „Osten“ gerechnet. Die Botschaft dieser Plakate ist klar: West-Deutschland und der Westen sind durch den ,asiatisch-bolschewistischen‘ Osten bedroht, der sich bis nach Mitteleuropa ausgedehnt hat. In geographischer Hinsicht war dies neu. Doch nicht in ideologischer. In diesem Feindbild „Osten“ mischten sich die alten und uralten Ängste vor dem „asiatischen Russland“ und generell den „Fluten aus dem Osten“ mit ebenfalls keineswegs völlig neuen antikommunistischen Ideologemen. Mit der auf den Plakaten geschürten Angst vor dem Osten wird gleichzeitig o≠en und verdeckt zu einer neuen Aggression gegen diesen Osten aufgerufen. „Nach Moskau“ muss nicht nur Angst vor der „roten Flut“ aus dem Osten, sondern kann auch „Drang nach Osten“ bedeuten. Geht diese Interpretation der Wahlplakate zu weit? Hat es in der (alten) Bundesrepublik ein Feindbild „Osten“ gegeben, das durch Angst und Aggression gekennzeichnet war? Angst Angst vor dem Osten hatten die (West-)Deutschen ohne Zweifel. Die in der kollektiven Mentalität der Deutschen tief verwurzelte Angst war am Ende des Krieges von der nationalsozialistischen Propaganda noch zusätzlich geschürt und angeheizt worden. Dies mit dem Ziel, den Durchhaltewillen der Bevölkerung zu stärken, die an den versprochenen „Endsieg“ nicht mehr glauben wollte und sehr wohl wusste, welche Verbrechen Deutsche im Osten begangen hatten.6 Schon deshalb fürchtete man sich vor der Bestrafung und der Rache der Sieger, vor allem der Russen, die besonders unter der Aggression der Deutschen gelitten hatten. Tatsächlich haben sich dann auch viele, aber keineswegs alle sowjetischen Soldaten an den Deutschen gerächt. Allerdings zunächst und vornehmlich an der Zivilbevölkerung in den ost- und mitteldeutschen Territorien. Der Einmarsch der Roten Armee wurde wahrlich nicht als „Befreiung“ wahrgenommen. Vor allem nicht von Frauen und Mädchen, die zu tausenden vergewaltigt wurden. Auch bei der anschließenden Vertreibung nahezu aller Deutschen aus den Ostgebieten kam es zu unfassbaren Verbrechen. Begangen wurden sie keineswegs nur von
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sowjetischen Soldaten, sondern auch von Polen, Tschechen, Slowaken, Jugoslawen und anderen Angehörigen der von Deutschland überfallenen und geknechteten osteuropäischen Völker. Das Schicksal, das viele Deutsche, vor allem Ostdeutsche traf, war schwer. Ihr Leid war real und konnte auch nicht mit dem Leid verglichen und aufgewogen werden, das Deutsche den „Ostvölkern“ angetan hatten. Jedenfalls nicht von den direkt Betro≠enen. Sie fühlten sich zudem in ihren Urteilen und noch mehr Vorurteilen über den „barbarischen Osten“ generell bestätigt und sahen sich als Opfer der seit Jahrhunderten beschworenen „Gefahren“ und „Fluten aus dem Osten“. Das Feindbild „Osten“ wurde durch diese lebensgeschichtlichen Erfahrungen bestätigt und vertieft und zugleich für politische Zwecke instrumentalisiert und radikalisiert. Dies durch die westliche Feindbild-Propaganda, in der nicht selten vor der „roten Flut“7 oder „roten Springflut“8 aus dem Osten gewarnt wurde, die nun den gesamten Westen bedrohe, nachdem sie bereits ganz Osteuropa „überschwemmt“ habe. Der nun flächendeckend kommunistisch gewordene Osten beantwortete die westlichen Warnungen vor den „Fluten aus dem Osten“ mit dem Hinweis auf den ebenso bedrohlichen „Drang nach Osten“ der Westdeutschen und ihrer Verbündeten im „aggressiven Kriegspakt“ der NATO.9 Angst und Feindbilder gab es also im Osten wie im Westen. Der Ost-West-Konflikt, der nicht zu einem heißen Krieg eskalierte, sondern ein „Kalter Krieg“ blieb, wurde von den Propagandisten beider Seiten mit derartigen Feindbildern ausgefochten. In Westdeutschland jedoch in einer besonderen Form, die sich von der Kalte-Kriegs-Propaganda der übrigen westlichen Länder unterschied. Auch dies kam nicht von ungefähr. Verlief doch die ,Front‘ des Kalten Krieges mitten durch Deutschland. Seine Eskalation zum heißen Krieg hätte zur Sowjetisierung auch Westdeutschlands oder zur Vernichtung ganz Deutschlands führen können. Auf jeden Fall wäre Deutschland zum Schlachtfeld des mit konventionellen und aller Wahrscheinlichkeit nach auch mit atomaren Wa≠en ausgetragenen Krieges zwischen dem Osten und dem Westen geworden. Die Angst vor einem solchen Vernichtungskrieg war ebenso real und berechtigt wie die Angst vor dem Osten. Die Bundesrepublik verstand sich als Frontstaat im Ost-WestKonflikt. Daher hatten die Ideologie des Antikommunismus und das
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mit dieser Ideologie verknüpfte Feindbild „Osten“ einen viel größeren Stellenwert als in den übrigen westlichen Ländern. Dies manifestierte sich bereits in der Verfassung, dem Grundgesetz, in dem die Ziele des neuen deutschen Teilstaats nicht positiv durch die Berufung auf die Werte der Demokratie, sondern negativ durch die Abgrenzung von ihren Feinden im Inneren und Äußeren festgelegt wurde. Die westdeutsche war eine ,Feindbild-Demokratie‘, die sich ganz wesentlich durch die Abgrenzung vom Kommunismus im Osten definierte.10 Doch dies wurde nicht immer o≠en zugegeben. Stattdessen sprach man vom „Totalitarismus“, womit der vergangene Nationalsozialismus und der im Osten höchst gegenwärtige Kommunismus gemeint waren. Dieser „Totalitarismus“ war nach den Worten des einflussreichen Staatsrechtlers und Verfassungsrichters Gerhard Leibholz das „negative Gegenbild“ zur „freiheitlich demokratischen Grundordnung“.11 Leibholz’ These wurde zum Dogma, das sich in allen Kommentaren zum Grundgesetz wieder findet. So auch in dem von Maunz / Düring / Herzog / Scholz verfassten, in dem man lesen kann, dass die im Artikel 18 erwähnte „freiheitlich demokratische Grundordnung“ als „Gegenposition“ zum „Totalitarismus“ zu verstehen sei. Dies verpflichte den Staat dazu, alle auf den Totalitarismus „abzielende[n] Bestrebungen von vornherein zu verhindern“.12 Damit war weit mehr als der vergangene Nationalsozialismus der höchst lebendige Kommunismus im „Osten“ gemeint. Mit bemerkenswerter O≠enheit haben die Grundgesetz-Kommentatoren dies an anderer Stelle folgendermaßen formuliert: „Blickt man auf die erlebte Vergangenheit und die erlebte Gegenwart jenseits ,der Mauer‘ und ,des Todesstreifens‘, so wird eigentlich unmittelbar einsichtig, was alles [aber auch nur] zum Begri≠ der ,freiheitlich demokratischen Grundordnung‘ i. S. des Grundgesetzes gehört.“13 Das Feindbild „östlicher Kommunismus“ oder „kommunistischer Osten“ sollte zudem die politischer Erziehung der westdeutschen Jugend bestimmen. Deutlich ausgedrückt wurde dies in den 1962 von den Kultusministern erlassenen Richtlinien für die Behandlung des Totalitarismus im Unterricht, in denen die Lehrer verpflichtet wurden, ihren Schülern die „verwerf liche Zielsetzung“ und die „verbrecherischen Methoden“ des „kommunistischen und des nationalsozialistischen Totalitarismus“ zu verdeutlichen.14 Dass es auch hier wieder vor-
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nehmlich um die Bekämpfung des Kommunismus gehen sollte, ist im folgenden Satz klar und unmissverständlich ausgedrückt: „Die Tatsache, daß die beiden Systeme einander bekämpft haben, darf nicht über ihre enge Verwandtschaft hinwegtäuschen.“15 Deutlich gemacht wurde ferner, dass der (gesamtdeutsche) Nationalsozialismus Vergangenheit, der (ostdeutsche) Kommunismus dagegen Gegenwart sei. Die Abgrenzung vom und die Angst vor dem Kommunismus im Osten bestimmten das politische Selbstverständnis der (alten) Bundesrepublik. Diese Angst vor dem Osten konnte jedoch in eine Aggression gegen den Osten umschlagen. Aggression Deutlich wurde diese aggressive Grundhaltung in den Empfehlungen zur Ostkunde, die bereits 1956 von der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland beschlossen worden sind.16 Der inhaltliche bzw. ideologische Bezug zu den bereits erwähnten Totalitarismus- (bzw. Antikommunismus-)Empfehlungen wurde gleich eingangs folgendermaßen ausgedrückt: „Das gesamte Erziehungs- und Bildungswesen der Deutschen muß den Aufgaben gerecht werden, vor die unser Volk durch den Einbruch des Sowjetsystems in Mitteleuropa und durch die Spaltung Deutschlands in einen westlichen und einen östlichen, unter den Einfluß des Sowjetsystems geratenen Teil gestellt worden sind. Das Schicksal Deutschlands und Europas wird wesentlich davon abhängen, ob es gelingt, diese Aufgaben zu meistern.“17 Mit den Aufgaben, deren man gerecht werden musste, war die Bekämpfung des Kommunismus gemeint, die die Kenntnis der „politischen und kulturellen Gegebenheiten des europäischen Ostens“ notwendig mache. Erst sie scha≠e die Voraussetzung für eine „fruchtbare Auseinandersetzung auch mit dem System“, das diesen „europäischen Osten […] gegenwärtig beherrscht“.18 Zu diesem Zweck sollte die „Ostforschung“ an den Hochschulen ausgebaut und im Schulwesen verankert werden. Mit dieser „Ostforschung“ war eindeutig die alte gemeint, die wenige Jahre zuvor der Legitimierung des nationalsozialistischen Ostimperialismus gedient hatte. Das galt in inhaltlicher wie methodischer
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Hinsicht. Die „Ostforschung“ sollte sich mit dem „Raum“ beschäftigen, der „das geschichtliche Bewußtsein der Deutschen umfaßt“ und zu dem nicht nur die „zur Zeit unter fremder Verwaltung stehenden Gebiete“ jenseits der Oder-Neiße-Linie, sondern auch die „früher von den Deutschen besiedelten Gebiete“ gehörten. Methodisch sollte sie sich sowohl an der „Kultur- und Sozialgeschichte“ wie an der „Volksgeschichte“ orientieren und alle diese Richtungen einbeziehen.19 Spätestens hier wird deutlich, dass die geschürte und instrumentalisierte Angst vor dem (kommunistischen) Osten in Aggression umschlagen konnte und vielleicht sogar sollte. Dafür spricht bereits die Tatsache, dass hier ohne jegliche Kritik und Selbstkritik von „Ostforschung“ gesprochen wurde, obwohl diese „Ostforschung“ die Legitimationswissenschaft des nationalsozialistischen Ostimperialismus gewesen war. Tatsächlich waren verschiedene „Ostforscher“ an der Vorbereitung und Formulierung der „Ostkunde“-Empfehlungen beteiligt, darunter selbst solche, die am „Generalplan Ost“ mitgearbeitet hatten. Die von den Kultusministern verordnete neue „Ostforschung“ war die alte. Sie war noch nicht einmal ,alter Wein in neuen Schläuchen‘. In inhaltlicher und personeller Hinsicht hatte sich nichts geändert und darauf waren die alt-neuen „Ostforscher“ auch noch stolz. Hermann Aubin pries sie als die „Ungebrochenen“.20 Und dies war positiv gemeint. Von Selbstkritik oder gar Schuldbewusstsein wegen der Beteiligung am „Generalplan Ost“ und seiner praktischen Umsetzung bei den „ethnischen Flurbereinigungen“ im Osten war keine Spur. Man machte so weiter wie bisher. Rühmte die Leistungen der Deutschen im Osten, die mit „überschäumenden Kräften“ in diesen „Osten“ gezogen seien, um den kulturlosen Slawen die „geistigen und materiellen Errungenschaften des Abendlandes“ zu vermitteln.21 Oder bemühte die uns bekannte und, wie gezeigt, mehr als problematische Flut-und-Ebbe-Metapher, um zu verdeutlichen, „was sich in den letzten zwei Jahrtausenden an unserer Ostgrenze ereignet hat“.22 Beginnend mit der „Hunnenzeit“ seien „Fluten […] von Osten“ herangebrandet, was zur „Aufrichtung von Dämmen und Schutzwällen“, aber auch zu einem „deutschen Drang nach Osten“ geführt habe, wobei sich die „deutsche Kolonisationsbewegung“ in jene Gebiete ausgebreitet habe, in welche „die Slawen beim Nachsickern in die durch die Völ-
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kerwanderung entleerten Räume vorgedrungen“ seien. Dort hätten dann „die Deutschen“ neben den „primitiven Siedlungen der Slawen […] Städte mit Handel und Gewerbe“ gegründet. Doch durch die „Vertreibung der in den Ostprovinzen ansässigen Deutschen“ sei es zu einem „Auslöschen“ der von den Deutschen gebrachten und von ihnen auch repräsentierten Kultur gekommen. Beispiele wie diese, die beliebig fortgesetzt werden könnten, wurden von russischen, polnischen und Historikern der DDR als Beweis ihrer These von der ungebrochenen Kontinuität der „imperialistischen deutschen Ostforschung“ aufgefasst, die der Legitimierung des traditionellen „deutschen Dranges nach Osten“ diente. Dieses Mal jedoch nicht allein, sondern innerhalb und mit Hilfe der NATO.23 Auch diese Angst war nicht völlig unbegründet. Sollte die wirtschaftliche, politische und schließlich auch militärische Integration der Bundesrepublik in den Westen doch auch dem Ziel einer Wiedervereinigung mit der DDR und möglicherweise sogar der Wiedergewinnung der ehemaligen Ostgebiete dienen, deren faktischen Verlust man einfach nicht anerkennen wollte. In diesem Zusammenhang und mit diesem Zweck proklamierte man im Westen eine „Politik der Stärke“ und sprach ziemlich unverhüllt und drohend von einem roll back.24 Ernst gemeint waren und konnten diese Propagandaphrasen, mit denen man ähnliche und zum Teil noch aggressivere des Ostens konterte,25 jedoch spätestens dann nicht mehr sein, als die Sowjetunion auch über die Atombombe und schließlich seit 1958 auch über Raketen verfügte, die nicht nur jeden Ort in Westeuropa, sondern auch in den USA erreichen konnten. Die Erkenntnis, dass ein Nuklearkrieg von beiden Seiten nicht zu gewinnen war, sondern zur Zerstörung wenigstens großer Teile der Welt führen würde, leitete dann eine neue Politik ein, die im Osten „friedliche Koexistenz“ und im Westen „Entspannung“ genannt wurde. Sie wurde von der Bundesrepublik aufgegri≠en und unter dem Namen „neue deutsche Ostpolitik“ weiter geführt. Sie bereitete den Boden für eine Überwindung des Feindbildes „Osten“ vor.
