Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich [1 ed.] 9783428473021, 9783428073023


136 116 25MB

German Pages 241 Year 1992

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich [1 ed.]
 9783428473021, 9783428073023

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

WOLFGANG VOlT

Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 151

Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich

Von

Wolfgang Voit

DUßcker & Humblot . Berliß

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Voit, Wolfgang: Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich / von Wolfgang Voit. - Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 151) Zugl.: Passau, Univ., Diss., 1990 ISBN 3-428-07302-9 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-07302-9

Vorwort Diese Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation angenommen. Ihre Themenstellung geht unter anderem auf die Teilnahme an einer Tagung der Gesellschaft für Familienrecht zurück, bei der die hier behandelte Frage auf reges Interesse stieß. Meinem verehrten, leider zu früh verstorbenen Lehrer, Herrn Professor Dr. Burkhard Schmiedel, schulde ich Dank nicht nur dafür, daß er dieses nicht zu seinem Forschungsgebiet gehörende Thema betreut hat, sondern auch für die langjährige und fruchtbare Förderung als Hilfskraft und Assistent. Er hat meinen juristischen Werdegang entscheidend geprägt. Nach seinem Tode hat mir Herr Professor Dr. Hans-Joachim Musielak durch die Übernahme an seinen Lehrstuhl die Weiterarbeit an der Universität ermöglicht und die Dissertation betreut. Dafür und für seine ständige Gesprächsbereitschaft möchte ich auch an dieser Stelle Dank sagen. Dem Zweitgutachter, Herrn Professor Dr. Klaus Schurig, danke ich für seine hilfreichen Anregungen, die ich in der vorliegenden Fassung berücksichtigt habe. Nicht zuletzt möchte ich auch meinen Eltern danken, die mir das Studium ermöglicht haben und stets mit Rat zur Seite standen, sowie meiner Frau Betina, die nicht müde wurde, die immer neuen Fassungen des Manuskripts auf Verständlichkeit und Schreibfehler durchzusehen. Für die großzügigen Druckkostenzuschüsse der Rudolf Siederleben'schen Otto Wolff-Stiftung und der VG WORT sage ich ebenfalls recht herzlichen Dank. Passau, im Oktober 1991

Wolfgang Voit

Inhaltsverzeichnis Erstes Kapitel

Die Lebensversicherung als Gegenstand des Zugewinnausgleichs A. Einführung .......................................................................

17

B. Erforderlichkeit der Bewertung einer Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

I. Systeme des Zugewinnausgleichs .........................................

18

a) Ausgleich nach § 1371 Abs. 1 BGB durch Pauschalierung ..........

18

b) Ausgleich nach §§ 1372 ff. BGB durch Berechnung des Zugewinns

19

11. Die Kapitallebensversicherung als Gegenstand des zugewinnausgleichspflichtigen Vermögens .....................................................

21

a) Die Kapitallebensversicherung als Vermögensgegenstand ...........

22

b) Das Verhältnis von Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich bezüglich Kapitallebensversicherungen ...............................

22

1. Versorgungsausgleichspflicht nach § 1587 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB .........................................

23

2. Versorgungsausgleichspflicht nach § 1587 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1587 a Abs. 5 BGB ...............................................

27

3. Besonderheiten der Lebensversicherung mit Leistungswahlrecht ..

28

4. Besonderheiten der befreienden Lebensversicherung .............

30

5. Besonderheiten der betrieblichen Direktversicherung .............

31

C. Zusammenfassung des 1. Kapitels ..............................................

34

Zweites Kapitel

Grundlagen der Bewertung einer Kapitallebensversicherung A. Versicherungsmathematische Grundlagen der Kapitallebensversicherung ....

36

1. Das Risiko in der Kapitallebensversicherung ............................

37

11. Das Äquivalenzprinzip und seine Modifikation bei der Kapitallebensversicherung ................................................................

37

Inhaltsverzeichnis

8

III. Das Deckungskapital .......................................................

41

IV. Die Verzinsung des Deckungskapitals....................................

42

V. Der Einfluß der Kosten auf das Deckungskapital........... . ............

43

VI. Der Rückkaufswert ............................................ . ............

47

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers in der Kapitallebensversicherung

47

I. Problemstellung .............................. ~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .

48

11. Die Argumente der Gefahrtragungstheorie ...............................

50

III. Die Argumente der Geldleistungstheorie .................................

50

IV. Stellungnahme..............................................................

51

a) Der Rechtsgrund der Prämienzahlung ................................. b) Die Verwaltungstätigkeit des Versicherers als Leistung an den Versicherungsnehmer? .....................................................

51 57

c) Das Argument der "Bedarfsdeckung" ................................. d) Das Argument des Kündigungsrechts .................................

63 65

V. Ergebnis ....................................................................

67

Endgültige Bewertung auch bedingter und betagter Forderungen ............

68

I. Problemstellung ............................................................

68

11. Stellungnahme .............................................................. a) Analoge Anwendung des § 2313 BGB ................................

70 70

1. Die Nähe des Zugewinnausgleichs zum Pflichtteilsrecht ......... 2. Die endgültige Regelung der Scheidungsfolgen als vorrangiges Ziel des Gesetzgebers ............................................... 3. Weitere Gesichtspunkte............................................. 4. Zwischenergebnis ................................................... b) Die aufgeschobene Bewertung als allgemeiner Rechtsgedanke ......

71

111. Ergebnis ....................................................................

73

D. Zusammenfassung des 2. Kapitels..............................................

74

c.

71 72 72 73

Drittes Kapitel

Der Meinungsstand zur Frage der Bewertung einer Kapitallebensversicherung A. Die Rechtsprechung I. Der Rückkaufswert und die mit dieser Bewertung verbundenen Konsequenzen...................................................................

75 75

Inhaltsverzeichnis

9

a) Die beschränkte Rückkaufsfahigkeit ..................................

75

1. Gesetzlich vorgeschriebenes Rückkaufsrecht nur bei unbefristeten Todesfallversicherungen ............................................ 2. Beschränkung durch § 173 VVG ...................................

75 76

3. Stornoabzug ......................................................... b) Der Rückkaufswert bei geteilter Bezugsberechtigung ................

78 78

II. Die Begründung der Rechtsprechung .....................................

79

IH. Kritik........................................................................

81

B. Die abweichende Auffassung in der Literatur .................................

84

I. Die Summe der Prämien als Wert der Versicherung ....................

84

II. Kritik........................................................................

85

Zusammenfassung des 3. Kapitels.............................. ................

87

c.

Viertes Kapitel

Der Fortführungswert der Kapitallebensversicherung A. Das Nettodeckungskapital und seine Interpretation............................

88

I. Die herkömmlichen Interpretationen ......................................

88

H. Das Nettodeckungskapital als fiktiver Verkehrswert.....................

89

III. Das Nettodeckungskapital als Barwert der künftigen Prämienersparnis ...

91

IV. Zwischenergebnis ..........................................................

92

B. Der Einfluß der Kosten der Versicherung auf die Bewertung ....... ...... ...

92

I. Laufende Kosten ........................................................... a) Versicherungssummenabhängige Prämienbestandteile ...............

92 92

b) Prämienabhängige Prämienbestandteile ...............................

93

II. Einmalige Kosten

93

III. Zwischenergebnis

94

C. Der Einfluß der Überschußbeteiligungen auf die Bewertung .................

95

I. Formen der Überschußbeteiligungen ......................................

95

H. Vor dem Stichtag erwirtschaftete Überschußbeteiligungen .............. a) Ausgezahlte Überschußbeteiligungen ................................. b) Verzinslich angesparte Überschußbeteiligungen ......................

95 95 96

c) Erhöhung der Versicherungssumme durch Überschußbeteiligungen

96

10

Inhaltsverzeichnis III. Nach dem Stichtag zu erwirtschaftende Überschußbeteiligungen

96

a) Risikobedingte Überschußbeteiligungen ..............................

97

b) Zinsbedingte Überschußbeteiligungen .................................

97

1. Problemstellung .....................................................

98

2. Bewertung marktüblich verzinster Forderungen ...................

99

3. Bewertung nicht marktüblich verzinster Forderungen ............

100

4. Die Verzinsung in der Kapitallebensversicherung ................

102

D. Der Einfluß des individuellen Gesundheitszustandes des Versicherten auf die Bewertung ........................................................................

103

1. Problemstellung ............................................................

103

11. Besonders guter Gesundheitszustand. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . .. . . . .

103

III. Besonders schlechter Gesundheitszustand ................................

104

a) Gleich schlechter Gesundheitszustand bei Abschluß der Versicherung und am Bewertungsstichtag ............................................

104

b) Veränderungen des Gesundheitszustandes während der Dauer der Zugewinngemeinschaft .................................................

107

1. Negative Veränderungen ...........................................

107

2. Positive Veränderungen.............................................

108

E. Zusammenfassung des 4. Kapitels ..............................................

109

Fünftes Kapitel Bedenken gegen die Bewertung der Kapitallebensversicherung anhand ihres vollen Wertes A. Die fehlende Realisierbarkeit des vollen Wertes...............................

111

1. Die Bewertung der Kapitallebensversicherung in anderen Rechtsgebieten

111

a) Bewertungsgesetz .......................................................

112

b) Versorgungsausgleich ..................................................

112

1. Der Umwandlungswert .............................................

112

2. Abweichender Gesundheitszustand im Versorgungsausgleich ....

114

11. Der Einfluß der fehlenden Realisierbarkeit des vollen Wertes bei der Bewertung anderer Vermögensgegenstände ..............................

115

a) Parallele Interessenlage bei Kapitallebensversicherungen und gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklauseln ..............................

115

b) Die Bewertung eines Gesellschaftsanteils mit Abfindungsklausel ...

117

c) Übertragbarkeit dieser Bewertung.....................................

119

Inhaltsverzeichnis

11

B. Bedenken gegen die Bewertung anband des individuellen Gesundheitszustandes .........................................................................

122

I. Zugewinnausgleichspflichtigkeit auch ehefremden Erwerbs.............

122

a) Keine Beschränkung des Endvermögens auf ehebedingten Erwerb

123

b) Fehlende Analogiefahigkeit des § 1374 Abs. 2 BGB ................

124

11. Schlechter Gesundheitszustand als wertbildender Faktor? ...............

126

III. Der individuelle Gesundheitszustand als Prozeßgegenstand .............

128

C. Zusammenfassung des 5. Kapitels..............................................

129

Sechstes Kapitel

Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers A. Die Bewertung der unbefristeten Todesfallversicherung ......................

130

I. Die unbefristete Todesfallversicherung im Endvermögen ...............

130

a) Fortführungswert oder Liquidationswert? .............................

130

1. Regelfall: Fortführungswert ........................................

131

2. Mögliche Ausnahmen ...............................................

131

(a) Tatsächliche Kündigung vor der letzten mündlichen Verhandlung ........................................................

131

(b) Kündigungsabsicht am Bewertungsstichtag ...................

132

(c) Besondere Gründe für eine Kündigung ........ ...............

133

(I) Weitere Prämienzahlung unzumutbar .....................

133

(2) Rückkauf zur Befriedigung der Ausgleichforderung notwendig ..................................................

134

(3) Rückkaufswert bei Zweckfortfall? ........................

135

b) Der Ausgleich des Fortführungswertes der unbefristeten Todesfallversicherung ............................................................

135

1. Durchschnittlicher Gesundheitszustand des Versicherten .........

135

2. Abweichender Gesundheitszustand des Versicherten .............

135

(a) Kein Vortrag zum Gesundheitszustand........................

136

(b) Unstreitige Abweichung des Gesundheitszustandes ..........

136

(1) Grundsatz: Bewertung anband der Prämie bei fIktivem Neuabschluß ................................................

137

(2) Ausnahme: Ausgleich durch Realteilung .................

138

(aa) Fallgruppen ...........................................

138

12

Inhaltsverzeichnis (bb) Die Realteilung als Lösung..........................

140

(aaa) Die Realteilung im Versorgungsausgleich und ihre Unterschiede zur Realteilung im Zugewinnausg1eich ...........................

140

(bbb) Realteilung der Differenz zwischen Rückkaufswert und Fortführungswert? ............

143

(ccc) Realteilung der Wertdifferenz bei Übernahme der anteiligen Prämienverbindlichkeit? ......

144

(ddd) Realteilung des ganzen Versicherungsanspruchs mit Übernahme der Hälfte der Prämienverbindlichkeit ...........................

145

(cc) Mögliche Einwände gegen die Realteilung .........

147

(aaa) Entzug von Barmitteln ........................

147

(bbb) Weitere Einwände ............................

149

(c) Erheblicher streitiger Vortrag zum Gesundheitszustand des Versicherten .....................................................

151

(1) Ärztliche Untersuchung....................................

152

(aa) Erzwingbare materielle Duldungspflicht ............

153

(bb) Prozessuale Nachteile bei Weigerung...............

155

(cc) Die Realteilung als interessengerechte Lösung.....

157

(2) Der behandelnde Arzt als Zeuge..........................

158

(3) Vernehmung des Versicherten als Zeugen oder als Partei

159

(d) Unsubstantiierter Vortrag zum Gesundheitszustand

159

H. Die unbefristete Todesfallversicherung im Anfangsvermögen ..........

160

a) Maßgeblichkeit des Fortführungswertes ...............................

160

b) Berechnung des Fortführungswertes ...................................

160

1. Durchschnittlicher Gesundheitszustand des Versicherten .........

160

2. Abweichender Gesundheitszustand des Versicherten .............

161

B. Die Bewertung der befristeten Todesfallversicherung .........................

162

C. Die Bewertung der Kombinationsversicherung ................................

163

1. Besonderheiten der Bewertung bei wegen der Erlebensfalleistung fortgeführter Kombinationsversicherung ......................................

163

a) Durchschnittlicher Gesundheitszustand des Versicherten ............

163

b) Abweichender Gesundheitszustand des Versicherten.................

164

11. Bewertung der Kombinationsversicherung im Anfangsvermögen .......

165

III. Übertragung der Überlegungen auf die Todesfallkomponente einer Kombinationsrentenversicherung ...............................................

165

D. Zusammenfassung des 6. Kapitels..............................................

166

Inhaltsverzeichnis

13

Siebentes Kapitel

Der Ausgleich der Kapitallebensversicherung bei Abtretung und Bezugsberechtigung A. Abtretung des Anspruchs ........................................................

168

I. Zugewinnausgleich des Zessionars ........................................

168

a) Der zedierte Anspruch im Endvermögen des Zessionars ............

168

1. Übernahme der Prämienverbindlichkeit durch den Zessionar ....

169

2. Keine Übernahme der Prämienverbindlichkeit durch den Zessionar

169

b) Die Prämienverbindlichkeit im Endvermögen des Zessionars .......

171

c) Der zedierte Anspruch im Anfangsvermögen des Zessionars ...... .

171

d) Hinzurechnung zum Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB..

171

1. Wert zur Zeit der Abtretung ........................................

172

2. Prämienzahlungen des Zedenten nach Abtretung .................

173

3. Abweichende Auffassungen und Kritik............................

173

e) Besonderheiten der Sicherungszession ................................

178

H. Zugewinnausgleich des Zedenten .........................................

178

a) Die Bewertung im Endvermögen des Zedenten ......................

178

b) Die Bewertung der Prämienverbindlichkeit im Endvermögen . ......

178

c) Hinzurechnung nach § 1375 Abs. 2 BGB ........... ......... ........

179

d) Besonderheiten der Sicherungszession ................................

180

B. Bezugsberechtigung ........................... . .................................

180

1. Grundlagen der Bezugsberechtigung ......................................

180

H. Der Zugewinnausgleich bei unwiderruflicher Bezugsberechtigung .....

185

a) Zugewinnausgleich des unwiderruflich Bezugsberechtigten .........

185

1. Die Bewertung im Endvermögen des Bezugsberechtigten .......

185

(a) Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Fortführung der Versicherung ....................................................

185

(b) Keine Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Fortführung der Versicherung ..........................................

186

(c) Besonderheiten, wenn der Bezugsberechtigte seine Berechtigung nicht kennt................................................

187

(d) Zwischenergebnis ......................................... ......

190

2. Die unwiderrufliche Bezugsberechtigung im Anfangsvermögen .

191

3. Hinzurechnung nach § 1374 Abs. 2 BGB .........................

191

b) Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers.......................

192

1. Aktivendvermögen ..................................................

192

2. Abzug der Prämienverbindlichkeit .................................

193

14

Inhaltsverzeichnis 3. Hinzurechnung nach § 1375 Abs. 2 BGB

193

4. Konsequenzen .......................................................

193

III. Der Zugewinnausgleich bei widerruflicher Bezugsberechtigung ........

195

a) Zugewinnausgleich des widerruflich Bezugsberechtigten ............

195

1. Die widerrufliche Bezugsberechtigung als Vermögensgegenstand .................................................................

195

(a) Die Formel des BGH und ihre Kritik.........................

197

(b) Die Parallele zur nicht angenommenen Anweisung ..........

201

(1) Die Übertragbarkeit der nicht angenommenen Anweisung

202

(2) Die wirtschaftliche Vergleichbarkeit der erworbenen Rechtsposition ..............................................

202

(3) Die Vergleichbarkeit des Rechtserwerbs (Die Annahme der Anweisung als einseitiges Versprechen) ............. ·204 (c) Die Inkonsequenz der herrschenden Lehre ............. . . . . . . 209 (d) Zwischenergebnis...............................................

210

2. Der Ausgleich der widerruflichen Bezugsberechtigung im Endvermögen des Bezugsberechtigten .....................................

210

(a) Schuldrechtliche Sicherung des Bezugsberechtigten (insbes. bei betrieblichen Direktversicherungen) .......................

210

(1) Problemstellung: fehlende Realisierbarkeit ...............

211

(2) Lösungsmöglichkeiten .....................................

214

(aa) Stundung gemäß § 1382 BGB .......................

214

(bb) Realteilung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (b) Schuldrechtliche Sicherung gegen Widerruf der Bezugsberechtigung, nicht aber gegen Kündigung der Versicherung

218

(c) Schuldrechtlich nicht gesicherte Bezugsberechtigung ........

218

3. Die schuldrechtlich gesicherte Bezugsberechtigung im Anfangsvermögen des widerruflich Bezugsberechtigten ...................

218

(a) Durchschnittlicher Gesundheitszustand des Versicherten ....

219

(b) Abweichender Gesundheitszustand des Versicherten .........

219

b) Die widerrufliche Bezugsberechtigung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers .................................................

220

1. Der Anspruch auf Rückumwandlung des Versicherungsanspruchs als Vermögensgegenstand und seine Bewertung..................

220

2. Der Abzug der Prämienverbindlichkeit vom Endvermögen des Versicherungsnehmers ..............................................

221

Inhaltsverzeichnis

15

3. Hinzurechnung zum Endvermögen nach § 1375 Abs. 2 BGB (a) Keine schuldrechtliche Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der widerruflichen Bezugsberechtigung ....................... (1) Vor Eintritt des Versicherungsfalls ....................... (2) Nach Eintritt des Versicherungsfalls...................... (b) Schuldrechtliche Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der widerruflichen Bezugsberechtigung ...........................

221

IV. Besonderheiten der geteilten Bezugsberechtigung ....................... a) Unwiderrufliche Bezugsberechtigung ................................. b) Widerrufliche Bezugsberechtigung ....................................

223 223 224

221 221 221 222

c. Zusammenfassung des 7. Kapitels.............. ................................ 224 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse ..................................

227

Literaturverzeichnis ................................................................

229

Erstes Kapitel

Die Lebensversicherung als Gegenstand des Zugewinnausgleichs A. Einführung Das Bürgerliche Gesetzbuch bestimmt als gesetzlichen Güterstand, d. h. als Güterstand, der mangels anderer Vereinbarung durch die Eheschließung begründet wird, die Zugewinngemeinschaft 1. Sie unterscheidet sich von der Gütergemeinschaft insbesondere dadurch, daß kein gemeinsames Vermögen der Ehegatten gebildet wird (§ 1363 Abs.2 Satz I BGB); von der Gütertrennung unterscheidet sie vor allem der Ausgleich des während ihrer Dauer erzielten Zugewinns bei ihrer Beendigung (§ 1363 Abs. 2 Satz 2 BGB). Sehr häufig werden während der Dauer einer Zugewinngemeinschaft Lebensversicherungen abgeschlossen oder aufrechterhalten 2, die den verschiedensten Zwecken dienen können: Als Versicherungen auf den Todesfall schützen sie die Hinterbliebenen vor den finanziellen Folgen bei Tod des Versicherten; häufig werden sie zugleich auch auf das Erleben eines bestimmten Alters abgeschlossen 3, um so Versorgungslücken, die durch das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entstehen, zu schließen. Je nach der Form, in der die Leistungen des Versicherers im Erlebensfall erbracht werden, unterscheidet man dabei Kapitallebensversicherungen 4 und Lebensversicherungen auf Rentenbasis 5. Daneben dienen Lebensver1 Dieser Güterstand wurde erst durch das Gleichberechtigungsgesetz vom 18.6.1957, BGBL I 1957, S. 609, mit Wirkung zum 1. 7.1958 eingeführt. Aber auch Altehen wurden in diesen Güterstand überführt, sofern keiner der Ehegatten den Güterstand der Gütertrennung wählte, vgl. i. e. Art. 8 Abs. 1 NT. 3 und NT. 4 des Gleichberechtigungsgesetzes. 2 1987 gab es in der Bundesrepublik 67985000 Lebensversicherungen (einschI. Gruppenlebensversicherungen) mit einer Gesamtversicherungssumme von über 1 295 Mrd. DM, vgl. Statistisches Jahrbuch, 1988, S. 326. Damit war die Zahl der Lebensversicherungsverträge höher als die Bevölkerungszahl, die mit 61 170 000 angegeben wird, vgl. a. a. 0., S. 31. 3 Diese Form der Lebensversicherung ist die gebräuchlichste, vgl. Goll / Gilbert, S. 1. Sie wird üblicherweise als gemischte Lebensversicherung oder als abgekürzte Lebensversicherung bezeichnet, Goll / Gilbert, S. 2. Da diese Begiffe z. T. aber nur dann verwendet werden, wenn die Versicherungssumme auf den Erlebensfall und auf den Todesfall gleich hoch ist, steht an ihrer Stelle hier der Begriff Kombinationsversicherung. ~ Dagegen bezieht sich der Begriff der kapitalbildenden Lebensversicherung nicht auf eine Leistungsform, sondern bezeichnet eine Versicherung, bei der der Eintritt des Versicherungsfalls gewiß ist, also insbesondere die unbefristete Todesfallversicherung

2 Voit

18

l. Kap.: Lebensversicherung als Gegenstand des Zugewinnausgleichs

sicherungen auch zur Kreditsicherung, da viele Darlehensgeber für die Laufzeit des Darlehens eine befristete Todesfallversicherung verlangen, die den noch nicht getilgten Teil des Darlehens abdeckt 6 • Lebt der Versicherungsnehmer oder der aus der Versicherung Begünstigte 7 im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so stellt sich bei Beendigung dieses Güterstandes die Frage, ob und wie die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag auszugleichen sind.

B. Erforderlichkeit der Bewertung einer Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich I. Systeme des Zugewinnausgleichs Für den Ausgleich des während der Dauer der Zugewinngemeinschaft erzielten Zugewinns sieht das BGB zwei unterschiedliche Systeme vor: a) Ausgleich nach § 1371 Abs. 1 BGB durch Pauschalierung Endet die Zugewinngemeinschaft durch Tod eines Ehegatten, so wird der Zugewinn grundsätzlich 8 durch Erhöhung der Erbquote des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft ausgeglichen (§ 1371 Abs. 1 BGB). Bei diesem pauschalen Ausgleich erhöht sich der Anteil des überlebenden Ehegatten am Nachlaß, ohne daß es darauf ankommt, ob ein Zugewinn erzielt wurde (§ 1371 Abs. 1 BGB a. E.). Bewertungsprobleme stellen sich bei dieser Form des Zugewinnausgleichs nicht, da der überlebende Ehegatte kraft Gesetzes mit der seinem und die Kombinationsversicherung. Ein Unterfall der kapitalbildenden Lebensversicherung ist die vermögensbildende Lebensversicherung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 7 und § 9 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes i. d. F. vom 19.1.1989, BGBI. I, S. 137. Sie ist eine kapitalbildende Kombinationsversicherung, die die Voraussetzungen einer steuerlichen Förderung erfüllt und deshalb gewisse Besonderheiten aufweist, auf die im Verlauf der weiteren Ausführungen noch eingegangen wird. 5 Zur Sonderform der Zeitrentenversicherung siehe unten, 1. Kapitel B 11 b 1. 6 So insbesondere die Bausparkassen, vgl. § 17 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge des BHW (Stand 1985) i. V. m. Teil B dieser Bedingungen. Die Koppelung eines Konsumentenkredits an eine kapitalbildende Lebensversicherung, die zur Tilgung des Kredits bestimmt ist, kann sittenwidrig sein, wenn bestimmte effektive Zinssätze überschritten werden, vgl. dazu Schmelz/Klute, NJW 1988, S. 3113, und Reifner, ZIP 1988, S. 817. 7 Zu den Besonderheiten bei Zession und Bezugsberechtigung vgl. 7. Kapitel. 8 Ausnahme: Der überlebende Ehegatte ist weder Erbe noch Vermächtnisnehmer (§ 1371 Abs.2 BGB). Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn er nicht Erbe wird, weil er die Erbschaft ausgeschlagen hat (vgl. 1371 Abs. 3 BGB). Wird der überlebende Ehegatte testamentarischer Erbe oder Vermächtnisnehmer, so findet ein Ausgleich des Zugewinns nicht statt.

B. Erforderlichkeit der Bewertung

19

Erbteil entsprechenden Quote am Nachlaß beteiligt wird. Erst bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft können vergleichbare Probleme auftreten, die aber dann nicht mehr den Ausgleich des Zugewinns betreffen: -

War der Erblasser selbst Versicherungsnehmer und zugleich Versicherter einer Todesfallversicherung und hat er keinen Bezugsberechtigten benannt, so ergeben sich keine Bewertungsprobleme, da dann der Anspruch auf die Versicherungssumme in den Nachlaß fällt. Er ist, falls die Erbengemeinschaft vor Auszahlung der Versicherungssumme auseinandergesetzt werden soll, als fällige Forderung auf eine Geldleistung mit dem Nennwert zu bewerten.

-

Hat der Erblasser einen Bezugsberechtigten benannt, so fällt diesem der Anspruch aus der Todesfallversicherung zu, ohne daß der Nachlaß berührt wird 9 • Bewertungsprobleme stellen sich dann nur hinsichtlich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs, wenn der Verstorbene die Bezugsberechtigung dem Dritten unentgeltlich zugewandt hat 10.

-

War der Erblasser seinerseits widerruflich Bezugsberechtigter aus einer Lebensversicherung auf das Leben eines anderen, so endet nach der h. L. die widerrufliche Bezugsberechtigung durch das Vorversterben des Bezeichneten 11. Nur wenn der Erblasser unwiderruflich als Bezugsberechtigter benannt ist und die Auslegung der Bezugsberechtigung keinen abweichenden Willen ergibt, treten die Erben in die Bezugsberechtigung ein 12, so daß sich allein in diesem Fall entsprechende Bewertungsprobleme bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft stellen. Die in dieser Arbeit entwickelten Lösungsansätze gelten dann entsprechend.

b) Ausgleich nach §§ 1372 ff. BGB durch Berechnung des Zugewinns Endet der Güterstand der Zugewinngemeinschaft auf andere Weise als durch Tod eines der Ehegatten 13, so wird der Zugewinn nicht - wie bei der "erbrechtlichen" Regelung - pauschal ausgeglichen 14, sondern es kommt auf die Steigerung des Vermögens der Ehegatten während der Dauer der Zugewinngemeinschaft So die h. L. und Rechtsprechung. Näher dazu unten, 7. Kapitel B I. Dazu unten, 7. Kapitel B 11 b 4 a. E. 11 Vgl. BGH (8.6.1967, 11 ZR 248/64) VersR 1967, S. 795; Prölss / Martin, § 168 Anm. 1 c. 12 Vgl. Prölss / Martin, § 168 Anm. 1 d. 13 Neben Scheidung kommen Aufhebung und Nichtigerklärung der Ehe, Wahl eines anderen Güterstandes und Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich in Betracht. Bei Nichtigkeit der Ehe schließt § 26 Abs. 2 EheG unter bestimmten Voraussetzungen den Zugewinnausgleich aus (kritisch zu dieser Regelung Schwab, VII, Rz. 11). 14 Diese Form des Zugewinnausgleichs findet auch bei Beendigung des Güterstandes durch Tod eines Ehegatten Anwendung, wenn der überlebende Ehegatte weder Erbe noch Vermächtnisnehmer wird bzw. die Erbschaft ausschlägt, § 1371 Abs. 2 und 3 BGB. 9

10

2*

20

1. Kap.: Lebensversicherung als Gegenstand des Zugewinnausgleichs

an. Um diese zu errechnen, wird zunächst das Endvermögen eines Ehegatten seinem Anfangsvermögen gegenübergestellt. Zu dem am Bewertungsstichtag tatsächlich vorhandenen Endvermögen 15 eines Ehegatten sind die Beträge (fiktiv) hinzuzurechnen, um die er es während der letzten zehn Jahre vor dem Bewertungsstichtag ohne Zustimmung des anderen Ehegatten unentgeltlich, verschwenderisch oder in benachteiligender Absicht vermindert hat (§ 1375 Abs.2 und 3 BGB). Bezüglich Kapitallebensversicherungen wird diese fiktive Erhöhung des Endvermögens nur relevant, wenn der Anspruch auf die Versicherungssumme zunächst einem der Ehegatten zustand, später aber einem Dritten zugewendet wurde. Auf diese Konstellationen wird deshalb erst bei der Behandlung von Zession und Bezugsberechtigung einzugehen sein 16. Von dem Endvermögen eines Ehegatten wird sein Anfangsvermögen abgezogen, wobei dem Anfangsvermögen hinzugerechnet wird, was dem Ehegatten nach Eintritt des Güterstandes geschenkt oder vererbt wurde 17. Hinsichtlich Kapitallebensversicherungen wird auch diese Hinzurechnung nur relevant, wenn einem Ehegatten der Anspruch durch Abtretung oder Einräumung einer Bezugsberechtigung zugewendet wurde 18. Übersteigt der so ermittelte Zugewinn des einen Ehegatten den des anderen, so steht diesem eine Ausgleichsforderung in Höhe der Hälfte der Differenz zu (§ 1378 Abs. 1 BGB). Im Gegensatz zum pauschalen Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 1 BGB wird bei dieser Ausgleichsform der Zugewinn konkret errechnet. Dabei besteht der auszugleichende Zugewinn allein in einer Vermögensdifferenz (§ 1373 BGB), nicht aus einzelnen Vermögensgegenständen. Diese sind lediglich Rechnungsposten innerhalb der Berechnung des Zugewinns. Im Gegensatz zur Teilung des Hausrats nach der Hausratsverordnung wird im Zugewinnausgleich nicht die 15 Die Regelungen der §§ 1384, 1387 BGB verlegen den Stichtag zur Bewertung des Endvermögens bei Scheidung und bei Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich auf den Eintritt der Rechtshängigkeit des Antrags bzw. der Klage vor, um so Manipulationen des Endvermögens zu verhindern, amtl. Begründung zu §§ 1393, 1394 BGB in der Fassung des Entwurfs zum GleichberG, abgedruckt bei Massfeller, S. 162 f. Ebenso: Massfeller 1Reinicke, § 1384 Anm. 1; Palandt 1Diederichsen, § 1384 Anm. 1. Unklar Krüger 1 Breetzkel Nowack, § 1384 Anm. 1: Der Schuldner könne ohne die Vorverlagerung die Erfüllung der Ausgleichsforderung gefahrden. Gemeint ist eher, er könne deren Höhe beeinflussen. Die Regelungen der §§ 1384, 1387 BGB gelten entsprechend, wenn der Antrag zwar zugestellt wurde, ein Ehegatte aber vor der rechtskräftigen Entscheidung verstirbt, BGH (14.1.1987, IVb ZR 46/85) BGHZ 99, S. 304 ff. m. w. N.; a. A. OLG Köln (Vorinstanz), (25.4.1985, 21 UF 254/84) FamRZ 1985, S. 933 ff. 16 Vgl. 7. Kapitel A II c (zur Zession), B II b 3 (zur unwiderruflichen Bezugsberechtigung) und B III b 3 (zur widerruflichen Bezugsberechtigung). Dort jeweils auch zur Hinzurechnung der Prämien, die für eine Versicherung mit Drittbegünstigung entrichtet wurden. 17 Vgl. dazu im einzelnen § 1374 Abs. 2 BGB. 18 Vgl. dazu 7. Kapitel A I d (zur Zession), B II a 3 (zur unwiderruflichen Bezugsberechtigung) und B III a 2 (c) (zur widerruflichen Bezugsberechtigung).

B. Erforderlichkeit der Bewertung

21

dingliche Berechtigung an den Gegenständen eines der Ehegatten verändert Sachwerte können im Zugewinnausgleich nur unter den engen Voraussetzungen des § 1383 BGB übertragen werden - , sondern die Vermögensgegenstände verbleiben dem Ehegatten, dem sie gehören; der Ausgleich findet allein in Geld statt. Durch diese Konzeption des Zugewinnausgleichs als Ausgleich des Wertzuwachses wird auch die naheliegende Möglichkeit einer Realteilung der Vermögensgegenstände, die erst während der Dauer der Zugewinngemeinschaft angeschafft wurden und am Beendigungsstichtag noch vorhanden sind, für den Regelfall ausgeschlossen. Deshalb setzt auch § 1383 BGB, der - wie bereits bemerkt - in Abweichung von dem Prinzip des Ausgleichs in Geld die Sachwertübertragung zuläßt, nicht voraus, daß der Gegenstand, dessen Übertragung begehrt wird, während der Dauer der Zugewinngemeinschaft erworben wurde, sondern es entscheidet allein, daß er Bestandteil des Endvermögens ist und daß der Ausgleich in Geld für den Gläubiger grob unbillig wäre, während dem Schuldner die Übertragung zuzumuten ist. Wie sich im Verlauf der Arbeit zeigen wird, gibt es allerdings Fälle, in denen diese Form des Zugewinnausgleichs versagt, weil der ermittelte Wert eines Vermögensgegenstandes nicht mit dem Wert, den er nach der Verkehrsanschauung besitzt, übereinstimmt oder weil die notwendigen Bewertungsgrundlagen nicht ermittelt werden können. In diesen Fällen wird man die Realteilung als eine Möglichkeit in Erwägung ziehen müssen, die das Ziel des Zugewinnausgleichs verwirklicht, ohne den Wert des zu teilenden Vermögens gegenstandes angeben zu müssen. Die Teilung steht dann - trotz der Abweichung vom Grundsatz des Ausgleichs in Geld - dem Gedanken des Zugewinnausgleichs näher als die Nichtberücksichtigung dieses Gegenstandes oder seine Fehlbewertung. Ob eine Kapitallebensversicherung bewertbar ist und wie sie gegebenenfalls bewertet werden muß, ist Gegenstand der folgenden Ausführungen. Dabei wird sich herausstellen, daß ihre Bewertung in vielen Fällen so kompliziert ist, daß de lege ferenda die Realteilung der Versicherung die einfachere und zugleich auch die interessengerechtere Lösung ist.

11. Die Kapitallebensversicherung als Gegenstand des zugewinnausgleichspflichtigen Vermögens Die Notwendigkeit, eine Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich zu bewerten, besteht nur, wenn sie Teil des Vermögens am Bewertungsstichtag ist und wenn sie dem Zugewinn- und nicht dem Versorgungsausgleich unterfällt.

22

1. Kap.: Lebensversicherung als Gegenstand des Zugewinnausgleichs

a) Die Kapitallebensversicherung als Vermögensgegenstand Das BGB beschreibt den Kreis der Gegenstände, die zum Vennögen im Sinne des Zugewinnausgleichs 19 gehören, nicht; § 1375 Abs. 1 Satz 1 BGB definiert lediglich: "Endvennögen ist das Vennögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstandes gehört." Entsprechendes bestimmt § 1374 Abs. 1 BGB für das Anfangsvennögen. Aus dem Sinn des Zugewinnausgleichs ergibt sich aber, daß der Vennögensbegriff weit zu fassen ist: Der Zugewinnausgleich wurde durch das Gleichberechtigungsgesetz eingeführt, um bei Scheidung der Ehe die finanziellen Folgen insbesondere der Alleinverdienerehe angemessen auszugleichen 20, ohne Rücksicht darauf, wie der Zugewinn entstanden ist 21 • Dieses gesetzgeberische Ziel würde aber nur unvollständig erreicht, wenn es die Ehegatten durch Verlagerung ihres Vennögens in zugewinnausgleichsfreie Vennögensgegenstände in der Hand hätten, ihren Zugewinn zu verringern, zumal der andere Ehegatte bei der Entscheidung, wie das Vennögen verwendet wird, in aller Regel kein Mitspracherecht hat (§ 1364 BGB). Es ist deshalb auch allgemeine Meinung, daß - sofern nicht Sonderbestimmungen der Hausratsverordnung oder des Versorgungsausgleichs einschlägig sind - alle geschützten Rechtspositionen mit wirtschaftlichem Wert zum Vennögen im Sinne des Zugewinnausgleichs gehören 22. Auch die Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung sind solche geschützten Positionen und damit Vennögensbestandteil.

b) Das Verhältnis von Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich bezüglich Kapitallebensversicherungen Wie bereits erwähnt, werden nicht alle Vennögensgegenstände, die den Ehegatten gehören, im Zugewinnausgleich berücksichtigt, da das BGB bestimmte Arten von Vennögensgegenständen den Regeln des Versorgungs ausgleichs unterb.

19

Zur Abgrenzung des Zugewinnausgleichs vom Versorgungsausgleich siehe unten,

20

Vgl. arntl. Begründung zu Nr. 8 -

ff. (insbes. S. 111 ff.).

28 GIBerG, abgedruckt bei Massfeller, S. 93

Dazu und zur Ausnahme des § 1374 Abs. 2 BGB ausführlich unten, 5. Kapitel B I. BGH (27.10.1976, IV ZR 136/75) BGHZ 67, S. 262,263 = FarnRZ 1977, S. 41, 42; BGH (3.10.1979, IV ZR 103/78) FarnRZ 1980, S. 39; BGH (14.1.1981, IVb ZR 525/80) FarnRZ 1981, S.239; BGH (29.10.1981, IX ZR 86/80) BGHZ 82, S. 149, 150; BGH (1.12.1983, IX ZR 41/83) BGHZ 89, S. 137, 140; BGH (22.3.1984, IX ZR 69/83) FarnRZ 1984, S. 666; Johannsen / Henrich / Jaeger, § 1375 Rz. 4; MüKo-Gernhuber, § 1374 Rz. 6, § 1375 Rz. 7 (die dort in Rz. 11 genannte Ausnahme für Schuldverhältnisse mit wiederkehrenden Leistungen ist hier nicht relevant); Palandt / Diederichsen, § 1374 Anm. 2; Schwab, VII, Rz. 18; Soergel / Lange, § 1374 Rz. 7. Näher wird auf den Vermögensbegriffbei der Zugewinnausgleichspflichtigkeit der widerruflichen Bezugsberechtigung eingegangen werden, vgl. 7. Kapitel B III a 1. 21

22

B. Erforderlichkeit der Bewertung

23

wirft 23 , wobei § 1587 Abs. 3 BGB dem Versorgungs ausgleich den Vorrang vor dem Zugewinnausgleich einräumt 24 • Wenn also Lebensversicherungen dem Versorgungsausgleich 25 unterfallen, so werden sie im Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt, ihre Bewertung ist also dort nicht erforderlich; im Versorgungsausgleich regelt diese § 1587 a Abs.2 Nr. 5 BGB, so daß hier keine Bewertungsprobleme bestehen. Der Anwendungsbereich der Regeln des Versorgungsausgleichs ergibt sich aus § 1587 Abs. 1 BGB, der auf die in § 1587 a Abs. 2 BGB genannten Anwartschaften und Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters oder wegen Berufsoder Erwerbsunfahigkeit verweist.

1. Versorgungsausgleichspflicht nach § 1587 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1587a Abs.2 Nr. 5 BGB Die unmittelbar einschlägige Bestimmung für Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen im Versorgungsausgleich findet sich in § 1587a Abs.2 Nr.5 BGB. Diese Vorschrift erfaßt nur Lebensversicherungen, bei denen die Leistung des Versicherers in Renten/arm erfolgt. Kapitallebensversicherungen fallen also jedenfalls nicht wegen § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB in den Versorgungsausgleich 26 • Eine Ausnahme kommt nur bei Zeitrentenversicherungen in Betracht. Eine Zeitrentenversicherung ist eine Versicherung, bei der die Dauer der Rentenzahlung des Versicherers von vornherein feststeht, unabhängig davon, ob der Versicherte 27 die Fälligkeit der einzelnen Rentenzahlungen erlebt 28 • Da deshalb nach Eintritt des Versicherungsfalls die Gesamtleistung des Versicherers feststeht, wird diese Form der Lebensversicherung zu den Kapitallebensversicherungen 23 Umstritten ist, ob auch die Bestimmungen der Hausratsverordnung die des Zugewinnausgleichs verdrängen, vgl. MüKo-Gernhuber, § 1375 Rz. 8. Da diese Bestimmungen aber bei Kapitallebensversicherungen ohnehin nicht in Betracht kommen, erübrigt sich hier eine Stellungnahme. 24 Wie sich aus dem Begriff "stattfindet" ergibt, besteht der Vorrang des Versorgungsausgleichs auch, wenn dieser tatsächlich nicht durchgeführt wird, so auch: Ausschußbericht, S. 36; Bastian / Roth-Stielow / Schmeiduch, § 1587 Rz. 11; Kniebes / Kniebes, DNotZ 1977, S.272; MüKo-Maier, § 1587 Rz.35; Palandt/Diederichsen, § 1587 Anm. 4; Ruland / Tiemann, Rz. 29; Schwab / Hahne, VI, Rz. 4; Soergel/ Vorwerk, § 1587 Rz. 31; Voskuhl/Pappai/Niemeyer, § 1587 IV 1. A. A.: Kissel, S.171. Zweifelnd: Rolland, § 1587 Rz. 23. 25 Zu den strukturellen Unterschieden zwischen Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich im Hinblick auf Lebensversicherungen vgl. 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (bb) (aaa). 26 Allgemeine Meinung, statt aller: Eisenecker, S. 64; MüKo-Maier, § 1587 a Rz. 342; Palandt / Diederichsen, § 1587 Anm. 2 a ee); Rolland, § 1587 Rz. 8. Streitig ist dies nur hinsichtlich der Bestimmung des § 1587 Abs. 5 BGB, dazu sogleich unter 2. 27 Der Versicherte ist vom Versicherungsnehmer zu unterscheiden; zum Begriff des Versicherten sogleich. 28 Eisenecker, S. 49; Soergel / Winter, § 1587 a Rz. 245.

24

1. Kap.: Lebensversicherung als Gegenstand des Zugewinnausgleichs

gezählt, obwohl die Leistung des Versicherers in Rentenfonn zu erbringen ist. Sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind, gehört die Zeitrentenversicherung wegen des eindeutigen Wortlauts des § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB zum Versorgungsausgleich. Sie ist damit - obwohl Kapitallebensversicherung nicht zugewinnausgleichspflichtig 29. Weiter erfordert § 1587a Abs. 2 Nr. 5 BGB, daß der Vertrag zur Versorgung

des Versicherten eingegangen wurde. Unter dem Begriff "Versicherter" ist nach

allgemeinem Sprachgebrauch die Person zu verstehen, auf deren Leben die Versicherung genommen wurde 30 . Der Begriff "Versorgung" bezeichnet den Inbegriff der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einer Person 3l . Die Zweckbestimmung einer Rentenversicherung als Versorgung kann dabei regelmäßig vennutet werden, wenn die Versorgung bei Erreichen einer Altersgrenze, die im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben steht, beginnen soll 32 . Die nach dem Wortlaut des Gesetzes erforderliche Identität von Versichertem und Versorgtem ist auch gegeben, wenn der Versicherte zugleich der aus der Versicherung Begünstigte 33, der Versicherungsnehmer aber ein Dritter ist. Gerade aus diesem Grund wurde der Eingangssatz dieser Bestimmung entsprechend gefaßP4. Entgegen dem Wortlaut des § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB soll nach einer Auffassung in der Literatur 35 die Identität von Versichertem und Versorgtem nicht 29 So auch Eisenecker, S. 51; MüKo-Maier, § 1587a Rz. 331, 338; Soergel/Winter, § 1587 a Rz. 245. 30 Vg!. § 1 Nr. 2 ALB a. F. (Durch die Neufassung der ALB wurde der Sprachgebrauch nicht geändert, wenn auch eine dem § 1 Nr. 2 entsprechende Bestimmung in die Neufas-

sung nicht aufgenommen wurde.) Das Versterben des Versicherten oder sein Erleben des vereinbarten Termins bestimmen also den Versicherungsfall. Dagegen ist der vom Versicherten zu unterscheidende Versicherungsnehmer die Person, die der Vertragspartner des Versicherers ist. Diesen Sprachgebrauch verkennt Hoffmann, FamRZ 1977, S.226. 3l Vg!. Eisenecker, S. 179. 32 So auch BGH (1.6.1988, IVb ZB 132/85) FamRZ 1988, S. 936,938; Körber, in: Bastian 1Roth-Stielow / Schmeiduch, § 1587 a Rz. 161; Rolland, § 1587 Rz.7b; Soergel/Winter, § 1587 a Rz. 260; weitergehend: Eisenecker (S. 180), der auch ohne den Zusammenhang mit einer Altersgrenze den Versorgungszweck bei Rentenversicherungen vermuten will. 33 So insbesondere, wenn der Versicherte (widerruflich oder unwiderruflich) Bezugsberechtigter ist. 34 Amt!. Begründung, BT-Drucks. 7/650, S. 158. In diesem Entwurf war eine Sonderregelung für betriebliche Direktversicherungen nicht vorgesehen. Die Formulierung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB zielte deshalb auf die Einbeziehung dieser Direktversicherungen in den Versorgungsausgleich ab. Durch § 1587 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist diese Zielsetzung hinfällig geworden. Zur Entstehungsgeschichte des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB: Soergel 1Winter, § 1587 a Rz. 114. 35 Eisenecker, S. 206 ff.; Gitter / Hoffmann, FS Beitzke, S. 954; Johannsen 1Henrich / Hahne, § 1587aRz. 223; Rulandl Tiemann, Rz. 315; Soergel 1Winter, § 1587a Rz. 267.

B. Erforderlichkeit der Bewertung

25

erforderlich sein, da eine Versicherung, bei der Versicherter und Versorgter verschiedene Personen seien, dieselbe Funktion erfüllen könne wie die, bei der diese Identität gegeben seP6. Diese Auffassung hält einer näheren Betrachtung nicht stand: Ein Auseinanderfallen der Person des Versicherten und der des Versorgten ist grundsätzlich in zwei Konstellationen denkbar: Die Versicherung ist auf einen Dritten als Versicherten 3? abgeschlossen 38(a), oder sie ist auf das eigene Leben abgeschlossen, der Anspruch auf die Rente ist aber abgetreten oder es ist ein Bezugsberechtigter benannt (b). (a) Ist die Versicherung auf ein fremdes Leben abgeschlossen, so ist nach Eintritt des Versicherungsfalls, also nach Erleben des vereinbarten Termins, auch jede weitere Rentenleistung davon abhängig, daß die versicherte Person den jeweils nächsten Fälligkeitszeitpunkt erlebt 39 . Im Unterschied zu den anderen in § 1587a BGB genannten Versorgungs arten kommt es also nicht darauf an, ob der zu Versorgende diesen Termin erlebt. Der Versorgungscharakter einer solchen Versicherung ist aber zweifelhaft, da eine Versorgung durch eine Rente, die bei Tod eines Dritten endet, nahezu keine Sicherheit bietet 4O • Sie ist nicht geeignet, den Lebensunterhalt des Rentenberechtigten zu sichern. Da aber genau dies der Inhalt des Begriffs "Versorgung"41 ist, kann von der Funktionsgleichheit einer solchen Versicherung mit einer Rentenversicherung auf das eigene Leben keine Rede sein. (b) War der Versicherungsnehmer zunächst Versicherter und zugleich Versorg ter und hat er später den Anspruch an einen Dritten abgetreten. so wurde der Versicherungsvertrag - wie es § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB verlangt - zur Der wortgetreuen Auslegung folgen Körber, in: Bastian / Roth-Stielow / Schmeiduch. § 1587a Rz. 169; MüKo-Maier. § 1587a Rz. 343. 36 So insbes. Eisenecker, S. 207. 3? Bei Rentenversicherungen ist der Beginn der Rentenzahlung in aller Regel vom Erleben eines Termins abhängig. Es handelt sich also um Erlebensfallversicherungen. 38 Wobei der Versicherte nicht gerade der Zessionar oder Bezugsberechtigte sein darf, dazu bereits soeben. 39 Vgl. § 8 Nr. 2 der Musterbedingungen für die Rentenversicherung, abgedruckt bei Bruck / Möller / Winter, A 8. Eine Versicherung, bei der ein Dritter Versicherter ist, die Dauer der Rentenzahlung aber von dem Leben des Versicherungsnehmers oder des Bezugsberechtigten abhängt, gibt es nicht. Auch bei der Hinterbliebenenzusatzversicherung ist der Hinterbliebene (Mit-)Versicherter (vgl. § I der Musterbedingungen für die Hinterbliebenenzusatzversicherung, abgedruckt bei Bruck / Möller / Winter, A 8), ebenso bei einer Versicherung auf verbundene Leben (vgl. Bruck / Möller / Winter, B 24, 34). 40 So auch der BGH (8.5.1985, IVb ZB 837/81) FarnRZ 1985, S.799, 800: Die Realteilung einer Rente, deren Fortbestand vom eigenen Leben abhängt, durch Teilabtretung nach § 1 VAHRG ist nicht möglich, da eine solche Rente den anderen (ausgJeichsberechtigten) Ehegatten nicht ausreichend versorgt. Das Gericht muß eine Versorgungsanwartschaft begründen, die nicht von der Person des Ausgleichspflichtigen abhängig ist. 41 Eisenecker, der die erweiterte Auslegung befürwortet, hat selbst die oben genannte Definition des Begriffs der Versorgung aufgestellt, S. 179.

26

1. Kap.: Lebensversicherung als Gegenstand des Zugewinnausgleichs

Versorgung des Versicherten eingegangen; es fehlt in dieser Konstellation aber bereits an der Grundvoraussetzung des Versorgungsausgleichs, der Anwartschaft eines Ehegatten im Sinne von § 1587 Abs. 1 BGB: Dieser war zwar bei Vertragsschluß Versicherter und Versorgter, die Versorgungsanwartschaft steht ihm aber jetzt nicht mehr zu, so daß sich jeder Ausgleich erübrigt. Hat der Versicherungsnehmer den Anspruch nicht abgetreten, sondern nur einen Bezugsberechtigten benannt, so kommt es darauf an, ob er diese Bezeichnung widerrufen kann. Besteht diese Möglichkeit, so steht dem Ehegatten, der Versicherungsnehmer ist, die Anwartschaft noch ZU 42 , so daß der Rentenanspruch versorgungsausgleichspflichtig ist. Kann der Versicherungsnehmer die Bezugsberechtigung nicht widerrufen, so steht ihm keine Anwartschaft zu, die dem Versorgungsausgleich unterliegen könnte 43 •

Für den Dritten ist dieser vom Leben des Versicherten abhängige Rentenanspruch keine Versorgung und deshalb allenfalls zugewinnausgleichspflichtig 44 • Entgegen der genannten Literaturmeinung ist die Identität von Versichertem und Versorgtem grundsätzlich also erforderlich. Eine Ausnahme könnte allenfalls für Zeitrentenversicherungen 45 gelten, da die Leistungen des Versicherers bei Zeitrenten nach Eintritt des Versicherungsfalls unabhängig vom weiteren Leben des Versicherten sind 46 und deshalb die Versorgungsfunktion nach Eintritt des Versicherungsfalls unabhängig davon erfüllen, wer der Versicherte ist. Auch bei Zeitrentenversicherungen besteht aber kein Bedürfnis, vom klaren Wortlaut des § 1587aAbs. 2Nr. 5 BGB abzuweichen, um sie in den Versorgungsausgleich einbeziehen zu können. Da - im Gegensatz zu anderen Rentenversicherungen - die Gesamtleistung der Versicherung bei 42 Durch die Bezugsberechtigung wandelt sich der Anspruch des Versicherungsnehmers in einen Anspruch auf Leistung an den Dritten um. Falls die Bezugsberechtigung widerruflich ist, hat der Versicherungsnehmer aber die Möglichkeit, diese Umwandlung rückgängig zu machen. Das Widerrufsrecht zusammen mit dem rückumgewandelten Anspruch auf die Versicherungsleistung steht einer Anwartschaft i. S. d. § 1587 Abs. 1 BGB gleich. Ausführlich zur widerruflichen Bezugsberechtigung unten, 7. Kapitel B III. 43 Als Beispiel für die Gegenauffassung wird eine Rentenversicherung auf das Leben des Versicherungsnehmers genannt, deren unwiderruflich Bezugsberechtigter ein Altenheim ist, das dem Versicherungsnehmer Pflege zugesagt hat, so z. B. Eisenecker, S. 211. Diese Gestaltung unterliegt aber ohne weiteres dem Versorgungsausgleich, wenn man die Pflegezusage selbst als versorgungsausgleichspflichtige Anwartschaft ansieht. Die Aufhebung der Identität von Versichertem und Versorgtem führt dagegen nicht weiter, da der Versicherte keine Anwartschaft auf die Rente besitzt, wenn er das Pflegeheim als unwiderruflich Bezugsberechtigten benennt. Es fehlt - wie oben ausgeführt - also bereits an den Voraussetzungen des § 1587 Abs. 1 BGB. Die erweiternde Auslegung des Merkmals "Versorgung", die Eisenecker vorschlägt, ist nicht erforderlich. Ähnlich wie Eisenecker auch Körber, in: Bastian / Roth-Stielow / Schmeiduch, § 1587 a Rz. 170. 44 Zur Zugewinnausgleichspflichtigkeit von Bezugsberechtigungen und zedierten Versicherungsansprüchen siehe unten, 7. Kapitel. 45 So das Beispiel bei Eisenecker, S. 210. 46 Zu den Besonderheiten der Zeitrente siehe bereits oben, B 11 b 1.

B. Erforderlichkeit der Bewertung

27

einer Zeitrente feststeht 47 , können sie ohne weiteres - wie andere Kapitallebensversicherungen auch - im Zugewinnausgleich erfaßt werden, wenn die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Versorgungsausgleich - hier: Identität von Versichertem und Versorgtem - nicht vorliegen. Die von § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB geforderte Identität von Versichertem und Versorgtem besteht auch, wenn die Rentenlebensversicherung auf verbundene Leben abgeschlossen 48 wurde, da die Rente an den Berechtigten als "Versicherten"49 gezahlt wird 50. Es besteht also durchweg kein Anlaß, vom Wortlaut des § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB abzuweichen 51 • 2. Versorgungsausgleichspflicht nach § 1587 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1587a Abs.5 BGB Obwohl § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB - angesichts seiner klaren Beschränkung auf Versicherungen mit Rentenleistung - Versicherungen, die auf einmalige Kapitalleistungen gerichtet sind, gerade ausschließt, wird in der Literatur erwogen, Kapitallebensversicherungen über § 1587 a Abs. 5 BGB dem Versorgungsausgleich zu unterwerfen 52. 47 Die Zeitrentenversicherung ist deshalb eine Form der Kapitallebensversicherungen, dazu bereits oben. 48 Bei einer Versicherung auf verbundene Leben sind zwei Personen z. B. in der Weise versichert, daß vom Tode des Erstversterbenden bis zum Tod des Letztversterbenden eine Rente gezahlt wird. Die Versicherung auf verbundene Leben kann sehr unterschiedlich ausgestaltet sein, vgl. Bruck / Möller / Winter, B 34, und Soergel / Winter, § 1587 a Rz. 240. 49 Versicherungs technisch ist das Erleben des nächsten Fälligkeitstermins bei der Rentenversicherung ein Versicherungsfall. Wenn die Rente bis zum Tode des Letztversterbenden gezahlt werden soll, so ist auch dieser "Versicherter". Dazu bereits oben. 50 Der von Eisenecker (S. 209) als Beispiel für die Gegenmeinung gebildete Fall einer Rentenversicherung auf das Leben beider Ehegatten mit unwiderruflicher wechselseitiger Bezugsberechtigung ist wenig praktisch: Handelt es sich bei der Versicherung allein um eine Hinterbliebenenversorgung, so ist der Empfänger der Versicherungsleistung der Überlebende, so daß eine Bezugsberechtigung an den anderen Ehegatten, der bei Rentenbeginn verstorben sein muß, nicht in Betracht kommt. Handelt es sich dagegen um eine Rentenversicherung, die jeweils auf das Leben des einen Ehegatten abgeschlossen ist und in der der andere Ehegatte bezugsberechtigt ist, so bekäme jeder aus seiner Bezugsberechtigung auf das Leben des anderen eine Rente, solange dieser andere lebt. Derjenige Ehegatte, der den anderen überlebt, bekommt aus der Versicherung auf dessen Leben keine Rente, da der Versicherte dieser Versicherung verstorben ist. Aus der Versicherung auf das eigene Leben erhält er ebenfalls keine Rente, da die unwiderrufliche Bezugsberechtigung vererblich ist, also den Erben des anderen Ehegatten zufällt. Ob es notwendig ist, sich über den Gesetzeswortlaut hinwegzusetzen, um solche Gestaltungen erfassen zu können, erscheint zweifelhaft. 51 So auch Körber, in: Bastian / Roth-Stielow / Schmeiduch, § 1587 a Rz. 169 f.; MüKo-Maier, § 1587a Rz. 343. 52 Friederici, NJW 1979, S. 2553.

28

1. Kap.: Lebensversicherung als Gegenstand des Zugewinnausgleichs

Die Frage, ob ein Vermögensgegenstand zum Versorgungsausgleich gehört, regelt - wie bereits ausgeführt - § 1587 Abs. 1 BGB. Dieser weist zunächst nur die in § 1587 a Abs. 2 BGB genannten Anwartschaften und Aussichten dem Versorgungsausgleich zu. Andererseits wäre aber die Bewertungsvorschrift des § 1587 aAbs. 5 BGB, die sich aufVersorgungen bezieht, die nicht in den Absätzen 1 bis 4 genannt sind, sinnlos, wenn ausschließlich die in § 1587 a Abs. 2 BGB genannten Versorgungen versorgungsausgleichspflichtig wären. Die Aufzählung in § 1587 a Abs. 2 BGB kann deshalb den Kreis der versorgungsausgleichspflichtigten Anwartschaften nicht vollständig abgrenzen 53. Auch wenn demnach Anwartschaften und Aussichten selbst dann versorgungsausgleichspflichtig sein können, wenn sie nicht ausdrücklich in § 1587 a Abs. 2 BGB genannt sind, so kann es doch nicht Aufgabe dieser Auffangbestimmung sein, das einschränkende Tatbestandsmerkmal der Rentenleistung in § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB sinnlos werden zu lassen. Eine Auffangvorschrift dient zur Erfassung der (atypischen) Fälle, die bei Schaffung des Gesetzes nicht ausdrücklich geregelt werden konnten oder sollten 54. Das ist aber bei der Kapitallebensversicherung nicht der Fall. Zum einen ist sie eine überaus gebräuchliche Form der Lebensversicherung, zum anderen hat der Gesetzgeber ganz bewußt die Kapitallebensversicherung nicht dem Versorgungsausgleich unterworfen. Begründet wurde dies damit, daß die Kapitallebensversicherung - wie jede andere Form der Geldanlage auch - zwar prinzipiell zur Versorgung dienen könne, daß dieser Zweck aber nicht hinreichend eindeutig feststehe 55. Angesichts dieser klaren Entscheidung des Gesetzgebers ist eine Einbeziehung der Kapitallebensversicherungen in den Versorgungsausgleich abzulehnen 56.

3. Besonderheiten der Lebensversicherung mit Leistungswahlrecht

Neben Lebensversicherungen, die auf Rentenleistung und solchen, die auf Kapitalleistung gerichtet sind, gibt es Versicherungen, in denen dem Versiche53 BGH (1. 7.1981, ZB 659/80) BGHZ 81, S. 100, 107 = FamRZ 1981, S. 856, 857; BGH (9.11.1983, IVb ZB 887/80) BGHZ 88, S. 386, 390 = FamRZ 1984, S. 156, 157; Johannsen I Henrich I Hahne, § 1587 Rz. 10; MüKo-Maier, § 1587 Rz.8; Rolland, § 1587 Rz. 5. Unklar Ruland I Tiemann, Rz. 335. 54 Darauf wurde gerade im Hinblick auf § 1587 a Abs. 5 BGB ausdrücklich hingewiesen, vg!. Ausschußbericht, S. 40. 55 Amt!. Begründung zum 1. EheRG, S. 158. 56 BGH (9.11.1983, IVb ZB 887/80) BGHZ 88, S. 386 = FamRZ 1984, S. 156; OLG Bamberg (3.12.1980, 2 UF 197/80) FamRZ 1981, S. 279; Eisenecker, S. 64 f.; MüKoMaier, § 1587 Rz. 13; Plagemann, BB 1977, S. 902; Rolland, § 1587 Anm. 8; Ruland, NJW 1976, S. 1716; Schwab/Hahne, VI, Rz.24; Soergel/Winter, § 1587a Rz. 234; Staudinger I Thiele, § 1374 Rz.7; v. Maydell, FamRZ 1977, S. 175. Bereits vor dem 1. EheRG für eine Einbeziehung der Kapitallebensversicherung in den Zugewinnausgleich, auch wenn diese Versorgungsfunktion hat, OLG Nümberg (25.7.1975, 6 U 61 I 75) NJW 1976, S. 899.

B. Erforderlichkeit der Bewertung

29

rungsnehmer die Möglichkeit gegeben wird, anstelle der vereinbarten Leistungsform eine andere zu wählen. Solche Versicherungen sind bis zur Ausübung des Wahlrechts nach der Leistungsform zu behandeln, die vereinbart ist; nach dessen Ausübung sind sie entsprechend der gewählten Leistungsform zu behandeln 57. Von erheblicher Bedeutung ist dabei, bis zu welchem Zeitpunkt das Wahlrecht ausgeübt sein muß, damit die Änderung der Leistungsform bei der Abgrenzung von Zugewinn- und Versorgungsausgleich noch berücksichtigt wird. Bedenken gegen die Annahme, der für die Berechnung des Zugewinnausgleichs bestimmte . Zeitpunkt sei auch für die Ausübung des Wahlrechts maßgebend, könnten sich allenfalls daraus ergeben, daß § 1587 Abs. 2 BGB den für den Versorgungsausgleich entscheidenden Zeitpunkt auf das Ende des Monats vorverlagert, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vorausgeht. Dabei spricht für einen Vorrang dieser versorgungsausgleichsrechtlichen Regelung 58 , daß die Vorschriften des Versorgungsausgleichs nach § 1587 Abs. 3 BGB die güterrechtlichen Vorschriften verdrängen. Die Vorverlagerung des Stichtags dient aber nur zur Vereinfachung der Rentenberechnung 59 • Da dieser Gesichtspunkt bei der Frage, an welchem Zeitpunkt das Wahlrecht ausgeübt sein muß, keine Rolle spielt, spricht nichts dagegen, auf den Bewertungsstichtag für den Zugewinnausgleich abzustellen 60. Demgegenüber wird die Auffassung vertreten, maßgebend sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über die Ausgleichsforderung 61. Dadurch würde aber den Ehegatten die Möglichkeit eröffnet, nach Zustellung des Scheidungsantrags die Kapitallebensversicherung entweder vom Zugewinn- in den Versorgungsausgleich oder vom Versorgungs- in den Zugewinnausgleich zu verlagern, indem sie das Leistungswahlrecht ausüben. Wie die Vorverlagerung des Bewertungsstichtages durch §§ 1383, 1387 BGB zeigt, sollten aber Manipula57 Körber, in: Bastian I Roth-Stielow I Schmeiduch, § 1587 a Rz. 153; Rolland, § 1587 a Rz. 108 b; Staudinger I Thiele, § 1374 Rz. 7; Schwab I Hahne, VI, Rz. 138. Die von Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 1. Aufl., Rz. 552, vertretene Auffassung, eine Lebensversicherung mit Wahlrecht sei nur dann im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen, wenn die Wahl endgültig zugunsten der Kapitalleistung getroffen sei, wurde in der zweiten Auflage aufgegeben. 58 Ruland I Tiemann, Rz. 314, und Rolland, § 1587a Rz. 108b, nennen als maßgeblichen Zeitpunkt den des Ehezeitendes. Offenbar ist damit das Ehezeitende im Sinn des § 1587 Abs. 2 BGB gemeint. 59 Johannsen I Henrich I Hahne, § 1587 Rz.28; MüKo-Maier, § 1587 Rz.32; Schwab I Hahne, VI, Rz. 35; Soergel I Vorwerk, § 1587 Rz. 24. 60 So auch BGH (9.11.1983, IVb ZB 887/80) BGHZ 88, S. 386 = FamRZ 1984, S. 156; Börger, Rz. 94 (S. 127); Gitter I Hoffmann, FS Beitzke, S. 949; Johannsen I Henrich I Jaeger, § 1375 Rz. 6; Johannsen I Henrich I Hahne, § 1587 a Rz. 224; Körber, in: Bastian I Roth-Stielow I Schmeiduch, § 1587 a Rz. 153; MüKo-Maier, § 1587 a Rz. 342; Schwab I Hahne, VI, Rz. 138; Schwab, VII, Rz. 20; Staudinger I Thiele, § 1374 Rz. 7. 61 Eisenecker, S.90 und 95; Soergel I Winter, § 1587 a Rz.248; Voskuhl I Pappai I Niemeyer, § 1587 Anm. IV 2 (S. 17).

30

1. Kap.: Lebensversicherung als Gegenstand des Zugewinnausgleichs

tionen an der Höhe des Endvennögens ausgeschlossen werden. Demgegenüber begründet Eisenecker 62 seine Auffassung, entscheidend sei die letzte mündliche Verhandlung, mit der Erwägung, generell werde Tatsachenvorbringen bis zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt. Damit verwechselt Eisenecker die Möglichkeit, eine Tatsache in den Prozeß einzuführen, mit dem Entstehenszeitpunkt dieser Tatsache. Bewertungsgegenstand ist das Vennögen am Stichtag, allein auf diesen Tennin muß es deshalb ankommen. Bis zu welchem Zeitpunkt die Ehegatten die zur Bewertung notwendigen Tatsachen vorbringen dürfen, ist eine ganz andere Frage. Das Wahlrecht muß deshalb am Bewertungsstichtag für den Zugewinnausgleich bereits ausgeübt sein; andernfalls bleibt es für die Abgrenzung von Zugewinn- und Versorgungsausgleich bei der ursprünglich vereinbarten Leistungsfonn. 4. Besonderheiten der befreienden Lebensversicherung

Problematisch ist die Abgrenzung von Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich bei der sogenannten befreienden Lebensversicherung. Sie ist eine Kombinationsversicherung, deren Besonderheit lediglich darin besteht, daß sie unter bestimmten Voraussetzungen von der Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit: Angestellte, die vor dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten (AnVNG)63 wegen Überschreitens der Einkommensgrenze nicht rentenversicherungspflichtig waren und durch dieses Gesetz versicherungspflichtig wurden, konnten von der Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Antrag befreit werden, wenn sie bis zum 31.5.1957 einen Versicherungsvertrag für sich und ihre Hinterbliebenen für den Fall des Todes und des Erlebens des 65. oder eines niedrigeren Lebensalters abgeschlossen hatten, sofern sie für diese Versicherung mindestens ebenso hohe Beiträge bezahlten wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung (Art. 2 § 1 S. 1 lit. b AnVNG). Eben wegen dieser Befreiung von der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt es nahe, die Ansprüche aus einer solchen Lebensversicherung, die als Ersatz für die gesetzliche Rentenversicherung dient, ebenso dem Versorgungsausgleich zuzuordnen wie die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung selbst. Sind in einer befreienden Lebensversicherung Rentenleistungen vereinbart, so ergibt sich die Zugehörigkeit zum Versorgungsausgleich bereits aus § 1587 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1587a Abs. 2 Nr. 5 BGB. Besteht dagegen die Leistung des Versicherers bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht in einer Rente, sondern in einer Einmalzahlung, so liegt bereits in dieser Leistungsfonn ein so erheblicher Unterschied zur gesetzlichen Rentenver62 S.92. 63 Gesetz vom 23.2.1957, BGBl. I, S. 88.

B. Erforderlichkeit der Bewertung

31

sicherung, daß eine Gleichbehandlung beider Fälle nicht geboten ist. Im Gegenteil erschiene es ungereimt, wenn die befreiende Lebensversicherung versorgungsausgleichspflichtig wäre, während Kapitallebensversicherungen, die von Freiberuflern abgeschlossen wurden, bei denen keine Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt worden ist und deshalb eine Befreiungsvorschrift nicht besteht, nicht versorgungsausgleichspflichtig sind 64. Bei beiden Personengruppen besteht Anlaß zu der Vermutung, mangels einer anderen Altersversorgung werde die Lebensversicherungssumme im Erlebensfall zur Altersversorgung verwendet werden. Wenn aber § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 BGB die Versorgungsausgleichspflichtigkeit von Ansprüchen aus privaten Lebensversicherungen auf solche mit Rentenleistung beschränkt, so kann sich die Auslegung nicht über den klaren Wortlaut hinwegsetzen 65 • 5. Besonderheiten der betrieblichen Direktversicherung

Die betriebliche Direktversicherung ist eine Form der betrieblichen Altersversorgung nach § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG)66. Sie wird als Kombinationsversicherung abgeschlossen, wobei der Arbeitgeber, nicht der Arbeitnehmer Versicherungsnehmer ist. Der Arbeitnehmer ist lediglich der Versicherte - d. h., sein Tod oder Erreichen des vereinbarten Erlebenszeitpunkts löst die Leistungspflicht des Versicherers aus - und zugleich (häufig widerruflich) Bezugsberechtigter. Streit über die Zugehörigkeit der betrieblichen Direktversicherung zum Versorgungsausgleich herrscht nur, wenn diese auf eine Kapitalleistung gerichtet ist 67 • Ansatzpunkt für die Zuordnung der Direktversicherung zum Versorgungsausgleich ist nicht der für Renten aus priva64 So auch BGH (9. 11. 1983, IVb ZB 887/80) BGHZ 88, S. 386, 391 = FamRZ 1984, S. 156. Zusammenstellungen der Unterschiede zwischen privater Lebensversicherung und gesetzlicher Rentenversicherung finden sich bei Bruck / Möller / Winter, B 151; Hagelschuer, S. 199 ff.; Mohr / Hofmann, S. 241 ff. 65 BGH (27.10.1976, IV ZR 136/75) BGHZ 67, S. 262, 268 = NJW 1977, S. 101 = MDR 1977, S.211 = FamRZ 1977, S. 41; vgl. dazu Anm. Johannsen, LM § 1374 NT. 2; BGH (9.11.1983, IVb ZB 887/80) BGHZ 88, S. 386,389 = FamRZ 1984, S. 156; OLG Frankfurt (9.3.1981,1 UF 152/80) FamRZ 1981, S. 794; Eisenecker, S. 84; Börger, Rz. 94; Johannsen / Henrich / Hahne, § 1587 Rz.26, § 1587 a Rz. 224; Körber, in: Bastian / Roth-Stielow / Schmeiduch, § 1587 a Rz. 152; Maier, § 1587 a Erl. 6.3, S. 101; MüKo-Gemhuber, vor § 1363 Rz.24; MüKo-Maier, § 1587 Rz. 13, § 1587a Rz. 342; Palandt/Heinrichs, § 1375 Anm.2a; Rolland, § 1587a Rz. 108a; Ruland/Tiemann, Rz. 65 u. 314; Schwab / Hahne, VI, Rz. 24 und 138; Soergel / Winter, § 1587 a Rz. 234; Staudinger / Thiele, § 1374 Rz. 7. A. A. (Zugewinnausgleichspflichtigkeit) LG Krefeld (25.10.1973, 1 S 201/73) NJW 1974, S. 368 (vor Inkrafttreten des 1. EheRG); Gitter / Hoffmann, FS Beitzke, S. 948 (zumindest vom rechtspolitischen Standpunkt aus). 66 Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) vom 19.12.1974, BGBL I, S. 3610. 67 Der weitaus größte Teil (93%) aller betrieblichen Altersversorgungszusagen war 1976 auf Rentenleistungen gerichtet, BT-Drucks. 8/2377, S. 19. Trotzdem war in der Direktversicherung in den meisten Fällen (80%) eine Kapitalleistung vereinbart.

32

1. Kap.: Lebensversicherung als Gegenstand des Zugewinnausgleichs

ten Versicherungsverträgen einschlägige § 1587 a Abs.2 Nr. 5 BGB, sondern § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB. Diese Bestimmung regelt die Einbeziehung der Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung in den Versorgungsausgleich abschließend. Sie ist lex specialis zu § 1587a Abs. 2 Nr. 5 BGB68. Der Wortlaut des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB unterscheidet sich von dem der Nr. 5 dieser Vorschrift dadurch, daß nicht auf Renten oder Rentenanwartschaften abgestellt wird, sondern auf Leistungen, Anwartschaften und Aussichten auf Leistungen. Unter dem Begriff "Leistungen" kann aber- jedenfalls bei isolierter Betrachtung - auch der Anspruch aus einer Kapitallebensversicherung verstanden werden 69. Andererseits sind alle anderen in § 1587 a Abs. 2 BGB genannten versorgungsausgleichspflichtigen Rechte auf wiederkehrende Leistungen gerichtet, was dafür spricht, auch unter dem Begriff "Leistungen" nur wiederkehrende Leistungen zu verstehen 70. Zimmermann 71 meint demgegenüber, aus den "Grundentscheidungen des Gesetzgebers" eine Einbeziehung auch der Direktversicherung auf Kapitalbasis in den Versorgungsausgleich herleiten zu können, da im Versorgungsausgleichjede Versorgung erfaßt werden solle. Diese Auffassung überzeugt nicht. Der Gesetzgeber hat sich bei der Regelung des § 1587 a Abs. 2 Ziff. 5 BGB gegen eine Einbeziehung der Kapitallebensversicherung ausgesprochen 72. Die Bestimmungen über Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung wurden erst später in den Entwurf aufgenommen, um den Besonderheiten der betrieblichen Altersversorgung Rechnung zu tragen 73. Eine Änderung der gesetzgeberischen Entscheidung gegen die Einbeziehung der Kapitallebensversicherung ist dabei weder diskutiert worden, noch hat sie in irgendeiner Form Niederschlag im Gesetz gefunden 74. 68 Ausschußbericht, S. 38, und allg. Meinung. 69 Für eine Einbeziehung der betrieblichen Direktversicherung - unabhängig von der Form der Versicherungsleistung - in den Versorgungsausgleich sprechen sich aus: Ambrock, § 1587a II.4; Blomeyer/Otto, Einl. Rz.313; Fischer, DB 1976, S.2352; Friederici, NJW 1979, S.2551; Gitter /Hoffmann, FS Beitzke, S.951; Höfer / Abt, ArbGr. Rz. 573; Plagemann, BB 1977, S. 902; Rolland, § 1587 Rz.9, § 1587a Rz. 80 und 109; Soergel/Zimmermann, § 1587a Rz. 142; v. Maydell, FamRZ 1977, S. 175. 70 Ausführlich hierzu: Eisenecker, S. 65. Das OLG München (28.10.1980, 4 UF 139/ 80) FamRZ 1981, S. 277, 278, betont zu Recht, daß auch der Begriff der Versorgung im Sinne des § 1587a Abs. 1 BGB wiederkehrende Leistungen erfordere. 71 S.132 f. 72 Amt!. Begründung, BT-Drucks. 7/650, S. 158. 73 Ausschußbericht, BT-Drucks. 7/4361, S. 38. 74 Zimmermann, in Soergel, § 1587 a Rz. 142, stellt demgegenüber auf den Ausschußbericht ab, demzufolge gerade die betriebliche Direktversicherung durch § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB einbezogen werden sollte. Da aber betriebliche Direktversicherungen auch auf Rentenbasis abgeschlossen werden - dazu bereits oben - , kann aus dieser Formulierung nicht entnommen werden, daß auch die Direktversicherung auf Kapitalbasis dem Versorgungsausgleich unterfallen sollte. In diesem Sinne auch OLG München (28.10.1980,4 UF 139/80) FamRZ 1981, S. 277,278.

B. Erforderlichkeit der Bewertung

33

Zimmermann 75 verkennt das nicht, meint aber, sich über diese Bedenken hinwegsetzen zu können, da die Formulierungen und die Begründungen von Sachverständigen und nicht vom Gesetzgeber selbst stammten. Damit verkennt Zimmermann das Verhältnis von Normverfasser und Gesetzgeber. Die Verfasser einer Norm nehmen an dem Verfahren, das zur Entstehung eines Gesetzes führt, teil. Das Gesetzgebungsverfahren setzt keineswegs voraus, daß Mitglieder des eigentlichen Gesetzgebungsorgans die Gesetze selbst formulieren; es setzt nicht einmal voraus, daß sich jedes dieser Mitglieder über den Inhalt der Gesetze in vollem Umfang klar ist. Die Auslegung anhand der Entstehungsgeschichte einer Norm bezieht sich deshalb - ebenso wie die Auslegung anhand des Wortlauts - nicht auf die Vorstellungen, die die Mitglieder der gesetzgebenden Organe bei der eigentlichen Beschlußfassung hatten, sondern sie orientiert sich notwendig an den Formulierungen und Vorstellungen der Personen, die die Gesetze vorbereitet haben 76. Zimmermanns Argumentation ist deshalb abzulehnen. Als Argument gegen die Einbeziehung der Direktversicherung auf Kapitalbasis in den Versorgungsausgleich wird angeführt, der Entwurf der Barwertverordnung habe eine ausdrückliche Regelung zur Bewertung von Direktversicherungen auf Kapitalbasis enthalten 77, so daß die Streichung dieser Bestimmung zeige, daß solche Versicherungen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zum Versorgungsausgleich gehörten 78. Sinn der Barwertverordnung im Zusammenspiel mit § 1587 Abs. 3 BGB ist es, die Bewertung von dynamischen und nicht dynamischen Renten anzugleichen 79 • Von dynamischen Renten spricht man, wenn die Höhe der Rente an die steigenden Lebenshaltungskosten angepaßt wird wie z. B. bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Barwertverordnung erlaubt eine Umrechnung nicht dynamischer Renten in dynamische. Rechtsgrundlage für die Barwertverordnung ist § 1587a Abs. 3 Nr. 2 BGB, der über § 1587 a Abs. 4 BGB auch auf die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung Anwendung findet. Adressat dieser Ermächtigung ist die Bundesregierung. Bereits daraus folgt, daß die Barwertverordnung den Inhalt der Bestimmungen des BGB nur ausfüllen, nicht aber verändern kann. Auch eine authentische Interpretation der Regelungen des BGB kann der Barwertverordnung nicht entnommen werden, da deren Verfasser nicht die der Bestimmung des § 1587 a BGB sind. Damit können auch keine Schlüsse aus der Entstehungsgeschichte dieser Verordnung gezogen werden 80. S. 132 ff. Dazu ausführlich Schmiedei, S. 203 ff. 77 § 4 BarwertVO (E), abgedruckt bei Ambrock, S. 635. 78 AG Waldshut-Tiengen (17.7.1979,6 F 5/79) FamRZ 1979, S. 826; OLG Frankfurt (13.1. 1981, 4 UF 77 /80) FamRZ 1981, S. 280,281; Körber, in: Bastian / Roth-Stielow / Schmeiduch, § 1587 a Rz. 79; Ruland, Rz. 10; Ruland / Tiemann, Rz. 66. Zurückhaltender: OLG München (28.10.1980,4 UF 139/80) FamRZ 1981, S. 277,279. 79 Ausschußbericht, BT-Drucks. 7/4361, S. 39. 75

76

3 Voit

34

1. Kap.: Lebensversicherung als Gegenstand des Zugewinnausgleichs

Entscheidend gegen die Subsumtion der Direktversicherung auf Kapitalbasis unter das Tatbestandsmerkmal "Leistungen" im Sinne von § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB spricht, daß dieser Begriff in § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 BGB ebenfalls verwendet wird und sich dort dem Wortlaut nach eindeutig auf wiederkehrende Leistungen bezieht. Dabei folgt aus der Verweisung in § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 S. 2 BGB auf § 1587 a Abs. 2 Nr. 41it. c, daß der Begriff der Leistung in beiden Bestimmungen offenbar mit gleichem Inhalt verstanden werden muß. In § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 lit. c findet sich wieder der Begriff der Leistung ohne eine ausdrückliche Beschränkung auf wiederkehrende Leistungen. Wie sich aber aus dem Eingangsteil der Nr. 4 ergibt, kann die Leistung im Sinne des § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 lit. c BGB nur eine wiederkehrende Leistung sein, da erst dieses Tatbestandsmerkmal des § 1587 a Abs. 2 Nr.4 BGB den Weg zur Anwendung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 4 lit. c BGB eröffnet. Eine Kapitallebensversicherung fällt also auch dann nicht unter die Regelungen des Versorgungsausgleichs, wenn sie als betriebliche Direktversicherung abgeschlossen wurde 81.

C. Zusammenfassung des 1. Kapitels Der Zugewinn, der während der Dauer der Zugewinngemeinschaft erwirtschaftet wurde, wird bei deren Beendigung ausgeglichen. Wenn dies nach dem "erbrechtlichen" System des § 1371 Abs. 1 BGB geschieht, so erübrigt sich eine Bewertung der Vermögensgegenstände der Ehegatten. Entscheidend für den Ausgleich nach den §§ 1372 ff. BGB ist die Differenz zwischen den Zugewinnen, die die Ehegatten während der Dauer der Zugewinngemeinschaft erzielt haben. Der Zugewinn jedes Ehegatten wird durch Vergleich seines Endvermögens mit seinem Anfangsvermögen festgestellt. Dieser Vergleich bezieht sich ausschließlich auf den Wert des Anfangs- bzw. Endvermögens. Einzelne Vermögensbestandteile sind nur Rechnungsposten, nicht aber Gegen80 So auch BGH (9. 11.1983, IVb ZB 887/80) BGHZ 88, S. 386, 396 =FamRZ 1984, S.156. 81 So auch BGH (9.11.1983, IVb ZB 887/80) BGHZ 88, S. 386, 395 = FamRZ 1984, S. 156; OLG Frankfurt (13.1.1981, 4 UF 77 /80) FamRZ 1981, S. 280; OLG München (28.10.1980, 4 UF 139/80) FamRZ 1981, S.277; OLG Bamberg (3.12.1980, 2 UF 197/80) FamRZ 1981, S. 279; OLG Stuttgart (22.3.1983,17 UF 151/81) FamRZ 1983, S. 815; Eisenecker, S. 80 ff.; Gernhuber, LB, § 28 III (S. 330); Johannsen / Henrich / Hahne, § 1587 Rz.26, § 1587 a Rz. 177, 224; Körber, in: Bastian / Roth-Stielow / Schmeiduch, § 1587 a Rz. 78 f.; Maier, § 1587 a 4.2.3. (S. 78); MüKo-Gernhuber, vor § 1363 Rz. 24; MüKo-Maier, § 1587 Rz. 13, § 1587 a Rz. 253 und 342; Palandt / Diederichsen, § 1587 Anm. 2 a cc; Ruland, Rz. 10 und 11; Schwab / Hahne, VI, Rz. 24 und 138; Schwab, VII, Rz.20; Soergel/Vorwerk, § 1587 Rz. 16; Voskuhl/Pappai/Niemayer, § 1587 a III. 3 (S. 28). Zur anderen Ansicht bereits oben, Fn. 70. Offengelassen vom OLG Köln (28.4.1983, 14 UF 164/82) FamRZ 1983, S. 1143, 1144; widersprüchlich: Schusinski / Stifel, NJW 1977, S. 1265.

C. Zusammenfassung

35

stand des Ausgleichs. Die Realteilung von Gegenständen des Endvennögens scheidet deshalb de lege lata in aller Regel aus. Sie kann aber dann erwogen werden, wenn das System des Zugewinnausgleichs versagt. Zur Berechnung des Zugewinns ist deshalb grundsätzlich jeder Vennögensgegenstand des Anfangs- und des Endvennögens zu bewerten, sofern er nicht wegen des Vorrangs des Versorgungsausgleichs vom Zugewinnausgleich ausgenommen ist. Dem Versorgungsausgleich unterliegen nur Lebensversicherungen, die auf Rentenleistung gerichtet sind und bei denen die versicherte mit der versorgten Person identisch ist. Sieht der Lebensversicherungsvertrag ein Leistungswahlrecht vor, so entscheidet die am Stichtag für den Zugewinnausgleich vereinbarte Fonn der Leistung über die Zugehörigkeit zum Versorgungs- oder zum Zugewinnausgleich. Für die befreiende Lebensversicherung und für die betriebliche Direktversicherung gelten keine Ausnahmen. Daraus ergibt sich: Lebensversicherungen, die auf Auszahlung eines Einmalbetrages gerichtet sind, sind zugewinnausgleichspflichtiges Vennögen. Ist für die Erlebensfallkomponente einer Kombinationsversicherung eine Rentenzahlung an den Versicherten vereinbart, so gehört dieser Anspruch zum Versorgungsausgleich 82.

82 Zur Frage, ob bei der Lebensversicherung auf Rentenbasis die Todesfallkomponente zugewinnausgleichspflichtig ist, vgl. 6. Kapitel C III.

3"

Zweites Kapitel

Grundlagen der Bewertung einer Kapitallebensversicherung Auch wenn im Grundsatz 1 über die Zugewinnausgleichspflichtigkeit der Kapitallebensversicherung Einigkeit herrscht, so gehen doch in der Frage, mit welchem Wert die Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich angesetzt werden muß, die Meinungen auseinander: Einer ständigen Rechtsprechung 2 , die bei der Bewertung den Rückkaufswert zugrunde legt, steht in der Literatur eine Auffassung gegenüber, die die Kapitallebensversicherung anhand des Kapitalwerts der bisher gezahlten Prämien zuzüglich der Zinsen und der Gewinnbeteiligungen bewerten möchte 3• Bevor zu diesem Meinungsstreit Stellung genommen werden kann, müssen die Grundlagen der Bewertung einer Kapitallebensversicherung dargestellt werden.

A. Versicherungsmathematische Grundlagen der Kapitallebensversicherung Wie oben bereits angedeutet, wird als Versicherungsfall der Kapitallebensversicherung entweder das Erleben eines bestimmten Termins (Erlebensfallversicherung 4 ) oder das Versterben innerhalb eines bestimmten Zeitraums (befristete 1 Zu den Streitpunkten, insbesondere bei der Direktversicherung und der befreienden Lebensversicherung, bereits oben, 1. Kapitel B 11. 2 BGH (27.10.1976, IV ZR 136/75) FamRZ 1977, S. 41; BGH (14.1.1981, IVb ZR 525/80) NJW 1981, S. 1038, 1039 (obiter dictum); BGH (22.3.1984, IX ZR 69/83) NJW 1984, S. 1611; OLG Köln (28.4.1983, 14 UF 164/82) FamRZ 1983, S. 1143, 1144; dazu ausführlich unten, 3. Kapitel A. Der Rechtsprechung folgen: Börger, Rz. 94 (S. 128); Öhlers, S. 97; Staudinger / Thiele, § 1374 Rz. 7, § 1376 Rz. 39. Kritisch zur Rechtsprechung, aber ohne andere Vorschläge: Johannsen / Henrich / Hahne, § 1587 Rz. 26; Schwab, VII, Rz. 54 Fn. 8. 3 Johannsen/Henrich/ Jaeger, § 1376 Rz.11; MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz.20; RGRK-Finke, § 1376 Rz. 6; Soergel / Lange, § 1376 Rz. 11; Hemnann, S. 129. Börger, Rz. 94 (S. 128), sieht diesen Wert als wahren Wert der Versicherung an, will aber nur nach dem jederzeit realisierbaren Rückkaufswert bewerten. Ausführlich zum Einfluß der Realisierbarkeit eines Wertes auf dessen Bewertung unten, 5. Kapitel A. Unklar Bachmann, S. 153, und Erman / Heckelmann, § 1376 Rz. 5, die den ,,zeitwert" ansetzen wollen, ohne diesen näher zu bestimmen. 4 Die reine Erlebensfallversicherung auf Kapitalbasis spielt in der Praxis keine Rolle, vgl. Bruck / Möller / Winter, B 22.

A. Versicherungsmathematische Grundlagen

37

Todesfallversicherung) oder auch zu einem unbestimmten Zeitpunkt nach Vertragsschluß (unbefristete Todesfallversicherung) vereinbart. Die gebräuchlichste Form ist die Kombination aus einer befristeten Todesfallversicherung und einer Erlebensfallversicherung auf den Endzeitpunkt der Todesfallversicherung 5 •

I. Das Risiko in der Kapitallebensversicherung Bei allen Formen der Kapitallebensversicherung hängt also die Wahrscheinlichkeit, daß bzw. wann 6 der Versicherungsfall eintritt, von der Sterbewahrscheinlichkeit der versicherten Person ab. Diese wirkt sich je nach Art der Versicherung verschieden aus: Eine sehr hohe Sterbewahrscheinlichkeit bringt in der Todesfallversicherung ein hohes Risiko für den Versicherer mit sich, während sie bei einer Erlebensfallversicherung den Eintritt des Versicherungsfalles eher unwahrscheinlich werden läßt. Die Sterbewahrscheinlichkeit eines Menschen verändert sich aber im Verlauf seines Lebens: Nach einer relativ hohen Säuglings- und Kindersterblichkeit sinkt die Sterbewahrscheinlichkeit bis ungefähr zum 12. Lebensjahr; von diesem Zeitpunkt an steigt sie, bis auf kleinere Schwankungen im zweiten Lebensjahrzehnt, ständig 7.

11. Das Äquivalenzprinzip und seine Modifikation bei der Kapitallebensversicherung Jeder Versicherer arbeitet nach der Methode, Leistungen, die er an einen Versicherungsnehmer zu erbringen hat, auf die Gesamtheit der Versicherungsnehmer umzulegen. Da es einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erforderte, nach jeder Auszahlung einer Versicherungssumme von jedem Versicherungsnehmer seinen Anteil an der Umlage zu verlangen, schätzt der Versicherer aufgrund seiner Statistiken, welche Versicherungssummen er im nächsten Jahr voraussichtlich bezahlen muß, und errechnet so den Betrag, den die Versicherungsnehmer zu Beginn des Jahres aufbringen müssen. Die Summe dieser Beträge 5 Goll / Gilbert, S. 1. Üblich ist z. B. eine Versicherung auf das Erleben des 60. Geburtstages, wobei bei Versterben vor diesem Termin entweder dieselbe oder auch eine höhere oder niedrigere Versicherungssumme fällig wird. Zu den einzelnen Formen der Kombinationsversicherung vgl. Hagelschuer, S. 38, 6 Bei Versicherungen, bei denen gewiß ist, daß der Versicherungsfall innerhalb der Laufzeit der Versicherung eintreten wird (Kombinationsversicherung, unbefristete Todesfallversicherung), entscheidet die Sterbewahrscheinlichkeit darüber, wann die Versicherungsleistung fällig wird, und - da die Prämienzahlungspflicht mit dem Tod des Versicherten endet - in welcher Höhe Prämien für die Versicherungssumme aufgebracht werden müssen. 7 Vgl. Allgemeine Deutsche Sterbetafeln. Eine Interpretation dieser Tafeln findet sich bei Wolfsdorf, S. 67 ff.

38

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

ist also - wenn die Prognose zutraf - ebenso hoch wie die Summe der Versicherungsleistungen 8 • Dieses Prinzip bezeichnet man als Äquivalenzprinzip 9. Zu den Notwendigkeiten einer Lebensversicherung gehört es, die Versicherten zum Zweck dieser Prämienberechnung so in Gruppen 10 zusammenzufassen, daß sich in jeder Prämiengruppe nur Versicherungen mit Versicherten statistisch gleicher Sterbewahrscheinlichkeit befinden 11. Da - wie oben ausgeführt - die Sterbewahrscheinlichkeit altersabhängig ist, können also Personen mit unterschiedlichem Lebensalter 12 nicht zu einer Prämiengruppe zusammengefaßt werden. Es sind deshalb Prämiengruppen aus Versicherten gleichen Alters zu bilden, da nur diese - sieht man von weiteren, altersunabhängigen Faktoren ab 13 das gleiche Risiko tragen. Der Versicherer muß also errechnen, welche Leistungen er im nächsten Jahr 14 an Versicherungsnehmer einer bestimmten Prämiengruppe voraussichtlich erbringen wird, und dann diesen Betrag auf die Mitglieder der entsprechenden Gruppe verteilen 15. Eine solche Prämienberechnungsmethode würde aber bei langjährigen oder unbefristeten Todesfallversicherungen zu einem sehr ungünstigen Prämienverlauf führen:

Zu den Kosten des Versicherers siehe unten, 2. Kapitel A V. Vg!. Hagelschuer, S. 116; Isenbart / Münzner, S. 26; Mohr / Hofmann, S. 124; ähnlich: Bruck / Möller / Winter, E 13. Allgemein zum Äquivalenzprinzip der Versicherer: Innami, ZVersWiss Bd. 55 (1966), S. 17 ff. 10 Diese Gruppen werden teils als Gefahren- oder Risikoklassen bezeichnet (Hungerbühler, S. 39), teils als Gefahrengemeinschaften (Bruck / Möller / Winter, G 393). Da die Mitglieder dieser Gruppen aber keine "Gemeinschaft" im Sinne gegenseitiger Rücksichtnahme bilden, trägt Sieg (ZVersWiss Bd. 74 [1985], S. 321 f.) Bedenken gegen die Bezeichnung als Gefahren"gemeinschaft". Hier wird deshalb der (wertneutrale) Begriff Prämiengruppe verwendet. 11 Vg!. statt aller: Hungerbühler, S. 40 ff. 12 In der Praxis werden die Gruppen noch weiter gestaffelt. So gibt es verschiedene Tarife für Frauen und Männer, z. T. wird auch nach Berufen differenziert. Die Bedeutung des Lebensalters für das Risiko in der Lebensversicherung zeigt sich auch an der Bestimmung des § 162 VVG, nach der sich bei unrichtiger Altersangabe die Versicherungssumme entsprechend reduziert; vg!. dazu auch Amt!. Begr. zu § 162 VVG, S. 220. 13 Ergibt die ärztliche Untersuchung oder bei geringeren Versicherungssummen - die Befragung des Versicherten, die bei Abschluß einer Lebensversicherung üblich ist (Bruck / Möller / Winter, C 66; Hagelschuer, S. 89), einen atypischen Gesundheitszustand, so wird der Versicherte entweder einer anderen Prämiengruppe zugeordnet, oder er muß bestimmte Risikozuschläge zu der an sich altersangemessenen Prämie bezahlen, dazu ausführlich Mohr / Hofmann, S. 100 ff., und unten 4. Kapitel D. 14 Die Versicherer arbeiten nach dem Jahresprinzip, d. h., es wird für jeweils ein Jahr eine Prämie errechnet, die die Versicherungsleistungen abdeckt. Auch die Sterbetafeln sind nach Jahren aufgebaut; es wird also nicht die Restlebenserwartung angegeben, sondern die Wahrscheinlichkeit, das nächste Jahr zu überleben. 15 Vg!. Bruck / Möller / Winter, G 393; Nöbel, S. 4 f.; Ziegler, S. 49. 8 9

A. Versicherungsmathematische Grundlagen

39

So müßte ein 30-jähriger I6 , der im Erwerbsleben steht, angesichts der geringen Sterbewahrscheinlichkeit in seiner Altersgruppe nur eine sehr geringe Prämie entrichten. Dagegen treten in der Prämiengruppe der 65-jährigen schon relativ viele Todesfälle ein. Die dann vermehrt auszuzahlenden Versicherungssummen müßten noch dazu von immer weniger Mitgliedern der Prämiengruppe aufgebracht werden, bis dann - im denkbar schlechtesten Fall- der letzte Überlebende der Prämiengruppe im versicherungstechnisch letzten Jahr der Versicherung 17 als Prämie die Versicherungssumme selbst aufbringen muß, damit diese von der PrämieIi-"gruppe" an ihn geleistet werden kann. Eine Prämienkalkulation, die auf der Basis dieser natürlichen Risikoprämie arbeitet, ist also offenbar wenig geeignet, den Interessen der Versicherungsnehmer gerecht zu werden. Die Versicherer arbeiten deshalb auf der Grundlage einer konstanten Prämie. Sie errechnen unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Prämien regelmäßig 18 jährlich fällig werden (Diskontierung oder Barwertberechnung), die Summe der natürlichen Risikoprämien, die der Versicherungsnehmer im Verlauf der Versicherungszeit 19 voraussichtlich aufbringen muß, und verteilen diese dann zu gleichen Teilen auf die voraussichtliche Anzahl 20 der Prämienzahlungen 21. Das (J ahres-)Äquivalenzprinzip wird also in der Lebensversicherung durch die Äquivalenz der Leistungen bezogen auf die gesamte Laufzeit der Versicherung ersetzt: Die jeweilige Prämiengruppe erbringt während der Zeit bis zum 16 Genauer: der Versicherungsnehmer einer Versicherung auf das Leben eines 30jährigen. 17 Die Versicherer arbeiten mit einem fIktiven Maximalalter, mit dessen Ablauf die Sterbewahrscheinlichkeit gleich "eins" gesetzt wird. Viele Versicherer zahlen bei Erreichen dieses Alters die Versicherungssumme aus, ohne daß der Versicherungsfall eingetreten ist. 18 Es gibt auch Einmalprämienversicherungen und Versicherungen mit unterjähriger Prämienzahlung, dazu sogleich. 19 Mit dem Eintritt des Versicherungsfalls endet auch zugleich die Prämienzahlungspflicht, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 ALB n. F., der eine Verrechnung der Versicherungssumme bei Eintritt des Versicherungsfalls nur mit der Jahresprämie für das Jahr, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, zuläßt. Endet die Prämienzahlungspflicht vereinbarungsgemäß vor Ablauf der Versicherungszeit, ohne daß der Versicherungsfall eingetreten zu sein braucht, so spricht man von einer Versicherung mit abgekürzter Prämienzahlungspflicht. 20 Daraus folgt zugleich, daß sich die Einordnung in eine Prämiengruppe nach dem Eintrittsalter des Versicherten richten muß, da von diesem - neben der Wahrscheinlichkeit, mit der der Versicherungsfall eintreten wird - auch die Anzahl der voraussichtlich noch zu zahlenden Prämien und damit die Höhe dieser Prämien sowie die des Dekkungskapitals abhängt. 21 Vgl. Bosshart, S. 61; Bruck/ Möller / Winter, G 393; Koenig, ZVersWiss Bd.6, S. 429 ff.; Nöbel, S. 6 f.; Wall, S. 12; Ziegler, S. 52. Wall (S. 17) errechnet die konstante Prämie als Leibrente auf das Leben des Versicherten an den Versicherer. Sachlich ist das kein Unterschied. Wegen des Äquivalenzprinzips ist die Summe der Barwerte der Risikoprämien gleich dem Barwert der Versicherungsleistung. Die Verrentung der Versicherungsleistung ist lediglich ein anderer Weg, um die konstanten Prämien zu errechnen, vgl. Koenig, ZVersWiss Bd. 6, S. 431.

