Deutsche Versgeschichte: Band 3 Der frühneudeutsche Vers. Der neudeutsche Vers [Reprint 2019 ed.] 9783111336213, 9783110987904


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German Pages 432 [440] Year 1929

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Table of contents :
Inhalt Des Dritten Bandes
Teil IV: Der frühneudeutsche Vers
38. Abschnitt: Überblick. Neuerungen der Lautform. Der Reim
39. Abschnitt: Die sanglichen Gattungen
40. Abschnitt: Der unsangliche Vers
Teil V. Der neudeutsche Vers
41. Abschnitt: Oberblick über den neudeutschen Zeitraum
42. Abschnitt: Verslehren des 16. bis 20. Jahrhunderts
43. Abschnitt: Der Reim
44. Abschnitt: Vorläufer der Opitzischen Neuerung
45. Abschnitt: Die Opitzische Neuerung
46. Abschnitt: Die Familie der Jamben und Trochäen: Allgemeines
47. Abschnitt: Die Familie der Jamben und Trochäen: Die einzelnen Gattungen
48. Abschnitt: Verse mit lauter dreisilbigen Innentakten: reine Daktylen und Anapäste
49. Abschnitt: Verse mit mehrerlei, doch fester Taktfüllung: Odenmaße
50. Abschnitt: Der Hexameter und seine Sippe
51. Abschnitt: Die Freien Rhythmen
52. Abschnitt: Der deutsch-volksmäßige Reimvers: Allgemeines
53. Abschnitt: Der deutsch-volksmäßige Reimvers: I. Knittelverse
54. Abschnitt: Der deutsch-volksmäßige Reimvers: 2. Spruchverse
55. Abschnitt: Der deutsch-volksmäßige Reimvers: 3. Sangbare Strophen
56. Abschnitt: Besondere liedhafte Formen
Nachwort zu Band I bis III
Register zu Band I bis III
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Deutsche Versgeschichte: Band 3 Der frühneudeutsche Vers. Der neudeutsche Vers [Reprint 2019 ed.]
 9783111336213, 9783110987904

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GRUNDRISS DER

GERMANISCHEN PHILOLOGIE UNTER

MITWIRKUNG

ZAHLREICHER FACHGELEHRTER

BEGRÜNDET

VON

HERMANN P A U L W E I L . ORD. PROFESSOR DER DEUTSCHEN P H I L O L O G I E AN DER U N I V E R S I T Ä T M Ü N C H E N

8/3

BERLIN

U N D

LEIPZIG

W A L T E R DE GRUYTER & CO. VORM. GÖSCHENSCHE VERLAGSHANDLUNG . J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG . GEORG REIMER . KARL J. TRÜBNER . VEIT & COMP. 1929

DEUTSCHE VERSGESCHICHTE MIT EINSCHLUSS DES ALTENGLISCHEN UND ALTNORDISCHEN STABREIMVERSES

DARGESTELLT VON

ANDREAS HEUSLER

DRITTER BAND TEIL

IV U N D

V:

DER F R Ü H N E U D E U T S C H E DER N E U D E U T S C H E

B E R L I N

U N D

VERS

VERS

L E I P Z I G

WALTER DE GRUYTER & CO. VORM. GÖSCHENSCHE VERLAGSHANDLUNG . J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG . GEORG REIMER . K A R L J. TRÜBNER . VEIT & COMP. 1929

Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten. Druck von C. G. Röder G. m. b. Ii., Leipzig. 982128.

INHALT.

V

INHALT DES DRITTEN BANDES. T e i l IV.

D e r f r ü h n e u d e u t s c h e Vers. Seite

38. Abschnitt: Überblick. Neuerungen der L a u t f o r m . bis 853) 39. „ Die sanglichen Gattungen (§ 854-875) 40. „ Der unsangliche Vers (§ 876-919)

T e i l V.

Der n e u d e u t s c h e

D e r Reim (§ 841 1 10 26

Vers.

41. Abschnitt: Überblick über den neudeutschen Zeitraum (§ 920-928) . . 61 42. ,, Verslehren des 16. bis 20. J a h r h u n d e r t s (§ 929-944) . . . 71 43. „ Der Reim (§ 945-954) 91 44. „ Vorläufer der Opitzischen N e u e r u n g (§ 955-968) . . . . 102 45. ,, Die Opitzische Neuerung (§969-985) 117 46. „ Die Familie der J a m b e n und T r o c h ä e n : Allgemeines (§ 986 bis 1004) 132 47. „ Die Familie der J a m b e n und T r o c h ä e n : die einzelnen Gattungen (§ 1005-1038) 153 48. „ Verse mit lauter dreisilbigen I n n e n t a k t e n : reine Daktylen und Anapäste (§ 1039-1053) 189 49. „ Verse mit mehrerlei, doch fester T a k t f ü l l u n g : Odenmaße (§ 1054-1099) 202 50. „ Der Hexameter und seine Sippe (§ 1 1 0 0 - 1 1 3 7 ) 244 51. „ Die Freien R h y t h m e n (§ 1 1 3 8 - 1 1 7 8 ) 280 52. ,, Der deutsch-volksmäßige Reimvers: Allgemeines ( § 1 1 7 9 bis 1189) 317 53„ Der deutsch-volksmäßige Reimvers: 1. Knittelverse (§ 1190 bis 1217) 327 54,, Der deutsch-volksmäßige Reimvers: 2. Spruchverse (§ 1218 bis 1228) 354 551. Der deutsch-volksmäßige Reimvers: 3. Sangbare Strophen (§ 1229-1242) 365 56. „ Besondere liedhafte Formen (§ 1243-1268) 378 Nachwort zu Band I bis I I I Register zu Band I bis I I I

403 406

ZEITLICHE

I

GRENZEN.

TEIL IV:

Der fruhneudeutsche Vers. 38. Abschnitt: Überblick. Neuerungen der Lautform. Der Reim. 841. Wir rechnen den frühneudeutschen Zeitraum vom beginnenden 14. zum beginnenden 17. Jahrhundert; von Heinrich von Freiberg und Johannes Hadlaub zu den Anfängen Opitzens. Als Übergangszeit können diese drei Jahrhunderte auch der Verslehre gelten. Was ihnen voranging und was ihnen folgte, hat aus Abstand Einheit im metrischen Stile. Dazwischen sieht es bunter aus; widerstrebende Grundsätze gehn nebeneinander her. Auch eine Zeit der Ablenkung könnten diese 300 Jahre heißen. Von der ritterlichen Glätte um 1300 zu Opitzens Jamben und Trochäen wäre kein so großer Schritt gewesen. Aber es ging nicht geradlinig; der friihneudeutsche Vers biegt seitab, auch zurück zu vorritterlicher Stufe. So hatte schon das Jahrhundert vor Veldeke einen trennenden Raum gebildet (§ 618). Setzt doch auch die nhd. Gemeinsprache nicht einfach die mhd. fort: sie muß erst aus dem Wirrsal der örtlichen Schriftidiome emportauchen. Abwärts begrenzt sich diese mittlere Verskunst klar: um 1600 liegt einer der Brüche in unsrer Versgeschichte. Um 1300 macht es keine scharfe Wendung. Langsam ging es vom Ritter- zum Bürgerstand über, und mit neuen Versarten führte sich der Bürger nicht ein: er zehrt von dem Erbe der Ritter. Fühlbarer ist die s p r a c h l i c h e Schwelle: die neudeutsche Lautform dringt in den Vers; die mhd. Schrift- und Dichtersprache zerfällt, dieses einigende Band und feingeschliffene Werkzeug der poetischen Gesittung! Innere Zeitgrenzen, wie sie die Literaturgeschichte ziehen kann, läßt die metrische Kunst dieser Jahre kaum zu. Mystik; Humanismus im 14. Jahrh., dann seit 1450; Buchdruck; Reformation und Gegenreformation: sie bedeuten für den heimischen Versbau keine Wenden. Die Hinkehr zur Antike wirkt ärmend, sofern H e u s l e r , Deutsche Versgeschichte III.

1

2

FREMDE EINFLÜSSE.

KUNSTHÖHE.

sie die feineren Formtalente zum Latein abzieht; dem landessprachlichen Vers kommt diese Schulung vorerst nicht zugute. D i e adelnde Kraft der Antike wird dem deutschen Geistesleben entzogen' (Lemcke), mindestens dem deutschsprachlichen. Deutsche Verse in bewußt ausländischen — erst römischen, dann welschen — Maßen wagt man schon seit 1400; aber selbst noch Paul Rebhuns Versuche, seit 1535, dann der 'Renaissancevers' der Melissus und Genossen, seit etwa 1570, setzen sich nicht als bleibende Muster durch. Sie empfangen ihr Licht als Vorläufer, z. T. freilich hemmende Vorläufer der Opitzischen Reform. Wir tun besser, all dies, mit Durchbrechung der Jahresgrenzen, zum neudeutschen Zeitraum zu schlagen (44. Abschnitt). Welsche Einflüsse haben v o r Melissus nicht ganz gefehlt. Im großen erlebt doch die Einwirkung Frankreichs auf unsem Vers in frühneudeutscher Zeit ein Wellental zwischen den von Veldeke und von Opitz eingeleiteten Anschwellungen. ö r t l i c h e Grenzen können wir dem Versbau noch kaum abgewinnen. Ein paar Jahrzehnte lang nach 1300 hebt ein Zug zur Formstrenge die Deutschordensdichtung ab, und sei es in verirrter Silbenzählung (§ 897. 909). Zu Kaufringers und Sachsenheims Zeit bauen die Schwaben regelhaftere Reimpaare als die anderen (§ 906. 910). Die n i e d e r d e u t s c h e Dichtung, die jetzt ihre gute Zeit hat, liegt, wie die mittelfränkische, der hochdeutschen nicht so fern, als man wohl gelehrt hat (§ 886. 895 f. 904t.). 842. Wie der deutschen Dichtung im allgemeinen, beschied auch ihrem Verse das Spätmittelalter keinen Hochstand vergleichbar dem der Bau- und der Bildkunst. Das Nürnberg der Lorenzkirche, der Veit Stoß und Albrecht Dürer hat andre Höhen erstiegen als das Nürnberg Rosenblüts und Hans Sachsens! Einen eigenen, 'spätgotisch* zu nennenden Stil — in Gruppenbau, Taktfüllung, Prosodie — hat unser Vers nicht auszuprägen vermocht. Von einer 'trostlosen Rolle* der frlihneudt. Verskunst zu sprechen, wäre doch allzu summarisch; das einzige Morgenrot in finstrer Nacht war das Volkslied kaum! Man hat zuviel gemacht aus dem undeutschen Nichtwägen, wenn man ganzen drei, vier Geschlechtern diesen Makel anhängte (§ 918). Zum Glück gab es zwischen 1300 und 1600 noch anderes als entweder mechanisches Silbenzählen oder gänzliche Regellosigkeit. Nur heißt es auch hier den Dichtern ihre Regel abfragen! Aber wir leugnen nicht, das Zeitalter gehört zu den stoffsüchtigen und formstumpfen. Den Abfall von der ritterlichen Feinheit greift man mit Händen, legt man die Ritterromane auch nur des Strickers neben die bei Ulrich Füetrer (um 1490), die Schwänke

3

D E R STÄNDISCHE UMSCHWUNG.

vom Pfaffen Amis (um 1230) neben die vom Kalenberger (gegen 1450), den Freidank neben seine Bearbeitung durch Brant, die alten Texte der Nibelungen neben die Piaristen- oder die Ambraser Handschrift, vom Hürnen Seifrid zu schweigen. Der A n m u t des 13. Jahrh. ist man auffallend früh entwachsen; in neuen Tönungen kehrt sie wieder bei Kaufringer, Rosenblüt, Waldis. Die Entadelung zeigt wohl am spürbarsten der sprachliche Stil; doch a u c h der metrische, selbst da wo er formschwer bleibt. Ihm liegt der Ausdruck des Derbkräftigen. Der Zeitfall deutscher Umgangsrede kommt bei manchen frischer heraus als in den klassischen Reimpaaren, und das kann die Versgeschichte nicht niedrig schätzen. Das Zurücktreten des welschen ZierJichkeitsideals hatte sein gutes. 843. Der dichtende Bürger, im Verse kein Neuschöpfer, trat eine große Erbschaft an, und zwar eine ständisch gepflegte. Einen Teil hat er liegen lassen: die formfrohen Daktylen und Leiche sterben im 14. Jahrh. aus (§ 830). Im übrigen hatte das vornehme Vermächtnis ein zwiefaches Los: man lockert die Strenge, zerbröckelt das Feste — und man steigert, versteift die Formregel. Dort empfindet der von Konrad Kommende 'Verrohung', hier 'Erstarrung'. Das Versteifen zeigt am klarsten der Meistergesang, gelockert hat besonders das Volkslied — seine Musikbindung hinderte nicht. Beides, verengt und gelöst, hat die Sprechdichtung; sie hat am wenigsten Einheit. Nicht immer an die letzte, innerlich jüngste, also die glatteste Stufe der Vorgänger schlössen die Nachfahren an. Bei den Reimpaaren liegt das vor Augen: neben dem glatten Konrad von Würzburg fanden die freieren Ulrich von Eschenbach und Seifrid Helbling ihre Folger. Weniger klar steht es bei der Lyrik. Deren Versbau zeigt um 1300 keine 'freiere Richtung'; er hält zu gleichmäßiger Strenge. Von diesem Hochstand also scheint alles Spätere auszugehn: wenn nicht auch hier, in der Lyrik, ein altmodischeres, freieres Handwerk auf buchlichem und unterbuchlichem Wege den Nachfahren zukam! (Vgl. § 875.) Allgemeiner gefaßt: der ständische Umschwung hat zwei Seiten. Die alten gepflegten Formen sinken in neue Kreise hinab und büßen an Glanz ein; und: aus den neuen Kreisen steigen in die Buch weit Formen auf, die lange als überholt gegolten hatten. Man frage immer: ist hier eine strengere Kunstform verroht? Oder hat man sie e r s e t z t durch eine gleich alte und ältere, die so lange unter der Oberfläche gegangen war? Letztlich kann auch diese der höhern Schicht entstammen. i»

4

D I E FORSCHUNG.

Aus dem vielen Ererbten ist doch da und dort Neuartiges hervorgewachsen. Man darf hier das Volkslied nennen; auch das grundsätzliche Nichtwägen der späteren Meistersinger; noch mehr den silbenzählenden Knittelvers, wenn man ihm die freie Silbenverteilung zugesteht (§ 916). Mehr vereinzelte Neuheiten erwähnen wir in § 877 f. 8 4 4 . Der frtthneudeutsche Zeitraum ist der a m wenigsten durchforschte unsrer Versgeschichte. Von den umfassenden Lehrbüchern hat ihn nur das von J. I. Schneider (Darstellung der dt. Verskunst 1861) eingehender vorgenommen, freilich mit unzureichenden Fragestellungen. Eine gute knappe Skizze zeichnet Bebermeyer, R L e x . L i t . I, 394 (1925/6). So vielen Monographien und Einleitungen (besonders gehaltvoll die Wackemells zu Hugo v o n Montfort 1881) schadet das mangelhafte, Lachmannische Fächerwerk. Die entmutigende Unklarheit der Begriffe oder Ausdrücke zeigt eine sonst löbliche Dissertation von K u r t Marquardt, Die Verskunst des Neuen Parzifal 1916. Vieles bietet der metrische Abschnitt bei Hauffen, Johann Fischart 2, 256—281 (1922). Eifrig umworben hat man nur die ¿ine Stelle, den sogen. Hans SachsVers (§918). Der gab rechnerisch-prosodische Aufgaben zu lösen! Die rhythmische Formenmenge nachzuerleben von Ottokars Reimchronik bis zu St. Meinrads Leben und Sterben, reizte wenig. W o etwas so recht unjambisch aussah, war man rasch mit der Note 'verwildert' zur Hand. Ein Ausbruch künstlerischer Entrüstung über die 'rohe Barbarei* der Verse gehörte zur Sache. Die Opitzische Norm spukte doch immer im Hintergrund. Ein Vers, wo möglich, sollte jambisch sein; das W ä g e n schenkte man ihm. W o bekäme man zu hören, daß Rosenblüt oder das Redentiner Osterspiel rhythmische Erlebnisse sind? Aber freilich, wie viele w o l l e n von der Verslehre ein sinnliches Erlebnis ? Das Volkslied hat eine klare, überschauende Einzelschrift erhalten durch Gerhard Pohl (§ 871). Über die Meistersinger gibt es nichts Ahnliches. Mit dem Kirchenlied haben sich wesentlich Musikforscher befaßt, und da entbehrt man die Fühlung mit den Anliegen der Verslehre. So auch beim weltlichen Volkslied: man sehe die Schriften von Mersmann, Archiv für Musikwissenschaft 1924, 127 ff.; Geutebrück, ebd. 1925, 3 3 7 f f . : die Arbeiten von Stolte, Rotter, Pohl sind für sie nicht vorhanden. So fällt nur auf einzelne Strecken aus diesen drei Jahrhunderten helleres Licht. Beim Sprechvers war überhaupt erst nach einem möglichen Grundriß zu tasten. Aussagen darüber, wann etwas anfange und aufhöre; ob etwas häufig, selten oder gar nicht vorkomme, sind kaum irgendwo möglich. A u c h die vorliegende Musterung wird den Tadel nicht nur der Lückenhaftigkeit verdienen.

Neuerungen der Lautform. 845. Vor allem ist der sprachlich bedingten Neuerungen zu gedenken. Die Dehnung der S t a r k t o n k ü r z e n (§73) hatte zuerst bei Veldeke hereingespielt, dann bei hd. Dichtern — auch hochalemannischer Gegend, die bis heute oben, hägel spricht (§ 593. 601. 655). Im 14. Jahrh. siegt die neue Lautform. Da und dort halten sie literarische Muster noch darnieder (§ 891). Der öster-

F O L G E N DER K Ü R Z E N D E H N U N G .

Z A H L DER K A D E N Z E N .

5

reicher Suchenwirt (bis 1395) unterscheidet als einer der letzten die von den Z ^ . Das Verschwinden der altgermanischen Starktonkürze vereinfacht den sprachlichen Stoff; gewisse Feinheiten entzieht es dem neuern Verse. Das 'bedingte, der germ. Lautform Rechnimg tragende 1 Silbenzählen (§ 634. 650) gibt es nun nicht mehr. Als Zeichen der Silbe genügt uns _ (1, 1) statt der bisherigen _, w, Seitdem sägen rhythmisch gleich lägen, hitnel gleich stimme geworden war, entließ der dt. Vers diese uns geläufigen Zweiteilungen : 1. I m V e r s i n n e r n : | sage den | = | \L> X | gegen | vräge den | = | X w w | (§ 487 u. ö.). Wir schreiben künftig den dreisilbigen f - T a k t als | X w w !; bei Takten wie | frage nie |, | mutterglück | wird man die Teilung | \i> w X | vorziehen: jedenfalls verschwindet die alte, von der sprachlichen Starktondauer bedingte Zweiheit der Takttypen. 2. In d e r K a d e n z : die beiden Arten zweisilbig vollen Schlusses (§ 583): 'männlich' degen und 'weiblich' muote, fallen zusammen. Nach der Rhythmisierung, die wir § 653 für die Lyrik vermuteten, können wir künftig einheitliches I X X schreiben. 3. In d e r K a d e n z : die Formen 'zweisilbig stumpf' und '(zweisilbig) klingend' fallen zusammen; also 4s: nu söl er nfht genasen ^ und 4 k : nu söl er niht geriten. Mit andern Worten: der 2 silbig stumpfe Schluß tritt zum klingenden über. Zu dessen Messung s. § 847. 846. Da auch die Gruppen tedege, trägende zusammenfallen mit zdrnege, lächende, sind fortan weniger Kadenzen zu scheiden: statt der acht Arten von § 583 nur noch fünf. Die eine Art: trägende, zörnegc, wird noch seltener als bisher und gilt meist wohl schon, wie im neudeutschen Verse (§ 1001), gleich dem i v , d. h. sie steht auch in Gedichten, die nur volle, keine klingenden Schlüsse gebrauchen. Der Name '3silbig klingend' trifft also nicht mehr zu. Es bleiben die vier häufigen Arten schaulicht) :' 1. s t u m p f (s): zwischen uns ergle 2. k l i n g e n d (k): öb er mir behage; 3. e i n s i l b i g v o l l (v): brüoder min, 4. z w e i s i l b i g v o l l (2v): der engel

(an Viertaktern veran; das säge ich dir; stünt bi fr gar schöne.

' 1 v* für ' v ' hebt die Einsilbigkeit hervor. Für "2 v 1 schreiben wir "v* nach der Ziffer der Taktzahl, zB. 4*v; 2*v; auch da wo Verwechslung droht mit dem Begriff 'voller Zweitakter'.

6

MÄNNLICH UND WEIBLICH.

KLINGENDE

SCHLÜSSE.

Zu der vierten Art zählen Schlußtakte mit vollem Vokal in Senkung: redlich; greslein; Waschung; ge-fenknus; standhaft. Sie werden im 16. Jahrh., bei Waldis und Fischart, beliebter. Eine wirklich neue, fünfte Art dagegen, ein ' d r e i s i l b i g v o l l ' , stellt die Sprechdichtung in Versen wie: der sun wer zù petrâuern schwérlicher. Hans Sachs bringt solche Schlüsse weniger selten als die 2hebigen: / ' schwérlichèr. Der Unterschied fällt in die Ohren. 'Gleitend' nennt man beim mhd. Verse die zweite Art (§ 587) ; die erste hebt der Name 'dreisilbig voll* (3 V) eindeutig ab. 847. Somit scheiden aus die Fächer 'zweisilbig stumpf', 'männlich voll' und 'weiblich voll'. Dadurch werden die Namen männlich und weiblich frei für die neue Verwendung: männlich sind alle Schlüsse auf 1 , weiblich alle auf 1 _ , gleichviel ob noch ein Verstakt folgt. So entsprechen diese seit 1600 eingeführten Namen dem französischen Gebrauche; ihr Wortsinn ruht ja auf der welschen Sprachform : masculin grand 1 gegen féminin grande JL-. (vgl. § 1000). Auch die Meistersinger unterscheiden nur diese zwei Arten. Den männlichen Schluß gut nennen sie 'stumpf', den weiblichen tage nennen sie 'klingend', ohne dem Unterschied Rechnung zu tragen zwischen zweihebigem tâgè (k) und einhebigem tage (av). Diesen Unterschied hat der s a n g l i c h e Vers unsres Zeitraums zweifellos festgehalten; herrscht er doch heute noch in Kunstwie Volkslied fast unbeschränkt. Aus dem S p r e c h v e r s e kann die alte zweihebige Messung des klingenden Schlusses, tâgè | J - | X , wenigstens nicht durchweg verschwunden sein. Denn bis zu Ende des Mittelalters begegnet zweihebiges i ü im Versinnern: und ângstèn und sôrgèn ; das dunkèt mich gûot . Auch altvaterische Reime wie gégènt : genént ; bédit : sitzït (§851) bezeugen Endsilbenhebung. W i e w e i t sie noch reichte, wissen wir nicht (vgl. § 584 und 588). Kurzweg zusammengefallen sind die Schlüsse k und 2v auch nicht im neuern Sprechvortrag; das hat Paul richtig bemerkt (PGrdr. 93). Viele unterscheiden noch triebhaft die Ausgänge von: aug, mein aug, was sinkst du nieder (2v) und: auf der welle blinken (k). Dieses Lied zeigt zugleich, daß die vermeintliche Zweiheit: Monopodie und Dipodie hier nichts zu suchen hat. Wir halten den Namen 'klingend' fest beim Sprechvers der letzten sechs Jahrhunderte. So retten wir die klare Scheidung der Kadenzformen, diesen Pfeiler unsrer Betrachtung, und entgehn der Notlage, die älteren Verse von den jüngeren, die gesungenen von den gesprochenen zu trennen durch eine zwiefache, verwirrende Bezeichnung. Daß die Pänultima des klingen-

SILBENSCHWUND.

DER

REIH.

7

den Ausgangs nicht immer und überall ihre zwei Viertel füllte, sei ein für allemal zugegeben. 848. Außer der Kürzendehnung kommt noch eine lautliche Neuerung für den Vers in Betracht: das Verstummen so vieler schwacher -e-, namentlich in Endsilben: g(e)nug; find(e); find{e)st. Aber grundsätzlich umgeprägt, vereinfacht (wie die Dehnung) hat dies den Versstoff nicht. Las man die neueren Sprachformen: reden; gnug; find in ältere Verse hinein, die mit reden, genuoc, finde gedacht waren, so konnte dies den Rhythmus antasten. Das reden ergab z. B. schwerere Innentakte: | reden vil |; das find leichtere, einsilbige, dazu männliche Schlüsse aus weiblichen. Ein äußerster Fall wäre etwa: ist gelobet und geeret gewandelt zu: ist globt und gert

v^wl^xIkxl-Ll)* X I -L

I -1- I - L I

Ältere Verse, nach der neuen Mundart gesprochen, konnten wieder als Muster dienen. So mochte metrische Neuerung sprachlichem Wandel entspringen. Vgl. § 256f. 385. 457. Nur hüte man sich auch hier vor Uberschätzung dieser lautgeschichtlichen Ursachen! N e u e V e r s t y p e n hat weder die Dehnung noch der Schwund aufgebracht. Es blieb im Bereich der überlieferten Formen. Vgl. § 881. 898. Auf unklarer Vorstellung ruht die Anklage, auch an dem berüchtigten Nichtwägen der Hans Sachs-Zeit (träumt ihn6n all£n den töt) sei die verjüngte Lautform schuld. Nichts hätte gehindert, in dieser noch so unadeligen Lautform die sprachreinsten Verse zu bauen! Der Reim. 849. Der Reim der frühneudt. Zeit, im ganzen überblickt, erscheint tief gesunken von der Vollkommenheit des 13. Jahrh. Doch gibt es sehr ungleiche Stufen, oft im Verhältnis zu dem rhythmischen Höhegrad. Schon ein Werk des frühvierzehnten Jahrh., Bruder Philipps Marienleben, zeigt starken Verfall — oder Obenaufkommen der niedern, unterbuchlichen Halbreime (Juvet, Beitr. 29, 129). Die ungefähi gleichzeitigen Deutschordensdichter Hesler und Jeroschin fordern bewußt den lautreinen Reim. Bei Meisterliedern hat man aus sorgfältiger Reimart geschlossen auf Entstehimg vor 1400 oder auch 1350 (Bartsch. Kolmarer Hschr. 179. 181 f. u. ö.). Das Volkslied gehört ins freie Lager; das Kirchenlied wird im Lauf des 16. Jahrh. strenger, Luther steht noch auf besonders niedriger

8

VOKALISCHER HALBREIM. ENDSILBENREIM.

Stufe, zumal mit vokalischen Freiheiten: geriist: trost; hell:stuel; bad: tod. Bei Fremdwörtern und Eigennamen lassen auch gute Reimer mehr zu; Fischart: droben: globum; bewiesen : Ulyssen; Trostburg: Straßburg; Zürich: Seerich (Hauffen 2, 272). Mißt man, wie billig, die Dichter an ihrer Mundart (oder örtlichen Schriftsprache), so gibt es im 15., 16. Jahrh. nicht wenige Reimer von leidlicher Genauigkeit, so Sachsenheim, Brant, Zacharias Bletz, Scbeit, Fischart. Auch 'grobmundart liehe* Paare wie weicht: liecht (wicht: licht); frosch: stohst (stehst); Otte : drote (dräte); Hans: land(e)s; dünk:kün(i)k können nach des Dichters Aussprache gestimmt haben. Im Vortrag anderer aber mußte das buntscheckig herauskommen! Auch mischte man nun viel mehr als einst (§ 466) eigene Reimklänge mit fremden, literarischen. Oft richtete man sich nach der S c h r e i b u n g , und die war hinter der Aussprache weit zurückgeblieben. Der Zerfall der sprachlichen Einheit hat mittelbar doch die Reimkunst getrübt. Bohnenberger, Zur Geschichte der schwäbischen Mundart im 15. Jahrh. 13 f.

850. Einiges gleicht frühmittelhochdeutschem Brauche im Gegensatz zu Freiheiten um 1800. So die Beliebtheit der v o k a lischen Halbreime: wunn: jung; stund: hung (Honig); gnuog : muot; eid : bleib; alsö: geböt; — banner: kammer; griffen : schnitten; büße : mußten ; hundert: besunder. Bei einzelnen sogar: raste : gemache; leben : sterven; blide : spilde; willen : himelen. Der Peter von Hagenbach-Chronist (§ 887) reimt leben beliebig auf wegen, reden und jehen; haben beliebig auf sagen, laden und nasen. Selbst Fischart erlaubt sich jubel:gugel; plumpten: -dunken; Christen: mischen; hauen : äugen (Hauffen 2, 272). Für das Volkslied gilt wohl allgemein: Mitlauter weichen öfter aus als Selbstlauter. Die Empfindlichkeit geht da in andrer Richtung als bei Goethe, Schiller und Heine (vgl. § 465. 954). 851. Kunstarme Reimpaarwerke erneuern die vorritterliche Anspruchslosigkeit auch darin, daß klingende Schlüsse nur mit der E n d s i l b e reimen: Nrhein. Minnerede 14. Jahrh. (§884): geboren : sunne; bedit: siezit; geheiligit: girechtit; in : miltln. Alem. Cecilia 14. Jahrh. (§ 894): nemin : sluzin; haton : spototon. Böhmische Reimchronik c. 1345 (§ 883): g£g6nt: genint; läz&i: irst£n. Da treffen wir also wieder den baren Endsilbenreim und die r h y t h m i s c h unebenen Paare, 2k : 3k und 2 k : i v . Dinge, die schon Otfrid bekämpft (§ 454) und die dann das frühmhd. Gereime geprägt hatten (§ 457 f. 462). Anklang der letzten an die vor-

DIE

SCHLÜSSE L 1 .

9

letzte Silbe (wit: siten) taucht gleichfalls wieder auf, so in Luthers Nr. 34: in siiner zärten mansch ei t : in täubenbfld verkl£id£t. Auch bei besseren Reimern, wie noch im folgenden Zeitraum, gibt es die ebenen Endsilbenreime wie: Ldttringto : Thdringen (Alberus 1550); namhäftigfe: verständige (Lasius 1586). Vgl. §464. 950.

Fälle mit bewahrtem Vollvokal wie in § 463 kennt nicht nur die rohe Böhmenchronik: 147, 13 er sprach an der stund || zu den Bihem lächünd , sondern auch der gewandte Kaufringer gegen 1400: 12, 151 und in tröwen gewärnöt, || ich häb getaun wider göt; Vintler (1411) Z. 1962 dir sol swiigen mit dem münd, || wann die gab redt selber wol sw&günd. Bei Hnr. v. Mügeln (c. 1350) fri:edeli (Adel). Allgemein gilt als volltonig die Endung -er ( < mhd. -cere, aber auch -er); daher sind die vielen Paare wie dien£r: gevir ; schüldigern : gern rhythmisch ebene 1 v : 1 v, und die wie riht^r: pfärrer sind keine bloßen Schwachsilbenreime wie vorhin bedit: siczit. VgL Vogt, Festgabe für Hildebrand 162f.; Chr. A. Mayer, Beitr. 28, 467ff.

852. F ü r die Schlüsse 11

(warhext, Handlung, triibsal)

bestehn

die drei wägenden Bindungen: 1. wärh&t: frdiheit; warheit: leit. Daniel 435 dir wirt got vll genidlc, || nu müzen vör den änbllc; Sachsenheim, Schleier 2 53> 15 was gänz ir händlüng /n, || gar schnei winkt In der jung ^ . 2. warheit: klärheit. Vintler 8216 den lauten für das häuptschös, || und ¿tleich nemen ain läupfrösch. 3. einhebig im Schlußtakt: wärheit: klärheit. H. Sachs, Fastn. Nr. 24, 189 ja bleib bei uns, liebe fraw warheit, || dein angesicht leucht voller klarheit; Fischart 1,209 w&dwerk: sch&dstärk; 3, 99 s ä h a f t : s&kraft. Die beiden ersten sind schon mhd. (§ 464), die dritte neu (§ 846). Dazu kommt die nicht-wägende Behandlung: warhöit: leit, freih&t. Bartsch, Kolm.Hs. 548 nein ¿z ist wunder dir menschiit, 11 daz s( gesöit. Auch Endungssilben erfahren vereinzelt diese Behandlung : wollin : alsdann; her : vatir, sieh § 864. 869. Wieweit auch im unsanglichen Verse, gehört zu den Streitpunkten. Liest man wägend: dieser bäum also erfäutet. || Unfalo sprich: ach hörr, nun g£ht (Teuerdank 28, 47); g£gen dem h61d entschuldigen, || damit er in möcht betrfeg^n (26, 113); den hungrigen gibt er gött^r, || die reichen lest er äber l£hr (Knaust, Weihnachtsspiel 259), dann fällt es unter die Bindungen in § 851. 853. Einen Tiefstand wie kaum in der Wiener Genesis (§ 458) erlebt der deutsche Reim in der 'Pilgerfahrt des träumenden

IO

GATTUNGEN DER L Y R I K .

Mönchs' (rheinfrk.; die Hs., ein Autograph, kurz nach 1400; DTexte des MA. Nr. 25). Hier sinkt es gar nicht selten zu unzweifelhaft, aber unfreiwillig reimlosen Versen. Dazu in Menge jene rührend-identischen Paare ohne den Schatten der dem Reim nötigen Ungleichheit. Man nehme die Zeilenschlüsse aus der Strecke 1784ff.: ich : zijt, axs, hauwen : buwen, zehant: fant: hant (Dreireim), sinne : in, noch : doch, han: lan, dienen, fuogen: gesagen, meister, hat: hat, nit: nit, arbeyden : zimmern . . . Ob Paare wie das letzte Endsilbenreim wollen oder zu den Verzichtenden zählen, könnte uns höchstens der Urheber selbst verraten. 39. Abschnitt: Die sanglichen Gattungen. 854. Die Lyrik der Ritterzeit setzt sich fort. Adel und Bürger pflegen den Minnesang; der wahrt am längsten die alte Art, im Verse mehr als in Inhalt und Sprache. Hugo von Montfort (f 1423) und Oswald von Wolkenstein (f 1445) sind zwei späte fruchtbarere Minnesinger aus dem Ritterstand. An die Gattung schließen an die des 15., 16. Jahrh. (PGrundr. II 1, 303; Erk-Böhme 3, 454; Moser, DVjschr. 5, 381 ff.). Der Nachkomme der sanglichen Spruchstrophen ist der Meistergesang, anfangs berufsmäßig von Fahrenden und Gehrenden verwaltet, im 15. Jahrh. an seßhafte Stadthandwerker — Schuster, Kürschner, Weber — übergegangen. Er blüht bis tief in den nächsten Zeitraum. Der Meistergesang vertritt die schwere Formenkunst in schulhafter Pflege, er betont die persönliche Verfasserschaft. Sein Gegenpol ist das weltliche Volkslied oder Gesellschaftslied, von Liebhabern aller Stände gedichtet und gesungen, mündlich und namenlos verbreitet und vielfach zersungen. Seit 1450 taucht es in Sammlungen auf. Das Volkslied übt vereinfachende Auswahl aus dem kunstlyrischen Formenschatze: das Leichtere, Eingängigere hat es festgehalten und handhabt es unzünftig frei in Reim und Zeitfall. Daneben steht das geistliche Volkslied, das Kirchenlied: für den Chorgesang der Gemeinde bestimmt, schon in katholischer Zeit zum Gottesdienst herangezogen; in den evangelischen Kirchen ersetzt es den lateinischen Choral, den die römische Liturgie festhielt. Nach seiner Form steht das Kirchenlied zwischen dem kunstschweren und gebundenen Meistersang und dem schlichten, freien Gesellschaftsliede. Diese sanglichen Arten wirken aufeinander ein; die Grenzen fließen. In dem Liederbuch der Hätzlerin z. B. (a. 1471) gehn alle Typen und Mischformen durcheinander.

W O R T UND W E I S E .

SPÄTMINNESANG.

II

Die alte Verschwisterung von T e x t und Tonsatz (§ 628) gilt für die ganze sangbare D i c h t u n g unsres Zeitraums; nur dichtet man jetzt viel häufiger auf überkommene Weisen. Metrisch gleiche Töne haben o f t verschiedene Weise; z. B. des Waldis Psalter zählt 86 Strophenformen, aber 152 Melodien (nach Horn, Der Psalter des B. Waldis 61. 71). — Minnesang und Meisterlied blieben einstimmig, auch das kirchliche Gemeindelied und das Volkslied als Tanzbegleitung. Daneben erwächst seit 1400 der mehrstimmige Gesang. Ihn pflegt die Notenschrift mensural wiederzugeben, d. h. mit Notenzeichen, die den Zeitwert der Töne ausdrücken: für Deutschland eine Neuerung, s. § 629. D o c h gestalten diese Tonsätze ganz gewöhnlich die schlichteren T e x t r h y t h m e n kunsthaft frei aus: die üppigen Melismen ('Blumen') schmiegen sich nicht mehr in den Taktgrundriß, sie weiten ihn aus; Taktwechsel (zwischen J, auch in der einzelnen Zeile, und Synkopen sind beliebt (§ 35). Man nehme die Notensätze bei Liliencron, Deutsches Leben im Volkslied um 15301 Der Versforscher kann aus diesen 'polyphonen Geweben' den mit dem Liede geborenen Zeitfall nicht ablesen (vgl. § 28). Noch die heutige Singform alter Kirchenlieder weist Spuren textwidriger Umbiegung. Kein Zweifel, der A u f gesang von ' W a c h e t auf, ruft uns die Stimme' war gedacht als der altbekannte Schweifreim w v : w v | v :|| (§ 761). Die Zerdehnung der 1. und 4. Zeile z u m überstumpfen A c h t t a k t e r wirkt mächtig, renkt aber das einfältige Gleichmaß aus. Mit Taktwechsel singt man noch, für die Gemeinde halsbrechend genug, Rists 'Hilf, Herr Jesu, laB gelingen'.

8 5 5 . Spätminnesang und Hoflieder wahren im großen den innem Versbau des 13. Jahrh. Es sind wägende Zeilen im Auf und Ab. Einsilbige Innentakte wagen sich im 14. Jahrh. wieder hervor, öfter dreisilbige; auch der doppelte und der regellos fehlende Auftakt (Wackernell, H. v. Montfort CCIVff.). Der halbmeistersingerische Suchensinn (gegen 1400) hat nur diese letzte Freiheit, zugleich aber härtere Tonbeugen (Pflug, Germanist. Abh. 32, 2 5 ff.). Auch der nach 1200 fast ausgestorbene Kadenzentausch (§ 656Ü.) begegnet wieder. In Nr. 124 der Hätzlerin I vertreten sich k und v, in Nr. 75 der Kolmarer Handschrift k, v und s, auch 2 v und i v (vgl. Bartsch 667). Auch in der Reimfolge und selbst in der Taktzahl kann es die Stropheneinheit durchbrechen; man sehe Wolkenstein Nr. 78; Montfort Nr. 12. 13 (Nr. 14 und 21 sollen wohl Leiche sein) und für die Hätzlerin Rolf Weber (§ 857) 18. 856. Der Wolkensteiner hat darin den Formehrgeiz der guten alten Zeit: er gebraucht die mannigfachsten Töne, vielgliedrige, verwickelte mit gehäuften Reimen ¿ines Klanges — und schlichte aus ¿inem oder zwei Viertaktertypen, auf Paar- und Kreuzreim beschränkt, doch auch dann umfänglicher als die Volksliedstrophen. Hugo von Montfort ist formenarm und begünstigt außer den unstrophischen Reimpaarreden (§ 888) die kreuzreimenden Vierzeiler in unsanglich freier Behandlung (§ 877).

12

D E R MEISTERGESANG.

Suchensinn bescheidet sich bei ¿inem Tone: dem Dreizehnzeiler, der neben ¿inem 6k dreimal die Gruppe 4V. a : 4V. a : 4v. a | 4k. b bringt (§ 767, 1). Der Ton steht schon in der HeidL. 653, 4 (Gösli von Ehenhein). Die Strophenbuntheit der Hoflieder hält eine Mitte zwischen Meistersang und Volkslied. Vagantenpaare und Schweifreimgruppen, zwei Perioden volkstümlichen Klanges, sind in dieser Spätzeit häufiger geworden (§ 743- 761). Als Terzinenschluß läßt Montfort in Nr. 10—ia Waisen zu. Strophenbindung durch Korn der Endzeile liebt der Münch von Salzburg (vor 1390); s. Kossmann, Die siebenzeilige Strophe 13. Der Meistergesang. 857. Metrisch hat der Meistergesang wenig geneuert an den Grundsätzen der entwickelten Spruchlyrik des 13. Jahrh. Der Abstand war größer von der lyrischen Frühstufe (Spervogel) zu der Kunst Waithers oder Konrads als von diesen Meistern zu den Handwerkern Folz und Sachs! (Plenio, Beitr. 42, 281.) Ein Menschenalter dort hat mehr bewegt als zehne hier. Das gilt von Gruppenbau und Versrhythmus; es gilt nicht von der Sprachbehandlung. In seiner langen Ixbensdauer zeigt der Meistersang weitgehende Gleichheit der Zeiten und der Dichter; und wie man über den Inhalt denken mag, die metrische Form darf man greisenhaft nennen. Verdienst und Anziehungskraft dieser Poesie lag in den musikalischen Weisen. Hier hat die Weise entschieden über das Wort geherrscht (§ 1268). Sic ging dem Worte auch zeitlich voran überall, wo man auf ererbte Töne dichtete. Vom Neuschöpfer sagt Puschmann: 'er muß erstlich mit fleis achtung haben, . . . damit er nicht die zal und maß der syllaben übertrette. Nachmals mag er die melodey setzen . . Das künstlerische Grundgebrechen ist das durchgehende Mißverhältnis zwischen Inhalt und Form: ebenfüßig nüchterne Erzählung oder Lehre in ausladenden Prunktönen, die nur musischer Flug ausfüllen, rechtfertigen konnte. Wie denn auch ungleichste Inhalte ¿inen Ton wählen durften. So gab es Hans Sachs auch wenig zu schaffen, etliche 8oomal ein Lied umzuschreiben in den Spruch (die unsangliche Reimpaar kette), wobei an Neugeburt aus dem Geiste der andern Gattimg kein Gedanke war. Unsre Skizze ist verpflichtet besonders der Dissertation von Rolf Weber, Zur Entwicklung und Bedeutung des dt. Meistergesangs im 1 5 . und 16. Jahrh. (1921). Wir nennen ferner: J . I. Schneider, Verskunst 281 f f . ; Bartsch, Meister-

Z A H L DER T Ö N E .

13

lieder der Kolmarer Hschr.; Biedermann, Die Einwirkung der Kolmarer Hs. auf die Textgestaltung Frauenlobs 1897; Kühn, Rhythmik und Melodik Michel Beheims 1907; Die Meisterlieder des Hans Folz, hg. von A. L. Mayer (DTexte des MA. 12) 1908; Moser, Zs. für Musikwissenschaft 1, 229ff. (1918/19); Ursprung, Archiv für Musikwissenschaft 5, 27f. (1923); Stammler, DVjschr. I, 529ff., Von der Mystik zum Barock (1927) 215ff.; Abert in Hofstätters und Panzers Grundzügen der Deutschkunde I, 171 ff. (1925). A d a m Puschmanns Gründlicher Bericht des dt. Meistergesangs, 1. Aufl. 1571 hg. von Jonas, Hallische Neudrucke Nr. 73; 2. Bearb. 1584 in dem Singebuch des A . P. hg. von Münzer 1906, S. 85 ff. Joh. Christophori Wagenseiiii De civitate Noribergensi commentatio (1697) S. 433 ff. (vgl. Eichler, Das Nachleben des Hans Sachs 123 ff.).

858. Bei den Begründern des Meistersangs, Frauenlob (f 1318), Regenbogen, Heinrich von Mügeln (um 1350), besteht noch der Ehrgeiz der ewig neuen Töne (§ 716). Dann haben vier Geschlechter das Erfinden neuer Weisen — und damit neuer Gesätze — verboten; auf die alten Töne der zwölf Meister sollte man dichten Damit brach Hans Folz, der Wormser Barbierer (f 1515). Die Forderung drang in den Sängerschulen durch: jeder Meistersinger hat Recht und Pflicht zu eigenen, neuen Tönen (neben den überkommenen). Von Folz selbst kennen wir 15 neue Töne. Unter Hans Sachsens 272 'Meistertönen' sind nur 13 eigene. Man unterschied davon die 'Hofweisen': kürzere, oft zweiteilige Formen mit den einfachsten Reimfolgen. Deren kennt H. Sachs 29, wovon 16 oder 17 eigene. Sein Verehrer Puschmann erfand beinah dreimal so viel Meistertöne; er hoffte damit dem Verfall der Kunst zu wehren. Vorschriften regelten, wie weit sich der neue Ton mit älteren berühren durfte (Puschmann verbietet schon, daß er 'mit vier Syllabennn andere Melodeyen eingreife'); wie der Urheber den Ton vor den Schulgenossen vorsingen mußte, bis er seinen Namen und seine Gevattern hatte und als 'bewährter Ton' in das Meistersingerbuch zu stehn kam. Wagenseil in seinem Traktat von der Meister-Singer holdseliger Kunst 1697 nennt Namen und Urheber zu 222 Meistertönen, •welche dieser Zeit und sonderlich zu Nürnberg pflegen gesungen zu werden'. Jacob Grimm a. 1811 kannte hundert weitere Töne. Im ganzen gab es wahrscheinlich mehr als 400 (R. Weber 9). Ob einige aus Frankreich eingeführt waren ? Unter den Namen sind z. B. folgende: Der güldene Ton, der kurze Ton, der lange, der überlange Ton Hans Sachsens; der Rosenton (Sachsens Lieblingsform); — die Strohhalmweis, die Schreibpapierweis, die grüne Liljenweis, die blaue Komblumenweis, die gelbe Löwenhautweis, die spitzige Palmweis und die spitzige Pfeilweis; des Orphei sehnliche Klagweis. 859. Geneuert hat der Meistergesang in folgendem.

14

LÄNGE UND ZAHL DER VERSE.

DREITEILIGKEIT.

Seit etwa der Mitte des 14. Jahrh. verlangt er l a u t e r a u f t a k t i g e , also jambische Verse. Die waren ja schon bei den Lyrikern vor Frauenlob in starker Mehrheit. Der innere Versbau tut nun den letzten Schritt zur Eintönigkeit. Unsie Handschriften pflegen die auftaktlosen, trochäischen Zeilen älterer Lieder durch Zusatz einer Silbe der neuen Regel anzupassen (Bartsch a. a. O. 155. 169 u. ö.; Biedermann a. a. O. 19). Der Vers (die reimende Zeile) soll 6 Hebungen, also nun 12/13 Silben, nicht überschreiten. Denn jede Reimzeile war in ¿inem Atem zu singen; nach dem Reim kam die Atempause; 'Zwen Reimen in einem Atem straft man für 4 Syllaben'. Puschmann (1584) erklärt, daß er 'in der ersten zwelf Meister tonen über 12 [13] Silben . . . nicht finde'; es reue ihn, daß er einmal nach dem Beispiel 'etlicher junger Nachtichter' Reimen zu 14 und 15 Silben gemacht habe. Also die Acht-, Zehn- und Zwölftakter aus ¿inem Stück (§ 771 ff.) sind abgesetzt. Älteren Zeilen dieser Länge geben die Bearbeiter eine Versgrenze, gewöhnlich nach der achten Silbe, mit innerm Reime. Auch Waisenanverse versieht man mit Reimschluß. Doch sind Waisen oder blose Reimen' noch bei Puschmann anerkannt. Im übrigen treten nun also die Reimklänge im Abstand von höchstens sechs Kurztakten ein. 860. Im Gegensatz zu den einstrophigen Sprüchen des 13. Jahrh. besteht das Meistersingerlied, der Bar, aus einer Mehrzahl von Gesätzen (oder Gebinden, Gebäuden, auch Stücken). Fast immer aus einer ungeraden Zahl (§ 827): die 'gedritten Bare* sind die häufigsten, demnächst die 'geftinften' und 'gesiebenten'. Doch steigt es auch zu 13 und mehr Strophen. (Noch der Opitzjünger Zesen 1640 wünscht 3, 5, 7, höchstens 9 Gebände.) Die Zahl der Reimen (Reimzeilen, Verse) im Gesätze bewegt sich in Wagenseils Liste (S. 534ff.) zwischen 5 und 34. Unter 7 steigt es doch nur vereinzelt hinab; Puschmann widerrät es; von Wagenseils 8 Siebenzeilern heißen 6 'der kurze'. Dagegen wagte man nach oben Töne bis zu 100 Versen. Puschmann fand dieses Maß 'übrig lang und hoch gnug hinauf gestiegen'. Hans Sachs nennt seinen Ton von 66 Versen den überlangen, den von 13 den kurzen. Seine übrigen 11 eignen Töne liegen zwischen 20 und 45 Zeilen, die 15 von Folz zwischen 8 und 51. Im ganzen also überbietet der Meistergesang die Länge der mhd. Töne. 861. Die D r e i t e i l i g k e i t ist im Meistertone zur durchgehenden Regel geworden. Der Stollen hat mindestens 2 Reimglieder; der Abgesang ist länger als ein Stollen (§ 723). Der 'dritte Stollen' als Schluß des Abgesangs (§ 823f.) ist überaus häufig; unter den

REIMKÜNSTE.

