125 107 19MB
German Pages 174 Year 1976
Eberhard Smilken I Die Befriedigungsverfügung
Schriften zum Prozessrecht
Band43
Die Befriedigungsverfügung Zulheigkeit und Stellung im Syetem dee eiuetweiligen Rechteeehotzee
Von
Dr. Eberhard Schilken
DUNCKER & HUMBLOT I
BERLIN
Alle Rechte vorbehalten
C 1976 Duncker & Hwnblot, Berlln 41
Gedruckt 1978 bel Buchdruckerei Bruno Luck, Berlln 65 Prtnted in Germany ISBN 3 428 03558 9
Vorwort Die vorliegende Abhandlung ist im Sommersemester 1975 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn als Dissertation angenommen worden. Das Manuskript wurde im September 1974 abgeschlossen; Rechtsprechung und Schrüttum konnten bis Mai 1975 nachträglich berücksichtigt werden. Die Anregung zum Thema erhielt ich von meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Hans Friedhelm Gaul, dem ich für seine umfassende Förderung herzlich danken möchte. Herrn Professor Dr. Walter Gerhardt schulde ich Dank für seine zur Veröffentlichung der Arbeit gewährte Unterstützung. Herrn Senator Dr. J. Broermann danke ich für die Aufnahme in die "Schriften zum Prozeßrecht". Bonn, im August 1975 Eberhard Schilken
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
Erster Teil DIE ZULÄSSIGKElT VON BEFRIEDIGUNGSVERFÜGUNGEN 1. Kapitet
Gesetzlldle Regelungen oder Gewohnheltsredlt als eindeutige Redl&sgrundlagen? A. Die problematischen Fallgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
B. Die gesetzliche Regelung der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 I. § 935 ZPO .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 II. § 940 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 25 III. § 938 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 C. Einige sondergesetzlich geregelte Befriedigungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . .
27
D. Befriedigungsverfügungen kraft Gewohnheitsrechts? . . . . . . . . . . . . . . . .
28
2. Kapitet
Krltlsdler Vberbllc:k über Redltspredlung und Sdlrifttum sowie Reformbestrebungen im Zusammenhang mit der Zulässigkelt von Befriedigungsverfügungen A.
.......... ................. . ............ .... ........ I. Beginn der Entwicklung durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Weiterentwicklung durch die Instanzgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stellungnahmen des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ablehnung von Befriedigungsverfügungen in einigen Entscheidungen ............ . .... . ............. . . . .............. .. ...... V. Uneinheitlichkeit der befürwortenden Rechtsprechung . . . . . . . . . .
Rechtspredn~ng
30 30 33 35 36 37
B. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 I. Kritische Stimmen zur Zulässigkelt von Befriedigungsverfügungen 40 II. Uneinheitlichkeit der befürwortenden Stellungnahmen . . . . . . . . . . 43
8
Inhaltsverzeichnis
C. Einschlägige Reformen und Reformbestrebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 I. Der "Entwurf 1931" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 II. Die Bestimmung des § 641 d ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
III. Der "Entwurf 1972" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
3. Kapitel
Die Rechtsgrundlage der Befriedlgungsverfllgung A. Die Zulässigkelt der Befriedigungsverfügung nur als Problem der
Einzelausgestaltung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
I. Begründung dieser Auffassung im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
II. Das Verfügungsverfahren als Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Die Auffassung Hartwig Rohmeyers: Sicherungs- und Regelungsverfügungals Verwaltung ...... .. . . . .... . ....... ·. . ..... 52 2. Die Auffassung A. Btomeyers: Einstweiliger Rechtsschutz als gesondert geregeltes Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit 58 III. Die Zulässigkelt von Befriedigungsverfügungen als Problem der generellen Möglichkeiten einstweiligen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . 63 B. § 935 ZPO als Rechtsgrundlage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
C. § 940 ZPO als Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
I. Wörtliche Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
II. Auslegung unter Anwendung der teleologischen Methode . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich des § 940 ZPO nach der Vorstellung des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Entwurfsbegründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Begründung zu § 938 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Begründung zu §§ 935, 940 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Begrfindung zu den Bestimmungen des Norddeutschen Entwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestätigung durch die partikularen Prozeßordnungen und Entwürfe sowie das Refere-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die badische Prozeßordnung von 1864 . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die bayerische Prozeßordnung von 1869 . . . . . . . . . . . . . . cc) Die hannöversche Prozeßordnung von 1850 . . . . . . . . . . dd) Die württembergische Prozeßordnung von 1868 . . . . . . . . ee) Der preußische und der hannöversche Entwurf von 1864 bzw. 1866 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Das französische Refere-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72 73 73 73 74 75 82 84 85 85 86 86 87 88 89
Inhaltsverzeichnis 2. Ausweitung der historischen restriktiven Interpretation des § 940 ZPO auf alle Befriedigungsfälle, insbesondere in den gesetzlichen Neuregelungen und Entwürfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) §§ 627 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 1615 o BGB bzw. 1716 BGB a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der "Entwurf 1931" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) §641d ZPO ...................................... .. ...... e) Der "Entwurf 1972" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtfertigung des Bedeutungswandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hintergründe für die historische Begrenzung und Möglichkeit erweiternder Auslegung .. .. .. . . .. . .. . .. .. . .. . .. .. .. .. b) Obereinstimmung der erweiternden Auslegung mit der den Regelungen des einstweiligen Rechtsschutzes zugrunde~ liegenden Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufgaben der Zivilrechtspflege im Hinblick auf den einstweiligen Rechtsschutz ....................... . .... bb) Spezielle Aufgaben der verschiedenen Bestimmungen des einstweiligen Rechtsschutzes nach dem 8. Buch der ZPO ................................................. cc) ErmiWung eines gemeinsamen Grundgedankens dieser Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Absicherung des gewonnenen Ergebnisses durch die historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Rechtfertigung der Ausweitung anband des ermittelten Prinzips unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber bereits anerkannten Befriedigungsfälle ......... ... .. , .