40

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

(planmäßigen) Auslaufen der letzten Versicherung insgesamt die gleiche Leistung an den Versicherer, wie dieser an Versicherungssummen an die Mitglieder der Prämiengruppe auszahlen wird. Unter Berücksichtigung der Fälligkeitszeitpunkte für die unterschiedlichen Leistungen - die Prämien werden in der Rege]22 jährlich fällig, die Versicherungssumme erst mit Eintritt des Versicherungsfalls - kann man das Äquivalenzprinzip, bezogen auf die gesamte Versicherungsdauer, so formulieren:

Der Barwert der Leistungen einer Prämiengruppe an den Versicherer ist (statistisch) gleich dem Barwert der Leistungen des Versicherers an die Mitglieder dieser Prämiengruppe 23 • Die Differenz zwischen der tatsächlich zu entrichtenden (konstanten) Prämie und der natürlichen Prämie nennt man den Sparanteil der Prämie 24 • Der Versicherungsnehmer bezahlt also bei dieser Prämiengestaltung in den ersten Jahren der Versicherung eine Prämie, die wesentlich über der eigentlich angemessenen natürlichen Risikoprämie liegt. Dafür bleibt diese Prämie konstant, auch wenn in den letzten Jahren der Versicherung die natürliche Risikoprämie die tatsächlich zu entrichtende weit übersteigt. Im Ergebnis finanziert also der Versicherungsnehmer in den ersten Versicherungsjahren die Differenz zwischen natürlicher und konstanter Prämie, die in den späteren Versicherungsjahren entstehen wird 25 .

22 Man unterscheidet Einmalprämienversicherungen und Versicherungen mit jährlicher Prämienzahlung (Mehrfachprämienversicherungen), § 2 Nr. 1 ALB n. F. Wenn bei einer Mehrfachprämienversicherung die Prämie nicht jährlich bezahlt, sondern auf mehrere Zahlungen innerhalb des Jahres verteilt wird, ändert dies in der Regel am Jahresprinzip nichts: Berechnet wird nach einer Jahresprämie, die lediglich in Teilleistungen erbracht wird. In letzter Zeit gehen die Versicherer aber auch zu echten unterjährigen Prämien über, da sonst auch nach Eintritt des Versicherungsfalls die ggf. noch ausstehenden Teilprämien für dieses Jahr verlangt werden müßten, vgl. Bruck / Möller / Winter, E 8. Bei der Kalkulation der Einmalprämienversicherung wird die Verzinsung des Betrages, der nicht zur Deckung der Versicherungsfälle im jeweils nächsten Jahr verwendet wird, für das jeweilige Jahr errechnet und als Einnahme des Versicherers verrechnet, so daß auch bei der Einmalprämienversicherung nach dem Jahresprinzip gearbeitet wird. 23 Allg. Meinung, vgl. nur Bruck / Möller / Winter, E 13; Hagelschuer, S. 116; Isenbart / Münzner, S. 26; Mohr / Hofmann, S. 124. 24 Die Terminologie ist nicht ganz einheitlich. Zum Teil wird der Begriff "Sparanteil" auch nur für den Prämienanteil verwendet, der bei der kapitalbildenden Versicherung ausreicht, um am Ende der Laufzeit die vereinbarte Summe auszahlen zu können, so Bruck / Möller / Winter, G 387. Diese Begriffsbildung führt aber zu einer unnötigen Aufteilung der durch die Risikoprämie nicht verbrauchten konstanten Prämie. 25 So auch Bosshart, S. 62; Bruck / Möller / Winter, G 387; Koenig, ZVersWiss Bd. 6, S. 431 f.; Nöbel, S. 13 f.; Ziegler, S. 53 ff.

A. Versicherungsmathematische Grundlagen

41

III. Das Deckungskapital Der Abschluß einer Versicherung mit konstanter Prämienzahlungspflicht trotz steigenden Risikos ist nicht ungefährlich, da mit zunehmender Versicherungsdauer die Einnahmen des Versicherers aus der Prämiengruppe immer weiter hinter den Ausgaben für diese Gruppe zurückbleiben werden. Die Gefahr, daß der Versicherer später die Versicherungssumme nicht mehr für alle Mitglieder der Prämiengruppe aufbringen kann, ist also relativ groß. Das Versicherungsaufsichtsgesetz trägt dieser Gefahr Rechnung, indem es die Versicherer verpflichtet, die Differenz zwischen den zu erwartenden Einnahmen und den zu erwartenden Ausgaben für jede Prämiengruppe gesondert auszuweisen (§ 11 VAG) und diesen Betrag in einer dort näher gekennzeichneten Art sicher anzulegen (§§ 65 ff. VAG). Diesen Betrag nennt man Prämienreserve oder auch Deckungskapital. Sinn dieser Anlageverpflichtung ist es insbesondere, den Versicherer daran zu hindern, Mehreinnahmen, die er von einer Prämiengruppe von Versicherungen mit jungen Versicherten erhält, zur Finanzierung der Leistungen, die er in einer Prämiengruppe aus Versicherungen mit älteren Versicherten zu erbringen hat, zu verwenden. Bei einer solchen Verrechnung wäre die Liquidität des Versicherers in späteren Jahren nur gesichert, wenn genügend Neuabschlüsse, in denen eine anfangs zu hohe konstante Prämie vereinbart wird, garantiert werden könnten. Dagegen werden durch die Bildung und Zurückstellung des Deckungskapitals die Leistungen der Prämiengruppe, die diese über die eigentliche Risikoprämie hinaus erbracht hat, für die Mitglieder dieser Gruppe reserviert. Daraus folgt für das Äquivalenzprinzip - diesmal bezogen auf einen beliebigen Zeitpunkt während der Dauer des Versicherungsvertrages -:

Der Barwert der noch ausstehenden Leistungen einer Prämiengruppe an den Versicherer ist zusammen mit dem Deckungskapital dieser Prämiengruppe gleich dem Barwert der noch ausstehenden Leistungen des Versicherers an diese Prämiengruppe (prospektives Deckungskapital)26. Da das Deckungskapital durch die Differenz zwischen der natürlichen Risikoprämie und der konstanten Risikoprämie gebildet wird, kann man auch umgekehrt formulieren:

Der Barwert der Leistungen, die eine Prämiengruppe an den Versicherer erbracht hat, vermindert um den Barwert der Leistungen des Versicherers an Mitglieder der Prämiengruppe, ist gleich dem Deckungskapital dieser Prämiengruppe (retrospektives Deckungskapital) 27. 26 Allg. Meinung, vgl. Bosshart, S. 93; Bruck / Möller / Winter, G 406; Hagelschuer, S. 163; Isenbart / Münzner, S. 53; Koenig, ZVersWiss Bd. 6, S. 436; Nöbel, S. 10. (Statt des Begriffs der Prämiengruppe wird häufig der der Gefahrengemeinschaft verwendet, sachlich besteht kein Unterschied, dazu bereits oben, 2. Kapitel A H.)

42

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

IV. Die Verzinsung des Deckungskapitals Das vom Versicherer zurückgestellte Deckungskapital legt dieser verzinslich an. Zinsen, die so erwirtschaftet werden, sind zwar Einnahmen des Versicherers; sie beruhen aber darauf, daß die Mitglieder der Prämiengruppe eine konstante Prämie entrichtet haben, die in den ersten Jahren der Versicherung über der natürlichen Risikoprämie liegt. Weil die Zinseinnahmen also wirtschaftlich den Versicherungsnehmern zuzurechnen sind, muß sie der Versicherer dazu verwenden, die Höhe der konstanten Prämie zu reduzieren. Diese wird deshalb so kalkuliert, daß sie in der gesamten Versicherungszeit zusammen mit den künftigen Zins- und Zinseszinseinnahmen aus dem Deckungskapital gerade die Summe der natürlichen Risikoprämien erreicht 28 • Die Zinseinnahmen zählen also im Sinne des Äquivalenzprinzips zu den Leistungen der Prämiengruppe an den Versicherer. Ebenso wie die sich aus der konstanten Prämie ergebende Vorfinanzierung der später höheren Risikoprämie ist auch dieser Teil der Prämienkalkulation geeignet, die Liquidität der Versicherer zu gefährden. Legen sie bei der Berechnung der konstanten Prämie einen höheren Zinssatz zugrunde, als sie tatsächlich zu erwirtschaften imstande sind, so können sie später ihre Verbindlichkeiten aus den Versicherungsverträgen nicht erfüllen. Eine nachträgliche Erhöhung der Versicherungsprämien ist aber ausgeschlossen, so daß die Auszahlung der Versicherungssummen in Frage gestellt ist. Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen kontrolliert deshalb auch die Zinssätze, die in der Prämienkalkulation verwendet werden. Die Versicherer sind verpflichtet, diese offenzulegen und ihre Tarife genehmigen zu lassen 29. Die erforderliche Genehmigung wird nur erteilt, wenn bei der Prämienkalkulation ein bestimmter Zinssatz, der aller Voraussicht nach auch bei ungünstiger Zinsentwicklung erwirtschaftet werden kann, nicht überschritten wird 30. Wirtschaftlich bedeutet auch dies eine im Vergleich zur Leistung des Versicherers zu hohe Prämie: Obwohl nach dem Äquivalenzprinzip ausreicht, wenn die Prämien zusammen mit den tatsächlich erwirtschafteten Zinseinnahmen die Ausgaben des Versicherers decken, wird die Prämie mit einem niedrigeren Zinssatz kalkuliert und liegt so über der eigentlich angemessenen jährlichen Prämie. Die Differenz zwischen den tatsächlich erwirtschafteten und den kalkulatorisch zugrunde gelegten Zinseinnahmen wirkt sich - nach diesem System zwingend 31 27 Bosshart, S. 63; Hagelschuer, S. 163; Isenbart / Münzner, S. 54; Koenig, ZVersWiss Bd. 6, S. 436. 28 Allg. Meinung, vgl. Bosshart, S. 62; Bruck / Möller / Winter, E 13 f.; Hagelschuer, S.118. 29 Vgl. §§ 5, 11, 13 VAG zur Genehmigungspflicht und §§ 81 ff. VAG zur Aufsicht über die Einhaltung des Geschäftsplans sowie zur Änderungspflicht auf Verlangen des Aufsichtsamtes. 30 Der Zinssatz betrug über lange Zeit hinweg 3%, er wurde im Rahmen der Tarifreform 1986 auf 3,5 % erhöht, vgl. Bruck / Möller / Winter, E 14.

A. Versicherungsmathematische Grundlagen

43

- für den Versicherer als Gewinn aus. Das Bundesaufsichtsamt verlangt deshalb eine Rückführung von mindestens 90% dieser Gewinne. Angesichts des starken Wettbewerbs zwischen den Versicherern, der wegen der Aufsicht durch das Bundesaufsichtsamt über Bedingungen und Tarife kaum auf der Leistungs- oder der Prämienebene geführt werden kann 32, zahlen die Versicherer tatsächlich einen noch höheren Anteil der Gewinne an die Versicherungsnehmer zurück 33 . Neben diesen zinsbedingten Gewinnen erwirtschaften die Versicherer auch Gewinne wegen der Sicherheitszuschläge, die im Interesse der Liquiditätssicherung in den kalkulatorisch zugrunde gelegten Sterbetafeln und den voraussichtlichen Verwaltungskosten enthalten sind. Auch diese werden in dem genannten Umfang zurückgeführt 34 . Die Beträge, die die Versicherer so an ihre Versicherungsnehmer ausschütten, nennt man Überschußbeteiligungen oder Gewinnbeteiligungen 35.

V. Der Einfluß der Kosten auf das Deckungskapital In dem bisher skizzierten Modell wurde die Prämie allein aufgrund der Auszahlung der Versicherungssummen an die Mitglieder einer Prämiengruppe errechnet. In Wirklichkeit muß der Versicherer neben den eigentlichen Versicherungssummen auch Kosten aufbringen, die ebenfalls über die Prämie auf die Versicherungsnehmer umgelegt werden müssen. Dabei unterscheidet man zwischen einmaligen und laufenden Kosten 36 . Die laufenden Kosten werden durch Prämienzuschläge unmittelbar gedeckt und haben deshalb auf das Deckungskapital keinen Einfluß37. 31 Ackermann, S. 17, spricht deshalb von "verordneten Überschüssen" der Versicherer. 32 So auch Ackermann, S. 18: staatlich angeordnetes Kalkulationskartell; Bruck / Möller / Winter, E 30. 33 Ackermann, S. 71, nennt für 1981 und 1982 unter Berufung auf den Geschäftsbericht des Bundesaufsichtsamts eine Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattungen in Höhe von 98,3%. Lück, DB 1981, S. 1049 Fn. 1, nennt eine Quote von 98%. Die Versicherungsnehmer haben ein schutzwürdiges Interesse an einer angemessenen und zeitnahen Ausschüttung der Überschußbeteiligungen, BVerwG (12.9.1989, 1 A 32/87) VersR 1990, S. 73, 74. Diese Interessen werden durch das Bundesaufsichtsamt wahrgenommen, ein eigener Anspruch der Versicherungsnehmer besteht nicht, BGH (8.6. 1983, IVa ZR 150/81) BGHZ 87, S. 346. Zur Funktion der Überschußbeteiligungen als Korrektiv der Prämienhöhe vgl. Hagelschuer, S. 178; Mohr / Hofmann, S. 145 ff. 34 Vgl. Ackermann, a. a. O. 35 Vgl. statt aller: Hagelschuer, S. 178. Zu den Formen der Überschußbeteiligungen siehe unten, 4. Kapitel C I. 36 Vgl. statt aller: Isenbart/Münzner, S. 23 f.; Hagelschuer, S. 141 ff. 37 Vgl. Hagelschuer, S. 143, 172. Bei Einmalprämienversicherungen werden entsprechende Verwaltungskostenrückstellungen vorgenommen, die ebenfalls vom Deckungskapital unabhängig sind.

44

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

Anders verhält es sich dagegen mit den einmaligen Kosten, die in erster Linie 38 aus den Kosten für den Versicherungsvermiuler 39 bestehen, der den Abschluß des Versicherungsvertrages herbeigeführt hat 40. Seine Provision beträgt bis zu 35%0 der vereinbarten Versicherungssumme 41 , also bei einer Versicherung über 100.000.- DM immerhin bis zu 3.500.- DM. Da eine Versicherung, bei der der Versicherungsnehmer zu Vertragsbeginn eine solche Summe allein für die Vermittlung des Vertrages bezahlen müßte 42, nur schwer vermittelbar wäre, bezahlt der Versicherer die Provision und legt die dadurch verursachten Kosten auf die Versicherungsprämie um. Die Vorfinanzierung der Provision durch den Versicherer und ihre Verrechnung mit den in der laufenden Prämienzahlung enthaltenen Kostenanteilen führt im Zusammenspiel mit der Verpflichtung, das Deckungskapital zurückzustellen, zu einer Behinderung von Versicherungen, die viele Neuabschlüsse tätigen, also insbesondere von Versicherungen, die neu gegründet werden: Diese müssen zum einen die Provisionen sofort ausbezahlen, zum anderen dürfen sie zur Refinanzierung der Provision nur auf den geringen Prämienanteil zurückgreifen, den sie als Zuschlag eingerechnet haben, weil sie den vollen Sparanteil der eingenommenen Prämie dem Deckungskapital zuführen müssen. Dieses Verfahren führt also leicht zur (bilanziellen) Überschuldung eines an sich finanziell nicht gefährdeten Versicherers mit hohem Neugeschäft. Das Versicherungsaufsichtsamt gestattete deshalb bis 1986 43 eine sofortige Verrechnung der einmaligen Kosten mit dem Deckungskapital von bis zu 35 %0 der Versicherungssumme (sogenanntes Zillmerverfahren)44. Das bedeutet: Nach Vg!. Ackermann, S. 54. Zu unterscheiden sind dabei grundsätzlich Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler. Versicherungsvertreter werden im Auftrag des Versicherers tätig, während Makler vom Antragsteller beauftragt werden, wobei die Maklercourtage vom Versicherer geschuldet (so Prölss / Martin, nach § 48, Anm. B) oder jedenfalls kraft Übung (so BGH [22.5.1985, IVa ZR 190/83] BGHZ 94, S. 356,359) übernommen wird. Für Makler gelten die nachstehenden Ausführungen entsprechend. Im Rundschreiben des BAV vom 27.8.1974 zur Begrenzung der Abschlußkosten in der Lebensversicherung (abgedruckt bei Benkel / Hirschberg, S. 757) werden beide Vermittler zusammengefaßt, so daß sich bei der prämienmäßigen Behandlung beider Vermittlungsformen keine Unterschiede ergeben. 40 Bei Abschluß einer Lebensversicherung wird regelmäßig ein Vermittler tätig, vg!. Benkel / Hirschberg, Ein!. Rz. 259. 41 Die Höhe der Provision hängt einmal von der vermittelten Versicherung (Bruck / Möller / Winter E 21), zum anderen vom Gesamtumfang des Neugeschäfts des Versicherers ab, vg!. dazu Bruck / Möller / Winter, G 401. Zu den Auszahlungsmodalitäten insbesondere seit der Tarifreform 1986 - vg!. Bruck / Möller / Winter, G 403. 42 Dieses System verwenden die Bausparkassen, die bei Auszahlung des Darlehens eine entsprechende Abschlußprämie verlangen, die schon bei Abschluß des Bausparvertrages auf einem Sonderkonto geführt wird, vg!. Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge des BHW, § 4 (Stand 1985). 43 Die vor 1986 genehmigten Tarife gelten aber in den bestehenden Versicherungen noch fort. Zu den neuen Tarifen und zu den Tarifen der vermögensbildenden Lebensversicherung sogleich. 38

39

A. Versicherungsmathematische Grundlagen

45

Abschluß der Versicherung und nach Auszahlung der Provision, aber vor der ersten Prämienzahlung ist das Deckungskapital negativ. Es wird erst durch die Prämienanteile, die nicht zur Deckung der Versicherungsfälle der Gefahrengemeinschaft in dem entsprechenden Jahr der Versicherung benötigt werden also die Prämienanteile, die als Sparanteil konzipiert waren - , ausgeglichen. In der Regel entsteht ein positives Deckungskapital deshalb erst nach zwei bis drei Jahren 45. In den neuen Tarifen ist die Verrechnung der Erwerbskosten mit dem Dekkungskapital geändert worden. Das mit den Erwerbskosten verrechnete (gezillmerte) Deckungskapital muß nunmehr bereits nach einem Versicherungsjahr mindestens 80% des Deckungskapitals betragen, das sich ohne diese Verrechnung nach dem ersten Jahr der Versicherung ergeben hätte, oder aber mindestens 50% der entrichteten Beiträge 46 • Ähnlich verhielt es sich schon vor der Tarifreform mit den vermögensbildenden Lebensversicherungen, also mit Lebensversicherungen, die nach dem 5. VermBG staatlich gefördert wurden 47. Durch diese Einschränkung des Zillmerverfahrens in der vermögens bildenden Lebensversicherung und in den neuen Tarifen ist zwar die Differenz zwischen verrechnetem und unverrechnetem Deckungskapital in den ersten Jahren der Versicherung geringer geworden, an den prinzipiellen Unterschieden zwischen heiden Beträgen ändert dies aber nichts. Die Verrechnung der einmaligen Kosten wird lediglich im Interesse eines höheren Rückkaufswertes 48 in den ersten Jahren auf eine längere Zeit verteilt 49 • 44 Die Verrechnung der Erwerbskosten mit dem Deckungskapital nennt man nach dem Begründer dieser Methode, Zillmer (Mathematische Rechnungen bei der Lebensund Rentenversicherung, 1863), "zillmem", das so errechnete Deckungskapital "gezillmertes Deckungskapital". Vgl. dazu: Bruck / Möller / Winter, G 399; Bosshart S. 63 ff.; Hagelschuer, S. 172 f. Zu den Hintergründen des Zillmerverfahrens aus der Sicht des Bundesaufsichtsamtes: Claus, Gedanken zu einer neuen Tarifstruktur in der Lebensversicherung aus aufsichtsbehördlicher Sicht, 1985. 45 Aus diesem Grund wird in § 173 VVG die Prämienzahlung für drei Jahre verlangt, bevor die Versicherung prämienfrei gestellt oder die Prämienreserve herausverlangt werden kann, vgl. Amtl. Begr. zu § 173 VVG, Nachdruck S. 233. Sogar nach einer relativ langen Laufzeit bestehen noch erhebliche Unterschiede zwischen dem ohne die Kosten errechneten Deckungskapital und dem Deckungskapital mit dieser Verrechnung. Mohr / Hofmann, S. 130, errechnen bei einer Kombinationsversicherung, Versicherungssumme 10.000.- DM, Laufzeit 20 Jahre, nach 9 Jahren Versicherungsdauer eine Differenz von immerhin 223.- DM. Das ergibt bei einer Versicherungssumme von 100.000.DM den nicht unerheblichen Betrag von 2.230.- DM. 46 Vgl. Bruck / Möller / Winter, G 452; Hagelschuer, S. 176. 47 § 9 Abs. 2 Nr. 3 des 5. VermBG i. d. Fassung vom 19.2.1987 und wortgleich - § 9 Abs.4 des 5. VermBG i. d. Fassung vom 19.1.1989 knüpfen die steuerliche Förderung der Lebensversicherung an die Voraussetzung, daß "der Versicherungs vertrag nach dem von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan schon im ersten Jahr der Versicherungsdauer zu einem nicht kürzbaren Sparanteil von mindestens 50 vom Hundert des gezahlten Beitrags führt". 48 Näher zu diesem Begriff unter VI.

46

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

Auf den ersten Blick scheint das Zillmerverfahren, also die Verrechnung des Sparanteils der ersten Prämien mit den Kosten des Versicherers, der gesetzlichen Regelung des § 367 BGB zu entsprechen, die eine vorrangige Verrechnung von Teilleistungen unter anderem auch auf die Kosten gerade vorsieht. Das trifft aber nicht zu: Der Versicherungsnehmer erbringt bei jährlicher Prämienzahlung nicht jeweils den Teil eines Gesamtbetrages, sondern die volle ihm obliegende Leistung. Durch den Versicherungsvertrag hat er sich allein verpflichtet, die Versicherungsprämie zu zahlen. Das zeigt sich schon daran, daß die noch nicht gedeckte Provision beim Versicherungsnehmer nicht beigetrieben werden kann, wenn der Versicherungsfall eintritt. Mit dem Eintritt des Versicherungsfalls endet die Prämienzahlungspflicht, und Kostenerstattung wird nicht geschuldet. Es handelt sich bei den vom Versicherer bezahlten Erwerbskosten eben nicht um eine Schuld des Versicherungsnehmers, sondern um einen Prämienbestandtei15°. Aus diesem Grund kann der Versicherungsnehmer die Prämie auch nicht um den Kostenbestandteil kürzen, wenn in den letzten Jahren der Versicherung die von ihm gezahlten Prämienzuschläge die Erwerbskosten bereits gedeckt haben. Das Zillmerverfahren ist also ein Verfahren, das im Interesse des Versicherers bei der Berechnung des Deckungskapitals eine Schuld des Versicherungsnehmers konstruiert, die tatsächlich nicht besteht 51. Im folgenden sind zwei verschiedene Begriffe des Deckungskapitals zu unterscheiden 52:

das Ne t tod eck u n g s kap i tal, also das Deckungskapital, das ohne Rücksicht auf die Kosten die Differenz zwischen dem Barwert der Leistungen des Versicherers und dem Barwert der Leistungen der Prämiengruppe wiedergibt, und

das " ge z i II me r te " D eck u n g s kap i tal, also das Nettodeckungskapital unter Verrechnung der Erwerbskosten. 49 Um diese Erhöhung des Deckungskapitals zu erreichen, werden die Provisionen der Vermittler über mehrere Jahre hinweg verteilt ausgezahlt, wobei die weitere Auszahlung der Provision jeweils vom Fortbestand des Versicherungsvertrages abhängt, vgl. Bruck / Möller / Winter, G 402 f. 50 Die Formulierung, der Versicherer bevorschusse die Abschlußkosten und erhalte sie in kleinen Raten zurück (Bruck / Möller / Winter, G 398; Ziegler, S. 110), trifft die Sache deshalb nicht. 51 Daran ändert auch nichts, daß die Versicherer sich in Nr. 5 der geschäftsplanmäßigen Erklärung zur Großlebensversicherung (abgedruckt bei Bruck / Möller / Winter, A 16) verpflichtet haben, den Versicherungsnehmer auf diese Verrechnungsmethode hinzuweisen. Es handelt sich dabei eben um einen Hinweis, nicht um eine Abänderung der Prämienverbindlichkeit. Eine ganz andere Frage ist es, ob es angemessen ist, wenn der Versicherer bei vorzeitiger Kündigung der Versicherung durch den Versicherungsnehmer die noch nicht gedeckten Erwerbskosten mit dem Deckungskapital verrechnet, wie dies im Ergebnis durch die Zillmerung geschieht, weil sich der Rückkaufswert aus dem gezillmerten Deckungskapital errechnet, dazu sogleich unter VI. 52 Vgl. Hagelschuer, S. 171.

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers

47

VI. Der Rückkaufswert Nach § 176 Abs. 1 VVG kann der Versicherungsnehmer bei vorzeitiger Aufhebung eines Versicherungsvertrages, bei dem die Leistungspflicht des Versicherers gewiß ist und bei dem die Prämien für drei Jahre bezahlt sind (§ 173 VVG), vom Versicherer den Betrag verlangen, der von der Prämienreserve 53 auf seine Versicherung entfallt. Das Deckungskapital, das der Versicherer für die Prämiengruppe, der der Versicherte angehört, ausgewiesen hat, wird also durch die Zahl der Mitglieder dieser Gemeinschaft dividiert. Dieser Wert ist dann die auf die Versicherung des Versicherungsnehmers entfallende Prämienreserve 54. Dabei ist der Versicherer nach § 176 Abs. 4 VVG zu einem Abzug von der errechneten Prämienreserve berechtigt, wenn der Vertrag durch vorzeitige Aufhebung endet 55 • Den Betrag, der sich dann als Forderung des Versicherungsnehmers 56 gegen den Versicherer ergibt, nennt man Rückkaufswert 57 •

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers in der Kapitallebensversicherung Jede Bewertung - also auch die der Kapitallebensversicherung - braucht Bewertungsmaßstäbe. Es liegt nun nahe, die für die Bewertung einer Kapitallebensversicherung notwendigen Maßstäbe nicht allein aus dem ohnehin sehr knappen Gesetzeswortlaut heraus zu gewinnen, sondern auf Maßstäbe zurückzugreifen, die von Rechtsprechung und Literatur im Rahmen der Bewertung anderer Vermögensgegenstände entwickelt wurden. Soweit durch diese Maßstäbe die 53 Die Begriffe Prämienreserve, Deckungskapital und Deckungsrückstellung bezeichnen den gleichen Wert, vgl. Bruck / Möller / Winter, G 387. 54 Vgl. Bruck / Möller / Winter, G 408. 55 Der Sinn dieses Abschlages ist nicht ganz eindeutig. Er liegt wohl hauptsächlich darin, die Antiselektion (das Ausscheiden der geringer Gefährdeten und das Verbleiben der höher Gefährdeten) zu verhindern, sowie den Versicherer bei vorzeitiger Kündigung zu entschädigen, vgl. Bosshart, S. 94; Hagelschuer, S. 176. Den Entschädigungsgesichtspunkt betonen auch Prölss / Martin, § 174 Anm. 6. Bruck / Möller / Winter, G 422, meinen, der Abschlag sei nur durch eine Zusammenfassung aller Gründe (von denen jeder einzelne nicht ausreiche) zu rechtfertigen. Seit der Tarifreform 1987 darf der Abschlag maximal 10%0 des riskierten Kapitals (Differenz zwischen Versicherungssumme und Prämienreserve) oder - zu Beginn der Versicherung - 10% des Deckungskapitals betragen, wobei dieser Prozentsatz bis auf 2% am Ende der Versicherungszeit reduziert werden muß, vgl. Bruck / Möller / Winter, G 421. 56 Zur Frage, wem der Rückkaufswert zusteht, wenn der Anspruch auf die Versicherungssumme abgetreten wurde oder ein Bezugsberechtigter benannt wurde, siehe unten, 7. Kapitel. 57 Kritisch zur Höhe des Rückkaufswertes und dazu, daß dem Versicherungsnehmer der finanzielle Nachteil bei vorzeitiger Vertragsauflösung nicht deutlich genug vor Augen geführt wird, Schwerdtner, ZRP 1971, S. 219, mit Entgegnung Frels, VersR 1972, S. 503.

48

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

gesetzlichen Vorgaben zutreffend ausgefüllt werden, empfiehlt sich deren Heranziehung aus zwei Gründen: Der Sinn des Zugewinnausgleichs, die möglichst vollständige Aufteilung der während der Dauer der Zugewinngemeinschaft erzielten Zugewinne, wird durch eine Bewertung, die den Wert verschiedener Vermögensgegenstände gleich bestimmt, am ehesten erreicht, und die Chancen, auf diesem Weg zu einer allgemein anerkannten Bewertung auch der Kapitallebensversicherung zu gelangen, sind verhältnismäßig hoch.

I. Problemstellung Der soeben bezeichnete Lösungsweg setzt voraus, daß es ein Vergleichssystem mit anerkannten Bewertungsgrundsätzen gibt. Als ein solches System bietet sich, da der Versicherer in der Kapitallebensversicherung verpflichtet ist, bei Eintritt des Versicherungsfalls die vereinbarte Versicherungssumme auszuzahlen (§ I Abs. I Satz 2 VVG), das System zur Bewertung von Forderungen an. Dazu müßte aber die Leistung des Versicherers tatsächlich in dieser Geldleistung bestehen. Über die Frage nach dem Inhalt der Leistung des Versicherers herrschte aber bereits vor dem Inkrafttreten des VVG Streit 58 • Im Gegensatz zu der sogenannten Geldleistungstheorie 59 meint die insbesondere von Grieshaber 60 und Bruck 61 vertretene Gefahrtragungstheorie 62 , die Leistung des Versicherers sei nicht in der Auszahlung der Versicherungssumme - also einer Geldleistung - , sondern in einer Dauerleistung an den Versicherungsnehmer zu sehen, die darin bestehe, daß sich der Versicherer während der Dauer der versicherten Zeit ständig zur Zahlung bereit halte. In der neueren versicherungsrechtlichen Literatur wird dieser Streit mitunter als irrelevant bezeichnet 63 • Wie jedoch eingangs dargelegt, soll hier die Bewertung 58 Angesichts der Fülle der Literatur sowohl zur versicherungsrechtlichen als auch zur allgemein zivilrechtlichen Dogmatik des Synallagmas beschränken sich die angegebenen FundsteIlen auf die Hauptvertreter der einzelnen Meinungen. Sie erschließen dann die weitere Literatur. 59 Ehrenberg, ZHR Bd.32 (1886), S. 430 f.; Hofmann, S. 112 f.; Hungerbühler, S. 14 ff.; Kisch, S. 87 ff.; Lehmann, Leistung und Gegenleistung bei gewagten Verträgen, 1935; ders. JW 1934, S. 2012; Niewisch, S. 13 ff.; Prölss / Martin, § 1 Anm.2 A Ia; Schmidt-Rimp1er, Die Gegenseitigkeit bei einseitig bedingten Verträgen, 1968; Siebert, Risikogedanke, S. 134. Schmidt-Rimpler hat zunächst die Auffassung vertreten, der Versicherer verpflichte sich zur Übernahme einer bedingten Verpflichtung, dies dann aber aufgegeben (vgl. dort S. 36 ff.). In dieser Arbeit wird deshalb nur auf die neue Auffassung Schmidt-Rimplers eingegangen. Weitere Nachweise zu Vertretern der Geldleistungstheorie finden sich bei Bruck / Möller, § 1 Anm. 45. 60 Das Synallagma des Versicherungsvertrages, 1914, insbes. S. 16. 61 Privatversicherungsrecht, § 31, S. 364 ff. 62 Neben Bruck und Grieshaber vertreten diese Meinung: Bohn, FS Schiedermair, S. 34; Deutsch, Rz. 157; Möller, S. 19 ff.; Sieg, S. 141; offenbar auch Werber / Winter, Rz. 94 ff. Weitere Nachweise bei Bruck / Möller, § 1 Anm.44.

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers

49

der Kapitallebensversicherungen in das System der Bewertung anderer, vergleichbarer Vermögens gegenstände eingepaßt werden. Handelt es sich also bei der Versicherungsleistung um eine Geldleistung, so sollten die allgemeinen Bewertungsgrundsätze für Geldforderungen angewendet werden, soweit nicht Besonderheiten der Kapitallebensversicherung eine andere Bewertung erfordern. Handelt es sich dagegen um die Dauerleistung "Gefahrtragung", so müßten eigene Maßstäbe zur Bewertung dieses Vermögensgegenstandes entwickelt werden. Das VVG entscheidet sich in § 1 Abs. 1 Satz 2 scheinbar eindeutig für die Geldleistungstheorie 64 • Dort heißt es: "Bei der Lebensversicherung . . . ist der Versicherer verpflichtet, nach dem Eintritt des Versicherungsfalls den vereinbarten Betrag an Kapital oder Rente zu zahlen oder die sonst vereinbarte Leistung zu bewirken." Der Gesetzgeber hat also - ähnlich wie im Besonderen Schuldrecht des BGB - den Anwendungsbereich der folgenden Regelungen festgelegt, indem er den typischen Inhalt der vertraglichen Einigung an den Anfang der für diesen Vertragstyp geltenden Bestimmungen stellt 65. Dabei hat er als typische Verpflichtung des Versicherers diejenige zur Geldleistung angesehen. Andererseits wird aber an vielen Stellen des VVG im Zusammenhang mit der Leistung des Versicherers der Begriff der Gefahr verwendet. So heißt es in § 68 Abs.3 VVG: "Fällt das versicherte Interesse nach dem Beginn der Versicherung ... weg ... , so gebührt dem Versicherer nur der Teil der Prämie, welcher der Dauer der Gefahrtragung entspricht." Auch wenn diese Bestimmung allein auf Schadensversicherungen und nicht auf die Lebensversicherung als Summenversicherung 66 anwendbar ist 67 , so zeigt sie doch, daß das VVG zumindest nicht eindeutig auf seiten der Geldleistungstheorie steht. Dabei kommt aber § 1 VVG als grundlegender Bestimmung des Versicherungsvertragsrechts das größere Gewicht zu 68.

63 Weyers, Rz. 382; ähnlich: Hofmann, S. 112 f. (die praktischen Unterschiede seien gering). 64 Dies verkennen auch Grieshaber, S. 13, und Bruck / Möller, § 1 Rz. 40, nicht. Vg!. auch Amt!. Begr. zu § I VVG, S. 70. 65 So auch die amtliche Begründung, S. 70. 66 Der Unterschied zwischen Schadensversicherungen und Summenversicherungen besteht in erster Linie darin, daß bei der Summenversicherung die Höhe der Versicherungsleistung von vornherein festgelegt wird. Es wird nicht ein konkret durch das Schadenereignis entstehender Bedarf gedeckt, sondern eine zuvor vereinbarte Summe oder eine Rente ausgezahlt, vg!. § 1 Abs. I Satz I VVG einerseits und Satz 2 andererseits. 67 Die Nichtanwendbarkeit ergibt sich aus der systematischen Stellung im ersten Titel des zweiten Abschnitts des VVG, der mit "Schadensversicherung" überschrieben ist. 68 So auch Lehmann, S. 25 f.

4 Voit

50

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

11. Die Argumente der Gefahrtragungstheorie Die Vertreter der Gefahrtragungstheorie begründen ihre Auffassung mit folgenden Argumenten: -

Wenn die Leistung des Versicherers allein in der Geldleistung bestehe, so sei nicht zu erklären, warum der Versicherungsnehmer seine Prämie nicht zurückverlangen könne, wenn der Versicherungsfall nicht eingetreten sei. Der Versicherer habe dann - folge man der Geldleistungstheorie - nicht geleistet 69.

-

Die Bestimmungen des VAG über die Sicherung der Liquidität des Versicherers zeigten, daß dieser eine dauernde Leistung erbringe. Er sei verpflichtet, zum Zweck der sofortigen Auszahlbarkeit der Versicherungssumme ständig Mittel vorzuhalten. Diese latente Verpflichtung gehe bei Eintritt des Versicherungsfalls lediglich in einen anderen Zustand über, ohne sich aber wesensmäßig zu verändern 70.

-

Allein die Tatsache des Versicherungsschutzes habe für den Versicherungsnehmer einen wirtschaftlichen Wert, weil dieser wegen der Versicherung eigene Vorsorgeaufwendungen oder Rückstellungen erspare 71.

-

Das Kündigungsrecht des Versicherers bei Nichterfüllung der Prämienzahlungspflicht, § 39 Abs. 3 S. 1 VVG, sei eine Regelung, die nur bei Dauerschuldverhältnissen zu finden sei. Eine Dauerleistung könne aber nur in der Gefahrtragung bestehen 72.

111. Die Argumente der Geldleistungstheorie Die Vertreter der Geldleistungstheorie wenden dagegen ein: -

Die Gefahrtragung sei nach Bürgerlichem Recht kein möglicher Leistungsgegenstand 73 •

-

Die Gefahrtragungstheorie verkenne, daß die Verpflichtung des Versicherers zur Erhaltung seiner Liquidität nicht eine Leistung des Versicherers sei, sondern der durch die bedingte oder betagte Verpflichtung des Versicherers hervorgerufene Haftungszustand 74.

69 Bruck, S. 366; Bruck / Möller, § 1 Anm. 40 ff., verwenden dieses Argument nicht mehr. 70 So insbes. Möller, S. 19 f., aber auch Bruck, S. 366, und Bruck / Möller, § 1 Anm.41f. 71 Bruck / Möller, § 1 Anm. 42; Möller, S. 20; Sieg, S. 24. 72 Bruck, S. 366. 73 Ehrenberg, ZHR 32 (1886), S. 430; Kisch, S. 89. 74 Haymann, S. 53 f.; Lehmann, S. 21 ff.; Schmidt-Rimpler, S. 19 ff.; ähnlich bereits Ehrenberg, ZHR 32 (1886), S. 430.

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers

51

IV. Stellungnahme a) Der Rechtsgrund der Prämienzahlung

Brucks Argument, der Versicherungsnehmer könne, folge man der Geldleistungstheorie, die Prämie zurückverlangen, wenn der Versicherungsfall nicht eingetreten ist, kann sich hinsichtlich der Kapitallebensversicherungen nur auf solche Versicherungen beziehen, bei denen der Eintritt des Versicherungsfalls ungewiß ist. In der gebräuchlichsten Form der Kapitallebensversicherung, der Kombinationsversicherung, steht fest, daß die Leistung des Versicherers fällig werden wird, so daß die Argumentation Brucks auf diese Art der Kapitallebensversicherung von vornherein nicht zutrifft. Insbesondere Lehmann 75 hat versucht, dieses Argument der Gefahrtragungstheorie auch für Risikoversicherungen zu widerlegen. Dabei stellt Lehmann darauf ab, der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Prämie sei nicht die Leistung des Versicherers, sondern der Versicherungsvertrag. Betrachtet man zunächst allein die Frage, ob mangels Rechtsgrundes ein Bereicherungsanspruch besteht, so trifft der Einwand Lehmanns, wegen des bestehenden Versicherungsvertrages sei ein Bereicherungsanspruch ausgeschlossen, ZU 76 • Er reicht aber nicht aus, um die Argumentation Brucks vollständig zu widerlegen: Hat der Versicherer während der Dauer des Versicherungsvertrages keine Leistung erbracht, weil der Versicherungsfall nicht eingetreten ist, und kann wegen Ablaufs der vereinbarten Vertragsdauer auch in Zukunft kein Versicherungsfall mehr eintreten, so ist der Eintritt der Leistungspflicht des Versicherers nicht mehr möglich, so daß der Versicherungsnehmer - unterstellt man zunächst die Anwendbarkeit dieser Bestimmung - nach § 323 Abs. 1 und Abs. 3 BGB die Prämie zurückfordern könnte. Dieser Gedanke führt zum Hintergrund des Streits um den Inhalt der Leistung des Versicherers, nämlich zu der Frage, ob die in der Lebensversicherung durch den Eintritt des Versicherungsfalls bedingte 77 oder betagte 78 Geldleistung die S. 26; vgl. auch Koch, S. 68. Die Frage, ob der Vertrag selbst oder eine Zweckabrede Rechtsgrund im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist, kann hier, bei der condictio indebiti, offenb1eiben, vgl. Reuter / Martinek, S. 126. 77 EichIer, Geschäftsbesorgung, S. 250, meint im Anschluß an Möller, Diskussionsbeitrag, S. 137 ff., diese Bedingung sei eine Rechtsbedingung. Das trifft nicht zu. Eine Rechtsbedingung ist eine Wirksamkeitvoraussetzung, die außerhalb der vertraglichen Einigung von Gesetzes wegen besteht und die zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts noch nicht gegeben ist (Beispiel: Genehmigung), vgl. Larenz, BGB AT, § 25 I (S. 495). § 1 VVG nennt zwar den Eintritt des Versicherungsfalls als Bedingung, er gibt aber lediglich den Inhalt der vertraglichen Einigung wieder. Enthält diese die genannte Bedingung nicht, so handelt es sich bei dem Vertrag nicht um einen Versicherungsvertrag. Die Bedingung ist deshalb eine vertraglich vereinbarte, nicht eine Rechtsbedingung. 78 Bei der unbefristeten Todesfallversicherung und bei der Kombinationsversicherung ist die Leistung des Versicherers nicht bedingt, sondern betagt, da sicher ist, daß der Versicherungsfall eintreten wird. 75

76

4*

52

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

maßgebende - und damit im Zugewinnausgleich zu bewertende - Leistung des Versicherers ist oder ob man gezwungen ist, die Gefahrtragung als Erfüllung des Vertrages durch den Versicherer anzusehen, weil man sonst den Versicherungsvertrag nicht als synallagmatischen Vertrag einordnen könnte 79 • In den Vorschriften der §§ 320 ff. BGB, in denen Regelungen für synallagmatische Verträge enthalten sind, findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen bedingter und unbedingter Hauptpflicht möglich ist. Im Gegenteil: Die zeitliche Verknüpfung des Leistungsaustausches durch § 320 BGB, die bei einseitig bedingter Leistungspflicht vor Bedingungseintritt nicht durchführbar ist, deutet auf die Notwendigkeit eines unbedingten Leistungsaustausches hin. Gleichwohl ist die Annahme, das Synallagma setze auf beiden Seiten unbedingte Leistungspflichten voraus 80 , unzutreffend. Zwingend wäre der Schluß vom Fehlen einer Regelung der bedingten Verpflichtungen in den §§ 320 ff. BGB auf die Voraussetzungen des Synallagmas nur dann, wenn diese, das funktionelle (d. h. das in der Abwicklung befindliche) Synallagma beschreibenden, Bestimmungen zugleich auch die Voraussetzungen für das genetische Synallagma festlegten. Mit anderen Worten: Es stellt sich die Frage, ob der Versicherungsvertrag ein synallagmatischer auch dann sein kann, wenn seine Abwicklung nicht oder jedenfalls nicht vollständig den Regelungen der §§ 320 ff. BGB folgt 81 • Ein notwendiges Zusammenfallen von funktionellem und genetischem Synallagma besteht in Rechtsordnungen, denen die Trennung von Verpflichtung und Erfüllung fremd ist, da dann der Vertrag auf einem unmittelbaren Austausch von Leistungen beruht. "Do, ut des" gibt diesen direkten Leistungsaustausch wieder. Durch die Trennung von Verpflichtung und Erfüllung hat diese Formel aber eine andere Bedeutung gewonnen 82 • Sie gibt nicht die Funktionsweise des Vertragsschlusses, sondern sein Motiv und seinen wirtschaftlichen Hintergrund an. Eben wegen dieser Trennung von Verpflichtung und Verfügung setzt das Entstehen eines Synallagmas nur gegenseitige Leistungsversprechen, nicht gegenseitigen Leistungsaustausch voraus 83. Die wechselseitige Bedingtheit des Lei79 So Möller, S. 20. Zu dieser Deutung der Hintergründe der Gefahrtragungstheorie Schmidt-Rimpler, S. 14; Hungerbühler, S. 19 f., und Koch, S. 62. Auch Lehmann sieht diese Frage als entscheidend an, vgl. S. 23. 80 Diesen Weg beschreitet insbesondere Grieshaber, S. 12, wenn er meint, durch eine Analyse der Anwendbarkeit der §§ 320 ff. BGB auf den Versicherungsvertrag nachweisen zu können, daß die Leistung des Versicherers eine synallagmatische und deshalb eine unbedingte sein muß. 81 In diesem Sinn auch Klinke, S. 136. Für eine modifizierte Anwendung der §§ 320 ff. BGB auf den Versicherungsvertrag sprechen sich auch Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 324, und Larenz, SchuldR AT, S. 204, aus. 82 So auch Lehmann, S. 7 ff.; ders., JW 1934, S. 2009 f. Eben dies verkennt Grieshaber, S. 14, wenn er meint, das Synallagma könne nur entweder zwischen Prämie und Entschädigungssumme oder zwischen Prämie und Gefahrtragung bestehen. 83 Lehmann, S. 5 ff.

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers

53

stungsaustausches wird ersetzt durch die wechselseitige Bedingtheit 84 der Leistungsversprechen 85. Die Formel lautet damit:

Ich verspreche zu leisten, wenn du zu leisten versprichst 86 • Ob diese - lediglich durch die Abgabe des jeweils anderen Versprechens bedingten - Leistungsversprechen selbst bedingte oder unbedingte Leistungsverpflichtungen zum Inhalt haben, ist für den Zusammenhang der Versprechen als synallagmatische ohne Bedeutung 87. Gegen diese Verknüpfung der Versprechen über eine Bedingung wendet sich Schmidt-Rimpler 88 mit dem Argument, die nach den Bestimmungen des BGB an ein bedingtes Rechtsgeschäft anknüpfenden Rechtsfolgen träten bei dem Leistungsversprechen im Synallagma nicht ein, vielmehr entstehe jede Verpflichtung von vornherein als unbedingte. Dieser Einwand ist nach dem oben Ausgeführten nicht überzeugend: Im Synallagma ist nicht die kraft der übereinstimmenden Willenserklärungen gesetzte Rechts/alge eine bedingte, sondern die beiden Willenserklärungen selbst sind wechselseitig durch die Wirksamkeit der jeweils anderen Willenserklärung bedingt. Man kann deshalb mit Rittner 89 das (genetische) Synallagma als besondere Form des Vertragsschlußmechanismus auffassen. Dadurch wird der Begriff des Synallagmas aber nicht - wie Rittner meint - überflüssig. Der Mechanismus des Vertragsschlusses ist unabhängig davon, ob überhaupt zwei Leistungspflichten vereinbart werden. Auch einseitig verpflichtende Verträge werden geschlossen, indem zwei entsprechende Willenserklärungen abgegeben werden. Die Besonderheit des Synallagmas besteht darin, daß die Wirksamkeit der Verpflichtungserklärung jeweils von der der anderen Erklärung abhängig sein soll. Gerade weil dieser Zusammenhang der Verpflichtungen im Synallagma besteht, ist die Verknüpfung dieser Verpflichtungen durch die §§ 320 ff. BGB typischerweise (aber auch nur typischerweise ) angemessen 90. Daraus folgt aber weiter, daß der Schluß aus den Regelungen der §§ 320 ff. BGB, nur Verpflichtungen unbedingten Inhalts könnten synallagmatischer Natur sein, nicht trägt 91 • Ein genetisches Synallagma mit einem durch den Vertrag selbst modifizierten funktionellen Synallagma ist dementsprechend möglich. 84 Diese Bedingtheit der Leistungsversprechen bedeutet nicht, daß die im BGB genannten Rechtsfolgen bei Störungen der Abwicklung des Synallagmas mit Hilfe der Bestimmungen über rechtsgeschäftliche Bedingungen erklärt werden könnten. Zur Funktion der §§ 320 ff. BGB sogleich. 85 Vgl. Blomeyer, S. 105 ff.; Fikentscher, § 10 11 4; Larenz, SchuldR AT, § 15 I, S. 202 ff.; Planck / Siber, vor § 320 Anm. 1. Unscharf Esser / Schmidt § 12 III (Aufeinanderbezogensein der Leistungen); MüKo-Emmerich, vor § 320 Rz. 7 (ausgetauschte Leistungspflichten). 86 Ähnlich: Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 315. 87 Gemhuber, Schuldverhältnis, S. 324; Hungerbühler, S. 21; Koch, S. 36 f.; Larenz, a. a. 0., S. 204; Lehmann, S. 12, 23 ff.; Schmidt-Rimpler, S. 54 ff., 63. So auch Klinke (S. 118 ff.), der betont, für das genetische Synallagma sei die in der Verpflichtung versprochene Leistung ohne Bedeutung (VII., S. 120). 88 S. 55 f., ähnlich: van den Daele, S. 40 ff. 89 FS Lange, S. 233. 90 Vgl. auch Gemhuber, FS Larenz, S.476, und ders., Schuldverhältnis, S. 309 und S.312ff.

54

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

Die das funktionelle Synallagma regelnden Bestimmungen der §§ 320 ff. BGB können somit als für den Regelfall des genetischen Synallagmas sachgerechte Verknüpfung der Leistungsversprechen 92 in der Abwicklung bezeichnet werden 93. Sie bestimmen, daß bei gewissen Leistungsstörungen die abgegebenen Leistungsversprechen entweder ihre verpflichtende Kraft verlieren (§ 323 Abs. 1 BGB), aufgehoben werden können (§ 325 Abs. 1 BGB: Rücktritt 94 ; § 326 Abs. 1 S.3 BGB) oder sich in Schadensersatzansprüche umwandeln, und tragen damit der typischen Interessenlage bei Fehlschlagen des synallagmatischen Vertrags Rechnung. Mit Schmidt-Rimpler 95 können die §§ 320 ff. BGB als Ausprägung einer (weit gefaßten) Geschäftsgrundlage verstanden werden, weil sie, wenn die Parteien im Vertrag für den Fall einer Leistungsstörung nichts anderes vereinbart haben, eine Lösung vorsehen, die typischerweise vereinbart worden wäre, wenn die Parteien bei Abschluß des Vertrages eine Regelung für diesen Fall getroffen hätten. Auch Larenz 96 sieht die §§ 320 ff. BGB als sinngemäßen Inhalt der vertraglichen Regelung. Wenn er allerdings fortfährt, sie seien "nicht nur Teil der Geschäftsgrundlage", so bleibt er die Begründung für das "nur" schuldig. Ob in der Sache Unterschiede zwischen der Auffassung Schmidt-Rimplers, der hier gefolgt wird, und der von Larenz und Gemhuber bestehen, erscheint zweifelhaft. Auch Larenz erkennt den Versicherungsvertrag als gegenseitigen Vertrag an, auf den die Regeln des gegenseitigen Vertrages aber nur in der diesem angepaßten Weise anzuwenden sind 97. Bereits in den Entscheidungen des Reichsgerichts klingt die Austauschbarkeit der Regelungen der §§ 320 ff. BGB mit denen der Geschäftsgrundlage an: In der Entscheidung vom 28.1.1905 98 ging es um Gegenrechte des Versicherungsnehmers, 91

Van den Daele (S. 16) meint, trotzdem von der gesetzlichen Ausgestaltung der

§§ 320 ff. BGB auf das "Wesen" der gegenseitigen Verträge schließen zu können. Das

ist -

wie er selbst erkennt - methodisch nicht korrekt. Ähnlich Rittner, FS Lange, S. 235. 93 Die nur typischerweise gegebene Angemessenheit der Regeln der §§ 320 ff. BGB ist z. B. bei § 326 BGB völlig außer Streit. Wie die gesetzliche Regelung des (relativen) Fixgeschäftes in § 361 BGB und die in Rechtsprechung und Literatur anerkannte Möglichkeit eines absoluten Fixgeschäftes zeigen, können die Parteien ohne weiteres die wechselseitigen Verpflichtungen in anderer Weise verknüpfen, als dies die Regelung des § 326 BGB vorsieht. 94 Der Rücktritt führt zur Umwandlung der Primärverpflichtung zu einer Rückgewährverpflichtung. Er beendet damit die ursprüngliche Leistungspflicht. 95 S. 61 ff.; ähnlich Rittner, a. a. 0., S.238. Staudinger / Otto, Vorb. §§ 320-322, Rz. 16, bezeichnen die Regelungen zwar nicht als Ausprägung der Geschäftsgrundlage, meinen aber, sie seien Geschäftszweck und Vertragsinhalt, der vom Gesetz in spezifischer Weise normativ ausgestaltet sei. 96 SchuldR AT, § 15 I, S. 203; ähnlich: Gemhuber, Schuldverhältnis, S. 313. 97 A. a. 0., S. 204. MüKo-Emmerich, vor § 320 Rz. 7, streitet jede Nähe zur Geschäftsgrundlage ab und sieht die §§ 320 ff. BGB als abschließende Regelung des Synallagmas an, meint aber gleichwohl, der Versicherungsvertrag (auf den - wie angedeutet wurde und noch gezeigt wird - die Bestimmungen der §§ 320 ff. BGB nicht ohne weiteres anwendbar sind) sei ein synallagmatischer Vertrag, a. a. 0., Rz. 17. 92

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers

55

wenn dem Versicherer Vermögensverfall droht. Weil die §§ 321,325 BGB wegen der Eigentümlichkeit des Versicherungsvertrages dem Reichsgericht nicht anwendbar schienen, hat es auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage verwiesen und damit der synallagmatischen Verknüpfung der Leistungsversprechen unabhängig von den §§ 320 ff. Rechnung getragen 99 •

Wenn - wie gezeigt - das Synallagma lediglich in ihrer Entstehung wechselseitig bedingte Verpflichtungen - gleich ob bedingten oder unbedingten Inhalts - voraussetzt, dann ist auch der Versicherungsvertrag ein synallagmatischer Vertrag. Der Versicherungsnehmer verpflichtet sich unabhängig vom Eintritt des Versicherungsfalls zur Prämienzahlung, der Versicherer verpflichtet sich im Gegenzug zur Zahlung der Versicherungssumme bei Eintritt des Versicherungsfalls 100. Die Wirksamkeit der Versprechen soll nach dem Willen der Vertragsparteien lediglich davon abhängen, daß sich auch der andere verpflichtet, nicht aber davon, daß der Versicherungsfall eintritt und sich so die Verpflichtung aktualisiert 101. Weitgehend bedeutungslos ist damit der Unterschied zur Auffassung Haymanns. Haymann unterscheidet zwischen dem Synallagma einerseits und gegenseitigen Verträgen im Sinne der §§ 320 ff. BGB andererseits. Für ihn setzt das Synallagrna zwar einen unbedingten Leistungsaustausch voraus, dieser findet aber zwischen den Leistungsversprechen 102, nicht zwischen den Ausführungsakten in Erfüllung dieser Versprechen statt. In der Abgabe des Versprechens der (bedingten) Geldleistung liege die eigentliche (unbedingte) Leistung des Versicherers 103, so daß der Versicherungsvertrag ein synallagmatischer Vertrag sei 104. Dagegen sei er kein gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB, da dieser voraussetze, daß beide Parteien einander Leistungen schuldeten 105. An einer Leistungspflicht des Versicherers fehle es aber: Die eigentliche Leistung des Versicherers liege nicht in der Auszahlung der Geldsumme bei Eintritt des Versicherungsfalls, sondern in der Abgabe des Leistungsversprechens durch den RG (VII 554/04) RGZ 60, S. 56. Ähnlich entschied auch der BGH (4.4.1951, 11 ZR 32/50) BGHZ 1, S. 334: Greifen die Regelungen des V AG nicht ein, weil das Aufsichtsamt gegen eine ausländische Einflußnahme nicht einschreiten kann, so ergibt sich ein Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung. 100 So auch Schmidt-Rimpler, S. 25 f. und S. 52 ff.; ähnlich Larenz, SchuldR AT, § 15 I (S. 204), der die Gegenseitigkeit des Versicherungsvertrages bejaht, weil sich der Versicherungsnehmer zur Prämienzahlung verpflichte, um die bedingte Verpflichtung des Versicherers herbeizuführen. 101 Lehmann, JW 1934, S. 2009; Schmidt-Rimpler, S. 63 ff; Larenz, a. a. 0., S. 204. So im Ergebnis auch Siebert, S. 134, der die bedingte Geldleistungspflicht als Entgelt und Rechtsgrund ansieht, ohne sich aber der Geldleistungstheorie anzuschließen. A. A. Möller, Diskussionsbeitrag, S. 138. 102 S.6. 103 S.6. 104 S.31. 105 S.63. 98

99

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

56

Versicherer bei Vertragsschluß, so daß anschließend der Versicherer zu keiner Leistung mehr verpflichtet sei 106. Der Unterschied zwischen der hier vertretenen Auffassung und der Haymanns liegt also darin, daß dieser die Geldleistung, auf deren Erhalt der Versicherungsvertrag abzielt, als bloßen Ausführungsakt ansieht. Haymanns Vorstellung, nicht die Auszahlung, sondern das Auszahlungsversprechen selbst sei die eigentliche Leistung, ist aber nur die Folge davon, daß Haymann zu Unrecht an der Notwendigkeit eines unbedingten Leistungsaustausches festhält und deshalb die Versprechen als ausgetauschte Leistungen ansehen muß. Nach der hier vertretenen Auffassung steht dagegen der Prämienzahlungspflicht die bedingte Leistungspflicht des Versicherers gegenüber. Sie trägt so dem Zweck, den die Parteien bei Abschluß des Versicherungsvertrages verfolgen, besser Rechnung als die Lösung Haymanns: Dem Versicherungsnehmer geht es nicht um die Abgabe des die bedingte Verpflichtung begründenden Versprechens, sondern für ihn ist von entscheidender Bedeutung, daß er die Geldleistung bekommt, falls der Versicherungsfall eintritt. Diese Geldleistung ist nicht bloßer Ausführungsakt, sondern Hauptleistung. Die Verpflichtung zur Geldleistung steht - trotz ihrer Bedingtheit - im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Prämienzahlungspflicht des Versicherungsnehmers. Im Ergebnis unterscheidet sich demnach die Auffassung Haymanns, der Versicherungsvertrag sei synallagmatisch, nicht aber gegenseitig 107, so daß die §§ 320 ff. BGB nicht unmittelbar anwendbar seien, von der Auffassung, diese Regelungen seien nur die typischerweise angemessene Verknüpfung der Leistungspflichten und sie seien deshalb dem Zweck des Vertrages entsprechend zu modifizieren, nicht. Brucks Argumentation, der Versicherungsnehmer könne, wenn der Versicherungsfall nicht eingetreten sei, seine Prämien zurückverlangen, kann also nicht zugestimmt werden. Die Prämien können auch dann nicht über § 323 Abs. 1 und Abs.3 BGB nach den Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherung herausverlangt werden, wenn der Versicherungsfall wegen Vertragsablaufs nicht mehr eintreten kann. Der Nichteintritt des Versicherungsfalls ist kein Fehlschlagen des Versicherungsvertrages, sondern eine von beiden Parteien regelmäßig erwünschte Entwicklung, der sie im Rahmen des Versicherungsvertrages Rechnung getragen haben. Gerade die Ungewißheit des Versicherungsfalls - und damit der Fälligkeit der Versicherungsleistung - ist Gegenstand des Vertrages. Die Regeln über die Unmöglichkeit der Leistung sind wegen der vorrangigen vertraglichen Bestimmung, derzufolge der Versicherer die Prämien auch bei Nichteintritt des Versicherungsfalls behalten darf, nicht anwendbar. Die Leistung des Versicherers kann deshalb entgegen diesem Einwand der Gefahrtragungstheorie als Geldleistung angesehen und damit auch als solche bewertet werden. 106 107

S.63.

Haymann spricht von einem besonderen Entgeltverhältnis (S. 64).

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers

57

b) Die Verwaltungstätigkeit des Versicherers als Leistung

an den Versicherungsnehmer?

Weiter behaupten die Vertreter der Gefahrtragungstheorie, die Leistung des Versicherers bestehe vor dem Eintritt des Versicherungsfalls in der Erhaltung und Verwaltung seines Vermögens, um so die jederzeitige Erfüllbarkeit der Versicherungsansprüche zu gewährleisten, während die Vertreter der Geldleistungstheorie meinen, dies seien Vorbereitungshandlungen für die Geldleistung; die "Gefahrtragung" sei die Folge der bedingten Verpflichtung, nicht aber Leistungsgegenstand 108. Den Vertretern der Gefahrtragungstheorie geht es darum, durch die Annahme einer Dauerleistung im Versicherungsvertrag einen unbedingten Leistungsaustausch zu konstruieren 109. Wenn also von "Leistung" die Rede ist, so kann nur die Leistung, die in einem solchen Leistungsaustausch steht, also eine Leistung in Erfüllung des Vertrages gemeint sein. Damit scheidet die bedingte Verpflichtung selbst als Leistungsgegenstand aus. Sie kann zwar Gegenstand einer Leistung solvendi causa sein, wie sich daraus ergibt, daß ein Vertrag, der zur Übernahme einer bedingten Verpflichtung verpflichtet 110, durch diese Übernahme erfüllt werden kann; beim Versicherungsvertrag wird die bedingte Verpflichtung aber nicht erst in Erfüllung eines Vertrages begründet, sondern sie liegt bereits im Vertrag selbst. Die Erklärung, bei Eintritt des Versicherungsfalls die bedungene Summe auszuzahlen, also das unter der Bedingung der Gefahrverwirklichung stehende Verpflichtetsein zur Leistung 111, ist genuiner Bestandteil des obligatorischen Rechtsgeschäfts; sie macht gerade den Vertrag zu einem Versicherungsvertrag. Wenn 108 Ehrenberg, ZHR Bd. 32 (1886), S. 430; Haymann, S. 43 (Gefahrtragung sei nicht Gegenstand der Forderung des Versicherungsnehmers); Kisch, S.88; Koch, S. 66 f.; Schmidt-Rimpler, S. 17. 109 Exemplarisch dafür ist Grieshaber: "Zwei Möglichkeiten sind gegeben: Synallagma zwischen Prämie und Gefahrtragung und Synallagma zwischen Prämie und Entschädigungsleistung" (S. 14). "Die Antwort auf diese Problemstellung kann nur lauten: 1. Das Synallagma des Versicherungsvertrages liegt in der Verknüpfung der Prämie mit der Gefahrtragung. Diese ist also die Gegenleistung des Versicherers." (S. 16) 110 Z. B. bei Verpflichtung zur Übernahme einer Bürgschaft. Durch Abschluß des Bürgschaftsvertrages wird diese Verpflichtung erfüllt, d. h. die Übernahme der bedingten Verpflichtung ist die Erfüllung des Vertrages, vgl. Schmidt-Rimpler, S. 17; Planck / Siber, vor § 320 Anm. 3. Die Auffassung, der Versicherer verpflichte sich durch den Versicherungsvertrag zur Übernahme einer bedingten Verpflichtung und gehe diese gleichzeitig mit dem Vertragsschluß - ein, hat Schmidt-Rimpler zunächst vertreten, dann aber aufgegeben (S. 36 ff.), da sie nicht dem Sinn des Versicherungsvertrages entspricht. Der Versicherungsnehmer bezahlt die Prämie, um bei Eintritt des Versicherungsfalles die Versicherungssumme zu erhalten, nicht um den Versicherer zu verpflichten, eine Verpflichtung zu begründen. Durch das weite Verständnis des Synallagmas ist diese Konstruktion der Verpflichtung zur Eingehung einer bedingten Verpflichtung überflüssig geworden. 111 So Schmidt-Rimpler, S. 17, und Koch, S. 69.

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

58

aber bereits die Willenserklärung, die die Verpflichtung aus dem Vertrag begründet, zugleich auch ohne weiteres die "Gefahrtragung" nach sich zieht, so kann diese nicht in Erfüllung des Versprechens geleistet sein. Haymann hat das in aller Klarheit herausgestellt:

"Diese im Versicherungsvertrag bereits für eine bestimmte Zeit geschehene Übernahme der vom Eintritt des Versicherungsfalls abhängigen Schuld erzeugt nicht eine Pflicht zur Gefahrübernahme oder Gefahrtragung, sondern bewirkt dies, ist mit ihr identisch. Die Übernahme dieser schwebenden Schuld, die Haftung oder Gefahrtragung des Versicherers bedeuten alle drei dasselbe." 112 Die geschuldete Leistung des Versicherers liegt also nicht in der Übernahme der Gefahr oder im Aufrechterhalten des Versicherungsanspruchs. Sie liegt aber auch nicht in der Verwaltung des Vermögens. Der Versicherer verwaltet dieses nicht in Erfüllung eines entsprechenden Anspruchs des Versicherungsnehmers, sondern um - im eigenen Interesse - die Versicherungssumme aufbringen zu können, falls der Versicherungsfall eintritt, da er sich sonst schadensersatzpflichtig macht. Die Sicherung der Leistungsfähigkeit ist seine eigene Angelegenheit; ein entsprechender Anspruch des Gläubigers - also des Versicherungsnehmers - besteht hier ebensowenig wie bei jedem anderen Vertrag 113: Ein Verkäufer schuldet Übereignung der Kaufsache; erfüllt er diese Pflicht nicht, so macht er sich schadensersatzpflichtig. Trotzdem besteht kein Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer, sich rechtzeitig die verkaufte Ware zu besorgen, um später erfüllen zu können. Ein entsprechender Anspruch des Versicherungsnehmers, d. h. die Möglichkeit, vom Versicherer ein Tun oder Unterlassen verlangen zu können (§ 241 BGB), besteht also nicht, da sich der Vertrag ausschließlich auf Zahlung der Versicherungssumme bei Eintritt des Versicherungsfalls richtet. Die Rechtsprechung hat im Rahmen der sogenannten Bereitstellungsprovisionen ebenso entschieden. Es geht dabei um die Vereinbarung zwischen einer Bank und ihrem Kreditnehmer, die diesem die Möglichkeit eröffnet, jederzeit einen Kredit bis zu einer bestimmten Höhe in Anspruch nehmen zu können. Dafür verlangt die Bank sogenannte Bereitstellungszinsen oder - provisionen 114. Der Klage auf Zahlung einer solchen Provision hielt ein Kunde entgegen, die Bank habe das Geld während der fraglichen Zeit nicht zur Verfügung gehabt. Wenn der Kredit abgerufen worden wäre, hätte sie nicht erfüllen können. Der BGH entschied 115: S. 53 f. So auch Haymann, S. 44. 114 Im einzelnen ist die Terminologie umstritten, vgl. Schubert, WM 1986, S. 1000, einerseits und Hopt / Mühlbert, § 607 Rz. 368, andererseits. 115 BGH (12.12.1985, III ZR 184/84) ZIP 1986, S. 359 = WM 1986, S. 156. 112

113

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers

59

"Bereitstellungszinsen sind die Gegenleistung für die von der Bank übernommene Verpflichtung, dem Kunden die versprochenen Darlehensmittel während der vereinbarten Zeit auf Abruf zur Verfügung zu stellen. Wie die Bank diese Verpflichtung erfüllt, ist ihre Sache; sie hat dem Kunden gern. § 279 BGB für ihre Leistungsfähigkeit im Zeitpunkt des Abrufs in jedem Fall einzustehen (folgen Nachweise). Die vereinbarte Gegenleistung für die übernommene Verpflichtung steht der Bank zu, ohne daß diese gehalten wäre, dem Kunden zu offenbaren, auf welche Weise sie ihre Auszahlungsverpflichtung zu erfüllen beabsichtige." 116 Mit dieser Formulierung hat der BGH den ganz wesentlichen Unterschied zwischen bedingter und unbedingter Verpflichtung herausgestellt: Bereitstellungszinsen sind die Gegenleistung für die von der Bank übernommene Verpflichtung. Die besonderen Vereinbarungen der Parteien führen bei Verträgen mit bedingter l17 Leistungspflicht auf der Ebene des Leistungsaustausches zu einer Leistung der einen Partei, der vor Eintritt der Bedingung keine Erfüllungsleistung gegenübersteht 118. Äquivalent ist die bedingte Verpflichtung, die bereits in dem Vertrag selbst begründet wurde. Die Trennung von Verpflichtung und Erfüllung ist hier partiell aufgehoben, weil für den (in der Risikoversicherung regelmäßig erhofften) Fall, daß der Versicherungsfall nicht eintritt, die bedingte Verpflichtung (ohne Erfüllung) Gegen-"leistung" für die Prämienzahlung sein soll. Aus ähnlichen Gründen ist auch die Geschäftsbesorgungstheorie Eichlers abzulehnen. Eichler folgt grundsätzlich der Gefahrtragungstheorie, erweitert diese aber, indem er die Leistung des Versicherers vor Eintritt des Versicherungsfalls als Geschäftsbesorgung qualifiziert 119: "Vor dem Eintritt des Versicherungsfalls dient die vom Versicherer übernommene Geschäftsbesorgung dem Versicherten zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse; der Versicherer hat ihnen die Durchführung von Maßnahmen abgenommen, die er ohne den Abschluß des Versicherungsvertrages selbst A. a. 0., S. 360. Der Tatsache, daß die Leistung der Bank bei dem Bereitstellungskredit im Gegensatz zu der des Versicherers unter einer Potestativbedingung steht, kann keine Bedeutung zukommen, da in beiden Fällen vor Bedingungseintritt keine Leistungspflicht besteht und es dem unbedingt Leistenden in beiden Fällen gerade um die bedingte Verpflichtung des anderen Teils geht. 118 Ähnlich auch BGH (31.10.1973, IV ZR 61/72) VersR 1974, S. 127: Es ging um die Frage, ob bei einer Invaliditäts- und Hinterbliebenenrente der Schomsteinfegerversorgungsanstalt ein Rückkaufswert auszuzahlen sei, wenn der Versicherer wegen Prämienverzugs leistungsfrei geworden ist. Der BGH entschied (S. 128): "Ob ein Versicherungsfall (Versorgungsfall) eintreten wird, ist bei jedem Mitglied ungewiß; bleibt er aus, so hat die Beklagte ungeachtet aller empfangener Beiträge keinerlei Leistungen zu erbringen." Er hat deshalb die Klage abgewiesen. 119 Grieshaber (S. 16) meint demgegenüber. die Gefahrtragung sei ein eigener Leistungstyp, der sich nicht in die Kategorien des Tuns oder Unterlassens im Sinne des § 241 BGB einordnen lasse. 116 117

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

60

hätte vornehmen müssen. Es läßt sich deshalb von Sicherungs-Geschäftsführung sprechen" 120. Bezieht man diese These zunächst auf die Todesfallversicherung, so stellt man unschwer fest, daß der Versicherungsnehmer in aller Regel gerade nicht selbst in der Lage ist, seine Hinterbliebenen in anderer Weise als durch Abschluß einer Todesfallversicherung abzusichern 121. Es gibt keine "Maßnahmen", die er durchführen könnte, um - wie bei der Todesfallversicherung - mit sofortiger Wirkung für den 'Fall seines Todes eine so hohe Geldsumme aufzubringen. Geht man also von einem Verständnis der Geschäftsbesorgung aus, das nur die Übertragung bereits vorhandener Obliegenheiten, d. h., von Geschäften, deren Durchführung dem Geschäftsherrn prinzipiell möglich ist, nicht dagegen die Eröffnung neuen Bedarfs, als Geschäftsbesorgung qualifiziert 122 , so scheidet die Annahme einer Geschäftsbesorgung im Bereich der Todesfallversicherung aus. Der Versicherer leistet durch Auszahlung der Versicherungssumme an den Versicherungsnehmer, nicht für ihn, und gerade um diese Geldleistung geht es dem Versicherungsnehmer bei Abschluß des Vertrages 123. Aber auch, wenn man dieses Kriterium der Geschäftsbesorgung als in Zweifelsfällen zur Abgrenzung ungeeignet ansieht 124, läßt sich die Leistung des Versicherers nicht als Geschäfsbesorgung verstehen. Der Begriff der Geschäftsbesorgung ist gesetzlich nicht festgelegt; sein Inhalt erschließt sich erst durch eine Zusammenschau der einzelnen Anwendungsfelder für die Regeln der Geschäftsbesorgung. Dabei lassen sich Merkmale, die bei jeder Art der Geschäftsbesorgung vorliegen müssen, nicht feststellen. Sie wird vielmehr durch verschiedene Merkmale gekennzeichnet, von denen in jedem Fall einige, aber nicht alle erfüllt sein müssen. Es handelt sich damit um einen Typusbegriff l25 • In diesem Sinne typisch für den Geschäftsbesorgungsvertrag sind Auskunfts- und Rechenschaftspflichten, Herausgabepflichten, Pflichten zum Ersatz von Aufwendungen und Pflichten zur Befolgung von Weisungen 126. Weist der Geschäftsbesorgungsvertrag allerdings einen Vermögensbezug auf, so ergibt sich bereits aus der Fremdheit der wahrgenommenen Interessen, daß die Folgen des Geschäftes das fremde Vermögen treffen müssen. Eben deshalb muß der Geschäftsbesorger über dieses fremde Geld Rechenschaft ablegen und das aus dieser Tätigkeit Erlangte herausgeben. Die Trennung von eigener und fremder Vermögenssphäre kann deshalb bei Geschäftsbesorgungsverträgen mit Vermögensbezug zwar nicht unbedingt als hinreichendes, wohl aber als notwendi120 121 122 123 124 125 126

FS Nipperdey, Bd. 1., S. 254; ähnlich auch ders., Lehrbuch, S. 23 ff. So auch Schmidt-Rimpler, S. 30. So BGH (25.4.1966, VII ZR 120/65) BGHZ 45, S. 223,228 f. und die h. L. Vgl. Schmidt-Rimpler, S. 34. Musielak, Gutachten, S. 1225 f. Vgl. Musielak, Gutachten, S. 1231 f. Vgl. Musielak, Gutachten, S. 1267: geschäftsbesorgerischer Kern.

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers

61

ges Kriterium angesehen werden 127. Gerade an diesem Merkmal fehlt es aber beim Lebensversicherungsvertrag: Der Versicherungsnehmer schuldet die vereinbarte Prämie unabhängig davon, ob in seiner Prämiengruppe Versicherungsfälle auftreten und sich so sein Risikobeitrag als angemessen erweist 128. Selbst wenn die Abrechnung ergäbe, daß der Versicherer die volle Prämie noch zur Verfügung hat, weil kein einziger Versicherungsfall eingetreten ist, hätte der Versicherungsnehmer keine Herausgabeansprüche. Der Versicherer verwaltet kein fremdes Geld, sondern er garantiert eine Leistung bei Eintritt des Versicherungsfalls. Die typische Trennung von Einnahmen des Geschäftsbesorgenden, die dieser herausgeben und über die er deshalb Rechnung legen muß, und der Vergütung für diese Tätigkeit fehlt beim Versicherungsvertrag. Es ist - wie beim Kauf einer Forderung - eine einheitliche Prämie vereinbart, die dem Versicherer in vollem Umfang zur Verfügung steht. Herausgabe- und Rechenschaftspflichten sind deshalb ebenso sinnlos wie der Ersatz von Aufwendungen und Weisungsrechte l29 • Der Versicherungsvertrag ist also nicht als Geschäftsbesorgung einzuordnen 130. Der Anspruch des Versicherungsnehmers richtet sich damit allein auf die Auszahlung der Versicherungssumme; die Maßnahmen, die der Versicherer ergreift, um diese Auszahlung zu gewährleisten, sind eigene Angelegenheiten des Versicherers, nicht aber Erfüllung der Hauptpflicht des Vertrages. Dies zeigt sich auch an § 321 BGB, da dieser bei Gefährdung der Hauptleistungspflicht nicht Schadensersatz gewährt - wie zu erwarten wäre, wenn es eine Hauptpflicht mit dem Inhalt, die Erfüllung der Ansprüche durch Vorbereitungsmaßnahmen zu sichern, gäbe 131 - , sondern dem Gläubiger lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht 127 Dies wird auch von der Auffassung, die die Geschäftsbesorgung als einen Typusbegriff versteht, im Ergebnis nicht in Frage gestellt, wie sich daran zeigt, daß auch diese Auffassung die Abrechnungs- und Herausgabepflichten betont (vgl. Musielak, Gutachten, S. 1296 und 1231). Der Streitpunkt, ob die entgeltliche Geschäftsbesorgung zwingend einen Vermögensbezug aufweisen muß (dagegen Musielak, a. a. 0., S. 1228), kann hier offenbleiben, da ein solcher Bezug beim Lebensversicherungsvertrag besteht. 128 In der Haftpflichtversicherung wird zwar die Prämie für das jeweils nächste Jahr an den tatsächlich erbrachten Versicherungs1eistungen ausgerichtet (§ 8 III AHB). Dieses Verfahren dient dazu, die Äquivalenz zwischen Prämie und Versicherungsleistung den tatsächlichen Veränderungen anzupassen und beruht nicht auf einer Rechenschaftspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer. 129 Weisungsrechte sind sachlich nur gerechtfertigt, wenn die Folgen der Geschäftsbesorgung den Geschäftsherrn treffen. Bei der Versicherung wird aber eine bestimmte Geldleistung versprochen, deren Höhe unabhängig von dem Verhalten des Versicherers ist. Das Erwirtschaften von Überschußbeteiligungen, deren Höhe unter anderem vom Verhalten des Versicherers abhängt, ist aber nicht Hauptleistung des Versicherungsvertrages. Der Versicherer verspricht allein, bei Eintritt des Versicherungsfalls die vereinbarte Summe auszuzahlen, nicht aber, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. Auch der BGH lehnt einen Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf Auskunft über die Verwendung der Prämien- und Zinseinnahmen ab, BGH (8.6.1983, IVa ZR 150/81) BGHZ 87, S. 346, 350. 130 So auch BGH (8.6.1983, IVa ZR 150/81) BGHZ 87, S. 346, 350; Bosshart, S. 76; Möller, ZVersWiss Bd. 56 (1967), S. 597 f.; Schmidt-Rimpler, S. 30 ff. l3l Im Gegensatz dazu wollen Bruck/ Möller (§ 1 Anm. 41) bei Vermögensverfall des Versicherers § 325 BGB anwenden. Das ist jedenfalls für die Summenversicherung

62

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

zuspricht, falls der Schuldner nicht erfüllt oder Sicherheit leistet. Das BGB kennt also regelmäßig keine Hauptpflicht, die auf den Erhalt der Leistungsfähigkeit gerichtet wäre. Hier zeigt sich der grundsätzliche Unterschied zwischen der "Gefahrtragung" als Folge einer vertraglichen Verpflichtung zur Erfüllung und der "Gefahrtragung" in Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung. Während bei Nichterfüllung der auf Gefahrtragung gerichteten Verpflichtung Schadensersatz droht, wird ein Verstoß gegen die "Pflicht" zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit lediglich durch ein Zurückbehaltungsrecht "geahndet", solange nicht Unmöglichkeit der geschuldeten Hauptleistung eintritt. An der Regelung des § 321 BGB und ihrer Modifikation durch das Aufsichtsrecht läßt sich zugleich zeigen, wie den Besonderheiten des (synallagmatischen) Lebensversicherungsvertrages, auf den die Regelungen der §§ 320 ff. BGB wegen seiner Besonderheiten nur modifiziert passen 132, Rechnung getragen wird: Der Versicherungsnehmer ist in der Kapitallebensversicherung nicht nur für eine Versicherungsperiode vorleistungspflichtig, sondern für einen in der Regel sehr langen Zeitraum, da die von ihm geschuldete konstante Prämie in den ersten Jahren der Versicherung über der angemessenen Risikoprämie liegt l33 • Droht also der Versicherer nach einigen Jahren illiquide zu werden, so kommt ein Zurückbehaltungsrecht des Versicherungsnehmers hinsichtlich der künftigen Prämien zu spät, weil er über die konstante Prämie einen Teil dieser künftigen natürlichen Risikoprämien bereits entrichtet hat. Die bei typischen Austauschverträgen angemessene und ausreichende Sicherung der Parteien durch Leistung Zug um Zug (§§ 320, 322 BGB) oder durch ein Zurückbehaltungsrecht der eigenen (Vor-)Leistung (§ 321 BGB) kann aus der Natur der Sache heraus bei einer Kapitallebensversicherung die Interessen des Versicherungsnehmers nicht ausreichend schützen. Der hinter diesen Regelungen stehende Rechtsgedanke, wer einseitig vorleiste, sei nicht schutzwürdig, trifft auf die Kapitallebensversicherung nicht zu. Der Versicherungsnehmer, der zu Beginn der Versicherung eine über der natürlichen Risikoprämie liegende, also zu hohe Prämie entrichtet, handelt nicht leichtfertig, sondern seine Vorleistung ist die wirtschaftlich einzige Möglichkeit, um eine derartige Versicherung sinnvoll abzuschließen. Ohne diese Vorleistung wäre die am Ende der Versicherungszeit zu entrichtende Prämie so nicht einzusehen, da die Höhe der Verbindlichkeit des Versicherers feststeht (im Unterschied zur Schadensversicherung kann nur ein Versicherungsfall eintreten, und die Höhe der dann zu zahlenden Versicherungssumme steht bereits fest). Der Versicherungsnehmer wird also prinzipiell durch Sicherheitsleistung dieser Summe ausreichend geschützt. Besonderheiten gelten nur wegen der in dem Vertrag vereinbarten, im Vergleich zur natürlichen Risikoprämie zu hohen konstanten Prämie, die dazu führt, daß das Leistungsverweigerungsrecht des § 321 BGB den Versicherungsnehmer nicht ausreichend schützt, dazu sogleich. 132 So zu § 321 BGB: RG (28.1.1905, VII 554/04) RGZ 60, S. 56. I33 Dazu s.o., 2. Kapitel A II.

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers

63

hoch, daß der Versicherungsnehmer sie voraussichtlich nicht würde aufbringen können. Gerade weil aber der Versicherungsnehmer sich nicht - wie bei einem typischen Austauschvertrag - selbst schützen kann, bedarf er des Schutzes durch das Bundesversicherungsaufsichtsamt, das für ihn die Liquidität des Versicherers überwacht. Dabei spricht das Aufsichtsrecht nicht - wie die Gefahrtragungstheorie meint - für die Annahme einer Dauerleistung im Sinne einer Gefahrtragung, sondern dagegen. Die Regelungen des VAG über die Sicherung der Liquidität der Versicherer sind nicht Teil der vertraglichen Einigung. Sie sind nicht abdingbar, sondern greifen als gesetzlich angeordnete Folge des Versicherungsvertrages ein. Konsequenz der Auffassung, die gesetzlich angeordnete Verpflichtung des Versicherers, Rücklagen zu bilden und die Prämien auf versicherungsmathematischer Grundlagen zu errechnen, sei alleinige Hauptleistung des Versicherers, die sich bei Eintritt des Versicherungsfalls lediglich in eine Geldleistung umwandle 134, müßte sein, dem Versicherungsvertrag den Vertragscharakter abzusprechen. Es lägen keine Willenserklärungen mehr vor, sondern nur noch rechtsgeschäftsähnliche Handlungen 135, an die das Gesetz unabhängig vom Willen der Parteien Rechtsfolgen knüpft, die dann - nach der Gefahrtragungstheorie - Hauptleistungspflichten des "Vertrages" wären 136. Der Versicherer ist also vor Eintritt des Versicherungsfalls zu keinerlei Leistung an den Versicherungsnehmer verpflichtet. Eine solche (Erfüllungs-)Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls ist nicht vereinbart, da der Funktion einer Erfüllung - der Befriedigung der Gläubigerinteressen - durch die bedingte Verpflichtung bereits genügt wird, ohne daß es vor Eintritt des Versicherungsfalls einer Erfüllung bedarf. c) Das Argument der "Bedarfsdeckung"

Das dritte Argument der Gefahrtragungstheorie beruht auf der Überlegung, der Versicherungsanspruch habe auch ohne Eintritt des Versicherungsfalls einen Vermögenswert für den Versicherungsnehmer, da dieser keine eigenen Rückstellungen für den Versicherungsfall mehr benötige.

So Möller, S. 19. Vgl. dazu Larenz, BGB AT, § 26 (S. 512). 136 Bei den typischen Verträgen des Besonderen Schuldrechts wird zwar auch die Verpflichtung, die Hauptleistung zu erbringen, im Gesetz ausdrücklich genannt (so z. B. § 433 Abs. 1 und 2 BGB), diese Verpflichtungen werden aber kraft der übereinstimmenden Willenserklärungen begründet. Das BGB nennt sie nur noch einmal ausdrücklich, um so den Anwendungsbereich der folgenden, auf diesen Vertragstyp zugeschnittenen Bestimmungen abzugrenzen. Im Gegensatz dazu brauchen - wie bereits ausgeführt die Bestimmungen des Aufsichtsrechts vom Willen der Parteien nicht umfaßt zu sein. 134 135

64

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

Diese Argumentation verkennt, daß aus der Existenz eines Vermögenswertes beim Versicherungsnehmer nicht auf den Inhalt der Schuld des Versicherers geschlossen werden kann. Auch der Anspruch aus einem noch nicht erfüllten Kaufvertrag ist ein Vermögensgegenstand; dieser Anspruch ist aber nicht in Erfüllung des Vertrages geleistet worden, sondern wurde durch den Vertragsschluß selbst begründet I37 • Ebenso verhält es sich bei dem Versicherungsvertrag: Durch die bedingte Verpflichtung des Versicherers entsteht auf seiten des Versicherungsnehmers ein Anspruch auf die Versicherungsleistung, wenn der Versicherungsfall eintritt. Genausowenig, wie bei einem Kaufvertrag daraus, daß der Käufer einen Anspruch auf die gekaufte Sache hat, geschlossen werden kann, der Verkäufer habe bereits geleistet, ist dies beim Versicherungsvertrag möglich. Auch die Tatsache, daß nach Abschluß des Versicherungsvertrages ein entsprechender Bedarf beim Versicherungsnehmer gedeckt ist, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern: Bedarfsdeckung ist die Folge der meisten Verträge. Daß man nach dem Vertragsschluß der Notwendigkeit enthoben ist, diesen Bedarf noch einmal zu decken, ist selbstverständliche Folge des Vertragsschlusses, aber kein zusätzlicher, in Erfüllung eines Anspruchs des Versicherungsnehmers geleisteter, Vermögenswert 138. So bleibt als Unterschied zwischen Versicherungsvertrag und einem Vertrag mit unbedingter Leistungspflicht nur, daß bei letzterem erst die Erfüllung des Anspruchs die Gläubigerinteressen befriedigt, während bei ersterem der bedingte Anspruch des Versicherungsnehmers nur erfüllt zu werden braucht, wenn der Versicherungsfall eintritt 139. Diese Besonderheit des Versicherungsvertrages liegt aber gerade darin, daß die Parteien die bedingte Verpflichtung des Versicherers bereits als Äquivalent für die Prämienzahlung des Versicherungsnehmers ansehen.

137 Weil schon im Vertragsschluß selbst also ohne Erfüllung des Vertrages eine Vermögensverschiebung liegt, kann auch die so begründete Verpflichtung selbst kondizierbar sein, vgl. Flurne, S. 157; Reuter / Martinek, S. 90 f. So entschied auch das Reichsgericht (7.11.1927, IV ZR 303/27) RGZ 118, S. 358 (zur condictio ob rem): In diesem Fall ging es darum, daß sich der Vater des Schuldners für einen "Kredit" verbürgte, um - für den Gläubiger erkennbar - die Entfernung seines Sohnes wegen Unterschlagung dieses Betrages aus dem Dienst zu verhindern. Der Gläubiger nahm den Bürgen in Anspruch, obwohl er den Sohn entließ. Das RG entschied, der Bürge könne "gemäß § 812 BGB seine Leistung, das Bürgschaftsversprechen, zurückverlangen, wenn der mit der Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäftes bezweckte Erfolg" nicht eingetreten sei (S. 360). 138 Ähnlich Lehmann (S. 30), der mit diesem Argument die Ansicht Haymanns widerlegt, bereits die Abgabe eines Versprechens sei eine Leistung, die aber von der Leistung i. S. v. § 241 BGB zu unterscheiden sei. 139 Falls die Versicherung rückkaufsfähig ist, kann sich der bedingte Anspruch des Versicherungsnehmers auf die Versicherungssumme auch durch Kündigung in einen unbedingten Anspruch auf den Rückkaufswert umwandeln. Dieser unbedingte Anspruch entsteht aber erst durch die Kündigung und kann keinen Aufschluß über den Inhalt der eigentlichen Leistung des Versicherers geben.

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers

65

d) Das Argument des Kündigungsrechts Weiter meinen die Vertreter der Gefahrtragungstheorie, das Kündigungsrecht des Versicherers bei Nichtzahlung der Prämie (§ 39 Abs. 3 VVG) sei nur durch die Annahme eines Dauerschuldverhältnisses, welches wiederum eine Dauerleistung des Versicherers voraussetze, zu erklären. Dieses Argument kommt einem Zirkelschluß zumindest sehr nahe: Wenn es sich bei der Versicherungsleistung nicht um eine Dauerleistung handelt, das Gesetz aber dem Versicherungsnehmer ausdrücklich die Möglichkeit zur Kündigung einräumt, so ist daraus zu schließen, daß der aufgestellte Obersatz, ein Kündigungsrecht bestehe nur bei Dauerleistungen, eben nicht zutrifft 140; dagegen kann man nicht aus einem gesetzlich nicht fixierten Obersatz, den man erst aus der Zusammenschau der Kündigungsrechte gefunden zu haben glaubt, den Inhalt der zugrunde liegenden Vertragsbeziehungen ableiten. Außerdem liegt dieser Argumentation ein zutiefst begriffsjuristischer Ansatz zugrunde, weil sie nicht den Sinn des Kündigungsrechts als Ausgangspunkt ihrer Überlegungen wählt, sondern seine positivrechtliche Verknüpfung mit Dauerschuldverhältnissen. Die Kündigung läßt - im Gegensatz zum Rücktritt - den abgewickelten Leistungsaustausch bestehen 141. Jede Vertragspartei behält also die Leistungen, die sie in Erfüllung des Vertrages erhalten hat. Es leuchtet unmittelbar ein, daß also ein Kündigungsrecht immer dann angebracht ist, wenn sinnvollerweise 142 die Leistungen nicht rückabgewickelt werden sollen (Miete, Auftrag, Dienstund Arbeitsvertrag) oder wenn es aus anderen Gründen der Interessenlage der Parteien gerecht wird 143. Angesichts der Begründung des Kündigungsrechts daraus, daß der Leistungsaustausch der Parteien nicht rückgängig gemacht werden soll, stellt sich beim Versicherungsvertrag wegen der nur bedingten Verpflichtung des Versicherers die Frage, ob denn ein solcher Leistungsaustausch überhaupt stattgefunden hat. 140 § 649 BGB, der dem Besteller beim Werkvertrag ein Kündigungsrecht einräumt, läßt erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Behauptung, ein Kündigungsrecht bestehe nur bei Dauerschuldverhältnissen, aufkommen. Der Werkvertrag kann zwar in einigen Fällen ein Dauerschuldverhältnis sein (vgl. Gemhuber, Schuldverhältnis, S. 382 f.), er ist es sicher aber nicht in jedem Fall. 141 Vgl. statt aller: BGH (13.11.1981, ZR 168/79) NJW 1982, S.2553; Larenz, SchuldR AT, S. 415 f. 142 Wie die Anfechtung, die auch bei einigen Dauerschuldverhältnissen ex tune wirkt, zeigt, ist die Rückabwicklung grundsätzlich möglich. Sie ist allerdings so kompliziert und z. T. so wenig interessengerecht, daß in bestimmten Dauerschuldverhältnissen der Anfechtung nur ex-nunc-Wirkung beigemessen wird (Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht). 143 Vgl. auch Gernhuber, Schuldverhältnis, S. 390 f. So hat beim Werkvertrag der Unternehmer kein Interesse daran, das Werk herzustellen. Der Besteller kann deshalb kündigen, den Interessen des Unternehmers wird durch Fortbestand der Vergütungspflicht genügt, vgl. MüKo-Soergel, § 649 Rz. 1.