„Neue Ostpolitik“ Die Überwindung der Stereotype Die von und zwischen den Supermächten betriebene Entspannungspolitik ermöglichte eine Veränderung in der Politik der Bundesrepublik gegenüber seinen östlichen Nachbarn. Es handelte sich dabei nicht nur um eine „neue“, sondern überhaupt um eine „Ostpolitik“, denn vorher gab es so gut wie keine und wenn, dann eine von Angst und Misstrauen geprägte Politik gegenüber dem Osten. Diplomatische Beziehungen hatte es nur zur Sowjetunion gegeben, doch nicht zu den übrigen Staaten des Ostblocks. Insbesondere nicht zu Polen, dessen Westgrenze, die „Oder-Neiße-Linie“, nicht anerkannt worden war. Die Existenz der DDR bzw. der, wie sie bezeichnet wurde, „so genannten DDR“ oder schlicht „Zone“ war einfach geleugnet worden.1 Das änderte sich mit dem Regierungsantritt der Sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt. Die polnische Westgrenze wurde 1970 durch die Verträge von Moskau und Warschau anerkannt. Ein Jahr später folgte mit dem Grundlagenvertrag auch die faktische Anerkennung der DDR. All dies erfolgte im Zeichen einer Politik, die Brandts außenpolitischer Berater Egon Bahr als „Wandel durch Annäherung“ bezeichnet hatte. Sie war und blieb zwar heftig umstritten, führte aber dennoch, ja gerade deshalb auch zu einem Wandel in der Einstellung nicht aller, aber vieler (West-)Deutscher gegenüber dem Osten. Dabei wurden alte und neue Feindbilder und Ideologien überwunden. „Risse im Monolith“ An erster Stelle ist hier die Totalitarismustheorie zu nennen, die so etwas wie die Staatsideologie der (alten) Bundesrepublik gewesen war. Ihre Grundmaximen wurden von der westdeutschen zeithistorischen Forschung in Frage gestellt.2 Nämlich die grundsätzliche Ähnlichkeit, ja fast Gleichheit von Nationalsozialismus und Kommunismus. Die
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sich zwar spät, dann aber überraschend schnell entwickelnde Nationalsozialismusforschung fand heraus, dass das „Dritte Reich“ Hitlers so viele Besonderheiten aufwies, dass es kaum mit der Sowjetunion Stalins auf eine Stufe zu stellen war. Einige Historiker, allen voran Ernst Nolte, meinten sogar, dass es eher in die Gruppe der „faschistischen“ als der „totalitären Diktaturen“ einzuordnen sei. Die Kommunismusforschung dagegen wies auf Veränderungen innerhalb der Sowjetunion und „Risse im Monolith“3 des Ostblocks hin, die zu einer „Desintegration“ dieses „totalitären Systems“ führen könnten. Beides war in dem bis dahin vorherrschenden idealtypisch statischen Totalitarismusmodell von Carl Joachim Friedrich und Zbigniew Brzezinski nicht vorgesehen gewesen. Konnte aber jetzt für eine Außenpolitik genutzt werden, die davon ausging, dass es eben auch im Osten zu einem Wandel komme, der zu einer Annäherung an den Westen führen könne. Dieser „Wandel“ wurde zwar von einigen maßlos überschätzt und führte insbesondere nicht dazu, dass sich die DDR zu einem ,nur‘ noch „autoritären“ Regime zurückbildete oder sich gar der Bundesrepublik anglich, dennoch war er ohne Zweifel da. Auf jeden Fall ängstigte man sich im Westen vor diesem gewandelten und in sich bereits gebrochenen nicht mehr so wie vor dem „totalitären“ und „monolithischen“ Osten. Diese politikwissenschaftliche Diskussion prägte die Politik und stand daher auch im Zentrum der politischen Ö≠entlichkeit. Weniger beachtet wurde, dass im gleichen Zeitraum auch eine andere Ideologie in Frage gestellt wurde, die ebenfalls, ja vielleicht noch mehr als die Totalitarismusdoktrin das Feindbild „Osten“ geprägt und legitimiert hatte. Gemeint ist die Ideologie bzw. der „Mythos deutsche Ostkolonisation“.4 „Ostsiedlung“ statt „Ostkolonisation“ Der Erste, der es wagte, diesen „Mythos“ anzugreifen, war der Marburger Mediävist Walter Schlesinger. In einem 1957 in der Historischen Zeitschrift verö≠entlichten Aufsatz wies Schlesinger darauf hin, dass es sich bei der „Ostkolonisation“ nicht um einen epochenübergreifenden Vorgang gehandelt habe, zu dem auch noch die germanische Vorzeit zu zählen sei.5 Von einer „Wiederbesiedlung des ostdeutschen Volksbo-
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dens“ könne man schon deshalb nicht reden, weil man die Begri≠e „germanisch“ und „deutsch“ nicht vermengen dürfe. Auch im Mittelalter seien die Deutschen keineswegs die „ersten und alleinigen Kulturbringer“ gewesen, zumal sich an diesen Siedlungsvorgängen auch „einheimische Slawen“ beteiligt hätten. Diese Kritik führte Schlesinger sechs Jahre später, 1963, in einem Vortrag vor dem Herder-Forschungsrat näher aus.6 Auch hier kritisierte er die These von der Existenz einer epochenübergreifenden und auch die germanische Vorzeit mit einbeziehenden „Ostbewegung“, um dann jedoch selber an diesem äußerst problematischen Begri≠ festzuhalten. Neben der „Urgermanen“- hielt Schlesinger auch die „Kulturträger“-Theorie für sachlich falsch und warnte, rechtliche und wirtschaftliche Faktoren und Erscheinungen wie z. B. das „deutsche Stadtrecht“ mit nationalen Kriterien zu bezeichnen und zu bewerten. An mehreren Stellen seines Vortrages wies er auch auf die unverkennbaren „politischen Zielsetzungen“ der deutschen „Ostforschung“ hin und meinte sogar, dass es sich dabei um ein „unpräzises und verschwommenes Wort“ handele. Den letzteren, wenn man so will ideologiekritischen Gedanken entwickelte Schlesinger dann 1975 in einem weiteren Aufsatz, in dem er ausführte, dass die, wie er sie jetzt nannte „deutsche Ostsiedlung des Mittelalters […] zum großen Teil nichts spezifisch Deutsches“ an sich gehabt habe und erst durch die „Einbeziehung anderer, mit ihr gar nicht von Haus aus verknüpfter geschichtlicher Erscheinungen und Abläufe zu einer säkularen, alle Lebensgebiete ergreifenden Ostbewegung hochstilisiert worden“ sei, „die ihren besonderen Akzent durch das Wort Osten“ erhalten habe.7 „Durch viele Jahrzehnte“ hindurch sei die Forschung „nicht nur vom wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse bestimmt“ worden, sondern auch „außerwissenschaftlichen Einflüssen nationalpolitischer Art unterworfen“ worden. Auch Neuzeithistoriker gri≠en Schlesingers Anregungen und Vorschläge auf, indem sie auf die vielen sachlichen Fehler der alten „Ostforschung“ hinwiesen und ihre ideologische Bedingtheit und Zielsetzung herausarbeiteten.8 Daran knüpfte der britische Historiker Michael Burleigh an, der in einer wichtigen, aber bis heute nicht ins Deutsche übersetzten Studie die ostimperialistischen Ziele von Institutionen und Personen der deutschen „Ostforschung“ (vor allem
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Albert Brackmann und die „Nordostdeutsche Forschungsgemeinschaft“) nachwies, wobei er sich neben publizistischen vor allem auf archivalische Quellen stützte.9 Burleighs Studie beeinflusste verschiedene vornehmlich jüngere deutsche Zeithistoriker, die weitere Studien über weitere Institutionen und Personen der „Ostforschung“ vorlegten.10 Sie führten schließlich dazu, dass der durch und durch unwissenschaftliche und ideologische Charakter der deutschen „Ostforschung“ erkannt wurde. Die Mediävisten erkannten dies zwar an, konnten sich aber nicht ganz zu der Erkenntnis durchringen, dass es sich bei der von diesen „Ostforschern“ nicht nur ideologisierten, sondern geradezu „erfundenen“11 „deutschen Ostkolonisation“ um eine „Imagination“12 eben dieser „Ostforscher“ gehandelt hat, die schon deshalb und keineswegs nur, weil sie politischen Zwecken diente, als Ideologie anzusehen ist.13 In Geschichts- und Handbüchern gab (und gibt es immer noch) Abschnitte über die, wie sie jetzt allgemein genannt wurde, „mittelalterliche deutsche Ostsiedlung“. Damit erfahren deutsche Schüler und Studenten bis heute Fakten und Dinge über ein historisches Phänomen, das es nicht oder jedenfalls so nicht gegeben hat. Allerdings wird es nicht mehr in solch leuchtenden und zugleich nationalistischen Farben gezeichnet und behauptet, dass erst „die Deutschen die Kultur in den primitiven Osten gebracht“ hätten. „So zärtlich war Suleyken“ Verbunden mit diesem wissenschaftlichen Vorstoß war auch ein Wandel des Bildes sowohl des mittelalterlichen wie des gegenwärtigen „deutschen Ostens“ in der deutschen Belletristik und Publizistik.14 Vor und auch noch lange nach 1945 war hier immer viel von den „deutschen Auf bauleistungen“ durch die „deutsche Ostkolonisation“ und den Deutschen Orden die Rede gewesen. Dies in einer sehr chauvinistischen Weise und mit dem unverkennbaren Ziel, die „Rückgewinnung“ des verlorenen „deutschen Ostens“ zu fordern. Im Zuge der „neuen deutschen Ostpolitik“ änderte sich das. Wenigstens außerhalb der Belletristik und Publizistik der organisierten Heimatvertriebenen.15 An die Stelle der aggressiven traten nun eher elegische Trauer-Töne. Der verloren gegangenen „Heimat“ im Osten
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wurde zwar weiterhin nachgetrauert, doch dies geschah nicht mehr in revanchistischer Weise. Sie, die „Heimat im Osten“ wurde zugleich in rührender Weise und in verklärenden Farben gezeichnet. Beispielhaft dafür sind die Werke von Siegfried Lenz, insbesondere seine Geschichten über seine (wirklich schöne!) ostpreußische, genauer masurische Heimat in So zärtlich war Suleyken. Noch wichtiger und vielleicht noch wirkungsvoller waren Reiseberichte über die alte Heimat im „Osten“. So Christian Graf von Krockows Reise nach Pommern oder seine Begegnung mit Ostpreußen. Viel gelesen und noch mehr gefeiert wurden Marion Gräfin Dönho≠s Schilderungen und Wiederbegegnungen mit ihrer ostpreußischen Heimat in Büchern wie Kindheit in Ostpreußen, Namen, die keiner mehr kennt und Masuren. Bücher wie diese machten immer mehr Menschen auf diesen und den gesamten Osten neugierig, der weder „wiedergewonnen“ werden sollte noch als „fremd“ und „bedrohlich“ empfunden wurde. Stattdessen wurde er zum Reiseziel nicht nur von Heimwehtouristen der älteren, sondern auch Angehörigen der jüngeren Generation, die sich ebenfalls von der (herben) Schönheit dieses Ostens und der einfachen, aber gastfreundlichen Lebensart seiner neuen und wenigen alten Bewohner angezogen fühlten. Auch dann, ja gerade dann, wenn sie sich nicht nur auf die Spuren der „zärtlichen Suleyka“, sondern des barbarischen deutschen Faschismus begaben, sprich die im Osten zahlreich vorhandenen Stätten des nationalsozialistischen Terrors besuchten. Diese Gedenkstättenfahrten führten Schüler und Studenten in einen Raum, der hinter dem „Eisernen Vorhang“ geradezu versunken zu sein schien. Er war vielen, so auch meinen Studenten völlig unbekannt. Denn für sie hörte die Welt an der Friedrichstraße oder bereits in Helmstedt auf. Dahinter lag der weithin unbekannte, völlig undi≠erenzierte und geradezu amorphe Osten. Dabei gehörten große Teile dieses Ostens gar nicht zu Ost-, sondern allenfalls zu Ostmitteleuropa, das in historischer und kultureller Hinsicht immer ein Bestandteil des Westens gewesen war. Geographisch lag er ohnehin eher in der Mitte als im Osten Europas.
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„Die Mitte liegt im Osten“ Auf diesen eigentlich banalen, aber in der Zeit des Ost-West-Konfliktes häufig übersehenen Sachverhalt machte 1986 der Publizist und Historiker Karl Schlögel in einem viel beachteten Zeitungsartikel Die Mitte liegt im Osten aufmerksam.16 Polen, Tschechen, Slowaken, Ungarn etc. hätte Schlögel dies nicht sagen müssen. Sie hatten diese geographischen und historischen Gegebenheiten nie vergessen. Um das zu verdeutlichen, gri≠en einige polnische, tschechische, slowakische und ungarische Intellektuelle den „Mitteleuropa“-Begri≠ wieder auf.17 In Deutschland galt er als belastet, weil ihn deutsche Imperialisten wie Friedrich Naumann für ihre imperialistischen Bestrebungen geprägt und benutzt hatten.18 Diese ideologischen Bedenken wurden jedoch von verschiedenen Oppositionellen im Ostblock nicht geteilt. Der aus Mähren stammende Schriftsteller Milan Kundera verö≠entlichte 1984 einen Aufsatz mit dem programmatischen Titel Der Traum von Mitteleuropa. Der Ungar György Konrád sprach sich ebenfalls für den „Mitteleuropa“-Begri≠ aus, weil er sich „über die Blockgrenzen hinweg“ spannen würde und diese möglicherweise sprengen könnte. Ähnliche Beiträge kamen von Václav Havel, Czeslaw Milosz, Danilo Kis, Mihály Vajda und Milan Simecka. Der schon erwähnte Karl Schlögel reagierte überschwänglich und begeistert. Bereits das Wort „Mitteleuropa“ sei eine „Provokation an der Mauer im Kopf “.19 Der Gedanke selbst könne als „Hebel“ verwandt werden, „mit dem sich etwas gegen die Übermacht der Supermächte zuwege bringen lassen könnte“. Der sozialdemokratische Politiker Peter Glotz pflichtete Schlögel bei und sprach sich für eine „stärkere Konturierung Mitteleuropas im Zusammenhang mit einer weitergeführten Ostpolitik“ aus, wobei man durchaus in eine „gewisse Distanz zur amerikanischen Führung der Westallianz“ gehen könne. Dies wurde sofort von François Bondy scharf kritisiert, der darauf hinwies, dass es sich bei diesem „Mitteleuropa“ schlicht um ein „Phantom“ handelte.20 Beide Seiten in dieser heute schon fast vergessenen Kontroverse hatten Recht und Unrecht zugleich. Denn inzwischen hatte man bereits mit dem begonnen, was der britische Publizist Timothy Garton Ash (allerdings nachträglich!) die „Abwahl des Jahrhunderts“ bezeichnet hat.21
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„Ein Jahrhundert wird abgewählt“ Gemeint war die Revolution im Osten. Genauer gesagt hat es sich um zwei Revolutionen gehandelt. Einmal um eine Revolution von unten, die in Polen begann und hier mit der Anerkennung der oppositionellen Gewerkschaft Solidarnosc am 31. August 1980 einen ersten Höhepunkt erreichte. Solidarnosc wurde zwar ein Jahr später verboten und in ganz Polen im Dezember 1981 das Kriegsrecht ausgerufen, doch damit konnte der ,revolutionäre Funke‘ nicht ausgetreten werden. Er verbreitete sich sogar zu einem, um noch einmal diese etwas abgegri≠ene Metapher zu bemühen, revolutionären Flächenbrand, der schließlich 1989 auch die DDR erfasste. Doch dass es hier sowie in den anderen Ländern des Ostblocks zu einer bzw. mehreren unterschiedlichen Revolutionen von unten kommen konnte, hatte auch damit zu tun, dass gleichzeitig Michail Gorbatschow in der Sowjetunion eine Revolution von oben versuchte, die jedoch scheiterte und zum Untergang der Sowjetunion und des gesamten Ostblocks führte. An all diesen Vorgängen waren die (West-)Deutschen zwar nicht direkt beteiligt, sie führten aber zu einem fundamentalen Wandel ihres Bildes vom Osten. Schon der tapfere Kampf der polnischen Solidarnosc rief in (West-)Deutschland eine bemerkenswerte Sympathiewelle hervor, die an die „Polenbegeisterung“ des Vormärz’ im 19. Jahrhundert erinnerte und sie zugleich noch übertraf. Als es nach und in Folge der Ausrufung des Kriegsrechtes in Polen zu einer sehr ernsten Versorgungskrise kam, zeigten überraschend viele (West-)Deutsche aus allen Regionen und sozialen Schichten das, was ihnen viele (mich eingeschlossen) niemals zugetraut hatten, nämlich Altruismus. Die für die hungernden Polen in Gestalt von Lebensmittelpaketen geleistete Hilfe war zweckfrei. Noch bemerkenswerter war, dass diese Hilfe einem Land galt, das im so verachteten und inzwischen weitgehend missachteten Osten lag. Berücksichtigt man ferner, dass Gorbatschow in beiden Teilen Deutschlands, im Osten noch mehr als im Westen, geradezu als Ho≠nungsträger galt, was zu einer wahren „Gorbimanie“ führte, dann konnte man fast den Eindruck haben, als ob viele Deutsche – wiederum mehr Ost- als Westdeutsche – nun aus Moskau und dem Osten
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generell das (politische) „Heil“ erwarteten. Es kam jedoch letztlich nicht von Gorbatschow, sondern durch die Revolution von unten und führte zur Wiedervereinigung. Umso erstaunlicher ist es, dass sowohl die Revolution in der DDR wie die nachfolgende Wiedervereinigung von vielen nach einer kurzen euphorischen Phase dann doch nicht als „Erlösung“ empfunden wurde. Stattdessen breitete sich ein Klima der Angst und Depression aus, das die Wiederkehr der schon weitgehend verschwundenen Geostereotype über den Osten begünstigte.
„Verostung“ Die Wiederkehr der Stereotype „Sie befürchten also die Gefahr der Veröstlichung, der Ver-Ostung?“ – wurde der Historiker Arnulf Baring von seinem Assistenten Dirk Rumberg gefragt.1 Diese ohnehin nur rhetorisch gemeinte Frage nahm Baring zum Anlass, um in seinem Buch Deutschland was nun? eine Philippika über und gegen die „Ossis“ zu halten: „Das Regime [= die DDR] hat fast ein halbes Jahrhundert die Menschen verzwergt, ihre Erziehung, ihre Ausbildung verhunzt. Jeder sollte nur noch ein hirnloses Rädchen im Getriebe sein, ein willenloser Gehilfe. Ob sich heute einer dort Jurist nennt oder Ökonom, Pädagoge, Psychologe, Soziologe, selbst Arzt oder Ingenieur, das ist völlig egal: Sein Wissen ist auf weite Strecken völlig unbrauchbar.“2 Die „Verostung“ der „Ossis“ führte Baring aber keineswegs auf ihre vormalige Zugehörigkeit zum kommunistischen „Ostblock“ zurück, er begründete dieses negative Stereotyp auch kulturalistisch mit dem Hinweis auf ihre Beeinflussung durch den russischen Osten. Sei doch auch die „Betonung des Russischen“ in den Schulen der DDR der Grund dafür, das sich „in den Köpfen [der Ossis] überhaupt nichts tat“. Barings Gesprächspartner, der Verleger Wolf Jobst Siedler, wollte in den Ostdeutschen „weithin deutsch sprechende Polen“ sehen, die mit den Polen und anderen Slawen eine beklagenswerte Vorliebe für Schnaps an den Tag gelegt hätten. In ihrem Land – der untergegangenen DDR – habe „polnische Wirtschaft“ geherrscht.3 Hier sowie in weiteren Beschimpfungen der und Witzen über die „Ossis“ war es wieder da: Das alte Feindbild über den notorisch rückständigen, ja barbarischen Osten. Neu war, dass es auch auf die Bewohner des historischen Mitteldeutschlands angewandt und mit einem neuen Unwort ausgedrückt wurde. Doch prägend für den neuen Begri≠ „Verostung“ war die alte Verachtung des Ostens.