9
90 91 92 94 94 95 95 97 99 101 104 106 108 112
D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Zweiter Teil DIE VERSCHIEDENEN FALLGESTALTUNGEN DER BEFRIEDIGUNGSVERFüGUNG IN SYSTEM UND EINZELVORAUSSETZUNGEN 1. Kapitel
Systemaüsierunc der Maßnahmen des eins&weillgen Redlbsdlu&zes A. Unmöglichkeit oder Unfruchtbarkeit einer Gruppierung? . . . . . . . . . . . . 115
B. Das Konzept Leipolds: "Vorausprüfende" und "offenlassende" Eilmaßnahmen? ..... ........ ........ . ......... . ...................... 116 C. Gruppierung anband der in der ZPO gewählten Unterscheidung
122
I. Abgrenzung gegenüber ähnlichen Gruppierungsvorschlägen
122
10
Inhaltsverzeichnis 11. Relevanz der Unterscheidung Sicherungsverfügung ~ Regelungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen für den Erlaß einer Sicherungsverfügung ... . 2. Voraussetzungen für den Erlaß einer Regelungsverfügung ... . 3. Anforderungen an die Glaubhaftmachung und Notwendigkeit mündlicher Verhandlung ............. . ................ . . . ...
124 124 127 132
111. Weitere Unterteilung der Regelungsverfügung? ............ . ..... 133 Z. Kapitel
Die versdüedenen FallgestaUungen der Befriedigungsverfügungen - Konkretisierung und Besonderheiten bei der Beurteilung ihrer Zulässigkelt A. Befriedigungsverfügungen bei Gestaltungsklagerechten . . . . . . . . . . . . . . 135 B. Befriedigungsverfügungen durch Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Geldzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Voraussetzungen der Notwendigkeit . . ... .... . ........... ... .. 139 2. Umfang, Beginn und Dauer der Geldzahlungen ......... . .... 143 11. Herausgabe von Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 1. Herausgabe zum Gebrauch . . ......... . ................... . .. 146 2. Herausgabe zum Ver brauch ...... .. .. .... ... ... ..... ... .. .. .. 147 111. Vomahme von Handlungen .... . .. . ... . .. ...... ... .. .. . ... . .... 1. Vertretbare Handlungen .......... .... .................... . . 2. Unvertretbare Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Insbesondere: Widerruf ... . .... . . .. .................. ... . b) Insbesondere: Auskunftserteilung und Rechnungslegung . .
147 147 149 150 152
IV. Abgabe einer Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 V. Unterlassung einschließlich Duldung . ..... . . . ...... . . . .. .. .... . . 154 Dritter Teil AUSBLICK AUF DAS KONFTIGE RECHT
158
Zusammenfassung der widltigsien Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Literaturverzeldlnis . . .......... . ............ . .. . . ... ..... . . .. . . .. . ... . 162
Abkürzungsverzeichnis a.A.
a.a.O. abl. AcP
a.F.
AG Allg.M.
Anm.
AP ArbG
ARSt
Art., art. AT BadPO 1831
BayOberstGHE BayPO 1869 BayRpfiZ BB Bd. BGB BGH BGHZ BSHG BT-Drucksache BVerfG BVerfGE bzw. c.p.c. CPO
DAR DAVorm DB d.h. DNotz
DÖV
DRiZ DRspr E
EheG
anderer Ansicht am angegebenen Ort ablehnend Archiv für die civilistische Praxis alte Fassung Amtsgericht Allgemeine Meinung Anmerkung Arbeitsrechtliche Praxis Arbeitsgericht Arbeitsredlt in Stichworten. Arbeitsrechtliche Entscheidungssammlung Artikel, article Allgemeiner Teil Proceß-Ordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für das Großherzogtum Baden von 1831 Sammlung von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für Bayern in Gegenständen des Civilrechtes und Civilprozesses Civilprozeßordnung für das Königreich Bayern von 1869 Zeitschritt für Rechtspß.ege in Bayern Der Betriebs-Berater Band Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshot Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundessozialhilfegesetz Drucksachen des Deutschen Bundestages Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise code de procec:Iure civile Civilprozeßordnung Deutsches Autorecht Der Amtsvormund Der Betrieb das heißt Zeitschritt des Deutschen Notarvereins Die Öffentliche Verwaltung Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtsprechung. Entscheidungssammlung und Aufsatzhinweise Entwurf Ehegesetz
12 EheVO 1938 EisenbVerkRZ EJuF
1.Entwurf 2.Entwurf
3.Entwurf f., ff. FamRZ Fn. GebrauchsmusterG GG GruchBeitr
Grundz. GRUR HannPo 1847 HannPO 1850 HansOLG HEZ HGB HRR insb. i. S.d. i.V.m.
JMBINRW
JR
JurA JuS JW JZ KG LAG LG LZ
MDR
MSchG MuW m.w.Nachw. Nachw. NdsRpft NJW Nr.
Abkürzungsverzeichnis Eheverordnung vom 27. VII. 1938 (RGBl I S. 923) Eisenbahn- und verkehrsrechtliche Entscheidungen und Abhandlungen Entscheidungen aus dem Jugend- und Familienrecht Entwurf einer Deutschen Civilprozeßordnung nebst Begründung. Im Königlich Preußischen Justiz-Ministerium bearbeitet. Berlin 1871 Entwurf einer Deutschen Civilprozeßordnung nebst dem Entwurfe eines Einführungsgesetzes. Berlin 1872 Entwurf einer Civil-Prozeß-Ordnung für das Deutsche Reich. Mit Motiven und Anlagen. Dritte Ausgabe, Berlin 1874 folgende Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht. Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fußnote Gebrauchsmustergesetz Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gruchot Grundzüge Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Allgemeine bürgerliche Proceß-Ordnung für das Königreich Hannover von 1847 Bürgerliche Proceßordnung für das Königreich Hannover von 1850 Hanseatisches Oberlandesgericht Höchstrichterliche Entscheidungen. Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und der Obersten Gerichte in Zivilsachen Handelsgesetzbuch Höchstrichterliche Rechtsprechung insbesondere im Sinne des, im Sinne der in Verbindung mit Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Juristische Rundschau Juristische Analysen Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kammergericht Landesarbeitsgericht Landgericht Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Monatsschrift für Deutsches Recht Mieterschutzgesetz in der Fassung vom 15. 12. 1942 Markenschutz und Wettbewerb mit weiteren Nachweisen Nachweise Niedersächsische Rechtspflege Neue Juristische Wochenschrift Nummer
Abkürzungsverzeichnis OHG OLG OLGRspr OLGZ OVG PatG Protokolle
Protokolle Nordd. Entwurf RdK RdL Recht RG RGRK
RGZ Rn. Rptl
s. s.
SaarlRuStz SächsArch
SC.
SchlHAnz seq. SeuffA SGG s.o. Sp. StJ Ufita UrhG UWG V.