5 Voit

66

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

Dazu muß man sich auf die Funktion besinnen, die der Leistung in Erfüllung eines Anspruchs zukommt. Esser/Schmidt 144 beschreiben sie so: "Mit einer störungsfreien Abwicklung des Tauschvorgangs erledigt sich der Grund, aus dem heraus die Tauschpartner von vertrags- oder gesetzeswegen überhaupt in das Miteinander eines gesteigerten sozialen Kontakts getreten sind ... Nichts anderes meint vor allem auch § 362 BGB". Ähnlich führt Larenz 145 aus: "Das Schuldverhältnis ist darauf angelegt, in der vollständigen Befriedigung des Gläubigers durch die Leistung des Schuldners seinen Zweck zu erfüllen. Mit der Verwirklichung seines Zweckes erreicht es sein ihm vorbestimmtes Ende." Nichts anderes als diese Zweckerreichung stellt sich aber bei Ablauf eines befristeten Versicherungsverhältnisses ein, und dies unabhängig davon, ob der Versicherungsfall eingetreten ist. Der in der Risikoversicherung regelmäßig 146 erhoffte Verlauf des Schuldverhältnisses (die Prämienzahlung trotz der Hoffnung, der Versicherungsfall werde nicht eintreten) ist an seinem Ende angelangt. Wenn aber ein befristeter Versicherungsvertrag, bei dem der Versicherungsfall nicht eingetreten ist 147, ohne Erfüllung seitens des Versicherers endet, und dieses Ende dieselbe Funktion wie eine Erfüllung hat 148, so muß auch ein Versicherungsvertrag, der vorzeitig gekündigt wird, für die Zeit seines Bestehens ebenso abgewikS.243. SchuldR AT, S. 235. 146 Die reine Erlebensfallversicherung, in der das Erleben des Versicherungsfalls erwünscht ist, spielt zum einen kaum eine Rolle, zum anderen ist auch bei dieser Form der Versicherung dem Versicherungsnehmer klar, daß er seine Prämien - mangels besonderer Vereinbarung - nicht zurückbekommen wird, wenn der Versicherte den vereinbarten Termin nicht erlebt. 147 Man wird in der Schadensversicherung, also einer Versicherung, in der mehrere Versicherungsflille eintreten können, eine Abspaltung des Erfüllungsanspruchs wegen des Eintritts des Versicherungsfalls von dem Versicherungsverhältnis annehmen müssen, weil die Regulierung eines Schadens das Versicherungsverhältnis selbst unberührt läßt. Die bedingte Verpflichtung des Versicherers ändert sich durch den Eintritt des Versicherungsfalls nicht, da dieser in der Regel ohne weiteres noch einmal eintreten kann. Wegen dieses Umstandes könnte man für die Schadensversicherung behaupten, daß der Versicherungsvertrag überhaupt nicht auf Erfüllung abzielt, sondern auf die Begründung selbständiger Ansprüche für den Fall, daß der Versicherungsfall eintritt. Diese Frage bedarf hier keiner näheren Behandlung, weil die Kapitallebensversicherung eine Summenversicherung ist, bei der der Versicherungsfall nur einmal eintreten kann. Das Risiko des Versicherers endet mit dem Eintritt des Versicherungsfalls, so daß sich dieser unmittelbar auf das Versicherungsverhältnis auswirkt. Es besteht also kein Anlaß, in dem Erfüllungsanspruch bei Eintritt des Versicherungsfalls ein eigenes, vom Versicherungsanspruch losgelöstes Forderungsrecht des Versicherungsnehmers zu sehen. 148 Es ist umstritten, ob Dauerschuldverhältnisse durch Erfüllung enden oder durch Zeitablauf, dazu Wiese, FS Nipperdey I, S. 837 ff. Wiese ist in seiner Auffassung, der Zeitablauf führe lediglich zur Beendigung der Primärverpflichtung, die Frage des Erlöschens des Anspruchs hänge dagegen von seiner Erfüllung ab (S. 843), zuzustimmen. Dagegen trifft seine Behauptung, die zeitabschnittsweise Leistung sei eine Teilleistung im Sinne von § 266 BGB, der wegen der Besonderheiten des Dauerschuldverhältnisses aber zu reduzieren sei (S. 845 f.), nicht zu. Der Schuldner erbringt keine Teilleistungen, sondern die volle ihm obliegende Leistung, wenn er den Vereinbarungen entsprechend zeitabschnittsweise leistet. So auch Gernhuber, Erfüllung, S. 121 f. 144 145

B. Der Inhalt der Leistung des Versicherers

67

kelt sein wie ein Vertrag, der von vornherein auf diese Dauer befristet war 149 • Die zeitabhängige Erfüllungsfunktion der bedingten Verpflichtung führt zu einer Abwicklung des Vertrages, die einem permanenten Leistungsaustausch gleichkommt 150. Die so verstandene "Leistung" des Versicherers, d. h. die bedingte Verpflichtung über einen gewissen Zeitraum, ist eine zeitabhängige Leistung und damit in einem weiteren - den Besonderheiten des Versicherungsvertrages angepaßten - Sinne eine Dauerleistung, das Versicherungsverhältnis somit ein Dauerschuldverhältnis 151, ohne daß deshalb die Gefahrtragung zum Leistungsinhalt würde. Das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers ist also aus der Interessenlage der Parteien und damit ohne Rückgriff auf die Gefahrtragung als Leistung des Versicherers zu erklären.

v. Ergebnis Der Versicherer erbringt bei regelmäßigem Vertragsablauf der Kapitallebensversicherung eine Leistung nur, indem er nach Eintritt des Versicherungsfalls die vereinbarte Summe auszahlt. Es handelt sich bei dem Anspruch aus dem Versicherungsvertrag um eine - je nachdem, ob der Eintritt des Versicherungsfalls gewiß oder ungewiß ist - betagte oder bedingte Geldforderung. Für den Inhalt der Leistung in der Kapitallebensversicherung bedeutet das im einzelnen: 149 Entsprechendes muß für den Bereicherungsausgleich gelten: Die bedingte Verpflichtung des Versicherers während des (vermeintlichen) Bestehens des Vertrages ist eine vermögenswerte Leistung, die nach der Saldotheorie bei Rückabwicklung als Abzugsposten im Rahmen der Entreicherung zu berücksichtigen ist; so auch Goll / Gilbert, S.27. Vgl. dazu OLG Nürnberg (26.9.1974, 8 U 163/73) VersR 1975, S. 128: Der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung konnte im Wege einer condictio ob rem die gezahlten Prämien herausverlangen. Das OLG hat dabei aber den Wert der Versicherungsleistung abgezogen (der Berechnung dieses Wertes kann allerdings nicht zugestimmt werden, da das OLG zu Unrecht von einer natürlichen Risikoprämie ausgeht, die während der Laufzeit des Vertrages konstant bleibt). In der Regel stellt sich diese Frage nicht, weil § 40 Abs. 1 VVG in den meisten Fällen dem Versicherer die Prämie bis zum Autbebungszeitpunkt zuspricht. Für den Fall, daß der Versicherungsnehmer den Vertrag anficht, enthält das VVG keine entsprechende Bestimmung, die Lösung eines solchen Falles ist deshalb umstritten. Richtigerweise wird man auch hier den Wert der bedingten Verpflichtung als Bereicherung des Versicherungsnehmers ansehen müssen, auch wenn sich infolge der Anfechtung nachträglich herausstellt, daß diese nicht bestand, a. A. Schmidt-Rimpler, S. 82. 150 Ähnlich Schmidt-Rimpler, S. 69. 151 Der Begriff des Dauerschuldverhältnisses ist im einzelnen umstritten. Einigkeit herrscht aber darüber, daß ein Schuldverhältnis, bei dem der Umfang der Gesamtleistung von der Dauer seines Bestehens abhängt, ein Dauerschuldverhältnis ist, vgl. Gemhuber, Schuldverhältnis, S. 378 f.; Larenz, Schuldrecht AT, S. 29 f. Für die Einordnung des Versicherungsvertrages als Dauerschuldverhältnis auch Palandt / Heinrichs, vor § 241 Anm. 5a; Schmidt-Rimpler, S. 68 f. m. w. N. auf Seite 67, Fn. 24.

5*

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

68 -

Gegenstand der unbefristeten Todesfallversicherung ist eine unbedingte Forderung auf die Versicherungssumme, lediglich der Fälligkeitszeitpunkt steht nicht fest.

-

Der Anspruch aus der befristeten Todesfallversicherung ist der aus der Erlebensfallversicherung - ein bedingter.

-

In der Kombinationsversicherung setzt sich der Anspruch des Versicherungsnehmers aus einer betagten Forderung in Höhe der niedrigeren Versicherungssumme für den Todes- bzw. den Erlebensfall (insoweit steht die Leistungsverpflichtung des Versicherers fest) und einer bedingten Forderung in Höhe der Differenz zwischen den vereinbarten Versicherungssummen zusammen.

ebenso wie

c. Endgültige Bewertung auch bedingter und betagter Forderungen I. Problemstellung Wie soeben dargelegt, ist der Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer ein - je nach Art der Kapitallebensversicherung - bedingter oder betagter Anspruch auf eine Geldleistung. Im Gegensatz zur Regelung im Pflichtteilsrecht enthalten die Bestimmungen des Zugewinnausgleichs keine besonderen Vorschriften zur Bewertung bedingter Ansprüche. Da die Regelungen des Zugewinnausgleichs aber in enger 152 Anlehnung an die des Pflichtteilsrechts geschaffen worden sind, ist eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen zumindest erwägenswert 153. Für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs bestimmt § 2313 Abs. 1 Satz I und 3 BGB: "Bei der Feststellung des Wertes des Nachlasses bleiben Rechte und Verbindlichkeiten, die von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sind, außer Ansatz. . .. Tritt die Bedingung ein, so hat die der veränderten Rechtslage entsprechende Ausgleichung zu erfolgen." Wendete man diese Bestimmung bei der Bewertung einer Kapitallebensversicherung an, so wären die Versicherungen mit bedingter Leistungspflicht - also die befristete Todesfallversicherung, die Erlebensfallversicherung und die Kombinationsversicherung, soweit die vereinbarten Versicherungssummen für den Todes- und für den Erlebensfall voneinander abweichen - zunächst bei der Bewertung des Anfangs- bzw. des Endvermögens nicht zu berücksichtigen. Erst wenn der Versicherungsfall einträte, würde entsprechend ausgeglichen werden. Zum gleichen Ergebnis käme man, wenn man mit Finke 154 einen allgemeinen Vgl. im einzelnen die ausführliche Analyse von Schlebusch, S. 101 ff. Für eine entsprechende Anwendung sprechen sich aus: Braga, FamRZ 1955, S. 6; Finke, MDR 1957, S. 518; Staudinger / Thiele, § 1376 Rz. 37, 38. 152 153

C. Endgültige Bewertung auch bedingter und betagter Forderungen

69

Rechtsgedanken, der inhaltlich mit der Regelung des § 2313 BGB übereinstimmt, annähme, und diesen auch auf die Bewertung von Kapitallebensversicherungen im Zugewinnausgleich anwendete. Dagegen werden betagte Ansprüche weder von § 2313 BGB noch von dem soeben genannten Rechtsgedanken erlaßt: sie sind auch im Pflichtteilsrecht nach § 2311 Abs. 2 BGB sofort anhand des Schätzwertes anzusetzen 155. Die Kapitallebensversicherungen mit betagter Leistungspflicht (die unbefristete Todesfallversicherung und die Kombinationsversicherung insoweit, als sich die vereinbarten Versicherungssummen für den Todes- und den Erlebensfall decken) müßten also auch dann sofort ausgeglichen werden, wenn bedingte Ansprüche bei der Bewertung zunächst außer Ansatz blieben. Obwohl bereits vor dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes die Aufnahme einer dem § 2313 BGB entsprechenden Bestimmung 156 und sofort nach seinem Inkrafttreten eine analoge Anwendung des § 2313 BGB auf das Recht des Zugewinnausgleichs 157 vorgeschlagen wurde, ist - soweit ersichtlich - nie erörtert worden, ob auch Lebensversicherungen mit bedingter Leistungspflicht bei der Bewertung zunächst außer Ansatz bleiben sollten. Ohne die ausführliche Analyse der Rechtsprechung 158 vorwegnehmen zu wollen, scheinen die Gründe dafür darin zu liegen, daß das Verhältnis des Anspruchs auf die Versicherungsleistung zum Anspruch auf den Rückkaufswert nicht richtig bestimmt wurde: Da letzterer erst durch Aufhebung des Anspruchs auf die Versicherungsleistung entsteht (§ 176 VVG), schließen sich grundsätzlich beide Ansprüche aus. Die Rechtsprechung 159 vermischt aber den Wert der bestehenden Lebensversicherung und den Rückkaufswert, indem sie die Zugewinnausgleichspflichtigkeit des Anspruchs aus der Lebensversicherung nicht mit der Leistung des Versicherers bei Fortführung der Versicherung begründet, sondern damit, die Kapitallebensversicherung sei rückkaufsfähig und repräsentiere deswegen einen jederzeit realisierbaren Vermögenswert. Aus diesem Grund ist für die Rechtsprechung bei der Bewertung einer KapitalIebensversicherung im Zugewinnausgleich der Anspruch aus einer Lebensversicherung mit bedingter Leistungspflicht nicht bedingt: Er ist in einen sofort und unbedingt fälligen Anspruch auf den Rückkaufswert umwandelbar und muß deshalb mit diesem Wert berücksichtigt werden. MDR 1957, S. 518. BGH (20.6.1979, IV ZR 137/7) FamRZ 1979, S. 787 = IR 1980, S. 102 m. abI. Anm. Schubert; Palandt / Edenhofer, § 2313 Rz. 2; Staudinger / Ferid / Cieslar, § 2313 Rz.4. 156 Braga, FamRZ 1955, S. 6. 157 Finke, MDR 1957, S. 518. Aus neuerer Zeit: Staudinger / Thiele, § 1376 Rz. 37,38. 158 Dazu unten, 3. Kapitel A III. 159 VgI. nurBGH (27. 10. 1976IVZR 136/75) BGHZ67, S. 262=FamRZ 1977, S. 41. 154 155

70

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

Besteht diese Umwandlungsmöglichkeit nicht, so dürfte der Versicherungsanspruch nach der Auffassung der Rechtsprechung keinen Vermögenswert aufweisen 160. Für die Rechtsprechung stellt sich damit die Frage nach der aufgeschobenen Bewertung von Kapitallebensversicherungen nicht. Bewertet man dagegen zunächst allein den Anspruch auf die Versicherungssumme, so ist dies ein Anspruch auf eine bedingte oder betagte Geldforderung, der - soweit er bedingt ist - von einer analogen Anwendung des § 2313 BGB grundsätzlich 161 erfaßt werden müßte.

11. Stellungnahme a) Analoge Anwendung des § 2313 BGB Wendet man § 2313 BGB bei der Bewertung im Zugewinnausgleich analog an, so setzt man für diese Fälle eine vom Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht vorgesehene Rechtsfolge: Die Lösung, die jene für die Bewertung von Vermögensgegenständen im Zugewinnausgleich vorsieht, nämlich die Bewertung ohne Differenzierung nach bedingten oder unbedingten Forderungen, wird abgeändert. Damit handelt es sich bei der Analogie um einen Akt der Rechtsfortbildung 162. Will man die Bedeutung der gesetzlichen Regelung als Maßstab der Entscheidung nicht in Frage stellen, so ist eine solche Rechtsfortbildung aber nur möglich, wenn sie die bestehenden Gesetze fortschreibt, ohne die Entscheidungen des Gesetzgebers auf diesem Wege zu revidieren. Eine planwidrige Lücke, also das Fehlen eines Rechtssatzes, der zur Ergänzung und Vervollständigung des bestehenden Systems notwendig wäre, ist deshalb Voraussetzung jeder gesetzesimmanenten 163 Rechtsfortbildung. Ob das Fehlen einer dem § 2313 BGB entsprechenden Bestimmung planwidrig ist - und damit der Weg zur Ausfüllung dieser Lücke offensteht - oder ob das Schweigen des Gesetzes die Frage nach einer besonderen Behandlung bedingter Ansprüche bereits verneint, entscheidet also über die Zulässigkeit der genannten Analogie. 160 Soweit ersichtlich, hat die Rechtsprechung diesen Fall bisher nicht zu entscheiden gehabt. Aus der Bewertung anhand des Rückkaufswertes folgt aber, daß eine Kapitallebensversicherung ohne Rückkaufswert im Zugewinnausgleich sich nicht zugewinnerhöhend auswirken kann. 161 Dabei müßte der Möglichkeit, den Rückkaufswert sofort realisieren zu können, entsprechend Rechnung getragen werden. In Betracht kommt dazu ein sofortiger Ausgleich des Rückkaufswertes und ein aufgeschobener Ausgleich des Versicherungsanspruchs selbst, soweit dieser über den bereits ausgeglichenen Rückkaufswert hinausgeht. Zu den Schwierigkeiten einer solchen Aufspaltung vgl. unten, 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (bb). 162 Vgl. zur rechtsfortbildenden Lückenfüllung mittels Analogie: Larenz, Methodenlehre, S. 354 ff. und S. 365 ff.; Bydlinski, Methodenlehre, S. 472 f. und 475 ff. 163 Eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung (vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 397 ff.) wird nicht erwogen. Sie wäre - wie sich gleich zeigen wird - auch nicht sachgemäß.

C. Endgültige Bewertung auch bedingter und betagter Forderungen

71

1. Die Nähe des Zugewinnausgleichs zum Ptlichtteilsrecht

Aus diesem Ansatz folgt bereits, daß allein die Nähe der Regelungen des Zugewinnausgleichs zu denen des Pflichtteilsrechts weder für eine Analogie spricht noch dagegen. Diese Nähe mag zwar dazu dienen, die für eine Analogie notwendige 164 Vergleichbarkeit der Bewertung im Pflichtteilsrecht und der im Zugewinnausgleich zu begründen, wenn eine Lücke nachgewiesen ist; sie kann aber nicht ausschließen, daß es sich bei dem Fehlen der entsprechenden Regelung im Zugewinnausgleich um ein bewußtes Schweigen des Gesetzgebers handelt, der gerade wegen dieser Nähe allen Anlaß hatte, auch diese Vorschrift des Pflichtteilsrechts in die Bestimmungen des Zugewinnausgleichs aufzunehmen, zumal - wie bereits erwähnt - in der Literatur schon vor Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens ebendies gefordert wurde 165. Allein die Nähe des Pflichtteilsrechts zum Recht des Zugewinnausgleichs reicht also nicht aus, um die für eine Analogie notwendige planwidrige Lücke nachzuweisen 166. Außerdem ist durchaus fraglich, ob die Stellung des ausgleichsberechtigten Ehegatten sich nicht gerade in diesem Punkt von der des Pflichtteilsberechtigten unterscheidet: Während der Anfall des Pflichtteilsanspruch zu einem zusätzlichen, nicht durch eigene Mitwirkung begründeten Verrnögenszuwachs führt, dient der Zugewinnausgleich dazu, einen Verrnögenszuwachs auszugleichen, der während der Dauer der Zugewinngemeinschaft eingetreten ist 167 und bei dem der Gesetzgeber davon ausging, der Ausgleichsberechtigte habe regelmäßig daran mitgewirkt, diesen Zugewinn zu erzielen. Es ist deshalb eher einem Erben zuzumuten, bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingung abzuwarten, als dem ausgleichsberechtigten Ehegatten, der noch dazu nach einer Scheidung häufig finanziell nur schlecht ausgestattet ist. 2. Die endgültige Regelung der Scheidungsfolgen als vorrangiges Ziel des Gesetzgebers

Gegen die Planwidrigkeit der behaupteten Lücke spricht vor allem, daß der Zugewinnausgleich nach §§ 1372 ff. BGB hauptsächlich im Scheidungsfall stattfindet und das Scheidungsrecht darauf abzielt, über Scheidung und Scheidungsfolgen möglichst in einem Verfahren zu entscheiden (§ 623 Abs. I ZPO). Sinn dieser Verfahrenskonzentration ist es, den Scheidungswilligen die Folgen ihres Entschlusses vor der endgültigen Entscheidung vor Augen zu führen 168. Dazu Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 365 f. Braga, FamRZ 1955, S. 6. 166 So auch MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz. 16. 167 Vgl. Massfeller, § 1379 Anm. 2. 168 Allg. Meinung, vgl. nur B / L / A / H, Übersicht vor § 622 ZPO; Rosenberg / Schwab, S. 1091; K. H. Schwab, FamRZ 1976, S. 658. Vgl. auch Ausschußbericht, BTDrucks. 7/4361, S. 24. 164

165

72

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

gehört aber auch, den Zugewinnausgleich vollständig zu berechnen, ohne einen Teil auf die Zukunft zu verlagern 169 und so weitere Streitigkeiten heraufzubeschwören. Die endgültige Bewertung bedingter Forderungen fügt sich also in die Gesamtkonzeption des Zugewinnausgleichs ein. Außerdem führt die vorläufige Ausklammerung der Kapitallebensversicherung mit bedingter Leistungspflicht zu dem unliebsamen Ergebnis, daß der Ehegatte, der im Zugewinnausgleich eine Ausgleichszahlung erhalten hat, nicht sicher sein kann, diese endgültig behalten zu dürfen, weil er unter Umständen später selbst noch ausgleichspflichtig wird. Auch im Interesse einer praktikablen Lösung ist also die endgültige Bewertung auch bedingter Forderungen der analogen Anwendung des § 2313 BGB vorzuziehen 170.

3. Weitere Gesichtspunkte Weiter zeigt die Vorverlagerung des Stichtags bei Scheidung oder bei Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich, daß der Gesetzgeber der Gefahr einer Manipulation des Zugewinns durch die Ehegatten entgegentreten wollte. Dies würde aber durch die analoge Anwendung des § 2313 BGB konterkariert l7l, indem der Versicherungsnehmer durch Kündigung der Versicherung oder Vertragsänderung den Bedingungseintrltt vereiteln könnte. Außerdem würde die analoge Anwendung des § 2313 BGB gerade bei Kapitallebensversicherungen auf den Todesfall zur Folge haben, daß sich der andere Ehegatte mit den Erben des Ausgleichspflichtigen auseinandersetzen müßte, die aber durchaus nicht immer diejenigen sind, denen die Versicherungssumme zugute kommt.

4. Zwischenergebnis Eine analoge Anwendung des § 2313 BGB auf die Bewertung von Kapitallebensversicherungen mit bedingter Leistungspflicht ist deshalb weder zu begründen noch sachlich zu rechtfertigen.

169 So auch BGH (9.6.1983, IX ZR 41/82) BGHZ 87, S. 367, 373; Benthin, FamRZ 1982, S. 344; Börger, Rz. 87. Bachmann (S. 156) will dies aus dem Stichtagsprinzip des § 1376 BGB ableiten. Dem ist nicht zu folgen, wie sich bereits daran zeigt, daß es auch im Ptlichtteilsrecht, dem der § 2313 BGB angehört, einen Stichtag - den Tag des Erbfalls - gibt. 170 Mit ähnlicher Begründung: Schlebusch, S. 110 ff., 119. 171 BGH, a. a. O. (BGHZ 87, S. 373); Schlebusch, S. 115 ff.; Bachmann, S. 157 f.; Schwab, VII, Rz. 76. Dagegen meint Öhlers, S. 94, angesichts der ohnehin bestehenden Manipulationsmöglichkeiten falle diese zusätzliche Möglichkeit nicht ins Gewicht.

C. Endgültige Bewertung auch bedingter und betagter Forderungen

73

b) Die aufgeschobene Bewertung als allgemeiner Rechtsgedanke

Die angeführten Gründe, die bereits die analoge Anwendung des § 2313 BGB wegen Fehlens einer plan widrigen Lücke ausschlossen, sprechen auch dagegen, einen dem § 2313 BGB entsprechenden allgemeinen Rechtsgedanken - unterstellt, es gäbe ihn - auf die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich anzuwenden. Auch die Lückenfüllung mittels eines solchen Rechtsgedankens setzt ein planwidrige Lücke voraus 172 , an der es hier - wie gezeigt - fehlt. Hinzu kommt, daß der Inhalt des § 2313 BGB keinesweges einem allgemeinen Prinzip entspricht 173. So wird - worauf insbesondere Schlebusch 174 hingewiesen hat - bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Auseinandersetzungsbilanz erstellt, um den Abfindunganspruch des Gesellschafters zu errechnen. In diese Bilanz werden aber auch Forderungen von ungewissem Bestand 175 aufgenommen 176. Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz mit dem oben genannten Inhalt besteht also nicht 177.

111. Ergebnis Die nur aufgeschobene Bewertung bedingter Ansprüche kann also weder dun.:h eine Analogie zu § 2313 BGB noch durch Heranziehung eines entsprechenden Rechtsgedankens begründet werden 178. Auch Kapitallebensversicherungen mit bedingter Leistungspflicht sind deshalb im Zugewinnausgleich sofort und endgültig zu bewerten. Larenz, Methodenlehre, S. 368. So aber Finke, MDR 1957, S. 518. 174 S. 105 ff. 175 Die Aufnahme bedingter Forderungen in die Auseinandersetzungsbilanz wird soweit ersichtlich - nicht behandelt. Sie dürften aber ebenso wie die von ungewissem Bestand nicht von § 740 BGB erfaßt werden. Außerdem ist § 740 BG dispositiv, so daß die sofortige Ausgleichung auch schwebender Geschäfte vereinbart werden kann. Ob man aber von einer dispositiven Regelung auf einen allgemeinen Rechtsgedanken schließen kann, erscheint zweifelhaft. 176 Vgl. Bachmann, S. 158, m. w. N.; K. Schmidt, DB 1983, S. 2404. 177 So auch BGH (9.6.1983, IX ZR 41/82) BGHZ 87, S. 367,372; Bachmann, S. 158; Schlebusch, S. 106 ff. 178 So auch BGH, a. a. 0., S.373; Bachmann, S. 156 ff.; Börger, Rz.98 (S. 131); Beitzke, S. 124; Dölle, FamR I, § 59 II 2 (S. 803); Johannsen / Henrich / Jaeger, § 1376 Rz. 10; Massfeller / Reinicke, § 1376 Rz. 6; MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz. 16; Rittner, FamRZ 1961, S. 514, Fn. 112; Schlebusch, S. 120 ff.; Schwab, VII Rz. 76. A. A. (hinsichtlich der analogen Anwendung des § 2313 BGB, ohne diesen aber auf Kapitallebensversicherungen anwenden zu wollen) Braga, FamRZ 1955, S. 6; Erman / Heckelmann, § 1376 Rz.5; Finke, MDR 1957, S. 518; Johannsen, WM 1978, S. 661; Staudinger / Thiele, § 1376 Rz. 37,38. Bedenken gegen die Analogie: OLG Düsseldorf (7.8.1979, 3 WF 122/79) FamRZ 1980, S. 51; offengelassen: Soergel/ Lange, § 1376 Rz. 15. 172

173

74

2. Kap.: Grundlagen der Bewertung

D. Zusammenfassung des 2. Kapitels Die Wahrscheinlichkeit, mit der in der Lebensversicherung der Versicherungsfall innerhalb des nächsten Jahres eintritt, hängt von der Sterbewahrscheinlichkeit des Versicherten ab. Versicherungen, bei denen der Eintritt des Versicherungsfalls gleich wahrscheinlich ist, werden zu Prämiengruppen zusammengefaßt. Innerhalb der Gruppen legt der Versicherer die auszuzahlenden Versicherungssummen über die Prämie auf die Gruppenmitglieder um. Diese müssen insgesamt an den Versicherer Leistungen in der Höhe erbringen, in der jener Leistungen an Mitglieder dieser Gruppe erbringen wird (Äquivalenzprinzip). Die Prämien werden dabei trotz des steigenden Risikos (natürliche Risikoprämie) als gleichbleibende Prämien kalkuliert (konstante Prämie): In den ersten Jahren wird eine zu hohe Prämie verlangt; der die angemessene Prämie übersteigende Teil wird verzinslich angelegt (Deckungskapital) und dient dazu, später die Differenz abzudecken, wenn die konstante Prämie unter der angemessenen Prämie liegt. Im Interesse der Liquiditätssicherung der Versicherer werden vom Bundesversicherungsaufsichtsamt Sicherheitszuschläge in der Prämienkalkulation verlangt, die bei normalem Verlauf der Versicherung zu Gewinnen der Versicherer führen und im Wege der Überschußbeteiligungen weitgehend an den Versicherungsnehmer zurückgezahlt werden. Die bei Abschluß der Versicherung entstehenden einmaligen Kosten werden - wie die laufenden Kosten auch - über Prämienzuschläge gedeckt. Im Gegensatz zu den laufenden Kosten werden aber die Abschlußkosten zum Teil mit dem Deckungskapital der Versicherung verrechnet (Zillmerverfahren). Dieses Verfahren konstruiert im Interesse der Versicherer eine Schuld der Versicherungsnehmer, die tatsächlich nicht besteht, und führt so zu einem Deckungskapital, das nicht der Summe der in den Prämien enthaltenen Sparanteile zuzüglich der kalkulatorischen Verzinsung entspricht. Die Leistung des Versicherers in der Kapitallebensversicherung besteht bei regelmäßigem Vertragsablauf allein in der Auszahlung der Versicherungssumme nach Eintritt des Versicherungsfalls. Die Prämienkalkulation, die Sicherung der Erfüllbarkeit der Versicherungsansprüche und die rentable Verwaltung des angesparten Deckungskapitals dienen teils der Vorbereitung der Geldleistung, teils den eigenen Interessen des Versicherers, sind aber nicht Gegenstand der Leistung des Versicherers. Der Anspruch des Versicherungsnehmers auf diese Geldleistung ist je nachdem, ob der Eintritt des Versicherungsfalls gewiß oder ungewiß ist, betagt oder bedingt. Auch Kapitallebensversicherungen mit bedingter Leistungspflicht sind im Zugewinnausgleich sofort und endgültig zu bewerten.

Drittes Kapitel

Der Meinungsstand zur Frage der Bewertung einer Kapitallebensversicherung A. Die Rechtsprechung I. Der Rückkaufswert und die mit dieser Bewertung verbundenen Konsequenzen Wie bereits oben erwähnt, bewertet die Rechtsprechung die Kapitallebensversicherung anhand ihres Rückkaufswerts. Bevor die Entwicklung dieser Rechtsprechung dargestellt und ihr Ergebnis analysiert wird, sind zunächst einige Konsequenzen, die sich aus dieser Bewertung ergeben, aufzuzeigen, um so die Fragen, auf die die Rechtsprechung eine Antwort geben müßte, herauszustellen.

a) Die beschränkte Rückkaufsfähigkeit 1. Gesetzlich vorgeschriebenes Rückkaufsrecht nur bei unbefristeten Todesfallversicherungen

Das VVG gewährt einen Anspruch auf Auszahlung des Deckungskapitals 1 nur, wenn die Kapitallebensversicherung auf den Todesfall 2 genommen und der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers zur Zahlung des vereinbarten Kapitals gewiß ist (§ 176 Abs. 1 VVG). Obwohl also demnach nur bei unbefristeten Todesfallversicherungen ein gesetzlich fixierter Anspruch auf Erstattung des Deckungskapitals besteht, zahlen yiele Versicherer auch bei vorzeitiger Aufhebung einer befristeten Todesfallversicherung das Deckungskapital aus, wenn der Versicherungsvertrag auf längere Zeit als zehn Jahre abgeschlossen wurde 3 • 1 § 176 Abs. I VVG verwendet den (veralteten) Begriff ,,Prämienreserve", sachlich besteht kein Unterschied, vgl. Bruck / Möller / Winter, G 387, und oben, 2. Kapitel A VI. 2 Ungenau deshalb Prölss / Martin, § 176 Anm. I, die § 176 Abs. 1 VVG auf alle Versicherungen, bei denen der Eintritt des Versicherungsfalls gewiß ist - also auch auf Kombinationsversicherungen - anwenden möchten. Richtigerweise dürfte dies nur im Wege einer analogen Anwendung möglich sein. Praktisch stellt sich das Problem nicht, da die Versicherer auch in der Kombinationsversicherung einen Rückkaufswert gewähren, vgl. Bruck / Möller / Winter, G 431.

76

3. Kap.: Meinungsstand zur Frage der Bewertung

Der Wert des Versicherungsanspruchs hinge in diesen Fällen - folgte man der Bewertung anhand des Rückkaufswertes - davon ab, ob und in welcher Höhe der einzelne Versicherer bei unterstellter Kündigung der Versicherung auch ohne gesetzliche Verpflichtung einen Rückkaufswert auszahlen würde. Dieser fiktive Wert müßte dann im Zugewinnausgleich angesetzt werden. Eine Vertragsbestimmung, die nur für den atypischen Fall der Auflösung des Vertrages gedacht war, entschiede dann über den Wert der Primärleistung des Versicherers, obwohl eine Auflösung des Vertrages nicht in Rede steht.

2. Beschränkung durch § 173 VVG

Die Rückkaufsfähigkeit einer Kapitallebensversicherung wird weiter durch

§ 173 VVG beschränkt 4 • Nach § 173 VVG gelten die Vorschriften der §§ 174 bis 176 VVG - also auch die Bestimmung über den Rückkaufswert in § 176

VVG - erst, wenn die Prämien für den Zeitraum von drei Jahren bezahlt sind. Diese Bestimmung beruht 5 auf dem oben 6 dargestellten Zillmerverfahren, Wegen der für den Versicherungsnehmer bestehenden Möglichkeit, nach § 165 Abs. 1 VVG die Versicherung - sofern es sich nicht um eine Einmalprämienversicherung handelt - jederzeit kündigen zu können, würde der Versicherer ohne das Zillmerverfahren Gefahr laufen, die Provision für den Abschluß der Versicherung nicht mehr auf den Versicherungsnehmer abwälzen zu können. Weil nach dem Zillmerverfahren erst nach zwei bis drei Jahren 7 ein positives Deckungskapital entsteht, ist ein Rückkauf deshalb gesetzlich erst vorgesehen, wenn die Prämien für drei Jahre bezahlt sind 8 • 3 Vgl. Bruck/ Möller / Winter, G 433. Der BGH (31.10.1973, IV ZR 61/72) VersR 1974, S. 127, hat bestätigt, daß bei Lebensversicherungen, bei denen der Eintritt des Versicherungsfalls nicht gewiß ist, also bei Risikolebensversicherungen, kein Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes besteht. Die von ihm angeführte Begründung ist allerdings abzulehnen, da ein Deckungskapital nicht nur - wie der BGH meint - zur Erfüllung des unbedingten Anspruchs gebildet wird, sondern auf der Differenz zwischen konstanter und natürlicher Risikoprämie beruht. Bei Risikolebensversicherungen, die über eine kürzere Dauer als zehn Jahre abgeschlossen werden, steigen die natürlichen Risikoprämien während der Vertragsdauer aber nur unerheblich. Die Liquidität der Versicherer ist deshalb durch die Differenz zwischen natürlicher und konstanter Prämie am Ende der Versicherungszeit nicht gefährdet, so daß der Geschäftsplan des Versicherers kein Deckungskapital für diese Versicherung auszuweisen braucht. Auch in der Erlebensfallversicherung wird ein Rückkaufswert gewährt, wenn sie auf Kapitalleistung gerichtet ist (Bruck/Möller/Winter, G 431). 4 Trotz dieser Beschränkung gewähren viele Versicherer insbesondere seit der Tarifreform 1986 - schon im ersten Jahr der Versicherung einen Rückkaufswert, vgl. Bruck / Möller / Winter, G 439. 5 Motive zu § 173 VVG, S. 233. 6 2. Kapitel A V. 7 Die Tarifreform 1986 hat das Zillmerverfahren modifiziert, um auch in den ersten Jahren der Versicherung einen Rückkauf zu ermöglichen, dazu siehe oben, 2. Kapitel AV.

A. Die Rechtsprechung

77

Die Verrechnung der Kosten, die der Versicherer für den Abschluß der Versicherung aufgewendet hat, mag bei vorzeitiger Aufhebung des Vertrages durch den Versicherungsnehmer angemessen sein 9; bei Fortführung der Versicherung erscheint es problematisch, daß sich der Anspruch aus einer Lebensversicherung, für die während der Dauer der Zugewinngemeinschaft zwei Jahre lang Prämien entrichtet wurden, nicht zugewinnerhöhend auswirkt, obwohl an der vom Eintrittsalter abhängigen Tarifstruktur einer Lebensversicherung unmittelbar abzulesen ist 10, daß der Versicherungsnehmer wegen seines jetzt höheren Alters bei Neuabschluß einer Versicherung mit gleichem Versicherungsschutz eine höhere Prämie entrichten müßte als bei Fortführung der alten Versicherung. Die Möglichkeit zur Fortführung der Versicherung zu dieser niedrigeren Prämie wurde gerade durch die Prämienzahlung während der Dauer der Zugewinngemeinschaft erkauft, so daß sich die Frage stellt, warum dieser Wert nicht zugewinnausgleichspflichtig sein soll 11. Das Ergebnis der Rechtsprechung verwundert um so mehr, als bei einer Lebensversicherung, die nach dem 5. VermBG gefördert wird, ein Ausgleich 12 stattfindet, weil bei dieser der Geschäftsplan des Versicherers einen Rückkaufswert bereits im ersten Jahr der Versicherung ausweisen muß (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 9 Abs. 4 des 5. VermBG i. d. F. vom 19.1.1989)13. 8 Aus diesem Grund ist es auch nach dem eindeutigen Wortlaut des § 173 VVG für Umwandlung und Rückkauf nicht erforderlich, daß die Versicherung bereits drei Jahre besteht. Auch eine Versicherung, die erst vor ein oder zwei Jahren abgeschlossen wurde, ist rückkaufsfähig, wenn die Prämien für insgesamt drei Jahre bezahlt wurden. Durch Zahlung dieser Prämien kann die Rückkaufsfähigkeit herbeigeführt werden; unklar Bruck / Möller / Winter, G 439 und Prölss / Martin, § 173 Anm. 1a. 9 Kritisch dazu Claus, S. 12 ff., und insbesondere im Hinblick auf die fehlende Erkennnbarkeit für den Versicherungsnehmer - Schwerdtner, ZRP 1971, S. 219. 10 Zur Bedeutung des Lebensalters für die Prämienhöhe siehe oben, 2. Kapitel A I. II Im Rahmen des Versorgungsausgleichs hat der BGH dieses Problem erkannt. Bei der Bewertung der Versorgungsanwartschaften kommt es ebenfalls auf das Deckungskapital der (Renten-)Lebensversicherung an (vgl. § 1587a Abs.2 Nr. 5a BGB i. V. m. § 174 Abs. 2 VVG). Nach der Rechtsprechung ist darunter das geschäftsplanmäßig auszuweisende Deckungskapital zu verstehen. In dem der Entscheidung des BGH vom 13.11. 1985 (IVb ZB 131/82) FamRZ 1986, S. 344, zugrunde liegenden Fall war eine Versicherung zu bewerten, die erst 11 Monate bestand, auf die aber bereits 5.500.DM Prämien eingezahlt waren. Ein Deckungskapital bestand nach Auskunft des Versicherers "bedingungsgemäß" nicht. Das Berufungsgericht hatte die Versicherung im Versorgungsausgleich mangels Deckungskapitals nicht berücksichtigt. Der BGH verwies unter Aufrechterhaltung seiner Bewertungsgrundsätze zurück, weil dieses Ergebnis Anlaß zu weiteren Nachfragen bei der Versicherung gegeben hätte. Auch nach Ansicht des BGH konnte es wohl nicht richtig sein, daß eine Versicherung, auf die bereits 5.500.DM eingezahlt waren, keinen Wert hat. 12 Ob die Bewertung der vermögensbildenden Lebensversicherung anband des Rückkaufswertes zutreffend ist, kann hier noch offenbleiben; auffällig ist bereits, daß eine Form der Kombinationsversicherung in den ersten Jahren überhaupt einen Rückkaufswert hat, eine andere dagegen nicht. 13 BGBL I, S. 137; vgl auch § 2 Abs. 1 Nr. 7 und § 9 Abs.2 Nr. 3 des 5. VermBG vom 19.2.1987 (BGBL I, S. 930). Gleiches gilt für Lebensversicherungen, die nach der Tarifreform 1986 abgeschlossen wurden, vgl. 2. Kapitel A V.

78

3. Kap.: Meinungsstand zur Frage der Bewertung

Wenn sich auch die Beschränkung der Rückkaufsfähigkeit einer Kapitallebensversicherung durch § 173 VVG seit der Tarifrefonn 1986 praktisch nicht mehr auswirkt, so zeigt sie doch eine Ungleichbehandlung der Versicherungen bei Bewertung des Versicherungsanspruchs anhand des Rückkaufswertes. Wurde die Versicherung aufgrund der neuen Bedingungen abgeschlossen, so hat sie - bei Bewertung anhand des Rückkaufswertes - bereits in den ersten Jahren einen Vennögenswert; wurden die alten Tarife zugrunde gelegt, so hat die Versicherung in den ersten Jahren keinen Rückkaufswert 14. 3. Stornoabzug

Weiter ist der Versicherer nach § 176 Abs. 4 VVG berechtigt, beim Rückkauf einen Abschlag von dem ausgewiesenen Deckungskapital vorzunehmen. Ein Abzug aufgrund dieser Regelung, die den Versicherer vor den finanziellen Nachteilen einer Kündigung des Vertrages bewahren solP5, entbehrt im Verhältnis zum ausgleichsberechtigten Ehegatten ebenfalls jeder Rechtfertigung, weil zum Zeitpunkt der Bewertung die Versicherung mangels Kündigung tatsächlich fortbesteht 16. b) Der Rückkaufswert bei geteilter Bezugsberechtigung

Auf besondere Schwierigkeiten stößt die Bewertung anband des Rückkaufswertes bei Lebensversicherungen mit geteilter Bezugsberechtigung. Es handelt sich dabei um Kombinationsversicherungen, bei denen hinsichtlich der Todesfallleistung ein Dritter unwiderruflich bezugsberechtigt 17 ist, während im Erlebensfall die Versicherungssumme an den Versicherungsnehmer selbst ausgezahlt werden'. soll. Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre steht bei Kündigung einer Versicherung mit geteilter unwiderruflicher Bezugsberechtigung der Rückkaufswert dem Bezugsberechtigten zu, da die geteilte Bezugsberechtigung gegenüber einer anderen Bezugsberechtigung lediglich die Besonderheit aufweist, daß sie durch den Eintritt des Erlebensfalls auflösend bedingt ist 18. 14 Diese Diskrepanz wird bei Scheidungen, bei denen der Scheidungsantrag 1989 zugestellt wurde, besonders deutlich zutage treten. Es sind dann Fälle denkbar, in denen eine vor 1986 abgeschlossene Versicherung, für die seitdem Prämien bezahlt wurden, wegen § 173 VVG noch keinen Rückkaufswert hat, obwohl eine Versicherung, die 1987 abgeschlossen wurde - bei der dementsprechend weniger Prämien zu zahlen waren -, im Zugewinnausgleich berücksichtigt wird. 15 Im einzelnen ist die Rechtfertigung dieses Abzuges umstritten, vgl. Bruck / Möller / Winter, G 420 ff., und oben, 2. Kapitel A VI. 16 Der BGH erkennt deshalb im Rahmen des Versorgungsausgleichs einen Stomoabzug nicht an, eben weil die Versicherung tatsächlich nicht aufgelöst wird, BGH (13. 1l. 1985, IVb ZB 131/82) FamRZ 1986, S. 344. 17 Zu den Einzelheiten der Bezugsberechtigung vgl. 7. Kapitel, BI.

A. Die Rechtsprechung

79

Bewertete man nun eine solche Versicherung an hand ihres Rückkaufswertes, so brauchte z. B. ein 59-jähriger, der Versicherungsnehmer einer Kombinationsversicherung auf seinen 60. Geburtstag mit geteilter Bezugsberechtigung ist, im Zugewinnausgleich nichts auszugleichen, weil ihm der Rückkaufswert nicht zusteht. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit, daß er in der Zeit bis zu seinem 60. Geburtstag verstirbt, äußerst gering. Spiegelbildlich verhielte es sich im Zugewinnausgleich des Bezugsberechtigten: bei Bewertung anband des Rückkaufswerts müßte er einen Wert ausgleichen, den er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht erhalten wird.

11. Die Begründung der Rechtsprechung Die Rechtsprechung setzt sich mit diesen Konsequenzen der Bewertung anband des Rückkaufswertes nicht auseinander. Im ersten Urteil, in dem der BGH 19 zu der Bewertung einer Kapitallebensversicherung Stellung nimmt und auf das er sich auch in den Folgeentscheidungen bezieht, heißt es: "Sie (die Lebensversicherung) ist daher beim Zugewinnausgleich mit ihrem Zeitwert zu berücksichtigen ... Sind laufende Prämien zu entrichten, so kann der Ehegatte als Versicherungsnehmer die Versicherung gemäß § 165 Abs. 1 VVG jederzeit kündigen; wenn, wie im vorliegenden Fall, Beiträge für mindestens drei Jahre gezahlt sind, ist der gegebenenfalls zu gewährende Rückkaufswert (§ 4 Abs. 2 ALB n. F.; vgl. auch § 6 Nr. 3 ALB a. F.) beim Zugewinnausgleich zugrunde zu legen."20 Völlig zu Recht geht der BGH davon aus, daß der Zeitwert der Versicherung zu ennitteln ist; warum dieser aber gerade der Rückkaufswert sein soll, begründet weder er noch die Literatur, auf die er Bezug nimmt 21 . Es bestand in dem konkreten Fall auch keine Veranlassung, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, ging es doch allein darum, ob die befreiende Kapitallebensversicherung überhaupt ausgleichspflichtig ist 22 oder ob sie der Versorgung dient und deshalb 18 BGH (17.2.1966, II ZR 286/63) BGHZ 45, S. 162, 167; Bruck/ Möller /Winter, H 129 i. V. m. H 116 f.; Prölss / Martin, § 176 Anm. 5; Oswald, VersPrax 1980, S. 9 f. 19 BGH (27.10.1976, IV ZR 136/75) BGHZ 67, S.262 = FamRZ 1977, S.41 = VersR 1977, S. 53. 20 BGHZ 67, S. 264; FamRZ 1972, S. 42. 21 Auf die Feststellung, maßgebend sei "der Zeitwert", ohne diesen zu bestimmen, beschränkten sich Erman / Heckelmann, 6. Aufl., § 1376 Anm. 5; Palandt / Diederichsen, 34. Aufl., § 1376 Anm. 2; Gernhuber, LB, 2. Aufl., S. 377, und Soergel / Siebert / Lange, 10. Aufl., § 1374Rz. 7. RGRK-Finke, § 1374 Rz. 7, nahm damals bereits den Kapitalwert der Prämien an; Staudinger / Felsenträger, 10./11. Auflage, § 1374 Rz. 3, verwiesen auf "versicherungstechnische Grundsätze". Die vom BGH zitierte Entscheidung des OLG Nümberg (25.7.1975,6 U 51/75) NJW 1976, S. 899, behandelt die Frage der Bewertung nicht. 22 Dazu bereits oben, 1. Kapitel B II b 4.

80

3. Kap.: Meinungsstand zur Frage der Bewertung

zugewinnausgleichsfrei ist 23 . Der Zugewinnausgleich war bereits bis auf den Ausgleich dieser Lebensversicherung abgewickelt; der Klageantrag richtete sich aber lediglich auf die Hälfte des Rückkaufswerts, so daß der Bundesgerichtshof wegen § 308 Abs. 1 ZPO, der auch im Verfahren über den Zugewinnausgleich anwendbar ist 24, zwar nicht gehindert war, innerhalb der Gründe zu einer höheren Bewertung als der nach dem Rückkaufswert Stellung zu nehmen, diese hätte sich aber jedenfalls nicht im Urteilsausspruch niederschlagen dürfen. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Wert der Kapitallebensversicherung über dem Rückkaufswert liegt, erübrigte sich so. Die nächste Entscheidung des Bundesgerichtshofs 25, in der sich diesmal der IVb-Senat dafür aussprach, Kapitallebensversicherungen mit dem Rückkaufswert zu bewerten, bezog sich von vornherein nicht auf Lebensversicherungen. Es ging vielmehr um die Ausgleichspflichtigkeit einer Anwartschaft auf Versorgungen nach dem Bundesversorgungsgesetz. Der erkennende Senat führt aus: "Der Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens und der Restbetrag einer in Raten zahlbaren Kaufpreisforderung zählen ebenso zu den vermögenswerten Rechten nach § 1374 BGB wie das Anwartschaftsrecht aus einer Lebensversicherung, welches für die Bewertung des Anfangsvermögens mit dem Rückkaufswert - als seinem gegenwärtigen Vermögenswert - anzusetzen ist."26 Zur Begründung beruft sich der Bundesgerichtshof auf Schwab 27 und auf Thiele 28 , die aber beide lediglich auf die zuvor genannte Entscheidung des BGH verweisen. In der Folgeentscheidung, die vom 9. Zivilsenat des BGH gefällt wurde 29 , heißt es ebenfalls nur: "Der wirtschaftliche Wert des Lebensversicherungsvertrages besteht aber nur in seinem Rückkaufswert. Der Versicherungsnehmer kann nach § 165 Abs. 1 VVG den Vertrag jederzeit kündigen mit der Folge, daß ihm unter bestimmten Umständen der sogenannte Rückkaufswert zu erstatten ist." In dieser Entscheidung ging es um den Ausgleich einer betrieblichen Direktversicherung auf Kapitalbasis. Die Einbeziehung dieser grundsätzlich zugewinnausgleichspflichtigen 30 Versicherung hat der BGH im Ergebnis abgelehnt, weil der 23 Es war nach altem Recht zu entscheiden, so daß die Regelungen des Versorgungsausgleichs den konkreten Fall noch nicht erfaßten. 24 § 621 a ZPO enthält für güterrechtliche Streitigkeiten keine Sonderregelungen, so daß die zivilprozessualen Vorschriften in vollem Umfang Anwendung finden (Thomas / Putzo, § 621 a Anm. 1 a). 25 BGH (14.1.1981, IVb ZR 525/80) FamRZ 1981, S. 239 = NJW 1981, S. 1038. 26 NJW 1981, S. 1039; FamRZ 1981, S. 239. 27 Handbuch, 1. Aufl., Rz. 744. 28 Staudinger / Thiele, § 1374 Rz. 7. 29 BGH (22.3.1984, IX ZR 69/83) FamRZ 1984, S. 666 = NJW 1984, S. 1611 = VersR 1984, S. 632.

A. Die Rechtsprechung

81

Ehegatte lediglich als widerruflich Bezugsberechtigter benannt war und er die widerrufliche Bezugsberechtigung nicht als Gegenstand des Endvennögens anerkennt. Diese Entscheidung bedarf im Rahmen der Bewertung einer widerruflichen Bezugsberechtigung noch ausführlicher Behandlung. Im hier interessierenden Zusammenhang reicht die Feststellung aus, daß der BGH auch in dieser Entscheidung nicht genötigt war, sich mit der Bewertungsfrage auseinanderzusetzen. Da seiner Auffassung zu folge kein Vennögenswert vorhanden war, erübrigte sich eine Stellungnahme zu der Frage der Bewertung. Der Bundesgerichtshof brauchte also die Frage, ob der Wert einer Kapitallebensversicherung über ihrem Rückkaufswert liegt, nie zu entscheiden. In seinen Ausführungen geht er aber davon aus, daß der Zeitwert der Lebensversicherung ihr Rückkaufswert ist, weil dieser bei Kündigung der Versicherung herausverlangt werden kann. Die Instanzgerichte sind dieser Bewertung gefolgt 3l .

111. Kritik Der Bundesgerichtshof argumentiert in doppelter Hinsicht mit dem Rückkauf: -

zum einen begründet er mit der Rückkaufsfähigkeit, warum die Kapitallebensversicherung vor Eintritt des Versicherungsfalls überhaupt ein ausgleichspflichtigter Vennögensgegenstand ist 32,

-

zum anderen verwendet er den Rückkaufswert als Maßstab für die Höhe des Wertes der Versicherung 33 •

Sowohl der Argumentation mit der Rückkaufsmöglichkeit als auch der Bewertung anhand des Rückkaufswertes wäre ohne weiteres zuzustimmen, wenn es um die Bewertung des Rechts auf Rückkauf ginge. Der Versicherungsnehmer Vgl. 1. Kapitel B II b 5. OLG Köln (28.4.1983, 14 UF 164/82) FamRZ 1983, S. 1143, 1144, spricht vom Recht auf die Versicherungssumme in der Form des Rückkaufswertes. Die Entscheidung des OLG Celle (16.7.1981, 12 UF 44/81) FamRZ 1981, S. 1066, die bei Soergel/ Lange, § 1376 Rz. 11, als Einschränkung der Rechtsprechung genannt wird, enthält keine andere Bewertung. In ihr ging es in erster Linie um die Frage, ob die Lebensversicherung.en weitergeführt wurden (vgl. a. a. 0., S. 1067). Dem BGH folgen in der Literatur: Oh1ers, S. 97; Staudinger / Thie1e, § 1376 Rz. 39, § 1374 Rz. 7. Für die Bewertung anhand des Rückkaufswertes bereits Koenig, ZVersWiss Bd.6, S. 415, 448 Fn.2: Der wahre Wert liege höher, es sei aber nur der realisierbare Wert anzuerkennen; ähnlich Börger, Rz. 94 (S. 128); Kullmann, S. 56. Unklar ist die Auffassung Heckelmanns bei Erman, § 1376 Anm. 5, anzusetzen sei der Zeitwert, wobei als Nachweis sowohl die Auffassung des BGH als auch Vertreter der abweichenden Ansicht genannt werden. 32 "Sind laufende Prämien zu entrichten, so kann der Ehegatte als Versicherungsnehmer die Versicherung jederzeit kündigen", BGH (27.10.1976, IV ZR 136/75) BGHZ 67, S. 262, 264 = FamRZ 1977, S. 41,42. 33 " . . . wenn, wie im vorliegenden Fall, Beiträge für mindestens drei Jahre gezahlt sind, ist der gegebenenfalls zu gewährende Rückkaufswert ( ... ) beim Zugewinnausgleich zugrunde zu legen.", BGH a. a. O. 30

3l

6 Voit

82

3. Kap.: Meinungsstand zur Frage der Bewertung

hat unter den genannten Voraussetzungen die Möglichkeit des Rückkaufs. Es stünde also nichts im Wege, ihm die Forderung, die er durch Kündigung jederzeit realisieren kann, im Rahmen des Zugewinn ausgleichs als Vermögens wert zuzurechnen. Diesen Weg beschreitet der Bundesgerichtshof aber zu Recht nicht. Er will nicht den künftigen, durch die Kündigung entstehenden Anspruch bewerten, sondern - wie er ausdrücklich betont - den Zeitwert der Versicherung feststellen 34. Damit steht er im Einklang mit allgemein anerkannten Bewertungsgrundsätzen, die bei der Bewertung anderer Vermögensgegenstände aufgestellt wurden. Danach ist der "volle, wahre Wert" des Vermögensgegenstandes zu ermitteln 35 . Dieser Wert richtet sich, sofern es einen Markt für derartige Vermögensgegenstände gibt, nach dem Marktpreis 36. Es existiert zwar kein Markt, an dem bestehende Versicherungsansprüche weiterverkauft werden, wohl aber einer, der den Erwerb von Versicherungsansprüchen ermöglicht, da sich grundsätzlich 37 jeder versichern lassen kann. Die Prämie, die für eine solche Versicherung gezahlt werden muß, ist der Preis für den Versicherungsanspruch. Der Wert der bestehenden Versicherung muß deshalb aus der Differenz zwischen der Prämie bei einem Neuabschluß und derjenigen bei Fortführung der bestehenden Versicherung errechnet werden 38. Dagegen ist der Rückkaufswert nicht der Wert der bestehenden Versicherung, sondern der einer gekündigten Versicherung. Die eigentliche Frage kann also nur sein, ob man den Rückkaufswert in den Fällen zugrunde legt, in denen die Versicherung gekündigt werden so1l39. Steht dagegen fest, daß sie fortgeführt wird, so muß dieser Fortführungswert ermittelt werden. Im Rahmen der Unternehmensbewertung ist dies anerkannt: Bewertet wird das lebende Unternehmen; solange es nicht tatsächlich liquidiert wird, ist der sogenannte Liquidationswert - d. h. der Wert, der sich bei Veräußerung der einzelnen Bestandteile ergäbe - für die Bewertung nicht maßgebend 40. 34 "Sie (die Lebensversicherung) ist daher beim Zugewinnausgleich mit ihrem Zeitwert zu berücksichtigen ... ", BGH a. a. O. 35 BGH (23.10.1985, IVb ZR 62/84) FamRZ 1986, S. 37,39; BGH (1.7.1982, IX ZR 34/81) NJW 1982, S.2441 (objektiver Wert); BGH (17.1.1973, IV ZR 142/70) NJW 1973, S. 509,510 (Pflichtteilsrecht); Erman / Heckelmann, § 1376 Anm. 5; Gemhuber, LB, § 36 V 6 (S. 509 f.); MüKo-Gemhuber, § 1376 Rz. 8; Soergel / Lange, § 1376 Rz. 7; Staudinger / Thie1e, § 1376 Rz. 10. 36 BGH (1. 7.1982, IX ZR 34/81) NJW 1982, S.2441: objektiver Verkehrswert; Herrmann, S. 7. 37 Ausnahmen bestehen bei gewissen Krankheiten oder einem sehr hohen Alter, die Quote der abgelehnten Versicherungsanträge liegt bei nur 3-4%, vgl. Fessel, S. 8. 38 Dazu ausführlich im 4. Kapitel. 39 Ist die Versicherung am Stichtag bereits gekündigt, so ist der Anspruch auf die Versicherungssumme erloschen. Zu bewerten ist dann allein der Anspruch auf den Rückkaufswert. 40 BGH (17.1.1973, IV ZR 142/70) NJW 1973, S.509, 510; BGH (1. 7.1982, IX ZR 34/81) NJW 1982, S. 2441; BGH (17.3.1982, IVa ZR 27/81) NJW 1982, S. 2497 = FamRZ 1982, S. 571; BGH (7.5.1986, IVb ZR 42/85) FamRZ 1986, S. 776, 779 (zu

A. Die Rechtsprechung

83

Noch deutlicher wird der Unterschied zwischen Fortführungswert und Liquidationswert bei der Bewertung von Gesellschaftsanteilen, die nicht veräußert werden können und bei denen für den Austritt aus der Gesellschaft eine Abfindung mit einem Betrag vereinbart ist, der unter dem wahren Wert der Beteiligung liegt. Der Liquidationswert dieser Beteiligung ist die vereinbarte Abfindung, dagegen liegt der Wert bei Fortführung der Beteiligung höher. Auch in diesem Fall hat der Bundesgerichtshof den vollen Wert und nicht den Abfindungswert für maßgebend gehalten. Die Abfindungsklausel wirke sich nur insoweit wertmindernd aus, als ein fiktiver Käufer wegen der Abfindungsklausel nur einen geringeren Preis für die Beteiligung bezahlen würde 41. Diese Rechtsprechung bestätigt also die Auffassung, daß auch bei der Kapitallebensversicherung der Fortführungswert und nicht der Rückkaufswert als Kündigungswert entscheidend ist 42 • Bereits im Jahre 1958 hat der Bundesgerichtshof - allerdings in ganz anderem Zusammenhang - festgestellt, daß der Kündigungswert einer Kapitallebensversicherung unter ihrem wahren Wert liege 43 • Es ging in der Entscheidung um die Frage, ob der Abschluß einer Lebensversicherung durch einen Vormund der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht gemäß § 1902 BGB bedarf. Dagegen wurde eingewandt, der Vertrag sei jederzeit kündbar und wegen des Rückkaufswertes entstehe kein Verlust für den Mündel. Der Bundesgerichtshof ist dem nicht gefolgt und hielt die Genehmigung für erforderlich: "Die bis zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages zu zahlenden Prämien (sind) nicht nur Entgelt für das vom Versicherer bis dahin zu tragende Risiko, sondern zum Teil auch schon ein Entgelt für die vom Versicherer bei vertragsmäßigem Ablauf erst später zu erbringenden Leistungen ... Auch bei längerer Vertragsdauer als drei Jahren bekommt der Versicherungsnehmer bei einer Kündigung in Form des Rückkaufswerts nur einen Teil der gezahlten Prämien zurück, und § 1477 Abs. 2 BGB); Johannsen / Henrich / Jaeger, § 1376 Rz. 14 ff.; Piltz / Wissmann, NJW 1985, S. 2676 ff.; Reimann, FamRZ 1989, S. 1249; Rittner, FamRZ 1961, S. 515; Schwab, VII, Rz. 65 ff.; Staudinger / Thiele, § 1376 Rz. 25. Terminologisch unscharf: MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz. 9, der Verkehrswert und Liquidationswert gleichsetzt. Der Wert des lebenden Unternehmens wird zugrunde gelegt, weil anhand des Preises bewertet wird, der bei einem fiktiven Verkauf bezahlt würde, und ein Käufer des Unternehmens dieses ersteht, um es weiterzuführen, und nicht, um es stillzulegen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Ertragswert über dem Liquidationswert liegt. Zum Liquidationswert als Untergrenze der Bewertung vgl. Piltz / Wissmann, NJW 1985, S. 2676 ff.; Reimann, FamRZ 1989, S. 1250. 41 BGH (10.10.1979, IV ZR 79/78) BGHZ 75, S. 195, dazu ausführlich unten, 5. Kapitel C. 42 So auch Herrmann, S. 128; MüKo-Gernhuber, § 1379 Rz.20; Soergel / Lange, § 1376 Rz. 11. A. A. Bärger, Rz. 94, und Koenig, ZVersWiss Bd. 6 S. 415, 448 Fn. 2., die meinen, zwar liege der wahre Wert der Versicherung über dem Rückkaufswert; da aber nur dieser jederzeit realisierbar sei, dürfe auch nur dieser geringere Wert zugrunde gelegt werden, dazu ausführlich unten, 5. Kapitel A. 43 BGH (30.6.1958, 11 ZR 117/57) BGHZ 28, S. 78 == NJW 1958, S. 1393 == MDR 1958, S. 663. 6*

84

3. Kap.: Meinungsstand zur Frage der Bewertung

zwar um so weniger, je kürzer der Vertrag gedauert hat (§ 176 VVG, § 6 ALB a. F., § 4 ALB n. F.)".44 Die Bewertung der Kapitallebensversicherung anhand ihres Rückkaufswertes steht also nicht im Einklang mit der Bewertung anderer Vermögensgegenstände. Der Rückkaufswert ist nicht der Zeitwert der Versicherung, sondern ihr Liquidationswert 45 • Der Liquidationswert entscheidet über die Bewertung aber nur, wenn der Vermögensgegenstand tatsächlich aufgegeben wird. Für den Regelfall ist die Bewertung anhand des Rückkaufswertes also abzulehnen.

B. Die abweichende Auffassung in der Literatur J. Die Summe der Prämien als Wert der Versicherung Die abweichende Auffassung in der Literatur sieht als Wert der Lebensversicherung die Summe der bisher gezahlten Prämien zuzüglich der Zinsen und der Überschußbeteiligungen 46 • Gegen die Rechtsprechung wendet sie sich mit dem Argument, der Rückkaufswert sei der Liquidationswert der Versicherung, nicht aber ihr wahrer Wert 47 • Eine Begründung, warum sich der wahre Wert der Versicherung aus der Summe der gezahlten Prämien ergeben soll, findet sich allein in der Dissertation von Herrmann: Der Zeitwert der Versicherung, so die Lösung Herrmanns, lasse sich durch Addition der bisher gezahlten Prämien und der "anderen Kapitalleistungen" errechnen. Nach dem versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzip sei der "Erwartungswert des Barwertes der Prämieneinnahmen = dem Erwartungswert des Barwertes der Versicherungsleistungen einschl. der Versicherungskosten und der allfälligen Sicherheitszuschläge"48. Weiter führt er aus: "Zum Bewertungsstichtag ist aber die Erwartung bereits eingetreten, d. h. die Prämien sind geleistet 44 Die Entscheidung ist nicht unumstritten, vgl. Winter, ZVersWiss Bd. 66 (1977), S. 145 m. w. N. Aber auch die Gegenmeinung leugnet die wirtschaftlichen Nachteile einer Kündigung nicht (Winter, a. a. 0., S. 154 ff.); sie meint lediglich, diese begründeten keine Genehmigungsbedürftigkeit. 45 So auch Herrmann, S. 128; MüKo-Gemhuber, § 1376 Rz.20; Soergel / Lange, § 1376 Rz. 11. 46 Herrmann, S. 128 (ohne Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung); Johannsen / Henrich / Jaeger, § 1376 Rz. 11; MüKo-Gemhuber, § 1376 Rz. 20; RGRK-Finke, § 1376 Rz. 6; Soergel / Lange, § 1376 Rz. 11 (Schätzung anhand der gezahlten Prämien - ohne Verzinsung - , Rückkaufswert als Mindestwert); unklar Bachmann (S. 153), entscheidend sei der Zeitwert, der sich nach "äußerst komplizierten versicherungsmathematischen Grundsätzen" errechne. 47 Dazu bereits soeben, 3. Kapitel A III. 48 A. a. 0., S. 129.

B. Abweichende Auffassung in der Literatur

85

worden und der Versicherer hat Leistungen einschl. der Verwaltungskosten und des Sicherheitsrisikos erbracht"49. Daraus schließt Herrmann dann, diese bereits an den Versicherungsnehmer erbrachten Leistungen seien der Wert der Versicherung 50.

11. Kritik Die Bewertung anhand der tatsächlich gezahlten Prämien läßt sich nicht rechtfertigen. Allein aus der Tatsache, daß während der Dauer der Zugewinngemeinschaft Prämien bezahlt wurden, kann man nicht schließen, daß sich noch am Stichtag ein entsprechender Gegenwert im Endvermögen des Ehegatten befindet. Im Gegenteil: wie bereits oben 51 dargelegt, enthalten die gezahlten Prämien einen Risikoanteil, der während der Dauer der Zugewinngemeinschaft für ein Risiko bezahlt wurde, das am Bewertungsstichtag nicht mehr besteht. Der Versicherungsnehmer hat zwar während der verstrichenen Zeit einen Gegenwert für seine Prämienzahlung erhalten, weil die bedingte Verpflichtung des Versicherers während dieser Zeit bestand 52, dieser Wert ist aber durch Zeitablauf verbraucht 53 und deshalb kein gegenwärtiger Vermögenswert. Niemand kauft einen bedingten Anpruch, von dem er weiß, daß die Bedingung nicht eingetreten ist und nicht mehr eintreten kann, weil der entsprechende Versicherungszeitraum verstrichen ist 54 . Herrmanns Hinweis auf das Äquivalenzprinzip55 geht also an der Sache vorbei. Es kommt nicht darauf an, ob der Versicherungs schutz während der Dauer der Zugewinngemeinschaft die Prämien wert war 56 , die der Versicherungsnehmer bezahlt hat, sondern nur darauf, welcher Vermögens wert am Stichtag noch vorhanden ist. Noch deutlicher zeigt dies ein Vergleich mit der Schadensversicherung. Wenn der Versicherungsschutz für einen Zeitraum, der in der Vergangenheit liegt, ein 49 A. a. 0., S. 129. 50 A. a. 0., S. 130. 51 Der Risikoanteil der Prämie ist der Anteil, der der natürlichen Risikoprämie ent-

spricht, dazu siehe oben, 2. Kapitel A II. 52 Zum Inhalt der Leistung des Versicherers vgl. oben, 2. Kapitel B. 53 Dazu siehe oben, 2. Kapitel B IV d. 54 Es gibt zwar eine Rückwärtsversicherung, also eine Versicherung, bei der der versicherte Zeitraum bereits verstrichen ist, § 2 Abs. 1 VVG. Leistungspflichten erwachsen aus einer solchen Versicherung aber nur, sofern Ungewißheit darüber herrscht, ob der Versicherungsfall in der versicherten Zeit eingetreten ist, vgl. § 2 Abs. 2 VVG. 55 Siehe dazu oben, 2. Kapitel A H. 56 Wegen der konstanten Prämien in der Lebensversicherung ist der Versicherungsschutz in den ersten Jahren gerade nicht so viel wert, wie an Prämien gezahlt wurde, weil neben dem Risikoanteil auch ein Sparanteil gezahlt wird, siehe dazu oben, 2. Kapitel A HI. Herrmann übersieht hier, daß das Äquivalenzprinzip in der Lebensversicherung nur hinsichtlich der gesamten Laufzeit gilt, sofern man nicht das Deckungskapital einbezieht.

86

3. Kap.: Meinungsstand zur Frage der Bewertung

Vermögenswert wäre, so müßten auch die Prämien für eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung, die während der Dauer der Ehezeit entrichtet wurden, zugewinnausgleichspflichtiges Vermögen sein. Dies wird aber von niemandem behauptet. Die Bewertung anhand der tatsächlich gezahlten Prämien kann also schon aus diesem Grunde nicht zutreffend sein. Weiter erscheint bei einer Bewertung nach den tatsächlich gezahlten Prämien fraglich, was mit der Verzinsung des Sparanteils zu geschehen hat. Die Sparanteile werden dem Deckungskapital zugeschrieben und dort verzinst 57 • Da sich die während der Dauer der Zugewinngemeinschaft bei anderen Geldanlagen erwirtschafteten Zinsen im Zugewinn niederschlagen, wäre es inkonsequent, wenn die Verzinsung des Deckungskapitals zugewinnausgleichsfrei wäre, obwohl es sich wirtschaftlich um einen Sparvorgang handelt. Um diese anfallenden Zinseinnahmen zu erfassen, reicht es auch nicht aus, neben den gezahlten Prämien auch die Überschußbeteiligungen zum zugewinnausgleichspflichtigen Vermögen zu zählen 58. Die zinsbedingten Überschußbeteiligungen gleichen nur die Differenz zwischen dem kalkulatorisch zugrunde gelegten geringen und dem tatsächlich erzielten Zins aus. Um die Verzinsung vollständig dem Zugewinn zuzurechnen, müßte man auch die in der Prämienkalkulation enthaltene, während der Dauer der Zugewinngemeinschaft angefallene Verzinsung des Deckungskapitals in Höhe von jährlich 3 bzw. 3,5 % zum zugewinnausgleichspflichtigen Vermögen hinzuzählen, da der Versicherungsnehmer diesen Betrag erspart hat, eben weil in der Prämienkalkulation dieser Zins bereits berücksichtigt wurde. Wenn man aber zu den tatsächlich gezahlten Prämien die Verzinsung des Deckungskapitals und die Überschußbeteiligungen hinzurechnete, so käme man zu dem eigenartigen Ergebnis, daß in bestimmten Fallkonstellationen der Wert der Versicherung höher wäre als die Versicherungssumme zuzüglich der Überschußbeteiligungen selbst: Das aus dem Sparanteil der Prämie und aus Zinseinnahmen gebildete Dekkungskapital erreicht im letzten Jahr der Kombinationsversicherung gerade die Höhe der Versicherungssumme abzüglich der in diesem letzten Jahr noch zu erwirtschaftenden Zinsen 59. Wenn die Versicherung in diesem Jahr anhand des 57 Die Bewertung anhand des sich arn Deckungskapital orientierenden Rückkaufswertes erfaßt also die Verzinsung, soweit die Zinsen dem Deckungskapital zugeschrieben werden, d. h. die Zinsen, die in der Prämienkalkulation enthalten sind. 58 So aber MüKo-Gemhuber, § 1376 Rz. 20, und Soergel / Lange, § 1376 Rz. 10. 59 Dies ergibt sich bereits aus der im 2. Kapitel entwickelten Definition des Dekkungskapitals als Differenz der zu erwartenden Ausgaben und der zu erwartenden Einnahmen des Versicherers. Im letzten Jahr der Versicherung beträgt der Barwert der zu erwartenden Ausgaben gerade die diskontierte Versicherungssumme, da diese in dem Jahr sicher fällig werden wird. Einnahmen hat der Versicherer aus dieser Versicherung nicht mehr zu erwarten, so daß das Deckungskapital gleich der diskontierten Versiche-

C. Zusammenfassung

87

Deckungskapitals zuzüglich der in der Prämie enthaltenen Risikoanteile, die während der gesamten Versicherungsdauer gezahlt wurden, bewertet wird, dann ist der so ermittelte Wert höher als die Versicherungssumme. Dieses Ergebnis kann aber nicht zutreffen. Der Bewertung der Kapitallebensversicherung nach den gezahlten Prämien kann deshalb nicht gefolgt werden.

c. Zusammenfassung des 3. Kapitels Die Auffassung der Rechtsprechung, die Kapitallebensversicherung sei anhand ihres Rückkaufswertes zu bewerten, ist abzulehnen, da dieser nur den Liquidationswert der Versicherung, nicht aber ihren Wert bei Fortführung angibt. Damit steht die Bewertung der Kapitallebensversicherung in Widerspruch zur Bewertung anderer Vermögensgegenstände, bei denen der Liquidationswert nur maßgebend ist, wenn der Gegenstand tatsächlich aufgegeben wird. Außerdem hängt die Rückkaufsfähigkeit der Versicherung und die Höhe des Rückkaufswertes von Bestimmungen ab, die im Interesse des Versicherers als Ausgleich für das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers geschaffen wurden, deren Einfluß auf die Bewertung einer ungekündigten Versicherung aber nicht zu rechtfertigen ist. Zu Unstimmigkeiten muß die Bewertung anhand des Rückkaufswertes besonders bei geteilten Bezugsberechtigungen führen, da bei diesen der Rückkaufswert bis zum Eintritt des Erlebensfalls dem im Todesfall Bezugsberechtigten zusteht. Die Rechtsprechung erkennt diese problematischen Punkte nicht. Sie beruht auf einer Folge von Entscheidungen, in denen die Frage, ob der Fortführungswert einer Kapitallebensversicherung höher als der Rückkaufswert ist, nicht entscheidungserheblich war. Die in der Literatur vorgeschlagene Bewertung anhand der tatsächlich gezahlten Prämien ist ebenfalls nicht haltbar. Sie rechnet dem Versicherungsnehmer einen Vermögenswert zu, der während der bereits verstrichenen Versicherungszeit verbraucht ist und der deshalb das Vermögen am Bewertungsstichtag nicht erhöht. Bei dieser Form der Bewertung werden auch die Zinseinnahmen, die der Versicherer bei Berechnung der Prämienhöhe kalkuliert hat, nicht zutreffend erfaßt.

rungssumme sein muß, vgl. auch Bruck / Möller / Winter, G 408; Koenig, S. 446 f.; Ziegler, S. 60.

Viertes Kapitel

Der Fortführungswert der Kapitallebensversicherung Im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Auffassung, die Kapitallebensversicherung sei anhand der bisher gezahlten Prämien zu bewerten 1, hat sich gezeigt, daß jedenfalls die Risikoanteile der Prämien, die während der Dauer der Zugewinngemeinschaft gezahlt wurden, sich nicht zugewinnerhöhend auswirken dürfen, weil die bedingte Verpflichtung des Versicherers für einen bereits verstrichenen Zeitraum keinen gegenwärtigen Vermögenswert aufweist. Es liegt deshalb nahe, vom verbleibenden Sparanteil der Prämie auszugehen. Da er dem Dekkungskapital zugeführt wird, muß dieses Ausgangspunkt der Überlegungen sein. Anschließend werden die Auswirkungen der Kosten der Versicherung, der Einfluß der Überschußbeteiligungen auf die Bewertung und die Besonderheiten bei atypischem Gesundheitszustand des Versicherten erörtert.

A. Das Nettodeckungskapital 2 und seine Interpretation I. Die herkömmlichen Interpretationen Wie bereits bei den versicherungsmathematischen Grundlagen ausgeführt\ gilt in der Prämienberechnung das Äquivalenzprinzip , demzufolge die Leistungen des Versicherers an die Prämiengruppe grundsätzlich in jedem Jahr (Jahresprinzip ) nach den - auf die Sterbestatistik gegründeten - Erwartungen des Versicherers den gleichen Wert haben müssen wie die Leistungen dieser Prämiengruppe an ihn. Wegen der Besonderheiten der Lebensversicherung wird das Jahresäquivalenzprinzip durch eine Äquivalenz ersetzt, die sich erst im Verlauf der gesamten Versicherungsdauer , d. h. erst mit dem - erwarteten - Ablauf der Versicherung einstellt, um so eine konstante Prämie errechnen zu können, deren Sparanteil in den ersten Jahren der Versicherung - zusammen mit der Verzinsung des Angesparten - die Mindereinnahmen in den letzten Jahren der Versicherung ausgleicht. Daraus ergibt sich der Begriff des Nettodeckungskapitals.

Siehe oben, 3. Kapitel B 11. Der Begriff Nettodeckungskapital bezeichnet das mit den Kosten der Versicherung nicht verrechnete (ungezillmerte) Deckungskapital, vgl. oben, 2. Kapitel A V. 3 2. Kapitel A 11. 1

2

A. Das Nettodeckungskapital und seine Interpretation

89

Herkömmlich wird das Gesamtneuodeckungskapital einer Prämiengruppe wie folgt beschrieben 4:

-

Das Nettodeckungskapital einer Prämiengruppe gibt an, um welchen Betrag die Versicherungssummen, die der Versicherer in Zukunft voraussichtlich an Mitglieder einer Prämiengruppe ausschütten wird, die voraussichtlichen (Netto-)Prämieneinnahmen des Versicherers aus dieser Gruppe übersteigt (prospektives Deckungskapital).

-

Das Nettodeckungskapital ist der Betrag, den die Versicherungsnehmer in einer Prämiengruppe über den Betrag hinaus erbracht haben, der zum (erwarteten) Ausgleich der Versicherungsfälle in ihrer Prämiengruppe notwendig gewesen wäre (retrospektives Deckungskapital). Bezogen auf die einzelne Versicherung bedeutet das:

-

Das prospektive Nettodeckungskapital ist der Wert, um den die Leistungen des Versicherers an den Versicherungsnehmer den Wert der noch ausstehenden Prämienzahlung übersteigen werden, wenn die Entwicklung des Vertrages den Erwartungen des Versicherers bei Vertragsschluß genau entspricht 5•

-

Das retrospektive Nettodeckungskapital ist der Wert, um den die (Netto-) Prämienzahlung des Versicherungsnehmers den Wert der bedingten Verpflichtung des Versicherers während der bereits verstrichenen Versicherungszeit übersteigt.

11. Das Nettodeckungskapital als fiktiver Verkehrswert Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung 6 ist der Verkehrswert eines Gegenstandes für seine Bewertung im Zugewinnausgleich maßgebend. Da die entgeltliche Veräußerung bestehender Lebensversicherungsansprüche jedenfalls nicht häufig vorkommt, gibt es für deren Verkauf keinen Markt und damit auch keinen Marktpreis. Trotzdem haben aber Lebensversicherungen einen Anschaffungspreis, nämlich den, den man bei Neuabschluß einer entsprechenden Versicherung aufwenden müßte. Der Anschaffungspreis eines Vermögensgegenstandes unterscheidet sich vom Verkehrswert dadurch, daß bei der Anschaffung in der Regel besondere Kosten anfallen; er liegt daher meist über dem Verkehrswert 7• Läßt man nun die Kosten der Anschaffung beiseite, so kann man von Dazu ausführlich bereits oben, 2. Kapitel A III. Vgl. Wolfsdorf, S. 192: der Teil des Leistungsbarwertes, der durch Prämien nicht gedeckt werden wird. 6 BGH (23.10.1985, IVb ZR 62/84) FamRZ 1986, S. 37, 39; BGH (1. 7.1982, IX ZR 34/81) NJW 1982, S. 2441 (objektiver Wert); BGH (17.1.1973, IV ZR 142/70), NJW 1973, S. 509,510 (Pflichtteilsrecht); Erman / Heckelmann, § 1376 Anm. 5; Gemhuber, LB, § 36 V 6 (S. 509 f.); MüKo-Gemhuber, § 1376 Rz. 8; Soergel / Lange, § 1376 Rz. 7; Staudinger / Thiele, § 1376 Rz. 10. 4

5

90

4. Kap.: Fortführungswert der Kapitallebensversicherung

dem - bekannten - Anschaffungswert der Versicherung auf einen (fiktiven) Verkehrswert schließen, auch wenn ein tatsächlicher Verkehrswert nicht existiert. Es gilt also, zur Bestimmung des Verkehrswertes der Versicherung ihren kostenfreien Anschaffungspreis 8 zu ermitteln. Ob und wie die in der bestehenden Versicherung tatsächlich zu entrichtenden und die gegenüber einem Neuabschluß ersparten Kosten 9 zu berücksichtigen sind, wird anschließend erörtert werden. Demnach ist bei einer Kapitallebensversicherung mit laufender Prämienzahlungspflicht der Wert festzustellen, der den Neuabschluß einer Versicherung ermöglicht, für die - bei gleichem Versicherungsfall und gleicher Versicherungssumme - dieselbe konstante Prämie zu zahlen ist, wie in der bestehenden Versicherung vereinbart. Ein Versicherer, der eine solche Kombination von Einmalprämie und laufender Prämienzahlung anbieten möchte, kalkuliert - will er nicht gegen das Äquivalenzprinzip verstoßen - beide (Netto-)Prämien so, daß die Summe der Prämienbarwerte genauso hoch ist wie der Barwert der Leistungen, die der Versicherer an die Versicherungsnehmer dieser Prämiengruppe erbringt. Die Summe der Versichererleistungen an eine solche Prämiengruppe muß aber - legt man dieselben Sterbetafeln 10 und denselben Zinssatz zugrunde - ebenso hoch sein wie die Leistungen an eine Prämien gruppe derselben Altersstufe, deren Mitglieder bereits einige Jahre versichert sind, denn die Leistung des Versicherers liegt allein in der Auszahlung der Versicherungssumme 11 und der Eintritt des Versicherungsfalls hängt nicht davon ab, in welchem Alter die Versicherung abgeschlossen wurde. Wenn der Antragsteller bei Neuabschluß einer Versicherung keine höhere Prämie bezahlen möchte als die in der bereits bestehenden Versicherung vereinbarte, so muß der Einmalbetrag, den der Antragsteller zusätzlich zur laufenden Prämie aufzubringen hat, die Differenz zwischen den Leistungen des Versicherers und dem Wert der laufenden Prämie ausgleichen. Diese Differenz ist aber gerade das Nettodeckungskapital der bestehenden Versicherung, das während der ersten Jahre dieser Versicherung angespart wurde, um die niedrige konstante Prämie zu ermöglichen. 7 OLG Stuttgart (19.6.1975, 7 U 5/75) VersR 1976, S. 766; OLG Celle (29.2.1968, 5 U 181/67) NJW 1968, S. 1478; Erman / Sirp, § 249 Rz. 85; Palandt / Heinrichs, § 251 Anm.4 a; MüKo-Grunsky, § 251 Rz. 8 f. 8 Auch der BGH (10.7.1984, VI ZR 262/82) BGHZ 92, S.85, 90, hat für die Bemessung des Schadensersatzes für einen Vermögensgegenstand (Modellboot), der keinen Verkaufsmarkt hat, den potentiellen Wiederbeschaffungswert als gegenwärtigen Vermögenswert angesehen. 9 Dazu bereits oben, 2. Kapitel A V. 10 Risikozuschläge wegen einer Erkrankung des Versicherten bleiben zunächst außer Betracht. 11 Dazu bereits oben, 2. Kapitel B.

A. Das Nettodeckungskapital und seine Interpretation

91

Die Einmalprämie, die bei Neuabschluß einer Versicherung eine laufende Prämienzahlung in der Höhe, wie in der bestehenden Versicherung vereinbart, ermöglicht, muß deshalb genauso hoch sein wie das Nettodeckungskapital der bestehenden Versicherung. Da im Nettodeckungskapital die Kosten der Versicherung nicht enthalten sind, spiegelt es bereits den zu ermittelnden "kostenbereinigten" Anschaffungspreis wieder, somit den (fiktiven) Verkehrswert.

111. Das Nettodeckungskapital als Barwert der künftigen Prämienersparnis Weiter kann man das Nettodeckungskapital als Barwert der Ersparnis deuten, die sich durch die geringere konstante Prämie 12 bei Fortführung der bestehenden Versicherung im Vergleich zu einem Neuabschluß mit gleichem Versicherungsfall und gleicher Versicherungssumme in Zukunft ergeben wird: Weil die konstante Prämie bei Neuabschluß einer Versicherung so kalkuliert wird, daß der Barwert der Prämienzahlung ebenso hoch ist wie der Barwert der Versichererleistung (Äquivalenzprinzip), kann man, um die Differenz zwischen dem Barwert der Prämien bei Neuabschluß und dem bei Fortführung der bestehenden Versicherung zu errechnen, an die Stelle des Barwertes der Prämien bei Neuabschluß auch den Wert der Leistung des Versicherers aus dieser abzuschließenden Versicherung setzen. Da aber der Wert dieser Leistung genauso hoch ist wie der in der bestehenden Versicherung 13, muß er den Barwert der Prämien in der bestehenden Versicherung genau um das Nettodeckungskapital dieser Versicherung übersteigen, weil das Nettodeckungskapital gerade als der Wert definiert wurde, der die Differenz zwischen den Barwerten der noch ausstehenden Leistungen des Versicherers an eine Prämiengruppe und dem Barwert der noch ausstehenden Leistungen der Prämiengruppe an den Versicherer angibt 14. Das Nettodeckungskapital repräsentiert also zugleich den versicherungsmathematischen Gesamtwert der künftigen Nettoprämiendifferenz l5 , also den Wert, der durch den früheren Abschluß der Kapitallebensversicherung künftig erspart werden wird. 12 Es werden zunächst nur die Neuoprämien berücksichtigt, zu den Kosten der Versicherung sogleich. I3 Vgl. dazu soeben, unter II. 14 Vgl. auch Wolfs dorf, S. 194, der das Neuodeckungskapital einer Versicherung über diese Prämiendifferenz errechnet. Die Kritik von Laux, ZVers Wiss Bd. 76 (1987), S. 624, richtet sich nur gegen die Praktikabilität des von Wolfsdorf vorgeschlagenen Verfahrens, nicht gegen seinen versicherungsmathematischen Ansatz. 15 Neben den Kosten bleiben bei diesem Ansatz die Sicherheitszuschläge in den Rechnungsgrundlagen (Sterblichkeit, Zins) und die individuelle Entwicklung der Sterblichkeit zunächst außer Betracht. Zu diesen Problemen sogleich.

4. Kap.: Fortführungswert der Kapitallebensversicherung

92

IV. Zwischenergebnis Wie gezeigt, entspricht das Nettodeckungskapital sowohl dem fiktiven Verkehrswert der Versicherung als auch dem Wert der künftigen Prämienerspamis des Versicherungsnehmers. Man kann also den Wert einer bestehenden Kapitallebensversicherung .prinzipiell anhand des Nettodeckungskapitals bestimmen. Dieser Ansatz läßt aber noch drei Fragen offen: -

Wie sind die Kosten der Versicherung (also die Abweichung der tatsächlich geforderten Prämie von der konstanten Prämie, die oben angesetzt wurde) zu berücksichtigen?

-

Sind die Überschußbeteiligungen im Zugewinnausgleich zu bewerten?

-

Wie verhält es sich, wenn sich der Gesundheitszustand des Versicherten nach Abschluß der Versicherung und während der Dauer der Zugewinngemeinschaft so verschlechtert hat, daß der Versicherer eine neue Versicherung nicht zu Durchschnittsprämien abschließen würde?

B. Der Einfluß der Kosten der Versicherung

auf die Bewertung

Man unterscheidet bei Versicherungen grundsätzlich zwei Kostengruppen: die einmaligen und die laufenden Kosten 16.

I. Laufende Kosten Die laufenden Kosten der Kapitallebensversicherung bestehen zum Großteil aus den allgemeinen Verwaltungskosten des Versicherers (Personalkosten, Kosten für Verwaltungsgebäude, Inkassokosten etc.) 17. Diese Kosten werden abhängig von der Versicherungssumme und der Prämienhöhe - auf die zu zahlende Prämie umgelegt 18.

a) Versicherungssummenabhängige Prämien bestandteile Hinsichtlich des Kostenanteils, der versicherungssummenabhängig umgelegt wird, erspart der Versicherungsnehmer bei Fortführung der bestehenden Versicherung gegenüber einem Neuabschluß nichts, da die Prämie für eine fiktive Dazu bereits oben, 2. Kapitel A V. Vgl. Bruck / Möller / Winter, E 19. 18 V gl. nur Wolfsdorf, S. 172 ff.; Bruck / Möller / Winter, E 22. Die neuen Tarife enthalten z. T. nur noch prämienabhängige Verwaltungskostenanteile, vgl. Claus, S. 38 ff. 16 17

B. Der Einfluß der Kosten auf die Bewertung

93

neue Versicherung mit gleicher Versicherungssumme wie die in der bestehenden Versicherung auch gleiche Prämienzuschläge enthalten müßte. Dem Versicherungsnehmer kann deshalb insoweit kein Vermögenswert zugerechnet werden.

b) Prämienabhängige Prämienbestandteile Der prämienabhängige Teil des Kostenzuschlags beträgt in den derzeit geltenden Tarifen 3 bis 6% der Bruttoprämie 19. Weil die Bruttoprämie wesentlich von der Höhe der konstanten Prämie abhängt und diese konstante Prämie bei niedrigerem Eintrittsalter geringer ist als bei einem späteren Neuabschluß, erspart der Versicherungsnehmer hinsichtlich der prämienabhängigen Kosten bei jeder Prämienzahlung gegenüber einem Neuabschluß einen Betrag von 3 bis 6 % der Differenz zwischen der tatsächlich zu entrichtenden Prämie und der entsprechend höheren Prämie bei fiktivem Neuabschluß. Fraglich ist, ob diese Ersparnis bei der Bewertung der Kapitallebensversicherung berücksichtigt werden muß. Dafür spricht, daß in dieser Höhe Kosten im Vergleich zu einem Neuabschluß tatsächlich erspart werden. Andererseits decken die Prämienzuschläge bei einer bestehenden Versicherung einen Verwaltungsaufwand, der zum Teil in der bereits verstrichenen Versicherungszeit angefallen und der deshalb am Bewertungsstichtag bereits verbraucht ist. Besonders deutlich wird das bei einer Kombinationsversicherung, bei der der Versicherte unmittelbar vor dem Eintritt des Versicherungsfalls der Erlebenskomponente steht. Da zu diesem Zeitpunkt alle Prämien bereits bezahlt sind, ist das Deckungskapital einer solchen Versicherung gleich der Erlebensfallleistung. Rechnete man dem Versicherungsnehmer zusätzlich die gegenüber einem Neuabschluß ersparten Verwaltungskosten zu, so müßte er einen höheren Wert als die Versicherungssumme ausgleichen. Obwohl sich also insoweit bei Fortführung der bestehenden Versicherung eine Ersparnis gegenüber einem Neuabschluß ergibt, erhöht diese den Wert der bestehenden Versicherung nicht, da die Verwaltungskosten nicht Teil der allein zu bewertenden Geldleistung des Versicherers sind.

11. Einmalige Kosten Auch die einmaligen Kosten der Kapitallebensversicherung, also die Erwerbskosten, werden auf die Prämien umgelegt und nach dem oben 20 bereits dargestellten Zillmerverfahren mit dem Deckungskapital verrechnet. Da die einmaligen Erwerbskosten durch Prämienzuschläge während der gesamten Laufzeit der Versicherung finanziert werden, ist die Höhe des Zuschlags 19 20

Bruck / Möller / Winter, E 22; Claus, S. 38 ff. 2. Kapitel A V.

94

4. Kap.: Fortführungswert der Kapitallebensversicherung

bezogen auf die einzelne Prämienzahlung abhängig von der Anzahl der ingesamt zu entrichtenden Prämien. Wenn also der Versicherungsnehmer während der Dauer der Zugewinngemeinschaft Prämien entrichtet hat, so ist der Erwerbskostenzuschlag in der bestehenden Versicherung niedriger, als er es bei einem Neuabschluß für die Restlaufzeit der Versicherung wäre. Auch insoweit erspart der Versicherungsnehmer also etwas. Dies darf sich jedoch ebensowenig wie die Ersparnis bei den prämienabhängigen Verwaltungskosten zugewinnerhöhend auswirken: Auch die Erwerbskostenzuschläge sind Prämienbestandteile, die der Versicherungsnehmer zwar entrichten muß, die sich aber in dem Wert der Geldleistung des Versicherers nicht niederschlagen. Sie sind vergleichbar mit den Gebühren des Notars oder der Grunderwerbsteuer bei der Bewertung eines Grundstücks. Diese Kosten müssen zwar beim Erwerb eines Grundstücks regelmäßig aufgewendet werden, sie sind aber ohne Einfluß auf den Wert des Vermögensgegenstandes "Grundstück". Bei einem fiktiven Verkauf des Grundstücks wirken sich die bei dem Ankauf entrichteten Gebühren und Steuern nicht werterhöhend aus. Sie sind - ebenso wie die Kosten der Versicherung - nicht Bestandteil des Verkehrswertes und dürfen deshalb auch bei der Bewertung nicht berücksichtigt werden.

111. Zwischenergebnis Die Bewertung anhand des Nettodeckungskapitals, das die künftige Ersparnis durch geringere Prämienzuschläge hinsichtlich der Erwerbskosten und der prämienabhängig umgelegten laufenden Verwaltungskosten nicht berücksichtigt, bedarf also - eben weil diese Kosten bei der Bewertung außer Betracht bleiben müssen - keiner Korrektur 21 • Aus der Bewertung anhand des Nettodeckungskapitals folgt zugleich, daß sich die in der bestehenden Versicherung künftig zu zahlenden Kostenanteile nicht wertmindernd auswirken, weil bei der Berechnung des Nettodeckungskapitals auch diese Kostenzuschläge außer Betracht bleiben. Da sie in einem Zeitraum nach dem Bewertungsstichtag anfallen, bedürfen sie keiner Bewertung, so daß auch insoweit die Notwendigkeit einer Korrektur der Bewertung anhand des Nettodeckungskapitals entfällt. Diese Bewertungsmethode führt vielmehr zu einer angemessenen Verteilung der Kosten auf die Gesamtlaufzeit der Versicherung 22. 21 Eine Bewertung, die diese Ersparnisse mitbewerten möchte, dürfte nicht auf die Barwertdifferenz zwischen den Nettoleistungen von Versicherer und Versicherungsnehmer abstellen, sondem müßte die Bruttoleistungen heranziehen. Da der Barwert der Bruttoleistungen des Versicherers in einem beliebigen Zeitpunkt der Versicherungsdauer nach dem (kostendeckenden) Äquivalenzprinzip gleich dem Barwert der Prämien bei fiktivem Neuabschluß der Versicherung sein muß, kann man also die Bruttoleistung des Versicherers anhand des Barwerts der Prämien bei Neuabschluß der Versicherung bestimmen.

