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German Pages 283 [288] Year 2003
Bavaj · Ambivalenz der Moderne
Riccardo Bavaj
Die Ambivalenz der Moderne im Nationalsozialismus Eine Bilanz der Forschung Mit einem Vorwort von Klaus Hildebrand
R. Oldenbourg Verlag München 2003
Meinen Eltern
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Umschlaggestaltung: Dieter Vollendorf Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (chlorfrei gebleicht). Gesamtherstellung: WB-Druck, Rieden am Forggensee ISBN 3-486-56752-7
Inhalt Vorwort von Klaus Hildebrand
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Vorwort des Verfassers
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Einleitung I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte 1. Ältere Deutungen 2. Neuere Tendenzen der Forschung a) „Historisierung" des Nationalsozialismus b) Kontinuitätsfrage, deutscher „Sonderweg" und Diktaturenvergleich c) Modernisierung und Modernität im Nationalsozialismus d) Das „Dritte Reich" und die Ambivalenz der Moderne II. Das „Dritte Reich ": Ein Phänomen der Moderne 1. Gesellschaft a) „Volksgemeinschaft" α) Arbeiterschaft und soziale Mobilität ß) Konsum und Freizeit γ) Erosion traditionaler Bindungen δ) Veränderung des sozialen Bewußtseins ε) Politische Partizipation und „Rückzug ins Private" b) NSDAP c) Armee d) Sozialpolitik und DAF α) Staatliche Sozialpolitik ß) Betriebliche Sozialpolitik γ) Sozialpolitische Nachkriegsplanungen der DAF e) Familie und Stellung der Frau 2. Wirtschaft und Rüstung a) Rationalisierung b) Wirtschaftsordnung, Wachstums-und Beschäftigungspolitik . . . . 3. Wissenschaft, Technik und Umwelt a) Wissenschaft b) Technik c) Umwelt 4. Kunst, Kultur, Städte- und Wohnungsbau a) Kunst und Kultur
1 13 13 24 24 29 40 53 57 57 58 62 69 73 77 78 81 84 87 88 95 101 106 117 117 128 136 136 142 147 153 153
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Inhalt
b) Städte- und Wohnungsbau 5. Rassenpolitik
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Schlußbetrachtung
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Literatur
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I. Überblicksdarstellungen, Sammelbände, Deutungen und Kontroversen. . . 205 II. Nationalsozialismus und Moderne 209 1. Modernisierung und Modernität im Nationalsozialismus 209 2. „Historisierung", Kontinuitätsfrage und Diktaturenvergleich 214 III. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne 223 1. Gesellschaft 223 a) „Volksgemeinschaft", Sozialpolitik und DAF 223 b) NSDAP 234 c) Armee 235 d) Familie und Stellung der Frau 236 2. Wirtschaft und Rüstung 239 3. Wissenschaft, Technik und Umwelt 244 4. Kunst, Kultur, Städte- und Wohnungsbau 252 5. Rassenpolitik 261 Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen
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Autorenregister
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Vorwort von Klaus Hildebrand
Intensiv wird die Frage danach, ob bzw. was säkulare Begriffe wie Moderne, Modernität und Modernisierung mit dem „Dritten Reich" zu tun haben, in der Geschichts- und Sozialwissenschaft erörtert. Strikt lehnen es die einen ab, das auf den ersten Blick ganz und gar Unvereinbare überhaupt in irgendeine Beziehung miteinander zu setzen. Denn sie vermögen in Hitlers Diktatur einfach nichts anderes als die Ausgeburt des Antimodernen schlechthin zu erkennen, testieren ihr höchstens eine vorgetäuschte Modernisierung, sprechen von der nationalsozialistischen Scheinmodernität und weisen davon abweichende Einschätzungen als Mythos von der Modernität rundum zurück: Das Projekt der Moderne, der Prozeß der Modernisierung und der Befund von Modernität erscheinen ihnen nämlich in normativem Sinn an Demokratie, Emanzipation und Humanität, an das allein oder bevorzugt so verstandene Erbe der Aufklärung und der Revolutionen, der Industriellen und der Französischen Revolution, des 18. Jahrhunderts gebunden zu sein. Diesen positiv konnotierten Zusammenhang des okzidentalen Geschichtsverlaufs lösen die anderen, ohne über das Ablehnenswerte des Gesamten der Geschichte des „Dritten Reiches" einen prinzipiellen Zweifel aufkommen zu lassen, unter empirischem Gesichtspunkt auf. Selbst in der von Grund auf verwerflichen Existenz des Nationalsozialismus entdecken sie modernisierende Wirkungen und halten seinen Protagonisten teilweise sogar modernisierende Absichten zugute. Damit weisen sie über die Tatsache im engeren Sinne hinaus auf die grundlegende Beobachtung, wonach Antinomie und Dialektik der Geschichte auch die Jahrhunderte der sogenannten Moderne prägen. Vor diesem Hintergrund betrachtet eine dritte Position, die antimodeme und moderne Elemente des „Dritten Reichs" in ihre wissenschaftliche Betrachtung einbezieht, den Zusammenhang differenziert: Gerade angesichts der Erfahrungen mit der totalitären Diktatur des „Dritten Reiches" begegnet sie der modernen Zeit mit unverkennbarer Distanz, ja mit unverhohlener Skepsis. In dieser Perspektive wird der Nationalsozialismus nicht, wie der Historiker Ulrich von Hehl den schwierigen Sachverhalt einmal umschrieben hat, „als Einbruch atavistischer Barbarei in eine moderne, humane Zivilisation [...], sondern als eine mögliche Konsequenz der durch die Modernisierung hervorgebrachten Widersprüche und Gefährdungen" beurteilt. Insofern repräsentiert das „Dritte Reich" zwar keineswegs das folgerichtige Endziel der Modernisierung. Gleichwohl stellt es doch, in einem unübersehbaren Gegensatz zu jenem Fortschrittsoptimismus, der dem Modernisierungsprojekt ur-
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Vorwort von Klaus Hildebrand
sprünglich zu eigen war, nach dem Urteil des Historikers Detlev Peukert eine der möglichen „pathologischen Entwicklungsformen der Moderne" dar. Was im Zuge eines Vorworts naturgemäß nur mit wenigen Strichen skizziert werden kann, deutet auf das Problem und die Fragen, die Riccardo Bavaj in seiner gelehrten Darstellung ebenso detailliert wie gedankenreich entfaltet. Im Spiegel der Forschung wird der komplizierte Sachverhalt im Hinblick auf Weltanschauung und Politik, auf Gesellschaft und Wirtschaft, auf Kunst, Kultur und Wissenschaft des Nationalsozialismus und des „Dritten Reiches" eingehend abgehandelt. Auf diese Art und Weise lernt der Leser die einschlägigen Interpretationen des janusgesichtigen Phänomens kennen, die eine unermüdlich voran schreiten de Forschung inzwischen unterbreitet hat. Weil die Moderne durch Ambivalenz ihrer Erscheinungen und Wirkungen gekennzeichnet ist, birgt selbst die grundsätzliche Antimodemisierungsbewegung des Nationalsozialismus so viel an unterschiedlich konstituierter Modernisierung, daß auch in dieser Hinsicht das Widersprüchliche, das Verwirrende, das im wörtlichen Sinne Diabolische also, Hitlers „Drittes Reich" charakterisiert. Bonn, im Juni 2003
Klaus Hildebrand
Vorwort des Verfassers
Immer wieder aufs neue hat sich die historiographische Forschung des ambivalenten Verhältnisses von Nationalsozialismus und Moderne angenommen; seit Ende der achtziger Jahre mit zunehmender Intensität. Eine konzise Bilanz ihrer wissenschaftlichen Erträge und Erkenntnisse zu ziehen, ist der Impetus dieses Buches, das verschiedene Tendenzen der Forschung einander nüchtem-abwägend gegenüber zu stellen sucht. Zu seiner Entstehung und Drucklegung maßgeblich beigetragen hat mein akademischer Lehrer, Herr Professor Dr. Klaus Hildebrand, dem ich für sein großes Engagement und seine stete Förderung sehr dankbar bin. Herzlich danken möchte ich auch all jenen, von deren kritischer Lektüre und hilfreichen Anregungen das Buch profitieren konnte: Anne Küpper, Florentine Fritzen, Holger Löttel, Simone Seifert und Jan Rohrbach. Gerne erinnere ich mich zudem der ebenso angenehmen wie konstruktiven Betreuung von Seiten des Verlages durch Herrn Christian Kreuzer und Frau Cordula Hubert. Ganz besonders aber danke ich meinen Eltem, die von allem Anfang an den Entstehungsprozeß dieses Buches begleitet haben. Ihnen sei es gewidmet. Bonn, im Juni 2003
Riccardo Bavaj
Einleitung
In unserer diskursiv geordneten Welt begegnet man zuweilen Phänomenen, die sich nicht recht fassen lassen, die sich gewohnten Maßstäben entziehen, die - so scheint es jedenfalls zunächst - selbst mit einem Netz noch so vager Begrifflichkeiten nicht einzufangen sind. Schnell entdeckt man, daß der Begriff der Moderne zu jener Gruppe gehört: So „wie alle anderen Quasi-Totalitäten, die wir aus dem kontinuierlichen Fließen des Seins heraushebeln wollen", ist er „mit Vieldeutigkeit überladen [...], während sein Bezugsobjekt gleichzeitig im Innersten dunkel und an den Rändern ausgefranst ist".1 Mutatis mutandis gilt dies auch für das „Dritte Reich", jenes „Phänomen sui generis [...], das historische Eigenmacht besaß" 2 und dessen Spezifikum nicht zuletzt in seiner tiefen Ambivalenz lag. Einer „Kipp-Bilder-Realität"3 gleich, vermag es den Betrachter zunächst zu vexieren, ehe dieser das Phänomen in seiner schillernden Gänze zu erfassen imstande ist. Von dem Verhältnis dieser beiden Phänomene zueinander, von Nationalsozialismus und Moderne, handelt dieser Forschungsbericht. Lange Zeit, bis zum Ende der achtziger Jahre, wurde diese Beziehung nicht eingehend diskutiert. Eingespannt in die These vom „deutschen Sonderweg" und gefangen in einem positiven Modernisierungsverständnis zeigte man sich größtenteils nicht geneigt, dieses Thema aus der dunklen Tiefe der historischen Forschung in die Höhe eines echten Diskurses zu erheben. Zwar erschienen in den sechziger und siebziger Jahren einige Studien, die sich durchaus diesem Themenkomplex zuordnen ließen; doch bestimmte zu jener Zeit eine andere Debatte die historische Agenda: die in der Starrheit ihrer Positionen zuweilen etwas artifiziell anmutende Diskussion zwischen „Intentionalisten" und „Funktionalisten".4 Doch spätestens seit dem Ende der achtziger Jahre scheint hier eine Art Kompromiß gefunden zu sein, ist - in der Annäherung an ältere Deutungen wie die Karl Dietrich Brachers oder Gerhard Schulzes - die Tendenz zu einer Synthese der beiden antagonistischen
' Zygmunt Bauman, Moderne und Ambivalenz, Frankfurt a.M. 1995 (engl. 1991), S. 16. Klaus Hildebrand, Das Dritte Reich, 6. neubearb. Aufl. München 2003 (zuerst 1979), S. 132; vgl. auch ders., Das vergangene Reich, Stuttgart 1996, S. 573. 3 Dietmar Kamper, Nach der Moderne, in: Wolfgang Welsch (Hrsg.), Wege aus der Moderne, Berlin 1994, S. 163-174, hier: S. 169. 4 Zu dieser Debatte vgl. insbesondere Manfred Funke, Starker oder schwacher Diktator?, Düsseldorf 1989; Ulrich von Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 2. Aufl. München 2001 (zuerst 1996), S. 60ff.; Hildebrand, Drittes Reich, S. 222ff.; Gerhard Schreiber, Hitler - Interpretationen 1923-1983,2. verb. u. erg. Aufl. Darmstadt 1988 (zuerst 1984), S. 264ff.
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Einleitung
Denkmuster erkennbar. Just in dieses Klima einer gewissen Zusammenführung der beiden historischen „Denkschulen" brach nun - begünstigt durch eine intensivierte sozialhistorische sowie alltags- und regionalgeschichtliche Erforschung des Nationalsozialismus - die Diskussion um mögliche Modemisierungstendenzen des „Dritten Reiches" herein. Diese wohl stets latent im Hintergrund jener großen Debatte schwelende Frage entzündete sich neu und löste einen Diskurs aus, der bis zum heutigen Tage andauert, auch wenn er in den letzten Jahren etwas verebbt zu sein scheint: „Der .Historikerstreit' mag tot sein, aber die Modernisierungsdebatte lebt", wie Bernd Weisbrod Mitte der neunziger Jahre schrieb.5 Oder, wie Ulrich von Hehl etwa zur gleichen Zeit formulierte: „Der Versuch, dem NS-Regime seinen Platz in der (deutschen) Modernisierungsgeschichte zuzuweisen, hat zu einem neuen und noch anhaltenden Forschungsstreit geführt, der gleichsam an die Stelle der Kontroverse zwischen ,Strukturalisten' und .Intentionalisten' getreten ist" und in dem „sich die ,alten' Frontlinien [...] auf verwirrende Weise [überkreuzen]".6 In der Tat liegt „die Modernisierungsfrage [...] in vieler Hinsicht quer zu dieser Debatte", wie Michael Prinz und Rainer Zitelmann in ihrem Vorwort zu dem 1991 erschienenen Sammelband Nationalsozialismus und Modernisierung betonten.7 Manchen galt die Modernisierungsfrage gar als „Neuauflage des .Historikerstreits'" 8 . Anders als bei diesem jedoch zeigt sich in der modernisierungsparadigmatischen Debatte, „daß politische Einstellung und geschichtswissenschaftliches Methodenverständnis" durchaus auch „zweierlei Dinge" sein können, daß „.Konservatives' und .Fortschrittliches' [...] auf unterschiedlichen Bezugsebenen nebeneinander [zu] bestehen" vermögen. Obwohl bei einigen Historikern eine weltanschauliche Voreingenommenheit auch in dieser - zugegebenermaßen recht heiklen und gewiß einer politisch-moralischen Dimension nicht entbehrenden Frage gar nicht zu übersehen ist, argumentieren doch die meisten von ihnen - bewußt oder unbewußt - vor dem Hintergrund einer normativen Theorie der Moderne.9 Einigen Historikern scheint es in der „Modemisierungsfrage" eher um die ethisch-moralische Selbstverankerung im modernen demokratischen Zeitalter (letztlich also um Selbstbestätigung und Selbstgewißheit, nie aber um Selbsthinterfragung) zu gehen als um die vom ständigen, cartesianischen Zweifel getragene Suche nach einem abwägenden Urteil (im Sinne eines hic dixerit quispiam). Gerade bei der Modernisierungsdebatte fällt auf, daß über die verschiedenen Lesarten einer Quelle hinaus auch Texte der Forschungsliteratur zuweilen auf sehr verschiedene Weise verstanden und teilweise unzulässig selektiv in die Argumentation der eige5
Bernd Weisbrod, Der Schein der Modernität, in: Karsten Rudolph/Christi Wickert (Hrsg.), Geschichte als Möglichkeit, Essen 1995, S. 224-242, hier: S. 225. 6 Von Hehl, NS-Herrschaft, S. 110. 7 Michael Prinz/Rainer Zitelmann, Vorwort, in: dies. (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, 2. erw. Aufl. Darmstadt 1994 (zuerst 1991), S. VII-XI, hier: S. XI. 8 Peter Steinbach, Neuauflage des „Historikerstreits"?, in: Tribüne 30 (1991), H. 119, S. 174-180; vgl. auch Klaus Naumann, Normalisierungsbegehren, in: Mittelweg 36 1 (1992), Η. 1, S. 85-89, hier: S. 85; Bernd Ulrich, Historikerstreit - Zweite Auflage, in: Kommune 9 (1991), S. 39-41. 9 Von Hehl, NS-Herrschaft, S. 110; vgl. auch Thomas Mergel, Geht es weiterhin voran?, in: ders./Thomas Welskopp (Hrsg.), Geschichte zwischen Kultur und Gesellschaft, München 1997, S. 203-232, hier: S. 221ff.; vgl. auch Michael Schneider, Arbeiter und Arbeiterbewegung 19331945, in: Brigitte Berlekamp/Wemer Röhr (Hrsg.), Terror, Herrschaft und Alltag im Nationalsozialismus, Münster 1995, S. 258-279, hier: S. 274; ders., Unterm Hakenkreuz, Bonn 1999, S. 24.
Einleitung
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nen Sichtweise eingebaut werden können. In nicht wenigen Beiträgen und Aufsätzen zu diesem Themenkomplex wird eine Eindeutigkeit - in diese oder jene Richtung - suggeriert, die dem ambivalenten Phänomen des Nationalsozialismus nicht gerecht wird. Weltanschauliche Voreingenommenheit - auch hier wieder: in der einen oder der anderen Richtung - führt allzu leicht dazu, vieles auszublenden, das dem eigenen Bild von der NS-Herrschaft Kratzer zufügen könnte, das Monosemie urplötzlich in Polysemie, Eindeutigkeit in Vieldeutigkeit, Univalenz in Ambivalenz verwandeln könnte. Hier zeigt sich wieder, daß die Geschichtswissenschaft stets der Versuchung ausgesetzt ist, „sich als Sinnproduzent den Bedürfhissen der Öffentlichkeit anzubieten". 10 In dem häufig von der „Arbeit am Mythos"11 bestimmten Diskurs über die NS-Zeit werden „Vergangenheit und Gegenwart systematisch aufeinander bezogen", und dies oftmals „in dem Bestreben, die Vergangenheit den Bedürfnissen der Gegenwart anzupassen".12 In anschaulicher Weise manifestierten sich die „moralischen und politischen Dimensionen"13 dieses Diskurses an den verschiedenen kleineren und größeren - Debatten der vergangenen fünfzehn Jahre über die „richtige" Beurteilung des „Dritten Reiches" und seine Einordnung in die deutsche und europäische Geschichte, die zuweilen einem regelrechten „Kampf um die Deutung" 14 , teilweise auch einem Gefecht um die „kulturelle Hegemonie" (Antonio Gramsci) in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt glichen.15 Die konsequente Verwendung des Modemisierungsparadigmas als interpretatorischer Generalzugang zur NS-Herrschaft ist bislang ein Desiderat der Forschung geblieben. Auch wenn dieser Ansatz keineswegs einen „alles erklärenden Wunderschlüssel"16 oder eine „Zauberformel zur Erklärung des Nationalsozialismus" darstellt, so hilft er doch, „wesentliche Züge deutscher Geschichte zwischen den Krie-
10 Manfred Hettling, Geschichtswissenschaft und Öffentlichkeit, in: Paul Nolte u.a. (Hrsg.), Perspektiven der Gesellschaftsgeschichte, München 2 0 0 0 , S. 135-137, hier: S. 136. 11 Vgl. hierzu auch Lutz Niethammer, Deutschland danach, Bonn 1999, S. 4 1 5 - 4 2 0 . 12 Michael Schwab-Trapp, Ordnungen des Sprechens, in: ders./Thomas Herz (Hrsg.), Umkämpfte Vergangenheit, Opladen 1997, S. 2 1 7 - 2 4 8 , hier: S. 225f.; vgl. auch Karl Heinz Roth, Vorwort, in: ders. (Hrsg.), Erfassung zur Vernichtung, Berlin 1984, S. 6. 13 Ian Kershaw, Der NS-Staat, erw. u. bearb. Neuaufl. Reinbek bei Hamburg 1999 (engl. 1985), S. 7; vgl. auch ebd., S. 2 7 - 3 8 . 14 Ulrich von Hehl, Kampf um die Deutung, in: E l b 117 (1997), S. 4 0 6 - 4 3 6 . 15 Vgl. Bernd Faulenbach, Der Streit um die Gegenwartsbedeutung der NS-Vergangenheit, in: AfS 28 ( 1 9 8 8 ) , S. 6 0 7 - 6 3 3 , hier: S. 6 3 3 . Einen Überblick über die öffentlichen Debatten zum „Dritten Reich" in der Bundesrepublik Deutschland liefern: Aleida Assmann/Ute Frevert, Geschichtsvergessenheit, Geschichtsversessenheit, Stuttgart 1999; Doris L. Bergen, Controversies About the Holocaust, in: Hartmut Lehmann (Hrsg.), Historikerkontroversen, Göttingen 2 0 0 0 , S. 141-174; Christoph Comelißen, Der „Historikerstreit" über den Nationalsozialismus seit 1945, in: ders ./Holger Afflerbach (Hrsg.), Sieger und Besiegte, Tübingen/Basel 1997, S. 3 3 5 - 3 6 3 ; Norbert Frei, Vergangenheitspolitik, München 1996; von Hehl, Kampf um die Deutung; Jeffrey Herf, Zweierlei Erinnerung, Berlin 1998; Thomas Herz/Michael Schwab-Trapp (Hrsg.), Umkämpfte Vergangenheit, Opladen 1997; Steffen Kailitz, Die politische Deutungskultur im Spiegel des „Historikerstreits", Wiesbaden 2 0 0 1 ; Gabriele Metzler, Doppelte Vergangenheit, in: HJb 120 (2000), S. 3 9 6 - 4 2 0 ; Bill Niven, Facing the Nazi Past, London/New York 2 0 0 2 ; Peter Reichel, Vergangenheitsbewältigung in Deutschland, München 2 0 0 1 ; Edgar Wolfrum, Geschichtspolitik in der Bundesrepublik Deutschland, Darmstadt 1999. 16 Rainer Zitelmann, Historiographische Vergangenheitsbewältigung und Modemisierungstheorie, in: Bernd Faulenbach/Martin Stadelmeier (Hrsg.), Diktatur und Emanzipation, Koblenz 1993, S. 1 1 1 - 1 3 5 , hier: S. 122.
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Einleitung
gen systematischer als bislang zu erklären". 17 Sicherlich kann der Nationalsozialismus nicht nur aus den Besonderheiten der deutschen Geschichte heraus interpretiert werden; Konflikte, Spannungen und Krisen des Modernisierungsprozesses sollten zumindest den Rahmen der Erklärung bilden. Das Modernisierungsparadigma bietet die Chance, das „Dritte Reich" in größere Zusammenhänge einzuordnen, die Frage nach Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts neu zu verhandeln und den historischen Ort des Nationalsozialismus in der deutschen, europäischen und globalen Geschichte näher zu bestimmen. Darüber hinaus kann es für den in den neunziger Jahren wieder neu belebten, von einer Renaissance der Totalitarismustheorie begleiteten Diktaturenvergleich fruchtbar gemacht werden. Hier ergibt sich ein wichtiger, beinahe sämtliche gesellschaftspolitischen Bereiche umfassender und durchdringender Vergleichspunkt, der einer komparativen Analyse verschiedener - diktatorischer wie demokratischer - Staaten beim Ausloten von Gemeinsamkeiten und Differenzen dienlich sein kann. Der neuere Diskurs um das Verhältnis von Nationalsozialismus und Moderne läßt insbesondere zwei parallel verlaufende, sich freilich zuweilen miteinander verbindende Deutungslinien erkennen: Während die eine Variante sich auf die Ambivalenz des Phänomens der Moderne konzentriert, zeigt sich die andere einer modifizierten Modernisierungstheorie verpflichtet; geht es ersterer vor allem um die Frage, ob die Nationalsozialisten als „modernists" zu bezeichnen seien, erörtert letztere vornehmlich das Problem, ob diese auch als „modernizers" charakterisiert werden können. 18 Die erstere Linie vertretend, haben vor allem durch die Modernitätskritik der siebziger und achtziger Jahre geprägte Historiker - als Beispiele sind hier Götz Aly, Susanne Heim und Karl Heinz Roth zu nennen 19 - daraufhingewiesen, daß im Nationalsozialismus destruktive Potentiale des modernen, kapitalistischen Zivilisationsprozesses zum Ausdruck gekommen seien. Gemeinsam mit Detlev Peukert wandten sie sich gegen Deutungen der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik als unzeitgemäßen Einbruchs mittelalterlicher Barbarei in eine prinzipiell humane, moderne Zivilisation. Das Verhältais von „Holocaust", oder allgemeiner: von „Genozid und Moderne" 20 , erfährt ebenso wie der Zusammenhang von „Modernität und Barbarei" 21 gerade in den letzten Jahren eine eingehendere Betrachtung. Diese Beziehung zu klären, „lies at the very heart of understanding National Socialism", wie Mark Roseman bemerkt hat. 22 Immer mehr scheint man zu der Erkenntnis zu gelangen, daß in der Moderne „Humanität und Bestialität, Freiheit und Unterdrückung, Demokratie und Diktatur multivalent nebeneinander existieren können" 23 , 17 Michael Prinz, Nachwort, in: ders./Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 335-361, hier: S. 360 (Hervorhebung im Original). 18 Zu dieser Begrifflichkeit vgl. Peter Fritzsche, Nazi Modern, in: Modernism/modernity 3 (1996), No. 1,S. 1-21, hier: S. 3. 19 Vgl. etwa Susanne Heim/Götz Aly, Wider die Unterschätzung der nationalsozialistischen Politik, in: Wolfgang Schneider (Hrsg.), „Vernichtungspolitik", Hamburg 1991, S. 165-175, hier: S. 168; vgl. dazu auch Michael Burleigh, Ethics and Extermination, Cambridge 1997, S. 170; Ernst Köhler, Das Morden theoretisch eingeebnet, in: Schneider (Hrsg.), „Vemichtungspolitik", S. 89-102. 20 Zygmunt Bauman, Dialektik der Ordnung, Hamburg 1992; Mihran Dabag/Kristin Platt (Hrsg.), Genozid und Moderne, Opladen 1998. 21 Vgl. Max Miller/Hans-Georg Soeffner (Hrsg.), Modernität und Barbarei, Frankfurt a.M. 1996. 22 Mark Roseman, National Socialism and Modernisation, in: Richard Bessel (Hrsg.), Fascist Italy and Nazi Germany, Cambridge 1996, S. 197-229, hier: S. 198. 23 Klaus Hildebrand, Revolutionär oder Reaktionär?, in: Süddeutsche Zeitung, 29.9.1987.
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daß „totalitäre Möglichkeiten von den institutionellen Parametern der Moderne nicht ausgeschlossen werden, sondern vielmehr in ihnen enthalten sind".24 Der zweiten Deutungsvariante zugehörig, hat sich eine andere Gruppe von Historikern (in erster Linie Rainer Zitelmann und Michael Prinz) in die Modernisierungsdebatte eingeschaltet, die sich an einigen „klassischen" modernisierungstheoretischen Indikatoren orientiert. Die unter verschiedenen Perspektiven entwickelten Deutungsmuster beider - sich zuweilen regelrecht bekämpfender25 - Gruppierungen treffen allerdings in einem Bereich unweigerlich zusammen: der nationalsozialistischen Sozialpolitik. Hier geht es nicht nur um modernisierende Elemente, die positive Kontinuitätslinien vom Kaiserreich über die NS-Herrschaft hinaus bis in die Bundesrepublik zutage fördern; wegen der starken rassendogmatischen, biologistischen Durchdringung der Sozial- und Gesellschaftspolitik geht es hier auch um die „blutigen Fundamente" des Sozialsystems der Bundesrepublik sowie um die Ambivalenz modemer Wohlfahrtsstaatlichkeit insgesamt.26 Im einzelnen diskutiert die Forschung hauptsächlich folgende Hypothesen27: Erstens·. Die nationalsozialistische Gesellschaftspolitik und Sozialplanung erhöhte die Partizipationschancen breiter Bevölkerungsschichten28, steigerte die soziale Mobilität29 und nivellierte in gewissem Maße die Kluft zwischen Arbeitern und Angestellten30. Zweitens: Im „Dritten Reich" entwickelten sich bereits Ansätze einer modernen Konsumgesellschaft. 31 Drittens: Der nationalsozialistische Wohnungsbau war ein Vorreiter des Sozialen Wohnungsbaus der Nachkriegszeit.32 Viertens: Die Armee wurde durch die weitreichende Ausschaltung der adligen Offizierselite in die Gesellschaft integriert und formte mit dem „Volksgenossen in Uniform" den Prototyp des späteren „Staatsbürgers in Uniform".33 Fünftens: Das NS-Regime förderte
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Anthony Giddens, Konsequenzen der Moderne, Frankfurt a.M. 1995, S. 17; vgl. auch Manfred Faßler, Geschichte als Zucht, in: Hartmut Schröter/Sabine Gürtler (Hrsg.), Parabel - Ende der Geschichte, Münster 1986, S. 56-68, hier: S. 67f. 25 Vgl. etwa Karl Heinz Roth, Verklärung des Abgrunds, in: 1999 7 (1992), Η. 1, S. 7-11, der sich scharf gegen eine „nachträgliche .Revolutionierung' der NS-Diktatur" durch die Berliner „Zitelmänner" wendet; vgl. auch ders., Der historische Revisionismus in Deutschland, in: 1999 9 (1994), H. 4, S. 7-11; ders., Erfolglose Solidaritätskampagne für den rechtsextremistischen Historiker Rainer Zitelmann, in: 1999 9 (1994), H. 3, S. 149f. 26 Karl Heinz Roth, Vorwort, in: ders. (Hrsg.), Erfassung zur Vernichtung, Berlin 1984, S. 5; vgl. Norbert Frei, Wie modern war der Nationalsozialismus?, in: GG 19 (1993), S. 367-387, hier: S. 373. 27 Vgl. zum folgenden auch Günter Könke, „Modernisierungsschub" oder relative Stagnation?, in: GG 20 (1994), S. 584-608, hier: S. 585f.; Hans-Ulrich Thamer, Der Nationalsozialismus, Stuttgart 2002, S. 416f. 28 Vgl. Ronald Smelser, Robert Ley - Hitlers Mann an der Arbeitsfront", Paderborn u.a. 1989, S. 299ff. 29 Vgl. Rainer Zitelmann, Die totalitäre Seite der Moderne, in: ders./Prinz (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 1-20, hier: S. 16f. 30 Vgl. Michael Prinz, Vom neuen Mittelstand zum Volksgenossen, München 1986, S. 334f.; ders., Die soziale Funktion moderner Elemente in der Gesellschaftspolitik des Nationalsozialismus, in: ders./Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 297-327, hier: S. 316f. 31 Vgl. Hans Dieter Schäfer, Das gespaltene Bewußtsein, München/Wien 1981, S. 116ff. 32 Vgl. Tilman Harlander/Gerhard Fehl (Hrsg.), Hitlers sozialer Wohnungsbau 1940-1945, Hamburg 1986, S. 1 Iff., 30. 33 Vgl. Bernhard R. Kroener, Strukturelle Veränderungen in der militärischen Gesellschaft des Dritten Reiches, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 267296, hier: S. 292ff.; ders., Auf dem Weg zu einer „nationalsozialistischen Volksarmee", in: Martin
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die technologische Innovation und war insgesamt wissenschaftsfreundlich eingestellt und technikbegeistert.34 Sechstens: Der Nationalsozialismus trug (unfreiwillig) zu der Emanzipation der Frau bei.35 Im allgemeinen changiert das Explanandum in den unterschiedlichen, vom Modernisierungsparadigma geleiteten NS-Studien zwischen der Gesellschaft der Bundesrepublik - ihrer ökonomischen Prosperität, ihrer vergleichsweise hohen sozialen Integration und ihrer politischen Stabilität wie auch ihren Krisenphänomenen - auf der einen und der Entstehung und Struktur des Nationalsozialismus auf der anderen Seite.36 Vor diesem Hintergrund lassen sich folgende, für das Verständnis des „Dritten Reiches" zentrale Fragen formulieren: Worin bestand die Attraktivität der NSBewegung, die Millionen Deutsche dem Nationalsozialismus zuströmen ließ; worin lag die offenbar außergewöhnlich hohe Anziehungskraft des NS-Regimes, die gemeinsam mit Terror und Zwang - einen Großteil der deutschen Bevölkerung an das „Dritte Reich" zu binden vermochte? Was verhalf dem Nationalsozialismus zu seiner ,,unerhörte[n] Suggestions-, Mobilisations- und Leistungskraft"37? Was war sein substantieller Beitrag zur Modernisierung der deutschen Gesellschaft? Hat er Modernisierungstrends aufgenommen, verlangsamt oder beschleunigt? Ging die deutsche Gesellschaft aus der NS-Herrschaft als eine revolutionär gewandelte hervor? Hat das NS-Regime vielleicht sogar in originärer Weise entscheidende Modernisierungsschübe erst bewußt angestoßen - durch eine kohärente, in sich schlüssige moderne Gesellschaftspolitik? Ist die NS-Zeit als epochaler Einschnitt innerhalb des langfristigen Entwicklungstrends moderner Industriegesellschaften zu werten, oder wurden während des „Dritten Reiches" nur Prozesse nachvollzogen, die ohnehin in der Entwicklungslogik der säkularen Modernisierung angelegt waren? Hat der Nationalsozialismus einige dieser Trends gleichsam affiziert, ihre „pathologischen", krankhaften Seiten zum Vorschein gebracht, verstärkt und zu einer bis dato nicht für möglich gehaltenen Vemichtungskraft potenziert? Und, last but by no means least. Wie war der Holocaust möglich „inmitten aller Tradition der Philosophie, der Kunst und der aufklärenden Wissenschaften"38?
Broszat u.a. (Hrsg.), Von Stalingrad zur Währungsreform, München 1988, S. 651-682, hier: S. 653f. Vgl. Rainer Zitelmann, Nationalsozialismus und Moderne, in: Werner Süß (Hrsg.), Übergänge Zeitgeschichte zwischen Utopie und Machbarkeit, Berlin 1989, S. 195-223, hier: S. 207f.; ders., Hitler - Selbstverständnis eines Revolutionärs, 4. erw. Neuaufl. München 1998 (zuerst 1987), S. 358ff. 35 Vgl. ders., Nationalsozialismus und Moderne, S. 215ff. 36 Vgl. Michael Prinz, Ein Grenzfall - Nationalsozialismus und Modernisierung, in: Dieter Breuer/Gertrude Cepl-Kaufmann (Hrsg.), Moderne und Nationalsozialismus im Rheinland, Paderborn u.a. 1997, S. 21-33, hier: S. 27; ders., Nachwort, in: ders./Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 343, 345; ders., Demokratische Stabilisierung, in: Westfälische Forschungen 43 (1993), S. 655-675, hier: S. 664f.; ders., Diskussionsbeitrag, in: Bernd Faulenbach/FranzJosef Jelich (Hrsg.), Reaktionäre Modernität und Völkermord, Essen 1994, S. 29f.; vgl. auch Paul Erker, Zeitgeschichte als Sozialgeschichte, in: GG 19 (1993), S. 202-238, hier: S. 216, 225. 37 Martin Broszat, Plädoyer für eine Historisierung des Nationalsozialismus, in: ders., Nach Hitler, hrsg. von Hermann Graml u. Klaus-Dietmar Henke, München 1986, S. 159-173, hier: S. 160; vgl. auch Michael Prinz, Der Nationalsozialismus - eine „Braune Revolution"?, in: Manfred Hettling (Hrsg.), Revolution in Deutschland?, Göttingen 1991, S. 70-89, hier: S. 86. 38 Theodor W. Adorno, Negative Dialektik, in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 6, hrsg. von Rolf Tiedemann, Neuausg. Darmstadt 1998, S. 7-412, hier: S. 359 (zuerst 1966); ähnlich auch: Ralf Dahrendorf, Gesellschaft und Demokratie in Deutschland, München 1975, S. 17,415f. 34
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Doch wie kann man feststellen, ob einzelne Modemisierungsprozesse nicht ganz ähnlich verlaufen wären, hätte es das „Dritte Reich" nicht gegeben? 39 Eigentlich, so ist einmal geäußert worden, müsse man ein hypothetisches Alternativ-Modell entwerfen, die Entwicklung gleichsam ceteris paribus, aber ohne die nationalsozialistische „Machtergreifung", bis ins Jahr 1945 fortschreiben, um im Sinne einer kontrafaktischen Reflexion abschätzen zu können, zu welchen Veränderungen es gekommen wäre, wenn der Nationalsozialismus nicht existiert hätte. Häufig erscheint es ausgesprochen schwierig, zwischen Veränderungen, die das NS-Regime unmittelbar herbeiführte, und denen, die mittelbar oder sogar unbeabsichtigt, gleichsam a tergo durch den Nationalsozialismus begünstigt wurden, zu differenzieren.41 Auch ist es oftmals nur schwer möglich, die NS-spezifischen Modernisierungseffekte von den vorwärtswirkenden Kriegsfolgen 42 zu trennen. Gleichwohl sollte zumindest versucht werden, zwischen intendierter Modernisierung einerseits und bloß in Kauf genommener, gewissermaßen aleatorischer und akzidentieller Modernisierung andererseits zu unterscheiden. Daher ist fur jeden gesellschaftspolitischen Bereich erst einmal zu klären, worin denn eigentlich die - teilweise recht unbestimmte, wenig festgefugte - nationalsozialistische Ideologie bestand, die sich einem nicht als einheitliche Formation darbietet, sondern von den führenden NSRepräsentanten häufig ganz unterschiedlich verstanden wurde, wobei das Interpretationsmonopol zu jeder Zeit und unmißverständlich bei Hitler lag. Insbesondere ist zwischen nationalsozialistischer Bewegung und nationalsozialistischer Herrschaft zu differenzieren, wird sich doch zeigen, daß sich seit der „Machtergreifung" das „Gewicht von Reaktion und Modernisierung unvermeidlich zugunsten des letzteren [verlagerte]". 43 Femer stellen die zwölf Jahre nationalsozialistischer Herrschaft ohnehin einen vergleichsweise kurzen Zeitraum dar, so daß deutliche Impulse im säkularen Modernisierungsprozeß allein schon deswegen nicht leicht auszumachen sind. Nicht zuletzt sollte strikt zwischen subjektiv wahrgenommener und „statistisch meßbarer Realität" methodisch sauber unterschieden werden. 44 In ganz essentieller Weise aber bestimmt die Frage nach der angemessenen Begrifflichkeit die Beurteilung des Verhältnisses von Nationalsozialismus und Moderne. Zu Recht betont Peter Steinbach, „daß das Urteil über die Modernisierungsleistungen des NS-Regimes letztlich von Begriffen und Konzepten der Modernisie-
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Zu diesem Problem vgl. insbesondere Klaus Tenfelde, 1914 bis 1990, in: Manfred Hettling u.a. (Hrsg.), Was ist Gesellschaftsgeschichte?, München 1991, S. 70-80, hier: S. 73f.; vgl. auch Michael Schneider, „Volkspädagogik" von rechts, in: AfS 35 (1995), S. 532-581, hier: S. 565. 40 Vgl. T. Sarrazin, Diskussionsbeitrag, in: Jürgen Kocka (Hrsg.), Theorien in der Praxis des Historikers, Göttingen 1977, S. 109. 41 Vgl. Kershaw, NS-Staat, S. 248; Horst Matzerath/Heinrich Volkmann, Modernisierungstheorie und Nationalsozialismus, in: Kocka (Hrsg.), Theorien in der Praxis des Historikers, S. 86-116, hier: S. 94. 42 Vgl. dazu insbesondere Jeremy Noakes, Nazism and Revolution, in: Noel O'Sullivan (Hrsg.), Revolutionary Theory and Political Reality, Bury St. Edmunds 1983, S. 73-100, hier bes.: S. 96; Lutz Raphael, Die Verwissenschaftlichung des Sozialen als methodische und konzeptionelle Herausforderung für eine Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, in: GG 22 (1996), S. 165-193, hier: S. 187; sowie Arthur Marwick (Hrsg.), Total War and Social Change, London 1988; Yasushi Yamanouchi u.a. (Hrsg.), Total War and „Modernization", Ithaca/New York 1998. 43 Klemens von Klemperer, Mythos und Moderne, in: Die Zeit, 19.9.1991. 44 Vgl. von Hehl, NS-Herrschaft, S. 103; vgl. auch Thamer, Nationalsozialismus, S. 423.
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rung, der Moderne und der Modernität abhängt".45 Den äußerst diffusen Begriff der Modernisierung konkreter zu fassen ist eine Aufgabe, an der sich schon zahlreiche Wissenschaftler verschiedener Disziplinen jahrzehntelang versucht haben.46 Nach Reinhard Bendix' Definition - auf die in der Forschungsliteratur am häufigsten rekurriert wird - bezeichnet Modernisierung einen „Typus des sozialen Wandels, der seinen Ursprung in der [...] Industriellen Revolution, von 1760 bis 1830, und in der [...] Französischen Revolution, von 1789 bis 1794, hat". Modernisierung bestehe im „wirtschaftlichen und politischen Fortschritt einiger Pioniergesellschaften und den darauf folgenden Wandlungsprozessen der Nachzügler".4 Wolfgang Zapf zufolge kann Modernisierung dreierlei bedeuten: erstens ebendiesen säkularen Prozeß seit der „doppelten Revolution" gegen Ende des 18. Jahrhunderts, zweitens die Aufholprozesse unterentwickelter Gesellschaften („nachholende Modernisierung" bzw. „Transformation") und drittens die Bemühungen moderner Gesellschaften selbst, durch Innovation und Reformen die Entwicklung in Gang zu halten und neue Herausforderungen zu bewältigen („weitergehende Modernisierung").48 Im
Steinbach, Neuauflage des „Historikerstreits"?, S. 176; vgl. auch Bemd Faulenbach, Zum Stand der wissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion über den Nationalsozialismus, in: Sabine Blum-Geenen u.a. (Hrsg.), „Bruch und Kontinuität", Essen 1995, S. 15-29, hier: S. 2 3 ; HansUlrich Thamer, Das Dritte Reich, in: Karl Dietrich Bracher u.a. (Hrsg.), Deutschland 1 9 3 3 - 1 9 4 5 , Düsseldorf 1993, S. 5 0 7 - 5 3 1 , hier: S. 5 1 8 , 530.
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Vgl. etwa Johannes Berger (Hrsg.), Die Moderne, Göttingen 1986; ders., Was behauptet die Modemisierungstheorie wirklich - und was wird ihr bloß unterstellt?, in: Leviathan 2 4 (1996), S. 4 5 - 6 2 ; Peter Flora, Modemisierungsforschung, Opladen 1974; Anthony Giddens, Konsequenzen der Moderne, Frankfurt a.M. 1995 (engl. 1990); Gerhart von Graevenitz (Hrsg.), Konzepte der Moderne, Stuttgart/Weimar 1999; Hans Ulrich Gumbrecht, Modern, Modernität, Moderne, in: Otto Brunner u.a. (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 4, Stuttgart 1978, S. 9 3 - 1 3 1 ; Jürgen Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne, Frankfurt a.M. 1985; Stefan Immerfall, Sozialer Wandel in der Moderne, in: NPL 36 (1991), S. 5-48; Ronald Inglehart, Modernisierung und Postmodemisierung, Frankfurt a.M./New York 1998 (am. 1997); Susanne Kraft, „Modernisierung" und „Individualisierung", Diss. Regensburg 1992; Christian Lahusen/Carsten Stark, Modernisierung, München/Wien 2 0 0 0 ; Hans van der Loo/Willem van Reijen, Modernisierung, München 1992; Niklas Luhmann, Beobachtungen der Moderne, Opladen 1992; Heinrich Meier (Hrsg.), Zur Diagnose der Moderne, München/Zürich 1990; Mergel, Geht es weiterhin voran?; Paul Nolte, Modernisierungstheorien, in: Stefan Jordan (Hrsg.), Lexikon Geschichtswissenschaft, Stuttgart 2 0 0 2 , S. 2 1 8 - 2 2 2 ; Talcott Parsons, Das System modemer Gesellschaften, 5. Aufl. Weinheim/München 2 0 0 0 (am. 1971); Wolfgang Reinhard, Historiker, „Modernisierung" und Modernisierung, in: Walter Haug/Burghart Wachinger (Hrsg.), Innovation und Originalität, Tübingen 1993, S. 5 3 - 6 9 ; Günther Schäfer, Modernisierung der Vergangenheit, Hamburg 1990; Anton Sterbling, Modernisierung und soziologisches Denken, Hamburg 1991; Peter Wagner, Soziologie der Moderne, Frankfurt a.M./New York 1995; Hans-Ulrich Wehler, Modernisierungstheorie und Geschichte, in: ders., Die Gegenwart als Geschichte, München 1995, S. 13-59 (zuerst 1975); ders., Modernisierung und Modernisierungstheorien, in: ders., Umbruch und Kontinuität, München 2 0 0 0 , S. 2142 5 0 ; Peter Wehling, Die Moderne als Sozialmythos, Frankfurt a.M./New York 1992; Wolfgang Zapf (Hrsg.), Theorien des sozialen Wandels, Köln/Berlin 1969; ders. (Hrsg.), Die Modernisierung moderner Gesellschaften, Frankfurt a.M./New York 1991; Peter V . Zima, Modeme/Postmoderne, 2. Überarb. Aufl. Tübingen/Basel 2001 (zuerst 1997). 46
Reinhard Bendix, Modernisierung in internationaler Perspektive, in: Zapf (Hrsg.), Theorien des sozialen Wandels, S. 5 0 5 - 5 1 2 , hier: S. 506f., 510; vgl. ders., Tradition and Modernity Reconsidered, in: Comparative Studies in Society and History 9 (1966/67), S. 2 9 2 - 3 4 6 , hier: S. 324f., 329ff.; ähnlich auch: Thomas Nipperdey, Probleme der Modernisierung in Deutschland, in: Saeculum 3 0 ( 1 9 7 9 ) , S. 2 9 2 - 3 0 3 , hier: S. 292.
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Vgl. Wolfgang Zapf, Modernisierung und Transformation, in: ders./Bernhard Schäfers (Hrsg.), Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands, Opladen 1998, S. 4 7 2 - 4 8 2 , hier: S. 4 7 2 f . ; ders.,
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weitesten Sinne meint Modernisierung „die sich wechselseitig beeinflussenden Strukturveränderungen in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft" wie beispielsweise Industrialisierung, Tertiärisierung, Säkularisierung, Individualisierung, Differenzierung oder Rationalisierung.49 Als das Signum der Moderne begreift Lothar Gall den „über alle bisherige historische Erfahrung beschleunigte[n] Wandel der überkommenen Lebensverhältnisse und Lebensformen", der in der Vergangenheit nicht selten „zu einer tiefen Verunsicherung, zu einer vielgestaltigen Identitätskrise führte". Die Moderne dient ihm vornehmlich als „allgemeiner Interpretationsrahmen [...], der den Vorteil hat, daß er die Antinomien und Disparitäten, die tiefen Widersprüche der Epoche und ihrer Erscheinungsformen als solche bestehen läßt und zum Thema macht".50 Herbert Schnädelbach dagegen hält „die Moderne" für einen „Sozialmythos", weil sie heterogene und vielschichtige gesellschaftliche Phänomene zu „singulären Großobjekten" totalisiere.51 Anderen erscheint die terminologische Trias von Modernisierung, Modernität und Moderne als „universal, unabdingbar und gleichzeitig substanzlos", da sie „ständig Inhalt und Gestalt" wechsele.52 Gerade in dieser „vagen Vieldeutigkeit" vermutet Peter Wehling ihre „hohe Attraktivität und Funktionalität nicht nur für die (Sozial-)Wissenschaften, sondern [...] auch für das Alltagsbewußtsein".53 Während einerseits der vage Charakter dieser Konzepte durchaus als Chance begriffen werden kann, historische Tatsachen durch ein flexibles und ergänzungsfähiges makrosoziologisches Konzept zueinander in Beziehung zu setzen, muß andererseits der Gefahr einer gewissen begrifflichen Beliebigkeit entgangen werden, um zu verhindern, daß die Begriffe „Modernisierung", „Modernität" und „Moderne" zu Leerformeln verkommen, daß man an einem gewissen Punkt nicht mehr eindeutig zu entscheiden vermag, „what distinguishes modernisation from any other kind of policy or process".54 Darüber hinaus werden diese Begriffe - ähnlich dem zuweilen mit „Modernisierung" sogar synonym gebrauchten Revolutionsbegriff 55 - meistens normativ ver-
Die Modemisierungstheorie und unterschiedliche Pfade der gesellschaftlichen Entwicklung, in: Leviathan 24 (1996), S. 63-77, hier: S. 63, 67; ders., Modernisierung und Modernisierungstheorien, in: ders., Modernisierung, Wohlfahrtsentwicklung und Transformation, Berlin 1994, S. 1 Π Ι 27 (zuerst 1991), hier: S. 125f. 49 Ders., Sozialer Wandel, in: ders., Modernisierung, Wohlfahrtsentwicklung und Transformation, S. 11 -22 (zuerst 1988), hier: S. 18. 50 Lothar Gall, Europa auf dem Weg in die Moderne 1850-1890, 3. Überarb. u. erw. Aufl. München 1997 (zuerst 1983), S. lf.; vgl. auch ders., Von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft, München 1993, S. 53; sowie Göran Therborn, European Modernity and Beyond, London u.a. 1995, S. 3. 51 Herbert Schnädelbach, Die Aktualität der Dialektik der Aufklärung, in: Harry Kunneman/Hent de Vries (Hrsg.), Die Aktualität der „Dialektik der Aufklärung", Frankfurt a.M./New York 1989, S. 15-35, hier: S. 25f.; vgl. auch Wehling, Moderne als Sozialmythos, S. 10; vgl. ferner Peter Osborne, The Politics of Time, London/New York 1995, S. 5, 13ff., 28f., 116f. 52 Schäfer, Modernisierung der Vergangenheit, S. 7; vgl. auch M. Rainer Lepsius, Modernität und Barbarei, in: Miller/Soeffner (Hrsg.), Modernität und Barbarei, S. 359-364, hier: S. 360ff. 53 Wehling, Moderne als Sozialmythos, S. 14f. 54 Roseman, National Socialism and Modernisation, S. 215. 55 Vgl. insbesondere Karl Dietrich Bracher, Das Janusgesicht der modernen Revolutionen, in: Jürgen Heideking u.a. (Hrsg.), Wege in die Zeitgeschichte, Berlin/New York 1989, S. 210-227, hier: S. 212f.; ders., Der Nationalsozialismus in Deutschland, in: ders./Leo Valiani (Hrsg.), Faschismus und Nationalsozialismus, Berlin 1991, S. 25-40, hier: S. 32f.; vgl. auch Noel O'Sullivan,
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wendet, wobei sie vor allem durch ihre Verknüpfung mit dem westlich geprägten (optimistischen) Fortschrittsbegriff gleichsam „ideologisch .vorbelastet'" sind.56 An dieser Stelle sei an Wilhelm Diltheys Erkenntnis erinnert, daß nicht nur die Vergangenheit Bedeutung für die jeweilige Gegenwart habe, sondern daß auch das, „was wir unserer Zukunft als Zweck setzen, [...] die Bestimmmung der Bedeutung des Vergangenen [bedingt]".57 So kann es für den Historiker nachgerade einer paradoxen Handlungsanweisung gleichkommen, vor dem Hintergrund eines mehr oder weniger optimistischen Zukunftsbildes einer demokratischen (Post-)Moderne modernisierende Tendenzen in eben jener NS-Diktatur ausfindig machen zu sollen, die einem prima vista doch gänzlich anti-modern und reaktionär scheinen möchte. Die mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten Ost- bzw. Ostmitteleuropas einsetzende Stimmung, man lebe im demokratisch-freiheitlichen, neoliberalistischen posthistoire, hat den das geschichtliche Okular merklich trübenden Fortschrittsoptimismus noch beflügelt 8 , auch wenn sich dieses Hochgefühl angesichts neuer katastrophisch-kriegerischer Erfahrungen in den neunziger Jahren wieder etwas gelegt und die Rede vom „Ende der Geschichte"59 keine Konjunktur mehr zu haben scheint. Wofür an dieser Stelle zumindest plädiert werden soll, ist die Einsicht in die prinzipielle Kontingenz der Geschichte, in die grundsätzliche Offenheit der Zukunft 60 , die ein vergleichsweise unverzerrtes Bild von der Vergangenheit erst ermöglicht. So ist der Begriff der Modernität kaum auf irgendein - wie auch immer geartetes - Zukunftsbild hin zu orientieren, sondern ausschließlich deskriptiv zu verwenden und überdies selbst zu historisieren, indem als Maßstab genommen wird, was in den dreißiger Jahren als modern galt. Wie vage und diffus die Begriffe „Modernisierung", „Modernität" und „Moderne" auch sein mögen: Auf jeden Fall ist strikt zwischen modernisierenden Wirkungen und modernen Elementen des Nationalsozialismus zu unterscheiden. So darf etwa der Holocaust gewiß als modernes Phänomen, als Teil der Moderne gelten, doch hatte er wohl kaum modernisierende Effekte zur Folge. Eine besondere Problematik ergibt sich in diesem Kontext auch dadurch, daß in der Nachkriegszeit
An Introductory Essay - Revolution and Modernity, in: ders. (Hrsg.), Revolutionary Theory and Political Reality, Bury St. Edmunds 1983, S. 3-22, hier bes.: S. 4. 56 Kershaw, NS-Staat, S. 248. 57 Wilhelm Dilthey, Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften, Neuausg. Frankfurt a.M. 1997 (zuerst 1910), S. 288f.; vgl. auch Alexander Demandt, Endzeit? - Die Zukunft der Geschichte, Berlin 1993, S. 52f„ 110, 159. 58 Vgl. Niethammer, Deutschland danach, S. 598ff.; Johannes Weiß, Vernunft und Vernichtung Zur Philosophie und Soziologie der Moderne, Opladen 1993, S. 169-179; zu dem auf Coumot (1861) zurückgehenden, von Arnold Gehlen 1952 in die deutsche Sozialwissenschaft eingeführten Begriff posthistoire vgl. insbesondere Niethammer, Deutschland danach, S. 536ff.; ders., Posthistoire - Ist die Geschichte zu Ende?, Reinbek bei Hamburg 1989; ders., Posthistoire, in: Jordan (Hrsg.), Lexikon Geschichtswissenschaft, S. 245-248; Werner Röhr, Posthistoire, in: ZfG 42 (1994), S. 319-330. s ' Vgl. Francis Fukuyama, Das Ende der Geschichte, München 1992; vgl. dazu auch Demandt, Endzeit?; Wolf Lepenies, Melancholie und Gesellschaft, Frankfurt a.M. 1998, S. XXIVf.; Gerhard Sauter, Endzeit- oder Endvorstellungen und geschichtliches Denken, in: Manfred JakubowskiTiessen u.a. (Hrsg.), Jahrhundertwenden, Göttingen 1999, S. 377-402, hier bes.: S. 392-398; Gustav Seibt, Endliche Welt, kein Ende der Geschichte, in: Lothar Gall (Hrsg.), Das Jahrtausend im Spiegel der Jahrhundertwenden, Berlin 1999, S. 379-418, hier: S. 410ff. 60 Vgl. dazu etwa Klaus Hildebrand, Die viktorianische Illusion, in: Peter R. Weilemann u.a. (Hrsg.), Macht und Zeitkritik, Paderborn u.a. 1999, S. 17-28, hier: S. 25ff.
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bestimmte Modemisierungstendenzen aufgrund ihrer Forcierung im „Dritten Reich" nahezu blockiert oder sogar rückgängig gemacht wurden (so etwa die Säkularisierung des Schulwesens in Bayern61, die Modernisierung der deutschen Psychiatrie62, die Entwicklung der Gen- und Fortpflanzungstechnologie oder auch der ökologische Fortschritt durch die Diskreditierung der Natur- und Heimatschutzbewegung63). Die Modernität des Nationalsozialismus leistete in der Nachkriegszeit „auf einer Reihe von Gebieten Restaurationsprozessen Vorschub", so daß sich „Modernität des ,Dritten Reiches' und Modernisierung [...] nicht selten invers zueinander [verhalten]".64 Ungeachtet dieser Problematik ist hier indes zunächst einmal der heuristische Nutzen des Modemisierungsparadigmas zu betonen, das „die Fokussierung der Untersuchung auf die für die Problemstellung zentralen Variablen [erleichtert]".65 Zudem hat Peter Reichel darauf hingewiesen, daß auch die „analytischen Möglichkeiten" des Modernisierungskonzepts noch lange „nicht ausgeschöpft" seien „oder überhaupt verkannt" würden.66 Grundsätzlich ist auch Lutz Niethammer darin zuzustimmen, daß gerade eine theoriegeleitete gedankliche Durchdringung historischer Zusammenhänge eine große Chance berge (so sie sich ihrer Grenzen und Gefahren bewußt bleibe).67 Diese einleitenden Bemerkungen, die das Augenmerk auf die zentralen Aspekte und Probleme des Verhältnisses von Nationalsozialismus und Moderne richten sollten, mögen nun als Fundament dieses Forschungsberichtes dienen, der sich in zwei Teile gliedert: Zunächst wird die - ältere und neuere - Debatte um die Modernisierungswirkungen des „Dritten Reiches" skizziert, wobei insbesondere auch Martin Broszats „Historisierungspostulat", das „Sonderweg"-Theorem sowie die Problematik des diachronen und synchronen Vergleichs in den Blickpunkt der Betrachtung gerückt werden. Trotz möglicher Überschneidungen in den einzelnen Argumentationen wird die Modernisierungsdebatte vergleichsweise ausfuhrlich dargestellt, um die irisierende, die politisch-ethische Ebene der Diskussion offenbarende Farbigkeit des Diskurses in all ihren Nuancen zum Ausdruck zu bringen. Der zweite und umfangreichere Teil versucht, eine modemisierungsparadigmatisch orientierte, primär auf die Innenpolitik fokussierte Interpretation des „Dritten Reiches" zu entfalten. Diese widmet sich zuvörderst der nationalsozialistischen Gesellschaftspolitik, indem vornehmlich das Konzept der „Volksgemeinschaft", die Sozialpolitik, die Rolle der DAF, die soziale Basis der NSDAP, die Sozialstruktur der 61 Vgl. dazu Franz Sonnenberger, Die vollstreckte Reform, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 172-198, hier bes.: S. 192f., 198. 62 Vgl. dazu Hans-Walter Schmuhl, Reformpsychiatrie und Massenmord, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 239-266, hier: S. 266. Vgl. dazu Thomas Rohkrämer, Eine andere Moderne?, Paderborn u.a. 1999, bes. S. 356; Joachim Radkau, Natur und Macht, München 2000, S. 298. 64 Prinz, Soziale Funktion moderner Elemente in der Gesellschaftspolitik, S. 325. 65 So das - allerdings auf die Totalitarismustheorie bezogene - Urteil von Andreas Wirsching, Krisenzeit der „Klassischen Moderne" oder deutscher „Sonderweg"?, in: Horst Möller/Udo Wengst (Hrsg.), 50 Jahre Institut für Zeitgeschichte, München 1999, S. 365-381, hier: S. 371. Peter Reichel, Der Nationalsozialismus und die Modernisierungsfrage, in: Eugen Blume/Dieter Scholz (Hrsg.), Überbrückt, Köln 1999, S. 28-39, hier: S. 30. 67 Ihre größte Gefahr liegt gewiß darin, in geschichtsphilosophischer Manier einem „uneinholbaren Zwang zu exekutierbaren Wahrheiten" zu verfallen und historische Realitäten bis zu ihrer Verfälschung in ein starres Theoriegebäude zu zwängen (Niethammer, Deutschland danach, S. 604).
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Armee sowie die Familienpolitik und die Stellung der Frau im „Dritten Reich" in den Blick genommen werden. Sodann werden Wirtschafts- und Rüstungspolitik, die Entwicklung von Wissenschaft, Technik und Umwelt wie auch von Kunst, Kultur, Städte- und Wohnungsbau näher beleuchtet. Schließlich wird sich die Arbeit auf die nationalsozialistische Rassenpolitik konzentrieren, wobei der Holocaust als Phänomen der Moderne und in seinem Zusammenhang mit der NSBevölkerungspolitik betrachtet wird; darüber hinaus soll auf die Bedeutung der Humanwissenschaften für die Genese der „Endlösung" sowie auf die Funktion von Eugenik, Medizin und Psychiatrie in der Rassenpolitik des NS-Regimes eingegangen werden. Bei der Darstellung der Gesellschaftspolitik des NS-Regimes wird versucht, eine Isolierung der ausgewählten gesellschaftlichen Segmente zu vermeiden, indem sie so gut wie möglich - in den weiteren Kontext der übergeordneten, rassen- und außenpolitischen Zielsetzungen der NS-Herrschaft eingebettet werden. Schließlich war die „politische Religion"68 des Nationalsozialismus in erster Linie ein moderner totalitärer „Rassenstaat"69, dessen ,,eigentliche[s] Bewegungsgesetz [...] die Rassenidee"70 war. Diese von der Einsicht in den ambivalenten Charakter der Moderne geleitete Bilanz der Forschung unternimmt erstmals den Versuch, in einer Gesamtschau das kaum entwirrbar erscheinende Dickicht, als das sich einem das Verhältnis - j a , beinahe möchte man sagen: das Beziehungsgeflecht - von Nationalsozialismus und Moderne darbietet, zu durchdringen und auszuloten.
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Eric Voegelin, Die politischen Religionen, Wien 1938; vgl. in diesem Zusammenhang auch Claus-Ekkehard Bärsch, Die politische Religion des Nationalsozialismus, München 1998; Michael Burleigh, Die Zeit des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 2000; Michael Ley/Julius H. Schoeps (Hrsg.), Der Nationalsozialismus als politische Religion, Bodenheim bei Mainz 1997; Hans Maier, Politische Religionen, Freiburg i.Br. 1995; ders. (Hrsg.), „Totalitarismus" und „Politische Religionen", Paderborn u.a. 1996; ders. (Hrsg.), Wege in die Gewalt, Frankfurt a.M. 2000; ders. (Hrsg.), „Totalitarismus" und „Politische Religionen", Paderborn u.a. 2003; ders./Michael Schäfer (Hrsg.), „Totalitarismus" und „Politische Religionen", Paderborn u.a. 1997. 69 Michael Burleigh/Wolfgang Wippermann, The Racial State, Cambridge 1992. 70 Hildebrand, Drittes Reich, S. 133; vgl. ders., Vergangenes Reich, S. 669.
I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
1. Ältere Deutungen
Während Franz Borkenau im Jahre 1933 den italienischen Faschismus als eine Art Entwicklungsdiktatur, als eine Modernisierungsbewegung unterentwickelter Staaten begriff, charakterisierte fünf Jahre später Hermann Rauschning den Nationalsozialismus als ein .„System' der permanenten Vernichtung traditioneller Werte".' In Rauschnings Augen stellte die NS-Herrschaft eine „Revolution des Nihilismus" dar, eine Umwälzung, deren tiefste Zerstörungskraft ihren eigentlichen Kern ausmachte. Als die direkte Gegenbewegung zu einem recht verstandenen Konservativismus richtete sich der Nationalsozialismus seiner Ansicht nach vor allem gegen die humanen Werte der Aufklärung und der Moderne.2 Als Erklärungsangebot für den Aufstieg des Nationalsozialismus legte ferner der Publizist Karl Otten im Jahre 1941 eine an die Dialektik der Aufklärung erinnernde „sozialpsychologisch angelegte Fundamentalanalyse der Modernisierungsprozesse des 19. und 20. Jahrhunderts"3 vor. Darin machte er neben der spezifisch preußisch-deutschen Tradition des
1 Vgl. Franz Borkenau, Zur Soziologie des Faschismus, in: Ernst Nolte (Hrsg.), Theorien über den Faschismus, Köln/Berlin 1967, S. 156-181 (zuerst 1933); Hermann Rauschning, Die Revolution des Nihilismus, neu hrsg. von Golo Mann, Zürich 1964 (zuerst 1938); vgl. dazu auch Joachim Petzold, War Hitler ein Revolutionär?, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 23 (1978), S. 186-205, hier: S. 190; Axel Schildt, NS-Regime, Modernisierung und Moderne, in: Dan Diner/Fritz Stern (Hrsg.), Nationalsozialismus aus heutiger Perspektive, Gerlingen 1994, S. 3-22, hier: S. 4f. 2 Vgl. dazu Schildt, NS-Regime, S. 5; vgl. auch Anthony Carty, Der Nihilismus-Begriff in Hermann Rauschnings Die Revolution des Nihilismus, in: Jürgen Hensel/Pia Nordblom (Hrsg.), Hermann Rauschning, Warschau 2002, S. 91-111; zum Urteil zeitgenössischer Historiker vgl. überdies Bernd Faulenbach, Die „nationale Revolution" und die deutsche Geschichte, in: Wolfgang Michalka (Hrsg.), Die nationalsozialistische Machtergreifung, Paderborn u.a. 1984, S. 357-371, hier: S. 366. 3 Dieter Breuer, Modernisierung und Nationalsozialismus, in: ders./Gertrude Cepl-Kaufmann (Hrsg.), Moderne und Nationalsozialismus im Rheinland, Paderborn u.a. 1997, S. 35-44, hier: S. 35.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
Militarismus und der „Todessehnsucht" aus zivilisationskritischer Perspektive heraus in erster Linie die durch eine fortschreitende Amerikanisierung begünstigte „Vermassung" und „Uniformierung" sowie die sich rasant beschleunigende Rationalisierung, Technisierung und Bürokratisierung fur den Aufstieg Hitlers verantwortlich. Mit anderen Worten: Die mit einem erheblichen Werteverfall einhergehende Zunahme der Massenkultur habe in hohem Maße zum Sieg der nationalsozialistischen Bewegung beigetragen.4 Auch nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte vornehmlich in religiös-konservativ geprägten, der Moderne gegenüber ausgesprochen skeptisch eingestellten Teilen der deutschen Öffentlichkeit (und Historikerschaft) durchaus die Vorstellung des Nationalsozialismus als eines modernen Phänomens. Manchen - wie etwa Friedrich Meinecke oder Gerhard Ritter - erschien der Nationalsozialismus auch als ein Produkt von Industrialisierung und Säkularisierung, als ein Erbe der Französischen Revolution, des Ursprungs der Moderne. Gefordert wurde daher eine Rückbesinnung auf die kulturellen Leistungen der deutschen Vergangenheit.5 Den westdeutschen Strukturhistorikem der fünfziger Jahre eignete zudem eine „ambivalente Sicht der Moderne", die sich auch in der Beurteilung des Nationalsozialismus manifestierte: als Krisenerscheinung des modernen Zeitalters, als mit bedingt durch „Vermassung" und „Entsittlichung".6 Aus gänzlich anderer Motivation heraus verlieh auch Max Horkheimer in dem Buch Eclipse of Reason (1947) seiner - sich bereits in einem 1939 publizierten Artikel7 andeutenden - Überzeugung Ausdruck, der Nationalsozialismus habe das wahre Gesicht der modernen kapitalistischen Gesellschaft zutage gefordert.8 In der Dialektik der Aufklärung vertrat er gemeinsam mit Theodor W. Adorno die Auffassung, daß der „Fluch des unaufhaltsamen Fortschritts [...] die unaufhaltsame Regression" sei, daß die instrumentelle, allein auf zweckrationale Effizienz zielende Vernunft in der „verwalteten Welt" der Moderne die totale Herrschaft angetreten habe.9 Und gemäß seinem Diktum, daß „der Begriff des Fortschritts [...] in der Idee
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Karl Otten, Geplante Illusionen, Frankfurt a.M. 1989 (engl. 1942), S. 55, 64f.; zu Otten vgl. Daniel Azuelos, Der Nationalsozialismus aus der Sicht der exilierten Philosophen, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler (1933-1945), in: Saeculum 50 (1999), S. 98-151, hier: S. 104f., 144; Breuer, Modernisierung und Nationalsozialismus; ähnlich auch: Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, 7. Aull. München/Zürich 2000 (am. 1951), S. 677, 682; Emil U d e rer, Der Massenstaat, eingel. u. hrsg. von Claus-Dieter Krohn, Graz/Wien 1995 (am. 1940). 5 Vgl. Friedrich Meinecke, Die deutsche Katastrophe, Wiesbaden 1946, bes. S. 8ff.; Gerhard Ritter, Europa und die deutsche Frage, München 1948, bes. S. 43, 51; vgl. dazu Jin-Sung Chun, Das Bild der Moderne in der Nachkriegszeit, München 2000, bes. S. 216-225, 238; Sebastian Conrad, Auf der Suche nach der verlorenen Nation, Göttingen 1999, S. 169-174, 217f.; Schildt, NS-Regime, S. 5; Jean Solchany, Vom Antimodemismus zum Antitotalitarismus, in: VfZ 44 (1996), S. 373-394, hier: S. 382ff.; vgl. ferner Axel Schildt, Konservatismus in Deutschland, München 1998, S. 12f., 21. 6 Chun, Bild der Moderne, S. 234; vgl. ebd., bes. S. 73-85, 100-106, 231f., 235ff. 7 Vgl. Max Horkheimer, Die Juden und Europa, in: Zeitschrift für Sozialforschung 8 (1939/40), S. 115-137. 8 Vgl. dazu Azuelos, Nationalsozialismus, S. 140-145; vgl. auch Michael Schäfer, Die „Rationalität" des Nationalsozialismus, Weinheim 1994, bes. S. 89-92, 96; Rolf Wiggershaus, De la theorie de la revolution diffirie ä la theorie de la civilisation manquee, in: Fabien Capeillferes/Daniel Azuelos (Hrsg.), Raison et 6migration, Caen 1996, S. 191-214. 9 Max Horkheimer/Theodor W. Adomo, Dialektik der Aufklärung, 12. Aufl. Frankfurt a.M. 2000 (am. 1944), S. 42.
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der Katastrophe zu fundieren" sei, markierte der Nationalsozialismus auch in den Augen Walter Benjamins eine extreme Phase kapitalistischer Modernisierung: „Daß es ,so weiter' geht, ist die Katastrophe". 10 An Horkheimers und Adornos Akzentuierung der instrumentellen, utilitaristischen Vernunft erinnernd, wenngleich etwas weniger pessimistisch, wies überdies Ernst Fraenkel in terminologischer Anlehnung an Karl Mannheim auf die sich im nationalsozialistischen „Doppelstaat" manifestierende „Spannung zwischen schwindender substantieller Rationalität und übersteigerter funktionaler Rationalität" hin, auf die dem modernen Kapitalismus inhärente Interdependenz zwischen der „Irrationalität der Ziele" und der ,,technische[n] Rationalität" der Mittel, die für die Ermöglichung des Nationalsozialismus mit verantwortlich gewesen sei: „Der deutsche Kapitalismus hat einer irrationalen Ideologie den Vorzug gegeben, die die vorhandenen Bedingungen der technischen Rationalität aufrechterhält, aber gleichzeitig alle Formen der substantiellen Rationalität zerstört." „Im Zeichen des Vierjahresplans", so beobachtete er, schritten „die Industrialisierung Deutschlands, die Modernisierung seiner Fabriken und die Akkumulierung seines Kapitals in Riesenschritten voran"." Jedoch: Die communis opinio sah - zumindest seit den sechziger Jahren - anders aus. Nicht zuletzt angesichts der entsetzlichen Destruktionskraft des Nationalsozialismus wirkte die NS-Herrschaft gänzlich absurd, irrational und zutiefst antimodern. Diese Deutungsvariante erschien zugleich ausgesprochen populär, da sie „wie geschaffen dafür [war], eine Legitimation für viele Rationalisierungs- und Modernisierungsprozesse nach 1945 zu liefern", die in sich bereits „einen Beitrag zur Überwindung des Nationalsozialismus zu enthalten" schienen. 12 Für das Ende Weimars und die nationalsozialistische „Machtergreifung" wurde häufig ein angeblich in der preußisch-deutschen Tradition verwurzeltes, insbesondere durch die Zivilisations- und Kulturkritik um die Jahrhundertwende wie auch zu Weimarer Zeiten verstärktes anti-modemes, romantizistisches Denken verantwortlich gemacht. 13 Auf diese Weise konnte die historische Erfahrung des Nationalsozialismus
10 Walter Benjamin, Charles Baudelaire - Zentralpark, in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 1/2, hrsg. von Rolf Tiedemann u. Hermann Schweppenhausen Frankfurt a.M. 1974, S. 655-690 (zuerst 1938/39), S. 683 (Hervorhebung im Original); vgl. dazu Lutz P. Koepnick, Fascist Aesthetics Revisited, in: Modernism/modernity 6 (1999), No. 1, S. 51-73, hier bes.: S. 65, 69; ders., Walter Benjamin and the Aesthetics of Power, Lincoln/London 1999, bes. S. 12f.; vgl. femer auch Karl Korsch, Thesen zur Kritik des faschistischen Staatsbegriffes, in: ders., Gesamtausgabe, Bd. 5, hrsg. u. eingel. von Michael Buckmiller, Amsterdam 1996, S. 508-510 (zuerst 1932), hier bes.: S. 508. " Emst Fraenkel, Der Doppelstaat, hrsg. u. eingel. von Alexander von Brünneck, 2. durchges. Aufl. Hamburg 2001 (am. 1941), S. 241, 257ff. (Hervorhebungen im Original); vgl. dazu auch Azuelos, Nationalsozialismus, S. 144f., 149f.; zu den frühen - und keineswegs einheitlichen kapitalismus- und vemunftkritischen Deutungen der Frankfurter Schule insgesamt vgl. auch Schäfer, „Rationalität" des Nationalsozialismus, bes. S. 46-77; zur technisch-modemistischen Fundierung des „Dritten Reiches" vgl. in diesem Zusammenhang femer Ernst Cassirer, Der Mythos des Staates, 2. Aufl. Zürich/München 1978 (am. 1946). 12 Joachim Radkau, Nationalsozialismus und Modernisierung, in: Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.), Scheidewege der deutschen Geschichte, München 1995, S. 183-197, hier: S. 184. 13 Vgl. beispielsweise George L. Mosse, Die völkische Revolution, Sonderausg. Frankfurt a.M. 1991 (am. 1964); Kurt Sontheimer, Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik, 4. Aufl. München 1994 (zuerst 1962); Fritz Stem, Kulturpessimismus als politische Gefahr, München 1986 (am. 1961).
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I. Nationalsozialismus und Moderae: Eine Debatte
zu jeglicher „Diffamierung einer kritischen Betrachtung der Moderne" verwendet werden.14 Einige soziologische Modernisierungsstudien der sechziger Jahre bemühten sich überdies vor allem durch den Gebrauch von Phasenmodellen15 um eine Einordnung von Faschismus und Nationalsozialismus in den säkularen Modemisierungsprozeß. Cyril Edwin Black beispielsweise klassifizierte den Faschismus als Entwicklungsdiktatur, während er den Nationalsozialismus als „a unique case" nicht einzuordnen vermochte.16 Alan Cassel versuchte dieses Klassifizierungsproblem dadurch zu lösen, daß er dem Faschismus „zwei Gesichter" verlieh: In unterentwickelten Ländern - wie in Italien - habe der Faschismus modernisierend, in entwickelten dagegen - wie in Deutschland - antimodernistisch gewirkt.17 A.F.K. Organski interpretierte den Faschismus als Abweichung vom Pfad der Modernisierung, zu der es immer dann kommen könne, wenn sich in einem Land, das sich noch inmitten des „modernization continuum" befinde, Modemisierungsprobleme in mehreren oder allen gesellschaftlichen Subsystemen gleichzeitig oder kurz aufeinanderfolgend stellten, wenn das Aufeinandertreffen von modernen und vormodemen Sektoren ein explosives Gemisch ergebe. Als Reaktion auf kumulierte, die Integrationskraft einer Gesellschaft übersteigende Spannungen - eine typische Gefahr in der mittleren Phase des Modernisierungsprozesses - habe der Faschismus den Versuch einer Konfliktunterdrückung unternommen. Organski konnte mit seinem Modell indes nicht die Ermöglichung des Nationalsozialismus erklären, da Deutschland Anfang der dreißiger Jahre - wie er selbst einräumte - bereits eine vollständig modernisierte Gesellschaft, „a fully developed nation" gewesen sei.18 Shmuel Eisenstadt charakterisierte Faschismus und Nationalsozialismus ferner als „breakdowns of modernization", als dezidiert antimodernistische Versuche, dem Modemisierungsprozeß entgegenzuwirken.19 In ähnlicher Weise hatte bereits im Jahre 1942 der amerikanische Soziologe Talcott Parsons - in den sechziger Jahren einer der wichtigsten Exponenten der Modernisierungstheorie - konstatiert, daß der Nationalsozialismus in seinem angeblichen Bestreben der Errichtung einer feudalistisch-patrimonialen Staatsgesellschaft „a mobilization of the extremely deepseated romantic tendencies of German society" dargestellt habe, „incorporating a fundamentalist' revolt against the whole tendency of rationalization in the Western
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Thomas Rohkrämer, Eine andere Moderne?, Paderborn u.a. 1999, S. 22. Vgl. Peter Flora, Modemisierungsforschung, Opladen 1974, S. 44ff. Cyril Ε. Black, The Dynamics of Modernization, New York/Evanston/London 1967, S. 85. 17 Vgl. Alan Cassel, Janus - The Two Faces of Fascism, in: The Canadian Historical Association, Historical Papers, 1969, S. 165ff. 18 A.F.K. Organski, Fascism and Modernization, in: S.J. Woolf (Hrsg.), The Nature of Fascism, London 1968, S. 19-41, hier: S. 22f.; vgl. auch ebd., bes. S. 30f., 37f.; sowie ders., The Stages of Political Development, New York 1965, S. 170-177; zu Organskis Deutung vgl. auch Noel O'Sullivan, An Introductory Essay - Revolution and Modernity, in: ders. (Hrsg.), Revolutionary Theory and Political Reality, Bury St. Edmunds 1983, S. 3-22, hier: S. 5. 19 Vgl. Shmuel N. Eisenstadt, Breakdowns of Modernization, in: Economic Development and Cultural Change 12 (1964), S. 345-367; vgl. auch ders., Modernization - Protest and Change, Englewood Cliffs (N.J.) 1966, S. 132-135, 160; ders., Sozialer Wandel, Differenzierung und Evolution, in: Wolfgang Zapf (Hrsg.), Theorien des sozialen Wandels, Köln/Berlin 1969, S. 75-91, hier: S. 84; ders., Tradition, Wandel und Modernität, Frankfurt a.M. 1979 (am. 1973), S. 85; ähnlich auch: John P. Nettl/Roland Robertson, International Systems and the Modernization of Societies, London/New York 1968. 15
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world".20 Parsons machte für den Aufstieg des Nationalsozialismus vornehmlich eine sektorale Phasenverschiebung, genauer: ungleiche Modernisierungsgeschwindigkeiten in einzelnen Teilbereichen von Staat und Gesellschaft, verantwortlich. Während sich Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur vergleichsweise schnell modernisiert hätten, sei die politische Kultur noch weitgehend traditionalkonservativen, autoritär-militaristischen, antidemokratischen Strukturen verhaftet geblieben. Diese Ungleichzeitigkeit habe geradewegs in einen Zustand der Anomie gefuhrt, in der eine Neustrukturierung der Normen durch die irrationale Flucht in eine rückwärtsgewandte Utopie erfolgt sei, die das Moderne radikal verneint habe.21 Unter gänzlich anderer Perspektive, nämlich auf der Suche nach den „Hemmnissen der liberalen Demokratie in Deutschland", meldete sich schließlich Anfang der sechziger Jahre der liberale Soziologe Ralf Dahrendorf mit seinem Werk Gesellschaft und Demokratie in Deutschland zu Wort: „Der brutale Bruch mit der Tradition und [der] Stoß in die Modernität" seien „das inhaltliche Merkmal der sozialen Revolution des Nationalsozialismus" gewesen, der mit seiner Kraft, überkommene Sozialstrukturen aufzubrechen, dazu beigetragen habe, den „deutschen Sonderweg" in die Moderne zu beenden.22 Entgegen seiner zutiefst antimodernen Ideologie habe der Nationalsozialismus - als ein „gleichsam unbeabsichtigtes, dennoch notwendiges Resultat seiner Herrschaft" - „die in den Verwerfungen des kaiserlichen Deutschland verlorengegangene, durch die Wirrnisse der Weimarer Republik aufgehaltene soziale Revolution vollzogen" und insbesondere kirchliche und familiale Bindungen durchbrochen23, so daß nach dem Ende des „Dritten Reiches" der Rückweg zu einer traditionell-autoritären Regierungsform versperrt und der Weg frei gewesen sei für die (vermeintliche) Wohlfahrts- und „nivellierte Mittelstandsgesellschaft" (Helmut Schelsky) der fünfziger Jahre.24
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Talcott Parsons, Democracy and Social Structure in Pre-Nazi Germany, in: Uta Gerhardt (Hrsg.), Talcott Parsons on National Socialism, New York 1993, S. 225-242 (zuerst 1942), S. 241. 21 Vgl. Parsons, Democracy and Social Structure; vgl. auch ders., Some Sociological Aspects of the Fascist Movements, in: Gerhardt (Hrsg.), Talcott Parsons on National Socialism, S. 203-218 (zuerst 1942); ders., National Socialism and the German People, in: ebd., S. 219-224 (zuerst 1942); vgl. dazu auch Uta Gerhardt, Talcott Parsons's Sociology of National Socialism, in: ebd., S. 1-78; dies., Charisma und Ohnmacht, in: Max Miller/Hans-Georg Soeffner (Hrsg.), Modernität und Barbarei, Frankfurt a.M. 1996, S. 175-193, hier bes.: 184ff.; dies., Die Erklärung des nationalsozialistischen Antisemitismus durch die amerikanische Soziologie im Zweiten Weltkrieg, in: Jahrbuch für Antisemitismus 1 (1991), S. 253-274; Richard Münch, Talcott Parsons (1902-1979), in: Dirk Kaesler (Hrsg.), Klassiker der Soziologie, Bd. 2, München 1999, S. 24-50, hier: S. 43ff.; zu dieser für Modernisierungstheoretiker typischen Deutung des Nationalsozialismus als „antimodernes Phänomen inmitten der Moderne" vgl. femer auch Emst Nolte, Das Problem der geschichtlichen Ortsbestimmung des Nationalsozialismus, in: ders., Lehrstück oder Tragödie?, Köln u.a. 1991, S. 57-77, hier: S. 67f.; ders., Streitpunkte, Frankfurt a.M./Berlin 1994, S. 140ff. 22 Ralf Dahrendorf, Gesellschaft und Demokratie in Deutschland, 4. Aufl. München 1975 (zuerst 1965), S. 432; vgl. auch ders., Demokratie und Sozialstruktur in Deutschland, in: ders., Gesellschaft und Freiheit, München 1961, S. 260-299, hier: S. 293ff.; ders., Der repräsentative Staat und seine Feinde, in: ders., Gesellschaft und Freiheit, S. 237-259, hier: S. 250f.; vgl. femer die ausführliche Diskussion der Dahrendorfschen Thesen bei Michael Prinz, Ralf Dahrendorfs „Gesellschaft und Demokratie" als epochenübergreifende Interpretation des Nationalsozialismus, in: ders./Matthias Frese (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel im 20. Jahrhundert, Paderborn 1996, S. 755-778. 23 Dahrendorf, Gesellschaft und Demokratie, S. 432. 24 Vgl. ebd., S. 447f.; ders., Repräsentativer Staat, S. 251.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
Ähnlich wie Dahrendorf argumentierte wenige Jahre später auch der amerikanische Historiker und Publizist David Schoenbaum. In seiner vielgelesenen Abhandlung Die braune Revolution, dem ersten ernstzunehmenden Versuch einer Sozialgeschichte des „Dritten Reiches", zeigte er sich der Ansicht, der Nationalsozialismus habe eine „doppelte [...] Revolution der Zwecke und der Mittel zugleich" ausgelöst. Die Revolution der Zwecke sei „ideologischer Natur", gegen die „bürgerliche und industrielle Gesellschaft" gerichtet gewesen, die der Mittel hingegen habe eben jene Osmose von Bürgertum und Industrialisierung verkörpert, die nötig gewesen sei, um die herrschenden Gesellschaftsstrukturen in einem modernen Staat radikal umwälzen und egalisieren zu können.25 Doch mußte Schoenbaum einräumen, daß die deutsche Gesellschaft der dreißiger Jahre in weiten Teilen keineswegs als in ihren Strukturen revolutionär verändert zu charakterisieren sei, so daß er den vom Nationalsozialismus erzeugten tiefgreifenden Wandel von der sozio-ökonomischen Sphäre auf die Bewußtseinsebene der deutschen Bevölkerung verlegte: „Gleichheit war ein Schlüsselwort, aber nicht wirtschaftliche, sondern sozusagen geistige Gleichheit". Schoenbaums Argumentation baute demnach auf der Dichotomie zweier, im „Dritten Reich" nebeneinander existierender Wirklichkeiten auf: einer „gedeuteten" und einer „objektiven sozialen Wirklichkeit". Die Modernisierungsleistung des NS-Regimes lag daher Schoenbaums Auffassung nach vornehmlich in einer weitgehenden Aufhebung der Identität von Klassenzugehörigkeit und sozialem Status, in der Schaffung eines „neuen sozialen Bewußtseins". Der Nationalsozialismus habe gleichsam versucht, Marx' Diktum „Das Sein bestimmt das Bewußtsein" umzukehren.26 Während also Dahrendorf im Nationalsozialismus eine Modernisierung wider Willen entdeckte und Schoenbaum eine Doppelrevolution reaktionärer Ziele und moderner Mittel ausmachte, brachte der amerikanische Historiker Henry Ashby Turner dieses Paradoxon auf die Formel: „Die Nationalsozialisten mußten zwangsläufig .Modernization' praktizieren, um ihre im Grunde fortschrittsfeindlichen Ziele verfolgen zu können". Eigentlich sei eine „Flucht aus der modernen Welt" in einen utopischen Zustand des „Antimodernismus" beabsichtigt gewesen. Die Nationalsozialisten hätten ihre Vorbilder in einer ,,mythische[n] und eklektisch zurechtgemachte[n] Vergangenheit" gesucht.27 Allein: Einige von Turners - unter „vollkommener Außerachtlassung jeglichen Quellenbezugs"28 vorgenommenen - De-
25 David Schoenbaum, Die braune Revolution, Neuausg. Köln 1999 (am. 1966), S. 22; vgl. auch ders.. Die braunen Revolutionen, in: Dietrich Papenfuß/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Deutsche Umbrüche im 20. Jahrhundert, Köln/Weimar/Wien 2000, S. 309-328, hier: S. 323; vgl. überdies die kritische Betrachtung des Schoenbaumschen Werkes von Michael Prinz, Der Nationalsozialismus - eine „Braune Revolution"?, in: Manfred Hettling (Hrsg.), Revolution in Deutschland?, Göttingen 1991, S. 70-89. 26 Schoenbaum, Braune Revolution, S. 102, 313; vgl. Hans Mommsen, Nachwort, in: Schoenbaum, Braune Revolution, S. 317-329, hier: S. 318, 323; als fundierte Kritik an Schoenbaums etwas diffuser Trennung dieser „zwei Welten" des „subjektiven Scheins" und der „objektiven Realität" vgl. zudem die sozial- und wirtschaftshistorische Studie von Eike Hennig, Thesen zur deutschen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 1933 bis 1938, Frankfurt a.M. 1973, S. 28-37, 86f. 27 Henry Ashby Turner, Faschismus und Anti-Modernismus, in: ders., Faschismus und Kapitalismus in Deutschland, 2. Aufl. Göttingen 1980, S. 157-182 (zuerst 1972), hier: S. 162, 172. 28 Frank-Lothar Kroll, Utopie als Ideologie, 2. durchges. Aufl. Paderborn u.a. 1999 (zuerst 1998), S. 24, Anm. 45; vgl. auch ebd., S. 92, Anm. 330.