VersR VerwArch VGH
vgL
Vorb. VwGO
13
Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts, herausgegeben von Mugdan und Falkmann Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Oberverwaltungsgericht Patentgesetz Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Im Auftrag des Reichs-Justizamts bearbeitet von Achilles, Gebhard und Spahn. Band IV, Familienrecht Berlin 1897 Protokolle der Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs einer Civilprozeßordnung für die Staaten des Norddeutschen Bundes, Bd. 3 (184. - 254. Sitzung). Berlin 1869 Das Recht des Kraftfahrers Recht der Landwirtschaft Das Recht Reichsgericht Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes, herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern, 10. und 11. Auflage, IV. Bd., 2. Teil. Berlin 1964 Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer Der deutsche Rechtsptleger Seite siehe Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift Sächsisches Archiv für Rechtspflege scilicet = nämlich Schleswig-Holsteinische Anzeigen sequents = folgende Seufferts Archiv für Entscheidungen der Obersten Gerichte in den deutschen Staaten Sozialgerichtsgesetz siehe oben Spalte Stein I Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 19. Aufl. Tübingen 1964 ff. Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von Versicherungsrecht Verwaltungsarchiv Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vorbemerkung Verwaltungsgerichtsordnung
14 WamR
WM w . Nachw. WoM Wowi WRP WuW z.B. ZblJugR ZHR Ziff. ZMR
ZPO ZRP
zust. ZZP
Abkürzungsverzeichnis Rechtsprechung des Reichsgerichts, herausgegeben von Wameyer Wertpapier-Mitteilungen weitere Nachweise Wohnungswirtschaftliche Informationen. Mitteilungen für die gemeinnützige Wohnungswirtschaft Deutsche Wohnungswirtschaft Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschaft und Wettbewerb zum Beispiel Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht Ziffer Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik zustimmend Zeitschrift für (deutschen) Zivilprozen
Einleitung Die Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gewinnen in der Praxis immer mehr an Bedeutung1, ohne daß die gesetzlichen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung dieser Entwicklung eine erkennbar gesicherte Basis bieten könnten. Erst in den letzten Jahren setzen verstärkt rechtswissenschaftliche Bemühungen ein, diesen Bereich zu durchleuchten und stärker zu konstruieren1 • Namentlich die einstweilige Verfügung hat sich aber seit langem im Rechtsschutzsystem eine Stellung verschafft, die in der Vielfalt der Anwendungsfälle und der getroffenen Maßnahmen ein ebenso überwältigendes wie verwirrendes Bild zeigt. Besondere "Popularität" hat dabei die Art der einstweiligen Verfügung erlangt, mit deren Hilfe der Antragsteller bereits substantiell die Rechtsfolge erreicht, die er an sich erst nach einem Erfolg im ordentlichen Verfahren beanspruchen könnte. Es handelt sich also um· die Fälle .,vorläufiger Rechtsverwirklichung" im Wege einstweiligen Rechtsschutzes. Als bedeutsamste Gestaltung dieser Art Anordnung wird weithin die einstweilige Verfügung angesehen, die den Antragsteller zu einer Geldzahlung an den Antragsgegner verurteilt. Unterhalt, Renten, Arztkosten, fortlaufende wie einmalige Zahlungen werden auf diesem Wege zuerkannt, ohne daß sich der Anspruch des Antragstellers im ordentlichen Verfahren bewährt hätte. Paradefall dieser Geldleistungsverfügung war bis zur Einführung des § 641 d ZPO durch das Nichtehelichengesetz die Anordnung von Unterhaltszahlungen des vermutlichen Vaters an das uneheliche Kind, und zwar häufig für die Zeit, für die der Unterhaltsprozeß ausgesetzt wurde, um ein erbbiologisches Gutachten einzuholen'. Eine verbreitete Ansicht versteht unter der zur 1 Vgl. dazu vor allem K. Blome11er, ZZP 65, 52 ff.; Baur, BB 1964, 607 ff.; Baumgärtel, S.171; Gaul, AcP 168, 52; Gerhardt, S. 254; Grunsk11, JurA 1970, 724 und Einführung, S. 96/7; Ostler, S. 713; Wenzel, MDR 1967, 889; vgl. auch schon Heraeus, Sp. 505; jetzt Büdenbender, S. 11/2. Ausführlich Leipotd, Grundlagen, S.1 ff. mit statistischem Material S. 226 ff.; dazu GrunskJI, ZZP 85, 360; s. ferner Baur, Studien, S. 1 ff. ! So vor allem Jauernig, ZZP 79, 321 ff.; Baur, Studien zum eiilstweWgen
Rechtsschutz; Leipold, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes; zuletzt Minnerop, Materielles Recht und einstweiliger Rechtsschutz. a Vgl. dazu vor allem Gaul, FamRZ 1958, 157 ff.; Oswald; Reinheimer; zur Rechtslage nach § 641 d ZPO jetzt Büdenbender (dort S. 136 ff. auch zum Verhältnis der §§ 641 d ZPO, 1615 o BGB zu §§ 935 ff. ZPO).