C. Der Einfluß der Überschußbeteiligungen auf die Bewertung

95

C. Der Einfluß der Überschußbeteiligungen auf die Bewertung Die Überschuß- oder Gewinnbeteiligungen, die die Versicherer an die Versicherungsnehmer auszahlen, beruhen auf Gewinnen, die aus Sicherheitszuschlägen in der Prämienkalkulation resultieren 23. Diese betreffen zum einen die Verzinsung des Deckungskapitals, zum anderen die der Kalkulation zugrunde liegenden Sterbetafeln, wobei der weitaus größere Teil des Überschusses auf der zuerst genannten Quelle beruht 24 •

I. Formen der Über schuß beteiligungen Der Überschuß kann - je nach Vereinbarung im Versicherungsvertrag sofort in bar oder durch Prämienreduzierung zurückgeführt werden; häufig werden die Überschußbeteiligungen auch zur prämienneutralen Erhöhung der Versicherungssumme oder zur Abkürzung der Prämienzahlungsdauer bei gleicher Versicherungssumme verwendet, üblich ist ebenfalls die verzinsliche Ansammlung der Überschußbeteiligungen beim Versicherer 25 •

11. Vor dem Stichtag erwirtschaftete Überschußbeteiligungen a) Ausgezahlte Überschußbeteiligungen

Überschußbeteiligungen, die vor dem für die Bewertung maßgebenden Stichtag erwirtschaftet und ausgezahlt worden sind oder zu entsprechenden Prämiennachlässen geführt haben, bedürfen keiner besonderen Bewertung. Die ausgezahlten 22 Die Problematik stellt sich entsprechend auch im Bilanzsteuerrecht. Hat ein Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern eine betriebliche Altersversorgung vereinbart, so sind für die daraus entstehenden Verbindlichkeiten Rückstellungen zu passivieren, vgl. § 6a EStG. Wurde zur Abdeckung dieser Verbindlichkeiten eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen, so ist der Anspruch aus dieser Versicherung zu aktivieren. Aktiviert man ihn lediglich mit dem Rückkaufswert, so verringert sich das Aktivvermögen um den Betrag, um den der Rückkaufswert hinter dem Nettodeckungskapital zurückbleibt. Der Bundesfinanzhof hat dieses Verfahren zu Recht beanstandet, BFH (28. 11. 1961, I 191/ 59 S) BFHE 74, S.266, 271 = BStBI. 1962 III, S. 101 (zur Unfallversicherung) und BFH (5.6.1962, I 221/60 U) BStBI. 1962 III, S.416 (zur Lebensversicherung): Bei Aktivierung der Versicherung ist der Zillmerbetrag auf mehrere Jahre zu verteilen. Der Finanzminister des Landes NRW hat aus Vereinfachungsgründen einen Zeitraum von 5 Jahren festgelegt (Erlaß vom 22.2.1963, BStBI. 1963 11, S. 47 f.). 23 Vgl. dazu oben, 2. Kapitel A IV. 24 Der Rohüberschuß aus dem Risikoergebnis betrug zwischen 1975 und 1982 zwischen 9,6 und 9,8 % der Prämie, der Überschuß aus Kapitalanlagen dagegen zwischen 25,1 und 35,6%. Bei den Verwaltungskosten ergab sich ein Überschuß von ca. 4,0%, der in etwa ausreicht, um den Verlust bei den Abschlußkosten in Höhe von 5,5 % auszugleichen, vgl. die Gegenüberstellung von Ackermann, S. 71. 25 Zu den Formen der Überschußbeteiligungen: Bruck / Möller / Winter, G 332 ff.; Lück, DB 1981, S. 1051; Mohr / Hofmann, S. 156 ff.

4. Kap.: Fortführungswert der Kapitallebensversicherung

96

bzw. ersparten Mittel sind - soweit noch vorhanden - als solche Bestandteil des Endvennögens und werden so im Zugewinnausgleich erfaßt. b) Verzinslich angesparte Überschußbeteiligungen

Beim Versicherer verzinslich angesparte Überschußbeteiligungen sind wirtschaftlich gesehen Sparguthaben 26 und als solche grundsätzlich 27 mit dem Nennwert zu bewerten 28 • c) Erhöhung der Versicherungssumme durch Überschußbeteiligungen

Wurden die während der Dauer des Gütetstandes erwirtschafteten Überschußbeteiligungen zu einer Erhöhung der Versicherungssumme bei gleichbleibender Prämie verwendet, so richtet sich nunmehr der Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf eine höhere Geldleistung. Technisch geschieht die Erhöhung der Versicherungssumme durch Verrechnung der Überschußbeteiligungen mit Einmalprämien für zusätzliche prämienfreie Versicherungen (sog. Bonussystem)29, für die wiederum ein Nettodeckungskapital gebildet wird. Eine Bewertung der Kapitallebensversicherung, die dieses Nettodeckungskapital einbezieht 30, erfaßt also auch Überschußbeteiligungen, die im Bonussystem verrechnet werden 31 •

111. Nach dem Stichtag zu erwirtschaftende Überschußbeteiligungen Wenn Überschußbeteiligungel1, die erst nach dem Bewertungsstichtag erwirtschaftet werden, auf Prämienzahlungen vor dem Stichtag beruhen, so kommt eine Einbeziehung dieser künftigen Überschußbeteiligungen in die Bewertung des Versicherungsanspruchs in Betracht. So auch Bruck / Möller / Winter, G 335. Zur Bewertung von Geldforderungen, die nicht marktüblich verzinst werden, sogleich. 28 Das entspricht auch der Regelung nach der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewGDV) vom 2.2.1935, § 73 Abs. 1 Nr.2b. 29 Bruck/Möller/Winter, G 336; Lück, DB 1981, S. 1051. 30 Auch die Zusammenfassung der Basisversicherung und der im Bonussystem gebildeten Versicherungen entspricht der Bewertung nach dem Bewertungsgesetz, vgl. § 73 Abs.l Nr. lc und 2b BewGDV. 31 Bei vorzeitiger Kündigung erhöht der Rückkaufswert der im Bonussystem gebildeten Versicherungen den der Basisversicherung, vgl. Bruck / Möller / Winter, G 336, d. h. die im Bonussystem verwendeten Überschußbeteiligungen werden bei Kündigung der Versicherung, aus der sie hervorgegangen sind, an den Versicherungsnehmer ausgezahlt. Ein Stomoabzug entfällt in diesen Fällen, vgl. Bruck / Möller / Winter, a. a. O. 26 27

c. Der Einfluß der Überschußbeteiligungen auf die Bewertung

97

a) Risikobedingte Überschußbeteiligungen

Beteiligungen an Überschüssen, die durch Sicherheitszuschläge in den Sterbetafeln entstehen (risikobedingte Überschußbeteiligungen), sind Rückzahlungen, die in relativ engem zeitlichem Zusammenhang mit der Prämienzahlung stehen: Wurden an die Prämiengruppe in dem betreffenden Jahr weniger Leistungen erbracht, als bei der Berechnung des Risikoanteils der Prämie zugrunde gelegt, so wird der daraus entstehende Gewinn am Ende des Jahres errechnet und nach einer gewissen Bereinigung, die dazu dient, immer in etwa gleich hohe Überschußbeteiligungen ausweisen zu können - an die betreffende Prämiengruppe ausgeschüttet 32 • Wenn also nach dem Bewertungsstichtag sterblichkeitsbedingte Überschußbeteiligungen erwirtschaftet werden, so beruhen diese nicht - oder allenfalls zu einem zu vernachlässigenden Teil - auf Prämienzahlungen während der Zeit vor dem Bewertungsstichtag. Die künftigen sterblichkeitsbedingten Überschußbeteiligungen können deshalb bei der Bewertung der Kapitallebensversicherung außer Betracht bleiben. b) Zinsbedingte Überschußbeteiligungen

Im Gegensatz zu den Sterblichkeitsgewinnen, die durch eine Zuvielleistung der Versicherungsnehmer im Risikoanteil der Prämie entstehen, ergeben sich die zinsbedingten Gewinne aus einer Zuvielleistung der Versicherungsnehmer im Sparanteil. Nach dem Äquivalenzprinzip müssen die Versicherungsnehmer während der ersten Jahre der Versicherung ein so hohes Deckungskapital ansparen, daß dieses zusammen mit seiner kalkulatorischen Verzinsung und den noch zu zahlenden Prämien gerade ausreicht, um die Versicherungsleistungen an Mitglieder der Prämiengruppe zu decken 33 • Werden tatsächlich höhere Zinsen erwirtschaftet, so hat jeder einzelne Versicherungsnehmer ein zu hohes Deckungskapital angesammelt. Die zinsbedingten Überschußbeteiligungen beruhen also auf systembedingten Mehreinnahmen des Versicherers, die dieser aufgrund der bereits zu einem früheren Zeitpunkt - also vor dem Bewertungsstichtag - erbrachten Leistungen des Versicherungsnehmers erwirtschaftet. Sie entsprechen bei wirtschaftlicher 34 Betrachtung Zinseinnahmen des Versicherungsnehmers, die über 32 Zu den verschiedenen Systemen zur Verteilung der Überschußbeteiligungen vgl. Bruck / Möller / Winter, G 327, 329 f.; Claus, S. 45; Lück, DB 1981, S. 1053. Die zeitnahe Ausschüttung wird gerade in letzter Zeit vom BAV verstärkt gefordert. Das BVerwG hat ein entsprechendes Interesse der Versicherungsnehmer, das vom BAV wahrgenommen wird, anerkannt, BVerwG (12.9.1989, 1 A 32/87) VersR 1990, S. 73. 33 Dazu bereits oben, 2. Kapitel A IV. 34 Da das Deckungskapital dem Versicherer endgültig zur Verfügung steht, handelt es sich nicht um Zinseinnahmen im eigentlichen Sinne, vgl. dazu die Anm. von Kaulbach,

7 Voit

98

4. Kap.: Fortführungswert der Kapitallebensversicherung

die in der Prämienkalkulation zugrunde gelegte Verzinsung des angesparten Deckungskapitals hinausgehen und ihm über die Überschußbeteiligungen zufließen 35 • Diese auf einem Sparvorgang während der Dauer der Zugewinngemeinschaft beruhenden künftigen Einnahmen könnten - ebenso wie die fehlende Fälligkeit des Anspruchs auf die Versicherungssumme - Einfluß auf die Bewertung des Anspruchs aus der Kapitallebensversicherung haben. Die herrschende Lehre 36 lehnt - soweit ersichtlich, ohne nähere Begründung - im Zugewinnausgleich die Abzinsung nicht fälliger Forderungen sowie die gesonderte Bewertung der Zins ansprüche ab. 1. Problemstellung

Betrachtet man zunächst die Frage der Abzinsung (Diskontierung) nicht fälliger Forderungen, so zeigt sich, daß die herrschende Meinung in Widerspruch zum Ausgangspunkt ihrer Bewertung steht, demzufolge sich der Wert eines Vermögensgegenstandes grundsätzlich nach dem Preis richtet, den ein Käufer bei fiktivem Verkauf dieses Vermögensgegenstandes bezahlen würde 37. Da es einen Markt für den Kauf von Forderungen gibt, läßt sich anband des Verhaltens der Forderungskäufer ein Kaufpreis für nicht fällige Forderungen ermitteln. Dabei ist der Abzug eines Zwischenzinses bei nicht fälligen Forderungen selbstverständlich 38 , wie bereits der Diskontsatz der Bundesbank beim Ankauf von (unverzinslichen 39 ) Wechseln oder die im Factoring übliche Diskontierung der Forderungen zeigt 40. VersR 1990, 257, zur Entscheidung des BVerwG vom 25.7.1989 (1 A 32/87) VersR 1990, S. 73. 35 Dazu bereits oben, 2. Kapitel A IV. Einkommensteuerrechtlich werden Überschußbeteiligungen deshalb als Zinseinnahmen des Versicherungsnehmers behandelt, § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG (z. T. neugefaßt durch Gesetz vom 25.7.1988, BGBI. I, S. 1093). 36 Börger, Rz. 98; MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz. 15; Schwab, VII, Rz. 58; Staudinger 1 Thiele, § 1376 Rz. 36; Soergel 1Lange, § 1376 Rz. 15; RGRK-Finke, § 1376 Rz. 6. A. A. Bachmann, S.148: Diskontierung mit 6-8%; Erman/Heckelmann, § 1376 Anm.5; Johannsen 1Henrich 1Jaeger, § 1376 Rz. 9. Dem folgt - ohne vertiefte Auseinandersetzung - nunmehr der BGH (30.5.1990, XII ZR 75/89) NJW 1990, S. 3018,3019. 37 Dieser Grundsatz ist allgemein anerkannt: BGH (9.3.1977, IV ZR 166/75) NJW 1977, S. 949; BGH (23.10.1985, IVb ZR 166/75) FamRZ 1986, S. 37, 39 (jeweils mit ModifIkation durch Nutzwert bei unverkäuflichen Gegenständen); Bachmann, S. 14; Börger, Rz.79; Herrmann, S.8; MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz. 8 f.; Soergel! Lange, § 1376 Rz. 7; Staudinger/Thiele, § 1376 Rz. lOff.; RGRK/Finke, § 1376 Rz. 6; Rittner, FamRZ 1961, S. 514; Schwab, VII, Rz. 49 ff.: im Zweifel Veräußerungswert, im Einzelfall auch Nutzwert. 38 Es gehört auch zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, bei unverzinslichen oder niedrigverzinslichen Forderungen in der Bilanz einen entsprechenden Abschlag vorzunehmen, vgl. Kropff, in: Geßler 1Hefermehl 1Eckhardt 1Kropff, § 155 AktG Rz.49.

C. Der Einfluß der Überschußbeteiligungen auf die Bewertung

99

So führt die herrschende Lehre auch bei Darlehen, bei denen ein Disagio bzw. Agi0 41 vereinbart ist, zu ganz zufälligen Bewertungsergebnissen, wie das folgende Beispiel zeigt: Am Stichtag für die Bewertung des Endvermögens hat ein Ehegatte ein Darlehen über 10.000.- DM aufgenommen. Der Zinssatz beträgt 10%, ein Disagio ist nicht vereinbart. Wurde der Darlehensbetrag sofort ausgezahlt, so ist die Darlehensaufnahme zugewinneutral: dem Geldbetrag in Höhe von 10.000.- DM steht eine Verbindlichkeit in gleicher Höhe gegenüber. Der Zugewinn des Darlehensnehmers wird also weder erhöht noch erniedrigt. Wurde dagegen ein Zinssatz von 8 % bei einem Disagio von 10% vereinbart, so erhält der Ehegatte bei Auszahlung des Darlehens lediglich 9.000.- DM (10.000.- DM abzgl. 10% Disagio). Im Endvermögen steht einem Aktivum in Höhe von 9.000.- DM also eine Verbindlichkeit in Höhe von 10.000.- DM gegenüber. Der Zugewinn des Darlehensnehmers verringert sich also um 1.000.- DM, obwohl wirtschaftlich gesehen das Disagio den verbilligten Zinssatz während der Laufzeit des Darlehens gerade wieder ausgleicht 42 • Nach der herrschenden Lehre bleibt also dem Ehegatten der durch das Disagio erkaufte Zinsvorteil in voller Höhe erhalten. Um dieses sachlich nicht gerechtfertigte Ergebnis zu vermeiden, müssen deshalb grundsätzlich nicht faIlige Forderungen abgezinst und die ZinsanspTÜche gesondert bewertet werden 43.

2. Bewertung marktüblich verzinster Forderungen Von dem Grundsatz, nicht fällige Forderungen bei der Bewertung nach dem Verkehrswert abzuzinsen, gibt es - im Ergebnis mit der Auffassung der herrschenden Lehre, nicht fällige Forderungen seien mit ihrem Nennwert zu bewerten, übereinstimmend - eine Ausnahme, wenn die Forderung marktüblich verzinst und der Zinsanspruch daneben nicht gesondert bewertet wird: 39 Bei dem gebräuchlichsten Wechseltyp, dem Dreimonatsakzept, ist ein Zinsvermerk unzulässig, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 WG. Deshalb werden die Zinsen in die Wechselsumme eingerechnet. Durch die Diskontierung bei Weitergabe des Wechsels entsteht dem Wechselnehmer also kein Nachteil. Er verliert nur den Zins, der zuvor aufgeschlagen wurde. 40 So auch MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz. 15, der aber im Ergebnis doch anhand des Nennwertes bewertet. 41 Also eine Vereinbarung, nach der das Darlehen nicht zum vollen Nennwert ausgezahlt wird (Disagio) oder bei Darlehensgewährung ein zusätzlicher Einmalbetrag (Agio) zu zahlen ist. 42 Bei der Frage der Sittenwidrigkeit von Teilzahlungskrediten ist deshalb die Einberechnung des Disagio in den Zinssatz anerkannt, vgl. statt aller: Hopt / Mülbert, § 60S Rz.30; Staudinger / K. Schmidt, § 246 Rz. 121. 43 Konkret bedeutet das: Die Rückzahlungsverbindlichkeit ist mit dem marktüblichen Zins (angenommen 10%) zu diskontieren. Hat das oben genannte Darlehen noch eine Restlaufzeit von einem Jahr, so ergibt sich also ein Wertvon ca. 9.100.- DM (9.100.DM zuzügl. 10% aus 9.100.- DM sind etwa 10.000.- DM). Hinzu kommt die Zinsverbindlichkeit in Höhe von 8 % aus 10.000.- DM, also SOO DM. Der bereinigte Betrag der Verbindlichkeit beträgt also nicht 10.000.- DM, sondern nur ca. 9.900.- DM. Wählt man eine längere Restlaufzeit des Darlehens, so wird der Unterschied entsprechend größer.

7"

100

4. Kap.: Fortführungswert der Kapitallebensversicherung

Der Zwischenzinsabzug dient zum Ausgleich des Wertverlustes, der sich daraus ergibt, daß der Geldbetrag zinsbringend angelegt werden könnte, wenn man ihn sofort und nicht erst nach Fälligkeit bekäme. Da die so erzielbaren Zinseinnahmen verloren gehen, wenn die Forderung nicht sofort fällig ist, ist die betagte Forderung deshalb um diese möglichen Zinseinnahmen weniger wert. Sie muß deshalb mit dem Zinssatz abgezinst werden, der sich zur Zeit der Bewertung für die Hingabe eines Darlehens erzielen ließe, das zu dem Zeitpunkt zurückzuzahlen ist, an dem die Forderung fällig wird. Anders ausgedrückt: Eine betagte Forderung muß so diskontiert werden, daß ihr diskontierter Wert unter Hinzurechnung der bis zu ihrer Fälligkeit üblicherweise erzielbaren Zinsen den Nennwert der Forderung ergibt. Diskontiert man aber einerseits die Forderung und rechnet gleichzeitig den Anspruch auf die vereinbarten Zinsen hinzu, so kann - wenn der vereinbarte Zinssatz dem marktüblichen Zins entspricht - der Unterschied zwischen der diskontierten Forderung zuzüglich des Zinsanspruchs und dem Nennwert der Forderung vernachlässigt werden. Man würde im wesentlichen 44 nur den zunächst subtrahierten Zinsertrag anschließend wieder addieren. Anstelle des umständlichen Diskontierens und Verzinsens können deshalb marktüblich verzinste Forderungen mit ihrem Nennwert bewertet werden. 3. Bewertung nicht marktüblich verzinster Forderungen

Demgegenüber müssen unverzinsliche oder nicht marktangemessen verzinste Forderungen diskontiert werden. Für unverzinsliche Forderungen bestätigt dies auch ein Vergleich mit einer Bestimmung der Konkursordnung, die die Bewertung betagter Forderungen im Konkurs regelt. In § 65 KO heißt es: (1) Betagte Forderungen gelten als fällig. (2) Eine betagte unverzinsliche Forderung vermindert sich auf den Betrag, welcher mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen desselben für die Zeit von der Eröffnung des Verfahrens bis zur Fälligkeit dem vollen Betrage der Forderung gleichkommt. Wenn diese Bestimmung auch dafür spricht, unverzinsliche Forderungen zu diskontieren, so bleibt doch zweifelhaft, ob im Zugewinnausgleich - so wie im Konkurs - jeder vereinbarte Zins, also auch ein unter dem Marktzins liegender Zins, die Diskontierung ausschließt und ob auch dann mit dem gesetzlichen Zinssatz diskontiert werden muß, wenn der Marktzins tatsächlich wesentlich höher liegt. 44 Legt man bei beiden Vorgängen den gleichen Zinssatz zugrunde, so ergeben sich Differenzen, weil der Zins einmal abgeschlagen wird und einmal aufgeschlagen. Das wird ausgeglichen, indem man den Zinssatz entsprechend korrigiert.

c. Der Einfluß der Überschußbeteiligungen auf die Bewertung

101

Bei der Übertragung einer Regelung des Konkursrechts auf die Bewertung im Zugewinnausgleich dürfen die Besonderheiten des Konkurses und die Interessenlage der Beteiligten im Konkurs nicht außer Betracht gelassen werden: § 65 KO befindet sich im achten Titel der Konkursordnung, also dem Titel, der die Forderungen der Konkursgläubiger gegen die Masse regelt. Berücksichtigt man nun, daß der gesetzliche Zins in aller Regel unter dem tatsächlichen Marktzins liegt, so ergibt sich ein niedrigerer Diskontierungsfaktor als bei einem marktüblichen Zins. Daraus folgt aber zugleich, daß der Wert der nach § 65 Abs. 2 KO diskontierten Forderung höher ist als bei Diskontierung mit dem Marktzins. Die Vorschrift des § 65 KO privilegiert also die Konkursgläubiger im Vergleich zu einer Bewertung mit dem Marktwert der Forderung. Selbst wenn eine solche Privilegierung im Konkurs angesichts der ohnehin regelmäßig geringen Konkursquote und aus Vereinfachungsgründen hingenommen werden kann, so bedeutet das nicht, daß sie auch im Zugewinnausgleich zu befriedigenden Ergebnissen führt, wie sich insbesondere an einem Vergleich der Bewertung einer verzinslichen Forderung mit der eines verzinslichen Wertpapiers zeigt: Beide Ehegatten haben jeweils 10.000.- DM in einer Hochzinsphase zu 10% Zins auf 10 Jahre angelegt. Der eine Ehegatte hat zu diesen Konditionen ein Darlehen gegeben, der andere hat festverzinsliche Wertpapiere mit lO-jähriger Laufzeit gekauft. Der Scheidungsantrag wird ein Jahr vor Fälligkeit zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt beträgt der marktübliche Zins für einjährige Darlehen 5 %. Während der Ehegatte, der ein Darlehen hingegeben hat, sich lediglich den Nennwert der Forderung, also 10.000.- DM im Endvermögen anrechnen lassen muß, wird bei dem anderen Ehegatten der Börsenkurs der Papiere angerechnet 45 . Dieser Börsenkurs liegt aber über 10.000.- DM, da der vereinbarte Zins mit 10 % über der sonst bei Darlehen erreichbaren Rendite in Höhe von 5 % liegt. Ein Anleger wird deshalb für diese Wertpapiere mehr als 10.000.- DM bezahlen, da er auch entsprechend höhere Zinsen bekommen wird 46 . Obwohl also beide Ehegatten in einem Jahr 10.000.- DM zuzüglich 1.000.- DM Zinsen erhalten werden, schlägt sich dieser Posten im Endvermögen des Darlehensgebers mit 10.000.- DM, dagegen in dem des Wertpapierinhabers mit ungefähr 10.450.- DM47 nieder. Diese ungerechtfertigte Ungleichbehandlung kann nur vermieden werden, wenn bei der Bewertung von Forderungen mit einer Verzinsung, die nicht unerheblich vom Marktzins abweicht, sowohl die Forderung diskontiert als auch der Zinsanspruch bewertet wird: Der Rückforderungsanspruch aus der Darlehensschuld wird dann marktüblich auf ca. 9.500.- DM diskontiert und ergibt zusammen mit dem ebenfalls auf ein Jahr diskontierten Zinsanspruch in Höhe von 950.- DM den zutreffenden Verkehrswert des Darlehens mit ca. 10.450.- DM. 45 Ganz h. L., vgl. MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz. 13; Rittner, FarnRZ 1961, S. 515; Schwab, VII, Rz. 58; Soergel / Lange, § 1376 Rz. 11. 46 Vgl. Uhlir / Steiner, S. 14. 47 Im Börsenkurs wird sich auch bemerkbar machen, daß der erhöhte Zins erst in einem Jahr fällig wird. Deshalb wird der Kurs des Wertpapiers nicht um den vollen Mehrertrag über dem Nennwert liegen.

102

4. Kap.: Fortführungswert der Kapitallebensversicherung

4. Die Verzinsung in der Kapitallebensversicherung In der Lebensversicherung ist eine Verzinsung der Forderung des Versicherungsnehmers nicht eigens vereinbart. Wie aber im Rahmen der versicherungsmathematischen Grundlagen bereits erläutert 48 , enthält die Prämienkalkulation eine Verzinsung des (gezillmerten) Deckungskapitals, die zwar nicht gesondert ausgewiesen wird, die aber die Prämienhöhe mindert und so dem Versicherungsnehmer zugute kommt. Diese Verzinsung in Höhe von 3 oder 3,5 % ist nicht marktüblich; sie wird nur im Hinblick auf die dauernde Leistungsfähigkeit der Versicherer vom Bundesaufsichtsamt für die Prämienkalkulation verlangt. Da aber die zinsbedingten Gewinne der Versicherer über die Überschußbeteiligungen zurückfließen, ergänzen diese die geringe Verzinsung, die der Prämie zugrunde liegt, auf die marktangemessene Verzinsung 49 • Für den Einfluß der künftigen Überschußbeteiligungen auf die Bewertung der Kapitallebensversicherung bedeutet das: Stehen dem Gläubiger des Versicherungsanspruchs auch die Überschußbeteiligungen zu, so bedarf weder der Anspruch auf die Überschußbeteiligungen einer Bewertung, noch muß die Versicherungssumme neu diskontiert werden. Im bisher behandelten Zweipersonenverhältnis kann die Verzinsungsproblematik also außer Betracht bleiben, da der Versicherungsnehmer immer zugleich Gläubiger der Versicherungsleistung und der Überschußbeteiligungen ist. Die Bewertung anhand des Nettodeckungskapitals bedarf in diesen Fällen keiner Korrektur. Anders verhält es sich aber, wenn der Versicherungsnehmer einen Bezugsberechtigten benennt oder die Versicherungsforderung abtritt, ohne die Ansprüche auf die Überschußbeteiligungen zu übertragen 50. Der Gläubiger der Versicherungsleistung erhält dann eine unter dem Marktzins liegende Verzinsung des Deckungskapitals in Höhe des kalkulatorisch zugrunde gelegten Zinssatzes. Der 2. Kapitel A IV. Demgegenüber meinen Schmelz / Klute (NJW 1988, S. 3116), die Überschußbeteiligungen seien - im Rahmen der Sittenwidrigkeit eines mit einer Kapitallebensversicherung gekoppelten Konsumentenkredits - nicht in die Bewertung der Leistung des Versicherers einzubeziehen, da dem Versicherungsnehmer kein Anspruch auf bestimmte Überschußbeteiligungen zustehe. Diese Ansicht verkennt die Grundlagen der Lebensversicherung. Gerade weil die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsleistungen gewährleistet werden soll, werden die Sicherheitszuschläge so hoch festgesetzt. Die Zusage bestimmter Überschußbeteiligungen durch den Versicherer würde diese Sicherungsfunktion konterkarieren. Bei wirtschaftlicher Betrachtung steht fest, daß der Versicherer einen zinsbedingten Überschuß erzielen wird. Da die Tarife eine Ausschüttung von mindestens 90 % dieses Überschusses vorsehen, steht ebenfalls fest, daß der Versicherungsnehmer einen Anteil an diesem Überschuß erhalten wird. Es besteht deshalb keinerlei Anlaß, die Überschußbeteiligungen bei der Bewertung der Leistung des Versicherers außer Betracht zu lassen, so auch: Reifner, ZIP 1988, S. 820 f.; BGH (14.1.1988, III ZR 249/ 86)NJW 1988, S. 1318,1320; BGH (3.4.1990, XI ZR 261/89) NJW 1990, S. 1844,1845. 50 Dazu unten, 7. Kapitel A I a. 48

49

D. Der Einfluß des individuellen Gesundheitszustandes

103

Anspruch auf die Versicherungssumme muß deshalb marktüblich diskontiert werden, und der Zinsanspruch in Höhe von 3 bzw. 3,5 % ist gesondert zu bewerten. Die Überschußbeteiligungen sind bei demjenigen zu bewerten, dem sie zustehen.

D. Der Einfluß des individuellen Gesundheitszustandes des Versicherten auf die Bewertung I. Problemstellung Bereits oben 51 wurde auf die besondere Bedeutung der Sterbewahrscheinlichkeit des Versicherten für den Wert der Leistung des Versicherers hingewiesen. Neben dem Alter des Versicherten gibt es auch andere Faktoren, die auf die Sterbewahrscheinlichkeit Einfluß haben und so das Risiko für den Versicherer erhöhen. Deshalb kann eine Person, die an einer lebensbedrohenden Krankheit leidet, nicht zu einer Durchschnittsprämie gegen das Todesfallrisiko versichert werden. Andererseits gibt es aber auch besonders gesunde Menschen, die eine Lebensversicherung abgeschlossen haben und deren Todesfallrisiko geringer ist als das in den Sterbetafeln angegebene. Es stellt sich also die Frage, wie sich der individuelle Gesundheitszustand des Versicherten auf den Wert der Kapitallebensversicherung auswirkt.

11. Besonders guter Gesundheitszustand Bei Abschluß des Versicherungsvertrages wird der zu Versichernde regelmäßig 52 untersucht. Auch bei besonders gutem Gesundheitszustand schließen die Versicherer aber einen Versicherungsvertrag nur zu den Durchschnittsprämien ab 53 • Obwohl also bei einer Todesfallversicherung mit dieser besonders gesunden Person als Versichertem der Barwert der Leistung des Versicherers geringer ist als bei einer Todesfallversicherung mit einem durchschnittlich gesunden Versicherten, muß der Versicherungsnehmer die vollen Prämien zahlen, die dazu verwendet werden, ein ebenso hohes Deckungskapital zu bilden wie bei einer 2. Kapitel A I. Ausnahme: Prämienaufschlag bei Versicherungen ohne Untersuchung, vgl. Bruckj Möller / Winter, E 44. Zum Teil tritt an die Stelle einer ärztlichen Untersuchung eine Befragung des Versicherten (Bruck / Möller / Winter, C 66). Bei entsprechenden Antworten wird der Versicherte auch bei Abschluß einer solchen Versicherung untersucht, vgl. Allgemeiner Geschäftsplan für die Lebensversicherung i. d. F. VerBAV 1986, S. 150 und 306, Nr. 2.1.1 (abgedruckt bei Benkel / Hirschberg, S. 702). 53 Kritisch dazu: Wolff, ZVersWiss Bd. 76 (1987), S. 643. Ganz einsichtig ist dieses System in der Tat nicht. Gerade in höherem Alter können sich erhebliche Unterschiede zwischen einem durchschnittlichen und einem besonders guten Gesundheitszustand ergeben, die durch die Durchschnittsprämie als Mindestprämie nicht berücksichtigt werden. 51

52

104

4. Kap.: Fortführungswert der Kapitallebensversicherung

Versicherung mit einem nur durchschnittlich gesunden Versicherten. Die Bewertung anhand dieses Nettodeckungskapitals führt also bei einer solchen Versicherung zu einem Wert, der über dem versicherungsmathematischen Wert der Leistung des Versicherers liegt. Entscheidend für die Bewertung ist aber nicht der versicherungsmathematische Wert, sondern der Wert, den die Kapitallebensversicherung nach der Verkehrsanschauung hat 54. Wie sich daran zeigt, daß auch gesunde und besonders gesunde Menschen eine Lebensversicherung abschließen, werden die Durchschnittsprämien im Rechtsverkehr akzeptiert. Wenn der Versicherungsnehmer am Bewertungsstichtag eine entsprechende Versicherung neu abschlösse, so müßte er ebenfalls die vollen Durchschnittsprämien aufwenden. Der Wert der Versicherung kann deshalb nur anhand dieser Durchschnittsprämien bestimmt werden. Auch Versicherungen auf das Leben besonders gesunder Versicherter müssen somit anhand des Nettodeckungskapitals bewertet werden, da auch besonders gesunde Versicherte nur zu diesen Prämien versichert und entsprechende Versicherungen auch abgeschlossen werden.

111. Besonders schlechter Gesundheitszustand a) Gleich schlechter Gesundheitszustand bei Abschluß der Versicherung und am Bewertungsstichtag

Ergibt sich bei der Eingangsuntersuchung des Versicherten ein negativ abweichender Gesundheitszustand 55, so gibt es drei Möglichkeiten: Entweder die Abweichung ist so gering, daß der Betreffende noch im Rahmen der Durchschnittsprämie versichert werden kann, oder der Versicherer lehnt den Abschluß einer Versicherung ab, oder er verlangt entsprechende Prämienzuschläge 56 • Liegt die Abweichung noch im Rahmen des zur Durchschnittsprämie Versicherbaren 57, so ist zwar der versicherungsmathematische Wert der Versicherung höher als der Wert bei durchschnittlichem Gesundheitszustand; da aber der VersiDazu bereits oben, A Ir. Wenn der abweichende Gesundheitszustand bei Antragstellung zwar bestand, aber nicht festgestellt wurde, so steht dies einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes nach Abschluß der Versicherung gleich, da es bei der Bewertung anhand der künftigen Prämienersparnis allein darauf ankommt, welche Prämien tatsächlich geschuldet werden und welche bei einem Neuabschluß vereinbart würden. Bei einem Neuabschluß müßte aber die nunmehr bekannte Krankheit angegeben werden. 56 Nach Angaben der Schweizer Rück werden rund 90% der Antragsteller zur Durchschnittsprämie versichert, 6 -7 % werden gegen erhöhte Prämien versichert und bei 34% wird die Versicherung abgelehnt oder zurückgestellt, vgl. Fessel, S. 8. 57 Normalerweise werden diese sog. Übersterblichkeiten bis zu 120% (Normalsterblichkeit entspricht 100%) ohne Zuschläge versichert, vgl. Münchner Rück, Einschätzungsbuch, S. 1(-3), und Zuschlagstabellen der Kölnischen Rück, die einen Prämienzuschlag erst ab einer Übersterblichkeit in Höhe von 125 % vorsehen. 54 55

D. Der Einfluß des individuellen Gesundheitszustandes

105

cherungsnehmer bei einem fIktiven Neuabschluß - unveränderte Geschäftspraxis des Versicherers unterstellt - ebenfalls nur die Durchschnittsprämie zu bezahlen hätte, erspart er durch die Fortführung der alten Versicherung insoweit nichts. Die während der Ehezeit geschaffene Möglichkeit, die bestehende Versicherung fortzuführen, hat für den Versicherungsnehmer bei einer solchen Versicherung keinen höheren Wert als für einen Versicherungsnehmer einer Versicherung mit einem durchschnittlich gesunden Versicherten. Der Wert dieser Versicherung ist gleich dem Nettodeckungskapital. Da der Versicherungsnehmer einer Versicherung mit einem Versicherten, der zwar nicht gesund, aber doch zu Durchschnittsprämien versicherbar ist, im Vergleich zu einem Neuabschluß keinen höheren Wert als bei durchschnittlichem Gesundheitszustand erspart, kann auch eine solche Versicherung anband des Nettodeckungskapitals bewertet werden. Hat der Versicherer den Abschluß der Versicherung abgelehnt, weil der Gesundheitszustand des zu Versichernden zu schlecht war, so besteht kein Versicherungsanspruch. Eine Bewertung erübrigt sich also. Weicht der Gesundheitszustand des Versicherten so gravierend vom Durchschnitt ab, daß der Versicherer zwar eine Versicherung zur Durchschnittsprämie ablehnt, der zu Versichernde aber noch versicherbar ist, so werden entsprechend erhöhte Prämien vereinbart. Wie sich an § 11 Abs. 3 VAG zeigt, brauchen sich diese Zuschläge jedoch nicht unbedingt im Deckungskapital niederzuschlagen 58. Daraus folgt, daß bei Versicherungen, die gegen erhöhte Prämie abgeschlossen wurden, das Nettodeckungskapital unter dem Wert der Versicherungsleistung liegen kann, die der Versicherer bei der Festlegung des Prämienzuschlages errechnet hat. Denn obwohl der Versicherer wegen des höheren Risikos nur gegen eine erhöhte Prämie zum Abschluß des Versicherungsvertrages bereit war, errechnet er das Nettodeckungskapitallediglich anband des Wertes bei durchschnittlichem Gesundheitszustand. Bei der Bestimmung des Wertes, den eine solche Versicherung nach der Verkehrsanschauung hat, sind die erhöhten Prämien zugrunde zu legen, auch wenn sich diese nicht im Deckungskapital niederschlagen: Wie sich daran zeigt, daß die Versicherungsnehmer bei abweichendem Gesundheitszustand des Versicherten erhöhte Prämien akzeptieren, wird nach der Verkehrsanschauung der Versicherung eines kranken Versicherten ein höherer Wert beigemessen als der eines gesunden Versicherten. 58 Diese als reine Risikozuschläge bezeichneten, im Hinblick auf das Deckungskapital neutralen Zuschläge sind nach Bruck / Möller / Winter, E 28, die Regel. Sie gelten als in dem jeweiligen Jahr verbraucht und erhöhen deshalb das Deckungskapital nicht. Nur wenn bei Nichteintritt des Versicherungsfalls die Rückerstattung der Risikozuschläge vereinbart ist, wird ein entsprechendes Deckungskapital gebildet, da es sich bei dieser Rückerstattungsverpflichtung wirtschaftlich um eine Erlebensfallversicherung handelt (vgl. Reichei, S. 122).

106

4. Kap.: Fortführungswert der Kapitallebensversicherung

Wenn also zur Bewertung einer solchen Versicherung auch nicht ohne weiteres auf das Nettodeckungskapital zurückgegriffen werden kann, so läßt sich doch der Wert nach der oben entwickelten Prämiendifferenzmethode 59 errechnen: Der Wert des bedingten Anspruchs aus der bestehenden Versicherung ist am Stichtag ebenso hoch wie der bei einem Neuabschluß zu sonst gleichen Bedingungen. Damit ist der Barwert der Leistungen des Versicherers gleich, so daß der Wert der Fortführungsmöglichkeit anhand der Differenz zwischen der vereinbarten Prämie und der bei Neuabschluß zu vereinbarenden Prämie ermittelt werden kann. Je nach Art der Prämienzuschläge können dabei Abweichungen vom Nettodekkungskapital auftreten, deren genaue Höhe aber nur ein Sachverständiger ermitteln kann. Man unterscheidet additive und multiplikative Prämienzuschläge sowie die Prämienerhöhung durch Eingruppierung in eine andere Altersklasse 6O • Die additiven Prämienzuschläge führen zu keiner künftigen Prämienersparnis, da es sich um konstante Zuschläge handelt; Besonderheiten gelten nur, wenn die Rückgewähr der Zuschläge für den Erlebensfall vereinbart ist. Diese Vereinbarung ist - wie bereits oben bemerkt - wie eine Erlebensfallversicherung zu behandeln, so daß ein entsprechendes Deckungskapital zu bilden ist 61 , das der Bewertung unterliegt. Bei multiplikativen Zuschlägen hängt die absolute Höhe des Zuschlages von der Grundsterblichkeit ab, so daß bei höherem Eintrittsalter erhöhte Zuschläge gefordert werden 62. Durch den Abschluß der Versicherung während der Dauer der Zugewinngemeinschaft tritt also in der Zeit nach ihrer Beendigung eine Ersparnis ein, so daß die Möglichkeit der Fortführung der bestehenden Versicherung ein vermögenswerter Vorteil ist. Es muß also hier zur Bewertung eine neue (Netto-) Prämienkalkulation durchgeführt werden. Die Eingruppierung in eine höhere Altersklasse hat ein erhöhtes Nettodeckungskapital zur Folge, so daß die Bewertung anhand dieses Nettodekkungskapitals möglich ist. Zur Verdeutlichung einige Beispiele: Ein 25-jähriger schließt eine Kombinationsversicherung auf das 60. Lebensjahr ab, seine Übersterblichkeit beträgt 200%, d. h., die Wahrscheinlichkeit, im jeweils nächsten Jahr zu sterben, ist doppelt so hoch wie bei einem Gesunden. Der jährliche Prämienzuschlag beträgt nach den Tabellen der Kölnischen Rück für eine solche Versicherung 2,10/00 der Versicherungssumme (also bei 100.000.- DM Versicherungssumme 210.- DM Zuschlag pro Jahr). Schließt der Versicherungsnehmer dagegen erst im 45. Lebensjahr eine Kombinationsversicherung auf das 60. Lebensjahr ab, so beträgt der Zuschlag bei gleicher Übersterblichkeit 4,40/00 (also bei 100.000.- DM Versicherungssumme 440.- DM). Bei früherem Abschluß erspart der Versicherungsnehmer hier in jedem Jahr der Versicherung 2,3 %0 der Versicherungssumme. Wenn also der Versicherungsnehmer, der (verheiratet) mit 25 Jahren die Versicherung auf sein Leben abgeschlossen hat, im Alter von 45 Jahren die 59 60 61

62

Zu diesem Verfahren bereits oben, 4. Kapitel A III. Vgl. Reichei, S. 123. Vgl. Reichei, S. 122. Vgl. Tabellen der Kölnischen Rück.

D. Der Einfluß des individuellen Gesundheitszustandes

107

Scheidung einreicht, so hat er durch die Prämienzahlung während der Ehezeit einen zusätzlichen Vermögensvorteil in Höhe von 230.- DM pro Jahr erlangt. Dieselbe Vergleichsrechnung ergibt für den Abschluß einer Kombinationsversicherung im Alter von 33 Jahren auf das 68. Lebensjahr bei einer 300 %-igen Übersterblichkeit im 58. Lebensjahr einen jährlichen Vorteil in Höhe von 16,9%0, also bei einer Versicherungssumme von 100.000.- DM rund 1700.- DM pro Jahr.

b) Veränderungen des Gesundheitszustandes während der Dauer der Zugewinngemeinschaft 1. Negative Veränderungen

Relativ häufig wird sich der Gesundheitszustand des Versicherten während der Dauer des Versicherungsvertrages verschlechtern. Durch eine solche Verschlechterung steigt die theoretisch richtige, individuelle Risikoprämie stärker als die des Durchschnitts, so daß das Durchschnittsdeckungskapital nicht ausreicht, um die Differenz zwischen der vom Versicherungsnehmer entrichteten Prämie und der individuellen natürlichen Risikoprämie abzudecken. Da das Deckungskapital nach Durchschnittswerten berechnet wird, erhöht der Versicherer das Deckungskapital in einem solchen Fall nicht. Daraus folgt zugleich, daß bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten das Nettodeckungskapital nicht mehr der Differenz zwischen dem Barwert der Leistungen des Versicherers und denen des Versicherungsnehmers entspricht. Es ist deshalb allgemeine Meinung, daß das Deckungskapital nur bei durchschnittlicher Entwicklung des Gesundheitszustandes den Wert der Versicherung zutreffend wiedergibt 63 • Praktisch zeigt sich dieser Unterschied wieder daran, daß der Versicherer allenfalls gegen Prämienzuschläge zu einem Neuabschluß bereit wäre 64. Da aber das Nettodeckungskapital nur die Prämiendifferenz zwischen Fortführung der bestehenden Versicherung und einem Neuabschluß zu Durchschnittsprämien angibt, muß der Wert der Versicherung in diesen Fällen über dem Nettodeckungskapitalliegen. Er errechnet sich - wie bereits oben gezeigt 65 - aus dem Barwert der Differenz der Nettoprämien. 63 Bosshart, s. 69; Bruck / Möller / Winter, G 408; Höckner S. 29 ff.; Koenig, ZVersWiss Bd. 6, S. 447 ff.; Nöbel, S. 12; Wall, S. 34, 39; Ziegler, S. 57 ff. 64 Die oben angestellte Vergleichsrechnung ergibt bei Vertragsschluß mit 25 Jahren ohne Übersterblichkeit im Alter von 45 Jahren mit 200 % Übersterblichkeit eine jährliche Ersparnis in Höhe von 440.- DM; bei Vertragsschluß im Alter von 35 Jahren (ohne Übersterblichkeit) ergibt sich im Alter von 58 Jahren bei einer 3OO%-igen Übersterblichkeit (als Erlebensfall sei das Erreichen des 68. Lebensjahres vereinbart) eine Ersparnis durch den früheren Vertragsschluß in Höhe von 27,4 %0, also bei einer Versicherungssumme von 100.000.- DM eine jährliche Ersparnis in Höhe von 2.740.- DM, die im Nettodeckungskapital nicht enthalten ist. 65 4. Kapitel A III.

108

4. Kap.: Fortführungswert der Kapitallebensversicherung 2. Positive Veränderungen

Verändert sich der Gesundheitszustand des Versicherten positiv, so schlägt sich dies in der Bewertung nur nieder, wenn im Versicherungsvertrag wegen des damals schlechten Gesundheitszustandes erhöhte Prämien vereinbart wurden: War der Versicherte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Durchschnittsprämie versicherbar 66 , so gibt das Nettodeckungskapital den Wert der Versicherung zutreffend wieder, ohne daß es darauf ankommt, ob der Gesundheitszustand des Versicherten durchschnittlich, noch durchschnittlich oder überdurchschnittlich gut war. Eine Verbesserung des Gesundheitszustands ist in diesen Fällen also irrelevant. Wurden dagegen erhöhte Prämien vereinbart, so kann sich eine Verbesserung des Gesundheitszustandes wertmindernd auswirken: Unterstellt man völlige Gesundung des Versicherten, so ist der Wert des bedingten Anspruchs aus dieser Versicherung ebenso hoch wie der aus einer Versicherung mit einem gesunden Versicherten. Der gleich hohen Versichererleistung steht aber eine erhöhte Prämienzahlungspflicht des Versicherungsnehmers gegenüber. Der Wert der bestehenden Versicherung am Stichtag - also die Differenz zwischen dem Wert des Anspruchs gegen den Versicherer und dem Barwert der nach dem Stichtag zu zahlenden Prämien, die zur Erhaltung des Versicherungsschutzes notwendig sind - ist also geringer, da der Versicherungsnehmer wegen der vereinbarten Prämienzuschläge höhere Prämien als bei einer Versicherung mit einem von vornherein durchschnittlich gesunden Versicherten aufwenden muß, obwohl der Gesundheitszustand des Versicherten nunmehr durchschnittlich ist. Der Wert der Versicherung kann in diesen Fällen 67 unter dem Nettodeckungskapital der Versicherung liegen. Übersteigt er noch den Rückkaufswert der Versicherung, so kann der Wert der bestehenden Versicherung anband der Prämiendifferenzmethode ermittelt werden. Erst wenn der so ermittelte Wert unter dem Rückkaufswert liegt, kommt eine Bewertung der bestehenden Versicherung anhand des (höheren) Rückkaufswertes in Betracht, weil dieser als Liquidationswert die Untergrenze bildet 68 • D. h., weil die Kündigung der Versicherung, verbunden 66 Hat sich eine bei Vertrags schluß bestehende Krankheit erst nachträglich herausgestellt, so steht dies einer nachträglichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes gleich, dazu bereits oben, a. 67 In der Regel führen nur unheilbare Krankheiten oder andere Risikoerhöhungen (z. B. erbliche Belastungen) zu Prämienzuschlägen. Bei vorübergehenden Erkrankungen wird der Abschluß der Versicherung zurückgestellt, oder es wird eine Staffelung der Versicherungssumme vereinbart. Bei dieser Staffelung hängt die Höhe der Versicherungssumme im Todesfall in den ersten Jahren der Versicherung von der Zeit ab, die seit Vertragsschluß verstrichen ist. Bei der Wer-Staffel wird bei Eintritt des Versicherungsfalls im ersten Jahr der Versicherung 1/ 10 der Versicherungssumme ausgezahlt, bei Eintritt des Versicherungsfalls im zweiten Jahr 2/10 usw., bis nach Ablauf von zehn Jahren bei Eintritt des Versicherungsfalls die volle Summe gezahlt wird. 68 Bei der Bewertung von Unternehmen ist die Frage, ob der Liquidationswert die Untergrenze der Bewertung bildet, umstritten (vgl. Piltz / Wissmann, NJW 1985, S. 2679;

E. Zusammenfassung

109

mit einem Neuabschluß, finanziell günstiger als die Fortführung der bestehenden Versicherung wäre und ein besonderes Interesse des Versicherungsnehmers an der Fortführung gerade der bestehenden Versicherung nicht ersichtlich ist, kann bei der Bewertung der Versicherung die Kündigungsmöglichkeit nicht unberücksichtigt bleiben, so daß dem Versicherungsnehmer in diesem Fall der durch die Kündigung realisierbare Rückkaufswert als Wert der Versicherung zugerechnet wird.

E. Zusammenfassung des 4. Kapitels Der Fortführungswert einer Kapitallebensversicherung kann - als fiktiver Verkehrswert - mittels ihres (kostenfreien) Anschaffungswertes ermittelt werden. Dieser Wert gibt an, welche Einmalprämie bei einem fiktiven Neuabschluß am Bewertungsstichtag zu entrichten wäre, um eine Versicherung mit gleichem Versicherungsschutz, wie im bestehenden Vertrag vereinbart, zu erhalten, ohne dafür eine höhere laufende Nettoprämie bezahlen zu müssen, als in der bestehenden Versicherung vereinbart. Diese Einmalprämie entspricht zugleich dem Barwert der Prämiendifferenz zwischen der Summe der Nettoprämien der bestehenden Versicherung und der bei einem fiktiven Neuabschluß (ohne zusätzliche Einmalprämie). Sie ist gleich dem Betrag, den der Versicherungsnehmer voraussichtlich bis zum Ablauf der Versicherung dadurch ersparen wird, daß er die Versicherung nicht erst am Bewertungsstichtag, sondern bereits vorher abgeschlossen hat. In der Regel ist der Wert der fiktiven Einmalprämie - und damit auch der Wert der künftigen Prämienersparnis - gleich dem Nettodeckungskapital der bestehenden Kapitallebensversicherung. Eine Bereinigung dieses Wertes wegen der Kosten der Versicherung entfällt, da jene über die gesamte Laufzeit verteilt werden müssen. Die Überschußbeteiligungen bedürfen in der Regel keiner zusätzlichen Bewertung. Anders verhält es sich nur dann, wenn der Anspruch auf die künftigen Überschußbeteiligungen nicht dem Gläubiger der Versicherungsleistung zusteht. Da erst die zinsbedingten Überschußbeteiligungen die in der Prämienkalkulation zugrunde gelegte niedrige Verzinsung des Deckungskapitals ausgleichen, muß - wenn dieser Ausgleich z. B. wegen Abtretung des Anspruchs dem Versicherungsnehmer nicht zugute kommt - die fehlende Fälligkeit der Leistung des Versicherers berücksichtigt werden. Dazu ist eine fiktive Prämienkalkulation, Reimann, FamRZ 1989, S. 1250). Der BGH gesteht dem Unternehmer zu, auch ein unwirtschaftliches Unternehmen fortzuführen und es im Zugewinnausgleich mit diesem geringeren Wert anzusetzen, solange dies wirtschaftlich noch vertretbar ist (BGH, 7.5.1986, IVb ZR 42/85, FamRZ 1986, S.776, 779). Dieses - bei Unternehmen vielleicht verständliche - Affektionsinteresse besteht bei Versicherungen nicht, so daß voraussichtlich auch der BGH in einem solchen Fall den Liquidationswert als Untergrenze ansehen wird.

110

4. Kap.: Fortführungswert der Kapitallebensversicherung

bei der ein marktüblicher Zins verwendet wird, notwendig. Der Anspruch auf die Verzinsung des Deckungskapitals der bestehenden Versicherung ist dann gesondert zu bewerten. Die bestehende Versicherung kann nur dann anband ihres Nettodeckungskapitals bewertet werden, wenn sowohl bei ihrem Abschluß als auch bei fiktivem Neuabschluß keine Prämienzuschläge wegen des abweichenden Gesundheitszustandes des Versicherten vereinbart wurden bzw. zu vereinbaren wären. Unterschiede zum Nettodeckungskapital können sich selbst dann ergeben, wenn sich der schon bei Abschluß der Versicherung abweichende Gesundheitszustand des Versicherten, dem durch Prämienzuschläge Rechnung getragen wurde, während der Zeit bis zum Bewertungsstichtag nicht verändert hat. Hat sich der Gesundheitszustand in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Bewertungsstichtag erheblich verschlechtert, so liegt der Wert der bestehenden Versicherung regelmäßig über dem Nettodeckungskapital; hat er sich erheblich verbessert, so kann der Wert - wenn in der bestehenden Versicherung Prämienzuschläge vereinbart wurden - im Einzelfall auch unter dem Nettodeckungskapitalliegen, wobei aber der Rückkaufswert die Untergrenze der Bewertung bildet.

Fünftes Kapitel

Bedenken gegen die Bewertung der Kapitallebensversicherung anhand ihres vollen Wertes A. Die fehlende Realisierbarkeit des vollen Wertes Bevor die im vorigen Kapitel entwickelte Bewertung der Kapitallebensversicherung - insbesondere bei streitigem Gesundheitszustand des Versichertenim einzelnen ausgeführt wird, bedarf die grundsätzliche Frage näherer Erörterung, ob der Wert eines Vermögensgegenstandes bei der Bewertung im Zugewinnausgleich höher sein kann als der jederzeit realisierbare Wert oder ob der Liquidationswert - auf die Kapitallebensversicherung bezogen also der Rückkaufswert - die Obergrenze 1 der Bewertung bildet 2 • Konkret bedeutet diese Frage, ob man einem Ehegatten, der Versicherungsnehmer und dann regelmäßig zugleich auch Versicherter ist, z. B. in der Todesfallversicherung ansinnen will, einen Vermögenswert auszugleichen, der nur durch das eigene Versterben realisiert werden kann, und - weitergehend - , ob man einen noch höheren Wert deshalb annimmt, weil sein Gesundheitszustand besonders schlecht ist. Da sich dieses Problem erst durch die Bewertung einer Kapitallebensversicherung anhand der künftigen Prämienersparnis ergibt, dieser Weg aber in der vorliegenden Arbeit erstmals beschritten wird, finden sich in Literatur und Rechtsprechung keinerlei unmittelbar einschlägigen Stellungnahmen.

I. Die Bewertung der Kapitallebensversicherung in anderen Rechtsgebieten Auch in anderem Zusammenhang, in dem die Bewertung von Lebensversicherungen gesetzlich geregelt ist, findet sich nichts, was zur Klärung dieser Frage beitragen kann:

1 Zur Bedeutung des Rückkaufswertes als Untergrenze der Bewertung bereits oben, 4. Kapitel D III b 2. 2 So Börger, Rz. 94 (S. 128), und Koenig, S. 448 Fn. 2 und S. 481 f.

112

5. Kap.: Bedenken gegen die Bewertung mit dem vollen Wert

a) Bewertungsgesetz Nach § 110 Abs. 1 Nr.6 Satz 1 i. V. m. Satz 2 lit. c BewG gehören auch Lebensversicherungen auf Kapitalbasis vor Eintritt des Versicherungsfalls zum sonstigen Vermögen des Berechtigten, wenn ihr Wert zusammen mit den übrigen Lebens-, Kapital- und Rentenversicherungen des Steuerpflichtigen 10.000.- DM übersteigt. Der Wert der Versicherung wird nach § 12 Abs. 4 BewG bestimmt; er beträgt zwei Drittel der eingezahlten Prämien; weist der Steuerpflichtige einen Rückkaufswert nach, so ist dieser maßgebend. Durch diese Regelung wird dem Steuerpflichtigen also ein Wahlrecht hinsichtlich des Bewertungsmaßstabes eingeräumt. Allein die Existenz eines Wahlrechts zeigt, daß diese Regelung für den Zugewinnausgleich nicht maßgebend sein kann. Sie dient der Vereinfachung der Besteuerung 3, ohne eine möglichst exakte Wertermittlung anzustreben. Hinzu kommen im Steuerrecht Subventionierungsgedanken. Nach ganz einhelliger Auffassung 4 sind deshalb die steuerlichen Bewertungsmaßstäbe im Zugewinnausgleich nicht heranzuziehen 5 •

b) Versorgungsausgleich 1. Der Umwandlungswert

Lebensversicherungen, die auf Rentenzahlung gerichtet sind und deshalb dem Versorgungsausgleich unterliegen 6 , sind gemäß § 1587a Abs. 2 Nr. 5 lit. a BGB mit dem Wert anzusetzen, der sich nach Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie ergäbe, wenn der Versicherungsfall eingetreten wäre. Es wird also im Versorgungsausgleich der Rentenbetrag eingesetzt, der sich bei Erreichen der vereinbarten Altersgrenze ergäbe, wenn der Versicherungsnehmer keine weiteren Prämien für die Versicherung aufbrächte. Die Höhe der Rente hängt daher vom Gürsching / Stenger, § 12 BewG Rz. 117; Herrmann, S. 129. BVerfG (16.10.1984, 1 BvL 17/80) FamRZ 1985, S. 256,260 (zu § 1376 Abs. 4 BGB); OLG Düsseldorf (27.9.1985,7 UF 12/85) FamRZ 1986, S. 168, 169 (landwirtschaftlicher Betrieb); Bachmann, S. 21; Börger, Rz. 79 (S. 111); Erman / Heckelmann, § 1376 Anm. 5; Herrmann, S. 14 und S. 128; Rittner, FamRZ 1961, S. 514; Schwab, VII, Rz. 47; Soergel / Lange, § 1376 Rz. 7. 5 Aus diesem Grund können auch die Regelungen des § 6a Abs. 3 EStG über die Bewertung von Pensionszusagen bei der Bewertung im Zugewinnausgleich nicht entsprechend herangezogen werden. Diese Regeln laufen auf eine Bewertung nach dem Nettodeckungskapital hinaus (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 EStG), vgl. dazu Stuhrmann, in: Hartmann / Böttcher / Nissen / Bordewin, § 6 a EStG Rz. 147 ff. Dem Problem der Überschußbeteiligungen wird durch einen erhöhten Zinssatz (6 %) Rechnung getragen (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG). Risikoerhöhungen sind nicht zu berücksichtigen, wenn der Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens oder ihr Umfang ungewiß ist (§ 6 a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG). Besondere Probleme der Handelsbilanz bei der Berechnung der Rückstellungen behandelt Hardes, DB 1985, S. 1801 ff. 6 Zur Abgrenzung oben, 1. Kapitel B 11 b. 3

4

A. Die fehlende Realisierbarkeit

113

Umwandlungswert der Versicherung ab. Dieser errechnet sich nach § 174 Abs. 2 VVG aus der Prämienreserve und damit aus dem ausgewiesenen DeckungskapitaF. Gegen die Bewertung anhand des Umwandlungs wertes spricht aber die Methode, nach der dieses Deckungskapital berechnet wird: Wie oben ausführlich dargelegt 8, werden nach dem Zillmerverfahren Erwerbskosten, die nach dem Versicherungsvertrag Bestandteil der Prämie sind, mit dem Nettodeckungskapital verrechnet, obwohl keine entsprechende Schuld des Versicherungsnehmers besteht. Der BGH9 hat im Zusammenhang mit der Bewertung einer Lebensversicherung im Versorgungsausgleich auch festgestellt, daß aufgrund der Bewertung anhand des mit den Erwerbskosten verrechneten Deckungskapitals in der Anfangsphase Beiträge gezahlt werden, ohne daß ein Umwandlungswert entsteht. Er hat aber die notwendige Konsequenz, auf das Nettodeckungskapital abzustellen, nicht gezogen, sondern bestätigt, das geschäftsplanmäßig ausgewiesene Deckungskapital sei maßgebend, und hat an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses habe seine Aufklärungspflicht verletzt; angesichts des Ergebnisses (es waren bereits 5.500.- DM Versicherungsprämien bezahlt, ein Rückkaufswert bestand noch nicht) seien weitere Nachfragen beim Versicherer veranlaßt gewesen. Ob diese erfolgreich gewesen wären, muß bezweifelt werden, liegt dieses untragbare Ergebnis doch nicht am Versicherer, sondern an der Bewertung der Versicherung anhand des ausgewiesenen Deckungskapitals. Ungereimtheiten entstehen weiter dadurch, daß der BGH den Stornoabzug nach § 176 Abs. 4 VVG bei der fiktiven Umwandlung im Versorgungsausgleich nicht zulassen will 10, Stornoabzug und Zillmerverfahren aber durchaus vergleichbar sind 11: In beiden Fällen geht es darum, den Versicherer vor finanziellen Nachteilen durch die vorzeitige Auflösung des Vertrages zu bewahren 12. Wenn aber nach Ansicht des BGH der Stornoabzug bei der Berechnung des Umwandlungswertes 7 Zur Austauschbarkeit dieser Begriffe bereits oben, 3. Kapitel A I a 1. Der BGH (13.11.1985, IVbZR 131/82) FamRZ 1986, S. 344, verwendet den Begriff des geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals, also des Deckungskapitals, das sich aus dem Geschäftsplan des Versicherers ergibt. Dieser Wert ist identisch mit dem Deckungskapital unter Verrechnung der Kosten (gezillmertes Deckungskapital). 8 2. Kapitel A V 9 BGH (13.11.1985, IVb ZB 131/82) FamRZ 1986, S. 344 f. Zu dieser Entscheidung vgl. bereits oben, 3. Kapitel A I a 2. 10 BGH (13.11.1985, IVb ZB 131/82) FamRZ 1986, S. 344. Ebenso Gitter / Hoffmann, FS Beitzke, S. 955; Maier, VA, S. 103; Rolland, § 1587 a Rz. 110; Schwab / Hahne, VI, Rz. 141. A. A. Soergel/Winter, § 1587a Rz. 272. 11 Vgl. Hagelschuer, S. 176, der den Stornoabzug mit der Finanzierung der Abschlußkosten rechtfertigt, die durch die Zillmerung noch nicht gedeckt sind. 12 Im einzelnen ist der Sinn des Stornoabzuges umstritten, vgl. Bruck / Möller / Winter, G 420 ff., und oben, 2. Kapitel A VI.

8 Voit

114

5. Kap.: Bedenken gegen die Bewertung mit dem vollen Wert

außer Betracht bleiben soll, weil die Umwandlung nur eine fiktive sei und die Versicherung tatsächlich fortgeführt werde, so ist es inkonsequent, sich dieser Argumentation bei der Frage des Zillmerverfahrens zu verschließen. Wenn angesichts des Wortlauts des § 1587a Abs. 2 Nr. 5 BGB, der auf eine Umwandlung der Versicherung abstellt, eine Bewertung anband des Nettodekkungskapitals nur schwer zu begründen ist I3, weil die Umwandlung nach § 174 VVG an das (gezillmerte) Deckungskapital anknüpft, so ist diese versorgungsausgleichsrechtliche Regelung doch so wenig sachgerecht 14, daß man sie auf ihren unmittelbaren Anwendungsbereich beschränken muß. Aus einer Parallele zu § 1587a Abs. 2 Nr. 5 BGB ergibt sich also nicht, daß die Lebensversicherung auch im Zugewinnausgleich nur mit ihrem (gezillmerten) Deckungskapital zu bewerten ist.

2. Abweichender Gesundheitszustand im Versorgungsausgleich

Auch in bezug auf die Frage, ob der individuelle Gesundheitszustand des Versicherten bei der Bewertung im Zugewinnausgleich berücksichtigt werden muß, kann dem Fehlen einer entsprechenden Regelung im Versorgungsausgleich nichts entnommen werden: Im Versorgungsausgleich werden künftige Versorgungsleistungen ausgeglichen, indem für den Ausgleichsberechtigten entsprechende Anwartschaften neu begründet oder solche des anderen Ehegatten übertragen werden. Versorgungs anwartschaften knüpfen aber notwendig an das Erleben eines Termins und nicht an das vorzeitige Versterben an. Bei erhöhter Sterblichkeit wird also die Wahrscheinlichkeit, die Versorgungsleistungen zu erhalten, geringer. Die Bewertung der Versorgungsleistungen kann somit systembedingt eine erhöhte 15 Sterblichkeit nicht werterhöhend berücksichtigen. Die Regelungen des Versorgungsausgleichs sagen deshalb auch in diesem Punkt nichts über die Bewertung einer Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich aus. 13 Diese Bedenken erheben sich auch dagegen, den Stornoabzug außer Betracht zu lassen. Der Wortlaut des § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 lit. a BGB bezieht sich auf die Umwandlungsmöglichkeit nach § 174 VVG. Dieser Umwandlungswert nach § 174 VVG sieht aber die Möglichkeit eines Stornoabzugs ebenso vor wie die Anknüpfung an die (gezillmerte) Prämienreserve. 14 In den Materialien findet sich weder eine Auseinandersetzung mit der Frage des Stornoabzuges noch mit der des Zillmerverfahrens. 15 Eine verringerte Sterblichkeit kann ebenfalls nicht berücksichtigt werden: Ausgeglichen werden die monatlichen Versorgungsleistungen, die der Berechtigte später bekommen wird. Die Höhe dieser monatlichen Leistungen hängt aber nicht von der Lebenserwartung ab. Wenn der Berechtigte eine besonders hohe Lebenserwartung hat, so bekommt er zwar insgesamt eine höhere Versicherungsleistung, nicht aber in jedem einzelnen Monat. Nur auf diese Rentenhöhe kommt es aber im Versorgungsausgleich an, vgl. § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 lit. a BGB.

A. Die fehlende Realisierbarkeit

115

11. Der Einfluß der fehlenden Realisierbarkeit des vollen Wertes bei der Bewertung anderer Vermögensgegenstände Wenn auch die Frage, ob der Wert eines Vermögensgegenstandes auf den am Stichtag realisierbaren Wert beschränkt werden muß, nicht im Zusammenhang mit Kapitallebensversicherungen erörtert wurde, so fand sie doch im Zusammenhang mit der Bewertung von Gesellschaftsanteilen, bei denen für den Fall des Ausscheidens Abfindungen unter dem vollen Wert der Beteiligung vereinbart waren, erhebliche Beachtung. a) Parallele Interessenlage bei Kapitallebensversicherungen

und gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklauseln

Obwohl Kapitallebensversicherungen und Gesellschaftsbeteiligungen zunächst nichts miteinander gemeinsam zu haben scheinen, ergeben sich im Hinblick auf die vorliegende Problematik durchaus Parallelen: Ebenso wie bei Lebensversicherungsverträgen gibt es kaum einen Markt für den Verkauf von Beteiligungen einer Personengesellschaft, da eine Veräußerung des Anteils - sofern nichts anderes vereinbart ist - nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich ist 16. In der Regel verbleibt einem Gesellschafter, der den Wert seiner Beteiligung realisieren möchte, deshalb nur die Kündigung des Gesellschaftsvertrages gemäß § 723 BGB 17, um so den Wert seiner Beteiligung ausgezahlt zu bekommen (§§ 730ff. BGB) 18. Dieses Kündigungsrecht des Gesellschafters kann zwar wegen § 723 Abs. 3 BGB gesellschaftsvertraglieh nicht ausgeschlossen werden, es kann aber - und das ist in der Praxis bei allen bedeutenderen Gesellschaften die Regel- bestimmt werden, daß die Gesellschaft bei Kündigung nicht aufgelöst, sondern durch die anderen Gesellschafter fortgeführt wird (v gl. § 736 BGB 19). Der kündigende Gesellschafter scheidet dann aus der Gesellschaft aus und bekommt, "was er bei einer Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines 16 Allg. Meinung, vgl. BGH (28.4.1954, II ZR 8/53) BGHZ 13, S. 179, 182 ff.; BGH (11.4.1957, II ZR 182/55) BGHZ 24, S. 106,114; BGH (30.6.1980, II ZR 219/79) BGHZ 77, S. 392,395 f.; Flume, Personengesellschaft, S. 349,352; K. Schmidt, S. 972 f. Umstritten ist dabei, ob die Veräußerung derivativen Erwerb begründet oder ob sie aus Ausscheiden des alten und Eintreten des neuen Gesellschafters zusammengesetzt ist, vgl. Flume, a. a. 0.; K. Schmidt, a. a. O. 17 Bei der OHG: § 105 Abs. 2 HGB i. V. m. § 723 Abs. 1 BGB (modifiziert durch § 132 HGB); bei der Kommanditgesellschaft gilt über § 161 Abs. 2 HGB Entsprechendes. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann nach § 133 HGB Auflösung der Gesellschaft durch gerichtliche Entscheidung verlangt werden. 18 Für die OHG teilweise modifiziert durch § 155 HGB. 19 Für die OHG vgl. § 138 HGB.

8*

116

5. Kap.: Bedenken gegen die Bewertung mit dem vollen Wert

Ausscheidens aufgelöst worden wäre" (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB 20). Von Rechtsprechung 21 und Literatur 22 wird es für zulässig gehalten, im Bestandsinteresse der Gesellschaft diese Bestimmung - in Grenzen 23 - gesellschaftsvertraglich abzubedingen, indem ein Abfindungswert vereinbart wird, der unter dem wirklichen Wert der Beteiligung liegen kann. Üblich sind insbesondere Buchwertabfindungsklauseln 24, also Klauseln, die den Wert der Beteiligung anhand des steuerlichen Buchwerts errechnen, obwohl in diesem die stillen Reserven, d. h. Vermögenswerte, die wegen der Abschreibungsmöglichkeiten im Steuerrecht sich nicht in vollem Umfang in der Bilanz niederschlagen, und der Firmenwert, also der über den Substanzwert hinausgehende Wert des Unternehmens, nicht enthalten sind. Die einzige Möglichkeit, den Anteil zu Bargeld zu machen, besteht somit darin, den Gesellschaftsvertrag trotz der Abfindungsvereinbarung zu kündigen und sich mit dem geringeren Wert zu begnügen. Die Interessenlage ist deshalb der bei der Lebensversicherung ganz ähnlich: In beiden Fällen existiert ein wirtschaftlicher Wert, der aber vom Berechtigten nicht realisiert werden kann. Der Gesellschafter bekommt bei Kündigung nur eine Abfindung, der Versicherungsnehmer nur den Rückkaufswert, obwohl der "wahre" Wert in beiden Fällen höher ist. Hinzu kommt bei Gesellschaftsbeteiligungen wie bei Lebensversicherungsverträgen, daß auch Gläubiger auf diese Vermögensgegenstände zurückgreifen können und so der unter dem wahren Wert liegende Kündigungswert auch gegen den Willen des Betroffenen realisiert werden kann 25 •

Über § 105 Abs. 2 HGB auch auf die OHG anwendbar. BGH (29.5.1978, II ZR 52/77) NJW 1979, S. 104 = WM 1978, S. 1044; BGH (25.9.1980,11 ZR 255/79) WM 1980, S. 1362. 22 H. L., vgl. flume, Personengesellschaft, S. 181 ff.; Heyn, FS Schiedermair, S. 271 ff.; K. Schmidt, S. 1092 ff.; Westermann, Rz. 446 ff. Umfassend zur Zulässigkeit dieser Klauseln: Heckelmann, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, 1973. 23 Vgl. flume, Personengesellschaft, S. 181 ff.; K. Schmidt, S. 1097 ff.; Westermann, Rz.450. 24 Zur Zulässigkeit der Buchwertabfindungsklauseln vgl. flume, Personengesellschaft, S. 185; Heyn, FS Schiedermair, S. 271 ff.; K. Schmidt, S. 1093; Westermann, Rz. 447. Kritisch dazu: Hennerkes / Binz, DB 1983, S. 2669 ff. 25 Bei Gesellschaftsbeteiligungen kann u. U. der Gesellschafter auch gegen seinen Willen aus der Gesellschaft entfernt werden. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH, vgl. BGH (13.7.1981, II ZR 56/80) BGHZ 81, S. 263 ff., und BGH (19.9.1988, II ZR 329/87) BGHZ 105, S. 213 ff., ist allerdings die Ausschließung eines Gesellschafters ohne sachlichen Grund sittenwidrig, wobei der Grund kein "wichtiger" zu sein braucht. Bei Ausschließung aus wichtigem Grund wird eine Abfindungsklausel regelmäßig als zulässig angesehen, BGH (29.5.1978, II ZR 52/77) WM 1978, S. 1044. Hinsichtlich der Ausschließung ohne wichtigen Grund ist ihre Zulässigkeit im einzelnen umstritten, vgl. flume, NJW 1979, S. 902 ff.; Hirtz, BB 1981, S. 761 ff. 20 21

A. Die fehlende Realisierbarkeit

117

b) Die Bewertung eines Gesellschaftsanteils mit Abfindungsklausel

Die Bewertung solcher Beteiligungen im Zugewinnausgleich ist außerordentlich kontrovers diskutiert worden 26. So wurde vorgeschlagen, nur vorläufig zu bewerten und abzuwarten, ob der Gesellschafter wirklich ausscheidet 27 . Je nach der tatsächlichen Entwicklung sollte dann der Zugewinn korrigiert werden 28 . Solche vorläufigen Lösungen wurden für den Zugewinnausgleich bereits oben 29 abgelehnt, da die rasche und endgültige Abwicklung der Scheidungsfolgen vorrangiges Ziel des Gesetzgebers ist. Im Rahmen der endgültigen Bewertung wurden eine Bewertung nach dem Abfindungswert 30 , nach dem vollen Wert 31 sowie Mittelwege 32 vorgeschlagen, die durch Zuschläge zum Abfindungswert bzw. durch Abschläge vom vollen Wert den Entwicklungsmöglichkeiten Rechnung tragen sollten. Festzuhalten ist zunächst, daß Ziel jeder Bewertung die Ermittlung des vollen Wertes des Vermögensgegenstandes sein muß33: Wie bereits oben 34 ausgeführt, verwalten die Ehegatten ihr Vermögen während der Dauer der Zugewinngemeinschaft grundsätzlich in eigener Verantwortung, § 1364 BGB. Der andere Ehegatte hat bei der Vermögensverwendung kein Mitspracherecht. Er kann also weder auf die Entscheidung, einen Gesellschaftsanteil zu erwerben, noch auf die konkrete Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages Einfluß nehmen. Bewertete man Gesellschaftsanteile anhand der Abfindungsklauseln, so würde den Ehegatten die Möglichkeit eröffnet, durch Vereinbarung einer solchen Klausel den Wert ihres Endvermögens zu verringern und so im 26 Zum Streitstand vgl. Reimann, FamRZ 1989, S. 1250 ff. 27 Zunächst kein Ausgleich, aber Berichtigung bei Realisierung des Wertes: RGRKFinke, § 1376 Rz. 11; Staudinger I Felsenträger (10./ 11. Aufl.), § 1376 Rz. 29. Zunächst voller Ausgleich, später Berichtigung: Küster, S. 70 ff.; Schmitz-Herscheidt, S. 190 ff.; Ulmer, ZGR Bd. 1 (1972), S. 341 f. 28 Auf diese Lösung läuft auch der Vorschlag Sieberts, NJW 1960, S. 1036 ff. (zum Pflichtteilsrecht), hinaus, zunächst den Abfindungswert auszugleichen und hinsichtlich des Differenzbetrages zum Voll wert dem Gesellschafterehegatten ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 242 BGB zuzugestehen, bis der Vollwert realisiert wird (ähnlich auch Johannsen [WM 1970, S. 112], offenbar aber mit Leistungsverweigerungsrecht in voller Höhe). 29 2. Kapitel C. 30 Huber, S. 342, 345 ff.; Wiedemann, S. 213, 218 ff. 31 Rittner, FarnRZ 1961, S. 515; Tiedau, MDR 1959, S. 256 f. So auch die Leitentscheidung des BGH vom 10.10.1979 (IV ZR 79/78) BGHZ 75, S. 195,201 f.; ähnlich Benthin, FamRZ 1982, S. 346. 32 Goroncy, NJW 1962, S. 1897 ff.; ähnlich Johannsen, WM 1978, S. 661. 33 BVerfG (16.10.1984,1 BvL 17 180) FamRZ 1985, S. 256,260; BGH (23.10.1985, IVb ZR 62/84) FamRZ 1986, S.37, 39; Johannsen, WM 1978, S.659; Johannsenl Henrich 1Jaeger, § 1376 Rz. 5; MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz. 8; Palandt 1Diederichsen, § 1376 Anm. 1; Schwab, VII, Rz. 47; Staudinger/Thiele, § 1376 Rz. 10. 34 1. Kapitel B 11.

118

5. Kap.: Bedenken gegen die Bewertung mit dem vollen Wert

Ergebnis den hälftigen Ausgleich des Zugewinns zu umgehen. Der alleinigen Verwaltungszuständigkeit der Ehegatten muß deshalb das Risiko dieser Form der Vermögensverwendung entsprechen. Dazu gehört auch die Gefahr, aus noch nicht absehbaren Gründen den Anteil kündigen zu müssen oder von den anderen Gesellschaftern ausgeschlossen zu werden. Eben weil der Zugewinnausgleich ein Wertausgleich und kein Risiko- oder Chancenausgleich ist, darf der andere Ehegatte nicht mit einem Risiko belastet werden, bei dessen Übernahme er kein Mitspracherecht hatte und das er selbst nicht übernommen hat. Erst wenn das Kündigungsrisiko konkrete Auswirkungen auf den Wert der Beteiligung hat, weil ein Erwerber bei unterstelltem Verkauf wegen der Abfindungsvereinbarung einen geringeren Preis zahlen würde, führt die Abfindungsklausel zu einer Wertminderung. Dagegen würde eine Bewertung der Gesellschaftsbeteiligung anhand ihres Klauselwertes nicht nur die Wertminderung wegen des Abfindungsrisikos berücksichtigen, sondern sie würde das Risiko bereits als eingetreten fingieren. Der Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs 35 ist deshalb in vollem Umfang zuzustimmen. Dort heißt es: "Bei einer Unternehmensbeteiligung, die keinen Marktpreis hat, bilden im Regelfall der den good-will einschließende Verkehrswert des Unternehmens und der Umfang der Beteiligung die wesentlichen Grundlagen für die Bemessung ihres Wertes. Wenn die Beteiligung - wie in aller Regel bei einer Personengesellschaft - unveräußerlich ist und der Gesellschaftsvertrag im Falle der Kündigung eines Gesellschafters nur einen Abfindungsanspruch vorsieht, der sich nach einem geringeren Wert als dem wirklichen Wert des Unternehmens richtet, kann sich dies wertmindernd auswirken."36 Der Bundesgerichtshof konkretisiert dann diese wertmindernde Auswirkung: Entscheidend sei, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß sich die eingeschränkte Verwertbarkeit der Beteiligung nach der Verkehrsanschauung auf deren Wert auswirke 37 . Zur Begründung dieser Entscheidung stellt der BGH auf den Nutzwert der Beteiligung ab: Zwar sei in der Regel ein Gegenstand mit seinem fiktiven Verkaufserlös anzusetzen. Anders sei es aber, wenn der Gegenstand nicht frei, sondern nur zu einem vorgeschriebenen, unter dem wahren inneren Wert liegenden Preis veräußert oder sonst verwertet werden könne. Die fehlende Veräußerbarkeit berühre 'die vermögens werte Nutzung des Gegenstandes durch den Inhaber in sonstiger Hinsicht nicht: die Nutzungsmöglichkeit bestimme aber maßgeblich den Wert der Beteiligung 38. 35 36 37 38

BGH (10.10.1979, IV ZR 79/78) BGHZ 75, S. 195. BGH, a. a. 0., S. 195. A. a. 0., S. 201 f. A. a. 0., S. 201; dem folgen in der Literatur: Benthin, FamRZ 1982, S. 346; Börger, Rz.87 (S.121); Johannsen, WM 1978, S.661; Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1376

A. Die fehlende Realisierbarkeit

119

Mit dieser Argumentation knüpft der BGH - ohne dies auszuführen - an seine Rechtsprechung zur Bewertung von Immobilien während einer Rezessionsphase an. So hat er bei der Bewertung einer Reichsheimstätte entschieden, solange der Ehegatte die Sache nutze und weiter nutzen wolle, sei der Mindestwert der Reichsheimstätte nach § 15 Abs. 1 Satz 1 RHeimstG39 zu bemessen, unabhängig davon, ob dieser Preis zur Zeit zu realisieren sei 40. Bestätigt hat er dies noch einmal in der Entscheidung vom 23.10.1985 41 : Ein rezessionsbedingter Abschlag sei bei der Bewertung einer Eigentumswohnung nicht anzuerkennen, auch wenn der wahre Wert momentan nicht zu realisieren sei, sofern der Berechtigte die Wohnung nutze und sie weiter nutzen wolle. c) Übertragbarkeit dieser Bewertung

Es fragt sich also, ob diese Rechtsprechung, die bei Auseinanderfallen von wahrem und realisierbarem Wert den wahren Wert für maßgeblich hält, sofern der Berechtigte den Vermögensgegenstand weiter nutzt, auf die Lebensversicherung übertragen werden kann. Während bei Immobilien oder Gesellschaftsbeteiligungen der Nutzen für den Berechtigten offen zutage tritt, ist die Lebensversicherung auf den ersten Blick für den Berechtigten nur begrenzt nutzbar. Er kann sie - je nach Form der Versicherung - beleihen (§ 5 ALB n. F.) oder kündigen: Der Wert ist in heiden Fällen aber lediglich der Rückkaufswert. Bei differenzierterer Betrachtung ergibt sich aber sehr wohl ein über dem Rückkaufswert liegender Nutzwert der Kapitallebensversicherung, wenn man berücksichtigt, aus welchen Gründen eine solche Versicherung abgeschlossen wird: Rz. 18; MüKo-Gemhuber, § 1376 Rz. 30; Palandt / Diederichsen, § 1376 Anm. 3 b; Schwab, VII, Rz. 70; Soergel / Lange, § 1376 Rz. 14; Staudinger / Thiele § 1376 Rz. 31. 39 Wortlaut der Vorschrift: "Bei Ausübung des Vorkaufsrechts oder des Heimfallanspruchs hat der Ausgeber als Kaufpreis höchstens den Betrag zu zahlen, der sich bei Zugrundelegung des für den Boden bei Errichtung oder Vergrößerung der Heimstätte festgesetzten Betrags unter Hinzurechnung des noch vorhandenen Wertes etwaiger Baulichkeiten und Verbesserungen ergibt." 40 BGH (19.3.1975, IV ZR 9/74) NJW 1975, S. 1021 = MDR 1975, S. 561. Die Entscheidung zeigt die Nähe sowohl zur Problematik der Abfindungsklauseln als auch zu der der Lebensversicherung: "Ein Vermögensgegenstand, der wie die Heimstätte einen bestimmten, nach objektiven Kriterien zu ermittelnden, vom Verkaufspreis unabhängigen Wert hat, verliert ihn nicht dadurch, daß er zur Zeit nicht durch eine Veräußerung realisiert werden kann, wenn der Eigentümer diesen Gegenstand seinem Zweck entsprechend nutzt und auch weiter nutzen will." Falls der Ehegatte den Vermögensgegenstand zu dem geringeren Preis veräußern muß, um die Zugewinnausgleichsforderung erfüllen zu können, will der BGH nach § 1382 BGB Stundung gewähren. 41 BGH (23.10.1985, IVb ZR 62/84) FamRZ 1986, S. 37,40. So auch Johannsen / Henrich /Jaeger, § 1376 Rz. 12; Soergel / Lange, § 1379 Rz. 12. Differenzierend Schwab, VII, Rz. 72; a. A. MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz. 14.

120

5. Kap.: Bedenken gegen die Bewertung mit dem vollen Wert

Diese liegen bei der reinen Todesfallversicherung 42 in der Regel in der Versorgung der Hinterbliebenen. Die Versicherung soll die finanziellen Folgen abdekken, wenn die versicherte Person stirbt und so z. B. der Familienunterhalt gefährdet ist. Nur aus diesem Grunde ist der Versicherungsnehmer bereit, Prämien zu zahlen für eine finanzielle Leistung des Versicherers, die - treffen die Erwartungen des Versicherers zu - wegen der Verwaltungs- und Erwerbskosten weniger wert ist als die gezahlten Prämien 43. Gerade in der Absicherung anderer Personen für den Fall, daß der Versicherte stirbt, besteht also der Nutzen der Todesfall versicherung. Der so beschriebene Nutzen hängt aber vom Gesundheitszustand des Versicherten ab: Wie sich daran zeigt, daß die Versicherer bei Abschluß einer Versicherung mit einem Versicherten, dessen Gesundheitszustand vom Durchschnitt erheblich abweicht, Prämienzuschläge verlangen, diese Zuschläge vom Bundesversicherungsamt genehmigt werden und sich am Markt auch durchsetzen können, ist der Wert einer Todesfallversicherung mit einem Versicherten, der nicht gesund ist, höher als der einer Versicherung mit gesundem Versicherten. Wenn der Versicherungsnehmer die Versorgungsfunktion der Versicherung nutzt, so ist ihm dieser volle Wert zuzurechnen 44 • Das Ergebnis, der Wert einer bestehenden Lebensversicherung könne über dem jederzeit realisierbaren Rückkaufswert liegen, wird bestätigt, wenn man zwei Bestimmungen des VVG näher betrachtet: Nach § 174 VVG kann der Versicherungsnehmer eine Lebensversicherung, für die die Prämien für drei Jahre gezahlt wurden (§ 173 VVG), in eine prämienfreie Versicherung umwandeln. Die auf die Versicherung entfallende Prämienreserve, also der Betrag, der unter den Voraussetzungen des § 176 VVG als Rückkaufswert herausverlangt werden kann 45, wird dabei als Einmalprämie für eine Einmalprämienversicherung auf das Leben des Versicherten behandelt (§ 174 Abs.2 VVG). 42 Auch in der Kombinationsversicherung liegt der Sinn der Todesfallkomponente in dieser Versorgung; in der Erlebensfa1lversicherung stellt sich das Problem eines über dem Rückkaufswert liegenden Fortführungswerts nur begrenzt, da sich ein abweichender Gesundheitszustand allein in der Todesfallversicherung auswirkt. Eine Differenz zwischen Fortführungswert und Rückkaufswert besteht in der Erlebensfallversicherung aber wegen der Zillmerung des Deckungskapitals, vgl. oben 2. Kapitel A V und VI. 43 Vgl. oben, 2. Kapitel A V. 44 Der Begriff ,,Nutzwert" ist insofern mißverständlich, da er den Eindruck erweckt, als käme es auf den Wert des tatsächlichen Nutzens beim Berechtigten an. Dieser Eindruck trügt. Wenn der Berechtigte den Vermögensgegenstand nutzt, so ist der Nutzwert der volle Wert, gleichgültig, in welchem Umfang er ihn nutzt. So wird der Nutzwert eines Eigenheims nicht dadurch geringer, daß man eine Etage leerstehen läßt. Wenn der Versicherungsnehmer die Versicherung nutzt, indem er sie fortführt - und so zeigt, daß er sie für sinnvoll hält-, so nutzt erden erhöhten Wert der Versicherung unabhängig davon, ob ihm die Entwicklung seines Gesundheitszustandes willkommen ist. 45 Sowohl bei Umwandlung der Versicherung als auch bei Rückkauf ist ein Abzug von der Prämienreserve möglich (§§ 174 Abs. 4, 176 Abs. 4 VVG).

A. Die fehlende Realisierbarkeit

121

Diese Bestimmung erscheint zunächst sinnlos, da der Versicherungsnehmer ebenso gut kündigen, den Rückkaufswert verlangen und mit diesem Betrag eine neue Einmalprämienversicherung abschließen kann. Das zusätzliche Recht auf Umwandlung der Versicherung erhält erst dadurch seinen Sinn, daß bei der Umwandlung der Versicherung keine neue Risikoprüfung stattfindet. Der Versicherungsnehmer erhält also eine Einmalprämienversicherung, deren Konditionen sich an einem durchschnittlichen 46 und nicht an dem tatsächlichen Gesundheitszustand des Versicherten orientieren. Genau aus diesem Grunde ist die Bestimmung auch in das VVG aufgenommen worden 47 • Das Umwandlungrecht wird also dann besonders relevant, wenn sich der Gesundheitszustand des Versicherten einer Todesfallversicherung atypisch verschlechtert hat. Die Möglichkeit, den Versicherer trotz des erhöhten Risikos an dem Vertrag festhalten zu können - wenn auch wegen der Einstellung der Prämienzahlung zu einer geringeren Versicherungssumme - , wird also vom VVG als schützenswert angesehen. Damit erkennt es aber zugleich die durch die Risikoerhöhung eingetretene Wertsteigerung an. Die zweite Bestimmung des VVG, die ihren Sinn erst durch die Differenz zwischen Rückkaufswert und Fortführungswert der Kapitallebensversicherung erhält, ist § 177 VVG: Diese Bestimmung ermöglicht es dem Bezugsberechtigten und in Ermangelung eines namentlich Bezeichneten dem Ehegatten und den Kindern, in einen bestehenden Lebensversicherungsvertrag einzutreten, wenn Gläubiger des Versicherungsnehmers die Versicherung pfänden, wenn in den Versicherungs anspruch ein Arrest vollzogen oder wenn der Konkurs über das Vermögen des Versicherungsnehmers eröffnet wird. Nimmt der Berechtigte dieses Recht wahr, so muß er den Wert an die Gläubiger oder an die Konkursmasse bezahlen, den der Versicherungsnehmer bei Kündigung der Versicherung vom Versicherer verlangen könnte, also den Rückkaufswert 48 • Das Eintrittsrecht ist deshalb für den Eintrittsberechtigten umso interessanter, je höher der wirkliche Wert der Versicherung den Rückkaufswert übersteigt. Insbesondere, wenn er den Eintritt des Versicherungsfalls für sehr wahrscheinlich hält und zugleich der Rückkaufswert demgegenüber relativ gering ist, wird er von seinem Eintrittsrecht Gebrauch machen. Diese Konstellation ergibt sich aber gerade bei atypischer Entwicklung des Gesundheitszustandes, so daß hier das Eintrittsrecht sein Hauptanwendungsgebiet findet. 46 Soweit in der bestehenden Versicherung Prämienzuschläge vereinbart sind, wird dies bei der Umwandlung entsprechend berücksichtigt. Im Vergleich zu einem Neuabschluß ergeben sich trotzdem Vorteile, wenn wegen der Entwicklung des Gesundheitszustandes bei Neuabschluß noch höhere Zuschläge erforderlich wären. 47 Amt!. Begründung zu §§ 174, 175 VVG, S. 234. 48 Die Bestimmung war rechtspolitisch sehr umstritten. Gefordert war auch völlige Pfändungsfreiheit, vg!. v. Laun, Das Eintrittsrecht in der Lebensversicherung, 1940.

122

5. Kap.: Bedenken gegen die Bewertung mit dem vollen Wert

Neben diesen Bestimmungen dient auch § 35a VVG dazu, den über dem Rückkaufswert liegenden Fortführungswert der Versicherung zu erhalten, indem insbesondere den Pfändungsgläubigem die Möglichkeit eingeräumt wird, gegen den Willen des Versicherungsnehmers die Prämien für diesen fortzuzahlen 49 •

B. Bedenken gegen die Bewertung anhand des individuellen Gesundheitszustandes Wie soeben gezeigt, schützt das VVG die Interessen der Beteiligten an der Erhaltung des über den Rückkaufswert hinausgehenden Fortführungswerts und erkennt damit die Existenz eines solchen Wertes an. Die Bewertung der Kapitallebensversicherung anhand des Rückkaufswertes kann deshalb nur gerechtfertigt werden, wenn zwingende Gründe gegen die Bewertung anhand ihres vollen Wertes bestehen. Derartige Gründe sind hinsichtlich der Wertdifferenz, die auf der Zillmerung des Deckungskapitals beruht 50, nicht ersichtlich. Wenn die Versicherung fortgeführt wird 51 , ist der Versicherungsanspruch also zumindest mit dem Nettodeckungskapital zu bewerten. Besondere Bedenken könnten allerdings dagegen bestehen, den negativ abweichenden Gesundheitszustand des Versicherten werterhöhend zu berücksichtigen.

I. Zugewinnausgleichspflichtigkeit auch ehefremden Erwerbs Gegen die Bewertung der Kapitallebensversicherung anband des individuellen Gesundheitszustands des Versicherten könnte sprechen, daß dieser Wert nicht auf einer irgendwie gearteten Mitwirkung des anderen Ehegatten beruht, da die atypische Entwicklung des Gesundheitszustands des Versicherten regelmäßig keinen Bezug zur ehelichen Lebensgemeinschaft aufweist. Grundsätzlich sind zwei Wege denkbar, um einen solchen, nicht durch die eheliche Lebensgemeinschaft geförderten, Vermögenserwerb aus dem Zugewinn zu eliminieren: Entweder er wird bei der Bewertung des Endvermögens nicht berücksichtigt, oder er wird dort bewertet, zugleich aber dem Anfangsvermögen hinzugerechnet und so neutralisiert.

49 So auch Ehrenberg, JJb. Bd. 41, S. 376. Dieser sieht deshalb auch die Kündigung einer Kapitallebensversicherung als anfechtbare Handlung an (S. 378). 50 Also die Differenz zwischen dem Nettodeckungskapital der bestehenden Versicherung und dem Rückkaufswert. 51 Zur Bewertung, wenn die Fortführung unterbleibt oder ungewiß ist, vgl. 6. Kapitel.

B. Berücksichtigung des individuellen Gesundheitszustandes

123

a) Keine Beschränkung des Endvermögens auf ehebedingten Erwerb Für eine Restriktion des Begriffs des Endvermögens auf solche Vermögensgegenstände, deren Erwerb durch das Zusammenwirken der Ehegatten während der Dauer der Zugewinngemeinschaft gefördert wurde, spricht, daß nach § 1363 Abs. 2 Satz 2 BGB der Zugewinn ausgeglichen werden soll, der in der Ehe "erzielt" wurde. Es wird deshalb argumentiert, Vermögenserwerb, der ohne jede Mitwirkung des anderen Ehegatten eingetreten ist, sei nicht "erzielt" im Sinne von § 1363 BGB und deshalb auch nicht auszugleichen 52. § 1363 BGB kann als Grundnorm der Zugewinngemeinschaft zwar zur Auslegung der übrigen Vorschriften über den Zugewinnausgleich herangezogen werden; wie sich aber an der Entstehungsgeschichte zeigen läßt, wollte der Gesetzgeber mit dem Begriff "erzielen" keine Verknüpfung des zugewinnausgleichspflichtigen Vermögens mit dessen Quellen vornehmen:

Im Anschluß an Kipp53 wurde zunächst erwogen, schon während der Ehe eine Trennung von (ausgleichsfreiem) Sondervermögen und (ausgleichspflichtigem) Zugewinnvermögen bei jedem Ehegatten vorzunehmen. Diese Aufteilung der Vermögens gegenstände in unterschiedliche Vermögensmassen wurde aber wegen der Schwierigkeit der Zuordnung abgelehnt 54. Es sollte also gerade keine Aufteilung des (End-) Vermögens in zugewinnausgleichspflichtige und zugewinnausgleichsfreie Vermögensmassen geben. Differenziert man aber im Rahmen der Bewertung des Endvermögens danach, ob der Vermögenserwerb durch die eheliche Gemeinschaft gefördert wurde, so verstößt man gegen diese gesetzgeberische Entscheidung. Die Beschränkung des zugewinnausgleichspflichtigen Vermögens auf die Gegenstände, deren Erwerb in Zusammenhang mit der Zugewinngemeinschaft steht, widerspricht auch der Lösung, die der Gesetzgeber selbst gewählt hat, um bestimmte Vermögensgegenstände mit Rücksicht auf ihren Erwerbsgrund vom Ausgleich auszunehmen: § 1374 Abs. 2 BGB bestimmt, daß Vermögen, welches ein Ehegatte während der Ehezeit durch Schenkung oder Erbschaft erworben hat, dem Anfangsvermögen zuzurechnen ist, damit der andere Ehegatte an diesem Vermögenserwerb nicht beteiligt wird 55. Aus der Hinzurechnung zum Anfangsvermögen kann man

52 Schwab, VII, Rz. 44. Eine ähnliche Argumentation wurde verwendet, um inflationsbedingte (sog. unechte) Zugewinne aus dem Zugewinnausgleich zu eliminieren, vgl. Thierfelder, FamRZ 1959, S. 225; schon damals anderer Ansicht war Breetzke, FamRZ 1959, S.445. Der BGH (14.11.1973, IV ZR 147/22) BGHZ 61, S. 385 ff., stellt in seiner Entscheidung zur Frage, ob die Geldentwertung bei der Berechnung des Zugewinns berücksichtigt werden muß, ebenfalls nicht entscheidend auf den Begriff "erzielt" ab. 53 Verhandlungen des 33. Deutschen Juristentags (1924), S. 327 ff. 54 Amtl. Begr. zu E § 1379, abgedruckt bei Massfeller, S. 133 f. 55 Dies war das erklärte Ziel des Gesetzgebers, vgl. amtl. Begründung zu E § 1380 (§ 1374 BGB), abgedruckt bei Massfeller, S. 135 f.

