225 88 137MB
German Pages 559 [560] Year 1939
DIE
D E U T S C H E
T H O M A S - A U S G A B E
Vollständige,
ungekürzte
deutsch-lateinische S U M M A
Ausgabe
dei
T H E O L O G I C A
Schriftleitung: P. H E I N R I C H
MARIA
CHRISTMANN
WALBERBERG
3.
BEI
O. P.
KÖLN
BAND
19 3 9 VERLAG
ANTON
PUSTET
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SALZBURG
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DER
DREIEINIGE
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1 9 VERLAG
ANTON
PUSTET
3
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SALZBURG
•
LEIPZIG
Sämtliche
R e c h t e für die d e u t s c h e und
Copyright Das
Imprimatur
Ausgabe
1939 b y
Verlag
wurde
erteilt
und l a t e i n i s c h e
Sprache
vorbehalten Anton vom
Pustet,
Salzburg
HochwUrdigsten
Herrn
A b t D r . P. R a p h a e l M o l i t o r , O . S . B . , A b t e i S t . J o s e p h , G e r l e v e i. W . ( und
vom
Fürsterzbischöflichen Printed
Kinbandentwurf
von
in
Professor Satz
„Steirerdruck". Steirische
und
Ordinariat
zu
Salzburg
Qermany
Rudolf
Koch,
Offenbach
Druck
Universitätsdruckerei
in
Graz
EINLEITUNG
Nirgendwo ist der Irrtum gefährlicher, nirgendwo das Forsehen mühseliger, nirgendwo das Finden fruchtbarer. Augustinus.
„Die Erkenntnis der göttlichen Personen war für uns aus einem doppelten Grunde notwendig: einmal, um beim Nachsinnen über die Erschaffung der Dinge das Rechte zu treffen. Wenn wir nämlich sagen, Gott habe alles durch Sein WORT gemacht, so wird dadurch der Irrtum derer ausgeschlossen, die da annehmen, Gott habe die Dinge aus der Notwendigkeit der Natur geschaffen; und dadurch, daß wir in Gott einen Hervorgang der Liebe annehmen, zeigen wir, daß Gott die Geschöpfe nicht aus irgendwelchem Bedürfen oder aus einem äußeren Grunde hervorgebracht hat, sondern aus Liebe zu Seiner Gutheit. — Aus einem weiteren Grunde jedoch und hauptsächlich (war für uns die Notwendigkeit der Erkenntnis der göttlichen Personen gegeben), damit wir richtig dächten über das Heil des Menschengeschlechtes, das sich durch den menschgewordenen Sohn und die Gabe des Heiligen Geistes vollendet" (32, 1 Zu 3: S. 105 f.). Mit diesen Worten weist Thomas den Einwand zurück, es sei überflüssig, dem Menschen etwas zu offenbaren, was die natürliche Vernunft doch nicht erkennen könne. Zugleich läßt diese Antwort die ungeheure Bedeutung ahnen, welche dem Glaubenssatz von der Dreipersönlichkeit Gottes für das gesamte christliche Leben und Denken zukommt. Zunächst fällt von diesem Geheimnis aus neues, übernatürliches Licht auf die schon von der natürlichen Vernunft erkennbare Tatsache der Schöpfung. Die Annahme einer auf freiem Willensentschluß Gottes beruhenden, jede pantheistische Deutung ausschließenden Schöpfungstat erhält eine überraschende Bestätigung. Wie in der ewigen Zeugung des WORTES, das „aus dem Munde des Aller-
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höchsten hervorgegangen" (Sir 24, 5), nicht nur das unendliche Wesen des Vaters, sondern von Ewigkeit her auch schon alle Gestaltenfülle jeder möglichen Schöpfung und der große Weltenplan mitausgesprochen wurde, so liegt in der vom Vater und Sohn ausgehenden ewigen Hauchung des Heiligen Geistes bereits der Beweggrund der in der Zeit ins Werk gesetzten Schöpfungstat verborgen: das große Motiv des Schöpfergottes leuchtet für uns ganz neu auf in der Liebe des Vaters zu sich selbst und zu Seinem Ihm wesensgleichen Sohne, und wieder in der Liebe des Sohnes zu sich selbst und zum Vater, d. h. in der Liebe Gottes zu Seiner eigenen Gutheit. „Im Anfange war das WORT" (Jo 1, 1), aber dieses WORT Gottes „ist zwar für das, was in Gott-Vater ist, nur Ausdruck, in bezug auf die Geschöpfe jedoch ist es Ausdruck und Tat z u g l e i c h ; . . . denn im WORT ist der schöpferische Grund mitgegeben in bezug auf die Dinge, die Gott macht" (34, 3 Antw.: S. 149). Und wie es „für die seienden Dinge Ausdruck und Tat ist, so ist es für die nicht-seienden Dinge Ausdruck und Offenbarung" (ebd. Zu 5). Weiter: „Wie der Vater sich und alle Geschöpfe ausspricht durch das WORT, das Er zeugt, insofern das gezeugte WORT den Vater und alle Geschöpfe vollkommen darstellt, — so ist Er sich selbst und allen Geschöpfen zugeneigt durch den Heiligen Geist, insofern der Heilige Geist hervorgeht als die Liebe der ersten Gutheit, gemäß welcher der Vater sich und alle Geschöpfe liebt" (37, 2 Zu 3: S. 194). Damit aber erhält die Schöpfung sozusagen ein neues Antlitz, zumindest einen neuen Glanz, sofern der Sohn Gottes erkannt wird als die Heimat des unübersehbaren Formenreichtums unserer Welt, der Heilige Geist als „die Liebe, die da die Sonne rollt und anderen Sterne" (Dante); und das unbeschadet der Lehre, daß die Schöpfungstat allen drei Personen gemeinsam und nicht, wie die Zeugung des Sohnes oder die Hauchung des Heiligen Geistes, bestimmten Personen ausschließlich eigen ist. Wenn wir seitdem auf Grund der uns durch die Offenbarung vermittelten neuen Erkenntnis mit der Leidenschaft des Entdeckers den Spuren des dreipersönlichen Gottes in der