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duktionen wie beispielsweise die angebliche Großstadtfeindschaft und Agrarromantik Hitlers erwiesen sich im nachhinein als verfehlt.29 Sprach sich Turner noch ausdrücklich gegen die Anwendung des Revolutionsbegriffs auf den Nationalsozialismus aus - da sich „mit dem Wort Revolution' die Bedeutungsnuancen .fortschrittlich', ,vorwärtsgerichtet' verbunden" hätten - , so erblickte Joachim Fest in der Figur Hitlers explizit einen „Revolutionär gegen die Revolution"31; ja, in seinen - ebenso wie in Schoenbaums - Augen war Hitler die „deutsche Erscheinung der Revolution". Wenngleich Hitler in seiner unverkennbaren Ambivalenz, in seiner sinnfälligen Janusköpfigkeit „trotz aller fortschrittsbewußten Gestik [...] eine zutiefst verspätete Natur" gewesen sei, dessen „Unvermögen zu eigentlich modernen [...] Lösungen" seinen Modemismus teilweise als bloße Attitüde entlarvt habe, sei er in der deutschen und europäischen Geschichte „weit näher bei den großen Revolutionären als bei den aufhaltenden, konservativen Gewalthabern" anzusiedeln. Hitlers radikaler Wille zu einer Überführung der tief zerklüfteten deutschen Gesellschaft in eine homogene „Volksgemeinschaft" sei stets dominant gewesen, so daß er sich im Gegensatz zu seinen innenpolitischen Kontrahenten „moderner oder doch zur Modernität entschlossener" gezeigt habe.32 Auch Ernst Nolte erscheint der Nationalsozialismus als eine „Revolution gegen die Revolution", ja, als die „totalste aller Revolutionen", da er „eine Veränderung der Welt nicht nur und nicht in erster Linie mit politischen und sozialen, sondern auch mit biologischen Vernichtungsmaßnahmen ins Werk setzte".33 Diese These vertreten - cum grano salis - insbesondere auch Karl Dietrich Bracher und Klaus Hildebrand. Der wie Fest und Nolte ebenfalls mit einem wertfreien Revolutionsbegriff argumentierende Bracher34 vertritt die Auffassung, der Nationalsozialismus sei „von einer Reihe durchgängiger und fundamentaler Ambivalenzen bestimmt"33 29
Vgl. Turner, Faschismus und Anti-Modernismus, S. 163-166; dazu kritisch: Cornelia Klinger, Faschismus, in: Merkur 46 (1992), S. 782-798, hier: S.785; vgl. auch Nolte, Streitpunkte, S. 142. 30 Turner, Faschismus und Anti-Modernismus, S. 162. 31 Joachim C. Fest, Hitler - Eine Biographie, Neuausg. Berlin 1998 (zuerst 1973), S. 1069; so auch bereits Emst Nolte, Der Faschismus in seiner Epoche, 5. Aufl. München/Zürich 2000 (zuerst 1963), S. 410. 32 Fest, Hitler, S. 1067-1071; vgl. auch Manfred Funke, Starker oder schwacher Diktator?, Düsseldorf 1989, S. 176f.; zur Kritik an Fest vgl. Petzold, War Hitler ein Revolutionär, bes. S. 186f.; Mommsen, Nachwort, in: Schoenbaum, Braune Revolution, S. 326; ders., Die nationalsozialistische Machteroberung, in: Dietrich Papenfuß/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Deutsche Umbrüche im 20. Jahrhundert, Köln u.a. 2000, S. 329-343, hier: S. 329ff., 342f.; vgl. ferner auch Martyn Housden, Hitler - Study of a Revolutionary?, London/New York 2000, bes. S. 187-198; Peter Graf Kielmansegg, Hitler und die deutsche Revolution, in: Merkur 28 (1974), S. 922-936. 33 Emst Nolte, Diskussionsbeitrag, in: Martin Broszat u.a. (Hrsg.), Deutschlands Weg in die Diktatur, Berlin 1983, S. 77; ders., Faschismus, S. 420; vgl. auch ders., Marxismus und Nationalsozialismus, in: ders., Lehrstück oder Tragödie?, S. 137-173; ders., Streitpunkte, S. 121; ders., Europäische Revolutionen des 20. Jahrhunderts, in: Wolfgang Michalka (Hrsg.), Die nationalsozialistische Machtergreifung, Paderborn u.a. 1984, S. 395-410, hier bes.: S. 408; vgl. dazu femer Volker Kronenberg, Ernst Nolte und das totalitäre Zeitalter, Bonn 1999, S. 167f., 190f. 34 Vgl. etwa Karl Dietrich Bracher, Das Janusgesicht der modernen Revolutionen, in: Jürgen Heideking u.a. (Hrsg.), Wege in die Zeitgeschichte, Berlin/New York 1989, S. 210-227, hier: S. 223. 35 Ders., Tradition und Revolution im Nationalsozialismus, in: ders., Zeitgeschichtliche Kontroversen, 5. veränd. u. erw. Aufl. München 1984, S. 63-79 (zuerst 1976), hier: S. 63 (Hervorhebung im Original); vgl. zum folgenden auch ders., Die Krise Europas seit 1917, 2. aktual. Aufl. Frankfurt
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
gewesen: Die „fast schon dialektisch zu nennende Verknüpfung [...] von Traditions- und Revolutionsanspruch", jene „eigentümliche Verbindung von konservativer Kulturromantik und ökonomisch-technischem Progressivismus", von pseudogermanischem oder pseudochristlichem Führerkult und modernsten Massenmedien, von altdeutscher Bauemromantik und moderner Massenschau „macht das Neue, so ungemein Attraktive und Effektive der nationalsozialistischen [...] Politik im Zeitalter des Übergangs von der liberalen Honoratioren- zur demokratischen Massengesellschaft aus".3 Bracher knüpft hier insbesondere an Jacob L. Talmon an, der in seiner Studie über Die Ursprünge der totalitären Demokratie auf die pseudodemokratische Natur der Terrorregime des 20. Jahrhunderts, auf das Spannungsverhältnis zwischen liberaler, pluralistischer und totalitärer, jakobinischer Revolution, auf die fundamentale Ambivalenz des Revolutionsbegriffes hingewiesen hat.37 Wie Bracher sieht auch Klaus Hildebrand in Hitler einen „Revolutionär par excellence", einen „revolutionären Beweger der deutschen (und der europäischen) Geschichte", da Hitler - angesichts der von ihm verfolgten, „einer radikalen Absage an die zivilisierte Welt" gleichkommenden „vormodernen Utopie" eher unfreiwillig als bewußt intendiert - „eine politische und soziale Revolution einleitete bzw. verursachte, deren Wirkungen weit über Deutschland hinausgingen und die Geschichte der Welt nach der Zäsur des Jahres 1945 geprägt haben".38 Wenngleich Hitler - in seinem Telos, „die Moderne schlechthin abzuschaffen" und „den historischen Prozeß der voranschreitenden Modernisierung ein für allemal zu beseitigen" - die „Flucht nach vorn" angetreten habe, „um die Welt zu erobern und rassisch zu erneuern", habe er letztlich „eine politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Modernisierung" befördert, „die für die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland entscheidend wurde".39 Dabei räumt Hildebrand im Gegensatz zu Turner ein, daß im Laufe der NS-Zeit „die modernen Mittel durchaus zielhafte Eigenmacht [erlangten]".40 In ähnlichem Sinne wertet auch Richard Löwenthal die nationalsozialistische „Machtergreifung" insofern als Revolution, als sie ein Wendepunkt zur Verwirklichung der von Hitlers „moderne[r] diesseitigefr] Glaubensbewegung" angestrebten gewaltsamen und totalen Umwälzung alles Bestehenden hin zu einer rassischen, vollkommen neuartigen, gleichsam mit einem einzigen Stoß nach vorne zu erreichenden Utopie gewesen sei,
a.M./Berlin 1993 (zuerst 1976), S. 94, 131-138; vgl. dazu auch Sandrine Harder, Tradition und Modernität im Nationalsozialismus, in: Ludger Kühnhardt u.a. (Hrsg.), Die doppelte deutsche Diktaturerfahrung, 2. neubearb. Aufl. Frankfurt a.M. u.a. 1996 (zuerst 1994), S. 153-165. 34 Bracher, Tradition und Revolution, S. 72; vgl. ders., Janusgesicht, S. 219ff.; ders., Der Nationalsozialismus in Deutschland, in: ders./Leo Valiani (Hrsg.), Faschismus und Nationalsozialismus, Berlin 1991, S. 25-40, hier: S. 26ff. 37 Vgl. Jacob L. Talmon, Die Ursprünge der totalitären Demokratie, Köln/Opladen 1961 (engl. 1952); vgl. dazu Bracher, Janusgesicht, S. 21 lf., 226. 38 Klaus Hildebrand, Das Dritte Reich, 6. neubearb. Aufl. München 2003 (zuerst 1979), S. 129; ders., Die Deutsche Reichsbahn in der nationalsozialistischen Diktatur 1933-1945, in: Lothar Gall/Manfred Pohl (Hrsg.), Die Eisenbahn in Deutschland, München 1999, S. 165-243, hier: S. 176; vgl. auch ders., Das vergangene Reich, Stuttgart 1996, S. 841. 39 Ders., Drittes Reich, S. 134f.; ders., Vergangenes Reich, S. 567. 40 Ders., Vergangenes Reich, S. 568.
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die eine „forcierte Modernisierung mit politischen Mitteln herbeizuführen" gesucht habe.41 In seiner Auseinandersetzung mit der Modernisierungsforschung der sechziger und siebziger Jahre gelangte ferner Thomas Nipperdey zu dem Ergebnis, daß die aus der tiefen „Modernisierungskrise" der Zwischenkriegszeit entstandene NSBewegung „eine Antwort auf die fundamentale Ambivalenz gegenüber der Modernität" gegeben habe und daher so erfolgreich und attraktiv gewesen sei. Sie habe „einerseits Sicherheit vor Wandel, Konflikt, Entfremdung, und andererseits Produktivität, Effektivität und ein Stück Egalität als soziale Anerkennung" versprochen. In seiner radikalen, revolutionären und utopischen Umkehr alles Bestehenden einerseits „Antimodernisierungsbewegung" (wenn auch keine konservativ-traditionelle), sei der Nationalsozialismus doch andererseits „in seinem Stil, der Wahl seiner Mittel und seinen Wirkungen hypermodern, eine Modernisierungsbewegung" ge42
wesen. Den Versuch, das Verhältnis von Nationalsozialismus und Modernisierung mit Hilfe eines klaren und differenzierten Kriterienkatalogs zu bestimmen, unternahmen Mitte der siebziger Jahre Horst Matzerath und Heinrich Volkmann. Aus einzelnen Modemisierungsindikatoren43 sollte gleichsam das Lackmuspapier geschöpft werden, das über diesen Zusammenhang in den sogenannten Friedensjahren 19331939 Aufschluß geben sollte. Als Ergebnis zeigte sich ein „widersprüchliches Bild". Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung sei „im wesentlichen den früheren Tendenzen" gefolgt, sehe man einmal von der „Immobilisierung des Bodens", der rückläufigen Außenhandelsaktivität sowie der Vernachlässigung des Bildungsund Gesundheitswesens ab; die politische Sphäre weise einerseits eine „Stärkung des Zentralstaats", ein „Wachstum der Staatsausgaben", eine verstärkte Bürokratisierung sowie eine „politische Mobilisierung" als Fortführung des Modernisierungsprozesses auf, andererseits seien als gewichtige gegenläufige Faktoren die Beseitigung demokratischer Strukturen und die Aushöhlung des Rechtsstaates auszumachen. Eine Dahrendorfsche oder Schoenbaumsche „soziale Revolution" vermochten Matzerath und Volkmann nicht zu erkennen. Vielmehr habe es sich, so lautete ihr Fazit, um eine „Pseudomodemisierung" gehandelt.44 Entstanden aus einer „illusionären Flucht vor den Problemen der modernen Gesellschaft", so erläuterten die beiden Historiker ihre These, habe die nationalsozialistische Herrschaft „keine dauerhaften Strukturen entwickeln" können und sei 41
Richard Löwenthal, Die nationalsozialistische „Machtergreifung" - eine Revolution?, in: Broszat u.a. (Hrsg.), Deutschlands Weg in die Diktatur, S. 42-74, hier bes.: S. 43f.; vgl. ders., Diskussionsbeitrag, in: ebd., S. 95f.; vgl. auch Horst Möller, Die Nationalsozialistische Machtergreifung, in: V f Z 31 (1983), S. 25-51; ders., Europa zwischen den Weltkriegen, München 1998, S. 118,137, 142. 42 Thomas Nipperdey, Probleme der Modernisierung in Deutschland, in: Saeculum 30 (1979), S. 292-303, hier: S. 300ff.; vgl. auch Hildebrand, Vergangenes Reich, S. 889. 43 Matzerath und Volkmann definierten „Modernisierung" als einen - nicht notwendigerweise in all seinen Teilbereichen synchron verlaufenden - ,,gesamtgesellschaftliche[n] Transformationsprozeß", der durch folgende Faktoren determiniert sei: „strukturverändemdes Wachstum", „Erweiterung der Zugangschancen", „verstärkte Differenzierungsprozesse" sowie „erhöhte Selbststeuerungskapazitäten der Gesellschaft" (Horst Matzerath/Heinrich Volkmann, Modernisierungstheorie und Nationalsozialismus, in: Jürgen Kocka [Hrsg.], Theorien in der Praxis des Historikers, Göttingen 1977, S. 86-116, hier: S. 92). Matzerath/Volkmann, Modernisierungstheorie und Nationalsozialismus, S. 95f., 99.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
deswegen als „historische Sackgasse eines Prozesses, dessen Steuerungsprobleme die gesellschaftlichen Kapazitäten überfordert" hätten, letztlich „dysfunktional" gewesen. Dabei habe der Nationalsozialismus in seiner Vereinigung von modernen und antimodernen Elementen den „Versuch eines Sonderweges aus den Problemen der Modernisierung in die Utopie eines dritten Weges" dargestellt, ohne die kapitalistischen und industriewirtschaftlichen Grundlagen der deutschen Gesellschaft preisgeben zu wollen.45 In einer sich unmittelbar an den Beitrag von Matzerath und Volkmann anschließenden Diskussion wurden als Kritikpunkte vor allem die unscharfe Bestimmung der Auswahl und des Gewichts der einzelnen Modemisierungsfaktoren, die Vermischung von empirischen und normativen Kriterien, die mangelnde Unterscheidung zwischen funktionaler und kausaler Erklärung sowie die Schwierigkeit hervorgehoben, ein im Prinzip auf lange Dauer angelegtes modernisierungstheoretisches Modell auf solch ausgesprochen kurze Zeiträume wie die sogenannten Friedensjahre des „Dritten Reiches" zu applizieren.46 Ende der achtziger Jahre unternahm Jens Alber erneut den Versuch, anhand bestimmter modernisierungstheoretischer Indikatoren den Zusammenhang von Nationalsozialismus und Modernisierung auf systematische Weise zu klären. Alber gelangte zu dem Schluß, daß die NS-Zeit von keinem „tiefgreifenden Kontinuitätsbruch" gekennzeichnet gewesen sei und das NS-Regime insbesondere wegen seiner geringen Steuerungsfähigkeit (im Sinne Amitai Etzionis47) Modernisierungsleistungen nur in sehr beschränktem Umfange hervorzubringen vermocht habe.48 Weder sei das Urbanisierungstempo überdurchschnittlich forciert worden, noch sei die Entwicklung der Erwerbsstruktur und der Frauenerwerbstätigkeit von dem langfristigen Trend vor dem Zweiten Weltkrieg abgewichen. Im Gegenteil: Neben der Ausschaltung der politischen Partizipation der Bürger und der Institutionalisierung der Konfliktregelung seien vor allem die Bildungsexpansion „gestoppt und zurückgeschraubt" sowie die Professionalisierung der Elitenrekrutierung gebremst worden 49 Wenngleich die soziale Ungleichheit in der deutschen Bevölkerung nicht mehr in dem gleichen Maße wie zuvor wahrgenommen worden sei - wie Alber in Anlehnung an Schoenbaum konzedierte habe die nationalsozialistische Herrschaft keine „greifbaren Verbesserungen" der sozialen Stellung der Arbeiterschaft erzielen können, so daß „der entscheidende Stoß der deutschen Gesellschaft in die Modernität nicht in der NS-Zeit, sondern in der Bundesrepublik erfolgte".50 Eine Synthese der skizzierten Interpretationsangebote versuchte vornehmlich Hans-Ulrich Thamer in seiner Gesamtdarstellung Verführung und Gewalt zu erzielen. Wenngleich die Nationalsozialisten in ihrem „Aufstand gegen die Moderne" größtenteils einer rückwärtsgewandten Utopie verbunden gewesen seien, habe das
45
Ebd., S. 99f. Vgl. Diskussion zu ebd., S. 102-115. 47 Vgl. Amitai Etzioni, Elemente einer Makrosoziologie, in: Wolfgang Zapf (Hrsg.), Theorien des sozialen Wandels, Köln/Berlin 1969, S. 147-176. 48 Jens Alber, Nationalsozialismus und Modernisierung, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 41 (1989), S. 346-365, hier: S. 351; vgl. auch ebd., S. 358. 49 Hier bezieht sich Alber auf die aus dem Jahre 1965 stammende Studie von Wolfgang Zapf, Wandlungen der deutschen Elite, München 1965. 50 Alber, Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 354f.; dazu kritisch: Inge Marßolek, Der Nationalsozialismus und der Januskopf der Moderne, in: Frank Bajohr (Hrsg.), Norddeutschland im Nationalsozialismus, Hamburg 1993, S. 312-334, hier: S. 315. 46
1. Ältere Deutungen
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„Dritte Reich" als „Revolution gegen die Revolution" den „sozialen Wandel in unvorstellbarem Maße vorangetrieben".51 Dabei sah Thamer „die widersprüchlichste und merkwürdigste Synthese des Uralten und des Modernsten" in der neuen nationalsozialistischen Elite der SS verkörpert: „Atavistische Vorstellungen verbanden sich mit einem unbegrenzten Technizismus und einem durchaus modernistischen Glauben an die Machbarkeit".52 Als fatale Geburt der „deutschen Ungleichzeitigkeit", als „pathologische Reaktion" auf tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelte Ängste und Ressentiments, so lautete Thamers Fazit, habe der Nationalsozialismus den sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts in all seinen Diskontinuitäten und zahlreichen Barrieren und Hindernissen zum Trotz vollziehenden Modemisierungsprozeß „aufgenommen, weitergeführt und verstärkt", wobei die Schlüsselrolle, die dem Krieg als Katalysator der Modernisierung zugefallen sei, freilich kaum übersehen werden könne. Insgesamt sei Hitlers „Versuch, das Alte und Bedrohte zu bewahren, [...] mit ganzen Strömen revolutionären Öls gesalbt" gewesen, so daß er „die Welt revolutionär verändert" habe.53 Bei aller Unterschiedlichkeit in der Akzentuierung modemer oder modernisierender Aspekte und bei allem Dissens in der Verwendung des Revolutionsbegriffes herrschte gegen Ende der achtziger Jahre unter den Historikern ein gewisser Konsens dahingehend, daß der Nationalsozialismus in einer „schleichenden Revolutionierung"54 der deutschen Gesellschaft zumindest „indirekt zahlreiche Modernisierungseffekte"55 begünstigt habe, die gemeinsam einen „unverkennbarefn] Modemisierungsschub"56 konstituiert hätten.5
51
Hans-Ulrich Thamer, Verführung und Gewalt, Neuausg. Berlin 1998 (zuerst 1986), S. 771f. Ebd., S. 376. 53 Ebd., S. 770, 776; vgl. auch ders., Das Dritte Reich, in: Karl Dietrich Bracher u.a. (Hrsg.), Deutschland 1933-1945, Düsseldorf 1993, S. 507-531, hier: S. 530; ders., Der Nationalsozialismus, Stuttgart 2002, bes. S. 410ff., 431f. 54 Hermann Graml, zitiert nach Ulrich von Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 2. Aufl. München 2001 (zuerst 1996), S. 47. 55 Mommsen, Nachwort, in: Schoenbaum, Braune Revolution, S. 321; vgl. jüngst auch ders., Machteroberung, S. 330f. 56 Von Hehl, NS-Herrschaft, S. 46. 57 Vgl. Bernd Faulenbach, Probleme einer Neuinterpretation der Vergangenheit angesichts des Umbruchs 1989/91, in: ders./Martin Stadelmeier (Hrsg.), Diktatur und Emanzipation, Koblenz 1993, S. 9-18, hier: S. 13; Eike Hennig, Bürgerliche Gesellschaft und Faschismus in Deutschland, Zürich 1977, S. 300; Hildebrand, Drittes Reich, bes. S. 129, 134f., 175ff., 314ff.; Schildt, NSRegime, S. 8; zu den Auseinandersetzungen um den angemessenen Gebrauch des Revolutionsbegriffs im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus vgl. Walther Hofer, Fifty Years On, in: JCH 21 (1986), S. 225-251, hier bes.: S. 238-242; Löwenstein, Nationalsozialistische Revolution; Möller, Machtergreifung; Jeremy Noakes, Nazism and Revolution, in: Noel O'Sullivan (Hrsg.), Revolutionary Theory and Political Reality, Bury St. Edmunds 1983, S. 73-100; Thomas Saunders, Nazism and Social Revolution, in: Gordon Martel (Hrsg.), Modern Germany Reconsidered 18701945, London/New York 1992, S. 159-177, hier bes.: S. 162, 165, 172; Gerhard Schreiber, HitlerInterpretationen 1923-1983, Darmstadt 1988, S. 247ff.; vgl. auch Thamer, Verführung und Gewalt, S. 258ff.; Eugen Weber, Revolution?, in: JCH 9 (1974), S. 3-47, hier bes.: S. 29ff., 40. 52
2. Neuere Tendenzen der Forschung
Zu einer heftigen Kontroverse entflammte die Debatte um mögliche Modemisierungstendenzen des „Dritten Reiches" vor allem durch Rainer Zitelmanns Ende der achtziger Jahre erschienene Deutung von Hitler als einem „Sozialrevolutionär"1, wobei Zitelmanns Interpretation in gewisser Weise mit anderen, etwa zur gleichen Zeit publizierten sozialhistorischen NS-Studien2 korrespondierte. Mag auch die zunehmende Erforschung der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft für die neu entfachte Diskussion mit ausschlaggebend gewesen sein, da sie aus dem „Dritten Reich" herüberreichende Kontinuitäten verstärkt in das Blickfeld rückte, so war es doch vor allem Zitelmanns provokante Darstellung Hitlers als Revolutionär, der bewußt eine Modernisierung der deutschen Gesellschaft intendiert habe, welche die Kritik geradezu herausforderte. Für den Verlauf und die inhaltliche Schwerpunktsetzung des darauffolgenden Diskurses war allerdings noch ein anderer Faktor verantwortlich, von dem im nächsten Abschnitt zu handeln sein wird: die Frage nach der Möglichkeit einer „Historisierung" des Nationalsozialismus.
a) „Historisierung" des Nationalsozialismus Die „Historisierung" des Nationalsozialismus, die Martin Broszat 1985 mit seinem im Merkur veröffentlichten „Plädoyer" anstieß, bestimmte maßgeblich die NSForschung der neunziger Jahre. Dabei ging es neben der historischmethodologischen Frage, ob „es einer besonderen Historik des Nationalsozialismus"3 bedürfe, vor allem darum, der von Broszat bereits 1982 monierten „Verinselung der Hitler-Zeit" sowie der bei dem Umgang mit der NS-Herrschaft noch immer vorherrschenden, von dem Hang zur „Pädagogisierung", „Moralisierung" und „Pauschalisierung" geprägten „Schwarz-Weiß-Optik" entgegenzuwirken und der Realität des „Dritten Reiches" in all ihrer Widersprüchlichkeit und Vielschichtigkeit gerecht zu werden4 - ganz im Sinne jener Sentenz Thomas Nipper-
1
Rainer Zitelmann, Hitler - Selbstverständnis eines Revolutionärs, 4. erw. Neuaufl. München 1998 (zuerst 1987). a Vgl. insbesondere Michael Prinz, Vom neuen Mittelstand zum Volksgenossen, München 1986; Ronald Smelser, Robert Ley - Hitlers Mann an der .Arbeitsfront", Paderborn u.a. 1989. 3 Dan Diner, Perspektivenwahl und Geschichtserfahrung, in: Walter H. Pehle (Hrsg.), Der historische Ort des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1990, S. 94-113, hier: S. 94. 4 Martin Broszat, Plädoyer für eine Historisierung des Nationalsozialismus, in: ders., Nach Hitler, hrsg. von Hermann Graml u. Klaus-Dietmar Henke, München 1986, S. 159-173 (zuerst 1985), hier: S. 170; ders., Eine Insel in der Geschichte?, in: ebd., S. 114-120 (zuerst 1983), S. 120; ders., Was heißt Historisierung des Nationalsozialismus?, in: HZ 247 (1988), S. 1-14, hier: S. lf.; vgl. ders., Das Dritte Reich als Gegenstand historischen Fragens, in: ders., Nach Hitler, S. 140-147 (zuerst 1983), hier: S. 144f.; vgl. auch - sich gegen „Volkspädagogik und Frageverbote" wendend - Uwe Backes/Eckhard Jesse/Rainer Zitelmann, Was heißt „Historisierung" des Nationalsozialismus?, in: dies. (Hrsg.), Die Schatten der Vergangenheit, Frankfurt a.M. 1990, S. 25-57 (Zitat: S. 37); Brigitte Berlekamp, Rassismus, Holocaust und die „Historisierung" des Nationalsozialis-
2. Neuere Tendenzen der Forschung
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deys, daß „die Grundfarben der Geschichte [...] nicht Schwarz und Weiß [sind], ihr Grundmuster nicht der Kontrast eines Schachbretts" sei, sondern daß „die Grundfarbe der Geschichte [...] grau [ist], in unendlichen Schattierungen"5. Vor allen Dingen zielt eine solche „Historisierung" darauf ab, den historischen Ort des Nationalsozialismus in der deutschen, europäischen und globalen Geschichte, sein „Ausder-Geschichte-Herausfallen" wie sein „In-der-Geschichte-Verhaftetsein" näher zu bestimmen.6 Anders gewendet und auf die zentrale Figur des „Dritten Reiches" zugeschnitten, bedeutet dies, die bereits vor knapp dreißig Jahren von Klaus Hildebrand gestellte Frage nach „Hitlers Ort in der Geschichte des preußisch-deutschen Nationalstaates"7 neu aufzuwerfen und wieder ins Zentrum der Betrachtung zu rücken. Nicht alle Phänomene und Wirkkräfte der NS-Zeit, so hat Broszat in seinem „Plädoyer" dargelegt, könnten von den „diktatorischen und inhumanen Herrschaftszielen des Regimes" her angemessen erfaßt und „gänzlich unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktion für die Stabilisierung" der NS-Herrschaft interpretiert werden: „Die Schändlichkeit, die im großen die Bilanz dieser Epoche ausmacht", könne nicht bedeuten, daß „den zahlreichen Modernisierungsbestrebungen ihre geschichtliche Bedeutung allein durch die Verknüpfung mit dem Nationalsozialismus genommen wird".8 Die verhältnismäßig große Eigenständigkeit vieler Entwicklungstendenzen müsse ebenso wie die dynamisierende Funktion der „sozialen Schubkräfte" erkannt werden, so daß „das scheinbar nur NS-Spezifische [...] in die weitere Perspektive periodenübergreifender Veränderungen der deutschen Gesellschaft" eingefügt werden solle.9 Dabei müsse neben die notwendige Distanz des Historikers zum „Dritten Reich" eine „recht verstandene historische Aneignung dieser Zeit" treten; mit dieser die „Gebrochenheit post-nationalsozialistischer Historisierung" verkörpernden „historischen Einsicht" könne „kritisches und verstehendes Vermögen" verbunden werden.10 Die „Historisierung" des Nationalsozialismus wurde dabei in besonderem Maße durch den geschichtswissenschaftlichen Zweig der seit den achtziger Jahren florierenden, insbesondere von Martin Broszat, Lutz Niethammer und Detlev Peukert propagierten Alltagsgeschichte11 beflügelt, die in
mus, in: Werner Röhr (Hrsg.), Faschismus und Rassismus, Berlin 1992, S. 96-107; Christian Meier, Der Historiker Martin Broszat, in: Klaus-Dietmar Henke/Claudio Natoli (Hrsg.), Mit dem Pathos der Nüchternheit, Frankfurt a.M./New York 1991, S. 11-38, hier: S. 27ff.; vgl. überdies die historiographisch-methodologischen Ausführungen zu diesem Problemkreis von Jörn Rüsen, Die Logik der Historisierung, in: Gertrude Koch (Hrsg.), Bruchlinien, Köln u.a. 1999, S. 19-60. 5 Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866-1918, Bd. 2, Sonderausg. München 1998 (zuerst 1992), S. 905. 6 Vgl. Klaus Hildebrand, Das Dritte Reich, 6. neubearb. Aufl. München 2003 (zuerst 1979), S. XII, 166, 233. 7 Klaus Hildebrand, Hitlers Ort in der Geschichte des preußisch-deutschen Nationalstaates, in: HZ 217 (1974), S. 584-632; vgl. auch Schreiber, Hitler - Interpretationen 1923-1983, S. 9, 223-247. 8 Broszat, Plädoyer für eine Historisierung, S. 172; ders., Was heißt Historisierung, S. lOf. 9 Ders., Plädoyer fur eine Historisierung, S. 169. 10 Ders., Insel in der Geschichte, S. 120; ders., Was heißt Historisierung, S. 2; vgl. ders., Brief, in: ders./Saul Friedländer, Um die „Historisierung des Nationalsozialismus", in: VfZ 36 (1988), S. 339-372, hier: 340f.; vgl. dazu auch Rüsen, Logik der Historisierung, S. 44. " Vgl. dazu etwa Alf Lüdtke, Alltagsgeschichte, Mikro-Historie, historische Anthropologie, in: Hans-Jürgen Goertz (Hrsg.), Geschichte, Reinbek bei Hamburg 1998, S. 557-578; sowie ders. (Hrsg.), Alltagsgeschichte, Frankfurt a.M./New York 1989.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
besonderer Weise das von Broszat kritisierte Schwarz-Weiß-Bild aufzulösen versprach. Wenngleich dieser ,,vieldeutig[e] und mißverständlichfe]" Begriff der „Historisierung" eigentlich einen „faktisch" schon „längst im Gange befindliche[n]" Prozeß in der historiographischen Bearbeitung der NS-Zeit charakterisieren sollte 12 , avancierte er schon bald zu einem Reizwort, um dessen genauere inhaltliche Bestimmung heftig gestritten wurde. So meinten viele Historiker, sich im Scheine der „Historisierung" entwickelnde apologetische und „revisionistische", die Verbrechen des Nationalsozialismus relativierende Tendenzen in der deutschen Historiographie erkennen zu können.13 Vor allem in den Arbeiten Karlheinz Weißmanns, Klaus Homungs und Rainer Zitelmanns14 sowie anderer, insbesondere Ernst Nolte als geistigen Ziehvater für sich reklamierender ,junge[r] Revisionisten" sah beispielsweise Michael Schneider eine sich unter dem Deckmantel der „Historisierung" vollziehende „Rehabilitierung des .gesunden Nationalgefühls'" sowie das .„Erstarken' einer ,selbstbewußten Nation'".15 Vornehmlich „die Etikettierung des Nationalsozialismus [...] als ,modern'" sei so etwas wie das Erkennungszeichen dieser, der „Neuen Rechten" zuzuordnenden Gruppe von „Historisierern"16, die eigentlich mit dem Anspruch „objektiver Wissenschaftlichkeit" angetreten - tatsächlich eine „,Volkspädagogik' von rechts" praktizierten.17 In ähnlicher Weise unterstellte Karl Heinz Roth der Gruppe um Zitelmann die Absicht, in ihren „neo-positivistischen" Darstellungen modernisierende Tendenzen im „Dritten Reich" zum Zwecke einer ,,affirmative[n] Konsensstiftung" herausde12 Broszat/Friedländer, Um die „Historisierung", S. 340, 342; Broszat, Was heißt Historisierung, S. 5. 13 Vgl. Stefan Berger, The Search for Normality, Oxford 1997, S. 127ff., 141, 198; ders., Nationalism and Historiography, in: German History 18 (2000), S. 239-259, hier: S. 258; ders., Historians and Nation-Building in Germany after Reunification, in: Past & Present 148 (1995), S. 187-222, hier: S. 197ff.; Manfred Grieger, Die Zitelmänner oder Vom Verschwinden der nationalsozialistischen Verbrechen, in: Zeitschrift für marxistische Erneuerung 4 (1993), H. 15, S. 154-164; John Lukacs, Hitler, München 1997, S. 297-318; Karl Heinz Roth, Revisionistische Tendenzen in der historischen Forschung über den deutschen Faschismus, in: Johannes Klotz/Ulrich Schneider (Hrsg.), Die selbstbewußte Nation und ihr Geschichtsbild, Köln 1997, S. 31-64; Michael Schneider, „Volkspädagogik" von rechts, in: AfS 35 (1995), S. 532-581; Wolfgang Wippemiann, Umstrittene Vergangenheit, Berlin 1998, S. 29-32, 139; ders., Wessen Schuld?, Berlin 1997, bes. S. 85ff. 14 Vgl. Karlheinz Weißmann, Rückruf in die Geschichte, Berlin 1993; Klaus Homung, Das totalitäre Zeitalter, Berlin 1993; Rainer Zitelmann, Wohin treibt unsere Republik?, Frankfurt a.M./Berlin 1994; vgl. auch Heimo Schwilk/Ulrich Schacht (Hrsg.), Die selbstbewußte Nation, Berlin u.a. 1994. 15 Schneider, „Volkspädagogik" von rechts, S. 535f.; vgl. ders., Arbeiter und Arbeiterbewegung 1933-1945, in: Brigitte Berlekamp/Werner Röhr (Hrsg.), Terror, Herrschaft und Alltag im Nationalsozialismus, Münster 1995, S. 258-279, hier: S. 275; Grieger, Zitelmänner, S. 164; vgl. auch Richard J. Evans, After Reunification, in: ders., Rereading German History, London/New York 1997, S. 234-247; Konrad H. Jarausch, Normalisierung oder Re-Nationalisierung?, in: GG 21 (1995), S. 571-584, hier: S. 578f. 16 Vgl. Nolte, Streitpunkte, S. 144ff., 150f.; Hornung, Totalitäres Zeitalter, S. 230ff.; Weißmann, Rückruf in die Geschichte, S. 86f.; ders., Der Weg in den Abgrund, Berlin 1995, bes. S. 184; ders., Nationalsozialismus und Moderne, in: Geschichte, Politik und ihre Didaktik 23 (1995), S. 8-19; vgl. ferner ders., Alles, was recht(s) ist, Graz/Stuttgart 2000. Schneider, „Volkspädagogik" von rechts, S. 564, 580; vgl. auch Peter Steinbach, Neuauflage des „Historikerstreits"?, in: Tribüne 30 (1991), H. 119, S. 174-180, hier: S. 176, 178; Norbert Fabian, Das „Dritte Reich" als „Moderne"?, in: Geschichte, Politik und ihre Didaktik 23 (1995), S. 256f.
2. Neuere Tendenzen der Forschung
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stillieren zu wollen.18 Durch diese historisierende „Herausarbeitung angeblich sozial fortschrittlicher Elemente" werde versucht, die NS-Herrschaft „für die .Moderne'" zurückzugewinnen und wieder „in das Kontinuum deutscher Sozialstaatswerdung" einzubetten, um jene als „positive Vollstreckung preußisch-deutscher Machtstaatlichkeit" erscheinen zu lassen. Das Historisierungspostulat Martin Broszats das sich „angesichts der machtpolitischen Hintergründe" als „ideologische Konstruktion" erwiesen habe, „die eine kritische Historisierung unmöglich macht" gehöre daher „zum konzeptionellen Kernbestand der deutschen Geschichtsrevisionisten".19 Es drohe, so die Befürchtung Roths, daß der „.deutsche Sozialismus' noch einmal in den Arbeitszimmern der Publizisten und Gelehrten [triumphiert]".20 Dabei ging es Broszat weder um eine „falsche Normalisierung" des historischen Bewußtseins noch um eine „moralische Einebnung", „Relativierung" oder gar „Vemiedlichung"21 der nationalsozialistischen Verbrechen.22 Er forderte vielmehr, beide Seiten des „Dritten Reiches", seine spezifische „Gleichzeitigkeit von Banalität und Apokalypse"23, von „Alltag und Barbarei"24 zu beschreiben, den Nationalsozialismus in all seiner Ambivalenz wahrzunehmen: „das Nebeneinander und die Interdependenz von Erfolgsfähigkeit und krimineller Energie, von Leistungsmobilisation und Destruktion, von Partizipation und Diktatur".25 Doch dies änderte nichts daran, daß der Begriff der „Historisierung" - so schillernd und vage, wie er sich einem in der Tat darbietet - in das Kreuzfeuer der Kritik geriet. Vor allem Saul Friedländer versuchte eindringlich auf die Grenzen der „Historisierung" aufmerksam zu machen.26 Neben der Tendenz eines apologetischen Histo18
Karl Heinz Roth, Intelligenz und Sozialpolitik im „Dritten Reich", München u.a. 1993, S. 14, 17; vgl. ders., Der historische Revisionismus in Deutschland, in: 1999 9 (1994), H. 4, S. 7-11, bes. S. 8ff.; vgl. auch Berger, Search for Normality, S. 130. " Roth, Revisionistische Tendenzen, S. 39f., 52 (Hervorhebung im Original); von einer „kritischen Historisierung" sprechen auch Detlev J.K. Peukert, Alltag und Barbarei, in: Dan Diner (Hrsg.), Ist der Nationalsozialismus Geschichte?, Frankfurt a.M. 1987, S. 51-61, hier: S. 51; Konrad H. Jarausch, Beyond Uniformity, in: ders. (Hrsg.), Dictatorship as Experience, New York/Oxford 1999, S. 3-14, hier: S. 5; sowie Harald Welzer, Verweilen beim Grauen, Tübingen 1997, S. 15; zu dem Prozeß der „politischen Historisierung" vgl. überdies Harald Schmid, Vagabundierende Normalisierung, in: Johannes Heil/Rainer Erb (Hrsg.), Geschichtswissenschaft und Öffentlichkeit, Frankfurt a.M. 1998, S. 328-343, hier bes.: S. 334-340. 20 Roth, Intelligenz und Sozialpolitik, S. 17. 21 Grieger, Zitelmänner, S. 155. 22 Vgl. Broszat/Friedländer, Um die „Historisierung", bes. S. 340ff.; vgl. auch Klaus Naumann, Normalisierungsbegehren, in: Mittelweg 36 1 (1992), Η. 1, S. 85-89, hier: S. 85f.; Hans Mommsen, Die Gegenwart der Geschichte, in: GG 17 (1991), S. 141-157, hier: S. 154ff. 23 Charles S. Maier, Die Gegenwart der Vergangenheit, Frankfurt a.M./New York 1992, S. 111; vgl. auch Richard J. Evans, Im Schatten Hitlers?, Frankfurt a.M. 1991, S. 173. 24 Peukert, Alltag und Barbarei. 25 Broszat, Plädoyer für eine Historisierung, S. 166; ders., Was heißt Historisierung, S. 8. 26 Vgl. Saul Friedländer, Überlegungen zur Historisierung des Nationalsozialismus, in: Dan Diner (Hrsg.), Ist der Nationalsozialismus Geschichte?, Frankfurt a.M. 1987, S. 34-50, hier: S. 48ff.; ders., Brief, in: Broszat/Friedländer, U m die „Historisierung", S. 346; vgl. auch ders., Die „Endlösung", in: Walter H. Pehle (Hrsg.), Der historische Ort des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1990, S. 81-93, hier bes.: S. 90-93; vgl. ferner ders., Martin Broszat und die Historisierung des Nationalsozialismus, in: Klaus-Dietmar Henke/Claudio Natoli (Hrsg.), Mit dem Pathos der Nüchternheit, Frankfurt a.M./New York 1991, S. 155-172; ders., Probing the Limits of Representation Nazism and the „Final Solution", Cambridge (Mass.) 1992. Seine schweren - und teilweise gewiß berechtigten - Bedenken offenbarte Friedländer in einem fairen, doch verständlicherweise nicht gänzlich frei von Polemik ausgetragenen Disput mit Martin Broszat, in dem es nicht zuletzt auch
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rismus befürchtete er insbesondere eine „Relativierung der Bedeutung der politischen Sphäre" (und somit der Zäsuren von 1933 und 1945) sowie einen „Abbau der Distanzierung".27 Zudem könnten „unter der rührigen Hand des zukünftigen Historikers die normalen Anteile des Bildes von der NS-Zeit übergewichtig werden". Man dürfe die NS-Zeit nicht historisch beurteilen, „als sei sie so entfernt wie das Frankreich des 16. Jahrhunderts".28 Wie man sieht: Die Vergangenheit des „Dritten Reiches" schien nach wie vor „immer noch viel zu gegenwärtig"29 zu sein, als daß sich die Zeitgeschichtsforschung „von den damit verknüpften metahistorischen Vorannahmen und Werturteilen" hätte lösen können.30 Ähnlich wie Friedländer sah auch Dan Diner in der „Historisierung" eher eine Gefahr denn einen Nutzen. Schärfer als jener vertrat er die Meinung, letzten Endes entziehe sich der Holocaust dem Verständnis: „Auschwitz ist ein Niemandsland des Verstehens, ein schwarzer Kasten des Erklärens"! Nur durch „den ständigen Versuch, die Vergeblichkeit des Verstehens zu verstehen", könne ermessen werden, um welches Ereignis es sich bei diesem „Zivilisationsbruch" gehandelt habe. Als „äußerster Extremfall" sei es „wohl kaum historisierbar". Historisierungsversuche endeten entweder in „geschichtstheoretischen Aporien" oder aber - die Verbrechen des Nationalsozialismus relativierend und banalisierend - in einer Apologie.31 Daher stehe fest: Der Nationalsozialismus bedürfe einer „negativen Historik" und einer „radikalen Perspektive".12 Anhand seiner Betrachtungen über die Institution des „Judenrates" hat Diner denn auch einen spezifischen Zugang zur „historiographischen Rekonstruktion" des Nationalsozialismus entwickelt.33 Gewiß ist kaum zu verkennen, daß sich der Holocaust nicht mit gewohnten Kategorien erfassen läßt, daß die Geschichtswissenschaft „in der Begegnung mit dem Ungeheuerlichen des Dritten Reiches an ihre methodischen Grenzen stößt"34, ja, vielleicht auch an den „Grenzen des historischen Erzählens"35 anlangt. „Der Holocaust besaß seinen eigenen Code, den es zu entschlüsseln" gelte, wie Zygmunt
um das Problem der genealogischen Zurechnung der historischen Perspektive ging - ob man also die Sicht der Opfer oder die der Täter einnehmen solle (vgl. Broszat/Friedländer, Um die „Historisierung"). 27 Broszat/Friedländer, Um die „Historisierung", S. 345; vgl. ebd., S. 369f.; Friedländer, Überlegungen zur Historisierung, S. 38f., 41ff., 46f.; vgl. dazu auch Maier, Gegenwart der Vergangenheit, S. 109ff. 28 Broszat/Friedländer, Um die „Historisierung", S. 345, 372; vgl. Friedländer, Überlegungen zur Historisierung, S. 39f., 47f. 29 Friedländer, Überlegungen zur Historisierung, S. 47. 30 Ulrich von Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 2. Aufl. München 2001 (zuerst 1996), S. 113. 31 Dan Diner, Zwischen Aporie und Apologie, in: ders. (Hrsg.), Ist der Nationalsozialismus Geschichte?, Frankfurt a.M. 1987, S. 62-73, hier: S. 73; vgl. auch ders., Kreisläufe - Nationalsozialismus und Gedächtnis, Berlin 1995, S. 126ff.; ders., Historisches Verstehen und Gegenrationalität, in: Frank Bajohr u.a. (Hrsg.), Zivilisation und Barbarei, Hamburg 1991, S. 307-319, hier: S. 306f.; vgl. ferner Detlev Claussen, Nach Auschwitz, in: Dan Diner (Hrsg.), Zivilisationsbruch, Frankfurt a.M. 1988, S. 54-68, hier: S. 64f., 67f. 32 Diner, Perspektiven wähl, S. 94, 113 (Hervorhebung im Original); ders., Historisches Verstehen, S. 319. 33 Vgl. dazu unten, S. 176f. mit Anm. 15. 34 Hildebrand, Drittes Reich, S. IX. 35 Rilsen, Logik der Historisierung, S. 45.
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Bauman formuliert hat. 36 Dennoch hat sich die Historiographie der Aufgabe zu stellen, die nationalsozialistische Herrschaft „historisch, d.h. in ihren geschichtlichen Wurzeln und epochalen Bezügen zu verstehen und von da her über sie zu urteilen". 37 Den Nationalsozialismus verstehen heißt dabei durchaus nicht zu verzeihen, was geschehen ist, wohl „aber doch eine gedankliche Brücke zu konstruieren, die von hier nach dort und zurück begangen werden kann". 38 „Kontinuierung und Anschlußfahigkeit auf der einen Seite" und „radikale Diskontinuität und kritische Distanzierung auf der anderen", so lautet der bedenkenswerte Vorschlag Jörn Rüsens, konstituierten eine angemessene „Historisierung". 39
b) Kontinuitätsfrage, deutscher „Sonderweg" und Diktaturenvergleich Wie aus dem Vorausgegangenen ersichtlich, ist auch das Problem der Kontinuität und Diskontinuität 40 in der deutschen Geschichte eng mit der Frage der „Historisierung" des Nationalsozialismus verwoben. So hatte Martin Broszat nicht zuletzt die Öffnung des Zeithorizontes gefordert, um möglicherweise epochenübergreifende Modernisierungsvorgänge schärfer fassen und besser begreifen zu können. Länger zurückliegende, durchaus „problematische Modernisierungstendenzen" vor allem sozialplanerischer Art seien im Nationalsozialismus „legitimiert und zusammengerafft" worden und „in äußerste Gewaltsamkeit" umgeschlagen; teilweise wirkten sie noch bis in die Gegenwart nach. 41 Es sollte also der Blick geöffnet werden auf das sozialgeschichtliche Erbe der „Volksgemeinschaft". Dabei erblickte Martin Broszat Modernisierungstendenzen des „Dritten Reiches" vor allem in der Auflockerung traditioneller Strukturen und Einstellungen, in der Verstärkung der sozialen Mobilität und im Abbau ständischer und landsmannschaftlicher Unterschiede, wobei er die Auffassung vertrat, das NS-Regime habe „einen Schub progressiver sozialpolitischer Neuerungen" gebracht. 42 Insbesondere seit dem Anfang der achtziger Jahre 36
Zygmunt Bauman, Dialektik der Ordnung, Hamburg 1992 (engl. 1989), S. 7; vgl. auch Friedländer, Brief, in: Broszat/Friedländer, Um die „Historisierung", S. 371; vgl. dazu überdies Berlekamp, Rassismus, Holocaust und „Historisierung", bes. S. 103ff.; Welzer, Verweilen beim Grauen, S. 123-145; Robert Braun, The Holocaust and Problems of Historical Representation, in: History and Theory 33 (1994), S. 172-197; Berel Lang, Is It Possible to Misrepresent the Holocaust?, in: History and Theory 34 (1995), S. 84-89. 37 Hildebrand, Drittes Reich, S. X; vgl. auch Rüsen, Logik der Historisierung, S. 39; zum Begriff des historischen Verstehens vgl. insbesondere Ulrich Muhlack, Verstehen, in: Goertz, Geschichte, S. 99-131. 38 Jan Philipp Reemtsma, Nationalsozialismus und Moderne, in: ders. (Hrsg.), Mord am Strand Allianzen von Zivilisation und Barbarei, Hamburg 1998, S. 175-207 (zuerst 1996), hier: S. 202. 39 Rüsen, Logik der Historisierung, S. 52. 40 Verwiesen sei hier insbesondere auf Thomas Nipperdey, 1933 und die Kontinuität der deutschen Geschichte, in: ders., Nachdenken über die deutsche Geschichte, München 1986, S. 186-205 (zuerst 1978). 41 Vgl. Broszat, Plädoyer für eine Historisierung, S. 172; ders., Das Dritte Reich als Gegenstand historischen Fragens, S. 144f.; vgl. hierzu auch die Beiträge in: Michael Prinz/Rainer Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, 2. erw. Aufl. Darmstadt 1994 (zuerst 1991); sowie Roth, Intelligenz und Sozialpolitik, bes. S. 61; Götz Aly/Karl Heinz Roth, Die restlose Erfassung, 2. Überarb. Aufl. Frankfurt a.M. 2000 (zuerst 1984), bes. S. 7f., 162f. 42 Broszat, Plädoyer fur eine Historisierung, S. 171 f.; vgl. ders., Zur Struktur der NS-Massenbewegung, in: VfZ 31 (1983), S. 52-76.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
wurden denn auch andere Zeiträume als die bislang geradezu hermetisch abgeriegelt erscheinenden z w ö l f Jahre des Nationalsozialismus betrachtet und v o r w i e g e n d sozial- und alltagsgeschichtlich unter d e m Kontinuitätsaspekt beleuchtet. 4 3 Dabei k a m d e m Modernisierungsparadigma eine Schlüsselfunktion zu 4 4 , spielte e s d o c h nicht nur für die historiographische Bearbeitung des Nationalsozialismus, sondern auch für die d e s D e u t s c h e n Kaiserreichs 4 5 , der Weimarer Republik 4 6 s o w i e für die der Bundesrepublik Deutschland 4 7 eine immer bedeutendere Rolle. D i e deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts wurde „nicht mehr vorherrschend als eine A b f o l g e v o n dramatisch voneinander abgehobenen Perioden" begriffen, w i e Knut Borchardt in e i n e m 1983 publizierten, w e g w e i s e n d e n S a m m e l band bemerkte. 4 8 N u n wurde verstärkt eine Kontinuitätsperspektive im Sinne der longue duree e i n g e n o m m e n , in der „das Interesse an den Voraussetzungsvariablen zeitgenössischer westlicher Industriegesellschaften die Singularität der deutschen Faschismuserfahrung [...] w e i t g e h e n d überlagerte]". Man versuchte, den „tragendefn] Ton säkularer Kontinuitätsperspektiven in ihrer A m b i v a l e n z zur D i m e n s i o n
43
Als erste bahnbrechende epochenübergreifende Studie, die allerdings ihr Programm nicht vollends einzulösen vermochte, vgl. Martin Broszat u.a. (Hrsg.), Von Stalingrad zur Währungsreform, München 1988; zur Kritik vgl. Heinrich August Winkler, Sozialer Umbruch zwischen Stalingrad und Währungsreform?, in: GG 16 (1990), S. 403-409; vgl. zudem das Oral-History-Projekt zu „Faschismuserfahrungen im Ruhrgebiet": Lutz Niethammer (Hrsg.), „Die Jahre weiß man nicht, wo man die heute hinsetzen soll", 2. Aufl. Berlin/Bonn 1986 (zuerst 1983). 44 Vgl. dazu insbesondere Michael Prinz, Demokratische Stabilisierung, in: Westfälische Forschungen 43 (1993), S. 655-675; Hans Günter Hockerts, Zeitgeschichte in Deutschland, in: HJb 113 (1993), S. 98-127, hier: S. 120, 124. 45 Vgl. vor allem August Nitschke u.a. (Hrsg.), Jahrhundertwende - Der Aufbruch in die Moderne 1880-1930, 2 Bde., Reinbek bei Hamburg 1990; Paul Nolte, 1900, in: GWU 47 (1996), S. 281300; Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, München 1995; vgl. auch Ralph Jessen, Polizei im Industrierevier - Modernisierung und Herrschaftspraxis im westfälischen Ruhrgebiet 1848-1914, Göttingen 1991; Simone Lässig, Wahlrechtsreform in den deutschen Einzelstaaten, in: dies. u.a. (Hrsg.), Modernisierung und Region im wilhelminischen Deutschland, Bielefeld 1995, S. 127-169; Heinz Reif (Hrsg.), Ostelbische Agrargesellschaft im Kaiserreich und in der Weimarer Republik, Berlin 1994; vgl. ferner David Blackboum, The Long Nineteenth Century, Oxford/New York 1998; Geoff Eley (Hrsg.), Society, Culture, and the State in Germany 1870-1930, Ann Arbor 1996. 46 Vgl. insbesondere Detlev J.K. Peukert, Die Weimarer Republik, Frankfurt a.M. 1987; vgl. auch Nikolaus Back, „Zeitgemäßer Fortschritt", Frankfurt a.M. u.a. 1998; Ben Lieberman, Testing Peukert's Paradigm, in: German Studies Review 17 (1994), S. 287-303; Friedhelm Schütte, Die einseitige Modernisierung, in: Zeitschrift für Pädagogik (1995), S. 429-447; Andreas Wirsching, Die Weimarer Republik, München 2000, S. 49f., 84ff. 47 Vgl. Axel Schildt, Moderne Zeiten, Hamburg 1995; ders./Arnold Sywottek (Hrsg.), Modernisierung im Wiederaufbau, Bonn 1993; Hans-Peter Schwarz, Modernisierung oder Restauration?, in: Kurt Düwell/Wolfgang Köllmann (Hrsg.), Rheinland-Westfalen im Industriezeitalter, Bd. 3, Wuppertal 1984, S. 278-293; vgl. auch Ulrich Herbert (Hrsg.), Wandlungsprozesse in Westdeutschland, Göttingen 2002; Bernhard Schäfers, Die Gesellschaft der Bundesrepublik, in: Robert Hettlage (Hrsg.), Die Bundesrepublik, München 1990, S. 280-296; sowie als kurzer Überblick: Paul Erker, Zeitgeschichte als Sozialgeschichte, in: GG 19 (1993), S. 202-238, hier: S. 214f.; Paul Nolte, Die Bundesrepublik in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, in: GG 28 (2002), S. 175-182. 48 Knut Borchardt, Die Bundesrepublik in den säkularen Trends der wirtschaftlichen Entwicklung, in: Werner Conze/M. Rainer Lepsius (Hrsg.), Sozialgeschichte der Bundesrepublik Deutschland Beiträge zum Kontinuitätsproblem, Stuttgart 1983, S. 20-45, hier: S. 45.
2. Neuere Tendenzen der Forschung
31
der Politik" hörbar z u machen. 4 9 Vornehmlich die zahlreichen Einzelstudien des während der neunziger Jahre durchgeführten Westfalen-Projektes Kontinuität Wandel
1930-1960
und
zeigten in beispielhafter W e i s e , daß „kaum einer der grundle-
genden wirtschaftlichen, sozialen, politischen oder kulturellen Wandlungsprozesse in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts über die übliche Periodisierung erfaßt werden kann". 5 0 Gerade die einheitsstiftenden Merkmale der Modern e liegen dabei „quer z u den konventionellen politischen Daten". 51 A l s in der Forschung äußerst umstritten nimmt sich indes die Frage aus, in w e l cher Periode der entscheidende Modernisierungsschub für die Entwicklung der deutschen Gesellschaft verortet werden kann. 5 2 B e t o n e n Dahrendorf und S c h o e n b a u m die Modernisierungsfunktion des Nationalsozialismus, so erblickt Heinrich A u g u s t Winkler in den sozialen Folgen von Flucht und Vertreibung die eigentliche Sozialrevolution, in d e m „Zusammenbruch" der NS-HerTschaft die „größte soziale Zäsur". 53 M. Rainer Lepsius hingegen hält die tiefgreifenden sozio-strukturellen Wirkungen der staatlichen Teilung für bedeutend 5 4 , während wiederum Ludolf Herbst und Volker Berghahn die Wirkungen des politischen und kulturellen H e g e moniedruckes der Vereinigten Staaten von Amerika auf die deutsche Gesellschaft vor allem nach 1945 - hervorheben. 5 5
49
Lutz Niethammer, Deutschland danach, Bonn 1999, S. 399,402; vgl. auch Klaus Tenfelde, 1914 bis 1990, in: Manfred Hettling u.a. (Hrsg.), Was ist Gesellschaftsgeschichte?, München 1991, S. 70-80, hier bes.: S.71ff. 50 Matthias Frese/Julia Paulus/Karl Teppe, Gesellschaft in Westfalen, in: Jahrbuch der historischen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland 1999, S. 44-53, hier: S. 48f.; vgl. zudem den instruktiven, Sozial- und Regionalgeschichte miteinander verknüpfenden Sammelband, der eingebettet ist in das Projekt des Westfiliischen Instituts für Regionalgeschichte·. Matthias Frese/Michael Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel im 20. Jahrhundert, Paderborn 1996; vgl. zu diesem Projekt auch Rainer Auts/Markus Köster, Politische Zäsuren und gesellschaftliche Modernisierung im 20. Jahrhundert in regionaler und vergleichender Perspektive, in: Historical Social Research 19 (1994), No. 72, S. 133-144; Matthias Frese u.a., Gesellschaft in Westfalen, in: Westfälische Forschungen 41 (1991), S. 444-467; vgl. femer Daniela Münkel (Hrsg.), Der lange Abschied vom Agrarland, Göttingen 2000. Detlev J.K. Peukert, Max Webers Diagnose der Moderne, Göttingen 1989, S. 65; vgl. auch Lutz Raphael, Die Verwissenschaftlichung des Sozialen als methodische und konzeptionelle Herausforderung für eine Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, in: GG 22 (1996), S. 165-193, hier: S. 186f. 52 Vgl. insbesondere Paul Nolte, Die Ordnung der deutschen Gesellschaft, München 2000, S. 212ff.; vgl. auch Erker, Zeitgeschichte, bes. S. 217ff.; Hockerts, Zeitgeschichte, S. 120. 53 Heinrich August Winkler, Vom Mythos der Volksgemeinschaft, in: AfS 17 (1977), S. 484-490, hier: S. 490; ähnlich auch: Ian Kershaw, Der NS-Staat, erw. u. bearb. Neuaufl. Reinbek bei Hamburg 1999 (engl. 1985), S. 278; Noakes, Nazism and Revolution, S. 88, 92; Prinz, Mittelstand, S. 333; Bernd Jürgen Wendt, Deutschland 1933-1945, Hannover 1995, S. 703. 54 Vgl. M. Rainer Lepsius, Sozialstruktur und soziale Schichtung in der Bundesrepublik Deutschland, in: ders., Demokratie in Deutschland, Göttingen 1993, S. 145-174 (zuerst 1974); vgl. auch ders., Die Bundesrepublik Deutschland in der Kontinuität und Diskontinuität historischer Entwicklungen, in: ebd., S. 135-144 (zuerst 1983); vgl. femer Norbert Frei, Die Besatzungsherrschaft als Zäsur?, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 779-788. 55 Vgl. Ludolf Herbst, Der Totale Krieg und die Ordnung der Wirtschaft, Stuttgart 1982; Volker Berghahn, Deutschland im .American Century" 1942-1992, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 789-800; ders., The Americanization of West German Industry 1945-1973, New York 1987; vgl. auch Heinz Bude/Bernd Greiner (Hrsg.), Westbindungen - Amerika in der Bundesrepublik, Hamburg 1999; Michael Ermarth (Hrsg.), America and the Shaping of the German Society 1945-1955, Providence 1993; vgl. femer Dietrich Orlow, Einige Bemerkungen zum Wettbewerb der Umbruchsdaten in der deutschen Zeitgeschichte, in: Dietrich
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
Zusammen mit Axel Schildt und einigen anderen Historikern hat sich ferner Arnold Sywottek der Ansicht gezeigt, daß „die moderne Gesellschaft des Kaiserreichs noch bis in die 50er Jahre hinein fortbestanden" habe.56 Erst in den „kurzen" fünfziger Jahren, d.h. beginnend mit dem Jahre 1957, sei eine ,,erkennbar[e] Modernisierung'" zu konstatieren, so daß die „entstrukturierte Klassengesellschaft" (Peter A. Berger) Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre zumindest ansatzweise verwirklicht gewesen sei.57 In ähnlichem Sinne hat Axel Schildt den „Übergang von der Zusammenbruchsgesellschaft der unmittelbaren Nachkriegszeit und kargen .Normalität' Anfang der fünfziger Jahre zur prosperierenden Konsumgesellschaft ein Jahrzehnt später" als „eine stille, aber gleichwohl tiefe Sozialrevolution" bezeichnet. 58 Paul Nolte zufolge ist mit dem „fundamentalen Einschnitt" zu Beginn der sechziger Jahre „die Schichtungsstruktur der Gesellschaft [...] nicht nur .nivelliert', sondern im öffentlichen Diskurs wie in der Erfahrung der meisten weithin irrelevant", die gesamte deutsche Gesellschaft mithin „eine grundsätzlich andere" geworden. 59 Im Gegensatz zum Konzept der „kurzen fünfziger Jahre" hat Werner Abelshauser die „langen fünfziger Jahre"60, von 1949 bis 1966 reichend, als wichtige Modernisierungs- bzw. „Rekonstruktionsphase"61 hervorgehoben. Auch HansPeter Schwarz hält die fünfziger Jahre insbesondere aufgrund der Durchsetzung der „Sozialen Marktwirtschaft" sowie der allgemeinen Entwicklung „in Richtung auf mehr Pluralität, Erweiterung der individuellen Freiheitsspielräume, Dezentralisierung und soziale Sicherung" für eine „Periode aufregender Modernisierung", für eine Phase ,,tiefgreifende[n] Wandel[s] von stärkster Dynamik", die hinsichtlich der Wandlung von Lebensformen, Klassen und Wertesystemen einem „Quantensprung" gleichkomme. Darüber hinaus hat er die Bedeutung der Lernprozesse, die aus der Konfrontation mit der NS-Herrschaft erwuchsen, als vorwärtstreibende Kraft her-
Papenfuß/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Deutsche Umbrüche im 20. Jahrhundert, Köln u.a. 2000, S. 491-495, hier bes.: S. 494. 56 Arnold Sywottek, Wege in die 50er Jahre, in: ders./Schildt (Hrsg.), Modernisierung im Wiederaufbau, S. 13-39, hier: S. 24. 57 Sywottek, Wege in die 50er Jahre, S. 35, 39; mit ähnlicher Zäsursetzung auch: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel; Michael Prinz/Matthias Frese, Sozialer Wandel und politische Zäsuren seit der Zwischenkriegszeit, in: dies. (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 1-34, hier: S. 9 mit Anm. 18; Auts/Köster, Politische Zäsuren und gesellschaftliche Modernisierung, S. 144; Frese u.a., Gesellschaft in Westfalen, S. 449, 453f.; Markus Köster, Jugend, Wohlfahrtsstaat und Gesellschaft im Wandel, Paderborn 1999, S. 571; vgl. ferner auch Martin Broszat (Hrsg.), Zäsuren nach 1945, München 1990. 58 Axel Schildt, Ankunft im Westen, Frankfurt a.M. 1999, S. 50f.; vgl. auch ders., Moderne Zeiten, bes. S. 441 ff., 450; ders., Freizeit, Konsum und Häuslichkeit in der „Wiederaufbau"-Gesellschaft, in: Hannes Siegrist u.a. (Hrsg.), Europäische Konsumgeschichte, Frankfurt a.M./New York 1997, S. 327-348; ders., Zwischen Abendland und Amerika, München 1999; Michael Wildt, Privater Konsum in Westdeutschland in den 50er Jahren, in: Schildt/Sywottek (Hrsg.), Modernisierung im Wiederaufbau, S. 275-289; ders., Am Beginn der „Konsumgesellschaft", Hamburg 1994. 59 Paul Nolte, Gesellschaftstheorie und Gesellschaftsgeschichte, in: Thomas Mergel/Thomas Welskopp (Hrsg.), Geschichte zwischen Kultur und Gesellschaft, München 1997, S. 275-298, hier: S. 286. 60 Zu diesem Konzept vgl. Werner Abelshauser, Die Langen Fünfziger Jahre, Düsseldorf 1987. 61 Zu dem Begriff der „Rekonstruktion" vgl. Wemer Abelshauser, Wirtschaftsablauf, Gesellschaft, Politik, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 743-754; ders./Dietmar Petzina, Krise und Rekonstruktion, in: dies. (Hrsg.), Deutsche Wirtschaftsgeschichte im Industriezeitalter, Königstein 1981, S. 47-93.
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2. Neuere Tendenzen der Forschung vorgehoben. 6 2 Etwas skeptischer spricht in d i e s e m Zusammenhang
Christoph
Kleßmann von einer „Modernisierung unter .konservativen Auspizien'", obgleich er konzediert, daß sich die Bundesrepublik von der ersten deutschen Demokratie Weimars gerade durch die „Bejahung der Moderne durch den deutschen Konservativismus" unterschieden habe. 6 W a s die modernisierungstheoretische Betrachtung der Weimarer Republik betrifft, s o gibt Rainer-Olaf Schultze zu bedenken, daß ein solcher Ansatz, der für Krise und Untergang der Weimarer Demokratie insbesondere den v o m westlichen Muster a b w e i c h e n d e n W e g in die industriegesellschaftliche Moderne verantwortlich macht, zumeist in „ S o n d e r w e g s - und Verspätungstheoreme" münde, deren N u t z e n mittlerweile - nach langen und intensiven Debatten in den siebziger und achtziger Jahren 64 - doch stark in Frage gestellt sei. Derartige Konstruktionen argumentierten h ä u f i g „ v o m ,Ende' her", ohne m ö g l i c h e Alternativen und Handlungsoptionen in den B l i c k zu n e h m e n inspiriert -
65
Dabei kritisieren - von Antonio Gramsci
vornehmlich G e o f f Eley und David B l a c k b o u m 6 6 die Idealisierung
westlich-angelsächsischer
Leitbilder durch die Verfechter jener
„Sonderwegs"-
These, die es in der Nachkriegszeit erlaubte, trotz Weltkrieg und Holocaust am „evolutionistischen Fortschrittsparadigma" 67 festzuhalten, weil Deutschland mit der Kapitulation nun „auf die breite Normalspur des .American w a y o f life' b z w . der 62
Hans-Peter Schwarz, Die Ära Adenauer, Stuttgart 1983, S. 288, 382; ders., Modernisierung oder Restauration?, S. 281; ders., Die Fünfziger Jahre als Epochenzäsur, in: Jürgen Heideking u.a. (Hrsg.), Wege in die Zeitgeschichte, Berlin/New York 1989, S. 473-496, hier: S. 474; vgl. f e r n e r den ,,kulturelle[n] Modemisierungsschub der späten fünfziger Jahre" hervorhebend - Peter Alheit, Zivile Kultur, Frankfurt a.M./New York 1994, S. 22. 63 Christoph Kleßmann, Ein stolzes Schiff und krächzende Möwen, in: GG 11 (1985), S. 476-494, hier: S. 485. 64 Vgl. Stefan Berger, Challenge by Reunification, in: Dan Diner (Hrsg.), Historiographie im Umbruch, Gerlingen 1996, S. 259-280, hier: S. 261ff.; Deutscher Sonderweg? - Mythos oder Realität, hrsg. vom Institut für Zeitgeschichte, München/Wien 1982; Jürgen Elvert, Nationalsozialismus, Nationalbewußtsein und deutsche Identität, in: ZfG 45 (1997), S. 47-62, hier: S. 56ff.; Helga Grebing, Der „deutsche Sonderweg" in Europa 1806-1945, Stuttgart 1986; Konrad H. Jarausch/Michael Geyer, Shattered Past, Princeton/Oxford 2003, S. 85-101; Reinhard Kühnl, The German Sonderweg Reconsidered, in: Reinhard Alter/Peter Monteath (Hrsg.), Rewriting the German Past, New Jersey 1997, S. 115-128; George Steinmetz, German Exceptionalism and the Origins of Nazism, in: Ian Kershaw/Moshe Lewin (Hrsg.), Stalinism and Nazism, Cambridge u.a. 1997, S. 251-284; Thomas Welskopp, Westbindung auf dem „Sonderweg", in: Wolfgang Küttler u.a. (Hrsg.), Geschichtsdiskurs, Bd. 5, Frankfurt a.M. 1999, S. 191-237; zusammenfassend: Hildebrand, Drittes Reich, bes. S. 318ff. 65 Rainer-Olaf Schultze, Die Republik von Weimar, in: Volker Dotterweich (Hrsg.), Kontroversen der Zeitgeschichte, München 1998, S. 37-62, hier: S. 43; vgl. auch Thomas Welskopp, Die Sozialgeschichte der Väter, in: GG 24 (1998), S. 173-198, hier: S. 189; zur Relativierung und Modifikation des „Sonderweg'-Theorems nach 1989/90 in den Reihen der „Historischen Sozialwissenschaft" vgl. insbesondere Jürgen Kocka, Nach dem Ende des Sonderwegs, in: Amd Bauerkämper/Martin Sabrow/Bernd Stöver (Hrsg.), Doppelte Zeitgeschichte, Bonn 1998, S. 364-375; vgl. dazu auch Berger, Challenge by Reunification, bes. S. 279f. 66 Vgl. David Blackbourn/Geofif Eley, Mythen deutscher Geschichtsschreibung, Frankfurt a.M./Berlin/Wien 1980; sowie die überarb. engl. Fassung: dies., The Peculiarities of German History, New York 1984; vgl. auch Geoff Eley, What Produces Fascism, in: Michael Ν. Dobkowski/Isidor Wallimann (Hrsg.), Radical Perspectives on the Rise of Fascism in Germany 19191945, New York 1989, S. 69-99; sowie Blackboum, Long Nineteenth Century, bes. S. 496. 67 Hans Joas, Die Modernität des Krieges, in: Wolfgang Knöbl/Gunnar Schmidt (Hrsg.), Die Gegenwart des Krieges, Frankfurt a.M. 2000, S. 177-193, hier: 182; vgl. auch Reinhard Alter/Peter Monteath, Introduction, in: dies. (Hrsg.), Rewriting the German Past, S. 1-22, hier: S. 14.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
nordatlantischen Zivilisation eingebogen"68 zu sein schien. „Germany's vulnerability to fascism", so argumentieren Eley und Blackboum, sei weniger in einer vorindustriellen Modernisierungsblockade als vielmehr in einer umfassenden, durchaus universalgeschichtliche Dimensionen in sich bergenden Modernisierungskrise zu sehen.69 In ähnlicher Weise macht auch Gerald D. Feldman darauf aufmerksam, daß „the general relevance of the German experience" trotz mancher berechtigter Aspekte der „Sonderwegs"-Hypothese „probably more significant than its exceptionalism" gewesen sei.70 Und gleichfalls zeigt sich Rainer-Olaf Schultze der Meinung, daß die verschiedenen Krisenelemente in der Weimarer Republik „durchaus systemtypisch für liberale Industriesysteme", ja, geradezu paradigmatisch für moderne Gesellschaften und damit „eben kein Sonderfall" gewesen seien.71 Detlev Peukert hat für die Krise der Weimarer Republik vor allem die Tatsache verantwortlich gemacht, daß sich im Deutschland der zwanziger Jahre der Modernisierungsprozeß mit all seinen Licht- und Schattenseiten „brutaler, unverblümter durchgesetzt" habe als in anderen Ländern.72 Der Aufstieg des Nationalsozialismus sei nicht etwa als die fatale Folge eines deutschen „Sonderweges" zu deuten, sondern als der Gipfelpunkt einer möglichen (nicht notwendigen) „pathologischen" Entwicklung, die vornehmlich in den ,,Krisenjahre[n] der klassischen Moderne" ihre Wurzeln habe.73 Bereits Thomas Nipperdey hatte Ende der siebziger Jahre darauf hingewiesen, daß die ausgebliebene Demokratisierung das Ende Weimars und die „Machtergreifung" Hitlers keineswegs allein erklären könne, zumal das politische System vor 1914 „nicht hoffnungslos blockiert" gewesen sei, sondern sich „langsam und oft stillschweigend doch in Richtung auf eine Parlamentarisierung" entwickelt habe. Vielmehr sei die „Modernisierungs- und Modemitätskrise" in Deutschland „besonders stark" ausgefallen, das „Unbehagen an der Moderne", die Schwierigkeit, „sich in der Welt zu Hause zu fühlen", besonders virulent gewesen.74 Randall Collins hat im übrigen betont, daß „the pace of democratization [...] among Western countries" nicht in dem Maße variiert habe „as the conventional
68
Peukert, Alltag und Barbarei, S. 52; vgl. auch Grebing, Deutscher Sonderweg, S. 11. Blackbourn/Eley, Peculiarities of German History, S. 155. 70 Gerald D. Feldman, The Weimar Republic, in: AfS 26 (1986), S. 1-26, hier: S. 26. 71 Schultze, Republik von Weimar, S. 44; vgl. Peukert, Weimarer Republik, bes. S. 10f., 271. 72 Peukert, Weimarer Republik, S. 271; vgl. auch ders., Max Webers Diagnose der Moderne, S. 118. 73 Ders., Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde, Köln 1982, bes. S. 291ff.; ders., Weimarer Republik, S. 266; vgl. ders., Max Webers Diagnose der Moderne, S. 65f., 81 f.; vgl. auch Schultze, Republik von Weimar, S. 44f.; vgl. dazu ferner David F. Crew, The Pathologies of Modernity, in: Social History 17 (1992), S. 319-328, hier: S. 321. 74 Thomas Nipperdey, Probleme der Modernisierung in Deutschland, in: Saeculum 30 (1979), S. 292-303, hier: S. 300f.; vgl. ders., Deutsche Geschichte II, S. 903; ders., 1933 und die Kontinuität, S. 194; zur Demokratisierung und Parlamentarisierung im Deutschen Kaiserreich vgl. insbesondere Margaret Lavinia Anderson, Practicing Democracy, Princeton (N.J.) 2000; Christoph Schönberger, Das Parlament im Anstaltsstaat, Frankfurt a.M. 1997; vgl. dazu femer auch Heinrich Best, Politische Modernisierung und Elitenwandel 1848-1997, in: Historical Social Research 22 (1997), No. 3/4, S. 4-31, hier: S. 28f.; Blackbourn, Long Nineteenth Century; Geoff Eley, Die deutsche Geschichte und die Widersprüche der Moderne, in: Bajohr u.a. (Hrsg.), Zivilisation und Barbarei, S. 17-65, hier: S. 47; ders., Society, Culture and the State. 69
2. Neuere Tendenzen der Forschung
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picture supposes". Die Krise der Weimarer Republik könne vermutlich als „an archetype of the inherent difficulties of modem social structures" gelten. 75 Nach wie vor verteidigt wird das „Sonderweg"-Theorem indes von Hans-Ulrich Wehler, demzufolge „die neuere ,Sonderwegs'-Debatte mit einer Einbahnstraße zum Nationalsozialismus oder mit einer unwiderstehlichen Kontinuität des Bösen in der neueren deutschen Geschichte nichts im Sinn" hat. Längst, so postuliert er, habe sie sich „von älteren Deutungen gelöst, den Vergleich einbezogen und komplexere Erklärungsversuche mit dem Schwergewicht auf dem politischen Herrschaftssystem in seinem sozialökonomischen und kulturellen Kontext angeboten". Auf diese Weise bewähre sich die „Sonderweg"-Interpretation auch weiterhin „als schlüssigste Erklärung des Irrwegs, der zum Nationalsozialismus und seinen Folgen geführt hat".76 Im Kontext seiner metahistorischen These eines „langen Wegs nach Westen", den Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert beschritten habe, propagiert nicht zuletzt auch Heinrich August Winkler das historiographische Paradigma des deutschen „Sonderwegs". Für den Zusammenbruch der Weimarer Republik macht er vornehmlich die „Verschleppung der Freiheitsfrage im 19. Jahrhundert" verantwortlich, mithin die „Ungleichzeitigkeit der politischen Modernisierung Deutschlands: der frühen Demokratisierung des Wahlrechts und der verspäteten Demokratisierung des Regierungssystems". 77 Ungeachtet aller Plausibilität und Triftigkeit einzelner Aspekte des „Sonderweg"Theorems kann jedoch mit Reinhart Koselleck konstatiert werden, daß es sich bei dem Konzept des deutschen „Sonderweges", dieser Konstruktion einer „zwangsläufige[n] Kausalkette ex ante", um „eine theoretisch schwache Position" handelt. Durch eine solche - auf ethisch-moralischen Vorentscheidungen beruhende, stark simplifizierende - „normative Historisierung" wird ein Sonderfall gleichsam onto-
75
Randall Collins, German-Bashing and the Theory of Democratic Modernization, in: ZfS 24 (1995), S. 3-21, hier: S. 15, 19f.; Collins' etwas verengtes Demokratieverständnis kritisierend: Wolfgang Knöbl, Kommentar zu Randall Collins' „German-Bashing and the Theory of Democratic Modernization", in: ZfS 24 (1995), S. 465-468, hier: S. 466f. 76 Hans-Ulrich Wehler, Die Gegenwart als Geschichte, München 1995, S. 227; ders., Das Ende des deutschen „Sonderwegs", in: ders., Umbruch und Kontinuität, München 2000, S. 84-89, hier: S. 89; zu Wehlers gleichwohl etwas abgeschwächtem „Sonderweg"-Theorem vgl. im übrigen Richard J. Evans, Whatever became of the Sonderwegl, in: ders., Rereading German History, London/New York 1997, S. 12-22; Thomas Mergel, Geht es weiterhin voran?, in: ders ./Welskopp (Hrsg.), Geschichte zwischen Kultur und Gesellschaft, S. 203-232, hier: S. 212. Heinrich August Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 1, München 2000, S. 550; vgl. auch ders., Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, München 2000, S. 643, 648; ders., Weimar 1918-1933, München 1993, bes. S. 61 Off.; ders., Die deutsche Abweichung vom Westen, in: Wolfram Pyta/Ludwig Richter (Hrsg.), Gestaltungskraft des Politischen, Berlin 1998, S. 127-137; ders., Abschied von der Abweichung, in: Die Zeit, 14.12.2000; vgl. ferner die Rezensionen zu Winklers das Paradigma der „Verwestlichung" theoretisch kaum reflektierenden - opus magnum von Klaus Hildebrand, Die Gipfelstürmer vom Piz Perdü, in: FAZ, 21.3.2000; ders., Vom deutschen Irrweg auf die Straße nach Westen, in: FAZ, 11.10.2000; sowie von Richard Herzinger, Dialektik der Selbsttäuschungen, in: Die Zeit, 19.10.2000; und Imanuel Geiss, Die Deutsche Geschichte aus der Feder von Heinrich August Winkler, in: NPL 46 (2001), S. 365-370; vgl. auch die Überlegungen zu Winklers Deutungsmuster von Klaus Hildebrand, Kommentar zu Heinrich August Winkler, Adenauer und der deutsche Sonderweg, in: Anselm Doering-Manteuffel/Hans-Peter Schwarz (Hrsg.), Adenauer und die deutsche Geschichte, Bonn 2001, S. 19-23; sowie von Anselm DoeringManteuffel, Eine politische Nationalgeschichte für die Berliner Republik, in: GG 27 (2001), S. 446-462; vgl. überdies auch Klaus Naumann, Historisierung der Bonner Republik, in: Mittelweg 36 9 (2000), H. 3, S. 53-67, hier: S. 61.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
logisch festgeschrieben, „als wenn nicht alle Geschichte aus Sonderwegen bestünde, wenn man etwas Bestimmtes erfragt".78 Bedenkenswert erscheint hier insbesondere Andreas Wirschings Vorschlag, auf der Basis von signifikanten Gemeinsamkeiten in den einzelnen Modernisierungsprozessen der (west-)europäischen Staaten das Modell eines „Normalweges" zu konstruieren, das „die hohe Krisenhaftigkeit der .klassischen Moderne' als gemeineuropäisches Phänomen ernst nehmen müßte". In einem weiteren Schritt könnten dann „die nationalspezifischen Differenzvariablen" isoliert und interpretiert werden.79 Mit anderen Worten: Erst dann könnte genauer entschieden werden, inwieweit der „deutsche Eigenweg"80 die Form eines von den allgemeinen Modernisierungstendenzen jener Zeit differierenden „Sonderweges" annahm. Zumindest scheint außer Frage zu stehen, „daß jede Diskussion um einen deutschen ,Sonderweg' nur vor dem Hintergrund der Erkenntnis geführt werden sollte, daß die Zwischenkriegszeit durch eine gemeineuropäische Krise gekennzeichnet war".81 Von dieser Einsicht läßt sich im übrigen auch das vom Münchner Institut für Zeitgeschichte initiierte historisch-vergleichende Forschungsprojekt Demokratie in der Zwischenkriegszeit - Deutschland und Frankreich im Vergleich leiten.82 Auf diese Weise erfahrt nicht nur der diachrone, sondern auch der synchrone Vergleich durch die Modernisierungsfrage eine Bereicherung. So kann z.B. die historisch-komparative Betrachtung von Nationalsozialismus, Stalinismus und Faschismus mit Hilfe des Modernisierungsparadigmas sowohl analytisch als auch begrifflich schärfer gefaßt werden83, wobei hier auch die DDR als Vergleichspunkt
78
Reinhart (Coselleck, Deutschland - eine verspätete Nation?, in: ders., Zeitschichten, Frankfurt a.M. 2000, S. 359-379, hier: S. 377; ders., in: Begriffsgeschichte, Sozialgeschichte, begriffene Geschichte. Reinhart Koselleck im Gespräch mit Christof Dipper, in: N P L 4 3 (1998), S. 187-205, hier: S. 198; vgl. femer - mit Blick auf die Entwicklungsländerproblematik - Gerhard Hauck, Der „Sonderweg des Westens" und die „orientalische Despotie", in: Peripherie 17 (1997), Nr. 65/66, S. 21-48, hier: S. 41. 79 Andreas Wirsching, Krisenzeit der „Klassischen Moderne" oder deutscher „Sonderweg"?, in: Horst Möller/Udo Wengst (Hrsg.), 50 Jahre Institut für Zeitgeschichte, München 1999, S. 365-381, hier: S. 377. 80 Klaus Hildebrand, Der deutsche Eigenweg, in: Manfred Funke u.a. (Hrsg.), Demokratie und Diktatur, Düsseldorf 1987, S. 15-34; vgl. auch ders., Gibt es einen deutschen Sonderweg?, in: Ferdinand Bitz/Manfred Speck (Hrsg.), Im Mittelpunkt - Res publica, München 2002, S. 93-100. 81 Wirsching, Krisenzeit der „Klassischen Moderne", S. 376 (Hervorhebung im Original); vgl. Walther L. Bernecker, Europa zwischen den Weltkriegen 1914-1945, Stuttgart 2002; Bracher, Krise Europas; Wolfgang Hardtwig (Hrsg.)/Philip Cassier (Mitarb.), Utopie und politische Herrschaft im Europa der Zwischenkriegszeit, München 2003; Gunther Mai, Europa 1918-1939, Stuttgart u.a. 2001; Möller, Europa zwischen den Weltkriegen; Gerhard Schulz, Europa und der Globus, Stuttgart/München 2001, S. 350ff., 365ff.; sowie die von einem modifizierten totalitarismustheoretischen Ansatz geleitete komparative Studie von Andreas Wirsching, Vom Weltkrieg zum Bürgerkrieg?, München 1999. 82 Vgl. dazu Horst Möller/Manfred Kittel (Hrsg.), Demokratie in Deutschland und Frankreich 1918-1933/40, München 2002. 83 Vgl. insbesondere Richard Bessel (Hrsg.), Fascist Italy and Nazi Germany, Cambridge 1996; Eckhard Jesse (Hrsg.), Totalitarismus im 20. Jahrhundert, 2. erw. Aufl. Bonn 1999 (zuerst 1996); Matthias Vetter (Hrsg.), Terroristische Diktaturen im 20. Jahrhundert, Opladen 1996; sowie allgemein Jürgen Kocka, Hitlers Nazi-Reich und die anderen europäischen Diktaturen, in: Bernd Sösemann (Hrsg.), Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Darmstadt 2002, S. 329344; Detlef Schmiechen-Ackermann, Diktaturen im Vergleich, Darmstadt 2002; vgl. auch den kurzen komparativen Überblick zu dem Verhältnis von Fascism and Modernization bei Stanley G.