SPRACHBEHANDLUNG.

i5

Liedern der Kolmarer Handschrift begnügen sich doch viele, den Stollen S c h l u ß am Strophenende zu wiederholen. Die Reimkünste nehmen es oft mit dem gewagtesten des frühern Zeitraums auf. So in der Reim h a u f u n g : Michel Behaims 'gekrönte Weise', ein 22 zeiler, ist zwieklängig (§812); der eine Reimklang vereinigt 19 Reime! Ein i7strophiges Lied von Hans Folz hat die Reimfolge : a a a a a a b , c c c c c c b | d d d e d d d e d d d e : 5 Reimklänge auf 26 Reime, der Klang d neunfach. Ein andermal bildet er gar einen 29zeiler einklängig! Auch in der Häufung k u r z e r Reimglieder steckt viel Künstelei. Behaims 'siecht gülden Weis' bringt 42 Reime in lauter ein- und zweihebigen Versen; z. B. der Abgesang: sein | sun, | der liebste, nun | erben | und erwerben | gund | die clainheit und | stein. | So wurt den zwein [ iglich- | em ein j triglich | glas. | Do freut sy das | joch, | iglicher doch | meinet, J er het cleinet | des rechten steins (Bolte, Prager dt. Studien 8, 406 ff.). Das Beispiel zeigt, was man sich an Zeilensprung erlauben konnte; wie wenig sich überhaupt die Satzgliederung mit der metrischen Gliederung zu decken brauchte. Auch darin hält sich das 14. Jahrh. noch auf besserer Höhe. Auch von Strophensprung zeigen geschätzte Meister harte Fälle. Neu ist auch das Formspiel, daß im 16. Jahrh. jedes Gesätze eines Bars seinen besondern Ton haben kann. So stellt H. Sachs einmal seine 13 eigenen Meistertöne zu einem Liede zusammen. Puschmann macht ihm das nach. Mit der planlosen Gruppenmischung von § 855 ist dies nicht zu verwechseln. 862. Berüchtigter aber als all dieser Regelzwang der Tabulatur ist das, wovon der Schulzettel s c h w e i g t : die Sprachbehandlung. Der Verslehre gilt als Marke des Meistersangs das grenzenlose Nichtwägen. Bewußt ist den Dichtern die feste, vorbestimmte Silbenzahl jedes Verses. Sie sind Silbenzähler. Dafür gibt es klare Zeugnisse vom 14. bis ins 17. Jahrh. Das Lied Nr. 82 der Kolmarer Sammlung sagt V. 19 die silben durch die rime sint gezalt, V. 51 der erste rim, der hat niun silben, | der ander zwelf, . . ., | dem dritten sint ihr eht genant, | dem Vierden sint ir eilve wol gemezzen . . . (Es versteht sich, das sind vorbestimmte Zahlen, jede kehrt an ihrer Strophenstelle wieder; anders als bei Heslers und Jeroschins Zählerei § 892.) Harsdörffer, der im Opitzischen Lager steht, sagt 1644 von den Meistersingern: 'Sie beobachten allein die Anzahl der Sylben und Reimen; daß aber eine Sylbe lang-, die andere kurzlautend sei, das gilt ihnen gleich viel' 1 ).

DAS NICHTWÄGEN.

Dieser zweite Satz meint in unsrer Sprache: den prosaischen Stärkegrad der Silben mißachten sie; sie wägen n i c h t . Dazu stimmt, daß Puschmanns ausführliche Vorschriften nichts wissen von prosodischen Unterschieden der Silben. Ein Vers hat seine gewiesene Zahl von Silben und seinen Reim: anderes wird nicht von ihm verlangt oder an ihm gestraft. Dabei konnte doch das unbewußte Gefühl für sprachgemäßes Wägen bestehn. Silbenzählung ist noch nicht Sprachmißhandlung. Die Kolmarer Lieder, meist aus dem 14. Jahrh., bringen wenig Tonbeugimg über die gewohnte Grenze der guten Zeit hinaus; der Herausgeber glaubte allerdings manche Härte entfernen zu dürfen2). Auch spätere Meisterlieder, bei Behaim, bei Sachs, können ihren jambischen Schritt sprachrichtig durchführen*). Auf 8850 Verse Behaims zählte Kühn 1424 Beugungen; der Bruchsatz ähnelt merkwürdig dem in Vossens Hexametern (§ 1128). Seit wann und in welchem Umfang die Tonverstöße nach Menge und Schwere anwachsen, ist nicht untersucht. Haben sie erst im Betriebe der handwerklichen Liebhaber, seit Mitte des 15.Jahrh., die vielberufene Höhe erreicht? *) Borinski, Poetik der Renaissance 2 7 ; Stammler, DVjschr. 1, 538, Note 5. Schon 1497 bemerkt Augustin von Hammerstetten zu Konrads Goldener Schmiede, an der er den Jambentrab vermißt: 'das ist maister gesank, | Etwen kurtz, etwan lank . . . Darumb maister und gesellen | Singen wie sy wellen, | A c h t e n wenig der s i l l e b m a ß . . . (Gottsched, DSprachk. 6 573; Jacobs und Ukert, Beiträge zur ältern Litteratur 2, 314). *) Jänicke, ZsAlt. 16, 404. ' ) Claus, Brants Narrenschiff 50.

863. Wie weit es gehn konnte, zeige etwa dieses Gesätze Puschmanns aus dem Elogium auf Hans Sachs, WLes. 2, 261. (Die männlichen Paare schreiben wir ohne Pausenzeichen, weil wir die beiden Messungen offen lassen: A 4s : A 4V und A 3V : A 5s. Vgl. § 806.) S 10 1$ 19 23 27

Als man abir erwählet funfzihen hundert zahlet, und nlunzeh£n jar flin, machet er dis meistörstück siin zu Nürnberg ¿nzuschauin. In din seibin jar Iben er sich in ¿hstant glben thet: 4m tag Egidi hielt £r sein höchzeit, wisset (e, mit seiner Arsten friuin. Diesllbig wir genlnn&t Kungln Kreuzrin erkennet; die im hernich gebir siebin kindir, merket fürw&r, die ¿lle sind gestörbfen, zeitliches döts verdörben. das slchzichst j i r hernich am sichzehlnden marci schwäch ist siin ersts w£ib verschieden, mit dir weit gir zufrieden; der g6tt ewig verliy ein frdlich auferstiung fr£y Sampt ¿11 gläubigen sielen. Hie thit ich ¿uch erzilen Sachsin lebin ein thiil von seiner jügent bis zum h£il seins ¿rsten wlibs in driuen.

i7

D A S NICHTWÄGEN.

Nehmen wir die Fälle von § 602 a auch hier wieder als unverfänglich, dann haben wir auf die 27 Verse 20 Tonbeugungen. Z. 3. 4. 6. 8. 12 und 25 haben je zweie, Z. 14 hat drei. Neunmal ist es die Verschiebung von zu X X {abör), je zweimal die von zu ^ X X (Z. 6. 8), von - 1 zu X X (Z. 8. 20); je einmal die von 1 zu X )< X (Z. 23), von 1 - 1 zu X )< X (Z. 4), von zu £ X X X (Z. 3), von — zu £ X X (Z. 18). 864. Auch den Versschluß (den Reim) kann die Tonverschiebung ergreifen; darin geht es unter das welsche 'bedingte Wägen' hinab (§ 102): wollen: alsdönn. Zu solchen Fällen meint Puschmann (1571, S. 20): "Wo man zu einem stumpfen Bundreimen oder Versen ein klingendes Wort nimpt . . ., solches mag man auch in der scherfe [rigorose] strafen, wenn man klügeln wil. Macht man aber aus zweyen klingenden Wörtern zwey stumpfe [wollin: singen], mag mans für 2 Syllaben strafen'. Man hat zwar gemeint, die Melodien hätten sich wechselnd, 'polymetrisch' dem natürlichen Satzfall angeschmiegt (Riemann; ähnlich Stammler 1. c. 539). Aber an dem gleichmäßigen Auf und Ab, dem jambisch-isometrischen Melodiengang ist füglich nicht zu zweifeln (Kühn 132t.; Moser I.e. 229). Die sprachlichen Härten sind 'auch durch eine ausgleichende Art des Vortrages kaum zu beseitigen' (Abert 172), während Moser an 'schwebende Deklamation' (im Gesang) dachte, 'alle Silben gleich laut und langsam', keine rhythmischen Rangstufen (1. c. 230).

Die Texte erscheinen so als silbenzählende Reimprosa — aber eingefügt in einen dem Sprachfall trotzenden metrischen Rahmen ; in Weisen alternierenden Zeitfalls. Das gesunde Eigenleben der alten und neuen Weisen litt darunter nicht. 'Entartet' war nicht der Vers- und Strophenrhythmus, nur seine sprachliche Ausprägung. 865. Woher kam dieses weitgehende, man darf sagen grundsätzliche Nichtwägen, dieser Abfall von der prosodischen Hauptregel germanischer Dichtung ? (§ 67.) In der Unsicherheit der Sprachform konnte die Ursache nicht liegen (§ 848). Man hat an erneute Einwirkung der welschen Prosodie gedacht (Borinski, Moser). Saran widerspricht dem mit Grund, weil es Einsicht in den welschen Versbau voraussetzen würde (DVersl. 303; vgl. o. § 611). Der beherrschende Grundsatz der starren Silbensumme kann in germanischen Sprachen zum Nichtwägen führen, er muß es nicht: das zeigen ältere und jüngere Zeiträume unsrer Versgeschichte, vor allem der klassische Minnesang, von dem ja der Meistersang das Silbenzählen herhat. Der Minnesang spricht H e u s l e r , Deutsche Vcrsgeschichte III.

2

18

H E R K U N F T DES NICHTWÄGENS.

H . V. L A U F E N B E R G .

auch dagegen, daß die Künstlichkeit der Strophenformen schon das sprachliche Unheil nach sich ziehe. Bei einzelnen Vertretern dieser ältern Kunst trafen wir ja schon ein überdurchschnittliches Mißachten des Sprachfalles (§ 641). Aber von diesen Meißner, Damen, Wizlav um 1300 geht es nicht stetig weiter zu den Freiheiten Behaims und der folgenden seit 1460; es fehlt der Anschluß. Schwölle das einst Geduldete gradweise zum frei Erlaubten an, die meistersingerische Roheit verlöre ihr Rätsel. Eine Hauptsache hat Wilmanns erfaßt (Beiträge zur Geschichte der älteren dt. Literatur 4, i3of.): Der deutsche Versbau hatte sich aufs feinste ausgebildet in Verbindung mit der Musik. Darin lag eine mögliche Bedrohung der sprachlichen Seite. Schon im 13. Jahrh. war die Musik Führerin geworden. Sie konnte zur Herrscherin werden, der nicht mehr dranlag, ihre Formen sprachschonend auszuprägen. Der Widerstand der Dienerin erlahmte, seit ein gewisser Tiefstand der Sprachpflege erreicht war. Nicht 'gelockert' hat sich das Band zwischen den beiden Künsten: zur harten Fessel für die Sprache ist es geworden. Den Satz von Strich: 'Die Form hat über den Ausdruck frohlockt, ja ihn vernichtet, was in deutscher Sprache Unform ist* (Muncker-Festschrift 1916, 21), kann man gelten lassen, wenn 'Form' auf die Melodie zielt und 'Ausdruck' auf den sprachlichen Leib. Mißverstanden wäre es, fände man im Jambus die Form, die der Ausdruck zerbrechen müßte, will er der Vernichtung entgehn. Das K i r c h e n l i e d . 866. Das kirchliche Volkslied erscheint im 15. Jahrh. in besonders schlichter Gestalt bei Heinrich von Laufenberg (f 1460). Mit den Meistersingern teilt er eigentlich nur das gleichmäjßige Auf und Ab. Doch opfert er ihm ziemlich selten den Sprachton; man findet ganze Lieder ohne Beugung (bei Phil. Wackernagel, Kirchenlied 2, 528ff. Nr. 710. 711); die 252 Verse in Wh. Wackernagels Lesebuch 1, n84ff. enthalten vier härtere Fälle. Gelegentlich erscheint freier Auftakt, auch Kadenzen tausch (2v : v; v : k). Die Töne sind wie die einfachsten des Gesellschaftsliedes. Waldis' Psalter (1553) steht dem Meistergesang näher: in der Menge der Töne, der Kunst der Reimstellungen, der annähernden Durchführung der Dreiteiligkeit; dem fast ausschließlichen Gebrauch jambischer Verse, der Häufigkeit der Tonbeugungen (Horn, Der Psalter des Burkard Waldis 1911). 867. Geben wir über L u t h e r s Kirchenlied Näheres an! (Ausgabe von Klippgen, Hallische Neudrucke Nr. 230.)

LUTHERS STROPHENBAU.

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Von den 37 Nummern sind dreie ungegliederte Reimpaarketten, das eine Mal, Nr. 25, mit lauter A6S. Die 34 strophischen Stücke entfallen auf 21 Töne vom Vierzeiler bis zum Vierzehnzeiler (Nr. 23; die fremdsprachigen Kehrverse ausgeschieden). Am öftesten, 12 mal, begegnet die alte Ambrosianische Strophe, 2 Kurze Reimpaare (§476): die Schlüsse immer voll, nur in Nr. 16 im ersten Paare 2v. Die Auftaktsetzung bedingt vier weitere Artunterschiede. An zweiter Stelle steht mit 5 Vertretern der bekannte Siebenzeiler 4 | 3 'Aus tiefer Not schrei ich zu dir' (§ 755), ein Vagantenpaar, als Abgesang die Terzine v . c : v . c | k . x , alles jambisch. Diese 'typische Kirchenliedform' gewinnt bei den Nachfolgern noch an Boden (Horn 10. 61). Goethe gebraucht sie im 'Untreuen Knaben', im 'Blümlein Wunderschön' und im 'Sänger' (W. Ausg. 1, 162. 165. 172). Mehr als einmal bringt Luther nur noch den Neunzeiler Nr. 6. 9. 34: die ganze Vagantenstrophe + 4 k . x (Pohl, Strophenbau 192f.). Diese reimlose Coda zeigen weitere Spielarten jener 4 | 3-Form: Nr. 8. 23. 26. 3; z w e i Waisen schließen den Sechszeiler 18. Im Stropheninnern steht Waise nur in Nr. 3 (viermal!) und dem Einstropher 27. Über die volkstümliche Reimiweiheit (§ 810) geht nur der Einstropher 23 hinaus mit der Periode: / \ V . c | A k . d : A k . d : Ak.d:||. Innern Reim hat nur 31 Z. 5. 6. Der V i e r t a k t e r hat wenig Mitbewerber. Aus Sechstaktern bestehn Nr. 1 und 25, wohl auch 5 Z. 1-6 (Tripodiengliederung); einen einzelnen Sechstakter lesen wir in 3 Z. 10 (h£ilig£r barmherziger hiilcuid oder: heiliger barmherziger hiilind). Der Typus der Sapphischen Zeile, Aök (§ 956), ist es nur in 1, 3 und 5, 1/3. Die Coda von Nr. 3 bringt den einzigen A c h t t a k t e r — wenn nicht die ansteigende Langzeile / \ 4 k . x | 4V.X (§742) gemeint ist: las uns nicht versinken || in des bittern tödes ndt. Die zweihebigen Glieder von Nr. 18 und 21 messe man als zerdehnte Viertakter. Von den 21 Tönen sind dreie gleichversig (§720): mit A4V der Vierzeiler 14 u. ö., der Sechszeiler 29; mit ^ 4V der Vierzeiler 13. Sechsmal begegnen zweierlei, achtmal dreierlei Verstypen. Viererlei sind es in Nr. 18. 26, wohl auch 5. Zu sieben Bausteinen steigt es in Nr. 3 'Mitten wir im Leben sind'. Nur zehn Töne sind metrisch dreiteilig'. 18; 4 u. ö.; 8. 27; 2; 6 u. ö.; 26; 24; 3; 23. Neutral nach § 723 ist 29 mit drei gleichen Reimpaaren. 2»

20

LUTHERS

VERSBAU.

868. Schon das Gesagte gibt beinah Punkt für Punkt den Abstand vom Meistergesang zu erkennen. Dazu kommen die Züge des innern Versbaues. Luther kennt auftaktlose Verse: durchführt sie der Vierzeilerton 13, planvoll scheiden sie von den auftaktigen nicht weniger als 15 Töne. Während dreisilbiger Innentakt kaum gewollt ist (Fälle wie | singen und |, | himel und |), setzen wir einsilbigen mit Wahrscheinlichkeit an in den fünf Tönen : Nr. 3 viermal im Kehrreim ; Nr. 5 Z. 7 I * Nr. 12 Z. 4; Nr. 18 Z. 2/4 Nf. 21 Z. 2. 3 -L I & X I J - I . Immer steht der einsilbige Takt an g l e i c h e r , v o r b e s t i m m t e r S t r o p h e n s t e l l e (vgl. § 869). Auch die Reimpaarkette Nr. 28 hat wohl statt der 6 scheinbaren A 4s im Eingangsteil I _L I ^ X I ^ X I & : hérr gött, dich löben wir (das sechste Mal evtl. I ^ x l ^ x l ^ x l ) ^ ' d e r hérre Zébadth). Wirkungsvoll setzt die einsilbigen Takte der Zeitgenosse Michael Weiße im Abgesang seines 'Christus ist erstanden' (WLes.' 2, 125): darumb, lieben leute, freud euch heute!

I J-

lobet euren herren,

\ £ X \ X X \ -L

Jesum, den könig der ehren!

I J-

I .1.

I

I

fc

I

\k ^ \

I ^ C X l - i - I ^ X l - i - l ) *

Der Schlußrhythmus ist uns als 'daktylischer Dreiheber* aus dem Minnesang erinnerlich (§ 686).

Ferner kennt Luther Kadenzentausch. Zweimal sö, daß 8silbiges A4V eintritt für 7silbiges A 4k (9 III 6/8), 7silbiges a 4 k (oder ^4v) für 8silbiges ^4*v (8 1 7); — achtmal aber s< X I i< w w I JL I -k X

Nimmt man die Schreibformen Gredn, fenstr usw. als Gehörformen, zweisilbig, dann treten einfach die I X I an Stelle der I I und im letzten Verse ein I vi/ w w ^ I an Stelle des I X ^ w I: darunter leidet nur die Zahl, nicht der Zeitfall. Den Vortrag von Versen, die wirklich erklingen wollten, können wir uns nicht in d£m Grade unwägend, also undeutsch, denken. Auch für Fischarts Reimpaare, die sich doch an gebildete Leser wenden, ist Hauffen zu diesem Ergebnis gekommen. Er legt Gewicht darauf, daß Fischart seit 1573 die unjambische Füllung begünstigt augenscheinlich im Dienste der ausdrucksvollen Satzprofile; daß ein Vorschreiten zu immer beugenderem, immer ausdrucksärmerem Auf und Ab unglaubhaft wäre (2, 261 ff. 280f.). Gleiche Erwägungen treffen aber auch bei Sachs ein (2, 259). Und traut einer dem Diaconus Andrea zu, er habe sein Latein s< X I w w I >< X I

IO4

SAPPHISCHE UND ASKLEPIADEISCHE ZEILEN.

-L I 'k, dann die Coda, der 5silbige Adonier I >< w w I JL I & (§ 1057), dies lief mit seinen 3silbigen Takten neben den 2 silbigen dem Stil der Ritmi zuwider. Sprach man die gemessenen Elfsilbler nach dem Wortton, dann führte die große Mehrheit zu rein jambischem Aôk (jam sâtis térris nivis âtque dirae) oder mit Eingang I ^ I X . . (grândinis misit pâter ét rubénte) ; die Adonier blieben I V< w w I J_ I (térruit urbem). Die ßsilbigen Eingangstakte glich man der jambischen Bewegung an: X I ^ X . . . Dies taten auch die d e u t s c h e n Nachdichtungen bis gegen 1640, wägend oder nicht. Erst dann übte man die 'mengtrittige' Art, das Nebeneinander 3- und 2 silbiger Innentakte (§ 1054), u n d nun gab man auch Sapphischen Zeilen den auftaktlosen Eingang Christe, du béistand.. ; éile mit hdlff . . . ; zuerst wohl Apelles von Löwenstern (f 1648). Beispiele bei Kauffmann, DMetr. S. 227 f. Zuweilen erhielt nur der Fünfsilbler diesen Eingang; so auch bei Haller, der Z. 1—3 wieder als trochäische 6 k formt (s. o.) : Freund, die tugend ist kein leerer namen . . . Z. 4 röhtet mit blitzen. Freies Durcheinander auftaktiger und auftaktloser Zeilen darf man auch den Strophen vor Opitz nicht zuerkennen (mit Minor 454f.). *) Koberstein* 1, 284 und besonders Brocks, Die Sapphische Strophe und ihr Fortleben . . . 1890.

957. Aus Dr. Flemmings Vertonung des 'Integer vitae' (vor 1811) kennen wir eine zweite, völlig abweichende Ummodelung des Sapphischen Elfsilblers, nämlich zur Langzeile von vier Langtakten : was genau entspricht einem der 'gemischt-daktylischen' Typen des Minnesangs (§ 700). Diese Form erscheint in Tonsätzen des 16. Jahrh. 1 ); als textlich beabsichtigt können wir sie in deutschen Nachbildungen der Sapphischen Strophe nicht erweisen; widersprach sie doch den Versfüllungsgrundsätzen aller vor- und nachopitzischen Schulen. Von den deutschen Proben bei Brocks läßt éine, S. 23 o. (a. 1500; das Zweitälteste Stück), an diesen Zeitfall denken. Dem Passionslied 'Herzliebster Jesu' drängen neuere Gesangbücher diese Form auf — in grellem Mißklang mit dem Texte: ich lèbte mit dèr || wélt in lùst und fréudèn. Bach, in der Matthäuspassion Nr. 3, hat den textgemäßen Rhythmus A 6k. Den Schlußversikel müßte man als I A X X X I - L Î î , nicht als 'A 4 überstumpf', zu Gehör bringen (§ 668ff.). Der Asklepiadeische Zwölfsilbler (Mâecenâs atavis 1 édite régibus) hat, in Jamben umgesetzt, bei Martin Myllius eine Lang-

DEUTSCHE HEXAMETER DES MITTELALTERS.

105

zeile ergeben, die in der Tat als Alexandriner, d. i. A4S | A4S, lesbar ist, nur mit Inreim: o sÓnder, tràcht mit fléiB ^ :, wie déin erlosung sèi /s : WLes. 1, 1334; ebenso der Aufgesang in Sixt Birks Ode WLes. 2, 136. Der Inreim macht die Hebungspause und damit die Achttaktigkeit der Zeile wahrscheinlich. Die Abverse läßt Brocks zu Unrecht mit I X I beginnen (S. 24). Ausländisches, Horazisches hört man all diesen jambischen Nachbildungen nicht an, es wäre denn im Strophenumriß. Dem innern Versbau haben sie nichts neues gebracht, und auch 6 taktige Zeilen gab es ja seit Alters in sanglicher deutscher Dichtung. Dem heimischen Reime blieb man treu. Nur das Wägen dieser verdeutschten Sapphica hielt sich im allg. auf höherer Stufe als bei den Meistersingern und im Lutherschen Kirchenlied. J ) Liliencron, Vjschr. für Musikwissenschaft 6, 359 ff. ; Fr. Kossmann, Nederlandsch Versrythme 19. Sie birgt sich auch in den Formeln — — w ww für schwedische Verse bei Hjäme, Spräk och stil 1913, 275ff. Die Entstehung der Form untersucht Eickhoff, Der Ursprung des romanisch-germanischen Elf- und Zehnsilblers 1895. Eine deutsche Dichtung auf Flemmings Tonsatz bei Stolte, Metr. Studien 21.

Antike Rhythmen, unwägend

nachgebildet.

958. Auch dies fängt schon um 1400 an. Der Thüringer Johann Rothe und der Mindener Eberhart von Cersne (§ 877) bauen Langzeilen mit Mittelreim, die wohl wirklich den beliebten leonintschen Hexameter (§ 450) nachahmen wollen1) : keck unwägend, die rhythmischen Ansprüche der Silben so mißachtend wie zu jener Zeit kaum ein Meistersinger. Auf die zweiten Halbzeilen allerdings erstreckt sich diese Stumpfheit seltener — wie nachmals bei der Gruppe Geßner. Beispiele: läz allèz vechtèn : , volge snèlle, gestànt deme rèchten ; èrbtìt gót erè :, bis sltig, zòrne nicht sére ; in allèn sachèn : die wàrheid läßen bloß machen; óuch wes bèreitè : zu àllen fròuwen gebéite. Anders kann man diese Zeilen nicht wohl lesen. Schon die augenfällig ungleiche Länge der beiden Hälften zeigt, daß es keine Kurzen Reimpaare sind. Viele vertrügen ja, für sich genommen, die sprachgemäße Modelung zu 4k :4k (§ 889) : wànne dù salt rédè, bis sitig dìner gelédè; noch màgè noch frtìndè sich läßen brèngen in stìndè (wie auch manche der lat. Vorbilder: féminà quod juràt, érrat qui crédere curàt). Aber damit risse man diese Zeilen von den

io6

GESSNERS VERSUCHE

MIT DER

QUANTITAS.

anderen los. Gemeint ist auch hier: wänne du silt r e d e . . .; nöch mage ndch fründ&. . . Man sieht, ein Gedanke an 'Messen* der Silben, an Kurz und Lang, hat diese Verfasser nicht geplagt. Auch Silbenzähler sind sie nicht (Summe 13—16). Nur daß der Innentakt 2 oder 3 Silben, der fünfte womöglich 3 haben soll, wissen sie. Sie hatten die Bewegung des leoninischen Hexameters im Ohre und gaben die mit deutschen Silben so sorglos wieder, wie mans mit la la la tun könnte. Gleichartige, oft noch rohere Denkinschriften, Merk- und Kalenderverse hat Wh. Wackernagel aus dem 14.—16. Jahrh. gesammelt 2 ). *) Bech, Germ. 6, 282ff.; 7, 359ff.; Koberstein 5 1, 283; Vetter, Lehrhafte Lit. X I . 4 i o f f . *) Geschichte des dt. Hexameters und Pentameters (1831), zitiert nach Kleineren Schriften 2, i f f .

959. Weniger naive Versuche mit Hexametern und andern antiken Maßen unternahmen Humanisten des 15. und 16. Jahrh., zuerst Italiener, dann auch Franzosen und Spanier 1 ). Über ihren heimischen Rhythmenstil, den silbenzählend-alternierenden mit bedingtem Wägen (§ 102), wollten diese Dichtergelehrten hinaus: sie wollten die mannigfacheren Füllungstypen antiker Verse irgendwie messend (quantitierend) einbürgern. In welche Irrtümer man dabei fiel; warum diese antikischen Grundsätze bei den Romanen nicht lebensfähig wurden; wieweit die Möglichkeit bestanden hätte, die gemeinten Verskurven nach der romanischen, bedingt wägenden Sprachbehandlung zu verwirklichen: dies lassen wir beiseite. Auch in den germanischen Sprachen betrat man diese Gleise8). In Deutschland tat es zuerst — aus sprachgelehrtem, nicht dichterischem Drange — der Zürcher Konrad Geßner 1555. Auf Vorgänger, welsche oder deutsche, beruft er sich nicht®): 'Carmina, in quibus syllabarum quantitas observetur, nemo (scribit)'. D a r i n lag in der Tat der Unterschied von jenen früheren deutschen Wagnissen: Geßner dachte an quantitas, soweit sie in den zwei Zeichen der Strich-Haken-Formel sichtbar wurde. Er fragte, welche deutschen Silben die Länge (den Strich), welche die Kürze (den Haken) zu bilden hätten. Die Antwort gab er nach dem Lautgehalt — oder den Buchstaben. Lang, durch den Selbst- oder Mitlauter, waren die Stammsilben (die hochalemannischen Kürzen, nämen, bescheken, nutzt er nicht aus); lang waren aber auch die Vor- und Endsilben, wenn ihr -a- d u r c h ' P o s i t i o n 1 g e d e c k t war: versuchnuß = 3 Längen; dem herren gott und siner gnad = 8 Längen. So erhielt er im Deutschen einen Überfluß von 'Spondeen' (| |) und brachte im Hexameter

G E S S N E R S V E R S U C H E MIT DER Q U A N T I T A S .

107

nur für den 5. Takt einen Daktylus auf (unseren; gleubtge). Er baute also lauter starr gefüllte Verse. Davon zu schweigen, daß er die eigene, erträumte Längeregel übertritt — : auf die w i r k l i c h e , mit der Tonstärke verwachsene Silbendauer hörte er nicht hin. Man ehrt ihn noch zu hoch, wenn man ihm nachspricht, er berücksichtige (nur) die natürliche Quantität! Sogar sein 'Quantitieren' war Einbildung. Unter der Begriffsschwelle lagen ihm die beiden dynamischen Größen, Iktus und Sprach ton. Wohl fühlte er, daß sein Vers von dem 'vulgaris loquendi usus' abgehe, meinte aber, diese 'licentia* stehe der rauhen deutschen Sprache zu 'non minus sed amplius forte quam Graecis et Latinis'. So entstanden diese unwägenden, scheinbar messenden und daher gründlich undeutschen Gebilde: 0 vattör uns6r, der du dyn ¿ewige wönung ¿rhöchst fnn himmldn, dyn nämen wirde gehiilget. Schwere Tonbeugung haben von den 16 Hexametern nur zweie nach der Hauptzäsur, dagegen 15 davor, 9 zwiefach. Dieser Unterschied muß wohl auf dem Gehöreindruck beruhen, daß auch die lat. Hexameter so oft nur im 2. Teile 'wägen': prösequitür surg£ns 1 a püppi vdntus eüntis; linquebant dulcös animäs 1 aut aegra trahibant. — Die 14 (Phalaecischen) 'Hendecasyllabi' bringen die Formel — mit nur 3 harten Beugungen heraus, und die 'jambischen Dimeter' (4 reimlose Vagantenzeilen mit Auftakt) sind leidlich tongemäß, zugleich aber lockerer in der Positionsgrille. Diese Hexameter und Hendekasyllaben verdienen immerhin Beachtung als erster Versuch, kenntlich antike Rhythmen verstandesmäßig in deutschem Sprachstoff nachzubauen; auch als erster Versuch in reimlosen deutschen Versen (§ 945). l ) Wackernagel 2, 21; Tobler, Vom französ. Versbau 4f.; Saran, Rhythmus des frz. Verses 12ff. *) England: Elze, Der englische Hexameter 1867; Brie, Sidneys Arcadia 242t. Holland: Fr. Kossmann, Nederlandsch Versrythme (1922) 19. 50ff. 69 u. ö. Dänemark: Paludan, Renaissancebevsegelsen i Danmarks Literatur (1887) 423ff. Schweden: Hjärne, Spräk och Stil 13, 301. *) Van der Mijle 1. c. 259 (1612) nimmt den Franzosen Nisot als Anreger Geßners an.

960. Geßners Verirrung blieb nicht ohne Folge 1 ); meist aber wieder mit Reimschmuck. Für den einzigen D i c h t e r , Fischart, war es nur Scherz mit den 'sechstrabenden und fünfzelterigen Reimen' (1575): Nun tapferl Teutschin ' , adelich von gmüt und geplute, nur euerir herrlichWti 1 ist dises hie zubemi. Jitzumal nun baß bericht 1 , wollen wir den fälschlichen dünste in nemmen föm Angesicht1 , uns nemen zum trbgedicht.

io8

NACHFOLGER

GESSNERS.

Wie man sieht, ohne die Spur von 'Messen', daher plötzlich die Überfülle der 3 silbigen Takte (¿inen 2 silbigen hat doch jedes Hexameterinnre). Nicht grade die Regel, aber die Würze dieser Zeilen ist die Sprachverzerrung. Der Spaß stellt sich mutatis mutandis neben die 'Siegverzeichni sse' Wolframs (§ 562). Die anderen aber, die Schulmeister, nahmen's mit der quantitas ernst. In den mannigfachsten Metra (auch dem Sapphischen, Alkäischen, Asklepiadeischen) tummelt sich der Kleinbasier Johannes Brandmüller (geb. 1593). Im Todesjahr Opitzens vollendet sich die Narrheit, indem Magister Adamus Bythnerus zu Weichselmünde die Länge der Silben bestimmen will nach dem vermeintlichen antiken Ursprung, also väter wie p&ter, schäle wie -< |. Den zeitlichen Unterschied zwischen Strich und Haken wollte man u m jeden Preis wahren. In diesem Grund- und Kernirrtum treffen wohl alle zusammen. Wir dürfen daraus nicht schließen, der Vortrag habe das Auf und A b nun wirklich als t IX w I oder gar als i w l ^ w l ^ w l ^ . . . gesprochen. Sicher galt schon im 17. Jahrh. wie heute die schlichtere, dem Prosafall nähere Stilisierung f x l ^ x l ^ x l x . . . : die beiden Silben des 'Fußes' nur nach der Stärke grundsätzlich geschieden. Wir sagen: grundsätzlich; die vielen g e l e g e n t l i c h e n Schwankungen der Dauer, die sind hundertfach — und eben darum weder feststellbar noch feststellenswert (§ 8). Dieses gerade Taktmaß haben wir schon für die älteren Zeiträume des deutschen Sprechverses angesetzt (§ 78. 478). Demnach wäre die Bewegung der Opitzischen Verse in Wirklichkeit nicht die jambisch-trochäische: 1 2 1 2 1 2 . . . , sondern die spondeische: i 1 1 1 1 1 . . . Das Auf und A b ist ein

124

OPITZENS ERFOLG.

schlichtes Schwach-Stark-Schwach, nicht zugleich ein Kurz-LangKurz. Die bequemen, kaum zu entbehrenden Namen jambisch und trochäisch gebrauchen wir wie bisher in dem unvorgreiflichen Sinne von § 440. 976. Deutsche Verse dieser Füllung — lauter I }< X I-Innentakte — stellen keine Ansprüche an die sprachliche Dauer der Silben (§ 79. 94). Daher reichte der Opitzische Satz aus, daß wir keine 'gewisse große der sylben in acht nehmen', nur die 'accente und den thon'; der Grundsatz des baren Wägens (§ 935 C; 936). Aber auch die vorherrschende Meinung, wonach man Stärke und Dauer verwechselte oder gleichsetzte und für jeden Strich eine 'lange' deutsche Silbe, tatsächlich aber eine stärkere, forderte: auch diese Regel ergab sprachgerechte Verse, solange man bei Formeln blieb, die jeden Strich in Hebung haben. Denn für die antike H e b u n g setzte man die d e u t s c h e Hebung; und d i e s , nicht 'Länge = Stärke', ist die w a h r e Gleichung. Erst als man später zu Formeln kam, die den Strich auch in Senkung hatten, erwies sich der begriffliche Irrtum und trieb tonwidrige Verse hervor. Darüber in § 1093 ff. Das hier in § 971-76 Umrissene ergänzen Stellen aus Abschnitt 42. wollten nicht mit vielem Zurückweisen unterbrechen.

Wir

977. Opitzens Deutsche Poeterey (1624), noch mehr seine Teutschen Poemata führten die Neuerung zu raschem und vollständigem Siege. Tobias Hübners Tadel, das Lehrbuch gebe unnötig enge und lästige Regeln, hinderte ihn nicht, später selbst diesen Regeln beizutreten (§ 969). Auch Weckerlin verleugnete ja seine Bedenken in der eigenen Praxis (§ 968). Nicht alle nach Opitz haben gleichstreng gewogen; manchmal sieht es wohl wie ein Versuch aus, hinter die 'Reform' zurückzukehren (Saran, DVersl. 320, und Schmitz, P. Fleming 27. 29); der Oberhesse Schupp, geb. 1610, scherzt darüber, 'daß man einer Silben halben, dem Opitio zu gefallen, solle einen guten Gedanken fahren lassen' (Goedeke 3, 234f.). Die gelegentliche Verwendimg saftiger Knittelverse (§ n g i f . ) meint keinen grundsätzlichen Einspruch gegen das Herrschende. Ein solcher taucht erst bei Breitinger unsicher auf und dann nach Klopstocks umwälzenden Taten (bei Klopstock selbst, bei Herder, A. W. Schlegel): die Beschwerde, dieser Vers sei unleidlich einförmig und dazu praktisch undurchführbar. Bis und mit Gottsched feiert man den Schlesier als den 'Erretter deutscher Sprache' (Rist); den 'ersten Anfänger und Lehrer unsrer Poesie' (Hadewig); 'Teutonici carminis princeps

D E R B L I C K AUF DEN ÄLTERN

VERS.

125

. . . . quem tot hominum venerantur myriades ceu numen aliquod coelo delapsum' (Tscherning als Primaner). Als 'Vater der neudeutschen Verskunst' ist er noch in neueren Lehrbüchern anzutreffen. Der vereinfachende Drang, das Verdienst einer Neuerung auf ¿inen Namen zu vereinigen, hat kein zweites Mal in unsrer Versgeschichte solchen Erfolg gehabt. Opitz war, von seinem dichterischen Größenmaß abgesehn, in Sachen des Verses kein Entdecker neuer Gesetze; ein Schöpfer neuer Formen noch am ehesten im Bereich der madrigalischen Singspielverse (§ 1031). Das Entscheidende ist, daß die von ihm vertretene S a c h e tatsächlich vier Menschenalter unsrer Verskunst beherrscht hat. Der Sieg griff hinaus über seinen anfänglichen Bereich, die Welschdichtung. Auch das K i r c h e n l i e d beider Bekenntnisse fügte sich dem gewogenen Alternieren (§ 870); die Verse Luthers und Nicolais klangen den Zeitgenossen Gerhardts und Neanders 'nach der wahren Vers- und Reimkunst mangelhaft' (vgl. Kretzschmar, Geschichte des neuen dt. Liedes 1, 55; Götzen, RLex. Lit. 2, 79). Sogar der M e i s t e r g e s a n g gab stellenweise sein berüchtigtes Tonbeugen auf: die Memminger Singer führten in ihre neue Ordnung von 1660 die nach Opitz benannten Grundsätze ein. Auch das neuere V o l k s l i e d ist dem glatten, meist wägenden Auf und A b entgegengekommen (Pohl, Strophenbau 14). In den Lehrbüchern der fruchtbaren 1640 er Jahre (§ 937) herrscht die beglückte Stimmung, die bei Zesen die Worte findet: 'Vera haec nostra poeseos Teutonicae forma ac ratio ante paucos abhinc annos demum a Magno Opitio expolita et exculta fuit'; und bei Schottel: 'Unserer so uhralten, hochherrlichen Haubtsprache ist der gnädige Glückstern zu disen letzten Zeiten erschienen'. 978. Darin lag also, daß man über den ä l t e r n dt. Vers den Stab brach. Da und dort kommt wohl die Ansicht zu Worte: der geliebte Jambus sei 'die erste und gemeineste Reim-Art' gewesen, 'die uns unsere Sprach-Mutter von uhralten Zeiten der allerersten Teutschen Völker' vermacht habe (Rinckart 1645 S. 20). Das ist die naive Anschauung, einen grundsätzlich andern Vers als den zur Zeit herrschenden habe es nicht geben können. Da nun aber die Minderzahl der ältern Verse jambisch sein w i l l , mußte man zu dem Urteil kommen, jenes Geschenk unsrer Sprachmutter sei die längste Zeit nur entstellt ans Licht getreten. Man durchstöberte die ad. Dichtung nach gewogenen Jamben; man fand deren nicht so wenige, im Heldenbuch, bei Eck von Repkaw, Sachs, Theuerdank . . .: Verum mimverb ex

126

D A S N E U E AM OPITZISCHEN

VERS.

improviso id accidit\ (Zesen). Denn die 'kunstmäßige Ordnung der Wörter vermittelst erforderter gewisser Reimmaßen', das war unentdecktes Land nicht bloß in den Tagen der 'uhralten Teutschen, der Barden, Scalder und Runen, das ist der alten Celtischen Poeten' (Schottel), sondern noch lange, lange drüber heraus. Im ganzen bliebs dabei: diese Alten zählen ihre Sylben nicht einmal recht und mischen bald jambische, bald trochäische Zeilen untereinander: welches gewiß keine Schönheit ist (Gottsched, DSprachk.® 564). Pfefferkorn (1669 S. 28) weiß es: *Die alten Teutschen haben nur auf den Reim gesehen, wie aus den Meistergesängen in dem Heldenbuch des von Eschenbach erhellet'. 979. Seitdem die Versgeschichte von Rechten der heimatlichen Überlieferung weiß, schätzt man anders ein. Wollen wir dazu Stellung nehmen, so müssen wir nun über den nächsten geschichtlichen Rahmen der 'Reform' hinausblicken und uns ihren Inhalt unter weiterem Winkel klarmachen. Was war neu an dieser Reform? Eine Frage, die wir bei Rebhun § 962 noch liegen ließen. Eine folgenreiche Neuerung, die an den Außenkreis des Metrischen fällt, streifen wir nur eben. Die Opitzische Schule züchtet die gefestigten Sprachformen; das schwache -a- ist keine beliebig wegwerfbare und zufügbare Größe mehr (Scherer, Kl. Sehr. 2, 376; Burdach, Vorspiel I 2, 4off.; Ibel, ZsPhil. 51, 437f.). Es gibt kein Silbenschinden mehr, wie es besonders die Meisterlieder und den strengen Knittel, aber auch die Zeilen Rebhuns entstellte (§ 913. 964). Man säubert die Verssprache von 'erzwungenen Gelegenheitsformen, mundartlichen Reimbequemlichkeiten und allem, was dem gelehrten Puristen als Ungeschmack erschien' (Baesecke, Zs. f. Aesthetik 21, 134). Damit hängt zusammen: die ostmitteldeutsche Sprachform hatte nun die Führung. Was die Nürnberger, die Oberrheiner, die Donauländer gedichtet, klang schon sprachlich nach Provinz oder nach Altertum. Nun aber das eigentlich Metrische I 980. Der sogenannt Opitzische Vers ist ein gewogener Jambus oder Trochäus mit Endreim. Er vereinigt die drei Eigenschaften: Silbenzählen, Alternieren und Wägen. Setzen wir {-Takt an, so trifft diese umständlichere Artbestimmung zu: Eine Kette von f-Takten mit starrer, vorbestimmter Füllung aller Glieder: jeder Innentakt zweisilbig; der Auftakt, je nach der Versgattung, fehlt ('trochäisch') oder ist einsilbig ('jambisch'); die Kadenz unterscheidet planmäßig die bekannten

W Ä G E N UND NICHTWÄGEN VOR OPITZ.

127

Typen. E s gehört zu Gruppe 5 in §53. Die ¿ine Formel: ( x ) I )>< X I X I X . . . kann man sämtlichen Arten dieser Versfamilie überschreiben. Die Arten unterscheiden sich nur nach ihrer Hebungszahl: man baut einheitliche Verse von zwei bis zu sechs Takten. Die Sprachbehandlung erstrebt Einklang von Iktus und Sprachton: sie sucht über den ganzen Vers hin zu wägen. Die Gruppenbildung ist mannigfach, ohne ausgeprägte Unterscheidung sanglicher und unsanglicher Formen. Diese Sätze treffen i. g. auch die taktzahlfreien, 'madrigalischen' Verse, soweit sie — wie bei Opitz und den meisten Nachfolgern — nur Jambotrochäen kennen; sieh § 1031ff. Nur bedeutet die freie Taktsumme naturgemäß auch freie Silbensumme.

981. Wie verhält sich dieser metrische Stil zu den früheren der dt. Versgeschichte ? (Die Gruppe Rebhun, als wesentlich gleichartig, bleibt hier weg.) Nah kam ihm schon der entwickelte Minnesang. Eine mehr als gradmäßige Verschiedenheit war, daß er die Mora durch füllen konnte; daß er über Innendehnung und -pausen verfügte. Der Meistersang, der diese beiden Dinge aufgab, rückte dadurch dem bezeichneten Stile noch näher — bis er dem mehr oder weniger ungehemmten Nichtwägen verfiel. Aus der Sprechdichtung sind als Vorläufer zu nennen jene silbenzählenden Reimpaare, die jambischen Gang mehr oder minder wägend anstreben: die mit Heinrich von Mügeln beginnende Linie (§ gioff.). Die Kadenz gibt hier meistens die beiden T y p e n v und 2 v frei. Arthafte Sonderung von Jamben und Trochäen kannte zuerst der entwickelte Minnesang. Dem Meistersang ging sie verloren (§ 859). Sie erscheint im Kirchenlied (§ 868), im Sprechvers dann bei Opitzens unmittelbaren Vorgängern, Linie SchedeWeckerlin, hier jedoch ohne das Wägen. W a s Opitz gegen diese unmittelbaren Vorgänger erkämpfte und was seinen Ruhm ausmachte, das bewußte Wägen, war zum Glück nichts Neues in dt. Versgeschichte. Man kann sagen, das Mittelalter bis 1400 hat seine Verse gewogen; mehr als vereinzelte Ausnahmen stellte die ritterliche Kunst, zumeist die sangbare; ein paar silbenzählende Reimpaarwerke nach 1300 scheinen mit einem Ruck ins Nichtwägen geraten zu sein, s. § 897. 909, dann um 1400 die Rotheschen Hexameter (§ 958). Im 16. Jahrh. verteilt es sich so: den Sprachton beachten das Volkslied, der freie und der strenge Knittel, die volkstümliche Spruchkunst: es sind die Gruppen mit frei wechselnden T a k t typen, die eine bindet die Silbensumme. Den Sprachton mißachten der sangbare Meistervers, der sangbare und nicht-sangbare

128

OPITZENS VERSGESCHICHTLICHE

STUFE.

Renaissancevers: es sind die Arten mit starrem Taktinhalt, und dazu treten auch die Hexameter bei Geßner und Clajus (nicht die Fischartischen). In der Mitte steht das Kirchenlied; auch die Reimpaare im Gefolge des Narrenschiffs. Man bemerke, vom Wägen entbinden sich vorwiegend g e s u n g e n e Arten; die massivste Ausnahme ist der eine Teil der Welschverse — und hiergegen erhob sich bald der Widerspruch! Nie in unsrer ganzen Versgeschichte hat es ein Menschenalter gegeben, worin die Sprechdichtung zur Mehrheit vom Wägen abfiel. Daß Opitz nach der 50jährigen Verirrung der Welschverse die Hof- und Buchdichtung zum Wägen zurückführte, bleibe ihm als Verdienst unbestritten. In die Überschätzung der Zunftgenossen wollen wir nicht einstimmen und so tun, als hätte der Deutsche früher — hundert oder auch dreihundert Jahre lang — nur Silben gezählt und den Reim angehängt! 982. Was man der Neuerung vorwirft, ist nicht die wägende Sprachbehandlung. Obwohl man a u c h der Rüge begegnet, die ohnehin einförmigen Maße würden durch das Wägen vollends steif und starr und höben die dem Deklamator so wichtige schwebende Betonung auf! (Lemcke 1. c. 198.) Dawider möchten wir nicht streiten . . . Die meisten tadeln nur das andre: daß die Neuerer den Jambengang auf den Thron setzten. Gerade d a r i n haben ja diese Männer nicht geneuert, nur festgehalten. Aufund Ab-Stile gab es überhaupt schon seit 1200. Aber nie bisher hatte dieses silbenzählende, in jedem Versglied gebundene Alternieren die ganze buchliche Hervorbringung, sangbar und unsangbar, so beherrscht wie jetzt. Dafür haftet die Firma Opitz, daß seit 300 Jahren dem Auf und Ab in unsrer Buchdichtung ein so übermäßiger Raum zufällt. In der Opitzischen Versordnung ist eine letzte Stufe der Glättung erreicht; eine nicht mehr zu überschreitende. Und Glättung ist hier Verwelschung. Ihr Gegenteil, die zackige Linie, die Vielheit der Bausteine, das ist seit stabreimender Zeit der germanische Trieb. Wir erinnern uns (§ 618), wie die erste große Glättimg im 9. Jahrh. durch den Reimvers geschah. Die frühmittelhochdt. Zeit brachte eine Gegenwirkung. Dann seit 1170 eine neue, viel weiter führende Ebnung. Auch gegen diese bäumt es sich auf: es entstehn die vielfachen sehr unglatten Arten des 14.-16. Jahrh., eine sogar in der sanglichen Dichtung: das Volkslied. Das sind Neubelebungen vorritterlicher Urwüchsigkeit. Und nun ein letzter Sieg der Glätte: Martin Opitz. Der Gegner verkriecht

D E R GERMANISCHE VERSSTIL UND SEIN SCHATTEN.

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sich auf anderthalb Jahrhunderte in die Niederungen; von 1750 ab wird er sich wieder regen . . . Bis dahin baut man, Weniges ausgenommen, mit dem ¿inen zeitlichen Baustein X , mit dem ¿inen Takttyp I X X I. Ein gebundener, vorbestimmter Wechsel 2- und 3 silbiger Takte wagt sich seit 1640 hervor — während Gefühl und Verständnis tot sind für den einsilbigen Takt, für den freien Wechsel ein- bis fünfsilbiger Takte, null- bis viersilbiger Auftakte. Jede dieser drei Glättungswellen bedeutet einen Ansturm romanischer Verskunst: im 9. Jahrh. ist es die mittellateinische, im 12. die französische, im 16. Jahrh. sind es beide zusammen. Die Gegenwirkung entspringt im 11., im 14. und im 18. Jahrh. deutsch-volkshaften Kräften. Im 18. hilft mit die Antike; bezeichnend, daß auch ein so antikisch eingestellter, dem DeutschVolkshaften so fremder Dichter wie Platen klagen kann über 'das einförmige Ticktack der Jamben und Trochäen*. Bis 1750 hat antiker Versstil bei uns nur flüchtige Blasen getrieben. Der Vers, den die Deutsche Poeterey von 1624 besiegelte, hält französischen und spätlateinischen, nicht antiken Kurs. 983. Als Urgesetz der germanischen Verskunst bezeichnen wir — nicht das Wägen; das wäre zu leer, kennzeichnete zu wenig. Wir wollen es sö fassen: Der Versfall folgt dem natürlichen Satzfall. Da der germanische Satzfall sehr unjambisch war (und ist), wurde auch der Versfall sehr unjambisch. Was der Versfall hin zubrachte, ging auf Steigerung, nicht Ebnung, verstärkte also das Unjambische. Dieser metrische Stil der Germanen äußerte sich am freisten in der Stabreimdichtung (Abschnitt 19). In Deutschland trat diesem germanischen Versstile seit Otfrid der romanische entgegen: das glatte Auf und Ab, das den Satzfall ebnet, z. T. verschleiert. Diese alternierende Kurve ist nicht das Urmetrum, 'wie es der Menschheit seit Ewigkeit im Blutumlauf und im Schritt pulsiert' (P. Maas, Byzantin. Zschr. 17, 245). Hier verwechselt man Grundmaß und gehörhaften Vers (§ 42). Der alternierende Versfall ist eine geschichtlich gewordene und begrenzte Erscheinung. Die Deutschen lernten ihn in mlat. und welscher Dichtung kennen. Seit dem 9. Jahrh. hat sich bei uns der germanische Versstil auseinandergesetzt mit dem grundverschiednen romanischen. Von Otfrid bis Klopstock ist unsre Versgeschichte die Geschichte dieser Brechungen. Der deutsche Vers konnte sich auf zwei Arten an das romanische Vorbild schmiegen. Das eine, durchgreifendere Verfahren war, daß man nicht nur die rhythmische Welle nachbildete, H e u s l e r , Deutsche Versgeschichte III.