16
Einleitung
vorläufigen Rechtsverwirklichung führenden einstweiligen Verfügung überhaupt nur die einstweilige Anordnung von Geld.zahlungen; sie wird dann häufig in Abgrenzung zu den Regelungen der §§ 935 und 940 ZPO als "dritte Art der einstweiligen Verfügung" bezeichnet'. Der tatsächliche Bereich dieser Erscheinungsform des einstweiligen Rechtsschutzes ist aber viel umfassender: vorläufiger Rechtsschutz durch tatsächliche Vorwegnahme der Hauptsache wird für Leistungen und Rechtsfolgen aller Art gewährt. So finden sich Anordnungen nicht unmittelbar auf Vermögensverschiebung gerichteter Leistungen vor allem auf den Gebieten des Wettbewerbsrechtes, des Ehrenschutzes und des Arbeitsrechtes. Beispielsweise seien genannt einstweilige Verfügungen auf Unterlassung eines angeblichen Wettbewerbsverstoßesl, auf Widerruf einer Behauptung&, auf Rückkehr an den verlassenen Arbeitsplatz7 • Diese Entwicklung erscheint erstaunlich, wenn man bedenkt, daß im System der Zivilprozeßordnung prinzipiell nur eine gerichtliche Entscheidung im ordentlichen Verfahren die Grundlage dafür bietet, streitige Leistungsansprüche zwangsweise durchzusetzen. Bestrittenes Recht soll erst gewährt bzw. bestätigt werden, wenn es sich im Rahmen eines mit allen Verfahrensgarantien ausgestatteten, insbesondere auf vollen Beweis ausgerichteten Gerichtsverfahrens bewährt hat. Im Verfahren der einstweiligen Verfügung begnügt sich das Gesetz hingegen mit einer bloßen Glaubhaftmachung, §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO: der Antragsteller 'Von einer dritten Verfügungsart gehen, tellweise unter Beschränkung auf Geldleistungen, aus: BGH NJW 1965, 915; OLG Karlsruhe JW 1930, 2068; OLG Frankfurt JW 1932, 3728; OLG Stuttgart HRR 1935 Nr.1252; OLG Karlsruhe HRR 1937 Nr. 82; OLG Braunschweig NdsRpfl 1954, 218; LG Bielefeld DAVorm XXXI, Sp.98f.; LG Koblenz FamRZ 1958, 188; LG Hechingen ZblJugR 1962, 56 f.; LG Stuttgart FamRZ 1961, 82; LG Bochwn NJW 1967, 1430; w. Nachw. bei Finken, S. 34; Baumgärtel, S. 404; Bergerfurth, S. 269; A. Blomeyer, S. 661, 66314; K. Blomeyer, Zwangsvollstreckung, S. 61; Bruns, S. 241; De Boor I Erkel, 5.113; Buchholz, Sp. 242; Gaul, FamRZ 1958, 15819; Grunsky, JuRA 1970, 724 und wohl auch ZZP 85, 364/5; Goldschmidt, S. 431; Güthe, S. 38516; Hamelbeck, S. 242; Heckelmann, 5.176 und Fn. 75; Hellwig I Oertmann, S. 454/5; Hoche, Zwangsvollstredtungsrecht, S. 239140; Huchthausen, S. 71, 103 ff.; Jauernig, ZZP 79, 321 f!.; Kissel, 5.1717; Koebel, NJW 1967, 32516; Lent I Jauernig, § 37 III; Lent, NJW 1953, 627; Rosenberg, 5.1105; Schaub, S. 1192; Schuler, S. 1802; Sonnen; StJ-Grunsky, Vorb. IV 1 zu § 935; Wieczorek, § 916 A 111 c, § 940 C II a; Zöller I Scherüb1, Vorb. 1 zu § 935; ferner wohl auch Dölle, S. 486; Hartwig Rohmeyer, S. 166 ff.; der Wortwahl nach auch Baur, BB 1964, 608 und Schänke I Baur, S. 235, 239, anders aber Studien, S. 30 ff., 52 ff.; noch schärfer, für eine neue, von der einstwelligen Verfügung wesensverschiedene Verfahrensart: Stein, S. 9; Markett, S . 34 ff.; Pothmann, S. 38. Weitere Nachweise bei Finken, S. 50. Differenzierend Gerhardt, S. 267 ff. 5 Vgl. dazu nur Pastor, S. 140 ff., 152 ff. mit umfangreichen Nachweisen. Zur Unterlassungsverfügung s. noch unten II. Tell, 2. Kap., B V. s s. dazu unten II. Tell, 2. Kap., B 111 1 a mit umfangr. Nachw. 7 s. hierzu übersichtlich StJ-Grunsky, Vorb. VII 2 vor § 935; zur auf Vornahme von Handlungen gerichteten einstweiligen Verfügung unten II. Teil, 2. Kap., B 111.
Einleitung
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muß die überwiegende Wahrscheinlichkeit8 dartun, daß ihm das geltendgemachte Recht zustehel'. Dabei kann er die notwendige Überzeugung des Gerichts durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung herbeiführen, die naturgemäß geringere Richtigkeitsgewähr bietet, § 294 Abs. 1 ZPO; eine Beweisaufnahme bleibt auf präsente Beweismittel beschränkt. Der Antragsteller muß allerdings zusätzlich noch einen die Verfügung rechtfertigenden Grund glaubhaft machen. Unter dem hier maßgeblichen Gesichtspunkt der Abweichung vom "normalen" Verfahren hat diese zusätzliche Voraussetzung aber allenfalls verbessernde Funktion, weil sie die Abweichungsfälle zahlenmäßig einschränkt, ohne aber die mangelnde Richtigkeitsgewähr wirklich ausgleichen zu können: In jedem Fall wird das angebliche Recht des Antragstellers in einem Verfahren ohne Vollbeweis bereits tatsächlich verwirklicht. Die auf rasche Entscheidung ausgerichtete Ausgestaltung des Verfügungsverfahrens führt zudem unter Umständen dazu, daß der Beweiswert der Glaubhaftmachung weiter relativiert wird: In dringenden Fällen kann eine einstweilige Verfügung gemäß § 937 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung, sogar ohne Anhörung des Gegners erlassen werden. Die Gefahren, die dieses Verfahren mit sich bringt, liegen auf der Hand. Der Antragsgegner, ohne gründliche gerichtliche Prüfung z. B. zu einer Leistung verurteilt, muß den Anspruch zunächst einmal- ganz oder zumindest teilweise- im technischen Sinne befriedigen. Geld oder andere Sachen gelangen in die Hände des Antragstellers, der Antragsgegner nimmt vorgeschriebene Handlungen vor oder ist gezwungen, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. Er trägt damit das Risiko für die Rückgewähr bzw., wenn diese nicht möglich ist, für den Ausgleich der ihm abgezwungenen Leistung, falls sich das "Recht" des "Gläubigers" im nach.folgenden10 ordentlichen Verfahren nicht bestätigt. Wohl hat e Vgl. etwa Baumbach I Lauterbach I Albers I Hartmann, § 294, 1 A; Pastor, Wettbewerbsprozeß, S.18819. 