2. Neuere Tendenzen der Forschung
37
zu nennen ist 84 . Im Gegensatz zu Konrad H. Jarausch, der in der D D R eine „Fürsorgediktatur" 85 erblickt, plädiert Jürgen Kocka dafür, den sozialistischen Staat mit d e m B e g r i f f der „modernen Diktatur" z u charakterisieren. Er weist darauf hin, daß „Modernität" gerade i m 20. Jahrhundert auch „horrible devastation, terrible catastrophe, and tragic l o s s " bedeutet habe. 8 6 A u f revolutionäre und moderne Elemente des Faschismus hat Mitte der sechziger Jahre vornehmlich der italienische Historiker R e n z o de Feiice hingewiesen. Im Gegensatz z u d e m als „rechtstotalitär" klassifizierten Nationalsozialismus sei die „linkstotalitäre" B e w e g u n g des Faschismus einem innovatorischen und modernisierenden Ansatz verpflichtet g e w e s e n und habe angesichts ihrer egalitären und technokratischen Tendenzen in unverkennbarem Zusammenhang mit den Fortschrittsideen der Aufklärung gestanden. Der Faschismus, s o lautete Felices These, habe „neue .moderne' und .angemessenere' Lösungen" für die drängenden Probleme der italienischen Gesellschaft zu finden versucht. 8 7 A . James Gregor - einer der weiteren Exponenten dieser DeutungsVariante - postulierte zudem, daß Mussolinis R e g i m e „an exemplar o f the class o f contemporary mass-mobilizing and modernizing dictatorships" g e w e s e n sei. 8 8 In Anbetracht seines Vorhabens, eine mixed
economy
Payne, A History of Fascism 1914-1945, London 1995, S. 471-486; vgl. zudem Hildebrand, Drittes Reich, S. 161, 175ff. 84 Vgl. insbesondere Günther Heydemann/Christopher Beckmann, Zwei Diktaturen in Deutschland, in: Deutschland Archiv 30 (1997), S. 12-40; Ludger Kühnhardt u.a. (Hrsg.), Die doppelte deutsche Diktaturerfahrung, Frankfurt a.M. u.a. 1996; Detlef Schmiechen-Ackermann, NS-Regime und SED-Herrschaft, in: GWU 52 (2001), S. 644-659; vgl. auch Ludwig Elm, „Zwei Diktaturen" „zwei totalitäre Regimes", in: Klotz/Schneider (Hrsg.), Selbstbewußte Nation, S. 205-220, hier bes.: S. 21 Iff. 85 Konrad H. Jarausch, Care and Coercion, in: ders. (Hrsg.), Dictatorship as Experience, New York/Oxford 1999, S. 47-69, hier: S. 60; ders., Realer Sozialismus als Fürsorgediktatur, in: APuZ B20/98, 8.5.1998, S. 33-46, hier: S. 41ff. 86 Jürgen Kocka, The GDR - Α Special Kind of Modem Dictatorship, in: Jarausch (Hrsg.), Dictatorship as Experience, S. 17-26, hier: S. 18f.; vgl. ders., Die Geschichte der DDR als Forschungsproblem, in: ders. (Hrsg.), Historische DDR-Forschung, Berlin 1993, S. 9-26, hier: 23f.; dazu kritisch: Jarausch, Realer Sozialismus als Fürsorgediktatur, S. 39f.; Christoph Kleßmann, Rethinking the Second German Dictatorship, in: Jarausch (Hrsg.), Dictatorship as Experience, S. 363-371, hier: S. 366ff., 370f.; Thomas Lindenberger, Die Diktatur der Grenzen, in: ders. (Hrsg.), Herrschaft und Eigen-Sinn in der Diktatur, Köln u.a. 1999, S. 13-44, hier: S. 21, Anm. 23; zu den modernisierenden Tendenzen in der DDR vgl. insbesondere Detlef Pollack, Modernization and Modernization Blockages in GDR Society, in: Jarausch (Hrsg.), Dictatorship as Experience, S. 27-45; ders., Die konstitutive Widersprüchlichkeit der DDR, in: GG24 (1998), S. 110-131; vgl. auch Arnd Bauerkämper, Zwangsmodernisierung und Krisenzyklen, in: GG 25 (1999), S. 556-588; ders., Antinomien der Modernisierung, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 361-388; Corey Ross, The East German Dictatorship, London 2002, S. 28ff., 40ff.; Rüdiger Thomas, Sozialer Wandel in der DDR, in: Karl-Heinz Ruffmann/Helmut Altrichter (Hrsg.), „Modernisierung" versus „Sozialismus", Erlangen 1983, S. 256-286; zur innenpolitischen Entwicklung der DDR insgesamt vgl. überdies Günther Heydemann, Die Innenpolitik der DDR, München 2003. 87 Renzo de Feiice, Intervista sul fascismo, hrsg. von Michael A. Ledeen, 3. Aufl. Rom/Bari 2001 (zuerst 1975), S. 33; vgl. auch Jens Petersen, Der italienische Faschismus zwischen politischer Polemik und historischer Analyse, in: GWU 27 (1976), S. 257-272, hier: S. 261ff.; zu dem 1996 verstorbenen, höchst umstrittenen italienischen Historiker vgl. insbesondere R.J.B. Bosworth, The Italian Dictatorship, London/New York 1998, S. 236f. 88 A. James Gregor, Fascism and Modernization, in: World Politics 26 (1973/74), S. 370-384, hier: S. 379; vgl. auch ders., Italian Fascism and Developmental Dictatorship, Princeton 1979; ders.,
38
I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
zu schaffen, k ö n n e der Faschismus als „an industrializing and modernizing political m o v e m e n t in both performance and intention" charakterisiert werden. 8 9 Carl L e v y h i n g e g e n hat Gregors Modemisierungsthese auf der Basis der neueren wirtschaftshistorischen Faschismus-Forschung stark angezweifelt. 9 0 U n d Victoria de Grazia hat die faschistische Sozialpolitik als „anachronistisch, außergewöhnlich ineffizient und in charakteristischer W e i s e [...] diskriminierend" bezeichnet. 9 1 In seiner Kulturpolitik scheint der Faschismus durch eine „Janusköpfigkeit z w i s c h e n Revolutionarismus und Staatsideologie, z w i s c h e n Bauemtümlichkeit und Modernisierung, Traditionsfeindschaft und Traditionspflege" geprägt worden z u sein. 9 2 A l l e s in allem ist Stanley Payne zu d e m abwägenden Ergebnis gelangt, daß weder „unalloyed modernization" n o c h „pure antimodernism", sondern „a c o m p l e x mixture distinct from either o f these" den Faschismus gekennzeichnet habe. Z w e i f e l l o s aber sei er hinsichtlich Industrialisierung und Technisierung „at least moderately successful" g e w e s e n . 9 3 A u c h der Stalinismus ist auf modernisierende Wirkungen seiner Herrschaft hin untersucht worden. In d e m Zeitraum von 1928 bis 1 9 3 4 v o l l z o g sich in der Sowjetunion ein tiefgreifender Wandel, „ein nachholender M o d e m i s i e r u n g s s c h u b ohne z e i t g e n ö s s i s c h e Parallele", der überkommene Verhaltens- und Denkstrukturen aufbrach und vornehmlich durch eine Erhöhung der sozialen Mobilität s o w i e durch
Phoenix, New Brunswick (N.J.) 1999; dazu kritisch: John S. Cohen, Was Italian Fascism a Developmental Dictatorship?, in: EHR 41 (1988), S. 95-113. 89 Gregor, Fascism and Modernization, S. 382; vgl. auch Arnold Hughes/Martin Kolinsky, „Paradigmatic Fascism" and Modernization, in: Political Studies 24 (1976), S. 371-396; Payne, History of Fascism, S. 474ff.; Roland Sarti, Fascist Modernization in Italy, in: AHR 75 (1970), S. 1029-1045. 90 Vgl. Carl Levy, From Fascism to „Post-Fascists", in: Bessel (Hrsg.), Fascist Italy and Nazi Germany, S. 165-196, hier: S. 171-179; vgl. auch R.J.B. Bosworth, Mussolini, London/New York 2002, bes. S. 11, 227; Tim Mason, The Great History Economic Show, in: History Workshop 21 (1986), S. 3-35; ders., H fascismo „Made in Italy", in: Italia Contemporanea 158 (1985), S. 5-32; ders., Modemo, modemitä, modemizzazione, in: Movimento operaio e socialista 10 (1987), S. 4561. 91
Victoria de Grazia, Die Radikalisierung der Bevölkerungspolitik im faschistischen Italien, in: GG 26 (2000), S. 219-254, hier: S. 220, 225; vgl. auch Paul Corner, Italian Fascism, in: JMH 74 (2002), S. 325-351, hier: S. 340ff.; Zur Neubewertung des italienischen Faschismus - Enzo Collotti im Gespräch mit Lutz Klinkhammer, in: GG 26 (2000), S. 285-306, hier bes.: S. 291ff. 92 Heinz Thoma/Hermann H. Wetzel, Novecento, in: Volker Kapp (Hrsg.), Italienische Literaturgeschichte, 2. verb. Aufl. Stuttgart/Weimar 1994 (zuerst 1992), S. 303-403, hier: S. 330; zum Verhältnis von Faschismus und kultureller Moderne vgl. insbesondere Walter L. Adamson, Modernism and Fascism, in: AHR 95 (1990), S. 359-390; Ruth Ben-Ghiat, La cultura fascista, Bologna 2000; Günter Berghaus, Futurism and Politics, Providence/Oxford 1996; Stefan Germer/Achim Preiß (Hrsg.), Giuseppe Terragni - Moderne und Faschismus in Italien, München 1991; Eva Hesse, Die Achse Avantgarde-Faschismus, Zürich 1991; Andrew Hewitt, Fascist Modernism, Stanford 1993; sowie die Literaturverweise bei Roger Griffin, The Primacy of Culture, in: JCH 37 (2002), S. 2143, hier: S. 38. 93 Payne, History of Fascism, S. 479; vgl. auch Emilio Gentile, II fascismo e la modemitä totalitaria, in: Alessandro Campi (Hrsg.), Che cos't il fascismo?, Rom 2003, S. 37-63; Ludovico Incisa di Camerana, Fascismo, populismo, modemizzazione, in: ebd., S. 125-158, hier: S. 137-141; Domenico Settembrini, Fascismo e modemitä, in: ebd., S. 375-406; Nicola Tranfalgia, La modemizzazione contraddittoria negli anni della stabilizzazione del regime 1926-1936, in: Angelo Del Boca u.a. (Hrsg.), II regime fascista, Rom/Bari 1995, S. 127-138; Bruno Wanrooij, Mobilitazione, modemizzazione, tradizione, in: Giovanni Sabbatucci/Vittorio Vidotto (Hrsg.), Storia d'ltalia, Bd. 4: Guerre e fascismo 1914-1943, Rom/Bari 1998, S. 379-439.
2. Neuere Tendenzen der Forschung
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eine rapide Industrialisierung, Urbanisierung und Bürokratisierung geprägt war.94 Dabei darf freilich nicht vernachlässigt werden, daß die industrielle Produktion auf Kosten der Landwirtschaft und der sich immens verschlechternden Lebensverhältnisse der dörflichen Bevölkerung rapide erhöht wurde. Zwangskollektivierung und verfehlte Agrarpolitik waren neben dem eklatanten Mangel an qualifizierten Arbeitskräften maßgeblich für die ökonomische Krisensituation und den Massenhunger der Jahre 1932 und 1933 verantwortlich. All dies muß bei der Betrachtung der zu jener Zeit ineinandergreifenden Transformationsprozesse mitbedacht werden: „Von der Stalinschen .Revolution von oben' mit ihrer Gewaltsamkeit und Bedenkenlosigkeit führt ein gerader Weg zum Massenterror der dreißiger Jahre, zu den Moskauer Schauprozessen und zu den sogenannten Großen Säuberungen". 95 Stalins „nationale Modernisierung", seine „kulturelle Revolution" gingen einher mit „revolutionärer Gewalt" und blutigem Terror, die „a complex legacy of bittemess, fear, and suspicion" hinterließen. 96 Manfred Hildermeier hat die Sowjetunion insgesamt auch als „ein Modernisierungsregime neuer monokratischer und temporär totalitärer Art" bezeichnet, „dessen Hauptzweck in der [...] Mobilisierung der Gesellschaft zu größtmöglicher ökonomischer Leistung bestand". 97 Die Herrschaftssysteme sozialistischen Typs sind dabei im allgemeinen unter dem Blickwinkel einer „partiellen" (Peter Christian Ludz), „nachholenden" (Dieter Senghaas), „konservativen" (Wtodzimierz Brus) oder „verzögerten Modernisierung" (Ilja Srubar) betrachtet worden. 98 Schließlich wird auch im Hinblick auf den Franquismus diskutiert, ob es sich bei diesem eher um eine Modernisierungs- oder um eine rückwärtsgewandte Agrardiktatur gehandelt habe. 99 In der Forschung ist man sich weitgehend einig darüber, daß der entscheidende sozio-ökonomische Modemisierungsschub mit großer Verspätung erst in den sechziger Jahren nach dem umfassenden Revirement innerhalb der Regierung im Jahre 1957 erfolgte. Wirtschaftspolitisch wurde durch den Einfluß des Opus Dei ein konsequenter neoliberalistischer Modernisierungskurs eingeschlagen, während politisch im Sinne einer „konservativ-autoritären Modernisie-
94
Dietrich Geyer, Stalin und der Stalinismus, in: Gerhard Schulz (Hrsg.), Die Große Krise der dreißiger Jahre, Göttingen 1985, S. 157-178, hier: S. 164; vgl. dazu auch Manfred Hildermeier, Geschichte der Sowjetunion 1917-1991, München 1998, bes. S. 401-423. 95 Geyer, Stalin und Stalinismus, S. 165; vgl. ebd., bes. S. 162ff.; Hans-Henning Schröder, „Neue" Arbeiter und „neue" Bürokraten, in: VSWG 73 (1986), S. 488-519, hier bes.: S. 491ff., 517ff.; zu den verheerenden Folgen jener „nachholenden Modernisierung" vgl. auch David C. Engerman, Modernization from the Other Shore, in: AHR 105 (2000), S. 383-416; zur Zwangskollektivierung vgl. überdies Hildermeier, Geschichte der Sowjetunion, S. 377-401. Sheila Fitzpatrick, The Russian Revolution, Überarb. u. erw. Aufl. Oxford 1994 (zuerst 1982), S. 11, 114, 147; vgl. auch Manfred Hildermeier, Die Sowjetunion 1917-1991, München 2001, S. 120f. 97 Hildermeier, Geschichte der Sowjetunion, S. 15f. 98 Vgl. Wolfgang Emmerich/Carl Wege, Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Der Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära, Stuttgart/Weimar 1995, S. 1-14, hier: S. 2f., mit den entsprechenden Literaturangaben; vgl. hier aber insbesondere Ilja Srubar, War der reale Sozialismus modern?, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 43 (1991), S. 415-432; sowie Ruffmann/Altrichter (Hrsg.), „Modernisierung" versus „Sozialismus". 99 Vgl. insbesondere Walther L. Bernecker, Modernisierung und Wandel eines autoritären Regimes, in: Ruffmann/Altrichter (Hrsg.), „Modernisierung" versus „Sozialismus", S. 113-166; ders., Der Streit um das Franco-Regime, in: Dotterweich (Hrsg.), Kontroversen der Zeitgeschichte, S. 6385.
40
I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
rung"100 auch weiterhin an der bisherigen Linie festgehalten wurde.101 Diese partielle Modernisierung stellte sich im nachhinein als für das Franco-Regime in legitimatorischer Hinsicht verhängnisvoll heraus; am Ende seiner Herrschaft war die spanische Gesellschaft „politisierter, urbanisierter und säkularisierter denn je". 102
c) Modernisierung
und Modernität
im
Nationalsozialismus
Wie bereits erwähnt, vertrat vor allem Rainer Zitelmann in der von ihm gewählten Rolle eines „redresseur d'erreurs" 103 die Auffassung, daß „die vom Nationalsozialismus ausgelöste soziale Revolution, deren Inhalt die Modernität war, [...] keineswegs im Widerspruch zu Hitlers Intentionen" gestanden habe. Im Gegenteil: Sich als „bewußter Vollstrecker" des Modernisierungsprozesses verstehend, „[begrüßte] Hitler [...] nicht nur den Prozeß der Industrialisierung und der Erhöhung der sozialen Mobilität, sondern förderte diese Entwicklung ebenso bewußt".104 Zitelmann war also der Ansicht, daß die „These von der .ungewollten Modernisierung' nicht aufrechterhalten werden" könne, Hitler vielmehr auf zahlreichen Gebieten Modernisierungsschübe selbst intendiert habe105, die als „Basis seiner ungeheuren Popularität"106 gedient hätten.107 Auch das zentrale Ziel der Eroberung neuen „Lebensraums" im Osten sei vorrangig ökonomisch und erst in zweiter Linie rassenideologisch motiviert gewesen. So hätten sich Hitlers sozial- und wirtschaftspolitische Vorstellungen insgesamt zu einem „revolutionäre^] Programm zur Umgestaltung der deutschen Gesellschaft" verdichtet, das in Teilen auch tatsächlich seine Umsetzung in der ,,alternative[n] Revolution" der Nationalsozialisten gefunden habe, „deren Ziel gleichfalls die Zerstörung der demokratischen, bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung war".108 Dabei hätten „die meisten Modemisierungseffekte im Einklang mit den ideologischen Visionen" nicht nur Hitlers, sondern auch anderer „führender Natio-
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Guy Hermet, L'Espagne de Franco, Paris 1974, S. 193. Vgl. Bemecker, Franco-Regime, S. 78f.; ders., Modernisierung und Wandel, S. 152f.; ders., Sozialgeschichte Spaniens im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 1990, S. 303ff.; vgl. auch Jose Maria Maravall, Modernization, Authoritarianism, and the Growth of Working-Class Dissent, in: Government and Opposition 8 (1973), S. 432-454. 102 Bernecker, Franco-Regime, S. 82; vgl. ders., Modernisierung und Wandel, S. 113f., 150, 154f. 103 Pierre Ay^oberry, Sur Hitler, in: Revue d'histoire moderne et contemporaine 47 (2000), S. 308322, hier: S. 310. 104 Zitelmann, Hitler - Selbstverständnis eines Revolutionärs, S. 495f.; vgl. auch ders., Adolf Hitler - Eine politische Biographie, 3. durchges. Aufl. Göttingen/Zürich 1998 (zuerst 1989). 105 Ders., Nationalsozialismus und Moderne, in: Werner Süß (Hrsg.), Übergänge - Zeitgeschichte zwischen Utopie und Machbarkeit, Berlin 1989, S. 195-223, hier: S. 221; vgl. auch ebd., S. 223. 106 Ders., Vom Umgang mit der NS-Vergangenheit, in: Rolf Italiaander (Hrsg.), BewußtseinsNotstand, Düsseldorf 1990, S. 69-79, hier: S. 70. 107 Die These von der intendierten Modernisierung durch den Nationalsozialismus vertritt in seiner umstrittenen, Mitte der neunziger Jahre erschienenen Gesamtdarstellung des „Dritten Reiches" auch Karlheinz Weißmann, Weg in den Abgrund, bes. S. 184; vgl. zudem ders., Nationalsozialismus und Moderne. 108 Rainer Zitelmann, Hitler-Bild im Wandel, in: Karl Dietrich Bracher u.a. (Hrsg.), Deutschland 1933-1945, Düsseldorf 1993, S. 491-506, hier: S. 503, 505. 101
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nalsozialisten" gestanden.109 Hitler - ein wichtiger Akteur im Modemisierungsprozeß? Ein begeisterter Anhänger der Ingenieurskunst, der technischen Rationalisierung, des Massenkonsums und der Großstadt, orientiert am Leitbild der Vereinigten Staaten von Amerika? Ein „vehementer Befürworter" der „Chancengleichheit"110, der sich selbst gar in die Kontinuität einiger durch die Französische Revolution angestoßener Entwicklungsstränge - vor allem hinsichtlich der Zerstörung traditionaler Bindungen und religiöser Weltbilder - stellte? Der Verdacht kam auf, Zitelmann habe sich aus der Diffusität und Ambiguität der NS-Ideologie statt der antimodernistischen nun die modernisierungsfreundlichen Versatzstücke herausgesucht und - dem phänomenologischen Ansatz Emst Noltes (bzw. Husserls) verpflichtet - in ausführlicher Zitierweise zu einer großen Collage zusammengefügt. Meinten manche, Zitelmann neige - ebenso wie der einige Jahre später eine ganz ähnliche Deutung vorlegende Enrico Syring111 - zur „Überinterpretation einzelner Selbstaussagen des Diktators"112, zur Mißdeutung einzelner vager sozialpolitischer Gedanken Hitlers „als feste Pläne für eine revolutionäre ,modernisierende' Umwälzung der deutschen Gesellschaft"113, so sprachen andere davon, daß die „weitgehend opportunistischen und inkonsistenten Äußerungen des .Führers'" ebensowenig zum Beleg einer schlüssigen Modernisierungsabsicht taugten wie zur „Insinuation eines tatsächlichen Wirkungsschubs"1 M. Norbert Frei vermochte in jener Melange von „schauderhaften Banalitäten, Ressentiments und Halbwahrheiten" schlechterdings nichts Modernes zu entdecken." 5 Freis Ansicht nach verwandte Zitelmann im Rahmen einer deutlich ,,entkernte[n] .Modernisierungstheorie'", eines verhältnismäßig diffusen „Modemisierungsjargons" oftmals einen „nicht mehr nur .wertfreien', sondern völlig sinnentleerten Begriff von Modernität".116 Wie andere kritische Stimmen wiederum meinten, krankte Zitelmanns - angeblich auf „alle Aspekte der inneren und äußeren Quellenkritik" verzichtende117 - Deutung nicht nur an einer hermetisch „ideengeschichtlich-intentionale[n] Abschließung" und einer reduktionistischen, „technokratischein] und antidemokratische[n] Umwertung" des Revolutions- und Modernisierungsbegriffes. 118 Sie warfen ihm auch vor, daß er die ohnehin wenig aussagekräf,0 ' Ders., Die totalitäre Seite der Moderne, in: ders./Prinz (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 1-20, hier: S. 19. 10 ' Ders., Hitler - Selbstverständnis eines Revolutionärs, S. 491. 111 Enrico Syring, Hitler - Seine politische Utopie, Frankfurt a.M./Berlin 1994. 1,2 Frank-Lothar Kroll, Utopie als Ideologie, 2. durchges. Aufl. Paderborn u.a. 1999 (zuerst 1998), S. 91, Anm. 324; vgl. auch Ayi;oberry, Sur Hitler, S. 310. 113 Kershaw, NS-Staat, S. 265, Anm. 38. 1.4 Bernd Weisbrod, Der Schein der Modernität, in: Karsten Rudolph/Christi Wickert (Hrsg.), Geschichte als Möglichkeit, Essen 1995, S. 224-242, hier: S. 227. 1.5 Norbert Frei, Wie modern war der Nationalsozialismus?, in: GG 19 (1993), S. 367-387, hier: S. 385f.; vgl. Michael Schneider, Nationalsozialistische Durchdringung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, in: AfS 31 (1991), S. 514-557, hier: 556. 116 Frei, Wie modern, S. 375, 377. 117 Karl Heinz Roth, Verklärung des Abgrunds, in: 1999 7 (1992), H. 1, S. 7-11, hier: S. 10; vgl. hingegen Jost Dülffer, Hitlers Selbstverständnis als Revolutionär, in: FAZ, 7.7.1987; Klaus Hildebrand, Revolutionär oder Reaktionär?, in: Süddeutsche Zeitung, 29.9.1987; ders., Besprechung von „Zitelmann, Adolf Hitler", in: HZ 251 (1990), S. 200f.; Klemens von Klemperer, Besprechung von „Zitelmann, Hitler", in: JMH 61 (1989), S. 854ff.; Peter Krüger, Besprechung von „Zitelmann, Hitler", in: HZ 247 (1988), S. 736f.; vgl. auch John Lukacs, Hitler, München 1997, S. 57f., l l l f . 118 Roth, Verklärung des Abgrunds, S. 8, 10.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
tig erscheinende Ebene der weltanschaulichen Selbstdarstellung Hitlers „willkürlich" eingegrenzt und das „ideologische Segment" bis zur vollständigen Verdrehung der Tatsachen „verzerrt" habe. 119 Letztlich gehe es Zitelmann, so lautete das scharfe Urteil Inge Marßoleks, um den „erneuten Versuch einer positiven Umdeutung des Nationalsozialismus und der Person Adolf Hitlers" und damit um eine „.normalisierende' Einebnung der Geschichte des Dritten Reiches". 120 Für weiteres Aufsehen sorgte 1991 das Erscheinen eines Sammelbandes unter dem Titel Nationalsozialismus und Modernisierung, der - von Rainer Zitelmann und dem Sozialhistoriker Michael Prinz herausgegeben - weder einheitlich nach einem Katalog von Modernisierungsindikatoren konzipiert wurde noch sich um eine systematisch-theoretische Reflexion des Modernisierungsparadigmas bemühte.121 In dem Vorwort des Bandes wiesen die beiden Herausgeber vornehmlich auf neuere Untersuchungen zur Ideologie wichtiger NS-Repräsentanten (z.B. Hitlers, Leys, Todts, Speers oder Goebbels') hin, die deren „vergleichsweise modernefn] Vorstellungen von der Zukunft einer deutschen Gesellschaft nach dem Krieg" herausgearbeitet hatten. Neben der Sowjetunion, so folgerten sie aus diesen Studien, seien für viele führende Nationalsozialisten in erster Linie die USA „das eigentliche soziale und wirtschaftliche Bezugsmodell" gewesen. 122 In einem programmatischen Aufsatz, der den einzelnen Themenbeiträgen vorangestellt wurde, plädierte Zitelmann überdies für einen von Normen gänzlich freien Modernisierungsbegriff und charakterisierte das „Dritte Reich" als die „totalitäre Seite der Moderne". 123 Die Kritik, die dieser Sammelband hervorrief, war massiv. In den wirtschaftsund sozialpolitischen Maßnahmen des NS-Regimes sah etwa Bedrich Löwenstein im Anschluß an Matzerath und Volkmann - lediglich eine „NS-Pseudomodernisierung", da auf keinem gesellschaftspolitischen Feld „politikneutrale ,Innovationsschübe' herauszufiltem" seien, „für die das Regime längerfristig produktive Rahmenbedingungen bereitgestellt hätte", und die NS-Diktatur sich als unfähig erwiesen habe, „eine tragfähige Alternative zur bürgerlichen Gesellschaft zu präsentieren". 124 Christof Dipper sprach von einer „vielfach geborgtefn] Modernität", die sich auf längerfristige, das Jahr 1933 übergreifende strukturelle wie personelle Kontinuitäten gründe. Dabei wies er auf die in dem Sammelband häufiger festzustellende, einer „Sprach- und Denkverwirrung" gleichende Konfusion der Begriffe „Modernisierung" und „Moderne" sowie auf die mangelnde Fokussierung auf die
1,9 Axel Schildt, NS-Regime, Modernisierung und Moderne, in: Dan Diner/Fritz Stern (Hrsg.), Nationalsozialismus aus heutiger Perspektive, Gerlingen 1994, S. 3-22, hier: S. 12. 120 Inge Marßolek, Der Nationalsozialismus und der Januskopf der Moderne, in: Frank Bajohr (Hrsg.), Norddeutschland im Nationalsozialismus, Hamburg 1993, S. 312-334, hier: S. 317; ähnlich auch: Karsten Linne, Besprechung von „Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung", in: 1999 7 (1992), Η. 1, S. 129-132, hier bes.: S. 132. 121 Vgl. Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung. So bemerkte Thomas Mergel durchaus zu Recht, daß die Kontroverse in ihrem bisherigen Verlauf „theoretisch [...] eher zurück- als weitergeführt" habe (Mergel, Geht es weiterhin voran?, S. 224). 122 Michael Prinz/Rainer Zitelmann, Vorwort, in: dies. (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. VII-XI, hier: S. VHIf. 123 Zitelmann, Totalitäre Seite der Moderne, bes. S. 4; vgl. ders., Historiographische Vergangenheitsbewältigung, bes. S. 121 f., 129; ders., Nationalsozialismus und Moderne, bes. S. 196. 124 Löwenstein, Nationalsozialistische Revolution, S. 129ff.
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„systembedingte Ambivalenz" des Nationalsozialismus hin.125 Norbert Frei warf den Verfechtern der These von der „intendierten Modernisierung" überdies eine Tendenz zur „Entkontextualisierung" vor, welche die „komplexe historische Wirklichkeit des Nationalsozialismus" dekonstruiere.126 Dort, wo der rassistische Kontext der nationalsozialistischen Herrschaft ausgeblendet werde, diene Wissenschaft „nicht der Aufklärung, sondern der Vemebelung". Man könne sich nicht einzelne Segmente herausgreifen und sie als „modern" oder „fortschrittlich" etikettieren, ohne gleichzeitig ihre funktionale Zwecksetzung und ihren Stellenwert im gesamten Ideologiegebäude des Nationalsozialismus deutlich zu machen. Wer dies tue, verfalle demselben Irrtum wie die „Volksgenossen" von damals.127 Freis Ansicht nach gingen im „Dritten Reich" „reaktionäre Vision und technokratisches Fortschrittsdenken [...] eine unauflösliche Verbindung ein[...], ohne das Hergebrachte, Zeitgemäße, Normale je ganz zu verdrängen".128 „Das meiste an Veränderung, was seit 1943 und geballt dann 1945/46 über die Deutschen hereinbrach", so ließ sich Frei an anderer Stelle ein, seien „zunächst einmal neue ,Schicksalslagen' (Schelsky)" gewesen, „die ohne überbordenden Zynismus schwerlich als Modernisierung begriffen werden können".129 In ähnlicher Weise kritisierte Frank Bajohr, daß Zitelmann einer „positivistischen Fiktion" huldige, „wenn er den Modernisierungsbegriff in einzelne, scheinbar operationalisierbare Parameter" zerlege, „um diese schließlich zu einer ,modernen' Leistungsbilanz des NS-Regimes zusammenzufügen", vor der die nationalsozialistische Vernichtungspolitik zur Marginalie zu verblassen drohe.130 In der Tat erscheint an Zitelmanns Darlegungen die unübersehbare Diskrepanz zwischen - in Ansätzen vorhandener - theoretisch-abstrakter Reflexion und seinen historischkonkreten Ausführungen bedenklich. Während sein Postulat, auch die „totalitäre Seite der Moderne" in den Blick zu nehmen, durchaus einige Plausibilität beanspruchen darf, unternimmt er kaum den Versuch, die Ambivalenzen der Moderne im Nationalsozialismus aufzuzeigen. So kann man sich des Eindruckes kaum erwehren, daß hier größtenteils positive Kontinuitäten in den Vordergrund gerückt werden, während die der Moderne inhärenten Probleme nur am Rande in den Blick kommen. Dadurch läßt sich auch Thomas Mergels Verdikt erklären, daß „für Zitelmann und Prinz" - ebenso wie für Hans Mommsen131 - „Modernisierung .positive Gestaltung'" meine.132 In ähnlicher Weise bemängelte Michael Schneider an
125 Christof Dipper, Modernisierung des Nationalsozialismus, in: NPL 36 (1991), S. 450-456, hier: S. 451, 455; vgl. auch ders., Zwischen „Historikerstreit" und der Debatte über „Nationalsozialismus und Moderne", in: Gertraud Diendorfer u.a. (Hrsg.), Zeitgeschichte im Wandel, Innsbruck/Wien 1998, S. 110-121, hier: S. 116f.; vgl. femer Schildt, NS-Regime, S. 3. 126 Frei, Wie modem, S. 386; in ähnlichem Sinne vgl. auch Roth, Revisionistische Tendenzen, S. 38. 127 Frei, Wie modem, S. 377; vgl. auch ders., Abschied von der Zeitgenossenschaft, in: WerkstattGeschichte 20 (1998), S. 69-83, hier: S. 79; vgl. femer Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 695. 128 Norbert Frei, Der Führerstaat, 6. erw. u. aktual. Neuaufl. München 2001 (zuerst 1987), S. 135. 129 Ders., Besatzungsherrschaft als Zäsur?, S. 781. 130 Frank Bajohr, Nationalsozialismus und Modernisierung, in: Geschichtswerkstatt 24/1991, S. 56-61, hier: S. 60; ähnlich auch: Marßolek, Januskopf der Moderne, S. 319. 131 Vgl. etwa Hans Mommsen, The Nazi Regime, in: Reinhard Rürup (Hrsg.), The Problem of Revolution in Germany 1789-1989, Oxford/New York 2000, S. 109-128, hier: S. 121 ff. 132 Mergel, Geht es weiterhin voran?, S. 223f.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
Prinz' Beitrag133 „eine Geringachtung rassistischer und antidemokratischer Elemente in der nationalsozialistischen Politik", die oftmals zur „Nebensache" gerieten.134 Die „Zerstörung bürgerlich demokratischer Öffentlichkeit", so die Meinung Axel Schiidts, könne auf keinen Fall von anderen Faktoren isoliert oder gar vor dem Bedeutungshorizont eines auf rein technische Rationalität reduzierten Modemisierungskonzeptes gänzlich aus der Betrachtung herausgenommen werden, da sie den gesamten Modernisierungskomplex „destruktiv [beeinflußt]" habe.135 Zudem sei es dem Nationalsozialismus kaum gelungen, einen „sozialhistorischen revolutionären Modernisierungsschub" auszulösen, wenngleich er sich in der Rückschau als ein „besonderer Fall im Rahmen einer modernen Zivilisation" erweise. Auch die von Prinz und Zitelmann postulierte Vorbildfunktion der USA beurteilte Schildt äußerst skeptisch. Obwohl die fortgeschrittenere Motorisierung wie auch die Konsumgesellschaft „Bezugspunkte für den erträumten Lebenszuschnitt der künftigen Herrenrasse" markiert hätten, sei die amerikanische Gesellschaft vom Nationalsozialismus doch in erster Linie zusammen mit ,„jüdisch-plutokratischer' Demokratie und schrankenlosem Individualismus und letztlich eben als Menetekel der Moderne gesehen" worden.136 Wie Frei, Bajohr und Schildt monierte auch Hans Mommsen an Zitelmanns Ausfuhrungen, nicht den Bezug zur „mit technischen Mitteln herbeigeführten Massenvernichtung" als der vielleicht allein ,,spezifische[n] Form" nationalsozialistischer Modernisierung hergestellt zu haben.137 Mommsen - der den Nationalsozialismus eher als „vorgetäuschte Modernisierung" verstanden wissen wollte - bemängelte zudem, daß Zitelmann „die atavistischen Tendenzen des NS-Regimes und dessen Unfähigkeit, technologische Optionen gesellschaftspolitisch zu untermauern", verkenne.138 Unfähig zu einer konstruktiven Neugestaltung, habe das NS-Regime „Menschenführung" statt rationalem Verwaltungshandeln, Personalisierung statt Arbeitsteilung angestrebt.139 Zwar habe die nationalsozialistische Propaganda vieles von dem vorweggenommen, „was heute als Errungenschaft des Daseinsvorsorgestaates erscheint"; verwirklicht worden seien jedoch „nur deren destruktive Züge". Alles in allem führe die These, der Nationalsozialismus habe in vieler Hinsicht bewußt modernisierende Wirkungen gezeitigt, in ein „kognitives Nirvana".140 133 Michael Prinz, Die soziale Funktion moderner Elemente in der Gesellschaftspolitik des Nationalsozialismus, in: ders./Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 297-327. 134 Michael Schneider, Nationalsozialismus und Modernisierung?, in: AfS 32 (1992), S. 541-545, hier: S. 545; vgl. auch Marßolek, Januskopf der Moderne, S. 319. 135 Schildt, NS-Regime, S. 1 Of.; vgl. auch Schneider, Nationalsozialismus und Modernisierung?, S. 541. 136 Schildt, NS-Regime, S. 16, 19, 22; vgl. auch ders., Zwischen Abendland und Amerika, S. 6; vgl. femer Günter Könke, „Modernisierungsschub" oder relative Stagnation?, in: GG 20 (1994), S. 584-608, hier: S. 607. 137 Hans Mommsen, Nationalsozialismus als vorgetäuschte Modernisierung, in: ders., Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 405-427, hier: S. 423; vgl. auch Bajohr, Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 60; Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 695. 138 Mommsen, Vorgetäuschte Modernisierung; ders., Noch einmal: Nationalsozialismus und Modernisierung, in: GG 21 (1995), S. 391-402, hier: S. 398f. 139 Ders., Noch einmal, S. 400; vgl. auch ders., Diskussionsbeitrag, in: Bernd Faulenbach/FranzJosef Jelich (Hrsg.), Reaktionäre Modernität und Völkermord, Essen 1994, S. 36; dazu kritisch: Christoph Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen, Bochum 1999, S. 31. 140 Mommsen, Vorgetäuschte Modernisierung, S. 411; ders., Noch einmal, S. 393.
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Michael Prinz warf er überdies vor, einer „weitreichenden Fehleinschätzung" zu unterliegen, „indem er die Pläne der DAF für die Wirklichkeit" nehme. Dabei bestritt Mommsen keineswegs, daß „sich im NS-System eine Reihe von Modemisierungsschüben, die in den Weimarer Jahren angelegt waren, fortsetzte".141 „Die Tendenz des Regimes, den einzelnen Funktionsträgern einen durch bürokratische Vorschriften nicht beengten, ungewöhnlich weiten Handlungsspielraum zu belassen, setzte vielfach innovative Impulse frei", wie Mommsen einräumte. Hinter den Überlegungen von Prinz und Zitelmann witterte er jedoch „die Vorstellung einer positiven gesellschaftspolitischen Vision des Nationalsozialismus", also den Versuch, „der nationalsozialistischen Politik nachträglich positive Züge anzudichten".142 Sich im wesentlichen dem Urteil David Schoenbaums anschließend, meinte er, daß die Strategie des Nationalsozialismus „auf eine .Gesinnungsrevolution' bei gleichzeitiger Beibehaltung überkommener politischer und sozialer Strukturen" hinausgelaufen sei.143 Vor allen Dingen betonte er die vermeintliche staatliche Ineffizienz des NS-Regimes, das von einer ,,ständige[n] Improvisation", einer ,,rückläufige[n] bürokratische[n] Steuerung" und einer „Zersplitterung der Kräfte" durchdrungen gewesen sei. Das „Dritte Reich" habe - wie er in Anlehnung an Robert Koehl144 formulierte - einen „Feudalismus neuer Prägung" ins Leben gerufen, der in einem „ungeheuerlichen Marasmus" gegipfelt sei.145 In eine ähnliche Richtung weist auch die Einschätzung Michael Schäfers, daß die NS-Herrschaft immer stärker „dem Weberschen Idealtypus traditionaler Verwaltung" entsprochen habe und daß „der Rationalisierungsprozeß der Herrschaft und des Rechts der Moderne sich nicht ohne weiteres auf das nationalsozialistische System übertragen" lasse.146 An diesem Punkte überschneidet sich die Debatte um das Verhältnis von Nationalsozialismus und Modernisierung mit der älteren, mittlerweile überwunden geglaubten Kontroverse zwischen „Intentionalisten" und „Funktionalisten" um das NS-Herrschaftsgeftige.147 Auf die Debatte um „Monokratie" und „Polykratie" im NS-Regime soll hier zwar nicht näher eingegangen werden148, doch sei folgendes angemerkt: Das sicherlich für die NS-Herrschaft charakteristische, insbesondere durch die Gewährung zahlreicher Sondervollmachten geschaffene Kompetenzengerangel hat die rasche und 141 Ders., Noch einmal, S. 393ff. mit Anm. 16; ders., Diskussionsbeitrag, in: Faulenbach/Jelich (Hrsg.), Reaktionäre Modernität und Völkermord, S. 36f. 142 Ders., Noch einmal, S. 399,401. 143 Ebd., S. 400. 144 Vgl. Robert Koehl, Feudal Aspects of National Socialism, in: The American Political Science Review 54 (I960), S. 921-933. 145 Mommsen, Vorgetäuschte Modernisierung, S. 407, 419, 423; vgl. ders., Noch einmal, S. 399; ders., Modernität und Barbarei, in: Max Miller/Hans-Georg Soeffner (Hrsg.), Modernität und Barbarei, Frankfurt a.M. 1996, S. 137-155, hier: S. 151 f.; vgl. auch Manfred Rauh, AntiModernismus im nationalsozialistischen Staat, in: HJb 107 (1987), S. 94-121, hier bes.: S. 98, 104f., 113, 116, 118; Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 701; vgl. ferner Noakes, Nazism and Revolution, S. 94; Lothar Kettenacker, Sozialpsychologische Aspekte der Führer-Herrschaft, in: ders ./Gerhard Hirschfeld (Hrsg.), Der „Führerstaat", Stuttgart 1981, S. 98-132, hier bes.: S. 103, 127ff. 146 Schäfer, „Rationalität" des Nationalsozialismus, S. 164f., 169. 147 Vgl. auch Michael Prinz, Der Nationalsozialismus - eine „Braune Revolution"?, in: Manfred Hettling (Hrsg.), Revolution in Deutschland?, Göttingen 1991, S. 70-89, hier: S. 73ff. 148 Vgl. oben, S. l , A n m . 4.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
effiziente Umsetzung von Problemlösungen größtenteils eher gefördert denn gehemmt. In seiner überzeugenden Darstellung des NS-Regimes als „organisiertes Chaos", als „ein auf Hitlers Willkürherrschaft zentrierter atavistischer Personenverband" betont Dieter Rebentisch - dabei weitgehend die „traditionelle" Interpretation Karl Dietrich Brachers und Gerhard Schulzes bestätigend - , daß „niemals zuvor in der deutschen Geschichte [...] ideologische Herrschaftsziele mit vergleichbarer Durchschlagskraft und Perfektion exekutiert [wurden], während gleichzeitig die Behörden und Institutionen des traditionellen Staatsapparates [...] einem Prozeß fortwährender Auflösung verfielen".149 Mommsens Ansicht folgte indes auch Peter Reichel weitgehend, der den Nationalsozialismus im großen und ganzen für „modemisierungsfeindlich und -unfähig" hält.150 Zwar habe er es, wie Reichel argumentierte, verstanden, die Massen zu mobilisieren, doch sei es ihm nicht gelungen, eine „zukunftsorientierte Modernisierungspolitik" zu begründen, weil er sich auf „aggressive und ästhetische Mittel stützen mußte" und weil „seine polykratische Herrschaftsordnung die Umsetzung langfristiger Programme tendenziell unmöglich machte". Dabei sei der Nationalsozialismus als Ergebnis einer umfassenden Modernisierungskrise zugleich P r o d u k t der bürgerlichen Gesellschaft und organisierter Massenprotest gegen sie", kurz: eine „modem-antimodeme Protestbewegung" gewesen.151 Als „vielleicht wichtigste Modernisierungsleistung" des Nationalsozialismus erschienen Peter Reichel „der systemnotwendige Anschein von Modernität, mit dem sich das .Dritte Reich' umgab, seine in bescheidenen Ansätzen verwirklichten Zukunftsversprechen und gerade deshalb so wirkungsvollen Aussichten auf Massenkonsum, Massenkommunikation, Massenmotorisierung und Massentourismus".152 Reichel stellte in seinem - an Walter Benjamin angelehnten153 - Deutungsansatz der „Ästhetisierung der Politik" den „Glanz der Fassaden" des Nationalsozialismus, den „Mythos seiner technischen Modernität und ihre zeitweilige Effizienz" dem „Terror und [...] Grauen seiner Gewaltverbrechen" gegenüber.154 Durch eine ästhetische Überhöhung und Überformung der Wirklichkeit sollten nationale und soziale Frage verdeckt und einer
149 Dieter Rebentisch, Führerstaat und Verwaltung im Zweiten Weltkrieg, Stuttgart 1989, S. 533, 553; vgl. auch ebd., bes. S. 538, 543, 551f.; vgl. dazu ferner von Hehl, NS-Herrschaft, S. 46; Wolfgang Seibel, Staatsstruktur und Massenmord, in: GG 24 (1998), S. 539-569, hier: S. 547-553; zur Bilrokratisierung in der NS-Herrschaft vgl. Ludolf Herbst, Entkoppelte Gewalt, in: Dan Diner (Hrsg.), Historiographie im Umbruch, Gerlingen 1996, S. 117-158, hier: S. 151-158. 150 Peter Reichel, „Vergangenheitstraum", „Fortgeschrittenheit" und Völkermord, in: Historicum 27(1991), S. 18-26, hier: S. 24. 151 Ders., Der schöne Schein des Dritten Reiches, Frankfurt a.M. 1991, S. 30, 291 (Hervorhebungen im Original); vgl. ders., Aspekte ästhetischer Politik im NS-Staat, in: Ulrich Herrmann/Ulrich Nassen (Hrsg.), Formative Ästhetik im Nationalsozialismus, Weinheim/Basel 1993, S. 13-31, hier: S. 13; ders., Bildende Kunst und Architektur, in: Wolfgang Benz u.a. (Hrsg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus, Stuttgart 1997, S. 154-166, hier: S. 154f.; ders.. Der Nationalsozialismus und die Modernisierungsfrage, in: Eugen Blume/Dieter Scholz (Hrsg.), Überbrückt, Köln 1999, S. 2839, hier: S. 32, 37; vgl. auch Mark Roseman, National Socialism and Modernisation, in: Bessel (Hrsg.), Fascist Italy and Nazi Germany, S. 197-229, hier: S. 216. 152 Reichel, Nationalsozialismus und Modernisierungsfrage, S. 38. 153 Vgl. Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 1/2, hrsg. von Rolf Tiedemann u. Hermann Schweppenhausen Frankfurt a.M. 1974, S. 431-469 (zuerst 1936). 154 Reichel, Nationalsozialismus und Modernisierungsfrage, S. 37; vgl. in diesem Zusammenhang auch Koepnick, Aesthetics of Power; ders., Fascist Aesthetics Revisited.
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Scheinlösung zugeführt werden. Die Inszenierung vom „schönen Schein" sollte lediglich „darüber hinwegtäuschen, daß das Regime nur ein Ziel verfolgtfe]: Sieg und Niederlage in einem .totalen' Eroberungs- und Vernichtungskrieg".15 Als Reaktion auf diese überwiegend kritischen Stimmen156 räumte Michael Prinz ein, daß in dem Sammelband Modernisierungs- und De-Modernisierungstendenzen nicht gleichgewichtig behandelt worden seien und daß das Modemisierungsparadigma „den Kem nationalsozialistischer HeiTSchaft, seine spezifische Vernichtungsqualität, bestenfalls [zu] streifen, aber nicht zentral [zu] erfassen" vermöge, es mithin „als allgemeiner Deutungsrahmen" nicht überzeuge, wo es um „die verbrecherische Dimension des NS-Regimes" gehe. Die Wurzeln der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik seien zwar auch in den „Entwicklungstendenzen der Moderne" zu suchen, sie seien „in der Hauptsache aber auf die Kontinuität von Gestrigem [...] und auf Spezifisches" zurückzuführen. Trotz seiner modernen Elemente könne das „Programm" des Nationalsozialismus insgesamt kaum als ein geschlossener Plan einer konsequenten Modernisierung gedeutet werden.157 Auch rangierten „die Wirkungen unbeabsichtigter und indirekter Veränderungen als Folge nationalsozialistischer Herrschaft und ihres Zusammenbruchs weit vor den Wirkungen beabsichtiger Veränderungen". Überhaupt bedeute die Errichtung eines totalitären Systems an sich bereits „eine strukturelle Entdifferenzierung" und sei deshalb kaum als modernisierende Maßnahme zu interpretieren.158 Das diktatorische Wesen der nationalsozialistischen Tyrannis habe eine „systematische Ausschaltung von Märkten und Wettbewerb bei der Rekrutierung der politischen Elite" nach sich gezogen, so daß die für derartige Herrschaftsformen üblichen „Verkrustungs- und Oligarchisierungstendenzen bis hin zur Bildung gerontokratischer Strukturen" die Funktionsfähigkeit des NS-Regimes mittelfristig wahrscheinlich erheblich eingeschränkt hätten.159 Ungeachtet dieser Konzessionen gegenüber den Kritikern der Modernisierungsthese jedoch betonte Prinz auch weiterhin, daß das Wissen um moderne Elemente des „Dritten Reiches" und die Kenntnis nationalsozialistischer Zukunftspläne insofern eine „interpretatorische Herausforderung" darstellten, als das NS-Regime „in manchen Bereichen dichter an die Nachkriegszeit, in einzelnen Fragen sogar bis an Reformdebatten der achtziger und neunziger Jahre" herangerückt werde.160 Auch gestand er Zitelmanns Hitler-Studie eine „in Teilen durchaus hohe Plausibilität"161 zu, wenngleich er - wie viele andere Historiker auch - dessen wertfreien Modemi155 Reichel, Schöner Schein, S. 39; vgl. ebd., S. 372ff.; vgl. auch ders., Ästhetik statt Politik?, in: Dirk Berg-Schlosser/Jakob Schissler (Hrsg.), Politische Kultur in Deutschland, Opladen 1987, S. 123-137; vgl. femer Klinger, Faschismus, S. 791f. 156 Vereinzelt erschienen indes auch positive Rezensionen des Sammelbandes wie etwa die von Klemens von Klemperer, Mythos und Moderne; Fritz Fellner, Besprechung, in: MIÖG 103 (1995), S. 483ff.; oder die im großen und ganzen wohlwollende Kritik von Jost Dülffer, Ein angemessener Begriff? - Nationalsozialismus und Modernisierung, in: FAZ, 10.6.1991. 157 Michael Prinz, Nachwort, in: ders./Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 335-361, hier: S. 349, 357f. 158 Ebd., S. 356f. 159 Ders., Ein Grenzfall, in: Dieter Breuer/Gertrude Cepl-Kaufmann (Hrsg.), Moderne und Nationalsozialismus im Rheinland, Paderborn u.a. 1997, S. 21-33, hier: S. 30. 160 Ders., Nachwort, S. 350f., 356. 161 Ders., Diskussionsbeitrag, in: Faulenbach/Jelich (Hrsg.), Reaktionäre Modernität und Völkermord, S. 30.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
sierungsbegriff ablehnte.162 In ausdrücklicher Abgrenzung von Mommsen wiederum beharrte Prinz darauf, daß die modernen Elemente der nationalsozialistischen Herrschaft keineswegs nur durch den rein taktisch-propagandistischen Äther geschwebt seien, sondern durchaus ihren realen gesellschaftspolitischen Ausdruck gefunden hätten.163 Für ihn stand außer Frage, daß der Nationalsozialismus „an important factor in the modernization of Germany's social structure" bilde, „without which it might not have come about in such a short span of time".164 Die Modernisierungsthese hat im übrigen von Historikern Unterstützung erfahren, die sich in erster Linie mit der „Konservativen Revolution" befassen. Rolf Peter Sieferle etwa versteht den Nationalsozialismus als eine „gigantische Modernisierungsbewegung", da er Technisierung und Industrialisierung stark forciert habe.165 Möchte man einer solchen Deutung auch einige Skepsis entgegenbringen, so ist doch Sieferle darin Recht zu geben, daß der Nationalsozialismus - ähnlich wie die „Konservative Revolution" - nicht als Alternative zur Moderne, sondern als Entwurf einer „alternativen Moderne" zu deuten sei.166 In ähnlichem Sinne hat Thomas Rohkrämer betont, daß der Nationalsozialismus „seine Utopie als Alternative zur aufklärerischen Moderne" betrachtet und „nicht von einem Zurück zu einer früheren Gesellschaft" geträumt habe. Hier seien nicht nur die technischen Mittel oder die bürokratischen, arbeitsteiligen, zweckrationalen Strukturen anzuführen, derer sich der Nationalsozialismus bediente; hier sei darüber hinaus auch von dem „modernen Glauben an die Veränderbarkeit der Welt" zu sprechen, dem der Nationalsozialismus bis zum Äußersten gefolgt sei.167 Jeffrey Herf hat bereits Mitte der achtziger Jahre den Nationalsozialismus als Fortsetzung eines ideologischen Denkmusters „reaktionärer Modernität" charakterisiert, das sich vornehmlich in den zwanziger Jahren mit Exponenten wie Ernst Jünger, Hans Freyer, Oswald Spengler oder Werner Sombart etabliert habe - eine Sichtweise, die vielen Historikern plausibel erschien.168 Diese spezifische - gleichwohl auch in anderen Ländern Europas oder Amerikas zu findende - Mischung aus technischer Modernität und politisch-moralischer Anti-Modemität sieht Herf darin manifestiert, daß „irrationalist and romantic traditions of German nationalism were 162
Vgl. etwa ders., Demokratische Stabilisierung, S. 671, Anm. 35. Vgl. ders., Grenzfall, S. 30. 164 Ders., National Socialism and Modernization, in: Yasushi Yamanouchi u.a. (Hrsg.), Total War and „Modernization", Ithaca (N.Y.) 1998, S. 43-60, hier: S. 55. 165 Rolf Peter Sieferle, Fortschrittsfeinde?, München 1984, S. 223; dazu kritisch: Karl-Heinz Ludwig, Technik, in: Benz u.a. (Hrsg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus, S. 257-274, hier: S. 261. 166 Rolf Peter Sieferle, Die Konservative Revolution, Frankfurt a.M. 1995, S. 221; mit Blick auf die „Völkische Bewegung" im Deutschen Kaiserreich und ihre Entwürfe einer „alternativen Moderne" vgl. überdies Uwe Puschner, Ein Volk, ein Reich, ein Gott, in: Sösemann (Hrsg.), Nationalsozialismus und deutsche Gesellschaft, S. 25-41, hier: S. 32; ders. u.a., Vorwort, in: dies. (Hrsg.), Handbuch zur „Völkischen Bewegung" 1871-1918, München u.a. 1996, S. IX-XXIII, hier: S. XIV. 167 Thomas Rohkrämer, Eine andere Moderne?, Paderborn u.a. 1999, S. 348 (Hervorhebung vom Verfasser); vgl. auch Stefan Breuer, Anatomie der Konservativen Revolution, Darmstadt 1993, S. 180, 190f.,201f. 168 Jeffrey Herf, Reactionary Modernism, Neuausg. Cambridge u.a. 1996 (zuerst 1984); vgl. auch ders., Reactionary Modernism Reconsidered, in: Zeev Sternhell (Hrsg.), The Intellectual Revolt against Liberal Democracy 1870-1945, Jerusalem 1996, S. 131-158; ders., „Reactionary Modernism" and After, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus, Bd. 1, Göttingen 2000, S. 65-76. 163
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reconciled to modern technology". 169 Herf hat in diesem Zusammenhang an Thomas Manns Diktum erinnert, „das Charakteristische und Bedrohliche" des „unheilige[n] Deutsche[n] Reich[es] preußischer Nation" sei sein ,,hochtechnisierte[r] Romantizismus", sei eine „Mischung von robuster Zeitgemäßheit, leistungsfähiger Fortgeschrittenheit und Vergangenheitstraum" gewesen. 170 In diesem Sinne hatte Mann im März 1933 auch die „keß-sadistischen Propaganda-Pläne der deutschen Regierung" kommentiert: „Der widerlich modernistische Schmiß, das psychologisch Zeitgemäße darin, in Anbetracht der kulturellen, geistigen und moralischen Rückbildung. Das keß Moderne, Tempomäßige, Futuristische im Dienste der zukunftsfeindlichen Ideenlosigkeit, Mammutreklame für Nichts". 171 Jeffrey Herfs Ansicht nach wurde der Aufstieg des Nationalsozialismus im wesentlichen durch ein Zuwenig an Aufklärung, Rationalität und Liberalismus begünstigt, denn: „Hitler's Germany was never more than partly and woefully inadequately enlightened. Auschwitz remains a monument to the deficit, not to the excess of reason in the Third Reich". 172 Dabei hält er es in seinem ,,nachhaltige[n] Insistieren auf einer makellosen Geschichte ,des Abendlandes'" 173 und der Aufklärung für eine ausgesprochene „Paradoxie", „to reject the Enlightenment and embrace technology at the same time, as did the reactionary modernists in Germany". 174 Vor diesem Hintergrund mag es kaum verwundern, daß sich Herf nicht zuletzt auch gegen Adornos und Horkheimers Dialektik der Auflclärung richtet, weil diese den spezifischen Verlauf der deutschen Geschichte als allgemeinen Gang einer überrationalisierenden Moderne in einer „seltsam apologetischen" Weise entlaste: „The thesis of the dialectic of enlightenment obscured [the] historical uniqueness" der spezifisch deutschen Ungleichzeitigkeit von industrieller Modernität und schwacher liberaler Tradition. „Horkheimer and Adorno were wrong to see in nazism the image on which the rest of the industrial world would be moulded." 175
169 Ders., The Engineer as Ideologue, in: JCH 19 (1984), S. 631-648, hier: S. 632; vgl. auch ebd., S. 646; ders., Comments on Reactionary Modernist Components of Nazi Ideology, in: Charles S. Maier u.a. (Hrsg.), The Rise of the Nazi Regime, Boulder/London 1986, S. 35-43, hier: S. 35ff.; ders., Reaktionäre Modernisten und Berlin, in: Peter Alter (Hrsg.), Im Banne der Metropolen, Göttingen/Zürich 1993, S. 237-258, hier: S. 239ff., 257f.; ders., Der nationalsozialistische Technikdiskurs, in: Wolfgang Emmerich/Carl Wege (Hrsg.), Der Technikdiskurs in der Hitler-StalinÄra, Stuttgart/Weimar 1995, S. 72-93, hier: S. 76f., 91ff. Der Soziologe Thorstein Vehlen registrierte bereits im Jahre 1915 die äußerst ungleichgewichtige Entwicklung Deutschlands, die Diskrepanz zwischen ökonomischer und technischer Modernität auf der einen und „vormodemen" politischen Strukturen und Mentalitäten auf der anderen Seite (vgl. Thorstein Vehlen, Imperial Germany and the Industrial Revolution, New York 1915). 170 Thomas Mann, Deutschland und die Deutschen, in: ders., Essays, hrsg. von Hermann Kurzke u. Stephan Stachorski, Bd. 5, Frankfurt a.M. 1996, S. 260-281 (zuerst 1945), hier: S. 277; vgl. Herf, Engineer as Ideologue, S. 633; ders., Comments on Reactionary Modemist Components, S. 37. 171 Thomas Mann, Tagebücher 1933-1934, hrsg. von Peter de Mendelssohn, Frankfurt a.M. 1977, S. 7 (Eintrag vom 17.3.1933). 172 Herf, Engineer as Ideologue, S. 646; ders., Reactionary Modernism, S. 234. 173 Anson Rabinbach, Nationalsozialismus und Moderne, in: Emmerich/Wege (Hrsg.), Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära, S. 94-113, hier: S. 113. 174 Herf, Reactionary Modernism, S. 3; vgl. auch ebd., S. 224. 175 Ebd., S. 10; ders., Engineer as Ideologue, S. 646; vgl. ders., Comments on Reactionary Modernist Components, S. 37; kritisch gegenüber Herf: Rabinbach, Nationalsozialismus und Moderne, S. 110f.
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Doch könnte hier durchaus mit Rainer Zitelmann gefragt werden, ob die nationalsozialistische Ideologie tatsächlich diametral der Aufklärung entgegenstand oder ob man nicht besser von einem „dialektischen Widerspruch" sprechen sollte, „dessen beide Seiten sich nicht grundsätzlich ausschließen".176 Herfs implizite Annahme, daß Technisierung und Industrialisierung normalerweise mit einer Liberalisierung und Demokratisierung zusammengehen, erscheint - wie Thomas Rohkrämer urteilt - als „normative Wertung ohne Basis in der Realität"177, gehören doch „auch unoder antidemokratische Bewegungen zur Moderne"178. Gewiß: Der Nationalsozialismus hat sich in hohem Maße als Gegenbewegung zur Französischen Revolution, als Bewegung gegen Liberalismus und Demokratie, gegen Menschen- und Bürgerrechte, gegen westliche Werte und Normen verstanden. Er wünschte, wie Goebbels am 1. April 1933 verkündete, daß mit der nationalsozialistischen „Machtergreifung" „das Jahr 1789 aus der Geschichte gestrichen" werde.179 Gemessen an diesen Werten war Hitlers „Programm" keineswegs modern, sondern eher ein „Rückfall weit hinter einen im 20. Jahrhundert bereits [...] auch in Deutschland erreichten Entwicklungsstand der modernen Zivilisation".180 Die NS-Herrschaft kann in diesem Sinne durchaus als „eine Konterrevolution gegen die politischen und moralischen Werte der Moderne"181 aufgefaßt werden. Allein: Legt man seiner Analyse der nationalsozialistischen Tyrannis ein Verständnis der Moderne zugrunde, das sich der Ambivalenz dieses schillernden Phänomens bewußt ist, kann man zu durchaus anderen Schlüssen kommen. So vertritt etwa Enzo Traverso die Auffassung, daß der Nationalsozialismus zwar versucht habe, „die Französische Revolution und ihre Prinzipien auszulöschen", daß er aber gleichwohl „ein Produkt der Moderne und der okzidentalen Zivilisation" gewesen sei.182 Stanley Payne behauptet sogar, daß angesichts der fundamentalen Revolte des Nationalsozialismus gegen alles Bestehende, der Verbindung von biologischer Ungleichheit und sozialer Gleichheit, der Unterscheidung zwischen produktiven und unproduktiven Menschen sowie angesichts der Begeisterung führender Nationalsozialisten für den technischen Fortschritt „all of Hitler's political and social ideas had their origin in variants of the eighteenth-century Enlightenment".183 In einer nietzscheanischen Umwertung aller Werte habe das NS-Regime jenseits von Traditionalismus, Liberalismus und Kommunismus „a distinctive kind of moderni-
176
Vgl. Zitelmann, Nationalsozialismus und Moderne, S. 219. Rohkrämer, Andere Moderne?, S. 15. 178 Breuer, Anatomie der Konservativen Revolution, S. 205, Anm. 20. 179 Joseph Goebbels, Rundfunkrede vom 1. April 1933, in: ders., Revolution der Deutschen, Oldenburg 1933, S. 155; vgl. dazu auch Karl Dietrich Bracher, Die deutsche Diktatur, Köln 1993, S. 30. 180 Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 696. 181 Ludolf Herbst, Das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945, Frankfurt a.M. 1996, S. 452. 182 Enzo Traverso, Auschwitz denken - Die Intellektuellen und die Shoah, Hamburg 2000, S. 353; zu dem ambivalenten Verhältnis von Französischer Revolution und modernem Totalitarismus vgl. überdies Bronislaw Baczko, Hat die Französische Revolution den Totalitarismus hervorgebracht?, in: Hans Maier (Hrsg.), Wege in die Gewalt, Frankfurt a.M. 2000, S. 11-36. 183 Payne, History of Fascism, S. 483; in ähnlichem Sinne bereits: Marcel Deat, Revolution fran9aise et revolution allemande, Paris 1943; vgl. auch Lawrence Birken, Hitler as Philosophe, Westport (Conn.)/London 1995, bes. S. 15ff. 177
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ty" angestrebt.184 Vor dem Hintergrund einer solchen Deutung erscheint das Erbe der Aufklärung „much more strange and ambiguous", wie Peter Fritzsche bemerkt hat; „a strangeness that insinuates itself into our own surroundings".185 Fritzsche selbst deutet den Nationalsozialismus denn auch als „a distinctive, horrifying, but nonetheless plausible version of social renovation"; seiner Ansicht nach war es ebendieser Impetus, einer „Utopie der vollständigen Gestaltbarkeit"186 nachzueifern und ein rassisches Utopia zu schaffen, welcher das NS-Regime als modem entlarvt.187 In diesem Sinne betont auch Roger Griffin, daß der Nationalsozialismus - „far from being a form of anti-modernism, cultural pessimism, nihilism, or .resistance to transcendence'" - geboren sei aus „a human need for a sense of transcendence, cultural optimism, and higher truths compatible with the forces of modernisation": „It offers to its followers not the prospect of returning to the idyll of a pre-modem society with its dynastic hierarchy and religious world-view intact, but rather of advancing towards a new order, one consonant with the dynamism of the modern world, yet able to purge it of the social, political, economic and spiritual malaise which liberal and socialist versions of modernisation have purportedly brought about".188 So ist die nationalsozialistische Gesellschaftspolitik - d.h. die „Reformation der deutschen Gesellschaft" als Herrenklasse und Reproduktionsbereich und die damit verbundene „Deformation anderer Gesellschaften" zur Produktionsorganisation - keineswegs als vormodern zu qualifizieren, ist doch „diese Trennung von Produktions- und Gesellschaftsorganisation ein konstitutives Merkmal" der Moderne. Das „Dritte Reich" ist demnach nicht in „der Vorgeschichte der modernen Gesellschaft, sondern mitten in ihr anzusiedeln".189 Gegen Jeffrey Herfs Begriff der „reaktionären Modernität" spricht darüber hinaus, daß er kaum die neue Qualität des NS-Regimes zu erfassen vermag, wenngleich er auch jene diffuse Mischung aus „Altertümlichkeit und Modernität"190, aus „Fortschrittsversprechen und Nostalgie", jene Ambivalenzen der NS-Bewegung, „die ihren erstaunlich schnellen und weitgreifenden Erfolg möglich machten"191, bis zu einem gewissen Grade zum Ausdruck bringen kann. Herfs Oxymoron, so argumentiert Axel Schildt, könne vielleicht „zur Kennzeichnung kultureller Phänomene im .Dritten Reich' einigen heuristischen Wert besitzen", den Nationalsozialismus in seiner gesamten Dimension allerdings würde es „zur biederen Spieß184 Payne, History of Fascism, S. 485f.; vgl. auch Helmuth Kiesel, Der Nationalsozialismus, in: Maier (Hrsg.), Wege in die Gewalt, S. 143-165, hier: S. 151f. 185 Peter Fritzsche, Nazi Modern, in: Madtm^m!modernity 3 (1996), No. 1, S. 1-21, hier: S. 4. 186 Welzer, Verweilen beim Grauen, S. 41. 187 Fritzsche, Nazi Modern, S. 3, 7; vgl. ders., Did Weimar Fail?, in: JMH 68 (1996), S. 629-656, hier: S. 649f., 652f.; vgl. femer Shmuel N. Eisenstadt, Die Antinomien der Moderne, Frankfurt a.M. 1998, S. 66; Manfred Faßler, Geschichte als Zucht, in: Hartmut Schröter/Sabine Gürtler (Hrsg.), Parabel - Ende der Geschichte, Münster 1986, S. 56-68, hier: S. 62. 188 Roger Griffin, Staging the Nation's Rebirth, in: Günter Berghaus (Hrsg.), Fascism and Theatre, Providence/Oxford 1996, S. 11-29, hier: S. 14. 189 Michael Geyer, Krieg als Gesellschaftspolitik, in: AfS 26 (1986), S. 557-601, hier: S. 559, 575, 577ff.; vgl. auch Thomas Kühne, Der nationalsozialistische Vernichtungskrieg und die „ganz normalen" Deutschen, in: AfS 39 (1999), S. 580-662, hier: S. 583f.; vgl. ferner J. Adam Tooze, Statistics and the German State 1900-1945, Cambridge u.a. 2001, S. 37. 190 Hildebrand, Vergangenes Reich, S. 753. " ' Nolte, Ordnung der deutschen Gesellschaft, S. 191f.,201.
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bürgerlichkeit im modernen Gewand verharmlosen". 192 In der Tat erscheinen derartige „terminologische Bocksprünge" 193 und „semantische Kunstgriffe" 194 problematisch; dies auch deswegen, weil das Epitheton „reaktionär" - einem „Wieselwort" 19S gleich - den Modernitätsbegriff seines Inhalts zu berauben droht. Ähnliches gilt auch für Sebastian Graeb-Könnekers - indes allein auf den literaturpolitischen Bereich bezogenen - Vorschlag, in leichter Abwandlung des Herfschen Terminus von einer „autochthonen Modernität" zu sprechen; und dies, obwohl seine Überlegungen zum Wesen des Nationalsozialismus durchaus bedenkenswert erscheinen. 196 Dieser habe die moderne Zivilisation „kulturell [zu] überformen" getrachtet, um die von vielen als gefahrvoll empfundene „Pluralisierung der Wirklichkeit zu revidieren" und „die Welt des 20. Jahrhunderts im Sinne einer totalen [...] Lösung beherTschbar zu machen". Der Nationalsozialismus habe der Moderne eine andere Richtung - hin zu mehr Eindeutigkeit und Ganzheit - zu geben versucht. Der Begriff der „autochthonen Modernität", so erläutert GraebKönneker, fange in dem Sinne eines ,,bodenständige[n] Vorwärts" sowohl die technisch moderne als auch die „mit Volk und Heimat verbundene]", traditionalistische Facette des „Dritten Reiches" ein, wobei in dem „rigiden Selbstbezug auf eigene Erde und eigenes Volk" die für den Nationalsozialismus so charakteristische intransigente, rassistisch-biologistisch begründete, in der Vernichtungspolitik ihr schrecklichstes Antlitz zeigende Ablehnung alles Fremden zum Ausdruck kom197
me.
Sinnvoller vielleicht, als von solch einer spezifisch nationalsozialistischen Modernität oder Teilmodemität zu sprechen - Erhard Schütz hat das „Dritte Reich" auch als „Paramoderne" charakterisiert 198 - , erscheint die von Ludolf Herbst vorgebrachte These, daß die im Vergleich zu anderen Diktaturen des 20. Jahrhunderts „größere Dynamik und Radikalität des nationalsozialistischen Herrschaftssystems in erheblichem Umfang als Folge der größeren Modernität Deutschlands zu begreifen" sei. Die Folgen des Nationalsozialismus seien vornehmlich wegen des „Zusammenspiels" zwischen seinen ideologischen Zielen und „den Wirkungen, die deren Umsetzung unter den Bedingungen der Komplexität einer modernen vernetzten Gesellschaft hervorrief', so gewaltig - und verheerend - gewesen. 199 192
Schildt, NS-Regime, S. 21. Sieferle, Konservative Revolution, S. 205. 194 Hans Mommsen, Die nationalsozialistische Machteroberung, in: Dietrich Papenfuß/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Deutsche Umbrüche im 20. Jahrhundert, Köln u.a. 2000, S. 329-343, hier: S. 331. 195 Friedrich August von Hayek gebrauchte diesen Terminus im Zusammenhang mit dem Konzept der „sozialen Marktwirtschaft": So wie Wiesel ein Ei aussaugen könnten, ohne daß man es nachher der Schale anmerke, so beraubten Wieselwörter andere Wörter ihres Inhalts. Das Wieselwort par excellence war für Hayek das Attribut „sozial" (vgl. dazu Nikolaus Piper, Ökonom einer Generation, in: Die Zeit, 6.5.1999). 196 Vgl. Sebastian Graeb-Könneker, Autochthone Modernität, Opladen 1996, bes. S. 29f. In dem Versuch, sich gegenüber Herfs Begriff abzugrenzen, bewertet Graeb-Könneker die Weimarer Krise nicht wie Herf als Folge der Unvollendetheit der Moderne, sondern als Krise der „rationalistischen" Moderne selbst (vgl. ebd., S. 44f.). 197 Ebd., S. 21,29f. (Hervorhebungen im Original); vgl. auch ebd., S. 286f. 198 Erhard Schütz, Zur Modernität des „Dritten Reiches", in: Internationales Archiv fiir Sozialgeschichte der deutschen Literatur 20 (1995), H. 1,S. 116-136, hier: S. 118. 199 Herbst, Entkoppelte Gewalt, S. 143; vgl. auch Herbsts chaostheoretische Interpretation des „Dritten Reiches": ders., Nationalsozialistisches Deutschland. Das NS-Regime verlor Herbst 193
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d) Das „Dritte Reich " und die Ambivalenz der Moderne Geprägt von der Fortschrittskritik der siebziger und achtziger Jahre, legte Detlev Peukert 1982 eine sozial- und alltagsgeschichtliche Deutung der NS-Zeit vor, die den Nationalsozialismus als „eine der pathologischen Entwicklungsformen der Moderne" 200 charakterisierte. Als „eine der Möglichkeiten moderner Zivilisation in der Krise" 201 und „als Teil der Krankengeschichte der Moderne", so lautete seine These, habe das „Dritte Reich" den „kriseninduzierten negativen Höhepunkt der destruktiven [...] Aspekte des Modernisierungsprozesses" gebildet. 202 Wie bereits erwähnt, betonte Peukert im Sinne einer ,,skeptisch-fragende[n] Entkoppelung von Moderne und Fortschritt", daß die NS-Bewegung „ein Kind der Modernisierungskrise" der zwanziger Jahre gewesen sei und „weder in den Mitteln noch in den Zielen [...] hinter die Ergebnisse der Modernisierung zurückfwollte]". Sich ideologisch „gegen das Erbe von 1789" richtend, habe sie versucht, in einer Art „Kurskorrektur" bestimmte Tendenzen der Modernisierung zu bestärken, andere hingegen zu modifizieren oder auszuschalten. Insofern habe sie sich als „eine, wohl die fatalste Entwicklungsmöglichkeit der Moderne" erwiesen. 203 Mit seinem Interpretationsangebot versuchte Peukert darauf aufmerksam zu machen, daß „die Entwicklungsgeschichte der Moderne keine Einbahnstraße zur Freiheit" sei, daß der Modemisierungsprozeß äußerst widersprüchliche Potentiale und zahlreiche Antinomien in sich berge. 204 Diese Erkenntnis auf das Phänomen des „Dritten Reiches" appliziert zu haben, ist das sicherlich kaum zu überschätzende Verdienst Peukerts, auch wenn die Metapher der Krankheit den „komplizierten Mischungen und Widersprüchen von nationalsozialistisch induzierter Deformationsentwicklung und gänzlich ,unpathologisch' weiterwirkenden sozialhistorischen Trends nicht gerecht" zu werden vermag. 205 Neben Peukert hat insbesondere auch Tim Mason auf die Paradoxien der Moderne hingewiesen. So konstatierte er mit Blick auf die NS-Arbeitspolitik: „It is simply not true that the roots of Nazi policy in this area are to be found in a revolt against modernization; on the contrary, they sprang from essential, if latent, directions being taken within .modernity' itself." „It is wrong", so Mason weiter, „to postulate a pluralistic and democratic welfare state as the inevitable outcome of the process of modernization in Germany. For modernization itself has the face of Janus". 206
zufolge jedoch immer mehr „die Fähigkeit, Komplexität zu organisieren und die überkommene organisatorische Modernität zu wahren", so daß es in dieser Hinsicht „auf ein primitiveres Stadium" zurückgefallen sei (ders., Entkoppelte Gewalt, S. 157). 200 Peukert, Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde, S. 296. 201 Ders., Max Webers Diagnose der Moderne, S. 104. 202 Ders., Zur Erforschung der Sozialpolitik im Dritten Reich, in: Hans-Uwe Otto/Heinz Sünker (Hrsg.), Soziale Arbeit und Faschismus, Bielefeld 1986, S. 123-132, hier: S. 131; vgl. ders., Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde, S. 289, 291 f. Ders., Max Webers Diagnose der Moderne, S. 82; ders., Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde, S. 15,295. 204 Ders., Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde, S. 296. 205 Schildt, NS-Regime, S. 20. 206 Timothy W. Mason, The Origins of the Law on the Organization of National Labour of 20 January 1934, in: ders., Nazism, Fascism and the Working Class, hrsg. von Jane Caplan, Cambridge 1995, S. 77-103 (zuerst 1974), hier: S. 78f.; dazu auch: Caplan, Introduction, in: ebd., S. 132, hier: S. 28f.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
Ebendiese Janusköpfigkeit, diese Ambivalenz ist es, der auch im Werk des Soziologen Zygmunt Bauman 207 eine Schlüsselposition zukommt. An Horkheimers und Adornos Dialektik der Aufklärung anknüpfend sowie auf Max Webers Theorie von der „okzidentalen Rationalisierung" und der Moderne als eines „stahlharten Gehäuses der Hörigkeit" 208 rekurrierend, hat Bauman die Ambivalenz als das zentrale Wesensmerkmal der Moderne entlarvt. Im direkten Gegensatz zu Norbert Elias vertritt er die These, daß „der Zivilisationsprozeß [...] den Einsatz von Gewalt aus dem Bereich moralischen Entscheidens herausgelöst und die Anforderungen der Rationalität von ethischen Normen und moralischen Skrupeln befreit hat". Diese - von Bauman „Adiaphorisierung des sozialen Handeln[s]" genannte Tendenz zur „Substitution moralischer durch technisch-formale Verantwortung" begreift er als ein wesentliches Charakteristikum moderner Institutionen. 209 Die Moderne, so postuliert er zudem, habe immer stärker „eine aktiv organisierende Haltung gegenüber Natur und Gesellschaft" eingenommen, wobei vornehmlich die moderne Wissenschaft danach strebe, die Welt bis zur (potentiellen) Perfektion zu verbessern und nach menschlichem Plan umzugestalten - getrieben von der Sehnsucht nach einer absoluten „Reinheit". 210 Dazu hat schon Karl Jaspers einmal aphoristisch bemerkt: „Das Denken unserer Zeit orientiert sich überall, auch wo nichts mehr zu .machen' ist, am ,Machen'". 211 Baumans Auffassung nach zeichnet sich die Moderne durch den „Drang" aus, „zu entwerfen, was andernfalls nicht da wäre", also durch „Entwurf, Gestaltung, Verwaltung und Technologie". Dabei gleiche diese Suche nach der „perfekten" Ordnung einem „Kampf der Bestimmung gegen die Mehrdeutigkeit, der semantischen Präzision gegen Ambivalenz, der Durchsichtigkeit gegen Dunkelheit, der Klarheit gegen Verschwommenheit". 212 So charakterisiert er die Moderne auch als das „Zeitalter artifizieller gesellschaftlicher Entwürfe", als das „Zeitalter der Planer, Visionäre - und .Gärtner'". Die Vorstellung, Menschen wie Pflanzen zu stutzen, durch Zucht zu veredeln oder wenn nötig, auszurotten, habe gerade in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts weder als bizarr noch als moralisch verwerflich gegolten. 213 „Taxonomie, Klassifikation, Inventar, Katalog und Statistik" benennt er als 207
Zu Bauman vgl. insbes. Peter Beilharz, Zygmunt Bauman, London u.a. 2000; Matthias Junge/Thomas Krön (Hrsg.), Zygmunt Bauman, Opladen 2002. Vgl. Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Bd. 1, hrsg. von Johannes Winckelmann, Tübingen 1963, S. 204; vgl. dazu auch Peter Baehr, The „Iron Cage" and the „Shell As Hard As Steel", in: History & Theory 40 (2001), S. 153-169; Kurt Imhof/Gaetano Romano, Diskontinuität der Moderne, Diss. Zürich 1994, S. 40ff., 190, 193f.; Helmuth Kiesel, Wissenschaftliche Diagnose und dichterische Vision der Moderne, Heidelberg 1994, S. 24ff.; Peukert, Max Webers Diagnose der Moderne, S. 89f.; Jan Rehmann, Max Weber, Berlin/Hamburg 1998, S. 79ff.; Lawrence A. Scaff, Fleeing the Iron Cage, Berkeley u.a. 1989, bes. S. 5, 65ff. 209 Bauman, Dialektik der Ordnung, S. 42, 113, 129. Adiaphoron meinte ursprünglich das von der Kirche für theologisch irrelevant bzw. unerheblich Erklärte (vgl. ebd., S. 241). 210 Ebd., S. 85; ders., Unbehagen in der Postmoderne, Hamburg 1999 (engl. 1997), S. 14; vgl. auch ders., Legislators and Interpreters, Cambridge 1987, S. 3ff. 211 Karl Jaspers, Die Atombombe und die Zukunft des Menschen, München 1958, S. 6. 2,2 Zygmunt Bauman, Moderne und Ambivalenz, Frankfurt a.M. 1995 (engl. 1991), S. 19f.; vgl. dazu Beilharz, Zygmunt Bauman, S. 88ff.; Jens Kastner, Politik und Postmodeme, Münster 2000, S. 36ff. 213 Bauman, Dialektik der Ordnung, S. 128; vgl. ders., Moderne und Ambivalenz, S. 35, 43ff.; vgl. auch Frank Hartmann, Wider Natur, in: Harald Welzer (Hrsg.), Nationalsozialismus und Moderne, Tübingen 1993, S. 150-165, hier: S. 152-156; kritisch gegenüber dieser Verwendung der schillern-
2. Neuere Tendenzen der Forschung
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die „vorherrschendefn] Strategien der modernen Praxis", deren „größtefr] Schmerz" die Ambivalenz sei, die Aporie, die Welt nicht in ein geometrisches Raster einzwängen zu können.214 Dabei erscheint der „Fremde", diese „Ambivalenz als Existenz", nach Ulrich Beck geradezu als „der Gegenbegriff (oder Querbegriff) zu allen Begriffen der sozialen Ordnung".215 In ähnlicher Weise hat bereits Hannah Arendt betont: „Je höher entwickelt eine Zivilisation ist, je vollständiger die von ihr geschaffene Welt zur menschlichen Heimat geworden ist, je mehr Menschen sich in diesem .künstlichen', von menschlichen Künsten entworfenen Gebilde zu Hause fühlen, desto empfindlicher werden sie gegenüber allem, was sie nicht produziert oder nicht verändert haben, desto geneigter, alles als barbarisch zu betrachten, was [...] auf geheimnisvolle, nie zu enträtselnde Art einfach gegeben ist".216 Jede hochentwickelte Zivilisation neige daher dazu, in einer ,,hybride[n]", ,,titanische[n] Selbstüberschätzung"217 „die unendliche, natürliche Differenziertheit einzuebnen", die letztlich dem „Mahlstrom der Moderne"218 zum Opfer falle.219 Vor diesem Hintergrund erblickt Bauman in jener „typisch moderne[n] Praxis", die Ambivalenz der Moderne „auszulöschen" und eine eindeutige, ihrer Doppelwertigkeiten entkleidete Ordnung herzustellen (die letzten Endes indes wiederum nur ein neues, von zahlreichen Ambivalenzen geprägtes Chaos hervorbringen kann220), eine wesentliche Bedingung für die „natürliche Neigung" zur Intoleranz in der Moderne, für die „Delegitimierung des Anderen" - und letztlich für den Holocaust.221 So erscheinen ihm Nationalsozialismus und Holocaust nicht nur als inhärente Bestandteile der Moderne, sondern auch als an sich modern.222 Von verschiedenen Seiten wurde Bauman vorgehalten, ein solcher Ansatz verzerre die „vielfältig schillernde Moderne zu einem einseitig antihumanistischen Gebilde"223 und lande
den Metapher des Gärtners: David F. Lindenfeld, The Prevalence of Irrational Thinking in the Third Reich, in: CEH 30 (1997), S. 365-385, hier: S. 379f.; Rabinbach, Nationalsozialismus und Moderne, S. 102. 214 Bauman, Moderne und Ambivalenz, S. 29f. 215 Ulrich Beck, Wie aus Nachbarn Juden werden, in: Miller/Soeffner (Hrsg.), Modernität und Barbarei, S. 318-343, hier: S. 326f.; vgl. Armin Nassehi, Differenzierungsfolgen, Opladen 1999, S. 194. 2,6 Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, 7. Aufl. München/Zürich 2000 (am. 1951), S. 621 ff.; vgl. auch Walter Grode, Nationalsozialistische Moderne, Frankfurt a.M. u.a. 1994, S. 181; Roland W. Schindler, Rationalität zur Stunde Null, Berlin 1998, S. 158ff. 217 Nassehi, Dififerenzierungsfolgen, S. 29,228. 218 Schindler, Rationalität zur Stunde Null, S. 119ff.; ähnlich auch: Marshall Berman, All That Is Solid Melts into Air, New York 1982, S. 15. 219 Arendt, Elemente und Ursprünge, S. 623. 220 Zum Problem der fortwährenden Selbsterzeugung der Ambivalenz vgl. Bauman, Moderne und Ambivalenz, S. 99-131,279f. 221 Ebd., S. 20f.; vgl. dazu auch Hans Joas, Soziologie nach Auschwitz, in: ders., Kriege und Werte, Göttingen 2000, S. 236-249. 222 Dies ist durchaus keine tautologische Selbstverständlichkeit: So wird von manchen behauptet, zur Moderne gehöre auch der Rückfall in eine atavistische Barbarei als eine ihr innewohnende Möglichkeit, die an sich keineswegs als modern zu bezeichnen sei (vgl. in diesem Sinne beispielsweise Bemd Faulenbach, „Nation" und „Modernisierung" in der deutschen Geschichte, in: Rainer Zitelmann u.a. [Hrsg.], Westbindung, Frankfurt a.M./Berlin 1993, S. 103-126, hier: S. 122; Jörg Ahrens, Besprechung von „Schäfer, .Rationalität' des Nationalsozialismus", in: Das Argument, 209 [1995], S. 456). 223 Schildt, NS-Regime, S. 21.
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I. Nationalsozialismus und Moderne: Eine Debatte
schließlich bei der Reduktion des Genozids auf eine rein zweckrationale Praxis.224 Bauman, so ließ sich die Kritik vernehmen, deute den nationalsozialistischen Genozid „in einer spiegelbildlichen Negation" der Modernisierungstheorie als „eine zwingende [...] Folge der [...] bürokratisch-rationalen Modernisierung"225. Ihm erscheine der nationalsozialistische Massenmord lediglich als „eine Extremisierung moderner Erfassungs- und Kontrolltätigkeiten".226 Seine These laufe mithin auf die zweifelhafte Erkenntnis hinaus, daß „all our societies are latently like Nazi Germany"227. Man könne nicht einfach den „medizinischen, technischen und ästhetischen Jargon der Nazis nachträglich zur negativen Teleologie einer pathologischen Moderne" umdichten. Schließlich sei „nicht alles, was modern ist, ein Holocaust".228 Und ebensowenig hätten die meisten anderen modernen Industriestaaten trotz ihrer Modernität - einen Genozid hervorgebracht, wie Baumans Kritiker nicht müde wurden zu betonen. Doch nicht nur Bauman, auch Mark Roseman hält ungeachtet „ernstzunehmender Schwächen" der „Modemitäts-These" die Auffassung für vertretbar, daß jede moderne Industriegesellschaft „far closer to a potential Holocaust" zu sein scheine als das Deutschland des 19. Jahrhunderts und daß die nationalsozialistische Rassenpolitik „quintessentially modern and only secondarily German" gewesen sei.229 Zu warnen ist hier freilich vor einer unzureichenden Berücksichtigung des Antisemitismus sowie vor der Unterschätzung der radikalen, mit aller historischer Erfahrung brechenden außen- und gesellschaftspolitischen Utopie der Nationalsozialisten (und insbesondere Hitlers). Das rassistische Gesellschaftsmodell des Nationalsozialismus läßt sich schließlich weder allein aus dem Geiste der modernen Wissenschaften erklären noch lediglich als eine Hypertrophie des westlichen Ideals der SelbstKultivierung fassen.23 Davon wird aber noch später ausführlicher zu handeln sein.231 Zunächst wendet sich der Forschungsbericht der nationalsozialistischen Gesellschaftspolitik und der „Volksgemeinschaftsideologie" des „Dritten Reiches" zu.