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„Neue deutsche Ostkolonisation“ Doch nicht nur dieses negative Geostereotyp über den „Osten“ ist zurückgekehrt, auch das, wenn man will positive über den Osten als Ziel einer neuen deutschen Ostexpansion. Dieser Gedanke wurde ebenfalls in dem Buch Deutschland, was nun? näher ausgeführt. Baring und Siedler riefen darin zu einer „neuen deutschen Ostkolonisation“ auf. Dies einmal in den neuen Bundesländern bzw. in „Ostdeutschland“. Hier sollten nach dem Vorbild der mittelalterlichen „deutschen Ostkolonisation“ und des „Magdeburger Stadtrechts […] jetzt Finanzämter, Arbeitsämter und all die anderen, für uns selbstverständlichen Errungenschaften moderner Verwaltung gen Osten transportiert werden“.4 Darüber hinaus sollte auch der gesamte Osten, der von der „siegreichen Sowjetunion 1945 […] in die slawische Welt“ einverleibt worden sei, „kolonisiert“ werden.5 Dieses Ziel drückte Siedler folgendermaßen aus: „Wenn die Schwierigkeiten der Vereinigung überwunden sein werden – in fünf, zehn oder fünfundzwanzig Jahren – wird Deutschland gar nicht herumkommen, Osteuropa ökonomisch zu durchdringen, und wahrscheinlich wird ihm auf diesem Wege zufallen, was das Dritte Reich mit ein paar hundert Divisionen nicht erreichte – die Vorherrschaft in jenen unabsehbaren Räumen zwischen Weichsel, Bug, Dnjepr und Don.“6 Genau wie die chauvinistischen deutschen „Ostforscher“ des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wollte Baring in den seit 1945 polnischen, „Landschaften, Städten und Stätten Räume“ sehen, die immer noch „deutsch geprägt“ seien.7 Siedler wies darauf hin, dass „auch das alte Kurland und Livland von Riga über Reval bis Dorpat […] zumindest in der städtischen Welt deutsch geprägt“ gewesen sei.8 Auch dieser Raum käme für eine „neue Ostkolonisation“ in Frage9, zumal „Osteuropa […] in die alte chaotische Unordung, in der es immer gelebt hat“, zurückgefallen sei.10 Obwohl es leider dafür noch keine „Anzeichen“ gebe, müssten „wir Westdeutsche[n] die Aufgabe einer neuen ,Ostkolonisation‘, die auch früher schon eine Entwicklung von Jahrhunderten gewesen ist, für die nächsten Jahre und Jahrzehnte ins Auge fassen“.11 Diese ostimperialistischen Pläne waren bestenfalls töricht. Die Berufung auf die „deutsche Ostkolonisation“ war dagegen schlicht
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falsch. Hat es doch ein derartiges historisches Phänomen gar nicht gegeben. Jedenfalls so nicht, wie es von den deutschen „Ostforschern“ des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts erfunden und konstruiert worden ist. Dies ist, wie gezeigt, von den heutigen Historikern auch erkannt worden. Dennoch oder deshalb wurde der (von mir so bezeichnete) „Mythos Ostkolonisation“ wieder neu belebt. Den Anfang machte der französische Historiker Charles Higounet, der sich in seiner 1986 auf Deutsch verö≠entlichten Geschichte der „deutschen Ostsiedlung des Mittelalters“ völlig unkritisch der Sicht der inzwischen widerlegten und in Deutschland aufgegebenen deutschen „Ostforschung“ anschloss.12 Higounets Studie erschien im Siedler-Verlag, der kurz darauf eine auf zehn Bände konzipierte Reihe über die Deutsche Geschichte im Osten Europas ankündigte.13 Schon der Titel dieser Reihe irritierte und warf Fragen auf: Warum soll die Geschichte Ost- und Mitteleuropas ein Teil der „Deutschen Geschichte“ sein? Auf diese Frage fand man in einer Werbebroschüre des Verlags folgende noch irritierendere Antwort: „Der Titel Deutsche Geschichte im Osten Europas macht zweierlei deutlich: daß sich in jenem historischen Raum deutsche Geschichte abgespielt hat, ohne daß Ostmitteleuropa uneingeschränkt in die deutsche Geschichte einbezogen werden könnte.“14 Hier wurde das auf Fichte, Arndt und Jahn zurückgehende Verständnis der deutschen Nation als einer völkischen Abstammungsgemeinschaft deutlich, der eben nicht nur die deutschen Staatsbürger angehören, die in Deutschland leben, sondern zu der auch ,deutsche Blutsbrüder‘ gerechnet werden, die Bürger anderer Staaten sind. Doch dabei blieb es nicht. Hieß es doch im Anschluss an den eben zitierten Satz: „Diese Welt [= Ostmitteleuropa] kann in ihren Ursprüngen und in ihrer weiteren Geschichte gewiß nicht allein als ,deutsch‘ verstanden werden, aber sie ist in ihrer historischen Eigenart ohne die Deutschen nicht zu begreifen. Die Deutschen sind Träger und Vermittler einer europäischen Kulturbewegung gewesen, durch die Ostmitteleuropa seit dem Mittelalter entscheidend geprägt wurde, in weiten Gebieten, von Westen nach Osten abnehmend, sogar deutsches Land war.“15 Zum Beweis dieser anmaßenden Behauptungen wurde auf der Rückseite der Broschüre eine Karte der „Völker und Sprachen vor dem 1. Weltkrieg“ abgedruckt, die von dem „Ostforscher“, SD-Mitarbeiter
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und SS-Hauptsturmführer Wilfried Krallert16 in den 1930er Jahren entworfen worden ist. Sie zeigt, dass sich das geschlossene deutsche Sprach- und Siedlungsgebiet fast bis Krakau erstreckte. Weitere deutsche Siedlungsgebiete gibt es (auf dieser Karte!) in Polen, den baltischen Staaten, Russland, Rumänien, Ungarn und Jugoslawien. Deutsch ist auf der Karte rot gezeichnet. Auf einer vereinfachten, zugleich aber in keiner Weise erklärten Karte auf der ersten Umschlagseite ist das deutsche Siedlungsgebiet schwarz, und schwarze Flecken gibt es bis Reval, Kiew, und Odessa, also in jenen „unabsehbaren Räumen zwischen Weichsel, Bug, Dnjper und Don“. Die von Mediävisten wie Walter Schlesinger widerlegte und von Neuhistorikern wie Michael Burleigh als Ideologie entlarvte „Volks-“ und „Kulturbodentheorie“ feierte hier fröhliche Urstände. Nach dieser Theorie bzw. besser Ideologie ist der gesamte ostmitteleuropäische Raum so nachhaltig durch die „deutsche Ostkolonisation“ geprägt worden, dass er seinen deutschen Charakter auch nach der Vertreibung der Deutschen aus dem Osten behalten habe. Dieser „Boden“ bleibt ,irgendwie‘ auch dann „deutsch“, wenn ihn die Deutschen verlassen haben. Damit könnte (!) man einen neuen deutschen Ostimperialismus begründen. „Wieder“ Der Legitimierung der alt-neuen Hegemonie Deutschlands in ganz „Mittelosteuropa“ diente auch die alt-neue „Geopolitik“. Sie galt zwar nicht, wie Baring meinte, als durch und durch „nazistisch“,17 war aber durch die nazistische „Raum- und Rassenpolitik“ diskreditiert worden. Schließlich hatten sich, wie ebenfalls gezeigt wurde, die Nationalsozialisten auf die geopolitischen Theorien, bzw. besser: Ideologien Ratzels, Kjelléns, Mackinders und vor allem Haushofers berufen. Dennoch wurde die Geopolitik außerhalb Deutschlands nach 1945 fortgeführt. Einmal in den USA und zum anderen in Frankreich und Italien. Der führende französische Geopolitiker ist Yves Lacoste, der an der Pariser Sorbonne einen eigenen Studiengang „Geopolitik“ eingerichtet hat und neben Büchern18 auch die Zeitschrift Herodote. Revue de géographie et géopolitique herausgibt.19 Sieht man sich seine Publikationen etwas näher an, so merkt man sehr bald, dass er im Grunde über
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Haushofer nicht hinausgekommen ist. Ähnlich ist es bei den italienischen Geopolitikern Federico Rampini, Carlo Jean, Lucio Caracciola und Angelo Bola∏, die in ihrer Zeitschrift Limes „unsere nationalen Interessen“ beschwören und darüber klagen, dass Italien zu einem Land „ohne Helden“ geworden sei. Doch das soll sich ändern. Da es auf der ganzen Welt „100 Millionen“ Italiener gebe, verfüge Italien über ein „geopolitisches Vorkommen“, das nur „darauf wartet, ausgebeutet zu werden“. Dies erinnert nun doch sehr an die Lehren der faschistischen Geopolitiker, die schon einmal – 1939 in der Zeitschrift Geopolitica – verkündeten: „Die Grenze Italiens liegt in den Karpaten.“ So wissenschaftlich und ideologiefrei, wie vielfach behauptet, ist also auch die im Ausland vertretene Geopolitik keineswegs. Die deutsche ist es schon gar nicht. In ihrem Zentrum steht die von Kjellén entdeckte „Mittellage“ Deutschlands. Zunächst hat man darauf hingewiesen, um von der historischen Verantwortung für die von den Deutschen (und nicht: „im deutschen Namen“) begangenen Verbrechen abzulenken. Für die beiden Weltkriege und den Holocaust wurde die vermaledeite geographische „Mittellage“ verantwortlich gemacht.20 HansUlrich Wehler hat dies in seinem Essay über Die Entsorgung der deutschen Vergangenheit scharf kritisiert.21 Seine schon damals geäußerte Befürchtung, dass diese „Mittellagen-Rhetorik“ zu einem neuen „geopolitisch determinierten deutschen Sonderweg“, ja selbst zu einer Lockerung der „Westbindung“ führen könnte, hat sich leider bewahrheitet. Seit der Wiedervereinigung haben mehrere deutsche Historiker das „Mittellagen“-Theorem nicht mehr nur zur Entschuldigung vergangener Expansionen, sondern zur Legitimation künftiger benutzt. Am klarsten und brutalsten hat sich der neurechte Ideologe Karlheinz Weißmann in seinem „Rückruf in die Geschichte“ gegen den Westen und für eine neue Ostwendung Deutschlands ausgesprochen. Nach einer scharfen Attacke gegen die demokratischen „Weimardeutschen“ und die besonders verachteten bundesrepublikanischen „Westler“, die sich für eine „Anlehnung an die USA“ und die Orientierung an der westlichen Demokratie eingesetzt hätten,22 entwarf Weißmann ein neues ostimperialistisches Programm, wobei er sich sowohl an den Lehren der „Geopolitik“ wie an den Ideologien der Konservativen Revolution orientierte. Auszugehen sei von der „Geopolitik“23 und berücksichtigen
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müsse man die „Ostverschiebung“ des wiedervereinigten Deutschlands.24 Damit sei die „preußische“, d. h. antidemokratische und antieuropäische „Dimension“ in der deutschen Politik verstärkt worden.25 Dem neuen Deutschland sei „in seiner geographischen Lage […] ganz spezifische Aufgaben“ zugewachsen.26 Dazu gehöre einmal, alle „ökonomischen und politischen Energien auf den Osten, den Auf bau der slawischen Staaten“ zu konzentrieren, die o≠ensichtlich so etwas wie der Hinterhof Deutschlands werden sollten.27 Doch Weißmann begnügte sich nicht mit der Vision eines deutschen informal empire in Osteuropa. Unter Hinweis auf die geopolitische Theorie Mackinders vom „Herzland Eurasien“ forderte er die Russen auf, zusammen und ganz o≠ensichtlich unter Anleitung und Führung Deutschlands, ganz „Eurasien zu erschließen“.28 „Fluten aus dem Osten“ Diese Debatten über „Ostkolonisation“, „Geopolitik“ und „Westbindung“ wurden vor kaum mehr als zehn Jahren (teilweise sogar deutlich weniger) geführt. Heute wirken sie, als ob sie aus einer viel weiter zurückliegenden Zeit stammten. Der alt-neue Traum vom deutsch beherrschten Osten ist vorbei. Geträumt ist er ohnehin nur von einigen neu-rechten Intellektuellen (sowie einigen ewig gestrigen Funktionären der Vertriebenenverbände), deren Bedeutung und Wirkung nicht unter- aber auf jeden Fall auch nicht überschätzt werden darf. Die meisten anderen Deutschen hatten ohnehin ganz andere Sorgen und (Alb-)Träume. In ihnen kam der Osten nicht als alt-neues Traumland vor. Vorherrschend war stattdessen die Angst vor dem Osten, aus dem wieder „Völkerfluten“ heranbranden würden, gegen die man „Dämme und Deiche“ errichten müsse. Wer oder was soll das gewesen sein? Einmal Personen, die aus welchen Gründen auch immer in das vereinte Deutschland kamen, um hier unter Berufung auf Artikel 16,1 des Grundgesetzes Asyl zu beantragen.29 Sie wurden „Asylanten“ genannt. Diese Bezeichnung war zwar weder neu noch an sich falsch, hatte aber von Anfang an einen negativen Beiklang, weil er an „Spekulanten“ und andere „-anten“ erinnerte und erinnern sollte. Einige, aber keineswegs alle dieser Asylsuchenden kamen aus dem Nahen und dem europäischen Osten, genauer gesagt aus dem Gebiet der zerfallen-
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den Sowjetunion. Darunter befanden sich Juden, denen nicht einzeln, sondern kontingentiert Asyl gewährt wurde. Sie wurden o∏ziell „Kontingentjuden“, ino∏ziell jedoch meist „Ostjuden“ genannt. Obwohl es sich bei ihnen insgesamt und bis heute (2006) um nur 200.000 Menschen handelte, wodurch die Gesamtzahl der jüdischen Minderheit von 100.000 auf 300.000 gesteigert wurde,30 malten einige unverantwortliche Beobachter wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Gefahr einer „ostjüdischen Masseneinwanderung“ an die Wand. Dies war vornehmlich in der rechten und rechtsradikalen Presse der Fall. Die hier geschürte Angst vor den „Ostjuden“ hat aber mit dazu beigetragen, dass der Prozentsatz der Antisemiten wieder auf über 20 Prozent gestiegen ist.31 Weitaus erfolgreicher war die Panikmache wegen der angeblichen Masseneinwanderung von Roma aus Osteuropa, die in der Ö≠entlichkeit mit dem alten, falschen und pejorativen Begri≠ „Zigeuner“ bezeichnet wurden.32 Dass diese „Zigeuner“ noch aus dem Osten stammten oder stammen sollten, erhöhte ihre angenommene Gefahr. Diese Angst nahm Anfang der 1990er Jahre geradezu hysterische Ausmaße an. In Rostock kam es 1992 wegen der bloßen Anwesenheit von einigen asylsuchenden Roma zu pogromartigen Ausschreitungen, die sich dann auch gegen andere „Ausländer“ richteten. Doch nicht nur hier, sondern überall im vereinten Deutschland stieg der Antiziganismus auf Werte um 64–68 Prozent an. Sinti und Roma generell, die eingewanderten wie die hier seit fast 600 Jahren lebenden, standen mit weitem Abstand an der Spitze der Hassliste der Deutschen. Daran scheint sich – neuere Umfragen liegen nicht vor – bis heute wenig geändert zu haben. Dabei sind die weitaus meisten der asylsuchenden Roma sofort und schon vor der Änderung des Asylrechts abgeschoben worden. Die Änderung bzw. Verschärfung des Asylrechts, durch die der erwähnte Artikel 16,1 des Grundgesetzes bis über seinen unverzichtbaren und eigentlich geschützten „Kern“ hinaus ausgehöhlt wurde, führte dazu, dass die Zahl der (anerkannten und nicht anerkannten) Asylbewerber rapide zurückging. Von irgendwelchen asylsuchenden „Fluten aus dem Osten“ konnte nun absolut nicht mehr die Rede sein. Immer noch vorhanden und von unverantwortlichen Politikern immer noch geschürt ist jedoch die Angst vor einer ebenfalls mehr halluzinierten als realen Masseneinwanderung von Arbeitsuchenden aus
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den Ländern Osteuropas, die in die EU aufgenommen wurden oder in Kürze aufgenommen werden. Die Angst vor den „Immigrantenfluten aus dem Osten“, die „uns Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen“, hat wesentlich dazu geführt, dass es in einigen Regionen und Städten vornehmlich in den neuen Bundesländern zur Entstehung dessen gekommen ist, was die Rechtsradikalen „befreite Zonen“ nennen. Ihr Ausmaß und ihre Gefährlichkeit keineswegs nur für „Ausländer“, sondern für den Bestand unserer Demokratie darf zwar nicht über-, auf jeden Fall aber auch nicht unterschätzt werden. Es handelt sich um eine reale und keineswegs nur von den Rechten provozierte und von den Medien an die Wand gemalte Gefahr. Doch diese „Fremdenfeindlichkeit“ bzw. wie man besser und zutre≠ender sagen sollte, dieser Rassismus ist allgemein und keineswegs nur im Osten (Deutschlands) verbreitet und auch keineswegs allein durch die Angst vor dem (europäischen) Osten geschürt. Hinzu ist eine andere Angst vor einem anderen „Osten“ getreten, um die es im folgenden Kapitel geht.
„Kampf der Kulturen“ Der neue Orientalismus Der Kalte Krieg war gerade vorbei und hatte mit einem totalen Sieg des Westens über den Osten geendet, da kündigte der amerikanische Politologe Samuel P. Huntington schon einen neuen Konflikt an, den er clash of civilizations – „Kampf der Kulturen“ nannte.1 Huntington erwähnte zwar in diesem Zusammenhang auch den „hinduistischen“ und „konfuzianischen Kulturkreis“, ließ aber keinen Zweifel daran auf kommen, dass die „Weltpolitik im 21. Jahrhundert“ vor allem vom Antagonismus zwischen dem „westlichen“, dem „östlichen“ und dem „islamischen Kulturkreis“ bestimmt werde. Dieser Kulturkampf sei für den Westen weitaus gefährlicher als der mit dem kommunistischen Osten ausgefochtene und stelle eine eminente Bedrohung für die gesamte westliche Welt dar. Der Kampf, der nicht stattfand Huntingtons 1996 verö≠entlichtes Buch löste eine heftige und bis heute anhaltende Kontroverse aus. Beherrscht wurde sie zunächst von seinen Kritikern, die vor allem aus Europa kamen. Denn der von Huntington für und in Europa prognostizierte „Kampf der Kulturen“ fand nicht statt. Wenigstens zunächst nicht und wenigstens so nicht, wie ihn Huntington vorhergesagt hatte. Hatte Huntington doch auf einen fundamentalen europäischen Konflikt verwiesen. Er entstehe dort, „wo das westliche Christentum auf hört und Orthodoxie und Islam“ beginnen.2 Nämlich auf einer (durch eine Karte verdeutlichten) Linie, die von Finnland und den baltischen Staaten über die westlichen Teile der Ukraine quer durch Jugoslawien nach Bulgarien und Rumänien verlaufe.3 Historisch hatte Huntington Recht. Europa bzw. das „christliche Abendland“ hat sich immer vom orthodoxen Osten abgegrenzt.4 Doch
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10 „Ostgrenze der westlichen Zivilisation“. An dieser Grenzlinie, die von Finnland und den baltischen Staaten quer durch Weißrussland, die Ukraine, Rumänien und Serbien verläuft, sollte nach Meinung von Samuel P. Huntington ein „Kampf der Kulturen“ zwischen der „westlichen“ und der „orthodoxen“ und „islamischen Welt“ ausbrechen.
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dieser religiös kulturelle Gegensatz hatte schon im Mittelalter an Bedeutung verloren. Das in der Frühen Neuzeit zur Großmacht aufgestiegene Russland wurde mehr als „asiatisch“ denn als „orthodox“ wahrgenommen und gefürchtet. Dies zum Teil auch noch, nachdem Russland durch die Reformen Peters des Großen „verwestlicht“ worden war. Der mehr innerhalb als außerhalb Russlands geführte Streit, ob die Russen trotz oder wegen ihres orthodoxen Glaubens Europäer seien, geriet mit und durch die Machtergreifung der atheistischen Bolschewisten in Vergessenheit. Die religiösen Unterschiede zwischen den Bewohnern der Sowjetunion und des von ihr beherrschten Ostblocks spielten keine Rolle mehr oder wurden wie die Religionen selber unterdrückt. All dies hat sich natürlich nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem Untergang des Ostblocks geändert. Die vorher unterdrückten und nun befreiten Völker besannen sich in verstärktem Maße auf ihre Nation und ihre Religion. Beides wurde vom Westen akzeptiert und spielte bei den mit der EU geführten Beitrittsverhandlungen kaum eine Rolle. Die katholischen und protestantischen Staaten Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien wurden in die EU aufgenommen. Die orthodoxen Länder Bulgarien und Rumänien werden (wie wohl auch das katholische Kroatien) in Kürze folgen. Anders war und ist es mit Serbien, der Ukraine und Weißrussland. Gegen ihren Beitritt zur EU werden jedoch fast ausschließlich politische Argumente ins Feld geführt. Zum einen die politische Rücksichtnahme auf das Sicherheitsbedürfnis Russlands. Zum anderen der Hinweis auf die entweder diktatorische oder krisenhafte innenpolitische Lage dieser Länder. Ihre Zugehörigkeit zu einem anderen „Kulturkreis“ spielt dabei eine sehr geringe Rolle. Tatsächlich war es exakt an der von Huntington bezeichneten Kulturkreis-Grenze im ehemaligen Jugoslawien zu einem blutigen und bis heute nicht ganz gelösten Konflikt gekommen. Ein weiterer steht in der Ukraine bevor. Hier geht es keineswegs nur um (tages-) politische Fragen. Der westlich orientierte Präsident Juschtschenko wird vor allem im westlichen Teil der Ukraine unterstützt. Sein Konkurrent Janukowitsch gilt als Repräsentant der Bewohner der Ostukraine, die meist russischer Nationalität und orthodoxer Konfession sind.