9

130

D I E E N G E DES

JAMBENSTILS.

sondern auch die Sprachbehandlung; daß man also das Wägen auf die Schlüsse beschränkte. So bei Opitzens nächsten Vorgängern. Damit hatte man alles Germanische preisgegeben: die zackige Linie und den Einklang zwischen Vers- und Sprachfall. Die andere, fiihlendere Art formte nur den Gehöreindruck X X ~>\ X . . . nach und suchte diesen Wechsel von Stark und Schwach durch die Stärkestufen der dt. Sprache auszuprägen. Das waren die gewogenen Jamben. Hierbei rettete man gleichsam einen S c h a t t e n des germanischen Urgesetzes: Der Versfall trat nicht in offenen Streit mit dem Satzfall; aber den Satzfall seihte man durch das welsche Sieb; was nicht durchging, gab keinen Vers. Anders gesagt: man wählte und stellte die Wörter so, daß ohne Verdrehung der Stärkestufen das glatte Auf-Ab herauskam. Auf die Zackenlinie verzichtete man a limine, und statt der Steigerung wählte man das Ebnen. Der Zeitfall des Verses wurde dem der lebhaften Prosa stilfern (vgl. § 82. 514. 6i8f.). 984. Diese Brechung von Germanisch und Romanisch haben schon altdeutsche Gruppen verwirklicht, am folgerechtesten aber der neudt. Jambenvers. Wer Opitz preist, er habe damit ein 'kräftiges Dichtungsprinzip' aufgestellt, kann vernünftigerweise nur an die ¿ine Seite denken, den Einklang des X X X . . mit dem - Z - . . (um es einmal sö zu bezeichnen). Auch dann wäre doch das Beiwort 'kräftig' unverdient. Denn diesen Einklang erreicht der Jambus im dt. Sprachstoffe nur mit viel Vorbehalten. Der Jambus ist Zwangsjacke. 'Die Sprache war || durch unsern Jambus halb in die Acht erklärt' singt Klopstock. Im nächsten Abschnitt haben wir davon zu reden. Denkt man aber auch an die andre Seite: die bedingungslose Übernahme des silbenzählenden starren Alternierens, dann wird man zum mindesten den Klagepunkt einräumen: daß die Alleinh e r r s c h a f t dieser Formen durch vier Geschlechter ein Unglück war für unsre Dichtimg. Die Frage nach den künstlerischen Werten der Auf-Ab-Familie verschieben wir. Eine Verarmung war es jedenfalls, daß dieser dünne, lineare Stil der einzige Ausdruck der Dichter wurde; ein Stil, der wohl das, was Opitz zu sagen hatte, decken mochte, zu dem Schwellenden und Üppigen der Barockstimmung aber in sprödem Gegensatze steht. Das folgerechte Einfangen des deutschen Dichtens in das welsche Formennetz ging aus nicht von Künstlern, die auf warmblütige Ausdrucksmittel drängten, sondern von Gelehrtenseelen, denen viel lag an dem Zähl- und Berechenbaren, an der eindeutigen

A L T D E U T S C H GEGEN N E U D E U T S C H .

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Schablone1). Ihnen fiel es nicht ein, zum Kmpaf gegen die Entartung des Welschverses die gesunden Kräfte der heimischeren Gruppen aufzurufen: soweit Knittelpaare und Volkslied ihr Ohr streiften, galten sie ihnen als unmetrische Masse (§ 921). So entfremdete sich die Buchdichtimg der echt deutschen Formensprache in einem Umfang wie nie zuvor. Den buchfähigen Versen von 1600 bis 1750 fehlt jeder Hauch von deutschem Erdgeruch, von urwüchsiger und treuherziger Deutschheit. x ) Gundolf, M. Opitz 34; Necke], Zschr. Littens 4, 12. Sieh auch Benz, Die dt. Volksbücher (1913) 44; Baesecke, Zs. f. Ästh. 21, 134f.

985. Sprach man bis in neuere Jahrzehnte den Irrtum der Schottel und Zesen nach: seit der bewußten Wende habe der deutsche Vers andere Grundgesetze als früher vom Hildebrandslied bis auf Rollenhagen (§ 17. 920), — dann wirkte mit den Scheuklappen der Opitzjünger der Übelstand zusammen: dem altdt. Verse hatte man mittlerweile seine, z. T. meistersingerischen Fächer und Namen gegeben: die standen nun dem antikischen Namenschatz des neueren Verses wie eine fremde Welt gegenüber. Wir brauchen den Irrtum nicht lange zu bekämpfen. Das zuletzt noch in §981 f. Ausgeführte schließt ja in sich, daß alle Züge des neuern Verses schon früher da waren; daß unsre bisherigen Begleiter, die Begriffe Takt und Mora, Hebung und Senkung, Auftakt und Kadenz . . . uns auch nach 1624 zur Seite bleiben werden. In §617 haben wir den famosen Satz beleuchtet: 'Der altdt. Vers zählt nur die Hebungen, der neudt. die Silben*. Eine Spielart lautet: 'Der alte Vers zählt Hebungen, der neue hat Füße 1 . Von Füßen sprach Lachmann bei Otfrid und Walther nicht, und wir hüteten uns wohl, den verschlissenen Ausdruck dort einzuführen (§ 32). Der neudt. Vers dagegen scheint ohne Füße nichts zu sein. Für alle Verslehrer, von Albertus bis Minor, sind die Füße die Grundlage der ganzen Betrachtung. Man zählt her, wie viele Füße in deutschen Versen möglich seien . . . Wie sich der menschliche Fuß zum Maßstab des Körpers eigne, so der metrische zum Maßstab des Verses, sagt Moritz (Prosodie 1786, 4Öf., vgl. Wilamowitz, Griechische Verskunst 101). Das ließe sich noch hören, wenn man nur festhält: der Fuß ist das Ergebnis einer bestimmten, vertauschbaren Einteilung; ein Bestandteil des Kartennetzes, worein wir die rhythmischen Reihen einfangen (vgl. § 54). Aber so oft hat man ihn genommen als Organ des Verses: jeder richtige Vers baut sich aus Füßen auf; — wohl gar als Urzelle: der Vers e n t s t e h t gleichsam durch Sprossung 9*

132

DER

FUSSABERGLAUBE.

der pedes. Wie es bei dem alten Riesen der Edda ging: D e r Fuß mit dem Fuß . . . zeugte den sechshäuptigen Sohn'. Dabei steht man im Bann der antikischen Unterscheidungen — so sehr man sie mißverstand! Die voropitzischen Verse aber, soweit sie nicht ex itnproviso gewogene Jamben waren, entzogen sich diesem Rezepte: Entweder mischten sie die bekannten Füße auf unerlaubte Art, namentlich die und die 'einander gäntzlich zuwider* seien (Titz), *dan was steiget, kan nicht zugleich fallen; es ist wider die Natur'! (Zesen). Oder sie ließen sich überhaupt nicht auf die bekannten Füße aufteilen: da wo drei- und mehrsilbige Auftakte, vier- und mehrsilbige Innentakte standen (sieh die zwei Beispiele in § 921). Dazu kam der freie Füllungswechsel von einem Verse zum nächsten; wofür ebenfalls die Fächer fehlten. Also die dt. Verse vor Opitz hatten offenbar keine, oder dann nur zufällige Füße. Wir machen uns klar: 'Füße* sind Taktfüllungstypen, nur nach dem antikischen Herkommen anders begrenzt als bei uns (§ 32). Taktfüllungstypen hat selbstverständlich der urwüchsig deutsche Vers so gut als der Opitzische. Nur sind sie dort viel mannigfacher, schon innerhalb ¿ines Verses. Die echt deutschen Maße erstreben keine starren, vorbestimmten Füllungstypen; in den festen Rahmen legen sich die Silben in wechselnder Zahl und Gruppierung. Dieser Unterschied vom Jambengang — oder auch von der Odenform — ist wichtig genug. Aber die Grundbegriffe bleiben bei alledem dieselben. Worauf es ankommt, ist nur: die Grundbegriffe so weit zu fassen, daß a l l e s , das Bewegliche und das Starre, seinen Raum findet; eine Forderimg, die schon beim Stabreimvers und beim Reimverse des Mittelalters zu erheben war (§ 172. 182, 8. 556). Dann gelingt es, dem alt- und dem neudeutschen Verse ¿in Bett unterzubreiten.

46. Abschnitt: Die Familie der Jamben und Trochäen: Allgemeines. Jambus gegen Trochäus. 986. Jamben- und Trochäenverse unterscheiden sich für uns darin, daß jene mit einsilbigem Auftakt, diese mit der Hebung beginnen (§ 440). Dabei stellen wir den Auftakt keineswegs •außerhalb der rhythmischen Reihe' (§32); er gehört z u der Reihe, so gut als in einem melodischen Motiv; und wie hier,

'STEIGENDE UND FALLENDE FÜSSE.'

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bedingt es den Gehöreindruck der Reihe, ob Eingangssenkung da ist oder fehlt. Man begegnet der Ansicht: der jambische Vers sei in seiner g a n z e n L ä n g e etwas anderes als der trochäische. Denn jener bestehe aus 'steigenden 1 Füßen: (= X >< ' X dieser l aus 'fallenden': _ w _ ^ ( = ) i < X ) i < X). Die beiden hätten ungleichen Gefühlswert. Diesen Gegensatz verwische das erste Verfahren. Hier hüte man sich vor Selbsttäuschung! Man kann es erleben, daß jemand den jambischen und den trochäischen Zeitfall s\6s und /\6k), bräuchlicher. Bürger wählt ihn sogar für das Sonett (§ 1018), doch oft auch für schlichtere Gruppen. Die schwäbischen Dichter Schu12*

i8o

SERBISCHE TROCHÄEN.

bart, Stäudlin, der junge Schiller lieben ihn (H. Fischer, NJahrb. 1917, 321). Bei Schiller reicht er breit in die reifere Lehrdichtung herab ('Götter Griechenlands', *Das Ideal und das Leben', 'Der Antritt des neuen Jahrhunderts'). Weniger hat ihn Goethe gepflegt: 'An Belinden' (1775); 'Warum gabst du uns die tiefen Blicke' (1776); 'Wanderer und Pächterin' (1802); 'Braut von Corinth' (1797). (Die beiden letzten sind unter Goethes 'Balladen' die einzigen, die den Viertaktergrundriß verlassen.) Häufig ist dieser gereimte trochäische Fünfheber in bekannteren Gedichten nicht geworden. Mit dem jambischen, dem io/11-Silbler, kann er sich nicht vergleichen. 1030. Reimlose Verse dieses Maßes, und zwar nur weiblich (•\6k), tauchen 1764 bei dem Anakreontiker Götz auf (Schüddekopf, Dt. Lit.-Denkmale 42 S. XVIII). Sie mögen den entsprechenden Vers Catulls wiedergeben oder dessen Phaläcischen Elfsilbler mit Ebnung des Daktylus im 2. Takte (Masing if.). Jedenfalls ist Götz von den Serben noch unberührt. Aber ein Jahrzehnt später erscheint genau dieselbe Versart als Nachbildung des südslavischen (serbokroatischen) Zehnsilblers, der die unstrophischen Heldenlieder der Serben und ihrer Sprachverwandten beherrscht. Herder gebrauchte den Vers in 6 Nummern seiner 'Volkslieder', und Goethe steuerte 1775 den 'Klaggesang' bei: Wäs ist weißes dört am grünen wälde ? ^ ^ Ist es sehnte wol, öder sind es schwäne ? A ^ Mit eigenen Gedichten hat Goethe diesen 'serbischen Trochäen' bis gegen Ende der 1780 er Jahre gehuldigt, auch mit Liebesgedichten unliedhafter Art (eine von Mörike aufgenommene Tonart); 1807/08 hat er sich im 'Vorspiel' 83—152. 180—200, in der Pandora 491—568. 1046—86 an die Versart erinnert. Einem größern epischen Werk, den 'Abbassiden', gab Platen diese Form (1830). Ihr eigentliches Feld blieben doch die Verdeutschungen der südslavischen Kleinepen. Mit der fremden Urform haben unsre sogen, serbischen Trochäen die Silbenzahl gemein: im Rhythmischen ist der Unterschied so groß, daß Gesemann von einem 'Mißverständnis' spricht (Studien zur südslavischen Volksepik 1926, 68; vgl. Tropsch, Festschrift für Seuffert 1923, Iii). Die dt. Nachbildung hat hier wie in anderen Fällen (§ 956f. 1009) vereinfacht; sie hat einen bewegtem Sangesrhythmus übergeführt in das glatte Ab-Auf, also den romanischen Versstil, und ist ausgemündet in eine sanftfließende, einlullende, aber nicht auf Vertonung drängende Form. Den für die Urgestalt lebens-

F R E I E TAKTZAHL.

wichtigen Einschnitt nach der 4. Silbe hat man oft preisgegeben (Unger, Platen in seinem Verhältnis zu Goethe 165). Wo man sich Sprünge über den Zeilenschluß erlaubt, gefährdet es die Taktr pause, die Tripodiengliederung schwindet (§ 1004), und der Vers büßt an ohrenfälligem Ebenmaß ein. Dennoch gehört er zu den stilprägenden Metra, mehr als der Blankvers; Oskar Masing hat dies durch eingehende Betrachtung des Satzbaues gezeigt (Serbische Trochäen 1907). Wieweit es nur am Zeitfall liegt oder auch am Einfluß der serbischen Liedsprache, für diese Frage müßte man unsre gereimten fünfhebigen Trochäen heranziehen. Eine aufgelockerte und eingedeutschte Weiterbildung der serbischen Trochäen zeigt Lenau in dem epischen Zyklus 'Mischka an der Marosch': Reim in freier Stellung, die Fünfheber z. T. männlich, viele und dazwischen (vgl. § 1038). Reimlose trochäische S e c h s h e b e r ( / \ 6 v und s\6*v) ohne festen Schnitt gebraucht D. v. Liliencron im 'Tee dansant' als eine möglichst prosanahe, leichtplätschernde Form.

Jamben und T r o c h ä e n mit u n f e s t e r T a k t z a h l : m a d r i g a l i s c h e Verse; F a u s t v e r s e . 1031. Freie Taktsumme (§ 36) war kein altgermanischer Grundsatz; zu Unrecht hat man sie englischen und deutschen Stabreimgedichten sowie dem Spruchton der Edda zuerkannt (§ 241. 318). Auch der altdt. und frühneudt. Reimvers hält zur gebundenen Taktzahl; wo etwa eine ungeschlachte Zeile um 1100 (§ 523) oder wieder im Spätmittelalter (§ 884. 903) den Taktrahmen sprengt, da ist es planlose Unkunst. Eine Ausnahme fanden wir § 877. Geduldetes Mischen zwei-, vier- und sechstaktiger Zeilen ohne gruppenbildende Regel zeichnet den Blankvers freieren Schlages (§ 1023). Dort stammt es von englischen Mustern. Auch darin war Joh. Rhenanus 1613 der einsame Vorläufer (§ 1021). Schon früher aber lernte man freie Taktzahl von den Romanen, und zwar zunächst den I t a l i e n e r n : deren Vorbild war bis um 1700 bestimmend. Man entlehnte aus Italien die Sangesform des Madrigals und verfertigte schon im 16. Jahrh. dt. Verse dazu, die den Musikrhythmus und damit den unfesten Wechsel der Taktzahl nachbilden. In größerm Umfang übte man diesen Versbrauch in den Singspielen: zwischen strenggebauten Strophen enthielten die madrigalhafte Strecken, 'Rezitative'. Opitzens 'Dafne' 1627 ging damit voran. Sie mengt jambische und trochäische Zeilen von 3 bis 13 Silben in bunten Reimfolgen. Gelegentliche Waisenverse gehören zu der Kunstart.

182

MADRIGAL.

SINGSPIELREZITATIV.

In diesem Punkte ist Opitz am meisten metrischer Neuerer. Das Gemenge stellt bei ihm etwas andres vor als bei den Italienern : diese kontrastieren i. allg. nur zwei weit auseinanderliegende Maße, den Sieben- und den Elfsilbler. Seit Buchners 'Orpheus' 1638 haben manche auch die neu erfundenen D a k t y l e n eingemischt. Harsdörffer 1647 erörtert diese neuartige Form als eine gar leicht fließende Reimart, die ungebundener Rede nicht ungleich sei. Den Namen 'freie Verse' vermeiden wir im folgenden. Er kommt zu leicht den 'Freien Rhythmen' ins Gehege; und die sind doch noch etwas anderes, mag auch die Grenze fließen (§ 1150. "57)1032. Diese 'Rezitative' des Singspiels setzen sich später fort in Oper, Kantate, Oratorium. Man kennt die Art aus Bachs Kantaten und Passionen. Sie beschränkt sich hier meist auf jambische Zeilen von freier Taktzahl. Der Tonsatz ist taktgebunden; er steht in der Mitte zwischen der Arie und dem Rezitativ im metrischen Sinne (z. B. des Evangelisten; sogen. 'Seccorezitativ'). Eine Probe: Matthäuspassion Nr. 28 ist textlich die jambische Folge: 6k.a | 4*v.b: 2*v.b | 4*v.a; 2v.x | 6k.c | 4v.d; 4®v.c | 4V.d. Der heiland fällt vor seinem vater nieder, dadurch erhebt er mich und alle von unserm falle hinauf zu gottes gnade wieder. Er ist bereit, den kelch, des todes bitterkeit zu trinken, in welchen Sünden dieser weit gegossen sind und häßlich stinken, weil es dem lieben gott gefällt.

Ein 9zeiliges Madrigal aus 5 Verstypen; die Reime 3mal rhythmisch uneben (a, b, c); ¿ine Waise. Hierher noch Ramlers geistliche und weltliche Kantaten, darunter der von Graun vertonte Tod Jesu' (1755). Nur die weltlichen greifen in ihren Rezitativen auch zu 3silbigen Takten; diese waren damals unbräuchlich geworden (Koberstein 3, 233). Die unstrophischen Teile in Herders kirchlichen Kantaten (seit 1766) beschränken sich im allg. auf alternierenden Schritt (Trochäen zuweilen unter Jamben gemengt). Als selbständige Form der Kunstlyrik war das Madrigal besonders durch Kaspar Ziegler 1653 zu Ehren gekommen. Die Vorschriften der Lehrbücher lassen ihm weiten Spielraum. Gewöhnlich fordert man lauter Jamben; das Einmengen von Tro-

UNSANGLICHE

GEMENGE.

183

chäen (und Daktylen) wollen manche auf das Singspielrezitativ beschränken. Dann liegt die metrische Freiheit nur in der Taktzahl, in der Reimfolge und den Waisen. Doch trifft man auch rein-trochäische Madrigale. 12/13-Silbler, 6taktig gemessen, sind überhaupt nur in den 'madrigalischen oder recitativischen' Gemengen bräuchlich (§ 1027). Den Alexandriner verpönen manche; nach Omeis widerstrebt er der muntern Fröhlichkeit des Madrigals. Unter französischem Einfluß wird er gegen 1700 häufiger. Im ganzen aber bildet das eigentliche, sangliche Madrigal eine Freizone in dem Zeitraum des Alexandriners. 2,

H a u p t s c h r i f t : Voßler, Das dt. Madrigal 1898. 326 t. ib. cit.

V g l . Habermann, R L e x . L i t .

1033. Neben dieser sanglichen Wurzel hatten die taktzahlfreien Verse einen zweiten Ausgangspunkt: im gesprochenen Trauerspiel. Auch hierfür gab Opitz die ersten deutschen Muster in seiner Übertragung der 'Trojanerinnen' und der 'Antigone*. Außer italienischen Vorbildern kommen neulateinische und holländische in Betracht. Gryphius wurde der Hauptvertreter dieses Brauches; ihm folgte Lohenstein (vgl. WLes. 2, 593). Die Alexandriner, die das Drama im übrigen beherrschten, ersetzte man an leidenschaftlichen Stellen, gern in Monologen, in Geisterreden durch ein Gemenge ungleichartiger Zeilen. Die Rede des Chach Abas in Gryphius' "Catharina1, Palm 248ff., zählt unter 15 Alexandrinern 71 andere Zeilen von 3 bis 21 Silben: es sind nicht weniger als 22 metrische Typen; neben stark überwiegenden jambischen Vier- und Sechstaktern Trochäen, Daktylen und 'mengtrittige* Verse (§ 1055). Eine Buntheit, der die sangliche Dichtung kaum je gleichkommt! Den Eindruck des Steuerlosen, Delirierenden erreicht es jedenfalls. Dabei ist die R e i m verschlingung enthaltsam: neben häufigem a b b a nur Paar-, Kreuz- und 3 mal Schweifreim. Reimlos sind die Anverse der 13 Achttakterlangzeilen. Die geistlichen Stücke Joh. Klajs, seit 1644, enthalten ähnliche Strecken. Eine Mittelart zwischen Oratorium und Schauspiel hat man sie genannt (Koberstein 2, 105*®; A . F r a n z 77f. 239). 1034. Wirksamer für die Folgezeit war es, daß die Madrigale aus der Sangbarkeit hinauswuchsen. Sie dienten seit Ziegler gern als Epigrammform, wurden überhaupt ein vielseitiges Gefäß der Buchlyrik. Sie sind so recht die freien Gegenfüßler des Sonettes. Lohenstein gab geistlich-lehrhaften Gedichten madrigalische Gestalt. Wo es die gewohnte obere Grenze (15 Zeilen) überschritt, sprach man von 'Madrigalon' (Voßler iooff.). Unsanglich sind

184

EINFLUSS

DER V E R S LIBRES.

auch die Dithyramben' oder Irrgebändc, 'Carmina vaga'. Omeis weist auf Vorgänger in lateinischer Sprache: bei Jacob Balde (geb. 1604) und weiter bei den Holländern Huygens und Heinsius. Waisen sollen hier verbannt, aber Alexandriner erlaubt sein. Das Muster, das er aus Sigmund von Birken anzieht, bewegt sich zwischen 2- und I 3 s i l b i g e n Zeilen und i s t in der Reimstellung wild (es fängt an mit a b c b d a a a d c ) , aber das Ganze verläuft jambisch. Ähnlich gebaut, doch mit einigen Trochäen, ist das sechs Seiten lange •Quodlibet', das Gottsched zum besten gibt als seinen einzigen Beitrag an diese 'ungleich lange Art von Versen, die man madrigalische, recitativische oder die Poesie der Faulen nennen könnte' (CritDk.» 585. 602ff.). Brockes, seit 1718, und seine Hamburger Kunstgenossen dehnten diese Form aus auf erzählende Stücke, so die Fabel. Hier wirkte wieder f r a n z ö s i s c h e Anregung: die Fabeln Lafontaines mit ihren Vers libres'. Vers libres oder vers irrigtdiers heißen Verse von unfester Silbensumme, was bei den Welschen soviel besagt als: von unfester Taktsumme. Mithin das was die Deutschen seit dem 16. Jahrh. auf den Spuren der Italiener übten. Dem Lafontaineschen Vorbild war es zu danken, daß dem Geschlecht der Hagedorn, Geliert, Uz die taktzahlfreien gereimten Jamben zur zwanglosen Form, zur Hausform, wurden. Man sehe Uzens Brief an Hofrat Christ 1754 (Dt. Nat.-Lit. 45 II, 87): wo er aus der Prosa in Verse gleitet, da ist es unsre Gattimg; nur hier begrenzt auf männliche und weibliche Vierheber zwischen Alexandrinern. Den Namen Madrigal gebrauchte man nicht mehr; metrisch aber war es der Grundsatz des Madrigals, auf seine zahmeren Spielarten zurückgeführt: keine ungleichen Füße durcheinander; die Reime in Häufung und Fernstellung bescheiden. Verflöchtigt hat sich der metrische Begriff des Madrigals bei Theodor Heinsius 1810 (Der Redner und Dichter 173 f.); denn er gibt unter diesem Stichwort als ersten Beleg eine strenge jambische Strophe aus 3 Schweifreimen, als zweiten eine Versreihe von J. G. Jacobi, die zwar 3- und 2 silbige Takte mengt, aber im Rahmen der Viertaktigkeit (s, k, v, und 2v) verbleibt I

1035. Hatte man bisher die Grenze gewahrt zwischen madrigalischen Stücken und s t r o p h i s c h e r Dichtung, dem Strophenbau also die feste Taktzahl der Glieder gelassen, so unternahm es Wieland, den Damm zu durchstechen (Walzel, Jahrbuch für Philologie 1927, 2, 27). In 'Idris und Zenide' 1767 formte er das (frei behandelte) Reimgebäude der Stanze (§ 1016) mit jambischen Zeilen schwankender Taktzahl, 4 bis 6 Hebungen

WIELANDS TAKTZAHLFREIE FORMEN.

(die 6-Heber vielleicht noch als Alexandriner gedacht). Str. 17:

I85 Buch I

Der schöne ritter hört 1 des klugen pferdes wort, steigt ab, läßt Raspinetten grasen und sucht am blumenvollen bord des fließenden krystalls auf sammetweichem rasen, zur lagerstatt 1 sich einen schönen ort, wo, sanft von zefyrn aufgeblasen, sich volle rosenbüsch 1 in wilde lauben ziehn und wie rubin 1 im abendschimmer glühn. Wielands Vorrede empfiehlt diese 'immer dem Ohre gefällige Eurythmie'. Aber man fragt doch, ob der löbliche Drang nach Freiheit und Abwechslung gerade hier ein günstiges Feld finde. Es ist auch bei Wieland noch eine anspruchsvolle Strophe, ein reiches Reimgeschlinge — und dem wirkt nun die unstäte Zeilenlänge launenhaft entgegen. Viel Nachfolge hat denn auch dieser Bastard von Madrigal und Strophe damals nicht erlebt (vgl. § 1038). Im Oberon 1780 wählte Wieland 8 zeilige Gruppen ohne die Reimdreiheit der Stanze. Was hier nur gelegentlich hereinspielt, beherrscht die 10 zeiligen, willkürlich gereimten Gruppen des Neuen Amadis 1771: zu der wechselnden Taktzahl gesellt der Dichter wechselnde Taktfüllung; hüpfende 3silbige Takte. Damit werden es gereimte Freie Verse, auf die wir in anderm Zusammenhang zu sprechen kommen (§ 1155). Auch u n s t r o p h i s c h hat Wieland den jambischen Madrigalvers ausgiebig gepflegt, ab und an mit noch kürzeren, 3- und 2hebigen Zeilen. Es war sein Stil (Musarion 1768, Pervonte 1778, Clelia und Sinibald 1784 u. v. a.). Bürgers 'Königin von Golkonde* ahmt dies in Sprache und Vers nach. Bei J. G. Jacobi (geb. 1740) und Heinse (geb. 1746) ist der taktzahlfreie Jambus gradezu die herrschende Form der kleineren Gedichte. Noch 1817 kann es bei Meineke ganz allgemein heißen: 'In kleinen epischen Erzählungen bindet man sich nicht an ein bestimmtes Maß der Jamben, auch nicht, wie in lyrischen strophischen Gedichten, an einen regelmäßigen bestimmten Reimwechsel, um dem Tone der Sprache des gemeinen Lebens desto treuer zu bleiben. Man wechselt mit sechs-, fünf-, vierfüßigen, auch wohl noch kürzern> (Die Verskunst der Deutschen 2, 114). 1036. Goethe wuchs auf wie mit dem Alexandriner so mit den madrigalischen Versen — und i h n e n ist er lebenslang treu geblieben.

i86

GOETHE:

DER

'FAUSTVERS*.

Im Liederbuch 'Annette' 1767 machen sie die größte Gruppe aus. Hat ihn einer der Leipziger angeregt, so wird es Geliert gewesen sein, nicht Gottsched, der die Gattung verachtete (§ 1034). Aus dem folgenden Frankfurter Jahr ragt hervor die lange Versepistel an Friederike Oeser vom 6. 11. 1768. Goethe hat sie wohl mit laufender Feder geschrieben; die läßliche Versart saß dem Neunzehnjährigen in den Fingerspitzen. Wir erinnern uns an den Uzischen Brief von 1754. (Auch die angeblichen Knittel in dem Briefe Riedels von 1768, bei Flohr, Gesch. des Knittelverses n o f . , gehören hierher.) Bei Goethe ist mehr Spannweite: 2 bis 6 Hebungen. Die Sechsheber, viel spärlicher als bei Uz, erlauben alle die Alexandriner form. Über die Reimzweiheit geht es oft hinaus, doch ohne besondre Künste. Waisen fehlen. Es sind lauter Jamben. Die Versart zieht sich durch Goethes ganzes Leben. Man erstaunt oft, wie leicht Goethe, in jungen und alten Tagen, aus dem festen Taktrahmen fällt; wie oft er den Hörer auf eine Viertakterfolge vorbereitet, und dann werden's unversehens Fünfheber. Goethe ist kein eingefleischter Taktzählerl . . Vor allem haben große Teile des F a u s t den madrigalischen Jambus verewigt. Schon im Urfaust füllt er viel mehr Raum als die anderen Formen (Knittel, Freie Rhythmen, Liedstrophen, Prosa). Noch in der letzten Fassung, in beiden Teilen, tritt er prägend hervor. Wir gebrauchen danach den Namen Faustverse für die Unterart des madrigalischen Genus, die sich auf jambischen Gang einschränkt. Faust 2 0 i i f f . : Der geist der medizin 1 ist leicht zu fassen; ihr durchstudiert 1 die groß und kleine weit, um es am ende gehn zu lassen, wies Gott gefällt. vergebens, daß ihr ringsum wissenschaftlich schweift: ein jeder lernt nur, was er lernen kann; doch der den augenblick ergreift, das ist der rechte mann. 1037. Wennschon die Faustverse bei Goethe dann und wann geräuschlos in den Knittelvers übergleiten: die beiden Gattungen, in ausgewachsenen Vertretern genommen, sind sehr zweierlei; es sollte nicht vorkommen, daß Metriker sie verwechseln! Der Knittelvers, als deutsches Gebild, vereinigt mit dem festen Gerippe des Viertakterrahmens die bewegte Linie der wechselnden Satzrhythmen. Die aus der Fremde bezogenen Faustverse, umgekehrt, haben das Quallenhafte des Versumrisses zugleich mit dem geebneten Auf und Ab-Gange.

DER

FAUSTVERS.

187

Sie sind ein gutes Gefäß für spielerischen Plauderton; für den Ton, womit die Rost und Wieland ihre Leserinnen prickelten. Rost 'Die bezauberte Phyllis': Wenn diese gieng, so gieng sie mit. kein muntrer schritt war an der nymphe mehr zu spüren; die hirtinn ließ sich von der heerde führen, sie wünschte sich nur stets, und was? den hirten Lycidas. was aber wollte sie 1 mit diesem schäfer machen ? dies waren damals ihr, wie mir vor ziemlich langer zeit noch unbekannte sachen. Man spürt, wie der Reimklang, ein paar Takte zu früh oder zu spät, den Hörer neckt, den Vortrag selbst bespöttelt . . . Stark stilprägend ist die Gattung ja nicht; kann sie doch, da •freie Taktzahl' Gradsache ist, hier dem Kurzen Reimpaar, dort den gekreuzten Elfsilblern nahekommen! Die Naturvisionen Faust 1068—99 wirken ähnlich wie Goethes Stanzenklänge. Bei Stücken wie dem in § 1036 darf man sagen: diese Verbindung rhythmischer Glätte mit Stegreiffreiheit und gemäßigter Klangfreude atmet Zopfstil, Gellertsche Gemütlichkeit. Etwas Vorklopstockisches, Lavendelduftiges hat sich durch diese Versart in den Faust hereingestohlen. Durch die Gattung des Faustverses erscheint das metrische Handwerk des reifen Goethe verwachsen mit dem Formgefühl des Menschenalters vor Sturm und Drang. W. C. Haupt, Die poetische Form von Goethes Faust 1909, 5off., hat den kühnen Versuch gemacht, die madrigalischen Jamben des Urfaust als 4 taktige Knittel anzusprechen. Dagegen wäre verschiedenes zu sagen, u. a. das, was wir in § 770 gegen die quadratische Messung altdeutscher Sechstakter bemerkten.

1038. T r o c h ä i s c h e Zeilen von freier Taktzahl sind bei Goethe vereinzelt: 'An Lottchen' 1776 (WA. 1, 76; wohl beeinflußt von den damals aufgetauchten Serbischen Trochäen § 1030); 'Deutscher Parnaß' 1798 (WA. 2, 23; ein trochäisches Kantatenrezitativ); Divan S. 35 'Anklage'. Wesentlich anders wirken sie reimlos: 'Seefahrt' 1776 (2, 72; freiere Spielart der Serbischen Trochäen). Schiller war als jung den jambischen und trochäischen Madrigalzeilen sehr ergeben. Später kehrt er selten zu ihnen zurück: 'Pegasus im Joche' (mit vhm. vielen Alexandrinern), 'Poesie des Lebens*. Dazu die freien Strophen der Äneide § 1016. Von Späteren hat Fritz Reuter die Faustverse ausnehmend geliebt: in den Läuschen und Rimels, der Reise nach Belgien,

188

STROPHISCHE UND REIMLOSE FAUSTVERSE.

weniger im Hanne Nüte. Auf pfälzisch gebraucht sie K. G. Nadler (geb. 1809): Gardinepreddig*, 5—7 Hebungen. In der Lyrik der letzten Jahrzehnte sind die Faustverse, meist durchgereimt, waisenlos, eine der geschätztesten Gattungen. Darunter jene von Stadler (geb. 1883) gepflegte Sonderart mit Zeilen von 6-10, von 9—15, von 7—16 Hebungen (§ 36). Selbst einer 'Ballade vom deutschen Landsknecht' kann Klabund (geb. 1891) den so unsanglichen Faustvers geben. Manche bauen auch reichere Reimfolgen, so die des Sonettes, der Terzine, mit taktzahlfreien Jamben: eine Gegenwirkung gegen die Strenge des Strophengebäudes, wie einst bei Wieland (§ 1035). So Däubler, Else Lasker-Schüler, Zech, Hasenclever; W. Bierotte, Herbert Schlüter; M. Hautzschmann. In dem 4strophigen 'Gesang der Schlange' bringt Franz Werfel (Gedichte 1927, 213) diesen reichen 9zeiligen Ton (jambisch): 6 k . a | 6s.b :|| 4k. c : 4 k . c 4v.d : 4 v . d | 6s.b. Die ohrenfällige Form — dreiteilig mit Durchreimung 4. Art (§ 817) — ist aber gleichsam ein Wunschbild, dem alle vier Strophen etwas abziehen 1 Z. 1 ist 4*v in II, Z. 3 desgleichen in I; Z. 2 ist 4V in I und IV, Z. 4 desgleichen in I und II; Z. 7 ist 6s in IV usf. F e s t bleibt bei alledem das kunstvolle Reimgebäude, ebenso der gewogene jambische Schritt (bis auf II 3). Der Fall beleuchtet gut den Hang neuerer Lyriker, auch bei strenger Taktfüllung und Reimordnimg fließen zu machen die 'Länge', d. h. Hebungszahl der Glieder. Tief zurück treten auch bei den Neueren die trochäischen und die aus Jamben und Trochäen gemischten Madrigalzeilen. Reimlose Jamben freier Taktzahl wagte schon die Sammlung Pyras und Langes 1745. Ramler bringt sie im Alexandersfest 1766 (nach Dryden), WieJand in der Alceste 1773 und in anderen lyrischen Dramen, Goethe in Scherz, List und Rache 1784, Fr. Schlegel im Alarcos (I 6) 1802. In seinen Zwei Legenden nach Hans Sachs ersetzt H. von Kleist damit den Knittelvers der Vorlage. Auch in den neueren Sammlungen trifft man diesen geglätteten Nachbar der Freien Rhythmen. Die Zeilen, die F. J. Schneider das früheste Zeugnis neuer lyrischer Wege nach 1900 nennt, Hadwigers Wandlung', schweben zwischen reimlosen und gereimten Faustversen (Der expressive Mensch und die dt. Lyrik der Gegenwart 148).

DIE

BUCHNERART.

189

48. Abschnitt: Verse mit lauter dreisilbigen Innentakten: reine Daktylen und Anapiste. 1039. All die bisher besprochenen Formen, so verschieden und vielnamig sie sind, bekennen sich zu der Opitzischen Grundregel (§ 980), zu dem romanischen Leitsatz des Auf und Ab, der zweisilbigen Innentakte. Gelegentliches Durchbrechen dieser Glätte zeigte uns vor allem der Blankvers freierer Richtung (§ 998. io23f.), dann der Trimeter (§ 1028): d o r t nach englischem Vorbild eine Auflehnung germanischen Versgefühls; h i e r Nachahmung einer antiken Freiheit. Etwas andres ist das Einmengen nicht-alternierender Zeilen in gewisse madrigalische Reihen (§ i o 3 i f f . ) : da handelt es sich um freies Durcheinander ungleicher Versfamilien. Nicht Opitz selbst, aber schon seine Zeitgenossen überschritten die Allerweltsformel (J) . . . Sie führten eine zweite Formel ein: . . .: je z w e i Senkungssilben zwischen Hebung und Hebung, also lauter dreisilbige Innentakte. Man gebrauchte die antiken Namen: 'Daktylen' für die auftaktlosen, 'Anapäste' für die auftaktigen Zeilen. Auch als umfassender Ausdruck für das Ganze begegnet 'Daktylus' (bei Birken). Die Sprachreiniger redeten von 'langgekürzter' Reimart (daktylisch) und 'gekürztlanger' (anapästisch) zum Unterschied von der 'langkurzen' (trochäisch) und der 'kurzlangen' (jambisch). In kleinerem Maßstab ging es hier wie bei Opitzens Neuerung (§ 969): die Erfindung lag in der Luft, so daß mehrere unabhängig darauf gerieten 1 ): Weckerlin (nur Nr. 323, 2hebige Anapäste), der Thüringer Plauen (geb. c. 1600), Fleming, Simon Dach (nur im 'Anke van Tharau' 1637), Johann Rist. Als Vater der neuen Gattung aber galt — 'zu seinem ewig grünenden Lobe' — August Buchner, zumal seit seinem Singspiel 'Orpheus' 1638. Schon früher hatte er, vom Katheder herab und in seiner handschriftlich verbreiteten 'Anleitung', den Daktylus förmlich in die deutsche Poesie eingeführt. Auf ihn berufen sich alle Späteren; man spricht von der 'Buchnerart', dem 'genus Buchnericum'. *) H.Fischer, Ausg. Weckherlins 2, 5 1 1 ; Manheimer L c. 130; A . F r a n z I.e. 228. 232ff.; Schmitz I.e. 29; Krabbe, Johann Rist und das dt. Lied (1910) 31 f f . ; Borcherdt, A . Buchner 94; Ziesemer, Altpreuß. Forschungen

». 24- 3i- 341040. Ohne äußere Anstöße und Vorbilder kam man nicht zu der Neuerung. Die Einsicht, das seit Opitz anerkannte Wägen vertrage sich mit 3 silbigen Takten und manche Silbenfolgen drängten gradezu auf das I X X X I ^ . ., genügte nicht.

190

IHRE

ANREGER.

Buchner selbst wies auf zwei Quellen hin. 'Unter den gem e i n e n Liedern* sei 'etwas dergleichen zu finden'. Er meint Völkslieder. Denen war und ist ja der 3silbige Takt sehr geläufig; nur fahren sie ihn nie planmäßig durch ganze Verse durch. Sie stehn also dem, was Buchner lieferte, recht fern. Nachdrücklicher nennt er a l t d e u t s c h e L y r i k : Strophen Ulrichs von Lichtenstein, die er aus Goldast (1604) kannte. Dieses Lied, Nr. X V I , ist einer der daktylischen Töne, denen man die leichtere Taktart, die 3teilige, zutrauen könnte (§ 682). Wir wollen also Buchner nicht bezichtigen, er habe die schwere Taktfolge seines ritterlichen Vorgängers, I J_ X I . ., mißverstanden. Ulrichs Zeilen sind weibliche Vier- und Zweiheber: eine auch bei Buchner und Genossen bräuchliche Art. Drittens war die zeitgenössische M u s i k im Spiele. Buchner berief sich darauf, der Vertoner seines 'Orpheus', Heinrich Schütz, habe sich daktylische Stellen ausgebeten: es 'könne kaum einige andre Art deutscher Reime mit besserer und anmuthigerer Manier in die Musick gesetzt werden als eben diese dactylische' (Ertzschrein 228f.). Sie hat sich dann auch im Singspiel ausgebreitet. Auf eine Tanzweise wahrscheinlich von Heinrich Albert, dem 'Begründer des dt. Liedes', verfaßte Simon Dach sein 'Anke van Tharau'. Rist erzählt uns 1642, als er vor vielen Jahren auf eine 'lustige Sarabande' einen Text setzte, da sei 'ein recht daktylisch Lied daraus geworden, unangesehen ich zu der Zeit noch keinen einzigen daktylischen Verß weder gesehen noch etwas davon gehöret hatte'. Später fand er, daß n i e d e r l ä n d i s c h e Poeten lang zuvor 'unterschiedliche daktylische Verß . . . ans öffentliche Liecht gegeben' hatten (Krabbe 1. c. 32). Endlich kommt Einfluß christlich-lateinischer Dichtung in Betracht. Die kannte rein daktylisch-anapästische Zeilen seit alters (§ 680). Von dort stammen auch die Fußnamen und die Strich-Haken-Formeln. A n t i k e Verse dieses Baues waren unsren Deutschen schwerlich bekannt; aus den g e m i s c h t e n Anapästen wird Buchner die Vorschrift geschöpft haben, einsilbiger Auftakt müsse eine Länge sein (§ 1044). Zu diesen Anregern stimmt es, daß die daktylischen Maße im allg. in S t r o p h e n leben. Unstrophisch kennt sie das Schauspiel: bei Gryphius, bei Goethe. 1041. Rasch kam die Buchnerart in Gunst. In den Lehrbüchern der 1640er Jahre hat sie ihren festen Platz. Noch mehr als die Ober- und Niedersachsen waren es die Nürnbergischen Pegnitzschäfer, die sich in reinen Daktylen und Anapästen

IHRE V E R B R E I T U N G UND SCHÄTZUNG.

191

tummelten. Aber auch in Trauer- und Lustspiele des Gryphius fanden sie Aufnahme. In den lyrischen Sammlungen bringen sie es doch nur zu einem kleinen Anbau des Auf-Ab-Palastes. Günstigem Boden gab ihnen das Singspiel. Wie der Alexandriner und der 'Sapphische' Elfsilbler, zwei buchhafte Formen, so kamen auch daktylisch-anapästische Verse in das Kirchenlied. Zuerst durch Rinckart und Apelles von Löwenstern. Wir nennen P. Gerhardts 'Die güldne Sonne'; Joachim Neanders 'Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren'; Johann Schefflers •Nun singet und klinget dem Höchsten zu Ehren'. Die Arten mit Auftakt haben vor und nach Gottsched die Oberhand, wie die Jamben vor den Trochäen. Von Anfang an liebt man Mischung daktylischer, anapästischer und alternierender Zeilen; außerhalb der Madrigale natürlich geregelte, vorbestimmte Mischung. Noch Zinzendorfs: Du ewiger Abgrund der seligen Liebe || in Jesu Christo aufgetan 1726 baut den Stollen aus anap. 4 V | jb . 4V. Buchner führt anapästische Verse nie durch einen Ton durch, sie wechseln immer mit daktylischen (Borcherdt 99). Die gleichsam unmerklichste Mischung ist: daktylischer Anvers -f- anapästischer Abvers, so zwar daß der Übergang gefugt, die Kette der ßsilbigen Takte unzerbrochen ist. Silesius: Streuet mit palmen, ihr schäfer und hirten, berditet und schmücket aufs schönste die bahn. 1042. Während Neumark 1667 das langgekürzte Maß das allerlieblichste Reimgeschlecht nennen kann, bemerkt man auf andren Seiten einen gewissen Widerstand. So schon beim Fürsten Ludwig in dem Schreiben an Buchner 1639 (Krause, Ertzschrein 2i8f.); worauf sich Buchner, in Untertänigkeit ersterbend, auf den berühmten Musicus Heinrich Schütz beruft (§ 1040), ohne den Fürsten damit recht herumzubringen (S. 231). Doch läßt sich Ludwig 1643 gegen Harsdörffer zu der Duldung herbei: nur von der Jambischen Heldenart solle man die Dactüi (hier also I X I !) fernhalten, 'in den dactilischen und anapestischen Reimen aber mögen sie herummer hüpfen und springen, wie sie können und vermögen' (S. 327). In die geistliche Dichtung schien dieses Hüpfen und Springen anfangs nicht allen zu passen (Koberstein 2, 217; Krabbe 1. c. 33). Morhofs Urteil (1682): 'die hüpfende Art dieses mein hat etwas kindisches an sich', besser laute die Verbindung mit 2 silbigen Takten, nehmen Omeis u. a. auf, während Joh. Hübner (1712) und Gottsched mehr die Schwierigkeit betonen: 'daher es wenigen

192

TAKTGESCHLECHT D E R D A K T Y L E N .

damit gelingen wollte'; Christian Weise und Günther seien glücklich darin gewesen (Crit.Dk1 353). Die Abneigung galt im besondern dem Reimgeklingel. Denn bei den Langgekürzten empfahlen schon Zesen und Schottel als eignen Vorzug, was sie an den Jambotrochäen verpönten: die Binnen- und Mittelreime. Hatten auch hierzu die maßvollen Inreime der Lichtensteinischen Ùzreise angeregt ? 'Ie mehr Reim-worte darinnen zu finden seind, ie lieblicher und anmuthiger seind sie zu hören . .', sagt Zesen und dichtet z. B. dieses Gesätze: Es gischen die gläser, es zischet der zucker: man schwenkt sie und schenkt sie euch allen voi ein. Es klukkert verzukkert dem schlukker fein lukker, fein munter hinunter der Reinische wein. So klinkern und flinkem und blinkem die flöhten, so können die sinnen entrinnen aus nöhten. Die Nürnberger Klaj, Harsdörffer, Birken eifern dieser Vorschrift nach. Eine daktylische Probe von besonderm Wohllaut aus Harsdörffer: Wilde gefilde, sandkieslichte matten, schweiget, verschweiget mein plagendes klagen! wallende wellen, ihr Eolus gatten, mehret, vermehret mein klagendes plagen! Grundmaß und Versfüllung. 1043. Gewöhnlich zählt der Rahmen v i e r , demnächst zwei Takte. Fünf hebige Verse, männlich und weiblich (also 6s und 6k), begegnen bei Klaj: ach éile, Maria, die zwitscherten sànger einzfehn /s, || ach éile, Maria, der bittere winter ist hin (A. Franz 235), öfter bei Birken, mit und ohne Auftakt, bisweilen durch einen Ton durchgeführt (Pegnesis 1673, 51). Auch in Neanders 'Lobe den Herren', hier deutlich mit Tripodiengliederung (§ 1004) : ItfxxItf-wxItfxxl^xxlLilfc/^/J Das Taktgeschlecht dieser Klasse dürfen wir als dreiteilig ansprechen: es ist der leichte J- oder Walzertakt (§33 Nr. 2; vgl. 681 f.). Das bezeugen die Tonsätze, z. B. bei Schütz und Albert; sie gehn gern in dem federnden Siciliano-Falle ffi f V f. nach unsrer Bezeichnimg I w X I w X !• Auch der SprechVortrag wird, damals wie heute, im Tripeltakt gegangen sein. Dazu stimmt die Sprachbehandlung (§ 1048).

A U F T A K T DER ANAPÄSTE.

193

Also I X X I mit freiem Ausbiegen nach I ^ w X I, da wo die 3. Silbe sprachlich gewichtiger ist als die zweite (Manheimer 1. c. 23). Buchners Angabe, die letzte Silbe falle allezeit etwas schärfer und höher als die vorhergehende, spricht hier nicht mit, denn das denkt an die alternierende Messung kunstlerin; Buchner verteidigt die gegen Opitz (vgl. Borcherdt 93 f.).

Die dt. Daktylen und Anapäste haben mithin anderes Taktgeschlecht als die antiken Namensvettern. Diese sind geradteilig: | ± i i |, nach unsrer Bezeichnung i I _L X I bzw. i I *>(. w I. Daraus entspringt der würdevolle Schritt der antiken Verse (§ 1x22) — den deutschen hörten wir das Hüpfen und Springen nachsagen; sie wären genauer Tribrachen \ | oder aufgelöste Trochäen zu nennen. Die Namen Daktylus und Anapäst gebraucht man also beim dt. Verse in uneigentlichem Sinne. Entgegengesetzt haben sich verschoben die Namen Trochäus und Jambus: da ist geradteiliger Takt I )>< X I für den 3teiligen | L t | eingetreten (§975 Ende). Zutreffend spricht sich darüber schon Gotthold 1820 aus (Kleine Schriften über die dt. Verskunst 217). 1044. A u f t a k t . Die daktylischen Verse beginnen mit der Hebung, die anapästischen mit Auftakt. Zweisilbigen Auftakt verlangt Rinckart (1645 S. 26), desgleichen Gottsched für die Svirklichen Anapäste' (die mit einsilbigem nennt er 'Amphibrachen', s. u.), wobei für das auch, nach mißverstehendem Griecheln, ein oder ^ eintreten dürfe (§ 930). In der Praxis trifft man 2silbigen Auftakt spärlich (z. B. bei Birken), wohl immer nur in einzelnen Gliedern des Tones (bemerkenswert die Verse Plauens bei Manheimer 130). Joh. Scheffler 'Sie suchet den Lieben ihrer Seelen' (E. Wolff, Kirchenlied 473) stellt den eigentümlichen Achtzeiler: neben den Typen X I X X X I £ X (in Z. 2.4—7) und X I "k X I X I £ X I (in Z. 3 und 8) der Eingang w I £ X X I £ X: O wo bist du, mein 16ben; sag mir än, wo du weidest (andere Messung fiele aus dem Zusammenhang). Das Gewohnte ist durchaus e i n s i l b i g e r Auftakt. So verlangen es die Verslehren von Titz, Zesen, Schottel, Hadewig u. a. Buchner hat hier, verleitet durch die antiken Anapäste s ^ Z und die Berechnimg, der Fuß müsse vier Einheiten enthalten, die Vorschrift erlassen: der Auftakt sei einsilbig, aber eine *Länge'; unsre Anapäste begönnen mit einem 'Spondeus', z. B. n i c h t säumet zu göhen. H e u s l e r , Deutsche Versgeschichte III.

13

194

ANAPÄSTISCHE K O L A .

'AMPHIBRACHEN'.