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Vgl. auch Schäfer, „Rationalität" und Nationalsozialismus, bes. S. 185f. mit Anm. 176. Roth, Revisionistische Tendenzen, S. 47. Karl-Siegbert Rehberg, Ambivalente „Filter", in: Miller/Soeffner (Hrsg.), Modernität und Barbarei, S. 290-305, hier: S. 293. 227 Michael Burleigh/Wolfgang Wippermann, The Racial State, Cambridge 1992, S. 304; vgl. auch Herf, „Reactionary Modernism" and After, S. 69ff. 228 Rabinbach, Nationalsozialismus und Moderne, S. 105; vgl. auch Yehuda Bauer, Die dunkle Seite der Geschichte, Frankfurt a.M. 2001 (am. 2001), S. 102ff. 229 Roseman, National Socialism and Modernisation, S. 218; vgl. auch Gabriele Metzler, Doppelte Vergangenheit, in: HJb 120 (2000), S. 396-420, hier: S. 396. 230 Vgl. Fritzsche, Nazi Modern, S. 10; ders., Did Weimar Fail?, S. 649; vgl. auch Omer Bartov, Murder in Our Midst - The Holocaust, Industrial Killing, and Representation, New York/Oxford 1996, S. 208, Anm. 59; MacGregor Knox, Common Destiny, Cambridge u.a. 2000, S. 13. 251 Vgl. unten, S. 183ff. 225
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
1. Gesellschaft
Die nationalsozialistische Gesellschaftspolitik, jene „antiliberale Variante des Modernisierungsprozesses"1, trieb ungeachtet des Versprechens der NS-Bewegung, das allgemeine Unbehagen an der Moderne beseitigen zu wollen, in vielen Bereichen die säkularen Modernisierungstrends voran.2 Die tiefe Ambivalenz des „Dritten Reiches" trat hier unweigerlich hervor: einerseits das „Aufleuchten der zukünftigen Leistungs- und Konsumgesellschaft mit Kleinfamilie, Aufstiegsorientierung, Massenmedien, Freizeitkultur und intervenierendem Wohlfahrtsstaat", andererseits der „breite Schatten, den eine terroristische, nach rassistischer Doktrin gegliederte Ordnung warf'. Der nationalsozialistischen „Volksgemeinschafts"-Ideologie waren demnach „zwei Stoßrichtungen" inhärent: „Nach ,innen' wollte sie die in unterschiedliche Traditionen, Schichten und Sozialmilieus zerklüftete Gesellschaft künstlich zu einer opferbereiten Leistungsgemeinschaft formieren; nach .außen' wollte sie all jene diskriminieren und letztlich .ausmerzen', die [...] in der Volksgemeinschaft keinen Platz finden durften". 3 „Wie in einem Brennglas", so formuliert Paul Nolte, wurde „in der Vision von der Volksgemeinschaft - und in der ihr entsprechenden sozialpolitischen Praxis - [...] der Charakter des Nationalsozialismus als einer zugleich utopisch-revolutionären und restaurativ-exklusiven Bewegung [...] gebündelt": „Die Volksgemeinschaft versprach Inklusion und Harmonie, war aber nicht denkbar ohne ihre andere Seite, ohne den Ausschluß jener, die in diesen .rassisch' und politisch begründeten Konformismus nicht paßten".4
1 Detlev J.K. Peukert, Max Webers Diagnose der Moderne, Göttingen 1989, S. 82 (Hervorhebung im Original). 2 Vgl. ders., Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde, Köln 1982, S. 212, 280, 288; ders., Alltag unterm Hakenkreuz, in: Ulrich Herrmann (Hrsg.), „Die Formung des Volksgenossen", Weinheim/Basel 1985, S. 40-64, hier: S. 51. 3 Ders., Volksgenossen, S. 214, 247; vgl. ders., Alltag unterm Hakenkreuz, S. 52. 4 Paul Nolte, Die Ordnung der deutschen Gesellschaft, München 2000, S. 192.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
a) „ Volksgemeinschaft" „Klassenlose Gesellschaft" und „Volksgemeinschaft", so urteilt Sebastian Haffner in seinen Anmerkungen zu Hitler, seien „praktisch [...] dasselbe" gewesen. Und nicht nur ideologisch, auch real habe es während der NS-Zeit „massenhaften Aufund Abstieg, Klassenvermischung und Klassenaufbrechung" gegeben, durchaus „.fortschrittlich', im Sinne fortschreitender Egalisierung".5 Die nationalsozialistische Konzeption der „Volksgemeinschaft", die ganz und gar von dem Ideal einer homogenen, konfliktfreien Gesellschaft getragen war und mit der die NSBewegung einen zukunftsweisenden „dritten Weg", „eine Synthese des Disparaten"6 - von Kapitalismus und Kommunismus - aufzuzeigen versuchte, markiert einen der zentralen Punkte innerhalb der Debatte um Modernisierungstendenzen des „Dritten Reiches". Diese harmonisierende Sozialutopie des Nationalsozialismus, die aus dem während der Zwischenkriegszeit geführten Diskurs um „die Suche nach Einheit in .Gemeinschaft' und .Stand'" 7 hervorgegangen war, war gewiß „keine bloße Propagandaphrase"8. Sie zeitigte eine außergewöhnliche, „breitenwirksame Anziehungskraft" in einer Bevölkerung, die nachgerade durchtränkt war von Sehnsüchten „nach Einheit, Ordnung und Integration", von „Ängsten des Verfalls und der Desintegration", deren Mitglieder sich zunehmend als Fremde empfanden in einer der Anomie zu verfallen drohenden, nicht zuletzt durch die forcierte und ungleichzeitige Modernisierung zerrissenen, fragmentierten Gesellschaft.9 Zweifellos war der nationalsozialistische Gesellschaftsentwurf - wie Günter Morsch betont - „viel modemer als die Modelle eines patriarchalischen Klassenund Ständestaates, von dem mancher konservativer Bündnispartner Hitlers träumte, und nicht zuletzt deshalb sehr viel attraktiver".10 Manchen Historikern indes erscheint die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft" als eine eigentümliche „Synthese von quasi-sozialistischem Versprechen und quasi-kapitalistischer Erfüllung" 11 , als Schein12 oder „Mythos"13, als „schein-
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Sebastian Haffner, Anmerkungen zu Hitler, 19. Aufl. Frankfurt a.M. 1999 (zuerst 1978), S. 45f. Klaus Hildebrand, Rez. zu „Kershaw, Hitler I", in: HZ 270 (2000), S. 388-397, hier: S. 395; vgl. auch ders., Das vergangene Reich, Stuttgart 1996, S. 841f. 7 Vgl. Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 159-187. 8 Lothar Kettenacker, Sozialpsychologische Aspekte der Führer-Herrschaft, in: ders./Gerhard Hirschfeld (Hrsg.), Der „Führerstaat" - Mythos und Realität, Stuttgart 1981, S. 98-132, hier: S. 103; ähnlich auch: Michael Prinz, Vom neuen Mittelstand zum Volksgenossen, München 1986, S. 336; vgl. ferner Hans-Ulrich Thamer, Der Nationalsozialismus, Stuttgart 2002, S. 422. 9 Ebd., S. 160f., 170, 199; vgl. auch Martin Broszat, Zur Struktur der NS-Massenbewegung, in: VfZ 31 (1983), S. 52-76, hier: S. 70; Hans-Ulrich Thamer, Nation als Volksgemeinschaft, in: JörgDieter Gauger/Klaus Weigelt (Hrsg.), Soziales Denken in Deutschland zwischen Tradition und Innovation, Bonn 1990, S. 112-128, hier: S. 112f.; vgl. ferner Bemd Stöver, Volksgemeinschaft im Dritten Reich, Düsseldorf 1993; ders., Loyalität statt Widerstand, in: VfZ 43 (1995), S. 437-471. 10 Günter Morsch, Streik im „Dritten Reich", in: VfZ 36 (1988), S. 649-683, hier: S. 650. " Richard Grunberger, Α Social History of the Third Reich, London 1971, S. 44; vgl. auch ebd., S. 53; Hans-Uwe Otto/Heinz Sünker, Volksgemeinschaft als Formierungsideologie des Nationalsozialismus, in: dies. (Hrsg.), Politische Formierung und soziale Erziehung im Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1991, S. 50-77, hier: S. 57. 12 Vgl. Hans Mommsen, Einleitung, in: ders./Susanne Willems (Hrsg.), Herrschaftsalltag im Dritten Reich, Düsseldorf 1988, S. 9-23, hier: S. 9f.; vgl. auch Helge Matthiesen, Greifswald in Vorpommern, Düsseldorf 2000, S. 435. 6
1. Gesellschaft
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inklusiv" und „pseudoegalitär-konformistisch" 1 4 , mithin als b l o ß e s „Ritual der Klassenlosigkeit", das die „Klassenverhältnisse" unberührt ließ 1 5 . Bernd Weisbrod ist der Ansicht, daß „die meßbare soziale Ungleichheit der Klassengesellschaft" bei nur „geringfügiger Verbesserung der Aufstiegschancen für Arbeiterkinder" über das „Dritte Reich" hinaus bestehen blieb. 1 6 In der Tat ist anzunehmen, daß die „Volksgemeinschafts"-Ideologie die klassengesellschaftlichen Strukturen w e n i g e r eliminierte als daß sie diese überlagerte und „nur z e i t w e i s e verhüllt[e]". 1 7 In d i e s e m Sinne scheinen in der NS-Herrschaft „die Massen zu ihrem Ausdruck", nicht aber „zu ihrem Recht" g e k o m m e n zu sein. 1 8 Paul N o l t e s A u f f a s s u n g nach ist „gegenüber einer Idealisierung der Fortschritte für die Arbeiterschaft und der realen .Modernisierungswirkungen' der Arbeiterund Sozialpolitik f...] e b e n s o Skepsis angebracht, w i e die R e d e v o m .Mythos' der V o l k s g e m e i n s c h a f t zu einfach ist". 19 Norbert Frei etwa begreift die „ V o l k s g e m e i n schaft" durchaus als eine zumindest „partiell existent gewordene" 2 0 , und Michael Prinz z u f o l g e trug das N S - R e g i m e „Elemente .ständischer' Ungleichheit in e i n e m T e m p o ab w i e kaum j e m a l s zuvor in der deutschen Geschichte" ein politisches System: Mit der Durchdringung traditionaler Lebenswelten „erhielt der H o m o g e n i sierungsprozeß der Sozialstruktur einen kräftigen Schub". Dabei erscheinen Prinz „die Gleichstellungsbemühungen des R e g i m e s " sogar „kohärent" und „langfristig angelegt". 2 1 In seinen A u g e n wäre es verfehlt anzunehmen, die Zerschlagung tradi-
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Heinrich August Winkler, Vom Mythos der Volksgemeinschaft, in: AfS 17 (1977), S. 484-490, hier: S. 489; vgl. auch Timothy W. Mason, Die Bändigung der Arbeiterklasse im nationalsozialistischen Deutschland, in: Carola Sachse u.a., Angst, Belohnung, Zucht und Ordnung, Opladen 1982, S. 11-53, hier: S. 30; Hans-Ulrich Thamer, Verführung und Gewalt, Neuausg. Berlin 1998 (zuerst 1986), S. 503; Wolfgang Zollitsch, Arbeiter zwischen Weltwirtschaftskrise und Nationalsozialismus, Göttingen 1990, S. 245. 14 Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 188; ders., Gesellschaftstheorie und Gesellschaftsgeschichte, in: Thomas Mergel/Thomas Welskopp (Hrsg.), Geschichte zwischen Kultur und Gesellschaft, München 1997, S. 275-298, hier: S. 288. 15 Wieland Elfferding, Opferritual und Volksgemeinschaftsdiskurs am Beispiel des Winterhilfswerks, in: Faschismus und Ideologie 2, Berlin 1980 (Argument-Sonderbd. 62), S. 199-226, hier: S. 225. 16 Bemd Weisbrod, Der Schein der Modernität, in: Karsten Rudolph/Christi Wickert (Hrsg.), Geschichte als Möglichkeit, Essen 1995, S. 224-242, hier: S. 228. 17 Winkler, Mythos der Volksgemeinschaft, S. 490; vgl. auch Volker Dahm, Die nationalsozialistische Volksgemeinschaft und ihre Organisationen, in: Horst Möller u.a. (Hrsg.), Die tödliche Utopie, 3. erw. u. Überarb. Aufl. München 2001 (zuerst 1999), S. 91-146, hier: S. U8f.; KlausMichael Mallmann/Gerhard Paul, Herrschaft und Alltag, Bonn 1991, S. 768, 781; Bernd Sösemann, Propaganda und Öffentlichkeit in der „Volksgemeinschaft", in: ders. (Hrsg.), Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Darmstadt 2002, S. 114-154, hier: S. 153. 18 Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 1/2, hrsg. von Rolf Tiedemann u. Hermann Schweppenhausen Frankfurt a.M. 1974, S. 431-469 (zuerst 1936), hier: S. 467; vgl. auch Zollitsch, Arbeiter, S. 245. " Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 204; vgl. dazu auch Christoph H. Werth, Sozialismus und Nation, Opladen 1996, S. 259ff. 20 Norbert Frei, Der Führerstaat, 6. erw. u. aktual. Neuaufl. München 2001 (zuerst 1987), S. 210; vgl. auch ebd., S. 112f.; ders., People's Community and War, in: Hans Mommsen (Hrsg.), The Third Reich Between Vision and Reality, Oxford/New York 2001, S. 59-77; vgl. ferner Franz Janka, Die braune Gesellschaft, Stuttgart 1997, S. 125. 21 Michael Prinz, Die soziale Funktion moderner Elemente in der Gesellschaftspolitik des Nationalsozialismus, in: ders./Rainer Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, 2. erw. Aufl. Darmstadt 1994 (zuerst 1991), S. 297-327, hier: S. 307, 322.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
tionaler Bindungen sei Hitler eigentlich centre coeur gewesen; im Gegenteil: Als Förderung eigener gesellschaftspolitischer Vorstellungen habe er sie nachdrücklich gutgeheißen. Gleichwohl sieht Prinz - im Gegensatz zu Zitelmann - die Affinitäten des NS-Regimes zur Modernisierung in einem meist „konditional[en]" Sinne. D.h.: Die Tatsache, daß Modernisierungselemente auch in den ideologischen Zielvorstellungen Hitlers enthalten waren, bedeutet seiner Meinung nach noch nicht, daß diese per se als modern zu bezeichnen sind. Prinz erinnert in diesem Zusammenhang an das factum brutum, daß Hitlers Intention zuvörderst darin bestand, durch die Schaffung von „Lebensraum" im Osten sowie durch die mit einer konsequenten Politik der Eugenik gekoppelte Auslöschung des europäischen Judentums „das inhärente Gefahrenpotential von Modernisierung still[zul]egen".22 Vor dem Hintergrund der die NS-Herrschaft charakterisierenden eigentümlichdialektischen „Einheit von Wirtschafts-, Sozial- und Rassenpolitik" begreift Götz Aly gerade die „Ermordung der europäischen Juden als Teil einer Politik [...], die ihre Kraft aus der Gleichheitsidee bezog". Der im Zeichen des „Egalitarismus der Volksgemeinschaft" erzielte „entscheidende lebensgeschichtliche Fortschritt" der Gleichheitsidee, so lautet seine Argumentation, sei „auch mit den Mitteln des Krieges, des Hasses und des Massenraubmords erreicht worden". In dem „Projekt einer massenhaften sozialen Aufwärtsmobilisierung" erblickt Aly die „zentrale Triebkraft des Nationalsozialismus", der daher - während des Krieges geradezu als „Umverteilungsstaat par excellence" wirkend - „im größeren Zusammenhang der egalitären Bewegungen und Utopien im 20. Jahrhundert" zu sehen sei. Schließlich habe „für Millionen Deutsche" das „Attraktive" der nationalsozialistischen Ideologie vornehmlich in dem „nach innen gerichteten völkischen Gleichheitsversprechen", in der Verbindung von sozialer und nationaler Homogenisierung gelegen.23 Die „Volksgenossen" hätten Hitler als den „großen Integrator" empfunden, für den „das Volkswohl an erster Stelle" gestanden habe, so daß sich das „Dritte Reich" am ehesten als Jederzeit mehrheitsfähige Zustimmungsdiktatur", als „Deutsche Demokratische Diktatur" kennzeichnen lasse.24 In seinen Überlegungen zur Ordnung der deutschen Gesellschaft im 20. Jahrhundert ist Paul Nolte ferner zu dem Ergebnis gelangt, daß die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft" angesichts der Negierung jeglicher sozialer Strukturierung innerhalb ihrer Grenzen „recht besehen [...] gar keinen alternativen Entwurf von Gesellschaft" dargestellt habe. Einen vergleichsweise eng gefaßten Gesellschaftsbegriff zum Maßstab nehmend, vertritt er die These, daß die „Volksgemeinschaft" als „radikale Anti-Gesellschaft" vielmehr „den Ausstieg aus ihr" intendiert habe, „zugunsten diffuser und im Kern ,a-soziaIer' Einheitsbegriffe wie ,Volk' oder ,Deutschland'". 25 Hitler - der in Mein Kampf keinerlei konsistente Analysen von 22
Ders., Ein Grenzfall, in: Dieter Breuer/Gertrude Cepl-Kaufmann (Hrsg.), Moderne und Nationalsozialismus im Rheinland, Paderborn u.a. 1997, S. 21-33, hier: S. 28f. (Hervorhebung im Original). 23 Götz Aly, Hitlers Volksstaat, in: ders., Rasse und Klasse, Frankfurt a.M. 2003, S. 230-244 (zuerst 2002), hier: S. 230, 234f., 242ff.; vgl. auch ders., Hitlers zufriedene Räuber, in: Die Zeit, 8.5.2003. 24 Ders., Nationaler Sozialismus, in: ders., Rasse und Klasse, S. 70-81 (zuerst 2000), hier: S. 74, 76, 81; vgl. dazu ferner auch Manfred Lauermann, Das Soziale im Nationalsozialismus, in: Berliner Debatte INITIAL 9 (1998), Η. 1, S. 35-52, hier bes.: S. 39,44ff. 25 Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 192.
1. Gesellschaft
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gesellschaftlichen Utopien oder Ordnungsmodellen lieferte - habe mit seiner „Vision" einer klassen- und ständelosen Gesellschaft „keine soziale Egalisierung" (wie etwa Zitelmann meint26) propagiert, sondern in erster Linie „ein Herausdrängen auf sozialer Ungleichheit beruhender Konflikte aus dem politischen Raum" beabsichtigt, eine Substitution ,,soziale[r] .Identität' als eine[r] Gruppenidentität [...] durch die neue Klammeridentität der Volksgemeinschaft".27 Hitler - dessen Interessen bekanntlich vor allem in der Außen- und Rassenpolitik lagen (so daß Zitelmanns Thesen eine unzulässige Verzerrung der Prioritäten von Hitlers „Programm" bedeuten) - ging es demnach in erster Linie um den „Ausstieg aus einem sozialökonomisch geprägten Bewußtsein von der Gesellschaft".28 „Einmal in Ihrem Leben", so appellierte Hitler unmittelbar vor den Reichstagswahlen vom Juli 1932 an die ,,deutsche[n] Volksgenossen und -genossinnen", „lösen Sie sich [...] los von Ihren ganzen Traditionen, los von Ihrem Stand, Ihrem Beruf, lösen Sie sich los von Ihrem Klassenansehen. Lösen Sie sich los von Ihrer Geburt, los von allen ParteiÜberlieferungen, befreien Sie sich von allen Fesseln und denken Sie einmal an das, was vor Ihnen ist und nach Ihnen sein muß, an/ Deutschland!"29 Hitler ging es nicht darum, das „Einzelschicksal" zu verbessern, sondern darum, „das deutsche Volksschicksal" zu „korrigierfen]", das „nicht identisch mit Staatsform, [...] nicht identisch mit Gesellschaftsordnung, [...] auch nicht identisch mit dem Erfolg einzelner Gruppen dieser Nation, sondern [...] gebunden an die Ernährungsmöglichkeit unseres Volkes" sei, wie er im August 1930 auf einer Wahlkampfversammlung in Köln verkündete.30 Diese Veränderung des Bewußtseins - auf die noch näher einzugehen sein wird - konnte Paul Noltes Ansicht nach „selbst zu einer Kraft werden, welche die Gesellschaft veränderte".31 Vehement gegen die These sozialrevolutionärer Wirkungen des Nationalsozialismus hat sich indes Ian Kershaw gewandt. In ihrem „Streben nach immer irrationaleren Zielen", so meint er — seiner strukturalistischen These von der „selbstzerstörerischen Dynamik" der nationalsozialistischen Tyrannis gemäß32 - , sei die NS-Bewegung nichts anderes als „eine parasitäre Wucherung auf der alten Gesellschaftsordnung" gewesen: „weder willens, noch in der Lage, Stabilität zu schaffen".33 Bernd Weisbrod zufolge wirkte der nationalsozialistische Gesellschaftsentwurf sogar „letztlich entmodernisierend", weil er - wie Weisbrod auf der
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Vgl. Rainer Zitelmann, Hitler - Selbstverständnis eines Revolutionärs, 4. erw. Neuaufl. München 1998 (zuerst 1987), S. 190ff., 205ff. 27 Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 193f. Während Frank-Lothar Kroll dem Hitlerschen Denken zwar durchaus eine gewisse Modernität in manchen Aspekten zugesteht, so vermag auch er bei Hitler - anders als bei Goebbels - keine konsistente sozialpolitische Konzeption zu erkennen (vgl. Frank-Lothar Kroll, Utopie als Ideologie, 2. durchges. Aufl. Paderborn u.a. 1999 [zuerst 1998], S. 91; vgl. auch Michael Schneider, Unterm Hakenkreuz, Bonn 1999, S. 772ff.). 28 Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 195 (Hervorhebung im Original). 29 Adolf Hitler, Reden, Schriften, Anordnungen, Bd. V/1, hrsg. u. komment. von Klaus A. Lankheit, München u.a. 1996, S. 282, 288 (Rede vom 29.7.1932). 30 Adolf Hitler, Reden, Schriften, Anordnungen, Bd. III/3, hrsg. u. komment. von Christian Hartmann, München u.a. 1995, S. 347 (Rede vom 18.8.1930). 31 Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 195. 32 Vgl. etwa lan Kershaw, Hitlers Macht, München 1992 (engl. 1991), S. 246-249; dazu kritisch: Klaus Hildebrand, Das Dritte Reich, 6. neubearb. Aufl. München 2003 (zuerst 1979), S. 231. 33 Ian Kershaw, Der NS-Staat, erw. u. bearb. Neuauil. Reinbek bei Hamburg 1999 (engl. 1985), S. 277f.; vgl. auch ebd., S. 265.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
Basis eines positiv konnotierten Modernisierungsbegriffes argumentiert - „zur Integrationsbildung auf die Leistungsmessung am Markt, den freien Verkehr der Zivilgesellschaft und demokratisch-diskursive Prinzipien der Konfliktlösung" verzichtet habe. Auch sei das „Dritte Reich", so folgt er dem Postulat Mommsens34 und Kershaws, zu dem Aufbau eines „steuerungsfähigen politischen Systems" nicht in der Lage gewesen. Die These von der „volksgemeinschaftlichen Modernisierung" beruhe zu einem guten Teil auf „der etwas rosigen Rückprojektion der Modemisierungs-erfahrung der fünfziger Jahre".35 α) Arbeiterschaft und soziale Mobilität Wie jedoch die neuere geschichtswissenschaftliche Forschung gezeigt hat, scheint es dem NS-Regime durch eine Mischung von „Zwang, Lähmung, Bestechung und Befriedung" 36 sowie nicht zuletzt durch die Modernität der von ihm angewandten gesellschaftspolitischen Instrumentarien gelungen zu sein, die Arbeiterschaft (in einer Dialektik von Einbindung und Selbst-Einbindung) zumindest teilweise in die „Volksgemeinschaft" zu integrieren und ihrem „Mißmut und Widerwillen die Spitze zu nehmen". 37 Wolfgang Zollitsch beispielsweise erklärt die weitgehend erfolgreiche Integration der Arbeiterschaft - die freilich auch durch die schmerzhaften Erfahrungen während der Wirtschaftskrise begünstigt wurde - vor allem mit der NS-spezifischen Kombination von „Terror und Zwang, Individualisierung und Neutralisierung, Kompensation und Verlockung".38 Wenngleich die Arbeiterschaft wohl kaum in einer vollständigen Verkehrung der älteren Forschungsergebnisse zur Hauptstütze des NS-Regimes stilisiert werden kann39, läßt sich mit Gunther Mai festhalten, daß es im „Dritten Reich" offensichtlich „Integrationsangebote [gab], die in der Praxis glaubwürdig blieben, die das System hinnehmbar machten, die es von der bürgerlichen Klassengesellschaft der Weimarer Republik erkennbar unterschieden".40 So sieht Mai in der „Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisati-
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Vgl. etwa Hans Mommsen, The Nazi Regime, in: Reinhard Rürup (Hrsg.), The Problem of Revolution in Germany 1789-1989, Oxford/New York 2000, S. 109-128, hier: S. 123. 35 Weisbrod, Schein der Modernität, S. 239ff. 36 Mason, Bändigung der Arbeiterklasse, S. 18; ähnlich auch: Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 482f. 37 Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 1090; vgl. Ulrich Herbert, „The Real Mystery in Germany", in: Michael Burleigh (Hrsg.), Confronting the Nazi Past, London 1996, S. 23-36, hier: S. 35; Wolfgang Franz Werner, „Bleib übrig!", Düsseldorf 1983, bes. S. 359. 38 Vgl. Zollitsch, Arbeiter, S. 13f., 241. Für die Integration der Arbeiterschaft bedeutend waren freilich auch die außenpolitischen „Erfolge" des „Dritten Reiches" und die „Mobilisierung nationaler Identifikationen mit dem NS-Regime" (Rüdiger Hachtmann, Die Deutsche Arbeitsfront im Zweiten Weltkrieg, in: Dietrich Eichholtz [Hrsg.], Krieg und Wirtschaft, Berlin 1999, S. 69-107, hier: S. 76). 39 Auch weiterhin gilt, „daß keine andere Schicht der Bevölkerung einen derart hohen Anteil an Aktionen spontaner und individueller Opposition wie am organisierten und längerfristig angelegten Widerstand zu verzeichnen hat wie die Arbeiterschaft" (Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 4; vgl. ebd., S. 1082-1086; vgl. auch Francis L. Carsten, Widerstand gegen Hitler, Frankfurt a.M./Leipzig 1996 [am. 1995]; Gerhard Schildt, Die Arbeiterschaft im 19. und 20. Jahrhundert, München 1996, S. 43). 40 Gunther Mai, Arbeiterschaft zwischen Sozialismus, Nationalismus und Nationalsozialismus, in: Uwe Backes u.a. (Hrsg.), Die Schatten der Vergangenheit, Frankfurt a.M. 1990, S. 195-217, hier: S. 198; vgl. auch Claudia Brunner, Arbeitslosigkeit im NS-Staat, Pfaffenweiler 1997, S. 84, 344f.
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on" (NSBO)41 eine „populistisch-radikale Massen- und Basisbewegung mit stark anti-bürgerlichem Ressentiment", während er die „Deutsche Arbeitsfront" (DAF) fur ein „klassenspezifisches Surrogat kultureller und sozialpolitischer Interessenartikulation der Arbeiterschaft" hält. Die „Volksgemeinschaft", so lautet sein Fazit, sei „als das .symbolische' Angebot einer sich tendenziell nivellierenden, konsumorientierten Mittelstandsgesellschaft [...] offenkundig ein effizienteres Medium der Sozial- wie der Selbstdisziplinierung" gewesen „als die bürgerlich-liberale, elitär gegliederte Klassengesellschaft der Weimarer Republik".42 Wolfhard Buchholz spricht der DAF gar die Funktion einer ,,Verfechter[in] verbesserter Lebens- und Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers in der Industrie" zu. Gerade die DAFOrganisation „Kraft durch Freude" (KdF) habe als ein ,,bedeutende[s] Instrument der Stabilisierung nationalsozialistischer Herrschaft" und als ein Mittel zur „Verschmelzung der Sozialschichten" einen „großen Beitrag zum relativ erstaunlichen Erfolg der NS-Arbeiterpolitik" und zu der verhältnismäßig „erfolgreich vollzogene[n] gesellschaftlichen Integration der Arbeiterschaft" geleistet.43 Wie Michael Schneider in seiner erschöpfenden Darstellung über die deutsche Arbeiterschaft von 1933 bis 1939 resümiert, verfolgte das NS-Regime „in einem alle Lebensbereiche umfassenden Sinne die .Entproletarisierung' des Arbeiterlebens als Voraussetzung der ,Ent-Klassung' der Arbeiterklasse".44 Gleichwohl mag es übertrieben erscheinen, aus der NS-Arbeiterpolitik nachgerade eine Verbürgerlichung der Arbeiterschaft abzuleiten, ebenso wie es einer Verzerrung historischer Tatsachen gleichkäme, die DAF als eine Interessenvertretung der Arbeiter im eigentlichen Sinne des Wortes darzustellen; eine solche war sie Rüdiger Hachtmanns Auffassung nach zu keinem Zeitpunkt, „weder formal noch substantiell". Hachtmann zufolge bildete die Arbeiterschaft für das NS-Regime lediglich die „Manövriermasse im Rahmen einer Politik, die ganz andere Ziele verfolgte, nämlich ganz Europa der nationalsozialistischen Willkür zu unterwerfen und dann womöglich nach der Weltherrschaft zu greifen".45 In der Tat wurde der Arbeiter-
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Zur 1928 gegründeten NSBO, die vor allem den „Entwurzeltefn]" und „Orientierungslosen" eine Perspektive, eine „Heimat" zu bieten versuchte, deren Hoffnungen aber, nach der „Machtergreifung" zum Kern einer parteigebundenen Einheitsgewerkschaft zu werden, sich bald zerschlugen, vgl. insbesondere Volker Kratzenberg, Arbeiter auf dem Weg zu Hitler?, Frankfurt a.M. u.a. 1989 (Zitate: S. 273); vgl. dazu auch Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 159-166; Klaus Wisotzky, Rassenkampf statt Klassenkampf, in: Volker Ackermann u.a. (Hrsg.), Anknüpfungen, Düsseldorf 1995, S. 201-220. 42 Mai, Arbeiterschaft, S. 202, 207, 211; vgl. auch ders., Die nationalsozialistische Betriebszellenorganisation, in: VfZ 31 (1983), S. 573-613, hier: S. 583ff.; vgl. hingegen Michael Schneider, „Volkspädagogik" von rechts, in: AfS 35 (1995), S. 532-581, hier: S. 561; ders., Unterm Hakenkreuz, S. 159ff.; vgl. dazu femer auch Silke Schumann, Die soziale Lage der Bevölkerung und die NS-Sozialpolitik in Sachsen, in: Clemens Vollnhals (Hrsg.), Sachsen in der NS-Zeit, Leipzig 2002, S. 57-71, hier: S. 59f.; Thamer, Nationalsozialismus, S. 248f. 43 Wolfhard Buchholz, Die nationalsozialistische Gemeinschaft „Kraft durch Freude", Diss. München 1976, S. 398, 408, 41 lf.; vgl. ebd., S. 387, 793f.; vgl. auch Friedhelm Vahsen, Freizeiterziehung als Sozialpolitik, in: Hans-Uwe Otto/Heinz Sünker (Hrsg.), Soziale Arbeit und Faschismus, Bielefeld 1986, S. 133-161, hier: S. 146, 150ff., 158f.; wesentlich verhaltener: Mason, Bändigung der Arbeiterklasse, S. 40. 44 Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 492, 767. Die „Grundstruktur der Klassenverhältnisse" ließ die NS-Politik seiner Meinung nach jedoch weitgehend „unangetastet" (ebd., S. 775). 45 Rüdiger Hachtmann, Arbeitsverfassung, in: Hans Günter Hockerts (Hrsg.), Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit, München 1998, S. 27-53, hier: S. 35,42.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
schaft durch die Zerschlagung der Gewerkschaften46 und die Entmachtung der NSBO jegliche Form autonomer Interessenvertretung genommen.''7 Der Einfluß von NSBO und DAF auf das Tarifvertragswesen wurde im Mai 1933 durch das Treuhändergesetz beseitigt. 48 Und dennoch: Wenngleich die DAF „auch nicht ansatzweise eine den Gewerkschaften vergleichbare Organisation"49 war, griff sie - die Michael Schneiders Ansicht nach „unverkennbar auch als eine Interessenvertretung der Arbeitnehmer tätig" war50 - in vielfältiger Form in die betriebliche Arbeitsverfassung und Sozialpolitik ein und ließ „quasigewerkschaftliche Initiativen zur Verbesserung der Lage der Arbeitnehmer" erkennen, was eine nicht zu unterschätzende integrative Wirkung zeitigte.51 Dabei können die Aktivitäten der DAF Eberhard Heuel zufolge nicht lediglich als Kompensationsangebote für eine ansonsten depravierte Arbeiterschaft gewertet werden: „Erst der Doppelcharakter von wirklicher Reform und sozialintegrativer wie arbeitsproduktiver Funktion erklärt die besondere ideologische Wirksamkeit von KdF als Beleg für die vorgeblich gelungene Volksgemeinschaft".52 Auch Michael Schneiders Urteil nach zeigten die von der DAF verfolgten Reformen nicht nur ihren „Indoktrinations- und Machtanspruch", „sondern zugleich den Anspruch auf Verwirklichung einer neuen Sozialordnung, die mit materieller Besserstellung, sozialer Sicherung und einer durch Propaganda und Symbolik verstärkten Neubewertung der Arbeit den Wünschen weiter Kreise der Arbeiterschaft entgegenkam".53 Michael Prinz findet die Arbeiterinteressen in der Politik des NS-Regimes insofern berücksichtigt, als seiner Meinung nach die Arbeiter-Angestellten-Differenz während des „Dritten Reiches" zu einem guten Teil eingeebnet wurde. Ehemalige
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Vgl. dazu Eberhard Heuel, Der umworbene Stand, Frankfurt a.M./New York 1989, S. 188-250; Michael Schneider, Kleine Geschichte der Gewerkschaften, Neuausg. Bonn 2000 (zuerst 1989), S. 215-235. 47 Vgl. Kratzenberg, Arbeiter, S. 149-167; Timothy W. Mason, Arbeiterklasse und Volksgemeinschaft, Opladen 1975, S. 35f. 48 Vgl. Heuel, Umworbener Stand, S. 352f.; Andreas Kranig, Lockung und Zwang, Stuttgart 1983, S. 168ff.; Wolfgang Spohn, Betriebsgemeinschaft und Volksgemeinschaft, Berlin 1987, S. 274ff. 49 Rüdiger Hachtmann, Industriearbeit im „Dritten Reich", Göttingen 1989, S. 305; vgl. ders., Arbeitsverfassung, S. 35; ders., Deutsche Arbeitsfront, S. 69f.; ähnlich auch: Matthias Frese, Betriebspolitik im „Dritten Reich", Paderborn 1991, S. 454; Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 175fT., 240. 50 Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 240 (Hervorhebung im Original). 51 Günter Könke, „Modernisierungsschub" oder relative Stagnation?, in: GG 20 (1994), S. 584608, hier: S. 594; vgl. Frese, Betriebspolitik, S. 453f.; Andreas Kranig, Arbeitnehmer, Arbeitsbeziehungen und Sozialpolitik unter dem Nationalsozialismus, in: Karl Dietrich Bracher u.a. (Hrsg.), Deutschland 1933-1945, Düsseldorf 1993, S. 135-152, hier: S. 143; Gunther Mai, „Warum steht der deutsche Arbeiter zu Adolf Hitler?", in: GG 12 (1986), S. 212-234, hier: S. 214, 234; Mason, Arbeiterklasse und Volksgemeinschaft, S. 93f.; Carola Sachse, Siemens, der Nationalsozialismus und die moderne Familie, Hamburg 1990, S. 254f.; Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 194f., 240, 242; Tilla Siegel, Leistung und Lohn in der nationalsozialistischen „Ordnung der Arbeit", Opladen 1989, S. 120ff. 52 Heuel, Umworbener Stand, S. 420; vgl. auch ebd., S. 421-437; verhaltener: Frese, Betriebspolitik, S. 392ff. 53 Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 240. Dennoch war die DAF innerhalb der Arbeiterschaft „nicht sonderlich beliebt", wie Rüdiger Hachtmann bemerkt hat (Hachtmann, Deutsche Arbeitsfront, S. 77; vgl. auch ders., Die Arbeiter der Gutehoffnungshütte 1933 bis 1939, in: Klaus Tenfelde [Hrsg.], Arbeiter im 20. Jahrhundert, Stuttgart 1991, S. 105-141, hier: S. 137f.).
1. Gesellschaft
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Privilegien der Angestellten wie etwa die Lohnfortzahlung an allgemeinen Feiertagen oder eine verbesserte Urlaubsregelung, so erläutert er seine These, seien nun auf die Arbeiterschaft ausgedehnt worden. Er sieht sogar einen „eigenständigen nachhaltigen [...] Beitrag des Nationalsozialismus zur Beschleunigung des sozialen Wandels und zur Begradigung von Elementen des .deutschen Sonderwegs'". So gelangt Prinz zu dem Ergebnis, daß das Regime auch „einen nachhaltigen Wandel im Selbst- und Fremdbild der Arbeiterschaft in der deutschen Gesellschaft" bewirkt habe (galt doch der deutsche Arbeiter nach 1933 „als national und kulturell integriert"), wobei es jedoch „selbst in der Phase des .totalen Krieges' weit davon entfernt" geblieben sei, „alle objektiven Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten auszulöschen".54 Prinz' Einschätzung nach ließ das NS-Regime auch dadurch, daß es im Bewußtsein der deutschen Arbeiterschaft „Erwartungen nach zunehmender Gleichbehandlung" verankerte, seine Herrschaft zu einem „dynamischen Faktor für die weitere Entwicklung deutscher Sozialpolitik" werden. Die nationalsozialistische Tyrannis, so mutmaßt er, habe Änderungen bewirkt, „die in vergleichbarer Zeit unter anderen politischen Bedingungen nicht eingetreten wären"55: „Wenn im ,Dritten Reich' auch nichts durch die Arbeiter geschah, so geschah doch einiges für sie, was vorher unterblieben und schwer vorstellbar war".56 Auch nach Paul Nolte profitierten „besonders die Arbeiter von vielen Maßnahmen der allgemeinen wie der innerbetrieblichen Sozialpolitik"57, so daß durchaus der Eindruck entstehen kann, daß die Arbeiterschaft während der NS-Zeit ein „umworbene[r] Stand"58 war. Manche Historiker plädieren freilich dafür, in diesem Zusammenhang auch die in der NSDAP überrepräsentierten Gruppen der Kleinhändler und Handwerker zu berücksichtigen, die in gesellschaftspolitischer Hinsicht ein eher konservatives Potential darstellten59; dabei habe der „alte Mittelstand" 54
Prinz, Mittelstand, S. 331, 333f.; vgl. ders., Der unerwünschte Stand, in: HZ 242 (1986), S. 327359, hier: S. 339ff., 350f.; ders., „Sozialpolitik im Wandel der Staatspolitik?", in: Rüdiger vom Bruch (Hrsg.), „Weder Kommunismus noch Kapitalismus", München 1985, S. 219-244, hier: S. 236ff.; vgl. auch Jürgen Kocka/Michael Prinz, Vom „neuen Mittelstand" zum angestellten Arbeitnehmer, in: Werner Conze/M. Rainer Lepsius (Hrsg.), Sozialgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1983, S. 210-255, hier bes.: S. 215-228, 253f. 55 Prinz, Unerwünschter Stand, S. 349. 56 Ders., Soziale Funktion, S. 316. Prinz hat jedoch auch die Frage aufgeworfen, ob nicht bereits vor 1933 Binnendifferenzierungen zwischen verschiedenen Arbeiter- und Angestelltengruppen „nachhaltig" abgeschliffen worden seien, so daß der vom Nationalsozialismus ausgelöste Modernisierungseffekt gerade deshalb so tiefgreifend wirkte, „weil Besonderheiten der Sozialstrukturentwicklung einem solchen Veränderungsschub in bestimmten Aspekten bereits wesentlich vorgearbeitet hatten". In diesem Sinne sei der Nationalsozialismus „weniger der erste und entscheidende, sondern der letzte Schritt zur Modernisierung von in vieler Hinsicht bereits modernen Strukturen gewesen" (ders., Ralf Dahrendorfs „Gesellschaft und Demokratie" als epochenübergreifende Interpretation des Nationalsozialismus, in: ders./Matthias Frese [Hrsg.], Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel im 20. Jahrhundert, Paderborn 1996, S. 755-778, hier: S. 777; vgl. auch Hans Speier, Die Angestellten vor dem Nationalsozialismus, Göttingen 1977, S. 145ff.). 57 Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 202. 58 Heuel, Umworbener Stand. 59 Die Rückwärtsgewandtheit des „alten Mittelstands" bestreitet indes Adelheid von Saldern, die postuliert, daß dieser - um des eigenen Überlebens in der modernen Industriegesellschaft willen lediglich versucht habe zu erreichen, daß „die Prinzipien einer .moralischen Ökonomie' mit jenen einer industriell-kapitalistischen Wirtschaft in Einklang gebracht werden" (Adelheid von Saldern, Der Alte Mittelstand 1890-1939, in: dies., Politik - Staat - Kultur, hrsg. von Inge Marßolek u. Michael Wildt, Hamburg 1999, S. 15-35 [zuerst 1992], hier: S. 26).
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sogar noch in den Kriegsplanungen nach 1942 durch seine Vertreter im Reichswirtschaftsministerium eine erhebliche Rolle gespielt60. Dagegen vertritt Paul Nolte im Anschluß an Heinrich August Winkler die Auffassung, daß dem gewerblichen Mittelstand vom NS-Regime kaum „eine besondere Bedeutung beigemessen worden" sei; die Angestellten seien „ihres ständischen Sonderbewußtseins zunehmend beraubt" worden, auch wenn die technischen Angestellten von der ideologischen und politischen Aufwertung des Ingenieurs und Technikers durchaus profitiert hätten.61 Daß im „Dritten Reich" Leistung statt Herkunft zählen sollte, gehörte gewiß ebenfalls zu den attraktiven Integrationsangeboten des NS-Regimes und „führte auch tatsächlich zu einer gewissen Egalisierung wenigstens von Aufstiegschancen".62 „Jeder einzelne", so verlautbarte die „Führerverordnung" vom 24. Oktober 1934, sollte „seinen Platz im wirtschaftlichen Leben der Nation in der geistigen und körperlichen Verfassung einnehmen [...], die ihn zu höchsten Leistungen befähigt und damit den größten Nutzen für die Volksgemeinschaft gewährleistet".63 Das Leistungsprinzip - das die Arbeiterpolitik wie auch die Rassenpolitik in hohem Maße prägte64 - diente als „ein gleicher Maßstab, an dem gemessen die unterschiedliche gesellschaftliche Stellung scheinbar objektiv gerechtfertigt war".65 Besonders bei jungen Arbeitern verfehlte die für die NS-Zeit so charakteristische „Mischung aus Aufstiegs- und Leistungsbewußtsein, aus Individualisierung und dem Aufbrechen traditioneller Milieus" kaum ihre Wirkung.66 Ulrich Herberts Ansicht nach veränderten sich daher „Struktur, Selbstbewußtsein und Perspektive der deutschen Arbeiterschaft [...] während der zwölf Jahre der Diktatur tiefgrei60
Vgl. Ludolf Herbst, Der Totale Krieg und die Ordnung der Wirtschaft, Stuttgart 1982. Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 203; vgl. Heinrich August Winkler, Der entbehrliche Stand, in: AfS 17 (1977), S. 1-40, hier bes.: S. 31, 36, 40; ders., Ein neuer Mythos vom alten Mittelstand, in: GG 12 (1986), S. 548-557. Im Gegensatz zu Winkler und Nolte hält Adelheid von Saldern die Wirtschaftspolitik des NS-Regimes für „relativ mittelstandsfreundlich" (Adelheid von Saldern, ,Alter Mittelstand" im „Dritten Reich", in: GG 12 [1986], S. 235-243, hier: S. 239; vgl. dies., Mittelstand im „Dritten Reich", Frankfurt a.M./New York 1979, S. 238f.; vgl. dazu femer auch Bernd Holtwick, Der zerstrittene Berufsstand, Paderborn u.a. 2000, S. 185ff.; Frederick L. McKitrick, An Unexpected Path to Modernisation, in: Contemporary European History 5 [1996], S. 401-426, hier bes.: S. 405).
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Norbert Frei, Wie modem war der Nationalsozialismus?, in: GG 19 (1993), S. 367-387, hier: S. 384; vgl. Prinz, Mittelstand, S. 307ff.; vgl. auch Martin Broszat, Das Dritte Reich als Gegenstand historischen Fragens, in: ders., Nach Hitler, hrsg. von Hermann Graml u. Klaus-Dietmar Henke, München 1986, S. 140-147 (zuerst 1983), hier: S. 144; vgl. ferner Helga Merkel, Probleme bei der Erforschung mentaler Modernisierung in der Daimler-Benz-Stadt Sindelfingen, in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 57 (1998), S. 240-251, hier: S. 248f. 63 Verordnung Hitlers über Wesen und Ziel der Deutschen Arbeitsfront vom 24.10.1934, zitiert nach Tilla Siegel, Dokumente zur Rolle der Deutschen Arbeitsfront in der nationalsozialistischen Ordnung der Arbeit, in: Hans Mommsen/Susanne Willems (Hrsg.), Herrschaftsalltag im Dritten Reich, Düsseldorf 1988, S. 151-224, hier: S. 166. 64 Vgl. Otto/Sünker, Volksgemeinschaft als Formierungsideologie, S. 62; Heinz Sünker, Sozialpolitik und „Volkspflege" im Nationalsozialismus, in: Dan Diner/Fritz Stem (Hrsg.), Nationalsozialismus aus heutiger Perspektive, Gerlingen 1994, S. 79-92, hier: S. 85f.; vgl. auch Ulrich Herbert, Arbeiterschaft im „Dritten Reich", in: GG 15 (1989), S. 320-360, hier: S. 333f. 65 Siegel, Leistung und Lohn, S. 122; vgl. auch Gerd Wysocki, Arbeit für den Krieg, Braunschweig 1992, S. 5 3 , 1 7 8 . 66 Zollitsch, Arbeiter, S. 240; vgl. auch Rüdiger Hachtmann, „Die Begründer der amerikanischen Technik sind fast lauter schwäbisch-allemannische Menschen", in: Alf Lüdtke u.a. (Hrsg.), Amerikanisierung, Stuttgart 1996, S. 37-66, hier: S. 50.
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fend". 67 Die konsequente Differenzierung der Löhne trug wesentlich dazu bei, die Arbeiterschaft weitaus stärker als zuvor zu segmentieren und dadurch passiv integrieren zu können.68 Solange sich diese Art von Leistungsmotivation auch tatsächlich in materiellen Verbesserungen niederschlug, scheint die Legitimierung des Leistungsprinzips von der Arbeiterschaft weitgehend angenommen worden zu .
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sein. Martin H. Geyer hält die nationalsozialistische Leistungsideologie denn auch für „alles andere als rückwärts gewandt": „Sie entsprach weitgehend einer hochentwickelten arbeitsteiligen Industriegesellschaft mit einer ungleichen Besitzverteilung und einer breiten Auffächerung der Qualifikationen".70 Ungeachtet aber dieser „nationalsozialistischen Vision einer modernen, leistungsorientierten Gesellschaft" 71 - die sich nicht zuletzt in eben jener individuellen, häufig entsolidarisierend wirkenden Leistungsentlohnung äußerte - setzte sich der aufstiegsbewußte Arbeitertypus, der sich von den überkommenen paternalistisch-proletarischen Solidaritätsstrukturen gänzlich zu lösen vermochte, erst in den fünfziger Jahren durch.72 In diesem Sinne vertritt Bernd Weisbrod die Meinung, daß „der Verlust der ,Proletarität', der bewußte Abschied vom Milieu als Modernisierungsindikator" eher als eine Folge denn als eine Voraussetzung der Wirtschaftswunderleistung der Nachkriegszeit anzusehen sei.73 Daß sich die Arbeiterschaft - in einer Art „Dissoziierung des Bewußtseins"74 - die sich ihr bietenden Konsum- und Aufstiegschancen durchaus „selektiv und instrumenteil zunutze [zu] machen" verstand, läßt Weisbrods Überzeugung nach „ebensowenig auf einen Mangel an Resistenz wie auf einen Modernisierungsschub schließen".75 Während Reinhard Schüren in seiner grundlegenden Untersuchung zur sozialen Mobilität im 19. und 20. Jahrhundert einen deutlichen Abbau von Mobilitätshindernissen in der NS-Zeit festgestellt hat - wobei er allerdings nicht von einer „si-
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Herbert, Arbeiterschaft im „Dritten Reich", S. 359. Vgl. Hachtmann, Industriearbeit, S. 17; Herbert, Arbeiterschaft im „Dritten Reich", S. 331; Alf Liidtke, „Ehre der Arbeit", in: Tenfelde (Hrsg.), Arbeiter im 20. Jahrhundert, S. 343-392, hier: S. 357ff.; Mary Nolan, Work, Gender and Everyday Life, in: Ian Kershaw/Moshe Lewin (Hrsg.), Stalinism and Nazism, Cambridge u.a. 1997, S. 311-342, hier: S. 325; dazu ausführlich: Tilla Siegel, Lohnpolitik im nationalsozialistischen Deutschland, in: Carola Sachse u.a., Angst, Belohnung, Zucht und Ordnung, S. 54-139, hier: S. 100f., 109-129,133ff. 69 Vgl. Stöver, Volksgemeinschaft im Dritten Reich, S. 115ff., 271ff.; vgl. auch Ulrich Herbert, „Die guten und die schlechten Zeiten", in: Lutz Niethammer (Hrsg.), „Die Jahre weiß man nicht, wo man die heute hinsetzen soll", 2. Aufl. Berlin/Bonn 1986 (zuerst 1983), S. 67-96; Tilla Siegel, Whatever was the Attitude of German Workers?, in: Richard Bessel (Hrsg.), Fascist Italy and Nazi Germany, Cambridge 1996, S. 61-77, hier: S. 67. 70 Martin H. Geyer, Soziale Sicherheit und wirtschaftlicher Fortschritt, in: GG 15 (1989), S. 382406, hier: S. 390. 71 Young-Sun Hong, Welfare, Modernity, and the Weimar State, 1919-1933, Princeton 1998, S. 273. 72 Vgl. Frei, Wie modern, S. 384; Hachtmann, Industriearbeit, S. 308; Zollitsch, Arbeiter, S. 239; vgl. ferner Olge Dommer/Dagmar Kift, Keine Herrenjahre, Essen 1998, S. 96f.; vgl. aber auch Hartmut Berghoff, Did Hitler Create a New Society?, in: Panikos Panayi (Hrsg.), Weimar and Nazi Germany, Harlow 2001, S. 74-104, hier: S. 91f., 98. 73 Weisbrod, Schein der Modernität, S. 235. 74 Mason, Bändigung der Arbeiterklasse, S. 47. Mason zufolge bedeutete das „Dritte Reich" für Lohnabhängige „eine politische Synthese von Arbeitshaus und Supermarkt" (ebd., S. 46). 75 Weisbrod, Schein der Modernität, S. 235. 68
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gnifikanten Ent-Bildung der Klassen" sprechen möchte76 ist Bernd Weisbrod zu dem Ergebnis gelangt, daß die soziale Mobilität im Nationalsozialismus „sektoral begrenzt und weitgehend rüstungs- und kriegsbedingt" gewesen sei.77 Auch Wolfgang Zollitschs Auffassung nach ist für die NS-Zeit kaum von einer - als Verbesserung schichtübergreifender Aufstiegschancen zu verstehenden - Mobilitätssteigerung auszugehen: „Nichts änderte sich [...] daran, daß die Masse der Arbeiterschaft sich am unteren Ende der Sozialskala befand, daß außerhalb rüstungsrelevanter Sektoren der Lebensstandard auf niedrigem Niveau verharrte". Damit solle zwar nicht, wie Zollitsch einräumt, Tim Masons frühere These von der „Klassengesellschaft extremster Art" verfochten werden, doch sei eine „Chancengleichheit" innerhalb der „Volksgemeinschaft" während des von „Klassenspannungen und Interessenkonfliktefn]" durchaus nicht freien „Dritten Reiches" kaum erzielt worden. Gleichwohl aber habe es größere innerbetriebliche Aufstiegsmöglichkeiten gegeben, die als „Ventil für gesellschaftspolitische Spannungen" gedient hätten.78 Zu einem ganz ähnlichen Schluß ist Rüdiger Hachtmann in seiner eingehenden Darstellung über die Industriearbeit im „Dritten Reich" gekommen: Während „soziale Aufstiege über die Klassenlinien hinweg [...] der übergroßen Mehrheit der Industriearbeiterschaft versperrt" geblieben seien, könne eine gesteigerte „Aufstiegsmobilität über klassenj'nterne Differenzierungslinien" - „vom Hilfsarbeiter zum Angelernten und vom Angelernten zum Facharbeiter" - beobachtet werden.79 In seinen späteren Arbeiten hat sich zudem Tim Mason der Auffassung gezeigt, daß die Gründe für die offenkundige „Neutralisierung" des Widerstandspotentials der Arbeiterschaft auch in den neuen Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs bzw. „des Wechsels von einer schlecht bezahlten in eine besser bezahlte Beschäftigung" zu suchen seien. Dabei habe es „bis zu einem gewissen Grade auch eine Mobilität von der Arbeiterklasse in die untere Mittelschicht" gegeben.80 Wenngleich jedoch für manche leistungsfähigen Mitglieder der „Volksgemeinschaft" durchaus größere Aufstiegschancen bestanden als zuvor, entstammten diese wohl kaum dem „Horizont eines großzügigen Masterplans der Chancengleichheit", wie Paul Nolte zu bedenken gibt. In der Tat ging es dem Nationalsozialismus „nie um eine Gleichheit der Chancen im sozialstaatlichen Sinne des späteren 20. Jahrhunderts".81 Angesichts des rassenpolitischen Bewegungsgesetzes des Nationalsozialismus darf eher „eine extreme Ungleichheit der Chancen und ein Differenzierungsprozeß, der quer
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Reinhard Schüren, Soziale Mobilität, St. Katharinen 1989, S. 221; vgl. ders., Mobilitätsprozesse in der Zwischenkriegszeit, in: Tenfelde (Hrsg.), Arbeiter im 20. Jahrhundert, S. 694-702, hier bes.: S. 699, 701 f.; vgl. hingegen, den Abbau von Mobilitätsbarrieren in die Weimarer Zeit verlegend: Hartmut Kaelble, Soziale Mobilität in Deutschland 1900-1960, in: ders. u.a., Probleme der Modernisierung in Deutschland, Opladen 1978, S. 235-327; ders.. Historische Mobilitätsforschung, Darmstadt 1978, S. 147f. 77 Weisbrod, Schein der Modernität, S. 228. 78 Zollitsch, Arbeiter, S. 13, 238, 243f.; vgl. auch Werner, „Bleib übrig!", S. 93ff. 79 Hachtmann, Industriearbeit, S. 306 (Hervorhebung vom Verfasser); vgl. auch Klaus Wisotzky, Der Ruhrbergbau im Dritten Reich, Düsseldorf 1983, S. 192f. 80 Mason, Bändigung der Arbeiterklasse, S. 27; vgl. auch Michael Prinz, National Socialism and Modernization, in: Yasushi Yamanouchi u.a. (Hrsg.), Total War and „Modernization", Ithaca (N.Y.) 1998, S. 43-60, hier: S. 51. 81 Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 196f.; vgl. auch Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 774, 778.
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zu allen Schichten und Klassen verlief' 82 , als für das „Dritte Reich" charakteristisch gelten. Am ehesten läßt sich die „Volksgemeinschaft" wohl als von einem „horizontale[n] Inegalitarismus"83 bzw. von einer ,,ungeheuerliche[n] Gleichheit ohne Brüderlichkeit und Menschlichkeit" (Hannah Arendt) durchdrungen charakterisieren: potentielle Gleichheit innerhalb der „Volksgemeinschaft" bei konsequentem Antiegalitarismus „nach außen" hin; dabei Gleichheit auf eine Weise verstanden, „die legitime Differenz ausschließt, wo Gleichheit bloß ,Gleich-Sein' oder ,GleichBehandlung' meint und Differenz als .Minderwertigkeit' gilt".84 ß) Konsum und Freizeit Nach der Vorstellung Adolf Hitlers sollte die „Volksgemeinschaft" langfristig die Gestalt einer technologisch fortgeschrittenen Wohlstandsgesellschaft annehmen.85 Und nicht nur Hitler, auch andere fuhrende Nationalsozialisten strebten als langfristiges Ziel „eine - rassisch selektierte - Konsumgesellschaft modernen Typs" an, die als Versprechen und Leitlinie propagandistisch der Bevölkerung vermittelt wurde.86 Doch scheint es, daß der Aufbruch in das Zeitalter des Massenkonsums während der NS-Zeit eher ein Trugbild war. Die Priorität der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik - die einer „verdeckten Austerity-Politik"87 gleichkam - lag denn zunächst auch weniger darin, ein gleichgewichtiges Wirtschaftswachstum für einen hohen Lebensstandard zu schaffen; das Wirtschaftswachstum diente vielmehr vor allem außenpolitischen Zielen.88 Der vom NS-Regime propagierte „Wohlstand aller" war ebenso wie die nationalsozialistische „Überflußgesellschaft" noch „Zukunftsmusik und für viele zweifellos ein leeres Versprechen".89 Trotz ihres Anstieges blieben die Konsumchancen wegen der Kaufkraftabschöpfung in der Rüstungskonjunktur hinter dem Konsumversprechen zurück. Auch waren die Folgen der Wirtschaftskrise derart gravierend, daß Deutschland in den dreißiger Jahren kaum 82
Ludolf Herbst, Das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945, Frankfurt a.M. 1996, S. 249; vgl. auch ders., Entkoppelte Gewalt, in: Dan Diner (Hrsg.), Historiographie im Umbruch, Gerlingen 1996, S. 117-158, hier: S. 152; ders., Nationalsozialistische Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, in: Sösemann (Hrsg.), Nationalsozialismus und deutsche Gesellschaft, S. 172-187, hier: S. 175, 183. 83 Emst Tugendhat, Der Wille zur Macht, in: Die Zeit, 14.9.2000. 84 Gisela Bock, Gleichheit und Differenz in der nationalsozialistischen Rassenpolitik, in: GG 19 (1993), S. 277-310, hier: S. 310 (dort auch das Arendt-Zitat); vgl. auch dies., Krankenmord, Judenmord und nationalsozialistische Rassenpolitik, in: Frank Bajohr u.a. (Hrsg.), Zivilisation und Barbarei, Hamburg 1991, S. 285-303, hier: S. 301. 85 Vgl. Albrecht Ritsehl, Die NS-Wirtschaftsideologie, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 48-70, hier: S. 63; vgl. auch Hachtmann, „Begründer der amerikanischen Technik", S. 40; Eckart Teichert, Autarkie und Großraumwirtschaft in Deutschland 19301939, München 1984, S. 208f.; Zitelmann, Hitler - Selbstverständnis eines Revolutionärs, S. 349ff. 86 Hachtmann, Industriearbeit, S. 82. 87 Fritz Blaich, Wirtschaft und Rüstung in Deutschland 1933-1939, in: Karl Dietrich Bracher u.a. (Hrsg.), Nationalsozialistische Diktatur 1933-1945, Düsseldorf 1983, S. 285-316, hier: S. 314. 88 Vgl. Richard J. Overy, War and Economy in the Third Reich, Oxford 1994, S. 67, 183, 188ff„ 248f., 266ff.; vgl. auch Volker Berghahn, Deutschland im .American Century" 1942-1992, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, Paderborn 1996, S. 789800, hier: S. 795; Kaspar Maase, Grenzenloses Vergnügen, Frankfurt a.M. 1997, S. 224; vgl. dazu insgesamt auch Herbst, Totaler Krieg und Ordnung der Wirtschaft. 89 Geyer, Soziale Sicherheit, S. 392.
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an das Wohlstandsniveau Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika heranzureichen vermochte, wie Richard Overy nachweisen konnte.90 Der durchschnittliche Lebensstandard der Deutschen in den dreißiger Jahren wurde überdies, so Overys Urteil, „deliberately suppressed through wage controls and high taxes to prevent the threat of inflation or high demand for imports, but also to encourage re-employment with cheap labour".91 Der in der Zwischenkriegszeit zutage tretende „zurückgestaute Bedarf nach .modernem' Konsum" konnte von den Nationalsozialisten demnach nicht befriedigt, die Diskrepanz zwischen „einer gehemmten Modernisierung des tatsächlichen Konsumverhaltens" und einer „gleichzeitige[n] Modernisierung der [...] Aspirations- und Bedürfnisstrukturen" nicht aufgelöst werden.92 Der Anteil der Löhne am Volkseinkommen sank während der NS-Zeit weiter, so daß das Volkseinkommen zuungunsten der abhängig Beschäftigten umverteilt wurde. Nach den Berechnungen von Tilla Siegel und Rüdiger Hachtmann lag das wöchentliche Nettorealeinkommen in der deutschen Industrie bei Kriegsbeginn noch unter dem Niveau des Jahres 1929 (wobei die Lage der in der Konsumgüterindustrie Beschäftigten weitaus schlechter war als die der Rüstungsarbeiterschaft), während auch der Anteil des privaten Verbrauchs am gesamten inländischen Angebot eine fallende Tendenz aufwies. 93 Ulrich Herberts Urteil zufolge bezog jedoch die deutsche Arbeiterschaft unmittelbar vor Kriegsbeginn „vermutlich die höchsten Reallöhne [...], die es bis dahin in Deutschland gegeben hatte", obgleich „ihre Lebensverhältnisse [...] auf niedrigem Niveau [verblieben]".94 Hartmut Berghoff hat ferner darauf hingewiesen, daß mit Hohner der größte deutsche Musikinstrumentenhersteller Mitte/Ende der dreißiger Jahre „einen verblüffend positiven Geschäftsgang" verzeichnen konnte. Auch hätten Fotoapparate und Kosmetika, Faltboote und Zelte „reißenden Absatz" gefunden; allein im ersten Halbjahr 1938 seien etwa eine halbe Million Elektrokühlschränke verkauft worden, und trotz ideologischer Anfeindung habe sich das Warenhaus „als effiziente Organisationsform des
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Vgl. Overy, War and Economy, S. 265, 275f.; vgl. Blaich, Wirtschaft und Rüstung in Deutschland, S. 314; Herbst, Nationalsozialistisches Deutschland, S. 258ff.; Harold James, Innovation and Conservatism in Economic Recovery, in: Thomas Childers/Jane Caplan (Hrsg.), Reevaluating the Third Reich, New York/London 1993, S. 114-138, hier: S. 122,124. 91 Overy, War and Economy, S. 66. Nach Werner Abelshauser jedoch konnte neben einer schnellen Aufrüstung auch ein „stetig, wenn auch langsam steigende[r] Lebensstandard" erzielt werden (Werner Abelshauser, Kriegswirtschaft und Wirtschaftswunder, in: ViZ 47 [1999], S. 503-538, hier: S. 525). 92 Reinhard Spree, Modernisierung des Konsumverhaltens deutscher Mittel- und Unterschichten während der Zwischenkriegszeit, in: Zeitschrift für Soziologie 14 (1985), S. 400-410, hier: S. 409f.; vgl. auch Gert Zang, Die zwei Gesichter des Nationalsozialismus, Sigmaringen 1995, S. 304f. 93 Vgl. Siegel, Lohnpolitik, S. 100-109; vgl. auch Hachtmann, Industriearbeit, S. 158f.; ders., Gutehoffnungshütte, S. 127ff.; ders., Lebenshaltungskosten und Reallöhne während des „Dritten Reiches", in: VSWG 75 (1988), S. 32-73, hier: S. 69; vgl. femer Christoph Buchheim, Die Wirtschaftsentwicklung im Dritten Reich - Mehr Desaster als Wunder, in: VfZ 49 (2001), S. 653-664, hier: S. 661f. 94 Herbert, Arbeiterschaft im „Dritten Reich", S. 332; vgl. ders., Real Mystery, S. 26; vgl. auch Mai, „Deutscher Arbeiter", S. 222; Michael Stahlmann, Die Erste Revolution in der Autoindustrie, Frankfurt a.M./New York 1993, S. 237, 242; vgl. ferner Berghoff, Did Hitler Create a New Society?, S. 89.
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Einzelhandels" behaupten können.95 „[The] social contract for an acquisitive Society", so meint in diesem Zusammenhang auch Michael Geyer, „was formed in the consuming passions of the 1930s and 1940s rather than in the postwar years"; „the technocratic and performance-oriented link between massproduction as quest for efficiency and massconsumption as the lure of happiness was violently forged in the Third Reich".96 Dem Aufbruch in das Zeitalter des Massenkonsums waren freilich enge Grenzen gesteckt: Die Nachfrage übertraf in der Regel das Angebot, die Preise stiegen schneller als die Einkommen. Auch die KdF-Kreuzfahrten eröffneten einen Weg zum Massenkonsum größtenteils nur als symbolisches Versprechen auf ein egalisierendes Freiheitsgefuhl, das vor allem in der Zukunft lag. So waren die „als Arbeiter-Kreuzfahrten propagierten KdF-Seereisen realiter Seereisen für den Mittelstand", wie Wolfhard Buchholz betont.97 Arbeiter waren mit höchstens fünf Prozent am Inlandstourismus beteiligt, wobei bis Kriegsausbruch wahrscheinlich jeder zehnte Arbeiter mit KdF - diesem zu jener Zeit wohl „größten Reiseveranstalter der Welt"98, der die Prinzipien der Rationalisierung wirkungsvoll umzusetzen wußte99 - verreiste. So kam die „touristische Emanzipation", die in den Reihen der DAF so vieldiskutierte „Entproletarisierung" des deutschen Arbeiters, trotz der günstigen Reiseangebote von KdF „über erste [...] Ansätze nicht hinaus".100 Daran änderte auch die Aufhebung der Klasseneinteilung auf den KdF-Schiffen nur wenig. Tatsächlich expandierte der freie Fremdenverkehr für den gehobenen Kunden viel rascher, während sich die sozial schwächer gestellten „Volksgenossen" in der Regel mit KdF-Tagesausflügen begnügen mußten.101 Hauptnutznießer der KdF-
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Hartmut Berghoff, Konsumgüterindustrie im Nationalsozialismus, in: AfS 36 (1996), S. 293322, hier: S. 320; vgl. ders., Zwischen Kleinstadt und Weltmarkt, Paderborn 1997; ders. (Hrsg.), Konsumpolitik, Göttingen 1999; vgl. auch Michael Prinz, Konsum und Konsumgesellschaft seit dem 18. Jahrhundert, in: AfS 41 (2001), S. 450-514, hier: S. 491; zu dem allerdings noch erheblichen Unterschied zum Niveau des Massenkonsums in den USA vgl. insbesondere Michael Wildt, Technik, Kompetenz, Modernität, in: Lüdtke u.a. (Hrsg.), Amerikanisierung, S. 78-95, hier: S. 84. 96 Michael Geyer, The Stigma of Violence, Nationalism, and War in Twentieth-Century Germany, in: German Studies Review, Special Issue: German Identity, Winter 1992, S. 75-110, hier: S. 102. 97 Buchholz, „Kraft durch Freude", S. 367; vgl. ebd., S. 364ff.; vgl. auch Hasso Spode, Arbeiterurlaub im Dritten Reich, in: Carola Sachse u.a., Angst, Belohnung, Zucht und Ordnung, S. 275-328, hier: S. 302f., 322; Vahsen, Freizeiterziehung als Sozialpolitik, S. 145f. 98 Hasso Spode, Ein Seebad für zwanzigtausend Volksgenossen, in: Peter J. Brenner (Hrsg.), Reisekultur in Deutschland, Tübingen 1997, S. 7-47, hier: S. 24. 99 Insbesondere die von KdF errichtete „Ferienfabrik" auf Rügen veränderte die Formen des Urlaubs in erheblichem Maße; nach Hasso Spode brachte KdF auf diese Weise auch „einen neuen Typ des Urlaubers" hervor (Spode, Seebad, S. 40; vgl. auch Wolfgang König, Geschichte der Konsumgesellschaft, Stuttgart 2000, S. 294; Jürgen Rostock/Franz Zadniäek, Paradiesruinen, 4. aktual. u. erw. Aufl. Berlin 1997 [zuerst 1992], S. 66). 100 Spode, Arbeiterurlaub, S. 304f.; vgl. ders., Seebad, S. 30, 39; ders., Der Tourist, in: Ute Frevert/Heinz-Gerhard Haupt (Hrsg.), Der Mensch des 20. Jahrhunderts, Frankfurt a.M./New York 1999, S. 113-137, hier: S. 133; vgl. auch Michael Maaß, Freizeitgestaltung und kulturelles Leben in Nürnberg 1930-1945, Nürnberg 1994, bes. S. 335f., 342. 101 Vgl. ders., Arbeiterurlaub, S. 297ff., 304; vgl. auch Matthias Frese, Naherholung und Ferntourismus, in: Wilfried Reininghaus/Karl Teppe (Hrsg.), Verkehr und Region im 19. und 20. Jahrhundert, Paderborn 1999, S. 339-386, hier: S. 383; Könke, „Modernisierungsschub", S. 595; Weisbrod, Schein der Modernität, S. 236.
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Programme waren nicht Arbeiter, sondern Angestellte, Handwerker, Freiberufler und Beamte.102 Doch die ein bis zwei Millionen Arbeiter, die mit KdF verreisten, waren „weit mehr als eine Quantite negligeable", zumal die - freilich recht bescheidene - Popularisierung des Tourismus in der Arbeiterschaft gleichsam „aus dem Stand" erzielt wurde: Obwohl man von einer „Brechung bürgerlicher Privilegien" noch weit entfernt war und die Qualität der KdF-Reisen oftmals zu wünschen übrigließ, hatte sich „die Tür zur exklusiven Welt touristischen Erlebens [...] einen Spalt breit geöffnet", hatte sich eine „neue, .mittlere' Ebene touristischen Verhaltens" etabliert.103 Eberhard Heuel zufolge verkörperte das Freizeitwerk von KdF „ein substantielles Leistungsangebot, wie es in diesem Umfang und mit dieser Breitenwirkung zuvor nicht bestand".104 „In breiten Schichten", so bemerkt Hasso Spode dazu, „rückte die bürgerliche Urlaubsreise in den Horizont des Möglichen"105, so daß zumindest „die Illusion sozialen Aufstiegs bzw. einer .Brechung bürgerlicher Privilegien'" geweckt wurde. Auch die Urlaubsregelungen gestalteten sich seiner Auffassung nach in der NS-Zeit weitaus günstiger „als jemals zuvor oder in irgendeinem anderen Land".106 So markiert das „Dritte Reich" in seinen Augen „sowohl psychologisch als auch fertigungstechnisch" „eine ,Achsenzeit' in der Tourismusgeschichte".107 Und auch Daniela Liebscher zeigt sich der Ansicht, daß der KdFTourismus in hohem Maße dazu beigetragen habe, „daß Reisen zum .Leitbild' des modernen Lebensstils wurde".108 Auf diese Weise sah sich der gewiß erst in den fünfziger Jahren vollends einsetzende moderne Massentourismus in Ansätzen bereits in den KdF-Reisen vorweggenommen.109 Neben dieser „Urlaubspolitik" rückte KdF aber vor allem Theater- und Musikveranstaltungen, Betriebssport und Betriebsausflüge wie auch Betriebsfeste und Kameradschaftsabende in den Mittelpunkt der nationalsozialistischen Freizeitgestaltung, die bei der Arbeiterschaft nicht selten regen Zuspruch fand.110 Hierin mögen man102 Vgl. Buchholz, „Kraft durch Freude", S. 364ff.; vgl. auch Bruno Frommann, Reisen im Dienste politischer Zielsetzungen, Diss. Stuttgart 1993, bes. S. 267f.; Maase, Vergnügen, S. 208f. 103 Spode, Arbeiterurlaub, S. 327f.; ders., Tourist, S. 133; vgl. ders., Seebad, S. 25ff., 39f., 46; Rostock/Zadniiek, Paradiesruinen, S. 45. 104 Heuel, Umworbener Stand, S. 420. 105 Spode, Tourist, S. 133; vgl. auch König, Konsumgesellschaft, S. 291, 293f. 106 Spode, Arbeiterurlaub, S. 287, 323; vgl. ebd., S. 275ff. 107 Ders., Seebad, S. 40. 108 Daniela Liebscher, Mit KdF „die Welt erschließen", in: 1999 14 (1999), Η. 1, S. 42-72, hier: S. 43; vgl. auch Matthias Frese, Die Herausbildung des Massentourismus in Westfalen, in: Westfälische Forschungen 47 (1997), S. 561-584, hier: S. 584; ders., Tourismus und Landschaftsbild, in: Karl Ditt u.a. (Hrsg.), Agrarmodemisierung und ökologische Folgen, Paderborn u.a. 2001, S. 603626, hier: S. 614f.; Christine Keitz, Reisen als Leitbild, München 1997, S. 9-20. 109 Vgl. Rostock/Zadniiek, Paradiesruinen, S. 45; vgl. auch Peter J. Brenner, Schwierige Reisen, in: ders. (Hrsg.), Reisekultur in Deutschland, S. 127-175, hier: S. 151; Frese, Naherholung, S. 363, 366f., 382. Christine Keitz hingegen erblickt in den zwanziger Jahren die „Formierungsphase des modernen Massentourismus" (Christine Keitz, Die Anfänge des modernen Massentourismus in der Weimarer Republik, in: AfS 33 [1993], S. 179-209, hier: S. 182; vgl. dies., Grundzüge einer Sozialgeschichte des Tourismus in der Zwischenkriegszeit, in: Brenner (Hrsg.), Reisekultur in Deutschland, S. 49-71, hier: S. 59f., 63f.; vgl. dazu ferner Rudy Koshar, German Travel Cultures, Oxford/New York 2000). 1,0 Vgl. Frese, Betriebspolitik, S. 372ff., 383ff., 395ff.; Stöver, Volksgemeinschaft, S. 27Iff.; ders., Loyalität statt Widerstand, S. 464f.; Hermann Weiß, Ideologie der Freizeit im Dritten Reich, in: AfS 33 (1993), S. 289-303.
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che gesellschaftspolitische Fortschritte, andere eher eine „Reform in engen Grenzen"111 sehen; festzuhalten bleibt, daß die Ambivalenz dieser Art von Modernisierung angesichts ihrer Einbettung in die Terrorherrschaft des NS-Regimes kaum zu übersehen ist. γ) Erosion traditionaler Bindungen In der Forschung herrscht größtenteils Einigkeit darüber, daß die Sozialstruktur der deutschen Gesellschaft während des „Dritten Reiches" aufgelockert wurde." 2 Neben den bereits diskutierten Wandlungen innerhalb der deutschen Arbeiterschaft"3 konstatiert man vornehmlich die Durchbrechung und Erosion der Homogenität provinzieller und konfessioneller Milieus (beispielsweise in Bayern, im Ruhr- oder im Saargebiet)"4. Über diese weitgehende Zerstörung der überkommenen „Tradition milieuhafter Abstützung des Parteiensystems""5, der organisationeilen Basis des politischen Lebens und der Vereinskultur116 hinaus weist man zudem auf die durch die „gleichmacherische Jugendverbandsarbeit"117 geförderte - verhältnismäßig homogene Sozialisation der Hitlerjugend-Generation und ihre weniger sozioökonomische als sozio-kulturelle Nivellierung hin.118 Detlev Peukert spricht in diesem Kontext auch von einer „Modernisierung der Alltagskulturen" durch den Nationalsozialismus." 9 Davon abweichend betonen die in den neunziger Jahren publizierten Studien des schon erwähnten Westfalen-Projekts120 jedoch, daß dörfliche Strukturen die NSZeit überdauert hätten und bis Ende der sechziger Jahre dominant geblieben seien. Insbesondere Peter Exner hebt die starke Persistenz ruraler Verhaltensmuster her' " Timothy W. Mason, Sozialpolitik im Dritten Reich, 2. Aufl. Opladen 1978 (zuerst 1977), S. 184. 112 Vgl. Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 201; vgl. auch Broszat, Struktur der NS-Massenbewegung, S. 76. 113 Vgl. dazu auch Josef Mooser, Auflösung des proletarischen Milieus, in: Soziale Welt 34 (1983), S. 270-306; ders., Arbeiterleben in Deutschland 1900-1970, Frankfurt a.M. 1984; Detlef Schmiechen-Ackermann, Nationalsozialismus und Arbeitermilieus, Bonn 1998, bes. S. 713ff. 114 Vgl. Broszat u.a. (Hrsg.), Von Stalingrad zur Währungsreform, München 1988; Elke Fröhlich, Die Partei auf lokaler Ebene, in: Hirschfeld/Kettenacker (Hrsg.), „Führerstaat", S. 255-269, hier: 266; Wilfried Loth, Integration und Erosion, in: ders. (Hrsg.), Deutscher Katholizismus im Umbruch zur Moderne, Stuttgart 1991, S. 266-281; Mallmann/Paul, Herrschaft und Alltag, bes. S. 162. 115 Stefan Goch, „Wie immer zu spät", in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 689-732, hier: S. 691. 116 Vgl. Karl Rohe, Vom Revier zum Ruhrgebiet, Essen 1986, bes. S. 32-39; vgl. hingegen Peter Exner, Ländliche Gesellschaft und Landwirtschaft in Westfalen 1919-1969, Paderborn 1997. 117 Peukert, Volksgenossen, S. 217. 118 Vgl. Alexander von Plato, The Hitler Youth Generation and its Role in the Two Post-war German States, in: Mark Roseman (Hrsg.), Generations in Conflict, Cambridge 1995, S. 210-226; Dagmar Reese, The BDM Generation, in: ebd., S. 227-246; vgl. auch Arno Klönne, Jugend im Dritten Reich, Düsseldorf/Köln 1982, S. 93, 123, 287f.; Markus Köster, Jugend, Wohlfahrtsstaat und Gesellschaft im Wandel, Paderborn 1999, S. 567f.; vgl. hingegen Alfons Kenkmann, Wilde Jugend, Essen 1996; Thomas Kühne, Der nationalsozialistische Vernichtungskrieg im kulturellen Kontinuum des Zwanzigsten Jahrhunderts, in: AfS 40 (2000), S. 440-486, hier: S. 466ff.; vgl. ferner auch Winfried Speitkamp, Zwischen Erinnerung und Geschichte, in: AfS 41 (2001), S. 566592, hier: S. 574ff. 119 Peukert, Volksgenossen, S. 217. 120 Vgl. oben, S. 30f.
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vor, die den - sich gleichsam nur als „lästige Mückenstiche auf die traditionelle Struktur der sozialen und kulturellen Reproduktion"121 ausnehmenden - Eingriffen des Nationalsozialismus weitgehend zu trotzen vermocht hätten. Dem NS-Regime, so urteilt er, sei es „nicht gelungen, das herkömmliche Wahlverhalten und die konventionellen politischen Orientierungsmuster zu zerschlagen".122 Wie vor der NSZeit, so dominierte auch nach ihr in den katholischen Dörfern das Votum fur das Zentrum bzw. für die Christlich-Demokratische Union, so daß die NS-Herrschaft parteipolitische Loyalitäten nicht entscheidend aufweichen konnte.123 Auch richtete sich das Heiratsverhalten ungebrochen nach den beiden Determinanten dörflicher Existenz, nämlich nach der Verwandtschaft und dem Besitz; schichtübergreifende Verbindungen kamen nur selten zustande, so daß das Wunschbild der standesgemäßen „innerdörflichen Verheiratung" weiterhin dominierte. Die vom NS-Regime - vor allem durch aufwendige Propagandaaktionen - in erheblichem Maße geförderten Sportvereine allerdings boten mit dem durch sie vertretenen Ideal individueller Leistung statt eines aus den Besitzverhältnissen gespeisten Sozialprestiges ein „Einfallstor des Neuen"124, eine Art „Revisionsinstanz der blutsmäßig organisierten Verwandtschaft"125. Sie präsentierten sich - „ein Höchstmaß an sozialer Mobilität für die sonst statische Dorfgesellschaft" verkörpernd - als „dynamischer Zusammenschluß im Ort".126 Die „entscheidenden Wandlungen der [...] ländlichen Gesellschaft Westfalens" jedoch seien „erst in den sechziger Jahren zutage" getreten.127 Insgesamt, so lautet das Fazit des Westfalen-Projektes, habe sich der Nationalsozialismus „weder in den ökonomischen Strukturbeziehungen noch im sozialen Gewebe der ländlichen Gesellschaft als fundamentaler Modemisierer" erwiesen, obgleich er hinsichtlich der Konsistenz von Milieubindungen - vor allem an der Peripherie des (katholischen) Milieus - durchaus erodierend und enttraditionalisierend gewirkt habe.128 Angesichts dieser sich während des „Dritten Reiches" voll121 Josef Mooser, Kommentar, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 389-400, hier: S. 391. 122 Peter Exner, Beständigkeit und Veränderung, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 279-326, hier: S. 303f.; vgl. ders., Ländliche Gesellschaft; ders., „Wenn die Frauen Hosen tragen und die Wagen ohne Deichseln fahren, dann ändern sich die Zeiten", in: Daniela Münkel (Hrsg.), Der lange Abschied vom Agrarland, Göttingen 2000, S. 3968, hier bes.: S. 53; vgl. auch Frank Bösch, Von der Einwohnerwehr zur Volkspartei, in: ebd., S. 227-248, hier: S. 237, 248; vgl. femer Wolfhart Beck, Westfälische Protestanten auf dem Weg in die Moderne, Paderborn u.a. 2002, S. 239ff., 286f.; Köster, Jugend, S. 566; Willi Oberkrome, Heimatschutz und Naturschutz in Lippe und Thüringen 1930-1960, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 419-438, hier bes.: S. 438; Franz Walter/Helge Matthiesen, Milieus in der modernen deutschen Gesellschaftsgeschichte, in: Detlef SchmiechenAckermann (Hrsg.), Anpassung, Verweigerung, Widerstand, Berlin 1997, S. 46-75, hier: S. 63. 123 Antonius Liedhegener, Katholisches Milieu in einer industriellen Umwelt am Beispiel Bochum, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 545-596, hier: S. 594; vgl. Wemer Blessing, Kommentar, in: ebd., S. 733-742, hier: S. 735. 124 Albert Ilien/Utz Jeggle/Willi Schelwies, Verwandtschaft und Verein, in: Forschungen und Berichte zur Volkskunde in Baden-Württemberg 3 (1974-77), S. 95-104, hier: S. 104. 125 Utz Jeggle/Albert Ilien, Die Dorfgemeinschaft als Not- und Terrorzusammenhang, in: HansGeorg Wehling (Hrsg.), Dorfpolitik, Opladen 1978, S. 38-53, hier: S. 50. 126 Exner, Beständigkeit und Veränderung, S. 322; vgl. ebd., S. 308ff., 316ff., 326; ders., „Wenn die Frauen Hosen tragen", S. 54ff., 62. 127 Ders., Ländliche Gesellschaft, S. 449. 128 Matthias Frese/Julia Paulus/Karl Teppe, Gesellschaft in Westfalen, in: Jahrbuch der historischen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland 1999, S. 44-53, hier: S. 50f.; vgl. Köster,
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ziehenden Erosions- und Transformationsprozesse im katholischen Milieu bezeichnet Frank Nienhaus die NS-Zeit auch als „Inkubationszeit der Moderne".129 Nach Markus Köster bestand die Modernisierungsfunktion des „Dritten Reiches" insbesondere darin, „daß es jene Strukturen niederriß oder zumindest weiter schwächte, mit denen große Gesellschaftssegmente den Übergang zur Moderne durch Einziehung traditionaler .Korsettstangen' abgefedert hatten". Die entscheidende Rolle weist er in dieser Hinsicht aber dem Krieg zu.130 Eine „fortschreitende Einschnürung und Auflösung des organisierten Milieus" hat ferner Wilhelm Damberg mit Blick auf die Säkularisierung des westfälischen Schulwesens in der NS-Zeit herausgearbeitet, die 1939 in der Abschaffung der Bekenntnisschule gipfelte.131 Von einem dauerhaften Aufbrechen konfessionsspezifischer regionaler Differenzierung als Folge erzwungener räumlicher Mobilität hingegen kann Michael Prinz zufolge „nur sehr eingeschränkt" die Rede sein, da sich der jahrhundertealte Zusammenhang von Region und Religion in Deutschland während der NS-Zeit „in quantitativer Hinsicht wenig [lockerte]".132 Anhaltenden Widerstand gab es zwischen 1933 und 1939 gegenüber der Gleichschaltung und Auflösung des zum Teil durch das Reichskonkordat geschützten Vereinskatholizismus. Und auch Familienstrukturen zeigten - der neueren Forschung nach zu urteilen - ein größeres Beharrungsvermögen, als es beispielsweise noch Ralf Dahrendorf angenommen hatte.133 Die Widerstände im dörflichen Milieu Württembergs gegen den Zugriff der NSDAP als politischer „Kraft der Erneuerung" hat Jill Stephenson hervorgehoben.134 Die im Gegensatz zu der atomisierten und fragmentierten modernen Gesellschaft in den Städten noch weitgehend intakten traditionalen, tiefverwurzelten Ligaturen und Loyalitäten der ländlichen Bevölkerung vermochten sich dem nationalsozialistischen Machtanspruch vergleichsweise erfolgreich zu widersetzen.135 Immer mehr gelangte man auf dem Lande zu der Erkenntnis, daß das „Dritte Reich" kaum jenes versprochene „Paradies für die Kleinbauern" war, das man sich erhofft hatte136, wenngleich der Nationalsozialismus - beispielsweise durch das Reichserbhofgesetz - durchaus „in einzigartiger Weise das bäuerliche Berufs- und .Standes-
Jugend, S. 567; vgl. femer Beck, Westfälische Protestanten, S. 243ff., 288ff., 396f.; Daniela Münkel, Nationalsozialistische Agrarpolitik und Bauemailtag, Frankfurt a.M./New York 1996, S. 475ff. 129 Frank Nienhaus, Transformations- und Erosionsprozesse des katholischen Milieus in einer ländlich-textilindustrialisierten Region, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 597-630, hier: S. 601, 613; ähnlich in seinem Urteil über die modernisierenden Wirkungen der NS-Herrschaft auf das protestantische Gemeindemilieu des Kirchenkreises Lübbecke: Beck, Westfälische Protestanten, S. 292. 130 Köster, Jugend, S. 578. 131 Wilhelm Damberg, Die Säkularisierung des Schulwesens am Beispiel der Bekenntnisschule in Westfalen 1906-1968, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 631-648, hier: S. 635. 132 Prinz, Dahrendorfs „Gesellschaft und Demokratie", S. 764. 133 Vgl. ebd., S. 765ff. 134 Jill Stephenson, Widerstand gegen soziale Modernisierung am Beispiel Württembergs 19391945, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 93-116, hier: S. 95; vgl. dies., Nazism, Modern War and Rural Society in Württemberg, 1939-45, in: JCH 32 (1997), S. 339-356, hier: S. 341ff. 135 Vgl. dies., Widerstand gegen soziale Modernisierung, S. 103ff. 136 Ebd., S. 106.