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„Kampf der Kulturen“
Hier stoßen Huntingtons „Kulturkreise“ wirklich aufeinander. Dennoch wird es mit ziemlicher Sicherheit nicht zu einen Ausbruch eines ,katholisch-orthodoxen Kulturkampfes‘ kommen. Weder innerhalb noch außerhalb der EU. Und schon gar nicht zwischen dem Westen und einem eher imaginären orthodoxen Osten. Anders ist es mit dem von Huntington beschworenen christlich-islamischen Gegensatz. „Wien belagert“ Der die Geschichte Europas geradezu prägende und bestimmende Antagonismus zwischen dem christlichen Abendland und dem islamischen Orient, der fast die gesamte Neuzeit hindurch vom Osmanischen Großreich repräsentiert wurde, war in Europa weitgehend in Vergessenheit geraten und von dem Ost-West-Konflikt gewissermaßen überlagert worden. Sichtbarstes Zeichen dafür war, dass die Türkei, die trotz der von Atatürk durchgeführten Laizisierung unzweifelhaft noch zum islamischen Kulturkreis gehörte, schon 1952 in das westliche Verteidigungsbündnis der NATO aufgenommen wurde. Der sieben Jahre später gestellte Antrag der Türkei auf die Mitgliedschaft auch in der EWG wurde jedoch nicht sofort akzeptiert. Stattdessen wurde 1963 nur ein Assoziierungsabkommen mit der Türkei vereinbart. Dabei blieb es bis zum Untergang des Ostblocks, dessen immer befürchtete Südexpansion der NATO-Staat Türkei hatte verhindern sollen. Die Türkei intensivierte nun ihre Beitrittsverhandlungen mit der erweiterten EU. Sie gelangten 1999 in eine sehr konkrete Phase, als der Türkei von der EU o∏ziell der Kandidatenstatus zuerkannt wurde. Doch nun und eigentlich erst jetzt kam es zum Streit. Dabei überwogen zunächst die politischen und wirtschaftlichen Argumente, die gegen den Beitritt der Türkei ins Feld geführt wurden. Ihre demokratische Struktur galt als nicht gefestigt genug, und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wurde von einigen als nicht hinreichend betrachtet. Diese durchaus rationalen und diskussionswürdigen Argumente wurden jedoch zunehmend von irrationalen Ängsten und historisch gewachsenen Ideologien überlagert. Ein Beispiel lieferte der Historiker Hans-Ulrich Wehler, der sich gegen den Beitritt der Türkei zur EU (in einem Artikel in der Zeit) mit der Bemerkung wandte: „Aber, sie haben Wien belagert.“
„Wien belagert“
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Mit „sie“ konnten jedoch nur die Osmanen gemeint sein, die Wien zudem nicht nur einmal, sondern zweimal, nämlich 1529 und 1683, belagert haben. Jedes Mal allerdings erfolglos. Die heutigen Türken, die mit den damaligen Osmanen wenig gemein haben, haben eine solche Belagerung Wiens nicht mehr nötig. Sie sind längst schon drin. Sowohl in Wien wie in Berlin-Kreuzberg und anderswo. Gemeint sind die vielen türkischen Immigranten, von denen jedoch keinerlei politische oder gar religiöse Bedrohung ausgeht. Wegen unseres immer noch im Prinzip auf dem Blutrecht (ius sangunis) basierenden Staatsbürgerrechts, wonach deutsche Staatsbürger grundsätzlich deutscher Abstammung sein müssen,5 haben leider noch nicht alle, wohl aber viele von ihnen inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft erworben und sind (ähnlich wie die Juden im 19. Jahrhundert) zu ,deutschen Staatsbürgern islamischer Religion‘ geworden. Doch Letzteres wird von Teilen der deutschen Mehrheitsgesellschaft als Problem empfunden. Die um sich greifende neue Türkenangst entzündet sich fast wie die alte6 an der Religiösität und nicht so sehr an der Nationalität der deutschen Türken und der Türken in Deutschland. Dafür können die Türken selber wenig oder gar nichts. Religion ist in ihrem Heimatland seit den Reformen Atatürks reine Privatsache. Doch dies tri≠t nicht auf Deutschland zu. Anders als in der Türkei gibt es hier keine strikte Trennung von Staat und Kirche. Der deutsche Staat ist und kann nicht so laizistisch sein wie der türkische, in dessen Verfassung (von 1928) die Religion zur Privatangelegenheit erklärt wird. Dabei verstehen sich immer mehr Deutsche als Atheisten. Eine knapper werdende Mehrheit der Deutschen gehört zwar noch den Kirchen an, stellt dies aber mehr durch das Zahlen von Kirchensteuern als den Besuch von Kirchen unter Beweis. Es ist schon sehr merkwürdig: Da fürchten sich Bürger eines Staates, in dem es keine strikte Trennung von Staat und Kirche gibt, vor Mitbürgern, die aus einem laizistischen Staat kommen. Um dies zu verstehen, aber nicht billigen zu können, reicht der Blick auf das deutsch-türkische Verhältnis nicht aus. Tatsächlich geht es nicht um eine Neuauf lage der alten Türkenangst, sondern um die Scha≠ung dessen, was man NeoOrientalismus nennen kann.7
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„Kampf der Kulturen“
„Islamismus“ Im Mittelpunkt dieses Neo-Orientalismus steht jedoch nicht so sehr die (orientalische) Region, sondern die im Orient vorherrschende Religion. Gemeint ist der Islam oder besser seine orientalistische und „fundamentalistische Fehlwahrnehmung“, die „Islamismus“ genannt wird.8 Islam und Islamismus sind aber strikt voneinander zu trennen.9 Islam heißt wörtlich „Ergebung“ und verpflichtet die Gläubigen zur Einhaltung bestimmter Pflichten und Regeln. Dazu gehören neben dem Glauben an einen, den wahren Gott Gebete, Almosengeben, Fasten und eine Pilgerfahrt nach Mekka. Die Verpflichtung, Andersgläubige zu missionieren, wie dies Christen nach Mt. 28,19 („taufet sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes“) auferlegt ist, gehört nicht dazu. Die Verachtung der Juden als „Christusmörder“ und „Teufelskinder“ ist dem Islam ebenfalls fremd. Das heißt nicht, dass alle Muslime Judenfreunde sind oder sein müssen. Im Koran gibt es einige judenfeindliche Stellen. Sie betre≠en aber eher die Auseinandersetzungen, die der Prophet Mohammed mit den Juden seiner Zeit hatte. Einen dogmatischen Rang und Charakter haben sie nicht.10 Der Koran verpflichtet die Muslime ferner nicht, gegen Juden, Christen und generell „Ungläubige“ zu kämpfen. Der in diesem Zusammenhang immer wieder genannte Begri≠ Jihad meint „Anstrengung“ und nicht „Heiliger Krieg“. Doch all dies – Antisemitismus, Jihadismus und generell Aggression gegen den Westen – haben einige islamistische Ideologen in den Koran hineingelegt und aus ihm, wohlgemerkt fälschlich, herausinterpretiert.11 Zu diesen islamistischen Ideologen gehörten der Großmufti von Jerusalem und Hitler-Freund Amin el-Husseini (1893–1974), der Gründer der Muslimbruderschaft Hassan al Banna (1906–1949), und vor allem Sayyid Qutb (1906–1966), der einen prägenden Einfluss nicht nur auf die Muslimbruderschaft und seinen palästinensischen Zweig, die Terrororganisation Hamas, sondern auch auf andere islamistische Terroristen vom Schlage eines Osama bin Laden ausgeübt hat. Bei der von diesen und einigen anderen islamistischen Ideologen gescha≠enen Ideologie des Islamismus handelt es sich um eine „politische Religion“12 bzw. um einen „Fundamentalismus“13, der die Ideen
„Islamismus“
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der westlichen Auf klärung strikt verwirft und zu einer religiös motivierten Politik gegenüber Israel, den Juden und dem Westen aufruft, was ihm einen sowohl antisemitischen wie antiwestlichen Charakter verleiht. Die Bedeutung und Gefährlichkeit des schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelten Islamismus ist im Westen lange Zeit sträf lich unterschätzt worden. Ursache war einmal das, wogegen sich die Islamisten wandten, nämlich die von Edward Said als „Orientalismus“ bezeichnete und gegeißelte westliche Verachtung des Orients – und des gesamten Islams. Hinzu kam zweitens die westliche Unterschätzung der Bedeutung des Antisemitismus, den Islamisten aus dem Westen übernommen hatten, um ihn gleichzeitig, ob zu Recht oder zu Unrecht sei dahin gestellt, mit islamischen Elementen zu vermischen und zu radikalisieren. Der Westen erkannte schließlich drittens nicht oder viel zu spät, dass Anti-Orientalismus und Antisemitismus miteinander verbunden wurden. Dies geschah im Nahen Osten, wo der Staat Israel mit der Zustimmung des Westens (zunächst aber auch des Ostens) gegründet wurde, der sich zudem mit westlicher Hilfe gegen die Araber behaupten und sie in mehreren Kriegen schlagen konnte.14 Diese Niederlagen riefen in der gesamten arabischen und dann auch islamischen Welt einen Schock hervor. Sie wurden nicht auf die eigene Schwäche, sondern auf die Stärke des Gegners zurückgeführt. Nicht nur des kleinen Israels, sondern des mit Israel verbündeten und nach wie vor als imperialistisch eingeschätzten Westens. Völlig unbegründet war dies nicht. Haben doch noch 1956 England und Frankreich in enger militärischer Zusammenarbeit mit Israel versucht, ihre neo-kolonialistischen Ansprüche gegenüber Ägypten durchzusetzen. Aus der gemeinsamen Einschätzung des Nahostkonflikts haben arabische Nationalisten und Islamisten jedoch unterschiedliche politische Schlussfolgerungen gezogen. Während sich arabische Nationalisten wie der Ägypter Nasser und der Palästinenser Arafat an den Osten wandten, um Hilfe gegen den „imperialistischen Westen“ und sein „zionistisches Werkzeug“ Israel zu erhalten, sahen Islamisten im „Zionismus“ und seinen westlichen Helfershelfern ihren Hauptfeind, den sie nur mit finanzieller und politischer Hilfe aus islamischen Ländern bekämpfen wollten. Dies keineswegs nur mit kriege-
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rischen, sondern vornehmlich mit terroristischen Methoden und keineswegs nur im Nahen Osten, sondern in der gesamten westlichen und vom „Zionismus“ beherrschten Welt. Diese Unterschiede und Wandlungen auf der arabisch-islamischen Seite wurden im Westen lange Zeit nicht wahrgenommen. Der Nahostkonflikt galt entweder als ,nur‘ regionaler Konflikt oder als Teil des globalen Ost-West-Konflikts, der im Nahen Osten von den arabischen und israelischen Stellvertretern des Westens und des Osten geführt wurde. Tatsächlich waren die arabisch-israelischen Kriege keine bloßen Stellvertreterkriege. Es ging schon damals auch um die Auseinandersetzung zwischen dem arabisch-islamischen und dem westlichen jüdisch-christlichen „Kulturkreis“. Dieser „Kampf der Kulturen“ war nur vom globalen Ost-West-Konflikt überdeckt worden, um nach dessen Ende zu eskalieren. Doch dies war keineswegs zwangsläufig. Es gab Versuche, nach dem Ende des Ost-West-Konflikts auch den im Nahen Osten zu lösen. Trotz einiger Erfolge scheiterten sie jedoch letztendlich an der Kompromissunfähigkeit beider – der arabischen wie der israelischen Seite. Hinzu kam jedoch der Fundamentalismus, der jeglichen Kompromiss und jegliche Lösung verhinderte. Fundamentalisten gab und gibt es zwar auch in Israel – so etwa bei der religiös nationalen Partei „Gusch Emunim“ und einigen radikalen so genannten „Siedlern“ – doch die absolut unnachgiebigen Fundamentalisten sind die Islamisten in den Reihen der Hamas, Hisbollah, al Kaida und anderer islamistischer Gruppierungen, die wiederum von islamischen Staaten wie dem Iran in finanzieller und militärischer Hinsicht unterstützt werden. Sie haben ihren rücksichtslosen und mit terroristischen Methoden ausgetragenen Kampf gegen Israel und den Westen gewissermaßen globalisiert und nicht nur in Israel, sondern im gesamten Westen schreckliche Terrorakte begangen. Der bisher schrecklichste war der vom 11. September 2001 auf das New Yorker World Trade Center. Dies alles ist bekannt und muss hier nicht weiter ausgeführt und begründet werden. Islamismus stellt eine reale Gefahr für den gesamten Westen dar. Die Angst, hier einem islamistischen Terroranschlag zum Opfer zu fallen, ist durchaus begründet. Problematisch wird es aber immer dann, wenn Islamismus mit Islam verwechselt und von Islamisten ausgeführte und mit islamistischen Ideologemen begründete
Antiislamische und orientalistische Fehlwahrnehmungen
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Terrorakte als spezifisch islamisch angesehen und kulturalistisch als typisch orientalisch im negativen Sinne gedeutet werden. Denn dann handelt es sich um Fehlwahrnehmungen, die einen orientalistischen und antiislamischen Charakter haben oder zumindest haben können. Antiislamische und orientalistische Fehlwahrnehmungen Beispielhaft für eine solche antiislamische und orientalistische Fehlwahrnehmung ist der in der westlichen Publizistik häufig anzutre≠ende Begri≠ des „islamischen Terrorismus“. Dieser neue „Ismus“ wird nicht oder unzureichend begründet und definiert. Das gilt bereits für den Terminus „Terrorismus“. Gibt es doch hunderte von sich zum Teil völlig widersprechenden Definitionen. „Terrorismus“ ist, wie Noam Chomsky zu Recht bemerkt hat, ein „Produkt des politischen Diskurses“.15 Was Terrorismus ist oder sein soll, entscheidet letztlich der, der den Begri≠ in die politische Debatte mit politischen Absichten einführt.16 „Islamischer Terrorismus“ ist schlicht falsch, weil es keine einzige Stelle im Koran gibt, die Muslime zur Begehung terroristischer Taten verpflichtet. Dies wird nur von einigen Islamisten fälschlich behauptet. Genau genommen stellt dies eine Verunglimpfung des Islams dar. Schon deshalb ist auch der Begri≠ „islamistischer Terrorismus“ problematisch. Noch schlimmer wird es, wenn der „islamistische Terrorismus“ kulturalistisch gedeutet und als typisch islamisch und orientalisch ausgegeben wird. Dies ist mit der nach eigenem Selbstverständnis islamistischen Terrororganisation Al Kaida geschehen. Sie wurde nämlich in der westlichen Publizistik als Nachfolgerin der „Terrorsekte“ der Assassinen angesehen, die im mittelalterlichen Orient ihr Unwesen getrieben hat.17 Dabei handelt es sich um eine doppelte orientalistische Fehlwahrnehmung. Die historischen Assassinen waren nämlich keine notorischen Mörder und Terroristen, sondern Angehörige der heute noch bestehenden islamischen Glaubensgemeinschaft der Ismaeliten, die im Mittelalter Verfolgungen seitens der Sunniten ausgesetzt waren.18 Dagegen haben sich einige Ismaeliten gewehrt und unter Führung von Hassan i Sabbah, dem sagenumwobenen „Alten vom Berge“ am Ende des 11. Jahrhunderts im Grenzgebiet zwischen dem heutigen Persien
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„Kampf der Kulturen“
und der Türkei eine Art Gottesstaat errichtet, der bis zu seiner Zerschlagung durch die Mongolen im Jahr 1256 allen Angri≠en trotzen konnte. Dabei wurden auch Attentate auf islamische und christliche Herrscher ausgeübt. Dies meist mit Dolchen, was die erfolgreiche Durchführung der Attentate sicherte, zugleich aber die Überwältigung der Attentäter erleichterte. Um das und ihre anschließende qualvolle Hinrichtung zu verhindern, haben oder sollen sich die Attentäter nach begangener Tat selber umgebracht haben. Diese Entschlossenheit verblü≠te Christen wie Muslime gleichermaßen. Muslime führten dies auf den vorherigen Genuss von Haschisch zurück, weshalb sie allen Gefolgsleuten des „Alten vom Berge“ den (Spott-)Namen „Haschischinen“ = Haschischesser gaben. Christen machten den Islam für die mörderischen Aktivitäten der Assassinen verantwortlich. Die islamische (!) Fremdbezeichnung dieser ismaelitischen Sekte wurde zum Synonym für Mörder und ist es im Englischen und Französischen bis heute geblieben (engl. assassin = Assassine und: Attentäter; frz. assasin/assassine = Mörder/in). Insgesamt handelte es sich um eine klassische orientalistische Fehlwahrnehmung (à la Said) und um eine Ideologie, mit der die abendländische Aggression gegen den Orient begründet wurde. Mit der heutigen Konstruktion der Kontinuität, ja Identität von Assassinen und Al Kaida werden dagegen Angstgefühle zum Ausdruck gebracht, die jederzeit wieder in Aggression umschlagen können. Auch dafür gibt es Beispiele. Wurde doch der von einigen Islamisten fälschlich verwandte Begri≠ des Jihad von einigen westlichen Beobachtern ernst- und übernommen.19 Neben der Gefahr des „islamischen Terrorismus“ wurde das Gespenst des „islamischen Jihadismus“ beschworen und an die Wand gemalt. Dies, obwohl kein einziger wirklich ernst zu nehmender Repräsentant des Islams zu einem derartigen „Heiligen Krieg“ gegen den Westen und das Christentum aufgerufen hat. Einmal, weil er dies nicht kann, und zum anderen, weil er dies gar nicht darf, denn im gesamten Islam gibt es niemanden, der über annähernd so viel religiöse Autorität verfügt wie der Papst bei den katholischen Christen. Osama bin Laden nannte sein Terrornetzwerk im Februar 1998 „World Islamic Front for Jihad Against Crusaders and Jews“.20 Das
Antiislamische und orientalistische Fehlwahrnehmungen
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wirklich unverantwortliche und völlig unberechtigte Jihad-Gerede von Islamisten wie Osama bin Laden im Westen ist ernst, ja übernommen worden. So vom jetzigen amerikanischen Präsidenten George W. Bush, der am 29. Januar 2002 in seiner „State of the Union Adress“ (= Rede zur Lage der Nation) eine axis of evil („Achse des Bösen“) ausmachte, der zwar nicht nur, aber vornehmlich islamische Staaten angehören sollen.21 Gegen sie und keineswegs nur gegen den „islamistischen Terrorismus“ sollte ein crusade geführt werden.22 Bush hat sich dann von dem in der sonstigen westlichen Welt völlig diskreditierten Begri≠ des Kreuzzuges wieder distanziert und stattdessen von war on terrorism gesprochen, doch diese Korrektur kam viel zu spät. Bushs crusade-Gerede war das, was man in der Fußballsprache eine „Steilvorlage“ nennt. Fühlten sich doch Islamisten wiederum bemüßigt, zum Kampf, ja zum Jihad gegen die neuen westlichen „Kreuzfahrer“ aufzurufen. Hier ist Huntingtons „Kampf der Kulturen“ geradezu herbeigeredet worden. Bei uns in Deutschland jedoch mit einer vergleichsweisen Zurückhaltung. Deutschland hat sich einmal nicht an dem als crusade oder zumindest als Teil des war on terrorism ausgegebenen Angri≠skrieg gegen den Irak beteiligt und ihn heftig kritisiert. Genau wie der alte von Edward Said beschriebene und verurteilte „Orientalismus“ ist auch der ,neue oder Neo-Orientalismus‘ in Deutschland immer noch schwach ausgeprägt. Dennoch oder deshalb werden auch bei uns die Feindbilder „islamischer Terrorismus“23 und „islamischer Jihadismus“ beschworen und verbreitet. Ablesbar ist dies schon an Buchtiteln wie Von Allah zum Terror24, Terror in Allahs Namen25 (islamische) Herausforderung des Westens,26 (islamischer) Krieg in unseren Städten oder gar (islamischer) Neuer Weltkrieg27 etc. Diese Bedrohungsszenarien werden jedoch überall und keineswegs ausschließlich im Orient verortet. Von Osten ist in diesem Zusammenhang kaum die Rede. Man fürchtet vielmehr den allgegenwärtigen Terror und ängstigt sich vor dem (angeblich) fanatischen und völlig intoleranten Islam. Mit der (zum Teil berechtigten) Angst, der (überwiegend falschen) Wahrnehmung des Islams und den (publizistischen) Aufrufen zu einer Bekämpfung der islamistischen und islamischen Gefahr sind aber bereits die Elemente dessen vorhanden, die diesen neuen Orientalismus ausmachen. Er ist oder scheint zumindest
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„Kampf der Kulturen“
zum neuen Feindbild auch der Deutschen geworden zu sein. Ob es sich durchsetzen oder sich gar mit den anderen Feindbildern über den Osten verbindet, wird die Zukunft zeigen.
Im Osten geht die Sonne auf Eine Zusammenfassung Im Osten geht die Sonne auf. Doch nicht nur das. „Osten“ ist nicht nur eine Himmelsrichtung, sondern auch eine Himmelsgegend. Genauer gesagt gibt es davon mehrere. Die Deutschen di≠erenzieren zwischen vier verschiedenen „Osten“. Zu erwähnen ist erstens der ,religiöse Osten‘. Aus ihm erwarten deutsche und andere gläubige Christen das „Heil“. Daher sind christliche Kirchen nach Osten ausgerichtet. Damit ist jedoch nicht die Himmelsrichtung Osten, sondern das „Morgenland“ gemeint, wo sich das „Heilige Land“ befindet. Aus deutscher Perspektive liegt das „Morgenland“ aber gar nicht im Osten, sondern weit im Südosten. Dennoch spricht man vom „Nahen“, „Mittleren“ und „Fernen Osten“, wenn man den Orient meint. Von diesem ,orientalischen‘ ist jedoch der dritte, nämlich ,europäische Osten‘ zu unterscheiden. Seine geographische Gestalt und kartographische Verortung war großen Schwankungen unterworfen. Maßgebend dafür waren keineswegs nur die sich verändernden geographischen Kenntnisse vor und nach der Kopernikanischen Wende, sondern auch politische Erwägungen und Entscheidungen, die aus dem geographischen einen ,politischen Osten‘ machten. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurde das zuvor noch im Norden Europas angesiedelte Russland als die Großmacht des Ostens bezeichnet. Seit dem beginnenden 20. Jahrhundert wurden dagegen alle kommunistisch gewordenen Länder zum Osten gerechnet. Dieser ,politische Osten‘ grenzte bis zum Zerfall des Ostblocks in der Mitte Europas an den Westen, zu dem wie selbstverständlich auch die außereuropäischen USA gerechnet wurden. Heute grenzt sich der Westen in politischer und kultureller Hinsicht vom „islamischen Kulturkreis“ ab, dessen Schwerpunkt im Orient liegt. Alle vier Osten sind (wie geographische Räume generell) nicht
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Im Osten geht die Sonne auf
nur konstruiert, sondern zugleich auch stereotypisiert und zu Geostereotypen gemacht worden. Dies zudem in unterschiedlicher und sich im Laufe der Zeit auch wandelnder Weise. Positiv bewertet wurde und wird der ,religiöse Osten‘. Diese Wertschätzung hat sich auch auf die Einschätzung des ,orientalischen Ostens‘ ausgewirkt. Auf jeden Fall war die Bewertung des Orients in Deutschland im 19. Jahrhundert positiver als in seinen westlichen Nachbarländern. Goethe hat ihn sogar als „herrlich“ gepriesen. Dennoch hat es auch in Deutschland Vertreter dessen gegeben, was Edward Said als „Orientalismus“ bezeichnet hat. Die Verachtung des Orients war aber nie so verbreitet wie etwa in England und Frankreich. In der Ideologie, Propaganda und auch konkreten Politik des „Dritten Reiches“ spielte der Orient dagegen eine geringe Rolle. Erst in jüngster Zeit fürchtet man sich wieder vor dem islamischen Orient oder orientalischen Islam. Der ,europäische‘ und der ,politische Osten‘ sind von den Deutschen unterschiedlich wahrgenommen worden. Vorherrschend war ein Gefühl der Angst vor mehr imaginierten als realen „Völkerfluten aus dem Osten“, die gegen „unsere Grenzen heranbranden“ würden, weshalb man gegen sie „Dämme und Deiche“ errichten müsse. Gemeint waren neben- und nacheinander Hunnen, Mongolen, Türken, Russen, „Ostjuden“ und „jüdische Bolschewiken“. Diese Angst vor dem Osten wurde jedoch nicht immer und von allen geteilt. Einige haben den Osten im Allgemeinen, Russland im Besonderen als keineswegs „barbarisch“ wahrgenommen und fühlten sich von der sprichwörtlichen „Weite des russischen Raums“ und der „Tiefe der russischen Seele“ angesprochen und angezogen zugleich. Preußische Konservative erwarteten im 19. Jahrhundert aus dem Osten bzw. genauer und präziser aus Russland sogar Hilfe bei der Lösung von politischen Problemen wie der Abwehr der polnischen Unabhängigkeitsbestrebungen und der Verhinderung der sozialen Revolution. Obwohl diese Revolution dann ausgerechnet im Osten ausgebrochen war, plädierten auch im beginnenden 20. Jahrhundert noch einige Konservative für ein Zusammengehen mit dem bolschewistisch gewordenen Russland. Dies einmal, um mit russischer Hilfe das wiedererstandene Polen von der Landkarte fegen zu können, und zum anderen, um sich vom verhassten demokratischen Westen abzugrenzen.