Es ist ein unmittelbar griechelndes Rezept; ein entschiedener Fremdkörper in der Betrachtungsweise der Opitzischen Schule. Zum erstenmal seit Geßner und Konsorten erleben wir es, daß der Spondeus in unsrer Versgeschichte Verwirrung stiftet; was er dann seit Klopstock so reichlich getan hat (§ 1095. 1128). Diese Eingangs/a'ttge hat sich Buchner unmöglich als H e b u n g gedacht; er meinte eine sprachlich vollere Auftaktsilbe. Aber seine Verse verwirklichen die Forderung auch nicht annähernd, und auf die anderen scheint sie wenig Eindruck gemacht zu haben. Bei Prasch 1680 spukt sie nach (Hammerich, Zur dt. Akzent. I93f.). Ein harmloses Zugeständnis an sie wird es sein, wenn Schottel die Eingangssilbe des Anapästs mit 3 bezeichnet. 1045. Zweisilbiger Auftakt wurde also in den dt. Anapästen ein ganz seltener Gast. Das hat zwei Gründe. Einmal den, daß der Anstoß zu dieser ganzen Klasse nicht von den antiken Versen kam; beim Minnesinger und in den lat. Reimversen fand man einsilbigen Auftakt vor, in den 'gemeinen Liedern' freilich auch 2- und mehrsilbige, aber die erschienen begreiflicherweise nicht nachahmenswert. Der zweite Grund war prosodischer Art. Diese Lehrmeister, die nicht den lebenden Satzfall belauschten, sondern das einzelne W o r t an die Nadel spießten, redeten sich ein, der Anapäst . . • sei im Deutschen 'ein bloß gekünstelter Schritt, da er seine Füße und Tritte nicht aus einem einzelnen Worte, weil keines in unserer gantzen Sprache sich so anfänget, sondern aus zweien zusammen-gefüget und gleichsam zusammen-gekünstelt hat' (Zesen). In Wirklichkeit bieten zahlreiche Wörter: wiederhölt, übertrifft, unterfängt, hinterbringt; obenan, nebenaus, unerhört usw. usw. untadelige Anapäste 'aus einem einzelnen Worte', also gute 2silbige Auftakte. Im übrigen rechnet ja der Satzfall nicht mit Wörtern, sondern mit Silbengruppen, Kola (§ 65), und deshalb ergibt ebenso untadelige Anapäste und 2 silbige Auftakte die unzählbare Menge der Gruppen wie: ein verträg; das gest&n; mit der faust; wie das göld usw. usw. Von Zusammenkünstelung kann da keine Rede sein. Unsere Wortprosodiker aber nahmen diese Kola, die ein- und die mehrwortigen, als (oder mindestens ^ ^ _!): somit lieferten sie keine Anapäste und keine 2silbigen Auftakte. Eine Selbsttäuschung, die noch bei neueren Forschern begegnet (Brocks, Sapphische Strophe 27). Keiner zog doch wohl die Folgerung, daß solche Kola auch im Versinnern das = X X I X verweigerten. 1046. Damit hängt eusammen, daß manche Metriker von Neumark bis Gottsched, besonders eifrig Omeis 1704, die Be-

DIE

nennung 'Anapäste' dt. Zeilen X I & X X Der Amphtbrachys lich stehn Kola dieses ihr hirten '

KADENZEN.

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bekämpfen und für die wohlbekannten I X . . . den Namen Amphibrachen fordern. ist also bei uns X ^ X . TatsächBaues in den anapästischen Versen obenan: befehlet 1 den traurigen 1 herzen

X tf X 1 X tf X ' _X i< X X ' t X Ein ganzes Gedicht aber oder die ganze Versart beherrschen sie nie. Es handelt sich um die allgemeinere Frage, die wir schon in § 65, genauer bei den Jambotrochäen § 987 vornahmen. Die Kolongliederung ist das Gehörhafte, aber ewig Wechselnde an den Versen. Nach den K o l a kann man keine Versarten unterscheiden und benennen. Die Benennung 'anapästisch' will und kann nur besagen: 'auftaktige Verse mit 3silbigen Innentakten', n i c h t a b e r : 'Verse aus lauter Kola = X X wie etwa gute nacht gute nicht ruhet wöl 1 biß an tag. Dieses Beispiel gibt Omeis für Verse, die m i t R e c h t 'anapästisch' hießen. Das ist so, als gestände man den Namen jambisch nur Versen zu wie: vom möer ' aufs land vom länd ' aufs mier. Die ganze Willkür zeigt sich bei Neumark S. 5/7: ist 411er | rechtsch4ffe|nen Christen | tagtaglilche spiise; all ihr vcl|ker e r s c h a l l e t und w41|let und sin|get vor liist:

der erste Vers soll 5 Amphibrachen, der zweite 5 Anapäste haben; dabei enthält der erste ¿in amphibrachisches Kolon, der zweite d r e i — und k e i n anapästisches! Titz durfte also sagen, die Anapäste könne 'ein jeder nach seinem Gefallen'amphibrachisch abmessen (Zwei Bücher I 9 §22). A u c h bei d i e s e m Verfahren käme man auf die Artbestimmung: auftaktige Verse mit 3silbigen Innentakten. Zesen, Harsdörffer, Hadewig (übrigens auch Neumark an andrer Stelle) erklären zutreffend: der anapästische Vers u n t e r s c h e i d e t s i c h v o m d a k t y l i s c h e n , so wie der jambische vom trochäischen, d u r c h V o r s e t z u n g e i n e r Silbe. 1047. Die K a d e n z dieser Versklasse bewegt sich gewohnterweise in den vier bekannten Formen (Viertakter als Beispiele): 1. stumpf: wir lassen euch fürter nicht mehr

x l 5 < x x l ^ x x I J L a I /N/v 2. klingend: wir werden euch wieder bewohnen X I tf X X I £ x x I i l I fc /v oder: I ^ X ^ I /s ^ 3. einsilbig voll: es herzet und scherzet das flüchtige reh X L ^ X X L ^ X X L 5 < X X L ^ A 13*

PROSODISCHE ANSPRÜCHE.

4. zweisilbig voll: die nachtigall schlaget und schlürfet und

xltfxxl*xxl*xxltfx

s i n get

Also zwei männliche und zwei weibliche Typen. Aber auch die ganz ungestumpfte Füllung, dreisilbig voll (mit scheinbar 'gleitendem* Schlüsse), taucht vereinzelt auf (bei den Holländern kannte man sie). Morhof 1682 und Omeis 1704 erwähnen sie als Besonderheit Birkens: wird nun der himmel mich immer begnädigen, soll mir kein eiferer : , neidischer geiferer meine Zufriedenheit können beschädigen. Hier hat sogar der Gruppen S c h l u ß diesen 3 silbigen Takt (vgl. § 5i). Verse wie: preiset und rühmet ihn Ewiglich (Klaj) können inmitten von Viertaktern nur diese Messung haben. Also 2silbiger vorletzter T a k t : I JL X I % . Das stellt sie zu den Mengtrittigen. Wirklich gleitende Reime, d. h. dreisilbige mit 2 Hebungen, kann es im rein-daktylischen Verse nicht geben. Sprachbehandlung. 1048. Schon Buchnern war es klar, daß die 3 silbigen Innentakte einem Bedürfnis des dt. Spr^chstoffes entgegenkamen. So steht es nicht, daß unsre Sprache arm wäre an 'geeigneten Wörtern' (lies Silbengruppen) für den Daktylus! Zunächst waren es die Gruppen 1 — 1 , die der Jambotrochäus ausschloß (§ 996), der Daktylus willig aufnahm. Wo die Messung himmlischer auch vor folgendem Schwachton Bedenken erregte (ebd.), mußte man für diese unzähligen Wortformen die neue Versart als Zuflucht begrüßen. Dann die Gruppen herzeleid; glocke tönt; land erbebt. Die paßten zum Jambus (vor senkungsfähiger Silbe): als 'langkurz-lang* hätte man sie strenggenommen dem | | verbieten müssen. Aber das tat kaum einer; man folgte darin mehr dem Ohre. Ein Vers wie: die fflder die w i l d e r l u s t nimmer verhindert (Klaj) ist denn auch sprachgerecht, mag man nun als I X X X | oder als I w X I modeln. Reibungslos fügen sich die Gruppen als X X I ^ ein, und so erklärt Schottel ohne Not ein | Schmeichelei | als zulässig, ein | schießet los | als gut daktylisch. Endlich d i e Silbenfolge, die dem Auf und A b die ewige Beschwer machte (§994): — großvater; treu bleiben; obsiegen. Hier hätte man sich ja auf Opitz berufen können, das seien gute dactili (§ 936). Aber die meisten erklärten das doch für lang-

TONBEUGUNGEN.

STIMMUNGSWERT.

197

lang-kurz 1 , und nur mit Vorbehalt fügt Weise 1692 seinen alternierenden großvater-Exempeki dieses anapästische bei: ach sihet den freundlichen größvater än. D i e s e dreisilbigen Takte sind u n g l e i c h s e l t e n e r als die vorigen mit | wilderlust |. Das Gewohnte ist, daß man die als X I )>< X in den Vers stellt: . . . ihre schatzkämmer auftün (Zesen); ihr trägen goldbachlein, ihr hellen glasquälen (Birken). Also d i e g l e i c h e A r t T o n b e u g u n g , die schon der Jambus vorzog (§ 994). Auch buntblÄmichte; ankömmende usw. Danach fanden die im Jambus unmöglichen bereitwillig, gelindmütig Unterschiauf als X X I X X . Schottein dünkt ein: bleibe bereitwillig g6gen die freunde 'noch auf den nohtfal* verwendbar. Man beachte, die Entscheidung über die zwei Gruppen und fiel u m g e k e h r t als im a l t d t . Daktylus. Dort war das übliche Verfahren | gtietliehen |, aber herze-1 teit (§ 681). Stützte d i e s den Schluß auf die Taktform I J _ X I, so folgern wir h i e r , bei der Buchnerart, das dreiteilige I ]>< X X I bzw. | w X I• Genau dasselbe wird uns wieder beim Hexameter begegnen; dort werden wir die prosodischen Ansprüche des 3 silbigen Taktes näher betrachten (§ 1124). 1049. Der einsilbige A u f t a k t unsrer Versklasse stellt keine anderen Bedingungen als der des Jambus. Er nimmt ohne Anstoß sprachlichen Starkton auf: rotschwarzes wild pfiilt. Zu den alternierenden Maßen stimmt, daß die vorgeneigte Silbe manchmal satztonwidrig dem folgenden Kolongipfel die Hebung entzieht (§ 997): i t z t s c h l ä f t , was ärbeit und schmerzen ermüdet; d i r ewig schitternden Stirnen entbränt (Gryphius). In Paul Gerhardts 'Morgensegen' geht dies so weit, daß man den Liedanfang als jambisch mißdeuten könnte: Die güldne s

w

I

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w

I-L 1

IX X I IX X

-L ' I I

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I X xn I *

1082. Noch kühner aber ist, was Klopstock nach dem andern Endpunkt hinüber wagt: seine e i n s i l b i g e n Takte. Auch da muß man, um Verwandtes zu finden, in alte und unwelsche Schichten unsres Versbaus hinabsteigen. Schwerlich hat ein zweiter Dichter germanischer Zunge den einsilbigen Kurztakt, den gedoppelten Silbenwert, so bewußt und machtvoll in den Dienst des Ausdrucks gestellt — die Stabreimdichtung mit ihren Überlängen bleibt hier außer Vergleich. Bis 1764 hat Klopstock nur die uns bekannte halbschlächtige Art der einsilbigen Takte (§ 1058). Mit den 'Gestirnen' häufen sie sichEsplötzlich: tönet sein lob 1 feld und wald tal und gebirg Sponda 1764 Z. 3: flüchtig sprang, schlüpft er dahin; also wehn

I

I

l ^ w l i

1

IXX


ginge gegen den allgemeinen Odenbrauch (§ 1073) und klänge hier unglaubhaft. Der Dreiheber w w i X X f I XX stritte gegen Klopstocks Formel. Jonische Messung verbieten die Nachbarszeilen. Man versuche wieder das: w ^ ! X X I A ^ u I X X in die wunde 1 des verlaßnen. Wir glauben nicht, daß sich Klopstock einer Hebungspause bewußt war. Bewußt waren ihm die 'Wortfüße', die sprachlichen Kola: diese grenzt er durch seine Kommata ab, wenn auch wenig folgerecht. Aber es ist der Erwägung wert, daß er an diesen Kommastellen zuweilen eine metrische, für den Vers wesentliche Pause empfand und sprach. Auch die 'Sommernacht', jonisch gemessen, verlangt eine Innenpause in Z. 2, sieh § 1075. öfter scheint Klopstock diesen Zug zu verbinden mit Füllungswechsel. Darüber in § 1088. Das Neue an der Odenform. 1086. Unsre Proben geben einen Begriff, welche Fülle von Rhythmen die Ode in die dt. Buchdichtung hereinbrachte! Man kann nur staunen, welchen Riesenschritt der ¿ine Klopstock getan hat über den romanischen Versstil hinaus, der unsre anderthalb alexandrinischen Jahrhunderte in Banden hielt. Im Namen dieses Versstils verwahrte sich A. W. Schlegel gegen Klopstocks Formphantasie (Sämtl. Werke 7, 186): wo Klopstock 'ein starkes Übergewicht entweder von langen oder kurzen Silben hat erkünsteln wollen', da werde er am fremdesten, steifsten unverständlichsten; denn — 'unsre Sprache neigt sich fast durchgängig zu jambischen oder . . zu trochäischen Versarten'! So gesprochen kurz vor der Jahrhundertwende. Gottsched könnte Beifall nicken. Die fünf Jahrzehnte seit Klopstocks Anfängen

232

EINDEUTSCHUNG FREUDER TAKTARTEN.

scheinen umsonst gedichtet zu haben . . . Wie anders klingt, aus denselben Jahren, Herders Empfänglichkeit für das, was Klopstock neues spendete! (Über Kl.s Oden 1798; 1. und 7. Brief über das Lesen des Horaz 1803.) Nun gilt aber, was wir zu der früheren Zeitspanne bemerkten (§ 1062), ungeschwächt von den so viel reicheren Formen Klopstocks: A l l diese Bausteine, die Auftakte bis zu 3 Silben, die Innentakte von einer bis zu 6 Silben, die sind oder waren auch dem kerndeutschen Verse geläufig ohne alles Zutun Pindars oder Horazens. Aus den Knittelversen von 'Künstlers Erdewallen* kann man in langer Reihe Zeilen ausheben, die, jede für sich genommen, dicht neben die reichsten Odenzeilen träten (§ 1209); nur müßten es vier taktige Odenzeilen sein. Damit ist gesagt, daß dieser odische Reichtum unserm angeborenen Versgefühle durchaus faßbar und genießbar ist. Man braucht in keine metrische Geheimlehre eingeweiht zu sein, um diese Rhythmen lesend und hörend nachzuerleben. Den falschen Ruf der Ode, ihr Vers sei von Grund aus fremdländisch, undeutsch, verschuldeten die täuschenden Schablonen und die gelehrt protzenden Fußnamen. Die bedauerliche Fußmythologie, die wir in § ioöof. beleuchteten, blieb auch nach 1747 in voller Kraft; sie wurde um so mythischer und nebelhafter, als die Zahl der Füllungstypen zunahm. Sie gipfelt in Klopstocks Aufsätzen und in seiner Ode 'Sponda' 1764: da treten der Daktylos und der Choriambos, der Kretikos, der Pyrrhichios und der Didymäos zu frostigem Gespensterreigen zusammen. Ob man bei diesen Namen an cWortfüße> denkt oder an Versglieder, oder ob man — der gewöhnliche Fall — die beiden Begriffe trüb vermengt: diese Mythensprache hat Klopstock, Moritz, W. Schlegel und ihre kleineren Nachfolger gehindert, die erlebten Rhythmen zu Anschauung und klarer Abbildung zu führen. Auch bei Voß und Apel, die zu dieser Klarheit durchdrangen, dauerte der entscheidende Irrtum: diese Choriamben, Kretiker usf. seien etwas besondres, aus den Alten zu erlernendes, wovon dem dt. Volksvers nichts träume. In ihren Augen war dies ein hoher Vorzug des gelehrten Verses: bei den Außenseitern wurde es zur A n k l a g e , die Ode zwinge dem Deutschen eine unverständliche Formensprache auf. 1087. Unverständlich wäre sie, hätte man die antiken Rhythmen mit ihren Feinheiten der Taktart nachgebildet. Aber dies hat von Schottel bis R. A. Schröder keiner getan, die Rigoristen sowenig als die Latitudinarier!. Die Umsetzung in unsre vertrauten Taktarten (§ I074ff.) war jederzeit eine selbstverständliche Notwendigkeit, je unbewußter, desto gebieterischer. Und

NACHAHMBARKEIT DER ALTEN. nur darauf

kommt

es a n ,

daß

diese

233

eingedeutschten

Verse

uns

v e r s t ä n d l i c h seien. D a n n ist aber der grundsätzliche U n t e r s c h i e d v o m deutschen Volksverse

nur

der:

daß

unsre

Odenzeilen

gleiche

Bausteine

( F ü l l u n g s t y p e n ) an gleicher Stelle starr wiederholen. Darin

liegt das ' K ü n s t l i c h e ' , d a s der O d e n f o r m nicht

streiten ist.

abzu-

D i e s h a t G o e t h e , Schiller u n d so viele v o n der O d e

ferngehalten.

Versarten m i t starrer F ü l l u n g haben w i r zwar a u c h

sonst g e n u g : die jambisch-trochäische anapästische

Familie.

Aber

da

kehrt

u n d die rein ¿in

daktylisch-

Takttypus

wieder,

I i i X I oder I & X X I: d a s g e h t sogleich ins G e f ü h l ein. w o gewisse

Liedformen

mehrerlei T a k t i n h a l t e

starr

b e n i m m t die W e i s e den E i n d r u c k des K ü n s t l i c h e n . man

a u c h den schlichteren

Odenmaßen,

im

regeln,

Und da

D o c h wird

G r u n d e allen

aus

H o r a z ü b e r n o m m e n e n , zugestehn, d a ß es keine Jahre der Ü b u n g braucht,

um

sie

gefühlshaft,

ohne

nachzählenden

Finger,

zu

handhaben! Meineke, der Voßverehrer ('Der größte Meister in der dt. Metrik ist ohnstreitig unser Voß'), widerrät Anfängern, sich 'in solchen altgriechischen Rhythmen zu versuchen*. Denn dazu gehöre 'ein sehr feines, an den Wohlklang dieser R h y t h m e n schon gewöhntes Ohr, tiefe Sprachkenntnis, die genaueste Bekanntschaft mit dem prosodischen Werte jedes Redeteils, ja, jeder einzelnen Sylbe. überhaupt mit allen Geheimnissen der Metrik, und außerdem ein musikalisches Genie'. Das ist etwas viel. Damit baute man eine hohe Mauer zwischen Ode und Volksvers. (Die Verskunst der Deutschen 1817 2, 206). Noch 60 Jahre später lesen wir bei Westphal (Nhd. Metrik 211): seit V o ß verstehe es auch der dt. Dichter, trochäische und anapästische, mit Spondeen wechselnde Metra nachzubilden, doch vermöge er 'ohne die Unterweisung der Schule sich in den griechischen Metren nicht kunstgerecht zu bewegen'. W h . Wackemagel, Kl. Sehr. 2, 16, bemerkt ganz fein, 'daß wir bei unseren Nachahmungen antiker Maße m e h r n a c h z u a h m e n g l a u b e n , a l s w i r w i r k l i c h t u n ' . Das ist die triebhafte Eindeutschung. W o sie beginnt; wie weit sie abgeht von den alten K u r v e n : um dies genau zu sagen, müßten wir mehr sicheres Gehörerlebnis haben vom Verse der Griechen und Römer. E s scheint, am treuesten zum Vorbild hält unser Joniker (§ 1075); sonst zeigt sich wohl überall Verschiebung in den Zeitwerten. W e n n wir aber dieser Eindeutschung gerecht werden, dürfen wir nicht mehr summarisch behaupten, die schweren Versgebäude tragischer und komischer Chöre könnten wir deutschem Ohre nicht genießbar machen. Den Gründen, die 1. c. 3 dartun sollen, daß wir 'echt antike Verse' nicht machen können, fehlt die allererste Voraussetzung der Klarheit: die Einsicht, daß Gegenstand der Nachahmung n i c h t a n t i k e S i l b e n k e t t e n sind m i t ihren s y n t a k t i s c h e n , p h o n e t i s c h e n , prosodischen E i g e n s c h a f t e n , vielmehr einzig und allein d e r a b s t r a k t e Z e i t f a l l a n t i k e r V e r s e — soweit wir diesen Zeitfall zu kennen glauben und soweit er uns bei dem Stande unsrer musischen Erziehung faßlich wird. Auch dieser Stand kann sich heben und senken; das rhythmische Feingefühl ist sowenig eine dauernde Größe als andre Volkseigenschaften. Wieweit Klopstock in dieser grundsätzlichen Frage daneben griff, zeigt u. a. seine Ausführung vom Jahr 1770 bei Back u. Sp. 3, 25of. Er denkt an die ungleiche Verteilung der Längen und Kürzen im griechischen und deutschen

234

B E S O N D E R E FORMEN B E I

KLOPSTOCK.

Sprachstoff. Dabei rächt sich der alte Irrtum, als seien unsre Stammsilben lang, die Endsilben kurz. In der Skizze Scherers, K l . Sehr. 2, 364ff., stecken vortreffliche Einsichten; die Irrtümer ruhen letzlich darauf: er rechnet zu viel mit Silbenketten, mit grammatischen _ und w bzw. / , 1. und zu wenig mit sinnlichen Rhythmen, mit dynamisch gegliederten Zeitverhältnissen. Sein Hauptergebnis: deutscher Hochton und Tiefton entsprechen der antiken Länge, deutsche Unbetontheit und Lautschwäche der antiken Kürze: dies öffnet immer noch den Fehltritten von § 1091-97 die Tür! Nietzsche schreibt 1884 (Werke 18, 336): *Es ist ja kein Zweifel, daß unsre dt. Dichter „in antiken Metren" damit vielerlei rhythmische Reize in die Poesie gebracht haben, deren sie ermangelte (das Tiktak unserer R e i m - P o e t e n ist auf die Dauer fürchterlich): aber ein Alter hätte nichts von d i e s e n Zaubern gehört, noch weniger aber geglaubt, dabei s e i n e Metra zu hören*. Damit zielte jedoch Nietzsche nicht auf unser Verschieben der Taktarten, sondern auf den vermeintlichen Grundgegensatz: daß dem musischen Zeitfall der Alten dynamische Gliederung gefehlt hätte (vgl. § 97).

B e w e g l i c h e F ü l l u n g bei K l o p s t o c k . 1088. Nur aus Klopstock kennen wir eine Erscheinung, die wir am besten hier unterbringen, obwohl sie aus der Artbestimmung des 'Odenverses' hinaustritt. Der Dichter verwendet einige Gattungen beweglicher (unstarrer) Füllung. Die einfachste ist die: Dem Asklepiadeischen Zwölfsilbler (Maecenäs atavis . . .) und den mit ihm gepaarten Acht- und Sechssilblern stellt Klopstock gleich in der ersten Ode und dann noch I2mal den 3silbigen Eingangstakt neben dem 2silbigen frei. Offenbar Angleichung an Hexameter und Pentameter. Die Vierzeiler Hör. I 5 und 6 enthalten sich bei Klopstock dieser Freiheit. Dagegen erscheint sie wieder in zwei späten Tönen: 'Das Bündnis' 1789, 'Mein Irrtum' 1793. Schwieriger ist ein zweiter Fall. Sechs der neuen Töne in zusammen 20 Oden legen die Annahme nahe, daß eine, auch zwei Zeilen wechseln zwischen . . l l l ^ ' u u l . . und . . I X X I /v. w w I • . u. ä. (vgl. § 294). Die Formel zeichnet zwar zweierlei Füllung an, aber leider gar nicht eindeutig! Wir beschränken uns auf ein Beispiel. 'Mein Irrtum' 1793 ( = 'Erinnerungen' 1794) gibt der 3. Zeile die Zeichen: v ^ ««/ _

v

(

)

v-/ —

v-/

Das ^ an vierter Stelle liegt vor in i s : bei den malen der geschichte; das _ in 5 a : ist ihr herz fels und ihr auge. Wer Klopstocks prosodischen Stil kennt, weiß sogleich, dieser letzte Vers kann kein Zweiheber sein: w w l v ^ u ' w u l x x . Die gegebene Messung ist die 3hebige: w v ^ I j - I >< 1 w w

I X. X

Sprachbehandlu ng .

235

Danach dächte man für i 3 an die ebenfalls 3hebige Form: w ^ l ^ x l k x l ^ x . Aber dies bekäme doch bei Klopstock die Zeichen: Ziehen wir nun die letzte Versprobe aus § 1085 heran, eine übereinstimmende Zeile, nur ohne das (_) im Schema, dann kommen wir auf die Messung: v^w IX X I

I X X

Die weiteren Fälle dieser Art sind (wir nennen zu jedem Ton nur den ersten Vertreter): Die Gestirne 1764 Z. 4; Die Zukunft 1764 Z. 2 (und 3? In dem 'Sieger* 1795 nur Z. 2); Aganippe und Phiala 1764 Z. 4; Ästhetiker 1782 Z. 2; Delphi 1782 Z. 2. K a u m Unsre Sprache 1767 Z. 1.

1089. Dann bleiben noch diese drei Unica. Der 3 strophige c Vorhof und der Tempel* 1765 kann nichts andres sein als drei sehr ungleiche Töne, durch je eine Strophe vertreten. Derartiges kam bei den Meistersingern vor (§ 861); man könnte auch an den Leich erinnern (§ 830). Die drei Töne haben die Art gleichzeitig entstandener Messiaschöre; von den Freien Rhythmen entfernt sie die stetige Taktzahl innerhalb des Tones. 'Der Kamin* 1770 besteht aus 43 Zweizeilern mit fortwährendem Gruppensprung. Die Anverse entfallen, von der Zweiheit männlich-weiblich abgesehn, auf 9, die Abverse auf 4 Typen, wobei auch die Silbensumme um 1-2 schwankt, ja die T a k t z a h l zwischen 3 und 4 wechselt. Eine Formel versagt der Dichter, und was er bei Back und Sp. 3, 5öff. äußert, läßt uns so klug als wie zuvor. Doch ist es nicht etwa die Art der Freien Rhythmen. Das metrisch rätselhafteste Gedicht unsrer Literatur dürfte 'Das Gehör' 1783 sein. Auch hier Zweizeiler; der Abvers stets X IJ. I X I t . das graunvolle der wähl; der Anvers um so bunter. Die vorgedruckte Schablone leistet das denkbare, uns im Dunkeln zu lassen. Auf die 20 Verse scheinen 7 Metra zu kommen; darunter so gegensätzliche wie Str. 7 der geflüchteten wölke, die dönnernd sich wälzt, daß die htitte b^bt, und Str. 8 und laut wirbelnd stürmwind an telsklüften h^rbräusen, nicht wäldgerausch! Die Taktzahl beträgt 6, 7, 8, 9 und 10. F e s t aber bleibt außer dem Schlüsse I w w I )< X I & die S i l b e n s u m m e (17)! Dies trennt scharf von allem, was man Freie Rhythmen nennen könnte. Starre Silbensumme und zugleich bewegliche Taktzahl: für diese Verbindung geht uns das metrische Fachwerk aus! Man vergleiche § 53. Was sich Klopstock dabei gedacht haben mag? Sprachbehandlung. 1090. Deutsche Verse stehn unter ¿inem Sprachgefühl, mögen sie Oden heißen oder anders. Nachdem wir uns eingeschärft

236

SCHWÄCHLICHE

SCHLÜSSE.

haben, daß gleiche Füllungstypen der Ode wie dem Knittel eignen, bedarf es keines Unterstreichens, daß auch die S p r a c h behandlung gleichen Rücksichten folgt. Die dt. Ode braucht die wägende Sprachbehandlung genau wie alle andern Verse in germanischer Zunge. Waren die Lehrmeister, von der Formel geblendet, des Glaubens, sie brächten die höhere Kunst des Messens herein, so täuschten sie sich zum Schaden ihrer Verse. Sobald sie gegen das schlichte Gefühl nach Lang und Kurz, nach Sylbenmessung fragen, setzt es jedesmal ein Weniger an Sprachschonung. Vgl. § 94- 942 fWenn Klopstocks^ Alkäische Erstlingsoden ein paarmal den jambischen Verseingang durch X ^ I ersetzen: sendet vom hfmmel . . ., ist das keine prosodische Entgleisung, einfach ein sorgloses Abweichen von der Formel, bewirkt durch den daktylisch anfangenden Schlußvers des Tones. Die viel zahlreicheren Fälle, die Schuchard 1. c. 43ff. herrechnet (stolz mit Verachtung..; dreimal dich segnen . .), gelten uns als vereinbar mit dem Eingang X I X X » sieh $ 1097. Klopstocks metrisches Feilen an seinen Jugendoden zeigt ähnliche Züge wie das am Hexameter (§ 1106): unverfrorene Formsprengsel verschwinden, und papierene Bedenken steigen auf. Das untadelige: ¿inst wirst du trimmer siin wird zu dem weniger deutschen: triimmer wirst ¿inst du sein. Gute Proben bei Atkins, German versification 179; Brocks, GRMon. 1925, 36gff.

1091. Zu den Folgen des trüben Vorstellungsbildes gehört schon die unverhältnismäßige Zahl männlicher Schlüsse auf -3-: und der jünglinge herz 1 schlug schon empfindender. Allein auf den 'Zürchersee' kommen 8 solche Schlüsse. Bei Ramler wimmelt es davon. Eine Sprachkränkung ist es nicht ohne weiteres; im Jambus stößt es uns nicht (§ 1001). Aber der Odenvers mit seiner bemessenen Kurve drängt mehr als der Jambe auf Dichtigkeit, auf pralle Hebungen (§ 991. 1142), auch im Ausgang. Unsern Dichtern kam die alberne Formel in die Quere. Für die Kadenzen d. h. I £ X I i nahms einmal noch buchstäblich mit dem ^ - S c h l u ß und brachte einen Tyrrhichius' dafür auf: willst dü zu ströphen werden, o lied, öder || Das ist also keine 'stilistisch fein motivierte' Tonbeugung (Saran, DVersl. 326), sondern Abhängigkeit vom mißverstandenen Zeichen. Seit Voß schrieb man für diese Schlüsse nun wohl . . _ ^ _ ; aber aus der Schule wußte man, der letzte Strich war eine

SCHWÄCHLICHE EINSILBIGE T A K T E .

237

'anceps' Nach dem alten Rezept: für den Strich eine starke Silbe, für den Haken eine schwache, durfte man also beiderlei gebrauchen — trotzdem es eine zweifellose Hebung war! So bliebs beim Alten, auch bei Platen noch. Übers Maß begünstigt Hölderlin diese schwächlichen Ausgänge. Vgl. Brieger, Beitr. 26, 273ff.; Schuchard 1. c. 53ff. 77. Das Gegenteil: Bildung der w e i b l i c h e n Schlüsse mit sprachlichem (hochbaus) hat sich besonders Strachwitz in seinen zwei Oden auferlegt. Ein zweites Kadenzenleiden, die v o r g e n e i g t e Schlußsenk u n g , fließt nicht aus der Formel, sondern übertreibt die von Horaz so geliebten Zeilensprünge, dergestalt daß der Vers auf seinem letzten Fuße bedrohlich ins Wackeln kommt. Die vorgeneigte Silbe strebt dahin, wo sie gehört, zum Iktus des nächsten Verses, also aus i h r e m Verse hinaus: So ruht, so kdhlt die liebe sich, die C|| dröben und drunten nicht gleiches findet. In wilden Blankversen trübt dies kein Wässerchen (§ 1024); aber das Krystall der Ode . . .! Hölderlin empfindet hierin keine Hemmungen; man möchte wissen, wie er seine Alkäische Ode 'An Eduard' hersagte; uns anderen zerbricht sie auf den Lippen. Aber auch Platen hat schwer verantwortbare Fälle. Man beachte, daß solche Schlüsse die Aufrundung der 5 hebigen Zeile zum Sechstakter unmöglich machen. 1092. Auch der e i n s i l b i g e T a k t , diese wertvolle Errungenschaft der Ode, litt unter den Mängeln des Rhythmenbildes. Die Abbildung mit I _L I, unter Umständen I X ^ I, hätte schon das Auge darauf geführt, daß da ein größerer Zeitwert ist; daß darum die Silbe entweder einen tiefen Schnitt nach sich haben oder an Nachdruck der folgenden Hebung mindestens gleichkommen muß. Aber die Schablone gab a l l e n Hebungen das gleichförmige _! So stolpern wir schon bei Ramler über die: kber zittere, w6r Libers geschink . .; ünd ein löichtsinn, der m i t gläserner brüst . . . So kann Platen die Linie X I -L I X IX sprachwidrig bilden mit: da v o l l stolzen frosts. Dem deutschen Leser, der eher noch 4 silbige als einsilbige Innentakte versteht, konnten die Odendichter den einsilbigen nur dann nahebringen, wenn er zwanglos aus dem Satzfall hervorwächst. Unsre Beispiele in § 1082 gentigen dem; ein wenig guten Willen darf man ja vom Leser verlangen. Gegen die Zeile der 'Frühen Gräber' (ebd.): du entfliehst ' ? ¿ile nicht bl&b, gedänkenfr£und! halte man nun die der zweiten Strophe: wenn ihm tau, hell wie licht, aus der locke träuft. Da wird auch der Gutwillige schwer anders lesen als: w w I I >< X l ^ ' w u l

238

K Ü R Z E IN

HEBUNG.

X I Und gar die Zeile der 3. Strophe: o, wie war glücklich ich, als ich noch mit euch, die würde Wenige dazu bringen, dem war und dem ersten ich einen ganzen Takt zu gönnen. Man nehme noch aus Platens Nr. 17: wiederum schließen sie mich friedlich ein; sei es nun liebender drang oder seis: das fällt jedem zunächst vierhebig ins Ohr. Linie:

Für die öhebige

wünschten wir mehr tonstarke Gipfel. Wir verteidigen damit nicht das natursüchtige Hersagen, das den Formwillen des Urhebers glaubt mißachten zu dürfen. Nur wäre es Sache der Dichter, den gewollten Zeitfall so zu verwirklichen, daß wir Leser ihn als idealen Ausdruck der Silbenreihe spüren. Der B a n k b r u c h der

Strich-Haken-Formel.

1093. Bisher aber waren es noch keine harten Sprachverstöße, d. h. Ton Verdrehungen. Auch solche jedoch haben den Weg der Ode steinig gemacht, haben so manchen ungelehrten Schönheitssucher aus dem Garten der Ode gescheucht (Baesecke, Zschr. für Ästhetik 2i, 136). Es handelt sich um die Längen in Senkung. Wir können hier oft Berührtes rasch auffrischen. Bis zum Jahr 1764 begnügte man sich mit Formeln, worin jede Länge (_) eine Hebung, jede Kürze (J) eine Senkung vertrat. Diese harmlosen, fußangelfreien Formeln blieben auch später sehr verbreitet. Man gab sie seit Buchner sprachgerecht wieder, indem man für die Hebung die stärkere, für die Senkung die schwächere Silbe setzte. Die falschen Namen: 'lang 1 für die stärkere, 'kurz* für die schwächere Silbe, änderten nichts daran, daß für die Hebung eine hebungsfähige, für die Senkung eine senkungsfähige Silbe eintrat. Und dies war das richtige. Nun gab es aber auch antike Füße mit Kürze (J) in Hebung, mit Länge (_) in Senkung. Vor denen mußte der gewohnte Kompaß versagen. Denn hier fielen die Größen auseinander, die in den harmlosen Formeln eine Einheit bildeten: Kürze und Senkung; Länge und Hebung. Das richtige Verfahren wäre gewesen, a u c h h i e r für die Hebung eine hebungsfähige Silbe, für die Senkung eine senkungsfähige zu verlangen. Denn die vernunftgemäße Gleichung lautet nicht: 'antike Länge = deutschem Starkton', sondern: 'antike Hebung = deutscher Hebung = deutschem Starkton 1 . Die Gegenwerte sind beiderseits dynamisch.

L Ä N G E IN

SENKUNG.

239

Allein, die B e g r i f f e Hebung und Senkung fehlten! Man wußte in den Formeln nur von Länge und Kürze. So kam man notwendig auf den Irrweg, für gehobene ^ eine schwächere, für gesenkte _ eine stärkere Silbe zu fordern. 1094. Metra mit gehobenem ^ spielten in deutscher Nachdichtung eine verschwindende Rolle. Uns genügen zwei Proben. Ferd. Solger (1780-1819), der sich und anderen als gewiegter Kenner galt, lieferte den kuriosen Anapäst: niedergeschlagenes wehklägegestöhn. Warum nicht? Die Formel zeigte doch:





/

-

f

X cr X

e r

r s

c r-

Berühmter wurde eine Musterzeile A. W. Schlegels. Den Verseingang _ ^ ^ ^ (d.h. _-lwwL_) meint er deutsch wiederzugeben durch: fröhlicheren festtanz. Nach der allgemeinen Irrlehre logisch; denn fröh- = Länge; li-che-ren — drei Kürzen; fest-tanz = zwei Längen. Bedenkt man die Ikten und damit die Gehörform, so zeigt sich, daß der R h y t h m u s , X I >< X X I X> grell ton widrig verwirklicht ist. Die Frage: können wir gehobene Kürzen nachbilden ? beantwortet sich mit: selbstverständlich! Wir brauchen einfach hebungsfähige Silben dazu. Die nehmen ja mit dem Viertel, dem Achtel und was man will vorlieb! In unserm Falle: denn fröhlichen festtanz = X I X X X I -L X I oder, was keinen Unterschied macht, = Gesetzt der Fall, das: ?TI ßp€(po?, h\ veov, 2TI 601X05 bei Euripides hatte die Form: 1 diesen Zeitfall gäbe, von der Kolongliederung abgesehn, die von 'Längen* starrende Zeile (ein 'börstenumstärrt schwein' würde Vater Voß sagen): wenn des dölches schärf am hölzklotzpflock sich abstumpft zwar zungentumerisch-kakophon, rhythmisch aber tadelfrei wieder. Der Spondeenwahn. 1095. Viel bedeutsamer wurden die gesenkten _; d. h. der (fallende) Spondeus \ |. Der kam ja in allen Mustern der Odenfamilie vor. Vom Hexameter ist hier noch nicht die Rede. Das Paar Trochäus | | : Spondeus | | glaubte man im Deutschen nachzubilden mit | volle | : | vollmond |. Auch dies nach der herrschenden Lehre logisch; denn -3 war eine Kürze (oder deren Gegenwert), -mond eine Länge (oder deren Gegenwert). Was sagt das Ohr dazu? Im geraden Takte sind sowohl | volle | wie | vollmond \ ein I X X I: beides sind S p o n d e e n , d. h. 1 : 1 (§ 975). Das Mehr an sprachlichem Nachdruck in -mond bedingt keine meßbare Änderung der Zeit Verhältnisse.

240

FALSCHE

SPONDEEN.

Dann im Tripeltakt: da k a n n man | volle | als I __L X I und | vollmond \ als I "k - X-1 unterscheiden, und so haben es manche seit Voß verlangt. Aber das ist eine Klügelei ad hoc; man w i l l den Spondeus um jeden Preis festhalten! Kein imbefangener Hersager, kein Tonsetzer würde die Zeile: den völlmond steigen bläßgelb Überm wald geflissentlich formen zu: i X ! >< X I w w I * X I X X ! In andern Fällen können diese Irrwische viel mehr Kopfzerbrechen machen. Man versuche es mit den zwei Platenschen Zeilen, Nr. 10,1 und 2. Festgesang 3:

Wieviel Takte wohl darin stecken ? Bei Klopstock wären es dort acht, hier neun. Aber Platen kennt den Strich in Senkung, je mehr je lieber! Erst ein Studium der Texte, erschwert durch die vielen falschen Spondeen, lehrt uns die Formel enträtseln. Der Zeitfall ist gar nicht so rar, wie es den Schein hat, nämlich: x l ^ ^ w l ^ ' x l x ^ w l ^ x l ^ ; Was den Römern recht, ist den Arabern billig. Rückert 6, 5 setzt über 'Dschemils Liebesklage' die Zeichen: w Das w w sieht auch wieder unheimlich antispastisch und molossisch drein 1 Nun, die dt. Verse sind eingängige Langzeilen 8 v + 8 k , die Anversgrenze beweglich (von diesem anweisungsbedürftigen Punkte schweigt die Formell), meistens aber 4 v : Was (st mir? ich wline nicht ?|| und ¿twäs im wilde seufzt? und i c h , mich Verlässen h&t 11 vom wuchst die f4ine I

1099. Bei Klopstock kommen — erst seit 1764 und zum Glück nur in einem Teil der Schablonen — besondre Fußangeln dazu. Die Kommata, die in 'Wortfüße' gliedern, wären nicht zu schelten, machten sie es nur klar, wo sie eine Hebungspause meinen! (§ 1085.) Das Schlimme sind die eingeklammerten Striche und Haken. Wo die mit den Kommata zusammen wirken, kann die Mehrdeutigkeit hoffnungslos werden. Diese Verwicklung zeigt in Z. 4 der Grundriß zu 'Aganippe und Phiala* 1764: (-) — — ^



_ww 16*

244

HEXAMETER VOR GOTTSCHED.

Man verdenkt es keinem, wenn ihn dieser Stachelzaun vor dem Eingang kopfscheu macht. Da der gleiche Ton in drei Oden wiederkehrt (mit nicht begründeten kleinen Änderungen im Schema), haben wir breiten Stoff zur Ergründung der wahren Form. Es ist die folgende. Die Klammern vorhin in Z. i und 2 bedeuten nur freigegebene Senkungslänge. Zu dem Formwechsel in Z. 4 vgl. § 1088. w w l

>< X l ^ w w K ' X l X I l ^ u u l -L I k X I >< W W I x ^ I /s x l * ^—' ^ ^ 1 X v ' v—• I _L I w ^ y I -L \ ^ 1w w IXX I oder: I t X I Str. 1

Wie der Rhein im höheren täl fern hörkommt, rauschend, als käm wäld und felsen mit ihm, hochwögig erhebt sich sein ström, wie das w61tm£er die gestade . . . 24 wird er silber /\, das emporstäubt.

50. Abschnitt: Der Hexameter und seine Sippe. 1100. Warum hat das berühmteste der antiken Versmaße in der deutschen Dichtung so spät Wurzel gefaßt ? Versuche mit dem Hexameter reichen ja bis ins 14. Jahrh. zurück (§ 958). Aber das waren die unwägenden Irrtümer, denen seit Opitz nur Sonderlinge anhingen. Die Jünger der neuen Prosodie haben den Vers Virgils noch weniger umworben als die Horazischen Odenmaße. Ein paar kleine Schulproben von Birken 1679, Weise 1692, Hunold (| 1720), einem Ungenannten 1708, dann ein Festgedicht von Heraus 1713: das ist vor Gottsched alles 1 ). Es sind lauter Distichen (Hexameter -f- Pentameter); wohlgemerkt stets mit Reim. Im Geburtsjahr Klopstocks bescheinigt Neukirch (Anfangsgründe 28), daß es mit den Hexametris und Pentametris noch weniger fortwolle als mit den Anakreontischen, Sapphischen und Alkäischen Versen. Seitdem man die mengtrittigen Zeilen kannte, brauchte die Verbindung 2- und 3silbiger Innentakte nicht zu stoßen. Schreckte aber das eigentliche Merkmal des Hexameters ab, der f r e i e Wechsel dieser beiden Takttypen, dazu die wechselnden S c h n i t t e , dann hätte man immer noch ¿ine Füllungsform auswählen und starr durchführen können; damit rettete man die feste Silbensumme und -Verteilung, den Leitsatz des ganzen Zeitraums. Ähnlich verfuhr der Däne Anders Arrebo im Eingang seines

HEXAMETER

VOR

GOTTSCHED.

245

Hexaémerons (vor 1637): er verallgemeinert zwei echte Hexametertypen, beide zu 14 Silben 2 ): 2 ^ ' 1 | 1 . 2 . 3 . 2 (mit Kreuzreim in Zäsur und Kadenz) 3-2.

blänkt din klaedebon ér din' haenders giérninger ljüse, néppe dem Phóebus séer fyr hànd flux läder sig kiüse. Mit dieser rhythmischen Regelung mögen die 2 Hexameter Hunolds zufällig zusammentreffen. Von den übrigen dt. Proben befolgt nur die von 1708 die feste Silbensumme, hier mit lauter dreisilbigen Innentakten. Gleichförmige Zäsur haben nur noch die Verse Weises: wie Arrebo nach der 3. Hebung, aber die 2 Anfangstakte doch wechselnd zwischen 4 und 6 Silben. Als Einwand gegen die Form erscheint bei Morhof 1682: daß 'die Verse allzu lang und die pedes sich allzu oft ändern 1 . Es k a m aber wohl etwas dazu : die halbklare Vorstellung, der Hexameter heische seine besondre Sprachbehandlung, irgendwie nach Geßner hinüber; sieh § 961. A m meisten fällt es bei Omeis auf ( 2 83), wie er zuerst für die Sapphischen, Phaläcischen . . . Maße gewohnte wägende Beispiele gibt und dann ohne Aufhebens die Hexametros mit zwei Zeilen Geßnerscher Sorte belegt. (Sie stehn bei Wackernagel 2, 58). Jedenfalls ist Deutschland viel später als England und Schweden zu wirklicher Dichtung in Hexametern gekommen 3 ). 2) *) Wackernagel, K l . Sehr. 2, 54 ff. Rosenberg, Aandsliv 3, 523; Paludan, Renaissancebevsegelsen 157 ff. ; Sylwan, Den svenska versen 41. Nahe Verwandte sind die Verse, die ein Kriegergrab in Belgien 1914 erhielt; auch da m a g man Achttakterlangzeilen empfunden haben ( x \ 4 s | A 4 k und / \ 4 k | A4s): das würde die Eindeutschung verstärken.

Deutscher, entblöße dein haupt du stehst an heiligem orte 1 kreuze, von lorbeer umlaubt verkünden gewaltige worte: helden, gefallen im ringen 1 um Deutschlands ehre und sein — nie wird ihr name verklingen ', geheiligt sollen sie sein. 3 ) England erlebte vor und nach 1600 einige wohlgeratene Vertreter; dann gabs eine lange Unterbrechung bis zu dem Klopstocknachahmer T a y l o r (geb. 1765): Wölk, Gesch. und K r i t i k des engl. Hexameters 1909; Brotanek, Arch. f. n. Sprachen 133, 87ff. (2 wägende engl. Hexameter v o m Jahr 1011); Herzfeld, William T a y l o r von Norwich 37 ff. In Schweden heben sich Stiernhielms sprachgerechte Hexameter (gegen 1650) steil über die vorangehenden ungewogenen Stümpereien: Sylwan 1. c. 69ff.; Neckel, Litteris 4, 18. Holland stellt sich mehr zu Deutschland: der Zeitraum v o r Klopstock bringt es bloß zu Lehrplätzen, wägenden und andren; ein wirkliches kleines Gedicht sind nur (nach gütiger Mitteilung von Dr. Fr. Kossmann) die 9 brieflichen Distichen des Const. H u y g e n s 1626, wovon eines bei Kossmann, Nederlandsch Versrythme 53.

1101. In die Jahre dicht vor Klopstocks Anfängen fallen ein paar Versuche in Hexameter-Ersatz. Sämtlich reimlos. Wie Arrebo legen sie den Schnitt im 3. Takte fest und sieben einzelne

246

HEXAMETER-ERSATZ BEI U Z , RAMLER, KLEIST.

Innentypen heraus. Zugleich aber geben sie einsilbigen A u f t a k t bei, und das kann man nicht anders verstehn, denn als Anpassung des alten Heldenverses an den neuen: wir vernehmen hier Mischlinge von Hexameter und Alexandriner I Der Bluteinschlag vom zweiten verstärkt sich, sobald wir die mittlere Hebungspause bewilligen; was manche dieser Zeilen recht nahelegen. Uz 1742 machte Eindruck mit dem Verse seiner Frühlingsode. Die Strophe bringt 2mal die Gruppe: i< 1 X I X I -k w w i X X X I X I w w I X w w I }< Ich will, vom weine berauscht, die lust der erde besingen, ihr schönen, eure gefährliche lust. Nach dem Taktrahmen erinnert dies an zwei Horazische Gruppen: das Alkmanische Maß (I 7) und das 3. Asklepiadeische (I 3) mit Umdrehung der beiden Glieder. Ramler tat den Schritt zu mäßiger Füllungsfreiheit: seine 'Sehnsucht nach dem Winter* 1744 stellt dem Sechsheber im 1. und 4. Takte zwei und drei Silben frei. Dies übernimmt später Cronegk; auch den Vierheber wandelt er ab: teils durchgehendes i - 3 - 3 - 3 - 1 . t e ii s wieder 2 oder 3 Silben im ersten, selten im 2. Takte. In der Ode an den Herrn von Gleichen 1754 gibt Cronegk Reim bei, und in D e m Frieden* setzt er, ebenfalls mit Kreuzreim, nach 3 Sechshebern einen Zweiheber X I ^ X X I ^ • Weitere Spielarten ersinnt Zachariä (Poet. Schriften 3, 28 bis 109 passim). Auf Ramler folgte E. Chr. von Kleist. 'An Herrn Rittmeister Adler* 1745 kehrt zu Uzens starrer Füllung zurück, paart aber mit dessen weiblichem Sechsheber den gleichgebauten männlichen: dies konnte das antike Distichon wie den 'elegischen* Alexandriner (§ 1010) vertreten. In dem umfänglichem 'Frühling*, begonnen 1746, führt Kleist wieder den weiblichen Sechsheber durch, nun aber mit mehr Füllungsfreiheit der Innentakte: im 1., 3. und 4. Takt wechseln 2 und 3 Silben; der dritte hat, wenn 3silbig, weiblichen Schnitt (was Kleist ein Wagnis fand; s. Atkins I.e. 172f.). So ergeben sich acht F ü l l u n g s t y p e n mit der Silbensumme 15 bis 18. Beispiele: 1 67 6 58

E m p f i n g mich, schättichter h i i n voll h6her grdner gewolbe! von rlihern und schwinen b e w ö h n t 1 ; gebfrge, die brüste der riben. ihr h61de t i l e r voll rösen >, von lauten buchen durchirret. es schimmert sein gelbes gestäde 1 von müscheln und firbichten steinen.