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vernunftlosen Schöpfung nachgehen (vgl. 45, 7: Bd. 4), .dann belehrt uns die Offenbarung weiter, daß die jener überlegene vernunftbegabte Schöpfung nicht nur eine unsichere Spur, sondern gar das Bild des Dreieinigen auf ihrer Stirne trägt. Damit erhält die natürliche Seelenlehre ihre übernatürliche Ergänzung in der Erforschung und Auswertung dieses Bildes für die Erkenntnis des geheimnisvollen Auseinander und Ineinander unserer Seelenkräfte. Jetzt erst, erleuchtet durch die Erkenntnis, die uns aus dem Glauben an das Geheimnis der Heiligsten Dreifaltigkeit zufließt, schauen wir die Welt in Wahrheit „mit den Augen Gottes", erhält sie für uns einen übernatürlichen Glanz, lernen wir sie aus dieser neuen Erkenntnis heraus zum ersten Male lieben mit übernatürlicher Liebe, mit jener Liebe nämlich, mit der der Vater im Himmel sie liebt und die keine andere ist als der Heilige Geist selbst. Zugleich trägt uns damit der Glaube an das Geheimnis des dreipersönlichen Gottes eine ganz neue Ehrfurcht ein vor dem geringsten der Geschöpfe, vor allem vor dem Menschen selbst, dem das Siegel des Dreieinigen in besonderer Weise aufgeprägt ist. Doch das alles ist, wie Thomas andeutet, nur ein Nebengewinn, eine „Zugabe" für die, welche zuerst das Reich Gottes suchen. Ungleich wichtiger ist die Erkenntnis, daß es sich bei der Offenbarung des Dreifaltigkeitsgeheimnisses um den eigentlich tragenden Grund dieses Gottesreiches, um das Alpha und das Omega der gesamten übernatürlichen Seinsordnung handelt. Denn das ist Übernatur: gnadenhafte Teilnahme am dreifaltigen Leben des dreipersönlichen Gottes, soweit es Sein Eigen-Leben ist und Er sich selbst mit diesem Eigen-Leben den vernunftbegabten Geschöpfen in Erkenntnis und Liebe zum seligen Besitze schenkt. Der Vermittler dieses übernatürlichen Lebens ist Christus, der menschgewordene Sohn Gottes selbst; die „Gabe", die Er vom Vater uns bringt, ist der Heilige Geist. Ohne diesen Geist gibt es kein übernatürliches Leben: ohne Seine Führung finden wir nicht zu Christus (1 Kor 12, 3), ohne Christus kommen wir nicht zum Vater (Jo 14, 6). Im Auftrage des Vaters verleiht
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der Sohn allen, die der Vater Ihm gegeben hat, ewiges Leben: „Das aber ist das ewige Leben, daß sie Dich (Vater)' erkennen, den allein wahren Gott, und den, welchen Du gesandt hast, Jesus Christus" (Jo 17, 2 f.). Inhalt dieses Lebens also, das der Sohn im Auftrag des Vaters der Kirche mitteilt, ist die Erkenntnis, das geistige Miterleben (hier im Glauben, dort in unmittelbarem Schauen) der tiefsten göttlichen Geheimnisse, die da von Ewigkeit her verborgen sind in den unendlich fruchtbaren und lebensvollen Beziehungen der göttlichen Personen untereinander. Von diesem Geheimnis aus wird daher alles übernatürliche Leben der Kirche und des Einzelnen bestimmt, von ihm her erhält es Einheit, Inhalt und Lebendigkeit. Voraussetzung, Keim und Entfaltung dieses Lebens: Menschwerdung, Erlösung, Gnade, Rechtfertigung, Heiligung — alle diese Geheimnisse, denn jedes für sich ist wieder Geheimnis, werden erst verständlich aus dem Geheimnis der Heiligsten Dreifaltigkeit. Das übernatürliche Leben des Einzelnen als Einwohnen des dreieinigen Gottes in der Seele (Jo 14, 23) wie auch Einheit und Gemeinschaft der Kirche als Abbild und geschöpfliche Fortsetzung jener über alles erhabenen, ewigen Einheit und Gemeinschaft in Gott (Jo 17, 11. 21 ff.); das sakramentale und liturgische Leben der Kirche als Ausfluß der schöpferisch gestaltenden Tätigkeit des Heiligen Geistes mit dem ständigen Blick auf Christus, der selbst das Gestaltgesetz dieses Lebens ist — alles das beweist die Schlüsselstellung dieses Geheimnisses für die gesamte übernatürliche Heilsordnung. Kein Wunder, wenn die Erinnerung an dieses Geheimnis unser ganzes christliches Leben so durchzieht, daß wir kaum ein Gebet sprechen, kaum eine liturgische Handlung setzen können, ohne den zu nennen, auf dessen dreifaltigen Namen wir getauft sind. Von all dem spricht Thomas in diesem Bande nicht. Er hat es mit dem Geheimnis selbst zu tun, nicht mit seiner Stellung im Gefüge der übernatürlichen, auf dem Glauben aufruhenden Lebensordnung. Vor allem für ihn waren das Dinge, die sich von selbst ergeben mußten, wenn erst einmal das Ganze in seinen einzelnen Teilen dargestellt war.