124

5. Kap.: Bedenken gegen die Bewertung mit dem vollen Wert

aber unmittelbar entnehmen, daß solche Vermögens zuwendungen beim Endvermögen zu berücksichtigen sind, obwohl sie offensichtlich ohne jede Mitwirkung des anderen Ehegatten entstanden sind und obwohl sie im Ergebnis wegen der Hinzurechnung zum Anfangsvermögen am Zugewinnausgleich nicht teilnehmen. Wenn aber der Gesetzgeber Vermögensgegenstände, die im Ergebnis zugewinnausgleichsfrei sein sollen, als Bestandteil des Endvermögens ansieht, so können andere Vermögensgegenstände, für die das Gesetz keine Ausnahme vom Zugewinnausgleich vorsieht, nicht durch eine Restriktion des Begriffs "Endvermögen" vom Zugewinnausgleich ausgenommen werden. Jeder Vermögenswert, der einem Ehegatten an dem für das Endvermögen maßgebenden Bewertungsstichtag gehört, muß deshalb - sofern er nicht den Sonderregelungen der Hausratsverordnung oder des Versorgungsausgleichs unterliegt - im Endvermögen berücksichtigt werden, ohne daß es darauf ankommt, aus welchem Grunde er dem Ehegatten zusteht 56.

b) Fehlende Analogiefähigkeit des § 1374 Abs. 2 BGB Wenn es also überhaupt möglich sein sollte, bestimmte Vermögensgegenstände mit Rücksicht auf ihren Erwerbsgrund aus dem Zugewinnausgleich herauszunehmen, so kann das nicht durch eine Ausnahme beim Endvermögen, sondern nur durch Hinzurechnung zum Anfangsvermögen geschehen. Die Frage ist deshalb, ob eine Analogie zu § 1374 Abs. 2 BGB mit der Begründung, der Vermögenserwerb durch Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten habe - ebenso wie die in § 1374 Abs. 2 BGB genannten Erwerbsgründe - nichts mit der Zugewinngemeinschaft zu tun, tragfähig ist. Eine solche Analogie zu § 1374 Abs. 2 BGB bei Erwerb, der nicht durch die eheliche Lebensgemeinschaft gefördert wurde, ist insbesondere in Zusammenhang mit Schmerzensgeldzahlungen und unfallbedingten Abfindungsleistungen an einen Ehegatten diskutiert worden. Der BGH hat sie hier 57 - wie auch in anderen Fällen 58 - abgelehnt. 56 So auch BGH (17.10.1983, IX ZR 102/82) FamRZ 1984, S. 31; BGH (22.12.1976, IV ZR 11/76) BGHZ 68, S. 43,45 = FamRZ 1977, S. 124, 125; BGH (26.3.1980, IV ZR 193/78) FamRZ 1980, S. 768,769; BGH (3.6.1970, IV ZR 64/69) FamRZ 1970, S. 483, 484; BGH (22.4.1966, IV ZR 58/65) BGHZ 46, S. 343,349 f. = FamRZ 1966, S.560, 562; Börger, Rz.75; Heckelmann, FS Mühl, S.284; Palandt/Diederichsen, § 1375 Anm. 2a. 57 BGH (27.5.1981, IVb ZR 577 /80) BGHZ 80, S. 384 = FamRZ 1981, S. 755; BGH (29.10.1981, IX ZR 94/80) BGHZ 82, S. 145 = FamRZ 1982, S. 148. 58 BGH (29.10.1981, IX ZR 94/80) BGHZ 82, S. 145 = FamRZ 1982, S. 148; BGH (29.10.1981, IX ZR 86/80) BGHZ 82, S. 149 = FamRZ 1982 S. 147. Dem folgen: Beitzke, § 14 III 2 (S. 119); Johannsen / Henrich / Jaeger, § 1374 Rz. 27 (unter "großzügiger Anwendung" von § 1381 BGB); MüKo-Gemhuber, § 1374 Rz.14; Gemhuber, FamRZ 1984, S. 1057; Öhlers, S. 86; Palandt / Diederichsen, § 1375 Anm. 2a; Tiedtke, JZ 1984, S. 1079.

B. Berücksichtigung des individuellen Gesundheitszustandes

125

Diese in der Literatur stark angegriffene 59 Auffassung mag unbefriedigend sein; sie ist aber - stellt man die Verfassungsmäßigkeit des Zugewinnausgleichs nicht in Frage 60 - zutreffend, da ein Analogie zu § 1374 Abs.2 BGB nicht begründbar ist: Die für eine Analogie notwendige Gesetzeslücke 61 kann allenfalls darin gesehen werden, daß die Ausnahmevorschrift des § 1374 Abs. 2 BGB nicht alle Vermögenswerte ausnimmt, deren Erwerb offensichtlich nicht auf der Zugewinngemeinschaft beruht. Diese "Lücke" ist aber nicht planwidrig 62 , sondern warwie oben 63 bereits angedeutet - das erklärte Ziel des Gesetzgebers. Er wollte einen Ausgleich des Zugewinns, der - sieht man von § 1374 Abs. 2 BGB ab - unabhängig vom Erwerbsgrund ist, da seiner Meinung nach nur so die finanzielle Gleichstellung der Ehegatten praktikabel erreicht werden kann. Das zeigt sich auch an der Regelung des Stichtags für die Bewertung des Endvermögens: Obwohl der Scheidung der Ehe in aller Regel eine einjährige Trennung der Eheleute vorausgehen muß (§ 1565 Abs. 2 BGB), ist der Bewertungsstichtag gemäß § 1384 BGB der der Zustellung des Scheidungsantrags. Das bedeutet aber, daß der Erwerb während der Trennungszeit zugewinnausgleichspflichtig ist, obwohl auch dieser Erwerb wohl kaum auf den gemeinsamen Anstrengungen der Eheleute beruhen kann. Ein allgemeines Prinzip des Inhalts, Vermögenserwerb, der offensichtlich ohne jede Mitwirkung des anderen Ehegatten eingetreten ist, sei zugewinnausgleichsfrei, existiert also nicht. Damit fehlt es auch an der für eine Analogie notwendigen planwidrigen Lücke 64 • Daneben fehlt es weiter an der Vergleichbarkeit des geregelten und des zu regelnden Falles. Die in § 1374 Abs. 2 BGB genannten Ausnahmen betreffen nur freiwillige Vermögenszuwendungen 65 • Der Wille des Zuwendenden, gerade den Ehegatten, dem er den Vermögensgegenstand geschenkt oder vererbt hat, zu begünstigen, und nicht den anderen Ehegatten, wird geschützt. Dieser Gedanke 59 Gamp, JR 1981, S.508; Schwab, VII, Rz.44 und Rz.88; ders. FamRZ 1984, S. 434 f.; Weimar, JR 1981, S. 448 ff. 60 So aber Schwab, FamRZ 1984, S. 434 f., und Schwab, VII, Rz. 44. 61 Zur Notwendigkeit einer zur Rechtsfortbildung berechtigenden Lücke bereits oben, 2. Kapitel C 11 a. 62 So auch Gemhuber, FamRZ 1984, S. 1057. 63 Oben unter a. Vgl. auch Massfeller, § 1376 Anm. 2: Der Ausschuß habe sich mit der Frage der Wertsteigerung von Vermögensgegenständen während der Dauer der Zugewinngemeinschaft (also mit einem Erwerb, der offenbar nicht auf der Lebensgemeinschaft beruht) befaßt. Der Ausgleich auch dieser Wertsteigerungen sei klar und einfach und entspreche dem Wesen der Ehe als Schicksalsgemeinschaft; Härten seien in Kauf zu nehmen. Es wurde auch abgelehnt, dem Richter die Möglichkeit zu eröffnen, von diesem vollen Ausgleich abzusehen. 64 So auch Gemhuber, FamRZ 1984, S. 1057. 65 Ob der Zuwendende ein Dritter sein muß, so BGH (20.5.1987, IVb ZR 62/86) BGHZ 101, S. 65, 69, ist umstritten, vgl. Johannsen / Henrich / Jaeger, § 1374 Rz. 25 m.w.N.

126

5. Kap.: Bedenken gegen die Bewertung mit dem vollen Wert

läßt sich aber weder auf eine Schmerzensgeldzahlung noch auf die Wertsteigerung einer Lebensversicherung übertragen. Dies alles bestreiten die Vertreter einer Analogie nicht; sie unternehmen nicht einmal den Versuch, eine solche Analogie für Schmerzensgeldzahlungen zu begründen, sondern beschränken sich auf die Feststellung, das in ihren Augen untragbare Ergebnis 66 sei anders nicht zu vermeiden 67. Hält man dieses Ergebnis für untragbar, so ist die Änderung der Regelungen über den Zugewinnausgleich der einzige rechtlich mögliche Weg, um es zu vermeiden. Eine Analogie bei ehefremdem Vermögenserwerb führt in eine unendliche Abwägung völlig inkommensurabler Wertungen: So wäre dann zu entscheiden, ob das Schmerzensgeld eines Ehegatten, das beide gemeinsam auf einer luxuriösen Weltreise durchgebracht haben, wirklich anschließend im Zugewinnausgleich neutralisiert werden soll, mit der Folge, daß der andere Ehegatte seinen Reiseanteil über den Zugewinnausgleich im Ergebnis selbst bezahlt. Die systemimmanenten Unbilligkeiten des Zugewinnausgleichs kann man entweder hinnehmen, oder man muß ihn ingesamt neu regeln. Eine vermeintlich im Interesse einer "gerechten" Lösung erforderliche Korrektur steigert letztlich nur die Ungerechtigkeit des Systems 68. Es ist deshalb jeder Vermögenserwerb zugewinnausgleichspflichtig, soweit er nicht durch das Gesetz selbst vom Zugewinnausgleich ausgenommen ist.

11. Schlechter Gesundheitszustand als wertbildender Faktor? Bedenken gegen die Berücksichtigung des individuellen Gesundheitszustands des Versicherten bei der Bewertung der Kapitallebensversicherung können sich weiter daraus ergeben, daß - falls Versicherungsnehmer und Versicherter identisch sind - derjenige, der ohnehin nicht gesund ist, auch noch mit finanziellen Nachteilen belegt wird. Aber auch bei anderen Bewertungsfragen ist es üblich, den individuellen Gesundheitszustand eines Menschen zu berücksichtigen. So werden im Zugewinnausgleich unvererbliche Nutzungsrechte wie Nießbrauch, Wohnrecht etc. nach der Lebenserwartung des Berechtigten geschätzt 69 , und auch 66 Schwab bezeichnet das Ergebnis als sachlich nicht begründbar, FamRZ 1984, S. 435. Johannsen / Henrich / Jaeger, § 1374 Rz. 27, folgen der Rechtsprechung, halten das Ergebnis für "äußerst unbefriedigend" und wollen § 1381 BGB "großzügig" anwenden. 67 So Schwab, VII, Rz. 44 und 88. Schwab zieht, da der BGH eine Analogie zu § 1374 Abs. 2 BGB abgelehnt hat, im Ergebnis die restriktive Auslegung des Begriffs des Endvermögens vor (a. a. 0., Rz. 44), dazu bereits oben, unter a. 68 Vgl. Gernhuber, FamRZ 1984, S. 1057: Die bewußte Inkonsequenz der Regelung ist Regelungsschranke. 69 BGH (20.6.1979, II ZR 137/77) FamRZ 1979, S.787, 788; BGH (27.1.1988, IVb ZR 13/87) FamRZ 1988, S.593, 595; BGH (9.6.1983, IX ZR 41/82) FamRZ

B. Berücksichtigung des individuellen Gesundheitszustandes

127

außerhalb des Rechts der Zugewinngemeinschaft werden bei Vermögenswerten, die vom Leben einer Person beeinflußt werden, individuelle Maßstäbe angelegt. So ordnet das BGB selbst in § 844 Abs. 2 eine individuelle Betrachtung an. Dort heißt es: ... ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf Unterhalt entgangen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten durch Entrichtung einer Geldrente insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mut maß I ich e n Da u e r sei n es Leb e n s zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen wäre; ... " Aus dieser Formulierung entnehmen Rechtsprechung und Lehre, maßgebend sei der individuelle Gesundheitszustand 70 mit der Folge, daß bei ohnehin schlechtem Gesundheitszustand des Getöteten die Dauer der Schadensersatzrente geringer bemessen wird. Auch im Rahmen der Bewertung eines Nachlasses werden zur Berechnung des Pflichtteilsanspruchs individuelle Maßstäbe angelegt. So hatte das Reichsgericht 7l einen Fall zu entscheiden, in dem dem Nachlaß eine Leibrente zur Last fiel. In der Entscheidung heißt es: "Der Wert der Rente ist vielmehr nach der vermutlichen Lebenszeit des Berechtigten zu berechnen, wobei die Lebensdauer individuell (nach den zur Zeit der Schätzung bekannten Gesundheits- und Lebensverhältnissen des Rentenberechtigten) zu schätzen ist, und nur aushilfsweise, wenn die besondere Lage des Falles keine andere Schätzung erfordert, dürfen die in §§ 18, 19 des Erbschaftssteuergesetzes vom 3. Juni 1906 enthaltenen allgemeinen Schätzungvorschriften herangezogen werden."72 Die Bewertung eines Rechts, dessen wirtschaftlicher Wert von der Lebenserwartung eines Menschen abhängt, nach dem Gesundheitszustand dieser Person ist also dem deutschen Recht nicht nur nicht fremd, sie ist vielmehr der Regelfall. Dies gilt auch, wenn die Folgen eines schlechten Gesundheitszustandes für den Betroffenen selbst nachteilig sind, wie die Bewertung einer Rentenverpflichtung im Konkurs des Rentenverpflichteten zeigt: Der Barwert der Rente ist nach der mutmaßlichen Lebensdauer des Rentenberechtigten zu schätzen 73, so daß die Konkursforderung sich entsprechend verringert. 1983, S. 882, 885 = NJW 1983, S. 2244; OLG Hamm (19.12.1983, 2 UF 644 und 721/ 83) FamRZ 1984, S. 481. Ausführlich KG (12.8.1987, 18 UF 6287/86) FamRZ 1988, S.171, 172. Vgl.auchSoergel/Lange,§ 1376Rz.15.NachMeinungdesOLGStuttgart (25.10.1985,17 UF 27/84) FamZ 1986, S. 466, ist ein Nießbrauch mangels Vererblichkeit überhaupt nicht zugewinnausgleichspflichtig. Dem ist nicht zu folgen, da der Berechtigte den Nießbrauch nutzen kann. 70 RG (26.4.1937, VI 395/36) RGZ 155, S. 37, 41; BGH (25.4.1972, VI ZR 134/ 71) NJW 1972, S. 1515, 1516 f.; KG (23.10.1969, 12 W 6559/69) VersR 1970 S. 350, 351; MüKo-Mertens, § 844 Rz. 55. 7l RG (10.1.1910, Rep. IV 81/09) RGZ 72, S. 379. 72 A. a. 0., S. 382

128

5. Kap.: Bedenken gegen die Bewertung mit dem vollen Wert

III. Der individuelle Gesundheitszustand als Prozeßgegenstand Ein weiterer Einwand gegen die Bewertung der Kapitallebensversicherung anhand des individuellen Gesundheitszustandes des Versicherten könnte darin bestehen, es sei unzumutbar, den Gesundheitszustand eines Menschen zum Prozeßgegenstand zu machen. Niemand dürfe gezwungen werden, über seinen Gesundheitszustand und damit auch über seine eigene Lebenserwartung im Prozeß streitig zu verhandeln; jeder Mensch habe nicht nur ein Recht darauf, daß andere über seinen Gesundheitszustand nichts gegen seinen Willen erfahren, sondern auch darauf, daß er selbst darüber nicht mehr erfahre, als er will. Dagegen spricht aber, daß es eine Fülle von Prozessen gibt, in denen genau diese Erörterungen notwendig sind. Bei jedem Schmerzensgeldanspruch werden Dauerschäden und ihre Folgen auf die Lebenserwartung diskutiert. Bei jeder personenbedingten Kündigung werden Prognosen über die Entwicklung einer Krankheit aufgestellt 74, und bei jeder Invaliditätsrente muß der persönliche Gesundheitszustand notfalls unter Beweis gestellt werden. Diese Fälle unterscheiden sich allerdings von dem des Zugewinnausgleichs dadurch, daß der Betroffene als Kläger nicht gezwungen war, seinen eigenen Gesundheitszustand zum Prozeßgegenstand werden zu lassen; er hätte auf die Klage verzichten und sich so einer solchen Diskussion entziehen können. Die Bewertung einer Kapitallebensversicherung ist aber nur ein Teil des Zugewinnausgleichs, so daß das Verfahren auch von dem Ehegatten, der nicht Versicherter ist, in Gang gebracht werden kann. Diese Situation ist aber ebenfalls nicht ungewöhnlich: Bei einer Schmerzensgeldrente kann sie ohne weiteres auftreten, wenn der Schädiger im Rahmen einer Abänderungsklage geltend macht, der Gesundheitszustand des Geschädigten habe sich wider Erwarten erheblich gebessert. Zwar ist der Schädiger bei der Abänderungsklage beweisführungsbelastet, aber man muß in diesem Fall zumindest eine prozessuale Untersuchungslast des Geschädigten annehmen 75, denn die bloße Weigerung, sich untersuchen zu lassen, kann wohl kaum dazu führen, daß ihm die Rente in vollem Umfang erhalten bleibt. 73 RG (12.1.1943, V [VI] 90/42) RGZ 170, S. 276, 280; Kilger, § 69 Rz. 6; Jaeger / Lent, § 69 Rz. 3. 74 Vgl. zu den Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung: Lepke, S. 35 ff. 75 Vgl. Musielak / Stadler, Rz. 183; BGH (23.9.1958, VI ZR 233/57) VersR 1958, S. 785 f. (In diesem Rechtsstreit erging zunächst ein Feststellungsurteil und aufgrund der anschließenden Zahlungsklage ein Grundurteil. Im Streit um die Höhe des Schadens hat sich der Schädiger darauf berufen, der Gesundheitszustand sei nicht so schlecht wie behauptet. Beweisführungsbelastet war also der Kläger, der Zahlung verlangte. Der BGH hat die Untersuchungslast des Klägers mit einer entsprechenden Last des Beklagten bei anderer Prozeßsituation begründet. Eine Entscheidung zu dem oben geschilderten Fall ist - soweit ersichtlich - nicht veröffentlicht.)

c. Zusammenfassung

129

Die Erörterung einer Krankheit mit allen ihren Folgen für die Lebenserwartung des Betroffenen ist also dem deutschen Recht keineswegs fremd. Bedenken gegen die Bewertung einer Kapitallebensversicherung anhand des individuellen Gesundheitszustandes des Vesicherten können aus der Notwendigkeit, diesen gegebenenfalls streitig erörtern zu müssen, nicht hergeleitet werden.

c. Zusammenfassung des 5. Kapitels Gegen die Bewertung der Kapitallebensversicherung anhand des Fortführungswertes bestehen keine grundsätzlichen Bedenken, auch wenn der Versicherungsnehmer diesen nicht jederzeit realisieren kann. Sie entspricht der Bewertung von Gesellschaftsanteilen, bei denen für den Fall des Ausscheidens eine Abfindung unter dem wahren Wert der Beteiligung vereinbart ist, sowie der Bewertung anderer Vermögens gegenstände, deren Nutzwert über dem Liquidationswert liegt. Der Grund für die Wertsteigerung des Anspruchs aus der Kapitallebensversicherung ist irrelevant. Ein Beschränkung des ausgleichspflichtigen Vermögens auf ehebedingten Erwerb ist ebenso abzulehnen wie die analoge Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB. Die auf einem abweichenden Gesundheitszustand beruhende Wertsteigerung muß deshalb im Zugewinnausgleich berücksichtigt werden. Der Einfluß des individuellen Gesundheitszustandes auf die Bewertung eines Vermögensgegenstandes entspricht der Bewertung unvererblicher Rechte im Zugewinnausgleich und ist auch bei anderen Bewertungsfragen - außerhalb des Zugewinnausgleichs - teils anerkannt, teils gesetzlich vorgesehen. Aus diesem Grunde spricht auch die Notwendigkeit, den Gesundheitszustand im Prozeß erörtern zu müssen, nicht dagegen, ihn zu berücksichtigen.

9 Voit

Sechstes Kapitel

Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers 1 A. Die Bewertung der unbefristeten Todesfallversicherung Die unbefristete Todesfallversicherung wird von der Rechtsprechung mit ihrem Rückkaufswert bewertet 2 • Wie sich im Verlauf der Arbeit herausgestellt hat, ist ihr Wert bei wirtschaftlicher Betrachtung regelmäßig 3 aber höher 4 , und grundsätzliche Bedenken dagegen, diesen höheren Wert im Zugewinnausgleich auch zu berücksichtigen, wenn der Versicherungsnehmer die Versicherung weiter nutzt, bestehen nicht 5 • Offen ist jedoch die Frage, ob in jedem Fall der Fortführungswert der Versicherung maßgebend ist und wie dieser im einzelnen ermittelt wird.

I. Die unbefristete Todesfallversicherung im Endvermögen a) Fortführungswert oder Liquidationswert? Die Frage, in welchen Fällen ein Vermögensgegenstand mit seinem Fortführungswert und wann er mit seinem Liquidationswert im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen ist, beantwortet die herrschende Lehre 6 damit, es komme darauf an, ob die Veräußerung des Gegenstandes beabsichtigt oder zur Erfüllung der Forderung aus dem Zugewinnausgleich notwendig sei. Dieser Auffassung ist weitgehend, aber nicht vollständig zu folgen.

Zu den Besonderheiten bei Abtretung und Bezugsberechtigung vgl. 7. Kapitel. Dazu ausführlich oben, 3. Kapitel A. 3 Ausnahme: In der bestehenden Versicherung sind Risikozuschläge vereinbart, und der Gesundheitszustand des Versicherten hat sich erheblich verbessert. Falls die Bewertung anband der Prämiendifferenz in einem solchen Fall zu einem niedrigeren Wert als dem Rückkaufswert führt, so bildet der Rückkaufswert als Liquidationswert der Versicherung die Untergrenze der Bewertung, dazu bereits oben im 4. Kapitel D m b 2. 4 Dazu bereits im 4. Kapitel. 5 Dazu oben, 5. Kapitel. 6 Johannsen / Henrich / Jaeger, § 1376 Rz. 5; MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz. 9; Schwab, VII, Rz. 51 f.; Soergel/Lange, § 1376 Rz. 7,12. 1

2

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

131

1. Regelfall: Fortführungswert

Steht - aus welchen Gründen auch immer - fest, daß die Versicherung fortgeführt wird, so ist ihre Bewertung mit dem Fortführungswert 7 selbstverständlich. Aber auch ohne eine derartige Feststellung muß dieser Wert regelmäßig der Bewertung zugrunde gelegt werden: Der Ehegatte, der Versicherungsnehmer ist, hat die Möglichkeit, die Versicherung fortzuführen und so den höheren Fortführungswert zu realisieren. Der nach dem Bewertungsstichtag gefaßte Kündigungsentschluß kann damit grundsätzlich keinen Einfluß auf die Bewertung haben. Er beruht auf einer Entscheidung des Versicherungsnehmers, die den anderen Ehegatten regelmäßig ebensowenig zu interessieren braucht wie die Veräußerung eines anderen zugewinnausgleichspflichtigen Ve~ögensgegen­ standes nach dem Bewertungsstichtag.

2. Mögliche Ausnahmen

(a) Tatsächliche Kündigung vor der letzten mündlichen Verhandlung Eine andere Ansicht vertritt Jaeger 8 • Er meint, zwar sei es konsequent, bei der Frage, ob der Liquidationswert anzusetzen ist, auf den Bewertungszeitpunkt abzustellen; in Anbetracht der Inkonsequenzen, die dem § 1376 BGB anhafteten, sei es für die Bewertung anband des Liquidationswertes aber ausreichend, wenn der Vermögens wert vor der letzten mündlichen Verhandlung tatsächlich aufgegeben worden sei. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, da sie im Widerspruch zur Bewertung an einem bestimmten Stichtag steht. Zu bewerten ist das an diesem Stichtag vorhandene Vermögen nach den an diesem Tag bestehenden Umständen. Der später eingetretene tatsächliche Verlauf der Dinge kann - ebenso wie spätere Entscheidungen der Ehegatten über die Verwendung ihres Vermögens - nur berücksichtigt werden, wenn sie Aufschluß über Umstände oder Absichten geben, die bereits am Stichtag vorhanden waren 9; weil die spätere Kündigung nicht ohne weiteres Rückschlüsse auf derartige Umstände zuläßt, vermag sie allein die Bewertung mit dem niedrigeren Rückkaufswert nicht zu rechtfertigen. Im Regelfall ist deshalb der Fortführungswert der Versicherung auch dann entscheidend, wenn die Versicherung nach dem Stichtag tatsächlich gekündigt wird.

Zur Berechnung dieses Wertes siehe unter b. Joharmsen / Henrich / Jaeger, § 1376 Rz. 5. 9 So hat bereits das Reichsgericht (12.1.1941, V[VI] 90/42) RGZ 170, S. 276, entschieden. Dort heißt es, spätere Entwicklungen seien zwar zu berücksichtigen, die entscheidende Frage bleibe aber, wie hoch der Schätzwert arn Stichtag gewesen sei (S. 280). Vgl. auch Kilger, § 69 Rz. 6. 7

8

9*

132

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

(b) Kündigungsabsicht am Bewertungsstichtag Wie bereits erwähnt 10, meint die herrschende Lehre, der unter dem Fortführungswert liegende Liquidationswert sei maßgeblich, wenn der entsprechende Vermögensgegenstand bereits am Bewertungsstichtag zur Veräußerung bestimmt gewesen sei. Für diese Auffassung spricht, daß während der Dauer der Zugewinngemeinschaft jeder Ehegatte sein Vermögen frei verwalten kann (§ 1364 BGB), ohne daß ihm - sieht man von der Möglichkeit einer Hinzurechnung nach § 1375 Abs. 2 BGB ab - aus einem unwirtschaftlichen Verhalten im späteren Zugewinnausgleich Nachteile erwachsen. Diese Freiheit würde aber eingeschränkt, wenn die vor dem Stichtag getroffene Entscheidung eines Ehegatten, einen Vermögensgegenstand aufzugeben, im Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt würde und man ihm deshalb den vollen Wert zurechnete. Der Ehegatte wäre dann entweder gezwungen, seine Entscheidung zu ändern oder - unter Verstoß gegen das Prinzip des hälftigen Ausgleichs - einen höheren Zugewinn auszugleichen, als wenn man seine Entscheidung respektierte 11. Auf der anderen Seite verkennt die Auffassung, die bloße Absicht, einen Vermögensgegenstand aufzugeben, reiche aus, um seinen Wert auf den Liquidationswert zu beschränken, daß der Ehegatte, der die Aufgabe zunächst beabsichtigt, diese Absicht ohne weiteres ändern kann. Ließe man gleichwohl die bloße Absicht ausreichen, so brauchte der Versicherungsnehmer nur den Rückkaufswert auszugleichen, obwohl er die Versicherung tatsächlich fortführen kann - ein Ergebnis, das ebenfalls dem Prinzip des hälftigen Ausgleichs nicht entspricht. Die Möglichkeit zur Fortführung trotz der gegenteiligen Absicht am Bewertungsstichtag darf deshalb nicht unberücksichtigt bleiben. Erst wenn die Vermögensentscheidung des Ehegatten so stark verfestigt ist, daß sie vernünftigerweise nicht mehr rückgängig gemacht werden wird, beschränkt sich der Wert eines Vermögensgegenstandes auf den Liquidationswert. Beispiel: Der Kündigungsbrief ist bereits abgeschickt, oder der Versicherungsnehmer hat andere Vermögensdispositionen bereits getroffen, die er nur zusammen mit dem Rückkauf der Versicherung durchführen kann. So, wenn er ein Haus gekauft hat, das mit Hilfe des Rückkaufswerts der Versicherung bezahlt werden soll, er die Versicherung aber am Stichtag noch nicht gekündigt hat. Ist der Kündigungsentschluß am Stichtag bereits soweit gediehen, so kommt es aus den genannten Gründen auf die Motive für diese Entscheidung ebensowenig an wie bei der tatsächlichen Aufgabe des Vermögensgegenstandes vor dem Bewertungsstichtag. Nur im Rahmen des § 1375 Abs. 2 BGB kann dem Ehegatten dann der Fortführungswert zugerechnet werden.

10 11

Oben, A I a. So Johannsen / Henrich /Jaeger, § 1376 Rz. 7.

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

133

(c) Besondere Gründe für eine Kündigung Es sind aber Konstellationen denkbar, in denen eine Beschränkung des Wertes der Versicherung auf ihren Rückkaufswert erforderlich ist, auch wenn arn Stichtag die Kündigung noch nicht beabsichtigt oder der Entschluß nicht hinreichend verfestigt war. (1) Weitere Prämienzahlung unzumutbar Steht bei objektiver Betrachtung bereits arn Stichtag fest, daß dem Versicherungsnehmer - insbesondere wegen der finanziellen Folgen der Scheidung die weitere Prämienzahlung nicht zugemutet werden kann, so darf dieser Umstand nicht unberücksichtigt bleiben. Im Gegensatz zu anderen Vermögensgegenständen bedarf die Realisierung des Fortführungswertes der Lebensversicherung regelmäßig 12 weiterer Prämienzahlungen. Wenn aber bereits am Stichtag abzusehen ist, daß der Versicherungsnehmer diese weiteren Prämien in Zukunft nicht aufbringen kann, so zeichnet sich schon dann die Kündigung der Lebensversicherung ab. Da auch von einem wirtschaftlich denkenden Versicherungsnehmer in dieser Situation die Fortführung der Versicherung nur um des höheren Fortführungswertes willen nicht verlangt werden kann und die entgeltliche Veräußerung des Versicherungsanspruchs in aller Regel nicht möglich ist, muß bei der Bewertung der Versicherung von ihrer Kündigung ausgegangen werden. Dabei kommt es - da dem Versicherungsnehmer häufig erst während des Scheidungsverfahrens seine finanzielle Situation nach der Scheidung bewußt wird - nicht darauf an, ob die Versicherung tatsächlich bereits gekündigt wurde. Die Unzumutbarkeit der weiteren Prämienzahlung kann ohne Verstoß gegen das Stichtagsprinzip in die Bewertung einbezogen werden, da sie sich - wie bereits ausgeführt - bei objektiver Betrachtung schon am Stichtag abzeichnete. Der Kündigungswert der Kapitallebensversicherung, der in diesen Fällen angesetzt werden muß, kann aber nicht ohne weiteres mit dem Rückkaufswert gleichgesetzt werden: Der Versicherungsnehmer kann Auszahlung des Rückkaufswertes verlangen, sofern die Versicherung rückkaufsfähig ist; er hat aber auch die Möglichkeit, sie stattdessen in eine prämienfreie Versicherung umzuwandeln (§ 174 VVG). Da bei der Umwandlung Verschlechterungen des Gesundheitszustandes während der Laufzeit der bisherigen Versicherung nicht berücksichtigt werden, derartige Verschlechterungen sich aber werterhöhend auswirken, können erhebliche Differenzen zwischen Umwandlungswert und Rückkaufswert bestehen. In einigen Fällen wird deshalb nur die Umwandlung wirtschaftlich sinnvoll sein, so daß deren Wert der Bewertung zugrunde zu legen ist. Andererseits kann die Versicherungssumme bei Umwandlung - insbesondere bei relativ kurzer Dauer der 12

Bei Einmalprämienversicherungen kann dieser Fall nicht auftreten.

134

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

bestehenden Versicherung - so niedrig sein, daß sich eine Umwandlung nicht empfiehlt. Es hängt deshalb vom Einzelfall ab, ob der Wert der umgewandelten Versicherung oder der Rückkaufswert anzusetzen ist, wenn dem Versicherungsnehmer die weitere Prämienzahlung nicht zugemutet werden kann. Stellt sich heraus, daß die Umwandlung der Versicherung wirtschaftlich geboten war, so muß der Versicherungsnehmer den Umwandlungswert ausgleichen, auch wenn er tatsächlich den Rückkaufswert der Versicherung in Anspruch genommen hat. Er hat dann aufgrund eines nach dem Bewertungsstichtag gefaßten freiwilligen Entschlusses einen Vermögenswert unter seinem wahren Wert aufgegeben. Diese Entscheidung muß zu seinen Lasten gehen, da sich die Situation nicht grundlegend von der bei Verkauf eines anderen Vermögensgegenstandes unter dessen wahrem Wert unterscheidet: In beiden Fällen kann ein solcher "Verlust" bei der Bewertung im Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt werden, weil es die Ehegatten nicht zu interessieren braucht, wie der jeweils andere mit seinen Vermögensgegenständen nach dem Stichtag verfahrt. Es ist deshalb trotz des Rückkaufs der Versicherung der Fortführungswert einer umgewandelten Versicherung zugrunde zu legen. Auf die Voraussetzungen des § 1375 Abs.2 BGB kann es dabei nicht ankommen, da der Vermögenswert nicht dem Endvermögen hinzugerechnet, sondern als Teil des Endvermögens bewertet wird, denn die Vermögensminderung tritt erst nach dem Stichtag ein. (2) Rückkauf zur Befriedigung der Ausgleichsforderung notwendig Weiter soll nach der herrschenden Lehre der Liquidationswert auch dann maßgebend sein, wenn die Veräußerung des Vermögensgegenstandes zur Befriedigung der Ausgleichsforderung erforderlich ist. Problematisch erscheint an dieser Auffassung, daß § 1382 BGB eine besondere Regelung gerade für den Fall trifft, daß die Veräußerung eines Vermögensgegenstandes zur Befriedigung der Ausgleichsforderung unwirtschaftlich wäre 13. Allein der Umstand, daß aus diesem Grunde die Veräußerung notwendig ist, kann also nur zur Stundung nach § 1382 BGB, nicht aber zu einer geringeren Bewertung führen. Erst wenn die Stundung nicht gewährt werden kann - so zum Beispiel, wenn sie dem Gläubiger nicht zuzumuten ist - oder wenn die Stundung nicht ausreicht - so, wenn dem Versicherungsnehmer eine weitere Prämienzahlung nicht zuzumuten ist - , kann die Notwendigkeit der Aufgabe des Vermögensgegenstandes zur Befriedigung der Ausgleichsforderung bei der Bewertung berücksichtigt werden 14.

13 So die amtl. Begr. zu § 1392 E, abgedruckt bei Massfeller, S. 161: Das Verschleudern von Vermögen solle vermieden werden. 14 So auch Staudinger / Thiele, § 1376 Rz. 11, und Erman / Heckelmann, § 1376 Rz. 4, die bei der Bewertung die Notwendigkeit der Veräußerung des Gegenstandes nur unter den Voraussetzungen des § 1382 BGB anerkennen wollen.

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

135

(3) Rückkaufswert bei Zweckfortfall? Besondere Probleme bereitet die Frage, ob der Fortführungswert auch dann angesetzt werden kann, wenn der Versicherungsnehmer die Versicherung (nach dem Bewertungsstichtag) kündigt l5 , weil sie für ihn nutzlos geworden ist. Im Gegensatz zu anderen Vermögensgegenständen besteht der Nutzwert einer Todesfallversicherung in der Versorgung anderer Personen für den Fall des eigenen Versterbens, so daß infolge der bevorstehenden Scheidung der Bedarf für eine Hinterbliebenenversorgung entfallen sein kann. Weist der Versicherungsnehmer dies nach, so kann ihm der Nutzwert der Todesfallversicherung, der gerade in einer solchen Versorgung besteht, nicht zugerechnet werden. Ob dem Versicherungsnehmer der Beweis des Zweckfortfalls gelingt, hängt vom Einzelfall ab. Dabei wird es insbesondere darauf ankommen, ob vor dem Bewertungsstichtag die Versicherungssumme überhaupt dem anderen Ehegatten zugute kommen sollte. Aber selbst dann kann von einem Zweckfortfall der Versicherung keine Rede sein, wenn durch die Zuwendung an den anderen Ehegatten gemeinsame Kinder mittelbar gesichert werden sollten, denn dieser Versorgungszweck entfällt durch die Scheidung nicht. Im Regelfall wird es deshalb bei der Bewertung anband des Fortführungswertes bleiben.

b) Der Ausgleich des Fortführungswertes der unbefristeten Todesfallversicherung Ist die Todesfallversicherung anband ihres Fortführungswertes zu bewerten, so muß dieser Wert konkret berechnet werden. 1. Durchschnittlicher Gesundheitszustand des Versicherten

Entspricht der Gesundheitszustand des Versicherten am Stichtag dem des Durchschnitts in seiner Gefahrengruppe, so ist der Barwert der Prämiendifferenz gleich dem Nettodeckungskapital der Versicherung 16.

2. Abweichender Gesundheitszustand des Versicherten 17

Weicht der Gesundheitszustand des Versicherten 18 am Stichtag 19 von dem des Durchschnitts in seiner Gefahrengruppe negativ 20 ab, so ist der Barwert der 15 Ohne die tatsächliche Kündigung wird der Versicherungsnehmer den Funktionsfortfall der Versicherung wohl kaum beweisen können, da er die Prämien nicht weiter bezahlt hätte, wenn die Versicherung für ihn wirklich sinnlos wäre. 16 4. Kapitel.

136

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

Prämiendifferenz höher als das Nettodeckungskapital. Zu seiner Berechnung ist es notwendig, eine Nettoprämienkalkulation bei fiktivem Neuabschluß einer entsprechenden Versicherung durchzuführen.

(a) Kein Vortrag zum Gesundheitszustand Wird im Prozeß über die Höhe der Ausgleichsforderung - gegebenenfalls nach Ausübung des richterlichen Fragerechts (§ 139 Abs. I ZPO) - nichts zum Gesundheitszustand des Versicherten vorgetragen, so ist von einem durchschnittlichen Gesundheitszustand auszugehen. Die Versicherung ist dann - sofern nach den oben 21 entwickelten Grundsätzen der Fortführungswert maßgebend ist anhand des Nettodeckungskapitals zu bewerten 22, das der Versicherer ohne weiteres errechnen kann.

(b) Unstreitige Abweichung des Gesundheitszustandes Ist eine Abweichung des Gesundheitszustandes unstreitig, so ist der abweichende Gesundheitszustand der Berechnung des Fortführungswerts zugrunde zu legen 23 •

17 Wie sich im Verlauf der weiteren Ausführungen zeigen wird, hängt der Ausgleich der Kapitallebensversicherung bei abweichendem Gesundheitszustand auch von der Prozeßsituation ab. Es wird deshalb im folgenden entsprechend unterschieden. 18 Es geht hier zunächst nur um Todesfallversicherungen. Bei der Kombinationsversicherung kann sich der negativ abweichende Gesundheitszustand wertmindernd auswirken, wenn eine geteilte Bezugsberechtigung vorliegt, d. h., wenn der Bezugsberechtigte nur für den Todesfall benannt ist. Der Wert der Erlebensfallkomponente ist dann bei erhöhter Sterblichkeit des Versicherten entsprechend niedriger. 19 Es kommt nicht darauf an, ob die Abweichung auch schon bei Beginn der Versicherung bestand, 4. Kapitel D III a. Die in der bestehenden Versicherung vereinbarten Risikozuschläge mindern aber die Barwertdifferenz, so daß größere Abweichungen zwischen Fortführungswert und Rückkaufswert bestehen, wenn keine Zuschläge vereinbart wurden. Falls sich der Gesundheitszustand verbessert hat, so bildet der Rückkaufswert die Untergrenze der Bewertung, auch wenn die Prämiendifferenz bei ursprünglich vereinbarten Prämienzuschlägen niedriger ist, dazu bereits oben, 4. Kapitel D III b 2. 20 Eine positive Abweichung kann sich dagegen nicht wertmindernd auswirken, weil die Prämien bei besonders gutem Gesundheitszustand des Versicherten nicht ermäßigt werden. Der Versicherungsnehmer erspart gegenüber einem fiktiven Neuabschluß also immer mindestens das Nettodeckungskapital, dazu bereits oben, 4. Kapitel D II. 21 Soeben, unter a. 22 Zum Ausgleich de lege ferenda siehe unten, (d). 23 Güterrechtliche Streitigkeiten sind Familiensachen nach § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO, für die § 621 a ZPO keine verfahrensrechtlichen Besonderheiten vorschreibt, so daß die zivilprozessualen Vorschriften - und damit insbesondere auch § 138 Abs.3 ZPO uneingeschränkt Anwendung finden (Thomas / Putzo, § 621 a Anm. 1 und 3). Bestreitet der andere Ehegatte also nicht, gilt der abweichende Gesundheitszustand als zugestanden.

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

137

(1) Grundsatz: Bewertung anhand der Prämie bei fiktivem Neuabschluß Wie oben dargelegt24, wird der Fortführungswert anband des Betrages errechnet, der als Einmalprämie zu zahlen wäre, um bei fiktivem Neuabschluß einer entsprechenden Versicherung die gleiche Nettoprämie zahlen zu können, wie in der bestehenden Versicherung vereinbart. Bei Neuabschluß einer Lebensversicherung wird einem negativ abweichenden Gesundheitszustand durch Prämienzuschläge Rechnung getragen. In der Praxis haben sich drei Möglichkeiten zur Berechnung dieser Zuschläge herausgebildet 25: Die einfachste Möglichkeit besteht darin, dem Versicherten ein anderes, höheres Eintrittsalter zuzuordnen, als er tatsächlich hat26. Diese Methode ist aber sehr ungenau und wird nur bei geringfügigen Abweichungen des Gesundheitszustandes verwendet. Eine zweite Möglichkeit besteht in der sogenannten Staffelung der Versicherungssumme 27. Dabei wird vereinbart, daß die Versicherungssumme bei Eintritt des Versicherungsfalls in den ersten Jahren der Versicherung nur teilweise, mit einem jedes Jahr steigenden Prozentsatz, ausgezahlt wird 28. Diese Methode eignet sich besonders bei akuten Erkrankungen des Versicherten, die sich - wenn eine gewisse Zeit mit erhöhtem Risiko vorüber ist - nicht mehr risikoerhöhend auswirken. Zur Berechnung des Barwerts der Prämiendifferenz ist sie wenig 29 geeignet, da der Versicherungs schutz bei fiktivem Neuabschluß ein anderer ist als bei Fortführung der bestehenden Versicherung. Bei der dritten Methode werden bestimmte Risikozuschläge anband von Zuschlagtabellen festgelegt, die für jeden Tarif und für jedes Eintrittsalter einen Prämienzuschlag in Promille der Versicherungssumme angeben, der sich nach der sogenannten Übersterblichkeit bestimmt. Die Übersterblichkeit wird aufgrund des Gesundheitszustandes des Versicherten ermittelt. Dazu gibt es Einschätzungsbücher, die bei bestimmten Krankheiten und bestimmten Krankheitsverläufen die im Vergleich zum Durchschnitt der Versicherten in der Altersgruppe erhöhte Sterblichkeit angeben. So wird z. B. bei einem 2524 4. Kapitel. 25 Dazu bereits oben, 4. Kapitel III a. 26 Vgl. Prölss, VAG, § 11 Rz. 54; Gerathewohl, S. 507, und Hagelschuer, S. 157, nennen diese Methode nicht. 27 Häufig wird die Staffelung mit Prämienzuschlägen verbunden, Hagelschuer, S. 157. Möglich ist es in einigen Fällen auch, bei Staffelung ganz auf Prämienzuschläge zu verzichten, vgl. Zuschlagtabellen der Kölnischen Rück. 28 Dazu bereits oben, 4. Kapitel D III b 2. 29 Prinzipiell kann auch dieser Wert errechnet werden. Es sind dann wegen der durch die Staffelung herabgesetzten Versicherungssummen entsprechend befristete Todesfallversicherungen zu errechnen, die für jedes Jahr der Staffelung die gestaffelte Versicherungssumme auf die volle vereinbarte Versicherungssumme aufstocken.

138

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers jährigen, der seit 5 Jahren an diabetes mellitus leidet, eine Übersterblichkeit von 150 % angenommen 30, bei einer unbefristeten Todesfallversicherung ergibt das einen jährlichen Prämienzuschlag i. H. v. 2,2%0 der Versicherungssumme 3 !.

Ist der Gesundheitszustand des Versicherten also unstreitig, so kann ein Sachverständiger regelmäßig eine bestimmte Übersterblichkeit festlegen, anband derer die oben beschriebene fiktive Einmalprämie berechnet werden kann. (2) Ausnahme: Ausgleich durch Realteilung (aa) Fallgruppen

Es gibt aber Fälle, in denen die Wertennittlung anband der Prämiendifferenz nicht möglich ist oder zu unangemessenen Ergebnissen führt: Ist der Gesundheitszustand extrem schlecht oder steht eine Entwicklung des Gesundheitszustandes, die das Risiko stark verringern kann (z. B. bei einer Person mit Herzrhythmusstörungen der Einbau eines Herzschrittmachers), unmittelbar bevor, so kann entweder eine Versicherungsprämie überhaupt nicht errechnet werden 32(1), oder die Risikozuschläge sind so hoch, daß ein vernünftiger Antragsteller auf den Abschluß der Versicherung verzichten(2) oder ihn wegen der ungewissen Entwicklung des Gesundheitszustandes zumindest verschieben würde (3). (1) Kann überhaupt keine Prämie errechnet werden, so ist eine Bewertung der Versicherung mittels der Prämiendifferenzmethode nicht möglich. Da sich aber der dann besonders schlechte Gesundheitszustand trotzdem auf den Wert der Versicherung auswirkt, müßte jede andere Methode, die den individuellen Gesundheitszustand nicht berücksichtigt, zu einem unrichtigen Ergebnis führen. Der Fortführungswert kann deshalb nicht zutreffend ennittelt werden. (2) Ist die fiktive Prämie so hoch, daß solche Versicherungen üblicherweise nicht abgeschlossen werden, so ist der anhand dieser Prämie errechnete Wert nicht der Verkehrswert der Versicherung. Der vom Markt akzeptierte Wert einer neu abgeschlossenen Versicherung entspricht dann nicht der errechneten Prämie, die der Berechnung der Prämiendifferenz zugrunde gelegt wird, wie sich daran zeigt, daß Versicherungen zu diesen Prämien nicht neu abgeschlossen werden. Münchener Rück, Einschätzungsbuch S. 9[-4]. Tabellen der Kölnischen Rück. 32 Prinzipiell kann bei jeder Übersterblichkeit eine Prämie errechnet werden, bei sehr ernsthaften Erkrankungen fehlt es den Versicherern aber an entsprechenden Erfahrungen, die die Bestimmung der Übersterblichkeit ermöglichen. Die Zuschlagtabellen sehen Übersterblichkeiten bis zu 1000 % vor, die - je nach Tarif - jährliche Prämienzuschläge bis zu 200%0 der Versicherungssumme nach sich ziehen. Bereits diese Zuschläge werden am Markt wohl kaum jemals verkäuflich sein, bedeuten sie doch, daß der Versicherungsnehmer in jedem Jahr der Versicherung ein Fünftel der Versicherungssumme als Prämienzuschlag zu bezahlen hätte. So muß ein 65-jähriger bei 500% Übersterblichkeit 133,60/00 Zuschlag bezahlen, d. h. bei einer Versicherungssumme von 100.000.- DM allein als Prämienzuschlag jedes Jahr 13.360.- DM. 30 3!

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

139

Auch in diesen Fällen kann also der tatsächlich bestehende Fortführungswert der Versicherung nicht berechnet werden. (3) Würde ein Neuabschluß der Versicherung verschoben, um die Entwicklung des Gesundheitszustandes abzuwarten, könnte man erwägen, die nach dem Stichtag eingetretene tatsächliche Entwicklung in die Bewertung einzubeziehen. Das ist aber nicht möglich: Umstände, die nach dem Stichtag eingetreten sind, dürfen zwar in die Bewertung einbezogen werden, wenn sie Aufschluß über einen Umstand geben, der bereits am Stichtag vorlag 33 ; die Heilungschancen am Stichtag steigen aber nicht dadurch, daß die Operation anschließend erfolgreich durchgeführt wird. Es gehört zu den typischen Eigenschaften eines Risikos, daß das Ereignis eintreten oder auch nicht eintreten wird. Deshalb kann, wenn ein Neuabschluß der Versicherung wegen der unsicheren Entwicklung des Gesundheitszustandes verschoben würde, der Wert der bestehenden Versicherung nicht anhand der Prämienbarwertmethode ermittelt werden 34. Allen drei Fallgruppen gemeinsam ist also, daß der Fortführungswert der Versicherung, der offensichtlich besteht, nicht errechnet und deshalb im Zugewinnausgleich nicht angesetzt werden kann. Kommt eine vergleichsweise Einigung über den Wert der Versicherung nicht zustande, so bliebe im Ergebnis der Ehegatte, der nicht der Versicherungsnehmer ist, beweisfällig für die Höhe des Wertes der Versicherung, da er den Wert der Vermögensgegenstände des anderen Ehegatten beweisen muß. Da aber ein erhöhter Nutzwert der Versicherung nicht beziffert werden kann, müßte bei der Bewertung von dem nicht erhöhten Wert ausgegangen werden. Anzusetzen wäre dann das Nettodeckungskapital. Dieses Ergebnis kann nicht befriedigen: Es steht fest, daß der Wert der Versicherung über dem Nettodeckungskapitalliegt. Es wäre grob ungerecht, nur deshalb den Wert anhand des niedrigen Nettodeckungskapitals zu errechnen, weil der rechnerische Wert so hoch ist, daß er nicht ermittelt werden kann oder bei Neuabschluß nicht akzeptiert würde. Ein atypisch schlechter, aber besserer Gesundheitszustand, bei dem die Bewertung anhand der fIktiven Prämienberechnung möglich ist, würde dann zu einer höheren Bewertung der Versicherung führen als ein sehr schlechter Gesundheitszustand, obwohl feststeht, daß der versicherungsmathematische Wert bei schlechterem Gesundheitszustand höher ist. Das System des Zugewinnausgleichs als Wertausgleich 35 stößt hier an seine Grenzen, weil dem vorhandenen und versicherungsmathematisch nachweisbaren Wert der Versicherung kein entsprechender Verkehrswert gegenübersteht. Es gilt also, die Grundidee des Zugewinnausgleichs - des Ausgleichs der während der Dauer Dazu bereits oben, 6. Kapitel A I a. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des BGH (22.5.1984, III ZR 18/83) BGHZ 91, S. 243, in der es heißt, auch im Rahmen von § 287 ZPO müsse die Schätzung der Höhe eines Schadens unterbleiben, wenn diese mangels greifbarer Anhaltspunkte in der Luft hinge (S. 256 f.). Auch der BGH lehnt also eine Schätzung auf ganz ungewisser Grundlage ab. 35 Dazu bereits oben, 1. Kapitel B I. 33

34

140

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

der Zugewinngemeinschaft eingetretenen Vermögensmehrung fortzuentwickeln.

entsprechend

(bb) Die Realteilung als Lösung Die notwendige Fortentwicklung kann - da eine Bewertung der Versicherung nicht möglich ist - nur in einer Form des Zugewinnausgleichs liegen, die diese Bewertung vermeidet. Das kann nur im Wege einer Realteilung der Versicherung durch Teilabtretung 36 des Versicherungs anspruchs geschehen: Jeder Ehegatte erhält einen (Teil-)Versicherungsanspruch auf das Leben des Versicherten. Auf diese Weise wird der Anspruch auf die Versicherungssumme zwischen den Ehegatten ausgeglichen, ohne daß dieser bewertet werden müßte. Die durch den atypisch schlechten Gesundheitszustand hervorgerufene Erhöhung des Wertes des Versicherungs anspruchs kommt so beiden Ehegatten gleichmäßig zugute, ohne daß es einer Bestimmung dieses Wertes bedarf. Gestützt werden kann diese Fortentwicklung des Zugewinnausgleichs de lege lata nur auf den Grundsatz von Treu und Glauben, der als allgemeiner Rechtsgedanke auch das Recht der Zugewinngemeinschaft beherrscht 37 . Wie die folgenden Ausführungen zeigen, ist die Realteilung der Kapitallebensversicherung weder systemfremd, noch beeinträchtigt sie die Interessen der Ehegatten. Im Gegenteil erweist sie sich als eine Lösung, die zwar wegen der Konzeption des Zugewinnausgleichs als Wertausgleich de lege lata nur in den Ausnahmefallen, in denen der Wertausgleich versagt, angenommen werden kann, deren Einführung im Rahmen einer Neuregelung dieser Bestimmungen sich aber empfiehlt. (aaa) Die Realteilung im Versorgungsausgleich und ihre Unterschiede zur Realteilung im Zugewinnausgleich Die Realteilung einer Lebensversicherung ist dem Scheidungsfolgenrecht keineswegs unbekannt. Nach § 1 Abs. 2 VAHRG38 werden im Versorgungsausgleich Anrechte real geteilt, wenn das nach der für das Anrecht maßgebenden Regelung 36 Teilabtretungen des Versicherungsanspruches sind ohne weiteres zulässig, Bruck / Dörstling, § 15 Rz. 46; Goll / Gilbert, S. 93. Die Abtretung bedarf auch - im Unterschied zum Neuabschluß einer Versicherung, § 159 Abs. 2 VVG - nicht der Zustimmung des Versicherten, Prölss / Martin, § 159 VVG, Anm. 2 A; Bruck / Möller / Winter, H 256 m. w. N. auch zur Gegenmeinung. Das Reichsgericht hat diese Frage offengelassen, RG (14.6.1932, VII 43/32) RGZ 36, S. 395,400. 37 BGH (26.11.1981, IX ZR 91/80) BGHZ 82, S. 227, 236 f.; BGH (27.4.1977, IV ZR 143/76) BGHZ 68, S. 299, 304. § 242 BGB wird lediglich im Anwendungsbereich des § 1381 BGB für unanwendbar gehalten, vgl. Heckelmann, FS Mühl, S. 283, 285. Dieser Bereich ist hier nicht berührt. 38 Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21. 2. 1983, BGBI. I, S. 105, in der Fassung des Gesetzes über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs vom 8.12. 1986, BGBI. I, S. 2317. Zur Durchführung der Realteilung im Versorgungsausgleich vgl. Ellger, FamRZ 1986, S. 513.

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

141

möglich ist. Diese Bestimmung ist auch und gerade für die Realteilung einer privaten Rentenversicherung geschaffen worden 39 , und bereits in den Beratungen über das 1. EheRG, durch welches der Versorgungs ausgleich eingeführt wurde, hatten die Versicherer eine solche Realteilung der Lebensversicherungen im Versorgungsausgleich vorgeschlagen 40. Die Realteilung im Versorgungsausgleich unterscheidet sich aber grundlegend von der hier vorgeschlagenen Realteilung einer Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich: deren Sinn besteht darin, den ausgleichspflichtigen Wert der Versicherung, der infolge des abweichenden Gesundheitszustandes des Versicherten über dem Nettodeckungskapital liegt, zutreffend aufzuteilen, ohne ihn bewerten zu müssen, und bei dieser Zielsetzung ist es selbstverständlich, daß der Wert nur erhalten bleiben kann, wenn die Person des Versicherten gleich bleibt. Eine Realteilung der Versicherung, die für den Ausgleichsberechtigten zu einer Versicherung auf das eigene Leben führt, ist im Zugewinnausgleich sinnlos, da dem Ehegatten, der ursprünglich allein Versicherter und Versicherungsnehmer war, die Hälfte seines (erhöhten) Vermögenswertes genommen würde, während der andere einen Versicherungsanspruch erhielte, dessen Wert sich nach seinem eigenen Gesundheitszustand richtete. Im Ergebnis zerstört diese Form der Realteilung die Hälfte der Differenz zwischen wahrem Wert der Versicherung und Nettodeckungskapital. Selbst wenn dieser Ehegatte einen ähnlich schlechten Gesundheitszustand hat, geht der Fortführungswert verloren, da die (teilweise) Auswechslung der versicherten Person in der bestehenden Versicherung dem Neuabschluß einer Versicherung auf das Leben dieses Ehegatten entspräche und deshalb Prämienzuschläge erhoben würden, die in der bestehenden Versicherung gerade nicht anfallen. Genau zu einer solchen Auswechslung des Versicherten führt aber die Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG, wie sich aus der anderen Zielrichtung des Versorgungsausgleichs ergibt: Die Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist es nicht, bestehende Vermögens werte zutreffend aufzuteilen, sondern eine gleichwertige Altersversorgung herzustellen 41 . Die aber wäre gefährdet, wenn der Versorgte vom Versicherten personenverschieden ist, denn die Realteilung einer Lebensversicherung auf Rentenbasis ohne Austausch des Versicherten führt dazu, daß die Rente bei Tod des Versicherten endet. Die Versorgung des anderen Ehegatten wäre also nicht geWährleistet. Deshalb hat der Bundesgerichtshof - für den Versorgungsausgleich völlig zu Recht - entschieden, die hälftige Abtretung der Versicherungssumme ohne Auswechslung der Person des Versicherten sei keine zulässige Form der Realteilung im Sinne des § 1 Abs. 2 VAHRG42. BT-Drucks. 9/2296, S. 9. Ausschußbericht, S. 39. 41 Vgl. Körber, ZVersWiss Bd. 73 (1984), S. 251, zur Diskussion über die Frage, ob im Versorgungsausgleich das halbe Deckungskapital zu übertragen ist oder ob der Teil übertragen werden muß, der zu einer gleich hohen Rente führt. 42 BGH (8.5.1985, IVb ZB 837/81) FamRZ 1985, S. 799. 39

40

142

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

An dieser Stelle treffen sich die Überlegungen zur Fonn der Realteilung mit denen zur Abgrenzung von Zugewinn- und Versorgungsausgleich 43 : Die Rentenversicherung ist versorgungsausgleichspflichtig, weil sie ihre Leistungen am Bedarf des Berechtigten orientiert. Stirbt dieser, so endet die Rentenzahlung; lebt er überdurchschnittlich lange, so wird die Rente auch gezahlt, wenn der versicherungsmathematische Erwartungswert längst überschritten ist. Dagegen ist die Kapitallebensversicherung nicht bedarfs abhängig. Sie erfüllt ihre kapitalbildende Funktion in der Person des Versicherungsnehmers ebenso wie in der eines Dritten. Das wird an einem Beispiel deutlich, in dem ein Ehegatte seine Altersversorgung durch eine Kombinationsversicherung sichern möchte: Er kann dazu statt einer Versicherung auf das eigene Leben ebensogut eine Versicherung auf das Leben seines gleichaltrigen 44 Ehepartners abschließen. Erlebt der Versicherte den vereinbarten Tennin, so wird durch die dann fällige Versicherungssumme der Versorgungsbedarf des Versicherungsnehmers genausogut gedeckt, als wenn der Erlebensfall in seiner Person eingetreten wäre. Stirbt der Versicherte vor Eintritt des Erlebensfalls, so bekommt der Ehegatte die Versicherungssumme sogar noch früher. Dagegen läßt sich dieses Beispiel auf die Rentenversicherung nicht übertragen: Eine Rentenversicherung auf das eigene Leben läßt sich nicht durch eine Rentenversicherung auf ein fremdes Leben substituieren, da dann die Rentenzahlung endet, wenn dieses fremde, nicht das eigene Leben endet. Im Unterschied zur Kapitallebensversicherung wird der Bedarf nicht pauschal, in einem Betrag, sondern zeitabschnittweise und deshalb nach den individuellen Bedürfnissen des Versicherten gedeckt. Da diese mit denen des Versicherungsnehmers nicht übereinzustimmen brauchen, ist die Person des Versicherten in der Rentenversicherung nicht austauschbar, ohne den Versorgungszweck zu gefährden. Die unterschiedliche Behandlung der Lebensversicherung in Zugewinn- und Versorgungsausgleich aufgrund ihrer Leistungsfonnen ist also sachlich gerechtfertigt. Gerade weil diese Unterschiede dazu führen, daß die Realteilung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich im Gegensatz zu der der Rentenversicherung im Versorgungsausgleich die Person des Versicherten unberührt läßt, entfallen bei der Realteilung im Zugewinnausgleich auch die Bedenken, die zunächst gegen die Realteilung im Versorgungsausgleich vorgebracht wurden. In den Beratungen zum 1. EheRG45 wurde die versorgungsrechtliche Realteilung abgelehnt, weil sie praktisch nicht durchführbar sei. Die Versicherer unterlä43 1. Kapitel B 11 b. 44 Eine Altersdifferenz kann durch die Wahl eines anderen Erlebensfalls leicht ausgeglichen werden: Wenn der Versicherungsnehmer spätestens mit 60 Jahren die Versicherungssumme erhalten möchte, so kann er, wenn der Versicherte 10 Jahre jünger ist, eine Versicherung auf dessen 50. Geburtstag abschließen. 45 Ausschußbericht, S. 39.

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

143

gen insoweit keinem Kontrahierungszwang, und deshalb seien bei einer Realteilung Schwierigkeiten zu befürchten. § 1 VAHRG berücksichtigt diese Bedenken, indem er die Realteilung nur nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen zuläßt. Gegen die Realteilung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich bestehen diese Bedenken nicht. Sie kann ohne Vertragsänderung durch Teilabtretung durchgeführt werden, wenn die Abtretung des Versicherungsanspruchs wie in aller Regel - zulässig ist (§ 15 Nr.2 ALB a. F. und § 13 Nr.3 ALB n. F.). Eines Einverständnisses des Versicherten bedarf es dazu nicht 46 • Die Fälle, in denen eine solche Abtretung nicht möglich ist, sind großenteils hier nicht relevant: Die Ansprüche aus einer laufenden Leibrentenversicherung unterliegen Pfändungs- und damit über § 400 BGB Abtretungsbeschränkungen (§§ 850 Abs.3 lit. b, 850c ZPO). Diese Versicherungen fallen aber in den Versorgungsausgleich 47 • Die Kleinbetragstodesfallversicherungen (bis 3.600.- DM Versicherungssumme) sind nach § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO unpfändbar; bei so geringen Versicherungssummen wirkt sich ein abweichender Gesundheitszustand aber kaum aus. Die vermögensbildende Versicherung darf zwar nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 5. VermBG vom 19. 2. 1987 während der ersten zwölf Jahre nach Vertragsschluß nicht abgetreten werden, darin liegt aber kein Abtretungsverbot (v gl. § 14 Nr. 3 der AVB Vermögensbildungsversicherung 48 ). Folge der Abtretung ist lediglich, daß die Sparzulage zurückzuzahlen ist (vgl. § 13 des 5. VermBG i. d. Fassung von 1989 i. V. m. § 17 Abs.6 Nr. 2 Buchstabe c des 5. VermBG i. d. Fassung von 1989). Gegebenenfalls ist - sofern sich die steuerrechtliche Regelung nicht in diesem Fall teleologisch reduzieren läßt - die Rückzahlungspflicht zu berücksichtigen. Auf die Besonderheiten der betrieblichen Direktversicherung wird gesondert eingegangen werden 49. (bbb) Realteilung der Differenz zwischen Rückkaufswert und Fortführungswert? Die vernünftigste Lösung für eine Realteilung scheint darin zu bestehen, den Wert der Versicherung, der feststeht, also das Nettodeckungskapital, im Zugewinn sofort auszugleichen, und lediglich den ungewissen, erhöhten Wert aufzuteilen. Bei einer unbefristeten Todesfallversicherung über 100.000.- DM mit einem Deckungskapital von 60.000.- DM wäre also das Deckungskapital in den Zugewinn des Versicherungsnehmers einzustellen und der verbleibende Anspruch auf 40.000.- DM wäre durch Teilabtretung in Höhe von 20.000.- DM real zu teilen. Dieser Weg führt aber nicht zu einem befriedigenden Ergebnis: Der Fortführungswert der Versicherung kann nur durch fortlaufende Prämienzahlung und die kalkulatorische Verzinsung des Deckungskapitals realisiert werden. Teilt man 46

47 48

49

H. L., vgl. Bruck / Möller / Winter, H 256. 1. Kapitel B II b. Abgedruckt bei Bruck / Möller / Winter, A 9. 7. Kapitel B III a 2 (a).

144

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

den Versicherungsanpruch auf, ohne die Prämienverbindlichkeit entsprechend zu teilen, so kommen dem Ehegatten, der nicht Versicherungsnehmer ist, die Prämienzahlung des Versicherungsnehmers und die Verzinsung dessen Dekkungskapitals zugute, obwohl diese Beträge bereits im Zugewinn ausgeglichen sind bzw. erst nach dem Stichtag gezahlt werden. (ccc) Realteilung der Wertdifferenz bei Übernahme der anteiligen Prämienverbindlichkeit? Die Lösung müßte also dadurch modifiziert werden, daß der andere Ehegatte einen Teil der Versicherungsprämie trägt. Da die Leistung des Versicherungsnehmers neben der Prämienzahlung wirtschaftlich auch aus der Verzinsung seines Deckungskapitals besteht 50, kann sich die anteilige Prämienzahlung des Zessionars nicht auf den Teil der tatsächlich geschuldeten Prämie beschränken, der seinem Anteil an der Versicherungssumme entspricht; es müßte deshalb eine neue fiktive Kalkulation erfolgen. Abgesehen von den Problemen einer solchen Neuberechnung wirft die Abkoppelung des Prämienanteils von dem Anteil an der Versicherungssumme erhebliche Schwierigkeiten in der praktischen Durchführung der Realteilung auf. Während bei einer Realteilung, bei der sich Prämienquote und Versicherungssummenanteil entsprechen, eine Schuldübernahme der anteiligen Prämienverbindlichkeit zusammen mit einer Teilabtretung des Anspruchs auf die Versicherungssumme meistens 51 eine vollständige Trennung der Versicherungsansprüche bewirkt, die auch bei Prämienverzug und Kündigung der Versicherung zu voneinander unabhängigen Teilansprüchen führt, hat eine Realteilung, bei der die Identität der Prämienquote mit dem Anteil an der Versicherungssumme nicht besteht, eine solche Trennung nicht zur Folge: Der Prämienverzug des einen Teils berechtigt den Versicherer zumindest 52 zu einer Teilkündigung der Versicherung in Höhe des Anteils der Prämie, der nicht gezahlt wurde (§ 39 VVG, § 4 ALB a. F., § 3 ALB n. F.). Dieser Anteil entspräche aber nicht dem Anteil an der Versicherungssumme, der dem Schuldner dieser Prämie zusteht. Eines der Hauptziele des Scheidungsrechts, die endgültige Regelung der Scheidungsfolgen 53, wäre durch eine solche Realteilung in Frage gestellt 54. Vgl. 2. Kapitel A IV. Erst durch Schuldübernahme der Prämienverbindlichkeit wird die Trennung der Ansprüche vollständig vollzogen, aber auch ohne die Schuldübernahme sind die Ansprüche weitgehend selbständig, dazu sogleich. 52 Zur Frage, ob der Versicherer auf eine Teilkündigung beschränkt ist, sogleich. 53 Dazu bereits oben, 2. Kapitel C H. 54 Deshalb wird auch im Rahmen von § 1383 BGB eine Realteilung, die zu einer Rechtsgemeinschaft der Ehegatten führt, in aller Regel für unzulässig gehalten: Dölle, S. 831; Erman / Heckelmann, § 1383 Rz. 2; Gerold, S. 85; Müko-Gernhuber, § 1383 Rz. 10 und 17; Staudinger / Thiele, § 1383 Rz. 13; RGRK-Finke, § 1383 Rz. 4. 50 51

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

145

Außerdem ergeben sich bei dieser Form der Realteilung erhebliche Probleme in der Berechnung des Schadensersatzes zwischen den Ehegatten, wenn die Prämienzahlung abredewidrig eingestellt wird, da die Berechnung des Schadens genau die Bewertungsschwierigkeiten mit sich bringen würde, die durch die Realteilung gerade vermieden werden sollten. Weil aber das Kündigungsrecht des Versicherers nicht beschnitten werden kann, gibt es keine andere Möglichkeit, als die Teilkündigung der Versicherung wegen Prämienverzugs durch Schadensersatzansprüche zwischen den Ehegatten auszugleichen. Aus denselben Gründen kann auch die Realteilung nicht in der Weise erfolgen, daß man die künftige Prämienverbindlichkeit des Versicherungsnehmers schätzt und bei der Quotelung des Versicherungs anspruchs berücksichtigt 55. Eine solche Lösung setzt zunächst voraus, daß man die künftige Prämienverbindlichkeit schätzen kann. Da die Prämienzahlungspflicht mit dem Tod des Versicherten endet, hängt die Höhe der Verbindlichkeit von diesem Zeitpunkt ab. Wenn aber die Entwicklung des Gesundheitszustandes im Moment nicht abzusehen ist, so kann auch die Höhe der Prämienverbindlichkeit nicht zutreffend geschätzt werden. Außerdem führt auch die quotale Aufteilung nur dann zu einem zutreffenden Ergebnis, wenn die Versicherung wirklich fortgeführt wird. Dem stehen aber die oben genannten Bedenken entgegen, daß die eigenständige Fortführung der Teilversicherung nicht gesichert ist und Schadensersatzansprüche kaum zu berechnen sind. (ddd) Realteilung des ganzen Versicherungsanspruchs mit Übernahme der Hälfte der Prämienverbindlichkeit Diese Probleme vermeidet eine Lösung, bei der jeder Ehegatte einen Teilversicherungsanspuch erhält, über dessen Fortbestehen er allein entscheiden kann. Sie wird ermöglicht durch eine je hälftige Aufteilung der Versicherungssumme und der Prämienverbindlichkeit. Die hälftige Aufteilung des Versicherungsanspruchs folgt, wenn die Versicherung während der Dauer der Zugewinngemeinschaft abgeschlossen wurde, aus dem Prinzip des hälftigen Ausgleichs des Zugewinns (§ 1378 Abs. 1 BGB). Bestand dagegen die Versicherung schon zu Beginn der Zugewinngemeinschaft, so muß sie auch im Anfangsvermögen bewertet werden (§ 1374 Abs. 1 BGB). Eine Berücksichtigung ihres zu Beginn der Zugewinngemeinschaft bestehenden Wertes innerhalb der Quote der Realteilung ist nicht möglich, da das Verhältnis dieser Zeit zur Gesamtlaufzeit nicht feststeht, weil letztere nicht ermittelt werden kann. Eine Aufteilung nach der Laufzeit vor der Zugewinngemeinschaft im Verhältnis zur Laufzeit während der Zugewinngemeinschaft ist nicht tunlich, da dann wieder die Prämienzahlungspflicht nicht 55 In dem oben genannten Fall erhielte der Zessionar nur einen Anspruch auf beispielsweise 10.000.- DM statt auf 20.000.- DM, dafür müßte der Versicherungsnehmer die Prämien in voller Höhe tragen.

10 Voit

146

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

mit der Abtretungsquote übereinstimmt. Es muß deshalb auch dann hälftig geteilt werden, wenn die Versicherung schon bei Beginn der Zugewinngemeinschaft bestand. Im Anfangsvermögen ist die Versicherung gesondert zu bewerten 56. Das Nettodeckungskapital wird also im Endvermögen des Versicherungsnehmers nicht berücksichtigt, dafür erhält der andere Ehegatte im Wege der Teilabtretung einen Anspruch auf die Hälfte der Versicherungssumme. Jeder 57 Ehegatte hat dann die Wahl, ob er seinen Teilanspruch kündigt und die Prämienreserve herausverlangt, ob er die Versicherung prämienfrei stellt und so wenigstens einen Teil des erhöhten Wertes erhält oder ob er sie fortführt, um den vollen Wert zu realisieren. Dabei setzt die wirtschaftlich vernünftigste Lösung, die Fortführung der Versicherung wegen ihres erhöhten Wertes, voraus, daß jeder Ehegatte wirklich unabhängig vom anderen über den Fortbestand seines Teilanspruchs entscheiden kann, d. h., daß Kündigung und Umwandlung den Anspruch des jeweils anderen ebenso unberührt lassen wie der Verzug mit der Prämienzahlung. Diese Bedingung ist augenscheinlich erfüllt, wenn bezüglich des halben Versicherungsanspruchs das Versicherungsverhältnis insgesamt auf den Zessionar übertragen wird. Ein solches Vorgehen ist bei Lebensversicherungen nicht ungebräuchlich. Der Zessionar übernimmt dann im Wege der Schuldübernahme die anteilige Prämienverbindlichkeit, wodurch der bisherige Versicherungsnehmer insoweit endgültig aus dem Versicherungsverhältnis ausscheidet. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung 58 des Versicherers, die aber üblicherweise erteilt wird 59. Stimmt der Versicherer der Schuldübernahme nicht zu, so wird der Übernehmer zwar nicht Prämienschuldner, er kann aber die Prämie unmittelbar an den Versicherer entrichten 60. Gerät der Versicherungsnehmer mit Zahlung seines Prämienanteils in Verzug, dann ist der Versicherer nach § 39 Abs. 3 VVG zur Kündigung berechtigt. Dabei ist er aber nach Treu und Glauben auf eine Teilkündigung beschränkt, wenn Prämienverzug nur beim Zessionar oder nur beim Versicherungsnehmer eingetreten ist: Nach § 4 Nr. 1 ALB n. F., § 6 Nr. 1 ALB a. F. ist der Versicherungsnehmer zu einer Teilkündigung berechtigt. Wenn er aber läßt man die Abtretung und den Schuldbeitritt zunächst außer Betracht - durch Dazu näher unter 11. Der Versicherungsnehmer hat diese Rechte hinsichtlich des ihm verbleibenden Teilanspruchs ohnehin, hinsichtlich des abgetretenen Anspruchs gehen sie auf den Zessionar über (allgemeine Meinung, vgl. Prölss / Martin, § 15 ALB a. F. Anm. 7). 58 § 415 Abs. 1 BGB verwendet den Begriff der Genehmigung, selbstverständlich kann der Gläubiger aber auch vor der Schuldübernahme einwilligen, vgl. Palandt / Heinrichs, § 415 Anm. 2b. 59 Vgl. Goll/ Gilbert, S. 98. 60 Er ist nach § 415 Abs. 3 BGB im Zweifel sogar dazu verpflichtet. Der Versicherer muß die Leistung annehmen, § 267 BGB, das Widerspruchsrecht des Schuldners wird bei Abtretung der Versicherungsforderung vertraglich abbedungen, vgl. Ehrenberg, JJb. 41, S. 374; der Zessionar kann auch durch Schuldbeitritt Mitversicherungsnehmer werden, Goll/ Gilbert S. 99. 56 57

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

147

Teilkündigung seine Prämienverbindlichkeit auf die Hälfte der Prämie reduzieren kann (also auf den Betrag, den er wegen der Realteilung im Innenverhältnis zahlen mußte und auch gezahlt hat), so kann der Versicherer nicht seinerseits wegen des Verzuges mit einem Teil der Prämie die Versicherung vollständig kündigen. Auch bei Prämienverzug sind die Versicherungsansprüche beider Ehegatten deshalb voneinander unabhängig. Das wird durch folgende Überlegung gestützt: Bei Zahlungsschwierigkeiten des Versicherungsnehmers wird eine Teilumwandlung der Versicherung mit Herabsetzung der Versicherungssumme erfolgen 61. Dann darf dem Versicherer bei anteiliger Prämienzahlung auch kein Ablehnungsrecht zustehen, obwohl der Schuldner zu Teilleistungen regelmäßig nicht berechtigt ist (§ 266 BGB). Wenn der Schuldner durch Teilkündigung seine Verbindlichkeit auf einen Teil beschränken kann, so kann der Versicherer nach Treu und Glauben Teilleistungen nicht zurückweisen, auch wenn die Versicherung noch nicht teilweise gekündigt ist, sofern die Teilleistungen nicht mißbräuchlich oder schikanös sind 62. Die Berücksichtigung der Überschußbeteiligungen und der Steigerungen der Versicherungsleistung bei Lebensversicherungen, die derartige Steigerungen vorsehen, bereitet bei der hälftigen Realteilung ebenfalls keine Schwierigkeiten, da sie von der Abtretung erfaßt werden.

(cc) Mögliche Einwände gegen die Realteilung (aaa) Entzug von Barmitteln Den Vorteilen dieser Realteilung steht als Nachteil die scheinbar große Diskrepanz zu der gesetzlich bestimmten Form des Zugewinnausgleichs gegenüber, die eine sofort fällige Ausgleichsforderung vorsieht: Ist die Versicherung der einzig nennenswerte Vermögensgegenstand, so wird sie im Regelfall des Zugewinnausgleichs in Höhe des Nettodeckungskapitals in Form einer sofort fälligen Geldforderung ausgeglichen. Dagegen bekommt der Ausgleichsberechtigte bei Realteilung einer unbefristeten Todesfallversicherung lediglich einen aufschiebend befristeten Anspruch. Dieser Nachteil ist aber weder systemfremd, noch belastet er den ausgleichsberechtigten Ehegatten unzumutbar. Der Ausgleich von Versicherungsansprüchen durch Realteilung ist im Versorgungsausgleich der Regelfall (§ 1 Abs. 2 VAHRG) 63. Zwar unterfällt die Kapitallebensversicherung nicht dem Versorgungsausgleich 64 , allein die Existenz dieses Ausgleichsmechanismus zeigt aber, daß der Gesetzgeber eine Realteilung durchaus für angebracht hält. Die Nähe zwischen Zugewinn- und Versorgungs ausgleich Vgl. Hagelschuer, S. 106. Zur Fristsetzung gegenüber dem Zessionar bei Prämienverzug vgl. BGH (1.10.1986, IVa ZR 108/85) BGHZ 98, S. 295,302. 63 Dazu bereits soeben, (bb) (aaa). 64 Dazu bereits oben, 1. Kapitel B II b. 61

62

10*

148

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

wird gerade bei Lebensversicherungen besonders deutlich, da allein die Fonn der Leistungen des Versicherers darüber entscheidet, ob eine Lebensversicherung zugewinn- oder versorgungsausgleichspflichtig ist 65 • Bezieht man das häufig vereinbarte Leistungswahlrecht mit ein, so wird die Austauschbarkeit der Regelungen des Versorgungsausgleichs mit denen des Zugewinnausgleichs überdeutlich. Hinzu kommt, daß bei Realteilung auch das Kapital des Ehegatten, der Versicherungsnehmer ist, langfristig gebunden ist, weil auch dieser nur durch Fortführung der Versicherung den vollen Vennögenswert realisieren kann. Ein Ausgleich in Fonn einer sofort fälligen Geldforderung bürdet das Fortführungsrisiko allein einem Ehegatten auf, während es bei der Realteilung gleichmäßig verteilt wird 66. Selbst wenn man der Auffassung ist, nach dem System des Zugewinnausgleichs brauche sich der ausgleichsberechtigte Ehegatte nicht mit einer bedingten Forderung zufrieden zu geben, sondern er könne Ausgleich sofort und in bar verlangen, hindert dies die Realteilung der Kapitallebensversicherung nicht. Der Zessionar der Versicherung hat die Möglichkeit, die Versicherung zu kündigen und den Rückkaufswert entgegenzunehmen. Er bekommt damit den Wert, den auch der andere Ehegatte bei Auflösung der Versicherung bekäme 67 • Weiter kann er nach § 5 ALB n. F. eine Vorauszahlung auf die Versicherung verlangen 68 • Er hat also durchaus die Möglichkeit, Bargeld für seinen Versicherungsanspruch zu bekommen, ohne die durch die Abweichung des Gesundheitszustandes des Versicherten hervorgerufene Wertsteigerung zu verlieren. Das Darlehen ist zwar zu verzinsen, dafür ist aber auch das Deckungskapital über die Prämienreduzierung und die Überschußbeteiligungen verzinslich angelegt. Die genannte Beleihungsmöglichkeit besteht allerdings nicht, wenn die AVB der Vermögensbildungsversicherung anwendbar sind, da diese wegen § 9 des 5. VermBG eine Beleihung erst nach 12 Jahren vorsehen. Aber auch die fehlende Beleihbarkeit ist eine Eigenschaft dieser Versicherung, die auf beide Ehegatten aufzuteilen ist. Es ist durchaus nicht systemgerecht, allein den Ehegatten damit zu belasten, der die Versicherung abgeschlossen hat, zumal die vermögensbildende Versicherung in erster Linie wegen der steuerlichen Förderung abgeschlossen wurde Vgl. 1. Kapitel B 11 b 3. Auch wenn sich diese Risikoverteilung durchaus begründen läßt (dazu bereits oben, A I a), sollte bei einer Neuregelung des Ausgleichs der Kapitallebensversicherungen auch in diesem Fall die Realteilung als interessengerechtere Lösung vorgezogen werden. 67 Das ist auch zugleich der Wert, den er nach Auffassung der Rechtsprechung ohnehin nur bekommen würde, dazu bereits oben, 3. Kapitel A. 68 Obwohl § 7 ALB a. F., § 5 ALB n. F. einen Rechtsanspruch auf die Vorauszahlung ausdrücklich ausschließen, wird ein solcher bejaht, Prölss / Martin § 7 ALB a. F.; a. A. Bruck / Möller / Winter, G 505. Entscheidungen zu dieser Frage liegen - soweit ersichtlich - nicht vor. Der Versicherer wird auch selten Anlaß dazu haben, die Vorauszahlung zu verweigern. Er trägt kein Risiko, da die Vorauszahlung mit der Versicherungsleistung verrechnet wird, wenn der Versicherungsfall eintritt. Gewährte er das Darlehen nicht, so würde der Versicherungsnehmer die Versicherung wahrscheinlich kündigen, so daß der Rückkaufswert dann ohnehin fällig würde. 65

66

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

149

und diese während der Dauer der Zugewinngemeinschaft beiden Ehegatten zugute gekommen ist. Die hälftige Realteilung ist also eine interessengerechte Lösung. Sie gleicht den Wert der Versicherung zutreffend aus, ohne den ausgleichsberechtigten Ehegatten übennäßig zu belasten. (bbb) Weitere Einwände Wenn die Realteilung demnach - jedenfalls für die Kapitallebensversicherung - die interessengerechtere Lösung ist, so stellt sich die Frage, warum der Gesetzgeber einem Ausgleich in Fonn einer Geldforderung den Vorzug eingeräumt hat. In der amtlichen Begründung 69 werden vier Gesichtspunkte genannt, die nach Meinung der Gesetzesverfasser für einen Ausgleich in Geld und gegen einen Ausgleich des Zugewinns durch Sachwerte 70 sprechen: -

Es bestehe kein Bedürfnis für eine Sachwertübertragung.

-

Die Sachwertübertragung führe zu Bewertungsschwierigkeiten. Die bestehenden Härteregelungen seien ausreichend. Das Interesse des Ausgleichsberechtigten an einer schnellen Abwicklung sei vorrangig.

Alle vier Gesichtspunkte treffen auf die Realteilung der Todesfallversicherung nicht zu: Es besteht - wie oben gezeigt - ein erhebliches Bedürfnis an einer Realteilung, da in einigen Fällen ein angemessener Ausgleich dieses Vennögensgegenstandes ohne sie nicht möglich ist. Das zweite Argument greift ebenfalls nicht, da durch die Realteilung Bewertungsschwierigkeiten nicht hervorgerufen, sondern vennieden werden. Die befürchteten Schwierigkeiten treten nur bei einer Vollübertragung, nicht aber bei einer Realteilung auf, da nur bei einer Vollübertragung der Wert des Vennögensgegenstandes, der auf die Ausgleichsforderung anzurechnen wäre, ennittelt werden muß. Bei der hier vorgeschlagenen Realteilung erübrigt sich eine Bewertung, da die Versicherung wegen der Realteilung im Zugewinn nicht mehr berücksichtigt wird. Drittens: Die bestehenden Härteregelungen reichen nicht aus, um dieses Bewertungsproblem zu lösen, da sie die Bewertung der Vennögensgegenstände voraussetzen. Die §§ 1381, 1382 BGB ennöglichen lediglich Stundung oder HerabsetAmt!. Begr. zu E § 1385, abgedruckt bei Massfeller, S. 145 f. Die Übertragung einer Geldforderung ist ein Unterfall einer Sachwertübertragung, da ein Vermögensgegenstand übertragen und nicht Geld vom Ausgleichsverpflichteten geleistet wird. 69

70

150

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

zung der Ausgleichsforderung 71 und haben deshalb auf die Bewertung keinen Einfluß. § 1383 BGB gibt dem Gläubiger der Ausgleichsforderung zwar die Möglichkeit, die Übertragung von Sachwerten zu verlangen 72, wenn sie zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit für ihn notwendig und dem Schuldner zuzumuten ist. Zugunsten des Schuldners der Ausgleichsforderung gilt § 1383 BGB nicht 73 • Damit versagt eine Lösung über § 1383 BGB, wenn der Versicherungsnehmer Gläubiger der Ausgleichsforderung ist. Da aber eine Lebensversicherung im Zugewinnausgleich unabhängig davon berücksichtigt werden muß, wer Gläubiger und wer Schuldner der Ausgleichsforderung ist, wer also den höheren oder den niedrigeren Zugewinn erzielt hat, reicht die Regelung des § 1383 BGB nicht aus, um diese Problematik zu lösen. Außerdem setzt sie voraus, daß gerade der Ausgleich in Geld die grobe Unbilligkeit begründet 74. Das ist aber nicht der Grund für die Realteilung der Kapitallebensversicherung. Bei ihr liegt die besondere Härte darin, daß der wahre Wert der Versicherung nicht ermittelt oder der Ausgleich dieses Wertes dem Versicherungsnehmer nicht zugemutet werden kann, nicht aber darin, daß der Ausgleich in Geld für den Ausgleichsberechtigten grob unbillig wäre 75. Auch das letzte Argument greift nicht durch, da eine Realteilung das Interesse des anderen Ehegatten an einer schnellen Abwicklung nicht beeinträchtigt: Das Interesse an einer schnellen Abwicklung der Scheidungsfolgen richtet sich insbesondere darauf, daß keine Rechtsgemeinschaft mit dem ehemaligen Ehegatten fortbesteht, da diese im Hinblick auf die vorangegangene Scheidung nicht immer zumutbar erscheint16 • Wie bereits oben ausführlich dargelegt, sind beide Teilansprüche weitgehend selbständig: Der Zessionar hat die Möglichkeit, die Versicherung hinsichtlich Ausführlich zu §§ 1381, 1382 BGB: Heckelmann, FS Mühl, S. 283 ff. Die Regelung des § 1383 BGB ist erst durch den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht in den Entwurf des Gleichberechtigungsgesetzes aufgenommen worden, da der Ausschuß - im Gegensatz zum Entwurf - der Meinung war, der Gläubiger der Ausgleichsforderung habe, insbesondere in Zeiten eines starken Wertverlustes des Geldes, ein besonderes Interesse auch an Sachwertübertragungen, vgl. Massfeller, S. 373. 73 Der BGH wendet deshalb § 242 BGB an, wenn der Ausgleichsschuldner ein besonderes Interesse an der Übertragung eines Vermögensgegenstandes aus dem Vermögen des Ausgleichsgläubigers hat. In diesen Fällen geht es meistens um Immobilien, die zu Miteigentum erworben wurden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann Übertragung des Miteigentumanteils verlangt werden, BGH (26.11.1981, IX ZR 91/80) BGHZ 82, S. 227, 236. 74 Wie bereits erwähnt, war bei § 1383 BGB insbesondere an das Interesse des Ausgleichsgläubigers gedacht, in Zeiten einer hohen Inflation Sachwerte verlangen zu können, vgl. Massfeller, S. 373. 75 § 1383 BGB findet nach der h. L. auch Anwendung, wenn der Gläubiger der Ausgleichsforderung aus anderen Gründen eine besondere Beziehung zu dem Vermögensgegenstand hat, dessen Übertragung er begehrt (vgl. statt aller Johannsen / Henrich / Jaeger, § 1383 Rz. 5), aber auch diese besondere Beziehung wird bei der Lebensversicherung kaum zu begründen sein. 76 Vgl. dazu die Nachweise oben, (2) (bb) (ccc). 71

72

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

151

des abgetretenen Teils fortzuführen 77. Zahlt einer der Ehegatten die auf ihn entfallende Prämie nicht, so berechtigt dies den Versicherer nur zu einer Teilkündigung, so daß auch insoweit keine Störungen des Ausgleichs zu befürchten sind, und die Interessen des ausgleichsberechtigten Ehegatten an Barmitteln werden bei der Realteilung einer Lebensversicherung nicht beeinträchtigt, da er die Versicherung kündigen oder beleihen kann 78. Auch dem anderen Ehegatten, also dem Versicherungsnehmer, ist die Realteilung zumutbar. Sie hat für ihn den Vorteil, daß er den Wert der Versicherung nicht in bar auszugleichen braucht. Er wird sich auch billigerweise damit einverstanden erklären müssen, einen Vermögens gegenstand, dessen Wert nicht feststellbar ist oder dessen festgestellter Wert in seinem Interesse 79 im Zugewinnausgleich nicht angesetzt wird, zu teilen. Die Realteilung der Versicherung entspricht also in jeder Hinsicht den Interessen der Beteiligten. Bedenken gegen eine Realteilung der Versicherung könnten sich weiter darauf gründen, daß der nach der Realteilung eingetretene Versicherungsfall dem anderen Ehegatten auch dann zugute kommt, wenn die Gründe, die diesen ausgelöst haben, am Stichtag noch nicht angelegt waren. Beispiel: Der Versicherte wird nach der Realteilung von einem Auto überfahren. Diese Entwicklung war am Stichtag nicht angelegt und dürfte sich bei einer Bewertung des Anspruchs nicht werterhöhend niederschlagen. Der andere Ehegatte hat also durch die Realteilung mehr bekommen, als ihm bei einem Ausgleich in Geld zugestanden hätte. Derartige Bedenken sind nicht gerechtfertigt: Der Zessionar bezahlt durch die Übernahme der Hälfte der Prämienverbindlichkeit auch die anteilige Risikoprämie; es ist deshalb nur konsequent, wenn ihm die anteilige Versicherungssumme auch dann zugute kommt, wenn der Versicherungsfall aufgrund eines Umstandes eintritt, der sich am Bewertungsstichtag noch nicht abzeichnete. Die Realteilung der Versicherung liegt also im allseitigen Interesse der Beteiligten. Sie kann de lege lata in Fortentwicklung des Zugewinnausgleichs durchgeführt werden, wenn der Fortführungswert der Versicherung nicht ermittelt werden kann oder unverhältnismäßig hoch ist.

(c) Erheblicher streitiger Vortrag zum Gesundheitszustand des Versicherten Trägt der Ehegatte, der nicht der Versicherungsnehmer ist, vor, der Gesundheitszustand des Versicherten weiche von dem des Durchschnitts ab, so ist dieser Vortrag nur erheblich, wenn der Fortführungswert für die Bewertung der Versi77 Das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers geht auf den Zessionar über, sofern nichts anderes vereinbart wird, Prölss / Martin, § 165 VVG Anm. 1 und § 15 ALB a. F. Anm. 7; Heilmann, VersR 1972, S. 999. 78 Dazu bereits soeben, (cc) (aaa). 79 So, wenn real geteilt wird, weil der ermittelte Wert unverhältnismäßig hoch ist.

152

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

cherung maßgebend ist 80 und wenn der Tatsachenvortrag den Schluß darauf zuläßt, daß eine Neuversicherung auf das Leben des Versicherten nur gegen Prämienzuschläge erfolgen könne. Dazu muß eine Abweichung des Gesundheitszustandes konkret bezeichnet werden, die nach ärztlicher Erfahrung zu einer Übersterblichkeit von mindestens 125 % führt 81 • Äußert sich der andere Ehegatte zu dieser konkret vorgetragenen Behauptung nicht, so gilt sie - wie bereits erwähnt - als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO), die Bewertung erfolgt dann nach den oben dargestellten Grundsätzen. Bestreitet der andere Ehegatte die behauptete Abweichung - wobei Bestreiten mit Nichtwissen jedenfalls dann unzulässig ist, wenn der andere Ehegatte konkrete Symptome vorträgt (§ 138 Abs. 4 ZPO) - und ergibt eine im Einverständnis mit dem Betroffenen durchgeführte Beweisaufnahme einen abweichenden Gesundheitszustand, so ist dieser nach den oben für eine unstreitige Abweichung entwickelten Grundsätzen zu berücksichtigen. Verweigert dagegen der Ehegatte oder, wenn ein anderer der Versicherte ist, dieser die Mitwirkung an der erforderlichen Beweisaufnahme, so stellt sich die Frage, welche Folgen ein solches Verhalten nach sich zieht. Der Beweis kann durch eine ärztliche Untersuchung, durch Befragung des behandelnden Arztes als sachverständigen Zeugen und durch Befragung des Versicherten als Zeugen oder als Partei geführt werden. (1) Ärztliche Untersuchung

Die Zulässigkeit einer ärztlichen Untersuchung bestimmt sich nach den Regeln des Beweises durch Augenschein 82 • Bereits daraus folgt, daß die Untersuchung des Versicherten jedenfalls dann unzulässig ist, wenn dieser nicht Partei ist, da eine erzwingbare Pflicht zur Duldung des Augenscheins für Dritte außerhalb des § 371 aZPO nicht besteht 83. Aber auch wenn der Versicherte der andere Ehegatte, also Partei des Streits über die Höhe des Zugewinnausgleichs ist, so kann die Duldung der Untersuchung im Rahmen der Beweisaufnahme nicht erzwungen werden 84. Dazu bereits oben, 6. Kapitel A I a. Die Versicherer erheben Prämienzuschläge erst ab dieser Übersterblichkeit, vgl. 4. Kapitel D III. Neben den nicht allgemein zugänglichen Tabellen der Rückversicherer finden sich grobe Übersichten über die entsprechenden Erkrankungen bei Mohr I Hofmann, S. 100 ff., und bei Doll, S. 336 ff. 82 Dies zeigt schon die systematische ~~ellung des § 372a ZPO und entspricht der allg. Meinung, vgl. statt aller BILl A/H, Ubers. § 371, 3 A; Stein /Ionas I Schumann, vor § 371 Rz.4. 83 Vgl. Stein I Jonasl Schumann, vor § 371 Rz. 35; Zimmermann, § 371 Rz.3. 84 Allg. Meinung, vgl. Thomas I Putzo, Vorbem. § 371 Anm. 2a; Stein I Jonas I Schumann, vor § 371 Rz. 31. Dies entspricht auch den Regelungen beim Urkundenbeweis, die bei Vorlagepflicht des Gegners lediglich Beweisnachteile vorsehen (§§ 422, 427 ZPO). 80 81

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

153

(aa) Erzwingbare materielle Duldungspflicht In Betracht kommt aber eine entsprechende Klage auf Duldung der Untersuchung, falls den anderen Ehegatten eine materielle Duldungspflicht trifft85. § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB gewährt den Ehegatten bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft 86 einen Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Endvermögens. Dieser Pflicht genügt der betreffende Ehegatte, indem er die Existenz der Lebensversicherung mitteilt. Weiter kann nach § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB die Ermittlung des Wertes der einzelnen Vermögens gegenstände verlangt werden. Über den Wortlaut hinaus umfaßt dieser Wertermittlungsanspruch auch die Verpflichtung des anderen, Begutachtung durch einen Sachverständigen zu dulden, wenn der Wert eines Vermögensgegenstandes ohne ein solches Gutachten nicht ermittelt werden kann 87.