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bewußtsein' zu stärken versucht[e]".137 Hinter dem propagandistischen Schleier nostalgischer Bauernromantik zeigte sich zusehends das wahre Gesicht des NSRegimes: „Die radikalen Pläne der Nationalsozialisten sowohl in der Innen- als auch in der Außenpolitik", so führt Stephenson aus, „[erforderten] eine Modernisierung [...], die den Rhythmus des traditionellen dörflichen Lebens zu stören drohte". Doch während der Nationalsozialismus auch tatsächlich einige Elemente der Modernisierung sogar „in entlegene Landgebiete" zu bringen imstande war, gelang es ihm letztlich nicht, die ländlichen Gemeinden „im Sinne Hitlers zu modernisieren"; im Gegenteil: Mitunter verstärkte er noch „ihre auf wechselseitiger Abhängigkeit beruhenden Bindungen".138 Erhebliche Konflikte traten auch auf, als das NS-Regime in den Jahren 1936 bis 1938 die konfessionellen Bekenntnisschulen durch sogenannte „Gemeinschaftsschulen" zu ersetzen suchte. Dieser „nationalsozialistische .Kulturkampf", so konnte Franz Sonnenberger zeigen, hat letztlich „die Loyalität weiter Bevölkerungskreise zur katholischen und evangelischen Kirche eher gestärkt als geschwächt".139 Obschon das NS-Regime in einigen ruralen Gebieten wie eine „Politur" wirkte, „which perhaps changed some aspects of the outward appearance of village life", konnte es nicht „the fundamental nature of village relationships" verändern, wie Stephenson resümiert.140 Gleichwohl läßt sich mit Thomas Fuchs festhalten, „daß alle Entwicklungen während der NS-Zeit - wenn auch verpackt in traditioneller Staffage - auf eine Modernisierung in Stadt und Land hinarbeit[et]en", was insbesondere der „sozialen Aufrüstung des Dorfes", d.h. der Modernisierung der ländlichen Lebenswelt und der Auflösung traditionaler Strukturen, Vorschub leistete.'41 So setzte sich etwa durch das NS-Landkino entgegen den Beteuerungen des Regimes, bäuerliche Tradition und Kultur bewahren zu wollen, auch die „Durchsetzung medienindustrieller Öffentlichkeit" während der NS-Zeit fort: Im Sinne der nationalsozialistischen Medienpolitik, die „vorwiegend kleinräumigen Aktions- und Erfahrungsräume des Dorfes zugunsten eines umfassenden nationalen Vermittlungsraums aufzubrechen", „gewann der Film als modernes
137 Mooser, Kommentar, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 389-400, hier: S. 396; vgl. Gustavo Corni/Horst Gies, ,31ut und Boden", Idstein 1994, S. 76f., 110. 138 Stephenson, Widerstand gegen soziale Modernisierung, S. 107, 116; vgl. dies., Nazism, Modem War, S. 342, 345; Cornelia Rauh-Kühne, Katholisches Milieu und Kleinstadtgesellschaft, Sigmaringen 1991; Michael Schneider, Nationalsozialismus und Region, in: AfS 40 (2000), S. 423-439, hier: 437. 139 Franz Sonnenberger, Die vollstreckte Reform, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 172-198, hier: S. 192; vgl. ders., Der neue „Kulturkampf', in: Martin Broszat u.a. (Hrsg.), Bayern in der NS-Zeit, Bd. 3, München/Wien 1981, S. 235-328. 140 Stephenson, Nazism, Modern War, S. 356; vgl. auch Adelheid von Saldem, Gesellschaft und Lebensgestaltung, in: Gert Kähler (Hrsg.), Geschichte des Wohnens, Bd. 4, Stuttgart 1996, S. 45181, hier: S. 99-105. 141 Thomas Fuchs, Macht Euch die Stadt zum Bilde!, Pfaffenweiler 1996, S. 129, 156; vgl. auch Wolfram Pyta, „Menschenökonomie", in: HZ 273 (2001), S. 31-94, hier bes.: S. 33ff., 67. Analog zu dem 1940/41 v o m „Institut für Konjunkturforschung" ausgearbeiteten Nachkriegsplan zur „Aufrüstung des Dorfes", der auf eine „wirtschaftliche, soziale und kulturelle Integration des ländlichen Raumes in die moderne Industriegesellschaft" zielte, beschloß der hessische Landtag 1952 ein ganz ähnlich gelagertes Programm zur „Sozialen Aufrüstung des Dorfes" (vgl. Fuchs, Stadt, S. 142-149 [Zitat: S. 145]; vgl. dazu auch Wolfram Pyta, Bauern, Brauchtum, BSE, in: Die Zeit, 25.1.2001).
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Unterhaltungsangebot in der ländlichen Lebenswelt an Boden", wie Clemens Zimmermann hervorhebt.142 Aufs Ganze gesehen fügte die NS-Herrschaft dem „Panzer parochialer Abgeschiedenheit und Selbstgenügsamkeit" „erste gravierende Einschläge" zu: „Das D o r f , so Wolfram Pyta, „fand Anschluß an außerdörfliche Lebenskreise".143 δ) Veränderung des sozialen Bewußtseins Wenngleich manche Historiker den gesellschaftspolitischen Maßnahmen des NSRegimes keinen intentionalen und durchdachten Charakter zuschreiben möchten'44, zeigten sich die DAF-Einrichtungen „Schönheit der Arbeit" und „Kraft durch Freude" durchaus dazu in der Lage, zumindest die Illusion, die Atmosphäre einer egalitären gesellschaftlichen Neuordnung zu schaffen. 145 Viele Historiker konstatieren ein „veränderte^] Lebensgefühl", ein gewandeltes soziales Bewußtsein bei großen Teilen der deutschen Bevölkerung. 146 „If the Nazis were modemizers", so schreibt etwa Peter Fritzsche, „it was [...] of their capacity to manufacture an alternative public sphere in which Germans identified themselves increasingly as Volksgenossen",147 Das NS-Regime verhieß „Modernität und Mobilität" und vermittelte über die „Suggestion des technischen und zivilisatorischen Fortschritts" „die Befriedigung [...], einer nationalen Leistungsgemeinschaft anzugehören".148 Auch wenn man die Ansicht vertreten mag, der Nationalsozialismus habe die Sozialstruktur der deutschen Gesellschaft nur in geringem Maße umzuwälzen vermocht, darf sicherlich als communis opinio gelten, daß es ihm - nicht zuletzt auch durch die symbolische und sprachliche Konstruktion einer einheitlichen „Volksgemeinschaft" - weitgehend gelang, in einer „braunefn] Kulturrevolution der Köpfe"149 traditionale Mentalitäten und Denkstrukturen, „established perceptions, patterns of behaviour and allegiances" zu durchbrechen, wie Mark Roseman im 142 Clemens Zimmermann, Landkino im Nationalsozialismus, in: AfS 41 (2001), S. 231-243, hier: S. 237,243. 143 Wolfram Pyta, Das Dorf im Fadenkreuz der Politik, in: Münkel (Hrsg.), Der lange Abschied vom Agrarland, S. 209-226, hier: S. 211, 226; zu der Veränderung des ,,dörfliche[n] Kulturprofil[s]" und der mentalen Dispositionen der Bauern im „Dritten Reich" - hin zu einem produktivitätsorientierten Denken - vgl. ebd., S. 222-226 (Zitat: S. 223); zur Kritik an Pytas Ausführungen vgl. Bernd Weisbrod, Kommentar, in: Münkel (Hrsg.), Der lange Abschied vom Agrarland, S. 278-285, hier: S. 279ff. Vgl. etwa Detlev J.K. Peukert, Zur Erforschung der Sozialpolitik im Dritten Reich, in: Otto/Sünker (Hrsg.), Soziale Arbeit und Faschismus, S. 123-132, hier: S. 129. 145 Vgl. Axel Schildt, NS-Regime, Modernisierung und Moderne, in: Dan Diner/Fritz Stern (Hrsg.), Nationalsozialismus aus heutiger Perspektive, Gerlingen 1994, S. 3-22, hier: S. 18; Frei, Führerstaat, S. 109ff. Die Reaktion der Arbeiter auf die Verschönerungen im Betrieb ist allerdings nur schwer zu ermitteln. Eine positive Resonanz sehen Buchholz, „Kraft durch Freude", S. 87; Mai, „Deutscher Arbeiter", S. 226; Anson G. Rabinbach, The Aesthetics of Production in the Third Reich, in: JCH 11 (1976), S. 43-74, hier: S. 66ff.; Ablehnung bzw. Interesselosigkeit postulieren hingegen Mason, Sozialpolitik im Dritten Reich, S. 189f.; ders., Arbeiterklasse und Volksgemeinschaft, S. 88; Wisotzky, Ruhrbergbau, S. 185; Hisashi Yano, Hüttenarbeiter im Dritten Reich, Stuttgart 1986, S. 125; abwägend: Frese, Betriebspolitik, S. 349ff. 146 Frei, Wie modern, S. 382; vgl. auch Martin Broszat, Der Staat Hitlers, 15. Aufl. München 2000 (zuerst 1969), S. 35. 147 Peter Fritzsche, Nazi Modem, in: Modernism/modernity 3 (1996), No. 1, S. 1-21, hier: S. 7. 148 Thamer, Verführung und Gewalt, S. 502f. 149 Mallmann/Paul, Herrschaft und Alltag, S. 162.
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Anschluß an David Schoenbaums Sein-Bewußtsein-Dialektik zusammenfaßt.150 Stefan Goch hebt beispielsweise hervor, daß die NS-Herrschafit durch ihre Projekte der Massenmotorisierung, des Tourismus, des Massenkonsums und der sozialen Sicherung „Dispositionen für die post-nationalsozialistische Zeit schuf[...]".151 Offenbar stiftete der „permanente sozialpolitische Aktionismus"152 gemeinsam mit einer egalitären Propaganda mehr als nur eine „affektive Integration"153 und trug mit dazu bei, daß die einst von Schoenbaum diagnostizierte Entkoppelung von Lohn und Status teilweise durchaus erreicht wurde. Vielleicht liegt gerade „in dem uneingelösten Versprechen, in der Öffnung des Erwartungshorizontes der genuin nationalsozialistische Beitrag zu der später einsetzenden Modernisierungsleistung des Wiederaufbaus", wie Bernd Weisbrod mutmaßt.154 Bei „Millionen Deutscher", so beschreibt Kaspar Maase dieses Phänomen, wuchsen in der NS-Zeit „Hoffnungen und Einstellungen, die sich nach 1945 als geschichtsmächtig erwiesen: im Übergang zu jener Phase der industriellen Moderne, die erstmals mit einer gewissen Berechtigung als Freizeit- und Konsumgesellschaft zu qualifizieren ist".155 Weniger realhistorische gesellschaftliche Prozesse des sozialen Wandels scheinen hier mithin eine Rolle gespielt zu haben; viel eher konnte der Nationalsozialismus durch sein propagandistisch vermitteltes Wesen als verheißungsvolles Zukunftsprojekt eine immense Integrationskraft entfalten. Erwartungen wurden geweckt, Energien mobilisiert „für eine moderne, effizienter und egalitärer gedachte gesellschaftliche Ordnung"156, versprach doch die nationalsozialistische Zukunft in erster Linie die Versöhnung der Klassen- und Interessengegensätze, die Linderung der sozialen und wirtschaftlichen Not sowie die Herstellung einer gleichsam prästabilierten, „natürlichen" Gemeinschaft des deutschen Volkes.157 ε) Politische Partizipation und „Rückzug ins Private" Rainer Zitelmann hat die Frage aufgeworfen, ob in der NS-Zeit nicht „andere Formen" politischer Partizipation als die in einer parlamentarischen Demokratie übli-
150 Mark Roseman, National Socialism and Modernisation, in: Bessel (Hrsg.), Fascist Italy and Nazi Germany, S. 197-229, hier: S. 223; vgl. auch Michael Burleigh, Die Zeit des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 2000, S. 291. 151 Goch, „Wie immer zu spät", S. 712. 152 Frei, Wie modem, S. 382; vgl. auch ders., People's Community and War, S. 64. 153 Sich von diesem Diktum Tim Masons absetzend: Kettenacker, Sozialpsychologische Aspekte, S. 99. 154 Weisbrod, Schein der Modernität, S. 229; vgl. auch Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 202, 206f.; Prinz, Mittelstand, S. 322. 155 Maase, Vergnügen, S. 204f.; vgl. Hachtmann, Deutsche Arbeitsfront, S. 72; Zang, Zwei Gesichter, S. 339. 156 Prinz, Soziale Funktion, S. 317. 157 Vgl. Heuel, Umworbener Stand, S. 329ff., 572f.; vgl. auch Inge Marßolek, Der Nationalsozialismus und der Januskopf der Moderne, in: Frank Bajohr (Hrsg.), Norddeutschland im Nationalsozialismus, Hamburg 1993, S. 312-334, hier: S. 324f.; Thomas Saunders, Nazism and Social Revolution, in: Gordon Martel (Hrsg.), Modem Germany Reconsidered 1870-1945, London/New York 1992, S. 159-177, hier: S. 171ff.; Ronald Smelser, Robert Ley - Hitlers Mann an der .Arbeitsfront", Paderborn u.a. 1989, S. 151-179, 301.
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chen verwirklicht worden seien.158 Und Lothar Kettenacker hat sich gegen die von manchen Historikern vertretene Auffassung gewandt, die starke Mobilisierung der Bevölkerung im „Dritten Reich" lediglich als „Zwangsveranstaltung" zu begreifen. Vielmehr möchte er die nationalsozialistischen Massenversammlungen als „ernstzunehmende Willensäußerung" und „nicht bloß [als] plebiszitäre Akklamation" verstanden wissen.159 In ähnlicher Weise faßt auch Karlheinz Weißmann die Plebiszite im „Dritten Reich" keineswegs als „eine Art Rückfall in den Absolutismus" auf. In Anlehnung an Jacob L. Talmon plädiert er dafür, daß man den Nationalsozialismus „weniger als Kampf gegen die ,Ideen von 1789"', sondern „eher als Verwirklichung ihrer jakobinischen Möglichkeiten" interpretieren solle.160 Frappant erscheint in diesem Zusammenhang die Ähnlichkeit der - besonders von Goebbels vertretenen - „strikt anti-individualistischen, gemeinschaftsbezogenen" Perspektive, galt doch die Aufopferung des einzelnen für Nation und Gesellschaft bereits Robespierre und Babeuf geradezu als „ein Postulat der Sittlichkeit".161 Die totalitäre Vereinnahmung sämtlicher Lebensbereiche, die totale und vollständige „Kolonialisierung der Lebenswelten" (Jürgen Habermas) kann aus diesem, von der Einsicht in die fundamentale Ambivalenz der Moderne geprägten Blickwinkel durchaus als bereits in der Aufklärung angelegt begriffen werden. Dem demokratisch-aufklärerischen Postulat der Volkssouveränität162 folgten die Nationalsozialisten Ronald Smelsers Ansicht nach insofern, als sie „die Beteiligung der Massen am politischen Leben der Nation [...] in beschränktem Maße [zu] bewahren" suchten, während sie gleichzeitig aber „jede substantielle Beteiligung, d.h. eine direkte Beeinflussung des politischen Entscheidungsprozesses durch Wahlen [untergruben und beseitigten]". Obwohl der Nationalsozialismus in Smelsers Augen daher eher „ein retardierender Faktor für die Modernisierung im vollen Wortsinne" war - „nämlich dem einer Verbindung von politischer Mündigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung" - , charakterisiert er das NS-Regime dennoch als „eine sehr .moderne' Form der Tyrannei", als ein „Experiment in totalitärer Demokratie", mithin als „die andere Schneide jenes Schwertes" von Rousseaus volonte generale.'63 „Die nationalsozialistischen Retter und Erlöser", so schreibt auch Hans-Ulrich Thamer, „waren Erben des demokratischen Zeitalters, allerdings in seiner plebiszitären, antiliberalen Variante."164 Neben einer solch spezifischen Form von politischer Partizipation diskutiert die Forschung im Kontext der Modernisierungsfrage auch das entgegengesetzte Phä158 Rainer Zitelmann, Nationalsozialismus und Moderne, in: Werner Süß (Hrsg.), Übergänge Zeitgeschichte zwischen Utopie und Machbarkeit, Berlin 1989, S. 195-223, hier: S. 210. 159 Kettenacker, Sozialpsychologische Aspekte, S. 116. 160 Karlheinz Weißmann, Nationalsozialismus und Moderne, in: Geschichte, Politik und ihre Didaktik 23 (1995), S. 8-19, hier: S. 15; vgl. femer auch Otmar Jung, Plebiszit und Diktatur, Tübingen 1995. 161 Kroll, Utopie als Ideologie, S. 296; vgl. Jacob L. Talmon, Die Ursprünge der totalitären Demokratie, Köln/Opladen 1961 (engl. 1952), S. 36ff., 189ff. 162 Zu der Ambivalenz des Volkssouveränitätsgedanken sowie zu der Proteushaftigkeit des Demokratiebegriffs vgl. insbesondere Oliver Lepsius, Staatstheorie und Demokratiebegriff in der Weimarer Republik, in: Christoph Gusy (Hrsg.), Demokratisches Denken in der Weimarer Republik, Baden-Baden 2000, S. 366-414, hier bes.: S. 372,414. 163 Ronald Smelser, Die Sozialplanung der Deutschen Arbeitsfront, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 71-92, hier: S. 87, 91. 164 Thamer, Nationalsozialismus, S. 411.
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nomen eines „Rückzugs ins Private". Nach Detlev Peukert zählt dieser „Rückzug in eine isolierte und entpolitisierte Privatheit" zu den „teils durch die Politik des Regimes, teils gerade durch die Resistenz gegen dessen Mobilisierung und Inszenierung der Öffentlichkeit geförderten .Modernisierungen'". Aus eben jener Privatheit habe sich erst die „konsum- und leistungsorientierte Dynamik des .Wirtschaftswunders'" herausbilden können.165 Inge Marßolek verficht in diesem Zusammenhang die These, daß der Nationalsozialismus mit der Zerschlagung der Arbeiterbewegung, der Ideologie der „Volksgemeinschaft" sowie mit der Förderung der Massenkultur „in entscheidendem Maße zur Atomisierung und zur Individualisierung" der deutschen Gesellschaft beigetragen habe, wenngleich diese Entwicklungslinien bereits in Weimar angelegt gewesen seien.166 Wolfgang Zollitsch hebt hier insbesondere die Bedeutung von KdF mit ihrem Angebot an „Fluchtmöglichkeiten aus dem harten Arbeitsalltag" hervor. Paradoxerweise167, so meint er, habe KdF ähnlich wie „die von Betriebsseite gewährten Angebote und Leistungen sozialpolitischer Art [...] erst den institutionellen Rahmen für die Flucht ins Private" geschaffen. 168 Gerade darin, daß „Freizeit als individuelle Gegenwelt zum öffentlichen Leben" in der NS-Zeit eine derart zentrale Funktion erhielt, „erwies sich der Nationalsozialismus als [...] Formation der Moderne", zumal „die Versorgung mit erschwinglichen Radios und die Pläne für einen .Volksfernseher' den Weg zur Abkapselung in den eigenen vier Wänden [wiesen]". 169 Arnold Sywottek weist ferner auf die „weitgehende Entpolitisierung durch Tabus in der öffentlichen Auseinandersetzung" hin, die mit der öffentlichen „Politisierung der Massen" einhergegangen sei. Der in den fünfziger Jahren vielfach beklagte „Rückzug ins Private" wurde durch eine nicht zuletzt der ,,monopolistische[n] Politisierung" im „Dritten Reich" geschuldete Entpolitisierung der deutschen Be-
165 Peukert, Volksgenossen, S. 294; vgl. ebd., S. 232, 280-288; ders., Alltag und Barbarei, in: Dan Diner (Hrsg.), Ist der Nationalsozialismus Geschichte?, Frankfurt a.M. 1987, S. 51-61, hier: S. 55; vgl. auch Ulrich Herbert, Zur Entwicklung der Ruhrarbeiterschaft 1930 bis 1960 aus erfahrungsgeschichtlicher Perspektive, in: Lutz Niethammer/Alexander von Plato (Hrsg.), „Wir kriegen jetzt andere Zeiten", Berlin 1985, S. 19-52, hier: S. 25f.; ders., Arbeiterschaft im „Dritten Reich", S. 339f.; Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 206. 166 Marßolek, Januskopf der Moderne, S. 326; vgl. auch dies., Milieukultur und modernes Freizeitverhalten 1920 bis 1950, in: Schmiechen-Ackermann (Hrsg.), Anpassung, Verweigerung, Widerstand, S. 77-93, hier: S. 87ff.; Hans Dieter Schäfer, Amerikanismus im Dritten Reich, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 199-215, hier: S. 209f.; ähnlich bereits: Franz Neumann, Behemoth, hrsg. von Gert Schäfer, Neuausg. Frankfurt a.M. 1998 (am. 1942), S. 464f. 167 Paradox vor allem deswegen, weil die Freizeitaktivitäten von KdF j a gerade das Gegenteil bewirken sollten, nämlich die Auflösung der Privatheit und eine Vergesellschaftung des Individuums (vgl. Vahsen, Freizeiterziehung als Sozialpolitik, S. 156ff., 160). 168 Zollitsch, Arbeiter, S. 135; vgl. auch Frese, Betriebspolitik, S. 454. 169 Maase, Vergnügen, S. 204, 222; die Bedeutung des Rundfunks fur die gleichsam virtuelle Inszenierung der „Volksgemeinschaft" betonen indes Inge Marßolek, „Aus dem Volke für das Volk", in: dies./Adelheid von Saldem (Hrsg.), Radiozeiten, Potsdam 1999, S. 121-135; Marßolek/von Saldern, Massenmedien im Kontext von Herrschaft, Alltag und Gesellschaft, in: ebd., S. 11-38, hier: S. 13, 19; Monika Pater, Rundfunkangebote, in: Inge Marßolek/Adelheid von Saldern (Hrsg.), Zuhören und Gehörtwerden I: Radio im Nationalsozialismus, Tübingen 1998, S. 129-241, hier: S. 139ff., 224ff.; von Saldern u.a., Zur politischen und kulturellen Polyvalenz des Radios, in: ebd., S. 361-376.
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völkerung maßgeblich begünstigt. 1 7 0 Zumindest in den Vorkriegsjahren der N S - Z e i t scheint „.Politik' auf R ä u m e außerhalb des eigenen Wahrnehmungsbereichs verbannt" w o r d e n zu sein. 1 7 1 Der einzelne i m „Dritten Reich", s o schreibt Hans Dieter Schäfer, „sah sich nicht in eine lebendige V o l k s g e m e i n s c h a f t gestellt, sondern isoliert und auf die Wärme d e s privaten Lebensbereichs verwiesen". 1 7 2
Nach
Michael Geyer war die aus d e m „Dritten Reich" hervorgehende Gesellschaft „a depoliticized, although b y n o m e a n s politically disinterested German society". D o c h wertet er dies w e n i g e r als einen Dahrendorfschen „Stoß in die Modernität" denn als einen Stoß in die Konformität: „a conformity w h i c h n o w in the 1950s w a s taken as the ,real' expression o f modern life". D a s Erbe der N S - Z e i t war, s o Geyers Urteil, nicht zuletzt die mit totalitären Mitteln erzielte Reduzierung von „alternative expressions o f modernity to a single affirmative modernism". 1 7 3
b)
NSDAP
A l s „Volkspartei des Protests", als Partei aller sozialer Schichten hat Jürgen W. Falter - in A n l e h n u n g an T h o m a s Childers - die N S D A P charakterisiert. Vor allem aufgrund ihres klassen- und milieuübergreifenden Charakters habe sie sich „moderner" als die meisten anderen Weimarer Parteien ausgenommen. 1 7 4 Lediglich bei großen Teilen der katholischen Bevölkerung 1 7 5 , der „klassischen" Industriearbeiterschaft und der eher zur K P D tendierenden Arbeitslosen sei sie auf Ablehnung gestoßen. 1 7 6 A l s moderne, „negative Volkspartei" 1 7 7 scheint die N S D A P demnach -
170 Arnold Sywottek, Wege in die 50er Jahre, in: ders./Axel Schildt (Hrsg.), Modernisierung im Wiederaufbau, Bonn 1993, S. 13-39, hier: S. 30 mit Anm. 89; vgl. auch Frei, Führerstaat, S. 123; Herbert, „Die guten und die schlechten Zeiten", S. 91 ff.; Thamer, Verführung und Gewalt, S. 505, 51 Of. 171 Herbert, „Die guten und die schlechten Zeiten", S. 91. 172 Schäfer, Amerikanismus im Dritten Reich, S. 214; vgl. Lutz P. Koepnick, Fascist Aesthetics Revisited, in: Modemism/morfe/wfy 6 (1999), No. 1, S. 51-73, hier: S. 53f. 173 Geyer, Stigma of Violence, S. lOlf. 174 Jürgen W. Falter, War die NSDAP die erste deutsche Volkspartei?, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 21-47, hier: S. 42, 45; vgl. ders., Hitlers Wähler, München 1991, S. 13, 364-374; Thomas Childers, The Nazi Voter, Chapel Hill/London 1983; vgl. auch Michael H. Kater, The Nazi Party, Oxford 1983; J. Paul Madden, The Social Composition of the Nazi Party 1919-1930, Diss. Oklahoma 1976; Peter Manstein, Die Mitglieder und Wähler der NSDAP 1919-1933, 3. erg. Aufl. Frankfurt a.M. 1990 (zuerst 1988); Detlef Mühlberger, Hitler's Followers, London 1991; einen konzisen Forschungsüberblick liefern Hildebrand, Drittes Reich, S. 202ff.; Eberhard Kolb, Die Weimarer Republik, 6. Überarb. u. erw. Aufl. München 2002 (zuerst 1983), S. 242ff.; Manfred Kuechler, The NSDAP Vote in the Weimar Republic, in: Historical Social Research 17 (1992), No. 61, S. 22-52; Andreas Wirsching, Die Weimarer Republik, München 2000, S. 102ff. 175 Vgl. dazu aber, die klassische These von der Immunität der katholischen Bevölkerung gegenüber den Mobilisierungskampagnen der NSDAP relativierend: Oded Heilbronner, Die Achillesferse des deutschen Katholizismus, Gerlingen 1998; ders., Catholic Plight in a Rural Area of Germany and the Rise of the Nazi Party, in: Social History 20 (1995), S. 219-234; ders., Die NSDAP - Ein bürgerlicher Verein?, in: Diner/Stern (Hrsg.), Nationalsozialismus aus heutiger Perspektive, S. 6578; ders., The Failure that Succeded, in: JCH 27 (1992), S. 531-549; vgl. ferner Rauh-Kühne, Katholisches Milieu. 176 Vgl. Falter, Erste Deutsche Volkspartei, S. 33, 44; vgl. auch ders., Arbeiter haben erheblich häufiger, Angestellte dagegen sehr viel seltener NSDAP gewählt als wir lange Zeit angenommen
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angesichts ihrer Fähigkeit, eine verbreitete Proteststimmung innerhalb der deutschen Bevölkerung zu artikulieren und zu mobilisieren - die „erste klassenübergreifende deutsche Integrationspartei"178 gewesen zu sein. Schon für Wilhelm Hennis war sie die „erste Allerweltspartei, wenn man will: Volkspartei in der deutschen Geschichte", die „erste Massenpartei mit Bewegungscharakter".179 Paul Nolte hat sich allerdings gegenüber dem Begriff der „Volkspartei" skeptisch geäußert, und das nicht nur deswegen, weil dieser „offensichtlich dem Kontext einer pluralistischen und demokratischen Ordnung entstammt", sondern auch aus dem Grunde, daß „das ,Volk' für Hitler und die NSDAP eben kein Begriff des Ausgleichs, der Moderation oder auch des Konflikts von Gruppeninteressen in einem größeren Ganzen war, [...] sondern ein Begriff der Flucht vor der gesellschaftlichen Differenzierung".18 Ungeachtet dieser terminologischen Problematik hat Falter in seinen wahlsoziologischen Forschungen nachgewiesen, daß die Mitglieder und Wähler der NSDAP eine beträchtliche Anzahl von Angehörigen des Arbeitermilieus umfaßten, die „bei weitem nicht so stark unterrepräsentiert [waren], wie von der Mittelschichtthese vorausgesetzt" wurde.181 So entstammten etwa 60 Prozent der NSDAP-Wähler dem bürgerlichen und konservativen Milieu, etwa 30 bis 40 Prozent waren Arbeiter oder kamen aus Arbeiterhaushalten.182 Daher spricht Falter auch von einer „Volkspartei mit Mittelstandsbauch", die „von der parteipolitischen Herkunft ihrer Anhänger her gesehen erheblich heterogener zusammengesetzt" sowie „gleichmäßiger über die verschiedenen Berufsgruppen und demographischen Kategorien hinweg verteilt" gewesen sei als die meisten anderen politischen Parteien der Weimarer Republik.183
haben, in: GG 16 (1990), S. 536-552, hier: S. 546; ders., Economic Debts and Political Gains, in: Historical Social Research 17 (1992), No. 61, S. 3-21; ders. u.a., Arbeitslosigkeit und Nationalsozialismus, in: Jürgen Friedrichs u.a. (Hrsg.), Soziologische Theorie und Empirie, Opladen 1997, S. 178-207 (zuerst 1983), hier: S. 182ff., 202ff. 177 Hans Mommsen, Zur Verschränkung traditioneller und faschistischer Führungsgruppen in Deutschland beim Übergang von der Bewegungs- zur Systemphase, in: ders., Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 39-66, hier: S. 47; vgl. auch Thamer, Verführung und Gewalt, S. 172-183. 178 Peukert, Weimarer Republik, S. 235; vgl. auch Wolfgang Schieder, Die NSDAP vor 1933, in: GG 19 (1993), S. 141-154, hier: S. 142. 179 Wilhelm Hennis, Parteienstruktur und Regierbarkeit, in: ders. u.a. (Hrsg.), Regierbarkeit, Bd. 1, Stuttgart 1977, S. 150-195, hier: S. 184; vgl. auch bereits Sigmund Neumann, Die Parteien der Weimarer Republik, 3. Aufl. Stuttgart 1986 (zuerst 1932); dazu kritisch: Alf Mintzel, Die Volkspartei, Opladen 1984, bes. S. 25f. Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 196 (Hervorhebung im Original); ähnlich auch: Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 147,166f. 181 Jürgen W. Falter, .Anfälligkeit" der Angestellten - „Immunität" der Arbeiter?, in: Uwe Backes u.a. (Hrsg.), Die Schatten der Vergangenheit, S. 265-290, hier: S. 283; vgl. auch Detlef Mühlberger, The Sociology of the NSDAP, in: JCH 15 (1980), S. 493-511, hier: S. 502ff. 182 Vgl. Falter, Hitlers Wähler, S. 225; vgl. auch ders., Erste Deutsche Volkspartei, S. 41f.; ders., Arbeiter, S. 545f.; ders., Die „Märzgefallenen" von 1933, in: GG 24 (1998), S. 595-616, hier: S. 61 Iff.; ders., Wer wurde Nationalsozialist?, in: Helge Grabitz u.a. (Hrsg.), Die Normalität des Verbrechens, Berlin 1994, S. 20-41, hier: S. 37. 183 Falter, Hitlers Wähler, S. 110; ders., Erste Deutsche Volkspartei, S. 33, 42, 44. Michael Prinz hat indes die Frage aufgeworfen, ob nicht die Zentrumspartei von 1933 „in sozialer Hinsicht schon wichtige Züge einer Volks- und Integrationspartei" getragen habe, da „zwischen den Zentrumspolitikern Max und von Papen so ziemlich die gesamte politische Welt der Republik [lag]" (Prinz, Dahrendorfs „Gesellschaft und Demokratie", S. 776).
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Gemeinsam mit Michael H. Kater vertritt Falter die von der übrigen Forschung inzwischen weitgehend akzeptierte 184 Auffassung, daß die NSDAP bis zu den März-Wahlen von 1933 „ein auf breiter gesellschaftlicher Basis beruhendes Phänomen", also „eine Art Volks- oder Massenintegrationspartei" gewesen sei, „die im innersten Kem von den Mittelschichten gestützt wurde, die aber eben auch in den Jahren seit 1925 in wechselnder regional schwankender Stärke entscheidenden Zulauf aus der Arbeiterschaft und der Oberschicht erhielt". 185 Das von Falter herangezogene statistische Material läßt indes kaum Aussagen über die Motive und die genaueren Beweggründe der verschiedenen Wählergruppierungen zu. 186 Während Gerhard Paul auf die „Macht der Bilder" und die emotionalisierenden und integrationsstiftenden Masseninszenierungen der NSDAP verweist 187 , betont Joachim Bons die Bedeutung des inhaltlichen Angebots des „Nationalen Sozialismus". In seiner systematischen Analyse der Reden und programmatischen Schriften der Nationalsozialisten vor 1933 gelangt er zu dem Schluß, daß die von der NSDAP vertretene Arbeiterpolitik in einer weitgehend konsistenten sozialen Utopie den Mitgliedern der „Volksgemeinschaft" die Hoffnung auf eine stärkere staatlich garantierte Verteilungsgerechtigkeit, eine ausreichende sozioökonomische Existenzsicherung und eine gesteigerte soziale Mobilität geboten habe und daher für einen Teil der Arbeiterschaft besonders attraktiv gewesen sei.188 Dabei hebt auch Paul hervor, daß sich die NSDAP „in allen Wahlkämpfen primär als radikale Systemalternative mit proletarisch-sozialistischem Anstrich", als „die eigentliche Verkörperung des Sozialismus" dargestellt habe. Vom „Nationalen Sozialismus" sei hingegen noch „wenig zu sehen" gewesen, die soziale Utopie der NSDAP habe sich äußerst vage ausgenommen. 189 Falter selbst bemerkt zu den Gründen des nationalsozialistischen Wahlerfolges femer, daß die Parteiführung der NSDAP bis 1933 „die traditionellen, für die Weimarer Gesellschaft charakteristischen sozialen und kulturellen Segmentierungen mit einer gewaltigen Mobilisierungskampagne" zu überbrücken vermocht habe, wobei sie imstande gewesen sei, sich „den vorhandenen soziopolitischen Konfliktlinien durch eine überaus variable Strategie" anzupassen. Nicht zuletzt könne auch ihre „technologisch fortgeschritten[e] [...] Politik der Stimmenmaximierung" die außer184 Vgl. etwa Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 157; zur Kritik an Falters Ausführungen vgl. aber auch ebd., S. 148; ders., „Volkspädagogik" von rechts, S. 559; vgl. ferner Könke, „Modemisierungsschub", S. 592. 185 Jürgen W. Falter/Michael H. Kater, Wähler und Mitglieder der NSDAP, in: GG 19 (1993), S. 155-177, hier: S. 155; vgl. Jürgen W. Falter/Detlef Mühlberger, The Anatomy of a Volkspartei, in: Historical Social Research 24 (1999), No. 2, S. 58-98, hier: S. 97f.; vgl. auch SchmiechenAckermann, Nationalsozialismus und Arbeitermilieus, bes. S. 71 Of.; Bemd Jürgen Wendt, Deutschland 1933-1945, Hannover 1995, S. 36ff.; Jürgen R. Winkler, Politische Traditionen und Nationalsozialismus, in: Historical Social Research 22 (1997), No. 3/4, S. 84-105, hier: S. 85f., 103. 186 Vgl. Ulrich von Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 2. Aufl. München 2001 (zuerst 1996), S. 103. 187 Vgl. Gerhard Paul, Aufstand der Bilder, 2. Aufl. Bonn 1992 (zuerst 1990). 188 Vgl. Joachim Bons, Nationalsozialismus und Arbeiterfrage, Pfaffenweiler 1995. Nach William Brustein kann der Erfolg der NSDAP auch auf ihr kohärentes und innovatives wirtschaftspolitisches Programm zurückgeführt werden; es seien vor allem rationale Faktoren und materielle Interessen gewesen, die bei den Wählern den Ausschlag gegeben hätten (vgl. William Brustein, The Logic of Evil, New Haven/London 1996, bes. S. XII, 1, 182). 189 Paul, Aufstand der Bilder, S. 221 f., 260 (Hervorhebung im Original).
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gewöhnlichen Wahlerfolge der NSDAP zwischen 1930 und 1933 erklären: angefangen bei der „schlagkräftigen" Organisation des permanenten Wahlkampfes und dem „bewußt adressatenspezifisch gehaltene[n] Inhalt der Wahlwerbung" - die sich nach lokalspezifischen und milieubedingten lebensweltlichen Traditionen, Krisenängsten und Interessenlagen richtete - bis hin zu den „geradezu choreographisch durchstilisierte[n] Inszenierungen von Massenkundgebungen" und einem „fast lückenlose[n], höchst effiziente[n] Kommunikationsnetz". 190 Auf ihren Veranstaltungen setzte die NSDAP zudem gezielt Funktionäre mit naturwissenschaftlichtechnischer Ausbildung ein, um sich als eine „aktive, eigentlich unpolitische .Bewegung'" zu präsentieren, als eine Art „Agentur zur Modernisierung Deutschlands, die alle Klassenschranken und regionalen Bindungen aufheben würde". 191 So gelang es der NSDAP teilweise schon vor der „Machtergreifung", Grenzen soziokultureller Milieus zu überschreiten und „herkömmliche Segmentierungen der politischen Gesellschaft in Deutschland in einem stärkeren Maße zu durchbrechen, als das bis dahin irgendeiner anderen Partei gelungen war". 192 Vor diesem Hintergrund stellen sich aus der Perspektive der Wähler- und Mitgliederpolitik „die Modemisierungsleistungen des Nationalsozialismus [...] nicht erst als Folge seiner Herrschaft [...], sondern bereits als eine Begleiterscheinung seines Aufstiegs" dar.193
c) Armee Der Kampf zwischen Tradition und Moderne innerhalb der Armee des „Dritten Reiches" manifestierte sich insbesondere in den Differenzen zwischen dem traditionalistischen, eine „restriktive Öffnungspolitik" betreibenden Oberbefehlshaber des Heeres, Werner Freiherr von Fritsch, und dem eine soziale Öffnung und gesellschaftliche Integration der Reichswehr befürwortenden Reichskriegsminister und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, Wemer von Blomberg. Klaus-Jürgen Müllers Ansicht nach spiegelte Blombergs Denken mit seiner „größeren sozialegalitären Aufgeschlossenheit und Berücksichtigung gesellschaftlicher Mobilität" eine Modernität wider, die mit nationalsozialistischen Doktrinen durchaus korrespondieren konnte. 194 Wie sich Blomberg Ende April 1937 in einer Rede vor Kreisleitern der
190 Falter, Erste Deutsche Volkspartei, S. 45ff.; vgl. auch Dieter Ohr, Political Meetings of the National Socialists and the Increase of the NSDAP Vote, in: Historical Social Research 22 (1997), No. 1, S. 29-58, hier bes.: S. 31 ff.; ders., Nationalsozialistische Versatnmlungspropaganda und Wahlerfolg der NSDAP, in: Historical Social Research 22 (1997), No. 3/4, S. 106-127, hier bes.: S. 107f., 123f.; ders., War die NSDAP-Propaganda nur bei „nationalistischen" Wählern erfolgreich?, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 46 (1994), S. 646-667, hier bes.: S. 662ff.; vgl. ferner Helmut K. Anheier/Friedhelm Neidhardt/Wolfgang Vortkamp, Konjunkturen der Bewegung, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 50 (1998), S. 619-643, hier: S. 621f., 641; Bösch, Von der Einwohnerwehr zur Volkspartei, S. 235. 191 Werner Durth, Architektur und Stadtplanung, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 139-171, hier: S. 143. 192 Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 201. 193 Falter, Erste Deutsche Volkspartei, S. 46. 194 Klaus-Jürgen Müller, Armee und Drittes Reich 1933-1939, Paderborn 1987, S. 55; vgl. auch ders.. Das Heer und Hitler. Stuttgart 1969. S. 576. 579f.
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NSDAP auf der Ordensburg Vogelsang äußerte, erblickte er „in der schrittweisen Durchführung des Leistungsprinzips ohne Rücksicht auf Herkunft, Stand und Geldbeutel des Vaters eine der wichtigsten Forderungen des neuen deutschen Sozialismus".195 Damit, so betont Bernhard R. Kroener, „leitete die Wehrmachtfuhrung einen tiefgreifenden Modernisierungsprozeß im Bereich der Offizierrekrutierung und -beförderung ein"196, auch wenn die Modernisierungsdebatte in der preußisch-deutschen Armee „bereits vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges in Gang gekommen"197 sei. Darüber hinaus läßt sich die „grundsätzliche Abdankung" des Offizierskorps als politisch führende Elite, die mit der Blomberg-Fritsch-Krise198 von 1938 einherging, als eine „Umwandlung einer einst politischen Elite in eine nur noch funktionale Elite" und damit als .„revolutionär' im Sinne eines grundlegenden Bruchs einer historischen Tradition" deuten: „Zum Zuge kamen nunmehr die Vertreter einer Auffassung, die sich nur noch als militärisch-professionelle Elite innerhalb eines nationalistisch-totalitären Integrationssystems verstanden, dem insgesamt die Bewältigung der Problematik des modernen .technisch-industriellen Krieges' [...] oblag", wie Müller ausführt.199 Die Modernisierung der Armee - begriffen als eine „Entfeudalisierung des Offizierstandes und [dessen] Professionalisierung im Sinne eines modernen Berufsverständnisses"200 - nahm sich im einzelnen wie folgt aus: Während zwischen 1928 und 1930 noch 63 Prozent aller Offiziersanwärter des Reichsheeres dem gehobenen Bürgertum und dem Adel entstammten, hatte sich dieser Anteil 1939/41 auf 25 Prozent verringert. Zugleich stieg der Anteil von Offiziersbewerbern aus der Industriearbeiterschaft und den ländlichen Unterschichten von null (1936) auf knapp neun Prozent (Ende 1942).201 Entscheidend für die soziale Öffnung der Wehrmacht waren vornehmlich die Heeresvermehrung in den dreißiger Jahren und die Mobilmachung von 1939. Dabei war es auch die bewußte Implementierung des „Modemisierungskonzeptfes] des Regimes", welche „die bewaffnete Macht des Dritten Reiches vom elitären Führerheer zur egalitären nationalsozialistischen Volksarmee umzuformen" vermochte. Obschon die Einführung der Leistungsbeförderung im Jahre 1942 in erster Linie das Ergebnis eines sich zunehmend verschärfenden Mangels an geeigneten Kräften war, konnte sie vom NS-Regime durchaus dazu genutzt werden, „seinen sozialegalitären Vorstellungen auch innerhalb der militärischen
195 Auszug aus einer Rede Blombergs vor Kreisleitern der NSDAP auf der Ordensburg Vogelsang am 27.4.1937, zitiert nach Bernhard R. Kroener, Auf dem Weg zu einer „nationalsozialistischen Volksarmee", in: Martin Broszat u.a. (Hrsg.), Von Stalingrad zur Währungsreform, München 1988, S. 651-682, hier: S. 652. 196 Kroener, „Nationalsozialistische Volksarmee", S. 652. 197 Ders., Strukturelle Veränderungen in der militärischen Gesellschaft des Dritten Reiches, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 267-296, hier: S. 291. 198 Vgl. dazu H.C. Deutsch, Das Komplott oder Die Entmachtung der Generale, Zürich 1974; KarlHeinz Janßen/Fritz Tobias, Der Sturz der Generäle, München 1994; Jürgen Schmädeke, Die Blomberg-Fritsch-Krise, in: ders./Peter Steinbach (Hrsg.), Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus, München/Zürich 1985, S. 368-382. 199 Müller, Armee und Drittes Reich, S. 37f., 40. 200 Kroener, „Nationalsozialistische Volksarmee", S. 682. 201 Vgl. ebd., S. 679; vgl. auch MacGregor Knox, Common Destiny - Dictatorship, Foreign Policy, and War in Fascist Italy and Nazi Germany, Cambridge u.a. 2000, S. 219ff. 202 Vgl. Kroener, Strukturelle Veränderungen, S. 291.
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Elite zum Durchbruch zu verhelfen".203 „Socially", so hat MacGregor Knox diese Entwicklung kommentiert, „the .armed brotherhood' of the front exemplified the National Socialist ideal of Fo/fc-community to an extent unparalleled in any other sphere of German life".204 Auch Bernd Weisbrod sieht die soziale Mobilität im Nationalsozialismus am ehesten in der „nationalsozialistischen Volksarmee" manifestiert, in welcher der professionalisierte Leistungsaufstieg seiner Ansicht nach allerdings zunehmend durch die „Bewährung im Kampf' ersetzt wurde, da man sich nun vorwiegend am „Frontkämpfermythos" des Ersten Weltkrieges orientierte.205 Kroener zufolge fand sich die nationalsozialistische „Volksgemeinschafts"Ideologie im Offizierskorps des Heeres gegen Kriegsende weitgehend verwirklicht.206 Dabei entsprach „die schrittweise Veränderung beziehungsweise der vollständige Abbau von Heiratsordnung, Offizierbewerbung, Offizierwahl und Ehrenkodex" ebensosehr „den Erfordernissen eines modernen industrialisierten Massenkrieges" wie die fortschreitende Rationalisierung und Vereinheitlichung in der Kriegführung oder die forcierte „Professionalisierung des Offizierskorps"207, das letzten Endes gleichsam „in der Gesellschaft aufgegangen"208 zu sein scheint. Der „Volksgenosse in Uniform", so hat Kroener formuliert, habe dem „Staatsbürger in Uniform" den Weg geebnet.209 Wie Günter Könke indes betont, diente diese - in mancher Hinsicht durchaus „zukunftsweisende" - Entwicklung freilich „nicht einer demokratischen Öffnung der Armee, sondern im Gegenteil der störungsfreien nationalsozialistischen Instrumentalisierung". Nicht nur die Ablösung von reaktionären Traditionen sei hier zu berücksichtigen, auch die „ideologische Indoktrination und schuldhafte Verstrickung" seien in den Blick zu nehmen.210 In der Tat erscheint Kroeners These fraglich, „die Öffnung der militärischen Elitenrekrutierung" sei ein Beispiel gewesen für „die Übernahme demokratischer Vorstellungen zur Chancengleichheit im sozialen Aufstieg" als ein ,,positive[s] Merkmal[...] einer personellen Kontinuität zwischen Wehrmacht und Bundeswehr".211 Gerade hinsichtlich der Kontinuitätsfrage sollten beide Aspekte betrachtet werden: Einerseits konnte die Bundeswehr auf der sozialen Öffnung und gesellschaftlichen Integration der Armee im „Dritten Reich" aufbauen, andererseits hatte sie schwer an deren ideologischem, anti-demokratischem Erbe zu tragen.212 203
Kroener, Strukturelle Veränderungen, S. 285, 292; vgl. auch Jürgen Förster, Vom Führerheer der Republik zur nationalsozialistischen Volksarmee, in: Jost Dülffer u.a. (Hrsg.), Deutschland in Europa, Frankfurt a.M./Berlin 1990, S. 311-328, hier: S. 321; Knox, Common Destiny, S. 215, 218,225. 204 Knox, Common Destiny, S. 219; vgl. auch Thomas Kühne, Zwischen Männerbund und Volksgemeinschaft, in: A ß 38 (1998), S. 165-189, hier bes.: S. 178,187ff. r s ° Weisbrod, Schein der Modernität, S. 229; vgl. Kroener, Strukturelle Veränderungen, S. 285. 206 Vgl. Kroener, Strukturelle Veränderungen, S. 280ff.; ders., „Nationalsozialistische Volksarmee", S. 662-671. 207 Ders., Strukturelle Veränderungen, S. 283, 290; vgl. auch Knox, Common Destiny, S. 224f. 208 Kroener, „Nationalsozialistische Volksarmee", S. 677. 209 Ders., Strukturelle Veränderungen, S. 293 (Hervorhebungen im Original). 210 Könke, „Modemisierungsschub", S. 602. 211 Kroener, Strukturelle Veränderungen, S. 296. 212 Vgl. dazu auch Detlef Bald, Von der Wehrmacht zur Bundeswehr, in: Conze/Lepsius (Hrsg.), Sozialgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 387-409; Thomas Kühne, Der Soldat, in: Frevert/Haupt (Hrsg.), Mensch des 20. Jahrhunderts, S. 344-372; Wolfram Wette, Neue Form, alter Geist, in: Die Zeit, 18.3.1999.
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d) Sozialpolitik und DAF Von hoher Relevanz für die Überprüfung des Modernisierungspostulates sind die Ergebnisse der empirischen Detailforschung zur Sozialpolitik des „Dritten Reiches". Zum einen hat sie die ideologische Instrumentalisierung des vom NSRegime propagierten „Sozialismus der Tat" herausgearbeitet, zum anderen hat sie mit Blick auf die vielfältigen Aktivitäten der DAF „eine Politik sozialer und industrieller Rationalisierung" hervortreten lassen.213 Die DAF begriff sich selbst als Trägerin einer „volksgemeinschaftlichen" Modernisierung und war in erster Linie verantwortlich für die „Bildung einer wirklichen Volks- und Leistungsgemeinschaft aller Deutschen"214. Dabei war die Sozialpolitik in jenem ,„völkische[n] Wohlfahrtsstaat' nationalsozialistischer Prägung"215 von einer Gemengelage teils intendierter, teils den Bedingtheiten geschuldeter Maßnahmen gekennzeichnet, die teilweise von noch aus der Weimarer Zeit stammenden sozialpolitischen Experten lanciert wurden. Diese konnten sich unter der NS-Herrschaft häufig eines erheblichen Handlungsspielraumes erfreuen, da zwischen ihrer Professionalität und der NS-Ideologie - nicht zuletzt im Bereich der sozialhygienischen Modernisierung eine zumindest weitgehende Zielkongruenz bestand. 16 Die nationalsozialistische Sozialpolitik wurde von vielen Experten „als Fortfuhrung eigener Bestrebungen und Chance zur Realisierung eigener Gestaltungsvorschläge ohne das Veto politischer Gegenkräfte und Kontrollinstanzen wahrgenommen", wobei insbesondere der seit dem Ersten Weltkrieg im Zusammenhang mit der Sozialpolitik intensiv geführte rassenhygienische und eugenische Diskurs als „Verständigungsbrücke zwischen Bürokratie und Wissenschaft" diente.217
213
Von Hehl, NS-Herrschaft, S. 105; vgl. insbesondere Eckhard Hansen, Wohlfahrtspolitik im NSStaat, Augsburg 1991; Karl Heinz Roth, Intelligenz und Sozialpolitik im „Dritten Reich", München u.a. 1993; Christoph Sachße/Florian Tennstedt, Der Wohlfahrtsstaat im Nationalsozialismus, Stuttgart u.a. 1992; Tilla Siegel/Thomas von Freyberg, Industrielle Rationalisierung unter dem Nationalsozialismus, Frankfurt a.M./New York 1991. 214 Verordnung Hitlers über Wesen und Ziel der Deutschen Arbeitsfront vom 24.10.1934, zitiert nach Tilla Siegel, Dokumente zur Rolle der Deutschen Arbeitsfront in der nationalsozialistischen Ordnung der Arbeit, in: Mommsen/Willems (Hrsg.), Herrschaftsalltag im Dritten Reich, S. 151224, hier: S. 166. 215 Hans Günter Hockerts, Einfuhrung, in: ders. (Hrsg.), Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit, S. 7-25, hier: S. 7. 216 Vgl. Peter Hammerschmidt, Die Wohlfahrtsverbände im NS-Staat, Opladen 1999, S. 553; Peukert, Erforschung der Sozialpolitik, S. 129; Stefan Schnurr, Die nationalsozialistische Funktionalisierung sozialer Arbeit, in: Otto/Sünker (Hrsg.), Politische Formierung und soziale Erziehung, S. 106-140, hier: S. 120, 123f., 134f., 138; den Einfluß der Fürsorge-Expertokratie hingegen eher gering einschätzend: Stephan Leibfried/Eckhard Hansen/Michael Heisig, Bedarfsprinzip und Existenzminimum unter dem NS-Regime, in: Otto/Sünker (Hrsg.), Soziale Arbeit und Faschismus, S. 163-198, hier: S. 180. 217 Lutz Raphael, Experten im Sozialstaat, in: Hockerts (Hrsg.), Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit, S. 231-257, hier: S. 236ff„ 245; vgl. auch Hansen, Wohlfahrtspolitik, S. 377; Roth, Intelligenz und Sozialpolitik, S. 186-197; Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 132-150; Paul Weindling, Health, Race and German Politics between National Unification and Nazism 18701945, Cambridge u.a. 1989, S. 399-488.
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α) Staatliche Sozialpolitik Angesichts der „Unterwerfung immer weiterer gesellschaftlicher Bereiche unter staatliche Regulierung und Reglementierung" wie auch hinsichtlich der weiter voranschreitenden Professionalisierung, Standardisierung, Bürokratisierung und Zentralisierung der Sozialpolitik fugte sich der Nationalsozialismus einerseits durchaus in die säkulare Dynamik wolhlfahrtsstaatlicher Sicherung in modernen Industriegesellschaften ein. Mit Blick auf den „umfassenden Abbau demokratischer Partizipation", die Schwächung individueller Rechtspositionen und die Stärkung der bürokratischen Exekutive gegenüber der Mitbestimmung von Bürgern und Parteien jedoch ist andererseits der tiefe Einschnitt in das deutsche System der sozialen Sicherung nicht zu übersehen. Auf fundamentale Weise unterschied sich der nationalsozialistische Wohlfahrtsstaat von dem überkommenen durch die neu geschaffenen sozialpolitischen Parteiorganisationen wie die DAF, die „Nationalsozialistische Volks wohl fahrt" (NSV) oder die „Hitleijugend" (HJ), also durch jenes „neue hoheitliche Zwischenreich", dessen Träger und Konzepte sich insbesondere seit 1938 „auf ganzer Front" durchsetzten. Bereits seit 1933 aber ging es dem NSWohlfahrtsstaat nicht mehr um die individuelle Sicherheit und Freiheit des Bürgers, sondern um „die Verwirklichung der rassistischen Utopie des .gesunden Volkes der Zukunft'", in der die Lebenschancen nach dem Prinzip einer rassenhygienisch begründeten „Sozialtriage", einer „eugenisch differenzierten Wohlfahrtspflege"218 hoheitlich zugeteilt wurden.219 Während dem „Wohlfahrtskonzem" der NSV220 - der als „eine Art sozialpolitische Generalagentur"221 „an Reichweite und Schlagkraft auf dem Wohlfahrtssektor keine Konkurrenz hatte" - als „Schrittmacher und Speerspitze" der „positiven Volkspflege" vornehmlich die Rolle der Leistungsgewährung für die als rassisch „wertvoll" klassifizierten „Volksgenossen" zufiel, sorgten sich öffentlicher Gesundheitsdienst und SS um die terroristische Ab- und Ausgrenzung der „Gemeinschaftsfremden" bis hin zur physischen Vernichtung. Auf diese Weise diente die nationalsozialistische Sozialpolitik, die immer auch Rassen-, Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik war (schließlich machte der Nationalsozialismus Gesundheit zu einer sozialen Kategorie), „nicht mehr vorrangig der Stabilisierung bürgerlicher
218
Hammerschmidt, Wohlfahrtsverbände, S. 553. Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 12f., 15, 51, 273f.; vgl. Wolf Gruner, Öffentliche Wohlfahrt und Judenverfolgung, München 2002, bes. S. 14ff., 311; Marie-Luise Recker, Sozialpolitik im Dritten Reich, in: Hans Pohl (Hrsg.), Staatliche, städtische, betriebliche und kirchliche Sozialpolitik, Stuttgart 1991, S. 245-267, hier: S. 245ff„ 263ff.; Günther Schulz, Die Diskussion über Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik im Nationalsozialismus, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 105-124, hier: S. 116; Florian Tennstedt, Der Ausbau der Sozialversicherung in Deutschland 1890-1945, in: Pohl (Hrsg.), Staatliche, städtische, betriebliche und kirchliche Sozialpolitik, S. 225-243, hier: S. 237ff. 220 Zur Organisation der NSV vgl. insbesondere Hammerschmidt, Wohlfahrtsverbände, bes. S. 366-428; Hansen, Wohlfahrtspolitik; Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 110-150; Paul Schoen, Geschichte, Selbstanspruch und Stellenwert der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt e.V. (NSV) 1933-1939, in: Otto/Sünker (Hrsg.), Soziale Arbeit und Faschismus, S. 199-220; Herwart Vorländer, NS-Volkswohlfahrt und Winterhilfswerk des Deutschen Volkes, in: VfZ 34 (1986), S. 341-380; ders., Die NSV, Boppard 1988. 221 Hansen, Wohlfahrtspolitik, S. 2. 219
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Normalitätsstandards, sondern der Profilierung sozialrassistischer Persönlichkeitstypen".222 War es dem Weimarer Wohlfahrtsstaat mit seiner Strategie einer gesellschaftlichen Inklusion durch die ständige Ausweitung staatlicher Leistungssysteme offensichtlich mißglückt, die „soziale Frage" zu lösen, so sollte die zu Beginn der dreißiger Jahre virulent gewordene Krise der Sozialpolitik223 nunmehr mit Hilfe der Rassenhygiene überwunden werden. Durch die Exklusion bestimmter, nach rassischen, erbgesundheitlichen und kriminalbiologischen Gesichtspunkten definierter „Problemgruppen" und durch die Verhinderung ihrer Fortpflanzung - durch die „Verhütung erbkranken Nachwuchses" - versuchte man, die „soziale Frage" zu lösen und den rassisch „Wertvollen" und „Würdigen" eine gehobene Fürsorge zu ermöglichen. Rassenhygiene und Wohlfahrtsstaat bezogen sich daher gleichsam „spiegelverkehrt auf denselben Gegenstand"224: „Auslese" und „Ausmerze", Inklusion und Exklusion, planmäßige „Aufartungspolitik" und Festlegung des ,,Wert[es] des Hilfsbedürftigen für die Volksgemeinschaft" 225 nach einer rationalen KostenNutzen-Analyse prägten im Rahmen einer „weitreichendefn] Gesellschafitsplanung[...] modernsten Standards" die Ambivalenz der nationalsozialistischen Sozialpolitik.226 Die „rassenhygienische Fundamentalkritik am Weimarer Wohlfahrtsstaat"227 radikal umsetzend, überführte das NS-Regime diesen in einen rassistischen „Wohlverhaltensstaat".228 In besonderer Weise scheint im „Dritten Reich" jene Ambivalenz moderner Wohlfahrtsstaatlichkeit zutage getreten zu sein, von der Detlev Peukert bereits mit Blick auf den sozialwissenschaftlichen Diskurs um die Jahrhundertwende sprach.229 222
Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 107, 110,252, 275; vgl. ebd., S. 51, 97, 102. Vgl. etwa David F. Crew, The Ambiguities of Modernity, in: Geoff Eley (Hrsg.), Society, Culture, and the State in Germany 1870-1930, Ann Arbor 1996, S. 319-344, hier: S. 341ff.; Uwe Lohalm, Die Wohlfahrtskrise 1930-1933, in: Bajohr u.a. (Hrsg.), Zivilisation und Barbarei, S. 193225. 224 Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 16. 225 Reinhold Schleicher, Die Wandlung der Wohlfahrtspflege durch den Nationalsozialismus, Diss. Heidelberg 1939, S. 34. 226 Detlev J.K. Peukert, Die Genesis der „Endlösung" aus dem Geist der Wissenschaft, in: ders., Max Webers Diagnose der Moderne, S. 102-121 (zuerst 1988), hier: S. 103; vgl. ders., Erforschung der Sozialpolitik, S. 130f.; vgl. auch Gruner, Öffentliche Wohlfahrt und Judenverfolgung; Hockerts, Einfuhrung, S. 19; Jochen-Christoph Kaiser, NS-Volkswohlfahrt und freie Wohlfahrtspflege im „Dritten Reich", in: Otto/Sünker (Hrsg.), Politische Formierung und soziale Erziehung, S. 78-105, hier: S. 83f., 96; Wilfried Rudioff, Im Souterrain des Sozialstaates, in: AfS 42 (2002), S. 474-520, hier: S. 492ff.; ders., Öffentliche Fürsorge, in: Hockerts (Hrsg.), Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit, S. 191-229, hier: S. 195, 209f., 228; Winfried Süß, Gesundheitspolitik, in: ebd., S. 55-99, hier: S. 57f., 82; vgl. ferner Julia Paulus, Kommunale Wohlfahrtspolitik in Leipzig 1930 bis 1945, Köln u.a. 1998; Jürgen Simon, Kriminalbiologie und Zwangssterilisation, Münster u.a. 2001, bes. S. 308ff. 227 Rudioff, Öffentliche Fürsorge, S. 228. 228 Karl Teppe, Zur Sozialpolitik des Dritten Reiches am Beispiel der Sozialversicherung, in: AfS 17 (1977), S. 195-250, hier: S. 196; vgl. Schnurr, Funktionalisierung sozialer Arbeit, S. U l f . ; ders., Sozialpädagogen im Nationalsozialismus, Weinheim/München 1997, S. 206f.; vgl. auch Heinz Lampert, Staatliche Sozialpolitik im Dritten Reich, in: Bracher u.a. (Hrsg.), Nationalsozialistische Diktatur 1933-1945, S. 177-205, hier: S. 201f.; vgl. femer Elizabeth Harvey, Youth and the Welfare State in Weimar Germany, Oxford 1993, S. 273, 290f., 298; Hong, Welfare, S. 273. 229 Vgl. Detlev J.K. Peukert, Grenzen der Sozialdisziplinierung, Köln 1986, S. 20-26, 305-309; ders., Sozialreform und Sozialpädagogik in Deutschland 1871 bis 1945, Hagen 1986; ders., Sozi223
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Mit Wilfried Rudioff läßt sich festhalten, daß die zur Zeit der Weimarer Republik als Leitwissenschaft der Wohlfahrts- und Gesundheitspolitik geltende Sozialhygiene „in ihrem Grundansatz inklusiv und egalitär ausgerichtet [war], ohne deshalb jedoch [...] frei von Exklusionstendenzen zu sein", während die nach der „Machtergreifung" zur Maxime erhobene Rassenhygiene „in ihrem Grundansatz [...] exklusiv und elitär" war, doch zugleich „mit den Fördermaßnahmen für .erbbiologisch' Akzeptierte [...] auch inklusive Elemente [enthielt]".230 Sind Differenzierung und Ausgrenzung konstitutiv für jeden Wohlfahrtsstaat - so auch für den bundesdeutschen Sozialstaat - , war die Entwicklung wohlfahrtsstaatlicher Sicherung bis 1933 - wie auch nach 1945 - in hohem Maße von der „Leitvorstellung der Integration" und der bürgerlichen Gleichheit getragen.23' Nicht so im nationalsozialistischen Wohlfahrtsstaat: Dieser diente vornehmlich der „Stabilisierung rassistisch definierter Ungleichheit", nicht aber der „Integration der Schwachen und Benachteiligten". Die Fürsorge der Gemeinschaft richtete sich nicht vorrangig nach der Fürsorgebedürftigkeit, sondern nach rassenpolitischen Kriterien und der „Leistung des Einzelnen für die Gemeinschaft", so daß die nationalsozialistische Sozialpolitik einer „Politik der Gratifikationen für gemeinschaftsförderndes Wohlverhalten", für den bereitwilligen Dienst an der zukünftigen „Volksgesundheit" glich. Christoph Sachße und Florian Tennstedt begreifen die Sozialpolitik des NS-Regimes daher primär als „wohlfahrtsstaatliche Regression", wenngleich sie durchaus konzedieren, daß der Nationalsozialismus „auf einer instrumentellen Ebene moderne Elemente hervorgebracht oder verstärkt hat".232 Insgesamt, so lautet ihr Fazit, stelle der nationalsozialistische Wohlfahrtsstaat ein „terroristisches Extrem in einem breiten Gesamtspektrum möglicher Entwicklungspfade industriegesellschaftlicher Moderne", keineswegs also einen „gänzlich aus ihr herausfallende[n] Strukturtyp" dar.233 In ähnlichem Sinne hat Rüdeger Baron die nationalsozialistische Fürsorgepolitik auch als „eine extreme Durchrationalisierung im Sinne kapitalistischer Wirtschaftsinteressen" bezeichnet.234 Dabei manifestierte sich die dem Wohlfahrtsstaat von allem Anfang an inhärente Dialektik von Freiheit und Zwang, von zweckrationalbürokratischen und sozialpädagogischen Strategien der Steuerung durch Hilfe und Kontrolle235 in besonderer Weise in der NSV, die Hitler einmal das „soziale Gewis-
alpädagogik, in: Dieter Langewiesche/Heinz-Elmar Tenorth (Hrsg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. 5, München 1989, S. 307-335; vgl. auch Frank Bajohr, Detlev Peukerts Beiträge zur Sozialgeschichte der Moderne, in: ders. u.a. (Hrsg.), Zivilisation und Barbarei, S. 716, hier: S. 11; Sachße, Wohlfahrtsstaat, S. 489. 230 Rudioff, Im Souterrain des Sozialstaates, S. 498. 231 Auch wenn alle Wohlfahrtsstaaten de facto neue Ungleichheiten und Diskriminierungen hervorbringen, besteht doch zumindest die „intentionale Ausrichtung auf die Gewährleistung bürgerlicher Gleichheit", was sich unter anderem in dem Bestreben manifestiert, immer neue Adressaten in immer weitere staatliche Leistungssysteme zu inkludieren, was freilich auch - wie insbesondere das Beispiel der Weimarer Republik gezeigt hat - zu einer Überlastung des Wohlfahrtsstaates führen kann (Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 277). 232 Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 12, 52, 276f.; vgl. auch Köster, Jugend, S. 576; Stefan Schnurr, „Sozialpolitische Konsolidierung" oder „Destruktion wohlfahrtsstaatlicher Ansätze"?, in: Sabine Blum-Geenen u.a. (Hrsg.), „Bruch und Kontinuität", Essen 1995, S. 123-132, hier: S. 128. 233 Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 278; vgl. auch Gabriele Metzler, Der deutsche Sozialstaat, Stuttgart/München 2003, S. I2f., U2f., 134ff. 234 Rüdeger Baron, Eine Profession wird gleichgeschaltet, in: Otto/Sünker (Hrsg.), Soziale Arbeit und Faschismus, S. 391-418, hier: S. 400. 235 Vgl. Schnurr, Funktionalisierung sozialer Arbeit, S. 113.
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sen der Nation"236 nannte. Als angesichts ihres umfassenden Blocksystems „flächendeckend-unentrinnbare Organisation" lag ihr Zweck nicht nur in der Verteilung sozialpolitischer Leistungen, sondern auch in der Erfassung, Disziplinierung und Kontrolle breiter Bevölkerungsgruppen.237 Die durch die nationalsozialistische Sozialpolitik erzielten Verbesserungen für die deutschen „Volksgenossen" hält Michael Prinz indes eher für „begrenzt und [...] keineswegs revolutionär", so daß er die dreißiger Jahre hinsichtlich der sozialpolitischen Entwicklung eher als eine „Phase der Konsolidierung" bezeichnen möchte. Gleichwohl, so räumt er ein, habe es durchaus einige Verbesserungen im Sozialversicherungsrecht gegeben, die insbesondere dadurch erreicht worden seien, daß sie „den konservativen, auf eine [...] Thesaurierungspolitik festgelegten Beamten [...] durch den propagandistisch-politischen Dauerdruck der DAF abgerungen" wurden.238 Norbert Frei spricht gar von einer ,,substantielle[n] und in Teilen sogar fortschrittlichefn] Sozialpolitik" und gesteht dem ,,sozialpolitische[n] Aktivismus" der DAF einen ,,originär[en]" Charakter zu.239 Josef Boyer betont darüber hinaus, daß insbesondere die Konkurrenzsituation zwischen Reichsarbeitsminister Seldte und DAF-Führer Ley als „modernisierende Triebkraft fur das bisherige Sozialsystem" gewirkt habe.240 Als „bleibende Innovation[...] nationalsozialistischer Sozialpolitik" kann Christoph Sachße zufolge vor allem die Ausdehnung der Sozialversicherung über den Kreis der Arbeitnehmer hinaus gelten: durch die Rentenversicherung für das Handwerk 1938 und die Krankenversicherung für Rentner 1941.241 Auch Hans Günter Hockerts erscheint die Einführung des gesetzlichen Krankenversicherungsschutzes für Rentner „zukunftsweisend".242 Die Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten - namentlich der Ausbau der Tuberkulose- und der Silikosefürsorge - war Martin H. Geyers Ansicht nach selbst „im internationalen Vergleich [...] richtungsweisend".243 Die Sozialversicherungspolitik des „Dritten Reiches" insgesamt führte in den Augen Heinz Lamperts zu einer „Sanierung der Rentenversicherung", einer „Ausdehnung des sozialpolitischen Schutzes auf weitere Bevölkerungskreise" sowie zu „Verbesserungen im Leistungsrecht".244 Erstmals 236
Adolf Hitler, zitiert nach Emst Korten/Heini Steubing, Rassisch ausgerichtete Bevölkerungspolitik, Frankfurt a.M. 1938, S. 79. 237 Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 15. 238 Prinz, Soziale Funktion, S. 304; vgl. auch Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 246. 239 Frei, Führerstaat, S. 109. 240 Josef Boyer, Unfallversicherung und Unternehmer im Bergbau, München 1995, S. 196. 241 Christoph Sachße, Wohlfahrtsstaat in Deutschland, in: Andreas Wollasch (Hrsg.), Wohlfahrtspflege in der Region, Paderborn 1997, S. 269-282, hier: S. 272; vgl. Hans Günter Hockerts, Vorsorge und Fürsorge, in: Schildt/Sywottek (Hrsg.), Modernisierung im Wiederaufbau, S. 223-241, hier: S. 231. 242 Hans Günter Hockerts, Sicherung im Alter, in: Conze/Lepsius (Hrsg.), Sozialgeschichte der Bundesrepublik Deutschland, S. 296-323, hier: S. 308. 243 Geyer, Soziale Sicherheit, S. 394; vgl. auch Wolfgang Bender, Tuberkulosefürsorge in Lippe 1919-1945, in: Wollasch (Hrsg.), Wohlfahrtspflege in der Region, S. 95-110, hier: S. 101-109; Boyer, Unfallversicherung, S. 222-227, 236f., 240-245; Hockerts, Vorsorge und Fürsorge, S. 231. 244 Lampert, Staatliche Sozialpolitik im Dritten Reich, S. 194; vgl. ders., Sozialpolitik, Berlin u.a. 1980, S. 152ff.; vgl. auch Hockerts, Sicherung im Alter, S. 308; Gerhard A. Ritter, Der Sozialstaat, 2. Überarb. u. erw. Aufl. München 1991 (zuerst 1989), S. 131ff., 147ff.; Manfred G. Schmidt, Sozialpolitik in Deutschland, 2. Überarb. u. erw. Aufl. Opladen 1998 (zuerst 1988), S. 65f., 74; dazu kritisch: Gine Eisner, „...in gewisser Hinsicht war Robert Ley der deutsche William Beve-
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in der deutschen Geschichte wurde durch das NS-Regime zudem - gegen den Widerstand der kommunalen Spitzenverbände - das Existenzminimum zentralstaatlich verbindlich festgelegt, standardisiert und verrechtlicht, was einen „erheblichen strukturellen Wandel im deutschen Unterstützungswesen" zeitigte und die NSHerrschaft nachgerade zu einem ,„Scheitelpunkt' der Fürsorgereform" in der deutschen Sozialverfassung werden läßt. Durch den - sich tatsächlich auch auf der Leistungsebene bemerkbar machenden - „Richtsatz-Erlaß" vom Oktober 1941 erfolgte erstmals „die Umstellung der wirtschaftlichen Fürsorge auf ein höher ansetzendes leistungseffektives, bedarfsorientiertes und vereinheitlichtes Unterstützungssystem", was freilich „auf der Grundlage einer gleichzeitigen, allgemeinen sozialpolitischen ,Involution'" geschah. 245 Die mit dem Vieijahresplan begonnene Ausweitung der Sozialpolitik zu einer „umfassend politisch bestimmten Daseinssicherung" mit einer Institutionalisierung neuer Formen einer gehobenen Fürsorge für die „erbgesunde" deutsche Familie erfuhr ferner durch den Krieg „einen entscheidenden, rassistisch ausgerichteten Schub", wobei vornehmlich die Stabilisierung der „Heimatfront" den Impetus der sozialpolitischen Verbesserungen bildete. Und so wie der Wohlfahrtsstaat unmittelbar dem Krieg diente, so erschloß auch der Krieg dem Wohlfahrtsstaat „neue Ressourcen durch Ausbeutung ausländischer Arbeitskräfte und besetzter Territo246
nen . Trotz dieser „klaren Entwicklungsbrüche" im Bereich der Sozialpolitik ist Michael Prinz der Auffassung, daß „große Teile der materiellen Substanz des deutschen Wohlfahrtsstaates [...] durch das NS-Regime [...] nicht angetastet" und sozialreformerische Traditionen weitergeführt worden seien.247 In diesem Sinne hat etwa auch Peter Hammerschmidt zeigen können, daß die konfessionelle Wohlfahrtspflege „konzeptionell wie praktisch integraler Bestandteil des Gefüges der Wohlfahrtspflege des NS-Staates [blieb]" und daß „der tradierte Dualismus von öffentlichen bzw. staatlichen und den sogenannten freien Wohlfahrtsverbänden [...] nicht zugunsten ersterer aufgehoben [wurde]". 248 Darüber hinaus ist mit Stefan Schnurr eine „weitgehende Kontinuität der [...] Institutionalisierungsformen sozialer Arbeit" zu konstatieren. Leistungsbeschränkungen für „Unterstützungsunwürdige" sowie die sozialdisziplinierende Aussonderung Devianter und „Asozialer" in ridge", in: 1999 7 (1992), H. 3, S. 83-100, hier: S. 95f„ 100; Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 426. 245 Leibfried/Hansen/Heisig, Bedarfsprinzip und Existenzminimum, S. 165, 170, 185 (Hervorhebungen im Original); vgl. auch Günther Schulz, Armut und soziale Sicherung, in: Reinhard Spree (Hrsg.), Geschichte der deutschen Wirtschaft im 20. Jahrhundert, München 2001, S. 157-177, hier: S. 164. 246 Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 219f.; vgl. ebd., S. 61f., 221ff.; vgl. auch Hansen, Wohlfahrtspolitik, S. 197ff.; Eckart Reidegeld, Krieg und staatliche Sozialpolitik, in: Leviathan 17 (1989), S. 497-526; Mark Roseman, World War II and Social Change in Germany, in: Arthur Marwick (Hrsg.), Total War and Social Change, London 1988, S. 58-78. 247 Prinz, Wohlfahrtsstaat, Modernisierung und Nationalsozialismus, S. 51f.; vgl. ders., „Sozialpolitik im Wandel der Staatspolitik?", in: Rüdiger vom Bruch (Hrsg.), „Weder Kommunismus noch Kapitalismus", München 1985, S. 219-244, hier: S. 230-236,239f.; vgl. auch Uwe Lohalm, Wohlfahrtspolitik und Modernisierung, in: Frank Bajohr (Hrsg.), Norddeutschland im Nationalsozialismus, Hamburg 1993, S. 387-413, hier: S. 393,407f. 248 Hammerschmidt, Wohlfahrtsverbände, S. 562; vgl. auch Kaiser, NS-Volkswohlfahrt, bes. S. 80f.; Prinz, Wohlfahrtsstaat, Modernisierung und Nationalsozialismus, S. 52; Rudioff, Öffentliche Fürsorge, S. 224.
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besondere Heime und Anstalten weisen eine unübersehbare Kontinuität zur Fürsorgepraxis der Weimarer Republik auf. Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen waren im übrigen nicht selten davon überzeugt, im „Dritten Reich" relativ ungehindert gemäß ihrer „Fortschrittskompetenz" „genuin sozialpädagogische Vorstellungen" verwirklichen zu können. 249 Teilweise durchbrochen wurde diese Kontinuität allerdings von der Radikalität der rassischen Selektions- und Aussonderungspolitik des „Dritten Reiches" sowie von dem totalitären Charakter der „Durchpädagogisierung der Gesellschaft" mit Hilfe von „NS-Frauenschaft", „Bund Deutscher Mädel" (BDM), HJ, KdF und anderen Organisationen.250 Die NSV knüpfte mit ihrer Akzentuierung des Selbsthilfegedankens offenkundig an das herkömmliche Subsidiaritätsdenken an, ähnlich wie sie mit ihrer Präferenz für die Vorsorge (anstatt der Fürsorge) an die seit Jahrzehnten etablierte Präventionsmaxime anschloß. Außerdem war der von der nationalsozialistischen Wohlfahrtspflege ins Zentrum gerückte Erziehungsgedanke als Strategie der persönlichen Beeinflussung durch die „Hilfe von Mensch zu Mensch" bereits im klassischen Fürsorgekonzept enthalten.251 Nach Young-Sun Hong bestand daher „a strong, distinctly modern continuity between prewar Progressivism, the republican welfare system, and National Socialism". 252 Auch in der Fürsorgeausbildung knüpfte der Nationalsozialismus bewußt an die fortschrittlichen sozialen Bewegungen der Weimarer Zeit an, wobei er sie freilich dem Leitbild einer „Erb- und Rassenpflege" gemäß modifizierte. Rüdeger Barons Meinung nach warf die NS-Herrschaft allerdings „die Professionalisierung der sozialen Arbeit erheblich zurück[...]", so etwa „durch die Vernichtung eigenständiger methodischer Entwicklungsansätze". 253 Lutz Raphael zufolge forcierte das NS-Regime jedoch zumindest in quantitativer Hinsicht die Professionalisierung des gesamten Sozialwesens, während die Ausbildungsstandards eher sanken. 2 4 Das sich nach 1933 bald zu einem „außerordentlich fungiblen sozialpolitischen Vielzweckinstrument" entwickelnde „Winterhilfswerk" (WHW) enthielt in seinem Rekurs auf „archaische", „vormoderne" Fürsorgeformen gewiß „Elemente bewußter sozialpolitischer Regression". Dennoch kann es - ein ausgesprochen erfolgreicher Bestandteil der NSV 255 - als ein durchaus rationaler Versuch angesehen werden, durch solidarische Selbsthilfe und Eigenverantwortlichkeit das „natürliche 249
Schnurr, Funktionalisierung sozialer Arbeit, S. 120, 133 (Hervorhebung im Original); vgl. auch ders., Sozialpädagogen, S. 203-208; Peukert, Sozialreform und Sozialpädagogik III, bes. S. 39-42. 250 Schnurr, Funktionalisierung sozialer Arbeit, S. 106, 112f., 139; vgl. auch ders., Sozialpädagogen, S. 204ff.; vgl. ferner Schulz, Armut und soziale Sicherung, S. 165. 251 Vgl. Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 120; vgl. auch Hong, Welfare, S. 8, 275. 252 Hong, Welfare, S. 275. 253 Baron, Profession, S. 416; vgl. ebd., S. 393, 401; vgl. auch ders./Rolf Landwehr, Von der Berufung zum Beruf, in: ders. (Hrsg.), Sozialarbeit und Soziale Reform, Weinheim 1983, S. 1-36. 254 Vgl. Raphael, Experten im Sozialstaat, S. 237; vgl. Prinz, Wohlfahrtsstaat, Modernisierung und Nationalsozialismus, S. 53f.; vgl. auch Lohalm, Wohlfahrtspolitik und Modernisierung, S. 407f. 255 Mit 16,6 Mio. übertraf die Zahl der Empfänger von WHW-Unterstützung im Winter 1933/34 die der öffentlichen Fürsorgeempfänger des Krisenhöhepunktes im Winter 1932/33 um beinahe das Doppelte; das Gesamtspendenaufkommen konnte im Vergleich zu den Vorjahren um ein Vielfaches gesteigert werden. Zur Linderung akuter Not trug das WHW sicherlich bei, obwohl die stets als zusätzliche Unterstützung gedachte WHW-Hilfe in der Regel „nicht mehr als ein Zubrot" war (vgl. Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 122-126 [Zitat: S. 126]; vgl. auch Hansen, Wohlfahrtspolitik, S. 44ff.; Florian Tennstedt, Wohltat und Interesse, in: GG 13 [1987], S. 157-180, hier: S. 157; Vorländer, NS-Volkswohlfahrt, 365ff.; ders., NSV, S. 44ff., 179).
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Elend" derart zu bekämpfen, daß weniger der anonyme, finanziell ausgelaugte Wohlfahrtsstaat als vielmehr der „Bürger als Teil der Gemeinschaft" gefordert war.256 In diesem Licht erscheint das WHW als „ein geeignetes Instrument [...], um für den Staat kostensparend notwendige wohlfahrtspflegerische Leistungen zu finanzieren".257 „Die Not des Volkes", so umreißen Sachße und Tennstedt das Prinzip des „Sozialismus der Tat", „sollte wieder zu einer Verpflichtung des Volkes selbst werden"; die soziale Verantwortung wurde wieder vom Staat in die Gesellschaft, besser: in die Gemeinschaft verlegt. Nicht nur zur Mobilisierung der Opferbereitschaft und zur rituellen Stiftung der „Volksgemeinschaft" war die „sozialpolitisch veraltete, archaische Spendenpraxis durchaus funktional". Eine teilweise „Reprivatisierung sozialer Risiken" erschien zu jener Zeit auch als ein Beitrag zur Überwindung der sozio-ökonomischen Krise. Obwohl selbst gewaltige Bürokratien errichtend, gelang es den neuen Organisationen nationalsozialistischer Sozialpolitik mit dem auf Integration durch soziales Engagement zielenden „Sozialismus der Tat", „das verbreitete Unbehagen an den apparativen und entfremdeten Strukturen des Weimarer Wohlfahrtsstaates für ihre Zwecke zu nutzen" und sich als „Selbsthilfe des deutschen Volkes" zu profilieren.258 So muß auch der Versuch des NSRegimes, die in der Weimarer Republik in die Krise geratene „Gift Relationship"259 als Basis sozialer Austauschbeziehungen wieder aufzuwerten (z.B. durch die Anordnung, Steuerabgaben der Bauern in Naturalienform einzufordern, um diese ohne den Umweg über die Bürokratie direkt an Hilfsbedürftige weiterleiten zu können), nicht unbedingt als Rückschritt begriffen werden.260 Er kann - abgesehen von dem unverkennbaren Propagandawert solcher Aktionen - durchaus als mögliche adäquate Lösungsstrategie zur Linderung der akuten Massennot gelten (auch wenn das System der Vergabe von Sachleistungen an Bedürftige nicht immer rationell war und häufig ungeachtet ökonomischer Rationalität der volkserzieherischen Intention des „Sozialismus der Tat" folgte).261 Alles in allem jedoch reichte die Sozialpolitik des NS-Regimes an das Leistungsniveau der Weimarer Republik nicht heran. Weder in der Arbeitslosenversicherung262 noch in der Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung stand den Beitragssteigerungen (Sozialversicherungsbeiträge, Beiträge für die DAF sowie „Spenden" für das WHW) und den Steuererhöhungen (Lohnsteuer, BüTgersteuer sowie Abzüge für das „Eiserne Sparen") eine entsprechende Anhebung staatlicher Sozialleistungen gegenüber.263 Überschüsse der Versicherungsträger wurden vom NS-Regime abgeschöpft und vornehmlich als zusätzliches Reservoire zur Rüstungsfinanzierung verwandt.264 Manche Leistungen wurden erheblich zurückgeschraubt. So führte 256
Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 121, 127; Tennstedt, Wohltat und Interesse, 177. Hammerschmidt, Wohlfahrtsverbände, S. 555. 258 Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 124f., 127, 131; vgl. auch Hansen, Wohlfahrtspolitik, S.41f. 259 Vgl. Richard M. Titmuss, The Gift Relationship, mit neuen Kapiteln hrsg. von Ann Oakley u. John Ashton, London 1997 (zuerst 1970). 260 Vgl. Prinz, Soziale Funktion, S. 305. 261 Vgl. Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 125. 262 Vgl. Volker Herrmann, Vom Arbeitsmarkt zum Arbeitseinsatz, Frankfurt a.M. u.a. 1994, bes. S. 2181T. 263 Vgl. Hachtmann, Lebenshaltungskosten, S. 37ff.; Siegel, Lohnpolitik, S. 106ff.; vgl. auch Könke, „Modemisierungsschub", S. 589. 264 Vgl. Kranig, Lockung und Zwang, S. 163f.; Siegel, Lohnpolitik, S. 108. 257
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man die schon unter Brüning eingeleitete Aufweichung des Versicherungsprinzips weiter und ging zur Vergabe nach Bedürftigkeit über. Die sinkende Zahl bewilligter Alters- und Invalidenrenten kontrastierte mit einem steigenden Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung sowie mit einem erhöhten Unfallrisiko.265 „Das Mangelgut Gesundheit", so urteilt Winfried Süß, sollte in dem „funktionell entdifferenzierte[n]", d.h. vorwiegend durch nicht gesundheitsbezogene Zielvorgaben bestimmten Gesundheitssystem der NS-Herrschaft „nach der gesellschaftlichen .Nützlichkeit' verteilt" werden.266 Dem jugendlichen, dynamischen Bewegungsgesetz des Nationalsozialismus gemäß gehörten die Alten also eher zu den „Verlierern [...] der Verteilungspolitik" des NS-Regimes. 267 Insgesamt waren die Einrichtungen der Sozialversicherung nach den nationalsozialistischen Reformen Martin H. Geyer zufolge zwar „effizienter als je zuvor organisiert"; diese Effizienz aber ging zu Lasten der Leistungsempfänger und Versicherten.268 Diese Defizite staatlicher Sozialpolitik konnten auch durch die ausgeweitete betriebliche Sozialpolitik nur in eingeschränktem Maße kompensiert werden. ß) Betriebliche Sozialpolitik Durch das „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit" (AOG) vom 20. Januar 1934 269 wurde die „Betriebsgemeinschaft" als eine Art „.Volksgemeinschaft' im kleinen" zum „Kern des neuen sozialpolitischen Grundgesetzes"2 0 erhoben, wurde der Betrieb zur „zentralen und weithin autonomen Handlungsgröße der Sozialpolitik" bestimmt.271 Der Aufbau der „Betriebsgemeinschaft" war keineswegs nur propagandistischer Natur, sondern hatte als „eine auf den Ergebnissen der zeitgenössischen Betriebs- und Industriesoziologie fußende Form technokratisch-kapitali-
265
Vgl. Hachtmann, Industriearbeit, S. 277; Siegel, Lohnpolitik, S. 107f.; vgl. auch Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 429ff. 266 Süß, Gesundheitspolitik, S. 83f., 94; vgl. dazu insgesamt ders., Der „Volkskörper" im Krieg, München 2003; vgl. ferner Johannes Vossen, Gesundheitsämter im Nationalsozialismus, Essen
2001. 267
Christoph Conrad, Alterssicherung, in: Hockerts (Hrsg.), Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit, S. 101-115, hier: S. 114; vgl. auch Martin H. Geyer, Soziale Rechte im Sozialstaat, in: Tenfelde (Hrsg.), Arbeiter im 20. Jahrhundert, S. 406-434, hier: S. 434; Susanne Hahn, Altemsforschung und Altenpflege im Nationalsozialismus, in: Christoph Meinel/Peter Voswinckel (Hrsg.), Medizin, Naturwissenschaft, Technik und Nationalsozialismus, Stuttgart 1994, S. 220-229, hier: S. 227; Hans-Walter Schmuhl, Kontinuität oder Diskontinuität?, in: Franz-Werner Kersting u.a. (Hrsg.), Nach Hadamar, Paderborn 1993, S. 112-136, hier: S. 119f.; Süß, „Volkskörper" im Krieg, S. 292ff. Conrad vertritt allerdings auch die Auffassung, daß „die alltägliche Realität der Alterssicherung und ihre Institutionenstruktur" - ungeachtet der Sistierung des Sozialrechts für sämtliche „Gemeinschaftsfremde" - in der NS-Zeit „weitgehend unberührt" geblieben seien (Conrad, Alterssicherung, S. 104; vgl. auch ders., Die Entstehung des modernen Ruhestands, in: GG 14 [1988], S. 417-447). 268 Geyer, Soziale Rechte, S. 434. 269 Vgl. dazu ausführlich Wolfgang Spohn, Betriebsgemeinschaft und innerbetriebliche Herrschaft, in: Carola Sachse u.a., Angst, Belohnung, Zucht und Ordnung, S. 140-208; vgl. ferner auch Hachtmann, Arbeitsverfassung, S. 27ff.; ders., Industriearbeiterschaft und Rationalisierung 1900 bis 1945, in: JWG 1996/1, S. 211-258, hier: S. 214f!f.; Gertraude Krell, Vergemeinschaftende Personalpolitik, München 1994, bes. S. 118ff. 270 Zollitsch, Arbeiter, S. 165f. 271 Heuel, Umworbener Stand, S. 545; vgl. auch Hachtmann, Industriearbeit, S. 255ff.; Mason, Sozialpolitik im Dritten Reich, S. 117,120, 122.
