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German Pages 1191 [1192] Year 1982
Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen
Herausgegeben von Horst Heinrich Jakobs und Werner Schubert
w G_ DE
Walter de Gruyter • Berlin • New York
Sachenrecht IV Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung
w DE
1983
Walter de Gruyter • Berlin • New York
Bearbeiter dieses Bandes : Werner Schubert
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
CIP-Kurztitelaufnabme der Deutschen Bibliothek Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs! in systemat. Zsstellung d. unveröff. Quellen / hrsg. von Horst Heinrich Jakobs u. Werner Schubert. - Berlin, New York: de Gruyter. NE: Jakobs, Horst Heinrich [Hrsg.] -• Sachenrecht Sachenrecht. - Berlin; New York: de Gruyter (Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs) 4. Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung/ [Bearbeiter dieses Bd.: Werner Schüben]. - 1983: ISBN 3-11-008889-4 NE: Schubert, Werner [Bearb.]
© Copyright 1982 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung. J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., 1000 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany Satz und Druck: Ernst Kieser GmbH, Graphischer Betrieb, 8900 Augsburg Bindearbeiten: Fuhrmann KG, 1000 Berlin 36
Vorwort Das Subhastationsrecht gilt, seitdem es sich in Deutschland als selbständiges Rechtsgebiet etabliert hatte, als eine schwierige Rechtsmaterie, so daß bereits Carpzov in seiner Iurisprudentia Forensis Romano-Saxonica schreiben konnte: „ . . . quot lites, tot fere difficultates existunt circa subhastationem". 1 Hieran hat auch das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung von 1897 nur wenig geändert. Dieses Gesetz ist eines der am schwersten zugänglichen Gesetze der neuesten deutschen Rechtsgeschichte geblieben, zumal die wissenschaftliche Durchdringung des Zwangsversteigerungsrechts seit 1900 wohl wenig Fortschritte gemacht hat. Bereits Axthur Nußbaum hat dies 1916 in seinem leider bis jetzt ohne Nachfolge gebliebenen Werk: „Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung" beklagt 2 : „Man hat freilich die Zurückhaltung von dem Gebiet der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung gelegentlich auch mit dem Hinweis auf dessen technische und rechnerische Natur zu rechtfertigen gesucht. Aber das ist nur ein Vorurteil, daß sich aus der herkömmlichen Art der literarischen Behandlung des Gegenstandes erklärt. Die rechnerische Seite kann und soll dem Subalterndienst überlassen bleiben. In der Hauptsache aber ist das Zwangsversteigerungsrecht eine durchaus juristische Disziplin, deren technischer Charakter infolge ihres engen Zusammenhanges mit dem materiellen Grundbuchrecht sogar weniger ausgeprägt ist als es z. B. beim Zivilprozeß der Fall ist. Freilich bietet die Materie außergewöhnliche Schwierigkeiten; um so mehr bedarf sie der theoretischen Durcharbeitung und der didaktischen Veranschaulichung. Zu dem einen wie dem anderen Zwecke aber erscheint es unbedingt geboten, die Normen aus ihrem wirtschaftlichen Zusammenhang heraus zu entwickeln und zu prüfen; die rein formale Betrachtung muß hier in noch höherem Maße abschreckend wirken als anderwärts." Ein wichtiges Hilfsmittel für das Verständnis des Zwangsversteigerungsrechts war für Nußbaum die Entstehungsgeschichte des ZVG. In noch größerem Umfang als beim Bürgerlichen Gesetzbuch sind die authentischen Quellen zu dieser Kodifikation bislang unbekannt geblieben. Sie dürften zur Erhellung des seit 1900 fast unverändert gebliebenen ZVG für den Dogmatiker und den Rechtshistoriker in gleicher Weise nützlich sein, ohne daß damit verkannt werden soll, daß das Zwangsversteigerungsrecht seit 1900 nicht stehen geblieben ist, ist doch das „Amtslocal", wie bereits Münchmeyer 1901 festgestellt hat 3 , die eigentliche Gesetzgebungsinstanz. Die Geschichte des Rechts der Immobiliarvollstreckung in Deutschland ist, unter Berücksichtigung der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte und der Rechtspraxis, noch 1
B. Carpzov, Iurisprudentia forensis Romano-Saxonica secundum ordinem Constitutionum D. Augusti Electoris Saxoniae . . . , Francoforti ad Moenam, 1638, p. 363 (Part. I, const. XXXIII, defin. XXXV). 2 Nußbaum, aaO., S. 13. 3 C. Münchmeyer, Gefahren in der Zwangsversteigerung . . . , Hannover/Berlin 1901, S. lOOff.
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zu schreiben. Die Einleitung in die hier vorgelegte Quellenedition kann und soll lediglich die Entwicklungslinien aufzeigen und Hinweise auf die Gesetzgebung nach 1900 bringen, um den Zugang zu den Materialien zum Z V G zu erleichtern. Kiel, im Oktober 1982
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Werner Schubert
Inhalt Abkürzungsverzeichnis
XIII
Entstehungsgeschichte des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Werner Schubert) I. Überblick über die Quellen zum ZVG II. Das preußische Zwangsversteigerungsrecht (1793 — 1883) III. Das Zwangsversteigerungsrecht in Sachsen und in Bayern 1. Das sächsische Zwangsversteigerungsgesetz von 1884 2. Die bayerischen Zwangsversteigerungsgesetze von 1879/86 IV. Die Vorschläge von Reinhold Johow von 1880 unter Berücksichtigung der auf den Juristentagen von 1872 — 1875 geführten Diskussionen V. Der ZVG-Vorentwurf von 1888 und die Beratungen der 1. BGB-Kommission (1888/89) VI. Die Vorbereitung der zweiten Lesung des ersten ZVG-Entwurfs VII. Die zweite Lesung des ZVG-Entwurfs durch eine Kommission des Reichsjustizamts (1894-96) VIII. Der zweite ZVG-Entwurf im Bundesrat (1896) IX. Die Beratungen des ZVG-Entwurfs im Reichstag (1897) X. Zusammenfassende Würdigung XI. Zur Weiterentwicklung des Zwangsversteigerungsrechts bis zur Novelle von 1979
73 77 80 84 94
Zeittafel zur Entstehung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung
119
Quellenverzeichnis
121
Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 24. 3.1897 unter Berücksichtigung der bis zum „Gesetz zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften" vom 1. 2. 1979 ergangenen Änderungen
125
Einführungsgesetz zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 24. März 1897
173
1 1 5 30 30 34 43 58 69
Anhang. Gesetze und Verordnungen zum Zwangsversteigerungsrecht (1915 — 1944) . . .
176
I. Bekanntmachung über die Zwangsverwaltung von Grundstücken vom 22. 4. 1915 II. Bekanntmachung über die Geltendmachung von Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden vom 8. 6. 1916 III. Verordnungen über Maßnahmen auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung vom 26. 5. 1933 IV. Gesetz zur Verhütung mißbräuchlicher Ausnutzung von Vollstreckungsmöglichkeiten vom 13. 12. 1934 V. Verordnungen über die Behandlung von Geboten in der Zwangsversteigerung . . . 1. Verordnung über die Zurückweisung von Geboten in der Zwangsversteigerung vom 6. 4. 1938 2. Verordnung über die Behandlung von Geboten in der Zwangsversteigerung vom 30.6. 1941
176 177 181 191 191 191 192
VII
3. Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über die Behandlung von Geboten in der Zwangsversteigerung und sonstiger Vorschriften über die Zwangsvollstreckung vom 27. 1. 1944 Quellen zur Entstehung des Gesetzes Uber die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung A. 1. Kommission I. Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich . . . Buch: Sachenrecht. Vorlage des Redaktors R. Johow (1880): Achter Abschnitt. Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (§§ 492 — 565) II. Protokolle der 1. Kommission, Beratungen über die Grundsätze des Zwangsversteigerungsrechts 425. Sitzung vom 25. 3. 1885 Anlage zum Protokoll vom 25. 3. 1885. Änderungsvorschläge des Referenten. [Johow] 426. Sitzung vom 27. 3. 1885 III. Protokolle der 1. Kommission ( 8 . 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3 . 1889)... 810. Sitzung vom 8. 10. 1888 (§4) 811. Sitzung vom 10. 10. 1888 (SS 1, 2) Anlage zum Protokoll vom 10. 10.1888 (Antrag von Schmitt) 812. Sitzung vom 12. 10. 1888 (SS 2 - 6 ) 813. Sitzung vom 15. 10. 1888 (SS 6 —10) 814. Sitzung vom 17. 10. 1888 (SS 11 —13) 815. Sitzungvom 19. 10. 1888 (SS 14, 15) 817. Sitzungvom 22. 10. 1888 ($$ 1 6 - 1 9 ) 818. Sitzung vom 24. 10. 1888 ($$ 1 9 - 2 1 ) 819. Sitzungvom 30. 10. 1888 (SS21-23) 820. Sitzungvom 2. 11. 1888 (SS 2 4 - 2 7 ) 821. Sitzungvom 3. 11. 1888 (§S 23a, 2 8 - 3 1 ) 822. Sitzung vom 5. 11. 1888 (SS 29, 3 2 - 3 7 ) 823. Sitzung vom 7. 11. 1888 (SS 33, 38, 39) 824. Sitzungvom 9. 11. 1888 (SS 3 9 - 4 1 ) 825. Sitzungvom 12. 11. 1888 (SS41, 43, 44 Abs. 1) 826. Sitzungvom 14. 11. 1888 (SS 41, 42) 827. Sitzungvom 16. 11. 1888 (SS 44 Abs. 2, 42 Abs. 2, 44 Abs. 3, 4 5 - 4 7 ) 828. Sitzungvom 19. 11. 1888 (JJ 50, 51, 49 Abs. 2) 829. Sitzungvom 21. 11. 1888 ($$ 48, 49 Abs. 1, 52, 53) 830. Sitzung vom 23. 11. 1888 (SS 54 — 56) 831. Sitzung vom 26. 11. 1888 (SS 57 — 58) 832. Sitzung vom 28. 11. 1888 (SS 5 9 - 6 4 ) 833. Sitzungvom 30. 11. 1888 (SS 6 4 - 6 7 ) 834. Sitzung v o m 3. 12. 1888 (SS 6 5 - 6 7 ) 835. Sitzung vom 5. 12. 1888 (SS 6 5 - 6 7 ) 836. Sitzungvom 7. 12. 1888 (SS65-68) 837. Sitzung vom 10. 12. 1888 (SS 69 — 71) 838. Sitzungvom 12. 12. 1888 (SS73-76) 839. Sitzungvom 14. 12. 1888 ( S S 7 6 — 82) 840. Sitzungvom 17. 12. 1888 (SS 83 — 86) 841. Sitzungvom 19. 12. 1888 (SS 8 6 - 8 8 ) 842. Sitzungvom 21. 12. 1888 (SS 89, 90) 843. Sitzung vom 4. 1. 1889 (S 91) 844. Sitzung vom 7. 1.1889 (S 92) Anlage A. Bemerkungen zu dem Antrage unter I. Ziffer 2, Prot. S. 14245 (Antrag von Johow; Malzaufschlag)
VIII
194 196 196
196 206 206 212 215 220 220 223 232 235 244 251 259 266 274 282 290 302 309 319 328 332 339 345 353 362 371 379 387 396 406 414 424 431 440 448 456 466 473 475 479 487
Anlage B. Bemerkungen zu dem Antrage unter II. Ziffer 1, Prot. S. 14248 (Antrag von Schmitt; Vorrechtsordnung; Malzaufschlag) 845. Sitzung vom 9. 1. 1889 (S§ 9 2 - 9 5 ) 846. Sitzung vom 11.1. 1889 (§§ 91, 92, 96—100) 847. Sitzung vom 14. 1. 1889 (SS 101-105) 848. Sitzung vom 16. 1. 1889 (SS 106-110) 849. Sitzung vom 25. 1. 1889 (Anordnung der zu den §§ 1—98 beschlossenen Bestimmungen; § 111) 850. Sitzung vom 28. 1. 1889 (SS 112 — 115) 851. Sitzung vom 30. 1. 1889 (SS 1 1 5 - 1 1 7 ) 852. Sitzung vom 1.2. 1889 (SS 118 — 120) 853. Sitzung vom 4. 2. 1889 (SS 120, 121) 854. Sitzung vom 6. 2. 1889 (SS 122-129) 855. Sitzung vom 8. 2. 1889 (SS 130 — 134) 856. Sitzung vom 11. 2. 1889 (S 108 Abs. 2) 857. Sitzung vom 13. 2. 1889 (SS 108 Abs. 2; vorl. Zusst. § 65) 858. Sitzung vom 20. 2. 1889 (Revision) Anlage E zum Prot, vom 20. 2. 1889 (Antrag von Planck) 859. Sitzung vom 22. 2. 1889 (Revision) 860. Sitzung vom 25. 2. 1889 (Revision) 861. Sitzung vom 27. 2. 1889 (Revision) 862. Sitzung vom 1. 3. 1889 (Revision; SS 135, 136) 863. Sitzung vom 4. 3. 1889 (SS 137-142) 864. Sitzung vom 6. 3. 1889 (SS 139-148) 865. Sitzung vom 8. 3. 1889 (SS 1 4 9 - 1 6 8 ) 866. Sitzung vom 11. 3. 1889 (SS 163, 165, 166-170) 867. Sitzung vom 13.3. 1889 (SS 170-173) 868. Sitzung vom 15. 3. 1889 (S 173; Revision) 869. Sitzung vom 18. 3. 1889 (SS 174, 175, 179) 870. Sitzung vom 20. 3. 1889 (SS 176-178) 871. Sitzung vom 22. 3. 1889 (Revision) 872. Sitzung vom 25. 3. 1889 (Revision) 873. Sitzung vom 30. 3. 1889 (Schlußsitzung) Anhang. Anträge von Kommissionsmitgliedern a) Antrag Nr. 54 von Kurlbaum (8. 11. 1888) b) Antrag Nr. 56 von Kurlbaum (10. 11. 1888) c) Antrag zu dem Antrag Nr. 56 II von Kurlbaum (11.11.1888) d) Antrag Nr. 57 von Kurlbaum (11. 11. 1888) e) Antrag Nr. 59 von Kurlbaum (13. 11. 1888) f) Antrag Nr. 61 von Kurlbaum (15. 11. 1888) g) Sonstige Anträge von Kommissionsmitgliedern IV. Zusammenstellung der Beschlüsse zu dem Entwürfe eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen 1. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (SS 1 - 18 5) Erster Abschnitt. Unbewegliches Vermögen (SS 1 — 2) Zweiter Abschnitt. Zwangsvollstreckung in Grundstücke (SS 3 —185) 2. Nachträge zu der Zusammenstellung der sachlichen Beschlüsse 3. Berichtigungen zu der Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Vorschriften 4. Bemerkungen zu der Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Vorschriften
488 494 499 508 516 525 532 541 549 557 563 571 581 586 598 606 608 614 623 631 636 641 651 662 671 680 686 694 699 704 707 708 708 709 709 710 711 712 713
716 716 716 716 745 747 748
IX
5. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (SS 189 — 245: Zwangsverwaltung, Zwangsvollstreckung in Schiffe, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung in besonderen Fällen, Einführungsvorschriften) V. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, für das Deutsche Reich (Bundesrats-Drucksache Nr. 38/1889) B. Vorbereitung der zweiten Lesung I. Zusammenstellung gutachtlicher Aeußerungen . . . zu dem Entwürfe eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (1894).. II. Beschlüsse der zweiten BGB-Kommission über die Gestaltung des Rechts der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen C. Zweite Lesung (1895 -1896) 1. Vorläufige Zusammenstellung der Beschlüsse der Kommission des Reichs-Justizamts für die zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen 2. Nachträgliche Aenderungen der „Vorläufigen Zusammenstellung" (I. Beratung) II. Bemerkungen zu der Vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen I.Sitzung vom 13. 10. 1894 (SS 1 - 6 Vorl. Zust.) II. Sitzung vom 20. 10. 1894 (SS 7 - 1 5 Vorl. Zust.) III. Sitzung vom 27. 10. 1894 (SS 1 6 - 2 8 Vorl. Zust.) IV. Sitzungvom 3. 11. 1894 (SS 2 9 - 3 4 Vorl. Zust.) V. Sitzung vom 10. 11. 1894 (SS 35 - 39 Vorl. Zust.) VI. Sitzung vom 17. 11. 1894 (SS 40 - 45 Vorl. Zust.) VII. Sitzung vom 24. 11. 1894 (SS 4 8 - 5 6 Vorl. Zust.) VIII. Sitzungvom 1. 12. 1894 (SS 5 7 - 6 2 Vorl. Zust.) IX. und X. Sitzungvom 8. und 15.12. 1894 (§§ 6 3 - 6 7 Vorl. Zust.) XI. und XII. Sitzung vom 22. 12. 1894 und 5. 1. 1895 (SS 68 - 89 Vorl. Z u s t . ) . . . . XIII. Sitzung vom 12. 1. 1895 (SS 90 - 94 Vorl. Zust.) XIV. Sitzung vom 19.1. 1895 (SS 9 5 - 1 0 2 Vorl. Zust.) X V . - X V I . Sitzungvom 26. 1. und 3. 2. 1895 (SS 1 0 3 - 1 1 3 Vorl. Zust.) XVII. Sitzung vom 9. 2. 1895 (SS 1 1 4 - 1 2 2 Vorl. Zust.) XVIII. Sitzungvom 16. 2. 1895 (SS 1 2 3 - 1 2 9 Vorl. Zust.) XIX. Sitzung vom 23. 3. 1895 (SS 1 3 0 - 1 4 0 Vorl. Zust.) XXI. Sitzung vom 9. 3. 1895 (§S 74a, 141 - 146 Vorl. Zust.) XXII. Sitzung vom 16. 3. 1895 (S§ 1 4 7 - 1 4 9 Vorl. Zust.) XXIII. Sitzung vom 23. 3. 1895 (SS 1 5 0 - 1 5 8 Vorl. Zust.) XXIV. Sitzung vom 30. 3. 1895 (SS 159—162 Vorl. Zust.) XXV. Sitzung vom 6. 4. 1895 (SS 163 — 169 Vorl. Zust.) XXVI. und XXVII. Sitzung vom 11. und 16. 4. 1895 (§§ 170 — 188 Vorl. Zust.) .. XXXIV. Sitzung vom 22. 6. 1895 (SS 1 8 9 - 1 9 9 Vorl. Zust.) XXXV. Sitzungvom 27. 6. 1895 (SS 2 0 0 - 2 1 0 Vorl. Zust.) XXXVI. Sitzung vom 29. 6. 1895 (§S 2 1 1 - 2 2 3 Vorl. Zust.) XXXVII. bis XXXIX. Sitzung v o m 4., 6. und 13. 7. 1895 (SS 2 2 4 - 2 4 5 Vorl. Zust.) D. Bundesrat 1.1. Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung 2. Entwurf eines Einführungsgesetzes zu dem Gesetze über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung
X
750 751 804 804 830 833
833 868
880 880 888 895 901 904 909 915 918 923 928 942 947 951 961 966 968 976 982 984 988 993 997 1003 1006 1010 1013 1023 1023 1047
3. Zusammenstellung der aus Anlaß des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in Aussicht genommenen Aenderungen der Civilprozeßordnung und der Konkursordnung [Anlage I.] II. Zusammenstellung der Aeußerungen der Bundesregierungen zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung sowie dem zugehörigen Entwurf eines Einführungsgesetzes, gefertigt im Reichs-Justizamt III. Anträge der Bundesstaaten und des Reichsjustizamts zum ZVG-Entwurf 1. Antrag Badens zu dem ZVG-Entwurf (1. 10. 1896) 2. a) Anträge Bayerns zum ZVG-Entwurf (8. 10. 1896) b) Nachtrag zu den Anträgen Bayerns zum ZVG-Entwurf (9.10. 1896) 3. Antrag Bremens zum ZVG-Entwurf (8. 10. 1896) 4. Antrag Elsaß-Lothringens zum ZVG-Entwurf (13. 10. 1896) 5. Antrag von Hessen-Darmstadt zum ZVG-Entwurf (8. 10. 1896) 6. Anträge von Lübeck, Bremen und Hamburg zum ZVG-Entwurf (7. 10. 1896) 7. Anträge von Mecklenburg-Schwerin zum ZVG-Entwurf (7. 10. 1896) 8. Antrag des Reichs-Justizamts zum ZVG-Entwurf (13. 10. 1896) 9. Anträge Sachsens zum ZVG-Entwurf (5. 10. 1896) 10. Bemerkungen Sachsen-Weimars zum ZVG-Entwurf (5. 10. 1896) IV. Berichte über die 1. Lesung im Justizausschuß 1. Bericht von Heller (Bayern) vom 13. 10. 1896 über die Sitzung am 13. 10. 1896 (S§ 1 — 43 des Entwurfs) 2. Bericht von Heller (Bayern) vom 17. 10. 1896 über die Sitzung am 15. 10. 1896 (§§ 44 - 54 des Entwurfs) 3. Bericht von Heller (Bayern) vom 18. 10. 1896 über die Sitzung am 16. 10. 1896 (§§ 55 —173 des Entwurfs) 4. Bericht von Heller (Bayern) vom 19. 10. 1896 über die Sitzung am 17. 10. 1896 (Einführungsgesetz) 5. Bericht von Klügmann (Hanseatische Gesandtschaft) vom 17. 10. 1896 über die Sitzungen vom 1 3 . - 1 7 . 10. 1896 V. Vorschläge und Anträge zur 2. Lesung im Justizausschuß 1. a) Vorschläge für die zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung sowie des zugehörigen Entwurfs eines Einfuhrungsgesetzes auf Grund der von dem Ausschusse des Bundesraths für Justizwesen in erster Lesung gefaßten Beschlüsse b) Vorschlag des Reichs-Justizamts zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (§ 44 a) c) Vorschlag des Reichs-Justizamts zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (S 59 c) d) Vorschlag des Reichs-Justizamts zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (berichtigt) e) Aenderungen zu den Vorschlägen für die zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung sowie des zugehörigen Entwurfs eines Einführungsgesetzes auf Grund der von dem Ausschusse des Bundesraths für Justizwesen in erster Lesung gefaßten Beschlüssen 2. Anträge Bayerns zur 2. Lesung des zweiten ZVG-Entwurfs (29. 10. 1896) 3. Anträge von Hessen-Darmstadt zur 2. Lesung des zweiten ZVG-Entwurfs (29. 10. 1896) 4. Anträge von Mecklenburg-Schwerin zur 2. Lesung des zweiten ZVG-Entwurfs (24. 10. 1896) 5. Anträge Sachsens zur 2. Lesung des zweiten ZVG-Entwurfs (5. 11. 1896) . . . . 6. Anhang. Stellungnahmen Bayerns zu den Vorschlägen des Reichsjustizamts und Hessen-Darmstadts
1050
1053 1058 1058 1059 1060 1061 1061 1061 1065 1066 1070 1070 1073 1075 1075 1078 1082 1086 1088 1089
1089 1094 1094 1094
1095 1097 1099 1101 1102 1104
XI
a) Stellungnahme vom 27. 10. 1896 zum Vorschlag des Reichsjustizamts (§ 44 a) b) Stellungnahme vom 2. 11. 1896 zum Vorschlag Hessen-Darmstadts (Gesamthypothek) c) Stellungnahme Bayerns vom 23. 11. 1896 zum neuen Vorschlag des Reichsjustizamts (§ 59 c) VI. Bericht von Heller (Bayern) vom 26. 11. 1896 über die 2. Lesung des ZVG-Entwurfs im Justizausschuß am 25. 11. 1896 VII. Abschließende Berathung des ZVG-Entwurfs im Justizausschuß und Verabschiedung der Vorlagen im Plenum 1. Stellungnahme Bayerns vom 5.12. 1896 zum Antrage des Justizausschusses... 2. Vorschläge, betreffend Berichtigungen des Antrags des Ausschusses für Justizwesen zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und dem zugehörigen Entwurf eines Einführungsgesetzes (Bundesraths-Drucksache Nr. 149) 3. Nachtrag vom 9. 12. 1896 zu dem Antrage des Ausschusses für Justizwesen zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und dem zugehörigen Entwurf eines Einführungsgesetzes (Nr. 149 der Drucksachen) 4. Bericht von Heller (Bayern) vom 10. 12. 1896 über die Sitzung des Justizausschusses am 9. 12. 1896 und des Plenums am 10. 12. 1896 5. Protokoll über die Sitzung des Bundesratsplenums am 10. 12. 1896 (§ 721 der Protokolle) E. Reichstag I. Reichstagsvorlage (Aktenstück Nr. 607 vom 12. 12. 1896; Legislaturperiode IV, Session 1895/97) 1. Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung 2. Entwurf eines Einführungsgesetzes zu dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung II. Abänderungsanträge von Mitgliedern XVI. Kommission III. Berichte von Heller (Bayern) über die Sitzungen der XVI. Kommission 1. Bericht vom 15. 1. 1897 über die Sitzung am 15. 1. 1897 2. Bericht vom 19. 1. 1897 über die Sitzung am 19. 1. 1897 3. Bericht vom 20. 1. 1897 über die Sitzung am 20. 1. 1897 4. Bericht vom 21. 1. 1897 über die Sitzung am 21. 1. 1897 5. Bericht vom 22. 1. 1897 über die Sitzung am 22. 1. 1897 6. Bericht vom 26. 1. 1897 über die Sitzung am 26. 1. 1897 7. Bericht vom 28. 1. 1897 über die Sitzung am 28. 1. 1897 8. Bericht vom 30. 1. 1897 über die Sitzung am 29. 1. 1897 9. Bericht vom 3. 2. 1897 über die Sitzung am 3. 2. 1897 10. Berichtvom 13.2. 1897 über die Sitzung am 13.2. 1897 IV. Beschlüsse der Redaktions-Kommission der XVI. Kommission zum Entwürfe eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung sowie zu dem zugehörigen Entwurf eines Einführungsgesetzes (Nr. 607 der Drucksachen) Register der Antragsteller Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. BGB-Kommission Nachweis der Paragraphen des Entwurfs eines Gesetzes für das Deutsche Reich, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen von 1888 Vergleichende Gegenüberstellung der Paragraphennummern in der alten (1877) und der neuen Fassung der Konkursordnung (1898)
XII
1104 1107 1108 1109 1116 1116
1121
1121 1122 1124 1126 1126 1126 1128 1129 1140 1140 1142 1143 1145 1147 1148 1150 1152 1154 1156
1161 1163 1164 1172 1174
Abkürzungsverzeichnis Aeußerungen zum B.G.B,
a. F.
Anhalt. Gesetze
Anlage D Arch. f. d. civ. Prax. (AcP) Arch. f. Bürg. Recht Art. BankArch. Bayr. Gesetz vom 29. 5. 1886 (Subhastations-Novelle) Bayr. Subhastationsordnung von 1879
BayHStA Bern.
BGB (B.G.B.)
B.G.B. I B.G.B. II
BGBl.
Zusammenstellung der Aeußerungen der Bundesregierungen zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, gefertigt im Reichs-Justizamt, Bd. I - V I (1891 ; Neudruck 1967). Alte Fassung eines Gesetzes. Subhastations-Gesetz vom 10. 5. 1879 (Gesetz-Sammlung für das Herzogthum Anhalt, 1879, S. 489-513), Ausführungs-Gesetz zur Deutschen Civilprozeß-Ordnung vom 10. 5. 1879 (Gesetz-Sammlung für das Herzogthum Anhalt, 1879, S. 447-460). Bemerkungen zu der Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen (1889; unten S. 748 ff. abgedruckt). Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift), begründet 1818. Archiv für Bürgerliches Recht, hrsg. von J. Kohler und V. Ring (begründet 1889). Artikel Bank-Archiv Gesetz, Aenderungen der Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen betreffend (Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern, 1886, S. 239-258). Gesetz, die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen wegen Geldforderungen betreffend (Subhastationsordnung) vom 23. 2. 1879 (Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern, 1879, S. 203-269); ergänzt durch die Novelle von 1886. Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Bemerkungen zu der Vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse für die zweite Lesung eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (1894/ 95). Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung vom 18. 8. 1896 (RGBl. 1896, S. 195). Je nach Zusammenhang kann auch der 1., 2. oder 3. BGBEntwurf gemeint sein. Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. 1. Lesung. 1888 (1. Entwurf). Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Nach den Beschlüssen der Redaktionskommission. Zweite Lesung, 1894, 1895; sogn. 2. Entwurf. Bundesgesetzblatt für den Norddeutschen Bund (1867 — 1870) oder: Bundesgesetzblatt (Teil I) [für die Bundesrepublik Deutschland]. XIII
Braunschw. Gesetz von 1879
BRVorl.
Gesetz, die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen wegen Geldforderungen betreffend, vom 10. Juli 1879 (Gesetz- und Verordnungssammlung für die Herzoglich Braunschweigischen Lande, 66ster Jg. 1879, S. 317 — 360). Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in der Fassung der Bundesratsvorlage (14. 3. 1896).
BT-DS
Drucksachen des Bundestages (zitiert nach Legislaturperiode und Nummer).
C P O (C.P.O./Civ.Pr.O.)
Civilprozeßordnung vom 30. 1. 1877 (RGBl. 1877, 83). Vergleichende Gegenüberstellung zur Z P O von 1898 im Band Sachenrecht III: Grundbuchordnung, S. 695ff.
Dernburg
Das Preußische Hypothekenrecht. 2. Abth., Leipzig 1891, von Heinrich Dernburg. Deutsche Hausbesitzer-Zeitung Deutsche Justiz Deutscher Juristentag Deutsche Juristen-Zeitung Zeitschrift des Deutschen Notarvereins Deutsches Recht
DHausbZ DJ DJT DJZ DNotV DR EI Ell EGBGB Einf.Ges. Entw. Geh.StA Berlin-Dahlem Gruchot-Beiträge GBO (G.B.O. oder Gr.B.O.)
Hahn/Mugdan
Hess. Gesetz von 1879
Je nach Zusammenhang 1. Entwurf des ZVG oder des BGB. Je nach Zusammenhang 2. Entwurf des ZVG oder des BGB. Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 (RGBl. 1896, 604). Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich. Erste Lesung . . . nebst Motiven, 1888. ZVG-Vorentwurf von 1888. — Je nach Zusammenhang kann auch der 1. ZVG-Entwurf von 1889 gemeint sein. Geheimes Staatsarchiv Berlin-Dahlem. Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts. Begründet v o n j . A. Gruchot (Zeitschrift; Bd. 1 erschienen 1857). Grundbuchordnung vom 24. 3. 1897 (RGBl. 1897, 139). - In den Quellen bis Mitte 1896 ist mit „Gr.B.O." grundsätzlich der 1. GBO-Entwurf von 1888 gemeint. — Vor 1888 ist unter „Gr.B.O." der 1. GBO-Vorentwurf von 1883 zu verstehen. Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen. Bd. 5: Materialien zum Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung und zur Grundbuchordnung, 1897. Gesetz, die Ausführung der Deutschen Civilprozeßordnung und Konkursordnung betreffend, vom 4. 6. 1879 (Großherzoglich-Hessisches Regierungsblatt 1879, S. 251 —308; Art. 4 9 - 6 8 , 110-181).
Hess. Gesetz von 1858
Gesetz, das Pfandrecht betreffend, vom 15. 9. 1858 (Großherzoglich-Hessisches Regierungsblatt 1858, S. 449 —496) oder: Gesetz, die Rangordnung der Gläubiger betreffend, vom 15.9. 1858, S. 497-504).
HGB (H.G.B.)
Handelsgesetzbuch (alte Fassung im BGBl. 1869, 404; neue Fassung im RGBl. 1897, S. 219).
XIV
Jäckel
JZ KE (K.E.)
K O (K.O./Konk.O.)
Krech u. Fischer
KTS L.W.R. LZ Mecklenburg. Verordnung von 1879
Mot.
Mugdan
n. F. NJW Preuß. Gesetz von 1872
Preuß. Gesetz von 1879 Preuß. Gesetz von 1883 Preuß. ZVG
Die Zwangsvollstreckung in Immobilien,... mit einem ausführlichen Kommentar in Anmerkungen von Paul Jäckel, 3. Aufl., Berlin 1893. Juristenzeitung Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der 1. Beratung der 1. Kommission (1884/1887; sogn. Kommissionsentwurf). Konkursordnung (alte Fassung vom 10. 2. 1877, RGBl. 1877, S. 351; neue Fassung vom 17. 5. 1898, RGBl. 1898, S. 230); Konkordanzverzeichnis in diesem Band S. 1174. Das Preußische Gesetz, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen vom 13. Juli 1883 . . . , hrsg. mit Einleitung, Kommentar in Anmerkungen . .. von J. Krech und O. Fischer, 3. Aufl., Berlin und Leipzig 1894. Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen. Landwirtschaftsrat (Verhandlungen) Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Verordnung, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen wegen Geldforderungen vom 24. 5. 1879 (Regierungsblatt für das Großherzogthum Schwerin, 1879, S. 2 5 3 - 2 8 0 ) . Motive zum 1. ZVG-Entwurf von 1889. — Je nach Zusammenhang können auch die Motive von Achilles zum Vorentwurf von 1888 oder die Motive zum 1. BGB-Entwurf von 1888 gemeint sein. Die gesammten Materialien zum BGB (1899; enthaltend die Motive zum 1. Entwurf und die Protokolle der 2. Kommission). Neue Fassung eines Gesetzes. Neue Juristische Wochenschrift Gesetz über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Gerechtigkeiten (Gesetz-Sammlung für die Preußischen Staaten, 1872, S. 4 3 3 - 4 4 5 ) . Gesetz, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Gesetz-Sammlung 1879, S. 102-108). Siehe preuß. ZVGvom 13. 7. 1883. Gesetz, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen vom 13. 7. 1883 (preuß.G.S. 1883, S. 131 — 188).
Prot. I (P. I)
Prot. II (P. II)
RGBl. Recht Rpfleger
Protokolle der [1.] Kommission zur Ausarbeitung eines bürgerlichen Gesetzbuchs (1881/1889; zitiert nach der metallographierten Handschrift). Protokolle der [2.] Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich (1891/1896; abgedruckt in der amtlichen Ausgabe von 1897/1899 und bei Mugdan). Reichsgesetzblatt Zeitschrift: „Das Recht." Der Deutsche Rechtspfleger
XV
RTVorl.
SächsArch Sachs. Gesetz (SubhastationsOrdnung) von 1884
TE-SachR Vorl. Zu(s)st.
Weim. Gesetz
Württemb. Gesetz von 1879
ZPO ZStA Zusst. gutachtlicher Aeußerungen ZVG ZVG-VE
Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in der Fassung der Reichstagsvorlage (12. 12. 1896). Sächsisches Archiv für Rechtspflege (ab 1906) Gesetz, betreffend die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung unbeweglicher Sachen vom 15. 8. 1884 (Gesetzund Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1884, S. 2 2 3 - 2 6 7 ) . Teilentwurf zum Sachenrecht von Johow{ 1880); Nachdruck, hrsg. von W. Schubert 1982. Vorläufige Zusammenstellung der Beschlüsse der Kommission des Reichs-Justizamts für die zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (I. Beratung; 1895/96). Gesetz über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen vom 12. 5. 1879 (Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1879, S. 277-307). Gesetz, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen vom 18. 8. 1879 (Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahre 1879, S. 191-201). Zivilprozeßordnung in der Fassung vom 20. 5. 1898 (RGBl. 1898,410). Zentrales Staatsarchiv (Merseburg oder Potsdam). Zusammenstellung gutachtlicher Aeußerungen zum 1. ZVGEntwurf von 1889 (im Reichsjustizamt angefertigt; 1894). Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 24. 3. 1897 (RGBl., S. 9 7 - 1 3 4 ) . Entwurf eines Gesetzes für das Deutsche Reich, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen von Jobow( 1888; sogn. Vorentwurf).
Hinweise zur Benutzung der Quellenedition: Im Anschluß an die einzelnen Bestimmungen des ZVG von 1897 (S. 125 ff.) wird auf den ZVG-Entwurf von 1889 verwiesen. Die Quellen zu diesem Entwurf werden durch die Nachweise auf den S. 751 ff. erschlossen. Auf die „Vorläufige Zusammenstellung" von 1894/95 und die „Bemerkungen" zu dieser Zusammenstellung ist bei den Bestimmungen des ZVG von 1897 (S. 125 ff.) hingewiesen. Anhand der Bestimmungen der BRVorl. und der RTVorl., die ebenfalls beim ZVG von 1897 genannt sind, können die Beratungen des Justizausschusses, des Bundesrates und die Beratungen der XVI. Kommission des Reichstags verfolgt werden.
XVI
Entstehungsgeschichte des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung von Werner Schubert I. Überblick über die Quellen zum ZVG1 Während die Vereinheitlichung des formellen Grundstücksrechts in der 1. BGBKommission auf größere Hindernisse stieß, bereitete die Kodifizierung des Rechts der Zwangsversteigerung in das unbewegliche Vermögen keine Schwierigkeiten. Denn 1877 hatte man nur deswegen von einer Regelung dieses Rechtsgebiets in der CPO abgesehen, weil das Immobiliarrecht innerhalb des Deutschen Reichs noch zu zersplittert war 2 . Mit der 1874 in Angriff genommenen Vereinheitlichung des materiellen und formellen Grundstücksrechts war nun der Weg frei, auch das Zwangsversteigerungsrecht zu vereinheitlichen. Sehr schnell einigte man sich in der 1. BGB-Kommission darüber, auf welchen Grundsätzen das gesamtdeutsche Zwangsversteigerungsrecht beruhen sollte, da Sachsen und Bayern das neuere preußische Subhastationsrecht noch Mitte der achtziger Jahre rezipiert hatten. Allerdings bestanden unter den preußischen Vertretern einerseits und den Juristen der Mittelstaaten andererseits über viele wichtige Einzelprobleme unterschiedliche Vorstellungen. Über die Frage, wo das Subhastationsrecht geregelt werden sollte, wurde relativ früh eine Vorentscheidung getroffen. Zur Wahl standen drei Möglichkeiten : Regelung in einem Spezialgesetz, Regelung in der CPO oder Regelung teils im BGB (materielles Subhastationsrecht) und in einem Spezialgesetz bzw. der CPO (formelles Subhastationsrecht). Letztere vom Redaktor Johow vorgeschlagene Variante wurde von der 1. BGB-Kommission bereits 1885 verworfen. Auch eine Einbeziehung des Subhastationsrechts in die Zivilprozeßordnung wurde zwar diskutiert, kam aber ebenfalls nicht ernsthaft in Betracht, da alle größeren Bundesstaaten diese Rechtsmaterie in Spezialgesetzen geregelt hatten, die das materielle und formelle Zwangsversteigerungsrecht zusammenfaßten. Nach dem Vorbild der neueren Subhastationsgesetze schlug Johow 1888 der 1. Kommission deshalb vor, das Zwangsversteigerungsrecht in einem Spezialgesetz zu normieren 3 , zu dem er einen 1
Über sämtliche in diesem Überblick genannten Quellen und Daten vgl. das Quellenverzeichnis und die chronologische Übersicht. 2 In den Motiven zum CPO-Entwurf in der Fassung der Reichstagsvorlage heißt es dazu: „Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen einschließlich des mit derselben verbundenen Aufgebots- und Vertheilungsverfahrens hängt derart mit dem Eigenthumsund Hypothekenrechte zusammen, daß die erforderlichen Bestimmungen der Landesgesetzgebung überlassen werden müssen . . ( H a h n , Die gesammten Materialien zur Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetz zu derselben vom 30. Januar 1877, Abth. 1, 1880, S. 462). 3 Die Frage, ob die 1. BGB-Kommission überhaupt befugt war, einen ZVG-Entwurf aufzu-
1
Entstehungsgeschichte des ZVG
Entwurf vorlegte, der von Oktober 1888 bis Ende März 1889 von der Kommission beraten wurde. Nachdem die 1. Kommission den ZVG-Entwurf am 30. 3. 1889 verabschiedet hatte, wurde dieser zusammen mit Motiven vom Bundesrat veröffentlicht. Alle übrigen authentischen Materialien blieben zunächst geheim. Wie hinsichtlich des Entwurfs einer Grundbuchordnung übertrug der Bundesrat im Herbst 1890 auch die 2. Lesung des ZVG-Entwurfs dem Reichsjustizamt. Dieses setzte im Herbst 1894 eine interne Kommission, der außer Mitgliedern des Reichsjustizamts nur noch preußische Juristen angehörten, ein, nachdem die 2. BGB-Kommission das Sachenrecht und einige das Subhastationsverfahren betreffende Fragen beraten hatte. Zur Vorbereitung der 2. Lesung fertigte Greiff im Reichsjustizamt eine Zusammenstellung der bekanntgewordenen Kritiken an. Die Neufassung des Entwurfs lag Anfang 1896 vor und wurde dem Bundesrat noch vor der Verabschiedung des BGB durch den Reichstag am 9. 3. 1896 zusammen mit einer Denkschrift vorgelegt. Die Beratungen im Justizausschuß des Bundesrates fanden allerdings erst im Herbst 1896 statt, und zwar auf der Grundlage der zahlreichen von den Bundesregierungen eingereichten Änderungsanträge. Die hier beschlossenen Modifikationen waren so zahlreich, daß der Justizausschuß dem Plenum des Bundesrates eine neue Redaktion des Entwurfs vorlegte, die am 10. 12. 1896 genehmigt wurde. In den Verhandlungen in der Kommission und im Plenum des Reichstags im Januar und Februar 1897 kamen die Grundlagen des Entwurfs nochmals zur Sprache, ohne daß aber noch größere Änderungen erfolgten. Die endgültige Fassung des ZVG wurde vom Reichstag am 8. 3. und vom Bundesrat am 18. 3. 1897 verabschiedet. Das Gesetz wurde am 24. 3. 1897 vom Kaiser vollzogen und am 3. 4. 1897 zusammen mit der Grundbuchordnung bekanntgemacht. Ähnlich wie die Grundbuchordnung beruht auch das ZVG im wesentlichen auf den Beschlüssen der beiden BGB-Kommissionen, so daß es gerechtfertigt erscheint, die Quellen zu dieser Kodifikation im Rahmen der Edition: „Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs" herauszugeben. Für die zweite Lesung war die Kontinuität mit den Arbeiten der 1. Kommission dadurch gewährleistet, daß vor allem Alexander Achilles, der Mitautor des ZVG-Vorentwurfs von 1888, die zweite Lesung durch zahlreiche Anträge maßgeblich gefördert hat. Hinzu kamen noch die Anträge von Struckmann, die vor allem auf die in den Kommissionen befolgte Redaktionsweise Bedacht nahmen. Von der 1. BGB-Kommission wie auch vom Reichsjustizamt wurden das materielle Grundstücksrecht, das formelle Grundbuchrecht und das Zwangsversteigerungsrecht als eine Einheit angesehen, so daß das Immobiliarrecht insgesamt in seinen Grundlagen nur voll überschaubar ist, wenn man auch die Quellen zum ZVG miteinbezieht. Im übrigen weist gerade die Entstehungsgeschichte des ZVG aus dogmatischer und rechtspolitischer Sicht so vielfältige Aspekte auf, daß ein wesentlicher Teil der Arbeiten der BGB-Kommissionen unberücksichtigt bliebe, wollte man die Quellen zum ZVG ungedruckt lassen. Wie im Quellenband zur Grundbuchordnung werden auch in dem vorliegenden Band die bislang ungedruckten unmittelbaren Quellen im wesentlichen vollständig wiedergegeben. Dies gilt insbesondere für die grundlegenden Quellen zum ersten ZVG-Entwurf von 1889: das materiellrechtliche Subhastationsrecht des Teilentstellen, war durch einen dahingehenden Beschluß des Bundesrates vom 14. 6. 1888 positiv entschieden worden (vgl. Schubert: Die Beratung des BGB, Materialien zur Entstehungsgeschichte des BGB, 1978, S. 328).
2
I. Überblick über die Quellen zum ZVG
wurfs von Johow und die Protokolle der 1. BGB-Kommission, ergänzt um die Namen der Antragsteller. Wiedergegeben wird auch der erste ZVG-Entwurf mit den in der Bundesratsvorlage enthaltenen Nachweisen der amtlichen Quellen. Nicht mitabgedruckt werden wegen ihres Umfangs und ihrer relativen Bedeutungslosigkeit für den weiteren Fortgang der Arbeiten die Redaktionsvorlage von Johow und die erste Redaktionsfassung. Abgedruckt wird lediglich die von der Redaktionskommission endgültig verabschiedete Redaktionsfassung, auf deren Basis der 1. Entwurf verabschiedet wurde. Die als Manuskript gedruckten Begründungen zum Subhastationsrecht des Sachenrechts-Teilentwurfs und des ZVG-Vorentwurfs von 1888 werden im Rahmen der Edition: „Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches" vorgelegt 4 , konnten also hier unberücksichtigt bleiben. Nicht nachgedruckt werden die 1889 im Buchhandel erschienenen Motive des 1. ZVG-Entwurfs von 1889, da diese über die Redaktorenmotive und das im vorliegenden Band enthaltene Quellenmaterial hinaus so gut wie keine neuen Gesichtspunkte bringen. Aus den Quellen zur Vorbereitung zur 2. Lesung werden mitgeteilt die Zusammenstellung der kritischen Äußerungen von Greiff sowie die Beschlüsse der 2. BGB-Kommission zum Subhastationsrecht. Ob noch weiteres Quellenmaterial, insbesondere, wie für die Grundbuchordnung, eine gutachtliche Stellungnahme von Achilles vorlag, läßt sich nicht mehr feststellen, da die Akten des Reichsjustizamts zum ZVG nicht auffindbar sind. Zu den umfangreichen Quellen der 2. Lesung gehören 108 Anträge von Kommissionsmitgliedern, die „Vorläufige Zusammenstellung" der Beschlüsse I. und II. Beratung, der 2. Entwurf, eine Zusammenstellung weiterer nachträglicher Änderungen sowie die „Bemerkungen zu der Vorläufigen Zusammenstellung" als Motivierung der Beschlüsse I. Beratung. Wiedergegeben werden in dieser Edition die „Vorläufige Zusammenstellung" I. Beratung und die „Bemerkungen", die insoweit eine gegenüber den späteren „Denkschriften" erheblich umfangreichere Motivierung der Beschlüsse der Kommission des Reichsjustizamts bringen. Die in II. Beratung gefaßten Beschlüsse werden weggelassen, da hierzu eine Begründung nicht mehr vorliegt. Abweichungen des zweiten Entwurfs von der Bundesratsvorlage werden in den Fußnoten zur letzteren mitgeteilt. Nicht rechtfertigen ließ sich auch der Abdruck der insgesamt sehr umfangreichen Anträge, deren Kenntnis zum Verständnis der Neufassung des Entwurfs nicht erforderlich erscheint, zumal auch die „Bemerkungen" auf sie nicht eingehen. Im übrigen betreffen rund 90 Prozent der Anträge nur Randfragen oder die Redaktion. Lediglich einige wenige Anträge, die aber insgesamt das System des 1. Entwurfs nicht in Frage stellten, zielten auf größere Änderungen; sie stammten meist von Achilles, seltener von Skonietzki, während die anderen Kommissionsmitglieder, insbesondere Struckmann, wenig neue Gesichtspunkte beisteuerten. Da sämtliche Kommissionsmitglieder aus Preußen kamen und insoweit auch primär preußische Interessen wahrnahmen, war die Spannweite der Anträge nicht sehr groß, zumal bereits der 1. ZVG-Entwurf weitgehend auf die preußischen Interessen zugeschnitten war. Hinzu kommt noch, daß sich ein Großteil der Anträge auf die II. Beratung bezieht, so daß zum Verständnis dieser Anträge auch die umfangreichen Beschlüsse II. Beratung hätten mitgeteilt werden müssen5. * Sachenrecht, Teil 2 und 3, 1982. 5 Insgesamt würden die ungedruckten Materialien mindestens 250 Druckseiten umfassen. Sie sind in einer Metallographie im Geh. StA Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 6081, zugänglich.
3
Entstehungsgeschichte des ZVG
Dagegen sind die Quellen zu den Beratungen im Justizausschuß und im Plenum des Bundesrates vollständig mitgeteilt; sie können besonderes Interesse beanspruchen, da hier die Belange der süddeutschen Staaten mit ihrem stark zersplitterten Grundbesitz ausführlich zur Sprache kamen. Für die Reichstagsverhandlungen ist zunächst auf die Quellenausgabe von Hahn/Mugdan zu verweisen. Ergänzend werden hier noch die Anträge der Mitglieder der XVI. Kommission und die detaillierten Berichte von v. Heller (Bayern) mitgeteilt; soweit notwendig werden auch die nicht sehr umfangreichen Protokolle der Reichstagskommission herangezogen. Wie bereits die Quellen zur Grundbuchordnung sind auch die Quellen zum ZVG in chronologischer Reihenfolge unzerteilt wiedergegeben. Das Quellenmaterial wird erschlossen durch die Hinweise bei den Bestimmungen des Gesetzes und des 1. Entwurfs. Die so gut wie unbekannte Entstehungsgeschichte des ZVG habe ich im folgenden näher beschrieben, ohne aber damit in Anspruch nehmen zu wollen, das Quellenmaterial vollständig zu erschließen. Da das moderne deutsche Zwangsversteigerungsrecht stark vom preußischen Recht beeinflußt ist, wird auch auf die Entstehungsgeschichte des preußischen ZVG von 1883 einschließlich der von diesem abhängigen sächsischen und bayerischen Gesetze eingegangen 6 . Um das Ausmaß der Neuerungen, die mit dem preußischen ZVG verbunden waren, zu verdeutlichen, wird auch die Rechtsentwicklung in Preußen insbesondere im 19. Jahrhundert behandelt. Da hierfür neuere rechtshistorische Vorarbeiten, auf die sich der Herausgeber hätte stützen können, nicht vorliegen, muß dieser Überblick, der sich zum Teil auf die auch heute noch lesenswerte Einleitung im Kommentar von Krech und Fischer7 stützt, kursorisch bleiben. — Nicht näher eingegangen wird auf das französische Zwangsvollstreckungsrecht des Code civil und des Code de procédure civile, da dieses insoweit die deutsche Rechtsentwicklung nicht weiter beeinflußt hat 8 . Es galt als die am wenigsten gelungene Institution des französischen Rechts und war in Deutschland in den rheinisch-französischrechtlichen Gebieten bald erheblich reformiert worden. Da die wenigen nach 1900 ergangenen Ergänzungen des ZVG 9 die Struktur dieser Kodifikation unverändert gelassen haben, sind die hier abgedruckten Materialien nicht nur von rechthistorischem Interesse. Darüber hinaus ist es sehr reizvoll, die wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe zu verfolgen, die zu einer grundlegenden Umformung des Subhastationsrechts im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts führten. Auf einem für seine Zeit außerordentlich hohen Niveau stehen insoweit die Motive von Johow zu den materiellrechtlichen Zwangsvollstreckungsbestimmungen von 1880. Anhand der Entstehungsgeschichte des ZVG läßt sich das Bemühen insbesondere der 1. Kommission verfolgen, das Zwangsversteigerungsrecht dogma6
Das Subhastationsrecnt der anderen größeren Bundesstaaten habe ich nicht behandelt, da es bei der Entstehung des ZVG eine nur geringe Rolle spielte. Es ist im einzelnen nachgewiesen bei R. Johow, Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, . . . Buch. Sachenrecht. Begründung. Bd. 3, 1880, S. 1950ff.; Achilles, Begründung des Entwurfes eines Reichsgesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, Berlin 1888-1889, S. l f f . 7 J. Krech u. O. Fischer, Das preußische Gesetz, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen vom 13. Juli 1883, 1884. S. 31 ff. (3. Aufl. 1894). 8 Lediglich das bayr. Subhastationsrecht der CPO von 1869 war teilweise vom franz. Recht beeinflußt (vgl. unten S. 34 ff.). 9 Diese Änderungen sind im Anschluß an den Gesetzestext mitgeteilt.
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II. Das preußische Zwangsversteigerungsrecht (1793— 1883) tisch dem Standard der übrigen Gesetze und Entwürfe anzugleichen, ein Versuch, den man nur dann richtig würdigen kann, wenn man sich den desolaten Zustand der partikularen Dogmatik auf diesem Rechtsgebiet vor Augen hält. Ferner bietet die Entstehungsgeschichte des 2 V G einen guten Einblick in die Praxis der Rechtsvereinheitlichung, die, wie im materiellen und formellen Grundstücksrecht, auch im Zwangsvollstreckungsrecht nur durch einen Interessenausgleich zwischen Preußen und den Mittelstaaten zustande kommen konnte. Diese und andere Gesichtspunkte lassen es reizvoll erscheinen, sich als Rechtshistoriker auch und gerade mit dem Zwangsversteigerungsrecht zu befassen.
II. Das preußische Zwangsversteigerungsrecht (1793 — 1883) Obwohl seit Mitte der siebziger Jahre feststand, daß zusammen mit der Vereinheitlichung des Immobiliarrechts auch das Subhastationsrecht vereinheitlicht werden würde, hat Preußen noch 1883 auf der Grundlage des Deckungs- und Übernahmeprinzips sein Zwangsversteigerungsrecht reformiert. Diesem Beispiel folgten 1884 das Königreich Sachsen und 1886 Bayern. Das Gesetz von 1883 gestaltete grundsätzlich nur das materielle Subhastationsrecht um, während die verfahrensrechtlichen Bestimmungen dieses Gesetzes auf dem überkommenen Recht beruhten. Das Subhastationsrecht der Allgemeinen Gerichtsordnung hatte sich im wesentlichen dem gemeinen Subhastationsrecht angeschlossen, das sich auf der Grundlage des rezipierten römischen Rechts und des überkommenen deutschen Vollstrekkungsrechts herausgebildet hatte 10 . Während sich nach römischem Recht die Ver-
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Eine Darstellung der Entstehung und der Grundsätze des gemeinrechtlichen Subhastationsverfahrens von ihren Anfängen in Oberitalien an fehlt. Außer der Darstellung bei Krech/Fischer, aaO, S. 20 ff., existiert noch ein kurzer Abriß bei A. Nußbaum: Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Tübingen 1916, S. 285ff. (Hinweise auf die ältere Literatur auf S. 287), und bei R. Raab: Die historische Entwicklung der Zwangsversteigerung von Grundstücken, in: Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, Bd. LVIII (1922), S. 457ff., bes. S. 520ff.; bedeutsame Teilaspekte behandelt B. Pick: Die Immobiliar-Schätzung im Rahmen des Exekutionsmittel-Systemes in: Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart (Grünhut's Zeitschrift), Bd. 23 (1896), S. 229ff., bes. S. 300ff., mit ausführlichen Quellennachweisen. - Die Anfänge der gerichtlichen Pfandverwertung sind in Italien zu suchen (vgl. Krech/Fischer, aaO, S. 21). Von der nicht immer zuverlässigen älteren Literatur sind hervorzuheben: Carl Wilhelm Heinemann: Die Subhastation nach rationalen und politischen Grundsätzen, nach gemeinen deutschen Rechten und nach großherzoglich-sächsischen Gesetzen im Zusammenhalte mit den königlich-sächsischen, preußischen und französischen Prozeß-Ordnungen, Weimar 1832, S. 6ff. (mit Literaturnachweisen; S. 54ff. Überblick über die Entwicklung des weimarischen Subhastationsrechts; S. 241 ff. Wiedergabe der weimarischen Gesetzgebung von 1798 an); F. G. L. Strippelmann .Das Subhastationsverfahren mit Rücksicht auf die in Beziehung auf dasselbe vorkommenden, das materielle Recht betreffenden Grundsätze; nach gemeinem und insbesondere hessischem Rechte, Cassel 1852, S. 2ff., 12ff. (zur Entwicklung des hess. Partikularrechts, S. 25ff.; Abdruck der wichtigsten Bestimmungen S. 559ff.); J. Merkel, in: J. Weiske (Hrsg.), Rechtslexikon für Juristen aller teutschen Staaten enthaltend die gesammte Rechtswissenschaft, Bd. 10 (1856), S. 600ff.; ferner E. Frh. von Schwind: Wesen und Inhalt des Pfandrechts, Jena 1890, insbesondere S. 29ff. - Hinzuweisen ist auch auf die Darstellungen von J. W. Planck .'Das Deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter, 1879, Bd. 1, 2, von Meibom:T>as deutsche Pfandrecht, 1867, und von Dem5
Entstehungsgeschichte des ZVG
äußerung der Pfandobjekte im Rahmen des Privatverkaufs vollzog 11 , war im deutschen Recht die „richterliche Leitung" der Pfandverwertung „allgemeine Regel", auch wenn die Verwertung zunächst nicht in der Form der Versteigerung erfolgte. Die Rezeption des römischen Rechts führte nun dazu, daß man die aus dem allgemeinen Exekutionsrecht stammende Institution des unter behördlicher Aufsicht stehenden Verkaufs an den Meistbietenden (subhastatio) als primäres Mittel der Pfandverwertung übernahm 12 . Die Formalien der Subhastation richteten sich nach dem gemeinrechtlichen Prozeß, wobei der „ganze Ballast des gemeinrechtlichen Protokoll- und Aktenwesens auf das Subhastationsverfahren" 12 " übertragen wurde. Da Detailbestimmungen fehlten, war im einzelnen sehr vieles umstritten. Auch bestanden erhebliche partikulare Unterschiede. Anders als nach römischem Recht konnten auch nachrangige Hypothekare eine Zwangsvollstreckung durchführen lassen. Nach wohl zunächst überwiegender Meinung mußte der Ersteher aber die vorgehenden Hypotheken übernehmen oder so viel bieten, daß diese befriedigt werden konnten; anderenfalls wurde der Zuschlag nicht erteilt. Später setzte sich dann weitgehend die Rechtsansicht durch, daß die Forderungen der vorstehenden Gläubiger fällig wurden (Löschungsprinzip), so daß diese ein Fortbestehen ihrer Hypotheken oder eine volle Befriedigung nicht verlangen konnten. Die vorgehenden Hypothekare hatten allerdings das Recht mitzubieten und konnten so das Grundstück zu einem geringen Preis an sich bringen. Als Veräußerer galten nach gemeinem Recht weder der Gläubiger noch der Schuldner; vielmehr erfolgte die Veräußerung durch den Richter „in Ausübung des exekutorischen Rechtsschutzes, durch einen Akt der Staatsgewalt" 12 b. Der Erwerb des Eigentums durch den Ersteher war von der Übergabe des Grundstücks unabhängig. Voraussetzung für den Eigentumsübergang kraft des richterlichen Zuschlags war allerdings, daß der Schuldner Eigentümer war und daß ferner das Gebot bezahlt oder kreditiert war. Eine Zwangsversteigerung konnte nur erfolgen, wenn der Gläubiger über einen Titel verfügte, wobei ein persönlicher Gläubiger zunächst in das Grundstück „immittiert" werden mußte. Vor der Versteigerung wurde der Wert des Grundstücks taxiert. In einigen Rechtsgebieten war die Subhastation mit dem Zuschlag beendet, da eine gerichtliche Verteilung des Erlöses nur im Rahmen eines Konkurses erfolgte. Verschiedentlich fand ein amtliches Verteilungsverfahren auf obligatorischer, zumindest aber fakultativer Basis statt, das erhebliche Schwierigkeiten bereitete, soweit das Hypothekenrecht noch nicht auf den Grundsätzen der Spezialität und Publizität beruhte. Dies führte dazu, daß man selbst dann, wenn es sich lediglich um die Befriedigung der Gläubiger aus dem Immobiliarvermögen handelte, sehr oft den Konkurs eröffnete. In diesem Fall konnten die Hypothekare eine bereits begonnene Subhastation nicht weiter betreiben; sie mußten vielmehr ihre Forderungen, denen lediglich ein Vorzugsrecht zukam, im Kon-
burg: Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts, Bd. 2, 1864, S. 257 ff. Das folgende Zitat aus Krech/Fischer, aaO, S. 21. 11 Im römischen Recht war außerdem die Subhastation fiskalischer Pfänder von größter Bedeutung. - Für das röm. Recht vgl. M. Kaser:Dzs römische Privatrecht. Erster Abschnitt, 2. Aufl. 1971, §§ 108ff.; den., Zweiter Abschnitt, 2. Aufl., 1975, §§ 250ff., und den., Das römische Zivilprozeßrecht, 1966, § 96 (jeweils mit weiteren Nachweisen). 12 Vgl. dazu besonders Pick, aaO, S. 300ff. iitRaab, aaO, S. 523. i»Krech/Fischer, aaO, S. 21.
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kurs anmelden. — Neben der Zwangsversteigerung setzte sich als weitere Vollstreckungsmaßnahme die Zwangsverwaltung insbesondere für solche Grundstücke durch, die unveräußerlich waren. — Eine große Rolle spielte die sogn. freiwillige Subhastation, die für den Verkauf von Grundstücken der Minderjährigen, der Gemeinden, der Kirchen und bestimmter Stiftungen vorgeschrieben war. Das altpreußische Zwangsversteigerungsrecht war im wesentlichen in der AGO von 179313 geregelt. Danach war Voraussetzung für die Einleitung des Exekutionsverfahrens ein Antrag an das Prozeßgericht und das Vorliegen eines Vollstrekkungstitels. Persönliche Gläubiger konnten die Zwangsversteigerung in Grundstükke nur betreiben, wenn eine Befriedigung aus dem übrigen Vermögen des Schuldners nicht möglich war. Als Besonderheit des preußischen Rechts kann gelten, daß der Gläubiger zunächst versuchen mußte, im Rahmen einer Zwangsverwaltung aus den Erträgen des Grundstücks die Erfüllung seiner Ansprüche zu suchen14. Erst wenn das mißlang, konnte die „notwendige Subhastation" eingeleitet werden. Wie im gemeinen Recht war die Ermittlung des Grundstückswerts obligatorisch, ohne daß es darauf ankam, daß der Erlös den Schätzpreis erreichte. Lediglich bei adeligen Gütern wurde der Zuschlag nur erteilt, wenn mindestens zwei Drittel des Grundstückswerts geboten wurden. Grundsätzlich durfte der Zuschlag erst nach Beendigung von drei Bietungsterminen erteilt werden. Das Meistgebot gab kein Recht auf den Zuschlag. Vielmehr hatten sowohl die Gläubiger als auch der Schuldner das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen eine Verlängerung der Subhastation zu begehren. Im Gegensatz zum gemeinen römischen Recht war zur Erteilung des Zuschlags nicht erforderlich, daß das Gebot die dem Extrahenten vorgehenden Gläubiger deckte oder daß der Ersteher die vorstehenden Forderungen übernahm. Der Zuschlag erfolgte im Rahmen eines Urteils, gegen das zunächst ein Rechtsmittel nicht gegeben war. Möglich war nur die Anfechtung der Veräußerung wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Wege einer Klage. Der Ersteher wurde unabhängig von der Kaufpreiszahlung durch den Zuschlag unbelasteter Eigentümer des Grundstücks 15 , sofern nur der Schuldner Berechtigter war. Kam eine Gewährleistung in Frage, mußte diese gegenüber den die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigern geltend gemacht werden. Ein gerichtliches Verteilungsverfahren war mit einer Subhastation nicht notwendigerweise verbunden. War zu befürchten, daß der Versteigerungserlös zur Begleichung der Realgläubiger nicht ausreichte, wurde auf Antrag ein Liquidationsprozeß über das Grundstück eröffnet: „Wenn mehrere Gläubiger ein ihrem gemeinschaftlichen Schuldner zugehöriges Grundstück oder den daraus gelöseten Werth zum Objekte ihrer Befriedigung in Vorschlag bringen, dergestalt, daß es ungewiß wird: ob selbige zur Bezahlung sämmtlicher Prätendenten hinreichend sein werde; so entsteht ein Liquidationsprozeß" (AGO I 50 § 2). Für die Verteilung waren im wesentlichen die konkursrechtlichen Grundsätze maßgebend. Anders als nach gemeinem Recht mußte auch der Benefizialerbe gegebenenfalls eine notwendige Subhastation '31 52 SS 1 - 7 4 ALR (hierzu u. a. Krech/Fischer, aaO, S. 3 1 - 4 4 m.w.N.). 1 24 SS 110 ff. AGO. 15 Vgl. I I I S 342 ALR (hrsg. v. H. Hattenhauer, Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, 1970); dazu auch Gesetz-Revision, Pensum XIV. - Motive zu dem von der Deputation vorgelegten Entwurf der Titel 11 und 13 des ersten Theils des Allgemeinen Landrechts, 1831, S. 53ff. (neu hrsg. von W. Schubert, Quellen zur preußischen Gesetzgebung des 19. Jhts. Gesetzrevision [1825-1848], Abt. II, Bd. 3, 1982). 14
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durchführen lassen, und zwar im Rahmen des sogenannten erbschaftlichen Liquidationsprozesses : „Eine zweite Art von Liquidationsprozessen entsteht alsdann, wenn ein Benefizialerbe alle diejenigen, welche an den ihm zugefallenen Nachlaß Anspruch haben, vorladen läßt, zu dem Ende: daß die Richtigkeit und der Betrag ihrer Forderungen ausgemittelt und zugleich die Ordnung festgesetzt werde, in welcher sie aus dem Nachlasse, wenn derselbe zu ihrer vollständigen Befriedigung nicht hinreichend wäre, bezahlt werden sollen"16. — Die Verwertung eines Grundstücks im Rahmen eines Konkurses galt als „notwendige Subhastation", wobei allerdings die Immobiliarmasse von der übrigen zu trennen war. — Für die Befriedigung galt die im Konkursrecht normierte Prioritätsordnung, die sieben Hauptklassen vorsah. Hypothekare gehörten zur dritten Rangklasse (einschließlich zweijähriger Rückstände). Persönliche Gläubiger wurden, unabhängig davon, ob sie das Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet hatten oder nicht, nur anteilig befriedigt (Anhang § 364 zu § 448 I 50 AGO) 17 . — Abschließend sei noch auf die in der AGO geregelte freiwillige Subhastation hingewiesen, für die im wesentlichen die Regeln über die notwendige Subhastation galten. Allerdings wurden die Realgläubiger durch eine Versteigerung in ihren Rechten nicht berührt. — Insgesamt gesehen war das altpreußische Subhastationsrecht außerordentlich schuldnerfreundlich. Es bildete nach Weyermann ein gewisses Gegengewicht gegen das materielle und formelle Hypothekenrecht, das die Hypothekenverschuldung erleichtert hatte 18 . Erste Versuche, das Subhastationsrecht zu revidieren, lassen sich bis auf 1810/12 zurückverfolgen 19 . Eine Gesamtreform wurde dann im Rahmen der Gesetzrevision in Angriff genommen. Die Arbeiten unter dem Revisor des Pensums V (Krausnick) führten unter anderem zu dem Entwurf einer Subhastationsordnung, der sich eng dem altländischen Recht anschloß. So gut wie keinen Einfluß auf die Reformpläne hatte das französische Subhastationsrecht, das im Code civil (art. 2204 — 2218) und im Code de procédure civile (art. 673 —748) geregelt war 20 und im Gebiet des rheinischen Rechts bereits 1822 durch eine Subhastationsordnung 21 161 51 § 53 AGO (hierzu Krech/Fischer, aaO, S. 41). 17 Diese Bestimmung lautet: „Die mit gleichem Vorzugsrechte versehenen Forderungen der immittirten Gläubiger müssen tributarisch berichtigt werden." 18 M. Weyermann, Zur Geschichte des Immobiliarkreditswesens in Preußen mit besonderer Nutzanwendung auf die Theorie der Bodenverschuldung (Freiburger Volkswirtschaftliche Abhandlungen, Bd. I, I. Ergänzungsheft), 1910, S. 145 ff. 19 Zum folgenden vgl. die Nachweise der archivalischen Quellen bei W. Schubert (Hrsg.), Quellen zur preußischen Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts, Gesetzrevision (1825-1848), II.Abtl. Bd. 1, 1981, S. XLIIff. 20 Eine neuere zuverlässige deutschsprachige Darstellung des ursprünglichen Subhastationsverfahrens der napoleonischen Gesetzgebung existiert nicht; die späteren Arbeiten beruhen auf dem bereits 1841 geänderten franz. Recht und den partikularen Abweichungen des rhein. Rechts. Einige Hinweise auf das formelle Recht bei E. S. Puchelt/H. Dreyer, in: Das Rheinisch-französische Privilegien- und Hypothekenrecht, 2. Abth., 1876, S. 11 ff., und bei J. H. Schlink, Commentar über die französische Civil-Prozeß-Ordnung, Bd. 4, 1845, S. 120ff.; zum materiellen Subhastationsrecht des Code civil vgl. Zachariä/Crome, Handbuch des französischen Civilrechts, 8. Aufl., Bd. 4, 1895. S. 623 ff. — Zur Reform des Zwangsversteigerungsrecht in Frankreich Foelix, in: Kritische Zeitschrift für Rechtswissenschaft und Gesetzgebung des Auslandes, Bd. 14 (1844), S. 533ff., Bd. 15 (1843), S. 22ff.; zur Reform des franz. Subhastationsrechts in Belgien vgl. Brasseur, in: Krit. Zeitschrift für Rechtswissenschaft und Gesetzgebung des Auslandes, Bd. 26 (1854), S. 285ff., Bd. 27 (1855), S. 46ff., 374ff. 21
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Preuß. Gesetz-Sammlung 1822, S. 195-204; hierzu ausführlich Schlink, aaO, S. 120ff.,
II. Das preußische Zwangsversteigerungsrecht (1793— 1883)
abgelöst worden war. Das französische Subhastationsverfahren (saisine immobilière, auch expropriation forcée genannt) setzte eine Zahlungsaufforderung an den Schuldner voraus. Erst danach erging die Beschlagnahme des Grundstücks, die in das Hypothekenregister transkribiert wurde. Dem schloß sich ein sehr zeitraubendes und außerordentlich kostspieliges außergerichtliches Verfahren unter den Anwälten der Parteien an. Der betreibende Gläubiger hatte ein Gebot abzugeben, zu dem dieser das Grundstück erwerben mußte, wenn kein höheres Gebot erfolgte (art. 697 Code de proc. civ.). Der eigentliche Versteigerungstermin fand vor dem erstinstanzlichen Gericht statt; zum Bieten waren nur avoués berechtigt (art. 707 Code de proc. civ.). Der definitiven Versteigerung ging eine präparatorische voraus, welch letztere es den Beteiligten ermöglichen sollte, eventuelle Einspruchsrechte rechtzeitig vorher geltend zu machen. Eine Besonderheit des französischen Rechts war die „surenchère" (art. 710 Code de proc. civ.)22. Danach war jedermann innerhalb von acht Tagen nach dem Zuschlag berechtigt, ein „Übergebot" abzugeben, welches das Hauptgebot um ein Viertel überschreiten mußte. Der Zuschlag selbst erfolgte durch ein Urteil (jugement d'adjudication). Erfüllte der Ersteigerer die Bedingungen des Zuschlags nicht, so wurde das Grundstück auf seine Gefahr erneut versteigert 23 . Noch bevor die Arbeiten an der Gesetzrevision unter Kamptz weitergeführt wurden, brachte die Verordnung über den Subhastations- und Kaufgelderliquidationsprozeß von 183424 größere Änderungen. Zweck dieser Novelle war es, das Subhastations- und Verteilungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Insbesondere war die Anordnung einer Subhastation nicht mehr davon abhängig, daß eine Sequestration vorausgegangen war. Die Einleitung der Subhastation wurde von Amts wegen in das Hypothekenbuch eingetragen; die beiden vorläufigen Bietungstermine wurden abgeschafft. Der Erlös wurde nunmehr in jedem Falle von Amts wegen verteilt, wozu sämtliche Interessenten heranzuziehen waren, so daß der Titel der AGO über den Liquidationsprozeß außer Kraft gesetzt werden konnte. Grundlage für die Verteilung war ein richterlicher Verteilungsplan. Über umstrittene Posten wurde in einem besonderen Verfahren entschieden. War eine Subhastation eingeleitet, wurde diese unabhängig von einem später eröffneten Konkurse weitergeführt. Zu den notwendigen Subhastationen gehörten seit der Novelle von 1834 Versteigerungen von Grundstücken, die auf den Namen eines Benefizialerben im Hypothekenbuch eingetragen waren, und Versteigerungen auf Antrag eines Miteigentümers, sofern dem die anderen Miteigentümer nicht zustimmten 25 . und Puchelt/H. Gorius, aaO (Fn. 20), S. 31 ff.; über das badische Subhastationsrecht vgl. Puchelt/M. Heinsheimer, aaO (Fn. 20), S. 187ff.; über das Subhastationsrecht in der Rheinpfalz vgl. Puchelt/Thoma, aaO, S. 201 ff.; über das Subhastationsrecht in Rheinhessen vgl. PucheltM. Lippold, aaO (Fn. 20), S. 241 ff. 22 Diese Institution wurde 1869 von der bayr. CPO rezipiert (unten S. 34ff.). 23 Vgl. die in Art. 737 Code de proc. civile sogn. „folle enchère". 24 Preuß. G. S. 1834, S. 39-46. - Materialien hierzu im ZStA Merseburg, Rep. 84a, II. 4. V., Nr. 6, und Rep. 80, Commissions-Akten, Nr. 10. — Eine Gesamtdarstellung des preußischen Subhastationsrechts bringt W. Hartmann, Die Preußische Subhastations-Gesetzgebung in ihrer gegenwärtigen Geltung..., Breslau 1861 (360 Seiten; im Anhang sind zahlreiche Instruktionen abgedruckt). Auf S. VI f. ist hingewiesen auf die seit 1834 zum Subhastationsrecht erschienenen Werke von Crelinger (1834), Fürstenthal (1834), Jobst (1834), Löwenberg (1836), Hafemann (1837), Ulrici (1837), Schulz (1842), Meyer (1854) und Friedensburg { 1855). " Krechu. Fischer, aaO (Fn. 7), S. 41 f.
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— Weitere Erleichterungen brachte das Gesetz vom 4. 3. 1834 über die Exekution 26 . Der Vorrang der Zwangsvollstreckung in das sonstige Vermögen des Schuldners wurde beseitigt. Darüber hinaus berechtigte jeder exekutorische Titel, ein „Pfandrecht" in das Hypothekenbuch eintragen zu lassen. — Bereits die „Verordnung über das Rechtsmittel der Revision und der Nichtigkeitsbeschwerde" vom 14. 12. 183327 hatte den Beteiligten die Möglichkeit eröffnet, Nichtigkeitsbeschwerde gegen „Adjudikations-Erkenntnisse" einzulegen. Die Novellen von 1833 und 1834 erwiesen sich bald als unzureichend, so daß zwischen 1837 und 1843 eine Reihe von Verordnungen ergehen mußte 28 . Damit wurde das ohnehin nicht sehr überschaubare Subhastationsrecht zu einem der undurchsichtigsten Rechtsgebiete. Eine Gesamtreform des Zwangsversteigerungsrechts war bereits im Rahmen der Kamptz'schen Gesetzrevision geplant. Hierzu arbeitete Friedländer mehrere umfangreiche Entwürfe aus29. Diskutiert worden war hier unter anderem auch die Frage, ob die dinglichen Belastungen, soweit sie durch die Kaufgelder gedeckt waren, auf den Erwerber eines Grundstücks ipso iure übergehen sollten. Friedländer lehnte eine solche Regelung in den Motiven zum Entwurf einer Subhastationsordnung von 1835 mit ähnlichen Gründen ab, wie dies später noch Anfang der siebziger Jahre geschah, unter anderem damit, daß der Grundstückserwerber ein Interesse daran haben könne, ein pfandfreies Grundstück zu erwerben. Erleichterungen könne man durch Gewährung von Zahlungsfristen schaffen. 1855 brachte die Konkursordnung 30 eine Neuregelung der „Rangordnung der Realgläubiger in Beziehung auf Immobilien" (§§ 46 ff.) und Schiffe (§§ 64 ff.), der „abgesonderten Befriedigung der Realgläubiger" (§§263ff.), der „Verteilung der Kaufgelder bei nothwendigen Subhastationen" (§§ 383ff.) sowie des Aufgebots unbekannter Realgläubiger und der Verteilung der Einnahmen von Immobilien (§§ 405ff.). Als Grundsatz war in § 31 in Erweiterung einer Verordnung vom 28. 12. 184031 festgelegt: „Unbewegliches Eigenthum, Berg- und Hütteneigenthum, sowie Seeschiffe und andere zur Frachtschiffahrt bestimmte Schiffsgefäße dienen zur abgesonderten Befriedigung der Gläubiger, welchen ein Realrecht an demselben zusteht." Damit konnten die Grundpfandgläubiger während des Konkurses die Zwangsversteigerung gegen den Konkursverwalter betreiben. War bereits ein Termin zur Versteigerung anberaumt, so wurde das Verfahren für Rechnung der Masse fortgesetzt. Ein Vorzugsrecht auf abgesonderte Befriedigung wurde persönlichen Gläubigern, sofern sie die Zwangsvollstreckung bis zu Beginn des Konkurses bereits eingeleitet hatten, dagegen noch nicht zugestanden. Die Bestimmungen über die Kaufgelderverteilung und die Prioritätsordnung beruhten im wesentlichen auf dem bisherigen Recht. Neu dagegen waren die Bestimmungen über noch nicht fällige 26 Preuß. G. S. 1834, S. 3 1 - 3 8 . 27 Preuß. G. S. 1833, S. 3 0 2 - 3 0 8 ; vgl. insbesondere § 7 (dazu die Deklaration vom 6. 4. 1839; preuß. G. S. 1839, S. 126). 2« Eine V O vom 28. 12. 1840 (Preuß. G. S. 1841, S. 41ff.) befreite die Grundpfandgläubiger als solche von der Einlassung in den Konkurs und den erbschaftlichen Liquidationsprozeß. Nachweise über die Quellen hierzu und zu den anderen Verordnungen bei Schubert, aaO (Fn. 19), S. XLIIff. 29 Handschriftlich erhalten im ZStA Merseburg, Rep. 84, II. 4. V., Nr. 12, 15, 18 und 19. 30 Preuß. G. S. 1855, S. 321 ff.; hierzu für das Subhastationsrecht u.a. Krech/Fischer, aaO (Fn. 7), S. 44 f. 31 Vgl. Fn. 28.
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und bedingte Forderungen sowie über die Korrealhypotheken. — Zur Bedeutung der subhastationsrechtlichen Bestimmungen der Konkursordnung merkten Demburg/Hinrichs noch 1877 an: „Alle Spezialkonkurse, darunter der über Immobilien und deren Revenuen, also Sequestration und Subhastation, wurden im möglichsten Einklänge mit den Grundsätzen des generellen Konkurses vollständig geregelt und dabei zugleich der Versuch gemacht, der actio pauliana konsequente, aber doch die Verschiedenheit der Konkursobjekte berücksichtigende Durchbildung zu verleihen. Dieser Standpunkt erheischte, das Kaufgelderbelegungsverfahren der Subhastation mit in das Gesetz hineinzuziehen. Was die Praxis aus den höchst fragmentarischen Bestimmungen der Subhastations-Ordnung von 1834 zu machen versucht, was einige SpezialVerordnungen ergänzt hatten, wurde im Zusammenhang und zum ersten Male in ein System gebracht." 32 Nachdem eine Reform der Bestimmungen über die Lizitationstermine 1846 gescheitert war 33 , hatte man 1847 von den Gerichten ausführliche Auskünfte über eine Neuordnung des Subhastationsverfahrens eingeholt. Im Jahre 1854 veröffentlichte dann der Obertribunalsrat Meyer im Zusammenhang mit seiner Kritik am preußischen Hypothekenrecht eine Analyse des Subhastationsverfahrens, als deren Hauptmangel er eine unzureichende Gliederung des Verfahrens bezeichnete 34 . Zur Abhilfe schlug er ein Vorverfahren vor, in dem alle Fragen definitiv erledigt werden sollten, die dem Subhastationsverfahren selbst entgegenstanden. Eine Versteigerung sollte nur erfolgen, wenn der betreibende Gläubiger im Termin anwesend war. Einwendungen gegen die Versteigerung sollten auch noch nach dem Versteigerungstermine bis zum Erlaß des Adjudikationsurteils vorgebracht werden dürfen. Der Meistbietende sollte ein Recht auf den Zuschlag erwerben, soweit dem der Extrahent zustimmte. Das Zuschlagsurteil sollte erst mit Rechtskraft auf den Erwerber unanfechtbares Eigentum übertragen. Das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde, das nach Meyer bei seiner Anwendung auf die Adjudikationsurteile „zu den traurigsten Resultaten" 35 geführt hatte, sollte erheblich eingeschränkt werden und die Übergabe des Grundstücks an den Erwerber erst mit Rechtskraft des Zuschlags erfolgen. Die Vorschläge von Meyer bezweckten nicht primär eine Beschleunigung des Verfahrens, sondern mehr Rechtssicherheit im Verfahren selbst. Das bisherige Recht konnte seiner Ansicht nach zu erheblichen Benachteiligungen des Schuldners, der Gläubiger, aber auch des Erstehers führen: „Eine Gesetzgebung, welche solche Wirkungen hervorbringt, bedarf einer radikalen Abhilfe." 36 Im Abgeordnetenhaus legten 1861 Conrad und andere Abgeordnete einen Gesetzentwurf zur „Abänderung der Subhastations-Ordnung" 37 vor, dessen Motive zum Teil der Schrift von Meyer wörtlich entlehnt waren. Allerdings war die Zielrichtung des Entwurfs eine zum Teil wesentlich andere. Während Meyer um einen Interessenausgleich bemüht war, ging es den Antragstellern primär um eine Beschleunigung des Verfahrens. Man bescheinigte der Konkursordnung von 1855, 32
H. Demburg/.F. Hinrichs: Das preußische Hypothekenrecht, 1. Abth., 1877, S. 50. Dazu die Akten im ZStA Merseburg, 2.5.1., Abt. C, Nr. 8482, 8483, und Rep. 80, Justizsachen, Nr. 213. 34 Hierzu und zum folgenden Meyer: Die Preußische Hypotheken- und Subhastations-Gesetzgebung. Ihre Prinzipien, ihre Mängel und deren Abhülfe, 1854, S. 69-100. 35 Meyer, aaO, S. 79. Meyer, aaO, S. 93. 37 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten, 1861, Bd. 4, S. 342 ff. (Aktenstück Nr. 54). 33
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daß sie die Verteilung der Kaufgelder zweckmäßig geordnet habe: 38 „Jedoch dem Hauptprinzipe jedes Exekutions-Gesetzes, mithin auch einer Subhastations-Ordnung, ,die Operationen der Schuldner, die auf Verschleppung und Weiterungen hinzielen, möglichst zu beschränken und nicht durch unnütze Formen selbst zu Verschleppungen Anlaß zu geben', ist noch nicht gehörig Rechnung getragen. Die Verstöße gegen dieses Prinzip schaden dem R e a l k r e d i t . . A l s Hauptmängel wurden in den Motiven des Entwurfs genannt 39 : 1. die Möglichkeit, „daß der Schuldner zu jeder Zeit durch das Vorgeben, er habe den Gläubiger befriedigt oder sich mit ihm verglichen, oder er könne mit ihm kompensiren . .., die Exekution, mithin den Fortgang der Subhastation, zum Stillestehen bringen und die Einleitung eines Zwischenverfahrens nicht ein, sondern mehrere Male herbeiführen kann."; 2. das „Taxverfahren" : „Die Aufnahme von Taxen, die gar keinen wesentlichen Zweck für die Regelung des Verfahrens, und gewiß nicht für die Bieter und die Real-Interessenten haben, verursacht nicht blos unnütze Kosten, sondern noch größeren Zeitaufenthalt . . . Die Werths-Angaben, die für das Verfahren, sei es in Bezug auf Verkaufsfristen, sei es auf Kautionen, nothwendig erscheinen, lassen sich eben so gut und viel leichter beschaffen, wenn man ihre Feststellung nicht den Gerichten zumuthet, sondern den Betheiligten überläßt."; 3. die Möglichkeit, daß die Schuldner „während der vierwöchentlichen Androhung noch mit Schuldscheinen das Grundstück beschweren und deren angebliche Eigenthümer als Bieter auftreten lassen können, und endlich dadurch, daß gewandte Schuldner in Verbindung mit vermögenslosen Adjudikataren selbst nach der Subhastation Jahre lang die baare Befriedigung der Gläubiger hinziehen und oft ganz unmöglich machen können."; 4. die große Zahl der Nichtigkeitsbeschwerden. Abschließend heißt es allgemein zur Reform des Subhastationsverfahrens 40 : „Wer viel Termine in Subhastationssachen, namentlich bei Kaufgelder-Belegungen u.s.w., erlebt hat, ist davon überzeugt, wie viel Schwindel unter dem Schutze der Gesetze möglich ist, wie schwer es dem Gläubiger wird, zu seiner baaren Befriedigung zu gelangen, und wie leicht, ohne gegen den Schuldner ungerecht zu sein und ohne ihn des Schutzes, so weit er ihm gebührt, zu berauben, durch eine Reform des Subhastations-Gesetzes diesem Unwesen ein sicherer Riegel vorgeschoben werden kann. Wenn auch solch ein Riegel in das eigene Fleisch des Grundbesitzers schneidet, so duldet dieser doch gern diese Kur, da er weiß, daß er durch eine prompte und sichere Rechtspflege seinen Kredit am besten befördert." Der Justizminister nahm den Entwurf zum Anlaß, von den Gerichten eine detaillierte Stellungnahme zu erbitten 41 . Im Anschreiben42 wurde auf folgende Regelungen des Entwurfs, die tief in das bisherige System eingreifen würden, hingewiesen: Möglichkeit für den Schuldner, die Versteigerung abzuwenden (§ 14), Abkürzung der Fristen, Beseitigung der Taxierung mit Wegfall des § 48 I 52 AGO, unbedingte Kautionspflicht für den Bieter und Einschränkung der Nichtigkeitsbeschwerde. Die 38 Motive, aaO, (Fn. 37), S. 347. 39 Motive, aaO, S. 347. Motive, aaO, S. 347. 41 Das Ergebnis der Umfrage ist in den Akten des Justizministeriums, ZStA Merseburg, 2.5.1., Abt. C, Nr. 8491-8494 enthalten (Gutachten des Kammergerichts und der Gerichte in Frankfurt/Oder, Königsberg, Insterburg, Marienwerder, Stettin, Köslin, Posen, Bromberg, Breslau, Glogau, Ratibor, Magdeburg, Halberstadt, Naumburg, Münster, Paderborn, Hamm, Arnsberg). 42 Dieses Schreiben vom 26. 6. 1861 ist in der Akte des Justizministeriums im ZStA Merseburg, 2.5.1., Abt. C, Nr. 8485, enthalten.
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Umfrage brachte eine Reihe von Reformvorschlägen, die im „Entwurf einer Prozeß-Ordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für den Preußischen Staat" von 186443 berücksichtigt wurden. In den §§ 1138 — 1289 wurde das gesamte Subhastationsrecht mit Ausnahme der Prioritätsordnung und einiger dem materiellen Recht vorbehaltenen Bestimmungen auf der Basis des Rechts der landrechtlichen Provinzen geordnet. Der Entwurf ging auf einen Teil der Vorschläge des Conradschen Entwurfs ein, erteilte jedoch einer zu großen Beschleunigung eine Absage, indem man es insbesondere ablehnte, die Festsetzung des Grundstückswerts aufzugeben: „Die Beschleunigung des Subhastationsverfahrens darf ein gewisses Maaß nicht überschreiten. Will man auch keinen Werth darauf legen, wie bedenklich es sei, den Schuldner zu überstürzen und ihm keine Zeit zu gönnen, sich durch Befriedigung des Extrahenten in dem Besitze des Grundstücks zu erhalten, so darf doch die Gefahr nicht übersehen werden, welche an eine übertriebene Beschleunigung insofern sich knüpft, als dieselbe das Endergebniß der Subhastation und somit auch den Realkredit zu beeinträchtigen droht. Die sorgfältige Rücksicht, welche auf den letztern zu nehmen ist, ermahnt zu doppelter Vorsicht, wenn es sich um eine, ihn unmittelbar in Gefahr bringende Neuerung handelt." 44 — Der Versteigerungsvermerk im Hypothekenbuch sollte auch zugunsten eines Personalgläubigers, der die Zwangsversteigerung beantragte, das Grundstück in Beschlag nehmen (vgl. § 1183). Nicht übernommen wurden die Vorschläge von Conrad, die Sicherheitsleistung für Gebote zu erschweren. Auch das Zuschlagsurteil behielt man bei; gegen dieses sollte allerdings nicht mehr die Nichtigkeitsbeschwerde, sondern nur Berufung eingelegt werden dürfen. Das Verfahren sollte in den Händen des Einzelrichters liegen, der allerdings das Urteil nur dann sollte erlassen dürfen, wenn kein Widerspruch gegen den Zuschlag eingelegt war. Das Zwangsversteigerungsrecht war zusammen mit den übrigen Bestimmungen des ZPO-Entwurfs erneut Gegenstand einer ausführlichen Enquête unter den Gerichten 45 . — Die Arbeiten an einer Reform des Zivilprozeßrechts wurden erst unter dem Norddeutschen Bund wieder aufgenommen. Allerdings kam eine Kodifizierung des Subhastationsrechts nicht in Betracht, da dies eine Vereinheitlichung des Immobiliarrechts vorausgesetzt hätte. Im Sommer 1868 lag der Bericht des Bundesratsausschusses für Handel und Verkehr über die Hypothekenbank-Enquête vor. Im Bericht wurden als wünschenswerte Reformmaßnahmen genannt 46 : Vereinfachung und Abkürzung des Verfahrens (Wegfall des Mandats de vitanda subhastatione; Beschränkung der zulässigen Einreden auf solche, welche durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden konnten), Wegfall der Subhastationstaxierungen, Subhastationsfristen von sechs Wochen bis maximal sechs Monaten, Kautionsbestellung nach dem freien richterlichen Ermessen auf der Basis eines bestimmten Grundstückswerts, Wegfall der Vorrechte für adlige Güter und landwirtschaftliche Kreditsysteme sowie der Verpflichtung der Realgläubiger, ihre Forderungen im Kon43
Im Verlag der Kgl. Geh. Ober-Hofdruckerei (R. v. Decker) erschienen (Bd. 1 : Entwurf; Bd. 2: Motive). 44 Motive, aaO, S. 283. « Hierzu die Akten im ZStA Merseburg, 2.5.1., Abt. C, Nr. 8328-8333. 46 Drucksache des Bundesrates Nr. 81/1868, S. 17f. Die Protokolle sind unter dem Titel: „Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Ausschusses des Bundesrathes des Norddeutschen Bundes für Handel und Verkehr, betreffend die Enquête über das Hypothekenbankwesen. Vom 13. März 1868 bis zum 19. Juni 1869, Berlin, 1868" (258 Seiten; erhalten u. a. in der Akte des ZStA Potsdam, Reichskanzleramt, Nr. 51) erschienen.
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kurs anzumelden 47 . — Der CPO-Entwurf der Kommission des Norddeutschen Bundes und der CPO-Entwurf des preußischen Justizministers sahen lediglich Bestimmungen über die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Gerichte in Subhastationssachen sowie über die außerhalb Preußens so gut wie unbekannte Zwangsverwaltung vor 48 . Inzwischen hatte der preußische Justizminister Leonhardt im Zusammenhang mit der Reform des Immobiliarrechts auch eine Neukodifikation des Subhastationsrechts in Angriff genommen und die erforderlichen Vorarbeiten Anfang 1868 Adalbert Falk übertragen 49 . Der Entwurf einer Subhastationsordnung, der bereits im Sommer 1868 vorlag, wurde am 21. 11. 1868 im Abgeordnetenhaus eingebracht 50 . Das Gesetz sollte das bisherige äußerst zersplitterte formelle Subhastationsrecht aufheben und in einer Kodifikation zusammenfassen, wobei man aber die Grundlagen des bisherigen Rechts beibehalten wollte. Nach den Motiven verfolgte der Entwurf folgende Ziele: unnötige Verzögerungen des Verfahrens zu vermeiden (Leitung des Verfahrens durch den Einzelrichter; Wegfall des Subhastationsmandats und der Taxierung; Verkürzung der Fristen; Präzisierung der Fälle, in denen Einwendungen durch Schuldner oder Dritte erhoben werden konnten), 2. dem richterlichen Ermessen einen größeren Spielraum zu gewähren (Subhastationsfristen; Publikation des Subhastationspatents; Ort und Zeit der Versteigerung), 3. den Gläubiger stärker als bisher zu schützen (genauere Festlegung, welche Wirkungen die Einleitung einer Subhastation haben sollte; strengere Grundsätze für die Kaution; Sequestration des zugeschlagenen, aber noch nicht bezahlten Grundstücks; Schutz vor nachteiligen Handlungen des Erstehers) und 4. dem Subhastationsverfahren „sichere, möglichst zu einem Ergebnisse führende, die Gefahr nachträglicher Anfechtung des Zuschlags möglichst ausschließende Grundlagen zu gewähren". 51 Der Entwurf beruhte, wie die Motive ergeben, auf einer detaillierten Auseinandersetzung mit allen in Betracht kommenden Vormaterialien. Ausführlich gingen die Motive auf die Festsetzung des Grundstückswerts und der Kaution 52 sowie auf die Stellung des Richters ein. Im einzelnen sei auf folgende Regelungen hingewiesen: Entgegen der nicht einheitlichen Judikatur sollte der Ersteher nunmehr immer unanfechtbares Eigentum erwerben, da mit jeder Subhastation ein Aufgebot verbunden werden sollte. Der Zuschlag konnte nur aus bestimmten, gesetzlich festgelegten Gründen (§ 52 des Entwurfs; § 49 des Gesetzes) versagt werden dürfen, war also durch eine Restitution ausgeschlossener Dritter nicht mehr aufhebbar. Als Rechtsmittel war die Beschwerde vorgesehen, über die nicht mehr das Obertribunal, sondern das zustän47
Zur Stellungnahme zum Deckungs- und Übernahmeprinzip vgl. unten bei Fn. 57. Vgl. die 1018-1032 des „Entwurfs einer Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für den Norddeutschen Bund" (Berlin 1870) und die §§ 667—678 des „Entwurfs einer Deutschen Civilprozeßordnung nebst Begründung. Im Kgl. Preußischen Justizministerium bearbeitet" (1871). 49 Hierzu Geh.StA Berlin-Dahlem, Rep. 84a, Nr. 4883-4885. Über Falk vgl. Schubert: Die deutsche Gerichtsverfassung (1869-1877). Entstehung und Quellen, 1981, S. 61 m.w.N. 50 Anlagen zu den stenographischen Berichten über die Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten, Session 1868/69, Bd. 1, S. 639ff. (Aktenstück Nr. 71). 51 Motive, aaO (Fn. 50), S. 653. 52 Nach dem Entwurf des Justizministers sollte der für die Kaution maßgebende Grundstückswert durch Vervielfältigung des Reinertrags oder Nutzungswerts des Grundstücks „mit einer den Verhältnissen entsprechenden Zahl" festgelegt werden. Gegen einen solchen Ermessensspielraum des Richters wandten sich der Finanz-, der Landwirtschafts- und der Innenminister, so daß ein festes Multiplum festgesetzt wurde (vgl. § 22 des Gesetzes). 48
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dige Appellationsgericht zu entscheiden hatte (§ 46)53. Die Verteilung der Kaufgelder blieb im wesentlichen weiterhin in der Konkursordnung geregelt (vgl. §§ 60 ff.). Der Besitz sollte dem Ersteher erst dann eingeräumt werden, wenn dieser das Kaufgeld bezahlt hatte. Dagegen wurde der Vorschlag zurückgewiesen, die Verteilung der Kaufgelder erst nach Rechtskraft des Zuschlags vorzunehmen. Vielmehr gab man dem Ersteher lediglich ein Einspruchsrecht (§ 63). — Der Entwurf wurde von der XI. Kommission des Abgeordnetenhauses beraten, die hierüber dem Plenum unter dem 5. 2. 1869 berichtete 54 . Die Tendenz der Vorlage, das Verfahren zu beschleunigen, wurde gebilligt. In Abänderung des Entwurfs sollte der Versteigerungstermin grundsätzlich innerhalb von drei und nicht wie vorgeschlagen sechs Monaten stattfinden (§15). Eine längere Debatte rief die Frage hervor, inwieweit das Subhastationsverfahren ganz in den Händen des Einzelrichters, dem die liberale Öffentlichkeit kritisch gegenüberstand, liegen sollte. Man einigte sich schließlich darauf, dem Subhastationsrichter das Zuschlagsurteil dann zu entziehen, wenn Streit über die Erteilung des Zuschlags herrschte. — Die Vorlage wurde am 10. 2. 1869 vom Plenum ohne Spezialdebatte en-bloc angenommen, nachdem Leonhardt den von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen zugestimmt hatte. Noch vor Erlaß der Subhastationsordnung von 1869 hatte das „Gesetz, betreffend die Einführung von Grund- und Hypothekenbüchern und die Verpfändung von Seeschiffen" vom 21. 3. 186855 in Neuvorpommern das Deckungs- und Ubernahmeprinzip, das hier schon vorher gegolten hatte, für einen preußischen Landesteil erstmals gesetzlich sanktioniert: „Die Forderungen der Gläubiger, welche vor dem verkaufenden Gläubiger eingetragen sind, werden durch die Subhastation nicht berührt, sie bleiben unverändert stehen. Auf die für den Eigentümer eingetragenen Forderungen haben die bei der Subhastation ausfallenden Gläubiger keinen Anspruch" (§ 138). In den Motiven wurde diese Regelung als ein sehr zweckmäßiges Mittel zur Förderung des Realkredits bezeichnet: „Kapitalzahlung ist (den meisten oder sehr vielen Gläubigern) nur unter besonderen Umständen und bei eintretendem Bedarf von Wichtigkeit. Damit ihnen dann die Zahlung gesichert sei, leihen sie auf Hypothek, und Kapitalkündigung von Seiten des Besitzers und Schuldners liegt weder in ihren Wünschen, noch in ihrem Interesse, sie werden dadurch nur genöthigt, eine andere Gelegenheit zu zinsbar sicherer Bethätigung zu suchen, und um so mehr gedrängt, die für sie bequemeren Staatsschulden zu benutzen." 56 — Der Handelsausschuß des Bundesrates war im Rahmen der Hypothekenbank-EnquSte dagegen mehrheitlich zu dem Ergebnis gekommen, daß die Vorschrift des §138 der neuvorpommerschen Hypothekenordnung von „zweifelhaftem Werth" erscheine 57 : „Während dieselbe die voreingetragenen Gläubiger vor der Gefahr eines Ausfalls, so wie vor der Nöthigung bewahrt, selbst als Biether aufzutreten, läßt sie besorgen, daß in vielen Fällen die Grundstücke unverkäuflich bleiben wer53
Im folgenden sind die Bestimmungen des Gesetzes zitiert (vgl. preuß. G. S. 1869, S. 421 ff.). Anlagen, aaO (Fn. 5), Bd. 2, S. 1393ff. (Aktenstück Nr. 254). 55 Preuß. G. S. 1868, S. 293 ff. (hierzu die Archivalien im ZStA Merseburg, 2.5.1., Abt. C., Nr. 9113-9117, sowie Krech/Fischer, aaO, S. 62ff.). - Bei Krech/Fischer, aaO, S. 49ff., sind auch weitere wertvolle Hinweise auf das sonstige partikulare Subhastationsrecht von Hannover, Schleswig-Holstein, Kassel, Ehrenbreitstein und Hohenzollern zu finden. 56 Sammlung sämtlicher Drucksachen des Herrenhauses, Session 1867/68, Bd. 1, Drucksache Nr. 43, S. 87. 57 Drucksache des Bundesrates Nr. 81/1868, S. 18.
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den: es empfiehlt sich deshalb, den Erfolg dieser Bestimmung abzuwarten, bevor ihr in weiterer Ausdehnung Geltung verschafft wird." — Lediglich das aus Mecklenburg stammende Kommissionsmitglied Müller gab zu bedenken, daß es dem betreibenden Gläubiger unbenommen bliebe, so hoch zu bieten, daß die Forderungen der vorgehenden Gläubiger gedeckt würden. Die angeführte Vorschrift würde an sich f ü r den Kredit „nur förderlich sein können, weil durch dieselbe einerseits die Fälle, w o ein Gläubiger ein Grundstück kaufen muß, um seine Forderung nicht zu verlieren, verringert werden, andererseits der Gläubiger aber auch den Vortheil hat, sein Kapital nicht nach jeder Subhastation aufs Neue unterbringen zu müssen, wenn er vorzieht, dasselbe stehen zu lassen." 58 In den Motiven zur Subhastationsordnung von 1869 war man ausführlich darauf eingegangen, weshalb man die dem § 138 der neuvorpommerschen Hypothekenordnung zugrunde liegenden Grundsätze nicht übernehmen wollte. Entscheidend war hiernach vor allem, daß man nicht „ohne ein zwingendes Bedürfniß eine gesetzliche Vorschrift" 5 9 erlassen wollte, welche vom Standpunkt des Realkredits zu erheblichen Bedenken Anlaß geben und das Verfahren unübersichtlicher machen würde. Dem stimmte auch die Kommission des Abgeordnetenhauses zu: „Das Subhastations-Verfahren ist ein Spezialkonkurs über das Grundstück, aus dessen Masse die berechtigten und betheiligten Gläubiger in der Reihenfolge befriedigt werden, welche ihnen nach den Grundsätzen der Priorität bei Immobilien zusteht. Der ehemals persönliche Gläubiger tritt durch seinen zugelassenen Antrag auf Eröffnung oder Fortbetrieb des Subhastations-Verfahrens in die Reihe der in diesem Spezialkonkurse berechtigten Gläubiger ein". 60 — Auch die EEG-Entwürfe von 1868 und 1869 erteilten dem Deckungs- und Übernahmeprinzip eine Absage. § 48 des Entwurfs von 1869 61 sah folgendes vor: „Der Ersteher erwirbt das Eigenthum des Grundstücks frei von allen Hypotheken und frei von allen anderen dinglichen La58
Drucksache, aaO, S. 41. Auf der anderen Seite sprach sich Müller gegen die Beseitigung der „Subhastationstaxen" aus, sofern man gleichzeitig die Versteigerungsfristen auf ein Minimum reduziere : „Die durch das Zusammenwirken dieser beiden Maßregeln hervorgerufene Möglichkeit, daß in Zeiten allgemeiner Kalamität ein großer Theil der Grundbesitzer im Handumdrehen mit Verlust seines Vermögens außer Besitz gesetzt wird, dürfte weder in dem eigenen Interesse des Standes, dem durch die zur Frage stehenden Maßregeln geholfen werden soll, liegen, noch auch vom allgemeinen politischen und volkswirthschaftlichen Standpunkte aus, für unbedenklich zu halten sein, und der durch Uebernahme dieser Gefahr erkaufte etwaige höhere Kredit jedenfalls wohl zu theuer erkauft werden. Daneben dürfte es aber auch sehr zweifelhaft sein, ob der beabsichtigte Zweck durch diese Maßregel wirklich erreicht werden würde, oder ob nicht im Gegentheil der Kredit selbst unter derselben leiden würde. Es scheint nämlich, als ob die Aussicht, ein Grundstück, dessen Besitzer mit seinen kontraktlichen Zahlungen im Rückstände bleibt, in kürzester Frist zu jedem Preise realisiert zu sehen, nur für die Gläubiger allererster Priorität beruhigend wirken, dagegen aber den weiter hinaufstehenden kaum sehr erwünscht sein könnte. Letztere müßten nämlich wegen dieser Aussicht in weit höherem Maße wie sonst darauf gefaßt sein, bei einer Subhastation selbst als Käufer aufzutreten, um nicht mit ihrer Forderung auszufallen, und das paßt natürlich nur den wenigsten. Deshalb dürfte man in dem Bestreben, dem Gläubiger auf kürzestem Wege zur Realisierung seiner Forderung zu verhelfen, auch in Hinsicht auf den Kredit der Grundbesitzer leicht zu weit gehen können."
59 Motive, aaO (Fn. 51), S. 680. 60 Drucksache Nr. 254, S. 38 in: Sämmtliche Drucksachen des Hauses der Abgeordneten, Bd. III. 61 Anlagen zu den Stenographischen Berichten (Session 1869/70), Bd. 1, S. 191 ff. (Aktenstück Nr. 23).
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sten, welche aus privatrechtlichen Titeln herrühren...". Die Kommission des Abgeordnetenhauses, der die Vorlage überwiesen worden war, mußte sich mit einigen Petitionen befassen, die eine Übernahme des neuvorpommerschen Rechts verlangten. Der Regierungskommissar wies in den Beratungen der Kommission darauf hin, daß man sich mit diesem Fragenkomplex im Justizministerium ausführlich befaßt habe 62 . Da aber die neue Subhastationsordnung erst kurze Zeit gelte und man deshalb noch über keine größeren Erfahrungen verfüge, sei eine eventuell erneute Reform noch nicht spruchreif. Schließlich gab der Kommissar noch zu bedenken: „Die Möglichkeit, daß zahlungsunfähige Leute überlastete Grundstücke übernehmen, trete näher als jetzt, dagegen schwinde die Aussicht, hypothekenfreie zu kaufen, die für Viele verlockend sei."63 — Zu den Beratungen im Plenum lag der Antrag von v. Eckertstein und anderen Abgeordneten vor, § 48 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Der Ersteher erwirbt das Eigenthum frei von den Hypotheken des verkaufenden Gläubigers und der denselben nachstehenden Gläubiger... Die Forderungen der Gläubiger, welche vor dem verkaufenden Gläubiger eingetragen sind, werden durch die Subhastation nicht berührt." 64 In der Debatte zeigte Leonhardt Sympathien für diesen Antrag, indem er zu erkennen gab, daß er eine ähnliche Regelung bei den Vorarbeiten für die Subhastationsordnung befürwortet habe. „Allein, es wurden so erhebliche Bedenken gemacht, daß ich zweifelhaft und, ich gestehe offen, etwas ängstlich wurde, so außerordentlich scharf und tief in das bestehende Recht einzugreifen." 65 Da aber die Subhastationsordnung von 1869 beim geltenden Recht geblieben sei, könne eine Änderung jetzt nicht in Betracht kommen, zumal die Reform nicht allgemein verlangt werde. Gegen den Antrag wurde von mehreren Abgeordneten vorgebracht, daß zwar ein klein wenig mehr geboten würde, sich aber auch wahrscheinlich durchschnittlich noch weniger zahlungskräftige Käufer als bisher einfinden würden. Diesen Übelstand solle man nicht noch durch die angeregte Gesetzesänderung vermehren 66 . Demgegenüber machten die Antragsteller, insbesondere Miquel und Lasker67, geltend, daß das Übernahmeprinzip sowohl den Grundbesitzern (Schuldnern und Grundstückserwerbern) als auch den an einer langfristigen Kapitalanlage interessierten vorrangigen Gläubigern diene. Die Schuldner seien bei dem jetzigen Rechtszustand, sobald sie in Subhastation geraten, sofort verloren. Miquel forderte gegen Schluß der längeren Debatte, daß man „nach einer möglichst großen Stabilität" streben müsse68, damit „der Grundbesitz diejenigen Kapitalien bekommt, die nicht wie die Spekulations-Kapitalien das Hauptaugenmerk auf großen Gewinn durch hohen Zinsfuß richten, sondern ein vorzugsweises Gewicht legen auf unbedingte Sicherheit, wo also diejenigen Kapitalisten ihre Kapitalien hingeben, welche vor Allem auf Sicherheit sehen. Das führt aber eben dahin, daß diese Kapitalien dauernd liegen bleiben sollen; sie sind hingegeben mit der Tendenz der dauernden Anlage. Wenn nun eine gesetzliche Bestimmung kommt, welche der natürlichen Tendenz « Anlagen, aaO, Bd. 2, S. 954f. (Aktenstück Nr. 212). 63 Anlagen, aaO, Bd. 2, S. 955. 64 Anlagen, aaO, Bd. 3, S. 1330 (Aktenstück Nr. 296 I.). 65 Stenographische Berichte über die Verhandlungen . . . Haus der Abgeordneten, Session 1869/70, Bd. 3, S. 1790 (31. 1. 1870). 66 Vgl. die Debatte in den Stenographischen Berichten, aaO, S. 1786-1800. v Stenographische Berichte, aaO, S. 1787ff. (Miquel), S. 1790f. (Leuker), S. 1795f. (Lasker), S. 1796 ff. (Miquel). 68 Stenographische Berichte, aaO, S. 1797.
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Entstehungsgeschichte des ZVG des Hypothekengläubigers zuwider durch eine formale gesetzliche Bestimmung z w i n g t , das auf die D a u e r hingegebene Kapital zurückzugeben, es flüssig z u machen, statt es dauernd liegen z u lassen, s o ist seiner N a t u r nach diese Bestimmung falsch nach meiner Ueberzeugung." Im übrigen war man hinsichtlich der D u r c h führung der vorgeschlagenen R e f o r m des Subhastationsrechts dogmatisch in keiner W e i s e festgelegt. Beispielsweise lag der Unterantrag vor, das Übernahmeprinzip nur in der W e i s e zu adoptieren, „daß die d e m verkaufenden Gläubiger vorstehenden Forderungen nur dann nicht durch die Subhastation berührt w e r d e n dürfen, w e n n sie innerhalb des Kaufpreises eingetragen" 6 9 seien. D a n n wäre ein zur Subhastation gestelltes Grundstück immer verkäuflich gewesen. Wahrscheinlich w ä r e dem abgeänderten Antrag die Majorität sicher gewesen, w e n n Leonhardt nicht das Schicksal der Immobiliargesetze davon abhängig g e m a c h t hätte, daß das bisherige Subhastationsrecht zunächst unberührt blieb. So aber z o g e n die Antragsteller ihre Anträge zurück, allerdings mit der Folge, daß einige T a g e später erneut der v o n zahlreichen A b g e o r d n e t e n unterstützte Antrag vorlag, die Staatsregierung z u ersuchen, m ö g lichst bald eine neue Subhastationsordnung vorzulegen, die auf dem Grundsatz beruhen sollte, „daß die Forderungen der Gläubiger, w e l c h e vor dem verkaufenden Gläubiger eingetragen sind, durch die Subhastation nicht fällig" werden 7 0 . Dieser Antrag w u r d e am 5. 2. 1870 nicht mehr behandelt, ließ aber der Regierung volle Freiheit hinsichtlich der Einzelheiten der gewünschten Reform. D e r Justizminister Leonhardt führte daraufhin eine U m f r a g e bei allen in Betracht k o m m e n d e n Institutionen durch 7 1 . Ü b e r das Ergebnis legte er d e m Herrenhaus 1871 eine v o n Foersterstammende „Denkschrift über die Frage, o b sämmtliche H y p o t h e k e n v o n der Subhastation ergriffen und in derselben zahlbar werden sollen" 7 2 , vor. D a n a c h hatten sich für eine Abänderung des geltenden Rechts ausge69
Stenographische Berichte, aaO, S. 1795 (Abgeordneter Leni). Vgl. die in Fn. 72 nachgewiesene Denkschrift, S. 90. 71 Die Gutachten befinden sich in den Akten des Geh.-StA Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 4888-4893. - Bereits 1869 hatte Kurlbaum in einer Besprechung der preuß. Immobiliarrechtsentwürfe festgestellt, daß, wenn es um den „Schutz und die Hebung des Realkredits" gehe, der Vorzug den Grundsätzen des neuvorpommerschen Rechts gebühre (Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtspflege in Preussen, hrsg. von J. Fr. Behrend, Jg. 3, S. 764). Weitere preuß. Juristen veröffentlichten 1871 kurze Abhandlungen im Rahmen der Umfrage des Justizministers vom 8. Juli 1870. Der Kreisrichter R. Stieve aus Cöslin wandte sich gegen eine Reform und untersuchte in diesem Zusammenhang im einzelnen, welchem Personenkreis diese nutzen könnte. Die Bedürfnisfrage konnte seiner Ansicht nach „nur nach außerhalb des Rechtssystems liegenden Rücksichten der Opportunität der Volksw i r t s c h a f t , der Politik, der Nützlichkeit beantwortet werden. Das Recht soll den einseitigen Zwecken der Grundbesitzer dienen, weil gegenwärtig die Realkredit-Verhältnisse sehr ungünstig sind. Später treten vielleicht andere Interessen in den Vordergrund, es wechseln die Ansichten darüber, was zweckmäßig und nützlich ist. Dann würde man vielleicht wieder zu dem jetzt bestehenden Recht zurückkehren. Dieser Wechsel aber würde die Folge davon sein, daß das Recht außerhalb desselben liegenden Zwecken dienen soll" (Zeitschrift für Gesetzgebung . . . in Preussen, Jg. 4, 1871, S. 499). Auch der Kreisrichter Euchel aus Cöslin (aaO, S. 723 ff.) sprach sich gegen eine Änderung des Subhastationsrechts aus, das auf der „Ökonomischen Erwägung" beruhe, daß ein schuldenfreier Besitz in der Regel der wirtschaftlich vorteilhaftere sei (S. 725 f.). Eine wirkliche Stabilität des Kapitals lasse sich nicht von einer Reform des Hypotheken- und Subhastationsrechts, sondern nur durch eine vollständige Umgestaltung des Hypothekenverkehrs erreichen (S. 734 ff.). 70
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Stenographische Berichte über die Verhandlungen . . . Herrenhaus, Bd. 2 (Anlagen), S. 8 9 101 (Aktenstück Nr. 8).
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sprochen: 2 Appellationsgerichte, 46 Gerichte in erster Instanz, 6 Ehrenräte der Rechtsanwälte und Notare, 4 Landschaften, 2 Hypotheken- bzw. Bodenkreditbanken und 121 landwirtschaftliche Vereine. Für die Aufrechterhaltung des bisherigen Rechtszustandes hatten sich erklärt: 17 Appellationsgerichte, 515 Gerichte erster Instanz, 12 Ehrenräte der Rechtsanwälte und Notare, 5 Landschaften, 8 Hypothekenbanken, 30 landwirtschaftliche Vereine 73 . Aufschlußreich erscheint, daß sich in erster Linie die landwirtschaftlichen Vereine und die knappe Hälfte der Landschaften für eine Reform ausgesprochen hatten, wohl weil man sich davon eine Erschwerung der Subhastation landwirtschaftlicher Grundstücke erhoffte und den Landwirten Gelegenheit geben wollte, mit geringen Geldmitteln Grundstücke zu erwerben. Von den Befürwortern einer Reform war vorgebracht worden, daß das Meistgebot wegen der Notwendigkeit, dieses in voller Höhe bar zu zahlen, regelmäßig zu niedrig ausfalle. Im übrigen sei die Zahl der Bieter sehr gering, da vielen Interessenten die erforderlichen Mittel für eine Barzahlung fehlten. Ferner wurde es als ein Übelstand bezeichnet, „daß die voreingetragenen Hypothekengläubiger durch ihre Zuziehung zum Subhastationsverfahren belästigt und vielfach, um ihre Forderungen zu decken, zum Erstehen des ihnen verpfändeten Grundstücks genöthigt würden." 74 Allgemein erwartete man von einer Reform „Hebung des Werths von Grund und Boden und Förderung der Stabilität des Kapitals, damit aber alle mit Besserung des Realkredits verbundenen Vortheile"; denn die im Abgeordnetenhaus eingebrachten Anträge entsprächen gleichmäßig den Interessen des Gläubigers wie des Schuldners. Die Meinung der Majorität faßte die Denkschrift dahin zusammen 75 : „Die Abänderungsvorschläge befänden sich mit dem bei Abfassung der Subhastationsordnung befolgten Prinzipe, den Realkredit durch strenge und schnelle Realisirung der Hypotheken zu heben, in unverkennbarem Widerspruch. Sie hätten zur Folge, daß dem Gläubiger die Gelegenheit zu einer leichten Realisierung seiner Forderung entzogen, daß er genöthigt würde, sein Kapital stehen zu lassen, und dies bei Ereignissen, welche wie die Subhastation seine Sicherheit auf das nächste berührten. Eine solche Maßregel würde, so wird von verschiedenen Appellationsgerichten bemerkt, zu den Präventivmitteln, zu den künstlichen Mitteln zur Hebung des Realkredits gehören, welche auf denselben nur unvortheilhaft wirken könnten. Von den meisten Kredit-Instituten wird ferner darauf hingewiesen, daß sich beim Eintritt der Subhastation — abgesehen von dem Wechsel in der Person des Grundbesitzers — namentlich auch die Umstände geändert hätten, welche für die Sicherheit der Hypothek maßgebend wären. Die Grundstücke seien nämlich erfahrungsmäßig in der Mehrzahl aller Fälle in den letzten Jahren vor der Subhastation schlecht b e w i r t schaftet und deteriorirt worden, und es werde deshalb für den Gläubiger dringend wünschenswerth, daß er bei eintretender Subhastation über das Zurücknehmen oder Stehenlassen seines Kapitals nach seinem Ermessen befinden könne. Der Realkredit werde von der clausula rebus sie stantibus in Wirklichkeit beherrscht, und es wird hieran die weitere Folgerung geknüpft, daß durch die Neuerung die Rechte derjenigen Gläubiger verletzt werden würden, welche im Vertrauen auf den jetzigen Rechtszustand, wonach die Subhastation alle Hypothekenverbindungen löse, längere Kündigungsfristen bewilligt hätten." Als Hauptgrund gegen die vorgeschla-
73 Denkschrift, aaO (Fn. 72), S. 92. 74 Denkschrift, aaO, S. 93; das folgende Zitat auf S. 91. 75 Denkschrift, aaO, S. 93.
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gene Reform wurde angeführt, daß sie von zahlungsunfähigen Personen zu unredlichen, auf schnelle Ausnutzung des Grundstücks gerichteten Spekulationszwecken mißbraucht werden könne. Außerdem würde „der häufige Wechsel der Gesetzgebung auf das Volksbewußtsein unvorteilhaft wirken, zumal es sich um einen so eingewurzelten Grundsatz wie den der Baarzahlung bei Subhastationen handle." 76 Das Ergebnis der Umfrage war für den Justizminister Anlaß, eine Reform des Subhastationsrechts zurückzustellen. Die „Denkschrift" versuchte anhand statistischer Unterlagen nachzuweisen, daß die behaupteten Nachteile in Wirklichkeit nicht oder so gut wie überhaupt nicht beständen und die meisten der erhofften Vorteile nicht erreicht werden könnten 77 . In diesem Zusammenhang stellte Foerster fest, die Behauptung, „daß durch den Grundsatz der Baarzahlung des ganzen Meistgebotes der Werth der Grundstücke regelmäßig unter den wahren Werth derselben herabgedrückt werde, ihrer Natur nach ebenso schwer zu beweisen (sei) wie zu widerlegen." 78 Die mit der vorgeschlagenen Neuerung verbundenen Änderungen würden „als eine schwere Benachtheiligung von den Kapitalisten empfunden werden, was auf den Realkredit nur unvortheilhaft wirken" 79 könne. Im übrigen seien sich die Kritiker der Abänderungsvorschläge darüber einig, „daß die Einfachheit des jetzigen Subhastationsverfahrens in Folge der Abänderungsvorschläge verloren gehen, daß das Verfahren verwickelter und schwieriger werden und deshalb eher zu Rechtsverletzungen und zur Einlegung von Rechtsmitteln Veranlassung geben würde." Insbesondere würde die Feststellung eines „geringsten Gebots" und die Beibehaltung der Korrealhypotheken ganz erhebliche Schwierigkeiten bereiten 80 . Aus den in der Denkschrift ausführlich dargelegten Gründen hielt die Regierung an dem bisherigen Rechtszustand fest, wie § 43 Abs. 1 des EEG-Entwurfs von 1871 zeigt: „Der Ersteher erwirbt das Eigenthum des Grundstücks frei von allen Hypotheken." 81 In der Kommission des Herrenhauses war beantragt, stattdessen das Deckungs- und Übernahmeprinzip, von den Zinsrückständen und den Korrealhypotheken abgesehen, zu adoptieren. Die Begründung des Antrags weist darauf hin, daß dieser primär von agrarischen Kreisen ausging 82 : „Das jetzt bestehende Recht beruhe auf keinem richtigen juristischen Prinzip, es beschränke den Kreis der Bieter zum Nachtheil des Grundbesitzes und halte viele tüchtige, an sich solide, nur nicht mit Mitteln zur Befriedigung aller Hypothekarien ausgerüstete, zum landwirtschaftlichen Beruf aber sehr geeigneten Kräfte vom Bieten ab, auch selbst wohlhabende Leute bedürften jetzt zu viel Kapital, um sich zum Erwerbe zu entschließen, es sei daher die große Gefahr vorhanden, daß zum Nachtheile des Staates der Grundbesitz bei Subhastationen einem kleinen Kreise von Industriellen in die Hände gespielt werde, die Opposition der Gerichte werde verschwinden, wenn die vorgeschlagene Neuerung auf das Kapital beschränkt, aber die Befriedigung sämmtlicher Gläubiger wegen der rückständigen Zinsen und Kosten aus den Kaufgeldern beibehalten und wenn für die mit Korrealhypotheken belasteten Grundstücke das Denkschrift, aaO, S. 94. 77 Denkschrift, aaO, S. 95 ff. 78 Denkschrift, aaO, S. 98. 79 Denkschrift, aaO, S. 99; hieraus auch das folgende Zitat, so Denkschrift, aaO, S. 99. 81 Sämtliche parlamentarischen Materialien zum Gesetz über den Eigentumserwerb und zur Grundbuchordnung von 1872 bei F. Werner, Die Preußischen Grundbuch- und Hypothekengesetze vom 5. Mai 1872, nebst Materialien: Erster Teil: Gesetze und AusführungsVerfügungen. Zweiter Theil: Materialien (1872). 82 Werner, aaO, Bd. 2, S. 60 (Bericht der Kommission des Herrenhauses).
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II. Das preußische Zwangsversteigerungsrecht (1793 —1883) bisherige Recht völlig konservirt werde . . .". Der Antrag wurde zwar abgelehnt, doch auch § 43 des Entwurfs gestrichen, um das geltende Recht nicht noch einmal zu sanktionieren, und stattdessen folgende Resolution vorgeschlagen, daß die Regierung „bei der zu veranlassenden Umarbeitung der Subhastationsordnung rücksichtlich der hier vorliegenden Frage von dem Grundsatze" ausgehen solle, „bei der nothwendigen Subhastation die Forderungen voreingetragener Gläubiger nicht unbedingt zur Zahlung zu bringen." 83 — Im Plenum wurden die Anträge der Kommission nach einer längeren Debatte am 6. 2. 1872 angenommen, nachdem insbesondere v. Kleist-Retzow die Nachteile des bisherigen Verfahrens ausführlich dargestellt hatte 84 . In der Kommission des Abgeordnetenhauses fand die Resolution des Herrenhauses und die Streichung des § 43 keine Mehrheit 85 . Dagegen befürwortete wohl die Majorität des Plenums in der 2. Lesung eine Reform des Subhastationsrechts, ohne daß sie aber die Vorlage abänderte. Insbesondere Bähr legte im einzelnen dar, daß der vorrangige Gläubiger nicht verpflichtet sein dürfe, sich auf eine Subhastation einzulassen, die nicht einmal seine Hypotheken decke 8 6 : „Wenn der Grundbesitz sich Kredit verschaffen will, so muß er vor Allem eine gewisse Klasse von Kapitalisten anzulocken suchen, die ich die stillen Kapitalisten nennen möchte: das sind diejenigen Gläubiger, welche nicht das Bedürfniß fühlen, jederzeit ihre Kapitalanlagen zu wechseln, welche nicht an die Börse gehen, um dort in Geld zu spekuliren, sondern welche froh sind, wenn sie ihr Geld sicher angelegt haben, es so lange wie möglich stehen lassen, dann aber auch nicht gefährdet und beunruhigt sein wollen. Für diese Leute ist eine Umgestaltung des Subhastations-Verfahrens . . . von größter Bedeutung. Ja, ich möchte behaupten: wenn einmal ein solcher Mann das erlebt hat, was ich eben als möglich geschildert habe, daß ihn ein zweiter Gläubiger zu ungelegener Zeit aus seiner Hypothek herausdrängt, und er seine Hypothek, während das Grundstück vollen Werth hat, nicht einmal gedeckt bekommt, dann ist ihm das Ausleihen auf Hypotheken so gründlich verleidet, daß er dann lieber jederzeit an die Börse« geht — selbst auf die Gefahr hin, einmal Rumänier in die Hand zu bekommen. Obwohl die Mehrheit der beiden Häuser des Parlaments eine Reform des Subhastationsrechts für dringend notwendig erachtet hatte, unternahm die preußische Regierung in dieser Frage zunächst nichts. Das „Gesetz, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen" 8 7 vom 4. 3. 1879 paßte die Subhastationsordnung von 1869 an die C P O an und brachte in diesem Zusammenhang nur kleinere Änderungen des formellen Rechts. Alle erforderlichen Entscheidungen mußten vom Vollstreckungsgericht ergehen und konnten nur mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Ein Antrag, die Bestimmungen über die Kaution der Bieter schon jetzt zu modifizieren, wurde im Hinblick auf die von der Regierung zugesagte Reform des Subhastationsrechts abgelehnt 88 , obwohl 83 Werner, aaO, Bd. 2, S. 60. 84Stenographische Berichte über die Verhandlungen . . . Herrenhaus, Bd. 1, Session 1871/72, S. 129f. (bei Werner, aaO, nicht abgedruckt). 85 Vgl. Wemer, aaO, S. 115. 8Ä Stenographische Berichte über die Verhandlungen . . . Abgeordnetenhaus, Session 1871/72, Bd. 2, S. 1233 (bei Wemer, aaO, nicht abgedruckt). 87 Preuß. G. S. 1879, S. 102-108. 88 Stenographische Berichte über die Verhandlungen . . . Haus der Abgeordneten, Session 1878/79, Bd. 2, S. 819ff. (22. 1. 1879), bes. S. 822ff. 21
Entstehungsgeschichte des ZVG
§ 22 der Subhastationsordnung in nicht wenigen Fällen zu einer Benachteiligung des betreibenden Gläubigers geführt hatte. Denn vor allem in Berlin hatten „notorisch insolvente Personen" 89 Grundstücke erstanden, da die Bietungskaution, die nach dem Grundsteuerreinertrag bemessen wurde, bei wertvollen Baustellen sich nur auf einen äußerst geringen Betrag belief. — Gleichzeitig mit der Verabschiedung des Gesetzes vom 4. 3. 1879 forderte das Abgeordnetenhaus die Staatsregierung auf, möglichst bald einen Gesetzentwurf vorzulegen, „durch welchen die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen einschließlich des mit derselben verbundenen Aufgebots- und Vertheilungsverfahrens, in thunlichster Uebereinstimmung für sämmtliche Landestheile neu geordnet werde." 90 Das Justizministerium hatte bereits vor der Verabschiedung dieser Resolution Kurlbaum und Eccius damit beauftragt, einen Gesetzentwurf, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen auszuarbeiten 91 . Der Entwurf lag bereits im Februar 1878 vor und wurde zusammen mit einer allgemeinen Begründung 92 den Gerichten zur Stellungnahme übersandt 93 . Zwei weitere, nur unwesentlich modifizierte Entwürfe wurden im Juni 1880 und Juni 1881 als Manuskript gedruckt. Da im weiteren Verlauf der Entstehungsgeschichte die Grundsätze des neuen Subhastationsrechts unverändert blieben, soll zunächst auf diese anhand der Motive zur Parlamentsvorlage näher eingegangen werden. Der Entwurf wie auch das Gesetz selbst übernahmen für das preußische Zwangsversteigerungsrecht das Deckungs- und Übernahmeprinzip, womit eine wichtige Vorentscheidung für die Reichsgesetzgebung getroffen wurde. Die allgemeine Begründung zum Gesetzentwurf 94 ließ sich auf weitläufige dogmatische Erörterungen nicht mehr ein. Vielmehr kam es ihr primär darauf an, „welchen Einfluß die Entscheidung, mag sie in der einen oder der anderen Richtung fallen, auf das wirtschaftliche Leben, auf den Realkredit, die Sicherung der Pfandgläubiger und der Grundbesitzer haben kann." 95 Bedeutsam war vor allem, daß nach dem bis89
Anlagen zu den Stenographischen Berichten über die Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten, Session 1878/79, Bd. 1, S. 1028 (Bericht der X . Kommission, Aktenstück Nr. 116). 9 ° Stenographische Berichte, aaO (Fn. 88), S. 825 91 Zum folgenden die Akten des Geh.-StA Berlin-Dahlem, Rep. 84a, Nr. 6041-6045. Der Beginn der Entstehungsgeschichte läßt sich auch anhand der Akte Nr. 6041 nicht völlig erhellen, da in der Aktenüberlieferung für die Jahre 1871 bis 1877 wohl eine Lücke besteht. - Über die Entstehung der Subhastationsordnung von 1883 und die Beteiligung von Kurlbaum (über diesen vgl. Jahnel bei Schubert, aaO, [Fn. 3], S. 77) und von Eccius (über diesen vgl. Schubert, aaO, [Fn. 49], S. 77), vgl. Krech/Fischer, aaO, S. 79ff. - Über die wissenschaftliche Diskussion während der Jahre 1871-1875 vgl. unten S. 44 ff. 92 Geh.StA Berlin-Dahlem, Rep. 84a, Nr. 6041, S. 5 - 3 4 (195 Paragraphen; Begründung von 16 Seiten; beides gedruckt); in dieser Akte auch die Entwürfe von 1880 und 1881. 93 Gutachtliche Äußerungen in den Akten Rep. 84 a, Nr. 6 0 4 6 - 6 0 4 9 im Geh.StA Berlin-Dahlem. 94 B. Stegemann, Die Materialien zum Gesetze vom 13. Juli 1883, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, 1883, S. 36ff. (Drucksache des Herrenhauses Nr. 6 der Session 1882/83). - Kurlbaum gab 1883 eine kurze, allerdings hinsichtlich der Entstehungsgeschichte und der rechtspolitischen Grundlagen des Gesetzes wenig aufschlußreiche Einführung in das Gesetz unter dem Titel: „Neue Grundsätze der Zwangsversteigerung von Immobilien nach dem Preußischen Gesetze vom 13. Juli 1883" (Stuttgart, 1883; 92 Seiten) heraus. 95 Stegemann, aaO, S. 40.
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II. Das preußische Zwangsversteigerungsrecht (1793 — 1883)
herigen Verfahren 15 bis 21 Prozent der dem betreibenden Gläubiger vorhergehenden Grundpfandgläubiger nicht voll befriedigt worden waren und daß in 10 bis 11 Prozent der Versteigerungen solche Gläubiger das Grundstück ersteigert hatten 96 . Als Vorteile des vom Entwurf vorgeschlagenen Verfahrens stellten die Motive folgendes heraus: „Die Möglichkeit, daß der Eigenthümer eines Grundstücks von demselben vertrieben wird, ohne daß der Zweck des Verkaufs, die Befriedigung des Gläubigers, auch nur im Geringsten erreicht wird, hört auf. Es ist bekannt, wie die Möglichkeit, ein Grundstück zur Zwangsversteigerung zu bringen, gerade in Verbindung mit der Pflicht des Erstehers, den Kaufpreis baar zu zahlen, zu billigen Ankäufen benutzt wird. Es ist im schlimmsten Sinn das Spiel, welches mit dem leicht gewährten, fast entgegengetragenen Kredit beginnt und in dem Augenblick einer, wenn auch vorübergehenden, Kalamität mit dem Subhastationsantrag e i l d e t . . . Zum Vortheil des Eigenthümers und sämmtlicher, namentlich der ungünstig locirten Gläubiger wird endlich durch den Ausschluß der Baarzahlung des ganzen Kaufpreises der Kreis der Bieter erweitert." 97 Demgegenüber wurden die Nachteile gegenüber dem bisherigen Verfahren (unter V.) und die juristisch-technischen Schwierigkeiten als wenig erheblich bezeichnet 98 . Insgesamt gesehen versprach man sich vom Entwurf eine Förderung des durch den Grundstückswert gedeckten Kredits. Grundlegend für das neue Subhastationsrecht war das geringste Gebot, also der Betrag, der mindestens zu bieten war, damit das Grundstück überhaupt zugeschlagen werden konnte 99 . Es war vom Richter aufzustellen und hatte alle Ansprüche zu berücksichtigen, die dem betreibenden Gläubiger vorgingen. Als Alternative hätte sich angeboten, den Käufer ohne vorgängige amtliche Feststellung der Höhe für verpflichtet zu erklären, die dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Realansprüche zu übernehmen oder zu berichtigen und ein darüber hinausgehendes Gebot zu bezahlen. Dieser Ausweg wurde jedoch als unzulänglich bezeichnet 100 : „Denn der Umfang der vorgehenden Realansprüche ist, abgesehen von überhaupt unbestimmten Forderungen, schon wegen der zugehörigen Ansprüche auf Zinsen, laufende oder rückständige Beträge wiederkehrender Hebungen und Kosten unbestimmt; der Bieter, welchem die Uebernahme einer unbestimmten Forderung zugemuthet wird, schlägt dieselben für sich so hoch an, daß er möglichst wenig Gefahr läuft, und die nächste Folge hiervon ist die, daß ein geringeres Gebot erzielt wird, als wenn die Pflichten des Bieters klar und fest bestimmt worden wären." Abgesehen vom geringsten Gebot und den damit verbundenen dogmatischen Neuerungen behielt das preußische ZVG von 1883 die Errungenschaften der Konkursordnung von 1855 und der Subhastationsordnung von 1869 bei, so daß hinsichtlich des eigentlichen Verfahrensrechts die Kontinuität gewahrt blieb. — Der Entwurf brachte für den Geltungsbereich der Immobiliargesetze von 1872 einheitliche Bestimmungen über die Zwangshypothek und die Zwangsverwaltung, welch letztere in den gemeinrechtlichen Gebieten als selbständige Vollstreckungsmaßnahme so gut wie unbekannt war. Die Prioritätsordnung (§§ 23 ff.) reproduzierte im wesentlichen die 96
Stegemann, aaO, S. 41 f. ? Stegemann, aaO, S. 41, 42. 98 Stegemann, aaO, S. 42 f. 99 Vgl. § 22 Abs. 1 des Gesetzes: „Ohne Uebernahme oder Befriedigung derjenigen Rechte, welche dem Rechte der Gläubiger vorgehen, darf der Verkauf des Grundstücks nicht stattfinden . . 100 Stegemann, aaO, S. 64. 9
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Entstehungsgeschichte des ZVG
Bestimmungen der KO von 1855 (Privilegien für die Beiträge zur Erfüllung der Deichpflicht und den Liedlohn). Anders als nach dem bisherigen Konkursrecht hatte nunmehr auch der persönliche Gläubiger, der eine Zwangsvollstreckung eingeleitet hatte, ein auch im Konkurse wirksames Vorzugsrecht: „Nachdem die Deutsche Konkursordnung auch den letzten Rest der Verbindung der Zwangsversteigerung von Immobilien mit dem Konkursverfahren gelöst hat, erscheint es allein richtig, die Immobilien auch in der Wirkung der Zwangsvollstreckung den Mobilien gleich zu stellen, mit dem Vorzugsrechte also auch das Recht auf abgesonderte Befriedigung im Konkurse zu verbinden."101 In engem Zusammenhang damit, wie das geringste Gebot festgestellt werden sollte, stand die Frage, in welcher Weise der Kaufpreis berichtigt werden sollte. Das Gesetz unterschied zwischen dem bar zu zahlenden und dem durch Übernahme von Realrechten zu berichtigenden Teil des Kaufpreises. Von der Übernahme ausgeschlossen waren alle in § 57 genannten Ansprüche: „Von dem Kaufpreis ist der Betrag der bei Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigten Zinsen, laufenden oder rückständigen wiederkehrenden Hebungen, Kosten und nicht eingetragenen, auf den Ersteher nicht von selbst übergehenden Realansprüche, sowie der das geringste Gebot übersteigende Betrag baar zu zahlen . . 1 0 2 Hatte der Ersteher bedingte Ansprüche zu übernehmen, so war er verpflichtet, an Stelle derselben andere mit entgegengesetzter Bedingung für den Fall zu übernehmen, daß jene ersteren zur Zeit der Zahlung des Kaufpreises bereits weggefallen waren oder später noch wegfielen (§ 68). — Neue Wege beschritt das Gesetz für die vom Bieter zu erbringende Sicherheit, da die Regelung des Gesetzes von 1869 sich nicht bewährt hatte. Nach § 62 Abs. 1 sollte die Sicherheit ein Zehntel des vom Ersteher bar zu entrichtenden Kaufpreises betragen. Eine Sicherheitsleistung durch Bürgen wurde nicht zugelassen. — In § 97 wurde der Grundsatz festgehalten, daß durch den Zuschlag Eigentum, Gefahr und Nutzungen auf den Ersteher übergingen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Schuldner Eigentümer des versteigerten Grundstücks war oder nicht. In § 98 wurde die Regelung des ZVG von 1869 übernommen, wonach der Ersteher die Übergabe des Grundstücks erst nach der Berichtigung des Kaufgeldes fordern konnte. Der Entwurf vom Juni 1881 wurde von anderen Staatsministern mit einem Votum des Justizministers vom 4. 7. 1881 übersandt 103 . Hierin wies Friedberg, der Nachfolger Leonhardts, vor allem darauf hin, daß der Rechtszustand in einigen neuen Landesteilen unerträglich sei und außerdem die Subhastationsordnung von 1869 Mängel aufweise. Die Zwangsverwaltung außerhalb der landrechtlichen Gebiete sei so gut wie unbekannt. Im Interesse der Rechtseinheit habe er, Friedberg, von einer Novellengesetzgebung für die einzelnen Landesteile abgesehen und ein Reformgesetz mit Ausnahme für die Rheinprovinz auf der Basis der neuen Prinzipien, deren Einführung „von Seiten der Grundbesitzer im Interesse des Grundkredits mit großem Nachdrucke geltend gemacht" worden sei, aufstellen lassen. Nachdem dies der König unter dem 30. 9. 1881 im Prinzip genehmigt hatte, nahmen auch die anderen Fachminister detailliert zu dem Entwurf Stelllung. Bismarck gab Friedberg zu bedenken 104 , ob man von der Exekution in den kleinen Grundbesitz nicht ein 101 Stegemann, aaO, S. 58. 102 f ü r diese Forderungen galt der Übernahmegrundsatz also nicht. 103 Zum folgenden die Akte des Geh.StA Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 6041 f. 1 04 Votum vom 13. 11. 1881 im Geh.StA Berlin-Dahlem, aaO. (Fn. 103); hier auch die im folgenden genannten Voten.
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II. Das preußische Zwangsversteigerungsrecht (1793 — 1883)
bestimmtes, zur Erhaltung einer Familie notwendiges Quantum nach dem Beispiel der amerikanischen Heimstättengesetzgebung ausnehmen solle. — Der Kultusminister bezweifelte in seinem Votum vom 28. 10. 1882 dagegen die Notwendigkeit einer Reform, die den betreibenden Gläubiger nur benachteiligen könne. Es reiche aus, wenn man den Hypothekaren das Recht gebe, die Übernahme ihrer Grundpfandrechte zu verlangen. Im übrigen wurde für die Ermittlung des geringsten Gebots ein vereinfachtes Verfahren vorgeschlagen. — Der Landwirtschaftsminister teilte in seinem Votum vom 8. 1. 1882 zunächst einige Bedenken ostpreußischer und schlesischer Behörden gegen den Entwurf mit105. Im übrigen lehnte er das „geringste Gebot" ab, das eine künstliche Konstruktion sei und mit dem wirklichen Wert nichts zu tun habe sowie bei der Aufstellung und späteren Erlösverteilung außerordentlich schwierige Fragen aufwerfe. Er schlug stattdessen vor, die gesetzliche Regelung darauf zu beschränken, daß die dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Rechte unberührt bleiben sollten. Es sei dann Sache des Bieters, sich über den Umfang dieses Rechts anhand der Prioritätsordnung Klarheit zu verschaffen 106 . — Nachdem der Landwirtschafts- und der Kultusminister die Bedenken gegen das geringste Gebot aufgegeben hatten, wurde die Vorlage noch einmal im Justizministerium geringfügig umgearbeitet und am 28. 10. 1882 dem König zur Genehmigung vorgelegt und anschließend im Herrenhaus am 14. 11. 1882 eingebracht. Die Kommission des Herrenhauses begrüßte den Entwurf als hervorragendes Mittel, Grundbesitz und Kapital gegen jede „unlautere Ausnutzung" 107 zu schützen. Gleichwohl konnte man einige kritische Anmerkungen nicht unterdrücken, so z. B. daß es im Rahmen der Vertragsfreiheit unbeschränkt zulässig sein sollte zu vereinbaren, daß die Hypotheken im Falle einer Subhastation fällig werden sollten. Ferner wurde die unbeschränkte Zulässigkeit von Zwangshypotheken gerügt. Besondere Schwierigkeiten bereitete die Behandlung der dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Korrealhypotheken. Der Entwurf wollte sie als auflösend bedingte, vom Ersteher zu übernehmende Realansprüche behandeln. Dieser sollte verpflichtet sein, gleichzeitig einen anderen Anspruch unter der gleichen, aber entgegengesetzt wirkenden Bedingung (Wegfall der Korrealbelastung) zu übernehmen (§58 des Entwurfs und des Gesetzes). Für das Verteilungsverfahren traf dann § I I I die entsprechende Regelung: „Der auf eine Forderung unter aufschiebender Bedingung zur Sicherung derselben anzuweisende Betrag ist für den Fall, daß die Bedingung ausfällt, auf andere Forderungen nach der festgesetzten Reihenfolge zu vertheilen. — Die Gläubiger der letzteren Forderungen erhalten die Zinsen des anzuweisenden Betrages und eine Sicherung ihrer Rechte." Der Einzelverkauf mehrerer mit Korrealhypotheken belasteter Grundstücke war erheblich erschwert, da für jedes Grundstück der volle Betrag der Gesamthypothek in das geringste Gebot einzubeziehen war. 105
U. a. wurden genannt: Gefahr der Unverkäuflichkeit, Benachteiligung der Gläubiger, Gefahr weiterer Deteriorationen, Vermehrung der Verwaltungskosten, Ersteigerung zu Spekulationszwecken. 106 Der Finanz- und der Innenminister hatte lediglich Bedenken hinsichtlich der Priorität des Liedlohns vor den auf dem Grundstück lastenden öffentlichen Abgaben. - Anfang März 1882 hatte man noch den ständigen Ausschuß des neu errichteten preuß. Volkswirtschaftsrats gehört (gedruckte Verhandlungen in der Akte des Geh.StA Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 6042). Das Deckungsprinzip wurde gegen drei Stimmen, das Übernahmeprinzip gegen zwei Stimmen gebilligt. An der Sitzung nahm u. a. Kurlbaum teil. 107 Stegemann, aaO (Fn. 94), S. 134 (Bericht der IX. Kommission; Drucksache Nr. 18 der Session 1882/83).
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Entstehungsgeschichte des ZVG
Hierzu heißt es in den Motiven 108 : „Gleichwohl können die Rechte, welche nach dem Entwürfe für alle Gläubiger anerkannt werden sollen, dem Gläubiger einer Korrealhypothek nicht anders als durch eine volle Berücksichtigung nach Maßgabe des § 33 gewahrt werden. Denn nicht die Erzielung einer Reihe von Meistgeboten, welche zusammengerechnet eine Befriedigung der ganzen Forderung in Aussicht stellen, kann den Gläubiger nöthigen, einen Theil seiner Sicherheit aufzugeben; sondern erst durch die Bezahlung der ganzen Forderung wird das Pfandrecht aufgehoben, welches bis dahin an jedem einzelnen Pfandstücke haftet. Grade einem solchen Gläubiger, welcher eine erhöhte Sicherheit erlangt hat, deren Anerkennung zu versagen, würde eine mit keinem Grunde zu rechtfertigende Inkonsequenz und Härte sein. Es bleibt für den betreibenden Gläubiger der Ausweg, die zusammenverpfändeten Grundstücke, soweit er gegen deren Eigenthümer einen vollstreckbaren Titel besitzt, auch zusammen zum Verkaufe zu stellen. Ein weiteres Recht, den vorstehenden Gläubiger zu gefährden, soll eben der nachstehende Gläubiger nicht haben, und es geschieht ihm damit hier ebenso wenig wie in anderen Fällen ein Unrecht." — In der Debatte des Herrenhauses wurde darauf hingewiesen, daß, wenn eine Gesamtversteigerung nicht möglich sei, ein Gläubiger auch dann leer ausgehen würde, wenn der Gesamtwert der Grundstücke seine Forderung eigentlich mit abdecken würde 109 . Diesem Notstand sollte der vom Herrenhaus beschlossene § 22 Abs. 2 (vgl. Gesetz § 205) abhelfen: „Ist bei Feststellung des geringsten Gebots eine Forderung, welche auf mehreren Grundstücken ungetheilt haftet, berücksichtigt worden und ist ein zulässiges Gebot nicht abgegeben worden, so ist der betreibende Gläubiger berechtigt, die Abtretung der ersteren Forderung gegen vollständige Berichtigung derselben zu fordern . . W e i t e r g e h e n d e Erleichterungen wurden dagegen zurückgewiesen. Keinen Anklang fand der Wunsch von Abgeordneten aus dem Gebiete des rheinischen Rechts, die Sicherheitsleistung auch durch Bürgen zuzulassen und Fristen für die Zahlung des Kaufpreises zu gewähren. Im Abgeordnetenhaus wurde das neue Subhastationsrecht in der 1. Lesung110 insbesondere von Abgeordneten aus dem Rheinland abgelehnt. Wenig Beifall fand die Schlechterstellung der Gläubiger, denen eine Korrealhypothek vorging. Ihnen werde, so wurde ausgeführt, in Zukunft ein Druckmittel fehlen, den Schuldner zur Zahlung anzuhalten. Außerdem sei es ihnen erheblich erschwert, das Grundstück selbst zu erwerben. Auch sei es vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus nicht zu billigen, daß der „schlechte Besitzer" künstlich erhalten werde. Das gesamte Verfahren sei zudem schleppender als nach der Subhastationsordnung von 1869. Statt dieses Gesetz ganz aufzuheben, solle man die aufgetretenen Mißstände beseitigen. So solle man dem Gläubiger die Kosten des Verfahrens auferlegen, wenn die Zwangsversteigerung nicht zu seiner Befriedigung geführt habe, die Schätzung des Grundstückswertes wieder einführen und dem Ersteher Zahlungsfristen gewähren. Für die Majorität, die das Gesetz trotz gewisser Bedenken billigte, war entscheidend, daß der Grundstückseigentümer seinen Besitz behalten konnte, wenn die Zwangsvollstreckung nicht zur Deckung der dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Ansprüche führte, daß der besserrangige Gläubiger vor vorzeitiger Rückzahlung des Kapitals geschützt und eine Spekulation mit nachrangigen Hypotheken erschwert wurde. Aber auch die Befürworter der Vorlage konnten sich zwei Schwächen nicht verhehlen: die Benachteiligung der Gläubiger, denen Korrealhypotheken 108 Stegemann, aaO, S. 65 (Begründung der Regierungsvorlage). 109 Vgl. Stegemann, aaO, S. 212ff. (2. Lesung im Herrenhaus am 15. 1. 1883). HO Stegemann, aaO, S. 251 (6. 2. 1883).
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II. Das preußische Zwangsversteigerungsrecht (1793 —1883)
vorgingen, und die unbeschränkte Möglichkeit, die Fälligkeit einer Hypothekenforderung für den Fall einer Subhastation zu vereinbaren, damit auch für die vorrangingen Gläubiger die Möglichkeit bestand, sich dem Verfahren anzuschließen. In der Kommission des Abgeordnetenhauses 111 nahm insbesondere die Frage, wie eine Korrealhypothek, die auf mehreren zur Zwangsversteigerung gestellten Grundstücken lastete, behandelt werden sollte, einen großen Raum ein. So lag der Antrag vor, daß der Hypothekengläubiger verpflichtet sein sollte, bei einer Zwangsversteigerung in eine Verteilung seiner Forderung auf die einzelnen Grundstücke einzuwilligen112. Nach einem anderen Vorschlag sollte für Korrealhypotheken das Übernahmeprinzip nicht gelten. Diese Vorschläge, die das System der Vorlage in Frage stellten, fanden wenig Resonanz. Auch hielt die Mehrheit das vom Herrenhaus vorgeschlagene Ablösungsrecht für zu weitgehend 113 . — In der 2. Lesung des Plenums wurde die mit der Korrealhypothek verbundene Problematik erneut eingehend diskutiert, aber Anträge, nach denen die Barberichtigung des auf Korrealhypotheken entfallenden Teils des Kaufpreises über die von der Kommission gefaßten Beschlüsse hinaus erleichtert werden sollte114, zurückgewiesen. Eine interessante Debatte riefen zwei allerdings abgelehnte Anträge Bismarcks hervor. Zu § 22 sollte beschlossen werden: „Ist der Ersteher des Grundstücks gleichzeitig eingetragener Gläubiger und deckt das Kaufgeld nicht die für ihn eingetragene Forderung, so wird der Schuldner in Höhe des Ausfalls der letztern von seiner persönlichen Verbindlichkeit frei." 115 Damit sollte verhindert werden, daß ein nachrangiger Hypothekengläubiger das Grundstück zu einem gegenüber dem Grundstückswert zu niedrigen Preise erwarb und dabei gleichzeitig seine persönliche Forderung behielt. Nach einem weiteren Antrag sollte eine Vereinbarung des Schuldners mit dem Gläubiger, „daß dessen im Grundbuche eingetragene Forderung mit dem Eintritte der Zwangsvollstreckung in das Grundstück fällig oder kündbar werden soll", ohne rechtliche Wirkung sein116. Will man die Entwicklung des preußischen Subhastationsrechts zusammenfassend kennzeichnen, so ist davon auszugehen, daß die Allgemeine Gerichtsordnung gegen den Schuldner „Nachsicht und Milde" übte und die „notwendige Subhasta111
Vgl. den Bericht der Kommission bei Stegemann, aaO, S. 361 ff. (Aktenstück Nr. 162 des Hauses der Abgeordneten, Session 1882/83). 112 Hierzu und zum folgenden vgl. Stegemann, aaO, S. 372ff. 113 Vgl. gegenüber dem oben mitgeteilten § 2 2 Abs. 2 der Beschlüsse des Herrenhauses den $ 205 des Gesetzes: „Ist in dem Verfahren der Zwangsversteigerung eine Hypothek oder Grundschuld, welche auf mehreren Grundstücken ungetheilt haftet, bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt, und ein zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers ausreichendes Gebot nicht abgegeben worden, und ist für die Forderung des betreibenden Gläubigers eins der für die erstere Forderung mithaftenden Grundstücke gleichfalls mitverhaftet, so ist der betreibende Gläubiger berechtigt, die Abtretung der ersteren Forderung gegen vollständige Berichtigung derselben zu fordern. Ist die Forderung nicht fällig, so kann das Recht nur mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten unter Verpflichtung des Kündigenden zur Zahlung ausgeübt werden." m Vgl. den Antrag des Abgeordneten Graf bei Stegemann, aaO, S. 404 (Aktenstück Nr. 221): „Auf Antrag eines Interessenten muß statt der Uebernahme einer Hypothek oder Grundschuld, welche auch auf einem andern, gleichzeitig zum Verkaufe gestellten Grundstücke ungetheilt haftet, die Versteigerung der verpfändeten Grundstücke im Einzelnen, jedoch nur gegen Baarzahlung des ganzen Kaufpreises erfolgen . . . " (als $ 68 a). 115 Stegemann, aaO, S. 404, (Aktenstück Nr. 220 unter B I und II). 116
Vgl. Fn. 115. 27
Entstehungsgeschichte des ZVG tion" lediglich als „äußerstes Mittel" 117 betrachtet wurde. D i e Verordnungen vom 3. 3. 1834 waren dann, nach den Worten von Dernburg, „Vorboten einer neuen Zeit", in welcher die „vermeintlichen Interessen des mobilen Kapitals" immer mehr in den Vordergrund traten und „rücksichtslose Zwangsvollstreckung gegen den Grundbesitzer geübt" 118 werden sollte. „Rücksichtslose Härte", so weiter Dernburg 119 , kennzeichnete dann die Subhastationsordnung von 1869: „Die Anforderung einer Taxe wurde fallen gelassen. ,Taxen', sagte man, ,sind Faxen'. Statt dessen verwies man zur Information der Kauflustigen auf den ,Grundsteuerreinertrag' und den .Gebäudenutzungswerth'. Liegt aber in der Verweisung hierauf nicht vielfach vollends eine Farce? Die Anforderungen an die Kaution der Bieter wurden so hoch gespannt auf Kosten guter Erträgnisse des Verfahrens und zum Vorteil derjenigen Hypothekarien, welche die Habe ihres Schuldners unter möglichster Beseitigung einer Konkurrenz an sich reißen wollen." Die Subhastationsordnung von 1883 brachte dann das Institut des geringsten Gebots, das Zwangsversteigerungen, die „ohne legitimen Nutzen für den betreibenden Gläubiger zur Depossedirung der Grundbesitzer führten", ausschloß, nach Dernburg ein „großes und dauerndes Verdienst" 120 dieses Gesetzes. Im übrigen teilte aber nach ihm auch die neue Subhastationsordnung die „allgemeine Tendenz der neueren Exekutionsordnungen, die sich einseitig und rücksichtslos in den Dienst der Gläubiger stellen." 121
H7 Dernburg, Das Preuß. Hypothekenrecht, 2. Abth., 1891, S. 337. i n Dernburg, aaO, S. 337f. H9 Dernburg, aaO, S. 338. 120 Dernburg, aaO, S. 339, 340; hieraus auch das folgende Zitat. I20»überaus kritisch zur Annahme des Übergangsprinzips durch die preuß. Gesetzgebung C. Münchmeyer, Gefahren der Zwangsversteigerung, 1901, bes. S. 63ff., 90ff., 152ff.; vgl. auch unten unter X. 121 Wegen des Subhastationsrechts der anderen größeren Bundesstaaten vgl. Fn. 6. - Im folgenden wird lediglich noch kurz auf das Subhastationsrecht von Württemberg und Baden hingewiesen, da es bei den Diskussionen in der 1. BGB-Kommission und im Bundesrat sowie im Reichstag eine gewisse Rolle spielte. In Württemberg war die Subhastation in dem Gesetz, betreffend die Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen vom 18. 8. 1879 (80 Artikel) geregelt. Die Immobiliarvollstreckung war auf Antrag des Amtsgerichts vom Gemeinderat der jeweiligen Gemeinde als der „Vollstreckungsbehörde" auszuführen (Art. 1). Wie Art. 21 ergibt, steht das württembergische ZVG auf dem Boden des Deckungsprinzips: „Wenn das Angebot den Betrag der Forderungen der dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Realgläubiger (Art. 22 Abs. 2) nicht übersteigt, so ist der Zuschlag ohne die Zustimmung der letzteren nicht zu ertheilen." Auf der anderen Seite war, soweit möglich, bare Zahlung des Kaufpreises zu bedingen. Konnte dieses „ohne wesentlichen Nachtheil" (Art. 14 Abs. 2) nicht geschehen, „so ist dem Käufer baare Zahlung wenigstens eines Viertheiles des Kaufschillings anzubedingen und sind für die allmählige Entrichtung des Angeborgten Fristen, in der Regel nicht über die Dauer von drei Jahren, zu bewilligen, die Zieler aber in jedem Falle verzinslich zu bestimmen." Der „Annahme von drei Jahreszielern" konnte der Gläubiger nicht widersprechen (Art. 14 Abs. 4). War der „Kaufschilling" auf mehr als „drei Jahreszieler" verteilt, so waren „die weiteren Zieler auf Kosten des Schuldners zu verwerthen, und es ist der baare Erlös zur Befriedigung des Gläubigers zu verwenden." (Art. 14 Abs. 5). Vor der Versteigerung war der Wert der zu veräußernden Grundstücke festzusetzen, ohne daß dies aber eine wesentliche Verfahrensvoraussetzung war. Von jedem Bieter konnte, und zwar von Amts wegen, „Sicherheit durch einen zahlungsfähigen Bürgen" bis zum Betrag von 10 Prozent des „Anschlags" (Schätzwert) verlangt werden (Art. 15 Abs. 2). Vom ersten „Verkaufstermin an lief eine Frist von zwei Wochen, innerhalb deren die Betheiligten" einen Käufer oder 28
II. Das preußische Zwangsversteigerungsrecht (1793 — 1883) „besseren Käufer" beibringen konnten (Art. 16 Abs. 1). War kein weiterer „Aufstreich" mehr zulässig, hatte die Vollstreckungsbehörde dem Meistbietenden innerhalb von zwei Wochen den Zuschlag zu erteilen (Art. 18 Abs. 1). Die Zwangsverwaltung (Sequestration oder Immission der Gläubiger in die Güter des Schuldners) blieb auch nach 1879 im Exekutionsgesetz vom 15. 4. 1825 geregelt. - Zum württembergischen Recht u. a. R. Nick .-Die Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen wegen Geldforderungen. Systematische Darstellung des in Württemberg hierüber geltenden Rechts, 1880. Das badische Zwangsversteigerungsrecht war geregelt in der „Landesherrlichen Verordnung, das Verfahren bei Zwangsvollstreckungen in Liegenschaften betreffend" (LVO) vom 25. 7. 1879 (GVB1. 1879, S. 555ff.; Neufassung vom 10. 7. 1891 im GVB1. 1891, S. 127ff.), die auf dem Gesetz, die Einführung der Reichsjustizgesetze im Großherzogthum Baden betreffend, vom 3. 3. 1879 (GVB1. 1879, S. 91 ff.) beruhte. Das badische Recht lehnte das Deckungsprinzip „in der entschiedensten Weise" ab (B. Betzinger: Die auf den Civilprozeß bezüglichen Normen des badischen Landesrechts. Im Anschluß an die Reichscivilprozeßordnung dargestellt, 1895, S. 64). Selbst der Vorschlag der Regierung, wonach eine Versteigerung unterbleiben sollte, „wenn sich ein Ueberschuß über die Kosten der Zwangsvollstreckung" nicht erwarten ließ, wurde auf Antrag der 2. Kammer als „nicht zutreffend und in manchen Fällen bedenklich" (Betzinger; aaO, S. 65) gestrichen. Erst durch eine Novelle von 1883 (vgl. GVB1. 1883, S. 81 ff.) wurde eine Vorkehr gegen frivole Vollstreckungsanträge insofern geschaffen, daß die vom Gläubiger vorzuschießenden Vollstreckungskosten erst an gleicher Stelle mit dessen Hauptforderung rangierten. Eine dem Deckungsprinzip nahekommende Regelung war bereits 1854 von der Regierung gewünscht worden. § 2 der entsprechenden Vorlage in der Fassung des Berichts der Kommission der 2. Kammer lautet: „Die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft, auf welcher Vorzugs- oder Unterpfandsrechte ruhen, darf auf Antrag eines Gläubigers, welchem kein oder nur ein nachstehendes Recht solcher Art daran zusteht, nur dann vollzogen werden, wenn a) alle ihm vorgehenden Vorzugs- und Unterpfandsgläubiger in die Versteigerung einwilligen oder b) wenn er die Kosten der Versteigerung und der dazu nötigen Vorbereitungen vorschießt. Im letzteren Falle (b) darf der Zuschlag nur dann erfolgen, wenn der Erlös die vorgehenden Gläubiger, welche nicht eingewilligt haben, für ihre Forderungen samt Zinsen, soweit letztere Pfandrecht genießen (LRS 2151), und nebstdem die Kosten vollständig deckt. Die Kosten bleiben dem Antragsteller zur Last, wenn der Zuschlag nicht erfolgen kann." (Vgl. Verhandlungen der II. Kammer 1854, Beil. V, S. 159, 193). 1884 war von einigen Abgeordneten des Zentrums die Übernahme des Deckungsprinzips erneut verlangt worden (vgl. Betzinger, aaO, S. 49). - Nach § 42 des badischen EGCPO waren die Notare als Vollstreckungsbeamte bestellt. Zu Beginn der Immobiliarvollstreckung war eine Schätzung der zu versteigernden Liegenschaften vorzunehmen (§§ 19 ff. LVO). Nach dem ersten Versteigerungstermin wurde ein Zuschlag nur erteilt, wenn das höchste Gebot den Schätzpreis erreichte (§ 50 LVO); anderenfalls wurde ein zweiter Versteigerungstermin anberaumt, bei welchem der Zuschlag ohne Rücksicht auf den Schätzpreis erfolgen konnte. Auf Antrag des Schuldners hatte die Versteigerung auf „Zahlungszieler" zu erfolgen, und zwar ohne Zustimmung der beteiligten Gläubiger, wenn die Zahlung nicht über drei Jahre nach dem Zuschlag hinausgeschoben werden sollte (§ 40 LVO). Ein Fünftel des Kaufpreises war auf jeden Fall bar zu zahlen. Für mehr als „dreijährige Zieler" war in den §§ 41, 42 eine Regelung getroffen, die mit einigen Modifikationen dann in das ZVG von 1897 (§§60, 61) übernommen wurde. Der Zuschlag verschaffte dem Ersteigerer nur dann das Eigentum an den zugeschlagenen Immobilien, wenn der Schuldner verfügungsberechtigt war. Allerdings stand dem Erwerber gegenüber dem Eigentümer ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe des bezahlten Steigpreises zu. Die Verteilung des Erlöses lag in den Händen des Notars. Die Zwangsverwaltung konnte auf dreierlei Weise geschehen: Imission, Verpachtung in öffentlicher Versteigerung auf maximal acht Jahre und Sequestration (Bewirtschaftung des Grundstücks durch einen bestellten Verwalter). Zum badischen Recht vgl. außer dem genannten Werk von Betzinger: N. Näf, Recht der Liegenschaftsvollstreckung im Großherzogthum Baden, 1884; B. Betzinger: Die Liegenschaftsvollstreckung im Großherzogthum Baden, 1892.
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Entstehungsgeschichte des ZVG
III. Das Zwangsversteigerungsrecht in Sachsen und Bayern 1. Das sächsische Zwangsversteigerungsgesetz von 1884 Das „Gesetz, betreffend die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung unbeweglicher Sachen" vom 15. 8. 1884122 für das Königreich Sachsen übernahm nach dem Muster des preußischen ZVG das Deckungs- und Übernahmeprinzip und löste damit zum Teil Bestimmungen ab, die seit 1724 galten123. Obwohl eine Regelung durch ein Reichsgesetz in Aussicht stand, hielt man sich für eine Änderung des Zwangsversteigerungsrechts, die bereits 1863124 geplant war, auf der Basis der preußischen Grundsätze für befugt, weil zu erwarten war, daß das künftige Reichsrecht im wesentlichen ebenfalls das preußische Recht adoptieren würde 125 : „Jetzt ist das Bedürfniß vorhanden. Die neuere Gestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse hat auch den Grundbesitz nicht unberührt gelassen. Der Realkredit ist vielfach in einer früher nicht gekannten Weise ausgenutzt worden, der Grundbesitz ist Object verunglückter Speculationen gewesen, auch der auf andere Ursachen zurückzuführende Ruin wirthschaftlicher Existenzen hat in zahlreichen Fällen zu zwangsweisen Besitzwechseln unter den ungünstigsten Conjuncturen geführt und die dabei, zum Teil mit in Folge der Zulässigkeit des Zwangsverkaufs um jeden Preis, eingetretenen Verluste haben das Bedürfniß des Verlassens des gegenwärtigen Systems zu Tage gelegt. Allerdings zwar kann dessen Umgestaltung nur zu einem kleinen Theil zur Besserung der ungünstigen Verhältnisse beitragen, welche auf die Lage des Bodencredits zurückzuführen sind. Der unwirtschaftlichen Ueberspannung des Bodencredits, welche die persönliche Leistungsfähigkeit der Grundbesitzer zurückbringt und demzufolge auch den Besitzstand an guten Hypotheken Störungen unterwirft, wird dadurch nicht vorgebeugt. Ob dem gegenwärtigen ,Ueberschuldungsrecht' selbst wirksame Schranken gezogen werden können 126 , muß die Zukunft lehren. Aber die ruinösen Folgen der Ueberlastung des Grundbesitzes, denen jetzt die Besitzer selbst und die Pfandgläubiger, und zwar vorzugsweise gerade diejenigen Pfandgläubiger, deren Beleihungen innerhalb der Grenzen des gesunden Bodencredits liegen und welche in ihrem Hypothekenbesitzstand zu schützen das öffentliche Interesse fordert, zum Vortheil dritter Personen, insbesondere anderer Gläubiger ausgesetzt sind, welche die Creditbedürftigkeit des bis zum rechten Maße oder darüber hinaus bereits mit Schulden belasteten Grundbesitzers in ihrem Interesse ausnützen, können damit allerdings auf das richtige Maß beschränkt werden."
122
In: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1884, S. 2 2 3 267 (200 Bestimmungen); vgl. ferner den Kommentar von R. Schurig: Die Königlich sächs. Subhastationsordnung . . ., 1884 (hier auch die parlamentarischen Materialien; abgedruckt bei den einzelnen Bestimmungen) und das Werk von Reinhard, Die Ausführung des Zwangsverkaufs im Zwangsversteigerungsverfahren, 1887. 123 Weitere Quellen: Mandat vom 26. 8. 1732; Exekutionsgesetz vom 28. 2. 1838 (§§ 40f.) und Hypothekengesetz vom 6. 11. 1843. - Zur Entwicklung des sächs. Subhastationsrechts u. a. Schwind, aaO (Fn. 10), S. 29ff.; Merkel, aaO (Fn. 10), S. 624ff. 124 Vgl. den „Entwurf einer bürgerlichen Prozeßordnung" in den „Mittheilungen über die Verhandlungen des ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1863/64", S. 507 ff. - Der Entwurf ist auch 1865 im Buchhandel erschienen. 125 Allgemeine Motive, in: Landtags-Acten von den Jahren 1883/84. Kgl. Decrete nebst Anlagen, Bd. 2, S. 282. 126 Hier im Original Hinweis auf das Werk von Schäffle:T){t Incorporation des Hypothekencredits, Tübingen 1883. 30
III. Das Zwangsversteigerungsrecht in Sachsen und in Bayern
Das neue Gesetz sollte „unvermeidbaren Schäden" vorbeugen, selbst wenn eine Wiederkehr allgemeiner wirtschaftlicher Katastrophen, wie sie die siebziger Jahre gebracht hätten, in der nächsten Zeit nicht zu erwarten sei 127 : „So kann z. B. der zeitweilige Niedergang eines örtlich vorherrschenden Industriezweiges eine so nachtheilige Einwirkung auf die Geschäfts- und Creditverhältnisse in den Centren dieser Industrie im Gefolge haben, daß darin der Anlaß zu zahlreichen Subhastationen mit einem dem Druck der Zeitlage entsprechenden ungünstigen Ergebniß liegt, welches den zeitweilig bedrängten Schuldner, der sich nach Ueberwindung der Geschäftsstörung hätte erholen können, für immer ruinirt und seine Pfandgläubiger um gute Hypotheken bringt, deren Realisirung bei augenblicklicher ungünstiger Conjunctur zu suchen dem das eigene Interesse verstehenden Geschäftsmann fern gelegen hätte. Auch andere Ursachen können Störungen herbeiführen, deren Folgen den Wohlstand ganzer Ortschaften auf längere Zeit hinaus zurückzubringen geeignet, durch Beseitigung der irrationellen rechtlichen Möglichkeit der Subhastation um jeden Preis aber in beachtlicher Weise einzudämmen sind." 128 Der Gesetzgeber habe den gesunden Realkredit zu erhalten und den Hypothekar vor dem Verlust seiner Kapitalien zu schützen, „soweit die Hypotheken innerhalb des voraussichtlich bleibenden und demzufolge wirklich creditwürdigen Grundstückswerths liegen. Die Speculation auf die factische Möglichkeit, mit Hilfe einer schlechten, außerhalb dieser Werthsgrenze liegenden, sei es im Wege der Zwangsvollstreckung oder gegen wucherische Vortheile erworbenen Hypothek bei einer zu ungünstiger Zeit erzwungenen Versteigerung das Grundstück unter dem Werth auf Kosten der vorangehenden Gläubiger zu erstehen, kann wohl den ungesunden, schließlich zum Ruin des Schuldners führenden Realcredit fördern, muß aber den gesunden, ganz im Allgemeinen beeinträchtigen, insofern dadurch für den Fall des Verkaufs in ungünstiger Zeit auch die guten Hypotheken gefährdet werden." 1 2 9 D a man gegen die „unbeschränkte Belastbarkeit des Grundbesitzes über seinen bleibenden Werth" nichts unternehmen wollte, sollte wenigstens die Möglichkeit einer Subhastation „zum Ruin des Schuldners und zum Vortheil von Speculanten oder überhaupt von dritten Personen" eingeschränkt werden 130 . Als „hauptsächlichste Gesichtspunkte", welche „bei der Construction des Verfahrens" maßgebend waren, führen die Motive an 1 3 1 : „Vermeidung jeder unnöthigen Belästigung der Hypothekarier durch Auferlegung eines Zwanges, sich in das Verfahren Behufs Wahrung solcher Rechte einzumischen, welche auf Grund dessen, was aus dem Grund- und Hypothekenbuch und aus den Grundacten mit Liqui127 Motive, aaO (Fn. 125), S. 282-283. 1 2 8 Als Beispiel wurde in den Motiven, aaO, S. 283 angeführt: „Einen Beleg liefert der 1878 ausgebrochene Concurs zum Vermögen des Vorschußvereins zu Roßwein, von welchem fast alle Gewerbtreibende in Roßwein und Umgebung in Mitleidenschaft gezogen worden sind. In Folge der in ihrer rechtlichen Bedeutung nun erst zur allgemeinen Erkenntniß gelangten solidarischen persönlichen Haftbarkeit von etwa 880 Personen für ein Deficit von etwa 3 Millionen Mark und in Folge der dadurch in der dortigen Geschäftswelt entstandenen Panik fanden Scheingeschäfte zur Hinterziehung des bedrohten Vermögens, Arrestschläge zur Sicherstellung der Ansprüche aus der Solidarhaft in erschreckendem Umfange, Concurse und insbesondere auch Subhastationen in großer Anzahl statt, bei denen werthvolle Grundstücke zu Schleuderpreisen hingegeben werden mußten." 129 Motive, a a O , S. 283. 1 3 0 Vgl. Motive, aaO, S. 284; vgl. auch die auf S. 284f. wiedergegebenen statistischen Angaben. 131 Motive, aaO, S. 285, 286.
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dität hervorgeht, von Amts wegen berücksichtigt werden können, — Beschaffung eines möglichst vollständigen Ueberblicks über die vom Ersteher zu übernehmenden Verbindlichkeiten, insbesondere der sofort zu leistenden Zahlungen, einige Zeit vor dem Versteigerungstermin, damit die Kauflustigen in die Lage kommen, sich schon im Voraus mit den Hypothekariern in Vernehmung zu setzen und in Betreff der den beiderseitigen Interessen am besten entsprechenden Art und Weise der Abwickelung des Verkaufsgeschäfts vorläufige Verhandlungen zu pflegen, welche für die der Verhandlung im Versteigerungstermin vorbehaltene definitive Festsetzung der Kaufsbedingungen als Grundlage dienen können, — unbeschränkte Zulassung vertragsmäßiger Abänderung der gesetzlichen Kaufsbedingungen, soweit es mit dem Erforderniß ordnungsmäßiger und unverzögerter Erledigung des Verfahrens und den rechtlichen Interessen Dritter vereinbar ist, — Berichtigung aller Rückstände an Capitalzinsen und dergleichen wiederkehrenden Leistungen aus dem im Versteigerungstermin zu zahlenden Theil des Kaufpreises alsbald nach Rechtskraft des Vertheilungsplans." Der Gesetzentwurf wurde am 7. 10. 1883 bei der 1. Kammer eingebracht und a-~rhließend von einer Kommission sowie vom Plenum beraten und nur unwesentlich modifiziert 132 . Gleiches gilt für die 2. Kammer, die den Entwurf am 13. 3. 1883 einstimmig annahm 133 . Kontrovers waren im wesentlichen nur die sogleich zu erwähnenden §§ 45 — 47. Das Gesetz, das am 15. 8. 1884 erging, lehnte sich zwar in den dogmatischen Grundprinzipien eng dem preußischen Gesetz an, brachte aber für eine Reihe von Fragen praktikablere Lösungen. Insbesondere kam die Verfahrensgliederung noch klarer zum Ausdruck, wie man überhaupt einer allzu doktrinären Durchführung der dogmatischen Grundsätze abgeneigt war. Insgesamt gesehen enthält das Gesetz eine ausgewogenere Berücksichtigung der Interessen der am Zwangsvollstreckungsverfahren beteiligten Personen. Hingewiesen sei auf die Norm, welche eine eventuelle Gesamtversteigerung regelte: „Mehrere Grundstükke, welche in Folge ihrer Lage und Beschaffenheit, ihrer Belastung mit Grunddienstbarkeiten oder ihrer Bebauung, oder ihrer in Folge sonst obwaltender Verhältnisse dergestalt in einem wirtschaftlichen Zusammenhange stehen, daß der Gesammtbetrag des Werths der einzelnen Grundstücke bei Trennung des Verbandes durch Veräußerung an verschiedene Personen geringer sein würde, als der Werth der Gesammtheit als zusammengehöriges Besitzthum, sind als Gesammtheit auszubieten." 134 Im einzelnen war hierüber vom Gericht „nach Ermessen" (§ 28 Abs. 2) zu entscheiden. Standen dagegen die „mitverpfändeten Grundstücke nicht in einem wirthschaftlichen Verbände", so entsprach nach den Motiven „präsumtiv den Interessen der Betheiligten der Regel nach am besten das Einzelausgebot." 135 — Reichte der Gesamtbetrag der bei dem „Ausgebot einzelner Grundstücke erlangten zulässigen Meistgebote zur Deckung der Forderung des betreibenden Gläubigers nicht aus" (§ 34 Abs. 1), so wurde auf Antrag ein Gesamtausgebot vorgenommen. In diesem Fall war nach § 35 Abs. 2 zu verfahren: „Uebersteigt das Gebot für die als Gesammtheit ausgebotenen Grundstücke den Gesammtbetrag der Einzelgebote für diese Grundstücke, so erfolgt der Zuschlag auf das Gebot für die Gesammtheit." 132
Vgl. Mittheilungen über die Verhandlungen des ordentlichen Landtags im Königreiche Sachsen während der Jahre 1883-1884, 1. Kammer, Bd. 1, S. 228ff. (Sitzung vom 20. 2. 1884). i « Vgl. Mittheilungen . . . 2. Kammer, Bd. 1, S. 1218 (Sitzung vom 13. 3. 1884). '3t §28 Abs. 1. 135 Motive, aaO (Fn. 125), S. 301; vgl. die §§ 30ff. des Gesetzes. 32
III. Das Zwangsversteigerungsrecht in Sachsen und in Bayern § 36 regelte dann die Verteilung des Kaufpreises, welcher bei der Versteigerung einer Mehrzahl von Grundstücken auf ein Gesamtausgebot erzielt worden war, auf die einzelnen Grundstücke und die eingetragenen Forderungen entsprechend der bisherigen sächsischen Praxis. — Nicht gebilligt wurden von der 2. Kammer dagegen die §§ 45 — 47 des Entwurfs, nach denen „ein zur Landwirthschaft eingerichtetes Grundstück" als „zusammengehöriges Grundstück" versteigert werden sollte. Ähnliches sollte auf Antrag gelten für Fabrikgrundstücke oder für zu einem anderen Gewerbe bestimmte und eingerichtete Grundstücke 136 . — Abweichend vom preußischen Recht konnte ein Gläubiger eine Zwangsvollstreckung nur beantragen, wenn seine Forderung im Grundbuch eingetragen war 137 . — Nach § 87 war vor Anberaumung des Versteigerungstermins der Wert des Grundstücks schätzungsweise zu ermitteln 138 . — Vorgesehen war ein „Anmeldetermin", in dem insbesondere die Rückstände von Reallasten und Zinsen spätestens anzumelden waren. Geschah dies nicht, so wurden die Ansprüche erst nach der Forderung des betreibenden Gläubigers berücksichtigt 139 . — § 114 des Gesetzes beseitigte die Berechtigung des Erstehers, den Kaufpreis in drei Jahresraten zu begleichen (früher innerhalb von 10 Jahren). Vielmehr war eine Stundung nur bis auf vier Monate möglich 140 . Der Teil des Mindestgebotes, der in bar zu entrichten war, war im Versteigerungstermin „zu erlegen oder sicherzustellen" (§ 14 Abs. 1), so daß die schwierigen Fragen der H ö h e einer Kautionsleistung entfielen. Uber den Zuschlag, der dem Meistbietenden zu erteilen war, wurde durch Beschluß im Versteigerungstermin selbst entschieden. Während der Entwurf unter bestimmten Voraussetzungen ein Gebot des Schuld-
136 £) e r Hauptwiderstand rührte daher, daß die Versteigerung auch das Inventar erfassen sollte, auf das sich die Hypothek nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nicht erstreckte; der schließlich gefundene Kompromiß ist in $ 45 des Gesetzes enthalten. 137 Vgl. § 10 des Gesetzes, einige mit der CPO vom 30. 1. 1877 zusammenhängende Bestimmungen enthaltend, vom 4. 3. 1879 (Sächs. G.-VO-Bl. 1879, S. 69ff.), i. V. m. § 1 des Gesetzes von 1884. 138 Vgl. Motive, aaO, S. 308, zu den §§ 88, 89 des Entwurfs: „Der Nutzen einer Taxation ist vielfach bestritten worden. Sie kann allerdings im besten Fall nur ein relativ richtiges Ergebniß liefern; die Bietungslustigen werden sich der Regel nach nicht darauf verlassen. Gleichwohl ist die Erhebung einer Taxe schon deshalb von Werth, weil dadurch für die öffentliche Bekanntmachung eine ungefähr zutreffende Angabe zur Information Auswärtiger erlangt wird, welche daraus wenigstens so viel ersehen, ob es sich überhaupt um ein Grundstück von größerem oder geringerem Werth handelt." - Die Art und Weise der Aufnahme der Taxierung sollte dem Ermessen des Gerichts überlassen bleiben. 139 Vgl. hierzu die Motive, aaO, S. 309, zu den §§ 90-99: „Sie [die Regelung] empfiehlt sich aus folgenden Gründen. Wer bei der Versteigerung als Bieter zu concurriren gedenkt, hat ein Interesse daran, sich schon einige Zeit vorher über den Umfang und die Art der zu übernehmenden Verbindlichkeiten zu informiren und insbesondere zu erfahren, welcher Baarmittel es bedarf, um das Grundstück zu erstehen, welche Beträge sofort im Versteigerungstermin bereit zu halten und welche Capitalien in der Folgezeit aufzubringen sind. Die Information kann nur erreicht werden, wenn bereits einige Wochen vor dem Versteigerungstermin eine übersichtliche Zusammenstellung aller in Betracht kommenden Ansprüche vorhanden ist, und eine solche Uebersicht ist nicht anders zu gewinnen, als durch den Zwang, alle diejenigen Ansprüche, deren ziffernmäßiger Betrag sich aus dem Grund- und Hypothekenbuch nicht ersehen läßt, sowie die etwa eingetretene Fälligkeit von Forderungen, die in Anrechnung auf den Kaufpreis zu übernehmen sind, noch vor dem Versteigerungstermin anzumelden." 140 Vgl. i m einzelnen die Begründung zu § 115 (Motive, aaO, S. 311 ff.). 33
Entstehungsgeschichte des ZVG
ners zulassen wollte (§ 121), war dies nach der endgültigen gesetzlichen Regelung ausgeschlossen (§119 Ziff. 3). — Nach § 127 konnte grundsätzlich ein Zuschlag nicht erfolgen, wenn nur eine einzige Person als Bieter aufgetreten war, selbst wenn diese über das Mindestgebot hinausgegangen war. Es mußte alsdann eine erneute Versteigerung stattfinden. — Nach Erteilung des Zuschlags wurde ein Verteilungsplan aufgestellt, der in einem weiteren Termin verkündet wurde. Er unterlag der sofortigen Beschwerde, mit der auch der Zuschlag angefochten werden konnte. Der Teilungsplan wurde gemäß § 157 erst ausgeführt, wenn der Zuschlag rechtskräftig geworden war. Leistete der Ersteher seine Zahlungen nicht rechtzeitig, so wurde die weitere Zwangsvollstreckung vom Gericht vorgenommen (§ 158). Die Übergabe des Grundstücks an den Ersteher erfolgte erst nach dessen Eintragung im Grundbuch, die grundsätzlich die Erfüllung der Verpflichtungen aus der Versteigerung voraussetzte (§ 169).
2. Die bayerischen Zwangsversteigerungsgesetze von 1879/86 Das im Codex Juris Bavarici Judiciarii von 1753 geregelte Subhastationsverfahren 141 wurde bereits durch das „Gesetz, einige Verbesserungen der Gerichtsordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten betreffend", vom 25. 11. 1837 abgeändert. Der VII. Abschnitt dieses Gesetzes brachte Bestimmungen über die Ermittlung des Grundstückswerts, über die Fristen, innerhalb deren eine Versteigerung erfolgen mußte, sowie über die öffentliche Bekanntmachung einer Subhastation. Wurde der Schätzungswert nicht erreicht, so wurde auf Antrag des betreibenden Gläubigers oder des Schuldners ein zweiter Versteigerungstermin anberaumt, bei dem dann aber ohne Rücksicht auf diesen Wert der Zuschlag erfolgte. Durch das Zuschlagsdekret kam ein Kaufvertrag zwischen dem Erwerber und dem Schuldner zustande. Insgesamt gesehen verfolgte die Novelle von 1837 das Ziel, das Subhastationsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Eine erneute Reform des Subhastationsrechts auf der Basis des rheinpfälzischen Rechts erfolgte durch die „Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten" 142 141
Quellen zum bayr. Subhastationsrecht: Codex Iuris Bavarici Judiciarii, Kapitel 18 und 19; Gesetz, einige Verbesserungen der Gerichtsordnung betreffend vom 22. 7. 1819 (§§ 29 ff.) ; Hypotheken-Gesetz vom 1. 6. 1822; größere Modifikationen durch das Gesetz von 1837 (Gesetzblatt für das Königreich Baiern, 1837, Sp. 41-102). Zum altbayerischen Subhastationsrecht u. a. J. A. Seuffertß. J. Lauk, Kommentar über die bairische Gerichtsordnung, 2. Aufl., Bd. 4. (1858), S. 316ff.; Schwind, aaO (Fn. 10), S. 67ff. 142 Der Gesetzestext ist neu herausgegeben worden im Rahmen der „Neudrucke zivilprozessualer Kodifikationen und Entwürfe des 19. Jahrhunderts", Bd. 4: Bayerische Prozeßordnung vom 1. 2. 1869; Aalen 1975. Lit. hierzu u. a. J. N. Lehngrießer, Leitfaden zur Civilprozeßordnung für das Königreich Bayern, 1871, S. 239ff.; Thoma, aaO, (Fn. 20), S. 208ff.; A. Barth, Commentar zur neuen Civilprozeßordnung für das Königreich Bayern, Bd. 1 - 3 , 1869-71, bes. Bd. 3, S. 185ff. (in Bd. 1, S. 5ff. findet sich eine ausführliche Darstellung der komplizierten Entstehungsgeschichte des Gesetzes); J. Wemz, Commentar zur Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für das Königreich Bayern, 1869-72. Außer den Parlamentaria der Jahre 1863 und 1867/68 vgl. auch den insoweit mit dem Gesetz von 1869 weitgehend übereinstimmenden „Entwurf einer Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für das Königreich Bayern", München 1861, Art. 908ff.; S. 651 ff. (Motive). Hier heißt es u. a. über die Grundlagen des neuen Subhastationsrechts: „Die französische Gesetzgebung kann hier nicht zum Vorbilde dienen, weder die frühere, we-
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III. Das Zwangsversteigerungsrecht in Sachsen und in Bayern
von 1869. Die rheinpfälzische Subhastationsordnung von 1846143 hatte, wie bereits ein Gesetz von 1822144 das französische Recht nicht unerheblich modifiziert, ohne dessen mit dem übrigen Zivilprozeßrecht zusammenhängende Besonderheiten ganz aufzugeben. Gegenüber dem altbayerischen Recht verzichtete die Prozeßordnung auf eine Taxierung der zu versteigernden Grundstücke. Vielmehr erfolgte der Zuschlag unter Abschaffung des Nachgebots und des Einstands- bzw. Ablösungsrechts sofort an den Meistbietenden. Neu gegenüber dem französischen Recht war die Möglichkeit einer Zwangsverwaltung („Einweisung in die Erträgnisse unbeweglicher Sachen. — Immission"). Im einzelnen sei noch zum Ablauf des Zwangsversteigerungsverfahrens nach der bayr. C P O auf folgendes hingewiesen: Der Beschlagnahme mußte ein „Befriedigungsgebot" vorausgehen mit der Androhung, daß, wenn nicht innerhalb von 30 Tagen die Zahlung erfolge, das Grundstück beschlagnahmt werde. Das Beschlagnahmeprotokoll wurde im Hypothekenbuch „vorgemerkt" (Art. 1046). Der die Zwangsversteigerung betreibende Gläubiger hatte durch einen Rechtsanwalt die Ernennung eines Notars als Versteigerungsbeamten zu betreiben (Art. 1052). Vom Anwalt des betreibenden Gläubigers war auch der sogenannte „Anschlagzettel" aufzustellen; dieser hatte u. a. die Versteigerungsbedingungen und den sogenannten „Auswurfpreis", d. h. den Preis anzugeben, der „als erstes Gebot zu dienen hat" (Art. 1060 Abs. 1 Ziff. 7). Ferner sollte der Anschlagzettel die Bestimmung enthalten, „daß der Zuschlag sogleich bei der Versteigerung endgiltig erfolgt und daß kein Nachgebot, auch weder Einlösungs- noch Ablösungsrecht ( j u s delendi) stattfindet" (Art. 1060 Abs. 1 Ziff. 8). Zahlungsfristen bis zu drei Monaten konnten ohne Zustimmung der Beteiligten bewilligt werden (in der Pfalz für maximal drei Jahre). Das Eigentum an dem versteigerten Grundstück ging mit Erfüllung der bei der Versteigerung übernommenen Verbindlichkeit nur über, wenn der Schuldner verfügungsberechtigt war (vgl. Art. 1059). Gegen den Zuschlag, durch den ein Kaufvertrag mit dem Schuldner als dem Eigentümer des Grundstücks zustande kam, konnte nur innerhalb von fünfzehn Tagen mit aufschiebender Wirkung Nichtigkeitsklage erhoben werden (Art. 1077 Abs. 3). Die Nichtigkeitsgründe waren in Art. 1076 abschließend aufgezählt. Dreißig Tage nach dem Zuschlag konnte jeder Beteiligte die Einleitung des Verteilungsverfahrens veranlassen. Das Verfahren selbst sowie auch der Abschnitt über die „Incidentstreitigkeiten" folgte weitgehend dem pfälzisch-französischen Recht 145 . Hingewiesen sei auf die dem französischen Recht entnommene Subrogation: „Wird von Seiten des Gläubigers, der die Ernennung des Versteigerungsbeamten erwirkt h a t . . . das Vollgen der Ueberladung mit zweckwidrigen, kostspieligen Förmlichkeiten, noch die neuere, weil sie den Mängeln nicht hinreichend abgeholfen hat. Auch anderwärts sind Versuche, die französische Gesetzgebung unter Beibehalten ihrer Grundlagen zu verbessern, nicht ganz befriedigend ausgefallen. - In der bayerischen Pfalz wurde eine Reform durch das Gesetz vom 1. Juni 1822 eingeführt, die sich jedoch als nicht ausreichend erwies. Die hierüber gewonnenen Erfahrungen veranlaßten eine wiederholte Revision der Materie, woraus das Gesetz vom 23. Mai 1846 hervorging, welches den Gegenstand in durchaus befriedigender Weise geordnet hat. Die Bestimmungen dieses Gesetzes, bei dessen Diskussion alle erheblicheren Schwierigkeiten gründliche Erörterung fanden, sind in den Entwurf übertragen, .. M3 Gesetz, das Executionsverfahren in der Pfalz betreffend, vom 23. 5. 1846, in: Gesetzblatt für das Königreich Baiern, Sp. 105-165. 144 Gesetz, die Vereinfachung des Verfahrens bey Zwangs-Veräußerungen von Immobilien im Rheinkreise betr., in: Gesetzblatt für das Königsreich Baiern, 1822, Sp. 147-162. i « Motive, aaO (Fn. 142), S. 657 ff.