Da diese Sechsheber oft, zumal bei Kleist, mit sprachlichem 1 — einsetzen, könnte man sie da als richtige Hexameter lesen; ob es die Verfasser so meinten?

GOTTSCHED.

247

217 blist auf der hellen S c h a l m e i h ä l t ¿in und höret die lieder. 92 d i c k t sie gleich brütenden adlern verwandelt die Schwerter in sicheln. «

Klopstock schreibt 1769 (Messias Bd. 3, Vorrede): 'Der Hexameter, wie ihn Kleist machte, ist ein schöner anapästischer Vers, der im Frühling noch schöner sein würde, wenn der Jambus den Anapäst öfter unterbräche. Es würde einer der glücklichsten Gedanken einiger unsrer Dichter gewesen sein, diesen Vers zum lyrischen aufgenommen zu haben, wenn er nicht, seltne Ausnahmen zugestanden, für die Ode zu lang wäre.' Im Kleistischen Frühlingsvers gibt Klopstock zehn Jahre früher das 'erhabenste Epigramma' wieder, 'Victrix causa diis . . .': Den sieger schützten die götter; die überwundenen Catol (bei Back u. Sp. 4, 39).

1102. Schon in den Jahren 1730, 1737 und 1742 war Gottsched in den drei Auflagen seiner Critischen Dichtkunst mit w a h r e n Hexametern und Distichen hervorgetreten (zusammengestellt bei Wackernagel 2, 62 ff.). Die Abwechslung der 2- und 3 silbigen Takte sowie der Einschnitte übertrifft die Versuche von § 1100. Auffällt, daß Gottsched bereits, wie dann Voß, den ungriechischen Schnitt 'nach dem 4. Trochäus* meidet; s. § 1114. Die Sprachbehandlung überrascht durch ihre Reinheit und zugleich Unbefangenheit. Trotz der Schablone, die Gottsched natürlich im Sinne hatte, gibt es | | wie | räuchwerk ist |, | Zwiespalt ge- | und | sd geschah |, | ja. der herr |, also 'Bacchien' und 'Kretiker', die der Verfasser selbst später verpönte (DSprachk. 6 611); und 2silbige Takte gibt es wie ¡tausend |, | reich des | — allerdings nur spärlich: unverkennbar strebt Gottsched nach 'langer* Senkung (daher der hohe Bruchteil der 3silbigen Takte). Aber, die Hauptsache, der umgedrehte Spondeus dringt nur mit ¿inem der leichteren Fälle ein: nüchtern, gerächt großmütig und milde . . . Der Vers: hatte nur abscheu davör schwärmt, schwärmt nur, ihr rasenden pfaffen klingt nicht gewaltsam. Kurz, Gottscheds Hexameter sind versrhythmisch und namentlich prosodisch von den lesbarsten, die wir haben. In beidem bezeichnen die Klopstockischen einen Abstieg. Das hat Wackernagel mit Recht betont (2, 62). Wir werden dennoch Klopstock, nicht Gottsched als 'Vater des dt. Hexameters' anerkennen: weil Gottscheds Proben durchaus unter den Titel des Schulstticks, der metrischen Gymnastik fallen; an ein freies Dichtwerk in Hexametern dachte er nicht. Nicht ¿r: Klopstock hat, mit Meineke zu reden, den Alexandriner von seinem Throne gestürzt, wie Ennius den Saturnier vom römischen Parnaß vertrieb (1. c. 2, 119); Klopstock, nicht Gottsched, hat das deutsche Ohr an den Hexameter gewöhnt (2, 121). Hier wie bei der Ode und den Freien Rhythmen war es Klopstocks Schicksal, daß den zwei nachfolgenden Geschlechtern die Werke gelangen, die den Späteren als die reinen Vertreter der Formen fortleben.

248

WIRKUNG DES KLOPSTOCKISCHEN VERSES.

1103. Eine Überlieferung des dt. Hexameters fand Klopstock nicht vor trotz Gottsched und Heräus, von Uz und Kleist zu schweigen. Was ihn schließlich, im Sommer 1746, zu dem 'Verse der Alten* hinüberzog, war Homer unmittelbar. Vorher hatte er für seinen lange geplanten Messias drei alternierende Arten gewogen und zu leicht befunden: den Alexandriner, den Blankvers und die von Gottsched gelobte trochäische Langzeile (§ 1007 Nr. 5b). Hexameter schienen ein zu großes Wagnis; lehrte doch sein Leipziger Professor, Christ, es wäre Tollheit, unsrer prosodisch verkommenen Sprache diesen Vers zuzumuten (§ 940). So fing Klopstock an, sein Epos in Prosa niederzuschreiben! . . . . Dieses Schwanken und dann dieser vorläufige Verzicht beleuchtet grell die versgeschichtlichen Zustände der Zeit, den Mangel eines lebenskräftigen Formerbes. Bald nach dem Messias beginnen Klopstocks lyrische Gedichte in elegischen Distichen und in den anderen von Horaz gelernten Gebänden, die dem Hexameter kürzere, daktylische oder jambische Glieder gesellen. Aber der große Einsatz für den neuen Vers war der Messias. Das Lebenswerk zieht sich durch mehr als 50 Jahre. Die 3 ersten Gesänge erschienen 1748, die letzten 1773: jene haben eine 4fache, diese noch eine zwiefache Feilung erfahren. Das Jahr 1800 brachte den Abschluß. 1104. Gewirkt hat Klopstocks Hexameter ähnlich wie seine Odenverse (§ 1067). Nur noch tiefer regte er die Gemüter auf bei Feind und Freund. Für Gottsched war der Messias der Schlag aus dem gegnerischen Lager, der die Herrschaft seiner Poetik bedrohte. Von diesem Allzumenschlichen abgesehen, verstehn wir, daß er in Klopstocks Sechsfüßlern 'grobe Vernachlässigung des gehörigen Tonmaßes der Sythen' fand. Bemerkenswerter ist auch hier das Verhalten der Wohlgesinnten. 'Schade, daß die Versart noch toller ist als die meinige!' ruft Kleist. Haller gibt einem Freunde, der 'noch nicht im Stande ist, die Hexameter zu lesen', den Rat, 'daß er diese Gedichte als Prosa lese'. Heß wünscht 1749, Klopstock möchte sich 'deutlich und herzhaft erklären' auch über 'die Beschaffenheit und die Vorteile seiner besondern Versart'. Der Dichter ließ es daran nicht fehlen, u. a. in drei Vorreden zu den späteren Gesängen (§940). Aber noch 1767 schreibt Boie: TDie Silbenmaße wollen gar nicht in mein Ohr . . . . ich kann sie gar nicht mit dem Genie unsrer Sprache einen'. Ohne strich-hakenmäßige Bedenken, nur mit offnem Ohre konnten die Kunstgenossen nicht wohl an das Neue herantreten. '. . . Wo nicht einmal die Silben richtig abgezählt sind!' Sollte man denn vergebens seit bald sechs Menschenaltern wiederholt

KLOPSTOCKS

FREIHEITEN.

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haben, daß ein rechter deutscher Vers die Füße und damit die Silben zählt ? ! . . . Frei von diesen Hemmungen erklärte Friedrich der Große — im Blick auf Götzens, nicht Klopstocks Hexameter — , diese Art von Versbau möchte wohl diejenige sein, die zu unsrer Mundart am besten stimme. Nachfolge fand Klopstock bei Bodmer, Gleim, Zachariä, Wieland. Im Mai 1751 kann Hagedorn schreiben, alles hexametriere, was in Deutschland dichte und drucken lasse. D . Fr. Strauß 1. c. 51 ff. ; Muncker, Klopstock 69; Schuchard, Studien 71 ff.

Zu denen, die kühl blieben, gehörte Lessing. Auch Herders rasche Empfänglichkeit, die dem Blankvers, den Freien Rhythmen und den Volksversen zugute kam, versagte beim Hexameter. Auf ihn berief sich Bürger, als er 1776 für seinen Homer die Jamben vorzog. Lichtenberg fand um 1790 herum die Zeit des Hexameters noch nicht gekommen, und vollends Heinsen war der Vers 'unerträglich und zuwider'. Koberstein 3, 228; H a y m , Herder 1, 143.

1105. Ein großes Befremden, dies ist der vorwiegende Eindruck. Wieweit es an Klopstocks Behandlungsart lag? Der junge Lessing rügt den Vers des Messias und des Bodmerschen Noah in éinem Atem als 'höckricht'. Die Ohren beleidige 'die beständige Verlängerung der kurzen und Verkürzung der langen Silben'. Das Beiwort höckricht trifft gut, und die Begründung muß man sich nur in unsre Sprache umdenken. Gegenüber den schmächtigen glatten Vorgängern wirkt Klopstocks Hexameter ungebärdig. Das Lockere seiner Füllung spürt der Vorleser bald: wohl kein zweiter Dichter läßt uns so oft schwanken, wo die Hebung liege. Dem Prüfenden bestätigt sich, daß manche Zeilen 3-5 Modelungen vertragen (§ 84) ; Schuchard treibt sogar eine 8deutige Zeile auf (11 f.). Dieser Grad von Vielgestaltigkeit ist nur möglich, wo über Zäsur und Silbenstärke wenig Regel hängt. Von v e r s r h y t h m i s c h e n Freiheiten erkennen wir in den Gesängen von 1748 nur zweie. Gegen die Z ä s u r war Klopstock wenig reizbar; auch noch in den reifen Jahren. Rücksichten, die Goethe schon in seiner unbefangenen Zeit achtete, binden ihn nicht (§ 1118). Sodann v i e r s i l b i g e T a k t e . Stets an 3. Stelle und so, daß der Versschnitt in die Mitte fällt. Also die Art, die auch Goethe in dem vermeintlichen Siebenfüßler des Hermann laufen ließ 1 ). Schuchard 60: II 480 Jésus, unaufhörlich 1 voll entzuckune und ehrfurcht genennet; I I I 94 offnen, und sich sinkend 1 mit des olbergs fufle vertiefen; II 570 siehe dàs lamm göttes das der érden Sünde versöhnet.

250

K L O P S T O C K S SPÄTERE

GRUNDSÄTZE.

Der Fall stört die Formel, nicht Zunge und Ohr. Man möchte an diesen Versen nichts geändert wünschen I Auf einem andern Blatte ständen einsilbige Takte; A u f t a k t e zu einer und zwei Silben; f ü n f - und siebenhebige Zeilen*). Das höbe die Hexameterlinie einfach auf. Nachdem Klopstock in Pforta tausende von antiken Hexametern gelesen, hunderte memoriert und Dutzende selbst verfertigt hatte: konnte er aus der so einprägsamen Kurve in d&n Grade hinausfallen ? Der Messias scheint uns das nicht zu bejahen. Alle übrigen Freiheiten betreffen die S p r a c h b e h a n d l u n g . Es sind die vier Punkte: A) Wörter wie leitete als Träger zweier Hebungen; B) schwächliche Hebung im 2silbigen Takt; C) lastende Senkungssilben im 3silbigen: | gött nennt ihn |; | dinn würg ich | nicht; D) Beugung eines Kolongipfels in die Senkung 2- und 3silbiger Takte: Im erdb^ben versinkt, langsam zur erde sich nieder; — ohne Verhüllung, frei, öhne die dämmrung; wie der g o t t , d6r ihn vertrieb. Die Menge dieser Härten erklärt sich einleuchtend daraus: dem Anfänger, der wohl sehr viele griechische und lateinische, aber fast keine deutschen Hexameter erlebt hatte, lag noch nicht im Gefühl, welcherlei dt. Silbengruppen den lebhaft empfundenen Umriß schmiegsam verwirklichen. Der Fall vergleicht sich mit dem Anfänger Otfrid (§ 504); nur floß dim zu dünne, dem Messiasdichter öfter zu dicke Füllung ein. ' ) Dt. u. ant. Vers 86. Eine andre A r t wagt Maler Müller in seiner Grabschrift 1 (Dt. Nat.-lit. 81, 288): Winig gekannt

1

und weniger g e s c h ä t z t h a b treu ich beim wirken

(so nach dem Faksimile, nicht dem zwiefach entstellten Druck). *) D i e s e Freiheiten setzt Schuchard an (43ff. 57 ff.); er entscheidet bei Zwist zwischen Normalrhythmus und Sprachton grundsätzlich für den zweiten. Sogar einen unverfänglichen Hexameter wie II 245 döch dies hllle gewänd 1 war ihm schön unertriglich, er ¿ilte möchte er siebenhebig lesen: . . . w i r ihm schon unerträglich, er iilte. Dawider streitet die Hypothese, die aus der Urprosa umgeschriebenen Teile seien besonders 'schlecht'. Gönnen wir ihnen die gleiche 'Geringschätzung des metrischen Rahmens', die den Jugendoden zum Lobe gereichen soll, dann sind sie auf ihre A r t gut ausdrucksvoll; z. B. II 484 drauf gfeng mit übermütigem stölz h6ch, wie im triumphe.

1106. Klopstocks Feilen an seinem Messiasverse bedeutete nicht eitel Fortschritt und Eindeutschung. Gebessert hat er darin, daß die 4silbigen dritten Takte verschwanden und die Überlastung der 3 silbigen zurückging. Hierin wirkte das | | der Formel. Denn auch die dem Ohre unanstößigen Takte wie | mitternacht | mußten oft das Feld räumen, und war es auf Kosten des Ausdrucks (§ 1124 D). Tonbeugimg im 3silbigen Takte zog sich zurück, die im 2silbigen nahm zu.

EINDEUTSCHUNG ?

251

Hier begegnet uns wieder der falsche Spondeus (vgl. § 1096. 1128). Die frühen Gesänge hatte das | | der Schablone noch nicht verstört; denn jene 2silbigen Takte wie | im erd- | biben verüben nichts anderes als die 3silbigen | wie der gott, | d6r . . : Auszeichnung der Senkungslänge ist noch nicht das Ziel. Seit 1760 wird Klopstock formelgläubiger: jetzt s u c h t er den Starkton in der einsilbigen Senkung; er ändert: V I 293 din die mitternacht h ö r t d e r graber heulen mit dusspricht zu: dem die mitternacht a u f h ö r c h t g r a b h i u l e n mit Ausspricht.

Damit hat Klopstock tatsächlich den umgedrehten Spondeus in unsre Dichtung eingeführt, lange bevor Joh. Hnr. Voß seinen Rigorismus begründete. Klopstocks Hexameter hat darunter viel schwerer gelitten als seine Oden. Dort wie hier war das | | zwar nur freigegeben, nicht gefordert (§ 1066). Aber beim Hexameter mochte leichter die Vorstellung obenauf kommen, als Gegenwert zu den 2 Kürzen sei eine 'kräftige' Länge erwünscht. Klopstocks begriffliche Unklarheit über das Wesen des Spondeus sieht man z. B. aus den Sätzen vom Jahr 1770 bei Back und Sp. 3, 252 f. In anderm blieb der Messias selbstherrlich gegen die Formel. Den •Trochäus', das Lang-kurz, hat er sich nie verkümmern lassen. Leider waren unter diesen Trochäen so viele mit schwächlicher Hebungssilbe! Zweitens ist Klopstock in Sachen der Schnitte immer seine eignen Wege gegangen. Ausführlicher über diese Fragen: Dt. u. ant. Vers 84ff. 1107. Machen wir uns klar, wieviel von dem Satze zutrifft: Klopstock habe die griechische Versart mehr und mehr eingedeutscht, national gestaltet (Muncker, Dt. Lit.-Denkmale 11, VIII; Burdach, Vorspiel 2, 145f.; Strich, Dt. Klassik und Romantik 2 232 ff.). Was können wir unter Eindeutschung verstehn ? Diesen Namen verdient der Ersatz des geraden Taktes durch den Walzertakt (§ 1122). Aber das war keine Neuerung Klopstocks. Eindeutschung wären zu nennen die 4 silbigen Takte und jene weitergehenden Füllungsfreiheiten, die Schuchard der Frühstufe zuschrieb (§ 1105): es wäre Annäherung an den freien Knittel. Wogegen das behauptete Schwanken der Taktzahl keinen deutschen Zug böte. Jedenfalls hätte Klopstock all diese Dinge später ausgemerzt. Dann die Sprachbehandlung. Das trügerische lQuantitieren' Geßners kam doch für Klopstock nicht in Frage! Den feineren Ansprüchen des Wägens aber blieb er, wie wir sahen, vieles

252

GOETHE.

schuldig, und zwar seit 1760 unter dem Druck der mißverstandenen Schablone. Also das Gegenteil von Eindeutschung. Das Mißachten der Schnitte ist ein rein verneinendes Formlösen. Wollen wir dem den Ehrennamen Eindeutschung gönnen ? Befragen wir Klopstock selbst, was ¿r unter der 'deutschen Form* des Hexameters verstand. Er hat diesen Punkt mit Vorliebe berührt, u. a. im Austausch mit Voß (in dessen Zeitmessung2 206). Als das deutsche, ungriechische an seinem Hexameter betrachtet er die Zulassung des Trochäus _ ^ | wahre | neben dem Spondeus | wahrspruch |; | ¿in wahr- | sprüch (§ 1126). Diese Duldung des Trochäus begrüßen wir als Unabhängigkeit von der mißdeuteten Formel. An der rhythmischen Linie des Sechsfüßlers hat dies ja nichts geändert. Von Eindeutschung kann man da nicht wohl sprechen. Der wunderlichen Behauptung, Klopstock habe vermittelt zwischen dem Rhythmus des Hexameters und dem des sächsischen S t a b r e i m v e r s e s (Nadler, Lit.-Gesch. der dt. Stämme 3, 123), steht entgegen, daß Klopstock auch nach Berührung mit dem Heliand für dessen Zeitfall verschlossen blieb (§ 1152). 1108. Der 'Klopstockische Vers', wie man den Hexameter nannte, gewann von Anfang an eine größere Gemeinde als die Ode. Sogar ins Schauspiel brachte ihn Bodmer hinein. Seit etwa 1770, als Klopstock nicht mehr der Führer zu dieser Versart war, wirkten antike Vorbilder unmittelbar herüber; sie verschafften dem Hexameter und dem Distichon eine Stellung in unserm klassischen Zeitraum, wohinter all die übrigen alten Formen weit zurückblieben. Goethe beeilte sich nicht. Erst 1782 dichtete er ernstlicher in der Distichenform, angeregt durch die von Herder übersetzten Epigramme. Seine große Hexameterzeit, das Jahrzehnt 1789-99, stand unter den Sternen Homers und der römischen Elegiker. Goethe hat um die 'herrliche Versart' (Tageshefte 1806, WA. 35, 238) wirklich geworben, auch auf den Rat Vossens und seiner Jünger gehört. Sein eignes Versgefühl lesen wir am besten ab aus dem Reineke Fuchs und den ersten Drucken der Distichen. Hatte er bei der Achilleis 1799 und der bald folgenden Reinigung der kleineren Stücke schon das Gefühl, daß er etwas zu tief in die 'Prosodie' gerate ? Jedenfalls tröpfelt es im neuen Jahrhundert sehr spärlich nach, obwohl die Abkehr von der 'Schule' auf sich warten ließ (§ 943). Neben den Goethischen Poesien haben Schillers Distichen (aus den Jahren 1795ff.) das Ansehen der beiden Maße bei uns befestigt. Dazu tritt Vossens Homerübersetzung, die mehr als alle Mitbewerberinnen in das deutsche Haus gedrungen ist.

V E R B R E I T U N G DES

HEXAMETERS.

253

Schon 1755 hatte Bodmer Teile der Odyssee im Urmaße zu geben gewagt, aber dies hielt Versuche im reimenden Alexandriner nicht darnieder, Klopstock stimmte noch 1773 für einen Homer in Prosa, und Bürger brachte 1776 seine Ilias in Blankversen heraus zur Befriedigung Wielands und Goethes. Als gleich danach Fritz Stolbergs Hexameter-Ilias erschien, waren die Meinungen noch gespalten. Vossens < Odüßee > , vollendet 1779, entschied bei Wieland und vielen, selbst bei Bürger, für den alten Sechsfüßler. Der galt dann Generationen lang als die gegebene Form. Wenn Minor 1901 schrieb, heute höre man Homer lieber in allen romanischen und altdeutschen Versmaßen als im Hexameter, so war dies nicht der Weltgeschichte letztes W o r t : seit 1911 fand R. A. Schröders Odyssee im Urmaße gerechten Beifall. M. Bernays, Vossens Odyssee, Neudruck 1881, Einl. I3ff.

1109. Beim Hexameter dürfte es ungefähr so liegen wie beim Sonett (§ 1018), daß ihm nur eine Minderzahl deutscher Dichter fern geblieben ist. Über den Kreis der antikisch Eingestellten ist er — im Gegensatz zur Ode — hinausgedrungen; er erinnert n i c h t mehr 'unausbleiblich an die griechische Welt' (Schiller 1797). Er hat sich in die Gelegenheitsdichtung und zu den namenlosen Liebhabern durchgefunden, und noch heutigen Beobachtern wiederholt sich Goethes Erfahrung mit der jungen Imhoff: daß einer leidliche Hexameter baut, ohne ihren Generalbaß studiert zu haben. Der Hexameter ist auch in die Volksmundarten eingezogen. Voß als gewiegter Homeride machte damit den Anfang. Auf seiner Spur schuf Hebel seine Meisterstücke, den Karfunkel, den Geisterbesuch und die anderen (1801-10). Die Zäsur schenken sie sich o f t ; an prosodischer Reinheit und Zwanglosigkeit stehn sie hinter keinem schriftsprachlichen Werke zurück. Voß wie Hebel bestimmten die Form von Usteris Idyllen (1808-10). Nachdem die klassische Welle verebbt war, fuhren Stelzhamer (geb. 1802), Klaus Groth (geb. 1819) und andere mit mundartlichen Hexametern fort (Minor Damit ist noch nicht gesagt, daß die ehrwürdige Form Volksvers geworden sei (vgl. § 1020). Dieser Sechsfüßler im Walzertakt, reimfrei, stets auftaktlos und mit gebundenem Schluß, empfindlich gegen die Zäsuren: er liegt von den deutschgewohnten Maßen weit ab, auch wo man's mit der Silbenschwere der 2- und 3gliedrigen Takte weniger streng nimmt. Der Hexameter — so wie wir ihn sprechen, der 'eingedeutschte' Hexameter — nimmt sich neben all unsern heimischen Maßen als Fremdländer aus, mehr noch denn die üblicheren Odenformen. Ohne das

254

MISSFALLEN AM HEXAMETER.

bestimmte klassische Vorbild wäre unsre Verskunst nie auf irgend vergleichbare Gebilde geraten. Doch würde man heute nicht mehr mit dem jungen Lessing sagen, man müsse lateinische Hexameters skandieren können, um bei den deutschen nicht zu stolpern. 1110. Mißbilligung des dt. Hexameters überhaupt ist immer wieder laut geworden, seit Bürger 1776 bezeugte, daß 'den Hexameter und alle die griechischen Oden-Sylbenmaße die Wenigsten im Deutschen leiden können'. Wenn er fortfährt: 'Besonders den Altfranken . . . sind sie ganz unausstehlich', müßte es heute dafür heißen: besonders den Gegnern der humanistischen Schule. Aber die verwerfenden Urteile beschränken sich nicht auf diese Gegner; man sehe Dt. u. ant. Vers Kap. 24 und die Stellen bei A. Koch, Von Goethes Verskunst i8of.; Drescher, Festschr. für M. Koch 1926, 165. Über die letzten Gründe des Mißfallens kann man nicht streiten. Die Tatsache besteht, daß die Erziehung zum Hexameterrhythmus nicht alle deutschen Dichtungsfreunde ergriffen hat. Hierbei spielen bare Zufälle mit; wer z . B . mit Hebel aufgewachsen ist, glaubt schwer an den vielberufenen 'Schulstaub' des dt. Hexameters. Klar ist, daß Hexameter und Pentameter, als Formen von scharfem Profil und starker Prägekraft, nirgends eine zufällige, abstreifbare Hülle bilden. Wer Hermann und Dorothea, die Römischen Elegien, den Spaziergang und unsre klassischen Distichenepigramme im Vers ungenießbar findet, kann sie nicht zu Stanzen, Blankversen oder Knitteln umwünschen; das wäre ein Wegwünschen der ganzen Werke. Es ist wahrlich nicht nur das Versmaß, was den Hermann hindert, ein 'Volksgedicht' zu sein (Bielschowsky, Goethe 2, 221). Sodann gilt auch für den Hexameter, was zur Ode zu sagen war (§ 1072 u. ö.): die Schulmeister mit ihren gehörfremden Rezepten haben die unbefangene Freude an der edlen Form unberechenbar erschwert. Täuschende Schablonen schrecken ja beim Hexameter keinen Leser zurück; dieser Zeitfall in seiner steten Wiederkehr gräbt sich ohne Zeichen ein. Aber — das Unheil, das die Schablone bei den D i c h t e r n stiftete: die Sprachfehler!

Dürch eichwilder und lächende tiler und täusenderlii grün . . . Diese Ausgeburten einer verirrten Lehre mußten ja, genau wie bei der Ode, den Eindruck verbreiten: um solche Verse zu genießen, habe man in eine andre, undeutsche Haut zu fahren.

ARTBESTIMMUNG DES H E X A M E T E R S UND PENTAMETERS.

255

Grundmaß und Versfüllung. 1 1 1 1 . Der dt. Hexameter besteht aus 6 Takten des leichten dreiteiligen Geschlechts. Er verlangt einen Schnitt entweder im 3. oder im 4. Takte. Seine Füllung ist bedingt frei; es ist die Art von §53 Nr. 2. G e b u n d e n ist der Eingang: der Vers ist stets auftaktlos. Gebunden ist der Schlußtakt: 2 Silben. Der Vers ist also ein zweisilbig voller Sechstakter, A 6 V F r e i sind die 5 Innentakte, sofern jeder 2 oder 3 Silben aufnehmen kann. Doch ist 2silbiger fünfter Takt Ausnahme: diese versus spondiaci erreichen wohl mit 5-6°/o, bei Klopstock, die obere Grenze; bei Goethe sind sie verschwindend selten. Nehmen wir diesen vorletzten Takt als 3 silbig, dann spannt die Silbensumme von 13 zu 17, und der Vers besitzt, nur nach der Silbenzahl der Takte genommen, 16 Möglichkeiten. Für eine Zeile dieser Länge eine recht begrenzte Spannweite I Immerhin war diese mäßige Füllungsfreiheit d a s N e u e am Hexameter. Er trat — seit Absetzung des Freien Knittelverses — als erster Nichtsilbenzähler in unsre Buchdichtung ein; die madrigalischen Zeilen naturgemäß ausgerechnet. Eben dies hat Klopstock für den Hexameter eingenommen. Noch wichtiger als die feierliche Länge und der bewegliche Schnitt war ihm 'der große und der Harmonie wesentliche Vorzug der Mannigfaltigkeit' (§ 940). Den engen Grundsatz des Opitzischen Auf und Ab hat so der Hexameter mehr v o n i n n e n durchbrochen als die beiden Familien der daktylisch-anapästischen und der odenhaften Verse. Nur müssen wir auch hier wieder, wie beim langen Auftakt, beim 4silbigen und einsilbigen Innentakte (§ io79ff.), feststellen, daß es die fremde Schutzmarke, das Ansehen Homers und Virgils, brauchte, um unserm Kunstverse das zu gewinnen, was dem Volksverse selbstverständlich und alltäglich war. 1112. Der P e n t a m e t e r teilt mit dem Hexameter das Grundmaß, die Auftaktlosigkeit und die Füllungsregel der 2 ersten Takte. Er unterscheidet sich erstens durch die einsilbige Füllung des 3. und 6. Taktes: er ist somit ein einsilbig voller Sechstakter, und die ohrenfällige Einsilbigkeit des Mitteltaktes wirkt als Anversgrenze, nicht als 'Zäsur'. Ein zweiter Unterschied ist, daß neben dieser festen Innengrenze weitere, bewegliche Schnitte nicht in Betracht fallen. Drittens haben Takt 4 und 5 wieder starre, 3silbige Füllung: wohl nur Klopstock hat sich mehr als vereinzelt erlaubt, einen der beiden Takte 2silbig zu bilden. Die Füllungsweite geht beim Pentameter also nur von 12 zu 14 Silben, und die Zahl der Typen beträgt 4.

256

A R T UND Z A H L DER

SCHNITTE.

Die Formel des dt. Hexameters und Pentameters können wir danach sä geben: T

l ^ x x l x x x l ) < x x l ^ x x l 5 < x x U x -L J_ JL -L (jß l ^ x x l ^ x x l -L -L

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l ^ x x l ^ x x l z

Nur vereinzelt haben dt. Dichter den Pentameter außerhalb des elegischen Distichons verwendet. So Klopstock in der eigentümlichen Altersstrophe: 'Sie' 1797 = 'Die Erscheinende' 1798. Den Vierzeiler eröffnet ein Pentameter; es folgt ein um den letzten Daktylus gekürzter Pentameter (/N6S), dann ein Alkmanischer Vers (/\4 v), endlich ein männlicher Adonier (3.1). Also absinkende Hebungszahl 6 - 5 - 4 - 2 (vgl. den entsprechenden Anstieg in dem 'Seligen' § 1073). Glühst von der lerche glut hibt sie gen himmel sich, weinst wie die gekränzete braut wfe, wenn den söhn, junge mutter nunmehr, sie umärmt, drückt an ihr herz.

D i e S c h n i t t e des H e x a m e t e r s . 1113. Der Hexameter hat eine gesteigerte Empfindlichkeit, er ist gleichsam aus zarterem, zerbrechlicherem Tone geknetet als unsre übrigen Versarten. Das liegt gutenteils an seinen Schnitten. Es handelt sich um Schnitte im eigentlichen Sinne: keine Versgrenzen; sie führen keine metrische Pause mit sich. Aber zur Formrichtigkeit des dt. Hexameters gehört es, daß an gewissen Stellen ein Schnitt eintrete, an anderen nicht. Vgl. § 50. Beim jambischen Gemeinen Verse (§ 1014) liegt es einfacher: der schreibt nur vor, daß an ¿iner festen Stelle Schnitt liege. Dem jambischen Trimeter (§ 1028) haben wenige Schnitt an einer von zwei Stellen auferlegt. Man hat bemerkt, der Hexameter kenne 16 Zäsuren und, wenn man die 'Nebenzäsuren' mitrechne, eine unübersehbare Vielheit (z. B. Minor 284). Dabei zählt man alle Kolonschlüsse. Nach diesem Verfahren müßte man j e d e r dt. Versart ein verwickeltes Zäsurwesen zuerkennen. Wir wollen den Begriff der Nebenzäsur nicht verbannen, fragen aber beim Hexameter wie anderwärts s, die 'Perioden des Sinnes', oder wie man's nun nannte) mit den Versfüßen schneiden oder decken sollten. Zu diesem Begriff haben wir in § 988 Stellung genommen. Einen Hexameter wie: schöner ', | edler 1 | jüngling den | alle 1 | grazien 1 | schmücken (Minor 287) kann man 'übelklingend' nennen, nicht weil sich die Kola 4 mal mit den 'Füßen' decken, sondern weil das 4malige Kolon 1 _ 1 matt wirkt. Denn auch ein Vers wie: schön 1 ge | lockt 1 das | haar ge | ziert 1 mit | band ' und ge | schmeide mißfiele durch die Folge von 4 Kola _ 1 und doch 'schnitten' sie sich alle mit den 'Füßen'! Es handelt sich also um die Frage der rhythmischen Mannigfaltigkeit der Atemgruppen; eine Frage, die keineswegs nur beim Hexameter spielt. Und hier ist alle Schulmeisterei vom Übel; denn auch bedingte Einförmigkeit dient an ihrer Stelle dem Ausdruck. An den Satz, daß nicht leicht über zwei gleiche Wortfüße einander folgen dürfen (Zeitm. 185), hat sich Goethe zum Glück nicht gebunden! Voß steigerte seine Abneigung gegen die 4w-Zäsur (§ 1114) zu einem ganz persönlichen Hasse gegen die sogen, 'amphibrachischen' Kola X & X . Die Zeile: fröhlich 1 belausch ich 1 im dunkel 1 der buchen 1 das zwitschern 1 der vögel war ihm der Inbegriff eines elenden Hexameters. An dieser Besessenheit lag es zumeist, daß er erklärte, in Goethes Reineke a l l e Verse als schlecht anstreichen zu müssen. Man nehme gleich den Eingang: . . es grünten 1 und blühten 1 . . . auf hügeln 1 . . . in büschen 1 und hecken 1 . . . der himmel 1 und farbig ' die erde 1 ! So hat der Voßjünger W. Schlegel Goethen dazu verleitet, dem reizvoll tonmalenden Verse: diese gondel • vergleich ich • der wiege

sie schaukelt • gefällig

den Wechselbalg unterzuschieben: . . . der sanft • einschäukelnden wiege (Ven. Epigr. 55). Jahrzehnte lang überboten sich die Verslehrer im Schmähen des X ik X (Stellen bei Böhm, Zur dt. Metrik i8f.). Vom Geiste Vossens ist es eingegeben, wenn noch Gruppe (1866) von der 'Weichlichkeit und Zerlassenheit' der Goethischen Hexameter spricht (1. c. 360). Übrigens ist Schlegel selber, was ihm Gruppe sehr verdenkt, in höheren Jahren von

262

DER GESCHLOSSENE UMRISS.

der Amphibrachenscheu abgekommen. Platen hatte sich nicht anstecken lassen, und so äußert sich auch sein Jünger Minckwitz (S. 73) über diese Fragen v h m . zutreffend. Vom Gesicht, nicht vom Gehör ist die Regel eingegeben, m a n solle mit e i n s i l b i g e n W ö r t e r n sparen. F ü r unsern R h y t h m u s gibt es Silben und Kola, keine Wörter! (§ 65). Der Vers: schwamm er weiter •, es trieb ihn der ström der reißend und groß war ist tadellos trotz seinen 1 1 Einsilblern, h a t übrigens g l e i c h e n Zeitfall wie: weckte vater • und mutter darauf ' und alles gesinde m i t z w e i Einsilblern 1 Englische Hexameter aus l a u t e r einsilbigen Wörtern zitiert Schipper, Grundr. 260; sie werden dem Sprachgenossen keinen Anstoß geben. Vgl. die Angaben v o n Brocks zu dt. Odenzeilen, G R M o n . 1925, 377 f. Klopstock hatte 1779 erklärt, daß 'am gewöhnlichsten nicht die Verse, sondern ihre Abschnitte' ins Ohr fallen (Back u. Sp. 3, 190). Wie eine Probe darauf wirkt es, daß er ein Hexametergedicht von 1793, 'Das Wort der Deutschen', im spätem Druck in 4 zeilige Gruppen zerschnitt, die zunächst Freie Rhythmen vortäuschen. Str. 3: Denn so scholl vor der Franken heer die drommete des feldherrn: freiheit schuft ihr euch, habt zum ungeheuer die göttin || umgeschaffen I Vortragen kann man dies ja so, daß sich die Hexameterlinie verflüchtigt. Dann hat der Dichter mit seiner eignen Form gespielt. Hat er Uberhört, dafl die S t i m m f ü h r u n g den Umriß des Sechsfüßlers kenntlich macht über alle 'Wortfüße' und 'Abschnitte' hinweg? Dieser sprachmelodischen Zusammenfassung stellt sich jedenfalls der neue Zeilenbruch in den Weg. Derartige Spielereien konnten Metriker einer formfeindlichen Zeit zu Verallgemeinerungen führen wie: der dt. Hexameter sei nur äußerlich ein Sechsfüßler, für das Ohr löse er sich in Freie Rhythmen auf; und darum sei der Streit nichtig, ob uns der Hexameter nachahmbar sei; unser 'sogen. Hexameter' sei 'ein deutsches Gemächt', d . h . eben Freier Rhythmus; und überhaupt, die scheinbar formenreichen und kunstvollen Maße Klopstocks könne man z. gr. T. als die formlosesten und einfachsten betrachten usw. (Hamel, Klopstocks Werke 1, V I I ff.) In dieser Linie liegen auch die Äußerungen A. M. Wagners (H. W. von Gerstenberg 2, 173) über den Klopstockischen Hexameter, 'der den antiken aufhebt, indem er ihn seines antiken Charakters entkleidet*. Man halte dazu § 1107. Der T o n s a t z pflegt die Hexameterform in 'quadratischere' Rhythmen umzugießen; oft bis zur Unkenntlichkeit. Wenigen Sängern von PyTkers 'Heimweh' und 'Allmacht' in Schuberts Vertonung (Nr. I25f.) mag es bewußt werden, daß dies Homerische Sechsfüßler sindl In 'Anakreons Grab' von Goethe hat Hugo Wolf (1888) das erste Distichon zu 8taktigen Langzeilen geformt (das nächstliegende Verfahren), weiterhin zerfließt er in willkürlichere Linien. Taktgeschlecht. 1 1 2 1 . A u s dem heutigen Vortrag eine bestimmte T a k t a r t des Hexameters und Pentameters ablesen zu wollen, wäre mißlich. Man hört wohl meist geraden und T r i p e l t a k t durcheinander und

T A K T A R T DES

HEXAMETERS.

263

vielleicht am öftesten keines von beidem, nämlich Halbprosa. Auch die Sprachbehandlung in einem neuern Hexameterwerke, G. Hauptmanns 'Anna', ließe Zweifel (§ 1131). Anders steht es doch wohl um die Zeit Klopstocks bis Hebbels. Schon Apel (1814/16) und Gotthold (1820) erkannten dem dt. Hexameter 3 teiligen T a k t zu. Meineke (1817 2, 33) wollte die z w e i Taktarten ansetzen: der leichte Hexameter gehe im f - , der schwere im J-Takt; in unlyrischen Gedichten mischten sich die beiden. Auf ähnliches ist unabhängig Köster 1901 geraten (ZsAlt. 46, i i 3 f f . ) ; sieh § 1125. Einen Halt haben wir an der prosodischen Tatsache: für die 3 silbigen Takte unsrer Versart verwenden die Unbefangenen nicht selten die Gruppen l — Vaterland., nur ganz vereinzelt die Gruppen landstraße (§ 1124). Wir erinnern uns, aus eben diesem Sachverhalt schlössen wir bei den rein daktylischanapästischen Maßen auf 3teiligen Takt (§ 1048). Denselben Schluß ziehen wir beim Hexameter. Der Deutsche hat, sobald er sich ernstlicher an diese Versart wagte, den leichten 3 teiligen Takt, den Walzertakt der Daktylo-Anapäste, eingeführt. Offenbar weil die dreisilbigen Takte, die Daktylen, den Gehöreindruck des Hexameters bestimmten. Sie bewirkten den Anschluß an den 'hüpfenden' Gang der durchgehend 3silbigen Innentakte: X X I X X . . . oder ^ u X l ^ w X ' " An den Zeilen, die mit 3 oder mehr 2silbigen Takten anfangen, macht man sich vielleicht am besten klar, daß der Tripeltakt den dt. Hexameter prägt, ihn abhebt von unsem alternierenden Arten (§78). 1122. So gibt der Hexameter wieder ein Beispiel für triebhafte, unbewußte Umdeutung eines antiken Versfalles. Man vergleiche den Anakreontischen Achtsilbler § 1009, den Trimeter § 1028 und das zu den Oden Gesagte § io74ff. Es darf eine Eindeutschimg heißen. Der antike Hexameter hatte geradteiligen T a k t : | .iww 1 1 - | . . = | 2 i i | 2 2 | . . . (Die Behauptung, der g e s p r o c h e n e Hexameter der Griechen sei in 3teiligen, 'kyklischen' Daktylen gegangen, folgert zu viel aus einer einzelnen Grammatikeraussage.) Daher erkennen die Alten ihrem Hexameter das Gepräge des 'Würdevollen, Feierlichen und Gemessenen* zu; Aristoteles nennt ihn das ernsteste und gewichtigste der Versmaße. Den dt. Hexameter mit seinem Walzertakt trifft dies nicht mehr. Man nähert sich diesem Eindruck, wenn man ihn auf ganze Strecken hin in ruhigem, geradem Takte zu sprechen versucht. Gibt man ihm den raschern geradteiligen Gang des ge-

264

DICHTIGKEIT DER 3 - UND 2-SILBIGEN T A K T E .

wohnten Trochäus oder Knittels, so bekommt er umgekehrt ein werktäglicheres Wesen. Die Formung im nicht zu hastigen Tripeltakte hält die Mitte: eine maßvoll bewegte, je nach dem Inhalt dem Feierlichen zugängliche Gebärde. Dieser Unterschied von dem antiken Vorbild liegt also an dem verwandelten Taktgeschlecht, nicht daran, daß wir die wägende Sprachbehandlung haben oder daß unsre Silben konsonantenreicher, unsre Stammsilben länger, die Endsilben farbloser seien und dergleichen mehr. Bei uns wie bei den Alten stuft sich das Grundgepräge ab nach der Dichtigkeit der 3- und 2 silbigen Takte. Griechen und Römer unterschieden sich darin weit; bei Homer verhält sich die Summe der 3 silbigen zu der der 2 silbigen wie 68: 32, bei Virgil wie 40 : 60. Daher der viel schwerere Schritt des Römers. Voß und Klopstock nähern sich den Homerischen Zahlen: Luise 65 : 35; Messias 61: 39. Goethe hat im Reineke wie im Hermann das ausgeglichene Verhältnis 49: 51 bzw. 51: 49. Noch dichter stehn die Zweisilbler bei Hebel. Den höchsten Bruchsatz der 3silbigen Takte, noch über Homer hinaus, dürften die Gedichte 'Rom' und 'Ganga' erreichen, womit A. W. Schlegel nach seinem und Humboldts Urteil den Gipfel der Formrichtigkeit erklomm. Die neueren Hexameterwerke scheinen mehr die Zahlen Klopstocks und Schlegels als Goethes und Hebels zu umkreisen. Viele Angaben, auch über die Reihenfolge der 3- und 2silbigen Takte bei Minor 289-94.

Sprachbehandlung. 1123. Nach dem Gesagten ist der dreisilbige Takt des dt. Hexameters, genau genommen, kein Daktylus 2 1 1 I _L & X I oder I w I, sondern ein Tribrachys 1 1 1 I & X X I oder I W I mit Ausbiegen nach I w X I bzw. I I• Der 2 silbige Takt ist kein Spondeus 2 2 I JL I oder I X I» sondern ein Trochäus 2 1 I -L X I oder l ^ w l . Vgl. § 1043. Nach diesen tatsächlichen, gehörhaften Werten des dt. Hexameters bemessen sich die Anforderungen der beiden Takttypen an den sprachlichen Stoff; nicht nach den geschriebenen Zeichen der antikischen Schablone. Das versteht sich von selbst. Unsre Dichter und Lehrmeister aber, von Klopstock bis Westphal, hatten diese Schablone im Sinne und vor den Augen. Wohl zeigt sich da wieder der Unterschied von Freien und Gestrengen, mit Zwischenstufen. Daran hielten alle, wenigstens begrifflich, fest, daß der dreisilbige Takt aus Lang-kurz-kurz bestehe. Mit

F Ü L L U N G DES DREISILBIGEN T A K T E S .

265

dem Tripeltakt konnte man dies als | J ^ | einigen! Wie man das Lang-kurz-kurz in deutschen Silben auspräge, darin trennten sich die Wege. Der zweisilbige Takt galt der Versübung nur der Allerstrengsten als unverbrüchliches Lang-lang; die andren bildeten ihn auch als Lang-kurz, nur erinnerten sich selbst die Freien zwischendurch an das geschriebene | | und stellten Silben in Senkung, denen sie nach dem Gehör nur die Hebung gegeben hätten. 1124. Fragen wir zuerst nach dem prosodischen Anspruch des d r e i s i l b i g e n T a k t e s . Wir werden dem Vorhandenen gerecht mit diesen 6 Fächern; man könnte noch mehr ins einzelne sondern. A. Taktinhalt lebende; rettete; fröhliche; mitten im; könnten die; auch von des; siehst du das. D. h. beide Senkungen sprachlich schwachtonig ohne merkbaren Stärkeunterschied. Diese 'reinsten Daktylen* genügten sowohl dem Ohre wie der Formel | | und befriedigten daher auch die Strengsten. Als Ausnahme sei Uz genannt mit den Als ob-Hexametern seines 'Frühlings1 (§ 1101). Er hält es mit dem Längemesser J. Fr. Christ (§ 940) und quält sich lauter Senkungssilben zusammen, die beide vokalisch kurz und nicht 'positionslang' sind: | weine be- |; | muse du |; | huldigen | ihm; | hügel her- | ab (A macht keine Position!). Es ist die reine Vorahnung der Lachmannischen Verschleifbarkeit (§ 563)! Gegen diesen Positionswahn richteten sich Klopstock und sein Verehrer Heß 1748/49, sieh Schuchard 1. c. 8f. B. Taktinhalt finsternis; bräutigam; dämmerung; kämmerlein; einerlei; lieblichkeit; ritterschaft; heidentum; jähre nur; starrte noch; lächelt auch; früh genug; nahm es doch. D. h. die 2. Senkungssilbe etwas stärker, aber doch mit entschieden schwachem Neben ton. Diese Gruppen ergeben untadeliches I ^ X X I oder I ) W i< w

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39 Erst verachtet, nun ein Verächter, || 40 zehrt er heimlich auf || seinen eignen wert | 42 in ungnügender Selbstsucht. X

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Der du der freuden viel schaffst, || jedem ein überfliefiend maß, || segne die brüder der j a g d || auf der fährte des wilds || mit jugendlichem Übermut || fröhlicher mordsucht, || späte rächer des unbills, || dem schon jähre vergeblich || wehrt mit knütteln der bauer. X ^

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Sprachbehandlung. V i e l g e s t a l t i g k e i t . 1187. Gewähr für vollkommenes Wägen gibt auch diese bodenständige Versklasse nicht! Schon die frühneudt. Zeit, in Volkslied wie unsanglichen Reimpaaren, zeigte keine unbedingt sprachschonende Modelung. Immerhin, es gehört zu den Eigenschaften des volksmäßigen Viertakters, daß er mit dem Sprachfall ohne Beugung fertig werden kann; um so leichter, je mehr er die Füllungsmöglichkeiten ausnützt. Nach welschelnder, schwebender Betonung ist dann keine Nachfrage. Die dem Auf-Ab-Verse wie dem Hexameter unverdauliche Gruppe (§994- 1124F) kann man zwiefach einverleiben: nachdrücklich als I I k X hebt selber das hüf&sen äuf; weniger gewichtig mit I ^ w w I näch einem hälben hüfeisen bücken. Mit dem Inhalt | hufeisen \ verträgt sich der Kurztakt

326

PROSODISCHE

SCHMIEGSAMKEIT.

ebensogut wie mit | Vaterland \ — \ \L/ w X |. Der Tripeltakt des Hexameters war wählerischer. Auch die unbefangen sprachgemäße Formung: fr£ud muß l£id, leid m u ß friude häben (Urfaust 777) ließe dem Hexameter nur etwa Hauptmann durchgehn (§ 1131). Und selbst eine vierte, ja fünfte Silbe kann zu dem hinzutreten: liebesdienste andrer ärt dir erwiesen; er selbst lag ¿ingewickelt neben ihr da; = IX w A A er misse ein spitzbube gewesen s6in; 1 — 1. mit unterbröchnem schlücksen, händeringen und stöhnen (Kortum). Man hat es nicht nötig, häufigere Silbenfolgen der dt. Sprache 'unrhythmisch' zu schelten, legt man nur als Maß einen Vers an, der dieser Sprache sitzt. In den zahmeren Liedzeilen (Gruppe 3) sind freilich Füllungen wie die letztgenannten nicht Brauch, und da hat man leichte Ebnungen in Kauf zu nehmen wie: eh nun! heiräten wir ¿ben (Goethe); so hät sie wöhl ein schlöß lustsäm . . . sag an! wer ist denn ihr truchseß? (Uhland). Von den Jambotrochäen ist man ja an Derartiges gewöhnt, und die füllungsfreie Dichtung spart doch mehr damit. Wohl hat man auch so übliche Takte wie | fährzeug vom |, | pfalzgraf des | und sogar | väter jetzt |, | rühig mein | als 'überfüllt' bemängelt. Das nimmt man von den Metrikern vor hundert Jahren noch hin; die fahndeten immer auf verbotene Bacchien und Kretiker! (§ 10532). In Ottmanns Büchlein vom dt. Vers 1900 (66) befremdet diese Zimperlichkeit. 1188. Mit den höheren Graden der Füllungsfreiheit geht Hand in Hand ein ziemliches Maß von Vielgestaltigkeit. Für den Knittelvers hatten wir in § 84 ein Beispiel. Wallensteins Lager stellt ihrer eine Menge; noch weit drüber geht Kortums Jobsiade. Auch unsre zweite Gattung, die Spruchverse, wimmelt von Vieldeutigem. Zurückhalten darin die liedhaften Strophen. Oft steht zur Wahl eine glattere, den Jambo-Anapästen nähere Modelung, z. T. tonverschleiernd, und eine zackigere, die mit seltneren Füllungsformen den Satzfall unterstreicht: Poet. Sendung 120 treibt sie ins bäd, schneidt ihnen die wärm oder: tr£ibt sie ins bad, Schnaidt ihnen die wtirm; K. in Thüle: zählt er seine städt im reich oder: zählt er seine . . .; Di van 11 die lüft einziehen, sich ihrer entladen oder: die lüft ¿inziehen . . .; Grabschrift WA. 2, 289 als griis leichtsinnig und grillig oder: . . leichtsinnig . .; An Herder WA. 4, 206 Z. 19 wornach sonn, mönd und stern sich drehn oder: wornach sdnn, mdnd und stirn . . . Jobsiade 8081 sie hätte noch ällerhand gewohnliche ausfluchte oder: sie hatte noch ällerhand gewohnliche ausfluchte.

SCHÄTZUNG DES HEIMISCHEN VERSES.