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Hitler hatte für beide Vorstellungen nichts übrig. Ein Bündnis mit dem bolschewistisch gewordenen Russland lehnte er als viel zu riskant ab. Man könne den „Teufel“ Westmächte nicht mit dem „Beelzebub“ Russland austreiben. Dass er sich 1939 dann doch mit der vorher und danach so verteufelten Sowjetunion verbündete, hatte ausschließlich taktische Gründe. Für seinen Kampf mit dem „plutokratischen Westen“ wollte er den Rücken frei haben. Erst danach wollte und hat Hitler sich gegen Russland gewandt, das wegen des hier herrschenden „jüdisch bolschewistischen Systems“ einerseits als gefährlich, andererseits aber auch als zutiefst geschwächt angesehen wurde. Daher stünde das „Riesenreich im Osten“ vor den Zerfall, weshalb gerade jetzt die notwendige Gewinnung von „Lebensraum im Osten“ und „auf Kosten Russlands“ sowohl möglich wie geboten sei. Mit seiner schon in Mein Kampf propagierten Ostexpansion „auf der Straße der einstigen Ordensritter“ knüpfte Hitler an ein weiteres Bild des (europäischen) Ostens an, das aber keineswegs schon im Mittelalter und erst recht nicht von den hier beschworenen Rittern des Deutschen Ordens, sondern erst im 19. Jahrhundert von deutschen Historikern gemalt bzw. konstruiert worden ist. Gemeint ist der „deutsche Drang nach Osten“. Diese Ideologie wurde mit dem Mythos „Ostkolonisation“ begründet. Dabei wurde die deutsche Aggression nach Osten mit dem Hinweis auf die angeblich kulturbringende Funktion und Mission der Deutschen in einem „Ostraum“ begründet, der wegen des deutschen ,Bluts- und Kulturtransfers‘ zum deutschen „Volks- und Kulturboden“ gehöre und gehören müsse. Der von Hitler und den Nationalsozialisten beanspruchte „Lebensraum im Osten“ sollte bis zum Ural reichen und von Deutschen und Angehörigen der so genannten „germanischen Brudervölker“ besiedelt werden. Dafür sollte er aber zuvor von als „minderwertig“ angesehen Slawen und ,selbstverständlich‘ Juden und Roma „gesäubert“ werden. Sie sollten und wurden zum großen Teil auch ermordet. Im „Generalplan Ost“ war sogar von 20 bis 50 Millionen Menschen die Rede, die der deutschen Ostexpansion zum Opfer fallen sollten. Doch nachdem der deutsche „Rassen- und Vernichtungskrieg“ im und um den Osten scheiterte und die deutschen Invasoren von der sowjetischen Armee schrittweise und unter großen Verlusten zurück-
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gedrängt wurden, schaltete die nationalsozialistische Ost-Propaganda wieder von Aggression gegen auf Angst vor dem Osten um. Dies mit einem gewissen, wie soll man sagen, ,Erfolg‘. Fühlten sich doch viele Deutsche durch das Verhalten vieler, aber eben nicht aller sowjetischen Soldaten außerhalb und dann innerhalb der Grenzen des einstigen „Großdeutschen Reiches“ in ihren tief verwurzelten Ängsten vor den „Fluten aus dem Osten“ bestätigt, wobei man jedoch die vorherige eigene Aggression und die dabei begangenen Verbrechen geflissentlich übersah. Nach 1945 nahm die Angst vor der jetzt nicht mehr als „asiatischkommunistisch-jüdisch“, sondern ,nur‘ noch als „asiatisch-kommunistisch“ bezeichneten „Flut aus dem Osten“ geradezu hysterische Ausmaße an. Schließlich hatte die „rote Flut“ nicht nur ganz Osteuropa, sondern auch Ost- und Mitteldeutschland „überschwemmt“ und schien, nicht nur West-Deutschland, sondern den gesamten „Westen“ zu bedrohen. Der Ruf nach „Dämmen und Deichen“ wurde wieder laut und war wieder mit einer Forderung nach einem „Drang nach Osten“ verbunden. Dafür sorgten vor allem die „Ostforscher“, die jetzt allerdings ,nur‘ zur „Wiedergewinnung“ des „deutschen Ostens“ aufriefen. Dies mit den alten Argumenten wie dem Hinweis auf die „Ostkolonisation“, mit denen sie vorher den gesamten „deutschen Volks- und Kulturboden“ eingefordert hatten. Dies alles wurde in der Zeit des Ost-West-Konfliktes zwischen dem kommunistischen Osten und dem demokratischen Westen nicht als anstößig empfunden. Der alt-neue Antikommunismus rechtfertigte und verschleierte die Tradierung des Geostereotyps Osten als Feindbild und als Traumland. Erst mit und im Zeichen der globalen Entspannungs- und der (west)deutschen „neuen Ostpolitik“ änderte sich dies. Das Feindbild „Osten“ wurde insgesamt und in seinen Bestandteilen in Frage gestellt und schließlich überwunden. Das galt sowohl für den Antikommunismus wie für den Antislawismus. Der Antisemitismus, der ein ganz wesentliches Element des Feindbildes „Osten“ gewesen war, wurde sogar tabuisiert, was jedoch keineswegs zu seinem völligen Verschwinden führte. Schließlich wurde auch die „Ostforschung“ zunehmend kritisiert und als das entlarvt, was sie von Anfang an gewesen ist, nämlich
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eine ideologisch geprägte und motivierte Schein-Wissenschaft. Der Osten insgesamt wurde entdämonisiert und ,entstereotypisiert‘. Man entdeckte, dass große Teile des ,politischen Ostens‘ gar nicht im Osten, sondern in Mittel- und Osteuropa lagen und in kultureller Hinsicht zum Westen gehörten. Bei einigen Deutschen breitete sich eine gewisse Schwärmerei für den Osten aus. Aus dem Führer des einstigen „Reichs des Bösen“, Michail Gorbatschow, machten sie eine Heilsgestalt. Tatsächlich kam das „Heil“ nicht von Gorbatschow, sondern von einer Revolution, die im Osten ausbrach und letztlich zur Vereinigung Ost- und Westdeutschlands und zum Untergang des Ostblocks führte, dessen Staaten sich überwiegend dem Westen anschlossen. Eigentlich gab es keinen Osten mehr, jedenfalls nicht im politischen Sinne, und eigentlich hätte es zum Verschwinden des oder der Geostereotype über den „Osten“ kommen müssen. Doch das Gegenteil war der Fall. Statt Freude und Erleichterung über die Überwindung des OstWest-Konfliktes und die Vereinigung Deutschlands herrschten bald Zorn und Depression vor. Ursache waren nicht nur die unverkennbaren sozialen und wirtschaftlichen Probleme, sondern auch die wechselseitigen Beschimpfungen. „Wessis“ bezeichneten die „Ossis“ als „verostet“, und „Ossis“ fühlten sich von den „Wessis“ übergangen und gegängelt. Statt des erho≠ten Zusammenwachsens dessen, was doch eigentlich zusammengehörte und gehören sollte, kam es zu einer neuen Trennung und einem neuen innerdeutschen Ost-West-Konflikt. Er begünstigte die Wiederkehr von einigen bereits als überwunden angesehenen Stereotypen über den Osten. Einige neurechte Ideologen priesen den Osten als Alternative zum demokratischen Westen und forderten eine Abkehr von der traditionellen „Westbindung“ der Bundesrepublik. Doch dies waren Ausnahmen. Generell waren die altneuen Geostereotype über den Osten von Gefühlen der Angst und Aggression geprägt. Die Aggression richtete sich „wieder“ auf den gesamten ostmitteleuropäischen Raum, in den man „wieder“ eindringen und „wieder“ eine neue „deutsche Ostkolonisation“ einführen wollte. Diese bestenfalls töricht zu nennenden und eigentlich völlig unverantwortlichen aggressiven Töne wurden dann aber wieder von Gefühlen der Angst verdrängt. Angst vor ominösen „Asylanten-Fluten“, die aus dem gesamten Osten zu uns „hereindrängen“ würden. Angst vor „Arbeitsimmigran-
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Im Osten geht die Sonne auf
ten“ aus den ostmitteleuropäischen Ländern, die jetzt in die Europäische Union aufgenommen wurden. Angst vor angeblich massenweise einwandernden Roma, die sich auch auf die seit Jahrhunderten hier lebenden, aber immer noch als „orientalisch“ angesehenen deutschen Sinti auswirkte. Vor allem aber Angst vor dem ,orientalischen Osten‘, aus dem die Gefahren des „islamischen Terrorismus“ und „Jihadismus“ drohten. Zum Teil wird schon vor einem neuen „Kampf der Kulturen“ zwischen dem Westen und dem Osten gewarnt. Ein Ende der Geschichte des Geostereotyps „Osten“ ist nicht abzusehen. Mentalitätsmäßig haben sich „die Deutschen“ aus dem ,geostereotypischen Gefängnis‘ „Osten“ noch keineswegs befreit.
Anmerkungen „Kommen Sie aus dem Westen?“
Einleitung
1 Vor der Wiedervereinigung war die Bezeichnung der DDR als „Ostdeutschland“ nur im westlichen Ausland gebräuchlich. Die Bewohner der DDR haben sich selber nie als „Ostdeutsche“ bezeichnet. In der (alten) Bundesrepublik sprach man dagegen von „denen da drüben“ oder euphemistisch von den „Brüdern und Schwestern“. Die Begri≠e und Abkürzungen „Ossis“ und „Wessis“ sind Ende der 1980er Jahre von West-Berliner Autonomen erfunden und dann sowohl im Westen wie im Osten übernommen worden. 2 Zum damaligen (!) Selbstverständnis der FU: James F. Tent, Freie Universität Berlin. 1948–1988. Eine deutsche Hochschule im Zeitgeschehen, Berlin 1988. 3 Siehe den Artikel „Orient“ in: Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 6, S. 651; und „Abendland“ in: Theologische Realenzyklopädie, 1977, S. 17–42. 4 Wippermann 1998 b. In der sonstigen Forschung findet man auch die Termini „Raumfiktion“, „mythische Geographie“ und „mental maps“. 5 Schultz 1997. 6 Wippermann 1998. 7 Gollwitzer 1964. 8 Said 1979. 9 Wol≠ 1994; Hans Lemberg, Die Entstehung des Osteuropabegri≠s im 19. Jahrhundert. Vom „Norden“ zum „Osten“ Europas, in: Jahrbücher für die Geschichte Osteuropas 33, 1985, S. 48–91. 10 Todorova 1999. 11 Wagner 1991. 12 Thum 2006. 13 Koenen 2005. 14 Zu ihrer von der Geschichtswissenschaft lange vernachlässigten Interpretation: Schneider 2004; Dipper/Schneider 2006. 15 Eagleton 1993; Lenk 1971, bes. S. 20≠. 16 Gerndt 1998; Hahn 1995; ders. 2002. 17 Sehr guter Forschungsüberblick bei: Schenk 2002.
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Anhang 18 Zum vornehmlich ‚europäischen Osten‘ habe ich verschiedene Bücher und Aufsätze publiziert, die im Literaturverzeichnis aufgeführt sind. „Ex oriente lux“
Religiöser und orientalischer Osten
1 Vgl. dazu: Schneider 2004, S. 25≠. 2 Zu den antiken, nicht nach Norden, sondern nach Osten fixierten Karten: Sieberer 1995. 3 Dazu: Gollwitzer 1964, S. 27≠. 4 Huntington 1996. 5 Auf diesen Kulturtransfer aus dem Orient haben gerade deutsche Orientalisten immer wieder nachdrücklich verwiesen. Vgl. etwa: Schimmel 2002. 6 Besonders stark betont wird dies in der Biographie Kaiser Friedrichs II. von: Ernst Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite, Berlin 1927; Ergänzungsband, Quellennachweise und Exkurse, Berlin 1931. Said 1979 erwähnte Friedrich II. mit keinem Wort. 7 Wolfram von Eschenbach, Parzival (nach der Ausgabe von Karl Lachmann), Berlin 1965. Zum folgenden: Wulf D. Hund, Rassismus. Die soziale Konstruktion natürlicher Ungleichheit, Münster 1999, S. 30≠. 8 Einige Hinweise darauf in: Conrad/Kessel 1998. 9 Dazu und zum folgenden: Martin 1993. 10 Diese Mozart-Oper wurde in der Inszenierung von Hans Neufels im September 2006 vom Spielplan der Deutschen Oper Berlin abgesetzt, weil es wegen ihrer vermeintlichen antiislamischen Tendenz angeblich zu Drohungen seitens von nicht genannten Islamisten gekommen war. 11 Dazu und als Einführung in die Geschichte der Freimaurerei: Günter Düriegel/ Susanne Winkler (Hrsg.), Freimaurer. So lange die Welt besteht, Wien 1992. 12 Said 1979, S. 118. 13 Hendrik Birs/Karl Eibl (Hrsg.), Goethes Werke, Bd. 1. Gedichte. West-östlicher Divan, Darmstadt 1998, S. 303–565. 14 Ebenda, S. 348. 15 Ebenda, S. 305. 16 Ebenda. 17 Ebenda, S. 308. 18 Ebenda, S. 337. 19 „Durch die Wüste“; „Durchs wilde Kurdistan“, „Von Bagdad nach Stambul“, „In den Schluchten des Balkans“, „Durch das Land der Skipetaren“, „Der Schut“. Vgl.
Anmerkungen zu diesem sog. „Orientzyklus“ Dieter Sudho≠/Hartmut Vollmer (Hrsg.), Karl Mays Orientzyklus, Paderborn 1991. 20 Dominik Melzig, Der „kranke Mann“ und sein Freund. Karl Mays Stereotypenbildung als Beitrag zum Orientalismus, Husum 2003. 21 Dazu die sehr apologetische Darstellung von: Rainer Jeglin, Karl May und die Armenier, in: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft 1970, H. 6, S. 20–24. 22 Zitiert nach: Hans-Walter Schmuhl, Friedrich Naumann und die „armenische Frage“. Die deutsche Ö≠entlichkeit und die Verfolgung der Armenier vor 1915, in: Hans-Lukas Kieser/Dominik J. Schaller (Hrsg.), Der Völkermord an den Armeniern und die Shoah, Zürich 2002, S. 503–516, S. 508. 23 Sein voller Name lautet natürlich, wie alle Karl-May-Fans wissen und aufsagen können müssen: Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschie Dwahud al Gossarah. 24 Zu Karl Mays Haltung zur orientalischen Frage: Eckehardt Koch, „Was haltet ihr von der orientalischen Frage? Zum zeitgeschichtlichen Hintergrund von Mays Orientzyklus, in: Dieter Sundho≠/Hartmut Vollmer (Hrsg.), Karl Mays Orientzyklus, Paderborn 1991, S. 64–82. 25 So etwa bei: René Grousset, Histoire des croisades et du Royaume franc de Jérusalem, Bd. 1–3 Paris 1948. 26 Vgl. den Katalog zur Ausstellung „Exotische Welten. Europäische Phantasien“, Berlin 1987; Berman 1996. 27 Osterhammel 1998. 28 Gollwitzer 1962. „Toti occidenti“
Gefährlicher Osten
1 J.-L-A. Huillard-Bréholles, Historia diplomatica Friderici Secundi, V, 2, Paris 1857, S. 1153. Zitiert nach: Gollwitzer 1964, S. 25. 2 „Osteuropa“ konnte nicht gemeint sein, denn dies wurde nach Wol≠, Inventing Europa, erst im 18. oder gar – so Lemberg, Entstehung des Osteuropabegri≠s – erst im 19. Jahrhundert erfunden. 3 MGH, Auctores antiquissimi, V, S. 107f.; zitiert nach: Gollwitzer 1964, S. 25. 4 Widukinds Sachsengeschichte, in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Neu bearbeitete von Albert Bauer und Reinhold Rau, (Ausgewählte Quellen Bd. VIII) Darmstadt, 1975, S. 89. 5 Widukinds Sachsengeschichte, in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Neu bearbeitet von Albert Bauer und Reinhold Rau (Ausgewählte Quellen Bd. VIII), Darmstadt, 1975, S. 89.; Adam von Bremen, Bischofsgeschichte der Hamburger
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Anhang Kirche (Ausgewählte Quellen Bd.11), Darmstadt 1961; Helmold von Bosau, Slawenchronik, neu übertragen und erläutert von Heinz Stoob (Ausgewählte Quellen Bd. 19), Darmstadt 1963. 6 In: Herbert Helbig/Lorenz Weinrich (Hrsg.), Urkunden und erzählende Quelle zur deutschen Ostsiedlung im Mittelalter. 1. Teil, 2. verb. Aufl. Darmstadt 1975, S. 93–103. 7 Zum folgenden: Wippermann 1979; ders. 1997. 8 Als Beispiel sei auf die Aufsätze von Hans Rothfels hingewiesen: Hans Rothfels, Ostraum, Preußentum und Reichsgedanke. Historische Abhandlungen, Vorträge und Reden, Leipzig 1935. 9 Die ältere Hochmeisterchronik, in: Scriptores rerum Prussicarum, Bd. 3, S. 540–637, S. 612. 10 Zusammenstellung bei: Hans Rothfels, Ostraum, Preußentum und Reichsgedanke. Historische Abhandlungen, Vorträge und Reden, Leipzig 1935, S. IX. 11 Zitiert nach: Erich Joachim, Die Politik des letzten Hochmeisters in Preußen, Albrecht von Brandenburg, Bd. 1–3 Leipzig 1892–1895, Bd. 1, S. 206–210. 12 Zitiert nach: ebenda, Bd. 3, S. 319. 13 Heiss/Klingenstein 1983; Erkens 1997; Guthmüller/Kühlmann 2000. 14 Schulze 1978. 15 Lucas Osiander, Christlicher / notwendiger Bericht / Welcher Gesalt sich die Christen darein schicken sollen / damit sie dem Türcken ein beharrliches abbruch thun / und ein heilsamen Sieg erlangen mögen, Tübingen 1595. 16 Hans-Jürgen Uhl, Luthers Predigt zum Türkenkrieg, Wien 1965. 17 Osiander, Christlicher notwendiger Bericht, zitiert nach Schulze 1978, S. 47. 18 Michael Schilling, Bildpublizistik der frühen Neuzeit. Aufgaben und Leistungen des illustrierten Flugblattes in Deutschland bis 1700, Tübingen 1990. 19 „Neuwe Zeytung aus Möttlin“, 1578, zitiert nach: Schulze 1978, S. 56f. 20 Zitiert nach: ebenda, S. 40. 21 Zum Folgenden: Keller 1985. 22 Zitiert nach: Andreas Kappeler, Die deutschen Flugschriften über die Moskowiter und Iwan den Schrecklichen im Rahmen der Rußlandliteratur des 16. Jahrhunderts, in: Keller 1985, S. 150–182, S. 173f. 23 Zitiert nach: ebenda, S. 159. 24 Zitiert nach: ebenda, S. 160. 25 Walter Leitsch, Das erste Rußlandbuch im Westen – Sigismund Freiherr von Herberstein, in: Keller 1985, S. 118–149. 26 Uwe Liszkowski, Adam Olearius’ Beschreibung des Moskauer Reiches, in: Keller 1985, S. 223–263.
Anmerkungen 27 Kappeler 1972. 28 Vgl. dazu: Monika Hueck, „Der wilde Moscowit“. Zum Bild Russlands und der Russen in der deutschen Literatur des 17. Jahrhunderts (Überblick), in: Keller (Hrsg.), Russen und Rußland aus deutscher Sicht 9.-17. Jahrhundert, S. 289–340. 29 Mechthild Keller, Wegbereiter der Aufklärung: Gottfried Wilhelm Leibniz’ Wirken für Peter den Großen und sein Reich, in: Keller 1985, S. 391–413; S. 393 über „doppelte Türken“ und S. 411 über „débarbariser“ 30 Dazu: Matthes 1981. 31 Klug 1987. 32 Lew Kopelew, Zunächst war Wa≠enbrüderschaft, in: Keller 1991, S. 11–82. 33 Zitiert nach: Walter Pape, „Juchheirassa, Kosacken sind da!“ Russen und Rußland in der politischen Lyrik der Befreiungskriege, in: Keller 1991, S. 289–314, S. 307. 34 Zitiert nach: Stefan Wolle, „Das Reich der Sklaverey und die teutsche Libertät.“ Die Ursprünge der Rußlandfeindschaft des deutschen Liberalismus, in: Keller 1991, S. 417–434, S. 420. 35 Johann Gottfried Herder, Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, in: Herders Werke in 5 Bänden, Bd. 4, Berlin 1969, S. 392–34. 36 Zitiert nach: Josef Körner, Die Slawen im Urteil der deutschen Frühromantik, in: Historische Vierteljahresschrift 31, 1936/38, S. 565–576. 37 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, in: ders., Sämtliche Werke, hrsg. von Hermann Glockner, Bd. 11 Stuttgart 1928, S. 447. 38 Zitiert nach: Groh 1961, S. 250. 39 Zitiert nach: Walter Pape, Eispalast der Despotie. Russen- und Rußlandbilder in der politischen Lyrik des Vormärz (1830–1848), in: Keller 1991, S. 435–472 40Zitiert nach: ebenda, S. 441. 41 Zitiert nach: ebenda, S. 160. 42 Zitiert nach: Weber, Distanz und Kritik – Das Rußlandbild der Jungdeutschen, in: Keller 1991, S. 601. 43 Zitiert nach: ebenda, S. 574. 44 Vgl. zum Folgenden: Wolfgang Wippermann, „Gesunder Volksegoismus“. Vorgeschichte, Verlauf und Folgen der Polendebatte in der Paulskirche, in: Heiner Timmermann (Hrsg.), 1848. Revolution in Europa. Verlauf, politische Programme, Folgen und Wirkungen, Berlin 1999, S. 351–365.
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Anhang
45 Franz Wigard (Hrsg.), Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituierenden Nationalversammlungen zu Frankfurt am Main, Frankfurt a. M. 1848, Bd. 2, S. 1141. 46So der Abgeordnete Ostendorf aus Soest. Vgl. Ebenda S. 1173. 47 Ebenda S. 1195. 48 Friedrich Engels, Glossen und Randzeichnungen zu Texten aus unserer Zeit (1942), in: MEW, Erg.-Bd. II, S. 258–262. 49Friedrich Engels, Die Polendebatte in Frankfurt vom 9.8.–7.9.1848, in: MEW, Bd. 5, S. 319–363. 50 Friedrich Engels, Der magyarische Kampf (1849), in: MEW Bd. 6, S. 165–172. 51 Engels an Marx vom 23.5.1851, in: MEW Bd. 27, S. 265–268. 52 Friedrich Engels, Worum es in der Türkei in Wirklichkeit geht. (1853), in: MEW Bd. 9, S. 13–17. 53 Karl Marx, Herr Vogt (1860), in: MEW Bd. 14, S. 381–686; S. 503. 54 Karl Marx, Die Geschichte der Geheimdiplomatie des 18. Jahrhunderts. Über den asiatischen Ursprung der russischen Despotie. Mit Kommentaren von Bernd Rabehl u. D. B. Rjasanow, hrsg. von Ulf Wolter, Berlin 1977. 55 Engels, Deutschland und der Panslavismus, S. 193. 56 Vgl.: Groh 1961, S. 234≠. 57 Wippermann 1981 b. 58 Heinrich von Treitschke, Ein Wort über unser Judentum, zitiert nach: Boehlich (Hrsg.), Der Berliner Antisemitismusstreit, S. 5≠. 59 Zu den „Ostjuden“ immer noch wichtig die mit Dokumenten versehene Studie des Zeitzeugen Shlomo Adler-Rudel, Ostjuden in Deutschland 1880 bis 1940. Zugleich eine Geschichte der Organisationen, die sie betreuten, Tübingen 1959. Ferner: Maurer 1986; Aschheim 1982; Wertheimer 1987. 60Dazu: Neubach 1967. 61 Georg Fritz, Die Ostjudenfrage. Zionismus & Grenzschluß, München 1915, S. 45. 62 Ebenda S. 4 und 10. „Nicht barbarisch“
Anziehender Osten
1 Zitiert nach: Uwe Liszkowski, Adam Olearius’ Beschreibung des Moskauer Reiches, in: Keller 1985, S. 223–263, S. 246. 2 Zitiert nach Monika Hueck, „Der wilde Moscowit“. Zum Bild Russlands und der Russen in der deutschen Literatur des 17. Jahrhunderts (Überblick), in: Keller 1985, S. 323.