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Entstehungsgeschichte des ZVG streckungsverfahren nicht weiter betrieben oder fällt den gedachten Personen in Betreibung der Sachen Nachlässigkeit oder arglistiges Einverständniß mit dem Schuldner oder einem etwaigen Drittbesitzer zur Last, so kann jeder bei der Zwangsveräußerung betheiligte Gläubiger, der eine fällige Forderung hat, mittels einer bei dem Vollstreckungsgerichte gegen den oder die betreibenden Gläubiger, den Schuldner und den etwaigen Drittbesitzer zu erhebenden Klage verlangen, daß er an Stelle der bisherigen betreibenden Gläubiger zur weiteren Betreibung zugelassen (subrogirt) werde." (Art. 1088 Abs. 1). Für die Rangordnung waren die Art. 1092 und 1093 maßgebend. Danach wurden die nicht privilegierten und dinglich nicht gesicherten Gläubiger nur nach Verhältnis ihrer Forderungen befriedigt. Das Gesetz vom 23. 2. 1879, „die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen betr. (Subhastationsordnung)" 146 , hatte zum Ziel, das bisherige Subhastationsverfahren dem Prozeß- und Vollstreckungsrecht der C P O anzupassen 147 , aber auch einige Reformen zu bringen, die sich als notwendig erwiesen hatten. Die Einführung des Deckungs- und Übernahmeprinzips kam aber schon deshalb nicht in Betracht, weil man die erst 1869 mit den pfälzischen Gebieten geschaffene Rechtseinheit nicht erneut in Frage stellen wollte. Das Gesetz von 1879 gab den aus dem französischen Recht übernommenen Parteibetrieb (Anwaltszwang) auf und übertrug die Leitung des Versteigerungsverfahrens dem Gericht. Der Notar sollte weiterhin zuständig sein für die Durchführung der Versteigerung, ein Grundsatz, der von zwei Mitgliedern im Gesetzgebungsausschuß der zweiten Kammer abgelehnt worden war. Die Regierung hatte demgegenüber darauf hingewiesen, daß man die Existenz der zur Zeit jedenfalls unentbehrlichen Notare nicht gefährden dürfe, zumal man anderenfalls den Richter mit „fremdartigen Angelegenheiten" 148 146 Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern, 1879, Sp. 203-269. Literatur hierzu u. a. Ignatz Ortenau:Die Subhastationsordnung für das Königreich Bayern vom 25. 2. 1879 (Kommentar mit Einleitung). - Der Entwurf nebst Motiven ist in den Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des bayr. Landtags von 1878 im Beilagenband V, S. 52-114, abgedruckt. Der Entwurf war im Justizministerium ausgearbeitet und anschließend einer Kommission zur Beratung überwiesen worden und wurde im Gesetzgebungsausschuß der 2. Kammer in acht Sitzungen (28. 10/5. 11. 1878; 29. 11. 1878) unter dem Vorsitz von Kurz (Referent: Rechtsanwalt Frankenburger) beraten. Von der Regierung nahmen an den Sitzungen teil: v. Fäustle (Justizminister), Log und Behringer. Der Bericht der Kommission ist im Beilagenband V, S. 477-506, enthalten. Die 2. Lesung im Plenum fand am 29. 11. 1878 statt; anschließend Verhandlungen in der Kammer der Reichsräte (Nachweise bei Ottenau, aaO, S. 3f.). Annahme des Entwurfs in der Kammer der Abgeordneten am 21. 1. 1879 gegen eine Stimme (am 27. 1. 1879 in der 1. Kammer einstimmig gebilligt). 147 148
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Das folgende nach den Motiven und dem Bericht (vgl. Fn. 146). Bericht, aaO (Fn. 146), S. 479. Vgl. auch die Zusammenfassung der Diskussion bei Ortenau, aaO, S. 12-13: „Während die Gegner sich darauf beriefen, daß die Einschiebung eines eigenen Zwischengliedes in die Organe der Zwangsvollstreckung unzweckmäßig sei und die Zuweisung richterlicher Entscheidungen an Nichtrichter sogar dem Prinzipe der neuen Gesetzgebung widerspreche, jedenfalls aber mit unnöthigen Kosten verknüpft sei, sowie daß das Notariat durch die künftige Reichsgesetzgebung über das Immobiliareigenthum (gerichtliche Auflassung) ohnehin beseitigt werden würde und auch in den andern Deutschen Staaten, ja in Frankreich selbst, die verlangte Competenz des Notariats nicht bestehe, konnten die Vertheidiger des Notariats darauf hinweisen, daß sowohl der Zwangsverkauf als der Zuschlag keine prozeßrichterliche Thätigkeit, daß auch die übrigen dem Notare übertragenen Entscheidungen nicht richterliche, sondern vielmehr nur einfache Instruktionshandlungen seien, daß die Anfechtung des Zuschlages gerade bei der Ver-
III. Das Zwangsversteigerungsrecht in Sachsen und in Bayern
befassen und die Amtsgerichte erheblich vergrößern müßte. Das neue Gesetz verkürzte die Fristen erheblich und ließ auch mündliche Erklärungen von Beteiligten zu. Analog dem Pfändungspfandrecht bei Mobilien wurde durch die Beschlagnahme ein Vorzugsrecht für den betreibenden Personalgläubiger geschaffen. Die späteren Beschlagnahmegläubiger wurden den früheren materiell gleichgestellt. Die Möglichkeit, das Vorkaufsrecht bei der Zwangsversteigerung auszuüben, wurde beseitigt. Die Zwangsvollstreckung in Anteile war entgegen Art. 858 des Gesetzes von 1869 auch ohne Teilungsplan möglich. Die Besonderheiten der Ewiggeldgant wurden ebenso weitgehend abgeschafft wie auch die Subrogation des Art. 1088. Wichtigste Änderung war die Abschaffung der Institution des „Auswurfpreises" (Art. 1060 Ziff. 7), die oft zur Verschleuderung von Grundstücken geführt, aber auch Gläubiger benachteiligt hatte, sofern sich der Grundstückswert seit Beginn der Versteigerung verschlechtert hatte. Die Motive des Entwurfs stellten dazu fest, daß man gegen die Gefahr, daß das Grundstück um einen seinem Wert nicht entsprechenden Preis zugeschlagen werde, eine Abhilfe durch die Gesetzgebung nicht schaffen könne. Das einzige Mittel, einen angemessenen Erlös zu erzielen, bestehe in einer möglichst wenig reglementierten Versteigerung, die hinreichend bekannt gemacht sei und deren Ergebnis sofort feststehe. Erst nachdem sich in Preußen das Deckungs- und Ubernahmeprinzip durchgesetzt hatte, trat man auch im Justizministerium einer Reform des Subhastationsrechts näher. Wie in Preußen war auch in Bayern zwischen 1879 und 1882 die Zahl der Zwangsversteigerungen von Grundstücken, bei denen die betreibenden Gläubiger Verluste erlitten hatten, erheblich gestiegen. Da in erster Linie der ländliche Grundbesitz betroffen war, wurde von landwirtschaftlichen Vereinen und Versammlungen, in Fachzeitschriften und in der Tagespresse eine Revision des Gesetzes von 1879 gefordert 149 . 1882/1883 bejahten alle sieben landwirtschaftlichen Kreiskomitees die Notwendigkeit einer Reform. Das Generalkomitee des Landwirtschaftlichen Vereins sprach sich daraufhin am 19. 10. 1883 für die Annahme der neuen Prinzipien aus. Der Justizminister Fäustle berief anschließend eine aus Ministerialbeamten, Praktikern und Interessenvertretern bestehende Sachverständigenkommission ein, die in drei Sitzungen (4., 5. u. 6. 2. 1884) über eine eventuelle Reform des Subhastationsrechts beriet 150 . Die Vertreter der Banken, der Anwaltschaft Steigerung durch den Notar sich durch die Möglichkeit, die Entscheidung dem Amtsrichter zu übertragen, am einfachsten und befriedigendsten konstruiren lasse, und überhaupt die Vermehrung der Kosten durch die notarielle Zuständigkeit verhältnißmäßig unbedeutend, anderseits eine Vermehrung der Arbeitslast für die neuen Amtsgerichte bedenklich sei, daß das Notariat gerade in dieser Sparte sich in Bayern zu beiden Ufern des Rheins nach allen Richtungen hin praktisch ausgezeichnet bewährt habe und keinesfalls an eine Aenderung des bisherigen Rechtszustandes in der Pfalz gedacht werden könne, also wiederum eine doppelte Gesetzgebung für die beiderseitigen Landestheile nöthig wurde, und daß dem Allen gemäß kein Grund vorliege, einen Eingriff in das ganze System des bisherigen Rechtes, der doch nur bei dringender Veranlassung gerechtfertigt wäre, zu machen." 149
V g l . dazu und zum folgenden u . a . die „Zeitschrift des landwirtschaftlichen Vereins in Bayern" (einschließlich Beilagen). 150 Protokolle in der Akte des Bayr. H S t A München, MJu 12862 (Protokoll über die Sitzungen der zur Berathung über die Revision der Subhastationsordnung gerufenen Kommission). Teilnehmer: Fäustle, Decrignis, Vogt, Heller, Jacubezky (sämtlich Justizministerium), H a a g und Stengel (Finanzministerium), Auer (Rechtsanwalt), Bachmair (Notar), v. Soden (Landwirtschaftlicher Verein), Oberdörfer (Pächter), v..Ströll (Bayr. Hypothekenund Wechselbank), Garius (Süddeutsche Bodenkreditbank). 37
Entstehungsgeschichte des ZVG und des Notariats sprachen sich gegen eine Änderung der Subhastationsordnung von 1879 aus, da die aufgetretenen Mißstände ihrer Ansicht nach nicht unmittelbar mit dem bisherigen Recht zusammenhingen, v. Auer führte aus, es sei eine W a h n vorstellung zu glauben, man könne durch die Übernahme der preußischen Prinzipien den Bauern wirksam helfen. Vielmehr würden diese geschädigt, da die Beleihung mit nachrangigen Hypotheken erschwert werde. Demgegenüber wies v. S o den vom Generalkomitee darauf hin, daß das Gesetz von 1879 die Gläubiger auf Kosten des Schuldners bevorzugt und zudem eine zu hohe Kreditaufnahme gefördert habe. In der Spezialdiskussion sprach sich die Mehrheit für den Fall einer R e form der Subhastationsordnung für das Übernahmeprinzip aus; ausgenommen sein sollten indessen die Korrealhypotheken; die Aushilfen des preußischen Rechts bezeichnete man als fragwürdig. In einer längeren Diskussion beschäftigte man sich damit, ob der Schuldner und nachstehende Gläubiger das Recht haben sollten, einen Zuschlag zu verhindern, wenn die Gefahr der Verschleuderung eines Grundstücks bestand 1 5 1 . Im Hinblick auf die Schwierigkeiten, den wahren W e r t eines Grundstücks festzustellen, wurde dies von der Mehrheit verneint. Einigkeit bestand dagegen darüber, daß das Notariat weiterhin am Zwangsversteigerungsverfahren zu beteiligen war. Fäustle entnahm als Ergebnis den Beratungen, daß eine Reform des Subhastationsrechts zu befürworten war. Nachdem der König dieses Vorhaben genehmigt hatte, arbeiteten im Justizministerium Heller und Jacubezky die endgültige Vorlage aus 1 5 2 , die am 3. 2. 1886 in der zweiten K a m m e r eingebracht wurde 1 5 3 . Die allgemeine Begründung faßte, ohne Anspruch auf besondere Originalität zu erheben, alle bereits für und gegen eine Reform vorgebrachten Argumente zusammen 1 5 4 . Ihnen pflichtete der Bericht des Ausschusses der Abgeordnetenkammer 1 5 5 bei: „Referent befindet sich im Einklang mit der Mehrheit des Ausschusses, wenn er die wirthschaftliche Existenz des ländlichen Grundbesitzers als vorzugsweise berücksichtigenswerth bezeichnet und eine Besserung der Verhältnisse der ländlichen Grundbesitzer von der Einführung der oben erwähnten grundlegenden beiden Bestimmungen erfolgt. Die dem Rechtsbewußtsein des Volkes nicht fremdgewordene V e r pflichtung des späteren Hypothekgläubigers, die Rechte der früheren Hypothekgläubiger zu achten, anstatt über diese wegsehend nach Belieben mit dem Pfände zu schalten und zu walten, wird in vielen Fällen die Vertreibung des Besitzers von Haus und H o f verhindern und die Freiheit beziehungsweise Verpflichtung des Ansteigerers, die in sein Meistgebot fallenden vorgehenden Hypothekforderungen zu übernehmen statt baar zu bezahlen, wird in vielen Fällen, in welchen die Versteigerung nicht abgewendet werden kann, zu einem dem Werthe des Versteigerungsobjektes näher kommenden Meistgebote führen." 1 5 6 Den Bedenken, daß die vorgeschlagenen Neuerungen die Kreditfähigkeit des Landwirts beeinträchtigen könnten, wurde von der Mehrheit entgegengehalten: „Wenngleich anzunehmen sei, daß es Zur Debatte stand ein Viertel oder ein Drittel des Grundstückswertes, wofür sich insbesondere Jacubezky einsetzte. Ein anderer Vorschlag ging dahin, den Zuschlag zu versagen, wenn die Hypothek des betreibenden Gläubigers nicht wenigstens teilweise gedeckt war. 152 Vgl. hierzu die Akte des Bayr. HStA München MJu 12680. 1 5 3 Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des bayr. Landtages in den Jahren 1885/86, Beilagenband VI (Beilage Nr. 372), S. 135ff. 154 Motive, aaO (Fn. 153), S. 135ff. 155 Beilagenband VI (Beilage Nr. 483), aaO (Fn. 146), S. 260ff. 156 Bericht, aaO (Fn. 153), S. 260. 151
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III. Das Zwangsversteigerungsrecht in Sachsen und in Bayern für den bereits verschuldeten Grundbesitzer künftig noch schwerer als bisher sein werde, neuen Kredit zu finden, so sei doch zu erwägen, daß solcher Kredit zum größten Theile ein ungesunder sei und meistens dahin führe, den Besitzer um so sicherer, wenn auch etwas später, dem wirtschaftlichen Ruine entgegen zu führen. In der T h a t zeigt die Erfahrung, daß der Landwirth, welcher sich eines soliden, durch den Werth seines Anwesens vollständig gesicherten Kredites nicht mehr erfreut, zumeist auf dem Wege der Nachhypotheken in die Hände der Wucherer fällt und um so gewisser zu Grunde geht. Gerade der mittlere, die Basis des Volkswohles bildende Grundbesitz wird durch die leicht erreichbare Hypothekenaufnahme gefährdet und das zertrümmerte Gut bildet dann entweder ein keine genügende Existenz bietendes Objekt mehrerer sogenannter Kleinhäusler oder verschwindet im Latifundienbesitze." 1 5 7 Die wichtigste Abweichung gegenüber dem preußischen und sächsischen Recht enthielt Art. 8 Abs. 1, 2 der Novelle: „Die Uebernahme einer Hypothekenforderung, welche mit ungetheilter Summe auf mehreren Grundstücken haftet, findet nur statt, wenn die sämmtlichen Grundstücke von dem nämlichen Ansteigerer erworben werden. — Für Sicherungshypotheken und für bedingte Hypothekenforderungen ist der angesetzte Betrag baar zu erlegen." Hierzu heißt es in der allgemeinen Begründung 1 5 8 : „Der Entwurf erachtet es dagegen für geboten, für die bedingten Hypotheken, die Sicherungshypotheken und die Korrealhypotheken Ausnahmen zuzulassen. Die Uebernahme einer bedingten Hypothek kann nur in der Weise erfolgen, daß der Ansteigerer für den Fall, daß der bedingte Anspruch in Folge der Entscheidung der Bedingung wegfällt, diejenigen Forderungen übernimmt, deren Befriedigung von dem Wegfalle des bedingten Anspruchs abhängt. Für diese müßte eine Vormerkung in das Hypothekenbuch eingetragen werden. Ebenso wäre bei der Uebernahme einer Sicherungshypothek für den Fall, daß der gesicherte Anspruch den eingetragenen Höchstbetrag nicht erschöpft, eine andere Forderung zu übernehmen und im Hypothekenbuche vorzumerken. Durch die bedingte Uebernahme einer zweiten Forderung träte der Ansteigerer in ein doppeltes Rechtsverhältniß, in Folge dessen er nach Eintritt der Bedingung oder nach Feststellung der Forderung, für welche die Sicherungshypothek haftet, ohne Gefahr nur dann an den Gläubiger der ersten Forderung zahlen oder sich in ein Rechtsgeschäft mit ihm einlassen könnte, wenn er in der Lage wäre, dem Gläubiger der bedingt übernommenen Forderung gegenüber erforderlichen Falls den Beweis zu führen, daß die Bedingung der ersten Forderung eingetreten war oder die Forderung, für welche die Sicherungshypothek haftet, in dem angenommenen Betrage bestand. Die Vormerkung der bedingt übernommenen Forderungen würde der Führung des Hypothekenbuchs Schwierigkeiten bereiten, weil in vielen Fällen, wenn sie gegenstandslos geworden wäre, der Antrag auf Löschung unterbliebe und dann bei späterer Bereinigung des Hypothekenbuchs mühevolle Nachforschungen erforderlich wären. D a z u käme, da die bedingten und die Sicherungshypotheken unverzinslich zu sein pflegen, daß in den meisten Fällen bis zur Beendigung des Schwebezustands eine Verzinsung des Betrages der übernommenen Forderung nicht stattfände. Bei der Korrealhypothek bietet die Uebernahme keine Schwierigkeit, wenn die Beschlagnahme sich auf die sämmtlichen Grundstücke erstreckt, auf welchen sie haftet, und der nämliche Ansteigerer diese alle erwirbt. Dagegen träte, wenn nur 157 Bericht, aaO (Fn. 153), S. 261. 158 Motive, aaO (Fn. 153), S. 141. 39
Entstehungsgeschichte des ZVG ein Theil der Grundstücke Gegenstand der Beschlagnahme ist, das gleiche Verhältniß ein wie bei einer bedingten Hypothek: die Korrealhypothek müßte zum vollen Betrage angerechnet, zugleich aber müßte für den Fall, daß der Gläubiger aus den anderen Grundstücken Befriedigung erhielte, eine andere Forderung übernommen werden. Nimmt man an, daß unter denjenigen, welche Rechte an den einzelnen für die Korrealhypothek haftenden Grundstücken haben, ein Ausgleichsanspruch wegen desjenigen besteht, was dem Gläubiger aus dem einen Grundstücke über den nach Art. 106 der Subhastationsordnung auf dasselbe zunächst treffenden Betrag hinaus hat geleistet werden müssen . . . , so ginge der für den Ausgleichungsanspruch zu leistende Betrag an dem Betrage ab, welchen der Gläubiger der bedingt übernommenen Forderung zu beanspruchen hätte, wodurch das Rechtsverhältniß sich noch verwickelter gestalten würde. Im Falle der Einzelversteigerung ergäbe sich ein solches Verhältniß bei jedem einzelnen Grundstücke. Die Einzelversteigerung wäre aber in den meisten Fällen unmöglich, weil der Zuschlag ein Gebot voraussetzen würde, in welchem die Korrealhypothek in ihrem vollen Betrage Deckung fände, und dadurch würde nicht selten die Erzielung eines angemessenen Preises verhindert, weil die für die Korrealhypothek haftenden Grundstücke oft nur zufällig an denselben Eigenthümer gelangt sind und nicht in einem wirthschaftlichen Zusammenhange stehen, in solchen Fällen aber nicht leicht sich ein Kaufslustiger findet, der bereit ist, sie sämmtlich zu erwerben." Anträge, die vorgeschlagene Regelung für die Korrealhypotheken zu modifizieren 1 5 9 , wurden in der Kommission des Abgeordnetenhauses abgelehnt, da die „ V o r schrift der Baarzahlung der in das geringste zulässige Gebot fallenden Verbandhypothek . . . den Vortheil einer einfacheren Gestaltung des Verfahrens", habe, „welcher Vortheil bei einem Gesetze nicht unterschätzt werden darf, dessen Anwendung in manchen, wenn auch seltenen Fällen Schwierigkeiten bieten wird." — Einer V e r steigerung, welche die Übernahme einer Korrealhypothek festsetzte, konnte der Gläubiger, dem die Forderung zustand, nicht widersprechen (Art. 19 Abs. 3). — Durch die Einführung des Übernahmeprinzips wurde das Recht, Sicherheitsleistung von einem Bieter zu verlangen, erheblich modifiziert (Art. 17, 18 der Novelle). Im Gegensatz zum preußischen Recht konnte Sicherheit weiterhin durch Stellung eines „zahlungsfähigen solidarischen Bürgen" (Art. 55 Abs. 1 Ziff. 4 des Gesetzes von 1879) erfolgen. Schließlich sei noch das in Art. 45 wieder eingeführte V o r r e c h t des Fiskus auf den Malzaufschlag, das Schmitt 1889 zu einem umfangreichen Antrag in der 1. BGB-Kommission veranlaßte 1 6 0 , erwähnt. Die Staatsregierung erhoffte sich von diesem Privileg, daß insbesondere die zahlreichen kleineren Brauereien, die ihr Gewerbe ohne Aufnahme von Geld nicht betreiben könnten, kreditfähiger werden würden. Denn nach Beseitigung des Privilegs durch die Konkursordnung von 1877 war der Fiskus generell gehalten gewesen, bei „drohender Verlustgefahr" entweder ausreichende Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung des Aufschlags zu verlangen. „Von dieser Befugniß mußte", so die Motive 1 6 1 , „um die Staatskasse vor Verlusten zu bewahren, ein umfassender Gebrauch gemacht werden, und zwar gerade den minder kapitalskräftigen, also wirthschaftlich schwächeren Brauern gegenüber, während die vermögenden, mit vielen Betriebsmitteln ausgestatteten Brauer von den Sicherungsmaßregeln verschont blieben. In Folge dessen sind Schädigungen eingetreten, die in ihrem vollem Umfange nicht voraussehbar waren und in einzelnen Fäl159 Bericht, aaO (Fn. 153), S. 270 ff., Zitat S. 271. im Unten S. 488 ff. 161 Motive, aaO (Fn. 153), S. 167. 40
III. Das Zwangsversteigerungsrecht in Sachsen und in Bayern
len sogar die wirthschaftliche Existenz der davon Betroffenen gefährdet haben." Dagegen wurde es zurückgewiesen, ein Vorzugsrecht für die landwirtschaftlichen Dienstboten zu schaffen. Im Ausschußbericht heißt es dazu 162 : „Der gestellte Antrag wurde von der Mehrheit des Ausschusses nicht unterstützt. Bei aller Zusammengehörigkeit des ländlichen Dienstboten zu dem Anwesen bleibt dessen Lohnanspruch nach dem Zivilrechte nur ein aus dem Dienstmiethvertrag entspringender persönlicher Anspruch; ja selbst die Beziehung des ländlichen Dienstboten zu dem Gute ist schwer zu begrenzen und eine Reihe von Dienstboten, besonders bei kleineren Anwesen, verrichtet auch Dienste, welche außer dieser Beziehung stehen. Die Hereinbeziehung der Forderungen der ländlichen Dienstboten hinsichtlich ihrer Löhne bringt nothwendig mit sich, daß auch die Forderungen der Flurwächter, der Waldaufseher, ja selbst der Hausmeister in städtischen Gebäuden in gleicher Weise berücksichtigt werden müssen." Auch weitere in Petitionen angeregte Vorzugsrechte (Ärzte- und Apothekenforderungen; Bauhandwerkerforderungen) wurden abgelehnt. Im übrigen führte die Novelle, wie bereits die preußische Subhastationsordnung, die Zwangshypothek ein, die man im Hinblick auf das Deckungsprinzip für ungefährlich hielt: „Der Gläubiger kann die Zwangsversteigerung nur durchführen, wenn ein Preis geboten wird, welcher die ihm im Range vorgehenden Forderungen deckt. Muß er einstweilen von derselben abstehen, weil sich kein Käufer finden wird, der einen solchen Preis bietet, und auch er selbst das Anwesen nicht um solchen Preis erwerben will, so verlangt die Billigkeit, ihm wenigstens für den Fall, daß später ein Preis zu erzielen sein wird, aus dem er etwas erhalten kann, das Recht darauf zu sichern. Der mit der Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwaltung verbundene Hypothekentitel genügt dem Bedürfnisse nicht; denn einerseits ist die Zwangsverwaltung wegen der Kosten, die sie verursacht, oft nicht anwendbar, andererseits wäre es unzweckmäßig, den Gläubiger, dem es nur um die Hypothek zu thun ist, zur Erwirkung der Beschlagnahme zu nöthigen." 163 Im Plenum wurde die Vorlage am 15., 16. und 17. Mai 1886 beraten 164 . In der Generaldiskussion wandte sich der Abgeordnete Frankenburger, der im Ausschuß einige Verbesserungen des Entwurfs durchgesetzt hatte, gegen das Deckungs- und Übernahmeprinzip 165 . Er wies darauf hin, daß positive oder negative Erfahrungen aus Preußen und Sachsen mit der neuen gesetzlichen Regelung noch nicht vorlägen. Die Vorschläge des Entwurfs würden zu einer Vermehrung der Subhastationen führen, da Zahlungsunfähige mitbieten würden. Im übrigen werde das geringste Gebot dazu beitragen, daß nachrangige Gläubiger nicht einmal mehr zu den Zinsen kommen würden, da es jenen an jedem Pressionsmittel fehle. Aus ähnlichen Gründen werde der Personalkredit vernichtet werden. Allgemein warnte Frankenburger vor einem allzu schnellen Eingreifen des Gesetzgebers: „Es passirt heutzutage nur zu oft, daß die Gesetzgebungsmaschine in Folge von Agitationen und dringlicher Klagen zu früh und ohne Noth, aber auch ohne die Erfüllung der auf das verlangte Gesetz gegründeten Hoffnungen in Bewegung gesetzt wird. Die Agitation geht von gewissen Kreisen aus; im gegenwärtigen Falle ist sie wohl von oben nach unten gegangen. Wurde doch auch die Meinung vertreten und dafür agitirt, daß der Staat i « Bericht, aaO (Fn. 153), S. 282. i « Motive, aaO (Fn. 153), S. 163. 164 Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des bayr. Landtags in den Jahren 1885/86, Bd. VI, S. 529ff. 165 Verhandlungen, S. 532 ff. 41
Entstehungsgeschichte des ZVG
die auf dem landwirtschaftlichen Besitz lastenden Hypotheken abzulösen habe. Hieraus läßt sich über manche Art der Agitation ein Urtheil gewinnen." 166 Zur Abhilfe von Mißständen wollte Frankenburger lediglich die Bestimmung aufgenommen wissen, daß der die Zwangsversteigerung betreibende Gläubiger die Kosten des Verfahrens dann tragen sollte, wenn dieses nicht zur Erfüllung seiner Forderungen geführt hatte. Auf der anderen Seite gingen die Vorschläge des Entwurfs dem Abgeordneten Keßler nicht weit genug167. Das Übernahmeprinzip sollte auch für die nachrangigen Grundpfandrechte gelten; allerdings sollte jeder Ersteher das Recht haben, auch den Weg der Barzahlung zu wählen, wenn er auf ein unbelastetes Grundstück Wert legte. Ausführlich wurde auch über die Sprache des Entwurfs diskutiert. Der Abgeordnete Bonn bedauerte, daß das Gesetz in einer Sprache abgefaßt sei, die ihm nicht gefalle: „allein es ist dieß die Sprache der modernen Gesetzgebung überhaupt, sie ist nicht ganz übereinstimmend mit den Regeln der Sprache, wie sie in der Literatur feststeht; wir können aber eine Ausnahme hiervon wohl kaum bei diesem Gesetzentwurfe machen. Es ist die Sprache ganz die gleiche, wie sie alle neueren Gesetze haben." 168 Dem entgegnete der Justizminister Fäustle, daß das Gesetz eben die Sprache der deutschen Zivilprozeßordnung und Konkursordnung spreche: „Wer diese versteht, wird auch unser Gesetz verstehen. Daß das Gesetz sich nicht so leicht liest wie ein Stück belletristischer Literatur, das ist richtig. Dieß liegt in der Sprödigkeit und in der Dürre des Stoffes. Ich lese auch lieber ein geistvoll geschriebenes rechtswissenschaftliches Lehrbuch als eine Subhastationsordnung." 169 In der Spezialdiskussion wurde erneut ausführlich über das Privileg des Fiskus für den „Malzaufschlag" debattiert. Der Finanzminister v. Riedel legte ausführlich dar, daß die 1879 abgeschaffte und jetzt erneut zur Einführung vorgeschlagene Regelung den minder kapitalkräftigen Brauereien nützen werde 170 . Diese müßten jetzt eine Kaution stellen oder Vorauszahlungen erbringen, während demnächst der Malzaufschlag jeweils nach dessen Fälligkeit eingezogen werde. Die Majorität folgte den Vorschlägen der Regierung und wies ferner den Antrag zurück, dem ländlichen Gesinde, entsprechend dem preußischen Subhastationsrecht und der Konkursordnung, ein Vorzugsrecht zu gewähren 171 . In der namentlichen Schlußabstimmung votierten 103 Abgeordnete für und 19 Abgeordnete gegen das Gesetz 172 , das am 29. 5. 1886 vom König vollzogen und am 5. 6. 1886 im Gesetzblatt veröffentlicht wurde 173 . 166
Verhandlungen, S. 538 ff. Verhandlungen, S. 541 ff. 168 Verhandlungen, S. 540. 169 Verhandlungen, S. 554. 170 Verhandlungen, S. 570. 171 Vgl. Verhandlungen, S. 575 ff. Der Antragsteller Aichbichler wies darauf hin, daß es zu den schönsten Aufgaben des Gesetzgebers gehöre, „den wirthschaftlich Schwachen zu schützen". Seiner Ansicht nach war die Sache von solcher „sozialpolitischer Bedeutung", „daß es im Ganzen sich rechtfertigen würde, wenn die Dienstbotenlöhne im Allgemeinen . . . vorzugsweise Berücksichtigung fänden" (S. 577). 172 Verhandlungen, S. 584f. I73ßayr. Gesetz- und Verordnungsblatt 1886, S. 2 3 9 - 2 5 8 . - Dieses Gesetz galt nicht in der Pfalz, da die neuen Prinzipien nur auf der Basis eines vollständig eingerichteten Hypothekenbuches durchführbar waren. Um gleichwohl die Rechtseinheit mit den linksrheinischen Gebieten nicht vollständig zu beseitigen, beschränkte sich das Gesetz von 1886 auf die notwendigsten Änderungen. 167
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IV. Die Vorschläge von R. Johow und die wiss. Diskussionen von 1872 — 1875
IV. Die Vorschläge von Reinhold Johow von 1880 unter Berücksichtigung der auf den Juristentagen von 1872 — 1875 geführten Diskussionen Johow legte der 1. BGB-Kommission 1880 im sachenrechtlichen Teilentwurf Bestimmungen über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (§§ 492 — 565) vor. Diese betrafen das materielle Zwangsversteigerungsrecht, während das Verfahrensrecht einem Spezialgesetz oder der ZPO vorbehalten bleiben sollte. In den Motiven stellte Johow fest, daß der Erlaß eines einheitlichen Zwangsvollstreckungsgesetzes „unleugbar den Vorzug der Uebersichtlichkeit und damit der leichteren und sicheren Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen"174 habe: „Aber dieser Vorzug ist doch ein einseitiger, indem er sich nur bewährt, wenn die Zwangsvollstrekkung in Grundstücke als ein besonderes Rechtsgebiet ins Auge gefaßt wird. Betrachtet man dagegen dieses Gebiet als einen Theil des Rechtssystems überhaupt, und einer solchen Betrachtung vermag eine Kodifikation sich nicht zu entziehen, so tritt jener Vorzug zurück hinter die Nothwendigkeit, den ganzen Rechtsstoff in formelles und materielles Recht zu gliedern . . . ".175 Johow entschied sich demnach für die Trennung beider Rechtsgebiete: „Nachdem ihr [der Reichsgesetzgebung] einmal die Aufgabe gestellt ist, das gesammte bürgerliche Recht zu kodifiziren, steht sie zwei geschlossenen, scharf von einander geschiedenen Systemen gegenüber, dem System des formellen Rechts, dessen wichtigster Theil die Civilprozeßordnung ist, und dem System des materiellen Rechts, welches in dem bürgerlichen Gesetzbuch Gestalt gewinnen soll. Findet sich nun bei der Ausarbeitung des letzteren, daß die Civilprozeßordnung durch die gesetzliche Regelung der Zwangsvollstreckung in Grundstücke ergänzt werden muß, so erheischt die Rücksicht auf die systematische Zweitheilung des Rechtsstoffes diese Ergänzung, gleichviel ob dieselbe in einer Umarbeitung der Civilprozeßordnung, oder in einem eigenen Gesetze ihren Ausdruck finden wird, auf die formelle Seite des Gegenstandes zu beschränken und die materielle Seite in dem bürgerlichen Gesetzbuch zu regeln".176 Wenn sich auch Johow mit seinem Vorschlag in der 1. Kommission nicht durchgesetzt hat, so sollte sich die Aufstellung eines „materiellen Zwangsversteigerungsrechts" für die dogmatische Durchdringung dieses von der Wissenschaft bisher vernachlässigten, territorial äußerst zersplitterten Rechtsgebiets als überaus förderlich erweisen. Im übrigen war das Vorgehen Johows auch nicht ohne Vorbild. Die preußische Subhastationsordnung von 1869 — das ZVG von 1883 lag erst im Entwurf vor — brachte noch keine vollständige Kodifikation des Zwangsversteigerungsrechts, da die Prioritätsordnung weiterhin in der Konkursordnung und einige materiellrechtliche Fragen im ALR geregelt blieben. Eine ähnliche Zweiteilung lag auch dem französischen Recht zugrunde. Johow schlug der Kommission vor, das Subhastationsrecht auf der Basis des Deckungs- und Ubernahmeprinzips zu kodifizieren: „Die Veräußerung des Grundstücks findet nicht statt, wenn durch das Meistgebot nicht die dem Ansprüche des Gläubigers vorgehenden Rechte und die Kosten des Verfahrens, soweit sie aus dem Betrage des Meistgebotes zu entnehmen sind, vollständig gedeckt werden." (§ 508 TE-SachR) und: „Hypotheken und ablösbare Geldrenten, welche dem Ansprüche des Gläubigers vorgehen, werden mit dem Grundstücke von dem Ersteher übernommen." (§ 509 Abs. 1 TE-SachR). Wie sich aus den Motiven ergibt, war Johow 174 Johow, aaO (Fn. 6), S. 1952. ™ Johow, aaO, S. 1952-1953. 176 Johow, aaO, S. 1953. 43
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der preußische Referentenentwurf vom Februar 1878, der ebenfalls auf den genannten Grundsätzen beruhte, bekannt. Außerdem wurde der Entwurf von 1881 für die erst 1882 fertiggestellten Motive mitherangezogen. Abgesehen von den Plänen der preußischen Regierung dürfte für Johow weiterhin ausschlaggebend gewesen sein, daß noch 1879 das preußische Parlament die Reform des Subhastationsrechts verlangt und zudem der Deutsche Juristentag sich 1875 endgültig für das Deckungsprinzip entschieden hatte. Ausgelöst durch die Debatten im preußischen Parlament hatte der Deutsche Juristentag 1871 Gutachten über die Gesetzgebungsfrage: „Ist es angemessen, daß durch die Subhastation sämmtliche auf den subhastirten Grundstücken ruhenden Hypotheken fällig werden?" an Struckmann (Köln) und Johanning (Wien) vergeben. Das ausführliche Gutachten von Struckmann verneinte diese Frage. Im Rahmen eines rechtshistorischen Überblicks kam Struckmann zum Ergebnis, daß der Versuch, die anstehenden Fragen nach juristischen Gesichtspunkten in dem einen oder anderen Sinne zu lösen, ein „völlig verfehlter" sei177: „Denn einestheils müssen vorzugsweise die Gründe wirthschaftlicher Natur, Rücksichten auf die Hebung des landwirtschaftlichen Kredits wie die Sicherheit der Gläubiger den Ausschlag geben, und anderntheils kommt man auch mit abstrakt juristischen Gesichtspunkten nicht weit, da man die eine wie die andere Auffassung recht gut juristisch konstruiren kann." Im folgenden stellte Struckmann dann die Vor- und Nachteile beider Systeme gegenüber 178 . Als Vorteile des Deckungs- und Übernahmeprinzips führte Struckmann an, daß die vorrangigen Gläubiger sich an einem Subhastationsverfahren nicht zu beteiligen und sich trotz noch nicht eingetretener Fälligkeit eine Tilgung ihrer Hypothek gegen ihren Willen nicht gefallen zu lassen brauchten. Der Kreis der Bieter werde insbesondere um die Landwirte erweitert, welche die subhastierten Grundstücke zur Abrundung ihres Grundbesitzes erwerben wollten, womit auch der Güterspekulation entgegengetreten werde. Als Nachteile machte Struckmann geltend: Dem Gläubiger werde gegen seinen Willen ein neuer Eigentümer aufgedrängt; der geringe, bar zu zahlende Betrag werde unsolide Landwirte und leichtfertige Spekulanten anlocken. Hinzu kamen nach Struckmann noch die verfahrensmäßigen Schwierigkeiten, die mit dem neuen System verbunden sein würden (Verlängerung des Subhastationsverfahrens; Verteuerung). Struckmann versuchte, wie bereits die Denkschrift des preußischen Justizministers, nachzuweisen, daß der einzige Vorteil, den das neue System versprach, nämlich bei der Subhastation größerer Güter den Kreis der Bieter zu erweitern und in manchen Fällen ein höheres Meistgebot zu erzielen, es nicht rechtfertige, das überkommene Subhastationsrecht, das vor allem für das mittlere und westliche Deutschland vollkommen genüge, in Frage zu stellen. Die Debatte in der 4. Abteilung des 10. Deutschen Juristentages am 30. 8. 1872 zeigte, daß die Gutachten insgesamt zu wenig differenziert waren 179 . Ein Teil der Redner wollte eine Übernahme von Grundpfandrechten von Gesetzes wegen nur zulassen, soweit sie durch den Kaufpreis gedeckt waren; im übrigen sollte Fälligkeit eintreten. Damit, so Kißling, würde die Gefahr vermindert, daß die kleinen Güter zur Beute der Spekulanten würden 180 . Drechsler brachte das auf dogmatische Alternativen wesentlich weniger festgelegte mecklenburgische und lübeckische Subhasta>77 Struckmann (später Präsident des OLG Köln), in: Verh. des 10. DJT, Bd. 1, 1872, S. 64. 178 Struckmann, aaO, S. 69 ff. 179 Zum folgenden Verh. des 10. DJT, Bd. 2, 1872, S. 22Qff. (3. Sitzung der 4. Abteilung), iso Kißling, aaO (Fn. 179), S. 224.
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tionsrecht zur Sprache 181 . Und Bähr wollte eine eventuelle Übernahme der Grundpfandrechte ganz von der Entscheidung des vorrangigen Gläubigers abhängig machen, der zudem berechtigt sein sollte, einem Zuschlag zu widersprechen, wenn der betreibende Gläubiger aus dem subhastierten Grundstück keine Befriedigung erlangen konnte 182 . — Auf Antrag von Bähr wurde die Abstimmung auf den nächsten Juristentag vertagt 183 . Auf dem 11. Deutschen Juristentag nahm die 4. Abteilung am 29. 8. 1873 auf Antrag des Berichterstatters Drechsler folgende zwei Sätze an: „Es ist nicht angemessen, daß durch den Verkauf des Grundstücks im Subhastationsverfahren auch die Hypotheken erlöschen, welche aus dem Kaufpreis völlig gedeckt werden. — Für den gerichtlichen Verkauf im Subhastationsverfahren sind Normativbedingungen festzustellen, welche geeignet sind, bei Sicherung der Interessen des Gläubigers und Schuldners einen thunlichst hohen Kaufpreis des Grundstücks herbeizuführen." 184 Mit diesem Vorschlag war lediglich eine Reform des Subhastationsrechts auf der Basis des geltenden Rechts nach dem Muster des mecklenburgischen Subhastationsverfahrens beabsichtigt. Zu den Normativbedingungen, auf die Drechsler Bezug nahm, sollte vor allem der Verfall der Kaution gehören, wenn der Ersteigerer den Kaufpreis nicht innerhalb der gerichtlich festgesetzten Fristen bezahlte 185 . Den letzten Passus des Antrags: „Es ist nicht angemessen, dem Käufer die Verpflichtung aufzuerlegen, daß er beim Zuschlage den ganzen Kaufpreis auszuzahlen hat" hatte Drechsler bereits vor der Abstimmung zurückgezogen 186 . In der Diskussion hatten nur preußische Juristen das bisherige System mit der Begründung verteidigt, daß eine Änderung des Subhastationsverfahrens nicht geeignet sei, der Landwirtschaft aufzuhelfen, und daß im übrigen, falls man einem wie auch immer ausgestalteten Übernahmeprinzip folge, die Gläubiger die Fälligkeit der Hypotheken für den Fall der Subhastation vereinbaren würden. Der weitere Verlauf der Debatte wurde dann durch eine kurze Rede des Hamburger Advokaten Heinsen, der die Übernahme des Deckungsprinzips forderte 187 , bestimmt. Der Celler Oberappellationsgerichtsrat v. Salpius nahm dies zum Anlaß, über die Anträge von Drechsler hinaus eine „viel eingreifendere, viel radicalere Reform des herrschenden Subhastationsrechts" 188 zu fordern: „Ich glaube, daß eine gesunde Grundlage des Realcredits überhaupt nicht wiedergewonnen werden kann, wenn wir nicht zu dem Fundamentalprinzip zurückkehren, daß der posterior creditor keinen anderen Anspruch hat, als auf die Hyperocha." Jede „Beförderung des posterior creditor auf Kosten des prior creditor befördert den Schwindelcredit auf Kosten der soliden Kapitalsanlage. Unter Schwindelcredit verstehe ich nicht nur den Darlehnscredit, sondern auch den Credit in der Form, daß Jemand verkauft an zahlungsunfähige oder schwach zahlungsfähige Leute gegen geringe Anzahlung, so daß die Hypotheken in Form von Kaufgeldern aufwachsen. Nach dem herrschenden System bietet man geradezu Prämien den leichtsinnigen Verkäufern. Was kann dem, der ein Grundstück zum Schwindelpreise weggiebt, passiren nach dem jetzigen Systeme? Wenn der Käufer 181 Drechsler, aaO (Fn. 179), S. 230ff. 182 Bähr, aaO (Fn. 179), S. 242ff. 183 Verh., aaO (Fn. 179), S. 247 f. is+Verh. des 11. DJT, Bd. 2, 1873, S. 295f. 185 Vgl. Drechsler, aaO (Fn. 184), S. 260ff. 186.Drechsler, aaO (Fn. 184), S. 269f. 187 Heinsen, aaO (Fn. 184), S. 282ff. 188 Salpius, aaO (Fn. 184), S. 286; hieraus auch das folgende Zitat. 45
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sich nicht halten kann, kauft er es kostenfrei aus der Subhastation z u r ü c k . . . Sobald die Gesetzgebung einem Betheiligten einen Vortheil einräumt, der einen Anderen in seinem Rechte kränkt, solange ist ein schädigender Einfluß in Bezug auf die wirthschaftliche Entwicklung vorhanden. Dieser Einfluß muß viel fundamentaler beseitigt werden, als die Anträge des Herrn Referenten es thun. Ich stehe denselben prinzipiell nicht entgegen, und wollte nur noch sagen, daß dies ganze Prinzip, welches das herrschende ist, aus der Concurspraxis des vorigen Jahrhunderts hervorgegangen ist durch eine Art Schlendrian, der das materielle Recht begraben hat unter die Bequemlichkeit des dirigirenden Richters. Es ist dann in die neuen Prozeßordnungen übergegangen und kann vor der gesunden Kritik nicht bestehen." 189 Daraufhin stellte Heinsen den Zusatzantrag zum Antrag des Referenten: „Der Prosequent darf nur zu einem die Vorhypotheken deckenden Preise das Grundstück zum Aufgebot bringen." 190 Obwohl diesem Antrag die Majorität sicher gewesen wäre, stimmte man nur über die Anträge von Drechsler ab und verschob die Entscheidung über die von Heinsen und Salpius angeregten Fragen auf den nächsten Juristentag. Noch vor dem 12. Deutschen Juristentag rechtfertigte und formulierte Bähr in einer Abhandlung in den „Jahrbüchern für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts" das Übernahme- und Deckungsprinzip: 191 „1. Es muß jedem Hypothekargläubiger gestattet sein, bei dem von einem anderen Gläubiger betriebenen Zwangsverkauf seine Forderung, statt sie zur Baarzahlung zu liquidiren, stillschweigend innerhalb des Kaufpreises auf den Ersteher des Grundstücks übergehen zu lassen. — 2. So lange ein vorstehender Hypothekargläubiger durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, darf ohne seine Zustimmung auf den Antrag eines nachstehenden Gläubigers der Zuschlag nicht erfolgen." Das Deckungsprinzip begründete Bähr damit, daß ein Recht nur bestehe, soweit ihm ein entsprechendes Interesse innewohne: „Wenn nun das Meistgebot noch nicht einmal die Vorhypotheken deckt, der betreibende Theil also noch viel weniger etwas davon zu erwarten hat, so hat dieser als Gläubiger auch kein Interesse an dem Zuschlag, und folglich auch kein Recht, denselben in Widerspruch mit den allein dabei rechtlich interessirten Vorgläubigern zu fordern." 192 Für den 12. Deutschen Juristentag erstatteten v. Salpius und Heinsen Gutachten über die Gesetzgebungsfrage: „Soll eine Reform des Zwangsversteigerungsverfahrens dahin erstrebt werden, daß der Zuschlag nicht ertheilt werden darf, wenn das Gebot den Betrag der dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Hypotheken nicht übersteigt?" 193 Beide Referenten bejahten diese Frage, wobei sie sich aber nur mit dem Deckungsprinzip befaßten und die weiteren rechtstechnischen Probleme der Gesetzgebung überließen, v. Salpius brachte zusätzlich zu den bereits insbesondere von Bähr vorgetragenen Argumenten noch vor, daß die Mängel des gemeinrechtlichen Hypothekenrechts eine Steigerung der Rechte des Nachhypothekars bewirkt haben. Als alleinigen Zweck der Subhastation bezeichnete Salpius die Befriedigung des betreibenden Gläubigers. Eine Subhastation, deren Kosten bisher ein „absolutes Privilegium vor allen Hypotheken" genoß, sollte dann als erfolglos gelten, wenn ein 189 Salpius, aaO (Fn. 184), S. 288-289. 19° Salpius, aaO (Fn. 184), S. 289. 191 Bähr, Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts, Bd. 13 (1874), S. 188. Bähr, aaO (Fn. 191), S. 205. iw Verh. des 12. DJT, Bd. 1, 1874, S. 117ff., 134ff.
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zur Befriedigung des Extrahenten ungenügendes Meistgebot erzielt wurde: „Wenn nach Deckung der Vorhypothek nichts übrig bleibt, so ist für die Nachhypothek kein Mittel der Befriedigung vorhanden. Sein Recht kann niemals auf etwas Mehreres gehen, als auf die Hyperocha". 194 Das neue System bedeute eine Schwächung der Rechte des Nachhypothekars, der nicht mehr die Möglichkeit haben sollte, auf Kosten der Vorhypothekare mit dem Grundstücke zu spekulieren: „Jede ungerechte Bevorzugung der Nachhypothek ist — wirtschaftlich ausgedrückt — eine Beförderung des Schwindelkredits auf Kosten der soliden Kapitalanlage." 195 Allein die Mängel des bestehenden Subhastationsrechts seien „der eigentliche Krebsschade für den Realkredit": „Alle Erleichterungen, die man ihm durch Vervollkommnung der Grundbücher zu verschaffen sucht, können nur als Vorbereitung gelten für die entscheidende Abhilfe, die er auf diesem Gebiete von der Gesetzgebung zu fordern hat." — Am 27.8.1875 wurde von der 4. Abteilung des 12. Deutschen Juristentages nahezu einstimmig der Satz angenommen: „Bei Zwangsversteigerungen von Grundstücken ist der Zuschlag nur dann zu ertheilen, wenn das Gebot den Betrag der dem betreibenden Gläubiger vorhergehenden Hypotheken übersteigt."' 96 Schließlich befaßte sich der 16. Deutsche Juristentag noch einmal mit einer Reform des Subhastationsrechts und sprach nach einer längeren Debatte am 12. 9. 1882 „seine Befriedigung" darüber aus, daß mit den früher gefaßten Beschlüssen „übereinstimmende Grundsätze in dem neuesten preußischen Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, Aufnahme gefunden haben".197 Gemeint war damit der preußische ZVG-Entwurf vom Juli 1881, der allerdings nicht allgemein zugänglich war. Von einigen Rednern war allerdings bemängelt worden, daß das geringste Gebot vor der Abgabe des Meistgebots festgestellt werden sollte. Außer den Beschlüssen der Juristentage war für Johow ausschlaggebend, daß Preußen den Deckungs- und den Übernahmegrundsatz einführen wollte, die beide bislang nur in Hamburg, Lübeck, Frankfurt/Main, Nassau und Neuvorpommern galten198. Nach einigen Partikularrechten hatten die dem die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubiger vorgehenden Grundpfandgläubiger das Recht, dem Zuschlag zu widersprechen, wenn ihre Forderungen aus dem Gebot nicht gedeckt waren. Dagegen erloschen im weitaus größten Teile Deutschlands vor dem Inkrafttreten der preußischen Subhastationsordnung von 1883 die auf einem Grundstück lastenden Grundpfandrechte durch den Zuschlag, der ohne Rücksicht auf die Höhe des Meistgebots erfolgte 199 . Das Deckungsprinzip rechtfertigte Johow mit der „Natur des dinglichen Rechts" und mit dem „Zwecke der Zwangsversteigerung" 200 : „Die dinglichen Rechte ergreifen ihren Gegenstand gerade so, wie derselbe bei der Entstehung des Rechts sich darstellt, also unbeschadet der bereits vorhandenen und mit dem Vorzuge vor den später an der Sache entstehenden Rechten. Ein Berechtigter kann der Ausübung eines älteren Rechts nicht widersprechen, selbst wenn dieselbe sein eigenes Recht vernichtet; aber die Ausübung eines jüngeren Rechts darf im Salpius, aaO (Fn. 193), S. 128. 195 Salpius, aaO, (Fn. 193), S. 133; hieraus auch das folgende Zitat. Verh. des 12. DJT, Bd. 3, 1875, S. 264f. 197 Verh. des 16. DJT, Bd. 2, 1883, S. 73ff., 83. 198 Johow, aaO (Fn. 6), S. 2029f. (diese Grundsätze waren allerdings im einzelnen verschieden ausgestaltet). 199 Nachweise bei Johow, aaO, S. 2028 Fn. 1. 200 johow, aaO, S. 2030 f.
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Entstehungsgeschichte des ZVG nur so geschehen, daß sein Recht von ihr nicht berührt wird." Gleichzeitig wies J o how auch auf die wirtschaftliche Bedeutung der Frage hin. Für ihn kam es vor allem darauf an, daß der Realkredit gefördert wurde, woran in gleicher Weise der Eigentümer und die Gläubiger interessiert seien. Nach J o h o w fiel das Interesse des Eigentümers mit demjenigen des Gläubigers insoweit zusammen: „Denn je mehr das Zwangsversteigerungsrecht den Anforderungen der Gläubiger Genüge leistet, desto geneigter sind die Kapitalisten, ihr Geld in Hypotheken anzulegen und also dem Kreditbedürfniß des Grundbesitzes entgegenzukommen." 2 0 1 V o n den Gläubigern seien zunächst die dem betreibenden Gläubiger vorgehenden zu berücksichtigen: „Sie haben natürlich das lebhafteste Interesse daran, daß das Grundstück nur veräußert wird, wenn sie durch den Preis vollständig gedeckt werden. Gestattet das Gesetz die Veräußerung zu einem hierzu nicht ausreichenden Preise, so sind sie genöthigt, mitzubieten und, wenn sie nicht überboten werden, das Grundstück zu erstehen oder aber ihren Anspruch ganz oder theilweise zu verlieren; beides Eventualitäten, welche die Neigung zur Erwerbung von Hypotheken erheblich abzuschwächen geeignet sind." 2 0 2 In Übereinstimmung mit dem preußischen Entwurf schlug J o h o w ferner vor, daß die Grundpfandrechte, welche dem die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubiger vorgingen, kraft Gesetzes auf den Ersteher in Anrechnung auf das Meistgebot übergehen sollten. Damit wies er den u. a. dem württembergischen und oldenburgischen Recht zugrunde liegenden Grundsatz zurück, daß die Ansprüche sämtlicher Gläubiger mit der Zwangsversteigerung fällig wurden und durch Zahlung aus dem Meistgebot berichtigt werden mußten 203 . Die unterschiedlichen juristischen Begründungen, die hierfür gegeben wurden, lehnte J o h o w ab. Vielmehr ging er davon aus, daß ein vorstehender Gläubiger sich „die Lösung des hypothekarischen Rechtsverhältnisses 2 0 4 " und seine Verweisung auf den Anspruch gegen den Ersteher nicht gefallen zu lassen brauche: „Die dingliche Natur der Hypothek schützt den Gläubiger gegen jede rechtliche Einwirkung auf die Sache, also namentlich auch gegen eine Veräußerung derselben, welche auf eine Vernichtung oder auch nur auf eine Veränderung der Hypothek abzielt, gleichviel ob die Veräußerung von dem bisherigen Eigenthümer oder von einem nachstehenden Pfandgläubiger ausgeht." Darüber hinaus lehnte J o h o w es ab, einem vorgehenden Gläubiger einen Anspruch auf Befriedigung aus dem Meistgebot zu gewähren. Auch wirtschaftliche Gesichtspunkte, denen J o h o w sehr große Aufmerksamkeit widmete, sprachen nach ihm gegen eine Barberichtigung des Meistgebots. Es ging nach J o how darum, „den Realkredit zu sichern und zu festigen, beziehungsweise den Stand der Grundbesitzer leistungsfähig zu erhalten, und dadurch die Landeskultur zu erhöhen und den Volkswohlstand zu heben." 2 0 5 U m zu diesem Ziel zu gelangen, müsse ein Gebot dem wahren Wert des Grundstücks entsprechen: Die tägliche Erfahrung lehre, „daß Grundstücke meist nicht gegen baare Zahlung des bedungenen Preises verkauft, sondern die Hypotheken in Anrechnung auf denselben von dem K ä u f e r übernommen werden. Der Verkehr betrachtet die hypothekarische Belastung nicht als einen Mangel, den der Verkäufer zu beseitigen hätte, sondern als eine gewöhnliche Eigenschaft des Grundbesitzes, mit welcher jeder Erwerber zu 201 202 203 204 205 48
Johow, aaO, S. 2037. Johow, aaO, S. 2037. Vgl. dazu Johow, aaO, S. 2041 ff. Johow, aaO, S. 2043; hieraus auch das folgende Zitat. Johow, aaO, S. 2045.
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rechnen hat. Wird wirklich einmal ein Grundstück frei von Hypotheken gegen baar verkauft, so kann man sicher sein, daß der Käufer aus diesem Grunde den Preis herabgedrückt hat, um sich dadurch für die Mühe und Kosten, welche mit der Neubelastung verbunden sind, schadlos zu halten. Den Anschauungen des geschäftlichen Lebens entspricht es unbestreitbar, den Verkaufswerth der Grundstücke unter der Voraussetzung des Ueberganges der Hypotheken zu verstehen und den Preis, der bei voller Baarzahlung bewilligt wird, als unter dem Werth des Grundstücks stehend zu betrachten. Ein Grund aber, der dazu nöthigte, bei der Zwangsveräußerung einen anderen Maßstab anzulegen, ist nicht anzuerkennen." 206 Ausschlaggebend sollte nach Johow das Interesse derjenigen Gläubiger sein, die dem betreibenden Gläubiger vorgingen. Denn je mehr das Gesetz sich hiervon leiten lasse, desto geneigter würden die „Kapitalisten" sein, dem Kreditbedürfnis des Grundbesitzes entgegenzukommen. Diesem entspreche am besten das Übernahmeprinzip, da im modernen Wirtschaftsleben die Hypothek primär als Mittel zur längerfristigen Kapitalanlage angesehen werde 207 . Unter normalen Verhältnissen werde den Hypothekengläubigern die vorzeitige Rückzahlung „gewöhnlich nicht willkommen sein". Den Einwand, daß dem Hypothekar die Person des Erwerbers nicht gleichgültig sei, da dieser durch schlechte Wirtschaft den Gegenstand der Sicherung vermindern und durch unpünktliche Entrichtung der Zinsen Unannehmlichkeiten und Kosten verursachen könne, ließ Johow nicht gelten. Solche mehr im tatsächlichen Bereich liegenden Erwägungen seien für den Gesetzgeber nicht erheblich genug, dem Gläubiger ein Recht darauf zu geben, durch die Zahlung aus dem Meistgebot befriedigt zu werden. Denn die Gefahr, daß das Grundstück in mittellose und ungeeignete Hände falle, sei bei der Zwangsversteigerung vielleicht sogar noch geringer als bei einer freiwilligen Veräußerung, weil der Ersteher wenigstens einen Teil des Gebots in bar decken müsse208. Die am schwersten wiegenden Bedenken, die nach Johow gegen die §§ 508 und 509 erhoben werden könnten, betrafen die Übernahme gewisser Grundpfandrechte (vorgemerkte Rechte, Kautionshypotheken, aufschiebend oder auflösend bedingte Hypotheken, Korrealhypotheken). Für den § 510 TE-SachR sah Johow vor, daß „1. auf Kautionshypotheken und aufschiebend bedingte Hypotheken und Renten, sowie auf Vormerkungen solcher Rechte der § 509 keine Anwendung zu finden habe; 2. daß im Uebrigen die Uebernahme und Anrechnung einer ungewissen Hypothek oder Rente, mit Einschluß der Vormerkungen, unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls der übernommenen Post erfolge, und daß für den Fall des Eintritts dieser Bedingung diejenigen Betheiligten, welche in Folge der Anrechnung einen Ausfall erleiden,... Anpruch haben auf Bezahlung des frei gewordenen Theils des Meistgebots,... daß endlich zur Sicherung dieser Forderung eine Hypothek auf das Grundstück einzutragen sei."209 Letztere Regelung sollte auch für Korrealhypotheken gelten, obwohl Johow sich ihrer Unzuträglichkeiten bewußt war 210 . Johow ging in Übereinstimmung mit der preußischen Subhastations-Ordnung von 1869 davon aus, daß die Zwangsversteigerung eine Vollstreckungsmaßregel gegen den Schuldner sei. Nach einer anderen Auffassung (französisches, bayerisches, mecklenburgisches Recht) wurde der Schuldner, d. h. der Eigentümer des Grund206 Johow, 207 Johow, 208 Johow, 209 Johow, 210 Johow,
aaO, aaO, aaO, aaO, aaO,
S. 2046. S. 2046ff.; das folgende Zitat auf S. 2049. S. 2049f. S. 2057. S. 2055f.
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stücks, gegen den das Verfahren sich richtete, als Verkäufer angesehen und der „thatsächlich nicht vorhandene Verkaufswille als durch das Vollstreckungsgericht beziehungsweise den Versteigerungsbeamten ersetzt gedacht. Der Zuschlag, welchen das Gericht oder der Beamte ertheilt, hat demgemäß nicht die Natur eines richterlichen Unheils." 211 Als Konsequenz dieses Standpunktes ergab sich, daß der Ersteher bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen wie jeder andere Käufer vom Vertrage zurücktreten konnte. Die Fiktion, daß der bisherige Eigentümer der Verkäufer sei, wollte Johow nur gelten lassen, wenn sich nachweisen ließe, daß dem bisherigen Eigentümer die Verpflichtung obliege, zum Zwecke der Befriedigung seiner Gläubiger seinen Grundbesitz zu veräußern. Dies lasse sich, so Johow, allenfalls für das hypothekarische Verhältnis annehmen, nicht aber für die nur persönlich verpflichteten Schuldner. Johow schloß sich dem preußischen Recht an, wonach nur durch einen richterlichen Spruch (Urteil) das Eigentum an dem versteigerten Grundstück auf den Ersteher überging. Im Gebot sah er eine Offerte, an welche der Bieter gebunden blieb, bis ein Mehrgebot erfolgte, welchem nicht vor dem Schluß der Versteigerung widersprochen wurde (§ 520)212. Eine weitere Ausdehnung der Bindung lehnte Johow ab, da man sonst dem Bieter ein „Risiko" auferlegen würde, „welches als überaus lästig empfunden werden, daher die Zahl der Bieter verringern und diejenigen, welche zur Abgabe von Geboten sich entschließen, bestimmen würde, bei Bemessung des Betrages jenes Risiko zum Nachtheil der Betheiligten mit in Anschlag zu bringen. Zur Vermeidung oder wenigstens Milderung dieses Uebelstandes beschränkt der Entwurf die Gebundenheit eines Bieters, welcher von einem anderen überboten ist, auf die Fälle, in welchen das Mehrgebot auf Widerspruch stößt." 213 Eingehend rechtfertigte Johow das Erfordernis des Urteils als Voraussetzung für den Übergang des Eigentums auf den Ersteher 214 . Maßgebend war vor allem, daß sich die Zwangsversteigerung „häufig, vielleicht in den meisten Fällen, nicht blos gegen den Eigenthümer, sondern gegen eine ganze Reihe anderer Personen, die der Entwurf als ,Betheiligte' bezeichnet", richtete 215 : „Sie zerstört das Recht des Einen und nöthigt den Anderen, für sein Recht an dem Grundstück einen Anspruch auf Theilnahme an der Vertheilung des Versteigerungserlöses einzutauschen. Diese eigenthümlichen Wirkungen aber können mit der Zwangsveräußerung nur verbunden werden, wenn der Betheiligte überhaupt zugezogen ist und die zu seinem Schutze dienenden Rechte gewahrt, auch die wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens beobachtet sind. Ist das Eine oder das Andere nicht der Fall, so kann der Ersteher zum Nachtheil des Verletzten das Eigenthum nicht oder wenigstens nicht so erwerben, wie er bei Abgabe seines Gebotes auf das Grundstück voraussetzen durfte; er muß je nach Verschiedenheit der Fälle entweder das Grundstück zurückgeben oder eine den Werth desselben schmälernde Belastung anerkennen, wenn es ihm nicht gelingt, seinen Gegner durch Geld- oder sonstige Opfer abzufinden. Es bedarf nun aber keines Beweises, daß, wenn die Erwerbung eines Grundstücks mit 21 • Johow, aaO, S. 2020. Dieses Zitat und die folgenden Paragraphenzitate beziehen sich auf den Teilentwurf des Sachenrechts. - Zu % 520 vgl. Johow, aaO, S. 2099 ff. 213 Johow, aaO, S. 2102. 214 Ein Urteil kannten im wesentlichen nur das preußische Recht und das Recht einiger kleinerer Staaten, während in Bayern, Baden, Elsaß-Lothringen und Württemberg ein solches Urteil unbekannt war (vgl. Johow, aaO, S. 2114). Zur Rechtsentwicklung vgl. auch Nußbaum, aaO (Fn. 10), S. 132. 215 Johow, aaO, S. 2115-2116. 212
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IV. Die Vorschläge von R. Johow und die wiss. Diskussionen von 1872 — 1875 solchen Gefahren verbunden ist, in zahlreichen Fällen ein angemessener Preis für dasselbe nicht erzielt werden kann. Die Rücksicht auf den in dieser Weise bedrohten Realkredit mahnt daher den Gesetzgeber dringend, Abhülfe zu gewähren, d. h. den Ersteher gegen Anfechtungen seitens der Betheiligten zu sichern." Der öffentliche Glaube des Grundbuchs bot nach Johow nur eine unzulängliche Sicherheit, zumal ein Großteil der Partikularrechte die „Anfechtung" des Zuschlags innerhalb einer wenn auch kurzen Verjährungsfrist zuließ 216 . Ein solches Ergebnis sei „unannehmbar": „Der Ersteher muß im eigenen Interesse der Betheiligten gegen Anfechtungen seitens derselben gesichert werden, und diese Sicherheit verschafft ihm die Ertheilung des Zuschlags in der Form des Urtheils". 217 Im Zwangsversteigerungsverfahren lasse sich die Unanfechtbarkeit des Zuschlags sachgemäß nur erreichen, wenn dies in der Form eines richterlichen Erkenntnisses geschehe und dieses lediglich innerhalb einer Notfrist durch ein Rechtsmittel anfechtbar sei. Dem Zuschlagsurteil sollte dabei weniger die Aufgabe zukommen, über das Bestehen oder Nichtbestehen streitiger Rechtsverhältnisse zu entscheiden, als vielmehr bestehende Rechte aufzuheben und neue zu begründen. „Formell" sollte zwar dem Richter die Entscheidung darüber zustehen, ob der Zuschlag diesem oder jenem Bieter erteilt werden sollte 218 . Im Verfahrensgesetz sollte indessen festgelegt werden, daß die Beteiligten vorher zu hören waren. Erklärten sie sich übereinstimmend gegen den Meistbietenden, so hatte dieses Gebot auszuscheiden. Fiel die Erklärung der Beteiligten unterschiedlich aus, so sollte der Richter entsprechend den gesetzlichen Regeln entscheiden. Wieweit der Meistbietende einen Anspruch auf den Zuschlag haben sollte, war im partikularen Recht umstritten; Johow wollte diese Frage nicht ausdrücklich im Gesetz regeln, wohl aber dem Bieter ein Beschwerderecht geben, wenn der Richter bei seiner Entscheidung gesetzliche Bestimmungen nicht beachtet hatte 219 . Nach § 527 hatte die Verkündung des Zuschlags die Wirkung, daß das Eigentum am Grundstück auf den Ersteher überging. Der Eigentumsübergang sollte auf Ersuchen des Gerichts in das Grundbuch eingetragen werden. Diese Regelung entsprach dem preußischen, bayerischen, württembergischen, badischen und rheinischfranzösischen Recht, zum Teil auch dem gemeinen Recht, während insbesondere das sächsische, hessische, hamburgische und lübeckische Recht für den Übergang des Eigentums auf den Ersteher dessen Eintragung in das Grundbuch verlangten 220 . Diese und andere abweichende Gestaltungen lehnte Johow ab, da allein die Rechtsübertragungswirkung des Zuschlags für den Ersteher die für ein möglichst effektives Zwangsversteigerungsverfahren notwendigen Sicherheiten bot. Aus dem von Johow vertretenen Standpunkt folgte, daß die Gefahr und die Nutzungen des Grundstücks mit der Verkündung des Zuschlagsurteils auf den Ersteher übergingen (§ 505 Abs. 1). Im einzelnen setzte sich Johow sowohl mit dieser Regelung als auch mit der im § 506 für die Zufallshaftung aufgestellten Norm ausführlich auseinander 221 . Im § 507 war festgelegt, daß für die bei der Zwangsversteigerung vorausgesetzte Größe und Beschaffenheit des Grundstücks und für das Zubehör eine Gewährleistung nicht stattfinden sollte 222 . 216 217 218 219 220 221 222
Vgl. Johow, aaO, S. 2116. Johow, aaO, S. 2116. Johow, aaO, S. 2102. Johow, aaO, S.2120f. Vgl. Johow, aaO, S. 2127 ff. Johow, aaO, S. 2019. Johow, aaO, S. 2023 ff. 51
Entstehungsgeschichte des ZVG
Abgesehen von den Grundsatzfragen war noch eine Reihe weiterer wichtiger Probleme zu entscheiden: Im §492 legte Johow fest, daß jeder Gläubiger des Eigentümers eines Grundstücks, sofern sein Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme lautete, berechtigt war, das Grundstück im Wege der Zwangsvollstreckung zur Versteigerung zu bringen. Damit entschied sich Johow gegen das sächsische Recht, nach dem nur der im Grund- und Hypothekenbuch eingetragene Gläubiger die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen betreiben durfte 223 . — Abweichend insbesondere vom süddeutschen Recht sollte der Gläubiger bei Gesamthaft mehrerer Grundstücke darüber entscheiden 224 , ob er diese sämtlich oder nur eines oder einige Grundstücke zur Zwangsversteigerung bringen wollte. Diese Regelung sollte nach Johow den Interessen des Realkredits dienen. Zwar sei es nicht wünschenswert, daß wegen „einer verhältnißmäßig geringfügigen Summe eine ganze Reihe von Grundstücken zur Versteigerung kommt. Allein solche Fälle werden nicht gerade häufig sein. Ist die Summe, um die es sich handelt, im Verhältniß zu der Realsicherheit des Gläubigers wirklich nur eine geringe, so kann ihre Beschaffung und damit die Verhinderung der Zwangsveräußerung dem Eigenthümer nicht schwer werden. Ueberdies liegt ein gewisses Korrektiv gegen Chikane in der Verpflichtung des Gläubigers, die Kosten der Zwangsversteigerung vorzuschießen. Die Möglichkeit, die vorgeschossenen Kosten zu verlieren, wird in der Regel den Gläubiger bestimmen, in der Stellung von Zwangsversteigerungsanträgen Maß zu halten." 225 — In Übereinstimmung mit dem preußischen Recht, aber abweichend von dem Recht aller anderen größeren Bundesstaaten ließ Johow auch die Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils zu, sofern dessen Größe im Grundbuch eingetragen war (§ 495). Zur Begründung dieses Vorschlags heißt es in den Motiven: 226 „Der Gläubiger hat ein Recht auf Befriedigung nur aus dem Vermögen des Schuldners. Sofern daher eine Sache dem Schuldner nicht allein, sondern nur in Gemeinschaft mit anderen Personen gehört, bildet nicht die ganze Sache, sondern nur der an ihr dem Schuldner zustehende Antheil ein Befriedigungsobjekt für den Gläubiger. Nun ergreift freilich das Miteigenthum die ganze Sache, und in diesem Sinne kann man sagen: die Sache ist im Vermögen jedes einzelnen Miteigenthümers und folglich auch ein Gegenstand der Zwangsvollstreckung für die Gläubiger desselben. Aber es wäre ein Trugschluß, wenn man hieraus ein Recht der Gläubiger eines Miteigenthümers auf Zwangsversteigerung des ganzen Grundstücks herleiten wollte. Der einzelne Miteigenthümer hat die Sache nur in Höhe seines Antheils, zu einem Bruchtheil, in seinem Vermögen. Er kann daher selbständig auch nur hierüber verfügen (§213); zur Verfügung über die ganze Sache ist die Einwilligung sämmtlicher Miteigenthümer erforderlich (§212). Können nun die Gläubiger an die Sache überhaupt nur aus dem Rechte des Schuldners heran, so folgt, daß, wenn dieser nicht Alleineigenthümer, sondern nur Miteigenthümer eines Grundstücks ist, nur der Antheil zur Zwangsversteigerung gebracht werden kann." Zweckmäßigkeitsgründe, die schwer genug wögen, um diese Konsequenz abzulehnen, waren nach Johow nicht vorhanden. — Die Zwangsversteigerung sollte nach § 496 des Entwurfs eingeleitet werden durch einen Beschluß des Gerichts, das die Zwangsvollstreckung anordnete. Ein solcher Beschluß sollte als Beschlagnahme zu Gunsten des Gläubigers gelten. Die Vollziehung der Beschlagnahme sollte durch Zustellung des 223 Johow, aaO, S. 1955 ff. 22t Vgl. Johow, aaO, S. 1966 ff. 225 Johow, aaO, S. 1968-69. 226 Johow, aaO, S. 1971.
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IV. Die Vorschläge von R. Johow und die wiss. Diskussionen von 1872— 1875
Beschlusses an den Eigentümer erfolgen. Die Beschlagnahme bewirkte keine Grundbuchsperre, sondern lediglich ein relatives Veräußerungsverbot 227 . Die Verwaltung und Nutzung des Grundstücks sollte, anders als nach württembergischem und mecklenburgischem Recht, zunächst beim Eigentümer verbleiben228. — Auch der nicht dinglich gesicherte Gläubiger erwarb durch die Beschlagnahme ein auch durch einen späteren Konkurs nicht entziehbares Recht, aus dem Grundstück vor den übrigen Gläubigern des Eigentümers befriedigt zu werden (§ 498)229. — Detaillierte Vorschriften enthielt der Entwurf dann über die Frage, worauf sich die Zwangsversteigerung eines Grundstücks erstrecken sollte: Nach § 503 des Entwurfs waren dies das noch „vorhandene Zubehör", nicht aber die sonstigen beweglichen Sachen und die vor oder nach der Beschlagnahme vom Boden getrennten Früchte. Für letztere ließe sich, so Johow, ein ihrem Handelswerte entsprechender Preis nur erzielen, wenn deren Erwerb nicht bloß den auf das Grundstück bietenden Personen, sondern auch weiteren Kreisen offenstehen würde 230 . Neu gegenüber den Partikularrechten war die Möglichkeit der Überweisung von Versicherungsgeldern an den Ersteher durch das Vollstreckungsgericht, wenn ein Gebäude vor der Versteigerung abgebrannt oder durch Brand beschädigt worden war 231 . Besonderes Interesse können die Bestimmungen über die Sicherheitsleistung für ein Gebot (§§ 516 ff.) beanspruchen, da Johow hier im wesentlichen dem preußischen Recht folgte und damit die flexiblere Regelung insbesondere des süddeutschen Rechts zurückwies. Nach § 516 konnte ein Beteiligter, der durch die Nichterfüllung eines Gebots benachteiligt werden würde, Sicherheitsleistung verlangen. Wurde diese nicht geleistet, galt das Gebot als abgelehnt. Nach § 518 sollte die Sicherheit sich grundsätzlich auf ein Fünftel des bar zu entrichtenden Betrages belaufen. Die Sicherheit mußte geleistet werden „in baarem Gelde oder in öffentlichen, nach dem Börsenkurse zu berechnenden Papieren" (§519 Abs. 2). Eine Sicherheitsleistung durch Bürgen war, wie nach preußischem Recht, von der Zustimmung des Berechtigten abhängig: „Faßt man", so Johow 232 , „mit dem Entwurf das Recht auf Sicherheitsleistung als ein Individualrecht der einzelnen Betheiligten auf, welches jedem Gebote gegenüber besteht ohne Rücksicht auf die Zahlungsfähigkeit des Bieters oder vielmehr auf die Meinung des Richters über dieselbe, so kann die Bürgschaft als ein taugliches Kautionsmittel nicht angesehen werden. Die Sicherheit ist dem Betheiligten und nicht dem Richter zu leisten. Sie soll für die Person geleistet werden und ist folglich in einer anderen Person nicht zu finden. Vielmehr müßte sich gegen diese das Kautionsrecht ebenfalls bethätigen, der Bürge mithin seinerseits die gesetzlich bestimmte Sicherheit bestellen". Die Übergabe des Grundstücks an den Ersteher sollte nach Zahlung oder Hinterlegung desjenigen Betrages erfolgen, „der zur Befriedigung des durch das Meistgebot gedeckten Anspruches des Gläubigers und der demselben vorgehenden, durch Baarzahlung zu befriedigenden Ansprüche erforderlich ist" (§514 Abs. 1). Ausschlaggebend für diese, auch vom preußischen Recht abweichende Regelung, war die Erwägung, daß der Nachteil, der aus der Übergabe vor vollständiger Berichtigung des Meistgebots entstehen 227 So der überwiegende Teil der Parikularrechte (Vgl. Johow, aaO, S. 1978). 228 Vgl. Johow, aaO, S. 1984ff. 229 Dazu Johow, aaO, S. 1986ff., und zwar in Übereinstimmung mit der für die Zwangsvollstreckung für Mobilien in der CPO getroffenen Regelung (dazu Johow, aaO, S. 1986ff.). 230 Johow, aaO, S. 2007. 231 Vgl. S 504 Abs. 1 TE-SachR. 232 Johow, aaO, S. 2096. 53
Entstehungsgeschichte des ZVG
könnte, reichlich aufgewogen würde durch die Erhöhung der Sicherheit, welche für die „Betheiligten mit der Entlastung des Grundstücks von den mittels Baarzahlung zu befriedigenden Ansprüchen des betreibenden Gläubigers und der demselben vorgehenden Berechtigten verbunden ist."233 Nach § 533 sollten die Ansprüche der Gläubiger in der durch die §§ 534 bis 545 festgesetzten Reihenfolge berichtigt werden. Den vor der Beschlagnahme des Grundstücks eingetragenen Rechten sollten nur vorgehen: der Liedlohn (§ 534), die Deichlasten (§ 535), die öffentlichen Abgaben (§ 536) und die gemeinen Lasten (§ 537). Diese „einfache Vorrechtsordnung", war, so Johow, das „Ergebniß der neueren Rechtsentwicklung", 234 die insbesondere dahin geführt hatte, daß die Pfandgläubiger nicht mehr in den Konkurs des Eigentümers hineingezogen wurden und ihre Befriedigung nach Maßgabe der allgemeinen Rangordnung erhielten. Johow ging für die Prioritätsordnung von folgenden Grundsätzen aus :235 „Das Prinzip der Gleichheit Aller vor dem Gesetz nöthigt bei der Vertheilung des Zuschlagspreises von der Regel auszugehen: kein Vorrecht, soweit solches nicht durch die Eintragung in das Grundbuch oder durch die Beschlagnahme des Grundstücks hervorgerufen wird. Ausnahmen von dieser Regel können nur in Frage kommen, wenn sie aus Rücksicht auf Verwendungen des Gläubigers in das Grundstück oder auf das öffentliche Wohl gefordert werden und das Rechtsverhältniß, aus welchem der Anspruch entspringt, eine gewisse Publizität für sich hat". Sehr fortschrittlich war die starke Bevorzugung des Liedlohnes, d. h. der Ansprüche „wegen der laufenden und der aus dem letzten Jahre rückständigen Beträge an Lohn, Kostgeld und anderen Bezügen des Gesindes, sofern dasselbe zur Bewirthschaftung des Grundstücks gehalten wird und das Grundstück eine zur Landwirthschaft bestimmte Besitzung ist", 236 ein Privileg, das um 1880 außerhalb Preußens nur noch in Mecklenburg, Oldenburg und Anhalt existierte237. Johow rechtfertigte es mit den besonderen Verhältnissen bei landwirtschaftlichen Betrieben. Das landwirtschaftliche Dienstpersonal sei regelmäßig nicht in der Lage, sofort gegen den Dienstherrn zu klagen und die Mobiliarexekution anzustrengen: „Man würde durch Verweisung auf diesen Weg nicht blos den Leuten zumuthen, ihre Stellung aufs Spiel zu setzen, sondern zugleich einer bedenklichen Lockerung des Verhältnisses zwischen Herrschaft und Gesinde Vorschub leisten und dadurch den Organismus des Wirthschaftsbetriebes gefährden. Das öffentliche Interesse fordert, daß nicht sogleich, wenn der Gutsbesitzer in seinen Leistungen säumig wird, die davon betroffenen Personen den Hof verlassen. Setzen sie aber ihre Thätigkeit fort, so tragen sie zur Erhaltung des Werthes der Besitzung bei; sie arbeiten zum Vortheil Aller, welche auf Befriedigung aus derselben rechnen. Ihre Leistungen sind daher als in den Nutzen der dinglich Berechtigten verwendet anzusehen und aus diesem Grunde vorzugsweise aus dem Erlöse, welcher durch die Zwangsversteigerung erzielt wird, zu befriedigen." 238 Vom allgemeinen Zwangsversteigerungsrecht abgesehen brachte der Entwurf 233 Johow, aaO, S. 2075. ^ Johow, aaO,S. 2153. 235 Johow, aaO, S. 2157. 236 Text des § 534 Abs. 1 TE-SachR. 237 Vgl. Johow, aaO, S. 2163 ff. 238 Johow, aaO, S. 2159; ausschlaggebend war demnach primär die Erhaltung der ländlichen Sozialstruktur (vgl. auch Th. Vormbaum, Politik und Gesinderecht im 19. Jahrhundert [vornehmlich in Preußen 1810-1918], Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 21, bes. S. 20ff., 116ff.).
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IV. Die Vorschläge von R. Johow und die wiss. Diskussionen von 1872 — 1875
noch Regelungen über folgende Rechtsmaterien: Zwangsversteigerung auf Antrag des Konkursverwalters, Zwangsversteigerung zum Zweck der Auseinandersetzung der Miteigentümer, Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung von „Kauffahrteischiffen". In § 547 war eine Regelung für den Fall getroffen, daß der Konkursverwalter eine Zwangsversteigerung gemäß § 116 KO a. F. (§ 126 KO n. F.) betrieb239. Der Beschluß, durch welchen das Verfahren eingeleitet wurde, sollte entsprechend einigen Partikularrechten als Beschlagnahme des Grundstücks gelten, obwohl der Eigentümer bereits durch die Eröffnung des Konkurses die Verfügung über das Grundstück verloren hatte. Im übrigen war der Gemeinschuldner an dem Verfahren aber nicht beteiligt. Einige Schwierigkeiten bereitete die Frage, wie das Dekkungs- und Übernahmeprinzip mit § 57 KO a. F. (§ 64 n. F.) vereinbart werden sollte240. Nach dieser Bestimmung konnte ein Gläubiger, der abgesonderte Befriedigung beanspruchte, die Forderung zur Konkursmasse für den Betrag geltend machen, mit dem er ausgefallen war. Auf der anderen Seite stand der Konkursverwalter bei einer von ihm betriebenen Zwangsvollstreckung allen Berechtigten nach, für deren Ansprüche das Grundstück haftete. Die Veräußerung war daher, so heißt es bei Johow, „bei strikter Anwendung der §§ 508 ff. nur zulässig, wenn diese Ansprüche vollständig durch das Meistgebot gedeckt und die Belastungen des Grundstücks, aus welchen sie hervorgehen, sämmtlich von dem Ersteher übernommen werden. Damit wäre dann die Möglichkeit der Feststellung eines Ausfalls den Gläubigern einfach abgeschnitten und folglich die Geltendmachung des persönlichen Anspruchs im Konkurse, von dem Fall des Verzichts abgesehen, ausgeschlossen".241 Johow löste diese Problematik in der Weise, daß jeder Gläubiger unter bestimmten Voraussetzungen verlangen konnte, daß das Deckungs- und Übernahmeprinzip nur auf die ihm vorhergehenden Rechte angewendet wurde, so daß er in der Lage war, seinen eventuellen Ausfall festzustellen und im Konkursverfahren anzumelden 242 . Die Subhastation zum Zwecke der Auseinandersetzung war insbesondere von der preußischen Gesetzgebung als selbständiges Institut herausgebildet worden und wurde von Johow im § 548 geregelt. Die wichtigste Abweichung vom allgemeinen Zwangsversteigerungsrecht enthielt § 548 Abs. 1 und 2: „Ist das Verfahren auf den Antrag eines Miteigenthümers zum Zweck der Auseinandersetzung eingeleitet, so treten die Wirkungen der Zwangsversteigerung nur gegen die Miteigenthümer und diejenigen Berechtigten ein, für deren Ansprüche der Antheil des Antragstellers nicht haftet. — Auf diese Ansprüche finden die §§ 5 0 8 - 5 1 0243 keine Anwendung." § 548 Abs. 2 brachte eine Einschränkung des ersten Absatzes, nach Johow „eine logische Schlußfolgerung aus der eigenthümlichen Natur dervAuseinandersetzungssubhastation". 244 Denn ohne Einwilligung des betreibenden Miteigentümers durfte Hierzu Johow, aaO, S. 2191 ff. Johow, aaO, S. 2193f. 241 Johow, aaO, S. 2193. 242 D ¡ e Regelung des § 547 TE-SachR wurde im wesentlichen in den § 171 des Vorentwurfs von 1888 übernommen (vgl. dazu die Motive, aaO, S. 170ff.; Prot. I, S. 14685ff.). - Abweichend vom Vorentwurf (§ 170) wurde in § 227 E I bestimmt, daß der Versteigerungsbeschluß nicht als Beschlagnahme gelten sollte, d. h. der Konkursverwalter sollte befugt sein, in derselben Weise wie bisher über die Gegenstände, auf welche die Zwangsversteigerung sich erstreckte, zu verfügen. Gleichwohl sollte die Anordnung der Zwangsversteigerung entsprechend einem Antrage von v. Mandry lm Grundbuch eingetragen werden. 243 Diese Bestimmungen enthielten das Deckungs- und Übernahmeprinzip (Anm. des Verf.). 244 Johow, aaO, S. 2197. 55
Entstehungsgeschichte des ZVG
weder die Veräußerung des Grundstücks von der Deckung der genannten Rechte abhängig gemacht, noch, soweit dieselben Hypotheken oder ablösbare Geldrenten waren, ihre Übernahme zur Versteigerungsbedingung gemacht werden. Auf der anderen Seite ergab sich aus § 548, daß der betreibende Miteigentümer die on ihm begründeten dinglichen Rechte nicht ohne weiteres zu Fall bringen konnte, d. h. die Rechte, für deren Ansprüche entweder das ganze Grundstück oder zumindest der Anteil des betreibenden Gläubigers haftete, sollten den Wirkungen der Zwangsversteigerung nicht unterworfen sein. — Im ZVG-Vorentwurf von 1888 wurde diese aus dem preußischen Recht stammende Regelung modifiziert, um den betreibenden Miteigentümer nicht der Gefahr auszusetzen, nicht nur leer auszugehen, sondern darüber hinaus auch noch eine Zahlung an den Ersteher leisten zu müssen245. Dies wäre der Fall gewesen, wenn der Preis nicht alle Rechte deckte, für welche der Anteil des betreibenden Miteigentümers haftet. Dem sollte § 173 Ziff. 3 ZVG-VE vorbeugen, wonach der Zuschlag nur für ein Gebot erteilt werden durfte, durch welches alle Ansprüche gedeckt wurden, für die der Anteil des Antragstellers haftete. Das bedeutete insoweit die Übernahme des Deckungsprinzips für die Teilungsversteigerung. Der Übernahmegrundsatz sollte dagegen nur gelten, wenn die Hypothek oder Grundschuld an dem ganzen Grundstück bestand, da anderenfalls erhebliche Komplikationen hätten auftreten können. Nach dem Johowschen Entwurf sollten für die Zwangsversteigerung eines „Kauffahrteischiffes", das im Schiffsregister eingetragen war, im wesentlichen die Bestimmungen über die Zwangsversteigerung von Grundstücken nach dem Muster des preußischen, mecklenburgischen, oldenburgischen, hamburgischen und lübeckischen Rechts Anwendung finden. 246 Maßgebend hierfür waren einmal der meist sehr hohe Wert solcher Schiffe und „das in der Regel eintretende Zusammentreffen zahlreicher und verschiedenartiger Rechte an dem Schiffe mit dem Ansprüche, zu dessen Befriedigung die Zwangsvollstreckung betrieben wurde." 247 Ferner machten es die den Schiffsgläubigern nach dem HGB zustehenden Ansprüche ratsam, „die Zwangsvollstreckung ebenso wie bei Grundstücken der sachverständigen richterlichen Leitung zu unterstellen, und dies Bedürfniß macht sich umso mehr geltend, wenn registrierte Pfandrechte" konkurrierten. Da das Schiffsregister nicht wie die Grundbücher öffentlichen Glauben genoß, lehnte Johow es allerdings ab, die Anordnung der Zwangsversteigerung in das Schiffsregister eintragen zu lassen (vgl. § 558). Da ein „Kauffahrteischiff" wegen seiner verhältnismäßig kurzen Lebensdauer, wegen der Gefahren, denen es ausgesetzt war, und wegen der Rechte der Schiffsgläubiger für eine dauernde Kapitalanlage ungeeignet war, waren nach Johow das Deckungs- und das Übernahmeprinzip für die Versteigerung von Schiffen nicht geeignet. Nach § 561 Abs. 2 sollte vielmehr, soweit eine Übernahme nicht erfolgte, das Schiff von den auf ihm lastenden Rechten frei werden. Im § 562 war der Rang der zu befriedigenden Ansprüche festgelegt. Wurde der Zuschlagspreis nicht bezahlt, so wurde für den Kaufpreisrest ein Pfandrecht durch Eintragung in das Schiffsregister auch dann begründet, wenn der Ersteher das Schiff inzwischen veräußert hatte. Im Gegensatz zum preuß. ZVG regelte der Teilentwurf von Johow die Zwangsverwaltung, auf die im wesentlichen die Bestimmungen des Zwangsversteigerungs2« Vgl. 5 173 ZVG-VE (dazu Achilles, aaO [Fn. 6], S. 236). Johow, aaO, S. 2212 ff. 247 Johow, aaO, S. 2213; hieraus auch das folgende Zitat.
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IV. Die Vorschläge von R. Johow und die wiss. Diskussionen von 1872— 1875
rechts Anwendung finden sollten (§ 549 Abs. 2 TE-SachR), nur sehr knapp. 248 Nach dem Beispiel des preuß. Rechts sollte die Zwangsverwaltung ein besonderes Verfahren darstellen, durch welches der Eigentümer die Befugnis verlor, die Miet- und Pachtzinsen einzuziehen und über die landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu verfügen, die nicht Zubehör waren. Weil die Zwangsverwaltung und die Zwangsversteigerung als voneinander unabhängige Maßregeln angesehen wurden, mußte der betreibende Gläubiger, der Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks machen wollte, die Zwangsverwaltung erwirken, um das Vorrecht für diese Kosten zu erhalten. Nach § 552 Abs. 1 TE-SachR waren aus den Einkünften des Grundstücks zunächst die laufenden Leistungen zu befriedigen. War jedoch die Zwangsversteigerung eingeleitet, so sollte die Verteilung nach den allgemeinen Grundsätzen erfolgen (§ 552 Abs. 2 Satz 2 TE-SachR). Um die Unabhängigkeit beider Vollstreckungsmaßregeln „durchzuführen", gab der Vorentwurf von 1888 diesen Standpunkt in Übereinstimmung mit § 150 Abs. 2 preuß. ZVG auf (§ 143 ZVG-VE). Nicht ausdrücklich geregelt werden sollte die Frage, ob und gegebenenfalls wie die beiden Verteilungen zu verbinden waren. — Die Regelung des Vorentwurfs, die unverändert, entgegen einem Abänderungsantrag von Planck (Prot. I, 14620) in den 1. ZVG-Entwurf übernommen wurde, bedeutete eine Bevorzugung der laufenden Hypothekenzinsen vor den Kapitalforderungen, eine Regelung, die den anderen Partikularrechten unbekannt gewesen war. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß die Vorlagen Einflußmöglichkeiten des betreibenden Gläubigers und der Realberechtigten auf die Zwangsverwaltung, insbesondere auf die Ausgaben des Zwangsverwalters, nicht vorsahen. Für die Beratungen der 1. BGB-Kommission legte Johow unter dem 20. 3. 1885 Abänderungsvorschläge zu seinem Entwurf vor 249 , welche diesen mit den bisherigen Kommissionbeschlüssen in Einklang bringen und das materielle Recht vom formellen Recht noch schärfer, als bisher vorgeschlagen, trennen sollte. Gleichwohl lehnte die Kommission den Vorschlag Johows, das materielle Subhastationsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch zu regeln, in der Sitzung vom 25. 3. 1885 mit der Begründung ab, daß sich materielles und formelles Recht nicht trennen ließen und die Praxis außerdem einen Anspruch auf eine einheitliche Regelung habe. Die Beratungen erstreckten sich anschließend auf einen Antrag von Kurlbaum, wenigstens die Grundsätze des Zwangsversteigerungsrechts im Hypothekenrecht in fünf Bestimmungen zu regeln. Doch fand auch dies keine Zustimmung, weil man für die Beratungen des ZVG-Entwurfs freie Hand behalten wollte. Die Beratungen am 25. und 27. 3. 1885 beschränkten sich mithin im wesentlichen auf eine kurze Erörterung der Grundsätze des Zwangsversteigerungsrechts, wie sie Kurlbaum formuliert hatte. Die Kommission beschloß, daß der ZVG-Entwurf vom Deckungsprinzip ausgehen sollte, während man hinsichtlich des Übernahmeprinzips sich noch nicht binden wollte. Man lehnte es ebenfalls ab, schon jetzt einen Beschluß darüber zu fassen, inwieweit durch eine Zwangsversteigerung die Rechte an einem Grundstück erlöschen sollten. Dagegen legte man fest, daß nur die laufenden Zinsen und sonstige zweijährige Rückstände von Hypotheken, Grundschulden und Reallasten im Range 2+8 Zum folgenden vgl. Johow, aaO (Fn. 6), S. 2199ff., Achilles, aaO, S. 199ff. Die Grundsätze des Entwurfs von 1888 wurden 1889 von der 1. Kommission im wesentlichen gebilligt und blieben auch im weiteren Verlauf der Entstehungsgeschichte des ZVG unverändert. Zur Kritik des Zwangsverwaltungsrechts vor allem Nußbaum, aaO, S. 208 ff. Unten S. 212ff. abgedruckt; zum folgenden vgl. die Protokolle vom 25. und 27. 3. 1885 unten S. 206 ff. 57
Entstehungsgeschichte des ZVG
dieser Rechte aus dem Erlös zu befriedigen waren. Schließlich sollte in den 1. BGBEntwurf folgende Note aufgenommen werden: „Der Zwangsvollstreckungsordnung bleibe die Bestimmung vorbehalten, ob und in welchem Umfange für die durch die Zwangsversteigerung erlöschenden Rechte der Versteigerungserlös an die Stelle des Grundstückes trete." 250
V. Der ZVG-Vorentwurf von 1888 und die Beratungen der 1. BGB-Kommission (1888-1889) Nachdem die Beratungen zum Immobiliarsachenrecht beendet waren, arbeitete Johow im Auftrage der 1. BGB-Kommission den Entwurf eines Gesetzes, „betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen" aus und legte diesen 1888 als Manuskript gedruckt vor 251 . Die Begründung stellte Alexander Achilles „im Auftrage des Redaktors" zusammen 252 . Diese konnte sich auf eine relativ kurze Motivierung der Vorschläge beschränken, da Johow die grundlegenden Fragen in den Motiven zum Teilentwurf des Sachenrechts bereits ausführlich erörtert hatte. Der Entwurf folgte den Grundlagen des preußischen ZVG von 1883. Entscheidend hierfür war die Erwägung, „daß dieses Gesetz bei der Größe des Gebietes, in welchem es gilt, und bei der Verschiedenheit der wirthschaftlichen Verhältnisse, welchen es Rechnung trägt, vorzugsweise geeignet erscheint, von der Reichsgesetzgebung berücksichtigt zu werden, ganz abgesehen davon, daß es in seinem wichtigsten Grundgedanken bereits dem sächsischen und bayerischen Gesetze zum Vorbilde gedient hat." 253 Das preußische Recht hatte sich nach Achilles in der Praxis sehr rasch bewährt und namentlich die Zwangsveräußerung von Grundstücken zu Schleuderpreisen verhindert sowie den Realkredit auf eine solidere Grundlage gestellt 254 . Allerdings waren Klagen von Seiten der Richterschaft laut geworden, welche die Handhabung des Gesetzes als überaus schwierig bezeichnet hatten. Achilles gab zwar zu, daß sich ein Teil dieser Schwierigkeiten aus dem Gesetz selbst ergebe, „indem dieses seine Grundsätze bis zu den äußersten Konsequenzen verfolgt und selbst für Fälle zum Ausdrucke bringt, welche nur höchst selten vorkommen. Indessen wenn hier auch in etwas durch Streichungen und Kürzungen geholfen werden kann, so darf man sich doch nicht auf einen jede Kasuistik verneinenden Standpunkt stellen, weil man hierdurch die Aufgabe des mit der Handhabung des Gesetzes betrauten Richters, welcher lediglich auf seine eigene Einsicht angewiesen, von den Betheiligten umgeben, meist auf der Stelle seine Entscheidungen zu treffen hat, in bedenklicher Weise erschweren würde." 255 Der Johowsche Entwurf war, ähnlich wie das preußische Zwangsversteigerungsgesetz, wie folgt gegliedert: I.Gegenstände des unbeweglichen Vermögens (§ 1), II. Zwangsvollstreckung in ein Grundstück zur Beitreibung eines Geldanspruches 250 p r ot. I, S. 5823. 251 D e r Entwurf wird in den Protokollen der 1. Kommission sukzessive mitgeteilt (auch separat gedruckt 1888 [179 Bestimmungen]; zum Nachdruck vgl. die in Fn. 6 genannte Edition von Schubert). 252 Als Manuskript gedruckt 1888/89 (245 Seiten; zum Nachdruck unten Fn. 6). - Über Achilles vgl. Jahnelbti Schubert, aaO, S. 91 ff. 253 Achilles, aaO (Fn. 6), S. 8. 254 Achilles, aaO, S. 6f. 255 Achilles, aaO, S. 7. 58
V. Der ZVG-Vorentwurf von 1888 und die Beratungen der 1. BGB-Kommission (1888/89)
(§§2 — 148): Erster Titel. Allgemeine Vorschriften, Zweiter Titel. Zwangsversteigerung (Einleitung des Verfahrens; Bestimmung und Bekanntmachung des Versteigerungstermines; Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens; Versteigerungsbedingungen; Versteigerung; Verhandlung über den Zuschlag, Urteil, Beschwerde; Verteilung des Versteigerungserlöses: Rechte in Ansehung des Versteigerungserlöses; Verteilungsverfahren). Dritter Titel. Zwangsverwaltung. III. Zwangsvollstreckung in eine Berechtigung und in ein Schiff zur Beitreibung eines Geldanspruchs (§§ 149— 168). Erster Titel: Zwangsvollstreckung in eine Berechtigung; Zweiter Titel: Zwangsvollstreckung in ein Schiff. IV. Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung in besonderen Fällen (§§ 169-173). V. Schlußvorschriften (§§ 174-179). Der Entwurf wurde von der 1. Kommission zwischen dem 8. 10. 1888 und dem 30. 3. 1889 unter dem Vorsitz von Johow außerordentlich gründlich beraten und insbesondere in seiner sprachlichen Fassung und Gliederung erheblich geändert. Maßgebend hierfür waren die zahlreichen Anträge Kurlbaums, mit denen dieser im Laufe der Beratungen fast eine Neufassung des Entwurfs vorlegte, der die Kommission auch weitgehend folgte, weil sie die von Johow vorgeschlagenen Regelungen präziser zum Ausdruck brachte. Auf der anderen Seite hatte diese umfassende Neuredaktion zur Folge, daß die Anschaulichkeit, die der Johowsche Entwurf noch mitunter aufwies, verlorenging. Hierzu hatten auch die nicht selten sehr unkonzentrierten Beratungen beigetragen, die dem Redaktionsausschuß, dem im übrigen die Autorität des leider viel zu früh verstorbenen Kommissionsvorsitzenden Pape fehlte, die Arbeit erheblich erschwerten. Über die zahlreichen Fassungsvorschläge hinaus lagen der Kommission nicht wenige Abänderungsanträge vor, von denen die meisten wiederum von Kurlbaum herrührten. Gerade weil er mit dem preußischen Recht bestens vertraut war, konnte er die Stärken und Schwächen des preußischen ZVG unbefangener würdigen, als dies Johow und Achilles möglich war, die zudem das außerpreußische Recht fast völlig vernachlässigt hatten. Hiermit hingen zahlreiche Anträge der Kommissionsmitglieder aus Bayern, Sachsen und Württemberg zusammen, denen es in einigen nicht unwichtigen Fragen gelang, partikularrechtlich bewährte Regelungen in den Entwurf zumindest in Form von Vorbehalten für die Landesgesetzgebung einzubringen. Insgesamt gesehen trugen die Anträge Kurlbaums und, in geringerem Umfang, auch diejenigen Plancks und v. Mandrys dazu bei, daß das Zwangsversteigerungsrecht dogmatisch noch präziser durchgeformt und erfaßt wurde, als das bisher im preußischen Recht der Fall gewesen war, welches zu einer Reihe größerer Kontroversen Anlaß gegeben hatte. Zudem verfolgte Kurlbaum die Tendenz, der sich insoweit auch die Kommissionsmehrheit anschloß, das Zwangsversteigerungsrecht eng an die C P O anzuschließen, als dessen Teil dieses Rechtsgebiet begriffen wurde. Allerdings wurden gegenüber dem allgemeinen Prozeßrecht die Zustellungen erheblich reduziert und vereinfacht. Ferner gab man der Eigeninitiative der Beteiligten einen sehr weiten Raum und drängte die bisherige staatliche Fürsorge gegenüber dem Schuldner und Eigentümer stärker zurück. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß viele der Schwierigkeiten, die sich in den eratungen der ersten Kommissio und verstärkt noch im weit ren Verlauf der Entstehungsgeschichte des ZVG geltend machten, in der unterschiedlichen Struktur des Grundbesitzes in den einzelnen Teilen Deutschlands begründet waren. Der Entwurf von Johow berücksichtigte primär die Interessen des ostelbischen Großgrundbesitzes, obgleich eine konsequente Durchführung des Deckungs- und Übernahmeprinzips den Belangen des stark zersplitterten Grundbesitzes in weiten Teilen West- und Süddeutschlands 59
Entstehungsgeschichte des ZVG
eher hinderlich war. Da ein Abgehen von diesen Prinzipien ausgeschlossen war, waren die Juristen aus den genannten Rechtsgebieten bemüht, Ausnahmeregelungen zu schaffen. Dies aber mußte notwendigerweise dazu führen, daß das ohnehin schon schwierige Zwangsversteigerungsrecht, in dem materielles und formelles Recht untrennbar miteinander verbunden waren, noch unübersichtlicher wurde. Es ist im Rahmen dieser Einleitung nicht möglich, die Verhandlungen der 1. Kommission bis in alle Einzelheiten zu analysieren. Der folgende Überblick beschränkt sich darauf, auf die wichtigsten Ergebnisse der Beratungen aufmerksam zu machen. 1. Umfang und Wirkung der Beschlagnahme Die Beschlagnahme eines Grundstücks sollte sich nach § 19 ZVG-VE erstrecken auf die nach „§ 1067 des Bürgerlichen Gesetzbuches 256 dem Hypothekengläubiger haftenden Gegenstände, mit Ausschluß der unter Nr. 4 daselbst bezeichneten Forderungen, sowie der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, soweit dieselben nicht Zubehör des Grundstückes sind, und der Forderung aus der Versicherung dieser Erzeugnisse." Die Kommission beschloß aufgrund eines Antrages von Kurlbaum, in Übereinstimmung mit der preußischen Praxis, daß „aus Gründen praktischer Zweckmäßigkeit" (817. Sitzung) 257 , bei der Versteigerung eines Landguts die Beschlagnahme auch alle die landwirtschaftlichen Erzeugnisse umfassen sollte, die zur Fortführung der W i r t s c h a f t erforderlich waren. — Im § 19 Abs. 3 ZVG-VE waren die Befugnisse des Schuldners umschrieben: „Thatsächliche und rechtliche Verfügungen des Schuldners, welche zu der demselben verbleibenden Benutzung und Verwaltung des Grundstückes und der mithaftenden Gegenstände gehören, werden durch die Beschlagnahme nicht beschränkt." Die Kommission präzisierte diese Regelung in den §§ 38 und 39 E I258, wies aber Anträge zurück, welche den Schuldner gegenüber dem bisherigen preußischen Recht einschränken wollten (817. u. 818. Sitzung). Die Beschlagnahme hatte die Wirkung eines (relativen) Veräußerungsverbots (§21 ZVG-VE). Abweichend vom Standpunkt des Entwurfs ging die Kommission aber davon aus, daß „auf die Wirksamkeit eines zwar nach dem Versteigerungsantrage oder nach der Anordnung der Zwangsversteigerung, aber vor der bewirkten Beschlagnahme gemachten Erwerbes die später bewirkte Beschlagnahme keinen Einfluß äußern dürfe, auch wenn dem Erwerber zur Zeit des Erwerbes der Versteigerungsantrag oder die Zwangsversteigerung bekannt gewesen sein sollte." (818. Sitzung; § 39 Abs. 3 E I)259. Vielmehr sollte ein Erwerb in den zuletzt genannten Fällen nur ausgeschlossen sein, wenn der Schuldner eine Veräußerung nach der Beschlagnahme des Grundstücks vornahm. Auch die von Planck gewünschte Vorverlegung der Wirkung der Beschlagnahme auf den Zeitpunkt der Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks im Grundbuch, sofern der Beschluß später dem Schuldner zugestellt würde, lehnte die Kommission ab (819. Sitzung). Schließlich wurde festgelegt, daß vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an die Mobiliarexekution ausgeschlossen sein sollte (5 1 Abs. 2 E I ; 811. Sitzung a. E.), während nach Planck weitere, dann allerdings relativ unwirksame Pfändungen zulässig sein sollten (811. Sitzung). 256
Hier und im folgenden sind insoweit, soweit nichts anderes vermerkt ist, die Bestimmungen des 1. BGB-Entwurfs gemeint. 257 Prot. I, S. 13775 (817. Sitzung). 258 Sofern kein Zusatz erfolgt, ist der 1. ZVG-Entwurf von 1889 gemeint. 259 Prot. I, S. 13795 (818. Sitzung).
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V. Der ZVG-Vorentwurf von 1888 und die Beratungen der 1. BGB-Kommission (1888/89)
2. Vorbereitung der Zwangsversteigerung Nach § 25 ZVG-VE konnte ein Gläubiger, dem ein aus dem Versteigerungserlös zu befriedigender, „zur Zeit des Versteigerungsvermerkes dem Grunde oder dem Betrage nach aus dem Grundbuch nicht ersichtlicher Anspruch" zustand, diesen noch im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anmelden. Hierzu stellte Rüger (Sachsen), den Antrag, einen Anmeldetermin mit präklusiver Wirkung einzuführen. In der 1. Kommission war man sich zwar darüber einig, daß dieser Vorschlag im Vergleich zum Entwurf eine gesichertere Grundlage für die Vorbereitung der Versteigerung bieten würde und auch die „Bietungslust"260 steigern könne. Gleichwohl lehnte die Kommission den Antrag ab, weil sie die Rechte der Gläubiger nicht der Gefahr des Verlustes schon zu einer Zeit aussetzen wollte, wo dies noch nicht dringend geboten war (820. Sitzung). — War die Zwangsversteigerung für mehrere Grundstücke angeordnet, so sollte nach einem Antrag von v. Mandry (Württemberg) das Gericht die Möglichkeit haben, auf Antrag des Schuldners die Zwangsvollstreckung auf eines oder einige dieser Grundstücke zu beschränken, „wenn der Schuldner dem Vollstreckungsgerichte glaubhaft macht, daß auch bei solcher Beschränkung durch die Versteigerung die Befriedigung des Gläubigers und die Deckung der Kosten des Verfahrens vollständig herbeigeführt wird." (820. Sitzung) 261 . Obwohl die Kommission dem mit diesem Antrag angestrebten Ziel, nämlich den Schuldner zu schützen, durchaus Sympathie entgegenbrachte, meinte jedoch die Majorität, daß der Gläubiger durch die vorgeschlagene Regelung der Gefahr ausgesetzt werde, „daß seine Befriedigung verzögert werde, da in diesem Stadium sich mit einiger Sicherheit nur selten voraussehen lasse, ob der Erlös aus dem zunächst allein zur Versteigerung gestellten Grundstükke zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten des Verfahrens ausreichen werde". 262 Das eigene Interesse des Gläubigers, das Verfahren nicht zu weit auszudehnen und die Kosten nicht zu vermehren, werde diesen schon dazu nötigen, seine Anträge zu beschränken. — Während nach dem Vorentwurf in Übereinstimmung mit dem preußischen und bayerischen Recht (anders in Sachsen, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt) die Aufnahme einer Grundstückstaxierung vor der Versteigerung nicht notwendig war, ließ der E I eine solche Wertfestsetzung entsprechend den Anträgen von Rüger, Gebhard und Kurlbaum landesgesetzlich zu (§241 EI). 3. Umfang der Versteigerung Im § 73 E I wurde ausdrücklich klargestellt, daß sich die Versteigerung auch auf das Zubehör des Grundstücks beziehen sollte, das zur Zeit der Versteigerung vorhanden, aber nicht in das Eigentum des Grundstückseigentümers gelangt war. Der Vorentwurf und auch ein Antrag von v. Mandry wollten diese Fragen nicht positiv entscheiden, weil darin eine „anstößige, durch ein Bedürfniß nicht gerechtfertigte Anweisung an den Richter gefunden werden müßte" (823. Sitzung) 263 . — Die Gefahr des Untergangs der mitversteigerten Gegenstände sollte nach § 74 E I entsprechend einem Vorschlage von v. Mandry bereits mit dem Schlüsse der Versteigerung übergehen, während Johow und Kurlbaum auf den Erlaß des Zuschlagsurteils ab"0 Prot. " i Prot. 2« Prot. 2« Prot.
I, I, I, I,
S. S. S. S.
13823 13828 13829 13899
(820. (820. (820. (823.
Sitzung), Sitzung). Sitzung). Sitzung).
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Entstehungsgeschichte des ZVG
stellen wollten. Die Mehrheit lehnte letzteres ab, da man weder dem Schuldner, noch den sonstigen Beteiligten für die Zwischenzeit die Tragung der Gefahr aufbürden könne (824. Sitzung zu § 40 ZVG-VE). — Besondere Schwierigkeiten bereiteten die nicht in einer Hypothek oder Grundschuld bestehenden dinglichen Rechte (u. a. Grunddienstbarkeiten). Nach den Vorschlägen von Johow sollten diese Rechte bestehen bleiben (§ 41 Abs. 2 ZVG-VE). Jedoch konnte jeder Gläubiger, „welcher durch das höchste unter dieser Bedingung zu erzielende Gebot nicht vollständig gedeckt wird, verlangen, daß die Versteigerung unter der Bedingung des Erlöschens der ihm im Range gleichstehenden oder nachstehenden Rechte erfolge, sofern unter dieser Bedingung ein Gebot abgegeben wird, welches den ihm drohenden Ausfall ganz oder theilweise abzuwenden geeignet ist."264 Aufgrund von Abänderungsanträgen, und zwar auch des Referenten Johow, beschloß die Kommission, daß die genannten Rechte grundsätzlich erlöschen sollten265. Eine Ausnahme wollte man nur für die Rechte machen, zu „deren Begründung oder zu deren Fortbestande gegenüber jedem Dritten die Eintragung in das Grundbuch nicht erforderlich ist".266 Diese Regelung wurde dann in der zweiten Lesung in zwei Bestimmungen aufgeteilt (vgl. §§ 77 Abs. 2, 240 E I)267. Um das Bestehenbleiben von eingetragenen Rechten, die nicht in einer Hypothek oder Grundschuld bestanden, zu ermöglichen, wurde im § 77 E I bestimmt, daß ein Berechtigter verlangen konnte, daß das Fortbestehen dieser Rechte ohne Zustimmung eines nachrangigen Beteiligten als Versteigerungsbedingung aufgestellt wurde. Mit dieser Ausnahmeregelung wollte man insbesondere die Aufrechterhaltung von Grunddienstbarkeiten erleichtern, da nach Ansicht der Kommission eine Entschädigung in Geld nicht der Natur und dem Zweck dieser Rechte entsprach. Eine solche Entschädigung sei nur ein Notbehelf für solche Fälle, in denen diese Rechte ohne Benachteiligung der vor- und gleichstehenden Rechte nicht fortbestehen könnten. In den Protokollen heißt es dazu weiter, daß für die Kommission „Rücksichten der Billigkeit und praktischen Zweckmäßigkeit" 268 maßgebend gewesen seien (829. Sitzung), wobei man allerdings nicht verkennen sollte, daß der ursprüngliche Vorschlag von Johow für diese Zwekke wesentlich geeigneter war als die Regelung des Entwurfs, die mit Ausnahme für die Altenteile schließlich Gesetz geworden ist (vgl. § 9 EGZVG). 4. Versteigerung Zum Ubernahmeprinzip enthalten die Protokolle keine längeren Ausführungen mehr. Man konstatierte lediglich, daß auch die nicht in den Bereich des geringsten Gebots fallenden Rechte, welche nicht Hypotheken und Grundschulden seien, erlöschen müßten, soweit nicht im einzelnen Falle eine besondere Ausnahme gemacht würde. In dem bereits erwähnten, hiervon abweichenden ursprünglichen Vorschlag von Johow sah die Kommission nicht nur eine „kaum zu rechtfertigende Abweichung von der Rechtskonsequenz, sondern auch eine Unbilligkeit gegen den vorgehenden Gläubiger insofern, als demselben zum Zwecke der Erreichung dessen, was ihm schon an sich zukomme, ein aktives Vorgehen, eine besondere Diligenz zur Pflicht gemacht werde, während es doch den Verhältnissen sichtbar mehr entspreche, den gleich- und nachstehend Berechtigten das zur Wahrung ihrer Rechte bei 264 Hierzu Johow, aaO (Fn. 6), S. 2064ff.; Achilles, aaO (Fn. 6), S. 64ff. Prot. I, S. 13915ff. (825. Sitzung). 566 Vgl. Zusammenstellung der Beschlüsse § 65 (Hervorhebung vom Verf.). 267 Vgl. p r o t . s. 14542ff.; 14719ff. (859. u. 869. Sitzung). 268 Prot. I, S. 13986 (829. Sitzung).
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V. Der ZVG-Vorentwurf von 1888 und die Beratungen der 1. BGB-Kommission (1888/89)
der Versteigerung Erforderliche anheimzustellen und dieselben die Folgen eines etwa in dieser Hinsicht begangenen Versehens tragen zu lassen" (825. Sitzung; Prot. I, S. 13928). — Die Regelung des § 67 E I (Übernahme der persönlichen Verbindlichkeit des Schuldners oder Eigentümers) verallgemeinerte auf Antrag von Kurlbaum Bestimmungen des preußischen, sächsischen und bayerischen Rechts 269 . — Nach dem Entwurf war eine Sicherheitsleistung durch den Bieter in Form einer Bürgschaft ohne Zustimmung der Beteiligten ausgeschlossen (vgl. § 57 ZVG-VE). Hierzu lag von Derscheid der Antrag vor: „Die Landesgesetze können bestimmen, daß die Sicherheit auch ohne Zustimmung des Berechtigten durch Stellung eines als Selbstschuldner haftenden tüchtigen Bürgen geleistet werden darf" (Prot. I, S. 14024). Dieser Antrag fand die Zustimmung der Kommissionsmehrheit mit folgender Begründung: Es könne nicht verkannt werden, daß besonders in Süddeutschland die Sicherheitsleistung durch Bürgen von jeher „gebräuchlich sei und deshalb daselbst auch gesetzliche Anerkennung und Regelung erfahren h a b e . . . , und daß in den betreffenden Gebieten die absolute Ausschließung dieser Art der Sicherheitsleistung als ein kaum gerechtfertigter Eingriff in die bestehenden Gewohnheiten und Sitten sowie als eine Schädigung weiter Bevölkerungskreise empfunden werden müßte. Insbesondere komme in Betracht, daß man aus solchen Gründen auch in Preußen nicht umhin gekonnt habe, bei Einführung des Gesetzes über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen in dem Geltungsgebiete des rheinischen Rechtes daselbst, in Ausnahme von jenem Gesetze, die Sicherheitsleistung durch Bürgen zuzulassen (§ 37 des preußischen Gesetzes vom 12. April 1888)".270 Dagegen lehnte die Kommission einen Antrag von Gebhard ab, wonach dem Ersteher auf Verlangen des Schuldners gestattet werden sollte, „ein Fünftheil des Gebotsbetrages im Vertheilungstermine und den Rest in Terminen zu zahlen, durch welche die Zahlung des Gesammtbetrages nicht über drei Jahre vom Tage des Zuschlages hinausgeschoben wird" (Prot. I, S. 13921 — 13922). Mit Rücksicht darauf, daß das Ubernahmeprinzip den bar zu zahlenden Betrag im Regelfall „nicht zu einer unverhältnißmäßigen Höhe" (Prot. I, S. 13923) anwachsen ließ, lehnte man diesen Vorschlag mit folgenden Erwägungen, welche die sonstige große Zurückhaltung der Protokolle gegenüber sozialpolitischen Fragen einmal durchbrechen, ab: „Der sog. Landhunger habe schon Manchen dazu geführt, zum Zwecke der Vermehrung seines Grundstückes u.s.w. ein anderes Grundstück unter den in solcher Weise errichteten Bedingungen zu erstehen, ohne daß er später im Stande gewesen sei, die Zahlungstermine einzuhalten, und die Folge sei gewesen, daß er dem Wucher verfallen und zu Grunde gegangen sei. Andererseits habe sich in manchen Gegenden geradezu ein gewerbsmäßiger Aufkauf und Handel mit den befristeten Forderungen, den sog. Zielern entwickelt, da vielfach die Gläubiger, gedrängt von dem Bedürfnisse nach flüssigem Gelde, die Zieler unter zum Theil recht namhaften Opfern zu veräußern sich gezwungen sähen. Entscheidend falle jedenfalls ins Gewicht, daß die Gestattung der Ratenzahlungen einen schweren Eingriff in die Rechte des Gläubigers, welcher auf sofortige Befriedigung aus dem Grundstücke Anspruch habe, in sich schließe, und daß es auch eine materielle Ungerechtigkeit sei, die Lage des Schuldners bezw. des Erstehers in dieser Weise auf Kosten des Gläubigers zu
270
Vgl. dazu §§ 42 Abs. 1, 111 ZVG-VE; Prot. I, S. 13937ff., 13961 f. (827., 828. Sitzung). Prot. I, S. 14029-14030 (831. Sitzung). - Zum zuletzt genannten Gesetz vgl. preuß. G. S. 1888, S. 5 2 - 6 9 .
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erleichtern."271 Eine Zahlungsstundung ließ die 1. Kommission in § 76 E I entsprechend einem Antrage von Gebhard, der damit die §§ 92 und 93 des badischen Ausführungsgesetzes zur CPO auf das ganze Reich ausdehnen wollte, vielmehr nur zu, wenn ein Dritter zur Barzahlung sich bereit erklärte272. — Großen Wert legte die Kommission darauf, den Zeitpunkt genau zu fixieren, bis zu dem der Bietende an sein Gebot gebunden war 273 . — Die in Übereinstimmung mit mehreren Partikularrechten zugelassene Abtretung der Rechte aus dem Gebot warf eine Reihe schwieriger dogmatischer Fragen auf274. — Neu gegenüber fast allen Partikularrechten wurde ausdrücklich bestimmt, daß der Meistbietende einen Anspruch auf den Zuschlag haben sollte275. Auf der anderen Seite verzichtete man darauf, einen „prinzipiellen Ausspruch über die rechtliche Natur der Zwangversteigerung" (Verkauf, prozessuales Rechtsgeschäft, staatlicher Akt u.s.w.) in das Gesetz276 aufzunehmen. Nach den Vorschlägen Johows sollte die Zwangsversteigerung vom Vollstrekkungsgericht vorgenommen werden. Hierzu lagen Anträge von v. Schmitt und v. Mandry vor, es der Landesgesetzgebung zu überlassen, die Zwangsversteigerung auch anderen Behörden bezw. den Notaren zu übertragen277. Diesen Anträgen stimmte die Kommission im Prinzip zu, indem sie davon ausging: die „vorbehaltlose Einführung" des ZVG würde „in weiten Rechtsgebieten in bestehende Organisationen und in Interessen, auf welche daselbst großer Werth gelegt werde, eingreifen", „obwohl ein derartiger Eingriff durch den Zweck der Einführung des Zwangsvollstreckungsgesetzes, insbesondere durch die Rücksicht auf die Einheit des Rechtes, nicht erfordert werde".278 5. Zuschlag Nach den Beschlüssen der 1. Kommission sollte die Erteilung bzw. Versagung des Zuschlags nicht durch Urteil, sondern entsprechend den Anträgen von Kurlbaum und Schmitt durch einen Beschluß erfolgen, gegen den — was unbestritten war — die sofortige Beschwerde gegeben sein sollte. Man wollte sich damit dem System der CPO anschließen, wobei man aber, entsprechend den Erfordernissen des Zwangsvollstreckungsverfahrens, das Beschwerderecht beschränken mußte (vgl. S§ 130, 131 E I ) . Ein praktisches Bedürfnis, so die Protokolle, „der Entscheidung über die Ertheilung oder Versagung des Zuschlages ausnahmsweise den Charakter eines Unheiles beizulegen, könne auch daraus nicht entnommen werden, daß es im Interesse des Realkredites dringend nöthig sei, den Ersteher gegen Anfechtungen von Seiten der Betheiligten zu sichern" (Prot. I, S. 14138). — Ebenfalls neu gegenüber dem Entwurf und dem preußischen Recht war der auf einen Antrag von v. Mandry und Kurlbaum zurückgehende § 104 E I, wonach auf Antrag das Verfahren einstweilen eingestellt werden konnte, wenn die Ansprüche des Gläubigers durch die Gebote auf eines oder einige von mehreren zu versteigernden Grundstük-
271 Prot. I, S. 13923-24 (825. Sitzung). 272 Vgl. § 78 E I, Prot. I, S. 13924ff. (825. Sitzung). 273 Vgl. § 98 E I, Prot. I, S. 14035ff. (831. Sitzung). 274 Vgl. Prot. I, S. 14039ff. (832. Sitzung). 275 Vgl. § 113 E I, Prot. I, S. 14065ff. (833. Sitzung). 276 p r ot. I, S. 14075 (833. Sitzung). 277 p r o t . I, S. 14723 ff. (869. Sitzung). 278 Prot. I, S. 14726 (869. Sitzung).
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ken bereits gedeckt waren 279 . — Nach den Vorschlägen des Entwurfs sollte durch den Zuschlag mit der Verkündung des Urteils das Eigentum an dem versteigerten Grundstück auf den Ersteher übergehen, auch wenn es bis dahin einem anderen als dem Schuldner zugestanden hatte (§ 86 E I). Keinen Erfolg hatte v. Manäry mit dem Antrag, diese Wirkungen erst mit der Rechtskraft des Beschlusses eintreten zu lassen. Aus Gründen „praktischer Zweckmäßigkeit" entschied man sich für den Entwurf, da sich, von anderen Übelständen abgesehen, der Zeitpunkt der Rechtskraft mit zweifelloser Gewißheit nicht feststellen lasse. Die „Rücksicht auf die Rechtssicherheit aber verlange wenigstens die volle Sicherheit des Zeitpunktes, in welchem das Eigenthum erworben werde." 280 Im übrigen sei auf die dogmatischen Ausführungen zur Rechtsnatur des Zuschlags in den Protokollen hingewiesen. War das versteigerte Grundstück vermietet oder verpachtet, so sollten die mietrechtlichen Vorschriften der §§ 507, 511, 532, 537 E I — BGB281 entsprechende Anwendung finden 282 . — Interessante Ausführungen enthalten die Protokolle schließlich noch zum Surrogationsprinzip (vgl. § 140 E I; Prot. I., S. 14231 ff.). 6. Prioritätsordnung und Sicherung der Gläubiger gegenüber dem Ersteher Langwierige Verhandlungen erforderte die von Johow in den §§ 92 ff. ZVG-VE vorgeschlagene Prioritätsordnung. Danach waren aus dem Versteigerungserlöse zu befriedigen: 1. die Ansprüche eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers wegen aller Ausgaben, welche dieser zur Erhaltung des Grundstücks oder dessen wirtschaftlichen Bestandes gemacht hatte, 2. und 3. die Deichlasten und der Liedlohn in bestimmten zeitlichen Grenzen, 4. bis 5. die Ansprüche des Fiskus, der Gemeinde u.s.w. wegen bestimmter Abgaben, 6. die Ansprüche aus den eingetragenen Rechten gemäß ihres Rangverhältnisses, 7. die Ansprüche, für welche das Grundstück in Beschlag genommen worden war. Auch für die Ansprüche aus einem eingetragenen Recht war für die einzelnen Posten eine bestimmte Reihenfolge vorgesehen (vgl. § 94 ZVG-VE). Die Kommission folgte im Prinzip den Vorschlägen von Johow, gab aber der Landesgesetzgebung hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Abgaben einen weiten Spielraum. Eine besondere Rolle nahm in diesem Zusammenhang der „Malzaufschlag" des bayerischen Rechts 283 ein. Als bedeutsamste Änderung gegenüber dem Vorentwurf ist hervorzuheben, daß der Liedlohn nur partikularrechtlich einen Vorrang haben sollte (vgl. § 236 E I). Man kam damit Bayern, Baden, Württemberg und Sachsen entgegen, wo der Liedlohn kein Privileg genoß 284 . Zahlte der Ersteher den durch Barzahlung zu berichtigenden Teil des Meistgebotes nicht, sollte der Teilungsplan dadurch ausgeführt werden, daß die gegen den Ersteher verbliebenen Forderungen an die Berechtigten vom Gericht übertragen wurden (§ 159 E I). Umstritten war in der Kommission, ob diese Übertragung erfüllungshalber oder an Erfüllungs Statt erfolgen sollte. Nach einem Antrag von Planck sollte die Übertragung grundsätzlich nur zur Einziehung erfolgen, während nach 279
Prot. I, S. 14131 ff. (836. Sitzung; die beschlossene Regelung sollte nicht gelten für Grundstücke, die mit einer Korrealhypothek belastet waren). 280 Prot. I, S. 14202 ff. (840. Sitzung). 281 Vgl. Quellen zu den 539f., 581, 595 BGB. 282 Vgl. § 141 E I (Prot. I, S. 14222ff.; 853. Sitzung). 283 Vgl. hierzu § 238 E I (Prot. I, S. 14261 ff.; 14243ff. [844. Sitzung], S. 14477ff. [845. Sitzung]). 284 Vgl. Prot. I, S. 14243ff.; 14295ff. (844. und 846. Sitzung).
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Johow die Überweisung an Zahlungs Statt erfolgen sollte, sofern der Gläubiger nichts anderes beantragte 285 . Die Kommission folgte einem Antrag von Kurlbaum, der sich im wesentlichen dem preußischen Recht anschloß. Danach hatte die Übertragung Befriedigungswirkung nur, wenn der Berechtigte nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit der Übertragung die erneute Zwangsversteigerung beantragte und diese demnächst auch ohne Verzögerung durchführte (§ 159 Abs. 2 E I). Zur Begründung dieser Regelung heißt es in den Protokollen: „Die Zwangsvollstrekkung habe das Ziel zu verfolgen, daß der Schuldner, welcher dem Gläubiger persönlich hafte, frei werde und daß der Schuldner (Eigenthümer), welchem im Falle der Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstücke ein Regreßanspruch gegen einen Dritten zustehe, durch diese Befriedigung bezw. einen derselben gleichstehenden Akt die Voraussetzung für diesen Anspruch erlange. In dieser Richtung müsse das Gesetz dem Schuldner zu Hülfe kommen, welcher seinerseits den Uebergang des Grundstückes nicht hindern, aber auch die Zahlung des Gebotes nicht erzwingen könne" (Prot. I, S. 14378). — Für die „verbliebene Forderung aus dem Meistgebote" sollte nach § 120 Abs. 1 Ziff. 4 ZVG-VE eine Zwangshypothek mit Angabe der den einzelnen Gläubigern überwiesenen Beträge eingetragen werden, und zwar im Range nach den bestehenbleibenden Rechten. Auf Antrag von Kurlbaum und Planck wurde letzteres dahin eingeschränkt, daß die Sicherungshypothek mit dem Range des Anspruchs, für welchen die Übertragung erfolgt war, einzutragen war (§ 170 Abs. 1 E I ) . Andernfalls hätte man, so die Protokolle, in nicht zu billigender Weise die laufenden und rückständigen Zinsen ihres Ranges beraubt. Ferner nötigten nach Meinung der Kommission auch die wirtschaftlichen Gründe dazu, die sonstigen bevorrechtigten Gläubiger nicht zu benachteiligen. Den Ausweg des Vorentwurfes, die Berechtigten auf das Verlangen einer Sicherheitsleistung für das Gebot zu verweisen, hielt man nicht für ausreichend 286 . 7. Gesamthypothek Außerordentlich schwierig gestalteten sich die Verhandlungen über die Frage, wie die mit der Korrealhypothek zusammenhängenden Probleme zu lösen waren. Der Entwurf enthielt keine Bestimmung über die Frage, ob Einzel- oder Gesamtversteigerung erfolgen sollte, wenn die Zwangsversteigerung mehrerer Grundstükke wegen desselben Anspruchs betrieben wurde. Maßgebend sollte nach Johow/ Achilles das Interesse der Beteiligten sein287: „Sind die Betheiligten, deren Rechte von der Wahl der Versteigerungsart berührt werden, mit Einschluß des Schuldners, darüber einig, daß nur die eine der möglichen Versteigerungsarten vorgenommen werden soll, so ist nach dieser Einigung zu verfahren. Anderenfalls ist diejenige Versteigerungsart entscheidend, bei welcher das Interesse des betreibenden Gläubigers und der demselben gleich- oder nachstehenden Berechtigten, soweit seine Berücksichtigung nicht durch ein besseres Recht ausgeschlossen wird, in einem größeren Umfange gewahrt ist, als bei der anderen. Der Richter wird freilich zu einer sachgemäßen Entscheidung nur befähigt sein, wenn er ein doppeltes Ausgebot vornimmt. Allein die Zulässigkeit eines solchen braucht in dem Gesetze nicht ausgesprochen zu werden, weil sie eine nothwendige Konsequenz der Aufgabe ist, welche dem Richter in Ansehung der einander widerstreitenden Interessen obliegt. Bei dem doppelten Ausgebote erfolgt die eine Versteigerung immer unter der Bedin285 Vgl. 5 114 Abs. 2 ZVG-VE und Prot. I, S. 14373ff. (850. Sitzung). 286 Vgl. Prot. I, S. 14419ff. (852. Sitzung). ™ Achilles, aaO (Fn. 6), S. 78.
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V. Der ZVG-Vorentwurf von 1888 und die Beratungen der 1. BGB-Kommission (1888/89) gung, daß nicht der Zuschlag auf die andere zu ertheilen ist. Diese Bedingung ist eine wirkliche Versteigerungsbedingung; sie hat aber die Eigenthümlichkeit, daß sie auch dann gestellt werden muß, wenn die Anregung hierzu aus dem Kreise der Betheiligten nicht gegeben wird." — Im übrigen hatte Johow vorgeschlagen, den Anspruch aus einem Recht, für das noch ein anderes Grundstück haftete, als auflösend bedingtes Recht anzusehen (§ 50 Abs. 2, S. 2). Das hatte dann zur Folge, daß nach § 1 0 6 folgende Regelung eintreten sollte: „Der für einen bedingten Anspruch anzusetzende Betrag ist für den Fall, daß die auflösende Bedingung eintritt oder die aufschiebende Bedingung ausfällt, auf Ansprüche, welche in dem entgegengesetzten Falle ungedeckt bleiben, nach der festgesetzten Reihenfolge zu vertheilen. — Die Gläubiger der letzteren Ansprüche können sich eintretendes Falles nur an den bedingt Berechtigten halten und erhalten, wenn dieser zur Sicherstellung verpflichtet ist, nur auf Antrag die Sicherstellung." § 106 Abs. 2 bedeutete gegenüber den meisten Partikularrechten eine starke Benachteiligung des die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigers 288 . Die Mehrheit der Kommission ging, entgegen einem Antrage von v. Mandrym zunächst davon aus, daß das Wahlrecht des Korrealhypothekengläubigers gemäß § 1078 E I in vollem Umfange aufrecht erhalten bleiben müsse. — Zur Frage, ob und inwieweit dann, wenn in demselben Verfahren mehrere Grundstücke zu versteigern waren, besondere Bestimmungen über die Einzel- und Gesamtversteigerung gegeben werden sollten, lagen ausführliche Anträge von Rüger, Planck, v. Mandry, Gebhard und Kurlbaum190 vor. Man entschied sich mehrheitlich dafür, von der Einzelversteigerung als Regel auszugehen, jedem Beteiligten aber das Recht zu geben, ein Gesamtausgebot zu verlangen. Für den Fall der Gesamtversteigerung war das geringste Gebot in der Weise festzustellen, „daß diejenigen Ansprüche, für welche Befriedigung aus mehreren der Grundstücke verlangt werden kann, nur einmal mitgerechnet werden, und daß, wenn bei dem Einzelausgebote auf eines der Grundstücke ein Gebot abgegeben wird, der Betrag hinzugerechnet wird, um welchen das Meistgebot das für das Grundstück festgestellte geringste Gebot übersteigt" ( § 8 1 E I ) . — Weiterhin war zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen der Zuschlag zu erteilen war. Keine Billigung fand der Vorschlag von Kurlbaum, wonach der Zuschlag aufgrund des Gesamtausgebots nur erfolgen sollte, wenn das Meistgebot höher war als die Summe der bei dem Ausgebote der einzelnen Grundstücke erreichten Meistgebote 291 . Vielmehr folgte die Kommission einer Anregung von Planck und bestimmte in § 82 Abs. 2 E I: „Ist nach Maßgabe des § 81 ein Anspruch, für welchen Befriedigung aus mehreren292 der Grundstücke verlangt werden kann, nur einmal mitgerechnet, so kann ein Betheiligter, welcher für seinen Anspruch Befriedigung aus allen zusammen ausgebotenen Grundstücken verlangen kann, die Ertheilung des Zuschlages auf Grund des Gesammtausgebotes auch dann verlangen, wenn er Befriedigung aus dem durch Zahlung im Vertheilungstermine zu berichtigenden Theile des Meistgebotes in größerem Umfange als bei dem auf das Einzelausgebot erfolgenden Zuschlage zu erwarten hat." Hierzu hatte Planck folgendes Beispiel gebracht 293 : „Auf jedem von drei Grundstücken haften zwei Kor288 Vgl. dazu Achilles, aaO (Fn. 6), S. 155ff. 289 Vgl. p r ot. I, S. 13828ff. (820. Sitzung). 290 Prot. I, S. 13976 ff. (828. Sitzung) und Prot. I, S. 13983 ff. (829. Sitzung). 291 Prot. I, S. 14470 (§ c; 855. Sitzung). 292 Hervorhebung vom Verf. 293 Prot. I, S. 14482 (856. Sitzung). 67
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realhypotheken, jede zu 1000. Die Verteigerung erfolgt auf Antrag des im Range nachstehenden Korrealgläubigers. Das geringste Gebot beträgt, wenn man von Kosten pp. absieht, für jedes der drei Grundstücke 1000 und wird bei dem Einzelausgebote bei jedem der Grundstücke wirklich erreicht. Die Summe der Meistgebote ist also 3000. Bei dem Gesammtausgebote der drei Grundstücke ist das geringste Gebot 1000. Wirklich geboten werden 2000. Der Zuschlag dürfte also nach § c auf das Gesammtgebot nicht ertheilt werden; nach dem prinzipalen Antrage soll der Korrealgläubiger das Recht haben, den Zuschlag für das Gesammtgebot zu verlangen, weil er bei diesem sofort voll befriedigt wird, während er bei dem Zuschlage auf Grund der Einzelausgebote nur die Ueberweisung bedingter Forderungen gegen den Ersteher erhalten würde." Letzteres wollte man mit Hilfe der beschlossenen Vorschriften vermeiden. Insbesondere wollte man auch aus wirtschaftlichen Gründen verhindern, „daß der Eigenthümer durch Belastung seiner Grundstücke mit Gesammthypotheken seinen Grundbesitz für andere Gläubiger unverkäuflich mache und den letzteren auf diese Weise den durch die Gesammthypothek nicht erschöpften Theil des Werthes seiner Grundstücke entziehen könne" (Prot. I, S. 14487— 14488). Daß unter Umständen dadurch der Schuldner oder nachstehende Beteiligte benachteiligt werden konnten, hielt man nicht für ausschlaggebend. Weiter war darüber zu entscheiden, wie der bei einer Gesamtversteigerung erzielte Erlös zu verteilen war, wenn dem betreibenden Gläubiger eine Gesamthypothek an den Grundstücken zustand. Johow hatte hierzu in § 108 Abs. 2 ZVG-VE folgendes vorgeschlagen: „Sind die Grundstücke zusammen für ein Gebot versteigert, so wird ein nach Verhältniß des Werthes zu bestimmender Betrag auf jedes Grundstück gerechnet. Sind die Grundstücke zur Besteuerung veranlagt, so kann dieser Betrag nach Verhältniß des der Veranlagung zu Grunde gelegten Reinertrages oder Nutzungswerthes bestimmt werden." War ein zur Befriedigung des Gläubigers ausreichender Barerlös nicht vorhanden, konnte der Gläubiger auch seine Rechte gemäß § 1078 Abs. 1 EI-BGB geltend machen. Die Kommission ging auf Grund eines Antrags von Kurlbaum vom System des Entwurfs (Verteilung des Erlöses nach dem Wert der Grundstücke) ab, das nach ihrer Meinung nur zu „erheblichen Unzuträglichkeiten" führen konnte, da die Verteilung „auch bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigt werden und hierzu der Werth der Grundstücke endgültig festgestellt sein müßte, wenn die Deckung der dem Ansprüche des Gläubigers vorgehenden Rechte auch für die Vertheilung des Erlöses gesichert sein solle. Eine solche Feststellung des Werthes in das Verfahren einzuschieben, würde wegen der damit verbundenen Verzögerungen kaum ausführbar sein. Die Vertheilung des Gesammterlöses nach dem Verhältnisse des Werthes der Grundstücke würde aber auch zu einem für die Rechte des Gläubigers unannehmbaren Resultate führen" (Prot. I, S. 14476)294. Zusätzliche Probleme waren zu lösen, wenn bei einer Einzelversteigerung mehrerer Grundstücke ein Beteiligter für seinen ganzen Anspruch Befriedigung aus jedem Grundstück verlangen konnte. Die Kommission hielt, entgegen einem Antrag von v. Mandry, hierbei am Wahlrecht des Gläubigers fest, wie die Regelung des §164 Abs. 1 E I zeigt. Danach war der Anspruch des Gesamthypothekars in den Teilungsplan „in Ansehung eines jeden der Grundstücke nur in Höhe eines nach Verhältniß der Erlöse zu bestimmenden Betrages aufzunehmen, sofern nicht der Wegen der getroffenen Regelung vgl. im einzelnen § 150 E I und Prot. I, S. 14577 ff. (861. Sitzung). 68
VI. Die Vorbereitung der zweiten Lesung des ersten ZVG-Entwurfs
Betheiligte in anderer Weise befriedigt zu werden verlangt. Als Erlös ist hierbei nur derjenige Betrag zu rechnen, welcher nach Befriedigung aller dem Ansprüche vorgehenden Ansprüche übrig bleibt". Soweit allerdings die auf den Anspruch zugeteilten Beträge nicht gezahlt waren, sollte von Amts wegen in Ansehung eines jeden der Grundstücke der ganze Anspruch in den Plan aufgenommen werden 295 . Zu regeln war schließlich noch die Frage, wie im Plan ein Anspruch zu berücksichtigen war, für welchen auch noch aus einem anderen Grundstück Befriedigung verlangt werden konnte und der zugeteilte Betrag nicht gezahlt war. Die Kommission lehnte es, entsprechend einem Antrag von Kurlbaum, ab, in einem solchen Anspruch einen auflösend bedingten zu sehen. Vielmehr sollte im Plan festgestellt werden, wie der Betrag für den Fall anderweit verteilt werden sollte, „daß der Berechtigte im Wege der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung aus dem anderen Grundstücke befriedigt wird oder sonst aus dem zugetheilten Betrage seine Befriedigung nicht mehr verlangen kann" (§ 165 Abs. 1 E I)296. Die Eventualverteilung sollte durch Überweisung der gegen den Ersteher verbleibenden Forderungen erfolgen, für die, entgegen den Vorschlägen Johows, eine Sicherungshypothek einzutragen war (vgl. § 170 Abs. 1 E I). 8. Teilungsversteigerung Für die Teilungsversteigerung verlangte die Kommission entgegen § 173 Ziff. 1 ZVG-VE die Vorlage eines gegen die übrigen Miteigentümer vollstreckbaren Titels. Damit wich die Kommission vom preußischen Recht ab, weil man die anderen Miteigentümer nicht auf den Weg der Vollstreckungsgegenklage verweisen wollte. Im übrigen hatte die Kommission die Befürchtung, daß in Gebieten, in denen von der Teilung von Grundstücken in Natur, „den bestehenden Gewohnheiten und w i r t schaftlichen Verhältnissen entsprechend, häufig Gebrauch gemacht werden möchte", 297 diese Art der Teilung ohne das Erfordernis eines Titels erschwert werden könnte. Dagegen billigte die Kommission mit einigen Modifikationen die Vorschläge Johows zur Übertragung des Deckungs- und Übernahmeprinzips auf die Teilungsversteigerung. Die erste Kommission verabschiedete den „Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, für das Deutsche Reich" am 30. 3. 1889. Am selben Tage überreichte der stellvertretende Vorsitzende Johow Bismarck den Entwurf 298 , der ihn alsbald dem Bundesrat vorlegte. Dieser beschloß, die Vorlage zusammen mit Motiven der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Motive stammen von Achilles, der bereits die Begründung zum Vorentwurf von 1888 erstellt hatte.
VI. Die Vorbereitung der zweiten Lesung des ersten ZVG-Entwurfs Die 2. Lesung des ZVG-Entwurfs wurde, wie bei der Grundbuchordnung, vom Bundesrat Ende 1890 dem Reichsjustizamt übertragen. In dessen Auftrag stellte 295 Prot. I, S. 296 Vgl. dazu 297 p r ot. I, S. 298 Vgl. dazu
14339ff. (848. Sitzung). Prot. I, S. 14546ff. (859. Sitzung); Prot. I, S. 14582ff. (861. Sitzung). 14694 (867. Sitzung). den Wortlaut des Übersendungsschreibens unten S. 751.
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1893 Greiff die wenigen bekanntgewordenen Kritiken zum ZVG-Entwurf zusammen 299 . Danach hatten sich nur Dernburg und der Deutsche Landwirtschaftsrat mit dem Entwurf ausführlicher befaßt, wobei aber zu berücksichtigen ist, daß manche Probleme der Immobiliarzwangsvollstreckung bereits bei der Besprechung des materiellen Rechts erörtert worden waren. Für Dernburg stellte der ZVG-Entwurf nur eine „neue Redaktion" des preußischen ZVG von 1883 dar 300 : „Technisch ist er vorzüglich gearbeitet, durch Klarheit und Rundung der Sprache den übrigen Bestandtheilen der geplanten Kodifikation weit überlegen. Auch die dem Entwurf beigegebenen Motive sind formell mustergültig gearbeitet, so recht im Gegensatz zu den weitschweifigen und doch wieder unvollständigen und von unreifen Ideen erfüllten Motiven anderer Theile der neuen Kodifikation. - Das kann aber mit nichten ausreichen, so bestechend es für den Juristen sein mag, so nützlich eine gute Form ist, wenn sie gute Gedanken in sich faßt. Darauf muß es vor allem ankommen, ob sich das Deutsche Volk bei dem neuen Gesetz wohl befinden wird, ob dieses den socialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Deutschen Reiches entspricht, in weiten Kreisen der Bevölkerung und insbesondere auch in den außerpreußischen Staaten Vertrauen und Liebe zum Deutschen Reiche und seiner Gesetzgebung mehren und fördern wird? Wie sich der Entwurf zu seinen Aufgaben im allgemeinen stellt, darüber sprechen sich die Motive desselben S. 8 2301 folgender Gestalt aus: ,Die Erfahrung hat gelehrt, daß die dem Schuldner zugewandte Milde des Gesetzgebers ungünstig auf den Realkredit zurückwirkt und deshalb in ihrem Endergebniß den Grundbesitzer benachtheiligt.' Sollte der Entwurf Milde und Schwäche verwechseln? Die Anforderungen des Realkredits und die des Personalkredits nicht gehörig auseinander halten? Jedenfalls hat er auch nicht den Schatten eines Beweises dafür geliefert, daß in außerpreußischen Landen, wo größere Milde, als nach der jetzigen preußischen Gesetzgebung waltet, wie in Mecklenburg, zum Theil auch in Bayern, der Realkredit leidet. Und hatte man nicht in Preußen unter der altlandrechtlichen Gesetzgebung, welche erst in neuerer Zeit stetig verschärft wurde, auch einen ausgiebigen Realkredit? — Ein weiterer Grundgedanke, auf welchen der Entwurf vielfach zurückkommt, ist, das Gericht hat nur die formelle Leitung des Verfahrens, dagegen nicht den Beruf, durch sein Ermessen in das materielle Recht der Betheiligten einzugreifen. Es kann z. B. dem Ersteher nicht Termine für die Entrichtung der Kaufgelder bewilligen, hat überhaupt nicht nach dem Vorbild eines guten Verkäufers aus freier Hand möglichst gute Ergebnisse der Versteigerung zu erstreben, sondern nur die Legalität des Verfahrens zu wahren. — Auch das steht im schärfsten Gegensatz zu dem Recht vieler deutscher Staaten, insbesondere dem Mecklenburgs. — Es mag dies für den Richter bequem sein. Seine Verantwortung wächst, wenn man ihm die Aufgabe stellt, den Nutzen und die Wohlfahrt und die materielle Gerechtigkeit zu fördern und zu pflegen, wie dies dereinst die Gesetzgebung Friedrich des Großen that. Aber das gerade machte den Richter zum Hort der Bevölkerung und gewann ihm ihr Vertrauen und ihre Liebe. Wird der Richter nur angewiesen, formales Recht mechanisch zu üben, so wird er in den Augen der Bevölkerung mehr und mehr zum ,nothwendigen Uebel' und verliert seinen Einfluß auf dieselbe. — Bezüglich der Zwangsvollstreckung in Grundstücke, vornehmlich bezüglich ihrer Verstei299
Unten unter B. I. abgedruckt. Über Greiff vgl. Schubert, Beratung des BGB, Sachenrecht III, 1982, S. 40. 300 H. Dernburg, Das Preußische Hypothekenrecht, 2. Abth. 1891, S. 4 4 3 - 4 4 5 . 301 Gemeint sind die 1889 veröffentlichten, von Achilles redigierten Motive (Anm. des Verf.). 70
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gerung, die den Charakter eines Rechtsgeschäftes haben müßte und die verschiedenen Interessen der Gläubiger und des Grundbesitzers möglichst ausgleichen sollte, ist die bloß formale Behandlung durch den Richter besonders begriffswidrig und besonders schädlich." Im einzelnen verlangte Dernburg, das Vorzugsrecht des betreibenden persönlichen Gläubigers zu beseitigen, weil damit nicht nur eine Bevorzugung oft gewissenloser Gläubiger, sondern vor allem eine erhebliche Benachteiligung des Schuldners verbunden sei: „Man sinnt auf Heimstättengesetze, um dem Landwirth sein Gut vor dem Zugriff der Gläubiger zu sichern. Und man drängt den Personalgläubiger des Grundbesitzers dazu, mit exekutorischen Maßregeln vorzugehen, indem man solchen Eifer und Wachsamkeit des Gläubigers mit Vorrechten belohnt. — Man führt die sozialen Aufgaben des modernen Staates und praktisches Christenthum im Munde. Wie verträgt es sich hiermit, Rechtseinrichtungen zu schaffen, welche geeignet sind, die Grundbesitzer von ihrer Scholle zu drängen, auch wo dies an sich in der Lage der Verhältnisse nicht nothwendig begründet wäre, so daß sie sich bei einer humaneren Gesetzgebung erhalten könnten?" 302 Eine weitere Härte war für Dernburg die im § 27 E I getroffene Regelung, wonach eine vollstreckbare Urkunde im Sinne des § 702 CPO (§ 794 ZPO) auch gegen den Grundstückserwerber gelten sollte 303. Dazu habe es nur kommen können, weil die Redaktoren die Unterschiede des Real- und des Personalkredits völlig verkannt hätten. — Zu § 72 E I wünschte Dernburg, daß nach dem Vorbild des Rechts der Hansestädte auch nachstehende Hypotheken bestehen bleiben sollten, soweit sie durch das Meistgebot gedeckt waren 304 . Im übrigen attackierte Dernburg eine Reihe verfahrensrechtlicher Bestimmungen, die seiner Ansicht nach zu einer Benachteiligung des Schuldners oder des weniger wachsamen Gläubigers führen müßten. Für das Recht der Zwangsverwaltung regte Dernburg an, den Schuldner stärker vor einer Räumung des Grundstücks zu schützen 305 . Der Deutsche Landwirtschaftsrat, die Versammlung der Abgeordneten der deutschen landwirtschaftlichen Zentralvereine, befaßte sich 1891 und 1893 mit einigen Grundfragen des Zwangsversteigerungsrechts 306 . 1891 sandte er den Zentralvereinen einen Fragebogen zu, in welchem im Zusammenhang mit der Heimstättenfrage die Einführung eines unentziehbaren Besitzminimums zur Diskussion gestellt wurde 307 : „Von der Zwangsvollstreckung in landwirtschaftliche Anwesen soll (allgemein oder doch wenigstens gegenüber der Zwangs- und Sicherungshypothek) — in folgerichtiger Ausbildung des dem § 715 der C.P.O. 308 zu Grunde liegenden Gedankens — unter Wahrung der Rechte der Gläubiger, die zur Zeit der Erlassung eines solchen Spezialgesetzes bereits bestanden haben, ein Besitzminimum, über dessen Größe die Landesgesetzgebung Bestimmung zu treffen hat, und das neben den nöthigen Wohn- und Wirthschaftsräumen eine im Verhältniß zum Gesammtbesitz zu bemessende Fläche Land zu umfassen hätte, ausgenommen sein." 1893 legten die Berichterstatter v. Buchenberger und v. Erffa-Wernburg dem Landwirtschaftsrat 302 Dernburg, aaO, S. 375. 303 Dernburg, aaO, S. 356 f. 304 Dernburg, aaO, S. 406 f. 305 Dernburg, aaO, S. 441 f. 306 Einzelnachweise in der Zusammenstellung unten S. 809 ff. und in den dort nachgewiesenen Verhandlungen. 307 Zitiert nach Schneider, AcP, Bd. 81 (1893), S. 26f. 308 § 811 ZPO (1898; Anm. des Verf.). 71
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folgenden Antrag vor: „Eine unmittelbare praktische Anwendung des Heimstättengedankens erblickt der Deutsche Landwirthschaftsrath ferner in der Einführung eines der Zwangsvollstreckungsordnung zu entziehenden Besitzminimums an Grund und Boden in das geltende Recht." 309 Nach einer längeren Diskussion, die in der „Zusammenstellung" wiedergegeben ist310, wurde dieser Antrag mit 25 gegen 19 Stimmen abgelehnt. Die Majorität hielt es für unmöglich, das Besitzminimum auf praktikable Weise festzustellen. Außerdem wurde dieses als wirtschaftlich unzweckmäßig bezeichnet, zumal zusätzlich noch der Kredit des ländlichen Grundbesitzes geschwächt würde. Dagegen wurde das Deckungsprinzip nicht weiter beanstandet. — Weiterhin hatten sich die Zentralvereine noch mit der Frage befaßt, ob die Zwangsvollstreckung dann vorübergehend einzustellen war, wenn ein bestimmter Teil des Schätzungswerts nicht erreicht wurde. Obwohl sich der Referent Schneider, Landrichter in Kassel, hiervon nicht viel versprach, beschloß die Mehrheit, die Aufnahme folgender Bestimmungen in den Entwurf zu empfehlen: „Es soll (in Nachbildung der bezüglichen Vorschriften des für Österreich [am 10. Juni 1887] ergangenen Zwangsvollstreckungsgesetzes) überall dann, wenn bei der Zwangsvollstreckung in landwirtschaftliche Grundstücke auf dem Versteigerungstermine (Tagfahrt) ein bestimmter, im Gesetz zu bezeichnender Theil des Schätzungswert e s der Liegenschaften nicht erreicht wird, der Richter befugt sein, auf Antrag des Schuldners die Einstellung des Verfahrens zu verfügen mit der Wirkung, daß innerhalb gewisser, nicht zu kurz bemessener Frist, die Wiederaufnahme des Verfahrens untersagt bleibt311." Schließlich setzte sich der Landwirtschaftsrat dafür ein, das Vorzugsrecht des Liedlohns reichsgesetzlich anzuerkennen, eine Forderung, die auch Dernburg befürwortete, der im übrigen auch ein Vorrecht für die Angestellten der Bergwerke und die Beschäftigten von nichtlandwirtschaftlichen Betrieben als gerechtfertigt bezeichnete 312 . Endlich machte sich der Landwirtschaftsrat die Bedenken zu eigen, die Schneider als Gutachter gegen einige Bestimmungen des Entwurfs vorgebracht hatte 313 . In der „Deutschen Notariats-Zeitung" befaßte sich Henle zunächst mit dem geringsten Gebot und den Versteigerungsbedingungen im ZVG-Entwurf 314 . Als verfehlt kritisierte er insbesondere die Bestimmungen über den Zuschlag auf ein Gesamtausgebot (§ 82 des Entwurfs) und schlug stattdessen die Übernahme der bayerischen Regelung vor. — In einem Aufsatz über „Bestandteil und Zubehör" im BGB und im ZVG-Entwurf 315 bezeichnete Henle die vorgeschlagenen Regelungen im wesentlichen als sachgemäß und den Verkehrsbedürfnissen entsprechend, wenn sich auch manches gegen einzelne theoretische Erörterungen der Motive erinnern lassen würde. — Ausführlich setzte sich Mittelstein im „Archiv für Bürgerliches Recht" mit der Zwangsvollstreckung in Schiffe auseinander 316 und unterbreitete zahlreiche Ergänzungs- und Abänderungsanträge.
309 Zitiert nach Schneider, aaO, S. 29. 310 unten S. 809 ff. 311 Zitiert nach Schneider, aaO, S. 27. 312 Demburg, aaO, S. 365 ff. 313 Vgl. Schneider, aaO, S. 53. 314 Henle, aaO, 9. Jg. (1890), S. 3 3 - 5 0 , 109-117. 315 Henle, aaO, S. 199-217, besonders S. 211ff. 316 Mittelstein, Archiv für bürgerliches Recht, Bd. 4 (1890), S. 124ff. 72
VII. Die 2. Lesung des ZVG-E durch eine Kommission des Reichsjustizamts (1894 — 96)
VII. Die zweite Lesung des ZVG-Entwurfs durch eine Kommission des Reichsjustizamts (1894-1896) Nachdem die 2. BGB-Kommission die Revision des Sachenrechts des 1. Entwurfs im wesentlichen abgeschlossen hatte, wurde der 1. ZVG-Entwurf vom Reichsjustitzamt einer internen Kommission zur zweiten Lesung überwiesen. Da die Akten des Reichsjustizamts zur Entstehung des ZVG nicht mehr auffindbar sind, müssen die genaue Zusammensetzung der Kommission und weitere Einzelheiten der äußeren Entstehungsgeschichte des revidierten Entwurfs offenbleiben. In den preußischen Ministerialakten sind lediglich die vervielfältigten Unterlagen über die Kommissionsberatungen aufbewahrt 317 . Nach den metallographierten Anträgen gehörten der Kommission lediglich preußische Juristen an, und zwar Achilles, v. Bernegg 318 , Jecklin 319 , Mencke 320 , Skonietzki 321 und Struckmann 322 . Über das Ergebnis der Sitzungen unterrichten mehrere Zusammenstellungen der Kommissionsbeschlüsse und die „Bemerkungen" zur „Vorläufigen Zusammenstellung", die möglicherweise von Achilles stammen. Diese „Bemerkungen" werden im Quellenteil zusammen mit der „Vorläufigen Zusammenstellung" I. Beratung wiedergegeben 323 , da sie wesentlich detaillierter und aussagekräftiger sind, als die späteren dem Bundesrat und dem Reichstag vorgelegten Denkschriften. Dagegen wurde auf einen Abdruck der umfangreichen Anträge der einzelnen Kommissionsmitglieder und der späteren „Zusammenstellungen" aus den bereits dargelegten Gründen 324 verzichtet. Obwohl die dogmatischen Grundlagen des Entwurfs erhalten blieben, formulierte die Kommission zahlreiche Regelungen neu und änderte insbesondere die Stoffanordnung innerhalb der einzelnen Abschnitte, ohne daß damit in rechtstechnischer und systematischer Beziehung eine Verbesserung erreicht wurde. Im Gegenteil haben die zahlreichen Umstellungen und Umformulierungen, wenn man einmal von den wenigen substantiellen Neuerungen absieht, zu einer erheblichen Verschlechterung des Entwurfs geführt. Dies dürfte nicht zuletzt auch darauf beruhen, daß sämtliche Kommissionsmitglieder hauptamtlich mit anderen Aufgaben beschäftigt waren und daß die mindestens jeweils eine Woche auseinander liegenden Sitzungen ein konzentriertes Arbeiten unmöglich machten 325 . Die Kommission beriet zunächst in der Zeit vom 13. 10. 1894 und 14. 4. 1895 die §§ 1 — 188 des 1. ZVG-Entwurfs in erster Lesung und anschließend in sechs Sitzungen in zweiter Lesung326. Danach wurden die restlichen Teile des Entwurfs 317 Vgl. ¡ m einzelnen das Quellenverzeichnis unter C. 318
Sprecher von Bernegg war Richter am OLG Frankfurt/Main. Es dürfte sich um v. Jecklin handeln, der 1892 aus dem preuß. Justizdienst ausgeschieden und in das Auswärtige Amt übergewechselt war. 320 Es dürfte sich um den Kammergerichtsrat Mencke handeln; ausgeschlossen ist aber auch nicht, daß zur Vertretung der rheinischen Belange der Landgerichtsdirektor in Aachen Mencke an den Sitzungen teilnahm. 321 Über Skonietzki vgl. Schubert, aaO (Fn. 299), S. 43. 322 über Struckmann vgl. Jahnelbei Schubert, aaO (Fn. 3), S. 107 ff. 323 Unten unter C I. und II. 324 Vgl. oben S. 3. 325 Die Bundesratsvorlage ist gegenüber dem ZVG-Entwurf von 1889 erheblich kürzer, was darauf zurückzuführen ist, daß ein Teil der Bestimmungen entweder in das Einführungsgesetz oder in die ZPO verwiesen worden war. 326 Das Ergebnis war eine „Vorläufige Zusammenstellung II. Beratung", die in diesem Band nicht mitgeteilt wird, da eine Motivierung fehlt. 319
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(Zwangsverwaltung; Zwangsvollstreckung in Schiffe; Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung in besonderen Fällen; Einführungsvorschriften) revidiert. Sodann wurde im Oktober 1895 der Entwurf zweiter Le ung fertiggestellt 327 , der dann in den folgenden Monaten nochmals, wenn auch unwesentlich abgeändert wurde. Die von der Kommission verabschiedete Neufassung des Entwurfs wurde am 14. 3. 1896 dem Bundesrat überwiesen. Ohne daß hier eine detaillierte Analyse der „Bemerkungen" möglich ist, sei auf folgende Diskussionsschwerpunkte und Änderungen des 1. Entwurfs hingewiesen: 1. Zulassung der Mobiliarexekution auch hinsichtlich der Gegenstände, für welche die Hypothek haftet, zugunsten der Hypothekengläubiger; dagegen Ausschließung der Mobiliarexekution in das Zubehör (Bern, zu §§ 1,2 unter 1. u. 2.)328. 2. Vorläufige Aufnahme von Bestimmungen über die Zwangshypothek in den Entwurf (Bern, zu §§ 3 - 3 b)329. 3. Priorität des Liedlohns (§ 10 Abs. 1 Ziff. 2 BRVorl.330). Maßgebend hierfür waren „sozialpolitische Gründe", um damit „die dem Entwürfe gemachten Vorwürfe der übermäßigen Begünstigung des Kapitals in etwas abzuschwächen" (Bern, zu § 9, Ziff. 3). Die Regelung beruhte auf der Erwägung, daß die Tätigkeit des Gesindes als nützliche Verwendung gelte, die dazu beigetragen habe, dem Grundstücke denjenigen Wert zu geben, der bei der Veräußerung erzieh worden sei. 4. Umfang der Beschlagnahme. Änderung des § 36 E I: In das BGB sollte folgende Bestimmung aufgenommen werden: „Ist das Grundstück einem Pächter überlassen worden, so sind diejenigen Erzeugnisse und sonstigen Bestandtheile, welche mit der Trennung in das Eigenthum des Pächters gelangen, schon vor ihrer Trennung von der Haftung frei" (vgl. § 21 Ziff. 3 BRVorl.331). In dieser Regelung sah man „eine gegenüber der obligatorischen Natur des Pachtvertrags durch die Billigkeit gebotene Ausnahme" vom Prinzip der §§ 93 und 94 BGB (vgl. Bern, zu § 36 unter 3.). — Neufassung der §§ 39 Abs. 3, 40 E I (Gutglaubensschutz; Bern, zu § 40). 5. Die Anmeldung von Rechten Dritter soll bis zur Erteilung des Zuschlags zulässig sein (anders im E I, wonach die Anmeldung spätestens im Versteigerungstermine vor dem Schluß der Verhandlung über den Zuschlag erfolgen mußte; vgl. Bern, zu § 44 unter 4.)332. 6. Eine Übernahme der persönlichen Schuld, die einer Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast zugrunde liegt, nach Maßgabe des § 416 BGB wurde ausgeschlossen (anders § 67 E I ) ; Streichung des § 67 Abs. 2 E I (vgl. Bern, zu § 67 unter 1. und 2.)333. 327 D i e Fassung dieses Entwurfs, der mit der Bundesratsvorlage weitgehend übereinstimmt, ergibt sich aus dieser in Verbindung mit den dort in den Fn. angemerkten Abweichungen. 328 Vgl. Antrag Nr. 1,1 von Achilles (7. 10. 1894) und Antrag Nr. 4, 1 von Struckmann (12. 10. 1894). 329 Antrag Nr. 1,1 von Achilles (7. 10. 1894) und Nr. 2 von Achilles (8. 10. 1894). 330Vgl. Antrag Nr. 1,3 von Achilles (7. 10. 1894); Antrag Nr. 3,3 von Skonietzki (11. 10. 1894); Antrag Nr. 6,3 von Struckmann (14. 10. 1894). 331 Vgl. Antrag von Achilles Nr. 15,1 (1. 11. 1894); Antrag von Struckmann, Nr. 19,1 (12. 11. 1894); Die Vorzugsbehandlung des Pächters stammte aus dem preuß. Recht (vgl. ALR I 19 § 222; I 20 § 476; § 30 des Gesetzes über den Eigentumswerb von 1872) und war zunächst im § 1076 Ziff. 1 E I-BGB enthalten (kritisch hierzu Nußbaum, aaO, S. 43f.). 332 333
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Vgl. Antrag von Achilles Nr. 18,5 (8. 11. 1894). Vgl. Antrag von Achilles Nr. 29,1 (5. 12. 1894).
VII. Die 2. Lesung des ZVG-E durch eine Kommission des Reichsjustizamts (1894 — 96)
7. Änderung des §71 Abs. 2 E I (Wegfall einer Korrealhypothek) durch §50 Abs. 2 Ziff. 2, 3 BRVorl. (ausführliche Motive in den Bern, zu §§ 69, 70 unter 4.)334. 8. Umfang des Gegenstandes der Versteigerung: Erweiterung des Gutglaubensschutzes hinsichtlich des Zubehörs 335 (Bern, zu § 73 unter 2.). 9. Streichung des § 78 (Zahlungsfristen) 336 aus primär sozialpolitischen Gründen : Die Versteigerung „auf Zieler" biete „die beliebte Handhabe zu einer Auswucherung der Landbevölkerung und schließt die einzige wirthschaftliche wohlthätige Wirkung der Zwangsversteigerung aus, indem sie die Entlastung des Grundbesitzers dadurch hindert, daß sie an die Stelle eines zahlungsunfähigen Besitzers einen anderen treten läßt, der ebenfalls — wenigstens zur Zeit — nicht zahlen kann. Sie ist in den Fällen, in denen ein die Belastung übersteigendes Gebot abgegeben wird, ungerecht gegen den Schuldner, der billiger Weise verlangen kann, für das ihm entzogene Grundstück baar entgolten zu werden." Der Dritte, der die Verpflichtung des Erstehers übernehme, werde „der Geldmann sein, der nicht blos durch den ,Abzug' verdienen will, sondern nicht selten bestrebt ist, den Landmann von Haus und Hof zu treiben, um sich zu bereichern." Ein „wirthschaftlich ungesundes Verhältniß" solle man nicht auf das ganze Reich übertragen (Bern, zu § 78). 10. Streichung des § 82 Abs. 2 E I (Begünstigung der Korrealhypothek) 337 : Die Regelung des E I würde zu einer „nutzlosen Verschleuderung des Grundstücks" führen und könnte zu „Angriffen wegen übertriebener Begünstigung des Kapitalismus und Schädigung der wirthschaftlich schwächeren Elemente Anlaß geben" (Bern, zu § 80 unter 6.). 11. Eine Sicherheitsleistung soll erst nach der Abgabe von Geboten verlangt werden dürfen (Bern, zu § 90 unter l.) 338 . 12. Vereinfachung des § 93 E I (Sicherheitsleistung für das Gebot eines eingetragenen Schuldners; Bern, zu § 90 unter 3.)339. 13. Deckung des Gläubigers durch die Gebote auf ein zu versteigerndes Grundstück oder einige von mehreren Grundstücken: Änderung des § 104 E I zugunsten der Korrealhypothekenschuldner (Bern, zu § t04) 340 . 14. Streichung des § 140 Abs. 1 E I (Surrogationsprinzip) als eines „Lehrsatzes" (Bern, zu § 140)341. 15. Neuregelung des Verhältnisses des Erstehers gegenüber einem Mieter oder Pächter des Grundstücks 342 . Die Regelung war weitgehend vorgegeben durch die Beschlüsse der 2. BGB-Kommission (aber zeitliche Begrenzung des Kündigungsrechts des Erstehers; vgl. Bern, vom 9. 3. 1895 zu § 74 a; § 57 BRVorl.) 343 . 334 Vgl. Anträge Nr. 26,3 ff. (2. 11. 1894) von Struckmann; Nr. 28,4 (5. 12. 1894), von Skonietzki; Nr. 29,4ff. (5. 12. 1894), Nr. 31,3 (12. 12. 1894), Nr. 33,1 (19. 12. 1894) von Achilles; Nr. 37 (10. 1. 1895) von Struckmann. 3« Vgl. Antrag Nr. 30,4 von Struckmann (10. 12. 1894). Antrag von Achilles Nr. 33,3 (19. 12. 1894) 336 Vgl. Antrag Nr. 33,7 von Achilles(19. 12. 1894). 337 Vgl. Antrag Nr. 35,3 von Achilles (2. 1. 1895). 338 Vgl. Antrag Nr. 36,1 von Achilles (9. 1. 1895). 339 Vgl. Antrag Nr. 36,1 von Achilles (9. 1. 1895). 3« Vgl. Antrag Nr. 39,3 von Achilles (17. 1. 1895). 341 Dies war nicht von Achilles beantragt (vgl. dessen Antrag Nr. 50,1 vom 22. 2. 1895). 342 Antrag Nr. 52,1-3 von Achilles (28. 2. 1895); Antrag von Jecklin Nr. 53,2-3 (8. 3. 1895). 343 Vgl. Antrag Nr. 55,2-3 von Achilles (14. 3. 1895), Antrag Nr. 60,3 von Achilles (21. 3. 1895) und Nr. 61,2 von Mencke (21. 3. 1895).
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16. Verteilung des Erlöses aus einem Gesamtausgebot: Vereinfachung und Änderung der § 150 E I (vgl. Bern, zu § 150 E I; § 108 BRVorl.)344. 17. Die §§ 159-171 E I (Ausführung des Teilungsplans), zu denen eine Vielzahl von Anträgen vorlag, wurden in vielen Einzelheiten geändert, ohne daß aber die Grundsatzentscheidung des E I (Übertragung der gegen den Ersteher verbleibenden Forderung an die Berechtigten; Eintragung von Sicherungshypotheken) in Frage gestellt wurde (vgl. Bern, zu den §§ 159-171) 345 . 18. Im § 140 BRVorl. wurde dem Schuldner (anders § 194 E I ) ein von den Zwecken der Zwangsverwaltung unabhängiges Recht auf Belassung der „für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume" gewährt (Bern, zu § 192 a)346. 19. Einfügung der §§ 164-168 BRVorl. (Zwangsvollstreckung aufgrund eines Antrags durch den Erben; Bern, vor § 226)347. 20. Für die Anordnung der Teilungsversteigerung wurde das Erfordernis der Vorlage eines Titels aufgegeben. Da Naturalteilung nur selten möglich sei, sei es „praktisch zweckmäßig und unbedenklich", den Miteigentümer, der ein solches Verlangen stellen wolle, auf den Weg der Klage zu verweisen und nicht „umgekehrt den Antragsteller in allen Fällen, auch bei vorhandenem Einverständnisse der Miteigenthümer über den Ausschluß der Naturaltheilung zur Beschaffung eines vollstreckbaren Titels zu nöthigen und damit ganz unnöthige Kosten zu verursachen." (Bern, zu § 230). 21. Auf Antrag von Achilles wurden in der zweiten Lesung die einleitenden Bestimmungen ganz gestrichen und in die CPO verwiesen. Die Begründung ergibt sich aus dem Antrag Nr. 69 348 : „Die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen gehören an sich in die C.P.O., und zwar aus demselben Grunde wie die Regelung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen. Die C.P.O. hat nur deshalb darauf verzichtet, die Immobiliarexekution zu ordnen, weil ihre Verfasser bei der Verschiedenheit des geltenden Immobilienrechtes nicht daran denken konnten, eine für alle Rechtsgebiete passende Gestaltung zu finden. Deshalb wurde die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen der Regelung durch die Landesgesetze überlassen. — Dieser Standpunkt erledigt sich mit der Rechtszersplitterung, auf welcher er beruht, also mit dem Zeitpunkte, in welchem das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft tritt. Wenn gleichwohl die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen nicht in der C.P.O. geregelt werden soll, sondern in einem besonderen Reichsgesetze, so kann hierfür nur der große Umfang der Vorschriften, welche zur Regelung der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung erforderlich sind, und die Geltung dieser Vorschriften auch für Fälle, in welchen es nicht eigentlich um eine Zwangsvollstreckung sich handelt, geltend gemacht werden. Die Konsequenz hiervon aber ist, den Inhalt des 344 Vgl. ¿Je Anträge Nr. 55 und 60 von Achilles und den Antrag Nr. 61 von Mencke. Vgl. Antrag Nr. 82,6 von Achilles (13. 6. 1895); am Ende des vorgeschlagenen § 192a Abs. 2 sollte es aber noch heißen: „soweit sie für die Verwaltung nicht erforderlich sind". Als Abs. 3 war beantragt: „Kranke und Wöchnerinnen dürfen zur Räumung nicht angehalten werden, wenn sie ohne Gefahr für ihre Gesundheit die Wohnung nicht verlassen können." Vgl. Antrag Nr. 98 von Skonietzki (9. 10. 1895); Antrag Nr. 107 von Struckmann (7. 2. 1896). 347 Vgl. Antrag Nr. 90,3 von Achilles (3. 7. 1895). - Die Regelung der §§ 175ff. wurde von Nußbaum, aaO, S. 273 f., als „verfehlt, mindestens als höchst überflüssig" bezeichnet. 348 Antrag vom 28. 4. 1895 (hier auch der Entwurf eines Einführungsgesetzes).
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VIII. Der zweite ZVG-Entwurf im Bundesrat (1896)
besonderen Gesetzes auf die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung zu beschränken, die Zwangshypothek dagegen mit einigen allgemeinen Bestimmungen in die C.P.O. aufzunehmen. Zur Ablehnung dieser Konsequenz erscheint die Erwägung, daß man den Rechtsstoff der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen nicht auseinanderreißen dürfe, nicht ausreichend. Denn die Zwangshypothek hat weder mit der Zwangsversteigerung noch mit der Zwangsverwaltung etwas gemein, und die nicht auf die Zwangshypothek allein sich beziehenden Bestimmungen, die nach meinem Antrage aus dem besonderen Gesetze ausscheiden sollen, haben ihre Bedeutung hauptsächlich nicht für dieses Gesetz, sondern für die Civilprozeßordnung. Hinzu tritt, daß die Regelung der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung in dem Entwürfe des Vollstreckungsgesetzes ohnehin nicht vollständig ist und vollständig auch garnicht sein kann, weil neben ihr die allgemeinen Bestimmungen der C.P.O. über die Zwangsvollstreckung auch für das Gebiet der Immobilien gelten werden. — Die Red.K. der Komm. II hat die Zwangshypothek aus dem B.G.B, nicht in das Vollstreckungsgesetz, sondern in die C.P.O. verwiesen, weil die Arresthypothek in der C.P.O. untergebracht werden muß und es nicht angemessen erscheint, beide Formen in verschiedenen Gesetzen zu ordnen. Die Arresthypothek ist unleugbar nur eine Unterart der Zwangshypothek. Für sie aber ist kein Platz in dem System des besonderen Gesetzes. Wenn sie daher ihre Stelle in der C.P.O. erhält, so muß dort auch die Zwangshypothek eingestellt werden. Das in der Zusst. beobachtete System würde überdies die Folge haben, daß der Titel, in welchem die C.P.O. von der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen' handelt, nur einen einzigen Paragraphen, und zwar einen solchen ohne positiven Inhalt enthielte, — eine Folge, die kaum den Anforderungen entspräche, die man heutzutage an die Technik eines Gesetzbuchs zu stellen pflegt." — Die Überschrift des Entwurfs bezeichnete Achilles als „inkorrekt, weil Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung nicht blos Maßregeln der Zwangsvollstreckung sind, sondern auch zur Realisirung der Konkursmasse dienen, die Zwangsversteigerung überdies auch ein Mittel zur Auseinandersetzung der Miteigentümer ist. Diese Inkorrektheit wird gehoben, wenn der Entwurf schlichtweg als Entwurf eines Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung bezeichnet wird." (S. 8). Auch hierin folgte die Kommission den Vorschlägen von Achilles.
Fast alle Änderungen, welche die Bundesratsvorlage vorschlug, berücksichtigten lediglich die preußischen Belange und setzten sich damit über die Kompromisse hinweg, auf die man sich in der 1. BGB-Kommission nach langen Verhandlungen geeinigt hatte. Die einschneidendste Modifikation betraf die Erschwerung einer Versteigerung von Grundstücken, die mit Korrealhypotheken belastet waren, die dem betreibenden Gläubiger vorgingen (vgl. § 61 BRVorl.).
VIII. Der zweite ZVG-Entwurf im Bundesrat (1896) Der von der Kommission des Reichsjustizamts verabschiedete ZVG-Entwurf wurde dem Bundesrat am 14. 3. 1896349 vorgelegt und anschließend dem Justizausschuß überwiesen. Dieser beriet die Vorlage im Oktober 1896 in erster und im No-
3 « Drucksache Nr. 40/1896 (unten S. 1023ff. abgedruckt).
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Entstehungsgeschichte des ZVG
vember/Dezember 1896 in zweiter Lesung, nachdem in der Zwischenzeit zahlreiche Abänderungsanträge 350 eingegangen waren. Bedeutsamster Verhandlungsgegenstand war die sich aus § 61 ergebende wenig günstige Stellung des Hypothekengläubigers, dem eine Gesamthypothek vorging. Mecklenburg schlug vor 351 , die dem bayerischen Recht entsprechende Regelung im § 49 als Abs. 2 einzuschalten: „Baar zu berichtigen ist auch der Theil des geringsten Gebots, welcher erforderlich ist zur Deckung von Hypotheken, bei welchen nur der Höchstbetrag, bis zu dem das Grundstück haften soll, bestimmt ist, sowie von Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden, welche bedingt sind oder noch an einem anderen Grundstükke bestehen, es sei denn, daß im letzteren Falle der Ersteher sämmtliche belastete Grundstücke erwirbt." Ein ähnliches Ziel verfolgte Hessen-Darmstadt, nach dessen Antrag aber bereits das geringste Gebot für die einzelnen Grundstücke entsprechend ihrem Schätzungswert festgestellt werden sollte. Elsaß-Lothringen wollte eine dem hessischen Vorschlag vergleichbare, aber noch weiter in das Recht des Gesamthypothekengläubigers eingreifende Regelung in das Belieben der Landesgesetzgebung stellen. In der Sitzung des Justizausschusses vom 17. 10. 1896 wurden zunächst alle Anträge abgelehnt, wobei Bayern für den mecklenburgischen Vorschlag stimmte. In der Folgezeit legte das Reichsjustizamt einen zweimal geänderten und wohl mit Preußen abgesprochenen Vorschlag vor, der den Antragstellern entgegenkommen, aber das Übernahmeprinzip nicht in Frage stellen sollte. Stattdessen nahm man es in Kauf, die nach dem bürgerlichen Recht einem Gesamthypothekar zustehenden Befugnisse im Einzelfall anzutasten. Denn nach § 64 RTVorl. war bei Versteigerung mehrerer Grundstücke, die mit einer dem Ansprüche des Gläubigers vorgehenden Gesamthypothek belastet waren, auf Antrag eines Beteiligten die „Gesammthypothek bei der Feststellung des geringsten Gebots für das einzelne Grundstück nur zu dem Theilbetrage zu berücksichtigen, der dem Verhältnisse des Werthes des Grundstücks zu dem Werthe der sämmtlichen Grundstücke entspricht; der Werth wird unter Abzug der Belastungen berechnet, die der Gesammthypothek im Range vorgehen oder bestehen bleiben. Der Hypothekengläubiger kann jedoch bis zum Schlüsse der Verhandlung im Versteigerungstermin verlangen, daß bei der Feststellung des geringsten Gebots der Betrag seiner Gesammthypothek auf die zu versteigernden Grundstücke in anderer Weise vertheilt wird oder für die Grundstücke nur die seinem Ansprüche vorgehenden Rechte berücksichtigt werden; in diesem Falle sind die Grundstücke auch mit den verlangten Abweichungen auszubieten." In der „Denkschrift" zur Reichstagsvorlage wird die neue Regelung wie folgt umschrieben und begründet 352 : „Nach der Regel des § 44 (ist) bei der Feststellung des geringsten Gebots für die Einzelversteigerung die Gesammthypothek in Ansehung jedes einzelnen Grundstücks zu ihrem vollen Betrag anzusetzen. Das Grundstück wird daher im Wege des Einzelausgebots nicht verkäuflich sein, wenn der Betrag der Gesammthypothek den Werth des Grundstücks nach Abzug der Belastungen übersteigt, die ihr im Range vorgehen und bestehen bleiben. Unter sol350
Sämtliche Anträge sind im Quellenteil unter D. II-VII. abgedruckt. Auf einen detaillierten Nachweis wird hier und im folgenden verzichtet, da sich die diesbezüglichen Quellen aus den Berichten von Heller in Verbindung mit den separat gedruckten Anträgen ergeben. 352 Zitiert aus der dem Reichstag vorgelegten Denkschrift zum ZVG-Entwurf (Hahn/Mugdan, aaO, S. 50f.). Sämtliche hier zitierten Paragraphen beziehen sich auf die Reichstagsvorlage (unten unter E I). 351
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VIII. Der zweite Z V G - E n t w u r f im Bundesrat (1896)
chen Umständen ist dann ein Ergebniß nur im Wege des Gesammtausgebots zu erzielen. V o n besonderer Bedeutung ist diese Frage für die Gebiete mit stark zersplittertem Grundbesitze, wo von der Gesammthypothek ein umfassender Gebrauch gemacht wird, die einzelnen mitbelasteten Grundstücke aber häufig nur einen geringen Werth haben. Auf Grund der Erwägungen, welche zu der Vorschrift des § 60 geführt haben, erscheint es hier nicht minder geboten, daß für derartige Fälle auch die Einzelversteigerung ermöglicht werde. Demgemäß bestimmt der Entwurf (§ 64 Abs. 1 Satz 1), daß, wenn in demselben Verfahren mehrere Grundstücke versteigert werden sollen, die mit einer dem Ansprüche des Gläubigers vorgehenden Gesammthypothek belastet sind, auf Antrag eines Betheiligten die Gesammthypothek bei der Feststellung des geringsten Gebots für das einzelne Grundstück nur zu dem Theilbetrage zu berücksichtigen ist, der dem Verhältnisse des Werthes des Grundstücks zu dem Werthe der sämmtlichen Grundstücke entspricht; dabei soll der Werth unter Abzug der Belastungen berechnet werden, die der Gesammthypothek im Range vorgehen oder bestehen bleiben (vgl. § 112 Abs. 2). Die Ausübung des hiermit den Betheiligten gewährten Rechts darf aber nicht zur Folge haben, daß andererseits derjenige, dem die Gesammthypothek zusteht, in der Wahrnehmung der Befugnisse beeinträchtigt wird, die zum Wesen einer solchen Hypothek gehören und durch § 1 1 3 2 des B.G.B, ausdrücklich anerkannt sind. Dem Hypothekengläubiger ist daher das Recht vorbehalten, bis zum Schlüsse der Verhandlung im Versteigerungstermine zu verlangen, daß bei der Feststellung des geringsten Gebots der Betrag seiner Gesammthypothek auf die zu versteigernden Grundstücke in anderer Art vertheilt wird oder für die Grundstücke nur die seinem Ansprüche vorgehenden Rechte berücksichtigt werden (§ 64 Abs. 1 Satz 2). Macht der Hypothekengläubiger von seinem Wahlrecht Gebrauch, so ist er, wie keiner besonderen Hervorhebung bedarf, an die von ihm zunächst getroffene Entschließung nicht ohne Weiteres gebunden, vielmehr kann er sie bis zum Schlüsse der Verhandlung im Versteigerungstermin, also bis zu dem Zeitpunkt, in welchem er die Tragweite seiner Entschließung vollständig zu übersehen vermag, noch ändern. Um ihn nach dieser Richtung vollständig zu sichern, bestimmt der Entwurf, daß die verschiedenen Ausgebote, welche auf Grund des § 64 Abs. 1 nothwendig werden, neben einander erfolgen, daß also die Bieter durchweg an ihre Meistgebote gebunden bleiben. O b auf das eine oder das andere Meistgebot der Zuschlag ertheilt werden soll, hängt lediglich von der Wahl des Hypothekengläubigers ab, da die verschiedenen Ausgebote nur in seinem Interesse erfolgen. Erklärt er sich nicht bis zum Schlüsse der Verhandlung im V e r steigerungstermine, so verbleibt es bei der nach § 64 Abs. 1 Satz 1 erfolgten Feststellung des geringsten Gebots und ist das auf dieser Grundlage abgegebene Meistgebot für die Ertheilung des Zuschlags maßgebend." D a somit auch bei der Einzelversteigerung der Betrag der Gesamthypothek nur einmal in Ansatz kommen sollte, wurde der überschießende Wert der Grundstücke sofort für die nachstehenden Gläubiger frei während sie sich nach den Bestimmungen der Vorlage auf eine demnächstige durch Zwangshypothek zu sichernde Forderung hätten verweisen lassen müssen. Die vom Reichsjustizamt vorgeschlagene Regelung wurde im Justizausschuß nur von Bayern abgelehnt, das in ihr einen eklatanten Eingriff in die dem Gesamthypothekar nach § 1132 Abs. 1 B G B verliehenen Rechte sah 3 5 3 . Nach dem zurückgewiesenen bayerischen Vorschlag sollte, sofern der Ersteher die vorhandenen Gesamthypotheken nicht übernehmen wollte, ein Zuschlag bei einem Einzelausgebot nur erteilt werden, wenn die Meistgebote insge353
Hierzu im Quellenteil unter D . V I I .
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samt zur Deckung der Gesamthypothek ausreichten und diese insoweit bar berichtigt wurden. Ein weiterer Antrag von Bayern ging dahin, die Beschlagnahme des Grundstücks mit der Eintragung des Versteigerungsvermerks in das Grundbuch eintreten zu lassen, womit auch die „künstliche Konstruktion" des § 23 Abs. 2 beseitigt worden wäre. Nachdem sich insbesondere Struckmann für den Entwurf ausgesprochen hatte, wurde dieser Antrag gegen die Stimmen von Bayern, Hessen und Lübeck abgelehnt. — Keine Mehrheit fanden auch die Anträge Bayerns, die Miet- und Pachtzinsforderungen nicht von der Beschlagnahme auszuschließen. — Lange Debatten riefen Anträge hervor, die zum Ziel hatten, unter gewissen Voraussetzungen dem Ersteher Zahlungsfristen zu gestatten. Von Württemberg war beantragt, in einem § 8a des Einführungsgesetzes zu bestimmen: „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß bei der Zwangsversteigerung auf Verlangen eines Betheiligten gewisse Zahlungsfristen für den Ersteher als Versteigerungsbedingung festzustellen sind . . . " . Machte das Landesgesetz die Zulassung von Zahlungsfristen davon abhängig, daß ein Dritter die Verbindlichkeit ohne Rücksicht auf Zahlungsfristen übernahm, so sollten dafür im einzelnen genau bestimmte Regelungen gelten. Auch nach einem Antrag von Hessen sollte jeder Beteiligte das Recht haben zu verlangen, daß das Grundstück auch unter der Bedingung ausgeboten wurde, daß die Zahlung mit gewissen Fristen erfolgte. Der Zuschlag sollte aber nur erteilt werden dürfen, wenn ein Dritter sich bereit erklärte, die dem Ersteher obliegenden Verbindlichkeiten ganz oder mit einem bestimmten Abzüge zu bewirken. Elsaß-Lothringen endlich beantragte die Aufnahme einer Bestimmung, „wonach dem Gericht die Befugniß gewährt werden sollte, für den Überschuß des Versteigerungserlöses über das geringste Gebot Zahlungstermine zu bewilligen." Gegen die Stimmen von Sachsen und Württemberg fand der Antrag Hessen-Darmstadts mit einer kleinen Modifikation Annahme; die dann vom Reichsjustizamt vorgeschlagene Fassung wurde in der zweiten Lesung ebenfalls mit kleinen Änderungen gebilligt. Da die neu beschlossenen Bestimmungen eine Änderung der Paragraphenzählung notwendig machten, legte der Justizausschuß dem Plenum eine Neufassung des Entwurfs 354 vor. Dieser wurde am 10. 12. 1896 einstimmig angenommen, nachdem Bayern seine Opposition aufgegeben hatte.
IX. Die Beratungen des ZVG-Entwurfs im Reichstag (1897) Der ZVG-Entwurf wurde am 12. 12. 1896 dem Reichstag vorgelegt und noch am 16. 12. 1896 in erster Lesung ausführlich beraten355. Insgesamt fand der Entwurf, außer bei den Sozialdemokraten, wohlwollende Aufnahme. Als Verbesserung gegenüber dem allzu „kapitalistischen"356 preußischen ZVG wurde die Einführung von Zahlungsfristen begrüßt. Für unzureichend hielt man aber die für die Gesamthypothek getroffene Regelung, nach Buchka die „partie honteuse"357 der Vorlage. Stolle führte für die Sozialdemokraten aus, der Entwurf sei weit davon entfernt, 354 Dieser stimmt bis auf kleine Abweichungen mit der Reichstagsvorlage überein (vgl. unten S. 1126 ff.). 355 Hahn/Mugdan, aaO, S. 7 9 - 9 9 (Sten. Berichte, Reichstag, 9. Legislaturperiode, IV. Session, S. 3941-52). 356 Spahn, aaO (Fn. 177), S. 90. 357 Buchka, aaO (Fn. 177), S. 93.
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IX. Die Beratungen des ZVG-Entwurfs im Reichstag (1897)
„die Rechte des kleinen Landwirths, des Arbeiterstandes, der Bauhandwerker, der Dienstboten auf dem Lande und in der Stadt zu wahren, und andererseits nur geeignet, dem Wucherer und Geldverleiher zu Vortheilen zu verhelfen." 358 Die unzureichende Sicherung der Bauhandwerker beschäftigte auch Spahn (Zentrum) und Buchka (Konservative Partei). Als einziger ging Buchka auch auf die sprachliche Fassung näher ein und bedauerte, „daß die Höhe, auf welcher die neuere deutsche Gesetzgebung einsetzte in Bezug auf die Gemeinverständlichkeit und Klarheit der Sprache, wie wir sie im Handelsgesetzbuch und vorher schon in der Wechselordnung haben, nachher in keinem der neueren Reichsgesetze wieder erreicht ist, auch selbst nicht im B.G.B., vielmehr sind in den 70ger und 80ger Jahren Reichsgesetze erlassen, die außerordentlich schwer geschrieben und zu verstehen sind."359 Obwohl Buchka die „juristische Technik", die auch beim ZVG „in glänzender Weise" hervortrete, anerkannte, wies er darauf hin, daß die Vorlage zu den „schwer zu verstehenden Gesetzen" gehöre. Am Schluß der Diskussion wurde der Entwurf der XVI. Kommission überwiesen 360 , welche die Vorlagen in 10 Sitzungen beriet. Vorsitzender der Kommission war Cuny, stellvertretender Vorsitzender Buchka, der auch den anonym gehaltenden Bericht abfaßte 361 . Die Redaktionskommission bestand aus v. Cuny, Buchka, Kauffmann und Spahn 362 . Noch kurz vor Abschluß der Kommissionsberatungen veröffentlichte der preußische Jurist M. E. Eccius363 Bemerkungen zum ZVG-Entwurf, die zur Änderung einiger Bestimmungen führten. In seiner Kritik wies Eccius darauf hin, daß alle Juristen, die mit dem preuß. ZVG zu tun gehabt hätten, überwiegend der Ansicht seien, daß die praktische Anwendung des Deckungsprinzips (geringstes Gebot) „große Schwierigkeiten" 364 bereitet habe: „Diese Schwierigkeiten sind am größten in den Gebieten mit zersplittertem Grundbesitz, der im Grundbuch nach dem Formular II der Grundbuchordnung 365 eingetragen wird und bei dem jede für die Besteuerung besonders vermessene und kschenmäßig bezeichnete Fläche als selbständiges Grundstück' behandelt wird. Wenn ich die Beobachtungen, die ich in zehn Jahren in meinem Gerichtsbezirk 366 gemacht habe, zusammenfasse, so ist der Prozentsatz von Fällen der Zwangsversteigerung ein sehr großer, in denen Richter und Betheiligte sich der Aufgabe des Gesetzes nicht gewachsen gezeigt haben, wo vielmehr anfechtbare, wenn auch selten angefochtene Zu lagsurtheile ergangen sind und wo nicht selten das rechtskräftige Unheil im Widerspruch mit der Absicht des Gesetzes materielles Unrecht zu Recht gemacht hat. — Es wäre deshalb der Mühe werth, zu untersuchen, ob nicht eine theoretisch weniger einfache und folgerichtige Durchführung des Deckungsprinzips ohne vorgängige Feststellung des geringsten Gebots mit einem Widerspruchsrecht des vorstehenden nicht gedeckten Gläubigers 358 Stolle, aaO (Fn. 177), S. 99. 359
Sten. Berichte, bei HahnJMugdan, aaO, S. 92; hieraus auch das folgende Zitat. mo Sten. Berichte, aaO (Fn. 177), S. 99. 361 Vgl. Bericht dieser Kommission in der Drucksache Nr. 685; auch bei Hahn/Mugdan, aaO, S. 100-135. 362 Zur Zusammensetzung der Kommission vgl. die Zeittafel. 363 Bemerkungen zur Ordnung der Zwangsversteigerung im Entwurf eines Reichsgesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung in: Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gruchot, hrsg. von Rassow/Küntzel/Eccius, Bd. 41 (1897), S. 2 0 9 - 2 2 8 . 3 " Eccius, aaO, S. 208f.; das folgende Zitat S. 208f. 365 Gemeint ist das Formular II der preuß. Grundbuchordnung (Anm. des Verf.). 3 « OLG Kassel (Anm. des Verf.). 81
Entstehungsgeschichte des Z V G
gegen den Zuschlag und einer Pflicht des Bieters, die nachher festgestellten hebungsberechtigten Ansprüche in Anrechnung auf den Kaufpreis zu übernehmen, einen für die eilige Praxis brauchbareren und in geringerem Maße dem Mißverständnis ausgesetzten Rechtszustand begründen möchte." Scharfer Kritik unterzog Eccius die Bestimmungen über die Versteigerung von Grundstücken, die mit einer dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Korrealhypothek belastet waren; vor allem sollte das Recht der Beteiligten beseitigt werden, ein Einzelausgebot zu verlangen. Er schlug dazu als § 63 Abs. I 367 vor: „Sind mehrere Grundstücke in demselben Verfahren zu versteigern, so bestimmt der Richter nach Anhörung der Betheiligten unter Berücksichtigung der ihm gemachten Angaben über den wirthschaftlichen Zusammenhang der Gründstücke, sowie der Art und Weise ihrer Belastung, inwieweit sie vor dem Ausgebot in ihrer Gesammtheit einzeln oder in Gruppen zum Gegenstand von Geboten gemacht werden sollen."368 Ausführlich setzte sich Eccius mit § 64 auseinander, in dem er einen Eingriff in die Rechte des Korrealhypothekengläubigers und eine schwere Benachteiligung des Hypothekenschuldners und der weiteren in das geringste Gebot fallenden Gläubiger erblickte. Gleichwohl erkannte Eccius die Interessen des betreibenden Gläubigers an einer Realisierung des Grundstückswertes als berechtigt an, schlug aber ein die Rechte des vorrangigen Korrealhypothekengläubigers schonenderes Verfahren vor: „Wenn auf mehreren in demselben Verfahren zu versteigernden Grundstücken eine dem Anspruch des Gläubigers vorangehende Gesammthypothek haftet, so ist auf Verlangen des Gläubigers der aus der Gesammtbelastung Berechtigte verpflichtet, im Versteigerungstermine nach Aufforderung durch den Richter für den Fall, daß ein zulässiges Gesammtgebot auf die mehreren mit der Hypothek belasteten Grundstücke nicht abgegeben wird, die Gesammtbelastung nach Maßgabe des §1132 des B.G.B, für den Fall des Einzelverkaufs der Grundstücke in diesem Verfahren zu vertheilen. — Geschieht das nach wiederholter Aufforderung durch den Richter nicht, so hat dieser die Gesammtbelastung auf die einzelnen Grundstücke nach Verhältniß ihres Werths zu vertheilen. Der Werth ist unter Abzug der Belastungen zu berechnen, die der Gesammtbelastung vorgehen." 369 — Die Kritik von Eccius, die auch im Reichsjustizamt beachtet worden war, hatte zur Folge, daß Buchka, Cuny und Spahn in der Kommission einige kleinere Änderungen der §§ 63, 64 und 112 der Vorlage durchsetzten 370 , ohne daß damit dem Anliegen von Eccius auch nur im entferntesten Rechnung getragen war. Beseitigt wurden lediglich die eklatantesten Ungerechtigkeiten. In den Beratungen kamen im wesentlichen folgende Probleme zur Sprache 371 : 1. Von Remhold (Zentrum) stammte der dem württembergischen Recht nachgebildete Antrag, das Übernahmeprinzip des Entwurfs durch die Verpflichtung des Erstehers zur Barzahlung zu ersetzen. Doch fand dieser Antrag keine Zustimmung, so daß Rembold seinen Antrag zunächst zurückzog. Zur Beratung der §§ 44, 49 legte er ihn jedoch in modifizierter Form erneut vor, fand damit aber weder bei den 367 Vorschlag zu § 63 Abs. 1 RTVorl. 368 Eccius, a a O , S. 216. 369 Eccius, a a O , S. 224; vgl. ferner n o c h den Vorschlag von Eccius, aaO, S. 225 f. zu § 130 RTVorl. 370 Hierzu unter 5. 371 Zum folgenden vgl. die Anträge der Kommissionsmitglieder und die Berichte von Heller (unten unter E III) sowie den im übrigen außerordentlich sorgfältig redigierten Bericht der Kommission bei Hahn/Mugdan, aaO, S. 100 ff. 82
IX. Die Beratungen des ZVG-Entwurfs im Reichstag (1897)
anderen Zentrumsabgeordneten, noch bei den Sozialdemokraten Zustimmung. — Von badischer Seite wurde beklagt, daß man das System der Schätzung aufgegeben habe, ohne daß aber ein bestimmter Antrag gestellt wurde. 2. Prioritätsordnung. Erweiterung des Liedlohnprivilegs aufgrund der Anträge von Spahn (Zentrum) und Hofmann (Nationalliberale Partei). Keine Zustimmung fand der Antrag von Stadthagen (Sozialdemokraten), bei einem Gebäude die Ansprüche zu privilegieren, die „auf Lohn, Kostgeld und andere Bezüge wegen der laufenden und der aus dem letzten Jahre rückständigen Beträge denjenigen Arbeitern zustehen, welche das Gebäude errichtet oder Reparaturen an demselben ausgeführt haben." — Hofmann und Remhold wollten das Vorzugsrecht des betreibenden Gläubigers, sofern ihm kein dingliches Sicherungsrecht zustand, beseitigen. Vielmehr sollten diese Ansprüche nur nach Verhältnis der Forderungen berücksichtigt werden. Doch wurden diese Anträge ebenso abgelehnt wie der Versuch Spahns zurückgewiesen, die Sicherungshypothek zu Fall zu bringen. 3. Buchka beantragte, das Recht des Erstehers, ein bestehendes Miet- oder Pachtverhältnis zu kündigen, zumindest für die Pacht zu beseitigen und es bei der Regelung des § 571 BGB zu belassen (Ablehnung mit 10 gegen 6 bzw. 8 gegen 6 Stimmen). 4. Mit 7 gegen 5 Stimmen wurde beschlossen, bei der Aufstellung der Versteigerungsbedingungen die Altenteilsinhaber stärker zu schützen (Antrag von Günter; Nationalliberale Partei; § 9 EG). 5. Gesamthypothek (§ 64 des Entwurfs) 372 . Von Buchka lagen zwei Anträge vor: 1. Durchbrechung des Wahlrechts gemäß § 1132 BGB, d. h. die in § 64 Abs. 1 vorgesehene Aufteilung der Gesamthypothek nach dem Wert der Grundstücke sollte ohne Zustimmung der Beteiligten, die dadurch beeinträchtigt würden, nicht zulässig sein; 2. der auf das einzelne Grundstück entfallende Teilbetrag sollte beim Verkauf im Einzelausgebot bar berichtigt werden. Beides wurde abgelehnt (gegen 3 Stimmen). — In zweiter Lesung stellten Marbe und Rembold (Zentrumsabgeordnete aus Baden und Württemberg) den allerdings zurückgewiesenen Antrag, bei Einzelversteigerung von Grundstücken, auf denen den betreibenden Gläubigern eine Gesamthypothek vorging, das Ubernahmeprinzip aufzugeben. — Zur zweiten Lesung lag ferner ein interfraktioneller Antrag von Buchka, Cuny und Spahn vor, der auf die bereits erwähnte Kritik von Eccius zurückging und der insbesondere zum Ziel hatte, die vorgeschlagene Regelung zu vereinfachen. Zum einen wurde das Wahlrecht des Gesamthypothekengläubigers für die Feststellung des geringsten Gebots beseitigt. Ferner sollte die in § 64 vorgesehene Verteilung nur auf Antrag des Gläubigers, des Eigentümers und jedes dem Hypothekengläubiger gleich- und nachstehenden Beteiligten erfolgen dürfen. Im übrigen wurden durch eine Änderung des §83 der Hypothekengläubiger selbst und die ihm gleich- oder nachstehenden, aber dem (betreibenden) Gläubiger vorgehenden Beteiligten besser gestellt. Außerdem wurde die Verteilung des Erlöses bei der Gesamtversteigerung erneut geändert (vgl. die neue Fassung des § 112). 6. Der Antrag von Cuny (Nationalliberale Partei), der eine Anregung des Abgeordneten Bassermann aufgriff, auch für Schiffsversteigerungen das Deckungsund Ubernahmeprinzip zu übernehmen, wurde abgelehnt. 372 Vgl. hierzu außer dem Bericht von Heller auch den Bericht der Kommission, aaO (Fn. 361), S. 122-126. Die Regelung des § 64 ZVG wurde wegen ihrer Überkompliziertheit in der Praxis sehr bald umgangen (vgl. dazu Nußbaum, aaO, S. 259ff.). 83
Entstehungsgeschichte des ZVG
7. Von Spahn wurde angeregt, den gesamten Gesetzentwurf als besonderen Abschnitt in die C P O zu übernehmen. Gegen diesen, von den übrigen Kommissionsmitgliedern abgelehnten Antrag wurde von Nieberding und von Gutbrod vorgebracht, daß hier eine in sich geschlossene Materie vorliege, welche bisher meist in Spezialgesetzen behandelt worden sei.
X. Zusammenfassende Würdigung Für die Entstehungsgeschichte des ZVG ist vor allem kennzeichnend, daß eine kritische Auseinandersetzung mit dem Entwurf von 1889, von den wenigen allgemeinen Bemerkungen Dernburgs 373 abgesehen, nicht stattgefunden hat. Dies mag seinen Grund darin haben, daß der Entwurf zu einer Zeit publiziert wurde, als sich die Öffentlichkeit ausführlich mit dem ersten BGB-Entwurf befaßte, so daß die anderen Arbeiten der 1. BGB-Kommission weniger beachtet wurden. Allerdings dürfte der Entwurf zu einer grundlegenden Kritik nicht gerade herausgefordert haben, folgte er doch im wesentlichen dem neueren preußischen, sächsischen und bayerischen Recht, das — so nahm man wohl überwiegend an — sich bewährt hatte. Diese Annahme dürfte wohl auch die Bundesregierungen davon abgehalten haben, den Entwurf den Zwangsversteigerungsrichtern zur Begutachtung vorzulegen, wie es Preußen mit dem Kurlbaum'schen Entwurf von 1878 noch getan hatte. Jedenfalls ist auffällig, daß kein Bundesstaat zur 2. Lesung des ZVG-Entwurfs dem Reichsjustizamt kritische Äußerungen hat zukommen lassen, wenn man der von Greiff gefertigten Zusammenstellung Glauben schenken darf. Einige preußische Praktiker, die bei der 2. Lesung mitwirkten, haben dann zwar dazu mitbeigetragen, daß sich der Entwurf wenigstens teilweise konsequenter dem preußischen ZVG anschloß. Dies führte dann aber im Bundesrat und Reichstag dazu, daß insbesondere von Süd- und westdeutscher Seite Regelungen in den Entwurf eingefügt wurden, welche die Vorlage meist nicht verbesserten. Obwohl das ZVG in seinen dogmatischen Grundlagen und in den meisten Detailregelungen seit über 80 Jahren unverändert gilt, hat sich seit dem Erscheinen des Werkes von Arthur Nußbaum: „Die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung" (1916) kein Autor mehr umfassend mit diesem Gesetz unter Einbeziehung rechtstatsächlicher und rechtspolitischer Fragestellungen befaßt. Dies ist umso bedauerlicher, als das ZVG auch heute noch in der Praxis eine bedeutsame Rolle spielt, zumal die Anzahl der Zwangsversteigerungen in den letzten Jahren erneut angestiegen ist. Unabhängig von der Frage, ob das Zwangsversteigerungsrecht revidiert werden soll, erscheint aus den aufgezeigten Gründen eine wissenschaftliche Diskussion über die Grundlagen des Zwangsversteigerungsrechts unabdingbar, und zwar auch unterhalb der verfassungsrechtlichen Schwelle. Das Werk von Nußbaum, so bedeutsam es für seine Zeit war, ist für die heutige rechtspolitische Diskussion nur noch beschränkt verwertbar, da Nußbaum im wesentlichen eine Darstellung des geltenden Zwangsversteigerungsrechts bringen wollte und sich mit ihm nur insoweit kritisch auseinandersetzte, als es ihm von der damaligen Praxis her geboten erschien. Eine umfassende Kritik des Zwangsversteigerungsgesetzes aus dogmatischer, wirtschaftlicher und praktischer Sicht hat bisher nur der hannoversche Amtsrichter
373 Vgl. oben S. 70 ff. 84
X. Zusammenfassende Würdigung und Ausblick
Müncbmeyer im Jahre 1901 vorgelegt 374 . Zwar sind auch in diesem Werk die rechtstatsächlichen Beobachtungen und die Ausführungen zu den inzwischen aufgehobenen Bestimmungen über das Zielerprinzip für die heutige Diskussion nicht mehr von unmittelbarem Interesse. Gleichwohl ist dieses Werk weiterhin von großer Bedeutung, da es die dogmatischen Grundlagen des ZVG von der Sicht eines preußischen Praktikers unter detaillierter Einbeziehung der damals veröffentlichten Gesetzesmaterialien erschlossen hat, noch bevor sich die Praxis mit dem ZVG abgefunden bzw. abzufinden gelernt hat. Münchmeyer stellt zunächst klar, daß sich in Preußen das Übergangsprinzip ebensowenig wie in Bayern bewährt habe. Gleichwohl habe man mit diesem Prinzip in Preußen leben können, weil eine weitverbreitete Praxis den Übergang nur bei Grundpfandrechten eintreten ließ, „welche auf dauernden Credit gewährt und nicht fällig und nicht gekündigt und als fällig oder gekündigt vor Aufforderung zum Bieten nicht angezeigt waren." 375 „Fällige, gekündigte und als solche angezeigte Hauptansprüche wurden als gesetzlich der Baarzahlung verfallend behandelt", ohne daß dem die Beteiligten zustimmen mußten. Zu diesem auf einer Auslegung des § 57 preuß. ZVG beruhenden Ergebnis schreibt Münchmeyer: „Es ist mir in den sämmtlichen Zwangsversteigerungen, welche ich nach 1883 zuerst auf dem Lande, dann in der größten Stadt Nordwestdeutschlands erfolgreich durchgeführt h a b e , . . . auch nicht ein Fall bekannt, wo eine gegentheilige Auffassung hervorgetreten, die Richtigkeit meiner Auslegung bestritten, geschweige Beschwerde gegen den auf solche Bedingung geschehenen Zuschlag eingelegt, ja, wo überhaupt der Wunsch des Gläubigers oder anderer Betheiligter oder Bieter auf Uebernahme solcher dazu absolut ungeeigneter Creditgebilde geäußert worden wäre. Immer ist ein den Verhältnissen angemessener Preis erzielt und jene Stadt, in welcher vor, unter und nach mir bis 1. Jan. 1900 alle Versteigerungen unter den verschiedensten Gesetzen nach den berechtigten Erwartungen des Realcredits glatt verliefen, ein Hypothekenanlageort ersten Ranges bei allen deutschen und bei allen schweizerischen Anleiheanstalten bisher gewesen. Jetzt zeigt auch sie das Stilliegen des Grundstücks- und Hypothekenverkehrs, der Bauspeculation und entsprechend trauriges Bild in der großen Zahl Zwangsversteigerungen." 376 Der Rest der Fälle, so heißt es bei Münchmeyer abschließend 377 , „wo erster Gläubiger weder betrieb noch beitrat, lag der Uebergang im allseitigen Interesse, aber die Behandlung der fälligen und gekündigten und als solche angezeigten Hauptansprüche als baarzuzahlende hatte den günstigsten Einfluß auf die Höhe der Gebote, denn alle einsichtigen Bieter verlangten geradezu die Freiheit des Grundstücks von solchen Ansprüchen, nach Schutz vor deren Gefahren und persönlichen Verpflichtungen, und den Schwierigkeiten ihrer Erledigung, genau wie beim freiwilligen Ankauf." Wenn der Gesetzgeber angenommen habe, daß das Übergangsprinzip sich in Preußen durchgesetzt habe, so sei dieser Eindruck lediglich auf eine interessengerechte Handhabung des Gesetzes von 1883 zurückzuführen gewesen. Wenn man in den „Centraiinstanzen" von etwas anderem
374
375
377
C. Münchmeyer: Gefahren in der Zwangsversteigerung. Prüfung der Hauptgrundsätze des Reichs-Zwangsversteigerungsgesetzes für Juristen, Creditgeber, deren Vertreter und Bietlustige mit Vorschlägen für dessen eilige Reform, Hannover/Berlin 1901 (251 Seiten). Münchmeyer, aaO, S. 119; hieraus auch das folgende Zitat. Münchmeyer, aaO, S. 123-124. Münchmeyer, aaO, S. 125. Zur Behandlung der Gesamthypotheken in der preuß. Praxis vgl. S. 126 ff. 85
Entstehungsgeschichte des ZVG
ausgegangen sei, so sei dies ein schwerer Irrtum gewesen: „Eine Umfrage bei den Vollstreckungsgerichten hätte denselben sicher aufgeklärt." In einem längeren Kapitel beschreibt Münchmeyer die Wirkungen des Uebergangsprinzips seit 1883 auf den Kreditverkehr und das Verhalten der Kreditgeber. Zunächst weist er darauf hin, daß fast alle Kreditinstitute Hypotheken nur noch unter der Voraussetzung gewährten, „daß der ganze, auch der Hauptanspruch mit Einleitung der Zwangsversteigerung (Zwangsverwaltung, des Concurses, Wechsel des Eigenthümers u.s.w.) sofort fällig wird und daß der Schuldner sich und das Grundstück für solchen Fall sofortiger Zwangsvollstreckung unterwirft." 378 Meistens werde auch der vollstreckbare Schuldtitel bereitgehalten. Ferner seien in der Regel vor allem die ländlichen Kreditinstitute für die erstrangigen Hypotheken dem Verfahren beigetreten, wenn ein nachrangiger Hypothekar die Zwangsversteigerung beantragt habe 379 . Diese Entwicklung hatte nach Münchmeyer dazu geführt, daß das von ihm voll gebilligte Deckungsprinzip, das dem Schutz der vorrangigen Hypothekare dienen sollte, insoweit seine Bedeutung weitgehend verloren hatte. Weiterhin habe sich dadurch die von einem Bieter zu leistende Sicherheit, deren Verringerung eines der erklärten Ziele der preußischen Reformen gewesen sei, wieder erhöht, wie überhaupt die Bestimmungen über die Bieterkaution nach Münchmeyer zahlreiche Interessenten vom Mitbieten abgehalten hatten. Das Übergangsprinzip hat nach den Beobachtungen von Münchmeyer dazu beigetragen, daß das Privatkapital seit 1883 zunächst von den einstelligen Hypotheken verdrängt worden war und sich anschließend auch verstärkt von den nachrangigen Hypotheken zurückgezogen hatte, was in Zeiten größerer Zinsschwankungen den Hypothekenkredit nicht nur verteuert, sondern für den einzelnen auch erschwert habe. Mögen auch die strukturellen Änderungen des Kapital- und Kreditverkehrs in erster Linie auf andere Faktoren zurückzuführen sein, auf jeden Fall dürften sie - insoweit ist Münchmeyer zuzustimmen - durch die neuere Subhastationsgesetzgebung mitbeeinflußt, zumindest aber beschleunigt worden sein380. Der Hauptfehler des neuen Subhastationsrechts beruhte nach Münchmeyer darauf, daß nach Meinung der Gesetzesverfasser „das Bestehenbleiben vorgehender Rechte volle Konsequenz des juristischen Deckungsprincips sei und die Gewährung eines neuen Schuldverhältnisses selbstverständlich unter bisherigen Zahlungsbedingungen und Kündigungsfristen' der vereinbarten Baarzahlung rechtlich und w i r t schaftlich unbedenklich gleich gestellt werden könne." 381 Die Zusammenfassung des Deckungs- und des Ubernahmeprinzips und die Annahme, „als seien die günstigen Wirkungen des Deckungsprincips auch auf das Uebergangsprincip zu beziehen und als seien die geschilderten Wirkungen wirklich... nachgewiesen worden", seien maßgebend dafür gewesen, „daß man ohne Weiteres auch dieses Uebergangsprincip aus dem preußischen Rechte glaubte übernehmen zu können." 382 Münchmeyer untersuchte dann im folgenden die „gesetzgeberischen Gründe" für das Übergangsprinzip bei Hauptansprüchen von Hypotheken, Grund- und Rentenschulden 383 . Nach ihm hatte der Gesetzgeber folgende Fragen nicht hinreichend beantwortet: ob nur der betreibende Gläubiger Anspruch auf Barbefriedigung habe, ob, wenn 378 379 380 381 382 383
86
Münchmeyer, aaO, S. 152. Hierzu und zum folgenden Münchmeyer, aaO, S. 133 ff. Zum süddeutschen Subhastationsrecht, Münchmeyer, aaO, S. 166 ff. Münchmeyer, aaO, S. 57. Münchmeyer, aaO, S. 59. Münchmeyer, aaO, S. 63 ff.