327

1189. Der füllungsfreie Viertakter hat für die Sprachgenossen etwas Selbstverständliches. An geschriebene Schablonen brauchen sie nicht zu denken, und knifflige Ansprüche wie beim Hexameterschnitt gibt es hier keine. Der Vers hat so viel Freiheit und so viel Bindung, wie es einer volksläufigen Form ansteht. Die Knittel von Künstlers Erdewallen erhöhten die Ausdruckskraft der Gattung, und doch hat sie Goethe gewiß ohne den Gedanken an Regeln hingeworfen. Die Regelbücher schwiegen ja noch mehr als hundert Jahre zu diesen Feldblumen! Den klassisch Gesinnten war eben diese Selbstverständlichkeit — 'wo man es mit einer Silbe mehr oder weniger nicht so genau nimmt' — verdächtig. 'Vermeiden Sie die hüpfenden Verse; sie führen zur Formlosigkeit!' mahnt Jakob Burckhardt 1852 seine Zöglingin (vgl. § 9272). Schon Goethes Herzog sprach von den 'komischen Knittelversen mitten im Pathos'; er meinte die Chöre der Braut von Messina (Neckel, Zs. f. d. dt. Unterricht 31, 556). All diesen Versen, so schien es, fehlten die Füße\ damit die Zeitmessung (§ 942a. 985). Sie konnten sich also den e i g e n t l i c h e n Versen gar nicht vergleichen. Auch Wohlwollende glaubten an die große Zweiteilung im dt. Formenschatz: 'Zählung nach Hebungen' — 'Messung nach Füßen'. So hat mans bis vor nicht langer Zeit in den Schulen gelehrt. Zur vollen Geltung kam diese Verssippe, wo auch Gedanken und Sprache das Kernige und Gemütliche, das Unhöfische und Unwelsche trafen — es braucht nicht just das Hans Sachsische zu sein! Weil für Goethe der 'Volkston' die zweite Natur war, wirken seine Sachen so sehr viel überzeugender als die Wielands. Wielands Gandalin, der in zahmen Knitteln geht (§ 1210), hinterläßt keinen sehr andern Eindruck als die Oberon, Amadis usw. mit ihren madrigalischen Als ob-Stanzen (§ 1035). Die Anregung zu diesem Versbau kam den Dichtern des 18. 19. Jahrh. teils aus der lebenden, mündlichen Überlieferung der unteren Kreise, teils aus buchhaften Quellen meist ältrer Zeit. Buchliche Zufuhr war besonders wichtig für die eine Gattung, den Knittelvers, genauer: den freien Knittelvers.

53. Abschnitt: Der deutsch-volksmäßige Reimvers: I. Knittelverse. Der K n i t t e l v e r s vor Goethe. 1190. Bei 'Knittelvers' denkt man gleich an Hans Sachs. Das war ja im ganzen Opitzischen Zeitraum der bekannteste Name

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D E R FREIE K N I T T E L SEIT OPITZ.

aus der alten Reimpaardichtung, teils verspottet, teils wohlwollend gelobt, das eine wie das andre so oft ohne Kenntnis der Werke. Dem Geschlecht vor Goethe stand Sachs da als 'Ahnherr der Knittelversdichtung'. Nun vertrat ja aber Sachs den strengen Knittel, den 8/9Silbler — und die Gattung, die in unsrer Dichtung zu Kräften kam, ist der freie Knittel, der nicht-silbenzählende! Diese Unterscheidung war dem 17. 18. Jahrh. so wenig geläufig als den Metrikern der letzten Jahrzehnte. Mit den Namen 'Knittelvers', *Pritschmeistervers', seit 1700 auch 'Hans SachsVers* titulierte man sorglos die beiden Arten, ja auch wägende Jamben in Reimpaaren und Strophen CMan nimmt jambische Verse von vier Pedibus dazu* heißt es gradewegs bei NeumeisterHunold 1707): genug, daß die Wortformen, die Reime oder sonst etwas nach Altertum klangen. 'Bald schneiden wir was ab 1, bald setzen wir was dran' sagt Stoppe 1728 . . . Wir müssen von einem 'Knittelvers' schon andres verlangen; uns zählen nur als Jamben Verse wie: auffs stdrbn auch s&ne g'dänken hän; weil h£ut der tage kömmen thüt (in Frischs Schulspiel 1700). Man hüte sich wohl, was bei Canitz, Wernike, Hunold, Brockes, Gottsched, Schönaich unter der Marke Knittelreim oder Knittelhard geht, unbesehen als füllungsfreien Viertakter zu buchen! Trotz Opitz hat in der Unterströmung, auch im Hausgebrauch der schreibenden Kreise, der Knittelvers munter weitergelebt, am meisten bei den Niederdeutschen. Und zwar, wie gesagt, der freie Knittel, der eigentlich volkstümliche, der seit dem 14. Jahrh. oder früher in Nord und Süd nie abgebrochene Pflege genoß; Vertreter bis über 1600 herab lernten wir in § 900-907 kennen. Die Lehrbücher allerdings warfen ihm höchstens abschätzige Blicke zu, und von den gedruckten Sammlungen schloß man ihn aus. Auch für einen günstiger Urteilenden vom Jahr 1707 zählt er zu den 'Licentiae poeticae' (Flohr 59f.). Zu scherzhafter Wirkung aber haben ein paar Dichter der Alexandrinerzeit freie Knittel heraufbeschworen; wir sind ihnen für diese seltenen Kostproben dankbar! 1191. Die beiden stattlichsten bieten Andreas Gryphius und Lauremberg. Von den 223 Reimpaaren im Peter Squentz des Gryphius 1648/50 (Lustspiele S. 28—52) ziehn nur vier Zeilen (2. 6. 52. 446) durch maßlose Silbenfülle diese 'Art der alten PritschmeisterReymen' ins Lächerliche CDer Vers hat schrecklich viel Füße' S. 28). Alles übrige sind gesunde deutsche Verse. Sie wägen gut; 4—5 unverfängliche Beugungen: hinkömmen u. ä. (§ 911); die harte im Reim: könig: sich S. 43 meidet man mit: drum

IM P E T E R

SQUENTZ.

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hoff ich, unser herr konig. Die Silbensumme bewegt sich zwischen 6 und 14: 45 fällt sie in sein schwirdt auch. 10 eh wir die froliche tragödie zu w£ge brächt. Vier- wie einsilbige Takte sind dicht gesät (je etwa 30); vereinzelt reicht es zum 5silbigen: 91 ihr harren, höret mir zü mit öffnen Öhren. Der Auftakt geht bis zu 3 Silben; steigende und fallende Eingänge wechseln bunt. Also ein sehr entschiedener Vertreter des freien Knittels, benachbart den Vintler, Rosenblüt, Nikiaus Manuel in § 902f., wenn auch auf die 8/9 silbigen und die alternierenden Zeilen ein größerer Bruchteil entfällt. 1192. Johann Laurembergs Scherzgedichte in mecklenburgischem Platt 1652 (Nr. 2—4) betten freie Knittelverse in Alexandriner. Doch war die Absicht nicht, den einfachen Gegensatz auszuspielen zwischen dem buchhaften Verse: dem jambischen Sechsheber, und dem volksmäßigen: dem füllungsfreien Viertakter. Denn neben diesen zwei Maßen muß man anerkennen Sechsheber unjambischer Art, auch Fünfheber, teils glatte (manche mit dem Schnitt des Vers commun), teils wieder mit der dem Knittel nachgeahmten Beweglichkeit. Diese schwer aufzuteilende bunte Masse will wirken durch die zügellose Silben- u n d Taktzahl: ein formsprengender Kontrast zu der Zählerei der Opitzischen Buchdichtung. 4, 461 Ick bekenne, mine r^m de slndt so schlicht und recht, äls de rüge mdtze de mlne gröetmöme drecht; se slndt nicht lfke l i n k nöch van ¿iner statür, dat maeckt, ick w l e t nicht r e c h t ' ere ¿igentllke mensür: in bäkern der gesitte 1 heb Ick noch nicht gelesen, 466 wo linck ein jider dddscher r y m moet wlsen. de juristen hebben darvän tho sltten vergüten, 468 mit welcker ¿le m i n 1 desdlve schäl uthmlten, darvän is nöch thor t^d 1 üthgegan kiin decrit, wo schmäl se möten s^n wo dick und öck wo br^et.

Mit 466 gleitet es aus unjambischen Alexandrinern in Fünfheber, mit 468 zurück zur 'Heldenart'. Oft aber treten ganze Folgen richtiger Knittelverse eindeutig heraus (was nicht zur Geltung kommt bei Weimer, Laurembergs Scherzgedichte 1899, 12 ff.). Die Spannweite dieser sehr freien Knittel ähnelt am meisten der des alten Landsmanns, des Reineke vos (§904): bloß 8 Silben sind schon selten, 9 — 1 1 bilden die Hauptmenge, es steigt aber fortwährend darüber.

330

BEI

LAUREMBERG.

Vier- und fünfsilbige Takte machen sich viel breiter als bei dem Schlesien 2, 61 So bàld de borgers dochter wüsten, dat de ädeliken gingen mit blóten brüsten, mit blòtem halse und rüggen halff näked, do sàch eine jéde van en, wò se idt mäket, se müste sick ock séhn laten in siilker gestält; Jens schnfder kréeg genog arbeit alsobàld. Se sprèken: hebbe wi nicht éven sülken plünder bàven dem gèrdel und òck daründer? worüm schòlde wi dèn unse schmücke titten verbérgen und làten in düstern sitten? wi hèbben se éven so wènig gestàhlen; ick kan dem schnider dat màkelohn betàhlen, dàt he my dat wàms so déep scheret üth, dat men my séhn kan de titten und blòte hüet. Der kernige einsilbige Takt ist wohl noch seltener als im Reineke; doch weiß ihn Lauremberg, wenn er will, so sprachgerecht zu setzen wie später Klaus Groth (§ 994. 1227) : 3, 446 448 453 4, 189 193

ein quacksàlver wil hèten doctòor; ein kròegfìdler is mùsicànt; ein schólàpper wil schóster sjri. ick dachte in my sÙlvest: gy schàndtèven; ùnd juw de säken so uthnèhmen.

1193. Den Knittel als metrische Form verspottet Christian Reuter 1696 mit den überlangen Zeilen im Schelmuffsky, die z. T. nur als Reimprosa lesbar sind (Neudr. 32/45f.). Ähnliches unternehmen Weise und Zeitler, dieser in der Mundart (Flohr 30. 34)Während manche seit 1700 unter dem Namen Knittelvers landläufige Jamben in die Welt setzen, bringen andre, Genannte und Namenlose, füllungsfreie Viertakter. An Kühnheit bleiben sie hinter Gryphius und Lauremberg weit zurück; sie vertreten wohl meist, was wir in § 1184 die dritte Stufe nannten. Proben bei Flohr 75L 82Ì.; M. Herrmann, Jahrm. 22. 91. Die 33 Reimpaare an Picander (in dessen Emst-scherzhaften Gedichten 1727 5o4ff.) gehn zwar 2mal bis zu 3silbigem Auftakt, aber nur 8 Verse verlassen die Achtzahl und nur 4 Achtsilbler den jambischen Gang (tonwidriges Alternieren wäre hier unwahrscheinhèrr Picander, er sèi gegrüst! er sag mir, warùm er bos ist . . . nèben wèlchen kein gléicher gèht.

BEI

GOTTSCHED.

33i

G o t t s c h e d gibt zwar vom Knittelvers wenig schmeichelhafte Artbestimmungen, aber 'ich weiß nicht was lustiges* fand er doch an den 'alten Hanssächsischen oder Froschmäuslerischen Knittelversen', und so hat er in die zwei ersten Ausgaben seiner Critischen Dichtkunst eigne Versuche aufgenommen (Schuchard, ZsPhil. 51, 466ff.; Studien zur Verskunst des jungen Klopstock 39ff.). Der erste, 1730, hält sich noch an die Marke ' a c h t sylbige gestümpelte Reime': er besteht aus glatt jambischen, glatt wägenden 4 V, sucht also das 'lustige' des Knittels außerhalb des Zeitfalls. Das zweite Musterstück, 1737 (Auf M. Stübner, CritDk. 2 597-601), denkt an eine Versart, die 'nicht einmal die Z a h l der Sylben . . recht beobachtet' (DSprachk. 5 576). Folgen wir dem Druckbild mit seinem ganz launenhaften Silbenschinden (zwen deutsche philosofen b'kant), so kommen auf die 192 Viertakter 11 Neunsilbler und 2 Zehnsilbler: nicht spottlich verächten mit ünvernünft; auf Universitäten wölbekändt. Dies der einzige Fall von 4silbigem Innentakt; einsilbigen kann man 4mal ansetzen. Zweisilbigen Auftakt würden wir 3mal lesen. Also eine sehr gedämpfte Füllungsfreiheit! Die zwanzig 8/9Silbler ohne jambisches Wägen konnte sich Gottsched nur sprachgemäß betont denken: 109 die dictata ins röin gebrächt, || in den küffer sie gschlössen ¿in. Für den 4hebigen Jambus nach Opitzischer Vorschrift bleiben dann 82°/o. Den abseits stehenden V. 61 kön'n nichts als schwitzen, purgiren lese man entweder mit emphatischem kön'n: [ ^ . I x ' x l x w ' w l x x oder, sprachrhythmisch besser: x l x x l _ ^ l > < : ' x l x x , auf keinen Fall dreihebig. — Ähnliche Verhältnisse in Gottscheds 21 Hudibrasversen (bei Flohr 95). Ungefähr diesen Bau darf man den 'Knittelversen' zuschreiben, die Goethe als Leipziger Student gemacht haben will (§ 1196). Mündlich wird Gottsched damals das Rezept nicht mehr vertreten haben; hat er sich doch seiner Probe in den Ausgaben n a c h 1737 geschämt. 1194. Etwas Neues war es, daß Breitinger 1740 den Knittelvers als m e t r i s c h v o r b i l d l i c h hinstellte; als Heilmittel gegen den 'Eckel der Homophonie'. Und zwar merkwürdigerweise den strengen Knittel, den Achtsilbler. Ungeachtet, daß der Streit für und wider Hans Sachs die Zürcher im Feindeslager sah. Hätte nicht der freie Knittel, der Vers Nikiaus Manuels, das bessere Gegenbild hergegeben zu dem jambischen Eckel? — Gewiß; aber Breitinger hing so fest an dem welschen Versideal, daß er über die starre Silbensumme nicht hinausdachte. Er

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BREITINGERS STRENGE KNITTEL.

stellt die zwei Achtsilblerpaare auf (Fortsetzung der Critischen Dichtkunst 467): Ich hab | etwann | zu nacht | gewacht, da die | schliefen, | der ich ge- | dacht, oder viel- | leicht bey | spiel und | wein saßen und | wenig | dachten | mein. Die wunderlich angebrachten Grenzstriche sollen zeigen, daß 'gute Jambi, Trochäi und Dactyli darinnen liegen, welche nach Erfoderung der Rede und ohne den wenigsten Zwang ihren Sitz ändern'. Wir würden sagen: es wechseln frei im Auftakt o und 1, in den Innentakten 1, 2, 3 Silben. Dieses in bescheidenen Grenzen anmutige Formenspiel gilt dem Zürcher mehr auch als die Hexameter des Heräus (§ 1100). Es versteht sich, daß er die Zeilen nach ihrem 'natürlichen Laut' gesprochen denkt; die alte Scheuklappe 'impar syllaba Semper raptim' behelligt ihn nicht. Mit welchem Rechte er dem französischen und italienischen Versbau gleiche Grundsätze zuerkennt, wäre die Frage. 1195. Meist ist es doch die freie, nicht-silbenzählende Art, die auch in den nächsten Jahrzehnten das schmale Rinnsal des Knittels füllt. So bei Müldener, bei Rost («Der Teufel» 1753), bei Cronegk (1756). Wir verweisen auf Flohr, Geschichte des Knittelverses (1893) 97ff. In den brieflichen Stegreifversen dieser Zeit tritt nun der (freie) Knittel in Wettbewerb mit dem gewohnten Madrigalvers, dem taktzahlfreien Jambus (§ 1034). Die Reimpaare des Gottschedanhängers Johann Joachim Schwabe glänzen durch tolles Silbenschinden: meist'r Bodm'r und Breiting'r hübsch und fein. Derlei hätte eigentlich nur Sinn, wenn feste Silbensumme vorschwebte; und doch bringt Schwabe auch 7 und 9 Silben. Ist das Ziel hier einfach die Mißhandlung der Sprache, und meint der Verfasser seine Achtsilbler als unwägende Jamben ?: thät6n groߣ kunstrichter s6in; die discours6n der mäler gär. Das wäre ja die Auffassimg vom Hans Sachs-Vers, der zwar nicht Gottsched folgte, die aber bei den Vorgängern seit Albertus überwog: man legte das jambische Maß an und stellte fest, daß dieser Vers — nicht hineinpasse, a l s o nichts von Länge und Kürze ahne. Noch Flögel 1794 bestimmt den 'Knittelvers' so (Eichler, Das Nachleben des Hans Sachs 167*): 'Verse, wo man zwar auf die Zahl der Sylben, aber nicht auf die Quantität sieht, wo der Dichter auf sechs bis neun Sylben eingeschränkt ist . . .': wieder einmal das a n g e b l i c h e Silbenzählen wie bei weiland Hesler und Jeroschin! (§ 892). 'Sechs bis neun Sylben', das wäre ein freier Knittel, allerdings eine Spielart, die man mit der Laterne zu suchen hätte! Versen von dieser Fül-

GOETHES A N F Ä N G E .

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lungsfreiheit mochte man wohl die vermeintliche { Quantität' absprechen: vom Wägen haben sie sich gewiß nie entbunden. Der K n i t t e l v e r s Goethes. 1196. Glaubhaft, daß Goethe schon in Leipzig den füllungsfreien Viertakter erlernte (§ 1193). Möglich, daß Reste dieser zahmen Gattung fortleben im Urfaust (Schuchard, ZsPhil. 51, 472ff., 52, 354ff.). Im übrigen tritt der Knittel erst mit dem Jahr 1773 in Goethes Dichten ein. Bis dahin enthalten seine Briefe Alexandriner und strophische Jamben, Faustverse und Blankverse, auch Hexameter — aber nichts vom deutsch-volkshaften Geschlecht. (Denn die Stammbuchverse an Moors 1765 sind Trochäen und Jamben, s. WA. 5 II 119, und die Knittel an Merck WA. IV 2, 9f. Dezember 1771* sind um 2 Jahre herabzudatieren.) Später als andre Briefsteller gewöhnt sich Goethe an diese keckere Versart. Die ältesten zeitlich gesicherten Knittelverse sind die zwei Dutzend an Kestner in dem Januarbrief 1773 und die rund 80 Paare in dem Jahrmarktsfest von Plundersweilern. Max Herrmann hat vortrefflich gezeigt, wie in diesem Puppenspiel die derbere Knittelart hinzugetreten ist zu dem zarteren, singspielhaften Grundstock; und zwar geschah dies im FebruarMärz 1773, nachdem Goethe mit dem wirklichen Hans Sachs Bekanntschaft geschlossen hatte. Als Schüler Gottscheds, sieben Jahre zuvor, hatte er nur aus abgeleiteter Quelle seinen 'Knittelvers in Hans Sachsischer Art' bezogen. Nun ist aber Goethe auch nach der Berührung mit Sachs beim freien Knittel verblieben; er ist sogar w e i t e r von der starren Silbensumme abgerückt, wofern man seine frühere Art bemessen darf nach der Schülerszene im Urfaust, auch nach Gottscheds Stübnergedicht. W a r u m hat sich Goethe durch die Hans Sachs-Lektüre nicht herumbringen lassen zur w a h r e n Hans Sachs-Form, zum strengen Knittel von 8/9 Silben? Sd müssen wir die Frage stellen, die man so oft schief gestellt und irrig beantwortet hat. Unsre Antwort kann nur lauten: weil Goethe die starre 8/9-Zahl bei Sachs nicht merkte oder nicht als wichtig und nachahmenswert verspürte. Die starre 8/9-Zahl konnte ihm entgehn, weil er die Verse nicht mit rechnendem Stifte, sondern mit genießendem Ohre aufnahm; weil er sie s p r a c h , hörbar oder unhörbar. Und gesprochen, wirkt der strenge Knittel — wir merkten das schon in § 917 an — nicht so viel anders als der freie. Dazu mag man nehmen, daß so viele silbenschindende Sachsverse in der tat-

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GOETHE UND H A N S

SACHS.

sächlichen Schallform die 8/9-Zahl überschreiten (§ 913), wenn man will auch, daß die von Goethe gelesenen Ausgaben diese 8/9-Zahl nicht aufs Reinlichste innehielten. Goethe steht damit nicht allein. Die meisten, die vor und nach ihm Hans Sachs nachzuahmen glaubten, haben in Wirklichkeit Verse von wechselnder Silbenzahl gebaut. Sagt man, diese Verse hätten mit Sachs 'gar nichts gemein', so hält man sich an das Gedankliche, die Zahl, nicht an den sinnlichen Eindruck. Stillschweigende Voraussetzimg ist, daß Goethe und all diese andren die Sachsverse nicht als tonbeugende Jamben herunterskandierten. Hätte ihnen das innere Ohr Eindrücke vermittelt wie: ich häb leider geöyfert s£hr umb mein weyb ye lenger ye mihr, dann wären sie zwar dem Silbenzählen auf die Spur gekommen, aber zur Nachahmimg hätte sie solch ein Muster nicht begeistert. Wir halten also das Hereinziehen der freien Knittel aus dem Peter Squentz (ür überflüssig und bestreiten, daß Goethe die 8/9-Zahl bei Sachs 'ziemlich deutlich als Hauptregel' erfaßte (M. Herrmann, Jahrmarktsfest zu Plundersweilern 1900, 88 ff.). Einer Ausländerin blieb es vorbehalten, die jambische Modelung mit Silbenschinden auf den Goethischen Knittel auszudehnen: mich plagen kiine skrup(e)l noch zw&fel, fürcht mich weder vor holl noch tlufel (Mary C. Burchinal, Hans Sachs and Goethe, Hesperia Nr. 2 1912, 45 ff.), irrig ist aber auch Eichlers Ansicht (1. c. 177): der silbenzählende und nichtwägende Hans Sachs-Vers habe sich im 18. Jahrh. organisch weiterentwickelt zum silbenzahlfreien und wägenden Viertakter. Damit mißkennt man den zweiten (oder ersten) Ausgangspunkt: den freien Knittel. Der war schon vor dem 18. Jahrh. die bestimmende Größe. Dem wird auch Flohr nicht gerecht (bes. I i i f.).

1197. Unbeschadet der jugendlichen Versuche der Leipziger Semester, nimmt sich der Knittelvers als zweite Neuerung aus in Goethes letzten Frankfurter Jahren; um ein paar Monate vorangegangen waren die Freien Rhythmen (§ 1159, vgl. 1230). Beide stehn neben den Formen Opitzischer Erbschaft als Genieverse da. Von den altern Zeitgenossen scheint hier keiner angeregt zu haben, auch Herder nicht; Wieland war in diesem Falle entschieden Nachfolger. Wer in den vorangehenden vier Menschenaltern freie Knittel in Druck gegeben hatte, tat es im Bewußtsein, herabzusteigen zu einer leichten, nicht ganz ernst genommenen Form. Im besondern zur Parodie schien der Vers zu taugen — oder dann, wie Neumeister-Hunold 1707 sagen, 'unter guten Freunden in scherzhaften und lustigen Dingen*. A u c h Goethe gebraucht

L U F T K R E I S DES GOETHISCHEN K N I T T E L S .

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seine Knittel oft, ja überwiegend in diesem zweiten Sinne. ' E s schien diese A r t so bequem zur Poesie des Tages' sagt er im Rückblick (WA. 29, 83). In höhere L u f t hebt er sie mit einigen Legenden und Kunstbekenntnissen, noch mehr mit einem Teil der Faustszenen, am meisten mit dem Hymnus des Malers an seine Göttin. Genug, um den Scheltnamen Knittelvers bei späteren Formfreunden zum Ehrennamen zu wandeln. A u c h da jedoch bleibt Goethe in einer Gegend, die man mit den Begriffen häuslich, altfränkisch, wenn man will 'gotisch', bezeichnen kann. Was nicht n u r am metrischen Stile liegt: Gehalt und Rede stimmt Goethe auf seine Knittel ab (§ 1180. 1189). Er, wie vorher Gottsched, nachher Wieland, hegten die Vorstellung, mit dem Knittelvers wähle man die Art des biedern Hans Sachs (Eichler 168). Weil der Faust — wir fragen nicht, ob zu seinem Frommen — über das Gotische und Holzschnitthafte hinauswuchs, konnte ihm der volksmäßige Viertakter nicht genügen; schon die uns gerettete Frühfassung besteht zu guten zwei Dritteln (die Liedstrophen und die Prosa abgerechnet) aus anderen, buchhafteren Maßen, zumeist 'Faustversen' (§ 1036). Noch weniger als die spätem Faustteile könnten wir uns den Elpenor oder den Hermann in Knitteln denken. Wo der südliche Faltenwurf in Sicht kommt, da bedurfte Goethe andrer Maße. Und zwar schon im Sturm und Drang: Prometheus und Ganymed sind in Knitteln, in Goethischen Knitteln unvorstellbar. 1198. So hat Goethe keines seiner großen Werke in kerndeutschem Maße ausgeführt. Die Blütezeit seiner Knittelverse dauerte bis zum Frühjahr 1776. (Zeittafel bei Feise, der Knittelvers des jungen Goethe 21.) In diese 3 1 / 4 Jahre fallen: Die 5 kleinen Lustspiele (WA. 16) Jahrmarktsfest, Satyros, Prolog zu den neusten Offenbarungen, Pater Brey, Künstlers Erdewallen (17. Juli 1774); Hans Wursts Hochzeit Z. 1-104, Teile des Ewigen Juden (YVA. 38); Hans Sachsens Poetische Sendung (WA. 16, 123). Im Urfaust diese Stücke (von einzelstehenden Versen abgesehn): Z. 1-28. 249-394 (Schülerszene). 445-48. 457-538. 605-10. 667-718 (einzelne Fünfheber?). 719-740. 751-82. 869-78. 1157-88 1246-67. 1372-97; zusammen 462 Kurzverse. Kleinere Gelegenheitsgedichte: W A . 2, 189. 190 Z. 13-24; 202. 204. 266; 4, I95f. 198. 205. In Briefen: IV 2, 9 (s. o. § 1196). 55. 93. 106; 3, 3t.

Ganz brechen die Knittel auch in den nächsten Jahren nicht ab, doch fließen sie dünner. Vor die italienische Reise fallen: W A . 2, 210 ( = Briefe 3, 167, Aug. 1777); 4, 164. 213 I (lauter Vierheber, zum Unterschied von der dicht folgenden Nummer, s. § 1203); 4, 200ff.; 2, 269; 4, 227; 5, 38; vielleicht auch 16, 113 ('Ein Meister einer ländlichen Schule') und wohl noch das eine und andre, das erst viel später zum Drucke kam.

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VERTEILUNG ÜBER GOETHES

LEBEN.

Schon D a s Neueste von Plundersweilern' 1781 (298 Kurzverse) zeigt den Rückgang der bewegten Füllung: 7 3 % sind bare Jamben (im Jahrm. und PBrey waren es nach M. Herrmann 42°/o; in KüErd. 9 °/o). 'Künstlers Apotheose', 7 Jahre später, ist überhaupt aus dem Knittelgefühl hinausgewachsen: nur drei Verse haben unjambischen Schritt, die übrigen 238 entfallen zur Hälfte auf jambische Viertakterstrecken, zur Hälfte auf Faustverse (4- bis öhebig). Dazu herrscht Paarreim nur in der Hälfte der Masse. Bezeichnend auch, daß Goethe im Jahr 1785 für ein langes 'Bänkelsängerlied' (WA. 4, 223) nur jambischen Ton fand! 1199. In den 1790er Jahren, als Goethe zum Faust zurückgekehrt war, entstanden wieder Knittelstücke von mittlerer Bewegtheit: Künstlers Fug und Recht 2, 192; Legende vom Hufeisen 16, 117: beide mit 50% Jamben; S£ance 2, 201. Aus den Jahren 1804—09 stammen an etwas umfänglicheren Stücken: WA. 3, 167; 4, 233; 16, 213; Johanna Sebus 2, 36, diese nur in 27% jambisch, aber die bewegteren Verse von der gemischt-anapästischen Art (keine 1- und 4silbigen Takte, vgl. § 1184). An den Knitteln des frühen Faust gab es metrisch nicht grundsätzlich zu ändern; doch verschafft ihnen die sprachliche Feile oft bewegtem Gang: bild(e) mir nicht ein ich könnt(e) was lehren; gebt mir zum wenigst vierzehn tag, || nur die gelegenheit zu spüren > ich brauche wenigstens vierzehn tag, || nur die gelegenheit auszuspüren. Man bemerke, daß gleich der Anfang des ersten Monologs, um die Form philosophey zu meiden, Kreuzreim bekommen hat! — Die neuen Teile mit freier Taktfüllung geben zum mindesten den gleichmäßigen Paarreim auf: 903—40 'Vom Eise befreit'; 3726—75 (Valentins Tod). Gewöhnlich aber gleiten sie außerdem in unfeste Taktzahl hinüber: Kreuzimg von Knittel- und Singspielvers; 1186—1320 pass.; 1639—4®1749—59. 1789—1802. 3307—25 und besonders die Kerkerszene. 1200. 'Nachdem uns Klopstock vom Reim erlöst und Voß uns prosodische Muster gab, so sollen wir wohl wieder Knittelverse machen wie Hans Sachs?' so schreibt Goethe 1799 (Eichler 221). An keiner zweiten Stelle bekennt er sich so schroff zu den Richtungen, die er selbst — in ihre Schranken gewiesen hat! Die Knittel von Wallensteins Lager nennt er ein Jahr später im Vorbeigehn 'das ungebildetere Sylbenmaß' gegen die reimlosen Jamben der Hauptteile (WA. 40, 7). Noch im Jahr 1814 grollt es in einem ungedruckten Xenion: '. . . und sollen uns patriotisch fügen, An Knittelversen uns begnügen' (WA. 5, 144; mißverstanden von Rud. Hildebrand, Gesammelte Aufsätze 188).

' A N KNITTELVERSEN UNS BEGNÜGEN.'

337

Aber das war nicht so ernst gemeint! Zur selben Zeit kann im Divan der Dichter zur Huri sagen: *Um einem Deutschen zu gefallen, spricht eine Huri in Knittelreimen' (was dann freilich die holde Huri für den Rest ihrer Rede dem jambischen Faustvers in die Arme treibt). Aber nicht nur der Divan ehrt die Knittel und seine Brüder. Schon mit dem Jahr 1812 setzte eine gereimte Spruchdichtung ein, niedergelegt in den Zahmen Xenien und manchen andren Sammlungen. Einen ansehnlichen Teil davon können wir für den 'freien Knittelvers' ansprechen, und nicht selten gelingen dem alternden Dichter kecke Rhythmen wie einst vor 40 Jahren. Das Nähere über die Fundorte und über die Scheidung der metrischen Arten sieh § 1218 f. Im 2. Faust dagegen gibt es nur ¿inen flüchtigen Anlauf zu Knittelversen: die paar Worte des Satyrs 5829—39. Von Stücken, die übers Epigramm hinausgehn, vertreten die bewegtere A r t : Celebrität 2, 209; Jahrmarkt zu Hünfeld 1814 2, 268 (hier nur 6 Verse von 22 jambisch); 'Große Leidenschaft waltet allda' 4, 255; die Knittel der Nymphe der Saale 1814 13 I, 106-08; die glattere: 'Tritt in recht vollem klaren Schein' 3, 184; Regen und Regenbogen 3, 191; Krittler 2, 207; Parabel ('Ich trat in meine Gartentür*) 4, 152; mit Einmengung nicht-paariger Reime: ' G r o ß ist die Diana der Epheser* 2, 195; Parabel ('In einer Stadt, wo Parität') 2, 2 1 1 ; Divan 257ff. 304. (Die muntern Knittel mit wechselnder Reimfolge im Nachspiel zu Ifflands Hagestolzen, W A . 13 I, I39ff., fallen in den von Peucer gedichteten Teil, s. 13 II, 216.)

Goethes letzte größere Nummer in Knitteln, der Prolog zu Deinhardsteins Hans Sachs 1828 (WA. 13 I, i82ff. Z. 15—52), hat sichtlich Mühe, über den Jambus hinauszukommen. B e s c h a f f e n h e i t des Goethischen K n i t t e l s . 1201. Von dem freien Knittel des 15.—17. Jahrh. geht Goethe in zwei Richtungen ab. Erstens vertauscht er den schlichten Paarreim gelegentlich mit anderen Reimfolgen, besonders gekreuztem und umschließendem Reime (Feise 22ff. 73f.). Unter den frühen Bühnenstücken zeigt dies nennenswert nur der Faust. Ohrenfälliger ist das zweite: daß sich in die männlichen und weiblichen Vierheber (4 V und 4 *v) vereinzelt ein 3 hebiger Vers, ein 4k oder 4s, hereinstiehlt. Geschieht dies mehr als vereinzelt, wie im Satyros 242—71, da ist der Name •Knittelvers' für uns nicht mehr brauchbar gemäß der Artbestimmung, die wir in § 899 wählten. So rechnen wir die durchgeführten Vagantenzeilen v | k von 'Kenner und Enthusiast' 2, 187 nicht als Knittel, und in "Dilettant und Kritiker' 2, 205 sehen wir eine Mischung von Knitteln mit Langzeilen v | s und *v | v . H e u s l e r , Deutsche Versgeschichte III.

22

338

SlLBENSUMME.

Mit andern Worten: für Goethe ist die Grenze nicht scharf zwischen den vollen Reimpaaren und den freieren Sprachversen (§ 1218). Auch Zwei- und Sechstakter mit freier Füllung können einfließen (Satyros 314—31); oder es tritt über zu Vierhebern mit durchgehendem Auf und Ab (Urfaust 33ff.). Und endlich hat sich der Knittel gar oft gegen den Faustvers, den taktzahlfreien Jambus, zu wehren (§ 1037). 1202. Nach der F ü l l u n g s w e i t e stellt sich der Goethische Knittel, im ganzen überblickt, zu den sehr freien Arten der nichtsilbenzählenden Gattung. Er steht hinter dem Peter Squentz § 1191 nicht zurück. Nur machen die einzelnen Gedichte von diesen Mitteln sehr ungleichen Gebrauch: die Freiheiten vierter Ordnimg (§ 1185) finden sich wohl am meisten in der frühen Gruppe; die mittleren Jahrzehnte, 1776—1812, dürften am seltensten über den Bereich der Gemischten Anapäste hinausgehn. Nicht immer Hand in Hand mit diesem Grade der Bewegtheit geht die zweite Größe, die über glatt und zackig entscheidet: die verhältnismäßige Dichtigkeit (das Zahlenverhältnis) der alternierenden und der wechselnd gefüllten Zeilen. Nach unten geht die Füllung des vollen Viertakters bis zu sechs Silben: Sat. 290 vernahmt, wie im ündlng. 298 lichtsmächt durch die nicht Schöll. 341 steinigt Ihn! — Hältet ¿in! PBrey 283 t i t er drkuf 1 wäcker räsen ? KüErd. 1 ich will nicht! ich kann nicht! Aber auch die Verse von sieben Silben sind noch spärliche Ausnahmen: die allermeisten Goethischen Stücke überschreiten die 8/9-Zahl, also die Zahl des strengen Knittels, nur nach oben. Als Höchstmaß finden wir 14 Silben (immer bis zur letzten Hebung gerechnet): KüErd. 42 sie machen sich stäubig. — Belieben sich niederzulassen I

Dreizehn Silben: KttErd. 8 und mein 4uge wie s£lig, dir entgegen zu wiinen. PBrey 33 ich b i t mir aber die ihr auf ein indermal &us.

Zwei weitere Fälle in § 1204. Zwölf Silben: KüErd. 15 uranfängliche Schönheit 1 k6nigin der w i l t l PBrey 94 mit einander ins b l t t oder ins himmelrtich. Urfaust 1185 und seine glgenwart schnürt mir das innre zü.

AUFTAKT.

339

INNENTAKTE.

Elf Silben: P B r e y 151 wie er ¿lies nach seinem gehira einricht. 16 üns Übergaben und geistlicher regierung. NOffenb. 51 mögen gar nichts weiter verkehren mit dir. Poet. Sendung 81 darauf söht ihr mit weiten armeln und falten.

Etwas verbreiteter aber sind erst die zehnsilbigen Zeilen. 1203. Für die e i n z e l n e n Versgegenden stellen sich die Dinge so: Der A u f t a k t spannt von o zu 4 Silben. Einen 4silbigen finden wir nur in dem angeführten Verse KtiErd. 42. Dreisilbige: KüErd. fünf Fälle s.u. §1208; ferner: WA. 2, 190, 13 und wer nicht richtet, söndern fleißig Ist. F a u s t 360 heiße magister, hiiße döctor gär (§ 68). 3472 (Urfaust 1164) ist mir in tiefer innrer siel(e) verhißt. 3493 (Urfaust 1185) und seine gigenwart schnürt mir das innre zu.

Zweisilbige sind schon ziemlich allgemein. Auftaktlose Verse bilden fast immer die Minderheit. Ein Stück, dem wir l a u t e r fallende Eingänge geben möchten, die 6 Reimpaare an Frau von Stein WA. 4, 213 I, hat einen eignen Klang: wie gesteigerte Daktylo-Trochäen; ausdrucksstarke viersilbige Takte. Doch darf man es noch Knittelverse nennen. 1 Deine gräße hab ich w6hl erhalten. 5 t i g und n i c h t spielt sie auf wiesen, in hiinen. 9 bllib, ruf ich oft, frdhling, man küsset dich kaum, ¿ngel, so fliehst du wie ein schwankender t r i u m .

1204. Der I n n e n t a k t erlaubt ein- bis fünfsilbige Füllung. Die schwersten scheinen nur die erste oder zweite Stelle zu wählen, 4- und 3 silbige stehn auch an dritter. Fünf Silben: Prolog 22 zappelt wie eine lius, hiipft wie ein flöh (§ 44 Nr. 4). PBrey 33 ich b i t mir aber die ihr auf ein indermal aus. Celebrität 6 weil Nöpomuck auf der brücken das llben verlör. WA. 2, 218, 76 höte dich vor magnötstein die dich begleiten. 227, 99 wdßte nicht, was sie bissers erfinden konnten. 4, 170 I I , 4 t i t einem nur nicht köpf und kniee sinken. 5. 177, 9 siebenfarbig statt wli0, o v i l statt rund. 2, 227, 93 tiusend fliegen h a t t ich am ibend erschligen. 5i 38, 5 ¿her einem töten als einem löbenden gleich.

Viersilbige Takte stehn in den Goethischen Knitteln so massenhaft, daß es neuer Beispiele zu denen in § 1202 f. nicht bedarf. Wir erinnern uns, daß man solche Takte für < w w I X w I >*C f IXw^l^w^l-ZJ^/x I ! X X I £ X I I I I ^ X I k X \-L\k

1226. Wir setzten hier die zweihebig klingenden Schlüsse an, die wir sonst im neudt. Zeitraum dem gesungenen Verse vorbehalten (§ 1000). Einer gesprochenen Sippe eignen sie doch auch: dem Kinderverse (vgl. Möller, Zur ahd. All.-poesie 171). Dessen Formgefühl spielt wohl manchmal in Goethes Sprüche

362

ZWEIHEBIGE

1 -

hinein. Am klarsten da, wo er überliefertes Gut treuer oder freier wiedergibt. Schlafsegen 4, 166 Der ségen wird gespróchèn I die rfesin liegt in den wóchèn; drei wélfe sind ¿usgekróchèn. sie liegt zwischen éis und nibel und scbnée, trinke gern ¿ichein- und rAbenkaffée, wénn sie Ihn nur h i t t i l — D i läuft die miusl — kfnd, ßch zu bètte und losche die lichter àusi

Alter Feuersegen 4, 168 Es ging ein kniblein wohl über das länd . .: 4 Knittelpaare, darauf: dàO du stille stéhèst und àuch nicht wéiter géhèst. — Es ging wohl ùm das häus /s, das féuèr war äus. 4, 170, bis auf die Schlüsse glatt alternierend: Da wichst der wéin wo's fà6 i s t . . . . Faust 2284 Trauben trägt der wéinstòck! hórnèr der zfegenbòck . . . (vgl. § 206). Hier trifft man auch im Versinnern zweihebige Messung der Wörter ¿ - . Sie ist aus dem Kinderlied allbekannt: réitèr zu pférd /\ ; hànsèl am bàch ; bóttèr und sälz . Auch Goethes eignen Sprüchen verhilft diese vorzeitliche Modelung ab und an zu überzeugender Form: 5, 136 Héiliger, lieber Lùthèr, du schàbtèst die bóttèr dèinen kollégen vom brót ^ ! dàs verzèihe dir gòtt. Z. 2 als Zweitakter X I ^ v w I ^ X zu sprechen, wäre im Zusammenhang einfach unmöglich. Auch das folgende Xenion wirkt erst, wenn wir die scheinbar 2taktigen Abverse zu 4s strecken : 5, 104 Wàs ist èin philistèr ? ein hóhlèr därm mit fórcht und hóffnung àusgefùllt. daß gött erbarm! 1227. Was Goethe vom Kinderreim nicht übernahm, auch nicht in den erwähnten Segen, ist das dipodische Grundmaß. Die altertümlicheren Kindersprüche geradteiligen Taktes be-

KINDERVERSE.

363

günstigen die Nachdruckslinie 1 2 3 4 ; zwei ¿-Takte, wie im altgermanischen Verse (§ 191), nur mit dem kennzeichnenden Unterschiede, daß sich der z w e i t e Haupttiktus dem ersten überordnet. Der Kurzvers hat ¿inen Nachdrucksgipfel an fester Stelle:

.

.\txkx\%xkx

hansei am bäch. beicke, bäcke, köchen. Bükö von Hilberstädt. jökeli will go birli schüttle.

Die alte Stabreimzeile zeigt mindestens im Abvers den umgekehrten Grundsatz: der erste Iktus ist der Gipfel (§128). Geht das heutige, im Spätmittelalter klar bezeugte Dipodienmaß (§ 89°) bis auf den agerm. Vers zurück (§ 184), dann erklärt sich die Gewichtsverschiebung nicht sowohl nach § 993 ('Anstieg der Stärkestufen') als aus dem Endreim: der setzt mit dem zweiten Hauptiktus ein in der Menge der klingenden und stumpfen Verse, seltener in den vollen: bäckerhäus : w£ck heräus. Klaus Groths Quickbornverse: Smucke diern un niet kl£ed, helle stimm im n£tt l&d, v£l dorst un güt drfnken, gröne arfen un rogen schinken, grawen klutz im glatten kil, härt hölt un scharp bfl . . . heimeln zwar an Abzählsprüche an, aber dipodischen Gang kann man ihnen nur in der Gestalt 1 2 3 4 zuerkennen; was doch auch in diesen ditmarsischen Sprüchen nur streckenweise herrscht. Man nehme den freien Wechsel in dem andern Priamel: Geddrli h£rr un ¿hrli kn£cht, en Zeitung de de wdhrheit söggt, en jünge ddctor d& en chrfst, ol jömfer d£ ni wränti is . . . oder die Vierzeiler bei Brentano (Märchen von dem Schulmeister Klopfstock), die ebenfalls die Reimsilbe erst in der 4. Hebung bringen: Gripsgräps ht5iß ich, gripsgräps riefs mich, grfpsgräps ist miin beruf, zu d&n mich gött im himmel schüf. Unsre Proben in § 1222. 1224. 1226 zeigen, daß Goethes Formgefühl sehr entschieden zu der wechselnden Gipfelverteilung

364

D A S DEUTSCHE AM SPRUCHVERS.

hielt, die wir monopodisch nennen und die ja überall, auch im starren Kunstverse, das dipodische f x f v als häufige Gelegenheitsform einbegreift. Die metrischen Formen deutscher Kinderverse findet man am reichhaltigsten und genauesten dargestellt bei Reinle, Zur Metrik der schweizerischen Vollcsund Kinderreime 1894. Weniger klar sind die Rhythmenbilder bei Auguste Müller, Das plattdeutsche Kinderlied 1914. Die große Sammlung von Böhme, Dt. Kinderlied und Kinderspiel 1897, rhythmisiert nur die Stücke, die eine in Noten faßbare Melodie haben. VgL Bückmann, Nd. Zschr. für Volkskunde 2, 137ff.; Müller-Blattau bei Nollau, Germ. Wiedererstehung (1926) 430t.; Naumann, RLex. Lit. 2, 68 ff.

S p r u c h v e r s , D i s t i c h o n und Jambus. 1228. Goethes Gnomendichtung seit 1812 hat den Knittel der Frankfurter Jahre neu belebt: womöglich noch weiter ist sie in ihren spruchhaften Formen abgerückt von allem AntikVossischen und Welsch-Opitzischen. In welchem Umfang und mit welchem Glück Spätere diesen Versbau versucht haben, überschauen wir nicht. Deutsche Spruchweisheit, die mehr schalkhaft als feierlich eingestellt ist, wird diese volksmäßigen Holzschnittlinien dem blanken Kristall des Distichons vorziehn. Die zwei Formen sind zu ungleich — wie die Städtebilder Rothenburg und Siena — , als daß wir allgemein von besser und weniger gut reden möchten. An Mannigfaltigkeit kann sich ja die griechische der deutschen gar nicht vergleichen; unser Spruchvers ist überhaupt nicht ¿ine Torrn', er ist eine artenreiche Gattung — und dabei käme man über die 50 Milliarden Ernst von der Reckes noch hinaus (§ 1185). August (Dehler ist in seinem 'Kranz des Meleagros von Gadara' 1920 der Frage ernsthaft nachgegangen, mit welcher Form wir das epigrammatische Distichon der Alten zu ersetzen hätten. Uns will es nicht so ausgemacht dünken, daß eine Übertragung ersetzen müßte. Geht man jedoch davon aus, dann brauchte die Wahl noch nicht auf den gereimten fünffüßigen Jambus zu fallen, eine italienische Form mit dem sowohl ungermanischen als ungriechischen Rhythmenstil. Oehler hat sich durch die sprachlich-metrische Unkunst unsrer Dorffriedhöfe einschüchtern lassen und hat allzu rasch den Sprung getan vom Viertakter zum Fünfheber, von der freien Füllung zum starren Jambus. Den Vorzug des vertraut heimischen Klanges hat er dabei unterschätzt. Bei dem kleinen Sechszeiler 'Im Atemholen sind zweierlei Gnaden' (Divan 11) fällt einem die Weisheit des Brahmanen ein und man fragt sich: welcher Unstern verleitete Rückert, trotz solchen Goethischen Wegweisern dem jambischen Sechsheber,

BEREICH DES

365

SPRÜCHVERSES.

dem Schein-Alexandriner (§ 1012), nachzulaufen, dieser Form ohne heimischen Klang, die dem Gnomiker seine beste Tugend, die Knappheit und sinnenfällige Rundung, raubt? . . . Was Goethe aus den Friedhofversen gemacht hat, konnte immerhin zu denken geben. Aber es ist wahr, griechische Inhalte in diese deutschen Formen umzukleiden, hat auch Goethe abgelehnt. Auf den lehrhaften und beschaulichen Kreis soll doch der kurze Name 'Spruchverse* die Gattung nicht einengen. Goethe zwar geht selten darüber (§ 1225), aber das Gefäß verträgt auch andre Inhalte. Für unsre Versklasse möchten wir ansprechen ein 'Kampflied der Arbeit* von Arthur Mellen (in Brögers Sammlung § 948, 20); wenigstens klingt es packend in dem hier vermuteten Zeitfall: Wir, die den hammer schwinge

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wir, die das eisen hämmern,

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55. Abschnitt: Der deutsch-volksmäBige Reimvers: 3. Sangbare Strophen. 1229. Auch in gesungenen Strophen kam ein echt deutscher füllungsfreier Versbau aus dem frühern Zeitraum herüber. Das war das 'Volkslied' im engem Sinne. Seine metrischen Eigenschaften haben wir in §871 ff. umrissen. Auf die Liederdichtung der Opitzischen Zeit hat dieser freiere Versbau nicht heraufgewirkt; das Volkslied gibt in der Buchpoesie dieser i l / t Jahrhunderte keine solchen Gastrollen wie der Knittelvers (§1191 ff.). Für die daktylischen Takte berief man sich zwar auch auf die 'gemeinen Lieder' (§ 1040), aber dem wesentlichen, der f r e i e n Stellung dieser Takte, blieb man fern.

366

DER VERS DES VOLKSLIEDES.

Noch das Geschlecht vor Goethe scheint seine lyrischen und erzählenden Strophen in den gebundenen Maßen gedichtet zu haben. Dem äußern Umriß nach waren es z. T. gut volksläufige Bauglieder: die Vagantenzeile v | k; die beiden 'epischen* Langzeilentypen v | s und k | s usw. Man denke an Gleims Grenadierlieder (§ 1007 Nr. 3). Aber die Fällung war starr, in der Regel alternierend. Dabei ließ es auch Bürgers Lenore (1773) bewenden; im Verse bezeichnet sie keinen Umschwung. J. G. Jacobis zwei Gedichtbände von 1770 wagen nur in 2 Zeilen (2, 212) unsymmetrische Daktylen einzustreuen. Als einer der ersten hat Herder an den englischen Balladen in Percys Sammlung (1765) und an deutschen Volksliedern den eignen Reiz dieses freiem Versbaus empfunden (PGrundr. 103). In den Blättern von deutscher Art und Kunst 1773 streift er auch die rhythmische Seite der 'wilden' Volkspoesie, ohne den Reimvers germanischer Stämme zu sondern von lettischen, gälischen, peruanischen Stimmen oder den Gegensatz zum glatten Jambus ins Licht zu stellen. Seine 'Volkslieder' brachten dann unter so viel Andersartigem 34 Nummern — englischer, dänischer, deutscher Herkunft —, die unter den Begriff füllungsfreie Reimstrophen fallen. Goethe. 1230. Manches davon reicht in die Straßburger Zeit zurück, da Herder Goethen für das Volkslied gewann. Die von Goethe gesammelten elsässischen Volkslieder (WA. 38, 23Öff.) boten auch im Versbau Muster für deutsche Art und Kunst. Eigentümlich, daß dieser füllungsfreie Vers auf Goethes Straßburger Schaffen noch nicht gewirkt hat. Nicht nur die im Stile kunsthafteren Lieder 'Es schlug mein Herz . .', 'Kleine Blumen, kleine Blätter. .' bleiben in der Bahn der starren Füllung: auch an dem Heidenröslein glättet Goethe den freien Auftakt weg, der dem Herderschen Texte eignet (25, 437), und singt in ebenen Trochäen. Das erste Gedicht im volksliedhaften Zeitfall stammt von Ende 1771; es ist das Zigeunerlied des Götz: 1. Fassung WA. 39, 140. Die dreimal genau wiederholte Strophe: 4v.4v.4V.4s Kehrreim 2v | 2v. 2s wechselt im Auftakt zwischen 1 und 2, in den Innentakten zwischen 2 und 4 Silben. Aber — es fehlt der Reim! Dieser Abzug an volksmäßiger Haltung blieb dem Liede bewahrt (1,156), während die Füllung noch etwas unjambischer wurde. Das Zigeunerlied deshalb zu den Freien Rhythmen zu stellen, war

SEINE VERTRETER BEI GOETHE.