9 Zur Frage, welche Anforderungen an die der einstweiligen Maßnahme zugrundeliegende materiellrechtliche Rechtsposition zu stellen ist, s. unten 3. Kap., A II 2 Fn. 61 und II. Teil, 1. Kap., A 10 Daß sich die Parteien nicht selten mit einer Entscheidung im einstweiligen Verfahren begnügen, kann hier außer Betracht bleiben; vgl. zu dieser Erscheinung etwa Baur, Studien S. 3, 617 und auch schon BB 1964, 607; Grunsky, Grundlagen S. 22011; Minnerop, S.17; Scherf, S. 393; kritisch zu dieser Entwicklung Leipold, Grundlagen, S. 91/2. Die sehr viel weitergehende Auffassung von Pastor (Wettbewerbsprozeß, S. 313, 33516), bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen sei wegen der Möglichkeit der einstweiligen Verfügung im Regelfall ein Rechtsschutzbedürfnis für die Hauptsache (!) zu verneinen, widerspricht der nach geltendem Recht maßgeblichen Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes (s. dazu noch unten 3. Kap., A II 2 zu Fn. 49 und C II 3 b aa; kritisch zu dieser Auffassung auch Baur, ZZP 82, 329; Seydel) und erscheint wegen der eingeschränkten Beurteilungsgrundlagen auch nicht wünschenswert. Zum Verhältnis zwischen einstweiliger Verfügung und ordentlichem Verfahren 2 Schillten
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der Antragsteller dem Gegner den Schaden, der durch die Vollziehung oder die zur Abwehr der Vollziehung erbrachte Leistung entsteht, gemäß § 945 ZPO zu ersetzen, wenn sich die Anordnung der einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist oder die Maßregel aufgehoben wird. Diese Ersatzpflicht besteht auch ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Antragstellers11 • Dies rechtfertigt den oft verwandten Hinweis, rechtlich schaffe diese Art einstweiliger Verfügung nichts Endgültiges12• Tatsächlich kann sich die vorläufige Befriedigung jedoch in vielen Fällen als endgültig erweisen. Häufig wird der Antragsteller später nicht in der Lage sein, den geforderten Ersatz zu leisten. Bei Erlaß einer Geldleistungsverfügung wird dieses Risiko eines nur unvollständig ausgleichbaren oder sogar irreparablen Rechtszustandes besonders deutlich. Die Rechtsprechung läßt eine solche einstweilige Verfügung ganz überwiegend nur zu, wenn der Gläubiger eine finanzielle Notlage glaubhaft macht. Gerade die Tatsache, daß damit strenge Anforderungen an die Notwendigkeit der Maßnahme, den Verfügungsgrund, gestellt werden- dieser Gesichtspunkt wird oft als Rechtfertigungsgrund für die Zulässigkeit derartiger einstweiliger Verfügungen eindringlich hervorgehoben13 -,bringt im Regelfall die Gewißheit mit sich, daß der Antragsteller einen späteren Ersatzanspruch nicht erfüllen kann. Damit bedeutet der Erlaß einer solchen einstweiligen Verfügung praktisch eine endgültige Verurteilung ohne ordentliches Verfahren. Aber auch bei anderen Anordnungen als Geldleistungen besteht solche in Unterhaltssachen unter diesem Aspekt vgl. Kisse1 und dazu zu Recht kritisch Götz und Schuler. u Es dürfte sich um einen Fall privatrechtlicher Aufopferungshaftung handeln (so etwa Baur, Studien, S. 110, 114/5; Minnerop, S. 45 ff. m. w. Nachw.). 1z Baumbach I Lauterbach I Albers I Hartmann, Grundz. vor § 916, 2 B; A. Blomeyer, S. 663, Fn. 4; K. Blomeyer, ZZP 65 (1952), 63; Duffek, 5.1347; Esser; Gilthe, S. 386/7; Huchthausen, S. 70, 96 ff.; Lent I Jauemig, § 37 III; Leipold, Grundlagen, S. 108; Markett, S.19; Minnerop, S. 49/50; Schlosser, S. 704; Schuler, S.1803; Stern, S. 99; RG JW 1892, 335. Die Besonderheit liegt darin, daß dieser Hinweis als Begründung für die Zulässigkeit solcher einstweiliger Verfügungen verwertet wird! Gelegentlich wird sogar der Standpunkt vertreten, daß die Vollziehung derartiger Maßnahmen zu einer endgültigen Befriedigung führe; vgl. etwa ausdrücklich Göppert, S. 852; zumindest dem Wortlaut nach auch A. Blomeyer, S. 663; Hamelbeck, S. 233, der allerdings von vorläufiger Befriedigung spricht; Rosenberg, S.1104; vgl. ferner Hoffmann, S. 40. 13 Dieser Gesichtspunkt wird überwiegend herausgestellt; als unmittelbare Rechtfertigung für die Zulässigkeit entsprechender einstweiliger Verfügungen aber dient er z. B.: OLG Stuttgart JW 1935, 1584; LAG Tübingen NJW 1961, 2178; OLG Stuttgart MDR 1964, 604; OLG München NJW 1965, 2161; OLG Düsseldorf JR 1970, 143; OLG Bamberg OLGZ 1971, 438; im Schrifttum: A. Blomeyer, S. 66314; Blüher, S. 121; Grunsky, ZZP 85, 365; Hodes; Hambelbeck, S. 241; Jillicher, S. 208; Kissel, S.1717; Koebel, NJW 1967, 32516; Markett, S. 20; Ostler, S. 717; Pothmann, S. 52 ff.; Rosenberg, S. 1105; Spengler, WuW 1956, 497; v. Staudinger I Gotthardt, Vorb. 59 zu § 1601; Winkelvoß, S. 222.
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Gefahr: Muß der Antragsgegner etwa aufgrund einstweiliger Verfügung bestimmte Wettbewerbshandlungen unterlassen, so kann das seine wirtschaftliche Leistungskraft so sehr beeinträchtigen, daß ein späterer Ausgleich nach § 945 ZPO zu spät kommt, selbst wenn der Antragsteller dazu in der Lage wäre. Außerdem kann es in solchen Fällen schwierig, ja unmöglich sein, den tatsächlichen Schadensumfang exakt zu bestimmen14• Solche Folgen kann man schlechthin nicht mit dem bloßen Hinweis darauf abtun, daß rechtlich ein Ersatzanspruch bestehe, wenn von vorneherein möglich, ja wahrscheinlich oder gar sicher ist, daß dieser Anspruch nicht realisierbar bzw. seine Realisierung nicht mehr effektiv sein wird. Freilich wird in der großen Mehrheit der Gerichtsentscheidungen und der }\.ußerungen im Schrifttum immer wieder betont, diese Art einstweiliger Verfügung müsse eine seltene Ausnahme bleiben. Sie widerspreche dem angeblichen Grundsatz des einstweiligen Rechtsschutzes, daß die angeordneten Maßnahmen nie auf eine Verwirklichung des geltendgemachten Anspruchs hinauslaufen dürften11• In der Praxis werden derartige einstweilige Verfügungen aber meist unbedenklich, unter Bezugnahme auf verschwommene Faustregeln erlassen, deren Berechtigung nirgends kritisch untersucht worden ist. Die Ausweitung dieser Art einstweiliger Verfügung überrascht dabei um so mehr, als im Schrifttum überwiegend bekräftigt wird, Arrest und einstweilige Veru Auf diesen Aspekt weist zutreffend Baur, BB 1964, S. 607, hin: vgl. auch Baumgärtel, S. 402. 