Fraglich ist aber, ob der Anspruch auf Duldung der Begutachtung auch eine ärztliche Untersuchung einschließt. Der Wortlaut des § 1379 BGB gibt keine Antwort, zumal die Duldungspflicht selbst nicht ausdrücklich geregelt ist, und die Entstehungsgeschichte enthält keine Hinweise darauf, daß dieser Anspruch sich auch auf Auskunft über Umstände richten kann, die in der gesundheitlichen Verfassung des anderen Ehegatten begründet sind 88. Ein vollstreckbarer Anspruch auf Duldung der ärztlichen Untersuchung ermöglichte einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht 89 , wobei - je nach Art der Untersuchung - eine Verletzung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 GG, hinzukäme. Ein Vergleich mit der Abwägung, die der Gesetzgeber in anderen Fällen getroffen hat, macht deutlich, daß eine Zwangsuntersuchung nur bei ganz gravierenden Interessen der Allgemeinheit für zulässig 90 und außerhalb des Abstammungsnachweises und des Entmündigungsrechts als dem Zivilprozeß fremd erachtet wird 91. 85 Vgl. Thomas / Putzo, Vorbem. § 371 Anm. 2 a. 86 Bei Scheidung oder bei Klage auf Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe besteht dieser Anspruch bereits ab der Rechtshängigkeit des Antrags bzw. der Klage (§ 1379 Abs.2 BGB). 87 BGH (6.5.1982, IX ZR 36/81) BGHZ 84, S. 31, 33 = FamRZ 1982, S.682 = NJW 1982, S. 1643; OLG München (1.12.1981, 4 UF 234/81) FamRZ 1982, S. 279; Börger, Rz. 118; Johannsen / Henrich / Jaeger, § 1379 Rz. 12; MüKo-Gemhuber, § 1379 Rz.24; RGRK-Finke, § 1379 Rz. 12; Roth-Stielow, NJW 1970, S. 1032; Staudinger / Thiele, § 1379 Rz. 24. Im einzelnen ist streitig, ob der Verpflichtete über die Duldung hinaus den Sachverständigen selbst zu beauftragen hat. Dieser Streit ist hier irrelevant, da es zunächst nur um die Duldungspflicht selbst geht. Die Kosten des Gutachtens hat der Anspruchsberechtigte zu tragen, BGH, a. a. O. (BGHZ 84, S. 33 ff.). 88 Die Wertermittlungspflicht wurde in Anlehnung an die Inventarerrichtungspflicht des Erben geschaffen, ohne daß man - weder bei ersterer noch bei letzterer - an die Notwendigkeit der Duldung einer körperlichen Untersuchung gedacht hatte, vgl. Prot. zu E § 1988, S. 7499 ff.; Mudgan Bd. 5, S. 779 (zur Inventarerrichtungspflicht); amtl. Begründung zu E § 1386, abgedruckt bei Massfeller, S. 152. 89 Vgl. BGH (5.5.1986, III ZR 233/84) BGHZ 98, S. 32, 36 f. (psychiatrische Begutachtung eines Schiedsrichters).

154

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers Nur scheinbar anderer Ansicht ist E. Peters 92 , der zwar eine (prozessuale) Pflicht zur Entbindung von der Schweigepflicht und zur körperlichen Untersuchung bejaht, als Sanktion eines Verstoßes aber lediglich beweisrechtliche Folgen (§§ 427, 446 ZPO), nicht aber die zwangsweise Durchführung annimmt 93 • Das OLG Düsseldorf 94 hielt die Anordnung eines Sachverständigengutachtens, das nur mittels einer gefährlichen Operation erstellt werden konnte, sogar dann für unzulässig, wenn die beweisbelastete Partei zu untersuchen und diese mit der Untersuchung einverstanden war. Das Gericht dürfe in keiner Weise auf die Entscheidung zu einer solchen Operation hinwirken. Die Klage wurde deshalb trotz des Beweisangebots abgewiesen.

Selbst im Strafverfahren, dem gesteigerte Interessen der Allgemeinheit zugrunde liegen, ist der Beschuldigte zur Duldung einer körperlichen Untersuchung nur verpflichtet, wenn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist 95 • Außerdem enthält die StPO in § 81 a zumindest eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für eine zwangsweise Untersuchung. Dann kann aber aus § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB, dessen Wortlaut nichts Derartiges enthält, nicht ein ebenso schwerwiegender Grundrechtseingriff abgeleitet werden 96. Dies wird bestätigt durch § 160 VVG, der bestimmt: "Durch die Vereinbarung, daß derjenige, auf dessen Person eine Versicherung genommen werden soll, sich zuvor einer ärztlichen Untersuchung zu unterwerfen hat, wird ein Recht des Versicherers, die Vornahme der Untersuchung zu verlangen, nicht begründet." Diese Bestimmung zeigt, daß selbst in den Fällen, in denen der zu Untersuchende selbst sich gegenüber dem Versicherer zu einer Untersuchung verpflichtet hat, kein entsprechender Anspruch des Versicherers besteht. Die rein wirtschaftlichen Interessen des Versicherers, den abgeschlossenen Vertrag durchzuführen, reichen nicht aus, um eine Untersuchung gegen den Willen des Versicherten zu Kretschmer, S. 146 ff., 182 f. (Zusammenfassung). RG (21.6.1906, VI 97/06) RGZ 63, S. 408,410; BGH (24.4.1952, IV ZR 156/ 51) NJW 1952, S. 1215; BGH (9.5.1962, IV ZR 4/62) NJW 1962, S. 1510, 1511; BayObLG (12.6.1972, BReg 3 Z 70/72) MDR 1972, S. 871; B/L/A/H, Übers. § 371 Anm.3A; Bruns, § 32 Rz. 181 c (S.272); Rosenberg / Schwab, § 121 11 c (S.740); Säcker, FamRZ 1971, S. 81, 82 f.; Stein /Jonas / Schumann, vor § 371 Rz. 28; Wieczorek, § 371 Anm. C III. 92 Ausforschungsbeweis, S. 105. 93 S. 111. Zu den prozessualen Folgen der Weigerung siehe unten, (bb). 94 (14.6.1984,8 U 166/83) VersR 1985, S. 457 f. 95 BVerfG (10.6.1963, 1 BvR 790/58) BVerfGE 16, S. 194, 202 = NJW 1963, S. 1597; BVerfG (25.7.1963,1 BvR 542/62) BVerfGE 17, S. 108, 117 f. = NJW 1963, S. 2368,2370; BVerfG (14.11.1969, 1 BvR 253/68) BVerfGE 27, S. 211, 219 = NJW 1970, S. 505. Die Bestimmung des § 81 a StPO wird in der Literatur z. T. für verfassungswidrig gehalten, so Sautter, AcP 161 (1962), S. 215, 247. 96 Der BGH (5.5.1986, III ZR 233/84) BGHZ 98, S. 32, 36 f., lehnt eine vertragliche Nebenverpflichtung zur Duldung einer ärztlichen Untersuchung jedenfalls dann ab, wenn keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde. 90

91

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

155

rechtfertigen. Diese Wertung trifft in gleichem Maße auf den Zugewinnausgleich zu. Eine vollstreckbare Pflicht zur Duldung einer ärztlichen Untersuchung besteht also nicht.

(bb) Prozessuale Nachteile bei Weigerung Wenn auch eine materielle Pflicht zur Duldung der ärztlichen Untersuchung nicht besteht, schließt das grundsätzlich nicht aus, daß der Partei, die im Rahmen der Beweisaufnahme eine Untersuchung verweigert, prozessuale Nachteile entstehen 97 • So befürwortet Stürner 98 eine allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien, die auch eine ärztliche Untersuchung umfasse, sofern sie keine Eingriffe in die körperliche Integrität mit sich bringe und die Streitsumme nicht ganz geringfügig sei. Diese Pflicht bedürfe keiner Rechtsgrundlage, da sie nicht vollstreckbar sei 99. Selbst wenn das Ergebnis der Untersuchung den Betroffenen erheblich belasten könnte - z. B. bei behaupteter Geisteskrankheit 100 - , soll das Geheimhaltungsinteresse des zu Untersuchenden dem Interesse der anderen, beweisbelasteten Partei weichen 101. Als Rechtsfolge eines Pflichtverstoßes sieht Stürner regelmäßig eine Fiktion vor, die zum Vorteil der beweisrisikobelasteten Partei die günstigere Alternative möglicher Aufklärung unterstellt 102. Selbst wenn man eine so weitgehende Mitwirkungspflicht der nicht beweisführungsbelasteten Partei bejaht, wird sie in der Praxis bei der Bewertung einer Todesfallversicherung zu keinem befriedigenden Ergebnis führen: In den meisten anderen Fallgestaltungen, in denen die Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung relevant wird, genügt es, diese mit einem negativen Ergebnis zu unterstellen, ohne die Sterbewahrscheinlichkeit quantifizieren zu müssen. So reicht es in dem von Stürner herangezogenen Fall, daß dem Gesellschafter einer Handelsgesellschaft die Geschäftsführungsbefugnis wegen angeblicher Geisteskrankheit 97 Vgl. nur: B/L/A/H, Übers. §371 Anm. 3 B b; Musielak/Stadler, Rz.185ff.; Stein 1Jonas 1Schumann, vor § 371 Rz.34; Wieczorek, § 371 Anm. C III b; BGH (23.9.1958, IV ZR 233/57) VersR 1958, S. 785 f. 98 S. 141 ff. 99 A. a. 0., S. 143. 100 Geisteskrankheit führt zu sehr hohen Risikozuschlägen, da Geisteskranke suizidgefährdet sind und der Suizid bei ihnen wegen § 169 Satz 2 VVG nicht zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt, da er im Zustand einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit begangen wird, vgl. Doll, S. 359 ff. 101 Stürner, S. 200 f. 102 S. 243. Ähnlich Prütting, S. 187, und Peters, ZZP Bd. 82 (1969), der von einer Sanktion spricht (S. 218), sich aber im Ergebnis für freie Beweiswürdigung ausspricht (S. 221). Auch die h. L. arbeitet mit § 286 ZPO, da dies eine flexiblere Lösung ermöglicht, vgl. Musielak, S. 133 ff., 139; Musielak 1Stadler, Rz. 189. So im Ergebnis auch Stein 1 Jonas 1Schumann, vor § 371 Rz. 34. Die Einzelheiten sind umstritten, vgl. Gerhardt, AcP 169 (1969), S. 295 ff.; Musielak, a. a. 0. Wie sich sogleich zeigen wird, ist dieser Streit hier aber irrelevant.

156

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

entzogen werden soll, aus, diese Krankheit als gegeben anzunehmen. Dagegen wäre es bei der Bewertung einer Todesfallversicherung notwendig, die genaue Suizidwahrscheinlichkeit zu ermitteln. Ebenso kann bei einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer krankheits bedingten Kündigung die notwendige Prognose weiterer Fehlzeiten wegen vom Arbeitgeber behaupteter Alkoholabhängigkeit gegebenenfalls unterstellt werden, während es bei der Frage, ob eine solche Abhängigkeit Prämienzuschläge erfordert, ganz auf den Einzelfall ankommt. Die von Stürner befürwortete Fiktion wird also in den meisten Fällen keine auch nur einigermaßen genaue Bestimmung der Übersterblichkeit zulassen 103. Folge davon ist, daß entweder eine Einmalprämie bei fiktivem Neuabschluß einer entsprechenden Versicherung überhaupt nicht errechnet werden kann oder daß diese angesichts der Ungewißheit mit sehr hohen Prämienzuschlägen versehen werden muß. Die Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung führt deshalb auch in den Fällen, in denen eine grobe Bestimmung der Übersterblichkeit ohne ärztliche Untersuchung möglich ist, wegen der dann einzukalkulierenden Sicherheitsheitszuschläge häufig nicht zur Fiktion einer der beiden Möglichkeiten einer Alternative, sondern - sofern eine Bewertung überhaupt möglich ist - zu einem Bewertungsergebnis, das wegen dieser Sicherheitszuschläge aller Wahrscheinlichkeit nach zu hoch ist. Angesichts dieses Ergebnisses vermag das eher formale Argument Stürners, die Mitwirkungspflicht der Parteien bedürfe keiner Rechtsgrundlage, weil sie Zwangseingriffe nicht ermögliche, jedenfalls hinsichtlich der Bewertung einer Kapitallebensversicherung bei atypischem, infolge der Weigerung des Betroffenen aber nicht feststellbarem Gesundheitszustand nicht zu überzeugen. Die Verletzung der Mitwirkungspflicht kann hier im Ergebnis mit einem "Zwangsgeld" belegt werden, da sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit 104 zu einem Wert der Versicherung führt, der höher ist als der wirkliche Wert. Mit eben dieser Wahrscheinlichkeit führt also die Verweigerung der ärztlichen Untersuchung zu einer Vermögenseinbuße des verweigernden Ehegatten, die nicht materiellrechtlich gerechtfertigt werden kann, sondern allein durch die Verletzung der Mitwirkungspflicht begründet ist. Eine solche Sanktion kommt aber einer staatlichen Zwangsmaßnahme bereits sehr nahe. Gegen die Annahme einer solchen Mitwirkungspflicht im Rahmen der Bewertung von Kapitaltodesfallversicherungen bestehen darüberhinaus noch weitere Bedenken: Wie Stürner selbst ausführt, bedarf es zur Annahme einer prozessualen 103 Diese praktischen Schwierigkeiten treten ebenso auf, wenn man die Verweigerung der ärztlichen Untersuchung im Rahmen von § 286 ZPO frei würdigt, ohne die Fiktion Stümers anzuerkennen, so die h. L., vgl. BILl A/H, Übers. § 371 Anm. 3 B b; Musielak, S. 133 ff.; Zimmermann, § 371 Rz. 2. Selbst im Rahmen der Beweiserleichterung durch § 287 ZPO muß eine Schätzung unterbleiben, wenn die notwendigen Grundlagen fehlen, BGH (22.5.1984, III ZR 18/83) BGHZ 91, S. 243,256 f. 104 Eben wegen dieser Sicherheitszuschläge bei ungewissem Gesundheitszustand unterscheidet sich die Problematik hier von derjenigen in anderen Fällen, in denen es ein "entweder - oder" gibt.

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

157

Mitwirkungspflicht, die Grundrechte des Verpflichteten beeinträchtigt, immer einer Abwägung der Individualrechtsschutzinteressen und des Persönlichkeitsrechts 105. Zu einer solchen Abwägung gehört aber nach allgemeinen Grundsätzen auch die Frage, ob der Eingriff erforderlich ist. An der notwendigen Erforderlichkeit fehlt es, wenn dem Interesse der einen Partei ohne den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der anderen Partei Rechnung getragen werden kann.

(ce) Die Realteilung als interessengerechte Lösung Wie oben 106 bereits dargelegt, wird dem Interesse an einem zutreffenden Ausgleich der Lebensversicherung jedenfalls dann besser durch eine Realteilung des Anspruchs Rechnung getragen, wenn die Bewertung anhand einer fiktiven Einmalprämie nicht möglich ist oder zu so hohen Prämien führt, daß diese nach der Verkehrsanschauung nicht mehr dem Verkehrswert entsprechen. Gleiches muß aber auch hier gelten: Die Realteilung führt zur zutreffenden Aufteilung des Versicherungsanspruchs. Sie bringt angesichts der Möglichkeit, sie zu beleihen oder zurückzukaufen, keine unzumutbare Belastung im Vergleich zu einem Ausgleich in bar mit sich. Wenn aber eine solche Alternative besteht, so ist eine mit prozessualen Nachteilen verbundene Mitwirkungspflicht abzulehnen. Dies wird bestätigt, wenn man zum Vergleich eine Versicherung auf das Leben eines Dritten heranzieht. Bei diesen Versicherungen ist ohnehin der Ehegatte, der nicht Versicherungsnehmer ist, bei streitigem Gesundheitszustand darauf angewiesen, Realteilung zu verlangen, da der Dritte zur Mitwirkung bei einer ärztlichen Untersuchung nicht verpflichtet ist und aus seiner Weigerung in aller Regel 107 keine prozessualen Nachteile für die andere Partei abgeleitet werden können. Der Zugewinnausgleich als Wertausgleich muß auch in diesen Fällen durch eine Realteilung der Kapitallebensversicherung ersetzt werden, weil die Bewertung daran scheitert, daß man die erforderlichen Bewertungsgrundlagen nicht kennt. Der Ehegatte, der nicht Versicherungsnehmer ist, kann also Realteilung der Todesfallversicherung verlangen, wenn deren Fortführungswert der Bewertung zugrunde gelegt werden muß, dieser Fortführungswert angesichts des Vortrags 105 A. a. 0., S. 198. Auch die h. L. läßt den Schluß von der Verweigerung der ärztlichen Untersuchung auf ein negatives Untersuchungsergebnis nur zu, wenn eine Interessenabwägung die Untersuchung zumutbar erscheinen läßt (vgl. Musielak, S. 133; Musielak / Stadler, Rz. 183) bzw. die Begründung der Verweigerung nicht ausreichend erscheint (vgl. Stein / Jonas / Schumann, vor § 371 Rz.34). 106 6. Kapitel Alb 2 (b) (2). 107 Ausnahme: Die andere Partei hat ihn zu dieser Weigerung veraniaßt, B/L/A/H, Übers. § 371 Anm.3 D; SteinIJonas/Schumann, vor § 371 Rz.35; Thomas/Putzo, Vorbem. § 371 Anm.2d.

158

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

des darlegungspflichtigen Ehegatten zum Gesundheitszustand des Versicherten das Nettodeckungskapital wahrscheinlich übersteigt 108, wenn weiter der andere Ehegatte diesen Gesundheitszustand bestreitet und wenn der Versicherte eine ärztliche Untersuchung verweigert, obwohl anders der Wert der Versicherung nicht ermittelt werden kann. De lege ferenda besteht die interessengerechtere Lösung darin, bei jeder Abweichung des Gesundheitszustandes die Versicherung real zu teilen, sofern nicht der Versicherungsnehmer bereit ist, den vollen Wert auszugleichen. (2) Der behandelnde Arzt als Zeuge Eine andere Möglichkeit, den erheblichen, aber streitigen Gesundheitszustand des Versicherten unter Beweis zu stellen, besteht darin, den behandelnden Arzt des Versicherten als sachverständigen Zeugen zu benennen. Nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO kann der Arzt als Zeuge das Zeugnis auf solche Fragen verweigern, die die Tatsachen, die ihm als Arzt bekannt geworden sind, betreffen. Der Beweisantritt wird also nur erfolgreich sein, wenn der Arzt aussagt, also regelmäßig nur dann 109, wenn der Versicherte seinen Arzt von der Schweigepflicht entbindet 110. Falls Versicherter ein Dritter ist, können aus dessen Weigerung, diese Entbindungserklärung abzugeben, keine Schlüsse gezogen werden 111. Ist Versicherter die nicht beweisbelastete Partei, so ist - wie oben 112 fraglich, ob die Weigerung, den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden, zu prozessualen Nachteilen führen kann. Dazu kann im wesentlichen auf die Ausführungen oben verwiesen werden. Das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen ist Teil seines Persönlichkeitsrechts. Außerdem wird allgemein das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient als besonders schützenswert angesehen 113. Ohne zwingende Gründe darf deshalb die Weigerung des Patienten, diesen Schutz seiner Privatsphäre aufzugeben, keine prozessual nachteiligen Konsequenzen haben. Angesichts der Möglichkeit einer Realteilung bestehen solche zwingenden Gründe nicht, so daß der andere Ehegatte auf Realteilung der Versicherung verwiesen ist. 108 Wenn dieser also einen Gesundheitszustand behauptet, der nach den Tabellen der Rückversicherer einen Prämienzuschlag rechtfertigt, dazu oben, 4. Kapitel D m. 109 Nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich der Arzt strafbar, wenn er seine Schweigepflicht verletzt. 110 Nach § 385 Abs. 2 ZPO entfällt dann das Zeugnisverweigerungsrecht. 111 Die Problematik ist ebenso wie bei der Verweigerung der ärztlichen Untersuchung zu behandeln, dazu bereits oben, (c) (1). 112 (c) (1) (bb). 113 BVerfG (8.3.1972, 2 BvR 28/71) BVerfGE 32, S. 373,380 = NJW 1972, S. 1123; . BGH (31.5.1983, VI ZR 259/81) NJW 1983, S. 2627,2628; Laufs, NJW 1975, S. 1433, 1434; Schmidt, NJW 1962, S. 1745, 1747.

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

159

(3) Vernehmung des Versicherten als Zeugen oder als Partei Als letzte Möglichkeit, den Gesundheitszustand des Versicherten unter Beweis zu stellen, könnte man die Vernehmung des Versicherten als Zeugen bzw. als Partei erwägen. Ist Versicherter ein Dritter, so kann dieser als Zeuge für bestimmte Symptome, die auf seinen Gesundheitszustand schließen lassen, benannt werden. Ein gesetzlich ausdrücklich bestimmtes Zeugnisverweigerungsrecht für den Zeugen, der seinen Gesundheitszustand nicht offenbaren möchte, kennt das Zivil prozeßrecht nur, wenn ihm die Offenbarung zur Unehre gereichen würde (§ 384 Nr. 2 ZPO), was regelmäßig nicht der Fall sein wird. Die bloße Beschreibung der Symptome ohne eine ärztliche Untersuchung wird aber in den seltensten Fällen ausreichen, um die Übersterblichkeit hinreichend genau einschätzen zu können 114. Ist die Gegenpartei Versicherter, so stellen sich die Probleme wie oben 115. Die Aussage kann nicht erzwungen werden; nach § 446 ZPO kann das Gericht unter besonderer Berücksichtigung der für die Weigerung vorgebrachten Gründe - zwar die behauptete Tatsache als erwiesen ansehen, wenn die Gegenpartei es ablehnt, sich als Partei vernehmen zu lassen; aber auch hier entstehen Probleme, da die behaupteten Tatsachen in aller Regel nicht ausreichen werden, eine bestimmte Übersterblichkeit anzunehmen. Sollte ausnahmsweise die Abweichung des Gesundheitszustandes so konkret behauptet werden, daß eine bestimmte Übersterblichkeit nach dieser Behauptung ermittelt werden kann, und erachtet das Gericht diesen Gesundheitszustand für erwiesen, so ist dieser der Bewertung zugrunde zu legen. Ist der ermittelte Wert so hoch, daß er nach der Verkehrsanschauung dem Wert der Versicherung nicht mehr entspricht, so muß diese in Fortentwicklung des Prinzips des Zugewinnausgleichs real geteilt werden. De lege ferenda sollte unabhängig davon, ob der ermittelte Wert der Versicherung noch am Markt akzeptiert wird, die Versicherung real geteilt werden, da diese Lösung in allen Fällen zu einer interessengerechten Lösung führt 116.

(d) Unsubstantiierter Vortrag zum Gesundheitszustand Trägt der darlegungspflichtige Ehegatte vor, er wisse nichts über den Gesundheitszustand des Versicherten, nehme aber an, daß dieser besonders schlecht sei, so muß es bei der Bewertung anhand des Nettodeckungskapitals bleiben. Der Ehegatte ist dann seiner Darlegungspflicht nicht nachgekommen, so daß eine Beweisaufnahme ausscheidet. Eine Realteilung kommt de lege lata nicht in 114 Die Frage, ob der Schutz des Persänlichkeitsrechts des Zeugen weitergehende Zeugnisverweigerungsrechte erfordert, kann hier offenbleiben, da diese die Aufklärung des Gesundheitszustandes erschweren, nicht vereinfachen würden. 115 116

(c) (1).

Dazu bereits oben, I b 2 (b) (2) (bb) und (c) (1) (ce).

160

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

Betracht, da das System des Zugewinnausgleichs als Wertausgleich ausreicht, um den Vermögenszuwachs in bezug auf die Lebensversicherung zutreffend zu erfassen. De lege ferenda sollte angesichts der immer bestehenden Möglichkeit eines atypischen Gesundheitszustandes, der dem anderen Ehegatten nicht bekannt ist und deshalb von ihm auch nicht substantiiert vorgetragen werden kann, die Versicherung auch bei unsubstantiiertem Vortrag und sogar ohne jeden Vortrag zum Gesundheitszustand real geteilt werden, wenn der Versicherungsnehmer nicht seinerseits den tatsächlichen Wert der Versicherung beweist und sich im Endvermögen zurechnen läßt.

11. Die unbefristete Todesfallversicherung im Anfangsvermögen Bestand der Anspruch aus einer unbefristeten Todesfallversicherung bereits zu Beginn der Zugewinngemeinschaft, so stellen sich ähnliche Bewertungsprobleme wie bei der Bewertung eines solchen Anspruchs im Endvermögen. Auch wenn die Lebensversicherung sowohl am Bewertungsstichtag für das Endvermögen als auch an dem für das Anfangsvermögen bestand, kann sich die Bewertung nicht auf die Ermittlung des Wertzuwachses dieses Vermögensgegenstandes beschränken 117. Es müssen vielmehr beide Werte - der am Anfangsstichtag und der am Endstichtag - ermittelt werden. a) Maßgeblichkeit des Fortführungswertes In der Regel ist auch im Anfangsvermögen der Fortführungswert der Versicherung anzusetzen 118. b) Berechnung des Fortführungswertes 1. Durchschnittlicher Gesundheitszustand des Versicherten

Entsprach der Gesundheitszustand am Bewertungsstichtag für das Anfangsvermögen dem Durchschnitt in der Altersgruppe des Versicherten, so ist der Fortführungswert der Versicherung anhand des Nettodeckungskapitals an diesem Stichtag zu ermitteln 119. 117 Nach § 1374 Abs. 1 2. Halbsatz BGB können Verbindlichkeiten nur bis zur Höhe des Anfangsvermögens abgezogen werden. Es kommt deshalb auch dann auf die Höhe dieses Vermögens an, wenn sich der Vermögensgegenstand noch immer im Vermögen der Ehegatten befindet. 118 Die für die Bewertung im Endvermögen entwickelten Ausnahmen (vgl. oben, A I a) gelten hier entsprechend. 119 Zur Ermittlung des Fortführungswerts einer Todesfallversicherung im Endvermögen bei durchschnittlichem Gesundheitszustand des Versicherten bereits oben, Alb 1.

A. Die unbefristete Todesfallversicherung

161

2. Abweichender Gesundheitszustand des Versicherten

Bei abweichendem Gesundheitszustand am Anfangsstichtag ist grundsätzlich der durch die Abweichung erhöhte Wert maßgebend. Besondere Probleme ergeben sich dabei, wenn nach den oben für das Endvermögen entwickelten Grundsätzen die Versicherung real geteilt werden müßte. Eine solche, auf den Stichtag für das Anfangsvermögen zurückwirkende Realteilung ist nicht möglich, weil der im Anfangsvermögen enthaltene Wert der Versicherung in voller Höhe dem Ehegatten zugerechnet werden muß, zu dessen Vermögen dieser bereits zu Beginn der Zugewinngemeinschaft gehörte; das Anfangsvermögen wird im Zugewinnausgleich gerade nicht "geteilt". -

Ist der Versicherungsfall während der Dauer der Zugewinngemeinschaft eingetreten 120, so muß, sofern der Gesundheitszustand des Versicherten bereits am Stichtag vom Durchschnitt negativ abwich 121, der volle Wert des Versicherungsanspruchs selbst dann zugrunde gelegt werden, wenn eine entsprechende Einmalprämie von der Verkehrsanschauung nicht als Wert der Versicherung akzeptiert würde. Da der Wert der Versicherung tatsächlich realisiert wurde, ist die Bewertung anhand ihres vollen Wertes auch dann nicht unbillig, wenn er den fiktiven Verkehrswert am Stichtag übersteigt. Wenn der Versicherungsfall während der Dauer der Zugewinngemeinschaft nicht eingetreten ist und sich der abweichende Gesundheitszustand während der Dauer der Zugewinngemeinschaft nicht verschlechtert hat, so kommt eine Realteilung im Endvermögen de lege lata nicht in Betracht, da der wertmäßige Ausgleich der Versicherung anband der Prämienbarwertmethode möglich ist: Die Werterhöhung infolge des abweichenden Gesundheitszustands ist nicht während der Dauer der Zugewinngemeinschaft, sondern bereits früher eingetreten, so daß diese Erhöhung bei der Bewertung der Versicherung außer Betracht bleiben kann. Maßgebend ist also das Nettodeckungskapital am Bewertungsstichtag für das Anfangs- und das Endvermögen.

-

Es verbleiben also die Fälle, in denen bereits zu Beginn der Zugewinngemeinschaft der Gesundheitszustand des Versicherten so stark vom Durchschnitt abweicht, daß die Berechnung einer fiktiven Prämie nicht möglich ist, wobei der Gesundheitszustand während der Dauer der Zugewinngemeinschaft noch schlechter wurde. In diesen Fällen muß die Versicherung im Anfangs- und Endvermögen anhand des Nettodeckungskapitals bewertet werden, da eine

120 Da der Tod eines der Ehegatten die Zugewinngemeinschaft beendet, § 1371 Abs. 1 BGB, ist dies bei der Todesfallversicherung nur möglich, wenn Versicherter ein Dritter ist. 121 Es kommt bei der Bewertung auf die Umstände am Bewertungsstichtag an. Der spätere Tod kann also nur berücksichtigt werden, wenn er über diese Umstände Aufschluß gibt (v gl. oben, A I a), so, wenn die Todesursache bereits am Stichtag vorhanden gewesen ist. Wich der Gesundheitszustand am Stichtag nicht vom Durchschnitt ab, so ist der Wert gleich dem Nettodeckungskapital.

11 Voit

162

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

Wertsteigerung während der Dauer der Zugewinngemeinschaft nicht erwiesen ist. Eine Realteilung scheidet aus, da sonst die im Anfangsvermögen bereits vorhandene Wertsteigerung mit ausgeglichen würde, obwohl sie nicht während der Dauer der Zugewinngemeinschaft eingetreten ist. Beweispflichtig für den abweichenden Gesundheitszustand zu Beginn der Zugewinngemeinschaft ist der Versicherungsnehmer, der den Ansatz eines erhöhten Wertes in seinem Anfangsvermögen für sich beansprucht. Auf die Zumutbarkeit der Offenlegung kommt es in dieser Konstellation nicht an, da im Gegensatz zur Bewertung im Endvermögen 122 allenfalls 123 die beweisbelastete Partei über die Möglichkeit der Beweisführung verfügt.

B. Die Bewertung der befristeten Todesfallversicherung Die Rechtsprechung hat sich mit der Bewertung einer befristeten Todesfallversicherung - soweit ersichtlich - nicht beschäftigt. Nach den von ihr für die unbefristete Todesfallversicherung entwickelten Grundsätzen müßte die befristete Todesfallversicherung ebenfalls mit dem Rückkaufswert bewerten werden, sofern der Geschäftsplan der Versicherung einen solchen vorsieht 124. Demgegenüber ist nach der hier vertretenen Auffassung zu differenzieren: Ist nach den oben 125 entwickelten Grundsätzen ausnahmsweise nicht vorn Fortführungswert der Versicherung auszugehen, so ist der Rückkaufswert sofern vorhanden - anzusetzen. Ist dagegen der Fortführungswert maßgebend, so richtet sich dieser nach der Nettoeinmalprämie, die bei fIktivem Neuabschluß der Versicherung zu gleichen Versicherungsbedingungen eine fortlaufende Prämie ergibt, die genauso hoch ist wie die bei Fortführung der bestehenden Versicherung. Nur wenn der Fortführungswert aus den oben dargestellten Gründen 126 nicht ermittelt werden kann oder er so hoch ist, daß er nach der Verkehrsanschauung dem Verkehrswert der Versicherung ·nicht entspricht, ist de lege lata der Versicherungsanspruch real zu teilen. Bei der Risikolebensversicherung kommt zu den bereits oben genannten Gesichtspunkten hinzu, daß diese ohne Gesundheitsprüfung in eine kapitalbildende Lebensversicherung (unbefristete Todesfall- oder Kombinationsversicherung) Dazu oben, Alb 2. Ist Versicherter ein Dritter, so kann weder die beweisführungsbelastete noch die andere Partei den Beweis erbringen, wenn der Dritte die Feststellung seines Gesundheitszustandes verweigert. 124 Vgl. § 4 der Musterbedingungen für die Risikolebensversicherung (abgedruckt bei Bruck / Möller / Winter, A 6). In der Regel wird bei Versicherungen mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren ein Rückkaufswert gewährt (vgl. oben, 3. Kapitel A lai). 125 6. Kapitel A I a. 126 6. Kapitel Alb 2 (b) (2). 122 123

C. Die Kombinationsversicherung

163

umgetauscht werden kann 127. Der Vermögens wert, der darauf beruht, daß die Versicherung vor Eintritt der Verschlechterung des Gesundheitszustands abgeschlossen wurde, kann also auch dann erhalten werden, wenn die Befristung ausläuft. Bei entsprechend schlechtem Gesundheitszustand wird deshalb eine fiktive Einmalprämie in der befristeten Todesfallversicherung zu sehr hohen Risikozuschlägen führen, wenn man nicht die Umtauschmöglichkeit ausschließt. Wenn also in der bestehenden Versicherung ein Umtausch möglich ist, gelangt man wegen der Höhe der Zuschläge deshalb bereits de lege lata relativ oft zu einer Realteilung, da derart hohe Prämienzuschläge vom Markt nicht akzeptiert würden. De lege ferenda ist die Realteilung aus den bereits dargestellten Gründen immer vorzugswürdig.

c. Die Bewertung der Kombinationsversicherung

128

Bei der Kombinationsversicherung tritt der Versicherungsfall entweder durch das Versterben vor einem bestimmten Termin oder durch das Erleben dieses Termins ein. Ist der Versicherungsnehmer gleichzeitig Anspruchsberechtigter in beiden Fällen 129, so kann man grundsätzlich den Wert der Versicherung nach der oben angegebenen Methode bestimmen.

I. Besonderheiten der Bewertung bei wegen der Erlebensfalleistung fortgeführter Kombinationsversicherung In der Regel ist auch bei der Kombinationsversicherung ihr nach der Prämienbarwertmethode ermittelter Verkehrswert anzusetzen. Probleme ergeben sich aber bei der Frage, ob dem Versicherungsnehmer dieser Wert auch dann zugerechnet werden kann, wenn er die Versicherung allein im Hinblick auf die Erlebensfallleistung fortführt, obwohl die Todesfalleistung ihre Funktion verloren hat.

a) Durchschnittlicher Gesundheitszustand des Versicherten Solange der Gesundheitszustand des Versicherten nicht von dem des Durchschnitts abweicht, stellt sich dieses Problem nicht. Die Erlebensfallversicherung, Vgl. § 5 der Musterbedingungen. Die reine Kapitalerlebensfallversicherung ist höchst ungebräuchlich, da sie nur Sparzwecken dient, ohne eine echte Versicherung zu sein. Auf ihre Bewertung kann im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden. Üblich sind dagegen Erlebensfallversicherungen, die auf Rentenleistung gerichtet sind. Diese unterfallen aber in der Regel dem Versorgungsausgleich (vgl. 1. Kapitel B 11 b). Sollten sie ausnahmsweise zugewinnausgleichspflichtig sein, kann ihr Nutzwert ebenfalls anhand der Einmalprämie bei fIktivem Neuabschluß ermittelt werden. 129 Zu den Besonderheiten bei Abtretung und Bezugsberechtigung vgl. 7. Kapitel. 127

128

11*

164

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

die ihren Sinn nicht verloren hat, ist nur zu einer Prämie zu bekommen, die die Todesfalleistung mit abdeckt. Wenn der Versicherungsnehmer die Versicherung nicht kündigt, obwohl dieser Teil der Versicherungsleistung für ihn sinnlos ist, so kann das die Bewertung nicht beeinflussen. Der Wert ist in diesen Fällen anband des Nettodeckungskapitals zu errechnen. b) Abweichender Gesundheitszustand des Versicherten Problematisch sind dagegen die Fälle, in denen der Gesundheitszustand des Versicherten negativ vom Durchschnitt abweicht, der Versicherungsnehmer aber die Versicherung wegen der Erlebensfalleistung fortführt, obwohl der Zweck der Todesfalleistung durch die Scheidung entfallen ist 130. Einerseits erscheint es in diesen Fällen, in denen der Gesundheitszustand schlecht ist, unbillig, dem Ehegatten, der die Versicherung wegen der Erlebensfalleistung fortführt, einen durch das Todesrisiko erhöhten Vermögenswert als Nutzwert zuzurechnen, obwohl dieser bei objektiver Betrachtung für ihn funktionslos ist; andererseits ist nicht zu verkennen, daß er einen Vermögensgegenstand besitzt, der diesen Wert hat, und daß der Versicherungsnehmer die Versorgungsfunktion der Todesfallkomponente jederzeit nutzen kann, so z. B., wenn er später eine neue Familie gründet. Die Besonderheit der Lebensversicherung liegt eben darin, daß der Ehegatte die Nutzungsmöglichkeit der Todesfallversicherung nicht aufgeben kann, ohne die Erlebensfallversicherung aufzugeben. Eine interessengerechte Lösung kann in diesen Fällen nicht darin bestehen, den Anspruch lediglich hinsichtlich der Todesfalleistung real zu teilen, hinsichtlich der Erlebensfalleistung aber einen Barausgleich vorzunehmen, da sie denselben Bedenken unterliegt, die bereits oben im Rahmen der Todesfallversicherung erörtert wurden J3l. Die vollständige Auseinandersetzung des Zugewinns erfordert die Trennung des abgetretenen Anspruchs. Da aber bei einer Kombination aus Wertausgleich der Erlebensfallkomponente und Realteilung der Todesfallkomponente der Anteil des Zessionars an der Versicherungsprämie nicht mehr seinem Anteil an der Versicherungssumme entspricht, werden die Teilansprüche bei dieser kombinierten Ausgleichsform nicht vollständig getrennt. Dagegen bietet die vollständige Realteilung der Versicherung auch hier eine interessengerechte Lösung: Die Versicherungssumme wird spätestens bei Erleben eines bestimmten Alters fällig. Sind die Ehegatten ungefähr gleichaltrig, so ergeben sich keine Probleme, da dann auch die Versicherung auf das (Er-)Leben des anderen zur Altersversorgung geeignet ist. Im Gegenteil, es besteht für den Ausgleichsberechtigten die 130 131

Vgl. oben, A I a 2 (c) (3). 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (bb) (bbb) und (ccc)

C. Die Kombinationsversicherung

165

Möglichkeit, vorzeitig in den Genuß der Versicherungssumme zu kommen. Gerade darin liegt auch die Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung je nach Leistungsform der Versicherung: Während bei der Rentenversicherung die Rentenzahlung und damit die Höhe der Versicherungsleistung von dem Erleben der nächsten Fälligkeit abhängig ist, steht bei der Kapitallebensversicherung die Höhe der Leistung fest. Der andere Ehegatte ist also finanziell gesichert, ohne von dem Leben des Versicherten abhängig zu sein 132. Ist der Versicherte älter als der andere Ehegatte, so kommt diesem zugute, daß der Versicherte entsprechend früher das vereinbarte Erlebensfallalter erreichen wird. Probleme ergeben sich allenfalls, wenn der Versicherte so viel jünger ist, daß der andere Ehegatte vielleicht nicht mehr in den Genuß der Erlebensfalleistung kommen wird und er deshalb kein Interesse an der Realteilung hat. In diesen Fällen ist die Bewertung anhand des Nettodeckungskapitals nicht unbillig, da der andere Ehegatte nach Realteilung der Versicherung seinen Teilanspruch nur durch Kündigung realisieren könnte und dann den noch niedrigeren Rückkaufswert bekäme.

11. Bewertung der Kombinationsversicherung im Anfangsvermögen Besonderheiten der Kombinationsversicherung bestehen gegenüber der unbefristeten Todesfallversicherung insoweit nicht.

111. Übertragung der Überlegungen auf die Todesfallkomponente einer Kombinationsrentenversicherung Auch wenn die Rentenversicherung nicht zugewinnausgleichspflichtig ist I33, besteht in ihrer Todesfallkomponente bei abweichendem Gesundheitszustand ein Vermögenswert, der prinzipiell dem Zugewinnausgleich unterliegt. Dieser Vermögenswert wird aber durch die Realteilung der Versicherung im Versorgungsausgleich zerstört, da dort der Versicherte ausgewechselt wird 134. Angesichts dieser Regelung kann de lege lata eine über die Realteilung im Versorgungsausgleich hinausgehende Bewertung der Todesfallkomponente im Zugewinnausgleich der bestehenden Versicherung nicht begründet werden. Der Gesetzgeber wollte offenbar den Ausgleich der Lebensversicherung auf Rentenbasis im Versorgungsausgleich abschließend regeln. Das gilt auch in den Fällen, in denen 132 Zu den strukturellen Unterschieden zwischen Versorgungs ausgleich und Zugewinnausgleich in bezug auf Lebensversicherungen bereits oben, 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (bb) (aaa). I33 Vgl. 1. Kapitel B II b. 134 Dazu bereits oben, 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (bb) (aaa).

166

6. Kap.: Bewertung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers

die Versicherung nicht nach § 1 VAHRG real geteilt wird 135, weil der Versicherer der Vertragsänderung nicht zustimmt. De lege ferenda könnte aber eine Realteilung der Todesfallkomponente erwogen werden.

D. Zusammenfassung des 6. Kapitels Bei der Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich ist zunächst danach zu unterscheiden, ob ihr Fortführungswert oder ihr Kündigungswert anzusetzen ist. Hat der Versicherungsnehmer die Versicherung am Stichtag bereits gekündigt oder hat sich sein Entschluß, die Versicherung zu kündigen, bereits am Stichtag so weit verfestigt, daß dieser vernünftigerweise unurnkehrbar ist, so ist der Wert der Versicherung ihr Rückkaufswert. Dabei sind die Gründe für den bereits am Stichtag bestehenden Entschluß, die Versicherung zurückzukaufen, irrelevant, sofern nicht die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung gemäß § 1375 Abs. 2 BGB erfüllt sind. Weiter beschränkt sich der Wert der Versicherung ausnahmsweise dann auf den Rückkaufswert, wenn bereits am Stichtag Umstände vorlagen, die den zu diesem Zeitpunkt nicht hinreichend verfestigten oder erst später gefaßten Entschluß, die Versicherung zurückzukaufen, wirtschaftlich geboten erscheinen lassen. Solche Umstände sind insbesondere anzunehmen, wenn in der Todesfallversicherung durch die Scheidung der Versorgungszweck entfällt oder wenn wegen der Scheidungsfolgen die Prämien nicht fortgezahlt werden können und eine Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung nicht sinnvoll ist. Dagegen ist der Rückkauf der Versicherung zu dem Zweck, die Ausgleichsforderung zu befriedigen, kein Umstand in diesem Sinne. Darin läge eine unwirtschaftliche Verwertung von Vermögensgegenständen, was gemäß § 1382 BGB die Stundung der Ausgleichsforderung ermöglicht, aber nicht zu einer geringeren Bewertung führt. Ist nach den dargelegten Grundsätzen der Fortführungswert der Versicherung anzusetzen, so muß dieser unter Berücksichtigung des individuellen Gesundheitszustandes des Versicherten ermittelt werden. Dazu muß - wie im vierten Kapitel ausgeführt - die Einmalprämie bestimmt werden, die bei fiktivem Neuabschluß einer Versicherung zu gleichen Bedingungen eine laufende Prämie ermöglicht, die nicht höher ist als die in der bestehenden Versicherung vereinbarte. Kann diese fiktive Einmalprämie nicht ermittelt werden, weil der Gesundheitszustand des Versicherten nicht bekannt ist und er die Mitwirkung an der Feststellung verweigert, oder ist sie so hoch, daß ein vernünftiger Antragsteller von einem Vertrags schluß zu diesen Bedingungen Abstand nehmen würde, so versagt das System des Zugewinnausgleichs als Ausgleich des Wertzuwachses. Der 135

Diese Fälle werden durch §§ 1587 f ff. BOB i. V. m. § 3a VAHRO und durch

§ 3 b VAHRO geregelt.

D. Zusammenfassung

167

Grundgedanke dieses Güterstandes ist deshalb in Abweichung von dem System des Ausgleichs in Geld zu einer Realteilung der Versicherung fortzuentwickeln. Durch eine hälftige Teilung des Versicherungsanspruchs im Wege der Teilabtretung und die Übernahme der hälftigen Prämienverbindlichkeit durch den anderen Ehegatten wird eine vollständige Trennung der Teile des Versicherungsanspruchs erreicht, die es beiden Ehegatten ermöglicht, allein über die Fortführung des jeweiligen Teilanspruchs zu entscheiden. Angesichts der Regelungen im Versorgungsausgleich und unter Berücksichtigung der Rückkaufs- und Beleihungsmöglichkeit der Versicherung ist diese Form der Realteilung eine Lösung, die den Interessen aller Beteiligten gerecht wird und auf die sich der Versicherungsnehmer nach Treu und Glauben einlassen muß. De lege ferenda ist diese Lösung dem Wertausgleich auch dann vorzuziehen, wenn ein abweichender Gesundheitszustand nicht behauptet wird, da der Wert der Kapitallebensversicherung in nahezu jedem Fall durch Abweichungen des Gesundheitszustandes, die dem anderen Ehegatten nicht bekannt sind, beeinflußt sein kann. Dagegen führt die Realteilung in jedem Fall zu einem zutreffenden und allen Parteien zumutbaren Ergebnis. Bestand die Lebensversicherung bereits zu Beginn der Zugewinngemeinschaft, so gelten dieselben Grundsätze. Falls der Gesundheitszustand des Versicherten allerdings bereits zu diesem Zeitpunkt so schlecht war, daß eine fiktive Einmalprämie nicht errechnet werden kann oder unzumutbar hoch ist, scheidet die Realteilung der Versicherung aus. Auch die befristete Todesfallversicherung und die Kombinationsversicherung sind nach diesen Grundsätzen zu bewerten, wobei in der Kombinationsversicherung auch dann real geteilt werden muß, wenn sie wegen der Erlebensfallkomponente fortgeführt wird, obwohl die Todesfallkomponente ihre Funktion verloren hat. Auf die Todesfallkomponente der Kombinationsversicherung auf Rentenbasis können diese Überlegungen de lege lata nicht übertragen werden.

Siebentes Kapitel

Der Ausgleich der Kapitallebensversicherung bei Abtretung und Bezugsberechtigung A. Abtretung des Anspruchs Der Anspruch aus der Lebensversicherung auf die Versicherungssumme ist in der Regelt abtretbar 2 • Nach wirksamer Abtretung können sowohl beim Zedenten als auch beim Zessionar Bewertungsprobleme auftreten.

I. Zugewinnausgleich des Zessionars a) Der zedierte Anspruch im Endvermögen des Zessionars Der Zessionar ist Gläubiger des Anspruchs auf die Versicherungssumme 3 • Da der Wert des Anspruchs davon abhängt, ob die Versicherung anhand ihres Fortführungs wertes bewertet werden kann 4 , sind die verschiedenen Fallgestaltungen gesondert zu behandeln. t Zu den Ausnahmen bereits oben, 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (bb) (aaa). Eine formelle Besonderheit bildet die Mitteilungs- und Bestätigungspflicht nach § 15 Nr.2 ALB a. F., § 13 Nr.3 ALB n. F. Zu den Folgen einer Verletzung dieser Bestimmung vgl. Benkel / Hirschberg, § 13 ALB Rz. 114; Prölss / Martin, § 13 ALB n. F. Anm. 2; BGH (31.10.1990, IV ZR 24/90), NJW 1991, S. 559, und OLG München (13.6.1986, 10 U 1622/86) ZfS 1986, S.368 (absolute Unwirksamkeit); LG Köln (27.3.1985,240330/84) VersR 1986, S. 649 (relative Unwirksamkeit). 3 Im folgenden wird davon ausgegangen, daß auch der Anspruch auf die überschußbeteiligungen abgetreten wurde (das ist der Regelfall, vgl. Prölss / Martin, § 15 ALB a. F. Anm. 7; Asmus, in: Mölleru. a., ZVersWiss Bd. 59 (1970), S. 50). Sollte ausnahmsweise dieser Anspruch dem Zessionar nicht zustehen, so ist eine fiktive Prämienkalkulation notwendig, die als Verzinsung des Deckungskapitals nicht den genehmigten Zinssatz, sondern einen marktüblichen Zins zugrunde legt, vgl. BGH (22.1.1986, IVa ZR 63/84) BGHZ 97, S. 52,65. Dadurch verringern sich die fiktiven Prämien - und damit nach der Differenzmethode auch der Wert der Versicherung - um die künftigen zinsbedingten Überschußbeteiligungen. Zu deren Funktion als Korrektiv der niedrigen kalkulatorischen Zinsen s.o., 2. Kapitel A IV und 4. Kapitel C III b. 4 Zur Frage, wann der Fortführungswert maßgebend ist, vgl. 6. Kapitel A I a. Dies gilt entsprechend für den Anspruch des Zessionars; so bereits Ehrenberg (JJb. 41, S. 378), der betont, dem Zessionar stehe der Anspruch auf den vollen Wert, nicht nur auf den Rückkaufswert zu. 2

A. Abtretung

169

1. Übernahme der Prämien verbindlichkeit durch den Zessionar

Hat der Zessionar die Prämienverbindlichkeit übernommen und der Versicherer dieser Schuldübernahme zugestimmt, so ist der Zessionar vollständig in die Position des Versicherungsnehmers eingerückt s. Es handelt sich dann um ein selbständiges Versicherungsverhältnis, das im Zugewinnausgleich nach den oben 6 entwickelten Regeln auszugleichen ist. Wenn nach diesen Regeln die Versicherung real zu teilen ist, so bereitet dies keine besonderen Schwierigkeiten, da der Zessionar seinen Anspruch weiter abtreten kann. Auch gegen eine weitere Schuldübernahme im Rahmen der Realteilung bestehen keine Bedenken. Hat der Zessionar die Prämienverbindlichkeit durch Vertrag mit dem Zedenten ohne Zustimmung des Versicherers übernommen, so wird er zwar nicht Versicherungsnehmer, er hat aber die Möglichkeit, die Versicherung selbständig fortzuführen 7 • Auch hier ist also der volle, oben näher dargelegte Wert der Versicherung anzusetzen. Die Realteilung 8 der Versicherung bereitet auch hier keine Schwierigkeiten; zur Übernahme der Prämienschuld ist allerdings neben der Zustimmung des Versicherers auch die des Versicherungsnehmers erforderlich, da dieser wegen der Verweigerung der Genehmigung durch den Versicherer zu der ersten Schuldübernahme neben dem Erstzessionar Prämienschuldner geblieben ist. Ohne diese Zustimmung kann der Zweitzessionar die Versicherung aber ebenfalls fortführen, indem er als Dritter auf fremde Schuld zahlt 9 • 2. Keine Übernahme der Prämien verbindlichkeit durch den Zessionar

Hat der Zessionar die Prämienverbindlichkeit nicht übernommen, so kommt es für die Bewertung darauf an, ob der Zessionar die Versicherung selbständig fortführen kann oder nicht. (a) Ist dem Zessionar das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers übertragen worden IO und hat er sich in der Abtretungsvereinbarung das Recht einräumen lassen, die Prämien bei Verzug des Zedenten für diesen an den Versicherer zu zahlen 11, so kann der Zessionar über die Fortführung der Versicherung allein entscheiden. Dazu bereits oben im Rahmen der Realteilung, 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (bb) (ddd). 6. Kapitel. 7 Vgl. oben zur Realteilung, 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (bb) (ddd). 8 Vgl. dazu oben, 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (bb). 9 Vgl. 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (bb) (ddd). IO Das Kündigungsrecht kann als Gestaltungsrecht nur zusammen mit dem Anspruch auf die Versicherungssumme übertragen werden. In der Regel liegt in der Abtretung zugleich diese Übertragung, vgl. Asmus, in: Möller u. a., ZVersWiss Bd.59 (1970), S. 50; Benkel / Hirschberg, § 4 ALB Rz. 6; Goll / Gilbert, S. 93; Prölss / Martin, § 165 VVG Anm. 1, § 15 ALB a. F. Anm. 7; Ehrenberg, JJb. 41, S. 374 (Versicherungsnehmer verzichtet auf Kündigungsrecht). 11 Dies geschieht regelmäßig (Goll / Gilbert, S. 94). 5 6

170

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung Sollte ausnahmsweise nichts Entsprechendes vereinbart sein, so ist der Versicherer nach § 267 BGB zur Ablehnung der Entgegennahme berechtigt, wenn der Schuldner der Zahlung durch den Dritten widerspricht. § 35a VVG, der den Versicherer verpflichtet, auch bei Widerspruch des Versicherungsnehmers die Prämie anzunehmen, findet seinem Wortlaut und der herrschenden - wenn auch nicht näher begründeten - Meinung nach keine Anwendung auf den Zessionar 12. Der Widerspruch des Versicherungsnehmers wird aber regelmäßig rechtsmißbräuchlich sein, wenn er den Anspruch abgetreten hat. Er hat dann kein schutzwürdiges Interesse an einem Widerspruch und nutzt deshalb lediglich eine formale Rechtsposition aus 13.

Im Rahmen der oben 14 entwickelten Grundsätze ist deshalb der Fortführungswert anzusetzen. Weil der Zessionar mangels Schuldübernahme keine Prämien schuldet, ist der Fortführungswert anhand der Prämie einer fiktiven Einmalprämienversicherung zu bestimmen, da diese den Neuabschluß einer Versicherung ermöglicht, für die der Versicherungsnehmer - ebenso wie der Zessionar keine weiteren Prämien mehr zu leisten braucht 15. Die Versicherung wird gegebenenfalls 16 durch Teilabtretung real geteilt, die hälftige Übernahme der Prämienverbindlichkeit erübrigt sich, da der Zessionar ohnehin nicht zur Prämienzahlung verpflichtet ist. Dagegen muß das Recht, die Prämien im Prämienverzug des Versicherungsnehmers an den Versicherer zahlen zu dürfen, mitübertragen werden, da sonst die selbständige Fortführung der Versicherung durch den anderen Ehegatten nicht gesichert ist. (b) Ist dem Zessionar das Kündigungsrecht ausnahmsweise nicht übertragen worden und ist der Versicherungsnehmer im Innenverhältnis zur Kündigung der Versicherung berechtigt, so hat die Versicherung für den Zessionar keinen über den Rückkaufswert hinausgehenden Fortführungswert, weil er über die Fortführung der Versicherung nicht selbst entscheiden kann. Anzusetzen ist deshalb regelmäßig der Rückkaufswert. In Ausnahmefällen, in denen der andere Ehegatte beweist, daß die Kündigung trotz der Kündigungsmöglichkeit unterbleiben wird, kann auch die Realteilung des Anspruchs in Betracht kommen. Dazu muß er neben dem erhöhten Wert des zedierten Anspruchs aber weiter beweisen, daß der Versicherungsnehmer nach der Teilabtretung weder den Teilanspruch, der dem ursprünglichen Zessionar verbleibt, noch den, der abgetreten werden soll, kündigen wird. Die (Teil-)Kündigung würde den erhöhten Wert der Versicherung zerstören; wenn sie droht, ist die Bewertung anband des Liquidationswertes nicht unbillig, da dann dem Zessionar ein höherer Wert entzogen wird, ohne daß dieser dem anderen Ehegatten zugute kommt. Vgl. Asmus, in: Möller u. a., ZVersWiss 59 (1970), S. 51. Ähnlich bereits Ehrenberg, JJb 41, S. 374. 14 6. Kapitel A I a. 15 Besteht die Gefahr, daß der Versicherungsnehmer insolvent wird und deshalb der Zessionar Prämien zahlen muß, um die Versicherung fortführen zu können, ohne diese im Wege des Schadensersatzes vom Versicherungsnehmer zurückfordern zu können, so ist - nach allgemeinen Regeln - ein Abschlag vom Wert der Forderung anzuerkennen, vgl. Schwab, VII, Rz.41. 16 Vgl. zu den Fallgruppen 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (aa). 12 13

A. Abtretung

171

Ist dagegen der Zedent dem Zessionar gegenüber verpflichtet, die Versicherung fortzuführen, so ist der volle Wert der Versicherung auszugleichen 17, da im Fall einer vertragswidrigen Kündigung ein Schadensersatzanspruch auf Neuabschluß einer Versicherung oder auf einen Geldbetrag in Höhe der Differenz zwischen Fortführungswert und Rückkaufswert entsteht 18.

b) Die Prämienverbindlichkeit im Endvermögen des Zessionars Hat der Zessionar die Prämienverbindlichkeit des Zedenten übernommen, so ist deswegen ein besonderer Abzug nicht erforderlich, da der Wert des Versicherungsanspruchs bereits als Differenz zwischen dem Barwert der Leistungen des Versicherers und dem der noch ausstehenden Prämienverbindlichkeit errechnet wurde 19. Hat der Zessionar dagegen die Prämienverbindlichkeit nicht übernommen, so ist der Fortführungswert der Versicherung anband einer fiktiven Einmalprämienversicherung zu errechnen 20; eine Bewertung der Prämienverbindlichkeit erübrigt sich, da eine solche nicht besteht.

c) Der zedierte Anspruch im Anfangsvermögen des Zessionars Wurde der Anspruch auf die Versicherungssumme bereits vor Beginn der Zugewinngemeinschaft abgetreten, gelten die Ausführungen zur Bewertung einer Lebensversicherung im Anfangsvermögen des Versicherungsnehmers 21 entsprechend.

d) Hinzurechnung zum Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB Besonderheiten ergeben sich, wenn der Zession ein Erwerbstatbestand im Sinne des § 1374 Abs. 2 BGB zugrunde liegt.

Zum Abschlag bei drohender Insolvenz bereits soeben, unter (a). Der BGH hatte diese Fallkonstellation noch nicht zu entscheiden. Im Rahmen der betrieblichen Direktversicherung hält er allerdings den arbeitsvertraglichen Anspruch auf Unterlassung des Widerrufs der Bezugsberechtigung für nicht bewertbar, BGH (22.3.1984, IX ZR 69/83) FamRZ 1984,666. Auf diese Entscheidung wird im Rahmen des Ausgleichs der widerruflichen Bezugsberechtigung eingegangen werden. 19 Vgl. 4. Kapitel A. 20 Dazu soeben, unter a 2. 21 6. Kapitel A 11. 17 18

172

7. Kap.: Abtretung und Bezugsbe!echtigung 1. Wert zur Zeit der Abtretung

Der Versicherungs anspruch ist - soweit die Voraussetzungen des § 1374 Abs. 2 BGB erfüllt sind - dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen und in diesem Rahmen auch zu bewerten. Dabei ist sein Wert zur Zeit des Erwerbes zu ermitteln (§ 1376 Abs. 1 BGB). Der Versicherungsanspruch wurde durch die Zession erworben, so daß der Wert zu diesem Zeitpunkt maßgebend ist. Spätere Wertsteigerungen bleiben bei der Hinzurechnung außer Betracht, da Wertsteigerungen eines Vermögensgegenstandes während der Dauer der Zugewinngemeinschaft zum zugewinnausgleichspflichtigen Erwerb zählen 22 • Konsequenz dieses Bewertungsstichtages ist es, daß nicht der durch die fortlaufende Prämienzahlung erhöhte Wert der Versicherung angesetzt werden kann, sondern nur der niedrigere Wert bei Abtretung 23. Eine andere Auffassung wird allerdings im Rahmen der Bewertung von Nacherbschaften vertreten. Da der Erwerb der Erbschaft selbst nach § 1374 Abs. 2 BGB privilegiert ist, soll die Wertsteigerung, die die Nacherbschaft während der Dauer der Zugewinngemeinschaft dadurch erfahren hat, daß der Eintritt des Nacherbfalls nähergerückt ist, ebenfalls privilegiert sein 24, obwohl Zeitpunkt der Zuwendung - und damit Bewertungsstichtag - der Eintritt des Erbfalls, nicht erst der des Nacherbfalls ist 25 • Obwohl die Wertsteigerung einer Nacherbschaft, bei der als Nacherbfall der Tod des Vorerben bestimmt ist, durch das Altem des Vorerben durchaus Parallelen zu der Werterhöhung einer Todesfallversicherung aufweist, die ebenfalls auf der steigenden Sterbewahrscheinlichkeit beruht, kann dieser Auffassung jedenfalls für die Hinzurechnung des Anspruchs aus einer Kapitallebensversicherung nicht gefolgt werden: durch die Abtretung des Versicherungs anspruchs ist die Zuwendung dieses Vermögenswertes abgeschlossen 26. Es besteht deshalb kein sachlicher Unterschied zwischen der Abtretung des Versicherungsanspruchs und der schenkweisen Hingabe eines Geldbetrages, der den Neuabschluß einer entsprechenden Versicherung ermöglicht. Für eine Privilegierung der ersten Möglichkeit besteht kein Anlaß und angesichts der Regelung des § 1376 BGB auch kein Raum. Gemhuber, LB, § 36 11, S. 503. Wurde also die Abtretung bereits bei Abschluß des Versicherungsvertrages vereinbart, so hat der Anspruch zur Zeit der Abtretung keinen eigenen Vennögenswert. 24 BGH (9.6.1983, IX ZR 41/82) BGHZ 87, S. 367, 375; MüKo-Gemhuber, § 1374 Rz. 19; Gemhuber, FamRZ 1984, S. 1058 f. Ähnlich wird das Problem bei vorweggenommener Erbfolge unter Einräumung eines Leibgedinges (BGH [27.6.1990, XII ZR 95/ 89] FamRZ 1990, S. 1083, 1084) und bei Nachlaßvennögen, das mit einem Nießbrauch belastet ist (BGH [14.3.1990, XII ZR 62/89] FamRZ 1990, S. 603,604), behandelt. 25 Vgl.Johannsen/Henrich/ Jaeger, § 1374Rz. 20. MüKo-Gemhuber, § 1374Rz. 19, spricht deswegen von einer doppelten Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB. 26 Darin liegt der Unterschied zur widerruflichen Bezugsberechtigung, dazu unten B 22 23

III.

A. Abtretung

173

2. Prämienzahlung des Zedenten nach Abtretung

Hat der Zedent nach der Abtretung Prämien für die Versicherung gezahlt, so ist zu unterscheiden: Bestand eine Verpflichtung zur Prämienzahlung und erfüllt die Übernahme dieser Verpflichtung die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung nach § 1374 Abs. 2 BGB, so muß der Wert der übernommenen Verpflichtung, nicht der der tatsächlich gezahlten Prämien hinzugerechnet werden. Die Zuwendung liegt bereits in der Übernahme der Verbindlichkeit, so daß deren Wert maßgebend ist. Hat der Zedent ohne eine derartige Verpflichtung die Prämien nach der Abtretung weiter gezahlt, so kommt eine Hinzurechnung dieser Prämien zum Anfangsvermögen in Betracht. Formal gesehen erfüllen die Prämienzahlungen die Voraussetzungen des § 1374 Abs.2 BGB nicht: Sie sind in Erfüllung einer Verbindlichkeit - also nicht schenkweise - und außerdem an den Versicherer - nicht an einen Ehegatten - geleistet worden. Trotzdem ist nicht zu verkennen, daß im Verhältnis des Versicherungsnehmers zum Zessionar eine Zuwendung zu dem Zweck vorliegt, dessen Versicherungsanspruch aufrechtzuerhalten bzw. in seinem Wert zu steigern. Es macht keinen Unterschied, ob der Zedent die Prämien unmittelbar an den Versicherer bezahlt oder ob er dem Zessionar das Geld schenkweise überläßt, damit dieser die Prämien bezahlt. Im letzteren Fall ist aber das geschenkte Geld hinzuzurechnen, so daß auch die vom Zedenten gezahlten Prämien als Schenkung an den Zessionar zu betrachten sind 27. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung zum Ausgleich beeinträchtigender Schenkungen im Pflichtteilsrecht, wenn der Erblasser den Anspruch aus seiner Lebensversicherung an einen Dritten abgetreten hat 28 • Hinzuzurechnender Schenkungsgegenstand sind also auch die Prämien für die Versicherung, soweit sie nach Abtretung vom Zedenten bezahlt wurden 29. 3. Abweichende Auffassungen und Kritik

Anderer Ansicht ist eine Literaturmeinung, die die Erhöhung des Rückkaufswerts durch die weitere Prämienzahlung als Zuwendung ansehen möchte 30. Damit wird jedoch die Zusammensetzung des Rückkaufswertes verkannt, der auch eine Verzinsung des Deckungskapitals 31 enthält. Es besteht aber keinerlei Zweifel daran, daß diese Zinseinnahmen nicht zugewendet wurden und deshalb dem Anfangsvermögen nicht hinzugerechnet werden können 32. So auch Börger, Rz. 94 (S. 128). BGH (4.2.1976, IV ZR 156/73) FamRZ 1976, S. 616 m. w. N. 29 So zum Pflichtteilsrecht: RG (25.3.1930, VII 440/29) RGZ 128, S. 187, 190 f.; BGH, a. a. 0.; Lange / Kuchinke, § 39 IX (S. 735); MüKo-Frank, § 2325 Rz. 17; Palandt / Edenhofer, § 2325 Anm. 4a; Staudinger / Ferid / Cieslar, § 2325 Rz. 18. 30 So Hammelbeck, NJW 1965, S. 955, mit grundsätzlich zutreffendem Ansatz. 31 Vgl. 2. Kapitel A IV. 27 28

174

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

Auch die für das Pflichtteilsrecht verbreitet vertretene Auffassung, die Versicherungssumme selbst sei zur Berechnung des Pflichtteils anzusetzen, überzeugt nicht. Diese Ansicht vertritt insbesondere Harder 33 ; er meint: -

Der Pflichtteilsberechtigte sei so zu stellen, als ob die Abtretung nicht erfolgt sei, dann wäre aber die gesamte Versicherungssumme in den Nachlaß gefallen. Zuwendungsgegenstand sei nicht der Versicherungsanspruch, sondern die Versicherungssumme selbst.

-

Der Wert einer Zuwendung richte sich nicht nach dem Entgelt, sondern nach dem Wert des Zugewendeten, dies sei aber die Versicherungssumme.

-

Wenn im Valutaverhältnis der Rechtsgrund fehle oder entfalle, so sei die gesamte Versicherungssumme zurückzugewähren, nicht nur die gezahlten Prämien, deshalb müsse auch die ganze Versicherungssumme zugewendet worden sein.

Diese Argumente überzeugen jedenfalls für die Hinzurechnung im Rahmen des § 1374 Abs. 2 BGB wegen Abtretung des Versicherungsanspruchs nicht. Die Frage, wie der Pflichtteilsberechtigte - bezogen auf den Zugewinnausgleich: der andere Ehegatte - stünde, wenn der Anspruch nicht abgetreten worden wäre, kann nicht beantwortet werden: Man weiß nicht, ob der Versicherungsnehmer die Versicherung zurückgekauft, umgewandelt oder fortgeführt hätte, wenn er sie nicht abgetreten hätte. Ohne weiteres von der Fortführung auszugehen, ist Fiktion. Dies gilt besonders in den Fällen, in denen die Abtretung bereits bei Vertrags ab schluß vereinbart wurde. Es wäre bloße Spekulation anzunehmen, der Vertrag wäre auch ohne die Abtretung abgeschlossen worden. Wenn Harder weiter meint, Zuwendungsgegenstand sei nicht der Versicherungsanspruch, sondern die Versicherungssumme selbst, so könnte dies allenfalls bei einer widerruflichen Bezugsberechtigung zutreffen 34 • Bei dieser erwirbt der Bezugsberechtigte erst mit Eintritt des Versicherungsfalls ein Recht 35, das dann auf die fallige Versicherungsleistung in voller Höhe gerichtet ist. Aber auch dem widerruflich Bezugsberechtigten wird vom Erblasser nicht 32 Auch sonst sind Zinseinnahmen aus Vermögen, das durch Schenkung erworben wurde, zugewinnausgleichspflichtig, weil eine Hinzurechnung zum Anfangsvermögen gesetzlich nicht bestimmt ist. Das wird - soweit ersichtlich - nicht in Zweifel gezogen. 33 FamRZ 1976, S. 617. Dort ist die Literatur ausführlich nachgewiesen, so daß auf die Angabe weiterer Vertreter der herrschenden und der abweichenden Meinung an dieser Stelle verzichtet werden kann. Erwähnt seien als Vertreter der abweichenden Auffassung lediglich Reinicke, G. und D., NJW 1956, S. 1053, und Bruck / Möller / Winter, H 276,279. Ähnlich auch Hörstmann, S. 181 ff., insbes. S. 186, m. w. N. 34 Zur Bezugsberechtigung vgl. unten, B III. Harder will dagegen im Wege des argumentum a fortiori von der Bezugsberechtigung auf die Abtretung schließen, vgl. FamRZ 1976, S. 617. 35 Das bedeutet nicht, daß seine Position vor Eintritt des Versicherungsfalls ein rechtliches Nullum ist, dazu unten, B III a 1.

A. Abtretung

175

Geld zugewandt, sondern lediglich ein Anspruch auf Geld (die Versicherungssumme), der aufgrund der Bezugsberechtigung in der Person des Bezugsberechtigten entsteht 36• So verkennt auch Harder im Verlauf seiner weiteren Ausführungen 3? nicht, daß Zuwendungsgegenstand bei Abtretung der Anspruch auf die Versicherungssumme, nicht diese selbst isPR. Unzutreffend ist am:h Ilankrs Beispiel;": Harder meint. wenn der Erblasser ein Los für 3.- DM kaufe und dem Dritten schenke, so sei der Wert des Loses, wenn später der Hauptgewinn in Höhe von 10.000.- DM auf dieses Los falle, 10.003.DM. Es erscheint bereits äußerst zweifelhaft, ob die Tatsache, daß auf dieses Los später der Hauptgewinn fällt, bei der Bewertung überhaupt berücksichtigt werden kann - der Verkehrswert eines Loses, von dem man am Bewertungsstichtag nicht weiß, ob es gewinnt, ist gleich dem Verkaufspreis, nicht gleich dem Wert des Hauptgewinns -, aber auch wenn man sie berücksichtigt, kann der Wert höchstens 10.000.- DM, nicht 10.003.- DM betragen, da der bedingte Anspruch, der durch das Los verkörpert wird, nicht mehr wert sein kann als die Forderung bei Eintritt der Bedingung. Dem dritten Argument Harders, der Wert einer Zuwendung richte sich nach dem Wert des Zugewendeten, nicht nach dem Entgelt, das für die Zuwendung aufgebracht werde, ist zuzustimmen, nur handelt es sich bei der von Harder vorgeschlagenen Anwendung dieses Arguments um einen Zirkelschluß. Es geht gerade um den Wert des Versicherungsanspruchs, der bestimmt werden muß. Ob dieser Wert höher oder niedriger ist als die Prämie, kann zunächst offenbleiben, jedenfalls ist sein Wert nicht - wie Harder meint - der der Versicherungssumme. Auch das vierte Argument Harders überzeugt nicht. Der Beschenkte muß bei Unwirksamkeit des der Abtretung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB das Erlangte herausgeben. Dies ist zunächst der Anspruch auf die Versicherungssumme, nicht aber diese selbst. Deshalb ist auch dieser Anspruch zu bewerten. Ist der Versicherungsfall eingetreten und die Versicherungssumme ausgezahlt, so richtet sich der Bereicherungsanspruch gemäß § 818 Abs. 1 BGB auf das, was der Empfänger auf Grund des erlangten Rechtes erhalten hat 40. Darunter ist auch das durch die Einziehung einer Forderung Dazu näher unten, 7. Kapitel B I. FamRZ 1976, S. 619. 38 Dieser Begriffsverwechselung unterliegt auch Winter (Bruck / Möller / Winter, H 279): "Gegenstand der Schenkung sind nicht die vom Versicherungsnehmer gezahlten Prämien, sondern der dem Versicherungsnehmer zustehende Anspruch (!) auf die Versicherungssumme, auch wenn er noch nicht fällig ist. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch bezieht sich somit gleichfalls auf die Versicherungssumme (!)." Diese Gleichsetzung des Wertes eines nicht fälligen (oder eines bedingten) Anspruchs mit dem Wert dessen, worauf sich dieser richtet, ist nicht haltbar. 39 FamRZ 1976, S. 618. 40 Auf den Unterschied zwischen dem Gegenstand der Zuwendung im Pflichtteilsrecht einerseits und der Bereicherung andererseits weist auch der BGH zu Recht hin, vgl. BGH (1.4.1987, IVa ZR 26/86) FamRZ 1987, S.806, 807; ähnlich auch BGH (29.5.1984, IX ZR 86/82) BGHZ 91, S. 288,292. 36 3?

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

176

Erlangte zu verstehen 41. Das heißt aber nicht, daß aus der besonderen Regelung des § 818 Abs. 1 BGB auf den Umfang der Bereicherung vor Einziehung der Forderung geschlossen werden kann. Denn sonst müßte der Beschenkte, wenn er den abgetretenen Anspruch weiterabgetreten hat und deshalb Wertersatz leisten muß (§ 818 Abs.2 BGB), auch vor Eintritt des Versicherungsfalls die volle Versicherungssumme herausgeben. Ein Ergebnis, das - vor allem, wenn der Versicherungsfall noch in weiter Ferne liegt - wohl kaum zutreffend sein kann. Weiter spricht gegen Harders Auffassung, daß er, um die Wertsteigerung des Versicherungsanspruchs in der Hand des Zessionars erklären zu können, eine Art Dauerschenkung annehmen muß42, die im Widerspruch zu der Regelung des § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB steht. Nach dieser Bestimmung ist die Zuwendung - sofern es sich bei dem Zugewendeten nicht um verbrauchbare Sachen handelt - nach ihrem Wert im Zeitpunkt der Zuwendung zu bewerten, wenn dieser geringer ist als ihr Wert im Zeitpunkt des Erbfalls. Zugewendet wurde der Anspruch auf die Versicherungssumme. Dieser hatte zur Zeit der Abtretung nicht den Wert der Versicherungssumme, sondern den nach den oben entwickelten Grundsätzen 43 zu ermittelnden Wert, und erreicht den Wert der Versicherungssumme selbst erst durch den Eintritt des Versicherungsfalls. Harder stellt dies nicht in Abrede 44 und zieht die Konsequenz, die Vorschrift des § 2325 Abs. 2 BGB sei auf solche Dauerschenkungen nicht anwendbar. Seine Vorstellung, die nach der Abtretung eingetretene Wertsteigerung des Anspruchs sei eine Dauerschenkung, ist aber mit den möglichen Zuwendungsgegenständen des BGB nicht zu vereinbaren: Der Begünstigte ist bereits Gläubiger des Versicherungsanspruchs, so daß ihm in dieser Hinsicht nichts weiteres zugewendet werden kann. So bleibt auch unklar, wie die Schenkung auszugleichen ist, wenn der Anspruch bereits vor der Zehnjahresfrist des § 2325 Abs. 3 BGB abgetreten wurde. Folgt man Harders Auffassung einer im Wert sich ständig steigernden Schenkung, so müßte wohl die ganze Versicherungssumme dem Nachlaß hinzugerechnet werden 45 . Ob das mit dem Sinn des § 2325 Abs. 3 BGB vereinbar ist, erscheint aber fraglich. Weiter stößt die Auffassung Harders an ihre Grenzen, wenn der Erblasser die Versicherung nicht auf das eigene Leben, sondern auf das Leben eines Dritten 41 Vgl. nur Palandt/Thomas, § 818 Anm. 4a. 42 A. a. 0., S. 619 r. Sp. 43 Vgl. 4. Kapitel. 44

S.619.

45 Eine Bewertung anhand des steigenden Rückkaufswertes muß Harder ablehnen,

da seiner Ansicht nach Zuwendungsgegenstand die Versicherungssumme als solche ist. Er müßte also argumentieren, durch die fortlaufende Prämienzahlung werde der Anspruch auf diesen Zuwendungsgegenstand erst aufrechterhalten. Harder erörtert das Problem nicht. Winter (in: Bruck / Möller / Winter, H 276), der grundSätzlich die Auffassung Harders teilt, zieht diese Konsequenz nicht. Er will dann lediglich die Prämienzahlung als zugewendet ansehen (a. a. 0., H 279).

A. Abtretung

177

abgeschlossen hat und diesen Anspruch später schenkweise an ebendiesen Versicherten abtritt. Es ist wohl nicht vertretbar, dann die Versicherungssumme als zugewendet anzusehen, obwohl der Erblasser im Extremfall erst eine einzige Prämie vor dem Tod entrichtet hat und der Eintritt des Versicherungsfalls der Tod des Versicherten - noch in ferner Zukunft liegt. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß der Erblasser auch bei dieser Gestaltung einen Versicherungsanspruch aus seinem Vermögen schenkweise an einen Dritten übertragen hat. Die zutreffende Lösung besteht in einer Bewertung des zugewendeten Anspruchs selbst. Hinzuzurechnen sind also der Wert des Versicherungsanspruchs zur Zeit der Abtretung und der Wert der nach der Abtretung gezahlten Prämien 46 • Aus dieser Bewertung ergeben sich zwei Konsequenzen: Ist der Versicherungsfall während der Dauer der Zugewinngemeinschaft eingetreten, so gehört die Versicherungssumme - soweit noch vorhanden - zum Endvermögen, ohne daß sie dem Anfangsvermögen hinzugerechnet wird. Zugewendet wurde der Versicherungsanspruch, also der Anspruch auf die Geldleistung nach Eintritt des Versicherungsfalls, der mit seinem Wert zur Zeit der Zuwendung anzusetzen ist, und die gezahlten Prämien. Auf der anderen Seite sind der Wert des abgetretenen Anspruchs und die anschließend gezahlten Prämien auch dann dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen, wenn der Versicherungsfall nicht eingetreten ist. Das führt zu dem zunächst eigenartigen Ergebnis, daß bei der Berechnung des Zugewinns des begünstigten Ehegatten der Versicherungsanspruch im Ergebnis sich nicht nur wertneutral auswirkt, sondern den Zugewinn verringert: im Anfangsvermögen werden durch die Hinzurechnung der Prämienzahlungen nach der Abtretung auch die Risikoanteile der Prämien berücksichtigt, obwohl sie den Wert des Endvermögens nicht erhöhen. Dieses Ergebnis ist aber die Kehrseite zur Ausgleichspflichtigkeit der Versicherungssumme, wenn der Versicherungsfall während der Dauer der Zugewinngemeinschaft eingetreten ist. Der andere Ehegatte hätte dann im Zugewinnausgleich vom Eintritt des Versicherungsfalls profitiert. Der Fortführungswert des Versicherungsanspruchs zur Zeit der Abtretung kann nach der oben entwickelten Methode errechnet werden. War die Fortführung der Versicherung nicht gesichert, so ist grundsätzlich der Rückkaufswert zum Zeitpunkt der Abtretung anzusetzen. Auf den abweichenden Gesundheitszustand des Versicherten kommt es dann nicht an.

46 Ähnlich bereits Prölss / Martin, 22. Aufl., nach § 159-178 VVG § 15 ALB Anm. 6b a. E. (S. 1107), die den Rückkaufswert zuzüglich der nach der Abtretung gezahlten Prämien ansetzen wollen.

12 Voit

178

7. Kap.: Abtretung und

Bezugsberechtig~ng

e) Besonderheiten der Sicherungszession Ist der Versicherungsanspruch sicherungshalber abgetreten worden, so kann eine Bewertung nur unter Berücksichtigung der Kausalverhältnisse erfolgen: Die Abtretung soll den Zessionar für den Fall sichern, daß eine andere Forderung nicht erfüllt wird. Da diese andere Forderung zum zugewinnausgleichspflichtigen Vermögen des Zessionars gehört, führt die kumulative Bewertung des zedierten Versicherungs anspruchs zu einer Doppelbewertung. Es ist deshalb nur der Wert der gesicherten Forderung anzusetzen 47 •

11. Zugewinnausgleich des Zedenten a) Die Bewertung im Endvermögen des Zedenten Wurde der Anspruch aus der Lebensversicherung abgetreten, so ist er nicht mehr Bestandteil des Endvermögens des Zedenten. Falls allerdings der Versicherungsanspruch rechtsgrundlos abgetreten wurde, so unterliegt der Anspruch auf Rückabtretung dort der Bewertung. Sofern der Rückabtretung keine besonderen Hindernisse entgegenstehen, ist der Wert des Bereicherungsanspruchs ebenso hoch wie der des Versicherungsanspruchs selbst.

b) Die Bewertung der Prämienverbindlichkeit im Endvermögen Ist der Zedent Schuldner der Prämienverbindlichkeit geblieben, so vermindert diese Verbindlichkeit sein Endvermögen, sofern sie als Verbindlichkeit im Sinne des § 1375 Abs. 1 BGB anzuerkennen ist, was davon abhängt, ob der Zedent die Versicherung kündigen oder die Prämienzahlung einstellen kann, ohne sich gegenüber dem Zessionar schadensersatzpflichtig zu machen: Besteht die Verpflichtung zur Fortführung, so sind die künftig zu zahlenden Prämien Verbindlichkeiten, die bei der Errechnung des Endvermögens abzuziehen sind. Der Wert dieser Verbindlichkeiten muß nach der voraussichtlichen Restlaufzeit der Prämienzahlungspflicht kapitalisiert werden. Hat sich dagegen der Zedent nicht zur Fortführung der Versicherung verpflichtet und hat andererseits der Zessionar die Prämienverbindlichkeit nicht übernom47 Vgl. BGH (27.1. 1988, IVb ZR 13/87) FamRZ 1988, S. 593,595 (Sicherungsnießbrauch mindert Endvermögen nicht). Bei genauer Bewertung wäre von der gesicherten Forderung ein Insolvenzabschlag abzuziehen und die Versicherungsforderung nur unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Sicherungsfalles zu bewerten. Außerdem wäre der Rückübertragungsanspruch als Verbindlichkeit abzuziehen. Dieses komplizierte Verfahren muß aber im Ergebnis dazu führen, daß der volle Wert der gesicherten Forderung anzusetzen ist, da dies der Funktion der Sicherungszession entspricht.

A. Abtretung

179

men, so wird dem Zedenten das Kündigungsrecht verblieben sein. Ohne dieses Kündigungsrecht wäre er im Verhältnis zum Versicherer zur Prämienzahlung verpflichtet, so daß die Abrede mit dem Zessionar, nicht zur Fortführung der Versicherung verpflichtet zu sein, bei gleichzeitiger Übertragung des Kündigungsrechts auf den Zessionar sinnlos ist. Kann aber der Versicherungsnehmer die Versicherung kündigen, ohne gegen seine Vereinbarungen mit dem Zessionar zu verstoßen, so handelt es sich bei der weiteren Prämienzahlung um Zahlungen, die auf dem freiwilligen Entschluß beruhen, die Kündigung zu unterlassen. Derartige "Verbindlichkeiten" sind aber keine Verbindlichkeiten im Sinne des § 1375 Abs. 1 BGB48. Es widerspräche dem Sinn des Zugewinnausgleichs, wenn sie sich zugewinnvermindernd auswirkten, obwohl sich der andere Ehegatte ihrer durch Kündigung entledigen kann.

c) Hinzurechnung nach § 1375 Abs. 2 BGB Erfüllt die Abtretung den Tatbestand des § 1375 Abs. 2 BGB, so ist der Wert des abgetretenen Versicherungsanspruchs dem Endvermögen hinzuzurechnen. Dieser ist in der Regel anhand des Rückkaufswertes der Versicherung zur Zeit der Abtretung zu bestimmen. Dem Zedenten kommt nach der Abtretung der erhöhte Nutzwert der Versicherung nicht mehr zugute. Durch eine insofern vergleichbare Kündigung hätte er ebenfalls nur den Rückkaufswert realisiert. Da aber die Kündigung einer Lebensversicherung wohl kaum als Verschwendung angesehen werden kann, darf ihm kein höherer Wert als der Rückkaufswert angerechnet werden, wenn er, statt zu kündigen, den Anspruch abtritt. Ausnahmen kommen allerdings dann in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer den Anspruch abgetreten hat, gerade um den über dem Rückkaufswert liegenden Wert dem Dritten zuzuwenden. Falls die Abtretung mehr als zehn Jahre zurückliegt oder der andere Ehegatte mit ihr einverstanden war, unterbleibt eine Hinzurechnung, § 1375 Abs. 3 BGB. Hat sich der Zedent darüberhinaus dem Zessionar gegenüber zur weiteren Prämienzahlung verpflichtet und erfüllt die Übernahme dieser Verpflichtung ebenfalls den Tatbestand des § 1375 Abs.2 BGB, so ist auch deren Wert nicht der Wert der tatsächlich gezahlten Prämien - dem Endvermögen hinzuzurechnen 49 • Liegt die Übernahme der Prämienverbindlichkeit mehr als zehn Jahre zurück, so entfällt wegen § 1375 Abs. 3 BGB eine Erhöhung des Endvermögens 50•

48 Der BGH hat in diesem Zusammenhang bisher lediglich entschieden, negative Kapitalkonten der Gesellschafter einer Abschreibungsgesellschaft seien keine Verbindlichkeiten im Sinne des Zugewinns, weil sie das gegenwärtige Vermögen nicht belasteten, BGH (23.10.1985, IVb ZR 62/84) FamRZ 1986, S. 37,38. Angesichts der Kündigungsmöglichkeit darf für die Prämienverbindlichkeit nichts anderes gelten. 49 Gleichzeitig mindert nach den soeben ausgeführten Grundsätzen die Prämienverbindlichkeit das Endvermögen des Verpflichteten. 50 Ähnlich BGH (17.9.1986, IVa ZR 13/85) BGHZ 98, S. 226,234: Der Teilerlaß einer Rentenverpflichtung ist eine Schenkung im Zeitpunkt des Erlasses, auch wenn die 12*

180

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

d) Besonderheiten der Sicherungszession Handelt es sich bei der Abtretung um eine Sicherungszession, so ist nach dem oben 51 Ausgeführten nur die gesicherte Verbindlichkeit, nicht aber die Prämienverbindlichkeit vom Endvermögen abzuziehen; außerdem ist der sich aus der Sicherungsabrede ergebende Rückgewähranspruch 52 beim Zedenten zu bewerten.

B. Bezugsberechtigung I. Grundlagen der Bezugsberechtigung Der Versicherungsnehmer kann einem Dritten den Anspruch auf die Versicherungssumme außer durch Abtretung auch verschaffen, indem er ihn als Bezugsberechtigten benennt. Die Bezugsberechtigung ist eine spezielle Form des Vertrages zugunsten Dritter 53 , wobei VVG und ALB einige Sonderregelungen enthalten 54. Durch die Benennung 55 eines Bezugsberechtigten wird diesem ein unmittelbarer Anspruch gegen den Versicherer verschafft. Dabei bedeutet nach Rechtsprechung und h. L. "unmittelbar" i. S. v. § 328 Abs. 1 BGB, daß der Dritte nicht Rechtsnachfolger des Versprechensempfängers ist, sondern einen neuen, von diesem unabhängigen Anspruch erwirbt 56. Anderer Ansicht ist in neuerer Zeit insbesondere Hassold 57 • Er stellt nicht in Frage, daß die Begründung eines neuen Anspruchs beim Dritten den Motiven des Gesetzgebers entspricht 58. Da diese jedoch nur Richtschnur der Auslegung, nicht aber bindende Grenze seien, gelangt er durch eine Auslegung des Parteiwillens zu dem Ergebnis, in der Regel sei ein Erwerb aus dem Vermögen des Versprechensempfängers gewollt, Ersparnis für den Rentenverpflichteten erst zeitabschnittsweise eintritt. Dies gilt auch hinsichtlich der Zehnjahresfrist des § 2325 BGB. Entsprechendes muß dann auch gelten, wenn nicht eine wiederkehrende Zahlungsverpflichtung erlassen, sondern begründet wird. In diesem Fall sind also nicht die einzelnen Prämienzahlungen hinzuzurechnen, sondern der Gesamtwert der übernommenen Prämienzahlungsverpflichtung im Zeitpunkt der Übernahme. 51 7. Kapitel A I e. 52 Der Rückgewähranspruch besteht bei einer Sicherungszession auch ohne ausdrückliche Vereinbarung, vgl. Asmus, in: Möller u. a., ZVersWiss 59 (1970), S. 50. 53 Allgemeine Meinung, vgl. auch Motive zu § 166 VVG, S. 224 ff.; ausführlich Kühlmorgen, Die Lebensversicherungsverträge zugunsten Dritter, 1927. 54 V gl. Prölss / Martin, § 166 Anm. 1. 55 Der Zeitpunkt der Benennung braucht nicht identisch zu sein mit dem des Rechtserwerbs, näher dazu sogleich. 56 Vgl. BGH (1.4.1987, IVa ZR 28/86) FarnRZ 1987, S. 806; Hadding, FS Zajtay, S. 202 ff. m. w. N.; Hasse, S. 9 ff. m. w. N. auf S. 8, Fn. 14; Prölss / Martin, § 15 ALB a. F. Anm. 2 B b; Staudinger / Kaduk, § 330 Rz. 22. 57 S. 249 ff. 58 S. 251; gerade dies bestreitet Heck, Grundriß des Schuldrechts, § 50.4, der meint, die Motive lehnten allein die "Acceptationstheorie" ab, i. d. S. auch O. M. v. Gierke, S. 26; zutreffend dagegen Hadding, FS Zajtay, S. 202 ff.

B. Bezugsberechtigung

181

weil nur so eventuelle Sicherungsrechte nach § 401 BGB auf den Dritten überging~n59. Demgegenüber sei Vorteil eines nicht derivativen Erwerbs lediglich die

Sicherung vor den Gläubigem des VersprechensempHmgers. Das Interesse hieran sei in der Regel nicht schutzwürdig 6O • Der Vertrag zugunsten Dritter sei deshalb ein zessionsähnliches Rechtsgeschäft 61 , das zu abgeleitetem Rechtserwerb führe 62 . Der größte Vorzug der Zessionstheorie liegt in der Gleichbehandlung der ursprünglichen und der nachträglichen Bezugsberechtigung. Die h. M. differenziert seit einer Entscheidung des Reichsgerichts 63: Die nachträgliche Einräumung eines Bezugsrechts soll als verfügungsähnliches Rechtsgeschäft der Anfechtung im Konkurs unterliegen, da die Bezugsberechtigung dann aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers stamme. Dies werde durch die Annahme originären Rechtserwerbs nicht ausgeschlossen 64. Dagegen soll eine Bezugsberechtigung, die sofort im Versicherungsvertrag vereinbart wurde, nicht aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers stammen. Wie sich im weiteren Verlauf dieser Arbeit zeigen wird 65, erledigt sich bei richtiger Bewertung der Bezugsberechtigung der genannte Widerspruch, ohne daß es der Zessionstheorie bedarf.

Der ursprünglich zu eigenen Gunsten 66 abgeschlossene Lebensversicherungsvertrag wandelt sich also durch die Bezeichnung eines Bezugsberechtigten in einen Vertrag zugunsten Dritter um 67 , d. h., die Verpflichtung des Versicherers richtet sich von der Benennung an nicht mehr auf Leistung an den Versicherungsnehmer, sondern auf Leistung an den Bezugsberechtigten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Bezugsberechtigung widerruflich oder unwiderruflich erfolgte und ob der Bezugsberechtigte das Recht sofort oder erst später erwerben soll 68 . Wie sich aus dem Wortlaut des § 328 Abs. 1 BGB ergibt, ist unter dem Begriff des "Rechts", das gegebenenfalls erst später erworben werden soll, allein das Recht zu verstehen, selbständig die Leistung einzufordern 69. Von dem Erwerb 59 S.262. 60 S.258. 61 S.259. 62 S. 265. Ähnlich: Lorenz, FS Schwebler, S. 359 ff.; Hoffmann, AcP 158 (1959/60), S. 190 ff.; Zehner, AcP 153 (1954), S. 428 ff.; unklar BolI, S. 59; differenzierend Sieg, FS Klingmüller, S. 455 f.: Angehörige erwerben unmittelbar, andere erst aus dem Nachlaß (Rechtsgedanke des § 850b Abs. 3 ZPO); ähnlich auch ders., ZVersWiss 63 (1974), S. 103 f.; offengelassen: MüKo-Gottwald, § 330 Rz. 13. 63 RG (24.5.1907, VII 412/16) RGZ 66, S. 158 ff. 64 Vgl. dazu Hassold, S. 252 ff. 65 Dazu unter 11 b 4. 66 Früher war umstritten, ob ein Lebensversicherungsvertrag auf den Todesfall zu eigenen Gunsten abgeschlossen sein kann, da erst die Erben in den Genuß der Versicherungssumme kommen werden, vgl. Kühlmorgen, S. 15 ff. Heute ist allgemeine Meinung, daß auch ein solcher Vertrag ein Vertrag zu eigenen Gunsten ist, Bruck / Möller / Winter, H25 m. w. N. 67 Kühlmorgen, S. 32; Staudinger / Kaduk, § 330 Rz. 9. 68 So besonders klar: Kress, S. 622: Auch wenn der Dritte kein eigenes Forderungsrecht erworben hat, ergibt sich ohne weiteres aus dem Inhalt des Vertrages, daß der Anspruch des Versprechensempfängers durch Leistung an den Dritten - und nur durch solche Leistung - erfüllt werden kann.

182

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

eines eigenen Forderungsrechts zu trennen ist aber die Frage, ob der Verpflichtete an den Dritten leisten muß, auch wenn seine Leistung an den Dritten nur vom Versprechensempfänger verlangt werden kann. Bereits hier zeigt sich die Nähe des Vertrages zugunsten Dritter zur Anweisung: Durch den Rechtserwerb i. S. v. § 328 Abs. 1 BGB erwirbt der Dritte ein eigenes Forderungsrecht, und der ennächtigende oder unechte Vertrag zugunsten Dritter wandelt sich in einen echten Vertrag zugunsten Dritter um. Genau diesen Erwerb eines Forderungsrechts bewirkt auch die Annahme einer Anweisung: Von der Ermächtigung, unter Verrechnung auf eigene Schuld an den Anweisungsempfanger zu leisten, unterscheidet sich die angenommene Anweisung durch das eigene Forderungsrecht des Anweisungsempfangers (§§ 783, 784 Abs. 1 1. Hs. BGB). Die Rechtsstellung des Dritten vor dem Rechtserwerb ist also vergleichbar der des Anweisungsempfängers vor der Annahme 70. Dieser wichtige Unterschied wird verkannt, wenn die versicherungsrechtliche Literatur, ohne dies zu problematisieren, meint, an der Rechtsstellung des Versicherungsnehmers 71 ändere sich durch die widerrufliche Bezeichnung eines Bezugsberechtigten nichts 72. Zur Begründung dieser Behauptung führt Hoffmann 73 an, wenn der Bezugsberechtigte das Recht noch nicht erworben habe, dann müsse es im gleichen Umfang wie vor der Bezeichnung des Bezugsberechtigten dem Versicherungsnehmer zustehen, da der Versicherungsanspruch sonst ohne Gläubiger sei. Dieser Einwand ist unzutreffend. Der Anspruch ist nicht "ohne Gläubiger"; lediglich die Person, die Erfüllung verlangen kann, ist von der Person, an die erfüllt werden soll, verschieden. Eine solche Aufspaltung ist dem deutschen Recht nicht fremd. Sie findet sich in jedem Vertrag zugunsten Dritter ohne eigenes Forderungsrecht des Dritten, sofern der Versprechensempfänger die Leistung an sich selbst ausgeschlossen hat. 69 MüKo-Gottwald, § 328 Rz. 1 und 5; Staudinger / Kaduk, Vorbem. §§ 328 ff. Rz. 2 ff. 70 Dazu eingehend unten, III a 1 (b). 71 Eben weil sie sich ändert, kann auch die widerrufliche Bezugsberechtigung auf die Bewertung der Versicherung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers nicht ohne weiteres außer Betracht bleiben, dazu näher unten, 111 b. 72 So Prölss / Martin, § 15 ALB a. F. Anm. 2 A a (anders aber bei Anm. 2 B b: Der Versicherungsnehmer habe durch die Bezugsberechtigung bereits zu Lebzeiten sein Vennögen gemindert); ähnlich auch Benkel / Hirschberg, § 13 ALB Rz. 54; Bruck / Möller / Winter, H 146; Ehrenberg, JJb. 41, S. 387; Hasse, S. 62; Hoffmann, AcP 158 (1959/60), S. 183; Kühlmorgen, S. 95; MüKo-Gottwald, § 330 Rz. 6; Winter, in Möller u. a., ZVersWiss 59 (1970), S.41. Zutreffend dagegen RG (12.1.1937, VII 208/36) RGZ 153, 220, zu der Frage, ob der Arrestpfandgläubiger des Versicherungsnehmers die Bezugsberechtigung widerrufen kann. Das Reichsgericht hat die Frage verneint (a. a. 0., S.224): Er könne keine rechtsgestaltenden Erklärungen für den Schuldner abgeben, die den Inhalt des bestehenden Rechts zu seinen Gunsten abänderten. Damit erkennt aber das Reichsgericht die rechtsgestaltende Wirkung der widerruflichen Bezugsberechtigung an. 73 A. a. 0., S. 183, ähnlich Lorenz, FS Schwebler, S. 352.