367

eine Wunderlichkeit! Die Gehörwirkung ist trotz allem die der volkshaften Liedform. So viel vermag dieser stählerne Zeitfall für sich! Wir haben hier, von den Leipziger Versuchen abgesehen, den Erstling des deutschen Versstiles in Goethes Dichten: fester Taktrahmen mit beweglicher Füllung. Den bewahrten Knittelversen geht er um mehr als ein Jahr, den freien Dithyramben um einige Monate voraus. Nur etwa das Jahr 1774 zeigt bei Goethe zusammenhängende Hervorbringung in dieser dritten volkstümlichen Gattimg. Dünn gesät ziehen sich dann die Vertreter bis in des Dichters letzte Zeit. Auch darin unterscheiden sie sich von den zwei besprochenen Gruppen, daß sie weniger durchgängig deutsch-volkshaften Inhalt und Stil an sich ziehen. 1231. Goethes bekanntere und stattlichere Stücke entfallen auf den mehr oder minder epischen Bereich (Balladen, Rollenlieder) : I. Das Veilchen vor 1774 W A . 1, 164; Der König in Thüle 1774 39, 259 (Urfaust); ' E s war einmal ein König* ebd. 244; 'Meine Ruh ist hin' ebd. 288; Der untreue Knabe 1774 I, 165 (im 1. Druck von 1776 noch rein-jambisch: I, 405); Christel 1774 I, 18; Vor Gericht vor 1777 1, 186; Epiphaniasfest 1781 I, 149; Erlkönig 1782 1, 167; (Volksliedverse in der Fischerin 1782 12, 99f. 109t.) Der Müllerin Reue 1797 t, 195; Das Blümlein Wunderschön 1798 1, 172; Stiftungslied 1801 1, 109; Schäfers Klagelied 1802 1, 85; Bergschloß 1804 I, 93; Vanitas! vanitatum vanitasl vor 1806 I, 132; Altschottisch (Gutmann und Gutweib) 1827 4, 336. Angrenzen die kurzen Zwiesprachen unter 'Epigrammatisch' 2, 257. 258.

In den Jahren 1797/98, als Goethe mit Schiller wetteifernd Balladen dichtete, gab er den füllungsfreien Vers nur den zwei genannten Stücken: für die gewichtigeren, Schatzgräber, Zauberlehrling, Braut von Corinth, Gott und Bajadere, wählte er gebundene Maße. Von S c h i l l e r s damaligen Balladen erhielten zweie die bewegliche Füllung, Taucher und Bürgschaft; 1803 kam der Graf von Habsburg dazu (der Handschuh gehört nicht hierher, §1169). Für seine eigentliche Liederdichtung hat Goethe diese füllungsfreien Strophen nicht verwendet. Reimlos sind die Dreizeiler (431 4 k | 4s) der 'Gegenwart' I, 59; nur einen Ansatz zu Strophenbau hat der 'Erste Verlust* 1, 56 (die Ausdichtung 1, 381 ist rein-trochäisch). II. Nach Lyrik hinüber liegen: das Huldigungsgedicht 1783 4, 222; Landschaft vor 1827 3, 136; 'Der Guckuck wie die Nachtigall' 1827 4, 112. Von den z. T. mehr liedhaften, z. T. mehr gnomischen Stücken aus der Spruchmasse nennen wir die von mindestens 12 Zeilen bzw. drei Strophen (der Druck z. T. ohne Strophenteilung): Divan 41. 61. 98. 193 (drei Hildebrandsstrophen). 203. 210. 236 (zwei Achtzeiler); — Symbolum 3, 61; 'Gott hat den Menschen gemacht* 3, 250; Valet 3, 192; Beruf des Storches 4, 149. Aus den 'Invectiven': 5, 181. 193. 197.

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D E R DEUTSCHE VIERZEILER.

Bürger, Schiller, Heine u. a. 1232. Wie weit Goethes Altersgenossen auf diesen Spuren gingen, bleibt zu untersuchen. Bürgers Balladen haften zur Mehrzahl am Jambus; wo sie den 3silbigen Takt ergreifen, führen sie ihn entweder durch (§ 1052) oder beschränken ihn auf vorbestimmte Stellen nach Art der Mengtrittigen: so das Lied vom braven Mann Z. 5. 6; Das Lied von Treue Z. 1. (Ähnlich, doch nicht ganz starr, A. W. Schlegels *Die Warnung' Z. 6. 7.) Volksliedhafter Freiheit nähert sich nur des Pfarrers Tochter von Taubenhain (1781), und auch da tiberwiegt die rein-anapästische Bewegimg. Schiller hat sich erst in späteren Jahren der Form bemächtigt. Zu den genannten drei Balladen kommen 8 gnomische und lyrische Gedichte in Schillers Lieblingsstrophe, dem Sechszeiler: Vagantenpaar -(- v. c : v.c (seltener *v): Die Worte des Glaubens; Des Mädchens Klage usw. Diesen Ton — er mag aus Scheffler, 'Mir nach, spricht Christus unser Held', übernommen sein — wandelt der Taucher ab zu dem ungleichstolligen v.a | s.b, v.a | v.b; *v.c : *v.c. Nur in zwei Rätseln gebraucht Schiller den einfachen Vierzeiler: das Langzeilenpaar a | b :|| bzw. das gedoppelte Kurze Reimpaar a: a, b : b. 1233. Diese bei Goethe und im Volkslied bestvertretenen Vierzeiler gewinnen dann seit den jüngern Romantikern Sitz und Stimme in unsrer Lyrik. Sie gehören das 19. Jahrh. durch zum ehernen Bestände unsrer singbaren Dichtung. Viele der dauerkräftigsten Lieder gehn in einer dieser Formen. Zu Hölderlin sind diese Klänge nicht gedrungen, auch nicht, was mehr verwundern kann, in Hebels Wiesentälerdichtung (eine Ausnahme 'Die Mutter am Christabend' mit eigenartig freier Gruppenbildung). Tiecks Vierzeiler in der Melusina (1800) tummeln zwar die Kadenzen recht keck, bleiben aber beim Auf und Ab (Schriften 13, 151 ff.). Auffällt, daß Brentano in der Lore Lay und anderen am Volkslied genährten Stücken noch den jambischen Gleichtritt wählt; anders in Treulieb, Treulieb ist verloren' und weiterem. Neben den Vierzeilern laufen stets die größeren Töne. Auch Zweizeiler (das einfache Kurze Reimpaar) hat man dem Volksgesang nachgebildet mit und ohne kehrreimhafte Zutat (Fouque 'Die Schlachten'; Uhland Die Rache' u.a.). Auf diese ganze Masse — sangbare Strophen mit unstarrer Füllung — haben die wenig zahlreichen Goethischen Vorgänger (§ 1231 unter I) entscheidend eingewirkt; vor allen der König in Thüle, Vor Gericht, Schäfers Klagelied, Bergschloß (Lang-

369

HEINE.

zeilenpaare) und der Erlkönig (Reimpaare). Kein andrer Teil von Goethes Schaffen hat versgeschichtlich so viel bedeutet; seine Knittelverse und seine Spruchformen erlebten weniger Nachkommenschaft . Von, sagen wir Arnim und Chamisso bis Börries von Münchhausen und Agnes Miegel hat die Mehrheit der dt. Dichter diesen Strophen gehuldigt, so daß es leichter wäre, die Fehlenden als die Vertretenen aufzuzählen. Platen kennzeichnet es, daß er kaum 6ines dieser Gedichte des Druckes gewürdigt hat. Bei keinem ist der deutsche Vierzeiler so zur entschiedenen Hauptform geworden wie bei Heine1). Eigentlich eine Vielheit von Formen; die Gruppenbildung innerhalb des engen Rahmens ist bewunderswert mannigfaltig (über 30 Vierzeilertypen mit freier Füllung) bei ziemlich gleichbleibender Handhabung des innern Baues. Der weitaus häufigste Strophentyp ist k . x | s.a: |, also der halbe Hildebrandston mit Anverswaise; die Form von Goethes Bergschloß. An zweiter Stelle kommt das Vagantenpaar (das Metrum von 'Deutschland'), während die Chevy chaseForm v | s : || auffallend zurücktritt. (Die beliebten Formen V l V r j l und 2v | v :11 ziehen den Trochäus vor; vgl. § 1007.) Der Name 'Heinestrophe' soll wohl diesen ganzen Vierzeilerreichtum decken; er dürfte sich darauf berufen, daß Heine unsrer Gattung auch die reine L y r i k erschlossen hat. Ansätze dazu gab es ja schon bei Goethe und dann namentlich bei Chamisso, Eichendorff. Doch konnte Meinekes 'Verskunst der Deutschen' 1817 noch lehren: '(lyrische) Volkslieder bewegen sich am besten in leichten Trochäen und Jamben'; wogegen Romanzen und Balladen in Nachahmung der sog. Bänkelsängerlieder auch wohl ein anapästisches, selbst ein amphibrachisches Sylbenmaß begünstigen (2, 270. 275). Die Beispiele stammen noch aus Bürger selig, und den springenden Punkt, den W e c h s e l der Füße, hat sich der Autor von 1817 noch nicht klargemacht. ') Zur Veranschaulichung diese Zahlen. Band 1 der Elsterschen Ausgabe hat 518 Nummern. Davon entfallen auf: antikische Maße o, Sonett und Stanze 19, sonstige Strophen mit gereimten 5füßigen Jamben 11, Blankverse 5, spanische Trochäen (§ 1009) 28, Freie Rhythmen 20: zusammen 83. Von den 435 übrigen, mehr heimatlichen Nummern sind 65 jambisch, 137 trochäisch; es bleiben 233 für den füllungsfreien Viertakter (einschließlich 4 reimlose Stücke und 7 gereimte mit Zweitaktern). 200 Nummern gehören dem gereimten freigefüllten V i e r z e i l e r ; davon 165 aus 2 gleichen, 6 aus 2 ungleichen Langzeilen; 20 aus 2 Kurzen Reimpaaren, 9 mit umschließendem Reim.

1234. Soviel wir überschauen, sind diese Bergschloß- und Erlkönigstrophen in den letzten Jahrzehnten stiller geworden. Den Jambenfreunden mögen sie zu 'hüpfend', zu formlos sein; der großen Mehrheit aber, den Verehrern des Freien Rhythmus, zu Hcusler,

Deutsche Versgeschichte III.

24

370

TAKTGESCHLECHT.

KADENZENTAUSCH.

formschwer: die gebundene Taktzahl klingt wohl vielen nach dem bewußten 'Leierkasten' — und gebundene Taktzahl ist aus dieser ganzen Sippe nicht wegzudenken. Wir zweifeln nicht, eine rhythmenfrohere Kirnst vermöchte diesen sanglichen Strophen noch viel abzugewinnen; und zwar auch im innern Versbau, durch Kontraste der Taktfüllung. Denn hierin haben unsre Buchdichter der Kühnheit des Volksliedes nie recht nachgeeifert. Die bescheidenen Freiheiten, die sich Goethe nahm, haben den Späteren genügt; sie strebten nicht über ihn hinaus. Schon das Wunderhorn hätte lehren können, nicht nur welche Formenftille dem Strophenbau zugänglich war, sondern auch was der einzelne Vers vertrug, wenn man einmal die Voß-Westphalschen Grenzpfähle hinter sich ließ. Aber unsre Lied- und Balladenverfasser sind bei zaghaften Ausschnitten stehngeblieben. Das Maß ihrer Freiheiten wird man aus der folgenden knappen Beschreibung ersehen. Taktgeschlecht und Versfüllung. 1235. Zuerst ein Wort über das Taktgeschlecht. Kaum bei einer zweiten Gruppe stehn der gerade und der leichte dreiteilige Takt so ebenbürtig — auch für das einzelne Lied — nebeneinander. In den Tonsätzen findet man diesen wie jenen: Schillers Reiterlied geradtaktig, Heines 'Ich weiß nicht, was soll es bedeuten' ungeradtaktig usw.; Erk-Böhme Nr. 84c und d derselbe Text in beiderlei Gestalt. Häufiger ist wohl der Tripeltakt. Beim Hersagen wird die unbewußte Wahl u. a. davon abhängen, ob das Gedicht mit zwei- oder dreisilbigen Takten einsetzt (§ 1074). Th. Storm 'In Bulemanns Haus': Es klippt auf den gassen im mondenschein . .: dieser Anfang lädt zu J-Takt (oder £-Takt) ein; stände Z. 4 am Anfang: behend und mutterseelenallein, so läge gerader Takt näher. Unsren Rhythmenbildern im folgenden geben wir unvorgreiflich den gewohnten f-Takt. 1236. An der Taktfüllung ist vor allem das Verneinende hervorzuheben: auf den Versschluß pflegen unsre Dichter die Füllungsfreiheit nicht auszudehnen; KadenzetUausch ist seltene Ausnahme. In diesem Punkte hat das Volkslied wenig zur Nachahmung gereizt. Schon Herders Sammlung, in deutschen wie englischen Stücken, die elsässischen Lieder Goethes, dann noch ausgiebiger Des Knaben Wunderhorn: sie boten Fälle von Kadenzfreiheit, meist in den Schranken, die wir beim ältern Volkslied kennenlernten (§ 871). Aber Goethe blieb bei dem Grundsatz des Kunstverses: zum Wesen der Strophe gehört bestimmter,

KADENZENTAUSCH.

AUFTAKT UND INNENTAKTE.

371

gleichbleibender Ausgang jedes Gliedes. Die Reimpaare des Erlkönigs haben lauter männliche Vierheber und keine weiblichen dazwischen; Vor Gericht führt sein v | s durch, der König in Thüle und das Bergschloß ihr k | s usw. Nur in einigen gnomischen Strophengruppen erlaubte sich Goethe Kadenzentausch (§ 1218 Ende), ein paarmal sogar mit Verschiebung der Reimfolge: 5, 197; Divan 236 u. ö. Merken wir noch etliche Ausnahmen von der festen K a d e n z an. Schiller vertauscht 4V mit 4 * v im Abgesang des Berglieds und im 8. Rätsel Str. 3, hier mit verschobener Reimfolge. Diese dem Knittelvers ganz geläufige Vertretung erscheint auch bei späteren, so Freiligrath; in Heines f ü l l u n g s f r e i e n r e i m e n d e n Strophen ist es fast die einzige A r t Kadenzentausch (nur in K u r z e n Reimpaaren); weiter geht 'Die Libelle' 2, 148, 'Die Wanderratten' 2, 202. 204. Uhland ' D e r Rosengarten' gebraucht den Vierzeiler in nicht weniger als 7 K a d e n z t y p e n ; z. B. k . x | k . a , s . x | k . a in Str. 1 und 1 1 ; s . x | s . a , k . x | s . a in Str. 10; k . x s . a : | | (halber Hildebrandston) sechsmal. Verschobene Reimordnung in Str. 3 und 7. Mörikes Vierzeiler 'Die schlimme Gret und der Königssohn' bilden die epische Langzeile nach alter A r t bald k | s , bald v | s und gelangen so zu vier Strophentypen. Strachwitz in dem fast rein-jambischen 'Mein Leben für ein Lied' ersetzt das Vagantenpaar v | k:|| im Abgesang dreimal durch v | s:||. Rudolf Paulsen (geb. 1883) gibt dem Dreistropher 'Abendliche B i t t e ' die Formen s . a | k . b : | | ; k . a | s.b:|| und s . a | s . b : | | . Alle übertrifft R ü c k e r t mit dem 'Bäumlein, das andere Blätter hat gewollt'. Hätte diese echt deutsche Verbindung von Form und Freiheit doch mehr Nachfolge erlebt I Auch die R e i m l a g c ergreift der Wechsel in den Vierzeilern 'Eines fernen Segels Geleucht' von Helene Voigt-Diederichs. Sie zeigen vorbildlich, was dieser deutsche Vers hergibt, ohne d a ß man sein G r u n d m a ß zerbröckelt.

1237. A u f t a k t und V e r s i n n e r e s ziehen dem Füllungswechsel engere Schranken als im Knittel und in den Spruchversen. Die 'zackige Linie', die uns dort in so vielen Vertretern begegnete, sucht man in der Menge der Balladen und Lieder vergebens. Nicht selten bleibt die Freiheit auf der 1. Stufe von § 1184, d. h. von der jambischen und trochäischen Glätte unterscheiden nur gelegentliche dreisilbige Takte. Bei Goethe öfter als bei anderen ist es nur ¿in 3 silbiger Takt im ganzen Gedicht (Koberstein5 3, 238): im Veilchen, im Untreuen Knaben (vgl. §1231 unter I), in Christel, im Stiftungslied; in den Stücken 3, 136 und 4, 149. Uhland in des Sängers Fluch hat auf 64 epische Langzeilen k | s nur sieben mit ¿inem 3silbigen T a k t ; im übrigen ist der Schritt jambisch. Ähnliche Verhältnisse häufig bei G. Keller. öfter vielleicht nimmt auch der Auftakt an der Freiheit Teil: 2 silbig oder beliebig fehlend. Die 2. und 3. Stufe von § 1184. So Uhlands Klein Roland: auf 68 Langzeilen v | s 37 dreisilbige 24*

372

S I N K E N D E UND STEIGENDE EINGÄNGE.

Takte, davon 2 in ¿inem Kurzvers; 6 zweisilbige Auftakte (4mal im Abvers); Z. 67 und 76 verbinden diesen Auftakt mit 3 silbigem Innentakt: meiner mütter ziemet wfldpret und fisch. In Fällen dieser Art herrscht noch der jambische Gehöreindruck vor; wo die 3 silbigen Takte überwiegen, der anapästische: so in Schillers Berglied. Fehlt der Auftakt nur vereinzelt, so kann dies Ausdrucksform sein: ¿rlkönig hat mir ein leids getan!; schlimmer als je ihr zigeuner tut (WA. 1, 195); grüßt mir ihn tausendmal (Eichendorff 'Die Verlassene'); Frankreich ist die parole (Zedlitz 'Die nächtliche Heerschau'); kdmme du bald, o kaiser (Heine 2, 467). Nur oder vorwiegend auftaktlose Verse sind in dieser füllungsfreien Klasse seltener (vgl. § 1203). Ihre Wirkung liegt, nach der Dichtigkeit der 3 silbigen Takte, mehr nach Trochäen oder nach Daktylen hinüber. Man nehme das Volkslied 'Als wir jüngst in Regensburg waren', G. Kellers 'Fahrende Schüler' und anderseits die Rahmenstrophen von Schillers Eleusischem Fest, Kellers 'Sonnenaufgang'. Ausgeglichen, immer ¿in 3silbiger Takt auf den Vers: Lenaus 'Drei Zigeuner'. Schön handhabt auftaktlos den seltenen Strophentyp k.a | v.b, k.a | s.b Franz Lüdtke (geb. 1882) 'Im Posener Land'. Der nicht eben häufige Fall, daß sich sinkende und steigende Eingänge die Waage halten, bei Julius Schultz (geb. 1862) 'Abend'; dem Gegensatz der beiden sind hier zarte Wirkungen abgewonnen. j j o c k a n ¿ e n ßrentawänden lischt das abendrot. ach, soll die jugend denn enden: so farbig sei ihr tod! Wohl sind die füß uns wegewund und noch kein ziel zu sehn; doch stärkts für die letzte wanderstund, hand in hand zu gehn! Trankst so gierig am tage grün und firnenpracht: alternd herz, nun trage das stumme lasten der nacht! 1238. All das Bisherige zählt noch zu dön Füllungsformen, denen die antiken Fächer und Namen genügten. Schiller mag sich bei seiner hergehörigen Dichtung in klassischer Luft gefühlt haben — was bei den Knitteln des 'Lagers' nicht der Fall war. In die deutschen Eichenwälder kam man, wo die Auftakte über 2 Silben, die Innentakte über 3 und unter 2 schritten. Aber all dies spielte im strophischen Liede eine kleine Rolle.

V I E R - UND FÜNFSILBIGE T A K T E .

373

Für 3silbigen Auftakt haben wir éinen Beleg aus Goethe: Wirkung in die Ferne 5f. er liegt zur hand || auf meines tisches ränd. Str. 3—6 stellen hier das Paar 2 v : 2 v außer Zweifel. Dann muß man in Str. 2 den v i e r s i l b i g e n I n n e n t a k t ansetzen : verlégenheit! schäm! || ums pràchtkleid ists getan. Bei Goethe finden wir ihn noch in dem kecken Erstling, im Zigeunerlied : war Anne der nächbarin s c h w a r z e liebe kätz. warn s i e b e n s i e b e n wéiber vom dórf. da rüttelten sie sich, da schüttelten sie sich; sonst nur an der éinen erregten Stelle im Erlkönig: ich liebe dich, mich réizt deine schone gestält, dazu in WA. 2, 25712 gehts nicht, so làssen wir uns schéiden. Der Unterschied von den Knittelversen ist hierin groß (§ 1204). Bei Uhland lesen wir die 'Heimkehr' 1, 50 só; es ist bei ihm ein Gipfel rhythmischen Ausdrucks: 0 brich nicht, steg, du zitterst sehr! o stürz nicht, fels, du dräuest schwer! wélt, geh nicht unter, himmel, fall nicht éin, èh ich màg bei der liebsten sèin. Aus Eichendorff nennen wir 'Sehnsucht' 2, 7: von quellen, die von den klüften sich stürzen in die wàldesnàcht. Vier- und selbst fünfsilbige Innentakte wagt auch Freiligrath; 'Meerfahrt': 6, 4 es schimmern die kirchenfenster bunt. 2, 4 im wälde bei sieben zwérgen klèin. 9, 4 mit dem ódem meiner lebéndigen brüst und Leuthold, dessen Eglantine den anapästischen Sturmschritt prachtvoll übersteigert : Str. 1 Wie der stürmwind, der über die haide pfeift ohne räst, ohne ruh, ohne sichere statt, so mein héiBer sinn über die érde schweift, so mein hérz, das keinen fréund, keine heimat hat. — Die s ä n f t e blaue blüme im wogenden korn, die zahme blume ist nicht für mich — eine wüde ròse lieb ich mit schàrfèm dòrn.

374

EINSILBIGER T A K T .

3, 5 frische mörgenluft meine glähende stime küßt; dem schäumenden renner den hetzenden sporn! eine wilde róse mein lében ist mit schàrfèm dórn. In Takten wie | sanfte blaue | gehn wohl die zwei ersten Zigeunerliedfälle wieder. Man bemerke, daß diese Füllung | schwarze liebe l = der Strich-Haken-Lehre des 16. bis 19. Jahrh. als bare Unmöglichkeit gelten mußte. Denn liebe wie schwarze waren doch gleichermaßen ein Lang-Kurz, _ ^ ; beide zusammen also ein Ditrochäus, ein Gebilde mit zwei Arsen. Somit m u ß t e , nach Adam Riese, die Zeile: war Anne der nachbarin schwarze liebe katz fünf Hebungen und nicht weniger haben . . . Daß man dabei den Satzton und einiges andre vergaß, brauchen wir nicht mehr auszuführen. Zuweilen aber täuscht der stumme Text solche Viersilblertakte vor, und gemeint sind die dreiteiligen Langtakte des Ländlers. So dürfte man Eichendorffs 'Stimmen der Nacht' 1, 1. 3 beileibe nicht lesen : J weit tiefe, bleiche, stille félder /s ; über èlle, alle tiler, wälder ^ . Es ist der viel sanghaftere Zeitfall von § 1249. 1239. Vor dem e i n s i l b i g e n Innentakt scheut Goethe im strophischen Liede zurück — während er ihn sonst, schon seit der Leipziger Zeit, so gern und so ausdrucksvoll handhabt! (§ 1158. 1205. 1220). Um ihn zu vermeiden, ersetzt er die Form erlköntg durch erlen- in den zwei Versen: den erlenkönig mit krön und schweif; was erlenkönig mir leise verspricht. E i n e n Fall von einsilbigem Takte oder, was hier gleichwertig ist, pausierter Innenhebung bringt Schiller im Taucher (Palleske, Die Kunst des Vortrags3 148; Aßmus, o. §944A, 194): l

/

1

' 1 X lI X/

sie rauschen herauf, sie rauschen nieder: X I X W W I X

i /

X I W

den jüngling bringt keines wieder

Die Menge der volkshaften Vierzeiler bei Eichendorff, Heine, Geibel usw. versagt sich den einsilbigen Takt. Sie beugen, wo es drauf ankommt, lieber den Sprachton. Wir werden bei Eichendorff 'Die stille Gemeinde' nicht lesen: 1, 4 zwischen uralten bäumen; 5, 4 nach dem tiefschwiilen gründe: diese zwei einzigen Fälle des Gedichts durchbrächen zu klippenhaft das sanfte Gewoge. Ausnahmen fehlen nicht. In Rückerts 'Einladung auf Weihnachten' (2, 53) dürfen wir den trochäisch-daktylischen Schritt

EINSILBIGER T A K T AN FESTER

STELLE.

375

unterbrechen (vgl. § 999) durch die zerstreuten Eingänge X I I fc X . .: 1, 1 J&Ler känn sich die wilt betrachten zur ¡¿nzfeier auf sdine wdise. 5, 3 die mir der winter hält in der kläuse, daß ¿ng werden die weiten stüben. Die Kurzen Reimpaare von Max Dauthendeys 'Nachtfaltern* (lauter 4*v und 4V) beginnen ausdrucksvoll mit: Nächtf älter kömmen verlören, || wie gedänken, äus dem dunkel gehören. Str. 3 wird s I j L J L ^ x l und I \JL X & X I ; nach der Silbenschwere oder rein künstlerischem (spielerischem) Belieben kann man zwischen ihnen wechseln. Ein Punkt, wo die Ländlerverse vielgestaltig sind. — Schon von Z. 7 an hören diese 4silbigen Takte auf und in der Schlußgruppe auch die 2silbigen Eingänge: wir sind bei glattem J . 3 . 1 (2) angelangt. D . h . der dem Dichter vertrautere Anapäst

L A U T E R 3 SILBIGE INNENTAKTE.

381

im Walzergang hat sich durchgesetzt. Etwas Ähnliches fanden wir bei Walther von der Vogelweide § 711. 1246. Doch k e n n t das Volkslied Fälle mit starr 3silbigem Innentakt und zugleich schwerer Taktart: Wenn ich ein Vöglein wär; Wo a kleins hüttle steht. In Weigles "Drunten im Unterland' prägt die bekannte Weise den Ländlerschritt mit aus (Friedländer, Commersbuch Nr. 44). Stolte möchte auch Goethische Lieder, die zunächst nach gewohnten Daktylen oder Anapästen aussehen, für den Ländlertakt ansprechen: WA. 1, 27 Komm mit, o schöne komm mit mir zum tanze; 1, 89 Was zieht mir das herz so 1 ? was zieht mich hinaus ? 5 I, 20 Es rauschet das wasser 1 und bleibet nicht stehn. (Sieh auch 4, 169 'Hans Liederlich' die Rahmenstrophen; die mittlere ist mehrdeutig.) Das Wahrzeichen für diese Messimg: nachdrückliche 2. und 3. Taktsilben, trifft n i c h t ein z. B. bei 3, 56 Wie sitzt mir das liebchen ? was freut sie so groß? 3, 57 Mein haus hat kein tür mein tür hat ke haus. Spärlich erscheint der 4silbige Takt in WA. 1, 32 Ich wollt ich wär ¿in fisch: in I bis III hat ihn immer nur Z. 1 = 5, und auch dies entspannt sich in IV bis VIII zur Dreisilbigkeit, so daß man wieder auf leichte Anapäste fallen könnte: Ich wollt ich wär tr£u, || mein liebchen stets niu . . . In Brentanos 'Heimatsgefühl' würde die Walzerbewegung stocken nur in fünf der Strophenschlüsse: Wie klinget die welle! || wie wehet ein wind! || o selige schwelle, || wo wir geboren sind! Hoffmann von Fallersleben 'Hinaus ins Freie!' legt die Füllung dahin fest, daß immer nur Z. 3 den bestimmten Typ XI ^ X A - A . I z k hat (und wie ist es doch im freien), während die übrigen bei dem J. 3.2 (1) bleiben (mißverstanden von Ottmann 1. c. 114). Und wie es unter den sangbaren Strophen des vorigen Abschnitts solche gab, die mit einem einzelnen 3 silbigen Takt vom Jambus abrückten (§ 1237), s o kann nun unter lauter 3silbigen ¿in 4silbiger auftauchen — und uns verraten, daß der schwere, nicht der leichte Tripeltakt gemeint ist. So bei Brentano 'Wenn ich ein Bettelmann wär'. 1247. Mit den zwei Ländler takten können aber auch in die Wahl treten die zwei f-Takte; das Maß der Kindersprüche § 1227. Wir entschieden schwer bei dem Rückertschen Einstropher 1, 532: Heut auf die nacht schüttl ich meine birn, 3 fallens oder fallens net

382

Ländler- oder J-Takt. heut auf die nacht

1

|/ v V x V I '

{J X I

X X X X I 6 mag sie oder mag sie net (wie Z. 3). Gegen den J-Takt spräche der einsame Auftakt in Z. 5. Das Beispiel macht anschaulich, wie der Ländlertakt die Silbenreihe eifriger emporwölbt; wie er dem J-Takt gegenüber eine V o l u m Steigerung bedeutet (Rotter 23). Es liegt in ihm etwas von der 'dinarischen' Schäumigkeit, Sprudligkeit der südostdeutschen Rede. Schwanken kann man auch bei Klärchens Lied im Egmont 'Freudvoll und leidvoll, gedankenvoll sein'. Daktylen _ ^ ^ _ ^ ^ _ ^ kommen natürlich nicht in Frage! Saran, DVersl. 215, fordert die Messung: (zu dem Takttyp | j _ x | vgl. Stolte 41 ff.). Der ersten Langzeile sitzt das gut, weniger den folgenden. Beethoven hat im geraden Takte vertont: i l - L ^ ' X \ J-. k ' X\ -L k X \ -L . Hiergegen könnte man nur die zwei Takte einwenden | -dänkenvoll | und | himmelI drängen. hoch |: die würden auf den seitnern Typ I X X Geibels D e r Mai ist gekommen' singen wir im Ländlertakt (§ 28. 700). Der streitet mit dem Text namentlich in 4, 2 herr wirt, herr wirt, eine kanne blanken wein. Dem Dichter lag wohl gerades Maß im Ohre (Stolte 43); er hat die epische Zeile k | s mit einigen Freiheiten in der An versgrenze abgewandelt. 1248. Abweichend von Stolte (52), messen wir das Stück aus 'Scherz, List und Rache' WA. 12,139; 5 I, 4 ohne die Zerdehnung der vier Anfangszeilen; sie haben das gewöhnliche Maß der zwei | - T a k t e : Gern in stillen melancholien wandl ich an dem Wasserfall!

fcxl-i-fc'xfcxl-Lfc/sU/J) X X

1

und in süßen melodien locket mich die nachtigall

kx

J

X X

\—

I x x x x x x I Z A A

\ J. k X (wie Z. 2.)

^

Die 3 folgenden Gruppen (sie überschreiten den Vierzeiler) könnten zu J-Takt einladen: Doch hör ich auf schalm£i£n || den schlfcr nur bl&s£n . . . . bis: wirds imm£r mit mir. Aber nötig ist der Taktwechsel nicht; Ländler tut auch hier gute Wirkung: ± \ t X \ -Lk * : \ -L ± ± \ -Lk . . . und weiterhin: sih Ich ¿ine nis£ ^ , || möcht ich sie zupfen . . . Wieder das Abgleiten zu den rein 3silbigen Innentakten!

ARNIM, EICHENDORFF,

383

KELLER.

Dieses spürt man auch in Mörikes 'Verlassenem Mägdlein* (1829). Ein andres Grundmaß als den Ländler-Achttakter finden wir ihm nicht (nach Svanberg, s. § 1262, 104f., schwebte es zwischen 3 oder 4 Metra); aber der Schlußvers hat immer die außergewöhnliche Form I LZJ I k (in Str. 2 und 4 wirkungsvoll!). Also Str. 1: Früh, wann die hähne krähn, eh die sternlein verschwinden, muß ich am herde stehn, muß feuer zünden.

7

N

v

v

v

IYX

v

AAA I ' I ~X X 1 I LZJ _X_ ! jL k

1249. Arnims 'Liebesliedchen', Gräfin Dolores 3. Abt., wiederholt i8mal den starren Kurzverstyp: 1 I JL* ' X * X I was jagt mich so matt und müde und vertauscht ihn nur in der vorletzten Halbstrophe mit: xkx\ J.k'xkx\ J-'\ ( = Goethes Mailied § 1251) in weichen armen, in stillem kuß. Der Fall erinnert an die beiden Neifen in § 656. Dreisilbigen Auftakt oder Eingang wie hier bringt Eichendorff in dem 'Boten': hat eine zith£r gehäng6n . . ., auch mit leichter Tonebnung, die hier gar nicht stört: über die berge übern wald X^CX \ J - k * k x \ J Sparsamer, doch ausdrucksvoll ist Eichendorffs 'Soldat': Ist auch schmück nicht m£in roßl&n . . Man beachte die 'malende' Z. 4, 2 sö schwing Ich mich äuf mein rdß. Die Krone aber der buchlichen Ländlergedichte sind Eichendorffs "Nachtigallen': Möcht wissen, wäs sie schlagen . . Die Mannigfaltigkeit der Füllungstypen (7 für den An-, 3 für den Abvers) darf sich neben den guten Schnaderhüpfln zeigen. Eichendorff schaltet über diese Reize ganz anders als Goethe! Seine Rhythmen umplätschern weich die träumerische Wortreihe. Ungern beschränken wir uns auf die ¿ine Strophe 3; ihrem dritten Verse glauben wir wieder die leichte 'Ebnung' zutrauen zu dürfen. Nacht, wölken, wohin sie gehen, J ^ l j ^ k ' x k x l - Z - ^ / N ich weiß es recht gut, I .L I JL liegt ein grund hinter den höhen, kx\ \j-xkx \ J-k wo meine liebste jetzt ruht. X & X I i . 1 1 I J-

384

DREIHEBER IM L Ä N D L E R T A K T .

In G. Kellers 'Alten Weisen' I — V I hallen diese Klänge wieder (vertont von Brahms). Reichlich oft verbinden sie mit 2- und 3silbigen Eingängen den ruhigen 3silbigen Innentakt: älle rdtshdrrn dir städt || und älle wiisin dir wilt ^ || bleiben stumm auf die frägi, || die deine äugen gestillt! Auch in Nr. V: er soll sihn, wie die liebi || ein feurig schwört werden kann! Mit der leichten Ebnung: aber ich häb ¿ntbloßet || meini lebendige brüst. Nach der folgenden Tripodiengruppe hin vermittelt Eichendorffs Dreistropher 'Stimmen der Nacht*. Denn er wählt tonschwerere Silben für die Nebenhebungen des Innentaktes; in 1, 4. 2, 3 und 3, 2 Silben (ein-; köpf-,fei-), die sich dem 1. Versgipfel satzrhythmisch nicht mehr unterwerfen — wie in § I25iff. (Die Ebnimg in 2, 2. 3, 3 ist uns geläufig.) Auch hier entzückende Abwechslung: der Anvers in 5, der Abvers in 3—4 Gestalten. Weit tiefe, bleiche, stille felder —

\

0 wie mich das freut,

\

> i085. 1120. Kolroß, Joh. 956. Konrad Gislason 11. Konrad, König 754, 774. Konrad von Würzburg 427, 4 3 3 , 5 5 4 , 8 4 3 ; ep. Vers 559—611 passim; 6 l 4 f f . , 891 f., 906, 908, 1 0 2 3 ; lyr. Vers 630, 632, 6 5 5 , 6 6 2 , 6 7 5 ; Dakt. 707, 7 1 2 ; Strophen 7 1 6 , 7 4 3 , 797, 8 0 5 ; Leich 836, 838. Kopisch, Aug. 1 2 4 2 . Kormakr ögmundarson 406, 424. K ö m e r (im Strophenbau) 829, 856. Körner, Theod. 1006a, 1052. Kortum, K . A . 899, 954, 1066, 1 1 8 8 ,

1212.

Kossmann, E. F. 753. — Fr. 1011, 1 1 0 0 . Köster, Alb. 9 1 9 , 939, 9 6 1 , 1 0 5 7 , 1 1 2 1 . Kraus, C. v. 556, 575, 6o6f., 624, 705, 7 3 9 , 829, 892. Kretiker 930, 1066, 1 0 7 7 . Kretschmann, K . F. 1155. Kreuzreim 442, 7 3 7 , 8 1 0 , 872, 877, 1 1 9 9 , 1 2 0 1 , 1 2 1 8 , 1224. Kudrun: Versbau 565f., 573, 582, 587, 7 3 7 ; Strophe 7 1 5 , 746, 7 8 2 , 784 f., 789, 7 9 1 , 8 0 1 , 809. Kugler, Franz 28, 1 2 5 5 . Kuhlmann, Quirin 995. Kulm, Tilo v. 897. Kulman, Lienhart 907. Kunstwörter 1 7 , 1 1 3 , 192, 584, 944, 985. Kürnberger: Reim 4 6 5 ; Zeilenbau 428, 6 3 2 , 6 4 9 , 669, 6 7 2 ; Erster Ton 7 5 8 ; Kürenbergsweise 38, 3 5 3 , 597, 630, 715. 724. 729K-. 746, 783809, 8 1 9 ; s. Nibelungenstrophe, -zeile. Kürze (w) in Hebung 1094. Kürzendehnung 76, 593, 6 0 1 , 655, 8 4 5 , 898. Kurze Silbe s. Starktonkürze. Kurztakt 3 3 ; s. Ein-, Fünf-, Sechs-, Viersilbiger Kurztakt; Langtakt.

415

KviSa 292. Kviduhattr 2 3 7 , 2TJ2ÌI., 2 8 1 , 3 1 1 , 329, 342, 425-

L. Laber, Hadamar v. 789. Lachmann iof., 1 3 , 20, 7 5 , I S S f f . , 1 7 2 , 195. 490. 52« l; 5 5 7 . 5 6 3 . 5 8 4 . 6 0 7 , 985, 1 1 2 4 A . Lafontaine 1 0 3 4 . Laikan, got. 830, 832. Laisse, frz. 442. S. Lamprechter Marienlob 527, 679. Landegg, Schenk v. 6 5 5 , 679, 7 6 4 ^ , 788, 7 9 6 f . , 8 0 5 f . , 8 1 4 . Ländlermaß 1 8 , 3 3 , 85, 98, 277, 6 8 2 , 696, 700, 724, 872, 1 0 7 5 f . , 1 2 3 8 , 1 2 4 4 (f., 1 2 6 4 » . Lange, Joachim 1 0 1 0 . Lange, Sam. 946, 1 0 3 8 , 1064. Langenstein, Hugo v. 889. Langewiesche, W h . 1 0 5 3 . Langgekürzt 1 0 3 9 . Langtakt 3 3 , 1 5 4 , 1 7 5 « - . 383. 407, 420, 509, 6 8 1 , I 2 2 5 f f . , 1 2 4 7 , I 2 5 8 f f . Langzeile 3 7 ; R v . 55, 4 2 8 , 475 t., 7 9 5 , 945, I 0 0 7 f . , 1 0 1 6 , 1 2 2 2 , 1 2 3 3 ; ungeteilte s. Achttakter. Langzeilenmaß (Stbrv.) 38, 106, 108, 1 2 7 , 1 5 3 , 2 2 5 f f . , 2 7 1 ff., 3 1 6 , 3 2 8 , 333. 340, 342ff-, 383f-t 386f., 412Langzeilenpaar, Stbrv. 351 ff., 3 9 5 ; R v . 7 2 5 , 729ff*. 872, 877f. Langzeilenreim 442, 465, 7 3 1 , 945. Lasker-Schüler, Else 1 0 3 8 . Lateinischer Reimvers 95, iooff., 1 1 4 , 1 5 6 , 4 4 9 , 4 7 0 f f . , 6 1 8 , 630, 633, 680, 7«9. 730. 733. 761, 780, 8 1 1 , 8 1 5 , 908, 9 1 7 , 956, 963. 973. 1040; s. Hymnen, Kirchengesang,Vagantenlyrik. Laufenberg, Hnr. v. 866. Lauremberg, Joh. 1 0 1 0 , 1 1 9 2 . La vater 1 0 0 7 . Leberreim i o i o f . Leich, agerm. 2 7 , 111 f.; mhd. 37, 477, 527, 629, 679, 720, 743, 762, 795, 808, 8 3 o f f . , 843, 1089, 1 1 3 9 . Leiningen, Frdr. v. 7 6 3 , 765, 797. Lenau 1 0 0 6 a f., 1 0 3 0 , 1066, 1 0 7 1 , 1214, 1237. Lenz, Reinhold 1 2 1 1 . Leon, Gottlieb 1251. Leoninischer Hexameter 450, 958. Lersch, Hnr. 1 1 7 6 .

4i6

R E G I S T E R ZU B A N D

Lessing 947t. (Reim), 961, 1000, l o i o , 1021, 1023, 1067, ii04f., 1109, " 5 4 , I 2 55Leuthold, Hnr. 1071, 1238. Leyen, Fr. von der 523. Lichtenberg, G. Chr. 1104. Lichtenstein, Ulr. v . : ep. Vers 554f. t 594,910; Lyrik 628,630,671 a, 675 ; Daktylen 679f., 686,694,697,1040, 1051; Strophen 724, 742—829 passim; Leich 835. Lied 315, 628, 715, 830. Liliencron, Detlev v. 928, 950, 953, 994, 1022, 1030, 1174. Liljulag 414f. Limburg, Schenk v. 743, 764, 783. Lindenschmidstrophe 751, 761. Litanei, frOhmhd. 528, 532, 542, 548, 551, 612, 621. Ljódahàttr 108, 315; s. Spruchton. Lobwasser, Ambr. 965f., 1013. Logau, Frdr. v. 961, 995, lOOO. Lohengrin 555, 797. Lohenstein 1033 f. Longfellow 1009. Losorakel 384. Löwenstern, Matth. Apelles v. 956, 1041, 1057. Lübecker Totentanz 903. Lüdtke, Franz 1237. Ludwig, Otto 1023, 1173. Ludwigslied, ahd. 455, 468, 477, 491, 494f-, 506, 519. Lüenz, Burggraf v. 818. Lundius, Berah. 730, 742. Luppin, Kristan v. 655, 696. Luther 755, 849, 851 (Reim), 867ff., 934. 961, 977M. Madrigal 945, 980, 1005, IOII 1013, 1019, 1031 ff., 1148, 1150, II57, 1161 ff., 1167, 1195. Madrigaion 1034. Mahn, Paul 1078. Mai, Lucas 964. Makkabäer, Deutschordensdichtung 897, 909; kölnische 878. Milahittr 108, 276ff., 292, 311, 344, 387, 411, 4:3, 422. Mann, Klaus 928. Männlich-voll 544, 583^, 653, 845. Männlich: weiblich 847, 1000. Manuel, Nikiaus 903, 1194. Marienlob, nrh. 593.

I—III.

Markiis Skeggjason 414t. Marlowe 1021. Marner, Konr. 668, 675, 679, 685, 698, 708, 716, 738. Marot, Cl. 965. Matthisson 1057. Mauthner, Fr. 989. Mayrhofer, Joh. 1002. Mehrdeutigkeit 18, 83f.; s. Vielgestaltigkeit. Meineke, Joh. Hnr. Fr. 943, 1035, 1121, 1126, 1128, 1169, 1233. Meinloh von Sevelingen 649, 724, 742, 745. 757S. Meinrad 1576 894. Meistersinger 82,95,628,641, 716, 722, 779, 823, 827, 849, 854, 857ff., 908, 913. 917, 966ff-, 97°, 977, 9 8 ' . 1089, 1268. Meisterton 858. Meißen, Markgr. v. 766, 788, 791. Meißner, der 641, 669, 767, 770, 779, 801, 865. Melin 321. Melissus s. Schede. Melk, Hnr. v. 51, 522, 528, 532, 544, 547, 55°fMelker Marienlied 527, 749, 751, 815. Mellen, Arthur 1228. Melodie6f.,37,628; s.Gesang, Sprachmelodie, Vertonung. Melodram i n , 164. Memento morí, frühmhd. 524, 527, 533. Memminger Meistersinger 977. Mengtrittig 937, 956, 1051, IOS4ÍÍ. Menschenliste, altnord. 334. Mensural 629, 769, 854. Merigarto 522, 534ff., 548. Merseburger Segen, erster 106, 437. Messen (Quantitieren) 88ff., 369, 382, 532, 610, 931, 940, 959, 975, 1132. Metrica, carmina 440. Metze, Walther v. 796, 821. Meyer, C. F. 928, 1008, 1053, 1127, 1240. — Kuno 100, 467. — Wh. 95, 441, 473, 761, 780. Meyfart, Joh. Matthäus 670. Miegel, Agnes 1133, 1233, 1242. Mijle, Abr. van der 945, 971. Milan, Emil 56. Milton 924, 946, 1021, 1023, 1025. Mimus s. Spielmann. Minckwitz, Joh. 929, 943, n 20, 1169. Minden, Gerh. v . 879, 899, 907.

REGISTER

ZU B A N D I — I I I .

Minnende Seele 885. Minnerede, nrhein. 8 5 1 , 884. Minnesang 426, 428, 5 5 5 , 606, 6 1 5 , 6 2 8 f f . , 854 ff., 865, 875, 9 8 1 , 1040, 1051. Minne vor Gericht 8 8 8 . Minor, J a k . 928, 9 4 4 , 954, 967, 1 0 2 5 , H27f., 1173. Mittelachsenverse 1 1 7 5 . Mittelfränkisch 536, 5 5 4 , 8 4 1 , 893, 896. Mittellateinisch s. Lateinischer Reimvers. Modi 636, 8 3 1 . Möller, Herrn. 4 3 , 1 8 0 , 204, 220, 380, 385Monopodie 49, 3 8 3 , 480, 509, 520, 6 1 3 , 9 9 1 , 996, 1 1 8 3 , 1 2 2 7 , 1 2 5 7 , 1266. Montanus, Martin 907. Montfort, Hugo v . 854 ff., 8 7 7 , 888. Mora 3 3 , 4 2 f f . , 7 2 , 7 4 f . Morgenstern, Chr. 1 0 0 1 , 1 2 1 3 . Morhof, D a n . G. 9 3 8 , 946, 950, 9 9 1 , 1 0 0 $ f., 1 0 1 3 , 1 0 1 9 , 1 0 4 2 , 1 1 0 0 , 1251. Mörike 927 f., 9 5 2 , 1008, 1 0 1 6 , 1028, 1 0 5 3 ( D a k t y l e n ) , 1 0 5 7 (Phaläcisch), 1 1 2 8 (Hexam.), 1 1 7 3 ( F r . Rhythmen), 1 2 1 4 ( K n i t t e l ) , 1 2 3 6 , 1248 (Ländler). Moritz, K . Phil. 9 4 1 , 975, 985, 1 1 2 6 . Morolfstrophe 649, 7 1 5 , 7 5 1 . Mortensen, K . 1 5 4 , 900. Morungen, Hnr. v. 6 3 0 ; R e i m 4 6 3 ; Versbau 662, 6 6 7 , 6 7 1 a ; Daktylen 679, 685 f., 693, 704«., 1 0 7 2 ; Strophen 7 1 9 , 7 2 4 , 742, 744ff«. 754f-, 760. 763, 7 7 6 , 787f-, 791 ff., 7 9 7 f . , 804, 8 1 2 , 8 1 6 , 8 1 9 , 823, 828. Moser, H . J o a c h . 4 3 7 , 670, 7 7 0 , 864, 869, 1004. Mügeln, H n r . v. 8 5 1 , 8 5 8 , 9 1 0 , 9 1 2 , 9 8 1 . Mühlpfort, Hnr. 1011. Müldener (Geander v . d. Oberelbe) 1195. Müllenhoff, K . 1 5 7 , 729. Müller, Maler 1 1 0 5 , 1 1 5 4 . Müller, W h . ( D i c h t e r ) 1004. — W h . (Germanist) 7 3 5 . Müllner, Ad. 1009. Münchhausen, Börries v . 1 2 3 3 , 1240. Muri, Sequenz von 4 5 9 , 679, 7 3 7 , 745, 780, 795, 830, 839. Murner, Thomas 907, 9 1 0 . H e u s l e r , Deutsche Versgeschichte III.

417

Musik 1 4 , 940, 942, 944 C; s. Gesang ib. cit. Muspilli 106, 109, 366, 4 3 0 f . , 4 3 5 . Myllius, Martin 956 f. Mythologie, metrische 940f., 9 8 7 , 1 0 6 0 , 1086.

N. Nadler, K . G. 1 0 3 8 . Narrenschiff, hd. s. B r a n t ; nd. 904. Natursucht (Naturalismus) I J , $6, 58, 928; 944, 948, 1 0 2 2 , 1 1 7 4 t . , 1 2 5 2 . Neander, J o a c h i m 977, 1 0 4 1 , 1 0 4 3 . Nebenton 66, 9 3 1 . Nebenzäsur 1115 ff. Neckel, G. 80, 3 5 2 , 4 3 1 , 7 3 2 , 944, 967. Neidhart von Reuental 630, 634, 698, 708, 7 2 3 — 7 7 7 passim, ¿ 0 4 f . , 8 1 6 . Neifen, Gotfr. v. 630, 634, 647, 656, 659. 675. 679. 703, 7«2, 724. 743 bis 829 passim ( 8 1 4 ) , 1249. Neukirch, J o h . G. I I 0 0 . Neumann, Frdr. 9 5 1 . Neumark, Georg 930, 994, 1042, 1046. Neustadt, Hnr. v. 594, 882. Neutrale Verse 1 7 9 , 186, 4 3 5 , 509, 512 ff. Nibelungenlied: Reim 463, 466; Versbau 562, 565, 573 f., 582, 584, 669, 672, 842, 876, 9 1 3 . Nibelungenot, ältere 4 6 6 , 597 649, 715. 717. 737Nibelungenstrophe 3 7 , $86, 729ÍÍ., 7 8 2 f . , 786, 943, 1 1 8 $ , 1 2 3 9 ; s. Kürenbergs weise. Nibelungenzeile 3 4 2 , 347, 737 f., 930, 1007, i o n , 1 2 4 2 . Nicolai, Phil. 6 7 3 (8$4), 870, 977. Niederdeutsch ( R v . ) 429, 46$, $ $ 4 , $93, 8 4 1 , 886, 89$, 904 f., 9 0 7 , 1 0 1 0 , 1190, 1192, 1227. Niederländisch s. Holländisch. Nietzsche 2 2 , 1 0 8 7 , I I 7 3 . Nisot, Nie. 9$9. Niuniu 839. Niunzen 782. Nordal, Sig. 428. Noreen, E r i k 3 1 $ , 3 1 8 , 399, 900. Nóregs konunga tal 272 ff. Norwegisch: S t b r v . 10$, 2 7 $ , 3 1 1 , 3 3 1 , 356. 360. 378, 387 f-. 3 9 0 ; R v . 7 «37 3 2 , 900, 1 2 4 4 , I 2 $ I . Notenschrift 4 3 , $6, 1 7 7 , 468, 629, 664, 676, 6 8 1 , 7 1 7 , 769, 8$4, 930. Notker Balbulus 8 3 1 , 839. 27

418

REGISTER ZU BAND I — I I I .