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So betrachtet er auch hier, treu seiner streng wissenschaftlichen Methode, der er als Lehrer der Theologie verpflichtet ist und die alles an seinen systematischen Platz rückt, lediglich das Geheimnis in sich selbst. Dabei bringt es die Natur gerade dieses Geheimnisses mit sich, daß eine große Zahl auch philosophisch wichtigster Begriffe, wie Zeugung, Person, Beziehung, Erkenntnis, Wort, Liebe, da sie ins Absolute hinaufgehoben werden müssen, auch ihre reinste Bestimmung erfahren. Die Lehre von der Einheit des göttlichen Wesens als notwendiges Korrelat der Dreipersönlichkeit Gottes erhält erst in der Darstellung dieses Geheimnisses ihr volles Gewicht. Die absolute Innerlichkeit der göttlichen Hervorgänge, ein Hauptanliegen des hl. Thomas in diesem Traktat, führt uns zu dem ganz reinen Begriff dessen, was eigentlich Leben heißt. Trotz all dieser großen und tiefen Fragen läßt es sich bei der Schwierigkeit der Erklärung dieses Geheimnisses nicht vermeiden, daß Thomas uns auf weite Strecken in einer schulgemäßen Form das gibt, was man die Sprachlehre des Dreifaltigkeitsgeheimnisses nennen könnte, wiewohl selbstverständlich auch hier hinter allem die große Wirklichkeit des dreifaltigen Gottes selbst steht. Aber es ist so, wie Augustinus sagt: Nirgendwo ist der Irrtum gefährlicher als hier (vgl. S. 85). Und der Irrtum kommt nach einem ebenfalls von Thomas angeführten Wort des Lombarden in den meisten Fällen aus einer ungenauen, verschwommenen Sprache (ebd.). Deshalb ist es vor allem für dieses schwierigste aller Geheimnisse wichtig zu wissen, wie wir uns ausdrücken müssen, um den von der Offenbarung und der kirchlichen Überlieferung gemeinten Sinn des Geheimnisses nicht zu verfehlen. Der geringste, auf einer ungenauen Ausdrucksweise beruhende Irrtum müßte notwendig, weil alles mit allem verknüpft ist, das ganze Gefüge des übernatürlichen Glaubens erschüttern. (Wenn diese Gefahr für das Glaubensbewußtsein des einzelnen Christen nicht so groß ist, liegt das daran, daß er die innere Verknüpfung der Glaubensgeheimnisse nicht bis ins letzte erkennt.) Daher gilt es vor allem, so exakt wie möglich festzulegen, wie wir uns im Räume dieses (9)
Geheimnisses zu bewegen haben, um nicht irgendwo anzustoßen. Daraus ergibt sich dann als Gewinn von selbst nach vielen Seiten eine Klärung des mit dem Satz von der Dreipersönlichkeit Gottes gegebenen Sinnes, ohne daß damit das Geheimnis in seinem Geheimnischarakter irgendwie angetastet würde. Im Gegenteil wird das Geheimnis am Ende der Untersuchung erst in seiner ganzen göttlichen Unbegreiflichkeit vor uns stehen. Nur die Richtung wird festgelegt, in der unser Denken sich bewegen muß, wenn wir den Dreieinigen nicht verfehlen wollen. Man soll also von diesem Traktat nicht mehr erwarten, als was Thomas geben will und in einem Schulbuch, wie es die Summa doch ist, geben kann. Dazu erhält dieser Traktat über die Heiligste Dreifaltigkeit in anderen Bänden eine Reihe wichtigster Ergänzungen: die Beziehung des dreieinigen Gottes zur Schöpfung überhaupt wird 45, 6 und 7 (Bd. 4), das Ebenbild des Dreieinigen in der Menschenseele in Frage 93 (Bd. 7) ausführlich behandelt. Ferner: die Beziehung der Dreieinigkeit, insbesondere des Heiligen Geistes zur Menschwerdung des Sohnes, das Geheimnis der Heiligung des Menschen, die sieben Gaben des Heiligen Geistes, die theologischen Tugenden, die Wirksamkeit des Sohnes und des Heiligen Geistes in den Sakramenten — alle diese jeweils an ihrem systematischen Ort behandelten Fragen müßten zusammengefaßt werden, um das Bild, das Thomas uns von dem Wesen und dem Wirken des dreieinigen Gottes entwirft, in seiner ganzen Tiefe und Lebendigkeit aufstrahlen zu lassen. Wo immer sich an diesem Bilde Erkennen und Lieben des Menschen, sei es auch nur im Dunkel des Glaubens, entzündet, da mag er zwar erfahren, daß nirgendwo das Forschen mühseliger ist, er wird aber auch innewerden, daß nirgendwo das Finden seliger und fruchtbarer ist als hier, wo es sich um Den handelt, dessen dreifaltiges Leben in der unmittelbar schauenden Erkenntnis der visio beata Inbegriff aller Seligkeit sein wird.