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stischer Wirtschaftsführung" die „höchstmögliche Produktion bei gleichzeitiger Befriedigung der sozialen Grundbedürfnisse der Arbeitnehmer durch betriebliche Sozialleistungen" zum Ziel.272 Schon Tim Mason konnte zeigen, daß das AOG sowohl „moderne" als auch „archaische" Elemente in sich vereinigte und „one (though certainly not the only one) of the latent tendencies of modern capitalism" verkörperte. Das neofeudalistisch erscheinende Führer- und Gemeinschaftsmodell ging durchaus mit nüchternen industriewirtschaftlichen Zielen einher.273 Michael Stahlmann zufolge bildete die nationalsozialistische Arbeitspolitik „den Kontext für die nach dem Willen des Managements ungestört verlaufende Modernisierung der betrieblichen Sozialorganisation".274 So entsprach das nationalsozialistische Konzept der Betriebsführung, angesichts der gewaltsamen Ausschaltung der Gewerkschaften, der raschen „Entgewerkschaftlichung" der NSBO, der Wahrung des „Herr-im-Haus"-Standpunktes sowie des Einfrierens der Löhne auf dem Krisenstand, der sozialpolitischen Vision der „freien Unternehmerwirtschaft". 275 In dem „gleichsam störungsfreien Raum" des Betriebes ermöglichte das AOG vor allem die Entfaltung neuer „Managementstrategien" wie der betrieblichen Sozialpolitik oder einer produktionsorientierten Ausbildung.276 Mit der Betonung der „Betriebsgemeinschaft" gegenüber staatlichen Instanzen der Sozialpolitik verwies das NS-Regime seine Kompetenzen scheinbar „in die Gesellschaft zurück[...]'\ so daß die „Imagination [einer] Selbstvergesellschaftung der Produzenten" vermittelt wurde. Es versuchte den Eindruck zu erwecken, der Betrieb sei „eine horizontal strukturierte Produktionseinheit, in der sich das innerbetriebliche Herrschaftsgefüge der nationalsozialistischen Betriebsverfassung" verflüchtige, in der also eine „soziale Selbstverwaltung" herrsche als Folge einer Demokratisierung des Produktionssektors". Die faktische Aufhebung wirtschaftsdemokratischer Elemente wie der Tarifautonomie, der arbeitsrechtlichen Stellung autonomer Interessenverbände oder der Möglichkeit substantieller Mitbestimmung innerhalb des Betriebes wurde auf diese Weise in ihr Gegenteil verkehrt.277 Auf die Schicksalsverbundenheit aller im Betrieb Tätigen zielend, verwandelte das AOG den Unternehmer in einen „Betriebsführer", der einer (nicht näher definierten) „Fürsorgepflicht" nachzukommen hatte, und die Beschäftigten dementsprechend in eine „Gefolgschaft", die in einem streng hierarchischen, patriarchalischen Unterordnungsverhältnis zu Treue und Gehorsam verpflichtet war.278 Auch der Lohn galt daher weniger als eine Gegenleistung des Unternehmers denn als „reiner Ausfluß der Fürsorgepflicht".279 Daher kann das AOG in mancher Hinsicht 272
Frese, Betriebspolitik, S. 450. Timothy W. Mason, The Origins of the Law on the Organization of National Labour of 20 January 1934, in: ders., Nazism, Fascism and the Working Class, hrsg. von Jane Caplan, Cambridge 1995, S. 77-103 (zuerst 1974), hier: S. 99 (Hervorhebung im Original). 274 Stahlmann, Revolution in der Autoindustrie, S. 188; vgl. auch ebd., S. 242. 275 Weisbrod, Schein der Modernität, S. 232. 276 Zollitsch, Arbeiter, S. 167; vgl. Heuel, Umworbener Stand, S. 540f., 552ff.; vgl. auch Frese, Betriebspolitik, S. 264-333. 277 Heuel, Umworbener Stand, S. 548 (Hervorhebung im Original). 278 Vgl. Frese, Betriebspolitik, S. 94ff.; Könke, „ModernisieTungsschub", S. 593; Andreas Kranig, Arbeitsrecht im NS-Staat, Köln 1984, S. 46ff.; Spohn, Innerbetriebliche Herrschaft, S. 149ff. 279 Denecke, Das Wesen des Lohnes nach dem Akademie-Entwurf eines Arbeitsverhältnisgesetzes und die praktischen Folgerungen daraus, in: Deutsches Arbeitsrecht, 1938, S. 190ff., hier: S. 192. 273
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als „Niederlage der Arbeiterbewegung" gesehen werden.280 Das NS-Regime „verstaatlichte" gleichsam den Klassenkonflikt, indem es „die Klassenorganisationen durch Staatsorganisationen ersetzte und seine eigene unmittelbare Zuständigkeit für alle Konfliktbereiche zwischen den Klassen reklamierte", wie Wolfgang Spohn konstatiert.281 Dabei erinnert die Parole „Volksgemeinschaft statt Klassenkampf' 282 nicht nur von ferne an die Grundidee des welfare capitalism, derzufolge eine Art Betriebsgewerkschaft (company representation) eine unabhängige gewerkschaftliche Organisation von außen verhindern sowie die Informationsmöglichkeit des Managements über innerbetriebliche Vorgänge und die Kontrolle der Beschäftigten verbessern sollte. Das Konzept der „Betriebsgemeinschaft" darf durchaus als ihr deutsches Pendant gelten.283 Darüber hinaus ließe sich fragen, ob nicht die ritualisierte „Gemeinschafts"-Rhetorik dem Typus des „sozial verpflichteten" Arbeitgebers der Nachkriegszeit den Weg ebnete.284 Abgesehen von der „ideologischen Umarmungsstrategie" der „Betriebsgemeinschafts"-Konzeption wurden durchaus reale Veränderungen in der Weiterentwicklung der modernen betrieblichen Sozialpolitik erzielt. Diese wiesen jedoch angesichts der weitgehenden Zurückdrängung der in der Weimarer Zeit in Ansätzen entwickelten institutionalisierten Konfliktregelung „defensive Züge" auf und gingen somit in einem - industrielle Modernisierung mit ,,antimodemistische[r] Gemeinschaftsideologie" verbindenden - „Teilmodernisierungskonzept" auf. Insgesamt aber kann der im Nationalsozialismus neu verfaßte Betrieb mit Wolfgang Zollitsch durchaus als „Schauplatz einer technokratisch ausgerichteten Modernisierung" und des „soziale[n] Fortschrittfs]" gelten.285 So propagierte die DAF beispielsweise die Pflege des Lehrlingswesens und den Ausbau der betrieblichen Fürsorge, in Betrieben mit weiblichen Belegschaften etwa durch die Einstellung von „Betriebsfürsorgerinnen", die in fortschrittlicheren Unternehmen freilich schon länger üblich war.286 Zum Programm moderner Betriebsfuhrung gehörten darüber hinaus die Monetarisierung betrieblicher Sozialleistungen und die Intensivierung der Werkszugehörigkeit, wenngleich man hier eher auf altbewährte Instrumente wie Prämien oder Werkszeitungen vertraute als auf die gleichsam militärische Form des Betriebsappells - eines ursprünglichen Schwerpunktes der innerbetrieblichen „Reform" durch den Nationalsozialismus - , der die Belegschaft zu einer Arbeits- und
280
Prinz, Wohlfahrtsstaat, Modernisierung und Nationalsozialismus, S. 50. Spohn, Innerbetriebliche Herrschaft, S. 143; vgl. auch Tilla Siegel, Rationalisierung statt Klassenkampf, in: Mommsen/Willems (Hrsg.), Herrschaftsalltag im Dritten Reich, S. 97-150, hier: S. 142. 282 Vgl. Siegel, Leistung und Lohn, S. 115-124. 283 Vgl. ebd., S. 108f.; Weisbrod, Schein der Modernität, S. 230; zum welfare capitalism vgl. insbesondere Stuart D. Brandes, American Welfare Capitalism 1880-1940, Chicago 1976; sowie die Literaturangaben bei Martin Fiedler, Betriebliche Sozialpolitik in der Zwischenkriegszeit, in: GG 22 (1996), S. 350-375, hier: S. 352, Anm. 5. 284 Vgl. Werner Bührer, Zum Wandel der wirtschafts- und sozialpolitischen Zukunftsvorstellungen in der deutschen Industrie zwischen Weltwirtschaftskrise und Wirtschaftswunder, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 81-104, hier: S. 93. 285 Zollitsch, Arbeiter, S. 239ff.; vgl. auch ders., Modernisierung im Betrieb, in: SchmiechenAckermann (Hrsg.), Anpassung, Verweigerung, Widerstand, S. 95-107, hier: S. 99ff. 286 Vgl. Sachse, Siemens; dies., Hausarbeit im Betrieb, in: dies, u.a., Angst, Belohnung, Zucht und Ordnung, S. 209-274. 281
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Gesinnungsgemeinschaft formen sollte.287 In beinahe allen Industriezweigen wurden zudem die Aufwendungen für zusätzliche Sozialleistungen zum Teil erheblich heraufgesetzt; in der Konsumgüterindustrie besonders stark, in der Metallverarbeitung dagegen wesentlich schwächer. Je größer der Gewinn bzw. die Dividende war, desto höher waren in der Regel die Aufwendungen für zusätzliche betriebliche Sozialleistungen. Das NS-Regime bzw. die DAF wirkten in diesem Bereich indes eher unterstützend, weniger als treibender Motor. Die Unternehmen hatten häufig schon aus eigenem Antrieb Verbesserungen der Arbeitsbedingungen ihrer Belegschaften vorgenommen.288 Gleichwohl: Während die DAF kaum verbriefte Rechte hatte, ging ihr tatsächlicher Einfluß „weit über das hinaus, was deutsche Gewerkschaften bis dahin der Wirtschaft abgetrotzt hatten".289 Durch ihre Betriebsstatistik und die von ihr kontrollierten Arbeitsausschüsse erhielt sie einen tiefen Einblick in die unternehmerische Praxis und konnte auf dieser Basis sozialplanerische Innovationen entwickeln.290 Sie blieb keineswegs ohne Einfluß auf die Fragen des materiellen Arbeitslebens, da sie über einen gewaltigen Apparat und über erhebliche finanzielle Mittel verfügte. Auch wenn der DAF - die in ihrer Stellung „zwischen Betrieb und Staat"291 als eigenständiger Machtfaktor zugleich immer auch selbst ein Instrument der Macht war - nach dem Erlaß des AOG vorrangig nur Fürsorge-, Propagandaund Bildungsaufgaben sowie die Freizeitgestaltung blieben, wurde ihr durch die „Führerverordnung" vom 24. Oktober 1934 - in freilich sehr dehnbaren Formulierungen - eine verhältnismäßig bedeutende Stellung in der nationalsozialistischen Sozialverfassung eingeräumt.292 Nach Matthias Frese konnte die DAF vornehmlich durch den Leistungskampf der deutschen Betriebe293 „ihren Kompetenzbereich erweitem und gleichzeitig bei den Beschäftigten mit der Forderung nach sozialen Verbesserungen um Zuspruch werben". Häufig aber, so räumt er ein, habe sich die DAF gegenüber den Unternehmern „weder institutionell noch konzeptionell durch..
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zusetzen vermocht. Zumindest in Großbetrieben mit einer langjährigen sozialpolitischen Erfahrung und Tradition wie Krupp, Bosch oder Siemens gelang es den Betriebsobmännern der DAF nur soviel zu erreichen, wie mit dem Betriebsinteresse vereinbar war. In 287
Vgl. Frese, Betriebspolitik, S. 367-371,404-411. Vgl. Hachtmann, Industriearbeit, S. 259f., 264, 297; ders., Gutehoffnungshütte, S. 122ff.; vgl. auch Heidrun Homburg, Rationalisierung und Industriearbeit, Berlin 1991, S. 651f., 660,680. 289 Prinz, Soziale Funktion, S. 307. 290 Vgl. Siegel, Leistung und Lohn, S. 78ff., 113f. 291 Sachse, Siemens, S. 59. 292 Vgl. Hachtmann, Deutsche Arbeitsfront, S. 70ff.; Schneider, Unterm Hakenkreuz, S. 181ff.; Siegel, Leistung und Lohn, S. 65ff., 79f.; Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 55ff„ 59f., 97f.; Smelser, Robert Ley - Hitlers Mann an der .Arbeitsfront", S. 177ff. 293 Vgl. dazu insbesondere Frese, Betriebspolitik, S. 421-434; Jürgen Reulecke, Die Fahne mit dem goldenen Zahnrad, in: ders./Detlev Peukert (Hrsg.), Die Reihen fast geschlossen, Wuppertal 1981, S. 245-269, hier: S. 258f.; Sachse, Siemens, S. 70f. 294 Frese, Betriebspolitik, S. 361, 432, 451; vgl. ders., Arbeit und Freizeit, in: Bernd Faulenbach/Franz-Josef Jelich (Hrsg.), Reaktionäre Modernität und Völkermord, Essen 1994, S. 59-69, hier bes.: S. 68f.; vgl. dazu auch Berghoff, Zwischen Kleinstadt und Weltmarkt, S. 456ff.; Boyer, Unfallversicherung, S. 141, 237; Astrid Gehrig, Zwischen Betriebsinteresse und Lenkungswirtschaft, in: Thomas Großbölting/Rüdiger Schmidt (Hrsg.), Untemehmerwirtschaft zwischen Markt und Lenkung, München 2002, S. 69-119, hier: S. 95ff.; Neil Gregor, Stem und Hakenkreuz, Berlin 1997, S. 245ff. 288
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kleineren Betrieben oder bei überzeugten NSDAP-Betriebsführern hingegen mögen hygienische und arbeitsphysiologische Verbesserungen im Sinne von „Schönheit der Arbeit" eine gewisse Wirkung erzielt haben. Dieses auf deutliche Verbesserungen des Arbeitsumfeldes, des Arbeitsschutzes sowie der Arbeitsmedizin zielende Programm fußte ungeachtet des Stigmas, eine Art „Blumentopfromantik" zu propagieren, auf umfangreichen Industrie- und betriebssoziologischen Forschungen, vor allem aber auf psycho-technischen Programmen aus der Weimarer Republik, die im wesentlichen die Optimierung der Arbeitsvorgänge und der Arbeitsproduktivität durch betriebliche Erholungseinrichtungen, eine freundlichere Gestaltung des Arbeitsplatzes oder durch geeignete Unfallschutzmaßnahmen intendiert hatten.295 Zwar strebte „Schönheit der Arbeit" Anson G. Rabinbach zufolge nach einer Wiederherstellung der „organischen Einheit, die im Mittelalter existierte"; gleichwohl aber war das Programm in der modernen Industrieproduktion verankert und bezog wichtige Impulse aus den neuesten Entwicklungen der Industriepsychologie, so daß es als „a striking example of the Nazi modernism and cult of productivity and efficiency" gelten darf.296 Daneben verfehlte wohl auch der „Reichsberufswettkampf' als eine Art „Olympia der Arbeit" angesichts der beträchtlichen Resonanz bei Arbeitern und Unternehmern seine Wirkung nicht. Mit diesem Wettbewerb sollten die Kenntnisse der Auszubildenden zutage gefördert und sodann die Berufsausbildung, das Ausleseverfahren sowie die „Arbeitseinsatz- und Berufslenkung" effizienter gestaltet werden.297 Die vornehmlich auf die Integration kleinerer, finanzschwacher Betriebe zielenden „Leistungsabzeichen" für „vorbildliche Gesundheitsfürsorge", „vorbildliche Berufserziehung", Wohnungsbau, soziale Werksfursorge sowie für die Förderung von KdF bildeten zusätzlich ein „geeignetes Vehikel, um die sozialpolitischen Vorstellungen der DAF in die Betriebe hineinzutragen".298 Obwohl die Schulungsarbeit der DAF im Bergbau den Studien Helmuth Trischlers zufolge insgesamt als gescheitert gelten kann, so blieb sie doch keineswegs wirkungslos. Vor allem in der „permanenten Problematisierung des Status quo" habe der „modernisierende Effekt der DAF-Aktivitäten" gelegen, wie Trischler hervorhebt, wenngleich der Bergbau „den Generalangriff der DAF auf den ,Herr-im-Hause-Standpunkt' letztlich weitgehend erfolgreich abwehren [konnte]" und das NS-Regime die Solidarstrukturen in den Hüttenwerken kaum zu zerschlagen vermochte 299 Doch gelang es der DAF, gegen den hinhaltenden Widerstand des Bergbaus eine tiefgreifende Reform zur Beilegung der Gedingestreitigkeiten durchzusetzen.300 „Diese wichtigen Ansätze zu einer sozioklimatischen Ent-
295 Vgl. Frese, Betriebspolitik, bes. S. 345f., 351; Lüdtke, „Ehre der Arbeit", S. 378ff.; Mai, „Deutscher Arbeiter", S. 226; vgl. auch Süß, „Volkskörper" im Krieg, S. 256. 296 Rabinbach, Aesthetics of Production, S. 44, 55; vgl. auch Chup Friemert, Produktionsästhetik im Faschismus, München 1980; Peter Reichel, Ästhetik statt Politik?, in: Dirk BergSchlosser/Jakob Schissler (Hrsg.), Politische Kultur in Deutschland, Opladen 1987, S. 123-137, hier: S. 132f. 2,7 Vgl. Frese, Betriebspolitik, S. 41 Iff.; vgl. auch Anja Lepold, Der gelenkte Lehrling, Frankfurt a.M. u.a. 1998, S. 127f. 298 Sachse, Siemens, S. 71; vgl. auch Frese, Betriebspolitik, S. 425f. 299 Helmuth Trischler, Partielle Modernisierung, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 145-172, hier: S. 156. Vgl. Trischler, Partielle Modernisierung, S. 156f.; vgl. auch John Gillingham, Industry and Politics in the Third Reich, London 1985; Gerhard Th. Mollin, Montankonzeme und „Drittes
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Spannung des bergbaulichen Arbeitsverhältnisses" allerdings, so lautet Trischlers Resümee, wurden „während des Krieges weitgehend verschüttet", da „die auf Expansion und Vernichtung angelegte Ratio des NS-Systems [...] die DAF-Reformen nicht zur Entfaltung kommen [ließ]". Indem aber „durch die Entwicklung von institutionellen und sozialpolitischen Alternativen [...] ein Reformpotential geschaffen [wurde], an das nach 1945 [...] angeknüpft werden konnte", sei dem Nationalsozialismus eine „modernisierende Qualität" nicht abzusprechen, obwohl „eine Modernisierung der betrieblichen Sozialbeziehungen im deutschen Bergbau im umfassenden Sinne zumindest bis weit in die sechziger Jahre hinein nicht stattfand".301 Auch wenn betriebliche Sozialpolitik und neue Arbeitsverfassung zwar verhinderten, daß sich Unzufriedenheit in offenen Arbeitskonflikten äußerte, ließ zum Leidwesen des Regimes, der Betriebsleitungen und der DAF die „Arbeitsfreude" der „Gefolgschaft" zu wünschen übrig. Und auch die vielfältigen Formen individueller Verweigerung konnten nicht aus der Welt geschafft werden.302 Die alles in allem eher unbedeutende Einrichtung des „Vertrauensrates" als „Mittler zwischen Gefolgschaft und Unternehmertum"303, als eine Art „institutionalisierten .Frühwarnsystems'" 304 , das Konflikte gar nicht erst entstehen lassen sollte, kann nur sehr bedingt als Ersatz für eine effiziente innerbetriebliche Konfliktregelung gelten. Gleichwohl erzielten die „Vertrauensräte" in manchen Fällen durchaus eine Verbesserung der „sozialen Arbeitsbedingungen". Sie stellten ,,ein[en] ständige[n] (potentielle[n]) Unruheherd in der verordneten .Harmonie' der .Betriebsgemeinschaft'" 305 dar und zeigten zuweilen „starke Konfliktbereitschaft", die - so Gunther Mai - „aus dem Willen zur Vertretung antinomistischer Interessen gespeist wurde".306 Nach Thomas Welskopp reflektierte die Einrichtung des „Vertrauensrates" zudem „die Unmöglichkeit [...], nach der Eliminierung des Betriebsrats- und Gewerkschaftssystems tatsächlich zu den autokratischen Betriebsleitungsstrukturen der Zeit vor 1914 zurückzukehren".307 Insgesamt aber scheinen die „Vertrauensräte" eher ein „Mittel zur Durchsetzung nationalsozialistischer oder unternehmensorientierter Politik" und weniger „eine Institution zur Kooperation zwischen Arbeitnehmern und Unternehmern" gewesen zu sein.308
Reich", Göttingen 1988; Klaus Wisotzky, Der Ruhrbergbau im Dritten Reich, Düsseldorf 1983, S. 250-265. 301 Trischler, Partielle Modernisierung, S. 157f., 170; dazu kritisch: Bernd Weisbrod, Kommentar, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 269-278, hier: S. 271 f. 302 Vgl. Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 134f. 303 Vgl. Frese, Betriebspolitik, S. 171. 304 Spohn, Innerbetriebliche Herrschaft, S. 177. 305 Wolfgang Zollitsch, Die Vertrauensratswahlen von 1934 und 1935, in: GG 15 (1989), S. 361381, hier: S. 380. 306 Mai, „Deutscher Arbeiter", S. 216f. 307 Welskopp, Soziale Kontinuität, S. 261. 308 Frese, Betriebspolitik, S. 217f., 222; in der Einschätzung positiver als Frese: Kranig, Lockung und Zwang, S. 93; Zollitsch, Vertrauensratswahlen, bes. S. 379ff.
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γ) Sozialpolitische Nachkriegsplanungen der DAF Als Verfechter eines totalitären Wohlfahrtsstaates wird von einem Teil der Forschung Hitlers „größter Idealist"309, der DAF-Führer Robert Ley, charakterisiert. In seiner Utopie eines „braunen Kollektivismus"310 sei es ihm, so das Urteil seines Biographen Ronald Smelser, um die Verwirklichung eines „Kernstückfs] der vom Nationalsozialismus propagierten gesellschaftlichen Revolution" gegangen: um die Schaffung von „Chancengleichheit und Aufstiegsmöglichkeiten für den gewöhnlichen Deutschen in einer Gesellschaft, in der die alten Klassenunterschiede beseitigt" worden seien. In ,jene[r] harmonische[n], konfliktfreie[n] Gesellschaft [...], von der Ley immer geträumt hatte", in dieser „,Leistungsgesellschaft' von der Wiege bis zur Bahre" sollte der „Volksgenosse" „durch ein ausgeklügeltes System der öffentlichen Wohlfahrt gegen [die] Wechselfälle des Lebens" abgesichert werden. Freilich beruhte diese Gesellschaftsutopie auf der ,,totale[n] Unterdrückung" und „Ausbeutung von Völkern, die nach der nationalsozialistischen Weltanschauung minderwertig waren".311 Im Blickpunkt der Forschung steht in diesem Zusammenhang insbesondere der 1940 propagierte sozialpolitische Forderungskatalog des „Arbeitswissenschaftlichen Instituts" (AWI) der DAF, jener „größten und produktivsten ,Denkfabrik' des Dritten Reiches"312, die als ein am fordistischen und tayloristischen Modernisierungskonzept orientiertes „Zentrum sozialpolitischer und arbeitswissenschaftlicher Innovation"313 wirkte. Karl Heinz Roth hat das AWI auch als eine überaus produktive „interdisziplinäre Forschungsanstalt" bezeichnet, die im Rahmen des „gesamtgesellschaftlich orientierte[n] Rationalisierungsinstitut[es]" der DAF die heutige moderne Wissenschafts- und Forschungspraxis vorweggenommen habe.314 Michael Prinz' Ansicht nach evozierten die Planungen des AWI einen bemerkenswerten „Modemisierungsschub in der nationalsozialistischen Sozialprogrammatik".315 Die Gesellschaftsentwürfe dieses brain-trusts für die Nachkriegszeit, die Pläne für ein umfassendes „Sozialwerk des deutschen Volkes", orientierten sich in hohem Maße an modernen wohlfahrtsstaatlichen Modellen, die nach der Weltwirtschaftskrise in mehreren europäischen Staaten (so etwa in Schweden, Norwegen oder Großbritannien) diskutiert wurden.316 Die sich weitgehend mit Hitlers - indes vergleichsweise diffusen - sozialpolitischen Ideen deckenden Nachkriegspläne des AWI umfaßten in erster Linie Entwür-
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Vgl. Smelser, Robert Ley - Hitlers Mann an der .Arbeitsfront", S. 269. So Smelser in Anlehnung an das Urteil Schwerin von Krosigks: Smelser, Robert Ley - Hitlers Mann an der .Arbeitsfront", S. 160; vgl. auch ders., Robert Ley - Der braune Kollektivist, in: ders. u.a. (Hrsg.), Die braune Elite 1,4. aktual. Aufl. Dannstadt 1999 (zuerst 1989), S. 173-187. 311 Ders., Robert Ley - Hitlers Mann an der „Arbeitsfront", S. 258f., 300. 3,2 Ders., Sozialplanung der DAF, S. 72. 313 Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 56; vgl. auch Prinz, Mittelstand, S. 311. 314 Roth, Intelligenz und Sozialpolitik, S. 121, 131; vgl. ebd., bes. S. 141, 187ff.; kritisch gegenüber der marxistisch disponierten Deutung Roths: Hachtmann, Industriearbeiterschaft und Rationalisierung, S. 250. 315 Prinz, Soziale Funktion, S. 319; vgl. auch Thamer, Nationalsozialismus, S. 427; Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 241ff. 316 Vgl. Marie-Luise Recker, Nationalsozialistische Sozialpolitik im Zweiten Weltkrieg, München 1985, S. 82-145; vgl. auch Schulz, Diskussion über Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik, S. 118; vgl. femer Tim Tilton, The Political Theory of Swedish Social Democracy, Oxford 1990. 310
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fe zu einer reichseinheitlichen Lohnordnung nach der Formel „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit", Konzepte zu einer Bildungspolitik, die sowohl eine lebenslange Höherqualifizierung ermöglichte (begleitet durch Begabtenförderung, Eignungstests und Umschulungen) als auch einen Abstieg bei mangelnder Leistungsfähigkeit nicht ausschloß, sowie Ideen zu der Einrichtung einer flächendeckenden Präventivmedizin bzw. einer „Gesundheitsvorsorge". Die Planungen des AWI sahen vor, die Bindung des Patienten an den ihn behandelnden Arzt zu stärken und den betriebsärztlichen Dienst auszubauen317, galt doch der kranke Mensch im Sinne der NS-„Leistungsmedizin" vorwiegend als „Störfaktor im geordneten Ablauf der Produktion". 18 Außerdem sollte sich jeder „Volksgenosse" „alle vier oder fünf Jahre" mit Hilfe eines „Erholungswerkes" regenerieren: „Genauso wie man einen Motor periodisch überholt, muß auch der Mensch periodisch überholt werden."319 Von dieser stärkeren Gewichtung des Vorsorge- gegenüber dem Versicherungsgedanken versprach man sich naturgemäß auch eine erhebliche Entlastung der Sozialversicherungen.320 Darüber hinaus befaßte sich das „Sozialwerk" mit Fragen der Altersversorgung wie auch des sozialen Wohnungsbaus321 und bildete Smelser und Hans Günter Hockerts zufolge gleichsam das nationalsozialistische Pendant zum englischen Beveridge-Plan.32 Hockerts' Ansicht nach wollte Robert Ley - „in gewisser Weise [...] der deutsche William Beveridge" - „die gesamte Bevölkerung in ein einheitliches Sicherungssystem einbeziehen" und „eine die basic needs dekkende Einheitsrente für alle" einführen.323 Auch wenn ein solcher Vergleich aus manchen Gründen kritisiert werden kann324, ist es durchaus möglich, in dem „Sozialwerk" einen „NS-spezifischen 317 Vgl. Frese, Betriebspolitik, S. 356-361; Smelser, Sozialplanung der DAF, S. 78f.; vgl. auch Geyer, Soziale Sicherheit, S. 395; Süß, Gesundheitspolitik, S. 75. Von moderneren Unternehmen waren bereits Betriebsärzte eingestellt worden, welche die DAF nunmehr unter ihre Kontrolle zu bringen und mit deren Hilfe sie auf die gesundheitspolitischen Maßnahmen im Betrieb Einfluß zu gewinnen suchte (vgl. etwa Homburg, Rationalisierung und Industriearbeit, S. 595f.; vgl. dazu auch Süß, „Volkskörper" im Krieg, bes. S. 264ff.). 318 A. Marcus, Die Wirtschaftlichkeit betrieblicher Gesundheitsfuhrung, in: Zentralblatt für Gewerbehygiene und Unfallverhütung, N.F. 18 (1941), S. 113-119, hier: S. 116f.; vgl. auch Norbert Frei, Einleitung, in: ders. (Hrsg.), Medizin und Gesundheitspolitik in der NS-Zeit, München 1991, S. 7-32, hier: S. 10f.; ders., Führerstaat, S. 167; Karl-Heinz Karbe, Der gewerbeärztliche Dienst 1933-1945, in: 1999 11 (1996), H. 4, S. 86-104, hier bes.: S. 86f.; Ulrich Knödler, Von der Reform zum Raubbau, in: Frei (Hrsg.), Medizin und Gesundheitspolitik, S. 1 Π Ι 36; Süß, Gesundheitspolitik, S. 75. 319 Robert Ley, „Saarower Protokolle" vom 17.1.1941, zitiert nach Recker, NS-Sozialpolitik, S. 123; vgl. Smelser, Sozialplanung der DAF, S. 78; Süß, „Volkskörper" im Krieg, S. 257; vgl. dazu ausführlich auch Karl-Heinz Roth, Public Health - Nazi Style, in: 1999 10 (1995), H. 2, S. 13-56. 320 Vgl. Geyer, Soziale Sicherheit, S. 394f. 321 Vgl. dazu unten, S. 171f. 322 Vgl. Hockerts, Sicherung im Alter, S. 309; ders., Deutsche Nachkriegssozialpolitik vor dem Hintergrund des Beveridge-Plans, in: Wolfgang J. Mommsen/Wolfgang Mock (Hrsg.), Die Entstehung des Wohlfahrtsstaates in Großbritannien und Deutschland 1850-1950, Stuttgart 1982, S. 325350, hier: S. 330; Smelser, Robert Ley - Hitlers Mann an der „Arbeitsfront", S. 269ff., 300f.; ders., Sozialplanung der DAF, S. 73, 76; vgl. auch Geyer, Soziale Sicherheit, S. 398f.; Sachse, Siemens, S. 65ff.; Teppe, Sozialpolitik des Dritten Reiches, S. 237-249 mit Anm. 257. 323 Hockerts, Sicherung im Alter, S. 309. 324 So sollte eine derartige Analogie nicht verdecken, daß das Versorgungswerk „ebenso konstitutive wie integrale Elemente einer regimespezifischen Entrechtung" und „einer Schwächung der Rechtsposition der Leistungsempfanger" enthielt (Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 63; vgl.
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Seitenstrang" der angloamerikanischen social-security-?Togcamme des Zweiten Weltkriegs zu erblicken.325 So enthielt es neben erheblichen Leistungsverbesserungen „egalisierende Momente von einiger Radikalität".326 Vorgesehen war unter anderem ein einheitliches, leistungsbezogenes und steuerfinanziertes „Altersversorgungswerk", wobei sich die Rente am bisherigen Einkommen des „Volksgenossen" orientieren und nach einer fiktiven Altersgrenze dynamisieren sollte.327 So beinhaltete das „Altersversorgungswerk" laut Martin Broszat durchaus „Grundgedanken [...], die später wiederkehrten und die Sozialversicherungs-Gesetzgebung der Bundesrepublik in den fünfziger Jahren zu einer bedeutenden Errungenschaft machten".328 Als „abschließende Belohnung für die Rentner und Invaliden"329 der „Volksgemeinschaft" gedacht, sollte das Versorgungswerk alle „Volksgenossen" umfassen, unabhängig von der Herkunft und dem früher ausgeübten Beruf. Darüber hinaus war es nach dem Prinzip „Arbeit geht vor Versorgung" konzipiert; d.h. während die Rente als soziale Grundsicherung ein bescheidenes, wenn auch hinreichendes Auskommen gewährte, sollte mit ihr niemand besser leben können als jemand, der arbeitete (so daß in dem Rentenwerk zugleich ein Anreizsystem zum Weiterarbeiten eingebaut war). Hier wurde der moderne Gedanke einer schrittweisen Pensionierung mit der - dem westlichen Kapitalismus nicht unähnlichen Leistungsideologie des Nationalsozialismus verbunden: Ein Mensch besaß nur insofern einen Wert, als er ein produktives, leistungsfähiges Mitglied der Gesellschaft war. Nach der Maxime „Leistung - nach Berechtigung!" wurde nur dem tüchtigen deutschen, d.h. dem nach leistungsbezogenen und rassenhygienischen Gesichtspunkten berechtigten Arbeiter und Angestellten eine Altersversorgung gewährt. 30 Smelser weist überdies auf die außenpolitische Dimension der Sozialplanungen der DAF hin. Die gesellschaftliche Revolution im „Dritten Reich" konnte kaum innerhalb der Grenzen des überkommenen Nationalstaats vollzogen werden; Osteuropa wurde als Bestandteil einer modernen industriellen Großraumwirtschaft in die
Eisner, „...in gewisser Hinsicht war Robert Ley der deutsche William Beveridge", S. 85; vgl. auch Michael Burleigh/Wolfgang Wippermann, The Racial State, 2. Aufl. Cambridge 1992 [zuerst 1991], S. 294f.; Karl Heinz Roth, Revisionistische Tendenzen in der historischen Forschung über den deutschen Faschismus, in: Johannes Klotz/Ulrich Schneider [Hrsg.], Die selbstbewußte Nation und ihr Geschichtsbild, Köln 1997, S. 31-64, hier: S. 39f.; ders., Intelligenz und Sozialpolitik, S. 13; Schulz, Diskussion über Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik, S. 117; zu der negativen Beurteilung des Beveridge-Plans im „Dritten Reich" vgl. überdies Karsten Linne, „Die Utopie des Herrn Beveridge", in: 1999 8 [1993], H. 4, S. 62-82, hier bes.: S. 68-82). 325 Hockerts, Einführung, S. 9; vgl. ders., Vorsorge und Fürsorge, S. 226; vgl. auch Schulz, Diskussion über Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik, S. 116f. 326 Schulz, Diskussion über Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik, S. 117. 327 Vgl. Weisbrod, Schein der Modernität, S. 238; vgl. auch Geyer, Soziale Sicherheit, S. 398; Roth, Intelligenz und Sozialpolitik, S. 12; Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 63. 328 Martin Broszat, Plädoyer für eine Historisierung des Nationalsozialismus, in: ders., Nach Hitler, hrsg. von Hermann Graml u. Klaus-Dietmar Henke, München 1986, S. 159-173 (zuerst 1985), hier: S. 171; dazu kritisch: Eisner, „...in gewisser Hinsicht war Robert Ley der deutsche William Beveridge", bes. S. 83f., 87ff.; vgl. auch Recker, NS-Sozialpolitik, S. 301; Prinz, National Socialism and Modernization, S. 49 mit Anm. 20. 329 Smelser, Sozialplanung der DAF, S. 82. 330 Vgl. Sachse, Siemens, S. 67; Smelser, Sozialplanung der DAF, S. 82ff.; ders., Robert Ley Hitlers Mann an der „Arbeitsfront", S. 300f.; vgl. auch Linne, „Die Utopie des Herrn Beveridge", S. 64; Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 95f.
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Sozialplanungen der DAF mit einbezogen. Der durch eine rassenideologisch motivierte Expansion zu okkupierende „Lebensraum" im Osten sollte den gewaltigen Sozialplänen im Inneren des „Altreiches" eine materielle Basis verschaffen, sollte also „letzten Endes die teuren Sozialpläne finanzieren, die von den Vordenkern des AWI für das deutsche Volk ausgebrütet wurden".331 So war der erfolgreich geführte Krieg „die Bedingung für eine umfassende Sozialpolitik", wie auch Martin H. Geyer hervorhebt. 32 Smelsers Ansicht nach läßt diese rassenideologische Einbettung die sozialplanerischen Maßnahmen der DAF als „rückständig, nicht fortschrittlich" erscheinen. Zu einem solchen Ergebnis kommt er jedoch nur unter der Bedingung, daß heute geltende Maßstäbe der westlichen Zivilisation anzulegen seien. An anderer Stelle konstatiert er, daß „im Kontext des Imperialismus [...] das NSRegime - an seinen eigenen Kategorien gemessen - modern [war]".333 In sozialplanerischer Hinsicht habe das „Dritte Reich" „als Brücke zwischen Weimar und Bonn fungiert";334 das „Sozialwerk" des AWI könne grosso modo als Vorbild für einen leistungsorientierten - wenngleich anti-demokratischen - „Sozialstaat" gelten.335 Mag man eine solche Brückenfunktion der DAF-Projekte auch bezweifeln336, so läßt sich doch mit Lutz Raphael zumindest festhalten, daß die „Expertenstäbe aus den Sozialverwaltungen und Ministerien der NS-Zeit [...] die sozialpolitischen Weichenstellungen der unmittelbaren Nachkriegszeit wesentlich mitbestimmten".337 Mit einer etwas anderen Akzentuierung als Smelser betont Marie-Luise Recker die Einbettung der sozialpolitischen Planungen in eine .„radikal antimoderne Zielsetzung' [(Thomas Nipperdey); R.B.] des Nationalsozialismus", der „beabsichtigten Umgestaltung des eroberten .Lebensraums' im Sinne einer rassischen Neuordnung". Während Recker zahlreichen Elementen der NS-Sozialpolitik eine modernisierende Wirkung zuschreibt, hebt sie als entscheidendes Ziel aller sozialpolitischen Maßnahmen und Zukunftsprojekte der DAF die politische und psychologische Stabilisierung der „Heimatfront" sowie die „Steigerung der kriegswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" hervor.338 Martin H. Geyer dagegen vertritt die Auffassung, daß die Sozialpläne der DAF „mehr als nur eine geschickt eingesetzte Strategie zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung" gewesen seien; er sieht in ihnen den
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Smelser, Sozialplanung der DAF, S. 89; vgl. auch Karsten Linne, Die „innere Front", in: ZfG 43 (1995), S. 15-26, hier: S. 24,26. 332 Geyer, Soziale Sicherheit, S. 393. 333 Smelser, Sozialplanung der DAF, S. 89,92. 334 Ebd., S. 82; vgl. ders., Robert L e y - Hitlers Mann an der .Arbeitsfront", S. 15, 301. 335 Vgl. ders., Robert Ley - Hitlers Mann an der .Arbeitsfront", S. 300f. 336 Andere Historiker sehen in dem „Sozialwerk" eher ein „Orwellsches Überwachungskonzept zur sozialen Reglementierung und rassischen Selektion" (Könke, „Modernisierungsschub", S. 590; vgl. etwa Roth, Intelligenz und Sozialpolitik; Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 95f.). 337 Raphael, Experten im Sozialstaat, S. 251. Auch der als Alternative zu den DAF-Plänen von dem Präsidenten der Reichsknappschaft, Reinhard Jakob, konzipierte Entwurf einer Sonderversicherung filr Bergarbeiter - der freilich weitgehend den Maßstäben der traditionellen deutschen Sozialversicherung folgte - hatte offenbar Einfluß auf die sozialpolitischen Reformen nach 1945 (vgl. Geyer, Soziale Sicherheit, S. 400f.; ders., Die Reichsknappschaft, München 1987, S. 333-373). 338 Recker, NS-Sozialpolitik, S. 300; vgl. ebd., S. 153f., 291, 299ff.; dies., Sozialpolitik im Dritten Reich, S. 265f.; vgl. auch Geyer, Soziale Sicherheit, S. 399; Schulz, Diskussion über Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik, S. 117f.; Süß, „Volkskörper" im Krieg, S. 256f.; zur Kritik an Reckers Habilitationsschrift vgl. Hachtmann, Industriearbeiterschaft und Rationalisierung, S. 253.
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„Versuch, die Sozialpolitik auf eine neue Grundlage zu stellen". Gewiß war das Engagement des NS-Regimes in der Sozialpolitik „nicht hauptsächlich von sozialstaatlichen Intentionen geprägt, sondern von dem Wunsch nach totalitärer Indienstnahme und Beherrschung". In den Vorstellungen des NS-Regimes über die Sozialpolitik der Nachkriegszeit lassen sich aber dennoch „wichtige Tendenzen der Modernisierung im 20. Jahrhundert erkennen", nämlich „politisch-administrative Zentralisierung, bürokratische Vereinheitlichung und Ökonomisierung bzw. funktionale Differenzierung". 340 Die Relevanz der sozialpolitischen Entwürfe des AWI ist indes von einigen Historikern bezweifelt worden.341 So habe das Institut weder innerhalb noch außerhalb der DAF über Weisungsbefugnisse verfügt und unter den miteinander konkurrierenden Machtgruppierungen im „Dritten Reich" „eine nur sehr marginale Rolle" gespielt.342 Vor diesem Hintergrund liegt die Bedeutung der Schriften des AWI wohl eher darin, daß das Institut oftmals Vorstellungen aufgriff, die sich im Tagesgeschäft der anderen DAF-Ämter in Auseinandersetzung mit sozial- und arbeitspolitischen Problemen entwickelt hatten.343 Sind manche Historiker der Ansicht, daß die nationalsozialistischen Gesellschaftsentwürfe des AWI in ihrer „Unwirklichkeit" „nur die Dekomposition des Systems im Untergang" widerspiegelten und sich lediglich als „ideologisches Spielmaterial" einer Expertenkultur ausnähmen, die sich „zwar als überlebensfähig, aber nicht als modernisierungsfähig erwiesen" habe344, so plädieren andere dafür, Wert und Aussagekraft dieser Zukunftsprojekte nicht zu unterschätzen. Wenngleich sich viele der DAF-Pläne im Äther der Propaganda verflüchtigten, so mobilisierten sie doch zumindest „Erwartungen bis hin zur Veränderung gesellschaftlicher Normen".345 Die Realisierung der DAF-Projekte setzte zudem ein noch um vieles gesteigertes Industrialisierungs- und Rationalisierungstempo voraus, so daß sie mitunter durchaus als Motor gesellschaftlichen Wandels wirken konnten. Ohne gewaltige Produktivitätsüberschüsse hätte sich beispielsweise das von dem AWI propagierte Rentenkonzept nicht finanzieren lassen.346 Während des Krieges schuf die DAF im übrigen bereits den institutionellen Rahmen für die Verwirklichung ihrer arbeits- und gesundheitspolitischen Plä-
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Geyer, Soziale Sicherheit, S. 383. Schulz, Diskussion Uber Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik, S. 122. 341 Vgl. z.B. Könke, „Modernisierungsschub", S. 590f. 342 Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 96. 343 Vgl. ebd., S. 96f. 344 Weisbrod, Schein der Modernität, S. 239. 345 Prinz, Soziale Funktion, S. 322; vgl. Schulz, Diskussion über Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik, S. 117f. 346 Vgl. Prinz, Soziale Funktion, S. 319. 347 Vgl. Frese, Betriebspolitik, S. 356-361; Hachtmann, Deutsche Arbeitsfront, S. 86f.; Smelser, Sozialplanung der DAF, S. 78f.; Süß, „Volkskörper" im Krieg, S. 258ff.; vgl. auch Geyer, Soziale Sicherheit, S. 395; Süß, Gesundheitspolitik, S. 75. 340
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e) Familie und Stellung der Frau Einen bedeutenden Stellenwert in der nationalsozialistischen Gesellschaftspolitik nahm die Familienpolitik ein, die zugleich integraler Bestandteil der Rassen- und Bevölkerungspolitik des NS-Regimes war. Ebenso wie die meisten anderen gesellschaftspolitischen Bereiche war die Familienpolitik gewissermaßen die „Fortsetzung der Rassenpolitik mit anderen Mitteln" 48 und stellte wohl „den historisch ersten Versuch eines Herrschaftssystems" dar, „das generative Verhalten der Bevölkerung systematisch mit Mitteln zentralstaatlicher Bevölkerungspolitik zu manipulieren".349 So erweiterte das NS-Regime durch das Hilfswerk „Mutter und Kind" (MuK) - neben dem WHW die zweite große Suborganisation der NSV - das Netz der Familienberatungsstellen in erheblichem Maße und namentlich in den bislang unterversorgten ländlichen Gebieten. Es weitete die Maßnahmen und Leistungen der Mütter- und Säuglingsfürsorge aus, trieb den Prozeß der Medikalisierung von Schwangerschaft, Geburt und Kinderpflege voran, bot Erholungsmaßnahmen für Mütter und Kinder an und förderte den Ausbau von Kindergärten und Kindertagesstätten in beträchtlichem Umfang. All dies sowie die Gewährung von Ehestandsdarlehen, mit denen man sich aus der „demographische[n] Zange" einer befürchteten Verringerung der Arbeitsbevölkerung zugunsten „unproduktiver" Bevölkerungsteile zu befreien suchte350, waren zwar kaum originär zu nennende Maßnahmen, da sie größtenteils bereits in den zwanziger Jahren, der ,,eigentliche[n] innovatorische[n] Epoche deutscher Sozial- und Fürsorgepolitik", entwickelt worden waren. Doch betrieb das NS-Regime in diesem Bereich „mit großem Aufwand und unbestreitbarem Erfolg eine Wohlfahrtspolitik, die seine überwiegend negative Rhetorik vor 1933 Lügen strafte", wie Michael Prinz betont.35' Günther Schulz' Auffassung nach war die NS-Herrschaft in der Einführung neuer Sozialleistungen für Familien und Frauen sogar durchaus „innovativ", wobei sie auch „langfristig die Etablierung der Frauen- und Familienpolitik als eigenständigen Bereich der Sozialpolitik [begünstigte]".352 Nach 1933 führte man einen von fürsorgerischen Bedürftigkeitsprüfungen weitgehend entkoppelten Familienlastenausgleich ein, dessen staatliche Kinderbeihilfen „in qualitativer und quantitativer Hinsicht [...] eine wesentliche und fortdauernde Sozialleistungsinnovation des
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Claus Mühlfeld/Friedrich Schönweiß, Nationalsozialistische Familienpolitik, Stuttgart 1989, S. 12. 345 Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 182; vgl. auch Lisa Pine, Nazi Family Policy 1933-1945, Oxford/New York 1997; dies., Women and the Family, in: Panayi (Hrsg.), Weimar and Nazi Germany, S. 199-217. 350 Vgl. Süß, Gesundheitspolitik, S. 74. 351 Prinz, Wohlfahrtsstaat, Modernisierung und Nationalsozialismus, S. 55; vgl. Gabriele Czarnowski, Familienpolitik als Geschlechterpolitik, in: Otto/Sünker (Hrsg.), Soziale Arbeit und Faschismus, S. 243-267, hier: S. 249f., 255ff.; Hammerschmidt, Wohlfahrtsverbände, S. 401-418, 465ff., 4 8 I f f . ; Hansen, Wohlfahrtspolitik, S. 47, 170ff., 220ff., 300ff.; Timothy W. Mason, Women in Germany 1925-1940, in: ders., Nazism, Fascism and the Working Class, S. 131-211 (zuerst 1976), hier. S. 162-171; Mühlfeld/Schönweiß, NS-Familienpolitik, S. 201; Pine, Nazi Family Policy, S. 23-38; Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 128ff., 166ff., 177ff., 252f.; Günther Schulz, Soziale Sicherung von Frauen und Familien, in: Hockerts (Hrsg.), Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit, S. 117-149, hier: S. 135f.; Vorländer, NSV, S. 62-76. 352 Schulz, Soziale Sicherung von Frauen, S. 134.
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Dritten R e i c h e s " waren. 3 5 3 Selbst in bevölkerungspolitisch ambitionierten Nachbarländern existierte n o c h „keine ähnliche Familienförderung". 3 5 4 D a s
NS-Regime
griff in g e w i s s e r W e i s e die Interessen der „deutschen Frau" auf, u m sie zugleich den e i g e n e n politischen und rassenbiologischen Zielen unterzuordnen. D a s oberste Leitbild der nationalsozialistischen Familienpolitik bildete die „erbgesunde, leistungswillige deutsche Familie". 3 5 5 Dabei war die NS-Frauenpolitik ebenso durch pronatalistische w i e durch antinatalistische Maßnahmen - d.h. durch Zwangsabtreibung und Zwangssterilisation - geprägt, die in der deutschen Geschichte g e w i ß „das eigentliche U n i k u m " darstellen. 3 5 6 D i e R o l l e der Frau i m „Dritten Reich" wird von der Forschung sehr unterschiedlich beurteilt: Hält Michael Prinz - ähnlich w i e Karlheinz Weißmann - die nationalsozialistische Frauenpolitik für durchaus modern 3 5 7 , s o sehen die meisten anderen Historiker w i e e t w a Ian Kershaw, Michael Burleigh oder W o l f g a n g Wippermann das „Dritte R e i c h " v o n e i n e m bürgerlichen A n t i f e m i n i s m u s durchsetzt 3 5 8 . D i e M e i n u n g e n gehen t e i l w e i s e derart stark auseinander, daß zeitweilig gar von e i n e m „Historikerinnenstreit" gesprochen wurde. 3 5 9 Während Jill Stephenson 3 6 0 und Leila
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Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 177; vgl. auch Gisela Bock, Antinatalism, Maternity and Paternity in National Socialist Racism, in: David F. Crew (Hrsg.), Nazism and German Society 1933-1945, London/New York 1994, S. 110-140 (zuerst 1991), hier: S. 129; von Saldem, Gesellschaft und Lebensgestaltung, S. 134ff. 354 Mühlfeld/Schönweiß, NS-Familienpolitik, S. 204. 355 Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 130; vgl. Burleigh/Wippermann, Racial State, bes. S. 249f.; Hansen, Wohlfahrtspolitik, S. 156-160; Elizabeth D. Heineman, What Difference Does a Husband Make?, Berkeley u.a. 1999, bes. S. 17-43; Schnurr, Funktionalisierung sozialer Arbeit, S. 121ff.; Siegel, Leistung und Lohn, S. 98f. 356 Hockerts, Einfuhrung, S. 16; vgl. Gisela Bock, Zwangssterilisation im Nationalsozialismus, Opladen 1986; dies., Antinatalism; dies., Gleichheit und Differenz, S. 309; dies., Nationalsozialistische Geschlechterpolitik und die Geschichte der Frauen, in: Georges Duby/Michelle Perrot (Hrsg.), Geschichte der Frauen, Bd. 5, Frankfurt a.M./New York 1995, S. 173-204, hier bes.: S. 176, 197; dies., Frauen in der europäischen Geschichte, München 2000, S. 281ff. 357 Vgl. Prinz, Soziale Funktion, S. 303; Karlheinz Weißmann, Der Weg in den Abgrund, Berlin 1995, S. 181ff.; kritisch gegenüber Prinz: Michael Schneider, Nationalsozialismus und Modernisierung?, in: AfS 32 (1992), S. 541-545, hier: S. 544. 358 Vgl. Burleigh/Wippermann, Racial State, bes. S. 242f.; dies., Das Dritte Reich, in: Werner Röhr (Hrsg.), Faschismus und Rassismus, Berlin 1992, S. 127-147, hier: S. 145; Kershaw, NS-Staat, S. 269; vgl. auch Thamer, Nationalsozialismus, S. 260,265. 359 Gisela Bock, Ein Historikerinnenstreit?, in: GG 18 (1992), S. 400-404. Der „Historikerinnenstreit" bezog sich allerdings weniger auf die Modernisierungsfrage als auf die Verortung einer spezifisch weiblichen Schuld am Holocaust (vgl. dazu insbesondere Ann Taylor Allen, The Holocaust and the Modernization of Gender, in: CEH 30 [1997], S. 349-364; Angelika Ebbinghaus [Hrsg.], Opfer und Täterinnen, Frankfurt a.M. 1996; Sybil Milton, Women and the Holocaust, in: Renate Bridenthal u.a. [Hrsg.], When Biology became Destiny, New York 1984; Dalia Ofer/Lenore J. Weitzman [Hrsg.], Women in the Holocaust, New Haven/London 1998; Dagmar Reese, Frauen im Nationalsozialismus, in: Christa Berg/Sieglind Ellger-Rüttgardt [Hrsg.], „Du bist nichts, Dein Volk ist alles", Weinheim 1991, S. 59-73; Adelheid von Saldern, Victims or Perpetrators?, in: Crew [Hrsg.], Nazism and German Society 1933-1945, S. 141-165; einen konzisen Forschungsbericht zu der Rolle der Frau im „Dritten Reich" im allgemeinen liefern Jürgen Chamitzky, Donne e nazionalsocialismo, in: Studi Storici 38 [1997], S. 655-667; Birthe Kundrus, Frauen und Nationalsozialismus, in: AfS 36 [1996], S. 481-499; dies., Widerstreitende Geschichte, in: NPL 45 [2000], S. 67-92; Carola Sachse, Frauenforschung zum Nationalsozialismus, in: Mittelweg 36 6 [1997], H. 2, S. 24-33; vgl. auch Hildebrand, Drittes Reich, S. 237f.). 360 Jill Stephenson, Women in Nazi Society, London 1975.
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Rupp361 die nationalsozialistische Frauenpolitik als eine inkonsistente Melange aus Tradition und Modernität bezeichnen362, scheinen Autorinnen wie Renate Wiggershaus363, Annette Kuhn, Valentine Rothe364 oder Rita Thalmann365 in der NS-Zeit im wesentlichen eine weitere Station in der langen Geschichte der Unterdrückung der Frau zu erblicken366. Für Tim Mason stellte der Nationalsozialismus in seiner antifeministischen und anti-emanzipatorischen Ideologie „the most repressive and reactionary of all modern political movements" dar. Allerdings erblickte er in der Familienpolitik des „Dritten Reiches" zugleich „a peculiarly extreme form [...] of modem industrial and bureaucratized societies".367 Claudia Koonz hingegen sieht die Frauen im „Dritten Reich" weniger in einer Opferrolle denn als aktiv (im Sinne Hitlers) handelnde Mitglieder der „Volksgemeinschaft". Die nationalsozialistische Auffassung von der Rolle der Frau jedoch, so meint auch Koonz, sei weitgehend von traditionellen Mustern geprägt gewesen.368 Im Gegensatz dazu ist Gisela Bock davon überzeugt, daß das NS-Regime in seiner rassistischen, väterzentrierten, primär antinatalistischen - gleichwohl modernen - Geburtenpolitik keineswegs Häuslichkeit, Mütterlichkeit oder andere traditionelle Bilder der Geschlechterbeziehung favorisiert habe.369 Bock zufolge unterschied sich der Antifeminismus des NS-Regimes zudem nur „graduell von der Frauendiskriminierung vor 1933, nach 1945 und in anderen Ländern". So sei die Ungleichheit „innerhalb der Geschlechter [...] unzweifelhaft dramatischer" gewesen „als zwischen den Geschlechtern".370 Elizabeth Tobin und Jennifer Gibson betonen ferner, daß viele junge Frauen weniger von der Glorifizierung traditioneller Mütterlichkeit als vielmehr von den neuen, durch das NS-Regime eröffneten Möglichkeiten in der Berufswelt angezogen worden seien.371 Schon David Schoenbaum hat darauf hingewiesen, daß sich für Frauen „unter dem Druck des totalitären Staates und dem Einfluß zunehmender Industrialisierung [...] ein neuer Status von relativer Gleichberechtigung, wenn auch nicht im herkömmlichen Sinne" ergeben habe. Während der Nationalsozialismus (besonders in der Zeit vor 1933) von einer ausgeprägten Frauenfeindlichkeit, einer anti-emanzipatorischen Festlegung der „deut-
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Leila J. Rupp, Mobilizing Women for War, Princeton 1978. Ähnlich auch: Pine, Nazi Family Policy, S. 3, 180. Stephenson stellt hier vor allem auf den Widerspruch zwischen der ideologischen Glorifizierung der häuslichen Rolle und der tatsächlichen Durchdringung vieler Berufe durch weibliche Angestellte und Arbeiter ab (vgl. Stephenson, Women in Nazi Society, S. 185-199). 363 Renate Wiggershaus, Frauen unterm Nationalsozialismus, Wuppertal 1984. 364 Annette Kuhn/Valentine Rothe, Frauen im deutschen Faschismus, 2 Bde., Düsseldorf 1984. 365 Rita Thalmann, Frausein im Dritten Reich, München/Wien 1984 (franz. 1981). 366 So die Ansicht von Allen, Holocaust and Modernization of Gender, S. 355f.; vgl. auch von Saldem, Victims or Perpetrators, S. 143. 367 Mason, Women in Germany, S. 132, 206; vgl. auch Heinrich August Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, München 2000, S. 29. 368 Vgl. Claudia Koonz, Mütter im Vaterland, Freiburg i.Br. 1991 (am. 1986), bes. 15-36,423-457. 369 Vgl. Bock, Zwangssterilisation, S. 462, 465; dies., Antinatalism, S. U2f., 120, 124f., 129, 133f.; dies., Der Nationalsozialismus und die Frauen, in: Sösemann (Hrsg.), Nationalsozialismus und deutsche Gesellschaft, S. 188-209, hier: S. 195f., 209. 370 Dies., Gleichheit und Differenz, S. 307f. (Hervorhebungen im Original); vgl. auch ebd., S. 279ff. 371 Vgl. Elizabeth H. Tobin/Jennifer Gibson, The Meanings of Labor, in: CEH 28 (1995), S. 301342, hier bes.: S. 314, 339f.; vgl. auch Nolan, Work, Gender and Everyday Life, S. 331; Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 258.
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sehen Frau" auf Heim und Herd, auf ihre „naturgegebene" Rolle als Gebärerin gekennzeichnet gewesen sei, sei .jeglicher Statusverlust" kompensiert worden durch „bessere berufliche Möglichkeiten" und großzügigere Sozialleistungen für Mütter.372 Freilich kann die Tatsache, daß Frauen mitunter in den Genuß neuer Karrierechancen kamen (oftmals ganz vergleichbar mit der Entwicklung in anderen westlichen Ländern zu jener Zeit), nicht als Indiz dafür gelten, daß der Nationalsozialismus tatsächlich emanzipatorischen Idealen folgte: „Advancement in careers does not necessarily fulfill the normative goal of feminism", so hat Ann Taylor Allen konstatiert, die unter dem Hinweis auf die Unterdrückung sämtlicher feministischer Organisationen durch die NS-Herrschaft hinzufügt, daß „women's energy and ambition was instrumentalized in the service of one of the most brutally malesupremacist regimes ever known to history".373 Nach Elizabeth Harvey kann auch die Übertragung von politischer und beruflicher Verantwortung an „reichsdeutsche" Frauen im okkupierten Polen kaum als „authentische Emanzipation im Sinne von weiblicher Freiheit und Selbstbestimmung gelten", wenngleich nicht wenigen dieser „privilegierten" Frauen die ihnen gewährte „Autonomie und Macht im Rahmen des NS-Systems" vielleicht als eine solche erschien.374 Mit Mary Nolan läßt sich überdies festhalten, daß Frauen im „Dritten Reich" „significant influence on social welfare and family policy within the vast Nazi women's organisations" ausübten.375 Prima vista scheint demnach die Entwicklung der Stellung der Frau im „Dritten Reich" die ältere These von der „Modernisierung wider Willen" zu stützen. Eine einheitliche spezifische NS-Frauenideologie läßt sich indes kaum ausmachen. Das nationalsozialistische Frauenbild, so schreiben Christoph Sachße und Florian Tennstedt, war „ambivalent, unpräzise und wenig originell".376 Die „Volksgemeinschaft" insgesamt, so hat es Paul Nolte auf den Punkt gebracht, war freilich „eine sehr explizit männlich-chauvinistische Gemeinschaft".377 Nach Dagmar Reese traten im 372
David Schoenbaum, Die braune Revolution, Neuausg. Köln 1999 (am. 1966), S. 219. Allen, Holocaust and Modernization of Gender, S. 360; vgl. auch Jill Stephenson, Modernization, Emancipation, Mobilization, in: Larry Eugene Jones/James Retallack (Hrsg.), Elections, Mass Politics, and Social Change in Modem Germany, Washington 1992, S. 223-243. 374 Elisabeth Harvey, „Die deutsche Frau im Osten", in: AfS 38 (1998), S. 191-214, hier: S. 213; zu den emanzipatorischen Wirkungen des Krieges vgl. auch Werner Schubert, Die Stellung der Frau im Familienrecht und in den familienrechtlichen Reformprojekten der NS-Zeit, in: Ute Gerhard (Hrsg.), Frauen in der Geschichte des Rechts, München 1997, S. 828-850, hier: S. 849. 375 Nolan, Work, Gender and Everyday Life, S. 331; vgl. auch Jill Stephenson, The Nazi Organisation of Women, London 1981. 376 Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 189; vgl. auch Bock, Gleichheit und Differenz, S. 308; Susanna Dammer, Nationalsozialistische Frauenpolitik und soziale Arbeit, in: Otto/Sünker (Hrsg.), Soziale Arbeit und Faschismus, S. 269-287, hier: S. 272ff.; Michael H. Kater, Frauen in der NSBewegung, in: VfZ 31 (1983), S. 202-241, hier: S. 225ff.; Dagmar Reese, Emanzipation oder Vergesellschaftung, in: Otto/Sünker (Hrsg.), Politische Formierung und soziale Erziehung, S. 203225, hier: S. 211; Dagmar Reese-Nübel, Kontinuitäten und Brüche in den Weiblichkeitskonstruktionen im Übergang von der Weimarer Republik zum Nationalsozialismus, in: Otto/Sünker (Hrsg.), Soziale Arbeit und Faschismus, S. 223-241, hier bes.: S. 235; Schulz, Soziale Sicherung von Frauen, S. U9ff.; Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 247ff.; Dörte Winkler, Frauenarbeit im „Dritten Reich", Hamburg 1977, S. 28-33; vgl. femer Stefanie Poley (Hrsg.), Rollenbilder im Nationalsozialismus, Bad Honnef 1991; Leonie Wagner, Nationalsozialistische Frauenansichten, Frankfurt a.M. 1996; Irmgard Weyrather, Muttertag und Mutterkreuz, Frankfurt a.M. 1993. 377 Nolte, Ordnung der deutschen Gesellschaft, S. 194; vgl. auch Kundrus, Widerstreitende Geschichte, S. 84. 373
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Nationalsozialismus die „sinnlich emotionalen Momente der Mutter-KindBeziehung zurück gegenüber einem rationalisierten Verhältnis, in welchem Aspekte der Hygiene, der Pädagogik und Psychologie dominier[t]en", was „ein entleertes, auf Menschenproduktion angelegtes Verständnis von Mutterschaft" hervortreten ließ: Mütterlichkeit der technischen Zweckrationalität vollends unterordnend.378 Durch die auf den abstrakt gefaßten Begriff der Jugend rekurrierenden sowie Körperbeherrschung, Disziplin, Rationalität und Effizienz ins Zentrum rückenden, gleichsam geschlechtsneutralen, ja entsexualisierenden Erziehungstechniken des BDM förderte die NS-Herrschaft einerseits die „Modernisierung des weiblichen Lebenszusammenhangs". Andererseits aber mündete die Loslösung aus dem Traditionsverband der Familie meist in Vereinzelung und Entfremdung, so daß die NSHerrschaft die „gesellschaftliche Verfügbarkeit über Frauen und Mädchen" zu steigern vermochte. Der Nationalsozialismus machte sich das Emanzipationsstreben der Mädchen zunutze, „ohne daß damit [...] Emanzipation impliziert gewesen wäre": Selbständigkeitserfahrungen wurden möglich, ohne mit Selbstbestimmung einherzugehen. Der Rückschritt gegenüber dem emanzipativen Ideal der selbstbewußten „neuen Frau"379 der Weimarer Zeit scheint hier unübersehbar. In erster Linie versuchte das NS-Regime, Mädchen und Frauen zu reibungslos funktionierenden Teilen einer inhumanen Maschinerie zu formatieren - „mit einer verkümmerten Seele". So blieb die Familie zwar erhalten, doch war sie „nicht mehr der von Intimität erfüllte Bereich, in dem bürgerliche Subjektivität sich verwirklichen sollte"; wie die öffentliche, so wurde nun auch die private Sphäre von denselben „gesellschaftlichen Strategien einer fortgeschrittenen Moderne" penetriert.380 Das Charakteristische des nationalsozialistischen „Frauenbildes" - sofern man von einem solchen überhaupt sprechen kann - bestand weniger in dem Ideal des „Heimchens am Herd" als vielmehr in der Vorstellung von Ehe und Familie als 378
Reese-Nübel, Kontinuitäten und Brüche in Weiblichkeitskonstruktionen, S. 235; vgl. Reese, Emanzipation oder Vergesellschaftung, S. 212; dies., Straff, aber nicht stramm - herb, aber nicht derb, Weinheim/Basel 1989, S. 43ff.; vgl. auch Gudrun Brockhaus, Male Images and Female Desire, in: Moäemism/modernity 3 (1996), No. 1, S. 71-86, hier: S. 82f.; Czarnowski, Familienpolitik als Geschlechterpolitik, S. 250; dies., „The Value of Marriage for the Volksgemeinschaft, in: Bessel (Hrsg.), Fascist Italy and Nazi Germany, S. 94-112, hier: S. 95; Ina Paul-Horn, Faszination Nationalsozialismus?, Pfaffenweiler 1993, S. 132ff.; Carola Sachse, „Rationalisierung des Privatlebens", in: Otto/Sünker (Hrsg.), Politische Formierung und soziale Erziehung, S. 226-250, hier: S. 240f.; vgl. femer Bridenthal/Grossmann/Kaplan, Biology Became Destiny. 379 Vgl. dazu Reese-Nübel, Kontinuitäten und Brüche in Weiblichkeitskonstruktionen; vgl. auch Walter Fähnders, Avantgarde und Moderne 1890-1933, Stuttgart/Weimar 1998, S. 239ff.; Lucian Hölscher, Die Entdeckung der Zukunft, Frankfurt a.M. 1999, S. 180-183. 380 Reese, Emanzipation oder Vergesellschaftung, S. 212, 220f.; Reese-Nübel, Kontinuitäten und Brüche in Weiblichkeitskonstruktionen, S. 235; vgl. Reese, Straff, aber nicht stramm, S. 58f., 68ff., 83f., 90, 95, 230ff.; vgl. auch Bock, Nationalsozialismus und Frauen, S. 190f.; Brockhaus, Male Images, S. 73ff.; Paul-Hom, Faszination, S. 27f., 121 ff., 146; Pine, Nazi Family Policy, S. 47-58, 181 ff.; von Saldern, Victims or Perpetrators, S. 145-151; zum Einflußdes Rundfunks auf die „soziale Rationalisierung" sowie auf das Rollenverständnis der Frau vgl. Kate Lacey, Feminine Frequencies, Ann Arbor 1996; dies., Driving the Message Home, in: Lynn Abrams/Elizabeth Harvey (Hrsg.), Gender Relations in German History, London 1996, S. 189-210; Daniela Münkel, Produktionssphäre, in: Marßolek/von Saldern (Hrsg.), Zuhören und Gehörtwerden, S. 45-128, hier: S. 105-116; Pater, Rundfunkangebote, S. 166-172, 239ff.; zum BDM vgl. auch Birgit Jürgens, Zur Geschichte des BDM (Bund Deutscher Mädel) von 1923 bis 1939, 2. Aufl. Frankfurt a.M. u.a. 1996 (zuerst 1994); Martin Klaus, Mädchen im Dritten Reich, 3. aktual. Aufl. Köln 1998 (zuerst 1983), hier bes.: S. 199ff.
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Leistungsgemeinschaft, in der eine „.artgemäße' häusliche und außerhäusliche Arbeitsteilung" herrschte.381 Nach Gabriele Czamowski war „die Ehe- und Sexualpolitik im Nationalsozialismus nicht rückwärtsgewandt, reaktionär oder konservativ [...], sondern ganz im Gegenteil höchst modern", setzte doch das NS-Regime „in spezifischer Weise" weitgehend das fort, „was etwa um die Jahrhundertwende begonnen wurde: die sozialpolitische Einflußnahme und Kontrolle von Experten auf die soziale und sexuelle Geschlechtergemeinschaft Ehe".382 „The biologisation and medicalisation of marriage in combination with bureaucratic access to the body", so läßt sich Czamowski ein, „created the preconditions for a basically unlimited scientific and administrative restriction of individual liberties".383 „Das, was auf den ersten Blick als rückwärtsgewandt erscheint]", so resümiert Ute Frevert, „entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Element einer zukunftsorientierten politischen Vision, die sich auf moderne wissenschaftliche Erkenntnisse [...] berief und sich zu ihrer Durchsetzung modernster Methoden bediente".384 Was die Ansichten der Nationalsozialisten über die weibliche Erwerbstätigkeit betrifft, so ließen sich durchaus auch fortschrittlichere Töne vernehmen. Während Goebbels „den ersten, besten und [...] gemäßesten Platz" der Frau „in der Familie" sah, hielt er eine Verdrängung von Frauen aus dem Berufsleben für einen „aberwitzigen Gedanken"385, weil dies „zu den katastrophalsten menschlichen und politischen Folgen führen" 386 würde. Dörte Winkler meint dazu, daß Goebbels „den mit der Industrialisierung einhergegangenen Wandel der Arbeits- und Gesellschaftsstruktur gegenüber [...] anti-modernistischen Tendenzen in der Partei" tatsächlich verteidigt habe.387 Auch manche Planer des AWI scheinen die überkommene Klassifizierung der Tarifordnung, derzufolge Arbeiterinnen höchstens 60 bis 75 Prozent der Männerlöhne erhielten, abgelehnt zu haben, weil „diese Einteilung einer vergangenen Epoche angehöre, in der Frauen als billige Arbeitskräfte galten, denen Nahrung, Kleidung und Wohnung weniger Kosten verursachten als Männern". Nun 381
Czamowski, Familienpolitik als Geschlechterpolitik, S. 244; vgl. dies., „Value of Marriage", S. 95, lOOff. 382 Dies., Das kontrollierte Paar, Weinheim 1991, S. 15; vgl. auch Claus Mühlfeld, Rezeption der nationalsozialistischen Familienpolitik, Stuttgart 1992, S. 386. Dazu zählte auch die bevölkerungspolitisch motivierte Änderung des Eherechts, die Scheidungen zukünftig erleichtem sollte, wobei hier nach „rassischen", medizinischen und eugenischen Kriterien verfahren wurde (vgl. Czamowski, „Value of Marriage", S. 104-110; vgl. auch Heineman, What Difference Does a Husband Make?, S. 43; auf die Ambivalenzen der sexualreformerischen Weimarer Rationalisierungsbewegung, deren mögliche Konsequenzen - wie etwa eine „totale" biopolitische Kontrolle durch das spezifische politische Bedingungsgefuge der NS-Herrschaft zum Vorschein kamen, hat überdies Atina Grossmann hingewiesen, die freilich bei allen diskursiven Kontinuitäten vor allem die Brüche zwischen Weimarer Republik und „Drittem Reich" akzentuiert: dies., Reforming Sex, New York/Oxford 1995; sowie dies., Mutterschaft und Modernität, in: Katharina Pühl [Hrsg.], Geschlechterverhältnisse und Politik, Frankfurt a.M. 1994, S. 288-309 [zuerst 1993]). 383 Czamowski, „Value of Marriage", S. 112. 384 Ute Frevert, Frauen, in: Wolfgang Benz u.a. (Hrsg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus, Stuttgart 1997, S. 220-234, hier: S. 222; vgl. auch Mühlfeld/Schönweiß, NS-Familienpolitik, S. 268f. 385 Joseph Goebbels, Deutsches Frauentum - Eröffnungsrede zur Ausstellung „Die Frau" am 18. März 1933 in Berlin, in: ders., Signale der neuen Zeit, München 1934, S. 118-126, hier: S. U9ff. 386 Joseph Goebbels, Rede auf einer Gautagung der NS-Frauenschaft Groß-Berlin, in: NSFrauenwarte 2 (1934), S. 516f. 387 Winkler, Frauenarbeit, S. 48; vgl. femer Johanna Gehmacher, „Völkische Frauenbewegung", Wien 1998, S. 127ff.
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aber seien die Lebenshaltungskosten von Männern und Frauen durch Industrialisierung und Technisierung zu einem großen Teil nivelliert worden.388 Robert Leys Vorschlag jedoch, den Grundsatz „gleiche Bezahlung für gleiche Leistung" auch auf Frauen auszudehnen, lehnte Hitler kategorisch ab.389 Mit ihrer Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit scheint die DAF wohl „ihrer Zeit voraus" gewesen zu sein.390 Dabei drangen aus den Reihen der DAF auch durchaus traditionell anti-feministische Stimmen heraus, wie sich beispielsweise an der Begründung des AWI erkennen läßt, weshalb Frauen „grundsätzlich" für „die bis ins kleinste unterteilte und hier im besonderen für die Bandarbeit" prädestiniert seien: „Die schnell erlernbaren Handgriffe [...] binden die Frau mit geringer Denkbarkeit nur lose an die Arbeit und vor allem nur lose an den Sinn der Arbeit. Sie kann sich während der Arbeit mit ihren privaten und häuslichen Freuden und Sorgen beschäftigen".391 In ihren Resultaten, vor allem in ihren pronatalistischen Effekten blieb die nationalsozialistische Familienpolitik indes eher begrenzt. Zwar stieg die Zahl der Geburten nach 1933 gegenüber den Notjahren der Weltwirtschaftskrise merklich an (was allerdings in erster Linie als eine Reaktion auf die verbesserte Arbeitsmarktlage zu werten ist), so daß die bis 1933 als Folge des sozio-ökonomischen Wandels feststellbare Kleinhaltung der Familie aufgebrochen werden konnte; den langfristigen Trend einer rückläufigen Geburtenrate vermochte man jedoch nicht zu durchbrechen.392 Gabriele Czarnowskis Ansicht nach hatte das NS-Regime durch seine Maßnahmen zur Intensivierung und Rationalisierung der Hausarbeit sowie zur Verbesserung der Familienbetreuung gar „einen entscheidenden Anteil" an der Verbreitung der modernen, funktionstüchtigen, aufstiegsorientierten Kleinfamilie, insbesondere an der „Kleinfamilialisierung" der Unterschichten.393 Über diesen unbeabsichtigten Effekt hinaus schlug sich auch der anfängliche Versuch, Frauen durch Ehestandsdarlehen und die - bereits in den Krisenjahren begonnene - Kampagne gegen das „Doppelverdienertum" aus dem Berufsleben zu drängen, nicht in nachhaltigen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt nieder. Im Beamtendienst wurden Frauen zwar beinahe „aus allen leitenden Positionen" entfernt, so daß sich hier eine Tendenz zur Dequalifizierung weiblicher Erwerbstätigkeit zeigte.394 Insgesamt jedoch, so urteilt Günther Schulz, seien Frauen „nicht vom Arbeitsmarkt verdrängt" worden; die Zuwächse seien zu Beginn der NS-Herrschaft allerdings „hinter denen der Männer" zurückgeblieben.395 Bereits vor Kriegsbeginn erhöhte sich die Zahl der weiblichen Arbeiter und Angestellten trotz nationalsozialistischer Mütter- und
388
Smelser, Sozialplanung der DAF, S. 84; vgl. auch Siegel, Leistung und Lohn, S. 104f. Vgl. Smelser, Sozialplanung der DAF, S. 78; vgl. auch Hachtmann, Industriearbeit, S. 138. 350 Siegel, Leistung und Lohn, S. 105. 3,1 AWI, Zum Arbeitseinsatz der Frau in Industrie und Handwerk (1940/41), zitiert nach Hachtmann, Industriearbeit, S. 85; vgl. auch ders., Industriearbeiterinnen in der deutschen Kriegswirtschaft 1936 bis 1944/45, in: GG 19 (1993), S. 332-366, hier: S. 340; Peukert, Volksgenossen, S. 212; Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 121 ff. 392 Vgl. Mühlfeld/Schönweiß, NS-Familienpolitik, S. 207, 215-223, 286f.; Sachße/Tennstedt, Wohlfahrtsstaat, S. 181; Schulz, Soziale Sicherung von Frauen, S. 136, 138. 393 Czarnowski, Familienpolitik als Geschlechterpolitik, S. 243; vgl. auch Sachse, „Rationalisierung des Privatlebens", S. 245. 394 Winkler, Frauenarbeit, S. 50; vgl. auch Claudia Schoppmann, Nationalsozialistische Sexualpolitik und weibliche Homosexualität, 2. überarb. Aufl. Pfaffenweiler 1997 (zuerst 1991), S. 30ff. 395 Schulz, Soziale Sicherung von Frauen, S. 124; vgl. Bock, Nationalsozialismus und Frauen, S. 191 f. 389
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Familienpropaganda von 4,75 Mio. (1933) auf 5,51 Mio. (1936), obgleich ihr Anteil von 35,4 auf 31,3 Prozent fiel. Angesichts der gewandelten Arbeitsmarktlage (und späterhin aufgrund der Kriegssituation) begannen die Nationalsozialisten von 1936 an die weibliche Berufstätigkeit erst zu tolerieren und sodann auch maßgeblich zu fördern396, so daß die außerhäusliche Erwerbstätigkeit von Frauen nicht nur absolut (8,06 Mio. 1942), sondern auch anteilsmäßig (40,8 Prozent 1942) zunahm. Die Zahl der erwerbstätigen Frauen insgesamt stieg von 11,4 Mio. (35,5 Prozent aller Erwerbstätigen) im Jahre der „Machtergreifung" auf 14,9 Mio. (53 Prozent, einschließlich Österrreich) im vorletzten Kriegsjahr. Im Vergleich zu anderen Industriestaaten wie Großbritannien oder den USA lag die Zahl der weiblichen Erwerbstätigen während der gesamten NS-Zeit überdurchschnittlich hoch.397 Der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt entsprach der Tendenz nach auch der Trend im Bildungswesen. Während der Anteil der Studentinnen an den Universitäten zunächst von 18,2 Prozent (1933) auf 14,2 Prozent (1939) sank - was nicht so sehr in der Einführung einer „Frauenhöchstquote" von zehn Prozent aller Neuimmatrikulationen zum Jahreswechsel 1933/34 begründet lag, sondern eher auf „die wirtschaftliche Lage, die sinkende Studierwilligkeit und temporäre Engpässe des Arbeitsmarkts für die akademischen Frauenberufe" zurückzuführen ist398 - , so stieg der weibliche Anteil an allen Studierenden danach auf 39 Prozent (1942) und schließlich sogar auf 47 Prozent (1943/44). Bereits 1935 war die „Frauenhöchstquote" wieder abgeschafft worden, und seit 1937 warb die NS-Propaganda ausdrücklich für das Frauenstudium.399 Der Trend der Dequalifizierung allerdings setzte sich auch weiterhin fort, so daß der - im Vergleich zur Weimarer Republik zu konstatierende - „Verlust an realen Emanzipationschancen" nicht kompensiert wurde.400 Auch wurde bei der Dienstverpflichtung im Krieg stets der Charakter der Fabrikarbeit von Frauen als einer vorübergehenden und zusätzlichen Tätigkeit zur Hausarbeit betont. (Allerdings waren die Nationalsozialisten in der DAF eher als die Unternehmer dazu bereit, die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung zeitweilig außer Kraft zu setzen.) Im Rahmen der Dienstverpflichtung waren und blieben Frauen meist „unqualifizierte oder allenfalls kurzfristig angelernte Hilfskräfte", die meist nur in „wesensgemäßen" Berufen arbeiten durften - hier gab es freilich einen 396
Beispielsweise wurde im Oktober 1937 das Junktim von Ehestandsdarlehen und Beschäftigungsverbot für die Ehefrau gestrichen (vgl. Dorothee Klinksiek, Die Frau im NS-Staat, Stuttgart 1982, S. 103ff.; Winkler, Frauenarbeit, S. 57). 397 Vgl. Pia Gerber, Erwerbsbeteiligung von deutschen und ausländischen Frauen 1933-1945 in Deutschland, Frankfurt a.M. u.a. 1996, S. 30-36, 133-150; Schulz, Soziale Sicherung von Frauen, S. 124f.; Siegel, Leistung und Lohn, S. 174; vgl. auch Stefan Bajohr, Die Hälfte der Fabrik, 2. Aufl. Marburg 1984 (zuerst 1979), S. 252; Overy, War and Economy, S. 49f., 304f., 309; Rupp, Mobilizing Women, S. 188; Winkler, Frauenarbeit, S. 194ff., 200f.; vgl. ferner Eleanor Hancock, Employment in Wartime, in: War & Society 12 (1994), No. 2, S. 43-68; zum Einsatz von Frauen in der Armee vgl. überdies Franz W. Seidler, Frauen zu den Waffen?, Bonn 1998. 398 Bock, Nationalsozialismus und Frauen, S. 192. 399 Vgl. Michael Grüttner, Studenten im Dritten Reich, Paderborn u.a. 1995, S. 477f.; Winkler, Frauenarbeit, S. 52; vgl. auch Bock, Frauen, S. 286f.; dies., Nationalsozialismus und Frauen, S. 193; Claudia Huerkamp, Bildungsbürgerinnen, Göttingen 1996, bes. S. 308ff.; Peter Lundgreen, Hochschulpolitik und Wissenschaft im Dritten Reich, in: ders. (Hrsg.), Wissenschaft im Dritten Reich, Frankfurt a.M. 1985, S. 9-30, hier: S. 15. 400 Winkler, Frauenarbeit, S. 65; vgl. hingegen Haffner, Anmerkungen zu Hitler, S. 44f.; vgl. dazu ferner auch Ute Frevert, Frauen an der „Heimatfront", in: Christoph Kleßmann (Hrsg.), Nicht nur Hitlers Krieg, Düsseldorf 1989, S. 51-69, hier: S. 65f.