15 Diesen Grundsatz und den Ausnahmedl.arakter der Befriedigungsverfügung betonen ausdrücklich: OLG Dresden ZZP 6, 531; OLG Darmstadt OLGRspr 1, 135 (136); OLG Rostock OLGRspr 25, 234; OLG Breslau OLGRspr 29, 273; KG OLGRspr 40, 433; OLG Braunschweig OLGRspr 43, 164; OLG München LZ 1927, Sp. 1563 (1564); OLG Frankfurt ;rw 1932, 3728; OLG Karlsruhe HRR 1937, Nr. 82; OLG Tübingen MDR 1953, 625; OLG Braunschweig NdsRpfl 1954, 217; OLG Düsseldorf MDR 1960, 58; OLG Stuttgart MDR 1964, 604; OLG Celle WRP 1965, 237; OLG Düsseldorf JR 1970, 143 (144); OLG Köln JMBlNRW 1973, 29 (30); LG Göttingen NdsRpfl 1955, 215; LG Koblenz NJW 1960, 2005; LG Saarbrücken N;JW 1973, 373; LG Berlin BB 1975, 61; w. Nachw. bei Finken, S. 2516. Baumbach I Lauterbach I Albers I Hartmann, § 938, 1 A; Berg; Bergerturth, S. 269; A. Blomeyer, S. 66314; Bruns, S. 241; Brühl, S. 353; Burkhardt; Carl; Faupel, S. 820; Greift. S. 243; Grunsky, ZZP 85, 365, weniger scharf JurA 1970, 739; Habscheid, FamRZ 1959, 300; Haupt; Hellwig I Oertmann, S. 455, 457; Heraeus; Hoche, Zwangsvollstreckungsrecht, S. 230; Hodes; Hoffmann, S. 389; Holtgrave, S. 1213; Kitzelmann, S. 303; Kreß, S. 6; Kürzel, S. 240; Merkel, S. 222; Oppenheimer; Oswald, Rpfl 1951, Sp. 461; Pothmann, S. 3718; Pastor, S. 143; Roeber, m. w. Nachw.; Heinrich Rohmeyer, S. 43; Hartwig Rohmeyer, S. 16718; Rosenberg, S. 110415; Schaub, S. 1192; Schaumburg; Schänke I Baur, S. 235; Schuler, S.1801; Sonnen; v. Stackelberg, S. 31314 m. w. Nachw.; v . Staudfnger I Gotthardt, Vorb. 59 zu § 1601; wohl auch StJGrunsky, Vorb. IV 1 zu § 935; Thomas I Putzo, Vorb. 3 b zu § 916; Wieczorek, § 916 A lll c 1; Zeuner, S. 6, 8; auch hier weitere Nachweise bei Finken, S. 45; zuletzt noch Furtner, Urteil, S. 463 und Gerhardt, S. 265. 2*
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fügungseien als die "klassischen" Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes Einrichtungen zur Sicherung der künftigen Vollstreckung eines Urteils im Hauptprozeß, d. h. im ordentlichen Verfahren16• In den Befriedigungsfällen ist dieser Zusammenhang zwischen Sicherung und künftiger Verwirklichung eines streitigen Anspruchs offensichtlich aufgehoben. Dieser Gesichtspunkt läßt im Ansatz auch das Spannungsfeld erkennen, innerhalb dessen die Zulässigkeit derartiger Maßnahmen zu messen sein wird. Bis zur Entscheidung im ordentlichen Verfahren können aus vielschichtigen Gründen17 Ereignisse eintreten, die diese Entscheidung für den Gläubiger praktisch wertlos machen. Daraus resultiert die Überlegung, daß der Staataufgrund seiner Verpflichtung zur Justizgewährung als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips gehalten ist, ein Instrumentarium zur Verfügung zu stellen, um diese "Nullwertigkeit" gerichtlichen Rechtsschutzes zu vermeiden18• Andererseits aber stellt sich gerade auch aus der Sicht des Rechtsstaatsprinzips die Frage, ob und inwieweit ohne zureichende richterliche Untersuchung bereits angeordnet werden kann, daß ein angebliches Recht bereits verwirklicht werden soll.
16 So ausdrücklich Baur, Studien, S. 1, 6; vgl. ferner die Nachw. in Fn.15 und Gru·nsky, Einf., S. 99. 11 Vgl. dazu besonders informativ Baur, Studien, S. 4 ff.; auch BB 1964, 607 ff.; ferner Baumgärtet, S. 401; Faupet, S. 817; Had.ding, S. 1; Leipold, Grundlagen, S.ll/2; Wenzel, MDR 1967, 889; Zeuner, S.1. 18 Diese Aufgabe betonen insbesondere Rosenberg-Schwab, S. 3, 11 und StJ-Grunsky, Vorb. I 1 zu § 916 sowie Hoffmann, S. 41/2 (kritisch); s. dazu vor allem Hartwig Rohm-eyer, S. 155 ff. mit umfangr. Nachw. Zur verfassungsrechtlichen Grundlage s. Herbst, S. 206 ff. Vgl. auch unten 3. Kap., An 2 zu Fn. 57. S. ferner zuletzt Gerhardt, S. 250/1.
Erster Teil
Die Zulässigkeit von Befriedigungsverfügungen 1. Kapitel
Gesetzliebe Regelungen oder Gewohnheitsrecht als eindeutige Rechtsgrundlagen? Zunächst soll ein kurzer Überblick erhellen, daß die gesetzlichen Regelungen über die Zulässigkeit von Befriedigungsverfügungen nichts Eindeutiges aussagen. A. Die problematischen Fallgestaltungen Hierzu ist vorab die tatsächliche Grundlage der nachfolgenden Untersuchung herauszustellen. Die betreffende Fallgestaltung war eingangs schlagwortartig als Bereich bezeichnet worden, in dem die Anordnung die Hauptsache vorwegnimmt und dadurch zu tatsächlicher Rechtsverwirklichung führt. Es ist zu berücksichtigen, daß bei der begrifflichen Klärung der Untersuchungsgrundlage alle Systematisierungsversuche außer Betracht bleiben müssen, da sie bereits Ergebnis einer wertenden Betrachtung sind. Vielmehr muß der Maßnahmenkomplex zugrunde gelegt werden, dem tatsächlich eine "vorläufige Rechtsverwirklichung", eine "Vorwegnahme der Hauptsache" eigen ist. Obwohl diese beiden Qualifizierungen generell1 klar und eindeutig erscheinen, ist schon ihre Berechtigung nicht unbestritten. Überwiegend wird freilich auf die Befriedigungs- oder Vorwegnahmetendenzen abgestellt2• Dabei steht die Sicht auf die Folge der Maßnahme im Vordergrund, die dem Antragsteller bereits vorläufig zum geltendgemachten Recht verhilft. Diese Qualifizierung wird aber teilweise mit der Begründung angegriffen, die einstweilige Verfügung führe eben noch nicht zu einer Befriedigung im Sinne einer rechtswirksamen endgültigen Verwirklichung des t
Zweifelsfälle stellt Leipold, Grundlagen, S. 109 ff. heraus; dazu noch
im Folgenden.
t Die Begriffe der "Befriedigung" oder der "Vorwegnahme der Hauptsache" werden als Synonyma von nahezu allen Autoren (und Entscheidungen) verwandt; kritisch nur K. Btomeyer (s. Fn. 3) und Jauernig (s. Fn. 6). Zu den unterschiedlichen Bezeichnungen vgl. auch Minnerop, S. 49 m. Nachw.