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E I N R I C H T U N G DER Ü B E R S E T Z U N G UND B A N D E I N T E I L U N G DER D E U T S C H E N THOMAS-AUSGABE NB.: Um dem Leser auch bei Verlust des lose beiliegenden Lesezeichens das Verständnis der Einrichtung des einzelnen Bandes und außerdem zu jeder Zeit die Übersicht über das ganze Werk zu ermöglichen, geben wir beides jedem Bande an dieser Stelle bei.
I.
AUFBAU
DES
ARTIKELS
1. Die Titelfrage zum Artikel stammt nicht von Thomas selbst, sondern ist entnommen dem einleitenden Videtur quod non oder Videtur quod. 2. Auf die Titelfrage folgen einige Argumente gegen die zu erwartende Antwort. Sie enthalten Autoritäts- oder Vernunftgründe, die irgendwie näher an das Problem heranführen. Diese in der Thomas-Literatur meist „Objectiones" genannten Argumente sind in der Übersetzung mit 1., 2., 3. usw., bei Verweisen mit E. ( = Einwand) bezeichnet. 3. Im „Sed contra" folgt dann ein Gegenargument, das nur mit Vorbehalt als Stütze für die eigentliche Lehre des Artikels angesehen werden darf. Zuweilen erhält es gar eine eigene „Lösung", meistens aber wird es ganz übergangen. Die Übersetzung leitet dieses Sed contra mit „Anderseits" ein. 4. Mit „Respondeo dicendum" (in der Übersetzung: „Antwort") beginnt der Hauptteil des Artikels, der die eigentliche Lehre des hl. Thomas enthält. 5. Auf die „Antwort" folgt unter Ad primum, Ad secundum . . . die Lösung der eingangs vorgebrachten Argumente. Sie führt oft den in der „Antwort" entwickelten Gedanken wesentlich weiter. Die Übersetzung leitet sie ein mit Zu 1., Zu 2. usw. 6. Die Angabe der Fundstelle erfolgt in der Übersetzung nur bei Schriftzitaten, und zwar in der heute üblichen Weise. Bei allen anderen Zitaten, in der Regel aus Autoren, die nur dem Wissenschaftler zugänglich sind, gibt die Übersetzung den Namen des Autors, der lateinische Text den Stellennachweis.
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7. Abkürzungen: CSEL = Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum. Dz = Denzinger-Umberg, Enchiridion Symbolorum etc. Ed. 18.-20. Friburgi Brisg. 1932. GCS = Die Griech. Christi. Schriftsteller, hrsg. von der Berliner Akademie der Wissenschaften. L = Editio Leonina (Romae 1882 sqq.). Lomb. = Petrus Lombardus. MPG (PG) = Migne, Patrologiae cursus completus, series Graeca. MPL (PL) = Migne, Patrologiae cursus completus, series Latina. P = Editio Piana (Romae 1570). Parm. = St. Thom. Aqu. Opera omnia (Parmae 1852 sqq.).
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II.
EINTEILUNG
Band 1. Frage Band 2. Frage Band 3. Frage Band 4. Frage Band 5. Frage Band 6. Frage Band
7. Frage
Band
8. Frage
DEE
SUMMA
THEOLOGICA
I. BUCH 1-- 13 Gottes Dasein und Wesen. 14-- 26. Gottes Leben; Sein Erkennen und Wollen. 27-- 43 Gott, der Dreieinige. 44-- 64 Schöpfung und Engelwelt. 65-- 74 Das Werk der sechs Tage. 75-- 89 Wesen und Ausstattung des Menschen. 90--102 Erschaffung und Urzustand des Menschen. 103--119 Erhaltung und Regierung der Welt.
I. TEIL DES II. BUCHES Band 9. Frage 1-- 21 Ziel und Handeln des Menschen. Band 10. Frage 22-- 48 Die menschlichen Leidenschaften. Band 11. Frage 49-- 70 Grundlagen der menschlichen Handlung. Band 12. Frage 71-- 89 Die Sünde. Band 13. Frage 90--105 Das Gesetz. Band 14. Frage 106--114 Der Neue Bund und die Gnade. DES II. BUCHES Glaube und Hoffnung. Liebe (1. Teil). Liebe (2. Teil). Klugheit. Gerechtigkeit. Die Tugend der Gottesverehrung. Tugenden des Gemeinschaftslebens. Starkmut und Mäßigkeit. Mäßigkeit (2. Teil). Besondere Gnadengaben und die zwei Wege menschlichen Lebens. Band 24. Frage 183-- 1 8 9 : Stände und Standespflichten.