Anmerkungen 3 Zu den gemischten Saunen der Russen: Uwe Liszkowski, Adam Olearius’ Beschreibung des Moskauer Reiches, in: Keller 1985, S. 243. 4 Mechthild Keller, Wegbereiter der Aufklärung: Gottfried Wilhelm Leibniz’ Wirken für Peter den Großen und sein Reich, in: Keller 1985, S. 391–413. Zur tabula rasa-Vorstellung: Groh 1961, S. 32≠. 5 Groh 1961, S. 102≠. 6 Zitiert nach: Christoph Schmidt, Ein deutscher Slavophiler? August von Haxthausen und die Wiederentdeckung der russischen Bauerngemeinde 1843/1844, in: Keller 1991, S. 174≠. 7 Dazu: Manfred Botzenhart, Rußland im Urteil deutscher Politiker und Generäle in der Zeit der Freiheitskriege, in: Keller 1991, S. 315–350; und: Günther Wiegand, Ernst Moritz Arndts nationalistische Vorurteile und Stereotype, in: ebenda, S. 473–493. 8 Zitiert nach: Walter Pape, Eispalast der Despotie. Russen- und Rußlandbilder in der politischen Lyrik des Vormärz (1830–1848), in: Keller 1991, S. 435–472, S. 456f. 9 Laqueur 1965; Jahn 1980. 10 Burgdorf 1999. 11 Bruno Bauer, Rußland und das Germanenthum, Charlottenburg 1853; ders., Rußland und das Germanenthum. Zweite Abtheilung. Die deutsche und die orientalische Frage, Charlottenburg 1853; ders., Die jetzige Stellung Rußlands, Charlottenburg 1854; ders., Deutschland und das Russenthum, Charlottenburg 1854; ders., Rußland und England, Charlottenburg 1854. 12 Bruno Bauer, Rußland und das Germanenthum, Charlottenburg 1853, S. 7. 13 Ebenda, S. 27f. 14 Ebenda, S. 7. 15 Ebenda, S. 57. 16 Engels an Moritz Elsner vom 17.4.185, in: MEW 28, S. 616. 17 Engels an Marx vom 1.9.1862, in: MEW 30, S. 261f. 18 Engels an Moritz Elsner vom 17. 4. 1855, in: MEW 28, S. 616. 19 Vgl. Groh 1961, S. 99. 20 Vgl. dazu: Koenen 2005, S. 350f. 21 Ebenda, S. 449. 22 Neben der ‚klassischen‘, aber veralteten Studie von: Mohler 1989; jetzt: Breuer 1993. 23 Zum folgenden: Wippermann 1999, S. 355–372. 24 Arthur Moeller van den Bruck, Einleitung zu F. M. Dostojewski, Sämtliche Werke, 1. Abt., München 1922, S. VI.
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Anhang 25 Arthur Moeller van den Bruck, Das dritte Reich, 4. Aufl. Hamburg 1931 (zuerst 1923), S. 73≠. 26 Arthur Moeller van den Bruck, Der preußische Stil, München 1916, S. 14. 27 Arthur Moeller van den Bruck, Das Recht der jungen Völker, München 1919, S. 20. 28 Ebenda, S. 103 und S. 111. 29 Ebenda, S. 106. 30 Kurt Sontheimer, Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. Die politischen Ideen des deutschen Nationalismus zwischen 1918 und 1933, München 1968, S. 239. 31 Fortgeführt wurden die Gedanken Moeller van den Brucks vor allem von: Max Hildebert Boehm, Das eigenständige Volk, Göttingen 1932. 32 Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte, Bd. 1–2, München 1923. 33 Erster Band: Gestalt und Wirklichkeit, S. 261. 34 Zweiter Band: Welthistorische Perspektiven, S. 231≠. 35 Ebenda, S. 232. 36 Oswald Spengler, Preußentum und Sozialismus, München 1920. 37 Ebenda, S. 92. 38 Ebenda, S. 97. 39 Oswald Spengler, Das Doppelantlitz Rußlands und die deutschen Ostprobleme, Vortrag, gehalten im Februar 1922, in: ders., Politische Schriften. Volksausgabe, München 1932, S. 107–206. 40Ebenda, S. 110f. 41 Ebenda, S. 120f. 42 Ebenda, S. 123. 43 Ebenda. 44 Ebenda, S. 125f. 45 Ernst Niekisch, Der sterbende Osten. Das Gift der Zivilisation (1929), in: Ernst Niekisch, Widerstand, hrsg. von U. Sauermann, Krefeld 1982, S. 36–43. 46Ernst Niekisch, Die Entscheidung, Berlin 1930, S. 118. 47 Ebenda, S. 167. 48 Ernst Niekisch, Das Gesetz von Potsdam (1931), in: ders., Widerstand, S. 91. 49Zitiert nach: Breuer 1933, S.106. 50 Ernst Niekisch, Die Entscheidung, Berlin 1930, S. 183. Mit dem Begri≠ „ordensmäßiger Daseinsstil“ spielt Niekisch auf den Deutschen Orden an, dessen Staat als Vorläufer Preußens galt.
Anmerkungen „Nach Ostland“
Drang nach Osten
1 J. Willems (Hrsg.), Oude Vlaemsche Liederen, Gent 1848, S. 35≠. 2 Zur Dekonstruktion dieser Ideologie: Wippermann 1981 a; Meyer 1996 wollte dagegen im „deutschen Drang nach Osten“ ein real existierendes Phänomen sehen. 3 Die neuere Forschung, in der dies alles kritisiert und überwunden worden ist, wird im Kapitel „Neue Ostpolitik“ erwähnt. Der folgende Überblick stützt sich insbesondere auf die Arbeiten von Walter Schlesinger und Wolfgang H. Fritze. 4 Widukinds Sachsengeschichte, in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Neu bearbeitet von Albert Bauer und Reinhold Rau, Darmstadt 1975 (= Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Bd. 8). 5 Adam von Bremen, Bischofsgeschichte der Hamburger Kirche, Berlin 1961 (=Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters Bd. 11). 6 Helmold von Bosau, Slawenchronik, neu übertragen und erläutert von Heinz Stoob, Darmstadt 1963 (= Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Bd. 19). 7 Thietmar von Merseburg, Chronik, neu übertragen und erläutert von Werner Trillmich, Darmstadt 1962 (= Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Bd. 9). 8 Peter von Dusburg, Chronicon terre Pruscie, in: Scriptores rerum Prussicarum, Bd. 1, hrsg. von Theodor Hirsch, Max Toeppen und Ernst Strehlke, Liepzig 1861, S. 3–219. 9 In: Herbert Helbig/Lorenz Weinrich (Hrsg.), Urkunden und erzählende Quellen zur deutschen Ostsiedlung im Mittelalter. 1. Teil, 2. verb. Aufl. Darmstadt 1975, S. 96–103. 10 Wippermann 1996 b. 11 August Ludwig Schlözer, Kritische Sammlungen zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen, Göttingen 1795. 12 Johann Friedrich Reitemeier, Geschichte der preußischen Staaten vor und nach ihrer Vereinigung in eine Monarchie, Bd. 1–2, Frankfurt/Oder 1801–1805, Bd. 1, S. 33 u. 35. 13 Bd. 1, S. 476. 14 Bd. 1 S. X. 15 Wilhelm Christian Binder, Der Untergang des Polnischen Nationalstaates pragmatisch entwickelt, Bd. 1–2, Stuttgart 1843–44, Bd. 1, S. 87. 16 Moritz Wilhelm He≠ter, Der Weltkampf der Deutschen und Slawen seit dem Ende des 4. Jahrhunderts nach christlicher Zeitrechnung, nach seinem Ursprunge, Verlaufe und nach seinen Folgen dargestellt, Hamburg und Gotha 1847. 17 Ebenda, S. 467.
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Anhang 18 Zum Folgenden: Wolfgang Wippermann, „Gesunder Volksegoismus“. Vorgeschichte, Verlauf und Folgen der Polendebatte in der Paulskirche, in: Heiner Timmermann (Hrsg.), 1848. Revolution in Europa. Verlauf, politische Programme, Folgen und Wirkungen, Berlin 1999. S. 351–366. 19 Diese Äußerung Wippermanns fiel im Fünfzigerausschuss. Vgl. Karl Juchow, Verhandlungen des deutschen Parlaments I. Verhandlungen des Vorparlaments. II. Verhandlungen des 50er Ausschusses und der 17 Vertrauensmänner, Bd. 2, Frankfurt am Main 1848, S. 392. 20 Rede Jordans in: Stenographischer Bericht über die Verhandlungen der deutschen constituierenden Nationalversammlung zu Frankfurt am Main, hrsg. von Franz Wigard, Bd. 2, Frankfurt a. M. 1848, S. 1143–1150. 21 Ebenda, S. 1151. 22 Ebenda, S. 1148. 23 Ebenda, S. 1145. 24 Ebenda, S. 1187. 25 Julian Klaczko, Die deutschen Hegemonen. O≠enes Sendschreiben an Herrn Georg Gervinus, Berlin 1849. 26 Ebenda, S. 24. Zitiert nach: Meyer 1996, S. 41. 27 Ludovit Stúr, Das Slaventhum und die Welt der Zukunft, hrsg. von Josef Jirásek, Bratislava 1931, S. 26. 28 Karol Szajnocha, Jadwiga i. Jagiello 1374–1412. Opowiadanie historyczne, Bd. 2, Lwów 1861, S. 10f. Zitiert nach: Labuda 1964, S. 240. 29 Friedrich List, Schriften, Reden, Briefe, hrsg. von Erwin v. Beckerath, Bd. 1–10, Berlin 1931–1935, bes. Bd. 5, S. 497–547. 30 Augsburger Allgemeine Zeitung vom 1.1.1845. 31 „Auch ein paar Worte über die deutsche Auswanderung nach dem Orient“, in: Augsburger Allgemeine Zeitung vom 17.4.1845. 32 „Das praktische Interesse der Deutschen am Erdball oder die östliche Auswanderung“, in: Augsburger Allgemeine Zeitung vom 25.8.1845. 33 Gustav Höfken, Deutsche Auswanderung und Kolonisation mit Hinblick auf Ungarn, Wien 1850. 34 Ebenda, S. 4. 35 Ebenda, S. 195. 36 Ebenda, S. 13. 37 Ebenda, S. 127. 38 Ähnliche ost- bzw. süd-ost-imperialistische Vorstellungen findet man auch in den Werken zeitgenössischer Geographen wie Ernst Kapp, Georg Ludwig Funke, Johann
Anmerkungen Georg Kohl u. a. Vgl. dazu: Hans-Dieter Schultz, Raumkonstrukte der klassischen deutschsprachigen Geographie des 19./20. Jahrhunderts im Kontext ihrer Zeit, in: Geschichte und Gesellschaft 28, 2002, S. 343–377, S. 358≠. 39 So vor allem von Hermann Aubin. Vgl. ders., Zur Erforschung der deutschen Ostbewegung, S. 40. 40Heinrich v. Treitschke, Das deutsche Ordensland Preußen (1862), in: ders., Historische und politische Aufsätze vornehmlich zur neuesten deutschen Geschichte, 2. Aufl. Leipzig 1865, S. 1–67, S. 7. 41 Ebenda, S. 19. 42 Lamprecht wurde lange Zeit wegen seiner kulturhistorischen Methode, die auf die scharfe Kritik der politikgeschichtlich orientierten borussischen Historiker gestoßen ist, als „fortschrittlich“ klassifiziert. Tatsächlich war er mehr als Treitschke und die übrigen borussischen Historiker der Vater der deutschen „Ostforschung“. 43 Karl Lamprecht, Deutsche Geschichte, Bd. 3, 5. Aufl. Berlin 1922, bes. S. 309≠. 44 Ebenda, S. 316, 312, 313. 45 Ebenda, S. 311. 46Ebenda, S. 310,312, 377. 47 Ebenda, S. 399. 48 Max Weber, Gesammelte politische Schriften, München 1921, S. 8–30. 49Paul de Lagarde, Deutsche Schriften, Göttingen 1892 (zuerst: 1885), S. 25. 50 Ebenda, S. 27–31. 51 Ernst Hasse, Deutsche Politik, Bd. 1. Das Deutsche Reich als Nationalstaat, München 1905. 52 Heinrich Claß (unter dem Pseudonym: Einhart), Deutsche Geschichte, Leipzig 1909. 53 Fischer 1967, bes. S. 132≠, 155≠ und 208≠. 54 Bester Überblick ist: Kost 1988. Vgl. zum Folgenden auch: Schultz 2002, S. 348≠.; und: Wippermann 1998, S. 15–24. 55 Sein wichtigstes Werk ist: Friedrich Ratzel, Politische Geographie, Leipzig 1897. 56 Friedrich Ratzel, Über den Lebensraum, in: Die Umschau 1, 1897, S. 363–367; ders., Der Lebensraum, in: Festgabe für Albert Schä≠le, Tübingen 1901. 57 Rudolf Kjellén, Die Großmächte der Gegenwart, Berlin 1914. 58 Zu Mackinder: William Henry Parker, Mackinder: Geography as an aid to statescraft, Oxford 1982; Brian Blouet, Halford John Mackinder: A Biography, Austin 1987. 59 Halford John Mackinder, The Geographical Pivot of History, in: The Geographical Journal 23, 1904, S. 421–444. 60Karl Haushofer, Der osteurasiatische Zukunftsblock, in: Zeitschrift für Geopolitik 2, 1925, S. 87.
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Anhang
61 Eindeutig nachgewiesen ist dies durch: Jacobsen 1979. 62 Schultz 2002, S. 355. „Auf Kosten Russlands“
Das Dritte Reich und der Osten
1 Adolf Hitler, Mein Kampf. Zwei Bände in einem Band, Ungekürzte Ausgabe, 102. Aufl. München 1934, S. 154. 2 Ebenda, S. 742. 3 Ebenda, S. 752. 4 Ebenda, S. 743. 5 Ebenda, S. 728. 6 Ebenda, S. 733. 7 Ebenda, S. 742. 8 Lange 1968. 9 Zur „Ostforschung“: Burleigh 1988; Volkmer 1989; Schönwälder 1992; Schöttler 1997; Schulze 1998; Haar 2000. Knapper, aber instruktiver Forschungsüberblick bei: Mühle 1997. 10 Benno Müller-Hill, Tödliche Wissenschaft. Die Aussonderung von Juden, Zigeunern und Geisteskranken, Reinbek 1982. 11 Mühle 1997, S. 325. 12 Zu starke Betonung der Unterschiede zwischen der Osteuropa- und der „Ostforschung“ bei: Kleßmann 1985. 13 Oberkrome 1993. 14 Zu dieser sehr kontrovers geführten Debatte zusammenfassend: Mühle 1997, S. 334≠. 15 Dazu: Michael Fahlbusch, „Wo der Deutsche … ist, ist Deutschland!“ Die Stiftung für deutsche Volks- und Kulturbodenforschung in Leipzig 1920–1933, Bochum 1994. 16 Carl Peters/Hans Schwalm, Dem 3. Jahrgang zum Geleit, in: Deutsche Hefte für Volks- und Kulturbodenforschung 3, 1933, S. 1, zitiert nach: Mühle 1997, S. 331. 17 Ausführlich dazu: Burleigh 1988, S. 70≠. 18 Brief Otto Reches an Albert Brackmann vom 19.9.1939, in: Bundesarchiv Berlin (BArchB) R 153/288. Dazu und zum Folgenden: Burleigh 1988, S. 167≠. 19 Brief Brackmanns an Reche vom 22.9.1939, in: ebenda. 20 Otto Reche, Leitsätze zur bevölkerungspolitischen Sicherung des deutschen Ostens vom 24.9.19139, in: BArchB R 153/288. 21 Otto Reche, Stärke und Herkunft des Anteils nordischer Rasse bei den Westslawen, in: Hermann Aubin u. a. (Hrsg.), Deutsche Ostforschung. Ergebnisse und Aufgaben seit dem ersten Weltkrieg, Leipzig 1942, Bd. 1, S. 58–89.
Anmerkungen 22 Vgl. dazu: Wolfgang Wippermann, Sind die Sorben in der NS-Zeit aus „rassischen“ Gründen verfolgt worden?, in: Letopis 43, 1996, S. 32–38. 23 Der Hinweis auf die „Umsiedlung“ der Griechen und Türken zu Beginn der 1920er Jahre taucht dann in den weiteren Dokumenten zur nationalsozialistischen „Umsiedlungs“-Politik häufiger auf. Vgl. dazu: Aly/Heim 1991. 24 Zur weiteren Korrespondenz zwischen Brackmann und Reche: BArchB R 153/288. Vgl.: Burleigh 1988, S. 172. 25 Theodor Schieder, Entwurf einer volkstumspolitischen Denkschrift, in: BArchB R 153/291. Dieser äußerst wichtige Denkschrift-Entwurf wurde entdeckt von: Burleigh 1988, S. 165. Knapp erwähnt von: Karl Heinz Roth, „Generalplan Ost“ – „Gesamtplan Ost“. Forschungsstand, Quellenprobleme, neue Ergebnisse, in: Rössler/Schleiermacher 1993, S. 91. Abgedruckt und kommentiert bei: Angelika Ebbinghaus/Karl Heinz Roth, Deutsche Historiker und der Holocaust, in: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts 6, 1991, H. 3, S. 7–10. 26 Protokoll der Sitzung in: BArchB R 1153/291. Vgl.: Burleigh 1988, S. 165. 27 In: BArchB R 153/291. Vgl. Burleigh 1988, S. 166. 28 Dazu die bahnbrechende, in Deutschland aber wenig rezipierte Arbeit von: Robert L. Koehl, RKFDV: German Resettlement and Population Policy 1939–1945. A History of the Reich Commission für the Strengthening of Germandom, Cambridge 1957. 29 Rössler/Schleiermacher 1993. 30 Vgl. dazu: Burleigh 1988, S. 163≠. 31 Vgl.: Werner Conze, Die ländliche Überbevölkerung in Polen, in: Arbeiten des XIV. Internationalen Soziologen Kongresses Bucaresti, Mitteilungn, Abteilung B – Das Dorf, I. Bd. D, Bucaresti 1940, S. 40. Zu diesen Forschungen deutscher Historiker: Volkmer 1989. Zur Zusammenarbeit von Mitarbeitern der Publikationsstelle Dahlem und der Gestapo auch: Michael Burleigh, Die Stunde der Experten, in: Rössler/Schleiermacher 1993, S. 346–349. 32 Allgemein zu diesen „Umsiedlungsplänen“: Hans Mommsen, Umvolkungspläne des Nationalsozialismus und der Holocaust, in: Helge Grabitz u. a. (Hrsg.), Die Normalität des Verbrechens. Bilanz und Perspektiven der Forschung zu den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen. Festschrift für Wolfgang Sche≠ler zum 65. Geburtstag, Berlin 1994, S. 68–84. 33 Jürgen v. Hehn, Die Umsiedlung der baltischen Deutschen. Das letzte Kapitel baltischdeutscher Geschichte, Marburg 1982. 34 Müller 1991.