B. Bezugsberechtigung

183

Beispiel: Wenn jemand in einer Gärtnerei einen Blumenstrauß bestellt, der an eine andere Person geliefert werden soll, wäre es selbstverständlich keine ordnungsgemäße Erfüllung, wenn der Strauß an den Besteller geliefert würde. Es kann also nur durch Lieferung an den vereinbarten Empfänger erfüllt werden. Soweit ersichtlich, hat aber noch nie jemand die Behauptung aufgestellt, ein solcher Vertrag sei rechtlich nicht möglich, weil der Anspruch auf den Blumenstrauß subjektlos sei. An diesem Beispiel wird zugleich deutlich, daß die spätere Bezeichnung eines Dritten den Anspruch verändert: Wenn der Strauß zunächst an die Adresse des Bestellers geliefert werden soll, dieser später aber bestimmt, daß ein anderer den Strauß bekommen soll, so hat sich offenbar der Inhalt des Anspruchs des Bestellers geändert: erst durch Widerruf der Drittbegünstigung kann er wieder Lieferung an sich selbst verlangen. Dabei steht dem Besteller dieses Widerrufsrecht keineswegs immer zu. Wenn er z. B. weiter von der Gärtnerei entfernt wohnt als der zunächst, bei Aufgabe der Bestellung, vorgesehene Empfänger, so kann er wohl kaum zu dem vereinbarten Preis Lieferung an sich selbst verlangen. Damit wird auch die analoge Anwendung des § 168 VVG, die vorgeschlagen 74 wird, um diese Subjektlosigkeit zu venneiden, hinfällig. Bezeichnet also der Versicherungsnehmer erstmalig einen Bezugsberechtigten, so wandelt sich - unabhängig davon, ob die Bezugsberechtigung widerruflich oder unwiderruflich ist, und unabhängig davon, wann das Recht, selbst die Leistung verlangen zu können, dem Bezeichneten zufällt - die Schuld des Versicherers und damit auch der Anspruch des Versicherungsnehmers um. Er kann von diesem Zeitpunkt an nicht mehr Leistung an sich selbst verlangen, sondern nur noch an den Bezeichneten. Nach der ganz h. L. bedarf die Umwandlung der Mitwirkung des Dritten auch dann nicht, wenn dieser ein eigenes Forderungsrecht erwerben soll 75 • Anderer Ansicht ist Hadding 76. Hadding meint, der Gesetzgeber habe lediglich die Zessionstheorie ablehnen wollen und sei bei der Formulierung der §§ 328 ff. BGB über dieses Ziel hinausgeschossen. Deshalb sei das Gesetz entsprechend zu korrigieren. Seiner Ansicht zufolge ist zur Begründung des Forderungsrechts die Annahme durch den Dritten erforderlich. Das Zuriickweisungsrecht (§ 334 BGB) sei in Wirklichkeit die feststellende Erklärung, daß ein Rechtserwerb nicht stattgefunden habe. Angesichts des klaren Wortlauts und der Entstehungsgeschichte kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden; in den Motiven wird die Annahme des Dritten eindeutig für nicht erforderlich gehalten 77. Selbst wenn man aber Haddings Meinung folgte, ergäbe sich daraus nur ein weiteres Argument dafür, daß die Begünstigung vor dem Rechtserwerb ein Vermögensgegenstand ist und deshalb auch grundSätzlich dem Zugewinnausgleich unterliegen kann. Der Vertrag zugunsten Dritter enthielte dann eine Vertragsofferte. Eine Vertragsofferte ist aber nach der h. L. ein Vermögensge74 So Lorenz, FS Schwebler, S. 352. § 168 VVG regelt Fälle, in denen der Dritte das eigene Forderungsrecht nicht erwirbt, er enthält aber nichts zu der Frage, ob sich der Anspruch des Versicherungsnehmers schon durch die Benennung des Bezugsberechtigten verändert. 75 Bruck / Möller / Winter, H 43 m. w. N. 76 FS Zajtay, S. 201 ff. 77 S. 268 f., Mugdan, Bd. 2, S. 149; vgl. auch Boll, S. 58 m. w. N.

184

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung genstand, der - sofern sich nicht durch Auslegung ein anderer Wille des Antragenden ergibt - vererblich und übertragbar ist 78 und in die Konkursmasse fällt. Das muß auch für eine widerrufliche Offerte gelten, da nicht ersichtlich ist, warum diese, die durch die Möglichkeit des Widerrufs die Interessen des Antragenden besonders schützt, unübertragbar und damit stärker an die Person des Empfängers gebunden sein soll als die unwiderrufliche Offerte. Dieses Argument greift auch, wenn man mit der herrschenden Lehre eine Annahme des Dritten für nicht erforderlich hält, allerdings nur als argurnenturn a fortiori: Die Übertragbarkeit der Rechtsposition des Offertenempfängers wird damit begründet, daß er es in der Hand hat, durch die Annahme die vertraglichen Verpflichtungen zu begründen. Bei einseitigen Versprechen tritt der Rechtserwerb beim Dritten dagegen ohne dessen Mitwirkung ein. Diese Konstruktion, die eine Mitwirkung des Dritten entbehrlich macht bzw. sie durch das Zurückweisungsrecht ersetzt, soll aber nicht die Position des Dritten schwächen. Es ist deshalb nicht einzusehen, warum allein deshalb, weil eine Annahme nicht erforderlich ist, die Rechtsposition nicht mehr übertragbar sein soll. Noch deutlicher wird der wirtschaftliche Wert der widerruflichen Bezugsberechtigung, wenn man sich ein Dauerschuldverhältnis vorstellt, bei dem die Leistung des Verpflichteten klar zutage tritt. Wenn in einem Vertrag über eine laufende Rentenzahlung nachträglich vereinbart wird, bis auf weiteres solle die Rente an eine andere Person gezahlt werden, die die Rente aber nicht selbständig einfordern könne, so wird regelmäßig die Rente an diese Person gezahlt werden. Die Bezeichnung des Dritten hat also ganz erhebliche Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Rentenberechtigten (der die Rente während dieser Zeit nicht bekommt), obwohl es sich "nur" um eine widerrufliche Bezugsberechtigung ohne eigenes Forderungsrecht des Bezeichneten handelt. Im Versicherungsvertrag wird der Blick auf diese Konsequenz nur verstellt, da der Verrnögenswert - der bedingte bzw. betagte Anspruch des Versicherungsnehmers - nicht so offensichtlich ist wie der bei einer Rentenzahlung. Das ändert aber nichts daran, daß dieser Verrnögenswert vorhanden ist7 9 •

Ob diese Umwandlung endgültig ist oder ob der Versicherungsnehmer die Möglichkeit hat, später wieder Leistung an sich selbst zu verlangen, hängt von der Widerruflichkeit der Bezugsberechtigung ab. Ist sie widerruflich, so kann der Versicherungsnehmer den Anspruch ruckumwandeln, ist sie es nicht, so kann er es nicht. Nach § 328 Abs. 2 BGB bestimmen die Parteien des Vertrages, ob die Berechtigung des Dritten widerruflich ist und wann dieser das eigene Forderungsrecht erwerben soll; dabei koppeln 80 § 15 Nr. 1 ALB a. F., § 13 Nr. 1 und 2 ALB n. F. beide Fragen: Die Widerruflichkeit der Bezugsberechtigung führt zu einem aufgeschobenen Rechtserwerb, die Unwiderruflichkeit zum sofortigen Rechtserwerb. Im folgenden wird diese Koppelung zugrunde gelegt, da andere Kombinationen in der Praxis nicht vorkommen.

Vgl. MüKo-Kramer, § 145 Rz. 16, Palandt / Heinrichs, § 145 Anm. 3. Dazu bereits oben im 2. und 4. Kapitel. 80 Diese Koppelung ist nicht zwingend, vgl. BGH (17.2.1966, 11 ZR 286/63) BGHZ 45, S. 162, 164 f.; v. Gierke, S. 17; Kühlmorgen, S. 61; Prölss / Martin, § 166 Anm. 1. 78

79

B. Bezugsberechtigung

185

11. Der Zugewinnausgleich bei unwiderruflicher Bezugsberechtigung a) Zugewinnausgleich des unwiderruflich Bezugsberechtigten 1. Die Bewertung im Endvermögen des Bezugsberechtigten Der unwiderruflich Bezugsberechtigte wird selbständig forderungsberechtigt 81, wenn der Versicherer den entsprechenden Antrag des Versicherungsnehmers angenommen hat und ihm die Unwiderruflichkeit schriftlich bestätigt hat 82 (§ 13 Nr. 2 ALB n. F.). Ist dies vor dem für den Zugewinnausgleich maßgebenden Stichtag geschehen, so ist der Anspruch auf die Versicherungssumme ein Vermögensgegenstand des Bezugsberechtigten, der grundsätzlich 83 zugewinnausgleichspflichtig ist 84. Vergleicht man die Rechtsstellung des unwiderruflich Bezugsberechtigten mit der des Zessionars, so ergibt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung weitgehende Übereinstimmung 85, da beiden der Anspruch auf die Versicherungssumme zusteht, wenn der Versicherungsfall eintritt. Bei dem Anspruch handelt es sich also - wie auch bei dem Anspruch des Versicherungsnehmers ohne Bezugsberechtigung und ohne Zession - um eine bedingte bzw. befristete Geldforderung. Das Zurückweisungsrecht des Bezugsberechtigten nach § 333 BGB rechtfertigt keine andere Bewertung, da die Zurückweisung eine freiwillige verrnögensmindemde Entscheidung nach dem Stichtag wäre, die den Zugewinnausgleich nicht mehr beeinflussen kann.

(a) Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Fortführung der Versicherung Wie bereits im Rahmen des Zugewinnausgleichs des Zessionars ausgeführt, kann der Förtführungswert der Versicherung - der mit dem Fortführungswert des zedierten Anspruchs und dem der Bezugsberechtigung identisch ist - im 81 A. A. Hörstmann, S. 203 f., der meint, die unwiderrufliche Bezugsberechtigung solle lediglich zum Ausdruck bringen, daß die Rechtsposition vererblich sei. Das ist mit dem eindeutigen Wortlaut von § 13 Nr. 2 ALB n. F. nicht zu vereinbaren. 82 Zum Vertragscharakter der Bezeichnung eines unwiderruflich Bezugsberechtigten vgl. Winter, in: Möller u. a., ZVersWiss 59 (1970), S. 42. Die Versicherer haben sich aber geschäftsplanmäßig verpflichtet, die Bezeichnung zu bestätigen, vgl. Allgemeiner Geschäftsplan für die Lebensversicherung i. d. F. VerBA V 1986, S. 150 und 306, 1.3.5 (abgedruckt bei Benkel / Hirschmann, S. 702). Zu den ALB a. F. vgl. Goll / Gilbert, S. 73. 83 Die Bezugsberechtigung aus einer Rentenversicherung auf das Leben des Bezugsberechtigten bleibt außer Betracht, da sie dem Versorgungsausgleich unterliegt, vgl. 1. Kapitel B II b 1. 84 So auch MüKo-Gernhuber, § 1376 Rz. 20, und Staudinger / Thiele, § 1374 Rz. 7, § 1376 Rz. 39. Zu den Besonderheiten der betrieblichen Direktversicherung siehe unten, 2 a. 85 So bereits Ehrenberg, JJb. 41, S. 381; Heilmann, VersR 1972, S. 999.

186

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

Zugewinnausgleich nur berücksichtigt werden, wenn die Fortführung der Versicherung entweder allein vom Willen des Zessionars abhängt - ihm also das Kündigungsrecht nach § 165 VVG übertragen wurde - oder wenn ohne diese Übertragung eine schuldrechtliche Verpflichtung des Versicherungsnehmers dem Zessionar gegenüber besteht, die Versicherung fortzuführen. Im Unterschied zum Zessionar kann aber dem Bezugsberechtigten nicht die Möglichkeit eingeräumt werden, selbständig über die Fortführung der Versicherung zu entscheiden, da das Kündigungsrecht nur zusammen mit dem Anspruch, nicht aber in Verbindung mit einer Bezugsberechtigung übertragen werden kann 86. Nicht zu folgen ist der abweichenden Ansicht Hörstmanns 87 , der meint, das Kündigungsrecht sei von dem Anspruch auf den Rückkaufswert nicht zu trennen. Das Kündigungsrecht basiert auch auf dem Gedanken, daß niemand sich ohne Rücksicht auf die Entwicklung seiner Lebensverhältnisse auf eine so lange Dauer zur Prämienzahlung verpflichten kann, wie dies bei Lebensversicherungsverträgen üblich ist. Korrektiv dafür ist das Kündigungsrecht 88 • Dann muß es aber dem Prämienschuldner zustehen und nicht dem Bezugsberechtigten. Der Versicherungsnehmer bleibt deshalb trotz der unwiderruflichen Bezugsberechtigung zur Kündigung berechtigt; die Fortführung der Versicherung kann nur durch schuldrechtliche Absprachen zwischen Bezugsberechtigtem und Versicherungsnehmer gesichert werden. Besteht eine derartige Fortführungsverpflichtung des Versicherungsnehmers, so ist die Bezugsberechtigung mit dem Fortführungswert zu bewerten oder ggf. real zu teilen 89. Wenn der Versicherungsnehmer abredewidrig kündigen sollte, so steht dem Bezugsberechtigten der Rückkaufswert zu 9O • In Höhe der Differenz zwischen diesem Liquidationswert und dem Fortführungswert bestehen dann Schadenersatzansprüche gegen den Versicherungsnehmer. Bei Solvenz des Versicherungsnehmers ist deshalb der volle Fortführungswert anzusetzen 91.

(b) Keine Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Fortführung der Versicherung Besteht keine Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Fortführung der Versicherung, so ist die Bezugsberechtigung grundsätzlich 92 mit dem Rückkaufs86 BGH (17.2.1966, II ZR 286/63) BGHZ 45, S. 162, 167; Benkel / Hirschberg, § 13 ALB, Rz. 72; Prölss / Martin, § 165 Anm. 5, § 15 ALB a. F. Anm. 3, und ganz h. L. 87 S.206. 88 Vgl. Motive, S. 224. 89 Vgl. 6. Kapitel; auch die Ansprüche aus der Bezugsberechtigung sind abtretbar, vgl. Winter, in: Möller u. a., ZVersWiss 59 (1970), S. 43. Zur Ausnahme bei der betrieblichen Direktversicherung siehe unten, III a 2 (a). 90 Vgl. statt aller: Prölss / Martin, § 176 Anm. 5. 91 Vgl. zur Abtretung oben, A I a 2.

B. Bezugsberechtigung

187

wert zu bewerten, da dieser dem unwiderruflich Bezugsberechtigten auch bei Kündigung der Versicherung zusteht und er über die Fortführung der Versicherung nicht entscheiden kann. Die Bewertung entspricht also den Grundsätzen, die oben 93 für den Ausgleich beim Zessionar entwickelt wurden, wenn diesem das Kündigungsrecht nicht übertragen wurde und eine schuldrechtliche Verpflichtung des Versicherungsnehmers, die Kündigung zu unterlassen, nicht bestand.

(c) Besonderheiten, wenn der Bezugsberechtigte seine Berechtigung nicht kennt Die soeben entwickelte Bewertung der unwiderruflichen Bezugsberechtigung scheint auf praktische Schwierigkeiten zu stoßen, weil der Bezugsberechtigte seine Berechtigung nicht zu kennen braucht: Da die Mitwirkung des Begünstigten beim Vertrag zugunsten Dritter nicht erforderlich ist 94, hindert die Unkenntnis des Bezugsberechtigten den Erwerb nicht. Dabei wird der Fall, daß der Bezugsberechtigte seine Berechtigung nicht kennt, auch praktisch nicht selten vorkommen. Es ist durchaus denkbar, daß der Versicherungsnehmer die Bezugsberechtigung gegenüber dem Versicherer erklärt, ohne dem Bezugsberechtigten etwas davon zu sagen; so, wenn er diesen im Todesfall bevorzugt finanziell ausstatten will, ohne daß andere, die er dadurch zurücksetzt, vorzeitig etwas von diesen Plänen erfahren sollen. Diese Schwierigkeiten führen aber zu keinem Fehler in der Berechnung der Ausgleichsforderung: Bei der Berechnung des Endvermögens sind die Verbindlichkeiten abzuziehen

(§ 1375 Abs. 1 BGB). Daraus folgt, daß ein Vermögensgegenstand des Endver-

mögens sich im Ergebnis nicht zugewinnerhöhend auswirken kann, wenn ihm ein entsprechender Rückforderungsanspruch 95 gegenübersteht 96 • Ein solcher Anspruch ergibt sich aber aus Bereicherungsrecht 97 insbesondere dann, wenn ein 92 Zur Ausnahme, wenn der andere Ehegatte beweist, daß der Versicherungsnehmer die Versicherung auch nach Realteilung nicht kündigen wird, obwohl die Versicherungssumme wegen der Realteilung zum Teil einem anderen als dem ursprünglich Begünstigten zugute kommt, vgl. oben, A I a 2 (b). 93 A I a 2 (b). 94 Dazu bereits oben, B I. 95 Der Rückforderungsanspruch richtet sich nicht auf die gezahlten Prämien, sondern - sofern der Versicherungsfall eingetreten ist - auf die Versicherungssumme oder vor Eintritt des Versicherungsfalls - auf Zustimmung zur Aufhebung der Bezugsberechtigung. Zur unterschiedlichen Behandlung bei der Hinzurechnung der Prämien gemäß § 1375 Abs. 2 BGB bereits oben, A I d 3, und BGH (1.4.1987, IVa ZR 26/86) FamRZ 1987, S. 806, 807 (obiter dictum). 96 Dieser Fall kann selbstverständlich auch auftreten, wenn der unwiderruflich Bezugsberechtigte von seiner Berechtigung weiß. 97 Die Rechtsprechung, die die Notwendigkeit eines solchen Rechtsgrundes stets betont, hat die Frage, welche Kondiktion eingreift, soweit ersichtlich, nicht behandelt. Wurde die Bezugsberechtigung im Hinblick auf einen erst später abzuschließenden

188

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

Rechtsgrund für den Erwerb dieser Position (noch) nicht besteht 98. Nach der ganz herrschenden Lehre und der einhelligen Rechtsprechung muß der Rechtsgrund für die Zuwendung der Bezugsberechtigung in einem Vertrag 99 liegen 100, so daß der Bezugsberechtigte von diesem Vertrag, an dessen Abschluß er mitwirken mußte 101, weiß. Der Fall einer nicht rückforderbaren Bezugsberechtigung, die der Bezugsberechtigte nicht kennt, kann also nicht auftreten. Nach einer abweichenden Auffassung in der Literatur 102 kann dagegen die lebzeitig erteilte Bezugsberechtigung im Valutaverhältnis auch durch eine Verfügung von Todes wegen gedeckt werden 103, die bereits in der Bezugsberechtigung liegen SOIlI04. Schenkungsvertrag ausgesprochen, wird es sich um eine condictio indebiti im weiteren Sinne (sine causa) handeln, da die Bezugsberechtigung nicht auf eine vermeintlich bestehende Verbindlichkeit ausgesprochen wurde (vgl. auch Reuter / Martinek, S. 127). 98 Liegt der Zuwendung ein formloses Schenkungsversprechen zugrunde, so stellt sich die Frage, wann der Formmangel geheilt wird. Da nicht die Versicherungssumme selbst, sondern lediglich die (unwiderrufliche) Bezeichnung als Bezugsberechtigter versprochen wird, muß der Formmangel geheilt sein, wenn diese entstanden ist, also mit der Bestätigung des Versicherers (so auch Prölss / Martin, § 15 ALB a. F. Anm. 5, und BGH [25.4.1975, IV ZR 63/74] NJW 1975, S. 1360 f. [nicht tragend]; anderer Ansicht Bruck / Möller / Winter, H 168 [erst mit Eintritt des Versicherungsfalls]). 99 Folgt man der subjektiven Leistungstheorie, So liegt der Rechtsgrund nicht im . Vertrag, sondern in einer Zweckvereinbarung; sachlich ergibt sich kein Unterschied, da die Vertreter dieser Auffassung die Leistungskondiktion auch zulassen, wenn der Leistungszweck verfehlt wird, weil "die Güterbewegung (Zuwendung) nicht von einem Schuldverhältnis der Parteien (einem bestehenden oder einem angestrebten) ,gedeckt', d. h. abgesichert oder sanktioniert wird", Reuter / Martinek, S. 129. 100 BGH (29.5.1984, IX ZR 86/82) BGHZ 91, S. 288,290; BGH (1.4.1987, IV a ZR 26/86) FamRZ 1987, S. 806; vgl. auch die Nachweise bei Bruck/Möller/Winter, H 165 ff.; Finger, JuS 1969, S. 309 Fn. 2; Heilmann, VersR 1980, S. 516; Staudinger / Kaduk, vor §§ 328 ff. Rz. 25; a. A. Hörstmann, S. 156 f. Mißverständlich: Winter, in: Möller u. a., ZVersWiss 59 (1970), S.40: "Als Rechtsgrund für den Umfang und die Beständigkeit der Versicherungsleistung ist allein der Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer relevant". Anderer Ansicht ist Winter (Bruck / Möller / Winter, H 166), der auch den Zweck der Versorgung insbes. zwischen Ehegatten als Rechtsgrund ansieht und deshalb einen Schenkungsvertrag nur in Ausnahmefällen für erforderlich hält. Aber auch nach dieser letzten Auffassung wird hier jedenfalls bei Zugewinnausgleich aufgrund Scheidung ein Rückforderungsanspruch bestehen: Der Versorgungszweck besteht nur zwischen Ehegatten und entfällt durch die Scheidung. 101 Die Lösung Heilmanns, VersR 1980, S. 518, der Versicherungsnehmer wende mit der Bezugsberechtigung zugleich einen Verzicht auf den Rückforderungsanspruch zu, hilft nur scheinbar weiter, da dieser Verzicht seinerseits eines Rechtsgrundes bedarf. Auch die Lösung durch ein Insichgeschäft, das der Versicherungsnehmer als vollmachtloser Vertreter des Bezugsberechtigten abschließt und das dieser dann später genehmigen kann (vgl. die Nachweise bei Bruck / Möller / Winter, H 169), hat sich nicht durchsetzen können. Es ist auch nicht recht einzusehen, warum eine so gewundene Konstruktion erforderlich ist, nur um die Mitwirkung des Bezugsberechtigten zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers entbehrlich zu machen. 102 Finger, WM 1970, S.377; Harder, S.154; Hoffmann, AcP 158 (1959/60), S. 196 ff.; Lorenz, FS Schwebler, S. 366 ff.; Zehner, AcP 153 (1954), S. 450 ff. 103 Auch nach der herrschenden Lehre ist die Zuwendung des Anspruchs auf die Versicherungssumme durch ein Vermächtnis in der Form möglich, daß der Anspruch

B. Bezugsberechtigung

189

Diese Auffassung verkennt zunächst, daß der Begünstigte bereits vor Eintritt des Erbfalles eine Position innehat, die eines Rechtsgrundes bedarf. Wenn Harder konzediert, im Recht unter Lebenden könne einer Person ein Vermögensvorteil durch ein Kausalgeschäft nur im Wege vertraglicher Vereinbarung zugewendet werden 105, so muß er seine Auffassung, die Begünstigung des Dritten auf den Todesfall enthalte eine Verfügung von Todes wegen, allein auf Bezugsberechtigungen mit aufgeschobenem Rechtserwerb beschränken, da sonst der Anspruch auf die Versicherungssumme bereits lebzeitig zugewendet wird und deshalb auch nach Harders Auffassung nur durch einen Vertrag gerechtfertigt werden kann. In dem hier interessierenden Zusammenhang - der Bewertung einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung mit sofortigem Rechtserwerb - führt Harders Auffassung also von vornherein zu keinem anderen Ergebnis als die herrschende Lehre. Aber auch bei der widerruflichen Bezugsberechtigung mit aufgeschobenem Rechtserwerb erweist sie sich als unzutreffend, weil- wie sich bei der Bewertung der widerruflichen Bezugsberechtigung im einzelnen herausstellen wird - auch sie bereits zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers Vermögensbestandteil des Begünstigten ist, so daß sich bei ihr ebenfalls die Frage der Beständigkeit der Zuwendung bereits vor dem Tod des Versicherungsnehmers stellt. Gegen die Auffassung Harders spricht weiterhin, daß sie gezwungen ist, die Rechtsnatur der Bezugsberechtigung je nachdem, ob der Versicherungsfall, der den Rechtserwerb des Bezugsberechtigten auslöst, gerade der Todesfall ist oder nicht, unterschiedlich zu sehen: der Erwerb des Anspruchs durch den Bezugsberechtigten kann in der Erlebensfallversicherung nicht durch eine Verfügung von Todes wegen gerechtfertigt werden. Harder müßte also die Bezugsberechtigung einmal als Verfügung von Todes wegen qualifizieren, ein andermal nicht. Dies erscheint um so problematischer, als die Bezugsberechtigung sich zugleich auf den Todes- und den Erlebensfall erstrecken kann. Harders Ansatz bei § 331 BGB ist deshalb jedenfalls für die Bezugsberechtigung verfehlt, da deren Rechtsnatur nicht davon abhängen kann, ob sie in einer Todesfallversicherung oder in einer Erlebensfallversicherung vereinbart wurde.

auf die Versicherungssumme zunächst in den Nachlaß fällt (vgl. Staudinger / Kaduk, § 332 Rz. 6; Erman / Westermann, § 332 Rz. 2). Weiter ist es möglich, durch Verfügung von Todes wegen die Rückforderung der Bezugsberechtigung durch ein Erlaßvermächtnis auszuschließen, das die Erben verpflichtet, dem Bezugsberechtigten vertraglich die Rückforderung des durch die Bezugsberechtigung Erlangten zu erlassen. Solche Vermächtnisse sind auch nach der herrschenden Lehre wirksam (vgl. Lange / Kuchinke, § 27 V 2 f, S. 449). Damit fallen aber - ebenso wie nach der Auffassung, die eine Verfügung von Todes wegen annimmt - die Vorteile, die mit einem nachlaßunabhängigen Erwerb für den Bezugsberechtigten verbunden sind, im Ergebnis weg. 104 Umstritten ist zwischen den Vertretern dieser Auffassung, ob diese Verfügung als Singularerbfolge oder als Verfügung sui generis zu qualifizieren ist (vgl. zum Streitstand Harder, S. 151 m. w. N. und S. 154). 105 S. 154.

190

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

Selbst wenn man aber der Meinung, in der Bezugsberechtigung liege zugleich eine Verfügung von Todes wegen, folgte, wäre die Bezugsberechtigung im Zugewinnausgleich nicht relevant: Vor dem Erbfall hinderte die Verfügung von Todes wegen die Rückforderung nicht, so daß der Bezugsberechtigung ein entsprechender Rückforderungsanspruch gegenüberstünde, der sie im Ergebnis neutralisierte; erst mit dem Erbfall entfiele wegen der Verfügung von Todes wegen diese Rückforderungsmöglichkeit. Der Wert dieser Zuwendung - also der Wert der Rückforderungsmöglichkeit des Versicherungsanspruchs im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls und damit der Wert der Versicherungssumme selbst - wäre aber nach § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen, so daß sich die Bezugsberechtigung auch nach dem Erbfall zugewinneutral verhielte. Selbst wenn man also - entgegen der herrschenden Lehre - auch eine Verfügung von Todes wegen als Behaltensgrund für die Bezugsberechtigung ansähe, so könnte das Vermögen des Bezugsberechtigten zwar, ohne daß er es zu wissen brauchte, endgültig vermehrt sein, der Wert dieser Zuwendung müßte aber wegen § 1374 Abs. 2 BGB im Ergebnis außer Betracht bleiben. Folgt man der herrschenden Lehre, so steht bis zum Abschluß eines entsprechenden Vertrages der unwiderruflichen Bezugsberechtigung ein Rückforderungsanspruch gegenüber, so daß die Bezugsberechtigung das Endvermögen 106 nicht erhöht 107. Die unterschiedliche Bewertung einer Bezugsberechtigung, von der der Bezugsberechtigte nichts weiß, und einer Bezugsberechtigung, für die der rechtfertigende Vertrag bereits zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers geschlossen wurde, erscheint auf den ersten Blick ungereimt; sie erklärt sich aber gerade aus der Möglichkeit der Rückabwicklung. Solange der Begünstigte vor Rückforderungsansprüchen des Versicherungsnehmers oder seiner Erben nicht gesichert ist, ist es sachlich gerechtfertigt, wenn sich dies im Zugewinnausgleich entsprechend auswirkt. Das Problem, eine unwiderrufliche Bezugsberechtigung wegen der Unkenntnis des Bezugsberechtigten nicht bewerten zu können, kann also im Ergebnis nicht zu einem Fehler in der Berechnung der Ausgleichsforderung führen. (d) Zwischenergebnis Die Bewertung der unwiderruflichen Bezugsberechtigung läßt sich also wie folgt zusammenfassen: -

Ist der Versicherungsnehmer zur Fortführung der Versicherung verpflichtet, so ist die Bezugsberechtigung nach dem Fortführungswert zu bewerten; gege-

106 Damit entfällt mangels Erhöhung des Endermögens auch eine Hinzurechnung nach § 1374 Abs. 2 BGB, dazu näher unten, 3. 107 Aus diesem Grund vermehrt jede rechtsgrundlose unwiderrufliche Bezugsberechtigung das Vermögen im Ergebnis nicht.

B. Bezugsberechtigung

191

benfalls ist die Versicherung real zu teilen, wobei der andere Ehegatte die Prämien anteilig übernehmen muß 108. -

Ist der Versicherungsnehmer nicht zur Fortführung der Versicherung verpflichtet, so ist die Bezugsberechtigung nach dem Rückkaufswert der Versicherung zu bewerten.

-

Fehlt der Zuwendung im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigtem der Rechtsgrund - wie in den Fällen, in denen letzterer nichts von der Bezugsberechtigung weiß - , so erübrigt sich eine Bewertung, da ihr ein entsprechender Rückforderungsanspruch des Versicherungsnehmers gegenübersteht. 2. Die unwiderrufliche Bezugsberechtigung im Anfangsvermögen

Befand sich die Bezugsberechtigung bereits im Anfangsvermögen des Bezugsberechtigten und stand ihr kein Rückforderungsanspruch gegenüber, so gelten die Ausführungen über die Bewertung eines zedierten Anspruchs im Anfangsvermögen entsprechend 109. 3. Hinzurechnung nach § 1374 Abs. 2 BGB

Wie schon ausgeführt, erübrigt sich die Bewertung der Bezugsberechtigung im Endvermögen, wenn ihr ein entsprechender Rückforderungsanspruch gegenübersteht. Zugleich muß aber auch eine Hinzurechnung nach § 1374 Abs. 2 BGB unterbleiben, da der Zugewinn durch die Zuwendung der rückforderbaren Bezugsberechtigung nicht erhöht ist. Daraus ergibt sich für die Bewertung der Bezugsberechtigung bei der Hinzurechnung nach § 1374 Abs. 2 BGB: -

Wurde lediglich die Bezugsberechtigung zugewendet, ohne daß ein Rechtsgrund gelegt wurde, so findet keine Hinzurechnung statt, da der Zuwendung ein entsprechender Rückforderungsanspruch gegenübersteht.

-

Hat der Versicherungsnehmer das Bezugsrecht mit Rechtsgrund zugewandt und sind die Voraussetzungen des § 1374 Abs. 2 BGB erfüllt, so ist Gegenstand der Zuwendung der Anspruch auf die Versicherungssumme, dessen Wert im Zeitpunkt der Zuwendung dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen ist. Weiter sind Prämien, die der Versicherungsnehmer nach Erteilung der Bezugsberechtigung ohne entsprechende Verpflichtung dem Bezugsberech-

108 Das kann unter Umständen auch durch Zahlung an den Bezugsberechtigten geschehen; so, wenn dieser gegen den Versicherungsnehmer Anspruch auf Fortführung der Versicherung auf dessen Kosten hat. 109 Vgl. 7. Kapitel A I c.

192

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

tigten gegenüber an den Versicherer gezahlt hat, dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen 110. Wird der Rechtsgrund für eine bereits bestehende Bezugsberechtigung erst später gelegt oder verzichtet der Versicherungsnehmer später auf den Rückforderungsanspruch, so ist für den Wert der Zuwendung dieser Zeitpunkt maßgebend, da erst in diesem Zeitpunkt das Vermögen des Begünstigten endgültig gemehrt wird. Falls der Versicherungsfall dann bereits eingetreten ist oder gleichzeitig eintritt, ist der Wert der Zuwendung gleich dem Wert des fälligen Anspruchs auf die Versicherungssumme. b) Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers 1. Aktivendvermögen

Hat der Versicherungsnehmer unwiderruflich einen Bezugsberechtigten benannt, so ist dieser und nicht der Versicherungsnehmer forderungsberechtigt, wenn der Versicherungsfall eintritt, der Versicherungsnehmer kann lediglich Leistung an den Bezugsberechtigten verlangen 111. Dieses Recht besitzt regelmäßig keinen eigenen Vermögenswert 112. In Betracht kommt aber eine Bewertung des Rückforderungsanspruchs, wenn im Innenverhältnis kein Rechtsgrund für die Zuwendung der Bezugsberechtigung besteht 113. Der Versicherungsnehmer kann dann vom Bezugsberechtigten Zustimmung zum Widerruf der Bezugsberechtigung verlangen, so daß sich der Wert seines Endvermögens durch die Benennung des Bezugsberechtigten nicht verringert hat. Besteht also ein Rückforderungsanspruch, so ist der Wert des Versicherungsanspruchs im Endvermögen des Versicherungsnehmers zu berücksichtigen; existiert ein Rechtsgrund für die Bezugsberechtigung, so ist im Endvermögen kein entsprechender Wert anzusetzen 114.

110 Dazu bereits oben, 7. Kapitel A I d; dort auch zur Bewertung bei Verpflichtung zur weiteren Prämienzahlung. 111 Dem Versicherungsnehmer steht i. d. R. dieses Recht aus § 335 BGB zu, RG (24.5.1907, VII 412/06) RGZ 66, S. 158, 161; Benke1 / Hirschberg, § 13 ALB Rz. 71; Lorenz, FS Schwebler, S. 351. Ausführlich zur Auslegung von § 335 BGB: Hadding, AcP 171 (1971), S. 403 ff. 112 Es gehört auch nicht zur Konkursmasse, vgl. Soergel / Hadding, § 335 Rz. 6. II3 Zur Notwendigkeit eines Rechtsgrundes bereits oben, B II a 1 (c). 114 Die unwiderrufliche Bezugsberechtigung entzieht also durchaus nicht immer den Versicherungsanspruch dem Vermögen des Versicherungsnehmers. Auch dessen Gläubiger können auf diesem Wege auf die Bezugsberechtigung zurückgreifen.

B. Bezugsberechtigung

193

2. Abzug der Prämienverbindlichkeit

Wie bereits im Rahmen der Überlegungen zur Zession ausgeführt 115, kann die Prämienverbindlichkeit des Versicherungsnehmers in dessen Endvermögen nur berücksichtigt werden, wenn er sich von ihr nicht durch Kündigung der Versicherung befreien kann, ohne gegenüber dem Bezugsberechtigten schadensersatzpflichtig zu werden. 3. Hinzurechnung nach § 1375 Abs. 2 BGB

Wenn nach § 1375 Abs. 2 BGB der Wert der Bezugsberechtigung dem Endvermögen hinzuzurechnen ist, so ist dieser in der Regel anhand des Rückkaufswertes 116 zu bestimmen; weiter wird der Wert der später freiwillig gezahlten Prämien hinzugerechnet 117. Hat sich der Versicherungsnehmer zur Fortzahlung der Prämien verpflichtet, so ist der Wert dieser Prämienverbindlichkeit hinzuzurechnen. Hat der Versicherungsnehmer den Bezugsberechtigten ohne Rechtsgrund benannt, so ist der Rückforderungsanspruch noch Bestandteil seines Aktivvermögens 118. Es besteht dann kein Anlaß für eine Hinzurechnung. Wurde der Rechtsgrund erst nachträglich - z. B. durch Abschluß eines Schenkungsvertrages - geschaffen, so liegt die Zuwendung erst in der Aufgabe des Rückforderungsanspruchs, da erst dadurch das Vermögen des Versicherungsnehmers endgültig vermindert ist. Der für die Bewertung der Zuwendung maßgebende Zeitpunkt ist deshalb der, an dem der Rechtsgrund gelegt wurde, nicht der, an dem die Bezugsberechtigung erteilt wurde. 4. Konsequenzen

Diese Lösung führt zu interessengerechten Ergebnissen: Ist die unwiderrufliche Bezugsberechtigung im Rahmen eines entgeltlichen Geschäftes ausgesprochen worden mit der Verpflichtung des Versicherungsnehmers, die Versicherung auf eigene Kosten fortzuführen, so scheidet der Versicherungsanspruch aus dem Endvermögen des Versicherungsnehmers aus; die Prämienverbindlichkeit wirkt sich bei ihm zugewinnvermindernd aus, dafür steigert der Wert, der als Entgelt für die Bezugsberechtigung entrichtet wurde, - sofern noch vorhanden - den Wert seines Endvermögens. Im Zugewinnausgleich des Bezugsberechtigten, der die Bezugsberechtigung entgeltlich erworben hat, erhöht der Versicherungsanspruch dessen Endvermögen, das sich durch das entrichtete Entgelt verringert hat. 115 116 117

118

Alb. Dazu bereits oben, A 11 c. V gl. oben, A 11 c. Siehe oben, B 11 a 1 (c).

13 Voi!

194

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

Dagegen steht der rechtsgrundlos erteilten Bezugsberechtigung ein entsprechender Rückforderungsanspruch gegenüber, der sie als Bestandteil des Endvermögens neutralisiert. Wenn der Behaltensgrund für die bereits bestehende Bezugsberechtigung später gelegt wird, so ist dies der für den Wert der Hinzurechnung nach §§ 1374 Abs.2, 1376 Abs. 1 BGB entscheidende Zeitpunkt. Deshalb ist der Wert der Versicherungssumme selbst hinzuzurechnen, falls der Rechtsgrund gleichzeitig mit oder erst nach dem Eintritt des Versicherungsfalles gelegt wird. Wurde die Zuwendung bereits vorher endgültig, so sind neben dem Wert des Anspruchs in diesem Zeitpunkt die später gezahlten Prämien dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen, sofern auch sie die Voraussetzungen des § 1374 Abs. 2 BGB erfüllen. Im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers tritt - sofern sein Endvermögennach § 1375 Abs. 2 BGB erhöht werden muß-die relevante Vermögensminderung erst mit der Aufgabe der Rückforderungsmöglichkeit ein. Damit ist zugleich der (scheinbare) Widerspruch beseitigt, der bereits eingangs 119 angesprochen wurde: Folgt man der Rechtsprechung 120, so hängt der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten aus § 2325 BGB davon ab, ob die Bezugsberechtigung schon im Versicherungsvertrag vereinbart oder erst nachträglich erteilt wurde. Während die nachträgliche Erteilung einer Bezugsberechtigung als Verfügung im Sinne des § 2325 BGB gewertet wird, soll die anfängliche keine Verfügung sein, da sich der Anspruch auf die Versicherungssumme niemals im Vermögen des Versicherungsnehmers befand. Ähnlich wird auch die Frage der Konkursanfechtung gelöst. Die Literatur lehnt diese Differenzierung größtenteils ab 121. Betrachtet man das Problem genauer, so besteht in dieser Differenzierung kein Wertungswiderspruch: Wurde bereits im Versicherungsvertrag das Bezugsrecht vereinbart, so sind alle Prämien, die innerhalb der Frist des § 2325 Abs. 3 BGB für den Vertrag gezahlt wurden, Zuwendungen im Sinne des § 2325 BGB bzw. anfechtbare Verfügungen im Sinne des AnfG. Wurde dagegen das Bezugsrecht erst später eingeräumt, so wurde der Anspruch auf die Versicherungssumme zugewendet. Dessen Wert zur Zeit der Abtretung ist zu bestimmen, und die nach der Abtretung entrichteten Prämien sind hinzuzuzählen. Es ergibt sich also - sieht man von der Frist des § 2325 BGB ab - bei der anfänglichen Bezugsberechtigung ein höherer Vermögenswert als bei Bewertung eines Versicherungsanspruchs (bei gleichgebliebenem Gesundheitszustand), der später zugewendet wurde, weil in den hinzugerechneten Prämien auch Risikoanteile enthalten sind 122. Dieser erhöhte Wert ist gerechtfertigt, da der Bezugsberechtigte von Anfang an die Chance auf den Erwerb der Versicherungssumme hatte. Der in der Literatur beanstandete Widerspruch entsteht erst, wenn man als Wert der Bezugsberechtigung nicht ihren wirklichen Wert im Zeitpunkt ihrer Begründung, sondern den Wert der vollen Versicherungssumme ansieht. Diese Auffassung ist aber, wie bereits oben dargelegt 123, nicht haltbar. 119

B I.

RG (24.5.1907, VII 412/06) RGZ 66, S. 158, 161 ff. (zur Konkursanfechtung). Hoffmann, AcP 158 (1959/1960), S. 187 ff.; Hasse, S. 167 ff.; Hörstmann, S. 181 ff.; Heilmann, VersR 1972, S. 1001; Staudinger / Kaduk, § 330 Rz. 23 b ff.; unklar Heilmann, KTS 72, S. 14 ff. 122 Vgl. 3. Kapitel B 11. 120 121

B. Bezugsberechtigung

195

III. Der Zugewinnausgleich bei widerruflicher Bezugsberechtigung Bei der Bewertung der widerruflichen Bezugsberechtigung kann zunächst auf die Grundsätze der Bewertung der unwiderruflichen Bezugsberechtigung zurückgegriffen werden. Beide unterscheiden sich abgesehen VOn der Widerrufsmöglichkeit 124 lediglich durch den Zeitpunkt des Rechtserwerbs 125.

a) Zugewinnausgleich des widerruflich Bezugsberechtigten 1. Die widerrufliche Bezugsberechtigung als Vermögensgegenstand

Der Ausgleich der widerruflichen Bezugsberechtigung setzt voraus, daß diese zum zugewinnausgleichspflichtigen Vermögen gehört. Die Frage der Abgrenzung von Zugewinn- und Versorgungsausgleich ist bereits oben 126 behandelt worden; offen ist bislang, ob es sich bei der widerruflichen Bezugsberechtigung um einen Vermögensgegenstand handelt. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage vemeint l27 • Er folgt dabei der ganz h. L. 128, nach der die Stellung des Bezugsberechtigten bei aufgeschobenem Rechtserwerb eine Anwartschaft i. w. S. sei, die "nichts mit AI d 3. Das Sonderproblem, ob die Bezugsberechtigung eines Ehegatten aus der Versicherung des anderen Ehegatten durch die Scheidung widerrufen wird, wird hier nicht behandelt, vgl. dazu BGH (1.4.1987, IVa ZR 26/86) VersR 1987, S. 659 ff.; Hoffmann, FamRZ 1977, S. 222 ff.; Oswald, VersPrax 1971, S. 143 ff.; ausführlich: G. Schmidt, Welchen Einfluß hat die Scheidung eines Ehegatten auf den zu seinen Gunsten abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag? , 1967. Zur Frage, ob die Sicherungszession des Versicherungsanspruchs den Widerruf der Bezugsberechtigung enthält, vgl. Bayer, VersR 1989, S. 17; OLG Hamburg (21.6.1988, 7 U 14/88) VersR 1989, S. 389; BGH (19.11.1985, IVa ZR 40/84) VersR 1986, S. 231; OLG Karlsruhe (20.10.1983, 12 U 33/83) VersR 1985, S. 958; OLG Stuttgart (20.5.1981, 1 U 4/81) VersR 1982, S. 797 ff. 125 Vgl. dazu § 15 ALB a. F. und § 13 ALB n. F. Dazu bereits oben B I. 126 1. Kapitel B 11 b. 127 BGH (22.3.1984, IX ZR 56/82) FamRZ 1984, S. 666. Konsequenz dieser Entscheidung ist, daß eine Direktversicherung, die auf eine Einmalzahlung und nicht auf eine Rente gerichtet ist, weder zum Versorgungsausgleich noch zum Zugewinnausgleich zählt. Vgl. auch BGH (9.6.1983, IX ZR 56/82) FamRZ 1983, S. 881, 882: Künftige Ansprüche, deren Entstehung ungewiß sind, gehören nicht zum Endvermögen. Ähnlich Herrmann, S. 4: Bloße Hoffnungen und Aussichten gehören nicht zum zugewinnausgleichspflichtigen Vermögen. 128 Benkel / Hirschberg, § 13 Rz. 54; Bohn, S. 36; Bruck / Möller I Winter H 99 ff.; Bruck/Dörstling § 15 ALB Rz.13; Ehrenberg, JJb.41, S.383; O. M. v. Gierke, S. 33 ff.; Goll /Gilbert, S. 69; Heilmann, VersR 1972, S. 1000; ders., KTS 66, S. 83; Hoffmann, AcP 158 (1959/60), S. 179; Kühlmorgen, S. 64 f.; Prölss / Martin, § 15 ALB a. F. Anm.2 A b; Winter, in: Möller u. a., ZVersWiss Bd.59 (1970), S. 41. So auch bereits die Rechtsprechung des Reichsgerichts, vgl. RG (3.6.1902, VII 127/02) RGZ 51, S. 403,404; RG (8.7.1904, VII 68/04) RGZ 61, S. 217,218. 123

124

13*

196

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

einem Recht gemein" habe 129, die unvererblich 130 und unpfändbar 131 sei. Im Zugewinnausgleich sei sie - da kein Vermögenswert - nicht zu bewerten. Wie bereits oben ausgeführt, ist die bedingte Verpflichtung des Versicherers eine geldwerte Rechtsposition 132. Aufgrund der Bezugsberechtigung ist der Versicherer verpflichtet, bei Eintritt des Versicherungsfalls seine Leistung an den Bezugsberechtigten zu erbringen 133. Der Vorteil aus der bedingten Verpflichtung des Versicherers steht also dem Bezugsberechtigten auch dann zu, wenn die Möglichkeit eines Widerrufs besteht, solange von ihr kein Gebrauch gemacht wird. Die Frage ist, ob eine solche Position zum Vermögen im Sinne des Zugewinnausgleichs gehört. Das BGB enthält keine Definition des Vermögensbegriffs, so daß eine Subsumtion der widerruflichen Bezugsberechtigung mit aufgeschobenem Rechtserwerb nicht möglich ist. Die zahlreichen Versuche, einen Vermögensbegriff zu definieren, haben, sofern sie überhaupt materiellen Gehalt aufweisen 134, Einigkeit nicht herbeiführen können. 129 Kühlmorgen, S. 64; RG (3.6.1902, VII 127/07) RGZ 51, S. 403, 404: Hoffnung, kein Recht; Prölss / Martin, ALB § 15 Anm.2 A b; Winter, a. a. O. Das LG Berlin (31.10.1950,25 S 496/50) VersR 1951, S. 157, hält dagegen die widerrufliche Bezugsberechtigung für übertragbar, ohne die Diskrepanz zu erkennen, die in der Übertragbarkeit eines angeblich unpfändbaren und noch nicht existenten Rechts liegt. Dieser Rechtsprechung folgt die h. L., vgl. Benkel / Hirschberg, § 13 Rz. 57; Goll / Gilbert, S. 70; Staudinger / Kaduk, § 331 Rz.5; Prölss / Martin, a. a. 0.; Winter, in: Möller u. a., ZVersWiss Bd.59 (1970), S.41. Gegen eine Abtretbarkeit: Kühlmorgen, S. 159 f., und Bruck/ Möller / Winter, H 32. 130 Bruck / Möller / Winter, H 100; Kühlmorgen, S. 66; Prölss / Martin, § 168 Anm. 1 c; BGH (8.6.1967, II ZR 248/64) VersR 1967, S. 795; OGH (18.3.1976, 7 Ob 21/76) VersR 1977, S. 464. Auch in den Protokollen (S. 1521 ff., Mugdan, 2. Bd., S. 708) wird die Stellung als Begünstigter vor dem Rechtserwerb für unvererblich gehalten. Der Antrag, eine entsprechende Auslegungsregel in das BGB aufzunehmen, wurde mit der Begründung abgelehnt, es sei selbstverständlich, daß nur ein bereits erworbenes Vermögensrecht auf die Erben übergehe. Die bloße Möglichkeit, unter Umständen ein Recht zu erlangen, sei noch kein erworbenes Recht. Dabei wurde die Frage, ob die Bezugsberechtigung bei entsprechendem Willen des Versicherungsnehmers vererblich sein kann, nicht erörtert. Der Gesetzgeber ist später - an anderer Stelle - von dieser formalen Betrachtung abgerückt. Dazu ausführlich im folgenden Text. 131 Bemer, RPfl. 1957, S. 193; Bruck / Dörstling, § 15 ALB Rz. 13; Prölss / Martin, § 15 ALB a. F. Anm.2b; Stöber, Forderungspfändung, Rz. 198; OLG München (4.3.1916, 2. ZS.) OLGE 32 (1916), S.224. Anderer Ansicht ist Niewisch (S. 30 f.), der die widerrufliche Bezugsberechtigung wegen der Nähe zu einer künftigen Forderung für pfändbar hält. Dem haben sich BolI, S. 25, Benkel / Hirschberg, § 13 Rz. 59, Goll / Gilbert, S. 70, und Münzberg, in: Stein / Jonas, § 829 Rz. 15 Fn. 66, angeschlossen. Die Pfändung der Bezugsberechtigung ist durchaus nicht immer sinnlos: Hat ein Gläubiger einen Titel sowohl gegen den Versicherungsnehmer als auch gegen den Bezugsberechtigten, so kann er durch die Pfändung der Bezugsberechtigung das Eintrittsrecht aus § 177 VVG beseitigen. 132 2. Kapitel B; 5. Kapitel A 11. 133 7. Kapitel B I. 134 Aussagen wie: in manchen Beziehungen (Konkurs, Zugehörigkeit zum Kreis der Nachlaßverbindlichkeiten) ist für die Behandlung der Forderung maßgebend nicht der

B. Bezugsberechtigung

197

(a) Die Formel des BGH und ihre Kritik Der BOH verwendet eine Formel, die zwar eine Abgrenzung zu ermöglichen scheint, die aber hinsichtlich der widerruflichen Bezugsberechtigung nicht überzeugt: "Das Endvermögen umfaßt - wie das Anfangsvermögen - alle dem Ehegatten zum maßgebenden Zeitpunkt zustehenden rechtlich geschützten Positionen von wirtschaftlichem Wert, mithin neben seinen Sachen alle ihm zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, die am Stichtag bereits entstanden waren. Dazu gehören auch solche gesicherten Anwartschaftsrechte, durch die der Ehegatte in dem maßgebenden Zeitpunkt bereits in bestimmter und bewertbarer Weise bereichert ist" 135. Zunächst vermischt diese Definition die Bewertung eines Vermögensgegenstandes mit seiner Existenz, indem sie nur Positionen von wirtschaftlichem Wert als Vermögensgegenstand anerkennt. Es ist aber durchaus nicht einsichtig, warum nicht Vermögensgegenstände im Einzelfall auch den Wert Null haben können. Das zeigt sich deutlich bei der Frage, ob ein Gegenstand unter die Verfügungs gewalt des Konkursverwalters fällt: Folgte man der Definition des BGH, so wäre eine uneinbringliche und deshalb wertlose Forderung des Gemeinschuldners konkursfrei, da sie nicht zum Vermögen des Gemeinschuldners gehörte. D. h. es müßte bei Verfügungen über diese uneinbringliche Forderung geprüft werden, ob der Schuldner illiquide ist, so daß der Wert der Forderung Null ist, oder ob zumindest ein Teil der Forderung beizutreiben ist. Im letzteren Fall wäre der Konkursverwalter verfügungsbefugt, im ersteren der Gemeinschuldner. Auch im Erbrecht würden eigenartige Konsequenzen auftreten: Da die Erbfolge nur in das Vermögen des Erblassers stattfindet (§ 1922 BGB), wäre eine vollständig uneinbringliche Forderung subjektlos. Das Merkmal "Positionen von wirtschaftlichem Wert" müßte also zumindest durch den Zusatz ,,regelmäßig" ergänzt werden, der klarstellt, daß es nicht darauf ankommt, ob die Position im konkreten Fall einen Vermögenswert besitzt. Moment ihrer Entstehung, sondern der Zeitpunkt, in welchem ein Anwartschaftsrecht von gewisser Stärke begründet wurde (so die Formel von v. Tuhr, Bd. I, § 9 Fn.2a, S. 181 zur Frage, wann eine künftige Forderung - die nach der herrschenden Lehre zum Vermögen gehört - besteht), mögen zwar konsensfähig sein, sie erlauben aber keine Abgrenzung des Begriffs des Vermögens. Auch die von Herrmann angeführte "Definition" ist nahezu inhaltsleer: Zum Vermögen soll danach jedes vermögenswerte Gut gehören, welches nach der Verkehrsanschauung einen Vermögens wert hat, mit Ausnahme von noch nicht fälligen, aber entstandenen Ansprüchen aus Dauerschuldverhältnissen, deren Fälligkeit hinausgeschoben ist und die auf Geld oder Naturalleistungen gerichtet sind (S. 3). Herrmann arbeitet deshalb auch mit einer Aufzählung der Positionen, die er für Vermögensbestandteile hält. I35 BGH (22.3.1984, IX ZR 69/83) FamRZ 1984, S. 666 (Betriebl. Direktversicherung); ähnlich bereits BGH (14.1.1981, IVb ZR 525/80) FamRZ 1981, S. 239; BGH (9.6.1983, IX ZR 56/82) FamRZ 1983, S. 881,882; BGH (1.12.1983, IX ZR 41/83) BGHZ 89, S. 137, 140.

198

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

Außerdem ist jedenfalls dieser Teil der Definition nicht geeignet, die widerrufliche Bezugsberechtigung aus dem Vermögen auszuschließen, da sie einen Wert besitzt: Wie bereits oben 136 dargelegt, bildet die bedingte oder betagte Verpflichtung des Versicherers das Äquivalent zur Prämienzahlung des Versicherungsnehmers. Sie wird von den am Vertrag Beteiligten als Vermögenswert angesehen, um dessentwillen die Prämie bezahlt wird. Wenn nun infolge der Bezugsberechtigung der wirtschaftliche Gehalt dieser Verpflichtung - die Geldleistung des Versicherers bei Eintritt des Versicherungsfalls - nicht dem Versicherungsnehmer, sondern dem Bezugsberechtigten zukommt, so muß sie auch in seiner Hand ein Vermögenswert sein. Deutlicher tritt dies zutage, wenn man an die Stelle der einmaligen Geldleistung des Versicherers eine (immer wieder fällig werdende) Dauerleistung l37 setzt. Niemand wird ernsthaft bestreiten, daß die Berechtigung, bis auf weiteres eine laufende Geldleistung in Empfang zu nehmen, einen wirtschaftlichen Wert auch dann hat, wenn diese Berechtigung durch Widerruf beendet werden kann. Das zweite Abgrenzungsmerkmal, das der BGH zur Definition des Vermögens heranzieht, ist der rechtliche Schutz der fraglichen Position. Offen bleibt dabei die Frage, welche Intensität dieser Schutz erreichen muß, um den Anforderungen des BGH zu genügen. Um dies beantworten zu können, muß man sich darüber klar werden, worin ein solcher Schutz überhaupt bestehen kann. Neben strafrechtlichen Vorschriften 138 kommen insbesondere zivilrechtliche Schadensersatzansprüche in Betracht. Solche bejahen aber auch Rechtsprechung und herrschende Lehre 139 im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit entsprechenden Schutzgesetzen, wenn der Widerruf der Bezugsberechtigung erzwungen oder durch Täuschung hervorgerufen wurde 140. Darüberhinaus bestehen Schadensersatzansprüche bei Widerruf einer Bezugsberechtigung auch dann, wenn sich der Versicherungsnehmer gegenüber dem Bezugsberechtigten zur Unterlassung des Widerrufs verpflichtet hat. Genau in einem solchen Fall hat aber der Bundesgerichtshof die oben wiedergegebene Formel verwendet und die 2. Kapitel B. Die bedingte oder betagte Geldleistung des Versicherers steht wegen der Parteivereinbarung einer Dauerleistung gleich, dazu bereits oben, 2. Kapitel B IV d. 138 Zu denken)st insbesondere an betrügerische Handlungen, die den Versicherungsnehmer zu einer Anderung der Bezugsberechtigung veranlassen sollen. In diesem Zusammenhang ist die Position des Bezugsberechtigten geschützt (vgl. Schönke / Schröder / Cramer, § 263 StGB Rz. 88). 139 RG (7.1.1938, VII 192/37) JW 1938, S. 755, 757; Benkel/ Hirschberg, § 13 ALB Rz. 54; Bruck / Möller / Winter, H 104; Prölss / Martin, § 15 ALB Anm. 2 A b; Winter, in: Möller u. a., ZVersWiss 59 (1970), S. 41. Daneben kann auch der Tatbestand des § 826 BGB erfüllt sein. Durch diesen Schutz unterscheidet sich die Bezugsberechtigung auch von der Stellung eines Erben vor Eintritt des Erbfalls, mit der die Bezugsberechtigung z. T. verglichen wird (so Kühlmorgen, S. 64 f.). Auch der Vertragserbe ist - nach herrschender Lehre - nicht so weitgehend geschützt, vgl. MüKo-Musielak, § 2286 Rz. 3 ff., 5. 140 Diesen Schutz verkennt Hoffmann, AcP 158 (1959/60), S. 182. 136 137

B. Bezugsberechtigung

199

Bezugsberechtigung mit dem formalen Argument dem Zugewinnausgleich entzogen, es liege kein Vermögenswert vor, wobei ihm - wie auch schon dem zweitinstanzlichen Gericht - der Anspruch auf Unterlassung des Widerrufs als Hilfsanspruch ohne eigenen Wert erschien 141. Wenn aber der ,,rechtliche Schutz", der eine bloße Hoffnung zum Vermögensgegenstand erheben soll, hauptsächlich in der Gewährung von Schadensersatzansprüchen besteht, so hätte der BGH zumindest eine derart gesicherte widerrufliche Bezugsberechtigung als Vermögensgegenstand ansehen müssen. Überspitzt ausgedrückt: Solange der Versicherungsnehmer solvent ist, kann es dem Bezugsberechtigten gleichgültig sein, ob die Berechtigung abredewidrig widerrufen wird oder nicht. Die Solvenz ist aber gerade bei einer betrieblichen Direktversicherung, die der Entscheidung des BOH zugrunde lag, besonders gesichert (vgl. §§ 7 ff. BetrAVG). Aber auch die schuldrechtlich nicht gesicherte Bezugsberechtigung wird von seiner Definition umfaßt: Strafrechtlich und zivilrechtlich 142 vor Eingriffen Dritter geschützt, unterscheidet sie sich von der schuldrechtlich gesicherten Bezugsberechtigung allein dadurch, daß sie vom Versicherungsnehmer ohne weiteres entzogen werden kann. Aber diese Möglichkeit hindert die herrschende Lehre in anderen Fällen nicht, eine Forderung als Vermögensgegenstand anzuerkennen. So ist der Anspruch aus einem Kauf, bei dem dem anderen Teil ein Widerrufsoder ein Rücktrittsrecht zusteht, als Vermögensgegenstand anerkannt 143, auch wenn durch Ausübung dieses Rechts der Anspruch entfallt, ohne daß Schadensersatzansprüche entstehen. Die Formel des BGH vom rechtlichen Schutz einer Position ist also nicht geeignet, die Nichtzugehörigkeit der Bezugsberechtigung zum Vermögen des Berechtigten zu begründen. Als drittes Merkmal stellt der BGH darauf ab, ob die Rechtsposition bereits entstanden ist. Dieses Merkmal erweist sich ebenfalls als fragwürdig: Unterstellt man zunächst die Fortführung der Versicherung, so ist der wirtschaftliche Gehalt der Bezugsberechtigung vom Zeitpunkt des Rechtserwerbs unabhängig. Vordem Eintritt des Versicherungsfalls, der zugleich den Anfall des Rechts beim widerruflich Bezugsberechtigten begründet, kann auch der unwiderruflich Bezugsberechtigte keine Leistung der Versicherung beanspruchen. Aber auch bei Kündigung der Versicherung durch den Versicherungsnehmer oder seine Gläubiger ergeben sich keine prinzipiellen Unterschiede zwischen widerruflicher und unwiderruflicher Bezugsberechtigung bis auf die, die gerade durch die Widerruflichkeit begründet werden. Kündigt ein Pfändungsgläubiger 141 BGH (22.3.1984, IX ZR 69/83) FamRZ 1984, S.666; OLG Köln (28.4.1983, 14 UF 164/82) FamRZ 1983, S. 1143, 1145 (Vorinstanz). 142 Neben §§ 826 und 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 263,255 StGB genießt die widerrufliche Bezugsberechtigung durch das Eintrittsrecht des Bezugsberechtigten (§ 177 VVG) auch Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen des Versicherungsnehmers; so auch Koenig, ZVersWiss Bd. 6, S. 660. 143 Das zeigt sich daran, daß er übertragbar und vererblich ist.

200

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

des Versicherungsnehmers die Versicherung, ohne die Bezugsberechtigung zu widerrufen 144, so muß der Rückkaufswert dem Bezugsberechtigten zufallen. Der Rückkaufswert tritt an die Stelle der Versicherungssumme 145. Da der Versicherer diese auch bei widerruflicher Bezugsberechtigung an den Bezugsberechtigten zu erbringen hat, muß gleiches für den Rückkaufswert gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht gleichzeitig mit dem Rückkauf die Bezugsberechtigung widerruft. Daran kann der Versicherungsnehmer im Einzelfall durchaus Interesse haben: Ein verheirateter Versicherungsnehmer hat vor zehn Jahren in benachteiligender Absicht seiner Freundin die widerrufliche Bezugsberechtigung aus seiner Einmalprämienkapitallebensversicherung zugewendet und sich gleichzeitig ihr gegenüber verpflichtet, den Widerruf zu unterlassen. Benötigt die bezugs berechtigte Freundin nun Bargeld, so hat der Versicherungsnehmer unter Umständen ein erhebliches Interesse daran, bei Rückkauf der Versicherung auf den Widerruf der Bezugsberechtigung verzichten zu können, da sonst die Frist des § 2325 BGB hinsichtlich der Pflichtteilsergänzungsansprüche und die des § 1375 Abs. 3 BGB für den Fall des konkreten Zugewinnausgleichs von neuem zu laufen begännen, wenn er den Rückkaufswert bekäme und diesen dann der ehemalig Bezugsberechtigten erneut zuwenden müßte. Der geringe Schutz des widerruflich Bezugsberechtigten beruht also weder darauf, daß das Recht noch nicht angefallen ist, noch auf dem "Wesen" der widerruflichen Bezugsberechtigung, sondern allein auf ihrer Widerruflichkeit. Solange die Bezugsberechtigung nicht widerrufen wurde, unterscheidet sie sich daher nicht grundsätzlich von einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung. Es ist also nicht sachgemäß, wenn der BGH bei Bezugsberechtigungen auf den Zeitpunkt des Rechtserwerbs abstellt. Die Rechtsprechung verfährt bei der Anwendung ihres Vermögensbegriffs auch inkonsequent, da sie bei der Bewertung von Unternehmen im Zugewinnausgleich 146 unter gewissen Voraussetzungen 147 auch den sogenannten Firmenwert berücksichtigt. Der Firmenwert repräsentiert aber nur eine Erwerbschance, die darin besteht, daß das Unternehmen am Markt eingeführt ist und arbeitet 148. Zwar steht die handelsrechtliche Firma unter besonderem rechtlichem Schutz 149, dieser 144 Die Pfändung des Versicherungsanspruchs enthält nicht zugleich den Widerruf der Bezugsberechtigung, vgl. Prölss / Martin, § 15 ALB a. F. Anm. 2 A a. 145 Vgl. BGH (17.2.1966, II ZR 286/63) BGHZ 45, S. 162,167. 146 Auch im Konkurs kann die Firma zur Konkursmasse gehören, vgl. BGH (27.9.1982, II ZR 51/82) BGHZ 85, S. 221, 223, unter Aufgabe der reichsgerichtlichen Rechtsprechung. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang weniger die Frage nach der Vermögenszugehörigkeit als die, ob das Namensrecht der Veräußerung im Konkurs entgegensteht. 147 Ein fiktiver Erwerber müßte bereit sein, für den Betrieb eine höhere Summe zu bezahlen, als sich aus dem Substanzwert ergibt, vgl. i. e. Reimann, FamRZ 1989, S. 1249; BGH (10.10.1979, IV ZR 79/78) BGHZ 75, S. 195, 199; BGH (23.11.1977, IV ZR 131/76) BGHZ 70, S.224, 226; OLG Schleswig (1.9.1986, 15 UF 297/85) FamRZ 1986, S. 1208, 1209; Johannsen, LM BGB § 1375 Nr. 2. 148 Vgl. BGH (10.10.1979, IV ZR 79/78) BGHZ 75, S. 195, 199; Johannsen, LM BGB § 1375 Nr. 2 BI. 2.

B. Bezugsberechtigung

201

hat aber mit dem wirtschaftlichen Gehalt des Firmenwerts nichts zu tun. Letzterer hängt allein von Kundenbeziehungen ab, die nur vor Eingriffen Dritter (insbes. durch unbefugten Gebrauch der Firma oder durch verwechselungsfähige Firmenbezeichnungen), nicht aber in ihrem Bestand selbst rechtlich geschützt werden: der Kunde kann die Beziehungen ohne weiteres abbrechen. Gegen Eingriffe Dritter wird aber auch - wie bereits bemerkt - die widerrufliche Bezugsberechtigung durch § 823 Abs. 2 und § 826 BGB geschützt. Der Schutz des Firmenwerts, der nach der Rechtsprechung zum Vermögen gehört, ist also keineswegs stärker als der der Bezugsberechtigung. Die Definition des Begriffs des Vermögens durch den BGR vermag also nicht überzeugend zu begründen, warum die Bezugsberechtigung nicht zum zugewinnausgleichspflichtigen Vermögen gehört.

(h) Die Parallele zur nicht angenommenen Anweisung Der Versuch, eine eigene, umfassende Definition zu entwickeln, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen; er wäre überdies wenig sinnvoll, da angesichts der Fülle der Vermögensdefinitionen und der Vielschichtigkeit des Problems eine allgemein anerkannte Lösung kaum zu erwarten ist. Deshalb beschränkt sich die vorliegende Arbeit darauf, die Bezugsberechtigung als Vermögensbestandteil nachzuweisen, indem ihre wirtschaftliche Identität sowie ihre rechtliche Verwandtschaft mit einer Rechtsposition dargelegt wird, die vom Gesetzgeber bewußt übertragbar ausgestaltet wurde, um den ihr innewohnenden Vermögenswert realisierbar zu machen. Es handelt sich dabei um die Stellung des Anweisungsempfängers vor der Annahme der Anweisung. Ausgangspunkt der Überlegungen ist, daß aus der Übertragbarkeit 150 einer Rechtsposition auf deren Zugehörigkeit zum Vermögen des Berechtigten geschlossen werden kann 151. Diese Prämisse ist unmittelbar einsichtig: Rechtspositionen, die übertragen werden und so Gegenstand einer Veräußerung sein können, machen gerade das "Vermögen" im eigentlichen Sinne des Wortes aus. Außerdem unterliegen übertragbare Rechtspositionen - falls ihre Verwertung für die Gläubiger von Interesse ist - der Zwangsvollstreckung und dem Konkurs, so daß sie zum Vermögen im haftungsrechtlichen Sinne gehören. Auch im erbrechtlichen 149 §§ 30, 37 HGB, 12 BGB, 823 Abs. 1 BGB, 16 UWG, 24, 28 WZG; vgl. dazu Baumbach / Duden / Hopt, § 17 Anm. 4. 150 Wie bereits oben (III a 1) erwähnt, meint die herrschende Lehre, der widerruflich Bezugsberechtigte könne nur "mit der entscheidenden Einschränkung" verfügen, "daß eine derartige Verfügung frühestens mit dem Eintritt des Versicherungsfalls wirksam wird" (Goll / Gilbert, S. 70). Hier geht es dagegen um eine Übertragung der Rechtsposition, die der Bezugsberechtigte bereits vor dem Eintritt des Versicherungsfalls innehat. 151 Der Umkehrschluß ist selbstverständlich weder beabsichtigt noch zutreffend. Auch unübertragbare Rechtspositionen, z. B. der Nießbrauch, können ausgleichspflichtige Vermögenswerte sein, dazu bereits oben, 5. Kapitel A II c und B 11.

202

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

Sinne gehören übertragbare Rechtspositionen zu dem Vermögen, das auf die Erben übergeht. (1) Die Übertragbarkeit der nicht angenommenen Anweisung § 792 Abs. 1 BGB läßt die Übertragung der nicht angenommenen Anweisung ausdrücklich zu:

"Der Anweisungsempfanger kann die Anweisung durch Vertrag mit einem Dritten auf diesen übertragen, auch wenn sie noch nicht angenommen ist". Der Grund für die Einführung dieser Bestimmung, die im ersten Entwurf noch für überflüssig gehalten wurde 152, lag darin, den Gläubigern des Anweisungsempfangers den Zugriff auf diesen Vermögenswert zu ermöglichen 153. Dazu muß aber die nicht angenommene Anweisung Vermögensgegenstand sein, weil nur Vermögensgegenstände zur Konkursmasse und zum Vermögen im Sinne der Zwangsvollstreckung gehören. (2) Die wirtschaftliche Vergleichbarkeit der erworbenen Rechtsposition

Bereits Philipp Heck hat in seinem Grundriß des Schuldrechts 154 auf die wirtschaftliche Identität von Anweisung und Vertrag zugunsten Dritter hingewiesen: Die angenommene Anweisung habe dieselben Rechtswirkungen wie ein echter Vertrag zugunsten Dritter, indem sie eine "indirekte Vermögenszuwendung" ermögliche. Beide gewähren die Möglichkeit, eine Person zur Zahlung an einen Dritten zu veranlassen. Diese innere Verwandtschaft von Anweisung und Vertrag zugunsten Dritter wird verdeckt durch die unterschiedlichen Funktionen, denen Anweisung und Vertrag zugunsten Dritter typischerweise dienen: Beim Grundfall l55 der Anweisung werden - im Gegensatz zum Vertrag zugunsten Dritter - zunächst Beziehungen zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfanger geknüpft, indem diesem eine Anweisung ausgehändigt wird. Er kann dann dem Angewiesenen die Anweisung zur Annahme vorlegen und so kraft der Annahme 156 ein eigenes Forderungsrecht erwerben. Der 152 Motive, S. 568 f., Mugdan, Bd.2, S. 317 f. In dem Vorentwurf (Bd. 3, S.613) wurde ausgeführt, Widerruflichkeit und die Möglichkeit der Verweigerung der Annahme stünden der Übertragung nicht entgegen. 153 Prot. S. 2362, Mugdan Bd. 2, S. 967: "Gerathe der Anweisungsempfanger in Konkurs, so könnten die Konkursgläubiger ein erhebliches Interesse daran haben, die Anweisung durch Übertragung zu Gelde zu machen." 154 § 50.5. 155 Die Anweisung kann auch vor der Aushändigung angenommen werden, vgl. § 784 Abs.2 Satz 2 BGB; zu diesem - dem Vertrag zugunsten Dritter noch ähnlicherenFall sogleich. 156 Zur Annahme als einseitigem Versprechen sogleich.

B. Bezugsberechtigung

203

Sinn der Anweisung liegt regelmäßig, aber nicht notwendig 157 in der Vereinfachung des Zahlungsverkehrs. Beim Vertrag zugunsten Dritter entsteht dagegen der Anspruch des Dritten allein kraft der Vereinbarung zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfanger, ohne daß es der Mitwirkung des Dritten bedarf. Er eignet sich deshalb vor allem auch für Zuwendungen, von denen der Dritte zunächst nichts erfahren soll. Die Zahlungsfunktion der Anweisung stand schon in den Vorentwürfen zum BGB im Vordergrund der Überlegungen. Diskutiert wurde vor allem, ob der Anweisungsempfanger im eigenen Namen die Leistung fordern könne und wie die Leistung dann dem Anweisenden zugerechnet werde 158. Wohl wegen dieser besonderen Bedeutung der Leistungsbeziehungen bei der Anweisung trat die Konstruktion der Annahme als eine Form des einseitigen Versprechens zurück, so daß die Annahme der Anweisung nicht in den Vorentwurf mit dem Titel "Das einseitige Versprechen als Grund der Verpflichtung zur Erfüllung" aufgenommen, sondern in einem eigenen Entwurf behandelt wurde. Diese andere historische Entwicklung vermag aber nicht darüber hinwegzutäuschen, daß der Empfanger einer nicht angenommenen Anweisung eine Position hat, die der des widerruflich Bezugsberechtigten, der das Forderungsrecht erst mit Eintritt des Versicherungsfalls erhalten soll, durchaus vergleichbar ist: Der Erwerb eines eigenen Forderungsrechts des Anweisungsempfangers kann - ebenso wie bei der widerruflichen Bezugsberechtigung - zunächst durch den Widerruf der Anweisung verhindert werden. Der Anweisende kann - auch wenn er damit dem Anweisungsempfanger gegenüber vertragswidrig handelt die Anweisung widerrufen und so den erhofften Rechtserwerb vereiteln, solange sie nicht angenommen ist (§ 790 BGB). Die Stellung des Anweisungsempfangers entspricht in diesem Punkt der des widerruflich Bezugsberechtigten: Auch die widerrufliche Bezugsberechtigung kann vom Versicherungsnehmer widerrufen werden, sofern der Versicherungsfall und damit der Rechtserwerb noch nicht eingetreten ist. Mit diesem Zeitpunkt endet das Widerrufsrecht (§ 13 Nr. 1 Satz 2 ALB n. F.). Betrachtet man nun das Verhältnis von Anweisungsempfanger und Bezugsberechtigtem gegenüber dem potentiellen Schuldner des Anspruchs, den sie zu erwerben hoffen, so erweist sich die Position des Bezugsberechtigten sogar als die stärkere: Während das Forderungsrecht des Anweisungsempfangers von dem freien Entschluß des Angewiesenen abhängt, die Anweisung anzunehmen auch wenn auf eine bestehende Schuld angewiesen wird, besteht kein Anspruch 157 So bereits die Begründung des Vorentwurfs (S. 4, Nachdruck, S. 590): Neben der Bedeutung der Anweisung als Mittel zur Schuldtilgung komme auch eine Anweisung zum Zweck der Schenkung oder der Einräumung eines Kredits in Betracht. 158 Zur Stellung des Anweisungsempfangers und des Angewiesenen unter besonderer Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte vgI. Wilhelm, AcP 175 (1975), S. 333 ff.

7. Kap.: Abtretung und

204

Bez~gsberechtigung

auf die Annahme der Anweisung (§ 787 Abs. 2 BGB) - , erwirbt der Bezugsberechtigte die Forderung bei Eintritt des Versicherungsfalls von selbst, also unabhängig von einer späteren Entscheidung des Versprechenden. So bleibt als Unterschied zwischen der Position des Anweisungsempfängers und der des Bezugsberechtigten, daß die Anweisung in der Regel auf eine schnellere Abwicklung hin angelegt ist. Der Anweisungsempfänger soll bei planmäßigem Verlauf der Dinge gegen Vorlage der Anweisung die Leistung bekommen, während der Bezugsberechtigte häufig erst in ferner Zukunft in den Genuß der Versicherungssumme kommen wird. Dieser Unterschied liegt aber in der Natur des Versicherungsvertrages und kann eine unterschiedliche Behandlung nicht rechtfertigen: Der Anweisungsempfänger hat vor der Annahme der Anweisung ebensowenig ein eigenes Forderungsrecht 159 gegenüber dem Angewiesenen wie der Bezugsberechtigte vor Eintritt des Versicherungsfalles gegen den Versicherer. Die Protokolle 160 führen aus, es sprächen sowohl namhafte Gründe dafür, daß die nicht angenommene Anweisung als künftige Forderung übertragbar sei, als auch dafür, daß wenigstens die Rechtsposition, welche in dem Anspruch (?!) des Empfangers auf die Annahme und das daraus entstehende Recht liege, übertragen werde könne. Offenbar wurde die Fehlvorstellung, der Anweisungsempfanger habe einen Anspruch auf die Annahme, in den Verhandlungen korrigiert, denn noch im selben Abschnitt wird festgestellt, daß die "charakteristische Eigenthümlichkeit in der Möglichkeit einer Annahme seitens des Angewiesenen liege" 161. Das Problem, ob eine solche Position übertragbar sein kann, wurde gesehen: "Die rechtliche Konstruktion des Anspruchs dessen, dem der Anweisungsempfänger seine(r) Rechte vor der Annahme abgetreten habe, könne dahingestellt bleiben. Es komme wesentlich darauf an, im Gesetze auszusprechen, daß die Stellung des Anweisungsempfangers als ein im Sinne des § 312 übertragbares Recht anzusehen sei." Die vom BGB wegen ihres Vennögenswerts übertragbar ausgestaltete Position des Anweisungsempfängers bei nicht angenommener Anweisung entspricht deshalb der des widerruflich Bezugsberechtigten. (3) Die Vergleichbarkeit des Rechtserwerbs (Die Annahme der Anweisung als einseitiges Versprechen) Die innere Verwandtschaft beider Institute ergibt sich weiter daraus, daß das Forderungsrecht des Anweisungsempfängers - ebenso wie beim Vertrag zugunsten Dritter - ohne rechtsgeschäftliche Mitwirkung des Anspruchsinhabers entsteht. Der Anweisungsempfanger muß aber tatsächlich mitwirken, indem er die Anweisung entgegennimmt. Ohne die Aushändigung wird die Annahme nicht wirksam. Aus dieser tatsächlichen Mitwirkung erklärt sich, daß bei der Anweisung im Gegensatz 159 160 161

Zur Bezugsberechtigung s.o., B I. S. 2361 f., Mugdan, Bd. 2, S. 967. Hervorhebung im Text gesperrt gedruckt.

B. Bezugsberechtigung

205

zum Vertrag zugunsten Dritter kein Zurückweisungsrecht vorgesehen ist. Durch die Entgegennahme hat der Anweisungsempfänger mitgewirkt, so daß kein Bedarf mehr für ein Zurückweisungsrecht besteht. Während dies für den Vertrag zugunsten Dritter nahezu 162 unstreitig ist, herrscht bei der Anweisung ein umfänglicher Meinungsstreit. Der Auffassung, die Annahme der Anweisung sei ein einseitiges Versprechen des Angewiesenen gegenüber dem Anweisungsempfänger, dem bindende Kraft zukomme 163, steht die Meinung gegenüber, die Forderung des Anweisungsempfangers werde durch Vertrag zwischen diesem und dem Angewiesenen begründet 164. Diese letzte Auffassung ist für das Recht der Anweisung l65 nicht haltbar. Bereits der Wortlaut des § 784 Abs. 1 BGB spricht für eine Verpflichtung des Angewiesenen allein durch die Annahmeerklärung. Ein weiteres, entscheidendes Argument findet sich in § 791 BGB. Danach hat der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit bei einem der Beteiligten keinen Einfluß auf die Wirksamkeit der Anweisung. Das bedeutet aber, daß auch derjenige, der nach Aushändigung der Anweisung, aber vor ihrer Annahme geschäftsunfähig wird, das Forderungsrecht durch die Annahme erwerben soll 166. Das wäre aber bei einer vertraglichen Begründung des Forderungsrechts nicht möglich. Allein die Vorstellung, daß die Annahme ein einseitiges, nicht empfangsbedürftiges 167 Versprechen mit bindender Kraft ist, zu dem als Realakt gegebenenfalls die Aushändigung an den Anweisungsempfänger hinzukommen muß (§ 784 Abs. 2 BGB), kann diese Regelung erklären. Demgegenüber vermögen die Argumente der Gegenauffassung nicht zu überzeugen. Zunächst wird behauptet, § 305 BGB zeige, daß in der Regel Verpflichtungen nur durch Vertrag begründet werden könnten 168. Das mag für den Regelfall zutreffen, sagt aber nichts darüber aus, ob nicht bei der Anweisung, ebenso wie beim Vertrag zugunsten Dritter oder bei der Auslobung, eine Ausnahme vorliegt. Weiter wird vorgebracht, § 784 Abs. 2 Satz 2 BGB, der die Aushändigung der Anweisung an den Anweisungsempfanger als Voraussetzung der Wirksamkeit festlegt, zeige, daß der Skripturakt allein nicht ausreiche. Es müsse vielmehr ein Dazu bereits oben, B I. Erman/Hense, 7. Aufl., § 784 Rz.2; MüKo-Vallenthin (1. Aufl.), § 784 Rz.3; Palandt / Thomas, § 784 Anm. 1c; RGRK-Steffen, § 784 Rz. 3. 164 Erman / Hense / Hant!, 8. Aufl., § 784 Rz. 2; Hueck / Canaris, § 4 V 2 (S. 38 f.); Larenz, BT 11, § 67 III (S. 518); MüKo-Hüffer, § 780 Rz. 33; Soergel / Häuser, vor § 783 Rz. 14; Staudinger / Marburger, § 784 Rz. 7; Zöllner, § 8 V 2b (S. 48). 165 Zu dem Meinungsstreit im Wechsel- und Scheckrecht braucht hier keine Stellung bezogen zu werden. 166 So auch ausdrücklich die Motive, S. 567, Mugdan, Bd. 2, S. 317. 167 Sonst würde § 131 Abs. 1 BGB entgegen der Zielsetzung des § 791 BGB den Rechtserwerb unter Umständen verhindern. 168 Soergel / Häuser, vor § 783 Rz. 14; Staudinger / Marburger, § 784 Rz. 7. 162

163

206

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

Begebungsvertrag geschlossen werden 169. Mit der gleichen Berechtigung könnte man behaupten, die zur Übereignung notwendige Übergabe sei ein Vertrag, da § 929 BGB beweise, daß die Einigung nicht ausreiche. Tatsächlich verlangt § 784 BGB - ebenso wie § 929 BGB - lediglich neben der rechtsgeschäftlichen Erklärung einen zusätzlichen Realakt. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dieser Realakt trage wiederum ein Rechtsgeschäft in sich. Als drittes Argument stützt sich diese Ansicht darauf, daß die Vertragstheorie auch im übrigen Wertpapierrecht vorherrsche, so daß sie auch auf das Recht der Anweisung anzuwenden sei 170. Dieses Argument negiert den gravierenden Unterschied zwischen der Anweisung und den Wertpapieren im engeren Sinne, bei denen zur Übertragung des verbrieften Rechts die Eigentumsübertragung hinsichtlich des Wertpapiers erforderlich ist. Die Vertragstheorie fußt aber unter anderem auf diesem dinglichen Vertrag, indem sie die These aufgestellt hat, die schuldrechtliche Verpflichtung sei gesetzliche Folge des Verfügungsgeschäftes 171. Sie trete ein, ohne daß der Wille der Parteien darauf gerichtet zu sein brauche. Genau dieser Vertrag existiert aber bei der Anweisung nicht. Nach § 792 Abs. 1 Satz 3 BGB ist lediglich die Aushändigung, nicht die Übereignung der Anweisung zur Übertragung erforderlich. Deshalb läßt Jakobi die Anweisung ausdrücklich außer Betracht 172. Die Begründung der Vertragstheorie aus dem Wechsel- und Scheckrecht kann also nicht auf das Recht der Anweisung übertragen werden. Weiter behaupten Vertreter der Vertragstheorie, diese entspreche den Vorstellungen des Gesetzgebers 173. Das Gegenteil davon ist richtig. In den Protokollen 174 findet sich zwar der Satz, durch die Annahme werde zwischen dem Angewiesenen und dem, zu dessen Gunsten die Annahme erfolge, ein abstrakter Vertrag geschlossen. Entstehensgrund für diesen Vertrag soll aber eben die Annahme sein, und Vertragspartner soll derjenige sein, zu dessen Gunsten diese Annahme erfolgt. Allein der Wille des Annehmenden entscheidet über den Rechtserwerb des Anweisungsempfängers. Außerdem stammt dieser Satz nicht aus den Protokollen 169 Staudinger / Marburger, § 784 Rz. 7; Zöllner, § 8 V 2b (S. 48); ähnlich auch Soergel/Häuser, vor § 783 Rz. 14. 170 Marburger in Staudinger, § 784 Rz. 7. 171 Jakobi, § 12 (S. 93 f.). Die Rechtsnatur des Begebungsvertrages ist unter den Vertretern der Vertragstheorie umstritten, weil eine Verfügung über das Papier nicht immer notwendig ist, vgl. Baumbach / Hefermehl, Einl. WG RZ.28. Die Verbindung von Eigentumsverschaffung am Papier und Forderungsbegründung war aber seit jeher Ausgangspunkt für den Begebungsvertrag, vgl. nur RG (8.12.1925, II 470/25) RGZ 112, S. 202,204, wo der fehlende Begebungsvertrag in Anlehnung an § 935 Abs. 2 BGB bei gutgläubigem Erwerb für irrelevant erklärt wird. 172 S. 94. Jakobi spricht dort den Fall an, daß die angenommene Anweisung an den geschäftsunfähig gewordenen Anweisungsempfanger ausgehändigt wird. Er .!äßt die Lösung des Falles ausdrücklich offen, da beim Wechsel und beim Scheck die Ubereignung des Papiers erforderlich sei und deshalb der genannte Fall nicht auftauche. 173 Staudinger / Marburger, § 784 Rz. 7. 174 Prot. II, S. 2363, Mugdan Bd. 2, S. 967.

B. Bezugsberechtigung

207

über die Rechtsnatur der Annahme, sondern aus den Verhandlungen über die Übertragbarkeit der Anweisung. In den Protokollen zur Rechtsnatur der Annahme findet sich dagegen die Auffassung, die Kritik gegen die Konzeption der verpflichtenden Kraft des abstrakten ,,Annahmeacceptes" sei zurückzuweisen 175. In den Motiven zu § 607 des ersten Entwurfs heißt es ausdrücklich, diese Vorschrift erkenne die dem Anweisungsempfänger gegenüber abgegebene (einseitige) Annahme als verbindlich an und bestimme ferner, daß in der (einseitigen) Annahmeerklärung stets ein abstraktes Schuldversprechen zu finden sei 176. Die Wurzeln für die innere Verwandtschaft zwischen diesem einseitigen Versprechen mit dem Vertrag zugunsten Dritter liegen bereits in der Vorlage des Redaktors für das Schuldrecht, von Kübel, aus dem Jahre 1877 177 • Die Überschrift zu dieser Vorlage lautete: "Das einseitige Versprechen als Grund der Verpflichtung zur Erfüllung (Auslobung, Versprechen zu Randen Dritter, Inhaberpapiere)". Bei der Auslobung wird das Problem, ob die Position dessen, der die ausgelobte Handlung vollzogen, aber das Recht noch nicht erworben hat, Vermögensbestandteil ist, soweit ersichtlich, nicht diskutiert. Es kann aber vemünftigerweise keinen Zweifel z. B. an der Vererblichkeit geben. Das zeigt sich am Beispiel des Preisausschreibens (im Sinne des BGB): Stirbt ein Bewerber vor der Entscheidung, so können seine Erben den Preis verlangen, wenn er dem verstorbenen Bewerber zugesprochen wurde. Dies scheint so selbstverständlich zu sein, daß Entscheidungen zu dieser Frage nicht vorliegen. Konstruktiv läßt sich aber dies nur begründen, wenn die Chance auf den künftigen Rechtserwerb vererblich ist, sie also zum Vermögen i. S. v. § 1922 BGB gehört. Wie bereits erwähnt, wurde die Anweisung in einem eigenen Entwurf geregelt. Im Gegensatz zu der in dieser Vorlage ausdrücklich erwähnten Inhaberschuldverschreibung wird durch die Annahme der Anweisung nicht nur eine Forderung für den Dritten begründet, sondern es soll durch die Leistung an den Anweisungsempfanger zugleich im Verhältnis zum Anweisenden Erfüllung eintreten, wenn auf eine Schuld angewiesen wurde (§ 787 Abs. 1 BGB). Darin liegt auch der Unterschied der Anweisung zum Vertrag zugunsten Dritter: Bei diesem werden die Verpflichtungen von Versprechendem und Versprechensempfanger im Vertrag vereinbart; die Schuld des Versprechenden gegenüber dem Versprechensempfanger erlischt durch die Leistung an den Dritten, eben weil die Erfüllung an diesen geschuldet war. Anders dagegen bei der Anweisung: Der Angewiesene ist zur Annahme nicht verpflichtet. Wenn er annimmt und erfüllt, so erfüllt er nicht eine Verbindlichkeit gegenüber dem Anweisenden, sondern die durch die Annahme begründete Forderung des Prot. H, S. 2349, Mugdan, Bd. 2, S. 963. S. 560, Mugdan S. 313. In einem Antrag von Planck (Prot. I, S. 1703, Jakobi Schubert, S. 595) hieß es: "Die auf einer schriftlichen Anweisung erfolgte schriftliche Annahmeerklärung desselben gilt als ein nach Maßgabe des § 121 zu Gunsten Dritter geleistetes Versprechen". Der Antrag wurde zurückgezogen, weil die Annahme erst nach der Aushändigung der Anweisung verbindlich werden sollte. Damit war eine Besonderheit des Vertrages zugunsten Dritter, der Rechtserwerb des Dritten ohne dessen Kenntnis, nicht vereinbar. 177 Abgedruckt bei Jakobs I Schubert, Bd. 2, zu §§ 328 - 335 BGB, S. 491 ff. 175

176

208

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung Anweisungsempfangers. Deshalb mußte das BGB die Erfüllungswirkung in § 787 Abs. I eigens regeln.

In § 1 dieses Entwurfes heißt es 178: "Das Versprechen, einem Anderen etwas zu leisten, bedarf zu seiner Verbindlichkeit nicht nothwendig der Annahme von Seiten Dessen, welchem die Leistung geschehen soll; auch durch das einseitige Versprechen wird der Versprechende zu dessen Erfüllung verpflichtet, wenn dies als von ihm gewollt anzunehmen ist". Eben dieser Redaktor hat auch die Vorentwürfe für die Anweisung gefertigt. Dort 179 wird die Verbindung von Annahme der Anweisung und Vertrag zugunsten Dritter bestätigt: "Durch solche Annahme verspricht der Assignant dem Assignatar, die angewiesene Leistung an ihn zu machen und tritt damit in ein selbständiges Schuldverhältnis zu dem Letzteren. Oder kann der Assignat aber durch eine dem Assignanten abgegebene Erklärung eine solche selbständige Verpflichtung gegen den Assignatar übernehmen, da nach den über die sog. Verträge zu Gunsten Dritter getroffenen Bestimmungen das Versprechen der Leistung an einen Dritten auch gegenüber einem Anderen mit der Wirkung abgegeben werden kann, daß dem Dritten dadurch ein selbständiger Anspruch auf die Leistung gegen den Verprechenden erwächst. Daß dies beabsichtigt ist, muß angenommen werden, wenn der Assignat auf die schriftliche Anweisung ein schriftliches Accept setzt; ... ,,180. Der Anweisungsempfänger erwirbt das Recht, die Leistung fordern zu können, ebenso wie der Bezugsberechtigte durch ein einseitiges Versprechen, also ohne eigene rechtsgeschäftliehe Mitwirkung. Die Vertragstheorie entspricht nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers und ist - wie bereits gezeigt - mit dem Wortlaut des Gesetzes jedenfalls für das Recht der Anweisung nicht zu vereinbaren. Wenn aber das BGB eine Rechtsposition, die ohne rechtsgeschäftliche Mitwirkung des Begünstigten entsteht und die bis zu ihrem Entstehen durch Widerruf vernichtet werden kann, gerade wegen ihrer Bedeutung als Vermögensgegenstand für übertragbar erklärt, kann der in dieser Hinsicht vergleichbaren Stellung eines Bezugsberechtigten nicht unter Berufung auf den Vermögensbegriff die Eigenschaft als Vermögensbestandteil versagt werden; im Gegenteil: weil die Anweisung vor der Annahme übertragbar ist, muß auch die vergleichbare Position des 178 A. a. 0., S. 492. In § 2 desselben Entwurfs findet sich dann die Erklärung für die Notwendigkeit der Aushändigung der Anweisungsurkunde: "Will das Versprechen einem Abwesenden gegeben werden, so ist dasselbe für den Versprechenden erst von dem Zeitpunkt verbindlich, zu welchem es dem Abwesenden zugekommen ist". 179 S. 11 der Begründung (Nachdruck der Vorentwürfe, Bd. 3, S. 597). 180 Erinnert sei in diesem Zusammenhang an den bereits erwähnten Antrag Plancks (Prot. I, S. 1703, Jakob / Schubert, S. 59~): "Die auf einer schriftlichen Anweisung erfolgte schriftliche Annahmeerklärung desselben gilt als ein nach Maßgabe des § 121 zu Gunsten Dritter geleistetes Versprechen".

B. Bezugsberechtigung

209

widerruflich Bezugsberechtigten vor dem Rechtserwerb bereits grundsätzlich übertragbar sein 181. Ist sie aber übertragbar, so ist sie auch Vennögensgegenstand. Daran ändert sich nichts, wenn man durch Auslegung der Bezugsberechtigung zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß die Übertragung im Einzelfall ausgeschlossen ist, da auch ein unübertragbarer Vennögensgegenstand zum (zugewinnausgleichspflichtigen) Vennögen gehört, soweit er einen (Nutz-)Wert hat\82. Deshalb ist auch der h. L. zu widersprechen, die meint, wenn der Begünstigte vorversterbe, erwerbe er das Recht nicht, so daß es nach § 168 VVG an den Versicherungsnehmer zurückfalle. Diese formalistische Betrachtung ist abzulehnen. Wenn in einer gesetzlichen Regelung ein Beteiligter durch seine Funktion innerhalb des Rechtsgeschäfts bezeichnet wird, so sind in der Regel auch dessen Rechtsnachfolger gemeint. Sonst könnten die Erben eines Verkäufers den Kaufpreis trotz § 1922 BGB nicht verlangen, da sie nicht der "Verkäufer" wären, an den gern. § 433 Abs. 2 BGB der Kaufpreis zu bezahlen ist. Richtigerweise handelt es sich um ein Problem der Auslegung der Bezugsberechtigung 183. Bei der unwiderruflichen Bezugsberechtigung ist dies ebenso anerkannt wie bei Vertragsofferten, die sich an den Erblasser richten. In diesen Fällen ist zu ermitteln, ob der Wille des Erklärenden auch die Begünstigung der Erben umfaßte. 184

(c) Die Inkonsequenz der herrschenden Lehre Neben dieser eher fonnalen Begründung gibt es auch materielle Gründe, aus denen die Zugehörigkeit der widerruflichen Bezugsberechtigung zum Vennögen des Bezugsberechtigten folgt: Auch nach der herrschenden Lehre 185 ist es möglich, die widerrufliche Bezugsberechtigung abzutreten, jedoch nur mit der Maßgabe, daß die Abtretung erst mit Eintritt des Versicherungsfalls wirksam wird. Es ist aber inkonsequent, eine derartige Abtretbarkeit der Bezugsberechtigung anzunehmen, ohne diese als Vennögensgegenstand anzuerkennen: Wird eine solche Abtretung aufgrund eines unwirksamen Rechtsgeschäfts erklärt, so könnte nach 181 So im Ergebnis auch Niewisch, S. 31. Auch Erman / Westermann, § 331 BGB Rz. 2, begründen die Abtretbarkeit der Bezugsberechtigung mit der Übertragbarkeit zukünftiger Rechte. Etwas unklar Boll, S. 25: Bezugsberechtigung ist als künftige Forderung Vermögensgegenstand; andererseits aber S. 48, wo er hinsichtlich der Konkursanfechtung einen gegenüber der Zwangsvollstreckung erweiterten Vermögensbegriff vertritt und offenbar die Bezugsberechtigung nicht der Zwangsvollstreckung unterwerfen möchte. A. A. Hellwig (S. 102), der die Übertragbarkeit der Anweisung als Besonderheit gegenüber dem Vertrag zugunsten Dritter ansieht. 182 Dazu bereits oben (5. Kapitel) im Zusammenhang mit der Frage, ob die mangelnde Realisierbarkeit eines Vermögens wertes seine Bewertung ausschließt. 183 So auch Koenig, ZVersWiss Bd. 6, S. 645 (der in der Regel zur Unvererblichkeit kommt). 184 Ähnlich bereits RG (17.3.1908, VII 179/07) RGZ 67, S. 425, 427 f., zu der Frage, ob ein Vermächtnis, das erst nach dem Tod des Erben erfüllt werden soll, unter der Bedingung steht, daß der Vermächtnisnehmer den Erben überlebt. Dort wird auch ausgeführt, daß die Bedingung, den Erbfall zu erleben, die Abtretbarkeit und die Pflindbarkeit der bedingten Forderung nicht berührt, a. a. 0., S. 428 f. 185 Vgl. die Nachweise oben, B III a 1.