Band Band Band Band Band Band Band Band Band
15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.
Frage Frage Frage Frage Frage Frage Frage Frage Frage
Band 25. Frage Band 26. Frage Band 27. Frage
(14)
II. TEIL 1-- 22 23-- 33 : 34-- 56 57-- 79 80--100 101--122 123--150 151--170 : 171--182 :
III. BUCH 1-- 15 : Die Menschwerdung Christi. 16-- 34 : Die Auswirkungen der Menschwerdung. Die Gottesmutter. 35 - 45 : Christi Leben.
Band 28. Band 29.
Frage Frage
46— 59: 60— 72:
Band 30. Band 31.
Frage Frage
73— 83: 84— 90:
Christi Leiden und Erhöhung. Die Sakramente. Taufe und Firmung. Das Geheimnis der Eucharistie. Das Bußsakrament.
ERGÄNZUNG ZUM III. BUCH (Supplement). (Band 31.) Frage 1— 16: (Das Bußsakrament.) Band 32. Frage 17— 40: Schlüsselgewalt der Kirche. Letzte Ölung und Priesterweihe. Band 33. Frage 41— 54 Die Ehe (1. Teil). Band 34. Frage 55— 68 Die Ehe (2. Teil). Auferstehung des Fleisches. Band 35. Frage 69— 87 Die Letzten Dinge. Band 36. Frage 88— 99 1. Zusatzband: Gesamtregister (Personen- und Sachverzeichnis f ü r sämtliche Bände). 2. Zusatzband: Thomas-Lexikon (Wörterbuch der philosophischen und theologischen Fachausdrücke und Einführung in die Grundbegriffe des thomistischen Systems).
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GOTT DER
DREIEINIGE
27. F R A G E
VON DEN HERVORGÄNGEN DER GÖTTLICHEN PERSONEN Nach der Betrachtung dessen, was sich auf die Einheit der göttlichen Wesenheit bezieht, bleibt noch das zu betrachten, was Bezug auf die Dreiheit der Personen im Göttlichen hat. Und weil die göttlichen Personen nach den Ursprungsbeziehungen unterschieden werden, ist gemäß der Ordnung der Lehre zunächst zu handeln vom Ursprung oder Hervorgang; zweitens von den Ursprungsbeziehungen; drittens von den Personen. In bezug auf den Hervorgang ergeben sich fünf Einzelfragen : 1. Ob es im Göttlichen einen Hervorgang gibt. 2. Ob es im Göttlichen einen Hervorgang gibt, der Zeugung genannt werden kann. 3. Ob es im Göttlichen außer der Zeugung noch einen anderen Hervorgang geben kann. 4. Ob jener andere Hervorgang Zeugung heißen kann. 5. Ob es im Göttlichen nur zwei Hervorgänge gibt.
QUAESTIO
XXVII
DE PROCESSIONE DIVINARUM PERSONARUM Considerati^ autem his quae ad unitatem divinae essentiae pertinent, restat considerati«) de his quae pertinent ad trinitatem personarum in divinis. Et quia personae divinae secundum relationes originis distinguuntur, secundum ordinem doctrinae prius considerandum est de origine sive processione, secundo de relationibus originis, tertio de personis. Circa processionem quaeruntur quinque: 1. Utrum sit processio in divinis. — 2. Utrum aliqua processio in divinis generatio dici possit. — 3. Utrum praeter generationem possit esse aliqua alia processio in divinis. — 4. Utrum illa alia processio possit dici generatio. — 5. Utrum sint tantum duae processiones in divinis.