X. Zusammenfassende Würdigung und Ausblick
dieser Barbefriedigung erlangen solle, nicht auch die Barzahlung der vorstehenden Ansprüche mit Notwendigkeit folge und „ob ins Recht der Schuldverhältnisse so eingegriffen werden sollte, daß in der Zwangsversteigerung statt erwarteter Baarzahlung in erster Linie zwangsweise ein neues Schuldverhältniß geboten werden durfte." 384 Erst „nach günstiger Beantwortung aller dieser juristischen Hauptfragen" könne „der Gesetzgeber die große Verantwortung übernehmen, Experimente zu machen, wirthscbaftlichen und socialen Nebenbestrebungen zu folgen und ins Creditleben mit scharfer Hand einzugreifen." Abgesehen davon machte Münchmeyer dem Gesetzgeber von 1897 zum Vorwurf, daß dieser sich keinen vollkommenen Uberblick „über das deutsche Rechtsgebiet, dessen Einzelverhältnisse, Gewohnheiten und Bedürfnisse in Stadt und Land" verschafft habe 385 , „wofür die engen Auffassungen aus land- und forstwirtschaftlichen Kreisen mit geschlossenem Grundbesitz über die ihnen diensamen Crediteinrichtungen nicht ausreichten und . . . die mannigfachste Rechtslagen und verwickeiste Versteigerungen bietenden städtischen Verhältnisse zu Grunde zu legen waren. Dabei konnten auch der kurze und Zwischen-Realcredit und die Wirkung von Zwangsvorschriften auf die Creditgeber nicht übersehen werden. Wenn man neben dem Deckungsprincip auch die vorgehenden Schuldverhältnisse möglichst unberührt lassen wollte, so waren sie so zu schützen, wie sie begründet waren, bestanden und als lebende Rechtsgebilde sich äußerten. Dann ergab sich die Unterscheidung der Forderungen nach der Art des gewährten Credits und seinen Zwecken, soweit diese möglich ist, von selbst. Es ist ohne Weiteres auch jedem Laien klar, daß der gesetzliche Uebergang drückender, zweifelhafter, fälliger, rechtshängiger, vollstreckbarer, ungewisser und schwierig wie kostspielig zu ordnender Rechtsverhältnisse auf den Ersteher verständige Bieter vom Bieten abschrecken und überhaupt den Erfolg der Versteigerung in Frage stellen muß." Und im Hinblick auf die preußische Gesetzgebung fährt Münchmeyer dann fort 386 : „Die Feststellung des Uebergangsprincips für vorgehende Hauptansprüche von Hypotheken 1883 in Preußen war durch irgend welches Bedürfniß nach gesunder besserer Verkäuflichkeit der den Credit stützenden Liegenschaften nicht veranlaßt und durch irgend hervorgetretene Mißstände nicht begründet, welche mit dem Versteigerungsverfahren zusammenhingen oder durch solches beseitigt werden konnten. Jene statistischen Erhebungen von 1867 bis 1881 sprachen für das Dekkungsprincip, für das Uebergangsprincip überall nicht. Ins Besondere ist eine Statistik über die wichtige Frage, ob die etwa in der Mehrzahl festgestellten gesetzlichen oder freiwilligen Uebernahmen von vorgehenden Hauptansprüchen zu bisherigen oder veränderten Bedingungen stattgefunden haben, nicht vorhanden. Die Aufnahme dieses Princips war ein Sprung ins Dunkle, eine verfehlte That und hatte als Grundlage nur oberflächliche rechtliche und wirtschaftliche Prüfungen, einseitige Auffassungen, schwere Irrthümer und Illusionen. Sie hat die beabsichtigten Wirkungen nicht gehabt, nur geschädigt, nur zur Belästigung der Betheiligten über die mit Eintritt der Versteigerung selbstverständlichen Störungen und Unruhen hinaus, wie zur Erschwerung der Pflichterfüllung der Vollstreckungsgerichte geführt. Schwierig wurde das Gesetz von 1883 nur durch dies neue Princip und machte dies wunderbarer Weise tatsächlich das segensreiche Deckungsprincip völlig bedeutungslos." Es kann hier die detaillierte Analyse der wirtschaftlichen und juristischen Gründe, die nach Münchmeyer gegen das Übernahmeprinzip sprechen, im einzelnen 384 385 386
Münchmeyer, aaO, S. 66; hieraus auch das folgende Zitat. Münchmeyer, aaO, S. 67. Münchmeyer, aaO, S. 6 7 - 6 8 . 87
Entstehungsgeschichte des ZVG
nicht nachgezeichnet werden. Hingewiesen sei nur darauf, daß nach Meinung des Autors der Endzweck jeder Zwangsversteigerung in der Barbefriedigung aller Gläubiger in der gesetzlich festgelegten Reihenfolge bestand. Jede Gesetzgebung, die diesen Grundsatz mißachte, müsse nicht nur zu einer äußerst komplizierten gesetzlichen Regelung kommen, sondern vor allem dazu führen, daß die Praxis das Übernahmeprinzip weitgehend paralysiere. Wenn dies nicht gelänge, würden sich immer weitere Kreise der Bevölkerung von der Zwangsversteigerung fernhalten und die Gebote, entgegen den Erwartungen des Gesetzgebers, noch weiter fallen; „denn ein vorsichtiger, auf Begründung einfacher und klarer Verhältnisse bedachter Kauflustiger wird auf die Bedingung des Uebergangs gefährlicher, fälliger, rechtshängiger, vollstreckbarer, ungewisser, schwierig und kostspielig zu erledigender Ansprüche überhaupt nicht, jedenfalls nur einen Minderpreis bieten." 387 Vor allem aber sah Münchmeyer im Uebergangsprinzip eine eklatante Benachteiligung der vorrangigen Gläubiger: „Konnten verständige Creditgeber und deren verantwortliche Verwalter ein Weiterbestehen der Hauptansprüche unter gänzlich veränderten Verhältnissen auf unbestimmte Zeit mit einem anderen Schuldner an demselben, aber seinen Werth zeitlich ändernden Grundstücke einer rechtzeitigen vereinbarten Rückzahlung gleichwertig, mündelsicher, oder nur für einen untergeschobenen Wechselbalg halten, das Vorlassen der nachstehenden im Baarempfang und damit die gewaltsame Wegnahme des in Aussicht gestellten Vorrechts unbeachtet lassen?"388 Im übrigen machte Münchmeyer auf eine Reihe von Verschlechterungen gegenüber dem preußischen Gesetz von 1883 aufmerksam, wobei er insbesondere dem Zielerprinzip der §§ 60, 61 ZVG über 50 Seiten widmete 389 . Aus diesen aus Südwestdeutschland stammenden Bestimmungen, die dort aber einen anderen Stellenwert hatten, konnte sich nach Münchmeyer die gesetzliche Bedeutung der Barzahlung wenigstens zugunsten des betreibenden Gläubigers ins Gegenteil verkehren. Hinzu kam noch, daß das Zielerprinzip zu einer künstlichen Preistreiberei über den Wert des Grundstücks hinaus führen konnte und bei konsequenter Ausnutzung dieses Prinzips der Grundkredit hätte ganz erheblich beeinträchtigt werden können 390 . — Ein längeres Kapitel widmete Münchmeyer dann den außerordentlich unpraktischen und zugleich gefahrvollen Bestimmungen der §§ 143, 144 ZVG (Privatteilung)391, wie es überhaupt für das ZVG kennzeichnend ist, daß man zusätzlich zu den Regelungen des preußischen Rechts Bestimmungen übernahm, die aus Gebieten mit anderen Rechts- und Kreditgewohnheiten und Rechtssystemen stammten. Fast alle Neuerungen, die das ZVG gegenüber dem preußischen Recht brachte, dienten, so Münchmeyer, dazu, „das Verfahren für die Betheiligten und das Gericht zu zerreißen, weitläufiger; verantwortlicher und. gefährlicher zu machen, als das pr.Z.G." 392 Erwogen werden sollte nach Münchmeyer vom Gesetzgeber vor allem, ob der Zuschlag nicht erst nach der Zahlung des Kaufpreises erfolgen sollte393. Sofern nicht gezahlt wurde, sollte sofort auf Kosten des Nichtzahlenden erneut versteigert 387
Münchmeyer, aaO, S. 112. Münchmeyer; aaO, S. 89. 389 Münchmeyer; aaO, S. 177 ff. 390 Die §§ 60, 61 ZVG haben im größeren Teil Deutschlands zunächst kaum Bedeutung erlangt. Erst in den sechziger und siebziger Jahren ist es dann teilweise zu den von Münchmeyer prognostizierten Mißbräuchen gekommen. 391 Münchmeyer, aaO, S. 38ff. 3 '2 Münchmeyer, aaO, S. 248. 393 Münchmeyer, aaO, S. 155ff. 388
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X. Zusammenfassende Würdigung und Ausblick
werden. Damit wäre nicht nur das großen Mißbräuchen ausgesetzte Recht der Sicherheitsleistung hinfällig geworden, sondern das Verteilungsverfahren wäre außerordentlich vereinfacht worden: „Die jetzige Vorleistung durch den Zuschlag weicht von dem Grundfundament jeglichen gegenseitigen Rechtsgeschäfts, zumal Kaufs, der Zug- um Zug-Leistung ab und ist, da diese bei der Zwangsversteigerung, in der es sich meist um größere Summen handelt, ausgeschlossen ist, jedenfalls die Vorleistung durch den Meistbietenden nicht nur eines amtlichen sichernden Verfahrens, in dem die Gläubiger Zahlung verlangen und nicht neue Schuldverhältnisse, würdiger, sondern die Vortheile der Vorleistung des Zuschlags sind ihren Nachtheilen gegenüber so geringfügig, daß man in der That nicht begreifen kann, wie das preußische Recht dazu gelangt ist. Hier liegt offenbar dieselbe Tendenz zugrunde wie dem Uebergangsprincipe, möglichst alles Unbequeme auf Ersteher mit dem Grundstücke abzuschieben zur außergerichtlichen Erledigung durch die Betheiligten, damit die Geschäftsnummer möglichst rasch erledigt und dem Gerichte Mühe erspart wird." 394 Darüber hinaus sollte bis zur Eintragung des Erstehers im Grundbuch das Vollstreckungsgericht die Funktionen des Grundbuchamts ausüben. Nur unter bestimmten Voraussetzungen sollte der Ersteher berechtigt sein, Eintragungen beim Vollstreckungsgericht zu bewilligen, so daß die allgemeine395 Verfügungsbefugnis des Erstehers eingeschränkt gewesen wäre. Die schuldrechtlichen Wirkungen des Übergangs einer Hypothek sollten erst mit der Eintragung des Erstehers im Grundbuch eintreten. Hingewiesen sei noch auf die Kritik an den Absätzen 2 und 3 des § 91 ZVG (vertragsmäßige Aufrechterhaltung der in der Zwangsversteigerung sonst erlöschenden Rechte), die im Vergleich zum preußischen Recht außerordentlich weit gingen 396 , an den Voraussetzungen der Wirkungen des Beitritts397, an den Bestimmungen über die Abänderung der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen 398 und an der Behandlung und Löschung der in einer Versteigerung nachweisbar erloschenen Rechte 399 . Besonders verfehlt war nach Münchmeyer, daß in Zukunft nur noch nach dem Bargebot zu bieten war. Dies „müsse Jemand" erfunden haben, „der gut rechnen konnte, aber niemals als verantwortlicher Richter schwierige Versteigerungen geleitet hat und sich in die verständigen Auffassungen der Bieter aus dem Volke und der praktischen Juristen über solche nicht hat hineindenken können." 400 Ferner sollten nach Münchmeyer die bei Abänderung der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen vorgesehenen Doppelausgebote wie überhaupt die völlig verfehlte Regelung des § 59 ZVG entfallen, damit das Verfahren im Versteigerungstermin wieder einfach, klar und gefahrlos werde 401 . Zum Abschluß setzte sich Münchmeyer noch mit dem Hinweis in der Denkschrift der Reichstagsvorlage auseinander, wonach die Vorlage auf eine „Vereinfachung des Verfahrens" Bedacht 402 genommen habe. Diese Selbsteinschätzung des Gesetzgebers konnte sich Münchmeyer mit Recht nur damit erklären, daß man bestimmte Vorstellungen vom Zwangsversteigerungsverfahren hatte 403 : „Faßt man 394
Münchmeyer, aaO, S. 156. 395 Münchmeyer, aaO, S. 9 ff., bes. S. 21 ff. 396 Münchmeyer, aaO, S. 24 ff. 39 7 Münchmeyer, aaO, S. 128-131. 3 « Münchmeyer, aaO, S. 131 ff. 399 Münchmeyer, aaO, S. 226 ff. Münchmeyer, aaO, S. 245 f. •oi Vgl. Münchmeyer, aaO, S. 131 ff. « 2 HahnJMugdan, aaO, S. 35. « 3 Münchmeyer, aaO, S. 2 4 8 - 2 5 0 .
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Entstehungsgeschichte des ZVG
nämlich das Verfahren mit der Thätigkeit des Vollstreckungsgerichts in den allerengsten Grenzen eines rein processualischen Sonderverfahrens auf, welches mit der ganzen Verkehrswelt, mit dem Erwerb, der Nutzbarmachung und Erhaltung des Grundbesitzes und dem Realcredit fast nichts zu thun hat, daß es nur soweit einzutreten braucht, wie die Parteien nicht selbst unter sich, beim Notar, Grundbuchamte oder beim Makler und im Prozeß ordnen können, daß die Erledigung der Verhältnisse möglichst diesen und dem Ersteher bezw. ,Dritten' außerhalb des Verfahrens zuzuschieben ist, d a m i t . . . die Behörde möglichst wenig Arbeit und Verantwortung hat, dann allerdings ist gegen das preußische und sonstige Versteigerungsrecht eine wesentliche Vereinfachung eingetreten. Im Wesentlichen wird nur der Eigenthümer und Schuldner gewechselt, übrigens im Verfahren durch das Gericht nur Unwesentliches geordnet. Nur die Kosten des Verfahrens, Erhaltungsauslagen, Liethlöhne und öffentliche Abgaben, sowie Nebenleistungen der vorgehenden Ansprüche werden bestenfalls baar eingefordert und bezahlt, alles Sonstige wird auf Ersteher mit dem Grundstücke abgeschoben. Bedeutet es etwas anderes, wenn die vorgehenden Hauptansprüche in Folge des Uebergangsprincips bestehen bleiben und für den ganzen das geringste Gebot übersteigenden Theil des Meistgebots auf willkürlichstes Verlangen jedes Betheiligten die Zieler den Gläubigern oder dem Dritten rangmäßig übertragen und hypothekarisch gesichert, die außergerichtliche Theilung als vereinfachend empfohlen, die Bewilligungen zu bisherigen und neuen Rechten an Notar und Grundbuchamt verwiesen werden, wobei nur die gefährliche Aufrechterhaltung erlöschender Rechte dem Verfahren vorbehalten wird? Hat nicht die Vorleistung mit dem Zuschlage und die beim Mangel der späteren Zahlung eintretende rangmäßige Ueberweisung der Forderungen gegen Ersteher an die Gläubiger mit Eintragung der Sicherungshypotheken dieselbe Bedeutung, während die gemeinrechtliche und sonstige deutsche Subhastation auch den weiteren Zweck hatte, beim Mangel der Zahlung seitens des ersten Meistbietenden, der Rechte am Grundstücke nicht erhielt, durch sofortige Weiterversteigerung den Gläubigern die verlangte und erwartete Baarzahlung der unverändert bleibenden Schuldverhältnisse zu schaffen? Das ist die verderbliche grundsätzliche Einschränkung der Zwecke der Zwangsversteigerung, welche von jeher, solange wie und wo Grundbesitz und Realcredit für die Versteigerung bei der Staatsgewalt und dem ordentlichen Gerichte Schutz und Förderung suchten, also im größten Theile Deutschlands, Rechtens gewesen sind und den durchaus verständigen und berechtigten Erwartungen der Grundbesitzer und Creditgeber entsprachen. Die Zwangsversteigerung kann und soll dienen: zu einheitlicher, rascher, vollständiger, gesicherter und möglichst getrennter Ordnung der Verhältnisse des abtretenden und neuen Eigenthümers zu beiderseitigen Gläubigern am Grundstück, zur einfachen Erledigung schwieriger und Verhinderung der Entstehung noch schwierigerer Rechtslagen, zur freien Bethätigung der Rechte nach ihrer Natur und ihren Zwecken innerhalb der festen Rangordnung und gesetzlichen Bedingung unabhängig von allen ihnen nicht vorgehenden Interessen, zur Verhinderung eines gleichen Vermögensverfalles beim Ersteher, indem er im ehrlichen Bietgeschäft zu einem angemessenen und nicht künstlich getriebenen Preise erwirbt, bei dem er leistungsfähig bleibt und das Grundstück möglichst lastenfrei erhält, um seine Ankaufszwecke erfüllen zu können, zur Gewährung sicherer Unterlagen für die Prüfungen für Belassung des bisherigen und Gewährung des neuen Credits an einer Stelle." Die Kritik, die Münchmeyer anhand der damals zugänglichen Materialien am ZVG übte, wird durch die bisher unveröffentlichten Quellen weitgehend erhärtet. Wenn die von Münchmeyer aufgedeckten Mängel des ZVG seitdem kaum mehr zur 90
X. Zusammenfassende Würdigung und Ausblick
Sprache gekommen sind404, so beweist das nur, daß die Praxis sich mit ihnen weitgehend abgefunden hat. Die 1. BGB-Kommission dürfte der neueren Rechtsentwicklung in Preußen, Bayern und Sachsen ohne nähere Enqueten gefolgt sein, weil zwischen 1883 und 1889, als die entscheidenden Beschlüsse der Kommission zum Subhastationsrecht gefaßt wurden, negative Urteile über das neue Recht nicht laut geworden waren, zumal auch das Ergebnis der Umfrage von 1878/81 unter den preußischen Gerichten, die noch kurz vorher einstimmig eine Reform des Subhastationsrechts abgelehnt hatten, nicht veröffentlicht worden war 405 . Auch war von den preußischen, sächsischen und bayerischen Juristen in der 1. BGB-Kommission, denen jegliche Praxis im neuen Zwangsversteigerungsrecht fehlte, nicht zu erwarten, daß sie die neuen Prinzipien sogleich wieder in Frage stellten. Als weitere Gründe für die Sterilität und Praxisferne des 2 V G führt Münchmeyer an 406 : „Die Mehrzahl der Juristen und Laien hat nach meiner langjährigen Erfahrung für die Zwangsversteigerung im Einzelnen wenig Interesse und noch weniger Verständniß. Sie wird beim Mangel einer Gesammtvertretung aller Arten Creditgeber und beim Mangel einer energischen und unbefangenen Geltendmachung der Hauptinteressen dieser, sowie bei der Schwierigkeit ihrer Ermittelung im vielfachen Kampfe der Meinungen die Wirkung des preußischen Uebergangsprincips seit 1883 und die Tragweite der neuen Bestimmungen dieses schwierigsten deutschen Gesetzes beim Umfange der neuen Gesetzgebung kaum gründlich durchdacht und im Voraus überblickt haben . . . Das Verhalten und die Erfahrungen der einzelnen Anstalten und sonstigen Creditgeber, imgleichen der Hypothekvermittler, sowie der Creditnehmer entziehen sich aus Gründen des Geschäftsinteresses und der Furcht vor der Oeffentlichkeit auch der allgemeineren Kenntniß. Wenn nun zu allen diesen Momenten noch der einseitige Standpunkt der Gesetzgebung hinzutritt, der vorwiegend nur einen sehr kleinen Theilder einfachsten Realcreditverhältnisse, nämlich die vor Gefahr des Geldverlustes ziemlich gesicherten höchstens bis 50 oder 60 Procent des Taxwerths begründeten ersten Hypotheken und nur landwirtschaftliche Verhältnisse für mehr geschlossene Besitzungen berücksichtigt, so war es nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte möglich, daß Lieblingsideen einzelner begabter Juristen und damit ein mißglückter Versuch, das ist der Irrthum des Uebergangsprinzips, wenn auch nur mit Mühe, ins Gesetz von 1883 gerieth und bei den Versicherungen seiner Vortrefflichkeit durch die Centraiinstanzen dieser Irrthum ohne weitere eingehende Prüfung ins deutsche Recht überging, so daß nunmehr der Realcredit in Deutschland überall auf dieses Prinzip stößt. In ausländischen Staaten liegt die Anregung und Ausarbeitung von Gesetzentwürfen bei den Volksvertretungen, in deutschen Staaten meist bei den Regierungen. In diesen bilden sich Specialisten aus, welche hernach die jahrelang bearbeitete und durchdachte Rechtsmaterie derartig beherrschen, daß bei den späteren Stadien der Gesetzgebung eine Widerlegung ihrer Ausführungen und eine Umarbeitung der Entwürfe schwierig ist und selbst hierbei Bedenken der leitenden Staatsmänner und Ressortminister nicht ausreichend zur Geltung kommen, worüber ja selbst Bismarck geklagt hat." Im Gegensatz zu Münchmeyer stellte Nußbaum die dogmatischen Grundlagen des ZVG nicht weiter in Frage. Die beiden Hauptgrundsätze des modernen 404 Vgl. allerdings Schiffhauer, Rpfleger 1978, S. 397ff.: Soziale Aspekte im Zwangsversteigerungsverfahren. 405 Nach einer Mitteilung von Krech/Fischer, aaO, waren auch noch 1878/81 die Meinungen der Oberlandesgerichte „getheilt". Münchmeyer, aaO, S. 109-111. 91
Entstehungsgeschichte des ZVG
Zwangsversteigerungsrechts hätten im ZVG ihre „folgerechteste und kunstvollste Durchbildung erfahren." 407 Die Verbindung des Deckungs- und Übernahmeprinzips hätte gegenüber früher eine „ganz erhebliche Verwickelung des Verfahrens" mit sich gebracht; dieses sei gekennzeichnet „durch eine bis zum äußersten ausgebildete Straffheit und Schärfe." 408 Auf andere Weise sei, wie die Erfahrungen früherer Zeiten genügend gezeigt hätten, „eine schleunige und glatte Abwicklung, von der besonders in der Zwangsversteigerung wichtige Interessen abhängen, nicht zu erreichen." 409 Die meisten Schwierigkeiten, die das ZVG der Rechtslehre und Praxis „wie wohl kein anderes der für die Zivilrechtspflege grundlegenden Reichsgesetze" 410 bereite, ergaben sich nach Nußbaum aus der Struktur des Verfahrens und waren in Kauf zu nehmen. Die Nachteile würden „reichlich aufgewogen durch die mit ihnen untrennbar verbundenen großen Vorzüge des Gesetzes, das im ganzen dem Realkredit den notwendigen kräftigen Schutz unter gleichzeitiger Wahrung der sonstigen berechtigten Interessen darbietet." 411 Abgesehen von einer kritischen Darstellung des Zwangsversteigerungsrechts sah Nußbaum seine Aufgabe darin, auf die „vermeidbaren Mängel" des ZVG hinzuweisen, die seiner Ansicht nach zum Teil darauf beruhten, „daß die an sich wertvolle Sorgfalt in der Ausfeilung der Einzelheiten stellenweise bis zur Überfeinheit und Kleinlichkeit entartet ist."412 Zum Teil mache sich auch ein „gewisser Doktrinarismus störend bemerkbar." Uneingeschränkt lassen sich auf die heutige Zeit Nußbaums Äußerungen über die wissenschaftliche Literatur zum ZVG übertragen 413 : „Ein auffälliger Zug in dem Gesamtbilde ist, wenn man die Literatur anderer Rechtsgebiete zur Vergleichung heranzieht, das einer Alleinherrschaft nahekommende Überwiegen der dem Richterstande angehörigen oder aus ihm hervorgegangenen Verfasser. Darin spiegeln sich die Verhältnisse der Praxis wieder, denn die eindringendste Kenntnis des Gesetzes pflegen die Versteigerungsrichter zu erlangen. Wie schon die äußere Art des vorliegenden Schrifttums vermuten läßt, ist unbeschadet aller Einzelverdienste, die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung als Ganzes in der wissenschaftlichen Entwicklung zurückgeblieben. Die Lehrbücher des Zivilprozesses behandeln die Immobiliarvollstreckung nur nebenher, und keiner der führenden deutschen Prozessualisten hat sich mit diesem Gebiet näher beschäftigt. Auch im akademischen Unterricht ist die Immobiliarvollstreckung lange zurückgesetzt worden, ja geradezu ausgefallen." Nach Nußbaum hatte sich die Zwangsversteigerung in eine Richtung entwickelt, die für den Gesetzgeber nicht vorhersehbar gewesen sei. Nach dessen Vorstellun4
°7 Nußbaum, aaO, S. 84; hieraus auch das folgende Zitat. °8 Nußbaum, aaO, S. 21. 409 Nußbaum, aaO, S. 22. Kennzeichnend für das neuere Subhastationsrecht waren nach Nußbaum: die dem gewöhnlichen Zivilprozeß und der Mobiliarvollstreckung „unbekannte Prozeßleitungsmacht des Vollstreckungsgerichts", die Ausscheidung aller materiellrechtlichen Streitigkeiten aus der Immobiliarvollstreckung und die enge Begrenztheit der Rechtsmittel (aaO, S. 22f.). 41° Nußbaum, aaO, S. 11. •t" Nußbaum, aaO, S. 11. Nußbaum, aaO, S. 11-12. 413 Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Kommentierung des ZVG heute weitgehend in den Händen der Rechtspfleger liegt; das Zitat bei Nußbaum, aaO, S. 13. - Die letzte umfangreichere systematische Darstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens stammt von R. Bruns/E. Peters, Zwangsvollstreckungsrecht, 2. Aufl. 1976, S. 174-230. 4
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X. Zusammenfassende Würdigung und Ausblick
gen sollte, so Nußbaum 414 , „das Grundstück im Wege des freien Wettbietens zum höchsten Preise" veräußert werden, um aus diesem die Realberechtigten zu befriedigen. Tatsächlich hätten jedoch die Zwangsversteigerungen mit dem zunehmenden Mangel an Bietern ihren Charakter mehr und mehr verändert 415 : „Ein freies Wettbieten fand nicht mehr statt; es handelt sich meist nur noch darum, aufgrund vorgängiger Vereinbarung unter den Hypothekaren das Grundstück dem zweiten oder einem anderen nachstehenden Hypothekar unter Abstoßung der schlechter berechtigten zuzuwenden. Der gewinnende Teil bei diesem Vorgang war regelmäßig der erste Hypothekar. Er pflegte dem zum Erwerb des Grundstücks gedrängten nachstehenden Gläubiger die erste Hypothek und damit die Möglichkeit des Grundstückserwerbes nur gegen Zinserhöhungen und andere schwere Opfer zu belassen. Dazu kamen die hohen Kosten der Grundstückserstehung mit etwa 3 bis 5% vom Grundstückswerte. Nicht selten zogen die nachstehenden Gläubiger es infolgedessen vor, ihre Hypothek ausfallen zu lassen, um sich nicht für die Zukunft mit neuen Verpflichtungen zu beladen. In dieser auch und sogar vornehmlich von den Instituten allgemein befolgten Praxis liegt, wie nicht oft genug betont werden kann, ein Hauptgrund für die Abwendung des Privatpublikums vom Markte der zweiten Hypotheken und damit eine der wichtigsten Ursachen für die Not des großstädtischen Realkredits überhaupt." Scharfe Kritik übte Nußbaum an den Bestimmungen über die Zwangsverwaltung 416 : Obwohl das Gesetz davon ausgehe, daß beide Arten der Immobiliarvollstreckung koordiniert seien, sei der Gläubiger infolge der unzureichenden Beschlagnahmewirkungen meist gezwungen, neben der Zwangsversteigerung auch die Zwangsverwaltung zu erwirken. Die Zwangsverwaltung sei damit in den Dienst der Zwangsversteigerung getreten und habe zumindest in den Städten ihre selbständige Bedeutung verloren. Als hauptsächlichste Mißstände auf dem Gebiet der großstädtischen Zwangsverwaltung führte Nußbaum an 417 : „1. die Zwangsverwalter sind überlastet; 2. sie werden nicht in geeigneter Weise ausgewählt; 3. die Beteiligten und namentlich der betreibende Gläubiger genießen längst nicht den sachlich gebotenen Einfluß auf die Verwaltung." Als Reformmaßnahmen schlug Nußbaum vor, primär die Realberechtigten, insbesondere den betreibenden Gläubiger, zu den Aufgaben der Zwangsverwaltung heranzuziehen. Im übrigen sollte dem betreibenden Gläubiger ein „erheblich größerer Einfluß auf die Geschäftsführung des Verwalters" zugestanden werden: „Wichtigere Maßnahmen des Verwalters sind an seine Zustimmung zu knüpfen, die aus triftigen Gründen durch richterliche Entscheidung ersetzt werden kann. Die Vorschriften über die Zustimmung des Gläubigerausschusses zu Rechtshandlungen des Konkursverwalters können hier in dem Grundgedanken (nicht in den Einzelheiten) als Vorbild herangezogen werden. Bei der Vergebung von Arbeiten sollten in erster Linie die Wünsche des betreibenden Gläubigers, in zweiter Linie des Schuldners berücksichtigt werden. (Dieser Punkt ist von größter Bedeutung!)." 418 414
A. Nußbaum:Die Kriegsprobleme des großstädtischen Realkredits, Tübingen 1917, S. 35. Nußbaum, aaO, S. 35, 36; wie die von Nußbaum beschriebenen Vorgänge zeigen, wurde damit das Deckungs- und Übernahmeprinzip teilweise durchbrochen, nämlich immer dann, wenn der vorrangige Hypothekar von der üblichen Fälligkeitsklausel Gebrauch machte (so auch bereits schon vor 1900; vgl. dazu Münchmeyer, oben bei Fn. 375). 4 '6 Nußbaum, aaO (Fn. 10), S. 211; Die Hauptnachteile traten bei der großstädtischen Zwangsverwaltung auf. w Nußbaum, aaO, S. 246. •18 Nußbaum, aaO, S. 248.
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XI. Zur Weiterentwicklung des Zwangsversteigerungsrechts bis zur Novelle von 1979 Wenn im folgenden versucht wird, anhand der wenigen veröffentlichten Quellen der Entwicklung des Zwangsversteigerungsrechts in diesem Jahrhundert bis zur Novelle von 1979 nachzugehen, so kann es sich hierbei nur um eine vorläufige Bestandsaufnahme handeln 419 . Ein fundiertes Urteil darüber, ob und inwieweit sich das ZVG bewährt hat, ist nicht möglich, da detaillierte Statistiken und umfassende rechtstatsächliche Untersuchungen fehlen 420 . Die amtlichen Begründungen zu den beiden großen Nachkriegsnovellen von 1953 und 1979 sind in dieser Beziehung überaus dürftig. Seit dem Ersten Weltkrieg dominiert in der Literatur zudem eine rechtstechnisch-formale Behandlung des Zwangsversteigerungsrechts, dessen Schwierigkeiten man mehr oder weniger unter Verzicht auf rechtspolitische Erwägungen hinnimmt. Wie die Berichte der preußischen Oberlandesgerichte aus den ersten Jahren nach dem Inkrafttreten des ZVG ergeben 421 , bereitete die Einführung dieses Gesetzes in Preußen wenig Schwierigkeiten. Hauptbeschwerdepunkt war die Abänderung der in § 57 Abs. 2 preuß. ZVG getroffenen Regelung durch die §§ 44 und 49 ZVG. Nach dem preußischen Recht wurde für die Abgabe von Geboten nicht zwischen dem geringsten Gebot und dem Bargebot unterschieden. Vielmehr umfaßte das Gebot auch sämtliche im Rahmen des Übernahmegrundsatzes bestehen bleibenden Rechte, die in Anrechnung auf den Kaufpreis zu übernehmen waren. Demgegenüber verstand das ZVG unter dem Bargebot den bar zu zahlenden Teil des geringsten Gebots und den dieses übersteigenden Teil des Meistgebots. In der Praxis herrschte lange Zeit noch die Meinung vor, daß das „Bargebot" auf die zu übernehmenden Rechte angerechnet würde. Dies führte dazu, daß mitunter für Grundstükke zu hohe Gebote abgegeben wurden, weil der Ersteher den nicht bar zu zahlenden Teil des Mindestgebots nicht berücksichtigt hatte. Die Praxis behalf sich, wie die Ministerialakten ergeben, zum Teil mit einer Abänderung der amtlichen Formulare. Weiterhin wurde in den Berichten kritisiert, daß die Sicherheitsleistung nur durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren erfolgen konnte. So sollten unter bestimmten Voraussetzungen auch Sparbücher zugelassen werden. Der Ermessensspielraum des Richters, ob ein Einzel- oder ein Gesamtausgebot vorzunehmen war, sollte erweitert werden. Die Sechswochenfrist des § 43 Abs. 1 ZVG wurde allgemein für zu lang gehalten. Schließlich wurde vereinzelt verlangt, bei der Anwendung des § 416 BGB nach Maßgabe des § 53 ZVG (Schuldübernahme) auf die vorgesehenen Mitteilungen zu verzichten, da diese regelmäßig unterblieben. Einige Vorschläge zur Abänderung des ZVG unterbreitete der „Centraiverband der städtischen Haus- und Grundbesitzervereine Deutschlands" im Jahre 1906 dem Reichstag, worüber die Kommission für die Petitionen am 18. 3. 1908 dem Plenum berichtete 422 . Die Vorschläge lehnten sich meist dem sächsischen Subhastationsrecht 419
Eine ausführlichere Darstellung der Entwicklung des Zwangsversteigerungsrechts anhand der überlieferten Ministerialakten des Reichs und der größeren Bundesstaaten und Länder soll später erfolgen. - Einen vollständigen Nachweis der Literatur und Judikatur zum ZVG bringen die „Jahrbücher für Deutsches Recht" (1904-1942; Jg. 1 - 4 0 , ab 1933 auch als „Neue Folge", Bd. 1 - 9 ; hrsg. von H. Neumann, ab Bd. 14 von F. Scblegelbergeru. a.). 420 Vgl. d a z u Schiffhauer, Rpfleger 1978, S. 398. 421 Das folgende nach der Akte des Geh.StA Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 6099. 422 1 02. Bericht der Kommission für die Petionen (Aktenstück Nr. 786), in: Verhandlungen
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von 1884 an und sahen unter anderem vor, die für Gebote zu leistende Sicherheit zu ermäßigen und diese allen Bietern aufzuerlegen, damit unlautere Manipulationen unmöglich gemacht würden und auch zweitrangige Hypothekare ein Grundstück erwerben könnten. Die §§ 30 und 31 2 V G sollten dahin abgeändert werden, „daß das Verfahren einstweilen einzustellen ist, falls nach Ermessen des Gerichts das Höchstgebot offensichtlich ganz außer Verhältnis zu dem Werte des Grundstücks steht. In diesem Falle hat das Gericht von Amts wegen einen neuen Versteigerungstermin anzuberaumen." 423 Ferner sollte ein präklusiver Anmeldetermin wieder eingeführt werden. Im Konkurs des Grundstückseigentümers sollte den Grundpfandgläubigern das Recht zustehen, „die Erträgnisse des verpfändeten Grundstücks zu beschlagnahmen, um sie dem Zugriffe des Konkursverwalters zu entziehen." Zinsen von Grundpfandrechten, die 5% überstiegen, sollten dem Rang nach erst hinter allen anderen Ansprüchen rangieren. Schließlich sollten die Bestimmungen über das geringste Gebot dahin abgeändert werden, „daß man in das Gebot die Summe der zu übernehmenden Hypotheken hineinrechnet." 424 Bald nach dem Inkrafttreten des ZVG stellte sich heraus, daß der Hypothekenschuldner gegen eine Verschleuderung des Grundbesitzes nicht hinreichend geschützt war. Man erkannte, daß den Reformen, die zur Einführung des Mindestgebots geführt hatten, eine Rücksichtnahme auf den Schuldner ferngelegen hatte. „Sie war", so Predari 19 1 0425, „nur eine Folgeerscheinung. Ausschlaggebend war die Betrachtung, daß eine große Anzahl von Zwangsversteigerungen ohne Nutzen für den betreibenden Gläubiger verlief, da das Meistgebot noch nicht die Ansprüche der im Range vorgehenden Berechtigten tilgte". Man habe „die Interessen der Beteiligten durch andere, die Abgabe eines angemessenen Gebots bezweckende Maßnahmen, namentlich die öffentliche Kundmachung des Versteigerungstermins und die Ausschließung der Eigentumsansprecher und sonstiger Berechtigter, die sich nicht gemeldet hatten, für ausreichend gewahrt" 426 gehalten. „Dem Gedanken, daß ein Hypothekar das Grundstück für einen geringen Preis erstehen und seine Ausfallsforderung gegen den persönlichen Schuldner geltend machen könnte, ging man anscheinend nicht weiter nach." 427 Nachdem aber nicht wenige Fälle bekannt geworden waren, in denen Hypothekenschuldner aufgrund der persönlichen Forderung in Anspruch genommen worden waren, obwohl sie ihre Grundstücke weit unter Wert an den Gläubiger verloren hatten, beauftragte die Deputation des 30. Deutschen Judes Reichstags, XII. Legislaturperiode, 1. Session, Anlagen, Bd. 246, S. 4705-4707; die folgenden Zitate auf S. 4706. Die Petition selbst ist im Bericht nur inhaltlich wiedergegeben (vollständig in der Akte des Geh.StA, aaO, Fn. 421). 423 In der Denkschrift wurde auf einen Fall hingewiesen, wonach in Dresden-Löbtau ein Grundstück mit einem Schätzwert vom 73.400 Mark für 300 M zugeschlagen worden war. - Im September 1908 wurde der Fall bekannt, daß ein Makler für eine Bank ein wertvolles Grundstück für nur 15100 Mark erworben hatte. Später stellte sich heraus, daß der erste Hypothekar über 300000 Mark den Zwangsversteigerungstermin aus Versehen versäumt hatte (vgl. die in Fn. 421 genannte Akte). 424 In der Akte des Geh.StA, aaO (Fn. 421), ist noch eine Petition des „Sonderausschusses für Hypothekenbankwesen des Centraiverbandes des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes" vom 13. 7. 1910 enthalten. Vorgeschlagen wurden hier insbesondere: Änderung des § 57 ZVG (dazu sogleich unten), Umwandlung des § 41 Abs. 2 ZVG in eine Mußvorschrift, Ermäßigung der Frist des § 43 ZVG und Streichung des § 53 Abs. 2, 2. Halbsatz ZVG. « 5 Predari in einem Gutachten in: Verhandlungen des 30. DJT, Bd. 1, Berlin 1910, S. 29. Predari, aaO, S. 28. « 7 Predari, aaO, S. 29.
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ristentags Professor Biermann (Gießen) und Reichsgerichtsrat Predari, ein Gutachten über die Frage zu erstatten: „Empfehlen sich gesetzgeberische Maßnahmen, durch welche die Haftung des persönlichen Schuldners für den Hypothekenausfall beschränkt wird, wenn der Gläubiger seine Hypothek nicht ausgeboten und das Grundstück weit unter dem Werte erstanden hat?" Beide Gutachter kamen zu dem Ergebnis, daß eine Inanspruchnahme des persönlichen Schuldners in den aufgezeigten Fällen ausgeschlossen sein müsse. Biermann lehnte allerdings eine gesetzliche Regelung ab, da die exceptio doli generalis ausreichenden Schutz biete 428 . Predari dagegen schlug unter Rückgriff auf partikularrechtliche Lösungen aus der Zeit vor der Reform des Subhastationsrechts eine Änderung des § 1166 BGB429 dahingehend vor: „Der persönliche Schuldner kann die Befriedigung des Gläubigers wegen eines Ausfalls bei der Zwangsversteigerung insoweit verweigern, als dieser das Grundstück unter dem Wert erstanden hat und sich auf Kosten des Schuldners bereichern würde." 430 Auf dem 30. Deutschen Juristentag (Danzig 1910) vertraten die Berichterstatter ähnlich unterschiedliche Positionen wie die Gutachter. Professor Litten (Königsberg) plädierte für eine Anwendung der exceptio doli generalis und reichte lediglich einen Eventualvorschlag zur Änderung des § 1166 BGB ein431. Dagegen setzte sich der Berliner Justizrat Fuchs sehr vehement für eine Reform ein432. Seiner Meinung nach hielt sich sein Vorschlag 433 frei von „Verallgemeinerungen" und konnte „schreiende Übelstände ohne große Eingriffe" 434 in das Zwangsversteigerungsverfahren beseitigen. Insbesondere sollte vermieden werden, daß das erst vor einigen Jahrzehnten in Preußen abgeschaffte Taxierungsverfahren wieder eingeführt wurde. Die Mehrheit folgte jedoch einem Antrag von Strohal und faßte folgende Entschließung: „Die Bedeutsamkeit der den Gegenstand der Verhandlungen bildenden Frage anerkennend und für deren wesentliche Förderung und Klärung den Herren Gutachtern und den Herren Referenten lebhaften Dank sagend, hält der 30. Deutsche Juristentag das weit verzweigte durch die vorliegende Einzelfrage keineswegs erschöpfte und gesetzgeberisch überaus schwierige Problem für nicht völlig spruchreif und überweist deshalb dessen durch umfassende Erhebung vorzubereitende sachliche Erledigung dem nächsten Deutschen Juristentage." 435 428
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Verhandlungen des 30. DJT, aaO, S. 3 - 1 9 (mit Nachweis der umfangreichen zeitgenössischen Literatur). Predari, aaO, S. 2 0 - 5 0 . Predari, aaO, S. 50. Verhandlungen des 30. DJT, Bd. 2, 1911, S. 2 8 - 4 2 . Verhandlungen, aaO, S. 4 2 - 5 7 . Die Vorschläge von Fuchs, Verh. des 30. DJT, Bd. 2, S. 43, gingen dahin, den § 1166 BGB zu fassen: „Ist das Grundstück zu einem Gebote zugeschlagen, das im auffälligen Mißverhältnisse zum Werte steht, so kann der persönliche Schuldner die Befriedigung des Gläubigers wegen eines Ausfalls bei der Zwangsversteigerung insoweit verweigern, als der Gläubiger durch den Zuschlag einen unverhältnismäßigen Vermögensvorteil erlangt hat. - Der persönliche Schuldner kann die Befriedigung des Gläubigers wegen eines Ausfalls bei der Zwangsversteigerung auch insoweit verweigern, als er dadurch geschädigt ist, daß sein Gläubiger unterlassen hat, ihn unverzüglich von der Zwangsversteigerung zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung darf unterbleiben, wenn sie untunlich ist", und dem § 85 Abs. 1 ZVG den Zusatz zu geben: „Als Beteiligter im Sinne dieser Vorschrift gilt auch ein Schuldner, der für eine auf dem Grundstück ruhende Hypothekenforderung nur persönlich haftet."
« 4 Verh., aaO, S. 48. Verh., aaO, S. 63. Ein später zurückgezogener Antrag von Landsberg u. a. lautet:" Bei der
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Nachdem auf dem 31. Deutschen Juristentag (1912) die im Schrifttum weiterhin lebhaft erörterte Problematik einer Versteigerung von Grundstücken weit unter ihrem Verkehrswert nicht behandelt worden war, stellten die Nationalliberalen im Reichstag 1913 eine an die Regierung zu richtende Resolution zur Diskussion436. Danach sollte den Gemeinden, den anderweiten Kommunalverbänden, dem Staat und dem Reich bei allen Zwangsversteigerungen ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden. Damit, so meinte man, könnte in nicht wenigen Fällen erreicht werden, daß ein Hypothekengläubiger wenigstens so viel bietet, daß der Wert seiner Hypothek gedeckt war. Auf Seiten des Zentrums und der Sozialdemokraten stieß dieser Antrag, obwohl man ebenfalls eine Abhilfe der Mißstände dringend wünschte, auf große Skepsis, weil man einen Mißbrauch dieses Vorkaufsrechts durch die staatlichen Behörden insbesondere in Preußen befürchtete. Im übrigen wurde darauf hingewiesen, daß bei Bestehen eines öffentlichrechtlichen Vorkaufsrechts der Kreis der Bieter noch mehr eingeschränkt und das Verfahren überhaupt schleppender werden würde. Nach längerer eingehender Diskussion wurde der Antrag der Nationalliberalen mit 134 gegen 125 Stimmen abgelehnt. Für den 32. Deutschen Juristentag, der im September 1914 in Düsseldorf stattfinden sollte, aber wegen des Krieges ausfallen mußte, lag ein Gutachten des Freiburger Professors Heinrich Hoeningerüber die Frage vor: „Entsprechen die Bestimmungen, betreffend die Erstreckung der hypothekarischen Haftung auf Miet- und Pachtzinsforderungen und deren Durchführung bei Zwangsvollstreckung in das Grundstück dem praktischen Bedürfnisse?"437 Die gesetzliche Regelung stellte sich nach der ursprünglichen Fassung des ZVG und des BGB folgendermaßen dar: Nach § 1123 BGB erstreckte sich die Hypothek auch auf die Miet- und Pachtzinsforderungen. Der Grundstückseigentümer durfte über diese Forderungen verfügen, solange sie nicht zugunsten des Hypothekengläubigers in Beschlag genommen worden waren. Die Beschlagnahme für den dinglich berechtigten Gläubiger hatte grundsätzlich durch die Einleitung der Zwangsverwaltung (§ 148 ZVG) zu erfolgen. Sie konnte nach überwiegender Meinung auch im Wege der Forderungspfän-
großen Wichtigkeit der vorliegenden Frage für den Realkredit empfiehlt es sich, die Beschlußfassung noch auszusetzen und sie durch weitere Untersuchungen vorzubereiten. - Es erscheint nötig, für einen längeren Zeitraum der Vergangenheit Erhebungen anzustellen über Zahl und Bedeutung der wegen des Mißverhältnisses zwischen Meistgebot und Grundstückswert anstößigen Zwangsversteigerungsfälle, ferner Organe der beteiligten Berufsstände in Stadt und Land zu hören über die zu erwartende Einwirkung gesetzgeberischer Maßnahmen auf den Realkredit, endlich zu erwägen, ob nicht Abhilfe geschaffen werden kann durch Änderung des Zwangsversteigerungsgesetzes. Insbesondere würden in Betracht kommen: 1. eine Erweiterung der Befugnisse des Versteigerungsrichters dahin, im Falle eines auffällig geringen Meistgebots den Zuschlag zu versagen und mit kurzer Frist einen neuen Versteigerungstermin anzusetzen, den Grund in der Bekanntmachung darzulegen und zugleich darauf hinzuweisen, daß der bisherige Meistbietende an sein Gebot gebunden bleibt, falls nicht in dem neuen Termin ein höheres Gebot abgegeben wird; 2. Einführung einer Taxe, die rechtzeitig vor dem Versteigerungstermin zu den Gerichtsakten einzureichen ist und dem Versteigerungsrichter als Grundlage seiner Entschließung zu 1 zu dienen hat; 3. Ergänzung des § 85 des Zwangsversteigerungsgesetzes durch Aufnahme der nach § 1166 BGB zu benachrichtigenden Personen in den Kreis der Beteiligten." 436 Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session, Stenographische Berichte, Bd. 287, S. 3600 ff. (Sitzungen vom 8., 10. und 13. 2. 1913). « 7 Verh. des 32. DJT, Bd. 1, Berlin, 1914, S. 793-837 (mit ausführlichen Literaturnachweisen).
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dung bewirkt werden, wenn dies aufgrund eines dinglichen Vollstreckungstitels geschah. Solange eine solche Beschlagnahme nicht erfolgt war, war der Eigentümer berechtigt, über die Miet- und Pachtzinsforderungen zu verfügen. Solche Verfügungen waren gegenüber dem Hypothekengläubiger wirksam, soweit sie sich auf den Mietzins für das laufende und das folgende Vierteljahr bezogen (§ 1124 BGB). Eine ähnliche Regelung galt für den Ersteher eines zwangsversteigerten Grundstücks; denn nach § 57 ZVG a. F., der auf die §§ 571 ff. BGB verwies, mußte dieser Vorausverfügungen über den Mietzins für den genannten Zeitraum gegen sich gelten lassen. Die Folgen, die sich aus dieser Rechtslage ergaben, wurden im Aktenstück Nr. 71 des Reichstags vom 28. 4. 1915 wie folgt umschrieben 438 : „Wird, was häufig der Fall ist, neben der Zwangsversteigerung eines Grundstücks gleichzeitig dessen Zwangsverwaltung betrieben, so ist der Nachteil, den die Hypothekengläubiger durch Vorausverfügungen über den Mietzins erleiden, ein doppelter. Einmal muß der Gläubiger selbst bei der Verteilung der beschlagnahmten Einkünfte die Vorausverfügung für das zur Zeit der Beschlagnahme laufende und das folgende Kalendervierteljahr gegen sich gelten lassen, und sodann behält die Verfügung des Eigentümers, selbst wenn sie den an der Zwangsverwaltung beteiligten Gläubigern gegenüber durch Ablauf der Frist unwirksam geworden ist, gleichwohl dem Ersteher gegenüber wiederum für das beim Zuschlag laufende und ein weiteres Kalendervierteljahr ihre Wirksamkeit. Dies gilt auch dann, wenn einer der an der Zwangsverwaltung beteiligten Hypothekengläubiger der Ersteher ist. Diese doppelte Wirkung der Vorausverfügung dem Hypothekengläubiger und dem Ersteher gegenüber ist vom Reichsgericht in seinem Urteil vom 5. Dezember 1906 (Entsch. in Zivilsachen Bd. 64 S. 415) ausdrücklich anerkannt worden. Das Reichsgericht begründet seine Auffassung im wesentlichen damit, daß die Wirkungen der durch Einleitung der Zwangsverwaltung bewirkten Beschlagnahme der Mieten mit dem Zuschlag aufhörten. Der Ersteher müsse also die Verfügung über den Mietzins, die infolge des Zwangsverwaltungsverfahrens nur den Hypothekengläubigern gegenüber unwirksam geworden sei, gegen sich gelten lassen. Aus dieser Auffassung des Reichsgerichts ergibt sich die weitere Folgerung, daß der Schuldner auch noch nach Einleitung der Zwangsverwaltung in der Lage ist, über die Mieten mit Wirkung gegenüber dem Ersteher für das zur Zeit des Zuschlags laufende und das folgende Kalendervierteljahr rechtsgeschäftlich zu verfügen." Diese von der höchstrichterlichen Judikatur 439 gebilligte Möglichkeit von Vorausverfügungen über Miet- und Pachtzinsforderungen hatte seit 1906 dazu geführt, daß, wenn es zu einer Zwangsvollstreckung in Grundstücke kam, besonders in Großstädten solche Vorausverfügungen bereits vorlagen, so daß insbesondere die schlechter plazierten Hypothekare das Nachsehen hatten. Aber auch ein Ersteher konnte Nachteile erleiden, wenn er keine volle Klarheit über das Ausmaß der Vorausverfügungen erlangt hatte. Die Vorausverfügungen geschahen, wie Hoeninger im Einzelnen nachwies, in den verschiedensten Formen: „Ein Gläubiger, der vorweg vor dem Hypothekar befriedigt werden soll, wird zur Pfändung der Mietzinsen veranlaßt. Häufig sind wohl auch Zessionare und Pfändungspfandgläubiger Strohmänner. . . . Der Kreis der Geschäfte, durch die man dem Hypothekar die Mietzin438
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Aktenstück Nr. 71 vom 28. 4. 1915, in: Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, Anlagen, Bd. 315, S. 129. RGZ 64, 415 ff.
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sen für zwei Quartale zu entziehen sucht, ist ständig im Wachsen begriffen. So bedient man sich neuerdings dazu des Pachtvertrages über das vermietete Hausgrundstück kurz vor der Zwangsversteigerung. Der Pächter zahlt dabei angeblich für die ganze Pachtzeit den Zins voraus. Nach Friedländer (BankArch. 12, 368) soll glaubhaftem Berichte zufolge eine natürlich völlig mittellose G.m.b.H. verschiedenen, in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen Hauseigentümern ihre Grundstücke rechtzeitig vor Einleitung der Zwangsvollstreckung in dieser Weise abgepachtet haben . . ."440 Selbst in der Presse wurde für die gesetzlich zulässige Vorausverfügung über künftige Mietzinsforderungen geworben: „Schlaue Hausbesitzer, die wegen Zinszahlung in Bedrängnis vor Zwangsverwaltung stehen, und sich auf ihre Mieten noch rechtzeitig Gelder machen möchten, melden sich schnell und vertrauensvoll unter . . ,"441 Bereits in der ersten Session des 13. Reichstags (1912/13) hatte ein Antrag u. a. der Abgeordneten Ahrendt, Warmuth vorgelegen, „schleunigst dem Reichstag eine Vorlage zu machen, durch welche in Änderung des § 1124 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des 5 57 des Zwangsversteigerungsgesetzes bestimmt wird, daß die Verfügung über den Miet- und Pachtzins dem Hypothekengläubiger gegenüber nur wirksam ist, soweit sie sich auf den Mietzins für das zur Zeit der Beschlagnahme laufende Kalendervierteljahr bezieht." 442 Dieser Antrag wurde zwar von der Majorität des Reichstags nach längerer Diskussion zurückgewiesen, doch sagte der Staatssekretär im Reichsjustizamt Lisko zu, die Frage einer eventuellen Gesetzesänderung zu überprüfen. In dem bereits erwähnten Gutachten von Hoeninger ist die umfangreiche Literatur zu diesem Themenkreis zusammengefaßt. Die Vorschläge richteten sich auf eine Abänderung der §§21 und 57 ZVG, der §§ 1123 und 1124 BGB und des § 57 KO. Danach sollten Vorausverfügungen im Falle der Beschlagnahme eines Grundstücks grundsätzlich nur für das laufende Kalendervierteljahr wirksam sein. Der § 21 Abs. 2 ZVG, wonach sich die Beschlagnahme eines Grundstücks zum Zwecke der Zwangsversteigerung nicht auf die Miet- und Pachtzinsforderungen erstreckte, sollte durch folgende Bestimmung ersetzt werden: „Während der Dauer des Zwangsversteigerungsverfahrens sind die Miet- und Pachtzinsen zur Deckung der auf diese Zeit entfallenden öffentlichen und privatrechtlichen Lasten des Grundstückes zu verwenden. Ein etwaiger Überschuß fällt dem Ersteher des Grundstücks zu. Zu dieser Verwendung der Miet- und Pachtzinsen sowie zu deren Einziehung wird ein Verwalter bestellt. Die Vorschriften der §§ 146—161 finden entsprechende Anwendung." 443 Am 28. 4. 1915 wurde im Reichstag der „Entwurf eines Gesetzes zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsforderungen" eingebracht 444 , der bis auf geringe Änderungen auch Gesetz wurde. Danach sollten Vorausverfügungen über Miet- und Pachtzinsen nur für das laufende Kalendervierteljahr, von der Zeit der Beschlagnahme des Grundstücks an gerechnet, gegenüber dem Ersteher wirksam sein. Für das folgende Kalendervierteljahr sollte eine Vorausverfügung nur wirksam sein, wenn die Beschlagnahme innerhalb des letzten halben Monats eines Kalendervierteljahres erfolgt war. Entsprechende Regelungen sollten auch für den «o Hoeninger, aaO, S. 806 f. 441 Hoeninger, aaO, S. 407. 4 « Verhandlungen des Reichstags, aaO (Fn. 436), Bd. 287, S. 3633ff. (10. 2. 1913). Arendt gehörte der Reichspartei an, Warmuth keiner Fraktion. 4 « Hoeninger, aaO, S. 836. 444 Aktenstück, Nr. 71, aaO (Fn. 438).
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allgemeinen Rechtsverkehr gelten. Die Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsversteigerung sollte zugunsten des Erstehers der Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwaltung gleichstehen, sofern diese bis zum Zuschlag fortgedauert hatte. Zu einer Änderung des § 21 ZVG dagegen enthielt die Vorlage keine Vorschläge. Der Entwurf wurde von allen Fraktionen begrüßt, insbesondere von Warmuth für die Reichspartei, der in der 1. Lesung darauf hinwies, daß bei mindestens zwei Dritteln der Subhastationen in Großberlin Zessionen und Pfändungen vorausgegangen seien und daß der Ausfall der Mietzinsen für den Ersteher eines Grundstücks sich durchschnittlich auf etwa drei Quartale erstrecke. Die geltenden gesetzlichen Bestimmungen träfen „in erster Reihe nicht etwa die ersten Hypothekengläubiger, die ja meist gesichert sind, sondern die zweiten Hypothekengläubiger. Das sind zum großen Teil kleine Leute, Bauhandwerker usw., die in der Subhastation nicht ihr ganzes Kapital verlieren wollen, das Grundstück übernehmen müssen und dann vor die Tatsache gestellt sind, daß ein großer Teil der Mieteinnahmen, die ihnen die Hypothekenzinsen decken sollen, auf geraume Zeit entzogen ist. Das geltende Recht hatte dem wucherischen Gebahren zahlreicher gewerbsmäßiger Mietzessionare Vorschub geleistet. Dem wird jetzt ein Riegel vorgeschoben werden." 445 In der Schlußabstimmung am 28. Mai 1915 wurde das Gesetz von der großen Majorität des Reichstags gebilligt und kurz danach in Kraft gesetzt 446 . In der Literatur wurde zwar anerkannt, daß das neue Gesetz „eine wesentliche Verbesserung der Rechtslage"447 darstellte. Nach diesem Lob fuhr Nußbaum dann fort 4 4 7 a : „Aber es (das Gesetz) läßt noch sehr viel zu wünschen übrig. Schon die Schwierigkeiten, die seine Fassung dem Verständnis bereitet, übersteigen jedes zulässige Maß, zumal in Anbetracht des Umstandes, daß sich das Gesetz an weite Volkskreise wendet. Aber auch sachlich ist es unzureichend. Die Kriegsverhältnisse haben es verhindert, daß die wissenschaftliche und sonstige Fachkritik sich mit dem Entwurf hinreichend beschäftigen und zu seiner Verbesserung beitragen konnte; dazu war schon die Zeit zwischen der Bekanntgabe und der Annahme des Entwurfs zu kurz." Diese Kritik gilt uneingeschränkt auch für alle späteren Änderungen des ZVG-Rechts, weil es sich als außerordentlich schwierig erwiesen hat, die oft rein formalen Regelungen des ZVG mit Bestimmungen des Schuldner- oder Gläubigerschutzes zu verbinden. Abgesehen von der Änderung des ZVG im Jahre 1915 brachte der Erste Weltkrieg eine Reihe von kriegsbedingten Änderungen, auf die man 1931 wieder zurückgriff. Am bedeutsamsten war die bereits am 10. 12. 1914 verkündete „Bekanntmachung über die Versagung des Zuschlags bei der Zwangsversteigerung von Gegenständen des unbeweglichen Vermögens" 448 , dessen § 1 lautet: „Ergibt sich bei 445 Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, Stenographische Berichte, Bd. 306, S. 139, 146ff. (18. und 29. 5. 1915); Zitat auf S. 139. 446 Vgl. RGBl. 1915, S. 327 ff. Die Literatur zu diesem Gesetz ist im Jahrbuch des Deutschen Rechtes, Bd. 14 (1916), S. 433 nachgewiesen. 447 Nußbaum, aaO, (Fn. 10), S. 161; hier auch Nachweis eines Teils der zeitgenössischen Literatur. 447a Mußbaum, aaO, S. 161; zu den Streitfragen im einzelnen S. 161-166. 448 RGBl. 1914, S. 499. - Hinzu kamen noch Verordnungen über die gerichtliche Bewilligung von Zahlungsfristen (vgl. RGBl. 1914, S. 359, 377 und 543) sowie über die Schaffung von Einigungsämtern (RGBl. 1914, S. 511), die mit der Vermittlung eines billigen Interessenausgleichs zwischen den Hausbesitzern und ihren Hypothekengläubigern und Mietschuldnern betraut wurden. Zu der VO über die Einigungsämter u. a.: E. Zweigert (Landrichter,
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der Zwangsversteigerung eines Gegenstandes des unbeweglichen Vermögens nach Schluß der Versteigerung, daß ein Anspruch, der ein Recht auf Befriedigung aus dem Gegenstande gemäß § 10 Nr. 2 oder Nr. 4 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung . . . gewährt, durch das Meistgebot nicht gedeckt wird, so kann, wenn dieser Anspruch innerhalb der ersten zwei Dritteile des zur Berechnung des Reichsstempels für den Zuschlagsbeschluß festzusetzenden Wertes des Gegenstandes steht, auf Antrag des Berechtigten der Zuschlag versagt werden, sofern nicht der betreibende Gläubiger glaubhaft macht, daß ihm die Versagung des Zuschlags einen unverhältnismäßigen Nachteil bringt. Wird der Zuschlag versagt, so ist zugleich von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen." Diese Regelung, die „infolge ihrer überstrengen Gestaltung ihrer Voraussetzungen" 449 keine praktische Bedeutung erlangt hatte, wurde durch die „Bekanntmachung über die Geltendmachung von Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden" 450 vom 8. 6. 1916 in erweiterter Form übernommen (vgl. § 12). Ferner bestand nach dieser sogenannten Hypothekenverordnung 451 die Möglichkeit, in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus einem Grundpfandrecht auf Antrag des Schuldners im Urteil eine Zahlungsfrist zu bestimmen, „wenn die Lage des Beklagten dies rechtfertigt, es sei denn, daß die Zahlungsfrist dem Kläger einen unverhältnismäßigen Nachteil" brachte (§1). Auch wenn die Bestimmung einer Zahlungsfrist abgelehnt worden oder nicht zulässig war, konnte auf Antrag des Schuldners die Zwangsversteigerung eines Grundstücks für die Dauer von maximal sechs Monaten eingestellt werden (§ 10). Die Einstellung war auch vor der Anordnung der Zwangsversteigerung zulässig und konnte mehrfach erfolgen. Damit sollte insbesondere verhindert werden, daß die Zwangsversteigerung wegen Zinsen und Nebenforderungen betrieben wurde, da — so die Motive — es „unter den gegenwärtigen Verhältnissen, wo auf ein günstiges Bietungsergebnis nicht zu rechnen ist, besonders unerwünscht" sei, wenn dem Schuldner das Grundstück nur wegen geringer Zinsbeträge entzogen werde, ohne daß die „Möglichkeit einer richHilfsarbeiter im Reichs-Justizamt): Die Bundesratsverordnung über die Geltendmachung von Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden vom 8. Juni 1916 . . . , 1916, S. 74ff. (mit Abdruck der amtlichen Begründung). Weitere Lit.: Hellmann, DRiZ 1915, Sp. 571 f.; Meyer, DNotV 1915, S. 49ff.; Mittelstein, LZ 1915, S. 274ff.; Nußbaum, JW 1915, S. 8ff.; Weil, JW 1915, S. 60ff. - Eine Verordnung vom 20. 5. 1915 baute das Recht der Bewilligung von Zahlungsfristen weiter aus (RGBl. 1915, S. 288). 44 ' Nußbaum, aaO (Fn. 414), S. 41. 450 RGBl. 1916, S. 454-458 (unten S. 177ff. abgedruckt). Die Verordnung faßte alle in Betracht kommenden „Rechtserleichterungen, die bisher in verschiedenen Verordnungen geregelt waren, auf dem Gebiete des Realkredits zu einer einheitlichen Regelung zusammen" (Zweigert, aaO, S. 6). Eine Kommentierung dieses Gesetzes legte außer Zweigert u. a. noch Stillschweig (Justizrat in Berlin) vor: Die Hypothekenverordnung vom 8. Juni 1916, 1. Aufl. 1916, 2. Aufl. 1918. Die Lit. zu diesem Gesetz ist nachgewiesen bei Staudinger, Kommentar zum BGB, Gesamtnachtrag zur 7./8. Aufl. 1922, Vorbem. vor § 1113 BGB, bei Stillschweig, aaO, S. 5 und bei Zweigert, aaO, S. 15. Hingewiesen sei hier auf Bovensiepen, DRiZ 1916, Sp. 458ff.; v. Dassel, DJZ 1916, Sp. 938ff.; Kretschmar, SächsArch. 1916, S. 289ff.; den., JW 1916, S.766; v. Miltner, LZ 1916, S.923ff.; Nußbaum, JW 1916, S. 931 ff.; 999ff., 1088ff.; Schneider, DJZ 1916, Sp. 669ff.; Scholz, JW 1916, S. 923ff., 991 ff., 1085ff.; Eingabe des „Sonderausschusses für Hypothekenbankwesen des Zentralverbandes des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes", vom 24. 7. 1916, BankArch. 15, S. 403ff.; Stillschweig, JW 1916, S. 1067ff.; Unger, Recht 1916, Sp. 530ff.; vgl. ferner Hallbauer/Stilhchweig, JW 1918, S. 465 ff. 451
Zum Teil auch „Hypothekenschutzverordnung" genannt.
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Entstehungsgeschichte des ZVG terlichen Interessenabwägung" 452 bestehe. Der Schlußteil der Begründung zeigt, daß mit der neuen Verordnung auch den nachrangigen Hypothekaren geholfen werden sollte: „Die Einschränkung der Zwangsversteigerungen kommt mittelbar auch den Gläubigern der zweiten Hypothek zugute, insofern sie dadurch vor einem Ausfall ihrer Rechte bewahrt bleiben. Der unmittelbaren Wahrung ihrer Rechte dient eine weitere Neuerung, durch die zu ihren Gunsten über den Rahmen der Verordnung vom 10. Dezember 1914 (Reichs-Gesetzbl. S. 499) hinaus eine Versagung des Zuschlags schon dann zugelassen wird, wenn ein durch das Meistgebot nicht gedeckter Teil der Hypothek innerhalb der ersten drei Vierteile des Grundstückswerts steht. Mit Rücksicht auf die hierdurch geschaffenen Erleichterungen und auf die nach den Vorschriften des Entwurfs bestehende Möglichkeit, daß gegebenenfalls auch dem Ersteher für die Schuld aus dem Meistgebot eine Zahlungsfrist gewährt wird, konnte von weitergehenden Maßnahmen zum Schutze der Nachhypotheken, wie sie vielfach angeregt worden sind, abgesehen werden." 453 — Wenig Anklang fand in der Literatur allerdings § 12 der Hypothekenverordnung, von dem Nußbaum meinte, die Kritik sei „dieser Vorschrift gegenüber fast in Verlegenheit, mit welcher Bemängelung sie beginnen" 454 solle. Der Hauptfehler wurde darin gesehen, daß ein Schutz des nachstelligen Hypothekars erst nach Durchführung des Bietungsverfahrens erfolgen konnte 455 : „Nachteilig sind schon die hieraus entstehenden überflüssigen Kosten, Umstände, Veröffentlichungen und Sicherheitsbeschaffungen. Viel bedauerlicher aber ist es, daß der zweite Hypothekar bis zur Versteigerung in voller Ungewißheit bleibt, zumal ja die Entscheidung auch beim Vorlie452 Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, Anlagen, Bd. 319; Aktenstück Nr. 403 vom 26. 9. 1916, S. 28 (auch abgedruckt im Reichsanzeiger Nr. 137 vom 13. 6. 1916 und bei Zweigert, aaO, S. 59ff., sowie bei Stillschweig, aaO, S. 115ff.). Die Begründung fährt dann weiter fort: „Die Absicht, Zwangsversteigerungen wegen der Zinsansprüche tunlichst zu vermeiden, liegt auch zahlreichen Anregungen zugrunde, die darauf abzielen, den Rang der vierten Klasse des § 10 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung den länger als zwei Jahre rückständigen Zinsansprüchen bis auf weiteres zu erhalten. Wenn die Verwirklichung dieser Anregung den Bedenken begegnen muß, daß durch ein unbegrenztes Anwachsen von Zinsrückständen die nachstehenden Berechtigten schwer geschädigt werden, so erscheint der von der Verordnung eingeschlagene Weg geeignet, dieses Bedenken zu vermeiden. Hiernach bleibt einerseits dem Gläubiger der Weg der Zwangsverwaltung zur Befriedigung wegen seiner Ansprüche, insbesondere wegen seiner Zinsforderungen offen; andererseits ist dem Anschwellen von wiederkehrenden Leistungen dadurch vorgebeugt, daß die Verordnung die Einstellung untersagt, sofern der Gläubiger Zinsen für zwei Jahre zu beanspruchen hat, und außerdem jedem Berechtigten Gelegenheit gibt, die Aufhebung der Einstellung herbeizuführen, wenn ihm Zinsen für zwei Jahre im Range vorgehen." « 3 Drucksache Nr. 403, aaO (Fn. 452), S. 28. «4 Nußbaum, aaO (Fn. 414), S. 41. 4
55 Nußbaum, aaO, S. 41. - Der Grundfehler der neuen Bestimmungen, so Nußbaum, ließe sich auf einfache Weise dadurch beseitigen, „daß dem nachstelligen Hypothekar anstatt einer Versagung des Zuschlages die Vertagung des Versteigerungstermins oder noch besser eine befristete Einstellung der Zwangsversteigerung gewährt würde." Der Gedanke, „daß es der Abhaltung der Versteigerung zur Klärung der Sachlage bedürfe, ist aber auch an sich unrichtig. Er beruht auf einer rein formalen Betrachtung; denn wenn man sich die wirtschaftlichen Verhältnisse vergegenwärtigt, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß es aller Regel nach schon vor dem Termin vollkommen feststeht, ob jemand vorhanden ist, der die zweite Hypothek ausbietet". Als einen weiteren „empfindlichen Mangel" bezeichnete Nußbaum die übermäßige Häufung der zugunsten des betreibenden Gläubigers (d. h. meist des ersten Hypothekars) gemachten Vorbehalte.
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gen aller gesetzlichen Voraussetzungen im freien Ermessen des Richters steht. Damit aber fehlt dem nachstehenden Realberechtigten bei den Verhandlungen mit dem ersten Hypothekar, die der Versteigerung notwendig vorangehen, der sichere Rechtsboden, dessen er zu einer wirksamen Wahrnehmung seiner Interessen unbedingt bedarf. Ferner ist sehr mißlich, daß die Gründe wider und für den Zuschlag erst im letzten Augenblick vorgebracht werden können, und die Entscheidung sofort — allenfalls in einem höchstens eine Woche hinaus anzuberaumenden Verkündungstermin, § 87 I ZVG — gefällt werden muß." Nicht Gesetz geworden war ein Vorschlag der 10. Kommission des Reichstags, den § 62 Z V G abzuändern, um „Schädigungen des zweiten Hypothekargläubigers zu verhindern." 456 Dem Vorschlag lagen Fälle zugrunde, die sich in Groß-Berlin ereignet hatten und auf die der Abgeordnete Gotting am 22. 5. 1916 im Reichstag hingewiesen hatte: „Bei der Geldknappheit gehen Inhaber erster Hypotheken zuweilen so weit, daß sie die Zwangsversteigerung betreiben, weil sie wissen: der hinter ihnen kommende zweite Hypothekarier kann das Bargeld, das der betreibende erste Hypothekarier in der Zwangsversteigerung als Preis erzielt, nicht aufbringen; es leiht ihm im Augenblick kein Mensch Geld; trotzdem die zweite Hypothek gut gewesen ist und gut ist, kann er sie nicht bekommen und muß sein Vermögen preisgeben, vom Ausbieten der ersten Hypothek absehen." 457 Nach den Vorschlägen der Kommission sollte die Möglichkeit geschaffen werden, daß der zweite Hypothekengläubiger das Grundstück unter Übernahme der fälligen ersten Hypothek erwarb und auf ihn dann die Hypothekenverordnung Anwendung fand. Die „Bekanntmachung über die Zwangsverwaltung von Grundstücken" 458 vom 22. 4. 1915 verfolgte das Ziel, die „Nachteile, mit denen die Zwangsverwaltung bisher für den Schuldner verbunden" gewesen war, abzumildern. Nach den Motiven zu dieser Verordnung beruhten die Nachteile insbesondere darauf, daß die Zwangsverwalter für ihre Tätigkeit eine „meist erhebliche Vergütung erhalten und nicht immer in der Lage sind, bei der Führung der Verwaltung die nötige Sparsamkeit zu üben. Die sich hieraus ergebenden Unzuträglichkeiten haben sich nicht nur bei den Grundbesitzern, sondern auch in den Kreisen der Hypothekengläubiger fühlbar gemacht." 459 Nach der Verordnung sollte dafür Vorsorge getroffen werden, 456
Aktenstück Nr. 295, in: Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, Anlagen, Bd. 318, S. 571 (1. Bericht [Teilbericht] der 10. Kommission zur Beratung aller das Wohnungswesen betreffenden Anträge und Petitionen). Nach dem Vorschlag der Kommission sollte § 62 ZVG lauten: „Das Gericht kann schon vor dem Versteigerungstermin Erörterungen der Beteiligten über das geringste Gebot und die Versteigerungsbedingungen veranlassen, zu diesem Zwecke auch einen besonderen Termin bestimmen. Auf Antrag eines Beteiligten hat das Gericht den besonderen Termin zu bestimmen und zu diesem die Beteiligten zu laden. - Stellt ein Beteiligter das im § 59 Abs. 1 Satz 1 bestimmte Verlangen, so entscheidet das Gericht nach freiem Ermessen; die Vorschrift des § 59 Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Das Gericht hat vor seiner Entscheidung das bestehende Hypotheken-Einigungsamt zu hören." 457 Verhandlungen des Reichstags, XIII Legislaturperiode, II. Session, Stenographische Berichte, Bd. 307, S. 1222 (22. 5. 1916). 458 RGBl. 1915, S. 233-235 (unten S. 176f. abgedruckt). Literatur bei Zweigen, aaO, S. 87f.; u. a. Buhe, JW 1915, S. 1050ff.; Dittrich, DRiZ 1915, Sp. 483; den., DRiZ, 1916, Sp. 461 ff.; Güthe, JW 1915, S. 473ff., 545ff.; Hallbauer, SächsArch. 1915, 205ff.; Hirsch, Recht 1915, S. 269ff.; Nußbaum, JW 1915, S. 482; Weimann, JW 1915, S. 695ff. 459 Verhandlungen des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, Anlagen, Bd. 315, Aktenstück Nr. 73, S. 3 (auch bei Zweigert, aaO., S. 85ff., abgedruckt).
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„daß die Verwaltung tunlichst solchen Personen übertragen wird, die für ihre Tätigkeit keine Vergütung beanspruchen und wegen ihrer besonderen Beziehungen zum Grundstück ein eigenes Interesse an der Verbilligung des Verfahrens haben." 460 Nach § 1 der Verordnung war der Schuldner zum Zwangsverwalter zu bestellen, wenn er bereit war, die Zwangsverwaltung zu übernehmen, und anzunehmen war, daß er sie ordnungsgemäß führen würde 461 . In diesem Falle mußte ihm eine Aufsichtsperson beigegeben werden, die, obwohl sie keine Vergütung erhielt, den Beteiligten für jedes Verschulden mit ihrem Vermögen haftete. Wurde nicht der Schuldner zum Verwalter bestellt, so konnte eine am Grundstück beteiligte „unter staatlicher Aufsicht stehende Anstalt" 462 eine in ihrem Dienst stehende Person als Verwalter vorschlagen. In dritter Linie war der betreibende Gläubiger, falls er sich dazu erbot, zum Verwalter zu bestellen463. In allen Fällen war die Zwangsverwaltung unentgeltlich zu führen. Nach Nußbaum enthielt die Verordnung „wertvolle und entwicklungsfähige Gedanken", „ganz besonders insofern, als sie anstelle der bisher allein herrschenden amtlichen (gerichtlichen) Zwangsverwalter auch die privaten Grundstücksbeteiligten zu den Aufgaben der Zwangsverwaltung heranzuziehen sucht." 464 In der Praxis setzte sich bald die Zwangsverwaltung durch den Schuldner durch. Allerdings erwies es sich als außerordentlich schwierig, qualifizierte Aufsichtspersonen zu finden. Nußbaum schlug deshalb vor, diese Personen nur für Vorsatz haften zu lassen. Ferner regte er an, die Zwangsverwaltung nicht nur durch den betreibenden Gläubiger, sondern auch durch einen nachstehenden Hypothekengläubiger zu gestatten. Im übrigen wünschte Nußbaum den Erlaß einer Bestimmung, wonach die „Vergebung von Arbeiten und Lieferungen für das Grundstück in erster Linie nach den Vorschlägen des betreibenden Gläubigers, in zweiter nach denjenigen des Schuldners zu geschehen hat." 465 Auch in allen anderen wichtigen Angelegenheiten (größere Vermietungen) sollten der Gläubiger und der Schuldner gehört werden. Schließlich sollte die Zahl der einem Verwalter unterstehenden Grundstücke — in Berlin waren es oft zwischen 100 und 200 — wesentlich verringert werden, damit die Zwangsverwaltung effektiver als bisher wahrgenommen werden konnte 466 . Das kriegswirtschaftliche Liegenschaftsrecht wurde nach 1918 nur sehr zögernd aufgehoben. Die „Bekanntmachung über die Zwangsverwaltung von Grundstük-
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Begründung, S. 4. Hierzu Begründung, S. 4: „Von einem Schuldner, der die hierzu unbedingt nötige Zuverlässigkeit besitzt, wird in der Regel auch erwartet werden können, daß er schon im eigenen Interesse die Verwaltung unentgeltlich führen wird." 462 § 3 der Verordnung. 463 § 4 der Verordnung. «4 Nußbaum, aaO, (Fn. 414), S. 53. 4 « Nußbaum, aaO, S. 58. 466 In der Akte des StA Hamburg, Cl. I Lit. T, No. 7, vol. 71 (Senatkommission für die Justizverwaltung), befindet sich ein Schreiben des Reichsjustizamtes vom 15. 6. 1917, mit dem die Bundesstaaten um Mitteilung eventueller Abänderungsvorschläge zur V O von 1915 gebeten wurden. In diesem Schreiben werden u. a. die von den Verbänden der Haus- und Grundbesitzer gewünschten Modifikationen mitgeteilt (stärkere Heranziehung von privaten Verwaltern; der Grundsatz der Unentgeltlichkeit sollte nicht überspannt werden; berufsmäßigen Verwaltern sollten nicht mehr als dreißig Verwaltungen übertragen werden; ohne Genehmigung des Gerichts sollten durch berufsmäßige Verwalter nur geringfügige und unaufschiebbare Reparaturen vorgenommen werden dürfen). 461
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XI. Zur Weiterentwicklung des Zwangsversteigerungsrechts bis zur Novelle von 1979
ken" wurde durch eine Verordnung vom 19. 12. 1920467 außer Kraft gesetzt, wohingegen die Hypothekenverordnung bis 1925 in Geltung 468 blieb. Während der Weimarer Zeit spielte das Zwangsversteigerungsrecht in der rechtspolitischen Diskussion nur eine sehr untergeordnete Rolle469. Nach den Motiven zu dem vom Reichsjustizministerium 1931 veröffentlichten Entwurf einer Zivilprozeßordnung war eine Gesamtreform der Immobiliarvollstreckung „späterer Erwägung" 470 vorbehalten. Zu einigen wichtigen Änderungen des Zwangsversteigerungsrechts führte die „Vierte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens"471 vom 8. Dezember 1931, die in ihrem vollstreckungsrechtlichen Teil mit einigen Modifikationen als „Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung" 472 am 26. 5. 1933 neu verkündet und 1953 im wesentlichen in das ZVG eingearbeitet wurde. Die Verordnung von 1931 knüpfte, wie Jonas, der zuständige Referent im Reichsjustizministerium ausführte, zum Teil an die Hypothekenverordnung von 1916 an 473 . Zur Begründung der 1931 getroffenen Maßnahmen wies Jonas darauf hin, daß die Immobiliarwirtschaft „gegenüber der Überspitzung der Zinssätze ebenso machtlos" gewesen sei „wie gegenüber dem durch die unsichere Gesamtlage bedingten Streben der Geldgeber, aus Liquiditätsgründen aus dem langfristigen in den kurzfristigen Kredit zu flüchten" 474 . „Hand in Hand damit gingen das allmählige fast völlige Erliegen jedes freien Grundstücksverkehrs und die wachsende Unmöglichkeit, Grundvermögen irgendwie freihändig zu liquidieren. So ergaben sich schließlich Spannungen, die sich nach Ausbruch der akuten Krise im Sommer vorigen Jahres zwangsläufig eruptiv zu lösen suchten. Die Lösung war die verheerende Flut von Immobiliarvollstreckungen. Die Zwangsversteigerung, die zwangsweise Verwertung der Substanz des verhafteten Wertobjekts, kann aber ihre Funktion als Werkzeug ausgleichender wirtschaftlicher Gerechtigkeit nicht mehr erfüllen, wenn Kapital- und Grundstücksmarkt nahezu tot sind und damit die begriffliche Vorbedingung für jeden Zwangsverkauf — das preisregulierende Gegenspiel von Angebot und Nachfrage auf dem freien Markte — fehlt. Aus dieser Lage ergab sich für den Gesetzgeber die zwingende Notwendigkeit, zur Vermeidung geradezu turbulenter Besitzverschiebungen und wirtschaftlich sinnloser Wertverschleuderungen sistierend in die Immobiliarversteigerungen einzugreifen." Gleichwohl war man bemüht gewesen, die Eingriffe so 467
RGBl. 1920, S. 2166. « 8 Außer Kraft gesetzt durch eine Verordnung vom 18. 7. 1925 (RGBl. 1925, S. 154). 469 Bedingt war dies vor allem durch die Inflation und die anschließende Währungsumstellung mit zum Teil größeren, wenn auch nur vorübergehenden Eingriffen in das Hypothekenrecht (vgl. 8, 10 des Aufwertungsgesetzes; RGBl. I, 1925, S. 117ff.). 470 Entwurf einer Zivilprozeßordnung. Veröffentlicht durch das Justizministerium, 1931, S. 539. 47 1 RGBl. I, 699, 7 1 0 - 7 1 3 ; Änderungen durch Verordnungen vom 14. 6. 1932 (RGBl. I, 285, 291 ff.), vom 27. 9. 1932 (RGBl. I, 473), vom 17. 1. 1933 (RGBl. I, 19), vom 4. 5. 1933 (RGBl. I, 241) und vom 26. 5. 1933 (RGBl. I, 298). 472 RGBl. I, 302ff. (unten S. 181 ff. abgedruckt). - Änderungen erfolgten durch Verordnungen vom 22. 3. und vom 24. 10. 1934 (RGBl. I, 231, 1070). 473 M. Jonas: Das Zwangsvollstreckungsnotrecht, 3. neu bearbeitete Aufl., 1932, u. a. S. 6. Eine weitere Kommentierung der Verordnung von 1931/33 (ohne Hinweise auf deren Entstehung und deren rechtspolitische Grundlagen) bringen E. Friedländer/A. Hosiosky/E. Pasche, Zwangsvollstreckungsrecht der Notgesetzgebung, 2. Aufl. 1933, und H. Schoan, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung auf Grund der 4. N o t V O . . . , 1932. 474 Jonas, aaO, S. 3. 105
Entstehungsgeschichte des ZVG
behutsam wie möglich zu gestalten. Den Gedanken eines allgemeinen Vollstrekkungsmoratoriums lehnte man ab und beschränkte sich auf individuelle Schutzmaßnahmen, die sich in den Rahmen des bisherigen Vollstreckungsrechts einfügten: „keine zeitweilige Versagung des Vollstreckungsrechts, also kein eigentliches Vollstreckungsmoratorium, sondern nur Maßnahmen, die man im gewissen Sinne als Verwertungsmoratorium bezeichnen kann, Handhaben, die es einerseits dem infolge der Krise notleidenden Schuldner und andererseits den durch die Vollstreckung des Vormannes gefährdeten nachstehenden Hypothekaren ermöglichen, den Zeitpunkt der Versteigerung möglichst über die Krisenzeit hinauszuziehen." 475 Nach § 1 der V O von 1931 der dem heutigen § 74a ZVG entspricht, konnte unter bestimmten Voraussetzungen der Zuschlag versagt werden, wenn das bei der Zwangsversteigerung abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwerts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte sieben Zehntel des Grundstückswerts nicht erreichte. Erst im nächsten Versteigerungstermin konnte der Zuschlag bei Nichterreichung der Siebenzehntelgrenze erteilt werden. Die Grundsätze für die Wertermittlung, gegen die ein Rechtsmittel nicht gegeben war, waren in § 4 enthalten. — § 3 versagte einem Ersteher, dem ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück zustand, den Rückgriff auf die persönliche Forderung, soweit der Zuschlag hinter sieben Zehntel des Grundstückswerts zurückgeblieben war. Rechtstechnisch wurde das dadurch erreicht, daß der Ersteher auch insoweit als aus dem Grundstück befriedigt gelten sollte, „als sein Anspruch durch das gegebene Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in der vorbezeichneten Höhe gedeckt sein würde." Damit war einem Mißstand abgeholfen, mit dem sich bereits 1910 der Deutsche Juristentag befaßt hatte. Die neue Regelung wurde 1953 in das ZVG als § 114 a übernommen. In der Folgezeit war stark umstritten, ob dem Anspruch des Erstehers vorgehende oder gleichstehende Rechte, die erloschen, zu berücksichtigen waren. Neu geschaffen wurde die Möglichkeit einer einstweiligen Einstellung von Zwangsversteigerungen. Nach der ursprünglichen Regelung von 1931 war die Einstellung von einem Antrag des Schuldners abhängig. Ein solcher Antrag konnte nur binnen einer Notfrist von 14 Tagen seit der Zustellung des Beschlusses, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet worden war, gestellt werden. Eine mehrmalige Einstellung der Zwangsversteigerung war nach § 5 nicht zulässig, eine Regelung, die bereits 1932 zugunsten einer erneuten Einstellung abgeändert wurde. 1933 entfiel jegliche zeitliche Beschränkung (§ 7 Abs. 3). Ebenfalls aufgegeben wurde 1933 das Antragserfordernis. Für landwirtschaftliche Grundstücke wurde der Vollstrekkungsschutz Anfang 193 3476 für einige Zeit dahin erweitert, daß grundsätzlich jede Zwangsvellstreckung kraft Gesetzes einzustellen war und daß das Verfahren nur unter bestimmten eng bezeichneten Voraussetzungen fortzusetzen war. § 9 a der Verordnung (1932) ließ auch die Einstellung einer Teilungsversteigerung, zunächst allerdings nur auf Antrag zu, „wenn dies bei Abwägung der widerstreitenden Interessen der mehreren Miteigentümer angemessen erscheint". Damit sollten die Miteigentümer g gen eine zur Unzeit betriebene Teilung geschützt werden: „Die Vorschrift will vor allem dem begegnen, daß der wirtschaftlich stärkere Vgl.§l067EI. 21 Vgl. § 840 E I. 214
II. Protokolle der 1. BGB-Kommission
lösbaren Rechten aus der Ablösungssumme, bei dem Nießbrauche in der Einräumung des Nießbrauches an dem Rechte des Zuschlagspreises." 27. In dem § 542 die Ziffer 1 so zu fassen: „Die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstücke bezweckenden Rechtsverfolgung." (Vorl. für die Red. § 1039 22 .) 28. In dem § 543 zwischen Absatz 1 und 2 einzuschalten: „Ist ein Fälligkeitstermin nicht bestimmt, oder ist der bestimmte letzte Fälligkeitstermin vor länger als zwei Jahren eingetreten, so entscheidet die Zeit der Beschlagnahme." (Preuß. Ges. v. 13. Juli 1883 § 36 Abs. 3; Prot. S. 5062.) 29. Den § 547so zu fassen: „Ist das Verfahren auf Grund der Konk. O. § 116 23 eingeleitet, so kann jeder Gläubiger verlangen . . . " (u.s.w. wie im Entw.). 30. In dem § 548 die Abs. 3 und 4 zu streichen. 3 1 . I n d e m § 549 den Abs. 1 zu streichen und in dem Abs. 2 | hinter „Zwangsver- | Prot 15815 waltung" einzuschalten: „eines Grundstückes." 32. Den § 550bei dem unter N° 3 bezeichneten Gesetzentwurfe zu berücksichtigen und deshalb hier zu streichen. 33. In dem § 551 den Satz 2 als durch den § 825 der Zus.st. 24 und die Vorschläge § 496 Abs. 2 und § 497 Abs. 1 gedeckt zu streichen. 34. Die §§ 557 bis 560, als das Verfahren betreffend, und den § 563 als durch den Antrag zu § 532 gedeckt zu streichen.
426. Sitzung vom 27. 3.1885, Schriftführer Achilles (nicht anwesend: Derscheid) | Die Berathung des zu dem achten Abschnitt und den Aenderungsvorschlägen | Prot 15817 des Referenten gestellten, in den Protokollen über die vorige Sitzung S. 5796 ff. mitgetheilten Antrages wurde fortgesetzt. Der § B. spricht in seinem Abs. 1 Satz 1 das Prinzip aus, daß Rechte an dem Grundstücke durch die Veräußerung desselben im Wege der Zwangsversteigerung erlöschen, soweit nicht bei der Veräußerung ein Anderes bestimmt ist. Dieser Vorschlag ist in Ansehung der dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Rechte dadurch erledigt, daß nach dem Beschlüsse der vorigen Sitzung der Zuschlag nur für ein solches Gebot ertheilt werden kann, durch welches die vorgehenden Hypotheken und Grundschulden ihre Deckung finden, während die Entscheidung darüber, ob dieselben von dem Ersteher zu übernehmen sind oder nicht, wegen des Zusammenhanges dieser Frage mit der Prozedur zur Zeit abgelehnt ist, und daß die übrigen vorgehenden Rechte von der Zwangsversteigerung unberührt bleiben sollen. Es handelt | sich somit nur noch um das Recht des betreibenden Gläubigers und die |ProtI 5818 demselben gleich- oder nachstehenden Rechte. Von mehreren Seiten wurde es als selbstverständlich bezeichnet, daß das Recht des betreibenden Gläubigers an dem Grundstücke, da es sich in der Zwangsversteigerung erschöpfte, durch dieselbe erlöschen müsse, hinsichtlich der gleich- und der nachstehenden Rechte, dagegen, welche nicht Hypotheken oder Grundschulden sind, dem Entwürfe vor dem § B. der Vorzug gegeben. Der Entwurf bestimmt näm22Vgl. § 1066 E I . 23 § 126 K O n.F. 2 4 Vgl. $ 838 E I .
215
Quellen zur Entstehung des ZVG
lieh: § 512 Erbbaurechte, Dienstbarkeiten und Reallasten, mit Ausschluß der ablösbaren Geldrenten, werden ohne Anrechnung auf das Meistgebot von dem Ersteher übernommen. Jedoch kann ein Gläubiger, der durch das höchste hierbei zu erzielende Gebot nicht vollständig gedeckt wird, die Versteigerung unter der Bedingung des Erlöschens der ihm gleich- oder nachstehenden Rechte verlangen, sofern unter dieser Bedingung ein Gebot erfolgt, welches den ihn drohenden Ausfall ganz oder theilweise abzuwenden geeignet ist. § 530 Eintragungen, welche dem Ansprüche des Gläubigers vorgehen, bleiben in Kraft, soweit ihre Uebernahme Seitens des Erstehers nicht besonders ausgeschlossen ist. Die übrigen Eintragungen werden gelöscht, soweit sie nicht von dem Ersteher übernommen sind oder nach gesetzlicher Vorschrift übernommen werden müssen. Die Löschung erfolgt auf das Ersuchen des Gerichts. |ProtI 5819 Der Referent ist hierbei, von der Fassung des § 512 | Abs. 1 abgesehen, auch in seinen Aenderungsvorschlägen Prot. S. 5812, 5813 verblieben. Die Abweichung des § B. Abs. 1 von dem Entwürfe erklärt sich dadurch, daß der Antragsteller eine andere Prozedur voraussetzt als der Referent. Während nämlich nach dem Entwürfe die Uebernahme der in dem § 512 bezeichneten Belastungen Seitens des Erstehers eine gesetzliche Versteigerungsbedingung ist, welche nur in dem Falle des Abs. 2 dieses Paragraphens abgeändert werden kann, will der Antragsteller, wie er zur Rechtfertigung seines Vorschlages bemerkte, das Verfahren so geordnet wissen, daß die Uebernahme der fraglichen Belastungen als Versteigerungsbedingung gestellt werden muß, sofern die vorgehenden Betheiligten durch den Zuschlag für ein unter dieser Bedingung abgegebenes Gebot nicht beeinträchtigt werden. Bei der Berathung überzeugte man sich, daß Bestimmungen, wie sie in dem § B. Abs. 1 und dem Entwürfe §§ 512 u. 530 über das Erlöschen der Rechte vorgeschlagen werden, sich nur rechtfertigen lassen, wenn die Regelung des Verfahrens Vorsorge trifft, daß die Betheiligten zu demselben zugezogen, auch ein öffentlicher Aufruf erlassen, die Mitwirkung der Betheiligten bei der Feststellung der Versteigerungsbedingungen gesichert, der Zuschlagsbescheid zugestellt und die Rechtsmittel gegen denselben sachgemäß geordnet werden. Wegen dieses engen Zusammenhanges der vorgeschlagenen Bestimmungen mit den erforderlichen Prozedurvorschriften verständigte man sich: das Erlöschen der Rechte an einem Grundstücke durch die Zwangsversteigerung nicht in dem Gesetzubuche zu regeln, sondern in dem künftigen Kommissionsentwurfe an geeigneter Stelle durch eine Anmerkung her| Prot I 5820 vorzuheben, und der Zwangs-1 Vollstreckungsordnung die Bestimmungen darüber vorzubehalten, inwiefern Rechte an einem Grundstücke durch die Zwangsversteigerung erlöschen. Nach § B. Abs. 1 Satz 2 sollen auch die Rechte an den im Wege der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung veräußerten beweglichen Sachen und Forderungen durch die Veräußerung erlöschen. Die Kommission lehnte indessen sowohl die Aufnahme einer solchen Bestimmung in das Gesetzbuch als auch die Beifügung einer entsprechenden Note ab, weil sie der Ansicht war, daß dieselben für das Verständniß der beschlossenen Vorschriften und wegen des vorausgegangenen Beschlusses entbehrlich seien. Der Abs. 2 des § B., nach welchem die der Eintragung nicht bedürfenden Rechte an dem Grundstücke durch die Veräußerung nicht erlöschen sollen, wurde als durch den zu Abs. 1 Satz 1 gefaßten Beschluß erledigt angesehen. 216
II. Protokolle der 1. BGB-Kommission Zur Sprache kam hierbei, daß nach dem Entwürfe § 533 die in den §§ 534 — 537 bezeichneten Rechte, obschon sie nicht eingetragen werden, den eingetragenen Rechten vorgehen sollen. Die gedachten §§ l a u t e n : . . . 2 5 | V o n einer Seite wurde geltend gemacht, daß der Entwurf diese Rechte da- | Prot I 5822 durch, das er die Befriedigung der Berechtigten vor den Hypothekengläubigern in Aussicht nehme, zu privilegirten Hypotheken bezw. Reallasten erhebe. V o n anderer Seite wurde dies bestritten und die Auffassung vertreten, daß es sich nur um V o r zugsrechte handele. Die hieran sich knüpfenden Erörterungen führten zur Verständigung über die Aufnahme einer Note folgenden Inhalts: „ D e r Zwangsvollstrekkungsordnung bleibt die Bestimmung darüber vorbehalten, inwiefern und in welcher Ordnung rückständige im öffentlichen Rechte sich gründende Abgaben, Liedlohn und ähnliche Bezüge aus dem Versteigerungserlöse zu befriedigen sind." Der § C , welcher sachlich mit dem Vorschlage des Referenten zu § 540 des Entwurfes, Prot. S. 5814, übereinstimmt, wurde von einer Seite insoweit beanstandet, als danach auch bei den durch die Zwangsversteigerung erlöschenden Servituten, mit Ausschluß des Nießbrauches, ein Anspruch des Berechtigten auf Entschädigung aus dem Versteigerungserlöse stattfinden soll. Es wurde ausgeführt, daß hierdurch die Dienstbarkeit einen ihr an sich fremden Inhalt annehmen würde, und daß, wenn dies die Billigung der Kommission fände, eine entsprechende Vorschrift in das Ge-1 | Prot I 5823 setzbuch aufgenommen werden müßte. V o n anderer Seite wurde dieser Ausführung wiedersprochen; es wurde namentlich betont, daß die Vorschläge, auch bezüglich der Dienstbarkeit, die Billigkeit für sich hätten. Man verständigte sich dahin, daß die Frage, ob für eine durch die Zwangsversteigerung erlöschende Servitut eine Geldentschädigung aus dem Versteigerungserlöse verlangt werden könne, in dem Gesetzbuche offen zu lassen, und erst in der Zwangsvollstreckungsordnung zu entscheiden sei, dabei keiner der beschlossenen Vorschriften die Entscheidung der Frage in diesem oder jenem Sinne vorausgesetzt worden und die zu treffende Bestimmung ihre passende Stelle in dem vorbehaltenen Gesetze finde, und zwar in den materiellen Vorschriften über das Vertheilungsverfahren, w o überhaupt im Allgemeinen darüber zu bestimmen sei, inwiefern für die erlöschenden Rechte der Erlös an die Stelle des Grundstücks trete, demgemäß eine N o t e des allgemeinen Inhalts sich empfehle: Der Zwangsvollstreckungsordung bleibe die Bestimmung vorbehalten, ob und in welchem Umfange für die durch die Zwangsversteigerung erlöschenden Rechte der Versteigerungserlös an die Stelle des Grundstückes trete. Den §§ D. und E. des Antrages entsprechen die §§ 542 — 545 und 552 des Entwurfs, welche l a u t e n : . . . 2 6 | Bei der Berathung war man im Allgemeinen einverstanden, daß die vorgeschla- I ^ r o t * 5 " 2 5 genen Bestimmungen zur Regelung des Vertheilungsverfahrens dienten, dieses Verfahren aber nach dem in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüsse in dem Bürgerlichen Gesetzbuche nicht geordnet werden könnte. V o n einer Seite wurde indessen hervorgehoben, daß in der Begründung eines in der Sitzung vom 17. Dezember 1884 gefaßten Beschlusses, Prot. S. 5061 — 5063, vorausgesetzt sei, die Kommission werde den §§ 542 — 544 des Entwurfes entsprechende Vorschriften in das Gesetzbuch beschließen. Mit Rücksicht hierauf verständigte man sich, den Bestimmungen des Sachenrechts folgende N o t e beizufügen: „ D i e Zwangsvollstreckungsordnung soll die Vorschrift enthalten, daß bei der Zwangsversteigerung an der Stelle, wo 25 Die 534 — 537 TE-SachR sind oben unter A.I. abgedruckt. 2 6 Die genannten Bestimmungen des TE-SachR sind oben unter A.I. abgedruckt. 217
Quellen zur Entstehung des ZVG
eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Reallast in dem Vertheilungsverfahren angesetzt wird, nur die laufenden Zinsen und wiederkehrenden Leistungen sowie zweijährige Rückstände, ältere Rückstände dagegen nur mit dem Range nach den | Prot I 5826 übrigen Berechtigten liquidirt wer- | den können. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob diese Vorschrift auf die gesetzlichen Zinsen ausgedehnt werden soll." Hierauf wurde der Einfluß der Zwangsversteigerung auf das Vorkaufsrecht einer Erörterung unterzogen. Der Kommissions-Entw. enthält unter § 482 die Vorschrift: „Das Vorkaufsrecht kann nicht ausgeübt werden, wenn der Gegenstand desselben im Wege der Zwangsvollstreckung verkauft wird." Durch diese Vorschrift sollte aber, wie das Protokoll S. 196427 ergiebt, „den Bestimmungen des Sachenrechts über die Behandlung des gegen Dritte wirkenden Vorkaufsrechtes . . . in keiner Weise vorgegriffen" werden. Bei der Berathung des Sachenrechtsentwurfes § 94 sind indessen Anträge, welche die Ausschließung der Bestimmung des § 482 von der Anwendung auf das eingetragene Vorkaufsrecht bezweckten, abgelehnt, jedoch mit dem Vorbehalt, zu den §§ 500 u. 522 des Sachenrechtsentwurfes zu beschließen, daß der Vorkaufsberechtigte bei der Zwangsversteigerung als Betheiligter zuzuziehen sei (Prot. S. 3772). Der § 500 enthält die Vorschrift, daß die Versteigerung unter Zuziehung der Betheiligten erfolge, und daß zu den Betheiligten die bei Anordnung der Zwangsversteigerung aus dem Grundbuche ersichtlichen Berechtigten gehören. Der § 522 lautet: „Vorkaufsrechte sind in dem Versteigerungstermine auszuüben, wenn das letzte Gebot abgegeben ist. Die Ausübung des Vorkaufsrechtes gilt als Mehrgebot. Besondere Vorkaufsbe| Prot 15827 dingungen sind nur | soweit wirksam, als sie aus dem Grundbuche ersichtlich sind; gegen die dem Berechtigten vorgehenden Gläubiger können sie nicht geltend gemacht werden." Von einer Seite wurde behauptet, daß der § 522 mit dem zu § 94 gefaßten Beschlüsse in Widerspruch stehe, da dieser Beschluß nach seiner Begründung nur so verstanden werden könne, daß der § 482 des K.E. auch für das eingetragene Vorkaufsrecht gelten solle. Diese Auffassung fand jedoch Widerspruch; es wurde ausgeführt: der Beschlußfassung über den § 522 sei nur insoweit vorgegriffen, als dem Vorkaufsberechtigten bei der Zwangsversteigerung Befugnisse, welche einen hemmenden oder ungünstigen Einfluß auf das Ergebniß der Versteigerung üben könnten, nicht zugestanden werden dürften. Man verständigte sich schließlich dahin, daß, wenn für das eingetragene Vorkaufsrecht von dem Prinzip des K.E. § 482 abgewichen werden sollte, die Abweichung in der Zwangsvollstreckungsordnung zu regeln sein würde. Zur Sprache kam ferner der Einfluß eines zum Schutze eines persönlichen Rechtes erlassenen Veräußerungsverbotes auf die Zulässigkeit der Zwangsversteigerung. Es wurde mit Rücksicht auf die Bestimmungen des K.E. § 107 Abs. 4 und der Zusammenstellung § 854 Abs. 2 Satz 228 (Prot. S. 5111) unter Hinweisung auf die Verhandlungen v. 25. April 1884 Prot. S. 3789ff. ausgeführt: man müsse unterscheiden, ob das Recht des betreibenden Gläubigers dem Veräußerungsverbot im Range vorgehe oder nicht; in dem ersteren Falle stehe das Verbot der Zwangsversteigerung | Prot I 5828 nicht entgegen, | in dem letzteren Falle sei dieselbe unzulässig. Es werde in dem Gesetze über die Zwangsvollstreckung in unbewegliche Sachen an geeigneter Stelle darauf hinzuweisen sein. 27
Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Recht der Schuldverhältnisse II, S. 329; hier S. 327 ff. auch die weiteren Quellen zum Vorkaufsrecht. 28 V g l . §781 E I . 218
II. Protokolle der 1. BGB-Kommission Diese Ausführung fand keinen Widerspruch. Bezüglich des K.E. § 762 2 9 endlich wurde der zu demselben gestellte Antrag, Prot. S. 5798, 5799, soweit er in Absatz 2 die Worte „nach den dafür im Sachenrechte enthaltenden Vorschriften" durch die Worte „nach den Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen" ersetzen will, angenommen, die Fassung jedoch der Prüfung bei der Redaktion überwiesen; im Uebrigen wurde der Antrag mit Rücksicht auf die gefaßten Beschlüsse von dem Antragsteller zurückgezogen. Schließlich wurde die Frage, an welcher Stelle und in welcher Fassung die in der vorigen Sitzung und heute beschlossenen Noten dem Entwürfe des bürgerlichen Gesetzbuches beizufügen seien, der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten 30 ; es soll hierbei namentlich geprüft werden, ob nicht sämmtliche Noten zu einer Note, welche dem dritten Abschnitte des Sachenrechts beizufügen wäre, zu verschmelzen seien, und bei anderen von dem Inhalte der Note berührten Vorschriften des Entwurfes einer Hinweisung auf diese N o t e beizufügen sei.
29 30
Vgl. § 769 E I. Folgende Anmerkungen sind dem E I beigefügt worden: I. Anm. zu § 826: Mit der Einführung des bürgerlichen Gesetzbuches wird die Erlassung eines besonderen Gesetzes erforderlich, durch welches in Ergänzung der Civilprozeßordnung und der Konkursordnung und zum Zwecke der vollständigen Regelung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung der Grundstücke und der den letzteren gleichstehenden Rechte (§ 781 Abs. 2) in umfassender Weise geordnet wird. Das besondere Gesetz wird zu bestimmen haben: 1. daß im Falle der Zwangsversteigerung das Grundstück nur für ein solches Gebot zugeschlagen werden könne, durch welches sämmtliche Hypotheken und Grundschulden, die im Range dem Ansprüche des das Verfahren betreibenden Gläubigers vorgehen, gedeckt erscheinen, und nach welchem die sonstigen dem Ansprüche des betreibenden Gläubigers vorgehenden Rechte bestehen bleiben; — 2. daß die Hypothekengläubiger und die Grundschuldgläubiger eines im Wege der Zwangsvollstreckung veräußerten Grundstückes aus dessen Erlöse nur wegen eines zweijährigen Zinsenrückstandes an der Stelle des Kapitales Befriedigung verlangen können, während sie wegen älterer Zinsenrückstände den übrigen Berechtigten im Range nachstehen, vorbehaltlich der Entscheidung, ob eine gleiche Vorschrift auch für die gesetzlichen Zinsen sich empfehle. Dem besonderen Gesetze sind ferner die Bestimmungen darüber vorbehalten: a) inwiefern durch die Zwangsversteigerung eines Grundstückes die an diesem bestehenden Rechte erlöschen und für solche erlöschende Rechte der Erlös an Stelle des veräußerten Grundstückes trete; — b) inwiefern aus dem Erlöse eines im Wege der Zwangsvollstreckung veräußerten Grundstückes nicht allein die Rückstände der auf dem Grundstücke ruhenden, im öffentlichen Rechte sich gründenden Abgaben, sondern auch rückständiger Gesindelohn und rückständige ähnliche Bezüge zu berichtigen seien, und in welcher Ordnung die Berichtigung zu erfolgen habe. (Prot. 25. und 27. März, 17. Juni 1885 S. 5799-5807, 5817-5828, 6254, 6259). II. Anm. zu § 1067 Abs. 1 Ziff. 1: Das Gesetz über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Anmerkung 1 zur Ueberschrift vor dem § 826) wird zu bestimmen haben, daß die Zwangsverwaltung auf die Rechte des Mieters und des Pächters keinen Einfluß hat, diese Rechte vielmehr erst durch die Zwangsversteigerung, vorbehaltlich einer zu gewährenden Räumungsfrist oder Kündigungsfrist, zur Aufhebung gelangen. 219
Quellen zur Entstehung des ZVG
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1 8 8 8 ; 2 2 . 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1 8 8 9 )
810. Sitzung v o m 8 . 1 0 . 1 8 8 8 , Schriftführer von Liebe 1 | Prot 1 13651
| M a n ging ü b e r zu d e r Berathung des v o n d e m R e f e r e n t e n des Sachenrechtes vorgelegten E n t w u r f e s eines Gesetzes, b e t r e f f e n d die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche V e r m ö g e n 2 , v. Schmitt Mit Rücksicht auf den gestellten Antrag, den § 4 des E n t w u r f e s in d e r Fassung, (Nr 3, II) in welcher derselbe aus d e r B e r a t h u n g hervorgehen w i r d , in die G r u n d b u c h o r d n u n g zu versetzen, w u r d e der § 4 vorab berathen. Derselbe lautet:
ZVG-VE „ W e r aus einem eingetragenen R e c h t e einen Titel z u r Zwangsvollstreckung in § 4 das G r u n d s t ü c k hat, ist berechtigt: 1. das d e m E i g e n t h ü m e r zustehende R e c h t auf Löschung eines d e m R e c h t e des Gläubigers im R a n g e v o r g e h e n d e n , bereits a u f g e h o b e n e n Rechtes geltend zu m a chen; 2. nach M a ß g a b e des § 1103 des Bürgerlichen Gesetzbuches das A u f g e b o t einer dem R e c h t e des Gläubigers im Range v o r g e h e n d e n H y p o t h e k o d e r G r u n d s c h u l d an | Prot 1 13652 Stelle des E i g e n t h ü m e r s z u betreiben | und die L ö s c h u n g zu b e a n t r a g e n . W i r d das R e c h t auf L ö s c h u n g im W e g e d e r Klage verfolgt, so ist d e r Kläger verpflichtet, dem E i g e n t h ü m e r den Streit zu v e r k ü n d e n , sofern nicht eine Zustellung im Auslande o d e r eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. D a s A u f g e b o t ist d e m E i g e n t h ü m e r mitzutheilen." Kurlbaum (Nr 2, 7)
Es w a r beantragt, 1. den § 4 zu fassen: „ D e r Gläubiger einer H y p o t h e k o d e r G r u n d s c h u l d , welcher f ü r seinen A n s p r u c h einen gegen den E i g e n t h ü m e r des belasteten G r u n d s t ü c k s vollstreckbaren Titel hat,
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Der Abdruck erfolgt nach der handschriftlichen metallographierten Fassung der Protokolle. Sämtliche Randüberschriften und Fußnoten stammen, sofern nichts anderes vermerkt ist, vom Herausgeber. Wegen der Abkürzungen vgl. das Verzeichnis zu Beginn dieses Bandes. Soweit auf Bestimmungen des Sachenrechts des 1. BGB-Entwurfs, des Entwurfs einer Grundbuchordnung oder der Civilprozeßordnung von 1877 verwiesen wird, sei auf das Konkordanzregister und die sonstigen Nachweise im Band Sachenrecht III (Grundbuchordnung) verwiesen. Für die Konkursordnung wird im vorliegenden Band ein Konkordanzregister abgedruckt. 2 Dieser Entwurf wird im folgenden sukzessive mitgeteilt. Er liegt auch als Manuskript (einschließlich Motive von Achilles) gedruckt vor (Nachdruck im Rahmen der Edition: „Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches, hrsg. von W. Schubert, Sachenrecht Teil 3, 1982). - Die im folgenden wiederholt zitierte Begründung zum Sachenrechts-Teilentwurf ist in den Teilen 1 und 2 des genannten Nachdrucks enthalten. 220
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
kann auf Grund dieses Titels im Wege der Zwangsvollstreckung nach Maßgabe des § 846 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Löschung derjenigen nach dem Inhalte des Grundbuches der Hypothek oder Grundschuld vorgehenden oder gleichstehenden Rechte, mit Einschluß der Hypotheken und Grundschulden, beantragen, welche erloschen oder nicht entstanden sind. Auch kann er die Mittheilung der zur Begründung des Antrages erforderlichen Urkunden von Behörden und Beamten, mit Einschluß der Notare, insoweit verlangen, als der Eigenthümer hierzu befugt ist." (Zu vergl. § 843 BGB, § 44 Grdb. Ordn.) (Anmerkung: Er soll hierbei vorbehalten bleiben, vorstehende Vorschrift in die Grundbuchordnung aufzunehmen und durch eine später einzustellende Vorschrift dem Gläubiger das Aufgebotsrecht für den Fall zu geben, daß das geringste Gebot nicht erreicht wird. Eventuell wird für das nach dem Entwürfe dem Gläubiger beizulegende Aufgebotsrecht folgende Fassung vorgeschlagen: „Er (Bezeichnung wie oben) kann in Ansehung einer der Hypothek oder Grundschuld vorgehenden | oder gleichstehenden Hypothek oder Grundschuld, von wel- | Prot 1 13653 eher er behauptet, daß die Forderung erloschen sei, das Aufgebotsverfahren nach Maßgabe des § 1103 des Bürgerlichen Gesetzbuches beantragen. Das Aufgebot ist dem Eigenthümer des belasteten Grundstückes von Amtswegen mitzutheilen.") 2. die Nr. 1 des ersten Absatzes des § 4 und den auf dieselbe bezüglichen Theil des Abs. 2 zu streichen, eventuell in dem Antrage 1 die Worte „mit Einschluß der Hypotheken und Grundschulden" zu ersetzen durch „mit Ausschluß der Hypotheken und Grundschulden". Beschlossen wurde: a) hinter § 44 der Zusst. der Gr.B.O. einzustellen 3 : § 44 a. Der Gläubiger einer Reallast, Hypothek oder Grundschuld, welcher für seinen Anspruch einen gegen den Eigenthümer des belasteten Grundstückes vollstreckbaren Titel hat, kann auf Grund dieses Titels im Wege der Zwangsvollstrekkung nach Maßgabe des § 846 Abs. 1 des BGB die Löschung derjenigen nach dem Inhalte des Grundbuches der Reallast, Hypothek oder Grundschuld vorgehenden oder gleichstehenden Rechte, mit Einschluß der Hypotheken und Grundschulden, beantragen, welche erloschen oder nicht entstanden sind. Der im ersten Absätze bezeichnete Gläubiger kann in Ansehung einer der Reallast, Hypothek oder Grundschuld vorgehenden oder gleichstehenden Hypothek oder Grundschuld, von welcher er behauptet, daß die Forderung erloschen sei, das Aufgebotsverfahren nach Maßgabe des § 1103 des BGB beantragen. Das Aufgebot ist dem Eigen-1 thümer des belasteten Grundstückes von Amtswegen mitzutheilen. | Prot 1 13654 § 44 b. In den Fällen der §§ 44, 44 a kann der Antragsberechtigte die Mittheilung der zur Begründung des Antrages erforderlichen Urkunden von Behörden und Beamten, mit Einschluß der Notare, insoweit verlangen, als der Eigenthümer hierzu befugt ist. b) den Schlußsatz des § 44 Abs. 1 der Zusst. der Gr.B.O. zu streichen. Erwogen war: 1. Zu Abs. 1 des § 44 a. Die Absicht des Entwurfes wie des Antrages 1, dem mit einem Rechte an dem Grundstücke versehenen Gläubiger, welcher einen Titel zur Zwangsvollstreckung 3 Vgl. ^ 46, 47 G B O - E I .
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Quellen zur Entstehung des ZVG
in das Grundstück habe, das selbständige Recht zum Antrage auf Löschung eingetragener, jedoch nicht bestehender Rechte zu geben, sei zu billigen, da Niemand ein Interesse an der Erhaltung der Eintragung habe, das Fortbestehen der Eintragung aber den Erfolg der Zwangsvollstreckung, insbesondere der Zwangsversteigerung in Frage stellen könne. Das Recht eines jeden eingetragenen Berechtigten, die Beseitigung einer jeden ihn beeinträchtigenden, der wirklichen Rechtslage nicht entsprechenden Eintragung im Wege des Prozesses zu verlangen, sei bereits durch den § 843 des BGB gegeben. Deshalb seien die auf einen solchen Prozeß sich beziehenden Vorschriften des Entwurfes entbehrlich. Darüber hinaus solle das Recht zu dem | Prot 1 13655 Antrage auf Löschung gegeben werden, damit | bei der Dringlichkeit der Rechte im Falle der Zwangsversteigerung, die Löschung schleuniger herbeigeführt werden könne. Die Löschung könne allerdings auf diesen Antrag nur erfolgen, wenn die Aufhebung oder Nichtentstehung des zu löschenden Rechtes nachgewiesen werde, und dieser Nachweis werde durch eine Löschungsbewilligung des eingetragenen Berechtigten nicht geführt werden können, wenn die Aufhebung einen Vertrag mit dem Eigenthümer voraussetze oder erst mit der Löschung eintrete. Deshalb könne aber auch die Vorschrift unbedenklich auf die Löschung von Hypotheken und Grundschulden ausgedehnt werden. Es sei auch das hier fragliche Antragsrecht nicht schon, wie von einer Seite ausgeführt worden, durch den § 18 Abs. 2 der Zusst. der Gr.B.O., mit den Worten „derjenige, zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll" gegeben. Die Worte seien nach dem Prot. S. 13388 ff. in engerem Sinne, entsprechend den Worten „derjenige, gegen dessen Recht die Eintragung sich richtet", beschlossen worden, und dabei müsse es auch verbleiben. Daß bei dieser Auffassung der § 843 des BGB eine Lücke enthalte, insofern nämlich der § 843 des BGB zwar zur Bewilligung der Berichtigung des Grundbuches jeder bei der unrichtigen Eintragung Betheiligte, zu dem Löschungsantrage aber nur der Eigenthümer, und dieser nur insofern, als sein Antrag erforderlich, verpflichtet sei, könne nicht anerkannt werden, da die Verpflichtung zur Eintragungsbewilligung alle zur Eintragung erforderlichen Erklärungen, eintretenden Falles also auch den Eintra| Prot 1 13656 gungs-1 antrag umfasse, daneben aber die Verpflichtung des Eigenthümers zum Löschungsantrage ausgesprochen sei, weil dieser für gewisse Eintragungen ausschließlich antragsberechtigt sei. Ferner sei zu beachten, daß derjenige, welchem die Eintragung einer Berichtigung bewilligt sei, im Sinne des § 18 Abs. 2 der Zusst. der Gr.B.O. als antragsberechtigt anzusehen sei. Das Antragsrecht solle im Anschluß an die Vorschrift des § 5 des preußischen Gesetzes vom 13. Juli 18834 demjenigen zustehen, welcher der Gläubiger einer Reallast, Hypothek oder Grundschuld an dem Grundstücke sei und für seinen Anspruch einen Titel zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück habe. Ein solcher vollstreckbarer Titel allein solle nicht genügen, weil einerseits mit dem Wechsel des Eigenthümers die Vollstreckbarkeit ausgeschlossen und damit die Legitimation des Antragstellers, soweit sie in dessen Interesse zur Sache beruhe, in Wegfall kommen könne, andererseits aber der vollstreckbare Titel zur Eintragung der Zwangshypothek berechtige. Um den Gläubiger der Zwangshypothek mit einzuschließen, sei der Fassung des Antrages 1 der Vorzug zu geben. Der Gläubiger einer Arresthypothek dagegen erscheine durch die Fassung ausgeschlossen, sofern er nicht für seine Forderung einen vollstreckbaren Titel erlange. Den Gläubiger einer Reallast mit namhaft zu machen, empfehle sich, wenn auch in Ansehung der Haftung des Grund4
Gemeint ist mit diesem Gesetz das preuß. ZVG.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) stückes für die einzelnen Leistungen die Vorschriften über Hypotheken Anwendung fänden. In der Art der Ausübung des Antragsrechtes empfehle sich die Anlehnung an die Vorschrift des § 44 der Zusst. der Gr.B.O. 2. Zu Abs. 2 des § 44 a. Die Vorschrift fördere in geeigneter Weise den gleichen Zweck wie der erste Absatz, und finde in | der Vorschrift des § 5 des preußischen Gesetzes vom 13. Juli | Prot 1 13657 18834 gleichfalls ein Vorbild. Aus der Art der Begründung des Aufgebotsantrages nach Maßgabe des § 1103 des BGB sei ein entscheidendes Bedenken gegen die Annahme nicht zu entnehmen. Wenn auch danach die eidliche Versicherung des Gläubigers, vorbehaltlich der Befugniß des Gerichtes zu anderweitigen Ermittelungen, genügen solle, um glaubhaft zu machen, daß ein Anerkenntniß in den letzten dreißig Jahren nicht stattgefunden habe, so sei doch auch derjenige Eigenthümer, welcher selbst erst innerhalb dieser Zeit das Eigenthum erlangt habe, nicht im Stande, aus eigener Wissenschaft eine solche Versicherung zu geben; die Befugniß des Gerichtes zu anderweiten Ermittelungen werde in allen Fällen ausreichen. Der Fassung des eventuellen Antrages sei insoweit der Vorzug zu geben, als dieselbe klarstelle, daß der Gläubiger aus eigenem Rechte handle. Mit den Worten „die Forderung erloschen" schließe die Fassung an diejenige des § 1103 des BGB sich an, in welche auch die Eigenthümerhypothek eingeschlossen sei, während für die Grundschuld die Vorschrift entsprechende Anwendung finde; es sei zu erwarten, daß aus dem Ausdrucke, obgleich er durch weitere Einschaltungen genauer gegeben werden könne, kein Bedenken gegen die richtige Anwendung der Vorschrift entnommen werde. Die Mittheilung des Aufgebotes an den Eigenthümer, welche auch nach der Absicht des Entwurfes von Amtswegen erfolgen solle, sei geeignet, dem Eigenthümer, welcher etwa selbst die Hypothek erworben habe, den nöthigen Schutz zu verschaffen. Den Löschungsantrag besonders zu erwähnen, sei nach dem ersten Absätze nicht mehr erforderlich. 3. Zu § 44 b. Die dem Schlußsatze des ersten Absatzes des § 44 der Zusst. der Gr.B.O. entsprechende Vorschrift empfehle sich | zum Zwecke praktischer Durchführung der |ProtI 13658 dem Gläubiger im § 44 a beigelegten Rechte für beide Fälle des § 44 a. Durch Gestaltung eines besonderen Paragraphen für dieselbe werde die Wiederholung vermieden.
811. Sitzung vom 10.10.1888, Schriftführer: Ege | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes betreffend die Zwangsvollstrek- | Prot 1 13659 kung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Folgendes wurde verhandelt: I. Zunächst stand zur Berathung der in der Anlage zu diesem Protokolle mitgetheilte Antrag 1 , soweit er sich auf die Eintheilung des Entwurfes und auf die den einzelnen Abschnitten und Titeln zu gebenden Überschriften bezieht. «Vgl. unten S. 232 ff. 223
Quellen zur Entstehung des Z V G
Man verständigte sich dahin, daß, entsprechend der bisherigen Verfahrensweise, die Beschlußfassung über die Eintheilung und die den einzelnen Abschnitten u.s.w. zu gebenden Ueberschriften erst nach der sachlichen Durchberathung des Entwurfes erfolgen solle, vorbehaltlich der Frage, ob gemäß dem Antrage in den § 1 die Worte „zur Beitreibung einer Geldforderung" aufzunehmen seien.
| Prot 1 13660 ZVG-VE §1
Johow (Nr 1,1)
II. Der erste Abschnitt des Entwurfes enthält unter der Ueberschrift „Gegenstände des unbeweglichen Vermögens" folgende Bestimmung (§ 1): | „In Ansehung der Zwangsvollstreckung gehört zum unbeweglichen Vermögen das Eigenthum oder Miteigenthum: 1. an einem Grundstücke; 2. an einer Berechtigung, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten kann; 3. an einem in das Schiffsregister eingetragenen Schiffe. Der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen auch die mit dem Grundstücke, der Berechtigung oder dem Schiffe kraft des Pfandrechtes haftenden Gegenstände. Soweit jedoch die Mithaftung eines solchen Gegenstandes durch Verfügung des Eigenthümers über denselben aufgehoben werden kann, unterliegt der Gegenstand der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen." Der Referent hat dem § 1 folgende neue, denselben in zwei Paragraphen zerlegende Fassung gegeben: § 1. „In Ansehung der Zwangsvollstreckung gehören zum unbeweglichen Vermögen : 1. Grundstücke; 2. Berechtigungen, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten können; 3. in das Schiffsregister eingetragene Schiffe." (Abs. 2 bleibt unverändert). § 1 a. „Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf die Zwangsvollstreckung in einen Antheil an einem der im § 1 Abs. 1 bezeichneten Gegenstände entsprechende Anwendung, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt."
| Prot 1 13661 v. Schmitt (Nr 3, II)
Rüger (Nr 4,1)
Folgende Anträge lagen vor: 1. (vergl. die Anlage) zu bestimmen: | § 1. (Entw. § 1 Abs. 1): „In Ansehung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zur Beitreibung einer Geldforderung gehören zum unbeweglichen Vermögen: 1. Grundstücke; 2. Berechtigungen, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten können; 3. Schiffe, welche in das Schiffsregister eingetragen sind; 4. Antheile an einem der in Nr. 1, 2, 3 bezeichneten Gegenstände." § 1 a (Entw. § 1 Abs. 2): Aus dem zweiten Absätze des § 1, in welcher Fassung er auch angenommen wird, einen besonderen Paragraphen zu bilden. 2. den § 1 zu fassen: B i n Ansehung der Zwangsvollstreckung gehören zum unbeweglichen Vermögen: 1. Grundstücke; 2. Berechtigungen, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten haben; 3. Schiffe, welche in das Schiffsregister eingetragen sind sowie die Antheile an einem solchen Gegenstande. 224
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Das Gleiche gilt von den Gegenständen, welche kraft eines an dem unbeweglichen Gegenstande bestehenden Pfandrechts dem Gläubiger mithaften. Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen wird jedoch hierdurch in Ansehung dieser Gegenstände so lange nicht ausgeschlossen, als dieselben nicht im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Ver- | mögen in Beschlag genommen | Prot 1 13662 sind." 3. zu bestimmen: a) „In Ansehung der Zwangsvollstreckung gehören zum unbeweglichen Vermögen Grundstücke und solche Schiffe, welche in das Schiffsregister eingetragen sind, sowie die Antheile an einem solchen Gegenstande. Das Gleiche gilt von denjenigen beweglichen Gegenständen, welche kraft eines an dem unbeweglichen Gegenstande bestehenden Pfandrechtes dem Gläubiger mithaften. Diese Gegenstände sowie Früchte, welche von dem Boden nicht getrennt sind, unterliegen jedoch, unbeschadet ihrer Zugehörigkeit zu der Immobiliarmasse im Konkurse, der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, solange sie nicht im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen in Beschlag genommen sind oder die Zwangsvollstreckung nach Maßgabe des § 1072 des Bürgerlichen Gesetzbuches untersagt ist." b) „Auf Berechtigungen, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten können, finden die auf Grundstücke sich beziehenden Vorschriften auch in Ansehung der Zwangsvollstreckung entsprechende Anwendung." 4 a) in Abs. 1 des Antrages Nr. 3 lit. a die Worte „sowie die Antheile an einem solchen Gegenstände" beziehungsweise den von dem Referenten vorgeschlagenen § 1 a zu streichen; b) den Absatz 2 dahin zu fassen: „Das Gleiche gilt von denjenigen beweglichen Sachen und denjenigen Forderun«
Kurlbaum (Nr 2,1)
v. Mandry (Nr 5)
gen (eventuell: von denjenigen Gegenständen), | „welche kraft eines an dem Grundstücke oder an der Berechtigung, oder an dem |Prot 1 13663 eingetragenen Schiffe bestehenden Pfandrechtes mithaften." (eventuell: „welche von einem Pfandrechte ergriffen sind.") c) als Abs. 3 beizufügen: „In Ansehung der von dem Boden noch nicht getrennten Früchte, sowie der in Abs. 2 bezeichneten Gegenstände ist, solange dieselben nicht im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen in Beschlag genommen" (oder „durch eine nach Maßgabe des § 1072 des Bürgerlichen Gesetzbuches getroffene Verfügung der Zwangsvollstreckung entzogen") „sind, die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen nicht ausgeschlossen." 5. den § 1 dahin zu fassen: Planck Abs. 1 wie im Antrage 3 a. (Nr 6,1) Abs. 2 2 . „Das Gleiche gilt auch von denjenigen beweglichen Sachen und Forderungen, welche im Falle eines an dem Grundstücke oder Schiffe bestehenden Pfandrechtes kraft desselben den Gläubigern mithaften. Solange diese Gegenstände jedoch nicht im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen in Beschlag genommen sind, unterliegen sie (,unbeschadet der Vorschrift des § 1072 2
Im metallographierten Antrag lautet der Eingang: „Das Gleiche gilt, wenn die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück oder Schiff erfolgt, auch von denjenigen beweglichen Sachen und Forderungen, welche im Falle eines an dem Grundstücke oder Schiffe betreffenden Pfandrechts kraft desselben . . . "
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Quellen zur Entstehung des 2 V G
des Bürgerlichen Gesetzbuches,) auch der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen. Der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen unterliegen nach Maßgabe des §714 der Civilprozeßordnung auch die von dem Boden noch nicht getrennten Früchte eines Grundstückes, solange das Grundstück noch nicht in Be| Prot 1 13664 schlag | genommen ist." Planck 6. Im Laufe der Berathung beantragte der Urheber des Antrages Nr. 5, an Stelle der daselbst zu Abs. 2 Satz 2 des § 1 vorgeschlagenen Bestimmung zu bestimmen: „Diese Gegenstände unterliegen jedoch, unbeschadet der Wirkungen der Beschlagnahme, auch der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen." Beschlossen wurde die Aufnahme folgender Bestimmungen: § 1. In Ansehung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen gehören zu dem letzteren: 1. Grundstücke, 2. Berechtigungen, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten können, 3. Schiffe, welche in das Schiffsregister eingetragen sind, sowie Antheile an einem solchen Gegenstande. Das Gleiche gilt von denjenigen beweglichen Sachen und denjenigen Forderungen, welche im Falle eines an dem Grundstücke, der Berechtigung oder dem Schiffe bestehenden Pfandrechtes kraft desselben dem Gläubiger mithaften. § 1 a. In Ansehung der von dem Boden noch nicht getrennten Früchte sowie der im § 1 Abs. 2 bezeichneten Gegenstände ist, solange dieselben nicht im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen in Beschlag genommen sind, die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen nicht ausgeschlossen. | Prot 1 13665 | Die Kommission hatte erwogen: In § 1 sei, im Anschluß an die in dem Einführungsgesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuche gegebenen neuen Fassungen des § 755 der Civilprozeßordnung und des § 39 der Konk.O. zu bestimmen, welche Gegenstände in Ansehung der Zwangsvollstreckung zum unbeweglichen Vermögen gehören. In beiden erwähnten Paragraphen stehe nur die Beitreibung einer Geldforderung in Frage. Nach dem Antrage Nr. 1 (siehe Anlage zu dem Protokolle) solle dies in die Bestimmung aufgenommen werden. Das sei jedoch einerseits nicht unbedenklich, da die angeführten Paragraphen der Civilprozeßordnung und der Konk.O. den Zusatz nicht enthalten, und andererseits überflüssig. Es könne nach der in der Civilprozeßordnung enthaltenen Unterscheidung der Fälle, in welchen die Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen, nämlich wegen Geldforderungen in Frage stehe, und der Fälle der Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von beweglichen und unbeweglichen Sachen, welcher Unterscheidung sich auch das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner Sprachweise angeschlossen habe (vgl. z. B. §§ 674 Abs. 2, 1829 Abs. 1, 2125 mit §§ 1904, 1314, 1374, Prot. S. 12249), an sich nicht zweifelhaft sein, daß hier nur eine Bestimmung für den Fall der Beitreibung einer Geldsumme gegeben werde. Nur müsse allerdings hervorgehoben werden, daß die Bestimmung lediglich für die Zwangsvollstreckung „in das unbewegliche Vermögen" gelte. Wenn der Entwurf in seinem vierten Abschnitte (§§ 169 bis 173) noch von der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung in besonderen Fällen handele, so ergebe die Beschaffenheit jener Fälle ohne Weiteres, daß hierbei die Zwangsversteige| Prot I 13666 rung und Zwangsverwaltung außerhalb einer Zwangsvollstreckung geregelt werde. | Aus dem Inhalte dieses vierten Abschnittes könne also die Gefahr eines Mißverständnisses des § 1, als ob in dem letzteren nicht lediglich eine Bestimmung über die 226
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (zur Beitreibung einer Geldsumme) enthalten sei, nicht entstehen. D a ß in Ansehung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche V e r m ö g e n zu dem letzteren außer den Grundstücken die Schiffe, welche in das Schiffsregister eingetragen sind, zu rechnen seien, werde schon durch die Vorschriften des Handelsgesetzbuches über die Schiffspfandrechte wie durch die bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften genügend gerechtfertigt. In Ansehung der Berechtigungen, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten können, führe die Anwendung des § 781 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu demselben Ergebnisse. E s empfehle sich jedoch, sie zu erwähnen, weil der § 781 Abs. 2 als eine Vorschrift lediglich materiellen Rechtes verstanden werden könne. D e r Antrag Nr. 2 bezwecke in Ansehung dieser Berechtigungen eine Beschränkung dahin, daß sie in Ansehung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche V e r m ö g e n zu letzterem nur dann gehören sollen, wenn sie ein Blatt im Grundbuche schon erhalten haben, daß mithin, solange letzteres nicht zutreffe, die Zwangsvollstreckung in diese Berechtigungen den Vorschriften über die Mobiliarexekution unterstände. Diese Beschränkung stehe im Widerspruch mit dem Sinne und wenigstens mit der T e n d e n z der Vorschrift im § 7 8 1 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Hiernach sollen buchungsfähige Berechtigungen in allen Beziehungen, auch hinsichtlich der Buchungspflichtigkeit und der Zwangsvollstreckung in dieselben, den Grundstücken gleichgestellt sein; Rechtsänderungen an solchen buchungsfähigen Rechten sollen nur eintreten können in denjenigen Formen und gesetzlichen Voraussetzungen, welche für Grundstücke vorgeschrieben seien. Es be-1 stehe aber auch kein praktisches Bedürfniß für | Prot 1 13667 eine solche exzeptionelle Bestimmung. Für den hier unterstellten Fall, wenn das Grundbuch für den Bezirk als angelegt anzusehen sei (Einf.-Ges. zum B.G.B. Artikel 108 Abs. 2 3 ), würde der Fall, daß es sich um Zwangsvollstreckung in eine buchungsfähige, aber noch nicht gebuchte Berechtigung handele, g a n z dem Falle gleichstehen, wenn die Zwangsvollstreckung in ein noch nicht gebuchtes Grundstück in Frage stände. S o wenig als für den letzteren Fall sei f ü r jenen Fall eine besondere Bestimmung erforderlich. D e r Antrag N r . 3 lit. b zu bestimmen, daß die Vorschrift des § 781 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches auch in Ansehung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen gelte, gehe über die hier zu entscheidende Frage hinaus. Ob eine so vollständige Anwendung der auf Grundstücke sich beziehenden Vorschriften anzunehmen sei, werde erst später zu prüfen sein. N e b e n den Grundstücken, buchungsfähigen Berechtigungen und in das Schiffsregister eingetragenen Schiffen müßten die Antheile an solchen Gegenständen besonders erwähnt werden. D e r Antrag N r . 4, nach welchem, in Abweichung von dem Entwürfe § 1 a und den übrigen Anträgen, von den Antheilen geschwiegen werden solle, beruhe auf der A u f f a s s u n g , daß Antheile an Grundstücken, Berechtigungen u.s.w. nichts anderes als partielles Eigenthum, partielle Berechtigung seien und demgemäß die Erwähnung der Antheile überflüssig erscheine. O b jene Auffassung f ü r das Bürgerliche Gesetzbuch durchweg zutreffe, sei nicht außer Zweifel. Jedenfalls empfehle sich die besondere Erwähnung der Antheile schon deshalb, weil vorausgehend nicht das Eigenthum an Grundstücken u.s.w. als zum unbeweglichen V e r m ö g e n in Ansehung der Zwangsvollstreckung in das letztere gehörend bezeichnet werde, sondern die Grundstücke u.s.w. | selbst, in der Fassung der Bestimmung | Prot 13668 3 Vgl. Art. 186 EGBGB. 227
Quellen zur Entstehung des ZVG
also die Grundlage für die Argumentation fehle, auf welcher der Antrag beruhe. Allerdings erwähne auch das preußische Gesetz vom 13. Juli 1883 die Antheile nicht besonders. Für das preußische Recht habe jedoch kein Zweifel darüber bestanden, daß die Antheile in Ansehung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen den Grundstücken u.s.w. gleichstehen (§ 43 Abs. 2 Ges. vom 5. Mai 18724), während von dem Standpunkte des Bürgerlichen Gesetzbuches aus, zumal im Hinblick auf die Streitfragen über das Wesen des Antheilsrechtes, die besondere Erwähnung der Antheile wünschenswerth erscheine. Darüber, inwieweit die Zwangsvollstreckung in einen Antheil zulässig sei, beziehungsweise, welche Beschränkungen in dieser Hinsicht erforlich seien, werde hier nicht entschieden. Hierüber sei, soweit nöthig, später zu befinden. Mit dem Entwürfe § 1 Abs. 2 Satz 1 stimmen die Anträge Nr. 2, 3, 5 nach den Erläuterungen der Antragsteller dahin überein, daß in Ansehung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zu dem letzteren auch zu rechnen seien diejenigen Gegenstände, welche, falls an dem von der Zwangsvollstreckung betroffenen Hauptgegenstande, Grundstücke, buchungsfähige Berechtigung, Schiffe, ein Pfandrecht bestehe oder bestände, kraft des Pfandrechtes nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs §§ 1067 ff. dem Pfandgläubiger mithaften, beziehungsweise mithaften würden. Es solle also nicht darauf ankommen, ob in concreto ein Pfandrecht bestehe oder nur ein chirographarischer Gläubiger betheiligt sei. Dagegen beruhe der Antrag Nr. 4 auf der Auffassung, jene Gegenstände fallen nur dann unter das unbewegliche Vermögen und die Immobiliarexekution, wenn in concreto am Hauptgegenstande ein Pfandrecht bestehe, wobei nur gleichgültig sei, | Prot 1 13669 ob das Pfandrecht gerade dem betrei-1 benden Gläubiger zustehe. Es müsse jedoch der in dem Entwürfe und den übrigen Anträgen vertretenen Auffassung beigetreten werden. Hierzu dränge schon die mehr formelle Erwägung, daß die Beschlagnahme des Grundstückes, welche gleichzeitig mit der Anordnung der Zwangsvollstreckung erfolgen müsse (§§ 19ff. des Entw.), und ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung gewähren solle (§ 92 Nr. 7 des Entw.), in der fraglichen Beziehung von keiner anderen Wirkung begleitet gedacht werden könne als die Hypothek. Hierzu trete eine Rücksicht praktischer Zweckmäßigkeit: es sei nämlich, besonders bei landwirtschaftlichen Grundstücken, äußerst unzweckmäßig und bedenklich, das Grundstück und die in Frage stehenden Gegenstände bei der Zwangsvollstreckung zu trennen und gesondert zu behandeln. Dazu komme, daß die von der Beschlagnahme unabhängigen Ansprüche auf vorzugsweise Befriedigung bei jedem Grundstück vorkommen könnten und, zumal im Konkurse, auch diese Gegenstände mit ergreifen müßten. Durch eine dem Antrage Nr. 4 entsprechende Regelung würden endlich die chirographarischen Gläubiger genöthigt, in Ansehung der fraglichen Gegenstände den Weg der Mobiliarexekution zu beschreiten, so daß zwei besondere, Kosten verursachende Zwangsvollstreckungsarten neben einander herliefen. In Ansehung der Fassung erscheine es genügend, gemäß dem Antrage Nr. 5 auszusprechen, das Gleiche, wie hinsichtlich der Grundstücke u.s.w. gelte von denjenigen Gegenständen, welche im Falle eines an dem Grundstücke u.s.w. bestehenden Pfandrechtes kraft desselben dem Gläubiger mithaften, weil hierdurch in nicht mißzuverstehender Weise ausgedrückt werde, daß es darauf, ob in concreto ein Pfand| Prot 1 13670 recht bestehe oder nicht, nicht ankomme. Im Uebrigen seien die fraglichen Ge- | genstände nach Maßgabe des § 1067 des Bürgerlichen Gesetzbuches, als „bewegli4
Gemeint ist das Gesetz über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Berechtigungen (preuß. G.S. 1872, S. 433).
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
che Sachen und Forderungen" zu bezeichnen; die zusammenfassende Bezeichnung „bewegliche Gegenstände" sei im Bürgerlichen Gesetzbuche nicht gebraucht. Nothwendig sei noch eine Vorschrift darüber, ob und beziehungsweise bis zu welchem Zeitpunkte hinsichtlich der gemäß gesetzlicher Vorschrift kraft des Pfandrechtes mit den Grundstücken u.s.w. haftenden Gegenstände die Mobiliarexekution zulässig sei. Nur hierüber sei an dieser Stelle zu befinden, während die andere Frage, wie die im Wege der Immobiliarexekution ergehende Beschlagnahme auf eine vor derselben stattgehabte Pfändung eines jener Gegenstände einwirke, lediglich die Wirkung der erfolgten Beschlagnahme betreffe und daher, wenn überhaupt, erst bei Feststellung dieser Wirkungen zu entscheiden sei. Die Bestimmung der Zeit der Beschlagnahme als der entscheidenden ergebe sich als Konsequenz aus den Vorschriften der §§ 1068 bis 1070 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Rücksichtlich der Frage aber, mit welcher Wirkung von diesem Zeitpunkte an die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen ausgeschlossen werden solle, seien zwei Wege offen. Die Anträge Nr. 2, 3, 4 gingen dahin, daß von der Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen an jeder fernere Akt der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen unzulässig, also nichtig sein solle. Der Antrag Nr. 5 verbunden mit Nr. 6 beruhe dagegen auf der Auffassung, daß von jenem Zeitpunkte ab eine Pfändung und ein sonstiger Akt der Zwangsvollstrekkung in das bewegliche Vermögen an sich zulässig sein und nur, entsprechend der mit der Beschlagnahme gemäß § 21 des Entw. verknüpften Wirkung eines Veräußerungsverbotes im Sinne des § 107 des Bürgerlichen Gesetzbuches 5 , gegenüber dem Beschlagnahme-1 gläubiger unwirksam sein solle. Hieraus würde insbesondere fol- | Prot 1 13671 gen, daß, falls nachträglich die Beschlagnahme zufolge Verzichtes des Beschlagnahmegläubigers aufgehoben würde, die im Wege der Mobiliarexekution erfolgte Pfändung vollwirksam würde. Wesentlich aus Gründen praktischer Zweckmäßigkeit müsse jedoch der ersterwähnten Ansicht beigetreten werden. Dies sei nothwendig, um mißliche Komplikationen zu vermeiden und verstoße nicht gegen die Beschränkung der Wirksamkeit der Beschlagnahme, da nicht eine fernere Zwangsvollstreckung ausgeschlossen, sondern nur eine bestimmte für jeden Gläubiger zugängliche Form der Zwangsvollstreckung vorgeschrieben werde. In die Vorschrift müßten mit den Anträgen Nr. 3, 4, 5 auch die von dem Boden noch nicht getrennten Früchte einbezogen werden. Die Civilprozeßordnung lasse, obwohl solche Früchte an sich Theile des Grundstückes seien, doch die Pfändung derselben nach den Vorschriften über die Mobilienpfändung zu. Die Immobiliarexekution beziehungsweise die im Wege der letzteren erfolgende Beschlagnahme ergreife selbstverständlich auch die stehenden Früchte. Es komme also darauf an, das Verhältniß einer solchen Immobiliarexekution zu einer gemäß den Vorschriften der Civilprozeßordnung erfolgten oder beabsichtigten Zwangsvollstreckung in die stehenden Früchte festzustellen. Dies könne in keiner anderen Weise geschehen, als durch Anschluß an die Vorschriften über die Mobiliarexekution in Ansehung der kraft des Pfandrechtes mit dem Grundstücke u.s.w. mithaftenden Gegenstände. Ueberflüssig sei, mit dem Antrage Nr. 5 hervorzuheben, daß die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen in Ansehung der stehenden Früchte bis zu der im Wege der Immobiliarexekution erfolgenden Beschlagnahme nur nach Maßgabe des § 714 der Civilprozeß- | | Prot 1 13672 Ordnung zulässig sei. Dies verstehe sich ebenso von selbst als daß die übrigen Beschränkungen der Mobiliarexekution, welche aus der Civilprozeßordnung sich ergäben (§§ 715, 725), eingehalten werden müßten, wenn und solange nach der bes Vgl. S§ 135f. BGB.
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Quellen zur Entstehung des Z V G
schlossenen Vorschrift die Mobiliarexekution überhaupt statthaft sei. Was die Fassung der Vorschrift betreffe, so sei es korrekter, auszusprechen, daß vor der Beschlagnahme die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen nicht ausgeschlossen sei, als zu bestimmen, daß vor diesem Zeitpunkte die betreffenden Gegenstände der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen unterliegen. Nach dem Antrage Nr. 3 Abs. 2 am Schlüsse solle die Zulässigkeit der Mobiliarexekution in die stehenden Früchte und die mit dem Grundstücke u.s.w. kraft Pfandrechtes haftenden Gegenstände noch weiter dahin beschränkt werden, daß die Mobiliarexekution unzulässig sein soll, wenn die Zwangsvollstreckung nach Maßgabe des § 1072 des Bürgerlichen Gesetzbuches untersagt sei. Hiermit werde in der That eine Ergänzung des § 1072 in der Richtung vorgeschlagen, daß als Sicherungsmaßregel gegenüber einer die Sicherheit der Hypothek gefährdenden Verschlechterung des belasteten Grundstückes (§§ 1072, 1074 des B.G.B.) auch das Verbot der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen zulässig sein soll. Zu einer derartigen neuen Bestimmung bestehe kein Bedürfniß, abgesehen davon, daß die beantragte neue materielle Bestimmung kaum in dem Gesetze über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen getroffen werden könnte, sondern in das Bürgerliche Gesetzbuch gehören würde. Die Worte des Antrages Nr. 3 „unbeschadet ihrer Zugehörigkeit zu der Immobi| Prot 1 13673 liarmasse im Konkurse" sollen | im Einverständnisse mit dem Urheber des Antrages für jetzt und bis zu weiteren Anträgen ausscheiden. III. Der zweite Abschnitt des Entwurfes überschrieben „Zwangsvollstreckung in ein Grundstück", enthält im ersten Titel, §§ 2 bis 13, allgemeine Vorschriften. Der § 2 des Entwurfes lautet in der von dem Referenten berichtigten Fassung 6 : ZVG-VE „Die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück erfolgt: §2 1. durch Eintragung der Forderung in das Grundbuch; 2. durch Zwangsversteigerung; 3. durch Zwangsverwaltung. Derjenige, auf dessen Antrag die Zwangsvollstreckung anzuordnen ist, kann nach seiner Wahl verlangen, daß eine dieser Maßregeln oder mehrere neben einander ausgeführt werden. Die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Zwangsversteigerung wegen gewisser Forderungen nicht erfolgen darf, bleiben unberührt." Hierzu war beantragt, Kurlbaum (Nr 2, 3)
1. zu bestimmen: „Die Zwangsvollstreckung in Grundstücke erfolgt, unbeschadet der Eintragung einer Zwangshypothek oder Arresthypothek, durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung.
6§
2 lautet in der ursprünglichen Fassung: „Die Zwangsvollstreckung in das Eigenthum oder Miteigenthum an einem Grundstücke zur Beitreibung eines Geldanspruches erfolgt: . . — Der Antrag von Johow Nr. 1, Ziff. 3 lautet: In der Ueberschrift zum zweiten und dritten Abschnitte sowie in § 2 Zeile 2 werden die Worte „zur Beitreibung eines Geldanspruches" gestrichen. N.B. Diese Worte sind im Hinblick auf die Ueberschrift des zweiten Abschnittes des achten Buches der C.P.O., in dessen zweiten Titel der § 755 (neue Fassung) auf das besondere Gesetz verweist, für entbehrlich erachtet.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Der Gläubiger kann verlangen, daß jede dieser Maßregeln nach seiner Wahl allein | oder neben den übrigen ausgeführt werde. | Prot I 13674 Die landesgesetzlichen (wie Abs. 3 des Entw.) Die Zwangsverwaltung erfolgt auch zur Vollziehung eines Arrestbefehles." 2. zu bestimmen: v. Mandry „Die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück erfolgt durch Zwangsversteige- (Nr 10, 1) rung und durch Zwangsverwaltung. Der Gläubiger kann verlangen, daß jede dieser Maßregeln allein oder neben der anderen ausgeführt werde; er kann die Ausführung einer oder beider Maßregeln auch neben der Eintragung einer Zwangshypothek oder einer Arresthypothek verlangen." v. Schmitt 3. zu bestimmen (siehe Anlage zum Protokoll): „Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zur Beitreibung einer (Nr 3, II) Geldforderung erfolgt durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung. Ist dieselbe Zwangsvollstreckung auf mehrere der im § 1 bezeichneten Gegenstände gerichtet, so kann der Gläubiger verlangen, daß nach seiner Wahl an jedem dieser Gegenstände die eine oder andere Vollstreckungsmaßregel ausgeführt werde. (neu.) Die auf mehrere der in § 1 bezeichneten Gegenstände gerichtete Zwangsvollstreckung ist nicht weiter auszuführen, als zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten des Verfahrens erforderlich ist."
4. den Absatz 3 zu fassen:
Rüger (Nr 4, 2) „Die landesgesetzlichen Vorschriften, nach | welchen die Zwangsversteigerung | Prot I 13675
wegen gewisser Forderung nicht oder nur mit Genehmigung einer vorgesetzten Behörde erfolgen darf, bleiben unberührt." 5. den dritten Absatz des § 2 zu streichen. Planck (Nr 6, 2) Der § 2 wurde absatzweise berathen. Zu Absatz 1 wurde beschlossen: Die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück erfolgt durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung. Erwogen war: Im ersten Absätze sei nur zu bestimmen, daß, worüber ein Zweifel nicht bestehe, die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung erfolge. Hierdurch werde der im Entwürfe Absatz 2 und in den Anträgen Nr. 1, 2, 3 berührten Frage, ob diese beiden Vollstreckungsmaßregeln neben einander zulässig sein sollen oder nicht, in keiner Weise vorgegriffen. Einverständniß bestehe auch, daß im ersten Absätze der Eintragung einer Zwangshypothek oder Arresthypothek keine dispositive Erwähnung zu geschehen habe (vergl. B.G.B. §§ 1130, 1132), vorbehaltlich der Frage, ob auf diese Eintragung in der zu dem zweiten Absätze zu beschließenden Bestimmung etwa nach Maßgabe des Antrages Nr. 2 hinzuweisen sei.
Zufolge des zum § 1 gefaßten Beschlusses dürften auch im § 2 die Worte „zur Beitreibung einer Geldforderung" (Antrag Nr. 3) nicht aufgenommen werden. Die Berathung des ferneren Inhaltes des § 2 und der hierzu gestellten Anträge blieb auf die | nächste Sitzung ausgesetzt. I Prot I 13676
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Quellen zur Entstehung des ZVG | Prot 1 13677 | A n l a g e zu d e m P r o t o k o l l v o m 1 0 . 1 0 . 1 8 8 8 (S. 1 3 6 5 9 )
v.Schmitt Antrag. (Nr 3)
I. Ueberschriften. Erster Abschnitt. Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zur Beitreibung einer Geldforderung. Erster Titel. Allgemeine Vorschriften. II. Die einzelnen Paragraphen: § 1 (Entw. § 1 Abs. 1). In Ansehung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zur Beitreibung einer Geldforderung gehören zum unbeweglichen Vermögen: 1. Grundstücke; 2. Berechtigungen, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten können; 3. Schiffe, welche in das Schiffsregister eingetragen sind; 4. Antheile an einem der in Nr. 1, 2, 3 bezeichneten Gegenstände. § 1 a (Entw. § 1 Abs. 2). (Aus dem zweiten Absätze des § 1, in welcher Fassung er auch angenommen wird, einen besonderen Paragraphen zu bilden.) | Prot 1 13678 | §2 (Entw. § 2 Abs. 1 und 2). Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zur Beitreibung einer Geldforderung erfolgt durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung. Ist dieselbe Zwangsvollstreckung auf mehrere der im § 1 bezeichneten Gegenstände gerichtet, so kann der Gläubiger verlangen, daß nach seiner Wahl an jedem dieser Gegenstände die eine oder andere Vollstreckungsmaßregel ausgeführt werde. (neu.) Die auf mehrere der im § 1 bezeichneten Gegenstände gerichtete Zwangsvollstreckung ist nicht weiter auszuführen, als zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten des Verfahrens erforderlich ist. § 2 a. (Entw. §2 Abs. 3 und §152 Abs. 2). Die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung in Antheile der im § 1 Nr. 4 bezeichneten Art ist nur insoweit zulässig, als das Gesetz nicht ein Anderes bestimmt. Die Zwangsvollstreckung in Schiffe durch Zwangsverwaltung ist ausgeschlossen. (neu.) Mit der Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsversteigerung ist die auf denselben Gegenstand gerichtete Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwaltung aufzuheben, unbeschadet jedoch der durch die letztere von dem Gläubiger erlangten Vorzugsrechte. Die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Zwangsversteigerung wegen gewisser Forderungen nicht erfolgen darf, bleiben unberührt. § 3. Zu streichen. | Prot 1 13679
| III. Ueberschriften der folgenden Titel des ersten Abschnittes: Zweiter Titel. Zwangsvollstreckung in Grundstücke durch Zwangsversteigerung. (enthaltend die §§ 5 bis 134 des Entw. in der seiner Zeit beschlossenen Fassung.) 232
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Dritter Titel. Zwangsverwaltung von Grundstücken. (Entw. §§ 135 bis 148). Vierter Titel. Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Berechtigungen. (Entw. §§ 149, 150.) Fünfter Titel. Zwangsversteigerung von Schiffen. (Entw. §§ 151 bis 168). IV. Der zweite Abschnitt würde nach dem vorangedeuteten System die Bestimmungen des vierten Abschnittes des Entwurfes und, sofern für die Zwangs- und Arresthypothek überhaupt noch Vorschriften aufzunehmen sind, diese enthalten, der dritte Abschnitt aber die Einführungsvorschriften. Bemerkungen. Zum § 1 und zum System des Entwurfes. I. Die Ueberschrift des Entwurfes „Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen" schließt die Fälle des | § 771 Abs. 1 der Civilprozeßordnung aus; mit |ProtI 13680 Recht, denn §771 Abs. 1 handelt nicht von Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen (generell), sondern von der Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe unbeweglicher Sachen und bewohnter Schiffe, eine Vollstreckung, von der man nur sagen kann, sie findet in Ansehung unbeweglicher Sachen u.s.w. statt. Die Worte des § 1 Abs. 1 des Entwurfes der Subh. Ordnung „In Ansehung der Zwangsvollstreckung gehören zum unbeweglichen Vermögen" u.s.w. sind daher zu allgemein und stimmen nicht mit der Ueberschrift des Entwurfes überein. Auch der § 1 hat sich zu beschränken auf die Fälle der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen. II. Der § 1 des Entwurfes möchte aber noch weiter und zwar auf die Fälle der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zur Beitreibung einer Geldforderung zu beschränken sein. Er entnimmt Gegenstand und Aufgabe einer Mehrzahl anderweit getroffener Vorschriften, welche sich darin gegenüberstehen, daß sie betreffen: entweder die Zwangsvollstreckung zur Beitreibung einer Geldforderung (§ 757 CPO), oder eine sog. Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen zu ganz anderen Zwecken (§§ 1, 39, 116 Konk.O.; §§ 769 Abs. 2, 846, 1130, 1132 BGB), nämlich Feststellung und Versilberung der Konkurs-Immobiliar-Masse, Gemeinschaftstheilung, Eintragung von Zwangs- oder Arresthypotheken. Die Eintragung einer Zwangs- oder Arresthypothek soll zwar im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erfolgen (§ 846 BGB), d. h. aber doch nicht mehr, | als daß die Eintragung nur und schon auf vollstreckbaren Titel, wel- |ProtI 13681 eher eben einen gesetzlichen Hypothekentitel bildet, erfolgen soll (Anwendung der SS 644 bis 707 CPO); Beitreibung ist dabei nicht in Frage, sondern höchstens die Vorbereitung einer solchen; es handelt sich nicht bloß um Geldforderungen, sondern auch um in Geld umsetzbare resp. umzusetzende Forderungen; von einem Vollstreckungsgegenstand im gewöhnlichen Sinne kann keine Rede sein, sondern nur von einem verhypothezirbaren Gegenstand; diesen (Grundstück, selbständige Berechtigung) bestimmt nicht die Subhastationsordnung, sondern das Hypothekenrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches. Bei der Theilung eines gemeinschaftlichen Grundstücks handelt es sich natürlich auch nicht um Beitreibung einer Geldforderung, aber auch nicht um Zwangsvollstreckung in Grundstücke, sondern um einen Verkauf nach den Regeln der Subha233
Quellen zur Entstehung des ZVG
Station. Gegenstand des Verkaufes ist der Theilungsgegenstand und die Natur des letzteren, ob beweglich, unbeweglich, bestimmt auch in Ansehung dieser sogen. Zwangsvollstreckung nicht die Subhastationsordnung, sondern das Bürgerliche Gesetzbuch (§§ 781, 769). D a ß es sich bei der Versilberung der Konkurs-Immobiliar-Masse ($116 Konk.O.) nicht um Beitreibung einer Geldforderung in gewöhnlichem Sinne handelt, ist für sich klar; die Konkurs-Immobiliar-Masse soll sich allerdings nach der Subhastationsordnung bestimmen, aber nur nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zur Beitreibung einer Geldforderung, Gegenstandsbestimmung durch Bezugnahme ( S S 1, 39 Konk.O.); sie hat ihren Körper von selbst erhalten, wenn die Gegenstände der Immobiliar-Exkution zur Beitreibung einer Geldforderung bestimmt sind. Sollte es dafür einer besonderen Bestimmung noch bedürfen, so könnte als S 169 a eingeschaltet werden: | Prot 1 16682
| „Der Umfang der Konkursimmobiliarmasse, sowie der U m f a n g und die Rangordnung der aus derselben zu berichtigenden Ansprüche bestimmen sich nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zur Beitreibung einer Geldforderung." Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß das Konkursverfahren nur uneigentlich eine Zwangsvollstreckung genannt werden kann, wie denn die angezogenen Paragraphen der Konkursordnung auch nur von „im Wege der Zwangsvollstrekkung" u. dgl. reden. Aus alle dem dürfte sich ergeben, daß so grundverschiedene Fälle nicht in einem Paragraphen generalisirt werden können.
v. Schmitt III. Das System, welches sich bei Beschränkung des S 1 des Entwurfes auf die (Nr 7) Fälle der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zur Beitreibung einer Geldforderung (echte Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen) ergiebt, ist im Antrage angedeutet. Formell vermeidet dasselbe, einen ganzen Abschnitt aus einem einzigen Paragraphen zu bilden, der allen folgenden allgemeinen Vorschriften „als allgemeinste" hinzutreten würde. Nimmt man die Vorschriften über die Zwangs- und Arresthypothek unter die allgemeinen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung u.s.w., so ist zu erinnern, daß, diese Hypothek einmal als echte Zwangsvollstreckung betrachtet, sie ebenso eine besondere Unterart bilden müßte, wie Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung u.s.w. Diese Stoffanordnung scheint den Entw. auch bestimmt zu haben, im Gegensatze zur Civilprozeßordnung nicht von „Geldforderung", sondern von „Geldanspruch" zu reden; der jetzt beantragte gänzliche Abstrich der er| Prot 1 13683 wähnten W o r - 1 te (Antrag N r . 1 Ziffer 3) würde indessen der Ueberschrift zu Abschnitt 4 die Grundlage entziehen; der vierte Abschnitt handelt übrigens nicht von besonderen Fällen der Zwangsvollstreckung zur Beitreibung einer Geldforderung, sondern von anderen Fällen. Berechtigungen und Antheile können in den ersten Abschnitt des Entwurfes nicht wohl auch in Ansehung des Verfahrens gezogen werden, da jener erste Abschnitt nur vom Gegenstande der Vollstreckung handeln will, auch nicht in die allgemeinen Vorschriften des zweiten Abschnittes, der von Grundstücken handelt; die Zwangsvollstreckung in Berechtigungen bildet vielmehr ebenso eine Unterart, wie die in Grundstücke und Schiffe. Auch wird durch eine Vorschrift über „entsprechende Anwendung" nicht Alles gedeckt, was die SS 149, 150 des Entwurfes enthal234
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
ten; die Worte „dieses Gesetzes" und „das Gesetz" in Antrag Nr. 1 Ziff. 1 § a sind mißverständlich; daß übrigens auf Antheile das entsprechende Anwendung findet, was vom ganzen Gegenstand gilt, möchte selbstverständlich sein. Allerdings muß das vorgeschlagene System die Allegate bei den einzelnen Titeln vermehren; aber es brauchen die doch nicht entbehrlichen Allegate des Entwurfes Abschnitt 2 Titel 2, Abschnitt 3 Titel 1, 2, Abschnitt 4 nur um Weniges erweitert zu werden. Zu § 1 a. Nebengegenstand der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen. Zu § 2. Absatz 1 „oder". In denselben Gegenstand kann nicht zugleich Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung erfolgen, abgesehen davon, daß in gewissen Fällen entweder die Zwangsversteigerung oder die Zwangsverwal- | tung ausge- | Prot 1 13684 schlössen ist. Absatz 2. Daß die Ausführung „einer dieser Maßregeln" verlangt werden kann (Entw.), ist selbstverständlich, aber auch durch die zu Abs. 1 beantragte Fassung gedeckt. Daß die Ausführung „mehrerer dieser Maßregeln neben einander" verlangt werden kann (Entw.), ist nur mit der beantragten Beschränkung richtig. Absatz 3. Vergl. Bayr. Subh.O. von 1879 Art. 5. Die Vorschrift wird erforderlich sein, weil dieselbe von der Civilprozeßordnung nicht allgemein, sondern nur (§ 708) für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen ausgesprochen ist. Zu § 2 a Absatz 3. Vergl. Bayr. Subh.O. Art. 20. Zu §3. Die allegirten Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Grundbuchordnung gelten schon deshalb, weil sie in jenen Gesetzen stehen.
812. Sitzung vom 12. 10. 1888, Schriftführer: Ege | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. I. Die Berathung war in der vorigen Sitzung bei dem § 2 Abs. 2 des Entw. stehen geblieben. Hierzu lag noch folgender Antrag vor: 6. Zu Antrag Nr. 3 Abs. 3 (Prot. S. 13674) zu beschließen: „Ist die Zwangsversteigerung in Ansehung mehrerer Grundstücke angeordnet, so soll dieselbe nicht weiter ausgeführt werden, als " Der Antrag Nr. 3 Abs. 2 und die Anträge Nr. 3 Abs. 3 und Nr. 6 wurden zurückgezogen, ersterer unter Vorbehalt des unten, S. 13689 Ziff. II. 3 erwähnten Antrages zu § 2 a Abs. 3, letztere unter dem Vorbehalte, auf dieselben bei der Berathung der Vorschriften über die Art und Weise der | Zwangsversteigerung zurückzukommen. Im Uebrigen wurde beschlossen, 1. der zum ersten Absätze beschlossenen Bestimmung, entsprechend dem Antrage Nr. 1 (Prot. S. 13673) hinzuzufügen: unbeschadet der Eintragung einer Zwangshypothek oder Arresthypothek, 2. zu Abs. 2: Der Gläubiger kann verlangen, daß jede dieser Maßregeln nach seiner Wahl allein oder neben den übrigen ausgeführt werde. 3. den Abs. 3 zu streichen; 235
I Prot I 13685
v. Mandry (Nr 10, 3)
| Prot I 13686
Quellen zur Entstehung des ZVG
4. gemäß dem Antrage Nr. 1 Abs. 4 zu bestimmen, vorbehaltlich der Fassung und Stellung: Zur Vollziehung eines Arrestbefehles findet die Zwangsverwaltung, aber nicht die Zwangsversteigerung statt. Erwogen war: Zu 1. und 2. Die Eintragung einer Zwangshypothek oder Arresthypothek müsse erwähnt werden, um hierdurch außer Zweifel zu stellen, daß es sich bei einer solchen Eintragung auch um eine Zwangsvollstreckungsmaßregel handele, wenn dieselbe auch nicht unmittelbar die Beitreibung einer Geldschuld bezwecke. Diese Erwähnung sei auch von Bedeutung, um auf die Anwendbarkeit allgemeiner Vorschriften der Civilprozeßordnung, z. B. über die Einstellung des Verfahrens, hinzuweisen. Rücksichtlich der Art und Weise der Erwähnung empfehle sich der Antrag Nr. 1 (Prot. S. 13673) indem hierdurch, entsprechend der Verfahrensweise bei § 1 des Entwurfes, am ehesten eine Aufzählung der zulässigen Vollstreckungsarten erzielt werde. Die Bestimmung des zweiten Absatzes rechtfertige sich durch die in der Begründung des Sachenrechtsentwurfes S. 2200, 2201 ausgeführten Erwägungen; zu vergl. preuß. Gesetz vom 13. Juli 1883 § 2 Abs. 2. In Ansehung der Fassung verdiene der Antrag Nr. 1 Abs. 2 (Prot. S. 13673, 13674) den Vorzug. |ProtI 13687 | Der bei der Berathung angeregte Zweifel, ob nicht aus den Bestimmungen in Abs. 1, 2 geschlossen werden könnte, daß auch der Hypothekengläubiger für seine durch die Hypothek gesicherte Forderung die Eintragung einer Zwangshypothek auf demselben Grundstücke, welches ihm verpfändet sei, zu verlangen berechtigt wäre, sei unbegründet. Es verstehe sich von selbst, daß dem Hypothekengläubiger als solchem ein solches Recht nicht zustehe, auch nicht durch die zu Abs. 1, 2 beschlossenen Bestimmungen eingeräumt werde. Andererseits sei aber auch dem H y pothekengläubiger das Recht nicht abzusprechen, bei Grundstücken seines persönlichen Schuldners eine Zwangshypothek oder Arresthypothek eintragen zu lassen und selbst in Ansehung des mit der Hypothek belasteten Grundstückes könne für den Hypothekengläubiger die Eintragung einer Zwangs- oder Arresthypothek dann von Interesse sein, wenn er Zinsrückstände zu fordern habe, welche nach den Grundsätzen über die Vertheilung des Versteigerungserlöses nicht mit dem Hauptanspruche aus der Hypothek zum Zuge kommen (zu vergl. Anmerkung 1 zum B.G.B. Buch III, 3, Abschnitt Nr. 2 Entw. § 92 Nr. 6, § 94 Nr. 2, 3, §§ 95, 97). Uebrigens schließe die beschlossene Vorschrift nicht aus, späterhin Modifikationen des Prinzipes nach einzelnen Richtungen zu beantragen. Zu 3. Die Aufnahme des im dritten Absätze des Entw. vorgeschlagenen Vorbehaltes für die Landesgesetzgebung werde durch die in den Motiven (s. Begründung des Sachenrechtsentwurfes S. 1959) enthaltene Ausführung nicht gerechtfertigt. Hiernach habe der Vorbehalt solche landesgesetzliche Vorschriften im Auge, nach welchen wegen gewisser öffentlich-rechtlicher Forderungen aus schonender Rücksicht auf den Schuldner die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen des letzteren ausgeschlossen und beschränkt werde. Insoweit verstehe sich aber der | Prot 1 13688 Vorbehalt von selbst. In Betracht kämen noch Forderungen aus Rechtsverhält-1 nissen, welche den durch das Einführungsgesetz der Landesgesetzgebung vorbehaltenen Materien angehören. In dieser Richtung enthalte der Entwurf im § 176 die nöthige Bestimmung. Der Abs. 3 habe überdies eine über seine Tendenz weit hinausführende Fassung. Auch die ähnliche Bestimmung des preußischen Gesetzes vom 13. Juli 1883 § 2 Abs. 4 biete keinen Anlaß zur Aufnahme des Vorbehaltes. Dieselbe 236
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) beruhe auf der Voraussetzung, daß auch die Exekution in das unbewegliche Vermögen wegen öffentlich-rechtlicher Forderungen nur nach den Vorschriften jenes Gesetzes stattfinde; dadurch erhalte der Vorbehalt eine eng begrenzte Bedeutung. Es entstehe allerdings die Frage, ob die Landesgesetzgebung die Versteigerung des unbeweglichen Vermögens im Wege der Zwangsvollstreckung wegen öffentlichrechtlicher Forderungen in einer Weise regeln könne, durch welche in bestehende Rechte an dem Grundstücke bezw. an dem Erlöse, wie solche durch die Vorschriften des BGB und des gegenwärtigen Entwurfes begründet werden, eingegriffen würde. Eine Vorschrift hierüber erscheine jedoch überflüssig, weil man darauf vertrauen dürfe, daß die Landesgesetzgebung bei der etwaigen Erlassung besonderer Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen wegen öffentlich-rechtlicher Forderungen in die Vorschriften des BGB und dieses Entwurfes, soweit durch solche bestimmte Rechte gewisser Personen an dem Gegenstande der Zwangsvollstreckung und dem Erlöse festgesetzt werden, nicht eingreifen werde. Zu 4. Der Entwurf setze die Zulässigkeit der Zwangsverwaltung zur Vollziehung eines Arrestbefehles voraus, (§ 147), spreche sie aber nicht direkt aus. Es müsse jedoch mit dem preußischen Gesetze § 2 Abs. 3 die Zulässigkeit der Zwangsverwaltung zu diesem Zwecke besonders ausge-1 sprachen werden. Zur Vermeidung |ProtI 13689 eines etwaigen Mißverständnisses sei aber beizufügen, daß die Zwangsversteigerung zur Vollziehung eines Arrestbefehles nicht stattfinde. II. Es war beantragt, als § 2 a die Bestimmung aufzunehmen: 1. „Die Zwangsvollstreckung in einen Antheil an einem Grundstück ist nur zulässig, wenn sie in den Antheil eines Miteigenthümers oder wegen einer Hypothekenforderung oder Grundschuld erfolgen soll, für welche das Grundstück nur antheilsweise haftet." Hierzu war beantragt, die Bestimmung zu fassen: 2. „Die Zwangsvollstreckung in den Bruchtheil eines Grundstückes ist nur zulässig, wenn der Bruchtheil mit dem Antheile des Miteigenthümers zusammenfällt, gegen welchen sich die Zwangsvollstreckung richtet oder als Bruchtheil mit der Hypothekenforderung oder Grundschuld belastet ist, für welche die Zwangsvollstrekkung erfolgen soll." (vergl. §§ 953, 1063 des BGB) Auf die Zwangsvollstreckung in einen Antheil bezieht sich auch nachstehender Antrag in seinem ersten Absätze: 3. „Die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung in Antheile an einem Grundstück ist nur insoweit zulässig, als das Gesetz nicht ein Anderes bestimmt. Die Zwangsvollstreckung in Schiffe durch Zwangsverwaltung ist ausgeschlossen (vergl. § 152 Abs. 2). (neu) Mit der Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsversteigerung ist die auf denselben | Gegenstand gerichtete Beschlagnahme zum Zwecke der Zwangsverwaltung aufzuheben, unbeschadet jedoch der durch die letztere von dem Gläubiger erlangten Vorzugsrechte." Die Kommission lehnte den Antrag Nr. 3 Abs. 1 ab, nahm dagegen den Antrag Nr. 1, vorbehaltlich der Feststellung der Fassung bei der Redaktion, an. Sie hatte erwogen: Die Aufnahme der im Antrage Nr. 3 Abs. 1 vorgeschlagenen Bestimmung sei überflüssig. Soweit in anderen Gesetzen Beschränkungen der Zu237
Kurlbaum (Nr 2, 4)
v. Mandry (Nr 10, 2)
v. Schmitt (Nr 3, II)
I Prot I 13690
Quellen zur Entstehung des ZVG lässigkeit der Zwangsvollstreckung in Grundstücksantheile enthalten seien (z. B. B G B § 1345 1 ), würden dieselben durch die Vorschriften dieses Entwurfes selbstverständlich nicht berührt. Dagegen erscheine die Aufnahme einer dem Antrage Nr. 1 entsprechenden Bestimmung geboten. Durch die vorbehaltene Erwähnung der Antheile in § 1 des Entwurfes sei festgestellt, daß entgegen der Auffassung des französichen Rechtes (vergl. code civil art. 2205, preuß. Gesetz vom 12. April 1888 über das Grundbuchwesen und die Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen im Geltungsgebiete des rheinischen Rechtes § 16 2 ) und der bayerischen Subhastationsordnung Art. 163 Antheile an den in § 1 bezeichneten Gegenständen des unbeweglichen V e r mögens vor der Theilung oder Auseinandersetzung mittels der Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen angegriffen werden können (vergl. die Begründung des Sachenrechtsentwurfes S. 1969ff.). Es frage sich, ob dies ohne Beschränkung zulässig sein solle. Die richtige und nöthige Beschränkung ergebe sich aus dem Gesichtspunkte, daß die Zwangsvollstreckung nur insoweit statthaft erscheine, als schon vorher durch die Umstände Antheile gegeben seien, daß demnach | Prot 1 13691 nicht der Gläubiger erst durch die Zwangsvollstreckung | Antheile schaffen dürfe. Diese Beschränkung sei auch aus w i r t s c h a f t l i c h e n Gründen geboten (vergl. die Begründung aaO S. 1972). Antheile seien aber als schon vor der Zwangsvollstreckung vorhanden anzusehen in den beiden durch den Antrag Nr. 1 bezeichneten Fällen, wenn die Zwangsvollstreckung in den Antheil eines Miteigenthümers erfolgen solle, oder wegen einer Hypothekenforderung oder einer Grundschuld, für welche das Grundstück nur antheilsweise hafte. Diese Beschränkung der Zwangsvollstreckung in den Antheil sei auch in der Praxis mindestens für das preuß. Recht schon anerkannt (vergl. Entsch. des Reichsgerichts in Civilsachen X X Nr. 6 2 S. 2 7 0 f f . ) . H e r vorzuheben sei, daß nach der gemäß dem Antrage Nr. 1 beschlossenen Bestimmung die Zwangsvollstreckung in den Antheil insbesondere auch dann zulässig sei, wenn das ganze Grundstück mit einer Hypothek belastet sei, der Eigenthümer mit Hinterlassung mehrerer Erben sterbe und der Hypothekengläubiger nunmehr mit der Pfandklage zunächst den ideellen Antheil eines Miterben angreife (vergl. Entsch. des Reichsgerichts a a O , Begründung des Sachenrechtsentwurfes S. 1973 f.), und daß die antheilsweise Haftung auch den Fall umfasse, in welchem mehrere Antheile als solche belastet seien. In Ansehung der Fassung müsse, nachdem im § 1 allgemein von Antheilen, nicht von Bruchtheilen, gesprochen worden, mit dem Antrage Nr. 1 auch hier der Ausdruck „Antheile" gewählt werden. III. D e r zu II erwähnte Antrag N r . 3 Abs. 2, 3 wurde von seinem Urheber zurückgezogen, derjenige zu Abs. 3 vorbehaltlich der Wiedereinbringung bei Berathung der Vorschriften über die Zwangsverwaltung. ZVG-VE §3 | Prot 1 13692
IV. D e r § 3 des Entwurfes lautet: | „Die Zwangsvollstreckung durch Eintragung der Forderung in das Grundbuch erfolgt nach Maßgabe der §§ 846, 1130, 1132 des Bürgerlichen Gesetzbuches (und des § 32 der Grundbuchordnung). D e r Antrag auf Eintragung bedarf der Beglaubi1 Vgl. § 1442 BGB. 2 Preuß. GS. 1888, S. 52ff. 238
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) gung nicht; dies gilt auch von der Vollmacht des den Antrag stellenden Prozeßbevollmächtigten." Beantragt war, 1. den § 3 zu streichen; 2. zu bestimmen „Im Fall der Eintragung einer Zwangshypothek kann der Gläubiger die Eintragung derselben auch f ü r den von ihm berechneten Betrag der Kosten dieser Zwangsvollstreckung verlangen." (Anm. Zu vergl. C.P.O. § 697. Literatur dazu bei Struckmann und Koch Anm. I 3 . Johow, Jahrb. 1888 S. 101.4) 3. als § 3 a zu bestimmen: „Der Antrag auf Eintragung der Arresthypothek gilt im Sinne des § 809 Abs. 2, 3 der C.P.O. als Vollziehung des Arrestbefehles." Der § 3 des Entwurfes wurde mit Zustimmung des Referenten gestrichen. Der erste Satz wurde im Hinblick auf die in demselben allegirten Vorschriften des BGB als entbehrlich erachtet. Der zweite Satz galt als durch die entsprechenden V o r schriften des Entwurfes einer Grundbuchordnung (§ 43) gedeckt.
v. Schmitt (Nr 3, II) Kurlbaum ( ^ r 2, 5)
Kurlbaum (Nr 2,6)
Die Anträge Nr. 2 und N r . 3 wurden angenommen in der Erwägung: Die in dem Antrage Nr. 2 vorgeschlagene Bestimmung entscheide die streitige Frage, ob die Eintragung einer Zwangshypothek auch f ü r die Kosten dieser Zwangs- | Vollstreckungsart ohne vorausgehende Festsetzung dieser Kosten gemäß | Prot 1 13693 analoger Anwendung der Vorschrift des § 697 Abs. 1 der C.P.O. verlangt werden könne. Die Entscheidung im Sinne des Antrages werde durch das praktische Bedürfniß gefordert. Würde die analoge Anwendbarkeit des § 697 der C.P.O. versagt, so würde der Gläubiger, entgegen der Tendenz der Einführung der Zwangshypothek, dazu genöthigt, auf die Versteigerung zu dringen, anstatt sich mit der durch die Zwangshypothek gegebenen Sicherheit zu begnügen oder er müßte erst die Feststellung der Kosten beantragen, um sich einen vollstreckbaren Titel zu verschaffen, auf Grund dessen er wegen der Kosten die Eintragung einer Zwangshypothek verlangen könnte (C.P.O. § 702 Nr. 3, §§ 98, 99). Hierdurch entständen aber wieder Kosten, in Ansehung welcher die Frage, ob eine Feststellung nöthig sei, aufs Neue entstände. Dieselbe legislative Erwägung, welche der Vorschrift des § 697 der C.P.O. zu Grunde liege, nöthige also dazu, dieselbe auf die durch die Eintragung einer Zwangshypothek erwachsenden Kosten auszudehnen. Durch die in dem Antrage Nr. 3 vorgeschlagene Bestimmung werde in wünschenswerther Weise festgestellt, in welchem Verhältnisse die Eintragung der Arresthypothek bezw. der Antrag auf Eintragung einer solchen zu den Vorschriften über die Zulässigkeit und Wirksamkeit der Arrestvollziehung in den durch die Civilprozeßordnung und die Novelle zu derselben vom 30. April 1886 5 , § 809 Abs. 2, 3 geregelten Beziehungen stehe. Es müsse allerdings die Stellung des Antrages auf die Eintragung der Arresthypothek als Arrestvollziehung im Sinne des § 809 Abs. 2 und 3 gelten, so daß die Frist des Abs. 2 | durch den Antrag gewahrt, die Frist des Abs. 3 | Prot 1 13694 3
Gemeint ist das Werk von J. Struckmann und R. Koch: Die Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich . . . erläutert von . . . , 1. Auflage, Berlin 1878. 4 Gemeint ist das „Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit und in Strafsachen". 5 RGBl. 1886, S. 130. 239
Quellen zur Entstehung des ZVG
von dem Antrage an berechnet werde. Nehme man das nicht an, so würde der Gläubiger, welchem nur die Stellung des Antrages obliege, gegenüber der Vorschrift des § 809 Abs. 2 augenscheinlich der Gefahr ausgesetzt sein, daß die Eintragung als verspätet zurückgewiesen oder für unwirksam erklärt würde, andererseits der Schuldner des mit der Vorschrift im Abs. 3 Satz 2 beabsichtigten Schutzes entbehren. Aus dem § 809 Abs. 3 sei die Entscheidung mit Sicherheit nicht zu entnehmen. Werde die Vollziehung, d. h. die Eintragung der Arresthypothek, in der Folge wegen verspäteter Zustellung wirkungslos, so stehe dem Schuldner das Recht auf Aufhebung des Arrestes nach allgemeinen, auch für Arreste in bewegliches Vermögen geltenden Grundsätzen zu. V. Der § 4 des Entwurfes ist bereits in der Sitzung vom 8. d. Mts. erledigt, Prot. S. 13651 ff. ZVG-VE S5
VT. Der § 5 des Entwurfes lautet: „Für die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ist als Vollstreckungsgericht das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist. Ist das Grundstück in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte belegen, oder ist es mit Rücksicht auf die Grenzen der Bezirke ungewiß, welches Amtsgericht zuständig sei, so hat auf Antrag das zunächst höhere Gericht eines dieser Gerichte zum Vollstreckungsgerichte zu bestellen; die Vorschriften des § 37 der (Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Die gleiche Anordnung kann | Prot 1 13695 getroffen werden, wenn die Zwangsvollstreckung | in mehrere Grundstücke, welche in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte liegen, wegen desselben Anspruches beantragt wird." Beantragt war: Kurlbaum 1. statt des § 5 zu bestimmen: (Nr 9) a) „Die Zwangsversteigerung (sowie die Zwangsverwaltung) wird von dem Vollstreckungsgerichte auf Antrag angeordnet. Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht zuständig, in dessen pp. (wie im Entw.)." b) „Ist das Grundstück — ungewiß, ob das Grundstück in dem Bezirke des einen oder des anderen Amtsgerichtes belegen sei, so hat — zu bestellen. Die gleiche Anordnung kann in Ansehung mehrerer in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken belegener Grundstücke getroffen werden, wenn die Grundstücke demselben Schuldner gehören oder die Zwangsvollstreckung wegen des Anspruches aus einer und derselben Reallast, Hypothek oder Grundschuld beantragt wird. Die Vorschriften des § 37 der C.P.O. finden entsprechende Anwendung." (Anm. Wird aus den Vorschriften zu b ein besonderer Paragraph gebildet, so wird sich Theilung derselben in drei Absätze empfehlen.) v. Schmitt 2. den § 5 wie folgt zu fassen: (Nr 8 I) a) im Absatz 1 dahin: „Für die Zwangsvollstreckung durch Zwangsversteigerung eines Grundstückes ist als Vollstreckungsgericht das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist. Die Vorschriften der §§ 175 a, 175 b bleiben unberührt." | Prot 1 13696 | b) dem Absätze 2 folgenden Zusatz zu geben 6 : 6 Der Eingang des metallographierten Antrags lautet: in Abs. 2 „desselben Anspruchs" zu vertauschen mit „derselben Geldforderung". — Zur Begründung war ausgeführt: Zur Vertäu -
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
„Das als Vollstreckungsgericht bestellte Amtsgericht soll von seiner Bestellung den betheiligten Amtsgerichten Kenntniß geben." und hinter § 175 folgende Vorschriften einzustellen: § 175 a. „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei der Zwangsversteigerung eines Grundstückes die Bestimmung, Bekanntmachung und Abhaltung des Versteigerungstermines, die Festsetzung der Versteigerungsbedingungen, die Entscheidung über den Zuschlag und deren Verkündung, sowie die Vertheilung des Versteigerungserlöses, jedoch mit Ausschluß des Aufgebotsverfahrens, von einem anderen Beamten oder von einer anderen Behörde als dem Vollstreckungsgerichte wahrzunehmen sind." § 175 b. „In dem Falle des § 175 a finden die §§ 24 bis 134 auf die mitwirkende Behörde oder den mitwirkenden Beamten mit der Maßgabe Anwendung, daß es so anzusehen ist, als seien die von der Behörde oder dem Beamten getroffenen Anordnungen und Entscheidungen oder vorgenommenen Handlungen durch das Vollstreckungsgericht getroffen oder vorgenommen worden. Das Amtsgericht hat in dem die Beschlagnahme anordnenden Beschlüsse zugleich, soweit erforderlich, die mitwirkende Behörde oder | den mitwirkenden Beamten zu bezeichnen." § 175 c. „Die Vorschriften der §§ 175 a, 175 b finden in dem Falle der Zwangsversteigerung einer Berechtigung oder eines Schiffes entsprechende Anwendung." (Anmerk. In § 5 Abs. 1 ist der Zwangsverwaltung nur vorbehaltlich der Mitallegation der §§ 5— 13 im § 135 des Entw. nicht gedacht; eventuell würde es in dieser Beziehung bei der Fassung des Entwurfes § 5 Abs. 1 verbleiben. Für den zu § 5 Abs. 2 beantragten Zusatz vergl. die bayrische Subh.O. Art. 14. Der Zusatz wird Unzukömmlichkeiten abschneiden und ist, da den Landesgesetzen ergänzende Vorschriften für die Subhastations-Ordnung nicht vorbehalten werden, hier einzustellen. Die §§ 175 a, 175 b, 175 c sollen Veranlassung und Gegenstand des zu § 5 Abs. 1 Satz 2 beantragten Vorbehaltes andeuten; im Einzelnen können dieselben zur Zeit wohl nicht erledigt werden und auch dagegen besteht kein Bedenken, bis zu dieser Erledigung die Berathung des § 5 Abs. 1 Satz 2 selbst zu vertagen. Der Umfang des Vorbehaltes im § 175 a beruht auf der Erwägung, allen interessirten Bundesstaaten (Bayern, Württemberg, Baden, Elsaß-Lothringen, Hessen, Meiningen, Koburg-Gotha, Oldenburg, Hamburg) Raum zu lassen. Dagegen, ähnlich wie im § 685 C.P.O., dem Vollstreckungsgerichte | die Abänderung bezüglicher Entscheidungen der anderen Behörde pp. auf Remonstration eines Betheiligten zu gestatten, besteht kein Bedenken.)
v. Schmitt (Nr 8, II)
|ProtI 13697
| Prot 1 13698
3. eventuell v. Mandry a) im § 175 a die Worte „jedoch mit Ausschluß des Aufgebotsverfahrens" und (Nr 10,4) den § 175 b zu streichen; statt dessen als Absatz 2 des § 175 a zu beschließen: „Die in Absatz 1 enthaltene Vorschrift gilt in Ansehung des Aufgebotsverfahrens nicht; auch hat über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Zwangsversteigerung sowie das von der ausführenden Behörde oder dem ausführenden Beamten zu beobachtende Verfahren betreffen, das Vollstrekkungsgericht selbst zu entscheiden." schung des Wortes „Anspruch" mit „Geldforderung" im Abs. 2 § 5 vergl. die Bemerkungen zu § 1.
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Quellen zur Entstehung des ZVG
b) den Paragraphen hinter § 5 einzureihen. (Zu Abs. 2 C.P.O. § 685; dazu das Württemberg. Gesetz vom 18. August 1879 7 Art. 2.) Die auf den Vorbehalt der in den §§ 175 a — 175 c vorgeschlagenen Bestimmungen bezw. auf die Fassung der letzteren sich beziehenden Anträge Nr. 2 und 3 wurden von ihren Urhebern an gegenwärtiger Stelle, vorbehaltlich der Wiedereinbringung bei der Berathung des letzten Abschnittes, zurückgezogen, nachdem übereinstimmend anerkannt war, daß diesen Anträgen durch die zum § 5 zu fassenden Beschlüsse in keiner Weise vorgegriffen werden solle. Im Uebrigen einigte sich die Kommission zunächst darüber, daß bei der Bera| Prot 1 13699 thung dieses und der nächsten Paragraphen des Entwurfes nur die Zwangs- | Versteigerung ins Auge gefaßt und vorbehalten sein solle, bei der Berathung des Titels über die Zwangsverwaltung festzustellen, welche der zu beschließenden Vorschriften auch f ü r die Zwangsversteigerung gelten sollen und auf welche Weise dies zum Ausdrucke zu bringen sei. Insbesondere zum § 5 des Entw. wurde beschlossen, zu bestimmen: 1. Die Zwangsversteigerung wird von dem Vollstreckungsgerichte angeordnet. 2. Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist, ausschließlich zuständig. 3. Ist das Grundstück in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte belegen, oder ist es mit Rücksicht auf die Grenzen der Bezirke ungewiß, ob das Grundstück in dem Bezirke des einen oder des anderen Amtsgerichtes belegen sei, so hat auf Antrag das zunächst höhere Gericht eines dieser Gerichte zum Vollstreckungsgerichte zu bestellen. Die gleiche Anordnung kann getroffen werden, wenn die Zwangsversteigerung mehrerer in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken belegener Grundstücke wegen eines und desselben Anspruches beantragt wird und entweder die Grundstücke demselben Schuldner gehören oder der Anspruch in einer und derselben Reallast, Hypothek oder Grundschuld sich gründet. Die Vorschriften des § 37 der Civilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. 4. Das als Vollstreckungsgericht bestellte Amtsgericht soll bei der Anordnung | Prot I 13700 der Zwangsver- | Steigerung den betheiligten anderen Amtsgerichten von seiner Bestellung Kenntniß geben. Erwogen war: Die in dem Entwürfe unterdrückte Vorschrift des § 755 Abs. 2 der C.P.O. dürfe nicht ganz ausfallen. Entbehrlich erscheine zwar im Hinblick auf die allgemeinen Grundsätze der C.P.O. wie auf die Bestimmungen in §§ 14 ff. des Entwurfes hier besonders auszusprechen, daß die Zwangsversteigerung nur auf Antrag angeordnet werde. Dagegen müsse in dem Gesetze über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, welches eine Ergänzung der C.P.O. sein solle, der weitere Inhalt des § 755 Abs. 2, daß nämlich die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen eine den Gerichten mit Ausschluß des Gerichtsvollziehers zugewiesene Art der Zwangsvollstreckung sei, zum Ausdrucke gelangen. Weil ferner der § 707
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Gemeint ist das Gesetz, betreffend die Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen, vom 18. August 1879 (Regierungsblatt für das Königreich Württemberg, 1879, S. 191 — 201).
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
der C.P.O. besage, die im achten Buche der C.P.O angeordneten Gerichtsstände seien ausschließliche, das Gesetz über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen aber keinen Theil dieses achten Buches bilde, empfehle es sich, vorsorglich auch die Ausschließlichkeit der Zuständigkeit des Amtsgerichtes als Vollstrekkungsgerichtes auszusprechen (Beschluß Ziff. 2). In Ansehung der Bestimmung des Entwurfes Abs. 2 Satz 1 sei die von dem Antrage Nr. 1 lit. b vorgeschlagene Fassung als die korrektere vorzuziehen (Beschluß Ziff. 3, Abs. 1). In Betreff der Bestimmung des Entwurfes im letzten Satze des zweiten Absatzes müsse eine Fassung gewählt werden, welche den dem Beschlüsse vom 20. Januar d. Js. (s. Anm. 1, II zu § 755 C.P.O. Art. 11 | des Einführungsgesetzes) zu Grund lie- |ProtI 13701 genden Gedanken klar zum Ausdruck bringe. Nach jenem Beschlüsse sei die bisherige Vorschrift des § 756 Abs. 2 der C.P.O. ausgedehnt worden auf den Fall der Korrealhypothek oder Grundschuld, welchem der Fall gleichstehe, wenn der Anspruch in einer und derselben Reallast sich gründe. Dagegen habe man die Vorschrift nicht auch auf den Fall ausgedehnt, wenn der Gläubiger mehrere ihm persönlich als Gesammtschuldner haftende Personen als solche in Anspruch nehme und deren in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken belegene Grundstücke angreifen wolle. In diesem Falle dürfe die fragliche Vorschrift nicht zur Anwendung kommen. Es sei aber fraglich, ob nicht der Wortlaut des Entwurfes die Ausdehnung der Vorschrift auf jenen Fall gestatte. Die Hinweisung auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 37 der C.P.O. gehöre an den Schluß, weil sie sich auf die sämmtlichen in den vorausgehenden Absätzen behandelten Fälle beziehe. Die Aufnahme der in dem Antrage Nr. 2 lit. b beantragten Ordnungsvorschrift empfehle sich — in der beschlossenen Fassung — aus den dem Antrage beigegebenen Gründen. VII. Der § 6 des Entwurfes lautet: „Bei dem Verfahren der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung werden die Betheiligten zugezogen. Als Betheiligte gelten: 1. derjenige, von welchem das Verfahren betrieben wird (der Gläubiger); 2. derjenige, gegen welchen das Verfahren angeordnet oder fortgesetzt wird (der Schuld- | ner); 3. die Berechtigten, welche zur Zeit der Eintragung des im § 17 bezeichneten Vermerkes aus dem Grundbuche ersichtlich sind; 4. jeder Andere, welcher ein Recht an dem Grundstücke oder ein Vorzugsrecht vor einem solchen Rechte zu den Vollstreckungsakten anmeldet, sofern er sein Recht glaubhaft macht." Beantragt war: 1. den Eingang zu fassen: „In dem Verfahren der Zwangsversteigerung (eventuell „und der Zwangsverwaltung") gelten als Betheiligte:" (Bemerkung. Welche Rechte ein Betheiligter überhaupt und in Ansehung von Zustellungen insbesondere hat, ist hier noch nicht zu sagen. Der Ausdruck „zugezogen" ist ohne nähere Bestimmung zu allgemein. Vergl. auch Mot. zu § 6 Abs. 1.) 2. den § 6 zu fassen: „Die Zwangsversteigerung (sowie die Zwangsverwaltung) erfolgt unter Zuzie243
ZVG-VE
§6
I Prot 1 13702
v. Schmitt (Nr 11,1)
Kurlbaum (Nr 9)
Quellen zur Entstehung des ZVG hung der Betheiligten. Als Betheiligte gelten außer dem Gläubiger und dem Schuldner 1. diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des im § 17 bezeichneten Vermerkes ein Recht in das Grundbuch eingetragen ist; 2. diejenigen, welche für sich ein Recht an dem Grundstücke oder an einem eingetragenen Rechte oder einen Anpruch mit dem Rechte auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke bei dem Vollstreckungsgerichte anmelden und glaubhaft machen." | Prot 1 13703
| Beschlossen wurde: In dem Verfahren der Zwangsversteigerung gelten als Betheiligte außer dem Gläubiger und dem Schuldner 1. diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des im § 17 bezeichneten Vermerkes ein Recht in das Grundbuch eingetragen ist; 2. diejenigen, welche für sich ein Recht an dem Grundstücke oder an einem eingetragenen Rechte oder einen Anspruch mit dem Rechte auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke bei dem Vollstreckungsgerichte anmelden und glaubhaft machen.
Erwogen w a r : Der Vorschlag des Entwurfes verdiene sachlich Billigung. Der Eingang sei im Anschlüsse an den Antrag Nr. 1 zu fassen, da hierdurch der Charakter der V o r schrift am besten zum Ausdruck komme. Der Gläubiger und der Schuldner seien nicht in der von dem Entwürfe vorgeschlagenen Weise und unter besonderen N u m mern aufzuführen. Daß sie Betheiligte seien, verstehe sich von selbst. Es könne auch nicht bezweifelt werden, daß unter Gläubiger und Schuldner hier dieselben Personen zu verstehen seien, welche die C.P.O. in den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung mit jenen Bezeichnungen im Auge habe, nämlich derjenige, für welchen die Zwangsvollstreckung angeordnet werde, und derjenige, gegen welchen die Zwangsvollstreckung angeordnet worden sei. Gerade dies komme auch in der nicht dispositiven Erwähnung dieser Personen zum Ausdrucke. Die in dem Entwürfe gegebene nähere Bezeichnung sei überdies nicht unbedenklich. Außerdem kämen als Betheiligte die in dem Entwürfe unter Nr. 3, 4 aufgeführten Personen in Betracht. | Prot 1 13704 Für | die Nr. 4 empfehle sich die Fassung des Antrages 2 Nr. 1. Die N r . 4 sei in der aus dem Antrage 2 Nr. 2 ersichtlichen Weise, durch die Erwähnung derjenigen, welche für sich ein Recht an einem eingetragenen Rechte anmelden, zu ergänzen; daneben sei nach der gebräuchlichen Redeweise die Anmeldung bei dem Vollstrekkungsgerichte, nicht zu den Vollstreckungsakten, zu verlangen.
813. Sitzung vom 15. 10. 1888, Schriftführer! Ege | Prot 1 13705
| Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. D a s Ergebniß der Berathungen w a r :
Kurlbaum I. Beantragt war, (Nr 12,1) ( } e m § 6 zuzusetzen als Absatz: „Ist oder wird dem Vollstreckungsgerichte bekannt, daß ein Betheiligter verstorben ist, so ist an Stelle desselben dessen Erbe als Betheiligter zuzuziehen." 244
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Beschlossen wurde, zu bestimmen: Ist ein Betheiligter verstorben, so ist die Zuziehung des Erben nur erforderlich, wenn der Tod des Betheiligten dem Vollstreckungsgerichte bekannt ist. Die Vorschrift des § 694 der Civilprozeßordnung bleibt unberührt. Erwogen war: Nach allgemeinen Grundsätzen sei der Erbe eines verstorbenen Betheiligten, weil er in dessen Rechts-1 Verhältnisse eintrete, Betheiligter im mate- |ProtI 13706 riellrechtlichen Sinne. An sich ergäbe sich hieraus auch, daß der Erbe in dem Zwangsvollstreckungsverfahren zuzuziehen wäre. Diese Konsequenz werde in den Motiven des Entwurfes (S. 24 oben) ohne Unterscheidung, ob dem Vollstreckungsgerichte der Tod des Betheiligten bekannt geworden oder nicht, gezogen. Die Folge hiervon wäre, daß in allen Fällen, in welchen das Vollstreckungsgericht, mit dem Tode des Betheiligten unbekannt, ohne Zuziehung des Erben das Verfahren fortgesetzt und durchgeführt hätte, das Zuschlagsurtheil angefochten werden könnte. Diesem Ergebnisse müsse im Interesse der sicheren Durchführung des Verfahrens durch eine dem Antrage entsprechende Vorschrift für das Verfahren entgegengetreten werden. Das Vollstreckungsgericht könne nur auf Grund der ihm bekannt gewordenen Thatsache des Todes des Betheiligten vorgehen, und nur, wenn es auch bei dem Bekanntsein des Todes den Erben ignorirt, also falsch verfahren habe, könne die Anfechtung des Verfahrens zugelassen werden. Die Vorschrift könne jedoch mit Rücksicht auf den § 694 C.P.O. (Art. 11 des Einführungsgesetzes) für den Fall des Todes des Schuldners nicht gegeben werden. Allerdings werde nach Berathung der Vorschriften über die Zustellung — §§ 7 ff. Entw. — die schon angeregte Frage zu prüfen sein, ob nach den zum Schutze des Schuldners bezw. des Erben desselben zu beschließenden Vorschriften noch erforderlich sei, den Tod des Schuldners allgemein von der hier in Frage stehenden Vorschrift auszunehmen. Vorerst müsse die Vorschrift des § 694 der C.P.O. gewahrt werden. Im Uebrigen beruhe die von dem Antrage abweichende Fassung des Beschlusses | darauf, daß |ProtI 13707 durch dieselbe deutlich zum Ausdruck gelange, es handele sich hier um eine von den Konsequenzen aus allgemeinen Grundsätzen abweichende Vorschrift für das Verfahren. Klar sei nach der Fassung auch, daß, wenn das Verfahren in der Folge wegen Nichtzuziehung des Erben eines Betheiligten angefochten werde, der Anfechtende beweisen müsse, dem Vollstreckungsgerichte sei der Tod des Betheiligten bekannt geworden. Die Prüfung der Frage, ob die beschlossene Vorschrift als Absatz dem § 6 anzureihen oder als besonderer Pragraph einzustellen sei, blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. II. Es lag der Antrag vor, v. Schmitt als § 6 a neu zu bestimmen: (Nr 11,2) „In dem Verfahren der Zwangsversteigerung1 können Anträge und Erklärungen an das Vollstreckungsgericht ohne Mitwirkung eines Rechtsanwaltes schriftlich eingereicht oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers angebracht werden. In dem ersteren Falle soll die zum Zwecke der Zustellung erforderliche Anzahl von Abschriften miteingereicht werden." Dem Antrage war folgende Bemerkung beigefügt: „Ob § 457 der C.P.O. ohne Weiteres Anwendung zu finden hat, ist nicht ganz unzweifelhaft; in den §§ 729ff. der C.P.O. scheint dies angenommen; doch ist nicht 1
Im metallographierten Antrag war in Klammern hier beigefügt: evtl. „und Zwangsverwaltung". — Die Bemerkung wiederholt sich bei jedem bezüglichen Paragraphen. 245
Quellen zur Entstehung des ZVG unbestritten, ob sowohl die §§ 644 — 707 der C.P.O. als auch die allgemeinen Vorschriften der C.P.O. auf die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen Anwendung finden. Der Vorschlag entspricht der bayerischen Subh. O . Art. 16. Vergl. auch § 70 des Entw. einer Grundb. O., § 532 der C.P.O. Es handelt sich nicht | Prot 1 13708 bloß um | Anträge und Erklärungen des Schuldners oder Gläubigers, sondern auch der sonst Betheiligten; auf die Fälle, in welchen auf Terminen zu verhandeln ist, bezieht sich die Bestimmung nicht. Es kann aber zugegeben werden, daß die Erforderlichkeit der an sich richtigen Vorschrift wegen des arg. e. contr. auch bestritten werden kann; daher würde wohl statt des § 6 a die ausdrückliche Konstatirung zum Protokolle genügen: daß auf die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen auch die allgemeinen Verfahrensvorschriften der Civilprozeßordnung (über Prozeßfähigkeit, Vertretung, Zustellung, Termine, Fristen pp.) und die §§ 644 bis 707 der C.P.O. Anwendung finden. Vergl. Mot. S. 4 bis 5. V o n dieser Konstatirung hängt die Fassung der folgenden Paragraphen ab und sie ist jetzt nöthiger, weil ein eigenes Reichsgesetz über Immobiliarexekution ergeht." In der Kommission herrschte Einverständniß darüber, daß, wie in den Motiven S. 4 ff. ausgeführt ist, die allgemeinen Vorschriften der Civilprozeßordnung, insbesondere auch die allgemeinen Vorschriften derselben über das Zwangsvollstrekkungsverfahren, auf die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen Anwendung zu finden hätten, soweit sie nicht durch das über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen ergehende Gesetz außer Anwendung gesetzt bezw. durch andere Vorschriften ersetzt werden. Eine Bestimmung, welche diese Auffas| Prot 1 13709 sung zum Ausdrucke bringe, wurde vorerst nicht für erforderlich erachtet. Man | glaubte, daß jener Standpunkt aus dem zu berathenden Entwürfe, welcher sich an die Civilprozeßordnung anschließe und eine Ergänzung derselben bilde, zur Genüge erhellen werde. Die Feststellung des Standpunktes durch das Protokoll reiche demgemäß aus. Auf Grund dieser Feststellung wurde auch im Einverständnisse mit dem Antragsteller die Aufnahme der beantragten Spezialbestimmung nicht für nöthig gehalten, indem man insbesondere davon ausging, daß in Gemäßheit der Civilprozeßordnung im Zwangsvollstreckungsverfahren Anträge und Erklärungen an das Vollstreckungsgericht ohne Mitwirkung eines Rechtsanwaltes schriftlich eingereicht oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers angebracht werden können (vergl. insbes. §§ 457, 596, 755, 824), sowie daß, anlangend den zweiten Satz der beantragten Bestimmung, die Vorschrift des § 155 Abs. 1 der C.P.O. die ausreichende Direktive gebe. Rüger (Nr 1, 3)
III. Beantragt war, folgende Bestimmung (§ 6 b) aufzunehmen: „Im Verfahren der Zwangsversteigerung ist der Schuldner verpflichtet, dem Vollstreckungsgerichte über den Bestand und die Fälligkeit der Ansprüche der Betheiligten sowie über alle das Verfahren betreffende Verhältnisse Auskunft zu geben. D a s Vollstreckungsgericht kann die zwangsweise Vorführung des Schuldners anordnen." Zur Begründung des Antrages berief man sich im Wesentlichen auf die mit der entsprechenden Bestimmung des sächsischen Gesetzes vom 15. August 1884 geI Prot I 13710 machten günstigen Erfahrungen. Gegen den Antrag wurde aber geltend ge- | macht, daß ein Bedürfniß für eine ähnliche Bestimmung sich außerhalb Sachsens nirgends gezeigt, daß ein öffentliches Interesse, welches eine derartige Bestimmung rechtfer246
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
tigte, bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen nicht bestehe, sowie daß die Einfügung der beantragten Bestimmung in das Verfahren, wie es nach dem Entwürfe gestaltet sei, fraglich wäre und nur etwa eine materielle Vorschrift, welche dem Schuldner, ähnlich wie im Konkurse (§ 92 Konk. Ord.), die Auskunftspflicht gegenüber den Betheiligten auferlegte, in Betracht kommen könnte. Der Antrag wurde hierauf zurückgezogen. IV. Der § 7 des Entw. in der vom Referenten berichtigten Fassung lautet 2 :
ZVG-VE $7 „In dem Verfahren der Zwangsversteigerung finden in Ansehung der Zustellun- Johow gen die Vorschriften der Civilprozeßordnung nur insoweit Anwendung, als nicht in (Nr 1, 4) den nachfolgenden §§ 8 bis 12 ein Anderes bestimmt ist." Beantragt war, die Bestimmung dahin zu fassen: Kurlbaum „In Ansehung der Zustellungen an die Betheiligten finden die besonderen Vor- (Nr 12, 2) Schriften der §§ 8 bis 12 a Anwendung." Beschlossen wurde folgende Vorschrift: In dem Verfahren der Zwangsversteigerung finden in Ansehung der Zustellung an die Betheiligten die Vorschriften der Civilprozeßordnung nur insoweit Anwendung, als nicht in den nachfolgenden § § . . . . ein Anderes bestimmt ist. Erwogen war: | Der Entwurf bringe in den §§ 8 bis 12 besondere Vorschriften über die Zustel- | Prot 113711 lung an die Betheiligten; im § 7 solle demgemäß ausgesprochen werden, daß die im Uebrigen ohne Weiteres anwendbaren Vorschriften der C.P.O. über die Zustellung durch jene Bestimmungen, wie sie zu §§ 8 bis 12 beschlossen werden würden, beschränkt werden. Dieser Zweck werde besser im Anschlüsse an die Fassung des Entwurfes erreicht, als nach der Fassung des Antrages; dagegen müsse hervorgehoben werden, daß sich die besonderen Bestimmungen nur auf die Zustellung an die Betheiligten, nicht auch auf die Zustellung an solche Personen, welche nicht zu den Betheiligten (§ 6) gehören (z. B. Drittschuldner, Ersteher des Grundstückes), beziehen. Vorbehalten bleibe, später zu prüfen, ob sie auch bei gewissen Zustellungen an den Ersteher Anwendung finden sollen. V. Der § 8 des Entw. lautet: „Eine nicht in einem Termine verkündete Entscheidung wird den Betheiligten, deren Rechte von ihr berührt werden, von Amtswegen zugestellt. Beantragt war, 1. den § 8 dahin zu fassen: „Die in dem Verfahren erforderlichen Zustellungen erfolgen von Amtswegen." Dem Antrage war folgende Bemerkung beigefügt: „Wann und an welche Personen zuzustellen sei, ist an dieser Stelle nicht zu sagen. Selbstverständlich und schon nach Maßgabe der C.P.O. ist eine bereits verkündete Entscheidung nicht mehr zuzustellen; daß die Zustellung an jeden Betheiligten und nur an Betheiligte zu erfolgen hat, ist selbstverständlich." 2
§ 7 lautet in der ursprünglichen Fassung: „In dem Verfahren der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung finden in Ansehung der Zustellungen die Vorschriften der Civilprozeßordnung Anwendung, soweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen 8 bis 12 ein Anderes bestimmt ist." — Die Neufassung von Johow wurde auch von Schmitt befürwortet (Antrag Nr. 11,3). 247
ZVG-VE §8 v. Schmitt (Nr 11, 4)
Quellen zur Entstehung des ZVG | Prot 113712 Kurlbaum (Nr 12, 3)
| 2. zu bestimmen: „Die Zustellungen erfolgen von Amtswegen. Sie sind jedoch auch dann wirks a n l ) W e n n sie auf Betreiben eines Betheiligten erfolgt sind."