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gewissen Interpretationsspielraum - und in der Regel schlecht bezahlt wurden.401 Die Diskriminierung von Frauen bei der Entlohnung wurde in der Zeit von 1933 bis 1938 (besonders in der Textilindustrie, abgeschwächt aber auch in der metallverarbeitenden Industrie) sogar noch weiter verschärft.402 Vornehmlich in der Konsumgüterindustrie mußten sich Frauen - die, obgleich weithin noch als „fluktuierende Reservearmee"403 geltend, zusehends „zu einem konstanten Bestandteil der Industriearbeiterschaft"404 wurden - mit einer untertariflichen Bezahlung zufrieden geben. Während Männern in der Wirtschaft vorwiegend die Rolle von Rationalisierungsgewinnern zufiel, die in qualifizierter, verhältnismäßig selbständiger Arbeit das Flexibilitätspotential bildeten, stellten Frauen größtenteils das „Rationalisierungsproletariat" dar, wenngleich manche von ihnen im Verlauf des Krieges in höhere Positionen aufsteigen konnten (und das „Rationalisierungsproletariat" durch die wiederum in sich hierarchisierte Gruppe ausländischer Arbeitskräfte aufgefüllt wurde) 405 Insbesondere seit dem Ende der dreißiger Jahre wurde - unterstützt durch die NSFrauenschaft, die NSV und das Frauenamt der DAF - in zunehmendem Maße versucht, es Frauen durch eine möglichst ausgereifte Rationalisierung von Haus- und Erwerbsarbeit zu ermöglichen, besser: sie zu konditionieren, sich „zur tüchtigen Mutter und tüchtigen Arbeiterin"406 zu entwickeln. Der DAF ging es vor allem darum, die Verwirklichung der bevölkerungspolitischen Ziele des NS-Regimes auch dann nicht zu gefährden, wenn verschärfte betriebliche Anforderungen an die Arbeitskraft jener Frauen gestellt wurden, die eigentlich für die „Aufzucht" der „deutschen Rasse" vorgesehen waren.407 So sahen die in den von der DAF kontrollierten Arbeitsausschüssen beschlossenen „Richtlinien" zum betrieblichen Mutterschutz nicht nur einen verbesserten Lohnausgleich und Kündigungsschutz für werdende Mütter vor, sondern sie verpflichteten diese auch, sechs Wochen vor der Niederkunft „dem Betriebsführer von ihrem Zustand Mitteilung zu machen"; unter
401
Sachse, Hausarbeit im Betrieb, S. 270f.; vgl. Frevert, Frauen, S. 230f.; Hachtmann, Industriearbeiterinnen, S. 341; Siegel, Leistung und Lohn, S. 104; Winkler, Frauenarbeit, S. 102ff.; vgl. auch Hancock, Employment in Wartime. Vgl. Hachtmann, Industriearbeit, S. 136; vgl. auch ders., Industriearbeiterinnen, S. 359f. Während sich dieser Trend während des Krieges in der Metallverarbeitung fortsetzte, kehrte er sich in der Textilbranche allerdings zusehends um. 403 Herbert, Arbeiterschaft im „Dritten Reich", S. 346ff.; vgl. Schulz, Soziale Sicherung von Frauen, S. 148. 404 Rüdiger Hachtmann, Thesen zur „Modernisierung" der Industriearbeit in Deutschland 1924 bis 1944, in: Bajohr (Hrsg.), Norddeutschland im Nationalsozialismus, S. 414-451, hier: S. 432. 405 Vgl. Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 133; Hachtmann, Industriearbeiterschaft und Rationalisierung, S. 230ff.; ders., Industriearbeiterinnen, S. 335ff.; ders., Thesen zur „Modernisierung", S. 433; vgl. auch Prinz, Mittelstand, S. 242f.; Annemarie Tröger, Die Planung des Rationalisierungsproletariats, in: Annette Kuhn/Jörn Rüsen (Hrsg.), Frauen in der Geschichte, Bd. 2, Düsseldorf 1982, S. 245-298. 406 Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 133 (Hervorhebung im Original). 407 Vgl. Sachse, Siemens, S. 71. Reinhard Sieder führt dieses bis in die Gegenwart hineinreichende Konzept der doppelten Belastbarkeit und Verfügbarkeit von Frauen daher auch in hohem Maße auf die nationalsozialistische Familienpolitik zurück (vgl. Reinhard Sieder, Sozialgeschichte der Familie, Frankfurt a.M. 1987, S. 235f.; vgl. auch Andreas Gestrich, Geschichte der Familie im 19. und 20. Jahrhundert, München 1999, S. 49).
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anderem deswegen, um keine gesundheitlichen Schäden für Mutter und Kind zu riskieren, die „dann die Sozialversicherung einige Jahre früher belasten".408 In der Tat dehnten die Unternehmen ihre frauenspezifischen Sozialleistungen in beträchtlichem Umfange aus. Vor allem während des Krieges wurde - zusätzlich zu Geburtsbeihilfen und Kinderzulagen - eine Reihe weiterer betrieblicher Sozialleistungen eingeführt, die es Frauen auch nach Heirat und Mutterschaft ermöglichen sollten, in der Industrie zu arbeiten.409 Durch das sogenannte „Mutterschutzgesetz" vom 17. Mai 1942, das überwiegend bereits in den Betrieben praktizierte Regelungen kodifizierte, weitete das NS-Regime überdies den bislang nur für das Gewerbe geltenden Mutterschutz auf weitere Berufsgruppen aus und verdoppelte das Wochengeld auf die Höhe des vollen Lohnes.410 Das Gesetz nahm sich durchaus modern aus, wenn auch nicht primär gesellschaftspolitisch fortschrittlich, sondern eher „herrschaftstechnisch effizient", da es vor allem gewährleisten sollte, „daß Mütter die Erwerbstätigkeit nicht bei der Geburt eines Kindes aufgaben".411 Durch dieses Gesetz wurde nach Dörte Winkler „viel - im internationalen Vergleich gesehen, überdurchschnittlich viel - getan, um den arbeitenden Frauen zu helfen und sie zu entlasten".412 Doch war diese Strategie nicht unbedingt von Erfolg gekrönt: Wie Carola Sachse schreibt, übernahmen Frauen „weder [...] stolz und selbstbewußt und schon gar nicht freiwillig und arbeitsfreudig die ihnen von den Nationalsozialisten und Arbeitsmarktpolitikern zugedachte doppelte Arbeit in der Familie und in der Fabrik noch ließen sich mit sozialfürsorgerischen Methoden ihre Arbeitsmoral und -disziplin nachhaltig steigern".413 So stellte für die Mehrheit der Frauen das Gefühl der Überlastung den Gewinn an Emanzipation häufig in den Schatten.414 Alles in allem zielte das NS-Regime in seiner Politik der sozialen Rationalisierung darauf, mit Hilfe von Gesundheitsämtern und Erbgesundheitsgerichten sowie über eine vermehrte Anstellung sogenannter sozialer Betriebsarbeiterinnen (der vormaligen Werksfürsorgerinnen) die Familie „systematisch in die Politik der Leistungssteigerung einzubeziehen". Neben der pädagogischen Betreuung der Arbeiterinnen am außerhäuslichen Arbeitsplatz und deren Schulung in rationeller Haushaltsführung oblag den sozialen Betriebsarbeiterinnen auch die nach bevölkerungspolitischen und „volksgesundheitlichen" Zielen ausgerichtete Erziehung zu „rassenhygienischem Verhalten".415 Freilich „eher einfühlsam-disziplinierende [...] 408
Zitiert nach Siegel, Leistung und Lohn, S. 100; vgl. ebd., S. 99-103; dies., Betriebliche Sozialpolitik als Familienpolitik in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus, Hamburg 1987, bes. S. 132ff.; dies., Siemens, S. 51; dies./von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 114-132. 409 Vgl. Hachtmann, Industriearbeit, S. 276; vgl. auch Sachse, Siemens, S. 51. 410 Vgl. Frevert, Frauen an der „Heimatfront", S. 62; dies., Frauen, S. 232; Cosima König, Die Frau im Recht des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. u.a. 1988, S. 21 lf.; Gerda Neyer, Die Entwicklung des Mutterschutzes in Deutschland, Österreich und der Schweiz von 1877 bis 1945, in: Ute Gerhard (Hrsg.), Frauen in der Geschichte des Rechts, München 1997, S. 744-758, hier: S. 753f.; Schulz, Soziale Sicherung von Frauen, S. 125. 4 " Schulz, Soziale Sicherung von Frauen, S. 126; vgl. auch Bock, Zwangssterilisation, S. 172; Sachse, Siemens, S. 47f. 412 Winkler, Frauenarbeit, S. 155; vgl. auch Bajohr, Hälfte der Fabrik, S. 310ff.; Bock, Nationalsozialismus und Frauen, S. 200. 413 Sachse, Hausarbeit im Betrieb, S. 273f.; vgl. auch Siegel, Leistung und Lohn, S. 173f. 414 Vgl. Bock, Frauen, S. 286; dies., Nationalsozialismus und Frauen, S. 192. 415 Prinz, Soziale Funktion, S. 303; vgl. Siegel, Leistung und Lohn, S. 102f.; zu den sozialen Betriebsarbeiterinnen bzw. zu dem vom Frauenamt der DAF übernommenen „Bielefelder Modell" der sozialen Betriebsarbeit wie auch zu den Konflikten zwischen Industrie und DAF auf diesem
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Arbeitserzieherinnen" als arbeitswissenschaftliche Fachkräfte, verlagerten sie ihren Arbeitsschwerpunkt zunehmend auf die außerbetriebliche Schwangeren- und Krankenbetreuung und suchten vor allem dort, wohin die traditionellen innerbetrieblichen Disziplinarinstanzen nur schwerlich reichen konnten, Einfluß zu nehmen.416 Trotz der Anknüpfungen an Konzepte, die in der Weimarer Republik entwickelt worden waren, kann die soziale Betriebsarbeit Carola Sachses Ansicht nach „mit größerer Berechtigung als irgendeine andere sozialpolitische Maßnahme der DAF Originalität beanspruchen".417 Diese Professionalisierung, Rationalisierung und Entprivatisierung von Mutterschaft und Hausarbeit stellten eine „Modernisierungsleistung des NS-Staates"418 dar, deren ambivalenter Charakter kaum zu übersehen ist. Auch läßt sich die „zunehmende Partizipation von Frauen an männlichen Räumen oder Verhaltensweisen [...] unter Modernisierung im Sinne der Verflüssigung von Geschlechtergrenzen begreifen", wenngleich das NS-Regime „weder einen dauerhaften Zugewinn von Rechten oder Handlungsmöglichkeiten für Frauen, noch [...] die Gleichstellung oder gar Chancengleichheit der Geschlechter" anstrebte.419
Gebiet vgl. insbesondere Sachse, Hausarbeit im Betrieb, S. 208, 222-274; dies., Siemens, bes. S. 78-89; dies., „Rationalisierung des Privatlebens", S. 243f.; vgl. auch Homburg, Rationalisierung und Industriearbeit, S. 603-606; zur Rationalisierung der Hauswirtschaft im „Dritten Reich" vgl. auch Nancy Reagin, Comparing Apples and Oranges, in: Susan Strasser u.a. (Hrsg.), Getting and Spending, Cambridge u.a. 1998, S. 241-261, hier: S. 258; dies., Marktordnung and Autarkie Housekeeping, in: German History 19 (2001), S. 162-184, hier: S. 167ff. 416 Vgl. Sachse, Hausarbeit im Betrieb, S. 238-251, 268f.; dies., Siemens, S. 254f.; Hachtmann, Deutsche Arbeitsfront, S. 94. Gesundheitlich strapazierten Arbeiterinnen vermittelten die sozialen Betriebsarbeiterinnen überdies eine Ersatzkraft im Betrieb, falls eine Kur in einer KdFErholungsstätte bewilligt wurde, oder eine Betreuerin für den Haushalt (vgl. Siegel, Leistung und Lohn, S. 103). 417 Sachse, Siemens, S. 78. 418 Frevert, Frauen, S. 229. Ute Frevert hat im übrigen dafür plädiert, unter Betonung der Ambivalenz des Modernisierungsprozesses die „Frage nach den modernisierenden Wirkungen" der nationalsozialistischen Frauenpolitik „unbefangener [...] und mit größerer Aussicht auf historische Stimmigkeit" zu behandeln (ebd., S. 224). 419 Kundrus, Widerstreitende Geschichte, S. 84.
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a) Rationalisierung Während nach der „Machtergreifung" lediglich jene Ansätze zur innerbetrieblichen Rationalisierung und produktionstechnischen Modernisierung weiterverfolgt wurden, die bereits in den zwanziger Jahren entwickelt worden waren1, konnte man von 1935/36 an einen regelrechten „Rationalisierungsschub" verzeichnen, der insbesondere durch den schnellen Abbau der Massenarbeitslosigkeit und den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften bedingt war. Er erfaßte alle verarbeitenden Industrien, wobei er sich im rüstungswirtschaftlichen Sektor zu einer besonders breit angelegten Modernisierung der Fertigungstechniken entfaltete.2 Rüdiger Hachtmann vermutet, daß es bei aller Einbettung des „Dritten Reiches" in die langfristigen Entwicklungstrends eines fortgeschrittenen Industriestaates ohne die „aktive und vorbehaltlose Unterstützung durch das NS-Regime" nicht zu einem derartigen Modernisierungsschub in den rüstungsrelevanten Bereichen gekommen wäre. Vornehmlich der von einer Propagierung des Effizienz- und Leistungsgedankens begleitete Vietjahresplan habe eine „Welle an Rationalisierungsinvestitionen" ausgelöst.3 Auch Tilla Siegel und Thomas von Freyberg betonen, daß neben der Rüstungskonjunktur und der Zerstörung der autonomen Interessenvertretungen der abhängig Beschäftigten die „Proklamierung des Rationalisierungsgedankens als staatspolitisches Programm [...] eine erneute Rationalisierungswelle [ermöglichte]".4 Das NS-Regime versuchte, bereits bestehende wirtschaftliche Organisationen und Initiativen durch die Schaffung von neuen, koordinierenden Instanzen zu bündeln und zu größerer Wirkung zu bringen. Dabei kam den Formen eines zwischenbe-
1 Zum Rationalisierungsdiskurs während der Weimarer Republik vgl. etwa Gunther Mai, Politische Krise und Rationalisierungsdiskurs in den zwanziger Jahren, in: Technikgeschichte 62 (1995), S. 317-332. 2 Rüdiger Hachtmann, Industriearbeit im „Dritten Reich", Göttingen 1989, S. 75; vgl. ders., Industriearbeiterschaft und Rationalisierung 1900 bis 1945, in: JWG 1996/1, S. 211-258, hier: S. 215, 220; ders., „Die Begründer der amerikanischen Technik sind fast lauter schwäbisch-allemannische Menschen", in: Alf Lüdtke u.a. (Hrsg.), Amerikanisierung, Stuttgart 1996, S. 37-66, hier: S. 45; vgl. auch Wilfried Feldenkirchen, Siemens 1918-1945, München/Zürich 1995, bes. S. 137; Heidrun Homburg, Rationalisierung und Industriearbeit, Berlin 1991, bes. S. 653; dies., Scientific Management and Personnel Policy in the Modem German Enterprise 1918-1939, in: Howard F. Gospel/Craig R. Littler (Hrsg.), Managerial Strategies and Industrial Relations, London 1983, S. 137-156, hier: S. 148, 150; Tilla Siegel/Thomas von Freyberg, Industrielle Rationalisierung unter dem Nationalsozialismus, Frankfurt a.M./New York 1991, S. 322ff. 3 Hachtmann, Industriearbeit, S. 76, 302f.; vgl. Martin H. Geyer, Soziale Sicherheit und wirtschaftlicher Fortschritt, in: GG 15 (1989), S. 382-406, hier: S. 386ff.; Wolfgang Zollitsch, Arbeiter zwischen Weltwirtschaftskrise und Nationalsozialismus, Göttingen 1990, S. 168. 4 Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 15.
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trieblichen, in sogenannten „Erfahrungsgemeinschaften" institutionalisierten „Erfahrungsaustausches" hinsichtlich der Verbreitung von modernen Methoden im Bereich der Fertigungstechnik und Arbeitsorganisation oder des Rechnungs- und Vertriebswesens eine nicht unerhebliche Bedeutung zu. Vornehmlich seit 1936/37 nutzten zudem immer mehr Betriebe im Rahmen der „organischen Betriebsgestaltung" die Möglichkeit, von dem „Amt für Betriebsführung und Berufserziehung" (AfBB) sogenannte „Ingenieurtrupps" (bzw. „Prüfingenieure" oder „Betriebsingenieure") anzufordern, die - als Vorläufer heutiger Unternehmensberatungen - die Betriebe systematisch durchleuchteten, auf Leistungsreserven hin überprüften und den Unternehmensführungen Rationalisierungsvorschläge vorwiegend arbeitsorganisatorischer Art unterbreiteten. In von eben jenem DAF-Amt organisierten Kursen wurden überdies Betriebsführer und „Unterführer" im Bereich der betrieblichen Leistungssteigerung geschult.5 Direkte staatliche Eingriffe in die Produktionsentscheidungen jedoch bildeten zumindest im Werkzeugmaschinenbau eher die Ausnahme; hier fand die Produktionslenkung in der Regel auf indirekte Weise statt, vermittelt über die Organisationen der industriellen Selbstverwaltung sowie über die Mechanismen des „Marktes".6 Die Verachtfachung des Produktionsausstoßes der Werkzeugmaschinenindustrie zwischen 1932 und 1938 (bzw. die Verdreifachung 1938 gegenüber 1929) sowie der Anstieg der Arbeitsproduktivität (1929-1939) in der Metallverarbeitung um 32,2 Prozent bzw. in der Textilindustrie um 31,5 Prozent können als Indizien dafür gelten, in welch erheblichem Maße Industriebetriebe bereits vor Beginn des Krieges modernisiert wurden, wenngleich die Arbeitsproduktivität in manchen anderen Sektoren wie in der Eisen- und Stahlindustrie stagnierte.7 Handwerk und Einzelhandel hatten ebenfalls erhebliche, durch das NS-Regime begünstigte Rationalisierungs- und Modernisierungserfolge zu verzeichnen, wobei „die Modernisierung des Handwerks zugunsten der etablierten Handwerksmeister auf Kosten der Alleinbetriebsinhaber [erfolgte]".8
5 Vgl. Hachtmann, Industriearbeit, S. 71, 73f., 78f.; ders., „Begründer der amerikanischen Technik", S. 54; ders., Die Deutsche Arbeitsfront im Zweiten Weltkrieg, in: Dietrich Eichholtz (Hrsg.), Krieg und Wirtschaft, Berlin 1999, S. 69-107, hier: S. 78; Tilla Siegel, Leistung und Lohn in der nationalsozialistischen „Ordnung der Arbeit", Opladen 1989, S. 97f.; zu der Normierung, Systematisierung und Verrechtlichung des industriellen Ausbildungssektors vgl. überdies Anja Lepold, Der gelenkte Lehrling, Frankfurt a.M. u.a. 1998, bes. S. 128; zu der Berufserziehung in der Flugzeug-, Automobil- und Schiffbauindustrie vgl. ferner Martin Kipp, Gestaltungsorientierte Berufserziehung im Nationalsozialismus, in: Friedhelm Schütte/Ernst Uhe (Hrsg.), Die Modernität des Unmodernen, Berlin 1998, S. 449-464, hier bes.: S. 450,453,459. 6 Vgl. Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 200; vgl. auch Astrid Gehrig, Zwischen Betriebsinteresse und Lenkungswirtschaft, in: Thomas Großbölting/Rüdiger Schmidt (Hrsg.), Unternehmerwirtschaft zwischen Markt und Lenkung, München 2002, S. 69-119, hier: S. 104f. 7 Vgl. Hachtmann, „Begründer der amerikanischen Technik", S. 58ff.; ders., Industriearbeit, S. 74, 76f.; ders., Die Arbeiter der Gutehoffnungshütte 1933 bis 1939, in: Klaus Tenfelde (Hrsg.), Arbeiter im 20. Jahrhundert, Stuttgart 1991, S. 105-141, hier: S. 108. 8 Adelheid von Saldem, Der Alte Mittelstand 1890-1939, in: dies., Politik - Staat - Kultur, hrsg. von Inge Marßolek u. Michael Wildt, Hamburg 1999, S. 15-35 (zuerst 1992), hier: S. 27; vgl. auch dies., Leistungsdruck im Handwerk während der NS-Zeit, in: Großbölting/Schmidt (Hrsg.), Unternehmerwirtschaft zwischen Markt und Lenkung, S. 39-67; dies., Mittelstand im „Dritten Reich", Frankfurt a.M./New York 1979, S. 64ff„ 69f., 95f., 105f.; vgl. femer Bernd Holtwick, Der zerstrittene Berufsstand, Paderborn u.a. 2000, S. 201ff., 236f.; Frederick L. McKitrick, Modemizzazione
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Erschwert wurde die Modernisierung allerdings in erster Linie - neben dem Mangel an Spezial- oder Sondermaschinen9 - durch „eine den Anforderungen eines entwickelten Industriekapitalismus nicht gerecht werdende Forschungs- und Wissenschaftspolitik". Nicht zuletzt aufgrund der „antiquierten Auffassung, daß sich der Fortschritt in Wissenschaft und Technik [...] in Abhängigkeit von der .schöpferischen Kraft und Fähigkeit der einzelnen Person' [(Hitler); R.B.] entwickele", wurden „moderne, kooperative Formen der Forschung [...] staatlicherseits zumindest bis Kriegsbeginn nicht gezielt gefördert".10 So basierte die Modernisierung der Produktionsstätten der verarbeitenden Industrie vornehmlich auf bereits in der Weimarer Republik entwickelten Technologien (abgesehen freilich von zahlreichen Verfeinerungen und Verbesserungen im Detail), die - wie beispielsweise die Fließbandfertigung - zu jener Zeit allerdings nur vereinzelt Anwendung fanden und erst nach 1934/35 in weiten Teilen der Industrie eingeführt wurden. Da politische und mit Einschränkungen - auch soziale Rücksichten nur eine untergeordnete Rolle spielten, konnten in der Weimarer Republik begonnene Entwicklungen während der NS-Zeit „in vieler Hinsicht geradezu entfesselt" werden.11 Erst die spezifischen Rahmenbedingungen des „Dritten Reiches" verhalfen der Moderne „in weiten Teilen der deutschen Industrie" zum „Durchbruch".12 So vertritt Rüdiger Hachtmann die Meinung, daß „die Defizite nationalsozialistischer Forschungspolitik [...] nicht darüber hinwegtäuschen [sollten], daß schon wenige Jahre nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten führende Repräsentanten der NS-Diktatur eine Modernisierung des Produktionsapparates ins Auge faßten".13 Von ideologischen Vorbehalten gegenüber dem amerikanischen Fordismus und Taylorismus war in der NS-Führung nichts zu spüren, zumal bis ins Jahr 1941 hinein in besonderer Weise der Technologie- und Patenttransfer zwischen den USA und dem „Dritten Reich" zur Modernisierung industrieller Produktionsanlagen beitrug.14 Vor allem Henry Ford, der als „reiner Arier" und „ehrlicher Antisemit" galt, genoß bei den Nationalsozialisten - nicht zuletzt bei Hitler selbst - hohes Ansehen.15 Der weitgehend problem- und reibungslose Einsatz der dynamischen und modernisierenden Elemente des hochentwickelten Industriekapitalismus läßt die repressive, gleichsam sozialpathologische Seite des Modernisierungsprozesses hervortreten. Insbesondere der von vielen Formen betriebstechnologischer Rationalisierung
e identitä sociale, in: Passato e presente 18 (2000), No. 49, S. 37-67, hier bes.: S. 53; ders., An Unexpected Path to Modernisation, in: Contemporary European History 5 (1996), S. 401-426. 9 Vgl. Hachtmann, Industriearbeit, S. 80f.; Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 216ff. 10 Hachtmann, Industriearbeit, S. 74f. (Hervorhebungen im Original); dazu abwägend: Kees Gispen, National Socialism and the Technological Culture of the Weimar Republic, in: CEH 25 (1992), S. 387-406, hier: S. 404f. " Hachtmann, Industriearbeit, S. 302; vgl. ders., Industriearbeiterschaft und Rationalisierung, S. 221, 258; Ulrich Herbert, Arbeiterschaft im „Dritten Reich", in: GG 15 (1989), S. 320-360, hier: S. 332f. 12 Rüdiger Hachtmann, Thesen zur „Modernisierung" der Industriearbeit in Deutschland 1924 bis 1944, in: Frank Bajohr (Hrsg.), Norddeutschland im Nationalsozialismus, Hamburg 1993, S. 414451, hier: S.414. 13 Ders., Industriearbeit, S. 75. 14 Vgl. ebd., S. 79; ders., „Begründer der amerikanischen Technik", S. 52; vgl. auch Karl Heinz Roth, Nazismus gleich Fordismus?, in: 1999 5 (1990), H. 4, S. 82-91, hier: S. 86f., 90f. 15 Vgl. Hachtmann, „Begründer der amerikanischen Technik", S. 41ff.
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ausgehende - und bereits von Henry Ford intendierte - sozialdisziplinierende Effekt war vom NS-Regime erwünscht. So zielten fertigungstechnische Rationalisierung und Zergliederung des Arbeitsprozesses nicht selten auf die Entmündigung und geistige Abstumpfung des Arbeiters. Neben den politischen und rechtlichen Umwälzungen waren daher auch „strukturelle, grundsätzlich in modernen industriekapitalistischen Gesellschaften angelegte Faktoren für die .Lähmung' der Industriearbeiterschaft verantwortlich".16 Manchen nationalsozialistischen Rassenideologen erschien die Fließbandfertigung allerdings insofern verwerflich, als sie der Meinung waren, daß diese den „Schöpferinstinkt" des deutschen Fließbandarbeiters beinahe vollkommen ausschalte und daß daher der arbeitsteilige Einsatz der deutschen Arbeitskraft nicht „artgemäß" sei. Als Lösung dieses Konfliktes beabsichtigte man, für die Fließbandfertigung mittelfristig ausschließlich Arbeitskräfte aus den okkupierten Gebieten als „Rationalisierungsproletariat" einzusetzen, denen eine nur noch „hochwertige Facharbeit" verrichtende „arische Arbeiteraristokratie" gegenüberstehen sollte.17 Neben die fertigungstechnische Rationalisierung des Fordismus traten als zweiter wichtiger Faktor in der Modernisierung der Industrie die von Refa l8 -Kalkulatoren vorgenommenen wissenschaftlichen Arbeits- und Zeitstudien (Taylorismus)19, welche die rasante Ausweitung der Fließbandarbeit als ihr „organisatorische^] Unterbau" begleiteten.20 Kam es noch in den ersten Monaten nach der „Machtergreifung" zu einigem Widerstand von NSBO- und DAF-Vertretern gegen „Stoppuhr" und Refa-Kalkulatoren, so war spätestens seit der Jahreswende 1934/35 ein vorrangig in der veränderten Arbeitsmarktsituation begründeter - Stimmungsumschwung und in der ersten Hälfte des Krieges schließlich eine bis dahin ungeahnte Forcierung des Einsatzes arbeitswissenschaftlicher, tayloristischer Techniken zu beobachten. Die Anzahl der Refa-Lehrgänge stieg zwischen 1935 und 1943 um mehr als das Zehnfache, die der Teilnehmer um das Sechsfache. Überdies diente das Refa-Verfahren als entscheidender Orientierungspunkt für Akkordüberprüfungen in den „lohnordnenden Maßnahmen" von 1942.21 Auf diese Weise gelang ihm genauso wie der Fließbandfertigung in der NS-Zeit „der volle Durchbruch"22, so daß man von „einer - im Vergleich zur Weimarer Zeit - fast explosionsartigen Entwicklung des REFA im günstigen Klima der nationalsozialistischen .Leistungs16 Vgl. Hachtmann, Industriearbeit, S. 82f., 303, 308; ders., Thesen zur „Modernisierung", S. 436; ders., „Begründer der amerikanischen Technik", S. 60; vgl. auch Mary Nolan, Work, Gender and Everyday Life, in: Ian Kershaw/Moshe Lewin (Hrsg.), Stalinism and Nazism, Cambridge u.a. 1997, S. 311-342, hier: S. 323f.; dies., Visions of Modernity, New York/Oxford 1994, S. 167-178. 17 Hachtmann, Industriearbeit, S. 83f.; vgl. Herbert, Arbeiterschaft im „Dritten Reich", S. 35Iff. 18 Der 1924 gegründete „Reichsausschuß für Arbeitszeitermittlung" (Refa) - der 1936 in „Reichsausschuß für Arbeitsstudien" umbenannt wurde - setzte als „Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation e.V." seine Arbeit auch in der Bundesrepublik fort. Zu den Kontinuitäten in der Geschichte der Leistungsentlohnung von der Leistungsgemeinschaft der dreißiger und vierziger Jahre zur Leistungsgesellschaft der fünfziger Jahre vgl. insbesondere Siegel, Leistung und Lohn, S. 239-247. 19 Vgl. dazu z.B. Charles S. Maier, Between Taylorism and Technocracy, in: JCH 5 (1970), S. 27-
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Hachtmann, Industriearbeit, S. 176. Vgl. ebd., S. 178-181; ders., Thesen zur „Modernisierung", S. 422f.; ders., „Begründer der amerikanischen Technik", S. 56f.; ders., Deutsche Arbeitsfront, S. 77f.; Siegel, Leistung und Lohn, S. 98,241 f.; zu den „lohnordnenden Maßnahmen" vgl. ebd., S. 165-209. 22 Hachtmann, Industriearbeit, S. 302. 21
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gemeinschaft'" sprechen kann. Refa entwickelte sich somit „zu der Institution für Zeit- und Arbeitsstudien in Deutschland".23 Wie Tilla Siegel hervorhebt, modernisierten sich die Unternehmen im „Dritten Reich" „not against an .archaic' or .irrational' labour policy, but with the propagandistic and practical support by the regime and by the Labour Front".24 Und auch Mary Nolan betont, daß die Nationalsozialisten „many of the ideas and policies of the rationalization movement" adaptiert hätten und daß ihre zuweilen antimoderne Rhetorik „distinctly modern and rationalized forms of work organization, intensification, and wage policies" bloß camoufliert habe.25 Dabei wurde die alte, als gescheitert geltende26 klassisch-tayloristische Rationalisierungsphilosophie durch eine neue, mit dem Harmonieideal der „Betriebsgemeinschaft" verbundene zu ersetzen gesucht. Zur Verbesserung des spannungsreichen Verhältnisses von „Mensch und Rationalisierung"27 stellte man - wie in anderen fortschrittlicheren Industriegesellschaften der dreißiger Jahre auch - neben die Effizienz die Harmonie, mithin die „Pflege der Human Relations"2*. Seit Mitte der dreißiger Jahre verfocht die DAF einen um die konditionierende soziale Rationalisierung bereicherten Taylorismus.29 Ihre arbeits- und organisationspsychologischen Konzepte lehnten sich teilweise an amerikanische Vorbilder des scientific management sowie an bereits in modernen deutschen Betrieben wie bei Siemens 30 praktizierte Formen wissenschaftlicher Betriebsführung an. Sie bildeten ein Programm der „Menschenführung"31, das durch „Härte und Güte", „Druck und Motivation, Kontrolle und Kooperation", schließlich durch „Deprivation und Kompensation" die „Volksgenossen" zu Leistungsträgern zu formen versprach, die den Anforderungen der industriellen Rationalisierung gewachsen waren. Einem „Transmissionsriemen für die von fortschrittlichen Unternehmen entwickelten Methoden in weni-
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Siegel, Leistung und Lohn, S. 242 (Hervorhebung im Original). Dies., Whatever was the Attitude of German Workers?, in: Richard Bessel (Hrsg.), Fascist Italy and Nazi Germany, Cambridge 1996, S. 61-77, hier: S. 74 (Hervorhebungen im Original). 25 Nolan, Visions of Modernity, S. 232. 26 Deutsche wie amerikanische Unternehmer hatten bereits vor den dreißiger Jahren erkannt, daß Taylors Prinzipien der Auslese, der Leistungsentlohnung und der Arbeitsorganisation nicht ausreichten, um den Produktionsprozeß zu „entstören", so daß man allenthalben das bisherige Rationalisierungskonzept um die Idee der sozialen Rationalisierung zu erweitern trachtete (vgl. Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 132f.). Zu dem verstärkt seit den zwanziger Jahren geführten Diskurs über die Beziehung von Mensch und Maschine vgl. Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 39-54. 28 Michael Prinz, Die soziale Funktion moderner Elemente in der Gesellschaftspolitik des Nationalsozialismus, in: ders./Rainer Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, 2. erw. Aufl. Darmstadt 1994 (zuerst 1991), S. 297-327, hier: S. 301 (Hervorhebung im Original). 29 Vgl. Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 59, 133; vgl. auch Siegel, Leistung und Lohn, bes. S. 87-98; dies., Rationalizing Industrial Relations, in: Thomas Childers/Jane Caplan (Hrsg.), Reevaluating the Third Reich, New York/London 1993, S. 139-160, hier: S. 153. 30 Die Modernität der sich mit den Vorstellungen der DAF weitgehend deckenden Siemensschen Betriebsführung hat überzeugend Carola Sachse herausgearbeitet: Carola Sachse, Siemens, der Nationalsozialismus und die moderne Familie, Hamburg 1990, bes. S. 245-257; dies., „Rationalisierung des Privatlebens", in: Hans-Uwe Otto/Heinz Sünker (Hrsg.), Politische Formierung und soziale Erziehung im Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1991, S. 226-250, hier bes.: S. 233-246; vgl. ferner auch Feldenkirchen, Siemens, S. 411-428. 31 Zu diesem Begriff vgl. insbesondere Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, bes. S. 369-375. 24
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ger fortgeschrittene Unternehmen" gleichend, trug die DAF auf diese Weise dazu bei, „die Rationalisierung hoffähig zu machen".32 Deutsche Ingenieure und Experten betrieblicher Sozialpolitik lobten denn auch das italienische Vorbild von KdF, das faschistische Opera Nazionale Dopolavoro, insbesondere deswegen, weil es ihnen - ganz zu Recht - als europäische Variante des amerikanischen scientific social management galt.33 Dabei war nach Matthias Frese der Leistungskampf der Betriebe „die bedeutsamste Schöpfung der DAF bis 1939 zur dauernden Mobilisierung und Leistungssteigerung der Betriebe und der Beschäftigten". 34 Ihr Ziel der „Binnenrationalisierung der .deutschen Volksgemeinschaft'" konnte die DAF freilich „nicht dem Anspruch gemäß total verwirklichen".35 Wie bereits erwähnt, wehrten die Betriebe die Eingriffe der DAF oftmals ab; mitunter kam es zu heftigen Konflikten, weil die Deutsche Arbeitsfront vorrangig das rassenpolitische Ziel der Rationalisierung des „Volkskörpers" verfolgte, während die Unternehmen (wenngleich nicht frei von rassistischen Zügen) in ihrer Personalpolitik in erster Linie an produktionspolitischen Zielen orientiert waren. Zudem stand für die Betriebe die alleinige Identifikation des Arbeiters mit dem Betrieb auf dem Spiel.36 Durch die Verwissenschaftlichung und Versachlichung der Entlohnungsformen und durch die Aufstellung des Grundsatzes vom „gerechten Lohn"37 wurde im „Dritten Reich" überdies die Grundlage nicht nur für den modernen Leistungslohn, sondern auch „für ein wichtiges Element der modernen Personalführung" gelegt.38 Auf der Basis der aus den USA importierten Bedauxschen Bewertungskriterien39 entwickelte das AWI beispielsweise ein Arbeitsbewertungssystem, das statt der bis dahin überwiegend praktizierten qualifikationsbezogenen nun die tätigkeitsbezogene Eingruppierung von Arbeitskräften erlaubte und seit 1939 in einer wachsenden Zahl von Unternehmen eingeführt wurde. Ausgehend von diesen Vorarbeiten wurde alsbald der „Leistungskatalog Eisen und Metall" (LKEM) konzipiert, der ab 1942 allen Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie zur Implementierung
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Ebd., S. 98, 134; vgl. auch Hachtmann, Deutsche Arbeitsfront, S. 74; vgl. ferner Johannes Platz u.a., Anwendungsorientierte Betriebspsychologie und Eignungsdiagnostik, in: Rüdiger vom Bruch/Brigitte Kaderas (Hrsg.), Wissenschaften und Wissenschaftspolitik, Stuttgart 2002, S. 291309. 33 Vgl. Daniela Giovanna Liebscher, Organisierte Freizeit als Sozialpolitik, in: Jens Petersen/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Faschismus und Gesellschaft in Italien, Köln 1998, S. 67-90, hier: S. 74f., 86; vgl. auch Chup Friemert, Produktionsästhetik im Faschismus, München 1980, S. 22. 34 Matthias Frese, Betriebspolitik im „Dritten Reich", Paderborn 1991, S. 433; vgl. auch Hachtmann, Deutsche Arbeitsfront, S. 80f.; Gunther Mai, „Warum steht der deutsche Arbeiter zu Adolf Hitler?", in: GG 12 (1986), S. 212-234, hier: S. 227f.; Timothy W. Mason, Sozialpolitik im Dritten Reich, 2. Aufl. Opladen 1978 (zuerst 1977), S. 252f.; Jürgen Reulecke, Die Fahne mit dem goldenen Zahnrad, in: ders./Detlev Peukert (Hrsg.), Die Reihen fast geschlossen, Wuppertal 1981, S. 245-269, hier: S. 269; Hisashi Yano, Hüttenarbeiter im Dritten Reich, Stuttgart 1986, S. 152. 35 Siegel, Leistung und Lohn, S. 65,123; dies./von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 102f. 36 Vgl. Sachse, Siemens, bes. S. 249, 251 ff.; dies., „Rationalisierung des Privatlebens", S. 232, 235, 249f.; Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 134, 377ff.; vgl. auch Homburg, Rationalisierung und Industriearbeit, S. 659f. 37 Vgl. dazu ausführlich Siegel, Leistung und Lohn, S. 125-269. 38 Dies./von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 373, 417, 422; vgl. Siegel, Leistung und Lohn, S. 270; Michael Stahlmann, Die Erste Revolution in der Autoindustrie, Frankfurt a.M./New York 1993, S. 87f., 193-213. 39 Vgl. dazu insbesondere Paul Erker, Das Bedaux-System, in: ZUG 41 (1996), S. 139-158.
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vorgelegt und bis Ende 1944 immerhin in etwa 1.300 Betrieben dieser Branche (d.h. einem Anteil von 12,3 Prozent) eingeführt wurde. Manche dieser lohnpolitischen Effektuierungsmaßnahmen wirkten bis in die fünfziger Jahre fort.40 Wesentlich skeptischer als Rüdiger Hachtmann, Tilla Siegel und Thomas von Freyberg, deren Studien in den vorangehenden Abschnitten im wesentlichen gefolgt wurde, beurteilt Hans Mommsen die Rationalisierungserfolge der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik. Trotz der Beschleunigung der Aufrüstung hätten sich „deren praktische Erfolge [...] in engen Grenzen" gehalten. Als seit Ende 1941 immer deutlicher erkennbar geworden sei, daß Hitlers auf mittelfristige Planung angelegte Blitzkriegsstrategie gescheitert war, hätten „die ständig wechselnden Prioritätensetzungen die erforderliche Rationalisierung" weitgehend behindert. Dank der Initiativen Todts und Speers sei es zwar gelungen, die Rüstungsproduktion zu vervielfachen, doch seien diese Maßnahmen zu spät eingeleitet worden, um die Fronten dauerhaft stabilisieren zu können.41 Rationalisierungs- und Innovationsschübe im Bereich der Flugzeugindustrie42 und der Panzerfertigung seien isoliert geblieben und „an der ausbleibenden Koordinierung der Rüstungswirtschaft" gescheitert.43 Nur die „destruktiven Wirkungen" hätten sich letztlich durchgesetzt; „die angeblich oder tatsächlich positiven" seien „bloßes Phantom" geblieben. Allenfalls ließen sich „punktuelle Modernisierungen" - wie etwa die Gründung der Reichswerke „Hermann Göring" - beobachten, die sich allerdings meist „dysfunktional" ausgenommen hätten, da die NS-Herrschaft „nicht dem Korrektiv eines offenen Marktes und einer geordneten Finanzpolitik unterworfen" gewesen sei. Vor dem Hintergrund eines normativ disponierten Modernisierungsverständnisses erscheint es Mommsen zudem „abenteuerlich, ein politisches System, dessen Wirtschaft in wachsendem Maße von Sklavenarbeit abhing und das nach dem .Endsieg' eine langfristige Helotenarbeit von billigen Arbeitskräften aus dem Osten ins Auge faßte, mit dem Begriff der Modernisierung in Verbindung zu bringen".44 In ähnlicher Weise hat auch Bernd Weisbrod festgestellt, daß der „räuberische Kriegs-Kapitalismus nicht nur Raubbau mit der Arbeitskraft und dem Leben der Zwangsarbeiter" getrieben, sondern auch seine Rationalitätsressourcen falsch genutzt und schließlich „völlig seine Steuerungsfähigkeit [verloren]" habe. Im Krieg 40
Vgl. Hachtmann, „Begründer der amerikanischen Technik", S. 55f.; ders., Deutsche Arbeitsfront, S. 81ff.; ders., Thesen zur „Modernisierung", S. 414ff.; vgl. hingegen Bemd Weisbrod, Der Schein der Modernität, in: Karsten Rudolph/Christi Wickert (Hrsg.), Geschichte als Möglichkeit, Essen 1995, S. 224-242, hier: S. 234. 41 Hans Mommsen, Nationalsozialismus als vorgetäuschte Modernisierung, in: ders., Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 405-427, hier: S. 407, 415; ders., Der Mythos von der Modernität, Essen 1999, S. 27; vgl. auch ebd., S. 6, 11, 30f., 38; vgl. ferner Neil Gregor, Stern und Hakenkreuz, Berlin 1997, bes. S. 375ff. 42 Vgl. dazu insbesondere Helmuth Trischler, Luft- und Raumfahrtforschung in Deutschland 19001970, Frankfurt a.M./New York 1992, bes. S. 177ff., 204ff., 278ff., 504; ausgesprochen skeptisch gegenüber der These von einer rapiden Rationalisierung der Luftfahrtindustrie in der NS-Zeit hingegen: Lutz Budraß, Flugzeugindustrie und Luftrüstung in Deutschland 1918-1945, Düsseldorf 1998, bes. S. 891ff. 43 Hans Mommsen, Noch einmal: Nationalsozialismus und Modernisierung, in: GG 21 (1995), S. 391-402, hier: S. 397; vgl. auch ders., Mythos von der Modernität, S. 13ff.; Dietrich Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft 1939-1945, Bd. 2, Berlin (Ost) 1985, S. 293ff.; Bernd Faulenbach, Zur Einleitung in das Themenfeld „Technik und Arbeit", in: Sabine Blum-Geenen u.a. (Hrsg.), „Bruch und Kontinuität", Essen 1995, S. 79-83, hier: S. 80. 44 Mommsen, Noch einmal, S. 398f.; ders., Mythos von der Modernität, S. 17.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
sei „die ganze arbeitswissenschaftliche Leistungsideologie bei der Ausbeutung von Millionen von Fremd- und Zwangsarbeitern auf die Stufe des primitivsten Antreibersystems regrediert": „.Gestaffeltes Leistungsessen' statt ergonomischer Effizienz!".45 Freilich ist auch Rüdiger Hachtmann der Auffassung, daß der Einsatz von Zwangsarbeitern aus der Sicht fertigungstechnisch entwickelter Unternehmen „nur kurzfristig f...] ökonomisch .sinnvoll'" sein konnte. Langfristig, so meint er, „war ein mörderischer Rassismus [...] in hohem Maße ,anti-modern', präziser: ökonomisch dysfunktional, in industriekapitalistischer Perspektive eine Sackgasse".46 Richard Overy hat femer herausgearbeitet, daß die Arbeitsproduktivität in der Kriegsindustrie trotz moderner Ausstattung mit neuen Fabriken und Maschinen zumindest bis 1942 weitaus geringer gewesen sei als in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Großbritannien. Overy führt dies vor allem auf die mangelnde Koordination im NS-Herrschaftsgefuge und die verzerrte Informationslage in der NS-Führung über die reale Wirtschaftssituation zurück, aber auch auf die Kapitalknappheit, den Überschuß an (billigen) Arbeitskräften sowie auf die Entkoppelung von den Kräften des freien Marktes. In der Kriegswirtschaft hätten Ineffizienz, Inflexibilität und Inkompetenz vorgeherrscht, so daß der Umschwung von der „Blitzkriegsstrategie" zur „totalen Mobilisierung" durch eine ausreichende Waffenproduktion kriegswirtschaftlich nicht schnell genug nachvollzogen werden konnte 4 7 Die mit technisch fortschrittlicheren Streitkräften agierenden Alliierten seien dem „Dritten Reich" hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Industrie „Fabrik für Fabrik [...] überlegen" gewesen. Die deutsche Wehrmacht war Overy zufolge „lange unterbewaffnet und nur in einigen wenigen Bereichen modernisiert".48 Die Rüstungsindustrie Großbritanniens wies zwischen 1939 und 1942 vor allem deswegen eine höhere Produktivität auf, weil die kapitalintensiven, der Autarkiepolitik geschuldeten Projekte der deutschen Industrie wie die synthetische Brennstoff- oder Kautschukproduktion zu dieser Zeit noch im Aufbau befindlich waren. Ihre Fertigstellung korrespondierte folglich mit einem starken Anstieg der Rüstungspro-
45
Weisbrod, Schein der Modernität, S. 234, 237; vgl. dazu mit anderer Akzentuierung Mark Spoerer, Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz, Stuttgart/München 2001, bes. S. 127ff., 175f., 184ff.; vgl. insgesamt auch Ulrich Herbert, Fremdarbeiter, Neuaufl. Bonn 1999 (zuerst 1985). 46 Hachtmann, „Begründer der amerikanischen Technik", S. 65; vgl. auch ders., Industriearbeiterschaft und Rationalisierung, S. 235-244. Allerdings entwickelte das dem AfBB untergeordnete „Institut für Arbeitspsychologie und Arbeitserziehung" sogenannte - auf amerikanischen Intelligenztests aus dem Ersten Weltkrieg basierende - psychotechnische Eignungstests, um ausländische Arbeitskräfte möglichst effizient einsetzen zu können (vgl. ders., Deutsche Arbeitsfront, S. 80). 47 Vgl. Richard J. Overy, War and Economy in the Third Reich, Oxford 1994, bes. S. 29f., 45,66f., 25Iff., 312f., 345ff., 353; vgl. auch ders., Die Wurzeln des Sieges, Stuttgart/München 2000 (engl. 1995), S. 257ff„ 409; Budraß, Flugzeugindustrie, bes. S. 89Iff.; Eichholtz, Kriegswirtschaft II, S. 265f.; Rolf-Dieter Müller, Kriegführung, Rüstung und Wissenschaft, in: Helmut Maier (Hrsg.), Rüstungsforschung im Nationalsozialismus, Göttingen 2002, S. 52-71, hier: S. 60, 64ff.; vgl. ferner Bernhard R. Kroener, Blitzkrieg oder totaler Krieg?, in: ders. u.a., Organisation und Mobilisierung des deutschen Machtbereichs, 1. Halbbd., Stuttgart 1988, S. 990-1001; zur internationalen Wirtschaftsentwicklung der dreißiger und vierziger Jahre vgl. überdies Derek Η. Aldcroft, The Disintegration of Europe 1918-1945, in: ders./Anthony Sutcliffe (Hrsg.), Europe in the International Economy 1500 to 2000, Cheltenham/Northampton 1999, S. 129-176; Mark Harrison (Hrsg.), The Economics of World War II, Cambridge 1998. 48 Overy, Wurzeln des Sieges, S. 267, 271; vgl. auch ebd., S. 268ff., 277f., 292, 312f.
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duktion nach 1942, obgleich auch weiterhin Rationalisierungspotentiale ungenutzt blieben. 49 „The remarkable effects of this rationalization drive" (nach 1942), so das Urteil Richard Overys, „cannot be underestimated". 50 In hohem Maße begünstigt durch eine - vornehmlich auf Hitlers Initiative hin - stark verbesserte Koordination, trug die effizientere Verwendung größtenteils bereits zuvor eingeführter modemer Techniken der Massenproduktion und des scientific management maßgeblich zum sogenannten „Rüstungswunder" bei. Vorhandene Kapazitäten wurden nun durch eine tiefgreifende Rationalisierung, d.h. durch eine forcierte Standardisierung, Reorganisierung und Vereinfachung der Produktionsabläufe, durch eine Umstrukturierung und weitere Differenzierung des Lohnsystems hin zu einer stärkeren Leistungsorientierung sowie durch den Einsatz sogenannter „Sparingenieure" bzw. „Arbeitseinsatz-Ingenieure" besser ausgeschöpft. 51 So schritten Normung, Typisierung und Spezialisierung als Strategien der „inneren Rationalisierung" 52 in der deutschen Industrie während der NS-Zeit „stürmisch voran", wobei das Speersche System der „Bestbetriebe" den effektivsten Einsatz der Produktionsfaktoren förderte.53 Rüdiger Hachtmann betont zudem „die mittelbar modernisierenden Effekte der kriegswirtschaftlichen Stillegungsaktionen" in der Ära Speer; auch deswegen sei die Industrie aus dem Kriege „.moderner' hervorgegangen]". 54 Die zentrale Rolle des Krieges als eines Katalysators wirtschaftlicher Modernisierung scheint hier unübersehbar. 55 Während auch Hans Mommsen zugestehen muß, daß in bestimmten Bereichen wie etwa der Stromverbundwirtschaft, der Forcierung der Kohlehydrierung oder der Buna-Produktion eine technologische und industrielle Modernisierung durch den Wegfall parlamentarischer Hindemisse erleichtert worden sei, ist er indes der Ansicht, daß die Rationalisierungsschübe in der Landwirtschaft rasch in Treibstoffknappheit und Rohstoffmangel steckengeblieben seien.56 Demgegenüber vertritt 49
Ders., War and Economy, S. 29; vgl. ders., Wurzeln des Sieges, S. 263f. Ders., War and Economy, S. 30. 51 Vgl. ebd., S. 344ff., 351-375; vgl. auch Werner Abelshauser, Kriegswirtschaft und Wirtschaftswunder, in: VfZ 47 (1999), S. 503-538, hier: S. 529-533; Hans-Joachim Braun, Fertigungsprozesse im deutschen Flugzeugbau 1926-1945, in: Technikgeschichte 57 (1990), S. 111-135, hier bes.: S. 131 f.; Eichholtz, Kriegswirtschaft II, S. 265; Jeffrey Fear, Die Rüstungsindustrie im Gau Schwaben 1939-1945, in: VfZ 35 (1987), S. 193-216, hier bes.: S. 193; Hachtmann, Industriearbeiterschaft und Rationalisierung, S. 225f.; Martin Rüther, Arbeiterschaft in Köln 1928-1945, Köln 1990, bes. S. 267f.,286. 52 Zum Begriff der „inneren Rationalisierung" vgl. insbesondere Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 223ff. 53 Weisbrod, Schein der Modernität, S. 237; vgl. Hachtmann, „Begründer der amerikanischen Technik", S. 52; Overy, War and Economy, S. 357ff.; vgl. auch Dietrich Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft 1939-1945, Bd. 3, Berlin 1996, S. 14ff.; Feldenkirchen, Siemens, bes. S. 199f.; Hans-Ulrich Thamer, Verführung und Gewalt, Neuausg. Berlin 1998 (zuerst 1986), S. 716f. 54 Hachtmann, Industriearbeiterschaft und Rationalisierung, S. 225. ss Vgl. Thamer, Verführung und Gewalt, S. 719, 776; vgl. auch Bernd Jürgen Wendt, Deutschland 1933-1945, Hannover 1995, S. 631f. 56 Vgl. Mommsen, Noch einmal, S. 396; ders., Mythos von der Modernität, S. 13; vgl. auch Albrecht Ritsehl, Die NS-Wirtschaftsideologie, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 48-70, hier: S. 55f.; zu der Petrochemie vgl. insbesondere Wolfgang Birkenfeld, Der synthetische Treibstoff 1933-1945, Göttingen 1964; vgl. auch Boy Comils, Die FischerTropsch-Synthese von 1936 bis 1945, in: Technikgeschichte 64 (1997), S. 205-230. 50
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Adelheid von Saldem die Meinung, daß die Mechanisierung und Technisierung der deutschen Agrarwirtschaft während der NS-Zeit „erhebliche Fortschritte" gemacht habe.57 Schließlich stiegen die Hektar-Erträge bis Kriegsende rasch an, unterbrochen nur duch die Emteeinbrüche von 1935/36 und 1941/42.58 Paul Erker ist femer zu dem Ergebnis gelangt, daß die nationalsozialistische Agrarpolitik - angesichts ihrer (stärker noch als zu Weimarer und Bonner Zeiten) protektionistischen, „antimodernistischen" Linie freilich mehr ungewollt als intendiert - im Zuge einer ungleichzeitigen Modernisierung „die Anpassung der Landwirtschaft an die Industriewirtschaft rasch voranbrachte]". 59 Die „eigentliche Technisierungswelle" habe aber erst 1949 eingesetzt.60 Die während des Krieges konzipierten, von einem gleichsam ungezügelten Glauben an die wissenschaftlich-technische Planbarkeit und Machbarkeit durchdrungenen Entwürfe nationalsozialistischer Gesellschaftsplaner zu einer „Neubildung deutschen Bauerntums" ließen überdies - trotz ihres rassistischen Charakters bereits das Profil des sich seit den fünfziger Jahren etablierenden modernen Bauernhofes erkennen. Sie zielten auf eine „weit ausgreifende Umwandlung der Agrarstruktur durch Auflösung der Kleinbauernwirtschaften" und die „Erweiterung und Technisierung der Vollbauernhöfe" sowie auf „eine ,neue Familienwirtschaft' der Bauern (K[onrad] Meyer) auf der Grundlage umfassender betrieblicher und überbetrieblicher Rationalisierung und Technisierung der Produktion mit wenig Lohnarbeit".61 Das Idealbild nationalsozialistischer Agrarstrukturplanung war daher Wolfram Pyta zufolge - „der sich dem Marktgeschehen und damit der außerdörflichen Welt öffnende, für technische Innovationen aufgeschlossene und dabei seine agrarische Bodenhaftung nicht verlierende Mittel- und Großbauer".62 Nach Bernd Weisbrod jedoch hatten „diese Planungsphantasien [...] mit der Wirklichkeit wenig zu tun, wohl aber mit der Wirklichkeitsverweigerung eines entkoppelten Planungsapparats". „Die Projektionen eines zur Selbststeuerung unfähigen Regimes", so 57 Von Saldem, Mittelstand im „Dritten Reich", S. 84; vgl. auch Paul Erker, Der lange Abschied vom Agrarland, in: Matthias Frese/Michael Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel im 20. Jahrhundert, Paderborn 1996, S. 327-360, hier: S. 343,355ff.; Kim R. Holmes, The Forsaken Past, in: JCH 17 (1982), S. 671-688, hier: S. 683; Jörg Lichter, Zwangslagen der nationalsozialistischen Agrarpolitik von 1933 bis 1939, in: Günther Schulz (Hrsg.), Von der Landwirtschaft zur Industrie, Paderborn u.a. 1996, S. 295-318, hier: S. 296ff., 307ff.; vgl. hingegen Helene Albers, Bäuerinnenalltag - Landfrauenpolitik, in: Daniela Münkel (Hrsg.), Der lange Abschied vom Agrarland, Göttingen 2000, S. 93-123, hier: S. 95. 58 Vgl. Erker, Langer Abschied, S. 344. 59 Ebd., S. 359; vgl. Josef Mooser, Kommentar, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 389-400, hier: S. 390, 393, 395f.; vgl. auch Gustavo Corni, Hitler and the Peasants, New York 1990, S. 245ff.; J.E. Farquharson, The Plough and the Swastika, London/Beverly Hills 1976, S. 258. 60 Erker, Langer Abschied, S. 343; vgl. auch Helene Albers, Zwischen Hof, Haushalt und Familie, Paderborn u.a. 2001, bes. S. 14f„ 424f., 435f., 439; Gustavo Corni/Horst Gies, Brot, Butter, Kanonen, Berlin 1997, S. 594; Karl Ditt, Zwischen Markt, Agrarpolitik und Umweltschutz, in: ders. u.a. (Hrsg.), Agrarmodemisierung und ökologische Folgen, Paderborn u.a. 2001, S. 85-125, hier: S. lOOff. 61 Mooser, Kommentar, S. 396f.; vgl. ders., Das Verschwinden der Bauern, in: Münkel (Hrsg.), Der lange Abschied vom Agrarland, S. 23-35, hier: S. 31; vgl. auch Wolfram Pyta, Das Dorf im Fadenkreuz der Politik, in: ebd., S. 209-226, hier: S. 213-221; Gustavo Comi/Horst Gies, „Blut und Boden", Idstein 1994, S. 126ff. 62 Pyta, Dorf im Fadenkreuz, S. 215; vgl. auch ders., „Menschenökonomie", in: HZ 273 (2001), S. 31-94, hier bes.: S. 33ff., 38f.
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Weisbrod weiter, könne man „kaum als Modernisierungsschub ausgeben - auch nicht als indirekten".63 Gustavo Corni und Horst Gies zufolge unterließen die NS-Agrarpolitiker aufgrund der rückständigen „Blut-und-Boden"-Ideologie Richard Walter Darres - dem Begriffe wie Rentabilität oder Mechanisierung Anathemata waren und der dem von der Anthroposophie beeinflußten „biologischen Landbau" anhing64 - größtenteils ,jene strukturellen Reformen, mit denen die tiefgreifenden Gegensätze, die einer Modernisierung der Landwirtschaft entgegenstanden, hätten abgeschwächt werden können".65 So hätten es die „Erzeugungsschlachten" in den „Friedensjahren" trotz Produktions- und Leistungssteigerung „nicht einmal annähernd" geschafft, „das deutsche Defizit an landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln zu beseitigen und damit eine rationellere Verteilung der verfügbaren Ressourcen zu ermöglichen". Zwar sei der Modernisierungsprozeß insbesondere als Reaktion auf den wachsenden, durch die Landflucht noch zusätzlich verstärkten ökonomischen Druck in der Landwirtschaft weiter vorangeschritten, so daß in der Mechanisierung, Motorisierung und Chemisierung der Agrarwirtschaft wie auch in der Rationalisierung und Standardisierung der Verarbeitung und Vermarktung (wenn auch meist entgegen ideologischen Prämissen) „Fortschritte erzielt" worden seien, doch sei die Landwirtschaft „auf dem Weg in eine moderne technologische Agrarwirtschaft" eher zurückgeblieben. Während die Selbstversorgungsrate von 68 Prozent (1928) auf 83 Prozent (1939) habe gesteigert werden können, sei die „Fettlücke" mit einem Importbedarf von 40 bis 50 Prozent (1939) weiterhin bestehen geblieben.66 Insbesondere das Reichserbhofgesetz habe „mit seinem Unbelastbarkeitsgebot [...] ein Kreditproblem" geschaffen, „das größere Investitionsvorhaben ausschloß
63
Bernd Weisbrod, Kommentar, in: Münkel (Hrsg.), Der lange Abschied vom Agrarland, S. 278285, hier: S. 280. 64 Der gegenüber dem Technokraten Herbert Backe zusehends an Macht verlierende Darre sprach sich aber im Laufe der Zeit immer deutlicher für eine verstärkte Einführung von Landmaschinen und für die Durchführung von Bodenmeliorationen aus (vgl. Corni/Gies, Brot, Butter, Kanonen, S. 308; vgl. auch Gustavo Corni, Richard Walther Darre, in: Ronald Smelser u.a. [Hrsg.], Die braune Elite I, 4. aktual. Aufl. Darmstadt 1999 [zuerst 1989], S. 15-27, hier: S. 24ff.; Farquharson, Plough and Swastika, S. 259; Holmes, Forsaken Past, S. 683; Daniela Münkel, Nationalsozialistische Agrarpolitik und Bauernalltag, Frankfurt a.M./New York 1996, S. 124,128). 65 Comi/Gies, Brot, Butter, Kanonen, S. 296; vgl. auch Gustavo Corni, La politica agraria del fascismo, in: Studi Storici 28 (1987), S. 385-421, hier: S. 420; Peter Exner, „Die Technik läßt sie nicht mehr los, ob sie wollen oder nicht wollen", in: Ditt u.a. (Hrsg.), Agrarmodernisierung, S. 169-196, hier: S. 183; Lichter, Zwangslagen der NS-Agrarpolitik, S. 312f. 66 Comi/Gies, Brot, Butter, Kanonen, S. 315, 394, 594; vgl. Münkel, NS-Agrarpolitik, S. 120ff., 473; vgl. auch dies., „Du, Deutsche Landfrau bist verantwortlich!", in: AfS 38 (1998), S. 141-164, hier: S. 141; Nikolaus Back, „Zeitgemäßer Fortschritt", Frankfurt a.M. u.a. 1998, S. 137, 146; Günter Fahle, Nazis und Bauern, Köln 1986, S. 21 Iff.; Joachim Lehmann, Herbert Backe, in: Ronald Smelser u.a. (Hrsg.), Die braune Elite II, 2. aktual. Aufl. Darmstadt 1999 (zuerst 1993), S. 1-12, hier: S. 10; ders., Mecklenburgische Landwirtschaft und „Modernisierung" in den dreißiger Jahren, in: Bajohr (Hrsg.), Norddeutschland im Nationalsozialismus, S. 335-346, hier bes.: S. 342ff.; Stephan Merl, Agrarpolitik und Bauernschaft im Nationalsozialismus und im Stalinismus, in: Matthias Vetter (Hrsg.), Terroristische Diktaturen im 20. Jahrhundert, Opladen 1996, S. 118-156, hier: S. 125f., 155; Clemens Zimmermann, Ländliche Gesellschaft und Agrarwirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert, in: ders./Wemer Troßbach (Hrsg.), Agrargeschichte, Stuttgart 1998, S. 137-163, hier: S. 154f.
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und damit einer [...] Modernisierung hemmend bzw. verhindernd im Wege stand".67 Gleichwohl, so ließe sich dem entgegenhalten, stieg der Anteil der Investitionen in Maschinen, Geräte und Düngemittel gemessen an der Nettoproduktion der Landwirtschaft kontinuierlich an: von 13,3 Prozent (1933) auf 19,3 Prozent (1938). Wie Daniela Münkel überdies gezeigt hat, hatte die pragmatische Umsetzung des Reichserbhofgesetzes auch nur „wenig mit dem ideologisch begründeten Ziel einer rückwärtsgewandten, das Bauerntum stilisierenden Utopie gemein".68 Von einer „totalen Entzauberung des braunen Modernisierungsmythos"69 zu sprechen - wie Ulrich Kluge dies tut - , erscheint daher angesichts der aufgezeigten Fortschritte in der Agrarmodemisierung übertrieben.
b) Wirtschaftsordnung, Wachstums- und Beschäftigungspolitik Im Unterschied zu Wolfram Fischers frühem Urteil, die nationalsozialistische Wirtschaftslehre sei „nie über ein Konglomerat konfuser Ideen verschiedenen Ursprungs hinausgekommen" und das NS-Regime habe - „bald dieses, bald jenes versuchend" - „zwölf Jahre lang system- und sinnlos experimentiert"70, hat Avraham Barkai der NS-Wirtschaftspolitik das Prädikat einer gewissen Originalität und inneren Konsistenz zugesprochen: Trotz vieler Gemeinsamkeiten mit der protektionistischen, dirigistischen, restriktiven und antizyklischen Wirtschaftspolitik anderer moderner Industriestaaten der dreißiger Jahre (erinnert sei hier an Roosevelts New Deal) weise sie „genügend neue Elemente in Zielsetzungen, Methoden und institutioneller Durchführung" auf, „um den Begriff eines neuen und eigengearteten Wirtschaftssystems zu rechtfertigen".71 Tilla Siegel und Thomas von Freyberg vertreten zudem die These, daß der Wirtschaftspolitik des NS-Regimes vor allem in den Jahren der Kriegsvorbereitung in sämtlichen Bereichen politisch-ökonomischer Steuerung ein hohes Maß an zweckorientierter Rationalität zukomme.72 Wie bereits angedeutet, erkennt Rainer Zitelmann der NS-Wirtschaftspolitik sogar „unbezwei67
Corni/Gies, Brot, Butter, Kanonen, S. 593; vgl. auch Comi, Politica agraria, S. 419; Karl-Joseph Hummel, Deutsche Geschichte 1933-1945, München 1998, S. 123f.; Wendt, Deutschland 19331945, S. 228. 68 Daniela Münkel, Bäuerliche Interessen versus NS-Ideologie, in: V f Z 4 4 (1996), S. 549-580, hier: S. 577; vgl. auch Farquharson, Plough and Swastika, S. 252; ebenfalls negative Auswirkungen des Gesetzes auf das Investitionsvolumen bezweifelnd und eher die durch den Primat der Aufrüstung verschärfte Kapital- und Rohstoffknappheit innerhalb des Agrarsektors hervorhebend: Lichter, Zwangslagen der NS-Agrarpolitik, S. 314-318; vgl. dazu ferner auch Friedrich Grundmann, Agrarpolitik im „Dritten Reich", Hamburg 1979. 69 Ulrich Kluge, Deutsche Agrarpolitik im 20. Jahrhundert zwischen Protektionismus und wirtschaftlicher Modernisierung, in: Münkel (Hrsg.), Der lange Abschied vom Agrarland, S. 289-314, hier: S. 302. 70 Wolfram Fischer, Die Wirtschaftspolitik des Nationalsozialismus, Lüneburg 1961, S. 7, 36. 71 Avraham Barkai, Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus, 2. Aufl. Frankfurt a.M. 1988 (zuerst 1977), S. 7; zur Originalität der NS-Wirtschaftsordnung vgl. auch Ludolf Herbst, Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik im internationalen Vergleich, in: Wolfgang Benz u.a. (Hrsg.), Der Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1993, S. 153-176; Michael von Prollius, Das Wirtschaftssystem der Nationalsozialisten 1933-1939, Paderborn u.a. 2003, S. 25, 328f., 333; New Deal und NS-Wirtschaftspolitik vergleichend: Philipp Gassert, Amerika im Dritten Reich, Stuttgart 1997, S. 29. 72 Siegel/von Freyberg, Industrielle Rationalisierung, S. 142.
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feibare Erfolge" zu, die vornehmlich Hitlers vergleichsweise stringenten und m o dernen wirtschaftspolitischen A u f f a s s u n g e n zu verdanken g e w e s e n seien. 7 3 N a c h Ludolf Herbst eigneten sich „Hitlers wirtschaftliche und politische Grundorientierungen" zumindest dazu, „den Rahmen für eine Form der Krisenüberwindung abzugeben, die während der Weltwirtschaftskrise nicht nur in Deutschland, sondern auch in den anderen Industriestaaten an Zugkraft gewann". 7 4 In den A u g e n von Harold James nahm sich die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik allerdings „rather unadventurous and conservative" aus, habe doch das N S - R e g i m e i m w e sentlichen das fortgeführt, w a s die Präsidialkabinette in der Endphase der Weimarer Republik initiiert hätten. 7 5 Deren Politik j e d o c h beurteilt Christoph B u c h h e i m w i e derum als eine verhältnismäßig „radikale A b w e n d u n g von der zuvor betriebenen, wahrhaft konservativen Deflationspolitik". Zugleich aber mutmaßt er, daß „die Alternative zur nationalsozialistischen Staatskonjunktur nicht Stagnation, sondern [...] ein wirtschaftsimmanenter A u f s c h w u n g s o w i e eine Phase gewinnträchtigen Wachstums g e w e s e n wäre". 7 6 B e i der Beurteilung der nationalsozialistischen Wirtschaftsideologie lassen sich nicht nur Darres „Blut-und-Boden"-Ideologeme 7 7 , sondern auch die weitaus m o derneren und vorwärtsgewandteren Konzepte eines Goebbels 7 8 , Speer 7 9 oder Todt 8 0 in den B l i c k nehmen. Hitler und G o e b b e l s b e i s p i e l s w e i s e lehnten den Mystizismus, Irrationalismus und Anti-Modernismus von Himmler und Rosenberg 8 1
73
gänzlich
Rainer Zitelmann, Hitler - Selbstverständnis eines Revolutionärs, 4. erw. Neuaufl. München 1998 (zuerst 1987), S. 230; vgl. auch Albrecht Ritsehl, Zum Verhältnis von Markt und Staat in Hitlers Weltbild, in: Uwe Backes u.a. (Hrsg.), Die Schatten der Vergangenheit, Frankfurt a.M. 1990, S. 243-264. 74 Ludolf Herbst, Das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945, Frankfurt a.M. 1996, S. 96; vgl. aber auch Herbsts Deutung der NS-Wirtschaftspolitik als einen „Prozeß der Asymmetrierung", der von rassen- und expansionspolitisch bedingten ,,Ungleichgewichte[n]" und „Verzerrungen der Proportionen" geprägt gewesen sei: ders., Nationalsozialistische Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, in: Bernd Sösemann (Hrsg.), Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Darmstadt 2002, S. 172-187 (Zitate: S. 175). 75 Harold James, Innovation and Conservatism in Economic Recovery, in: Thomas Childers/Jane Caplan (Hrsg.), Reevaluating the Third Reich, New York/London 1993, S. 114-138, hier: S. 132. 76 Christoph Buchheim, Zur Natur des Wirtschaftsaufschwunges der NS-Zeit, in: ders. u.a. (Hrsg.), Zerrissene Zwischenkriegszeit, Baden-Baden 1994, S. 97-119, hier: S. 101, 119; vgl. auch ders., The Nazi Boom, in: Hans Mommsen (Hrsg.), The Third Reich Between Vision and Reality, Oxford/New York 2001, S. 79-94; dazu kritisch: Carl-Ludwig Holtfrerich, Zur Debatte über die deutsche Wirtschaftspolitik von Weimar zu Hitler, in: VfZ 44 (1996), S. 119-132, hier: S. 127f.; abwägend: Abelshauser, Kriegswirtschaft, S. 519, 522. 77 Vgl. Anna Bramwell, Blood and Soil, Abbotsbrook 1985; Corni, Darre; vgl. auch Frank-Lothar Kroll, Utopie als Ideologie, 2. durchges. Aufl. Paderborn u.a. 1999 (zuerst 1998), S. 159, der Darres Gedankengebäude als ,,rückwärtsgewandte[...] Utopie einer Reaktivierung vormoderner Lebensformen" beschreibt. 78 Vgl. Ulrich Höver, Joseph Goebbels, Bonn/Berlin 1992; Kroll, Utopie als Ideologie, S. 259-307. 19 Vgl. Jost Dülffer, Albert Speer, in: Smelser u.a. (Hrsg.), Die braune Elite I, S. 258-272; Joachim Fest, Speer, Berlin 1999. 80 Vgl. Fritz W. Seidler, Fritz Todt, München/Berlin 1986; ders., Fritz Todt, in: Smelser u.a. (Hrsg.), Die braune Elite I, S. 299-312; vgl. auch Helmut Maier, Nationalsozialistische Technikideologie und die Politisierung des „Technikerstandes", in: ders. u.a. (Hrsg.), Technische Intelligenz und „Kulturfaktor Technik", Münster u.a. 1996, S. 253-268. Vgl. Reinhard Bollmus, Das Amt Rosenberg und seine Gegner, Stuttgart 1970.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
ab.82 Antimodernistische Ideologen wie Darre verloren zunehmend an Einfluß, während Technokraten wie Backe, Speer oder Heydrich in entscheidende Machtpositionen vordrangen.83 Mag der Nationalsozialismus für manche seiner Anhänger die Rückkehr zu einer längst vergangenen Zeit verheißen haben, für viele von ihnen war „the idea of a return to a bygone era [...] anathema", wie Thomas Saunders konstatiert.84 Auch nach Klaus Hildebrand gewann die „Blut-und-Boden"-Ideologie als „ein Element neben anderen im trüben Gebräu der nationalsozialistischen Weltanschauung [...] beileibe nicht die Oberhand": „Antimoderne Töne wurden letztlich nicht recht ernst genommen". 85 Die nationalsozialistische Propagierung des bäuerlichen Wirtschaftens zeugt Peter Krüger und Rainer Zitelmann zufolge weniger von einem modernisierungsfeindlichen Denken als vielmehr von einem Verhaftetsein in den zeitgenössischen wirtschaftspolitischen Diskussionen. Die Nationalökonomie der zwanziger Jahre habe die Strukturschwäche der Weimarer Republik unter anderem als Folgeerscheinung des gestörten Verhältnisses von Industrie und Landwirtschaft interpretiert und der vermeintlich sich öffnenden Schere zwischen industrieller Überproduktion und landwirtschaftlicher Unterversorgung durch Autarkisierung, Reagrarisierung und Entindustrialisierung entgegenzuwirken gesucht.86 Hitlers Ziel von der Eroberung agrarischen „Lebensraums" im Osten erscheint denn auch Albrecht Ritsehl keineswegs als eine rückwärtsgewandte Utopie. Zum einen sei es direkt aus seinen „machtpolitischen Prämissen" gefolgt, da Hitler nicht mit einer Weltmarktdurchdringung durch die deutsche Industrie die Rivalität Englands wecken wollte. Zum anderen sei Hitler - wie viele seiner Zeitgenossen auch - von der malthusianischen Idee durchdrungen gewesen, daß der Nahrungsspielraum nicht in dem Maße wachse wie die Bevölkerung, so daß er nicht für alle Völker zugleich ausreichen könne und der mithin naturgesetzliche „Kampf um den besten Futterplatz [...] auf Dauer unausweichlich" sein werde. Vor diesem Hintergrund lautet das Fazit von Ritschis Überlegungen zu Hitlers „Lebensraum"-Vorstellung: „Nicht Desindustrialisierung [war] das Ziel, sondern die Schaffung einer Agrar- und Rohstoffbasis in Osteuropa", das zugleich als Abnahmegebiet der deutschen Industrieproduktion dienen sollte.87 82
Vgl. Kroll, Utopie als Ideologie, bes. S. 292f.; Zitelmann, Hitler - Selbstverständnis eines Revolutionärs, S. 372ff.; zu Rosenberg, Darre und Himmler vgl. auch Kroll, Utopie als Ideologie, S. 101-255. 83 Vgl. Rainer Zitelmann, Nationalsozialismus und Moderne, in: Werner Süß (Hrsg.), Übergänge Zeitgeschichte zwischen Utopie und Machbarkeit, Berlin 1989, S. 195-223, hier: S. 208. 84 Thomas Saunders, Nazism and Social Revolution, in: Gordon Martel (Hrsg.), Modem Germany Reconsidered 1870-1945, London/New York 1992, S. 159-177, hier: S. 168. 85 Klaus Hildebrand, Die Deutsche Reichsbahn in der nationalsozialistischen Diktatur 1933-1945, in: Lothar Gall/Manfred Pohl (Hrsg.), Die Eisenbahn in Deutschland, München 1999, S. 165-243, hier: S. 175. 86 Vgl. Peter Krüger, Zu Hitlers „nationalsozialistischen Wirtschaftserkenntnissen", in: GG 6 (1980), S. 263-282; Zitelmann, Hitler - Selbstverständnis eines Revolutionärs, S. 306ff. 87 Ritsehl, NS-Wirtschaftsideologie, S. 62; vgl. ders., Wirtschaftspolitik im Dritten Reich, in: Karl Dietrich Bracher u.a. (Hrsg.), Deutschland 1933-1945, Düsseldorf 1993, S. 118-134, hier: S. 134; ders., Verhältnis von Markt und Staat, S. 256; vgl. auch Zitelmann, Hitler - Selbstverständnis eines Revolutionärs, S. 342ff., 495; ders., Nationalsozialismus und Moderne, S. 206f.; ders., Zur Begründung des „Lebensraum'-Motivs in Hitlers Weltanschauung, in: Wolfgang Michalka (Hrsg.), Der Zweite Weltkrieg, München/Zürich 1989, S. 551-567, hier bes.: S. 555ff., 560ff.; vgl. ferner Andreas Hillgruber, Die „Endlösung" und das deutsche Ostimperium als Kernstück des rassenideo-
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Mittelfristig strebte die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik daher nach der „Errichtung eines kontinentaleuropäischen Imperiums mit Zentraleuropa als industriellem Machtzentrum und Osteuropa als einem Kolonialraum". Ritschis Ansicht nach hatte diese spezifische „Form von Wachstums- und Modemisierungsideologie" „mit Romantik und rückwärtsgewandter Agrarideologie [...] nur wenig zu tun".88 Ludolf Herbst zufolge verlieh die nationalsozialistische „Neuordnung" der europäischen Großraumwirtschaft zumindest bis Ende 1941 der deutschen Wirtschaftspolitik eine „innere Konsistenz und Folgerichtigkeit", sei sie doch letztlich „kalkulierter Vernunft" entsprungen.89 Dies meint auch Richard Overy, der in der Politik des NS-Regimes „a [...] deliberate, conscious effort [...] to construct a coherent New Order economy on a long-term basis" sieht, die überdies nicht nur auf dem Papier existiert habe, sondern im Krieg zu einem beträchtlichen Teil auch verwirklicht worden sei.90 Philipp Gassert hat in diesem Zusammenhang die These aufgestellt, daß Hitler - mit den Vereinigten Staaten als Vorbild für seine „Neue Ordnung" - das Ziel verfolgt habe, ein „hochtechnisiertes .Amerika' im Herzen Europas" zu errichten. Er habe versucht, die USA in wirtschaftlich-technischer Hinsicht nachzuahmen, um sie alsbald übertreffen zu können.91 Ritsehl versteht die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik ferner als Versuch, „beide malthusianischen Teufel auszutreiben, zunächst die Unterbeschäftigung, danach den Ressourcenmangel". Ob daraus, wie er mutmaßt, eine ausschließliche „Fixierung auf das extensive Wachstum durch Bodenerwerb und fortgesetzte ,Raumkriege' anstelle des intensiven Wachstums mittels Effizienzerhöhung der Industrie" gefolgt ist92, kann angesichts der oben skizzierten Rationalisierungsbemühungen und -erfolge in verschiedenen Industriebranchen bezweifelt werden. Malthusianisch motiviertes extensives sowie fordistisch und tayloristisch geprägtes intensives (d.h. produktivitätssteigemdes) Wachstum scheinen in der nationalsozialistischen Wirtschaft keinen Widerspruch dargestellt, sondern vielmehr nebeneinander bestanden zu haben. Nach Gassert bildete in Hitlers malthusianischem Wirtschaftsdenken „das Programm einer großdeutschen Expansion geradezu die Voraussetzung einer .Fordisierung' Deutschlands im Inneren".93 Ritsehl ist indes der Auffassung, daß die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik „im Sinne von Wachstumsorientierung [...] keineswegs nur modernisierend gewirkt" habe. Im Gegenteil: Die industrielle Investitionspolitik der Nationalsozialisten habe eine Modernisierung „eher behindert als bewirkt". Zwar habe auf der einen Seite die vom NSRegime herbeigeführte Rückkehr zu niedrigen Lohnkosten mit verlängerter Arbeitszeit die Unternehmensgewinne (und damit Investitionen) gefördert; auf der
logischen Programms des Nationalsozialismus, in: ders., Deutsche Großmacht- und Weltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert, Düsseldorf 1979, S. 252-275 (zuerst 1972), hier: S. 261. 88 Ritsehl, NS-Wirtschaftsideologie, S. 69f. 89 Ludolf Herbst, Der Totale Krieg und die Ordnung der Wirtschaft, Stuttgart 1982, S. 17; ders., NS-Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, S. 187. 90 Richard J. Overy, The Economy of the Germany „New Order", in: ders. u.a. (Hrsg.), Die „Neuordnung" Europas, Berlin 1997, S. 11-28, hier: S. 12. 91 Gassert, Amerika im Dritten Reich, S. 103; vgl. auch ebd., bes. S. 180. 92 Ritsehl, NS-Wirtschaftsideologie, S. 68. 93 Gassert, Amerika im Dritten Reich, S. 27; vgl. auch ebd., S. 91f., 95; ders., Nationalsozialismus, Amerikanismus, Technologie, in: Michael Wala/Ursula Lehmkuhl (Hrsg.), Technologie und Kultur, Köln u.a. 2000, S. 147-172, hier: S. 151.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
anderen Seite aber habe die Entlastung im Lohnkostenbereich den Unternehmen Anreize zur Rationalisierung genommen, so daß der Überhang der Arbeitskräftenachfrage von 1937/38 an durchaus als „Folge falscher Preissignale, nämlich künstlich niedriggehaltener Löhne bei ebenso künstlich verknapptem Kapitalangebot" gedeutet werden könne.94 Entgegen der weitverbreiteten Annahme einer modernisierenden Wirkung der Rüstungskonjunktur meint Ritsehl zudem, daß sich ein „Modernisierungseffekt der NS-Politik" eher dort eingestellt habe, „wo andere Motive als das der Rüstung im Vordergrund" gestanden hätten. Einerseits seien „wesentliche Wachstumsmöglichkeiten gleichsam verschenkt" worden, „um die Rüstung in hohem Tempo vorantreiben zu können"; andererseits habe es „genuin wachstumspolitische Maßnahmen" gegeben, „deren Ressourcenbedarf dem Aufrüstungsziel eindeutig entgegenstand".95 Als modernisierende Maßnahmen hebt er beispielsweise die Infrastrukturinvestitionen im Autobahnbau, im Flughafenbau, im Ausbau des Kanalnetzes sowie in der Elektrifizierung der Eisenbahn hervor.96 Christopher Kopper zufolge mußte die Reichsbahn allerdings „wichtige Modernisierungsinvestitionen mit einem großen Rationalisierungspotential und erheblichen Qualitätsverbesserungen in der Beförderung [...] mangels Zugang zum Kapitalmarkt" aufgeben. Auch der Schnelltriebwagen „Fliegender Hamburger" habe eine technische Modernisierung lediglich vorgetäuscht.97 Im Gegensatz dazu betont Klaus Hildebrand, daß neben einer ,,stetige[n] Entwicklung" durchaus auch „spektakulärer Fortschritt" die technische Modernisierung der Reichsbahn in den dreißiger Jahren charakterisiert habe. Insbesondere sei „die in den zwanziger Jahren begonnene Modernisierung und Vereinheitlichung der Fahrzeuge und Anlagen weiter entwickelt" worden.98 Hans Mommsens Auffassung nach waren es indessen vor allem Autarkiepolitik und Vieijahresplan, welche „die Modernisierung des täglichen Bedarfs weitgehend zum Erliegen" brachten.99 Die Autarkiepolitik der Nationalsozialisten hält Albrecht Ritsehl allerdings keineswegs für anti-modem, weil man sich davon - vor dem zeitgenössischen Horizont betrachtet - zu Recht einen größeren Effekt in der innenpolitischen Beschäftigungs- und Konjunkturpolitik versprechen konnte.100 Im Sinne dieser keynesianischen, der Einsicht in das (vermeintliche) Ende dauerhaften Wachstums folgenden Wirtschaftspolitik - welche die Substitution der langfristig 94
Ritsehl, NS-Wirtschaftsideologie, S. 48f., 52, 55; zur Investitionstätigkeit zwischen 1935 und 1938 vgl. ders., Über die Höhe und Struktur der gesamtwirtschaftlichen Investitionen in Deutschland 1935-38, in: VSWG 79 (1992), S. 156-176. 95 Ritsehl, NS-Wirtschaftsideologie, S. 59; vgl. Buchheim, Wirtschaftsaufschwung, S. 119. 96 Vgl. Ritsehl, NS-Wirtschaftsideologie, S. 58. 97 Christopher Kopper, Modernität oder Scheinmodemität nationalsozialistischer Herrschaft, in: Christian Jansen u.a. (Hrsg.), Von der Aufgabe der Freiheit, Berlin 1995, S. 399-411, hier: S. 411; vgl. auch ders., Handel und Verkehr im 20. Jahrhundert, München 2002, S. 22f., lOOf.; vgl. dazu ferner Stefan Arold, Die technische Entwicklung und rüstungswirtschaftliche Bedeutung des Lokomotivbaus der Deutschen Reichsbahn im Dritten Reich (1933-1945), Stuttgart 1997, bes. S. 27ff., 35ff., 69ff., 93-97; zum „Fliegenden Hamburger" vgl. überdies Alfred C. Mierzejewski, Geschwindigkeit als Konzept, in: Hans-Liudger Dienel/Helmuth Trischler (Hrsg.), Geschichte der Zukunft des Verkehrs, Frankfurt a.M./New York 1997, S. 208-222. 98
Hildebrand, Deutsche Reichsbahn, S. 174, 179; vgl. auch ebd., S. 177ff„ 214; vgl. dazu insgesamt Alfred C. Mierzejewski, The Most Valuable Asset of the Reich, Bd. 2, Chapel Hill/London 2000. 99 Mommsen, Noch einmal, S. 397. 100 Vgl. Ritsehl, NS-Wirtschaftsideologie, S. 65; vgl. auch Overy, War and Economy, S. 57.