1*
3
1. A R T I K E L Ob es im Göttlichen einen Hervorgang
gibt
1. Hervorgang bezeichnet eine Bewegung nach außen. Im Göttlichen aber gibt es nichts Bewegliches noch ein Außen. Also auch keinen Hervorgang. 2. Alles Hervorgehende ist von dem verschieden, von dem es hervorgeht. In Gott aber gibt es keine Verschiedenheit, sondern höchste Einfachheit. Also gibt es in Gott keinen Hervorgang. 3. Von jemandem hervorgehen scheint dem Begriff des ersten Ursprungs zu widersprechen. Gott aber ist erster Ursprung (2, 8: Bd. 1). Also hat in Gott ein Hervorgang nicht statt. ANDERSEITS sagt der Herr bei Jo (8, 42): Ich bin aus Gott hervorgegangen [1]. ANTWORT: Die göttliche Schrift gebraucht in den göttlichen Dingen Namen, die auf einen Hervorgang Bezug haben. Diesen Hervorgang aber haben die verschiedenen [Lehrer] verschieden aufgefaßt. Einige nämlich verstanden diesen Hervorgang gemäß dem, wie die Wirkung hervorgeht von der Ursache. So verstand ihn Arius [ 2 ] ; er sagte, der Sohn gehe vom Vater aus als dessen erstes Geschöpf, und der Heilige Geist gehe von Vater und Sohn Q U A E S T I O 27, l
ARTICULUS Utrum
processio
[1 Sent., dist. 13, art. 1;
sit
I in
Divinis
4 Cont. Gent., cap. 11; de Pot., q. 10, art. 1]
AD PRIMUM sie proceditur. Videtur quod in Deo non sit aliqua processio. Processio enim significat motum ad extra. Sed in divinis nihil est mobile neque extraneum. Ergo neque processio. 2. P R A E T E R E A , omne procedens est diversum ab eo a quo procedit. Sed in Deo non est aliqua diversitas, sed summa simplicitas. Ergo in Deo non est processio. 3. PRAETEREA, procedere ab alio videtur rationi primi prineipii repugnare. Sed Deus est primum prineipium, ut supra ostensum est. Ergo processio in Deo locum non habet. SED CONTRA est quod dicit Dominus, Joan. 7 : „Ego ex Deo Processi." RESPONDEO dicendum quod divina scriptum in rebus divinis nominibus ad processionem pertinentibus utitur. Hanc autem processionem diversi diversimode aeeeperunt. Quidam enim aeeeperunt hanc processionem, secundum quod effectus procedit a causa. Et sie aeeepit Arius, dicens Filium procedere a Patre sicut primam ejus creaturam, Spiritum autem Sanctum pro-
4
aus als das Geschöpf beider. — Danach wäre weder der 27,1 Sohn noch der Heilige Geist wahrer Gott. Das ist gegen das, was 1 Jo 5, 20 vom Sohne gesagt wird: . . . auf daß wir in dessen wahrem Sohne seien, dieser ist wahrer Gott. Und vom Heiligen Geiste heißt es 1 Kor 6, 19: Wisset ihr nicht, daß eure Glieder ein Tempel des Heiligen Geistes sind ? Einen Tempel aber zu haben ist allein Gottes Sache. Andere wieder verstanden diesen Hervorgang gemäß dem, daß die Ursache, wie man sagt, in die Wirkung hervorgeht, insofern sie diese bewegt oder ihr ihre Ähnlichkeit aufprägt. Und so verstand ihn Sabellius [3 ], welcher sagte, Gott Vater selbst werde Sohn genannt, insofern Er Fleisch annahm aus der Jungfrau. Und ebendenselben nennt er Heiligen Geist, insofern Er die vernunftbegabte Schöpfung heiligt und zum Leben bewegt. — Dieser Auffassung aber stehen die Worte des Herrn entgegen, der Jo 5, 19 von sich sagt: Aus sich kann der Sohn nichts tun; und vieles andere, woraus sich zeigen läßt, daß der Vater selbst nicht der ist, der der Sohn ist. Wenn man aber genau zusieht, so verstand jeder von diesen beiden unter Hervorgang etwas, das nach außen gerichtet ist. Also nahm keiner von ihnen einen Hervorgang in Gott selbst an [4]. Jeder Hervorgang aber erfolgt auf Grund einer Tätigkeit. Wie es daher auf Grund der Tätigkeit, welche auf einen Stoff außen abzielt, einen Hervorgang nach außen gibt, so wird auch auf Grund der Q U A E S T I 0 27, 1
cedere a Patre et Filio sicut creaturam utriusque. — Et secundum hoc neque Filius neque Spiritus Sanctus esset verus Deus. Quod est contra id quod de Filio dicitur, 1 Joan. ultimo: „ut simus in vero Filio ejus, hic est verus Deus." Et de Spiritu Sancto dicitur 1 Cor. 3 : „Nescitis quia membra vestra templum sunt Spiritus Sancti?" Templum autem habere solius Dei est. Alii vero hanc processionem acceperunt secundum quod causa dicitur procedere in effectum, inquantum vel movet ipsum vel similitudinem suam ipsi imprimit. Et sie aeeepit Sabellius, dicens ipsum Deum Patrem Filium dici, secundum quod carnem assumpsit ex virgine. Et eumdem dicit Spiritum Sanctum, secundum quod creaturam rationalem sanetifleat et ad vitam movet. Huic autem aeeeptioni repugnant verba Domini de se dicentis, Joan. 5 : „non potest Filius facere a se quidquam"; et multa alia per quae ostenditur quod non est ipse Pater qui Filius. Si quis autem diligenter consideret, uterque aeeepit processionem, secundum quod est ad aliquid extra. Unde neuter posuit processionem in ipso Deo. Sed cum omnis processio sit secundum aliquam actionem, sicut secundum actionem quae tendit in exteriorem materiam, est aliqua processio ad e x t r a ; ita secundum actionem quae manet in ipso agente, attenditur
5