D e r Antrag 2 w u r d e angenommen. Die Kommission hatte erwogen: W a s zuzustellen sei, bestimme sich nach den Vorschriften der C . P . O . und den besonderen Vorschriften dieses Gesetzes. H i e r handele es sich nur d a r u m , wie zugestellt werden solle. Die Zustellung von Amtsw e g e n müsse aus den in den Motiven S. 19 angegebenen G r ü n d e n bestimmt werden. Die Vorschrift werde die in dem E n t w ü r f e an verschiedenen Stellen sich find e n d e Wiederholung, die Zustellung habe von Amtswegen zu erfolgen, entbehrlich machen. D e r beschlossene zweite Satz begegne der herrschend gewordenen, auch in der Praxis des Reichsgerichtes befolgten Auffassung der Civilprozeßordnung, d a ß eine auf Betreiben eines Betheiligten erfolgende Zustellung in den Fällen, in welchen die C . P . O . Zustellung von Amtswegen vorschreibe, ungültig sei. Angewendet auf das V e r f a h r e n der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche V e r m ö g e n w ü r d e diese Auffassung dahin führen, daß das Zuschlagsurtheil lediglich deshalb, weil eine Zustellung nicht von Amtswegen, sondern auf Betreiben eines Betheiligten erfolgte, angefochten werden könnte. Diese A n f e c h t u n g müsse verhütet werden, weil die Folgen der A u f h e b u n g des Zuschlagsurtheiles gegenüber solchem Formalismus zu schwerwiegende seien. Auch solle es in die H a n d der Betheiligten gelegt w e r d e n , in diesem V e r f a h r e n , dessen Rechtsbeständigkeit von einer großen Zahl | Prot 113713 von Zustellungen abhängig sein könne, eine | versäumte Zustellung selbst n a c h z u h o len, u m auf diese Weise die mit erheblichen Kosten u n d anderen Nachtheilen verb u n d e n e W i e d e r h o l u n g des Verfahrens zu vermeiden. Die Kosten solcher Zustellung habe selbstverständlich zunächst der dieselbe betreibende Betheiligte zu trag e n ; stellten sie sich als nothwendig dar, so w ü r d e n sie in der Folge unter den Kosten des V e r f a h r e n s (Entw. §§ 43, 92 im Eingang) berichtigt. Erfolge die Zustellung doppelt, von Amtswegen und auf Betreiben eines Betheiligten, so wäre die zuerst erfolgende Zustellung als die maßgebende zu betrachten. ZVG-VE §9
VI. D e r § 9 des Entw. lautet: „ W e r ermächtigt ist, in dem Verfahren vor dem G r u n d b u c h a m t e f ü r einen Betheiligten Zustellungen in Empfang zu nehmen, gilt auch als ermächtigt, im Zwangsvollstreckungsverfahren Zustellungen f ü r den Betheiligten in E m p f a n g zu nehmen." Beantragt w a r ,
Kurlbaum (Nr 12, 4)
1. die Vorschrift zu fassen: „Die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten bei dem G r u n d b u c h a m t e gilt auch f ü r das V e r f a h r e n der Zwangsversteigerung, sofern die Bestellung von dem G r u n d b u c h a m t e dem Vollstreckungsgerichte mitgetheilt ist."
v. Mandry (Nr 14, 1)
2. f ü r den Fall der A n n a h m e des Antrages N r . 1 die Bestimmung zu fassen: „ . . . . sofern die Bestellung dem Vollstreckungsgerichte (aus den G r u n d a k t e n o d e r durch Benachrichtigung Seitens des Grundbuchamtes oder durch Mittheilung des Betheiligten) bekannt geworden ist." D e r Antrag N r . 1 w u r d e angenommen.
| Prot I 13714
| Erwogen w a r : Es sei allerdings von erheblichem praktischem Interesse, d a ß die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten zu den Akten des Grundbuchamtes mit W i r k u n g f ü r ein zukünftiges Zwangsvollstreckungsverfahren zugelassen werde. Die Fassung des 248
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Entwurfes erwecke jedoch den Anschein, als ob die Bestellung des Zustellungsbevollmächtigten zu den Akten des Grundbuchamtes unter allen Umständen genüge. Auch hier komme es auf die Kenntniß des Vollstreckungsgerichtes an. Diese Kenntniß müsse aber durch eine Mittheilung des Grundbuchamtes an das Vollstreckungsgericht vermittelt sein. In dieser Mittheilung liege erst die Kundgebung der Bestellung des Zustellungsbevollmächtigten gegenüber dem Vollstreckungsgerichte. Zu der Mittheilung sei das Grundbuchamt verpflichtet (vergl. § 17 Abs. 2 des Entw.). Es verstehe sich übrigens von selbst, daß, falls das Grundbuchamt und das Vollstrekkungsgericht eine und dieselbe Behörde sei oder gar der Grundbuchbeamte und der die Vollstreckung leitende Beamte eine und dieselbe Person sei, nicht eine förmliche Mittheilung der Behörde an sich selbst erforderlich sei. Schriftliche Mittheilung, überhaupt eine Form für die Mittheilung werde nicht verlangt. Es genüge in einem solchen Falle die thatsächliche Kenntniß der Behörde als solcher von der Bestellung. Diese Kenntniß werde festgestellt durch eine Notiz zu den Akten des Vollstrekkungsverfahrens aus den Akten des Grundbuchamtes, wie schon aus der Zustellung an den Zustellungsbevollmächtigten allein erhelle, daß das Vollstreckungsgericht seine Kenntniß von der Bestellung des letzteren aus den Akten, also gewissermaßen durch eine Mittheilung | an sich selbst, erlangt habe. Der Antrag Nr. 2 gehe anschei- | Prot 113715 nend für den Fall der Identität des Grundbuchamtes mit dem Vollstreckungsgericht zu weit, indem nach dem Antrage der die Vollstreckung leitende Beamte des Vollstreckungsgerichtes als verpflichtet erscheine, die Grundakten immer auf die Frage hin durchzusehen, ob nicht ein Betheiligter die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten zu den Akten des Grundbuchamtes angezeigt habe. Auch sei selbstverständlich, daß die Mittheilung des Betheiligten an das Vollstreckungsgericht die Mittheilung seitens des Grundbuchamtes überflüssig mache; denn in der Mittheilung, daß Jemand bei dem Grundbuchamte zum Zustellungsbevollmächtigten ernannt sei, liege eine dem Vollstreckungsgerichte gegenüber erfolgende Bestellung.
VII. Es lag der Antrag vor, als § 9 a zu bestimmen: „Die Zustellung an einen Betheiligten, welcher einen Prozeßbevollmächtigten hat, ist auch dann wirksam, wenn sie an den Betheiligten in Person und nicht durch Aufgabe zur Post erfolgt ist." Hierzu war beantragt, statt dessen zu bestimmen: „Die Zustellung an einen Betheiligten ist auch dann wirksam, wenn derselbe einen Prozeßbevollmächtigten hat; als Zustellung an den Betheiligten gilt jedoch die Aufgabe zur Post nicht." Die Anträge wurden abgelehnt in der Erwägung, daß die vorgeschlagene Abweichung von den Vorschriften der Civilprozeßordnung §§ 162, 163 weder durch die Natur des Zwangsvollstreckungsverfahrens noch durch ein besonderes praktisches Bedürfniß erheischt werde.
Kurlbaum (Nr 12, 5)
v. Mandry (Nr 14, 2)
| VIII. Der $ 10 des Entwurfes lautet: | Prot 113716 „Zustellungen an eine Person, welche weder am Orte noch im Bezirke des Voll- ZVG-VE streckungsgerichtes wohnt, erfolgen durch Aufgabe zur Post, solange nicht die Be- § 10 Stellung eines in dem Orte oder dem Bezirke wohnhaften Prozeßbevollmächtigten oder Zustellungsbevollmächtigten zu den Vollstreckungsakten angezeigt ist. Die Postsendung ist mit der Bezeichnung „Einschreiben" zu versehen." 249
Quellen zur Entstehung des ZVG
Beantragt war: v. Schmitt 1. a) in Zeile 1, 2 v. o. statt „weder am Orte noch im Bezirke" zu setzen „außer(Nr 11, 5) halb des Sitzes und Bezirkes" und in Zeile 4, 5 v. o. statt „in dem Orte oder in dem Bezirke" zu setzen „an dem Sitze oder in dem Bezirke des Vollstreckungsgerichts;" b) in Satz 2 statt „ist zu versehen" zu setzen „muß . . . versehen sein". Dem Antrage war folgende Bemerkung beigefügt: „Die negative Fassung Satz 1 ist inkorrekt, ein wirklich bestehender Wohnsitz wird vorausgesetzt. In § 160 C.P.O. tritt diese inkorrekte Fassung wegen des zu betonenden Anfangswortes „Wohnt" weniger hervor. Satz 2 hat eine Nichtigkeitsvorschrift zu enthalten." Kurlbaum 2. den § 10 vor den § 9 zu versetzen und dahin zu fassen: „Wohnt der Betheiligte (Nr 12, 6) weder am Orte noch innerhalb des Bezirkes des Vollstreckungsgerichtes, so kann die Zustellung durch Aufgabe zur Post nach Maßgabe des § 161 Abs. 1 und des § 175 der C.P.O. erfolgen, solange nicht die Bestellung einer daselbst wohnhaften |ProtI 13717 Person | als Prozeßbevollmächtigten oder Zustellungsbevollmächtigten dem Vollstreckungsgerichte angezeigt ist3. Die Postsendung muß mit der Bezeichnung „Einschreiben" versehen werden. In Ansehung des Wohnortes des Betheiligten kommen nur die dem Vollstrekkungsgerichte bekannten Thatsachen in Betracht. Auf die Zustellung an einen Vertreter des Betheiligten finden die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes entsprechende Anwendung." Der Antrag Nr. 1 a wurde zu Gunsten des sich in der Fassung an den § 160 der C.P.O. anschließenden Antrages Nr. 2 Abs. 1 zurückgezogen. Von dem Antrage Nr. 2 wurden der erste Absatz mit Streichung der Worte „nach Maßgabe des § 161 Abs. 1 und des § 175 der C.P.O." und der dritte Absatz angenommen, der zweite Absatz abgelehnt, so daß im dritten Absätze die Bezugnahme auf den zweiten Absatz fortfällt. Erwogen war: Die in dem Entwürfe vorgeschlagene Vereinfachung und Erweiterung der Bestimmungen der C.P.O. §§ 160, 161 sei, wie der Vorgang zahlreicher Gesetze (Mot. S. 20 f.) zeige, durch ein praktisches Bedürfniß geboten. Es dürfe jedoch nicht mit dem Entwürfe bestimmt werden, daß unter den bezeichneten Voraussetzungen die Zustellung durch Aufgabe zur Post erfolge, sondern, in Uebereinstimmung mit der C.P.O., nur, daß die Zustellung in solcher Weise erfolgen könne, um eine formalistische Auslegung der Bestimmung und eine auf Grund einer derartigen Auslegung | Prot I 13718 erfolgende Anfechtung | der Gültigkeit einer nicht durch Aufgabe zur Post erfolgenden Zustellung abzuschneiden. Unter die Voraussetzungen, unter welchen die dem Vollstreckungsgerichte eingeräumte Befugniß der Zustellung durch Aufgabe zur Post in Wegfall komme, gehöre auch der Fall, wenn die Bestellung eines am Orte oder im Bezirke des Vollstreckungsgerichtes wohnenden Zustellungsbevollmächtigten aus den Grundakten von dem Grundbuchamte dem Vollstreckungsgerichte mitgetheilt worden. Dies erhelle aus der beschlossenen Fassung, ohne daß eine besondere Hinweisung auf jenen Fall nöthig wäre. Zur Sicherheit müsse mit dem Entwürfe (Mot. S. 21) für alle Fälle, in welchen in Gemäßheit des § 10 Zustellung durch Aufgabe zur Post erfolge, die Einschreibung der Postsendung vorgeschrieben werden (vergl. C.P.O. § 161 Abs. 2); in der Fassung müsse aber der Um3
Im metallographierten Antrag lautet der Schlußteil: „so lange nicht eine daselbst wohnhafte Person als Prozeßbevollmächtigter oder Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist."
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stand, daß eine wesentliche Vorschrift in Frage stehe, mit den Anträgen Nr. 1, 2 ausgedrückt werden. Im Uebrigen sei nicht erforderlich, durch die Allegirung der Vorschriften im § 161 Abs. 1 und im § 175 der C.P.O. darauf hinzuweisen, daß die in der C.P.O. geregelte „Aufgabe zur Post" gemeint sei und daß auf diese Zustellung, abgesehen von § 161 Abs. 2, die Vorschriften der C.P.O. gelten. Dies verstehe sich nach dem allgemeinen Sprachgebrauche der Gesetze (vergl. auch Konk.O. § 69) von selbst. Dem in dem Antrage Nr. 2 Abs. 2 enthaltenen Vorschlage könne nicht beigetreten werden. Hiernach solle es bei Anwendung der beschlossenen Vorschrift nur darauf ankommen, welcher Wohnort der Betheiligten dem Vollstreckungsgerichte bekannt sei. Ob die Civilprozeßordnung erfordere, daß der Betheiligte | an dem | Prot 113719 Orte, nach welchem die Absendung erfolgt, wirklich wohne, könne dahin gestellt bleiben. Eine Interpretation der Civilprozeßordnung solle nach keiner Seite gegeben werden. Der angenommene dritte Absatz des Antrages Nr. 2 sei nothwendig geworden durch die dem § 7 beigefügte und in dem ersten Absätze beibehaltene Beschränkung auf die Betheiligten. Einverständniß bestand, daß die zum § 10 beschlossene Vorschrift vor dem § 9 einzustellen sei.
814. Sitzung vom 17.10. 1888, Schriftführer: Ege | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrek- |ProtI 13721 kung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Das Ergebniß der Berathungen war: I. Es lag der Antrag vor: v. Mandry Als § 10 a einzufügen: (Nr 14, 3) „Soweit auf Grund landesgesetzlicher Vorschrift die Zwangsversteigerung eines Grundstückes von einer anderen Behörde als dem Vollstreckungsgerichte vorzunehmen ist, kann, wenn die Landesgesetzgebung diese vorschreibt, eine am Sitze oder im Bezirke der Behörde zu bewirkende Zustellung durch eine andere Person als den Gerichtsvollzieher und gegen einfache Empfangsbescheinigung vorgenommen werden." Die Beschlußfassung über den Antrag wurde im Einverständnisse mit dem Antragsteller bis zur Berathung des §175 des Entwurfes verschoben. | II. Der § 11 des Entwurfes lautet: | Prot 1 13722 „Ist der Wohnort eines Betheiligten und, wenn derselbe einen Vertreter hat, ZVG-VE auch der Wohnort des Vertreters unbekannt, oder stellt sich heraus, daß der Bethei- § 11 ligte verstorben ist, so hat das Vollstreckungsgericht dem Betheiligten oder den Erben desselben einen Zustellungsvertreter zu bestellen. Die Bestellung eines Zustellungsvertreters findet auch dann statt, wenn nach einer durch Aufgabe zur Post an den Betheiligten bewirkten Zustellung die Postsendung als unbestellbar zurückkommt. Die zurückgekommene Sendung soll dem Zustellungsvertreter ausgehändigt werden. Solange der Betheiligte oder dessen gesetzlicher Vertreter nicht derart ermittelt ist, daß ihm zugestellt werden kann, erfolgen alle Zustellungen an den Zustellungsvertreter. Die Ermittelung und Benachrichtigung des Betheiligten liegt dem Zustel251
Quellen zur Entstehung des Z V G
lungsvertreter ob. Dieser kann von jenem den Ersatz der baaren Auslagen und eine von dem Gerichte festzusetzende Vergütung für seine Thätigkeit fordern." Kurlbaum Beantragt war, zu bestimmen: (Nr 12, 7) 1. a) „Ist der Wohnort des Betheiligten und, wenn derselbe einen dem Vollstrekkungsgerichte bekannten Vertreter hat, auch der Wohnort des letzteren dem Vollstreckungsgerichte nicht bekannt, so hat das Vollstreckungsgericht dem Betheiligten einen Zustellungsvertreter zu bestellen. Das Gleiche gilt, wenn im Falle der Zustellung durch Aufgabe zur Post die Post|ProtI 13723 Sendung als unbe- | stellbar an das Vollstreckungsgericht zurückkommt und, wenn im Falle des Todes eines Betheiligten der Erbe desselben sowie die Person oder der Wohnort eines Vertreters des Erben dem Vollstreckungsgerichte nicht bekannt ist. Für den Erben des Schuldners darf ein Zustellungsvertreter nur bestellt werden, wenn auch das zuständige Nachlaßgericht dem Vollstreckungsgerichte nicht bekannt ist." b) „An den Zustellungsvertreter1 erfolgen alle Zustellungen, solange der Betheiligte oder ein anderer Vertreter desselben nicht derart ermittelt ist, daß ihm zugestellt werden kann. Stellt die Veranlassung zur Bestellung des Vertreters oder der Tod eines Betheiligten sich erst nach der Anordnung einer Zustellung heraus, so kann diese Zustellung unterbleiben; in diesem Falle sollen jedoch die bei der Zustellung zu übergebenden Schriftstücke dem bestellten Vertreter oder dem bekannt gewordenen Erben übergeben werden2. Dem Zustellungsvertreter liegt die Ermittelung und Benachrichtigung des Betheiligten ob. Er kann von diesem Ersatz der Auslagen und eine von dem Vollstrekkungsgerichte festzusetzende Vergütung für seine Thätigkeit fordern." Hierzu wurde im Laufe der Berathung von anderer Seite beantragt, zu bestimmen: 2. „Stellt sich die Veranlassung zur Bestellung des Vertreters erst nach der Anordnung einer Zustellung heraus, so ist diese Zustellung zu wiederholen, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt." Der Antrag Nr. 1 lit. b Abs. 2 wurde von seinem Urheber vorerst zurückgezogen. | Prot 1 13724
| Nachdem die Berathung der in dem Antrage Nr. 1 lit. a Abs. 2 Satz 2 vorgeschlagenen Bestimmung auf die Berathung des § 12 a (vergl. unten Nr. IV S. 13731) ausgesetzt worden, wurde, unter Ablehnung des Antrages Nr. 2, im Anschlüsse an den Antrag Nr. 1 folgende Bestimmung beschlossen: a) Ist der Wohnort des Betheiligten, und, wenn derselbe einen dem Vollstrekkungsgerichte bekannten Vertreter hat, auch der Wohnort des letzteren dem Vollstreckungsgerichte nicht bekannt, so hat das Vollstreckungsgericht dem Betheiligten einen Zustellungsvertreter zu bestellen. Das Gleiche gilt, wenn im Falle der Zustellung durch Aufgabe zur Post die Postsendung als unbestellbar an das Vollstreckungsgericht zurückkommt und, wenn im Falle des Todes eines Betheiligten der Erbe desselben sowie die Person oder der Wohnort eines Vertreters des Erben dem Vollstreckungsgerichte nicht bekannt ist. 1 2
Im metallographierten Antrag heißt es: „(bestellten) Zustellungsvertreter." Abs. 2 des Antrags Nr. 12, 7 b lautet in der Metallographie: „Stellt die Veranlassung zur Bestellung des Vertreters sich erst nach der Anordnung einer Zustellung heraus, so kann diese Zustellung unterbleiben; in diesem Falle sollen jedoch die bei der Zustellung zu übergebenden Schriftstücke dem bestellten Vertreter übergeben werden."
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Im ersteren Falle soll die als unbestellbar zurückgekommene Postsendung dem Zustellungsvertreter ausgehändigt werden. b) An den Zustellungsvertreter erfolgen alle Zustellungen, solange der Betheiligte oder ein anderer Vertreter desselben nicht derart ermittelt ist, daß ihm zugestellt werden kann. Der Zustellungsvertreter ist zur Ermittelung und Benachrichtigung des Betheiligten verpflichtet. Er kann von diesem eine von dem Vollstreckungsgerichte festzusetzende Vergütung für seine Thätigkeit sowie Ersatz der Auslagen fordern. Erwogen war: Der Entwurf und der Antrag Nr. 1 stimmten darin überein, daß für gewisse Fälle im Interesse der ungehemmten und sicheren Durchführung des Zwangsvoll- | strek- | Prot 1 13725 kungsverfahrens die Zustellung von Verfügungen durch Bestellung eines Zustellungsvertreters für einen Betheiligten erleichtert werden müsse. Im Hinblick auf das preußische Gesetz vom 13. Juli 1883 (§4) und die in Preußen gemachten Erfahrungen müsse dem Entwürfe und dem Antrage beigetreten werden. In Betracht kämen zunächst die anderen Betheiligten außer dem Schuldner. Inwieweit die Bestimmungen auf letzteren beziehungsweise auf dessen Erben Anwendung zu finden hätten, werde sich aus der Beschlußfassung zu dem § 12 a beziehungsweise zu der in dem Antrage Nr. 1 lit. a Abs. 2 Satz 2 vorgeschlagenen Bestimmung ergeben. In der Voraussetzung, daß hiernach für die Zustellung der wichtigsten Beschlüsse an den Schuldner die allgemeinen Vorschriften der Civilprozeßordnung über die Zustellung für anwendbar erklärt würden, erhebe sich gegen die hier zu bestimmende erleichterte Art der Zustellung um so weniger Bedenken. Das Vollstreckungsgericht habe hiernach einen Zustellungsvertreter für den Betheiligten (§ 6), welchem zugestellt werden solle, zu bestellen, wenn der Wohnort desselben und seines dem Vollstreckungsgerichte bekannten Vertreters dem Vollstreckungsgerichte nicht bekannt sei. Hervorzuheben sei mit dem Antrage Nr. 1, daß hierbei Voraussetzung sei nicht das objektive Unbekanntsein des Wohnortes des Betheiligten beziehungsweise der Person und des Wohnortes des Vertreters, sondern lediglich die Nichtkenntniß des Vollstreckungsgerichtes. Nach den Erfahrungen, welche man namentlich in Preußen gemacht habe, müsse man, wenn der Zweck erreicht werden solle, von dem Erfordernisse des objektiven Unbekanntseins absehen. Der Fall, wenn dem Vollstrekkungsgerichte von dem Grundbuchamte Person und Wohnort des Vertreters mitgetheilt | worden (Entw. § 9), brauche nicht besonders hervorgehoben zu werden. | Prot 1 13726 Ein Zustellungsvertreter für den Betheiligten sei ferner zu bestellen, wenn bei Zustellung durch Aufgabe zur Post die Postsendung als unbestellbar an das Vollstreckungsgericht zurückkomme, wenn also dem letzteren die mit dem Vermerk der Unbestellbarkeit versehene Postsendung (C.P.O. § 161) vorgelegt werde. Ob durch die Aufgabe zur Post die Zustellung bereits wirksam ausgeführt sei oder nicht, werde hier nicht bestimmt. Es solle nur einerseits im Interesse des Betheiligten an Stelle der in den meisten Fällen für die Wahrung seiner Rechte bedeutungslosen ferneren Zustellung durch Aufgabe zur Post, andererseits, um das Vollstreckungsgericht der weiteren Nachforschung zu überheben, für die noch nothwendigen Zustellungen ein Vertreter gegeben werden; die Aushändigung der zurückgekommenen Postsendung diene dem Vertreter, namentlich im Falle der bereits wirksam erfolgten Zustellung, für die Ausführung der ihm auferlegten Verpflichtungen. Das Gleiche müsse gelten, wenn im Falle des dem Vollstreckungsgerichte bekannten Todes eines Betheiligten (§ 6, Prot, vom 15. Oktober 1888, S. 13707) der Erbe desselben, sowie die Person oder der Wohnort eines Vertreters des Erben (des 253
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Testamentsvollstreckers, Nachlaßpflegers oder eines anderen Vertreters) dem Vollstreckungsgerichte nicht zur Kenntniß gekommen, ohne Unterschied, ob vor oder nach der Anordnung der Zustellung der T o d des Betheiligten eingetreten oder dem Vollstreckungsgerichte bekannt geworden sei, insbesondere also auch dann, wenn die Postsendung als unbestellbar mit dem Vermerke „Adressat verstorben" zurück| Prot 1 13727 gekommen sei; der Sache nach liege der Fall eben-1 so wie der des ersten Absatzes. Gegen den Antrag 2 komme in Betracht, daß die Wiederholung einer wirksam erfolgten Zustellung in keinem Falle verlangt werden könne. Im Uebrigen aber genüge es, daß keine Bestimmung getroffen werde, welche eine nach anderen Vorschriften nothwendige Zustellung entbehrlich mache. Die Vorschrift in lit. b Abs. 1 gelte für alle in der Bestimmung lit. a getroffenen Fälle. Die Sachgemäßheit der Vorschrift in lit. b Abs. 2 Satz 1 liege auf der Hand (vergl. preuß. Gesetz § 4 Abs. 2), ebenso diejenige des zweiten Satzes. Statt der Auslagen nur die „haaren" Auslagen zu erwähnen, scheine eine Beschränkung zu enthalten, welche nicht gewollt werde. ZVG-VE § 12
III. Der § 12 des Entwurfes lautet: „Ist der Betheiligte geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, ein Vertreter aber, an welchen die Zustellung bewirkt werden könnte, nicht bekannt, so genügt die Zustellung an das Vormundschaftsgericht. Für den unbekannten Vertreter einer Aktiengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft oder einer anderen in ein öffentliches Register eingetragenen Vereinigung erfolgt die Zustellung an die Behörde, von welcher das Register geführt wird; für den unbekannten Vertreter einer nicht registrirten Körperschaft oder einer Stiftung erfolgt sie an die Aufsichtsbehörde. Kann die Zustellung nicht nach Maßgabe des ersten oder des zweiten Absatzes | Prot 1 13728 bewirkt werden, so finden die Vorschriften des $ 11 entspre- | chende Anwendung." Kurlbaum Beantragt war, die Bestimmung des § 12 dahin zu fassen: (Nr 12, 8) „Ist der Betheiligte eine juristische Person oder ein Personenverein, welcher als solcher klagen und verklagt werden kann, und kann die Zustellung an denselben deshalb nicht bewirkt werden, weil ein Vertreter oder Vorsteher nicht bekannt oder nicht aufgefunden ist, so kann die Zustellung, sofern eine Aufsichtsbehörde vorhanden ist, an diese erfolgen. Ist ein anderer Betheiligter nicht prozeßfähig und ein Vertreter desselben oder der Wohnort des Vertreters dem Vollstreckungsgerichte nicht bekannt, so kann die Zustellung an das Vormundschaftsgericht erfolgen. Wird die Zustellung nicht nach den Vorschriften des ersten oder zweiten Absatzes bewirkt, so finden die Vorschriften des § 11 entsprechende Anwendung." Beschlossen wurde, im Anschlüsse an den gestellten Antrag: Ist der Betheiligte eine juristische Person oder ein Personenverein, welcher als solcher klagen und verklagt werden kann, und kann die Zustellung an denselben deshalb nicht bewirkt werden, weil ein Vorsteher oder Vertreter nicht bekannt oder nicht aufgefunden ist, so soll die Zustellung, sofern eine Aufsichtsbehörde vorhanden ist, an diese erfolgen. Ist ein anderer Betheiligter nicht prozeßfähig und der Vertreter desselben oder der Wohnort des Vertreters dem Vollstreckungsgerichte nicht bekannt, so soll die | Prot 1 13729 Zustellung an das Vormund- | schaftsgericht erfolgen. Wird die Zustellung nicht nach den Vorschriften des ersten oder zweiten Absatzes bewirkt, so finden die Vorschriften des § 11 entsprechende Anwendung. 254
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Erwogen war: Dem Entwürfe und dem Antrage müsse darin beigetreten werden, daß für die in denselben bezeichneten Fälle im Interesse der Abschneidung von Verzögerungen der Zwangsvollstreckung eine leichtere Art der Zustellung zugelassen werden müsse (vergl. preuß. Gesetz § 4 Nr. 2). Anlangend den im ersten Absätze des Entwurfes behandelten Fall, so dürfe die Voraussetzung nicht dahin gestellt werden, daß der Betheiligte geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sei, sondern dahin, daß derselbe nicht prozeßfähig sei. Die Fassung des Entwurfes erwecke den Anschein, als ob in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen immer und in allen Beziehungen prozeßunfähig seien. Das Bürgerliche Gesetzbuch kenne aber Personen, welche zwar im Allgemeinen in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, jedoch in Ansehung gewisser Rechtsgeschäfte geschäftsfähig und deshalb insoweit prozeßfähig seien (§ 67). Andererseits komme aber auch die Vorschrift des § 1747 des B.G.B.3 in Betracht, nach welcher die in einem Rechtsstreite von einem Pfleger vertretene prozeßfähige Person für den Rechtsstreit einer Person gleichstehe, die nicht prozeßfähig sei. Diese Vorschrift gelte auch für die Immobiliarexekution. Zu betonen sei ferner, wie zum §11, daß es nur darauf ankomme, ob dem Vollstreckungsgerichte ein Vertreter des nicht prozeßfähigen Betheiligten (im Falle des § 1747 also der Pfleger) oder der Wohnort des Vertreters be- | kannt sei |ProtI 13730 oder nicht, also nicht auf das objektive Unbekanntsein des Vertreters oder seines Wohnortes. In Ansehung der im zweiten Absätze des Entwurfes behandelten Fälle empfehle sich mit dem Antrage, nach dem Vorgange der Civilprozeßordnung § 157 Abs. 2, §19 Abs. 1, die zwei Kategorieen im Allgemeinen zu bezeichnen, auf welche es ankomme, nämlich die juristischen Personen und die Personenvereine, welche als solche klagen und verklagt werden können. Als Voraussetzung sei zu bestimmen, daß die Zustellung nicht bewirkt werden könne, weil ein Vorsteher oder Vertreter nicht bekannt oder nicht aufgefunden sei. Die Adresse bei Zustellungen an juristische Personen oder solche Personenvereine brauche nämlich nicht auf den Namen des Vorstehers oder Vertreters, sondern nur auf den Namen (Firma) der juristischen Person oder des Vereines selbst zu lauten; es genüge jedenfalls, wenn der zustellende Beamte den Vorsteher oder sonstigen Vertreter ermittele. Gelinge dies nicht, so trete die Zustellung an diejenige Behörde ein, welche hierfür zu bestimmen sei. Von der Registerbehörde (Entw. Abs. 2) müsse hierbei abgesehen werden. Sei dieser Behörde die Person, an welche zuzustellen, bekannt, so sei dieselbe bei der Behörde leicht zu erfragen; im Uebrigen aber sei diese Behörde an sich nicht geeignet, die oft in kurzer Zeit nothwendige Ermittelung herbeizuführen und die Verantwortlichkeit der Mittheilung zu tragen. Als diejenige Behörde, welcher allein die Sorge übertragen werden könne, daß der Adressat die Zustellung erhalte, stelle sich vielmehr immer die Aufsichtsbehörde dar. Gemeint sei hiermit selbstverständlich nur eine staatliche Aufsichtsbehörde, nicht etwa auch ein -sich Aufsichtsbehörde nennender- statuta- | risch eingesetzter Aufsichtsrath. | Prot 1 13731 Dem Antrage (Abs. 3) müsse vor dem Entwürfe der Vorzug gegeben werden, da die Unterlassung der möglichen Zustellung an das Vormundschaftsgericht oder an die Aufsichtsbehörde die Gültigkeit der in Gemäßheit des § 11 erfolgten Zustellung nicht beeinträchtigen dürfe. Jedoch müsse mit Rücksicht hierauf im Interesse der Betheiligten die Befolgung der Vorschriften in Abs. 1 und 2 dem Vollstreckungsgerichte in der Weise zur Pflicht gemacht werden, daß der Charakter jener Vorschriften als Ordnungsvorschriften außer Zweifel gestellt werde. 3
Die Regelung des § 1747 E I ist im BGB nicht mehr enthalten. 255
Quellen zur Entstehung des ZVG
Kurlbaum (Nr 12, 9)
IV. Beantragt war, als § 12 a die Bestimmung aufzunehmen: „Die Vorschriften der §§ 9 bis 12 finden in Ansehung des Beschlusses, durch welchen die Zwangsversteigerung angeordnet oder der Beitritt eines Gläubigers zu dem Verfahren zugelassen wird, auf die Zustellung an den Schuldner oder dessen Erben 4 keine Anwendung. Die Vorschriften des § 11 Abs. 4 finden auf die Zustellung des Urtheils über den Zuschlag (im Verfahren der Zwangsversteigerung) keine Anwendung." Die Berathung des zweiten Absatzes blieb bis zur Berathung der Vorschriften, betreffend das Urtheil über den Zuschlag, ausgesetzt. Der erste Absatz des Antrages, sowie der zum § 11 mitgetheilte Antrag Nr. 1 lit. a Abs. 2 Satz 2 (vergl. S. 13723) wurden zusammenberathen. Den Anträgen entsprechend wurde beschlossen: 1. Die Vorschriften der §§9 bis 12 finden in Ansehung des Beschlusses, durch | Prot 1 13732 welchen die Zwangsversteigerung | angeordnet oder der Beitritt eines Gläubigers zu dem Verfahren zugelassen wird, auf die Zustellung an den Schuldner oder dessen Erben keine Anwendung. Für andere Zustellungen darf dem Erben des Schuldners ein Zustellungsvertreter nur bestellt werden, wenn auch das zuständige Nachlaßgericht dem Vollstrekkungsgerichte nicht bekannt ist. 2. In der in der Sitzung vom 15. Oktober 1888 beschlossenen Bestimmung § 6 den zweiten Satz („Die Vorschrift des § 694 der Civilprozeßordnung bleibt unberührt.") zu streichen (vergl. Prot. S. 13705). Man hatte erwogen: Die Sachgemäßheit der dem preußischen Gesetze § 4 Abs. 3 entnommenen Bestimmung Ziff. 1 Abs. 1, nach welcher der Beschluß durch den die Zwangsversteigerung angeordnet oder der Beitritt eines Gläubigers zu dem Verfahren zugelassen werde, dem Schuldner beziehungsweise dem Erben desselben, soweit nach der Lage des Falles die Zustellung an den letzteren erforderlich werde, nach den allgemeinen Vorschriften der Civilprozeßordnung zugestellt werden müsse, sei anzuerkennen. Es handele sich hierbei um die für den Schuldner vor Allem wichtige Einleitung des Verfahrens. Erleide zufolge der Einhaltung der allgemeinen Vorschriften die Zustellung und damit die Einleitung des Versteigerungsverfahrens eine Verzögerung, so könnten die betheiligten Gläubiger ihr Interesse dadurch wahren, daß sie sofort die Anordnung der Zwangsverwaltung durch Uebergabe des Grundstückes an den Verwalter (Entw. § 140) beantragten. Für andere Zustellungen dürfe dem Erben des Schuldners in Gemäßheit der zum § 11 beschlossenen Vorschrift a, Abs. 2 (Prot. S. 13724) ein Zustellungsvertreter nur | Prot 1 13733 bestellt werden, wenn auch das zuständige Nachlaßgericht | nicht bekannt sei. Kenne das Vollstreckungsgericht das zuständige Nachlaßgericht, so habe es dasselbe zuvor um Mittheilung über die Person des Erben oder des Vertreters desselben anzugehen, damit die Vorschrift des § 694 der Civilprozeßordnung in der durch den Artikel 11 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Fassung gewahrt bleibe. Sofern aber auch das Nachlaßgericht dem Vollstreckungsgerichte unbekannt sei, dürfe die Versteigerung nicht aufgehalten werden. Durch die in Gemäßheit des § 12 a und des Antrages zum § 11 Nr. 1, a Abs. 2 Satz 2 beschlossenen Vorschriften sei für den Schuldner in Ansehung der wichtigsten Zustellungsfälle genügend gesorgt. Für die minder wichtigen Zustellungen brauche an der Vorschrift des § 694 der Civilprozeßordnung nicht festgehalten zu 4
Die Worte: „oder dessen Erben" sind im metallographierten Antrag nicht enthalten.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) werden. Deshalb müsse der z u m § 6 (Prot. S. 13705) beschlossene Vorbehalt des § 694 der Civilprozeßordnung gestrichen werden. Für diese minder wichtigen Zustellungen gälten hiernach die Vorschriften der §§ 9 bis 12 in gleicher Weise, wie f ü r die Zustellungen an andere Betheiligte. V. D e r § 13 des Entwurfes lautet: „Entstehen in dem V e r f a h r e n der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung Rechtsstreitigkeiten, welche in einem besonderen Prozesse zu erledigen sind, so erfolgt die Erledigung nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung." D e r § 13 w u r d e gestrichen in der Erwägung: D e r Entwurf reproduzire die durch den A r t i k e l n des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch ( § 7 5 5 C.P.O.) in Wegfall gekommene Bestimmung im § 757 Abs. 3 Satz 1 der Civilproz e ß o r d n u n g . Die A u f n a h m e dieser Bestimmung in die Civilprozeßordnung erkläre sich jedoch | wesentlich daraus, d a ß hinsichtlich der in dem Zwangsvollstreckungsverfahren entstehenden Rechtsstreitigkeiten gegenüber den in Abs. 1 und 2 des § 755 enthaltenen Vorbehalten f ü r die Landesgesetzgebungen die besondere H e r vorhebung empfehlenswerth erschien, f ü r jene Streitigkeiten seien die Vorschriften der Civilprozeßordnung maßgebend. V o n dem Standpunkte des künftigen Reichsgesetzes über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche V e r m ö g e n aus könne ein Zweifel daran, daß solche Rechtsstreitigkeiten, welche in einem besonderen Prozesse zu erledigen seien, nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung erledigt werden müßten, nicht entstehen. Die Civilprozeßordnung enthalte eine ähnliche allgemeine Vorschrift auch nicht in Ansehung der bei der Zwangsvollstreckung in das bewegliche V e r m ö g e n entstehenden Rechtsstreitigkeiten, welche in einem besonderen Prozesse zu erledigen seien.
ZVG-VE § 13
Kurlbaum (Nr 12, 10)
| Prot 1 13734
VI. D e r Entwurf handelt im zweiten Titel des zweiten Abschnittes von der Planck Zwangsversteigerung zunächst unter Ziff. I, §§ 14 bis 23 von der Einleitung des (Nr 15,1) Verfahrens. Es lag der Antrag vor, den Bestimmungen des Entwurfes folgende Bestimmung voranzuschicken: „Die Zwangsversteigerung soll nur angeordnet werden, w e n n die Voraussetzungen vorliegen, von welchen (nach §§ 671 —673 C.P.O.) die Zulässigkeit des Beginnes der Zwangsvollstreckung abhängig ist. Soweit jedoch nach §§ 671, 672 Abs. 2 der Civilprozeßordnung die daselbst bezeichneten U r k u n d e n erst gleichzeitig mit dem Beginne der Zwangsvollstreckung zugestellt zu werden brauchen, genügt es, w e n n diese U r - 1 künden mit dem Antrage auf A n o r d n u n g der Zwangsversteigerung | Prot 1 13735 dem Vollstreckungsgerichte behufs Zustellung derselben an den Schuldner überreicht werden. Das Vollstreckungsgericht hat, w e n n es die Zwangsvollstreckung anordnet, die gleichzeitige Zustellung dieses Beschlusses und der bezeichneten U r k u n d e bewirken zu lassen." H i e r z u w a r beantragt 1. die vorgeschlagene Bestimmung in folgender Fassung zu beschließen: v. Schmitt „Die Zwangsversteigerung darf n u r angeordnet werden, w e n n die nach den (Nr 17, 1) §§671, 672 der Civilprozeßordnung erforderlichen Zustellungen bereits erfolgt sind." 2. an passender Stelle (etwa als neuen ersten Absatz des § 20) die Vorschrift auf- v. Schmitt zunehmen: (Nr 17, 2) „ D e r Beschluß, durch welchen die Zwangsversteigerung angeordnet wird (Be257
Quellen zur Entstehung des ZVG
ginn der Zwangsvollstreckung) soll erst nach der Eintragung desselben in das Grundbuch dem Schuldner zugestellt werden." Diesem Antrage war folgende Bemerkung beigefügt: „Der Vorschlag beabsichtigt, die Zulassung der sogen, „gleichzeitigen Zustellung" nach den §§671, 672 der Civilprozeßordnung für die Immobiliar-Exekution auszuschließen, sowie den zweifelhaften Begriff „Beginn der Zwangsvollstreckung" ausdrücklich festzustellen. Hiernach wären die erstgedachten Zustellungen niemals mit der Zustellung des Zwangsversteigerungsbeschlusses zu verbinden und die letztere soll, analog den | Prot 1 13736 Vorschriften über die | Forderungspfändung (C.P.O. § 730 Abs. 2), an den Schuldner erst erfolgen, wenn gebucht ist, um thunlichst zu hindern, daß der Schuldner Kenntniß von der Grundstücksbeschlagnahme vor der Vernachrichtung des Buchamtes erhält und das Grundstück noch veräußert. Gedanke der bayer. Subhastations-Ordnung Artikel 26, 34, 7." Die Kommission lehnte den ursprünglichen Antrag und den Antrag Nr. 1 ab. Die Berathung des Antrages Nr. 2 blieb bis zur Berathung des § 20 des Entwurfes ausgesetzt. Maßgebend war die Erwägung: Nach den bisherigen Beschlüssen stelle das künftige Reichsgesetz über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen nur eine Ergänzung der Civilprozeßordnung dar. Die allgemeinen Vorschriften der letzteren, zumal über die Zwangsvollstreckung, finden auch auf die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen Anwendung, also auch die Vorschriften der §§ 671 bis 673 der Civilprozeßordnung. Der Beginn der Zwangsvollstreckung in dem Verfahren der Versteigerung welches hier zunächst in Frage stehe, hänge also von der Erfüllung der in den §§ 671 bis 673 aufgestellten Erfordernissen ab. Es frage sich, ob im Hinblick auf diese Bestimmungen eine im Entwürfe nicht enthaltene Vorschrift erforderlich oder angemessen sei, welche klarstelle, wann die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen durch Zwangsversteigerung beginne, welcher Akt derjenige sei, vor oder mit welchem die bezeichneten Erfordernisse erfüllt werden müssen. Diese Frage müsse, gegen beide Anträge, verneint werden. |ProtI 13737
| Zwei Momente des Verfahrens können als Beginn der Zwangsvollstreckung in Betracht kommen, die Anordnung der Versteigerung und die Zustellung des Beschlusses an den Schuldner. In den Motiven des Entwurfs S. 33 werde in Uebereinstimmung mit einer Ausführung in den Motiven des preußischen Gesetzes angenommen, der Beginn der Zwangsvollstreckung liege in der Zustellung des Beschlusses an den Schuldner, weil erst mit dieser eine Wirkung gegen den Schuldner eintrete. In dem preußischen Gesetze selbst habe jedoch diese Meinung keinen Ausdruck gefunden. Das bayerische Gesetz wie das sächsische Gesetz hätten sich dagegen ausdrücklich für die entgegengesetzte Meinung entschieden. Die Frage sei jedenfalls nicht auf die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen beschränkt; sie sei vielmehr bei jeder von dem Gerichte anzuordnenden Vollstreckung zu stellen und für alle Fälle gleichmäßig zu beantworten. Das Reichsgericht (Entsch. in C.S. Bd. 12 S. 379) habe sich in Ansehung der Zwangsvollstreckung in Forderungen in Uebereinstimmung mit dem bayerischen und dem sächsischen Gesetze ausgesprochen und diese Meinung verdiene auch den Vorzug. Werde diese Meinung gebilligt, so sei weiter zu entscheiden, ob in der besonderen Natur der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, insbesondere in der Lage des Gläubigers, ein Grund liege, etwas Abweichendes zu bestimmen. Durch den zuerst gestellten An258
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
trag solle dem Gläubiger die Möglichkeit gegeben werden, die Zustellung des vollstreckbaren Schuldtitels und der zugehörigen in den §§671, 672 der (Zivilprozeßordnung bezeichneten Urkunden bis zur Zustellung des Beschlusses, durch welchen die Verstei- | gerung angeordnet worden, aufzuschieben, um einem etwaigen Ver- | Prot 1 13738 suche des Schuldners, durch Veräußerung des Grundstückes die Versteigerung zu vereiteln, vorzubeugen. Ein besonderes Bedürfniß hierzu sei aber nicht anzuerkennen, zumal in den wichtigen Fällen der Hypotheken- oder Grundschuldklage der Schuldner bereits durch den Prozeß in Kenntniß gesetzt sei, daß gerade das Grundstück Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein werde. Es sei vielmehr nicht unerwünscht, gerade bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen die Zustellung des vollstreckbaren Titels und die Anordnung des Verfahrens zeitlich aus einander fallen zu lassen, zumal in Rücksicht auf die außer dem Urtheile möglichen Titel. Den Gefahren, welche sich aus der Möglichkeit ergäben, daß ein neuer Eigenthümer eingeschoben werde, gegen welchen wegen des öffentlichen Glaubens des Grundbuches der vollstreckbare Titel versage, müsse auf andere Weise entgegengetreten werden. Es bestehe hierfür schon jetzt die Möglichkeit des Veräußerungsverbotes durch einstweilige Verfügung. Hiernach bleibe nur die Frage, ob die Vorschriften der §§671, 672 der Civilprozeßordnung für das Verfahren der Zwangsversteigerung einer ausdrücklichen Bestätigung in der Art bedürfen, daß die Erfüllung der gegebenen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vor der Anordnung des Verfahrens vorgeschrieben werde. Die zur Unterstützung des Antrages 1 gemachte Ausführung, daß jene Vorschriften eine allgemeine Anwendbarkeit überhaupt nicht beanspruchen können, weil schon bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen die Zustellung des vollstreckbaren Titels nicht gleich-1 zeitig mit dem Pfändungsbeschlusse des Gerichtes erfolgen kön- | Prot 1 13739 ne, verdiene keine Billigung; es sei nur anzuerkennen, daß die Zulassung der ersten bei dem Beginne der Zwangsvollstreckung erfolgenden Zustellung bei einer durch das Gericht anzuordnenden Vollstreckung keine Bedeutung habe. Hiernach würde die Annahme des Antrages 1 nur eine Bestätigung der Vorschriften der Civilprozeßordnung sein. Diese aber könne sich nicht empfehlen, weil sie geeignet sei, den nicht mitzuentscheidenden Fall der Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Rechte zu verdunkeln.
815. Sitzung vom 19.10. 1888, Schriftführer: Struckmann | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrek- |ProtI 13741 kung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. I. Die §§14 und 15 des Entwurfes lauten: § 14. „Der Antrag auf Zwangsversteigerung eines Grundstückes hat zu enthal- ZVG-VE ten: § 14 1. die Bezeichnung des Gläubigers und des Schuldners; 2. die Bezeichnung des Anspruches und des vollstreckbaren Schuldtitels, unter Angabe des Betrages, welcher im Wege der Zwangsversteigerung beigetrieben werden soll; 3. die Bezeichnung des Grundstückes nach Maßgabe des Grundbuches." 259
Quellen zur Entstehung des Z V G
§ 15. „Dem Antrage auf Zwangsversteigerung sind beizulegen:
ZVG-VE
§15
| Prot I 13742
11. die vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels; 2. ein Zeugniß des Grundbuchamtes darüber, wer als Eigenthümer des Grundstückes eingetragen ist; 3. wenn nicht der Schuldner als Eigenthümer eingetragen ist, Urkunden, durch welche glaubhaft gemacht wird, daß ihm das Eigenthum an dem Grundstücke zusteht; 4. wenn das Grundstück zur Besteuerung veranlagt ist, ein neuester Auszug aus dem Steuerbuche, soweit ein solcher nach Lage des Buches ertheilt werden kann. Im Falle der Nr. 3 ist der Gläubiger berechtigt, an Stelle des Schuldners sich die zur Glaubhaftmachung des Eigenthumes desselben erforderlichen Urkunden von Gerichten und Notaren ertheilen zu lassen". Dazu lagen folgende Anträge vor:
Plank (Nr 15, 1)
1. A. den § 14 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: a) „Die Zwangsversteigerung soll nur angeordnet werden, wenn der Schuldner als Eigenthümer des Grundstücks im Grundbuche eingetragen oder Erbe des eingetragenen Eigenthümers ist."1 eventuell hinzuzusetzen: „Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn das Grundstück im Grundbuche nicht eingetragen ist." b) „Der Antrag auf Zwangsversteigerung soll die Bezeichnung des Gläubigers, des Schuldners, des Grundstücks, des Anspruchs, wegen dessen versteigert werden soll, und des für den Anspruch vorhandenen vollstreckbaren Schuldtitels enthalten." B. zu §15: | a) der Nr. 1 folgenden Zusatz zu geben: „und die sonstigen behufs Nachweises der Zulässigkeit des Beginns der Zwangsvollstreckung nach §§ 671 —673 C.P.O. 2 etwa erforderlichen Urkunden." b) die Nr. 3 dahin zu fassen: „wenn nicht der Schuldner als Eigenthümer eingetragen ist, Urkunden, durch welche glaubhaft gemacht wird, daß er Erbe des eingetragenen Eigenthümers ist." eventuell (d. h. im Falle der Annahme des eventuellen Antrages unter 1 A a) hinzuzusetzen: „und, wenn das Grundstück im Grundbuche nicht eingetragen ist, Urkunden, durch welche glaubhaft gemacht wird, daß der Schuldner Eigenthümer des Grundstücks ist." 2. an Stelle der §§14 und 15 zu beschließen: a) „Die Zwangsversteigerung soll nur angeordnet werden, wenn der Schuldner als Eigenthümer des Grundstückes in das Grundbuch eingetragen oder Erbe des eingetragenen Eigenthümers ist (oder: wenn bei einem in das Grundbuch nicht eingetragenen Grundstücke durch Vorlegung von Urkunden glaubhaft gemacht wird, daß der Schuldner Eigenthümer des Grundstückes ist)." (NB. Der eingeklammerte Schlußsatz wird mit anderen Vorschriften über die Zwangsversteigerung nicht eingetragener Grundstücke zu verbinden sein.) „Der Gläubiger kann die Mittheilung der zum Nachweise der Erbfolge (des
| Prot I 13743 Planck (Nr 15, 2) Planck (Nr 15, 2) Planck (Nr 15, 2)
Kurlbaum (Nr 16, 1)
Nach dem metallographierten Antrag war eventuell beantragt, der Bestimmung hinzuzusetzen: „Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn das Grundstück im Grundbuche nicht eingetragen ist." 2 Im metallographierten Antrag folgt hier noch: „und § 14 a Satz 2". 1
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Eigenthumes) des Schuldners erforderlichen Urkunden von Behörden und Beamten, mit Einschluß der Notare, insoweit verlangen, als der Schuldner hierzu befugt ist." | b) „Mit dem Antrage auf Anordnung der Zwangsversteigerung soll, wenn das Grundstück zu einer von demselben zu entrichtenden Steuer veranlagt ist, ein Auszug aus dem Steuerbuche und, wenn das Grundstück im Grundbuche (nicht eingetragen oder) nicht nach dem Flurbuche bezeichnet ist, ein Auszug aus dem Flurbuche vorgelegt werden." 3. für den Fall, daß die Zwangsvollstreckung in das nicht eingetragene Grundstück berührt werden soll, zu bestimmen: a) im Abs. 1 des Antrags unter 2 a: „.. . . oder wenn bei einem in das Grundbuch nicht eingetragenen Grundstücke durch Vorlegung von Urkunden glaubhaft gemacht wird, daß der Schuldner Besitzer des Grundstückes ist," eventuell: „daß der Schuldner Eigenthümer und Besitzer des Grundstückes ist." (Anm.: „Besitz" im Sinne des § 797 des B.G.B.; beabsichtigt wird Schutz des das Grundstück besitzenden Dritten — NichtSchuldner —; vergl. einerseits § 709 der C.P.O., andererseits § 190 des preuß. Gesetzes vom 13. Juli 1883.) b) an Stelle der Schlußworte des Antrages unter 2 b : „ . . . . u n d , wenn das Grundstück im Grundbuche nicht eingetragen ist, ein Auszug aus dem Flurbuche vorgelegt werden." Wird die Zwangsvollstreckung in das nicht eingetragene Grundstück nicht berührt, so wird beantragt, die Vorlegung des Auszuges aus dem Flurbuche überhaupt nicht anzuordnen, also zu fassen: „ . . . . ein Auszug aus dem Steuerbuche vorgelegt werden." Man verständigte sich zunächst dahin, die Berathung | und die Beschlußfassung zu den §§ 14, 15 des Entwurfes und den gestellten Anträgen auf den Fall zu beschränken, wenn das Grundstück, dessen Versteigerung angeordnet werden soll, in das Grundbuch eingetragen ist, die Berathung und Entscheidung der durch die Anträge angeregten Frage dagegen, ob und inwieweit es für den Fall, wenn nach erfolgter Anlegung des Grundbuchs das Grundstück in das Grundbuch nicht eingetragen ist (vergl. Art. 108 des Entwurfes des Einführungsgesetzes zum B.G.B.3; §§ 11, 12, 17 des Entwurfes einer Gr.B.O.), in den hier fraglichen Beziehungen besonderer Vorschriften bedürfe, bis zur Berathung des § 179 des Entwurfes auszusetzen und alsdann im Zusammenhange zu prüfen, ob und inwieweit auch noch in anderen Richtungen besondere Vorschriften über die Zwangsversteigerung nicht eingetragener Grundstücke erforderlich seien. In der Beschränkung auf den bezeichneten Fall wurde die Aufnahme folgender Vorschriften beschlossen: § a (Antrag 1A, a; Antrag 2 a). Die Zwangsversteigerung soll nur angeordnet werden, wenn der Schuldner als Eigenthümer des Grundstückes in das Grundbuch eingetragen oder Erbe des eingetragenen Eigenthümers ist. §b(§ 14 des Entw.). Der Antrag auf Zwangsversteigerung soll die Bezeichnung des Gläubigers und des Schuldners, die Bezeichnung des Anspruches, wegen dessen versteigert werden 3 Vgl. Art. 186 EGBGB.
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|ProtI 13744
v. Mandry (Nr 20)
| Prot 1 13745
Quellen zur Entstehung des Z V G
soll, und des vollstreckbaren Schuldtitels sowie die Bezeichnung des Grundstücks nach der im Grundbuche enthaltenen Bezeichnung oder nach dem Grundbuchblatte enthalten. | Prot 1 13746
§ c (§ 15 des Entw.). Dem Antrage auf Zwangsversteigerung sollen | beigelegt werden: 1. die vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels und die sonstigen zum Nachweise der Zulässigkeit des Beginnes der Zwangsvollstreckung nach den §§ 671 bis 673 der Civilprozeßordnung erforderlichen Urkunden; 2. ein Zeugniß des Grundbuchamtes darüber, wer als Eigenthümer des Grundstücks eingetragen ist, und, wenn nicht der Schuldner als Eigenthümer eingetragen ist, Urkunden, durch welche glaubhaft gemacht wird, daß der Schuldner Erbe des eingetragenen Eigenthümers ist. Wird das Grundbuch von dem Vollstreckungsgerichte geführt, so genügt an Stelle des im ersten Absätze unter Nr. 2 bezeichneten Zeugnisses die Bezugnahme auf das Grundbuch. Soll die Zwangsversteigerung gegen den Erben des eingetragenen Eigenthümers beantragt werden, so kann der Gläubiger die Mittheilung der zum Nachweise der Erbfolge erforderlichen Urkunden von Behörden und Beamten, mit Einschluß der Notare, insoweit verlangen, als der Erbe hierzu befugt ist. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß dem Antrage ein Auszug aus einem Steuerbuch beigelegt werden soll. Die Fassung der beschlossenen Vorschriften blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten: Die Beschlüsse beruhten auf folgenden Erwägungen:
1. zu § a. Die Regel, daß die Zwangsversteigerung nur angeordnet werden solle, wenn der Schuldner als Eigenthümer des Grundstücks in das Grundbuch eingetra| Prot 1 13747 gen sei, stehe im Einklänge mit dem Grundsatze, daß nur | der eingetragene Eigenthümer über das Grundstück verfügen und daß insbesondere auch die Eintragung einer Zwangs- oder Arresthypothek an dem Grundstücke des Schuldners nur erwirkt werden könne, nachdem der letztere als Eigenthümer des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen sei (vergl. §§ 828, 1130, 1132 des Entw. des B.G.B.; § 4 5 des Entw. einer Gr.B.O.). Weiter komme in Betracht, daß nach dem § 826 des Entw. des B.G.B, der als Eigenthümer Eingetragene die Vermuthung des Eigenthumes für sich habe. Mit dieser durch die Eintragung begründeten Position sei es nicht vereinbar, den Eingetragenen lediglich auf Grund der Vorlegung von Urkunden, durch welche dem Vollstreckungsgerichte glaubhaft gemacht werde, daß dem Schuldner das Eigenthum an dem Grundstücke zustehe, in die ungünstige Lage zu versetzen, nach Maßgabe des § 690 der C.P.O. im Wege der Klage gegen die Anordnung der Zwangsversteigerung Widerspruch erheben zu müssen. Auf der anderen Seite sei nicht zu besorgen, daß aus der beschlossenen Vorschrift erhebliche Schwierigkeiten für den Gläubiger, welcher die Zwangversteigerung des Grundstücks herbeiführen wolle, entstehen würden. Sei der Schuldner in Wirklichkeit der Eigenthümer des Grundstücks, so könne der persönliche Gläubiger nach Maßgabe der §§ 45, 47 des Entw. einer Gr.B.O. die Eintragung des Eigenthumes des Schuldners erwirken. Der Gläubiger aber, welchem eine Hypothek oder eine Grundschuld an dem Grundstücke zustehe, sei kraft seines dinglichen Anspruches in der Lage, gegen den als Eigenthümer Eingetragenen auf Duldung der Zwangsversteigerung des Grundstücks Klage erheben zu können (§§ 1075, 1108, 1125, 1136 des Entw. des B.G.B.). 262
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Der abweichende Standpunkt des preuß. Rechts (Gesetz vom 13. Juli 1883 § 14 Nr. 3), welchem der Entw. | § 15 Nr. 3 gefolgt sei, stehe im Zusammenhange mit |ProtI 13748 dem besonderen Umstände, daß bei Einführung der neuen preuß. Grundbuchgesetzgebung solche damals vorhandene Bücher für Grundbücher erklärt seien, in welchen nicht selten in Folge unterlassener Besitztitelberichtigung noch der frühere, nicht der gegenwärtige wahre Eigenthümer als Eigenthümer eingetragen gewesen sei. Diese besondere Rücksicht komme für die Reichsgesetzgebung nicht in Betracht. Vom Standpunkte der letzteren aus, welche die Regelung des Uebergangsstadiums in Ansehung des Grundbuches den Landesgesetzgebungen überlasse, sei es richtiger, die vorgängige Berichtigung des Grundbuches zu verlangen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatze müsse jedoch im Anschlüsse an die Vorschrift des § 869 des Entw. des B.G.B, für den Fall gemacht werden, wenn der Schuldner Erbe des eingetragenen Eigenthümers sei. Ein Bedürfniß, eine weitere Ausnahme etwa für den Fall zuzulassen, wenn die Versteigerung eines zu dem Gesammtgute der ehelichen oder der fortgesetzten Gütergemeinschaft gehörenden Grundstücks beantragt werde (vergl. §§ 1343, 1397, 1417, 1431 des Entw. des B.G.B.), liege nicht vor. Um in einem solchen Falle die Versteigerung gegen den Ehemann bezw. gegen den überlebenden Ehegatten zu erwirken (vergl. § 1360, § 1399 Abs. 2, § 1424 Abs. 1, § 1431 des Entw. des B.G.B.), genüge es aber, wenn die eheliche Gütergemeinschaft bezw. die fortgesetzte Gütergemeinschaft in das Grundbuch eingetragen sei. Es bleibe vorbehalten, auf gegebene Anregung darauf zurückzukommen, ob dies gegenüber der beschlossenen Vorschrift mit Rücksicht darauf eines besonderen Ausdrucks bedürfe, daß nach dem Entw. des B.G.B, im Falle der ehelichen oder der fortgesetzten Gütergemeinschaft bei der Zwangs- | voll- |ProtI 13749 Streckung gegen das Gesammtgut formell lediglich der Ehemann bezw. der überlebende Ehegatte der Schuldner im Sinne der Zwangsvollstreckung sei. Ob und inwieweit auf dem Gebiete der durch das Einführungsgesetz zum B.G.B, den Landesgesetzen vorbehaltenen Materien, insbesondere dem Gebiete des Agrarrechts, des Enteignungsrechts und des Bergrechts, Abweichungen von dem beschlossenen Grundsatze durch die besonderen Verhältnisse geboten seien, komme im Hinblick auf den im § 176 des Entw. vorgeschlagenen generellen Vorbehalt für die Landesgesetze von dem Standpunkte der Reichsgesetzgebung aus nicht in Frage. 2. zu § b. Es sei zwar anzuerkennen, daß die Aufnahme der Vorschriften des § b über den formellen Inhalt des Versteigerungsantrags nicht unbedingt erforderlich sein möge und für den Standpunkt des Antrags unter 2, welcher von solchen besonderen Vorschriften gänzlich absehen und es in dieser Hinsicht lediglich bei den aus den Vorschriften der C.P.O. sich ergebenden allgemeinen Bestimmungen bewenden laßen wolle, geltend gemacht werden könne, daß das Gesetz über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen sich lediglich als eine Ergänzung der C.P.O. darstelle, welcher jenes Gesetz sich thunlichst anzuschließen habe, daß aber die C.P.O. auch in anderen Fällen, in welchen die Anordnung von Vollstreckungshandlungen dem Vollstreckungsgerichte zugewiesen sei, namentlich bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte, besondere Vorschriften über den Inhalt des Vollstreckungsgesuchs nicht aufgestellt habe. Gleichwohl sei es nach dem Vorgange der meisten neueren Landesgesetze (vergl. die Motive S. 31) sowohl im Interesse der Deutlichkeit und der leichteren praktischen Handhabung | des Gesetzes als von dem Standpunkte des Interesses des | Prot 1 13750 Schuldners aus im Hinblick auf die große Wichtigkeit der hier in Rede stehenden Vollstreckungsmaßregel angemessener, die Zulässigkeit der Anordnung der 263
Quellen zur Entstehung des 2 V G
Zwangsversteigerung an die im § b bezeichneten formellen Voraussetzungen zu knüpfen. Von selbst verstehe es sich, daß daneben die materiellen Voraussetzungen der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung überhaupt oder durch Versteigerung des Grundstücks vorliegen müßten. Der § b bezwecke nicht, die Voraussetzungen des Antrages auf Zwangsversteigerung erschöpfend zu bestimmen, sondern habe nur die Bedeutung, daß die im § b bezeichneten Erfordernisse unter allen Umständen vorliegen müßten, widrigenfalls der Antrag zurückzuweisen sei. Um dem Mißverständnisse entgegenzutreten, als ob der § b beabsichtige, die Voraussetzungen des Antrages auf Zwangsversteigerung vollständig zu bestimmen, sei es rathsam, die einzelnen dort bestimmten Erfordernisse des Antrages nicht unter N u m m e r n aufzuführen. Außerdem empfehle es sich, durch den Ausdruck „soll" klar zu stellen, daß es sich hier nur um die Aufstellung formeller Voraussetzungen des Antrags in dem bezeichneten Sinne handele und zugleich jeden Zweifel darüber auszuschließen, daß, wenn trotz des Fehlens der einen oder anderen dieser Voraussetzungen der Antrag nicht zurückgewiesen worden sei, das darauf folgende Verfahren nicht nichtig sei. Anlangend die einzelnen Erfordernisse, so verdiene auch in dieser Hinsicht der Standpunkt des Entwurfes im Allgemeinen Billigung; doch könne neben der Bezeichnung des Anspruches, wegen dessen versteigert werden solle, die spezielle An| Prot 1 13751 gäbe des Betrages, welcher im Wege der Zwangsversteigerung | beigetrieben werden solle, nicht als erforderlich erachtet werden. Soweit der Antrag in dieser Hinsicht eine Beschränkung nicht ergebe, verstehe es sich von selbst, daß der Antrag den ganzen Betrag des Anspruchs umfasse. Wegen der Bezeichnung des Grundstücks schließe der § b sich passend an den § 25 des Entw. einer Gr.B.O. an. 3. Zu § c. Aehnliche Erwägungen, wie diejenigen, auf welchen die Aufnahme des § b beruhe, ließen es angemessen erscheinen, die Vorschriften des § c Abs. 1 in das Gesetz aufzunehmen. Die Bestimmung der Nr. 1, daß außer der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels die sonstigen zum Nachweise der Zulässigkeit des Beginnes der Zwangsvollstreckung nach den §§ 671 bis 673 der C.P.O. erforderlichen Urkunden dem Antrage auf Zwangsversteigerung beigelegt werden sollen, entspreche dem in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüsse über den Zeitpunkt des Beginnes der Zwangsversteigerung, Prot. S. 13736 ff. Der Hinweis darauf, daß auch die Beifügung jener Urkunden erforderlich sei, erscheine zweckmäßig. Die Vorschrift unter Nr. 2, welche an die Stelle der Nr. 2, 3 des § 15 des Entwurfes trete, stehe mit dem beschlossenen § a im Einklänge. Reichsgesetzlich eine dem § 15 Abs. 1 Nr. 4 des Entwurfes entsprechende Vorschrift aufzunehmen (vgl. auch Antrag unter 2 b), sei im Hinblick auf die in Ansehung der Besteuerung und der Steuerbücher in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden verschiedenen Einrichtungen nicht rathsam. Auf der anderen Seite empfehle es sich jedoch, in dieser Hinseht den Landesgesetzen Raum zu lassen. Die Vorlegung des Auszuges aus einem Steuerbuche gebe Kaufliebhabern einigen Anhalt, | P r o t I 13752 von vornherein einen Werthsüberschlag zu machen und könne viel- | leicht für die von dem Bieter zu leistende Kaution von praktischer Bedeutung sein, um eine Grundlage f ü r die Bemessung der Sicherheit zu gewinnen, wenn die Sicherheitsleistung mit gewissen, dem Bieter an dem Grundstücke zustehenden Hypotheken zugelassen werde. Die Vorschrift des § c Abs. 2, welche dem preußischen Gesetze vom 13. Juli 1883 § 14 Abs. 2 nachgebildet sei, gewähre dem Gläubiger eine angemessene Erleichterung und schütze gegen einen übertriebenen Formalismus. 264
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889)
Mit dem Antrage unter 2 b für den Fall, wenn das Grundstück im Grundbuche nicht nach dem Flurbuche bezeichnet sei (vgl. §§ 7, 9 des Entw. einer Gr.B.O.), die Vorlegung eines Auszuges aus dem Flurbuche vorzuschreiben, sei durch die besonderen Zwecke der Zwangsversteigerung nicht geboten. Um die Identität des Grundstückes festzustellen, müsse wie bei Eintragungen in das Grundbuch so auch hier die aus dem Grundbuche sich ergebende Bezeichnung des Grundstückes genügen. Auf die seltenen Fälle, in welchen ein nicht nach dem Flurbuche bezeichnetes Grundstück später nicht aufgefunden werden könne und deshalb die Versteigerung für den Ersteher zu einem praktischen Resultate nicht führe, brauche hier ebensowenig, wie dies bei der Vorschrift des § 9 des Entw. einer Gr.B.O. geschehen sei, besondere Rücksicht genommen zu werden. Der Vorschlag sei auch um deswillen nicht unbedenklich, weil die Herbeischaffung eines Auszuges aus dem Flurbuche unter Umständen den Beginn der Zwangsversteigerung erheblich verzögern könne. Die an das preußische Gesetz vom 13. Juli 1883 § 14 Abs. 3 unter Berücksichtigung des beschlossenen § a sich anschließende Vorschrift des § c Abs. 3 könne, wenn man bloß den persönlichen, die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubiger ins Auge fasse, im Hinblick auf die §§ 45, 47 des Entw. einer Gr.B.O. für entbehrlich erachtet werden. Dage- | gen werden durch diese Vorschriften nicht auch der |ProtI 13753 Fall gedeckt, wenn der Gläubiger auf Grund eines bereits eingetragenen Rechtes die Zwangsversteigerung des Grundstückes betreiben wolle. Die Berathung wandte sich sodann II. dem Antrage zu, als § 15 a folgende Vorschriften aufzunehmen: Rüger „Durch Landesgesetz kann dem Gläubiger (und demjenigen, welcher dem Ver- (Nr 19,1) fahren beitritt,) die Verpflichtung zur Zahlung eines Gebühren- und Auslagenvorschusses auferlegt werden. In Ansehung des Armenrechtes finden die Vorschriften der Civilprozeßordnung und des Gerichtskostengesetzes entsprechende Anwendung. Die Thätigkeit des Vollstreckungsgerichtes darf, soweit nicht dieses Gesetz ein Anderes bestimmt, von der Sicherstellung oder Zahlung der Gebühren oder Auslagen in einem weiteren Umfange, als die Civilprozeßordnung und das Gerichtskostengesetz in Ansehung der Betheiligten im Civilprozeß gestatten, nicht abhängig gemacht werden." Der Antrag wurde abgelehnt. Die Gründe des Beschlusses waren: Der Antrag betreffe ausschließlich solche Fragen, welche mit dem Kostenwesen im engsten Zusammenhange ständen (vergleiche Gerichtskostengesetz vom 18. Juni 1878 §§ 3, 84, 85). Der Antrag beruhe auf der Voraussetzung, daß die Vorschriften über die Erhebung der Gebühren und Auslagen der Gerichte im Zwangsversteigerungsverfahren durch die Landesgesetzgebung getroffen werden würden, und bezwecke, der letzteren in dieser Hin- | sieht durch die Reichsgesetzgebung die im |ProtI 13754 Abs. 1 bezeichnete Befugniß zu sichern beziehungsweise gewisse Schranken zu ziehen. Dem Antrage werde von selbst der Boden entzogen, wenn man, wie von verschiedenen Seiten betont worden sei, davon auszugehen habe, daß ein besonderes Reichsgesetz über die im Zwangsversteigerungsverfahren zu erhebenden Gebühren und Auslagen ergehen werde. Es sei jedoch nicht die Aufgabe der Kommission, zu der Frage, ob das Kostenwesen im Wege der Reichsgesetzgebung oder der Landesgesetzgebung zu regeln sein werde, Stellung zu nehmen und sich darüber auszusprechen. Dieser Gesichtspunkt müsse dahin führen, das Eingehen auf den Antrag abzulehnen. 265
Quellen zur Entstehung des Z V G
817. Sitzung vom 22.10.1888, Schriftführer! Struckmann 1 | Prot 1 13759
| Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt.
Rüger (Nr 19, 3)
I. Es lag der Antrag vor: „Vor der Berathung der §§ 24 ff. die §§41, 42, 44, 50, 51, 91 bis 98 des Entwurfes zu berathen." Der Antrag fand nicht die Zustimmung der Kommission. Man erachtete es für angemessen, im Anschlüsse an die von der Kommission in ähnlich liegenden Fällen bisher befolge Praxis die einzelnen Vorschriften in der Reihenfolge des Entwurfs zu berathen.
II. Einvernehmen herrschte, daß in Folge der in der Sitzung vom 20. d. M. 1 beschlossenen Erweiterung der Vorschrift des § 45 des Entwurfes einer GrundbuchOrdnung verbunden mit § 47 das. der dritte Absatz des in der Sitzung vom 19. d. M. | Prot 1 13760 beschlossenen § c (§15 Abs. 2 des | Entw.) entbehrlich geworden und deshalb zu streichen sei (vergl. Prot. S. 13746, 13757). ZVG-VE III. Die Berathung wandte sich sodann dem § 16 des Entwurfes zu, welcher lau§ 16 tet: „Nach Anordnung der Zwangsversteigerung kann ein Jeder, welcher einen Titel zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück hat, dem Verfahren beitreten. Für den Beitritt gelten die Vorschriften der §§14, 15 mit der Maßgabe, daß die Beilagen des Antrages durch Bezugnahme auf die Vollstreckungsakten ersetzt werden können. Derjenige, dessen Beitritt zugelassen ist, hat dieselben Rechte wie wenn die Zwangsversteigerung auf seinen Antrag angeordnet worden wäre." Dazu lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum (Nr 16, 2)
1. den § 16 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: „Die Zwangsversteigerung erfolgt, wenn sie von verschiedenen Gläubigern oder wegen verschiedener Ansprüche beantragt ist, in einem und demselben Verfahren. Auf einen nach der Anordnung und vor der Erledigung des Verfahrens gestellten Antrag erfolgt an Stelle der Anordnung die Zulassung des Beitrittes des Gläubigers zu dem Verfahren. Die Vorschriften der §§ 14, 152 finden entsprechende Anwendung. Der Gläubiger, dessen Beitritt pp. (wie im Entw.)." v. Schmitt 2. den § 16 des Entwurfes (Antrag 1), unter nachträglicher Numerirung des be(Nr 24, 1) schlossenen § 14 und unter Abstrich der auf den Beitritt bezüglichen Vorschriften der §§19 Abs. 1,21 Abs. 2 Satz 2, 23 Abs. 1 hinter § 23 zu versetzen und, wie folgt, zu fassen:
| Prot 1 13761
| »Die Zwangsversteigerung erfolgt, wenn sie von verschiedenen Gläubigern oder wegen verschiedener Ansprüche beantragt ist, in einem und demselben Verfahren. Auf einen nach der Anordnung und vor der Erledigung des Verfahrens gestellten Antrag erfolgt an Stelle der Anordnung die Zulassung des Beitritts des Gläubi1
2
D a s Protokoll der Sitzung vom 20. 10. 1888 ist in Band Sachenrecht III: Grundbuchordnung, S. 271 ff., abgedruckt. Im metallographierten Antrag ist nur § 14 genannt.
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gers zu dem Verfahren. Der Gläubiger, dessen Beitritt zugelassen ist, hat dieselben Rechte wie wenn die Zwangsversteigerung auf seinen Antrag zugelassen wäre; diese Rechte erlöschen nicht dadurch, daß der Gläubiger, welcher die Zwangsversteigerung beantragt hat, den Antrag zurücknimmt. Auf den Beitritt finden die Vorschriften des § 14 Nr. 2, des § 15 Nr. 1, des § 19 Abs. 1, (des § 20) Anwendung. Die Zulassung des Beitritts gilt als bekannt, sobald der Antrag gestellt ist." Die Berathung des § 16 und der dazu gestellten Anträge führte zu folgenden Ergebnissen : 1. Der $ 1 6 wurde in folgender Fassung, Redaktion vorbehalten, angenommen: Die Zwangsversteigerung erfolgt, wenn sie von verschiedenen Gläubigern oder wegen verschiedener Ansprüche beantragt ist, in einem und demselben Verfahren. Auf einen nach der Anordnung der Zwangsversteigerung und vor der Erledigung des Verfahrens gestellten Antrag erfolgt an Stelle der Anordnung der Zwangsversteigerung die Zulassung des Beitrittes des Gläubigers zu dem Verfahren. Befinden die dem Antrage beizulegenden Urkunden sich bei den Vollstrekkungsakten, so genügt die Bezugnahme auf dieselben. | Der Gläubiger, dessen Beitritt zugelassen ist, hat dieselben Rechte, wie wenn |ProtI 13762 die Zwangsversteigerung auf seinen Antrag angeordnet worden wäre. 2. Durch den vorstehenden Beschluß unter 1 galt der Antrag, den beschlossenen § 14 des Entwurfes (§ b der in der Sitzung vom 19. d. M. gefaßten Beschlüsse, Prot. S. 13745, 13750) nachträglich zu numeriren (Antrag 2 im Eingange), als erledigt. 3. Die Entscheidung über die Stellung der unter 1 angenommenen Vorschrift (Antrag 2 im Eingange) blieb späterer Beschlußfassung vorbehalten, ebenso die Entscheidung über den damit im Zusammenhange stehenden Antrag, die auf den Beitritt bezüglichen Vorschriften des § 19 Abs. 1, des § 21 Abs. 2 Satz 2 und des § 23 Abs. 1 des Entwurfes zu streichen und auf den Beitritt die Vorschriften des § 19 Abs. 1 (des § 20) für anwendbar zu erklären (vergl. Antrag 2 im Eingange und Abs. 4 Satz 1). Ferner wurde die Berathung der in dem Antrage 2 Abs. 3 Satz 2 am Schlüsse („diese Rechte u.s.w.") und Abs. 4 Satz 2 vorgeschlagenen Bestimmungen bis zur Berathung des § 23 bezw. des § 21 des Entwurfes ausgesetzt, vorbehaltlich der Beschlußfassung darüber, ob die bezeichneten Bestimmungen demnächst mit der oben unter 1 beschlossenen Vorschrift zu verbinden seien. Anlangend den ersten Absatz der unter 1 beschlossenen Vorschrift, so erachtete man es, namentlich mit Rücksicht auf solche Gebiete, welchen ein auf den Grundlagen des Entwurfes beruhendes Zwangsversteigerungsverfahren gegenwärtig fremd sei, für angemessen, klar zum Ausdrucke zu bringen, daß in den im Abs. 1 bezeichneten Fällen stets nur ein einziges Verfahren stattfinde und ein getrenntes Verfahren auch dann | nicht zulässig sei, wenn dies etwa im Interesse des einen oder ande- | Prot 1 13763 ren Gläubigers liegen und beantragt sein sollte. Zugleich schließe die Vorschrift des Abs. 1 den Gedanken in sich, daß, wenn zur Zeit der Anordnung der Zwangsversteigerung die Anträge verschiedener Gläubiger vorlägen, das Vollstreckungsgericht auf dieselben ohne Rücksicht auf die Zeit des Einganges durch eine einheitliche Verfügung die Zwangsversteigerung anzuordnen, keiner der Gläubiger in dieser Hinsicht einen Vorzug vor dem anderen habe. Durch die Fassung des Abs. 2 Satz 1 der unter 1 beschlossenen Vorschrift werde klar gestellt, daß ein nach der Anordnung der Zwangsversteigerung und vor der Erledigung des Verfahrens gestellter Antrag sich, auch wenn er in der Form des Bei267
Quellen zur Entstehung des Z V G
tritts gestellt sein sollte, als ein Antrag auf Zwangsversteigerung darstelle und allen Voraussetzungen des letzteren entsprechen müsse. D a s Besondere dieses Falles bestehe nur darin, daß die Anordnung der Zwangsversteigerung in diesem Falle in der Form der Zulassung des Beitritts des Gläubigers zu dem Verfahren erfolge. Die beschlossene Fassung mache eine Verweisung auf die Vorschriften der §§14, 15 des Entwurfes entbehrlich; die letzteren fänden nicht entsprechende, sondern direkte Anwendung. U m jedoch Mißverständnissen zu begegnen und einem unnöthigen Formalismus entgegenzutreten, sei es angemessen, dem ersten Satze des Abs. 2 die Vorschrift des zweiten Satzes hinzuzufügen. Inwieweit die Bezugnahme auf die bei den Vollstreckungsakten sich befindenden Urkunden, insbesondere auch die Bezugnahme auf das bei jenen Akten sich befindende Zeugniß des Grundbuchamtes |ProtI 13764 über den in das Grundbuch | eingetragenen Eigenthümer des Grundstückes, genüge, richte sich nach der Lage des einzelnen Falles. Namentlich im Falle eines nach der Beschlagnahme erfolgten Eigenthumswechsels (vergl. § 22 des Entw.) könne, wenn der Beitritt nach dem letzteren erfolge, die Beilegung eines neuen Zeugnisses des Grundbuchamtes erforderlich sein. Die Einschaltung der Worte „und vor der Erledigung des Verfahrens" nach Maßgabe der Anträge unter 1 und 2 erachtete die Mehrheit im Interesse der Korrektheit der Vorschrift für angemessen. Abs. 3 in der Fassung des Antrags 1 wurde von keiner Seite bekämpft. v. Schmitt (Nr 24, 2)
| Prot 1 13765
IV. Es war der Antrag gestellt: hinter den § 16 folgende weitere Vorschrift einzustellen: „Beantragt ein Gläubiger die Ausdehnung der angeordneten Zwangsversteigerung auf weitere Grundstücke desselben Schuldners, so kann die Zwangsvollstrekkung in diese weiteren Grundstücke von dem Vollstreckungsgerichte mit dem bereits eingeleiteten Verfahren verbunden werden." (Zu 2 vergl. Art. 44 bayr. Subh. Ordn.) Der Antrag fand in folgender Ausdehnung die Billigung der Kommission: Wird nach der Anordnung der Zwangsversteigerung die Zwangsversteigerung desselben Grundstückes und die Zwangsversteigerung eines anderen Grundstückes beantragt, welches entweder demselben Schuldner gehört oder mit dem ersteren Grundstücke kraft einer und derselben Reallast, Hypothek oder Grundschuld dem Antragsteller haftet, so kann auf Antrag die Verbindung des Verfahrens von dem Vollstreckungsgerichte angeordnet werden. Erwogen w a r : Die Zulässigkeit der Verbindung des Verfahrens in den bezeichneten Fällen könne als selbstverständlich nicht angesehen werden, da mit einer solchen Verbindung in der Regel eine gewisse Verzögerung des bereits eingeleiteten Verfahrens verbunden sein werde, die Verbindung mithin in den Fortgang jenes Verfahrens zum Nachtheile des Gläubigers, auf dessen Antrag die Zwangsversteigerung bereits angeordnet sei, eingreife. Ueberwiegende Zweckmäßigkeitsgründe sprächen indessen dafür, die Möglichkeit der Verbindung zuzulassen. Insbesondere in solchen Gebieten, in welchen der Grundbesitz stark zersplittert sei, sei die Zulassung einer solchen Verbindung im Interesse der Kostenersparung und zur Vermeidung der sonst für den beitretenden Gläubiger entstehenden Weiterungen durch ein dringendes praktisches Bedürfniß geboten. Einer Beeinträchtigung der Rechte desjenigen Gläubigers, zu dessen Gunsten die Zwangsversteigerung bereits angeordnet sei, werde zur Genüge dadurch vorgebeugt, daß der beitretende Gläubiger kein Recht auf die 268
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Verbindung des Verfahrens habe, sondern die Zulassung derselben von dem Ermessen des Vollstreckungsgerichts abhängig gemacht sei. Der Ausdruck „kann" weise mit genügender Deutlichkeit darauf hin, daß das Vollstreckungsgericht dem Antrage nur dann stattzugeben habe, wenn dies nach Lage der Sache dem allseitigen Interesse entspreche. Der in der bayr. Subhastationsordnung Art. 44 sich findende Zusatz „soweit dies ohne wesentliche Beeinträchtigung der Betheiligten möglich ist" sei daher entbehr-1 lieh und wegen seiner Unbestimmtheit besser zu vermeiden. | Prot 1 13766 Der Antrag berücksichtige nicht den wichtigen Fall, wenn das Grundstück auf welches die Zwangsversteigerung ausgedehnt werden solle, nicht demselben Schuldner gehöre, aber mit demjenigen Grundstücke, dessen Versteigerung bereits angeordnet sei, kraft einer und derselben Reallast, Hypothek oder Grundschuld dem Antragsteller hafte. Auch in einem solchen Falle müsse die Verbindung des Verfahrens gestattet werden, um dem Gläubiger zu ermöglichen, der Natur seines Rechtes entsprechend, die mehreren ihm ungetheilt haftenden Grundstücke als ein Ganzes zum Verkaufe zu bringen. Auf demselben Gesichtspunkte beruhe die zu § 5 des Entwurfes beschlossene Vorschrift, daß, wenn die Zwangsversteigerung mehrerer in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte belegener Grundstücke wegen eines und desselben Anspruches beantragt werde und entweder die Grundstücke demselben Schuldner gehören oder der Anspruch in einer und derselben Reallast, Hypothek oder Grundschuld sich gründe, eines dieser Gerichte durch das zunächst höhere Gericht auf Antrag zum Vollstreckungsgerichte bestellt werden könne (vergl. Prot. S. 13699). Aus der zuletzt bezeichneten Vorschrift ergebe sich übrigens von selbst, daß, wenn in dem hier in Rede stehenden Falle die angeordnete Zwangsvollstreckung auf ein in dem Bezirke eines anderen Amtsgerichts belegenes Grundstück ausgedehnt werden solle, eine Verbindung des Verfahrens von dem Vollstreckungsgerichte nur dann angeordnet werden könne, wenn das letztere nach Maßgabe der zum § 5 des Entwurfes beschlossenen Vorschriften auch in Ansehung jenes Grundstückes zum Vollstreckungsgerichte bestellt worden sei. | Anlangend den Fall, wenn von vornherein die Zwangsversteigerung von ver- |ProtI 13767 schiedenen Gläubigern beantragt sei und der Antrag des einen Gläubigers sich außer auf die in dem Antrage des anderen Gläubigers bezeichneten Grundstücke noch auf weitere Grundstücke erstrecke, so brauche dieser Fall durch eine besondere Bestimmung nicht gedeckt zu werden. Es könne nicht zweifelhaft sein, daß in einem solchen Falle die Zwangsversteigerung in einem und demselben Verfahren erfolge. Dieser Fall stehe dem Falle ganz gleich, wenn die Zwangsversteigerung mehrerer Grundstücke auf Antrag eines Gläubigers angeordnet sei und später in Ansehung eines dieser Grundstücke ein anderer Gläubiger seinen Beitritt erkläre. V. Der § 17 des Entwurfes lautet: ZVG-VE „Das Gericht hat, wenn es die Zwangsversteigerung anordnet, zugleich das § 17 Grundbuchamt um Eintragung dieser Anordnung in das Grundbuch zu ersuchen. Das Grundbuchamt hat, nachdem die Anordnung der Zwangsversteigerung eingetragen ist, dem Gerichte eine beglaubigte Abschrift des Grundbuchblattes oder der das Grundstück betreffenden Eintragungen und, wenn bei einer Eintragung auf eine in den Anlagen des Grundbuches (Grundbuchordnung § 13) befindliche Urkunde Bezug genommen ist, auch dieser Urkunde oder des die Eintragung betreffenden Theiles derselben mitzutheilen und darüber Nachricht zu geben, ob und welche Vertreter der eingetragenen Berechtigten zur Empfangnahme von Zustellungen zu den Akten des Grundbuchamtes angezeigt sind | und was aus diesen Ak- | Prot 1 13768 269
Quellen zur Entstehung des ZVG ten über Wohnort und Wohnung der eingetragenen Berechtigten und deren Vertreter bekannt ist." Dazu lag der Antrag vor: den § 17 Abs. 2 dahin zu fassen: Kurlbaum Abschrift des Grundbuchblattes und, wenn bei einer Eintragung auf eine (Nr 16, 3) Urkunde Bezug genommen ist, auch dieser Urkunde (oder des in Bezug genommenen Theiles derselben) mitzutheilen und Nachricht darüber zu geben, ob und welche Zustellungsvbevollmächtigte von den eingetragenen Berechtigten bei dem Grundbuchamte bestellt sind und was dem Grundbuchamte über . . . . bekannt ist." Der § 17 wurde mit den in dem Antrage vorgeschlagenen Fassungsänderungen, jedoch unter Weglassung der eingeklammerten Worte des Antrages, angenommen. Man hielt es für selbstverständlich, daß, wenn mehrere Grundstücke ein gemeinschaftliches Grundbuchblatt hätten (vergl. §§ 6, 8 des Entw. einer G.B.O.), die beglaubigte Abschrift des gemeinschaftlichen Grundbuchblattes nur die das zur Versteigerung stehende Grundstück betreffende Eintragungen zu umfassen habe. Ebenso sei es selbstverständlich, daß, wenn bei einer Eintragung nur auf einen Theil einer Urkunde Bezug genommen sei, die beglaubigte Abschrift der Urkunde sich nur auf den in Bezug genommenen Theil derselben zu beschränken habe. Sei dagegen bei der Eintragung auf die ganze Urkunde Bezug genommen, so sei es bedenklich, dem Grundbuchamte zu überlassen, die Abschrift auf einen Theil der Urkunde zu beschränken. ZVG-VE S 18 I Prot I 13769
VI. Zu dem § 18 des Entwurfes, welcher lautet:
| „Ergiebt sich aus den Mittheilungen des Grundbuchamtes ein Umstand, welcher, wenn er vor der Anordnung der Zwangsversteigerung bekannt gewesen wäre, diese Anordnung gehindert haben würde, so hat das Gericht je nach der Beschaffenheit des Falles entweder das Verfahren sofort aufzuheben oder dem Gläubiger eine Frist zum Nachweise der Hebung des Hindernisses zu bestimmen; nach Ablauf der Frist wird das Verfahren vom Amtswegen aufgehoben, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses nachgewiesen ist." Kurlbaum war der Antrag gestellt, den zweiten Halbsatz, wie folgt, zu fassen: (Nr 16, 4) „Nach Ablauf der Frist ist das Verfahren von Amtswegen aufzuheben, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses von dem Antragsteller nachgewiesen ist." Der § 18 erfuhr sachlich keinen Widerspruch. Man verkannte nicht, daß die Vorschrift, hingesehen auf den § 701 und den § 540 Abs. 4 der C.P.O., einen positiven Charakter an sich trage, erachtete jedoch die Aufnahme derselben aus den in den Motiven S. 38 ff. dargelegten Gründen legislativ für gerechtfertigt. Anlangend die Fassung, so verständigte man sich dahin, den § 18, wie folgt, zu fassen: Ergiebt sich aus den Mittheilungen des Grundbuchamtes eine Thatsache, welche, wenn sie vor der Anordnung der Zwangsversteigerung bekannt gewesen wäre, diese Anordnung gehindert haben würde, so hat das Gericht nach den Umständen | Prot 1 13770 des Falles entweder das | Verfahren sofort aufzuheben oder dem Gläubiger eine Frist zum Nachweise der Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Nach Ablauf der Frist ist das Verfahren von Amtswegen aufzuheben, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses von dem Gläubiger nachgewiesen ist. Durch die am Schlüsse eingeschobenen Worte „von dem Gläubiger" soll klar ge270
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889)
stellt werden, daß in dem bezeichneten Falle das eingestellte Verfahren nur dann seinen Fortgang nehme, wenn die Anregung dazu von dem betreffenden Gläubiger ausgehe. Sei der Nachweis von einem Anderen erbracht, so könne der Gläubiger selbstverständlich sich darauf beziehen. VII. Der § 19 des Entwurfes lautet: „In dem Beschlüsse, durch welchen die Zwangsversteigerung angeordnet oder der Beitritt zugelassen wird, ist die Beschlagnahme des Grundstückes zu Gunsten des Gläubigers auszusprechen. Die Beschlagnahme erstreckt sich auf die nach dem § 1067 des Bürgerlichen Gesetzbuches dem Hypothekengläubiger haftenden Gegenstände mit Ausschluß der unter Nr. 4 daselbst bezeichneten Forderungen, sowie der landwirthschaftlichen Erzeugnisse, soweit dieselben nicht Zubehör des Grundstückes sind, und der Forderung aus der Versicherung dieser Erzeugnisse. Thatsächliche und rechtliche Verfügungen des Schuldners, welche zu der demselben verblei- | benden Benutzung und Verwaltung des Grundstückes und der mithaftenden Gegenstände gehören, werden durch die Beschlagnahme nicht beschränkt." Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. den § 19 zu fassen: Abs. 1:„Der Beschluß, durch welchen . . . . der Beitritt eines Gläubigers . . . wird, gilt als Beschlagnahme des Grundstückes zu Gunsten des Gläubigers. Die Beschlagnähme soll in dem Beschlüsse ausgesprochen werden." Abs. 2: „ .... Forderungen, auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und die für dieselben zu zahlenden Versicherungsgelder nur bei der Versteigerung eines Landgutes oder mehrerer zum Betriebe der Landwirthschaft verbundener Grundstücke und nur insoweit, als die Erzeugnisse zur Fortführung der W i r t s c h a f t bis zu der Zeit erforderlich sind, in welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden." Abs. 3: „Die Befugniß des Schuldners zu tatsächlichen und rechtlichen Verfügungen, welche zu der ihm verbleibenden . . . . gehören, wird durch die Beschlagnahme nicht beschränkt." 2. a) Absatz 2 zu fassen: „Die Beschlagnahme des Grundstückes erstreckt sich auch auf diejenigen bewegliehen Sachen und diejenigen Forderungen, welche im Falle eines an dem Grundstücke bestehen-1 den Pfandrechtes kraft desselben dem Gläubiger mithaften, jedoch mit Ausschluß der Forderungen, welche im § 1067 des B.G.B, unter Nr. 4 bezeichnet sind, sowie mit Ausschluß der landwirthschaftlichen Erzeugnisse und der aus der Versicherung derselben hervorgehenden Forderungen, soweit nicht die landwirthschaftlichen Erzeugnisse nach Maßgabe der in Nr. 2 des § 791 des B.G.B, enthaltenen Vorschrift Zubehör des Grundstückes sind."
ZVG-VE § 19
| Prot I 13771
Kurlbaum (Nr 16, 5)
v. Mandry (Nr 25,1) | Prot 1 13772
v. Mandry b) Absatz 3 durch folgende Vorschrift zu ersetzen 3 : „Gehört zu den beweglichen Sachen, auf welche sich die Beschlagnahme er- (Nr 27) streckt, ein zur Benutzung des Grundstückes dienendes Inventar, so ist der Beschlagnahme unerachtet der Schuldner berechtigt, über einzelne Stücke des Inventars innerhalb der Grenzen wirtschaftlicher Benutzung des Grundstückes zu verfügen. Die Vorschriften des § 1000 Satz 2 und 3 des B.G.B, finden entsprechende Anwendung." 3
Zunächst hatte v. Mandry beantragt, den Abs. 3 zu streichen (Antrag Nr. 25, 2).
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Quellen zur Entstehung des ZVG
3. a) im § 19 den Abs. 3 zu streichen. b) als § 20 a zu bestimmen: „Zu thatsächlichen Verfügungen über das Grundstück und die mithaftenden Gegenstände ist der Schuldner nach bewirkter Beschlagnahme (nur) insoweit befugt, als durch die Verfügungen die dem Gläubiger aus der Beschlagnahme erwachsenden Rechte nicht beeinträchtigt werden." Planck c) im Anschlüsse an eine in den § 21 aufzunehmende Vorschrift des Inhaltes:
Gebhard (Nr 28, 1 - 2 )
(Nr 23) | Prot I 13773
| „Die Beschlagnahme hat die Wirkung eines zum Schutze des Interesses desjenigen Gläubigers, auf dessen Antrag die Beschlagnahme erfolgt, erlassenen richterlichen Veräußerungsverbotes (§ 107 Abs. 1 des B.G.B.4)." Gebhard zu beschließen: (Nr 28, 2) „Die Berechtigung des Schuldners zu Verfügungen, welche zu der demselben verbleibenden Benutzung und Verwaltung des Grundstückes und der mithaftenden Gegenstände gehören, wird durch die Beschlagnahme nicht beschränkt." Die Berathung des § 19 und der dazu gestellten Anträge führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Abs. 1 des § 19 wurde nach Maßgabe des Antrags unter 1 angenommen. Man erachtete es für näher liegend und zweckmäßiger, nach Analogie des Konkurseröffnungsbeschlusses (vergl. §§ 5, 100, 102 der Konk.O.) dem Beschlüsse, durch welchen die Zwangsversteigerung angeordnet werde, kraft Gesetzes zugleich die Eigenschaft eines die Beschlagnahme aussprechenden Beschlusses beizulegen, so daß jener Beschluß diesen Beschluß von selbst in sich schließe, und nur als Ordnungsvorschrift zu bestimmen, daß in dem Beschlüsse, durch welchen die Zwangsversteigerung angeordnet werde, die Beschlagnahme ausdrücklich ausgesprochen werden solle. Von praktischer Bedeutung sei diese Art der Regelung für den Fall, wenn der ausdrückliche Ausspruch der Beschlagnahme aus Versehen unterblieben sein sollte. Der Standpunkt des Entwurfes, daß die Beschlagnahme nur zu Gunsten des betreibenden Gläubigers erfolge, wurde von keiner Seite beanstandet.
| Prot 1 13774
| 2. Abs. 2 des § 19 wurde, Redaktion vorbehalten, sachlich in folgender Fassung gebilligt: Die Beschlagnahme des Grundstückes erstreckt sich auch auf diejenigen beweglichen Sachen und diejenigen Forderungen, welche im Falle eines an dem Grundstücke bestehenden Pfandrechtes kraft desselben dem Gläubiger mithaften, jedoch mit Ausschluß der im § 1067 Nr. 4 des B.G.B, bezeichneten Forderungen, auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und die für dieselben zu zahlenden Versicherungsgelder nur bei der Versteigerung eines Landgutes oder mehrerer zum Betriebe der Landwirtschaft verbundener Grundstücke und nur insoweit, als die Erzeugnisse zur Fortführung der W i r t s c h a f t bis zu der Zeit erforderlich sind, in welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden. Erwogen war: Wenn man mit dem Entwürfe und dem Antrage 2 die landwirthschaftlichen Erzeugnisse eines Landguts nur insoweit der Beschlagnahme unterwerfe, als sie nach der Verkehrssitte als Zubehör des Landgutes anzusehen seien (§ 791 Nr. 2 des Entw. des B.G.B, verb. mit § 789 Abs. 1), so würden diese Erzeugnisse da, wo die Verkehrssitte entgegenstehe, dem Zugriffe des Hypothekengläubigers entzogen werden, obgleich sie ihm kraft der Hypothek mithaften (§ 1067 Nr. 2 des Entw. des •Vgl. SS 135f. BGB.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3 . 1889)
B.G.B.). Wolle man den Gläubiger auf die Zwangsverwaltung verweisen, welche allerdings alle Früchte ergreife, so stehe zunächst entgegen, daß der Verwalter zu der unwirthschaftlichen Veräußerung der zur Fortsetzung der Wirth-1 schaft nöthigen | Prot 1 13775 Erzeugnisse nicht ermächtigt erscheine. Wenn man aber den Verwalter dazu besonders ermächtigen wolle, so würde es der wirthschaftlichen Bedeutung der Erzeugnisse, welche nur insoweit, als sie nicht zur Fortsetzung der Wirthschaft erforderlich seien, als Reinerträge angesehen werden könnten, nicht entsprechen, den Erlös nur auf die Bezahlung der laufenden Zinsen und ähnlicher Leistungen und dann mit Uebergehung anderer vorgehender Rechte zur Befriedigung des betreibenden Gläubigers zu verwenden, wie es nach dem Entw. § 143 geschehen müßte. Der Erlös würde auch in diesem Falle, wenn nicht berechtigte Interessen verletzt werden sollten, wie der Erlös des Grundstückes selbst zu behandeln sein. Gründe praktischer Zweckmäßigkeit drängten dazu, dieses Resultat auf dem in dem Antrage 1 eingeschlagenen Wege anzustreben dadurch, daß die Beschlagnahme auf die Erzeugnisse in dem bezeichneten Umfange unbedingt, auch wenn sie nicht Zubehör seien, ausgedehnt würde und so die Erzeugnisse mit dem Grundstücke zur Versteigerung gebracht würden. Der Ersteher des Grundstückes bedürfe regelmäßig der zur Fortsetzung der Wirthschaft erforderlichen Vorräthe. Dieselben mit zu versteigern, entspreche deshalb dem Interesse des Erstehers und sei geeignet, die Erzielung eines angemessenen Preises zu fördern. Während es aber bei vertragsmäßiger Veräußerung in der Hand der Vertragschließenden liege, in Ansehung der erforderlichen Vorräthe etwas von der Verkehrssitte Abweichendes zu bestimmen oder die Verkehrssitte festzustellen, würde in Ermangelung der gesetzlichen Bestimmung bei der Zwangsversteigerung | die dem Interesse des Gläubigers schädliche, vielleicht | Prot 1 13776 unsichere Verkehrssitte allein maßgebend bleiben. Bei einzelnen, einen zusammenhängenden landwirtschaftlichen Betrieb nicht gestattenden Grundstücke fände die Vorschrift ihrer Natur nach keinen Platz. Daß aber der Versteigerung eines Landgutes in der hier fraglichen Hinsicht die Versteigerung mehrerer zum Betriebe der Landwirthschaft verbundener Grundstücke gleichgestellt werde, rechtfertige sich durch die gleiche Lage der Verhältnisse und entspreche dem § 547 des Entw. des B.G.B.5. Anlangend die Fassung, so hielt man es im Interesse der Verdeutlichung des Sinnes für angemessen, nach dem Vorschlage des Antrags unter 2 a insoweit an die zum § 1 Abs. 2 des Entwurfes beschlossene Vorschrift (Prot. S. 13664) sich anzuschließen. Einvernehmen bestand, daß die Anwendung der Vorschrift des Abs. 2 dadurch nicht ausgeschlossen werde, daß die dort bezeichneten Gegenstände vor der Beschlagnahme im Wege der Mobiliarexekution gepfändet seien. Durch die Beschlagnahme werde die Fortsetzung der Mobiliarexekution gehindert. Eine später zu entscheidende Frage sei es, ob und inwieweit durch die vor der Beschlagnahme bewirkte Pfändung für den betreffenden Gläubiger ein Vorrecht vor dem die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubiger begründet sei. 3. Die Beschlußfassung über den dritten Absatz des § 19 und der dazu gestellten Anträge wurde bis zur nächsten Sitzung vertagt.
5
Vgl. § 593 BGB. 273
Quellen zur Entstehung des ZVG
818. Sitzung vom 24. 10.1888, Schriftführer: Struckmann | Prot 1 13779
v. Mandry (Nr 30)
| Prot I 13780
Kurlbaum (Nr 31,2)
Johow (Nr 32, 1)
| Prot 1 13781 Johow (Nr 32, 2)
Planck (Nr 33)
| Die Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. I. Zu dem § 19 Abs. 3 des Entw., dessen Berathung in der vorigen Sitzung abgebrochen wurde, waren außer den Prot. S. 13771 ff. unter 1 bis 3 mitgetheilten Anträgen inzwischen noch folgende Anträge eingebracht: 4. unter Zurückziehung des Antrages 2 b, Prot. S. 13772, a) der als erster Absatz des § 21 des Entw. vorgeschlagenen, Prot. S. 13773 unter 3 c mitgetheilten Vorschrift den zweiten Satz beizufügen: „Auch darf der Schuldner thatsächliche Verfügungen über die mit Beschlag belegten Gegenstände nicht treffen, welche die Versteigerung derselben ganz oder theilweise unmöglich ma- | chen oder den Versteigerungserlös zu mindern geeignet sind." b) als zweiten Absatz beizufügen: „In Ansehung derjenigen rechtlichen und thatsächlichen Verfügungen, welche der Nießbraucher vorzunehmen befugt wäre, wenn an dem mit Beschlag belegten Grundstücke ein Nießbrauch bestehen würde, wird der Schuldner durch die Beschlagnahme nicht beschränkt." eventuell „ . . . . welche innerhalb der Grenzen der wirthschaftlichen Benutzung des Grundstückes liegen, wird der Schuldner durch die Beschlagnahme nicht beschränkt." 5. den § 19 Abs. 3 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: „Der Schuldner ist nach bewirkter Beschlagnahme zu thatsächlichen Verfügungen über das Grundstück und die in Beschlag genommenen beweglichen Sachen nur innerhalb der Grenzen ordnungsmäßiger Wirtschaftsführung befugt. Der Schuldner ist ungeachtet der Beschlagnahme des Zubehörs berechtigt, innerhalb der Grenzen ordnungsmäßiger Wirtschaftsführung ohne Minderung des wirthschaftlichen Bestandes einzelne Zubehörstücke zu veräußern." (Die Stellung der Vorschriften bleibt vorbehalten.) 6. a) den § 19 Abs. 3 dahin zu fassen: „Dem Schuldner verbleiben (Besitz) Benutzung und Verwaltung des Grundstükkes und der übrigen Gegenstände, auf welche die Beschlagnahme sich erstreckt." (Anm. In Ansehung der thatsächlichen Dispositionen des Schuldners soll im Hinblick auf Str.G.B. § 137 und B.G.B. §§ 704ff. sowie auf den | vorliegenden Entw. §§ 135 ff. nichts Besonderes bestimmt werden.) b) im § 21 in passender Weise als Modifikation des § 107 Abs. 1 B.G.B.1 einzufügen: „Verfügungen des Schuldners, welche zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Grundstückes und der übrigen der Beschlagnahme unterliegenden Gegenstände gehören, werden durch die Beschlagnahme nicht beschränkt." 7. unter Streichung des § 19 Abs. 3 a) hinter § 20 folgende Bestimmung als § 20 a aufzunehmen: „Der Schuldner bleibt auch nach der Beschlagnahme berechtigt, das Grundstück und die mit in Beschlag genommenen Sachen zu nutzen, jedoch nur innerhalb der i V g l . §S 135 ff. BGB.
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Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft. Zu tatsächlichen Verfügungen, welche die ordnungsmäßige Nutzung nicht mit sich bringt, ist er nach der Beschlagnahme nicht mehr berechtigt. b) dem ersten Absatz des § 21 in der Prot. S. 13773 unter 3 c mitgetheilten Fassung folgenden Satz hinzuzufügen: „Das Recht des Schuldners zu solchen Veräußerungen der neben dem Grundstücke in Beschlag genommenen beweglichen Sachen, welche die ihm verbleibende ordnungsmäßige Nutzung mit sich bringt, wird durch die Beschlagnahme nicht beschränkt." Die Berathung wurde zunächst auf die Frange beschränkt, ob und welche Vorschriften über den Einfluß der Beschlagnahme auf die Befugniß des Schuldners zu thatsächlichen Verfügungen über das Grundstück und die in Beschlag genommenen beweglichen Sachen aufgenommen werden sollen. Die Berathung der Einwirkung der Beschlagnahme | auf die rechtliche Verfügungsgewalt des Schuldners wurde bis | Prot I 13782 zur Berathung des § 21 des Entw. ausgesetzt. In Ansehung der thatsächlichen Verfügungsgewalt fand folgende Vorschrift, Redaktion und Stellung vorbehalten, die Zustimmung der Kommission: Der Schuldner ist nach bewirkter Beschlagnahme zu thatsächlichen Verfügungen über das Grundstück und die in Beschlag genommenen beweglichen Sachen nur innerhalb der Grenzen ordnungsmäßiger Nutzung und Wirtschaftsführung befugt." Durch den vorstehenden Beschluß galten § 19 Abs. 3 des Entw. und die dazu gestellten Anträge, soweit die Vorschläge sich auf thatsächliche Verfügungen des Schuldners beziehen, als erledigt. Der prinzipale Antrag unter 4 b war im Laufe der Berathung zurückgezogen. Erwogen war: Der Zweck der Beschlagnahme bringe es mit sich, daß der Schuldner, welchem, wie in Ermangelung einer entgegenstehenden Vorschrift sich von selbst verstehe, bei der Zwangsversteigerung — im Gegensatze zur Zwangsverwaltung (§ 139 des Entw.) — der Besitz des Grundstücks und der in Beschlag genommenen beweglichen Sachen nebst dem Rechte der Nutzung und der Fortführung der Wirthschaft verbleibe, wie in der rechtlichen, so auch in der thatsächlichen Verfügungsgewalt über die beschlagnahmten Sachen beschränkt werden müsse. Nach dem Vorgange des preuß. Gesetzes vom 13. Juli 1883 § 16 (vergl. auch bayr. Subh.O. Art. 33, 46) sich mit der allgemeinen Hinweisung darauf zu begnügen, daß dem Schuldner Benutzung und Verwaltung des Grundstückes verbleibe, sei bedenklich. In Preußen möge eine nähere Bestimmung der Wirkungen der Beschlagnahme mit Rücksicht darauf nicht erforderlich gewesen sein, daß dort in der hier fraglichen Hinsicht bereits vor dem | Erlasse des Gesetzes vom 13. Juli 1883 eine feste Praxis sich gebildet | Prot 1 13783 gehabt habe. Für die Reichsgesetzgebung liege die Sache anders, da diese auch solche Gebiete zu berücksichtigen habe, in welchen es gegenwärtig an einem dem preuß. Gesetze entsprechenden Zwangsversteigerungsverfahren fehle. Auch die Vorschrift des § 137 des St.G.B. in Verbindung mit den §§704 ff. des Entw. des B.G.B, mache eine nähere gesetzliche Bestimmung der Grenzen, innerhalb welcher der Schuldner zu thatsächlichen Verfügungen über die beschlagnahmten Sachen befugt sein solle, nicht entbehrlich. Die Anwendung jener Strafvorschrift setze voraus, daß die beschlagnahmte Sache der Verstrickung rechtswidrig entzogen sei. Ob und inwieweit aber eine solche Rechtswidrigkeit vorliege, bestimme sich nach dem Inhalte derjenigen Vorschriften, auf Grund deren die Beschlagnahme erfolgt sei. 275
Quellen zur Entstehung des ZVG
Diese Vorschriften müßten darüber Auskunft geben, wie weit die Wirkungen der Beschlagnahme in Ansehung der Befugniß zu thatsächlichen Verfügungen reichten. Lege man aber die Vorschrift des § 137 des St.G.B. umgekehrt dahin aus, daß dieselbe jede thatsächliche Verfügung verbieten wolle, durch welche die beschlagnahmte Sache der Verstrickung entzogen werde, so sei nicht minder eine besondere Bestimmung erforderlich, welche dem Schuldner innerhalb gewisser Grenzen die Befugniß zu thatsächlichen Verfügungen beilege, damit insoweit die Anwendung des §137 des St.G.B. ausgeschlossen werde. Zu beachten sei ferner, daß der letztere ein vorsätzliches Handeln voraussetze und demgemäß in Ermangelung einer weiteren Vorschrift der Schuldner wegen eines durch seine Fahrlässigkeit verursachten Schadens dem Gläubiger für Schadensersatz nicht hafte (vergl. § 704 Abs. 1 des Entw. des B.G.B.). | Prot 1 13784 | Anlangend die nähere Bestimmung der Grenzen, innerhalb welcher der Schuldner zu thatsächlichen Verfügungen über das Grundstück und die in Beschlag genommenen beweglichen Sachen befugt sein solle, so gehe der Antrag unter 3 b, abgesehen davon, daß das in demselben aufgestellte Prinzip zu unbestimmt sei und für die praktische Handhabung des Gesetzes keinen genügenden Anhalt biete, in der Beschränkung des Schuldners zu weit, da der Vorschlag nach der von dem Antragsteller gegebenen Erläuterung jede thatsächliche Verfügung, welche die dem Gläubiger aus der Beschlagnahme erwachsenden Rechte beeinträchtige, also jede thatsächliche Verfügung, welche die Versteigerung des Grundstückes und der beschlagnahmten beweglichen Sachen ganz oder theilweise vereitele unbedingt ausschließe, auch wenn die ordnungsmäßige Wirtschaftsführung eine solche Verfügung mit sich bringe und rechtfertige. Eine so weit gehende Beschränkung des Schuldners sei mit dem Grundgedanken der Zwangsversteigerung, bei welcher im Gegensatze zur Zwangsverwaltung ein Verwalter zum Zwecke der Nutzung und Wirthschaftsführung nicht bestellt werde, nicht vereinbar. Verbleibe bei der gegen die Substanz des Grundstückes sich richtenden Zwangsversteigerung dem Schuldner das Recht der Nutzung und der Fortführung der Wirthschaft, so müsse man demselben innerhalb der Grenzen ordnungsmäßiger Nutzung und Wirtschaftsführung auch die Befugniß zu solchen thatsächlichen Verfügungen belassen, durch welche eine der Beschlagnahme unterliegende Sache der Versteigerung entzogen werde. Dabei verstehe es sich von selbst, daß, wenn die ordnungsmäßige Nutzung und Wirthschaftsführung mit sich bringe, auszuscheidende Zubehörstücke, insbesondere Inventar| Prot 1 13785 stücke, durch andere zu ersetzen, der Schuldner | eine solche Ausscheidung nur dann vornehmen dürfe, wenn er andererseits für einen entsprechenden Ersatz sorge. Unterlasse er dies, so mache er sich verantwortlich und sei gegenüber dem Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet. Daß die an die Stelle ausgeschiedener Zubehörstücke oder verbrauchter Vorräthe getretenen Zubehörstücke oder Vorräthe der Beschlagnhme unterworfen würden, müsse im Hinblick auf die zu § 19 Abs. 2 des Entw. beschlossene Vorschrift (Prot. S. 13774) angenommen werden, da nach dieser Vorschrift die Beschlagnahme überhaupt alle erst später hinzutretenden Zubehörstücke in derselben Weise ergreife, wie nach dem § 1067 des Entw. des B.G.B, eine Hypothek auch auf diejenigen Sachen sich erstrecke, welche erst nach der Begründung der Hypothek Zubehör des Grundstückes würden; ob dies eines besonderen Ausdruckes im Gesetze bedürfe, solle, wenn es beantragt werde, weiter geprüft werden. Mit dem Antrage unter 7 a (vergl. auch den eventuellen Antrag 4 b), dem Schuldner nur solche thatsächliche Verfügungen zu gestatten, welche die ordnungsmäßige Nutzung mit sich bringe, mithin solche thatsächliche Verfügungen auszuschließen, welche, wenn auch innerhalb der Grenzen ordnungsmäßiger 276
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Wirthschaftsführung liegend, doch nicht als Ausfluß der Nutzung sich darstellten, empfehle sich nicht, weil dadurch der Schuldner bei der Fortführung der Wirthschaft zu sehr beengt werde und zudem die Unterscheidung zwischen solchen Verfügungen, welche als Ausfluß ordnungsmäßiger Nutzung, und solchen, welche lediglich als Ausfluß ordnungsmäßiger Wirthschaftsführung sich darstellten, mit praktischen Schwierigkeiten verbunden sei. Es verdiene daher den Vorzug , dem Antrage unter 5 Abs. 1 zu folgen, denselben jedoch durch die Einschiebung der Worte „Nutzung und" nach dem Worte „ordnungs-1 mäßiger" zu ergänzen, um | Prot 1 13786 auch die außerhalb der Wirthschaftsführung liegenden, aber unter den Bezug ordnungsmäßiger Nutzung fallenden thatsächlichen Verfügungen zu treffen. Es könne darauf vertraut werden, daß an der Hand der beschlossenen Vorschrift, welche sich an die preußische Praxis anschließe, der Richter im einzelnen Falle die richtige Entscheidung finden werde. Daß der Schuldner, wenngleich er zu den in der beschlossenen Vorschrift bezeichneten Verfügungen berechtigt sei, dem Gläubiger gegenüber nicht verpflichtet sei, die Wirthschaft fortzuführen, verstehe sich in Ermangelung einer entgegenstehenden Bestimmung von selbst. II. Die Berathung wandte sich darauf dem § 20 des Entw. zu, welcher lautet: „Die Beschlagnahme wird durch Zustellung des im § 19 Abs. 1 bezeichneten Beschlusses an den Schuldner bewirkt. Erstreckt sich die Beschlagnahme auf eine Forderung, so ist auf Antrag des betreibenden Gläubigers ein Zahlungsverbot an den Drittschuldner zu erlassen. Das Verbot ist von Amtswegen zuzustellen. Mit der Zustellung wird die Beschlagnahme gegen den Drittschuldner wirksam." Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. der bereits früher in einem anderen Zusammenhange gestellte, jedoch bis zur Berathung des §20 ausgesetzte Antrag (vergl. Prot. S. 13735) an passender Stelle (etwa als neuen ersten Absatz des § 20) die Vorschrift aufzunehmen: „Der Beschluß, durch welchen die Zwangsversteigerung angeordnet wird (Beginn der | Zwangsvollstreckung), soll erst nach der Eintragung desselben in das Grundbuch dem Schuldner zugestellt werden." 2. a) Abs. 1 (mit § 19 Abs. 1 zu verbinden). „Die Beschlagnahme ist mit dem Zeitpunkte als bewirkt anzusehen, in welchem der Beschluß dem Schuldner zugestellt ist. (N.B. Vergl. § 754 C.P.O.) b) Abs. 2 Satz 2, 3 zu steichen und dem ersten Satze zuzufügen: „; auch finden die Vorschriften des § 744 der C.P.O. entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, daß die Benachrichtigung des Drittschuldners die Wirkung der Beschlagnahme hat." 3. § 20 den ersten Satz des zweiten Absatzes „Erstreckt sich zu erlassen" als letzten Absatz in den § 19 aufzunehmen und den $ 20 dahin zu fassen: „Die Beschlagnahme ist mit dem Zeitpunkte als bewirkt anzusehen, in welchem der im § 19 Abs. 1 bezeichnete Beschluß dem Schuldner zugestellt ist. In dem Falle des § 19 Abs. 4 wird die Beschlagnahme gegenüber dem Drittschuldner erst mit dem Zeitpunkte wirksam, in welchem derselbe von der Beschlagnahme Kenntniß erhalten hat oder ihm das im § 19 Abs. 4 bezeichnete Verbot zugestellt ist. Die Vorschrif277
ZVG-VE
§20
v. Schmitt (Nr 17, 1)
| Prot I 13787 Kurlbaum (Nr 18)
Planck (Nr 21)
Quellen zur Entstehung des ZVG
ten des § 744 der C.P.O. finden mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Benachrichtigung des Drittschuldners die Wirkung der Beschlagnahme hat." Der Antrag unter 1 wurde im Laufe der Berathung von dem Antragsteller mit | Prot 1 13788 Rücksicht darauf zu-1 rückgezogen, daß es wegen der erst an die Beschlagnahme sich knüpfenden Beschränkung der faktischen Verfügungsgewalt des Schuldners im Interesse des Gläubigers liege, wenn die Beschlagnahme durch die Zustellung des Beschlusses an den Schuldner thunlichst rasch bewirkt werde, daß aber, anlangend den Beginn der Zwangsvollstreckung, durch den zum § 15 Nr. 1 des Entw. gefaßten Beschluß (Prot. S. 13745, 13746) genügend zum Ausdruck gebracht sei, daß bereits die Anordnung der Zwangsversteigerung den Beginn der Zwangsvollstreckung enthalte. Im Uebrigen führte die Berathung zu folgenden Ergebnissen: 1. Abs. 1 des § 20 wurde in der Fassung des Antrages unter 2 a, Stellung vorbehalten, genehmigt (vergl. auch § 730 Abs. 2 der C.P.O.). 2. Auch Abs. 2 Satz 1 des § 20 fand keinen Widerspruch. Die Stellung der Vorschriften blieb der Redaktion vorbehalten. 3. Einvernehmen herrschte, daß der zweite Satz des Abs. 2 des § 20 durch die zum § 8 des Entw. beschlossene allgemeine Vorschrift, Prot. S. 13712, entbehrlich geworden sei. 4. An Stelle des § 20 Abs. 2 Satz 3 wurde nach Maßgabe des Antrages unter 3 sachlich folgende Vorschrift angenommen: Die Beschlagnahme wird gegenüber dem Drittschuldner erst mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem derselbe von der Beschlagnahme Kenntniß erhalten hat oder ihm das im Abs. 2 bezeichnete Verbot zugestellt ist. Erwogen war: In Ermangelung einer besonderen Vorschrift würde die Beschlagnahme nach § 20 Abs. 1 auch gegenüber dem Drittschuldner mit der Zustellung des Beschlusses | Prot 1 13789 an | den Hauptschuldner als bewirkt anzusehen und eine nach diesem Zeitpunkte seitens des Drittschuldners bewirkte Erfüllung an den Hauptschuldner nach Maßgabe des § 107 des Entw. des B.G.B.2 (vergl. jedoch daneben § 286 das3.) unwirksam sein. Ob, wenn der Drittschuldner zur Zeit der Leistung von der Beschlagnahme keine Kenntniß gehabt habe, derselbe gegen die Wirkung der Beschlagnahme geschützt sei, hänge davon ab, ob unter die im § 107 Abs. 1 Satz 2 des Entw. des B.G.B, für entsprechend anwendbar erklärten Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, auch die §§ 303 ff. des Entw. des B.G.B.4 fielen. Die Kommission sei bei einer früheren Gelegenheit von der gegentheiligen Auffassung ausgegangen, indem sie einen Antrag, daß im Falle eines auf eine Schuldforderung sich beziehenden relativen Veräußerungsverbots nur eine nach erlangter Kenntniß von dem Verbote von Seiten des Schuldners an den Gläubiger bewirkte Erfüllung unwirksam sein solle, abgelehnt und sich dahin ausgesprochen habe, daß die Wirksamkeit des Verbots gegenüber dem Drittschuldner von der Zustellung an diesen abhänge (vergl. Prot. S. 1403, 1404; Bemerkungen zu den gedr. Abänderungsantr. zu dem Entw. des F.R. S. 855; Motive zu dem Entw. des 2 Vgl. ^ 135f. BGB. 3 Vgl. § 392 BGB. «Vgl. SS 406ff. BGB. 5 Gemeint sind die Motive von Planck zu den Abänderungsanträgen zum Teilentwurf des Familienrechts. 278
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
B.G.B., Bd. I S. 213 ff.)- Da es sich um eine allgemeine, in dem Entw. des B.G.B, nicht speziell entschiedene Frage handele, so könne es zweifelhaft sein, ob es nicht richtiger sein würde, mit dem Antrage unter 2 b hier von jeder besonderen Vorschrift abzusehen und es bei demjenigen zu belassen, was sich aus der Vorschrift des § 20 Abs. 1 in Verbindung mit dem § 107 Abs. 1 des Entw. des B.G.B, ergebe. Allein dieser Standpunkt sei um deswillen bedenklich, weil, | wenn man der Auffas- | Prot 1 13790 sung folge, daß die Vorschriften der §§ 303 ff. des Entw. des B.G.B, nicht zu den im § 1 0 7 Abs. 1 Satz 2 das. bezeichneten Vorschriften zu rechnen seien, der Drittschuldner in dem hier in Rede stehenden Falle auch dann nicht geschützt sein würde, wenn er weder die Beschlagnahme gekannt habe noch auch das Zahlungsverbot ihm zugestellt sei. Ein solches Resultat sei jedoch mit der Billigkeit nicht vereinbar und gehe insofern auch über die Vorschriften der C.P.O. hinaus, als diese die Wirksamkeit der Pfändung einer Forderung und des mit demselben verbundenen Zahlungsverbots, wenn auch nicht von der wirklichen Kenntniß des Drittschuldners, so doch von der Zustellung an denselben abhängig mache, also von einem Akte, welcher in der Regel zur wirklichen Kenntniß des Drittschuldners führen werde (vgl. § 730 der C.P.O.). In dem hier in Betracht kommenden Falle einer dem Schuldner zustehenden Forderung aus einer Gebäudeversicherung (§19 Abs. 2 des Entw. verb. mit § 1067 Nr. 5 des B.G.B.) schütze der § 1070 Abs. 2 des Entw. des B.G.B, den Versicherer gegenüber der auf jene Forderung sich erstreckenden Hypothek ausdrücklich nach Maßgabe der §§ 303 bis 306 des Entw. des B.G.B. Der dieser Vorschrift zu Grunde liegende Gedanke müsse zu einem gleichen Schutze des Versicherers auch gegenüber der Beschlagnahme führen. Eine umfassendere Bedeutung gewinne die Frage für das vorliegende Gesetz noch dadurch, daß die hier in Rede stehende Vorschrift voraussichtlich auch auf die Zwangsverwaltung für entsprechend anwendbar erklärt werden würde, bei der letzteren aber die Beschlagnahme in weiterem Umfange, als bei der Zwangsversteigerung, auf Forderungen des Schuldners sich erstrecke (vgl. §§ 135, 137 des Entw.). | Unter diesen Umständen verdiene es den Vorzug, den Drittschuldner, welcher |ProtI 13791 von der Beschlagnahme keine Kenntniß erlangt habe, gegen die Wirkungen der Beschlagnahme durch die Aufnahme einer besonderen Vorschrift zu schützen. Der Analogie der §§ 303 ff. des Entw. des B.G.B, würde es am meisten entsprechen, auf die wirkliche Kenntniß des Drittschuldners abzustellen. Dies allein zu verordnen, würde jedoch dem seither angenommenen Grundsatze (Prot. S. 1403, 1404) nicht entsprechen; es bleibe nur übrig, diesen letzteren Grundsatz daneben in der Weise zum Ausdrucke zu bringen, daß außer der Kenntniß des Drittschuldners auch die Zustellung an denselben ihm gegenüber das Veräußerungsverbot wirksam mache. 5. Im Anschlüsse an die unter 4 bezeichnete Vorschrift gelangte ferner nach Maßgabe der Anträge unter 2 b und 3 folgende Vorschrift zur Annahme. Die Vorschriften des § 744 der C.P.O. finden mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Benachrichtigung des Drittschuldners in Ansehung der Forderung die Wirkung der Beschlagnahme hat. Man war der Ansicht, daß die Gründe, auf welchen die Vorschriften des § 744 der C.P.O. beruhten, auch hier zuträfen. Hier, wie dort, sei es angemessen, die Nachtheile, welche f ü r den Gläubiger mit der Nothwendigkeit der gerichtlichen Mitwirkung verbunden seien, auf dem im § 744 der C.P.O. vorgeschlagenen Wege zu vermindern.
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Quellen zur Entstehung des ZVG
ZVG-VE III. Der § 21 des Entwurfes lautet: §21 |„Die Vorschriften des § 107 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches 6 finden ge| Prot 1 13792 g e n denjenigen, welcher das Eigenthum oder ein anderes Recht an einem der Beschlagnahme unterliegenden Gegenstande erworben hat, mit der Maßgabe Anwendung, daß, wenn der Erwerber den Versteigerungsantrag zur Zeit des Erwerbes kannte und die Beschlagnahme später bewirkt wird, dasselbe gilt, wie wenn die Beschlagnahme bereits zu jener Zeit bewirkt und dem Erwerber bekannt gewesen wäre. Nach der Eintragung des im § 17 bezeichneten Vermerkes gilt der Versteigerungsantrag als bekannt. Ein später gestellter Antrag auf Versteigerung oder auf Zulassung des Beitrittes gilt als bekannt, sobald er gestellt ist." Dazu lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum 1. an Stelle des § 21 zu beschließen: (Nr 18) „In Ansehung der Vorschriften zu Gunsten Dritter, welche aus der Zeit nach der Beschlagnahme Rechte von dem Schuldner herleiten, steht die Kenntniß des Versteigerungsantrages sowie die Kenntniß der auf diesen oder einen anderen Antrag erfolgten Anordnung der Zwangsversteigerung der Kenntniß der Beschlagnahme gleich. Die Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung wirkt, sofern die Beschlagnahme bewirkt ist, wie die Eintragung der Beschlagnahme, auch in Ansehung | Prot 1 13793 der Beschlagnahme, welche zu Gunsten eines dem Verfahren beigetretenen | Gläubigers erfolgt ist." Planck 2. a) den § 21 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: (Nr 23) „Die Beschlagnahme hat die Wirkung eines zum Schutze des Interesses desjenigen Gläubigers, auf dessen Antrag die Beschlagnahme erfolgt, erlassenen richterlichen Veräußerungsverbotes (§ 107 Abs. 1 des B.G.B.). In Ansehung der Vorschriften zu Gunsten Dritter, welche aus der Zeit nach der Beschlagnahme Rechte von dem Schuldner herleiten, steht die Kenntniß des Versteigerungsantrages oder des die Zwangsversteigerung anordnenden Beschlusses der Kenntniß der Beschlagnahme gleich." Planck
b) § 21 a.
(Nr 23)
„Die Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung hat die Wirkung der Beschlagnahme, sofern diese später bewirkt wird, in Ansehung aller von derselben betroffenen Gegenstände. Sie hat diese Wirkung auch zu Gunsten eines Gläubigers, dessen Beitritt zu dem Verfahren später zugelassen ist, von dem Zeitpunkte an, in welchem derselbe die Zulassung des Beitrittes beantragt hat." (Anm. In Ansehung der Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche aus der Zeit nach der Eintragung Rechte in Betreff der von der Beschlagnahme betroffenen beweglichen Sachen und Forderungen von dem Schuldner herleiten, gilt die Eintragung als dem Erwerber bekannt.) Außerdem waren im Zusammenhange mit dem §21 des Entw. auf Grund des zum § 19 Abs. 3 gefaßten Beschlusses (oben, Prot. S. 13781, 13782) die Vorschläge des § 19 Abs. 3 und der dazu gestellten Anträge unter 3 c, 4 b, 5 Abs. 2, 6 b und 7 b | Prot 1 13794 noch insoweit zu erledigen, als dieselben | die Wirkungen der Beschlagnahme in Ansehung der rechtlichen Verfügungsgewalt des Schuldners betreffen (vergl. Prot. S. 13781, 13782). Der Antrag zum § 19 unter 6 b wurde zurückgezogen, desgleichen der prinzipale Antrag unter 4 b. 5 Vgl.
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135f. BGB.
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Ferner war der zum § 16 des Entw. unter 2 gestellte Antrag 2 in Ansehung der im Abs. 4 Satz 2 daselbst vorgeschlagenen Bestimmung zur Erledigung hierher verwiesen (Prot. S. 13762). Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Die in dem Antrage unter 2 a vorgeschlagene Bestimmung fand in folgender Fassung die Zustimmung der Kommission: Die Beschlagnahme hat die Wirkung eines nur zum Schutze des Interesses des Gläubigers erlassenen richterlichen Veräußerungsverbotes. Man erachtete die Aufnahme der Vorschrift mit Rücksicht darauf, daß der § 107 des Entw. des B.G.B, nicht von der Beschlagnahme, sondern von dem Veräußerungsverbote rede (vergl. andererseits § 286 des Entw. des B.G.B.7), im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes für angemessen. 2. Die zum § 19 Abs. 3 des Entw. in dem Antrage unter 5 Abs. 2 vorgeschlagene Bestimmung (mitgetheilt Prot. S. 13780) wurde in folgender Fassung angenommen: Der Schuldner ist ungeachtet der Beschlagnahme berechtigt, innerhalb der Grenzen ordnungsmäßiger Nutzung und Wirtschaftsführung einzelne bewegliche Sachen zu veräußern. Die Annahme der Vorschrift erfolgte auf Grund der gleichen Erwägungen, welche zu der die tatsächlichen Verfügungen des Schuldners betreffenden, zu § 19 Abs. 3 unter I beschlossenen Vorschrift (Prot. S. 13782ff.) geführt haben. Man | war | Prot 1 13795 insbesondere der Ansicht, daß kein genügender Grund vorliege, die Zulässigkeit einer Veräußerung im Gegensatze zu tatsächlichen Verfügungen davon abhängig zu machen, daß der wirtschaftliche Bestand dadurch nicht gemindert werde. Auch in Ansehung der Zulässigkeit einer Veräußerung müsse allein der Gesichtspunkt maßgebend sein, ob sie innerhalb der Grenzen ordnungsmäßiger Nutzung und Wirtschaftsführung liege. Sei von diesem Gesichtspunkte aus eine Minderung des wirthschaftlichen Bestandes gerechtfertigt, so könne es keinen Unterschied machen, ob dieselbe auf einer tatsächlichen oder auf einer rechtlichen Verfügung beruhe. Da nach dem zum § 19 Abs. 2 gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 13774) außer den Zubehörstücken auch solche V o r r ä t e der Beschlagnahme unterliegen könnten, welche nach der Verkehrssitte nicht als Zubehör des Grundstücks angesehen würden, so sei es richtiger, in der in Rede stehenden Vorschrift statt von Zubehörstücken von beweglichen Sachen zu reden. 3. An Stelle des § 21 Abs. 1 des Entw. wurde der mit dem Antrage unter 1 Abs. 1 sachlich übereinstimmende Antrag unter 2 a Abs. 2 angenommen. Man ging — abweichend von dem Standpunkte des Entw. — davon aus, daß auf die Wirksamkeit eines zwar nach dem Versteigerungsantrage oder nach der Anordnung der Zwangsversteigerung, aber vor der bewirkten Beschlagnahme gemachten Erwerbes die später bewirkte Beschlagnahme keinen Einfluß äußern dürfe, auch wenn dem Erwerber zur Zeit des Erwerbes der Versteigerungsantrag oder die Anordnung der Zwangsversteigerung bekannt gewesen sein sollte. Die Frage, ob der Erwerber in gutem Glauben gewesen sei oder nicht, könne immer nur in Ansehung eines | nach | Prot 1 13796 bewirkter Beschlagnahme gemachten Erwerbes in Betracht kommen. Richtig verstanden, sei dies auch der Sinn des preuß. Gesetzes vom 13. Juli 1883 § 18, wenngleich diese Vorschrift von den Kommentatoren jenes Gesetzes vielfach in einem dem Entw. entsprechenden Sinne ausgelegt werde. In der Vorschrift sei auch nur 7 Vgl. $ 392 BGB.
281
Quellen zur Entstehung des ZVG
die Berufung auf den guten Glauben versagt. Anlangend die Fassung, so verdiene die des Antrages unter 2 a den Vorzug vor der Fassung des Antrages unter 1, weil die letztere zu dem Mißverständnisse führen könne, als ob, wenn die Zwangsversteigerung auf Grund mehrerer Anträge angeordnet, inzwischen aber ein Antrag zurückgenommen sei, die Kenntniß der auf Grund des letzteren erfolgten Anordnung der Zwangsverteigerung genüge. Maßgebend sei die Kenntniß des Versteigerungsantrages oder der Anordnung der Zwangsversteigerung, welche später zu der Beschlagnahme führten. 4. Die weitere Berathung des § 21 und der dazu gestellten Anträge wurde bis zur nächsten Sitzung vertagt.
819. Sitzung vom 30.10.1888, Schriftführer! Struckmann |ProtI 13797
|Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt.
I. Zu dem § 21 Abs. 3 des Entw., dessen Berathung in der vorigen Sitzung abgebrochen wurde, waren außer den Prot. S. 13792, 13793 mitgetheilten Anträgen unter 1, 2 noch folgende Anträge inzwischen eingegangen: Planck 3. von Seiten des Urhebers des Antrages unter 2 (Prot. S. 13793): (Nr 34,1) wenn die in dem Antrage 2 unter §21 a Abs. 1 vorgeschlagene Gleichstellung der Eintragung mit der Beschlagnahme in Ansehung aller in Beschlag genommenen Gegenstände nicht gebilligt werden sollte, mit Weglassung des zweiten Absatzes, den ersten Satz des § 21 a dahin zu fassen: „Die Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung hat die Wirkung der Beschlagnahme des Grundstücks, sofern diese später bewirkt wird. | Prot 1 13798
| Sie h a t
(wie im A n t r a g e 2)."
Dem Antrage 3 waren folgende Bemerkungen beigefügt: „Der Antrag betrifft den Fall, daß die Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung vor der Zustellung des die Versteigerung anordnenden Beschlusses erfolgt, und daß in der Zwischenzeit von Dritten Rechte an den in Beschlag genommenen Gegenständen erworben werden. In Ermangelung besonderer Bestimmungen würden diese Rechte unbeschränkt wirksam sein, indem die Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung, solange die Zustellung des Beschlusses und die erst hiermit eintretende Beschlagnahme nicht bewirkt ist, keine rechtliche Wirkung haben würde. Dies Resultat steht mit dem Zwecke der Eintragung mindestens in Ansehung des Grundstücks selbst nicht in Einklang. Wer nach der Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung durch Rechtsgeschäft pp. ein Recht an dem Grundstücke erwirbt, muß, wenn die Beschlagnahme später erfolgt, so behandelt werden, als sei dieselbe schon zur Zeit der Eintragung erfolgt. Auf seine Kenntniß kommt es in Ansehung des Erwerbs von Rechten an dem Grundstücke selbst nicht an, weil die Eintragung dieselbe Wirkung wie die Kenntniß hat. Nach dem prinzipalen Antrage soll die Eintragung die Wirkung der Beschlagnahme auch in Ansehung der neben dem Grundstücke mit in Beschlag genommenen Gegenstände haben. Ob diese Ausdehnung sich rechtfertigt, mag zweifelhaft sein. Zu beachten ist indessen, daß es in Betreff dieser Gegenstände immer noch auf die Kenntniß der Eintragung von Seiten des Erwerbers ankommt, indem in Betreff solcher Gegenstände die Ein| Prot 1 13799 tragung nicht dieselbe Wirkung wie die Kenntniß | hat. Dem Dritten, welcher in der 282
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888:22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Zwischenzeit zwischen der Eintragung und der Zustellung des Beschlusses ein Recht an einer beweglichen Sache erworben, welche unter der Voraussetzung, daß die Eintragung die Wirkung der Beschlagnahme hat, von dieser mitbetroffen wird, oder welcher eine unter dieser Voraussetzung von der Beschlagnahme mitbetroffene Forderung bezahlt hat, steht die Beschlagnahme daher nur dann entgegen, wenn er zur Zeit des Erwerbes oder der Zahlung die Eintragung gekannt hat. Den in dieser Beziehung noch weiter gehenden Abs. 2 des § 21 a glaube ich nicht aufrecht erhalten zu können." 4. an Stelle des § 21 Abs. 3 zu beschließen: v. Mandry „Das Veräußerungsverbot (eventuell die Beschlagnahme) gilt von dem Zeitpunkte (Nr 37,1) an, in welchem die Anordnung der Zwangsversteigerung in das Grundbuch eingetragen wird, als aus dem Grundbuche ersichtlich." (Anm. Für die Fassung vergl. B.G.B. § 8371.) Beschlossen wurde unter Ablehnung der Anträge unter 2 b und 3, in sachlicher Uebereinstimmung mit den Anträgen unter 1 Abs. 1 (Prot. S. 13792) und unter 4, die Aufnahme folgender Vorschrift: Die Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung wirkt, sobald die Beschlagnahme bewirkt ist, wie die Eintragung des Veräußerungsverbotes. Dies gilt auch in Ansehung der Beschlagnahme, welche zu Gunsten eines dem Verfahren beigetretenen Gläubigers erfolgt ist. Erwogen war: Der Standpunkt der Anträge unter 2 b und 3 stelle sich als eine Modifikation der zum § 20 des Entw. gefaßten Beschlüsse dar, nach welchen die Beschlagnahme mit dem Zeitpunkte als bewirkt anzusehen sei, in welchem der Be-1 Schluß dem Schuld- | Prot 1 13800 ner zugestellt sei beziehungsweise die Beschlagnahme einer Forderung gegenüber dem Drittschuldner erst mit dem Zeitpunkte wirksam werde, in welchem derselbe von der Beschlagnahme Kenntniß erhalten habe oder ihm das im § 20 Abs. 2 Satz 1 bezeichnete Verbot zugestellt sei (Prot. S. 13780ff.). Der prinzipale Antrag unter 2 b, welcher der Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung die Wirkung der Beschlagnahme, sofern diese später bewirkt werde, in Ansehung aller von derselben betroffenen Gegenstände beilegen wolle, würde dahin führen, daß, wenn der Drittschuldner einer von der Beschlagnahme betroffenen Forderung in der Zwischenzeit zwischen der Eintragung und der später bewirkten Beschlagnahme an den Schuldner gezahlt habe, die Zahlung nach dem § 107 des Entwurfes des B.G.B.1 in Verbindung mit den zu § 21 Abs. 1 unter 1 und 3 gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 13794, 13795) gegenüber dem betreibenden Gläubiger auch dann unwirksam sein würde, wenn der Drittschuldner von der Eintragung des Versteigerungsvermerkes keine Kenntniß gehabt habe, sofern man im Anschlüsse an die von der Kommission früher gebilligte Auffassung (vergl. Pröt. S. 13789) davon ausgehe, daß die §§ 303 ff. des Entw. des B.G.B.2 nicht zu den im § 107 Abs. 1 Satz 2 daselbst bezeichneten Vorschriften zu rechnen seien. Ein solches Resultat sei aber mit den Gründen nicht vereinbar, auf welchen die in der vorigen Sitzung beschlossene Vorschrift beruhe, daß die Beschlagnahme gegenüber dem Drittschuldner erst mit dem Zeitpunkte wirksam werde, in welchem derselbe von der Beschlagnahme Kenntniß erlangt habe oder ihm das im § 20 Abs. 2 Satz 1 bezeichnete Verbot zugestellt sei (Prot. S. 13788). Aber auch der eventuelle Antrag 3, welcher der | Eintragung des Versteigerungs- | Prot 1 13801 iVgl. §§135 f. BGB. 2 Vgl. §§ 406 ff. BGB. 283
Quellen zur Entstehung des Z V G
Vermerkes die Wirkung der Beschlagnahme, sofern diese später bewirkt werde, nur in Ansehung des Grundstückes beilegen wolle, verdiene keine Billigung. Eine derartige Abweichung von dem beschlossenen Grundsatze, daß die Beschlagnahme erst mit dem Zeitpunkte der Zustellung des Beschlusses an den Schuldner als bewirkt anzusehen sei und die Wirksamkeit einer vor diesem Zeitpunkte getroffenen Verfügung des Schuldners über das Grundstück durch die später bewirkte Beschlagnahme auch dann nicht berührt werde, wenn der dritte Erwerber zur Zeit des Erwerbes den Versteigerungsantrag oder die Anordnung der Versteigerung gekannt habe, sei durch ein dringendes praktisches Bedürfniß nicht geboten. Die Fälle, in welchen die Eintragung des Versteigerungsvermerkes früher erfolge, als die Zustellung des Beschlusses an den Schuldner, würden selten sein, und in diesen Fällen werde ein Dritter, wenn derselbe bei Einsicht des Grundbuches finde, daß der Versteigerungsvermerk in dasselbe eingetragen sei, sich nicht leicht mit dem Schuldner auf Geschäfte über das Grundstück einlassen. Gegen den Vorschlag des Antrages unter 3 komme ferner in Betracht, daß ein Schwebezustand geschaffen werde, indem die Unwirksamkeit der in der Zwischenzeit zwischen der Eintragung des Versteigerungsvermerkes und der späteren Beschlagnahme erfolgten Verfügung davon abhängig sei, daß die Beschlagnahme später bewirkt werde. Ein solcher Schwebezustand sei aber immer mißlich und praktische Schwierigkeiten hervorzurufen geeignet. Endlich würde der Antrag nur für die bei der Anordnung der Versteigerung zu bewirkende Beschlagnahme, nicht aber für die mit der Zulassung des Beitrittes zu verbindende zu verwerthen sein. Diese letztere würde allerdings, wie in dem Antrage anerkannt | Prot 1 13802 sei, niemals vor dem Beitrittsantrage wirk-1 sam werden können; aber auch mit diesem Antrage oder mit der dem Schuldner noch nicht zugestellten Zulassung des Beitrittes für den Fall der vorherigen Eintragung der Anordnung die Wirkung der Beschlagnahme zu verbinden, gehe nicht an, da der Antrag erst durch die Zulassung des Beitrittes Bedeutung erlangen und die Zulassung allein nicht ohne Weiteres gegenüber dem Schuldner wirken dürfe. Nicht zu entbehren sei dagegen eine besondere Vorschrift, welche klar stelle, daß die Eintragung des Versteigerungsvermerkes dieselbe Bedeutung habe, wie die Eintragung des in der Beschlagnahme liegenden Veräußerungsverbots; denn der § 837 des Entw. des B.G.B, setze, um die Berufung Dritter auf den guten Glauben auszuschließen, die Eintragung des Veräußerungsverbots selbst voraus, während nach dem § 17 Abs. 1 des zur Berathung stehenden Entwurfes nicht die Beschlagnahme, sondern nur die Anordnung der Zwangsversteigerung in das Grundbuch eingetragen werde. Diesen Gedanken bezwecke sowohl der Antrag unter 1 Abs. 2 als der Antrag unter 4 auszusprechen. Die Fassung jenes Antrages verdiene jedoch den Vorzug; der Antrag unter 4 könne zu der unrichtigen Auslegung führen, daß, sofern die Eintragung des Versteigerungsvermerkes das Veräußerungsverbot in sich schließe oder doch das letztere, wenn die Beschlagnahme später nachfolge, auf die Zeit jener Eintragung zurückbezogen werde. Um diesem letzteren Mißverständnisse zu begegnen, sei es rathsam, auch in dem Vorschlage des Antrages unter 1 Abs. 2 das Wort „sofern" mit dem Worte „sobald" zu vertauschen. Ferner empfehle es sich, die Worte „der Beschlagnahme" in jenem Antrage durch die Worte „des Veräußerungsverbotes" zu ersetzen, um das Mißverständniß auszuschließen, als ob statt | Prot 1 13803 der Anordnung | der Zwangsversteigerung auch die Beschlagnahme eingetragen werden könne. Die Worte „des Veräußerungsverbotes" schlössen sich der zum § 21 Abs. 1 beschlossenen Vorschrift, daß die Beschlagnahme die Wirkung eines nur zum Schutze des Interesses des Gläubigers erlassenen richterlichen Veräußerungsverbotes habe, passend an. 284
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Anlangend den zweiten Satz der beschlossenen Vorschrift, so könne derselbe mit dem Antrage unter 4 vielleicht als selbstverständlich erachtet werden; allein rathsam sei es, besonders zum Ausdruck zu bringen, daß die Eintragung der wenngleich auf einen anderen Versteigerungsantrag erfolgten Anordnung der Zwangsversteigerung die Bedeutung der Eintragung des Veräußerungsverbotes auch in Ansehung der Beschlagnahme habe, welche zu Gunsten eines dem Verfahren beigetretenen Gläubigers erfolgt sei, daß es mithin einer wiederholten Eintragung des Versteigerungsvermerkes im Fälle des Beitritts eines Gläubigers nicht bedürfe, um der zu dessen Gunsten erfolgten Beschlagnahme unbedingte Wirksamkeit gegen Dritte zu sichern. Der Vorschlag des Antrages unter 2 b Abs. 1 Satz 2, welcher zu Gunsten eines Gläubigers, dessen Beitritt zu dem Verfahren nach der Eintragung des Versteigerungsvermerkes zugelassen sei, die Wirkung der Beschlagnahme schon mit dem Zeitpunkte eintreten lassen wolle, in welchem der Gläubiger die Zulassung des Beitrittes beantragt habe, sofern die Beschlagnahme später bewirkt werde, stehe mit den abgelehnten Vorschlägen des Antrages unter 2 b Abs. 1 Satz 1 und unter 3 in engem Zusammenhange und sei deshalb nicht mehr haltbar. II. Die Berathung wandte sich darauf folgendem, mit dem | § 22 des Entw. in einem gewissen Zusammenhange stehenden Antrage zu: vor § 14 des Entwurfes einzuschieben: „Ist das Grundstück nach Erlangung des vollstreckbaren Schuldtitels oder nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Anspruches des Gläubigers gegen den eingetragenen Eigenthümer oder dessen Erben veräußert und ist der Anspruch des Gläubigers in einer zur Zeit der Veräußerung bei dem Grundstücke eingetragenen Reallast, Hypothek oder Grundschuld gegründet oder mit einer solchen Hypothek versehen, so ist der Schuldtitel in Ansehung der Haftung des Grundstückes auch gegen den Erwerber vollstreckbar." Im Laufe der Berathung erklärte der Antragsteller, daß er in dem Antrage den Zusatz „oder mit einer solchen Hypothek versehen" fallen lasse. Das Ergebniß war die Aufnahme folgender Vorschrift: Wird das Grundstück nach Erlangung des vollstreckbaren Schuldtitels oder nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Anspruches des Gläubigers gegen den eingetragenen Eigenthümer oder dessen Erben veräußert und gründet der Anspruch des Gläubigers sich in einer zur Zeit der Veräußerung bei dem Grundstücke eingetragenen Reallast, Hypothek oder Grundschuld, so ist der Schuldtitel in Ansehung der Haftung des Grundstückes auch gegen den Erwerber wirksam und vollstreckbar. Die Annahme der Vorschrift erfolgte mit 4 gegen 4 Stimmen durch Stichentscheid des Vorsitzenden. Die Gründe waren: In Ermangelung einer besonderen Vorschrift würde aus allgemeinen Grundsätzen (vergl. §§ 236, 238 der|C.P.O. - $238 in der Fassung des Einf.-Ges. zum B.G.B. — mit S S 1923, 837 des Entw. des B.G.B.) sich ergeben, daß, wenn das Grundstück nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Anspruches des Gläubigers gegen den eingetragenen Eigenthümer oder dessen Erben veräußert werde und der Anspruch des Gläubigers in einer zur Zeit der Veräußerung bei dem Grundstücke eingetragenen Reallast, Hypothek oder Grundschuld sich gründe, das Urtheil ge-
3 Vgl. § 325 ZPO. 285
| Prot I 13804 Kurlbaum (Nr 26, 1)
| Prot 1 13805
Quellen zur Entstehung des ZVG
genüber dem Erwerber nach Maßgabe der §§ 236, 665 ff. der C.P.O. und des § 192 des Entw. des B.G.B, nur dann wirksam und vollstreckbar sei, wenn der Erwerber zur Zeit der Veräußerung die Rechtshängigkeit gekannt habe. In diesem Sinne habe die Kommission bei einer früheren Gelegenheit, als das Verhältniß der Vorschriften des Entw. des B.G.B, über den öffentlichen Glauben des Grundbuches zu den Vorschriften der §§ 236, 238 der C.P.O. prinzipiell erörtert worden sei, sich bereits ausgesprochen; jedoch sei man damals einverstanden gewesen, daß es vorbehalten bleiben müsse, für gewisse Fälle, z. B. für die Hypothekenklage (vergl. § 493 des Entw. des Sachenrechtes 4 ), die Anwendbarkeit des § 238 der C.P.O. zu modifiziren (vergl. Prot. S. 3927ff.; Motive zu dem Entw. des B.G.B., Bd. III S. 217ff.). In der That sprächen überwiegende Gründe praktischer Zweckmäßigkeit, nämlich die Rücksicht auf die Förderung des Realkredites, dafür, in den hier in Rede stehenden Fällen unter den bezeichneten Voraussetzungen im Anschlüsse an den § 44 des preußischen Eigenthumsgesetzes vom 5. Mai 1872 die Wirksamkeit und die Vollstreckbarkeit des Unheiles in Ansehung der Haftung des Grundstückes gegenüber dem Erwerber ohne Rücksicht darauf eintreten zu lassen, ob derselbe zur Zeit der Veräu| Prot 1 13806 ßerung die Rechtshängigkeit des dinglichen Anspruches gekannt ha- | be oder nicht. Ohne diese Modifikation der allgemeinen Grundsätze laufe der Gläubiger Gefahr, daß die Verfolgung seines Realrechtes durch Veräußerung des Grundstückes an gutgläubige Dritte nach Eintritt der Rechtshängigkeit vereitelt oder doch erheblich verzögert und vertheuert werde; er würde sogar im Falle der Veräußerung an eine Person, welche von der Rechtshängigkeit Kenntniß habe, die Ertheilung der Vollstreckungsklausel in Ansehung dieser Person nicht ohne neuen Prozeß erlangen können, da der Nachweis, daß der Ausnahmefall vorliege, schwerlich durch öffentliche Urkunden zu führen sei. Durch die Eintragung der Rechtshängigkeit in das Grundbuch könne der Gläubiger gegen jene Gefahr sich nicht schützen, da der Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches eine solche Eintragung auf den bloßen Antrag des Klägers nicht zugelassen habe (vergl. Motive des Entw. des B.G.B., Bd. III S. 217ff.). Auch die Möglichkeit, im Wege einstweiliger Verfügung ein Veräußerungsverbot zu erwirken und dessen Eintragung herbeizuführen (§§ 107, 837 des Entw. des B.G.B.), gewähre keine ausreichende Abhülfe gegen die dem Gläubiger und damit dem Realkredite aus der Anwendbarkeit des § 238 der C.P.O. drohenden Gefahren (vergl. Prot. S. 3929, 13738). Es lasse sich zwar nicht verkennen, daß andererseits die angenommene Vorschrift eine Härte gegen den gutgläubigen Erwerber unter Umständen mit sich bringen könne. Indessen könne diese Rücksicht auf den Erwerber gegenüber der Rücksicht auf den Realkredit als durchschlagend nicht betrachtet werden, um so weniger, als die Vorschriften über den Schutz des guten Glaubens sich ebenfalls nur als eine auf Gründen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit beruhende Ausnahme von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen darstellten. Es handele sich daher in Wahrheit nur um die Abwägungen verschiedener Zweckmäßig| Prot 1 13807 keitsrücksichten. | Da die beschlossene Vorschrift Rechtshängigkeit des dinglichen Anspruches und weiter voraussetze, daß der Anspruch in einer zur Zeit der Veräußerung bei dem Grundstücke eingetragenen Reallast, Hypothek oder Grundschuld sich gründe, so sei die mit der beschlossenen Vorschrift für den Erwerber verbundene Gefahr überhaupt nicht so groß, da er durch die Eintragung des Realrechtes darauf hingewiesen werde, sich bei dem Veräußerer zu erkundigen, ob die Hypothekenklage u.s.w. gegen denselben erhoben sei. In Preußen hätten sich aus der Vorschrift des § 44 des Eigenthumsgesetzes vom 5. Mai 1872 nach dieser Richtung hin 4
Oben unter A I. abgedruckt.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Uebelstände nicht ergeben und sei das Bedürfniß einer Aenderung des bestehenden Rechtes zu Gunsten des gutgläubigen Erwerbers nicht hervorgetreten. Im Gegentheil lege man dort auf jene Vorschrift, welche, wie die Motive zu derselben ergäben, aufgenommen sei, um „ein in der Praxis lebhaft gefühltes Bedürfniß zu befriedigen", entschieden Werth. Auch aus diesem Grunde sei es bedenklich, sich von dem in einem so großen Rechtsgebiete gegenwärtig geltenden Rechte zu entfernen. Ob und inwieweit die Vorschriften der C.P.O. (§ 665) über die Vollstreckbarkeit gegen den Singularsukzessor auch auf die Zwangsvollstreckung aus den im § 702 der C.P.O. bezeichneten Schuldtiteln anwendbar seien (vergl. § 703 daselbst), sei bestritten. Es könne hier dahin gestellt bleiben, wie die Frage an der Hand der Vorschriften der C.P.O. für die einzelnen dort bezeichneten Schuldtitel zu beantworten sei. Jedenfall drängten die in den Motiven zu § 493 des Entwurfes des Sachenrechtes S. 1964 dargelegten praktischen Gesichtspunkte dahin, in den in der beschlossenen Vorschrift bezeichneten Fällen dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Anspruches die Erlangung eines vollstreckbaren Titels gleichzustellen. Von besonderer Wichtigkeit sei diese Gleichstellung | für die im § 702 Nr. 5 der C.P.O. bezeichneten | Prot I 13808 Schuldtitel, wenn man, wie die Kommission für selbstverständlich erachtet habe (Prot. S. 12445), zu den im § 702 Nr. 5 vorausgesetzten Urkunden auch die über einen hypothekarischen Anspruch oder über den Anspruch aus einer Grundschuld oder aus einer Reallast errichteten Urkunden zu rechnen habe. Da die Hypotheken u.s.w. den Wechsel in der Person überdauerten, so würde der praktische Werth der dem Interesse des Kredites dienenden Vorschrift des § 702 Nr. 5 der C.P.O. eine erhebliche Einbuße erleiden, wenn der vollstreckbare Schuldtitel nicht nach Maßgabe des § 665 der C.P.O. auch gegen den Singularsukzessor vollstreckbar sein sollte. Von selbst verstehe es sich, daß der letztere in der Geltendmachung von Einwendungen, welche den Anspruch selbst betreffen, ebenso wenig beschränkt sei, wie der Rechtsvorgänger (vgl. § 705 Abs. 4 der C.P.O.). Mit Rücksicht darauf, daß sowohl die C.P.O. (vgl. § 236 Abs. 3) als auch der Entw. des B.G.B, (vgl. §§ 192, 1310, 1315, 1357, 1360) zwischen Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit des Urtheils scharf unterscheiden, empfehle es sich — in sachlicher Uebereinstimmung mit dem Sinne des Antrages — neben der Vollstreckbarkeit des Schuldtitels auch die Wirksamkeit desselben gegen den Erwerber zu erwähnen. Von Bedeutung sei dies namentlich für den Fall des Urtheiles, da der Erwerber in diesem Falle auf die im § 686 Abs. 2 der C.P.O. bezeichneten Einwendungen beschränkt sei (vgl. § 192 des Entw. des B.G.B.). Auch hingesehen auf die sonstigen vollstreckbaren Schuldtitel führe die Erwähnung der Wirksamkeit neben der Vollstreckbarkeit zu keinem unrichtigen Resultate, wenngleich insoweit der Zusatz an sich entbehrlich sein würde. | Da die Hypothek u.s.w. sich auch auf die Kosten der die Befriedigung aus dem | Prot 1 13809 Grundstücke bezweckenden Rechtsverfolgung erstrecke, so müsse hier der im § 236 Abs. 3 der C.P.O. sich findende Zusatz „in Ansehung der Sache selbst" durch den anderen „in Ansehung der Haftung des Grundstückes" ersetzt werden. Die beschlossene Vorschrift beziehe sich lediglich auf den Fall der Veräußerung. Ein Bedürfniß, dieselbe auch auf den Fall auszudehnen, in welchem nach Erlangung des vollstreckbaren Schuldtitels oder nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Anspruches ein Dritter Inhaber des Grundstückes für den eingetragenen Eigenthümer oder dessen Erben geworden sei (vergl. § 192 des Entw. des B.G.B.; §§ 665, 671, 687 der C.P.O. in der Fassung des Entw. des Einf.-Ges. z. B.G.B.), liege nicht vor. Um die Anordnung der Zwangsversteigerung zu erwirken und das Zwangsversteigerungsverfahren durchzuführen, genüge ein vollstreckbarer Titel gegen den 287
Quellen zur Entstehung des ZVG eingetragenen Eigenthümer oder dessen Erben (vgl. Prot. S. 13745). Ein vollstreckbarer Titel gegen den Inhaber sei nicht erforderlich, möge nun der letztere vor der Erlangung des vollstreckbaren Titels gegen den eingetragenen Eigenthümer bezw. vor Eintritt der Rechtshängigkeit oder später Inhaber des Grundstückes geworden seien. Auf Grund des mit dem Zuschlagsurtheile erworbenen Eigenthumes könne der Ersteher von dem Inhaber die Herausgabe des Grundstückes verlangen, soweit nicht etwa die der Inhabung zu Grunde liegenden Rechte auch gegenüber dem Ersteher bestehen geblieben seien.
ZVG-VE III. D e r § 22 des Entwurfes lautet: §22 „Geht das Eigenthum an dem Grundstücke nach der Beschlagnahme auf ei-1 nen I Prot 113810 Anderen über und ist das Recht, in welchem der Anspruch des Gläubigers sich gründet, zur Zeit des Ueberganges aus dem Grundbuche ersichtlich, so wird das Verfahren auch dann fortgesetzt, wenn der neue Eigenthümer zu dieser Zeit weder die Beschlagnahme noch den Versteigerungsantrag gekannt hat." Dazu lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum (Nr 22, 1)
1. den § 22 dahin zu fassen: „ G e h t . . . . über und ist der Anspruch des Gläubigers entweder in einer zur Zeit des Ueberganges bei dem Grundstücke eingetragenen Reallast, Hypothek oder Grundschuld gegründet oder zur Zeit des Ueberganges mit einer Hypothek an dem Grundstücke versehen, so zu dieser Zeit die Beschlagnahme nicht gekannt hat."
v. Mandry (Nr 37, 2)
2. den Paragraphen zu streichen; eventuell zu bestimmen: „Wird nach Stellung des Versteigerungsantrages der Anspruch abgetreten oder das Grundstück veräußert, so finden die Vorschriften der §§ 2 3 6 , 238 der C . P . O . (entsprechende) Anwendung."
3. der für den Fall der Ablehnung des unter II, oben S. 13804, erwähnten Antrages gestellte Antrag, den § 22 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Geht das Eigenthum an dem Grundstücke nach der Beschlagnahme auf einen Anderen über und ist der Anspruch des Gläubigers in einer Reallast, Hypothek oder | Prot 113811 Grundschuld gegründet, so wird das V e r - 1 fahren, sofern der Erwerber zur Zeit des Erwerbes Kenntniß von der Beschlagnahme (oder einer der Beschlagnahme gleichstehenden Thatsache) gehabt hat, gegen den Erwerber fortgesetzt." D e r Antrag unter 3 hat durch den unter II mitgetheilten Beschluß seine Erledigung gefunden. D e r Urheber des Antrages unter 1 erklärte, daß er im Anschlüsse an die unter II beschlossene Vorschrift die in dem Antrage sich findenden W o r t e „oder zur Zeit des Ueberganges mit einer Hypothek an dem Grundstücke versehen", obwohl dieselben dem § 17 Abs. 2 des preuß. Gesetzes vom 13. Juli 1883 entsprächen, fallen lasse. D e r § 22 des Entwurfes fand in folgender Fassung die Zustimmung der Kommission: Wird das Grundstück nach der Beschlagnahme veräußert und gründet der Anspruch des Gläubigers sich in einer zur Zeit der Veräußerung bei dem Grundstücke eingetragenen Reallast, Hypothek oder Grundschuld, so wird das Verfahren auch dann fortgesetzt, wenn der neue Eigenthümer zu dieser Zeit die Beschlagnahme nicht gekannt hat. 288
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Erwogen war: Die Vorschrift gehe über die oben unter II beschlossene Vorschrift insofern hinaus, als, wenn die Veräußerung nach der Beschlagnahme erfolgt sei, nicht bloß die Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit des Schuldtitels gegen den neuen Erwerber anerkannt werden, sondern auch wie im Falle des § 693 der C.P.O. das Verfahren fortgesetzt werden solle, auch wenn der Erwerber zur Zeit der Veräußerung in gutem Glauben gewesen sei. Nach der Beschluß-1 fassung zu II handele es sich nur | Prot 113812 noch um die Ergänzung jenes Beschlusses durch eine Prozedurvorschrift. Daß wenn der Erwerber zur Zeit der Veräußerung die Beschlagnahme gekannt habe, es keiner neuen vollstreckbaren Ausfertigung bedürfe, sondern das Verfahren seinen Fortgang nehme, lasse sich schon daraus ableiten, daß nach dem § 107 des Entwurfes des B.G.B, in diesem Falle die Veräußerung des Grundstückes gegenüber dem Gläubiger unwirksam sei, mithin nicht beachtet werde und für die Versteigerung der vollstreckbare Titel gegen den Eigenthümer ohne Rücksicht auf den dritten Inhaber genüge. Dagegen enthalte die beschlossene Vorschrift für den Fall eine Abweichung von dem § 107 Abs. 2 des Entwurfes des B.G.B, in Verbindung mit dem § 837 daselbst, wenn der Erwerber zur Zeit der Veräußerung Kenntniß von der Beschlagnahme nicht gehabt habe, zu jener Zeit auch der Versteigerungsvermerk in das Grundbuch noch nicht eingetragen gewesen sei. Diese Abweichung rechtfertige sich jedoch aus den in den Motiven zum § 22 des Entwurfes S. 44 dargelegten praktischen Rücksichten. Sei die Zwangsversteigerung zum Zwecke der Befriedigung eines persönlichen Anspruches angeordnet und die Beschlagnahme bereits vor der Veräußerung erfolgt, so verbleibe es bei den allgemeinen Grundsätzen. Sei zur Zeit des Erwerbes der Versteigerungsvermerk in das Grundbuch eingetragen gewesen, so werde das Verfahren nach dem § 107 Abs. 1 des Entwurfes des B.G.B., wie im Falle der dinglichen Klage, trotz der Veräußerung fortgesetzt. Sei der Versteigerungsvermerk nicht eingetragen gewesen, so ergebe sich aus der Eintragung des Erwerbers ein Hinderniß gegen die Fortsetzung des Verfahrens im Sinne des § 18 des Entwurfes. Der Gläubiger habe, wenn der Erwerber die | Beschlagnahme gekannt habe, das | Prot 113813 Recht auf Fortsetzung des Verfahrens, wie im Falle der vorherigen Eintragung des Versteigerungsvermerks, werde dieses Recht aber schwerlich anders als im Wege des Prozesses zur Geltung bringen können. Sei dagegen der Erwerber in gutem Glauben gewesen, so könne er, sofern nicht nach dem § 18 des Entwurfes die Aufhebung des Verfahrens eintrete, nach Maßgabe des § 690 der C.P.O. gegen die Fortsetzung des Verfahrens Widerspruch erheben und müsse der Gläubiger gegen ihn alsdann erst einen vollstreckbaren Titel erwirken. Das Festhalten an den allgemeinen Grundsätzen für diesen Fall sei mit Rücksicht darauf geboten, daß der Erwerber den persönlichen Anspruch des Gläubigers, sofern nicht der Versteigerungsvermerk bereits in das Grundbuch eingetragen gewesen sei, aus dem letzteren überhaupt nicht habe ersehen können.
IV. Zu dem § 23 des Entwurfes, welcher lautet: ZVG-VE „Die Rechte des Gläubigers aus der Beschlagnahme erlöschen, wenn das Ver- § 23 fahren aufgehoben wird oder der Gläubiger den Versteigerungsantrag oder den Beitritt zurücknimmt. Durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Schuldners werden die Rechte, welche der Gläubiger durch die Beschlagnahme erlangt hat, nicht aufgehoben." 289
Quellen zur Entstehung des ZVG Kurlbaum (Nr 22, 2)
lag der Antrag vor: im Abs. 1 die Worte „oder den Beitritt" zu streichen.
Der §23 wurde unter Streichung der Worte „oder den Beitritt" im Abs. 1 aus den Gründen der Motive S. 44, 45 genehmigt. Die gestrichenen Worte hielt man im Hinblick auf den zum § 16 gefaßten Beschluß, Prot. S. 13761, 13762 für entbehrlich, da der letztere keinen Zweifel darüber lasse, daß auch der Beitritt zu dem Ver| Prot 113814 fahren den | Charakter eines Versteigerungsantrages habe. Die zum § 16 des Entwurfes beschlossenen Vorbehalte (Beschluß unter 3, Prot. S. 13762) sollen später ihre Erledigung finden. Rüger (Nr 19, 2)
V. Beantragt war, als § 23 a zu beschließen: „Nach Anordnung der Zwangsversteigerung ist der Werth des Grundstückes schätzungsweise zu ermitteln. Die Abschätzung kann unterbleiben, wenn eine solche innerhalb eines Jahres vorausgegangen und der Eintritt einer Werthsänderung nicht anzunehmen ist. Der Gläubiger (und derjenige, welcher dem Verfahren beigetreten ist), soll von dem Ergebnisse der Abschätzung vor der Ansetzung des Versteigerungstermins in Kenntniß gesetzt werden." Die beantragte Vorschrift, welche sich an den § 87 der sächsischen Subhastationsordnung vom 15. August 1884 anlehnt, fand nicht die Billigung der Kommission, jedoch blieb vorbehalten, auf gegebene Anregung darauf zurückzukommen, ob und inwieweit etwa der Landesgesetzgebung in der hier fraglichen Hinsicht durch einen geeigneten Vorbehalt Raum gelassen werden solle. Man erwog, daß aus den in den Motiven S. 28 dargelegten Gründen die Aufnahme einer reichsgesetzlichen Vorschrift, durch welche ganz allgemein und für alle Fälle eine Abschätzung des Grundstückes vorgeschrieben werde, sich nicht empfehle. Für gewisse spezielle Zwecke könne allerdings im Laufe des Zwangsversteigerungsverfahrens eine Abschätzung des Grundstückes nöthig werden und sei es mit Rücksicht darauf viel| Prot 113815 leicht | zweckmäßig, der Landesgesetzgebung in Ansehung der Abschätzung in größerem oder geringerem Umfange Raum zu geben. Die Prüfung dieser Frage bleibe jedoch besser vorbehalten, bis spezielle dahin gehende Anträge vorlägen.
820. Sitzung vom 2. 11.1888, Schriftführer: Struckmann |ProtI 13817
| Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Dieselbe wandte sich den §§ 24 bis 31 des Entwurfes zu, welche die Ueberschrift tragen: „II. Bestimmung und Bekanntmachung des Versteigerungstermines."
ZVG-VE § 24
I. Der § 24 des Entwurfes lautet: „Nachdem der die Versteigerung anordnende Beschluß zugestellt ist und die Mittheilungen des Grundbuchamtes eingegangen sind, hat das Gericht den Versteigerungstermin zu bestimmen und öffentlich bekannt zu machen." Der Entwurf geht im Anschlüsse an das System des preußischen Gesetzes vom 13. Juli 1883 § 39, § 40 Nr. 8 davon aus, daß zum Zwecke der Ermittelung der aus |ProtI 13818 dem | Versteigerungserlöse zu befriedigenden, einer Anmeldung bedürfenden Ansprüche kein von dem Versteigerungstermine verschiedener, diesem vorausgehen290
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
der besonderer Termin (Anmeldetermin) stattfindet, die Anmeldung jener Ansprüche auch nicht an eine, vor dem Versteigerungstermine ablaufende Frist (Anmeldefrist) gebunden ist (vgl. § 25 Nr. 4 des Entw.). Von anderer Seite waren dagegen Anträge eingebracht, welche nach dem Vorbilde des sächsischen Gesetzes vom 15. August 1884 §§ 89ff., 101 einen besonderen Anmeldetermin, eventuell eine vor dem Versteigerungstermine ablaufende Anmeldefrist vorzuschreiben bezwecken. Diese Anträge nebst den damit im Zusammenhange stehenden, zu den §§ 25 bis 30 des Entwurfes vorgeschlagenen Aenderungen lauten: A. prinzipale Anträge: 1. §24. „Nach der Zustellung des die Versteigerung anordnenden Beschlusses hat das Gericht den Termin zur Ermittelung der aus dem Versteigerungserlöse zu befriedigenden Ansprüche (Anmeldetermin), den Versteigerungstermin und den Termin zur Verkündung des Theilungsplanes anzusetzen. Die Termine sind gleichzeitig öffentlich bekannt zu machen." 2. § 25 zu fassen: Nr. 3. „Die Terminstage, sowie die Zeit der Eröffnung der Termine;" Nr. 4. „die Aufforderung . . . (wie im Antrage zu § 25 unter 1 c — vgl. unten S. 13831, 13832) . . . hervorging, spätestens im Anmeldetermine anzumelden (und soweit nöthig, glaubhaft zu machen);" | Nr. 6. „die Anzeige, daß eine Uebersicht der aus dem Versteigerungserlöse zu befriedigenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses nach dem Anmeldetermine in der Gerichtsschreiberei des Vollstreckungsgerichtes eingesehen werden können."
Rüger (Nr 29, 1)
Rüger (Nr 29, 2)
|ProtI 13819
3. § 28 Abs. 3. „Zwischen dem Anmeldetermin und dem Versteigerungstermin Rüger muß ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegen. Der Zeitraum zwischen (Nr 29, 3) dem Versteigerungstermin und dem Termin zur Verkündung des Theilungsplanes soll nicht mehr als zwei Wochen betragen." 4. § 29. „Die bei Erlassung der Bekanntmachung vorhandenen Betheiligten sind Rüger zu den Terminen durch Zustellung der Bekanntmachung zu laden. Zwischen der (Nr 29, 4) Zustellung und dem Anmeldetermine muß ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegen. In der Ladung sind die Betheiligten zum Erscheinen im Anmeldetermine aufzufordern, sofern sie an der Feststellung der ihren Ansprüchen im Range vorgehenden Ansprüche oder an der Vereinbarung besonderer Versteigerungsbedingungen ein Interesse haben könnten. Der Schuldner ist zum Anmeldetermine zu laden und zur Erklärung über die angemeldeten Ansprüche zu veranlassen." 5. § 29 a. „Die Anmeldung ist bis zum Schlüsse des Anmeldetermines zu bewir- Rüger ken. Sie kann vorher bei dem Gerichte schriftlich eingereicht | oder zum Protokolle (Nr 29, 5) | Prot I 13820 des Gerichtsschreibers angebracht werden. Nachträglich angemeldete Ansprüche, welche der Forderung des betreibenden Gläubigers vorgehen, kommen bei der Berechnung des geringsten Gebotes und bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses nur dann an der ihnen nach § . . . zukommenden Stelle in Ansatz, wenn die Anmeldung im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgt und die Bekanntmachung dem Betheiligten nicht oder nicht rechtzeitig zugestellt war. War die Bekanntmachung rechtzeitig zugestellt, so werden die bis zu dem im zweiten Absätze bezeichneten Zeitpunkte nachträglich angemeldeten Ansprüche bei 291
Quellen zur Entstehung des ZVG
der Berechnung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigt und kommen bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses erst mit dem Range hinter der Forderung des betreibenden Gläubigers zum Ansatz. Zu einem späteren Zeitpunkte angemeldete Ansprüche bleiben bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses außer Berücksichtigung, es sei denn, daß derselbe den Gesammtbetrag der nach § . . . ohne Anmeldung in Ansatz kommenden und der vorher angemeldeten Ansprüche übersteigt." Rüger 6. § 30. „Im Anmeldetermine ist durch Verhandlung mit den erschienenen Be(Nr 29, 6) theiligten auf die gütliche Beilegung etwaiger Streitpunkte, auf die vorläufige Fest| Prot I 13821 stellung der | Versteigerungsbedingungen und auf die Beseitigung der der Festset-
zung des geringsten Gebotes etwa entgegenstehenden Hindernisse hinzuwirken." 7. § 30 a. „Der Anmeldetermin darf nicht vor Ablauf einer Stunde nach der Rüger (Nr 29, 7) E r ö f f n u n g geschlossen werden. Der Schluß ist zu verkünden." Rüger 8. § 30 b. „Nach dem Schlüsse des Anmeldetermines hat das Gericht die aus dem (Nr 29, 8) Versteigerungserlöse zu befriedigenden Ansprüche nach dem Inhalte des Grundbu-
ches und auf Grund der erfolgten Anmeldungen nach den Rangverhältnissen geordnet in ein Verzeichniß zu bringen und in demselben das geringste Gebot vorläufig festzustellen. Das Verzeichniß soll außerdem die Beträge angeben, welche im Versteigerungstermine zu erlegen oder sicherzustellen sind, auch die Hypotheken und Grundschulden bezeichnen, welche zu bezahlen oder dem Ersteher in Anrechnung zu bringen sind." B. eventuelle Anträge d. h. für den Fall, daß § 24 in der oben unter N r . 1 vorgeschlagenen Fassung nicht angenommen werden sollte: Rüger 9. § 24. „Nach der Zustellung des die Versteigerung anordnenden Beschlusses (Nr 29, 9) hat das Gericht die Anmeldefrist und den Versteigerungstermin zu bestimmen und
öffentlich bekannt zu machen." 10. § 25. Nr. 3. „die Anmeldefrist, den Versteigerungstermin und die Zeit der Eröffnung desselben;" | Prot I 13822 | Nr. 5. wie oben A Nr. 2, jedoch anstatt „spätestens im Anmeldetermine" zu setzen: „bis zum Ablaufe der Anmeldefrist". N r . 6 wie oben A Nr. 2, jedoch anstatt „nach dem Anmeldetermine" zu setzen: „Nach Ablauf der Anmeldefrist". Rüger 11. § 28 Abs. 3. „Der Zeitraum zwischen dem Ablauf der Anmeldefrist und dem (Nr 29, 11) Versteigerungstermine muß mindestens zwei Wochen betragen." Rüger (Nr 29, 10)
Rüger 12. § 29 Abs. 1 Satz 2. „Zwischen dem Tage der Zustellung und dem Tage des (Nr 29, 12) Ablaufes der Anmeldefrist muß ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegen." Rüger 13. § 29 a. „Die Anmeldung ist bis zum Ablaufe der Anmeldefrist zu bewirken. (Nr 29, 13) Sie kann bei dem Gerichte" u.s.w. wie oben A Nr. 5.
Abs. 2 und 3 wie oben A Nr. 5. Rüger 14. § 30 a. „Nach dem Ablaufe der Anmeldefrist hat das Gericht" u.s.w. wie oben (Nr 29, 14) A Nr. 8.
Die Berathung wurde zunächst auf die Frage beschränkt, ob in den oben hervorgehobenen Beziehungen das dem Entwürfe oder das den prinzipalen bezw. eventuellen Anträgen zu Grunde liegende System angenommen werden solle. Das Ergeb292
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
niß der Berathung war, daß das System der Anträge sowohl in der prinzipalen als in der eventuellen Richtung abgelehnt, dagegen das System des E n t - | wurfes gebilligt |ProtI 13823 wurde. Erwogen war: Der Schwerpunkt des den Anträgen zu Grunde liegenden Systems liege in der mit dem Ablaufe des Anmeldetermines bezw. der Anmeldefrist eintretenden Präklusion der anzumeldenden Ansprüche. Daß vor dem Versteigerungstermine ein besonderer Termin zur Verhandlung über die Versteigerungsbedingungen, insbesondere über die Feststellung des geringsten Gebotes, ohne präklusive Wirkung anberaumt werde, sei auch nach dem Entwürfe § 38 Abs. 2 nicht ausgeschlossen. Es lasse sich nicht verkennen, daß mit dem Systeme der Anträge gewisse Vortheile verbunden seien. Dasselbe gewähre vermöge der präklusiven Wirkung des Anmeldetermines bezw. der Anmeldefrist im Vergleiche zu dem Entwürfe dem Gerichte eine gesichertere Grundlage für die Vorbereitung des Versteigerungsgeschäftes, insbesondere für die vorläufige Feststellung des geringsten Gebotes, und sei in verwickelten Fällen die Geschäfte im Versteigerungstermine zu erleichtern geeignet. Zuzugeben sei ferner, daß es unter Umständen im Interesse der bietungslustigen Personen liegen und die Bietungslust steigern könne, wenn jene Personen schon vor dem Versteigerungstermine aus dem nach dem Schlüsse des Anmeldetermines bezw. nach dem Ablaufe der Anmeldefrist von dem Gerichte nach Maßgabe der in den Anträgen unter Nr. 8 und 14 aufzustellenden Verzeichnisse über die aus dem Versteigerungserlöse zu befriedigenden Ansprüche und über die Art und Weise der Befriedigung derselben sowie über das geringste Gebot sich zu informiren in das Lage seien. Vom Standpunkte des Entwurfes aus, nach welchem die von dem Ersteher baar zu leistenden Beträge, in Uebereinstimmung mit dem preußischen Gesetze vom 13. Juli 1883 § 102, erst in dem Vertheilungstermine zu zahlen seien | (§ 101 des Entw.), |ProtI 13824 komme indessen der von dem Antragsteller betonte Gesichtspunkt, daß der Bietungslustige namentlich ein Interesse daran habe, schon vor dem Versteigerungstermine die Höhe der von dem Ersteher baar zu erlegenden Beträge zu kennen, weniger in Betracht, als dies nach dem sächsischen Gesetze vom 15. August 1884 der Fall sein möge, da letzteres den Ersteher verpflichte, einen Theil jener Beträge schon im Versteigerungstermine zu erlegen oder sicherzustellen (vgl. §§ 13, 14, 114 jenes Gesetzes). Gegenüber den hervorgehobenen, mit dem Systeme der Anträge verbundenen Vortheilen falle aber auf der anderen Seite entscheidend der schwere Nachtheil ins Gewicht, welcher aus der präklusiven Wirkung des Anmeldetermines oder der Anmeldefrist für die Gläubiger sich ergebe. Das System führe dahin, daß — entgegen den Grundsätzen der C.P.O. und der Konk.O., nach welchen eine Präklusion nur thatsächlich insoweit eintrete, als sie durch das Fortschreiten des Verfahrens bedingt sei — hier der Ausschluß zu einer Zeit erfolge, in welcher noch vollständig res integra sei, und daß die nach dem Schlüsse des Anmeldetermines bezw. nach dem Ablaufe der Anmeldefrist, aber vor dem Beginne der Versteigerung eintretenden Aenderungen in den Ansprüchen der Gläubiger nicht mehr berücksichtigt würden, z. B. die in der Zwischenzeit erfolgte Kündigung einer zu übernehmenden Hypothek gegenüber dem Ersteher nicht mehr wirksam sei (vgl. § 20 des sächsichen Gesetzes vom 15. August 1884; andererseits preußisches Gesetz vom 13. Juli 1883 § 57; Entwurf § 52). Der Gläubiger werde ferner nach dem Systeme der Anträge genöthigt, auch dann seine Ansprüche anzumelden, wenn derselbe bei der gegenwärtigen Sachlage gar kein Interesse an der Anmeldung habe, ein solches Interesse | | Prot 1 13825 293
Quellen zur Entstehung des ZVG
sich aber für ihn möglicher Weise aus einer vor dem Versteigerungstermine eintretenden Aenderung der Umstände, z. B. der Zurücknahme des Versteigerungsantrages von Seiten des bestberechtigten Antragstellers, ergeben könne. Gegenüber der auf das Interesse der Gläubiger zu nehmenden Rücksicht sei das Interesse der Bieter nur von untergeordneter Bedeutung, zumal die Information der Bieter hinfällig werde, sobald in der Person des bestberechtigten betreibenden Gläubigers eine Aenderung eintrete. Auch den übrigen mit dem Systeme der Anträge verbundenen Vortheilen könne durchschlagendes Gewicht nicht beigemessen werden. Gegen jenes System komme weiter in Betracht, daß dadurch in einfach liegenden Fällen — und diese bildeten die überwiegende Mehrzahl — das Verfahren ohne Noth komplizirt und vertheuert werde. Wenn in Sachsen das in Rede stehende System sich in der Praxis bewährt habe, so ständen den dortigen Erfahrungen die Erfahrungen in Preußen gegenüber, wo das dem Entwürfe zu Grunde liegende System des preußischen Gesetzes vom 13. Juli 1883 zu keinerlei Uebelständen geführt habe, obwohl sowohl bei geschlossenem als zersplittertem Grundbesitze die Verhältnisse nicht selten schwierig und verwickelt seien. Nach der Ablehnung des System der Anträge erklärte der Antragsteller, daß er den Antrag unter 1, soweit derselbe die Ansetzung des Termines zur Verkündigung des Vertheilungsplanes betreffe, ferner die übrigen Anträge unter Nr. 2 bis 14 vorläufig zurückziehe. Die Berathung wandte sich darauf den Einzelheiten des § 24 des Entwurfes zu. In dieser Hinsicht lagen folgende weitere Anträge vor: Gebhard 1. den § 24 zu fassen: (Nr 38,1) | „Nachdem . . . eingegangen sind, erläßt das Gericht die Ankündigung des Ver| Prot 1 13826
steigerungstermines."
(NB. Das preußische Gesetz sagt im § 39: „bestimmt das Gericht mit öffentlicher Bekanntmachung den Versteigerungstermin"; diese Fassung soll zum Ausdruck bringen, daß der Versteigerungstermin in der Form des Versteigerungsausschreibens bestimmt wird. Das Gesetz wird durchsichtiger, wenn man die zu erlassende Verfügung im § 24 ihrem Inhalte nach als Ankündigung des Versteigerungstermines bezeichnet (vgl. bad. Einf. Ges. zu den Reichs-Justiz-Gesetzen § 53) und im § 27 nicht von der Veröffentlichung einer Bekanntmachung, sondern von der öffentlichen Bekanntmachung der Ankündigung spricht. — Im § 31 Abs. 2 ist, wie die Bezugnahme auf § 24 und auf § 27 zeigt, unter der „Bekanntmachung" sowohl die Ankündigung als die öffentliche Bekanntmachung der Ankündigung verstanden.) v. Mandry (Nr 40,1)
2. den § 24 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Nach Zustellung der Versteigerungsanordnung hat das Gericht den Versteigerungstermin anzuordnen und die Anordnung öffentlich bekannt zu machen. Die Anordnung soll erst erfolgen, nachdem die im § (17 des Entwurfes) bezeichneten Mittheilungen des Grundbuchamtes eingegangen sind." Der § 24 wurde in folgender Fassung angenommen: Nach Zustellung der Versteigerungsanordnung hat das Gericht den Versteige| Prot 1 13827 | rungstermin zu bestimmen und öffentlich bekannt zu machen. Die Terminsbestimmung soll erst erfolgen, nachdem die im § (17 des Entwurfes) bezeichneten Mittheilungen des Grundbuchamtes eingegangen sind. Man überzeugte sich, daß es nach dem Vorschlage des Antrages unter 2 angemessen sei, die beiden im § 24 des Entwurfes für die Bestimmung und öffentliche Bekanntmachung des Versteigerungstermines aufgestellten Voraussetzungen zu 294
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
trennen, da es bei der Berathung des § 65 des Entwurfes in Frage kommen werde, dem Schuldner ein Widerspruchsrecht gegen die Ertheilung des Zuschlages auch dann einzuräumen, wenn der Versteigerungstermin vor der Zustellung der Versteigerungsanordnung bestimmt und öffentlich bekannt gemacht sei (vgl. § 75 Nr. 1 des preußischen Gesetzes vom 13. Juli 1883). Anlangend die Fassung, so ging die Kommission — entgegen der dem Antrage unter 1 zu Grunde liegenden Auffassung — davon aus, daß es sich nicht um zwei getrennte Beschlüsse, die Terminsbestimmung und den Beschluß der öffentlichen Bekanntmachung, sondern um einen einheitlichen Beschluß, nämlich um den Erlaß des Versteigerungsausschreibens (Versteigerungspatentes), handele. Der im Laufe der Berathung gestellte Antrag, hinter den Worten „das Gericht" die Worte „von Amtswegen" einzuschalten, fand keinen Beifall, da der Zusatz wegen Selbstverständlichkeit entbehrlich sei. II. Unter Hinweis auf die zum § 2 des Entwurfes unter Nr. 3 Abs. 2 und unter Nr. 6 gestellten Anträge (Prot. S. 13674, 13685) und den bei Zurück- | ziehung dieser Anträge gemachten Vorbehalt (Prot. S. 13685ff.) war beantragt, als § 24 a des Entwurfes folgende Vorschrift aufzunehmen: „Ist in Ansehung mehrerer Grundstücke die Zwangsversteigerung angeordnet, so soll auf Antrag des Schuldners der Versteigerungstermin nur für eines oder einige dieser mehreren Grundstücke bestimmt werden, wenn der Schuldner dem Vollstreckungsgerichte glaubhaft macht, daß auch bei solcher Beschränkung durch die Versteigerung die Befriedigung des Gläubigers und die Deckung der Kosten des Verfahrens vollständig herbeigeführt wird. Soweit der Anspruch des Gläubigers aus einer auf den mehreren Grundstücken haftenden Hypothek oder Grundschuld hervorgeht und auf diesen Grundstücken oder einem oder einzelnen derselben gleichstehende oder nachgehende Rechte haften, findet die Vorschrift des ersten Absatzes keine Anwendung." Der Antrag fand nicht die Zustimmung der Kommission. Erwogen war: Wenngleich das von dem Antrage angestrebte Ziel, den Schuldner dagegen zu schützen, daß ihm im Wege der Versteigerung von seinem Grundbesitze mehr entzogen werde, als zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten des Verfahrens erforderlich sei, an sich durchaus Billigung verdiene und dem Gedanken entspreche, auf welchem die Vorschriften des § 708 Abs. 2 und des § 715 Nr. 5 der C.P.O. beruhten, so ständen doch dem von dem Antrage zur Erreichung jenes Zieles eingeschlagenen Wege vom Standpunkte des Interesses des Gläubigers aus überwiegende Bedenken entgegen. Zwar bleibe die Beschlagnahme zur Sicherung | des Gläubigers auch in Ansehung derjenigen Grundstücke bestehen, deren Versteigerung auf Antrag des Schuldners von dem Gerichte ausgesetzt werde; allein, abgesehen davon, daß es nicht unbedenklich sei, dem Gläubiger die an sich demselben zustehende Wahl, aus welchem der mehreren ihm haftenden Grundstücke er seine Befriedigung suchen wolle, zu entziehen (vgl. § 1078 des Entw. des B.G.B.) und diese Wahl in die Hand des Gerichtes zu legen, werde der Gläubiger durch die vorgeschlagene Regelung der Gefahr ausgesetzt, daß seine Befriedigung verzögert werde, da in diesem Stadium sich mit einiger Sicherheit nur selten voraussehen lasse, ob der Erlös aus dem zunächst allein zur Versteigerung gestellten Grundstücke zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten des Verfahrens ausreichen werde. Der Gläubiger habe aber nicht nur ein Interesse daran, 295
| Prot
I 13828
v. Mandry (Nr 37, 3) (u- Nr 40, 2)
| P r o t I 13829
Quellen zur Entstehung des Z V G
daß er überhaupt, sondern auch daran, daß er möglichst bald befriedigt werde. Unter der Beschränkung der Ausführung der Zwangsversteigerung nach Maßgabe des Antrages könne aber außerdem im Hinblick auf die inzwischen auflaufenden Zinsen usw. und auf die mit der Verzögerung der Versteigerung verbundene Vermehrung der Kosten das Interesse der dem betreibenden Gläubiger nachstehenden Gläubiger unter Umständen erheblich leiden. Weiter komme in Betracht, daß in der Praxis, insbesondere in Preußen, obwohl auch dort in verschiedenen Gegenden der Grundbesitz sehr zersplittert sei und daher der in dem Antrage vorausgesetzte Fall, daß der Gläubiger gleichzeitig die Versteigerung mehrerer Grundstücke des Schuldners beantragt habe, häufig vorkomme, ein Bedürfniß, den Schuldner durch eine Vorschrift der beantragten Art zu schützen, nicht hervorgetreten sei. Das eigene Interesse des Gläubigers, das Verfahren nicht zu kompliziren und die Kosten | Prot 1 13830 nicht zu vermehren, weise denselben schon darauf | hin, seine Anträge auf das Nöthige zu beschränken. Eine andere Frage sei es, ob es angemessen sein würde, im Interesse des Schuldners die Ausführung der in Ansehung mehrerer Grundstücke desselben angeordneten Zwangsversteigerung in der Art zu beschränken, daß, wenn nach erfolgter Versteigerung der sämmtlichen in Beschlag genommenen Grundstücke sich herausstelle, daß zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten die Ertheilung des Zuschlags in Ansehung aller Grundstücke nicht erforderlich sei der Zuschlag insoweit versagt werde. Dieser Ausweg werde einerseits dem Interesse des Schuldners gerecht und vermeide andererseits die gegen den Antrag hervorgehobenen Bedenken. Auf den Einwand, daß es dem Kredite des Schuldners schon schädlich sein könne, wenn die Versteigerung der sämmtlichen in Beschlag genommenen Grundstücke öffentlich bekannt gemacht werde, und daß die Möglichkeit der Versagung des Zuschlags die Bietungslust zu vermindern geeignet sei, könne erhebliches Gewicht nicht gelegt werden. Es bleibe indessen besser späterer Prüfung vorbehalten, ob es sich empfehle, eine Vorschrift des angedeuteten Inhalts in das Gesetz aufzunehmen.
III. Der § 25 des Entwurfes lautet: „Die Bekanntmachung des Versteigerungstermines muß enthalten: 1. die Bezeichnung des Grundstückes nach Maßgabe des Grundbuches; 2. Zeit und Ort des Versteigerungstermines; 3. die Angabe, daß die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung zur Beitreibung eines Geldanspruches angeordnet ist; I Prot I 13831 | 4. die Aufforderung an alle diejenigen, welchen ein aus dem Versteigerungserlöse zu befriedigender, zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerkes dem Grunde oder dem Betrage nach aus dem Grundbuche nicht ersichtlicher Anspruch zusteht, spätestens in dem Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten den Anspruch anzumelden und, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht, dem Gerichte glaubhaft zu machen, widrigenfalls der Anspruch bei der Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigt werde und bei der Verkeilung des Versteigerungserlöses gegen die berücksichtigten Ansprüche zurücktrete; 5. die Aufforderung an diejenigen, welche anstatt des Schuldners das Eigenthum an dem Grundstücke oder an einer der beweglichen Sachen, auf welche die Versteigerung sich erstreckt, beanspruchen, vor dem Schlüsse des Versteigerungstermines die Einstellung des Verfahrens oder die Freigebung der beweglichen Sache herbeiZVG-VE
§25
296
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30.3. 1889) z u f ü h r e n , widrigenfalls in Ansehung des Anspruches der Versteigerungserlös an die Stelle des Grundstückes o d e r der beweglichen Sache treten werde." D a z u lagen folgende Anträge vor: 1. zu fassen: a) N r . 1. „die Bezeichnung des Grundstückes nach der im G r u n d b u c h e enthaltenen Bezeichnung oder nach dem Grundbuchblatte;" b) N r . 3. „die Angabe, d a ß die Versteigerung im W e g e der Zwangsvollstreckung erfolge;" c) N r . 4. „die A u f f o r d e r u n g an diejenigen, welchen | ein aus dem Versteigerungserlöse zu befriedigender Anspruch zusteht, diesen Anspruch, soweit derselbe oder dessen Betrag z u r Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerkes aus dem G r u n d b u c h e nicht hervorging, spätestens im Versteigerungstermine vor Schluß der Versteigerung anzumelden und u.s.w." (wie im E n t w ü r f e mit Weglassung der W o r te „dem Gerichte"). d) N r . 5. „die A u f f o r d e r u n g an diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht an dem Grundstücke oder an einer der mitzuversteigernden beweglichen Sachen haben, spätestens im Versteigerungstermine die Einstellung des V e r f a h r e n s in Ansehung der Sache herbeizuführen, widrigenfalls in Ansehung des Rechtes der Versteigerungserlös an die Stelle der Sache treten w e r d e . " 2. den Eingang dahin zu fassen: „Die Ankündigung des Versteigerungstermines muß enthalten:"
Kurlbaum (Nr 26, 2)
I Prot 1 13832
Kurlbaum (Nr 31, 2)
Gebhard (Nr 38, 2)
3. a) dem Eingange folgende Fassung zu geben: „Die A n o r d n u n g des Versteigerungstermines m u ß . . . " b) der N r . 1 in der Fassung des Antrages unter 1 a folgenden Zusatz zu geben: „ . . . sowie die (kurze) Bezeichnung der mit zu versteigernden beweglichen Sachen;" (vergl. § 25 N r . 5 und f ü r die Fassung G r u n d b u c h - O . § 57). c) den Eingang der N r . 5 nach Maßgabe des An-1 träges unter 1 d zu fassen und dann f o r t z u f ü h r e n : „ . . . beweglichen Sachen haben, w e n n dieses Recht z u r Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung aus dem G r u n d b u c h e nicht ersichtlich w a r , (oder im G r u n d b u c h e weder eingetragen noch vorgemerkt war) spätestens im Versteigerungstermine die Einstellung des V e r f a h r e n s herbeizuführen, widrigenfalls in Anseh u n g des Rechtes der Versteigerungserlös an die Stelle der Sache treten werde." (Anm. Beabsichtigt wird die Lösung des Zweifels, ob der in N r . 5 angedrohte Rechtsnachtheil sich auch auf im G r u n d b u c h e vorgemerkte Rechte beziehen soll — vergl. auch Entwurf § 35 — ; bei der Fassung ist davon ausgegangen, d a ß diese V o r m e r k u n g im Sinne des § 844 B.G.B, auch bezüglich der von P f a n d r e c h t und Zwangsvollstreckung ergriffenen beweglichen Sachen möglich sei.) Die Berathung f ü h r t e zu folgenden Ergebnissen: 1. D e r Eingang des § 25 soll lauten: D e r Beschluß, durch welchen der Versteigerungstermin bestimmt wird, muß enthalten: 2. Die N r . 1 w u r d e im Anschlüsse an den § 25 des Entwurfes einer G r u n d b u c h O r d n u n g und den Beschluß § b zu § 14 N r . 3 des z u r Berathung stehenden Entwurfes (Prot. S. 13745) nach M a ß g a b e des Antrages unter 1 a a n g e n o m m e n . Die Aufnahme des in dem Antrage unter 3 b beantragten Zusatzes an dieser Stelle fand keinen Beifall, da es bedenklich sei, dem Zusätze den C h a r a k t e r einer wesentlichen 297
v. Mandry (Nr 40, 3) v. Mandry (Nr 39, 1)
| Prot I 13833 v. Mandry (Nr 39, 2)
Quellen zur Entstehung des ZVG
|ProtI 13834 Vorschrift beizulegen, deren Verletzung die Versagung | des Zuschlages zur Folge habe (vergl. § 65 Nr. 5 des Entw.). Vorbehalten blieb, bei Gelegenheit der Berathung des § 26 darauf zurückzukommen, ob der in Rede stehende Zusatz als Ordnungsvorschrift in den § 26 eingestellt werden solle. 3. Die Nr. 2 des Entwurfes fand keinen Widerspruch. 4. Die Nr. 3 wurde nach Maßgabe des Antrages unter 1 b genehmigt. Die im Entwürfe sich findenden Worte „zur Beitreibung eines Geldanspruches" hielt man für entbehrlich. 5. Die Nr. 4 fand in folgender Fassung die Zustimmung der Kommission: Die Aufforderung an diejenigen, welchen ein aus dem Versteigerungserlöse zu befriedigender Anspruch zusteht, diesen Anspruch, soweit derselbe oder dessen Betrag zur Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung aus dem Grundbuche nicht ersichtlich war, spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls der Anspruch bei der Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigt werde und bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses gegen die berücksichtigten Ansprüche zurücktrete; Die beschlossene Vorschrift, deren Fassung sich im Wesentlichen an den Antrag unter 1 c anschließt, stimmt sachlicht mit dem Entwürfe überein, weicht aber von jenem Antrage in sachlicher Hinsicht darin ab, daß als Zeitgrenze für die Berück| Prot 1 13835 sichtigung der Anmeldungen nicht der Schluß der Ver-| Steigerung, sondern die Aufforderung zur Abgabe von Geboten bestimmt ist. Die Kommission besorgte, daß es zu praktischen Unzuträglichkeiten führen könne und das weitere Verfahren komplizire, wenn nach Feststellung des geringsten Gebotes, welches die Grundlage für das weitere Verfahren bilde, bis zum Schlüsse der Versteigerung beliebig noch neue Anmeldungen erfolgen könnten, da deren Berücksichtigung in vielen Fällen dahin führen würde, daß das geringste Gebot von Neuem festgestellt werden müsse. Aus diesem Grunde sei auch in dem preuß. Gesetze vom 18. Juli 1883 § 40 Nr. 3 — abweichend von dem Entwürfe dieses Gesetzes — auf Anregung der Kommission des preuß. Herrenhauses als Zeitgrenze für die Zulässigkeit der Anmeldungen die Aufforderung zur Abgabe von Geboten bestimmt. Die beschlossene Vorschrift stehe auch mit den oben S. 13824 erwähnten Grundsätzen der Civilprozeßordnung und der Konkurs-Ordnung über die Behandlung der Präklusion nicht im Widerspruche, da nach Feststellung des geringsten Gebotes das Verfahren bis zu einem Stadium fortgeschritten sei, in welchem — wenigstens in vielen Fällen — ohne Verrückung der für das weitere Verfahren geschaffenen Grundlage neue Ansprüche nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Von selbst verstehe es sich übrigens, daß, wenn aus besonderen Gründen, z. B. in Folge der Zurücknahme des Versteigerungsantrags von Seiten des bestberechtigten Gläubigers, die neue Feststellung des geringsten Gebotes erforderlich werde, auch nachträglich erfolgte Anmeldungen bei dieser neuen Feststellung berücksichtigt werden müßten, bis von Neuem zur Abgabe von Geboten aufgefordert werde. | Prot 1 13836 | Ob es angemessen sei, nach dem Vorbilde des preuß. Gesetzes vom 18. Juli 1883 § 61 mit dem Entwürfe § 53 zu bestimmen, daß die Aufforderung zur Abgabe von Geboten erst erfolgen dürfe, wenn seit dem Beginn des Versteigerungstermines mindestens eine Stunde verflossen ^ei, bleibe späterer Prüfung vorbehalten, da jene Frage mit der hier in Rede stehenden in einem entscheidenden Zusammenhange nicht stehe. 298
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
6. An Stelle der Nr. 5 wurde im Anschlüsse an den Vorschlag des Antrages 1 d die Aufnahme folgender Vorschrift beschlossen: Die Aufforderung an diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht an dem Grundstücke oder an einer der mitzuversteigernden beweglichen Sachen haben, spätestens im Versteigerungstermine die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls in Ansehung des Rechtes der Versteigerungserlös an die Stelle des Grundstückes oder der beweglichen Sache treten werde. Der Antrag unter 3 c war im Laufe der Berathung zurückgezogen. Man überzeugte sich, daß die Fassung des Entwurfes zu eng sei, da nicht nur Eigenthumsansprüche, sondern auch andere der Versteigerung entgegenstehende Rechte in Frage kommen könnten (vergl. § 107 Abs. 41, § 871 Abs. 2, § 1829 des Entw. des B.G.B.2), und daß es deshalb richtiger sei, sich an den § 690 der Civilprozeßordnung anzuschließen. Auch insofern verdiene der Antrag 1 d den Vorzug, als derselbe, soviel die beweglichen Sachen betreffe, nicht die Herbeiführung der Freigebung der beweglichen Sache als die einzig zulässige | Maßregel hin- | Prot 1 13837 stelle, sondern auch für diese Sachen die Herbeiführung der Einstellung des Verfahrens (vergl. § 690 Abs. 3 der C.P.O.) berücksichtige; die Einstellung des Verfahrens ohne sofortige Freigabe der Sachen auszuschließen, liege kein Grund vor. Der in dem Antrage 1 d sich findende Zusatz „in Ansehung der Sache", welcher zum Ausdruck bringen solle, daß die Einstellung des Verfahrens in Ansehung derjenigen Sache (des Grundstückes oder der beweglichen Sache) herbeizuführen sei, an welcher das der Versteigerung entgegenstehende Recht in Anspruch genommen werde, und daß andererseits eine solche nur theilweise Einstellung genüge, sei jedoch entbehrlich (vergl. den Schluß der beschlossenen Vorschrift „an Stelle des Grundstükkes oder der beweglichen Sache") und insofern irreführend, als er möglicherweise lediglich auf die beweglichen Sachen bezogen werde. Vorbehalten blieb übrigens, auf die Nr. 5 des § 25 in Ansehung der beweglichen Sachen nach der Berathung des § 39 des Entwurfes zurückzukommen. Sollte der Vorschlag des Entwurfes § 39 Abs. 1 angenommen werden, daß die Versteigerung sich nur auf die für den Gläubiger in Beschlag genommenen beweglichen Sachen erstrecke, so würde, da nach dem zu § 19 Abs. 2 des Entwurfes gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 13774) in Verbindung mit dem § 1067 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches solche bewegliche Sachen, welche nicht in das Eigenthum des Schuldners gelangt sind, von der Beschlagnahme überhaupt nicht betroffen würden, die Vorschrift der Nr. 5 in Ansehung der beweglichen Sachen regelmäßig gegenstandslos seien und nur noch für die besonderen Fälle praktische Bedeutung haben, in welchen ein Dritter an der in das Eigenthum des Schuldners gelangten beweglichen Sache ein der Versteigerung entgegen-1 stehendes Recht (vergl. § 107 Abs. 4, § 1829 | Prot 1 13838 des Entw. des B.G.B.) in Anspruch nehme. Einvernehmen bestand, daß bei der hier in Rede stehenden Vorschrift Forderungen nicht in Frage kämen, da, soweit dieselben dem Schuldner nicht mehr zuständen, sondern mit Wirksamkeit gegenüber dem Gläubiger auf einen Anderen übertragen seien, die Versteigerung sich auf sie nicht erstrecke. In Veranlassung des Antrages unter 3 c kam zur Sprache, ob die in der Nr. 5 bezeichnete Aufforderung sich auch auf eingetragene Rechte beziehen solle. Die Kommission entschied sich für die Bejahung der Frage; jedoch ging man davon aus, «Vgl. S§ 135 f. BGB. Vgl. § 2115 BGB.