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Anhang 35 Dirk Jachomowski, Die Umsiedlung der Bessarabien-, Bukowina- und Dobrudschadeutschen. Von der Volksgruppe in Rumänien zur Siedlungsbrücke an der Reichsgrenze, München 1984. 36 Zu den wissenschaftlich bis ins Detail vorbereiteten Plänen für eine „Umsiedlung“ der Holländer: Koos Bosma, Verbindungen zwischen Ost- und Westkolonisation, in: Rössler/Schleiermacher 1993, S. 198–214. 37 Dazu: Mechthild Rössler, Wissenschaft und Lebensraum. Geographische Ostforschung im Nationalsozialismus, Hamburg 1990. 38 Gerd Gröning/Joachim Wolschke-Bulmahn, Die Liebe zur Landschaft, Teil III, Der Drang nach Osten, München 1987; Gerd Gröning, Die „Allgemeine Anordnung Nr 20/VI/42“ – Über die Gestaltung der Landschaft in den eingegliederten Ostgebieten, in: Rössler/Schleiermacher 1993, S. 131–147. 39 Michael Burleigh/Wolfgang Wippermann, The Racial State. Germany 1933–1945, Cambridge 1991. 40So: Mayer 1989. 41 Aufzeichnung der Rede Hitlers vom 30.3.1941 in: Halder-Kriegstagebuch, Bd. II, Stuttgart 1963, S. 333≠. Zitiert nach: Wolfgang Michalka (Hrsg.), Das Dritte Reich, Bd. 2, München 1985, S. 52. 42 Ebenda, S. 52f. 43 In: Ueberschär/Wette 1984, S. 303f. 44 Erlass von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel über „Die Ausübung der Kriegsberichterstattung im Gebiet ‚Barbarossa‘ und besondere Maßnahmen der Truppe“ vom 13.5.1941, zitiert nach Wolfgang Michalka (Hrsg.), Das Dritte Reich. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik, Bd. 1–2 München 1985, Bd. 2, S. 55f. 45 Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare („Kommissarbefehl“) vom 6.6.1941, in: ebenda S. 56f. 46Zitiert nach: Mayer 1989, S. 325. Allgemein zur Propaganda für den „Vernichtungskrieg“: Ortwin Buchbender, Das tönende Erz. Deutsche Propaganda gegen die Rote Armee im Zweiten Weltkrieg, Stuttgart 1978. 47 Derartige Befehle wurden auch in der Folgezeit vielfach wiederholt. Vgl. etwa die „Richtlinien für die militärische Sicherung und für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Ostland“ vom 25.9.1941. Referiert und zitiert bei: Hans-Heinrich Wilhelm, Motivation und „Kriegsbild“ deutscher Generäle und O∏ziere im Krieg gegen die Sowjetunion, in: Jahn/Rürup 1991, S. 153–182, S. 172f. 48 Zitiert nach: Bartov 1995, S. 195. 49Zitiert nach: ebenda, S. 196. 50 Ebenda, S. 197.
Anmerkungen 51 Peter Jahn, Russenfurcht und Antibolschewismus: Zur Entstehung und Wirkung von Feindbildern, in: Jahn/Rürup 1991, S. 47–64. 52 Burleigh 2000, S. 589. 53 Vgl. dazu: Meyer/Wippermann 1992; Ueberschär/Wette 1984; Clark 1995. Gute Zusammenfassungen des Forschungsstandes: Ludolf Herbst, Das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945. Die Entfesselung der Gewalt: Rassismus und Krieg, Frankfurt a. M. 1996; Burleigh 2000, S. 557≠. 54 Zur Ermordung der sowjetischen Roma: Wolfgang Wippermann, Nur eine Fußnote? Die Verfolgung der sowjetischen Roma: Historiographie, Motive, Verlauf, in: Meyer/Wippermann 1992, S. 75≠. 55 Bartov 1995, S. 128. 56 Vgl. dazu die verdienstvolle Pionierstudie von: Christian Streit, Keine Kameraden, Stuttgart 1978, insbesondere S. 181f. zu den Befehlen General Reinekes. Ferner: Alfred Streim, Die Behandlung sowjetischer Kriegsgefangener im „Fall Barbarossa“, Heidelberg 1981. 57 So der russische Demograph W. I. Koslow, Menschenopfer und Menschenverluste der Sowjetunion im Krieg 1941–1945, in: Meyer/Wippermann 1992, S. 157–170. „Nach Moskau“
Westdeutschland und der Osten
1 Dieses und die folgenden Beispiele in: Diederich 1976. 2 Repräsentativ ist: Kurt Marko, Antikommunismus, in: Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft. Eine vergleichende Enzyklopädie, Bd. 1, Freiburg 1966, S. 237–245. 3 Vgl. etwa: F. D. Ryshenko/O. Reinhold, Der gegenwärtige Antikommunismus – Politik und Ideologie, Frankfurt a. M. 1974. Abgewogener und (selbst-)kritischer: Hofmann 1967; Körner 2003. 4 Schwan 1999. 5 Zahlreiche Beispiele dafür in: Diederich 1976. 6 Beispiele und Hinweise dazu bei: Frank Bajohr/Dieter Pohl, Der Holocaust als o≠enes Geheimnis. Die Deutschen, die NS-Führung und die Alliierten, München 2006, S. 65≠. 7 Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (Hrsg.), Die rote Flut. Tatsachen und Zahlen über die Bolschewisierung der Sowjetzone, Bonn 1950. 8 Hendrik van Bergh, Die rote Springflut. Sowjetrußlands Weg ins Herz Europas, München 1958. Dieses Machwerk ist noch 1987 in dritter Auflage erschienen. 9 Eindrucksvoll dokumentiert wurde dies in einer Ausstellung des Deutschen Historischen Museums. Vgl.: Vorsteher 1992.
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Anhang
10 Wolfgang Wippermann, Totalitarismustheorien. Die Entwicklung der Diskussion von den Anfängen bis heute, Darmstadt 1997, S. 45≠. 11 Gerhard Leibholz, Das Phänomen des totalen Staates, in: Festschrift für Herbert Kraus, Kitzingen 1954, S. 156–162; abgedruckt in: Bruno Seidel/Siegfried Jenkner (Hrsg.), Wege der Totalitarismus-Forschung, Darmstadt 1968, S. 123–132. Ähnliche Thesen auch in: Gerhard Leibholz, Freiheitliche demokratische Grundordnung und Bonner Grundgesetz, in: ders., Strukturprobleme der modernen Demokratie, Frankfurt a. M. 1974, S. 132–141 (zuerst: 1951). 12 Maunz/Düring/Herzog/Scholz, Kommentar zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, München 1974, Art. 18 Rdnr. 48. 13 Ebenda; Rdnr. 50. Nur am Rande sei erwähnt, dass es sich bei Maunz um den ehemaligen NS-Juristen Theodor Maunz handelte, der nach 1945 lange Jahre Berater und Mitarbeiter des Herausgebers der rechtsradikalen „Deutschen Nationalzeitung“, Gerhard Frey, war. Vgl.: Jens Mecklenburg (Hrsg.), Handbuch deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 404 und 461. 14 Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5.7.1962 über „Richtlinien für die Behandlung des Totalitarismus im Unterricht“, zitiert nach: Hans-Helmuth Knütter, Der Totalitarismus in der schulischen und außerschulischen Politischen Bildung, in: Konrad Löw (Hrsg.), Totalitarismus, München 1993, S. 28–43, S. 30. 15 Ebenda. 16 Abgedruckt in: Günter Berndt/Reinhard Strecker, Polen – ein Schauermärchen oder Gehirnwäsche für Generationen, Hamburg 1971, S. 96–99. 17 Ebenda, S. 96. 18 Ebenda. 19 Ebenda, S. 97f. 20 Hermann Aubin, An einem neuen Anfang der Ostforschung, in: Zeitschrift für Ostforschung 1, 1952, S. 3–16. 21 Ebenda, S. 6. 22 Percy Ernst Schramm, Deutschland und der Osten, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 9, 1958, S. 321–338. Schramm selber war kein „Ostforscher“. Dass er dennoch ihre Thesen übernahm, ist bemerkenswert und erschreckend. 23 Sehr kritisch dazu: Wippermann 1981 a, S.117–124. 24 Dies ist keine nachträgliche oder gar polemische Bewertung. Sie findet man auch in verschiedenen Arbeiten amerikanischer Historiker, die zur sog. revisionistischen Schule gerechnet werden. Von deutscher Seite dazu zuletzt: Stöver 2002. 25 Gut herausgearbeitet wird dies in der ideengeschichtlich orientierten Studie von: Nolte 1974.
Anmerkungen „Neue Ostpolitik“
Die Überwindung der Stereotype
1 Vgl. dazu u. a.: Werner Maibaum, Geschichte der Deutschlandpolitik, Bonn 1998; Manfred Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von der Gründung bis zur Gegenwart, München 1999. 2 Zum Folgenden: Wolfgang Wippermann, Totalitarismustheorien. Die Entwicklung der Diskussion von den Anfängen bis heute, Darmstadt 1997, S. 35≠; ders., Faschismustheorien. Zur Entwicklung der Diskussion von den Anfängen bis heute, Darmstadt 1997; ders., Umstrittene Vergangenheit. Fakten und Kontroversen zum Nationalsozialismus, Berlin 1998, bes. S. 12≠. 3 Der Begri≠ wurde schon 1954 geprägt von: Karl W. Deutsch, Risse im Monolith; Möglichkeiten der Desintegration in totalitären Staaten, in: Bruno Seidel/Siegfried Jenkner (Hrsg.), Wege der Totalitarismus-Forschung, Darmstadt 1968, S. 197–227. 4 Wippermann 1996 b. 5 Schlesinger 1957. 6 Gedruckt wurde er erst 1997: Schlesinger 1997. 7 Schlesinger 1975. 8 Hinzuweisen ist vor allem auf die von Wolfgang H. Fritze geleitete Interdisziplinäre Arbeitsgruppe an der FU Berlin „Germania Slavica“. Ihre (m. E. viel zu wenig rezipierten) Ergebnisse liegen vor in: Fritze 1980≠. 9 Burleigh 1988. 10 Sie sind im Kapitel „Auf Kosten Russlands“ erwähnt worden. 11 Dass das Phänomen erst viel später erfunden oder „neu entdeckt“ wurde, haben „Ostforscher“ wie Rudolf Kötzschke immer eingeräumt. Vgl. dazu die Bemerkung von Schlesinger 1997, S. 430. 12 Ich übernehme hier Begri≠ und Idee von Anderson 1983. 13 Dralle 1991. 14 Dazu und zum Folgenden: Wippermann 1981 b; sowie Literaturgeschichten wie: Helmut Motekat, Ostpreußische Literaturgeschichte mit Danzig und Westpreußen, München 1977; Hubert Orlowski (Hrsg.), Heimat und Heimatliteratur in Vergangenheit und Gegenwart, Lüneburg 1993. 15 Vgl. dazu: Salzborn 2000; ders., Heimatrecht und Volkstumskampf. Außenpolitische Konzepte der Vertriebenenverbände und ihre praktische Umsetzung, Hannover 2001. 16 Karl Schlögel, „Die Mitte liegt im Osten“, in: Die Zeit Nr. 16, 11.4.1986. Aus dem Artikel wurde dann ein Buch: Karl Schlögel, Die Mitte liegt ostwärts. Die Deutschen, der verlorene Osten und Mitteleuropa, Berlin 1986. Schlögel hat dann seine Reise-
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Anhang
berichte fortgesetzt und mit geopolitischen Spekulationen verbunden. Vgl.: Schlögel 2003. 17 Zu der im folgenden nur kurz skizzierten Diskussion die Sammelbände von: Erhard Busek/Gerhard Wilfinger (Hrsg.), Aufbruch nach Mitteleuropa. Rekonstruktionen eines versunkenen Kontinents, Wien 1986; Sven Papcke/Werner Weidenfeld (Hrsg.), Traumland Mitteleuropa? Beiträge zu einer aktuellen Kontroverse, Darmstadt 1988. Weitere Hinweise bei: Schenk 2002, S. 511f. 18 Mit weiterführenden Hinweisen auf die „Mitteleuropa“-Diskussion: Schultz 1997; Schultz 2002, S. 374f. 19 Karl Schlögel, Die Mitte liegt im Osten, in: Die Zeit Nr. 16, 11.4.1986. 20 François Bondy, Das Phantom Mitteleuropa, in: FAZ 21.12.1985. 21 Ash 1993. „Verostung“
Die Wiederkehr der Stereotype
1 Arnulf Baring, Deutschland, was nun? Ein Gespräch mit Dirk Rumberg und Wolf Jobst Siedler, Berlin 1991, S. 51. 2 Ebenda, S. 59. 3 Ebenda, S. 76 u. 88. 4 Ebenda, S. 113. 5 Ebenda, S. 17. 6 Ebenda, S. 33. 7 Ebenda, S. 41. 8 Ebenda, S. 67. 9 Ebenda, S. 70. 10 Ebenda, S. 92. 11 Ebenda, S. 94. 12 Charles Higounet, Die deutsche Ostsiedlung des Mittelalters, Berlin 1986. 13 Keineswegs alle diese Bände folgten den ideologischen Vorgaben des Verlages. Insbesondere nicht: Hartmut Boockmann, Ostpreußen und Westpreußen, Berlin 1992; Friedrich Prinz, Böhmen und Mähren, Berlin 1993; Gert von Pistohlkors, Baltische Länder, Berlin 1994. 14 Deutsche Geschichte im Osten Europas. Eine Bilanz in 10 Bänden, o. O. u. o. J., S. 4f. 15 Ebenda, S. 4. 16 Zu Krallert: Burleigh 1988, S. 244≠. 17 Baring, Deutschland, was nun? Ein Gespräch mit Dirk Rumberg und Wolf Jobst Siedler, Berlin 1991, S. 24.
Anmerkungen 18 Yves Lacoste, Geographie und politisches Handeln. Perspektiven einer neuen Geopolitik, Berlin 1990. 19 Vgl. dazu und zum Folgenden die brilliante Kritik von: Rudolf Walther, Man braucht mehr Platz, in: Die Zeit, 21. Juli 1995, S. 28. Ferner: Schultz 2002, S. 355≠.; Wolfgang Wippermann, Wessen Schuld? Vom Historikerstreit zur Goldhagen-Kontroverse, Berlin 1997, S. 34≠.; ders. 1998 a, S. 15≠. 20 Beispielhaft ist: Hartmut Boockmann u. a., Mitten in Europa. Deutsche Geschichte, Berlin 1984. Ferner: Michael Stürmer, Das Ruhelose Reich 1866–1918, Berlin 1983; ders., Dissonanzen des Fortschritts, München 1986; Hagen Schulze, Weimar. Deutschland 1917–1933, Berlin 1982. 21 Wehler 1988, S. 174≠. 22 Weißmann, Rückruf, S. 36≠. 23 Ebenda, S. 65. 24 Ebenda, S. 125. 25 Ebenda, S. 126≠. 26 Ebenda, S. 174. 27 Ebenda, S. 173. 28 Ebenda, S. 175. Weißmann zitiert hier zustimmend den „Wirtschaftsexperten“ Alfred Zänker, der folgendes geschrieben haben soll: „Geographie, Kultur, die deutsche Wirtschaftskraft, die schlecht genutzten Ressourcen Rußlands und Osteuropas entwickeln heute ihre Eigendynamik. Wer der Herr der Welt wird, steht jetzt nicht zur Debatte. Für West und Ost, Russen und Deutsche geht es in den nächsten Jahrzehnten darum, Eurasien zu erschließen. Das ist die Sicht an der Schwelle des 21. Jahrhunderts.“ 29 Zu den allgemeinen ideologischen, vor allem nationalistischen Hintergründen und Begleiterscheinungen der Asyl-Debatte: Oberndörfer 1991; ders. 1992. 30 Doch nur etwa die Hälfte der 200.000 Zuwanderer hat sich den jüdischen Gemeinden angeschlossen. 31 Werner Bergmann, Antisemitische und fremdenfeindliche Einstellungen im vereinten Deutschland, in: http//library.fes.de./fulltext/asfo/01023002.htm. Bedeutung und Wirkung des Geostereotyps „Osten“ wird in dieser und den anderen vorliegenden Studien über Antisemitismus und Rassismus heute nicht thematisiert. 32 Dazu: Wolfgang Wippermann, „Wie die Zigeuner“. Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich, Berlin 1997, S. 195≠.
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Anhang „Kampf der Kulturen“
Der neue Orientalismus
1 Huntington 1996. 2 Ebenda, S. 253. 3 Ebenda, S. 398. 4 Vgl. das Kapitel „Ex oriente lux“, Anm. 3 und 4. 5 Jochen Baumann/Andres Dietl/Wolfgang Wippermann, Blut oder Boden. Doppelpaß, Staatsbürgerrecht und Nationsverständnis, Berlin 1999. Schon bei der Diskussion über das geringfügig reformierte Staatsbürgerrecht spielten antitürkische und antiislamische Motive eine gewisse Rolle. 6 Zur ‚alten‘ Türkenangst vgl. die in Kap. „Toti Occidenti“ zitierte Literatur, insbesondere: Heiss/Klingenstein 1983. 7 Zum ‚alten‘ Orientalismus die schon mehrfach erwähnte klassische Studie von Said 1979. 8 Abdallah 1998. 9 Zum Folgenden vor allem: Kepel 2002. 10 Zur – umstrittenen – Frage des islamischen Antisemitismus vor allem: Lewis 1987. 11 Vgl. Küntzel 2003. 12 Das Konzept der „Politischen Religion“ wurde entwickelt von: Eric Voegelin, Die politischen Religionen, Wien 1938. Es ist inzwischen von einigen anderen Politologen und Historikern weiter entwickelt und auf verschiedene politische Phänomene wie dem Nationalsozialismus, aber auch Islamismus angewandt worden. 13 Zum „Fundamentalismus“, der eine Art Alternativbegri≠ zu „politische Religion“ darstellt: Armstrong 2004; Bielefeldt/Heitmeyer 1998. 14 Gute Einführung in die Geschichte und Gegenwart des Nahostkonflikts: Krautkrämer 2003. 15 Noam Chomsky, Power and Terror. US-Wa≠en, Menschenrechte und internationaler Terrorismus, Hamburg 2004. 16 Gut und tre≠end herausgearbeitet von: Albrecht Funk, Terrorismus (internationaler), in: Ulrich Albrecht/Helmut Vogler (Hrsg.), Lexikon der Internationalen Politik, München 1997, S. 483–448. 17 So bei: Peter Heine, Terror in Allahs Namen. Extremistische Kräfte im Islam, Freiburg 2001. Heine stützte sich auf verschiedene Presseartikel. 18 Bernard Lewis, The Assassins. A Radical Sect in Islam, New York 1968; Farhard Daftary, The Assassine legend. Myths of Ismailis, London 1995. 19 Vgl. vor allem: Paul Berman, Terror und Liberalismus, Hamburg 2004.
Anmerkungen 20 Michael Scheuer, Coalition Warfare. How al-Quaeda Uses the World Islamic Front Against Crusaders and Jews, in: Christopher He≠elfinger (Hrsg.), Unmasking Terror. A Global Review of Terrorist Activities, Washington 2005, S. 3–9. 21 Bruce Cumings u.a., Inventing the Axis of Evil. The Truth About North Korea, Iran and Syria, New York 2004. 22 Richard A. Clarke, Against All Enemies. Inside America’s War on Terror, New York 2004. 23 So vom: Bundeskriminalamt (Hrsg.), Islamistischer Terrorismus. Eine Herausforderung für die internationale Staatengemeinschaft, Neuwied 2002. 24 Hans-Peter Raddatz, Von Allah zum Terror? Der Djihad und die Deformierung des Westens, München 2002. 25 Peter Heine, Terror in Allahs Namen. Extremistische Kräfte im Islam, Freiburg 2001. 26 Udo Ulfkotte, Der Krieg in unseren Städten, Frankfurt a. M. 2003. 27 Friedbert Pflüger, Ein neuer Weltkrieg? Die islamistische Herausforderung des Westens, München 2004.