27, l Tätigkeit, die im Tätigen selbst bleibt, irgendwelcher Hervorgang nach innen angenommen. Am offensichtlichsten ist das beim Verstände, dessen Tätigkeit — das Verstehen nämlich — im Verstehenden bleibt.1 Wer immer nämlich versteht — in dem, daß er versteht, geht etwas in ihm hervor, nämlich der Begriff des verstandenen Wirklichen, der aus der Verstehenskraft hervorkommt und aus deren Erkenntnis hervorgeht. Diesen Begriff bezeichnet der Laut, und zwar heißt er [der Begriff] Wort des Herzens [inneres Wort] und wird bezeichnet durch das gesprochene Wort. Da aber Gott über alles ist, ist das, was in Gott ausgesagt wird, nicht zu verstehen nach der Weise der untersten Geschöpfe, welche die Körper sind, sondern nach der Ähnlichkeit der höchsten Geschöpfe, welche die verstandhaften Substanzen sind. Aber auch die von ihnen hergenommene Ähnlichkeit versagt noch vor der Darstellung des Göttlichen. Hervorgang ist also nicht so aufzufassen, wie er sich im Bereich der körperliehen Dinge findet, sei es auf Grund einer örtlichen Bewegung, sei es auf Grund des Wirkens einer Ursache auf eine äußere Wirkung — wie die Wärme von dem Wärmenden auf das Erwärmte [hervorgeht] —, sondern nach einem geistigen Ausfluß, wie von dem Sprechenden der des geistigen Wortes, das in diesem bleibt. Und so nimmt der katholische Glaube einen Hervorgang im Göttlichen an. Q U A E S T I 0 27, l
quaedam processio ad intra. Et hoc maxime patet in intellectu, cuius actio, scilicet intelligere, manet in intelligente. Quicumque enim intelligit, ex hoc ipso quod intelligit, in eo * procedit aliquid intra ipsum, quod est conceptio rei intellectae ex 3 ejus notitia procedens. Quam quidem conceptionem vox significat; et dicitur ,verbum cordis', significatum verbo vocis. Cum autem Deus sit super omnia, ea quae in Deo dicuntur, non sunt intelligenda secundum modum infimarum creaturarum, quae sunt corpora, sed secundum similitudinem supremarum creaturarum, quae sunt intellectuales substantiae, a quibus etiam similitudo accepta deficit a repraesentatione divinorum. Non ergo est accipienda processio, secundum quod est in corporalibus vel per motum localem vel per actionem alicujua causae in exteriorem effectum, ut calor a calefaciente in calefactum, sed secundum emanationem intelligibilem, utpote verbi intelligibilis a dicente, quod manet in ipso. Et sie fides catholica ponit processionem in divinis. 1 Vgl. 14, 2: Bd. 2, S. 9. P et L om.: in eo. s P et L add.: vi Intellectiva proveniens, et ex . . . 2
6
Z u 1. Jener Einwand geht aus von dem Hervorgang, 27,1 der in einer örtlichen Bewegung besteht oder der auf Grund einer auf einen äußeren Stoff hinzielenden Tätigkeit erfolgt oder auf eine äußere Wirkung abzielt. Einen solchen Hervorgang gibt es im Göttlichen nicht (Antw.). Z u 2. Das, was gemäß einem nach außen gerichteten Hervorgang hervorgeht, muß verschieden sein von dem, von welchem es hervorgeht. Was aber nach innen hervorgeht in einem geistigen Hervorgang, braucht nicht verschieden zu sein; im Gegenteil: je vollkommener es hervorgeht, um so mehr ist es eins mit dem, von dem es hervorgeht. Denn offenbar: je vollkommener etwas verstanden wird, um so innerlicher ist die geistige Empfängnis dem Verstehenden und um so mehr eins [mit ihm ]; denn demgemäß, wie der Verstand im Vollzug versteht, demgemäß wird er eins mit dem Verstandenen. Da das göttliche Verstehen in letzter Vollkommenheit steht (14, 1: Bd. 2) ist demnach notwendig das göttliche Wort vollkommen eins mit dem, von dem es hervorgeht, ohne irgendwelche Verschiedenheit. Z u 3. Aus einem Ursprung als Äußeres oder Verschiedenes hervorgehen widerspricht dem Wesen des ersten Ursprungs. Doch als ganz Inneres und ohne Verschiedenheit hervorgehen, nach einer geistgemäßen Weise, ist im Wesen des ersten Ursprungs einbegriffen. Wenn wir Q U A E S T I O 27, 1
AD PRIMUM ergo dicendum quod objectio illa procedit de processione quae est motus localis vel quae est secundum actionem tendentem in exteriorem materiam vel in exteriorem efiectum: talis autem processio non est in divinis, ut dictum est. AD SECUNDUM dicendum quod id quod procedit secundum processionem quae est ad extra, oportet esse diversum ab eo a quo procedit. Sed id quod procedit 1 intra processu intelligibili, non oportet esse diversum; immo quanto perfectius procedit, tanto magis est unum cum eo a quo procedit. Manifestum est enim quod quanto aliquid magis intelligitur, tanto conceptio intellectualis est magis intima intelligenti et magis unum: nam intellectus secundum hoc quod actu intelligit, secundum hoc fit unum cum intellecto. Unde cum divinum intelligere sit in fine perfectionis, ut supra dictum est, necesse est quod verbum divinum sit perfecte unum cum eo a quo procedit, absque omni diversitate. AD TERTIUM dicendum quod procedere a principio ut extraneum et diversum repugnat rationi primi principii, sed procedere ut intimum et absque diversitate per modum intelligibilem includitur in ratione primi principii. Cum enim dicimus l P et L add.:
ad.