2
299
Quellen zur Entstehung des ZVG es müsse an einer anderen Stelle durch eine geeignete Vorschrift klar gestellt werden, daß, wenn ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht aus dem Grundbuche ersichtlich sei, das Vollstreckungsgericht dasselbe von Amtswegen berücksichtigen solle und der eingetragene Berechtigte nicht genöthigt werde, die Einstellung des Verfahrens nach Maßgabe des § 690 der Civilprozeßordnung herbeizuführen (vergl. §§ 18, 35 des Entw.). Werde aber das Verfahren fortgesetzt und zu Ende geführt, so fände das Präjudiz der Nr. 5 auch auf eingetragene Rechte Anwendung. Die N r . 5 setze, wie sich aus den Worten „der Versteigerungserlös" ergebe, voraus, daß es zu der Versteigerung überhaupt komme. ZVG-VE S 26
IV. Die Berathung ging über zu dem § 26 des Entwurfes, welcher lautet: „Die Bekanntmachung des Versteigerungstermines soll enthalten: 1. Nachrichten über die Größe des Grundstückes, wenn dasselbe aus mehreren |ProtI 13839 Flächen besteht, | welche im Flurbuche besondere Nummern führen, das Gesamtmaß dieser Flächen; 2. bei Grundstücken, welche zur Besteuerung veranlagt sind, den bei der Veranlagung zu Grunde gelegten Reinertrag oder Nutzungswerth; 3. die Bezeichnung desjenigen, welcher im Grundbuche als Eigenthümer eingetragen steht." D a z u lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum 1. a) Nr. 3 als N r . 1, N r . 1 als Nr. 2 einzustellen mit der Fassung: „Die Angabe (Nr 26, 3) der Größe des Grundstückes;" b) unter Streichung der Nr. 2 zuzusetzen: „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß die Bekanntmachung noch andere Angaben über das Grundstück enthalten soll." 2. a) den Eingang zu fassen: Gebhard (Nr 38, 3) „Die Ankündigung des Versteigerungstermines soll enthalten:" Gebhard b) in Nr. 3 am Schlüsse zu setzen: „ . . . eingetragen ist." (Nr 38, 4) Rüger 3. an geeigneter Stelle einzufügen: (Nr 41, 2) „die nach § 23 a ermittelte Schätzungssumme." 4. als neue Nr. einzustellen: „die kurze Bezeichnung der mitzuversteigernden beweglichen Sachen." Beschlossen wurde die Aufnahme folgender Vorschrift: D e r Beschluß, durch welchen der Versteigerungstermin bestimmt wird, soll enthalten : 1. die Bezeichnung desjenigen, welcher im Grundbuche als Eigenthümer eingetragen ist; 2. die Angabe der G r ö ß e des Grundstückes; | Prot I 13840 3. die kurze Bezeichnung der mit dem Grundstücke | zu versteigernden Gegenstände. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß der Beschluß noch andere Angaben über das Grundstück enthalten soll. Mit Rücksicht auf den zweiten Abs. der angenommenen Vorschrift wurde der Antrag unter 3 (vergl. dazu den Prot. S. 13814 mitgetheilten § 2 3 a) zurückgezogen. Die beschlossene Vorschrift hatte, abgesehen von der Nr. 3, keinen Widerspruch erfahren. Anlangend die Nr. 3, so hielt die Mehrheit die Aufnahme derselben zum Zwecke der Information der Bieter für zweckmäßig. D e r Einwand, die Bezeich300
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
nung der in Rede stehenden Gegenstände in dem Versteigerungsausschreiben erwecke den Anschein, als ob für das Vorhandensein jener Gegenstände eingestanden werden solle, und sei deshalb geeignet, das Publikum irre zu führen, erachtete man nicht für durchschlagend. Um auch die mit dem Grundstücke zu versteigernden Forderungen zu treffen, wurde in der Nr. 3 der Ausdruck „Gegenstände" gewählt. V. Der § 27 des Entwurfes lautet: ZVG-VE „Die Bekanntmachung des Versteigerungstermines ist von Amtswegen zu veröf- § 27 fentlichen: 1. durch Anheftung an die Gerichtstafel; 2. durch Einrückung in das Blatt, welches zur Veröffentlichung amtlicher Bekanntmachungen des Gerichtes bestimmt ist. Ist das Gericht in Gemäßheit des § 5 Abs. 2 zum Vollstreckungsgerichte bestellt worden, so ist die Anheftung an die Gerichtstafel bei allen betheiligten Amtsgerichten zu bewirken. Das Gericht bestimmt, wie oft und in welchen Zwi-1 schenräumen die Einrük- |ProtI 13841 kung in das unter Nr. 2 bezeichnete Blatt erfolgen soll. Das Gericht kann von Amtswegen oder auf Antrag noch andere Arten der Veröffentlichung anordnen. Jeder Betheiligte ist befugt, die Bekanntmachung auf seine Kosten zu veröffentlichen. Bei Grundstücken geringeren Werthes kann die Einrückung in das unter Nr. 2 bezeichnete Blatt ersetzt werden durch Anheftung an die zu öffentlichen Bekanntmachungen bestimmte Stelle der Gemeinde, in deren Bezirk das Grundstück belegen ist." Dazu waren folgende Anträge gestellt: 1. a) Abs. 1 Nr. 2 zu fassen „durch Einrückung in das zur Veröffentlichung amtlicher Bekanntmachungen des Gerichtes bestimmte Blatt" (vergl. K.O. § 68). b) Abs. 6 zu fassen: „Bei Grundstücken geringeren Werthes kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag anordnen, daß an Stelle der Einrückung in das im ersten Absätze unter Nr. 2 bezeichnete Blatt die Anheftung . . . der Gemeinde erfolgen soll, in deren Bezirke das Grundstück belegen ist." c) aus Abs. 3, 4, 5 einen besonderen § 27 a zu bilden. 2. a) den Eingang des § 27 zu fassen: „Die Ankündigung des Versteigerungstermines ist von Amtswegen öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt:" (vergl. C.P.O. 717 Abs. 3, 842; B.G.B. S S 52, 1439 3 ). | b) in dem nach dem Antrage unter 1 c aus Abs. 3, 4, 5 des S 27 zu bildenden S 27 a: a ) im Abs. 2 zu setzen statt „andere Arten der Veröffentlichung" „andere Arten der öffentlichen Bekanntmachung". ß) den Abs. 3 zu fassen: „Jeder Betheiligte ist berechtigt, die Ankündigung auf seine Kosten zu veröffentlichen."
Kurlbaum (Nr 26, 4)
Gebhard (Nr 38, 5) |ProtI 13842 Gebhard (Nr 38, 6)
3. den Abs. 6 zu streichen und statt dessen dem Abs. 4 zuzufügen: v. Mandry „ . . . , auch bei Grundstücken unbedeutenden Werthes an Stelle der im Abs. 1 unter (Nr 40, 4) 3
Vgl. SS 50, 1562 BGB. — Im metallographierten Antrag ist § 1439 E I nicht mitzitiert. 301
Quellen zur Entstehung des ZVG
Nr. 2 bezeichneten Veröffentlichung die Veröffentlichung auf andere ortsübliche Weise in der Gemeinde, in welcher das Grundstück belegen ist (anordnen)." Der Antrag unter 3 wurde im Laufe der Berathung zurückgezogen. Man verständigte sich dahin, den § 27, welcher in sachlicher Hinsicht von keiner Seite beanstandet wurde, durch folgende Vorschriften zu ersetzen: §27. Die öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses erfolgt: 1. durch Anheftung an die Gerichtstafel; 2. durch Einrückung in das Blatt, welches zur Veröffentlichung amtlicher Bekanntmachungen des Gerichtes bestimmt ist. Ist das Gericht in Gemäßheit des § (5 Abs. 2 des Entw.) zum Vollstreckungsgerichte bestellt, so ist die Anheftung an die Gerichtstafel bei allen betheiligten Amtsgerichten zu bewirken. | Prot 1 13843 | Bei Grundstücken geringeren Werthes kann das Gericht anordnen, daß statt der Einrückung in das im ersten Absätze unter Nr. 2 bezeichnete Blatt die Anheftung in der Gemeinde, in deren Bezirke das Grundstück belegen ist, an die zu öffentlichen Bekanntmachungen bestimmte Stelle erfolgen soll. § 2 7 a . Das Gericht bestimmt, wie oft und in welchen Zwischenräumen die Einrückung in das im § 27 Abs. 1 Nr. 2 bezeichnete Blatt erfolgen soll. Das Gericht kann von Amtswegen oder auf Antrag noch andere Arten der öffentlichen Bekanntmachung anordnen. Jeder Betheiligte ist berechtigt, den Beschluß auf seine Kosten zu veröffentlichen. Anlangend den Abs. 3 des beschlossenen § 27, so hielt man es für zu formalistisch, mit dem Antrage unter 1 b in dem in Rede stehenden Falle einen Antrag vorauszusetzen. Um der mißbräuchlichen, den Zweck des Gesetzes gefährdenden Praxis zu begegnen, in allen Fällen zugleich den Aushang in der Gemeinde zu bewirken, damit auf diese Weise etwaige Mängel der regelmäßig vorgeschriebenen öffentlichen Bekanntmachung gedeckt würden, genüge es, wenn die im Abs. 3 vorgesehene Art der Bekanntmachung von einer besonderen Anordnung des Gerichtes abhängig gemacht werde.
821. Sitzung vom 3. 11. 1888, Schriftführer: Ege | Prot I 13845
| Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Folgendes wurde verhandelt:
Rüger (Nr 41,1)
I. Beantragt war, als § 23 a zu bestimmen: ^Die Landesgesetze können vorschreiben, daß nach der Anordnung der Zwangsversteigerung der Werth des Grundstückes schätzungsweise zu ermitteln ist." Dem Antrage war die Bemerkung beigefügt: „Im sächsischen Rechte ist im Verordnungswege bestimmt, daß die Schätzung der Regel nach den bei dem Vollstreckungsgerichte für derartige Schätzungen im Allgemeinen in Pflicht stehenden Sachverständigen, bei Landgrundstücken den Ortsgerichtspersonen, d. i. Personen, welche auch sonst, namentlich in Sachen der nichtstreitigen Rechtspflege, als Urkundspersonen der Gerichte dienen, aufzutra302
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
gen sei. Die Sachverständi-1 gen sollen ihrem Gutachten eine kurze Beschreibung des Grundstückes beifügen." Hierzu lagen die Anträge vor: 1. dem § 23 a zuzusetzen: „und die Grundsätze bestimmen, nach welchen der Werth festzustellen ist." oder „und die für die Ermittelung des Werthes maßgebenden Grundsätze bestimmen." (Vergl. B.G.B. § 1664 Abs. 2; Einf. Ges. Art. 841.) 2. den § 23 a zu fassen: „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß und nach welchen Grundsätzen vor der Versteigerung der Werth des Grundstückes festgestellt werden soll und daß, soweit es in dem Verfahren auf den Werth des Grundstückes ankommt, die erfolgte Feststellung, vorbehaltlich des Nachweises eines anderen Werthes, maßgebend sein soll. Durch die Feststellung des Werthes darf die Versteigerung nicht verzögert werden." Beschlossen wurde, Stellung vorbehalten: Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß und nach welchen Grundsätzen vor der Versteigerung der Werth des Grundstückes festgestellt werden soll; durch die Feststellung des Werthes darf die Versteigerung nicht verzögert werden. Erwogen war: Der Antrag bezwecke an Stelle der abgelehnten reichsgesetzlichen Vorschrift (Prot. S. 13814) einen Vorbehalt für die Landesgesetzgebung dahin, daß dieselbe die schätzungsweise Ermittelung des Werthes des zu versteigernden Grundstückes vor der Versteigerung und zur Vorbereitung derselben vorschreiben könne. Insoweit | stehe dem beantragten Vorbehalte ein Bedenken nicht entgegen. Es müsse für denselben nur eine Fassung gewählt werden, durch welche außer Zweifel gestellt werde, einmal, daß die Landesgesetzgebung auch die Grundsätze bestimmen könne, nach welchen für den bezeichneten Zweck die Werthsermittelung stattfinden soll (z. B. Ermittelung des Werthes auf Grund früherer Schätzungen oder der Steuerveranlagung, durch Vergleichung der in einer bestimmten Periode erzielten Verkaufs- oder Pachtpreise usw.), sodann, daß der landesgesetzlichen Vorschrift nur eine instruktionelle Bedeutung und der gemäß derselben erfolgenden Werthsermittelung nur die Bedeutung einer Information für die Bieter beiwohne. Die Klarstellung in dieser doppelten Richtung werde erreicht durch den Anschluß an den Antrag Nr. 2 Satz 1 (vergl. Antrag Nr. 1, B.G.B. § 1664 Abs. 2, Einf. Ges. Art. 84 Nr. 1). Der Antrag Nr. 2 zweite Hälfte beruhe auf der Annahme, daß Fälle in Betracht kommen, in welchen nach dem Reichsgesetze über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen der Werth des Grundstückes von Bedeutung werde (vergl. Entw. § 108, § 57). Ob und inwieweit der jetzt gemachte Vorbehalt auch für diese Fälle Bedeutung bekommen solle, darüber sei erst später zu befinden. Der beschränkte Zweck des jetzt gemachten Vorbehaltes lasse sich aus seiner Fassung erkennen. II. Es lag der weitere Antrag vor, zu bestimmen: „Ein nach dem § . . . (Beschluß zum § 27 Abs. 1, 2, 6), Prot. S. 13842, anzuheftendes Schriftstück soll bis zum Versteigerungstermine angeheftet bleiben. Auf die Gültigkeit der öffentlichen Bekanntmachung hat es | keinen Einfluß, wenn das anzuheftende Schriftstück von dem Orte der Anheftung zu früh entfernt ist." 1
Vgl. §§ 1533, 1687 BGB; Art. 64 EGBGB.
303
I P r o t i 13846
Gebhard (Nr 44)
Kurlbaum (Nr 42)
I P r o t i 13847
I P r o t i 13848
Quellen zur Entstehung des ZVG
(Sächs. Ges. § 91, C.P.O. § 189 Abs. 3, § 826.) Der Antrag wurde angenommen und beschlossen, die Bestimmung als vierten Absatz dem aus den Absätzen 1, 2 und 6 des § 27 des Entwurfes gebildeten § 27 anzuschließen. Man hatte erwogen: Die zum § 27 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 des Entwurfes beschlossenen Vorschriften, daß die öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses, durch welchen der Versteigerungstermin bestimmt werde, neben der Einrückung in ein gewisses Blatt durch Anheftung an die Gerichtstafel und bei Grundstücken geringeren Werthes an die für Bekanntmachungen bestimmte Stelle in der betreffenden Gemeinde erfolgen solle, hätten allerdings nicht die Bedeutung, daß, wenn die Anheftung einmal erfolgt sei, das Verbleiben des Schriftstückes an der Stelle der Anheftung bis zum Versteigerungstermine oder eine gewisse Zeit hindurch als wesentlich für die öffentliche Bekanntmachung anzusehen sei. Die Absicht der Kommission bei der Berathung des § 27 sei vielmehr dahin gegangen, daß, wenn in concreto die Anheftung als erfolgt anzusehen sei, entsprechend den ähnlichen Vorschriften der C.P.O. § 189 Abs. 3, § 826, die Gültigkeit der Bekanntmachung davon, daß das betreffende Schriftstück bis zum Versteigerungstermine oder während einer gewissen Zeit angeheftet bleibe, unabhängig sein müsse. Immerhin erscheine es räthlich, dies mit dem Antrage Satz 2 auszusprechen, um jeden Zweifel in der erwähnten Richtung auszuschließen. Dabei empfehle es sich, mit dem Antrage Satz 1 die Ordnungsvorschrift vorauszu| Prot 1 13849 schicken, daß das anzuheftende Schriftstück bis zum Ver-1 steigerungstermine angeheftet bleiben soll. Auch dies liege im Sinne der zu § 27 des Entwurfes gefaßten Beschlüsse. Durch die Ordnungsvorschrift werde das Vollstreckungsgericht darauf hingewiesen, daß es für das Verbleiben des Schriftstückes an seiner Stelle und allenfalls für dessen Erneuerung zu sorgen habe. ZVG-VE § 28
III. Der § 28 des Entwurfes lautet: „Zwischen dem Tage, an welchem die erste Einrückung der Bekanntmachung in das im § 27 bezeichnete Blatt oder die Anheftung derselben in der Gemeinde erfolgt ist, und dem Versteigerungstermine muß ein Zeitraum von mindestens sechs Wochen liegen. Der Zeitraum soll drei Monate nicht überschreiten. Unter besonderen Umständen kann er bis zu sechs Monaten ausgedehnt werden. Das Gericht bestimmt nach seinem Ermessen, ob der Versteigerungstermin an der Gerichtsstelle oder an einem anderen Orte des Gerichtsbezirkes stattfinden soll." Beantragt war, Kurlbaum 1. § 28 Abs. 1 — hinter § 26 einzuschalten — : (Nr 26, 5) „Der Versteigerungstermin soll nicht über drei Monate hinaus bestimmt werden; unter besonderen Umständen darf er auf sechs Monate hinaus bestimmt werden." Abs. 1 a an § 27 anzuschließen: „Die Frist zwischen dem Versteigerungstermine und dem Tage, an welchem die erste Einrückung des Beschlusses2 in das im § 27 Abs. 1 Nr. 2 bezeichnete Blatt oder im Falle des § 27 Abs. 3 die Anheftung derselben in der Gemeinde erfolgt ist (Ver| Prot 1 13850 steigerungsfrist), muß mindestens sechs Wo- | chen betragen." Abs. 2 hinter § 26 einzuschalten. 2
Im metallographierten Antrag von Kurlbaum heißt es statt „des Beschlusses" „der Bekanntmachung".
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889) v. Mandry 2. a) die in Antrag Nr. 1 als ersten Absatz vorgeschlagene Vorschrift zu fassen: „Der Versteigerungstermin soll nur unter besonderen Umständen über drei M o - (Nr 40, 5) nate und in keinem Falle über sechs Monate hinaus bestimmt werden." b) den Abs. 1 des Entw.; Abs. 1 a des Antrages Nr. 26 hier zu streichen (behufs Aufnahme in veränderter Fassung im § 65 des Entw.). 3. a) im Abs. 1 statt „die erste Einrückung der Bekanntmachung" zu setzen „die Gebhard (Nr 38, 7) erste Einrückung des Beschlusses" 3 . (vergl. C . P . O . § 8 4 2 ; B.G.B. § 15). b) Abs. 2. Strich von „nach seinem Ermessen". (vergl. § 27 Abs. 3) D e r Antrag Nr. 2 lit. b wurde abgelehnt, im Uebrigen beschlossen: Zu Abs. 1 — Annahme des Antrages N r . 2 lit. a mit Stellung hinter § 26 als § 26 a, sowie des unter Nr. 1 beantragten Abs. 1 a als besonderen Pragraphen hinter §27. Zu Abs. 3 — Annahme des Entwurfes mit Weglassung der W o r t e „nach seinem Ermessen" mit Stellung hinter § 26 a als § 26 b. Die Kommission erwog: In erster Linie sei eine Bestimmung zu treffen über die Zeit, auf welche hinaus der Versteigerungstermin von dem Vollstreckungsgerichte anberaumt werden dürfe, eine Bestimmung, welche für das Gericht bei der Anberaumung des Termines maßgebend sei, deren Einhaltung jedoch nicht für das Verfahren wesentlich sein könne (vergl. preuß. Gesetz § 42). Diese Bestimmung (vergl. Entw. Abs. 1 Satz 2 und 3) sei in der Fas-1 sung des Antrages N r . 2 lit. a dahin zu treffen, daß der V e r - | Prot 1 13851 steigerungstermin nur unter besonderen Umständen über drei Monate und in keinem Falle über sechs Monate hinaus bestimmt werden solle. Ihre richtige Stellung erhalte sie hinter § 26 (vor § 27), indem es sich, wie bemerkt, nur um die Anberaumung des Versteigerungstermines, nicht um die Bekanntmachung desselben handele. Sodann sei eine Vorschrift nöthig, wie sie der Entwurf Abs. 1 Satz 1 in V o r schlag bringe, wodurch bestimmt werde, welche Frist zwischen dem Versteigerungstermine und dem T a g e , an welchem die erste Einrückung der Bekanntmachung in das in § 27 Abs. 1 Nr. 2 bezeichnete Blatt oder im Falle des § 27 Abs. 3 (d. h. des Entwurfes § 27 Abs. 6, vergl. Prot. S. 13843) die Anheftung derselben in der Gemeinde erfolgte, liegen müsse, damit die öffentliche Bekanntmachung als rite erfolgt gelten könne. Hier stehe eine wesentliche Vorschrift in Frage, von deren Einhaltung im einzelnen Falle die Zulässigkeit der Ertheilung des Zuschlages abhänge (vergl. Entw. § 65 Nr. 5, § 66). Es empfehle sich nicht, mit dem Antrage N r . 2 lit. b, diese Vorschrift nach dem Vorgange des preußischen Gesetzes (§ 75 Nr. 6) erst unter den Vorschriften über die Voraussetzungen, bei deren Zutreffen die E r theilung des Zuschlagsurtheiles zu versagen sei, zu treffen. Vielmehr sei sie mit dem Antrage N r . 1 (zu Abs. 1 a) hier, und zwar am besten als besonderer Paragraph hinter § 27 einzureihen (vergl. C . P . O . §§ 827, 847). Durch den Anschluß an den Antrag Nr. 1 gewinne man noch den Vortheil, daß man für die erwähnte Frist einen in anderen Bestimmungen des Gesetzes zu gebrauchenden technischen Ausdruck — Versteigerungsfrist — schaffen könne. Die Bestimmung des Entwurfes Abs. 2 müsse gleich-1 falls hinter § 26 eingereiht | Prot 1 13852 werden, indem der Beschluß, wo der Versteigerungstermin stattfinden solle, einen 3
Im metallographierten Antrag heißt es statt „Beschlusses" „Ankündigung". — Zu § 15 E I vgl. S. 4, Fn. 1, der auf amtliche Veranlassung besorgten Ausgabe des E II. 305
Quellen zur Entstehung des ZVG
Theil des Beschlusses über die Bestimmung des Termines (§§ 24, 25) bilde. Daß das Gericht den Ort des Versteigerungstermines nach Maßgabe des Abs. 3 nach seinem Ermessen bestimme, verstehe sich hier ebenso von selbst, wie in dem ähnlichen Falle des Entwurfes § 27 Abs. 3. ZVG-VE IV. Der § 29 des Entwurfes in der vom Referenten berichtigten Fassung lautet: § 29 „Die bei Erlassung der Bekanntmachung vorhandenen Betheiligten sind zu dem Johow Versteigerungstermine durch Zustellung der Bekanntmachung zu laden. Zwischen (Nr 1, 5) j e m Tage der Zustellung und dem Termine muß ein Zeitraum von zwei Wochen liegen. Mit der Ladung ist den Betheiligten mitzutheilen, von wem und wegen welchen Anspruches die Zwangsversteigerung betrieben wird. Tritt später ein anderer Gläubiger dem Verfahren bei, so soll dies den Betheiligten mitgetheilt werden, soweit es noch vor dem Versteigerungstermine thunlich. Einer Beurkundung der Zustellung bedarf es nicht." 4 Beantragt war: Kurlbaum 1. den § 29 Abs. 2 als § 29 a zu fassen 5 : (Nr 26,6) „Das Vollstreckungsgericht soll auch den außer dem Gläubiger und dem Schuldner vorhandenen Betheiligten mittheilen, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt. (Wird nach dieser Mittheilung der Beitritt eines Gläubigers zu dem Verfahren zugelassen, so soll die Mittheilung ergänzt |ProtI 13853 werden.) Die Be-| urkundung der Zustellung dieser Mittheilungen ist nicht erforderlich." Gebhard 2. den § 29 zu fassen 6 : (Nr 38, 8) „Der Beschluß ist den bei Erlassung desselben vorhandenen Betheiligten zuzustellen. Zwischen der Zustellung und dem Versteigerungstermine muß ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegen. Das Vollstreckungsgericht soll den Betheiligten, mit Ausnahme des Schuldners und des etwa neu eingetretenen Eigenthümers des Grundstückes, mittheilen, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt. Einer Beurkundung über die Bewirkung dieser Mittheilungen bedarf es nicht." (NB. Im Falle des Abs. 1 handelt es sich um keine Ladung, — im Falle des Abs. 2 um keine „Zustellung" im technischen Sinne. Zu Abs. 1 Satz 2 vergleiche bezüglich der Fassung § 194 C.P.O.) 3. im § 29 Abs. 1 hinter „Betheiligten" einzuschalten: „sowie diejenigen Behörden oder Personen, welchen die Einhebung der im § 92 Nr. 2, 4, 5 bezeichneten Leistungen obliegt." 4
Abs. 2 Satz 2 lautet in der gedruckten Fassung als Abs. 3: „Einer Beurkundung der Ladung bedarf es nicht." 5 Ferner lagen noch folgende metallographierte Anträge vor: a) Antrag von Rüger (Nr. 46): In §29 an geeigneter Stelle einzufügen: Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß der Beschluß außer den Betheiligten auch denjenigen Behörden oder Personen zuzustellen ist, welchen die Einhebung der in § 92 Ziff. 2, 4, 5 bezeichneten Leistungen obliegt. b) Unterantrag von v. Mandry zum Antrag von Rüger (Antrag Nr. 47, 1): Durch die Landes-Justizverwaltung kann angeordnet werden, daß von dem Beschlüsse gewissen Behörden Mittheilung gemacht werde. 6 Der Eingang des Antrags lautet in der Metallographie: „Die Ankündigung ist den bei Erlassung derselben . .
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Beschlossen wurde, unter Ablehnung des Antrages 3: Der Beschluß ist den bei Erlassung desselben vorhandenen Betheiligten zuzustellen. Zwischen der Zustellung und dem Versteigerungstermine muß ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen liegen. Das Vollstreckungsgericht soll den Betheiligten mittheilen, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolgt. Die Beurkundung dieser Mittheilung ist nicht erforderlich. | Erwogen war: | Prot 1 13854 Der sachliche Inhalt der im Absatz 1 des Entwurfes enthaltenen Vorschrift könne nicht beanstandet werden (vergl. Entw. § 65 Nr. 3). In der Fassung habe man sich dem Antrage Nr. 2 anzuschließen; dadurch gelange zum Ausdrucke, daß es sich nicht um eine Ladung, eine Aufforderung zum Erscheinen handele. Nothwendig sei nur die Zustellung des Beschlusses (§§ 24, 25). Der in dem Antrage Nr. 3 vorgeschlagene Zusatz könne nicht aufgenommen werden. Möge der Vorschlag auch nur das enthalten, was in vielen deutschen Landesgesetzen vorgeschrieben sei, so komme dagegen in Betracht, daß sich in Preußen die Durchführung einer ähnlichen, früher bestandenen Vorschrift als mit erheblichen Schwierigkeiten bezw. als mit zu großer Belästigung für die Gerichte und mit zu großen Kosten verknüpft herausgestellt habe, und deshalb die betreffende Bestimmung längst aufgehoben worden sei. Das Vollstreckungsgericht sei, soweit Preußen in Frage stehe, in der That in Ansehung zahlreicher und wichtiger Klassen der in Betracht kommenden Abgaben und Lasten (vergl. z. B. § 92 Nr. 2, 5) nicht in der Lage, von sich aus zu wissen oder zu ermitteln, ob das zur Versteigerung stehende Grundstück in einem Verhältnisse stehe, aus welchem derartige Abgaben und Lasten sich ergeben. An sich sei es Aufgabe der betreffenden Behörden und Kassen, welchen die Erhebung der Abgaben obliege, darauf zu achten, insbesondere durch Nachlesen der öffentlichen Blätter ihres Bezirkes, ob ein Grundstück zur Versteigerung stehe, auf welchem derartige Abgaben ruhen. Allerdings habe man in Preußen das Bedürfniß empfunden, dieses Geschäft den fraglichen Behörden und Kassen zu erleichtern. Zu diesem Zwecke seien im Wege der Justizverwaltung Ministerial-1 Verfügungen er- |ProtI 13855 gangen, durch welche die Gerichte angewiesen werden, diejenigen Kassen von der Versteigerung zu benachrichtigen, welche ihnen von der zuständigen Verwaltungsbehörde bezeichnet werden. Es handele sich also um eine Anordnung der Justizverwaltung im Interesse der Geschäftserleichterung für die betreffenden Kassen und Behörden. Ob es nothwendig oder zweckmäßig sei, in dieser Richtung für die Landesgesetzgebung oder für die Landes-Justizverwaltung einen Vorbehalt zu beschließen, könne zunächst dahingestellt bleiben, da ein dahin gehender Antrag nicht vorliege. In keinem Falle gehe es an, die Zustellung reichsgesetzlich vorzuschreiben. Die Bestimmung des zweiten Absatzes bezwecke, durch die Mittheilung, auf wessen Antrag und wegen welcher Ansprüche die Versteigerung erfolge, den zur Zeit dieser Mittheilung vorhandenen und an derselben interessirten Betheiligten eine gewisse Grundlage für die Prüfung zu verschaffen, inwieweit ihre Rechte durch das Verfahren berührt werden (vergl. bes. Entw. § 49 Abs. 2). Es handele sich nicht um eine wesentliche Vorschrift, von deren Einhaltung die Gültigkeit des Verfahrens abhänge, was im Anschluß an die Fassung des Antrages Nr. 1 Satz 1, 3 (vergl. Antrag 2) zum Ausdruck zu bringen sei. Nicht erforderlich erscheine auch, gewisse Betheiligte auszunehmen (Anträge Nr. 1,2). Soweit das Vollstreckungsgericht davon ausgehen dürfe, daß gewisse Betheiligte, z. B. der Schuldner, ein neuer Eigenthümer oder ein Gläubiger, schon unterrichtet seien, werde es die Mittheilung 307
Quellen zur Entstehung des ZVG
ohnehin unterlassen. Gehe es in seiner Annahme einmal fehl, so habe das, wie bemerkt, keinen Einfluß auf das Verfahren. Die Aufnahme des zweiten Satzes des zweiten Absatzes des Entwurfes sei entbehrlich. Aus der angenommenen Fassung des Antrages Nr. 1 erhelle schon, daß | Prot 1 13856 das | Vollstreckungsgericht nicht, wie der Entwurf Abs. 1 Satz 1 bestimme, gleichzeitig mit der im Abs. 1 bestimmten Zustellung die Mittheilung zu bewirken habe, sondern dies, wenn es sich als zweckmäßig oder wegen des späteren Beitrittes eines Gläubigers als nöthig erweise, auch später thun könne.
ZVG-VE § 30
V. Der § 30 des Entwurfes lautet: „Bis zum Versteigerungstermine hat der Gerichtsschreiber des Vollstreckungsgerichtes einem Jeden auf Verlangen die Einsicht des Auszuges aus dem Steuerbuche, der Mittheilungen des Grundbuchamtes, etwaiger Abschätzungen und anderer das Grundstück betreffender Nachweisungen, sowie gestellter Versteigerungsbedingungen während der Dienststunden zu gestatten. Jeder Betheiligte ist befugt, Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen zu den Vollstreckungsakten einzureichen." Kurlbaum Beantragt war, den § 30 zu fassen: (Nr 26, 7) „Jeder Betheiligte ist befugt, Abschätzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen dem Vollstreckungsgerichte einzureichen. Die eingereichten Nachweisungen sowie die Mittheilungen des Grundbuchamtes sollen zur Einsicht für Jedermann auf der Gerichtsschreiberei niedergelegt werden." Der Antrag wurde angenommen. Man überzeugte sich, daß die Fassung des Antrages insofern derjenigen des Entwurfes vorzuziehen sei, als sie die Befugniß der Betheiligten, Abschätzungen u.s.w. dem Vollstreckungsgerichte einzureichen, voranstelle (C.P.O. §§ 124, 125), sowie daß im zweiten Absätze des Antrages die im | Prot 1 13857 Entwürfe Abs. 1 bezeichneten Urkunden | und Akten gedeckt seien, mit Ausnahme der Versteigerungsbedingungen, in Ansehung welcher bei dem § 38 die etwa erforderliche ergänzende Bestimmung getroffen werden könne. Ein eingereichter Auszug aus dem Steuerbuche falle insbesondere nach dem zum § 15 des Entwurfes gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 13751) unter die Kategorie „Nachweisungen". Nicht zu bezweifeln sei ferner, daß, falls die Landesjustizverwaltung noch die Bezeichnung anderer Urkunden anordne, das Vollstreckungsgericht die Niederlegung dieser Urkunden zur Einsicht gleichfalls verfügen könne. Selbstverständlich erscheine, daß die Einsichtnahme außerhalb der Dienststunden nicht verlangt werden könne (zu vergl. Grundbuchordnung § 15).
ZVG-VE § 31
VI. Der § 31 des Entwurfes lautet: „Ist das Verfahren nur in Folge des Beitrittes eines Betheiligten fortzusetzen, der Beschluß jedoch, durch welchen der Beitritt zugelassen wurde, dem Schuldner nicht so zeitig zugestellt, daß zwischen dem Tage der Zustellung und dem Versteigerungstermine ein Zeitraum von zwei Wochen liegt, so ist der Termin aufzuheben und von Neuem zu bestimmen, sofern nicht der Schuldner der ungehemmten Fortsetzung des Verfahrens zustimmt. Sind bei der Bekanntmachung des früheren Versteigerungstermines die Vorschriften des § 25 und des § 27 Abs. 1, 2 befolgt, so ist der neue Termin nur so weit hinauszurücken, daß der im § 28 Abs. 1 bestimmte Zeitraum drei bis sechs Wochen beträgt." 308
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Beantragt war, 1. dem Abs. 1 zuzusetzen: | „Gehört zu den Betheiligten ein neuer Eigenthümer des Grundstückes, so ist auch dessen Zustimmung erforderlich." 7 Abs. 2. „Sind . . . Vorschriften der §§ 25, 27 befolgt, so soll der neue Termin nicht über sechs Wochen hinaus bestimmt werden. Die Versteigerungsfrist muß mindestens drei Wochen betragen." 2. a) in Abs. 1 zu setzen: statt „zwischen dem Tage der Zustellung": „zwischen der Zustellung". (§ 194 C.P.O.) b) Abs. 2 zu fassen: „Sind in Ansehung des früheren Versteigerungstermines bei der Erlassung und bei der öffentlichen Bekanntmachung der Ankündigung die Vorschriften pp." Beschlossen wurde: Zu Abs. 1 Annahme des Entwurfes mit der in dem Antrage Nr. 2 a vorgeschlagenen Fassungsänderung und dem im Antrage Nr. 1 vorgeschlagenen Zusätze; Zu Abs. 2 die Vorschrift aufzunehmen: Sind in Ansehung des früheren Versteigerungstermines die Vorschriften der §§ 25, 27 befolgt, so soll der neue Termin nicht über sechs Wochen hinaus bestimmt werden. Die Versteigerungsfrist muß mindestens drei Wochen betragen. Erwogen war: Dem sachlichen Inhalte des Entwurfes müsse aus den in den Motiven S. 54f. dargelegten Gründen zugestimmt werden. Der Entwurf Abs. 1 vergl. mit § 6, wolle aber mit den Worten „dem Schuldner" auch den neuen Eigenthümer treffen. Nach den zum §6 des Entwurfes gefaßten Beschlüssen (Prot. S. 13703) umfasse jedoch die Bezeichnung „Schuldner" den neuen Eigenthümer | an sich nicht. Der neue Eigenthümer gehöre, solange er sich nicht gemeldet habe, überhaupt nicht zu den „Betheiligten"; überdies aber scheide der frühere Eigenthümer aus dem Verfahren nicht aus. Hiernach sei die Aufnahme des unter Nr. 1 beantragten Zusatzes erforderlich (vergl. preuß. Gesetz § 49 Abs. 1). Der zweite Absatz sei im Anschlüsse an den Antrag Nr. 1 zu fassen, die Voraussetzung jedoch in Abweichung von dem Antrage und dem Entwürfe dahin zu bestimmen, daß in Ansehung des früheren Versteigerungstermines die Vorschriften der §§ 25, 27 befolgt sein müssen. Unter dem § 27 seien zu verstehen die Beschlüsse zum § 27 Abs. 1, 2, 6 des Entwurfes, S. 13842, 13843 einschließlich des heute zum § 27 gefaßten Beschlusses (oben unter Ziff. II, S. 13847). Kein Grund liege vor, mit dem Entwurf den bezeichneten Absatz 6 nicht mitanzuziehen.
Kurlbaum (Nr 26, 8) | Prot 1 13858
Gebhard (Nr 38,9)
| Prot 1 13859
822. Sitzung vom 5.11.1888, Schriftführer: Ege | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrek- |ProtI 13861 kung in das unbewegliche Vermögen wurde fortgesetzt. 7
Im metallographierten Antrag lautet der Schluß: „ . . . , so ist an Stelle der Zustimmung des Schuldners die Zustimmung des neuen Eigenthümers erforderlich."
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Quellen zur Entstehung des ZVG
Folgendes wurde verhandelt: Rüger (Nr 46)
v. Mandry (Nr 47,1)
| Prot 1 13862
| Prot 1 13863
ZVG-VE § 32
I. Beantragt war, in den § 29 an geeigneter Stelle einzufügen: „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß der Beschluß außer den Betheiligten auch denjenigen Behörden oder Personen zuzustellen ist, welchen die Einhebung der im § 92 Ziffer 2, 4, 5 bezeichneten Leistungen obliegt." Hierzu lag folgender Unterantrag vor: „Durch die Landesjustiz-Verwaltung kann angeordnet werden, daß von dem Beschlüsse gewissen Behörden Mittheilung gemacht werde." Beschlossen wurde, zu bestimmen: Durch die Landesjustizverwaltung kann an-1 geordnet werden, daß der Beschluß denjenigen Behörden oder Personen mitgetheilt werden soll, welchen die Erhebung der in § 92 Nr. 2, 4, 5 bezeichneten Leistungen obliegt. Erwogen war: Der Antrag bezwecke statt der in der letzten Sitzung abgelehnten reichsgesetzlichen Regelung (Prot. S. 13853) die Aufnahme eines Vorbehaltes für die Landesgesetzgebung, durch welchen letztere eine Verfahrensvorschrift dahin zu erlassen ermächtigt werde, daß den in dem Antrage bezeichneten Behörden und Personen der Beschluß über die Terminsbestimmung zuzustellen sei. Das Bedürfniß und die Zweckmäßigkeit einer derartigen Benachrichtigung müsse anerkannt werden. In den einzelnen Bundesstaaten sei auch auf die eine oder die andere Weise für eine solche Benachrichtigung gesorgt. Es sei allerdings nicht zu bezweifeln, daß den Landesjustizverwaltungen als solchen die Befugniß zustehe, den Gerichten als Organen der Verwaltung die Weisung zu Mittheilungen an andere Behörden zu ertheilen. Dies stehe aber der beantragten Vorschrift nicht im Wege, da dieser Gesichtspunkt nicht zutreffe, wenn es sich, wie hier, um die Erlassung einer eigentlichen Verfahrensvorschrift handele. Aus diesem Grunde sei auch nicht zu befürchten, daß die Aufnahme der Vorschrift jene Befugniß der Landesjustizverwaltung zweifelhaft machen könnte. Immerhin sei ein Vorbehalt für die Landesgesetzgebung zur Erreichung des angestrebten Zweckes nicht erforderlich. Es genüge ein Vorbehalt für die Landesjustizverwaltung. Eine eigentliche Zustellung des Beschlusses an die betreffenden Behörden und Personen sei ferner nicht nöthig. Dieselben gehörten nicht zu den Betheiligten im Sinne des Beschlusses zum § 6 des Entwurfes. Für die Er- | reichung des Zweckes sei es deshalb genügend, wenn der Landesjustizverwaltung die Befugniß ertheilt werde, die Mittheilung des Beschlusses an die Behörden pp. vorzuschreiben. In der Fassung müsse auch ausgedrückt werden, daß die Unterlassung der Mittheilung ohne Einfluß auf die Gültigkeit des Verfahrens sei („soll"). Ein Bedürfniß, den Vorbehalt über den Kreis der in dem Antrage bezeichneten Behörden und Personen hinaus im Sinne des Unterantrages zu verallgemeinern, bestehe nicht. Die Prüfung der Frage, ob der Vorbehalt von dem § 29 zu trennen, bezw. in einen besonderen Paragraphen aufzunehmen sei, bleibe der Redaktion vorbehalten. II. Die §§ 32 — 37 handeln von der Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens. Der § 32 lautet: „Ist ein Verfahren ohne seine Aufhebung eingestellt, so wird es auf Antrag des Gläubigers fortgesetzt. Der Antrag ist dem Schuldner von Amtswegen zuzustellen. 310
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Ist das Verfahren nach der Bekanntmachung des Versteigerungstermines eingestellt, seine Fortsetzung jedoch vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung beantragt, so findet die Vorschrift des § 31 Abs. 2 mit der Maßgabe Anwendung, daß der neue Versteigerungstermin nicht vor dem Tage des früheren stattfinden darf." Hierzu war beantragt: 1. den Abs. 1 zu fassen: „Ist das Verfahren eingestellt, so wird es nur auf Antrag des Gläubigers fortgesetzt. | Der Antrag ist dem Schuldner und, wenn ein neuer Eigenthümer zu den Betheiligten gehört, auch diesem zuzustellen." Abs. 2 zu fassen: „Ist — eingestellt und die Fortsetzung vor — beantragt, so finden, sofern bei der Bekanntmachung die Vorschriften der §§ 25, 27 befolgt sind, die Vorschriften des § 31 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Der neue Versteigerungstermin darf jedoch nicht vor dem Tage des früheren stattfinden." 2. den Paragraphen hier zu streichen und in der Fassung des Antrages Nr. 1 als § 37 a einzustellen.
Kurlbaum (Nr 31, 3) | Prot I 13864
v. Mandry (Nr 45, 1)
Beschlossen wurde — vorbehaltlich der Stellung, zu bestimmen: Ist das Verfahren eingestellt, so wird es nur auf Antrag des Gläubigers fortgesetzt. Der Antrag ist dem Schuldner, und wenn ein neuer Eigenthümer zu den Betheiligten gehört, auch diesem zuzustellen. Die Vorschriften des § 688 Abs. 3 Civilprozeßordnung bleiben unberührt. Ist das Verfahren nach der Bekanntmachung des Versteigerungstermines eingestellt, und die Fortsetzung vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung beantragt oder nach Maßgabe des § 688 Abs. 2 der Civilprozeßordnung von Amtswegen angeordnet, so finden, sofern in Ansehung des Versteigerungstermines die Vorschriften der §§ 25, 27 befolgt sind, die Vorschriften des § 31 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Der neue Versteigerungstermin darf jedoch nicht vor dem Tage des früheren stattfinden. Erwogen war: Nach dem Entwürfe (vergl. Motive S. 56) und dem Antrage Nr. 1 solle nach | dem Vorgange des preußischen Gesetzes (§ 50 Abs. 1) vorgeschrieben |ProtI 13865 werden, daß im Falle der Einstellung des Verfahrens aus irgend welchem Grunde die Fortsetzung des Verfahrens nur auf Antrag des Gläubigers stattfinde. Dies würde insbesondere auch gelten, wenn das Vollstreckungsgericht nach Maßgabe des § 688 Abs. 2 C.P.O. in einem dringenden Falle die Einstellung des Verfahrens unter Bestimmung einer Frist, innerhalb welcher die Entscheidung des Prozeßgerichtes beizubringen sei, angeordnet habe, während nach der C.P.O. (§ 688 Abs. 2 Satz 2) nach fruchtlosem Ablauf der Frist das Verfahren von Amtswegen fortzusetzen sei. Es liege jedoch kein genügender Grund vor, von den Vorschriften der C.P.O. abzuweichen. In den im § 688 Abs. 2 bezeichneten Fällen handele es sich von vorn herein nur um eine Einstellung des Verfahrens auf eine bestimmte Zeit. Verlange man nach deren Ablauf einen Antrag, so schaffe man ohne Noth nur eine das Verfahren verweitläufigende Voraussetzung für den Fortgang des Verfahrens. Andererseits würde man, falls man nicht durch die Aufstellung besonderer Vorschriften entgegenwirkte, dem Gläubiger in die Hand legen, dadurch, daß er mit der Stellung des Antrages zögerte, auf eine ihm genehme Zeit zum Nachtheile der anderen Betheiligten eine Hemmung des Verfahrens herbeizuführen (vergl. § 33). Die Vorschriften der C.P.O. § 688 Abs. 2 müßten also unberührt bleiben und sei dies neben der Vorschrift, daß im Allgemeinen das eingestellte Verfahren nur auf Antrag fortge311
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| Prot 1 13866 setzt werde, besonders auszusprechen. Die Vorschrift, daß, | falls die Fortsetzung des Verfahrens nach erfolgter Einstellung auf Antrag des Gläubigers stattfinde, der Antrag dem Schuldner zuzustellen sei, müsse gebilligt, aber auch durch Erwähnung des zu den Betheiligten gehörenden neuen Eigentümers ergänzt werden. Eine Hinweisung darauf, daß nur eine einstweilige Einstellung, nicht die Aufhebung der Zwangsvollstreckung in Frage stehe, sei entbehrlich; nach einer Aufhebung des Verfahrens könne nicht von einer Fortsetzung desselben, sondern nur von der Einleitung eines neuen Verfahrens (§§ 14 f.) die Rede sein. Die Vorschrift des zweiten Absatzes sei aus den in den Motiven angeführten Gründen gerechtfertigt; dieselben Gründe rechtfertigten aber die Ausdehnung auf den Fall der Fortsetzung nach Maßgabe des § 688 Abs. 2 — vgl. § 690 Abs. 3 — der C.P.O. In der Fassung habe man sich an den Antrag Nr. 1 bezw. an die Fassung des Beschlusses zum § 31 Abs. 2 (Prot. S. 13855) anzuschließen. ZVG-VE S 33
III. Der §33 des Entwurfs lautet: „Auf Antrag oder Bewilligung des Gläubigers findet die Einstellung des Verfahrens ohne Aufhebung desselben nur einmal und nur auf die Dauer von drei Monaten statt. Wird nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung die Fortsetzung des Verfahrens beantragt, so gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen. | Prot 1 13867 Die Aufhebung des Versteigerungster- | mines gilt im Sinne des ersten Absatzes als Einstellung auch dann, wenn gleichzeitig die Ansetzung eines neuen Termines beantragt worden ist. Ist die Einstellung des Verfahrens auf Grund einer von dem Schuldner behaupteten Stundung von dem Prozeßgerichte angeordnet, so finden die Vorschriften des ersten Absatzes mit der Maßgabe Anwendung, daß die Aufhebung des Verfahrens auf Grund der Stundung erst nach Beendigung des Rechtsstreites erfolgt. Die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes finden insoweit keine Anwendung, als die Betheiligten, deren Rechte durch die Entscheidung über den Zuschlag berührt werden, über die Nichtanwendung einverstanden sind. Die Zustimmung des Schuldners sowie eines Vorkaufsberechtigten ist nicht erforderlich." Beantragt war: Kurlbaum 1. Abs. 1 Satz 2, zu fassen: (Nr 31,4) „Wird nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung ein begründeter Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt, so pp." zu Abs. 3. die Worte „durch das Prozeßgericht" zu ersetzen durch „gerichtlich", eventuell zu streichen, zu Abs. 4, zu fassen: „— berührt werden, ihre Zustimmung erklären. Die Zustimmung eines Vorkaufsberechtigten sowie des Schuldners und des gegenwärtigen Eigenthümers des Grundstückes ist nicht erforderlich." | Prot 1 13868 2. den 5 33 hinter § 34 zu stellen, die Abs. 11, 2, 3 folgendermaßen zu fassen: Abs. 1. „Auf Antrag oder Bewilligung des Gläubigers findet die Einstellung des v. Mandry Verfahrens nur einmal und nicht über drei Monate hinaus statt. Wird n i c h t . . . " (Nr 45, 2) Abs. 2. „Die auf Antrag oder Bewilligung des Gläubigers erfolgte Aufhebung . . ." Abs. 3. „ . . . so finden die Vorschriften des ersten Absatzes entsprechende Anwendung; doch gilt der Versteigerungsantrag nicht vor Ausgang des Rechtsstreites als zurückgenommen." im Abs. 4 den Satz 2 zu streichen. 312
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) 3. den Abs. 3 zu streichen und statt dessen folgende Bestimmung als § 33 a auf- Planck zunehmen: (Nr 48) „Ist die von dem Prozeßgerichte angeordnete einstweilige Einstellung des Verfahrens wieder aufgehoben, so gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen, wenn der Gläubiger nicht innerhalb eines Monats seit der Wiederaufhebung der Einstellung die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Das Gleiche gilt, wenn die einstweilige Einstellung des Verfahrens auf Grund einer von dem Schuldner behaupteten Stundung angeordnet ist und durch das in dem Rechtsstreite über die Stundungseinrede ergangene rechtskräftige Urtheil festgestellt wird, daß die Stundung auf länger als drei Monate erfolgt sei." Beschlossen wurde: zu Abs. 1 Satz 1 Annahme des Antrages Nr. 2, zu Abs. 1 Satz 2 Annahgie des Entwurfes mit dem Antrage Nr. 1 jedoch unter Ersetzung des Wortes „begründeter" durch „gerechtfertigter"; zu Abs. 2 Annahme des Entwurfes mit dem Antrage Nr. 2; zu Abs. 4 Annahme des Entwurfes mit dem | Antrage Nr. 1. | Prot 1 13869 Die Beschlußfassung über den dritten Absatz und die hierzu gestellten Anträge wurde auf die nächste Sitzung ausgesetzt. Erwogen war: Dem Entwürfe müsse darin beigetreten werden, daß aus den in den Motiven S. 56 angegebenen Gründen eine Einstellung des Verfahrens auf Antrag oder Bewilligung des Gläubigers nur einmal und nicht über drei Monate hinaus zugestanden werden dürfe, sowie daß für den Fall der Einstellung auf Antrag oder Bewilligung des Gläubigers eine Frist für den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens durch das Gesetz mit der Maßgabe zu bestimmen sei, daß nach fruchtlosem Ablaufe derselben der Versteigerungsantrag als von dem Gläubiger zurückgenommen (Entw. § 23 Abs. 1) zu gelten habe. Der Bemessung dieser Frist auf drei Monate seit der Einstellung sei gleichfalls beizutreten. Der Entwurf (Abs. 1) beruhe aber nach den Motiven auf der mit der Auslegung des preußischen Gesetzes § 51 übereinstimmenden Auffassung, das Verfahren könne, wenn der Antrag oder die Bewilligung ergebe, daß dem Schuldner auf längere Zeit als drei Monate gestundet sei, nicht eingestellt, sondern nur aufgehoben werden und müsse in solchem Falle aufgehoben werden. Auf diese Auffassung deute auch die Fassung des ersten Satzes des Abs. 1 hin („ohne Aufhebung desselben"). Diese Auffassung könne jedoch nicht gebilligt werden. Sie sei einmal schon deshalb nicht für alle Fälle zutreffend, weil häufig kein den Gläubiger bindender Stundungsvertrag auf die bestimmte (längere) Zeit dem Antrage auf Einstellung zu Grunde liege, sondern die Stundung von dem Gläubiger nur einseitig, | vielleicht nur in seinem Interesse in jederzeit wiederrufli- | Prot 1 13870 eher Weise, bewilligt oder beantragt werde. Dem Gerichte fehle auch häufig die Grundlage für die Prüfung, ob ein Stundungsvertrag abgeschlossen worden sei. Es würde also nicht gerechtfertigt sein, von vorn herein die Stundung oder die Bewilligung der Einstellung, bezw. den Antrag auf Einstellung auf längere Zeit als drei Monate wie einen Antrag auf Aufhebung der Zwangsvollstreckung zu behandeln. Man könnte für einen solchen Fall die Bewilligung oder den Antrag höchstens nach dem Ablaufe von drei Monaten, falls nicht ein Antrag auf Fortsetzung gestellt sei, wie einen Aufhebungsantrag behandeln mit Wirkung von jenem Ablaufe an. Ueberdies könne man doch nicht verhindern, daß die Parteien, selbst wenn sie einen Stundungsvertrag auf längere Zeit als drei Monate abgeschlossen hätten, aus irgend welchem Grunde nur Einstellung auf nicht länger, als drei Monate beantragten. Aber auch abgesehen hiervon sei kein Grund ersichtlich, welcher zur Aufstellung einer 313
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Fiktion, wie sie in der erwähnten Auffassung gefunden werden könne, oder zu einer Aufhebung des Verfahrens gegen den Willen der Parteien nöthigte. Am zweckmäßigsten sei es, wenn man es bei den aus allgemeinen Grundsätzen folgenden Ergebnissen belasse. Gemäß diesen Grundsätzen sei, wenn in concreto die Einstellung auf längere Zeit als drei Monate bewilligt oder beantragt werde, der Antrag als nach dem Gesetze unstatthaft zurückzuweisen, es müßte denn im einzelnen Falle die Auslegung ergeben, daß in Wirklichkeit die Aufhebung des Verfahrens oder die Einstellung auf die gesetzlich zulässige Zeit bewilligt oder beantragt sei. Nach | Prot 1 13871 diesen Gesichtspunkten | sei auch zu verfahren, wenn die Einstellung ohne Zeitangabe bewilligt oder beantragt werde. Das Gericht werde zu prüfen haben, ob hierin ein Antrag auf Einstellung oder auf Aufhebung liege. Die Streichung der Worte „ohne Aufhebung derselben" werde diese Auffassung erkennbar machen. Mit dem Antrage Nr. 1 empfehle es sich, im Abs. 1 Satz 2 zum Ausdruck zu bringen, daß der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens ein innerlich begründeter sein müsse, um die Annahme der Zurücknahme des Versteigerungsantrages und die mit derselben verbundene Aufhebung des Verfahrens auszuschließen. Im § 32 Abs. 1 habe die Hervorhebung dieses Erfordernisses unterbleiben können, weil dort es sich als selbstverständlich ergebe, daß die Vorschrift nur ein auf Grund des Antrages fortgesetztes Verfahren betreffe. Hier aber handele es sich darum, festzustellen, daß ein Antrag auf Fortsetzung, welcher durch die vom Gläubiger darzulegenden thatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht gerechtfertigt werde, nicht geeignet sei, die Annahme, daß der Versteigerungsantrag zurückgenommen sei, auszuschließen (preuß. Ges. § 51 Abs. 1 Satz 2). Durch den Gebrauch des Wortes „gerechtfertigt" statt „begründet" soll jeder Zweifel darüber ausgeschlossen werden, daß es nicht genüge, wenn der Antrag auf Fortsetzung nur mit Gründen versehen sei, sondern, daß es auf die Rechtfertigung des Antrages durch die Gründe ankomme. Die Bestimmung des zweiten Absatzes sei mit der durch den Antrag Nr. 2 vorgeschlagenen Verdeutlichung zu billigen. Der Bestimmung des vierten Absatzes müsse aus den Gründen der Motive (S. 57) beigetreten werden. Der Antrag Nr. 2 auf Streichung des zweiten Satzes be| Prot 1 13872 ruhe auf der Voraussetzung, daß der Schuldner unter Umstän-1 den ein zu beachtendes materielles Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens habe, wenn nämlich voraussichtlich nicht der ganze Versteigerungserlös durch die Bezahlung der Gläubiger erschöpft werde, ferner, weil er durch die Beschlagnahme in der Ausübung aller seiner Rechte in Ansehung des Grundstückes beeinträchtigt werde. Zur Wahrung dieses Interesses sei jedoch der Schuldner auf die Befriedigung des Gläubigers zu verweisen. Zur Abwendung der Zwangsvollstreckung und der Beschlagnahme durch eine solche Befriedigung habe er das Recht. Darüber hinaus ihm im Sinne des Antrages ein Recht auf Beschleunigung des Verfahrens einzuräumen, wäre bedenklich. Zum Zwecke jener Befriedigung könne der Schuldner auch, wenn im Einzelfall wirklich Aussicht auf die Erreichung eines höheren Erlöses, als zur Befriedigung des Gläubigers erforderlich sei, bestehe, trotz der Beschlagnahme den Versuch machen, das Grundstück zu verkaufen und sich hierbei von dem Käufer die Befriedigung des Gläubigers mit dem entsprechenden Theile des Kaufpreises auszubedingen. Allerdings komme noch das Interesse des Schuldners daran in Betracht, daß die aus dem Grundstücke zu befriedigenden Zinsen nicht zu hoch auflaufen (§ 94 Nr. 2, 3, § 97). Allein, falls keine Zwangsverwaltung angeordnet sei, könne 314
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
der Schuldner zur Bezahlung der Zinsen die Einkünfte des Grundstückes verwenden. Als Vorkaufsberechtigter komme nach den §§ 4851, 954, 955 B.G.B, zwar nur ein nach den bisherigen Gesetzen Berechtigter in Betracht. Aber auch dieser habe ein zu beachtendes Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens nicht. In Ansehung der Fassung des vierten Absatzes verdiene der Antrag Nr. 1 den Vorzug, indem hiernach | die Zustimmung der in concreto Betheiligten dazu, daß |ProtI 13873 die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes keine Anwendung finden sollen, positiv verlangt, auch neben dem Schuldner der gegenwärtige Eigenthümer des Grundstückes (vergl. Beschluß zum Entw. § 6) genannt werde. IV. Der § 34 des Entwurfes lautet: ZVG-VE „Der Gläubiger kann bis zum Schlüsse des Versteigerungstermines den Ver- § 34 steigerungsantrag zurücknehmen oder die Einstellung des Verfahrens nach Maßgabe des § 33 bewilligen." Der § 34 fand aus den in den Motiven S. 57 ff. angegebenen Gründen die Genehmigung der Kommission. Ob die Worte „nach Maßgabe des § 33 unter Berücksichtigung der dem Paragraphen zu gebenden Stellung" als entbehrlich gestrichen werden können, wurde der Redaktion vorbehalten. V. Der § 35 des Entwurfes lautet: „Einwendungen des Schuldners und nicht eingetragene Rechte Dritter an dem Grundstücke hemmen den Fortgang des Verfahrens nur, wenn dessen Einstellung nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung angeordnet ist; nach dem Schlüsse des Versteigerungstermines findet eine Einstellung des Verfahrens auf Grund dieser Einwendungen und Rechte nicht mehr statt." Beantragt war, 1. die Bestimmung dahin zu fassen, bezw. zu treffen: Abs. 1 „Einwendungen — angeordnet ist." Abs. 2 neu. „In den Fällen des § 691 Nr. 4, 5 der C.P.O. findet die Einstellung des Verfahrens nur auf | Grund einer nach dem § 688 der C.P.O. zu erlassenden Anordnung statt." Abs. 3. „Nach Schluß des Versteigerungstermines findet eine Einstellung des Verfahrens auf Grund von Einwendungen des Schuldners oder von Rechten Dritter nicht mehr statt." 2. den § 35 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Die Vorschriften des § 691 Nr. 4 und 5 der C.P.O. finden auf das Zwangsversteigerungsverfahren keine Anwendung. (In den Fällen des § 691 Nr. 1 bis 3 ist die Einstellung des Verfahrens durch Beschluß des Vollstreckungsgerichtes anzuordnen.) In Ansehung der Einwendungen Dritter gegen die Fortsetzung des Verfahrens, welche sich auf eingetragene Rechte gründen, findet die Vorschrift des § 18 entsprechende Anwendung. Nach Schluß des Versteigerungstermins findet eine Einstellung des Verfahrens auf Grund von Einwendungen des Schuldners oder von Rechten Dritter nicht mehr statt." i Vgl. S 512 BGB.
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ZVG-VE § 35
Kurlbaum (Nr 31, 5)
|ProtI 13874
Planck (Nr 36)
Quellen zur Entstehung des ZVG
Beschlossen wurde: 1. Streichung des ersten Halbsatzes des Entwurfes „Einwendungen des Schuldners — angeordnet." 2. Annahme des Antrages Nr. 2 Abs. 2 in der Fassung: In Ansehung der Einwendungen Dritter gegen die Fortsetzung des Verfahrens, welche sich auf ein vor oder gleichzeitig mit der Eintragung der Versteigerungsanordnung eingetragenes Recht gründen, finden die Vorschriften des § 18 entsprechende Anwendung. | Prot 1 13875 |3. Ablehnung der Anträge Nr. 1 Abs. 2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1. 4. Annahme des in dem Antrage Nr. 2 Satz 2 vorgeschlagenen Satzes in der erweiterten Fassung: In den Fällen des § 691 der C.P.O. erfolgt die Einstellung des Verfahrens durch Beschluß des Vollstreckungsgerichtes. 5. Annahme des zweiten Halbsatzes des Entwurfes in der Fassung der Anträge Nr. 1, 2. Erwogen war: Der Entwurf enthalte im ersten Halbsatze eine Bestimmung, welche entbehrlich sei. Von dem Standpunkte des Entwurfes aus, daß die allgemeinen Vorschriften der C.P.O. auch auf die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen Anwendung finden, soweit der Entwurf nicht Abänderungen oder Ergänzungen derselben bestimme, verstehe sich von selbst, daß Einwendungen des Schuldners und Rechte Dritter den Fortgang des Verfahrens nur hemmen, wenn die Einstellung des Verfahrens gemäß den Vorschriften der C.P.O. angeordnet werde (C.P.O. §§686ff., 690). Der Entwurf wolle aber, indem er die Bestimmung auf nicht eingetragene Rechte beschränke, hinsichtlich der eingetragenen Rechte die besondere Bestimmung treffen, daß die Entscheidung in Ansehung derselben auch insoweit, als dies nicht schon die Bestimmung des § 18 des Entw. (Prot. S. 13769, 13770) ergebe, nach Maßgabe dieser Bestimmung dem Vollstreckungsgerichte verbleiben solle (Mot. S. 59). Wolle man dem Vollstreckungsgerichte diese Entscheidung übertragen, so müsse man es direkt aussprechen (Antrag Nr. 2 Abs. 2). Hiernach hätte, während nach der Vorschrift des § 690 der C.P.O. der Berechtigte sich an das Pro| Prot 1 13876 zeßgericht zu wenden und bei diesem, even-1 tuell nur in dringenden Fällen bei dem Vollstreckungsgerichte, auch die Anordnung der Einstellung oder Aufhebung der Vollstreckung zu erwirken habe, das Vollstreckungsgericht im ganzen Laufe des Zwangsvollstreckungsverfahrens von Amtswegen nach den Umständen des Falles eine der im § 18 bezeichneten Anordnungen zu treffen. Dieser Standpunkt müsse gebilligt werden. Man dürfe die dem Vollstreckungsgerichte obliegenden Anordnungen nicht auf den Fall beschränken, daß durch die Mittheilung des Grundbuchamtes eingetragene Rechte Dritter, welche der Zwangsversteigerung entgegenstehen, zur Kenntniß des Vollstreckungsgerichtes kommen (§ 18), mit der Folge, daß, wenn solche Rechte im Beginne oder im Laufe des Verfahrens durch Einwendungen des Berechtigten selbst zur Kenntniß des Vollstreckungsgerichtes kommen, dieses von sich aus ohne Rücksicht auf diese Rechte das Verfahren fortzusetzen habe und dieselben nur etwa, falls der Berechtigte nicht im Wege des § 690 der C.P.O. die Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens zuvor erwirkt haben würde, als Grund der Versagung des Zuschlages bezw. des Widerspruchs gegen denselben in Betracht zu ziehen habe. Auch die Bestimmung des § 18 beschränke die Offizialthätigkeit des Vollstreckungsgerichtes nicht auf den Fall, daß es die daselbst bezeichneten Anordnungen unmittelbar auf Grund der Mittheilung des Grundbuchamtes tref316
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3 . 1889)
fe oder zu treffen in der Lage sei. Es könne auch vorkommen, daß die Mittheilung des Grundbuchamtes aus irgend welchem Grunde verspätet einlaufe und müsse das Vollstreckungsgericht in einem solchen Falle dennoch nach § 18 eine der daselbst bezeichneten Anordnungen treffen, wenn es inzwischen das Verfah-| ren fortge- | Prot 1 13877 führt habe. Es entstände auch die Gefahr, daß das Vollstreckungsgericht, obwohl es aus der Einwendung des Berechtigten die Ueberzeugung gewonnen habe, daß das eingetragene Recht des letzteren dem Zuschlage entgegenstehe, dennoch, also vollständig nutzlos, das Verfahren bis zum Stadium des Zuschlagsurtheiles fortführen müßte. Die in Gemäßheit des Antrages Nr. 2 Abs. 2 hiernach aufzunehmende Vorschrift sei aber zu beschränken auf Einwendungen Dritter gegen die Fortsetzung des Verfahrens, welche sich auf ein vor oder gleichzeitig mit der Eintragung der Versteigerungsanordnung eingetragenes Recht gründen. Stehe ein später eingetragenes Recht in Frage, so handele es sich gemäß § 36 nicht um die Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens, vielmehr nur um die Frage des Zuschlagsurtheiles bezw. des Widerspruches gegen dessen Ertheilung. Kein genügender Grund liege vor, mit den Anträgen Nr. 1 und 2 die Vorschriften des § 691 Nr. 4, 5, der C.P.O. für das Zwangsversteigerungsverfahren außer Anwendung zu setzen und den Schuldner in den daselbst bezeichneten Fällen nach Maßgabe des § 688 der C.P.O. an das Prozeßgericht, eventuell das Vollstreckungsgericht, zu weisen. Ein Grund hierfür liege so wenig im Wesen der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen als in der Stellung, welche das Vollstrekkungsgericht in diesem Verfahren habe. Man könne auch nicht sagen, daß die Vorschriften der C.P.O. § 691 Nr. 4, 5 selbst vorzugsweise eine durch den Gerichtsvollzieher vorzunehmende Zwangsvollstreckung im Auge hätten. Nach der Erfahrung seien die Fälle nicht selten, in welchen der Schuldner noch im letzten Augenblicke eine der im § 691 Nr. 4, 5 bezeichneten Urkunden, z. B. eine Quittung oder einen Postschein, | dem Vollstreckungsgerichte vorlegen könne und es würde bedenklich |ProtI 13878 sein, den Schuldner in diesem Falle auf den Weg des § 688 zu verweisen, da er damit häufig die Einstellung des Verfahrens nicht rechtzeitig erlangen würde. Allerdings müsse das Verfahren demnächst auf Antrag des Gläubigers fortgesetzt werden und sei dann der Schuldner genöthigt, nach § 688 der C.P.O. vorzugehen. Die überwiegende Mehrzahl aller Fälle werde aber durch die Einstellung erledigt werden. Nothwendig sei dagegen die Vorschrift, daß in den sämmtlichen Fällen des § 691 die wirkliche Einstellung des Verfahrens durch einen Beschluß des Vollstreckungsgerichtes erfolge. Es müsse außer Zweifel gestellt werden, daß bei dem Vorliegen einer der im § 691 Nr. 1 — 5 bezeichneten Voraussetzungen das Verfahren nicht von selbst eingestellt sei, daß es hierzu vielmehr sowohl in den Fällen Nr. 4, 5 als auch in den Fällen Nr. 1—3 eines Beschlusses des Vollstreckungsgerichtes bedürfe; denn es stehe hier die Gültigkeit des ungeachtet des Einstellungsgrundes fortgesetzten Verfahrens in Frage. Nach Einstellung des Verfahrens habe das Vollstreckungsgericht von Amtswegen jede Thätigkeit zu versagen. Ohne Einstellung, namentlich im Falle der Versagung der Einstellung, sei nur das Verlangen des Schuldners, daß das Verfahren eingestellt werde, soweit es gerechtfertigt, zu berücksichtigen. Zum zweiten Halbsatze des Entwurfes empfehle sich die in den Anträgen Nr. 1, 2 übereinstimmend vorgeschlagene Fassung. VI. Der § 36 des Entwurfes lautet: ZVG-VE „Der von einem Dritten auf Grund einer Ein-1 tragung, welche erst nach der § 36 Eintragung des im § 17 bezeichneten Vermerkes erfolgt ist, erhobene Widerspruch I P r o t 1 13879 317
Quellen zur Entstehung des Z V G
gegen die Veräußerung des Grundstückes wird nur berücksichtigt, wenn jene Eintragung spätestens in dem Versteigerungstermine vor dem Schlüsse der Versteigerung nachgewiesen wird." Kurlbaum Beantragt war, (Nr 35, 1) den § 36 hier zu streichen, mit dem Vorbehalte, auf denselben bei den Vorschriften betr. die Verhandlung über den Zuschlag zurückzukommen. Diesem Antrage wurde stattgegeben in der Erwägung, daß die im § 36 vorgeschlagene Bestimmung mit der Einstellung des Verfahrens nicht im Zusammenhange stehe, vielmehr das Zuschlagsurtheil und den Widerspruch gegen die Erlassung dieses Unheiles betreffe. ZVG-VE § 37
Kurlbaum (Nr 35, 2)
Derscheid (Nr 43) | Prot 1 13880
VII. Der § 37 des Entwurfes lautet: „Wenn der Schuldner in dem Versteigerungstermine den zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten des Verfahrens erforderlichen Geldbetrag an den Richter zahlt, muß das Verfahren eingestellt werden." Beantragt war, 1. den § 37 zu fassen: „Wenn der Schuldner im Versteigerungstermine zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten des Verfahrens den erforderlichen Geldbetrag an den Richter zahlt, so ist das Verfahren einzustellen. Die Zahlung erfolgt auf Gefahr und Kosten des Schuldners." 2. zu bestimmen: „Wenn der Schuldner im Versteigerungstermine den Nachweis führt, daß er den zur Befrie-1 digung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten des Verfahrens erforderlichen Geldbetrag öffentlich hinterlegt hat, so ist das Verfahren einzustellen. Die Hinterlegung erfolgt nach Maßgabe des § 272 des bürgerlichen Gesetzbuches 2 ; die Kosten der Hinterlegung fallen dem Schuldner zur Last." eventuell den § 37 zu streichen 3 . Der Entwurf wurde, nach Ablehnung des Antrages Nr. 2 in der Fassung und mit dem Zusätze des Antrages Nr. 1 angenommen.
Man hatte erwogen: Der prinzipale Antrag Nr. 2 beruhe auf der Ansicht, daß man den Richter soweit möglich nicht mit Geldempfängen belasten solle und daß ein Bedürfniß, dem Vollstreckungsgericht im Falle des § 37 die Uebernahme des von dem Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung bezahlten Betrages und die Auszahlung des Betrages an den Gläubiger aufzuerlegen, nicht bestehe, da für den Schuldner die Eröffnung der Hinterlegungsbefugniß genüge und die Landesgesetze in der Hand hätten, für den in Rede stehenden Fall eine leichte Art der Hinterlegung zu schaffen. Dem Antrage stehe jedoch entgegen, daß gemäß demselben außer den im § 272 des B.G.B, bezeichneten Gründen ohne Noth ein weiterer Grund der öffentlichen Hinterlegung aufgestellt werde, sowie daß nach dem § 280 des Entw. des B.G.B. 4 die Bestimmung der Hinterlegungsstellen den Landesgesetzen vorbehalten sei. Im Hinblick auf die letztere Vorschrift sei es nicht wohl angängig, reichsgesetzlich zu bestimmen, daß der Schuldner den zur Abwendung des Verfahrens erforderlichen Geldbetrag öffentlich hinterlegen könne, indem man nicht übersehen könne, wie die Hinterlegungsstellen durch die Landesgesetzgebung organisirt |ProtI 13881 würden, ob also dem Schuldner mit | einer Verweisung auf die Hinterlegung ge2 Vgl. §§ 372, 378 BGB. 3 Der Eventualvorschlag ist in der Metallographie nicht enthalten. 4 Die Regelung des S 280 E I ist im BGB nicht mehr enthalten. 318
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
dient sein würde. Eine reichsgesetzliche Nöthigung der Landesgesetzgebung, für den vorliegenden Fall eine dem Schuldner bequeme Art der Hinterlegung besonders zu bestimmen, erscheine auch nicht angezeigt. Die Streichung der Bestimmung des § 37 gehe gleichfalls nicht an. Es sei ein Bedürfniß, dem Schuldner noch im Versteigerungstermine selbst die Abwendung der Vollstreckung zu ermöglichen. Es müsse also, mit dem Entwürfe, dem Schuldner nachgelassen werden, noch im Versteigerungstermine dem Richter den zur Abwendung der Vollstreckung erforderlichen Betrag zu zahlen. In der Fassung sei aber gemäß dem Antrage Nr. 1 als Erforderniß der Befugniß des Schuldners auszudrücken, daß der Schuldner gerade zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten des Verfahrens den erforderlichen Geldbetrag an den Richter zu zahlen habe. Sodann sei die Bestimmung nöthig, daß diese Zahlung auf Gefahr und Kosten des Schuldners erfolge. Hierdurch werde zugleich klar gestellt, daß die Zahlung an den Richter nicht schon Zahlung an den Gläubiger sei. Dem Gerichte werde vielmehr nur im Interesse des Schuldners die Amtspflicht auferlegt, die Zahlung in Empfang zu nehmen und sie an den Gläubiger abzuliefern. Die Zahlung an den letzteren vollziehe sich erst durch diese Ablieferung. Nur hinsichtlich der Einstellung werde die Zahlung an den Richter derjenigen an den Gläubiger gleichgestellt. 823. Sitzung vom 7. 11.1888, Schriftführer: Ege |Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Folgendes wurde verhandelt: I. In der letzten Sitzung war die Berathung des dritten Abschnittes des i 33 ausgesetzt worden, vergl. Prot. S. 13869. Inzwischen war nachstehender neuer Antrag zum § 33 Abs. 1 und 3 eingebracht: 4. a) Abs. 1 Satz 2 dahin zu vervollständigen: „Soll nach dem Antrage oder der Bewilligung des Gläubigers das Verfahren auf mehr als drei Monate eingestellt werden oder wird nach Fortsetzung des eingestellten Verfahrens die Einstellung desselben von dem Gläubiger nochmals beantragt oder bewilligt oder wird vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung ein gerechtfertigter Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens nicht gestellt, so gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen." (NB. Wenn man bei der Ertheilung einer Stundung wählen muß zwischen der Fortsetzung des [ Verfahrens und der Aufhebung desselben, wird man sich für letztere1 entscheiden müssen, wenn nicht ebenso wie bei der Ertheilung einer Quittung berechtigte Erwartungen des Schuldners getäuscht werden sollen. Der Fall, daß eine Stundung nur unter der (unmöglichen) Bedingung der bloßen Einstellung des Verfahrens ertheilt ist, scheidet hierbei selbstverständlich aus.) b) Abs. 3 vorbehaltlich der Stellung zu fassen: „Der Versteigerungsantrag gilt auch dann als zurückgenommen, wenn die Einstellung des Verfahrens auf Grund einer Einwendung des Schuldners oder des angeblichen Rechtes eines Dritten von dem Prozeßgerichte2 angeordnet und erfolgt, 1 2
Im metallographierten Antrag heißt es: „erstere". Die Worte „von dem Prozeßgericht" sind im metallographierten Antrag nicht enthalten. 319
|ProtI 13883
Kurlbaum (Nr 50,1)
| Prot 1 13884
Quellen zur Entstehung des Z V G
die Anordnung aber wieder aufgehoben ist und innerhalb dreier Monate seit der Aufhebung ein gerechtfertigter Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens nicht gestellt wird." (NB. Bleibt die Anordnung bestehen, so hat die endgültige Entscheidung entweder nach allgemeinen Grundsätzen die Aufhebung des Verfahrens zur Folge, oder es liegt die Annahme einer Stundung zu Grunde und diese wirkt nach der Vorschrift des ersten Absatzes, letzteres auch dann, wenn die Aufhebung nur deshalb erfolgt, weil die bewilligte Frist abgelaufen ist.) Der Antrag Nr. 3 Satz 2 (Prot. S. 13868) wurde zurückgezogen. Beschlossen wurde: 1. zum § 33 Abs. 1 Satz 2 a) Ablehnung des Antrages Nr. 4 a; b) Zusatz zu Absatz 1: Ein Gleiches gilt in dem Falle, wenn das Verfahren nach Maßgabe der Vor| Prot 1 13885 Schriften des § 691 Nr. 4, 5 | der Civilprozeßordnung eingestellt wird. 2. zu Abs. 3. Annahme des Antrages Nr. 4 b; 3. aus Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit dem Zusätze (Nr. 1 b) und aus Abs. 3 soll, Fassung und Stellung vorbehalten, ein besonderer Paragraph gebildet werden. Erwogen war: Der Antrag Nr. 4 a bezwecke die Gleichstellung der beiden Fälle, wenn nach dem Antrage oder der Bewilligung des Gläubigers das Verfahren auf mehr als drei Monate eingestellt werden soll, oder wenn nach Fortsetzung des eingestellten Verfahrens die Einstellung desselben von dem Gläubiger nochmals beantragt oder bewilligt werde, mit dem Falle, wenn nach einer in Gemäßheit des ersten Satzes des ersten Absatzes des § 33 erfolgten Einstellung des Verfahrens der Antrag auf Fortsetzung nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung gestellt werde, in der Richtung, daß auch in den ersteren Fällen der Versteigerungsantrag als zurückgenommen gelten soll. Dem Antrage könne im Wesentlichen aus den im Protokolle der letzten Sitzung (S. 13869ff.) niedergelegten Gründen nicht beigetreten werden. Diese Gründe träfen insbesondere auch auf den Fall zu, wenn die Einstellung von dem Gläubiger nochmals bewilligt oder beantragt werde. Wenn das Gesetz sage, auf Antrag oder Bewilligung des Gläubigers finde die Einstellung des Verfahrens nur einmal und nicht über drei Monate hinaus statt, so ergebe sich die Entscheidung in Ansehung der beiden bezeichneten Fälle nach allgemeinen Grundsätzen von selbst. An sich sei ein solcher Antrag auf etwas gesetzlich Unzulässiges also Unmögliches gerichtet und deshalb abzuweisen und das Verfahren fortzusetzen, wenn nicht in concreto erhelle, daß in der Einstellungsbewilligung oder dem |ProtI 13886 Antrage auf mehr als drei Monate auch die Bewilligung u.s.w. auf nicht | mehr als drei Monate enthalten oder daß die Intention der einen oder anderen Bewilligung auf Aufhebung des Verfahrens gerichtet sei. Weil die allgemeinen Grundsätze maßgebend seien, erübrige auch eine besondere Bestimmung des Gesetzes. Ein Bedürfniß, von jenen Grundsätzen gemäß dem Antrag Nr. 4 a in positiver Weise abzuweichen, sei nicht nachgewiesen. Die Gründe, welche zu der Vorschrift des § 33 Abs. 1 Satz 2 geführt haben, nöthigten zu der gleichen Vorschrift für die im §691 Nr. 4, 5 C.P.O. bezeichneten Fälle. Nach dem zum § 3 5 in der letzten Sitzung gefaßten Beschlüsse, S. 13875, habe in jenen Fällen das Vollstreckungsgericht gemäß §§691, 692 C.P.O. die Einstellung des Verfahrens auf Antrag des Schuldners ohne Zeitbeschränkung, d. h. 320
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auf so lange anzuordnen, bis der Gläubiger die Fortsetzung des Verfahrens beantrage. Der Möglichkeit, daß das Verfahren dem berechtigten Interesse anderer Betheiligter entgegen liegen bleibe, müsse auch hier entgegengewirkt werden. Die im Absatz 3 des Entw. § 33 vorgeschlagene Bestimmung habe nur den Fall im Auge, daß auf Grund der von dem Schuldner vorgebrachten Einrede der Stundung von dem Prozeßgerichte die Einstellung des Verfahrens angeordnet werde (C.P.O. §§ 686, 688 Abs. 1). Die Vorschriften des ersten Absatzes sollen mit der Maßgabe Anwendung finden, daß die Aufhebung des Verfahrens auf Grund der Stundung erst nach Beendigung des Rechtsstreites erfolge. Diese Bestimmung sei in ihrer Tragweite dunkel, die Beschränkung auf den Fall der Stundungseinrede nicht gerechtfertigt. Um auch im Falle der von dem Prozeßgerichte angeordneten Einstellung des Verfahrens ein dem Interesse der Betheiligten schädliches Liegenbleiben ohne Aufhebung des Verfahrens zu vermeiden, seien alle Fälle zu berücksichtigen, in welchen auf Grund einer | Einwendung des Schuldners oder auf Grund des an- |ProtI 13887 geblichen Rechtes eines Dritten die Einstellung des Verfahrens von dem Prozeßgerichte angeordnet worden und erfolgt sei (Anträge Nr. 3 Satz 1 Nr. 4), und es müsse im Anschlüsse an die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 eine Bestimmung getroffen werden, nach welcher, falls nach Wiederaufhebung der Anordnung der Gläubiger innerhalb einer gewissen Frist den gerechtfertigten Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens nicht stelle, der Versteigerungsantrag als zurückgenommen gelte, ohne Unterschied, auf welche Weise und aus welchem Grunde die Einstellungsanordnung aufgehoben werde, ob die Aufhebung noch im Laufe des Prozesses oder in Folge des die Einwendung des Schuldners oder des Dritten verwerfenden Unheiles erfolge. Die Antragsfrist sei mit dem Antrage Nr. 4 auf drei Monate seit der Aufhebung der Anordnung festzusetzen. Eine besondere Vorschrift, durch welche dafür gesorgt würde, daß das Vollstreckungsgericht die Aufhebung der Einstellungsanordnung erfahre, sei entbehrlich. Es bleibe nach allgemeinen Grundsätzen jedem Betheiligten unbenommen, dem Vollstreckungsgerichte anzuzeigen und den Nachweis zu liefern, daß beziehungsweise wann die Einwendung verworfen oder die Anordnung wieder aufgehoben worden sei. Auf Grund dieses Nachweises habe das Vollstreckungsgericht, wenn die dreimonatliche Frist seit der nachgewiesenen Aufhebung ohne Antrag des Gläubigers auf Fortsetzung abgelaufen, das Verfahren aufzuheben. Die Fälle, in welchen nach Maßgabe des § 688 Abs. 2 (vergl. § 690 Abs. 3) C.P.O. das Vollstreckungsgericht die einstweilige Einstellung des Verfahrens auf eine bestimmte kurze Frist angeordnet habe, seien hier nicht zu berücksichtigen, weil nach fruchtlosem Ablaufe der | Frist das Vollstreckungsgericht das Verfahren |ProtI 13888 von Amtswegen fortzusetzen habe (vergl. Beschluß zum §32 Abs. 1, Prot. S. 13864). In Ansehung der Reihenfolge der zu den §§ 32 bis 37 gefaßten Beschlüsse genehmigte die Kommission, vorbehaltlich der definitiven Beschlußfassung bei der Schlußredaktion, den Vorschlag, den § 34 voranzustellen, hierauf die anderen Bestimmungen in folgender Reihenfolge einzustellen: § 33 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 4, §§ 35, 37, 32, 33 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3. Die Vorschriften des § 33 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 sollen in einen Paragraphen vereinigt werden, welchem zuzusetzen: „Die Vorschriften des § 33 Abs. 4 finden entsprechende Anwendung." Die hierin liegende Ausdehnung der Vorschriften auf den § 33 Abs. 3 fand keinen Anstoß.
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Quellen zur Entstehung des ZVG
II. Der vierte Unterabschnitt, welcher die §§ 38 bis 47 umfaßt, trägt die Ueberschrift „Versteigerungsbedingungen". Der § 38 lautet: ZVG-VE „Die Betheiligten können besondere Versteigerungsbedingungen stellen. S 38 Zur Verhandlung über die Versteigerungsbedingungen kann ein besonderer Termin anberaumt werden. Wird einer Versteigerungsbedingung von einem Betheiligten widersprochen, so bestimmt das Gericht nach freiem Ermessen, ob dieselbe gestellt werden soll. Eine Abänderung der aus dem Gesetze sich ergebenden Versteigerungsbedingungen ist nur zulässig, wenn alle Betheiligten zustimmen, deren Rechte von der Abänderung berührt werden. | Prot 1 13889 | Als gesetzliche Versteigerungsbedingungen gelten insbesondere diejenigen, welche in den §§ 39 bis 47 bestimmt sind." Beantragt war, den § 38 (den Vorschriften über die gesetzlichen Bedingungen nachzustellen) zu fassen: Kurlbaum „Jeder Betheiligte kann die Abänderung des geringsten Gebotes und der gesetz(Nr 35, 3) liehen Bedingungen der Veräußerung verlangen, sofern diejenigen Betheiligten, deren Rechte durch die Abänderung berührt werden, zustimmen. Er kann zum Zwekke der Feststellung, wessen Rechte durch die Abänderung der Bedingungen berührt werden, das Ausgebot des Grundstücks unter den von ihm zu stellenden Bedingungen verlangen. Das Vollstreckungsgericht kann von Amtswegen die Betheiligten zur Verhandlung über das geringste Gebot und die Bedingungen der Veräußerung in einem besonderen Termin laden." Beschlossen wurde im Anschlüsse an den Antrag, Stellung vorbehalten, zu bestimmen : Jeder Betheiligte kann eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Bestimmung des geringsten Gebotes sowie der Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehen verlangen, sofern diejenigen Betheiligten, deren Rechte durch die Abweichung berührt werden, zustimmen. Ist es ungewiß, ob die Rechte eines Betheiligten durch die Abweichung berührt werden, so ist auf Antrag das Grundstück auch unter den verlangten Bestimmungen auszubieten. Das Vollstreckungsgericht kann auch von Amtswegen zur Verhandlung über | Prot 1 13890 das geringste Gebot | und über die Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers einen besonderen Termin bestimmen; die Betheiligten sind zu dem Termine zu laden. Erwogen war: Der Entwurf begreife unter der Bezeichnung „Versteigerungsbedingungen" sowohl die Vorschriften des Gesetzes über das geringste Gebot, welche nur die Zulässigkeit des Zuschlags betreffen, als auch die in dem Antrage sogenannten gesetzlichen Bedingungen der Veräußerung. Mit letzteren sei dasjenige gemeint, was im Falle eines Kaufvertrages nach der Sprachweise des Bürgerlichen Gesetzbuches (z. B. § 4823) als Vertragsbestimmungen (lex contractus) bezeichnet werde (Motive S. 61). Bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen stehen diesen Bestimmungen gleich die gesetzlichen Vorschriften über die Rechte und Verpflichtungen des Erstehers. Diese Vorschriften sowie diejenigen über das geringste Gebot seien bei der zum § 38 in Rede stehenden Bestimmung gleichmäßig ins Auge zu fassen und ihrer verschiedenen Natur nach besonders zu bezeichnen. 3 Vgl. § 4 3 9 BGB.
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III. Protokolle der 1. Kommission ( 8 . 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Der Entwurf (Abs. 1 vergl. mit Abs. 4) erwecke den Anschein, als ob eine Abänderung dieser Vorschriften nur auf dem Wege einstimmigen Beschlusses der in concreto Betheiligten zulässig wäre. Richtig sei zwar, daß bei Zustimmung aller Betheiligten eine Abweichung von jenen Vorschriften zulässig sei; allein dies verstehe sich von selbst und brauche im Gesetze nicht ausgesprochen zu werden. Bestimmt werden müsse vielmehr, daß jeder Betheiligte eine Abweichung von den erwähnten Vorschriften verlangen könne, und daß die Versteigerung unter Zugrundelegung dieser Abweichung vorzunehmen sei, wenn diejenigen Betheiligten, deren Rechte durch die Abweichung berührt werden, zustimmen. Es müsse ferner ein Weg eröffnet werden, auf welchem festgestellt werde, wessen Rechte durch die A b - | w e i chung berührt werden. Dies geschehe im Anschlüsse an den gestellten Antrag durch den gefaßten Beschluß. Das doppelte Ausgebot zum Zwecke der Erzielung eines Gebotes, durch welches die Betheiligten in möglichst weitem Umfange befriedigt werden, entspreche nicht nur den für bestimmte Fälle im preußischen und im sächsischen Gesetze getroffenen Bestimmungen, sondern auch der Praxis in weiten Gebieten. Die Fassung des Antrages erwecke den Zweifel, als ob es sich nur um ein probeweises Ausbieten handele, lediglich zum Zwecke der Feststellung, ob und inwieweit Rechte Betheiligter berührt werden. Es werde aber das Grundstück in einem solchen Falle vielmehr in dem Versteigerungstermine ernstlich in doppelter Weise ausgeboten, zu den gesetzlichen Bestimmungen und zu den verlangten, abweichenden Bestimmungen, und werde hiermit fortgefahren, bis kein Gebot mehr erfolge. Solange nicht feststehe, welches der auf die verschiedenen Ausbietungen erfolgten Gebote das beste sei, blieben die Bieter nach allgemeinen Grundsätzen an ihre Gebote gebunden (§58 Entw.). Diese Feststellung aber könne in einem solchen Falle erst durch den Zuschlag erfolgen. Die Bestimmung des zweiten Absatzes befriedige, dem Entwürfe entsprechend, ein in verwickeiteren Verhältnissen hervortretendes Bedürfniß und schließe sich in den Einzelheiten an den zum ersten Absatz gefaßten Beschluß an. Die in dem Termine stattfindende Verhandlung habe nur einen vorbereitenden Charakter insofern, als die Feststellung der in Frage stehenden Bestimmungen nach dem § 48 Entw. im Versteigerungstermine erfolge. Der Richter müsse aber, wenn er eine solche Verhandlung nach den Umständen, z. B. zu seiner eigenen Information, für angemessen erachte, den Termin auch von Amtswegen bestimmen | können. Für eine nach freiem Ermessen zu gebende Entscheidung des Gerichtes über eine von einem Betheiligten vorgeschlagene und von anderer Seite nicht zugestandene Versteigerungsbestimmung (Abs. 1, 3), sei kein Raum. Es müsse davon ausgegangen werden, daß es sich bei dem Vorschlage einer besonderen Bestimmung immer um eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften über das geringste Gebot und die Rechte und Verpflichtungen des Erstehers handele und diese sei nach Maßgabe des Beschlusses zu Abs. 1 und 4 zu behandeln. Eine Hinweisung darauf, daß als „gesetzliche Versteigerungsbedingungen" insbesondere, d. h. neben den anderwärts, z. B. im Bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenen, die in den folgenden Paragraphen bestimmten gelten (Abs. 5), erscheine entbehrlich. Der § 39 des Entwurfes lautet: „Die Versteigerung des Grundstückes erstreckt sich auch auf die übrigen für den Gläubiger in Beschlag genommenen Gegenstände, soweit dieselben zur Zeit der Versteigerung vorhanden sind und die Beschlagnahme noch wirksam ist. Für die Größe und Beschaffenheit des Grundstückes und der mit demselben zur Versteigerung gelangenden Gegenstände wird keine Gewähr geleistet." 323
| Prot 1 13891
| Prot 1 13892
ZVG-VE § 39
Quellen zur Entstehung des ZVG
Beantragt war, 1. statt des § 39 zu bestimmen: ^Die Versteigerung des Grundstückes erstreckt sich auch auf die für den
Kurlbaum (Nr 35, 4 a — d)
Gläubiger in Beschlag genommenen Forderungen und beweglichen Sachen, sowie | Prot 1 13893 auf die nach den Vorschriften des § 7941 des Bürgerlichen Gesetzbuches dem Ersteher gebührenden Forderungen wegen Miethzinsen und Pachtzinsen aus der Vermiethung oder Verpachtung des Grundstückes, es sei denn, daß vor der Versteigerung eine Thatsache eingetreten ist, durch welche die im Falle einer an dem Grundstücke bestehenden Hypothek stattfindende Haftung dieser Gegenstände erlischt; in Ansehung der Miethzinsforderungen und Pachtzinsforderungen, welche auf eine spätere Zeit als auf die ersten drei Monate nach der Erlassung des Zuschlagsurtheils sich beziehen, finden, sofern die Beschlagnahme derselben vorher nicht erfolgt ist, die Vorschriften des § 1069 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung." b) „Die Versteigerung des Grundstückes erstreckt sich auch auf diejenigen beweglichen Sachen, welche in dem Verfahren einer bis zur Versteigerung fortgesetzten Zwangsverwaltung des Grundstückes dem Verwalter als Zubehör überliefert oder von dem Eigenthümer oder dem im Verfahren der Zwangsverwaltung bestellten Verwalter dem Grundstücke als Zubehör beigefügt und als solches zur Zeit der Versteigerung vorhanden sind, auch dann, wenn diese Sachen im Falle einer an dem Grundstücke bestehenden Hypothek kraft derselben dem Hypothekengläubiger nicht haften." c) „Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag die abgesonderte Versteigerung der Forderungen und der beweglichen Sachen oder eine andere Art der Verwer| Prot 1 13894 thung der For-| derungen anordnen. Es kann insbesondere zur Einziehung einer Forderung einen Verwalter bestellen oder dieselbe einem Betheiligten mit dessen Zustimmung auf die ihm zustehende Geldforderung nach Maßgabe des § 736 der Civilprozeßordnung an Zahlungsstatt überweisen." d) „Ein Anspruch auf Gewährleistung wegen Mängel der versteigerten Gegenstände sowie ein Anspruch auf Gewährleistung für den rechtlichen Bestand einer mit dem Grundstücke versteigerten Forderung oder für das Vorhandensein einer mit dem Grundstücke versteigerten beweglichen Sache steht dem Ersteher nicht « zu. Kurlbaum 2. dem ersten Satz des zum § 19 des Entwurfes gefaßten Beschlusses (Prot. (Nr 50, 2) S. 13774) aus Anlaß des § 39 zuzusetzen „ohne Unterschied, ob dieselben zur Zeit der Beschlagnahme bereits vorhanden waren oder nicht". v. Mandry 3. in erster Linie: (Nr 49)
a) als § 39 (des Entwurfes) zu beschließen 4 : „Die Versteigerung hat sich auf das Grundstück sowie auf diejenigen beweglichen Sachen und diejenigen Forderungen zu erstrecken, welche zur Zeit der Versteigerung von der Beschlagnahme des Grundstückes ergriffen sind." b) in Nr. 5 des $ 25 (Prot. S. 13836) zu setzen: „oder an einer der unter der Voraussetzung des Eigentbumes des Schuldners mitzuversteigernden beweglichen Sachen haben." 4
Der ursprüngliche Antrag (Nr. 47, 2) zu § 39 lautet: „Die Versteigerung eines Grundstückes erstreckt sich auch auf diejenigen beweglichen Sachen und diejenigen Forderungen, welche zur Zeit der Versteigerung von der Beschlagnahme des Grundstückes ergriffen sind."
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) (Dem Antrage war folgende Bemerkung beigefügt: | „Würde in dieser Weise vorgegangen, so hätte dereinst der § 86 Abs. 3 des Ent- | Prot 1 13895 wurfes eine Umgestaltung zu erfahren; mindestens müßten die Worte „nach dem § 39" gestrichen werden. — Was zum Ausdrucke gebracht werden soll, ist m. E. nur, daß, wenn die Versteigerung sich effektiv auf bewegliche Sachen erstreckt hat, welche, wären sie im Eigenthume des Schuldners, zu der Immobiliarmasse gehören und von der Beschlagnahme ergriffen sein würden, der Zuschlagsbescheid ohne Rücksicht darauf, ob diese Voraussetzung zutrifft, seine rechtschaffende Wirkung haben soll. Dies macht aber keineswegs eine Bestimmung nothwendig, welche das Vollstreckungsgericht anweist, auch nicht zur Immobiliarmasse gehörende Sachen mitzuversteigern, wenn der dritte Eigenthümer nicht bezüglich derselben die Einstellung des Verfahrens herbeigeführt hat, sondern läßt sich durch exaktere Fassung des § 25 (§ 38 der vorl. Zusst.) und entsprechende Abänderung des § 86 Abs. 3 des Entwurfes erreichen. Auf was sich die Versteigerung im konkreten Falle erstreckt, ist zunächst aus den im einzelnen Falle festgestellten Versteigerungsbedingungen und dem Ausgebote zu entnehmen; ergeben sie kein Resultat, so wird aus der für § 39 proponirten Vorschrift die dispositive Norm über den Umfang der stattgehabten Veräußerung sich mit gleichem Inhalte ergeben, wie wenn es hieße: Die Versteigerung erstreckt sich ") eventuell den § 39 dahin zu beschließen: Abs. 1. „Die Versteigerung des Grundstückes | erstreckt sich auf das Grundstück | Prot 1 13896 sowie auf " (wie im prinzipalen Antrag) Abs. 2. „Die Versteigerung des Grundstückes erstreckt sich auch auf diejenigen beweglichen Sachen, welche zur Zeit der Versteigerung von der Beschlagnahme des Grundstückes nicht ergriffen sind, jedoch entweder in dem Verfahren einer bis zur Versteigerung fortgesetzten Zwangsverwaltung des Grundstückes dem Verwalter als Zubehör überliefert oder von dem Eigenthümer oder dem im Verfahren der Zwangsverwaltung bestellten Verwalter dem Grundstücke als Zubehör beigefügt und als solches zur Zeit der Versteigerung vorhanden sind." Die Kommission schied von der zum § 39 Abs. 1 zu treffenden Entscheidung zunächst die Frage aus, ob und inwieweit die Versteigerung des Grundstückes sich auf die Forderungen wegen Miethzinsen und Pachtzinsen aus der Vermiethung und Verpachtung des Grundstückes erstrecke (Antrag Nr. 1, a) weil diese Frage im Zusammenhange mit der im § 8 8 des Entwurfes vorgeschlagenen Bestimmung zu erledigen sei. Im Uebrigen wurde beschlossen: 1. zum §39 Abs. 1: Die Versteigerung des Grundstückes erstreckt sich auch auf die für den Gläubiger in Beschlag genommenen Forderungen und beweglichen Sachen, soweit die Beschlagnahme noch wirksam ist. Die Versteigerung erstreckt sich auch auf diejenigen von der Beschlagnahme nicht er-1 griffenen beweglichen Sachen, welche in dem Verfahren einer bis zur | Prot 1 13897 Versteigerung fortgesetzten Zwangsverwaltung des Grundstückes dem Verwalter als Zubehör überliefert oder welche von dem Eigenthümer oder dem im Verfahren der Zwangsverwaltung bestellten Verwalter dem Grundstücke als Zubehör beigefügt und als solches zur Zeit der Versteigerung vorhanden sind. 2. Annahme des Antrages Nr. 2, nach welchem dem ersten Satze des zum § 19 Abs. 2 gefaßten Beschlusses (Prot. Seite 13774) beigefügt wird: 325
Quellen zur Entstehung des ZVG
ohne Unterschied ob dieselben zur Zeit der Beschlagnahme bereits vorhanden waren oder nicht. Die Kommission hatte erwogen: Zu 1. An gegenwärtigem Orte sei zu bestimmen, auf welche Gegenstände die Versteigerung des Grundstückes sich erstrecke, und danach beantworte sich die Frage, was der Ersteher durch den Zuschlag erwerbe (§86). In dieser Richtung bestehe Einverständniß, daß die Versteigerung des Grundstückes sich auch auf die für den Gläubiger in Beschlag genommenen Forderungen und beweglichen Sachen erstrecke, jedoch unter einer zu bestimmenden Beschränkung. Letztere werde von dem Entwürfe und dem Antrage Nr. 3 einerseits, von dem Antrage Nr. 1 andererseits verschieden bestimmt. Es verdiene den Vorzug, mit dem Entwürfe und dem Antrage Nr. 3 die Beschränkung dahin zu bestimmen „soweit die Beschlagnahme noch wirksam ist", da hiermit an den Eingang der Vorschrift angeknüpft werde, das | Prot 1 13898 Vorhanden-1 sein der Gegenstände aber unerwähnt zu lassen, da die Existenz selbstverständlich sei, leicht aber ein Vorhandensein bei dem Grundstücke verstanden werden könne, während die Entfernung von dem Grundstücke für sich allein die Wirkung der Beschlagnahme nicht aufhebe. Durch die beschlossene Beschränkung werde, in Uebereinstimmung mit den Motiven die Frage, ob die der Beschlagnahme noch unterliegenden, bei dem Grundstücke oder dem Eigenthümer nicht mehr vorhandenen Gegenstände von der Versteigerung und den Wirkungen des Zuschlages ausgeschlossen bleiben, verneint. Des Weiteren dürfe aber auch die wichtige Frage nicht unentschieden gelassen werden, ob die Versteigerung des Grundstückes sich auch auf die zur Zeit der Versteigerung vorhandenen Zubehörstücke erstrecke, welche nicht in das Eigenthum des Schuldners gelangen und deshalb gemäß der zum § 19 beschlossenen Vorschrift in Verbindung mit derjenigen des § 1067 Nr. 3 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch von der Beschlagnahme nicht ergriffen seien. Der Entwurf enthalte nach seinem Wortlaute eine Entscheidung dieser Frage nicht (vgl. Motive zum Sachenrechtsentwurf S. 2003 ff.). Der Prinzipalantrag Nr. 3 beruhe nach den demselben beigefügten Bemerkungen auf der Auffassung, daß zwar allerdings dem Ersteher durch das Zuschlagsurtheil auch in Ansehung solcher Zubehörstücke, wenn sie einmal mit versteigert seien, unanfechtbares Eigenthum verschafft werden müsse, | Prot I 13899 daß man jedoch nicht auszusprechen | habe, die Versteigerung habe sich auch auf nicht im Eigenthum des Schuldners befindliche Zubehörstücke zu erstrecken, indem hierin insbesondere eine anstößige, durch ein Bedürfniß nicht gerechtfertigte Anweisung an den Richter gefunden werden müßte. Es könne dahingestellt bleiben, ob von dem Standpunkte des damaligen preußischen Rechtes aus die Bejahung der bezeichneten Frage (Sachenrechtsmot. aaO) sich rechtfertigen lasse. Unter Zugrundelegung des im Entwürfe des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgestellten Zubehörbegriffey (§ 789), nach welchem die Zubehöreigenschaft nicht davon abhängig sei, ob die betreffende bewegliche Sache in das Eigenthum des Eigenthümers der Hauptsache gelangt sei, müsse die Entscheidung wesentlich nach praktischen Gesichtspunkten getroffen werden. Die Rücksicht hierauf führe zur Bejahung der Frage im Sinne des Antrages Nr. 1 b. Werde das Grundstück mit Zubehör versteigert, so sei für die Bieter die Erwartung gerechtfertigt, daß in dem vorhandenen Zubehör eine Unterscheidung, ob dasselbe Eigenthum des Grundstückseigenthümers oder eines Anderen sei, nicht gemacht werde, daß vielmehr, entsprechend der Vorschrift des § 790 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches, das Gebot und der Zuschlag sich auf die vorhandenen Zubehörstücke mitbeziehe. Werde dem entgegen als Gegenstand 326
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19.10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3 . 1889)
der Versteigerung nur dasjenige Zubehör angesehen, welches für eine Hypothek hafte, so werde dem Bietenden die Gefahr zugeschoben, daß er ohne Anspruch auf Ersatz die vermeintlich miterworbenen Ge- | genstände verliere, und die Folge die- | Prot 1 13900 ser Unsicherheit werde, sobald ein Zweifel auftauche, eine Herabdrückung des Meistgebotes sein. Der Eigenthümer der für die Hypothek nicht haftenden Stücke dagegen werde bei der beschlossenen Mitveräußerung derselben zwar sein Eigenthum verlieren, wenn er nicht rechtzeitig eingreife, werde aber dafür das Recht auf einen gewissen Theil des Erlöses erlangen. Eine Anweisung an das Gericht, fremde Sachen mitzuversteigern, liege in der beschlossenen Vorschrift nicht; denn das Gericht könne, ohne daß das Eigenthum von einem Dritten beansprucht werde, über die Eigenthumsfrage überhaupt nicht entscheiden, werde aber das Eigenthum beansprucht, so habe es solche Gegenstände, welche es als der Beschlagnahme nicht unterwofen erachte, von der Versteigerung auszuschließen und, zum Mindesten vorläufig, die Versteigerung derselben auszusetzen. Eine Schranke für die Mitversteigerung vorhandener Zubehörstücke müsse jedoch in der beschlossenen Weise gezogen werden, damit nicht diejenigen Zubehörstücke mitgetroffen würden, welche von einem Miether, Pächter, Nießbraucher oder in ähnlicher Weise Berechtigten beigefügt seien (zu vergl. § 785 des Entw. des B.G.B.), sofern sie nur nicht bei der noch dauernden Zwangsverwaltung des Grundstückes durch Uebergabe an den Verwalter als in Beschlag genommen anzusehen seien. Sei nach der Beendigung der Miethe, Pacht pp. ein Zubehörstück von dem Eigenthümer | des Grundstückes zu- |ProtI 13901 rückbehalten und weiter benutzt, so werde es im Sinne des Beschlusses als von ihm beigefügt zu gelten haben. Im Einzelnen habe man sich in Ansehung der Bezeich-" nung des in Betracht kommenden Zubehörs an den Antrag Nr. 1 b anzuschließen. Es würden hierdurch die verschiedenen in Betracht kommenden Vorgänge, durch welche dem Grundstücke Zubehörstücke hinzutreten, in zutreffender Weise aufgeführt und zugleich werde eine gewisse Garantie dafür gewonnen, daß nur solche Sachen, welche seitens des Eigenthümers oder des Verwalters als Zubehör beigefügt worden, nicht auch von Dritten beigefügte Sachen mit dem Grundstücke versteigert werden. Hervorgehoben werde zugleich, daß es auf die Zeit der Zufügung nicht ankomme, wenn nur zur Zeit der Versteigerung die Zubehörstücke noch vorhanden seien. Der Gedanke aber, daß es für die Versteigerung und für den rechtlichen Erfolg derselben auf das Eigenthum des Schuldners an dem Zubehör nicht ankomme, werde deutlicher zum Ausdruck gebracht, wenn man mit dem eventuellen Antrage 3 hervorhebe, daß es sich um von der Beschlagnahme nicht ergriffene Sachen handele (Protokoll S. 13774ff. vgl. mit § 1067 Nr. 3 des Entw. des B.G.B.), als durch den Schlußsatz des Antrages Nr. 1 b. Zu 2. Der Beschluß zum § 19 Abs. 2 (Protokoll Seite 13774) sei allerdings in dem Sinne gefaßt worden, daß die fraglichen beweglichen Sachen und Forderungen von der Beschlagnahme des Grundstückes auch dann ergriffen würden, wenn sie zur Zeit dieser Beschlagnahme noch nicht vorhanden seien, sondern erst später hinzu- | treten (vgl. auch Entw. des B.G.B. § 1067). Das Mißverständniß sei übrigens | Prot 1 13902 nach dem jetzigen Wortlaute des Beschlusses nicht ausgeschlossen, als ob von der Beschlagnahme des Grundstückes nur die zur Zeit der Beschlagnahme vorhandenen Gegenstände ergriffen würden. Die Gefahr dieses Mißverständnisses liege nach dem Beschlüsse zum § 39 Abs. 1, nach welchem die Versteigerung des Grundstückes sich auch auf die dem Grundstücke erst nach der Beschlagnahme zugefügten Zubehörstücke zu erstrecken habe, um so näher. Es empfehle sich deshalb eine Verdeutlichung jenes Beschlusses durch den in dem Antrage Nr. 2 vorgeschlagenen Zusatz. Die Befürchtung, daß durch den Zusatz, der im § 1067 Nr. 3 des Entwurfs des Bür327
Quellen zur Entstehung des ZVG gerlichen Gesetzbuches fehle, der Sinn dieses Paragraphen verdunkelt werde, sei nicht begründet. Die Berathung über den Antrag Nr. 1 c bezw. Abs. 2 des § 39 wurde auf die nächste Sitzung vertagt.
824. Sitzung vom 9.11.1888, Schriftführer! Börner |ProtI 13903
Kurlbaum (Nr 54, 1)
| Prot I 13904
Rüger (Nr 52)
I Prot 1 13905
| Die Berathung des § 39 des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Der Antrag unter c (Prot. S. 13893) hatte zu den weiteren Anträgen Anlaß gegeben: 1. Die vorgeschlagene Bestimmung dahin zu fassen: „Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag anordnen, daß eine Forderung oder eine bewegliche Sache von der Versteigerung des Grundstückes ausgeschlossen und nach dieser Versteigerung besonders versteigert werden soll. Es kann auf Antrag auch eine andere Art der Verwerthung anordnen, insbesondere zur Einziehung . . . überweisen. Bei der besonderen Versteigerung finden die Vor- | Schriften der §§ 718, 721 der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung. Der durch die Einziehung einer Forderung oder durch besondere Versteigerung erzielte Erlös ist öffentlich zu hinterlegen." 2. a) von der Aufnahme der Bestimmung abzusehen, b) eventuell den Eingang zu fassen: „Ist für das Grundstück allein das geringste Gebot erreicht, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag 3. den unter Ziffer 1 ersichtlichen Sätzen hinzuzufügen: „Die besondere Versteigerung oder anderweite Verwerthung ist unzulässig, sofern nicht das geringste Gebot erreicht ist." Der Antrag unter 2 a wurde im Laufe der Berathung zurückgezogen. Das Ergebniß der letzteren war die Annahme der Anträge unter 1 und 3. Man hatte erwogen: Die Gestattung der abgesonderten Versteigerung oder anderweiten Verwerthung von Gegenständen, welche an sich von der Versteigerung des Grundstückes ergriffen würden, sei in den Fällen Bedürfniß, in welchen der Gegenstand von einem Dritten in Anspruch genommen und in Folge dessen das Verfahren bezüglich desselben eingestellt sei. Aber auch sonst könne ein solches Sondervorgehen angezeigt sein. Dies namentlich dann, wenn die Einzelversteigerung oder sonstige Verwerthung mit Sicherheit die Erreichung eines höheren Preises für den Gegenstand erwarten lasse. Bei Forderungen werde außerdem unter Umständen die Herbeiführung der Einziehung durch einen bestellten Verwalter oder die Ueberweisung an Zahlungsstatt an einen hierzu bereiten Betheiligten ungleich vortheilhafter bezw. angemessener sein, als eine Versteigerung. Ein derartiges | Vorgehen könne aber, abgesehen davon, daß es nothwendig den Antrag eines Betheiligten voraussetze, nur mit der in dem ursprünglichen Antrage (Prot. S. 13893, 13894) nicht enthaltenen Schranke zugelassen werden, daß dasselbe erst nach der Versteigerung des Grundstückes und auch dann nur, wenn die Erfüllung des geringsten Gebotes bereits gesichert sei, Platz greifen dürfe (Antrag unter 1 Abs. 1 und unter 3). Die Ver328
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889)
Steigerung oder sonstige Verwerthung eines Gegenstandes der fraglichen Art, insbesondere eines wichtigen Inventarstückes, vor der Versteigerung des Grundstückes könnte leicht den Erfolg dieser Versteigerung gefährden. Die vorherige Erfüllung des geringsten Gebotes aber sei zu fordern, weil sonst in den Fällen, in welchen die abgesonderte Versteigerung nicht mit der Versteigerung des Grundstückes in demselben Termine, sondern erst nach Beendigung eines vielleicht Jahre beanspruchenden Eigenthumstreites erfolge, ein unleidlicher, die Aussetzung des Zuschlages des Grundstückes für die ganze Dauer bedingender Schwebezustand eintreten würde. Nicht nothwendig sei dabei, daß das geringste Gebot gerade für das Grundstück bereits erreicht sei (Antrag unter 2 b); es müsse z. B. genügen, wenn die für das abgebrannte Grundstück zum Depositum gezahlten Versicherungsgelder neben dem für das Grundstück gebotenen Preise zur Erfüllung des geringsten Gebotes hinreichten. Die in den Absätzen 2 und 3 des gebilligten Antrages unter 1 enthaltenen Bestimmungen stellten sich als zweckmäßige Ausgestaltung der zugelassenen abgesonderten Versteigerung bezw. sonstigen Verwerthung im Einzelnen dar. Die entsprechende, nicht die direkte Anwendung der §§ 718, 721 der Civilprozeßordnung sei namentlich deshalb geboten, weil das | Vollstreckungsgericht einen Gerichtsvollzieher mit der Versteigerung wohl beauftragen könne, aber nicht beauftragen müsse. Zu dem Absatz 2 des § 39 des Entwurfes war außer dem Prot. S. 13894 unter d ersichtlichen Antrage noch folgender Antrag gestellt, zu bestimmen: „Ein Anspruch auf Gewährleistung der versteigerten Rechte oder wegen Mängel der versteigerten Sachen steht dem Ersteher nicht zu." Der letztere Antrag fand mit der Maßgabe Annahme, daß die Bestimmung vor den vorstehend beschlossenen Vorschriften einzustellen sei. Die Gründe waren: Der Absatz 2 des Entwurfes wiederhole im Wesentlichen den § 395 des Bürgerlichen Gesetzbuches 1 , was zu billigen sei, aber besser mit den Worten des Bürgerlichen Gesetzbuches (Ueberschrift vor § 381) geschehe. Den Ausschluß der Gewährleistung für die Größe des Grundstückes besonders zu erwähnen, erscheine entbehrlich, da nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein Mangel hinsichtlich der Größe als Mangel einer Eigenschaft aufzufassen sei (vergl. §§ 388, 505 Abs. 2)2. Die Anträge gingen über den Entwurf hinaus, indem sie außerdem die Gewährleistung für das versteigerte Recht ausschließen, der Antrag S. 13894 in Beschränkung auf die mit dem Grundstücke versteigerten Forderungen, der oben mitgetheilte Antrag generell. Die Ausdehnung sei begründet. So wenig es dem Ersteher zustehen könne, wegen Mängel der versteigerten Sache die Zahlung des Gebotes ganz oder theilweise zu verweigern, so wenig sei es mit Wesen und Zweck der Subhastation verträglich, daß wegen Mängel im Rechte die Zahlung verweigert oder nachträglich Rückgriff auf Subhastaten oder Gläubiger genommen werde. Für die beschränktere Bestimmung des ersteren | Antrages spreche, daß, soweit es sich um das Grundstück und die mitversteigerten beweglichen Sachen handele, für die wichtigsten und häufigsten Fälle der Entwurf Vorschriften (vergl. namentlich § 86) enthalte, welche das Rekurriren auf die Gewährleistung ausschließen. Allein für alle Fälle treffe dies doch nicht zu, insofern namentlich auch nach dem Entwürfe gewisse Rechte Dritter an dem Grundstücke nach dem Uebergange desselben auf den Ersteher fortbestehen sollen, also die Anwendung des § 371 des Bürgerlichen Gesetzbuches 3 immerhin 1
Die Regelung des § 395 E I ist im BGB. nicht mehr enthalten. Vgl. §§ 468,537 BGB. 3 Vgl. §434 BGB.
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| Prot 1 13906 v. Mandry (Nr 53, 1)
|ProtI 13907
Quellen zur Entstehung des ZVG
in Frage kommen könne. Es sei deswegen richtiger, auch in dieser Beziehung generell und, was die Fassung betrifft, im Anschlüsse an die Ausdrucksweise des Entwurfes (§§370f. 4 ) die Gewährleistung auszuschließen. Der auf S. 13894 mitgetheilte Antrag verneine des Weiteren die Haftung für das Vorhandensein der mitversteigerten beweglichen Sachen; indessen bedürfe es, soweit eine bewegliche Sache schon zur Zeit der Versteigerung nicht als eine zu versteigernde vorhanden gewesen sei, einer Bestimmung nicht, da die Versteigerung auf solche Sachen sich nicht erstrecke — der Fall, daß eine Sache, auf welche sich die Versteigerung gesetzlich nicht erstrecke, jedoch ausdrücklich mit versteigert werde, sei hier nicht zu beachten —; die Haftung für den nach der Versteigerung eintretenden Untergang einer beweglichen Sache aber sei nicht hier, sondern zum § 40 des Entwurfes zu erledigen. Der Fall, daß eine mitversteigerte Sache verbracht sei, in welchem Falle die entsprechende Anwendung der Vertragsgrundsätze dem Ersteher das Recht gebe, den Preis zurückzuhalten, würde erst dann in Betracht kommen, wenn feststehe, daß der Ersteher die Uebergabe derselben verlangen könne. Anlangend den Fall | Prot 1 13908 der | Einzelversteigerung oder anderweiten Verwerthung, könne es unbedenklich bei demjenigen verbleiben, was sich aus dem § 395 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit den sonstigen einschlagenden Grundsätzen ergebe. Damit in dieser Beziehung nicht ein Mißverständniß entstehe, sei es geboten, die beschlossenen Bestimmungen vor der zu dem vorigen Paragraphen beschlossenen Vorschrift einzustellen. Der § 40 des Entwurfes lautet: ZVG-VE „Die Gefahr des zufälligen Unterganges und der zufälligen Verschlechterung § 40 gehen mit der Verkündung des Zuschlagsurtheiles auf den Ersteher über. Von diesem Zeitpunkte an gebühren dem Ersteher die Nutzungen und hat derselbe die Lasten zu tragen." Beantragt war, zu bestimmen: Kurlbaum 1. „Die Gefahr des gänzlichen Untergangs des Grundstückes geht auf den Erste(Nr 35, 5) her mit der Erlassung des Zuschlagsurtheiles über. Von dem Zeitpunkte der Erlassung des Unheils an gebühren dem Ersteher die Nutzungen der versteigerten Sachen und hat er die Lasten dieser Sachen zu tragen." v. Mandry 2. a) „Die Gefahr des Unterganges des Grundstückes geht mit der Erlassung des (Nr 53, 2) Zuschlagsurtheiles, die Gefahr der Verschlechterung des Grundstückes sowie des Unterganges und der Verschlechterung der mitversteigerten Gegenstände mit dem Schlüsse der Versteigerung auf den Ersteher über." b) „Die Nutzungen des Grundstückes und der mitversteigerten Gegenstände ge| Prot 1 13909 bühren dem Ersteher von dem Zeitpunkte der Erlassung | des Unheiles an; von diesem Zeitpunkte an hat derselbe auch die Lasten und Abgaben zu tragen." Zu Satz 1 des Entwurfes wurde beschlossen: Die Gefahr des Unterganges des Grundstückes geht mit dem Zuschlage, die Gefahr des Unterganges der mitversteigerten Gegenstände mit dem Schlüsse der Versteigerung auf den Ersteher über. Man war der Meinung: Während die Versteigerung und der Zuschlag eines nicht vorhandenen Grundstückes nichtig sei, müsse von dem Zuschlage des vorhandenen Grundstückes an der Ersteher die Gefahr des Unterganges tragen (Mot. zum Sachenrechts-Entw. S. 2015). Bei den mitversteigerten Gegenständen, welche dem vorstehend Ausgeführten zufolge überhaupt nur insoweit in Betracht kämen, als sie * Vgl. §§ 433 f. BGB. 330
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zur Zeit der Versteigerung vorhanden seien, dürfe dagegen der Uebergang der Gefahr auf den Ersteher nicht nach dem Zeitpunkte des Zuschlages sich bestimmen, sondern müsse bereits mit dem Schlüsse der Versteigerung eintreten. Weder dem Schuldner noch den sonst Betheiligten könne für die Zwischenzeit die Tragung der Gefahr aufgebürdet, ebensowenig aber auch dem Ersteher ein Abzug von dem gemachten Gebote wegen des Unterganges eines einzelnen Gegenstandes nachgelassen werden. Keiner Erwähnung bedürfe die Tragung der Gefahr der Verschlechterung. Eine Gewährleistung für Mängel finde dem gefaßten Beschlüsse zufolge, S. 13906, nicht statt; mithin habe der Ersteher schon an sich jede Verschlechterung, möge sie vor oder nach der Versteigerung bezw. dem Zuschlage eingetreten sein, hinzunehmen. In Betreff der Fassung sei weder mit dem An-1 trage unter 1 von dem gänzlichen | Prot 113910 Untergange, noch, wie unter Hinweis auf die §§ 463, 494, 576 des Bürgerlichen Gesetzbuches 5 angeregt worden sei, von dem zufälligen Untergange zu reden. In der letzteren Hinsicht komme in Betracht, daß im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches derjenige Untergang für den Betroffenen ein zufälliger sei, der nicht durch einen von dem anderen Vertragschließenden zu vertretenden Umstand herbeigeführt werde, daß hier dem Ersteher Niemand gegenüberstehe, welchem eine ähnliche Vertretungspflicht, wie sie einem Verkäufer obliege, zweckmäßigerweise auferlegt werden könnte, und daß daher jeder Untergang, der überhaupt eintreten könne, für den Ersteher ein zufälliger sei, selbstverständlich unbeschadet der ihm gegen Dritte, welche den Untergang verschuldet hätten, etwa erwachsenen Ersatzansprüche. Ferner dürfe, um späterer Beschlußfassung nicht vorzugreifen, in der Bestimmung nicht auf die Erlassung (Verkündung) des Zuschlagsurtheiles abgestellt werden, vielmehr sei der allgemeinere Ausdruck „Zuschlag" zu wählen, vorbehaltlich späterer Aenderung. Der Satz 2 des Entwurfes wurde dahin genehmigt: Von dem Zuschlage an gebühren dem Ersteher die Nutzungen des Grundstükkes und der mitversteigerten Gegenstände; von demselben Zeitpunkte an hat der Ersteher die Lasten zu tragen. Ueber die Angemessenheit einer solchen Vorschrift im Allgemeinen bestand Einvernehmen. Mit dem Antrage unter 1 in Ansehung der Nutzungen nur die versteigerten Sachen zu erwähnen und damit die Frage, wie es sich in Ansehung der Nutzungen der mitversteigerten Forderungen verhalte, offen zu lassen, hielt man nicht für geboten. Die Kommission war | vielmehr der Ansicht, daß hinsichtlich der For- |ProtI 13911 derungen an sich das Gleiche wie hinsichtlich der Sachen zu gelten habe, und daß auf die Möglichkeit, daß eine Forderung sammt den rückständigen Nutzungen versteigert werde, besondere Rücksicht nicht zu nehmen sei, da solchenfalls kein Zweifel darüber obwalten könne, daß der Ersteher auch die rückständigen Nutzungen zu erhalten habe. Des Weiteren trug man Bedenken, dem an den § 795 des Bürgerlichen Gesetzbuches sich anlehnenden Antrage unter 2 b entsprechend, neben den Lasten der Abgaben besonders zu gedenken, da der § 463 des Bürgerlichen Gesetzbuches 6 , dessen Heranziehung am nächsten liege, ebenfalls nur die Lasten erwähne. Der § 41 des Entwurfes lautet: „Durch den Zuschlag wird das Grundstück befreit: ZVG-VE 1. von den dem rechte des betreibenden Gläubigers gleichstehenden oder nach- §41 stehenden Hypotheken und Grundschulden, mit Ausschluß derjenigen, welche von 5 6
Vgl. JS 446/451, 2380, 644 BGB. Vgl. S S 446/451 BGB. 331
Quellen zur Entstehung des ZVG
dem Ersteher durch Vertrag mit dem Berechtigten in Anrechnung auf das Gebot übernommen werden; 2. von sämmtlichen bis zum Tage des Zuschlages laufenden Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen. Alle übrigen das Grundstück belastenden Rechte bleiben bestehen. Jedoch kann jeder Gläubiger, welcher durch das höchste unter dieser Bedingung zu erzielende Gebot nicht vollständig gedeckt wird, verlangen, daß die Versteigerung unter der Bedingung des Erlöschens der ihm im Range gleichstehenden oder nachstehenden Rechte erfolge, sofern unter dieser Bedingung ein Gebot | Prot 113912 abge-1 geben wird, welches den ihm drohenden Ausfall ganz oder theilweise abzuwenden geeignet ist." Es lagen die Anträge vor 1. a) in Absatz Nr. 1 zu setzen: „Grundschulden, es sei denn, daß der Ersteher das Fortbestehen bewilligt," b) in Absatz 2 Satz 2: „jedoch kann jeder Gläubiger, dessen Befriedigung bei Ausgebot unter Fortbestand dieser Rechte ungewiß ist, verlangen, daß das Grundstück auch mit der Bestimmung des Erlöschens der ihm im Range gleichstehenden oder nachstehenden Rechte ausgeboten werde." (Anm. zu lit. a: Die Uebernahme der Hypotheken oder Grundschulden in Anrechnung auf das Gebot ist entweder in § 44 oder zu § 122 des Entwurfes zu normiren.) Kurlbaum 2. die Vorschrift durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: (Nr 54, 2) a ) „Durch den Zuschlag erlöschen 1. alle Rechte an dem Grundstücke, zu deren Begründung oder zu deren Fortbestande gegenüber jedem Dritten die Eintragung in das Grundbuch erforderlich ist. 2. die Haftung des Grundstückes für die im § 92 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche sowie für wiederkehrende Leistungen jeder Art, soweit die einzelnen Leistungen vor Erlassung des Zuschlagsurtheiles fällig geworden sind. Das Erlöschen tritt nicht ein, soweit es in dem Zuschlagsurtheil oder bei der Vertheilung des Erlöses ausgeschlossen wird. Durch das Zuschlagsurtheil kann | Prot 113913 auch das Erlöschen eines anderen | Rechtes bestimmt werden." b) „Verlangt ein Betheiligter, dessen Recht einem nach den Vorschriften des ersten Absatzes nicht erlöschenden Rechte vorgeht oder gleichsteht, daß das Erlöschen dieses Rechtes bestimmt werde, und würde ohne diese Bestimmung das Recht des Berechtigten benachtheiligt werden, so ist die Zustimmung eines anderen Betheiligten nicht erforderlich. Wird durch das Bestehenbleiben eines nach den Vorschriften unter Nr. 1 des ersten Absatzes erlöschenden Rechtes das demselben vorgehende oder gleichstehende Recht eines Betheiligten nicht benachtheiligt, so ist auch ohne Antrag und ohne Zustimmung eines Betheiligten zu bestimmen, daß jenes Recht nicht erlösche." Die Berathung, welche sich zunächst auf die Erörterung des zu Grunde zu legenden Prinzipes beschränkte, gelangte nicht zum Abschlüsse. v. Mandry (Nr 53, 3)
825. Sitzung vom 12. 11.1888, Schriftführer: Börner | Prot 113915
|Im Auftrage des erkrankten stellvertretenden Vorsitzenden, Königlich Preußischen Geheimen Ober-Justizrath Johow, übernahm, der Königlich Bayerische Oberlandesgerichts-Präsident Dr. von Schmitt vertretungsweise den Vorsitz. 332
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3 . 1889)
Zu dem § 41 des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, waren folgende weitere Anträge gestellt: I. von Seiten des Referenten, den § 41 zu fassen: Johow „Das Ausgebot des Grundstückes erfolgt mit der Bestimmung, (Nr 55) 1. daß folgende Rechte von der Zwangsversteigerung unberührt bleiben: a) die dem Rechte des betreibenden Gläubigers vorgehenden, in das Grundbuch eingetragenen, einzeln aufzuführenden Rechte mit Ausschluß der unter 2 a bezeichneten Ansprüche und Leistungen; | b) diejenigen Rechte, zu deren Begründung oder zu deren Fortbestande gegen- | Prot 113916 über jedem Dritten die Eintragung in das Grundbuch nicht erforderlich ist; 2. daß durch die Zwangsversteigerung zur Erlöschung gelangen sollen: a) die Haftung des Grundstückes für die im § 92 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche sowie für wiederkehrende Leistungen (jeder Art), welche vor Erlassung des Zuschlagsurtheiles fällig geworden sind; b) alle übrigen das Grundstück belastenden, (nicht unter 1 a und b fallenden) Rechte." (Bemerkungen. Daß die zum Erlöschen bestimmten Rechte mit dem Zuschlage erlöschen, wird als gesetzliche Wirkung des Zuschlages im § 86 zu bestimmen sein. Der Vorschlag des Entwurfes, daß von den dem Rechte des betreibenden Gläubigers gleichstehenden oder nachstehenden Rechten nur die Hypotheken und Grundschulden erlöschen, die übrigen bestehen bleiben sollen, wird fallen gelassen. Da es sich in diesem Paragraphen nur um eine gesetzliche Versteigerungsbedingung handelt, von welcher nach Maßgabe des zu § 38 Beschlossenen abgewichen werden kann, so bedarf es keiner Hervorhebung, daß und unter welchen Voraussetzungen bestimmt werden kann, es solle ein nach Nr. 1 dieses Antrages unberührt bleibendes Recht erlöschen oder ein nach Nr. 2 erlöschendes Recht bestehen bleiben. Außerdem werden die Vorschriften über die Vertheilung des Versteigerungserlöses Raum für die Bestimmung bieten, daß ein mit dem Zuschlage er- | löschendes | Prot 113917 Recht dadurch konservirt werden kann, daß es von dem Ersteher übernommen wird.) II. von dem Urheber des Antrages Prot. S. 13912 unter 21 1. den § 41 dahin zu fassen: Kurlbaum „Durch den Zuschlag erlöschen, soweit nicht durch das Zuschlagsurtheil ein Anderes bestimmt ist, a) alle Rechte an dem Grundstücke, zu deren Begründung oder zu deren Fortbestande gegenüber jedem Dritten die Eintragung in das Grundbuch erforderlich ist; b) die Haftung des Grundstückes für die im § 92 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche sowie für wiederkehrende Leistungen jeder Art, soweit die einzelnen Leistungen vor Erlassung des Zuschlagsurtheiles fällig geworden sind. Durch das Zuschlagsurtheil kann auch das Erlöschen eines anderen Rechtes bestimmt werden. Das Erlöschen eines Rechtes kann auch bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses ausgeschlossen werden." 1
Sämtliche Anträge von Kurlbaum zu den §§ 41 ff. sind in chronologischer Reihenfolge im Anhang I zu den Protokollen mitgeteilt (unten S. 708 ff.).
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Quellen zur Entstehung des ZVG (Anm. Vorbehalten bleibt, die der Eintragung nicht bedürfenden Rechte hier zu übergehen und für dieselben, mit Einschluß der etwa bestehen bleibenden gesetzlichen Pfandrechte, welche doch besonderer Bestimmung bedürfen, anderweit zu sorgen.) Kurlbaum 2. oder in folgender Reihenfolge zu berathen und zu beschließen: a) den 5 43 des Entwurfes in folgender Fassung: „Der Zuschlag darf nur f ü r ein Gebot ertheilt werden, durch welches die dem | Prot 113918 Ansprüche des Gläubigers vorgehenden Rechte sowie die aus | dem Versteigerungserlöse zu entnehmenden Kosten des Verfahrens gedeckt werden (geringstes Gebot)." b) die Bestimmungen über die Festsetzung des geringsten Gebotes (Entw. §§ 50, 51); c) den § 44 Abs. 1 des Entwurfs in folgender Fassung: „Der bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Betrag der im § 92 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche, der laufenden und rückständigen wiederkehrenden Leistungen, der Verzugszinsen und Kosten sowie der das geringste Gebot übersteigende Betrag des Meistgebotes ist von dem Ersteher baar zu zahlen und von dem Zuschlage an mit fünf vom Hundert zu verzinsen." d) den § 45 des Entw.; e) den § 42 Abs. 1 des Entw. dahin: „Soweit nicht nach dem § 44 Baarzahlung erfolgen soll, bleiben die bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigten Rechte bestehen. Soweit eine Reallast, Hypothek oder Grundschuld bestehen bleibt, ist die dem Schuldner oder dem Eigenthümer obliegende persönliche Verbindlichkeit von dem Ersteher zu übernehmen. Die Vorschriften des §318 des B.G.B.2 finden entsprechende Anwendung. Eine bestehen bleibende Hypothek oder Grundschuld ist in Höhe des Kapitalbetrages auf das Gebot des Erstehers anzurechnen." f) die § 42 Abs. 2 und § 44 Abs. 2 (Antrag vorbehalten); g) die §§ 46, 47 des Entw.; h) den § 38 des Entw. in der beschlossenen Fassung einzustellen; | Prot 113919 i) den § 41 Abs. 2 des Entw. in der Prot. S. 13913 un- | ter 2 b beantragten Fassung, vorbehaltlich der Modifikation derselben; k) den § 41 Abs. 1 an geeigneter Stelle wie oben unter Ziff. 1 beantragt. Die Kommission beschloß, zunächst den § 43, sodann den § 44 Abs. 1 und hierauf den § 41 des Entwurfes zu berathen. Der § 43 des Entwurfes lautet: ZVG-VE „Der Zuschlag wird nur f ü r ein Gebot ertheilt, bei welchem die vor dem Anspru§ 43 che des betreibenden Gläubigers zu befriedigenden Ansprüche mit Einschluß der aus dem Versteigerungserlöse zu entnehmenden Kosten des Verfahrens gedeckt sind (geringstes Gebot)." Die Berathung führte zur Annahme des unter II, 2 a zu dem § 43 gestellten Antrages (S. 13917, 13918). Die Gründe waren: Das Deckungsprinzip, welches der Entwurf wie der Antrag in Ansehung der dem Rechte des betreibenden Gläubigers vorgehenden Rechte befolgten, sei bereits 2 Vgl. §S 329, 416 BGB. 334
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889) beschlossen (Anm. 1 zu Buch III Abschn. 3 (§§ 826f.) des B.G.B.). Bei der Bemessung des entsprechend zu bestimmenden geringsten Gebotes ziehe der Entwurf, indem er davon ausgehe, daß andere Rechte als Hypotheken und Grundschulden überhaupt bestehen bleiben sollten (§ 41 Abs. 2), nur die vorgehenden Hypotheken und Grundschulden in Betracht, während der Antrag bei dieser Bemessung auch die anderen vorgehenden Rechte berücksichtigt wissen wolle. Die praktische Bedeutung der Verschiedenheit liege darin, daß, wenn ein Recht der letzteren Art nicht bestehe oder wegfalle oder der demselben beigelegte V o r r a n g nicht begründet sei, nach dem Entwürfe der Ersteher den Vortheil davon habe, nach dem Antrage dagegen an die Stelle des nicht existirenden oder wegfallenden bezw. zurücktretenden Rechtes der entsprechende W e r t h desselben trete und ein an-|deres Recht in dem |ProtI 13920 Umfange des Werthes sich vorschiebe bezw. der Werth dem Schuldner zu Gute komme. D e r Antrag verdiene den V o r z u g , da kein hinreichender Anlaß vorliege, den Ersteher in solcher Weise, die namentlich bei Altentheilen von Bedeutung werden könne, zu begünstigen. Auch sei nicht zu besorgen, daß die Feststellung des geringsten Gebotes damit eine erhebliche Erschwerung erfahre. Zur Veranschlagung der betreffenden Rechte in Geld bedürfe es keiner Taxation seitens Sachverständiger. Das Vollstreckungsgericht habe nur im Allgemeinen eine Werthschätzung vorzunehmen, um dem Ersteher bedeuten zu können, was bei einem etwaigen Wegfalle des Rechtes an dessen Stelle trete und was er demgemäß zu übernehmen habe. Eine Mitwirkung der Betheiligten bei dieser Schätzung und eine Abänderung der betreffenden Bestimmung nach Maßgabe der zum § 38 des Entwurfes beschlossenen Vorschriften sei selbstverständlich nicht ausgeschlossen. Nach den Motiven zum Entwürfe S. 72 werde zwar auch in Aussicht genommen, daß die Betheiligten im einzelnen Falle eine den besonderen Verhältnissen entsprechende Versteigerungsbedingung stellen, allein hierzu würde die Zustimmung aller bei der Bedingung interessirten Betheiligten erforderlich sein und gerade der Gläubiger habe das entgegenstehende Interesse, die Veräußerung nicht durch Erhöhung des geringsten Gebotes erschweren zu lassen. Bemerkt wurde noch, daß die in den gedruckten Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuche Band 3 S. 150 dem preußischen Gesetze von 1883 gegebene Auslegung, nach welcher der Werth des allenfalls wegfallenden Rechtes von dem Berechtigten nachzuweisen sei, in dem Gesetze keinen Anhalt finde, auch von | der Kommission niemals gebilligt sei.
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Hinsichtlich der Fassung treffe der Antrag ebenfalls das Richtige. D a es sich nicht um die Feststellung des Inhaltes des Ausgebotes bezw. der Rechte und V e r pflichtungen des Erstehers handele, sondern um eine Bietungsbestimmung, eine Anweisung an das Gericht, welche mit der Rechtskraft des Zuschlagsurtheiles ihre Bedeutung verliere, so müsse der Eingang dahin lauten, der Zuschlag dürfe nur ertheilt werden u.s.w. D e r § 4 4 Abs. 1 des Entwurfes lautet: „Der Ersteher hat den Betrag seines Gebotes, auf welchen nicht in Gemäßheit ZVG-VE des § 4 1 Abs. 1 und des § 4 2 eine Hypothek oder Grundschuld anzurechnen ist, § 4 4 Abs. 1 baar zu zahlen und von der Verkündung des Zuschlagsurtheiles an mit fünf vom Hundert zu verzinsen." D e r zu dieser Bestimmung vorliegende Antrag unter II, 2 c, Prot. S. 13918, fand Genehmigung. Man ging davon aus, daß ein wesentlicher sachlicher Unterschied zwischen dem Entwürfe und dem Antrage nicht bestehe, daß es aber die Durchsichtigkeit des Gesetzes fördere, wenn unmittelbar gesagt werde, was baar zu zahlen 335
Quellen zur Entstehung des Z V G
sei, woraus sich dann ein leichterer Ausdruck dafür ergebe, inwieweit Rechte bestehen bleiben und anzurechnen seien. Im Uebrigen war noch folgender Antrag gestellt, in § 44 zu bestimmen: Gebhard „Abs. 1. . . . anzurechnen ist, im Vertheilungstermine zu zahlen. . . (Nr 51) Abs. 2. Der Schuldner kann verlangen, daß dem Ersteher gestattet werde, ein | Prot 1 13922 Fünftheil des Gebotsbetrages im Vertheilungstermine und den | Rest in Terminen zu zahlen, durch welche die Zahlung des Gesammtbetrages nicht über drei Jahre vom Tage des Zuschlages hinausgeschoben wird. Abs. 3. Jeder Betheiligte kann verlangen, daß dem Ersteher gestattet werde, den Gebotsbetrag in mehr als dreijährigen Terminen zu zahlen, sofern der Antragsteller eine Person nachweist, welche bereit ist, die befristete Forderung gegen sofortige Zahlung zu übernehmen, und sofern für die Erfüllung dieser Verbindlichkeit Sicherheit geleistet wird. Die Größe des Nachlasses, um welchen der Käufer der Termine die befristete Forderung übernehmen will, muß in bestimmten Antheilen des Erlöses vor dem Versteigerungstage festgestellt sein. Abs. 4. Tritt der Fall des Ausgebotes auf mehr als dreijährige Termine ein, so erfolgt das Ausgebot zugleich nach Maßgabe des ersten oder nach Maßgabe des zweiten Absatzes. Dem nach Maßgabe des dritten Absatzes erfolgenden Gebot wird der Zuschlag nur dann ertheilt, wenn dasselbe nach Abzug des Nachlasses das höhere ist." Dazu lag der Unterantrag vor, dem Abs. 2 anzufügen: „Auf Verlangen des Gläubigers hat das Vollstreckungsgericht die Verwerthung der «befristeten Forderungen anzuordnen und dem Gläubiger den Erlös zuzuweisen. Der zunächst der Berathung unterzogene Absatz 2 des Antrages wurde sammt dem Zusatzantrage abgelehnt. Neben den in den Motiven zum Sachenrechtsentwurfe S. 2070 dargelegten Gründen war vornehmlich maßgebend: Die Entrichtung | Prot I 13923 der Entstehungssumme in Ter-1 minen zu gestatten, möge bei der früheren Gestaltung des Subhastationsrechtes zweckmäßig, ja geboten gewesen sein; für die Regelung des Entwurfes habe dieselbe nur geringe Bedeutung. Neben dem Deckungsprinzipe komme insbesondere das Anrechnungsprinzip des Entwurfes in Beracht, welches den baar zu zahlenden Betrag der Regel nach nicht zu einer unverhältnißmäßigen Höhe anwachsen lasse; auch habe der Ersteher mit dessen Entrichtung Zeit bis zum Vertheilungstermine. Außerdem sei dem Ersteher die Möglichkeit nicht verschlossen, die bei einem hohen Meistgebote sich ergebende umfänglichere Baarzahlungspflicht dadurch zu mindern, daß er auszuzahlende Hypotheken oder Grundschulden im Wege der Vereinbarung übernehme, worauf einzugehen erfahrungsgemäß eine nicht geringe Bereitwilligkeit der betheiligten Gläubiger bestehe, sofern nur genügende Sicherheit vorhanden sei. Zugegeben aber auch, daß immer noch Fälle sich fänden, in welchen die Gestattung terminweiser Zahlung der Erstehungssumme wirthschaftlich wohlthätig wirken könne, so seien doch auch die hervorgetretenen wirthschaftlichen Nachtheile nicht zu übersehen. Der sog. Landhunger habe schon Manchen dazu geführt, zum Zwecke der Vermehrung seines Grundstückes u.s.w. ein anderes Grundstück unter den in solcher Weise errichteten Bedingungen zu erstehen, ohne daß er später im Stande gewesen sei, die Zahlungstermine einzuhalten, und die Folge sei gewesen, daß er dem Wucher verfallen und zu Grunde gegangen sei. Andererseits habe sich in manchen Gegenden geradezu ein gewerbsmäßiger Aufkauf und Handel mit den befristeten Forderungen, den sog. | Prot I 13924 Zielern, entwickelt, da vielfach die Gläubiger, gedrängt von dem Be-1 dürfnisse 336
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
nach flüssigem Gelde, die Zieler unter zum Theil recht namhaften Opfern zu veräußern sich gezwungen sähen. Entscheidend falle jedenfalls ins Gewicht, daß die Gestattung der Ratenzahlungen einen schweren Eingriff in die Rechte des Gläubigers, welcher auf sofortige Befriedigung aus dem Grundstücke Anspruch habe, in sich schließe, und daß es auch eine materielle Ungerechtigkeit sei, die Lage des Schuldners bezw. des Erstehers in dieser Weise auf Kosten des Gläubigers zu erleichtern. Was in dieser Beziehung von dem betreibenden Gläubiger gelte, treffe auch für die nachstehenden Gläubiger zu, da ihnen durch die Verweisung auf eine erst später fällige Forderung das Recht, ihre Ansprüche früher geltend zu machen, verkümmert worden sei. Sei aber der Absatz 2 an sich abzulehnen, so werde derselbe auch dadurch nicht annehmbar, daß der beantragte Zusatz ihm beigefügt werde, ganz abgesehen davon, daß nach dem letzteren nicht einmal eine Gewähr dafür bestehe, daß überhaupt das geringste Gebot eingehalten werde, da der bei der Verwerthung der befristeten Forderungen erzielte Erlös auch unter dasselbe herabsinken könne. Der Absatz 3 des Antrages, in welchem die Worte Zeile 2, 3 „mehr als dreijährigen" in Folge der Ablehnung des Absatz 2 sich erledigten, und der Absatz 4 wurden in folgender Fassung angenommen: Jeder Betheiligte kann die Bestimmung verlangen, daß der in dem ersten Absätze bezeichnete Theil des Gebotes in gewissen Terminen gezahlt werde. Der Zuschlag für ein unter dieser Bestimmung abgegebenes Gebot darf nur ertheilt werden, wenn vor dem Schlüsse der Versteigerung ein Dritter sich verpflichtet, den Betrag entweder ohne Abzug oder mit einem | zu bestimmenden Abzüge gegen Abtretung der |ProtI 13925 gegen den Ersteher begründeten Forderung baar zu zahlen und für die Erfüllung dieser Verbindlichkeit Sicherheit leistet. Der von dem Dritten zu zahlende Betrag muß dem im ersten Absätze bezeichneten Theile des geringsten Gebotes mindestens gleichkommen. Das Grundstück ist sowohl mit der verlangten Bestimmung als ohne dieselbe auszubieten. Unter der verlangten Bestimmung darf der Zuschlag nur dann ertheilt werden, wenn das unter derselben abgegebene Gebot nach Abrechnung des bestimmten Abzuges das höhere ist. Bei der Abstimmung war die Vorschrift zunächst ohne den dritten Satz und sodann mit diesem Satze genehmigt worden. Der an das badische Einführungsgesetz zu den Reichsjustizgesetzen von 1879 Art. 92, 93 sich anschließende Vorschlag hatte von verschiedenen Seiten Widerspruch erfahren, weil er in ziemlich künstlicher Weise dem Ersteher etwas zur Verfügung stelle, was ihm schon an sich zu Gebote stehe, da der Ersteher einen Kreditgeber sich vorher suchen könne, der ihm seinerseits Zahlungsfristen bewillige, und wenn ein Betheiligter, wie der Vorschlag voraussetze, ein Interesse daran habe, daß eine bestimmte Person mitbiete, es Sache des Betheiligten sei, selbst den Kredit zu geben oder dafür zu sorgen, daß ein Anderer das Geld unter der bezeichneten Fristgebung darleihe. Im Vergleiche mit einem solchen Vorgehen biete der Vorschlag nur die Erschwerung, daß der Geldgeber für die Erfüllung der von ihm übernommenen Verbindlichkeit Sicherheit zu leisten habe. Die Kommission ent-1 schied in- | Prot 1 13926 dessen für die Annahme des Vorschlages. Sie hielt die Bestimmung immerhin für geeignet, in einzelnen Fällen den Kreis der Bieter zu erweitern und die Erzielung eines höheren Gebotes herbeizuführen bezw. das NichtZustandekommen der Versteigerung wegen Mangels eines Gebotes zu vermeiden. Zugleich wurde besonderes Gewicht darauf gelegt, daß die Bietungslustigen überhaupt auf diesen Weg der Erleichterung des Erstehens hingewiesen und so veranlaßt würden, denselben in Er337
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wägung zu ziehen. Einverstanden war man, daß unter allen Umständen ein doppeltes Ausgebot des Grundstückes, mit und ohne die Bestimmung von Zahlungsfristen, zu erfolgen habe, und daß das unter dem Nachlasse von Zahlungsfristen erlangte Gebot nur dann zum Zuschlage führen könne, wenn es im Verhältniß das höhere sei. Mit Rücksicht auf letzteres wurde von einer Seite in Frage gezogen, ob es daneben einer Bestimmung, wie diejenige des Satz 3 sei, noch bedürfe. Man erachtete es aber für zweckmäßig, mit dem Satz 3 noch besonders zu betonen, daß der von dem Dritten baar zu zahlende Betrag, auch wenn der Dritte dafür, daß er befristete Forderungen kaufe, einen Abzug von der dem Meistgebote entsprechenden Summe mache, jedenfalls so viel betragen müsse, daß das geringste Gebot erfüllt werde. Der Absatz 1, welcher als den Termin für die Baarzahlung den Vertheilungstermin bestimmt, wurde mit Rücksicht auf die gleiche Vorschrift im § 101 Abs. 2 des Entw. nicht weiter verfolgt. Zu dem nunmehr zur Berathung gelangenden § 41 des Entwurfes (Prot. S. 13911) wurde zuvörderst der zu dem § 42 unter II, 2 e gestellte, sachlich | Prot 1 13927 zum § 41 ge- | hörende Antrag Abs. 1 (Prot. S. 13918) angenommen. Einvernehmen bestand darüber, daß diejenigen Rechte, zu deren Begründung oder zu deren Fortbestande gegenüber Dritten die Eintragung in das Grundbuch nicht erforderlich sei, von der Berathung an dieser Stelle auszuscheiden seien. Im Uebrigen stimmen der gebilligte Antrag und der hier in Betracht kommende Antrag des Referenten zum § 41 unter I Nr. 1, S. 13915, überein. Die bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigten Rechte, welche nicht durch Baarzahlung sich erledigen, sollen bestehen bleiben, gleichviel, ob es sich um Hypotheken, Grundschulden oder um andere Rechte, Erbbaurechte, Reallasten, Dienstbarkeiten u.s.w. handelt. Man trug Bedenken, mit dem Entwürfe von der Berücksichtigung in dem geringsten Gebote abzusehen und lediglich darauf Gewicht zu legen, welche Rechte dem Rechte des betreibenden Gläubigers vorgehen. Denn für den Ersteher dürften lediglich die dem Gebote zu Grunde gelegten Bestimmungen maßgebend sein. Es könnten also weder solche Rechte in Betracht kommen, welche bei der Feststellung des geringsten Gebotes zu Unrecht übergangen seien, möge das Uebergehen auf einer mangelhaften Mittheilung des Grundbuchamtes oder auf einem Irrthum des Vollstreckungsgerichtes beruhen, noch solche Rechte, welche, wie z. B. zu Unrecht gelöschte Rechte, ohne Anmeldung nicht berücksichtigt werden könnten und nicht angemeldet seien. Einverständniß bestand ferner darüber, daß auch die nicht in den Bereich des geringsten Gebotes fallenden Rechte, welche nicht Hypotheken oder Grundschulden seien, erlöschen müßten, soweit nicht im einzelnen Falle eine besondere Aus| Prot 1 13928 nähme gemacht werde. In der auch von dem Referenten neuerdings (vergl. die | Bemerkung zu dem Antrage unter I, S. 13916, 13917) nicht mehr aufrechterhaltenen Regelung des Entwurfes (§ 41), nach welcher nur die dem Rechte des betreibenden Gläubigers gleich- oder nachstehenden Hypotheken und Grundschulden erlöschen sollten, während in Ansehung der anderen Rechte dem Gläubiger nur das Recht gegeben werde, zu verlangen, daß das Grundstück ohne dieselben ausgeboten werde, sah man nicht nur eine kaum zu rechtfertigende Abweichung von der Rechtskonsequenz, sondern auch eine Unbilligkeit gegen den vorgehenden Gläubiger insofern, als demselben zum Zwecke der Erreichung dessen, was ihm schon an sich zukomme, ein aktives Vorgehen, eine besondere Diligenz zur Pflicht gemacht werde, während es doch den Verhältnissen sichtbar mehr entspreche, den gleich- und nachstehend Berechtigten das zur Wahrung ihrer Rechte bei der Versteigerung Er338
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
forderliche anheimzustellen und dieselben die Folgen eines etwa in dieser Hinsicht begangenen Versehens tragen zu lassen. Nicht zweckmäßig erscheine, den im Antrage unter I angeregten Eingang „Das Ausgebot erfolgt mit der Bestimmung" zu wählen, und zwar schon deshalb nicht, weil alsdann noch verschiedene andere Bestimmungen in derselben Weise einzuleiten sein würden, während die angenommene Fassung die ausdrückliche Bestimmung im einzelnen Falle entbehrlich mache. Die sich anschließende Erörterung, ob eine dem Antrage unter I Nr. 2, S. 13916, entsprechende Bestimmung aufzunehmen sei, gelangte nicht zu Ende. Meinungsverschiedenheiten ergaben sich namentlich darüber, ob bezw. in welcher Fassung das Erlöschen der betreffenden Rechte hier zum besonderen Ausdrucke zu bringen sei.
826. Sitzung vom 14. 11. 1888, Schriftführer: Börner |Die Berathung des §41 des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die ZwangsVollstreckung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Es waren die Anträge hinzugetreten: 1. der Prot. S. 13926 zum § 41 beschlossenen Bestimmung folgen zu lassen: „Abs. 2. Rechte an dem Grundstücke, zu deren Begründung oder zu deren Fortbestände gegenüber jedem Dritten die Eintragung in das Grundbuch nicht erforderlich ist, bleiben, sofern sie nicht Hypotheken sind, ohne Rücksicht auf ihren Rang auch dann bestehen, wenn sie bei Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigt sind. Abs. 3. Rechte an dem Grundstücke, welche nicht nach den Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes bestehen bleiben, erlöschen; auch erlischt | die Haftung des Grundstückes für die im § 92 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche sowie für wiederkehrende Leistungen jeder Art, soweit die einzelnen Leistungen vor Erlassung des Zuschlagsurtheiles fällig geworden sind." (N.B. Hiermit ist der Antrag Prot. S. 13912, 13913 zu 2 a erledigt). 2. des Weiteren zu bestimmen: „Rechte an dem Grundstücke, welche nicht bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigt, auch nicht an die Stelle berücksichtigter Rechte getreten sind, erlöschen, sofern nicht der Ersteher vor der Vertheilung des Erlöses das Fortbestehen eines solchen Rechtes bewilligt hat. Derjenige, welchem ein nach der Vorschrift des ersten Absatzes erlöschendes Recht zusteht, kann verlangen, daß das Grundstück auch mit der Bestimmung des Fortbestehens seines Rechtes ausgeboten und der Zuschlag für ein unter dieser Bestimmung abgegebenes Gebot ertheilt werde, wenn das vorgehende oder gleichstehende Recht eines Betheiligten nicht benachtheiligt wird." (Anm. Der Antrag setzt voraus, daß § 41 nach den zu §§ 43, 44 1 , 421 beschlossenen und den zu §§ 442 und 422 zu beschließenden Vorschriften eingereiht wird.) 1. Vor Erledigung der in der vorigen Sitzung noch unentschieden gebliebenen Frage, ob bezw. in welcher Weise ein Hinweis auf die erlöschenden Rechte an dieser Stelle aufzunehmen sei, wurde die unter 1 als Abs. 2 des § 41 beantragte Vor1 Vgl. Art. 187, 188 EGBGB. Sämtliche Anträge von Kurlbaum zu den §§41 ff. sind in chronologischer Reihenfolge im Anhang I zu den Protokollen mitgeteilt, (unten S. 708 ff.).
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|ProtI 13929
Kurlbaum (Nr 59, 1)
|ProtI 13930
v. Mandry (Nr 58, 1)
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schrift (vergl. auch den Antrag Prot. S. 13916 unter I, 1 b) der Berathung unterstellt. Der Antrag fand Annahme, vorbehaltlich späterer Entscheidung darüber, ob die | Prot 1 13931 gebilligte Bestimmung, so | weit sie sich auf die im Art. 109 des Einführungsgesetzes zum B.G.B, behandelten Rechte beziehe, an eine andere Stelle zu versetzen sei. Die Gründe waren: Die in Betracht kommenden Rechte seien einmal die in den §§ 857, 858, 863 des B.G.B, als Entschädigung für die Ueberschreitung der Grenze bei der Errichtung eines Gebäudes sowie für die Duldung eines Nothweges gewährten Rentenberechtigungen, sodann diejenigen zur Zeit des Inkrafttretens des B.G.B, bereits bestehenden Grunddienstbarkeiten und gesetzlichen Pfandrechte, in Ansehung deren auf Grund des Art. 109 des Einführungsgesetzes zum B.G.B.1 landesrechtlich bestimmt sei, daß auch nach dem Inkrafttreten des B.G.B, innerhalb einer gewissen Zeit zur Erhaltung ihrer Wirksamkeit gegen Dritte die Eintragung in das Grundbuch nicht erforderlich sei. Die in dem Art. 109 außerdem erwähnten Mieth- und Pachtrechte würden besser hier bei Seite gelassen, da ihnen im Zusammenhange mit anderen die Miethe und die Pacht betreffenden Fragen näher zu treten sein werde. Die an ersterer Stelle erwähnten Rentenberechtigungen, welchen der Vorzug vor allen Rechten, mit denen das Grundstück belastet sei, zukommen müßten, wie ohne Weiteres klar sei, bestehen bleiben. Andererseits könne eine Aufrechterhaltung der in gesetzlichen Pfandrechten der bezeichneten Art sich versteckenden und bei der Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigten Hypotheken nicht wohl in Frage kommen. Aufgabe des ganzen Versteigerungsverfahrens sei, die Befreiung des Grundstücks von den Hypotheken, soweit solche nicht übernommen würden, herbeizuführen, und dieser Aufgabe müsse das Versteigerungsverfahren in Ansehung | Prot 1 13932 solcher Hypotheken ganz besonders gerecht werden. Au-1 ßerdem könne dem Ersteher die Uebernahme eines so weit gehenden Risikos, wie das Bestehenbleiben solcher unbekannt gebliebener Hypotheken in sich schließe, nicht angesonnen werden. Für die verbleibenden Grunddienstbarkeiten könne eine Lösung der sich bietenden Schwierigkeiten darin gefunden werden, daß die Erlassung eines präkludirenden Aufgebots mit der Bekanntmachung des Versteigerungstermines verbunden werde. Allein ein solches Vorgehen würde mit der in dem Art. 109 des Einführungsgesetzes für geboten erachteten Schonung in Widerspruch treten, welche gerade darauf beruhe, daß die Feststellung der bestehenden Grunddienstbarkeiten eine sehr erhebliche Zeit in Anspruch nehme. Empfehlenswerth sei ferner nicht, die betreffenden Grunddienstbarkeiten dergestalt fortbestehen zu lassen, daß der Ersteher das Recht erhalte, einen entsprechenden Abzug von der Erstehungssumme zu machen. Es würde dies nicht nur mit der Verneinung jeder Gewährleistungspflicht zum § 39 Abs. 2 des Entw., Prot. S. 13906, nicht im Einklänge stehen, sondern die Geltendmachung des Abzugsrechtes würde auch der Regel nach großen Schwierigkeiten begegnen und unter Umständen zur Beseitigung des den Betheiligten durch die Vorschriften über das geringste Gebot gewährten Schutzes führen. Es bleibe daher nur übrig, die fraglichen Grunddienstbarkeiten schlechthin und ohne Schadloshaltung des Erstehers aufrechtzuerhalten, sofern man nicht, wie von einer Seite angeregt worden sei, eine Scheidung dahin eintreten lasse, daß zwar die dem Rechte des betreibenden Gläubiger vorgehenden Berechtigungen in Kraft erhalten, die diesem Rechte gleich- oder nachstehenden Berechtigungen dagegen beseitigt würden. Auf letzteres weise die Erwägung hin, daß jeder Hypothekengläubiger das Recht | Prot 1 13933 habe, zu verlangen, daß er in | der Befriedigung aus dem Grundstücke durch gleichi Vgl. Fn. 1 S. 339. 340
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
oder nachstehende Rechte nicht behindert werde. Gegen das Erlöschen der gleichoder nachstehenden Grunddienstbarkeiten spreche indessen, wie gegen das Erlöschen derselben überhaupt, daß die Berechtigten in Ermangelung des Bekanntseins ihres Rechtes zu dem Versteigerungsverfahren nicht zugezogen würden und daß ihnen daher keine Gelegenheit geboten sei, ihre Rechte wahrzunehmen. Im Besonderen seien die nachstehend Berechtigten nicht in die Lage versetzt, ein Ausgebot mit der Bestimmung, daß ihr Recht in Kraft bleibe, zu beantragen oder durch Mitbieten die Erzielung eines höheren, auch ihr Recht deckenden Meistgebotes herbeizuführen und, wenn von dem Versteigerungserlöse auf ihr Recht Etwas kommen würde, erhielten sie doch nichts, weil das Recht nicht bekannt sei. Dazu komme, daß die Gefahr, welche aus dem Bestehenbleiben der Grunddienstbarkeiten für den Ersteher etwa sich ergeben könne, in der Regel bei der meist geringen Bedeutung der Grunddienstbarkeiten keine große sei und in den meisten Fällen durch gehörige Nachforschung nach den bestehenden Rechtsverhältnissen vermieden werden könne. Wie es sich gestalte, wenn eine nachstehende Grunddienstbarkeit der fraglichen Art bekannt sei, werde später zu bestimmen sein (vergl. Ziff. 3, S. 13935). Der in Ansehung der Stellung der Vorschrift gemachte Vorbehalt stehe mit der allgemeinen Frage im Zusammenhange, ob nicht sämmtliche durch das Einführungsgesetz zum B.G.B, veranlaßte Bestimmungen zusammmenzustellen sein würden. 2. Die Prüfung der als Abs. 3 zum § 41 unter 1, S. 13929, 13930 beantragten Bestimmung und des damit zusammenhängenden Abs. 1 des Antrages unter 2, S. 13930 (vergl. auch den Antrag Prot. S. 13916 unter 1,2) führte zu dem | Beschlus- | Prot 1 13934 se, zu bestimmen: Rechte an dem Grundstücke, welche nicht nach den Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes bestehen bleiben, erlöschen; auch erlischt das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke für die im § 92 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche sowie die Haftung des Grundstückes für wiederkehrende Leistungen jeder Art, soweit die einzelnen Leistungen vor dem Zuschlage fällig geworden sind. Durch den an den Antrag unter 1 sich anlehnenden Beschluß galt auch der Abs. 1 des Antrages unter 2 als erledigt, nachdem der Antragsteller zu 2 erklärt hatte, daß er den Zwischensatz „auch nicht an die Stelle berücksichtigter Rechte getreten sind" sowie den Schluß „sofern nicht u.s.w." mit dem Vorbehalte fallen lasse, auf die damit berührten Fragen zurückzukommen. Man war der Ansicht: Eine besondere Hervorhebung, daß und welche Rechte erlöschen, sei wünschenswerth, weil es auch insoweit um die Feststellung der Rechte und Pflichten des Erstehers sich handele und außerdem das Gesetz dadurch an Durchsichtigkeit und Verständlichkeit gewinne. Die Erwähnung der im § 92 Nr. 1 bis 5 bezeichneten, seiner Zeit noch näher festzustellenden Ansprüche lasse sich nicht umgehen. Soweit dieselben aus der Baarzahlung befriedigt würden (Beschluß zum § 44 Abs. 1 des Entw., S. 13921 mit S. 13918), erledigten sie sich allerdings von selbst, es müßten aber auch die Fälle berücksichtigt werden, in welchen derartige Ansprüche nicht zur Anmeldung gelangten oder zwar angemeldet, aber aus sonst welchem Grunde nicht befriedigt würden. Richtiger erscheine es aber in Ansehung dieser Ansprüche nicht mit dem Antrage unter 1 von dem Erlöschen der Haftung des Grundstückes, sondern im Anschluß an den § 39 der Konk. O. von dem Er-1 löschen des Rechtes | Prot 1 13935 auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke zu sprechen. Der Ausdruck „Haftung des Grundstückes" deute auf einen dinglichen Charakter der betreffenden Ansprüche hin, welcher diesen nicht durchgängig (Liedlohn, u.s.w.) innewohne. 341
Quellen zur Entstehung des Z V G
Kurlbaum
Kurlbaum | Prot 1 13936
| Prot 1 13937
Die Entscheidung darüber, wann und wie das Erlöschen der bezeichneten Rechte bezw. der Haftung zu erfolgen habe, sei anderen Ortes zu treffen. 3. Die Berathung wandte sich zu dem Prot. S. 13913 unter 2 b zu § 41 des Entw. gestellten, gegenwärtig in verbesserter Fassung eingebrachten Antrage 1 , a) zu bestimmen: „Verlangt ein Betheiligter, dessen Recht einem nach den Vorschriften des § 41 Abs. 2 (Beschluß unter Ziff. 1 S. 13930) nicht erlöschenden Rechte vorgeht oder gleichsteht, daß das Erlöschen des letzteren Rechtes bestimmt werde, und würde ohne diese Bestimmung das Recht des Betheiligten benachtheiligt werden, so ist die Zustimmung eines anderen Betheiligten nicht erforderlich. Wird durch das Bestehenbleiben eines nach den Vorschriften des § 41 Abs. 3 (Beschluß unter Ziff. 2 S. 13934) erlöschenden Rechtes, welches nicht eine Hypothek oder Grundschuld ist, das demselben vorgehende oder gleichstehende Recht eines Betheiligten nicht benachtheiligt, so ist auch ohne Antrag und ohne Zustimmung eines Betheiligten zu bestimmen, daß jenes Recht nicht erlösche." b) dem Abs. 1 Satz 2 und dem Abs. 2 der zum § 38 des Entw. beschlossenen Bestimmungen, S. 13889, 13890 eine solche Stellung zu geben, daß sie sich auf die vorstehenden Vorschriften unter c mitbeziehen. | Zugleich schlägt hier der Abs. 2 des Antrages unter 2 (Prot. S. 13930) ein. Der Abs. 1 des Antrages unter a wurde mit der dem Antrage unter b entsprechenden Maßgabe angenommen, daß der Abs. 1 Satz 2 und der Abs. 2 der zu § 38 des Entw. (Prot. S. 13889, 13890) beschlossenen Bestimmungen auf den Fall zur Anwendung zu kommen haben. Der Redaktion blieb überlassen, dies durch die Stellung der Vorschrift oder in anderer Weise zum Ausdrucke zu bringen. Erwogen war: Die gebilligte Bestimmung sei ein nothwendiges Korrelat zu dem unter Ziffer 1 gefaßten Beschlüsse. Erlösche ein Recht der in diesem Beschlüsse bezeichneten Art nicht, gleichviel ob dasselbe dem Rechte des betreibenden Gläubigers vorgehe oder nachstehe, so müsse doch der Gläubiger, der von dem Bestehen eines solchen Rechtes durch die Anmeldung des Berechtigten oder auf sonst eine Weise Kenntniß erlangt habe, in der Lage sein, dann, wenn dieses Recht seinem Rechte gleich- oder nachstehe und er durch das unter der Voraussetzung des Fortbestehens des Rechtes zu erzielende Meistgebot nicht volle Deckung erhalten würde, das Ausgebot des Grundstückes mit der Bestimmung, daß das Recht erlösche, verlangen zu können. Die Vorschrift stehe im Zusammenhange mit den zum § 38 des Entw. beschlossenen Bestimmungen und hätten insbesondere der Abs. 1 Satz 2 und der Abs. 2 dieser Bestimmungen auch hier zu gelten. Wegen des vorausgesetzten Vorranges oder doch gleichen Ranges des Rechtes des betreibenden Gläubigers könne aber, abweichend von dem Absatz 1 Satz 1 dieser Bestimmungen, die Berücksichtigung des Verlangens des Gläubigers | nicht dadurch bedingt sein, daß der Berechtigte oder sonst ein Betheiligter seine Zustimmung gebe. Im Uebrigen werde, soviel die Stellung der Vorschrift anlange, nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, daß, da die Rentenberechtigungen, welche nach dem B.G.B, in Betracht kämen, dem Rechte des betreibenden Gläubigers immer vorgehen würden, es sich nur um solche Rechte handele, welche der Uebergangszeit (Einf.- Ges. zum B.G.B. Art. 109) angehörten. Der Abs. 2 des Antrages unter a S. 13935 sowie der Abs. 2 des Antrages unter 2 (Prot. S. 13913) wurden mit dem Vorbehalte zurückgezogen, an geeigneter Stelle darauf zurückzukommen, i Vgl. Fn. 2 S. 339.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Der § 41 des Entwurfes und die zu demselben gestellten Anträge, insbesondere auch der Prot. S. 13915 unter I ersichtliche Antrag, galten damit als erledigt. Der § 42 des Entwurfes lautet: „Eine dem Ansprüche des Gläubigers vorgehende Hypothek oder Grundschuld wird dem Ersteher auf dessen Gebot bis zur Höhe der eingetragenen Summe angerechnet. Ist es in Ansehung einer solchen Hypothek oder Grundschuld ungewiß, ob dieselbe besteht, so erfolgt die Anrechnung nur unter der Bedingung, daß das Bestehen erwiesen wird." Zu Abs. 1 lag der Prot. S. 13918 ersichtliche Antrag in folgender geänderter Fassung vor 3 : „Soweit eine Reallast, Hypothek oder Grundschuld bestehen bleibt, übernimmt der Ersteher die dem Schuldner oder dem Eigenthümer obliegende persönliche Verbindlichkeit. Die Vorschriften des § 318 Abs. 2 des B.G.B.4 finden entsprechende Anwendung. Eine bestehen bleibende Hypothek oder Grundschuld ist in Höhe des Kapitalbetrages auf das | Gebot des Erstehers anzurechnen." Anläßlich dieses Antrages wurde zugleich der § 111 Abs. 2 des Entwurfes: „Soweit in Ansehung einer Hypothek, welche nach Maßgabe des § 42 Abs. 1,2 auf das Meistgebot angerechnet wird, der Schuldner für die Forderung persönlich verpflichtet ist, haftet der Ersteher dem Schuldner dafür, daß dieser von dem Gläubiger der Forderung nicht in Anspruch genommen wird." in die Berathung einbezogen. Man hielt die Erledigung der letzteren Bestimmung an dieser Stelle für geboten, da dieselbe zur Festsetzung der Rechte und Verpflichtungen des Erstehers gehöre. 1. Zum § 111 Abs. 2 des Entwurfes wurde in Anlehnung an den Abs. 1 des Antrages beschlossen: Soweit eine Reallast, Hypothek oder Grundschuld bestehen bleibt und in Ansehung derselben dem Schuldner oder dem neu eingetretenen Eigenthümer eine persönliche Verbindlichkeit obliegt, übernimmt der Ersteher diese Verbindlichkeit in Höhe der einzelnen zu der Reallast gehörenden Leistungen, der Hypothek oder der Grundschuld. Die Vorschriften des §318 Abs. 2 des B.G.B, finden entsprechende Anwendung. Maßgebend war: Nicht bloß Hypotheken, auch Reallasten könne eine persönliche Verbindlichkeit zu Grunde liegen, während umgekehrt auch bei Hypotheken eine persönliche Verbindlichkeit des Exekutionsschuldners nicht zu bestehen brauche. Bei Grundschulden sei zwar für diese als solche eine persönliche Verbindlichkeit nicht vorhanden, aber in vielen Fällen würden Grundschulden nur mit Rücksicht auf eine persönliche Verbindlichkeit zahlungshalber be-1 stellt. Wollte man sich in allen diesen Fällen darauf beschränken, nur das Recht an dem Grundstücke fortbestehen zu lassen, wenn auch unter Anrechnung der fortbestehenden Hypotheken und Grundschulden auf das Gebot des Erstehers, so würde die persönliche Verbindlichkeit des Exekutionsschuldners bestehen bleiben; es sei mindestens zweifelhaft, was aus der Anrechnung auf das Gebot etwa gefolgert werden könne. Ohne Uebernahme der persönlichen Verbindlichkeit in dem Sinne der Erfüllungsübernahme würde der Erste^ Vgl. Fn. 2. ••Vgl. §§ 329, 416 BGB. 343
ZVG-VE § 42
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| Prot I 13938 ZVG-VE § 111 Abs. 2
|ProtI 13939
Quellen zur Entstehung des ZVG
her, falls der Schuldner freiwillig oder gezwungen leiste, an dem Preise des Grundstückes gewinnen. Durch das Gesetz müsse dieser Erfolg vereitelt werden. Diese Aufgabe des Gesetzes erhelle in Ansehung der Hypotheken und Grundschulden ohne Weiteres, wenn man den Entwicklungsgang des Subhastationsrechtes sich vergegenwärtige. Nach dem frühen Systeme der Baarzahlung der ganzen Erstehungssumme habe der auf die Hypothek oder Grundschuld entfallende Baarbetrag die Befreiung des Schuldners von der etwaigen persönlichen Verbindlichkeit von selbst z u r Folge gehabt. Das an die Stelle jenes Systemes der vollen Baarzahlung getretene Prinzip der Anrechnung gewisser Belastungen auf die Erstehungssumme solle dem Interesse des Erstehers wie der Betheiligten besser Rechnung tragen, dürfe aber dabei keineswegs die Lage des Schuldners in der fraglichen Richtung in so erheblicher Weise verschlechtern, wie der Fortbestand der persönlichen Verbindlichkeit f ü r ihn dies mit sich bringen würde. Im Wesentlichen aus den gleichen Gründen sei auch der Fall einzubeziehen, daß der Schuldner bei dem Erwerbe des Grundstückes dem Vorbesitzer gegenüber bei der Uebernahme der Belastungen, in Anrechnung auf den Kaufpreis oder aus sonst einem Grunde, zur Erfüllung der konkurrirenden per| Prot 1 13940 sönlichen Verbindlichkeiten sich verpflichtet ha-1 be, da, wenn die Verbindlichkeit aus dieser Uebernahme für den Schuldner bestehen bleibe, der Schuldner immer noch dem Regresse seitens des in Anspruch genommenen persönlichen Schuldners ausgesetzt sein würde. Was aber vom Schuldner gelte, müsse auch zu Gunsten des im Laufe des Versteigerungsverfahrens neu eingetretenen Eigenthümers Platz greifen. Des letzteren sei schon deshalb in der Vorschrift zu gedenken, weil nicht ausgeschlossen sei, daß der Schuldner von dem Inhaber einer bestehen bleibenden H y pothek mit Rücksicht auf die von dem neuen Eigenthümer bewirkte Uebernahme der persönlichen Verpflichtung aus dem Schuldverbande entlassen worden sei, mithin die von dem Ersteher zu übernehmende Verbindlichkeit nicht mehr in der Person des Schuldners, sondern nur in der Person des neuen Eigenthümers begründet sei. Für Reallasten treffe zwar die Begründung aus der Entwicklung des Verfahrens nicht zu, wohl aber die Verwandtschaft der mit einer persönlichen Verpflichtung verbundenen Last mit der Hypothek. Von selbst verstehe es sich, daß nur solche Reallasten, Hypotheken und Grundschulden in Frage kämen, welche auf Grund der Veräußerungsbedingungen bestehen blieben, und ebenso, daß die persönlichen Verbindlichkeiten, welche von dem Ersteher zu übernehmen seien, nicht über die H ö h e der dinglichen Belastung hinaus sich erstrecken könnten. Des Weiteren sei dem Antrage auch darin beizutreten, daß die Rechtslage der bei der Uebernahme Betheiligten die gleiche sein müsse, welche bei einem freihändigen Verkaufe im Falle der Uebernahme einer Schuld in Anrechnung auf den Kaufpreis nach §318 Abs. 2 des B.G.B, f ü r die Betheiligten sich ergebe. Die praktische Verschiedenheit von dem Entwürfe liege darin, daß der Inhaber der bestehen bleibenden Hypothek | Prot 1 13941 u.s.w. das Recht erhalte, die Ue-1 bernahme zu genehmigen und dadurch den Ersteher zum unmittelbaren Schuldner zu machen, den bisherigen Schuldner dagegen zu entlassen. Im Uebrigen gingen Entwurf wie Antrag mit Recht davon aus, daß die Uebernahme seitens des Erstehers kraft des Gesetzes eintrete und sich stets auf die bestehenbleibenden Rechte beziehe, wenn deren Bestehenbleiben auch erst bei der Vertheilung des Erlöses bestimmt werden sollte, daß also ein hierauf bezüglicher besonderer Vertrag nicht erforderlich sei. 2. Der Abs. 1 des § 42 des Entwurfes wurde in der sachlich nicht abweichenden Fassung des Abs. 2 des Antrages gebilligt. 3. Die Berathung des Abs. 2 des § 42 wurde bis zur Erledigung des § 44 Abs. 3 des Entwurfes ausgesetzt. 344
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889) D e r Abs. 2 des § 4 4 und die dazu vorliegenden Anträge gaben zu einer längeren Erörterung Anlaß, welche nicht zum Abschluß gelangte.
827. Sitzung vom 1 6 . 1 1 . 1 8 8 8 , Schriftführer: Struckmann | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrek- | Prot I 13943 kung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Dieselbe wandte sich ZVG-VE I. dem § 44 Abs. 2 des Entwurfes zu, welcher lautet: „Kommt bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses eine dem Ersteher ange- S 44 Abs. 2 rechnete Hypothek oder Grundschuld gänzlich oder doch mit dem Range vor dem Ansprüche des betreibenden Gläubigers in Wegfall, so erhöht sich die Zahlungspflicht des Erstehers um den entsprechenden Betrag. In Ansehung der Verzinslichkeit, des Zinssatzes, der Zahlungszeit, des Zahlungsortes und der Kündigung bleiben jedoch die Bestimmungen maßgebend, welche für die wegfallende Hypothek oder Grundschuld galten." Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. den § 44 Abs. 2 durch folgende Vorschriften zu ersetzen:
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„a) Steht eine bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Hypothek ( N r 6 l > ! ) oder Grundschuld dem bei | Festellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtig- | Prot 1 13944 ten Rechte eines anderen Betheiligten nach oder gleich, so kann dieser Betheiligte noch nach dem Zuschlage verlangen, daß unter Wegfall der berücksichtigten Hypothek oder Grundschuld der Ersteher einen dem Kapitalbetrage derselben gleichkommenden Betrag zahle oder, wenn das nicht berücksichtigte Recht eine Hypothek oder Grundschuld ist, diese im Umfang der wegfallenden Hypothek oder Grundschuld bestehen bleibe. Das Gleiche gilt, wenn die bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Hypothek oder Grundschuld nicht besteht oder gegenüber dem anderen Betheiligten nicht wirksam ist. Die in Ansehung der Verzinsung und Zahlung der wegfallenden Hypothek oder Grundschuld geltenden Bestimmungen sind auch für die an Stelle derselben bestehen bleibende Hypothek oder Grundschuld sowie für den von dem Ersteher zu zahlenden Betrag maßgebend. Mehrere Betheiligte sind nach der unter ihnen bestehenden Rangordnung berechtigt. b) Die Vorschriften des § a finden, wenn das bei Feststellung des geringsten G e botes berücksichtigte Recht nicht eine Hypothek oder Grundschuld ist,- mit folgenden Maßgaben entsprechende Anwendung. An Stelle des Kapitalsbetrages der Hypothek oder Grundschuld tritt der Betrag, um welchen der Werth des Grundstückes durch die wegfallende Belastung verringert sein würde. D e r Betrag soll von dem Vollstreckungsgerichte bei Feststellung der Bestimmungen über die Rechte und Pflichten des Erstehers bestimmt werden. D e r von dem Ersteher zu zahlende Betrag | sowie die an Stelle des wegfallenden Rechtes bestehen bleibende Hypothek oder Grundschuld sind erst nach erfolgter Kündigung zu zahlen und bis zur Zahlung von dem Zuschlage an mit fünf vom Hundert jährlich zu verzinsen; die Kündigungsfrist beträgt drei Monate." 345
| Prot 1 13945
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2. a) an Stelle der in dem Antrage unter 1 a Abs. 1 vorgeschlagenen Bestimmung zu beschließen 1 : „Steht eine bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Hypothek oder Grundschuld der bei Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigten Hypothek oder Grundschuld eines anderen Betheiligten nach oder gleich, so kann dieser Betheiligte noch nach dem Zuschlage und bis zur Vertheilung des Erlöses verlangen, daß die nicht berücksichtigte Hypothek oder Grundschuld im Umfange der weggefallenen (Hypothek oder Grundschuld) bestehen bleibe. Ist das nicht berücksichtigte Recht nicht eine Hypothek oder Grundschuld oder ist die Vertheilung des Erlöses erfolgt (,bevor das im ersten Absätze bezeichnete Verlangen gestellt ist), so kann der Betheiligte, dessen Recht nicht berücksichtigt ist, verlangen, daß der Ersteher einen dem Kapitalbetrage der wegfallenden Hypothek oder Grundschuld gleichkommenden Betrag zahle." b) statt des Abs. 2 des Antrages unter 1 b zu bestimmen: „Die Verpflichtung des Erstehers erhöht sich in dem Verhältnisse, in welchem der Werth des Grundstückes bei Wegfall des belastenden Rechtes zu dem Werthe des Grundstückes bei Fortbestehen dieses Rechtes (zur Zeit der Versteigerung) gestanden hat. Das Verhältniß soll von dem Vollstreckungsgerichte bei Feststellung | Prot 1 13946 der Bestimmungen über die Rechte und | Pflichten des Erstehers bestimmt werden." (zu vergl. B.G.B. § 392 Abs. 1). 3. die in dem Antrage unter 1 a Abs. 1, 2, 4 vorgeschlagenen Bestimmungen durch folgende Vorschriften zu ersetzen: Rüger „Kommt ein Recht, dessen Bestehenbleiben bei Feststellung des geringsten Ge(Nr 60,1) botes bestimmt worden ist, aus einem anderen Grunde als durch Befriedigung des Berechtigten aus dem Vermögen des Erstehers in Wegfall, so kann ein Betheiligter, dessen in einer Hypothek oder Grundschuld sich gründendes Recht bei Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigt worden ist, verlangen, daß sein Recht im Umfange des wegfallenden Rechtes bestehen bleibe. Gründet sich das Recht des Betheiligten nicht in einer Hypothek oder Grundschuld, so kann er verlangen, daß der Ersteher einen entsprechenden Betrag zahle. Mehrere Betheiligte sind nach der unter ihnen bestehenden Rangordnung berechtigt." 4.a) an Stelle der in dem Antrage unter 1 a Abs. 1, 2 vorgeschlagenen Bestimmungen zu beschließen:
1
Möglicherweise stammt dieser Antrag von v. Mandry. Dessen metallographierter Antrag (Nr. 58, 2), der sich auf den Antrag Nr. 57, 3 a von Kurlbaum bezieht (vgl. Anhang I), lautet: § 44 Abs. 1. Soll nach der Vorschrift des § 42 Abs. 1 ein Recht an dem Grundstücke bestehen bleiben, und besteht dasselbe nicht zur Zeit der Vertheilung des Erlöses, so kann ein Betheiligter, dessen Recht bei der Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigt ist, nach Maßgabe des diesem Rechte zukommenden Ranges verlangen, wenn das ihm zustehende Recht eine Hypothek oder Grundschuld ist, daß dasselbe im Umfange des wegfallenden Rechtes bestehen bleibe; wenn das zustehende Recht nicht eine Hypothek oder Grundschuld ist, daß der Ersteher einen entsprechenden Betrag bezahle. Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn das Recht, welches nach der Vorschrift des § 42 Abs. 1 bestehen bleiben soll, zur Zeit der Vertheilung des Erlöses einem nicht berücksichtigten Rechte im Range nachsteht. Abs. 3. Der von dem Ersteher zu bezahlende Betrag ist, wenn das wegfallende Recht eine Hypothek oder Grundschuld ist, in demselben Termine zu zahlen und in derselben Höhe zu verzinsen, wie dieses Recht. Wenn das wegfallende Recht nicht eine Hypothek oder Grundschuld ist, ist der Betrag erst nach erfolgter Kündigung . . .
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
„Wenn eine bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Hypothek oder Grundschuld (zur Zeit der Ertheilung des Zuschlages) nicht besteht, so ist der Ersteher verpflichtet, einen dem Kapitalbetrage jener Hypothek oder Grundschuld entsprechenden Betrag (als Theil des Kaufpreises) zu bezahlen. Steht eine bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Hypothek oder Grundschuld dem bei Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigten Rechte eines anderen Betheiligten gleich oder nach oder ist dieselbe einem solchen Betheiligten gegenüber unwirksam, so kann dieser Betheiligte (noch | nach dem Zuschlage) verlangen, daß |ProtI 13947 der Ersteher einem dem Kapitalbetrage derselben gleichkommenden Betrag insoweit, als zur Befriedigung des Betheiligten erforderlich ist, unter Wegfall der berücksichtigten Hypothek oder Grundschuld bis zu dem gezahlten Betrage zahle." b) in dem Abs. 3 des Antrages unter 1 a die Worte „für die an Stelle derselben bestehen bleibende Hypothek oder Grundschuld sowie" zu streichen. c) in dem Antrage unter 1 b Abs. 3 die Worte „sowie die an Stelle des wegfallenden Rechtes bestehen bleibende Hypothek oder Grundschuld" zu streichen und das Wort „sind" durch das Wort „ist" zu ersetzen. Das Ergebnis der Berathung war, daß an Stelle des § 44 Abs. 2 des Entw. die Aufnahme folgender Vorschriften beschlossen wurde: § a . Wenn eine bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Hypothek oder Grundschuld nicht besteht, so erhöht sich der durch Zahlung zu berichtigende Theil des Erlöses um den Kapitalbetrag der Hypothek oder Grundschuld. Das Gleiche gilt, wenn eine bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Hypothek oder Grundschuld dem nicht berücksichtigten Rechte eines anderen Betheiligten nachsteht oder gleichsteht oder gegenüber einem solchen Betheiligten unwirksam ist, auf Verlangen und zu Gunsten dieses Betheiligten; soweit derselbe von seinem Rechte Gebrauch macht, bleibt die berücksichtigte Hypothek oder Grundschuld nicht bestehen. Die in Ansehung der Verzinsung und Zahlung der wegfallenden Hypothek oder Grundschuld gel-|tenden Bestimmungen sind auch für den von dem Ersteher zu | Prot 1 13948 zahlenden Betrag maßgebend. § b. Die Vorschriften des § a finden, wenn das bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Recht nicht eine Hypothek oder Grundschuld ist, mit folgenden Maßgaben entsprechende Anwendung. An Stelle des Kapitalbetrages der Hypothek oder Grundschuld tritt der Betrag, um welchen der Werth des Grundstückes durch die wegfallende Belastung verringert sein würde. Der Betrag soll von dem Vollstreckungsgerichte bei Feststellung der Bestimmungen über die Rechte und Pflichten des Erstehers bestimmt werden. Der von dem Ersteher zu zahlende Betrag ist erst nach erfolgter Kündigung zu zahlen und bis zur Zahlung von dem Zuschlage an mit fünf vom Hundert jährlich zu verzinsen; die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Erwogen war: Wenn eine bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Hypothek oder Grundschuld nicht bestehe, so dürfe dem Ersteher daraus ein Vortheil nicht erwachsen; es sei vielmehr im Interesse der sonst ausfallenden Gläubiger und um dem Versteigerungsgeschäfte thunlichst den Charakter eines gewagten Geschäftes zu nehmen, durch das Gesetz Vorsorge zu treffen, daß an Stelle der nicht bestehen347
Quellen zur Entstehung des Z V G
den Hypothek oder Grundschuld eine entsprechende Verbindlichkeit des Erstehers trete. Um diesen Zweck zu erreichen, solle nach dem Entwürfe und dem Antrage unter 4 eintretendenfalls der durch Zahlung zu berichtigende Theil des Gebotes sich um den Kapitalbetrag der nicht bestehenden Hypothek oder Grundschuld er| Prot 1 13949 | höhen, jedoch mit der Modifikation, daß die in Ansehung der Verzinsung und Zahlung der Hypothek oder Grundschuld geltenden Bestimmungen auch für den von dem Ersteher zu zahlenden Betrag maßgebend seien. Diesselbe Regelung werde auch von den Anträgen unter 1, 2, 3 für den Fall vorgeschlagen, wenn das nicht berücksichtigte Recht nicht eine Hypothek oder Grundschuld sei. Dagegen solle nach jenen Anträgen für den ersteren Fall, wenn das nicht berücksichtigte Recht nicht eine Hypothek oder Grundschuld sei, diese im Umfange der nicht bestehenden Hypothek oder Grundschuld bestehen bleiben, die Verzinsung und Zahlung derselben sich jedoch nach den für die letzteren geltenden Bestimmungen richten. Der Antrag unter 2 weiche indessen von den Anträgen unter 1 und 3 insofern ab, als für den Fall, wenn das Nichtbestehen der Hypothek oder Grundschuld erst nach der Vertheilung des Erlöses zur Sprache komme, eine Erhöhung der Zahlungspflicht des Erstehers nach Maßgabe des Entwurfes und des Antrages unter 4 eintreten solle. Es lasse sich nicht verkennen, daß der von dem Antrage unter 1 eingeschlagene Weg, welcher im Wesentlichen dem preußischen, dem bayerischen und dem sächsischen Rechte entspreche (vergl. Motive S. 70), gewisse Vortheile biete. Derselbe werde für den Fall, wenn das nicht berücksichtigte Recht eine Hypothek oder Grundschuld sei, dem Prinzipe, daß das Surrogat dem Surrogirten thunlichst anzupassen sei, in weiterem Umfange gerecht, als der Standpunkt des Entwurfes und des Antrags unter 4, und sei insbesondere dem eintretenden Gläubiger, wenn das nicht berücksichtigte Recht eine Briefhypothek oder Grundschuld sei, insofern günstiger, als derselbe seine Briefhypothek oder Grundschuld behalte, während er nach dem Entwurf und dem Antrage unter 4 sich unter Umständen mit einer minder verkehrs| Prot 1 13950 fähigen und deshalb minder-1 werthigen Sicherungshypothek (vergl. § 120 Nr. 4 des Entw.) begnügen müsse. Auch werde, wenn die nicht berücksichtigte Hypothek oder Grundschuld im Umfange der berücksichtigten nicht bestehenden Hypothek oder Grundschuld bestehen bleibe, die Nothwendigkeit der Löschung jener Hypothek oder Grundschuld, sowie die neue Eintragung einer Sicherungshypothek nebst den daraus sich ergebenden Kosten und, soweit eine persönliche Verbindlichkeit des Schuldners bestehe, die Begründung einer zweiten äußerlich selbständigen, innerlich mit der bereits bestehenden Forderung zusammenhängenden Forderung in der Hand des Gläubigers vermieden. Indessen diese Vortheile würden durch die auf der anderen Seite mit dem Standpunkte des Entwurfes und des Antrages unter 4 verbundenen Vortheile und durch die Nachtheile, welche die von dem Antrage unter 1 vorgeschlagene Regelung mit sich bringe, überwogen. Der Entwurf und der Antrag unter 4 hätten den Vorzug größerer Einfachheit und Praktikabilität. Auf diesem Wege werde ferner das mit dem Antrage unter 1 verbundene mißliche Resultat vermieden werden können, daß eine noch nicht fällige unverzinsliche Hypothek oder Grundschuld durch den Eintritt an Stelle einer verzinslichen zu einer verzinslichen werde und auf diese Weise der Gläubiger einen ihm nicht gebührenden Vortheil erlange. Es genüge hierzu, daß der von dem Ersteher an Stelle der wegfallenden Hypothek oder Grundschuld zu zahlende Betrag einen Theil des zu vertheilenden Versteigerungserlöses bilde (vergl. § 114, § 120 Nr. 4 des Entw.). Sei der Anspruch des bei der Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigten Gläubigers unverzinslich und noch nicht fällig, so erlange derselbe nur unter Abzug des 348
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) Interusuriums aus dem von dem Ersteher an Stelle der weg-1 fallenden Post zu zah- | Prot 1 13951 lenden Betrage seine Befriedigung. Auf dem von dem Entwürfe und dem Antrage unter 4 eingeschlagenen Wege entgehe man auch den Schwierigkeiten, welche sich für solche Fälle aus der Regelung des Antrages unter 1 ergeben könnten, in welchen das Nichtbestehen der bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigten Post erst nach dem Abschlüsse des Vertheilungsverfahrens und nach erfolgter Löschung derjenigen Post hervortrete, welche an Stelle der wegfallenden Post bestehen bleiben solle. An Stelle des Bestehenbleibens der Hypothek oder Grundschuld könne in einem solchen Falle nur ein je nach den Umständen sehr verschiedenartig gestalteter Anspruch treten. Zur Vermeidung dieser Schwierigkeiten nach dem Vorschlage des Antrages unter 2 a zu unterscheiden, je nachdem die Vertheilung des Erlöses bereits erfolgt sei oder nicht, empfehle sich nicht, weil darunter die Einfachheit und die Durchsichtigkeit des Gesetzes leiden würde. Dem für den Standpunkt des Antrages unter 1 und gegen den Standpunkt des Entwurfes und des Antrages unter 4 geltend gemachten Gesichtspunkte, daß jener Standpunkt für den Fall, wenn der Schuldner dem bei Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigten Gläubiger persönlich verhaftet sei, im Hinblick auf die zu § 42 Abs. 1 des Entw. beschlossene Verpflichtung des Erstehers, die mit der angerechneten Post in Verbindung stehende persönliche Verbindlichkeit des Schuldners diesem gegenüber zu übernehmen, den Schuldner in höherem Maße schütze, als dies nach dem Entwürfe und dem Antrage unter 4 der Fall sei, könne erhebliches Gewicht nicht beigelegt werden. In derselben Lage sei der Schuldner, welcher persönlich hafte, auch dann, wenn einem bei Feststellung des geringsten Gebotes nicht be-1 rücksichtigten, aber durch das Meistgebot gedeckten Gläubiger |ProtI 13952 zum Zwecke seiner Befriedigung eine dem Schuldner gegen den Ersteher verbleibende Forderung aus dem Meistgebote überwiesen werde (§§ 114, 120 Nr. 4 des Entw.). Wenn ein Bedürfniß bestehe, hierbei dem Schuldner zu Hülfe zu kommen, so sei dies in weiterem Umfange zu befriedigen. Uebrigens sei die Gefahr, daß der Gläubiger, welchem neben dem Ersteher zugleich der Schuldner persönlich hafte, seine Lage dazu mißbrauchen werde, um sich im Wege der Einziehung oder der Zession an verschiedene Personen wegen seiner Forderung doppelt bezahlt zu machen, nicht hoch anzuschlagen. Anlangend die Lage des Erstehers, so verschlechtere sich diese, wenn im Falle des Nichtbestehens einer Hypothek oder Grundschuld, für welche derselbe nicht nach Maßgabe der zum § 42 Abs. 1 des Entw. gefaßten Beschlüsse, S. 13938 ff., persönlich verhaftet sei, der von dem Ersteher durch Zahlung zu berichtigende Theile des Gebotes um den Kapitalbetrag der Grundschuld sich erhöhe, da in diesem Falle an die Stelle der bloß dinglichen Haftung mit dem Grundstücke eine persönliche H a f t u n g des Erstehers trete, auf die er bei Abgabe seines Gebotes vielleicht nicht gerechnet habe und auch zu rechnen keinen Anlaß hatte, und derselbe Erfolg würde auch nach dem Antrage unter 1 eintreten, wenn an die Stelle einer Hypothek oder Grundschuld ohne persönliche Verbindlichkeit eine solche mit persönlicher Verbindlichkeit träte. Insofern könne das Versteigerungsgeschäft für den Ersteher allerdings den Charakter eines gewagten Geschäfts annehmen. Indessen werde dem Ersteher durch die Erhöhung seiner Zahlungspflicht in dem bezeichneten Falle nicht zu nahe getreten, da dieselbe in den Versteigerungsbedingungen v o r - | g e s e - |ProtI 13953 hen sei und der Ersteher dadurch darauf hingewiesen werde, die Möglichkeit einer solchen Erhöhung des durch Zahlung zu berichtigenden Theiles des Gebotes bei diesem in Rechnung zu ziehen. O b eine persönliche Verbindlichkeit des Erstehers 349
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begründet werde, lasse sich zur Zeit der Versteigerung auch in Ansehung der bestehen bleibenden Hypothek oder Grundschuld nicht feststellen. Zu Gunsten des von dem Entwürfe und dem Antrage unter 4 eingeschlagenen Weges falle ferner in's Gewicht, daß das System der Ersatzanrechnung sich doch nicht allgemein durchführen lasse, nämlich dann nicht, wenn eine zur Ersatzanrechnung geeignete Hypothek oder Grundschuld nicht vorhanden (vergl. Motive S. 70 ff.) oder das bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte wegfallende Recht nicht eine Hypothek oder Grundschuld sei. Der in dem Antrage unter 4 a Satz 1 sich findende eingeklammerte Zusatz „zur Zeit der Ertheilung des Zuschlages" bleibe mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der in Betracht kommenden und schwer zu übersehenden einzelnen Fälle besser weg. Wenngleich regelmäßig die Zeit der Ertheilung des Zuschlages als der maßgebende Zeitpunkt anzusehen sein werde, so könne doch unter Umständen die Sachlage eine solche sein, daß dem Ersteher auch die erst nach dem Zuschlage erfolgte Aufhebung der Hypothek nicht zu Gute kommen dürfe, z. B. wenn der Ersteher der persönliche Schuldner sei und der Subhastat für diese Schuld die in Anrechnung auf das Gebot von dem Ersteher übernommene Hypothek bestellt habe. Erfülle in | Prot 1 13954 einem solchen Falle der Ersteher nach dem Zuschlage seine persönliche Ver-1 bindlichkeit, so sei das keine Leistung auf das Gebot. Aehnlich liege der Fall, wenn ein Dritter der persönliche Schuldner sei und nach dem Zuschlage den Gläubiger befriedige. Es könne darauf vertraut werden, daß der Richter an der Hand des dem § a Abs. 1 zu Grunde liegenden Gedankens, daß der Ersteher aus dem Wegfalle der bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigten Post keinen Vortheil ziehen, sondern das, was er materiell in Anrechnung auf sein Gebot übernommen habe, auch voll und ganz leisten solle, im einzelnen Falle die richtige Entscheidung finden werde. Anlangend die im § a Abs. 2 berücksichtigten weiteren Fälle, so könne nach der Natur derselben die Erhöhung der Zahlungspflicht des Erstehers nach Maßgabe des Abs. 1 hier keine absolute, sondern nur eine von dem Verlangen des Betheiligten abhängende und zu dessen Gunsten eintretende sein. Soweit er von seinem Rechte Gebrauch mache, müsse die berücksichtigte Hypothek oder Grundschuld wegfallen. Der Standpunkt des Antrages unter 3, welcher die im § a Abs. 2 berücksichtigten Fälle hier ganz ausscheiden wolle, verdiene keine Billigung. Das Interesse der hier in Rede stehenden, bei der Feststellung des geringsten Gebotes — materiell mit Unrecht — nicht berücksichtigten Betheiligten erheische es, ihnen in der beschlossenen Weise auch gegenüber dem Ersteher zu Hülfe zu kommen. Die in dem Antrage unter 1 a Abs. 4 vorgeschlagene Bestimmung sei im Hinblick auf die Vorschriften des § a, Abs. 1, 2 und deren Fassung selbstverständlich und deshalb entbehrlich. | Prot I 13955 | Anlangend den § b, welcher — abweichend von dem Entwürfe, aber in Uebereinstimmung mit den Anträgen — die Vorschriften des § a auch auf den Fall für entsprechend anwendbar erkläre, wenn das bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Recht nicht eine Hypothek oder Grundschuld sei, so beruhe diese dem preußischen und dem bayerischen Rechte entsprechende Ausdehnung ebenfalls auf dem Gedanken, daß der Ersteher aus dem Wegfallen des Rechtes keinen Vortheil auf Kosten der Gläubiger ziehen und dem Versteigerungsgeschäfte thunlichst der Charakter eines gewagten Geschäftes genommen werden solle. Von diesem Standpunkte aus habe die Kommission bereits bei der Berathung des § 43 des Ent350
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
wurfes beschlossen, daß bei Feststellung des geringsten Gebotes alle dem betreibenden Gläubiger vorgehenden Rechte zu berücksichtigen seien, vergl. S. 13919. Die Vorschriften des § b Abs. 2, 3 schließen sich in sachlicher Hinsicht dem preuß. Gesetze vom 13. Juli 1883 § 58 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 an. Durch die Fassung des Abs. 2 werde aber klarer zum Ausdruck gebracht, daß, wenn das Vollstrekkungsgericht die Festsetzung des eventuell als Ersatzsumme zu zahlenden Betrages versäumt haben sollte, dieser Betrag nachträglich, nöthigenfalls im Prozeßwege, ermittelt werden müsse. Ein Bedürfniß, nach dem Vorschlage des Antrages unter 2 b den eventuell vom Ersteher zu zahlenden Betrag nach dem Verhältnisse zu bestimmen, in welchem der Werth des Grundstückes bei Wegfall des belastenden Rechtes zu dem Werthe des Grundstückes bei Fortbestehen des Rechtes gestanden habe, um die mit einer Feststellung des absoluten Werthes unter Umständen verbundenen | |ProtI 13956 Unbilligkeiten zu vermeiden, könne im Hinblick darauf, daß der Betrag von dem Vollstreckungsgerichte im Voraus bestimmt werden solle, nicht anerkannt werden. Auf die seltenen Fälle aber, in welchen eine solche Vorausbestimmung versäumt sein sollte, brauche besondere Rücksicht nicht genommen zu werden. Gegen den Vorschlag spreche zudem, daß dadurch das Verfahren komplizirt werde. II. Man ging sodann zur Berathung des § 42 Abs. 2 und des § 44 Abs. 3 des Entwurfes über. Der Wortlaut des § 42 Abs. 2 ist bereits Prot. S. 13937 mitgetheilt. Der § 44 Abs. 3 lautet: „Die Vorschriften des zweiten Absatzes (des § 44, oben S. 13943) finden im Falle des § 42 Abs. 2 entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, daß die Zahlungspflicht des Erstehers sich unter der Bedingung erhöht, daß das Nichtbestehen der angerechneten Hypothek oder Grundschuld erwiesen wird." Zu dem § 42 Abs. 2 und dem § 44 Abs. 3 lag folgender Antrag vor: den § 42 Abs. 2 und den § 44 Abs. 3 durch folgende Vorschriften zu ersetzen2: „Ist ein Recht, welches bestehen bleibt, ein bedingtes, so kann derjenige Betheiligte, welcher im Falle des Wegfalles jenes Rechtes bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses das Bestehenbleiben seines Rechtes oder Befriedigung verlangen könnte, noch nach dem Zuschlage verlangen, daß unter der gleichen, aber entgegengesetzt wirkenden Bedingung das ihm zustehende Recht, wenn es eine Hypothek oder Grundschuld ist, in dem Umfange des beding- | ten Rechtes bestehen bleibe oder der Ersteher, wenn das zustehende Recht nicht eine Hypothek oder Grundschuld ist, einen entsprechenden Betrag zu zahlen verpflichtet werde. Die Vorschriften des § a Abs. 3 und, wenn das bedingte Recht nicht eine Hypothek oder Grundschuld ist, die Vorschriften des § b Abs. 2, 3 (Antrag 1 a und b zu § 44 Abs. 2, oben S. 13943 bis 13945) finden entsprechende Anwendung. Im Sinne der Vorschriften des ersten Absatzes gilt ein vorgemerktes Recht als aufschiebend bedingt durch dessen Feststellung, eine Sicherungshypothek als aufschiebend bedingt durch die Feststellung der Forderung, eine Hypothek oder Grundschuld, welche auch auf einem anderen Grundstücke haftet, als auflösend bedingt dadurch, daß der Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung in das andere Grundstück befriedigt wird oder das Recht an dem versteigerten Grundstücke und den Anspruch aus der persönlichen Verpflichtung des Erstehers aufgiebt." Es wurde als Ersatz des § 42 Abs. 2 und des § 44 Abs. 3 des Entwurfes unter Be2
Der folgende Antrag stammt von Kurlbaum (vgl. die im Anhang I, unten S. 708 ff. abgedruckten Anträge von Kurlbaum). 351
ZYG-VE S 44 Abs. 3
Kurlbaum (Nr 57 u. 61)
| Prot I 13957
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rücksichtigung der zu § 44 Abs. 2 angenommenen Vorschriften die Aufnahme folgender Bestimmungen beschlossen: Ist ein Recht, welches bestehen bleibt, ein bedingtes, so erhöht sich f ü r den Fall, daß das Recht durch den Ausfall oder die Erfüllung der Bedingung wegfällt, der durch Zahlung zu berichtigende Theil des Gebotes. Die Vorschriften des § a Abs. 1, 3 und des § b (Beschlüsse zu § 44 Abs. 2, oben S. 13947, 13948) finden entsprechende Anwendung. | P r o t I 13958 Im Sinne der Vorschriften des ersten Absatzes gilt | ein vorgemerktes Recht als aufschiebend bedingt durch dessen Feststellung, eine Sicherungshypothek als aufschiebend bedingt durch die Feststellung der Forderung, eine Hypothek oder Grundschuld, welche auch auf einem anderen Grundstücke haftet, als auflösend bedingt dadurch, daß der Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung in das andere Grundstück befriedigt wird oder das Recht an dem versteigerten Grundstücke und den Anspruch aus der persönlichen Verpflichtung des Erstehers aufgiebt. Die beschlossenen Vorschriften, welche sachlich dem § 42 Abs. 2 und dem § 44 Abs. 3 des Entwurfes mit den aus dem Beschlüsse zu § 44 Abs. 2 sich ergebenden Aenderungen entsprechen (vergl. auch § 50 Abs. 2 Satz 2 des Entw.), hatten von keiner Seite Widerspruch erfahren. Die Vorschriften des Abs. 2 erachtete man im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes als angemessen. ZVG-VE § 45
III. Der § 45 des Entwurfes lautet: „Der Ersteher ist zur öffentlichen Hinterlegung des nach § 44 Abs. 1 zu zahlenden Betrages berechtigt. Die Wirkung der Hinterlegung ist von dem Vorhandensein eines der im § 272 des Bürgerlichen Gesetzbuches 3 bestimmten Hinterlegungsgründe nicht abhängig." Dazu lag folgender Antrag vor: den § 45 hier zu streichen, vorbehaltlich der Ergänzung des § 101, eventuell zu fassen: Kurlbaum „Der Ersteher wird durch öffentliche Hinterlegung des von ihm baar zu zahlen(Nr 57,1) den Betrages befreit, sofern er die Hinterlegung und die Ausschließung der Zurücknahme im Vertheilungstermine nachweist." | Prot 1 13959 | Der eventuelle Antrag, welcher zugleich zum Ausdruck bringt, daß der Ersteher unter den bezeichneten Voraussetzungen durch die öffentliche Hinterlegung des von ihm baar, d. h. in Geld, zu zahlenden Betrages befreit wird, fand, vorbehaltlich der Entscheidung der Frage, ob die beschlossene Vorschrift demnächst in den Abschnitt über das Vertheilungsverfahren (vergl. § 101 Abs. 3 des Entw.) eingestellt werden solle, die Zustimmung der Kommission. In sachlicher Hinsicht erhob sich gegen die Vorschrift kein Widerspruch. ZVG-VE § 46
IV. Zu dem § 46 des Entwurfes, welcher lautet: „Die Uebergabe des Grundstückes und der mitversteigerten beweglichen Sachen an den Ersteher erfolgt, nachdem auf dessen Gebot ein Betrag gezahlt ist, durch welchen der Anspruch des Gläubigers, soweit er durch das Gebot gedeckt ist, sowie die vor ihm durch Baarzahlung zu befriedigenden Ansprüche befriedigt werden können. Das Gleiche gilt, wenn der Ersteher den im ersten Absätze bezeichneten Betrag hinterlegt und der Hinterlegungsstelle erklärt hat, daß er sich des Rechtes der Zurücknahme begebe." 3 Vgl. § 4 3 6 BGB.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
war folgender Antrag gestellt: den § 46 zu streichen. Kurlbaum (Anm.: Uebergabe soll nicht stattfinden, vielmehr nur Zwangsvollstreckung auf (Nr 59, 6) Räumung resp. Herausgabe [gegen Dritte nach Maßgabe der Civilprozeßordnung] mit Vorbehalt des Rechtes der Betheiligten, die Verwaltung des Grundstückes für Rechnung des Erstehers zu verlangen [zu vergl. § 87].) Man überzeugte sich, daß es wegen des Zusammenhanges des § 46 mit den zu beschließenden Vorschriften über die Vollstreckbarkeit des Zuschlagsurtheils und mit den Vor- | Schriften des § 87 des Entwurfes über die Anordnung einer gerichtli- | Prot 1 13960 chen Verwaltung des Grundstückes auf Antrag des Erstehers oder eines Gläubigers richtiger sei, den § 46 hier zu streichen. Man war jedoch einverstanden, daß durch diese Streichung der Entscheidung der Frage, ob an einer anderen Stelle eine dem § 46 entsprechende Vorschrift aufzunehmen sei, nicht vorgegriffen werden solle. V. Der § 47 des Entwurfs, dessen Wortlaut dahin geht: ZVG-VE §47 „Die Kosten des Zuschlagsurtheiles fallen dem Ersteher zur Last." wurde aus den Gründen der Motive S. 73 ff. sachlich gebilligt. Um jedoch den Vorschriften über die Zuschlagsertheilung nicht zu präjudiziren, verständigte man sich dahin, den § 47, wie folgt, zu fassen: Die Kosten der Entscheidung, durch welche der Zuschlag ertheilt wird, fallen dem Ersteher zur Last.