14 Voit

210

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

der herrschenden Lehre ein Bereicherungsausgleich vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht stattfinden: der Zessionar hätte trotz der Zession (noch) nichts erlangt. Kann aber der ursprünglich Bezugsberechtigte die Position, die er durch die Abtretung übertragen hat, nicht zurückfordern, so kann er auch nicht verhindern, daß der Zessionar bei Eintritt des Versicherungsfalls den Anspruch auf die Versicherungssumme erwirbt. Nach der herrschenden Lehre könnte erst in diesem Zeitpunkt der Rückforderungsanspruch des Zedenten entstehen. Eine wirklich sinnvolle Rückabwicklung durch Rückabtretung oder Aufhebung der ursprünglichen Zession ist aber nur möglich, wenn man die Position des Abtretungsempfängers einer widerruflichen Bezugsberechtigung als "etwas" im Sinne des Bereicherungsrechts ansieht. Dann muß diese aber auch Vermögensgegenstand sein.

(d) Zwischenergebnis Wie sich herausgestellt hat, kann der Argumentation, die widerrufliche Bezugsberechtigung sei kein Vermögens gegenstand und unterliege deshalb nicht dem Zugewinnausgleich, nicht gefolgt werden. Ob das Recht im Sinne des § 328 Abs. 2 BGB bereits erworben wurde, hat nichts damit zu tun, ob das Vorstadium zu diesem Rechtserwerb bereits Vermögensgegenstand ist. Auch die widerrufliche Bezugsberechtigung gehört zum Endvermögen und ist, sofern sie einen Wert hat, ausgleichspflichtig. 2. Der Ausgleich der widerruflichen Bezugsberechtigung im Endvermögen des Bezugsberechtigten

Wird die Versicherung fortgeführt, ohne daß die Bezugsberechtigung widerrufen wird, so bekommt der Bezugsberechtigte nach Eintritt des Versicherungsfalls die Versicherungssumme. Seine Stellung entspricht - unter den genannten Voraussetzungen - der des Zessionars oder des unwiderruflich Bezugsberechtigten.

(a) Schuldrechtliche Sicherung des Bezugsberechtigten (insbesondere bei betrieblichen Direktversicherungen) Der Fortführungswert der widerruflichen Bezugsberechtigung wäre nur dann anzusetzen, wenn der Bezugsberechtigte über die Fortführung allein entscheiden könnte, der Versicherungsnehmer also die Versicherung nicht kündigen könnte, oder wenn ihm für den Fall der Kündigung oder des Widerrufs der Bezugsberechtigung durch den Versicherungsnehmer Schadensersatzansprüche gegen diesen auf Wiederherstellung der Bezugsberechtigung oder auf Ersatz der Wertdifferenz zwischen Fortführungswert und Liquidationswert zuständen 186. 186 Zu diesen Voraussetzungen einer Bewertung nach dem Fortführungswert bereits oben, 7. Kapitel B II a 1.

B. Bezugsberechtigung

211

Die Möglichkeit, allein über die Fortführung der Versicherung entscheiden zu können, scheidet von vornherein aus, da das Kündigungsrecht nicht auf den Bezugsberechtigten übertragen werden kann 187. Auch der Ausschluß der Widerruflichkeit kann bei der widerruflichen Bezugsberechtigung nur im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigtem, nicht aber im Verhältnis zum Versicherer vereinbart werden, da sonst die Bezugsberechtigung ihren Charakter als widerrufliche Bezugsberechtigung verliert und zu einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung wird 188. Sowohl der Ausschluß der Kündigung der Versicherung als auch das Verbot eines Widerrufs der Bezugsberechtigung kann aber zwischen Bezugsberechtigtem und Versicherungsnehmer vereinbart werden 189. Besteht eine solche Vereinbarung und ist der Versicherungsnehmer solvent, somuß der Anspruch des Bezugsberechtigten denselben Wert haben wie der eines Versicherungsnehmers ohne Benennung eines Bezugsberechtigten. Da die Kündigung der Versicherung durch den Bezugsberechtigten ausgeschlossen ist und damit die Fortführung der Versicherung feststeht, wäre also - nach den bisher entwickelten Grundsätzen das Nettodeckungskapital als Mindestwert anzusetzen. Weicht der Gesundheitszustand des Versicherten von dem des Durchschnitts negativ ab, so wäre der Wert nach der Prämiendifferenzmethode zu ermitteln, gegebenenfalls müßte die Versicherung real geteilt werden. (1) Problemstellung: fehlende Realisierbarkeit Dieses Ergebnis erweckt Zweifel, weil der schuldrechtlich gesicherte, aber widerruflich benannte Bezugsberechtigte die Versicherung weder beleihen noch zurückkaufen kann. Die fehlende Realisierbarkeit hindert zwar die Bewertung grundsätzlich nicht 190; die Pflicht zum sofortigen Ausgleich eines nicht oder jedenfalls nicht sofort realisierbaren Vermögens wertes kann aber nur damit begründet werden, der ausgleichspflichtige Ehegatte habe allein über diese lange Kapitalbindung entschieden, indem er den Vermögens gegenstand angeschafft hat 191. Diese Begründung erweist sich bei der widerruflichen, aber schuldrechtlich gesicherten Bezugsberechtigung als nicht unproblematisch: Will jemand entgeltlich einen Anspruch aus der Lebensversicherung eines Dritten erwerben, so läßt er sich entweder den Anspruch abtreten oder zumindest 187 Dazu bereits oben, 7. Kapitel B II a I (a). Hier, statt aller: Prölss / Martin, § 165 Anm.1. 188 Zur Bewertung der unwiderruflichen Bezugsberechtigung bereits oben, 7. Kapitel B II. 189 Vgl. RG (24.11.1933, VII 242/33) RGZ 142, S. 410, 416 f.; Staudinger / Kaduk, § 330 Rz. 42. 190 Vgl. oben, 5. Kapitel A II. 191 Vgl. oben, 5. Kapitel A H, zum Ausgleich des über dem Rückkaufswert liegenden Fortführungswertes.

14*

212

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

eine unwiderrufliche Bezugsberechtigung einräumen; für ihn wäre es riskant und deshalb sinnlos, dem Versicherungsnehmer die Widerrufsmöglichkeit zu belassen. Bei entgeltlichem Erwerb der Rechte aus einem Versicherungsvertrag wird es deshalb eine widerrufliche Bezugsberechtigung nicht geben 192. Dagegen kommt sie sehr häufig bei schenkweisem oder zunächst rechtsgrundlosem Erwerb vor. In diesen Fällen will der Versicherungsnehmer, der eine lediglich widerrufliche Bezugsberechtigung erteilt hat, aber auch im Verhältnis zu dem Begünstigten nicht auf diese Widerrufsmöglichkeit verzichten. Nach herrschender Lehre soll Vollzug der Schenkung einer widerruflichen Bezugsberechtigung erst mit dem Erwerb des Anspruchs durch den Begünstigten eintreten 193. Das erscheint zweifelhaft, da bereits in der Bezeichnung als widerruflich Bezugsberechtigter die Vermögensverschiebung liegt und mehr als die Einräumung einer widerruflichen Bezugsberechtigung in dem (formunwirksamen) Schenkungsvertrag regelmäßig nicht versprochen sein wird. Der wohl einzig relevante Fall, in dem eine derart gesicherte Bezugsberechtigung im Zugewinnausgleich zu bewerten ist, besteht deshalb in einer Form der betrieblichen Altersversorgung, der betrieblichen Direktversicherung, falls diese nicht auf Rentenleistungen gerichtet ist und deshalb ohnehin dem Versorgungsausgleich unterliegt 194. Die betriebliche Direktversicherung wird vom Arbeitgeber in Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Versorgungszusage auf das Leben des Arbeitnehmers abgeschlossen 195. Der Arbeitnehmer bzw. seine Hinterbliebenen werden als Bezugsberechtigte benannt, wobei die Bezugsberechtigung häufig widerruflich erteilt wird, da die Versorgungszusage nur Bestand haben soll, wenn der Arbeitnehmer eine gewisse Zeit bei dem Arbeitgeber gearbeitet hat und deshalb die sogenannte Unverfallbarkeit der Versorgung eingetreten ist. Von dem Zeitpunkt der Unverfallbarkeit an darf der Arbeitgeber die Bezugsberechtigung nicht mehr widerrufen (§ 1 BetrA VG) 196. 192 Ein Sonderfall lag der Entscheidung BGH (25.4.1975, IV ZR 63/74) VersR 1975, S. 706 f., zugrunde: Der Versicherungsnehmer hatte sich zur Erteilung einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung verpflichtet, diese Verpflichtung aber nicht erfüllt. In diesem Fall ist - bei wirksamer Verpflichtung, an der es dort aber fehlte - im Zugewinnausgleich der Anspruch auf Einräumung der unwiderruflichen Bezugsberechtigung zu bewerten. In der Regel wird dieser Anspruch den Wert der Bezugsberechtigung selbst besitzen. 193 Bruck / Möller / Winter, H 168; Prölss / Martin, § 15 ALB a. F. Anm. 5. 194 Zur Abgrenzung von Versorgungs- und Zugewinnausgeich bei Direktversicherungen ausführlich oben, 1. Kapitel B 11 b 5. 195 Darin liegt der Unterschied zu einer Lebensversicherung, die der Arbeitnehmer abschließt, deren Prämien aber vom Arbeitgeber gezahlt werden (z. B. im Rahmen vermögenswirksamer Leistungen nach dem 5. VermBG). 196 Ein Verstoß gegen das Widerrufsverbot führt zur Schadensersatzpflicht in Form der Wiederherstellung der widerruflichen Bezugsberechtigung, BAG (28.7. 1987, 3 AZR 694/85) DB 1988, S. 507; unklar MüKo-Gottwald, § 330Rz. 8, der meint, das Widerrufsrecht sei eingeschränkt.

B. Bezugsberechtigung

213

Gerade auf die betriebliche Direktversicherung trifft aber die Argumentation, der Ausgleichspflichtige habe sich die lange Kapitalbindung selbst zuzuschreiben und müsse deshalb die Nachteile allein tragen, nicht zu. Der Arbeitnehmer hat keinen Einfluß auf die betriebliche Altersversorgung. Er hat in aller Regel nicht die Möglichkeit, an ihrer Stelle einen entsprechend erhöhten Barlohn zu verlangen. Es ist deshalb sachlich nicht zu rechtfertigen, ihn in Höhe der Hälfte des Wertes der Versicherung sofort ausgleichspflichtig werden zu lassen, obwohl er selbst diesen Wert erst sehr viel später realisieren kann: Da - wie ausgeführt 197 - der Arbeitnehmer die Bezugsberechtigung weder beleihen noch zurückkaufen kann, wäre er - falls er den höheren Zugewinn erzielt hat - gezwungen, aus seinen anderweitigen Barmitteln del'\halben Wert der Versicherung aufzubringen. Eben diese Konsequenz veranlaßte das Bundesverfassungsgericht 198, § 1587b Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz BGB für verfassungswidrig zu erklären. Diese Bestimmung, die unter anderem 199 auf Versorgungen aus privaten Versicherungen und betrieblichen Direktversicherungen Anwendung fand, sah vor, daß durch Bareinzahlung eine entsprechende Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden mußte. Das Bundesverfassungsgericht hielt die Bareinzahlungspflicht für unverhältnismäßig, da die Realteilung der Versicherung die Möglichkeit biete, die Versorgung auszugleichen, ohne den Ehegatten einer so schwerwiegenden finanziellen Belastung auszusetzen 200. Die Rechtslage bei betrieblicher Direktversicherung auf Kapitalbasis unterscheidet sich von derjenigen bei Direktversicherungen auf Rentenbasis in dieser Hinsicht kaum: Der Barausgleich derartiger Versicherungen erfordert ein erhebliches aktuelles Vermögensopfer, und eine vorzeitige Realisierung des Vermögenswertes ist - wie auch bei der gesetzlichen oder privaten Rentenversicherung 201 und im Gegensatz zu anderen Kapitallebensversicherungen - nicht möglich. Der Barausgleich unterliegt deshalb denselben Bedenken, die das Bundesverfassungsgericht gegen § 1587b Abs. 3 Satz 1 BGB geäußert hat: angesichts der Schwere der Belastung ist von Verfassungs wegen eine Form des Ausgleichs vorzugswürdig, die ohne Barausgleichspflicht auskommt.

S. 314. BVerfG (27.1.1983, 1 BvR 1008/79 u. a.) BGBI. 1983 I, S. 375, BVerfGE 63, S. 88 ff. = FamRZ 1983, S. 342 ff. = NJW 1983, S. 1417 ff. 199 Neben diesen Fällen wurden von § 1587b Abs. 3 Satz 1 BGB insbesondere noch die berufsständischen Versorgungen, die Abgeordnetenversorgungen und die Altershilfe für Landwirte erfaßt. 200 BVerfG, a. a. O. (BVerfGE 63), S. 115 ff. 201 Ausnahme ist die Erlebensfallversicherung auf Rentenbasis, die aber nur sehr begrenzt rückkaufsfähig ist, da sonst in den letzten Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls die Versicherungen auf das Leben von Versicherten mit sehr schlechtem Gesundheitszustand gekündigt würden (Antiselektion), um so den im Vergleich zu einer Rentenleistung höheren Rückkaufswert zu erhalten. 197 198

214

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung (2) Lösungsmöglichkeiten

(aa) Stundung gemäß § 1382 BGB

Ob dazu die Stundung der Ausgleichsforderung nach § 1382 BGB ausreicht, erscheint fraglich. Sie genügt, wenn die Direktversicherung der einzige Vermögensgegenstand der Eheleute ist. Als Ausgleichsforderung ergibt sich dann ein Anspruch auf die Hälfte des Wertes der Versicherung. Wenn dieser bis zum Tod des Versicherten, längstens aber bis zum Erlebensfall gestundet würde, so wären die Interessen zutreffend ausgeglichen. Der Bezugsberechtigte brauchte keine anderen Vermögenswerte zu opfern, die langfristige Kapitalbindung durch die Versicherung beeinträchtigte ihn im Zugewinnausgleich nicht. Der andere Ehegatte wäre zunächst gesichert, da der Bezugsberechtigte die Forderung aus der Direktversicherung vor Eintritt des Versicherungsfalls und damit vor dem Ende der Stundung nicht verwerten kann. Probleme könnten zwar auftauchen, sobald der Versicherungsfall eintritt, da dann andere Gläubiger des Bezugsberechtigten Zugriff auf die Versicherungssumme nehmen und so den endgültigen Zugewinnausgleich verhindern könnten. Dem könnte aber durch die Anordnung einer Sicherheitsleistung Rechnung getragen werden (§ 1382 Abs. 3 BGB). Die Sicherheitsleistung müßte, wollte man nicht den Sinn der Stundung konterkarieren, ohne Beeinträchtigung der Barmittel des Ausgleichsschuldners erbracht werden. Bei der betrieblichen Direktversicherung böte sich dazu eine Sicherungszession an. Ihre Höhe müßte der Hälfte des Nettodeckungskapitals am Stichtag zuzüglich einer marktangemessenen Verzinsung entsprechen (§ 1382 Abs. 2 BGB). Diese Lösung muß aber versagen, wenn die Direktversicherung - wie in aller Regel - nicht der einzige Vermögensgegenstand der Eheleute ist. Besonders deutlich wird das, wenn der Ehegatte, der den höheren Zugewinn erzielt hat, nicht der Versicherte und Bezugsberechtigte der Direktversicherung ist. Er ist dann nicht mehr Schuldner der Ausgleichsforderung, sondern deren Gläubiger, so daß § 1382 BGB nicht anwendbar ist. Die Direktversicherung wirkt sich aber auch bei ihm aus, da sich seine Ausgleichsforderung entsprechend verringert. Die mangelnde Realisierbarkeit der Direktversicherung (auf deren Abschluß der Betroffene regelmäßig keinen Einfluß hatte) wird dadurch nicht auf beide Ehegatten verteilt, sondern sie belastet einseitig den Bezugsberechtigten. Ähnlich ist die Situation, wenn der Bezugsberechtigte zwar den höheren Zugewinn erzielt hat, also Schuldner der Ausgleichsforderung ist, er aber andere Vermögensgegenstände hat, um die Ausgleichsforderung zu erfüllen. Auch in diesem Fall scheidet eine Stundung der Ausgleichsforderung aus, so daß der Bezugsberechtigte im Ergebnis wieder allein durch die fehlende Verwertbarkeit der betrieblichen Direktversicherung belastet wird.

B. Bezugsberechtigung

215

(bb) Realteilung Eine interessengerechte Lösung muß deshalb - unabhängig davon, wer den höheren Zugewinn erzielt hat - darin bestehen, beide Ehegatten erst mit Eintritt des Versicherungsfalls an der Geldleistung teilhaben zu lassen, also in einer Realteilung. Für diese Lösung spricht vor allem die Harmonisierung mit den Regelungen des Versorgungsausgleichs. Dem Versorgungsausgleich unterliegen gerade solche Anwartschaften, die nicht vorzeitig realisierbar sind. Bei diesen nicht realisierbaren Ansprüchen ist bereits die Realteilung gesetzlich vorgesehen, so daß auch im Zugewinnausgleich eine Realteilung der betrieblichen Direktversicherung einem Barausgleich vorzuziehen ist. Schwierigkeiten ergeben sich bei der Realteilung der betrieblichen Direktversicherung zunächst aus dem Verbot ihrer Abtretung (§ 2 BetrAVG). Dieses Verbot, das seinem Wortlaut nach ohnehin eine Abtretung der Bezugsberechtigung nicht umfaßt, müßte darüberhinaus aber entsprechend eingeschränkt ausgelegt werden. Sein Sinn besteht darin, die Anwartschaft des Arbeitnehmers für den Versorgungsfall zu sichern. Es soll verhindern, daß der Arbeitnehmer vor diesem Zeitpunkt den Vermögens wert realisiert und deshalb seinen späteren Versorgungsbedarf nicht decken kann. Durch eine Realteilung im Zugewinnausgleich wird der Schutzbereich des Abtretungsverbotes nicht beeinträchtigt. Der Arbeitnehmer steht durch die mit der Realteilung verbundene Abtretung nicht schlechter als ein Arbeitnehmer, dem eine betriebliche Direktversicherung auf Rentenbasis zugesagt wurde, die nach § 1 VAHRG ebenfalls real geteilt wird. Die Realteilung im Versorgungsausgleich ist aber gerade auch im Hinblick auf betriebliche Direktversicherungen eingeführt worden 202, so daß das Abtretungsverbot dort keine Anwendung finden kann 203. Die Interessen des anderen Ehegatten an einem adäquaten Ausgleich gehen denen an der Erhaltung der Anwartschaft in voller Höhe vor; diese Wertung gilt aber bei der Realteilung im Rahmen des Zugewinnausgleichs ebenso wie im Versorgungsausgleich. Weitere Probleme bei der Realteilung der betrieblichen Direktversicherung ergeben sich bei der Frage, wie die künftige Prämienverbindlichkeit auszugleichen ist. Obwohl der Arbeitgeber Prämienschuldner ist, ist nicht zu verkennen, daß die Versorgungszusage Teil der arbeitsvertraglichen Entgeltvereinbarung ist. Dabei sind verschiedene Möglichkeiten zu unterscheiden: Wenn die Beiträge durch Gehaltsumwandlungen finanziert werden, wird regelmäßig ein unwiderrufliches Bezugsrecht vereinbart 204, das nach den oben ausgeführten Grundsätzen zu bewerten ist. Wurde die Direktversicherung als zusätzliche Leistung zugesagt, so ist sie bei wirtschaftlicher Betrachtung ebenfalls Lohnbestandteil 205 • Dadurch wird sie keinesDazu bereits soeben. Vg!. MüKo-Maier, § 1 VAHRG, Rz.35; Soergel/Zimmermann, § 1 VAHRG, Rz. 19, 21. 204 Vg!. Benkel / Hirschberg, Ein!. Rz. 192. 205 Vg!. Höfer / Abt, ArbGr. Rz. 20. 202 203

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

216

wegs zugewinnausgleichsfrei. Wenn die h. L. ausführt, nicht fällige Ansprüche auf Arbeitsentgelt unterlägen nicht dem Zugewinnausgleich 206 , so bezieht sich dies selbstverständlich nicht auf Ansprüche aus betrieblichen Direktversicherungen, die während der Dauer der Zugewinngemeinschaft bereits erworben wurden. Sinn der genannten Ausnahme ist es, das Arbeitsentgelt, das für Arbeit nach dem Bewertungsstichtag gezahlt wird, nicht über die Bewertung des bereits am Stichtag begründeten Lohnanspruchs in den Zugewinnausgleich einzubeziehen. Dieser Gedanke trifft aber auf die bereits erarbeiteten Ansprüche aus der Direktversicherung ebensowenig zu wie auf andere Vermögensgegenstände, die mittels des Arbeitsentgeltes angeschafft wurden. Anderes gilt aber für die erst durch Arbeit nach dem Stichtag erworbenen Versorgungsansprüche.

Die Übernahme der Prämienverbindlichkeit durch den anderen Ehegatten darf deshalb nicht dem Arbeitgeber, sondern muß dem Arbeitnehmer zugute kommen. Ein Ausgleich durch eine Lohnerhöhung, weil die Prämienverbindlichkeit zum Teil durch den anderen Ehegatten übernommen wird, scheidet aus, da der Arbeitgeber in den Zugewinnausgleich nicht miteinbezogen werden kann. Die Realteilung der Prämienverbindlichkeit muß deshalb durch Erstattung der Prämienanteile an den Arbeitnehmer direkt erfolgen. Endet das Arbeitsverhältnis vorzeitig, so ist zu unterscheiden: Wählt der Arbeitgeber die Lösung über § 2 BetrAVG, indem er dem Bezugsberechtigten die Stellung eines Versicherungsnehmers einräumt, so muß die Abtretung der Bezugsberechtigung dazu führen, daß der Bezugsberechtigte jetzt hälftig an dem Versicherungsanspruch beteiligt ist. Er kann diesen Teilanspruch selbständig fortführen. Wählt der Arbeitgeber diese Lösung nicht, so richtet sich der Anspruch aus der Versorgungszusage gegen ihn, ohne daß der Arbeitnehmer die Versicherung fortführen und durch weitere Prämienzahlungen im Wert steigern kann. In diesem Fall reduziert sich die Versicherungssumme (§ 1 BetrA VG), weil die Prämienzahlung des Arbeitgebers endet. Damit endet auch die Prämienerstattungspflicht des anderen Ehegatten.

Da bei Verzug mit dieser Erstattung eine Kündigung der (Teil-)Bezugsberechtigung, die abgetreten wurde, nicht möglich ist und deshalb der Verzug mit der Erstattung der entsprechenden Prämienanteile keine Auswirkungen auf den Bestand der abgetretenen Bezugsberechtigung hat 207, muß bereits bei der Realteilung eine Regelung für diesen Fall getroffen werden. Sinnvollerweise wird man dann den säumigen Ehegatten auf das Nettodeckungskapital zur Zeit des Prämienverzuges 208 verweisen. Dazu wird die Abtretung der Bezugsberechtigung auflösend Vgl. MüKo-Gemhuber, § 1375 Rz. 11. Bei der Realteilung durch Abtretung des Versicherungsanspruchs berechtigt der Prämienverzug eines der Ehegatten den Versicherer zu einer entsprechenden Teilkündigung, ohne daß der andere Ehegatte belastet wird. Hier treffen dagegen die Verzugsfolgen den Ehegatten, der über seine Arbeitsleistung die betriebliche Direktversicherung finanziert, obwohl die Versicherungsleistung zum Teil dem anderen Ehegatten zugute kommen wird. 208 Der Zessionar hat durch die anteilige Erstattung der Prämien wirtschaftlich an der Erhöhung des Nettodeckungskapitals nach dem Stichtag mitgewirkt, so daß auf den Zeitpunkt abzustellen ist, an dem die Prämienerstattung eingestellt wurde. 206

207

B. Bezugsberechtigung

217

bedingt durch Prämienverzug mit Fristsetzung vereinbart; im Fall, daß die Abtretung entfällt, kann der andere Ehegatte Teilabtretung des Anspruchs auf die Versicherungssumme in Höhe der Hälfte des dann bestehenden Nettodeckungskapitals verlangen. Diese komplizierte Form der Realteilung ist aber nur erforderlich, wenn nach den oben 209 entwickelten Grundsätzen die Bewertung anhand der Prämiendifferenzmethode nicht möglich ist; läßt sich der Wert der Bezugsberechtigung dagegen ermitteln, so kann die Versicherung durch Abtretung der Bezugsberechtigung 210 in Höhe dieses Wertes 211 (also nicht durch hälftige Aufteilung) ausgeglichen werden. Aus den bereits genannten Gründen 212 muß es auch hier - obwohl eine Bewertung möglich ist - bei der Realteilung bleiben. Da die Ehegatten aber selbst nicht Prämienschuldner sind, bestehen die bei der Realteilung des Versicherungsanspruchs im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers 213 vorgebrachten Bedenken gegen eine Teilung des Anspruchs, bei der in Höhe eines bestimmten Betrages abgetreten, aber nicht hälftig geteilt wird, hier nicht. Beide Teilansprüche werden auch ohne hälftige Teilung vollständig getrennt, da Prämienverzug eines der Ehegatten nicht zu befürchten ist. Prämienschuldner ist der Arbeitgeber. Kündigt der Versicherer wegen dessen Prämienverzugs, so hat jeder Ehegatte einen eigenen Anspruch auf Schadensersatz. Die Übernahme der anteiligen Prämienverbindlichkeit ist bei dieser Form der Realteilung nicht erforderlich, da die künftige Prämienzahlung den Wert der zedierten Bezugsberechtigung (die sich auf einen bestimmten Betrag beschränkt) nicht mehr erhöht. Bei dieser Lösung wird die Möglichkeit eines vertragswidrigen Widerrufs der Bezugsberechtigung durch den Arbeitgeber nicht berücksichtigt; solange aber der Arbeitgeber solvent ist, kompensieren die - mitabgetretenen - Schadensersatzansprüche den Wertverlust durch die Möglichkeit des vertragswidrigen Widerrufs oder der vertragswidrigen Kündigung. Die Solvenz des Arbeitgebers kann unterstellt werden, da bei Insolvenz der Pensionssicherungsverein in dessen Verpflichtung eintritt (§§ 7 ff. BetrAVG). Durch diese Realteilung wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Ausgleich, der die Eigenart der Versorgung beibehält und der nicht zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung führt, Rechnung getragen. Sie harmonisiert die Regelungen des Zugewinnausgleichs mit denen des Versorgungsausgleichs, ohne die Unterschiede zwischen Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen zu verwischen. Die Realteilung kann bei der betrieblichen Direktversicherung in Fortentwicklung der Grundsätze des Zugewinnausgleichs Dazu ausführlich im 6. Kapitel. Der Anspruch gegen den Arbeitgeber, die Versicherung aufrechtzuerhalten, muß dabei mitabgetreten werden. 211 Zuzüglich einer angemessenen Verzinsung, vgl. § 1382 Abs. 2 BGB. 212 Unter (1). 213 6. Kapitel Alb 2 (b) (2) (bb) (bbb) und (ccc). 209 210

218

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

und unter Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben bereits nach geltendem Recht durchgesetzt werden.

(b) Schuldrechtliche Sicherung gegen Widerruf der Bezugsberechtigung, nicht aber gegen Kündigung der Versicherung Wenn im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigtem der Widerruf der Bezugsberechtigung, nicht aber die Kündigung der Versicherung ausgeschlossen ist, so bemißt sich der Wert der Bezugsberechtigung nach dem Rückkaufswert der Versicherung. Im Falle einer Kündigung steht dieser dem widerruflich Bezugsberechtigten zu, sofern die Bezugsberechtigung nicht widerrufen wird. Da aber ein Widerruf abredewidrig wäre, kompensiert der dann entstehende Schadensersatzanspruch im Ergebnis 214 die vertragswidrige Widerrufsmöglichkeit.

(c) Schuldrechtlich nicht gesicherte Bezugsberechtigung Die schuldrechtlich nicht gesicherte widerrufliche Bezugsberechtigung ist zwar ein Vermögensgegenstand; sie hat aber in aller Regel keinen Wert. Der Versicherungsnehmer kann sie jederzeit widerrufen, ohne daß der Bezugsberechtigte Ersatz beanspruchen kann. Ein Vermögensbestandteil, auf dessen Fortbestand der Bezugsberechtigte keinen Einfluß hat und bei dessen Entzug keine Schadensersatzansprüche entstehen, kann sich nicht zugewinnerhöhend auswirken 2J5. 3. Die schuldrechtlich gesicherte Bezugsberechtigung im Anfangsvermögen des widerruflich Bezugsberechtigten

Bestand schon zu Beginn der Zugewinngemeinschaft eine schuldrechtlich gesicherte Bezugsberechtigung, so wäre ihr Wert nach den oben genannten Grundsätzen auch im Anfangsvermögen zu berücksichtigen. Wenn aber die Bezugsberechtigung 216 real geteilt wird 2J7, darf sie im Anfangsvermögen nicht angesetzt werden, weil sonst der Bezugsberechtigte bevorzugt würde: Setzt man für die Bezugsberechtigung im Anfangsvermögen einen Aktivposten, dagegen im 214 Eine genaue Bewertung müßte die Widerrufsmöglichkeit durch einen Abschlag vom vollen Wert der Bezugsberechtigung und den Schadensersatzanspruch in Höhe eben dieses Abschlags berücksichtigen. 215 Falls der widerruflichen Bezugsberechtigung ein Rechtsgrund fehlt, entfällt die Bewertung ohnehin, da ihr ein entsprechender Rückforderungsanspruch gegenübersteht, dazu bereits oben, 7. Kapitel B 11 a 1 (c). 216 Das setzt voraus, daß der Versicherungsfall während der Dauer der Zugewinngemeinschaft nicht eingetreten ist. Andernfalls wird die Versicherungssumme - soweit noch vorhanden - im Endvermögen berücksichtigt. Eine Bezugsberechtigung besteht dann am Bewertungsstichtag nicht mehr. 217 Dazu soeben.

B. Bezugsberechtigung

219

Endvennögen wegen der Realteilung der Bezugsberechtigung keinen entsprechenden Posten an, so vennindert der Wert der Bezugsberechtigung im Anfangsvennögen den Zugewinn, den der bezugsberechtigte Ehegatte erzielt hat. D. h., der Zugewinn des Bezugsberechtigten wäre ohne die Bezugsberechtigung höher als mit ihr. Diese Lösung wäre unangemessen: der andere Ehegatte würde benachteiligt, weil sich der Zugewinn des Bezugsberechtigten verringerte, ohne daß der andere Ehegatte den Wert, den er als Ausgleich bekäme - also den Anteil an der ganzen Bezugsberechtigung, nicht nur an dem während der Dauer der Zugewinngemeinschaft erwirtschafteten Teil - , beleihen oder realisieren könnte 218 • Die fehlende Realisierbarkeit der Bezugsberechtigung, die bereits zum Anfangsvermögen des einen Ehegatten gehörte, würde so zu Unrecht gleichmäßig auf beide Ehegatten verteilt. Deshalb muß sich die Realteilung einer Direktversicherung, die bereits im Anfangsvennögen des Bezugsberechtigten vorhanden war, auf den Wertzuwachs während der Dauer der Zugewinngemeinschaft beschränken und auf die Bewertung im Anfangsvennögen verzichten.

(a) Durchschnittlicher Gesundheitszustand des Versicherten Entsprach der Gesundheitszustand des Versicherten zu Beginn der Zugewinngemeinschaft dem des Durchschnitts und entspricht er ihm auch noch bei ihrer Beendigung, so löst sich das Problem, indem bei der Realteilung der Versicherung die Abtretung der Bezugsberechtigung auf die Hälfte des Nettodeckungskapitalzuwachses während der Dauer der Zugewinngemeinschaft beschränkt wird und die Bezugsberechtigung im Anfangsvennögen und Endvennögen außer Betracht bleibt 219 •

(b) Abweichender Gesundheitszustand des Versicherten Weicht der Gesundheitszustand des Versicherten zwar negativ von dem des Durchschnitts ab, kann aber der Wert der Versicherung im End- und Anfangsvermögen des Bezugsberechtigten mittels der Prämiendifferenzmethode bestimmt werden, so beschränkt sich die Abtretung der Bezugsberechtigung bei der Realteilung der Versicherung auf die Hälfte der ennittelten Wertdifferenz zwischen End- und Anfangsvennögen. Das gleiche gilt, wenn der negativ abweichende Gesundheitszustand erst bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft besteht und der Wert der Versicherung an diesem Stichtag bestimmbar ist. Darin liegt der Unterschied zur Realteilung des Versicherungsanspruchs selbst. Es ist also das Nettodeckungskapital am Anfangs- und am Endstichtag zu bestimmen. Die Differenz beider Werte ist der Zugewinn des Bezugsberechtigten, der durch Abtretung der Bezugsberechtigung in Höhe der Hälfte dieses Wertes ausgeglichen wird. Dazu bereits oben, (a) (2) (bb). 218

219

220

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

Kann dagegen der Wert der Bezugsberechtigung zwar bei Beginn, nicht aber bei Ende der Zugewinngemeinschaft bestimmt werden, so muß der Anspruch auf die Hälfte der Differenz zwischen der Versicherungssumme und dem Wert der Bezugsberechtigung zu Beginn der Zugewinngemeinschaft abgetreten werden. Die unterschiedliche Realteilung des Versicherungsanspruchs und der Bezugsberechtigung ergibt sich aus der Natur der Sache. Im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers, der keine Bezugsberechtigung erteilt hat, erhöht die schon zu Beginn der Zugewinngemeinschaft bestehende Versicherung trotz der Realteilung das Anfangsvermögen und wirkt sich so zugewinnverringernd aus. Dafür erhält aber der andere Ehegatte einen Teilanspruch der Versicherung, den er realisieren kann. Er kann diesen Teilanspruch zurückkaufen oder ihn beleihen. Die Verringerung des Zugewinns des anderen Ehegatten belastet ihn also kaum. Bei der Realteilung der Bezugsberechtigung ist eine vorzeitige wirtschaftliche Verwertung der Teilbezugsberechtigung dagegen nicht möglich, so daß sie nicht zu einer niedrigeren Ausgleichsforderung führen darf als zu der, die sich ergäbe, wenn man die Bezugsberechtigung überhaupt nicht berücksichtigte. Bei dieser Lösung muß der andere Ehegatte die Prämien, die der Arbeitgeber für die Versicherung aufwendet, seinem Anteil an der Versicherungssumme entsprechend an den Bezugsberechtigten erstatten 220. Wich der Gesundheitszustand bereits zu Beginn der Zugewinngemeinschaft so stark vom Durchschnitt ab, daß eine Bewertung nicht möglich ist, so muß der abzutretende Teil der Bezugsberechtigung auf die Hälfte des Nettodeckungskapitalzuwachses während der Dauer der Zugewinngemeinschaft beschränkt werden 221 •

b) Die widerrufliche Bezugsberechtigung im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers 1. Der Anspruch auf Rückumwandlung des Versicherungsanspruchs

als Vermögensgegenstand und seine Bewertung

Durch die Benennung eines Bezugsberechtigten ändert sich der Anspruch des Versicherungsnehmers, der - widerruft er die Bezugsberechtigung nicht Leistung nur an den Bezugsberechtigten verlangen kann 222 • Im Vennögen des Versicherungsnehmers ist deshalb das Widerrufsrecht zusammen mit dem durch seine Ausübung rückumwandelbaren Anspruch auf die Versicherungssumme zu bewerten. Der Wert dieses Vennögensgegenstandes ist der Wert des Versicherungsanspruchs selbst, da durch den Widerruf der Anspruch ohne Gegenleistung 220 Dazu bereits soeben, beim Zugewinnausgleich der Bezugsberechtigung im Endvermögen, 2 (a) (2) (bb). Dort auch zu den Folgen des Verzuges mit dieser Erstattung. 221 Dazu bereits oben, 6. Kapitel A 11 b 2. 222 7. Kapitel B I.

B. Bezugsberechtigung

221

erworben werden kann. Nur wenn der Widerruf schuldrechtlich untersagt ist, wird der Wert des Widerrufsrechts durch die bei Widerruf entstehenden Schadensersatzansprüche kompensiert, so daß sich die Widerrufsmöglichkeit im Endvermögen des Versicherungsnehmers nicht auswirkt. Zu bewerten ist dann allein das Recht, Leistung an den Begünstigten zu fordern; dieses Recht hat in der Regel keinen Vermögenswert. 2. Der Abzug der Prämienverbindlichkeit vom Endvermögen des Versicherungsnehmers

Nach § 1375 Abs. 1 BGB zu berücksichtigende Verbindlichkeiten bestehen bei einer seinem Sinn entsprechenden Auslegung nur, wenn sich der Schuldner der Verbindlichkeit nicht ohne weiteres entledigen kann 223. Die Prämienverbindlichkeit für die Zeit nach dem Bewertungsstichtag vermindert deshalb das Endvermögen des Versicherungsnehmers nur, wenn dieser gegenüber dem Bezugsberechtigten verpflichtet ist, die Versicherung fortzuführen 224. 3. Hinzurechnung zum Endvermögen nach § 1375 Abs.2 BGB

(a) Keine schuldrechtliche Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der widerruflichen Bezugsberechtigung (1) Vor Eintritt des Versicherungsfalls

Eine Hinzurechnung nach § 1375 Abs. 2 BGB setzt voraus, daß das Endvermögen vermindert wurde. Befindet sich im Endvermögen des Versicherungsnehmers das Widerrufsrecht zusammen mit dem durch den Widerruf rückumwandelbaren Versicherungsanspruch, so erübrigt sich eine Hinzurechnung, da dann im Endvermögen ein Vermögenswert vorhanden ist, der den Wert des Versicherungsanspruchs hat. Das Endvermögen ist in diesen Fällen nicht vermindert. (2) Nach Eintritt des Versicherungsfalls Mit Eintritt des Versicherungsfalls entfällt für den Versicherungsnehmer das Widerrufsrecht. Seine Stellung entspricht damit der bei einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung. Wie bei dieser ist auch hier zu unterscheiden, ob ein Rechts7. Kapitel A II b. Wie bereits oben, 2 (a) (2) (bb), erwähnt, sind die erst künftig zu entrichtenden Prämien zur Aufrechterhaltung einer betrieblichen Direktversicherung Teil des nach dem Stichtag erarbeiteten Arbeitslohns. Als solche sind sie Teil dieses Dauerschuldverhältnisses und deshalb weder im Zugewinnausgleich des Arbeitnehmers noch in dem des Arbeitgebers zu berücksichtigen (vgl. MüKo-Gemhuber, § 1375 Rz. 11). Anders dagegen die bereits vor dem Stichtag verdienten Ansprüche aus der Direktversicherung, auch dazu bereits oben, 2 a (2) (bb). 223

224

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

222

grund für die Bezugsberechtigung besteht oder ob der durch die Bezugsberechtigung erhaltene Versicherungsanspruch wegen ungerechtfertiger Bereicherung herausverlangt werden kann 225. Fehlt es an einem Rechtsgrund, so ist der Bereicherungsanspruch Bestandteil des Aktivvermögens des Versicherungsnehmers, so daß auch in diesem Fall das Endvermögen nicht vermindert ist. Eine Ausnahme gilt bei Insolvenz des Bezugsberechtigten. Vor Eintritt des Versicherungsfalls kann das Insolvenzrisiko außer Betracht bleiben, da die Widerrufsmöglichkeit besteht und der rückumgewandelte Versicherungsanspruch von der Insolvenz des Bezugsberechtigten unabhängig ist. Nach Eintritt des Versicherungsfalls steht dagegen der Anspruch auf die Versicherungssumme dem Bezugsberechtigten und damit auch seinen Gläubigern unabhängig davon zur Verfügung, ob die Bezeichnung mit Rechtsgrund erfolgte. Besteht ein Rechtsgrund, so ist durch den Eintritt des Versicherungsfalls die Vermögensminderung im Sinne des § 1375 Abs. 2 BGB eingetreten, da erst dann das Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers, das den durch die Bezugsberechtigung umgewandelten Versicherungsanspruch kompensierte, weggefallen ist. Es ist also der Wert hinzuzurechnen, den das Widerrufsrecht im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles hatte, regelmäßig also der Wert der Versicherungssumme selbst. Das Problem kann im Rahmen des § 1375 Abs. 2 BGB nur in der Erlebensfallkomponente der Kombinationsversicherung oder bei einer Versicherung auf fremdes Leben auftauchen. Dann ist aber nicht einzusehen, warum dem Versicherungsnehmer, der am Bewertungsstichtag noch die Möglichkeit hatte, die Bezugsberechtigung zu widerrufen, nicht der volle Wert zugerechnet werden soll, wenn er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Wird der Rechtsgrund für die Bezugsberechtigung erst nach Eintritt des Versicherungsfalles geschaffen, so führt erst die Aufgabe des Bereicherungsanspruchs zu einer Vermögensminderung. Hinzugerechnet wird deshalb der Wert des Bereicherungsanspruchs, also der Wert der Versicherungssumme in voller Höhe.

(b) Schuldrechtliche Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der widerruflichen Bezugsberechtigung Hat sich der Versicherungsnehmer schuldrechtlich verpflichtet, den Widerruf der Bezugsberechtigung zu unterlassen, so wird die Vermögensminderung, die in der Bezeichnung des Bezugsberechtigten liegt, nicht mehr durch die Widerrufsmöglichkeit kompensiert, da der Widerruf seinerseits Schadensersatzansprüche auslösen würde. Sind in solchen Fällen - trotz der Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Bezugsberechtigung - die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung erfüllt, richtet sich der Wert nach dem des Versicherungsanspruchs im Zeitpunkt 225

S.o., B Ir a I (c).

B. Bezugsberechtigung

223

der Bezeichnung des Bezugsberechtigten zuzüglich des Barwertes der übernommenen Prämienverpflichtung in diesem Zeitpunkt 226 •

IV. Besonderheiten der geteilten Bezugsberechtigung Bei der geteilten Bezugsberechtigung 227 einer Kombinationsversicherung ist die Bezugsberechtigung auf den Todesfall nicht anders zu bewerten als der Anspruch aus einer befristeten Todesfallversicherung. Es kann für den Wert der Bezugsberechtigung nicht darauf ankommen, ob bei Eintritt des Erlebensfalls (und damit bei Ablauf der befristeten Todesfallversicherung) noch eine Versicherungsleistung an den Versicherungsnehmer erbracht wird oder ob die Versicherung ohne eine solche Leistung abläuft. Der Wert für den Bezugsberechtigten ergibt sich allein aus der Chance, bei Eintritt des Versicherungsfalls vor dem Erlebensfall die Leistung des Versicherers zu bekommen. a) Unwiderrufliche Bezugsberechtigung Aus diesem Ansatz zur Bewertung der Bezugsberechtigung auf den Todesfall folgt zugleich, daß ihr Wert insbesondere nicht gleich dem Rückkaufswert der Kombinationsversicherung ist. Während dieser am Ende der Versicherungszeit die Versicherungssumme für den Erlebensfall erreicht, sinkt der Wert der befristeten Todesfallversicherung bis auf Null ab. Falls das Versicherungsverhältnis vorzeitig aufgelöst wird, erhält zwar der unwiderruflich für den Todesfall Bezugsberechtigte den Rückkaufswert 228 , er hat aber auf die vorzeitige Auflösung der Versicherung keinen Einfluß, da ihm das Kündigungsrecht nicht übertragen werden kann 229 • Da - wie erwähnt - die Kombinationsversicherung gegenüber der befristeten Todesfallversicherung einen erheblich höheren Rückkaufswert aufweist, kann dieser sogar den Fortführungswert der befristeten Todesfallversicherung übersteigen. Im einzelnen sind drei Möglichkeiten zu unterscheiden: Wird die Versicherung fortgeführt, so ist die Bezugsberechtigung anband des Fortführungswertes zu bewerten; wird sie gekündigt und zurückgekauft, so bekommt der unwiderruflich Bezugsberechtigte den Rückkaufswert; wird sie gekündigt und in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt, so bemißt sich der Wert der Bezugsberechtigung nach dem des Fortführungswertes einer befristeten Todesfallversicherung mit der Versicherungssumme, die sich nach der Umwandlung ergibt. Da der für Vgl. oben, 7. Kapitel A II c. Zu diesem Begriff vgl. bereits oben, 3. Kapitel Alb. 228 BGH (17.2.1966, II ZR 286/63) BGHZ 45, S. 162, 167; Bruck/ Möller /Winter, H 163; Hasse, S. 76; Oswald, VersPrax 1970, S. 9 f. 229 Dazu bereits oben, B II a 1 (a). 226 227

224

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

den Todesfall benannte Bezugsberechtigte keinen Einfluß darauf hat, welche der drei Möglichkeiten tatsächlich eintritt, kann ihm nur der geringste der drei Werte zugerechnet werden. Welcher das ist, hängt vom Einzelfall ab. Aus der Bewertung der Bezugsberechtigung für den Todesfall anhand einer befristeten Todesfallversicherung folgt für den Zugewinnausgleich des Gläubigers der Erlebensfalleistung, daß bei diesem der Wert der Kombinationsversicherung abzüglich des Wertes einer befristeten Todesfallversicherung anzusetzen ist. Der Wert der Erlebensfallkomponente sinkt bei schlechtem Gesundheitszustand in dem Maße, wie sich der Wert der Todesfallkomponente erhöht 230 • Auch hier ist eine Realteilung unter den oben entwickelten Voraussetzungen möglich und geboten.

b) Widerrufliche Bezugsberechtigung Der Wert der widerruflichen Bezugsberechtigung, die auf die Todesfalleistung beschränkt ist, bestimmt sich nach dem Wert einer widerruflichen Bezugsberechtigung einer befristeten Todesfallversicherung. Die für die unwiderrufliche Bezugsberechtigung genannten Besonderheiten gelten hier nicht, da der Versicherungsnehmer durch Widerruf der Bezugsberechtigung Auszahlung des Rückkaufswerts an sich verlangen kann. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Widerruf schuldrechtlich untersagt ist. Die Ausführungen zur unwiderruflichen Bezugsberechtigung für den Todesfall gelten dann entsprechend.

c. Zusammenfassung des 7. Kapitels Für den Zugewinnausgleich des Zessionars haben die Überlegungen ergeben: Hat der Zessionar die Prämienverbindlichkeit des Versicherungsnehmers übernommen, so ist der Wert des Versicherungsanspruchs ebenso zu bestimmen wie bei einem Versicherungsnehmer. Ohne die Übernahme der Prämienverbindlichkeit hängt die Bewertung beim Zessionar davon ab, ob der Versicherungsnehmer die Versicherung kündigen kann oder ob er die Fortführung der Versicherung schuldet. Im ersten Fall ist der Rückkaufswert anzusetzen, im zweiten der Wert einer entsprechenden Einmalprämienversicherung; falls Insolvenz des Versicherungsnehmers droht, sind entsprechende Abschläge vorzunehmen. Sofern die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung zum Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB erfüllt sind, ist der Wert des zedierten Anspruchs im Zeitpunkt der Zession hinzuzurechnen. Falls nach der Zession vom Zuwendenden 230 Der abweichende Gesundheitszustand führt also zu einer Verringerung des Wertes der Versicherung für den auf den Erlebensfall Berechtigten.

c. Zusammenfassung

225

freiwillig Prämien weitergezahlt wurden, ist auch deren Wert dem Anfangsvermögen des Zessionars hinzuzurechnen. Hat sich der Zuwendende zur weiteren Prämienzahlung verpflichtet, so ist der Wert dieser Verpflichtung zum Zeitpunkt ihrer Begründung hinzuzurechnen. Eine Bewertung im Endvermögen des Zessionars entfallt, wenn der zedierte Anspruch vom Zedenten zurückgefordert werden kann, da dem Wert des Versicherungsanspruchs eine Verbindlichkeit in gleicher Höhe gegenübersteht. Ist Rechtsgrund der Zession eine Sicherungsvereinbarung, so ist der Wert des Versicherungsanspruchs allein beim Zedenten zu berücksichtigen. Im Zugewinnausgleich des Zedenten ist der Wert des Versicherungsanspruchs nur anzusetzen, wenn ein Rückforderungsanspruch besteht. Die Prämienverbindlichkeit des Zedenten kann abgezogen werden, falls sich der Zedent von dieser nicht befreien kann, ohne schadensersatzpflichtig zu werden. Andernfalls beruht die Fortzahlung der Prämien auf einem freiwilligen Entschluß, der erst nach dem Stichtag für jede Prämienzahlung neu gefaßt wird und deshalb das Endvermögen am Stichtag nicht vermindert. Erfüllt die Zuwendung des Anspruchs an den Zessionar die Voraussetzungen des § 1375 Abs. 2 BGB, so ist der Rückkaufswert der Versicherung dem Endvermögen hinzuzurechnen. Hinzu kommt der Wert der Prämienverbindlichkeit, falls der Zedent sich dem Zessionar gegenüber zur weiteren Prämienzahlung verpflichtet hat und die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung erfüllt sind. Besteht eine solche Verpflichtung nicht, so sind nach Maßgabe des § 1375 Abs. 2 und 3 BGB die freiwillig gezahlten Prämien hinzuzurechnen. Hat der Zedent den Anspruch abgetreten, gerade um die Differenz zwischen Fortführungswert und Rückkaufswert dem Zugewinn zu entziehen, so ist anstelle des Rückkaufswertes der volle Wert der Versicherung anzusetzen. Zur Bewertung der unwiderruflichen Bezugsberechtigung können die Grundsätze der Bewertung bei Zession weitgehend übernommen werden. Die Bewertung anband des Fortführungswertes kommt, da dem Versicherungsnehmer das Kündigungsrecht verbleibt, nur in Betracht, wenn dieser schuldrechtlich zur Fortführung der Versicherung verpflichtet ist, sonst ist ihr Rückkaufswert maßgebend. Fehlt es der unwiderruflichen Bezugsberechtigung an einem Rechtsgrund, so entfallt ihre Bewertung im Zugewinnausgleich, da ihrem Wert dann eine Verbindlichkeit in gleicher Höhe gegenübersteht. Bei der Hinzurechnung nach § 1374 Abs.2 BGB ist der Wert zu dem Zeitpunkt zu ermitteln, an dem die Zuwendung rechtsbeständig wurde. Wird der Rechtsgrund erst nach oder gleichzeitig mit Eintritt des Versicherungsfalls gelegt, so ist der Wert in diesem Zeitpunkt maßgebend, also der Wert der Versicherungssumme; bei vor Eintritt des Versicherungsfalls gelegtem Rechtsgrund ist ihr Wert zu jenem Zeitpunkt maßgebend; gegebenenfalls sind freiwillig weitergezahlte Prämien hinzuzurechnen, bei Verpflichtung zur weiteren Prämienzahlung der Wert dieser Verpflichtung. Der Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers entspricht im wesentlichen dem bei Abtretung. 15 Voit

226

7. Kap.: Abtretung und Bezugsberechtigung

Im Gegensatz zur herrschenden Lehre ist auch die widerrufliche Bezugsberech~ tigung Vermögensbestandteil. Die Rechtsstellung des widerruflich Bezugsberechtigten entspricht der des Anweisungsempfängers vor Annahme der Anweisung. Diese Position wurde vom Gesetzgeber wegen ihres Vermögenswertes ausdrücklich als übertragbar anerkannt, so daß auch die des widerruflich Bezugsberechtigten übertragbar und damit Vermögensbestandteil sein muß. Wenn der Bezugsberechtigte vor einem Widerruf der Bezugsberechtigung schuldrechtlich geschützt ist, kann ihm der volle Wert der Versicherung zugerechnet werden. Hatte der Bezugsberechtigte keinen Einfluß auf den Abschluß der Versicherung - beruht diese Art der Vermögensverwendung also nicht auf seinem Entschluß - , so brächte der Zugewinnausgleich in Geld eine unzumutbare Härte für den Bezugsberechtigten mit sich. In Anlehnung an die Realteilung im Versorgung!\ilusgleich muß in diesen Fällen die Bezugsberechtigung real geteilt werden. Bei (zunächst) rechtsgrundlos zugewendeter Bezugsberechtigung finden die oben genannten Grundsätze Anwendung. Die Bezugsberechtigung wird danach erst zugewinnrelevant, wenn ihre Zuwendung rechtsbeständig ist. Eine Bezugsberechtigung, deren Rechtsgrund erst nach oder gleichzeitig mit dem Eintritt des Versicherungsfalls begründet wird, wirkt sich deshalb im Zugewinnausgleich nicht aus, wenn die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung nach § 1374 Abs. 2 BGB erfüllt sind. Die geteilte Bezugsberechtigung ist als Kombination aus einer befristeten Todesfallversicherung und einer Erlebensfallversicherung in ihren beiden Komponenten getrennt zu bewerten.

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Die Kapitallebensversicherung wird vom Versorgungsausgleich nicht erfaßt und unterliegt deshalb dem Zugewinnausgleich. Dort ist sie nach den Grundsätzen zur Bewertung bedingter oder betagter Geldforderungen zu berücksichtigen, da sich der Anspruch des Versicherungsnehmers allein auf die Geldleistung des Versicherers bei Eintritt des Versicherungsfalls richtet. Auch als bedingte Geldforderung ist sie im Zugewinnausgleich sofort und endgültig zu bewerten. Die Rechtsprechung bewertet die Kapitallebensversicherung anhand ihres Rückkaufswertes. Dieser Wert entspricht aber nicht ihrem Fortführungswert, sondern ergibt sich aus Regelungen, die den Versicherer vor den Folgen einer vorzeitigen Kündigung der Versicherung durch den Versicherungsnehmer schützen sollen, die aber bei der Bewertung der ungekündigten Versicherung im Zugewinnausgleich sachlich nicht gerechtfertigt sind. Die Gegenauffassung in der Literatur möchte die Kapitallebensversicherung anband der gezahlten Prämien zuzüglich der Überschußbeteiligungen bewerten. Diese Meinung ist ebenfalls abzulehnen, da sie nicht den gegenwärtigen Wert des Versicherungsanspruchs bestimmt, sondern - ausgehend von einem Fehlverständnis des Äquivalenzprinzips - den Wert des bereits gewährten Versicherungsschutzes. Außerdem erfaßt sie - ebenso wie die Auffassung der Rechtsprechung - die durch eine negative Abweichung des Gesundheitszustands bedingte Wertsteigerung des Versicherungsanspruchs nicht. Richtigerweise bestimmt sich der Wert der Kapitallebensversicherung bei Fortführung grundsätzlich nach der Einmalprämie, die bei einem fIktiven Neuabschluß einer Versicherung zu sonst gleichen Bedingungen zu entrichten wäre, in der dieselbe fortlaufende Prämie, wie in der bestehenden Versicherung vereinbart, bezahlt werden müßte. Bei dieser Bewertung wird der individuelle Gesundheitszustand des Versicherten berücksichtigt, wenn dieser bei einem fiktiven Neuabschluß zu Prämienzuschlägen führte. Ohne solche Zuschläge entspricht der Wert der bestehenden Versicherung ihrem Nettodeckungskapital. Diese Bewertungsmethode führt in der praktischen Durchführung dann zu erheblichen Komplikationen, wenn der Gesundheitszustand des Versicherten so schlecht ist, daß eine Versicherung zu entsprechenden Bedingungen nicht abgeschlossen würde, oder wenn der Gesundheitszustand des Versicherten nicht feststeht und dieser seine Mitwirkung an einer Feststellung verweigert. In diesen Fällen kann allein eine Realteilung der Kapitallebensversicherung zu einem zutreffenden, dem Grundgedanken des Zugewinnausgleichs entsprechenden und 15'

228

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

den Beteiligten zumutbaren Ergebnis führen. Schon nach geltendem Recht ist deshalb die Versicherung in den genannten Fällen real zu teilen. Erst recht empfiehlt sich diese Lösung de lege ferenda, da eine Fehlbewertung wegen einer dem anderen Ehegatten unbekannten Abweichung des Gesundheitszustandes nicht ausgeschlossen werden kann. Bei der Realteilung muß der Versicherungsnehmer den Anspruch auf die Versicherungssumme grundsätzlich hälftig abtreten; der andere Ehegatte übernimmt anteilig die Prämienverbindlichkeit. Auch wenn der Versicherer dieser Schuldübernahme nicht zustimmt, werden die Teilversicherungsansprüche durch eine solche Form der Realteilung vollständig getrennt: Prämienverzug eines der Ehegatten berührt den Anspruch des anderen nicht, und jeder Ehegatte kann seinen (Teil-)Anspruch kündigen oder beleihen. Falls die Versicherung schon im Anfangsvermögen vorhanden war, ist sie dort nach der Prämiendifferenzmethode zu bewerten. Diese Bewertungsgrundsätze gelten entsprechend bei Abtretung des Versicherungsanspruchs und bei Einräumung einer unwiderruflichen oder widerruflichen Bezugsberechtigung. Auch letztere ist - entgegen der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung - Teil des Vermögens und unterliegt deshalb - wenn nicht dem Versorgungsausgleich - dem Zugewinnausgleich. Kann der Zessionar oder der Bezugsberechtigte allein über die Fortführung der Versicherung entscheiden oder hat er gegen den Versicherungsnehmer Anspruch auf Fortführung der Versicherung, so ist ihm der Fortführungswert zuzurechnen, andernfalls nur der Wert, den er bei Einstellung der Prämienzahlung oder bei Kündigung der Versicherung bekäme. Dagegen kann eine Bewertung im Zugewinnausgleich des Zessionars oder des Bezugsberechtigten unterbleiben, wenn es der Zuwendung des Versicherungsanspruchs an einem Rechtsgrund fehlt, da dann dem Versicherungsanspruch ein entsprechender Rückforderungsanspruch gegenübersteht. Im Zugewinnausgleich des Versicherungsnehmers ist dieser Rückforderungsanspruch mit dem Wert des Versicherungsanspruchs zu berücksichtigen. Ist die Bezugsberechtigung frei widerruflich, so hat sie angesichts der Widerrufsmöglichkeit regelmäßig keinen Wert; eine Bewertung erübrigt sich daher. Anderes gilt aber für eine widerrufliche, jedoch schuldrechtlich gesicherte Bezugsberechtigung - insbesondere für die aus einer betrieblichen Direktversicherung auf Kapitalbasis. Ihr Ausgleich kann aber nur in der Realteilung der Versicherung bestehen, da die Wertausgleichspflicht in Geld den Bezugsberechtigten unzumutbar belastete. De lege ferenda ist die Realteilung der Kapitallebensversicherung dem Wertausgleich vorzuziehen, wenn nicht der Versicherungsnehmer den wahren Wert der Versicherung beweist und diesen auszugleichen bereit ist.

Literaturverzeichnis Ackermann, Peter: Die Rückgewährquote der Lebensversicherungsuntemehmen, 1985 (Schriftenreihe des Instituts für Versicherungswissenschaft an der Universität zu Köln, Neue Folge Heft 40) Ambrock, Erich: Ehe und Ehescheidung, 1977 Bachmann, Kurt: Bewertungsgrundsätze zur Bewertung des Anfangs- und Endvermögens beim güterrechtlichen Zugewinnausgleich, Diss. Mainz 1970 Bastian, Günther / Roth-Stielow, Klaus / Schmeiduch, Dieter: 1. EheRG, Das neue Eheund Scheidungsrecht 1978 Bayer, Walter: Die Sicherungszession der Rechte aus einer Lebensversicherung und ihre Auswirkungen auf die Bezugsberechtigung, VersR 1989, S. 17 Baumbach, Adolf / Hefermehl, Wolfgang: Wechselgesetz und Scheckgesetz, 15. Aufl., 1986 Baumbach, Adolf / Lauterbach, Wolfgang / Albers, Jan / Hartmann, Peter: Zivilprozeßordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Nebengesetzen, begründet von Adolf Baumbach, fortgeführt von Wolfgang Lauterbach, nunmehr verfaßt von Jan Albers und Peter Hartmann, 47. Aufl., 1989 (zit. B/L/A/H) Baumbach, Adolf / Duden, Konrad / Hopt, Klaus: Handelsgesetzbuch, begründet von Adolf Baumbach, fortgeführt bis zur 24. Aufl. von Konrad Duden, erläutert von Klaus Hopt, 28. Aufl., 1989 Beitzke, Günther: Familienrecht, 25. Aufl., 1988 Benkel, Gert Andreas / Hirschberg, Günther: Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung, 1990 Benthin, Klaus: Probleme der Zugewinngemeinschaft heute, FamRZ 1982, S. 338 Berner, Wilhelm: Die Pfändung, Abtretung und Verpfändung von Lebensversicherungsansprüchen, RPfl. 1957, S. 193 Blomeyer, Arwed: Allgemeines Schuldrecht, 4. Aufl., 1969 Blomeyer, Wolfgang / Ouo, Klaus: Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 1984 Börger, Ulrike: Eheliches Güterrecht, 1989 (Schriftenreihe Recht und Praxis) Bohn, Karlheinz: Die Zwangsvollstreckung in Rechte des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag und der Konkurs des Versicherungsnehmers, in: Festschrift für Gerhard Schiedermair, 1976, S. 33 Boll, Günter: Fragen der Zwangsvollstreckung und Schenkungsanfechtung bei Lebensversicherungsverträgen, Diss. Freiburg, 1981 Bosshart, Alfred: Rückkauf und Umwandlung einer Lebensversicherung, Diss. Zürich, Bem 1927

230

Literaturverzeichnis

Braga, Sevold: Die Ausgleichsforderung im künftigen Ehegüterrecht, FamRZ 1955, S. 1 Breetzke, Ernst: Zugewinn bei Änderungen des Geldwertes, FamRZ 1959, S. 445 Bruck, Ernst: Das Privatversicherungsrecht, 1930 Bruck, Ernst / Dörstling, Th.: Das Recht des Lebensversicherungsvertrages, 2. Aufl., 1933 Bruck, Ernst/Möller, Hans: Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, Bd.l, 8. Auflage, 1961 Bruck, Ernst / Möller, Hans / Sieg, Karl / Johannsen, Ralf: Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 5. Band, 2. Halbband, 8. Aufl., bearbeitet von Gerrit Winter, 1988 Bruns, Rudolf: Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., 1979 Bydlinski, Franz: Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1982 Claus, Gottfried: Gedanken zu einer neuen Tarifstruktur in der Lebensversicherung aus aufsichtsbehärdlicher Sicht (Mannheimer Vorträge zur Versicherungswirtschaft, Heft 34), 1985 van den Daele, Wolfgang: Probleme des gegenseitigen Vertrages, Diss. Hamburg 1968 Deutsch, Erwin: Versicherungsvertragsrecht, Ein Grundriß, 1984 Dölle, Hans: Familienrecht, Bd. 1, 1964 Doll, Hermann: Die Wagnisbeurteilung der verschiedenen Krankheiten, in: Doll (Hrsg.), Lehrbuch der Lebensversicherungsmedizin, 1959 Ehrenberg, Viktor: Die juristische Natur der Lebensversicherung, ZHR Bd. 32 (1886), S.409, und ZHR, Bd. 33 (1887), S. 1 -

Wichtige Probleme des Lebensversicherungsvertrages, Jherings Jahrbücher, Bd. 41, S.341

Eichler, Hermann: Versicherungsrecht, 2. Aufl., Linz 1975 -

Versicherung als Geschäftsbesorgung, in: Festschrift für earl Nipperdey, 1965, Bd. I, S.237

Eisenecker, Hans-Günter: Versorgungsausgleich und Privatversicherungsrecht, Diss. Hamburg 1983 Ellger, Wolfhart: Zum Verfahren der Realteilung in der privaten Rentenversicherung, FamRZ 1986, S. 513 Erman, Walter: Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, früher herausgegeben von Walter Erman, herausgegeben von Harm Peter Westermann unter Mitwirkung von Klaus Küchenhoff, 6. Aufl., 1975; 8. Aufl., 1989 Esser, Josef / Schmidt, Eike: Schuldrecht, Band I, Allgemeiner Teil, 6. Aufl., 1984 Fessel, Manfred: Sterblichkeit und Übersterblichkeit - Was ein Versicherungsarzt darüber wissen sollte, in: Periodische Mitteilungen der schweizerischen Lebensversicherungs-Gesellschaften an die Schweizer Ärzte, Nr. 74 (Januar 1978) und Nr. 75 (Juli 1978) (Hrsg. Schweizer Rück) Fikentscher, Wolfgang: Schuldrecht, 7. Aufl., 1985 Finger, Peter: Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall 1969, S. 309

BGHZ 46,198, JuS

Literaturverzeichnis -

231

Die Formfrage beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall, WM 1970, S. 374

Finke, Franz-Josef: Erläuterungen zum Gleichberechtigungsgesetz, 2. Teil, MDR 1957, S.514 Fischer, Wolfgang: Die betriebliche Altersversorgung im Versorgungsausgleich nach dem l. EheRG, DB 1976, S. 2351 Flume, Wemer: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Erster Band, Erster Teil, Die Personengesellschaft, 1977 -

Die Abfindung nach der Buchwertklausel für den Gesellschafter minderen Rechts einer Personengesellschaft, NJW 1979, S. 902

Frels, Harro: Zum Prämienrückkauf in der Lebensversicherung, VersR 1972, S. 503 Friederici, Peter: Versicherungsverträge im Versorgungsausgleich, NJW 1979, S. 2550 Gamp, L.: Anmerkung zu BGH 27.5.1981, IVb ZR 577 180, in: JR 1981, S. 508 Gerathewohl, Klaus u. a.: Rückversicherung, Grundlagen und Praxis, Bd. 11, 1979 Gerhardt, Walter: Beweisvereitelung im Zivilprozeß, AcP 169 (1969), S. 289 Gernhuber, Joachim: Lehrbuch des Familienrechts, 2. Aufl., 1977; 3. Aufl., 1980 -

Austausch und Kredit im rechtsgeschäftlichen Verbund - Zur Lehre der Vertragsverbindungen, in: Festschrift für Karl Larenz, 1973, S. 455

-

Die Erfüllung und ihre Surrogate, 1983 (Handbuch des Schuldrechts, Bd. 3)

-

Geld und Güter beim Zugewinnausgleich, FamRZ 1984, S. 1053

-

Das Schuldverhältnis, 1989 (Handbuch des Schuldrechts, Bd. 8)

Gerold, Horst: Die richterliche Anordnung der Übertragung von Vermögenswerten nach Beendigung der Zugewinngemeinschaft, Diss. Bonn, 1964 . Gessler, Ulrich/ Hefermehl, Wolfgang/ Eckhardt, Ulrichl Kropf!, Bruno: Aktiengesetz, Bd. III (§§ 148-178),1973 von Gierke, Otto Max: Der Versicherungsvertrag zugunsten Dritter nach deutschem und ausländischem Recht, 1936 Gitter, Wolfgang I Hoffmann, Martin: Privatversicherung und Versorgungsausgleich, in: Festschrift für Günther Beitzke, 1979, S. 937 Goldberg, Alfredl Möller, Helmut: Versicherungsaufsichtsgesetz, Kommentar, 1980 Goll, H. P. I Gi/bert, W.: Handbuch der Lebensversicherung, 10. Aufl., 1984 Goroncy, Robert: Bewertung und Pflichtteilsberechnung bei gesellschaftsvertraglichen Abfindungsklauseln, NJW 1962, S. 1895 Grieshaber, Adolf: Das Synallagma des Versicherungsvertrages, Diss. Freiburg, 1914 Gürsching / Stenger, Alfons I Diedenhofen, Hans I Gorski, Hans Günter I Keßler, Rüdiger I Nolte, Jürgen I Rid, Max: Kommentar zum Bewertungsgesetz, Bd. I, 8. Aufl., Stand Oktober 1989 (zit. Gürsching 1Stenger) Hadding, Walther: Zur Auslegung des § 335 BGB, AcP 171 (1971), S. 403 -

Zur Theorie des Vertrages zu Rechten Dritter im Deutschen Recht, Festschrift für Imre Zaitay, 1982, S. 185

232

Literaturverzeichnis

Hagelschuer, Paul B.: Lebensversicherung, 2. Aufl., 1987 (Schriftenreihe: Die Versicherung) Hammelbeck, Bemhard: Schenkungsanfechtung in der Lebensversicherung, NJW 1965, S.955 Harder, Manfred: Zuwendungen unter Lebenden auf den Todesfall, 1968 -

Anmerkung zu BGH, 4.2.1976, IV ZR 156/73, FamRZ 1976, S. 617

Hardes, Wolfgang: Zur Bewertung von Pensionszusagen, DB 1985, S. 1801 Hartmann / Böttcher / Nissen / Bordewin: Kommentar zum Einkommensteuergesetz (Stand 1989) Hasse, Bodo: Interessenkonflikte bei der Lebensversicherung zugunsten Dritter, 1981 Hassold, Gerhard: Zur Leistung im Dreipersonenverhältnis, 1981 Haymann, Franz: Leistung und Gegenleistung im Versicherungsvertrag, 1933 Heck, Philipp: Grundriß des Schuldrechts, 2. Neudruck der Ausgabe von Tübingen 1929, 1974 Heckelmann, Dieter: Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, 1973 (Schriften des Instituts für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln, Band 30) -

Grenzen der Leistungsverweigerung und Stundung der Zugewinnausgleichsforderung nach §§ 1381, 1382 BGB bei Erfüllungsschwierigkeiten, in: Festschrift für Otto Mühl, 1981, S. 283

Heilmann, Hans: Der Anspruch auf die Lebensversicherungssumme als Bestandteil der Konkursmasse, KTS 1966, S. 79 -

Der Vertrag zugunsten Dritter im Insolvenzrecht, KTS 1972, S. 14

-

Die Begünstigung in der Kapitallebensversicherung, VersR 1972, S. 997

-

Zur Rechtsstellung des schenkungshalber Begünstigten bei einem Vertrag zugunsten Dritter (Begünstigung) unter besonderer Berücksichtigung der Kapitallebensversicherung, VersR 1980, S. 516

Hellwig, Konrad: Die Verträge auf Leistung an Dritte, 1899, 2. Nachdruck 1980 Hennerkes, Brun-Hagen / Binz, Mark K.: Die Buchwertabfindung - ein Fossil unserer Zeit?, DB 1983, S. 2669 Herrmann, Klaus: Die Vennögensbewertung beim ehelichen Zugewinnausgleich, Diss. Tübingen 1976 Heyn, Karl: Grenzen der Buchwertabfindung ausscheidender Gese,llschafter von Personengesellschaften, Festschrift für Gerhard Schiedennair, 1976, S. 271 Hirtz, Bemd: Die Abfindung des Gesellschafters einer Personengesellschaft nach der Ausschließung ohne wichtigen Grund, BB 1981, S. 761 Höckner, Georg: Das Deckungskapital im Lebensversicherungsvertrag und die Abfindungswerte bei vorzeitiger Auflösung mit Berücksichtigung der modemen Gesetzgebung, in: Veröffentlichungen des Deutschen Vereins für Versicherungs-Wissenschaft, Heft XVI, Juni 1909 Hö!er, Reinhold / Abt, Oskar: Gesetz zur betrieblichen Altersversorgung, Bd. 1, Arbeitsrechtlicher Teil, 2. Aufl., 1982

Literaturverzeichnis

233

Hörstmann, Jürgen: Der echte Vertrag zugunsten Dritter als Rechtsgeschäft zur Übertragung einer Forderung, Diss. Münster 1983 Hoffmann, Karl Heinz: Der Vertrag zugunsten Dritter von Todes wegen, AcP 158 (19591 1960), S. 179 Hoffmann, Martin: Auslegung der Bezugsberechtigung zugunsten eines Ehegatten in der Lebensversicherung bei späterer S\:heidung der Ehe, FamRZ 1977, S. 222 Hofmann, Edgar: Privatversicherungsrecht, 2. Aufl., 1983 Hopt, Klaus 1 Mühlbert, Peter 0.: Kreditrecht, 1989 Huber, Ulrich: Vennögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, 1970 Hueck, Alfred 1 Canaris, Claus-Wilhelm: Recht der Wertpapiere, 12. Aufl., 1986 Hungerbühler, Adrian: Die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung im Versicherungsvertrag, Bern 1972 (Europäische Hochschulschriften Bd. 54) Innami, Hirokichi: Das Äquivalenzprinzip in der Versicherungswirtschaft, ZVersWiss Bd. 55 (1966), S. 17 Isenbart, Fritz 1 Münzner, Hans: Lebensversicherungsmathematik für Praxis und Studium, 1977 Jaeger, Ernst 1 Lent, Friedrich: Konkursordnung (begründet von Ernst Jaeger), Bd. I, 8. Aufl., bearbeitet von Friedrich Lent, 1958 Jakobi, Ernst: Wechsel- und Scheckrecht, 1956 Johannsen, Kurt Herbert: Anmerkung zu BGH 9.3.1977, LM § 1375 BGB Nr.2

-

Die Rechtsprechung des BGH auf dem Gebiet des Erbrechts - 3. Teil: Der Pflichtteil, WM 1970, S. 110

-

Vennögensrechtliche Auseinandersetzung unter Ehegatten nach Auflösung der Ehe beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft, WM 1978, S. 654

Johannsen, K. H. 1 Henrich, Dieter: Eherecht, 1987 Kaulbach, Detlef: Anmerkung zu BVerwG (12.9.1989,1 A 32/87), VersR 1990, S. 257 Kilger, Joachim: Konkursordnung (begr. von Böhle-Stamschräder), 15. Aufl. 1987 Kipp: Vorschläge zur Regelung des ehelichen Güterrechts, in: Verhandlungen des 33. Deutschen Juristentages (1924), S. 325 Kisch, Wilhelm: Handbuch des Privatversicherungsrechts, Bd. 2, Die Lehre von der Versicherungsgefahr, 1920 Kissel, Otto Rudolf: Ehe- und Ehescheidung, Bd. I, 1977 Klinke, Ulrich: Causa und genetisches Synallagma, Diss. Köln 1983 Kniebes, Sigridl Kniebes, Manfred: Der Versorgungsausgleich nach dem l. EheRG in der Praxis des Notars, DNotZ 1977, S. 269 Koch, Richard: Das Synallagma des Versicherungsvertrages, Diss. Zürich 1958 Koenig, Hans: Die vennögenswerten Rechte aus dem Lebensversicherungs-Vertrag, ZVersWiss Bd. 6, 1906, S. 415

Literaturverzeichnis

234

Körber, Karl-Otto: Besprechung zu Hans-Günter Eisenecker, Versorgungsausgleich und Privatversicherungsrecht, ZVersWiss Bd. 73 (1984), S. 249 Kress, Hugo: Lehrbuch des allgemeinen Schuldrechts, 1929, Nachdruck 1974 Kretschmer, Friedrich: Eingriffe in die körperliche Integrität im Zivilprozeß, dargestellt an § 372a ZPO, Diss. Würzburg 1976 Krüger, Hildegard / Breetzke, Ernst / Nawack, Kuno: Gleichberechtigungsgesetz, 1958 Kühlmargen, Karl W.: Die Lebensversicherungsverträge zugunsten Dritter, Leipzig 1927, Nachdruck Leipzig 1970 Küster, Erwin: Gesellschafternachfolge und Erbengemeinschaft bei OHG und KG, 1970 Kullmann, G.: Die Lebensversicherung im ehelichen Güterrecht, Diss. Zürich 1919 Lange, Heinrich / Kuchinke, Kurt: Lehrbuch des Erbrechts, 3. Aufl., 1989 Larenz, Karl: Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., 1989 (zit. BGB AT) -

Lehrbuch des Schuldrechts, Allgemeiner Teil, Band I, 14. Aufl., 1987 (zit. SchR AT)

-

Lehrbuch des Schuldrechts, Besonderer Teil, Band 2,12. Aufl., 1981 (zit. SchR BT)

-

Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., 1983

Laufs, Adolf: Krankenpapiere und Persönlichkeitsschutz, NJW 1975, S. 1433 v. Laun, Kurt: Das Eintrittsrecht in der Lebensversicherung, 1940 Laux, Hans: Buchbesprechung zu Wolfsdorf, Versicherungsmathematik Teil 1, Personenversicherung, ZVersWiss, Bd. 76 (1987), S. 623 Lehmann, Wemer: Leistung und Gegenleistung bei gewagten Verträgen, Diss. Kiel 1935 -

Leistung und Gegenleistung im Rahmen gewagter Verträge unter besonderer Berücksichtigung des Lotterie-, des Versicherungs- und des Bausparvertrages, JW 1934, S.2OO6

Lepke, Achim: Kündigung bei Krankheit, 7. Aufl., 1987 Larenz, Egon: Zur Kapitallebensversicherung für den Todesfall - Umfang und Art des Rechtserwerbs durch den bei Vertragsschluß ohne besondere Abreden bezeichneten Bezugsberechtigten, in: Festschrift für Robert Schwebler, 1986 Lück, Wolfgang: Gewinnbeteiligung in der Lebensversicherungswirtschaft, DB 1981, S.1049 Maier, Kurt: Versorgungsausgleich, 2. Aufl., 1982 Massfeller, Franz: Das gesamte Familienrecht, 1958 Massfeller, Franz / Reinicke, D.: Das Gleichberechtigungsgesetz, 1958 v. Maydell, Bemd: Der Versorgungsausgleich, FamRZ 1977, S. 172 Möller, Hans: Diskussionsbeitrag zur Gefahrtragungs- oder Geldleistungstheorie, in: Walter Rohrbeck (Hrsg.), Aktuelle Probleme der Versicherungswirtschaft, 1954, S.137

-

Buchbesprechung zu Hermann Eichler, Versicherungsrecht, 1966, ZVersWiss Bd. 56 (1967), S. 594

Literaturverzeichnis -

235

Versicherungsvertragsrecht, 3. Aufl., 1977

Möller, Hans, u. a.: Die Rechte Dritter gegen den Versicherer, ZVersWiss Bd. 59 (1970), S.17

Mohr, Hans-Heinrich I Hofmann, Helmut: Lebensversicherung, 1965 Münchener Kommentar: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (zit. MüKo-Bearb.): Bd. 1, Allgemeiner Teil, Redaktor: Franz Jürgen Säcker, 2. Aufl., 1984; Bd. 2, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, Redaktor: Helmut Heinrichs, 2. Aufl., 1985; Bd. 3, 1, Schuldrecht Besonderer Teil (§§ 433 - 651), Redaktor: Helmut Heinrichs, 2. Aufl., 1988; Bd.3, 2, Schuldrecht (§§ 652- 853), Redaktor: Peter Ulmer, 2. Aufl., 1986; Bd.5, 1, Familienrecht (§§ 1297 -1588), Redaktor: Kurt Rebmann, 2. Aufl., 1989; Bd. 6, Erbrecht, Redaktor: Manfred Skibbe, 2. Aufl., 1989.

Musielak, Hans-Joachim: Die Grundlagen der Beweislast im Zivilprozeß, 1975 -

Entgeltliche Geschäftsbesorgung, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.II (Herausgegeben vom Bundesminister der Justiz), 1981, S. 1209

Musielak, Hans-Joachiml Stadler, Max: Grundfragen des Beweisrechts, 1984 Niewisch, Emst-Wilhelm: Die Zwangsvollstreckung in die Rechte aus einem Lebensversicherungsvertrag, Diss. Hamburg 1939 Nöbel, Helmut: Das Deckungskapital in der Lebensversicherung, 1930 Öhlers, Horst: Bewertungs- und Zurechnungsfragen im Zugewinn, 5. DFGT (Deutscher Familiengerichtstag), 1983 (Brühler Schriften zum Familienrecht), S. 82 Oswald, Franz: Wem steht bei einer geteilten Bezugsberechtigung der Rückkaufswert zu?, VersPrax 1970, S. 9 -

Lebensversicherung und Ehescheidung, VersPrax 1971, S. 143

Palandt, Otto: Bürgerliches Gesetzbuch, bearbeitet von Bernhard Danckelmann, Max Degenhardt, Uwe Diederichsen, Helmut Heinrichs, Andreas Heldrich, Theodor KeideI, Hans Putzo, Heinz Thomas, 34. Aufl., 1975; bearbeitet von Paul Bassenge, Uwe Diederichsen, Wolfgang Edenhofer, Helmut Heinrichs, Andreas Heldrich, Hans Putzo, Heinz Thomas, 49. Aufl., 1990 Peters, Egbert: Ausforschungsbeweis im Zivilprozeß, 1966 Peters, Hans: Beweisvereitelung und Mitwirkungspflicht des Beweisgegners, ZZP Bd. 82 (1969), S. 200 Pi/tz, Detlev Jürgen I Wissmann, Eike: Unternehmensbewertung bei Zugewinnausgleich nach Scheidung, NJW 1985, S. 2673 Plagemann, Hermann: Die verschiedenen Versorgungssysteme im Ehescheidungsverfahren, BB 1977, S. 899 Planck, Gottlieb: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 11. Band, 1. Hälfte, Recht der Schuldverhältnisse (Allgemeiner Teil), bearbeitet von H. Siber, 4. Aufl., 1914, Nachdruck 1984 Prölss: Versicherungsaufsichtsgesetz, Kommentar von Reimer Schmidt und Peter Frey, 10. Aufl., 1988

236

Literaturverzeichnis

Prölss, Erich R. / Prölss, Jürgen / Martin, Anton: Versicherungsvertragsgesetz, Kommentar begründet von Erich R. Prölss, fortgeführt von Anton Martin und Jürgen Prölss, 22. Aufl., 1980; fortgeführt von Ulrich Knappmann, Jürgen Prölss, Anton Martin, Wolfgang Voit, 24. Aufl., 1988 (zit. Prölss/ Martin) Prütting, Hanns: Gegenwartsprobleme der Beweislast, 1983 Rehr, Rudolf: Die Sterblichkeitsuntersuchung bei der Kölnischen RückversicherungsGesellschaft, ZVersWiss Bd. 67 (1978), S. 447 ReicheI, Georg: Grundlagen der Lebensversicherungstechnik, 1987 Reifner, Udo: Rechtsprobleme des Lebensversicherungskredits, ZIP 1988, S. 817 Reimann, Wolfgang: Das Unternehmen im Zugewinnausg1eich aus der Sicht des Kautelarjuristen, FamRZ 1989, S. 1248 Reinicke, G. u. D.: Lebensversicherung und Nachlaßgläubiger, NJW 1956, S. 1053 Reichsgerichtsräte-Kommentar: Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs, Kommentar herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern, Band II, 4. Teil, §§ 631-811, bearbeitet von Walter Dehner, Otto-Friedrich von Gamm, Roderich Glanzmann, Günter Krohn, Josef Mormann, Claus Seibert, 12. Aufl., 1978; Band IV, 1. Teil, §§ 1297 -1563, bearbeitet von Anneliese Cuny, Franz-Josef Finke, Klaus Roth-Stielow, Eberhard Wenz, 12. Aufl., 1984 (zit. RGRK-Bearb.)

Reuter, Dieter / Martinek, Michael: Ungerechtfertigte Bereicherung, 1983, (Handbuch des Schuldrechts, Bd.4) Rittner, Fritz: Handelsrecht und Zugewinngemeinschaft (III), Der Zugewinnausgleich, FamRZ 1961, S. 514 -

Über die Entbehrlichkeit des sog. genetischen Synallagmas, Festschrift für Heinrich Lange, 1970, S. 213

Rolland, Walter: Kommentar zum 1. EheRG, 2. Aufl., 1982 Rosenberg, Leo / Schwab, Karl Heinz: Zivilprozeßrecht, 14. Aufl., 1986 Roth-Stielow, Klaus: Vermögensrechtliche Streitigkeiten nach der Scheidung, NJW 1970, S.1032 Ruland, Franz: Der Versorgungsausgleich, NJW 1976, S. 1713 -

Probleme des Versorgungsausgleichs in der betrieblichen Altersversorgung und privaten Rentenversicherung, 1982

Ruland, Franz / Tiemann, Burkhard: Versorgungsausgleich und steuerliche Folgen der Ehescheidung, 1977 Säcker, Horst: Sind körperliche Untersuchungen im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erzwingbar?, FamRZ 1971, S. 81 Sautter, Bruno: Die Pflicht zur Duldung von Körperuntersuchungen nach § 372a ZPO, AcP 161 (1962), S. 215 Schlebusch, Gernot: Probleme der Bewertung von Vermögensgegenständen bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs, Diss. Münster 1966 Schmelz, Karl-Joachim / Klute, Sabine: Konsumentenkredit und Kapitallebensversicherung, NJW 1988, S. 3113

Literaturverzeichnis

237

Schmidt, Eberhard: Ärztliche Schweigepflicht und Zeugnisverweigerungsrecht im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit, NJW 1962, S. 1745 Schmidt, Gerhard: Welchen Einfluß hat die Scheidung eines Ehegatten auf den zu seinen Gunsten abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag? Diss. Marburg 1967 Schmidt, Karsten: Gesellschaftsrecht, 1986 -

Abfindung, Unternehmensbewertung und schwebende Geschäfte, DB 1983, S. 2401

Schmidt-Rimpler, Walter: Die Gegenseitigkeit bei einseitig bedingten Verträgen, 1968 Schmiedel, Burkhard: Deliktsobligationen nach deutschem Kartellrecht, Erster Teil, 1974 Schmitz-Herscheidt, F.: Die Unternehmensnachfolge in der OHG von Todes wegen, 1969 Schänke, Adolf / Schräder, Horst: Strafgesetzbuch, begründet von Adolf Schönke, fortgeführt von Horst Schröder, bearbeitet von Theodor Lenckner, Peter eramer, Albin Eser, Walter Stree, 23. Aufl., 1988 Schubert, Peter: Urteilsanmerkung zu OLG Stuttgart, 2.10.1985, 13 U 32/85, WM 1986, S. 1000 Schubert, W.: Urteilsanmerkung zu BGH, 20.6.1979, IV ZR 137/77, JR 1980, S. 103 -

Urteilsanmerkung zu BGH, 9.6.1983, IX ZR 41/82 JR 1984, S. 23

Schusinski, Ewald / Stifel, Michael: Die Technik des Versorgungsausgleichs mit Hilfe der Barwert-Verordnung, NJW 1977, S. 1264 Schwab, Dieter: Neue Rechtsprechung zum Zugewinnausgleich, FamRZ 1984, S. 429 -

Handbuch des Scheidungsrechts, 1. Aufl., 1977

-

(Hrsg): Handbuch des Scheidungsrechts, 2. Aufl., 1989 (zit. Schwab / Bearb., 1- VII)

Schwab, Karl-Heinz: Der Verbund von Scheidungs- und Folgesachen, FamRZ 1976, S.658 Schwerdtner, Peter: Der Prämienrückkauf in der Lebensversicherung oder: Das Geschäft mit dem Tode, ZRP 1971, S. 219 Siebert, Wolfgang: Der Risikogedanke im Vertragsrecht, in: Rohrbeck (Hrsg.), Aktuelle Probleme der Versicherungswirtschaft, 1954, S. 125 -

Gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln und Pflichtteilsrecht, NJW 1960, S. 1033

Sieg, Karl: Kritische Bestandsaufnahme zum Recht der Zwangsvollstreckung in Lebensversicherungsforderungen, in: Festschrift für Ernst Klingmüller (Hrsg. Fritz Hauss und Reimer Schmidt), 1974, S. 499 -

Die Lebensversicherung als Versorgungsinstrument, kritische Bemerkungen zum juristischen Befund, ZVersWiss Bd. 63 (1974), S. 97

-

Bemerkungen zur "Gefahrgemeinschaft", ZVersWiss Bd. 74 (1985), S. 321

-

Allgemeines Versicherungsvertragsrecht, 2. Aufl., 1988

Soergel, Th.: Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Bd. 4, Schuldrecht III (§§ 705 - 853), Redaktion Otto Mühl, 11. Aufl., 1985; Bd. 5, Familienrecht, Redaktion Herrmann Lange, 10. Aufl., 1971; Bd. 7, Familienrecht I (§§ 12971588), Redaktion Herrmann Lange, 12. Aufl., 1989

238

Literaturverzeichnis

v. Staudinger, Julius: Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, (§§ 243-254) erläutert von Dieter Medicus und Karsten Schmidt, 12. Aufl., 1983; (§§ 249-327) erläutert von Alfred Wemer und Hubert Kaduk, 10./11. Aufl., 1967; (§§ 328-335) erläutert von Hubert Kaduk, 12. Aufl., 1983; Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, (§§ 741-822) erläutert von Hermann Amann, Norbert Engel, Norbert Horn, Ulrich Huber, Werner Lorenz, Peter Marburger, 12. Aufl., 1986; Viertes Buch, Familienrecht, (§§ 1363 -1588) erläutert von Wilhelm Felsentraeger, 10./ 11. Aufl., 1970; (§§ 1363 -1563) erläutert von Franz Ruland, Burkhard Thiele, Wolfgang Thiele, 12. Aufl., 1985; Fünftes Buch, Erbrecht, erläutert von Michael Cieslar, Murad Ferid, Karl Firsching, Rainer Kanzleitner, 12. Aufl, 1983

Stein, Friedrich / Jonas, Martin: Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., fortgeführt von Wolfgang Grunsky, Dieter Leipold, Wolfgang Münzberg, Peter Schlosser, Ekkehard Schumann, 17. Lieferung (§§ 328-401), 1988 Stöber, Kurt: Forderungspfändung, 8. Aufl, 1987 Stürner, Rolf: Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, 1976 Thierfelder, Hans: Echter und unechter ,,zugewinn", FamRZ 1959, S. 225 Thomas, Heinz / Putzo, Hans: Zivilprozeßordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und Einführungsgesetzen, 15. Aufl., 1987 Tiedau, Erwin: Gesellschaftsvertrag und neues eheliches Güterrecht unter besonderer Berücksichtigung gesellschaftsvertraglicher Abfindungsklauseln, MDR 1959, S. 253 Tiedtke, Klaus: Rechtsprechung des BGH zum ehelichen Güterrecht seit dem 1. Januar 1978 - Teil 2, JR 1984, S. 1078 v. Tuhr, Andreas: Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. I, 1910, Nachdruck 1957

Uhlir, Helmut / Steiner, Peter: Wertpapieranalyse, 1986 Ulmer, Peter: Gesellschafternachfolge und Erbrecht, ZGR Bd. 1 (1972), S. 341 Voskuhl, Ursula / Pappai, Friedrich / Niemayer, Johann F.: Versorgungsausgleich in der Praxis, 1976 Wall, Adolf: Die Ansprüche der Versicherten auf die Prämienreserve in der Lebensversicherung, Diss. Gießen 1906 Weimar, Wilhelm: Der Schmerzensgeldanspruch eines Ehegatten, JR 1981, S. 448 Werber, Manfred/Winter, Gerrit: Grundzüge des Versicherungsvertragsrechts, 1986 Westermann, Harry: Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., 1979 Weyers, Hans-Leo: Versicherungsvertragsrecht, 1986 Wieczorek, Bernhard: Zivilprozeßordnung und Nebengesetze, Zweiter Band (§§ 25351Oc), 2. Aufl., 1976 Wiedemann, Herbert: Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965 Wiese, Günther: Beendigung und Erfüllung von Dauerschuldverhältnissen, in: Festschrift für Hans Carl Nipperdey, 1965, Bd. I, S. 837 Wilhelm, Jan: Die Zurechnung der Leistung bei Widerruf der Anweisung, insbesondere eines Schecks, AcP 175 (1975), S. 304

Literaturverzeichnis

239

Winter, Gerrit: Erfordernis vonnundschaftlicher Genehmigung bei Lebensversicherungsverträgen Minderjähriger, ZVersWiss Bd. 66 (1977), S. 145 Wolff, Axel: Risikoprüfung in der Lebensversicherung Aspekte, ZVersWiss Bd. 76 (1987), S. 641

medizinische und subjektive

Wolfsdoif: Versicherungsmathematik, Teil 1, Personen versicherung, 1986

Zehner, Günter: Versicherungssumme und Nachlaßinteressenten, AcP 153 (1954), S. 425 Ziegler, Kurt F.: Der Prämienrückkauf in der Lebensversicherung, 1964 Zimmermann, Stefan: Der Versorgungsausgleich bei betrieblicher Altersversorgung: Anwendungsbereich und Funktion der besonderen Wertausgleichsregeln, 1978 Zimmermann, Walter: Zivilprozeßordnung, 1990 Zöllner, Wolfgang: Wertpapierrecht (begr. von Burkhard Rehfeldt), 14. Aufl., 1987

Gesetzesmaterialien Amt!. Begr. 1. EheRG

Amtliche Begründung zum 1. EheRG, BT-Drucks. 7/650

Amt!. Begr. VVG

Amtliche Begründung zum Versicherungsvertragsgesetz, Neudruck 1963

Ausschußbericht BT-Drucks. 7/4361

Zweiter Bericht und Antrag des Rechtsausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Refonn des Ehe- und Familienrechts

Ausschußbericht BT-Drucks.9/2296

Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses a) zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung von Regelungen über den Versorgungsausgleich; b) zu dem von der Fraktion der CDUI CSU eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung und Verbesserung des Versorgungsausgleichs; c) zu dem von der SPD und FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung von Regelungen zum Versorgungsausgleich

Bericht BT-Drucks. 8/2377

Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen bei der Durchführung des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung

Jakobs, Horst Heinrich / Schubert, Werner

Die Beratungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse, Bd. I (§§ 241 bis 432), 1978; Bd. III (§§ 652 bis 853), 1983

Mugdan, Benno

Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, II. Band, Recht der Schuldverhältnisse, 1899, Nachdruck 1979; V. Band, Erbrecht, 1899, Nachdruck 1979

240 Vorentwürfe

Literaturverzeichnis Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Recht der Schuldverhältnisse Teil 3, Besonderer Teil I, Vorentwürfe von Franz Philipp von Kübel und Hilfsarbeitern (Herausgegeben von Werner Schubert), 1980

Sonstige Materialien Beamtenheimstättenwerk Allgemeine Bausparbedingungen für Bausparverträge Tarif D (Stand: Mai 1985) Kölnische Rück

Kölnische Rückversicherungs-Gesellschaft: Zuschlagtabellen der Kölnischen Rück für die Versic~erung erhöhter Risiken

Münchener Rück

Münchener zungsbuch

Statistisches Bundesamt

Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland, 1988

Rückversicherungs-Gesellschaft:

Einschät-