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I. Teil, 1. Kap.: Mögliche Rechtsgrundlagen
"Hauptrechts":t. Diese Feststellung ist unzweifelhaft richtig4; allenfalls mit der endgültigen Entscheidung im Hauptprozeß könnte eine solche Folge eintreten5• Wer indessen in diesem begrifflichen Zusammenhang von Befriedigungstendenz o. ä. spricht, meint damit nicht die endgültige Befriedigung im rechtlichen Sinne. Vielmehr soll die tatsächliche Vorwegnahme der Hauptsache als Wesen dieser einstweiligen Verfügung herausgestellt werden. Daraus erhellt, daß hier ein reiner Begriffsstreit ohne inhaltliche Bedeutung angesprochen ist, der nur geeignet erscheint, die begriffliche Verwirrung innerhalb des Bereichs der einstweiligen Verfügung zu vergrößern. Demgegenüber betont allerdings Jauernig6 , die entscheidende Funktion dieser Art einstweiliger Verfügung sei wesensmäßig nicht die vorläufige Befriedigung des Antragstellers, sondern die Tatsache, daß eine Leistung des Antragsgegners zu einer solchen Befriedigung führe. Er wählt deshalb die Bezeichnung "Leistungsverfügung". Soweit die Vorwegnahme der Hauptsache durch Leistung des Antragsgegners eintritt, betont diese Abweichung aber nur einen anderen Aspekt desselben Vorgangs, da beide Merkmale- Leistung und Vorwegnahme der Hauptsache - gegeben sein müssen. J auernig scheidet zwar trotz seiner Qualifizierung die Anordnung einer Unterlassung aus dem Bereich der "Leistungsverfügungen" aus7 • Diese Abweichung kann aber hier vernachlässigt werden, wo es nur darum geht, die tatsächliche Grundlage für die- weitere Untersuchung herauszuarbeiten. Apriori kommt jedenfalls jede Art Leistung - das bestreitet auch Jauernig nicht - als Grundlage einer Befriedigung durch einstweilige Verfügung in Betracht, für die sich generell die Zulässigkeitsfrage ·stellt. Das Merkmal der Leistung beschreibt aber dennoch die lcritischen Verfügungsfälle nicht ausreichend, weil sich auch außerhalb der auf Leistung angelegten Rechtsbeziehungen die Frage stellt, ob eine Vorwegnahme durch einstweilige Verfügung möglich ist, nämlich bei Gestaltungsklagerechten8. Dabei ist etwa an eine einstweilige Verfügung 3 So K. Blomeyer, ZZP 65, 63 gegen die Verwendung des Begriffes "Befriedigung". ' S. oben Einl. mit Nachw. in Fn. 12. II Vgl. zu dieser Frage Esser, der sich für den Fall der Leistung oder Vollstreckung bei solchen einstweiligen Verfügungen mit beachtlicher Begründung für eine Feststellungsklage statt Leistungsklage ausspricht; a. A. Schuler, S. 1803. Wie Esser, aber - ohne Rücksicht auf die Frage, ob der Antragsteller die Leistung bereits erhalten hat oder nicht - generell für eine Feststellungsklage Götz, S. 663. Auch K. Blomeyer, ZZP 65, 63 betont, die Leistung werde mit der zusprechenden Entscheidung in der Hauptsache zur Erfüllung. Vgl. im übrigen StJ-Münzberg, § 708 I 1 b m. w. Nachw. 6 ZZP 79, 323/4. 7 ZZP 79, 323/4, 332/3, 337, 346/7. s Vgl. dazu insbesondere Baur, Studien, S. 53 ff. und Jauernig, ZZP 79, 333 ff. m. w. Nachw.
A.
Die problematischen Fallgestaltungen
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zu denken, mit der der Antragsteller den Entzug der Geschäftsführungs-- und Vertretungsbefugnis oder gar den Ausschluß eines Gesellschafters begehrt, Rechtsfolgen, die er dann auch im Hauptprozeß erstrebt. Für den tatsächlichen Gegenstand der Untersuchung ist daher auf alle die einstweiligen Verfügungen abzusteHen, welche zu einer Vorwegnahme der Rechtsfolge führen, die im Hauptprozeß begehrt wird. Auszuschließen sind insbesondere diejenigen einstweiligen Verfügungen, die nur die Durchsetzung eines Nebenrechtes anordnen, um das Hauptrecht zu sichern•. Hierbei sind - auch unter dem Aspekt, daß es nicht immer zum maßgeblichen Hauptprozeß kommt10 oder jedenfalls der Inhalt dieses Prozesses zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung noch nicht feststeht- noch zwei von Leipold11 herangezogene SandergestaUungen anzusprechen: Es kann so liegen, daß wahlweise verschiedene Rechte des Antragstellers als Hauptsache in Betracht kommen. Bei den eben erwähnten Gestaltungsklagerechten des Gesellschafters z. B. einer OHG könnte etwa im Hauptprozeß die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht (§§ 117, 127 HGB), aber auch der Ausschluß des Mitgesellschafters (§ 140 HGB) verlangt werden. Es ist Leipold zuzugeben, daß es dann nicht auf irgendeine Absichtserklärung des Antragstellers ankommen kann, welches Recht er im Hauptprozeß verfolgen will. Indessen stellt sich das Vorwegnahmeproblem schon, wenn auch nur eines der möglichen Hauptsachebegehren geltend gemacht wird. Schon dann erstrebt der Antragsteller eine Rechtsfolge, die ihm an sich nur im ordentlichen Verfahren zugesprochen werden kann und bei der es sich nicht nur um Sicherung eines Hauptrechtes handelt. In manchen Fällen gewährt auch bereits das materielle Recht einen im ordentlichen Verfahren durchsetzbaren Anspruch auf Leistung
einer Sicherheit, z. B. dem Ehegatten gemäß § 1389 BGB unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Sicherheitsleistung für sein Recht auf Zugewinnausgleich. Entgegen der Auffassung von Leipold1! stellt sich aber in einem solchen Fall das Vorwegnahmeproblem nicht oder nur bei rein formaler Betrachtung. Stellt man e Zur Einordnung solcher Maßnahmen als "Sicherungsverfügungen" vgl. zutreffend Baur, Studien, S. 48 ff. und Jauernig, ZZP 79, 328, 345/6; s. ferner Minnerop, S. 70/71.