828. Sitzung vom 19. 11. 1888, Schriftführer: Struckmann | Die Berathung des Entwurfes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbe- | Prot 1 13961 wegliche Vermögen, wurde fortgesetzt: I. Beantragt war, nach den zu § 42 Abs. 2 und § 44 Abs. 2, 3 gefaßten Beschlüssen (Prot. S. 13947, 13948, 13957, 13958) einzuschalten: § . . . „Soweit dem Schuldner oder dem neu eingetretenen Eigenthümer eine per- Kurlbaum sönliche Verbindlichkeit in Ansehung eines Anspruches obliegt, für welchen der Be- (Nr 65,1) theiligte Befriedigung aus dem durch Zahlung zu berichtigenden Theile des Meistgebotes verlangen kann, übernimmt der Ersteher diese Verbindlichkeit für den Fall, daß das Gebot bei der | Vertheilung des Versteigerungserlöses unbezahlt bleibt, in |ProtI 13962 Höhe des dem Betheiligten überwiesenen Betrages nach Maßgabe seiner eigenen Verbindlichkeit zur Zahlung. Die Vorschriften des § 318 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches finden entsprechende Anwendung 1 ." Der Antrag wurde angenommen. Erwogen war: Der Antrag umfasse die bei Gelegenheit der Berathung des § 44 Abs. 2 des Entwurfes bereits zur Sprache gekommenen Fälle, daß der erst später zahlbare Betrag, um welchen in Folge des Wegfallens eines bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigten Rechtes der durch Zahlung zu berichtigende Theil des Meistgebotes sich erhöhe oder der sofort zahlbare, aber thatsächlich nicht gezahlte Theil des Meistgebotes einem Betheiligten überwiesen werde. Durch die Ueberweisung 1
Satz 2 ist nicht im metallographierten Antrag enthalten. BGB.
Zu §318 E I vgl. §§329, 416
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Quellen zur Entstehung des ZVG
trete eine Befriedigung des Betheiligten zum Mindesten nicht in allen Fällen ein (vergl. § 114 des Entw.). Man überzeugte sich, daß die beantragte Vorschrift eine konsequente Ergänzung des zu § 42 Abs. 1 des Entw. gefaßten Beschlusses (S. 13938 ff.) enthalte, nach welchem der Ersteher verpflichtet sei, die mit der auf das Gebot angerechneten Hypothek oder Grundschuld in Verbindung stehende persönliche Verbindlichkeit des Schuldners diesem gegenüber zu übernehmen. Die Ergänzung sei auch von praktischer Wichtigkeit, da namentlich der Fall, daß der sofort zahlbare Theil des Gebotes nicht gezahlt werde, nicht selten vorkomme. Der P r ü f u n g bei der Redaktion blieb es übrigens vorbehalten, ob nicht die beschlossene Vorschrift zweckmäßig mit der bezeichneten zu § 42 Abs. 1 des Entwurfes beschlossenen Vorschrift zu verbinden sein werde. | Prot 1 13963
| II. Mit Rücksicht auf den Zusammenhang der §§ 50, 51 des Entwurfes mit den bereits beschlosssenen, das geringste Gebot betreffenden Vorschriften verständigte man sich, nunmehr zunächst in die Berathung der §§ 50, 51 des Entwurfes einzutreten.
Die §§ 50, 51 lauten: ZVG-VE § 50. „Die bei der Feststellung des geringsten Gebotes zu berücksichtigenden § 50 Ansprüche sind insoweit, als sie aus dem Grundbuche hervorgehen, nach dem Inhalte des Grundbuches und, wenn ein festbestimmter Betrag nicht eingetragen ist, mit dem Höchstbetrage, bis zu welchem das Grundstück haftet, zu berechnen. Eintragungen, welche erst nach der Eintragung des im § 17 bezeichneten Vermerkes erfolgt sind, werden nur berücksichtigt, wenn sie spätestens in dem Termine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten nachgewiesen werden. Bedingte Ansprüche sind wie unbedingte zu behandeln. Der Anspruch aus einem Rechte, für welches noch ein anderes Grundstück haftet, gilt als auflösend bedingt. Die im § 95 bezeichneten laufenden Leistungen sind bis zu dem Tage, welcher zur Verkündung des Unheiles über den Zuschlag von dem Richter bestimmt wird, zu berechnen und, soweit der Betrag aus dem Grundbuche ersichtlich ist, von Amtswegen zu berücksichtigen. Für laufende und rückständige wiederkehrende Leistungen, welche nicht Geld zum Gegenstande haben, ist ein Geldbetrag festzusetzen." ZVG-VE | $ 51. „Ansprüche aus nicht eingetragenen Rechten sowie die in eingetragenen § 51 Rechten sich gründenden Ansprüche, f ü r welche ein bestimmter Geldbetrag aus | Prot I 13964 dem Grundbuche nicht ersichtlich ist, sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie zu einem bestimmten Geldbetrage vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet und, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht, glaubhaft gemacht werden. Laufende Leistungen, welche auf Grund eines eingetragenen Rechtes zu entrichten sind, bedürfen auch dann nicht der Anmeldung, wenn sie nicht Geld zum Gegenstande haben. Rückstände solcher Leistungen bedürfen der Anmeldung, aber nicht der Glaubhaftmachung." Dazu lagen folgende Anträge vor 2 : 2
In der Metallographie (Nr. 65, 2) ist noch folgender Antrag von Kurlbaum enthalten: Den Vorschriften der §§ 50, 51 hinzuzufügen: e) Werden mehrere Grundstücke zusammen versteigert, so ist das geringste Gebot so zu bestimmen, daß es bei einer Vertheilung auf die einzelnen Grundstücke nach Verhältniß des
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1. die §§ 50, 51 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: a) „Bei der Feststellung des geringsten Gebotes sind die dem Gläubiger vorgehenden Rechte und die Rangordnung der eingetragenen Rechte insoweit, als sie aus dem Grundbuche ersichtlich sind, nach dem Inhalte des Grundbuches, Sicherungshypotheken zu dem eingetragenen Höchstbetrage zu berücksichtigen. Eintragungen, welche erst nach Eintragung der Versteigerungsanordnung erfolgt sind, werden nur berücksichtigt, wenn sie bei dem Vollstreckungsgerichte angemeldet und nachgewiesen werden." b) „Nicht eingetragene Rechte sowie Ansprü-|che, deren Betrag aus dem Grundbuche nicht ersichtlich ist, und Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, welche nicht zu den laufenden gehören, sind nur zu berücksichtigen, wenn sie bei dem Vollstreckungsgerichte angemeldet und, sofern der Gläubiger widerspricht, glaubhaft gemacht werden. Das Gleiche gilt in Ansehung des aus dem Grundbuche nicht ersichtlichen Vorranges eines Rechtes vor dem Rechte des betreibenden Gläubigers. Die Anmeldung und Glaubhaftmachung nicht ersichtlicher Beträge ist zu einem bestimmten Betrage, bei Ansprüchen von unbestimmter Höhe, für welche ein Höchstbetrag nicht eingetragen ist, zu einem höchsten Betrage zu bewirken. Rückständige Beträge eingetragener wiederkehrender Leistungen bedürfen nicht der Glaubhaftmachung." c) „Soweit wiederkehrende Leistungen zu den laufenden gehören, sind sie bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Versteigerungstermine zu berechnen. Für laufende und rückständige wiederkehrende Leistungen, welche nicht Geld zum Gegenstande haben, ist von dem Vollstreckungsgerichte ein Geldbetrag festzusetzen, unbeschadet der Befugniß des Berechtigten, einen bestimmten Geldbetrag anzumelden und glaubhaft zu machen, oder einen anderen Geldbetrag 3 bei der Verkeilung des Versteigerungserlöses in Anspruch zu nehmen." | d) „Bedingte Rechte sind wie unbedingte zu berücksichtigen." 2. a) an Stelle des § 50 Abs. 1 bezw. des Antrages unter 1 a zu beschließen: „Bei der Feststellung des geringsten Gebotes sind die dem Gläubiger vorgehenden Rechte und deren Rangordnung, soweit sie zur Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung aus dem Grundbuche ersichtlich waren, nach dem Inhalte des Grundbuches, Sicherungshypotheken zu dem eingetragenen Höchstbetrage zu berücksichtigen." b) den Eingang des § 51 Abs. 1 bezw. des Antrages unter 1 b dahin zu fassen: „Rechte, welche im Grundbuche nicht eingetragen sind oder zur Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung aus demselben nicht ersichtlich waren, sowie Ansprüche, deren Betrag . . . " Das Ergebniß der Berathung war, daß an Stelle der §§ 50, 51 hinter dem § 43 des Entwurfes folgende Vorschriften eingestellt werden sollen: § a. Bei der Feststellung des geringsten Gebotes sind die dem Gläubiger vorgehenden Rechte und die Rangordnung der eingetragenen Rechte insoweit, als sie zur Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung aus dem Grundbuche ersichtlich Werthes derselben zur Deckung der bei den einzelnen Grundstücken zu berücksichtigenden Rechte ausreicht. Eine auf den mehreren Grundstücken oder auf einigen derselben haftende Reallast, Hypothek oder Grundschuld ist nur einmal zu berücksichtigen. 3 Diese Worte: „einen anderen Geldbetrag" sollten nach dem Antrage Nr. 65, 4 hier noch eingefügt werden.
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Kurlbaum (Nr 61, 3)
| Prot 1 13965
| Prot I 13966 v. Mandry (Nr 64, II)
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waren, nach dem Inhalte des Grundbuches, Sicherungshypotheken zu dem eingetragenen Höchstbetrage zu berücksichtigen. | Prot 1 13967 | § b. Rechte, welche in das Grundbuch nicht eingetragen sind oder zur Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung nicht eingetragen waren, sowie Ansprüche, deren Betrag zu dem bezeichneten Zeitpunkte aus dem Grundbuche nicht ersichtlich war, und Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, welche nicht zu den laufenden gehören, sind nur zu berücksichtigen, wenn sie bei dem Vollstreckungsgerichte angemeldet und, sofern der Gläubiger widerspricht, glaubhaft gemacht werden. Das Gleiche gilt in Ansehung des zur Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung aus dem Grundbuche nicht ersichtlichen Vorranges eines Rechtes vor dem Rechte des betreibenden Gläubigers. Die Anmeldung und Glaubhaftmachung ist zu einem bestimmten Betrage, bei Ansprüchen von unbestimmter Höhe, für welche ein Höchstbetrag nicht eingetragen ist, zu einem höchsten Betrage zu bewirken. Rückständige Beträge eingetragener wiederkehrender Leistungen bedürfen nicht der Glaubhaftmachung. Die im § . . . (Beschluß zu §41 Abs. 2 des Entwurfes, Prot. S. 13929, 13930) Abs. 2 bezeichneten Rechte werden, sofern sie nicht eingetragen, bei Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigt. § c. Soweit wiederkehrende Leistungen zu den laufenden gehören, sind sie bis | Prot 1 13968 zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Versteigerungstermi-1 ne zu berechnen. Für laufende und rückständige wiederkehrende Leistungen, welche nicht Geld zum Gegenstande haben, ist von dem Vollstreckungsgerichte ein Geldbetrag festzusetzen, sofern nicht ein bestimmter Geldbetrag angemeldet und glaubhaft gemacht ist. § d. Bedingte Rechte sind wie unbedingte, vorgemerkte Rechte wie eingetragene zu berücksichtigen. Die Annahme der unter §§ a bis d bezeichneten Vorschriften beruhte auf folgenden Erwägungen: 1. Die Vorschriften des § a und des § b Absatz 1 bis 4, welche sachlich mit dem § 50 Abs. 1 und dem § 51 des Entwurfes sowie mit den Anträgen unter 1 a und b und dem Antrage unter 2 übereinstimmen, wurden in sachlicher Hinsicht aus den Gründen der Motive S. 78 ff. gebilligt. Im Interesse der Deutlichkeit hielt man es jedoch für rathsam, im Anschlüsse an den § 55 Abs. 1 und den § 56 Abs. 1 Satz 2 des preußischen Gesetzes vom 13. Juli 1883 im § a ausdrücklich hervorzuheben, daß auch die Rangordnung der eingetragenen Rechte nach dem Inhalte des Grundbuches zu berücksichtigen sei und im § b Abs. 2 den Fall besonders vorzusehen, wenn es sich um den aus dem Grundbuche zur Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung nicht ersichtlichen Vorrang eines Rechtes vor dem Rechte des betreibenden Gläubigers handele (vgl. § 747 Abs. 2 der C.P.O. in der Fassung des Artikel 11 des Einf.-Ges.). In ersterer Beziehung verdiene die Fassung des Antrages unter 1 a den Vorzug vor der des Antrages unter 2 a, da sie klarer erkennen lasse, daß es | Prot 1 13969 nicht auf die Rangordnung der vorgehenden Rechte unter- | einander, sondern nur darauf ankomme, ob sie nach dem Inhalte des Grundbuches, dem Rechte des betreibenden Gläubigers vorgehen. Andererseits sei es korrekter, nach dem Vorschlage des Antrages unter 2 im Anschlüsse an die zu § 25 Nr. 4 des Entwurfes beschlossene Vorschrift (Prot. S. 13834) diejenigen eingetragenen Rechte, welche zur Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung nicht eingetragen waren, aus dem 356
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
§ a, welcher nur von den von Amtswegen zu berücksichtigenden Rechten handele, auszuscheiden und in den § b zu verweisen, im Eingange des § a aber die Worte „zur Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung" einzuschalten. Anlangend den § b Abs. 1, so kam zur Sprache, ob an dem Erfordernisse der Glaubhaftmachung festzuhalten sei, da eine solche unter Umständen, namentlich wenn man die nach dem bestehenden Rechte nicht zu einem Höchstbetrage eingetragenen Sicherungshypotheken und die im Art. 109 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche 4 bezeichneten gesetzlichen Pfandrechte (der Ehefrauen und der Minderjährigen im Gebiete des französischen Rechtes) berücksichtige, mit Schwierigkeiten verbunden sei, die Unterlassung der Glaubhaftmachung aber, da dieselbe die Nichtberücksichtigung des angemeldeten Rechtes bei Feststellung des geringsten Gebotes zur Folge habe, zu großen Härten führen könne. Man überzeugte sich jedoch, daß es im Hinblick auf das Interesse des betreibenden Gläubigers und um frivolen, die Verzögerung der Zwangsversteigerung bezweckenden, sonst nur im Prozeßwege zu beseitigenden Anmeldungen zu begegnen, unerläßlich sei, wenigstens die Glaubhaftmachung des angemeldeten Rechtes zu verlangen, wenn der Gläubiger demselben widerspreche. Die Glaubhaftmachung habe nach Maßgabe des § 266 der C.P.O. zu erfolgen. Nach § b Abs. 3 sei dieselbe jedoch bei Sicherungshypotheken | von unbestimmter Höhe, für welche ein Höchstbetrag | Prot 1 13970 nicht eingetragen sei, nur zu einem höchsten Betrage zu bewirken, so daß die Sicherungshypothek mit diesem Höchstbetrage bestehen bleibe. Ob etwa mit Rücksicht auf die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches bestehenden Rechte der in Rede stehenden Art, insbesondere mit Rücksicht auf die im Art. 109 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bezeichneten gesetzlichen Pfandrechte, in der hier fraglichen Hinsicht eine Uebergangsvorschrift sich empfehle, bleibe auf etwa gegebene Anregung späterer Prüfung vorbehalten. Einvernehmen bestand, daß die Frage, was unter „wiederkehrenden Leistungen" im Sinne dieses Gesetzes (vgl. § b Abs. 1) zu verstehen, inwieweit insbesondere auch Amortisationsrenten dahin zu rechnen seien, bei den Vorschriften über die Vorrechtsordnung (§§92ff. des Entwurfes) zu entscheiden sein werde (vgl. Motive zu dem Entwürfe des Bürgerlichen Gesetzbuches, Bd. I S. 306). 2. Die Aufnahme des § b Abs. 5 erfolgte mit Rücksicht auf den zu § 41 Abs. 2 des Entwurfes gefaßten Beschluß, daß die dort bezeichneten Rechte bestehen bleiben sollen (Prot. S. 13927, 13930, 13931). Mit den Gründen, auf welchen jener Beschluß beruhe, würde es nicht im Einklänge stehen, die Anmeldung jener Rechte zu verlangen. Auch erstrecke sich die zu § 25 Nr. 4 des Entwurfes beschlossene öffentliche Aufforderung zur Anmeldung nicht auf Rechte der hier fraglichen Art. Diese Rechte fielen neben dem Meistgebote dem Ersteher zur Last und seien, sofern sie nicht eingetragen sein sollten, bei der Feststellung des geringsten Gebotes überhaupt nicht zu berücksichtigen. Dagegen liege kein genügender Grund vor, dieselben auch für den | Fall unberücksichtigt zu lassen, daß sie eingetragen sein sollten. |ProtI 13971 Von praktischer Bedeutung sei ihre Berücksichtigung in diesem Falle insofern, als für dieselben nach Maßgabe der zu § 42 Abs. 2 und § 44 Abs. 3 gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 13957, 13958) von dem Vollstreckungsgerichte eine von dem Ersteher eventuell zu zahlende Ersatzsumme bestimmt werden müsse. 3. Die Vorschrift des § c Abs. 1, daß die laufenden wiederkehrenden Leistungen bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Versteigerungstermine — nicht, wie * Vgl. Art. 187, 188 EGBGB. 357
Quellen zur Entstehung des Z V G
der Entwurf § 50 Abs. 3 nach dem Vorgange des § 55 Abs. 3 des preußischen Gesetzes vom 13. Juli 1883 bestimme, bis zu dem Tage, welcher zur Verkündung des Zuschlagsurtheiles von dem Richter bestimmt werde — zu berechnen seien, habe allerdings einen mehr oder weniger willkürlichen Charakter. An sich würde im Hinblick auf den § 40 Satz 2 des Entw., S. 13910 die Berechnung bis zu dem Zeitpunkte der Ertheilung des Zuschlages erfolgen müssen. Dieser Zeitpunkt sei aber bei der Feststellung des geringsten Gebotes im Voraus nicht immer mit Sicherheit zu ersehen. In nicht seltenen Fällen werde der Richter den Termin zur Verkündung des Zuschlagsurtheiles zweckmäßig erst am Schlüsse des Versteigerungstermines, wenn er die bei der Entscheidung über den Zuschlag zu berücksichtigenden Punkte zu übersehen in der Lage sei, bestimmen können. In anderen Fällen könne eine Verlegung des Verkündungstermines nöthig werden. Unter Umständen werde das Zuschlagsurtheil auch erst in der Beschwerdeinstanz ergehen. Um diesen Schwierigkeiten und den Uebelständen einigermaßen zu begegnen, welche eintreten, wenn die Ertheilung des Zuschlages zu einer späteren Zeit erfolge, als bei Feststellung des gering| Prot 1 13972 sten Gebotes angenommen sei, em- | pfehle es sich nach dem Vorschlage des Antrages unter 1 c Abs. 1 für die Berechnung der laufenden wiederkehrenden Leistungen einen kalendermäßig zu bestimmenden Endpunkt festzusetzen und denselben so geräumig zu bemessen, daß der danach zu berechnende Betrag in der großen Mehrzahl der Fälle nicht hinter demjenigen Betrage zurückbleibe, welcher sich ergebe, wenn der Zeitpunkt der Verkündung des Zuschlagsurtheiles zu Grunde gelegt worden wäre. Es sei weniger bedenklich, wenn das geringste Gebot für einzelne Fälle sich als etwas zu hoch, als wenn dasselbe sich als zu niedrig bemessen nachträglich herausstelle, da im letzteren Falle unter Umständen der an letzter Stelle bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigte Gläubiger einen Ausfall erleiden könne; denn die hier in Rede stehende Berechnung sei, wie die Vorschriften über die Vertheilung des Erlöses erkennen lassen würden, lediglich für die Feststellung des geringsten Gebotes maßgebend und hindere daher den Gläubiger nicht, den ihm in Wirklichkeit gebührenden Betrag bei der Vertheilung des Erlöses nach Maßgabe der Vorrechtsordnung geltend zu machen. Durch die Einstellung der in Rede stehenden Vorschrift hinter den §§ a und b werde zugleich klarer zum Ausdruck gebracht, daß dieselbe sich sowohl auf die von Amtswegen zu berücksichtigenden als auf die anzumeldenden Leistungen beziehe. Die Schlußworte des § 50 Abs. 3 des Entwurfes „und, s o w e i t . . . zu berücksichtigen" sei entbehrlich, da die Vorschriften des § a und des § b Abs. 1 ergäben, inwieweit es einer Anmeldung bedürfe. 4. Abs. 2 des § c (vgl. § 50 Abs. 4, Antrag unter 1 c Abs. 2) rechtfertige sich aus | Prot 1 13973 den Gründen der Motive S. 79. Nach dem Sinne des Antrages unter 1 c Abs. 2 | empfehle es sich aber, die Vorschrift des Entwurfes durch den Zusatz zu ergänzen „sofern nicht ein bestimmter Geldbetrag angemeldet und glaubhaft gemacht ist", um dadurch klarzustellen, daß in einem solchen Falle allein dieser Geldbetrag bei der Feststellung des geringsten Gebotes maßgebend sei und im Falle der Nichtberücksichtigung das Zuschlagsurtheil aus diesem Grunde im Wege der Beschwerde angefochten werden könne. Den zweiten in dem Antrage unter 1 c Abs. 2 am Schlüsse gemachten Vorbehalt („oder einen anderen Geldbetrag bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses in Anspruch zu nehmen") hatte der Antragsteller im Laufe der Berathung fallen lassen, da ein gleicher Vorbehalt auch bei der Vorschrift des § c Abs. 1 aus den oben angegebenen Gründen für entbehrlich erachtet sei. 358
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.- 19.10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) Die Einschiebung der Worte „von dem Vollstreckungsgerichte" nach Maßgabe des Antrages unter 1 c Abs. 2 hielt man im Interesse der Deutlichkeit und im Anschlüsse an die zu §44 Abs. 2 beschlossene Vorschrift (§ b des Beschlusses, Prot. S. 13948) für angemessen. Gebilligt wurde ferner, die hier in Rede stehende Vorschrift nach dem Vorschlage des Antrages unter 1 c hinter die §§ a, b einzustellen, weil dieselbe auch für die anzumeldenden Leistungen gelten müsse. 5. Die Vorschrift des § d, daß bedingte Rechte wie unbedingte zu berücksichtigen seien (Entwurf § 50 Abs. 2 Satz 1, Antrag unter 1 d), finde in den Motiven S. 79 ihre Rechtfertigung. Zum Schutze vorgemerkter Rechte (vgl. wegen des Ausdrukkes § 847 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches) sei es aber angemessener, hinzuzufügen, daß vorgemerkte Rechte wie eingetragene zu berücksichtigen seien. Durch die dem § d nach dem Vorschlage des Antrages unter 1 d gegebene Stellung werde klar gestellt, daß die Vorschrift auch auf | die anzumeldenden Rechte sich |ProtI 13974 beziehe. Die Vorschrift des § 50 Abs. 2 Satz 2 sei hier entbehrlich und, soweit im Uebrigen nöthig, durch die Beschlüsse zu § 42 Abs. 2 und § 44 Abs. 3 (Prot. S. 13957, 13958) erledigt. III. Wegen des Zusammenhanges des § 49 Abs. 2 des Entwurfes mit den Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebotes ging man darauf zur Berathung des § 49 Abs. 2 über. Derselbe lautet: „Wird die Zwangsversteigerung von mehreren Gläubigern wegen verschiedener Z V G - V E Ansprüche betrieben, so bestimmt sich das geringste Gebot nach dem Ansprüche, ^ 49 Abs. 2 welcher den übrigen im Range vorgeht. Ist jedoch wegen dieses Anspruches der Gläubiger dem Verfahren erst innerhalb der beiden letzten Wochen vor dem Versteigerungstermine beigetreten, so bleibt der Beitritt außer Betracht, sofern nicht diejenigen zustimmen, deren Rechte in Folge der Berücksichtigung des Beitrittes bei der Feststellung des geringsten Gebotes unberücksichtigt bleiben." Dazu lag der Antrag vor, den § 49 dahin zu fassen: „Findet die Versteigerung auf Antrag mehrerer Gläubiger statt, so ist für die Kurlbaum Feststellung des geringsten Gebotes der Antrag desjenigen maßgebend, nach dessen (Nr 65, 3) Rechte das Gebot am niedrigsten bestimmt werden kann. Der Antrag eines dem Verfahren beigetretenen Gläubigers bleibt jedoch unberücksichtigt, wenn der Beschluß, durch welchen der Beitritt zugelassen wurde, nicht so zeitig zugestellt ist, daß zwischen der Zustellung und dem Versteigerungstermine ein Zeitraum von zwei Wochen liegt." Der § 49 Abs. 2 wurde in der Fassung des Antrages mit der Maßgabe genehmigt, daß die Vorschrift hinter die zu §§50, 51 beschlossenen Vorschriften eingestellt werden soll. | Erwogen war: | Prot I 13975 Satz 1 der beschlossenen Vorschrift könne vielleicht als selbstverständlich angesehen werden. Mit Rücksicht auf solche Gebiete, welchen gegenwärtig ein auf den Grundlagen des geringsten Gebotes beruhendes Recht der Zwangsversteigerung unbekannt sei, müsse es jedoch für bedenklich erachtet werden, nach dem Vorgange des preußischen und des sächsischen Rechtes in dieser Hinsicht sich schweigend zu verhalten; vielmehr sei es rathsam, mit dem bayerischen Gesetze vom 29. Mai 1886 Art. 1 Abs. 2 eine ausdrückliche Vorschrift aufzunehmen. Die von dem Entwürfe § 49 Abs. 2 Satz 1 vorgeschlagene, dem bayerischen Gesetze folgende Be359
Quellen zur Entstehung des ZVG
Stimmung erweise sich jedoch für gewisse Fälle als unrichtig. Dahin gehöre der Fall, wenn ein vorgehendes Recht nur gegenüber dem einen, nicht aber auch gegenüber dem anderen der mehreren betreibenden Gläubiger unwirksam sei. Angenommen, daß das den betreibenden Gläubigern B, C vorgehende Recht des A gegenüber dem C, nicht aber gegenüber dem B unwirksam sei, so könne, wenn zur Deckung des A ein größeres Gebot, als zur Deckung des B erforderlich sei, der C verlangen, daß das geringste Gebot nach Maßgabe des Rechtes des B, nicht des A festgestellt werde, obwohl der B dem C im Range vorgehe, und B könne ein Ausgebot des Grundstücks unter Bestimmungen, welche auch ihm Zahlung verschaffen, nur nach Maßgabe der zum § 38 beschlossenen Vorschriften (Prot. S. 13889, 13890) verlangen. Richtiger sei es deshalb, mit dem Antrage davon auszugehen, daß für jeden Antragsteller das geringste Gebot zunächst nach Maßgabe seines Rechtes gesondert festgestellt werde und von den mehreren so festgestellten Geboten das niedrigste maßgebend sei. Durch die Fassung des Antrages würden auch solche Fälle gedeckt, | Prot 1 13976 in welchen aus besonderen Gründen | ein anderer Gläubiger, als der im Range vorgehende, das bessere Verkaufsrecht habe. Anlangend den zweiten Satz des § 49 Abs. 2, so verdiene es den Vorzug, wie in dem zum § 31 des Entw. gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 13858), so auch hier die zweiwöchige Frist nicht von dem Beitritte, sondern von der Zustellung des Beschlusses an zu berechnen, durch welchen der Beitritt zugelassen sei. Im Uebrigen sei die Vorschrift aus den Gründen der Motive S. 76 für angemessen zu erachten. IV. In Veranlassung der Ausführungen der Motive S. 76 ff. war im Anschlüsse an ähnliche Vorschriften des sächsischen Gesetzes vom 15. August 1884 §§28 ff. die Aufnahme folgender Vorschriften beantragt: Rüger 1. § 47 a. „Ist wegen desselben Anspruches die Zwangsversteigerung mehrerer (Nr 60, 2) demselben Schuldner gehörender Grundstücke beantragt, so gelten die Vorschriften in den §§ b bis g." § b. „Mehrere Grundstücke, welche zum Betriebe der Landwirthschaft oder eines Gewerbes verbunden sind, sollen zusammen als ein Ganzes versteigert werden (Gesammtversteigerung). Ein Gleiches gilt, wenn die Grundstücke in einem anderen wirtschaftlichen Zusammenhange stehen und anzunehmen ist, daß nach der Aufhebung dieses Zusammenhanges der Gesammtwerth der einzelnen Grundstücke niedriger sein würde, als der Werth der im Zusammenhange bleibenden Grundstükke. Ein Betheiligter, dessen Anspruch durch das höchste bei der Gesammtversteige| Prot I 13977 rung erlangte Ge-1 bot nicht vollständig gedeckt wird, kann die Versteigerung der Grundstücke als einzelner (Einzelversteigerung) verlangen." § c. „Im Falle der Gesammtversteigerung kommen bei der Feststellung des geringsten Gebotes alle Ansprüche in Ansatz, welche nach Maßgabe des § 43 in Ansehung jedes einzelnen Grundstückes gedeckt sein müssen. Ansprüche, welche kraft einer und derselben Reallast, Hypothek oder Grundschuld auf mehreren Grundstücken ungetheilt lasten, kommen nach ihrem einmaligen Betrage in Ansatz." § d. „Bei der Einzelversteigerung soll dasjenige Grundstück vor dem anderen versteigert werden, aus dessen Erlös die weitergehende Befriedigung des betreibenden Gläubigers zu erwarten ist." § e. „Ist bei der Einzelversteigerung ein Meistgebot erlangt, durch welches der Anspruch des betreibenden Gläubigers vollständig gedeckt ist, so wird der Zuschlag 360
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
auf dieses Meistgebot ertheilt und das Verfahren in Ansehung der übrigen Grundstücke eingestellt. Die Vorschrift des ersten Absatzes findet entsprechende Anwendung, wenn bei der Einzelversteigerung ein Meistgebot erlangt ist, durch welches in Zusammenrechnung mit einem oder mehreren bei der Versteigerung anderer Grundstücke erlangten Meistgeboten der Anspruch des betreibenden Gläubigers vollständig gedeckt ist." § f. „Wird bei der Einzelversteigerung der Anspruch des betreibenden Gläubigers nicht vollständig ge-1 deckt, so kann derselbe die Gesammtversteigerung auch dann verlangen, wenn die Voraussetzungen des § b Abs. 1 nicht vorliegen. Zu diesem Verlangen ist auch der Schuldner in Ansehung der ihm gehörenden Grundstükke und ein Betheiligter, dessen kraft einer und derselben Reallast, Hypothek oder Grundschuld auf mehreren Grundstücken mit dem Range hinter dem Ansprüche des betreibenden Gläubigers lastender Anspruch nicht vollständig gedeckt ist, in Ansehung dieser Grundstücke befugt." § g. „Das Vollstreckungsgericht entscheidet über Anträge auf Anordnung der Gesammtversteigerung oder Einzelversteigerung, sowie im Falle des § d über die Reihenfolge der Versteigerung. Eine Anfechtung dieser Beschlüsse findet nicht statt." 2. § x. „Sind Antheile an einem Grundstücke mit Rechten belastet, welche in Ansehung dieser Antheile dem das ganze Grundstück belastenden Rechte des betreibenden Gläubigers im Range vorgehen, so kann derselbe die Versteigerung des ganzen Grundstückes oder einzelner Antheile verlangen. Ein Gleiches gilt, wenn das Recht des betreibenden Gläubigers auf mehreren Antheilen haftet, in Ansehung der Versteigerung der Gesammtheit der letzteren oder einzelner derselben." (Bemerkung: Zusatz zu § 4 der vorl. Zusammenstellung bleibt vorbehalten.) Dazu lagen folgende Unteranträge vor: 3. statt der §§ a —g des Antrages unter 1 zu beschließen: „Erstreckt sich das Versteigerungsverfahren auf mehrere Grundstücke, so ist jedes derselben in | Ermangelung anderweiter Vereinbarung der Betheiligten einzeln zur Versteigerung zu bringen. Gehören die mehreren Grundstücke demselben Schuldner, so kann ein Betheiligter, welcher bei der Einzelversteigerung einen Ausfall erleiden würde, sowie der Schuldner verlangen, daß die mehreren Grundstücke zusammen ausgeboten werden (Gesammtversteigerung). Wird hierbei ein höheres Gebot erreicht, wie bei der Einzelversteigerung, so ist der Zuschlag für die Gesammtversteigerung zu ertheilen. Wird im Falle des zweiten Absatzes im Vertheilungsverfahren eine Vertheilung des Erlöses auf die einzelnen Grundstücke erforderlich, so sind für dieselbe die bei der Einzelversteigerung für die einzelnen Grundstücke erfolgten Meistgebote maßgebend." 4. (zu § c des Antrags unter 1) den Vorschriften der §§ 50, 51 des Entw. hinzuzufügen : „Werden mehrere Grundstücke zusammen versteigert, so ist das geringste Gebot so zu bestimmen, daß es bei einer Vertheilung auf die einzelnen Grundstücke nach Verhältniß des Werthes derselben zur Deckung der bei den einzelnen Grundstükken zu berücksichtigenden Rechte ausreicht. Eine auf den mehreren Grundstücken oder auf einigen derselben haftende Reallast, Hypothek oder Grundschuld ist nur einmal zu berücksichtigen." 361
I Prot I 13978
Rüger (Nr 60, 3)
Planck (Nr 63) | Prot I 13979
Quellen zur Entstehung des ZVG
v. Mandry (Nr 64,1)
5. a) § d des Antrages unter 1 zu fassen: „Bei der Einzelversteigerung soll dasjenige Grundstück vor den anderen versteigert werden, an welchem dem Rechte des Gläubigers gleichstehende oder nachste| Prot 1 13980 hende Rechte nicht bestehen; so-1 fern an jedem oder keinem der Grundstücke solche Rechte bestehen, dasjenige Grundstück, aus dessen Erlös die weitergehende Befriedigung des Gläubigers zu erwarten ist." b) als § e a hinzuzufügen: „Die Vorschriften der §§ d und e finden keine Anwendung, soweit an den mehreren Grundstücken eine und dieselbe Reallast oder Hypothek oder Grundschuld besteht." Gebhard 6. a) an Stelle des § b des Antrags unter 1 zu beschließen: (Nr 62) „Mehrere Grundstücke, welche zum Betriebe der Landwirthschaft oder eines Gewerbes verbunden sind, sollen zusammen als ein Ganzes versteigert werden (Gesammtversteigerung). Jeder Betheiligte (mit Einschluß des Schuldners) kann verlangen, daß die sämmtlichen Grundstücke oder daß ein Theil derselben auch als einzelne ausgeboten werden." b) den § f des Antrags unter 1 dahin zu fassen: „Wird bei der Einzelversteigerung der Anspruch des betreibenden Gläubigers nicht vollständig gedeckt, so kann derselbe verlangen, daß die sämmtlichen Grundstücke oder daß ein Theil derselben auch im Wege der Gesammtversteigerung ausgeboten werden. Zu diesem Verlangen pp." Nach einer eingehenden Besprechung der Anträge überzeugte man sich, daß dieselben mit den Vorschriften über die Vertheilung des Erlöses aus der Versteigerung mehrerer Grundstücke im engsten Zusammenhange ständen und erst nach Feststellung jener Vorschriften angemessen erledigt werden könnten. Man einigte sich deshalb dahin, die sämmtlichen Anträge erst nach dem § 108 des Entwurfes zu | Prot 1 13981 berathen | und späterer Beschlußfassung vorzubehalten, ob und inwieweit die Vorschriften über das geringste Gebot demnächst nach Maßgabe der Anträge etwa zu ergänzen seien.
829. Sitzung vom 21. 11. 1888, Schriftführer: Struckmann |ProtI 13983
| Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt.
I. Zu §41 (beziehungsweise § 38) des Entwurfes (vergl. die Beschlüsse zu §41 beziehungsweise zu § 38 Prot. S. 13926ff., 13889ff.) war inzwischen noch folgender Antrag eingebracht: v. Mandry zu § 41 (bezw. § 38): (Nr 68, 1) als letzten Absatz (hinter die Bestimmung „Verlangt ein Betheiligter . . . nicht erforderlich," S. 13935, 13936) anzufügen: „Verlangt ein Betheiligter, dessen nicht in einer Hypothek oder Grundschuld bestehendes Recht an dem Grundstücke nach der Vorschrift des ersten Satzes des § . . . (Beschluß zu § 41) Abs. 3, S. 13984, erlöschen würde, daß das Fortbestehen dieses Rechtes bestimmt werde, und wird durch diese Bestimmung das Recht eines vor|ProtI 13984 gehenden oder gleichstehenden Betheiligten nicht benachtheiligt, | so ist Zustimmung eines Betheiligten nicht erforderlich." 362
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
(Anm.: Vorbehaltlich anderer Fassung, wenn für den vorausgehenden Absatz eine andere Fassung oder eine andere Stellung beschlossen werden sollte. - Prot, der Sitzung vom 14. November, S. 13934. Der Antrag nimmt den in dieser Sitzung, S. 13937 vorläufig zurückgezogenen Antrag zu § 41 Nr. 3a Abs. 2 — S. 13935, vgl. Antr. zu § 41 Nr. 2 lit. b zweiter Absatz S. 13913 wieder auf, da, wenn die Bestimmung überhaupt für zweckmäßig erachtet wird, m.E. eine andere Stellung als im Zusammenhange mit der Versteigerungsbedingung an sich für solche sich nicht ergiebt. In der Sache zu vergl. preuß. Gesetz § 60 Abs. 1). Dazu lagen die Unteranträge vor: 1. den Eingang der vorgeschlagenen Bestimmung dahin zu fassen: „Verlangt ein Betheiligter, dessen Recht an dem Grundstücke u.s.w." 2. hinter den Worten „bestimmt werde" ein Komma zu setzen und dann fortzufahren : „so ist die Zustimmung eines im Range nachstehenden Betheiligten nicht erforderlich." Der Hauptantrag wurde unter Ablehnung des Unterantrages 1 angenommen. Die in dem Unterantrage 2 vorgeschlagene, von dem Hauptantrage sachlich nicht abweichende Fassung blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten, ebenso die Stellung der beschlossenen Vorschrift. In letzterer Hinsicht herrschte jedoch Einvernehmen, daß der Vorschrift eine Stellung zu geben sei, welche erkennen lasse, daß auf dieselbe die zum § 38 beschlossene Vorschrift Abs. 1 Satz 2 (Prot. S. 13889) Anwendung finde. | Erwogen war: | Prot I 13985 Nach der zum § 38 des Entwurfes beschlossenen Vorschrift Abs. 1 (Prot. S. 13889) könne ein Betheiligter, dessen Recht an dem Grundstücke nach der Vorschrift des ersten Satzes des § 41 Abs. 3 in der beschlossenen Fassung (vergl. Prot. S. 13934) erlöschen würde, nur dann verlangen, daß das Fortbestehen dieses Rechtes bestimmt werde, wenn sämmtliche Betheiligte, deren Rechte durch die verlangte Bestimmung berührt würden, zustimmten. Nach jener Vorschrift sei daher auch die Zustimmung eines im Range nachstehenden Betheiligten erforderlich, sofern dessen Recht durch die verlangte Bestimmung berührt werde. Die Bedeutung des angenommenen Antrages liege darin, daß, wenn das Recht des Betheiligten, welcher verlange, daß das Fortbestehen seines Rechtes bestimmt werde, nicht in einer Hypothek oder Grundschuld, sondern in einem anderen Rechte an dem Grundstücke bestehe, die Zustimmung eines im Range nachstehenden Betheiligten auch dann nicht erforderlich sein solle, wenn derselbe durch die Versteigerung des Grundstücks unter der verlangten Bestimmung einen Ausfall erleide, welchen er bei der Versteigerung ohne diese Bestimmung nicht erleiden würde. Diese Modifikation des zum §38 des Entwurfes beschlossenen Grundsatzes bezw. des Grundsatzes, daß die in dem Beschlüsse zum § 41 des Entw. bezeichneten Rechte an dem Grundstücke erlöschen sollen, lasse sich, juristisch betrachtet, aus dem Gesichtspunkte rechtfertigen, daß ein im Range nachstehender Betheiligter eben deshalb, weil er im Range nachstehe, sich das Fortbestehen des ihm vorgehenden Rechtes gefallen lassen müsse und durch die Weigerung seiner Zustimmung den ihm im Range vorgehenden Betheiligten nicht zwingen könne, sich für das erlöschende Recht in Geld entschädigen zu lassen. Indessen dieser Gesichtspunkt könne für sich allein als ausschlaggebend | nicht betrachtet werden. Wollte man auf denselben das entscheidende Ge- |ProtI 13986 wicht legen, so würde die juristische Konsequenz dahin führen müssen, die angenommene Vorschrift nicht auf den Fall zu beschränken, wenn das Recht des Bethei363
Quellen zur Entstehung des ZVG ligten nicht in einer Hypothek oder Grundschuld bestehe, sondern auch auf den Fall auszudehnen, wenn dasselbe eine Hypothek oder Grundschuld sei (vergl. Unterantrag 1). Ausschlaggebend seien die Rücksichten der Billigkeit und praktischen Zweckmäßigkeit, welche dafür sprächen, einem Betheiligten, dessen Recht an dem Grundstücke nicht in einer Hypothek oder Grundschuld bestehe, die Möglichkeit zu gewähren, nach Maßgabe der beschlossenen Vorschrift sich den Fortbestand seines Rechtes auch ohne die Zustimmung eines im Range nachstehenden Betheiligten zu sichern. Der hervorgehobene juristische Gesichtspunkt komme daneben nur insofern in Betracht, als derselbe ergebe, daß durch die beschlossene Vorschrift dem Rechte des im Range nachstehenden Betheiligten nicht zu nahe getreten werde. Müßte der Betheiligte, dessen Recht nicht in einer Hypothek oder Grundschuld bestehe, in Ermangelung der Zustimmung eines im Range nachstehenden Betheiligten sich an Stelle seines erlöschenden Rechts mit einer Geldentschädigung begnügen, obwohl das Recht eines vorgehenden oder gleichstehenden Betheiligten durch den Fortbestand jenes Rechts nicht benachtheiligt werden würde, so würde derselbe in vielen Fällen einen empfindlichen Nachtheil erleiden. Eine Entschädigung in Geld entspreche nicht der Natur und dem Zwecke der hier in Betracht kommenden Rechte (Altentheil, Dienstbarkeit u.s.w.), dieselbe sei nur ein Nothbehelf für solche Fälle, in welchen ohne Benachtheiligung vorgehender oder gleichstehender Rechte das Recht selbst nicht fortbestehen könne. Dazu komme, daß die Festsetzung einer | Prot 1 13987 dem wahren Werthe des Rechts ent-1 sprechenden Geldentschädigung bei den Rechten der hier fraglichen Art, namentlich wenn dieselben mit dem Tode des Berechtigten erlöschen (Altentheil, persönliche Dienstbarkeiten), mit großen praktischen Schwierigkeiten verbunden und die Bestimmung des Maßes der Entschädigung mehr oder weniger von Zufälligkeiten abhängig sei. Ganz anders liege dagegen die Sache dann, wenn das durch die Versteigerung erlöschende Recht des Betheiligten eine Hypothek oder Grundschuld sei. In diesem Falle erhalte der Betheiligte durch die Baarzahlung im Wesentlichen das, was der Natur und dem Zwecke seines Rechts entspreche. Auf die seltenen Fälle, in welchen er an dem Fortbestehen seiner Hypothek oder Grundschuld an dem zu versteigernden Grundstücke ein besonders Interesse habe, brauche keine Rücksicht genommen zu werden. Wie die Erfahrung lehre und in den Motiven zu dem Entwürfe des Sachenrechts S. 2060 näher nachgewiesen sei, seien, wenn ein Grundstück zur Zwangsversteigerung gebracht werde, die dem betreibenden Gläubiger nachstehenden oder gleichstehenden Hypotheken und Grundschulden in der Regel nicht mehr genügend gesichert. Ein praktisches Bedürfniß, in Abweichung von dem überwiegend geltenden Rechte, den Grundsatz, daß die dem betreibenden Gläubiger nachstehenden oder gleichstehenden Hypotheken und Grundschulden fällig werden, sofern nicht sämmtliche Betheiligte, deren Rechte durch das Fortbestehen jener Rechte berührt werden, zustimmen, nach Maßgabe des Unterantrags 1 zu durchbrechen, könne daher nicht anerkannt werden, um so weniger, als, wenn bei Fortbestehen der betreffenden Hypotheken und Grundschulden ein höheres Gebot erzielt werden sollte, aus diesem Grunde die Zustimmung anderer Betheiligter nach den zum § 38 des Entwurfes ge| Prot 1 13988 faßten Be-1 Schlüssen (Prot. S. 13889) nicht erforderlich sei. Einvernehmen bestand, daß durch die beschlossene Vorschrift der Frage nicht vorgegriffen werden solle, ob es sich empfehle, bei den Vorschriften Uber das Versteigerungsverfahren nach dem Vorbilde des preuß. Gesetzes vom 13. Juli 1883 § 60 Abs. 1 zu bestimmen, daß in Fällen der hier in Rede stehenden Art der Richter auch ohne Antrag des Betheiligten von Amtswegen zugleich unter der Bestimmung des Fortbestehens des Rechts das Grundstück ausbieten solle. 364
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tet:
II. Die Berathung wandte sich sodann dem § 48 des Entwurfes zu. Derselbe lau-
„In dem Versteigerungstermine wird der Beginn des Versteigerungsgeschäftes ZVG-VE mittels Aufrufes bekannt gemacht. Sodann werden die das Grundstück betreffenden § 4 8 Nachweisungen zur Einsicht aufgelegt und jeder das Verfahren betreibende Gläubiger, der Betrag seines Anspruches, die Zeit der erwirkten Beschlagnahme, die angemeldeten Ansprüche und die besonderen Rechtsverhältnisse, welche für die Abgabe von Geboten von Erheblichkeit sind, bekannt gemacht. Hierauf wird über die festzustellenden Versteigerungsbedingungen, insbesondere über das geringste Gebot, für welches das Grundstück zugeschlagen werden darf, verhandelt. Für die Feststellung des geringsten Gebotes gelten die Vorschriften der §§ 49 bis 51, soweit nicht die Betheiligten in Gemäßheit des § 38 etwas Anderes bestimmen." D a z u lagen folgende Anträge vor: 1. den § 48 mit Einschluß des § 53 Satz 1, 2 durch folgende Vorschriften zu er- Kurlbaum (Nr 69) setzen: | Prot I 13989 | „ D e r Versteigerungstermin beginnt mit dem Aufrufe der Sache. In dem Termine sind zunächst die das Grundstück betreffenden Nachweisungen zur Einsicht auszulegen und jeder das Verfahren betreibende Gläubiger, dessen Anspruch sowie die Zeit der Beschlagnahme für denselben bekannt zu machen. Hierauf sind das geringste Gebot sowie die Bestimmungen über die Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers festzustellen und die im § 52 bezeichneten Anmeldungen bekannt zu machen. Die erfolgten Feststellungen sind zu verlesen. Nachdem dies geschehen, ist zur Abgabe von Geboten aufzufordern." 2. den § 48 Abs. 1 dahin zu fassen: Gebhard „Der Versteigerungstermin beginnt mit dem Aufrufe des Versteigerungsgeschäf- (Nr 67) tes. Die das Grundstück betreffenden Nachweisungen werden macht.
bekannt ge-
Nach Befolgung der im zweiten Absätze gegebenen Vorschriften wird über die Feststellung des geringsten Gebotes sowie der Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers verhandelt." (C.P.O. § 197 - Prot. S. 13889). Die durch den Antrag 1 hereingezogenen beiden Sätze des § 53 des Entwurfes lauten: „Die festgestellten Versteigerungsbedingungen werden verlesen und die angemeldeten Kündigungen mitgetheilt. Sodann wird zur Abgabe von Geboten aufgefordert." Gebhard Hierzu lag der Antrag vor, dieselben zu fassen:
| „Die Feststellung des geringsten Gebotes, die Feststellung der von den gesetzli- (Nr 67) | Prot I 13990 chen Vorschriften abweichenden Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers und die angemeldeten Kündigungen werden bekannt gemacht. Hierauf wird zur Abgabe von Geboten aufgefordert." Beschlossen wurde die Aufnahme folgender Vorschriften: Der Versteigerungstermin beginnt mit dem Aufrufe der Sache. In dem Termine sind zunächst die das Grundstück betreffenden Nachweisungen 365
Quellen zur Entstehung des ZVG
und die das Verfahren betreibenden Gläubiger, deren Ansprüche sowie die Zeit der f ü r einen jeden derselben bewirkten Beschlagnahme bekannt zu machen. Hierauf sind das geringste Gebot sowie die Bestimmungen über die Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers nach Anhörung der anwesenden Betheiligten festzustellen und die im § 52 bezeichneten Anmeldungen bekannt zu machen. Die erfolgten Feststellungen sind zu verlesen. Nachdem dies geschehen, ist zur Abgabe von Geboten aufzufordern. Die Annahme der Vorschriften erfolgte im Wesentlichen aus den Gründen der Motive S. 74ff., 81 ff. Der Abs. 2 des § 48 wurde durch die bisherigen Beschlüsse über die den Vorschriften über das geringste Gebot und die dem § 38 des Entwurfes zu gebende Stellung, S. 13936, als erledigt angesehen. Im Uebrigen war erwogen: Die von dem Antrage unter 1 vorgeschlagene Anordnung der einzelnen Vor| P r o t I 13991 Schriften unter H e r ü b e r n a h - | me des ersten und zweiten Satzes des § 53 in diesen Zusammenhang, verdiene Billigung, da auf diese Weise der Inhalt des § 48 einen allgemeinen Ueberblick über den Gang des Versteigerungsverfahrens gewähre. Auch im Einzelnen empfehle es sich, der Fassung des Antrags unter 1 mit den aus der beschlossenen Vorschrift sich ergebenden Modifikationen zu folgen. Da die das Grundstück betreffenden Nachweisungen nach den zum § 30 des Entwurfes gefaßten Beschlüssen (Prot. S. 13856) bereits vor dem Versteigerungstermine auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht ausgelegt seien, so erscheine es angemessen, hier die Bekanntmachung jener Nachweisungen in dem Termine zum Zwecke der Information der Anwesenden vorzuschreiben. Daneben mit dem Entwürfe die Bekanntmachung der besonderen Rechtsverhältnisse vorzuschreiben, welche für die Abgabe von Geboten von Erheblichkeit seien, sei entbehrlich, da dies von der Bekanntmachung der bezeichneten Nachweisungen mitumfaßt werde. Entbehrlich sei ferner eine besondere Bekanntmachung der angemeldeten Ansprüche, da diese bei der Feststellung des geringsten Gebots von selbst zur Sprache kämen. Die Fassung des Einganges des Abs. 3 entspreche der zum § 38 des Entwurfs beschlossenen Fassung. Angemessen sei es ferner, im Abs. 3 die Bekanntmachung der im § 52 bezeichneten Anmeldungen vorzuschreiben, da dieselben mit den Bestimmungen über die Rechte und Pflichten des Erstehers in engem Zusammenhange ständen. Abs. 3 des Antrages 1 bedürfe aber im Anschlüsse an den § 48 Abs. 1 Satz 3 insofern einer Ergänzung, als durch eine ausdrückliche Vorschrift klargestellt werden müsse, daß die Feststellung des geringsten Gebotes und der Bestimmungen über die Rechte und Verbind| Prot I 13992 lichkei- | ten des Erstehers nach Anhörung der anwesenden Betheiligten zu erfolgen habe. Welche Folgen die Verletzung der einzelnen beschlossenen Vorschriften nach sich ziehe, inwieweit dieselben als wesentliche oder nur als Ordnungsvorschriften anzusehen seien, werde sich aus den später zu beschließenden Vorschriften über die Versagung des Zuschlages und die Anfechtung des Zuschlagsunheils im Wege der Beschwerde (§§ 65 ff., §§ 75 ff. des Entw.) ergeben. Es bleibe vorbehalten, nach Berathung jener Vorschriften darauf zurückzukommen, ob und inwieweit mit Rücksicht auf dieselben den einzelnen Vorschriften des § 48 etwa eine andere Fassung zu geben sei, welche, entsprechend der sonst befolgten Methode, zum Ausdrucke bringe, inwieweit dieselben wesentlich oder nur Ordnungsvorschriften („soll") seien.
ZVG-VE § 49 Abs. 1
ne
III. Der § 49 Abs. 1 des Entwurfes (Abs. 2 hat bereits in der vorigen Sitzung seiErledigung gefunden, Prot. S. 13974ff.) lautet: „Das geringste Gebot ist von dem Richter, nöthigenfalls mit Hülfe eines Rech-
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
nungsverständigen, auf den Betrag festzustellen, welcher zur Deckung der nach dem § 42 zur Anrechnung gelangenden Hypotheken und Grundschulden, sowie der in dem § 43 bezeichneten Ansprüche erforderlich ist." Dazu lag der Antrag vor: den § 49 Abs. 1 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: „Zum Zwecke der Berücksichtigung bei der Feststellung des geringsten Gebotes Kurlbaum kann die nach dem § 51 erforderliche Anmeldung von | Rechten und Ansprüchen (Nr 69) schon vor dem Versteigerungstermine erfolgen. I P r o t 1 13993 Durch die Aufforderung zur Abgabe von Geboten wird die weitere Anmeldung und Glaubhaftmachung ausgeschlossen. Die berücksichtigten Rechte und Ansprüche sollen einzeln bezeichnet werden. Bei der Feststellung kann der Richter einen Rechnungsverständigen zuziehen." Beschlossen wurde die Aufnahme folgender Vorschriften: Bei der Feststellung des geringsten Gebotes kann der Richter einen Rechnungsverständigen zuziehen. Die nach den §§ 51, 52 erforderlichen Anmeldungen können schon vor dem Versteigerungstermine erfolgen. Durch die Aufforderung zur Abgabe von Geboten wird die weitere Anmeldung und Glaubhaftmachung ausgeschlossen. Die berücksichtigten Rechte und Ansprüche sind einzeln zu bezeichnen. Die Vorschrift des beschlossenen Abs. 1 fand keinen Widerspruch. Man war einverstanden, daß der § 49 Abs. 1 des Entwurfes, abgesehen von jener Vorschrift, in Folge der Beschlüsse zu den §§ 42, 43 und zu dem § 48 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfes (Prot. S. 13919, 13938 ff., 13990) als erledigt zu erachten sei. Die in Abs. 2 bis 4 gegebenen Vorschriften hielt man f ü r eine angemessene, das Verständniß des Gesetzes fördernde Ergänzung der Verfahrensvorschriften (vergl. zu Abs. 2 den § 100 des Entw. und zu Abs. 2, 3 den § 25 Nr. 4 das., Prot. S. 13834). Die Aufnahme des Abs. 4 sei namentlich mit Rücksicht darauf | zweckmäßig, daß |ProtI 13994 nach den gefaßten Beschlüssen, die bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigten Rechte bestehen bleiben. Ein im Laufe der Berathung gestellter Antrag, die Vorschriften des Abs. 1 und 2 hier auszuscheiden und hinter die zu den §§ 50, 51 beschlossenen Vorschriften (Prot. S. 13966 bis 13968) einzustellen, war mit Rücksicht darauf abgelehnt worden, daß jene Vorschriften und insbesondere auch die Vorschrift des Abs. 3, welche die Verwirklichung des im § 25 Nr. 4 des Entwurfes angedrohten Rechtsnachtheils enthalte, vorwiegend den Charakter von Verfahrensvorschriften hätten. Vorbehalten blieb, nach Berathung der §§ 65 ff. des Entwurfes darauf zurückzukommen, ob im Absatz 4 der angenommenen Vorschrift die Worte „sind einzeln zu bezeichnen" nach Maßgabe des Antrages Absatz 3 mit den Worten „sollen einzeln bezeichnet werden" zu vertauschen seien. IV. Da die §§ 50, 51 bereits in der vorigen Sitzung erledigt sind, so ging man zur Berathung des § 52 des Entwurfes über. Der Wortlaut des § 52 geht dahin: „Die Kündigung einer in dem § 42, Abs. 1, 2 zur Anrechnung bestimmten Hypo- ZVG-VE thek oder Grundschuld wirkt gegen den Ersteher nur dann, wenn sie spätestens in § 52 dem Termine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten seitens des Gläubigers angemeldet worden ist." 367
Quellen zur Entstehung des ZVG
Kurlbaum (Nr 69) | Prot 1 13995
v. Mandry (Nr 68, 2)
| Prot 1 13996
Dazu waren folgende Anträge gestellt: 1. den § 52 unter Einstellung in den vorigen Abschnitt durch folgende Vorschriften zu ersetzen: »Die Kündigung einer nach der Vorschrift des § . . . (Beschluß zu § 41 Abs. 1) bestehen bleibenden Hypo-|thek oder Grundschuld ist gegenüber dem Ersteher n u r dann wirksam, wenn sie bei dem Vollstreckungsgerichte spätestens in dem Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet ist. Eine nach diesem Zeitpunkte vor dem Zuschlage erfolgte Kündigung ist gegenüber dem Ersteher unwirksam 1 . Das Gleiche gilt in Ansehung eines für den Anspruch aus einer Reallast, Hypothek oder Grundschuld erlangten vollstreckbaren Schuldtitels und der Rechtshängigkeit eines solchen Anspruches." 2. a) in erster Linie die Bestimmung hier zu streichen; dagegen in den § . . . (Beschluß zu § 25, S. 13833ff.) einzufügen: „4 a) die Aufforderung an diejenigen, welchen eine Hypothek oder Grundschuld an dem Grundstücke zusteht, eine erfolgte Kündigung spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden, widrigenfalls die Kündigung, wenn die Hypothek oder Grundschuld bestehen bleibt, gegenüber dem Ersteher nicht wirksam sei;" b) eventuell die Bestimmung zu fassen: „Die Kündigung einer Hypothek oder Grundschuld, welche nach Vorschrift des § 41 Abs. 1 bestehen bleibt, ist gegen den Ersteher nur dann wirksam, wenn sie . . . angemeldet wird." und solche in den Abschnitt über die Versteigerungsbedingungen einzustellen. 3. hinter dem ersten Absätze des Antrags unter 1 folgende Vorschrift einzuschalten: „Ist in Folge eines anderen Umstandes die Fälligkeit eingetreten, so findet die Vorschrift | des ersten Absatzes Satz 1 entsprechende Anwendung." 4. den § 52 ohne Ersatz zu streichen. Im Laufe der Berathung wurde der prinzipale Antrag unter 2 a von dem Antragsteller zurückgezogen. Ferner erklärte der Urheber des Antrags unter 1, daß er den zweiten Absatz seines Antrags, soweit derselbe auch den Anspruch aus einer Reallast hereinziehe, fallen lasse. Das Ergebniß der Berathung war die Ablehnung des Antrags unter 4 und die Annahme der Anträge unter 1 und 3, des Antrags unter 1 mit der Modifikation, daß im Absatz 2 das Wort „Reallast" nebst dem dahinter befindlichen Komma weggelassen und statt des Wortes „Schuldtitels" das Wort „Titels" gesetzt werden soll. Der Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob es nicht den Vorzug verdiene, die nach Maßgabe des Antrages unter 3 angenommene Vorschrift als zweiten Satz in die Vorschrift des Antrags unter 1 Abs. 1 einzustellen und den zweiten Absatz dieses Antrags alsdann mit den Worten einzuleiten: Die Vorschriften des Absatz 1 Satz 1, 3 finden entsprechende Anwendung u.s.w. Die angenommenen Vorschriften sollen in den Abschnitt über die Versteigerungsbedingungen hinter den Beschlüssen zu § 51 eingestellt werden.
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Abs. 1 Satz 2 fehlt im metallographierten Antrag.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Erwogen war: Es lasse sich nicht verkennen, daß durch die Vorschrift des § 52 in positiver Weise in die Gläubigerrechte eingegriffen werde. Allein die billige Rücksicht auf das Interesse des Erstehers sei als überwiegend zu erachten. In Ermangelung einer Anmeldung der, sei es von dem Gläubiger, sei es von dem Eigenthümer oder dem persönlichen Schuldner nach Maßgabe des § 10791 des Entwurfes des Bürgerlichen Ge- | Prot 1 13997 setzbuches, erfolgten Kündigung dürfe der Ersteher darauf rechnen, daß der Kapitalbetrag der auf das Gebot angerechneten Hypotheken und Grundschulden von ihm zunächst nicht bezahlt zu werden brauche. In dieser Erwartung dürfe derselbe nicht getäuscht werden. Den § 52 des Entwurfes ohne Ersatz zu streichen, sei um so bedenklicher, als derselbe mit dem in Preußen, Bayern und Sachsen geltenden Rechte im Einklänge stehe. Durch den in dem Antrage 1 Absatz 1 Satz 2 vorgeschlagenen Zusatz werde die Vorschrift des § 52 in angemessener Weise dahin verdeutlicht, daß eine nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten vor dem Zuschlage erfolgte Kündigung gegenüber dem Ersteher überhaupt unwirksam sei. Auch darin sei jenem Antrage beizutreten, daß die in dem § 52 des Entwurfes sich findenden Worte „seitens des Gläubigers" wegzulassen seien. Von wem die Anmeldung erfolge, sei gleichgültig. Nur darauf komme es an, daß die Kündigung angemeldet sei. Eine Gewißheit darüber, ob die angemeldete Kündigung in Wirklichkeit erfolgt sei, könne dem Ersteher im Versteigerungstermine nicht verschafft werden. Eine solche Gewißheit erlange derselbe auch dadurch nicht, daß die Anmeldung von dem Gläubiger ausgehe. Halte man es im Interesse des Erstehers für angemessen, die Wirksamkeit einer nicht angemeldeten Kündigung gegenüber demselben auszuschließen, so sei es aus den gleichen Gründen angezeigt, den Ersteher gegen Täuschung in seinen Erwartungen auch dann zu schützen, wenn die Fälligkeit der auf das Gebot angerechneten Post in Folge eines anderen Umstandes eingetreten und nicht spätestens im Versteigerungstermine vor der Auffor-1 derung zur Abgabe | Prot 1 13998 von Geboten angemeldet sei (vgl. § 20 Abs. 2 des sächs. Ges. v. 15. Aug. 1884). Von praktischer Bedeutung sei diese Ausdehnung namentlich im Hinblick auf die häufig vorkommenden sog. Fälligkeitsklauseln, insbesondere auf die Klausel, daß, wenn die fällig gewordenen Zinsen nicht innerhalb einer bestimmten Frist bezahlt würden, das Kapital fällig werden solle. Ohne die von dem Antrage unter 3 vorgeschlagene Ausdehnung würde deshalb der Zweck, welchen der § 52 des Entw. anstrebe, nur in unvollkommener Weise erreicht werden. Andererseits dürfe man mit Rücksicht auf das Interesse der Gläubiger nicht so weit gehen, daß auf diejenigen Fälle, in welchen die Fälligkeit in Folge eines anderen Umstandes eingetreten sei, auch die Vorschrift des Antrages unter 1 Abs. 1 Satz 2 für entsprechend anwendbar erklärt werde. Durch eine solche Ausdehnung würde in die Rechte des Gläubigers zu tief eingegriffen werden. In Ansehung der Kündigung sei die Sachlage insofern eine andere, als der Zeitraum zwischen dem Versteigerungstermine und dem Zuschlage in der Regel nur von kurzer Dauer sei und der Gläubiger durch eine nach dem Zuschlage erfolgende Kündigung gegenüber dem Ersteher die Fälligkeit herbeizuführen in der Hand habe. Anlangend den zweiten Absatz des Antrages unter 1, so stelle derselbe sich als eine Modifikation der Prot. S. 13804 beschlossenen Vorschrift dar. Soweit nach dieser Vorschrift ein für den Anspruch aus einer Hypothek oder Grundschuld erlangter vollstreckbarer Titel sowie die Rechtshängigkeit eines solchen Anspruches gegen den Ersteher wirken würde, solle diese Wirkung nach dem Vorschlage des Antrages davon abhängig gemacht werden, daß die Erlangung des vollstreckbaren Titels und | die Rechtshängigkeit des Anspruches nach Maßgabe des Abs. 1 Satz 1 |ProtI 13999 369
Quellen zur Entstehung des 2VG des Antrages angemeldet sei, bezw. solle jene Wirkung ausgeschlossen sein, wenn nach dem im Abs. 1 bezeichneten Zeitpunkte vor dem Zuschlage der vollstreckbare Titel erlangt oder die Rechtshängigkeit eingetreten sei. Es sei anzuerkennen, daß die uneingeschränkte Anwendung der Prot. S. 13804 mitgetheilten Vorschrift, auf den hier in Rede stehenden Fall, hingesehen, namentlich auf die mit jener Vorschrift im Zusammenhange stehende Vorschrift des § 237 der Civilprozeßordnung, zu einem der Sachlage wenig entsprechenden und mit dem Interesse und der sonstigen Rechtsstellung des Erstehers (vergl. § 25 Nr. 5 des Entw.) nicht im Einklänge stehenden Resultate führen würde. Von besonderer Wichtigkeit sei die beschlossene Modifikation für den Fall der Rechtshängigkeit des Anspruches. Für den anderen Fall, wenn der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel erlangt habe, trete allerdings die praktische Bedeutung nicht so in den Vordergrund, da, wenn der Gläubiger seine Befriedigung aus dem Grundstücke überhaupt zu suchen bezwecke, derselbe dem Versteigerungsverfahren sich anschließen könne und werde. Indessen könne die Vorschrift doch auch für den zuletzt erwähnten Fall praktisch werden, wenn der Beitritt nicht mehr mit voller Wirkung erfolgen könne (§ 49 Abs. 2 des Entw.) oder der vollstreckbare Titel in der Zwischenzeit zwischen dem Versteigerungstermine und dem Zuschlage erlangt sei. Neben dem Ansprüche aus einer Hypothek oder Grundschuld im Anschlüsse an die Prot. S. 13804 mitgetheilte Vorschrift auch den Anspruch aus einer Reallast zu |ProtI 14000 berücksichtigen, sei durch ein praktisches Bedürfniß nicht | geboten, da bei einer Reallast es sich regelmäßig nur um einzelne rückständige Leistungen handele und diese nach Maßgabe der Vorrechtsordnung aus dem Versteigerungserlöse befriedigt würden, soweit aber hiernach eine Befriedigung nicht erfolge, der Ersteher nicht für dieselben hafte (vergl. Beschluß zu § 41 des Entw., Prot. S. 13934 und § 1056 des Entw. des B.G.B.). Die Vertauschung des Ausdrucks „Schuldtitels" im Abs. 2 des Antrages unter 1 mit dem Ausdrucke „Titels" entspreche einem von der Kommission früher gefaßten generellen Beschlüsse (Prot. S. 6688). Die Einstellung der beschlossenen Vorschriften in den Abschnitt über die Veräußerungsbedingungen ergebe sich aus der materiellen, die Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers betreffenden Natur jener Vorschriften. V. Der § 53 des Entwurfes lautet: ZVG-VE „Die festgestellten Versteigerungsbedingungen werden verlesen und die ange§ 53 meldeten Kündigungen mitgetheilt. Sodann wird zur Abgabe von Geboten aufgefordert. Die Aufforderung darf erst erfolgen, wenn seit Beginn des Termines mindestens eine Stunde verflossen ist und der Richter auf den zu erwartenden Ausschluß der noch nicht geltend gemachten Ansprüche ausdrücklich aufmerksam gemacht hat."
Kurlbaum (Nr 69) | Prot I 14001 Gebhard (Nr 67)
Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. den § 53 zu fassen: „Die Aufforderung zur Abgabe von Geboten darf erst erfolgen, wenn der Richter, nachdem seit Beginn des Termines mindestens eine Stunde verstrichen ist, auf die nach dem § 49 Abs. 3 | (Beschluß zu § 49, oben S. 13993) eintretende Ausschließung aufmerksam gemacht hat." 2. an Stelle des § 53 zu beschließen: „Die Feststellung des geringsten Gebotes, die Feststellung der von den gesetzli370
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) chen Vorschriften abweichenden Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers und die angemeldeten Kündigungen werden bekannt gemacht. Hierauf wird zur Abgabe von Geboten aufgefordert. Diese Aufforderung darf erst erfolgen, nachdem seit dem Beginne des Termines (§ 48 Abs. 1) eine Stunde verstrichen u.s.w." Satz 1 und 2 des § 53 sowie die beiden ersten Sätze des Antrages unter 2 haben bereits durch die Beschlüsse zu § 49, oben S. 13993, ihre Erledigung gefunden. Satz 3 des § 53 wurde in folgender Fassung genehmigt: Die Aufforderung zur Abgabe von Geboten darf erst erfolgen, wenn der Richter auf die nach dem § (Beschluß zu § 49 Abs. 1, Prot. S. 13993) eintretende Ausschließung aufmerksam gemacht hat und darauf eine Erklärung nicht erfolgt ist. Man war der Ansicht: Ein praktisches Bedürfniß, die Aufforderung zur Abgabe von Geboten erst nach Ablauf einer Stunde seit dem Beginne des Termines zu gestatten, die Ausschließung weiterer Anmeldungen mithin so weit hinauszuschieben, liege nicht vor. Das Interesse der Betheiligten sei in ausreichender Weise geschützt, wenn der Eintritt der Ausschließung erst erfolge, nachdem der Richter darauf aufmerksam gemacht habe und darauf eine Erklärung nicht erfolgt sei. Dazu komme, daß die Anmeldungen auch vor dem Versteigerungstermine erfolgen könnten. Regel- | mäßig werde ferner durch die vor dem Beginne der Versteigerung nach dem | Prot 14002 § 48 zu erledigenden Geschäfte einige Zeit in Anspruch genommen. Werde aber durch diese Geschäfte eine volle Stunde nicht ausgefüllt, so bringe die Vorschrift, daß seit dem Beginne des Termines eine Stunde verstrichen sein müsse, um mit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten beginnen zu können, eine unnütze Zeitvergeudung mit sich; deshalb habe die in dem preuß. Gesetze § 61 enthaltene Bestimmung bereits zu Klagen der Gerichte Anlaß gegeben.
830. Sitzung vom 23. 11. 1888, Schriftführer! Ege | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrek- |ProtI 14003 kung in das unbewegliche Vermögen wurde fortgesetzt. I. Zunächst stand der Antrag zur Berathung: vor § 53 einzuschalten: „Die Bestimmung, daß ein nach dem § 41 erlöschendes Recht, welches nicht eine Kurlbaum Hypothek oder Grundschuld ist, bestehen bleibe, ist von Amtswegen aufzustellen, (Nr 74,1) wenn durch dieselbe ein jenem Rechte vorgehendes oder gleichstehendes Recht nicht benachtheiligt wird. Ist ungewiß, ob ein Recht benachtheiligt wird, so ist das Grundstück auch unter der bezeichneten Bestimmung auszubieten." Die Kommission lehnte den Antrag aus folgenden Gründen ab. Derselbe beruhe, wie die ähnliche Vorschrift | des preußischen Gesetzes § 60, auf der Erwägung, daß | Prot 1 14004 es im Interesse der leichten Geschäftsabwickelung, namentlich im Vertheilungsverfahren, gelegen sei, wenn solche Rechte, welche in N a t u r erhalten werden können, wirklich erhalten werden, indem hierdurch die anderenfalls nöthige, vielleicht schwierige und weitläufige Liquidation der Geldabfindung abgeschnitten werde, insbesondere aber, daß die vorgeschlagene amtliche Fürsorge durch das Interesse des Bauernstandes, dessen Altersversorgung durch Altentheil hauptsächlich in Frage stehe, erfordert werde. Dem Antrage könne jedoch nicht beigetreten werden, weil durch eine demselben entsprechende Bestimmung die zum § 41 des Entwurfes, Prot. 371
Quellen zur Entstehung des ZVG
S. 13933 bis 13935, in Ansehung des Erlöschens der Rechte aufgestellte Regel nahezu umgekehrt würde, namentlich aber, weil das Bedürfniß einer derartigen amtlichen Fürsorge für gewisse Interessenkreise, welche zudem das Vollstreckungsgericht unter Umständen mit einer gewissen Verantwortlichkeit zu belasten drohe, nicht anzuerkennen sei. Es genüge die in der letzten Sitzung, Prot. S. 13983ff., beschlossene Bestimmung, daß ein Betheiligter, dessen nicht in einer Hypothek oder Grundschuld bestehendes Recht an dem Grundstücke nach jener Regel erlöschen würde, die Versteigerung des Grundstückes unter der Bedingung des Fortbestehens seines Rechtes zu verlangen berechtigt sei, falls nur durch die Bedingung das Recht eines vorgehenden oder gleichstehenden Betheiligten nicht benachtheiligt werde. II. Beantragt war ferner: Planck an geeigneter Stelle entweder vor § 54 oder vor § 59 folgende Bestimmungen (Nr73, 1) aufzunehmen: § a. „Ein Gebot ist (von dem Vollstreckungsgerichte) zurückzuweisen, wenn der | Prot 1 14005 Bieter nach den Vor- | Schriften des bürgerlichen Rechts durch das Gebot nicht verpflichtet wird oder er das Grundstück nicht erwerben kann." § b. „Ein Gebot ist zurückzuweisen, wenn dasselbe das festgestellte geringste Gebot nicht erreicht." Der Antrag zum § a wurde abgelehnt, worauf der Antrag zum § b zurückgezogen wurde. Erwogen war zu dem Antrage § a: Der Entwurf (vergl. § 62, § 66 Nr. 4, §§ 76, 77, Motive zum § 65 S. 96ff.) gehe davon aus, daß das Vollstreckungsgericht unter gewissen Umständen befugt wie verpflichtet sei, ein Gebot im Versteigerungstermine mit der Wirkung zurückzuweisen, daß dasselbe als nicht abgegeben anzusehen, insbesondere bei dem Weiterbieten nicht zu berücksichtigen sei, unbeschadet des Widerspruches gegen die Ertheilung des Zuschlages und der Beschwerde gegen den Zuschlag. Auf demselben Standpunkte stehe der Antrag. Der Antragsteller halte aber eine Verfahrensvorschrift für angezeigt, durch welche außer Zweifel gestellt werde, daß in den fraglichen Fällen das Vollstreckungsgericht das Gebot im Termine zurückzuweisen habe. In Betracht kämen zunächst die in dem Antrage bezeichneten Fälle, in welchen der Bieter nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes durch sein Gebot nicht beziehungsweise nicht sofort verpflichtet werde, z. B. weil der Bieter geschäftsunfähig oder weil er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sei und ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters biete (Entw. des B.G.B. §§64 ff. 1 ), oder wenn der Vormund ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes für den Mündel biete (Entw. des B.G.B. §§ 1674, 16812). Daß das Vollstreckungsgericht, wenn ein solcher Man| Prot 1 14006 gel auf Seiten des Bieters vorliege, dem Gebote | desselben in dem angegebenen Sinne die Zulassung zu versagen beziehungsweise das Gebot zurückzuweisen habe, könne im Hinblick auf die maßgebenden allgemeinen Grundsätze, welche auch für das Vollstreckungsverfahren gelten, und auf den Zweck des Versteigerungstermines nicht bezweifelt werden. Das preußische Gesetz beruhe auf derselben Auffassung, ohne daß eine besondere Vorschrift in der angegebenen Richtung für erforderlich erachtet worden sei (vergl. §§ 66, 69, § 75 Nr. 2, § 78 Abs. 2 des preuß. Ges.). Ein Zweifel an jener Befugniß und Pflicht des Vollstreckungsgerichtes sei in Preußen 1 Vgl. 104, 105 BGB. Vgl. SS 1821 f., 1828 ff. BGB.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
noch nie hervorgetreten. Desgleichen beruhten auch die übrigen Deutschen Zwangsvollstreckungsgesetze stillschweigend auf dem gleichen Standpunkte. Dasselbe könne wohl von den meisten Notariatsgesetzen gesagt werden. Die Aufnahme der beantragten Vorschrift sei f ü r die bezeichneten Fälle hiernach wegen der Selbstverständlichkeit entbehrlich. Sie würde sogar nicht ganz unbedenklich sein, insofern in der Vorschrift mißverständlich eine Hinweisung auf die allgemeinen Grundsätze über die Offerte gefunden werden könnte. Im Wesentlichen das Gleiche gelte auch f ü r die in dem Antrage § a weiter bezeichneten Fälle, in welchen nach den Vorschriften des bestehenden bürgerlichen Rechtes, insbesondere eines nach Maßgabe des Einführungsgesetzes neben dem B.G.B, bestehen bleibenden Landesgesetzes, der Bieter das Grundstück nicht erwerben könne. Der Antragsteller bezwecke weiter, im Gegensatze zur Sprachweise des Entwurfes („zulassen", „nicht zulassen", vergl. §§ 58, 59) zum Ausdruck zu bringen, daß der Richter geeignetenfalls ein Gebot durch eine besondere Entscheidung zurückzuweisen habe, und insbesondere klarzustellen, daß das im Termine nicht zurückgewiesene Gebot, vorbehaltlich des Widerspruches beziehungsweise der Beschwerde | (Entw. 66, 76, 77) als Grundlage des Weiterbietens gelte, beziehungsweise, |ProtI 14007 daß es in diesem Sinne gelte, bis es positiv im Termine vom Richter zurückgewiesen werde. Die Frage, ob die beantragte Sprachweise vorzuziehen, sei je für die betreffenden Fälle (z. B. §§ 54, 58, 59) zu entscheiden. In dieser Richtung komme übrigens hinsichtlich des in dem zurückgezogenen Antrage zum § b bezeichneten Falles in Betracht, daß ein Gebot, welches den festgestellten Bedingungen sich nicht anschließe, überhaupt als unzulässig erscheine (preuß. Gesetz § 61), ohne Rücksicht darauf, ob es zurückgewiesen worden oder nicht, sofern ein solches Gebot nicht als auf das unter jenen Bedingungen ergehende Ausgebot erfolgt angesehen werden könne. III. Der § 54 des Entwurfes lautet: „Ein Gebot auf das Grundstück gilt als abgelehnt, wenn nicht für seine Erfül- ZVG-VE lung auf Verlangen eines Betheiligten, dessen Recht durch die Nichterfüllung be- § 54 nachtheiligt werden würde, sofort nach Maßgabe der §§ 55 bis 57 Sicherheit geleistet wird. Gebote des Reiches, der Reichsbank, eines Bundesstaates, der Gemeinde oder eines anderen Kommunalverbandes (der Provinz, des Kreises, des Amtes pp), in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist, sowie der in dem Bundesstaate zugelassenen öffentlichen Kreditanstalten und Sparkassen unterliegen nicht der Vorschrift des ersten Absatzes." Beantragt war: 1. den § 54 dahin zu fassen: „Ein Gebot ist zurückzuweisen, wenn nicht f ü r seine Erfüllung . . . (wie im Planck (Nr 73, 2) Entw.)." | Prot I 14008 12. a) Abs. 1 „Ein abgegebenes Gebot darf nicht zugelassen werden, wenn ein Betheiligter, Kurlbaum dessen Recht durch Nichterfüllung des Gebotes benachtheiligt werden würde, die (Nr 74, 2) Leistung einer Sicherheit für das Gebot verlangt und die Sicherheit nicht sofort geleistet wird. Bei der Beurtheilung, ob das Recht des Betheiligten benachtheiligt werden würde, sind die aus dem Versteigerungserlöse zu zahlenden Beträge von Kosten und wiederkehrenden Leistungen nicht zu berücksichtigen."
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Quellen zur Entstehung des ZVG
b) Abs. 2 unter Streichung der Worte „sowie . . . Sparkassen" am Schlüsse zuzusetzen: „Das Gleiche kann durch Landesgesetze für die Gebote gewisser Kreditanstalten und Sparkassen bestimmt werden." 3. zu Abs. 3 zu bestimmen: Gebhard „Die Vorschrift des ersten Absatzes findet auf ein nach dem Beschlüsse vom (Nr 70) 12. November 1888 in Terminen zahlbares Gebot keine Anwendung. Sie findet ferner keine Anwendung auf ein Gebot des Fiskus (eventl. auf ein Gebot des Reiches, eines Bundesstaates) und der Reichsbank. Das Gleiche kann durch Landesgesetz bestimmt werden für Gebote der zu dem Bundesstaate gehörenden Gemeinden und anderen Kommunalverbände (Provinzial-, Kreis-, Amtsverbände) sowie für Gebote der in dem Bundesstaate bestehenden öffentlichen und obrigkeitlich bestätigten Sparkassen und öffentlichen Kreditanstalten." | Prot 1 14009 I (NB. Im Falle des Beschlusses Prot. S. 13924, 13925 wird die Sicherung der Erfüllung des Gebotes durch die Sicherung der dem Uebernehmer der Termine obliegenden Zahlungsverbindlichkeit ersetzt. Zu „des Fiskus" vergl. Einf.Ges. zur C.P.O. § 15 Abs. 1 Nr. 4. Zu „öffentlichen und obrigkeitlich bestätigten Sparkassen" B.G.B. § 16643. Zu „öffentliche Kreditanstalten" Einf.Ges. Art. 754). Beschlossen wurde, zu bestimmen: Ein Gebot ist zurückzuweisen, wenn ein Betheiligter, dessen Recht durch Nichterfüllung des Gebotes benachtheiligt werden würde, vor oder nach Abgabe des Gebotes die Leistung einer Sicherheit für dasselbe verlangt hat und die Sicherheit nicht sofort geleistet wird. Bei der Beurtheilung, ob der Betheiligte die Befriedigung eines bei der Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigten Anspruches aus dem Gebote zu erwerben habe, sind die im § 92 Nr. 1 bis 5 des Entwurfes bezeichneten Ansprüche sowie die Ansprüche wegen Kosten und wegen rückständiger oder laufender wiederkehrender Leistungen nicht zu berücksichtigen. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden auf ein nach dem Beschlüsse Prot. S. 13924, 13925 in Terminen zahlbares Gebot keine Anwendung. Sie finden ferner keine Anwendung auf ein Gebot des Reiches, der Reichsbank oder eines Bundesstaates. Das Gleiche kann durch Landesgesetz bestimmt werden für Gebote von Gemeinden und anderen Kommunalverbänden (Provinzial-, Kreis-, Amtsverbände) | Prot 114010 sowie für Gebote gewisser Kreditan- | stalten und Sparkassen. Erwogen war: Zu Abs. 1 des Entw.: Der Vorschlag des Entwurfes, daß nach dem Vorgange des preußischen Gesetzes $ 62 sowie des bayerischen Gesetzes vom 29. Mai 1886 Art. 17 die Zulassung eines Gebotes auf Verlangen eines Betheiligten, dessen Recht durch die Nichterfüllung des Gebotes benachtheiligt werden würde, von der sofortigen Leistung einer Sicherheit abhängig zu machen sei, müsse gebilligt werden (vergl. Motive zum § 54 S. 82 ff., Motive des Sachenrechtsentw. S. 2081 ff.). Es dürfe jedoch nicht mit dem Entwürfe gesagt werden, ein Gebot gelte als abgelehnt, wenn die Sicherheit nicht geleistet werde, weil diese Ausdrucksweise darauf hinzuweisen scheine, daß ein Gebot in dem unterstellten Falle kraft des Gesetzes als abge3 Vgl. §§ 1642, 1607 f. BGB. • Vgl. Art. 118 EGBGB.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
lehnt anzusehen sei. Vielmehr sei im vorliegenden Falle eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes erforderlich, welches ohnedies darüber zu befinden habe, ob das Verlangen des Betheiligten nach der im Abs. 1 aufgestellten Voraussetzung berechtigt sei und ob die Sicherheit in ausreichender Weise geleistet werde (§§ 56, 57). Dies werde im Anschlüsse an den Antrag Nr. 1 sowie an die Vorschrift des §1173 Abs. 3 des Entw. des B.G.B, sachgemäß dahin ausgedrückt, das Gebot sei zurückzuweisen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorhanden seien. Diese Voraussetzungen - das berechtigte Verlangen der Sicherheitsleistung und die Nichtleistung derselben — müßten aber, entsprechend dem Antrage Nr. 2, neben einander aufgeführt werden. Entbehrlich sei die im Entwürfe enthaltene Verweisung auf die §§ 55 bis 57. Zugleich sei, entgegen dem in den Motiven S. 85 dargelegten Standpunkte des Entwurfes, klarzustellen, daß das Verlangen der Sicherheitsleistung auch vor | der Abgabe des Gebotes zulässig sei. Es bestehe kein Grund, das |ProtI 14011 vorherige Verlangen auszuschließen. Dies sei auch der Sinn des preußischen Gesetzes. Gegenüber dem Standpunkte des Entwurfes, welcher die Entscheidung der Frage, ob das Recht des die Sicherheit verlangenden Betheiligten durch die Nichterfüllung des Gebotes benachtheiligt werden würde, in jedem einzelnen Falle dem Richter überlassen wolle, ohne demselben beziehungsweise dem Betheiligten durch eine diese Entscheidung erleichternde Bestimmung zu Hülfe zu kommen, verdiene es den Vorzug, mit dem Antrage Nr. 2 und nach dem Vorgange des preußischen Gesetzes § 62 Abs. 1 Satz 2 und des angeführten bayerischen Gesetzes Art. 17 Satz 2 eine solche Bestimmung zu Gunsten des Betheiligten zu treffen. Es handele sich um eine Entscheidung, welche in dem Versteigerungstermine überhaupt noch nicht mit Sicherheit, sondern nur auf Grund einer summarischen P r ü f u n g getroffen werden könne, andererseits schnell solle getroffen werden können. Demgemäß bestimme das preußische Gesetz, daß bei der für jene Entscheidung maßgebenden Prüfung, ob die Forderung des Betheiligten bei dem beanstandeten Gebote zur Hebung kommen würde, vorgehende Forderungen nur nach dem Kapitalbetrage zu berechnen seien (vergl. auch das bayr. Gesetz aaO). In der T h a t werde, wenn man die etwa aus dem Versteigerungserlöse zu zahlenden Beträge an Kosten, Zinsen und wiederkehrenden Leistungen außer Betracht lasse, die Beantwortung der Frage, ob der Betheiligte aus einem dem Gebote entsprechenden Erlöse befriedigt werden könne, wesentlich erleichtert. Dies genüge jedoch noch nicht. Es müsse | vielmehr die weiter- | Prot 114012 tragende Bestimmung getroffen werden, daß die sämmtlichen im Entwürfe des § 92, Nr. 1 bis 5, § 94 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Ansprüche von der Berücksichtigung ausgeschlossen werden. Diese Ausdehnung der Bestimmung rechtfertige sich jedenfalls durch den Zweck der letzteren. Nicht besonders hervorzuheben sei, daß der Betheiligte schon dann zu dem Verlangen der Sicherheitsleistung berechtigt sei, wenn nach der anzustellenden Prüfung auch nur eine theilweise Befriedigung des Betheiligten zu erwarten sei. Zu Abs. 2. Der im ersten Satze des Antrages Nr. 3 vorgeschlagenen Bestimmung müsse in Konsequenz des Prot. S. 13924 ff. gefaßten Beschlusses zugestimmt werden. Hiernach dürfe, wenn ein Betheiligter die Bestimmung verlange, daß der baar zu zahlende Theil des Meistgebotes in gewissen Terminen zu zahlen sei, der Zuschlag für ein unter dieser Bestimmung abgegebenes Gebot nur ertheilt werden, wenn vor dem Schlüsse der Versteigerung ein Dritter sich verpflichte, den Betrag ohne Abzug oder mit einem bestimmten Abzüge gegen Abtretung der gegen den Ersteher begründeten Forderung baar zu zahlen und für die Erfüllung dieser Verbindlichkeit Sicherheit leiste. Allerdings handele es sich in den §§ 54 ff. um die von 375
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dem Bieter zu leistende Sicherheit als Voraussetzung der Zulassung seines Gebotes. Allein ohne ernstliche Gefährdung der Erreichung des Zweckes der Bestimmung über die Terminzahlung dürfe für den Fall der Versteigerung unter einer solchen Bestimmung diese Sicherheit nicht dem Bieter angesonnen werden. Das Interesse | Prot 114013 der Betheiligten sei genügend | gewahrt durch die von dem dritten Uebernehmer sogar für den ganzen zu zahlenden Betrag vor dem Schlüsse der Versteigerung geleistete Sicherheit. Da in dem unterstellten Falle das Grundstück sowohl mit der Bestimmung der Terminzahlung als ohne dieselbe auszubieten sei, so fänden auch in Ansehung der Sicherheitsleistung zwei verschiedene Ausgebote statt, das eine unter der Bestimmung der Terminzahlung, wobei nur der dritte Uebernehmer nach Maßgabe des Beschlusses Prot. S. 13924, 13925 Sicherheit zu leisten habe, das andere unter der Bestimmung der Baarzahlung, wobei auf Verlangen eines Betheiligten die Zulassung eines Gebotes gemäß § 54 von der sofortigen Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden könne. Im Uebrigen könnten durch eine reichsgesetzliche Vorschrift von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung nach Maßgabe des ersten Absatzes des § 54 nur ausgenommen werden Gebote des Reiches, der Reichsbank oder eines Bundesstaates (vergl. preuß. Gesetz § 62, Abs. 4, Motive des Entwurfes S. 84). In Ansehung der Gemeinden und anderen Kommunalverbände sei die entsprechende Ausnahme nicht leicht ohne eine Beschränkung zu bestimmen. Der vom Entwürfe vorgeschlagenen Beschränkung auf solche Gemeinden und Kommunalverbände, in deren Bezirke das Grundstück gelegen sei, fehle es an einer genügenden Grundlage. Vorzuziehen sei, mit dem Antrage Nr. 3 die Bestimmung für Gebote der Gemeinden und anderen Kommunalverbände der Landesgesetzgebung zu überlassen; es bestehe aber kein Grund, die Befugniß der Landesgesetzgebung zur Bestimmung der Aus| Prot 114014 nähme auf die zu dem Bundesstaate gehörenden Ver-1 bände zu beschränken. Endlich müsse mit den Anträgen Nr. 2 und 3 die Bestimmung der Ausnahme in Ansehung der Kreditanstalten und Sparkassen gleichfalls der Landesgesetzgebung überlassen werden. Hierbei habe man jedoch von der in dem Antrage Nr. 3 vorgeschlagenen Beschränkung auf öffentliche und obrigkeitlich bestätigte Sparkassen beziehungsweise auf öffentliche Kreditanstalten abzusehen, weil, wenn man die Bestimmung der Ausnahme einmal der Landesgesetzgebung überlasse, dieser auch die Auswahl und Bezeichnung der Kreditanstalten und Sparkassen überlassen werden müsse, abgesehen davon, daß die Frage, ob eine Kreditanstalt oder Sparkasse als eine öffentliche zu betrachten sei, häufig schwer zu entscheiden sein werde. Kein Grund bestehe ferner für eine Beschränkung der Landesgesetzgebung auf die in dem Bundesstaate bestehenden Kreditanstalten und Sparkassen. Auch hierüber müsse der Landesgesetzgebung die freie Bestimmung eingeräumt werden, zumal solche Anstalten oft dazu bestimmt und eingerichtet seien, über die Grenzen des Bundesstaates, in welchem sie bestehen, hinaus auch in benachbarten Staaten ihrem Zwecke gemäß benützt zu werden und zu wirken. IV. Der § 55 des Entw. lautet: ZVG-VE „Das Verlangen der Sicherheitsleistung für ein Gebot gilt auch für weitere Ge§55 bote desselben Bieters.
Die Sicherheitsleistung kann auch dann verlangt werden, wenn frühere Gebote des Bieters ohne Sicherheitsleistung zugelassen sind. | Nach dem Schlüsse der Versteigerung ist das Verlangen einer Sicherheitslei| Prot I 14015 stung ausgeschlossen." 376
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889)
Hierzu war beantragt, a) den Abs. 1 zu fassen: Kurlbaum 74 „Das Verlangen der Sicherheitsleistung ist nur zu berücksichtigen, soweit es vor > oder sofort nach Abgabe des Gebotes gestellt wird. Es gilt auch für weitere Gebote desselben Bieters." b) den Abs. 3 zu streichen. Der Entwurf § 55 wurde unter Ablehnung des Antrages, Fassung vorbehalten, angenommen. Die Bestimmungen im ersten und zweiten Absätze des Entwurfes (vergl. preuß. Gesetz § 63) wurden von keiner Seite beanstandet. Der gestellte Antrag richtet sich zunächst gegen die Bestimmung des dritten Absatzes des § 55, gemäß welcher das Verlangen der Sicherheitsleistung für das Gebot bis zum Schlüsse der Versteigerung (§61) zulässig sein solle. In Uebereinstimmung mit dem preußischen Gesetze (§ 63 Abs. 1) wird statt dessen vorgeschlagen, daß das Verlangen der Sicherheitsleistung, um berücksichtigt zu werden, sofort nach Abgabe des Gebotes gestellt werden müsse. Die für den Vorschlag angeführten Gründe vermochten nicht die Mehrheit von der Angemessenheit desselben zu überzeugen. Man erkannte übrigens, daß die hier zu entscheidende Frage enge zusammenhänge mit der erst bei dem § 58 des Entw. zu entscheidenden Frage, wie lange ein Bieter an sein Gebot gebunden sei, und behielt deshalb vor, auf den Gegenstand nach Berathung des § 58 zurückzukommen. V. Der § 56 des Entwurfes lautet: | „Der Betrag der Sicherheit muß einem Fünftel des durch Baarzahlung zu erfüllenden Theiles des Gebotes und, wenn die aus dem Versteigerungserlöse zu entnehmenden Kosten mehr betragen, diesem Betrage gleichkommen. Auf Verlangen des Gläubigers oder eines Betheiligten, welchem eine nach dem § 42 zur Anrechnung gelangende Hypothek oder Grundschuld zusteht, muß die Sicherheit zur Deckung aller vor dem Ansprüche des Berechtigten durch Baarzahlung zu befriedigenden Ansprüche ausreichen. Für ein Gebot des Schuldners kann die Erhöhung der Sicherheit bis auf den ganzen Betrag der von dem Ersteher zu leistenden Baarzahlung verlangt werden." Beantragt war, den § 56 zu fassen: „Die Sicherheitsleistung kann zu einem Betrage verlangt werden, welcher einem Zehntel des durch Zahlung zu berichtigenden Theiles des Gebotes, oder, wenn die aus dem Versteigerungserlöse zu entnehmenden Kosten des Verfahrens mehr betragen, dem Betrage dieser Kosten gleichkommt. Ein Betheiligter, welchem ein nach dem § 41 Abs. 1 bestehen bleibendes Recht zusteht, kann die Sicherheitsleistung zu einem höheren Betrage verlangen, welcher zur Befriedigung aller dem Rechte des Betheiligten vorgehenden durch Zahlung zu befriedigenden Ansprüche ausreicht. Bei einem Gebote des Schuldners oder des neu eingetretenen Eigenthümers des Grund-1 stückes kann die Sicherheitsleistung zu dem ganzen Betrage des durch Zahlung zu berichtigenden Theiles des Gebotes verlangt werden." Dieser Antrag wurde angenommen in der Erwägung: Die in dem Antrage vorgeschlagene Bemessung der Sicherheit auf ein Zehntel des durch Zahlung zu berichtigenden Theiles des Gebotes anstatt auf ein Fünftel 377
| Prot 114016 ZVG-VE § 56
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| Prot 114017
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entspreche nicht nur dem in einem großen Theile Deutschlands geltenden Rechte, namentlich der im preußischen Gesetze § 62 Abs. 1 aufgestellten Regel, sondern auch dem Zwecke dieser Sicherheit. Es sei nämlich davon auszugehen, daß die Sicherheit geleistet werde nicht für die Erfüllung des Gebotes, sondern nur im Hinblick auf gewisse Schäden, welche die Nichterfüllung des Gebotes mit sich bringe, nämlich wegen der im Falle einer Wiederversteigerung des Grundstückes (§ 123) erwachsenden weiteren Kosten und der weiterauflaufenden Zinsen. Nur diese Schäden könnten mit Sicherheit in Aussicht genommen und zu Grunde gelegt werden, während der Schaden, welcher sich aus einem etwaigen späteren Mindergebot ergebe, nicht in Anschlag gebracht werden könne. Dem entspreche die Bemessung der Sicherheit auf ein Zehntel des durch Zahlung zu berichtigenden Theiles des Gebotes am meisten. Bei höherer Bemessung entstände auch die Gefahr, daß das Recht, Sicherheitsleistung zu verlangen, chikanös gemißbraucht werde. Im Uebrigen stimme der Antrag Abs. 1 mit dem Entwürfe Abs. 1 überein. Die Fassung des Antrages sei aber vorzuziehen. Die Bestimmung des zweiten Absatzes müsse mit dem Antrage auf alle Betheiligten, welchen ein nach den Beschlüssen zu dem § 41, Prot. S. 13926ff., bestehen blei| Prot 114018 bendes | Recht zustehe, ausgedehnt werden, indem der Grund dieser gleichfalls dem preußischen Gesetze (5 62 Abs. 2) entnommenen Bestimmung, daß die Betheiligten gegen die ihnen möglicherweise im Falle der Wiederversteigerung des Grundstükkes aus den Kosten derselben und dem Weiteranwachsen der Zinsen und wiederkehrenden Leistungen drohende Benachtheiligung besonders gesichert werden sollen, nicht bloß auf einen Betheiligten, welchem eine auf das geringste Gebot zur Anrechnung gelangende Hypothek oder Grundschuld zustehe, sondern auf die sämmtlichen in dem Antrage (Abs. 2) bezeichneten Betheiligten zutreffe. Dem Vorschlage des Entwurfes aber, die gleiche Bestimmung auch zu Gunsten des betreibenden Gläubigers zu treffen, könne nicht beigetreten werden. Der angegebene Grund der Bestimmung treffe auf den betreibenden Gläubiger nicht zu. Der Vorschlag werde auch durch die in den Motiven zum Sachenrechtsentwurf S. 2091 lit. b angeführten Gründe nicht gerechtfertigt. In der Bestimmung des dritten Absatzes sei in Gemäßheit der Beschlüsse zu dem § 6 des Entw., Prot. S. 13703, dem Antrage entsprechend, neben dem Schuldner auch der neu eingetretene Eigenthümer des Grundstückes zu erwähnen (vergl. preuß. Gesetz § 62 Abs. 3). Der in den Motiven S. 86 erwähnte Fall, daß der Bietende nicht der wirkliche Eigenthümer sei, sei dagegen hier gar nicht in's Auge zu fassen. In Ansehung der Fassung verdiene der Antrag auch zum dritten Absätze den Vorzug. Durch die Vorschrift des dritten Absatzes (zu vergl. § 72 Abs. 3) werde indirekt, entgegen einem Theile des geltenden Rechtes (Motive des Entwurfes des Sachenrechtes S. 2092ff.), ausgesprochen, daß der Schuldner und der neu eingetretene |ProtI 14019 Eigenthümer zum Bie-| ten berechtigt seien. Es müsse auf gegebene Anregung die Prüfung der Frage vorbehalten bleiben, ob im Hinblick auf die Bestimmung des § 1173 Abs. 2 des B.G.B., welche für den Verkauf des Faustpfandes das Mitbieten des Eigentümers und die Ertheilung des Zuschlages an denselben für zulässig erkläre (Prot. S. 5634 ff.), eine gleiche Bestimmung für die Versteigerung im Verfahren der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erforderlich oder räthlich sei.
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831. Sitzung vom 26. 11. 1888, Schriftführers Ege | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrek- | Prot 1 14021 kung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Folgendes wurde verhandelt: I. Der § 57 des Entwurfes lautet: „Die Sicherheit muß geleistet werden in Geld oder in öffentlichen, inländischen, nach dem Börsenkurse zu berechnenden Werthpapieren, welche mit den zu ihnen gehörenden Zinsscheinen, oder Gewinnantheilscheinen, und Erneuerungsscheinen versehen und nicht außer Kurs gesetzt sind. In ausländischen Papieren findet die Sicherheitsleistung nur mit Zustimmung des Berechtigten statt. Das Gleiche gilt von der Sicherheitsleistung durch Bürgen. | Soweit die zu leistende Sicherheit den Betrag der aus dem Versteigerungserlöse zu entnehmenden Kosten übersteigt, kann sie auch mit einer für den Bieter an dem Grundstücke eingetragenen, durch das Gebot gedeckten Briefhypothek oder Grundschuld bis zur Höhe der eingetragenen Summe geleistet werden." Beantragt war: 1. zu bestimmen: „Abs. 1. Die Sicherheitsleistung muß bewirkt werden durch öffentliche Hinterlegung von Geld oder Werthpapieren oder durch Stellung tüchtiger, als Selbstschuldner haftender 1 Bürgen. Abs. 2. Werthpapiere sind zur Sicherheitsleistung nur geeignet, wenn sie im Inlande ausgestellt sind, auf den Inhaber lauten und einen Kurswerth haben. Abs. 3. wie Abs. 3 des Entwurfes: . . . übersteigt, kann sie auch durch Verpfändung einer . . . gedeckten Hypothek oder Grundschuld, mit Ausschluß der Sicherungshypotheken, bis zur . . . Abs. 4. Die Wirkungen der öffentlichen Hinterlegung bestimmen sich nach Maßgabe des § 200 des B.G.B.2. Die Vorschrift des § 205 des B.G.B.3 findet auf die von dem Bieter bestellte Sicherheit keine Anwendung. Abs. 5. Die zur öffentlichen Hinterlegung bestimmten Gegenstände können auch dann, wenn das Gericht nicht die öffentliche Hinterlegungsstelle ist, dem Gericht übergeben werden. Das | Gericht hat dieselben in diesem Falle an die öffentliche Hinterlegungsstelle abzuliefern und es treten die Wirkungen der öffentlichen Hinterlegung schon mit der Uebergabe an das Gericht ein." § 57 a. „Mit Zustimmung des Berechtigten kann die Sicherheitsleistung auch in einer anderen als in der im § 57 bestimmten Weise bewirkt werden." 2. zu bestimmen: „a) Zur Leistung der Sicherheit sind nur Geld und solche inländische, auf den Inhaber lautende Werthpapiere geeignet, welche an dem für den Ort der Versteigerung maßgebenden Handelsplatze Kurs haben und mit den laufenden Zinsscheinen, Rentenkupons, Gewinnantheilscheinen und Erneuerungsscheinen versehen sind. Mit solchen Werthpapieren kann die Sicherheit in Höhe des ganzen Kurswerthes 1 Die Worte „als Selbstschuldner haftender" sind im metallographierten Antrag nicht enthalten. 2 Vgl. § 233 BGB. 3 Vgl. § 240 BGB.
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ZVG-VE § 57
| Prot 1 14022
Gebhard (Nr 71)
|ProtI 14023
Kurlbaum (Nr 74, 5)
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geleistet werden. Die Sicherheitsleistung kann durch Uebergabe an den Richter erfolgen. b) Soweit die zu leistende Sicherheit den Betrag der aus dem Versteigerungserlöse zu entnehmenden Kosten des Verfahrens übersteigt, kann die Sicherheit auch durch Verpfändung einer Hypothek mit Ausschluß der Sicherungshypotheken, oder einer Grundschuld geleistet werden, welche ohne Beschränkung bei dem versteigerten Grundstücke für den Bieter eingetragen ist und den Voraussetzungen entspricht, unter welchen Mündelgelder in Hypotheken angelegt werden dürfen. Die zur Verpfändung erforderliche Uebergabe des Hypothekenbriefes oder Grundschuldbriefes erfolgt an den Richter. | Prot 1 14024
| Zur Sicherheitsleistung f ü r ein von dem Schuldner oder dem neu eingetretenen Eigenthümer des Grundstücks abgegebenes Gebot ist nur eine solche Hypothek oder Grundschuld geeignet, welche bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigt ist.
c) Mit Zustimmung des Betheiligten, auf dessen Verlangen die Sicherheit zu leisten ist, genügt eine andere Sicherheitsleistung als die zu a und b bezeichnete." Derscheid 3. als letzten Absatz hinzuzufügen: (Nr 66) „Die Landesgesetze können bestimmen, daß die Sicherheit auch ohne Zustimmung des Berechtigten durch Stellung eines als Selbstschuldner haftenden tüchtigen Bürgen geleistet werden darf;" eventuell mit dem Zusätze: „auf Gebote des Schuldners oder des neu eingetretenen 4 Eigenthümers des Grundstückes findet eine solche Bestimmung der Landesgesetze keine Anwendung." Planck 4. den dritten Absatz des § 57 zu streichen und eventuell dem § 56 folgenden Ab(Nr 73, 3) satz hinzuzufügen: „Für denjenigen Theil des Gebotes, welcher bei der Vertheilung des Erlöses voraussichtlich dem Bieter selbst zufällt, braucht Sicherheit nicht geleistet zu werden." 5. anstatt des Absatz 3 zu bestimmen: „Ist für den Bieter bei dem versteigerten Grundstücke eine Hypothek oder Grundschuld ohne Beschränkung eingetragen und entspricht dieselbe den Voraussetzungen, unter welchen Mündelgelder in Hypotheken oder Grundschulden angelegt werden dürfen, so kann von dem Bieter nur für den Betrag der aus dem Ver| Prot 1 14025 steigerungseriöse zu entnehmen-| den Kosten des Verfahrens Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Vorschrift des . . . Absatzes findet auf den Schuldner und den neu eingetretenen Eigenthümer nur Anwendung, wenn die Hypothek oder Grundschuld bei Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigt ist." Beschlossen wurde, zu bestimmen: § a. Die Sicherheitsleistung ist zu bewirken durch öffentliche Hinterlegung von Geld oder solchen Werthpapieren, welche im Inlande ausgestellt sind, auf den Inhaber lauten und einen Börsenpreis oder Marktpreis haben; mit solchen Werthpapieren kann die Sicherheit in Höhe des ganzen Kurswerthes geleistet werden. Die Sicherheitsleistung kann auch durch Uebergabe an den Richter erfolgen. Die Vorschrift des § 200 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet entsprechende Anwendung. Die Landesgesetze können bestimmen, daß die Sicherheit durch Stellung eines als Selbstschuldner haftenden tüchtigen Bürgen geleistet werden darf. Auf Gebote 4
Die Worte: „des neu eingetragenen" sind im metallographierten Antrag nicht enthalten.
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des Schuldners oder des neu eingetretenen Eigenthümers des Grundstückes findet eine solche Bestimmung der Landesgesetze keine Anwendung. § b. Ist für den Bieter bei dem versteigerten Grundstücke eine Hypothek oder Grundschuld ohne Beschränkung eingetragen und entspricht dieselbe den Voraussetzungen, unter welchen Mündelgelder in Hypotheken oder Grundschulden angelegt werden dürfen, so kann | Sicherheit nur für den Betrag verlangt werden, um |ProtI 14026 welchen der nach der Vorschrift des § 56 sicherzustellende Betrag den Kapitalbetrag der Hypothek oder Grundschuld übersteigt. Diese Vorschrift findet auf den Schuldner und den neu eingetretenen Eigenthümer des Grundstückes keine Anwendung. 5 c. Mit Zustimmung des Betheiligten, auf dessen Verlangen die Sicherheit zu leisten ist, genügt eine andere Sicherheitsleistung als die in den §§ a, b bezeichnete. Erwogen war: Die Bestimmungen über die Art und Weise (die Mittel) der Sicherheitsleistung und die Wirkung der Sicherheitsleistung seien für die hier in Frage stehende Sicherheitsleistung unter Absehen von der Frage, ob bei dem Mangel einer entgegenstehenden Bestimmung die Vorschriften der §§ 199 ff. des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuchs 5 Anwendung zu finden hätten, im Interesse der leichten und schnellen Handhabung des Gesetzes vollständig zu treffen. Von diesem Gesichtspunkte aus könne zunächst im Hinblick auf das geltende Recht (vgl. bes. preußisches Gesetz § 64 Abs. 1) reichsgesetzlich nur bestimmt werden, daß die Sicherheitsleistung durch öffentliche Hinterlegung (Entw. des B.G.B. §§ 272, 2806) von Geld und von gewissen Werthpapieren zu bewirken sei. Von den Werthpapieren seien nur solche zugelassen, welche jederzeit ohne Weiterungen in Geld umgesetzt werden könnten; dies werde durch den Zweck der in Rede stehenden Sicherheitsleistung erheischt. Dem entspreche die Beschränkung auf solche Werthpapiere, welche im Inlande ausgestellt seien (Motive zum Sachenrechtsentw. S. 2095,12096), | Prot 1 14027 auf den Inhaber lauten und einen leicht und schnell festzustellenden Werth darstellten. Die im Entwürfe enthaltene Beschränkung auf öffentliche, d. h. an einer öffentlichen Börse zugelassene und gehandelte Papiere, könne nicht gebilligt werden. Hierdurch würde eine große Zahl von Inhaberpapieren, welche an der Börse nicht gehandelt werden, aber doch, wenn auch in kleineren Kreisen einen Kurs- oder Marktwerth haben, (z. B. gewisse Kommunal-, Kreis-, Provinzialpapiere, Obligationen von Deichgenossenschaften oder anderen Genossenschaften) zum Nachtheile weiter Kreise der Bevölkerung ausgeschlossen. Aus demselben Grunde sei auch nicht als Voraussetzung aufzustellen, daß die Papiere einen Börsenkurs haben. Leicht mißverständlich wäre ferner eine Bestimmung, daß die Papiere an dem für den Ort der Versteigerung maßgebenden Handelsplatze Kurs haben (Antrag Nr. 2, preuß. Ges. § 64). Es empfehle sich vielmehr, im Anschlüsse an die Vorschrift im § 1226 Abs. 2 des Entw. des B.G.B., die allgemeinere Voraussetzung, daß die Werthpapiere einen Börsenpreis oder Marktpreis haben. Der Bieter, von welchem Sicherheit verlangt werde und der mit Werthpapieren die Sicherheit leisten wolle, habe das Zutreffen dieser Voraussetzung wie auch den jeweiligen Werth (Kurs) der Papiere sofort nachzuweisen. Dies werde ihm auch leicht gelingen, wenn er, wie es die Regel sein werde, entweder an einer Börse gehandelte Papiere oder solche Papiere, welche an dem Orte der Versteigerung bekannt, nicht etwa an einem von demselben weit entlegenen Orte ausgegeben und nur dort im Verkehr befindlich s Vgl. SS 232 ff. BGB. 6 Die Regelung des S 280 E I ist im BGB nicht mehr enthalten. - Zu S 273 E I vgl. die SS 372, 378 BGB.
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| Prot 1 14028 seien, benütze. Entbehrlich sei, hinzuzufügen, die | Werthpapiere müßten mit den zu ihnen gehörenden (laufenden) Zinsscheinen, Rentenkupons, Gewinnantheilscheinen und Erneuerungsscheinen versehen sein. Zu verlangen seien lieferbare Papiere; es verstehe sich deshalb von selbst, daß sie mit jenen Nebenpapieren versehen sein müßten. In den §§ 199, 201 des Entw. des B.G.B.7 habe man gleichfalls die H e r vorhebung jenes Erfordernisses nicht für nöthig gehalten. Auch das verstehe sich hiernach von selbst, daß die Papiere nicht außer Kurs gesetzt sein dürften. Erforderlich sei dagegen eine Vorschrift darüber, ob bezw. daß die Sicherheit in H ö h e des ganzen Werthes (Kurswerthes) der Werthpapiere geleistet werden könne. Dies folge noch nicht daraus, daß die Papiere nach dem Börsenpreise oder Marktpreise berechnet werden (vergl. Entw. des B.G.B. § 201). Im Hinblick darauf, daß die Bestimmung und Organisation der öffentlichen Hinterlegungsstellen der Landesgesetzgebung überlassen sei (Entw. des B.G.B. § 280) und als solche insbesondere eine andere Behörde als das Vollstreckungsgericht bestimmt sein könne, und weil die Sicherheit sofort auf das gestellte Verlangen bestellt werden müsse, erscheine ferner die Bestimmung erforderlich, daß die Sicherheitsleistung auch durch Uebergabe des Geldes oder der Werthpapiere an den Richter bewirkt werden könne. Dagegen dürfe nicht mit dem Antrage Nr. 1 (Abs. 5) reichsgesetzlich bestimmt werden, wie der Richter mit dem ihm übergebenen Objekte zu verfahren habe. Hiermit würde man in die der Landesgesetzgebung zustehende Organisation der Hinterlegungsstellen eingreifen; der Landesgesetzgebung bleibe auch die Regelung dieses Verfahrens vorbehalten. | Prot 1 14029 Aus dem Eingangs erwähnten Grunde sei | endlich über die Wirkung der erfolgten Hinterlegung zu bestimmen. Die Wirkung könne nicht anders als im § 200 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches 8 geregelt werden; deshalb sei auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 200 verwiesen. Der erfolgten Hinterlegung müsse aber die zugelassene Uebergabe an den Richter in dieser Beziehung gleichgestellt werden; dies erfordere der Zweck der Zulassung. Auf die im § 205 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches 9 enthaltene Vorschrift über die Wiederherstellung einer verloren gegangenen Sicherheit brauche hier, da es sich nur um die Sicherstellung für ganz kurze Zeit handele, nicht eingegangen zu werden. Die Sicherheitsleistung durch Stellung von Bürgen reichsgesetzlich zuzulassen (Antrag 1 Abs. 1), sei mit Rücksicht auf die in weiten Gebieten Norddeutschlands bestehenden Gewohnheiten und zumal auf das preußische Gesetz (§ 64) bezw. auf die für die Ablehnung der Sicherheit durch Bürgschaftsleistung in diesem Gesetze maßgebend gewesenen Erwägungen bedenklich. Andererseits könne nicht verkannt werden, daß in anderen Gebieten Deutschlands, namentlich in Süddeutschland, die Leistung der in Rede stehenden Sicherheit mittels Bürgen von jeher gebräuchlich sei und deshalb daselbst auch gesetzliche Anerkennung und Regelung erfahren habe (vergl. Motive des Sachenrechtsentwurfes S. 2096), und daß in den betreffenden Gebieten die absolute Ausschließung dieser Art der Sicherheitsleistung als ein kaum gerechtfertigter Eingriff in die bestehenden Gewohnheiten und Sitten sowie als eine Schädigung weiter Bevölkerungskreise empfunden werden müßte. Insbesondere komme in Be| Prot I 14030 tracht, daß man aus solchen Gründen auch in Preußen nicht umhin | gekonnt habe, bei Einführung des Gesetzes über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen in dem Geltungsgebiete des rheinischen Rechtes daselbst, in Ausnahme 7 Vgl. 232/238, 234 BGB. 8 Vgl. S 233 BGB. 9 Vgl. S 240 BGB.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
von jenem Gesetze, die Sicherheitsleistung durch Bürgen zuzulassen (§ 37 des preußischen Gesetzes vom 12. April 1888) 10 . Aus diesen Erwägungen rechtfertige sich die Aufnahme des in dem Antrage Nr. 3 vorgeschlagenen Vorbehaltes. Sachgemäß werde mit dem Antrage bestimmt, daß die Landesgesetzgebung nur die Stellung als Selbstschuldner haftender (Entw. des B.G.B. § 675 Nr. 1 " ) tüchtiger Bürgen zulassen dürfe, sowie daß der Vorbehalt auf Gebote des Schuldners oder des neu eingetretenen Eigenthümers des Grundstückes keine Anwendung finde. Auch diesen Personen die Sicherheitsleistung durch Bürgen zu gestatten, wäre bedenklich und durch ein Bedürfniß nicht erfordert. In manchen Rechtsgebieten seien sie vom Mitbieten überhaupt ausgeschlossen, anderwärts (vergl. § 37 des erwähnten preußischen Gesetzes) sei ihnen die sonst zugelassene Sicherheitsleistung durch Bürgen versagt. Die im dritten Absätze des Entwurfes und im Antrage Nr. 2 lit. b vorgeschlagenen Bestimmungen zu Gunsten der als Bieter auftretenden Hypotheken- und Grundschuldgläubiger beruhten, wie die ähnliche Bestimmung des preußischen Gesetzes § 64 Abs. 2, nur zum Theil auf der Tendenz, jenen Personen unter gewissen Voraussetzungen eine besonders leichte Art der Sicherheitsleistung zu gestatten; denn die Leistung der Sicherheit mit eigenen Hypotheken oder Grundschulden des Bieters biete in der That keineswegs allen Betheiligten und unter allen Umständen eine wirkliche Sicherheit. Sie beruhe vielmehr hauptsächlich auf dem hiervon verschiedenen selbständigen Gedanken, daß dem Gläubiger einer an sich sicheren Hypothek oder Grundschuld die Möglichkeit des Mitbietens auch ohne Sicherheitsleistung zu | gewähren sei, damit er auf diese Weise seine Forderung durch Steigerung | Prot 1 14031 des Preises zu sichern in der Lage sei. Die Billigkeit und Angemessenheit dieses Gesichtspunktes müsse anerkannt werden. Die Berücksichtigung desselben habe in anderen Gesetzen (vgl. bayr. Gesetz vom 23. Febr. 1879 Art. 55 Nr. 1, 4, württb. Gesetz vom 18. August 1879 12 Art. 15) zu der Bestimmung geführt, daß der betreffende Bieter insoweit von der Pflicht der Sicherheitsleistung überhaupt frei sei. In der That führe jener Gedanke auf diese Konsequenz, wie sie auch in dem Antrage Nr. 5 gezogen werde. Bedenken ständen dieser Gestaltung der Rechtsstellung der Hypotheken- und Grundschuldgläubiger nicht entgegen, wenn man nur Sorge treffe, daß sie von der Sicherheitsleistung nur dann entbunden würden, wenn ihnen eine ganz sichere Hypothek oder Grundschuld zustehe. Dies werde im Anschluß an die Anträge Nr. 2 und 5 erreicht, wenn man bestimme, daß die Hypothek oder Grundschuld für den Bieter auf dem versteigerten Grundstücke ohne Beschränkung eingetragen sein und den Voraussetzungen entsprechen müsse, unter welchen Mündelgelder in Hypotheken oder Grundschulden angelegt werden dürfen (Entw. des B.G.B. § 1664 13 ). Von diesem Gesichtspunkte aus werde entbehrlich, die Sicherungshypotheken besonders auszunehmen (Anträge Nr. 1, 2). Kein Bedürfniß bestehe, mit dem Entwürfe und dem Antrage Nr. 2 (vergl. preußisches Gesetz aaO), den Hypotheken- und Grundschuldgläubiger von der Sicherheitsleistung nur insoweit zu entbinden, als es sich nicht um die aus dem Versteigerungserlöse zu entnehmenden Kosten des Verfahrens handele. Dagegen könne ein solcher Gläubiger von der Sicherheitsleistung überhaupt nur insoweit entbunden werden, als der nach der Vorschrift des § 56 sicherzustellende Betrag den Kapitalbetrag der Hypothek oder Grundschuld nicht übersteige. Wenn und so- | weit der an sich sicherzustellende Be- | Prot 1 14032 10 Vgl. Preuß. G.S. 1888, S. 52. 11 Vgl. § 7 7 3 BGB. ' 2 Genauer Nachweis im Abkürzungsverzeichnis. •3 Vgl. §S 1642, 1607 f. BGB. 383
Quellen zur Entstehung des ZVG
trag diesen Kapitalbetrag übersteige, müsse der Gesichtspunkt der Sicherheitsleistung wieder in den Vordergrund treten und der betreffende Bieter auf Verlangen Sicherheit nach den allgemeinen Vorschriften zu leisten gehalten sein. Ohne eine solche Bestimmung ergäbe sich das abzuweisende Resultat, daß der Bieter auf Grund seiner im Verhältniß zu dem sicherzustellenden Betrage vielleicht minimalen Hypothek oder Grundschuld Freiheit von der Sicherheitsleistung beanspruchen könnte. Die Lage des Schuldners und des neu eingetretenen Eigenthümers des Grundstückes verdienten übrigens nicht die Berücksichtigung, auf welcher die Vorschrift zu Gunsten anderer Hypotheken- oder Grundschuldgläubiger beruhe. Auf den Schuldner und neu eingetretenen Eigenthümer dürfe deshalb diese Vorschrift überhaupt keine Anwendung finden. Kein Zweifel könne endlich darüber bestehen, daß die Sicherheitsleistung mit Zustimmung des Berechtigten, d. h. desjenigen Betheiligten, welcher die Sicherheitsleistung verlangt habe, auch in anderer, als in der zum § 57 Abs. 1, 3 beschlossenen Weise, z. B. auf eine Weise, welche kein Pfandrecht gewähre, statthaft sei. In Ansehung der Fassung verdiene der Antrag Nr. 2 c den Vorzug. II. Der § 58 des Entwurfes lautet: ZVG-VE „Ein Bieter bleibt an sein Gebot gebunden, bis ein Uebergebot erfolgt, welches S 58 ohne Widerspruch zugelassen wird.
| Prot 1 14033 v. Mandry (Nr 72)
Kurlbaum (Nr 75, 2)
Kurlbaum (Nr 74, 6)
Wird das Verfahren eingestellt oder der Versteigerungstermin aufgehoben, so erlischt die Verpflichtung des Bieters aus dem Gebote." Beantragt war zu bestimmen14: 11. „Der Bietende ist an ein vom Vollstreckungsgerichte nicht zugelassenes Gebot nicht gebunden. An ein zugelassenes Gebot ist der Bietende so lange gebunden, als nicht ein Uebergebot abgegeben und ohne (vorausgehenden oder gleichzeitigen) Widerspruch Seitens eines Betheiligten zugelassen ist. Ein Gebot, welches auf ein unter einer anderen Bestimmung erfolgendes Ausgebot abgegeben wird, gilt im Sinne dieser Vorschrift nicht als Uebergebot. Das Meistgebot erlischt, unbeschadet der Vorschrift des § 85 (des Entwurfes), mit der Einstellung des Verfahrens sowie mit der Aufhebung des Versteigerungstermines." 2. a) zu § 58 Abs. 1 „Ein Bieter bleibt an sein Gebot gebunden, bis dasselbe ohne Widerspruch eines Betheiligten zurückgewiesen oder ein Uebergebot ohne Widerspruch eines Betheiligten zugelassen ist. Ein Uebergebot gilt als zugelassen, wenn es nicht sofort zurückgewiesen wird." (N.B. Es wird bezweckt, daß ein Bieter und die von ihm bestellte Sicherheit frei werden kann, die Zurückweisung aber ihn gegen den Widerspruch eines Betheiligten nicht frei machen kann.) b) zu § 58 Abs. 2 a.E. „ . . . so erlischt das Gebot." (Versetzung hinter § 60 bleibt vorbehalten.) 14
Nicht enthalten in den Protokollen ist der Antrag von Planck (Nr. 73, 4): den $ 58 Abs. 1 dahin zu fassen: Ein Bieter bleibt an sein Gebot gebunden, bis dasselbe zurückgewiesen wird oder ein Uebergebot erfolgt und dieses bis zum Schlüsse der Versteigerung nicht zurückgewiesen wird.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) 3. zu bestimmen: a) „Das Gebot erlischt, wenn dasselbe zurückgewiesen wird, es sei denn, daß gegen die Zurückweisung von Seiten eines Betheiligten sofort Widerspruch erhoben wird. Das Gebot erlischt ferner, wenn ein Uebergebot zugelassen wird, es sei denn, daß gegen die Zulassung von einem Betheiligten vor dem Schlüsse der Ver-1 steige- | Prot 1 14034 rung Widerspruch erhoben wird. Ein Uebergebot gilt als zugelassen, wenn es nicht vor dem Schlüsse der Versteigerung zurückgewiesen wird." b) eventuell: „Das Gebot erlischt, wenn dasselbe zurückgewiesen und gegen die Zurückweisung nicht sofort von Seiten eines Betheiligten Widerspruch erhoben wird. Das Gebot erlischt ferner, wenn ein Uebergebot zugelassen und gegen die Zulassung nicht sofort von Seiten eines Betheiligten Widerspruch erhoben wird. Ein Uebergebot gilt als zugelassen, wenn es nicht sofort zurückgewiesen wird." Des Weiteren war hierher zur Berathung verwiesen der nachstehende Antrag: 4. Die Berathung des § 55 Abs. 3 wieder aufzunehmen und nach dem hierzu ge- Rüger stellten Antrage (Prot. S. 14015) zu beschließen; (Nr 77) eventuell zu bestimmen: a) § 55 a „Jedes nicht sofort zurückgewiesene Gebot wird mit dem Namen des Bieters ausgerufen. Das Gebot kann bis zum Ausrufe zurückgenommen werden." b) § 58 Abs. 1 „Ein Bieter bleibt an das ausgerufene Gebot gebunden, bis dasselbe zurückgewiesen oder ein Uebergebot ausgerufen und dieses bis zum Schlüsse der Versteigerung nicht zurückgewiesen wird." c) im § 70 (des Entw.) Abs. 1 hinter Satz 1 einzufügen: „Das Protokoll muß die ausgerufenen Gebote und die Namen der Bieter angeben." Beschlossen wurde: 11. zum § 58 Abs. 1, vorbehaltlich der Redaktion, die Annahme des eventuellen |ProtI 14035 Antrages Nr. 3; zum § 58 Abs. 2 die Annahme des Entwurfes nach Maßgabe der Fassung des Antrages 2 b; 2. zum § 55 Abs. 3 die Annahme des Antrages Nr. 4, so daß unter Abänderung des Prot. S. 14015 gefaßten Beschlusses, entsprechend dem zu § 55 Abs. 3 gestellten Antrage (Prot. S. 14015), diese Bestimmung dahin zu fassen ist: Das Verlangen der Sicherheitsleistung ist nur zu berücksichtigen, soweit es vor oder sofort nach Abgabe des Gebotes gestellt wird. Erwogen war: Zu 1. D e r Antrag Nr. 1 beruhe auf der Auffassung, daß gewisse Zweckmäßig- |ProtI 14035 keitsgründe eine Regelung wünschenswerth machten, nach welcher das im Versteigerungstermine abgegebene Gebot nicht sofort bindend sei, sondern erst durch einen bestimmten, als Zulassung bezeichneten Akt bindend werde. Es liege aber kein Grund vor, von den allgemeinen Grundsätzen, gemäß welchen das Gebot sofort mit seiner Abgabe bindend sei (Entw. des B.G.B. § 80, % 90 15 , vergl. Einführungsgesetz Art. 11 C.P.O. § 718 Abs. 1), rücksichtlich des bei der Versteigerung eines Grundstückes abgegebenen Gebotes abzuweichen. Gegenüber diesen allge-
15 Vgl.
145,156 BGB. 385
Quellen zur Entstehung des ZVG
meinen Grundsätzen sei nur zu bestimmen, wie lange der Bieter an sein Gebot gebunden sei bezw. wann es erlösche. Der Entwurf Abs. 1, vergl. § 55 Abs. 3, § 63 Abs. 3, gehe zu weit, indem hiernach der Bietende bis zum Schlüsse der Versteigerung unter Umständen bis zum Abschlüsse des Versteigerungsprotokolles gebunden bleibe (Mot. S. 88). Das Interesse des Bieters erheische, daß er möglichst bald Gewißheit darüber erlange, ob er an sein Gebot noch gebunden sei, zumal wenn die | Prot 1 14036 Bindung von dem Belieben eines Betheiligten ab-1 hänge, ein Uebergebot durch das Verlangen der Sicherheitsleistung zu beseitigen und dieses Belieben dazu benutzt werden könne, Personen als Bieter einzuschieben, deren Zulassung gar nicht gewollt werde. Dieser Rücksicht entsprächen der Antrag Nr. 2 und der eventuelle Antrag Nr. 3, welcher sich von jenem nur in der Fassung unterscheide und den Sinn klarer zum Ausdruck bringe (zu vergl. auch Antrag 1 Abs. 2 Satz 1). Es seien die beiden Fälle zu unterscheiden, wenn das Gebot zurückgewiesen und gegen die Zurückweisung des Gebotes von Seiten eines Betheiligten Widerspruch nicht erhoben werde, sowie wenn ein Uebergebot erfolge und zugelassen und gegen die Zulassung von Seiten eines Betheiligten Widerspruch nicht erhoben werde. Der erste Fall werde im Entwürfe übergangen (Mot. S. 88), erheische aber nicht minder Berücksichtigung im Gesetze als der andere Fall. Beide Anträge stimmten überein, daß das Gebot erlöschen müsse, wenn gegen die Zurückweisung nicht sofort Widerspruch erhoben werde, dagegen die Zurückweisung, wenn ein Betheiligter sofort gegen dieselbe Widerspruch erhebe, den Bieter nicht frei machen könne, weil über den Widerspruch der Vollstreckungsrichter nicht endgültig zu entscheiden habe. Diese Regelung entspreche der Sachlage, wie dem Interesse des Bieters und des Betheiligten. In Ansehung des zweiten Falles bleibe nach dem prinzipalen Antrage Nr. 3 der Bieter trotz des Uebergebotes bis zum Schlüsse der Versteigerung an sein Gebot gebunden. Vorzuziehen sei auch für diesen Fall die Bestimmung, daß das Gebot erlösche, wenn gegen die Zulassung des Uebergebotes nicht sofort von Seiten eines Betheiligten Widerspruch erhoben werde. Dies mache die weitere Bestimmung nö| Prot 1 14037 thig, wann ein Uebergebot als zuge-1 lassen im Sinne der Vorschrift zu gelten habe. Dieselbe sei mit dem Antrage Nr. 2 und dem eventuellen Antrage 3 dahin zu fassen, das Uebergebot gelte als zugelassen, wenn es nicht sofort zurückgewiesen werde. Sei der Bieter nach Maßgabe dieser Bestimmung von seinem Gebote in Folge eines Uebergebotes frei geworden, so bleibe er auch frei und könne auf ihn nicht mehr zurückgegriffen werden, wenn auch einmal aus einem besonderen Grunde das Uebergebot (Meistgebot) nachträglich zurückgewiesen werden sollte. Diese Konsequenz müsse hingenommen werden (vergl. preußisches Gesetz § 66 Abs. 1). Die in dem Antrage Nr. 1 (Abs. 2 Satz 2) vorgeschlagene Bestimmung, daß ein Gebot, welches auf ein unter einer anderen Bestimmung erfolgendes Ausgebot abgegeben werde, nicht als Uebergebot gelte, sei entbehrlich. Denn es könne nicht bezweifelt werden, daß, wenn nach den maßgebenden Beschlüssen ein doppeltes Ausgebot des Grundstückes je unter verschiedenen Bestimmungen erfolge, jedes dieser Ausgebote ein selbständiges in dem Sinne des § 58 Abs. 1 sei, d. h. daß ein auf das eine Ausgebot erfolgtes Gebot im Sinne der Vorschrift des § 58 Abs. 1 nur durch ein auf dasselbe Ausgebot erfolgtes Gebot überboten werde. Nur in einer anderen, hier aber nicht in Frage stehenden Richtung, nämlich bei der schließlichen Prüfung, welches der in den verschiedenen Ausgeboten erfolgten Höchstgebote thatsächlich das höchste Gebot sei, könne allerdings gesagt werden, daß das in einem der Ausgebote erfolgte Ausgebot gegenüber dem in dem anderen Ausgebote erfolgten das Mehrgebot sei. Die Bestimmung des zweiten Absatzes des Entwurfes (vergl. preußisches Gesetz 386
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889)
§ 66 Abs. 2) sei aus den in den Motiven (S. 88, Sachenrechtsentwurf S. 2103) angeführten | Gründen zu billigen. Entsprechend der allgemeinen Sprachweise des Ent- |Porti 14038 wurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 82 ff., § 90 16 ), sei aber die Bestimmung dahin zu fassen, daß das Gebot unter den bezeichneten Voraussetzungen erlösche (Anträge Nr. 1 und 2). Sollte in der Folge für einen bestimmten Fall nicht die Einstellung oder Aufhebung des Termines, sondern die bloße Vertagung desselben beschlossen werden, so werde hierbei auch über den Einfluß der Vertagung auf ein schon abgegebenes Gebot zu bestimmen sein. Zu 2. In voller Uebereinstimmung mit den zum § 58 gefaßten Beschlüssen stehe nur die Vorschrift, daß das Verlangen der Sicherheitsleistung sofort gestellt werden müsse, da ein Gebot nicht wohl als zugelassen bezeichnet werden könne, wenn noch das spätere Belieben eines Betheiligten dessen Zurückweisung herbeizuführen vermöge. Es sei aber auch anzuerkennen, daß das Recht, Sicherheitsleistung zu verlangen, wenn das Verlangen bis zum Schlüsse der Versteigerung hinausgeschoben werden dürfe, leicht gemißbraucht werden könne, um die Herbeischaffung der Sicherungsmittel, welche einige Zeit fordern könne, zu vereiteln, und damit entweder die Versteigerung überhaupt erfolglos zu machen oder durch Ausschluß gewisser Bieter für ein unangemessen geringes Gebot herbeizuführen. Ob, wenn hier ausgesprochen werde, daß das Verlangen vor Abgabe des Gebotes gestellt werden dürfe, der besondere Ausdruck dieses Gedankens in dem zum § 54 gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 14009) unterbleiben könne, sei der Redaktion zu überlassen.
832. Sitzung vom 28. 11. 1888, Schriftführer: Ege | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Folgendes wurde verhandelt:
|ProtI 14039
I. Der § 59 des Entwurfes lautet in der vom Referenten berichtigten Fassung: ZVG-VE „Das Gebot eines Vertreters darf nur zugelassen werden, wenn die Vertretungs- § 59 macht desselben dem Gerichte bekannt ist oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird. Vollmachten müssen öffentlich beglaubigt sein1. Vollmachten öffentlicher Behörden bedürfen keiner Beglaubigung." Beantragt war: 1. den Satz 1 dahin zu fassen: „Das Gebot eines Vertreters ist zurückzuweisen, wenn nicht die Vertretungsmacht | desselben dem Gerichte bekannt ist oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird." 2. statt „dem Gerichte bekannt" zu setzen „bei dem Vollstreckungsgerichte offenkundig."
Planck (Nr 73, 5) | Prot 1 14040 Kurlbaum (Nr 74, 7)
3. zu bestimmen: v. Mandry „Das Gebot eines Vertreters ist zurückzuweisen, wenn nicht die Vertretungs- (Nr 76,1) macht des Vertreters oder die Genehmigung Seitens des Vertretenen bei dem Voll16 1
Vgl. 146ff., 156 BGB. In der gedruckten Fassung heißt es: „Vollmachten müssen gerichtlich oder notariell beglaubigt sein." Im Antrag von Johow (Nr. 78, 1) war zur Begründung auf die Motive S. 89 Abs. 3 Satz 3 hingewiesen. 387
Quellen zur Entstehung des ZVG streckungsgerichte offenkundig oder durch öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen ist." Beschlossen wurde: Ist die Wirksamkeit eines Gebotes von der Vertretungsmacht des Bieters oder von der Einwilligung oder Genehmigung einer anderen Person oder einer Behörde abhängig, so ist das Gebot zurückzuweisen, sofern nicht die Thatsache, von welcher die Wirksamkeit abhängig ist, bei dem Vollstreckungsgerichte offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden sofort nachgewiesen wird. Erwogen war: D e r Entwurf treffe in Uebereinstimmung mit dem preußischen Gesetze § 65 (vergl. sächsisches Gesetz § 117) nur den Fall, wenn Jemand als Vertreter eines Anderen im Namen desselben und für ihn ein Gebot abgebe. Die Bestimmung verdiene aus den Gründen der Motive (S. 89) Billigung. Es entstehe aber sofort die allgemeinere Frage, wie es mit einem Gebote gehalten werden solle, wenn dessen Wirksamkeit, abgesehen von der Vertretungsmacht von dem Vorhandensein einer anderen Thatsache abhängig sei, z. B. mit dem von einer in der Geschäftsfähigkeit be| Prot 1 14041 schränkten Person abgegebenen G e - | b o t e ( § § 6 5 ff. des Entw. des B.G.B. 2 ), mit dem Gebote eines Vormundes für den Mündel ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes, dem Gebote eines Ausländers, wenn nach dem maßgebenden Landesgesetze zum Erwerbe des Grundstückes durch Ausländer Genehmigung einer Behörde nöthig sei, und dgl. Die Frage erheische eine Entscheidung durch eine allgemeine Vorschrift. Man könne sich nicht darauf verlassen, daß schon in einer dem Entwürfe entsprechenden Vorschrift ein Prinzip gefunden werden könne, welches auf die Entscheidung nach Maßgabe dieser Vorschrift führe. Abgesehen davon, daß aus dieser Spezialvorschrift ein argumentum e contrario in Ansehung jener anderen Fälle entnommen werden könnte, ließe sich auch der Standpunkt vertreten, daß für die bezeichneten Fälle der Nachweis der für die Wirksamkeit des Gebotes maßgebenden Thatsache auch noch später zulässig sein müsse. Für den Inhalt der allgemeinen Bestimmung sei der gleiche Gesichtspunkt entscheidend wie für diejenigen des Entwurfes: Gebote, welche nicht wirksam seien, d. h. auf welche der Zuschlag nicht erfolgen könne, dürften nicht zugelassen werden. Sie seien zurückzuweisen, wenn die dem Vollstreckungsgerichte nicht schon bekannte Thatsache, von welcher die Wirksamkeit des Gebotes abhängig sei, dem Vollstrekkungsgerichte nicht sofort liquid gestellt werde. Dies werde durch die beschlossene allgemeine Bestimmung ausgedrückt. In Ansehung der Fassung habe man sich an die zu den §§ 54, 58 beschlossene Ausdrucksweise („zurückweisen") sowie entsprechend den Anträgen Nr. 2, 3 an die Ausdrucksweise der Grundbuchordnung § 39 (vgl. C . P . O . § 264) anzuschließen. Zufolge der beschlossenen Fassung werde auch die im Entwürfe Satz 2 enthalte| Prot 1 14042 ne besondere Erwähnung der | Vollmachten entbehrlich. Sofern Erklärungen in Betracht kommen, genüge zweifellos die öffentliche Beglaubigung. Andere Thatsachen müßten aber durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden bezw. ihr Nachweis sei nur durch solche Urkunden möglich (arg. § 39 Grundbuchordnung). Keiner Hervorhebung bedürfe es, daß eine die Vertretungsmacht bestätigende Erklärung des Vertretenen auch zu Protokoll des Vollstreckungsgerichtes abgegeben werden könne. 2 Vgl. §§ 106 ff BGB. 388
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Der dritte Satz des Entwurfes müsse aus denselben Gründen gestrichen werden, welche für die Streichung des § 48 Abs. 2 des Entwurfes einer Grundbuchordnung maßgebend gewesen seien (Prot. S. 13397— 14000). Es handele sich hier immer um öffentliche Urkunden (z. B. § 1645 Abs. 2 des Entw. des B.G.B.3). II. der § 60 des Entwurfes lautet: „Die nachträgliche Erklärung eines im eigenen Namen aufgetretenen Bieters, daß er für einen Anderen geboten habe, gilt als Abtretung der Rechte aus dem Gebote, sofern die Vertretungsmacht des Bieters oder die Genehmigung des Vertretenen nach Maßgabe des § 59 nachgewiesen wird." Beantragt war: 1. § 60 hier zu streichen. (NB. Es wird beabsichtigt, zum § 72 Abs. 2 die Fassung zu beantragen: „Hat der Meistbietende das Recht aus dem Meistgebote an einen Dritten abgetreten und dieser die Verbindlichkeit aus dem Meistgebote übernommen, so ist der Zuschlag nicht dem | Meistbietenden, sondern dem Dritten zu ertheilen mit der Maßgabe, daß dieser und der Meistbietende als Gesammtschuldner haften. Die Erklärungen des Meistbietenden und des Dritten müssen in dem Versteigerungstermine abgegeben oder gerichtlich oder notariell beglaubigt eingereicht sein. Ein Gleiches gilt, wenn der Meistbietende nachträglich erklärt hat, daß sein Gebot als in Vertretung eines Dritten abgegeben gelten soll und entweder die Vertretungsmacht des Meistbietenden nach Maßgabe des § 59 nachgewiesen ist oder der Dritte die Vertretung genehmigt hat.")
ZVG-VE § 60
2. zu bestimmen: „Wenn ein Bietender, welcher den Willen, für einen Anderen zu bieten, nicht kundgegeben hat, in dem Versteigerungstermine erklärt, daß er für einen Anderen geboten habe, und die Vertretungsmacht oder Genehmigung nach Maßgabe der Vorschriften des § 59 nachgewiesen ist, so gilt das Gebot, sofern der Vertreter Sicherheit geleistet hat, als Gebot des Anderen. Die von dem Vertreter geleistete Sicherheit bleibt bestehen. Hat der Vertreter keine Sicherheit geleistet, so findet die Vorschrift des ersten Absatzes nur Anwendung, wenn der Andere, für welchen das Gebot abgegeben wurde, entweder keine Sicherheit zu leisten hat oder dieselbe auf Verlangen leistet." | eventuell, (d. h. für den Fall, daß auf § 72 des Entwurfes — nach dem Antrage Nr. 1 — eingegangen und Nennung eines anderen Erstehers auch nach dem Versteigerungstermine zugelassen werden sollte) im Abs. 1 statt „in dem Versteigerungstermine" zu setzen „vor dem Zuschlage" und als Abs. 2 zu bestimmen: „Hat der Vertreter keine Sicherheit geleistet, so findet die Vorschrift des ersten Absatzes nur Anwendung, wenn der Andere, für welchen das Gebot abgegeben wurde, nach § 54 Abs. 2 keine Sicherheit zu leisten hat oder die Sicherheit gleichzeitig mit der Erklärung geleistet wird." Man verständigte sich, daß hier zunächst nur über die dem Entwürfe und den Anträgen zu Grunde liegenden Prinzipien beschlossen werden, die weitere Berathung aber gemäß dem Antrag Nr. 1 bis zum § 72 des Entwurfes ausgesetzt bleiben solle.
v. Mandry (Nr 76, 2)
3 Vgl. S§ 1789, 1791 BGB. 389
Kurlbaum (Nr 75, 3)
| Prot 1 14043
|ProtI 14044 v. Mandry (Nr 80,1)
Quellen zur Entstehung des ZVG Hierauf wurde unter Annahme des Antrages Nr. 1 sachlich beschlossen: „Der Meistbietende hat die Befugniß, nicht bloß im Versteigerungstermine, sondern bis zum Zuschlage das Recht aus dem Meistgebote an einen Dritten, welcher die Verbindlichkeit aus dem Meistgebote übernimmt, mit dem Erfolge abzutreten, daß der Zuschlag nicht dem Meistbietenden, sondern dem Dritten zu ertheilen ist. Dieser und der Meistbietende haften für die Erfüllung des Gebotes als Gesammtschuldner. Ein Gleiches gilt in Ansehung der von dem Meistbietenden nachträglich abgege| Prot 1 14045 benen Erklärung, daß sein Gebot als in Ver-1 tretung eines Dritten abgegeben gelten soll. Erwogen war: Nach der Erfahrung seien die Fälle häufig, daß Jemand lediglich durch die Umstände gedrängt, nämlich um seine Forderung gegen den Schuldner oder seine nicht gute Hypothek zu retten, zum Bieten auf das Grundstück sich veranlaßt sehe, jedoch keineswegs in der Absicht, das Grundstück, falls er Meistbietender bleibe, zu behalten, vielmehr in der Absicht, das Grundstück, dessen Erwerb und Behalten ihm im Hinblick auf seine ökonomische Lage nicht passe, sobald als möglich wieder an einen Dritten loszuschlagen. Daneben ständen die gleichfalls nicht seltenen Fälle, in welchen der Ersteher aus beachtenwerthen Gründen zunächst seinen Namen nicht nennen wolle und deshalb einen Anderen vorschiebe, welcher für ihn, aber in eigenem Namen, biete; z. B. wenn der Fiskus oder eine Kommune bieten wolle und befürchten müsse, daß, weil die Betheiligten wissen oder davon ausgehen, der Fiskus oder die Kommune können sich den Erwerb des Grundstückes nicht entgehen lassen, der Preis bei der Versteigerung übermäßig hinaufgetrieben werde. In Betracht komme noch der Fall, daß Jemand im Interesse eines Dritten, vielleicht Abwesenden oder sonst Verhinderten, für denselben als negotiorum gestor jedoch in eigenem Namen als Bieter aufzutreten sich veranlaßt sehe. Die Rücksicht auf solche Fälle habe in der Gesetzgebung mehrfach (vgl. preußisches Gesetz § 83 Abs. 2, bayrische Subhastationsordnung vom 23. Februar 1879 Art. 76) zu der positiven Bestimmung geführt, daß eine Abtretung der Rechte aus dem Meistgebote an einen Dritten, welcher zugleich die Verbindlichkeit aus dem Meistgebote übernehme, mit | Prot 1 14046 der Maßgabe zulässig sei, daß der Zuschlag nicht dem Meistbietenden, sondern | dem Dritten ertheilt werden müsse. Das Bedürfniß des Verkehres, welches in der gleichen Weise auch im französischen Rechte („command") Anerkennung und Befriedigung gefunden habe, erfordere in der That dringend die Berücksichtigung der gedachten Fälle. Dem Bedürfnisse werde nicht genügt, falls nach Maßgabe des Antrages Nr. 2 die betreffende Erklärung des Meistbietenden nur bis zum Schlüsse des Versteigerungstermines zugelassen würde. Sie müsse möglich sein bis zum Zuschlage. Bei dieser Ausdehnung der Befugniß bleibe zwar möglich, daß sie von Spekulanten, namentlich um die doppelten Veräußerungsgebühren zu ersparen gemißbraucht werde. Diese Gefahr komme jedoch gegenüber den hervorgehobenen häufigen Fällen, in welchen es sich um die Wahrung eines sehr beachtenswerthes Interesses handele, nicht ausschlaggebend in Betracht. In Ansehung des letzteren aber komme der Rücksicht auf die Veräußerungskosten nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Dagegen falle schwer in's Gewicht, daß dem Meistbietenden ohne die Zulassung der Uebertragung die Möglichkeit der Veräußerung bis zur Eintragung seines Erwerbes in das Grundbuch entzogen sein würde. Derselben Beurtheilung müsse aber der Fall unterliegen, wenn der Meistbietende nachträglich erkläre, daß er für einen Anderen geboten habe bezw. daß sein Gebot als in Vertretung eines An390
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
deren abgegeben gelten solle. Die Bestimmung im §116 Abs. 2 des Entw. des B.G.B.4 stehe dieser Gleichstellung nicht entgegen. Es handele sich, wie bemerkt, um eine positive Bestimmung zu Gunsten eines dringlichen Interesses. In Ansehung der im Antrage Nr. 1 bejahten Frage, ob der Meistbietende neben dem Dritten, also als Gesammtschuldner, für die Erfüllung des Gebotes haftbar bleiben solle, komme in Betracht, daß der Standpunkt des An-1 träges Nr. 2, gemäß | Prot 1 14047 welchem der Bieter frei von jeder Verpflichtung werden solle, wenn derjenige, für welchen das Gebot als abgegeben gelten solle, nur die etwa noch nicht erfolgte Sicherheitsleistung nachhole, mit der Ausdehnung der Befugniß der Abtretung an den Dritten oder der Benennung des Dritten bis zum Zuschlage kaum verträglich sei. Entscheidend für die Bejahung der Frage sei aber die Rücksicht auf das Interesse der Betheiligten, insbesondere der Hypothekengläubiger, weil sie von dem Nichtüberbieten des Meistbietenden im Termine lediglich mit Rücksicht auf seine Person, welche ihnen genügende Garantie, namentlich hinsichtlich der wirtschaftlichen Haltung des Grundstückes, geboten, Abstand genommen haben könnten, und jedenfalls der Bieter einmal haftbar geworden sei. An der Person des Bieters habe insbesondere auch der Exekutionsschuldner ein Interesse wegen der von dem Ersteher zu übernehmenden persönlichen Verbindlichkeiten. Daß aber derjenige, welchem an Stelle des Bieters der Zuschlag zu ertheilen sei, auch die Verbindlichkeiten des Erstehers zu tragen habe, werde durch das Interesse der Betheiligten an der Haftung des Grundstückes für die Erfüllung des Meistgebotes erfordert. Dies sei auch der Standpunkt des preußischen Rechtes (§ 83 Abs. 2). Ob die Erweiterung der Rechte der Betheiligten durch juristische Konsequenz zu rechtfertigen sei, könne dahingestellt bleiben. III. Beantragt war, folgende Bestimmung aufzunehmen: Kurlbaum „Ein Gebot des Richters oder des Gerichtsschreibers, vor welchem die Verstei- (Nr 75, 4) gerung stattfindet, ist unwirksam." | (NB. Beabsichtigt ist bei den Vorschriften über den Zuschlag und dessen An- | Prot I 14048 fechtung dem § 468 des Entw. des B.G.B.5 noch weiter gerecht zu werden.) Der Antrag wurde angenommen in der Erwägung: Die Bestimmung des § 468 des Entwurfes des B.G.B, passe auf die im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgende Versteigerung eines Grundstückes nicht. Dies folge schon daraus, daß eine nachträgliche Genehmigung des Gebotes des Richters oder Gerichtsschreibers (vgl. § 468 Abs. 2, 3) nicht als angängig erscheine (siehe Beschluß zum § 59, S. 14040) und davon selbstverständlich nicht die Rede sein könnte, daß der Richter oder der Gerichtsschreiber im Termine die sämmtlichen Betheiligten um ihre Einwilligung zum Gebot zu ersuchen und diese Einwilligung etwa selbst zu beurkunden hätten. Auf die Regelung durch die Landesgesetzgebung (siehe Motive S. 97 ff.) dürfe man nicht abstellen. Die Landesgesetzgebung könne ohne speziellen Vorbehalt nur Disziplinarbestimmungen treffen. Erforderlich sei, um das Interesse zu wahren, welches für die Vorschrift im § 468 maßgebend gewesen, eine reichsgesetzliche Regel mit bestimmter civilrechtlicher Wirkung. Als solche empfehle sich die in dem Antrage vorgeschlagene (vergl. code civil art. 1596, württembergisches Ausführungsgesetz zur C.P.O. vom 18. August 1879 Art. 31). Dieselbe treffe nur die direkten Gebote des Richters oder des Gerichtsschreibers. Ob und in wel-
* Vgl. S 164 BGB. 5 Vgl. SS 456, 458 BGB.
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Quellen zur Entstehung des ZVG eher Weise dem Bieter derselben durch Zwischenpersonen zu begegnen sei, werde später zu prüfen sein. | Prot I 14049 IV. Der § 61 des Entwurfes lautet : ZVG-VE „Die Versteigerung darf nicht vor Ablauf einer Stunde seit der Aufforderung § 61 zur Abgabe von Geboten geschlossen werden. Die Versteigerung ist so lange fortzusetzen, bis der Aufforderung des Richters ungeachtet ein weiteres Gebot nicht mehr abgegeben wird. Vor dem Schlüsse der Versteigerung hat der Richter das letzte Gebot vernehmlich bekannt zu machen. Der Schluß der Versteigerung ist zu verkünden." Der §61 fand aus den in den Motiven S. 90 ff. angegebenen Gründen die Genehmigung der Kommission. Betreffend die Fassung wurden im Abs. 2 Satz 1 das Wort „weiteres" und im Abs. 2 Satz 2 das Wort „vernehmlich" als entbehrlich gestrichen. Kurlbaum (Nr 75, 5)
V. Es lag der Antrag vor, zu bestimmen: „Hat ein Bieter, dessen Gebot zurückgewiesen ist, der Zurückweisung widersprochen, so erfolgt der Schluß der Versteigerung nur mit Vorbehalt weiterer Gebote des zurückgewiesenen Bieters und des Meistbietenden. Weitere Gebote des Meistbietenden gelten nur als für den Fall abgegeben, daß die Zurückweisung nicht gerechtfertigt war. Die Vorschriften des § 61 Abs. 2 finden auf diese Fortsetzung der Versteigerung Anwendung." v. Mandry Hierzu war beantragt, im zweiten Satze die Worte „des Meistbietenden" wegzu(Nr 80, 2) lassen; eventuell den zweiten Satz zu fassen: „Auf ein solches Gebot kann der Zuschlag nur erfolgen, wenn die Zurückweisung nicht gerechtfertigt war." Beschlossen wurde die Aufnahme folgender Bestimmung: | Prot 1 14050 Ist das höchste Gebot zurückgewiesen und hat der Bie-1 ter der Zurückweisung widersprochen, so erfolgt der Schluß der Versteigerung nur mit Vorbehalt weiterer Gebote des zurückgewiesenen Bieters und desjenigen, welcher das nächsthöchste Gebot abgegeben hat. Weitere Gebote gelten nur als für den Fall abgegeben, daß die Zurückweisung nicht gerechtfertigt war. Die Vorschriften des § 61 Abs. 2 finden auf diese Fortsetzung der Versteigerung Anwendung. Die Kommission hatte erwogen: Der Antrag bezwecke, im Anschlüsse an das preußische Gesetz § 68 Abs. 2, eine Vorschrift für den Fall, wenn nicht das Meistgebot, sondern ein früheres Gebot zurückgewiesen worden sei und der betreffende Bieter der Zurückweisung widersprochen habe. In der aus dem Antrag ersichtlichen Weise solle lediglich zu dem Zwecke, damit der zurückgewiesene Bieter nicht genöthigt werde, immer wieder zu bieten auf die Gefahr hin, immer wieder abgewiesen zu werden, also um das Verfahren von der Störung durch solche wiederholte Zurückweisungen frei zu halten, nach dem Schlüsse der Versteigerung ein besonders Ausgebot zwischen dem Zurückgewiesenen und dem Meistbietenden stattfinden. Allein, abgesehen davon, ob für diesen Fall nicht die Gebote dieser beiden Personen nur als bedingte zu behandeln wären, bestehe kein Bedürfniß der beantragten Bestimmung für denselben. Dem zurückgewiesenen Bieter könnte trotz der Zurückweisung, da diese nur sein Gebot, nicht seine Person treffe, doch nicht verwehrt werden, immer wieder zu bieten. Auf diesen Weg sei er auch zu verweisen; er könne hiernach den Gang der Versteigerung abwarten und brauche erst schließlich 392
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
das höchste Gebot abzugeben. Dagegen erscheine eine besondere Bestimmung im Sinne des Antrages für den Fall zweckmäßig, wenn das Meistgebot zurückgewiesen worden sei, der Bieter des | Meistgebotes hiergegen protestirt habe. Weil in Folge |Proti 14051 der Zurückweisung der hinter dem letzteren stehende Bieter als derjenige anzusehen sei, welcher das Meistgebot abgegeben habe, müsse diesem die Möglichkeit eröffnet werden, sofort für den Fall, daß die Zurückweisung des Meistgebotes nicht als gerechtfertigt erfunden werde, in Konkurrenz mit dem Zurückgewiesenen weiter zu bieten und das Meistgebot zu überbieten. Für diesen Fall aber sei zu bestimmen, daß die Gebote Beider als nur für den im Antrage bezeichneten Fall abgegeben gelten, daß nämlich die Zurückweisung nicht gerechtfertigt gewesen sei. Erforderlich sei auch die Anwendung des § 61 Abs. 2 auf diese fortgesetzte Versteigerung. VI. Der § 62 des Entwurfes lautet: ZVG-VE „Ist in dem Versteigerungstermine ein zulässiges Gebot nicht abgegeben, so gilt §62 dasselbe, wie wenn das Verfahren auf den Antrag des Gläubigers eingestellt worden wäre." Beantragt war, 1. zu § 62 (hinter § 63) zu bestimmen: Kurlbaum „Ist in dem Versteigerungstermine ein Gebot nicht abgegeben oder sind alle ab- (Nr 79, 1) gegebenen Gebote ohne Widerspruch zurückgewiesen, so ist das Verfahren einstweilen einzustellen. Wird die Fortsetzung des Verfahrens nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Versteigerungstermine beantragt, so gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen." v. Mandry 2. zu bestimmen: Abs. 1. „ I s t . . . (wie im Antrage 1) . . . zurückgewiesen, so ist das Verfahren ein- (Nr 80, 3) zustellen. Die Vorschriften des § 52 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 Satz 1, des § 53 Abs. 11 | Proti 14052 der vorläufigen Zusammenstellung finden entsprechende Anwendung. Abs. 2. „Trifft die im ersten Absätze bezeichnete Voraussetzung auch bei dem in Fortsetzung des Verfahrens anberaumten Versteigerungstermine zu, so gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen." [Die §§ 52, 53 der vorläufigen Zusammenstellung, Beschlüsse zu §§ 32, 33 des Entw., Prot. S. 13864, 13868, 13869, 13884, lauten: § 52. Ist das Verfahren eingestellt, so wird es nur auf Antrag des Gläubigers fortgesetzt. Der Antrag ist dem Schuldner und, wenn ein neuer Eigenthümer zu den Betheiligten gehört, auch diesem zuzustellen. Die Vorschriften des § 688 Abs. 2 der Civilprozeßordnung bleiben unberührt. Ist das Verfahren nach der Bekanntmachung des Versteigerungstermines eingestellt und die Fortsetzung vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung beantragt oder nach Maßgabe des § 688 Abs. 2 der Civilprozeßordnung von Amtswegen angeordnet, so finden, sofern in Ansehung des Versteigerungstermines die Vorschriften der §§ 38, 42 (§§ 25, 27 des Entw.) befolgt sind, die Vorschriften des § 47 Abs. 2 (§31 Abs. 2 des Entw.) entsprechende Anwendung. Der neue Versteigerungstermin darf jedoch nicht vor dem Tage des früheren stattfinden.
§ 53. Ist auf Antrag oder Bewilligung des Gläubigers oder nach Maßgabe des § 6 9 1 Nr. 4, 5 der Civilprozeßordnung das Verfahren eingestellt und wird nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung ein gerechtfertigter Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt, so gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen. 393
Quellen zur Entstehung des ZVG Der Versteigerungsantrag gilt auch dann als zurückgenommen, wenn die Einstellung des Verfahrens auf Grund einer Einwendung des Schuldners oder des angeblichen Rechtes eines Dritten von dem Prozeßgerichte angeordnet und erfolgt, die Anordnung aber wieder aufgehoben ist und nicht innerhalb dreier Monate seit der Aufhebung ein gerechtfertigter Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt wird. Auf die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes finden die Vorschriften des § 49 Abs. 3 (§ 33 Abs. 4 des Entw.) entsprechende Anwendung.] Beschlossen wurde: Ist in dem Versteigerungstermine ein Gebot nicht abgegeben oder sind alle abgegebenen Gebote ohne Widerspruch zurückgewiesen, so ist das Verfahren einzustellen. Wird die Fortsetzung des Verfahrens nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung beantragt oder tritt die im ersten Satze bezeichnete Voraussetzung zum zweiten Male ein, so gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen. | Prot I 14053 I Erwogen war: Die Bestimmung, daß, falls der Versteigerungstermin ergebnißlos verlaufen, das Verfahren nicht als erledigt zu betrachten, sondern auf Antrag des Gläubigers fortzusetzen, d. h. ein wiederholter Versteigerungstermin anzuberaumen sei, müsse aus den Gründen der Motive S. 92 f. gebilligt werden. Der Entwurf verweise auch im Uebrigen allgemein auf die Vorschriften, welche gelten für den Fall, daß das Verfahren auf Antrag des Gläubigers eingestellt worden sei. Der Antrag Nr. 2 führe diese Vorschriften, soweit dieselben nicht ausgeschlossen werden sollen, im Einzelnen auf. Demgegenüber bringe der Antrag Nr. 1 durch seine Fassung gleichfalls zum Ausdruck, daß jene Vorschriften, soweit sie passen, Anwendung zu finden haben und spreche nur das besonders aus, daß, wenn die Fortsetzung des Verfahrens nicht innerhalb der bestimmten Frist beantragt werde, der Versteigerungsantrag als zurückgenommen gelte. Die Verfahrensweise des Antrages Nr. 1 verdiene den Vorzug. Daraus, daß das Verfahren einzustellen sei, folge in der That die Anwendbarkeit der in dem Antrage Nr. 1 zitirten Bestimmungen. Nur die Vorschrift des § 53 Abs. 1 der vorläufigen Zusammenstellung, daß, wenn auf Antrag oder Bewilligung des Gläubigers das Verfahren eingestellt und nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung ein gerechtfertigter Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt werde, der Versteigerungsantrag als zurückgenommen gelte, müsse besonders ausgesprochen werden, da die im § 53 Abs. 1 bezeichnete Voraussetzung eine andere als die hier in Frage stehende, sei. Dagegen dürfe die dreimonatige Frist nicht mit dem Antrage Nr. 1 an den Versteigerungstermin angeknüpft, vielmehr müsse bestimmt werden, daß sie erst von der Einstellung an zu lau| Prot 1 14054 fen beginne. Dies sei die | Konsequenz der Bestimmung, daß das Verfahren einzustellen sei, da dies einen Beschluß des Gerichtes erfordere; überdies entspreche es der Vorschrift des § 53 Abs. 1 der vorläufigen Zusammenstellung. Der Entwurf bezwecke auch in Uebereinstimmung mit dem Antrage Nr. 2, daß die Einstellung des Verfahrens wegen der Erfolglosigkeit des Termines nur einmal, im Wiederholungsfalle aber die Aufhebung des Verfahrens eintreten solle, und der Antrag 2 bringe dies dahin zum Ausdruck, daß, falls auch der zweite Versteigerungstermin ergebnißlos verlaufe, der Versteigerungsantrag als zurückgenommen gelte, das ganze Verfahren also erledigt sei. Diese Bestimmung (vergl. württemb. Gesetz An. 16 Abs. 6) müsse gebilligt werden. Denn, wenn auch der wiederholte Versteigerungsversuch ergebnißlos verlaufe, so müsse als genügend feststehend angesehen werden, daß das Grundstück unverkäuflich sei. Die Undurchführbarkeit des Zwangsversteigerungsverfahrens liege in einem solchen Falle klar vor. Ein Grund, die Be394
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) schlagnahme des Grundstückes fortdauern zu lassen, liege nicht vor, könne auch nicht durch die Zustimmung der Betheiligten, deren Einfluß durch die Fassung der beschlossenen Vorschrift ausgeschlossen sei, ersetzt werden. Hierbei bleibe übrigens die Frage, ob der Gläubiger die Zwangsverwaltung beantragen könne, und welche Rechtsfolgen dieselbe habe, außer Betracht. In Ansehung der Fassung müsse vorerst dahingestellt bleiben, ob mit dem Antrage Nr. 1 im Hinblick darauf, daß die Civilprozeßordnung unter Einstellung die Aufhebung des Verfahrens verstehe, hier von einstweiliger Einstellung zu reden sei. Diese Frage sei gleichmäßig für alle in Betracht kommenden Fälle zu entscheiden. | Ueber die Stellung der Vorschrift (Antrag Nr. 1) wurde der Beschluß bis zur |ProtI 14055 Erledigung des § 63 vorbehalten. VII. Die §§ 63 bis 90 des Entwurfes tragen die Ueberschrift: ZVG-VE „ Verhandlung über den Zuschlag, Urtheil, Beschwerde." § 63 Der § 63 lautet: „Nach dem Schlüsse der Versteigerung sind die in dem Termine anwesenden Betheiligten über die Ertheilung des Zuschlages zu hören. Ein Widerspruch gegen die Ertheilung des Zuschlages, sowie die zu seiner Begründung oder Entkräftung dienenden Thatsachen müssen in dem Termine vorgebracht werden. Auf Erklärungen, welche erst nach dem Abschlüsse des Versteigerungsprotokolles eingehen, sowie auf Vorbehalte und unbestimmte Erklärungen wird keine Rücksicht genommen. Oeffentliche Urkunden, durch welche der Beweis einer Zustellung geführt oder entkräftet werden soll, können bis zur Verkündung des Unheiles nachgebracht werden." Der § 63 wurde aus den Gründen der Motive S. 93ff. angenommen; jedoch soll Abs. 2 von „sowie" bis „müssen" lauten „sowie die zur Begründung oder Entkräftung des Widerspruches dienenden Thatsachen und Beweismittel müssen", ferner soll im Abs. 3 das Wort „erst" gestrichen und sollen im Abs. 4 die Worte „zur Verkündung des Unheiles" vorläufig durch „bis zum Zuschlage" ersetzt werden. Die Kommission war hierbei der Ansicht, daß die Vorschrift des ersten Absatzes immer und allgemein nach jedem Schlüsse der Versteigerung, ohne | Rücksicht auf den |ProtI 14056 Grund des Schlusses, namentlich also auch in den zum § 62 des Entwurfes behandelten Fällen, Anwendung zu finden habe. Immer seien die anwesenden Betheiligten über das Ergebniß der Versteigerung, über alles dasjenige zu hören, was die Frage des Zuschlages berühre. In Folge dessen wurde auch die Versetzung des § 62 hinter den § 63 beschlossen. VIII. Der § 64 des Entuwurfes lautet: ZVG-VE „Die Entscheidung über den Zuschlag unterbleibt und es wird ein neuer § 64 Versteigerungstermin bestimmt, wenn hierauf von einem Betheiligten, dessen Recht durch Ertheilung des Zuschlages benachtheiligt werden würde, angetragen wird und der Betheiligte sich verpflichtet, für die Wiedererreichung des Meistgebotes und für allen aus der Verzögerung entstehenden Nachtheil mit Einschluß der Mehrkosten zu haften, und für die Erfüllung dieser Verpflichtung Sicherheit geleistet wird. Die Höhe der Sicherheit ist nach dem Meistgebote zu bestimmen. Die Vorschriften des § 54 Abs. 2, des § 56 und des § 57 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung. 395
Quellen zur Entstehung des ZVG Für die Terminsbestimmung ist die Vorschrift des § 31 Abs. 2 maßgebend. Die Bekanntmachung des Termines ist auch dem Meistbietenden zuzustellen. In dem fortgesetzten Verfahren findet die Vorschrift des ersten Absatzes keine Anwendung." Kurlbaum Beantragt war, Abs. 1 und 2 zu fassen: (Nr 79, 2) „Auf Antrag eines Betheiligten, dessen Recht durch Ertheilung des Zuschlages benachtheiligt werden würde, ist der Zuschlag zu versagen und ein neuer Versteige| Prot 1 14057 rungstermin zu bestimmen, | wenn der Betheiligte sich verpflichtet, für die Wiedererreichung des Meistgebotes zu haften sowie den durch die Verzögerung des Zuschlages entstehenden Schaden, mit Einschluß der Mehrkosten, zu ersetzen, und wenn er zugleich wegen dieser Verbindlichkeiten nach Maßgabe des Meistgebotes und der Vorschriften des § 56 und des § 57 Abs. 1 Sicherheit leistet. Die nach dem § 54 Abs. 2 von der Sicherheitsleistung befreiten Personen haben auch in diesem Falle Sicherheit nicht zu leisten." Beschlossen wurde Annahme des Entwurfes Abs. 1, 2 in der Fassung des Antrages. Die Kommission trat den in den Motiven S. 94 niedergelegten Gründen im Wesentlichen bei und erklärte insbesondere ihr Einverständniß damit, daß, falls auf den, in dem Termine gemäß § 63 zu stellenden, Antrag eines Betheiligten nach Maßgabe des § 64 ein neuer Termin anberaumt werde, die in dem früheren Termine abgegebenen Gebote ebenso, wie in den im § 58 des Entwurfes bezeichneten Fällen, erlöschen müßten. Einverstanden war die Kommission auch damit, daß im Falle des § 64 (nach Entwurf und Antrag) die sonst landesgesetzlich zulässige Sicherheitsleistung durch Bürgschaft nicht stattfinde. In Ansehung der Fassung wurde der Antrag vorgezogen, durch welchen besonders klar ausgedrückt werde, daß in dem in Rede stehenden Falle der Zuschlag zu versagen, also eine die Versagung aussprechende Entscheidung von dem Vollstrekkungsgericht zu treffen sei; daraus ergebe sich das Erlöschen der Gebote deutlicher. | Prot 1 14058 In Ansehung der Haftung des Betheiligten für die Wie-| dererreichung des Meistgebotes herrschte Uebereinstimmung der Ansichten darüber, daß der Betheiligte, wenn in dem neuen Termine nur ein geringeres Gebot als im früheren Termine erzielt und hierfür der Zuschlag ertheilt werde, die Differenz zu ersetzen habe, während die Frage, wie die Haftung zu gestalten sei für den Fall, wenn in dem neuen Termine überhaupt kein Gebot erzielt oder das Verfahren in anderer Weise erledigt werde, weiterer Berathung vorbehalten blieb. Auch die Berathung der Absätze 3, 4 des Entwurfes wurde auf die folgende Sitzung ausgesetzt.
833. Sitzung vom 30.11. 1888, Schriftführer: Börner |ProtI 14059
Kurlbaum (Nr 84, 2)
| Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. I. Beantragt war, in der Prot. S. 14049, 14050 als § 61 a beschlossenen Bestimmung
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
a) statt der Worte „und hat der Bieter der Zurückweisung widersprochen" zu setzen: „, der Zurückweisung aber widersprochen"; b) statt der Worte „des zurückgewiesenen Bieters" zu setzen: „desjenigen, welcher das höchste Gebot"; c) zwischen dem zweiten und dritten Satze einzuschalten: „Ein Gleiches gilt, wenn der Zulassung des höchsten Gebotes widersprochen, dieses aber nicht | zurückgewiesen ist". | Prot 1 14060 und den ersten und zweiten Satz durch einen Strichpunkt zu verbinden. Der Antrag fand mit der Maßgabe Annahme, daß zu a) statt der bezeichneten Worte gesetzt werden soll: „der Zurückweisung aber von dem Bieter oder einem Betheiligten widersprochen." Man ging davon aus: Der erste Satz der Prot. S. 14049, 14050 ersichtlichen Bestimmung sei insofern zu eng, als die aufgestellte Norm auch dann gelten müsse, wenn nicht der Bieter, wohl aber ein Betheiligter der Zurückweisung des höchsten Gebotes widersprochen habe. Die unter a) vorgeschlagene Fassung trage dieser Erwägung Rechnung. Der Deutlichkeit des Gesetzes werde es aber förderlicher sein, diejenigen Personen, von welchen ein solcher Widerspruch ausgehen könne, ausdrücklich zu bezeichnen. Die besondere Erwähnung des Bieters als Widerspruchsberechtigten empfehle sich außerdem schon deshalb, weil in den vorhergehenden Vorschriften nur von einem Widerspruchsrechte der Betheiligten die Rede sei und hieraus gefolgert werden könnte, daß auch in der gegenwärtigen Bestimmung es sich nur um einen Widerspruch seitens dieser handele. Die unter b) angeregte Aenderung schließe der bisherigen Sprachweise sich mehr an und sei auch durch den unter c) beantragten und gebilligten Zusatz geboten. Die Berechtigung des letzteren habe von keiner Seite Anfechtung erfahren. Die für die in Rede stehende Vorschrift maßgebenden Gründe träfen im Falle des nicht berücksichtigten Widerspruches gegen die Zulassung des höchsten Gebotes ebenmäßig zu. Selbstverständlich sei für diesen Fall der zweite Satz der Vorschrift dahin zu lesen, daß weitere Gebote nur als für den Fall ab| gegeben gälten, daß der Widerspruch nicht gerechtfertigt war. Die Fassung des |ProtI 14061 Einganges des Zusatzes „Ein Gleiches gilt" deute dies zur Genüge an. II. Zur Erledigung der bei der Berathung des § 64 Abs. 1, 2 des Entwurfes (S. 14058) offen gelassenen Frage, ob etwas Besonderes für den Fall vorzusehen sei, daß in dem auf Antrag eines Betheiligten bestimmten anderweiten Versteigerungstermine ein Gebot, für welches der Zuschlag ertheilt werden könne, überhaupt nicht erzielt werde, lagen die Anträge vor: 1. die zum § 64 Abs. 1, 2 Prot. S. 14057 beschlossene Bestimmung dahin zu ändern: „Auf Antrag eines Betheiligten . . . sich verpflichtet, im Falle der Nichtabgabe eines Gebotes in dem neuen Versteigerungstermine sich das Grundstück um das bisherige Meistgebot zuschlagen zu lassen, im Falle der Erzielung eines geringeren Gebotes den Minderbetrag zu bezahlen, sowie in beiden Fällen den durch die Ver397
Quellen zur Entstehung des ZVG
zögerung des Zuschlages entstehenden Schaden mit Einschluß der Mehrkosten zu ersetzen und wenn er zugleich . . . nicht zu leisten." 2. zwischen Satz 1 und Satz 2 der beschlossenen Bestimmung einzuschalten: „Im Falle der weiteren Versteigerung gilt für dieselbe das bisherige Meistgebot als ein von dem Betheiligten abgegebenes Gebot." eventuell an gleicher Stelle aufzunehmen: „Wird bei der weiteren Versteigerung ein Gebot, für welches der Zuschlag ertheilt werden kann, nicht abgegeben, so gilt für dieselbe das bisherige Meistgebot | Prot 1 14062 als ein von den Be-1 theiligten abgegebenes Gebot." 3. von der Aufnahme einer besonderen Bestimmung abzusehen. Zur Unterstützung des Antrages unter 3 wurde bei der Berathung geltend gemacht: Werde in dem weiteren Versteigerungstermine ein zulässiges Gebot nicht abgegeben, so treffe nach dem bisher gefaßten Beschlüsse den Betheiligten, auf dessen Antrag der neue Termin anberaumt worden sei, die Verpflichtung, für den Schaden einzustehen, welcher daraus sich ergebe, daß das in dem früheren Termine erzielte Meistgebot, von welchem der betreffende Bieter durch die Aufhebung des Termines frei geworden, nicht erreicht sei. Hieraus ergebe sich anscheinend die Unbilligkeit, daß der Betheiligte gewissermaßen den Preis des Grundstückes zu bezahlen habe und doch das Grundstück nicht erhalte. In Wirklichkeit handele es sich aber nur um eine Schädigung des betreibenden Gläubigers, und diesem gegenüber sei der Betheiligte in der Lage, gegen die Leistung des Ersatzes die Abtretung seiner Forderung, soweit sie gedeckt werde, zu verlangen. Es könne daher unbedenklich bei dem bisher Beschlossenen bewenden. Der vorausgesetzte Fall sei zudem ein so seltener, daß er nicht zum Gegenstande besonderer Regelung gemacht zu werden brauche. Von anderer Seite wurde dem Hauptantrage unter 2 entgegengehalten: Wenn der bisherige Bieter in dem neuen Versteigerungstermine sein früheres Meistgebot wiederhole und der Antragsteller nicht mehr biete, so sei es unbillig und durch nichts begründet, daß der bisherige Bieter verdrängt und dem Antragsteller der Zuschlag ertheilt werde. Vielmehr sei durch Wiederholung des Meistgebotes | Prot 1 14063 von Seiten des bisherigen Bieters die Verpflichtung des | Antragstellers, für die Wiedererrichtung des Meistgebotes zu haften, gegenstandslos geworden und reduzire sie sich auf den Ersatz des durch die Verzögerung des Zuschlages entstehenden Schadens. Man könne nicht sagen, der bisherige Bieter sei berechtigt, mehr zu bieten; dazu habe er keine Veranlassung, im Gegenteil müsse der Antragsteller, wenn er den Zuschlag verlange, mehr bieten. Der hier erwähnte Fall betreffe auch durchaus nicht einen Nebenpunkt, sondern sei der Hauptfall; denn, wenn ein höheres Gebot als das bisherige Meistgebot erfolge, so erledige sich die Sache von selbst. Das Ergebniß der Berathung war: Nachdem der Antragsteller zu 1 erklärt hatte, daß er seinen Antrag mit Rücksicht auf den unter 2 gestellten eventuellen Antrag nicht weiter verfolge, wurde der Antrag unter 3 sowie der eventuelle Antrag unter 2 abgelehnt, der Hauptantrag unter 2 dagegen mit dem Vorbehalte angenommen, daß bei der Redaktion noch näher zu prüfen sei, ob das Verhältniß der gebilligten Bestimmung zu der in dem früheren Beschlüsse angenommenen Verpflichtung des Betheiligten, für die Wiedererreichung des Meistgebotes zu haften, zu verdeutlichen beziehungsweise eine Ausgleichung der beiden Sätze herbeizuführen sei. 398
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Die Kommission war der Ansicht: Es erscheine nicht rathsam, von jeder Vorsorge für den immerhin eigenartigen Fall, daß in dem weiteren Versteigerungstermine ein Gebot, für welches der Zuschlag erfolgen könne, überhaupt nicht erzielt werde, Abstand zu nehmen. Die Vorsorge werde aber angemessener nicht unmittelbar durch eine lediglich auf diesen Fall sich beschränkende Vorschrift im Sinne des eventuellen Antrages unter 2 getroffen, sondern mittelbar durch die allgemeine, dem Hauptantrage unter 2 ent| sprechende Bestimmung, daß bei jeder auf Antrag eines Betheiligten erfolgten Be- | Prot 1 14064 Stimmung eines weiteren Versteigerungstermines das bisherige Meistgebot als ein von dem Betheiligten abgegebenes Gebot zu gelten habe. Es liege in dieser Bestimmung nicht nur eine zweckentsprechende weitere Ausführung des früheren Beschlusses in Ansehung der Haftung des Betheiligten für die Wiedererreichung des Meistgebotes, sondern zugleich auch eine wesentliche Vereinfachung der anderenfalls sich möglicher Weise erheblich verwickelnden Rechtsbeziehungen. Sollte allerdings der Fall eintreten, daß das geringste Gebot in der Zwischenzeit dergestalt sich erhöht habe, daß das beim bisherigen Meistgebote entsprechende Gebot als ein zulässiges Gebot sich nicht mehr darstelle, so müsse es bei der allgemeinen Verpflichtung des Betheiligten, für den Schaden zu haften, bewenden. Den gegen eine derartige Regelung vorstehend erhobenen Einwendungen könne entscheidendes Gewicht nicht beigelegt werden. Der bisherige Meistbietende habe in Folge der Aufhebung des Versteigerungstermines ein Recht auf den Zuschlag nicht erlangt, und in dem an ihn gestellten Ansinnen, den Betheiligten in dem zweiten Termine zu überbieten, liege keine Unbilligkeit, da das frühere Meistgebot wohl immer ein solches sein werde, welches dem Werthe des Grundstückes auch nicht annähernd entspreche. Der von anderer Seite geäußerten Besorgniß, die Bestimmung könne den Sinn und die Tragweite des früheren Beschlusses über die Haftung des Betheiligten für die Wiedererreichung des Meistgebotes verdunkeln, werde durch eine angemessene Fassung bei der Redaktion der Boden zu entziehen sein. Der Abs. 3 des § 64 des Entwurfes fand dahin Annahme: | Die Vorschriften des § 31 Abs. 2 (vgl. Prot. S. 13858) finden entsprechende An- | Prot 1 14065 wendung. Der Beschluß, durch welchen der neue Versteigerungstermin bestimmt wird, ist auch dem Meistbietenden zuzustellen. Der Abs. 4 des § 64 wurde in der Fassung des Entwurfes gebilligt. Ueber die Angemessenheit der Bestimmungen bestand kein Zweifel. III. Beantragt war, als § 64 a zu bestimmen: „Der Zuschlag ist dem Meistbietenden zu ertheilen.
Planck 1)
Ein Gebot wird nicht berücksichtigt, wenn dasselbe zurückgewiesen und gegen die Zurückweisung ein Widerspruch nicht erfolgt oder derselbe unbegründet ist. Das Gleiche gilt in Ansehung eines zugelassenen Gebotes, wenn der Zulassung widersprochen und der Widerspruch begründet ist. Ist nach Maßgabe der Vorschriften des zweiten Absatzes das höchste Gebot nicht zu berücksichtigen, so gilt als Meistgebot das nächsthöhere Gebot, welches nicht erloschen und nach den Vorschriften des zweiten Absatzes zu berücksichtigen ist. Ist die Zurückweisung wegen des Mangels der Vertretungsmacht (des für den Bietenden aufgetretenen Vertreters) oder wegen des Mangels der Einwilligung oder Genehmigung eines Dritten oder einer Behörde erfolgt, so ist der Widerspruch 399
Quellen zur Entstehung des ZVG
auch dann für unbegründet zu erklären, wenn der Mangel nachträglich vor der | Prot 114066 Entscheidung über den | Zuschlag geheilt wird." 1 Der Antrag wurde absatzweise berathen. a) Der erste Absatz, dessen Schwerpunkt darin zu finden ist, daß der Meistbietende ein Recht auf den Zuschlag hat, sofern nicht für einzelne Fälle etwas Besonderes bestimmt wird, wurde allseitig als richtig anerkannt. Die Meinungen gingen nur darüber auseinander, ob der Satz in das Gesetz aufzunehmen sei. Die Kommission entschied sich gegen die Aufnahme. Die Gründe waren: Der Umstand, daß im §90 des Entw. des B.G.B.2 sowie in §718 der C.P.O. neuer Fassung (Art. 11 des Einf.Ges.) dem Meistbietenden ein Recht auf den Zuschlag im Zweifel abgesprochen werde, lege anscheinend nahe, den für die Zwangsversteigerung von Grundstücken maßgebenden gegentheiligen Grundsatz im Gesetze besonders hervorzuheben. Auch könne eine solche Hervorhebung gegenüber der Möglichkeit, daß in einzelnen Rechtsgebieten bisher eine Auswahl unter den Bietern stattgefunden habe, von Werth erscheinen. Allein das Gesetz werde schon an sich diesen Grundsatz zur Genüge ergeben. Dahin gehöre vornehmlich die zum § 34 des Entwurfes Prot. S. 13873 beschlossene Bestimmung, daß der betreibende Gläubiger den Versteigerungsantrag nur bis zum Schlüsse des Versteigerungstermines zurücknehmen könne. Ferner werde das Recht des Meistbietenden auf den Zuschlag noch besonders bei den Vorschriften über die Anfechtung des Zuschlages und die Beschwerde gegen denselben (vgl. § 76 des Entw.) zum Ausdrucke gelangen. b) Die Abs. 2 und 3 wurden von dem Antragsteller im Laufe der Berathung durch folgenden Vorschlag ersetzt: | Prot 1 14067 | „Kann der Zuschlag für das höchste Gebot nicht ertheilt werden, so gilt als Meistgebot das nächsthöchste nicht erloschene Gebot." Der Vorschlag fand sachlich keinen Widerspruch, während späterer Entscheidung vorbehalten blieb, ob die Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen sei, da erst nach Erledigung der §§ 65 bis 67 des Entwurfes sich übersehen lassen werde, ob die Aufnahme nothwendig sei bezw. in welcher Gestalt dieselbe zu erfolgen habe. c) Der Abs. 4 wurde von dem Antragsteller vorläufig zurückgezogen. ZVG-VE IV. Die §§ 65 bis 67 des Entwurfes wurden mit Rücksicht auf die zu denselben § 65 vorliegenden Anträge gemeinsam der Berathung unterstellt. Dieselben lauten: § 65. „Der Zuschlag ist von Amtswegen zu versagen 1. wenn durch ihn eine Vorschrift des bürgerlichen Rechtes verletzt werden würde; 2. wenn die Veräußerung des Grundstückes gegen ein im öffentlichen Interesse erlassenes Veräußerungsverbot verstoßen würde oder das Verfahren eingestellt ist; 3. wenn ein Betheiligter, dessen Recht durch die Ertheilung des Zuschlages be| Prot 1 14068 nachtheiligt werden würde, zu dem Versteigerungstermine nicht gehörig | geladen worden ist, es sei denn, daß er in dem Termine erschienen ist oder nachträglich der ungehemmten Fortsetzung des Verfahrens zugestimmt hat;
1 Im metallographierten Antrag fehlen Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3. 2 Vgl. § 156 BGB.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
4. wenn entgegen der Vorschrift des § 31 Abs. 1 der Versteigerungstermin nicht aufgehoben ist; 5. wenn eine der im § 25, § 27 Abs. 1, 2, 6, § 28 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 3 1 Abs. 2, im § 59 und im § 61 Abs. 1 enthaltenen Vorschriften verletzt ist." § 66. „der Zuschlag ist zu versagen, wenn von einem Betheiligten, welcher durch ZVG-VE die Ertheilung des Zuschlages benachtheiligt werden würde, ein begründeter 5 66 Widerspruch erhoben ist. Der Widerspruch ist außer in den Fällen des § 65 nur begründet: 1. wenn die Zwangsversteigerung des Grundstückes oder ihre Fortsetzung nicht zulässig ist; 2. wenn der Vorschrift des § 53 Satz 3 nicht genügt ist; 3. wenn das Gebot, f ü r welches der Zuschlag verlangt wird, nach den Vorschriften der §§ 54 bis 57 nicht zugelassen werden durfte; 4. wenn Jemand, welcher den Meistbietenden überboten hat, den Zuschlag für das mit Unrecht zurückgewiesene Uebergebot verlangt." | § 67. „Bei der Entscheidung darüber, ob ein Betheiligter durch die Ertheilung | Prot I 14069 des Zuschlages benachtheiligt werden würde, ist im Zweifel davon auszugehen, daß ZVG-VE von den ihm selbst zustehenden, sowie von den vor seinem Ansprüche zu berichti- § 6 7 genden Zinsen und anderen wiederkehrenden Leistungen außer den laufenden Beträgen Rückstände nach Maßgabe der §§ 92, 94 und daß Ansprüche, deren Geldbetrag unbestimmt ist, mit dem zulässigen Höchstbetrage zu berechnen sind. Eine Benachtheiligung des Betheiligten ist nicht anzunehmen, wenn für dessen Anspruch Sicherheit in Geld oder Werthpapieren nach der Vorschrift des § 57 Abs. 1 oder mit einer an dem Grundstücke eingetragenen, durch das Meistgebot gedeckten Briefhypothek oder Grundschuld geleistet wird. Die Sicherheit haftet dem Berechtigten auch ohne dessen Annahme. Demselben ist jedoch die Leistung der Sicherheit von Amtswegen bekannt zu machen." Seitens des Referenten war beantragt, im § 66 Abs. 2 der Nummer 1 hinzuzufügen: „; ein Widerspruch, welcher auf Grund einer erst nach Eintragung der Ver- Johow steigerungsanordnung erfolgten Eintragung erhoben ist, wird nur berücksichtigt, (Nr 78, 2) wenn diese Eintragung spätestens im Versteigerungstermine vor dem Schlüsse der Versteigerung nachgewiesen wird;" (Zum Ersatz des gestrichenen § 36 des Entw.) Im Uebrigen gingen die Anträge dahin: 1. zum § 65.
Planck (Nr 82, 2)
a) die Nr. 1 durch folgende Bestimmung zu ersetzen:
| „ 1. Wenn durch das Meistgebot eine dem Inhalte desselben entsprechende Ver- I Prot I 14070 bindlichkeit f ü r den Bieter nicht begründet wird oder der letztere das Eigenthum des Grundstücks nicht erwerben kann. 1. a) wenn das Meistgebot auf Bedingungen erfolgt ist, welche von den gesetzlichen abweichen, es sei denn, daß die Abweichung nach Maßgabe der zum § 38 des Entwurfes beschlossenen Bestimmung gültig vereinbart ist." b)die Nr. 4 dahin zu fassen: „wenn entgegen der Vorschrift des § 3 1 Abs. 1 der Versteigerungstermin nicht aufgehoben ist, es sei denn, daß der Schuldner oder der neu eingetretene E i g e n t ü mer der Fortsetzung des Verfahrens nachträglich zugestimmt hat." 401
Quellen zur Entstehung des ZVG
v. Mandry (Nr 83, 1)
| Prot I 14071
v. Mandry (Nr 83, 2)
Kurlbaum (Nr 84, 1)
| Prot I 14072
c) in der Nr. 5 das Allegat des § 59 zu streichen. d) dem Paragraphen folgenden zweiten Absatz hinzuzufügen: „Beruht in den unter 1 bezeichneten Fällen die Unverbindlichkeit des Meistgebotes auf dem Mangel der Vertretungsmacht oder der Einwilligung oder Genehmigung eines Dritten oder einer Behörde, so ist der Zuschlag nicht zu versagen, wenn der Mangel vor der Entscheidung über den Zuschlag geheilt wird." 2. a) zum § 65 zu bestimmen: „Der Zuschlag ist von Amtswegen zu versagen 1. wenn der Versteigerungsantrag zurückgenommen oder das Verfahren (einstweilen) eingestellt ist; 2. wenn das Gebot den Bietenden nicht bindet; 3. wenn das Gebot unter Bestimmungen, | welche von den Bestimmungen des Ausgebots abweichen, abgegeben ist; 4. wenn die Veräußerung des Grundstückes gegen ein im öffentlichen Interesse erlassenes Veräußerungsverbot verstoßen würde; 5. wenn ein Betheiligter . . . wie in Nr. 3 des Entwurfes. 6. wenn eine der Vorschriften verletzt ist, welche im § 37 Abs. 1, in den §§ 38, 42, 43, im § 47 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 22, — der vorl. Zusst. —, im § 53 Satz 33, im § 59 und im § 61 Abs. 1 des Entwurfes enthalten sind." (Anm. Von den in Nr. 6 enthaltenen Paragraphen ist § 37 Abs. 1 neu, § 53 des Entwurfes aus § 66 herübergenommen, § 47 der vorl. Zusst. zum Ersätze der ausgefallenen Nr. 4 bestimmt.) zum § 66 Abs. 2 zu bestimmen: „Nr. 1 wenn die Anordnung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen oder die Zwangsversteigerung des Grundstückes nicht zu beschließen oder die angeordnete Zwangsvollstreckung oder Zwangsversteigerung aufzuheben oder einzustellen gewesen wäre; Nr. 1 ajwenn eine die Feststellung des geringsten Gebotes oder der Rechte und Pflichten des Erstehers betreffende Vorschrift nicht beobachtet worden ist." 3. statt der §§ 65 bis 67 zu bestimmen: „a) (§ 66 Abs. 2 Nr. 3, 4) Der Widerspruch gegen Ertheilung des Zuschlages auf ein bestimmtes Gebot kann nur darauf gestützt werden, 1. daß das Gebot mit Recht zurückgewiesen | ist oder hätte zurückgewiesen werden sollen; 2. daß ein höheres noch nicht erloschenes Gebot abgegeben ist und kein Grund zur Zurückweisung desselben vorliegt. b) (§ 66 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1,2) Der Widerspruch gegen jede Ertheilung des Zuschlages kann, unbeschadet der Vorschriften des § 64 und des § a, nur darauf gestützt werden: 1.daß die Zwangsvollstreckung überhaupt oder die Versteigerung des Grundstückes nicht zulässig ist oder nicht fortgesetzt werden durfte; 2. daß der Beschluß, durch welchen der Versteigerungstermin bestimmt ist, nicht den Vorschriften des § 25 entspricht oder nicht nach den Vorschriften des § 27 Abs. 1, 2, 6 bekannt gemacht ist;
3
„Satz 3" ist im metallographleren Antrag nicht enthalten.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
3. daß eine der Vorschriften über die Versteigerungsfrist und über die Dauer der Versteigerung verletzt ist; 4. daß der unter Nr. 2 bezeichnete Beschluß einem Betheiligten, dessen Recht durch den Zuschlag benachtheiligt werden würde, sofern die Zustellung hätte erfolgen sollen, nicht gehörig zugestellt ist; 5. daß eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebotes und über die Bestimmung der Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers verletzt ist. c) ( § 6 7 )
Im Sinne des § b Nr. 4 ist eine Benachtheiligung des Rechtes des Betheiligten als vorhanden anzunehmen, wenn nicht das Recht | des Betheiligten und alle demselben | Prot 1 14073 vorgehenden oder gleichstehenden Rechte durch das Meistgebot gedeckt werden. Im Zweifel ist anzunehmen, daß wiederkehrende Leistungen als laufende und rückständige Ansprüche, deren Geldbetrag unbestimmt ist, mit dem zulässigen Höchstbetrage zu decken sind. Die Benachtheiligung ist nicht als vorhanden anzunehmen, wenn für den Anspruch des Betheiligten in Geld- oder Werthpapieren Sicherheit geleistet wird. Die Sicherheitsleistung kann durch Uebergabe an den Richter erfolgen. Die §§ 200, 201 des Bürgerlichen Gesetzbuches 4 finden Anwendung. Der Betheiligte ist von der Sicherheitsleistung zu benachrichtigen. d) Der Widerspruch gegen Ertheilung des Zuschlages kann nicht auf einen Grund gestützt werden, welcher das Recht des Widersprechenden nicht betrifft. e) (S 65). Der Zuschlag ist von Amtswegen zu versagen: 1. wenn pp. (wie § 65 Nr. 2), 2. wenn einer der im § b Nr. 2 bis 5 bezeichneten Umstände vorliegt, es sei denn, daß in den Fällen der Nr. 4, 5 die Betheiligten, deren Rechte durch die Ertheilung des Zuschlages benachtheiligt werden würden, in dem Versteigerungstermine erschienen sind, oder der Ertheilung des Zuschlages nachträglich zugestimmt haben. f) (S 65 Nr. 5.) Der Zuschlag auf ein bestimmtes Gebot ist von Amtswegen zu versagen, wenn | | Prot 1 14074 das Gebot nach dem § 59 zurückgewiesen ist oder hätte zurückgewiesen werden sollen, es sei denn, daß die Thatsache, von welcher die Wirksamkeit des Gebotes abhängig ist, nach Maßgabe des § 59 nachträglich nachgewiesen ist." Hinsichtlich des Ganges der Berathung verständigte man sich dahin, daß die einzelnen Fragen in der Reihenfolge des Entwurfes bezw. im Anschlüsse an dieselbe zu erledigen sein, daß aber damit der Anordnung des Stoffes sowie der Fassung der beschlossenen Bestimmungen in keiner Weise vorgegriffen sein solle. Von einer Seite war dabei Verwahrung gegen die Ausführung in den Motiven S. 95 eingelegt worden, daß der maßgebende Gesichtspunkt für die Scheidung zwischen den Fällen, in welchen der Zuschlag von Amtswegen, und den Fällen, in welchen der Zuschlag nur in Folge eines begründeten Widerspruches zu versagen sei, in der größeren oder geringeren Wichtigkeit der Vorschriften, welche durch die Ertheilung des Zuschlages verletzt werden würden, zu suchen sei, da das entscheidende Moment vielmehr darin liege, daß in gewissen Fällen nur die Rechte bekannter Personen zu schützen und diese Personen selbst in der Lage gewesen seien, ihre Rechte wahrzunehmen. "Vgl. S§ 233, 234 BGB.