Notker Labeo 431, 438, 485, 494, 506, 524, 830. Novalis 1005, 1016, 1170. Numerus 62, 912, 921. Nürnberg 842, 858, I04if. Nystev 713, 1004, 1251. O. Obernburg, der von 655, 785. Ode 53, 698, 714, 924, 928, 947, 949, 1018, 1054 ff., 1125, 1140 ff., H49ff., n 6 s f f . , 1179, 1209, 1243, 1267. Odenwald, König vom 891. Oehlenschläger 741, 1185, 1242. Oehler, Aug. 1228. Olafr Thördarson 109, 113, 117, 272, 397. 4i4f-. 423Oelinger, Alb. 918, 933. Olrik, Axel 309. Omeis, M. D. 930, 938, 946, 971, 974, 1034, 1046, 1057, 1100. Opitz, Martin 3, 13, 520, 563, 616, 670, 714, 841, 870, 918, 920ff., 935f., 94°. 95*> 9 < > 7 . 9 9 4 ff-i 1 0 0 5 f ' i 1013, 1019, 1031, 1033, 1048, 1051, 1080, 1179, 1190, 1229. Orchestisch 27. Orkaden 113, 427. Ormulum 441. Ortnid-Wolfdietrich 740. Ossian II52, 1160, 1167, I i 7 7 . Otfrid von Weißenburg I54ff., 179, 195.278. 375.429W- 443ff-(Reim), 4Ö7ff., 520ff., 549f., 558, 577, 582, 596, 602, 609, 613, 618, 683, 851, 920, 925, 1105, 1209. Otfridstrophe 475f., 527, 721, 728t., . 731. 733. 75«Ottarr svarti 425. Ottmann, R. E . 1242. Ottokars Reimchronik 881 f., 887, 894. Oughein, der von 744, 755, 793.

P. Paarreim 442, 718, 810, 872, 1201. Palleske, Emil 1259. Päonisch 1061, 1077, 1126, 1251. Paquet, Alfons Ii74. Parzival, neuer 893. Pastourelle 743, 816. Paul, Herrn. 8of., 117, 557, 588f., 847,

944. , 2 4 3 ' Paulsen, Rud. 1238.

Pause 48, 63, 81; s. Eingangs-, Innenpause. Pentameter 50, 939, 1112, 1132. Percy, Bischof s. Ballade, engl. Periode 37, 52; s. Gruppen-, Strophenbau. Personennamen (Stbrv.) 115, 249, 305, 384. Petrarka 1015, 1017. .Petruslied, ahd. 430, 455 (Reim), 468, 507. 749Pfeffel, G. K . 1008. — Herr 826. Pfefferkorn, G. M. 938, 978. Phaläcisch 956, 959, 1030, 1057. Pherekratisch 1057. Philipp, Bruder 849. Picander (Chr. Fr. Henrici) 1193. Pilatus, mhd. 459. Pindar 1066, 1070, 1086, 1152, 1160. «Pindarische Ode* 973, 1005, 1055. Placidas, Ritmus von 730. Platen 622, 927 t., 943, 982; Anapäst 1 1 3 4 t . ; D a k t .51,1052t.; Hexam. 1114, 1117, 1124, 1126; Jamben 100$, 1016, 1018, 1025; Knittel 1214; Nib.-str. 1239; Ode 1067, I070ff., 1075ff.; Reim 953f.; Trimeter I027f.; Troch. 989, 1030; volksmäß. Strophen 1233. Plato 27. Plauen, Joh. 1039, 1044, 1057. Plenio, K . 584, 646, 652, 662f., 713, 776. Pohl, Gerh. 751, 844, 871. Pohnert, L. 600. Polymeter 1160. Positionslänge 80, 209, 565, 959, 966, 1124. Prasch, J. L. 994, 996, 1044. Prätorius, Joh. 1217. PreuQenhymne 950, 1264. Priameln, Stbrv. 276, 278, 281; R v . 890, 1227. Priesterleben, frühmhd. s. Melk, Hnr.v. Prinz Eugen 35, 761. Pritschmeistervers 1190I. Prosa, Schallform der 5f., 21 ff., 51, 59, 6 l f f . , 84f., 1024f., 1061, 1157, 1167, 1175; s. Satzfall. Prosavorschlag im Stbrv. 140, 2i8f., 337Prosodie s. Sprachbehandlung. Provenzalisch 459, 630, 654, 680, 705, 7i6ff., 811 ff., 828t., 832.

REGISTER ZU B A N D Psalm, ahd. 455, 477, 485, 4 9 1 , 493ff., 506, 524. Psalmen 1152; ae. 118, 363. Püller, der 754. Puschmann, Adam 7 2 1 , 857 ff., 9 1 3 , 919. 933. 9ÓIPyra, J. I. 946, 1 0 3 8 , 1064. Pyrker, J. L. 1 1 2 0 . Pyrrhichius 11, 9 3 o f . , 975, 1091.

io59f.,

QQuadratisch 770, 1 0 0 2 . Quantitieren s. Messen. Quasi-Metrum 1 1 3 8 , 1 1 4 8 . Quintilian 974. Quodlibet 1 0 3 4 .

R. Rabenschlachtstrophe 7 1 5 , 7 2 1 , 784, 787, 796, 809. Ramler, K . Wh. 9 5 1 , 1005, 1 0 2 1 , 1 0 3 2 , 1 0 3 8 , 1064, 1067, 1075, I 0 9 i f . , n o i , 1155. Rask iof., 1 5 4 , 2 1 8 , 239, 3 4 1 . Ratpert s. Galluslied. Rebhun, Paul 8 4 1 , 879, 9 1 0 , 926, 934, 9Ö2ff., 970, 979, 1029. Rechtsverse, stbr. 1 0 4 , 1 1 7 , 222, 336. Recke, E. von der 1 0 1 1 , 1 1 8 5 , 1242. Redensartengedicht (M4lsh4ttakvae5i) 396, 4*9Redentiner Osterspiel 886. Regensburg, Burggraf v. 753f., 780, 783. Reicher Reim 4 6 1 , 9 5 1 . Reihenreim 442, 8 1 1 , 861. Reim 440 (Etym.); 2, 2 1 , 38, 52, 58, I l 8 , 340; skald. 3 9 6 f f . , 426; — adt. 439ff., 5 2 1 , 552, 554, 7 1 8 , 720, 7 3 1 , 737, 802, 805, 89ff., 829; frühneudt. 849Ü., 859, 8 6 1 , 872, 8 7 5 ; neudt. 9 2 2 , 9 4 5 f f . , i o i 6 f f . , I03iff., 1 1 7 9 , 1 2 2 7 ; lat. 449f., 459; f « . 459. 4 6 1 , 950. Reimebrechen 596; s. Sprung. Reimhäufung 595, 827, 8 6 1 , 879, 1042. Reimlied, ae. 400. Reimlos 2, 4 4 1 , 449, 4 5 1 , 453t., 945ff., 1009, 1028, 1 0 3 8 , 1 2 3 0 , 1 2 5 7 . Reimpaar, Kurzes 29, 38, 4 1 , 342, 3 7 7 , 470, 475. S20. 599. 725H-. 734. 857, 867, 875, 876ff., 9 2 2 f . , i o o 6 f . , 1201, 1232t. Reimprosa 6, 2 1 , 522, 864, 1 1 6 4 , 1 1 7 6 , 1193, 1215, 1217.

I—III.

419

Reimvers 2, 429 ff. Reimwörterbücher 9 5 1 . Reimzweiheit 442, 8 l o f f . , 867, 872. Reinaert 593. Reinbot von Durne 556, 560, 573, 576, 603 f. Reineke vos 886, 895, 904, 1 1 9 2 . Reinhart Fuchs 536, 553, 594. Reinick, Rob. 1 0 5 3 . Reinle, K . E. 1 2 2 7 . Reinmar d. a. 6 3 0 , 6 3 9 , 6 4 2 f., 646,662, 6 6 8 , 6 7 1 a , 679, 7 i o f . , 7 1 3 , 7 1 6 , 7 1 9 , 724, 727, 742—820 passim ( 8 l 2 f . ) . Reinmar der Fiedler 738. Reinmar von Zweter 638,642, 7 1 6 , 724, 766, 779, 836. Rekstefja 406. Renaissancevers 82, 922, s. Welschvers. Renner, der 877, 879, 893, 898. Responsion in der Sequenz 8 3 1 . Reuter, Chr. 1 1 9 3 . — Fritz 1038, 1214. Rezitativ 56, 59, 62, 164, 1 7 3 , 629, 8 3 1 ; in neudt. Singspielen 1031 ff. Rheinauer Paulus 527. Rhenanus, Joh. 1021, 1 0 3 1 . Rhythmenbilder s. Formeln. Rhythmicum, carmen 440, 467. •Rhythmischer' Vers 440. Rhythmisch unreiner Reim 398; s. unebene Bindung. Rhythmizomenon 6 1 , 1 1 4 8 , 1268. 24, 6 1 . 'Rhythmus' opp. metrum, versus 440, 921. Rhythmus im allg. 7, 16, 21 ff., 61 f., 87, 89, 9 7 f . , 1 2 6 7 . Riedel, F. G. 1036. Rieger, Max 164, 2 1 7 , 240, 473, 587 f. Riemann, Hugo 636, 669, 673, 770. Rietenburg, Burggraf v. 724, 728, 7 3 7 , 746f., 764, 806, 810. Rietsch, Hnr. 636. Rigoristen 942 a. Rfgsthula 236, 357. Rim 440. Rime coule 762. Rlmur 55, 1 0 5 , 396, 428, 429. Rinckart, Martin 869, 937, 9 7 1 , 978, 1 0 1 0 , 1 0 4 1 , 1063. Ringelnatz, Joachim 1 1 7 6 . Ringwaldt, Barth. 956. Rinkenberg, Joh. v. 659, 8 2 1 . Risberg, B. 1157. 27*

420

REGISTER

ZU B A N D

I—III.

s.

R i s t , J o h . 8 5 4 , 993, 1 0 3 9 t . , 1 0 5 6 .

Ritmus 95, 440, 473, 956. Ritornell 1019. Ritterdichtung 3, 428, 432, 459, 553, 6 1 2 , 6 i 8 f f . , 7 1 9 , 8 4 1 f f . , 8 5 4 , 875.

Robert, Ludwig 1169. Rögnvald J a r l 1 1 3 , 272, 309, 314, 392, 395 f., 404, 4 i 3 f f . Rökstein 222, 235, 272, 353. Roland 522, 527, 534 ff., 594. Rollenhagen 913 ff-, 921, 956, 1 2 1 2 . Romanischer Baustil 377, 550.

— Versbau 1 2 , 9 5 , I 0 2 f . , 3 7 8 , 3 9 3 , 4 4 0 , 4 7 2 , 5 1 7 f . , 6 0 0 , 9 5 9 , 9 6 3 , 9 7 3 f.,

Sabatier, F r ; . 1183. Sachsenheim, Herrn, v. 841, 849, 879, 889, 9 1 0 , 9 1 2 .

Sachs, Hans 842, 970; Reim 846; Meistergesang 857ff.; Knittel 879, 889, 9 i 3 f f . , 967. » 9 ° . » 9 4 . » 9 6 . 1200,

1212.

Saelden hört 891. Saintsbury, G. 989. Salis-Seewis, J . G. v. 1018. Salzburg, Münch v. 856, 956, 1004. Samariterin, ahd. 455, 477, 485, 49:, 4 9 3 f f . , 506.

990, 1020; s. Französisch. Romantiker 927, 1015 ff., 1072, 1214, «233Ronsard 971, 1017, 1057. Rosenberg, C. 154, 277, 1242. Rosenblüt, Hans 842, 877, 887, 903,

Sangbar 29; s. Gesang ib. cit. Sängers Trost 254, 353, 360.

Rosengarten 740. Rost, J . Chr. 1037, 1195. Rotenburg, Rud. v. 724, 747, 838 f. Roethe, G. 602, 624, 779. Rothe, Joh. 877, 958, 981. Rother, König 438, 465, 536, 548. Rotter, Curt 682, 713, 1244. Rubin, Herr 745, 788, 791, 796, 801,

Samen, Rost v. 712, 724,745,747,791. Satzbau 52, 159, 321, 344, 361, 374,

912, 917.

804, 8 2 1 .

Rückert, Frdr. 6, 34, 69, 427, 928; Reim 950, 954; Jambenstrophen

1 0 0 6 a , 1008, 1 0 1 6 , 1 0 1 9 ; L i e d h a f t e s

1263; Ode 1072, 1098; Senar 1012, 1028, 1228; volksmäß. Arten 1214, 1 2 3 6 , 1 2 3 9 f., 1 2 4 7 . Rückert, Fr. W. 1012. Rückgeneigte Silbe 65, 77. Rudolf der Schreiber 767, 792. Ruf, J a k . 9 1 4 . Rugge, Hnr. v. 527, 643, 656, 678f., 692. 724. 7 3 8 . 742, 746, 7 6 2 - 8 2 3

passim, 830, 834. Rührender Reim 119, 444, 447, 466, 853, 95'Rumeland, Meister 801. Runenlied, ae. 120, 238, 363; an. 120, 410.

Runenverse s. Inschriften. Runhenda 396, 443. Ruodlieb 450. Russisch 943, 1183. Rüte, Hans v. 903. Rute, Hartwig v. 630, 710, 793.

S a p p h i s c h 3 7 8 , 700, 7 4 1 , 9 3 0 , 9 4 5 , 956, 9 6 0 t . , 1 0 0 2 , 1 0 5 7 , 1 0 6 4 t . , 1066, 1098, 1140, 1149.

Saran, Franz 17, 27, 60, 102, 173, 380, 4 7 3 . 588, 689, 7 1 1 , 9 1 8 , 9 4 4 , 9 6 6 f .

890.

Satzfall (Satzton) 62 ff., 125,

132,

i 3 4 f f . , 2 7 0 , 289, 3 7 2 , 4 2 4 , 5 1 7 , 526, 530, 5 5 2 , 6 1 9 , 640, 678, 9 3 1 , 983, 9 9 2 . 997. 1 0 3 7 . «045. 1 0 9 2 , 1 1 4 8 f f . , » 5 7 . " 7 5 . >206, 1 2 0 9 , 1 2 3 8 , 1 2 6 4 . Sax, Eb. v. 7 6 7 . - Hnr. v. 6 7 5 , 745, 754. 837.

'Scandirte Verse' 919, 961. Schablonen s. Formeln. Schaffer, Aaron 924, 967.

Schallfarbe 6 , 2 1 f., 3 0 , 3 7 3 , 1 1 2 9 , 1 1 7 7 .

Schede,

Paul

(Melissus) 841,

922,

9 6 5 f f . , 97°. I 0 I 9 Scheffel, V. 954, 1009, 1135. Scheffler, Joh. 1 0 1 1 , 1041, 1044, 1232. Scheit, Caspar 849, 910, 914, 964. Schemata s. Formeln. Schenk, Walter 1 1 3 3 . Scherer, Wh. 377, 737, 944, 1087. Schicksalstragödie 1009, 1022.

Schiller 5 8 , 6 9 , 939, 9 4 2 a f . ; A l e x a n d r i -

ner IOIIf.; Blankvers 994, 1021 ff.; Braut-Chöre 1068, 1 1 3 3 , 1 1 3 5 , 1 1 7 1 ; Distichen 1108, 1 1 1 4 , 1124, 1 1 2 8 ; Freie Rhythmen 1154, 1169; Jambenstrophen 1007 f., 1016; Knittel 84, 1 2 1 3 ; Liedhaftes 1266; Madrigal 1038; Ode io67f.; Reim 58, 947, 950ff.; Trimeter 1027; Trochäen 78, 1007, 1029; volks-

REGISTER

ZU B A N D I — I I I .

mäßige Strophen 64, 1184, I 2 3 i f - , 1236ft. Schlegel, A u g . W h . 101, 9 4 2 a f . , 949 (Reim), 961, 967, 9 7 7 , 992, 995; A n a p . 1134; B l a n k v e r s 1021, 1023; Distichen 1 1 1 7 , 1120, 1122 f f . ; Jambenstrophen 1016, ioi8f.; K n i t t e l 1214; Ode 1078, 1086; Trimeter 1028, 1094; v o l k s m . Strophen 1232. — Frdr. 1001, 1012, 1038. — J . A d . 1067. — J . EI. 1021. — J . Hnr. 1021. Schlüssel der Töne s. R ö g n v a l d . Schluß s. K a d e n z . Schlußtakt, überschwerer 51, 547, 583, 894, 903, 1213, 1216. Schlüter, Herbert 1038. Schmeckebier, O. 944, 1169. Schmeller, A . 51, 154. Schmidt-Cabanis, R . 1 1 7 4 . Schmidt, Erich 1023, 1072. Schmidt, Hans 1002. Schnaderhüpfl s. L ä n d l e r m a ß . Schneider, Herrn. 524, 623. — J . I. 844, 857. Schnitt (Zäsur) 50, 65, 496, 600, 991, 1013 (Gem. Vers), 1028 (Trimeter), I I I 3 f f . (Hexam.), i i 3 o f . , 1189. Schottel, J . G . 9 3 0 , 9 3 7 , 9 4 5 , 9 6 1 , 9 7 7 f . , 994, IOOO, 1044, 1048, 1054, 1057 f., 1064. Schröder, E d w . 557, 737, 952. — J . Hnr. 1052. —

R u d . AI. 1071, 1108, 1 1 3 1 .

Schubart, Chr. 948, 952 ( R e i m ) , 1008, 1029, 1 1 5 6 ( F r . R h n . ) , 1 1 7 6 , 1211 (Knittel). Schubert, Franz 84, 1002, 1004, 1120, 1154, 1167, 1257, 1263, 1268. Schuchard, G. C. L . 941, 1105, 1193 Schultz, Julius 1237. Schumann, Robert 1002, 1053, 1268. Schupp, Balth. 977. Schüttelreim 954. Schüttensamstrophe 754. Schütz, Hnr. 1040, 1042. Schwab, G u s t a v 1251. Schwabe, Joh. Joach. 1 1 9 5 . — von der Heyde 935. Schwangau, Hildbolt v . 643, 651, 679, 693. 702, 720, 767, 811 f. Schwarzer Ton 765, 797.

421

Schwebende B e t o n u n g 5 8 , 379, 613. 864, 915. 967. 982, 9 9 8 f . , 124». Schwedisch 104, 321, 353, 386, 877, 900. 967, 999. 1004, 1100, 1124, 1242, 1244. Schweifreim 341, 442, 762, 799, 8 1 0 , 856, 872, 875, 1006a, 1222, 1250. Schwellvers, stbr. 140, 153 f., 207, 2 3 8 f f . , 263, 2 7 1 , 281, 318, 343, 362, 532S c o t t , W a l t e r 1022, 1183. Scriverius 9 7 1 . Seccorezitativ 1032. Sechssilbiger K u r z t a k t 531, 902 f., l o 8 o f . , 1212, 1216. Sechstakter 600, 727, 7Ö9ff., 7 8 o f f . , 807, 859, 867, 872, 877, 903, 956f., 962, 1005, i o n f f . , 1027ff., 1043, 1073, m i f - . » 3 3 . » 3 6 . » 6 5 f . , 1182, 1201. Seckendorf, L u d w . v . 946. Segen, stabr. 104, 1 1 7 , 159, 335ff-, 384, 399; a h d . 4 3 6 f . ; neudt. 1226. Segheler 904. Sempacherlied 754. Senar 4 7 1 , l o i l f . , 1025, 1028. Seneca 922, 973, 1066. Senkung 31. Senkungslänge (neudt.) 942, 1093; s. Spondeus. Septenar 281, 732, 743, 1028. Sequenz 37, 522, 527, 716, 8 3 0 f f . Serbische Trochäen 926, 1002, 1030, 1038, 1185. Sestine 1019. Shakespeare 924, 999, 1021 ff. Siciliano 1043. Sidney, Phil. 936. Siebentakter 776. Siebenzeiler (4I3) 7 5 3 f f . , 789- 793. 796, 823, 867, 872. Sievers, E d . 14, 60, 1 6 5 f f . , 320f., 380, 508. Sigeher, Meister 743. Sigiharts G e b e t 506 f. Sigurdlied, altes 313. S i g v a t 425, 428. Silbe 22, 6 3 f f . , 988. Silbenschinden 913, 964, 979, 1190, 1193, 1195, 1 2 1 1 . Silbenschwund 385ff., 587, 848, 8 8 1 . Silbenzählung 12, 45, 53, 81, 9 9 f f . , 113, 166, 172, 2 7 1 t . , 291, 3 0 6 t . , 356, 369. 380, 3 9 2 U . , 425. 440, 473f., 617, 6 3 1 f f . , 644a, 689,

422

REGISTER ZU BAND I — I I I .

862ÍL, 871, 89a, 98ff., 921. 933. 96a, 968, 980, 1003, 1056, 1104, i m , n 8 6 , 1194 ff., 1264. Silesius s. Scheffler. Simrock 161, 192, 739, 944, 1242. Singenberg, Ulr. v. 716, 724, 744, 767, 773. 783f-, 787 f-, 796. Singspiel 1031 ff., 1040 f., 1215, 1252; s. Madrigal. Siziliane 792, 10:6. Skalden 12, 38, 107, 116, 166, 1 7 1 , 214, 2 7 l f f . , 307, 330, 355f., 3 9 0 f f . , 429, 460, 627, 670, 718, 1186. Skandieren 15, 23, 58, 60. Skazon 1057 f. Skimirlied 326, 338. Skop IQ6, 225, 247, 376, 430. Skothending 402. Slavisch 38, 1183. Sloka 1186. Smaerri hsettir 405. Smith, Egerton 989, 999, 1183. Snorri Sturluson 12, 113, 118, 123, 128, 271 f., 292ff., 309. 314, 341, 357. 392Í-, 395 402, 405. 410, 4 i 3 f f . , 428, 892. Soest, Joh. v. 9 1 1 , 914. Solger, Ferd. 1094. Sonett 39, 741, 792, 926, 946, 1010, 1015, IOI7ff., 1038. Spaltung der Mora 75, 199f., 207 f., 245. *6o. 324, 326, 487. 638, 845, 892, 1259. Spanisch 442, 926, 954, 959, 1009. Spee, Frdr. v. 969. Spenserstanze 1016. Spervogel, d. ä. 465, 630,639, 649, 672, 743, 747, 780, 782, 785, 787. 809; d. j- 743, 770, 787Spiegelbuch, oberhess. 902. Spielmann 43of., 433, 456, 524, 634, 73if-, 75'Spitteier, C. 1012, 1028. Spondeus 478, 939f., 975f., 1044, 1059 f., 1063, 1066, 1068, I095ff., I I 0 6 , 1 1 2 8 f., 1 1 3 5 , 1137. Spondiaci, versus i m . Sprachbehandlung 16, 61 ff., 89, 90f., 125, 372, 499, 552, 601 ff., 640f., 881, 992ff., 1048f., 1053, I09off., H23ff., 1187, 1268. Sprachmelodie 6, 110, 373, 1120, 1177. Sprachmißhandlung u. ä. s. Tonbeugung.

Sprechtakt 65. Sprechvers 1$, 59f., n o f f . , 218, 3 1 5 , 378, 550. 620, 914, 9*3, i24of., 1243Sprichwörter 116, 159, 184, 187, 206, 222, 309, 890, 1219. Spruch opp. Lied: mhd. 629, 639, 642f., 800, 808, 816; frühneudt. 857. Spruchton (Ljódah&ttr) 108, 123, 180, 221, 292, 3 I 4 f f . , 338, 340, 3 4 1 , 368f., 378, 392, 762, 1031, 1154. Spruchverse, neudt. 878, 890, 1201, I 2 l 8 f f . , 1260. Sprung 38, 52, 344, 361, 527, 596ff., 830, 861, 879, 991, 1024; s. Strophensprung. Stabreim 1, I I 4 f f . , 160, 180, 205, 2Ö7ff., 275, 289t., 319, 323, 333, 340, 342, 370, 378f-, 383f., 408, 412, 423L, 435ff., 442, 444Stabreimvers, agerm. 1, 17, 60, 82, 85 f., 104—428 (rhythm. Deutungen 153 f.), 429ff., 469, 58ff., 524, 552, 601, 622, 718, 731, 733, 749, 983, 1024, 1 1 5 2 , 1208 f., 1227, I2ÓOf.; — neudt. 928, 1154. Stadegg, der von 754. Stader Reimklage 895. Stadler, E m s t 36, 1038. Stammsilbenreim 445, 451, 460f., 950. Stanze 792, 926, 1 0 1 6 , 1035. Starkaöarlag 309. Stärke 30, 63ff., 90; s. Dauer. Starktonkürze 73ff., 92, 156, 179, 209ff., 483, 487ff-, 535. 5 6 3, 601 f., 634, 650, 845. Starre Füllung 47, 52 a f. Stäudlin, G. Fr. 1029. 'Steigende' Verse 345, 986 f. Steinbuch von S. Florian 902. Steinmar, Herr 708, 712, 743—793 passim (754), 816. Stelzhamer, Franz 1109. Stephan, Meister 907. Stephanius, Hans 936. Sterbenden Menschen, Spiel vom 903. Stichisch 38, 334, 349f., 362. Stieler, Kaspar 994. Stiemhielm 1100. Stikkalag 309. Stil, metrischer 16, 61, 8sf., 174, 275, 281, 330, 368ff., 5 i 4 f f . , 550ff., 6 i 8 f f . , 864f., 989t., 1028, 1037, 1050, 1070, io86f., 1122, 1149,

R E G I S T E R ZU B A N D I — I I I . 1 1 6 7 , 1189, 1208 f., 1228, 1247, 1257. Stilreim 948. Stimmer, Tob. 907. Stöber, Aug. 1006 a. Stolberg, Fr. L . v. 1 0 7 1 , 1 1 0 8 , I I 18, II27f. Stollen: Stbrv. 128, 384; Strophenglied 722f., 817£f.; dritter Stollen 765, 823 ff., 861; s. Dreiteiligkeit. Stolte, E . 1058, 1241 ff., 1262. Stoppe, Dan. 1190. Storm, Th. 1 0 1 8 , 1022, 1 1 7 8 , 1 2 3 5 , 1240. Strachwitz, Mor. v. 954, 1 0 1 9 , 1 0 7 1 , 1236, 1240. Streckvers, stbr. 238; neudt. 1160. Stretlingen, Hnr. v. 816. Strich-Haken-Formel 930, 933, 940f., 963. 974-f-i 1058, 1243; s. Formeln. Stricker, der 565, 570, 842. Strophenbau 37 f f . ; Stbrv. 107, 284, 3 «7. 329. 3 4 9 « - 378, 426, 428; R v . 442; ahd. 476f.; mhd. 644a, 7 I 5 f f . ; frühneudt. 856, 8 5 8 « . , 866f., 872 t.; neudt. 923, 949, I 0 0 5 f f . , 1040, 1057, 1073, " 4 7 . 1218, 1229, 1 2 3 3 ; s. Epenstrophen, Gruppenbau. Strophenbindung (mhd.) 829. Strophenlied 37, 830. Strophensprung 52, 597, 720, 861. Strophenzahl des Liedes 827, 860. Stufr skald 4 1 3 . Stumpfer Innentakt (Stbrv.) 203, 232 f. Stumpfer Schluß: Stbrv. 1 8 9 f f . ; R v . adt. 456, 493, 536, 570, 583t., 586, 724. 733; frühneudt. 881, 890; neudt. ioo6af., 1 0 1 1 , 1047, 1 2 1 8 , 1236, 1262. Stumpfung, skald. 274, 294, 4 1 3 , 4 l 9 f f . Sturla Thördarson 272, 292ff., 414t., 425. Sturm und Drang 1 0 2 1 , 1 1 5 8 , 1 1 9 7 , 1211. S t y f S 274, 421. Suchensinn 855f. Suchenwirt 845, 877, 891. Summa theologiae $27, 533. Suonegg, der von 755. Süßkind, der Jude 743. Svanberg, Nils 480, 1004, 1 2 4 1 , 1262, 1265. Sylwan, O. 918, 1242.

423

Synaphie 646. Synkope s. Silbenschwund; musikalische S. 2 l o f . , 483, 602, 1252. T. Tailverse 762. Takt, metrischer 5, 3 2 f f . , 59 f., 62, 8 1 , 1 1 2 , 173, 629, 1 1 3 8 , 1146 ff., 1167, »73Taktgeschlecht 33, 59, 78, 89; Stbrv. 177, 277, 407, 4 1 6 ; R v . , adt. 478, 635, 681 ff., 696ff.; neudt.: Jambotroch. 975; Dakt.-Anap. 1043; Ode 1074; Hexam. 1 1 2 1 f. ; Liedvers 1162, 1235, 1256. Takthaufenlehre 163, 2 1 7 . Taktstrich 32, 65, 988. Taktwechsel 35, 854, 1 0 7 8 , 1254. Taktzahl 36, 40, 769 ff., 859, 867, 872, 962, 1002, 1 0 0 5 ; freie 241, 318, 522, 877, 928, 1023, 1 0 3 1 , 1 1 4 8 f f . , 1 1 8 5 , 1 2 0 1 ; ungerade 36,407, 666f., 7 7 6 f . , 1002 f. Taler, der 7 1 2 , 794, 840. Tannhäuser 659, 671, 675, 743, 746, 796, 800, 836 f. Tanz 25ff., 55. « " . 378, 718, 732, 749, 802, 832, 1244. Tanzleich 830. Tasso, Torquato 1010, 1015. Taylor, W. 1100. Tegnér 739, 1 1 2 8 . Teichner, Hnr. der 906. Teil, Urnerspiel von 905. Tempo 34, s6ff-, 8 l , 407, 416, 1050, 1240, 1256. Terzine: mhd. 750ff., 826; ital. 926, 1 0 1 9 , 1038. Teschler, Hnr. 787 f., 792, 794, 8 2 5 . Tetingen, Hnr. v . 686, 767. Tetrameter 418, 471, 743, 1028. Teuerdank 852, 909, 978. Teufels Netz 879, 885. Teufen, Werner v. 712, 788. Textkritik 14, 20, 109, 1 1 7 , 136, 156, 166, 1 6 8 , 300, 306, 355, 434, 5 5 6 f . , 632, 634, 688, 694, 701. Textwiederholung 39, 726, 873. Theokrit I I 1 7 . Theophilus, nd. 895. Thesis 3 1 . Thjódolf von Hvin 1 1 9 , 272 ff., 3 1 1 , 424.

424

REGISTER ZU BAND I — I I I .

Thorbjöro hornklofi 276, 299, 424. Thormód Trefilsson 293 f. Thüringer Herren-Ton 809. Thurneysen, Rud. 1 1 3 , 272, 427. Tieck, Ludw. 999, 1016, i o i 8 f . , 1169, 1233, 1240. Tirade 442, 954. Tirolff, Hans 964. Tirolstrophe 649, 751, 785. Titurel s. Wolfram; jiing. 555, 587; Titurelstrophe 649, 722, 746, 779, 782, 789, 801 f., 877. Titz, J . P. 930, 937f., 985, looo, 1046, 1055, 1057, 1061,

1063.

Tmesis bucolica 1117. Toggenburg, K r a f t v. 743, 785, 788. Toglag 401, 425. Tonbeugung 66ff., 82, 90; im Stbrv. 156, 159, 161 f., 179, 182, 379; bei Otfrid 498f.; mhd. 580, ÓOlff., 625, ÓAOf., 678, 6 8 8 f f , ; frühneudt. 852, 862H., 8 6 9 f . ; neudt. 958 ff., 966U., 994ÌÌ., I048f., 1 0 9 1 f f . , n o 5 f . , i n o , i i 2 8 f . , 1132, 1 1 3 5 , 1137, 1148, 1160, 1172, 1187, 1206, I 2 i 2 f . , 1216, 1249, 1 2 6 4 f . ; s. Wägen. Tonsatz s. Vertonung. Torf-Einarr 424. Tornada 828. Traugemundslied 441. Träumenden Mönchs, Pilgerfahrt des 853. 902. Tribrachys 1043, I I 2 3 Trierer Sentenz 536. Trimeter 50, 3 7 8 , 9 2 6 , 9 9 1 , I 0 2 i f . , I027f., 1039, II 13. Triolett 1019. Tripodie 656, 713, 805t., 1004, 1028, 1030, 1043, 1249, I 2 5 l f f . , 1263. Trochäus 32, ySt., 410, 412, 414, 417t., 440. 45°. 478, 482, 616, 644a, 648, 859. 933 K-. 962, 967. 9 7 2 « - , 981, 986ff., 1005 ff., 1009, I029f., 1032 ff., 1038, 1 1 2 3 , 1126, 1161 f., 1237, 1255. Trostberg, der von 754, 767. Tscherning, A. 977, 994, 996, 1017. Tugendhafter Schreiber 671, 694, 764, 768, 784, 787. Türlin, Hnr. v. 595. - Ulr. v. 5 9 1 , 5 9 5 , 5 9 8 . Turne, Otto rem, I. 835; II. 746, 763.

U. Überlänge I78ff., 204ff., 217, 37of., 375. 379. 385. 435. 5«°. 5*4. 535. 538f., 639,882,932; s. Innenpause. Uberstumpf 668f., 736, 773, 776, 872, 957, 1266. Uhland 440, 1001, 1003 (Fünftakter), 1008, 1016, 1020 (Jamben), 1072, 1128, H36(Taillefer), 1 2 3 3 , 1 2 3 6 ff. (volksmäß. Strophen). Umschließender Reim 442, 756, 768, 810, 821, 826, 1006a, 1201. Unebene Bindung, ahd. 446, 454, 457 f., 460, 464, 492; mild. 546, 591, 662f., 728, 809; frühneudt. 882f., 885, 891; neudt. 1006a, 1221 ff., 1264. Ungarisch 741. Ungleichstrophig s. Gleiohstrophig. Unpaarige Verse: Stbrv. 108, 126, 3l6ff., 333ff.; Rv. 523, 527, 748ff. 'Unreiner* Reim 460. Unterepische Stabreimverse 222,229 f., 234f'-. 273. 282, 297, 301, 308, 3 1 1 , 324, 326 f., 389. 'Unterfüll t ' 584, 668. Unwerth, W. v. 473. Urfehdebann 223, 325, 335f. Urgermanisch I, 104, 1 1 5 , 127, 133, 333.. 3 8 o f f . Urnordisch s. Inschriften. Usteri, J . M. 1109, 1214. Uz, J . P. 946, 1005, 1007, 1009, 1034, 1064, XIOI, 1124. V. Vagantenlyrik 432, 630, 633, 749, 832. Vagantenzeile 450, 599, 743, 7 5 ' f f - . 755. 765, 836, 856, 873, 875, 877f-, 1007, 1218, 1229, 1233. Variation (Stbrv.) 361, 374. Vedisch 97, 382, 384. Veldeke, Hnr. v. 76, 433; Reim 459, 465; ep. Vers 554, 569, 601, 623; lyr. Vers 630, 643, 655, 671a, 685, 703, 709; Strophen 724, 742—829 passim; 841. Venan tius Fortunatus 467. Ventadorne, B. de 724. Verfolgte Hindin 889. Vers 36, 778, 921, 1138, 1148. 'Verschleifung' 75, 196, 393, 487, 532, 563, 1 1 2 4 A .

REGISTER ZU BAND Vers commun 1013, s. Gemeiner Vers. Versfüllung 4off. Versi sciolti 945. Verslehren, isl. 113; neudt. , 1 2 4 4 ff. Volksschauspiel 877, 1217. Volksvers (füllungsfreier Reimvers), neudt. 246, 925, 928, 939, 942f., 944. 947. i m . 1171. " 7 9 f f . Voller Schluß 192; s. Kadenz; Schlußtakt, überschwerer; weiblich-voll. Vollreim 402, 443f., 447ff.

I—III.

425

Vollzeile (im Spruchton) 108, 317, 328, 338. 341. » 5 4 Völundarkvida 297 ff., 354, 357. Völuspa 233, 305, 374, 1261. Vorgeneigte Silbe 65, 72, 77, 159, 179, 188, 199, 216, 484f., 535, 557, 5Ö9ff., 603, 641, 989, 997, 1092, 1096, 1128, 1259. Vorgermanisch 1, 104, 116, 193, 333, 380 ff. Vorste, Günther von dem 754, 771, 794Vortrag 8, 15, 5 5 f f . , 110, 218, 247,362, 368, 588, 620, 914, 998 f., 1243. Vossius, Isaac 940. Voß, Hnr., d. j . 943. — J . Hnr. 94, 927, 9 4 2 f f . , 975, 1137. 1185; Hexam. 66, 78, 862, 1106, n o 8 f . , 1114, 11 i g f . , 1122, 1124, 1126, I I 2 8 f . ; Jambotroch. 1006a, 1008, 1 0 1 8 ; Ode io6;f., 1069, I 0 7 5 f f . , 1086 f., 1244. Voßler, K . 1032, 1178.

w. Wackernagel, Wh. 164, 473, 588, 680, 958, 1087, 1102. Wackerneil, J . E . 844, 877. Wägen (Akzentuieren) 6 7 . 8 8 ff., 369, 381, 440, 532, 6io, 862, 865, 869, 88:, 901, 908ff., 9 i 4 f f . , 936,970ff., 9 8 o f f . , 992, 1023,1074,1090, 1137, 1187, 1268; s. Tonbeugung. Wagenseil, J . Christoph 857 f., 903. Wagner, H. Leop. 1211. — Richard 928, 1025, 1154. Waiblinger, Wh. 1071. Waise 441,751 ff., 8ioff., 821, 856, 859, 867, 945, 1031 ff. Waldere, ae. 254, 363. Waldis, Burkhart 842, 854, 866, 905, 910, 913, 921. Waltharius 431. Walther-Hildegund-Strophe 783. Waither von der Vogelweide 630; Versbau 6 3 8 f . , 642f., 646f., 650, 658f., 661, 665, 6 7 1 a ; Daktylen 679. ¿ 9 7 . 7°9. 7 1 1 , 1245; Strophen 716—828 passim ( 7 9 0 , 798ff., 8 2 0 f . ) ; Leich 830, 8 3 4 . Walzertakt 33, 681, 697 ff., 1043,1074, 1077, 1121 f., 1245.

426

REGISTER ZU BAND I — I I I .

Wartburgkrieg 555, 797, 809. Warte, Jak. v. 768, 785, 793, 796. Weber, Rolf 857. Weclcherlin 92a, 965ff., 977, 994f., 1013, 1039, 1057, 1211. Weiblich-voll 544. 583 f-, 589.845. 847Weichmann, Chr. Fr. 971. Weigle, Gottfr. 1246. Weise, Chr. 938, 946, 971, 989, 994, 1 0 0 1 , 1042, 1048, 1100,

1193.

Weiße, Chr. Fei. 1021. — Mich. 868. WeiBensee, H. v. 679, 695, 804t. Weitfart s. Widsith. Welscher Gast 593, 598, 605. Welschvers 965ff., 970, 972, 981. Welti, Hnr. 1018. Werbenwag 788, 805. Werder, Diederich von dem 969, 1010. Werfel, Franz 17, 948, 954,1038,1072, 1176.

Werner, Zach. 954, 1009. Wemher, Bruder 742. Wernhers Maria 530, 553. •Wer nicht liebt Wein . . 8 5 . Wernicke, Chr. 1190, 1218. Wesle, K. 4 5 6 f f . , 4 6 5 . Wessobrunner Gebet 109, 118, 159, 186, 256, 3 6 6 , 3 6 8 , 374. Westgermanisch i, I07f., 123, 130, 147- 154. 192. 197. 233f-t »99. 3'0. 325. 359, 367, 386ff., 389Westphal, Rud. 99, 673, 723, 944, 1169,

1240.

Whitman, Walt 1169, 1174. Widsith 52, 106, 202, 207, 255, 258, 263, 343, 350, 532.

Widukind von Corvey 431. Wieland 942 a, 1027, 1108; Blankvers I02lf.; Hexam. 1 1 0 4 ; Knittel 1189, 1197, 1210; Madrigal 1016, 1035, 1038, 1155; Ode 1067; Reim 947 f-, 95'fWierstraat, Chr. 876. Wilamowitz, Ulr. v. 20, 382. Wild, Seb. 879. Wildenbruch, E. v. 1022, 1215. Wildonie, Herrand v. 594, 754, 791. Willamov, J. G. 1155. Wilmanns, Wh. 483, 490, 627, 635, 6 5 5 , 6 8 1 , 694, 865.

Winli 659, 662, 745, 765, 818. Winsbeke 5 5 5 , 7 6 3 t .

Wintersteten, Ulr. v.

630, 7 1 3 , 7 4 3 f f . ,

755, 786f., 804f., 818, 820f.; Leich

837, 8 3 9 . Wirnts Wigalois 595. Wirsung, Christoph 1017. Wittenweiler, Hnr. 893. Wizlav von Rügen 641, 708, 712, 821, 86$. Wolf, Fr. Aug. 942 a, 1126. — Hugo 1120, 1241. — Zwillinge n i 5 f f . Wolff, Ludw. 447, 465. Wolfram von Eschenbach: Reim 466; Reimpaare 561 f., 564, 577, 591, 594, 596, 598,960; Titurel 555,600, 779, 789; Lyñk 6 7 1 a , 7 i 2 f . , 7 4 7 , 7 7 6 , 804, 8 1 8 .

Wolkenstein, Osw. v. 8j4ff. Wort 6;, 1045, 1114, 1120. Wortfuß s. Kolon. Wulfklage 106, 120, 159, 234, 331, 35°f-, 353Wurmsegen, adt. 17, 104, 116, 436. Wurzelton 96, 116, 381. Y. Ynglingatal s. Thjódolf. Z. Zachariä, J. F. W. 956, 1067, 1101, 1104.

Zählgeschichten 441, 947. Zählverse 71, 604, 903, 911, 995, 1096. Zarncke, Fr. 557, 911. Zäsur s. Schnitt. Zauberspruch s. Segen. Zech, Paul 1038. Zedlitz, Joh. Chr. v. 1053, 1237. Zehnsilbler, frz. und mhd. 678 ff., 689. 730, 781, 792, 922. Zehntakter 773, 801 f., 807, 1038, 1073. Zeilenstil 52, 337, 35of., 475, 509. Zeilenzahl der Strophe (Gruppe) 37, 353ff-, 477, 5 2 7 , 7 2 1 , 8 i 8 f f . , 860, 867, 872,

Zeitfall 24. Zeitler 1193.

1005.

Zeitmessung 30, 34, 60, 79ff., 97.

Zeiträume 1 ff., 17, 429, 841, 923ff. Zelter, K. Fr. 1268. Zerdehnung 673ff., 705t., 708, 710, 7 7 4 , 7 8 6 , 867 f., 1 1 8 2 , 1 2 2 2 , 1240, 1248, 1259, 1262; s. Innenpause, Überlänge.

REGISTER ZU BAND I — I I I . Zersingen 109, 299, 434, 854. Zesen, Phil. 860, 93of., 937, 972, 977/., 1017, 1042, 1044 f., 1054, 1057 f. Ziegler, Kaspar 1032. Zilies, Meister 717. Zinkgref, Jul. Wh. 1013. Zinzendorf, Chr. R. 125$. — Nik. L. 1004, 1041, 1057. Zitelmann, E. 1026. Zweihebungslehre (Stbrv.) 164, 173.

427

Zweitakter (Rv.) 685, 711 (Dakt.), 7 7 4 f . , 8o3ff., 807 f., 861,872,1043, 1053,1073,1x42,1182,1218,1222, 1225, 1233, 1238. Zweitaktlehre (Stbrv.) 154, 158, 175ff. Zwieklängigkeit 812 ff., 817, 1016. Zwierzina, Konr. 556, 574, 588. Zwillingsformeln 104, 116, 126, 439. 'Zwischenakzent, rhythmischer 1 996. Zwölftakter 773, 801 f., 807.

Aus dem Verlage von /WV Walter de Gruyler &.Co. A p r i l

Deutsche Versgeschichte.

1920

VON ANDREAS HEUSLER.

Erster Band, Teil I und II: Einführendes; Grundbegriffe der Verslehre; Der altgermanische Vers. V, 314 Seiten. 1925.

16.—, geb. 18.50

Zweiter Band, Teil III: Der altdeutsche Vers. VIII, 351 Seiten. 1927. 16.—, geb. 18.— Es ist eine grundlegende Arbeit, die Heusler in der Einführung geleistet hol. Klar und leichtverständlich baut sich eines auf dem anderen auf. Die Darstellung ist formvollendet, der gedankliche und wissenschaftliche Aufbau eine meisterhafte Leistung. Fein und klug sind die Bemerkungen. Zeitschrift für deutsche Philologie

Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte.

Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter herausgegeben von PAUL MERKER und WOLFGANG STAMMLER. I . B a n d : Abenteurerroman—Hyperbel. 1926.

Lexikon - Oktav. XII, 593 Seiten. 32.—, in Halbleder 41.—

II. Band: Jambus—Quatrain.

Lexikon-Oktav. IV, 754 Seiten. 1928. 40.—, in Halbleder 49.— Der III. Band (SchluOband und Register) erscheint in etwa 8 Lieferungen zu je 4.—.

ein großzügiges, nach durchaus neuzeitlichen Grundsätzen angelegtes Hand- und Nachschlagebuch." Literarische Wochenschrift

Grundriß der deutschen Literaturgeschichte. Band I: Geschichte der deutschert Literatur bis zur Mitte des elften Jahrhunderts. Von WOLF VON UNWERTH und THEODOR SIEBS. Oktav. XI, 260 Seiten. 1920. 6 —, geb. 8.50 Band II: Geschichte der mittelhochdeutschen Literatur. 1. Teil: Frühmittelhochdeutsche Zeit. Blütezeit I. Das höfische Epos bis auf Gottfried von Straßburg. Von FRIEDRICH VOGT. D r i t t e , umgearbeitete A u f l a g c . Oktav. 363 Seiten. 1922. 5.—, geb. 6 — In Vorbereitung befinden sich: 2. Teil: Geschichte der mittelhochdeutschen Literatur. GUSTAV ROSENHAGEN.

Blütezeit II.

Von

3. Teil: Geschichte der mittelhochdeutschen Literatur. Das vierzehnte und fünfzehnte Jahrhundert. Von GUSTAV ROSENHAGEN. Band III: Geschichte der mittelniederdeutschen Literatur.

Von WOLFGANG

STAMMLER. Band IV: Geschichte der deutschen Literatur im sechzehnten Jahrhundert. Von PAUL MERKER. Band V: Geschichte der deutschen Literatur im siebzehnten Jahrhundert. Von WILLI FLEMMING.

Grundriß der deutschen Literaturgeschichte. Band VI: Geschichte der deutschen Literatur Von MARTIN SOMMERFELD. Band VII: Romantik.

im achtzehnten

Jahrhundert.

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Band VIII: Das junge Deutschland.

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Band I X : Geschichte der modernen niederdeutschen Literatur.

Von WOLF-

GANG STAMMLER. Von den literarischen Darstellungen aus der z w e i t e n A u f l a g e des Paulschen Grundrisses ist noch folgender Sonderabdruck zu haben: Geschichte der friesischen Literatur. Von THEODOR SIEBS. IV, 34 Seiten. 1902. 1.—

Stoff und Motivgeschichte der deutschen Literatur. Herausgegeben von PAUL MERKER und GERHARD LÜDTKE. Heft 1: Die Jungfrau von Orleans in der Dichtung. Von W. GRENZMANN. Groß-Oktav. VIII, 74 Seiten. 1929. 4.— Heft 2: Tristan und Isolde in der französischen und deutschen Dichtung des Mittelalters und der Neuzeit. Von W. GOLTHER. Groß-Oktav. VI, 72 Seiten. 1929. 4.—

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens.

Herausgegeben unter besonderer Mitwirkung von E. HOFFMANN-KRAYER und Mitarbeit zahlreicher Fachgenossen von HANNS BÄCHTOLD - STÄUBLl. Lexikonformat. (Handwörterbücher zur deutschen Volkskunde, herausgegeben vom Verband deutscher Vereine für Volkskunde, Abteilung I.) Band I: Aal—Butze(n) mann. LXXI, 1764 Spalten. 1927/28. Subskriptionspreis 44.—, in Halbleder geb. 52.—

Das Handwörterbuch (Us deutschen Aberglaubens setzt sich zutn Ziel, den ungeheueren, äußerst zerstreuten Stoff über die abergläubischen Überlieferungen in mehreren tausend Stichwörtern geordnet zusammenzufassen und Ursprung und Bedeutung des einzelnen Aberglaubens darzulegen. Der Begriff des Aberglaubens wurde möglichst weit gespannt: Feste und Bräuche, volksmedizinische Anweisungen und Sagen sind mü einbezogen worden, in der Hauptsache unter Berücksichtigung des 79. und 20. Jahrhunderts. Doch wurden, wo möglich, auch mittelalterliche Quellen und solche des 15. bis 18. Jahrhunderts beigezogen.

Germanisch und Deutsch.

Studien zur Sprache und Kultur.

1. Heft: Die Textgeschichte des Wolframschen Parzwal. Von EDUARD HARTL. 1. Teil: Die jüngeren *G-Handschriften. I. Abteilung: Die Wiener Mischhandschriftengruppe *W (Gn Gb Gm G