Vgl. oben Ein!. Fn. 10 m. Nachw. Grundlagen, S. 110/1. 1z Grundlagen, S. 110, wobei er im Ergebnis zutreffend eine Sir-~erungs verfügung bejaht; ebenso Harms, S. 588, a. A. aber Bartholomeyczik, JZ 1965, 501. Vgl. zu dieser Fallgestaltung ferner OLG Köln JMBINRW 1972, 251/2; KG OLGZ 1974, 450 = FamRZ 1974, 310 = MDR 1974, 755. 10 11
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I. Teil, 1. Kap.: Mögliche Rechtsgrundlagen
nämlich auf die Gefahren ab, die diese Problematik erst als bedeutsam kennzeichneten, so ergibt sich: der im Wege einstweiliger Verfügung zu verwirklichende Anspruch ist bereits in sich auf bloße Sicherung beschränkt. Er birgt daher nicht die Gefahr in sich, daß der Antragsgegner endgültig benachteiligt wird. Hinter diesem Sicherungsanspruch steht ein eigentlicher Hauptleistungsanspruch, dessen spätere Durchsetzung hier nur ausnahmsweise13 auch materiellrechtlich abgesichert ist. Die derart aufgrund des tatsächlichen Erscheinungsbildes gekennzeichnete Art der einstweiligen Verfügung wird in der Folge unter Berücksichtigung ihres maßgeblichen Merkmals als "Befriedigungsverfügung" bezeichnet.
B. Die gesetzliche Regelung der ZPO Die ZPO enthält im 8. Buch neben der · Regelung über den Arrest (§§ 916 ff. ZPO) zwei Vorschrüten über die "Zulässigkeit" von "einstweiligen Verfügungen", § 935 ZPO und § 940 ZPO; außerdem äußert sich § 938 ZPO zu den möglichen Anordnungen. L §935 ZPO
Nach § 935 ZPO ist eine einstweilige Verfügung zulässig, wenn zu besorgen ist, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des RP.chtes einer Partei verteilt oder wesentlic-h erschwert werden könnte. Die Bezugnahme auf den "bestehenden Zustand" und die durch dessen "Veränderung" drohende Gefahr der Behinderungkünftiger "Rechtsverwirklichung" legt den Schluß nahe, daß diese einstweilige Verfügung nur die künftige Rechtsverwirklichung durch Erhaltungsmaßnahmen sichern soll. So wird die einstweilige Verfügung nach § 935 ZPO auch überwiegend als "Sicherungsverfügung" angesehen und soll als solche, ausgehend vom Gegensatz Individualleistung-Geldleistung, das Gegenstück zum Arrest bilden1 • Historisch t3 ZurFrage desBestehens materiellerZwischenrechte alsGrundlage einstweiligen Rechtsschutzes noch unten 3. Kap., A II 2 zu Fn. 54 ff. 1 S. Baumbach I Lauterbach I Albers I Hartmann, Vorb. 2 Ba zu § 916 und § 935 1 A ; Baumgärtel, S. 403; Baur, BB 1964, 607 und Studien, S. 26; A. Blomeyer, S. 66112; K. Blomeyer, Zwangsvollstreckung, S. 67; Blüher, S.121; Brändel, S. 14/5; De Boor I Erkel, S.112; Faupel, S. 817, 868; Finken, S. 57 ff.; Frankenburger; Fuchs, S. 980; Furtner, NJW 1965, 375; Gaul, FamRZ 1958, 157 Fn. 7; Göppert, S. 843; Güthe, S. 366; wohl auch Hadding, S.17, 20; Hamelbeck, S. 235; Heckelmann, S.175; Hellwig I Oertmann, S. 454; Hessel, S. 2071; Hoche, Zwangsvollstreckungsrecht, S. 230, 239; Hoffmann, S. 40; Huchthausen, S. 58, 88; Jauernig, ZZP 79, 326; Kitzelmann, S. 303; Kreß, S. 6; Lent I Jauernig, § 37 I; Markett, S. 14; Merkel, S. 20, 222; Neumann-Duesberg, BB 1964, 5112; Peters, S. 77; Rosenberg, 8.1103; Schäfer, S. 70; Schaub, 5.1192; Schlosser, S. 704; Schönke I Baur, S. 235, 236; Schuter, 5.1801; Spengler, Ufita 1954,
B. Die gesetzliche Regelung der ZPO
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geht diese Art der einstweiligen Verfügung jedenfalls auf denselben Ausgangspunkt wie der Arrest zurück'. Sie hat sich aus dem Arrest selbst entwickelt. Erst mit Schaffung der ZPO wurde die Sicherung von Individualansprüchen mit § 935 ZPO klar und einheitlich aus dem Institut des Arrestes ausgegliedert3• Gleichzeitig wurden bisher gemeinrechtlich gesondert bestehende summarische Verfahren aufgehoben bzw. in das Recht der einstweiligen Verfügung, und zwar in§ 940 ZPO, überführt4. Insofern wird man die Sicherungsfunktion der in § 935 ZPO geregelten einstweiligen Verfügung kaum leugnen können5 • Das legt umgekehrt nahe, daß § 935 ZPO die zulässigen Anordnungen auf Sicherungsmaßnahmen beschränkt und eine vorläufige Befriedigung ausschließt. An dieser Stelle genügt aber die Feststellung, daß § 935 ZPO für die Zulässigkeit einer auf Rechtsverwirklichung zielenden Maßnahme jedenfalls keinen positiven Anhaltspunkt gewährt. D. §940 ZPO
Als weitere Bestimmung über einstweilige Verfügungen läßt § 940 ZPO Anordnungen zur Regelung eines einstweiligen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zu, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. In zumindest äußerlichem Gegensatz zu § 935 ZP06 bezieht sich diese Bestimmung nicht auf ein "Recht" des Antragstellers, sondern orientiert sich an einem "streitigen Rechtsverhältnis"; hierfür soll durch gerichtliche Regelung eines einstweiligen Zustandes eine vorläufige Ordnung gefunden werden. An die Formulierung des § 940 ZPO sind allerdings durchaus unterschiedliche Ge168/9; Utlm