403
Quellen zur Entstehung des ZVG A. Der § 65 des Entwurfes behandelt die Fälle, in welchen der Zuschlag von Amtswegen versagt werden muß. 1. Mit der Nr. 1 des § 65 stehen im Zusammenhange die Anträge unter 1 a Nr. 1, 1 a, unter 2 a Nr. 2, 3, unter 3 b Nr. 5, e Nr. 2, f. a. Abgelehnt wurde die Nr. 1 des § 65. | Prot 1 14075 | Man war der Ansicht: In den Motiven S. 27 werde mit Recht davon ausgegangen, daß ein prinzipieller Ausspruch über die rechtliche Natur der Zwangsversteigerung (Verkauf, prozessuales Rechtsgeschäft, staatlicher Akt, u.s.w.) in das Gesetz nicht- aufzunehmen sei. Nehme man aber diesen Standpunkt ein, so sei die Vorschrift in Nr. 1 des Entwurfes, welche auf die Verletzung einer Vorschrift des bürgerlichen Rechtes abstelle, nicht haltbar. In Ermangelung der Hervorhebung des leitenden Prinzipes seien vielmehr die sachlichen Voraussetzungen des Zuschlages in dem Gesetze ausdrücklich zu bestimmen. Die N r . 1 des § 65 gebe übrigens auch sonst noch zu Bedenken Anlaß, die indessen auf sich beruhen könnten. b. Beschlossen wurde, zu bestimmen: Der Zuschlag ist von Amtswegen zu versagen: a) wenn das Gebot den Bieter nicht bindet, b) wenn der Bieter das Grundstück nicht erwerben kann. Der Prüfung bei der Redaktion wurde vorbehalten, ob nicht statt „wenn das Gebot den Bieter nicht bindet" besser zu sagen sein werde „wenn das Gebot unwirksam ist". O f f e n blieb die Entscheidung darüber, ob der Beschluß später in der Weise zum Ausdruck zu bringen sein werde, daß den früheren Vorschriften über die Zurückweisung des Gebotes eine weitere Vorschrift angeschlossen werde, welche die Zurückweisung auch bei dem Vorhandensein der einen oder anderen der bezeichneten Voraussetzungen vorschreibe, an dieser Stelle dagegen eine Bestimmung des Inhaltes aufgenommen werde, daß der Zuschlag von Amtswegen zu versagen sei, | Prot 1 14076 wenn das Gebot mit Recht zurückgewiesen sei | oder hätte zurückgewiesen werden sollen (vergl. Antrag unter 3 a Nr. 1, 7). Erwogen war: Die materielle Voraussetzung des Zuschlages sei vor Allem, daß das abgegebene Meistgebot f ü r den Bieter bindend bezw. überhaupt wirksam sei. Mit dem Antragsteller zu 3 das Gewicht lediglich darauf zu legen, daß das Gebot hätte zurückgewiesen werden sollen, erscheine nach Lage der Sache nicht angängig. Die zum § 59 des Entwurfes Prot. S. 14040 beschlossene Bestimmung, welche der Antragsteller vornehmlich im Auge habe, sei lediglich eine Beweisvorschrift, und wenn dieselbe auch mittelbar diejenigen Fälle mitretten möge, in welchen die für die Wirksamkeit des Gebotes maßgebenden Thatsachen der daselbst bezeichneten Art überhaupt nicht beigebracht würden, so blieben doch immer noch verschiedene Fälle ungedeckt, insbesondere diejenigen, in welchen der Bieter geschäftsunfähig oder das Gebot wegen wesentlichen Irrthums u.s.w. nichtig sei. Eine nothwendige Voraussetzung des Zuschlages bilde des Weiteren, daß der Bieter das Grundstück zu erwerben im Stande sei. Absolute Unfähigkeit könne namentlich nach den insoweit in Kraft bleibenden Landesgesetzen (Einf.Ges. Art. 49 Abs. 25) bei juristischen Personen, insbesondere bei denen des Auslandes, in Frage kommen. Aber auch diejenigen Fälle seien in Betracht zu ziehen, in welchen eine juristische Person, ein Religiöse, 5 Vgl. Art. 86 EGBGB. 404
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) ein Ausländer u.s.w. das Grundstück nur mit Genehmigung einer Behörde u.s.w. erwerben könne. c. Beschlossen wurde, zu bestimmen: Der Zuschlag ist von Amtswegen zu ver-| sagen, wenn eine der Vorschriften |ProtI 14077 über die Feststellung des geringsten Gebotes und über die Bestimmung der Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers verletzt ist. Die Angemessenheit der Bestimmung, welche in der Fassung an bisherige Beschlüsse anknüpft, war nur insofern in Frage gezogen worden, als nach derselben die Zulässigkeit des Zuschlages auch von der Beobachtung aller die Festsetzung des geringsten Gebotes betreffenden Vorschriften abhängig sein soll. Zur Sprache kam namentlich der Abs. 4 der zum § 49 Abs. 1 des Entwurfes Protokolle S. 13992ff. beschlossenen Bestimmung, nach welchem die berücksichtigten Rechte und Ansprüche einzeln zu bezeichnen sind. Man nahm indessen an, daß auch diese Vorschrift zur Wahrung des materiellen Rechtes der Betheiligten diene, weil die im Falle der Verletzung dieser Vorschrift verbleibende Unbestimmtheit eine Verletzung materieller Rechte enthalten könne, und daß daher bei deren Nichtbeobachtung mit Grund der Zuschlag zu verweigern sei. d. Der unter c gebilligten Vorschrift soll die Beschränkung beigefügt werden (vergl. den Antrag unter 3 e Nr. 2): es sei denn, daß die Betheiligten, deren Rechte durch die Verletzung benachteiligt werden würden, in dem Versteigerungstermine erschienen sind oder nachträglich zugestimmt haben. Die Einschränkung beruhte auf der Erwägung: Wenn auch der Richter die Pflicht habe, bei Feststellung des geringsten Gebotes und der Bestimmungen über die Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers alle hierher gehörenden Vorschriften zu | beachten, so handele es sich doch nur um die | Protl 14078 Rechte bestimmter Personen. Die Personen könnten zwar darauf rechnen, daß der Richter auch ihre Rechte wahrnehme, aber, wenn sie in dem Termine erschienen, so sei von ihnen mit Recht zu verlangen, daß sie die Wahrnehmung ihrer Rechte nicht außer Acht lassen, und sei deshalb mit dem Unterlassen des Widerspruches der Rechtsverlust zu verbinden. Ferner seien zwar nach der zum 5 63 des Entwurfes Prot. S. 14055 gebilligten Bestimmung in der Regel diejenigen Thatsachen und Erklärungen, auf Grund deren der Zuschlag zu erfolgen habe, bis zum Schlüsse des Versteigerungstermines vorzubringen. Es erscheine jedoch unbedenklich, in den Fällen, in welchen ein von Amtswegen zu berücksichtigender Mangel vorliege, die Heilung dieses Mangels durch eine entsprechende Erklärung des verletzten Betheiligten auch noch nach diesem Zeitpunkte und bis zur Ertheilung des Zuschlages zuzulassen. Es werde damit zugleich einem anerkannten praktischen Bedürfnisse Rechnung getragen. Wie es sich zu gestalten habe, wenn der Mangel nicht von Amtswegen, sondern nur auf den Widerspruch eines Betheiligten hin Berücksichtigung zu finden habe, sei hier nicht zu entscheiden. Anlangend die Fassung, so brauche nicht mit dem Antragsteller zu 3 speziell davon gesprochen zu werden, daß der betreffende Betheiligte der Ertheilung des Zuschlages zugestimmt habe; es lasse sich sogar die Korrektheit dieser Ausdrucksweise in Zweifel ziehen, da in Wirklichkeit die Zustimmung sich nur auf die vorliegende Abweichung von den maßgebenden Vorschriften beziehen könne. e. Die Anträge unter 1 a Nr. 1 a und unter | 2 a Nr. 3 wurden abgelehnt. Man | Prot 1 14079 erachtete den ersteren durch den unter c gefaßten Beschluß für gedeckt und hielt 405
Quellen zur Entstehung des ZVG
die seltenen Fälle, für welche der zweite Antrag Bedeutung habe, nicht für dazu angethan, eine solche besondere Bestimmung zu rechtfertigen. f. Der unter b beschlossenen Bestimmung, daß der Zuschlag von Amtswegen zu versagen sei, wenn das Gebot für den Bieter nicht bindend sei oder der Bieter das Grundstück nicht erwerben könne, soll der Zusatz gegeben werden: es sei denn, daß die Thatsache, von welcher die Wirksamkeit des Gebotes abhängig ist, nach Maßgabe der zum § 59 des Entwurfes S. 14040 beschlossenen Bestimmung nachträglich nachgewiesen ist. Die Billigung des Zusatzes (vergl. Antrag unter 3 ff.) erfolgte im Wesentlichen aus denselben praktischen Rücksichten, auf welchen der Beschluß unter d beruht.
834. Sitzung vom 3.12. 1888, Schriftführer: Börner | Prot 1 14081
|Die Berathung der SS 65 bis 67 des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Beantragt war noch, in dem Antrage unter 3e (Prot. S. 14073) an die Stelle der Nr. 1 zu setzen: Kurlbaum „1. wenn das Verfahren eingestellt ist oder der Versteigerungstermin nach dem (Nr 86) §31 Abs. 1 hätte aufgehoben werden sollen; 1. «Jwenn die Veräußerung gegen ein im öffentlichen Interesse erlassenes Veräußerungsverbot verstoßen würde oder ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht vor oder gleichzeitig mit der Eintragung der Versteigerungsanordnung eingetragen ist." (Anm. Zu vergl. §38 Nr. 5, §50 Abs. 2 der vorl. Zusst.1, §§ 1072, 871 (135)3, 1829 des B.G.B.4, Art. 37 des Einf.Ges.5) 1. Zur Nr. 2 des § 65 des Entwurfes wurde beschlossen, a. entsprechend dem | Prot 1 14082 Entwürfe, dem Antrage unter 2 a Nr. 4 (Prot. S. 14071) und dem vorstehenden | Antrage, zu bestimmen: Der Zuschlag ist von Amtswegen zu versagen, wenn die Veräußerung des Grundstückes gegen ein im öffentlichen Interesse erlassenes Veräußerungsverbot verstoßen würde. Ueber die Richtigkeit der Bestimmung bestand kein Zweifel. Im Uebrigen war erwogen: Die Bestimmung könne vielleicht schon durch die Prot. S. 14075 unter b beschlossene Vorschrift für gedeckt erachtet werden, daß der Zuschlag von Amtswegen zu versagen sei, wenn der Bieter das Grundstück nicht erwerben könne. Das Gesetz gewinne indessen wesentlich an Deutlichkeit, wenn der Fall des Entgegenstehens eines im öffentlichen Interesse erlassenen Veräußerungsverbotes besonders hervorgehoben werde, zumal jene Vorschrift leicht dahin verstanden werden könnte, daß sie nur die Fälle einer in der Person des Bieters bestehenden Erwerbsunfähigkeit im Auge habe. Der Ausdruck „ein im öffentlichen Interesse erlassenes Ver1 Vgl. 43, 104 der unter A I V wiedergegebenen „Zusammenstellung". 2 Vgl. SS 135f. BGB. 3 Vgl. S 161 BGB. t Vgl. S 2115 BGB. s Vgl. Art. 61 EGBGB.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
äußerungsverbot" werde keinem Mißverständnisse begegnen. Die von einer Seite angeregte Fassung „ein Veräußerungsverbot, welches nicht nur zum Schutze des Interesses bestimmter Personen dient", möge den Gegensatz zu dem im § 107 des Entw. des B.G.B. 6 behandelten relativen Veräußerungsverbote schärfer zum Ausdruck bringen, leide aber an einer Schwerfälligkeit, die besser vermieden werde. b. Im Einklänge mit dem vorstehenden Antrage unter 1 a soll bestimmt werden: Der Zuschlag ist von Amtswegen zu versagen, wenn ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht vor oder gleichzeitig mit der Eintragung der Versteigerungsanordnung eingetragen ist. Der Redaktion blieb die P r ü f u n g vorbehalten, ob in An- | sehung des Falles, daß | Prot 1 14083 ein relatives Veräußerungsverbot eingetragen sei, die Vorschrift der weiteren Verdeutlichung bedürfe. Die G r ü n d e waren: Nach dem § 107 Abs. 4 des Entw. des B.G.B, dürfe der Gegenstand, auf welchen ein relatives Veräußerungsverbot sich beziehe, wegen eines persönlichen Anspruches oder auf Grund eines Rechtes, welches in Folge des Verbotes unwirksam sein würde, nicht veräußert werden. Aehnliche Bestimmungen fänden sich im § 871 Abs. 2 des Entw. des B.G.B, in Ansehung des auflösend bedingten Eigenthums an Grundstücken und im § 1829 Abs. 1 daselbst 7 in Ansehung der Nacherbfolge. Nicht minder kämen die im Art. 37 des Entw. des Einf.Ges. berührten Rechtsverhältnisse in Betracht. Sei die entsprechende Beschränkung des Exekutionsschuldners vor oder gleichzeitig mit der Eintragung der Versteigerungsanordnung in das Grundbuch eingetragen, so habe das Grundbuchamt nach dem Beschlüsse zum § 17 des Entw.Prot. S. 13767 ff. das Vollstreckungsgericht anläßlich der Mittheilung der Eintragung der Versteigerungsanordnung von der eingetragenen Beschränkung in Kenntniß zu setzen und das Vollstreckungsgericht müsse, wenn sich darnach ergebe, daß die Versteigerung nicht anzuordnen gewesen wäre, das Verfahren sofort von Amtswegen aufheben (Beschluß zum § 18 des Entw. Prot. S. 13768 ff.). Das Letztere habe auch dann zu geschehen, wenn erst im Laufe des Verfahrens hervortrete, daß ein Recht der fraglichen Art der Versteigerung entgegenstehe (Beschluß zum § 35 des Entw. Prot. S. 13873ff.). Es erscheine aber sachgemäß, die Berücksichtigung eines solchen Rechtes, ungeachtet des Abs. 3 der zum § 35 des Entw. Prot. S. 13873ff. beschlossenen Vorschrift, auch noch bei der Entscheidung über den Zuschlag zu gestatten und demgemäß, wenn der Fall eintrete, die Versagung d e s | Zuschlages von Amtswegen vorzuschreiben. Sei die fragliche |ProtI 14084 Beschränkung nicht eingetragen, so schlage die Nr. 5 des zum § 25 des Entw. Prot. S. 12830ff. angenommenen Bestimmung ein, und es sei Aufgabe des betreffenden Berechtigten, sein Recht rechtzeitig anzumelden. Anlangend die Fassung, so habe man in Frage gezogen, ob in Ansehung eines relativen Veräußerungsverbotes von einem der Versteigerung entgegenstehenden Rechte gesprochen werden könne, da dasselbe lediglich als eine Schutzmaßregel zu Gunsten eines vielleicht nur persönlichen Rechtes sich darstelle. Es könne diesem Bedenken eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden, obgleich die dem § 107 Abs. 4 des Entw. des B.G.B, gegebene Fassung zum Ausdruck bringe, daß der durch das Veräußerungsverbot Geschützte jedenfalls das Recht habe, der Zwangsvollstreckung zu widersprechen (Prot. S. 11650). Nehme man Anstoß, so seien neben der gegenwärtigen Vorschrift noch andere Vorschriften zu ändern, welche durch eine gleiche oder ähnliche Fas6 Vgl. Fn. 2. 7 Vgl. Fn. 4.
407
Quellen zur Entstehung des ZVG sung das relative Veräußerungsverbot mitzutreffen beabsichtigten (vergl. die Beschlüsse zu § 6 , § 2 5 N r . 5, § 3 5 des Entw., Prot. S. 13701 ff., S. 13830ff., S. 13873 ff.). Deshalb werde besser der Redaktion die Entscheidung hierüber anheimgestellt. Die bei der Berathung von einer Seite aufgeworfene Frage, wie es sich verhake, wenn der Verletzte im Versteigerungstermine erscheine oder nachträglich zustimme, gab zu dem Beschlüsse Anlaß, die Frage in Ansehung der Heilung des Mangels in diesem Falle wie auch in den noch zu erledigenden Fällen nicht speziell zu entscheiden, sondern später generell in's Auge zu fassen. c. Es soll bestimmt werden: Der Zuschlag ist von Amtswegen zu versagen, wenn das Verfahren eingestellt oder aufgehoben ist. | Pro: 1 14085
| Der Antragsteller zu 2 a Nr. 1 Prot. S. 14070 ließ gegenüber diesem Beschlüsse seinen Antrag, soweit er die erfolgte Zurücknahme des Versteigerungsantrages betrifft, fallen. Neben der Einstellung des Verfahrens hielt man die Erwähnung der Aufhebung des Verfahrens für geboten, weil nach dem bisher befolgten Sprachgebrauche unter Einstellung nur die einstweilige, nicht die endgütlitge Aufhebung des Verfahrens verstanden werde. 2. Zu der N r . 3 des § 65 des Entw. wurde im Laufe der Debatte beantragt: a) die Worte „dessen Recht durch die Ertheilung des Zuschlages benachtheiligt werden würde" zu streichen und der Vorschrift hinzuzusetzen: „Bleibt in dem unter 3 bezeichneten Falle das Recht des nicht gehörig Geladenen bestehen, so ist der Zuschlag nicht zu versagen; besteht das Recht in einer H y p o thek oder Grundschuld, so ist der Zuschlag nur dann zu versagen, wenn nicht das Recht des Betheiligten und alle demselben vorgehenden oder gleichstehenden Rechte durch das Meistgebot gedeckt werden. Im Zweifel ist anzunehmen, daß pp." (wie der Antrag unter 3c Prot. S. 14072). b) falls der Antrag unter 3 b Nr. 4 Prot. S. 14072 Billigung nicht finden sollte, zu bestimmen: „wenn der Beschluß, durch welchen der Versteigerungstermin bestimmt ist, einem Betheiligten, sofern die Zustellung hätte erfolgen sollen, nicht gehörig zugestellt ist, es sei denn, daß das Recht des Betheiligten bestehen bleibt oder, sofern das Recht in einer Hypothek oder Grundschuld oder in dem Ansprüche auf Zahlung einer Geldsumme besteht, durch das Meistgebot gedeckt wird."
| Prot 1 14086
| Einvernehmen bestand, daß in Folge des Beschlusses unter l b am Ende (S. 14084) auf den Schlußsatz der Nr. 3 „es sei denn, daß u.s.w." vorerst nicht einzugehen sei. Das Ergebniß der Berathung war, daß der Antrag unter 3b Nr. 4 Prot. S. 14072 abgelehnt und der vorstehende unter b ersichtliche Antrag angenommen wurde, womit der sachlich im Wesentlichen gleiche Antrag unter a und der Entw. als erledigt galten. Der Redaktion blieb die Prüfung überlassen, ob zur Bezeichnung des Rechtes des betreibenden persönlichen Gläubigers ein passenderer Ausdruck als „Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme" zu finden sein werde. Meinungsverschiedenheit bestand in sachlicher Hinsicht nur über die durch die vorersichtlichen Anträge angeregte Frage, ob und inwieweit zur besonderen Voraussetzung der Versagung des Zuschlages zu machen sei, daß der nicht gehörig ge408
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.- 19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) ladene Betheiligte durch die Ertheilung des Zuschlages in seinem Rechte benacht e i l i g t werden würde. Die Kommission war der Ansicht: Werde diese Voraussetzung allgemein aufgestellt, so müsse jeder in Frage kommende Betheiligte noch besonders die Thatsachen darthun, aus welchen hervorgehe, daß er durch den Zuschlag benachtheiligt würde. Hierzu liege jedenfalls in Ansehung des nicht gehörig geladenen Schuldners, der durch den Zuschlag sein Grundstück verliere und bei anderweiter Versteigerung ein höheres Gebot erzielen könne, kein Anlaß vor. Das Erforderniß sei aber auch für diejenigen Berechtigten nicht am Platze, welche ein anderes Recht als eine Hypothek oder eine Grundschuld am Grundstücke hätten, und deren Recht, jenseits der Grenze des geringsten Gebotes liegend, entweder ausfallen oder doch eine Umwandlung in Geld erfahren würde. Die Möglichkeit, daß ein solcher Berechtigter, wenn | er richtig geladen worden wäre, für die Herbeiführung | Prot I 14087 eines höheren Meistgebotes hätte wirken beziehungsweise, wenn er durch dasselbe gedeckt werde, ein Ausgebot mit der Bestimmung hätte beantragen können, daß sein Recht bestehen bleibe, müsse genügen. Desgleichen sei von dem besonderen Nachweise der Gefährdung bei einem Hypothekengläubiger, Grundschuldgläubiger sowie bei dem betreibenden persönlichen Gläubiger abzusehen, soweit dieselben durch das Meistgebot nicht gedeckt seien. Anders liege es bei den letzteren, wenn das Meistgebot zu ihrer Deckung hinreiche, sowie bei denjenigen Berechtigten, deren Rechte bestehen blieben. Allerdings würden dieselben bei gehöriger Ladung im Stande gewesen sein, eventuell ihre Rechtslage noch dadurch zu verbessern, daß sie von dem Meistbietenden Leistung der erforderlichen Sicherheit hätten verlangen können. Allein die Rücksichtnahme hierauf laufe auf einen bedenklichen Formalismus hinaus. Auch wäre die Versagung des Zuschlages für alle die Fälle unpassend und grundlos, in welchen ein anderer, in dem Termine anwesender Betheiligter die Bewirkung der Sicherheitsleistung seitens des Bieters bereits veranlaßt habe. Es werde daher angemessen in Ansehung solcher Personen überhaupt an die mangelnde oder mangelhafte Ladung zum Versteigerungstermine nicht die Folge geknüpft, daß der Zuschlag zu versagen sei. 3. Die Nr. 4 des § 65 wurde allseitig als gerechtfertigt anerkannt und genehmigt. Bei der Redaktion soll erwogen werden, ob die Fassung des im Eingange mitgetheilten Antrages unter Nr. 1 den Vorzug verdiene beziehungsweise ob dem Antrage unter 2a Nr. 6 (Prot. S. 14071) gemäß die Bestimmung unter die folgende Nummer zu bringen sei. 14. Die in Nr. 5 des § 65 des Entwurfes und in den Anträgen 1 c, Prot. S. 14070, | Prot 1 14088 2 a Nr. 6 S. 14071, 3 b Nr. 2, 3 S. 14072 angeführten Vorschriften des Entwurfes oder in Bezug genommenen Vorschriften der vorläufigen Zusammenstellung haben nach der letzteren folgenden Inhalt: §37Abs. 1 (Entw. § 24, Prot. S. 13826, 13827). Nach Zustellung der Versteigerungsanordnung hat das Gericht den Versteigerungstermin zu bestimmen und öffentlich bekannt zu machen. § 38 (Entw. S 25, Prot. S. 13833ff.). Der Beschluß, durch welchen der Versteigerungstermin bestimmt wird, muß enthalten: 1. die Bezeichnung des Grundstückes nach der im Grundbuche enthaltenen Bezeichnung oder nach dem Grundbuchblatte; 2. Zeit und Ort des Versteigerungstermines; 3. die Angabe, daß die Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung erfolge; 409
Quellen zur Entstehung des ZVG
4. Die Aufforderung an diejenigen, welchen ein aus dem Versteigerungserlöse zu befriedigender Anspruch zusteht, diesen Anspruch, soweit derselbe oder dessen Betrag zur Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung aus dem Grundbuche nicht ersichtlich war, spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls der Anspruch bei der Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigt werden und bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses gegen die berücksichtigten Ansprüche zurücktreten werde; | Prot 1 14089 |5. die Aufforderung an diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht an dem Grundstücke oder an einer der mitzuversteigernden beweglichen Sachen haben, spätestens im Versteigerungstermine die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls in Ansehung des Rechtes der Versteigerungserlös an die Stelle des Grundstückes oder der beweglichen Sache treten werde. § 42 (Entw. § 27 Abs. 1, 2, 6, Prot. S. 13842, 13843, 13847, 13848) Die öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses erfolgt: 1. durch Anheftung an die Gerichtstafel; 2. durch Einrückung in das Blatt, welches zur Veröffentlichung amtlicher Bekanntmachungen des Gerichtes bestimmt ist. Ist das Gericht in Gemäßheit des § 8 zum Vollstreckungsgerichte bestellt worden, so ist die Anheftung an die Gerichtstafel bei allen betheiligten Amtsgerichten zu bewirken. Bei Grundstücken geringeren Werthes kann das Gericht anordnen, daß statt der Einrückung in das im ersten Absätze unter Nr. 2 bezeichnete Blatt die Anheftung in der Gemeinde, in deren Bezirke das Grundstück belegen ist, an die zu öffentlichen Bekanntmachungen bestimmte Stelle erfolgen soll. Ein nach den Vorschriften des ersten bis dritten Absatzes anzuheftendes Schriftstück soll bis zum Versteigerungstermine angeheftet bleiben. Auf die Gültigkeit der öffentlichen Bekanntmachung hat es keinen Einfluß, wenn das anzuheftende | Prot 1 14090 Schriftstück von dem Orte der Anheftung zu | früh entfernt ist. §43 (Entw. § 28, Prot. S. 13850). Die Frist zwischen dem Versteigerungstermine und dem Tage, an welchem die erste Einrückung des Beschlusses in das im § 42 Abs. 1 Nr. 2 bezeichnete Blatt oder im Falle des § 42 Abs. 3 die Anheftung derselben in der Gemeinde, erfolgt ist (Versteigerungsfrist), muß mindestens sechs Wochen betragen. $ 47(Entw. § 31, Prot. S. 13858). Ist das Verfahren nur in Folge des Beitrittes eines Betheiligten fortzusetzen, der Beschluß jedoch, durch welchen der Beitritt zugelassen wurde, dem Schuldner nicht so zeitig zugestellt, daß zwischen der Zustellung und dem Versteigerungstermine ein Zeitraum von zwei Wochen liegt, so ist der Termin aufzuheben und von Neuem zu bestimmen, sofern nicht der Schuldner der ungehemmten Fortsetzung des Verfahrens zustimmt. Gehört zu den Betheiligten ein neuer Eigenthümer des Grundstückes, so ist auch dessen Zustimmung erforderlich. Sind in Ansehung des früheren Versteigerungstermines die Vorschriften der §§ 38, 42 befolgt, so soll der neue Termin nicht über sechs Wochen hinaus bestimmt werden. Die Versteigerungsfrist muß mindestens drei Wochen betragen. § 79 (Entw. % 53, Prot. S. 14001) Die Aufforderung zur Abgabe von Geboten darf erst erfolgen, wenn der Richter 410
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) auf die nach dem § 78 eintretende Ausschließung aufmerksam gemacht hat und darauf eine Erklärung | nicht erfolgt ist. I ^rot *14091 § 87 {Entw. § 59, Prot. S. 14040) Ist die Wirksamkeit eines Gebotes von der Vertretungsmacht des Bieters oder von der Einwilligung oder Genehmigung einer anderen Person oder einer Behörde abhängig, so ist das Gebot zurückzuweisen, sofern nicht die Thatsache, von welcher die Wirksamkeit abhängig ist, bei dem Vollstreckungsgerichte offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden sofort nachgewiesen wird. § 89 (Entw. § 61, Prot. S. 14049) Die Versteigerung darf nicht vor Ablauf einer Stunde seit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten geschlossen werden. Die Versteigerung ist so lange fortzusetzen, bis der Aufforderung des Richters ungeachtet ein Gebot nicht mehr abgegeben wird. Vor dem Schlüsse der Versteigerung hat der Richter das letzte Gebot bekannt zu machen. Der Schluß der Versteigerung ist zu verkünden. Die Vorschriften wurden einzeln durchgegangen. Das Ergebniß war: a) die Entscheidung darüber, ob der § 37 Abs. 1 der vorläufigen Zusammenstellung unter den Vorschriften Aufnahme zu finden habe, deren Nichtbeobachtung zur Versagung des Zuschlages von Amtswegen zu führen hat, wurde mit Rücksicht auf einen in Aussicht gestellten Antrag, betreffend die Aenderung des § 47 der vorläufigen Zusammenstellung, vertagt. b) Keinen Widerspruch erfuhr, daß die Verletzung | einer der in § 38 und in § 43 | Prot I 14092 der vorläufigen Zusammenstellung enthaltenen Vorschriften die Versagung des Zuschlages von Amtswegen begründen solle. c) Hinsichtlich des § 42 der vorläufigen Zusammenstellung soll nur dem Verstoße gegen eine der in Abs. 1 bis 3 gegebenen Vorschriften diese Wirkung zukommen, während der Abs. 4 als Ordnungsvorschrift ausscheidet. d) Von dem § 47 der vorläufigen Zusammenstellung ist der Abs. 1 bereits durch den unter Ziffer 3 zu N r . 4 des § 6 5 des Entwurfes gefaßten Beschluß (S. 14087) gedeckt. Der Abs. 2 Satz 1 des § 47 erweist sich als eine Ordnungsvorschrift. Es hat daher nur noch der Abs. 2 Satz 2 als wesentlich Berücksichtigung zu finden. e) Auf gegebene Anregung wurde beschlossen, auch die Vorschrift des § 52 Abs. 2 Satz 2 der vorläufigen Zusammenstellung mit aufzunehmen. [Der Abs. 2 des § 52 der vorläufigen Zusammenstellung (Entw. § 32, Prot. S. 13864) lautet: Ist das Verfahren nach der Bekanntmachung des Versteigerungstermines eingestellt und die Fortsetzung vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung beantragt oder nach Maßgabe des § 688 Abs. 2 der Civilprozeßordnung von Amtswegen angeordnet, so finden, sofern in Ansehung des Versteigerungstermines die Vorschriften der 38, 42 befolgt sind, die Vorschriften des S 47 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Der neue Versteigerungstermin darf jedoch nicht vor dem Tage des früheren stattfinden.] f) Abgelehnt wurde, eine Versagung des Zuschlages von Amtswegen bei Nichtbeobachtung der Vorschrift des § 79 der vorläufigen Zusammenstellung eintreten zu lassen. Maßgebend war: Nach der Vorschrift des S 79 dürfe der Richter mit der Auffor411
Quellen zur Entstehung des ZVG derung zur Abgabe von Geboten erst dann vorgehen, wenn er auf die mit dieser Aufforderung verbundene Ausschließung der weiteren Anmeldung und Glaubhaftmachung von Rechten aufmerksam gemacht habe und hierauf eine Erklärung nicht | Prot 1 14093 er-1 folgt sei. Unterbleibe der Hinweis auf diese Wirkung der Aufforderung im Termine, so sei der darin liegende Verstoß für einen im Termine nicht erschienenen Betheiligten ohne Bedeutung. Wer im Termine nicht erscheine, begebe sich von selbst der Möglichkeit einer weiteren Anmeldung; eine besondere Ausschließung brauche nicht hinzuzutreten. Soweit aber die Betheiligten im Termine erschienen seien, liege es ihnen ob, den Verstoß sofort zu rügen und nötigenfalls dem Zuschlage zur widersprechen. Eine besondere Fürsorge von Amtswegen sei in dieser Richtung weder nothwendig noch am Platze. Der Fall gehöre sonach zu dem § 66 des Entwurfes, woselbst er auch im Abs. 2 Nr. 3 Berücksichtigung gefunden habe. g) Der § 87 der vorläufigen Zusammenstellung soll entsprechend dem Antrage unter 1 c, Prot. S. 14070, nicht aufgenommen werden, da die Hervorhebung desselben durch den Prot. S. 14079 unter f zu Nr. 1 des § 65 des Entwurfes beschlossenen Zusatz sich erledigt. h) Einvernehmen bestand, daß bei einer Verletzung des Abs. 1 oder des Abs. 2 Satz 1 des § 89 der vorläufigen Zusammenstellung der Zuschlag von Amtswegen zu versagen sei, während die Bestimmungen in Abs. 2 Satz 2, 3 nicht so wesentlich seien, daß einer Nichtbeobachtung derselben die gleiche Folge gegeben werden könne. i) Hinsichtlich der Fassung gab man dem Entwürfe (vergl. auch Antrag 2 a Nr. 6, Prot. S. 14071) wegen der größeren Genauigkeit den Vorzug vor dem Antrage unter 3 b Nr. 2, 3 (Prot. S. 14072) und zwar auch, nachdem der letztere dahin verbes| Prot 1 14094 sert war, daß in der Nr. 3 hinter „Vorschriften" ein- | gefügt werde: „des § 43, des § 47 Abs. 2 Satz 2 und des § 89 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 der vorläufigen Zusammenstellung". B. Uebergegangen wurde zur Berathung des § 66 des Entwurfes. 1. Der Abs. 1 fand dahin Genehmigung: Der Zuschlag ist zu versagen, wenn von einem Betheiligten ein gerechtfertigter Widerspruch erhoben ist. Der Zwischensatz des Entwurfes „welcher durch die Ertheilung des Zuschlages benachtheiligt werden würde" wurde mit dem Vorbehalt gestrichen, bei Ablehnung des den Satz deckenden Antrages unter 3d (Prot. S. 14073) auf denselben zurückzukommen. 2. Der Eingang des Abs. 2 des $ 66 erhielt folgende Fassung: Der Widerspruch ist nur gerechtfertigt,... Die Frage, ob mit dem Entwurf einzuschalten sei „außer in den Fällen des § 65" soll wegen ihres Zusammenhanges mit dem vorerwähnten Antrage unter 3d und mit der zum Theil noch unentschiedenen Frage über die Möglichkeit der Heilung der im § 65 berücksichtigten Mängel vorläufig noch offen bleiben. 3. Zu Nr. 1 des Abs. 2 des § 66 wurde beschlossen: wenn die Zwangsversteigerung nicht zulässig ist oder nicht fortgesetzt werden durfte. Man hatte erwogen: Die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung überhaupt (Antrag unter 3 b Nr. 1, Prot. S. 14072) bezw. der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Antrag unter 2b Nr. 1, Prot. S. 14071) brauche nicht beson412
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3 . 1889)
ders hervorgehoben zu werden. Wenn die Ausdrucksweise des Entwurfes wirklich, wie von | den Antragstellern besorgt werde, die Annahme nahe lege, daß nur die |ProtI 14095 Unzulässigkeit der Versteigerung des konkreten Grundstückes, nicht auch die Unzulässigkeit des Verfahrens als solchen gemeint sei, so werde dem schon dadurch abgeholfen, daß lediglich von der Unzulässigkeit der Zwangsversteigerung ohne Hinzufügung der Worte „des Grundstückes" gesprochen werde. Anerkannt könne ferner werden, daß die Vorschrift insofern etwas zu weit sei, als sie ihrer Fassung nach auch die bereits zu Nr. 2 des § 65 des Entwurfes (Prot. S. 14081) erledigten Fälle der erfolgten Einstellung und Aufhebung des Verfahrens, bei welchen eine Versagung des Zuschlages von Amtswegen eintrete, mitbegreife. Mißverständnisse seien indessen in dieser Hinsicht kaum möglich. Die in dem Antrage unter 2 b Nr. 1 (Prot. S. 14071) angestrebte Korrektheit erschwere - abgesehen davon, ob der Antrag den Fall decke, daß das Gericht das Verfahren fortsetze, obwohl der erforderliche Antrag nicht vorliege - die Verständlichkeit des Gesetzes. 4. Die Nr. 2 des Abs. 2 des § 66 wurde angenommen (vergl. den Beschluß Prot. S. 14092 untere). 5. Die Nr. 3 des Abs. 2 des § 66 soll folgende Fassung erhalten: wenn das Gebot, für welches der Zuschlag verlangt wird, nach den Vorschriften der §§ 54 bis 57 80 bis 84 der vorläufigen Zusammenstellung) hätte zurückgewiesen werden sollen. Der Antragsteller zu 3a Nr. 1 (Prot. S. 14071, 14072) hatte vor dem Beschlüsse erklärt, daß er bei dem Verlaufe, welchen die Berathung genommen habe, seinen Antrag in der ihm gegebenen Allgemeinheit jedenfalls zunächst nicht mehr aufrechterhalten könne. Die An-1 gemessenheit der Bestimmung hatte von keiner Seite | Prot 1 14096 Anfechtung erfahren. Der Frage, ob zum Audruck zu bringen sei, daß der Zuschlag nur für ein bestimmtes Gebot oder für ein jedes Gebot zu versagen sei, soll hier wie anderwärts nicht vorgegriffen sein. 6. Die Nr. 4 des Abs. 2 des § 66 (Antrag unter 3 a Nr. 2, Prot. S. 14072) wurde gestrichen. Man ging davon aus: Das Gericht, welches den Zuschlag nur für das Meistgebot ertheilen dürfe, habe von Amtswegen zu prüfen, welches Gebot das Meistgebot sei. Ergebe sich, daß der Zuschlag für das vorliegende höchste Gebot nicht erfolgen könne, so gelte nach dem Prot. S. 14066, 14067 unter Illb gefaßten Beschlüsse das nächsthöchste nicht erloschene Gebot als Meistgebot. Sei das höchste Gebot zurückgewiesen und habe der Bieter der Zurückweisung widersprochen, so habe der Richter bei jener Prüfung über die Beachtlichkeit des Widerspruches zu befinden. An die erfolgte Zurückweisung sei er selbstverständlich bei der Entscheidung über den Zuschlag nicht gebunden. Die Bestimmung der Nr. 4 erscheine demgegenüber entbehrlich. 7. Als neue Nummer soll dem Abs. 2 des § 66 hinzugefügt werden: wenn eine der Vorschriften des $ 90 Satz 1, 2 der vorläufigen Zusammenstellung verletzt ist. [Diese Vorschriften lauten: §90 (Prot. S. 14049, 14050, 14059, 14060). Ist das höchste Gebot zurückgewiesen, der Zurückweisung aber von dem Bieter oder einem Betheiligten widersprochen, so erfolgt der Schluß der Versteigerung nur mit Vorbehalt weiterer Gebote desjenigen, welcher das höchste Gebot und desjenigen, welcher das nächsthöchste Gebot abgegeben hat; weitere Gebote gelten nur als für den Fall abgegeben, daß die Zurückweisung nicht gerechtfertigt war. Ein Gleiches 413
Quellen zur Entstehung des ZVG
gilt, wenn der Zulassung des höchsten Gebotes widersprochen, dieses aber nicht zurückgewiesen ist.] | Prot 1 14097 | Man war einig, daß die Sätze 1 und 2 des § 90 der vorläufigen Zusammenstellung Bestimmungen enthielten, deren Nichtbeobachtung zu einem Widerspruche gegen die Ertheilung des Zuschlages berechtigen müßten. Der Satz 3 des § 90 könne hier nicht in Betracht kommen. 8. Abgelehnt wurde die Prot. S. 14069 zu Nr. 1 des Abs. 2 des § 66 als Ersatz des Prot. S. 13879 gestrichenen § 36 des Entwurfes beantragte Bestimmung. Die Ablehnung erfolgte in der Erwägung: Der Abs. 2 der zum § 35 des Entwurfes Prot. S. 13874ff. beschlossenen Bestimmungen lasse zur Genüge erkennen, daß auf Grund der nach der Eintragung der Versteigerungsanordnung erfolgten Eintragung eines der Fortsetzung der Versteigerung entgegenstehenden Rechtes Widerspruch gegen den Zuschlag erhoben werden könne, während hinsichtlich des Zeitpunktes, bis zu welchem der Widerspruch geltend zu machen sei, die Beschlüsse zum § 63 des Entwurfes Prot. S. 14055 das Erforderliche ergäben. 9. Annahme fand der Antrag unter 3 d (Prot. S. 14073), womit der Vorbehalt unter Ziffer 1 (Prot. S. 14094) sich erledigt. Die Kommission vermochte nicht den Mot. S. 99, 100 darin beizutreten, daß die Vorschrift gedeckt sei, wenn in dem § 66 Abs. 1 des Entwurfes die dasselbst vorläufig gestrichene Einschaltung „welche - benachtheiligt werden würde" aufgenommen würde; sie war vielmehr der Ansicht, die Vorschrift, die sich auch in der Mehrzahl der neueren Gesetze finde, habe eine erheblich weitere Tragweite und verdiene um so mehr Aufnahme, als sie für die Handhabung des Gesetzes von besonderer Bedeutung sei.
835. Sitzung vom 5. 12. 1888, Schriftführer: Börner | Prot 1 14099
Kurlbaum (Nr 88, 4)
| Prot I 14100
v. Mandry (Nr 91, 3)
| Die Berathung der §§65 bis 67 des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. I. Zur Erledigung der Prot. S. 14075 offen gelassenen Frage über die formale Behandlung des daselbst unter b ersichtlichen Beschlusses war beantragt: 1. hinter § 58 des Entwurfes einzuschalten: § x. „Ein unwirksames Gebot sowie das Gebot einer Person, welche das Grundstück nicht erwerben kann, ist zurückzuweisen." (NB. Es soll dafür gesorgt werden, daß ein früherer Bieter nicht durch Zulassung eines Uebergebotes, auf welches der Zuschlag nicht ertheilt werden kann, befreit wird. Der Antrag steht mit | den §§ 65, 66 insofern im Zusammenhang, als im Falle der Annahme die anscheinend selbstverständliche und deshalb bedenkliche Fassung vermieden werden kann, daß auf ein unwirksames oder nicht bindendes Gebot nicht zugeschlagen werden dürfe.) 2. für den Fall der Einschaltung eines die Zurückweisung des Gebotes betreff enden Paragraphen denselben zu fassen: „Ein Gebot, welches den Bieter nicht bindet sowie . . . " und den Paragraphen nicht hinter, sondern unmittelbar vor § 86 der vorl. Zusst. (Entw. § 58) oder vor § 80 (§ 54 des Entw.) einzufügen: 414
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
3. den zu § 59 des Entw. beschlossenen § 87 der vorl. Zusst. dahin zu fassen:
Planck
„Ein Gebot ist zurückzuweisen, wenn dasselbe unwirksam ist oder der Bieter das ^ Grundstück nicht erwerben kann. Ist die "Wirksamkeit des Gebotes oder die Möglichkeit des Erwerbes von der Vertretungsmacht desjenigen, welcher das Gebot für den Bieter abgegeben hat, oder von der Einwilligung oder Genehmigung einer anderen Person oder einer Behörde abhängig, so ist das Gebot zurückzuweisen, sofern nicht die Thatsache, von welcher die Wirksamkeit abhängig ist, bei dem Vollstreckungsgerichte offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden sofort nachgewiesen wird." Der vorerwähnte § 87 der vorl. Zusst. lautet in seiner jetzigen Fassung (vergl. S. 14091): „Ist die Wirksamkeit eines Gebotes von der Vertretungsmacht des Bieters oder von der Einwilligung oder Genehmigung einer anderen Person oder einer Behörde abhängig, so ist das Gebot zurück-1 zuweisen, sofern nicht die Thatsache, von wel- | Prot 114101 eher die Wirksamkeit abhängig ist, bei dem Vollstreckungsgerichte offenkundig oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden sofort nachgewiesen wird." Die Berathung führte zur Annahme des Antrages unter 3. Die Stellung der Bestimmung blieb der Redaktion vorbehalten. Die Gründe waren: Bei der Regelung der Voraussetzungen, unter welchen ein Gebot zurückzuweisen sei, habe man zwar (Prot. S. 14004 ff.) die Aufnahme einer Bestimmung des unter 1 und 3 (Abs. 1) beantragten Inhaltes abgelehnt, davon ausgehend, daß das in der fraglichen Richtung etwa Erforderliche an gegenwärtiger Stelle vorzusehen sei. Bei anderweiter Erwägung habe man indessen, namentlich mit Rücksicht auf die zu den §§ 65, 66 des Entwurfes gefaßten Beschlüsse der Erkenntniß sich nicht zu verschließen vermocht, daß es grundsätzlich richtiger und der Anordnung des Entwurfes entsprechender sei, die in Rede stehenden Fälle, daß ein Gebot unwirksam sei oder der Bieter das Grundstück nicht erwerben könne, nicht als Gründe der Versagung des Zuschlages, sondern als Gründe der Zurückweisung des Gebotes zu behandeln. Eine solche Behandlung gestatte zugleich eine wesentliche Vereinfachung der Bestimmungen über die Versagung des Zuschlages insofern, als man dann auf den Satz sich beschränken könne, daß die Versagung einzutreten habe, wenn das Gebot mit Recht zurückgewiesen sei oder hätte zurückgewiesen werden sollen. Dazu komme der in der Anmerkung zu dem Antrage unter 1 hervorgehobene wichtige praktische Gesichtspunkt, daß durch eine solche Bestimmung der Vollstrekkungsrichter ausdrücklich darauf hingewiesen werde, durch sofortige Zu-1 rück- |ProtI 14102 Weisung des an einem der bezeichneten Mängel leidenden Gebotes, denjenigen, welcher das vorhergehende Gebot abgegeben habe, an diesem Gebote festzuhalten, während der letztere, wenn jenes Gebot nicht sofort zurückgewiesen würde, nach dem zum § 58 des Entwurfes, Prot. S. 14035 gefaßten Beschlüsse frei würde. Der Abs. 1 des Antrages unter 3 bringe den wichtigen Gedanken zum angemessenen Ausdrucke, und zugleich werde im Abs. 2 der bisherige § 87 der vorl. Zusst. in sachgemäßer Weise ergänzt bezw. verbessert. Im Besonderen erscheine es auch richtiger, im Abs. 1, entsprechend dem § 87 sowie im Einklänge mit der Sprachweise des 415
Quellen zur Entstehung des ZVG
Entw. des B.G.B. (S. 127 u.s.w.1), von einem unwirksamen Gebote und nicht mit dem Antrage unter 2 von einem Gebote, das nicht bindet, zu sprechen. II. Die Prot. S. 14091 unentschieden gelassene Frage, ob der § 37 Abs. 1 der vorl. Zusst. (vergl. S. 14088) in dem Beschlüsse zum § 65 Nr. 5 des Entwurfes unter den Vorschriften aufzuführen sei, deren Nichtbeobachtung die Versagung des Zuschlages von Amtswegen zur Folge habe, hatte zu den Anträgen Anlaß gegeben: Kurlbaum 1. von dieser Aufführung abzusehen, aber (Nr 88,1-3) § 4 7 d e r vorl. Zusst. (vergl. S. 14090) den Eingang zu fassen: „Ist der Beschluß, durch welchen das Verfahren angeordnet ist, dem Schuldner PP.
a
§ 63 der vorl. Zusst. Satz 2 zu fassen: „Der Antrag eines Gläubigers bleibt jedoch unberücksichtigt, wenn der auf den| Prot 114103 selben erlassene Beschluß dem Schuldner nicht so zeitig | zugestellt ist, daß pp." [Der § 63 der vorl. Zusst. (Entw. § 49 Abs. 2, Prot. S. 13974) lautet: „Findet die Versteigerung auf Antrag mehrerer Gläubiger statt, so ist für die Feststellung des geringsten Gebotes der Antrag desjenigen maßgebend, nach dessen Rechte das Gebot am niedrigsten bestimmt werden kann. Der Antrag eines dem Verfahren beigetretenen Gläubigers bleibt jedoch unberücksichtigt, wenn der Beschluß, durch welchen der Beitritt zugelassen wurde, nicht so zeitig zugestellt ist, daß zwischen der Zustellung und dem Versteigerungstermine ein Zeitraum von zwei Wochen liegt."] § 24 der vorl. Zusst. Abs. 1 zu streichen und Abs. 2, 3 in folgender Fassung dem § 23 anzuschließen: „Befindet eine dem Versteigerungsantrage beizulegende pp. Jeder Gläubiger, auf dessen Antrag die Versteigerung angeordnet ist, hat die Rechte eines betreibenden Gläubigers." (NB. Die rechtzeitige Zustellung des Beschlusses, durch welchen die Versteigerung angeordnet wird, soll für die §§ 65, 66 die gleiche Bedeutung erhalten, welche nach dem Entwürfe und den gestellten Anträgen der rechtzeitigen Zustellung des Beitrittsbeschlusses (§§ 47, 63 der vorl. Zusst.) beigelegt ist. Soll die Fassung nicht übermäßig erschwert werden, so wird es sich empfehlen, die Zulassung des Beitrittes (§ 24) als etwas Besonderes fallen zu lassen. Außer dem § 24 werden dann auch die §§ 28, 33 in geringerem Maße abzuändern sein. § 32 ist schon ohne Rücksicht auf den Beitritt gefaßt. Es wird nicht verkannt, daß die §§ 47, 63 noch durch eine | Prot 114104 Vorschrift zu ergänzen sind, welche den Fall trifft, daß ein | für das geringste Gebot zu berücksichtigender rechtzeitig zugestellter Beschluß nicht vorliegt; ein hierauf bezüglicher Antrag wird vorbehalten.) [Der § 24 der vorl. Zusst. (Entw. § 16, Prot. S. 13761, 13762) lautet: „Auf einen nach Anordnung der Zwangsversteigerung und vor Erledigung des Verfahrens gestellten Antrag erfolgt an Stelle der Anordnung der Zwangsversteigerung die Zulassung des Beitrittes des Gläubigers zu dem Verfahren. Befindet eine dem Antrage beizulegende Urkunde sich bei den Vollstreckungsakten, so genügt die Bezugnahme auf dieselbe. Der Gläubiger, dessen Beitritt zugelassen ist, hat dieselben Rechte, wie wenn die Zwangsversteigerung auf seinen Antrag angeordnet wäre."] i V g l . SS 182 ff. BGB. 416
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) 2. für den Fall, daß statt einer Verweisung auf § 37 Abs. 1 der vorl. Zusst. im § 65 Z. 5 des Entw. mit dem Antrage die Deckung durch § 47 der vorl. Zusst. beschlossen würde, als Eingang des § 47 Abs. 1 zu beschließen: „Ist der Beschluß, durch welchen die Versteigerung angeordnet ist oder, wenn v. Mandry das Verfahren nur in Folge des Beitritts eines Gläubigers fortzusetzen ist, der Be- (Nr 91, 2) Schluß, durch welchen der Beitritt zugelassen ist, dem Schuldner . . . " die übrigen Paragraphen (§§ 24, 28, 33, 63 - hinzukommen würde wohl noch § 1 8 - ) dagegen ungeändert zu belassen. Der § 47 der vorl. Zusst. ist Prot. S. 14090 wiedergegeben. Beschlossen wurde, von einer Verweisung auf den § 37 Abs. 1 der vorl. Zusst. in dem Beschlüsse zum § 65 Nr. 5 abzusehen, dagegen den Eingang des durch den Beschluß zum § 65 Nr. 4 des Entwurfes gedeckten § 47 Abs. 1 der vorl. Zusst. dahin zu ändern: Ist der Beschluß, durch welchen die Versteigerung angeordnet ist oder im Falle des Beitrittes eines Gläubigers sowohl jener Beschluß als auch der Beschluß, durch welchen der Beitritt zugelassen ist, dem Schuldner nicht so zeitig zugestellt, daß u.s.w. Die unter 1 beantragte Aenderung sonstiger Bestimmungen der vorl. Zusst. galt damit als erledigt. Man war der Ansicht: | Eine einfache Bezugnahme auf den § 37 Abs. 1 der vorl. Zusst. in der zum § 65 | Prot 114105 Nr. 5 des Entw (S. 14091 ff.) beschlossenen Bestimmung würde jedenfalls nicht genügen; zur Vermeidung von Mißverständnissen wäre mindestens eine Verdeutlichung dahin erforderlich, daß mit dem Hinweise ein Verstoß gegen die gehörige Zustellung der Versteigerungsanordnung gemeint sei. Es werde aber besser von einer Bezugnahme auf den § 37 Abs. 1 überhaupt abgesehen und der Fall in anderer Weise gedeckt. Der Antrag unter 1 wie der eventuelle Antrag unter 2 gingen beide davon aus, daß die Rechtzeitigkeit und Bedeutung der Zustellung der Versteigerungsanordnung und der Zustellung des Beschlusses, durch welchen der Beitritt eines Gläubigers zugelassen sei, für die Frage der Ertheilung und Versagung des Zuschlages in gleicher Weise geordnet werden müßten, und beide Anträge brächten dementsprechend eine Aenderung des § 47 Abs. 1 der vorl. Zusst. und mittelbar damit auch eine Aenderung des § 37 Abs. 1 der vorl. Zusst. in Vorschlag. Es könne diesen Anträgen unbedenklich beigetreten werden, da, wenn in Ansehung der Zustellung des Beitrittsbeschlusses eine Frist von zwei Wochen zur W a h r u n g des Interesses des Schuldners f ü r ausreichend erachtet worden sei, die gleiche Frist auch in Ansehung der Zustellung der Versteigerungsanordnung genügen müsse. Der Antrag unter 1 gehe aber insofern zu weit, als einmal im § 47 Abs. 1 der Fall des Beitrittes eines Gläubigers überhaupt nicht besondere Erwähnung finden und weiterhin im Zusammenhange hiermit auch in den anderen angeführten Paragraphen die Erwähnung beseitigt werden solle. Letzteres würde das Verständnis des Entwurfes in einem wichtigen Punkte erschweren und die im § 47 Abs. 1 erwähn- | te Verspätung | Prot 114106 der Zustellung des Beitrittsbeschlusses werde ungleich öfter praktisch werden als ein Verstoß gegen die rechtzeitige Zustellung der Versteigerungsanordnung. Es erscheine daher räthlicher, beide Fälle in dem § 47 Abs. 1 neben einander zu berücksichtigen und die weiteren Paragraphen nicht zu ändern. N u r müsse eine Fassung gewählt werden, welche klarstelle, daß, wenn im Falle der Konkurrenz mehrerer Gläubiger auch nur der auf den Antrag eines derselben erlassene Beschluß (sei 417
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durch diesen die Versteigerung angeordnet oder der Beitritt zugelassen) dem Schuldner rechtzeitig zugestellt sei, der Versteigerungstermin nicht aufgehoben werden dürfe. Das Verfahren nehme solchenfalls zu Gunsten derjenigen Gläubiger, für welche die Zustellung rechtzeitig erfolgt sei, seinen Verlauf, während dasselbe in Ansehung der übrigen Gläubiger wegen des untergelaufenen Mangels versage. D e r Gläubiger, welchem die wirksame Zustellung zur Seite stehe, könne in der Verfolgung seines Rechtes durch einen ihn nicht berührenden Umstand nicht behindert werden. C. In Ansehung der Anordnung und der Fassung der zu den §§ 65, 66 des Entwurfes beschlossenen Bestimmungen sowie der Einfügung des § 67 des Entwurfes in diese lagen folgende Anträge vor: Planck 1. zu bestimmen: (Nr 90, 2) ^ Der Zuschlag darf nicht ertheilt werden auf ein Gebot, welches mit Recht zurückgewiesen ist oder hätte zurückgewiesen werden müssen. Die Vorschrift des ersten Absatzes findet keine Anwendung, wenn die Zurückweisung des Gebotes auf Grund der Vorschrift des § 87 Abs. 2 erfolgt ist oder hätte | Prot 114107 erfolgen sollen und die | Thatsache, von welcher die Wirksamkeit des Gebotes oder die Möglichkeit des Erwerbes des Grundstückes für den Bieter abhängig ist, nach Maßgabe des § 87 Abs. 2 nachträglich erwiesen wird. Darf der Zuschlag nach den Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes auf das Meistgebot nicht ertheilt werden, so gilt das nächst höhere (nicht erloschene) Gebot als Meistgebot." (Anm. Der im zweiten Absätze gemachte Vorschlag ist nicht bloß redaktionell, sondern betrifft zugleich die vorbehaltene Beschlußfassung darüber, ob auch im Falle der Zurückweisung eines Gebotes auf Grund der Vorschrift des § 87 der vorl. Zusst. die nachträgliche Heilung zugelassen werden soll.) „§ b. Der Zuschlag ist zu versagen: 1. wenn die Veräußerung des Grundstückes gegen ein im öffentlichen Interesse erlassenes Veräußerungsverbot verstoßen würde oder ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht vor oder gleichzeitig mit der Eintragung der Versteigerungsanordnung eingetragen ist (§ 65 Nr. 3 ) ; 2. wenn das Verfahren eingestellt oder aufgehoben ist (§ 65 Nr. 4); 3. wenn eine der Vorschriften verletzt ist, welche in den §§ 38, 42 Abs. 1 bis 3, §§ 43, 47 Abs. 2 Satz 2, § 52 Abs. 2 Satz 2 2 und im § 89 Abs. 1, 2 Satz 1 enthalten sind (§ 65 Nr. 6); 4. wenn eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebotes und über die Bestimmung der Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers verletzt ist (S 65 Nr. 2); | Prot 114108
| 5. wenn der Versteigerungstermin nach den Vorschriften des § 47 Abs. 1 hätte aufgehoben werden sollen (§ 65 Nr. 4); 6. wenn der Beschluß, durch welchen der Versteigerungstermin bestimmt ist, einem Betheiligten, sofern die Zustellung hätte erfolgen sollen, nicht gehörig zugestellt ist, es sei denn, daß das Recht des Betheiligten bestehen bleibt oder, sofern das Recht in einer Hypothek oder Grundschuld oder in dem Ansprüche auf Zahlung einer Geldsumme besteht, durch das Meistgebot gedeckt wird (§ 65 Nr. 5); 7. wenn die Zwangsversteigerung nicht zulässig ist oder nicht fortgesetzt werden durfte; 2
Im metallographierten Antrag ist $ 52 nicht zitiert.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
8. wenn der Vorschrift des § 79 nicht genügt ist; 9. wenn eine der Vorschriften des § 90 Satz 1, 2 verletzt ist. In den unter Nr. 4, 5, 6 bezeichneten Fällen ist der Zuschlag nicht zu versagen, wenn die in ihrem Rechte verletzten Betheiligten in dem Versteigerungstermine erschienen sind und keinen Widerspruch erhoben haben oder wenn sie nachträglich zugestimmt haben. In den unter Nr. 7 bis 9 bezeichneten Fällen ist der Zuschlag nur zu versagen, wenn gegen dessen Ertheilung Widerspruch erhoben ist. Der Widerspruch kann nicht auf einen Grund gestützt werden, welcher das Recht des Widersprechenden nicht betrifft." (Anm. Der in dem zweiten Absätze gemachte Vorschlag ist nicht bloß redaktionell, sondern betrifft zugleich die vorbehaltene Beschlußfassung über die Voraussetzungen, unter welchen eine Heilung der in den Nr. 4 bis 6 bezeich- | neten Ver- | Prot I 14109 Stöße stattfindet.) ,,§ c (§67): Soweit die Zulässigkeit des Zuschlages nach der Vorschrift des §b Nr. 6 davon abhängt, ob das Recht des Betheiligten durch das Meistgebot gedeckt wird, ist im Zweifel anzunehmen . . . " (wie im zweiten Satz des Antrags Prot. S. 14073 unter 3c). 2. z u b e s t i m m e n :
Kurlbaum
„a. Der Zuschlag auf ein bestimmtes Gebot ist von Amtswegen zu versagen, (Nr 92) wenn das Gebot mit Recht zurückgewiesen ist oder hätte zurückgewiesen werden sollen. Der nach dem § 87 Abs. 2 der vorl. Zusst. erforderliche Nachweis kann, unbeschadet des bereits erfolgten Erlöschens des Gebotes, bis zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag oder des Beschlusses, durch welchen ein weiterer Verkündungstermin bestimmt wird, nachgebracht werden. Kann der Zuschlag für das höchste Gebot nicht ertheilt werden, so gilt als Meistgebot das nächsthöchste nicht erloschene Gebot." (NB. Der § 86 Nr. 1 der vorl. Zusst. wird dahin zu ergänzen sein: „ . . . von Seiten des Bieters oder eines Betheiligten . . ,")3 „b. Der Zuschlag ist von Amtswegen zu versagen: 1. wenn das Verfahren eingestellt oder aufgehoben ist; 2. wenn die Veräußerung des Grundstückes gegen ein im öffentlichen Interesse erlassenes Veräußerungsverbot verstoßen würde; 3. wenn eine der Vorschriften verletzt ist, welche im § 38, im § 42 Abs. 1 bis 3, im § 43, im | § 47 Abs. 2 Satz 2, im § 52 Abs. 2 Satz 24 und im § 89 Abs. 1, Abs. 2 | Prot 114110 Satz 1 der vorl. Zusst. enthalten sind; 4. wenn das Verfahren wegen eines vor oder gleichzeitig mit der Eintragung der Versteigerungsanordnung eingetragenen Rechtes, insbesondere eines nur zum Schutze des Interesses bestimmter Personen dienenden Veräußerungsverbotes, hätte eingestellt werden sollen; 5. wenn der Beschluß, durch welchen der Versteigerungstermin bestimmt ist, einem Betheiligten, welchem er hätte zugestellt werden sollen, nicht gehörig zugestellt ist; 3
Im metallographierten Antrag war in Klammern noch enthalten: den Eingang des § 87 dahin zu vervollständigen: „Ist die Fähigkeit des Bieters zum Erwerbe des Grundstückes oder die Wirksamkeit pp.". 4 § 52 ist im metallographierten Antrag nicht zitiert.
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Quellen zur Entstehung des ZVG
6. wenn eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebotes und über die Bestimmung der Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers verletzt ist; 7. wenn der Versteigerungstermin nach dem § 47 Abs. 1 der vorl. Zusst. hätte aufgehoben werden sollen. c. Die Versagung des Zuschlages findet in den Fällen des § b Nr. 4 bis 7 nicht von Amtswegen statt, wenn der Betheiligte in dem Versteigerungstermine erschienen ist, oder das Verfahren genehmigt hat. Der Betheiligte kann jedoch, wenn er erschienen ist, der Ertheilung des Zuschlages widersprechen. d. Der Zuschlag ist zu versagen, wenn von einem der Betheiligten ein gerechtfertigter Widerspruch erhoben ist. | Prot I14111
Der Widerspruch ist außer den Fällen des § c gerechtfertigt 1. wenn die Zwangsversteigerung nicht zu-1 lässig ist oder nicht hätte fortgesetzt werden sollen; 2. wenn die Vorschrift des § 79 der vorl. Zusst. verletzt und auf Grund des § 78 Abs. 3 der vorl. Zusst. die Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechtes zurückgewiesen ist; 3. wenn eine der Vorschriften des § 90 Satz 1, 2 der vorl. Zusst. verletzt ist. Der Widerspruch kann nicht auf einen Grund gestützt werden, welcher das Recht des Betheiligten nicht betrifft." (NB. Der Fall der mangelnden Sicherheitsleistung scheint bereits durch § a gedeckt zu werden.)
Kurlbaum e. Die Versagung des Zuschlages findet im Falle des § b N r . 5 nicht stau, wenn (Nr 95, 2) das Recht des Betheiligten im Falle der Ertheilung des Zuschlages bestehen bleibt,
oder wenn das Recht des Betheiligten in dem Ansprüche auf Zahlung oder Beitreibung einer Geldsumme besteht und entweder der Anspruch durch das Meistgebot gedeckt oder für den Anspruch Sicherheit geleistet wird. Kurlbaum Bei der Beurtheilung, ob der Anspruch des Betheiligten durch das Meistgebot (Nr 92 u. Nr 95, gedeckt wird, ist im Zweifel anzunehmen, daß von den Rechten, welche dem Be-
2) theiligten zustehen oder dem Rechte des Betheiligten vorgehen oder gleichstehen, ein Anspruch auf wiederkehrende Leistungen auch f ü r laufende und rückständige Beträge, ein Anspruch, dessen Geldbetrag unbestimmt ist, mit dem zulässigen Höchstbetrag zu decken ist." 5
| /. Die Versagung des Zuschlages findet im Falle des § b N r . 6 nicht statt, wenn | Prot I 14112 Kurlbaum das Recht des Betheiligten in einem Ansprüche besteht, welcher aus dem durch Zah(Nr 95, 3) lung zu berichtigenden Theile des Gebotes zu befriedigen ist, und f ü r den Anspruch Sicherheit geleistet wird, oder wenn das nicht in einem solchen Ansprüche bestehende Recht des Betheiligten im Falle der Ertheilung des Zuschlages bestehen bleibt. 6 5
§ e lautet im metallographierten Antrag Nr. 92: Die Versagung des Zuschlages findet im Falle des § b Nr. 5 nicht statt, wenn das Recht des Betheiligten bestehen bleibt oder, sofern es in dem Ansprüche auf Zahlung oder Beitreibung einer Geldsumme besteht, durch das Meistgebot gedeckt wird, oder wenn in dem letzteren Falle für den Anspruch des Betheiligten Sicherheit geleistet wird. - Bei der Beurtheilung, ob der Anspruch des Betheiligten durch das Meistgebot gedeckt wird, ist anzunehmen, daß von den Rechten, welche dem Rechte des Betheiligten vorgehen oder gleichstehen ein Anspruch auf wiederkehrende Leistungen für laufende und rückständige Beträge, ein Anspruch, dessen Geldbetrag unbestimmt ist, mit dem zulässigen Höchstbetrage zu decken ist.
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§ f lautet im metallographierten Antrag: Die Versagung des Zuschlages findet in den Fällen
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g. In den Fällen der §§ e, f muß die Sicherheit in Geld oder Werthpapieren geleistet werden. Die Sicherheitsleistung kann auch durch Uebergabe an den Richter erfolgen. Die §§ 200, 201 des Bürgerlichen Gesetzbuches 7 finden Anwendung. Der Betheiligte ist von der Sicherheitsleistung zu benachrichtigen. h. Eine vor der Entscheidung Uber den Zuschlag von dem Vollstreckungsgerichte erlassene Entscheidung steht, auch wenn sie rechtskräftig geworden ist, der Versagung des Zuschlages nicht entgegen. Der Berathung wurde mit Zustimmung des Antragstellers zu 1 der Antrag unter 2 zu Grunde gelegt. I. Zu § a des Antrages unter 2 wurde 1. der Abs. 1 dahin angenommen: Der Zuschlag ist von Amtswegen zu versagen auf ein Gebot, welches mit Recht zurückgewiesen ist oder hätte zurückgewiesen werden sollen. Man billigte die Scheidung zwischen der Versagung des Zuschlages auf ein bestimmtes Gebot und der Versagung des Zuschlages überhaupt, glaubte aber den Ausdruck „bestimmtes Gebot" vermeiden zu sollen. | 2. An Stelle des Absatz 2 des § a des Antrages unter 2 wurde beschlossen: | Prot 114113 Der nach dem § 87 Abs. 2 der vorl. Zusst. erforderliche Nachweis kann, sofern das Gebot nicht erloschen ist, bis zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag oder des Beschlusses, durch welchen ein besonderer Verkündungstermin bestimmt wird, nachgebracht werden. Erwogen w a r : Werde im Falle des § 87 Abs. 2 der vorl. Zusst. (Prot. S. 14100) das Gebot wegen Mangels des erforderlichen Nachweises der Vertretungsmacht u.s.w. zurückgewiesen, ohne daß die Zurückweisung dem sofortigen Widerspruche eines Betheiligten begegne, so sei das Gebot nach dem Beschlüsse zum § 58 des Entwurfes (Prot. S. 14032 f.) erloschen. Werde Widerspruch gegen die Zurückweisung erhoben, so bleibe der Bieter an sein Gebot gebunden und der Richter habe bei der Entscheidung über den Zuschlag die Berechtigung der Zurückweisung bezw. des Widerspruches zu prüfen. Das Gebot bleibe nicht minder in Kraft, wenn der Richter dasselbe trotz des mangelnden Nachweises zugelassen habe. Das praktische Bedürfniß erfordere, den Zuschlag wegen des Mangels nicht schlechthin zu versagen, sondern die nachträgliche Beibringung des Nachweises zu gestatten. In dieser Richtung bewege sich bereits der Prot. S. 14079 unter f gefaßte Beschluß. Dieser Beschluß, welcher in dem § a Abs. 2 des Antrages unter 1 verallgemeinert werde, gehe aber darin zu weit, daß er die Nachbringung unterschiedslos bis zur Erlassung des Zuschlages gestatte. Das Richtigere sei, wenn der Zuschlag nicht in dem Versteigerungstermine, sondern erst später erfolge, die Verkündung der Anberaumung des | besonderen | Prot 114114 Verkündungstermines als zeitliche Grenze für die zulässige Nachbringung zu behandeln. Damit werde nicht nur vermieden, daß die Gestaltung der Nachbringung mehr oder minder von der Willkür des Richters, welcher den Zuschlag nach seinem Ermessen vertagen könne, abhängig sei, sondern auch der Lage des nächsthöchsten des § b Nr. 6 und des § d Nr. 2 nicht statt, wenn das Recht des Betheiligten bestehen bleibt oder, sofern es in dem Ansprüche auf Zahlung oder Beitreibung einer Geldsumme besteht, für den Anspruch Sicherheit geleistet wird. 7 Vgl. SS 2 3 3 , 2 3 4 BGB.
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Bieters Rechnung getragen, welcher im Falle eines gegen die Zulassung des mangelhaften Gebotes erhobenen Widerspruches an sein Gebot gebunden bleibe und billigerweise verlangen könne, daß er an dem Gebote nicht länger als bis zu der Zeit, in welcher regelmäßig die Entscheidung über den Zuschlag erfolge, d. h. bis zum Schlüsse des Versteigerungstermines, festgehalten werde. Andererseits würde derjenige, welcher das mangelhafte Gebot abgegeben habe, mit der Möglichkeit, den Mangel nachträglich zu ergänzen, dem Erfolge nach in die Lage versetzt werden, nach Schluß des Versteigerungstermines ein Gebot abzugeben. Wenn in dem Absatz 4 der zum § 63 des Entwurfes (Prot. S. 14055) beschlossenen Bestimmung das Nachbringen öffentlicher Urkunden, durch welche der Beweis einer Zustellung geführt oder entkräftet werde, schlechthin bis zum Zuschlage gestattet sei, so liege dieser Fall wesentlich anders (vergl. Prot. S. 14055, 14056). Ebensowenig könne aber ein Gegengrund darin gefunden werden, daß (vergl. den Beschluß Prot. S. 14077) der durch einen Verstoß verletzte Betheiligte unterschiedslos bis zum Zuschlage durch seine Genehmigung Heilung eintreten lassen könne, da es sich um einen Verzicht auf die Anfechtung des Verfahrens handele und ein solcher Verzicht immer zulässig sein müsse. Anlangend die Fassung, so verdiene die kürzere des An|ProtI 14115 träges unter 2 mit der ihr gegebenen Modi- | fikation den Vorzug vor derjenigen des Antrages unter 1. Die Einfügung des Zwischensatzes „sofern das Gebot nicht erloschen ist" möge vielleicht entbehrlich erscheinen, sei aber immerhin geeignet, Mißverständnissen vorzubeugen. 3. Der Absatz 3 des § a ist Prot. S. 14067 beschlossen. Die daselbst offen gelassene Frage, ob die Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen sei, wurde bejaht, da dieselbe die Verständlichkeit des Gesetzes fördere. 4. Die in der Anmerkung zum § a angeregte Aenderung der Nr. 1 des § 86 der vorl. Zusst. wurde mit Rücksicht auf den Beschluß Prot. S. 14060 genehmigt. [Der § 86 Nr. 1 der vorl. Zusst. (Entw. § 58, Prot. S. 14035) lautet: „Das Gebot erlischt: I. wenn es zurückgewiesen wird, es sei denn, daß gegen die Zurückweisung von Seiten eines Betheiligten sofort Widerspruch erhoben wird."] II. Zu § b des Antrages unter 2 wurden 1. der Eingang sowie die Nr. 1 (Prot. S. 14084) gebilligt. Die von einer Seite vertretene Ansicht, die Aufnahme der Nr. 1 erscheine weder nothwendig noch zweckmäßig, fand keinen Beifall, weil es Aufgabe des Gesetzes sei, die Gründe, aus welchen der Zuschlag von Amtswegen zu versagen sei, erschöpfend aufzuzählen, und zu diesen Gründen auch der gehöre, daß das Verfahren einer erfolgten Einstellung oder Aufhebung ungeachtet fortgesetzt sei. 2. Die Nr. 2 (Prot. S. 14082) fand Genehmigung. Dem Hinweise darauf, daß statt „Veräußerung" zu sagen sein werde „Versteigerung" wurde nicht Folge gegeben, da das absolute Veräußerungsverbot sich gegen die Veräußerung als solche richte. | Prot 114116
3. Die Nr. 3 (Prot. S. 14091 ff.) erfuhr keinen Widerspruch. | 4. Die Nr. 4 wurde, im Hinblick auf den zum § 18 des Entwurfes Prot. S. 13769 gefaßten Beschluß, mit der Maßnahme genehmigt, daß am Schlüsse gesetzt wird „hätte eingestellt oder aufgehoben werden sollen". Die Fassung der Nr. 4 weicht von dem einschlagenden Beschlüsse Prot. S. 14082f. ab; die Abweichung erschien aber räthlich, weil sie bei der später zu beschließenden Vorschrift in Ansehung der 422
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Heilung die Wahl eines einheitlichen Ausdruckes für die sämmtlichen in Bezug kommenden Fälle ermögliche. 5. Die Nr. 5 (Prot. S. 14085, 14086), die Nr. 6 (Prot. S. 14076, 14077) und die Nr. 7 (Prot. S. 14087, 14104ff.) blieben unbeanstandet. III. Der § cdes Antrages unter 2 (S. 14110) wurde dahin angenommen: Die Versagung des Zuschlages findet in den Fällen des § b Nr. 4 bis 7 nicht statt, wenn der Betheiligte in dem Versteigerungstermine erschienen ist und ungeachtet einer an ihn gerichteten Frage des Richters Widerspruch nicht erhoben hat oder wenn er das Verfahren genehmigt hat; die Genehmigung kann bis zur Entscheidung über den Zuschlag erfolgen. Der Beschluß weicht von dem Protokoll S. 14077 gefaßten Beschlüsse sachlich darin ab, daß zur Heilung des Mangels nicht das bloße Erscheinen des Betheiligten im Versteigerungstermine genügen, sondern außerdem erforderlich sein soll, daß der Betheiligte auf die ihm speziell von Seiten des Richters gegebene Veranlassung hin Widerspruch nicht erhebt. Maßgebend hierfür war: In dem Versteigerungstermine lasse sich bei der in der Regel großen Anzahl der erscheinenden Personen und der längeren Dauer des Termines nicht immer mit Sicherheit feststellen, wer anwesend gewesen sei. Auch könne zur Annahme | der Heilung des Mangels nicht hinrei- | Prot 114117 chen, daß der Verletzte, ohne Kenntniß davon, daß er betheiligt sei, im Termine zufällig erscheine oder daß er vielleicht zu Anfang, nicht aber zu der Zeit anwesend sei, in welcher der Mangel zur Sprache komme bzw. Gelegenheit sich biete, denselben geltend zu machen. Es müsse daher das beschlossene weitere Erforderniß (vergl. dazu C.P.O. § 465 Abs. 2, § 468) aufgestellt werden. Für einzelne Fälle möge dies vielleicht bei ihrer konkreten Beschaffenheit als zu weit gehend erscheinen; allein eine entsprechende Scheidung der Fälle sei unausführbar. Der die Genehmigung betreffende Schlußsatz hat Aufnahme gefunden, um über die hinsichtlich der Genehmigung von dem Beschlüsse Prot. S. 14113 abweichende Gestaltung keinen Zweifel zu lassen. IV. Zu § ¿ d e s Antrages unter 2 wurde 1. der Absatz 1 (Prot. S. 14110) nicht beanstandet. 2. Der Eingang des Absatz 2 soll dahin gefaßt werden: Der Widerspruch ist gerechtfertigt: Die Aufnahme der Worte „außer den Fällen des § c" (vergl. Antrag unter 2, S. 14110) hielt man nicht für angezeigt, da der Widerspruch im Falle des § c eine andere Bedeutung als der hier fragliche habe, nämlich die, daß er die Annahme der Heilung eines von Amtswegen zu berücksichtigenden Mangels ausschließe. Ebensowenig hielt man für angemessen, hinzuzufügen „außer den Fällen der §§ a, b". Ein Widerspruch, welcher auf einen von Amtswegen zu berücksichtigenden Mangel sich stütze, sei lediglich ein Aufmerksammachen des Richters auf den Mangel. Der Vorbehalt Prot. S. 14094 galt damit als erledigt. 3. Die Nr. 1 (Prot. S. 14094) und die Nr. 3 (Prot. S. 14096) des Absatz 2 blieben unangefochten. 14. Die Nr. 2 des Absatz 2 soll dahin gefaßt werden: | Prot 114118 wenn die Vorschrift des § 79 der vorl. Zusst. verletzt und die Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechtes zurückgewiesen ist. 423
Quellen zur Entstehung des ZVG
[Der § 79 der vorl. Zusst. ist Prot. S. 14090, 14091 mitgetheilt.] Die Neuerung gegenüber dem Beschlüsse Prot. S. 14095 unter Nr. 4 besteht darin, daß die Unterlassung des Hinweises auf die mit der Aufforderung zur Abgabe von Geboten eintretende Ausschließung nicht schon an sich, sondern nur dann zum Widerspruche berechtigen soll, wenn der betreffende Betheiligte nach jener Aufforderung die Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechtes wirklich versucht hat, damit aber wegen der mit der Aufforderung verbundenen Ausschließung zurückgewiesen worden ist. Man erachtete eine solche Beschränkung für angemessen, glaubte aber nicht, daß es nöthig sei, mit dem Antrage unter 2 hinsichtlich der Zurückweisung auf den § 78 Abs. 3 der vorl. Zusst. besonders Bezug zu nehmen. 5. Der Absatz 3 des § d wurde mit der Modifikation angenommen, daß statt „Betheiligten" gesetzt werde „Widersprechenden". 6. Die dem § d beigefügte Bemerkung begegnete keinem Widerspruche.
836. Sitzung vom 7. 12.1888, Schriftführer: Struckmann | Prot I 14119
| Die in der vorigen Sitzung abgebrochene Berathung der §§ 65 bis 67 des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, nebst den dazu gestellten Anträgen wurde fortgesetzt.
v. Mandry I. Zu dem § e des Prot. S. 14111 mitgetheilten Antrags unter 2 war inzwischen (Nr 96, 1) noch folgender Unterantrag eingebracht: der zum § b unter Nr. 5 beschlossenen Vorschrift (Prot. S. 14116) im Anschlüsse an den Antrag 1 § b Nr. 6 und § c (S. 14108, 14109) beizufügen: „es sei denn, daß das Recht des Betheiligten bestehen bleibt oder, sofern es in einer Hypothek oder Grundschuld oder in dem Ansprüche auf Zahlung einer Geldsumme besteht, durch das Meistgebot gedeckt wird. Im Zweifel ist anzunehmen_ . . .« Der Urheber des Antrags unter 1 erklärte, daß er den letzteren, soweit derselbe | Prot 114120 nicht durch die in | der vorigen Sitzung bereits gefaßten Beschlüsse erledigt sei, zu Gunsten des Antrags unter 2 zurückziehe. Der § e des Antrags unter 2 fand in folgender Fassung die Zustimmung der Kommission: Die Versagung des Zuschlages findet im Falle des § b Nr. 5 nicht statt, wenn das Recht des Betheiligten im Falle der Ertheilung des Zuschlages bestehen bleibt oder, wenn das Recht des Betheiligten in einem Ansprüche besteht, welcher in einer Reallast, Hypothek oder Grundschuld sich gründet oder auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, und der Anspruch durch das Meistgebot gedeckt wird. Bei der Beurtheilung, ob der Anspruch des Betheiligten durch das Meistgebot gedeckt wird, ist im Zweifel anzunehmen, daß von den Rechten, welche dem Betheiligten zustehen oder dem Rechte des Betheiligten vorgehen oder gleichstehen, ein Anspruch auf wiederkehrende Leistungen, auch für laufende und rückständige Beträge, ein Anspruch, dessen Geldbetrag unbestimmt ist, mit dem zulässigen Höchstbetrage zu decken ist. Erwogen war: Absatz 1 der beschlossenen Vorschrift entspreche, vorbehaltlich der Frage, ob 424
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
und inwieweit in dem in Rede stehenden Falle die Versagung des Zuschlages durch Sicherheitsleistung solle beseitigt werden können, in sachlicher Hinsicht einem bereits bei der Berathung des § 65 Nr. 3 des Entwurfes gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 14086). Von dem letzteren weiche der Absatz 1 nur insofern ab, als derselbe den Fällen, in welchen das Recht des Betheiligten in einer Hypothek oder Grundschuld bestehe, auch den weiteren Fall gleichstelle, wenn |das Recht des Betheiligten in |ProtI 14121 einem Ansprüche bestehe, welcher in einer Reallast sich gründe, d. h. auf laufende oder rückständige Leistungen aus einer Reallast gerichtet sei. Diese Gleichstellung rechtfertige sich durch die Erwägung, daß jener Anspruch aus dem durch Zahlung zu berichtigenden Theile des Gebotes zu befriedigen sei, der Betheiligte mithin keinen Nachtheil im Falle des § b Nr. 5 erleide, wenn sein Anspruch durch das Meistgebot gedeckt werde, der Betheiligte aber auch nur durch eine solche Deckung vor Schaden bewahrt bleibe. Die im § e des Antrages unter 2 vorgeschlagene Fassung würde auch den hier in Rede stehenden Fall von selbst mitumfassen (vergl. §§ 1051, 1075 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches) und sei insofern einfacher; indessen verdiene doch die an den früheren Beschluß und an den Unterantrag S. 14119 sich anschließende Fassung des Absatz 1 der angenommenen Vorschrift den Vorzug, weil dieselbe leichter verständlich sei. Die Zulassung der Sicherheitsleistung an Stelle der Deckung durch das Meistgebot entspreche zwar der Vorschrift des preußischen Gesetzes vom 13. Juli 1883 § 77 Abs. 2. Für dieselbe lasse der in den Motiven des preußischen Gesetzes hervorgehobene Gesichtspunkt sich geltend machen, daß dadurch gegen zu weit gehende Fürsorge der nöthige Schutz gewährt werden solle. Praktische Bedeutung gewinne die Zulassung der Sicherheitsleistung zum Zwecke der Abwendung der Versagung des Zuschlages namentlich in solchen Fällen, in welchen nach der Ansicht des zur Sicherheitsleistung sich erbietenden Betheiligten oder Meistbietenden der in Gemäßheit des Absatz 2 der beschlossenen Vorschrift berechnete Betrag der vorgehenden oder gleichstehenden, sowie der dem betreffenden Betheiligten | selbst zu- |ProtI 14122 stehenden Ansprüche in Wirklichkeit nicht zu hoch sei, insbesondere der Anspruch aus einer Sicherungshypothek nicht den eingetragenen Höchstbetrag erreiche, der nicht gehörig geladene Betheiligte daher in Wirklichkeit durch das Meistgebot einen Ausfall nicht erleiden werde. Indessen seien die gegen die Zulassung der Sicherheitsleistung sprechenden Gründe als überwiegend zu erachten. Es sei bedenklich, ohne dringende praktische Gründe das Prinzip, daß der Zuschlag nur nach Anhörung der Betheiligten ertheilt werden solle, zu durchbrechen und durch eine positive Vorschrift den nicht gehörig geladenen und deshalb nicht erschienenen Betheiligten zu zwingen, sich mit einer Sicherheitsleistung zu begnügen. Auch der Schuldner könne dadurch unter Umständen geschädigt werden, indem bei gehöriger Ladung des Betheiligten im Falle des Erscheinens des letzteren im Termine vielleicht ein höheres Gebot würde erzielt worden sein. Durch die Nichtzulassung der Sicherheitsleistung werde ferner das Verfahren erheblich vereinfacht. Zudem seien die hier in Betracht kommenden Fälle selten und deren Berücksichtigung durch ein praktisches Bedürfnis um so weniger geboten, als der in Rede stehende Mangel des Verfahrens nach dem zum § c des Antrags unter 2 gefaßten Beschlüsse (S. 14116) durch die nachträgliche Genehmigung des Betheiligten geheilt werde. Sei der letztere mit der Sicherheitsleistung einverstanden, so könne auf dem Wege der Genehmigung dasselbe Resultat erzielt werden. Absatz 2 der angenommenen Vorschrift, welche sachlich mit dem § 67 Abs. 1 des Entwurfes übereinstimme und den letzteren nur insofern berichtige, als er auch die dem Rechte des Betheiligten gleichstehenden Rechte berücksichtige, rechtfertige 425
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| Prot 114123 sich aus den | Gründen der Motive S. lOOff. In Ansehung der Fassung verdiene der § e Abs. 2 des Antrags den Vorzug. Die beschlossene Vorschrift nach Maßgabe des Unterantrags unmittelbar mit der zum § b Nr. 5 beschlossenen Vorschrift (Prot. S. 14116) zu verbinden, empfehle sich nicht, weil dadurch der Zusammenhang der einzelnen Bestimmungen des § b zu sehr unterbrochen werden würde. II. Im Laufe der Berathung kam zur Sprache, ob nicht der Absatz 2 der unter I beschlossenen Vorschrift auch auf den Fall des § 64 des Entwurfes auszudehnen sei, da es bei diesem ebenfalls in Frage komme, ob der Anspruch des Betheiligten durch das Meistgebot gedeckt sei oder nicht. Man überzeugte sich, daß in dieser Hinsicht die Sachlage im Falle des § 64 die gleiche sei. Es wurde deshalb sachlich beschlossen, daß der bezeichnete Absatz 2 auch auf den § 64 für entsprechend anwendbar erklärt werden solle, der Prüfung bei der Redaktion aber vorbehalten, ob die Vorschrift des Absatz 2 in den § 64 zu übernehmen und in der unter I angenommenen Vorschrift auf dieselbe zu verweisen sei. III. Die Berathung wandte sich darauf dem § f des Prot. S. 14112 mitgetheilten Antrages unter 2 zu. Von anderer Seite war der Antrag gestellt, den § f abzulehnen, dagegen der zum § d Nr. 2 des Antrages unter 2 S. 14118 beschlossenen Vorschrift beizufügen: v. Mandry „es sei denn, daß das Recht, dessen Anmeldung oder Glaubhaftmachung zu(Nr 96, 2) rückgewiesen ist, bestehen bleibt."
Beide Anträge wurden mit Rücksicht auf den zum § e oben unter I (S. 14120) gefaßten Beschluß zurückgezogen. Man erkannte an, daß die Anträge nicht mehr | Prot I 14124 zu halten seien, nachdem die Kommission sich gegen die | Zulassung der Sicherheitsleistung zum Zwecke der Abwendung der Versagung des Zuschlages entschieden habe. Die Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebotes und über die Bestimmung der Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers seien sämmtlich materiellrechtlicher Natur. Der Fall des § b Nr. 6 (Prot. S. 14116 mit S. 14110) setze daher immer die Verletzung des Rechtes eines Betheiligten voraus. Eine solche Verletzung liege regelmäßig insoweit nicht vor, als das Recht des Betheiligten bestehen bleibe. Unrichtig würde es aber sein, allgemein zu bestimmen, daß die Versagung des Zuschlages im Falle des § b Nr. 6 nicht stattfinde, wenn das Recht des Betheiligten bestehen bleibe, da derselbe unter Umständen, z. B. wegen der laufenden und rückständigen Zinsen, einen unbedingten Anspruch auf Befriedigung aus dem durch Zahlung zu berichtigenden Theile des Gebotes habe. Nicht ausgeschlossen sei es ferner, daß derselbe nach Maßgabe der zum § 38 des Entwurfes beschlossenen Vorschriften (Prot. S. 13889ff.) statt des Fortbestehens seines Rechtes, z. B. seiner Hypothek, die Zahlung des Kapitalbetrages selbst verlangen könne. Eine Heilung des Mangels könne in dem hier in Rede stehenden Falle auch dann nicht angenommen werden, wenn der durch Zahlung zu befriedigende Anspruch des Betheiligten durch das Meistgebot gedeckt sei, da der bei der Feststellung des geringsten Gebotes nicht berücksichtigte Anspruch im Range zurücktrete, der Betheiligte mithin im Falle der Nichtzahlung des Gebotes benachtheiligt werden könne. Erleide ein Betheiligter dadurch, daß das geringste Gebot oder die Bestimmungen über die Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers abweichend von denjenigen Vorschriften be| Prot I 14125 | stimmt worden seien, welche in Ermangelung besonderer Anträge zur Anwendung kämen, keinen Nachtheil, insbesondere auch keine Veränderung der nach je426
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nen Vorschriften unverändert bleibenden Rechte, so sei eine Abweichung nach den zu § 38 des Entwurfes beschlossenen Vorschriften auch ohne Zustimmung des Betheiligten zulässig, also eine Verletzung der Vorschriften Uber die Feststellung des geringsten Gebotes u.s.w. nicht vorhanden und die Vorschrift des § b Nr. 6 von selbst unanwendbar. IV. Der § g des Antrags unter 2 (Prot. S. 14112) wurde in Folge des zum § e oben unter I gefaßten, die Zulassung der Sicherheitsleistung ablehnenden Beschlusses als erledigt angesehen.1 V. Zu dem § h des Antrags unter 2 (Prot. S. 14112) war von anderer Seite der Planck Unterantrag gestellt: (Nr 94,1) vor „Versagung" einzuschalten: „Ertheilung oder" Der § h wurde mit dem in dem Unterantrage vorgeschlagenen Zusätze genehmigt. Der Beschluß beruhte auf folgenden Erwägungen: Die angenommene Vorschrift solle klar stellen, daß das Vollstreckungsgericht bei der Entscheidung über die Versagung oder Ertheilung des Zuschlages an seine früheren, das Verfahren betreffenden Entscheidungen - selbstverständlich unbeschadet der zum § b Nr. 1 beschlossenen Vorschrift - nicht gebunden sei. Die Selbstverständlichkeit der Vorschrift sei nicht anzunehmen. Um so bedenklicher würde es sein, von einer besonderen gesetzlichen Entscheidung der Frage abzusehen, als dieselbe für das preußische Gesetz vom 13. Juli 1883 verschieden beantwortet werde (vergl. Motive S. 112 ff.), wobei freilich zu beachten sei, daß das Landesgesetz die auf dem Reichsgesetze beruhende Rechtskraft und Ver- | bindlichkeit der | Prot 114126 nach Reichsgesetz ergangenen Entscheidungen nicht habe ausschließen können. Die Unverbindlichkeit früherer Entscheidungen für die Entscheidung über den Zuschlag rechtfertige und empfehle sich aber dadurch, daß die Vorentscheidungen sich ihrem Inhalte nach nur auf die Zulassung des Verfahrens bezögen und in manchen Fällen nicht bloß die Rechte derjenigen berührten, über deren Anträge sie ergangen seien. Wenngleich die angenommene Vorschrift vorzugsweise für solche Fälle praktische Bedeutung habe, in welchen die Versagung des Zuschlages mit einer früheren Entscheidung des Vollstreckungsgerichts in Widerspruch trete, so könnten doch auch solche Fälle vorkommen, in welchen eine frühere Entscheidung, wenn das Vollstreckungsgericht an dieselbe gebunden wäre, der Ertheilung des Zuschlages entgegenstehen würde, z. B. wenn das Vollstreckungsgericht früher ein Gebot zurückgewiesen habe, welches wegen des gegen die Zurückweisung sofort erhobenen Widerspruches noch nicht erloschen sei, oder wenn früher die abgesonderte Versteigerung einer Forderung oder einer beweglichen Sache angeordnet sei und dieser Beschluß später zurückgenommen werden solle (Prot. S. 13888ff.). Uebrigens beziehe die angenommene Vorschrift sich nur auf frühere von dem Volli Damit war auch der metallographierte Antrag von v. Mandty (Nr. 96,3) zu § g, den Paragraphen ohne Ersatz zu streichen, erledigt. - Die Abänderungsanträge von v. Mandry zu den §§ c, f und g waren wie folgt begründet: „Beabsichtigt wird einmal von der in Abs. 2 des § 67 vorgeschlagenen Beseitigung der Versagung durch Sicherheitsleistung abzusehen, weiterhin die Versagung wegen Verletzung der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebotes pp. - § b Nr. 6 - nicht von der Beeinträchtigung eines Betheiligten abhängig zu machen, endlich die zu dem einzelnen Versagungsgrund gehörenden Klauseln unmittelbar mit demselben zu verbinden."
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Quellen zur Entstehung des ZVG streckungsgerichte, nicht auch auf die von dem Beschwerdegerichte erlassene, die Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes ändernden Entscheidungen. An diese Entscheidungen sei selbstverständlich das Vollstreckungsgericht gebunden. ZVG-VE VI. Uebergegangen wurde darauf zur Berathung des § 68 des Entwurfes, wel§ 68 eher lautet: | Prot 114127 „Ist nach den Vorschriften der §§ 65, 66 der Zu-1 schlag einem jeden Bieter zu versagen, eine erneute Versteigerung aber zulässig, so ist auf den im Versteigerungstermine zu stellenden Antrag des Gläubigers der Termin aufzuheben und von Neuem zu bestimmen; die Vorschrift des § 31 Abs. 2 findet Anwendung. Ein nach der Abgabe eines Gebotes gestellter Antrag ist zurückzuweisen, wenn ein anwesender Betheiligter widerspricht." Dazu lagen folgende Anträge vor: v. Mandry 1. a) in erster Linie (Nr 87) den Paragraphen ohne Ersatz zu streichen; b) eventuell: als § 78 a (der vorl. Zusst.) die Vorschrift aufzunehmen: „Erachtet das Vollstreckungsgericht, daß (nach den Umständen des Falles) in Ansehung eines jeden in dem Termine abzugebenden Gebotes der Zuschlag zu versagen sein würde, so hat dasselbe (von Amtswegen) diesen Termin aufzuheben und 2 sofort einen neuen Versteigerungstermin zu bestimmen, in Ermangelung eines solchen Antrages das Verfahren einzustellen. Nach Abgabe eines nicht oder unter Widerspruch zurückgewiesenen Gebotes kann die Aufhebung des Termines 3 nicht erfolgen, wenn der Gläubiger widerspricht." (Anm. Zu dem eventuellen Antrage - sachlich: sächs. Gesetz § 99; in Ansehung der Fassung: Grundbuchordnung § 54.) Rüger 2. an passender Stelle folgende Vorschrift aufzunehmen: (Nr 89) „Die Verlegung des Versteigerungstermines auf einen späteren Tag, als den | Prot 114128 zuerst bestimmten, kann auch von Amtswegen erfolgen. Die | Vorschriften in § 47 Abs. 2 der vorl. Zusst. [mitgetheilt Prot. S. 14090] finden entsprechende Anwendung." Kurlbaum (Nr 95, 4)
3. den § 68 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Ist die Zustellung des Beschlusses, durch welchen die Versteigerung angeordnet ist, oder die Bekanntmachung und Zustellung des Beschlusses, durch welchen der Versteigerungstermin bestimmt ist, nicht gehörig erfolgt oder hat der letztere Beschluß nicht den im § 38 der vorl. Zusst. [mitgetheilt Prot. S. 14088, 14089] bezeichneten Inhalt, so ist der Versteigerungstermin von Amtswegen aufzuheben und neu zu bestimmen. Die Vorschriften des § 47 Abs. 2 der vorl. Zusst. [mitgetheilt Prot. ' D e r Schlußteil lautet im metallographierten Antrag: „nur auf Antrag des Gläubigers erfolgen." 4 Der Eingang des § 68a sollte nach dem zunächst gestellten Antrag lauten: „Sind Gebote auf zwei Grundstücke ...". Eventuell sollte als Abs. 2 beigefügt werden: „Ein Gleiches gilt, wenn bei Versteigerungen von mehreren Grundstücken die auf einzelne dieser Grundstücke abgegebenen Gebote zusammen den Betrag ergeben, welcher zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten erforderlich ist." (Zu vergl. Prot. S. 13827 bis 13830). - Dieser Antrag wurde später zurückgezogen (Antrag Nr. 91,1). 428
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
S. 14090] finden Anwendung; der neue Versteigerungstermin darf jedoch nicht vor dem Tage des früheren stattfinden. Ist in dem Versteigerungstermine bereits ein Gebot abgegeben, so darf die Aufhebung des Termines nach Maßgabe der Vorschrift des ersten Absatzes nur erfolgen, wenn der Richter die anwesenden Betheiligten zu einer Erklärung aufgefordert hat und Keiner derselben widerspricht." Der Antrag unter 2 wurde im Laufe der Berathung zurückgezogen. Nach Ablehnung des prinzalen Antrages unter 1 a gelangte der Antrag unter 3 mit der Modifikation zur Annahme, daß im Absatz 2 hinter dem Worte „abgegeben" die Worte „und nicht erloschen" eingeschaltet werden sollen. Die Stellung der beschlossenen Vorschrift blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Von einer Seite war angeregt, dieselbe nicht hinter den § 78 (vergl. Antrag lb), sondern hinter den § 47 der vorl. Zusst. einzustellen. Erwogen war: Daß das Vollstreckungsgericht den Versteigerungstermin auch von Amtswegen verlegen könne, ergebe sich aus dem § 206 der C.P.O. Hier handele es sich darum, zu bestimmen, daß unter gewissen Um- | ständen der Richter verpflichtet sein solle, | Prot I 14129 den Versteigerungstermin von Amtswegen aufzuheben und neu zu bestimmen. Zeige es sich vor oder in dem Versteigerungstermine, daß wegen eines Mangels des Verfahrens die Versteigerung resultatlos verlaufen werde, so liege es im Interesse aller Betheiligten, wenn möglichst bald ein neuer Termin anberaumt werde, vorausgesetzt, daß eine Fortsetzung des Verfahrens überhaupt zulässig sei. Durch den ersten Satz des Abs. 1 des Antrages unter 3 würden die hier in Betracht kommenden wichtigsten Fälle gedeckt. Das Gesetz werde deutlicher und plastischer, wenn man mit dem Antrage unter 3 jene Fälle speziell bezeichne, als wenn man mit dem Entwürfe und dem Antrage unter 1 b nach dem Vorgange des preuß. Gesetzes vom 13. Juli 1883 § 79 darauf abstelle, daß in Ansehung eines jeden in dem Termine abzugebenden Gebotes der Zuschlag zu versagen sein würde (vergl. auch § 99 des sächs. Gesetzes vom 15. August 1884). Ohne den in dem Entwürfe mit dem preuß. Gesetze enthaltenen Vorbehalt für die Bestimmung des neuen Termines, daß eine erneute Versteigerung zulässig sei, würde eine solche Bestimmung zu weit gehen. Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 1 des angenommenen Antrags unter 3 könne, für sich allein betrachtet, vielleicht als selbstverständlich angesehen werden. Allein ihre Aufnahme werde - abgesehen von den sich daran schließenden, durch die Analogie des § 47 Abs. 2 und des § 52 Abs. 2 Satz 2 [mitgetheilt S. 14092] der vorläufigen Zusammenstellung gerechtfertigten Vorschriften - nöthig wegen der im Abs. 2 der angenommenen Vorschrift dem Richter gezogenen Schranke. Sei in dem Versteigerungstermine bereits ein Gebot abgegeben und nicht erloschen, so könne der Richter zwar unter | Umständen auch noch in diesem Stadium den Versteigerungstermin von | Prot 114130 Amtswegen verlegen, z. B. wenn der Richter plötzlich erkranke oder eine Feuersbrunst in dem Gerichtsgebäude ausbreche; allein eine Aufhebung des Termines nach Maßgabe der Vorschrift des ersten Absatzes dürfe, wenn in dem Versteigerungstermine bereits ein Gebot abgegeben und dasselbe nicht erloschen sei, im Interesse der Betheiligten nur dann erfolgen, wenn auf vorgängige Aufforderung zu einer Erklärung keiner der Betheiligten Widerspruch erhebe. Einem Betheiligten, welcher seinerseits der Ansicht sei, daß ein der im Abs. 1 der angenommenen Vorschrift vorausgesetzter Mangel in Wirklichkeit nicht vorliege, müsse die Möglichkeit gesichert werden, seine Ansicht gegenüber der abweichenden Ansicht des Vollstreckungsgerichtes im Beschwerdewege zur Geltung zu bringen. Ohne Fortsetzung 429
Quellen zur Entstehung des ZVG der Versteigerung, nach welcher freilich der Zuschlag versagt werden könne, w ü r de eine solche Beschwerde aber zu keinem praktischen Erfolge f ü h r e n , da nach dem z u m § 58 des Entwurfes gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 14035) das Gebot durch die A u f h e b u n g des Versteigerungstermines erlösche. Aus diesem G r u n d e k ö n n e nicht mit dem Antrage unter 1 b die A u f h e b u n g des Termines nach Abgabe eines Gebotes schon dann zugelassen werden, w e n n der Gläubiger nicht widerspreche. W e n n gleich der Gläubiger bis z u m Schlüsse des Versteigerungstermines einseitig die Einstellung des V e r f a h r e n s herbeiführen k ö n n e (Prot. S. 13873), so treffe doch die Analogie dieser V o r s c h r i f t hier nicht zu, da die in Ansehung der Einstellung f ü r den Gläubiger bestimmten Beschränkungen in dem vorliegenden Falle nicht einträten. | P r o t I 14131 Im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes sei es a n - | gemessen, im Abs. 2 des a n g e n o m m e n e n Antrages unter 3 die W o r t e „und nicht erloschen" hinter dem W o r te „abgegeben" einzuschalten (vergl. Antrag unter 1 b Abs. 2).
v. Mandry (Nr 85 u. 91, 1)
VII. Beantragt w a r : als § 68a die V o r s c h r i f t zu beschließen: „Sind Gebote auf mehrere Grundstücke abgegeben w o r d e n und ergiebt das auf eines dieser G r u n d s t ü c k e abgegebene Gebot den z u r Befriedigung des Gläubigers u n d zur D e c k u n g der Kosten erforderlichen Betrag, so ist auf A n t r a g des Schuldners dem auf das andere Grundstück abgegebenen Gebote der Zuschlag zu versagen, es sei denn, daß der Anspruch des Gläubigers in einer auf dem letzteren G r u n d s t ü c k e h a f t e n d e n Reallast, H y p o t h e k oder Grundschuld sich g r ü n d e t o d e r daß beide Grundstücke mit einer u n d derselben Reallast, H y p o t h e k oder G r u n d schuld belastet sind." 4
Kurlbaum (Nr 95, 5)
folgende V o r s c h r i f t als § 68 a a u f z u n e h m e n : „Sind Gebote auf mehrere versteigerte Grundstücke abgegeben und ergeben die auf eines oder mehrere derselben abgegebenen Gebote den z u r Befriedigung des Gläubigers und z u r D e c k u n g der Kosten erforderlichen Betrag, so ist auf Antrag des Schuldners das V e r f a h r e n in Ansehung der übrigen Grundstücke unter Versagung des Zuschlages einstweilen einzustellen, es sei denn, daß der Anspruch des Gläubigers in einer auf den übrigen Grundstücken haftenden Reallast, H y p o t h e k o d e r Grundschuld sich gründet.
| Prot 114132
| D e r Gläubiger kann die Fortsetzung des V e r f a h r e n s verlangen, w e n n er nicht vor Ablauf von zwei Monaten seit dem Versteigerungstermine befriedigt und von der H a f t u n g f ü r die Kosten befreit ist, oder w e n n sich ergiebt, daß er Befriedigung aus den Geboten nicht zu erwarten hat.
D a z u w a r der U n t e r a n t r a g gestellt:
W i r d die Fortsetzung des Verfahrens nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung des V e r f a h r e n s beantragt, so gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen. W i r d die Fortsetzung des Verfahrens vor Ablauf von drei Monaten seit der Einstellung des V e r f a h r e n s beantragt u n d sind in Ansehung des f r ü h e r e n Versteigerungstermines die Vorschriften der §§ 38, 42 (vorl. Zusst.) befolgt, so finden die Vorschriften des § 47 Abs. 2 (vorl. Zusst., mitgetheilt S. 14088, 14089, 14090) Anwendung." Beschlossen w u r d e die A u f n a h m e folgender Vorschrift: Sind im Falle der Versteigerung mehrerer Grundstücke auf eines o d e r mehrere derselben Gebote abgegeben, welche den zur Befriedigung des Gläubigers und z u r 430
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Deckung der Kosten erforderlichen Betrag ergeben, so ist auf Antrag des Schuldners oder des zu den Betheiligten gehörenden neu eingetretenen Eigenthümers das Verfahren in Ansehung der übrigen Grundstücke einstweilen einzustellen und wenn dieselben bereits versteigert sind, der Zuschlag zu versagen, es sei denn, daß der Anspruch des Gläubigers in einer auf den übrigen Grundstücken haftenden Reallast, Hypothek oder Grundschuld sich gründet. Abs. 2 wie Abs. 2 des Unterantrages. | Abs. 3 wie Abs. 4 des Unterantrages. | Prot 114133 Abs. 4 wie Abs. 3 des Unterantrages. Im Laufe der Berathung hatte der Urheber des Hauptantrages die Schlußworte seines Antrages „oder daß beide Grundstücke .. . belastet sind" mit dem Vorbehalte fallen lassen, nach Berathung des § 108 des Entwurfes darauf zurückzukommen, ob dem § 68 a ein jenen Schlußworten entsprechender Zusatz beizufügen sei. Der Vorbehalt wurde von keiner Seite beanstandet. Der angenommene § 68 a beruht auf folgenden Erwägungen: Bei einer früheren Gelegenheit sei bereits zur Sprache gekommen, daß es sich empfehlen werde, in der hier fraglichen Art das Exekutionsrecht des Gläubigers der Natur und dem Zwecke dieses Rechtes entsprechend zu beschränken (Prot. S. 13830; vergl. § 719 der C.P.O.). Durch die beschlossene Vorschrift werde einerseits dem Interesse des Schuldners gebührend Rechnung getragen, andererseits dafür gesorgt, daß den Rechten des Gläubigers nicht zu nahe getreten, insbesondere die Befriedigung desselben nicht ungebührlich verzögert werde. Soweit der Anspruch des Gläubigers in einer Reallast, Hypothek oder Grundschuld sich gründe, müsse dem Gläubiger das Recht, seine Befriedigung aus dem belasteten Grundstükke oder im Falle der Korrealhypothek u.s.w. aus den mehreren belasteten Grundstücken zu suchen (§§ 1075, 1078 des Entw. des B.G.B.), unbedingt gewahrt werden, da dem Gläubiger insoweit ein Privatrecht zur Seite stehe, welches ihm durch die Wahl des Schuldners nicht verkümmert werden dürfe. Durch den Abs. 1 der beschlossenen Vorschrift werde klar zum Ausdruck gebracht, daß der Antrag des Schuldners auch schon vor der Versteigerung sämmtlicher Grundstücke gestellt werden könne und berücksichtigt werden müsse, | sofern | Prot 114134 auf eines oder mehrere der Grundstücke Gebote abgegeben seien, welche den zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten erforderlichen Betrag ergäben. Selbstverständlich setze dies voraus, daß dem Zuschlage in Ansehung jenes Grundstückes oder jener Grundstücke ein Hinderniß nicht entgegenstehe, da sonst die Gebote zur Befriedigung des Gläubigers nicht geeignet seien. Werde in Ansehung einzelner Grundstücke das Verfahren eingestellt oder der Zuschlag versagt, so bleibe das Verfahren in Ansehung derselben, wie sich, aus Abs. 2 ergebe, gleichwohl anhängig. Es dauere also namentlich die Beschlagnahme fort; dagegen erlöschen insoweit die Gebote und müsse eventuell die Versteigerung jener Grundstücke von Neuem erfolgen.
837. Sitzung vom 10. 12. 1888, Schriftführer: Struckmann |Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrek- |ProtI 14135 kung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. 431
Quellen zur Entstehung des ZVG
Kurlbaum (Nr 95,1)
I. Zu § 47 Abs. 1 der vorl. Zusst. (mitgetheilt Prot. S. 14090) war beantragt: die beschlossene Fassung zu berichtigen wie folgt: „Ist der Beschluß, durch welchen die Versteigerung angeordnet ist, oder, wenn der Gläubiger dem Verfahren beigetreten ist, der Beschluß, durch welchen der Beitritt zugelassen ist, dem Schuldner nicht so zeitig zugestellt, daß liegt, so ist der Versteigerungstermin aufzuheben und von Neuem zu bestimmen, es sei denn, daß die Versteigerung auch in Folge des Antrages eines anderen Gläubigers stattfindet, in Ansehung dessen die bezeichnete Voraussetzung nicht vorliegt 1 , oder daß | Prot 114136 der | Schuldner und, wenn zu den Betheiligten ein neuer Eigenthümer des Grundstückes gehört, auch dieser der ungehemmten Fortsetzung des Verfahrens zustimmt." (NB. Die beschlossene Fassung erweckt den Anschein, als müsse die erste Anordnung auch dann zugestellt sein, wenn der derselben zu Grunde liegende Antrag erledigt ist.) Der Antrag wurde vorläufig zurückgezogen, mit dem Vorbehalte, bei der demnächstigen Revision der gefaßten Beschlüsse darauf zurückzukommen. ZVG-VE $
v. Schmitt (Nr 81) | Prot 114137
Kurlbaum (Nr 95, 6)
II. Man ging darauf zur Berathung des § 69 des Entwurfes über. Derselbe lautet: „Die Ertheilung sowie die Versagung des Zuschlages erfolgt, wenn nicht nach dem § 68 ein neuer Versteigerungstermin bestimmt wird, durch Urtheil. Am Schlüsse des Versteigerungstermines hat der Richter den von ihm zur Verkündung des Unheiles bestimmten Termin durch Verkündung bekannt zu machen. Kann in diesem Termine die Verkündung des Urtheiles nicht erfolgen, so wird ein neuer Verkündungstermin bestimmt und in dem zuerst bestimmten Termine durch Verkündung bekannt gemacht. Der eine wie der andere Termin wird auch durch Anheften an die Gerichtstafel bekannt gemacht, eine weitere Bekanntmachung findet nicht statt." Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. den § 69 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 wie folgt zu fassen: Abs. 1. „Der Beschluß, durch welchen der Zuschlag ertheilt oder versagt wird, ist in dem Versteigerungstermine zu verkünden." Abs. 2 S. 1: „das Vollstreckungsgericht kann zur | Verkündung des Beschlusses einen besonderen in dem Versteigerungstermine zu verkündenden Termin bestimmen " 2. den § 69 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: „Die Ertheilung sowie die Versagung des Zuschlages erfolgt durch Beschluß des Gerichtes. Der Beschluß ist in dem Versteigerungstermine oder in einem sofort zu bestimmenden besonderen Termine zu verkünden. Der Verkündungstermin soll nicht über eine Woche hinaus bestimmt werden. Die Terminsbestimmung ist zu verkünden und durch Anheften des Beschlusses an die Gerichtstafel bekannt zu machen." Der Antrag unter 2 fand die Zustimmung der Kommission. Erwogen war: Nach dem Systeme der Civilprozeßordnung werde, abgesehen von dem Ausnah1
Die Worte: „in . . . vorliegt" fehlen im metallographierten Antrag.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
mefalle des § 802 Abs. 1 das., nur eine solche Entscheidung als Urtheil behandelt, welche auf Grund einer obligatorischen mündlichen Verhandlung ergangen sei. Insbesondere seien alle Entscheidungen des Vollstreckungsgerichtes, da dieselben nach dem § 684 Abs. 3 der Civilprozeßordnung ohne mündliche Verhandlung erfolgen könnten, im Sinne der Civilprozeßordnung nur Beschlüsse. Dem Systeme der Civilprozeßordnung entspreche es daher, wenn auch die Ertheilung sowie die Versagung des Zuschlages nicht durch Urtheil, sondern durch Beschluß des Gerichtes erfolge. Zwar habe das Vollstreckungsgericht nach dem Schlüsse der Versteigerung die im Termine anwesenden Betheiligten zu hören (Beschluß zum § 63 des Entw., S. 14055); allein diese Verhandlung habe nicht den Charakter einer mündlichen | Ver- | Prot 114138 handlung im Sinne der Civilprozeßordnung, da nicht das mündliche Vorbringen als solches die unmittelbare und maßgebende Grundlage für die Entscheidung sei, sondern das protokollarisch festgestellte Streit- und Sachverhältniß (Beschluß zum § 63; vergl. ferner §§ 70, 71 des Entw.). Weiter komme in Betracht, daß nach der C.P.O. (§ 684, Abs. 3, § 701) gegen die Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts ausschließlich die sofortige Beschwerde stattfände (vergl. auch § 75 des Entw.), nach der C.P.O. aber das Rechtsmittel der Beschwerde — abgesehen von gewissen Zwischenurtheilen (§§ 68, 126, 352) — nur für solche Entscheidungen berechnet sei, welche keine Urtheile seien (vergl. §§ 472, 473). Eine nahe liegende Analogie für die Natur der Entscheidung, durch welche der Zuschlag ertheilt oder versagt werde, biete ferner der Beschluß, durch welchen im Konkursverfahren der Zwangsvergleich bestätigt oder verworfen werde (vergl. §§ 171, 174, 66 der Konk.-O.). Ein praktisches Bedürfniß — abweichend von dem Systeme der C.P.O. — der Entscheidung über die Ertheilung oder Versagung des Zuschlages ausnahmsweise den Charakter eines Urtheiles beizulegen, könne auch daraus nicht entnommen werden, daß es im Interesse des Realkredites dringend nöthig sei, den Ersteher gegen Anfechtungen von Seiten der Betheiligten zu sichern (vergl. die Motive des Entw. des Sachenrechts S. 2116); denn dieses Ziel lasse sich auch dann erreichen, wenn man jene Entscheidung nur als Beschluß behandele, gegen welchen die sofortige Beschwerde stattfinde. Ebensowenig könne dem Gesichtspunkte für die Entscheidung der vorliegenden Frage Gewicht beigemessen werden, daß mit der Versteigerung das Aufgebot unbekannter Betheiligter verbunden sei (vergl. die Motive des Entw. des Sachenrechts-E. S. 2118), da die Präklusion derselben kraft des Gesetzes eintrete (vergl. S§ 25, 91, 105 des | Entw.), die Entscheidung über den Zuschlag daher |ProtI 14139 nicht den Charakter eines Ausschlußurtheiles habe. Uebrigens werde durch die Vorschrift, daß die Ertheilung sowie die Versagung des Zuschlages durch Beschluß erfolge, der Frage, welche Wirkungen im Einzelnen an den Beschluß zu knüpfen seien, nicht vorgegriffen. Wenngleich es im Hinblick auf die Vorschriften der C.P.O. und den Charakter des zur Berathung stehenden Gesetzes als einer Ergänzung der C.P.O. eines direkten Ausspruchs, daß die Ertheilung sowie die Versagung des Zuschlages durch Beschluß erfolge, vielleicht nicht bedürfe (vergl. die Fassung des Antrages unter 1), so sei doch ein solcher direkter Ausspruch (vergl. den Antrag unter 2) einerseits mit Rücksicht auf das geltende Recht, nach welchem in großen Gebieten die Ertheilung sowie die Versagung des Zuschlags durch Urtheil erfolge, andererseits um deswillen rathsam, damit klar gestellt werde, daß der hier fragliche Beschluß von der Feststellung, wer der Meistbietende sei (vergl. S 61 Abs. 2 des Entw.), verschieden sei und daneben selbständig erfolgen müsse. Durch die Vorschrift, daß die Ertheilung sowie die Versagung des Zuschlages durch Beschluß erfolge, verliere der Zwischensatz im S 69 Abs. 1 („wenn nicht 433
Quellen zur Entstehung des ZVG bestimmt wird"), welcher v o n dem entgegengesetzten S t a n d p u n k t e des Entw. aus d e n C h a r a k t e r einer A u s n a h m e habe, von selbst seine Bedeutung. Die V o r s c h r i f t e n des Abs. 2 und des Abs. 3 Satz 1 des a n g e n o m m e n e n Antrages stellten sich als eine angemessene U e b e r t r a g u n g d e r im § 2 8 1 d e r C . P . O . f ü r die V e r k ü n d u n g des Urtheils bestimmten V o r s c h r i f t e n auf den hier in R e d e stehenden Beschluß d a r (vergl. § 294 Abs. 2 d e r C.P.O.). Eine unmittelbare A n w e n d u n g des | Prot 114140 § 294 Abs. 1, 2 d e r C . P . O . sei nicht a n z u n e h m e n , da derselbe | einen auf mündliche V e r h a n d l u n g e r g a n g e n e n Beschluß voraussetze. Regelmäßig seien die Fälle so einf a c h , d a ß es unbedenklich sei, zu bestimmen, daß d e r Beschluß in d e r Regel in dem Versteigerungstermine z u v e r k ü n d e n sei. Die sachlich dem E n t w ü r f e § 69 Abs. 2 S a t z 2, 3 entsprechende V o r s c h r i f t des Abs. 3 Satz 2 des a n g e n o m m e n e n Antrags schließe sich dem ersten Satze des Abs. 3 in angemessener Weise an.
Planck (Nr 94, 2)
III. Beantragt w a r : hinter § 69 folgende Bestimmung einzuschalten: „Erfolgt die V e r k ü n d u n g des Beschlusses über die Ertheilung o d e r V e r s a g u n g des Zuschlages nicht in d e m Versteigerungstermine u n d w e r d e n nachträglich T h a t sachen o d e r Beweismittel v o r g e b r a c h t , so sind die in d e m z u r V e r k ü n d u n g des Beschlusses bestimmten T e r m i n e erschienenen Betheiligten d a r ü b e r v o r V e r k ü n d u n g des Beschlusses zu h ö r e n . " D e r A n t r a g w u r d e in f o l g e n d e r Fassung genehmigt: E r f o l g t die V e r k ü n d u n g des Beschlusses in einem besonderen T e r m i n e und sind nachträglich T h a t s a c h e n o d e r Beweismittel vorgebracht, so sollen hierüber die in d e m T e r m i n e erschienenen Betheiligten v o r V e r k ü n d u n g des Beschlusses g e h ö r t werden. Die a n g e n o m m e n e V o r s c h r i f t soll als besonderer Absatz mit d e m § 69 in der beschlossenen Fassung v e r b u n d e n w e r d e n . M a n w a r der Ansicht:
D i e a n g e n o m m e n e V o r s c h r i f t , welche solche Fälle im A u g e habe, in denen, entg e g e n der Regel des § 63 des Entw., T h a t s a c h e n o d e r Beweismittel ausnahmsweise |Prot I14141 n o c h bis z u r Entscheidung über d e n Zuschlag n a c h g e b r a c h t w e r d e n k ö n n - | ten (vergl. Beschluß z u m § 63 Abs. 4, P r o t . S. 14055; Beschluß zu den §§ 65 — 67, P r o t . S. 14116 § c; Beschluß z u m § 60 und § 72 Abs. 2, Prot. S. 14044), rechtfertige sich aus denselben G r ü n d e n , auf welchen die z u m § 63 beschlossenen V o r s c h r i f t e n über die A n h ö r u n g der Betheiligten b e r u h t e n (vergl. auch preuß. Gesetz v o m 13. Juli 1883 § 81 Abs. 1). IV. Die B e r a t h u n g w a n d t e sich s o d a n n den §§ 70, 71 des E n t w . zu. Dieselben lauten: ZVG-VE § 70. „Das P r o t o k o l l des Versteigerungstermines h a t ü b e r den g a n z e n H e r g a n g § 70 in d e m T e r m i n e A u s k u n f t zu geben. W i r d gegen die Ertheilung des Zuschlages W i d e r s p r u c h e r h o b e n , o d e r bleibt es streitig, f ü r welches G e b o t o d e r welchem Bieter o d e r unter welchen Bedingungen der Zuschlag zu ertheilen ist, so ist das Sachverhältniß mit den A n t r ä g e n d e r Betheiligten in das P r o t o k o l l a u f z u n e h m e n . Im Uebrigen finden auf das P r o t o k o l l sowie auf das in dem V e r k ü n d ü n g s t e r m i ne a u f z u n e h m e n d e P r o t o k o l l die V o r s c h r i f t e n der §§ 148 bis 150 der Civilprozeßo r d n u n g entsprechende A n w e n d u n g . " 434
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
§ 71. „In dem den Zuschlag ertheilenden oder versagenden Urtheile werden Vorgänge des Versteigerungstermines, welche nicht aus dem Versteigerungsprotokolle ersichtlich sind, nicht berücksichtigt." Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. a) den § 70 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Das über den Versteigerungstermin aufzunehmende Protokoll hat über alle für die Entscheidung über den Zuschlag und die Rechte der Betheiligten in Betracht kommenden Vor- | gänge in dem Termine Auskunft zu geben. (Im Uebrigen finden die Vorschriften der §§ 145 bis 151 der C.P.O. Anwendung.)"
ZVG-VE §71
Planck (Nr 97, 1) | Prot I 14142
b) den § 71 als zweiten Absatz mit dem § 70 zu verbinden, den ganzen Paragraphen aber hinter § 63 des Entw. zu setzen. Kurlbaum 2. a) § 70 (vor § 69 zu stellen) (Nr 98, 1) Absatz 1 Satz 2 zu fassen: „Bleibt streitig, ob, für welches Gebot oder welchem Bieter der Zuschlag zu ertheilen sei, so ist das Sachverhältniß mit den gestellten Anträgen in das Protokoll aufzunehmen." b) § 71 (als Absatz 2 des § 70 einzustellen). Kurlbaum „Vorgänge des Termines, welche nicht aus dem Protokolle ersichtlich sind, wer- (Nr 98, 2) den bei der Entscheidung über den Zuschlag nicht berücksichtigt." Beschlossen wurde, an Stelle der §§ 70, 71 folgende Vorschriften aufzunehmen: Abs. 1. Durch Aufnahme in das Protokoll sind alle für die Entscheidung über den Zuschlag und für die Rechte der Betheiligten in Betracht kommenden Vorgänge festzustellen. Insbesondere ist, wenn streitig bleibt, ob oder für welches Gebot der Zuschlag zu ertheilen sei, das Sachverhältniß mit den gestellten Anträgen in das Protokoll aufzunehmen. Abs. 2. Vorgänge in dem Termine, welche nicht aus dem Protokolle ersichtlich sind, werden bei der Entscheidung über den Zuschlag nicht berücksichtigt. Die Stellung des so beschlossenen Paragraphen blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Die Beschlußfassung beruhte auf folgenden Erwägungen: Die Vorschriften der §§ 145 bis 150 der C.P.O. bezögen sich zunächst nur auf das über die mündliche Verhand-1 lung vor dem Gerichte aufzunehmende Proto- | Prot 114143 koll; dieselben könnten daher auf die hier in Rede stehenden Verhandlungen vor dem Vollstreckungsgerichte direkte Anwendung nicht finden, da der Beschluß über die Ertheilung sowie über die Versagung des Zuschlages auf Grund einer eigentlichen mündlichen Verhandlung im Sinne der C.P.O. nicht erfolge. Ueber die außerhalb einer mündlichen Verhandlung aufzunehmenden Protokolle enthalte die Civilprozeßordnung, abgesehen von der Vorschrift des § 151, keine ausdrückliche Bestimmung. Indessen werde mit Recht angenommen, daß auf solche Protokolle die Vorschriften der §§ 145 bis 150 der Civilprozeßordnung, soweit der Gegenstand es zulasse, entsprechend anzuwenden seien. Von diesem Standpunkte aus in Verbindung mit der Erwägung, daß die Kommission auch im Uebrigen das Gesetz über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen als eine Ergänzung der Civilprozeßordnung betrachte, sei eine besondere Vorschrift, daß die §§ 145 bis 150 der Civilprozeßordnung auf die vor dem Vollstreckungsgerichte, sei es im Versteigerungstermin, sei es in dem zur Verkündung des Beschlusses über den Zuschlag anberaumten besonderen Termine, stattfindenden Verhandlungen, soweit sie hier 435
Quellen zur Entstehung des Z V G
nicht gegenstandslos seien, entsprechende Anwendung finden, einerseits wegen Selbstverständlichkeit entbehrlich, andererseits nicht unbedenklich, weil dadurch die Tragweite der Vorschriften der Civilprozeßordnung und das Verhältniß des zur Berathung stehenden Gesetzes zu den allgemeinen Vorschriften der Civilprozeßordnung verdunkelt zu werden drohten. Vielmehr habe das vorliegende Gesetz sich darauf zu beschränken, die durch die besondere Natur des Verfahrens gebotenen |ProtI 14144 Ab-1 weichungen von den allgemeinen Vorschriften zu bestimmen. In dieser Hinsicht bedürfe es, da nicht das mündliche Vorbringen als solches, sondern das protokollarisch festgestellte Sachverhältniß die Grundlage für die Entscheidung über den Zuschlag bilden solle, gegenüber dem § 146 Abs. 1 der Civilprozeßordnung zunächst einer prinzipiellen Vorschrift, welche klar zum Ausdruck bringe, daß alle für die Entscheidung über den Zuschlag und für die Rechte der Betheiligten in Betracht kommenden Vorgänge durch Aufnahme in das Protokoll festzustellen seien, ferner der über den § 150 der Civilprozeßordnung hinausgehenden Vorschrift, daß Vorgänge in dem Termine, welche nicht aus dem Protokolle ersichtlich seien, bei der Entscheidung über den Zuschlag nicht berücksichtigt werden. Um dem Mißverständnisse zu begegnen, als ob nur die nach der Auffassung des Richters materiell in Betracht kommenden Vorgänge zu Protokoll festzustellen seien, der Richter aber nicht schlechthin genöthigt sei, die gestellten Anträge in das Protokoll aufzunehmen, sei es aber rathsam, dem ersten Satze des Abs. 1 der beschlossenen Vorschrift den zweiten Satz hinzuzufügen. Durch die Fassung des letzteren werde die Vorschrift des § 70 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfes sachlich in allen Punkten gedeckt.
ZVG-VE § 72
| Prot 114145
V. Der § 72 des Entwurfes lautet: „Wird der Zuschlag ertheilt, so sind in der Formel des Unheiles das versteigerte Grundstück, der Ersteher und das Gebot, für welches ihm das Grundstück zugeschlagen wird, sowie die Bedingungen, unter welchen der Zuschlag erfolgt, zu bezeichnen. | Auf eine Abtretung der Rechte aus dem Meistgebote an einen Anderen ist nur dann Rücksicht zu nehmen, wenn der Abtretungsvertrag mit der Erklärung des Anderen, daß er die Verpflichtungen aus dem Meistgebote übernehme, gerichtlich oder notariell beglaubigt ist. In der Formel des Unheiles ist auszusprechen, daß der Meistbietende neben dem Ersteher für die Erfüllung des Gebotes verhaftet bleibt. Ist der Ersteher der bisherige Eigenthümer des Grundstückes, so wird durch das Zuschlagsunheil ausgesprochen, daß ihm das Eigenthum an dem Grundstücke zu belassen sei." Ueber den Abs. 2 des § 72 ist im Zusammenhange mit der Berathung des § 60 des Entwurfes sachlich bereits beschlossen; die weitere Berathung des § 60 (mitgetheilt Prot. S. 14042) ist jedoch bis zur Berathung des § 72 ausgesetzt worden (Prot. S. 14044). Zu dem § 72 bezw. dem § 60des Entwurfes lagen folgende Anträge vor:
Planck l.zum §72. Vor den Worten „zu bezeichnen" einzuschalten: „soweit sie von (Nr 97, 2) den gesetzlichen abweichen, und die Rechte an dem Grundstücke, welche bestehen Kurlbaum (Nr 98, 3 u. 99,1)
2. a) zum § 72 Abs. 1 a) „Die Entscheidung über den Zuschlag enthält: 436
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
1. die Bezeichnung des Grundstückes und des zur Zeit der Eintragung der Versteigerungsanordnung eingetragenen Eigenthümers 2 ; 2. die Bezeichnung des Gerichtes sowie den Namen des entscheidenden Richters und, | w e n n die Versteigerung vor einem anderen Richter stattgefunden hat, auch |ProtI 14146 den Namen dieses Richters; 3. den Thatbestand und die Entscheidungsgründe; 4. die von der Darstellung des Thatbestandes und der Entscheidungsgründe äußerlich zu sondernde Entscheidungsformel. Die Entscheidung ist von dem Richter zu unterschreiben." ß) „Wird der Zuschlag ertheilt, so enthält die Formel der Entscheidung 3 die Bezeichnung des Erstehers und des Gebotes sowie der weiteren Bestimmungen über die Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers, sowie im Falle des § x (d. h. des zum § 60 und § 72 Abs. 2 zu fassenden Beschlusses) die Bezeichnung der für die Verbindlichkeiten des Erstehers mithaftend erklärten Person. Ist die Entscheidungsformel oder die Bezeichnung des Grundstückes 4 unvollständig, so ist sie auf Antrag zu vervollständigen." b) den § 72 Abs. 2 und den § 60 des Entwurfes, wie folgt, zu beschließen (vor Kurlbaum § 69 einzustellen, hinter § 70): (Nr 75, 3 u. „Hat der Meistbietende das Recht aus dem Meistgebote an einen Dritten abge- 98> 4) treten und dieser die Verbindlichkeit aus dem Meistgebote übernommen, so ist der Zuschlag nicht dem Meistbietenden, sondern dem Dritten zu ertheilen mit der Maßgabe, daß dieser und der Meistbietende als Gesammtschuldner haften. Die Erklärungen des Meistbietenden und des Dritten müssen in dem Versteige- | rungstermi- | Prot 114147 ne abgegeben oder gerichtlich oder notariell beglaubigt eingereicht sein. Ein Gleiches gilt, wenn der Meistbietende nachträglich erklärt hat, daß sein Gebot als in Vertretung eines Dritten abgegeben gelten soll, und entweder die Vertretungsmacht des Meistbietenden nach Maßgabe des § . . . (Beschluß zu § 59 des Entw., Prot. S. 14040) nachgewiesen ist oder der Dritte die Vertretung genehmigt hat. Dem Richter oder dem Gerichtsschreiber, vor welchem die Versteigerung stattgefunden hat, darf auch in diesen Fällen der Zuschlag nicht ertheilt werden." c. § 72 Abs. 3 zu streichen. Kurlbaum (Anm. Es handelt sich nur um die Wirkungen des Zuschlages. Diese aber sind (Nr 98, 5) dieselben, mag der Ersteher als Eigenthümer bekannt sein oder nicht.) 3. zum § 7 2 Abs. 2 und § 6 0 : a. im Absatz 1 der unter 2 b vorgeschlagenen Vorschrift den zweiten Satz zu fassen: „Die Erklärungen des Meistbietenden und des Dritten müssen in dem Versteigerungstermine abgegeben oder vor dem Zuschlage in öffentlich beglaubigten Urkunden eingereicht sein." 2
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Nach dem Antrag Nr. 98, 3 sollte Ziff. 1 lauten: „die Bezeichnung des Gläubigers und des Schuldners." Im Antrag Nr. 98, 3 lautete der Eingang: „Die Formel der Entscheidung enthält:. ..". Im metallographierten Antrag sind die Worte: „oder die Bezeichnung des Grundstückes" nicht enthalten. — Ferner war dem Antrag folgende Begründung beigefügt: Der Schluß der Nr. 2 Abs. 1 bezieht sich auf den Ersatz für § 72 Abs. 2. Es wird sich empfehlen, auf denselben Bezug zu nehmen.
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Quellen zur Entstehung des ZVG
b. im Absatz 2 daselbst den Schluß zu fassen: „und die Vertretungsmacht des Meistbietenden oder die Genehmigung des Dritten bei dem Vollstreckungsgerichte offenkundig ist oder vor dem Zuschlage durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird." | Prot 114148 14. zum § 72 Abs. 1 sachlich folgenden Zusatz zu beschließen: „Im Falle des § . . . (vgl. die Prot. S. 13925 mitgetheilte Vorschrift) ist in dem Beschlüsse auch der zahlungspflichtige Dritte und der Betrag seiner Schuld zu bezeichnen." Die Berathung führte zu folgenden Ergebnissen: 1. Nach Ablehnung des Antrags unter 2 a, a fand Abs. 1 des § 72 in folgender Fassung die Zustimmung der Kommission: Wird der Zuschlag ertheilt, so sind in dem Beschlüsse zu bezeichnen das Grundstück, der Ersteher, das Gebot sowie die Bestimmungen über die weiteren Verbindlichkeiten und die Rechte des Erstehers. 2. Sachlich beschlossen wurde ferner, Stellung vorbehalten, die Aufnahme folgender Vorschriften: a. Im Falle des § . . . (Beschluß zum § 44 des Entw., Prot. S. 13924, 13925) ist in dem Beschlüsse auch der zahlungspflichtige Dritte und der Betrag seiner Schuld zu bezeichnen. b. Im Falle des § . . . (Beschluß zum § 72 Abs. 2 und § 60, unten Nr. 3) ist in dem Beschlüsse auch die für die Verbindlichkeiten des Erstehers als mithaftend erklärte Person zu bezeichnen. 3. An Stelle des § 72 Abs. 2 und des § 60 des Entwurfes wurde der Antrag unter 2 b mit den in dem Antrage unter 3 vorgeschlagenen Modifikationen angenommen. 4. Abs. 3 des § 72 wurde gestrichen. Im Laufe der Berathung war der Antrag unter 1 sowie Abs. 2 des Antrags unter 2 a, ß zurückgezogen. | Prot 114149 Bei der Beschlußfassung wurde die Kommission | von folgenden Erwägungen geleitet: Zu 1. Die sachlich dem § 72 Abs. 1 des Entwurfes entsprechende Vorschrift rechtfertige sich aus den Gründen der Motive S. 107. Ein Bedürfniß, nach Maßgabe des Antrags unter 2 a, a für den Inhalt des Beschlusses, durch welchen der Zuschlag ertheilt werde, — abweichend von den Vorschriften der Civilprozeßordnung über den Inhalt der Beschlüsse (§ 294 Abs. 2) — im Anschlüsse an den nur für Urtheile geltenden § 284 der Civilprozeßordnung (vergl. auch § 286 Abs. 1 das.) noch weitere besondere Erfordernisse aufzustellen, können nicht anerkannt werden. Anlangend insbesondere die Nr. 3 des bezeichneten Antrages, so hänge die Vorschrift des § 284 Nr. 3 der Civilprozeßordnung, daß das Urtheil den Thatbestand enthalten müsse, auf das Engste mit dem Prinzipe der Mündlichkeit zusammen. Der Thatbestand sei unentbehrlich, wo die mündliche Verhandlung als solche die Grundlage der Entscheidung bilde, dagegen entbehrlich, wo, wie hier, die Feststellung zu Protokoll für die Entscheidung allein maßgebend sei. In Fällen der letzteren Art habe der Thatbestand nur die Bedeutung eines Aktenauszuges. Der Gesichtspunkt, daß die Aufnahme eines solchen Thatbestandes sich um deswillen empfehle, weil dadurch den im Versteigerungstermine nicht erschienenen Betheiligten der denselben zuzustellende Beschluß verständlicher werde, reiche nicht aus, um hier von dem Standpunkte der Civilprozeßordnung abzuweichen. Soweit nöthig, könnten die be438
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) zeichneten Personen sich durch Einsicht der Akten informiren. Uebrigens würde der angestrebte Zweck auch nur dann erreicht werden, wenn — abweichend von dem Entw. § 74 — vorgeschrieben werde, daß der ganze | Beschluß zuzustellen sei. | Prot 114150 Zweifelhafter könne es sein, ob nicht wenigstens für den Fall, wenn das Sachverhältniß streitig geblieben sei, die Beifügung von Entscheidungsgründen vorgeschrieben werden solle. Indessen auch insoweit sei eine Abweichung von der Civilprozeßordnung f ü r den hier in Rede stehenden Fall durch ein dringendes Bedürfniß nicht geboten. Es könne darauf vertraut werden, daß der Richter ebenso wie bei anderen Beschlüssen auch ohne ausdrückliche Vorschrift in den geeigneten Fällen seine Entscheidung mit Gründen versehen werde; eventuell sei auch das Beschwerdegericht in der Lage, von dem Richter, dessen Beschluß angefochten werde, nähere Auskunft in dieser Hinsicht zu erfordern. D a ß die Entscheidung von dem Richter zu unterschreiben sei (Antrag unter 2 a, a Abs. 2), verstehe sich, wie bei anderen Beschlüssen, auch hier von selbst. Die in dem Antrage unter 2 a, a vorgeschlagenen Bestimmungen seien auf jede Entscheidung über den Zuschlag, auch auf diejenige, durch welche der Zuschlag versagt werde, berechnet. Auch insoweit fehle es an einem Bedürfnisse, nach Maßgabe jenes Antrages besondere Vorschriften über den Inhalt des Beschlusses zu geben. Anlangend die Fassung der zu 1 beschlossenen Vorschrift, so war man einverstanden, daß der Ausdruck „Verbindlichkeiten und Rechte" auch die kraft des geringsten Gebotes bestehen bleibenden Rechte an dem Grundstücke mitumfasse. Dagegen sei eine Bezeichnung derjenigen Rechte, welche auch dann bestehen blieben, wenn sie bei dem geringsten Gebote nicht berücksichtigt seien (Prot. S. 13929ff.), nicht erforderlich. Soweit die Bestimmungen von den gesetz-1 liehen nicht abwei- |ProtI 14151 chen, genüge eine Verweisung auf die letzteren. Aber auch in Ermangelung einer solchen Verweisung seien selbstverständlich die gesetzlichen Bestimmungen maßgebend, soweit der Beschluß Abweichungen nicht bezeichne. Zu 2. Die zu 2 beschlossenen Vorschriften (vergl. zu b den § 72 Abs. 2 Satz 2) seien nothwendig, damit der Beschluß, durch welchen der Zuschlag ertheilt werde, auch gegen die in jenen Vorschriften bezeichneten Personen vollstreckbar sei. Zu 3. Die in dem Antrage unter 2 b Abs. 1 und 2 vorgeschlagenen Bestimmungen entsprächen sachlich dem früher bei der Berathung des § 60 des Entwurfes gefaßten Beschlüsse (vergl. Prot. S. 14044ff.). Durch die Einschaltung der Worte „vor dem Zuschlage" im Abs. 1 Satze 2 (Antrag unter 3 a) werde das sonst leicht mögliche Mißverständniß ausgeschlossen, als ob die Einreichung der Urkunden schon in dem Versteigerungstermine erfolgt sein müsse. Auch im Uebrigen seien die in dem Antrage unter 3 beantragten Fassungen zu billigen, da dieselben sich an die zum § 59 des Entwurfes beschlossenen Fassungen passend anschlössen (Prot. S. 14040). Absatz 3 des Antrages unter 2 b stelle sich als eine angemessene Ergänzung der früher beschlossenen Vorschrift dar, daß ein Gebot des Richters oder des Gerichtsschreibers, vor welchem die Versteigerung stattfinde, unwirksam sei (Prot. S. 14047ff.). Durch die Vorschrift des Absatz 3 werde im Sinne des § 468 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches 5 Umgehungen jener Vorschrift entgegengetreten. Zu 4. Welche Wirkung der Zuschlag habe, wenn zur Zeit der Ertheilung desselben der Ersteher Eigenthümer des Grundstückes sei, könne nicht von der | Form des | Prot 114152 Beschlusses abhängig gemacht, müsse vielmehr demnächst ohne Rücksicht hierauf 5 Vgl.
456, 458 BGB. 439
Quellen zur Entstehung des ZVG
bestimmt werden; denn, da trotz der Beschlagnahme des Grundstückes eine Veräußerung desselben durch den Schuldner nicht ausgeschlossen sei, so könne der Richter zur Zeit der Ertheilung des Zuschlags den Ersteher irrthümlich für den Eigent ü m e r oder umgekehrt für den Nichteigenthümer halten. Auch dann würde die Vorschrift des Abs. 3 zu einem unrichtigen Resultate führen, wenn der Ersteher zwar als Eigenthümer eingetragen, in Wirklichkeit aber nicht Eigenthümer sei. In einem solchen Falle müsse der Ersteher durch den Zuschlag Eigenthümer werden. VI. In Veranlassung des zum § 72 Abs. 2 nach Maßgabe des Antrags unter 3 a (oben S. 14147) gefaßten Beschlusses unter 3 wurde von einer Seite angeregt, im Falle des § . . . (Beschluß zu §§ 65 — 67, Prot. S. 14116 § c) die Genehmigung des Betheiligten ebenfalls an die Formvorschrift zu binden, daß dieselbe im Versteigerungstermine abgegeben oder vor dem Zuschlage in öffentlich beglaubigter Urkunde eingereicht sei. Der Vorschlag wurde als eine Konsequenz der zum § 59 und zum § 72 Abs. 2 des Entwurfes gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 14039ff.) allseitig sachlich gebilligt und die sachgemäße Einfügung der Vorschrift in den früheren Beschluß der Redaktion überlassen.
838. Sitzung vom 12. 12. 1888, Schriftführer: Struckmann | Prot 114153
| Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt.
ZVG-VE S
I. Der § 73 des Entwurfes lautet: »Die Kosten des Verfahrens, welche durch dessen Anordnung oder durch den Beitritt eines Gläubigers entstehen, gehören zu den Kosten der die Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstücke bezweckenden Rechtsverfolgung. Die übrigen Kosten des Verfahrens, mit Ausschluß der durch nachträgliche Vertheilungsverhandlungen entstehenden, sind, soweit nicht das Gesetz ein Anderes ergiebt, aus dem Versteigerungserlöse vorweg zu entnehmen; jedoch haftet für sie, insoweit als ein zu ihrer Deckung ausreichender Baarerlös nicht vorhanden ist, der Gläubiger, auf dessen Antrag das Verfahren bis zum Zu-1 schlage fortgesetzt worden ist." Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. den § 73 dahin zu fassen: „Die durch das Verfahren entstandenen Gerichtskosten mit Ausnahme der Kosten der Anordnung des Verfahrens und der Zulassung des Beitritts eines Gläubigers, der Kosten des Zuschlagsbeschlusses und der durch nachträgliche Vertheilungsverhandlungen entstehenden Kosten sind aus dem Versteigerungserlöse vorab zu entnehmen; jedoch haftet für sie fortgesetzt worden ist. Die Vorschriften des § 607 der Civilprozeßordnung bleiben unberührt." 2. den § 73 zu streichen; dagegen a) an die Spitze des § 92 zu stellen: „Aus dem Versteigerungserlöse sind die Kosten des Verfahrens vorweg zu entnehmen, mit Ausnahme derjenigen, welche durch die Anordnung des Verfahrens, die Zulassung des Beitrittes eines Gläubigers und die Ertheilung des Zuschlages oder durch nachträgliche Vertheilungsverhandlungen entstehen."
| Prot 114154
Planck
Kurlbaum (Nr 98, 6)
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) b) dem § 94 Nr. 1 zuzusetzen: „mit Einschluß der Kosten der Anordnung des Verfahrens oder der Zulassung des Beitrittes zu demselben." Der Antrag unter 1 wurde im Laufe der Berathung zu Gunsten des Antrages unter 2 zurückgezogen und gelangte darauf der letztere zur Annahme. Erwogen war: Ob und inwieweit der Gläubiger für die Kosten des Ver- | fahrens der Staatskas- | Prot 114155 se hafte (§ 73 Abs. 2 Halbs. 2 des Entw.), sei in dem Gerichtskostengesetze zu bestimmen (vgl. §§ 86ff. des Gerichtskostengesetzes vom 18. Juni 1878). Inwieweit die Kosten des Verfahrens im Verhältnisse zum Gläubiger dem Schuldner zur Last fielen, richte sich nach dem § 697 der Civilprozeßordnung. Ein besonderer Vorbehalt in letzterer Hinsicht sei jedenfalls dann entbehrlich, wenn die auf die Haftung des Gläubigers sich beziehende Vorschrift hier ausgeschieden werde. In dem zur Berathung stehenden Gesetze bedürfe es im Zusammenhange mit den die Vorrechtsordnung betreffenden Vorschriften (§§ 92, 94 des Entw.) nur darüber Bestimmungen, an welcher Stelle bei der Vertheilung des Erlöses die Kosten des Verfahrens zu berücksichtigen seien. Prinzipiell gehörten nicht bloß die Kosten der Anordnung des Verfahrens sowie der Zulassung des Beitrittes zu demselben, sondern auch die übrigen Kosten des Verfahrens zu den nach Maßgabe des § 94 Nr. 1 zu berichtigenden Kosten der die Befriedigung aus dem Grundstücke bezweckenden Rechtsverfolgung, mit Ausnahme der nach dem Beschlüsse zum § 47 des Entwurfes (Prot. S. 13960) dem Ersteher zur Last fallenden Kosten der Ertheilung des Zuschlages und der durch nachträgliche besondere Vertheilungsverhandlungen entstehenden Kosten (vgl. § 116 Abs. 3, § 126 Abs. 2, § 130 Abs. 7 des Entw.). Ueberwiegende Gründe der Billigkeit und praktischer Zweckmäßigkeit sprächen jedoch dafür, mit dem Entwürfe und den Anträgen zu bestimmen, daß jene übrigen Kosten des Verfahrens aus dem Versteigerungserlöse vorweg zu entnehmen seien, da dieselben zum Zwekke der Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens im Interesse aller Betheiligten aufgewendet würden und das Verfahren insoweit den Charakter eines gemeinschaftlichen Verfahrens habe. Auch sei es im Interesse größe-|rer Sicherheit |ProtI 14156 der Staatskasse gelegen, wenn jene, zum nicht geringen Theile aus Auslagen, namentlich für die öffentlichen Bekanntmachungen, bestehenden Kosten aus dem Versteigerungserlöse vorweg zu entnehmen seien (vergl. § 760 Abs. 2 der C.P.O.; §51 Nr. 1 der Konk.O.). Zweifelhaft könne es allerdings sein, ob nicht die hervorgehobenen Gesichtspunkte dahin führen müßten, auch die Kosten der Anordnung des Verfahrens bezw. der Zulassung des Beitrittes zu demselben insoweit zu den aus dem Versteigerungserlöse vorweg zu entnehmenden gemeinschaftlichen Kosten zu nehmen, als die weitere Durchführung des Verfahrens auf jener Anordnung bezw. auf der Zulassung des Beitrittes beruhe (vgl. § 55 Nr. 1 verb. mit § 51 Nr. 1 der Konk.O.). Eine solche Unterscheidung sei indessen aus praktischen Gründen bedenklich und verdiene es deshalb den Vorzug, die Kosten der Anordnung des Verfahrens sowie der Zulassung des Beitrittes zu demselben ohne Unterschied dem § 94 Nr. 1 des Entwurfes zu unterstellen. Um so mehr rechtfertige es sich, jene Kosten nicht als gemeinschaftliche zu behandeln, als die mit jenen Akten verbundene Beschlagnahme nur zu Gunsten des betreffenden Gläubigers wirke, jene Akte daher zunächst und überwiegend nur im Interesse des Gläubigers erfolgten. Im Hinblick auf den nicht erheblichen Betrag dieser Kosten trete auch die Rücksicht auf die Sicherung der Staatskasse insoweit in den Hintergrund. 441
Quellen zur Entstehung des ZVG
ZVG-VE S7 4
| Prot 114157 Kurlbaum (Nr 100,1)
| Prot 1 14158
II. Der § 74 des Entwurfes lautet: „Wird der Zuschlag ertheilt, so ist das Urtheil dem Schuldner, die Formel des Unheiles den Betheiligten, welche in dem Versteigerungstermine nicht erschienen sind, von Amtswegen zuzustellen." | Dazu lagen folgende Anträge vor: 1. den § 74 durch folgende Vorschriften zu ersetzen 1 : „Wird der Zuschlag ertheilt, so ist der Beschluß den zur Zeit der Verkündung vorhandenen Betheiligten und dem Ersteher zuzustellen. Auf die Zustellung kann verzichtet werden 2 . Wird der Zuschlag versagt, so ist der Beschluß denjenigen Betheiligten und Bietern zuzustellen, welche die Zustellung beantragen." 2. a) zur Ergänzung des Beschlusses zum § 72 Abs. 1 des Entwurfes (Prot. S. 14148) zu bestimmen, daß im Falle des § . . . Abs. 2 Satz 1 (Beschluß zum § 57, Prot. S. 14025) in dem Beschlüsse, durch welchen der Zuschlag ertheilt werde, auch der als Selbstschuldner haftende Bürge und der Betrag seiner Schuld zu bezeichnen sei. b) im Absatz 1 Satz 1 des Antrages unter 1 hinter dem Worte „Ersteher" einzuschalten : „sowie im Falle des § . . . (Beschluß zum § 44, Prot. S. 13924) dem für zahlungspflichtig erklärten Dritten und im Falle des § . . . Abs. 2 Satz 1 (Beschluß zum § 57, Prot. S. 14025) dem als Selbstschuldner haftenden Bürgen." 3. den Abs. 2 des Antrages unter 1 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Wird der Zuschlag versagt, so ist der Beschluß dem Gläubiger und dem Bieter, dessen Gebot nicht erloschen ist, zuzustellen." 4. an passender Stelle folgende Vorschrift aufzu- | nehmen: „Die Vorschrift des §271 Abs. 1 der C.P.O. findet außer auf die Betheiligten entsprechende Anwendung auf den Ersteher und auf die Bieter, deren Gebote nicht erloschen sind." Die Berathung führte zu folgenden Ergebnissen: 1. An Stelle des § 74 des Entwurfes sollen folgende Vorschriften aufgenommen werden: Wird der Zuschlag ertheilt, so ist der Beschluß zuzustellen: 1. dem Schuldner und dem zu den Betheiligten gehörenden neuen Eigenthümer; 2. dem Gläubiger; 3. von den übrigen Betheiligten demjenigen, welchem der den Versteigerungstermin bestimmende Beschluß hätte zugestellt werden sollen, aber nicht gehörig zugestellt ist; 1
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Der ursprünglich zu § 74 gestellte Antrag (Nr. 99, 2) von Kurlbaum lautet: „Der Beschluß über den Zuschlag ist, wenn der Zuschlag ertheilt wird, dem Ersteher und jedem Betheiligten, wenn der Zuschlag versagt wird, dem Gläubiger zuzustellen, es sei denn, daß in dem Versteigerungstermin oder bei der Verkündung des Beschlusses auf die Zustellung verzichtet wird. Auf die Zustellung an den Schuldner und den Eigenthümer des Grundstückes finden die Vorschriften der §§ 13 bis 17 keine Anwendung. — Hat ein Bieter, welchem der Zuschlag nicht ertheilt wird, bei der Verkündung des Beschlusses die Zustellung an seine Person beantragt, so ist der Beschluß auch dem Bieter zuzustellen." Im metallographierten Antrag folgt hier noch: „Auf die Zustellung an den Schuldner und den bisherigen Eigenthümer finden die §§ 13 bis 17 keine Anwendung."
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
4. dem Ersteher, sowie im Falle des § . . . (Beschluß zum § 44, Prot. S. 13924) dem für zahlungspflichtig erklärten Dritten und im Falle des § . . . (Beschluß zu § 72 Abs. 2, Prot. S. 14148 mit S. 14146, 14147) der für die Verbindlichkeiten des Erstehers für mithaftend erklärten Person. Auf die Zustellung kann verzichtet werden. Die weitergehenden Vorschläge des Antrages unter 1 Absatz 1 Satz 1 sowie des Antrages unter 2 fanden nicht die Zustimmung der Kommission, ebensowenig der im Laufe der Berathung von dem Urheber des Antrages unter 1 gestellte Antrag, der Nr. 4 der beschlossenen Vorschrift die Worte beizufügen: „desgleichen denjenigen, für welche die Zustellungen an eine Behörde oder an einen nach | § . . . (Beschluß zu § 11 Prot. S. 13724) bestellten Zustellungsvertreter |ProtI 14159 erfolgen müssen." 2. Nach Ablehnung des Antrages unter 3 gelangte der Antrag unter 4 zur Annahme. In Folge dieses Beschlusses galt Absatz 2 des Antrages unter 2 als erledigt. Die gefaßten Beschlüsse beruhten auf nachstehenden Erwägungen: Zu 1. Die Frage, welchen Personen im Falle der Ertheilung des Zuschlages der Beschluß zuzustellen sei, hänge auf das Engste mit der Frage zusammen, inwieweit die zur Einlegung der sofortigen Beschwerde legitimirten Personen (§ 76 des Entwurfes) die Nothfrist für die Einlegung der Beschwerde mit der Verkündung oder erst mit der Zustellung des Beschlusses beginnen solle (§ 79 des Entwurfes). Nach dem § 540 Abs. 2 der C.P.O. beginne die Nothfrist — abgesehen von einzelnen hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen — erst mit der Zustellung der Entscheidung. Dem Standpunkte der C.P.O. würde es daher am meisten entsprechen, zu bestimmen, daß allen zur Einlegung der Beschwerde legitimirten Personen, insbesondere allen zur Zeit der Verkündung des Beschlusses vorhandenen Betheiligten (Antrag unter 1 Abs. 1), der Beschluß zuzustellen sei. Eine so weit gehende Fürsorge sei jedoch durch ein Bedürfniß nicht geboten, auch aus praktischen Rücksichten nicht rathsam. Dem Bedürfnisse werde genügt, wenn der Beschluß außer den zunächst und unmittelbar betheiligten Personen, nämlich dem Schuldner und dem zu den Betheiligten gehörenden neuen Eigenthümer, sowie dem Gläubiger, von den übrigen Betheiligten demjenigen zuzustellen sei, welchem der den Versteigerungstermin bestimmenden Beschluß hätte zugestellt werden sol- | len, aber nicht gehörig | Prot 114160 zugestellt sei. Gegen einen solchen Betheiligten, welcher keine Gelegenheit gehabt habe, seine Rechte durch Erscheinen in dem Termine wahrzunehmen, dürfe die Beschwerdefrist nicht schon mit der Verkündung des Beschlusses beginnen. Für die außerordentliche Beschwerde, welche sich darauf gründe, daß der Betheiligte in dem Verfahren nicht gehörig vertreten gewesen (§ 540 Abs. 2 Satz 3 verb. mit § 542 Nr. 4 der C.P.O.), würde die Frist immer erst von der Zustellung des Beschlusses an laufen (§ 549 Abs. 3 der C.P.O.). In Ansehung anderer Betheiligter als der unter Nr. 1, 2, 4 der angenommenen Vorschrift bezeichneten, könne dagegen unbedenklich von der Zustellung des Beschlusses abgesehen werden, auch wenn dieselben in dem Termine nicht erschienen sein sollten. Soweit dieselben ein Interesse daran hätten, von dem Beschlüsse und dessen näherem Inhalte Kenntniß zu erlangen, seien dieselben in der Lage, sich diese Kenntniß auf dem in dem § 271 Abs. 1 der C.P.O. (vgl. den Beschluß unter 2) vorgesehenen Wege in vollem Umfange zu verschaffen. In der großen Mehrzahl der Fälle würde die Nothwendigkeit der Zustellung an alle Betheiligten auf eine überflüssige Formalität hinauslaufen. Zu beachten sei ferner, daß die Zahl der Betheiligten in dem Zwangsversteigerungsverfahren nicht selten 443
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eine sehr erhebliche sei. Gehe man auch davon aus, daß durch die von Amtswegen zu bewirkenden Zustellungen eine Vermehrung der Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens nicht herbeigeführt werden würde (vgl. § 80 b des Gerichtskostenkostengesetzes), so bringe doch die Nothwendigkeit, allen Betheiligten den Beschluß zuzustellen, den Nachtheil mit sich, daß das Verfahren dadurch unter Um| Prot 114161 ständen erheblich verzö-1 gert werden könne und die Akten mit Zustellungsurkunden überfüllt zu werden drohten. Ein Bedürfniß, außer den in Nr. 1, 2, 4 bezeichneten Betheiligten auch denjenigen Betheiligten den Beschluß zuzustellen, für welche die Zustellungen an eine Behörde oder an einen nach § . . . (Beschluß zu $ 11, Prot., S. 13724) bestellten Zustellungsvertreter erfolgen müssen, könne nicht anerkannt werden. Eine solche Zustellung würde nur die Bedeutung haben, die Behörde bezw. den Zustellungsvertreter zu neuen Ermittelungen anzuregen. Dazu fehle es jedoch an einem genügenden Anlasse. Daß dem Ersteher der Beschluß zuzustellen sei, rechtfertige sich im Hinblicke auf die mit der Ertheilung des Zuschlages für den Ersteher eintretenden wichtigen Rechtsveränderungen, insbesondere im Hinblick auf die daraus für ihn sich ergebenden Verbindlichkeiten. Wie im Falle des § . . . (Beschluß zu § 72, Abs. 1, Prot. S. 14148) müsse dem Ersteher auch hier der für zahlungspflichtig erklärte Dritte sowie die für die Verbindlichkeiten des Erstehers für mithaftend erklärte Person gleichgestellt werden. Dagegen verdiene der Antrag unter 2 b, soweit derselbe sich auf den als Selbstschuldner haftenden Bürgen beziehe, sowie der damit im Zusammenhange stehende Antrag unter 2 a keine Billigung. Die Anträge beruhten auf dem Gedanken, daß in dem Falle, wenn für das Meistgebot Sicherheit durch Bürgschaft geleistet sei, im Interesse der Sicherheit der Durchführung des Versteigerungsverfahrens auf der Grundlage jenes Gebotes die Gültigkeit der Verbürgung durch den Beschluß, durch welchen der Zuschlag ertheilt werde, in der Art festgestellt werden müsse, daß dieselbe von dem Bürgen des Erstehers nur im Wege der | Prot 114162 Beschwerde | gegen jenen Beschluß in Frage gestellt werden könne. Eine solche positive Regelung, welche den Bürgen die Anrufung des Prozeßrichters abschneide, gehe jedoch einerseits über das Bedürfniß hinaus und sei andererseits insofern bedenklich, als sie dem Bürgen die Möglichkeit eröffne, gestützt auf die Ungültigkeit der Bürgschaft im Wege der Beschwerde die Versagung des Zuschlages herbeizuführen, obwohl er selbst durch die Ertheilung des Zuschlages gar nicht benachtheiligt sei und die Betheiligten trotz der Ungültigkeit der Verbürgung vielleicht kein Interesse daran hätten, daß der Zuschlag nachträglich versagt werde. Die hier in Rede stehende Verpflichtung des Bürgen habe zudem keineswegs die gleiche rechtliche Bedeutung wie die Verpflichtung der in Nr. 3 der beschlossenen Vorschrift dem Ersteher gleichgestellten Personen, auch nicht die gleiche praktische Bedeutung, da sie sich nur auf einen verhältnißmäßig kleinen Betrag des Gebotes beziehe. Die Frage der Rechtsgültigkeit der Bürgschaft würde übrigens von der Frage der Rechtsgültigkeit einer anderen Sicherheitsleistung nicht getrennt werden können. Anlangend den Abs. 2 der beschlossenen Vorschrift, daß auf die Zustellung verzichtet werden könne, so habe dieselbe nach den zu Abs. 1 gefaßten Beschlüssen zwar nicht mehr die gleiche Bedeutung wie von dem Standpunkte des Antrages unter 1 Abs. 1 Satz 1 aus. Indessen sei die Aufnahme der Bestimmung trotzdem als angemessen zu erachten. Zu 2. Werde der Zuschlag versagt, so könne nur in Frage kommen, ob nicht der Beschluß dem Gläubiger und dem Bieter, dessen Gebot nicht erloschen sei, zuge444
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
stellt werden solle. Andere Betheiligte als der Gläubiger würden durch die Versagung des Zuschlages in ihren Rechten nicht beeinträchtigt und hätten deshalb kein Interesse an der Zustellung des Beschlus- | ses. Aber auch von der Zustellung an den | Prot I 14163 Gläubiger und an den Bieter, dessen Gebot nicht erloschen sei, könne abgesehen werden, obwohl dieser Person das Recht zur Einlegung der Beschwerde zugestanden werden müsse. Jenen Personen werde nicht zu viel zugemuthet, wenn man es ihnen überlasse, sich nach dem Ausfalle des Beschlusses zu erkundigen. Durch die unter 2 beschlossene Vorschrift sei dafür gesorgt, daß insbesondere auch der Bieter, dessen Gebot nicht erloschen sei, sich informiren könne. Neben der bezeichneten Vorschrift die in dem Antrage unter 1 Abs. 2 vorgeschlagene Bestimmung aufzunehmen, um den betreffenden Personen Kosten zu ersparen, sei durch ein Bedürfniß nicht geboten. Anlangend die Fassung der unter 2 angenommenen Vorschrift, so sei der Zusatz „außer auf die Betheiligten" vielleicht entbehrlich; im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes sei jedoch ein solcher Hinweis, daß die Betheiligten als Parteien im Sinne des § 271 Abs. 1 der Civilprozeßordnung (vgl. auch §§ 41 ff. das.) anzusehen seien, rathsam. Gelegentlich der Berathung des § 74 des Entwurfes kam zur Sprache, daß die Berathung des zweiten Absatzes des Prot. S. 13731 mitgetheilten Antrages früher bis zur Berathung der Vorschriften, betreffend das Urtheil über den Zuschlag, ausgesetzt sei. Der Urheber jenes Antrages erklärte, daß er den in Rede stehenden Vorschlag nicht weiter verfolge. III. Die Berathung wandte sich darauf dem § 75 des Entwurfes zu, welcher lau- Z V G - V E § 75 tet: „Gegen das Urtheil findet das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statt. Auf die Beschwerde finden die Vorschriften der | Civilprozeßordnung Anwen- | Prot I 14164 dung, soweit nicht in den §§ 76 bis 84 ein Anderes bestimmt ist." Dazu war beantragt: 1. den § 75 dahin zu fassen 3 : Kurlbaum „Gegen den Beschluß, durch welchen der Zuschlag ertheilt oder versagt wird, (Nr 100, 2) findet sofortige Beschwerde statt." Planck 2. den § 75 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Auf die Beschwerde gegen den Beschluß, durch welchen der Zuschlag ertheilt (Nr 97,4) oder versagt wird, finden die Vorschriften der Civilprozeßordnung nur insoweit Anwendung, als nicht in den §§ 76 bis 84 ein Anderes bestimmt ist."
Der Antrag unter 1 wurde zu Gunsten des Antrages unter 2 zurückgezogen. Der letztere wurde darauf mit der Modifikation angenommen, daß hinter dem Worte „Civilprozeßordnung" die Worte „über die sofortige Beschwerde" eingeschaltet werden sollen. Man hielt es für zweckmäßig, gleich darauf hinzuweisen, daß gegen den hier fraglichen Beschluß die sofortige Beschwerde stattfinde. Im Uebrigen schließt die angenommene Vorschrift sich in der Fassung dem zum § 7 des Entwurfes (Prot. S. 13710) gefaßten Beschlüsse an.
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Ursprünglich war beantragt (Nr. 99, 3): Abs. 1. Gegen den Beschluß pp. — Abs. 2 zu streichen.
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ZVG-VE S 7i>
IV. Der § 76 des Entwurfes lautet: „Zur Einlegung der Beschwerde sind befugt: 1. jeder Betheiligte, welcher durch das Urtheil benachtheiligt ist. Die nach der Vorschrift des § 6 Nr. 4 erforderliche Anmeldung und Glaubhaftmachung kann noch in der Beschwerdeinstanz erfolgen; | Prot 1 14165 2. ein Bieter, welcher den Zuschlag für sich ver-1 langt hat und behauptet, daß ihm derselbe hätte ertheilt werden müssen; 3. der Ersteher, welcher behauptet, daß ihm der Zuschlag nicht oder unter anderen als den in das Zuschlagsurtheil aufgenommenen Bedingungen zu ertheilen gewesen wäre." Dazu lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum 1. den § 76 dahin zu fassen: (Nr 100, 3) „Die Beschwerde steht im Falle der Ertheilung des Zuschlages an einen oder den anderen Bieter jedem Betheiligten und dem Ersteher zu, im Falle der gänzlichen Versagung des Zuschlages dem Gläubiger, in beiden Fällen auch jedem Bieter, welchem der Zuschlag nicht ertheilt und dessen Gebot nicht erloschen ist. Als Ersteher und Bieter gelten im Falle des § . . . (Beschluß zum § 72 Abs. 2, Prot. S. 14148 mit S. 14146, 14147) sowohl derjenige, für welchen das Gebot abgegeben oder welchem das Recht aus dem Gebote abgetreten ist, als auch der für das Gebot für mithaftend erklärte Bieter4, im Falle des § . . . (Beschluß zum § 44, Prot. S. 13924) sowohl derjenige, welcher das Gebot abgegeben hat, als auch der für zahlungspflichtig erklärte Dritte." 2. Abs. 2 des Antrages unter 1 dahin zu beschließen: „Als Ersteher . . . abgetreten ist." und als Abs. 3 hinzuzufügen: „Die Beschwerde steht im Falle des § . . . (Beschluß zum § 44, Prot. S. 13924) auch dem für zahlungspflichtig erklärten Dritten, im Falle des § . . . Abs. 2 Satz 1 (Beschluß zum § 57, Prot. S. 14025) dem Bürgen des Erstehers zu, wenn der Dritte oder der Bürge behauptet, daß die Verpflichtung zur Zahlung oder die Verbürgung | Prot 114166 nicht | bestehe oder daß das Rechtsgeschäft, in welchem die Verpflichtung oder Verbürgung sich gründet, anfechtbar sei." Beschlossen wurde die Aufnahme folgender Vorschriften: Die Beschwerde steht im Falle der Ertheilung des Zuschlages jedem Betheiligten und dem Ersteher zu, im Falle der Versagung des Zuschlages dem Gläubiger, in jedem Falle auch dem Bieter, welchem der Zuschlag nicht ertheilt und dessen Gebot nicht erloschen ist. Als Ersteher und Bieter gelten im Falle des § . . . (Beschluß zum § 72 Abs. 2, Prot. S. 14148, mit S. 14146, 14147) sowohl derjenige, für welchen das Gebot abgegeben oder welchem das Recht aus dem Gebote abgetreten ist, als auch der für das Gebot für mithaftend erklärte Bieter, im Falle des § .. . (Beschluß zum § 44, Prot. S. 13924) sowohl derjenige, welcher das Gebot abgegeben hat, als auch der für zahlungspflichtig erklärte Dritte.
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Im metallographierten Antrag lautet der Relativsatz: „welcher das Gebot abgegeben hat, als auch derjenige, für welchen das Gebot abgegeben oder welchem das Recht aus dem Gebote abgetreten ist."
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Erwogen war: Es handele sich an dieser Stelle lediglich darum, den Kreis der zur Einlegung der Beschwerde legitimirten Personen festzustellen. Eine davon verschiedene Frage sei, auf welche Beschwerdegründe die Beschwerde gestützt werden könne. Diese letztere Frage sei hier auszuscheiden und im Zusammenhange mit den §§ 77 ff. des Entwurfes zu beantworten. Daß im Falle der Ertheilung des Zuschlages die Beschwerde jedem Betheiligten und dem Ersteher zustehen müsse, könne nicht zweifelhaft sein. Die Entscheidung der Frage, ob und in welcher Art die nach dem § . . . (Beschluß zum § 6 Nr. 4 des Entw., Prot. S. 13703) erforderliche Anmeldung und Glaubhaftmachung zum Zwecke der Legitimation noch in der Beschwerdeinstanz solle | erfolgen können |ProtI 14167 (§ 76 Nr. 1 Satz 2), bleibe besser ausgesetzt bis zur Berathung der Frage, ob und inwieweit die Beschwerde auch auf neue Thatsachen und Beweismittel solle gestützt werden können. Gründe der Billigkeit sprächen aber dafür, auch den Bieter, welchem der Zuschlag nicht ertheilt und dessen Gebot nicht erloschen sei, für legitimirt zu erklären, die Beschwerde im Falle der Ertheilung des Zuschlages zu erheben. Da er an sein Gebot gebunden sei, so sei es andererseits gerecht, in diesem Stadium des Verfahrens, in welchem der Gläubiger seinen Versteigerungsantrag nicht mehr zurücknehmen könne, ihm ein im Wege der Beschwerde verfolgbares Recht auf Ertheilung des Zuschlages zu gewähren. Im Falle der Versagung des Zuschlages müsse jedenfalls dem Gläubiger die Beschwerde zustehen. Aus den angeführten Billigkeitsgründen sei ferner auch in diesem Falle die Legitimation des Bieters anzuerkennen, dessen Gebot nicht erloschen sei. Die übrigen Betheiligten, außer dem Gläubiger, seien durch die Versagung des Zuschlages nicht beschwert, da sie kein Recht auf die Versteigerung hätten. Unter Umständen könnten dieselben zwar ein faktisches Interesse daran haben, daß auf das Meistgebot der Zuschlag erfolge. Allein dieser Gesichtspunkt könne, abgesehen davon, daß es sich insoweit um seltene Fälle handele, als durchschlagend nicht erachtet werden, um auch ihnen im Falle der Versagung des Zuschlages ein Recht der Beschwerde einzuräumen. Auch der Schuldner werde durch die Versagung des Zuschlages in seinen Rechten nicht verletzt, auch dann nicht, wenn er wegen der Kosten der Zwangsvollstreckung etwa ein Interesse habe, daß die sonst resultatlos verlaufende oder nur mit weiteren Kosten fortzusetzende Versteigerung durch den | | Prot 114168 Zuschlag beendigt werde. Daß dem Ersteher und Bieter die im Abs. 2 der angenommenen Vorschrift bezeichneten Personen gleichgestellt würden, entspreche den zum § 72 Abs. 1 und zum § 74 gefaßten Beschlüssen (Prot. S. 14148, 14158). Ein genügender Grund, das Beschwerderecht des im Falle des § . . . (Beschluß zum § 44, S. 13924) für zahlungspflichtig erklärten Dritten nach Maßgabe des Antrages unter 2 zu beschränken, liege nicht vor; vielmehr müsse dem Dritten gleich dem Ersteher die Beschwerde aus denselben Gründen zustehen. Insbesondere dürfe demselben nicht abgeschnitten werden, die Beschwerde auch darauf zu stützen, daß das Gebot, für welches der Zuschlag ertheilt sei, nicht das Meistgebot sei oder daß dasselbe nicht bestehe. Die Verpflichtung des Dritten sei nicht dahin aufzufassen, daß er sich für den Fall der Ertheilung des Zuschlages schlechthin habe verbindlich machen wollen. Soweit der Antrag unter 2 auch dem Bürgen das Recht der Beschwerde einzuräumen bezwecke, sei der Antrag durch die Beschlüsse zum §74 unter 1, oben S. 14158, als erledigt anzusehen. 447
Quellen zur Entstehung des ZVG
839. Sitzung vom 14. 12. 1888, Schriftführer: Ege | Prot 114169
Kurlbaum (Nr 103, 1)
Kurlbaum (Nr 103, 2) | P r o t i 14170
| P r o t i 14171
| D i e Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. I. Die Berathung des Entwurfes § 76 Nr. 1 Satz 2 war in der letzten Sitzung ausgesetzt worden (Prot. S. 14166, 14167). Inzwischen waren folgende Anträge eingelaufen: 1. dem § 76 (Prot. S. 14166) zuzusetzen zwischen Absatz 1 und 2: „Als Betheiligter gilt der Beschwerdeführer auch dann, wenn er die im § 9 Nr. 2 (der vorl. Zusst.; d. h. dem Beschlüsse zum § 6 des Entw., Prot. S. 13703) bezeichnete Anmeldung und Glaubhaftmachung bei dem Beschwerdegericht bewirkt." 2. § 76 a. „Erfolgt die Versagung des Zuschlages durch das Beschwerdegericht, nachdem auf Grund des angefochtenen Beschlusses, durch welchen der Zuschlag ertheilt war, die | Vertheilung des Erlöses stattgefunden hat, so steht die weitere Beschwerde auch den Betheiligten zu, welchen der Erlös zugetheilt ist." Die beiden Anträge — Antrag Nr. 2 vorbehaltlich der Stellung des Beschlusses — wurden angenommen. Erwogen war: Zu 1. Der Antrag gestatte mit dem Entwürfe § 76 Nr. 1 Satz 2 (vergl. preuß. Gesetz § 87 Abs. 1 Satz 2) die Nachholung der Legitimation als Betheiligter im Sinne des § 9 Nr. 2 der vorl. Zusst. in der Beschwerdeinstanz, indem zugleich bestimmt werde, daß diese Nachholung, d. h. die Anmeldung und Glaubhaftmachung des dem Betheiligten zustehenden Rechtes oder Anspruches, bei dem Beschwerdegerichte bewirkt werden könne. An sich sei dem Nachweise der Betheiligung im Sinne des § 9 Nr. 2 in dem Verfahren der Zwangsversteigerung eine zeitliche Schranke nicht gesetzt; die Nachholung in der Beschwerdeinstanz entspreche auch dem Grundsatze des § 533 der Civilprozeßordnung. Etwas Besonderes enthalte nur die Bestimmung, daß die nachträgliche Legitimation bei dem Beschwerdegerichte bewirkt werden könne, nicht bei dem Vollstreckungsgerichte (§ 9 Nr. 2 der vorl. Zusst.) bewirkt werden müsse. Diese Bestimmung sei aber zweckmäßig (vergl. C.P.O. § 63 Abs. 2), zumal das Beschwerdegericht nach der Bestimmung im § 82 des Entw., falls es die Beschwerde für begründet erachte, immer die Entscheidung in der Sache selbst zu tragen habe. Selbstverständlich werde dem die Beschwerde einlegenden Betheiligten die Nachholung seiner Anmeldung als solcher bei dem Vollstreckungsgerichte nicht versagt. Wähle er diesen Weg, so habe das Vollstrekkungsgericht seine Anmeldung dem Beschwerdegerichte vorzulegen, welches zu prüfen habe, ob seine Anmeldung den Erfordernissen des § 9 Nr. 2 der vorl. Zusst. entspreche, ob er also zu der Einlegung der Beschwerde legitimirt sei. Zu 2. Wenn auf Grund einer gegen die Ertheilung des | Zuschlages eingelegten Beschwerde das Beschwerdegericht den Zuschlag versage, so stehe gegen diesen Beschluß des Beschwerdegerichtes nach dem zum § 76 gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 14166) einem Betheiligten als solchem He Beschwerde nicht zu. Hieran müsse auch festgehalten werden, wenn ein Weiteres nicht vorliege, als die den Zuschlag ertheilenden oder versagenden Beschlüsse, denn die Rechtslage des Betheiligten bleibe unverändert. Wenn aber zufolge des den Zuschlag ertheilenden Beschlusses schon die Vertheilung des Erlöses, sei es durch Auszahlung, sei es durch Ueberweisung desselben, stattgefunden habe, so befinde sich nach Aufhebung jenes Beschlusses durch das Beschwerdegericht ein Betheiligter, welchem der Erlös zugetheilt wor448
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den, in einer völlig veränderten und besonders schwierigen und komplizirten Lage. Es handele sich für ihn nunmehr um Herausgabe des Erhaltenen und die Wiederherstellung der früheren durch Eintragungen in das Grundbuch veränderten Rechtslage (vergl. § 120 des Entw.). Jene besondere Lage der Betheiligten erheische eine besondere Bestimmung zu deren Schutze. Es müsse ihnen, als Ausnahme von dem zum § 76 gefaßten Beschlüsse, das Recht beigelegt werden, im Wege der weiteren Beschwerde zu verlangen, daß der Zuschlag nicht versagt werde, daß es vielmehr bei der Ertheilung des Zuschlages sein Verbleiben habe (vergl. Entw. Abs. 1 Satz 2). II. Der § 77 des Entwurfes lautet: ZVG-VE „Ist der Zuschlag versagt worden, so kann die Beschwerde nur darauf gegründet § 7 7 werden, daß keiner der in diesem Gesetze angegebenen Versagungsgründe vorliege. Ist der Zuschlag ertheilt worden, so kann die Beschwerde nur darauf gegründet werden: 1. daß einer der in diesem Gesetze angegebenen | Gründe zum Widerspruche ge- | Prot I 14172 gen den Zuschlag vorliege; 2. daß das Urtheil mit dem Inhalte des Versteigerungsprotokolles nicht übereinstimme. Die Begründung der Beschwerde durch Thatsachen, welche die Nichtigkeitsklage oder die Restitutionsklage rechtfertigen, ist nicht ausgeschlossen." Beantragt war, den § 77 zu streichen, dagegen a) vor dem § 95 (vorl.Zusst.; d. h. dem Beschlüsse zu den §§ 65 — 67 des Entw., Kurlbaum Prot. S. 14115 mit S. 14084) einzuschalten: (Nr 100, 4) „Der Zuschlag darf nur dem Meistbietenden ertheilt werden" b) im § 96 (vorl. Zusst.; d. h. dem Beschlüsse zu den §§ 65 — 67 des Entw., Prot. S. 14112, 14113, 14115 mit S. 14067) hinter „von Amtswegen" einzuschalten „nur". Dem Antrage zufolge wurde der § 77 des Entw. gestrichen und beschlossen, im § 95 der vorl. Zusst. als Abs. 1 einzufügen: Der Zuschlag ist dem Meistbietenden zu ertheilen. Der Antrag lit. b wurde abgelehnt. Die Kommission hatte erwogen: Bestimmungen, wie die im Abs. 1 und 2 des Entw. enthaltenen seien entbehrlich, nachdem durch die bisherigen Beschlüsse das materielle Recht in Ansehung der Ertheilung und der Versagung des Zuschlages normirt worden. Aus den betreffenden Beschlüssen in Verbindung mit dem allgemeinen Grundsatze, daß nur, wer in seinen materiellen Rechten verletzt sei, sich beschweren könne, und aus den zum § 78 zu beschließenden Beschränkungen des Beschwerderechtes werde sich im einzelnen Falle unschwer die Entscheidung der Frage ergeben, ob die Beschwerde begründet sei. Der Entwurf enthalte auch Nichts, was sich nicht aus den vorausgehenden Bestimmungen von selbst | ergäbe. |ProtI 14173 Dies gelte insbesondere auch von dem im Absatz 2 Nr. 2 hervorgehobenen Falle (vgl. auch §§ 70, 71 Entw.). Durch den Ausspruch des Abs. 1, daß die Beschwerde gegen die Versagung des Zuschlages nur begründet sei, wenn keiner der in diesem Gesetze angegebenen Versagungsgründe vorliege, solle zwar noch besonders zum Ausdruck gelangen, daß die fragliche Beschwerde auch dann zurückzuweisen sei, 449
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wenn die Versagung aus irgend einem, wenn auch bis dahin nicht gewürdigten Grunde gerechtfertigt erscheine. Dies sei jedoch selbstverständlich, da die Beschwerde ebenso wie die Revision nur zu rechtfertigen sei durch das begründete Verlangen einer sachlich anderen Entscheidung (zu vergl. C.P.O. § 526). Streiche man den § 77 Abs. 1,2, so empfehle es sich, der Vorsicht halber, ausdrücklich auszusprechen, daß der Zuschlag dem Meistbietenden, und nur dem Meistbietenden, zu ertheilen sei. Denn, wenn es in dem Gesetze unter den Vorschriften über die Anfechtung des Beschlusses über den Zuschlag an jeder Bestimmung darüber fehle, worauf die Anfechtung gegründet werden könne, so sei es um so nothwendiger, die das materielle Recht betreffenden Vorschriften so zu gestalten, daß ein Zweifel nicht möglich bleibe. Die neue Bestimmung sei übrigens nicht in der durch den Antrag vorgeschlagenen negativen Fassung, sondern positiv dahin auszusprechen, daß der Zuschlag dem Meistbietenden zu ertheilen sei; dadurch gelange auch zum Ausdruck, daß der Meistbietende ein Recht auf den Zuschlag habe. Das Mißverständniß, daß ihm dieses Recht auch zustehen solle, wenn der Gläubiger | Prot 114174 von seinem Rechte, den Versteigerungsantrag zurückzunehmen, Gebrauch | mache, (§ 48 der vorl. Zusst.; d. h. Beschluß zum § 34 des Entw., Prot. S. 13873) oder eine Einstellung des Verfahrens dazwischen trete (§ 86 Nr. 3 der vorl. Zusst.; d. h. Beschluß zum § 58 des Entw., Prot. S. 14035 mit S. 14032, 14033), sei nicht zu befürchten. Ihre passende Stelle finde die Bestimmung im Eingang des § 95 der vorl. Zusst., als erster Absatz dieses Paragraphen. Die beantragte Verdeutlichung des § 96 der vorl. Zusst. durch Einschaltung des Wortes „nur" sei überflüssig. Die Bestimmung des § 77 Abs. 3 des Entwurfes könne im Hinblick auf die Bestimmung der C.P.O. § 540 Abs. 2, Satz 3, deren Anwendbarkeit selbstverständlich sei, entbehrt werden. ZVG-VE
III. Der § 78 des Entwurfes lautet:
§^
„Ist der Beschwerdeführer in dem Versteigerungstermine nicht erschienen, obschon er zu demselben gehörig geladen war, so kann er aus dem Verfahren vor dem Termine keinen Grund für die Versagung des Zuschlages herleiten. Ist der Beschwerdeführer in dem Versteigerungstermine erschienen, so kann er für die Versagung des Zuschlages nicht einen Grund geltend machen, welchen er in dem Termine geltend machen konnte, aber nicht geltend gemacht hat, es sei denn, daß der Grund hätte von Amtswegen berücksichtigt werden müssen." Beantragt war: Kurlbaum 1. zum § 78 zu bestimmen: (Nr 101,1) „Eine Thatsache, auf Grund deren ein Betheiligter nach dem § 98 (vorl. Zusst.; d.h. dem Beschlüsse zum §66 des Entw., Prot. S. 14117, 14118 mit S. 14110, 14094, 14096) der Ertheilung des Zuschlages hätte widersprechen können, kann | Prot 114175 von dem Betheiligten nicht gel-|tend gemacht werden, wenn er sie im Versteigerungstermine ungeachtet einer an ihn gerichteten Frage des Richters nicht geltend gemacht hat. Ein Betheiligter kann einen der im § 96 Nr. 4 bis 7 (der vorl. Zusst.; d. h. der Beschlüsse zu den §§ 6 5 - 6 7 des Entw., Prot. S. 14115, 14116 mit S. 14084, 14082, 14091 ff., 14085, 14086, 14076, 14077, 14087, 14104ff.) bezeichneten Gründe gegen die Ertheilung des Zuschlags nur geltend machen, wenn der Grund das Recht des Betheiligten betrifft. 450
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.-19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) Der Ersteher oder Bieter kann nicht einen Grund gegen die Ertheilung des Zuschlages geltend machen, welcher nur die Rechte der Betheiligten betrifft, unbeschadet der ihm als Betheiligten zustehenden Rechte." 2. den ersten Absatz des Antrages N r . 1 durch folgende Bestimmung zu erset- Planck zen: (Nr 102) „Für die Versagung des Zuschlages kann ein Grund, welcher nicht von Amtswegen zu berücksichtigen ist, nicht geltend gemacht werden, wenn wegen desselben nicht im Versteigerungstermine von dem Betheiligten Widerspruch erhoben ist." Zu dem Antrage Nr. 2 wurde im Laufe der Berathung der Unterantrag gestellt, den Schluß („wenn — erhoben ist") dahin zu fassen: „wenn der Beschwerdeführer im Termine erschienen ist und wegen des Grundes Widerspruch nicht erhoben hat." Beschlossen wurde: Annahme des Antrages Nr. 1 Abs. 1; Annahme des Antrages Nr. 1 Abs. 2 und 3 in der Fassung: | Ein Betheiligter, der Ersteher oder Bieter können nicht gegen die Ertheilung |ProtI 14176 des Zuschlages einen Grund geltend machen, welcher nur das Recht eines Anderen betrifft. Erwogen war: Die im § 78 Abs. 1 des Entwurfes vorgeschlagene Bestimmung, nach welcher der Beschwerdeführer, wenn er, obwohl gehörig geladen, im Versteigerungstermine nicht erschienen sei, aus dem Verfahren vor dem Termine keinen Grund für die Versagung des Zuschlages solle herleiten dürfen, beruhe auf einer Unterstellung des Verzichtes des Beschwerdeführers auf die Geltendmachung der betreffenden Gründe. Ziehe man zunächst die in der vorl. Zusst. § 96 bezeichneten Gründe, aus welchen der Zuschlag von Amtswegen versagt werden müsse, in Betracht, so seien die in N r . 1 bis 3 bezeichneten absoluter Natur, dergestalt, daß bei dem Vorliegen eines dieser Gründe der Verzicht oder die Genehmigung eines Betheiligten überhaupt nicht berücksichtigt werden dürfe. Nehme man dessenungeachtet den Verzicht eines einzelnen Betheiligten auf die Geltendmachung des Grundes als zulässig an, so dürfe dieser Verzicht doch nicht unter anderen Voraussetzungen als vorhanden angenommen werden als bei den im $ 96 Nr. 4 bis 7 bezeichneten Versagungsgründen. Bei diesen sei zwar ein Verzicht auf die Rüge und eine Genehmigung für zulässig erklärt worden, die Annahme jenes Verzichtes aber selbst im Falle des Erscheinens des Betheiligten nicht schon bei dessen einfachem Schweigen, sondern, abgesehen von einer erklärten Genehmigung des Verfahrens, davon abhängig gemacht, daß der Betheiligte ungeachtet einer an ihn gerichteten Fra-1 ge des Richters Wider- | Prot 114177 spruch nicht erhoben habe (§ 97 Abs. 1 der vorl. Zusst.; der § 97 der vorl. Zusst., Beschluß zu den §§ 65 — 67 des Entw., Prot. S. 14116, 14117, lautet: Die Versagung des Zuschlages findet in den Fällen des § 96 N r . 4 bis 7 nicht statt, wenn der Betheiligte in dem Versteigerungstermine erschienen ist und ungeachtet einer an ihn gerichteten Frage des Richters Widerspruch nicht erhoben hat, oder wenn er das Verfahren genehmigt hat; die Genehmigung kann bis zur Entscheidung über den Zuschlag erfolgen. Die Versagung des Zuschlages findet im Falle des § 96 Nr. 5 nicht statt, wenn das Recht des Betheiligten im Falle der Ertheilung des Zuschlages bestehen bleibt, oder, wenn das Recht des Betheiligten in einem Ansprüche besteht, welcher in einer Reallast, Hypothek oder Grundschuld sich gründet oder auf Zahlung 451
Quellen zur Entstehung des ZVG
einer Geldsumme gerichtet ist, und der Anspruch durch das Meistgebot gedeckt wird. Für die Beurtheilung, ob der Anspruch gedeckt wird, findet die Vorschrift des § 94 Anwendung.). Mit dieser Bestimmung stände es in unvereinbarem Widerspruch, wenn man einen Verzicht des Beschwerdeführers lediglich auf sein Nichterscheinen im Versteigerungstermin hin fingiren wollte. Hiernach komme es nicht weiter darauf an, daß auch die in den Motiven S. 117 angezogene Analogie des § 267 der Civilprozeßordnung nicht zutreffe, weil daselbst der Verlust des Rechtes der Rüge einer das Verfahren betreffenden Vorschrift darauf gestützt werde, daß der Rügeberechtigte in der nächsten Verhandlung erschienen sei und weiter verhandelt habe, ohne zu rügen. Die gleiche Konsequenz gestatte auch die Annahme, daß ein Betheiligter auf den nach dem § 98 vorl. Zusst. [d. h. dem Beschlüsse zum § 66 des Entw. Prot. S. 14117, 14118 mit S. 14110, 14094, 14096] zulässigen Widerspruch verzichte, nur unter den neben bezeichneten Umständen, d. h. bei Unterlassen des Widerspruches auf Befragen des Richters. Dies bringe der Antrag 1 Abs. 1 in Uebereinstimmung mit dem § 97 Abs. 1 der vorl. Zusst., zum Ausdruck, während diese letztere Vorschrift für die im § 96 in den Nr. 4 bis 7 [vergl. S. 14175] bezeichneten, von Amtswegen zu | Prot 114178 berücksichtigenden Gründe aus-1 reiche. Rücksichtlich der im §98 Nr. 2, 3 bezeichneten Widerspruchsgründe würde auch der Antrag 2 ausreichen, da diese Gründe die Anwesenheit und Mitwirkung des Betheiligten bei den entscheidenden Momenten des Verfahrens voraussetzen und deshalb von der Befragung durch den Richter allenfalls abgesehen werden könne. Das Gleiche treffe jedoch für den in Nr. 1 bezeichneten Widerspruchsgrund um so weniger zu, als derselbe möglicherweise erst während des Termines eintrete oder bekannt werde und in nothwendiger Beziehung zu dem Betheiligten nicht stehe. Die Annahme des Verzichtes nach dem Antrage 2 würde jedenfalls ohne gehörige Zustellung des Beschlusses, durch welchen der Termin bestimmt worden, nicht zulässig sein. Gerechtfertigt seien die in dem Antrage N r . 1 Abs. 2, 3 vorgeschlagenen Beschränkungen, nach welchen ein Betheiligter einen der im § 96 Nr. 4 bis 7 der vorl. Zusst. bezeichneten, von Amtswegen zu berücksichtigenden Versagungsgründe f ü r die Beschwerde gegen die Ertheilung des Zuschlages nur geltend machen dürfe, wenn der Grund das Recht des sich beschwerenden Betheiligten betreffe, sowie daß der Ersteher und der Bieter als solche nicht einen Grund gegen die Ertheilung des Zuschlages im Beschwerdewege geltend machen können, welcher nur die Rechte der Betheiligten betreffe. Dieselben entsprächen der zum § 66 des Entw. beschlossenen Bestimmung des § 98 Abs. 2 der vorl. Zusst. In Ansehung der im § 96 Nr. 1 bis 3 bezeichneten absoluten Versagungsgründe könne eine Beschränkung der Betheiligten selbstverständlich nicht gelten, da sie alle Betheiligten beträfen. Der Ersteher und der Bieter dagegen seien beschränkt auf diejenigen Gründe, welche die Frage des Meistgebotes, die Wirksamkeit der Gebote und die Möglichkeit des Erwerbes des Grundstückes durch sie be| Prot I 14179 träfen. Uebrigens empfehle es sich, das | dem Antrage N r . 1 Abs. 2, 3 zu Grunde liegende Prinzip in der beschlossenen Weise allgemein auszusprechen. Hierdurch werde allerdings die schon erwähnte Bestimmung des § 98 Abs. 2 der vorl. Zusst., welche an sich schon als auch für die Beschwerdeinstanz geltend beschlossen worden, wiederholt; dies sei jedoch kein schwer wiegender Grund gegen die allgemeine Fassung. Andererseits entfalle hierbei der in dem Antrage Nr. 1 Abs. 3 am Schluß enthaltene selbstverständliche und deshalb entbehrliche Vorbehalt der dem Ersteher oder Bieter als Betheiligten zustehenden Rechte. Als Ersteher oder Bieter gälten im Sinne der beschlossenen allgemeinen Bestimmung im Falle des § 65 der vorl. Zusst. [d. h. des Beschlusses zum § 44 des Entw., 452
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Prot. S. 13924, 13925] auch der für zahlungspflichtig erklärte Dritte sowie im Falle des § 72 Abs. 2 des Entw. (Prot. S. 14148) auch derjenige, für welchen das Gebot abgegeben oder welchem das Recht aus dem Gebote abgetreten sei (vergl. Beschluß zum § 76 des Entw., Prot. S. 14169, 14170). Der Redaktion müsse überlassen bleiben, dies in der Fassung des Beschlusses zum Ausdruck zu bringen. Die zum § 78 beschlossenen Beschränkungen müßten endlich nicht nur in Ansehung der Begründung der Beschwerde gelten, sondern auch auf die Anführungen des Gegners gegen die Beschwerde Anwendung finden (Entw. § 80 Abs. 2). Dies gelange auch gemäß der Intention des Antrages Nr. 1 durch die beschlossene Fassung des § 78 zum Ausdruck. IV. Der § 79 des Entw. in der vom Referenten berichtigten Fassung lautet:
ZVG-VE § 79 Johow (Nr 78, 3) | Prot I14180
„Die Beschwerdefrist beginnt für diejenigen Betheiligten, welchen das Urtheil oder dessen Formel nicht von Amtswegen zuzustellen war, sowie für die Bieter und den Ersteher mit der Verkündung des | Unheiles." Beantragt war, den § 79 zu fassen: „Die Beschwerdefrist beginnt im Falle der Versagung des Zuschlages mit der Kurlbaum Verkündung des Beschlusses. Das Gleiche gilt im Falle der Ertheilung des Zuschla- (Nr 101, 2 u. ges in Ansehung derjenigen Personen, welchen der Beschluß nicht nach dem § 74 N r 103, 3) zuzustellen ist, sowie derjenigen, welche auf die Zustellung verzichtet haben." Der Antrag wurde, jedoch mit Weglassung der in demselben enthaltenen Verweisung auf den § 74 des Entw., d. h. auf die hierzu gefaßten Beschlüsse, genehmigt, in der Erwägung: Wie der Entwurf sich an seine Bestimmung (§ 74), betreffend die Zustellung des Beschlusses über den Zuschlag, anschließe, so trage der Antrag den Beschlüssen zu jener Bestimmung des Entwurfes die gebührende Rechnung. Die Hinweisung auf den § 74 des Entw. habe als überflüssig zu unterbleiben. V. Der § 80 des Entw. lautet: „Wer als Gegner des Beschwerdeführers zuzuziehen ist, bestimmt das Gericht. Auf die Anführungen des Gegners finden die Vorschriften des § 78 entsprechende Anwendung. Mehrere Beschwerden gegen dasselbe Urtheil sind mit einander zu verbinden." Die Absätze 1 und 3 des § 80 wurden im Wesentlichen aus den Gründen der Motive S. 119, 120 angenommen, Absatz 3 mit Weglassung der Worte „gegen dasselbe Urtheil (denselben Beschluß)", welche man als selbstverständlich und deshalb entbehrlich erachtete. Die im Abs. 2 vorgeschlagene Bestimmung wurde gestrichen, weil der § 78 in der heute beschlossenen Fassung | (s. oben III.) sowohl in Ansehung der Begründung der Beschwerde als in Ansehung der Bekämpfung derselben gelte, Abs. 2 also schon durch den § 78 gedeckt sei. VI. Der § 81 in der vom Referenten berichtigten Fassung lautet:
ZVG-VE % 80
Kurlbaum (Nr 101, 3 | P r o t I 14181 ZVG-VE
§81 „Ist der Zuschlag einem Anderen als dem Beschwerdeführer ertheilt worden, so Johow kann der Andere in der Beschwerdeinstanz die im § 67 zugelassene Sicherheitslei- (Nr 78, 4) stung nachholen sowie den Mangel des Nachweises seiner Geschäftsfähigkeit oder der Vertretungsmacht desjenigen, welcher für ihn geboten hat, durch Vorlegung 453
Quellen zur Entstehung des ZVG
von Urkunden beseitigen. Es sind ihm jedoch, wenn er auf Grund dieser Vorschrift ein obsiegliches Urtheil erlangt, die Kosten der Beschwerdeinstanz aufzuerlegen." Beantragt war, Kurlbaum 1. den § 81 zu streichen; (Nr 101, 4) 2. hier oder an sonst geeigneter Stelle zu bestimmen: „Neue Thatsachen und Beweismittel können zur Begründung oder Bestreitung der Beschwerde nur insoweit geltend gemacht werden, als sie in erster Instanz noch bis zum Schlüsse des Versteigerungstermines hätten vorgebracht werden können." 1. Zunächst wurde über den Streichungsantrag verhandelt. Unter Aufrechthaltung dieses Antrages beantragte der Urheber desselben im Laufe der Berathung, die Bestimmung aufzunehmen: „Der nach dem § 87 Abs. 2 der vorl. Zusst. [mitgetheilt S. 14091 als einziger Absatz; zu vergl. Prot. S. 14100, 14101] erforderliche Nachweis kann in der Beschwerdeinstanz nicht nachgeholt werden." | Prot 114182
| Die Kommission beschloß die Annahme dieses Antrages an Stelle des im Uebrigen zu streichenden § 81 in der Erwägung: Der im § 81 zunächst berücksichtigte Fall des § 67 Abs. 2 des Entw. scheide aus, nachdem der § 67 Abs. 2 gestrichen worden sei. Der Entwurf wolle weiter dem Gegner des Beschwerdeführers die Nachholung des im § 87 Abs. 2 (vorl. Zusst.) bezeichneten Nachweises in der Beschwerdeinstanz gestatten. Zum § 65 des Entw. sei aber beschlossen worden, der nach dem § 87 Abs. 2 erforderliche Nachweis könne, sofern das Gebot nicht erloschen sei, bis zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag oder des Beschlusses, durch welchen ein besonderer Verkündungstermin bestimmt werde, nachgeholt werden (§ 95 Abs. 2 der vorl. Zusst.; vergl. Prot. S. 14113). Hierin liege eine Beschränkung dieser Nachholungsbefugniß, insofern dieselbe, wenn zur Verkündung der Entscheidung über den Zuschlag ein besonderer Termin bestimmt werde, nur bis zur Verkündung dieses Beschlusses, nicht auch noch nachher in der Zeit bis zur Verkündung der Entscheidung selbst, solle ausgeübt werden dürfen. Maßgebend für die Aufstellung dieser Beschränkung sei unter Anderem insbesondere die Erwägung gewesen, daß ohne diesselbe der Bieter es in der Hand hätte, je nachdem es ihm passe, die Wirksamkeit seines Gebotes nach dem Schlüsse des eigentlichen Versteigerungstermines herbeizuführen, also gewißermaßen nach diesem Zeitpunkte noch ein Gebot abzugeben (Prot. S. 14113, 14114). Diesem Beschlüsse und dem angegebenen Grunde desselben würde es widersprechen, wenn noch in der Beschwerdeinstanz auch nur dem Gegner des Beschwerdeführers die Nachholung des im § 87 Abs. 2 | Prot 114183 (der vorl. Zusst.) erforderten Nachweises gestattet würde. Billigkeitsrück- | sichten auf den Gegner des Beschwerdeführers könnten hiergegen nicht in Betracht kommen. Die Nachholung des fraglichen Nachweises müsse an die im § 95 Abs. 2 ausgedrückte zeitliche Schranke gebunden bleiben. Es empfehle sich aber, um die Bedeutung der Vorschrift des § 95 Abs. 2 der vorl. Zusst. vor jedem Zweifel zu bewahren, neben der Streichung des § 81 die beantragte Bestimmung, daß die Nachholung des nach dem § 87 Abs. 2 der vorl. Zusst. erforderlichen Nachweises in der Beschwerdeinstanz unzulässig sei, aufzunehmen. 2. Bei der Besprechung des Antrages Nr. 2 ergab sich allseitiges Einverständniß darüber, daß in den Fällen, in welchen nach den beschlossenen Vorschriften die Vornahme einer Handlung oder die Abgabe einer Erklärung zeitlich an eine bestimmte, vor dem Schlüsse des Versteigerungstermines liegende Grenze, namentlich an den Schluß der Versteigerung oder an die Aufforderung zur Abgabe von Gebo454
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ten, gebunden sei dergestalt, daß die nachträgliche Vornahme der Handlung pp. als ausgeschlossen erscheine, wie die Leistung der Sicherheit für das Gebot (§ 80 der vorl. Zusst.; d. h. Beschluß zum § 54 des Entw., Prot. S. 14009, 14010), die Abgabe von Geboten (§ 89 der vorl. Zusst.; mitgetheilt S. 14091), die Beibringung eines Nachweises (§ 95 Abs. 2 der vorl. Zusst., s. den Beschluß zu 1), die Nachholung der Erklärung oder Handlung in der Beschwerdeinstanz ausgeschlossen sei, insoweit also der Grundsatz des § 533 C.P.O. keine Anwendung finde. Der Urheber des Antrages Nr. 2 begnügte sich mit der Konstatirung dieser Ansicht der Kommission und zog deshalb den Antrag zurück. VII. Der § 82 des Entw. lautet: „Das Beschwerdegericht ertheilt selbst den Zuschlag, wenn derselbe dem Beschwerdeführer zu ertheilen ist. Im Falle einer weiteren Beschwerde | ist, wenn das Urtheil des Vollstreckungsgerichtes für begründet erachtet wird, das zweite Urtheil aufzuheben und die gegen das erste Urtheil erhobene Beschwerde zurückzuweisen. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ertheilung des Zuschlages ist zurückzuweisen, wenn derselben ein von Amtswegen zu berücksichtigender Versagungsgrund entgegensteht." Beantragt war, zu bestimmen: „Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so entscheidet das Beschwerdegerieht unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses über den Zuschlag durch Ertheilung oder Versagung desselben. Wird der Zuschlag ertheilt, so finden die Vorschriften des § (Beschlüsse zum § 72 Abs. 2, Prot. S. 14148) Anwendung. Im Falle weiterer Beschwerde ist jedoch, wenn ein in der Beschwerdeinstanz aufgehobener Beschluß, durch welchen der Zuschlag ertheilt ist, für begründet erachtet wird, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die gegen den ersteren Beschluß erhobene Beschwerde zurückzuweisen." Beschlossen wurde: a. Annahme des Antrages Abs. 1 Satz 1 in der Fassung: Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so hat das Beschwerdegericht unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses in der Sache selbst zu entscheiden. b. Annahme des Antrages Abs. 2; c. an Stelle des Antrages Abs. 1 Satz 2 die Aufnahme folgender Bestimmung an geeigneter Stelle: Die Beschwerde kann durch Nachbringen der im § 72 Abs. 2 des Entw. bezeichneten Erklärungen oder Urkunden nicht begründet werden. Erwogen war: Es sei dem Entwürfe (Motive S. 121) darin beizutreten, daß, falls das Beschwerdegericht die Be-1 schwerde für begründet erachte, dasselbe nicht gemäß § 538 der C.P.O. dem Gerichte, von welchem die beschwerende Entscheidung erlassen worden, die erforderliche Anordnung überlassen dürfe, vielmehr in allen Fällen nach Lage der Sache den entsprechenden Beschluß in der Sache selbst zu fassen habe. Der Entwurf drücke jedoch dieses Prinzip nicht in der genügenden Allgemeinheit aus, indem er in mehrfachen Beziehungen zu enge sei. Dies gelte zunächst von der Bestimmung im Abs. 1 Satz 1 insofern, als hiernach das Beschwerdegericht den Zuschlag nur dann selbst zu ertheilen habe, wenn der Zuschlag dem Beschwerdeführer zu ertheilen sei. Der Fall könne nämlich auch so liegen, daß die Beschwerde mit Recht darauf gegründet werde, daß der Zuschlag einem Dritten, welcher an 455
ZVG-VE § 82 | Prot 114184
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| Prot 114185
Quellen zur Entstehung des ZVG sein G e b o t noch gebunden, zu ertheilen sei. Das Beschwerdegericht habe auch in diesem Falle den Zuschlag zu ertheilen. N a c h der Bestimmung des zweiten Absatzes w ä r e der Antrag des Beschwerdeführers auf Ertheilung des Zuschlages nur dann zurückzuweisen, wenn der Ertheilung ein von Amtswegen zu berücksichtigender Versagungsgrund entgegenstehe. Es müsse aber von dem Beschwerdegerichte auch ein Versagungsgrund, welcher nur auf erhobenen Widerspruch zu berücksichtigen sei, berücksichtigt werden, wenn n u r der Widerspruch erhoben und gerechtfertigt sei. D e r Grundsatz, daß das Beschwerdegericht in allen Fällen, in welchen es die Beschwerde f ü r begründet erachte, die nach Lage der Sache erforderliche Entscheid u n g in Ansehung des Zuschlages selbst zu treffen habe, werde, entsprechend der T e n d e n z des Antrages Abs. 1 Satz 1, am deutlichsten im Anschlüsse an die Fassung des § 528 Abs. 3 der C . P . O . dahin ausgedrückt, daß das Beschwerdegericht unter A u f h e b u n g des angefochtenen Beschlusses in der Sache selbst zu entscheiden habe. H i e r d u r c h werde auch der Fall getroffen, in welchem die Beschwerde deshalb be| Prot I 14186 g r ü n d e t er- | scheine, weil der ertheilte Zuschlag aufzuheben sei, aber der Zuschlag auch nicht nach dem Antrage des Beschwerdeführers ertheilt werden könne. D e r Antrag Abs. 2 decke sich mit dem Entwürfe Abs. 1 Satz 2, sei jedoch in der Fassung korrekter insofern, als nicht bloß der von dem Vollstreckungsgerichte, sondern auch der von dem Beschwerdegerichte ertheilte Zuschlag in Frage kommen k ö n n e . Die Bestimmung selbst (vergl. auch preuß. Gesetz § 93 Abs. 2) müsse aus d e m in den Motiven S. 122 angeführten G r u n d e gebilligt werden. U e b e r den Fall, wenn das Beschwerdegericht die Beschwerde nicht f ü r begründet erachte, sei eine Bestimmung nicht erforderlich. D e r Antrag Abs. 1 Satz 2 gehe davon aus, daß das nach dem Beschlüsse z u m § 72 Abs. 2 des Entw. zugelassene Nachbringen von Erklärungen u n d U r k u n d e n , nach welchen einem Anderen als dem Bieter der Zuschlag zu ertheilen sei, an sich n u r bis z u r Ertheilung des Zuschlages an irgend einen Bieter zulässig sei und verfolge nach der Erläuterung seines Urhebers den Zweck, die N a c h h o l u n g der in dem Beschlüsse z u m 5 72 Abs. 2 des Entwurfs bezeichneten Erklärungen o d e r U r k u n d e n in der Beschwerdeinstanz insoweit f ü r zulässig zu erklären, als der Zuschlag noch nicht demjenigen ertheilt sei, welcher f ü r einen Anderen geboten zu haben erklärt o d e r das Recht aus dem Meistgebote einem Anderen abgetreten habe. Diese Absicht sei zu billigen. Müsse man aber von der Zulässigkeit jedes neuen Vorbringes ausgehen, so entspreche es der T e n d e n z des Antrages, die Begründung der Beschwerde d u r c h ein solches Vorbringen auszuschließen, so daß das V o r b r i n g e n in der Beschwerdeinstanz nur dann zulässig sei, wenn der angefochtene Beschluß, abgese| Prot I 14187 hen von diesem | Vorbringen, aufgehoben werden müsse. Es handele sich also um eine weitere Beschränkung des § 533 der C.P.O. und dies sei in der Fassung z u m A u s d r u c k e zu bringen. Die hiernach der Bestimmung gebührende Stellung sei bei der Redaktion zu prüfen.