7
27,2 nämlich den Baumeister Ursprung des Hauses nennen, so ist im Begriff dieses Ursprungs die [geistige] Empfängnis seiner Kunst mit einbegriffen und sie würde eingeschlossen sein im Begriff des ersten Ursprungs, wenn der Erbauer erster Ursprung wäre. Gott aber, der erste Ursprung der Dinge, steht zu den geschaffenen Dingen im selben Verhältnis wie der Künstler zu den kunstgeschaffenen Dingen. 1 2.
A R T I K E L
Ob es im Göttlichen einen Hervorgang gibt, der genannt werden kann
Zeugung
1. Zeugung ist eine Veränderung vom Nicht-Sein zum Sein, der Gegensatz zu Vergehen; und das beiden Zugrundeliegende ist der Stoff. Aber nichts von all dem verträgt sich mit dem Göttlichen. Also kann es im Göttlichen keine Zeugung geben. 2. In Gott gibt es einen Hervorgang nach der Weise des Erkennens (Art. 1). Bei uns wird dieser Hervorgang aber nicht Zeugung genannt. Also auch nicht in Gott. 3. Alles Gezeugte nimmt das Sein vom Zeugenden entgegen. Das Sein eines jeden Gezeugten ist also ein aufQ U A E S T I 0 27, 2
aedificatorem principium domus, in ratione hujus principii includitur conceptio suae artis, et includeretur in ratione primi principii, si aedificator esset primum principium. Deus autem, qui est primum principium rerum, comparatur ad res creatas ut artifex ad artificiata. ARTICULUS Utrum
aliqua
II
p r o c e s s i o in D i v i n i s dici possit
generatio
[4 Cont. Gent., cap. 10. 11; Comp. Theol., cap. 43; de Pot., q. 2, art. 1; Contra Graecos, Armenos etc., cap. 3; Coloss., cap. 1, lect. 4]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod processio quae est in divinis, non possdt dici generatio. Generatio enim est mutatio de non esse in esse, corruptioni opposita; et utriusque subjectum est materia. Sed nihil horum competit divinis. Ergo generatio non potest esse in divinis. 2. PRAETEREA, in Deo est processio secundum modum intelligibilem, ut dictum est. Sed in nobis talis processio non dicitur generatio. Ergo neque in Deo. 3. PRAETEREA, omne genitum aeeipit esse a generante. Esse ergo cujuslibet geniti est reeeptum. Sed nullum esse reeeptum 1 Ober das Verhältnis der göttlichen Personen zur Erschaffung der Dinge vgl. 45, 6: Bd. 4, S. 39 i.
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genommenes. Kein aufgenommenes Sein aber ist für sich 27,2 bestehend. Da nun das göttliche Sein ein für sich bestehendes Sein ist (3, 4: Bd. 1), folgt, daß keines Gezeugten Sein ein göttliches Sein ist. Also gibt es im Göttlichen keine Zeugung. ANDERSEITS heißt es im Psalm 2, 7: Heute habe Ich Dich gezeugt [5], ANTWORT: Der Hervorgang des Wortes im Göttlichen wird Zeugung genannt. Um das einzusehen, muß man wissen, daß wir den Ausdruck Zeugung in doppelter Bedeutung gebrauchen. Im allgemeinen für alles, was erzeugt und zerstört werden kann; und so ist Zeugung nichts anderes als eine Veränderung vom Nicht-Sein zum Sein. In anderer Weise im eigentlichen Sinne für die Lebewesen; und so bezeichnet Zeugung den Ursprung des Lebendigen aus einem lebendigen, ihm verbundenen Grunde [6]. Und diese [Zeugung] wird eigentlich Geburt genannt. Doch heißt nicht alles derartige gezeugt, sondern im eigentlichen Sinne nur das, was hervorgeht nach dem Gesetz der Ähnlichkeit. Deshalb hat es mit dem Haar nicht die Bewandtnis des Gezeugten oder des Kindes, sondern nur mit dem, was nach dem Gesetz der Ähnlichkeit hervorgeht; jedoch nicht jedweder Ähnlichkeit, denn mit den Würmern, welche aus Tieren entstehen, hat es nicht die Bewandtnis der Zeugung oder der Kindschaft, obwohl eine gattunggemäße Ähnlichkeit gegeben ist; sondern zum Begriff einer solchen Zeugung ist verlangt, daß etwas hervorgehe nach dem Gesetz der ÄhnQ U A E S T I 0 27, 2
est per se subsistens. Cum igitur esse divinum sit esse per se subsistens, ut supra probatum est, sequitur quod nullius geniti esse sit esse divinum. Non est ergo generatio in divinis. SED CONTRA est quod dicitur in Psalmo 2: „Ego hodie genui te.tt RESPONDEO dicendum quod processio verbi in divinis dicitur generatio. Ad cujus evidentiam sciendum est quod nomine ,generationis' dupliciter utimur. Uno modo communiter ad omnia generabilia et corruptibilia: et sie generatio nihil aliud est quam mutatio de non esse ad esse. Alio modo proprie in viventibus: et sie generatio significat originem alieujus viventis a prineipio cf. 1014 b vivente conjuncto; et haec proprie dicitur ,nativitas'. Non tarnen 10 6