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149
150
Anhang Jacobsen 1979 • Hans Adolf Jacobsen, Karl Haushofer. Leben und Werk, Boppard 1979 Jahn 1980 • Peter Jahn, Russophilie und Konservativismus. Die russophile Literatur in der deutschen Ö≠entlichkeit, Stuttgart 1980 Jahn / Rürup 1991 • Peter Jahn / Reinhard Rürup (Hrsg.), Erobern und Vernichten. Der Krieg gegen die Sowjetunion 1941–1945, Berlin 1991 Kappeler 1972 • Andreas Kappeler, Ivan Groznij im Spiegel der ausländischen Druckschriften seiner Zeit. Ein Beitrag zur Geschichte des westlichen Russlandbildes, Bern 1972 Keller 1985 • Mechthild Keller (Hrsg.), Russen und Russland aus deutscher Sicht 9.–17. Jahrhundert, München 1985 Keller 1991 • Mechthild Keller (Hrsg.), Russen und Russland aus deutscher Sicht. 19. Jahrhundert: Von der Jahrhundertwende bis zur Reichsgründung (1800–1871), München 1991 Kepel 2002 • Gilles Kepel, Das Schwarzbuch des Djihad. Aufstieg und Niedergang des Islamismus, München 2002 Kleßmann 1985 • Christoph Kleßmann, Osteuropaforschung und Lebensraumpolitik im Dritten Reich, in: Peter Lundgreen (Hrsg.), Wissenschaft im Dritten Reich, Frankfurt a. M. 1985, S. 350–383 Klug 1987 • Ekkehard Klug, Das „asiatische“ Russland. Über die Entstehung eine europäischen Vorurteils, in: Historische Zeitschrift 245, 1987, S. 265–289 Koenen 2005 • Gerd Koenen, Der Russland-Komplex. Die Deutschen und der Osten 1900–1945, München 2005 Körner 2003 • Klaus Körner, Die „Rote Gefahr“. Antikommunistische Propaganda in der Bundesrepublik 1945–2000, Hamburg 2003 Kost 1988 • Klaus Kost, Die Einflüsse der Geopolitik auf Forschung und Theorie der Politischen Geographie von den Anfängen bis 1945, Bonn 1988 Krautkrämer 2003 • Elmar Krautkrämer, Krieg ohne Ende? Israel und die Palästinenser – Geschichte eines Konflikts, Darmstadt 2003 Küntzel 2003 • Matthias Küntzel, Djihad und Judenhaß. Über den neuen antijüdischen Krieg, Freiburg 2003 Labuda 1964 • Gerard Labuda, A Historiographical Analysis of the German Drang nach Osten, in: Polish Western A≠airs 5, 1964, S. 221–265 Lange 1968 • Karl Lange, Hitlers unbeachtete Maximen. „Mein Kampf “ und die Ö≠entlichkeit, Stuttgart 1968 Laquer 1965 • Walter Laqueur, Deutschland und Russland, Berlin 1965 Lenk 1971 • Kurt Lenk, Volk und Staat. Strukturwandel politischer Ideologien im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart 1971 Lewis 1987 • Bernard Lewis, „Treibt sie ins Meer!“ Die Geschichte des Antisemitismus, Frankfurt a. M. 1987
Literaturverzeichnis Martin 1993 • Bernd Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren. Afrikaner im Bewusstsein und Geschichte der Deutschen, Hamburg 1993 Matthes 1981 • Eckhard Matthes, Das veränderte Russland. Studien zum deutschen Russlandverständnis im 18. Jahrhundert zwischen 1725 und 1762, Frankfurt a. M. 1981 Maurer 1986 • Trude Maurer, Ostjuden in Deutschland 1918–1933, Hamburg 1986 Mayer 1989 • Arno J. Mayer, Der Krieg als Kreuzzug. Das Deutsche Reich, Hitlers Wehrmacht und die „Endlösung“, Reinbek 1989 Meyer 1996 • Henry Cord Meyer, Drang nach Osten. Fortunes of a Slogan-concept in German-Slavic Relations, 1849–1990, Frankfurt a. M. 1996 Meyer/Wippermann 1992 • Klaus Meyer/Wolfgang Wippermann (Hrsg.), Gegen das Vergessen. Deutsch-sowjetische Historikerkonferenz über Ursachen, Opfer, Folgen des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, Frankfurt a. M. 1992 Mohler 1989 • Armin Mohler, Die Konservative Revolution in Deutschland. Ein Handbuch, Bd. 1–2, Darmstadt 1989 Mühle 1997 • Eduard Mühle, „Ostforschung“. Beobachtungen zu Aufstieg und Niedergang eines geschichtswissenschaftlichen Paradigmas, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 46, 1997, S. 317–350 Müller 1991 • Rolf-Dieter Müller, Hitlers Ostkrieg und die deutsche Siedlungspolitik. Die Zusammenarbeit von Wehrmacht, Wirtschaft und SS, Frankfurt a. M. 1991 Neubach 1967 • Helmut Neubach, Die Ausweisungen von Polen und Juden aus Preußen 1885/86, Wiesbaden 1967 Nolte 1974 • Ernst Nolte, Deutschland und der Kalte Krieg, München 1974 Oberndörfer 1991 • Dieter Oberndörfer, Die o≠ene Republik. Zur Zukunft Deutschlands und Europas, Freiburg 1991 Oberndörfer 1992 • Dieter Oberndörfer, Der Wahn des Nationalen. Die Alternative der o≠enen Republik, Freiburg 1992 Oberkrome 1993 • Willi Oberkrome, Volksgeschichte. Methodische Innovation und völkische Ideologisierung in der deutschen Geschichtswissenshcaft 1918–1945, Göttingen 1993 Osterhammel 1998 • Jürgen Osterhammel, Die Entzauberung Asiens. Europa und die asiatischen Reiche im 18. Jahrhundert, München 1998 Rössler / Schleiermacher 1993 • Mechthild Rössler / Sabine Schleiermacher (Hrsg.), Der „Generalplan Ost“. Hauptlinien der nationalsozialstischen Planungs- und Vernichtungspolitik, Berlin 1993 Said 1979 • Edward Said, Orientalism, New York 1979 Salzborn 2000 • Samuel Salzborn, Grenzenlose Heimat. Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Vertriebenenverbände, Berlin 2000
151
152
Anhang Schenk 2002 • Frithjof Benjamin Schenk, Mental Maps. Die Konstruktion von geographischen Räumen seit der Aufklärung, in: Geschichte und Gesellschaft 28, 2002, S. 493–514 Schimmel 2002 • Annemarie Schimmel, Spiegelungen des Islam, Berlin 2002 Schlesinger 1957 • Walter Schlesinger, Die geschichtliche Stellung der mittelalterlichen deutschen Ostbewegung, in: Historische Zeitschrift 183, 1957, S. 517–542 Schlesinger 1975 • Walter Schlesinger, Zur Problematik der Erforschung der deutschen Ostsiedlung, in: ders. (Hrsg.), Die deutsche Ostsiedlung des Mittelalters als Problem der europäischen Geschichte, Sigmaringen 1975, S. 11–30 Schlesinger 1997 • Walter Schlesinger, Die mittelalterliche deutsche Ostbewegung und die deutsche Ostforschung, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 46, 1997, S. 427–457 Schlögel 2003 • Karl Schlögel, Im Raume lesen wir die Zeit. Über Zivilisationsgeschichte und Geopolitik, München 2003 Schneider 2004 • Ute Schneider, Die Macht der Karten. Eine Geschichte der Kartographie vom Mittelalter bis heute, Darmstadt 2004 Schönwälder 1992 • Karen Schönwälder, Historiker und Politiker. Geschichtswissenschaft im Nationalsozialismus, Frankfurt a. M. 1992 Schöttler 1997 • Peter Schöttler (Hrsg.), Geschichte als Legitimationswissenschaft 1918–1942, Frankfurt a. M. 1997 Schultz 1997 • Hans Dietrich Schultz, Räume sind nicht, Räume werden gemacht. Zur Genese „Mitteleuropa“ in der deutschen Geographie, in: Europa Regional 5, 1997, S. 2–14 Schultz 2002 • Hans Dietrich Schultz, Raumkonstrukte der klassischen deutschsprachigen Geographie des 19./20. Jahrhunderts im Kontext ihrer Zeit, in: Geschichte und Gesellschaft 28, 2002, S. 343–377 Schulze 1978 • Winfried Schulze, Reich und Türkengefahr im späten 16. Jahrhundert. Studien zu den politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer äußeren Bedrohung, München 1978 Schulze 1998 • Winfried Schulze (Hrsg.), Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, Frankfurt a. M. 1998 Schwan 1999 • Gesine Schwan, Antikommunismus und Antiamerikanismus in Deutschland. Kontinuität und Wandel nach 1945, Baden-Baden 1999 Sieberer 1995 • Wido Sieberer, Das Bild Europas in den Historien. Studien zu Herodots Geographie und Ethnographie Europas und seine Schilderung der persischen Feldzüge, Innsbruck 1995
Literaturverzeichnis Stöver 2002 • Bernd Stöver, Die Befreiung vom Kommunismus. Amerikanische Liberation Policy im Kalten Krieg 1947–1991, Köln 2002 Todorova 1999 • Maria Todorova, Die Erfindung des Balkans. Europas bequemes Vorurteil, Darmstadt 1999 Thum 2006 • Gregor Thum (Hrsg.), Traumland Osten. Deutsche Bilder vom östlichen Europa im 20. Jahrhundert, Göttingen 2006 Ueberschär 1984 • Gerd R. Ueberschär/Wolfram Wette (Hrsg.), Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion, Paderborn 1984 Volkmer 1989 • Gebhard F. Volkmer, Die deutsche Forschung zu Osteuropa und zum osteuropäischen Judentum in den Jahren 1933–1945, in: Forschungen zur osteuropäischen Geschichte 42, 1989, S. 109–214 Vorsteher 1992 • Dieter Vorsteher (Hrsg.), Deutschland im Kalten Krieg 1945–1963. Ausstellungskatalog des Deutschen Historischen Museums, Berlin 1992 Wagner 1991 • Hans-Georg Wagner, Mezzogiorno, Köln 1991 Wehler 1988 • Hans-Ulrich Wehler, Entsorgung der deutschen Vergangenheit? Ein polemischer Essay zum „Historikerstreit“, München 1988 Wertheimer 1987 • Jack L. Wertheimer, Unwelcome Strangers. East European Jews in Imperial Germany, New York 1987 Wippermann 1979 • Wolfgang Wippermann, Der Ordensstaat als Ideologie. Das Bild des Deutschen Ordens in der deutschen Geschichtsschreibung und Publizistik, Berlin 1979 Wippermann 1981 a • Wolfgang Wippermann, Der „deutsche Drang nach Osten“. Ideologie und Wirklichkeit eines politischen Schlagwortes, Darmstadt 1981 Wippermann 1981 b • Wolfgang Wippermann, „Gen Ostland wollen wir reiten!“ Ordensstaat und Ostsiedlung in der historischen Belletristik Deutschlands, in: Wolfgang H. Fritze (Hrsg.), Germania Slavica II, Berlin 1981, S. 187–235 Wippermann 1984 • Wolfgang Wippermann, Das Slawenbild der Deutschen im 19. und 20. Jahrhundert, in: Slawen und Deutsche zwischen Elbe und Oder. Vor 1000 Jahren: Der Slawenaufstand von 983, Berlin 1984, S. 15–29 Wippermann 1987 • Wolfgang Wippermann, Probleme und Aufgaben der Beziehungsgeschichte zwischen Deutschen, Polen und Juden, in: Stefi Jersch-Wenzel (Hrsg.), Deutsche – Polen – Juden. Ihre Beziehungen von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Beiträge einer Tagung, Berlin 1987, S. 1–47 Wippermann 1992 • Wolfgang Wippermann, Od niemieckiego rewizjonismu granicznego do woyny zaborrczej, in: Antoni Czubinski (Hrsg.), Problem granic i obszaru odrodzonego panstwa polskiego (1918–1990), Poznan 1992, S. 173–186 Wippermann 1993 • Wolfgang Wippermann, Wie modern war der „Generalplan Ost“ ? Thesen und Antithesen, in: Mechthild Rössler / Sabine Schleiermacher
153
154
Anhang (Hrsg.), Der „Generalplan Ost“. Hauptlinien der nationalsozialistischen Planungs- und Vernichtungspolitik, Berlin 1993, S. 125–130
Wippermann 1995 • Wolfgang Wippermann, Antysemityzm i antyslawizm. Geneza i dzialanie niemieckiego rasizmu, in: Goethe-Institut Warschau (Hrsg.), Polacy, Zydzi, Austriacy i Niemcy w XIX i na poczatku XX wieku, Krakau 1995, S. 42–54. Wippermann 1996 b • Wolfgang Wippermann, „Aufschwung Ost“ – Der Mythos „deutsche Ostkolonisation“ in Gegenwart und Vergangenheit, in: Peter Gerlich / Krysztof Glass / Barbara Serloth (Hrsg.), Mitteleuropäische Mythen und Wirklichkeiten, Wien-Torun 1996, S. 93–106 Wippermann 1996 c • Wolfgang Wippermann, „Deutscher Drang nach Osten“ und „polnische Wirtschaft“. Stereotype und Feindbilder in den deutsch-polnischen Beziehungen in Geschichte und Gegenwart, in: Gert Gröning (Hrsg.), Planung in Polen im Nationalsozialismus, Hochschule der Künste Berlin 1996, S. 1–6 Wippermann 1996 a • Wolfgang Wippermann, Antislavismus, in: Uwe Puschner / Walter Schmitz / Justus H. Ulbricht (Hrsg.), Handbuch zur „Völkischen Bewegung“ 1871–1918, München 1996, S. 512–524 Wippermann 1997 • Wolfgang Wippermann, „Ordensstraßen“ sind Holzwege. Deutsche und polnische Mythen über den Deutschen Orden, in: Ferdinand Seibt / Ulrich Borsdorf / Theodor Grütter (Hrsg.), Transit Brügge-Novgorod. Eine Straße durch die europäische Geschichte, Essen 1997, S. 208–215 Wippermann 1998 a • Wolfgang Wippermann, Grenzen und Räume. Zur Renaissance der Geopolitik, in: Krysztof Glass / Janez Kranjc / Oto Luthar (Hrsg.), Grenzlandidentitäten im Zeitalter der Eurointegration, Wien-Poznan 1998, S. 15–24 Wippermann 1998 b • Wolfgang Wippermann, Ost und West und Nord und Süd: Zur Ideologisierung der Windrose, in: Krzystof Glass / Robert Hettlage / Riccardo Scartezzini (Hrsg.), Erweiterung Europas, Wien-Poznan 1998, S. 23–34 Wippermann 1999 • Wolfgang Wippermann, Die Konservative Revolution und der Osten. Zur Geopolitisierung des nationalen Diskurses in der Weimarer Republik, in: Heiner Timmermann (Hrsg.), Nationalismus und Nationalbewegung in Europa 1914–1945, Berlin 1999, S. 355–372 Witzens 2004 • Udo Witzens, Aufnahme oder Entgrenzung? Gehört die Türkei zu Europa? Köln 2004 Wol≠ 1994 • Larry Wol≠, Inventing Eastern Europe. The Map of Civilization in the Mind of Enlightenment, Stanford 1994
Personenregister Adam von Bremen, Chronist
26, 55
Albrecht von Hohenzollern, Hochmeister des Deutschen Ordens Arafat, Jassir
Calderon, Pedro
30
115 46f., 103
Ash, Timothy Garton
98
Atatürk, Mustafa Kemal Aubin, Hermann
112f.
Conze, Werner
72, 76
Crucejus, Christoph
93
42
Donoso Cortés, Juan
101f., 104
Dostojewski, Fjodor M. 25
Düring, Günter
97
46 48
88
47f.
Beheim-Schwarzbach, Max
65
Belakane, Geliebte von Gahmuret Belmonte, Figur in Mozarts „Entführung aus dem Serail“ Binder, Wilhelm Christian
20 57f.
75
Engels, Friedrich
41f., 47f
16f. Fallmerayer, Jakob Philipp Fichte, Johann Gottlieb Fickler, Johann Baptist
46
Fleming, Paul
Bola∏, Angelo
105
Förster, Bernhard
Bonald, Louis de Bondy, Francois
46
Ford, Henry
98
Brackmann, Albert 93
103 32
45 44
7
Friedrich, Carl Joachim 71, 74f., 96
Friedrich II., Kaiser
94
16, 25
Friedrich Wilhelm IV.,
Brzezinski, Zbigniew
94
42
Feirefiz, Halbbruder von Parzival
Börne, Ludwig
Brandt, Willy
34
Dönhoff, Marion Gräfin v. 114
Batu, mongolischer Heerführer
Birke, Ernst
76
66
75, 90
Banna, Hassan al
Bauer, Bruno
117
Claß, Heinrich
Diezel, Gustav
Baring, Arnulf
105
Chomsky, Noam Christaller, Walter
Arndt, Ernst Moritz
Bahr, Egon
20
Caracciola, Lucio
König von Preußen
Burleigh, Michael
96, 104
Fritz, Georg
Bush, George W.
119
Fritze, Wolfgang H.
59
44 10
15–17
156
Anhang Gahmuret, Vater von Parzival Gervinus, Georg Glotz, Peter
16
98
schreiber 99f., 125
Goethe, Johann Wolfgang Gregori, Gottfried
111
20
Karl der Große, Kaiser
14
Keitel, Wilhelm Keyser, Erich
67, 105
Kis, Danilo
98
Haxthausen, August v.
46
He≠ter, Moritz Wilhelm
58
Hegel, Georg Wilhelm
27
Herberstein, Sigismund Frhr. v. Herder, Johann Gottfried
71 98
Kjellén, Rudolf
67, 104f.
Klaczko, Julian
61 48, 52
Kötzschke, Rudolf
Helmold von Bosau, Chronist
Konrád, György
26f., 55 37
71 98
Konrad von Masowien, polnischer Herzog
39
29
Konstantin, römischer Kaiser
Herzeloyde, Gemahlin von Gahmuret
„Entführung aus dem Serail« 88
Heydrich, Reinhard Higounet, Charles
Kopernikus, Nikolaus 77
Kotzebue, August v.
103
Krallert, Wilfried
10, 67, 69f., 76–81, 123
Höfken, Gustav
Kuhn, Walter
79f.
Huntington, Samuel P. Husseini, Amin el
109–112, 119
114
39
104
98
47 Lacoste, Yves
104
Laden, Osama bin Lagarde, Paul
114, 118–120
65
Ipsen, Gunter
71
Iwan III., Zar
36
Leibholz, Gerhard
Iwan IV. , Zar
36
Leibniz, Gottfried Wilhelm
Lamprecht, Karl
Lenz, Siegfried Jahn, Friedrich Ludwig Janukowitsch, Wiktor 11
103 111
97
75
Kundera, Milan
Ho≠mann v. Fallersleben, Heinrich
20
121
Krockow, Christian Graf v.
63f.
Hoepner, Erich
Jesus Christus
13
Konstanze, Figur in Mozarts
17 Herzog, Roman
63
77
Koenen, Gerd
39f.
Heinrich II., deutscher König
Hitler, Adolf
Juschtschenko, Wiktor
45
66
Havel, Vaclav
25
Joseph II., Kaiser von Österreich
20f., 122
Hafiz, Muhammed Schams ad-Din Haushofer, Karl
59–61
Jordanes, gotischer Geschichts-
Gorbatschow, Michail S.
Hasse, Ernst
Jordan, Wilhelm
61
64f., 71
97
Leo I., Papst
13
Leo III. Papst
14
List, Friedrich
62
88 38, 46
Personenregister Löw, Friedrich
41
Petrus, Apostel
Ludwig II., ungarischer König Luther, Martin
31
32
Mackinder, Halford
46
Manstein, Erich v.
79
41f., 44, 47f. 88
58
Ruge, Arnold
98
19f.
17, 20, 115, 118f., 122
Sand, Karl Ludwig
39
Schieder, Theodor
73, 75
Schlegel, August Wilhelm
67
Schlesinger, Walter
48, 51f.
Schlögel, Karl
44
98
Scholz, Rupert 25
37
Karl-May-Romanen
22
Schwan, Gesine
83
Seraphim, Ernst
65
Simecka, Milan
48, 50f.
Stenzel, Gustav Adolf 25
Stúr, Ludovit
59
61
Szajnocha, Karol Parzival
101f.
98
Spengler, Oswald
32
Otto I. der Große, Kaiser
61
15–17
Peter I. der Große, Zar
38, 45f., 50, 111
Peter von Dusburg, Chronist
55
Thietmar von Merseburg, Chronist
57
88
Siedler, Wolf Jobst
Omar, Hadschi Halef, Gestalt in
39
10, 94f.
Schlözer, August Ludwig
21
Ögädir, mongolischer Groß-Chan
Osiander, Lucas
117f.
Said, Edward E.
115
Naumann, Friedrich
Olearius, Adam
101
48–50
38
Nikolaus I., Zar
38
Sabbah, Hassan i
Nasser, Gamal Abd el
57
40, 61
Rumberg, Dirk
Mozart, Wolfgang Amadeus
Nietzsche, Friedrich
79
71
Rückert, Friedrich
11, 114
Niekisch, Ernst
73–75
Rothfels, Hans
Moeller van den Bruck, Arthur
Napoleon I.
105
66f., 71, 104
Reitemeier, Johann Friedrich
Mieroslawski, Ludwik
Mohammed
111
Reichenau, Walter v.
75
Milosz, Czeslaw
48
Reche, Otto
13, 114
21f.
Meyer, Konrad
Puschkin, Alexander S.
Ratzel, Friedrich
Matthäus, Evangelist May, Karl
40
Rampini, Frederico
63
Maunz, Theodor
Platen, August Graf v.
Qutb, Sayyid
Maria Theresia, Kaiserin von Marx, Karl
75
67, 104, 108
Maistre, Joseph de
Österreich
13
Petry, Ludwig
26, 55
157
158
Anhang Tolstoi, Leo
48
Treitschke, Heinrich v. Trotzki, Leo
42, 64
44
Vajda, Mihály
98
Valentinian III., oströmischer Kaiser Wäber, Alexander Wagner, Eduard
65 77
Weber, Friedrich Christian Weber, Max
38
65
Wehler, Hans-Ulrich
105, 112
Weißmann, Karlheinz
105
Widukind von Corvey, Chronist Wippermann, Karl Wilhelm Wolfram von Eschenbach
59 15–17
25f.
13
Bildnachweis S. 12: Oxford, St. John’s College, MS 17, fol. 6r S. 18: Archiv Volker Ilgen, Freiburg; S. 23: Mailand, Civica Galleria d’Arte Moderna, Foto: picture alliance S. 28: nach: Slawen und Deutsche zwischen Elbe und Oder. Ausstellungskatalog, Berlin 1983 S. 33: nach: Strauss, Walter L., The German Single-Leaf-Woodcut 1550–1650. Volume 1: A.-J. A. Pictorial Catalogue, New York 1975 S. 35: nach: Keller, Mechthild (Hg.), Russen und Rußland aus deutscher Sicht 9.–17. Jahrhundert, München 1985 S. 56: Gillray, James, The Plum Pudding in Danger or State Epicures taking un Petit Souper. (London: H. Humphrey, 1805). Privatbesitz / The Bridgeman Art Library S. 60: Kulturhistorisches Museum der Stadt Magdeburg S. 85: Haus der Geschichte, Bonn S. 110: nach: Huntington, Samuel P., Der Kampf der Kulturen. München / Wien 1997