840. Sitzung vom 17. 12. 1888, Schriftführer: Ege | Prot 114189
| Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekk u n g in das unbewegliche Vermögen, w u r d e fortgesetzt. Folgendes wurde verhandelt. 456
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I. Der § 83 des Entwurfes lautet:
ZVG-VE
„Wird ein den Zuschlag ertheilendes Urtheil aufgehoben, so ist auf Antrag auch über die Rückgewähr des auf Grund des Unheiles Geleisteten zu entscheiden." Beantragt war, 1. den § 83 zu streichen; 2. die Bestimmung zu fassen: „Wird ein Beschluß, durch welchen der Zuschlag ertheilt ist, aufgehoben, so ist auf Antrag auch über die Rückgewähr desjenigen zu entscheiden, was auf den durch Zahlung zu berichtigenden Theil des Gebotes gezahlt ist." 3. Im Laufe der Berathung wurde von dem Urheber des Antrages Nr. 2 weiter beantragt, zu bestimmen:
§ ^
Kurlbaum (Nr 103, 5)
Kurlbaum
| „Wird der Beschluß, durch welchen der Zuschlag ertheilt ist, aufgehoben und |ProtI 14190 ist der durch Zahlung zu berichtigende Theil des Meistgebotes bereits hinterlegt oder an den Richter gezahlt, aber noch nicht vertheilt, so ist der hinterlegte oder gezahlte Betrag zurückzuzahlen. Ist die Vertheilung bereits erfolgt, so ist über die Ansprüche des Erstehers und der Betheiligten von dem Vollstreckungsgerichte nicht zu entscheiden. Soweit auf Grund des aufgehobenen Beschlusses und der Vertheilung des Erlöses Eintragungen in das Grundbuch erfolgt sind, hat das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um Eintragung der zur Wahrung der Rechte der Betheiligten erforderlichen Vormerkungen zu ersuchen." Nach Ablehnung des § 83 des Entwurfes und des Antrages Nr. 2 wurde der Antrag Nr. 3 Abs. 1 und 3, Stellung vorbehalten, angenommen; der Abs. 2 dieses Antrages wurde abgelehnt. Die Kommission hatte erwogen: Der Entwurf schlage nach dem Vorgange des preußischen Gesetzes die allgemeine Bestimmung vor, daß das Beschwerdegericht, wenn es den Beschluß, durch welchen der Zuschlag ertheilt worden, aufhebe, im Beschwerdeverfahren zugleich in allen Fällen auf Antrag über die Rückgewähr des auf Grund des aufgehobenen Beschlusses Geleisteten zu entscheiden habe, ohne Unterschied, ob die Vertheilung des Erlöses schon stattgefunden habe oder nicht, und ob es sich um Leistungen des Erstehers oder um solche aus dem Vermögen des Schuldners oder eines anderen Betheiligten handele. Eine solche Bestimmung könne nicht gebilligt werden. Einmal sei zu bezweifeln, ob dieselbe sich aus Vorschriften der Civilprozeßordnung, insbesondere aus dem § 503 Abs. 2 und dem § 655 Abs. 2 (Motive S. 122), rechtferti-| gen lasse, ob nicht vielmehr die letzteren in singulärer |ProtI 14191 positiver Weise nur bestimmte Fälle ordneten, insbesondere nur einen im ordentlichen Verfahren sich bewegenden Prozeß zur Voraussetzung hätten. Aber auch abgesehen hiervon, ständen dem Vorschlage des Entwurfes überwiegende praktische Bedenken entgegen. Die Bestimmung wäre ohne Weiteres überhaupt nur durchführbar in Fällen, in welchen der Beschwerdeführer der Empfänger der zurückzugewährenden Leistung sei. In anderen Fällen würde der Ersteher als Gegner des Beschwerdeführers durch seinen Antrag erst noch die Empfänger in den Streit hineinzuziehen haben, ein Verfahren, welches der C.P.O. fremd sei. Vor allem aber komme in Betracht, daß, wenn einmal die Vertheilung stattgefunden habe, namentlich wenn darauf hin Eintragungen in das Grundbuch erfolgt seien, die Sach- und Rechtslage eine so komplizirte sein könne, daß die Abwicklung dieser Verhältnisse unmöglich dem Beschwerdegerichte im Beschwerdeverfahren übertragen werden könne. Die hierbei interessirten Personen müßten vielmehr, wenn sie sich über die Restitution nicht einigten, auf den W e g des gewöhnlichen Prozesses verwiesen wer457
Quellen zur Entstehung des Z V G
den; dabei sei in Ermangelung besonderer Bestimmungen, an der Hand allgemeiner Grundsätze über die Restitution, die Art, das Maß und den Umfang derselben zu entscheiden. In Frage könne nur kommen, ob nicht dem durch schon erfolgte Eintragungen gefährdeten Interesse der Betheiligten durch eine besondere Vorschrift zu Hülfe zu kommen sei. Dagegen könne für den Fall, daß der Ersteher den durch Zahlung zu berichtigenden Theil des Meistgebotes bereits hinterlegt oder an den Richter bezahlt habe, eine Vertheilung aber noch nicht erfolgt sei, bestimmt werden, daß das Vollstrek| Prot 114192 kungsgericht von Amts-1 wegen für die Zurückzahlung des hinterlegten oder bezahlten Betrages zu sorgen habe. Diese Bestimmung schließe keine Gefahr in sich, könne aber auch nicht als entbehrlich angesehen werden. Denn ohne dieselbe stehe zu befürchten, daß zu einer solchen Anordnung das Vollstreckungsgericht nicht für befugt erachtet werde, weil die Hinterlegung oder Zahlung als Zahlung an die Betheiligten erfolgt sei. Die beantragte Bestimmung, daß, falls die Vertheilung bereits erfolgt sei, über die Ansprüche des Erstehers und der Betheiligten von dem Vollstreckungsgerichte nicht zu entscheiden sei, könne nicht aufgenommen werden, weil aus deren Aufnahme geschlossen werden könnte, eine solche Entscheidung sei für andere Fälle des Beschwerdeverfahrens als zulässig erachtet. Es liege keine Veranlassung vor, sich hierüber in dem einen oder dem anderen Sinne zu entscheiden. Wie schon angedeutet, empfehle sich für den Fall, daß auf Grund des aufgehobenen Beschlusses, durch welchen der Zuschlag ertheilt worden, und der Vertheilung des Erlöses Eintragungen in das Grundbuch erfolgt seien, zum Schutze der Betheiligten eine besondere Bestimmung. Dieselbe sei dahin zu treffen, daß das Vollstreckungsgericht das Grundbuchamt um Eintragung der zur Wahrung der Rechte der Betheiligten erforderlichen Vormerkungen (Entw. des B.G.B. § 844) von Amtswegen - zu ersuchen habe. Diese Bestimmung sei positiver Natur, werde aber durch die Lage der Betheiligten gegenüber solchen Eintragungen und durch den Umstand, daß diese Lage durch die amtliche Einwirkung des Vollstreckungsgerichts herbeigeführt sei, gerechtfertigt; es handele sich um die Eintragung des Erstehers und die Gefahr weiterer Dispositionen des letzteren, um die von dem Ersteher |Prot I 14193 auf | Grund seiner Eintragung bewilligten oder sonst gegen ihn eingetragenen Hypotheken, endlich um die Wahrung der auf Grund des Zuschlages und der Vertheilung gelöschten Rechte der Betheiligten. ZVG-VE § 84
II. Der § 84 des Entwurfes lautet: „Ein das vorige Urtheil abänderndes Urtheil des Beschwerdegerichtes ist, wenn es ohne mündliche Verhandlung erlassen worden, allen Betheiligten, anderenfalls den zu der mündlichen Verhandlung nicht zugezogenen Betheiligten von Amtswegen zuzustellen. Nach erfolgter Zustellung werden die Akten dem Vollstreckungsgerichte zurückgesandt." Beantragt war, zu Abs. 1 zu bestimmen: Kurlbaum 1. „Der Beschluß des Beschwerdegerichtes ist, wenn eine den angefochtenen Be(Nr 103, 6) schluß abändernde Entscheidung über den Zuschlag getroffen ist, allen Betheiligten sowie demjenigen, welchem der Zuschlag ertheilt war oder ertheilt wird, zuzustellen, anderenfalls nur dem Beschwerdeführer und den als Gegner desselben zugezogenen Personen. Ist der Beschluß des Beschwerdegerichtes auf Grund einer mündlichen Verhand458
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
lung ergangen, so ist er denjenigen Personen nicht zuzustellen, welche zu der mündlichen Verhandlung gehörig geladen sind, unbeschadet jedoch der Vorschrift des § 106 (vorl. Zusst; d . h . des Beschlusses zum §74 des Entw. Prot. S. 14158, 14159). In Ansehung derjenigen, welchen der Beschluß nach den Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes nicht zuzustellen ist, beginnt die Frist für die weitere Beschwerde mit der Verkündung des Beschlusses." | 2. den Abs. 2 des Antrages Nr. 1 dahin zu fassen: | Prot 114194 „Wird der Beschluß des Beschwerdegerichtes verkündet, so ist er denjenigen Personen nicht zuzustellen, welche zum Verkündüngstermine geladen sind, unbeschadet der Bestimmung des § 106 der vorläufigen Zusammenstellung." Beschlossen wurde - nach Ablehnung des Antrages Nr. 2 - die Annahme des Antrages Nr. 1 an Stelle des Entwurfes Abs. 1, sowie Annahme des Entwurfes Abs. 2. Erwogen war: Es ständen hier nur Bestimmungen darüber in Frage, welchen Personen der über die Beschwerde bezw. die weitere Beschwerde ergehende Beschluß zuzustellen sei, nicht solche über das Beschwerderecht, welches vielmehr in den Beschlüssen zu den §§ 76, 76 a des Entwurfes, Prot. S. 14166ff., geregelt sei. Hierbei müsse mit dem Antrage Nr. 1 (Abs. 1) von dem Falle ausgegangen werden, in welchem der Beschluß des Beschwerdegerichtes ohne mündliche Verhandlung erfolge. Ergehe in einem solchen Falle eine den angefochtenen Beschluß abändernde Entscheidung über den Zuschlag, so müsse, ohne Unterschied, ob der angefochtene Beschluß den Zuschlag ertheile oder versage, der abändernde Beschluß allen Betheiligten zugestellt werden, aber auch demjenigen, welchem der Zuschlag durch den angefochtenen Beschluß ertheilt worden, sowie demjenigen, welchem durch den Beschluß des Beschwerdegerichtes der Zuschlag ertheilt werde. Von den letzteren Personen solle Jener durch die Versagung des Zuschlages bereits erworbene Rechte verlieren; der neue Ersteher aber habe als solcher die Zustellung zu erwarten. Die Zustellung an sämmtliche Betheiligte entspreche anscheinend nicht den zum §74 des Entwurfes Prot. S. 14158, 14159 gefaßten Beschlüssen (vorl. Zusst. § 106). Allein die Lage derselben sei gegenüber dem Beschlüsse des Beschwerdege| richtes eine ganz andere als in der ersten Instanz, weil in dieser sämmtliche Bethei- | Prot 114195 ligte zu dem Versteigerungstermine zugezogen würden und sie hierdurch die Möglichkeit erhielten, den Beschluß des Vollstreckungsgerichtes zu erfahren. Davon aber, daß Beschwerde erhoben worden, erführen sie vielleicht Nichts. Sofern von dem Beschwerdegericht der Zuschlag überhaupt oder an eine andere Person als in der früheren Instanz ertheilt werde, sei die Zustellung schon für den Beginn der Beschwerdefrist nothwendig. Im Falle der Versagung des Zuschlages aber dürften die Betheiligten darauf rechnen, daß gemäß dem Beschlüsse des Vollstreckungsgerichtes des Weiteren verhandelt, insbesondere zur Vertheilung geschritten werde, und ohne die Bestimmung, daß ihnen der abändernde Beschluß des Beschwerdegerichtes zuzustellen sei, würden sie in berechtigten Erwartungen getäuscht werden. Ueberdies komme in Betracht, daß nach dem Beschlüsse Prot. S. 14169, 14170 auch gegen Versagung des Zuschlages die Beschwerde allen Betheiligten zustehen könne. Die Vorschrift gelte übrigens auch für den Fall, wenn der Beschluß des Vollstrekkungsgerichtes, durch welchen der Zuschlag ertheilt worden, durch das Beschwerdegericht aufgehoben, demnächst aber auf eingelegte weitere Beschwerde wiederhergestellt werde (§ 82), in Ansehung des die Wiederherstellung aussprechenden Beschlusses. Dies sei die sachgemäße Konsequenz davon, daß der Beschluß des Beschwerdegerichtes allen Betheiligten zugestellt worden. Im Falle der Bestätigung 459
Quellen zur Entstehung des Z V G
des angefochtenen Beschlusses durch den Beschluß des Beschwerdegerichtes könnten nur der Beschwerdeführer und die als Gegner desselben zugezogenen Personen | Prot 114196 (§ 80) in Betracht kommen. Bei der Regelung der Zahlung dürfte | man nicht mit dem Entwürfe diesen Fall übergehen, zumal im Hinblick auf die Bestimmung über den Beginn der Beschwerdefrist im dritten Absätze. Ergehe der Beschluß des Beschwerdegerichtes auf Grund einer mündlichen Verhandlung, so müsse derselbe zwar gemäß der zum § 74 des Entwurfes beschlossenen Vorschrift (§ 106 der vorl. Zusst.) in dem Falle, daß durch den Beschluß der Zuschlag ertheilt werde, dieses Inhaltes wegen den in jener Vorschrift bezeichneten Personen zugestellt werden. Dies wolle der Antrag durch den Vorbehalt des § 74 (bezw. § 106 der vorl. Zusst.) ausdrücken. Der Redaktion bleibe überlassen, zu prüfen, ob ein anderer Ausdruck des Gedankens erforderlich sei. Hiervon abgesehen aber, dürfe die Zustellung an diejenigen Personen, welche zu der mündlichen Verhandlung gehörig geladen worden, unterbleiben. Dieselben erhielten durch die Ladung die Aufforderung, sich um den Beschluß zu kümmern, der Verkündung beizuwohnen oder sich nach dem Beschlüsse zu erkundigen. Diese Regelung stimme im Wesentlichen mit dem Entwürfe und mit den für die erste Instanz beschlossenen Vorschriften überein. Der Antrag Nr. 2 beruhe auf einer nicht zutreffenden Voraussetzung: zum Verkündigungstermine werde nach den Vorschriften der (Zivilprozeßordnung (§ 294 vergl. mit den §§ 280, 283) niemals besonders geladen. Geladen werde immer nur zur mündlichen Verhandlung und eine besondere Ladung zum Verkündüngstermine finde selbst dann nicht statt, wenn der in der mündlichen Verhandlung angesetzte Verkündungstermin (§281) selbst wieder auf einen anderen T a g anberaumt werde. Lägen aber die Umstände einmal so, daß die Verkündung dem Gerichte durch einen besonderen Zufall unmöglich gemacht würde, so werde | Prot 114197 dasselbe | von selbst in Anwendung der Vorschrift des § 294 Abs. 3 der Civilprozeßordnung die Zustellung bewirken. Die in dem Absatz 3 des Antrages Nr. 1 vorgeschlagene Vorschrift sei in Konsequenz der in den Abs. 1 und 2 beschlossenen Vorschriften nöthig, um die Uebereinstimmung des Fristenlaufes für den Fall der weiteren Beschwerde mit den für die erste Beschwerde gegebenen Vorschriften zu sichern. Die Bestimmung des zweiten Absatzes des Entwurfes (preuß. Gesetz § 95 Abs. 2) sei nicht zu beanstanden (Motive S. 123). ZVG-VE 5 85
Kurlbaum (Nr 106, 1) Planck (Nr 104)
v. Mandry (Nr 105, 2)
III. Der § 85 des Entwurfes lautet: „Wird der Zuschlag versagt und gegen das Urtheil Beschwerde innerhalb der Nothfrist nicht eingelegt, so erlischt die Verpflichtung des Bieters aus dem Gebote." Beantragt war 1. zu fassen: „. . . . so erlischt das Meistgebot." 2. den § 85 zu fassen: „Wird gegen den Beschluß über Ertheilung oder Versagung des Zuschlages die Beschwerde nicht innerhalb der im § 540 Abs. 2 Satz 1 der Civilprozeßordnung bestimmten Nothfrist eingelegt, so erlischt jedes Gebot, auf welches der Zuschlag nicht durch den Beschluß ertheilt ist." 3. zu bestimmen: „Mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch welchen auf ein Gebot der Zuschlag versagt wird, erlischt das Gebot." 460
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In V e r b i n d u n g mit dem Antrage N r . 3 stehen weitere | Anträge desselben An- | Prot 114198 tragstellers, nach welchen der Beschluß überhaupt erst mit seiner Rechtskraft wirksam werden soll. Man verständigte sich dahin, daß über diese Anträge erst bei dem § 86 Beschluß gefaßt werden solle. Beschlossen wurde, im Anschluß an den Antrag N r . 2, die A u f n a h m e der Bestimmung: Wird die Beschwerde nicht innerhalb der Nothfrist von zwei W o c h e n eingelegt, so erlischt jedes Gebot, auf welches der Zuschlag nicht ertheilt ist. Erwogen w a r : Es sei über die Frage zu bestimmen, w a n n ein an sich noch nicht erloschenes G e b o t aus dem G r u n d e erlösche, weil der Zuschlag auf dieses Gebot nicht ertheilt werde, sei es, daß der Zuschlag überhaupt versagt oder daß er auf ein anderes Gebot ertheilt werde. D e r Entwurf und die Anträge N r . 1, 2 stimmten darin überein, daß das Erlöschen des Gebotes eintreten müsse, w e n n gegen den betreffenden Beschluß nicht innerhalb der ordentlichen Nothfrist von zwei W o c h e n die Beschwerde eingelegt werde (vergl. Motive S. 124). Im Wesentlichen auf demselben Standpunkte stehe auch der Antrag N r . 3 insofern, als er die Entscheidung auf die Rechtskraft des Beschlusses, durch welchen auf das G e b o t der Zuschlag versagt werde, abstelle u n d bei der Beurtheilung der Rechtskraft die nachträgliche Beschwerde wegen eines W i e d e r a u f n a h m e g r u n d e s außer Betracht lassen wolle. Die Angemessenheit der Bestimmung k ö n n e nicht bezweifelt werden. Bei der Fassung aber sei auf die Rechtskraft nicht abzustellen, w e n n diese nicht f ü r die W i r k u n g des Beschlusses überhaupt als maßgebend erklärt werden sollte. In der Fassung dürfte man ferner nicht auf die Civilprozeßordnung § 540 Abs. 2 Satz 1 verweisen, weil der Beginn der N o t h f r i s t durch den | Beschluß z u m § 79 des Entw, Prot. S. 14180, | Prot 114199 besonders normirt sei. IV. D e r § 86 des Entwurfes lautet: ZVG-VE „Durch den Zuschlag geht mit der V e r k ü n d u n g des Unheiles das Eigenthum an § 86 dem versteigerten Grundstücke auf den Ersteher über, auch wenn es bis dahin einem Anderen als dem Schuldner zugestanden hat. Die Eintragung des Erstehers in das G r u n d b u c h erfolgt nur auf das Ersuchen des Vollstreckungsgerichtes nach Maßgabe des 5 120. Mit dem Grundstücke erwirbt der Ersteher auch die übrigen Gegenstände, auf welche die Versteigerung nach dem § 39 sich erstreckt hat." Beantragt w a r : 1. den § 86 Abs. 1 zu fassen: Planck „ D e r Ersteher erwirbt das Eigenthum des versteigerten Grundstückes, auch (Nr 104) w e n n dasselbe dem Schuldner nicht zustand, mit der V e r k ü n d u n g des Beschlusses, durch welchen ihm der Zuschlag ertheilt wird u n d , falls eine V e r k ü n d u n g nicht stattfindet, mit der Zustellung des Beschlusses an ihn." 2. zu bestimmen: Kurlbaum „ D u r c h den Zuschlag erwirbt der Ersteher das Eigenthum an dem Grundstücke (Nr 106, 2) und den beweglichen Sachen, auf welche die Versteigerung des Grundstückes sich erstreckt hat. D u r c h den Zuschlag erlöschen ferner die an dem Grundstücke außer dem Eigenthum bestehenden Rechte sowie die Rechte auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke in dem bei der Bestimmung der Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers festgestellten U m f a n g e , unbeschadet der Vereinbarungen des Erstehers und des Berechtigten über das Fortbestehen dieser Rechte. 461
Quellen zur Entstehung des ZVG
| Prot 1 14200
v. Mandry (Nr 105,2)
v. Mandry (Nr 105, 2)
I Prot I 14201
| Die Wirkungen des Zuschlages treten mit der Verkündung des Beschlusses oder in Ermangelung der Verkündung mit der Zustellung desselben an den Ersteher ein. Die Eintragung der Rechtsänderungen in das Grundbuch erfolgt nur auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichtes." 3. zu bestimmen: a) Abs. 1. „Mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch welchen der Zuschlag ertheilt wird, erwirbt der Ersteher das Eigenthum an dem Grundstücke und wird das Grundstück von allen sonstigen an ihm bestehenden Rechten befreit, sofern die letzteren nicht nach den Vorschriften der §§ 66, 73 (vorl. Zusst., d. h. der Beschlüsse zu dem §41 Abs. 2 und dem §38 des Entw. Prot. S. 13926ff. und S. 13889ff.) oder nach dem zwischen dem Ersteher und dem Betheiligten geschlossenen Vertrage1 bestehen bleiben sollen." Abs. 2. „Die Eintragung des Erstehers in das Grundbuch oder die Löschung der Rechte im Grundbuche kann, solange die Eintragung der Versteigerungsanordnung nicht gelöscht ist, nur auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichtes bewirkt werden." 2 Abs. 3. „Mit dem Grundstücke erwirbt der Ersteher die übrigen Gegenstände, auf welche sich die Versteigerung des Grundstückes erstreckt hat; zugleich werden diese Gegenstände von allen sonstigen an ihnen begründeten Rechten befreit" 3 . b) „In Ansehung der Vorschriften der §§ 85, 86 wird der Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses dadurch nicht gehemmt, daß an einen der im § 106 Nr. 3 (vorl. Zusst., d. h. des Beschlusses zum § 74 des Entw. Prot. S. 14158 ff.) bezeichneten Betheiligten die Zustellung nicht erfolgt ist." c) den § 57 der vorläufigen Zusammenstellung [d. h. den Beschluß zum § 40 des Entw. Prot. S. 13909, 13910] zu ändern 4 : in Abs. 1. „.... geht mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch welchen der Zuschlag ertheilt wird. . . " in Abs. 2. „Von der Rechtskraft des Beschlusses an, durch welchen der Zuschlag ertheilt wird, g e b ü h r e n . . . . " Abs. 3 neu: „Die Vorschrift des § . . (Antrag lit. b) findet entsprechende Anwendung." Der § 86 wurde absatzweise berathen. Zunächst verständigte sich die Kommission, daß die Beschlußfassung über den in dem Antrage Nr. 2 Abs. 2 am Schlüsse vorgeschlagenen Vorbehalt der Vereinbarungen des Erstehers und des Berechtigten über das Fortbestehen der Rechte, welche an sich durch den Zuschlag erlöschen, bezw. über die Wirkung einer solchen Vereinbarung (vergl. hierzu Antrag Nr. 3 lit. a, Abs. 1) bis zur Berathung der Vorschriften über die Vertheilung des Erlöses (Entw. §§ 113, 120) ausgesetzt werden solle. Hierauf wurden zu Abs. 1 und 2, unter Ablehnung des Antrages Nr. 3 lit. a Abs. 1, soweit nach demselben die Wirkungen des Zuschlages erst mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch welchen der Zuschlag ertheilt wird, geknüpft werden sollen, folgende Beschlüsse gefaßt:
1 2 3
4
Die Worte: „nach . . . Vertrage" sind im metallographierten Antrag nicht enthalten. Abs. 2 fehlt im metallographierten Antrag. Im metallographierten Antrag heißt es: Abs. 2. „Mit dem Grundstücke erwirbt der Ersteher..." Dieser Antrag ist nicht in der Metallographie enthalten.
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Durch den Zuschlag erwirbt der Ersteher das Eigenthum an dem Grundstücke, auch wenn der Schuldner nicht Eigenthümer war. Durch den Zuschlag erlöschen ferner die an dem Grundstücke außer dem Eigenthum bestehenden Rechte, sowie die Rechte auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke in dem bei der Bestimmung der Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers festgestellten Umfange. Die Wirkungen des Zuschlages treten mit der Verkündung des Beschlusses oder in Ermangelung der Verkündung mit der Zustellung desselben an den Ersteher ein. | Die Eintragung der Rechtsänderungen in das Grundbuch erfolgt nach Maßgabe des § 120. Zufolge der Ablehnung des Antrages Nr. 3 a Abs. 1 galten auch die Anträge Nr. 3 b und c als erledigt. Die Berathung des dritten Absatzes des Entwurfes blieb auf die nächste Sitzung ausgesetzt. Für die gefaßten Beschlüsse waren folgende Gründe maßgebend: Die Bestimmung des Entwurfes (Abs. 1), daß der Zuschlag den Erwerb des Eigenthums an dem Grundstücke für den Ersteher unmittelbar bewirke, müsse aus den in den Motiven zum Sachenrechtsentwurf S. 2127 ff. angeführten Gründen, zunächst abgesehen von der Frage, ob diese Wirkung sofort oder erst mit der Rechtskraft des Beschlusses eintrete, gebilligt werden. Es dürfe aber nicht mit dem Entwürfe gesagt werden, durch den Zuschlag gehe das Eigenthum auf den Ersteher über, vielmehr sei im Anschlüsse an die gestellten Anträge (vergl. auch Entw. des B.G.B. § 873 Abs. 5, § 9 1 8 Abs. 3, preuß. Gesetz § 97) auszusprechen, daß durch den Zuschlag der Ersteher das Eigenthum an dem Grundstücke erwerbe; dadurch gelange zum Ausdrucke, daß der Zuschlag als konstitutiver Akt es sei, welcher den Erwerb des Eigenthumes für den Ersteher bewirke, daß es sich also auch nicht um einen Uebergang des Eigenthumes von dem Schuldner auf den Ersteher handele. Der Erwerb des Eigenthumes an dem Grundstücke vollziehe sich durch den Zuschlag vielmehr unabhängig davon, ob der Schuldner Eigenthümer gewesen oder nicht (vergl. § 38 Nr. 5 der vorl. Zusst., d. h. Beschluß zum § 25 des Entw. Prot. S. 13836). Immerhin empfehle es sich, um jeden Zweifel über diese Wirkung des Zuschlages auszuschließen, mit dem Antrage Nr. 1 hervorzuheben, daß die Wirkung eintrete, auch wenn der Schuldner nicht Eigenthümer war. Der Fall, wenn der Ersteher der bisherige Eigenthümer des Grundstückes sei, brauche hier so wenig als bei dem § 72 des Entwurfes, Prot. S. 14151, 14152, besonders berücksichtigt zu werden.
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| Mit dem durch den Zuschlag des Grundstückes für den Ersteher eintretenden Erwerbe des Eigenthumes gehe das etwaige Eigenthum eines Dritten an dem Grundstücke unter. Dies folge schon aus dem Eigenthumsbegriffe, indem ein doppeltes Eigenthum nicht möglich sei. Als Wirkung des Zuschlages komme aber noch weiter in Frage das Erlöschen auch der an dem Grundstücke außer dem Eigenthum bestehenden Rechte, soweit dieselben nicht bestehen bleiben sollen (vergl. Antrag Nr. 2 Abs. 2, Antrag Nr. 3 Abs. 1). Dieses Erlöschen dürfe nicht bloß unter den Vorschriften über die Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers bestimmt werden, müsse vielmehr in Ausführung jener Vorschriften an den Beschluß über die Zuschlagsertheilung geknüpft werden. In gleicher Linie seien gemäß der Vorschrift im § 67 der vorl. Zusst. [d. h. dem Beschlüsse zum § 41 Abs. 1 des Entw. Prot. S. 13934.] anzuführen die Rechte auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstükke. Die Anträge Nr. 2 und 3 wichen in Ansehung der Bezeichnung der erlöschenden Rechte von einander insofern ab, als in dem Antrage Nr. 3 auf die in Betracht
|ProtI 14203
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Quellen zur Entstehung des ZVG
kommenden Vorschriften über die Versteigerung verwiesen, in dem Antrage Nr. 2 Abs. 2 dagegen betont werde, daß die fraglichen Rechte durch den Zuschlag in dem bei der Bestimmung der Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers festgestellten Umfange, d. h. in dem Umfange, wie er in dem Beschlüsse über die Zuschlagsertheilung gemäß der zum § 72 Abs. 1 des Entwurfes beschlossenen Vorschrift (§ 105 der vorl. Zusst., Prot. S. 14148 ff.) festgestellt werde, erlöschen. Dem Antrage Nr. 2 müsse beigepflichtet werden. Auch in Ansehung des Erlöschens jener Rechte handele es sich um einen durch den Akt des Zuschlages bewirkten rechtlichen Erfolg, nicht darum, daß die gesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Rechte und Ver| Prot I 14204 bindlichkeiten des Erstehers zu bestimmen seien, hier eine absolute Wir- | kung ausübten. Freilich sei dies nicht dahin zu verstehen, als ob, falls der Beschluß, entgegen der zum § 72 Abs. 1 des Entwurfes beschlossenen Vorschrift über das Erlöschen der fraglichen Rechte Nichts enthalte oder in dieser Richtung nur unvollständig sei, das Erlöschen der Rechte gar nicht eintrete. Vielmehr müsse in einem solchen Falle der Beschluß dahin interpretirt werden, daß er auf die gesetzlichen Vorschriften über das Erlöschen der Rechte stillschweigend Bezug nehme; er sei also aus ihnen zu ergänzen. Wenn dagegen der Beschluß über die Zuschlagsertheilung in einer von den gesetzlichen Vorschriften abweichenden Weise bestimme, so komme seine Bedeutung als konstitutiver Akt zur Geltung dergestalt, daß, falls er rechtskräftig geworden sei, es auch bei dem Erlöschen der Rechte so, wie in dem Beschlüsse bestimmt werde, sein Bewenden habe. Anlangend die Fassung, so sei mit dem Antrage Nr. 2 direkt das Erlöschen der belastenden Rechte auszusprechen, wie im § 67 der vorläufigen Zusammenstellung. Da hier wie dort nur von dem Erlöschen der Rechte an dem Grundstücke und der Rechte auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstükke geredet werde, so sei klar, daß das Fortbestehen dieser Rechte oder das Wiederaufleben derselben am Erlöse (§91 des Entw.) hier überhaupt außer Frage stehe. Zu entscheiden sei aber noch die wichtige Frage, ob die bezeichneten Wirkungen des Zuschlages eintreten sollen, zeitlich unmittelbar mit der Verkündung bezw. der Zustellung des Beschlusses, durch welchen der Zuschlag an den Ersteher ertheilt werde, wie der Entwurf (Motive S. 125) und die Anträge Nr. 1, 2 annehmen, oder erst wie der Antrag Nr. 3 wolle, mit der Rechtskraft des Beschlusses. Es möch| Prot 1 14205 ten sich f ü r die eine | wie f ü r die andere Lösung Gründe praktischer Zweckmäßigkeit geltend machen lassen. Doch seien die Gründe für eine Lösung der Frage im Sinne des Entwurfes und der Anträge Nr. 1, 2 überwiegend. H a b e der Ersteher das Eigenthum des Grundstückes mit der Verkündung oder Zustellung des Beschlusses erworben, so müsse mit der Aufhebung des Beschlusses in der Beschwerdeinstanz der Eigenthumserwerb mit allen seinen Folgen in der Art wieder aufgehoben werden, als sei er niemals eingetreten. Unverkennbar könnten hieraus unter Umständen erhebliche Verwickelungen entstehen. Dagegen sei jedoch zu beachten, daß zwischen der Erlassung und der Rechtskraft des Beschlusses die Lage des Erstehers eine sehr übele sei. Entweder müsse der Schuldner, wie bis dahin, im Besitze und in der Verwaltung des Grundstückes bleiben, so daß, da er an der Erhaltung desselben kein Interesse habe, Verschlechterungen zu befürchten seien, wegen deren dem Ersteher nur ein Anspruch an den in den meisten Fällen insolventen Schuldner zustehen würde, oder es seien Sicherungsmaßregeln erforderlich, deren nicht unerhebliche Kosten dem Ersteher zur Last fallen würden. Aehnlich verhalte es sich mit den beweglichen Sachen und Forderungen, auf welche die Versteigerung sich erstrecke. Diese Uebelstände wüchsen noch, wenn man daran festhalte, daß die Nutzungen dem Ersteher von der Erlassung des Zuschlages an gebührten. Man würde dies zwar ausschließen können, aber doch nur zum Nachtheile der Betheiligten, da die 464
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Frage, ob zu erwartende Nutzungen dem Ersteher zukommen oder nicht, von Bedeutung f ü r die Preisbildung sei. Auch den Zeitpunkt des Ueberganges der Gefahr werde man | nicht hinausschieben können, wenn man nicht die Frage der Gewähr- |ProtI 14206 leistung von Neuem stellen und beantworten wolle. Diese Uebelstände würden noch zu ertragen sein, wenn der Zeitpunkt der Rechtskraft sich mit zweifelloser Gewißheit feststellen ließe. Aber trotz der Meinung des Richters, daß die Rechtskraft eingetreten sei, könne sich später das Gegentheil ergeben. Die Rücksicht auf die Rechtssicherheit verlange wenigstens die volle Sicherheit des Zeitpunktes, in welchem das Eigenthum erworben werde, wie denn auch das sächsische bürgerliche Gesetzbuch § 276 den Uebergang, wenn auch nicht an die Ertheilung des Zuschlages, so doch an einen anderen richterlichen Akt, die Eintragung des Erstehers in das Grundbuch, anknüpfe. Eine andere Frage sei es, ob den Betheiligten ein Schutz gegen nachtheilige Verfügungen des Erstehers durch Zulassung einer für Rechnung des Erstehers zu führenden Verwaltung gewährt werden solle, und bis zu welchem Zeitpunkte eine solche Verwaltung fortzusetzen sei. Hierüber werde erst bei dem § 87 des Entwurfes zu entscheiden sein. Endlich seien die Fälle der Aufhebung des ertheilten Zuschlages überaus selten, so daß die Unzukömmlichkeiten derselben noch erheblich an Gewicht verlören; es sei nicht gerathen, wegen so seltener Fälle alle übrigen mit Erschwernissen zu belasten. Gegen diese Gründe praktischer Zweckmäßigkeit träten andere Gründe zurück. Uebrigens dürfe man gegen die Regelung der Frage im Sinne des Entwurfes und der Anträge Nr. 1, 2 nicht auf die im Falle eine Unheiles geltenden Grundsätze zurückgreifen. Denn der Beschluß, durch welchen der Zuschlag ertheilt werde, sei als konstitutiver Akt nicht sowohl mit dem Urtheile, als mit dem konstitutiven | Rechtsgeschäfte in Parallele zu stellen, und lie- | Prot 1 14207 ge also die Heranziehung der Vorschriften über die Wirkung der Anfechtung eines Rechtsgeschäftes (§112 des Entwurfes des bürgerlichen Gesetzbuches 5 ) näher. Außerdem komme in Betracht, daß der Beschluß gemäß der Vorschrift des § 535 der Civilprozeßordnung ohnedies sofort vollstreckbar sei. Endlich müsse bei der Entscheidung auch berücksichtigt werden, daß die Anknüpfung des Eintrittes der Wirkungen des Zuschlages an die Verkündung bezw. die Zustellung dem in Preußen seit langer Zeit bestehenden Rechte entspreche, und daß in Preußen Nachtheile dieser Regelung nicht hervorgetreten seien, diese Regelung vielmehr in dem Gesetz vom 13. Juli 1883 (§ 97) wegen der damit verbundenen Vortheile beibehalten worden sei. Sei hiernach der Standpunkt des Entwurfes und der Anträge Nr. 1, 2, entgegen demjenigen des Antrages Nr. 3 a zu billigen, so ergebe sich aus der Ablehnung des letzteren Antrages auch diejenige der Anträge N r . 3 b und c, welche nur Konsequenzen des Antrages Nr. 3 a seien. In Ansehung der Fassung müsse man sich dem Antrage Nr. 2 Abs. 3 anschließen, durch welchen zugleich klar gestellt werde, daß die sämmtlichen Wirkungen des Zuschlages, insbesondere auch die im § 57 der vorläufigen Zusammenstellung bestimmten, mit der Verkündung oder in Ermangelung der Verkündung mit der Zustellung des Beschlusses an den Ersteher einträten. Durch die Beschlußfassung erledige sich auch der zum § 85 gemachte Vorbehalt S. 14198 und der Antrag 3, soweit derselbe sich auf den § 85 beziehe. In Betreff der in dem zweiten Absätze des Entwurfes vorgeschlagenen Bestimmung empfehle es sich, hier nur eine Verweisung darauf aufzunehmen, | daß die |ProtI 14208 Eintragung der Rechtsänderungen (Abs. 1, 2 des heutigen Beschlusses) in das Grundbuch nur nach Maßgabe der zum § 120 des Entwurfes zu fassenden Beschlüss Vgl. § 1 4 2 BGB.
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Quellen zur Entstehung des ZVG
se erfolge. Die Entscheidung der daran sich knüpfenden materiellen Fragen und Differenzen (vergl. Antrag Nr. 3 a Abs. 2, S. 14200) müsse bis zur Beschlußfassung über den § 120 ausgesetzt bleiben.
841. Sitzung vom 19. 12. 1888, Schriftführer: Ege: | P r o t ! 14209
| Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt.
I. Die Berathung blieb in der letzten Sitzung bei dem § 86 Absatz 3 des Entwurfes stehen. Inzwischen ist der nachstehende weitere Antrag zum § 86 eingelaufen: v. Mandry 4. a) unter Wiederaufnahme der Debatte den Absatz 2 der in der letzten Sitzung (Nr 108) gefaßten Beschlüsse dahin zu beschließen: „Durch den Zuschlag erlöschen ferner in dem bei der Bestimmung der Rechte und Verbindlichkeiten des Erstehers festgestellten Umfange die an dem Grundstükke außer dem Eigenthume bestehenden Rechte sowie die Rechte auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke und die H a f t u n g des Grundstückes für wiederkehrende Leistungen jeder Art." | Prot!14210 | (Anmerkung: Zu vergl. § 67 der vorl. Zusst., d. h. Beschluß zum § 41 Abs. 1 des Entwurfes Prot. S. 13934.) b) zu Absatz 3 des Entwurfes mit Stellung nach Absatz 2 der gefaßten Beschlüsse zu bestimmen: „Ein Gleiches gilt in Ansehung der übrigen Gegenstände, auf welche die Versteigerung des Grundstückes sich erstreckt hat." Beschlossen wurde: die Annahme des Antrages Nr. 4 a; die Annahme des Antrages Nr. 4 b mit dem Zusätze: (sich erstreckt hat,) soweit die Beschlagnahme noch wirksam ist. Ist die Beschlagnahme nach der Versteigerung unwirksam geworden, so findet die Vorschrift des § 880 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu Gunsten des Erstehers entsprechende Anwendung. Erwogen war: Die beantragte Ergänzung des Prot. S. 14201 zum Absatz 1 des Entwurfes gefaßten Beschlusses durch Erwähnung der H a f t u n g des Grundstückes für wiederkehrende Leistungen jeder Art empfehle sich, damit vollständige Uebereinstimmung mit dem § 67 der vorl. Zusst. erzielt werde. Die Aufnahme der im § 67 beigefügten Beschränkung, daß die erwähnte H a f t u n g des Grundstückes nur so weit erlösche, als die einzelnen Leistungen vor dem Zuschlage fällig geworden seien, könne hier entbehrt werden. Sie werde gedeckt durch die Bestimmung, daß durch den Zuschlag das Erlöschen in dem bei der Bestimmung der Rechte und Verbindlichkeiten bestimmten Umfange eintrete. Selbstverständlich bleibe vorbehalten, daß, wenn die im § 67 enthaltenen Bestimmungen, wie angeregt worden, schließlich eine andere Stellung und Fassung erhielten, auch über die Beibehaltung des beschlossenen Zusatzes zu befinden wäre. In dem dritten Absätze des Entwurfes werde ausge-1 sprachen, daß der Ersteher | P r o t i 14211 mit dem Grundstücke auch die übrigen Gegenstände, auf welche die Versteigerung nach dem § 39 des Entwurfes (§ 54 der vorl. Zusst., Prot. S. 13896 ff.) sich erstrecke, erwerbe. Der Antrag N r . 4 b enthalte dieselbe Bestimmung, während dieselbe nach 466
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dem Antrage Nr. 2 Absatz 1 auf die mitversteigerten beweglichen Sachen beschränkt werden solle. Dem letzteren Antrage liege die Erwägung zu Grunde, daß, weil nach den gefaßten Beschlüssen Forderungen des Schuldners nur dann mitversteigert werden, wenn sie dem Schuldner noch zustehen (Prot. S. 13838, Beschluß zum § 25 Nr. 5 des Entwurfes, § 38 Nr. 5 der vorl. Zusst.), die Erwähnung des Ueberganges der mitversteigerten Forderungen dahin mißverstanden werden könnte, als ob auch Forderungen, welche dem Schuldner zur Zeit der Versteigerung zufolge einer stattgehabten Uebertragung auf einen Anderen nicht mehr zuständen, durch den Zuschlag auf den Ersteher übergingen, daß aber hinsichtlich der wirklich mitversteigerten Forderungen der Uebergang auf den Ersteher nicht bezweifelt werden könne. Es müsse aber im Gesetze selbst ausgedrückt werden, daß die konstitutive Wirkung des Zuschlages sich auch auf die Forderungen beziehe, auf welche die Versteigerung sich erstreckt habe. Durch den letzteren Beisatz werde deutlich darauf hingewiesen, daß diese Wirkung nur in Ansehung der wirklich mitversteigerten, also nicht auch der zur Zeit der Versteigerung dem Schuldner nicht mehr zustehenden Forderungen eintrete. Jenes Mißverständniß sei also nicht zu befürchten und könne auch nicht aus der Bestimmung abgeleitet werden, daß der Ersteher durch den Zuschlag das Eigenthum an dem versteigerten Grundstücke erwerbe, auch wenn der Schuldner nicht Eigenthümer gewesen sei. Hinsichtlich der mitversteigerten beweglichen Sachen treffe dagegen voll zu, daß der Ersteher durch den Zu- | schlag das Eigenthum derselben erwerbe, auch wenn der Schuldner nicht | Protl 14212 Eigenthümer war (vergl. Beschluß zum § 25 Nr. 5, § 39 Absatz 1 des Entw., § 38 Nr. 5, § 54 Nr. 2 der vorl. Zusst., Prot. S. 14089, 13896ff.). Nach dem Antrage Nr. 4 b solle insofern, als die in demselben enthaltene Bestimmung hinter den zweiten Absatz der in der letzten Sitzung zum Abs. 1 des Entw. gefaßten Beschlüsse als dritter Absatz einzufügen wäre, zugleich die entsprechende Anwendbarkeit der das Erlöschen der Rechte pp. an dem Grundstücke durch den Zuschlag betreffenden Bestimmung (Beschluß Abs. 2, Prot. S. 14201) ausgedrückt werden. Diesem Antrage sei zunächst in Ansehung der mitversteigerten beweglichen Sachen in Konsequenz der Beschlüsse zum § 25 Nr. 4, 5 des Entw. (§ 38 Nr. 4, 5 der vorl. Zusst., Prot. S. 14089) ohne Weiteres beizutreten. Aber auch in Ansehung der mitversteigerten Forderungen sei der Antrag zu billigen. Es handele sich allerdings im Hinblick auf die zu den §§ 19, 39 des Entwurfes gefaßten Beschlüsse (S§ 29, 54 der vorl. Zusst., d.h. die Beschlüsse Prot. S. 13774 ff. und S. 13896ff.) nur um Forderungen aus der Versicherung von Gegenständen, welche im Falle eines an dem Grundstücke bestehenden Pfandrechtes kraft desselben dem Gläubiger haften (Entw. des B.G.B. § 1067 Nr. 5), und um Forderungen aus der Versicherung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, nur mit einer gewissen Beschränkung. Die Fälle, daß an solchen Rechten Forderungen bestehen, würden selten sein. Doch sei die Möglichkeit des Bestehens solcher Rechte nicht abzuweisen (vergl. § 1069 des Entw. des B.G.B.); in Betracht komme vorzugsweise das Pfandrecht an einer derartigen Forderung. Daß ein solches Pfandrecht erlöschen müsse, ergebe sich als Konsequenz aus dem § 1180 Ab. 2 des Entw. des Bürgerlichen Gesetzbuches. Die in Gemäßheit des Antrages Nr. 4 b aufzunehmende Bestimmung erheische jedoch einen beschränkenden Zusatz. Es erhebe sich nämlich die Frage, ob, falls der | Schuldner von der Beschlagnahme ergriffene bewegliche Sachen nach der Ver- | Prot 114213 Steigerung, aber vor dem Zuschlage an einen Dritten veräußere und der letztere nach den Grundsätzen über den gutgläubigen Eigenthumserwerb an Mobilien (Entw. des B.G.B. §§ 877 ff.) durch die Veräußerung das Eigenthum erworben habe, 467
Quellen zur Entstehung des ZVG das Eigenthum des Dritten dem Eigenthumserwerbe des Erstehers entgegenstehe, ob in einem solchen Falle also jene Grundsätze über den gutgläubigen Erwerb der konstitutiven Wirkung des Zuschlages entgegenständen. Dies müsse für den Fall bejaht werden, daß die beweglichen Sachen zufolge der Veräußerung zugleich der Beschlagnahme entzogen würden. Voraussetzung sei also, daß die Sache nicht nur dem Erwerber übergeben, sondern auch von dem Grundstücke entfernt worden sei (§ 1068 Abs. 1 des Entw. des B.G.B.). Der beschränkende Zusatz sei also dahin zu fassen „soweit die Beschlagnahme noch wirksam ist". Zum Schutze des Erstehers sei aber für solche Fälle noch eine Bestimmung nöthig. Er befinde sich in ähnlicher Lage wie im Falle der rechtswirksamen Veräußerung Seitens eines Nichtberechtigten (§§ 877ff. des Entw. des B.G.B.) der wirkliche Berechtigte. Wie diesem der Kondiktionsanspruch gegen denjenigen, welcher unberechtigt verfügt habe, gegeben sei (Entw. des B.G.B. § 880), so müsse auch dem Ersteher gegen den Schuldner der gleiche Anspruch eingeräumt werden. Dies geschehe, indem zu seinen Gunsten die Vorschrift des § 880 des Entw. des Bürgerlichen Gesetzbuches für entsprechend anwendbar erklärt werde. Die Prüfung der Fassung der zu § 86 gefaßten Beschlüsse wurde der Redaktion überlassen. ZVG-VE § 87
II. D e r § 87 des Entwurfes lautet:
„Bis zur Uebergabe ist das Grundstück auf den Antrag des Erstehers oder eines |ProtI 14214 | Gläubigers, welcher aus dem baar zu zahlenden Betrage des Meistgebotes zu befriedigen ist, für Rechnung des Erstehers in gerichtliche Verwaltung zu nehmen. D e r Antrag kann für den Fall der Ertheilung des Zuschlages schon im Versteigerungstermine gestellt werden. Die für die Zwangsverwaltung geltenden Vorschriften über die Bestellung, die Rechte und die Pflichten des Verwalters finden entsprechende Anwendung. Die Uebergabe des Grundstückes ist auf den Antrag des Erstehers durch einen Beamten des Gerichtes oder einen von dem Gerichte zu bestellenden Gerichtsvollzieher an O r t und Stelle zu bewirken." Beantragt war: 1. unter Streichung des Abs. 2 des Entwurfes zu bestimmen: Kurlbaum a) „Aus dem Beschlüsse, durch welchen der Zuschlag ertheilt ist, findet gegen (Nr 106, 3) den Besitzer oder Inhaber des Grundstückes oder der beweglichen Sachen, auf welche die Versteigerung des Grundstückes sich erstreckt hat, die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Fierausgabe derselben statt, in Ansehung der beweglichen S a chen jedoch nur insoweit, als die Beschlagnahme derselben noch wirksam ist. Zu der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner ist die (vorgängige oder gleichzeitige) Zustellung der Vollstreckungsklausel nicht erforderlich. Die Zwangsvollstreckung ist ausgeschlossen, soweit ein derselben entgegenste| Prot 114215 hendes Recht | an dem Grundstücke bestehen geblieben ist." Kurlbaum b) zum Abs. 1 des Entwurfes: (Nr 107,1) „Nach Ertheilung des Zuschlages ist das Grundstück auf Antrag eines Betheiligten, welcher Befriedigung aus dem baar zu zahlenden Theile des Gebotes zu erwarten hat, so lange nicht die Zahlung oder Hinterlegung erfolgt ist, für Rechnung des Erstehers in gerichtliche Verwaltung zu nehmen. D e r Antrag (u.s.w. bis zum Schluß). Bei der Beurtheilung, ob der Betheiligte Befriedigung zu erwarten habe, sind die im § 92 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Ansprüche, sowie die Ansprüche wegen Kosten 468
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und wegen rückständiger oder laufender wiederkehrender Leistungen im Zweifel nicht zu berücksichtigen." 2. der in dem Antrage Nr. 1 a vorgeschlagenen Bestimmung beizufügen: „Das Gleiche gilt in Ansehung der über eine mitversteigerte Forderung vorhandenen Urkunden." Beschlossen wurde 1. unter Streichung des zweiten Absatzes des Entwurfes Annahme des Antrages Nr. 1 a Abs. 1 und 3 und zwar Abs. 1 unter Streichung des Zwischensatzes „auf welche die Versteigerung des Grundstückes sich erstreckt hat", sowie der Schlußworte „in Ansehung der beweglichen Sachen jedoch nur insoweit, als die Beschlagnahme derselben noch wirksam ist"; | Abs. 3 in der Fassung: | Prot 114216 Die Zwangsvollstreckung ist ausgeschlossen gegen denjenigen, für welchen ein der Räumung und Herausgabe entgegenstehendes Recht bestehen geblieben ist. sowie Ablehnung des Antrages Nr. 1 a Abs. 2 und des Antrages Nr. 2. 2. zum Absatz 1 des Entwurfes: Annahme des Antrages Nr. 1 b, sowie der Sätze 2, 3 des Entwurfes. Maßgebend waren folgende Erwägungen: Zunächst sei darüber zu entscheiden, in welcher Weise der Ersteher zur Uebergabe des Grundstückes und der mitversteigerten beweglichen Sachen gelange, bezw. ob in dieser Weise eine besondere, von den allgemeinen Grundsätzen abweichende Bestimmung zu Gunsten des Erstehers erforderlich sei. Hiernach bestimmten sich die für die Zwischenzeit etwa zum Schutze von Betheiligten nöthig erscheinenden Vorschriften. Der Entwurf Abs. 2 in Verbindung mit dem vorläufig gestrichenen § 46 (Prot. S. 13959ff.) schlage im Anschlüsse an das preuß. Gesetz §98 vor, die Uebergabe des Grundstückes solle auf Antrag des Erstehers durch einen Beamten des Gerichtes oder einen von dem Gerichte zu bestellenden Gerichtsvollzieher an Ort und Stelle bewirkt werden. Diesem Vorschlage liege die Auffassung zu Grunde, daß es sich bei der Herbeiführung der Uebergabe nur um die völlige Durchführung der durch die Zwangsversteigerung und den Zuschlag eingeleiteten und fortgeführten Zwangsvollstreckung handele, dergestalt, daß das Vollstreckungsgericht selbst, ohne daß es eines neuen vollstreckbaren Titels bedürfe, ohne Weiteres auf den Antrag des Erstehers die Uebergabe an den letzteren | in der in dem Entwürfe bezeich- | Prot 114217 neten Art und Weise zu bewirken habe. Dieser Regelung könne nicht beigetreten werden. Es handele sich in der That doch um eine Exekution auf Räumung und Herausgabe im Interesse des Erstehers. Ueberwiegende Gründe, aus welchen diese Exekution von den allgemeinen Vorschriften der Civilprozeßordnung abweichend gestaltet werden sollte, seien nicht ersichtlich. Es lasse sich namentlich nicht behaupten, daß der Ersteher bei der von dem Entwürfe vorgeschlagenen Regelung in der Regel schneller zu der Uebergabe der versteigerten Sachen gelangen werde. Dieselbe wäre überdies, wenn die Sachen im Gewahrsam eines zur Herausgabe nicht bereiten Dritten sich befänden, höchst bedenklich (C.P.O. § 772). Vorzuziehen sei die von dem Antrage Nr. 1 a vorgeschlagene Regelung im strengen Anschlüsse an die allgemeinen Vorschriften der Civilprozeßordnung (zu vergl. auch bayerisches Gesetz vom 23. Februar 1879 Art. 78 Ziff. 8, An. 79). Im Sinne dieses Antrages gewinne der Ersteher durch den Zuschlag, d. h. durch die Verkündung oder Zustellung desselben an den Ersteher (§ 86), den Anspruch auf Herausgabe und Räumung des Grundstückes und der mitversteigerten beweglichen Sachen. Be469
Quellen zur Entstehung des ZVG hufs Verwirklichung dieses Anspruches habe der Ersteher den W e g der Zwangsvollstreckung gegen den Besitzer oder Inhaber nach den allgemeinen Vorschriften der Civilprozeßordnung zu betreten, vor Allem also die Vollstreckungsklausel ( C . P . O . §§ 6 6 2 f f . ) zu erwirken. Desgleichen fänden die Vorschriften über die Zustellung des vollstreckbaren Beschlusses und der Vollstreckungsklausel Anwendung, ohne daß jedoch ein Bedürfniß bestehe, mit dem Antrage Nr. 1 a Abs. 2 in dieser Richtung eine Erleichterung im Falle einer gegen den Schuldner gerichteten | Prot 114218 Zwangsvoll-1 Streckung auf Räumung oder Herausgabe zu Ungunsten des Schuldners zu bestimmen. Befänden sich die Sachen im Besitze oder in der Inhabung des Schuldners, so kämen die §§ 769, 771 zur Anwendung, während, wenn sie sich im Gewahrsam eines zur Herausgabe nicht bereiten Dritten befänden, nach Maßgabe des § 772 der Civilprozeßordnung zu verfahren sei. Als sachlicher Grund stehe der Annahme, daß die Uebergabe durch das Gericht erfolgen solle, endlich entgegen, daß aus dem Rechte des Erstehers auf Uebergabe, wenn es überhaupt eine Bedeutung haben solle, für den Fall der Unmöglichkeit der Uebergabe, namentlich einer beweglichen Sache, noch weitere Konsequenzen (Retention, Minderungsanspruch) gezogen werden könnten. Ueberflüssig sei, hervorzuheben, daß diese Zwangsvollstreckung in Ansehung der beweglichen Sachen nur insoweit stattfinde, als auf dieselben die Versteigerung sich erstreckt habe. Dies werde gedeckt durch die heute beschlossene Fassung des § 86 Abs. 3, vergl. S. 14210, (vergl. auch § 56 der vorl. Zusst., d. h. die Beschlüsse Prot. S. 13904). Entbehrlich sei ferner der Schlußsatz des Abs. 1 des Antrages N r . 1 a (in Ansehung . . . . noch wirksam ist). Durch diesen Zusatz sollten die allgemeinen Vorschriften zu Gunsten des gutgläubigen Erwerbes gewahrt werden. Allein, soweit ein solcher Erwerb vor dem Zuschlage stattgefunden habe, werde der Vorbehalt gedeckt durch den Prot. S. 14210 beschlossenen ähnlichen Zusatz zum § 86 des Entw. In Ansehung eines derartigen Erwerbes nach dem Zuschlage werde der Vorbehalt gedeckt durch den § 665 in Verbindung mit dem § 238 der Civilprozeßordnung, welche Bestimmung auch hier Anwendung finde (vgl. § 192 Abs. 2 des | Prot 114219 Entw. des B.G.B. 1 1 Die in dem Antrage Nr. 2 vorgeschlagene Zusatzbestimmung könne gleichfalls entbehrt werden. Es könne nach allgemeinen Grundsätzen wohl nicht bezweifelt werden, daß der Ersteher auch den Anspruch auf Herausgabe der eine mitversteigerte Forderung betreffenden Urkunden habe (arg. § § 3 0 1 , 462 des Entw. des B.G.B. 2 ), und daß diese Urkunden bewegliche Sachen seien. Es verstehe sich hiernach wohl von selbst, daß die Zwangsvollstreckung aus dem Zuschlage gemäß der beschlossenen Vorschrift auch auf die Herausgabe dieser Urkunden gerichtet werden könne. Es lasse sich sagen, daß auch der Zuschlag sich auf diese U r kunden mit beziehe (vergl. auch § 7 3 7 Abs. 2 der C . P . O . ) . Nähme man aber die beantragte Bestimmung auf, so entstehe die Gefahr eines Mißverständnisses, ob nämlich für den in Rede stehenden Fall etwas Besonderes bestimmt werden sollte, was im Falle einer anderen Verwerthung der Forderung (vgl. § 747 der C . P . O . , § 56 der vorl. Zusst.) keine Anwendung finden könnte. Die in dem Antrage N r . 1 a Abs. 3 enthaltene Bestimmung möchte vielleicht als selbstverständlich angesehen werden, da der Zuschlag selbst die der Zwangsvollstreckung entgegenstehenden, bestehen bleibenden Rechte wahre, also gesagt werden könne, daß der Zuschlag nur mit Vorbehalt dieser Rechte ergehe und deshalb die Zwangsvollstreckung auch nur unbeschadet dieser Rechte stattfinden könne. D a 1 Vg. § 325 ZPO. Vgl. §S 402/403 und § 444 BGB.
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aber in der vorausgegangenen Bestimmung allgemein ausgesprochen sei, die Zwangsvollstreckung finde statt gegen jeden Besitzer und Inhaber, so könnte daraus geschlossen werden, daß der Anspruch auf Räumung und Herausgabe auch gegen jeden Besitzer und Inhaber stattfinde ohne Rücksicht auf die bezeichneten Rechte. Es empfehle sich des- | halb im Hinblick auf die ähnliche Bestimmung zu |ProtI 14220 Gunsten des Vindikationsbeklagten im § 942 des Entw. des Bürgerlichen Gesetzbuches die Aufnahme der beantragten Bestimmung. In der Fassung sei der eben erwähnte § 942 zum Vorbilde zu nehmen. In Ansehung der nach der Ertheilung des Zuschlages erforderlichen Sicherungsmaßregeln (Entw. § 87 Abs. 1, § 46) komme in Betracht, daß das Interesse des Ers t e h e « f ü r seine Person genügend geschützt sei, wenn derselbe aus dem Beschlüsse über die Ertheilung des Zuschlages so, wie beschlossen, die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe des Grundstückes betreiben könne. Es liege kein Bedürfniß vor, ihm daneben das Recht auf die Herbeiführung einer gerichtlichen Verwaltung des Grundstückes einzuräumen (Entw. Abs. 1 Satz 1 und § 98 Abs. 2 des preuß. Gesetzes). Die Verwaltung auf Antrag des Erstehers enthalte selbst wieder eine Exekutionsregel gegen den Schuldner und würde nur noch die Bedeutung haben, den Ersteher gegen die Verantwortlichkeit aus eigener Verwaltung zu schützen. Dagegen bestehe ein Interesse an der Herbeiführung einer solchen Verwaltung auf Seite der Betheiligten, wenn und solange sie Befriedigung aus dem baar zu zahlenden Theile des Gebotes zu erwarten hätten. Dieses Interesse bestehe darin, daß dem Ersteher das Grundstück nur gegen Zahlung herausgegeben werde. Der Zahlung sei die Hinterlegung des baar zu zahlenden Theiles des Gebotes hier gleichzustellen, auch durch diese werde die bezweckte Sicherung f ü r die Betheiligten erreicht. Das Recht der Betheiligten, ihr Interesse auf diese Weise wahrzunehmen, gründe sich in dem Grundsatze, daß Uebergabe und Zahlung Zug um Zug zu erfolgen hätten. Die Verwaltung selbst finde, | weil durch den Zuschlag der Ersteher | Prot 1 14221 Eigenthümer geworden sei, selbstverständlich für seine Rechnung statt. Die Betheiligten müßten die Sicherungsmaßregel schon im Vertheilungstermine f ü r den Fall der Ertheilung des Zuschlages beantragen können (Entw. Abs. 1 Satz 2); in diesem Falle sei dieselbe unmittelbar mit der Ertheilung des Zuschlages anzuordnen. Der Antrag könne aber auch nachträglich, solange die Bezahlung oder Hinterlegung des baar zu zahlenden Theiles des Gebotes nicht stattgefunden habe, gestellt werden und müsse demzufolge stattgegeben werden. Die angeordnete Verwaltung bezw. der Antrag eines Betheiligten auf die Einleitung der Verwaltung stehe der von dem Ersteher betriebenen Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe des Grundstückes entgegen und könne auch der Antrag nach der Durchführung dieser Zwangsvollstreckung gegen den im Besitze befindlichen Ersteher gestellt werden. Die Sachmäßigkeit der im Entwürfe Absatz 1 Satz 3 enthaltenen Bestimmung sei nicht zu beanstanden. Aus praktischen Zweckmäßigkeitsgründen empfehle sich sodann die Aufnahme der in dem Antrage Nr. 1 b Abs. 2 vorgeschlagenen Bestimmung. Es werde hierdurch im Anschlüsse an die ähnliche zum § 54 des Entwurfes beschlossene Bestimmung (vorl. Zusst. § 80 Abs. 1 Satz 2; vergl. Prot. S. 14009) zu Gunsten des Betheiligten die erforderliche Erleichterung der Beurtheilung, ob der Betheiligte das hier nöthige Interesse an der Verwaltung habe, vorgesehen. Die Lage der Betheiligten sei hier eine durchaus ähnliche wie im Falle des § 54 in Ansehung des Verlangens der Sicherheitsleistung durch den Bieter. Der Unterschied bestehe nur darin, daß im Versteigerungstermine sich noch nicht feststellen lasse, ob die Voraussetzung, das 471
Quellen zur Entstehung des Z V G
| Pro: I 14222 konkrete Interesse des Be-1 theiligten, vorhanden sei, während im Falle eines auch nach dem Versteigerungstermine zulässigen Antrages auf Verwaltung die Frage, ob der Betheiligte aus dem baar zu zahlenden Theile des Gebotes Befriedigung zu erwarten habe, möglicherweise, nämlich in Folge der Vertheilungsverhandlungen, feststehe. Für einen solchen Fall gelte die Bestimmung zu Gunsten des Betheiligten selbstverständlich nicht. Es komme nur die wirklich festgestellte Sachlage in Betracht. Jene Bestimmung sei deshalb als nur „im Zweifel" anwendbar zu bezeichnen (vgl. § 94 der vorl. Zusst., d. h. Beschluß zum § 67 des Entw. Prot. S. 14 120). Die Stellung der hiernach gemäß dem Antrage N r . 1 a Abs. 2 beschlossenen Bestimmung bleibe der P r ü f u n g bei der Redaktion anheimgestellt, insbesondere, ob die Bestimmung nicht zwischen Satz 1 und 2 Abs. 1 einzuschalten sei. Auch dem Bieter, dessen Gebot noch nicht erloschen, ein Recht auf Anordnung einer Verwaltung zum Schutze gegen schlechte Bewirthschaftung des Grundstückes durch den Ersteher einzuräumen, wie von einer Seite angeregt worden war, hielt die Kommission nicht für geboten, weil der Bieter sein Interesse gegenüber dem an sich sofort vollstreckbaren Zuschlagsbescheide durch den Antrag auf eine entsprechende einstweilige Anordnung zur Genüge wahrzunehmen in der Lage sei. ZVG-VE § 88
III. Der § 88 des Entwurfes lautet: „Ist das versteigerte Grundstück vermiethet oder verpachtet, so finden auf das Rechtsverhältniß zwischen dem Miether oder Pächter und dem Ersteher die Vorschriften der §§ 509, 537 des Bürgerlichen Gesetzbuches 3 entsprechende Anwendung." | Prot I 14223 | Beantragt war, dem § 8 8 zuzusetzen: Kurlbaum „Die nach dem § 794 des Bürgerlichen Gesetzbuches dem Ersteher gebührenden (Nr 107, 2) Forderungen wegen Miethzinsen und Pachtzinsen aus der Vermiethung oder Verpachtung des Grundstückes gehen mit den Zuschlage auf den Ersteher über, es sei denn, daß vor dem Zuschlage eine Thatsache eingetreten ist, durch welche die im Falle einer an dem Grundstücke bestehenden Hypothek stattfindende H a f t u n g dieser Forderungen erlischt. In Ansehung der Miethzinsforderungen und Pachtzinsforderungen, welche auf eine spätere Zeit als auf die ersten drei Monate nach der Ertheilung des Zuschlages sich beziehen, finden 4 die Vorschriften des § 1069 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu Gunsten des Erstehers entsprechende Anwendung." Beschlossen wurde: a) die Annahme des Entwurfes, jedoch mit Einschaltung der weiteren Allegate 511, 532" des Bürgerlichen Gesetzbuches; b) die Annahme des Antrages. Erwogen war: Die Bestimmung des Entwurfes sei aus den in den Motiven S. 128 f. angeführten Gründen zu billigen, müsse aber durch die Aufnahme der Allegate der §§ 511 und 532 des Entw. des Bürgerlichen Gesetzbuches ergänzt werden. Der Antrag enthalte eine nöthige und sachgemäße Ergänzung des Entwurfes. Durch den Beschluß zum § 40 des Entwurfes (vorl. Zusst. § 57, Prot. S. 13910) wer| Prot I 14224 de nur ausgesprochen, daß dem Ersteher von dem Zuschlage an die N u t z u n - | gen 3 Vgl. 571, 595 BGB. 4 Im metallographierten Antrag war hier noch enthalten: „sofern nicht die Beschlagnahme derselben vorher erfolgt ist".
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 10.- 19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889) des Grundstückes gebühren, nicht daß er wegen der in Mieth- und Pachtzinsen bestehenden Nutzungen einen Anspruch gegen den Miether oder Pächter habe. Auch im § 794 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches, welcher nur das Recht zwischen dem alten und dem neu eintretenden Nutzungsberechtigten betreffe, sei dem letzteren kein Recht gegen den Schuldner der Mieth- und Pachtzinsen eingeräumt (§ 794 Abs. 1 Eingang und Nr. 2). Es sei also eine Bestimmung erforderlich, daß und wann die Forderungen wegen Miethzinsen oder Pachtzinsen aus der Vermiethung oder Verpachtung des Grundstückes, soweit sie dem Ersteher gemäß § 794 des Entw. des Bürgerlichen Gesetzbuches gebühren, auf den Ersteher übergehen, dieser also auch das Klagerecht gegen den Schuldner der Pachtzinse und Miethzinse erlange. Als die entscheidende Zeit könne nur der Zuschlag, d. h. die Verkündung desselben oder Zustellung an den Ersteher (§ 86), bestimmt werden. Der Uebergang der dem Ersteher gebührenden Forderungen müsse aber ausgeschlossen sein, wenn vor dem Zuschlage Thatsachen eingetreten seien, durch welche die im Falle einer an dem Grundstücke bestehenden Hypothek stattfindende Haftung dieser Forderungen erlösche (Entw. des B.G.B. § 1067 Nr. 4, §§ 1068, 1069). Denn der Zuschlag sei in dieser Richtung der im Wege des Zwangsversteigerungsverfahrens erfolgten Beschlagnahme, von welcher nach dem Beschlüsse zum § 19 des Entwurfes (§ 29 der vorl. Zusst., vergl. Prot. S. 13774ff.) die Pacht- und Miethzinsen nicht betroffen werden, gleichzustellen. Jene Beschlagnahme ergreife aber auch nur die wirklich zur Zeit derselben im Falle einer Hypothek mit haftenden Gegenstände. In passender Weise wende endlich der Antrag die im § 1069 Abs. 2 des Entw. des B.G.B, für den Hypothekengläubiger gegebene Bestimmung zu Gunsten des Erstehers an. | Durch den gefaßten Beschluß erledige sich zugleich der S. 13896 ausge- | Prot 1 14225 sprochene Vorbehalt.
842. Sitzung vom 21. 12. 1888, Schriftführer: Börner | Die Berathung des Entwurfes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbe- | Prot 1 14227 wegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. ZVG-VE Der § 89 des Entwurfes lautet: „Ist der Zuschlag versagt, eine erneute Versteigerung aber zulässig, so wird das 189 Verfahren nur fortgesetzt, wenn der Gläubiger die Fortsetzung vor Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung des den Zuschlag versagenden Unheiles beantragt. Liegen mehrere solche Urtheile vor, so beginnt die Frist mit der Verkündung des Unheiles und, wenn dieses nicht verkündet ist, mit der Zustellung desselben an den Gläubiger. Der Antrag des Gläubigers ist dem Schuldner von Amtswegen zuzustellen. Im Uebrigen finden die Vorschriften des § 31 Abs. 2 und des § 33 entsprechende Anwendung. | Durch Einlegung der Beschwerde wird die Fortsetzung des Verfahrens nicht | Prot 1 14228 ausgeschlossen; das Beschwerdegericht kann jedoch auf Antrag die Einstellung des Verfahrens anordnen. Ist der Zuschlag versagt worden, weil das Verfahren eingestellt war oder hätte eingestellt werden müssen, so finden die Vorschriften des § 32 entsprechende Anwendung." Beantragt war, zu bestimmen: Kurlbaum „Ist der Zuschlag versagt, so wird das Verfahren nur auf Antrag des Gläubigers (Nr 107, 3) 473
Quellen zur Entstehung des ZVG
fortgesetzt. Der Antrag ist dem Schuldner und, wenn ein neuer Eigenthümer zu den Betheiligten gehört, auch diesem zuzustellen. Wird die Fortsetzung vor Ablauf von drei Monaten seit der Versagung des Zuschlages beantragt, so finden, sofern in Ansehung des Versteigerungstermines die Vorschriften der §§ 38, 42 der vorl. Zusst. [mitgetheilt Prot. S. 14088 bis 14090.] befolgt sind, die Vorschriften des § 47 Abs. 2 der vorl. Zusst. [mitgetheilt Prot. S. 14090.] entsprechende Anwendung. Wird die Fortsetzung des Verfahrens vor Ablauf von drei Monaten seit der Versagung des Zuschlags nicht beantragt, so gilt der Versteigerungsantrag als zurückgenommen. Die im zweiten und dritten Absätze bezeichneten Fristen beginnen, sofern die Versagung des Zuschlages nicht verkündet ist, mit der Zustellung des Beschlusses an den Gläubiger." Das Ergebniß der Berathung war: 1. Zu Abs. 1 des Entw. wurden die Abs. 1 bis 4 des Antrages mit der Maßgabe angenommen, daß dem ersten Absätze hinzugefügt wird: Die Vorschriften des § 93 der vorl. Zusst. [d. h. des Beschlusses zu § 64 des | Prot 1 14229 Entw. Prot. S. 14056-14058, 14061-14065] bleiben unberührt. | Der Redaktion blieb außerdem vorbehalten, den dritten Absatz des Antrages mit dem § 53 Abs. 1 der vorl. Zusst. bezw. diesen mit jenem in Einklang zu setzen. Der Antrag deckt sich sachlich im Wesentlichen mit dem Abs. 1 des Entwurfes. a) Die Abs. 1 und 2 des Antrages schließen sich in der Fassung dem § 52 der vorl. Zusst. [mitgetheilt Prot. S. 14052] an. Zu Abs. 1 erachtete man für selbstverständlich und deshalb nicht für erforderlich, besonders zu betonen, daß eine erneute Versteigerung zulässig sein müsse, andererseits hielt man eine besondere Berücksichtigung des Falles, daß ein neuer Eigenthümer eingetreten sei, für geboten. Der Spezialfall des § 93 der vorl. Zusst. bleibt nothwendig von der Bestimmung des Abs. 1 unberührt und soll dies zur Vermeidung von Zweifeln durch den beschlossenen Zusatz klargestellt werden. b) Der Abs. 3 des Antrages entspricht dem § 53 Abs. 1 der vorl. Zusst. [mitgetheilt Prot. S. 14052]. Der letztere fordert einen „gerechtfertigten" Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens. Ob es hierbei zu bewenden habe und demgemäß auch in dem gegenwärtigen Abs. 3 das Gleiche zu bestimmen oder ob jene Voraussetzung in dem § 53 Abs. 1 als eine selbstverständliche zu streichen sei, wurde der Prüfung bei der Redaktion zu überlassen für angemessen erachtet. c) Zu Abs. 4 glaubte man den in dem Entw. berücksichtigten Fall, daß in mehreren Instanzen die Versagung des Zuschlages ausgesprochen worden sei, unbedenklich übergehen zu können, da es sich von selbst verstehe, daß für den Beginn nur die letzte Versagung in Betracht komme. 2. Der Abs. 2 des Entw. wurde in der Erwägung gestrichen, daß gegenüber den | Prot 1 14230 Bestimmungen der C.P.O., insbesondere gegenüber dem § 535 Abs. 2, 3, | kein Bedürfniß vorliege, etwas Besonderes zu bestimmen. 3. Der Abs. 3 des Entw. galt mit Rücksicht auf die zu §§ 65, 66 des Entw. S. 13921 f. gefaßten Beschlüsse durch den zu Abs. 1 angenommenen Antrag für gedeckt und wurde demgemäß gestrichen. ZVG-VE § 90
Der § 90 des Entwurfes, welcher lautet: „Sind alle Versteigerungsanträge ohne Ertheilung des Zuschlages erledigt, so 474
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
hat das Gericht das Grundbuchamt um die Löschung des im § 17 bezeichneten Vermerkes zu ersuchen." fand, unbeschadet der Nachprüfung der Fassung bei der Redaktion, aus den Gründen der Motive S. 131, 132 Billigung.
843. Sitzung vom 4. 1.1889, Schriftführer: Börner | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. Der §91 des Entwurfes lautet: „Der Erlös aus der Zwangsversteigerung tritt in Ansehung der durch dieselbe erlöschenden Rechte an die Stelle des Grundstückes und der mitversteigerten Gegenstände. Ist das erlöschende Recht ein Nießbrauch, so finden die Vorschriften über den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung entsprechende Anwendung. Bei anderen Rechten, mit Ausschluß der Hypothek und der Grundschuld, hat der Berechtigte den Anspruch auf Ersatz des Werthes des erloschenen Rechtes aus dem | Erlöse mit den Rechten eines Hypothekengläubigers und mit dem Range des erloschenen Rechtes. Bei ablösbaren Rechten ist der Werth auf die nach den Landesgesetzen zu ermittelnde Ablösungssumme festzusetzen." Es lagen die Anträge vor: 1. die Vorschrift dahin zu fassen: „Der Versteigerungserlös tritt in Ansehung der mit dem Zuschlage erlöschenden Rechte an die Stelle des Grundstückes und der mitversteigerten Gegenstände. Bestand das erloschene Recht in einem Nießbrauche, so finden die Vorschriften über den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung Anwendung. Bestand das erloschene Recht in einem Erbbaurechte, einer Grunddienstbarkeit, beschränkten persönlichen Dienstbarkeit oder einer Reallast, so hat der Berechtigte den Anspruch auf Ersatz des Werthes des erloschenen Rechtes aus dem Erlöse mit den Rechten eines Hypothekengläubigers und mit dem Range des erloschenen Rechtes. Bei ablösbaren u.s.w." 2. a) den ersten Absatz zu streichen. b) den zweiten und dritten Absatz in folgender Fassung hinter § 92 zu setzen: „Die Befriedigung des Anspruches aus einem anderen (eingetragenen und durch den Zuschlag erloschenen) Rechte als aus einer Hypothek oder Grundschuld erfolgt dadurch, daß der Berechtigte den Werth des erlöschenden Rechtes aus dem Erlöse erhält. Bei ablösbaren Rechten ist der Werth auf die nach den Landesgesetzen zu ermittelnde Ablösungssumme festzusetzen. | Bestand das erloschene Recht in einem Nießbrauche und bestanden andere demselben im Range gleichstehende Rechte nicht, so erfolgt die Befriedigung des Anspruches aus dem erloschenen Nießbrauche dadurch, daß der Berechtigte den Nießbrauch an dem nach Befriedigung der ihm im Range vorgehenden Berechtigten verbleibenden Theile des Erlöses erhält. Auf das Verhältniß des Berechtigten zu denjenigen, welchen der bezeichnete Theil des Erlöses der Substanz noch gebührt, finden die Vorschriften über den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung entsprechende Anwendung." 475
|ProtI 14231 ZVG-VE
§91
| Prot 1 14232
Gebhard (Nr 112)
Planck (Nr 114,1)
| Prot 1 14233
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3. zu bestimmen: „Der Erlös der versteigerten Gegenstände tritt in Ansehung derjenigen Rechte an denselben, welche nicht bestehen bleiben, an die Stelle der Gegenstände. Ist das Recht ein Nießbrauch, so usw. Ist das Recht eine Dienstbarkeit außer dem Nießbrauche, so hat der Berechtigte den Anspruch auf Ersatz des Werthes aus dem Erlöse mit den Rechten eines Hypothekengläubigers." Der § 91 wurde absatzweise berathen. 1. Nach Ablehnung des Streichungsantrages unter 2 a fand der Abs. 1 dahin Annahme : Der Versteigerungserlös tritt in Ansehung der erlöschenden Rechte an die Stelle des Grundstückes und der übrigen Gegenstände. Die Gründe waren: Die im Abs. 1 des Entwurfes enthaltene Bestimmung sei sachlich bereits beschlossen (Prot. S. 5797, 5822, 58231; Anm. 1 lit. a zu §§ 826ff. des Entw. des B.G.B.) und entspreche dem im § 1183 Abs. 2 des Entw. des B.G.B, für die Versteigerung einer beweglichen Pfandsache aufgestellten gleichen Grundsätze. Die Auf| P r o t ! 14234 nahme der Bestimmung sei überdies durch die | zum § 25 des Entwurfes beschlossene Vorschrift geboten. Nach der letzteren (Prot. S. 13830 bis 13838) müßten in dem Beschlüsse, durch welchen der Versteigerungstermin festgesetzt werde, diejenigen, welche ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht an dem Grundstücke oder an einer der mitzuversteigernden beweglichen Sachen hätten, aufgefordert werden, spätestens im Versteigerungstermine die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls in Ansehung des Rechtes der Versteigerungserlös an die Stelle des Grundstückes oder der beweglichen Sache treten werde. Entsprechend der bisherigen Gepflogenheit könne es bei der Stellung des letzteren Präjudizes nicht bewenden, vielmehr müsse das zur Ausführung desselben Erforderliche im Gesetze bestimmt werden. Kurlbaum (Nr 115, 1)
Der Streichungsantrag unter 2 a beruhe im Wesentlichen auf der Annahme, die Bestimmung bringe nur den maßgebenden wirtschaftlichen Gedanken zum Ausdruck, sei aber als Rechtsvorschrift nicht in dem gleichen Maße richtig wie diejenige des § 1183 Abs. 2 des Entw. des B.G.B., da es nicht konsequent sei, den bisherigen Eigenthümer des von dem Ersteher baar entrichteten Betrages bezw. hinsichtlich der verbleibenden Forderung aus dem Meistgebote Gläubiger des Erstehers werden zu lassen, auch eine Hypothek und eine Grundschuld an einer Forderung nicht möglich sei, und in Ansehung der sonstigen Belastungen die Undurchführbarkeit des Satzes von dem Entwürfe selbst durch die folgenden Bestimmungen anerkannt werde. Dieser Auffassung könne indessen nicht beigepflichtet werden. Die Bestimmung des Abs. 1 habe als Rechtsvorschrift die gleiche innere Berechtigung wie diejenige des § 1183 Abs. 2 a.a.O., vorbehaltlich der hinsichtlich gewisser Belastungen erforderlichen näheren Erläuterungen bezw. Ergänzungen. De.r bisherige Eigenthü| Prot 1 14235 mer müsse | Eigenthümer des von dem Ersteher an den Richter gezahlten Geldes werden; es müsse ihm doch der Ueberschuß gehören, der nach Befriedigung der Ansprüche der Betheiligten übrig bleibe. Soweit eine Ueberweisung dieses Ueberschusses an ihn stattfinde, sei dies keine Uebertragung im Sinne des Gesetzes; der Richter stelle ihm lediglich den Betrag zur freien Verfügung. Die abweichende Ansicht des Antragstellers gründe sich vornehmlich in der Auffassung des Ver1 Vgl. oben S. 207,217. 476
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889)
steigerungsgeschäftes als einer auf Grund der Zwangsgewalt des vollstreckenden Gerichtes vorgenommenen Veräußerung. Ob diese Auffassung auf die Konsequenz hinführe, daß der bisherige Eigenthümer nicht Eigenthümer des gezahlten Geldes bezw. Gläubiger des Erstehers werde, könne dahin gestellt bleiben, wie überhaupt die betreffende Konstruktionsfrage eine offene sei und offen bleiben solle. Jedenfalls überschieße es aber das Ziel und sei mit der dem bisherigen Eigenthümer gebührenden Rücksicht unvereinbar, wenn demselben das Eigenthum an dem Gelde bezw. die Gläubigerschaft gegenüber dem Ersteher abgesprochen werden sollte. Anerkannt könne auch ferner nicht werden, daß eine bestehende Hypothek oder Grundschuld nicht eine Forderung zum Gegenstande erhalten könne. Die Möglichkeit einer solchen Gestaltung sei nicht nur bei dem Art. 31 des Entw. eines Einf.Ges.2 wie aus Prot. S. 12639, 12640 erhelle, vorausgesetzt worden, sondern trete auch besonders scharf hervor, wenn gemäß dem Prot. S. 13903 ff. gefaßten Beschlüsse eine mithaftende Forderung von der Versteigerung des Grundstückes ausgeschieden und später gesondert zur Versteigerung gebracht werde. Mit den Mot. S. 134 eine Umwandlung der Hypothek in ein Forderungspfandrecht anzunehmen, sei nicht nöthig und insofern auch nicht unbedenklich, als dem Hypothekengläubiger damit die aus den Normen des Grundbuchrechtes sich ergebenden Vortheile (§ 826 des Entw. des B.G.B, usw.) verlo-1 ren gehen würden. Das Besondere in dem | Prot 1 14236 vorliegenden Falle sei nur, daß die Realisirung der Hypothek an der Forderung des bisherigen Eigenthümers gegenüber dem Ersteher nicht im Wege der in diesem Gesetze geordneten Zwangsversteigerung erfolge, sondern durch die Ueberweisung der Forderung seitens des Richters (Entw. § 114) Erledigung finde. Anlangend die Fassung der Bestimmung, so empfehle es sich a) nicht, von dem Erlöse der Zwangsversteigerung (Entw.) oder von dem Erlöse der versteigerten Gegenstände (Antrag 3) oder, wie sonst noch angeregt worden sei, von dem Erlöse aus der Veräußerung zu reden, sondern den kürzeren Ausdruck „Versteigerungserlös" zu gebrauchen. Zwar sei nach dem Beschlüsse Prot. S. 13903 ff. möglich, daß eine von der Versteigerung des Grundstückes ausgeschiedene Forderung oder bewegliche Sache in anderer Weise als durch Versteigerung verwerthet werde, so daß, streng genommen, insoweit von einem Versteigerungserlöse nicht gesprochen werden könne. Mißverständnisse seien aber in dieser Richtung nicht zu besorgen; es könne kein Zweifel obwalten, daß unter dem Versteigerungserlöse der Gesammtertrag, welchen das eingeleitete Verfahren ergebe, verstanden werde. Im Uebrigen sei bereits zum § 1183 Abs. 2 des Entw. des B.G.B. (Prot. S. 5648) davon ausgegangen worden, daß der Ausdruck Erlös nicht blos den baar gezahlten Betrag, sondern auch den Anspruch auf Zahlung der Erstehungssumme umfasse. b) Ein Hinweis auf den Vorgang, durch oder mit welchem die Rechte in Ansehung deren die Surrogation eintreten solle, erlöschen, erscheine nicht nothwendig und werde besser unterdrückt. Der Zusammenhang ergebe ohne Weiteres, daß die durch das ganze Verfahren erlöschenden | Rechte gemeint seien. Als entscheidender | Prot 1 14237 Vorgang lasse sich weder die Zwangsversteigerung (Entw.) noch schlechthin der Zuschlag (Antrag 1) bezeichnen; neben dem Zuschlage komme für den Fall des § 69 Abs. 2 der vorl. Zusst. [d. h. des Beschlusses zum § 44 Abs. 2 aus Entw; Prot. S. 13947] die Vertheilung in Betracht. c) Da das Grundstück die Hauptsache bei der Versteigerung sei, so werde dasselbe angemessen besonders erwähnt. Die sonst in Betracht kommenden Gegen2 Vgl. Art. 52-54 EGBGB. 477
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stände ließen sich als „mitversteigerte" (Entw. Antrag 1) nicht bezeichnen; einmal weil eine spätere gesonderte Versteigerung eintreten und sodann, weil im Falle der Absonderung von der Versteigerung des Grundstückes auch eine andere Verwerthung als durch Versteigerung Platz greifen könne (Prot. S. 13903ff.; oben lit. a). Es werde genügen, von den „übrigen Gegenständen" zu sprechen. 2. Zu Abs. 2 des Entw. wurde beschlossen, zu bestimmen: Besteht das Recht in einem Nießbrauche, so finden die Vorschriften über den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung Anwendung. Erwogen war: Entwurf und Anträge stimmten in der Hauptsache überein. Eine abweichende Regelung werde in dem Antrage unter 2 b nur für den Fall vorgeschlagen, wenn neben dem Nießbrauche ein demselben im Range gleichstehendes Recht am Grundstück bestehe, also z. B. eine Hypothek und ein Nießbrauch mit gleichem Range eingetragen seien; der Nießbrauch solle hier geschätzt und seinem Werthe nach ersetzt werden. Eine Entscheidung dieses seltenen Falles sei indessen im Gesetze nicht zu geben. Aufgabe der Judikatur werde es sein, einen etwa vorkommenden derartigen Rechtskonflikt unter Berücksichtigung der Intentionen, von welchen die Bethei| Prot 1 14238 ligten bei Bestellung der Rechte aus- | gegangen seien, zu lösen. Im Uebrigen komme in Betracht: Die Bestimmung finde einen Vorgang in dem Art. 31 Abs. 1 Satz 3 des Entw. eines Einf.Gesetzes. Sei die Forderung des bisherigen Eigenthümers aus dem Meistgebote eine „auf Zinsen ausstehende", so ergebe die Anwendbarkeit der einschlagenden §§ 1033, 1034 des Entw. des B.G.B, sich von selbst. Nicht immer liege indessen diese Voraussetzung vor und außerdem habe der § 1034 noch besondere Bedeutung für den Fall, daß der von dem Ersteher baar gezahlte Betrag von dem Nießbrauche zum Theil ergriffen werde. In letzterer Hinsicht komme in Frage, ob statt der direkten Anwendung nicht die entsprechende Anwendung der Bestimmungen am Platze sei. Mit Rücksicht darauf jedoch, daß der Art. 31 des Entw. eines Einf. Ges. Entw. die erstere ausspreche, müsse dieselbe hier ebenmäßig bestimmt werden. Ueberhaupt habe man der Fassung des Art. 31 des Einf. Ges. Entw. sich anzuschließen und werde demgemäß besser auch von der weiteren Ausführung des Satzes, wie solche in dem Antrage unter 2 b Abs. 2 enthalten sei, abgesehen. 3. Zu Abs. 3 des Entw. wurde, nachdem der Antragsteller zu 2 seinen Antrag, soweit dieser einschlägt, mit Rücksicht auf die gefaßten Beschlüsse zurückgezogen und die Kommission gegen die Aufstellung einer Generalklausel im Sinne des Entw. in Ansehung der zu treffenden Rechte sich ausgesprochen hatte, folgende Bestimmung angenommen: Besteht das Recht in einem Erbbaurechte, einem anderen, nach Landesgesetz begründeten, veräußerlichen und vererblichen Nutzungsrechte, einer Grunddienst| Prot 1 14239 barkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienst-1 barkeit, so hat der Berechtigte den Anspruch auf Ersatz des Werthes aus dem Erlöse mit den Rechten eines Hypothekengläubigers und mit dem Range des erloschenen Rechtes. Bei ablösbaren Rechten ist der Werth auf die nach Landesgesetz zu ermittelnde Ablösungssumme festzusetzen. Die Beschlußfassung über die Behandlung der Reallasten blieb ausgesetzt. Die Ablehnung der Generalklausel des Entwurfes erfolgte in der Erwägung: Der Durchsichtigkeit des Gesetzes sei es förderlicher, die Rechte, in Ansehung deren eine Modifikation des Grundsatzes des Abs. 1 um deswillen geboten sei, weil sie an einer Forderung nicht bestehen könnten, einzeln aufzuführen. Die Fassung des Entw. begreife auch das unter den Abs. 1 fallende Eigenthum des bisherigen Eigen478
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
thümers in sich und außerdem habe der erforderlich werdene Ausschluß der Hypothek und der Grundschuld wenig Ansprechendes. Dazu komme, daß von verschiedener Seite die Meinung vertreten worden sei, daß nicht für alle unter die Generalklausel fallenden Belastungen eine Norm des vorgeschlagenen Inhaltes gegeben werden dürfe. Einvernehmen bestand, daß die Modifikation des Grundsatzes des Abs. 1 für die zu berücksichtigenden Rechte, entsprechend dem Art. 31 des Entw. eines Einf.-Ges. darin zu bestehen habe, daß der Berechtigte einen Anspruch auf Ersatz des Werthes aus dem Erlöse mit den Rechten eines Hypothekengläubigers und mit dem Range des erloschenen Rechtes erhalte (Mot. S. 134). Einvernehmen wurde ferner, soviel die in B e - | t r a c h t kommenden einzelnen | Prot 1 14240 Rechte anlangt, darüber erzielt, daß das Erbbaurecht, die Grunddienstbarkeit und die beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu berücksichtigen und aufzuführen seien. Nicht minder verständigte man sich mit Rücksicht auf die Uebergangszeit sowie auf die den Landesgesetzen vorbehaltenen Materien dahin, daß hinter dem Erbbaurechte der nach Landesgesetz begründeten veräußerlichen und vererblichen Nutzungsrechte (vergl. Art. 115 des Entw. eines Einf. Ges.) zu gedenken sei. Man war dabei der Ansicht, daß durch diese Kategorie, unter welche insbesondere auch die sog. Stockwerksgerechtigkeiten (Einf. Ges. Entw. Art. 733) fielen, in Verbindung mit der Aufführung der Dienstbarkeiten alle landesgesetzlich bestehen bleibenden und ferner entstehenden Berechtigungen, soweit sie hier in Betracht kommen könnten, gedeckt seien. Ausgeschlossen soll nicht sein, eine etwa später sich noch ergebende Lücke durch geeignete Anträge auszufüllen. Bedenken getragen wurde, das Vorkaufsrecht zu erwähnen. Von einer Seite wurde geltend gemacht: das Vorkaufsrecht eigene sich schon seiner Natur nach zum Werthersatze nicht, da es einen Werth, der mit Vorzugsrecht vor nachstehenden Rechten liquidirt werden könne, nicht habe. Mit Rücksicht darauf, daß durch Ausübung des Vorkaufsrechtes die nachstehenden Rechte nicht berührt würden, lasse es sich nicht rechtfertigen, diese Rechte durch Einschieben eines Ersatzanspruches schlechter zu stellen. Von anderer Seite hielt man nach Ablehnung der Generalklausel die Aufführung des Vorkaufsrechtes deshalb nicht für räthlich, weil dass e l b e ] - Mot. S. 134 - der Regel nach mit dem Zuschlage erlösche und nur in dem |ProtI 14241 Falle des § 952 Nr. 1 des Entw. des B.G.B, in Frage kommen könne. Hinsichtlich der Reallast beruht die Vertagung der Beschlußfassung darauf, daß von einer Seite Anträge in Aussicht gestellt wurden, nach welchen die Reallast zum Theil eine dem Nießbrauche analoge Behandlung erfahren soll. Der auf die ablösbaren Rechte bezügliche zweite Satz des Abs. 3 des Entw. blieb unbeanstandet, da, wenn auch derselbe vornehmlich für die vorerst ausgeschiedenen Reallasten berechnet sei, doch immer noch die für verschiedene Theile des deutschen Rechtsgebietes wichtigen Fälle der in Geld ablösbaren Dienstbarkeiten (Weidegerechtigkeiten usw.) zu decken seien.
844. Sitzung vom 7.1. 1889, Schriftführer: Börner | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. 3 Art. 131 EGBGB.
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|ProtI 14243
Quellen zur Entstehung des ZVG
ZVG-VE § 92
Der § 92 des Entwurfes lautet: „Aus dem Versteigerungserlöse werden nach Deckung der aus demselben vorweg zu entnehmenden Kosten in nachstehender Reihenfolge befriedigt: 1. die Ansprüche eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers wegen aller Angaben, welche derselbe zur Erhaltung des Grundstückes oder des w i r t s c h a f t lichen Bestandes desselben gemacht hat, sofern die Zwangsverwaltung bis zur Verkündung des Zuschlagsurtheiles fortgesetzt wird und die Ausgaben nicht aus den Einkünften erstattet werden können; | Prot 1 14244 2. die Ansprüche wegen der laufenden und | der aus den beiden letzten Jahren rückständigen Beiträge und Leistungen, welche zur Erfüllung der Deichpflicht von der zuständigen Staatsbehörde ausgeschrieben sind oder in der auf einem Deichverbande beruhenden Deichpflicht sich gründen; 3. bei der Versteigerung eines zur Landwirthschaft bestimmten Gutes die Ansprüche wegen der laufenden und der aus dem letzten Jahre rückständigen Beträge an Lohn, Kostgeld und anderen Dienstbezügen des landwirtschaftlichen Gesindes, der Forstbeamten, der Wirthschaftsbeamten, sowie aller übrigen zur Verwaltung des Gutes oder zum Betriebe eines mit demselben verbundenen ländlichen Nebengewerbes gehaltenen Personen, welche in einem dauernden Dienstverhältnisse oder Arbeitsverhältnisse zu dem Schuldner stehen; 4. die Ansprüche des Fiskus, der Gemeinde und des weiteren Kommunalverbandes (der Provinz, des Kreises, des Amtes u.s.w.) wegen der laufenden und der aus dem letzten Jahre rückständigen direkten Abgaben, welche von dem Grundstücke zu entrichten sind; 5. die Ansprüche anderer Personen wegen der laufenden und der aus dem letzten Jahre rückständigen, von dem Grundstücke zu entrichtenden Abgaben, sofern diese nach den Landesgesetzen den Charakter öffentlicher Abgaben oder gemeiner Lasten haben; | Prot 1 14245 | 6. die Ansprüche aus eingetragenen Rechten, soweit nicht die Beschlagnahme des Grundstückes der Geltendmachung entgegensteht, in Gemäßheit ihres Rangverhältnisses; 7. die Ansprüche, für welche das Grundstück in Beschlag genommen ist, soweit sie nicht nach Nr. 1 bis 6 zu berücksichtigen sind; 8. die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstücke, welche nach der Beschlagnahme begründet worden sind, in Gemäßheit ihres Rangverhältnisses." Es lagen die Anträge vor: I. von Seiten des Referenten: Johow 1. dem § 92 als Abs. 2 die Vorschrift des § 105 des Entwurfes anzufügen, welche (Nr 78, 5) dahin geht:
„Die bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigten Ansprüche gehen, soweit sie festgestellt werden, den ihrem Betrage nach aus dem Grundbuche nicht ersichtlichen, nicht berücksichtigten Ansprüchen vor." 2. in den fünften Abschnitt des Entwurfes folgende Bestimmungen einzustellen: Johow (Nr 93) § 177 a. „Unberührt bleiben die Vorschriften des Artikel 46 des Bayerischen Gesetzes vom 29ten Mai 1886, Abänderungen der Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen betreffend." Dem Antrage unter 2 waren die in der Anlage unter A enthaltenen Bemerkungen beigefügt 1 '. Diese Anlage ist im Anschluß an dieses Protokoll wiedergegeben.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889)
II. 1. als § 92 zu bestimmen: v. Schmitt „Aus dem Versteigerungserlöse sind die Kosten des Verfahrens vorweg zu ent- (Nr 110) nehmen, mit Ausnahme derjenigen, welche durch die Anordnung | des Verfahrens, | Prot I 14246 die Zulassung des Beitritts eines Gläubigers und die Ertheilung des Zuschlages oder durch nachträgliche Vertheilungsverhandlungen entstehen. Ein Gleiches gilt, wenn neben der Zwangsversteigerung die Zwangsverwaltung bis zur Ertheilung des Zuschlages fortgesetzt wurde, in Ansehung der in § 143 Abs. 1 (Entw.) bezeichneten Kosten und Ausgaben, sofern dieselben nicht aus den Einkünften erstattet werden können." eventuell als dritten Absatz beizufügen: „Die Beträge, welche im Falle des Absatzes 2 von dem Gläubiger - aufgewendet worden sind (wie § 143 Abs. 1), werden, wenn der Versteigerungserlös zur vollständigen Deckung aller in dem ersten und zweiten Absätze bezeichneten Beträge nicht ausreicht, vor den Kosten berichtigt." 2. als § 92 a: „Aus dem Versteigerungserlöse werden nach Deckung der aus demselben vorweg zu entnehmenden Kosten und Ausgaben in nachstehender Reihenfolge befriedigt: 1. die Ansprüche des Fiskus, der Gemeinde und des weiteren Kommunalverbandes (der Provinz, des Kreises, des Amtes pp.) wegen der laufenden und der aus den beiden letzten Jahren rückständigen Leistungen aus den nach Maßgabe der Landesgesetze von dem Grundstücke zu entrichtenden öffentlichen direkten Abgaben; 2. die Ansprüche anderer Personen als des Fiskus, der Gemeinde und des weiteren | Kommunalverbandes wegen der laufenden und der aus den beiden letzten Jah- | Prot 1 14247 ren rückständigen Leistungen aus den nach Maßgabe der Landesgesetze auf dem Grundstücke ruhenden öffentlichen Abgaben und Lasten; 3. wie Nr. 6 § 92 des Entwurfes; 4. wie Nr. 7 § 92 des Entwurfes; 5. wie Nr. 8 § 92 des Entwurfes." 3. dem § 176 als zweiten Absatz hinzuzufügen: „Ein landesgesetzliches Vorzugsrecht für nicht eingetragene Ansprüche kann nicht über den im § 92 a Nr. 1,2 bezeichneten Umfang hinaus bestimmt werden", eventuell (falls die Ausdehnung des Vorzugsrechtes auf das letzte Jahr beschränkt werden sollte) mit dem weiteren Zusätze: „ein für Beiträge und Leistungen, welche zur Erfüllung der Deichpflicht von der zuständigen Staatsbehörde ausgeschrieben sind oder in der auf einem Deichverbande beruhenden Deichpflicht sich gründen, landesgesetzlich bestimmtes Vorzugsrecht kann jedoch auf die laufenden und die aus den beiden letzten Jahren rückständigen Beiträge und Leistungen erstreckt werden." 4. als § 177 a, falls der Antrag unter I 2 abgelehnt werden sollte, zu bestimmen: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, nach welchen die aus dem Betriebe der Bier-Brauerei auf den zu diesem Zwecke eingerichteten Grundstücken in dem bei der Anordnung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück | laufenden und dem zunächst vorhergehenden Jahre entstandene Malzsteuerschuld | Prot 1 14248 in Ansehung des Vorzugsrechtes den von dem Grundstücke zu entrichtenden direkten Abgaben an den Fiskus oder die Gemeinde gleichgestellt wird." 481
Quellen zur Entstehung des ZVG
Dem Antrage waren die in der Anlage unter B ersichtlichen Bemerkungen angeschlossen2. Rüger III. 1. als §92 (unbeschadet der bezüglich der Kosten S. 14153-14156 bereits (Nr 111,1) angenommenen Vorschrift) zu bestimmen: „Aus dem nach Abzug der vorweg zu nehmenden Kosten verbleibenden Theile des Versteigerungserlöses werden nach folgender Rangordnung berichtigt: 1. wie im Entwürfe; 2. die laufenden und aus den beiden letzten Jahren rückständigen auf dem Grundstücke lastenden öffentlichen Abgaben, welche an die Kassen des Staats, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände (Provinzial-, Kreis-, Amtsverbände) sowie an Kirchen und Schulen zu entrichten sind; 3. die sonstigen im öffentlichen Rechte beruhenden Lasten des Grundstücks, sofern sie nach den Landesgesetzen in Ansehung der vorzugsweisen Befriedigung aus dem Grundstücke den öffentlichen Abgaben gleichgestellt sind; wiederkehrende Leistungen werden in dem nämlichen Umfange wie die unter Ziffer 2 bezeichneten öffentlichen Abgaben berichtigt. 4.1 5. wie Ziffer 6, 7, 8 des Entwurfes." 6.. | Prot 1 14249 |2. als § 92 a. Rüger „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß bei der Versteigerung eines (Nr 111, 2) zum Betriebe der Landwirthschaft oder Forstwirthschaft bestimmten Grundstücks aus dem im § 92 Abs. 2 bezeichneten Theile des Versteigerungserlöses, jedoch nicht vor den daselbst unter Ziffer 1 erwähnten Ansprüchen, auch zu berichtigen sind die Ansprüche der bei der Landwirthschaft oder Forstwirthschaft oder bei einem landwirtschaftlichen oder forstwirthschaftlichen Nebenbetriebe beschäftigten Gesindepersonen und Betriebsbeamten wegen der laufenden und der aus dem letzten Jahre rückständigen Beträge an Lohn, Kostgeld und Dienstbezügen." v. Mandry (Nr 113)
IV. an Stelle der Ziffern 2, 4, 5 des § 92 zu beschließen: 3. „die öffentlichen Abgaben und Lasten, welchen nach den Landesgesetzen das Recht auf bevorzugte Befriedigung aus dem Erlöse eines im Wege der Zwangs-Versteigerung veräußerten Grundstückes zusteht, jedoch in Beschränkung auf die laufenden und die aus dem letzten Jahre rückständigen Abgaben und Lasten."
Kurlbaum V. zum § 92 (unbeschadet des bezüglich der Kosten bereits gefaßten Beschlusses) (Nr 115,2) zu bestimmen: „1. Das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke besteht in folgender Rangordnung vor den an dem Grundstücke bestehenden Rechten 1. für die Ansprüche desjenigen, welcher die Zwangsverwaltung des Grundstükkes betreibt, wegen der im §(143 des Entw.) bezeichneten Ausgaben, sofern die Verwaltung bis zum Zuschlage fortgesetzt wird und die Ausgaben nicht aus den | Prot I 14250 Einkünften des Grundstückes | erstattet werden können; 2. für die Ansprüche wegen der - Leistungen zur Erfüllung der Deichpflicht; 3. in Ansehung eines Landgutes oder mehrerer zum Betriebe der Landwirthschaft verbundener Grundstücke für die Ansprüche der von dem Schuldner oder 2
Diese Anlage ist im Anschluß an dieses Protokoll wiedergegeben.
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III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889) dem neu eingetretenen Eigenthümer zur B e w i r t s c h a f t u n g der Grundstücke oder zum Betriebe eines damit verbundenen ländlichen Nebengewerbes in einem dauernden Dienstverhältnisse oder Arbeitsverhältnisse gehaltenen Personen, insbesondere des Gesindes, der Wirthschaftsbeamten und Forstbeamten, wegen der laufenden und der aus dem letzten Jahre rückständigen Beträge an Lohn, Kostgeld und anderen Dienstbezügen; 4. für die Ansprüche des Fiskus und anderer Personen wegen der laufenden und der aus den beiden letzten Jahren rückständigen Beträge der auf dem Grundstücke lastenden öffentlichen Abgaben. Welche auf dem Grundstücke lastenden Abgaben im Sinne der Vorschrift des ersten Absatzes unter Nr. 4 zu den öffentlichen gehören, bestimmt sich nach den Landesgesetzen. Durch Landesgesetz kann auch bestimmt werden, daß gewissen Abgaben der V o r r a n g vor anderen zustehen soll. 2. D e m Gläubiger steht das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke vor denjenigen zu, welche ein Recht an dem Grundstücke erst nach der Beschlagnahme erlangt haben. Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, | finden entsprechende Anwendung. Die Vorschrift des § 831 des B.G.B, bleibt unberührt."
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V I . den Absatz 2 Satz 1 des Antrages unter V Ziffer 1 dahin zu fassen: v. Schmitt „Welche Abgaben im Sinne der Vorschrift des ersten Absatzes unter N r . 4 zu (Nr 117) den auf dem Grundstücke lastenden öffentlichen Abgaben gehören, bestimmt sich nach den Landesgesetzen 3 ." Das Ergebniß der Berathung war: 1. Dem Beschlüsse zum § 73 des Entwurfes (Prot. S. 1 4 1 5 3 - 1 4 1 5 6 ) gemäß soll an die Spitze des § 92 die Bestimmung gestellt werden (vergl. Antrag II Ziff. 1): Aus dem Versteigerungserlöse sind die Kosten des Verfahrens vorweg zu entnehmen, mit Ausnahme derjenigen, welche durch die Anordnung des Verfahrens, die Zulassung des Beitrittes eines Gläubigers und die Ertheilung des Zuschlages oder durch nachträgliche Vertheilungsverhandlungen entstehen. Es wurde späterer Prüfung vorbehalten, ob die Bestimmung als Abs. 1 der zum § 92 zu beschließenden Vorschrift oder als selbständiger Paragraph einzustellen sei. 2. Die durch den Antrag II Ziffer 1 angeregte Frage, ob die Nr. 1 des § 92 aus diesem auszuscheiden und mit der unter Ziffer 1 erwähnten Bestimmung in einem besonderen Paragraphen zu verbinden sei, soll bei Prüfung der Nr. 1 des § 92 Erledigung finden. 3. Die Entscheidung über die Fassung des Einganges des § 92 wurde bis nach Feststellung des dem § 92 zu gebenden Inhaltes ausgesetzt. 4. Zur Nr. 1 des § 92 wurde, nachdem der An | tragsteller zu II im Laufe der D e batte die Einbeziehung der Kosten der Zwangsverwaltung hatte fallen lassen, die unter V Ziffer 1 Nr. 1 beantragte Bestimmung angenommen. Als verneint galt damit zugleich die unter 2 berührte Frage. Ein während der Berathung gestellter U n terantrag, der beschlossenen Bestimmung hinzuzufügen: „insoweit als der Betrag der Ausgaben den vorhandenen Vortheil nicht übersteigt", hatte nicht die erforderliche Zustimmung gefunden. 3
Als Begründung war im metallographierten Antrag hinzugefügt: Die Anträge Nr. 110 werden in erster Linie aufrecht erhalten. 483
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Quellen zur Entstehung des Z V G
Man ging davon aus: Dem die Zwangsverwaltung des Grundstückes Betreibenden müsse ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung wegen der von der Nr. 1 des § 92 in's Auge gefaßten Ausgaben zustehen (Mot. S. 135). Die Feststellung der in Betracht kommenden Ausgaben sei Aufgabe der Regelung der Zwangsverwaltung. Dieselben würden daher an dieser Stelle angemessen durch Verweisung auf die einschlagende spätere Vorschrift (§ 143 des Entw.) bezeichnet. Mit dem Antrage II Ziffer 1 über die Person, welcher das Vorzugsrecht zustehe, zu schweigen, müsse Anstand genommen werden. Das Schweigen solle nach dem Antragsteller in sich schließen, daß nicht bloß der betreibende Gläubiger, sondern auch der zur Durchführung der Zwangsverwaltung bestellte Verwalter wegen der Ausgaben vorzugsberechtigt sei. Das Vorzugsrecht könne indessen nur dem betreibenden Gläubiger zugestanden werden. Soweit der Verwalter Ausgaben gemacht habe, die der Gläubiger nach den bei der Ordnung der Zwangsverwaltung zu treffenden Bestimmun| Prot I 14253 gen bezw. nach den allgemeinen Grundsätzen ihm zu er-| statten verpflichtet sei, erstrecke sich das Vorzugsrecht des Gläubigers auch auf diese. Soweit aber den Gläubiger eine Erstattungspflicht nicht treffe, handele der Verwalter lediglich auf seine Gefahr. Halte er eine Ausgabe der betreffenden Art für erforderlich, so möge er sich an das Gericht wenden und die Entschließung über das etwa Erforderliche dem Gläubiger überlassen. Die Zubilligung eines Vorzugsrechtes würde dem Verwalter eine Macht verleihen, die weit über das Bedürfniß hinausgehe und leicht zu Uebergriffen auf Kosten des die Versteigerung betreibenden Gläubigers sowie der sonstigen Berechtigten führen könne. Zu erfordern sei des Weiteren, daß die Zwangsverwaltung bis zum Zuschlage gedauert habe. Nur unter dieser Voraussetzung lasse sich ein Zusammenhang zwischen der durch die Ausgabe herbeigeführten Erhaltung des Grundstückes und der erzielten Erstehungssumme annehmen. Der Unterantrag begnüge sich mit diesem Erfordernisse nicht, sondern verlange überdies, entsprechend der Nr. 3 des § 41 der Konk.O. in der Fassung des Einf.Ges. Art. 13 (Nr. 7 der alten Fassung), daß das Grundstück durch die Ausgabe zur Zeit des Zuschlages verbessert und die Verbesserung eine solche sei, daß sie dem aufgewendeten Betrage entspreche. Mit Rücksicht auf die durchgeführte scharfe Scheidung zwischen der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung und auf den der letzteren beigelegten selbständigen Charakter möge eine solche Regelung vielleicht folgerichtiger erscheinen. Allein dieselbe entbehre der Praktikabilität und bringe den Gläubiger in eine mißliche Lage, da diesem selbst unter der Herrschaft |ProtI 14254 der freien Beweiswürdigkeit der Beweis der betreffen-| den Thatsachen nur selten gelingen werde. Außerdem scheine eine solche Beschränkung der Vorschrift auf den Weg zu führen, daß nicht bloß dem Gläubiger, sondern einem Jeden, der eine Verbesserung der fraglichen Art vorgenommen, ein Ersatzanspruch mit vorzugsweiser Befriedigung eingeräumt werde. Dem Antrage II Ziffer 1 sei endlich darin nicht beizutreten, daß die fraglichen Ausgaben mit den Kosten der Zwangsversteigerung, soweit diese aus dem Versteigerungserlöse vorweg genommen würden, auf eine Linie zu stellen und deshalb die Bestimmung mit der unter Ziffer 1 erwähnten zu verbinden sei. Nach den zum § 50 des Entwurfes Prot. S 13963 bis 13966 gefaßten Beschlüssen habe der betreibende Gläubiger die ihm zu erstattenden Ausgaben für die Zwangsverwaltung behufs der Berücksichtigung bei der Feststellung des geringsten Gebotes dem Betrage nach rechtzeitig anzumelden und, soweit nöthig, glaubhaft zu machen. Soweit dies nicht geschehe sowie hinsichtlich etwaiger späterer Ausgaben, stehe der Gläubiger — die Billigung des § 105 des Entw. S. 14245 vorausgesetzt — hinter den bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigten Berechtigten zurück. Stelle man dagegen die Ausgaben des Gläubigers jenen 484
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889) Kosten der Zwangsversteigerung gleich, so würde der Richter zwar dieselben unter vorläufiger Schätzung bei der Feststellung des geringsten Gebotes anzusetzen haben, aber das Vorzugsrecht würde bei der Vertheilung des Erlöses auch dann zu Geltung kommen, wenn sie zu niedrig angenommen oder gar nicht berücksichtigt wären. Für eine so weit gehende Begünstigung des betreibenden Gläubigers fehle es an einem ausreichenden Grunde. | 5. Bevor in die Berathung der weiteren Nummern des § 92 eingetreten wurde, | Prot 1 14255 verständigte man sich dahin, daß für die auf Grund der Civilprozeßordnung sowie nach Maßgabe dieses Gesetzes erfolgende Zwangsvollstreckung in ein Grundstück das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Versteigerungserlöse erschöpfend zu regeln sei, so daß ein Eingreifen der Landesgesetzgebung auch in Ansehung der öffentlich-rechtlichen Ansprüche sowie innerhalb des Bereiches der in dem Einführungsgesetze zu Gunsten der Landesgesetze für gewisse Materien gemachten Vorbehalte ausgeschlossen sei, es müßte denn in diesem Gesetze ein Anderes bestimmt sein. Bei der Fassung des einschlagenden § 176 des Entw., welcher nach der Erläuterung des Referenten nur die Zwangsvollstreckung in die landesrechtlicher Regelung unterstehenden selbständigen Berechtigungen (Bergwerksgerechtigkeit u.s.w.) im Auge hat, soll dies klargestellt werden. 6. Die Nr. 2 des § 92 wurde mit dem Vorbehalte gestrichen, die Deichlasten in geeigneter Weise bei den Beschlüssen zu Nr. 4, 5 des § 92 zu berücksichtigen. Maßgebend hierfür war: Die Deichlast sei, wenn sie auch der Sache nach wohl überall in Deutschland mehr oder minder bestehe, ein in vielen Gegenden nicht gekannter Begriff. Jedenfalls würde eine Verdeutlichung nicht zu entbehren sein. Richtiger werde aber überhaupt die Deichlast nicht besonders erwähnt und vor den übrigen öffentlichen Abgaben und Lasten ausgezeichnet. Stelle man rücksichtlich der letzteren der Landesgesetzgebung, wie nicht zu umgehen sein werde, die Entscheidung darüber anheim, welche Abgaben und Lasten im Sinne | der Vorschrift zu | Prot 1 14256 den öffentlichen Abgaben und Lasten gehörten und ob gewissen Abgaben oder Lasten der Vorrang vor anderen zustehen solle, so genüge dies auch für die Deichlast. Reichsgesetzlich den Deichlasten einen besondern Vorrang vor den sonstigen öffentlichen Abgaben und Lasten sowie vor dem Liedlohne (§ 92 Nr. 3) zu sichern, sei kein Bedürfniß. Auch bei der Gleichstellung werde die Deichlast immer gedeckt werden, ganz abgesehen davon, daß es höchst selten vorkommen werde, daß sie nicht schon an sich in den Bereich des geringsten Gebotes falle. Soweit übrigens Deichlasten rein privatrechtlicher Natur sich finden sollten, sei für diese ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung nicht am Platze. 7. Zu Nr. 3 des § 92 wurde der Antrag III Ziffer 2 dahin angenommen: Unberührt bleiben die Landesgesetze, nach welchen in Ansehung eines Landgutes oder mehrerer zum Betriebe der Landwirthschaft verbundener Grundstücke den zur Bewirtschaftung der Grundstücke oder zum Betriebe eines damit verbundenen Nebengewerbes in einem dauernden Dienstverhältnisse oder Arbeitsverhältnisse stehenden Personen, insbesondere dem Gesinde, den Wirthschaftsbeamten und Forstbeamten, für die Ansprüche wegen der laufenden und der aus dem letzten Jahre rückständigen Beträge an Lohn, Kostgeld und anderen Dienstbezügen das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke zusteht. Die Landesgesetze können auch den Rang dieses Vorzugsrechtes bestimmen. Man war der Ansicht: Die vorzugsweise Befriedi-1 gung des Liedlohnes bei der | Prot 1 14257 Zwangsvollstreckung in ein Grundstück sei den Gesetzen verschiedener Bundes485
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Staaten, insbesondere Bayern's, Sachsen's, Württemberg^, Baden's, fremd und habe sich in diesen auch kein Bedürfniß für die Bevorzugung gezeigt. Die Beschränkung auf die Aufstellung eines Vorbehaltes zu Gunsten der Landesgesetze in dieser Richtung sei daher ebenso ausreichend als angemessen. Wenn die Konkursordnung § 54 Nr. 1 dem Liedlohne ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung allgemein zugestehe, so liege der Fall insofern wesentlich anders, als bei dem Konkurse es sich um die Vertheilung des gesammten Vermögens des Schuldners handele. Die Fassung „in Ansehung eines Landgutes oder mehrerer zum Betriebe der Landwirthschaft verbundener Grundstücke" entspreche der Ausdrucksweise der §§ 5474, 1007 Abs. 2, § 1674 Nr. 7 des Entw. des B.G.B.5 und enthalte eine sachgemäße Einschränkung gegenüber dem Antrage III Ziffer 2. Der Forstwirthschaft sei, gleichfalls im Einklänge mit der Sprachweise des Entw. des B.G.B., neben der Landwirthschaft nicht zu gedenken, zumal die Forstbeamten besondere Erwähnung fänden; die Nebeneinanderstellung von Land- und Forstwirthschaft in Art. 83 des Entw. eines Einf.Ges. 6 ' habe ihren besonderen Grund. Die in dem Antrage III Ziffer 2 in Ansehung der Bestimmung des Ranges den Landesgesetzen gezogene Schranke könne ohne Bedenken fallen gelassen werden, da bei dem Liedlohne es sich meist nur um geringfügige Beträge handele. Im Uebrigen sei in der beschlossenen Bestimmung der Anschluß an die Fassung des § 26 des preußischen Gesetzes möglichst gewahrt. 8. Zu Nr. 4 und 5 des § 92 wurde beschlossen, dieselben zusammenzufassen und zu bestimmen: | Prot 1 14258 | für die Ansprüche wegen der laufenden und der aus den beiden letzten Jahren rückständigen Beträge der öffentlichen Abgaben und öffentlichen Lasten des Grundstückes; welche Abgaben und Lasten im Sinne dieser Vorschrift zu den öffentlichen Abgaben und öffentlichen Lasten des Grundstückes gehören, bestimmt sich nach den Landesgesetzen; durch die Landesgesetze kann auch bestimmt werden, daß gewissen Abgaben und Lasten der Vorrang vor anderen zustehen soll. Man hatte erwogen: Ein hinreichender Anlaß zwischen den an den Staat, die Gemeinde oder einen anderen Kommunalverband und den an andere Berechtigte von dem Grundstücke zu entrichtenden öffentlichen Abgaben zu unterscheiden und jenen vor diesen einen Vorrang einzuräumen, liege nicht vor. Zu einer Gefährdung der ersteren werde die Gleichstellung nicht führen. Mit dieser Gleichstellung entfalle zugleich die N o t wendigkeit, die Bezugsberechtigten besonders zu bezeichnen. Nicht räthlich sei es, auf die „direkten" öffentlichen Abgaben abzustellen. Die Scheidung zwischen direkten und indirekten Abgaben sei keine begriffliche, sondern eine historisch hergebrachte, die in den verschiedenen Gebieten sich verschieden gestaltet habe. Bei der Vielgestaltigkeit der öffentlichen Abgaben müsse in Ermangelung allgemeiner Kategorien und bezeichnender Merkmale der Landesgesetzgebung die Bestimmung darüber, welche Abgaben im Sinne der Vorschrift zu den öffentlichen gehörten, überlassen werden. Die Landesgesetzgebung könne die Bestimmung in | Prot 1 14259 der Weise treffen, daß sie die | Abgaben schlechthin für öffentliche erkläre oder daß sie ihnen die Rechte der Abgaben beilege oder dieselben sonst den Abgaben gleich-
" Vgl. § 547 BGB. 5 Vgl. 1821 f. BGB. 6 Vgl. Art. 64 EGBGB. 486
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stelle. Letzteres im Gesetze besonders zu betonen, werde nicht erforderlich sein; es solle indessen nicht ausgeschlossen sein, auf gegebene Anregung über eine etwaige Vervollständigung in dieser Richtung nochmals zu befinden. Ebenso verhalte es sich mit der Beziehung der Abgabe zu dem Grundstücke. Aus der Landesgesetzgebung habe sich zu ergeben, ob die Abgabe aus dem Grundstücke zu entrichten sei beziehungsweise auf dem Grundstücke laste; der Landesgesetzgebung müsse es also auch zustehen, zu bestimmen, daß eine Abgabe im Sinne der hier in Frage stehenden Vorschrift eine von dem Grundstücke zu entrichtende Abgabe sein solle. Das Vorzugsrecht werde angemessen, wenn auch in Abweichung von dem § 54 Nr. 2 der Konkursordnung für die Rückstände der letzten zwei Jahre gewährt. Die Möglichkeit, die auf Grundstücken haftenden Abgaben ungefährdet auf zwei Jahre zu stunden, sei bei allgemeinen Kalamitäten vor erheblichem Werthe. Das in Ansehung der öffentlichen Abgaben Bestimmte müsse auch für die öffentlichen Lasten des Grundstückes (Deichlasten, Adjazentenbeiträge zu Straßenbauten u.s.w.) gelten. Die Lasten brauchten nicht nothwendig in wiederkehrenden Leistungen zu bestehen, müßten aber öffentliche beziehungsweise für öffentlich erklärte sein. Daß die Landesgesetzgebung in der letzteren Hinsicht zu weit gehen und auch rein privatrechtliche Lasten einbeziehen werde, sei nicht zu besorgen. | Die in dem dritten Halbsatze der Landesgesetzgebung eingeräumte Befugniß, |ProtI 14260 Rangunterschiede zu bestimmen, könne einem Bedürfnisse entsprechen und sei jedenfalls unbedenklich. Anlangend die Fassung, so empfehle es sich, statt von den „von dem Grundstükke zu entrichtenden" (Entw., Antrag II Ziffer 2) oder von den „auf dem Grundstükke lastenden" (Antrag III Ziffer 1, V Ziffer 1) Abgaben und Lasten zu sprechen, schlechthin von Abgaben und Lasten des Grundstückes zu reden. Die Ausdrucksweise sei kurz, nicht mißverständlich und habe einen Vorgang im § 795 des Entw. des B.G.B. Ebenso werde besser nicht von laufenden und rückständigen Leistungen aus den Abgaben und Lasten (Antrag II Ziffer 2), sondern von den laufenden und rückständigen Beträgen der Abgaben und Lasten gesprochen. 9. Schließlich erklärte die Kommission sich mit dem Entwürfe dahin einverstanden, daß das Vorzugsrecht der öffentlichen Lasten und Abgaben dem Vorzugsrechte der in der Zwangsverwaltung gemachten Ausgaben nachstehen solle. | Anlage A Bemerkungen zu dem Antrage unter I Ziffer 2 Prot. S. 14245
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Der Antrag entspricht der von dem Königlich Bayerischen Staatsministerium des Johow Königlichen Hauses und des Aeußern in dem an den Herrn Reichskanzler gerichte- (Nr 93) ten Schreiben vom 4. November 18887 gegebenen Anregung: Der oben bezeichnete Artikel 46 lautet: „Bei der Zwangsvollstreckung in die dem Betriebe der Bierbrauerei dienenden Brauhäuser, Malzhäuser, Gähr- und Lagerkeller steht der Aerarial- und Lokalmalzaufschlag für das im letzten Jahre vor der Beschlagnahme steuerbar gewordene Malz (Art. 3 des Gesetzes über den Malzaufschlag) den auf die beschlagnahmten Gegenstände treffenden Steuern und Gemeindeumlagen gleich. 7
Auf dieses Schreiben braucht hier nicht näher eingegangen zu werden, da dessen Inhalt von Johow im folgenden mitgeteilt wird. 487
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Dieses Vorrecht erstreckt sich auf die Wohn-, Wirthschafts- und sonstigen Gebäude, welche mit den dem Brauereibetrieb dienenden Grundstücken räumlich verbunden sind, und auf die dazu gehörigen Rechte." In dem erwähnten Schreiben sind die Gründe für die Beibehaltung der Vorschriften des Art. 46 dahin zusammengefaßt: „Auf den Fortbestand dieses Vorzugsrechtes, welches sich mit der durch Art. 35 Abs. 2 der Reichsverfassung Bayern vorbehaltenen Besteuerung des Bieres im inneren Zusammenhange befindet, kann Bayern nicht wohl verzichten. Die Stundung des Malzaufschlages ist unerläßlich, wenn nicht die mittleren und kleineren Braue| Prot 1 14262 reien in dem immer schwerer werdenden Kampfe, wel-1 chen sie mit den technisch und wirthschaftlich überlegenen großen Unternehmungen zu führen haben, alsbald erdrückt werden sollen, und sie darf, wenn sie ihren Zweck erreichen soll, nicht von einer besonderen Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden; eine bedingungslose Stundung ist aber nur möglich, wenn die Steuer durch ein Vorzugsrecht gesichert ist." Der Referent war bei der Aufstellung des Entwurfes von der Ansicht geleitet, daß der in Rede stehende Malzaufschlag durch den zitirten Artikel 46 den Charakter einer nur auf Brauereigrundstücken lastenden Grundsteuer von wechselndem, durch den Umfang des Gewerbebetriebes sich bestimmenden Betrage erhalten habe und deshalb unter § 92 Nr. 4 des Entwurfes zu subsumiren sein werde; er kann sich indessen den Bedenken nicht verschließen, welche gegen diese Ansicht erhoben werden können, und hält deshalb jetzt einen ausdrücklichen Vorbehalt für erforderlich. Daß durch das Vorrecht des gestundeten Malzaufschlages die Sicherheit der Gläubiger, zu deren Gunsten Brauereigrundstücke im Sinne des zit. Art. 46 belastet sind, gefährdet wird, fällt in Ansehung derjenigen Rechte, welche erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 29. Mai 1886 begründet sind, nicht in das Gewicht, weil die Berechtigten mit dem gesetzlichen Vorrechte von vornherein zu rechnen hatten; in Ansehung der vorher begründeten Rechte ist die Beeinträchtigung bereits durch das zitirte Gesetz herbeigeführt. Dieselbe rückgängig zu machen, liegt für die Reichsgesetzgebung kein zureichender Grund vor. In dem Schreiben des Königlich Bayerischen Ministeriums ist übrigens bezeugt, daß eine nachtheilige Wirkung des Vorrechtes auf den Hyothekarkredit der Brauer sich bis jetzt nicht bemerklich gemacht habe.
| Prot 1 14263 | A n l a g e B
Bemerkungen zu dem Antrage unter II Ziffer 1 Prot. S. 14248 v. Schmitt Mit Recht gehen sowohl der Entwurf § 73 als der Beschluß zu § 92 S. 14153 — (Nr 110) 14156, im Einklang mit § 50 Konk.O. und verschiedenen Landesrechten, z. B. bayr. Subh.O. Art. 107, davon aus, den Kosten des Verfahrens nicht sowohl ein bestimmtes Rangvorrecht einzuräumen, als dieselben dem Versteigerungserlöse vorweg zu entnehmen, weil sie den Bestand der zu vertheilenden Masse mindern. Konsequent muß das aber auch von den Ausgaben und den Kosten auf eine mit der Subhastation verbundene Zwangsverwaltung (§ 3 Abs. 2 vorl. Zusst., d. h. der Beschluß zum § 2 des Entw. Prot. S. 13686) gelten; der Entwurf indessen bestimmt hierfür, abweichend von den §§51, 53 Konk.O. und von seinem eigenen Vorschlage im § 143 Abs. 1 ein eigentliches Rangvorrecht im § 92 Nr. 1, obschon nicht geleugnet werden kann, daß die fraglichen Auslagen, z. B. auf den Anbau von Früch488
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ten pp., nur Mittel zur Vermehrung der Vertheilungsmasse (hängende Früchte) bilden, also, da nur die reine Masse zu vertheilen ist, vorweg abzuziehen sind. Es wird aber auch angemessen sein, für alle von dem Versteigerungserlöse vorweg zu entnehmenden Beträge im Einklang mit der Konk.O. §§ 50 bis 53 und verschiedenen Landesrechten, z. B. der bayr. Subh.O. Art. 107, einen eigenen Paragraphen zu bilden, um den Gegensatz zu den wirklichen Rangvorrechten schärfer hervortreten zu lassen. Eine solche formelle und materielle Scheidung scheint noch aus einem anderen Grunde geboten. Die Befugniß der Landesgesetze, in Beziehung auf die ihr vorbehaltenen Materien gleichfalls Rangvorrechte zu schaffen (§ 176 des Entw.), geht zwar so weit, ihren Vorzugsrechten den Lokus vor denjenigen der Nr. 4, 5 des § 92 des Entw. einzuräumen; sie kann aber nicht so weit gehen, den fraglichen Lokus vor § 92 Nr. 1 zu bestimmen; dies kommt bei der beantragten | Fassung und Stel- |ProtI 14264 lung zum Ausdrucke. Der Umstand, daß unter den im § 92 Abs. 2 aufzunehmenden Beträgen solche sind, welche, um berücksichtigt zu werden, der Geltendmachung bedürfen (Ausgaben des Gläubigers), steht hier sowenig wie dem § 52 der Konk.O. entgegen. Da § 143 Abs. 1 Entw. erst später berathen wird, empfiehlt sich ein Allegat. Der dritte Absatz ist nach dem Vorbilde des § 53 der Konk.O. beigefügt, jedoch in Anmerkung, da die Nothwendigkeit einer solchen Vorschrift zweifelhaft ist; wird es doch kaum vorkommen, daß der Versteigerungserlös je so geringfügig wäre, um nicht einmal Kosten und Verwaltungsausgaben voll zu decken. Zu Ziffer 2 bis 4 I. Die Befriedigungsvorrechte, deren der Entw. einer Subhastationsordnung aus- v. Schmitt drücklich (§§ 92 ff.) oder implizite (§ 176) erwähnt, zerfallen im Allgemeinen in sol- (Nr 110) che für eingetragene Rechte (rectius Buchrechte § 92 Nr. 6 ff.) und in solche für Nichtbuchrechte. Für Nichtbuchrechte schafft der Entwurf selbst gewisse Vorzugsrechte (§ 92 Abs. 1 Nr. 1 bis 5, reichsgesetzliche Vorzugsrechte); andere kann das Landesgesetz in Ansehung der ihm durch das Einführungsgesetz vorbehaltenen Materien (Art. 38 ff., insbesondere Art. 40, 41, 46) schaffen (§ 176 Subh.O., landesrechtliche Vorzugsrechte). Das Landesgesetz normirt sowohl den betreffenden Anspruch als das ihm zugedachte Vorzugsrecht; der Fall des Artikel 75 des Einf.Ges. wird bei aller sonstigen Aehnlichkeit deshalb nicht hierher gehören, weil der dort beregte Vorrang gebucht werden muß, und dann unter die Subhastationsordnung § 92 Nr. 6 fällt. Die reichsgesetzlichen Vorzugsrechte des § 92 Nr. 1 bis 5 Subh.O. sollen zunächst für Ansprüche pp. gegeben wer | den, welche selbst auf Reichsrecht beruhen | Prot 1 14265 (§ 92 Abs. 2 Nr. 1). Sie sollen aber auch für Rechte oder Ansprüche gegeben werden, welche zu den vom Einf.Gesetze in Prämissen, Inhalt und Umfang dem Landesrechte vorbehaltenen privatrechtlichen Materien gehören (§ 92 Nr. 2, 3 Subh.O. und Einf.Ges. Art. 40 und 46), oder als öffentlich-rechtliche Ansprüche von dem Bürgerlichen Gesetzbuche ohnehin unberührt bleiben (§ 92 Nr. 4 und 5 Subh.O.); daß für die letzteren ein zeitlich begrenztes Vorzugsrecht reichsrechtlich gegeben wird, ist wohl begründet; nicht abzusehen ist aber, warum in Ansehung der dem Landesrechte durch das Einführungsgesetz vorbehaltenen Materien eine zwiespältige Regelung stattfinden soll, sofern für die einen (Deichlasten, Ansprüche land489
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wirthschaftlicher Arbeiter, Art. 40 und 46 Einf.Ges.) hier sofort ein reichsgesetzliches Vorzugsrecht geschaffen wird (§ 92, Nr. 2, 3), für die anderen aber (Art. 41 Einf.Ges.) die Schaffung eines landesrechtlichen Vorzugsrechts (§ 176 Subh.O.) vorbehalten wird, mit der Folge, daß der § 176 Subh.O. nur noch eine halbe, in seiner Beschränkung schwer verständliche Wahrheit wird. Allerdings darf die Subh.O. in Ansehung der in das Gebiet der landesrechtlichen Materien fallenden Vorzugsrechte nicht ganz schweigen; sie muß die zeitliche Grenze dieser Vorzugsrechte bezeichnen; aber solche Zeitschranken muß sie nicht bloß in den Fällen des § 92 Nr. 2 und 3 setzen, sondern auch in den Fällen des Art. 41 des Einf.Ges., d. h. im ganzen Bereiche ihres § 176, was sie unterlassen hat. Denn weder der § 92 Nr. 4, noch der § 92 Nr. 5 betrifft Fälle des § 41 des Einf.Ges., beide haben nur öffentliche Abgaben und Lasten im Auge, während es sich bei den nicht modernen-steuerlichen Grund| Prot 1 14266 abgaben, d. i. bei den | alten Grund- und Boden-Zinsen, Ablösungsrenten pp. um privatrechtliche Gegenstände handelt, Reallasten u.s.w., welche ebensowohl wie den „anderen Personen" der Nr. 5 des § 92, dem Fiskus und den Gemeinden pp. zustehen können, ja überwiegend zustehen werden. Hiernach sind die Nr. 2, 3 des § 92 des Entw. hier zu streichen. Freilich wird § 92 dadurch lückenhaft, aber er ist schon im Entwürfe ein Torso, eben wegen des § 176, und es scheint besser, in § 92 nur von reichsgesetzlichen, in §§ 176 ff. aber von den landesgesetzlichen Vorzugsrechten zu reden. Daß endlich die Nr. 2 und 3 des § 92 hier deshalb festzuhalten seien, um ihnen den locus vor den Staatssteuern pp. zu wahren, kann nicht anerkannt werden. Das Landesgesetz ist in Ansehung vorbehaltener Materien auch für den locus frei, was § 176 des Entw. faktisch zugiebt. Nicht minder tritt durch Verweisung der Fälle Nr. 2, 3 des § 92 des Entwurfes zu § 176 ibid. eine materielle Aenderung insofern ein, als dann das Vorrecht der Deichlasten und Liedlöhne nicht mehr, wie der Entwurf will, ein in ganz Deutschland geltendes ist, sondern nur in jenen Bundesstaaten gilt, welche dasselbe bestimmen. Indessen ein Bedürfniß für ganz Deutschland kann nicht behauptet werden, wenn z. B. das Vorrecht des Liedlohnes bisher nur in Preußen (und da nicht im ganzen Staatsgebiete), Mecklenburg, Oldenburg und Anhalt besteht und in den übrigen Bundesstaaten trotz seiner Einführung im Konkurse (§ 54 Abs. 1) für die Subhastation bei Seite gelassen ist. Daß die Konk.Ordnung so weit ging, beruht eben darauf, daß das ganze Vermögen des | Prot 1 14267 Gemeinschuldners zur Konkursmasse | gehört, was bei der Subhastation u.s.w. nicht der Fall. Ebendeshalb sieht sich auch der Entwurf zu Beschränkungen des Falles genöthigt; nur die für ein zur Landwirtschaft bestimmtes, geschlossenes Gut angenommenen landwirtschaftlichen Dienstpersonen sollen in Frage kommen, doch haben diese Definitionen nach beiden Richtungen ihr Mißliches, weil abhängend von Landesbrauch und Sitte, weil eine so scharfe Scheidung in dem Wirkungskreise der Dienstleute auch eines Gutsbesitzers nicht überall vorkommt u.s.w., weil Nr. 3 des § 92 i. f. den Fall des Pachtes nicht deckt pp. Es handelt sich eben um ein Stück des landesgesetzlichen Agrarrechtes und es genügt darum der Vorbehalt des § 176 der Subh.O. Aehnlich verhält es sich mit den Deichlasten. II. Gegen die Scheidung der Vorzugsrechte § 92, Nr. 4, 5 in zwei Klassen, je nachdem Staat und Gemeinden oder andere Personen die Berechtigten sind, und der Vorrang bald nur für direkte, bald für direkte und indirekte Abgaben eingeräumt wird, soll nichts erinnert werden, obschon nicht alle Gesetzgebungen so scheiden und ein Bedürfniß der Scheidung kaum gegeben ist, wenn die nach anderer Richtung gemachte Bemerkung der Motive S. 136 zutrifft, daß beide Kategorien (Staat und Gemeinde) zweifellos gesichert seien. Dies läßt sich auch für die Katego490
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rien des § 92 Nr. 5 behaupten; kaum wird § 98 des Entwurfes auf dieselbe zur Anwendung kommen. Ist dem aber so, dann schadet die Scheidung, wie sie dermalen in manchen Gesetzen vorkommt, auch nichts und trägt zur Beruhigung der Landesfinanzverwaltungen bei. | Anlangend die zeitliche Erstreckung des Vorrechtes, so berücksichtigen man- |ProtI 14268 che Landesgesetze ältere Rückstände wie der Entwurf, z. B. Bayern Art. 108 zweijährige Rückstände, andere noch ältere Rückstände. Die Bemerkungen der Motive zum Sachenrecht S. 2167 sind nicht ganz richtig. Es will scheinen, als ob Grund gegeben sei, über den Entwurf in Etwas hinauszugehen. Sonst möchten wirtschaftliche Nachtheile eintreten; es ist nicht unbedenklich, die Bevorrechtigten zu nöthigen zu einem rascheren, minder schonenden Vorgehen gegen den Schuldner, wodurch leicht, namentlich zur Zeit einer wirthschaftlichen Krisis, die Zahl der den Realkredit schädigenden Subhastationsfälle vermehrt wird. Vergl. Mot. zur bayr. Subh.O. S. 48, 49. J a der Entwurf selbst trägt diesem Gedanken bei den Deichlasten Rechnung, § 93 Nr. 2. D a unzweifelhaft der § 176 des Entw. in Ansehung der zeitlichen Beschränkung der Vorrechte noch zu ergänzen sein wird, gelangte man für alle bezüglichen Fälle zu einer gleichen Frist, wenn überall zweijährige Rückstände berücksichtigt werden. Nicht ganz zutreffend möchte es sein, wenn in § 92 Nr. 4, 5 „laufende und rückständige Abgaben" als bevorrechtet erklärt werden. Es handelt sich um die laufenden und rückständigen Leistungen aus den betreffenden Abgaben; die Grundstücke gehen als abgabepflichtig auf den Ersteher über, §§ 66, 67, 119 der vorl. Zusst. (d. h. Beschlüsse zu § 41 Abs. 1, § 86 Abs. 1, 3 des Entw. Prot. S. 13915ff., 14199ff.). III. Die Vorzugsrechte der Nr. 4 des § 92 betreffen nach den die auf den politischen Verbänden der einzelnen Bundesstaaten die öffentlichen landesgesetzlichen direk- | ten Abgaben von dem einem Worte die sog. Staats- und Gemeinde-Realsteuern. Aber Gesetzes entspricht dem nicht genau.
Motiven S. 135 ff. beruhenden, d. h. Grundstücke, mit | Prot 1 14269 der Wortlaut des
1. Das Wort „öffentlichen" vor „Abgaben" scheint auch in der Nr. 4 des § 92 nicht entbehrlich, wie es denn in Nr. 5 daselbst und im § 41 Nr. 1, § 54 Nr. 2 der Konk.O. steht. Denn das Bürgerliche Gesetzbuch (vergl. z. B. § 1003) unterscheidet öffentliche und privatrechtliche Abgaben und solche der letzteren Art können so gut dem Staat oder der Gemeinde zustehen (vergl. Art. 41 des Einf.Ges.), wie umgekehrt einem Privaten öffentliche Abgaben (§ 92 Nr. 5 Subh.O.). Gerade der hier gebrauchte Ausdruck „Fiskus" wird in der Regel von der privatrechtlichen Seite des Staates verstanden, weshalb um so mehr die öffentlich-rechtliche Natur der fraglichen Abgaben zu betonen sein möchte. Wenigstens rathsam erscheint es ferner, den in den Motiven so oft wiederholten Gedanken (vergl. z. B. S. 2166, 2167), daß es sich um landesrechtlich normirte Ansprüche handelt, denen das Vorzugsrecht beigelegt ist, auch im Gesetze Ausdruck zu geben. In der Bestimmung des Charakters, Inhaltes, Umfanges jener Ansprüche ist das Landesrecht voll uneingeschränkt; es kann insbesondere seine Abgaben beliebig auf Personen oder Grundstücke legen; ob eine öffentliche, direkte, von dem Grundstücke zu entrichtende Abgabe in Frage steht, ist nur nach dem positiven Landesrechte zu beurtheilen; dergl. Reichsabgaben giebt es meines Wissens nicht. Zweifeln hierüber sollte das Gesetz selbst begegnen. 491
Quellen zur Entstehung des ZVG
Geschieht dies, so erledigen sich zugleich alle Bedenken, welche sich sonst an | Prot 1 14270 die Mehrdeutigkeit | der Ausdrücke „Abgaben" und „Fiskus" knüpfen könnten. Denn „Abgaben" im weiteren Sinne umfaßt, wie erwähnt, privatrechtliche und öffentliche Abgaben; „Steuern" werden in manchen Staaten nur die dem Staate zu entrichtenden öffentlichen Abgaben genannt, die der Gemeinde zu entrichtenden aber z. B. in Bayern „Umlagen"; ja Bayern bezeichnet in seinem Gesetze vom 21. April 1884, betreffend die Kulturrentenanstalt, gewisse von Grundstücken an den Staat zu entrichtende Reichnisse (Art. 9 Nr. 3), welche zweifellos unter Nr. 4 § 92 Subh.O. fallen, nicht als Steuern, sondern „als öffentliche Abgaben, welche als solche auf den betreffenden Grundstücken haften". So passend daher der Ausdruck „Abgaben" gewählt ist, so muß er doch auch zweifelsfrei gestellt werden. Gegen den Ausdruck „Fiskus" ließe sich geltend machen, der Sprachgebrauch der Konk.O. §§ 41, 54; der C.P.O. §§ 92, 344, 591, 601, 614, 619; der St.P.O. §§ 499, 505; des Einf.Ges. zum Bürgerlichen Gesetzbuche Art. 13 § 41, wo überall von Reichs- und Staatskassen die Rede ist, während dort sonst (C.P.O. § 20, Einf.Ges. dazu §§4, 15 Abs. 4 u.s.w.), sowie im Bürgerlichen Gesetzbuche durchweg vom Fiskus gesprochen ist. Man wollte offenbar die zivilrechtliche Seite des Staates vorzüglich mit „Fiskus" bezeichnen (entgegen vergl. Art. 68 des Einf.Ges. zum Bürgerlichen Gesetzbuche), soweit aber sein Bezugsrecht aus öffentlich-rechtlichen Titeln in Betracht kommt, das Wort „Kasse" wählen. Unter der Voraussetzung der beantragten Fassungsänderungen erscheint das Wort „Fiskus" hier nicht bloß unbedenklich, sondern wünschenswerth wegen des Gegensatzes „andere Personen" im § 92 Nr. 5; | Prot 1 14271 denn diese schließen sowohl den Reichs- als den Lan-1 desfiskus aus, während das Wort „Fiskus" in Nr. 4 zwar auch allgemein steht, aber in einer Umgebung, welche nur den Landesfiskus als getroffen erkennen läßt. Ob man bezüglich der Bezeichnung der Kommunalverbände der Konk.O. § 41, Nr. 1, § 54 Nr. 2 oder dem Art. 68 des Einf.G. zum Bürgerlichen Gesetzbuche folgt, ist gleichgültig. 2. Die Nr. 4 des § 92 auf indirekte Abgaben (Zucker-, Tabaks-Steuern, Zölle oder gar Einkommen- und Kapital-Steuern sind persönlicher Natur) zu erstrecken, ginge allerdings zu weit; die Konk.O. § 54 Nr. 2 kann nicht maßgebend sein, weil hier der unmittelbare Zusammenhang des Reichnisses mit dem subhastirten Grundstück Voraussetzung ist. Eine Ausnahme ist indessen zunächst für Bayern geboten, die im Art. 46 der Bayerischen Subhastations-Novelle vom 29. Mai 1886 bezeichnete. Da die N o t wendigkeit dieser Ausnahme bereits in den Motiven S. 136, in dem Schreiben des Reichs-Justizamtes vom 4. Dezember 1888, endlich in dem Antrage des Referenten unter I, 2 anerkannt ist, kann ich mich vorerst weiterer Auslassungen hierüber enthalten. Man könnte zwar der Meinung sein, daß die Versailler Verträge, indem sie Bayern die Malzbesteuerung schlechthin vorbehalten, auch die zivilrechtliche Seite umfassen, also einen Vorbehalt erübrigen; man könnte ferner aus Prot. S. 12811 bis 12816 zu der Ansicht gelangen, daß der Reichs-Subhastationsordnung in Ansehung des Vorzugsrechtes für öffentliche Landesabgaben mehr nicht vorbehalten sei, als die zeitliche Begrenzung des Vorzugsrechtes, vergl. insbesondere die Schlußbemer| Prot 1 14272 kung des Referenten und die Worte in den Kommissionserwä-1 gungen „Soweit bei der Zwangsversteigerung den öffentlichen und gemeinen Lasten ein Vorzugsrecht einzuräumen sei, müßten die erforderlichen Bestimmungen dem Gesetze über die Zwangsvollstreckung pp. vorbehalten bleiben". Allein ein Gefäll von der Bedeutung, wie der bayerische Malzaufschlag, dessen Ertrag den aller direkten Landes492
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
steuern fast um das Doppelte übersteigt, kann unmöglich in seiner sicheren Realisirbarkeit auf bloße Schlußfolgerungen gebaut, es muß ausdrücklich als ein bevorzugtes normirt werden. Jedenfalls ist zweifellos, daß der bayerische Malzaufschlag eine, wenn auch indirekte (weil von der Ausdehnung des Gewerbebetriebes mit abhängige), doch eine vom Grundstücke zu entrichtende Last ist. Würde der Antrag unter I, 2 zur Annahme gelangen, so dürfte zum Protokolle zu konstatiren sein, daß Art. 3 des Einführungsgesetzes hierher Anwendung findet, vorausgesetzt natürlich, daß die künftige Landesgesetzgebung die zeitliche Schranke in Art. 46 des bayerischen Gesetzes einhält. In Ansehung der letzteren weicht allerdings das bayerische Recht von dem Prinzipe des Entwurfes der Subh.O. § 92 Nr. 4 mit § 95 ab. Das Reichsgesetz stellt auf den Zeitpunkt des Eintrittes der Fälligkeit der Abgabe, das bayerische Gesetz auf den Zeitpunkt des Eintrittes der Steuerbarkeit, d. i. der Entstehung der Aufschlagsschuld, ab. Dies hängt mit der Eigenthümlichkeit der Art des bayerischen Gefälles und der Nothwendigkeit seiner Stundung zusammen. Aber gerade die Stellung auf den allzeit festen Entstehungszeitpunkt der Steuer gegenüber dem nicht immer festen Zeitpunkt der Fälligkeit (vgl. Art. 3, 43 ff., 82 des bayerischen Malzaufschlagsgesetzes vom 16. Mai 1868) ver- | hütet, daß das Vorzugsrecht willkürlich ausgedehnt wird. | Prot 1 14273 IV. Die Bemerkungen unter I bis III gelten großentheils auch für die Vorzugsrechte der Nr. 5 des § 92 des Entwurfes. Anlangend die berechtigten Personen, so dürfte der Bemerkung unter III, 1 gegen Ende zu dem Worte „Fiskus" durch eine Verdeutlichung des Ausdruckes „andere Personen" Rechnung zu tragen sein. Der Entwurf bezeichnet die hierher gehörigen Rechte als öffentliche Abgaben oder gemeine Lasten im Sinne des Landesrechtes. Die Motive S. 137 erkennen an, daß der Begriff der gemeinen Lasten dem preußischen Rechte und wenigen anderen Rechten eigenthümlich, den übrigen Gebieten des Reiches aber unbekannt und unverständlich sei. Es darf ferner daran erinnert werden, daß die Kommission die Benutzung des Begriffs „gemeine Lasten" bereits abgelehnt hat, Prot. S. 679, 680. Hieraus folgt, daß derselbe für ganz Deutschland überhaupt unbrauchbar ist, ein bloßer Name für ein Ding, dessen Merkmale landesrechtlich erst aufzufinden wären. Wünschenswerth wäre immerhin irgend ein weiterer reichsgesetzlicher Anhaltspunkt, der wegen der Gefahr der Unvollständigkeit nicht in einer bloßen Exemplifikation bestände. Der Entwurf meint direkte oder indirekte Lasten, also nicht bloße Geldabgaben, welche, wenn auch nicht Staat oder Gemeinde zustehend, doch im öffentlichen Rechte (i. w. S.) sich gründen (hierher würden z. B. nach bayerischem Rechte gehören: Immobiliar-Brandversicherungsbeiträge nach Gesetz vom 3. April 1875 mit V.O. vom 1. Oktober 1875 Art. 75, 80 - 9 5 , 1, - Hagel-1 ver- | Proti 14274 sicherungsbeiträge nach Gesetz vom 13. Februar 1884 An. 1, 18 — 23, — Kaminkehrerlöhne nach V.O. vom 27. Februar 1869 in Ausführung der bayerischen bezw. Reichsgewerbeordnung, alles das in Verbindung mit Art. 108 der bayerischen Subh.O.; die bayerischen Brand- und Hagelversicherungsanstalten stehen zwar unter staatlicher Verwaltung, sind aber selbständige juristische Personen, nicht Staatsoder Kommunal-Anstalten in materiellem Sinn, sie bezielen Versicherung auf Gegenseitigkeit, bezugsberechtigt ist die Anstalt als juristische Person, nicht der Fiskus oder die Gemeindekasse; die Kaminkehrer sind in ihrem Bezirke ausschließend kehrberechtigt und verpflichtet, eine Art von Organ der Feuerpolizei, doch für 493
Quellen zur Entstehung des ZVG
eigene Rechnung), und welche jeden Besitzer des Grundstückes als solchen treffen, bei Versicherungen z. B., sofern das Grundstück dem Versicherungsverbande angehört pp. Diese Merkmale möchten erforderlich und genügend, aber anzugeben sein. Da das Bürgerliche Gesetzbuch den Ausdruck „Lasten, welche jeden Besitzer als solchen treffen" vermeidet, ist die Analogie des § 515 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der vorgeschlagenen Fassung benutzt. v. Schmitt Im Besonderen zu Ziffer 3. (Nr 110) Die Nr. 2 und 3 des § 92 des Entwurfes fallen, wenn dort geschwiegen wird, ohne Weiteres unter den § 176 des Entwurfes. Erforderlich ist nun aber eine bestimmte Zeitgrenze des Vorzugsrechtes nicht bloß in Ansehung der Deichlasten und Liedlöhne, sondern in Ansehung aller landesrechtlichen Rangvorrechte, insbesondere derjenigen, welche zu Art. 41 des Einführungsgesetzes gehören. |ProtI 14275
Die Grenze kann eine einheitliche sein (primärer | Antrag), wenn den Anträgen unter Ziffer 2 stattgegeben wird.
v. Schmitt Im Besonderen zu Ziffer 4. (Nr 110) Allerdings besteht ein Landesrechtsvorbehalt für das sog. Malzaufschlagsgefälle nur in Ansehung Bayerns. Möglicher Weise bedürfen aber auch andere Bundesstaaten eines bezüglichen Vorzugsrechtes; deshalb und weil es die Kommission bisher ausnahmslos vermieden hat, Vorbehalte für bestimmte Bundesstaaten zu statuiren, ist der Antrag zu § 177 a beigefügt für den Fall, daß die Kommission den Antrag des Referenten, welchen ich zunächst zur Annahme empfehle, ablehnen sollte.
845. Sitzung vom 9. 1. 1889, Schriftführer: Börner | Prot I 14277
I. Die Berathung des § 92 des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, nahm ihren Fortgang. 1. Der Antrag des Referenten Prot. S. 14245 I Ziffer 2 wurde, vorbehaltlich der Entscheidung über die Stellung der Bestimmung, angenommen. Der eventuelle Antrag Prot. S. 14247 II Ziffer 4 galt damit als erledigt. Die Gründe waren: Das Fortbestehen der Vorschriften des Art. 46 des bayerischen Gesetzes vom 29. Mai 1886, nach welcher bei der Zwangsvollstreckung in die dem Betriebe der Bierbrauerei dienenden Brauhäuser, Malzhäuser, Gähr- und Lagerkeller der Aerarial- und Lokalmalzaufschlag den auf die beschlagnahmten Gegenstände treffenden Steuern und Gemeindeumlagen gleichstehe, sei an sich bereits durch die zu Nr. 4, 5 des § 92 Prot. S. 14258 beschlossene Bestimmung gedeckt insofern, als diese nicht, wie der Entwurf, auf die direkten öffentlichen Abgaben, | Prot 1 14278 sondern schlechthin auf die öffentlichen Abgaben abstelle und den | Landesgesetzen anheimgebe, zu bestimmen, welche Abgaben im Sinne der Vorschrift zu den auf dem Grundstücke lastenden öffentlichen Abgaben gehörten. Immerhin lasse die große finanzielle Bedeutung, welche der Malzaufschlag für Bayern habe, geboten erscheinen, die fernere Geltung der betreffenden Vorschrift noch besonders sicherzustellen. Dazu komme, daß die Vorschrift eine von dem § 95 Abs. 1 des Entwurfes abweichende Berechnung des rückständigen Malzaufschlages, für welchen das Vorzugsrecht ausgesprochen sei, enthalte („für das im letzten Jahre vor der Beschlagnahme steuerbar geworden Malz"), und daß ein Grund, dieser Besonderheit entge494
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 19. 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
genzutreten, nicht vorliege. Der mehrseitig betonten Gefahr, daß der Vorbehalt die Tragweite der zu Nr. 4, 5 des § 92 angenommenen Bestimmung verdunkele, könne dadurch vorgebeugt werden, daß derselbe nicht unmittelbar an dieser Stelle, sondern vielleicht hinter der zu § 95 des Entwurfes zu beschließenden Bestimmung oder am Schlüsse des Gesetzes eingefügt werde. Eine Generalisirung des Vorbehaltes sei weder bei dem reservatrechtlichen Charakter der fraglichen Steuer nothwendig noch auch sonst unbedenklich. Auf Verlangen von einer Seite wurde noch zu Protokoll festgestellt, daß die Eingangsworte der Bestimmung „Unberührt bleiben" im Sinne des Art. 3 des Einf.Ges. 1 zu verstehen seien. 2. Es lag der Antrag vor, folgende Bestimmung aufzunehmen: Gebhard „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche im Falle (Nr 118) der Aufhebung oder Ablösung von Rechten an einem Grundstücke den Entschädigungsberechtigten oder Dritten, welche die Entschädigung geleistet oder zu deren Bewirkung ein Darlehen gegeben haben, in Ansehung der Entschädigungsansprüche oder Erstattungsansprüche sowie | der laufenden und aus den beiden letzten |ProtI 14279 Jahren rückständigen Zinsen das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem von der Entlastung betroffenen Grundstücke gewährt und der Rang dieses Rechtes festgestellt ist." 2 Beschlossen wurde, zu bestimmen: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche in den Fällen der Gemeinheitstheilung, der Zusammenlegung von Grundstücken, der Regelung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse und der Ablösung von Dienstbarkeiten und Reallasten dem Entschädigungsberechtigten oder demjenigen, welcher die Entschädigung geleistet hat, in Ansehung des Entschädigungsanspruches oder Ersatzanspruches sowie der laufenden und aus den letzten zwei Jahren rückständigen Zinsen das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke gewährt und der Rang dieses Rechtes festgestellt ist. Man hatte erwogen: Die Ablösung auf dem Gebiete des Agrarrechtes habe sich in verschiedener Weise vollzogen. Neben der Abfindung des Berechtigten durch Zuweisung von Renten sei mehrfach der W e g betreten worden, daß der Berechtigte eine kapitalisirte Entschädigungssumme, welche in Terminen zu zahlen und verzinslich sei, zugebilligt erhalten habe und daß dieser Entschädigungsanspruch bezw. wenn ein Dritter die Entschädigung geleistet habe, dessen Ersatzanspruch durch ein mehr oder minder bevorzugtes Pfandrecht am entlasteten Grundstücke gesichert worden sei. In Baden insbesondere, wo diese Gestaltung überwiegend Platz gegriffen habe, sei dem Entschädigungsberechtigten bezw. dem Dritten eine privilegirte Hypothek, im Sinne des französischen Rechtes ein Vorzugsrecht, eingeräumt worden. | Ferner komme hier der § 45 des preuß. Gesetzes über das Grundbuchwesen in | Prot 1 14280 dem Bezirke des Appellationsgerichtes zu Kassel u.s.w. vom 29. Mai 1873 3 in Betracht. Der Art. 41 des Entw. eines Einf.Ges. 4 , welcher für das Gebiet des Agrarrechtes das Landesrecht unbeschränkt in Kauf erhalte, ergebe nun, daß das zu
' Vgl. Art. 3 EGBGB. Als Begründung ist dem metallographierten Antrag beigefügt: „Der Antrag ist für den Fall gestellt, daß § 176 des Entw. eine Fassung erhält, welche die vorgeschlagene Bestimmung nicht deckt." 3 Preuß. G.S. 1873, S. 273 ff. • Vgl. Art. 113, 116 EGBGB. 2
495
Quellen zur Entstehung des ZVG Gunsten eines derartigen Entschädigungs- oder Ersatzanspruches bereits bestehende gesetzliche Pfandrecht in Zukunft, auch ohne Eintragung in das Grundbuch, in Geltung bleibe und daß die Landesgesetze in der Lage seien, bei künftigen Ablösungen solche der Eintragung nicht bedürftige Pfandrechte zu gewähren. Man könne geneigt sein, es hierbei bewenden zu lassen. Allein im Interesse der Durchführung des Grundbuchrechtes auch auf diesem Gebiete liege es, der Landesgesetzgebung die Möglichkeit zu eröffnen, die gesetzlichen Pfandrechte durch ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung bei der Zwangsvollstreckung in das entlastete Grundstück zu ersetzen. Vermieden werde damit auch der Zwiespalt, daß bei einem und demselben Verhältnisse eine verschiedene Gestaltung hinsichtlich der Sicherung Platz greife, je nachdem die Ablösung durch Renten, welche fast überall die Rechte der Steuern hätten, oder durch gestundete Kapitalabfindungen erfolge. Endlich werde erzielt, daß solchen Kapitalabfindungen, je nach Bedürfniß, auch der Vorzug vor den in den zum § 92 bisher beschlossenen Bestimmungen berücksichtigten Rechten eingeräumt werden könne. Einzelheiten anlangend, so empfehle es sich, die Bestimmung für das gesammte Gebiet des Agrarrechtes, in Anlehnung an die Ausdrucksweise des Art. 41 des Entw. eines Einf.Ges. zu treffen, dagegen den in dem Antrage berührten nicht genügend umgrenzten Fall, daß ein Dritter ein Darlehen zur Bewirkung der Entschädigung gegeben habe, bei dieser Ausdehnung geltender Rechte zu | Prot 1 14281 über-1 gehen. 3. Die für die Beschlußfassung über die Nr. 6 bis 8 des § 92 präjudizielle Frage, ob das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke in dem Gesetze gesondert von den Vertheilungsvorschriften zu ordnen sei, wurde mit dem Vorbehalte bejaht, die den betreffenden Vorschriften zu gebende Stellung später zu bestimmen. Man hielt die Scheidung der materiell-rechtlichen Vorschriften über die vorzugsweise Befriedigung von den instruktioneilen Weisungen über die Aufstellung des Vertheilungsplanes sowohl im Interesse der Durchsichtigkeit des Gesetzes als auch namentlich deshalb für geboten, weil die ersteren Vorschriften eine über das Vertheilungsverfahren hinausreichende Tragweite hätten, insbesondere auch für die Feststellung des geringsten Gebotes, die Zwangsverwaltung, den Konkurs usw. von Bedeutung seien. Zugleich beschloß man, die sämmtlichen einschlagenden materiell-rechtlichen Vorschriften im Zusammenhange zu berathen und erst dann den Vertheilungsvorschriften näher zu treten.
Planck (Nr 119, 2)
Kurlbaum (Nr 121, 2) | Prot 1 14282
4. Zu dem das Recht des betreibenden Gläubigers auf vorzugsweise Befriedigung betreffenden Antrage V Ziffer 2, Prot. S. 14250, 14251, lag der Unterantrag vor, die vorgeschlagene Bestimmung zu fassen: „Dem Gläubiger, zu dessen Gunsten die Beschlagnahme erfolgt ist, steht ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung vor denjenigen Rechten an dem Grundstücke zu, deren Erwerb gegenüber dem Gläubiger wegen der Beschlagnahme unwirksam ist." Der Hauptantragsteller verbesserte seinen Antrag dahin: „Ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke besteht für den Anspruch des Gläubigers. Der Anspruch geht denjenigen Ansprüchen | und Rechten vor, deren Begründung in Folge der Beschlagnahme gegenüber dem Gläubiger unwirksam ist." Der letztere Antrag fand Annahme. Maßgebend war: Nach den gefaßten Beschlüssen, im Besonderen nach dem Beschlüsse zum §21 des Entwurfes (Prot. S. 13791 — 13796) stehe dem betreibenden Gläubiger hinsichtlich der Befriedigung aus dem Grundstücke ein Vorrang vor denjenigen Ansprüchen und Rechten zu, deren 496
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Begründung in Folge der als Veräußerungsverbot wirkenden Beschlagnahme gegenüber dem Gläubiger unwirksam sei. Dieses Recht auf vorzugsweise Befriedigung habe, gleich den bisher behandelten Vorzugsrechten, eine über das Vertheilungsverfahren hinausgehende Bedeutung und sei daher besonders hervorzuheben. Die Fassung des gebilligten Antrages verdiene als die kürzere und bezeichnendere vor derjenigen des früheren Antrages und des Unterantrages den Vorzug. 5. Soweit die Bestimmungen der Nr. 6 bis 8 des § 92 durch den vorstehenden Beschluß nicht erledigt sind, wurde die Beschlußfassung über dieselben mit Rücksicht darauf, daß das Rangverhältniß der betreffenden Rechte bereits aus den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 840 bis 842) sich ergebe, bis zur Berathung der Vertheilungsvorschriften ausgesetzt. 6. Den § 105 des Entwurfes an dieser Stelle zu erledigen (Antrag I Ziffer 1 Prot. S. 14245), hielt man nicht für geboten. II. Der § 93 des Entwurfes lautet: „Wer auf Grund des § 4 die Löschung eines voreingetragenen Rechtes erwirkt hat, kann verlangen, daß die zur Erreichung dieses Zweckes aufgewendeten Kosten, mit Einschluß der Prozeßkosten, | bis zur Höhe des Betrages, welcher sonst für das Recht bei der Vertheilung des Versteigerungserlöses von Amtswegen anzusetzen wäre, an der Stelle des Rechtes berichtigt werden." Da die in dem Paragraphen in Bezug genommene Bestimmung der Grundbuchordnung als 5 46 einverleibt worden ist, war von dem Referenten beantragt, die Vorschrift nunmehr dahin zu fassen: „Wer nach den Vorschriften des § 46 der Grundbuchordnung die Löschung eines eingetragenen Rechtes zu beantragen berechtigt ist und die Voraussetzungen der Löschung beibringt, kann verlangen (u.s.w. wie im Entw.)." Von anderer Seite war Streichung beantragt. Die Vorschrift wurde gestrichen. Man war der Ansicht: Für eine solche singulare und rein positive Vorschrift fehle es an ausreichenden Gründen, zumal in Frage zu kommen habe, ob die bezeichneten Kosten nicht zu den Kosten der die Befriedigung aus dem Grundstücke bezweckenden Rechtsverfolgung gehörten. Auch die Bestimmung des preuß. Gesetzes (§ 29 Abs. 3), welche als Vorbild gedient habe, sei, ungeachtet ihrer wesentlich engeren Fassung, nicht ohne Anfechtung geblieben. III. Der § 94 des Entwurfes lautet: „Der Anspruch aus einem eingetragenen Rechte umfaßt in nachstehender Reihenfolge: 1. die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstücke bezweckenden Rechtsverfolgung; 2. die laufenden Zinsen oder anderen Leistungen; 3. die aus den beiden letzten Jahren rückständigen Zinsen oder anderen Leistungen; 4. bei Hypotheken und Grundschulden die eingetragene | Summe, bei anderen Rechten das nach dem § 91 zur Befriedigung oder zur Sicherstellung des Anspruches erforderliche Kapital." Beantragt war: 1. in der Nr. 4 die Worte „oder Sicherstellung desselben" zu streichen; 497
ZVG-VE § 93 |ProtI 14283
Johow (Nr 78, 6) Kurlbaum (Nr 121) v. Mandry (Nr 120, II)
ZVG-VE § 94
|ProtI 14284
p)anck
(Nr 114, 3)
Quellen zur Entstehung des ZVG
Kurlbaum (Nr 121, 2)
2. zu bestimmen: „Die in einem und demselben Rechte an dem Grundstücke sich gründenden Ansprüche haben unter einander folgende Rangordnung: 1. der Anspruch wegen der Kosten, 2. der Anspruch wegen laufender wiederkehrender Leistungen, 3. der Anspruch wegen der aus den letzten zwei Jahren rückständigen wiederkehrenden Leistungen, 4. der Hauptanspruch. Der Anspruch wegen älterer Rückstände wiederkehrender Leistungen hat den Rang erst nach allen anderen aus dem Grundstücke zu befriedigenden Ansprüchen, mehrere solche Ansprüche nach Maßgabe des dem Hauptrechte zustehenden Ranu ges.
Die Berathung ergab: 1. Der Eingang der Vorschrift wird in der Fassung des Antrages 2 angenommen. Der Entwurf, welcher nur eingetragene Rechte berücksichtigt, ist zu eng. Außerdem „umfaßt" der Anspruch aus einem Rechte der fraglichen Art noch mehr, als hier in Betracht kommt, nämlich auch die über die letzten zwei Jahre sich hinauserstreckenden Rückstände. Die aufgeworfene Frage, ob es einwandsfrei sei, von Ansprüchen in der Mehrheit zu reden, da es sich auch um einen einheitlichen An|ProtI 14285 spruch handeln könne, wurde nicht weiter verfolgt, da | Mißverständnisse in dieser Hinsicht nicht zu besorgen seien. 2. Die N° 1 soll in Berücksichtigung des Beschlusses Prot. S. 14154 dahin gefaßt werden: Der Anspruch wegen der Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstücke bezweckenden Rechtsverfolgung mit Einschluß der Kosten der Anordnung des Verfahrens oder der Zulassung des Beitrittes zu demselben. Man erkannte an, daß im Hinblick auf den Entw. des B.G.B. (§§ 1066, 1136) und bisher gefaßte Beschlüsse es genügen möge, mit dem Antrage 2 lediglich der Kosten zu gedenken, erachtete es aber im Interesse der Erleichterung der Handhabung des Gesetzes für räthlicher, ausführlicher sich auszudrücken. 3. Die N° 2 — 4 wurden in der Fassung des Antrages 2 angenommen. Die Zusammenfassung der Zinsen und anderen Leistungen in N° 2 und 3 in „wiederkehrende Leistungen" entspricht der bei den Vorschriften über die Fassung des geringsten Gebotes gewählten Redeweise. Im Uebrigen kommt ein zur Sicherstellung des Anspruches erforderliches Kapital (N° 4 des Entw.) nach den bisherigen Beschlüssen nicht in Frage. 4. Auf den Abs. 2 des Antrages unter 2 wurde wegen seines Zusammenhanges mit § 97 des Entwurfs vorerst nicht eingegangen. ZVG-VE IV. Der § 95 des Entw. hat folgenden Wortlaut: §95 „Die laufenden Abgaben, Lasten, Zinsen und anderen Leistungen nehmen ihren |ProtI 14286 Anfang von dem letzten Fälligkeitstermine vor der Be-| schlagnahme des Grundstückes, welche bei Anordnung der Zwangsversteigerung oder bei einer damals schwebenden Zwangsverwaltung erfolgt ist. Die Rückstände werden von demselben Zeitpunkte zurückgerechnet. Liegt innerhalb der beiden letzten Jahre kein Fälligkeitstermin, so wird der Anfang der laufenden und der rückständigen Beträge durch die Zeit der Beschlagnahme bestimmt." 498
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1888-30. 3. 1889)
Beantragt war zu bestimmen: „Die laufenden Abgaben und Lasten sowie die laufenden wiederkehrenden Lei- Kurlbaum stungen nehmen ihren Anfang von dem letzten Fälligkeitstermine vor der ersten Be- (Nr 121,2) schlagnahme des Grundstückes. Die Rückstände pp. Liegt innerhalb pp. Ist das Grundstück, bevor die Beschlagnahme im Verfahren der Zwangsversteigerung erfolgte, in einem bis zu dieser Beschlagnahme fortgesetzten Verfahren der Zwangsverwaltung in Beschlag genommen, so ist die letztere Beschlagnahme die maßgebende." 5 Die Vorschrift wurde absatzweise berathen. 1. Zu Abs. 1 Satz 1 fand der Abs. 1 Satz 1 des Antrages Annahme. Man hielt es für richtiger, den Fall der Zwangsverwaltung mit dem Antrage in einem besonderen Absätze zu behandeln und schlechthin von dem letzten Fälligkeitstermine vor der ersten Beschlagnahme zu reden, da diese auch durch einen Beitrittsbeschluß herbeigeführt worden sein könne. In sachlicher Hinsicht bestand Einvernehmen. Zur Erläuterung der Wiederholung des Wortes „laufende" vor „wiederkehrende Leistungen" wurde bemerkt, daß die vorher | erwähnten laufenden Lasten nicht nothwen- | Prot 1 14287 dig wiederkehrende seien. Der Abs. 1 Satz 2 des Entw. erfuhr keinen Widerspruch. 2. Der Abs. 2 des Entw. wurde mit der Maßgabe genehmigt, daß der Eingang zu lauten habe: Liegt innerhalb der letzten zwei Jahre u.s.w. Der Einwand, daß gegenüber der Voraussetzung, der Fälligkeitstermin liege jenseits der letzten beiden Jahre, nur von laufenden, nicht von rückständigen Beträgen gesprochen werden dürfe, wurde nicht für zutreffend erachtet. Man war der Meinung: Ausschließlich auf die laufenden Beträge in dem Sinne, daß der wirkliche Fälligkeitstermin entscheide, lasse sich deshalb nicht abstellen, weil solchenfalls in Ermangelung einer Begrenzung derselben im § 94 der Gesammtbetrag zu berücksichtigen sein würde. Es bleibe nichts übrig, als die laufenden Beträge von der Beschlagnahme an zu datiren, woraus von selbst folge, daß die vorher erwachsenen Beträge im Sinne der Vorschrift als rückständig anzusehen seien. 3. Der Abs. 3 des Antrages, welcher sachlich der Intention des Entwurfes entspricht, wurde anstandslos gebilligt.
846. Sitzung vom 11. 1. 1889, Schriftführer: Struckmann | Die Berathung des Entwurfes eines Gesetzes, betreffend die Zwangsvollstrek- | Prot 1 14289 kung in das unbewegliche Vermögen, wurde fortgesetzt. I. In Veranlassung eines bei der Berathung des § 91 des Entwurfes gemachten Vorbehaltes (Prot. S. 14239) war zum § 91 nachträglich folgender Antrag gestellt: im Absatz 3 (wie beschlossen) die Reallasten mit zu erwähnen und sodann (vor- Kurlbaum behaltlich der Theilung des Paragraphen) zuzusetzen: (Nr 121,1) 5
Im metallographierten Antrag heißt es: „so ist der letzte Fälligkeitstermin vor der letzteren Beschlagnahme maßgebend."
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Quellen zur Entstehung des ZVG
„Im Falle einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit oder einer zeitlich beschränkten Reallast ist der Werthersatz durch wiederkehrende Leistung desjenigen Geldbetrages zu gewähren, welcher dem Jahreswerthe der Dienstbarkeit oder der |ProtI 14290 Reallast gleichkommt. Die Leistung muß | für je drei Monate im Voraus erfolgen; der Anspruch auf die im Voraus zu bewirkende Leistung gilt mit Beginn des Zeitraumes als erworben, für welchen im Voraus zu leisten ist. Für den Anspruch ist eine dem Betrage aller künftigen Leistungen ohne Rücksicht auf deren Fälligkeit gleich kommende Summe, jedoch nicht mehr als der fünf und zwanzigfache Betrag der Jahresleistung sicher zu stellen." (Vorbehalten bleibt, den letzten Satz mit der Vorschrift, wie die Berichtigung der einzelnen Leistungen zu bewirken, zu den eigentlichen Theilungsvorschriften zu versetzen.) Der Antrag wurde mit der Maßgabe angenommen, daß in der zum § 91 Abs. 3 des Entwurfes beschlossenen Vorschrift (Prot. S. 14238, 14239) die Reallasten hinter den beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten erwähnt werden sollen („ einer Grunddienstbarkeit, einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit oder einer Reallast ") und der vorgeschlagene Zusatz dahin lauten soll: Für eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit oder eine Reallast von unbestimmter Dauer ist der Werthersatz durch wiederkehrende Leistung desjenigen Geldbetrages zu gewähren, welcher dem Jahreswerthe der Dienstbarkeit oder der Reallast gleichkommt. Die Leistung muß für je drei Monate im Voraus erfolgen; der Anspruch auf die im Voraus zu bewirkende Leistung gilt mit Beginn der Frist | Prot 1 14291 als erworben, für welche im Voraus zu leisten ist. Für den Anspruch ist eine | dem Betrage aller künftigen Leistungen ohne Rücksicht auf deren Fälligkeit gleichkommende Summe, jedoch nicht mehr als der fünfundzwanzigfache Betrag der Jahresleistung sicher zu stellen. Die Stellung des letzten Satzes blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Ferner wurde anheimgegeben, bei der Redaktion zu prüfen, ob es sich nicht empfehle, die Fassung des zweiten Satzes thunlichst der Fassung des § 661 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches1 anzuschließen. Im Uebrigen war erwogen: Die Vervollständigung der zum § 91 Abs. 3 beschlossenen Vorschrift durch die Erwähnung der Reallasten entspreche den Gründen, auf welchen jene Vorschrift beruhe. Im Anschlüsse an den §32 des preußischen Gesetzes vom 13. Juli 1883 (vergl. auch bayr. Ges. v. 23. Febr. 1879 Art. 115) empfehle es sich aber, das Prinzip des § 91 Abs. 3 in Ansehung einer Reallast von unbestimmter Dauer in der Art zu durchbrechen, daß dem Berechtigten der Werthersatz nicht durch eine Kapitalabfindung, sondern nach Maßgabe des Antrages durch wiederkehrende Leistung desjenigen Geldbetrages gewährt werde, welcher dem Jahreswerthe der Reallast gleichkomme. Wegen der Schwierigkeit und Unsicherheit der Schätzung solcher Reallasten liege eine derartige Regelung nicht nur im Interesse des Berechtigten, sondern insofern auch im Interesse der nachstehenden Gläubiger, als diesen im Falle der Schätzung der Reallast ein zu hohes Kapital dauernd entzogen werden könnte. Unter Umständen könne allerdings eine sofortige Befriedigung der nachstehenden Gläubiger dem Interesse derselben mehr entsprechen; allein, da der Reallastbe|ProtI 14292 rechtigte ihnen im Range vorgehe, so werde | ihnen nicht zu nahe getreten, wenn derselbe in einer Weise befriedigt werde, welche der Natur und dem Zwecke seines i Vgl. § 760 BGB. 500
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Rechtes mehr entspreche, als eine auf unsicheren Grundlagen beruhende Kapitalabfindung. Insbesondere verdienten die Altentheile eine solche Berücksichtigung. In Preußen habe diese Art der Regelung zu Mißständen und zu Klagen wegen Beeinträchtigung der nachstehenden Gläubiger keinen Anlaß gegeben. Auf der Grundlage der hier in Rede stehenden gesetzlichen Vorschrift würden übrigens die Betheiligten nicht selten sich über eine anderweite Regelung einigen, wenn eine solche nach den konkreten Umständen ihrem allseitigen Interesse mehr entspreche. Die vorstehend angeführten Gründe für eine besondere Behandlung der Reallasten träfen jedoch nur bei Reallasten von unbestimmter Dauer zu. In anderen Fällen müsse es auch in Ansehung der Reallasten bei dem Grundsatze der zum § 91 Abs. 3 beschlossenen Vorschrift verbleiben. Dagegen sprächen ähnliche Rücksichten, wie diejenigen, welche für die besondere Behandlung der Reallasten von unbestimmter Dauer maßgebend gewesen seien, dafür, diesen in der hier fraglichen Beziehung die beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten gleichzustellen, zumal die vorzugsweise hier in Betracht kommenden Altentheilsrechte häufig neben Reallasten auch beschränkte persönliche Dienstbarkeiten umfaßten, eine verschiedene Behandlung der einzelnen den Altentheil ausmachenden Rechte aber praktisch nicht durchführbar sein würde. Der zweite Satz der beschlossenen Vorschrift rechtfertige sich durch die Analogie des § 661 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches (vgl. auch § 662 das.) | |ProtI 14293 in Verbindung mit der Erwägung, daß in der großen Mehrzahl der Fälle die hier in Rede stehenden Rechte dem Unterhalte des Berechtigten zu dienen bestimmt seien (Altentheil, Wohnrecht), die Anknüpfung an die dem erloschenen Rechte entsprechenden Fälligkeitstermine aber in vielen Fällen, insbesondere, wenn man die Altentheilsrechte mit ihren verschiedenen Leistungen in's Auge fasse, zu einem praktisch brauchbaren Resultate nicht zu führen vermöge. Der dritte Satz der beschlossenen Vorschrift regele, in wesentlicher Uebereinstimmung mit dem § 32 des preußischen Gesetzes vom 13. Juli 1883, die Art und Weise, wie die Befriedigung des Berechtigten wegen der ihm nach Maßgabe des ersten Satzes gebührenden Jahresleistungen bewirkt werden solle. Da nach dem Prinzipe des § 91 Abs. 1 der Erlös in Ansehung der durch die Versteigerung erlöschenden Rechte an die Stelle des Grundstückes trete, so liege es am nächsten und entspreche es jenem Prinzipe am meisten, wenn die einzelnen Leistungen aus dem Erlöse berichtigt würden und zu dem Zwecke ein entsprechender Betrag des Erlöses sichergestellt werde, dessen Zinsen ausreichten, um die Jahresleistungen zu decken. Reiche der Erlös dazu nicht aus, erleide mithin das erforderliche Deckungskapital einen Ausfall, so könne gleichwohl der Berechtigte die volle Jahresleistung aus dem Kapitale und dessen Zinsen bis zur vollständigen Erschöpfung des Kapitales verlangen. Den nachstehenden Gläubigern stehe in dieser Hinsicht ein Widerspruchsrecht nicht zu, da sie vor der völligen Befriedigung der ihnen vorgehenden Rechte keinen Anspruch auf Befriedigung aus dem Erlöse hätten. Wollte man nach Analogie der zum § 9 1 Abs. 2 des Entwurfes f ü r den Nießbrauch beschlossenen Vorschrift (Prot. S. 14237) | dem Berechtigten den Nießbrauch an einem Kapitale gewähren, dessen | Prot 1 14294 Zinsen dem Betrage der einzelnen Jahresleistung gleichkämen, so würde in Ermangelung eines zu diesem Zwecke ausreichenden Erlöses der Berechtigte umgekehrt niemals eine Ergänzung aus dem Kapitale bis zur vollen H ö h e der einzelnen Jahresleistung verlangen können, sondern die Substanz des Kapitales nach dem Wegfalle des Nießbrauches den nachstehenden Gläubigern zu Gute kommen. Ein solches Resultat enthalte jedoch eine ungerechtfertigte Benachtheiligung der Rechte des im 501
Quellen zur Entstehung des ZVG Range vorgehenden Reallastberechtigten. Die Reallast könne in dieser Hinsicht dem Nießbrauche nicht gleichgestellt werden, da sie nicht, wie der Nießbrauch, nur die Nutzungen, sondern auch die Substanz des belasteten Grundstückes ergreife und den Werth des ganzen Grundstückes möglicherweise absorbiren könne. Anders liege allerdings die Sache bei den beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten. Insoweit würde es an sich vielleicht richtiger sein, dieselben nach der Analogie des Nießbrauches in der hier fraglichen Hinsicht zu behandeln. Allein Gründe praktischer Zweckmäßigkeit, insbesondere die Rücksicht auf die Altentheilsrechte, welche regelmäßig aus Reallasten und beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zusammengesetzt seien, sprächen dagegen, in Ansehung der Reallasten von unbestimmter Dauer und der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten hier eine verschiedene Behandlung eintreten zu lassen. Anlangend die Berechnung des Deckungskapitals, so schließe sich die Vorschrift des dritten Satzes auch insoweit im Wesentlichen an das preußische Recht an. Die Sicherstellung des fünf und zwanzigfachen Betrages der Jahresleistung sei unter al| Prot 1 14295 len Umstän-1 den als ausreichend zu erachten, um die einzelnen Leistungen zu dekken. Kurlbaum (Nr 121, 2)
II. Zum § 92 des Entwurfes war noch folgender Antrag eingebracht: die das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke betreffenden Vorschriften, wie folgt zu fassen: a) „Ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke besteht für den Anspruch desjenigen, welcher (wie beschlossen zu § 92 Nr. 1; Prot. S. 14252 mit S. 14249, 14250). Der Anspruch geht allen anderen Ansprüchen und Rechten vor."
b) „Ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke besteht für die Ansprüche wegen öffentlicher Abgaben und Lasten des Grundstückes. Die Ansprüche wegen laufender oder aus den letzten zwei Jahren rückständiger Beträge gehen allen anderen Ansprüchen und Rechten mit Ausnahme des in § a bezeichneten Anspruches vor, die Ansprüche wegen älterer Rückstände nur den Ansprüchen wegen der gleichen Rückstände wiederkehrender Leistungen, welche sich in einem anderen Rechte gründen. Welche Abgaben und Lasten " (wie beschlossen zu § 92 Nr. 2, 4, 5; Prot. S. 14258). c) „Ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke besteht " (wie beschlossen zu § 92, Nr. 7; Prot. S. 14282 mit 14281). | Prot 1 14296 d) Der zu $ 92 Nr. 3, Prot. S. 14256 beschlösse-1 ne Vorbehalt für Liedlohn. e) „Die in den §§ a bis d bezeichneten Rechte auf vorzugsweise Befriedigung bestehen auch für den Anspruch wegen der Kosten der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung. Dieser Anspruch geht dem Hauptanspruche vor." Die unter a bis d vorgeschlagenen Bestimmungen mit Ausnahme der Bestimmung unter b Abs. 2, soweit dieselbe auf die älteren Rückstände sich bezieht, sind bei der Berathung des § 92 des Entwurfes sachlich bereits beschlossen (Prot. 14252ff., 14281, 14282). Man verständigte sich dahin, den Antrag unter b Abs. 2, soweit derselbe sich auf die älteren Rückstände bezieht, bei der Berathung des § 97 des Entwurfes zu erledigen, im Uebrigen aber die unter a bis d vorgeschlagenen Fassungen der Redaktion zur Prüfung zu überweisen. Anlangend sodann die unter 502
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
e vorgeschlagene Bestimmung, so fand dieselbe f ü r alle zum § 92 des Entwurfes beschlossenen bezw. zugelassenen Rechte auf vorzugsweise Befriedigung (Prot. S. 14252ff., 14281, 14282) die Zustimmung der Kommission und soll demgemäß der Eingang der Bestimmung lauten: Die Rechte auf vorzugsweise Befriedigung bestehen Man überzeugte sich, daß, wie die Hypothek (§ 1066 des Entwurfes des B.G.B.) so auch das Recht auf vorzugsweise Befriedigung sich seinem Zwecke entsprechend auch auf die Kosten der die Befriedigung aus dem Grundstücke bezweckenden Rechtsverfolgung erstrecken, der Anspruch wegen dieser Kosten aber, in Uebereinstimmung mit den zum § 94 des Entwurfes gefaßten Beschlüssen (Prot. S. 14284, 14285) dem Hauptanspruche vorgehen müsse. Eine besondere Er-1 wähnung der | Prot 1 14297 Zinsen hielt man nicht f ü r erforderlich. D a das Vorzugsrecht in den zu § 92 beschlossenen Fällen f ü r den ganzen Anspruch gewährt bezw. zugelassen sei, so verstehe es sich von selbst, daß dasselbe auch die etwaigen Erweiterungen des Anspruches durch Zinsen mitumfasse. Ein Bedürfniß aber, wie in den Fällen des § 94, so auch hier zu bestimmen, daß der Anspruch wegen der Zinsen dem Hauptanspruche vorgehe, liege nicht vor. III. Beantragt war ferner, als § 95 a. folgende Vorschrift zu beschließen: „Zu den wiederkehrenden Leistungen im Sinne dieses Gesetzes gehören die H y pothekenzinsen und Grundschuldzinsen mit Einschluß der zur allmählichen Berichtigung der Hypothekenforderung oder Grundschuld bestimmten Beträge." (Vgl. Prot. S. 13970).
Kurlbaum 121 2 >)
Der Antrag wurde in folgender Fassung angenommen: Zu den wiederkehrenden Leistungen im Sinne dieses Gesetzes gehören auch die mit den Hypothekenzinsen und Grundschuldzinsen zur allmählichen Berichtigung der Hypothekenforderung oder Grundschuld zu zahlenden Beträge. Die Gründe des Beschlusses waren: Die beschlossene Vorschrift empfehle sich zur Abschneidung des sonst nicht ausgeschlossenen Zweifels, ob in den hier in Rede stehenden Fällen derjenige Theil der Leistung, welcher als Zuschlag zu den Zinsen zur allmählichen Berichtigung des Kapitals gezahlt werde (sogen. Amortisationsquoten), als wiederkehren-1 de Lei- | Prot 1 14298 stung im Sinne dieses Gesetzes aufzufassen sei. Von dem praktischen Standpunkte aus müsse die Frage jedenfalls bejaht werden, da eine Scheidung der Zinsen und der Amortisationsquote die praktische Handhabung des Gesetzes sehr erschweren würde. Daß die beschlossene Vorschrift sich nur auf die sogen. Amortisationsquoten, nicht aber auf sonstige Theilzahlungen des Kapitales (Terminzahlungen, Zieler) beziehe, lasse die gewählte Fassung mit genügender Deutlichkeit erkennen. Die beschlossene Vorschrift stehe im Einklänge mit derjenigen Auffassung, von welcher die Kommission auch bei der Berathung des § 157 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches 2 ausgegangen sei (Prot. S. 331; Motive zu dem Entwürfe des B.G.B., Bd. I S. 306). Da man es damals nicht f ü r nöthig erachtet habe, dieses Auffassung im B.G.B, besonders zum Ausdrucke zu bringen, so könne es zweifelhaft sein, ob es nicht angemessener sein würde, auch hier von einer ausdrücklichen Klarstellung des Ausdruckes „wiederkehrende Leistung" in der bezeichneten Richtung abzusehen und darauf zu vertrauen, daß Wissenschaft und Praxis von selbst dahin gelangen würden, jenen Ausdruck in einem der beschlossenen Vorschrift entsprechenden 2 Vgl. § 197 BGB.
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Quellen zur Entstehung des ZVG Sinne auszulegen. Auch die bestehenden Rechte, insbesondere die preußische Gesetzgebung, hätten eine ausdrückliche Vorschrift in dieser Hinsicht nicht für erforderlich gehalten (vgl. Jäckel, 2. Aufl. S. 181 3 ). Mit Rücksicht auf die große praktische Wichtigkeit der Frage für das zur Berathung stehende Gesetz, insbesondere f ü r die Zwangsverwaltung, verdiene es jedoch den Vorzug, die Frage im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes hier ausdrücklich zu entscheiden. D a ß eine solche | Prot 1 14299 Verdeutlichung an dieser Stelle eine Verdunkelung der Vorschriften | des Bürgerlichen Gesetzbuches mit sich bringen und zu einem unrichtigen argumentum e contrario Anlaß geben könne, sei nicht zu besorgen. ZVG-VE IV. Die Berathung wandte sich darauf dem § 96 des Entwurfes zu, welcher lau§96 tet: „Die Befriedigung der in den §§ 92, 93 bezeichneten Ansprüche erfolgt durch Baarzahlung, soweit nicht aus den Versteigerungsbedingungen und aus dem § 91 ein Anderes sich ergiebt. Die Befriedigung eines Anspruches wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß derselbe noch nicht fällig ist. Für ein unverzinsliches Kapital kann jedoch nur der Betrag verlangt werden, welcher mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen f ü r die Zeit von dem Vertheilungstermine bis zur Fälligkeit dem vollen Betrage des Anspruches gleichkommt." Dazu lagen folgende Anträge vor: Planck (Nr 114, 4) Kurlbaum (Nr 122, 2)
1. den § 96 Abs. 1 zu streichen und den Abs. 2 vor § 93 zu setzen:
2. den § 96 Abs. 2, vorbehaltlich der Stellung, zu fassen: „Die noch nicht fälligen Ansprüche werden bei der Vertheilung wie fällige behandelt; der Berechtigte kann die Annahme der Zahlung nicht verweigern. Für einen unverzinslichen Betrag kann jedoch " (wie im Entwürfe). Der Antrag unter 1, soweit derselbe auf die Stellung des § 96 Abs. 2 sich bezieht, | Prot 1 14300 wurde zurück- | gezogen. Das Ergebniß der Berathung war die Streichung des Abs. 1 und die Annahme des Abs. 2 des § 96 in der Fassung des Antrages unter 2, jedoch unter Weglassung der Worte „der Berechtigte kann die Annahme der Zahlung nicht verweigern". Die Stellung der Vorschrift blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Zugleich wurde anheimgegeben, bei der Redaktion die Fassung der §§ 232 4 , 1073 Satz 2 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzes zu berücksichtigen. Anlangend die Streichung des § 96 Abs. 1, so herrschte Einvernehmen, daß die Vorschrift im Hinblick auf die zum § 44 Abs. 1 des Entwurfes beschlossene Bestimmung (Prot. S. 13918, 13921) sowie auf die noch zu beschließenden Vorschriften über die Vertheilung des Erlöses (vgl. §§ 113, 114 des Entw.) entbehrlich seien. Abs. 2 des § 96 wurde sachlich aus den Gründen der Motive S. 141 ff. gebilligt. In Ansehung der Fassung gab man aber dem Antrage unter 2 den Vorzug, namentlich weil derselbe klarer zum Ausdruck bringe, daß es sich lediglich um eine die Vertheilung betreffende Vorschrift handele. Den Zusatz in dem Antrage „der Berechtigte kann nicht verweigern" hielt man f ü r selbstverständlich, da der 3
Gemeint ist das Werk von Jäckel: Die Zwangsvollstreckung in Immobilien, mit einem ausführlichen Kommentar, Berlin 1890. •Vgl. §272 BGB. 504
III. Protokolle der 1. Kommission (8. 1 0 . - 1 9 . 10. 1888; 22. 10. 1 8 8 8 - 3 0 . 3. 1889)
Inhalt desselben aus dem Begriffe der Fälligkeit sich ergebe (vgl. § 231 des Entw. des B.G.B. 5 ). V. Der § 97 des Entwurfes lautet: „Aus dem Theile des Versteigerungserlöses, welcher zur Deckung der in den §§92 bis 96 bezeichneten Ansprüche nicht er-1 forderlich ist, werden die älteren Rückstände an Lasten, Abgaben, Zinsen und anderen wiederkehrenden Leistungen in der nach den Vorschriften des § 92 Nr. 2, 4 bis 7 zu bestimmenden Reihenfolge berichtigt." Der Erledigung bei der Berathung des § 97 waren vorbehalten der zweite Absatz des zum § 94 des Entwurfes gestellten Prot. S. 14284 mitgetheilten Antrages sowie der oben unter II, b Abs. 2, S. 14295 mitgetheilte Antrag, soweit derselbe auf die älteren Rückstände sich bezieht. Die beiden Anträge, der letztere in der bezeichneten Richtung, fanden sachlich die Zustimmung der Kommission (vgl. die Motive des Entw. S. 143). Dieselben unterscheiden sich von dem § 97 sachlich nur insofern, als der Antrag unter II, b Absatz 2 klarstellt, daß das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Grundstücke für die Ansprüche wegen öffentlicher Abgaben und Lasten des Grundstückes auch die älteren Rückstände umfaßt, mithin auch insoweit gegenüber dem Konkurs ein Recht auf abgesonderte Befriedigung (§ 39 der Konk.O.) begründet. Der Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob nicht in dem angenommenen zweiten Absatz des zum § 94 gestellten Antrag hinter den Worten „mehrere solche Ansprüche" die Worte „haben den Rang" einzuschalten seien. Im Anschlüsse an den zum § 92 des Entw. beschlossenen Vorbehalt für die Landesgesetzgebung, betr. das Recht auf vorzugsweise Befriedigung für Entschädigungsansprüche u.s.w. im Falle der Aufhebung oder Ablösung von Rechten an einem Grund- | stücke (Prot. S. 14297), wurde ferner sachlich beschlossen, daß das bezeichnete Vorzugsrecht sich auch auf die älteren Rückstände beziehen solle.
2VG-VE § 97 | Prot 1 14301
|ProtI 14302
VI. Der § 98 des Entw., dessen Wortlaut dahin geht: ZVG-VE „Ansprüche von gleichem Range werden, wenn zu ihrer vollständigen Befriedi-