2. Wirtschaft und Rüstung
133
wegfallenden Investitionsgütemachfrage durch kreditfinanzierten öffentlichen Konsum propagierte - sei „Deutschlands Wirtschaftspolitik sogar ein Vorreiter" gewesen. 101 Die Keynesianerin Joan Robinson hat diese Ansicht auf die Formel gebracht, Hitler habe bereits ein Rezept gegen die Arbeitslosigkeit gehabt, als Keynes mit deren Erklärung noch nicht fertig gewesen sei. 102 Auch Werner Abelshauser ist der Überzeugung, daß die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik der dreißiger Jahre die „keynesianische Revolution" der Nachkriegszeit in der deutschen Praxis „experimentell" vorweggenommen und damit die Voraussetzungen für die Mobilisierung jener Produktivitätsreserven geschaffen habe, „die selbst in den ,Prosperitätsjahren' der Weimarer Republik teilweise und in der Weltwirtschaftskrise vollends unausgeschöpft geblieben waren".103 Der .„keynesianische' Ansatz in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik" des NSRegimes habe den „Kern dieser erfolgreichen Krisenpolitik" ausgemacht.104 Auf diese Weise habe Deutschland während der NS-Zeit auf sozio-ökonomischem Gebiet einen „kräftigen Schub" erfahren, so daß „auf vielen Gebieten die Grundlage für die wirtschaftliche Dynamik der Nachkriegszeit gelegt worden" sei.105 Schließlich sei der industrielle Kapitalstock auf westdeutschem Gebiet im Jahre 1945 trotz der Zerstörungen während des Krieges weitaus größer gewesen als zwölf Jahre zuvor; auch habe er den Vorkriegsstand immer noch um ein Fünftel übertroffen. 106 Gegen die Klassifizierung der NS-Wirtschaftspolitik als einer keynesianischen hat Richard Overy allerdings eingewandt, daß die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik - obwohl sie eine verhältnismäßig geschlossene Volkswirtschaft mit strikten Kontrollen des Kapitalmarktes wie auch der Preise und Löhne geschaffen habe - vor allem wegen der doch eher restriktiven Konsumpolitik in den ersten
101 Ritsehl, NS-Wirtschaftsideologie, S. 67; vgl. auch Wemer Abelshauser/Anselm Faust, Wirtschafts- und Sozialpolitik, Tübingen 1983, S. 52; Prinz, Soziale Funktion, S. 312f. 102 Vgl. Joan Robinson, The Second Crisis of Economic Theory, in: American Economic Review. Papers and Proceedings 62 (1972), S. 1-10, hier: S. 8; zu der geistigen Nähe deutscher Nationalökonomen und Wirtschaftspraktiker - der sogenannten „deutschen Keynesianer" - zu den Gedanken von John Maynard Keynes vgl. im übrigen Guido Golla, Nationalsozialistische Arbeitsbeschaffung in Theorie und Praxis 1933 bis 1936, Köln 1994, S. 32ff.; vgl. auch Jürgen G. Backhaus, Wirtschaftsordnung und Fiskalpolitik in Deutschland, in: Karl Acham u.a. (Hrsg.), Erkenntnisgewinne, Erkenntnisverluste, Stuttgart 1998, S. 387-436, hier: S. 393ff., 418ff; Hauke Janssen, Nationalökonomie und Nationalsozialismus, Marburg 1998, S. 417, 464ff., 507; vgl. femer J. Adam Tooze, Statistics and the German State 1900-1945, Cambridge u.a. 2001, bes. S. 290. 103 Werner Abelshauser, Wirtschaftsablauf, Gesellschaft, Politik, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 743-754, hier: S. 750; vgl. ders., Kriegswirtschaft, S. 537; ders., Markt und Staat, in: Reinhard Spree (Hrsg.), Geschichte der deutschen Wirtschaft im 20. Jahrhundert, München 2001, S. 117-140, hier: S. 128f.; ders./Faust, Wirtschafts- und Sozialpolitik, S. 27, 117; vgl. auch Norbert Frei, Der Führerstaat, 6. erw. u. aktual. Neuaufl. München 2001 (zuerst 1987), S. 98f. 104 Abelshauser, Kriegswirtschaft, S. 537. 105 Ders., Wirtschaftsablauf, S. 751; ders., Kriegswirtschaft, S. 538; vgl. auch Simon Reich, The Fruits of Fascism, Ithaca (N.Y.)/London 1990, bes. S. 29, 55, 315f., 327; vgl. femer Kurt Tweraser, Die Linzer Wirtschaft im Nationalsozialismus, in: Fritz Mayrhofer/Walter Schuster (Hrsg.), Nationalsozialismus in Linz, Bd. 1, Linz 2002, S. 387-555, hier bes.: S. 546ff. 106 Vgl. Werner Abelshauser, Neuanfang oder Wiederaufbau?, in: Technikgeschichte 53 (1986), S. 261-276, hier: S. 274; ders., Kriegswirtschaft, S. 524; vgl. auch Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 203ff.; dazu kritisch: Christoph Buchheim, Die Wirtschaftsentwicklung im Dritten Reich Mehr Desaster als Wunder, in: VfZ 49 (2001), S. 653-664.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
Jahren der NS-Herrschaft nur schwerlich mit dem ,„Keynesian' recipe for stimulating private consumption and trade" gleichzusetzen sei. 1 7 Für „eine der erfolgreichsten Varianten" des europaweit praktizierten Keynesianismus hält Michael Prinz indes den nationalsozialistischen Weg zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.108 Die Beschäftigungspolitik des NS-Regimes, so meint er darüber hinaus, habe auch nicht „einzig und allein im politischen Willen zu Aufrüstung und Kriegführung" ihre Wurzeln gehabt.109 Claudia Brunner zufolge waren die in der NS-Zeit implementierten Arbeitsbeschaffungspläne zur Überwindung der Wirtschaftskrise bereits vor der „Machtergreifung" diskutiert worden, wobei auch schon erste - wenngleich bescheidene - Maßnahmen während der Stabilisierungskrise ergriffen worden seien. Daher erblickt auch sie in der staatlichen Arbeitsbeschaffung der Jahre 1933/34 „keineswegs ein Nebenprodukt der Aufrüstung". 110 Wie Richard Overy konstatiert hat, war die Tatsache, daß die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik „ultimately served the interests of large-scale rearmament in the late 1930s[,] in some measure fortuitous", da die Wirtschafts-Bürokratie in den ersten Jahren der NS-Herrschaft nur in geringem Maße Hitlers Rüstungszielen gefolgt sei und - die Politik der letzten Weimar-Jahre fortführend - weitgehend unabhängig von der Rüstungspolitik den Schwerpunkt auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Konsolidierung der Finanzen gelegt habe.111 Demgegenüber plädiert Michael Schneider dafür, den systematischen Zusammenhang von Arbeitsbeschaffungs- und Rüstungspolitik herzustellen, um zu erklären, warum Deutschland in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit so erfolgreich war.112 Auch Axel Schildt gibt zu bedenken, daß nicht der Eindruck entstehen dürfe, „als habe es eine erfolgreiche Variante der Konjunkturpolitik gegeben, die vom Krieg sozusagen nur unterbrochen wurde". Schließlich hätten die sogenannten Friedensjahre nur eine „kurze Phase der Ausrichtung von Wirtschaft und Gesellschaft auf Krieg und Vernichtung" dargestellt. In seinen Augen kann nur die „militärstrategische immanente Modernität der technischen Kriegsvorbereitung und Mobilmachung der Bevölkerung" hervorgehoben werden.113
107 Overy, War and Economy, S. 67; vgl. auch Buchheim, Wirtschaftsaufschwung, S. 101f., der auf den „überraschend niedrige[n] Multiplikatoreffekt des fiskalischen Stimulus" hinweist; sowie ders., Der Keim des Zusammenbruchs, in: FAZ, 8.2.2003; vgl. überdies Karl Häuser, Deutsche Nationalökonomie in der Diaspora, in: Acham u.a. (Hrsg.), Erkenntnisgewinne, Erkenntnisverluste, S. 173-209, hier: S. 187f.; James, Innovation and Conservatism, S. 121; Janssen, Nationalökonomie, S. 435ff.; zum keynesianischen Charakter der NS-Konjunkturpolitik vgl. abwägend auch Golla, Arbeitsbeschaffung, S. 333ff. 108 Prinz, Soziale Funktion, S. 313; vgl. auch Golla, Arbeitsbeschaffung, S. 348; vgl. ferner Abelshauser/Faust, Wirtschafts- und Sozialpolitik, S. 21 f.; dazu kritisch: Michael Schneider, Unterm Hakenkreuz, Bonn 1999, S. 283, 286f.; Dan P. Silverman, Fantasy and Reality in Nazi Work Creation Programs 1933-1936, in: JMH 65 (1993), S. 113-151, hier bes.: S. 150f. 109 Prinz, Soziale Funktion, S. 312. 110 Claudia Brunner, Arbeitslosigkeit im NS-Staat, Pfaffenweiler 1997, S. 139. 111 Overy, War and Economy, S. 10, 81; vgl. auch Barkai, Wirtschaftssystem, S. 208f. " 2 Vgl. Michael Schneider, Nationalsozialismus und Modernisierung?, in: AfS 32 (1992), S. 541545, hier: S. 545; vgl. aber auch ders., Unterm Hakenkreuz, S. 282; vgl. dazu ferner Herbst, NSWirtschafts- und Beschäftigungspolitik, S. 178f„ 183. 113 Axel Schildt, NS-Regime, Modernisierung und Moderne, in: Dan Diner/Fritz Stem (Hrsg.), Nationalsozialismus aus heutiger Perspektive, Gerlingen 1994, S. 3-22, hier: S. 14; vgl. auch Michael Gever. Kriee als Gesellschaftspolitik. in: AfS 26 (1986), S. 557-601.
2. Wirtschaft und Rüstung
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Claudia Brunners Ansicht nach zeichnete sich die NS-Beschäfitigungspolitik durch „ein hohes Maß an Flexibilität und Variabilität" aus, wobei einer ihrer Schwerpunkte nicht zuletzt auch auf der ,,präventive[n] Bekämpfung der männlichen Jugendarbeitslosigkeit" lag.114 Neben den rein ökonomisch und wehrpolitisch ausgerichteten Maßnahmen existierten durchaus auch sozial- und reformpädagogisch disponierte, die - am Konzept „Hilfe zur Selbsthilfe" orientiert - mit der Einrichtung eines neuartigen gemeinschafts- und persönlichkeitsbildenden „Dienstes am Volksganzen" die „Not der Jugend" zu ihrem Ansatzpunkt machten.115 Auch wenn das NS-Regime die ohnehin vorhandenen konjunkturellen Trends teilweise nur unterstützte und weniger selbst evozierte, hält Richard Overy die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik für entscheidend „in maintaining the momentum of employment expansion when at certain times during 1933 and 1934 it looked as though recovery might come to a halt": „Government intervention", so lautet sein Resümee, „was the major reason why the economy moved so rapidly and thoroughly to a position of full employment in contrast to all the other major industrial powers". Dabei sei insbesondere die erfolgreiche Finanz- und Investitionspolitik - mehr noch als die Arbeitsbeschaffungspolitik - für den Aufschwung nach 1933 verantwortlich gewesen, wobei das NS-Regime „a policy of cautious credit creation with the promise that all ,wild experiments' would be avoided" verbunden habe.116 Die Verhundertfachung der Rüstungsausgaben von der „Machtergreifung" bis zum Ausbruch des Weltkrieges jedoch konnte in den Augen Axel Schiidts selbst für einen „mittelfristig gesicherten Aufschwung nur kontraproduktiv wirken".117 So hatte die Vollbeschäftigung unweigerlich ihren Preis: Rüstungsoffensive, Festschreibung der Löhne auf niedrigem Niveau sowie eine Finanzpolitik des deficit spending und somit eine erhebliche Erhöhung der Gesamtverschuldung.118 All dies wirkte für die Konzeptionen der Wirtschaftspolitik in der Nachkriegszeit als „belastendes Präjudiz" 119 und war die Kehrseite des wirtschaftlichen Aufschwungs, der Günter Könkes Ansicht nach ,,eine[m] Wechsel auf die Zukunft" glich.120
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Brunner, Arbeitslosigkeit, S. 339f. Vgl. Christoph Sachße/Florian Tennstedt, Der Wohlfahrtsstaat im Nationalsozialismus, Stuttgart u.a. 1992, S. 75. 6 " Overy, War and Economy, S. 51, 56; vgl. auch ebd., 5f., 42-67,72f. 117 Schildt, NS-Regime, S. 14; vgl. auch Barkai, Wirtschaftssystem, S. 214f. 118 Vgl. Barkai, Wirtschaftssystem, S. 156f.; Harold James, Deutschland in der Weltwirtschaftskrise 1924-1936, Stuttgart 1988 (engl. 1986), S. 358; vgl. auch Paul Erker, Dampflok, Daimler, DAX, Stuttgart/München 2001, S. 184ff. " ' Günther Schulz, Die Diskussion über Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik im Nationalsozialismus, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 105-124, hier: S. 119. 120 Günter Könke, „Modemisierungsschub" oder relative Stagnation?, in: GG 20 (1994), S. 584608, hier: S. 588; vgl. auch Fischer, Wirtschaftspolitik des Nationalsozialismus, S. 47f.; Schildt, NS-Regime, S. 14. 115
3. Wissenschaft, Technik und Umwelt
a) Wissenschaft Als eines der entscheidenden Kriterien für die Beurteilung des Verhältnisses von Nationalsozialismus und Modernisierung ist immer wieder die Entwicklung der Wissenschaft im „Dritten Reich" angeführt worden. Während etwa Hans Mommsen im großen und ganzen ein „intelligenzfeindliches Gesamtklima des Regimes", eine „tiefe Verachtung von Fachwissen", einen „schwerwiegenden Einbruch" im Bildungswesen sowie eine „zunehmende Entprofessionalisierung des Regierungssystems" konstatiert und den NS-Machthabern eine „vollständige Unfähigkeit" bescheinigt, „innovative Ideen in die Praxis umzusetzen"1, betonen andere Historiker, daß unter der NS-Herrschaft gerade in der Wissenschaft deutliche Modernisierungstendenzen zu beobachten seien. Susanne Heim und Götz Aly vertreten beispielsweise die These, „daß der NS-Staat wissenschaftliche Politikberatung in hohem Maß forderte und ihre Ergebnisse nutzte".2 Und auch Claus Mühlfeld zufolge wirkte der Nationalsozialismus insofern „innovativ", als er „bei den für die praktische Politik relevanten wissenschaftlichen Disziplinen ein Nachfrageverhalten nach Forschungsergebnissen, Legitimationsmustern und Praxisanleitungen auslöste".3 Zahlreiche Darstellungen über die Geschichte der Soziologie während der NSZeit haben gezeigt, daß im „Dritten Reich" Trendlinien hin zu einer empirischen Sozialforschung existierten und daß trotz der ,,tiefe[n] Zäsur in der Geschichte der deutschen Soziologie", die durch die „Säuberung" der Universitäten von jüdischen und politisch linksstehenden Wissenschaftlern seit 1933 verursacht wurde, vornehmlich die Jahre zwischen 1930 und 1935/36 nachgerade als „die Hochphase 1
Hans Mommsen, Nationalsozialismus als vorgetäuschte Modernisierung, in: ders., Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 405-427, hier: S. 413, 416f., 421; vgl. auch Michael Grüttner, Wissenschaft, in: Wolfgang Benz u.a. (Hrsg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus, Stuttgart 1997, S. 135-153; Peter Lundgreen, Hochschulpolitik und Wissenschaft im Dritten Reich, in: ders. (Hrsg.), Wissenschaft im Dritten Reich, Frankfurt a.M. 1985, S. 9-30, hier bes.: S. 14ff., 28; Hartmut Titze, Bildungswachstum und Nationalsozialismus, in: Zeitschrift fur Erziehungswissenschaft 4 (2001), S. 415-436; Ulrich Wengenroth, Die Flucht in den Käfig, in: Rüdiger vom Bruch/Brigitte Kaderas (Hrsg.), Wissenschaften und Wissenschaftspolitik, Stuttgart 2002, S. 52-59, hier: S. 56ff. 2 Susanne Heim/Götz Aly, Sozialplanung und Völkermord, in: Wolfgang Schneider (Hrsg.), „Vernichtungspolitik", Hamburg 1991, S. 11-23, hier: S. 12; vgl. auch Ludger Weß, Wissenschaft und Massenmord, in: ebd., S. 103-108, hier: S. 105f.; vgl. ferner Renate Knigge-Tesche (Hrsg.), Berater der braunen Macht, Frankfurt a.M. 1999. 3 Claus Mühlfeld, Rezeption der nationalsozialistischen Familienpolitik, Stuttgart 1992, S. 9, 385f.; vgl. dazu insgesamt auch die Forschungsbilanzen von Margit Szöllösi-Janze, „Wir Wissenschaftler bauen mit", in: Bernd Sösemann (Hrsg.), Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Darmstadt 2002, S. 155-171; dies., National Socialism and the Sciences, in: dies. (Hrsg.), Science in the Third Reich, Oxford/New York 2001, S. 1-35.
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einer nicht nur empirisch abgestützten, sondern auch intellektuell ambitionierten ,Volkssoziologie'" zu gelten haben.4 Auch unter der NS-Herrschafit konnte die Soziologie ihren Anspruch erheben, die „Königin der Gesellschaftswissenschaften" zu sein; für manche schlug sogar gerade jetzt „die Stunde der Soziologie". 5 Nach Otthein Rammstedt leistete der Nationalsozialismus einen wesentlichen Beitrag zu ihrer Institutionalisierung und Professionalisierung wie auch zu einer „Soziologisierung der geisteswissenschaftlichen Disziplinen".6 Carsten Klingemann hat überdies den ,,innerwissenschaftliche[n] Modernisierungsprozeß" der Sozialforschung während der NS-Zeit hervorgehoben: Nach „der brutalen Ausschaltung mißliebiger Traditionen deutscher Soziologie" habe „eine neue Generation versucht[...], praxisnähere Methoden der Sozialforschung [...] im Dienst des Nationalsozialismus einzuführen".7 In seinem „zunehmenden Bedarf an wissenschaftlich fundierter Sozialtechnologie"8 schien der Nationalsozialismus der Soziologie „ganz andere Möglichkeiten" zu eröffnen, „als sie jemals aus der Dogmengeschichte oder der Paradigmenproduktion herzuleiten imstande gewesen" war: Das „Dritte Reich" konnte in gesellschaftspolitischer Hinsicht geradezu als ein einziges großes „Experimentierfeld" gelten.9 Manche Historiker postulieren gar, daß die Sozialwissenschaft - insbesondere die „.moderne', exakt vermessende Soziologie" 10 und empiristische Sozialstrukturforschung - in Deutschland nie wieder eine derart „zentrale Stellung in der Praxis"11 erlangt habe wie im „Dritten Reich". Zu wichtig sei ihre Funktion bei der Planung und Vorbereitung gesellschaftspolitischer Neuordnungen des NS-Regimes, bei der „Einpassung, Einordnung und Normierung aller im Machtbereich des NS4
Paul Nolte, Die Ordnung der deutschen Gesellschaft, München 2000, S. 131, 149f.; vgl. dazu insgesamt auch Otthein Rammstedt, Deutsche Soziologie 1933-1945, Frankfurt a.M. 1986; M. Rainer Lepsius (Hrsg.), Soziologie in Deutschland und Österreich 1918-1945, Opladen 1981; vgl. ferner Dirk Käsler, Soziologie zwischen Distanz und Praxis, in: Soziale Welt 35 (1984), S. 5-47, hier bes.: S. 8-12. 5 Ernst Wilhelm Eschmann, Die Stunde der Soziologie, in: Die Tat 25 (1933/34), S. 953-966; vgl. dazu auch Nolte, Ordnung der Gesellschaft, S. 153. 6 Rammstedt, Deutsche Soziologie, S. 285; vgl. auch Karl Acham, Historische Umbrüche in dem halben Jahrhundert seit dem Ersten Weltkrieg, in: ders. u.a. (Hrsg.), Erkenntnisgewinne, Erkenntnisverluste, Stuttgart 1998, S. 535-566, hier: S. 554; Hans Derks, Social Sciences in Germany 1933-1945, in: German History 17 (1999), S. 177-219, hier bes.: S. 210ff.; Carsten Klingemann, Heimatsoziologie oder Ordnungsinstrument?, in: Lepsius (Hrsg.), Soziologie in Deutschland und Österreich, S. 273-307, hier: S. 293f.; verwiesen sei hierauch auf die fortschreitende Professionalisierung in der Psychologie während des „Dritten Reiches": Ulfried Geuter, Die Professionalisierung der deutschen Psychologie im Nationalsozialismus, 2. Aufl. Frankfurt a.M. 1988 (zuerst 1984); vgl. auch Geoffrey Cocks, Psychotherapy in the Third Reich, 2. Überarb. u. erw. Aufl. New Brunswick/London 1997 (zuerst 1985); ders., The Professionalization of Psychotherapy in Germany 1928-1949, in: ders., Treating Mind & Body, New Brunswick/London 1998, S. 31-56 (zuerst 1990). Klingemann, Heimatsoziologie, S. 283, 294; ders., Soziologie im Dritten Reich, Baden-Baden 1996, S. 289; vgl. auch ebd., bes. S. 157f., 219f.; ders., Zur Rezeption von Karl Mannheim im Kontext der Debatte um Soziologie und Nationalsozialismus, in: Jahrbuch für Soziologiegeschichte 1996 (2000), S. 213-237, hier: S. 233; vgl. ferner Margrit u. Helmuth Schuster, Industriesoziologie im Nationalsozialismus, in: Soziale Welt 35 (1984), S. 94-123, hier bes.: S. 95f. 8 Klingemann, Heimatsoziologie, S. 294. 9 Karl Heinz Roth, Intelligenz und Sozialpolitik im „Dritten Reich", München u.a. 1993, S. 58. 10 Jörg Gutberger, Volk, Raum und Sozialstruktur, Münster 1996, S. 269. 11 Helmuth Schuster, Von Weimar nach Germania, Ms. 1988, zitiert nach Roth, Intelligenz und Sozialpolitik, S. 59.
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Staates lebender Menschen" gewesen. 12 Die NS-Herrschaft, so urteilt Jörg Gutberger, habe als „idealer Nährboden fur [...] wissenschaftliche .Innovationen' in dem der sozialen Politik [...] vorgelagerten wissenschaftlich-planerischen Bereich" gedient.13 Angesichts der bemerkenswerten Dynamik der sozialwissenschaftlichen Forschung und der Konjunktur sozialplanerischer Utopien erlebten daher Lutz Raphael zufolge all jene sachkompetenten Sozialingenieure, „die die vagen Prämissen der NS-Politik und Weltanschauung akzeptierten - und dies war die große Mehrheit der nach 1933 zur Verfugung stehenden akademischen Sachverständigen die Jahre der NS-Diktatur als Zeit relativ großer Gestaltungsspielräume und Zukunftsentwürfe". So gehörte „das Spiel von Expertise und Gegenexpertise, die Gründung von Sachverständigenbeiräten und Arbeitskreisen [...] zum Alltag der wuchernden NS-Bürokratie".1 Nicht zuletzt für die „rassenhygienischen Expertenstäbe", für jene „Funktionseliten, die sich auf das social engineering auf der Grundlage der rassistischen Gesellschaftsbiologie verlegt hatten", bedeutete das „Dritte Reich" gleichsam „das Land der unbegrenzten Möglichkeiten". „Niemals zuvor in der deutschen Geschichte und auch seither nicht mehr", so meint Hans-Walter Schmuhl, „waren wissenschaftliche Funktionseliten dem Zentrum der Macht so nah und konnten ihre Vorstellungen so unmittelbar in die Bevölkerungs-, Gesundheitsund Sozialpolitik einbringen."15 In der Geschichtswissenschaft 16 waren bereits in den zwanziger und dreißiger Jahren Ansätze zu einer „modernen Sozialgeschichte" als Vorläufer der „Historischen Sozialwissenschaft" zu erkennen. In der „Volksgeschichte" - mit ihren beiden Exponenten Wemer Conze und Otto Brunner - können Kooperationsversuche zwischen Geschichtswissenschaft und Soziologie sowie weitere interdisziplinäre und innovative methodische Vorstöße schon zur NS-Zeit beobachtet werden.17
12 Gutberger, Volk, S. 476; vgl. auch ebd., bes. S. 474ff.; Thomas Hahn, Wissenschaft und Macht, in: Soziale Welt 35 (1984), S. 60-93, hier bes.: S. 84ff.; Klingemann, Soziologie im Dritten Reich, S. 289ff., 299ff., 316; ders., Heimatsoziologie, bes. S. 277, 282, 294; Lutz Raphael, Experten im Sozialstaat, in: Hans Günter Hockerts (Hrsg.), Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit, München 1998, S. 231-257, hier: S. 238; Mechthild Rössler, „Wissenschaft und Lebensraum", Berlin/Hamburg 1990, S. 188ff., 227; vgl. ferner Joachim S. Hohmann, Instrument von Kontrolle und Lenkung, in: Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie 45 (1997), S. 227-235; ders., „Ländliche Soziologie" im Dienst des NS-Staates, in: ZfG 42 (1994), S. 118-128. 13 Gutberger, Volk, S. 478. 14 Raphael, Experten im Sozialstaat, S. 245, 249f.; differenzierter: ders., Radikales Ordnungsdenken und die Organisation totalitärer Herrschaft, in: GG 27 (2001), S. 5-40, hier bes.: S. 37f. 15 Hans-Walter Schmuhl, Rassenhygiene in Deutschland - Eugenik in der Sowjetunion, in: Dietrich Beyrau (Hrsg.), Im Dschungel der Macht, Göttingen 2000, S. 360-377, hier: S. 374f. 16 Zur Historiographie im „Dritten Reich" vgl. insbesondere Götz Aly, Macht, Geist, Wahn, Neuaufl. Frankfurt a.M. 1999 (zuerst 1997); Jürgen Elvert, Geschichtswissenschaft, in: Frank-Rutger Hausmann (Hrsg.)/Elisabeth Müller-Luckner (Mitarb.), Die Rolle der Geisteswissenschaften im Dritten Reich 1933-1945, München 2002, S. 87-135; Peter Schöttler (Hrsg.), Geschichtsschreibung als Legitimationswissenschaft 1918-1945, Frankfurt a.M. 1997; Winfried Schulze/Otto Gerhard Oexle (Hrsg.), Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 2000. 17 Vgl. Willi Oberkrome, Volksgeschichte, Göttingen 1993, S. 102ff„ 224ff.; ders., Reformansätze in der deutschen Geschichtswissenschaft der Zwischenkriegszeit, in: Michael Prinz/Rainer Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, 2. erw. Aufl. Darmstadt 1994 (zuerst 1991), S. 216-238, hier: S. 220ff., 235ff.; vgl. auch Jin-Sung Chun, Das Bild der Moderne in der Nachkriegszeit, München 2000, S. 17f.; Ingo Haar, „Kämpfende Wissenschaft", in: Schulze/Oexle
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Während die Vertreibung bedeutender jüdischer und politisch nonkonformer Historiker wie Eckart Kehr, Veit Valentin oder Arthur und Hans Rosenberg einen unübersehbaren „Verlust an innovativem Potential für die Weiterentwicklung der deutschen Geschichtswissenschaft bedeutete", profitierte Willi Oberkrome zufolge die „politisch konforme, in methodischer Hinsicht [...] bemerkenswert progressive Volksgeschichte [...] eindeutig von der .Machtergreifung'". 18 Philipp Gassert betont darüber hinaus, daß die Amerikakunde an Schulen und Universitäten „einer deijenigen Bereiche" gewesen sei, „in denen der Nationalsozialismus tatsächlich einen Innovationsschub bewirkte". Auch habe sich das NS-Regime durch die Errichtung des „Deutschen Auslandswissenschaftlichen Instituts", dieses nicht unbedeutenden außenpolitischen think tanks des „Dritten Reiches", auf dem Felde der wissenschaftlichen Politikberatung nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten „modernisiert".19 Wie Konrad H. Jarausch angesichts der politischen Funktionalisierung freier Berufe während des Nationalsozialismus von einer De-Professionalisierung zu sprechen20, erscheint Michael Prinz kaum zutreffend, weil das Wesen der NSHerrschaft dem „Rationalisierungs- und Kontrollbedürfhis" eines erheblichen Teils der Wissenschaftselite durchaus entgegengekommen sei; schließlich habe es sich größtenteils um eine Selbst-„Gleichschaltung" der professionellen Kräfte Deutschlands gehandelt.21 Wie in anderen Ländern auch seien im „Dritten Reich" Professionalisierungsprozesse bewußt „gefordert und institutionell abgesichert" worden, während sich gleichzeitig bei modernen professionellen Eliten die Berufsbilder verfestigt hätten.22 Wie bereits erwähnt, hat insbesondere Jeffrey Herf auf die Affinitäten vieler Wissenschaftler und Ingenieure zum Nationalsozialismus hingewiesen: „Nazism's appeal for the engineers was not an antimodernist attack on technology but a promise to unleash modem technology from the constraints the Social Democrats had placed on it".23 Zahlreiche Ingenieure seien vom Kult des Neuen,
(Hrsg.), Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, S. 215-240, hier: S. 216f.; ders., Historiker im Nationalsozialismus, 2. durchges. u. verb. Aufl. Göttingen 2002 (zuerst 2000), S. 373. 18 Oberkrome, Reformansätze, S. 230f.; vgl. ders., Volksgeschichte, S. 102; ders., Historiker im „Dritten Reich", in: GWU 50 (1999), S. 74-98, hier: S. 80f., 91ff.; vgl. auch Bernd Faulenbach, Deformationen der Geschichtswissenschaft unter Hitler und Stalin, in: Beyrau (Hrsg.), Im Dschungel der Macht, S. 260-274, hier: S. 269ff.; Klingemann, Soziologie im Dritten Reich, S. 222ff.; Winfried Schulze, Deutsche Geschichtswissenschaft nach 1945, München 1989, bes. S. 295-300, 306; ders., German Historiography from the 1930s to the 1950s, in: Hartmut Lehmann/James van Horn Melton (Hrsg.), Paths of Continuity, Cambridge u.a. 1994, S. 19-42; dazu kritisch: Axel Flügel, Ambivalente Innovation, in: GG 26 (2000), S. 653-671; Peter Schöttler, Die intellektuelle Rheingrenze, in: Christoph Conrad/Sebastian Conrad (Hrsg.), Die Nation schreiben, Göttingen 2002, S. 271-295. 19
Philipp Gassert, Amerika im Dritten Reich, Stuttgart 1997, S. 116,125. Vgl. Konrad H. Jarausch, The Perils of Professionalism, in: German Studies Review 9 (1986), S. 107-137; ders., The Unfree Professions, New York/Oxford 1990, S. 140ff., 170ff., 199f. 21 Michael Prinz, Die soziale Funktion moderner Elemente in der Gesellschaftspolitik des Nationalsozialismus, in: ders./Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 297-327, hier: S. 310, Anm. 25. 22 Ebd., S. 309; vgl. ders., Vom neuen Mittelstand zum Volksgenossen, München 1986, S. 144f. 23 Jeffrey Herf, Reactionary Modernism, Neuausg. Cambridge u.a. 1996 (zuerst 1984), S. 161 (Hervorhebung im Original); vgl. auch Heinrich Adolf, Technikdiskurs und Technikideologie im Nationalsozialismus, in: GWU 48 (1997), S. 429-444, hier: S. 431; zu den Motiven der Rüstungsingenieure im „Dritten Reich" vgl. Andreas Heinemann-Grüder, „Keinerlei Untergang", in: 20
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
von d e m Ideal eines bis dahin nicht gekannten ästhetisierten Machbarkeitswahns jenseits überkommener Moral Vorstellungen fasziniert g e w e s e n . 2 4 D i e e r z w u n g e n e A u s w a n d e r u n g zahlreicher führender Wissenschaftler und Gelehrter s o w i e der t e i l w e i s e z u beobachtende Rückbau von Bildung und Wissenschaft stellen indes, s o wird von der Forschung ebenfalls immer wieder hervorgehoben, einen tiefen Einschnitt in das Wissenschaftsleben dar, das hierdurch an innovativer Kraft unweigerlich verlor. 25 Vor allem die deutschen Naturwissenschaften mußten in den dreißiger Jahren „ihre h e g e m o n i a l e Stellung endgültig an die U S A " abgeben. 2 6 W e n n g l e i c h dieser Prozeß vielleicht unvermeidlich g e w e s e n ist 2 7 , s o hat ihn das N S - R e g i m e durch die Vertreibung hervorragender - meist jüdischer - Wissenschaftler s o w i e durch die w e i t g e h e n d e Vernachlässigung der Grundlagenforschung 2 8 sicherlich beschleunigt. Insgesamt, s o argumentiert Dietrich Beyrau, habe sich der Nationalsozialismus mit der „Ideologisierung" und der „Vermachtung von Forschung und Technik" i m Sinne eines „krassen Nützlichkeitsdenkenfs]" „auf längere Frist g e s e h e n selber [blockiert]", s o daß man i h m hier „kaum einen sonderlich modernisierenden Impuls zuschreiben" könne. 2 9 Der Befund, daß wissenschaftliches Innovationspotential verlorengegangen und die Grundlagenforschung vernachlässigt w o r d e n sei, traf allerdings aus jenen offenkundigen Gründen, die auf das rassenpolitische W e s e n d e s „Dritten Reiches" verweisen, kaum auf die Berei-
Monika Renneberg/Mark Walker (Hrsg.), Science, Technology and National Socialism, Cambridge 1994, S. 30-50, hier bes.: S. 36-39. 24 Vgl. Jeffrey Herf, The Engineer as Ideologue, in: JCH 19 (1984), S. 631-648, hier: S. 645. 25 Vgl. etwa Karl Häuser, Deutsche Nationalökonomie in der Diaspora, in: Acham u.a. (Hrsg.), Erkenntnisgewinne, Erkenntnisverluste, S. 173-209, hier: S. 187ff.; Günter Könke, „Modernisierungsschub" oder relative Stagnation?, in: GG 20 (1994), S. 584-608, hier: S. 602f.; Lundgreen, Hochschulpolitik und Wissenschaft, S. 12; vgl. ferner Mitchell G. Ash, Emigration und Wissenschaftswandel als Folgen der nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus, Bd. 2, Göttingen 2000, S. 610-631; ders./Alfons Söllner (Hrsg.), Forced Migration and Scientific Change, Washington 1996; Harald Hagemann/Claus-Dieter Krohn, Die Emigration deutschsprachiger Wirtschaftswissenschaftler nach 1933, Hohenheim 1991; Claus-Dieter Krohn, Deutsche Wissenschaftsemigration seit 1933 und ihre Remigrationsbarrieren nach 1945, in: vom Bruch/Kaderas (Hrsg.), Wissenschaften und Wissenschaftspolitik, S. 437-452; Ilja Srubar (Hrsg.), Exil, Wissenschaft, Identität, Frankfurt a.M. 1988. 26 Dietrich Beyrau, Die Intelligenz und die Macht, in: Matthias Vetter (Hrsg.), Terroristische Diktaturen im 20. Jahrhundert, Opladen 1996, S. 16-41 (zuerst 1994), hier: S. 41; vgl. Jeffrey Herf, Der nationalsozialistische Technikdiskurs, in: Wolfgang Emmerich/Carl Wege (Hrsg.), Der Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära, Stuttgart/Weimar 1995, S. 72-93, hier: S. 88f.; Gabriele Metzler, Internationale Wissenschaft und nationale Kultur, Göttingen 2000, S. 250ff.; vgl. auch Alan D. Beyerchen, Wissenschaftler unter Hitler, Frankfurt a.M. 1982 (am. 1977); Rainer Brämer (Hrsg.), Naturwissenschaft imNS-Staat, Marburg 1983. 27 Vgl. Kristie Macrakis, Surviving the Swastika, New York/Oxford 1993, bes. S. 199. 28 Vgl. Karl-Heinz Ludwig, Politische Lösungen für technische Innovationen 1933-1945, in: Technikgeschichte 62 (1995), S. 333-344, hier: S. 339f.; Lundgreen, Hochschulpolitik und Wissenschaft, S. 15; Mommsen, Vorgetäuschte Modernisierung, S. 416; vgl. auch Klaus Fischer, Repression und Privilegierung, in: Beyrau (Hrsg.), Im Dschungel der Macht, S. 170-194, hier bes.: S. 173f. 29 Beyrau, Intelligenz und Macht, S. 41; vgl. auch ders., Einfuhrung, in: ders. (Hrsg.), Im Dschungel der Macht, S. 9-42, hier: S. 15, 24, 3Iff.; Helmuth Trischler, Wachstum - Systemnähe - Ausdifferenzierung, in: vom Bruch/Kaderas (Hrsg.), Wissenschaften und Wissenschaftspolitik, S. 241252, hier: S. 249ff.; vgl. dazu ferner Norbert Frei, Der Führerstaat, 6. erw. u. aktual. Neuaufl. München 2001 (zuerst 1987), S. 132ff.
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che der Biologie und der Genetik zu.30 In den Instituten der Kaiser-WilhelmGesellschaft wurden biologische und medizinische Projekte gefördert, die - wie Margit Szöllösi-Janze konstatiert - „im internationalen Vergleich als moderne, hochrangige Forschung, teilweise sogar als Spitzenforschung zu bezeichnen sind".31 Auch dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Strömungsforschung haben neuere Studien eine „breitgestreute Grundlagenforschung" bescheinigt. So lassen sich durchaus Beispiele finden für die „Funktionstüchtigkeit und Effektivität der Wissenschaftsorganisation und Forschungsplanung im .Dritten Reich'". 32 Die sich um die Etablierung einer „Deutschen Physik" bemühenden Wissenschaftler lehnten indes den durch Einsteins Relativitätstheorie und die Quantenmechanik eingeleiteten Paradigmenwechsel in der modernen Physik strikt ab und blieben größtenteils den theoretischen Grundlagen des 19. Jahrhunderts verhaftet.33 Karl-Heinz Ludwig ist daher der Meinung, daß „die Physik als eine der wichtigsten Voraussetzungen der modernen Technik [...] im Dritten Reich in Rückstand [geriet]". Erst während des Krieges sei es gelungen, den Einfluß der „Deutschen Physik" zurückzudrängen.34 Im Gegensatz zu Ludwig betont Joachim Radkau allerdings, daß es „in den Kreisen der modernen, auf der Relativitätstheorie basierenden Physik" durchaus zahlreiche Nationalsozialisten gegeben habe, wobei auch die Verfechter der - ohnehin zusehends isolierten - „Deutschen Physik" keineswegs „allesamt besonders schlechte Wissenschaftler" gewesen seien. Im übrigen habe Werner Heisenberg als einer der fortschrittlichsten Wissenschaftler des „Dritten Reiches" die persönliche Protektion Himmlers genossen. Die moderne Physik habe im Laufe der Zeit immer stärkere Unterstützung durch das NS-Regime erfahren.35 30
Vgl. Ute Deichmann, Biologen unter Hitler, 2. Überarb. u. erw. Aufl. Frankfurt a.M. 1995 (zuerst 1992); vgl. auch Bemd Gausemeier, Mit Netzwerk und doppeltem Boden, in: Susanne Heim (Hrsg.), Autarkie und Ostexpansion, Göttingen 2002, S. 180-205. 31 Szöllösi-Janze, „Wir Wissenschaftler bauen mit", S. 167. 32 Helmut Maier, Einleitung, in: ders. (Hrsg.), Rüstungsforschung im Nationalsozialismus, Göttingen 2002, S. 7-29, hier: S. 24f.; vgl. Moritz Epple, Rechnen, Messen, Führen, in: ebd., S. 305-356, hier: S. 307, 320, 348, 356. 33 Vgl. Beyerchen, Wissenschaftler, S. 115ff.; vgl. auch Steffen Richter, Die „Deutsche Physik", in: ders./Herbert Mehrtens (Hrsg.), Naturwissenschaft, Technik und NS-Ideologie, Frankfurt a.M. 1980, S. 116-141. 34 Karl-Heinz Ludwig, Technik und Ingenieure im Dritten Reich, Düsseldorf 1974, S. 211; vgl. auch Beyerchen, Wissenschaftler, S. 238ff.; Dieter Hoffmann, Carl Ramsauer, die Deutsche Physikalische Gesellschaft und die Selbstmobilisierung der Physikerschaft im „Dritten Reich", in: Maier (Hrsg.), Rüstungsforschung im Nationalsozialismus, S. 273-304, hier: S. 283f., 289; Mark Walker, Die Uranmaschine, Berlin 1990 (engl. 1989), S. 85ff., 271. Die Initiativen zur Begründung einer „Deutschen Chemie" und einer „Deutschen Mathematik" sahen sich dagegen von Beginn an kaum von Erfolg gekrönt (vgl. Herbert Mehrtens, Angewandte Mathematik und Anwendungen der Mathematik im nationalsozialistischen Deutschland, in: GG 12 [1986], S. 317-347, hier: S. 324ff.; ders., The Social System of Mathematics and National Socialism, in: Renneberg/Walter [Hrsg.], Science, Technology and National Socialism, S. 291-338, hier bes.: S. 298ff.). 35 Joachim Radkau, Nationalsozialismus und Modernisierung, in: Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.), Scheidewege der deutschen Geschichte, München 1995, S. 183-197, hier: S. 187; vgl. auch Notker Hammerstein, Wissenschaftssystem und Wissenschaftspolitik im Nationalsozialismus, in: vom Bruch/Kaderas (Hrsg.), Wissenschaften und Wissenschaftspolitik, S. 219-224, hier: S. 222f.; zu Heisenberg vgl. insbesondere David Cassidy, Heisenberg, Heidelberg u.a. 1995; Paul Lawrence Rose, Heisenberg and the Nazi Atomic Bomb Project, Berkeley u.a. 1998; Walker, Uranmaschine; zur Raketenentwicklung im Nationalsozialismus vgl. überdies Michael J. Neufeld, Die Rakete und das Reich, Berlin 1999 (am. 1995); ders., The Guided Missile and the Third Reich, in: Renneberg/Walker (Hrsg.), Science, Technology and National Socialism, S. 51-71.
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Herbert Mehrtens hat zudem zeigen können, daß die Mathematik während der NS-Zeit - insbesondere seit 1936/37, in stärkerem Maße noch seit 1942/43 - von einem immer günstigeren, d.h. von technokratischer und wissenschaftlicher Rationalität geprägten institutionellen Umfeld umgeben war. Immer weniger zeigten sich die Nationalsozialisten an solch „metaphorischen" Ansätzen wie dem Ludwig Bieberachs, des Verfechters einer „Deutschen Mathematik", interessiert; immer mehr ging es um den schlichten ökonomischen und politischen Nutzen der Wissenschaft, so daß den Experten der angewandten Mathematik durchaus eine gewisse Autonomie zugestanden wurde und auch die Änderungen im Curriculum der Universitäten nicht tiefgreifend waren. 36 Mehrtens spricht sogar von einem „Modernisierungseffekt der NS-HerTschaft für die soziale Struktur der Mathematik und ihr Umweltverhältnis". 37
b) Technik Nicht wenigen Zeitgenossen erschien der Nationalsozialismus als einziger Ausweg, den Unbilden der Moderne zu entgehen, als die große Kraft, die Utopie einer gesellschaftlichen, rassischen und kulturellen Einheit zu verwirklichen und wieder den Primat der Politik gegenüber Wirtschaft und Technik durchzusetzen, so daß diese auf ihre rein instrumentelle, dienende Funktion zurückverwiesen würden. Gewiß hatte das in der Weimarer Republik existierende Ressentiment gegenüber der modernen technischen Zivilisation in das Programm der NSDAP Einzug gehalten. 38 Bei aller versprochenen Linderung der Leiden an der Moderne jedoch sollten - so zumindest die aus dem Stimmengewirr der Nationalsozialisten deutlich vernehmbare Maxime Hitlers - zentrale Elemente einer modernen Gesellschaft (d.h. Technik, Industrie, Naturwissenschaft und Kapitalismus) bewahrt, ja sogar in ihrer Entwicklung noch forciert werden; bezeichnete sich doch Hitler selbst gern als ein „Narr der Technik". 39 Angesichts der Begeisterung des Diktators für neuartige technische Errungenschaften, für automatische und mechanisch-maschinelle Fabrikationsmethoden 40 hat Frank-Lothar Kroll sogar die Frage aufgeworfen, ob Hitler nicht als „Repräsentantf...] jenes Fortschrittsoptimismus des späten 19. Jahrhunderts" gelten könne, „dem gerade die vermeintlichen ,Anti-Modemisten' innerhalb der nationalsozialistischen Bewegung mit seinerzeit anachronistisch, heute jedoch vielfach beinahe wieder .modern' anmutenden (z.B. ökologischen) Argumenten entgegentraten". In diesem Sinne müsse dem Hitlerschen Denken durchaus „das Attribut einer spezifischen Form zeitgenössischer .Modernität'" zugebilligt wer36
Vgl. Mehrtens, Social System, S. 295,299f., 309. Mehrtens, Angewandte Mathematik, S. 318; vgl. ferner Macrakis, Surviving, S. 204. 38 Vgl. Rolf Peter Sieferle, Die Konservative Revolution, Frankfurt a.M. 1995, S. 213; ders., Fortschrittsfeinde?, München 1984, S. 210f.; vgl. auch Adolf, Technikdiskurs, S. 436,440ff. 39 Adolf Hitler, Monologe im Führerhauptquartier 1941-1944, hrsg. von Werner Jochmann, Hamburg 1982, S. 275 (9.2.1942); vgl. Sieferle, Konservative Revolution, S. 208; ders., Fortschrittsfeinde?, S. 212; vgl. auch Thomas Rohkrämer, Eine andere Moderne?, Paderborn u.a. 1999, S. 349, 355. 40 Vgl. die Quellenhinweise bei Frank-Lothar Kroll, Utopie als Ideologie, 2. durchges. Aufl. Paderborn u.a. 1999 (zuerst 1998), S. 91, Anm. 330; vgl. auch Radkau, Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 191. 37
3. Wissenschaft, Technik und Umwelt
143
den.41 Wie manche „Konservativen Revolutionäre" verfolgte dabei auch Hitler das Telos, „die kalte Moderne mit der deutschen Seele" zu versöhnen und die Technik „in den Dienst des Völkischen" zu stellen.42 Er war der Überzeugung, daß sich Deutschland gegen die beiden Technokraten Amerikas und Sowjetrußlands mit einer anderen, rassisch-völkischen Technikkultur zu behaupten habe.43 Sogar Alfred Rosenberg wandte sich gegen romantisch-technikfeindliche Positionen mancher Kulturkritiker, indem er die Entdeckung der Technik als genuin germanische Leistung wertete und sich ausdrücklich zur „exakten Wissenschaft" bekannte. Joseph Goebbels galt Modernität nachgerade als Nukleus, als Wesenskern der nationalsozialistischen Ideologie; für ihn Schloß das Bekenntnis zum Nationalsozialismus immer auch ein Bekenntnis zur Modernität ein.44 1939 sprach er denn auch davon, daß die Technik vom Nationalsozialismus „nicht verneint oder gar bekämpft, sondern bewußt bejaht" werde, wobei er danach strebe, sie „innerlich zu beseelen und zu disziplinieren und sie in den Dienst unseres Volkes und seines hohen Kultur- und Lebensniveaus zu stellen".45 Weit davon entfernt, hinter den erreichten Stand der Modernisierung zurückreichen zu wollen, war der Nationalsozialismus in Goebbels' Augen der „großangelegte Versuch", den mit dem „Hereinbruch der modernen Zivilisation und des Maschinenzeitalters" verbundenen Wandel der „Werte und Vorstellungen" „in einem geordneten Rahmen sich vollziehen zu lassen"46, einer anderen Moderne, einer - innen- wie außenpolitisch - „neuen Ordnung"47 entgegen.48 Vor diesem Hintergrund betont Joachim Radkau, daß die nationalsozialistische Ideologie „erheblich mehr, als viele nach 1945 wahrhaben wollten, auf der Linie dessen [lag], was einst als wissenschaftlicher Fortschritt galt".49 Stefan Willekes Ansicht nach verwandelte sich der Nationalsozialismus im Laufe der Zeit gar in eine „immense technisch-wirtschaftliche Modernisierungsideologie".50 Und Thomas Rohkrämer ist zu dem Schluß gekommen, daß „zivilisationskritische Bedenken [...] nicht zum Kernbereich der nationalsozialistischen Ideologie [gehörten]", wenngleich die Nationalsozialisten durchaus Gedanken und Einstellungen der Zivilisationskritik aufgegriffen hätten. Der Nationalsozialismus, so meint er, habe 41
Kroll, Utopie als Ideologie, S. 91 f., Anm. 330; vgl. auch Stefan Breuer, Grundpositionen der deutschen Rechten 1871-1945, Tübingen 1999, S. 164. 42 David Milde, Lernen von den Eskimos, in: Emmerich/Wege (Hrsg.), Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära, S. 146-158, hier: S. 154; vgl. Jeffrey Herf, Reaktionäre Modernisten und Berlin, in: Peter Alter (Hrsg.), Im Banne der Metropolen, Göttingen/Zürich 1993, S. 237-258, hier: S. 255f. 43 Vgl. Frank Trommler, Amerikas Rolle im Technikverständnis der Diktaturen, in: Emmerich/Wege (Hrsg.), Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära, S. 159-174, hier: S. 169. 44 Vgl. Kroll, Utopie als Ideologie, S. 291ff.; vgl. auch Ulrich Höver, Joseph Goebbels, Bonn/Berlin 1992. 45 Joseph Goebbels, Rede zur Eröffnung der Automobilausstellung 1939, in: Völkischer Beobachter, 18.2.1939; vgl. dazu auch Sieferle, Konservative Revolution, S. 219. 46 Joseph Goebbels, Rede vom 5.11.1943, in: Helmut Heiber (Hrsg.), Goebbels-Reden, Bd. 2, Düsseldorf 1972, S. 259-285, hier: S. 261. 47 Joseph Goebbels, Michael, München 1929, S. 110. 48 Vgl. Kroll, Utopie als Ideologie, bes. S. 291-298. 49 Radkau, Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 187. 50 Stefan Willeke, Die Technokratiebewegung in Nordamerika und Deutschland zwischen den Weltkriegen, Frankfurt a.M. 1995, S. 214; vgl. auch Adolf, Technikdiskurs, S. 430, 443; Ludwig, Politische Lösungen fur technische Innovationen, S. 342.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
die Technik zur Verwirklichung seiner Machtpolitik „undogmatisch bejaht", wobei er angesichts seines Machbarkeitswahns am ehesten der „technozentrischen Zivilisationskritik" zuzuordnen sei, welche die bestehenden Probleme der Technik durch ihre Perfektionierung zu überwinden trachtete.51 Rolf Peter Sieferle nennt den Nationalsozialismus daher auch „eine technokratische Bewegung in romantischem Gewand".52 Das „Dritte Reich", so urteilt Klaus Hildebrand, „drängte geradezu, weil es ausgesprochen modern sein wollte, zum technischen Fortschritt"; dabei habe sich die „Systemunabhängigkeit der Technik" ebenso durchzusetzen vermocht wie die „Technikabhängigkeit des [...] Regimes".53 Monika Renneberg und Mark Walker erscheint dieser technokratische Wesenszug sogar als „one of the most powerful and last pillars of the National Socialist state".54 Die Fortschrittlichkeit der nationalsozialistischen Patentgesetzgebung hervorhebend, ist ferner Kees Gispen zu dem Ergebnis gelangt, daß die NS-Herrschaft „a more positive role in the modernization of German society" gespielt habe „than one likes to admit": „Nazi inventor policy had a progressive and farsighted core [...] and [...] prefigured current approaches to the management of technological progress and industrial relations". „The Regime", so Gispen weiter, „succeded rather well in strengthening the inventive and developmental impulses of Germany's technological culture". In einer Art „unmodern modernization" habe das NSRegime seit Mitte der dreißiger Jahre darauf gezielt, technischen Fortschritt zu stimulieren „by .liberating' the inventor [...] from the clutches of big business", seit 1942 zusätzlich überwacht und gefördert durch ein dichtes Netzwerk von sogenannten „Erfinderbetreuem" in den Unternehmen. Dabei hätten die legislativen Maßnahmen der Substitution des Anmelderechts durch das Erfinderrecht, der Abschaffung der Betriebserfindung und der Gewährung finanzieller Erleichterungen für unabhängige Erfinder ihre Impulse sowohl aus pragmatisch-utilitaristischen als auch aus ideologisch-romantizistischen Motiven bezogen. 55 Helmut Maier hat etwa daraufhingewiesen, „daß bis 1945 ein außerordentlicher Bestand an rüstungstechnologischen Innovationen geschaffen wurde, die sich über das ganze Spektrum von den Roh- und Werkstoffen über die Rüstungsproduktion bis zu den Waffenarsena-
51
Rohkrämer, Andere Moderne?, S. 25f„ 35, 355. Sieferle, Fortschrittsfeinde?, S. 221. 53 Klaus Hildebrand, Die Deutsche Reichsbahn in der nationalsozialistischen Diktatur 1933-1945, in: Lothar Gall/Manfred Pohl (Hrsg.), Die Eisenbahn in Deutschland, München 1999, S. 165-243, hier: S. 175. 54 Monika Renneberg/Mark Walker, Scientists, Engineers and National Socialism, in: dies. (Hrsg.), Science, Technology and National Socialism, S. 1-29, hier: S. 9. 55 Kees Gispen, Visions of Utopia, in: CEH 32 (1999), S. 35-51, hier: S. 37, 40, 42, 49; ders., National Socialism and the Technological Culture of the Weimar Republic, in: CEH 25 (1992), S. 387-406, hier: S. 403, 405f.; vgl. ebd., S. 389-393, 402-406; ders., Die Patentgesetzgebung in der Zeit des Nationalsozialismus und in den Anfangsjahren der Bundesrepublik Deutschland, in: Rudolf Boch (Hrsg.), Patentschutz und Innovation in Geschichte und Gegenwart, Frankfurt a.M. u.a. 1999, S. 85-99, hier: S. 89-96; ders., Hintergrund, Bedeutung und Entwicklung der Patentgesetzgebung in Deutschland 1877 bis heute, in: ebd., S. 7-13, hier: S. 10f.; vgl. auch Andreas Zilt, Industrieforschung bei der August Thyssen-Hütte in den Jahren 1936 bis 1960, in: Technikgeschichte 60 (1993), S. 129-159, hier bes.: S. 134ff., 148. Karl-Heinz Ludwig zufolge waren die technischen Patentanmeldungen im „Dritten Reich" dagegen stark rückläufig (vgl. Ludwig, Technik und Ingenieure, S. 226). 52
3. Wissenschaft, Technik und Umwelt
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len der Wehrmachtsteile erstreckten".56 Und am Beispiel der deutschen Hochfrequenzforschung während des Zweiten Weltkrieges hat Kai Handel gezeigt, daß „auch unter diktatorischen Regimen effektiv und .erfolgreich' Forschung organisiert, neues Wissen generiert und funktionierende Technik entwickelt werden kann".57 Richard Overys Ansicht nach prägte die NS-Zeit hinsichtlich der technischen Modernisierung ein bemerkenswertes „catching-up". Insbesondere die rasch vorangetriebene Motorisierung habe zu der langfristigen technologischen Entwicklung Deutschlands beigetragen.58 Auch Michael Stahlmann zufolge schritt die mit einer ,,beträchtliche[n] Produktivitätssteigerung" verbundene Rationalisierung in der Automobilindustrie „unter den von den Nationalsozialisten für die ungehinderte Modernisierung der Produktionsstrukturen geschaffenen Rahmenbedingungen [...] zügig voran". So sei die Zahl der Kraftfahrzeuge zwischen 1933 und 1939 verdreifacht worden. 59 Nach Christopher Kopper jedoch blieb die nationalsozialistische Motorisierungspolitik angesichts des Mangels an einer konsistenten verkehrspolitischen Gesamtplanung „hinter ihren Möglichkeiten zurück", so daß sie sich „im Sinne der angestrebten Motorisierung auch nicht als zweckrational" bezeichnen lasse. 60 Hans Mommsen betont zudem, daß das Konsumprogramm des KdFWagens über die Errichtung der Fallerslebener Produktionsstätte nicht hinausgekommen sei; statt Fahrzeugen habe die „modernste Automobilfabrik Europas" - die eigentlich „als Ausweis des Modernisierungsstrebens des NS-Regimes gelten" könne - „zunächst hölzerne Zusatztanks für die Luftwaffe" produziert.61 In seiner Studie über das Volkswagenwerk im „Dritten Reich" macht Mommsen denn auch
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Helmut Maier, Einleitung, in: ders. (Hrsg.), Rüstungsforschung im Nationalsozialismus, S. 7-29, hier: S. 17; ders., Ideologie, Rüstung und Ressourcen, in: ebd., S. 357-388, hier: S. 388; ders., „Unideologische Normalwissenschaft" oder Rüstungsforschung?, in: vom Bruch/Kaderas (Hrsg.), Wissenschaften und Wissenschaftspolitik, S. 253-262, hier: S. 255f.; vgl. hingegen Lutz Budraß, Zwischen Unternehmen und Luftwaffe, in: ebd., S. 142-182, hier: S. 146. 57 Kai Handel, Die Arbeitsgemeinschaft Rotterdam und die Entwicklung von Halbleiterdetektoren, in: Maier (Hrsg.), Rüstungsforschung im Nationalsozialismus, S. 250-270, hier: S. 251; vgl. auch Mark Walker, A Comparative History of Nuclear Weapons, in: Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft I, S. 309-327, hier: S. 324, 327; vgl. hingegen Paul Erker, Die Rolle der Forschung bei der Ersatzstoff-Produktion, in: ebd., S. 411-425, hier bes.: S. 424; Helmuth Trischler, „Big Science" or „Small Science"?, in: ebd., S. 328-362, hier bes.: S. 361; ders., Aeronautical Research under National Socialism, in: Szöllösi-Janze (Hrsg.), Science, S. 79-110, hier: S. 106. 58 Richard J. Overy, War and Economy in the Third Reich, Oxford 1994, S. 6. 59 Michael Stahlmann, Die Erste Revolution in der Autoindustrie, Frankfurt a.M./New York 1993, S. 88, 238; vgl. ebd., S. 191ff.; vgl. auch Wolfgang König, Geschichte der Konsumgesellschaft, Stuttgart 2000, S. 305f.; Karl Heinz Roth, Nazismus gleich Fordismus?, in: 1999 5 (1990), H. 4, S. 82-91. 60 Christopher Kopper, Modernität oder Scheinmodemität nationalsozialistischer Herrschaft, in: Christian Jansen u.a. (Hrsg.), Von der Aufgabe der Freiheit, Berlin 1995, S. 399-411, hier: S. 409; vgl. auch ders., Die Entwicklung des LKW-Fernverkehrs 1930-1960, in: Wilfried Reininghaus/Karl Teppe (Hrsg.), Verkehr und Region im 19. und 20. Jahrhundert, Paderborn 1999, S. 311324, hier: S. 312ff.; ders., Handel und Verkehr im 20. Jahrhundert, München 2002, S. 94f.; ähnlich skeptisch: Heidrun Edelmann, Der Traum vom „Volkswagen", in: Hans-Liudger Dienel/Helmuth Trischler (Hrsg.), Geschichte der Zukunft des Verkehrs, Frankfurt a.M./New York 1997, S. 280288, hier: S. 285f.; Neil Gregor, Stern und Hakenkreuz, Berlin 1997, bes. S. 375ff. 61 Hans Mommsen, Noch einmal: Nationalsozialismus und Modernisierung, in: GG 21 (1995), S. 391-402, hier: S. 397; ders., Der Mythos von der Modernität, Essen 1999, S. 21.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
mannigfache Fehlplanungen und eine ineffiziente Ausnutzung der Kapazitäten aus. 6 2 Kurt M o s e r s M e i n u n g nach entfaltete das Projekt des „ V o l k s w a g e n s " indes zumindest die Kraft einer „symbolischen Modernisierung". 6 3 Aufgrund seiner politisch-symbolischen Integrationsfunktion und seiner Verkörperung von „Harmonie, Versöhnung und Ganzheit" bildete z u d e m der v o m N S R e g i m e forcierte Autobahnbau - Erhard Schütz z u f o l g e - ein „ästhetischtechnisches" Projekt .„organischer' Modernisierung". 6 4 D i e Autobahn stellte das „geradezu u n a n g e m e s s e n moderne, [...] einigende Band, das räumliche Symbol der . V o l k s g e m e i n s c h a f t ' " dar. 65 A l s „ästhetisch-sinnfälliger Ausdruck der g e m e i n schaftlichen Idealität der Deutschen" sollte sie z u m „Wahrzeichen des Neubaus" 6 6 werden und die Infrastruktur einer mobilen K o n s u m - und Freizeitgesellschaft vorbereiten, die sich, d e m Vorbild der U S A nacheifernd, „für eine technologisch m o dernisierte Zukunft rüstete". 67 A u c h Gert Zang hat in seiner Lokalstudie über die süddeutsche Stadt Singen am Hohentwiel i m „Dritten Reich" hervorgehoben, daß „die Modernisierung der Straßen [...] das äußerlich sichtbarste Zeichen erfolgreicher nationalsozialistischer Kommunalpolitik" dargestellt habe und den „ V o l k s g e n o s s e n " „als B e w e i s für den neuen Geist" der N S - Z e i t erschienen sei. 6 8 S o stand die Straßenbaupolitik des N S - R e g i m e s w o h l auch „stärker in der Kontinuität ziviler industriepolitischer Modernisierungsbestrebungen" als früher meist a n g e n o m m e n . 6 9 Zumindest bis z u m Herbst 1936 war der Autobahnbau nicht s o sehr von militäri-
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Vgl. ders./Manfred Grieger, Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich, 3. Aufl. Düsseldorf 1997 (zuerst 1996). Ulrich Herbert weist hier allerdings daraufhin, daß Widersprüche und Fehlplanungen im VW-Werk „nur bedingt auf das politische System zurückzuführen" seien (Ulrich Herbert, Hitlers liebstes Spielzeug, in: Die Zeit, 21.2.1997). Kurt Moser, World War II and the Creation of Desire for Automobiles in Germany, in: Susan Strasser u.a. (Hrsg.), Getting and Spending, Cambridge u.a. 1998, S. 195-222, hier: S. 219f. 64 Erhard Schütz, Faszination der blaßgrauen Bänder, in: Emmerich/Wege (Hrsg.), Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära, S. 123-145, hier: S. 126f., 129; vgl. ders., „...verankert fest im Kern des Bluts", in: ders. u.a. (Hrsg.), Faszination des Organischen, München 1995, S. 231-266, hier: S. 238f.; ders., Das „Dritte Reich" als Mediendiktatur, in: Monatshefte für deutschen Unterricht, deutsche Sprache und Literatur 87 (1995), 129-150, hier: S. 145f.; Dietmar Klenke, Autobahnbau und Naturschutz in Deutschland, in: Matthias Frese/Michael Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel im 20. Jahrhundert, Paderborn 1996, S. 465-498, hier: S. 481; vgl. auch Erhard Schütz/ Eckhard Gruber, Mythos Reichsautobahn, Berlin 1996, bes. S. 101, 103,124ff. 45 Bernd Weisbrod, Der Schein der Modernität, in: Karsten Rudolph/Christi Wickert (Hrsg.), Geschichte als Möglichkeit, Essen 1995, S. 224-242, hier: S. 237. 66 Klenke, Autobahnbau und Naturschutz, S. 470. 67 Schütz, Mediendiktatur, S. 145; vgl. ders., „...eine glückliche Zeitlosigkeit...", in: Peter J. Brenner (Hrsg.), Reisekultur in Deutschland, Tübingen 1997, S. 73-99, hier: S. 90; vgl. auch Gudrun Brockhaus, Schauder und Idylle, München 1997, S. 94ff., 101-105, 112ff.; Michael Burleigh, Die Zeit des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 2000, S. 282; Werner Durth, Architektur und Stadtplanung, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 139-171, hier: S. 145; Gassert, Amerika im Dritten Reich, bes. S. 158ff.; Rüdiger Hachtmann, „Die Begründer der amerikanischen Technik sind fast lauter schwäbisch-allemannische Menschen", in: Alf Lüdtke u.a. (Hrsg.), Amerikanisierung, Stuttgart 1996, S. 37-66, hier: S. 37ff.; James D. Shand, The Reichsautobahn, in: JCH 19 (1984), S. 189-200, hier: S. 194f. 68
Gert Zang, Die zwei Gesichter des Nationalsozialismus, Sigmaringen 1995, S. 177. Dietmar Klenke, Autobahnbau in Westfalen von den Anfängen bis zum Höhepunkt der 1970er Jahre, in: Wilfried Reininghaus/Karl Teppe (Hrsg.), Verkehr und Region im 19. und 20. Jahrhundert, Paderborn 1999, S. 249-270, hier: S. 253. 69
3. Wissenschaft, Technik und Umwelt
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sehen Motiven bestimmt. 70 Neben Industrie-, Verkehrs- und arbeitsmarktpolitischen Gründen spielte vielmehr die propagandistische Wirkung des ,,Medienprojekt[s] Autobahn" 1 eine erhebliche Rolle: mithin die (auch) der nationalsozialistischen Mentalität, dem expansiven, temporeichen, dynamischen Charakter der NSBewegung entsprechende „Aussicht, daß der Autofahrer hier rücksichtslos rasen konnte, ohne bremsen zu müssen". 72 Dabei strebte der Nationalsozialismus indes stets nach einer „Versöhnung" von Tradition und Moderne, von Technik und Natur.73
c) Umwelt
In den zwanziger und dreißiger Jahren, als man sich auf dem Weg zu einer neuen Stufe industrieller Zivilisation, nämlich der des Massenkonsums, wähnte, wurde der Blick geschärft für die Kosten und Gefahren beschleunigter Modernisierung, so daß man sich vielerorts um eine Verbindung von Natur und Technik bemühte. 74 Im Nationalsozialismus überschnitt sich denn auch eine ausgeprägte technokratische Planungseuphorie mit den Positionen einer ideologisch aufgewerteten HeimatBewegung. 5 Diese den Nationalsozialismus mit konstituierende Heimat- und Volkstumsideologie stellte nach Michael Prinz in einzelnen Aspekten durchaus „eine progressive Kraft" dar.76 „Heimat" und „Volkstum" waren Leitvorstellungen, die quer zu sozialen, politischen und konfessionell bedingten Unterschieden standen und in besonderer Weise zur Aufhebung dieser Differenzierungen und zur Herstellung einer übergreifenden Gemeinschaft beitragen konnten - ganz abgesehen davon, daß gerade die emphatische Bejahung der Natur „ein Phänomen der 70
Vgl. Schütz, Faszination der blaßgrauen Bänder, bes. S. 127; ders., „Glückliche Zeitlosigkeit", S. 77f.; vgl. dagegen Friedrich Kittler, AutoBahnen, in: Emmerich/Wege (Hrsg.), Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära, S. 114-122, hier: S. 115; Shand, Reichsautobahn, S. 191f. 71 Schütz, „Glückliche Zeitlosigkeit", S. 80f. 72 Radkau, Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 189, 192; vgl. ders., Technik in Deutschland, Frankfurt a.M. 1989, S. 310; Schütz, „Glückliche Zeitlosigkeit", S. 83f.; ders., Faszination der blaßgrauen Bänder, S. 140f.; vgl. auch Brockhaus, Schauder und Idylle, S. 97ff.; Durth, Architektur und Stadtplanung, S. 147. 73 Rohkrämer, Andere Moderne?, S. 350; vgl. auch Brockhaus, Schauder und Idylle, S. 88f. 74 Vgl. Prinz, Soziale Funktion, S. 316. 75 Vgl. Karl Ditt, Raum und Volkstum, Münster 1988, bes. S. 340f.; Tilman Harlander/Gerhard Fehl (Hrsg.), Hitlers sozialer Wohnungsbau 1940-1945, Hamburg 1986, S. 56f.; zu den Interferenzen zwischen nationalsozialistischer und ökologischer Bewegung vgl. insbesondere Hermann Bausinger, Zwischen Grün und Braun, in: Hubert Cancik (Hrsg.), Religions- und Geistesgeschichte der Weimarer Republik, Düsseldorf 1982, S. 215-229; Anna Bramwell, Ecology in the 20th Century, New Haven 1989; dies., Blood and Soil, Abbotsbrook 1985; Konrad Buchwald, Geschichtliche Entwicklung von Landschaftspflege und Naturschutz in Nord-, West- und Mitteleuropa, in: ders./WoIfgang Engelhard (Hrsg.), Handbuch für Landschaftspflege und Naturschutz, München 1988, S. 97-114; Gert Gröning/Joachim Wolschke, Naturschutz und Ökologie im Nationalsozialismus, in: Die alte Stadt 10 (1983), S. 1-17; Günther Heine, Ökologie und Recht in historischer Sicht, in: Hermann Lübbe/Elisabeth Ströker (Hrsg.), Ökologische Probleme im kulturellen Wandel, o.O. 1986, S. 116-134; Jost Hermand, Grüne Utopien in Deutschland, Frankfurt a.M. 1991; vgl. femer Gert Gröning/Joachim Wolschke-Bulmahn, Landschafts- und Naturschutz, in: Diethart Kerbs/Jürgen Reulecke (Hrsg.), Handbuch der deutschen Reformbewegungen 1880-1933, Wuppertal 1998, S. 23-34; Edeltraud Klueting, Heimatschutz, in: ebd., S. 47-57. 76 Prinz, Soziale Funktion, S. 314; vgl. Ditt, Raum und Volkstum, S. 155f.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
Moderne" ist, das von der Romantik bis in die ökologische Bewegung unserer heutigen Zeit reicht.77 Dafür, daß der Natur- und Heimatschutz keineswegs nur als anti-moderne, rückwärtsgewandte Bewegung einzustufen sei, plädiert vor allem Thomas Rohkrämer. Die Heimatschutzbewegung, so führt er aus, habe beispielsweise „eine architektonische Richtung" propagiert, „die sich gegen den Historismus für die Bewahrung der regionalen Eigenarten stark machte", wobei vor allem die der Region entsprechenden Baustoffe und Formen verwandt werden sollten.78 Darüber hinaus sei sie für eine maßstabsgerechte, dem menschlichen Wesen angemessene Bauweise sowie für die Wahrung eines einheitlichen Stadtbildes eingetreten. Insgesamt sei es der Heimatbewegung als „durchaus zeitbezogene ,moderne' Opposition zur technologiefixierten Fortschrittsgläubigkeit der Zeit"79 nicht um eine Ablehnung der Moderne, sondern um ihre Korrektur gegangen: um „den Widerstand gegen eine Absolutsetzung ökonomischer Maßstäbe" und um die Verbindung der fortschreitenden Technisierung mit nicht-materiellen Faktoren wie „Traditionsbewußtsein und Naturgemäßheit".80 Von Beginn an war der Heimatschutz „ein irisierendes Element der Lebensreformbewegung [...], die sich als avantgardistische Überwindung des kalten seelenlosen Materialismus des 19. Jahrhunderts [...] und insofern dezidiert als modern [empfand]", wie Axel Schildt hervorhebt. In diesem Sinne, so Schildt, könne die Modemekritik der Heimatschutzbewegung eher als „Maskerade" für eine bestimmte „Variante der Moderne", als Plädoyer für eine antiwestliche „organische" Moderne aufgefaßt werden.81 Mit seinem Impetus, eine unberührte Natur zu bewahren, beschränkte sich der frühe Naturschutz allerdings meist auf „wenige vergleichsweise intakte Regionen in Deutschland", während der Umweltschutz nach heutigem Verständnis „als sorgsamer Umgang mit der gesamten Umwelt und natürlichen Ressourcen kaum in den Blick kam".82 Zudem wurde „die historisch gewachsene Einzigartigkeit, Vielfalt und Individualität der deutschen Landschaft [...] zum ästhetischen Symbol des nationaldeutschen Selbstbehauptungsstrebens gegen Überfremdungsgefühle jedweder Art aufgewertet".83 Ob man dem Heimatschutz ein ,„vorökologisches' Verständnis"84 zusprechen soll, läßt sich schwer beurteilen, da „auch die heutige Ökologie keine klaren Maßstäbe liefert", wie Thomas Rohkrämer argumentiert. Wohl war die Natur- und Heimatschutzbewegung nur wenig an technischen, wirtschaftli-
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Rohkrämer, Andere Moderne?, S. 30. Ebd., S. 136. 75 Andreas Knaut, Zurück zur Natur!, Bonn 1993, S. 431. 80 Rohkrämer, Andere Moderne?, S. 137; ähnlich auch: John Alexander Williams, „The Chords of the German Soul are Tuned to Nature", in: CEH 29 (1996), S. 339-384, hier: S. 384; vgl. ferner William Η. Rollins, A Greener Vision of Home, Ann Arbor 1997; ders., Bund Heimatschutz, in: Jost Hermand (Hrsg.), Mit den Bäumen sterben die Menschen, Köln 1993, S. 149-182; Winfried Speitkamp, Denkmalpflege und Heimatschutz in Deutschland zwischen Kulturkritik und Nationalsozialismus, in: AfK 70 (1988), S. 149-193. 81 Axel Schildt, Kommentar, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 535-544, hier: S. 535f. 82 Rohkrämer, Andere Moderne?, S. 138; vgl. Arne Andersen, Heimatschutz, in: Franz-Josef Brüggemeier/Thomas Rommelspacher (Hrsg.), Besiegte Natur, München 1987, S. 143-157, hier: S. 145; Klaus-Georg Wey, Umweltpolitik in Deutschland, Opladen 1982, S. 130. 83 Klenke, Autobahnbau und Naturschutz, S. 470. 84 Knaut, Zurück zur Natur!, S. 438. 78
3. Wissenschaft, Technik und Umwelt
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chen oder biologischen Implikationen interessiert, doch führte sie Rohkrämers Ansicht nach mit ihrer ästhetischen Kritik der Moderne einen „wichtigen Kampf für die Akzeptanz subjektiver Wahrnehmungen und Werte".85 Führende Naturschützer wie Walther Schoenichen erhofften sich von der NSHerrschaft tiefgreifende Veränderungen des gesellschaftlichen Umgangs mit der Natur, eine Verwirklichung der völkischen Heimatutopie wie auch eine Abkehr vom technizistisehen Rationalitätsideal. Dem Nationalsozialismus jedoch schien mehr an einer Entfaltung industrieller und militärischer Kräfte gelegen, so daß Rolf Peter Sieferle zufolge für einen wirkungsvollen Naturschutz nur „wenig Raum blieb".86 Der Naturschützer Hans Klose beklagte denn auch in der Rückschau, daß sich mit der „Machtergreifung" „die naturzerstörenden Kräfte ins Unermeßliche zu steigern [begannen]".87 In der Tat ging die Naturlandschaft während der NS-Zeit aufgrund der Tätigkeit des Reichsarbeitsdienstes und der „Erzeugungsschlacht" stark zurück, wobei sich insbesondere die Landwirtschaft zu Lasten der Natur ausdehnte. In der Gemengelage der verschiedenen Interessen von Politik, Wirtschaft und Naturschutz wurde im Zweifelsfall meist gegen die Interessen des Naturschutzes gehandelt.88 Obschon die NS-Ideologie in den Augen Joachim Radkaus durchaus „eine Art von ökologischer Geistesgegenwart" besaß und der Nationalsozialismus in der Umweltgeschichte „keineswegs nur eine belanglose Episode" darstellte, wurde im „Dritten Reich" „keine massive Allianz von Umweltschutz und Machtinteressen" geschlossen.89 Nur solange die heimatschützerischen Aktivitäten Aufrüstung und Wirtschaft nicht gefährdeten, durften sie sich eines gewissen Spielraumes erfreuen.90 Vor allem während des Krieges konnte von Natur- und Heimatschutz immer weniger die Rede sein.91 Wenngleich manche Nationalsozialisten nach 1933 den Kampf mit den Großunternehmen der Energiewirtschaft aufnahmen und ein dezentrales, so weit wie möglich auf regenerativen Ressourcen basierendes Konzept der Energieversorgung propagierten - auch Hitler zeigte Sympathien für derartige Pläne erwiesen sich die etablierten Machtstrukturen in der Energiewirtschaft als stärker, so daß das nationalsozialistische Energiewirtschaftsgesetz von 1935 die aus Großkraftwerken bestehende zentrale Struktur der Elektrizitätsversorgung noch konsolidierte 92 Hans Dieter Hellige sieht in dem Energiewirtschaftsgesetz zum einen „ein eher traditio-
85
Rohkrämer, Andere Moderne?, S. 140; vgl. auch Rollins, Greener Vision of Home, bes. S. 27ff. Sieferle, Fortschrittsfeinde?, S. 217. Hans Klose, Fünfzig Jahre Staatlicher Naturschutz, Gießen 1957, S. 32; vgl. auch Joachim Radkau, Natur und Macht, München 2000, S. 298. 88 Vgl. Karl Ditt, Naturschutz zwischen Zivilisationskritik, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 499-534, hier: S. 524; Sieferle, Fortschrittsfeinde?, S. 217f.; vgl. auch Ditt, Raum und Volkstum, S. 342ff.; Gröning/Wolschke, Naturschutz und Ökologie, S. 5; Radkau, Natur und Macht, S. 298. 89 Radkau, Natur und Macht, S. 294, 298. 90 Vgl. Sieferle, Fortschrittsfeinde?, S. 219; vgl. auch Helmut Maier, Kippenlandschaft, „Wasserkrafttaumel" und Kahlschlag, in: Günter Bayerl u.a. (Hrsg.), Umweltgeschichte, Münster u.a. 1996, S. 247-266, hier: S. 266; Burkhardt Riechers, Nature Protection during National Socialism, in: Historical Social Research 21 (1996), No. 3, S. 34-56, hier: S. 51; Michael Wettengel, Staat und Naturschutz 1906-1945, in: HZ 257 (1993), S. 355-399, hier: S. 391. 91 Vgl. Maier, Kippenlandschaft, S. 264f.; Wettengel, Staat und Naturschutz, S. 396. 92 Vgl. Radkau, Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 193; ders., Technik, S. 297ff.; ders., Natur und Macht, S. 298. 86
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
nelles Wirtschaftsförderungsgesetz zur Marktregulierung und zur Sanierung einer seit der Weltwirtschaftskrise besonders unter Absatz- und Strukturproblemen leidenden Infrastrukturbranche", zum anderen „ein Maßnahmebündel des NS-Staates zur Sicherstellung der Energiebasis von Aufrüstung und Kriegswirtschaft". Das zur ,,endgültige[n] Durchsetzung der Großkraft- bzw. Ferngaswirtschaft" führende Gesetz habe „sich nicht an dem Leitziel eines gesamtgesellschaftlichen energetischen Wirkungsgrades" orientiert und Kriterien der Sozialverträglichkeit und der Umweltpolitik nur insofern zugelassen, als diese „dem Gebot der Billigkeit und Sicherheit nicht widerspr[a]chen".93 Die Natur- und Heimatschützer sahen sich in ihren Hoffhungen, die sie in das NS-Regime gesetzt hatten, allerdings nicht gänzlich enttäuscht. So erzielte beispielsweise das am 26. Juni 1935 erlassene Reichsnaturschutzgesetz (RNG) mit der reichsweiten Vereinheitlichung der Schutzobjekte, der qualitativen wie quantitativen Erweiterung der Schutzmöglichkeiten, dem Recht zur Enteignung für die Einrichtung von Naturschutzgebieten sowie mit dem Ausbau der Kompetenzen der Naturschutzbehörden einige Fortschritte. Insbesondere das Recht, „schöne Landschaftsteile" unter Schutz stellen zu lassen, zählte als eine Ausdehnung der Schutzobjekte von der „unberührten Natur" auf Bereiche der Kulturlandschaft zu den zukunftsweisenden Bestimmungen des Gesetzes.94 Begünstigt durch diese neuen Möglichkeiten im besonderen wie auch durch das biologistisch-geodeterministische Denken des Nationalsozialismus im allgemeinen, begannen nun „viele Naturschützer und Landespfleger die Landschaft als einen Organismus zu betrachten", so daß - Karl Ditts Auffassung nach - „zum ersten Mal nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine wirtschaftliche und ökologische Argumentation zugunsten [eines] Naturund Landschaftsschutzes entfaltet [wurde]", der stets von einem „modernisierungskritische[n] und -fördemde[n] Doppelcharakter" geprägt war.95 „In verblüffend moderner Weise", so meint auch Michael Prinz, beschäftigte sich das NS-Regime „mit ökologischen Problemen".96 „Die Realität des Naturschutzes im NS-Staat" jedoch, so das Urteil Michael Wettengels, „blieb weit hinter den Vorgaben des RNG zurück"; trotz der Naturschutzgesetzgebung war „mit der NS-Herrschaft nicht die goldene Zeit des Naturschutzes angebrochen".97 Auch die Verdoppelung der Naturschutzgebiete von 400 (1933) auf über 800 (1940) stellte Wettengels Meinung
93
Hans Dieter Hellige, Entstehungsbedingungen und energietechnische Langzeitwirkungen des Energiewirtschaftsgesetzes von 1935, in: Technikgeschichte 53 (1986), S. 123-155, hier: S. 147; vgl. dazu auch Jan Otto Clemens Kehrberg, Die Entwicklung des Elektrizitätsrechts in Deutschland, Bern 1997; Bernhard Stier, Staat und Strom, Ubstadt-Weiher 1999, bes. S. 450-460; zu dem buchstäblichen „Wasserkrafttaumel" der NS-Energiepolitiker vgl. überdies Maier, Kippenlandschaft, S. 260ff.; zur Entwicklung der Windenergienutzung im „Dritten Reich" vgl. Matthias Heymann, Die Geschichte der Windenergienutzung 1890-1990, Frankfurt a.M./New York 1995, S. 167-215, 225-268; zur Sonnenenergienutzung vgl. Gerhard Mener, Zwischen Labor und Markt, Baldham 2001. 94
Vgl. Ditt, Naturschutz, S. 521f.; vgl. auch Maier, Kippenlandschaft, S. 258f.; Radkau, Natur und Macht, S. 295; Schildt, Kommentar, S. 540; vgl. dazu ferner Joachim Radkau, Naturschutz und Nationalsozialismus, in: Damals 12/2002, S. 41f., hier: S. 41. 95 Ditt, Naturschutz, S. 522f., 528. 96 Prinz, Soziale Funktion, S. 315; vgl. auch Simon Schama, Der Traum von der Wildnis, München 1996, S. 137. 97 Wettengel, Staat und Naturschutz, S. 389ff.; vgl. auch Radkau, Natur und Macht, S. 297f.
3. Wissenschaft, Technik und Umwelt
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nach „keine wesentliche Erweiterung" dar.98 Für John Alexander Williams hatte die nationalsozialistische Landschaftspflege ohnehin nichts mit der Bewahrung und dem Schutz der „Natur" zu tun: „This concept", so postuliert er, „combined economic and military considerations with the racist project of .social engineering'", mit einer „nationalistic, social hygienic vision of nature", d.h. mit dem utopischen Projekt, eine „reine Natur" zu schaffen." In seiner Kritik an der mangelnden Berücksichtigung der Ökologie durch das NSRegime wandte sich überdies der konservative Naturschützer und „Reichslandschaftsanwalt", der Architekt Alwin Seifert, unter anderem gegen einige wasserbauliche Maßnahmen, die angeblich zu einer Absenkung des Grundwasserspiegels und in letzter Konsequenz zu einer „Versteppung Deutschlands" führten.100 Mochte Seiferts „kaum als antimodernistisch"101 zu wertende Technikkritik auch oft ins Leere laufen, so hatte sie doch beispielsweise darin Erfolg, gegen den Widerstand von Verwaltungsbeamten und Baufirmen den Technokraten Fritz Todt davon zu überzeugen, die neu anzulegenden Autobahnen derart harmonisch in die sie umgebende Landschaft einzubetten, daß sie „als Moment der Harmonisierung von Technik und Natur"102 gleichsam mit der Landschaft verwuchsen. In gewissem Sinne eine „ökologische Pionierleistung"103 darstellend, wurden bei den „Obersten Bauleitungen" der Reichsautobahnen „Landschaftsanwälte" institutionalisiert, die für die organische Einpassung der Trassen in die Landschaft (etwa durch eine geschwungen-ondulierende Linienführung) verantwortlich waren. Auf diese Weise wurde gerade im Straßenbau von purer Zweckrationalität etwas Abstand genom104
men. Die dennoch vor allem in der Frage „Damm- oder Brückenbau" auftretenden Differenzen zwischen Seifert und Todt resultierten vornehmlich daraus, daß Seifert „den Akzent auf Landschaftsökologie und [...] Heimatverbundenheit, Flächenschonung und eine sozial nivellierte Volksgemeinschaft setzte", während Todt - wie im übrigen auch Hitler - „den nationalen Repräsentationscharakter landschaftsästhetischer Elemente stärker gewichten wollte". So scheiterte Seifert mit seinem Vorstoß, den Bauleitungen die Aufforstung sämtlicher Böschungen vorzuschreiben, konnte sich aber gegenüber Todt in der Frage der geschlängelten Linienführung durchsetzen, wobei er gleichgewichtig landschaftsästhetische, ökologische und fahrpsychologisch-sicherheitstechnische Argumente vorbrachte.105 Dabei sieht Erhard Schütz in manchen Äußerungen Todts teilweise „das paramodeme Programm einer mobilen Freizeitgesellschaft" konturiert, der die Reichsautobahn mit ihren ,,Züge[n]
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Wettengel, Staat und Naturschutz, S. 389, Anm. 84. Williams, „Chords of the German Soul", S. 378, 383. 100 Alwin Seifert, 1936, zitiert nach Sieferle, Fortschrittsfeinde?, S. 219. 101 Klenke, Autobahnbau und Naturschutz, S. 474. 102 Ebd., S. 476; vgl. auch Schütz, Faszination der blaßgrauen Bänder, S. 131. 103 Klenke, Autobahnbau und Naturschutz, S. 482. 104 Vgl. ebd., S. 465, 470, 472-477; Schütz/Gruber, Mythos Reichsautobahn, S. 122-135; Sieferle, Fortschrittsfeinde?, S. 219f.; Thomas Zeller, Landschaften des Verkehrs, in: Technikgeschichte 64 (1997), S. 323-340, hier: S. 325ff.; ders., „The Landscape's Crown", in: David E. Nye (Hrsg.), Technologies of Landscape, Amherst 1999, S. 218-238; vgl. auch Brockhaus, Schauder und Idylle, S. 108ff.; Ditt, Naturschutz, S. 523; Radkau, Natur und Macht, S. 296f.; Shand, Reichsautobahn, S. 196; Wettengel, Staat und Naturschutz, S. 392f. 105 Klenke, Autobahnbau und Naturschutz, S. 479; vgl. Schütz, „Glückliche Zeitlosigkeit", S. 86f.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
einer völkischen Disneyworld" als „Erholungs- und Erhebungsraum zugleich" dienen sollte.106 „Nationalismus und Heimatgedanke, modernisierungskritische Landschafitsästhetik und ökologische Sensibilität" konstituierten im großen und ganzen die für den Autobahnbau der NS-Zeit charakteristische ideologische Gemengelage.107 Autobahnbau und Naturschutz gingen aber eher im Sinne eines „nationalefn] Ästhetikbewußtseinfs]" als im Dienste einer ökologischen Überzeugung „eine enge Liaison" ein.108 Die mit einem Grünstreifen in der Mitte sowie mit möglichst breiten Schutzstreifen an beiden Seiten der Fahrbahnen versehenen Autobahnen, bei deren Planung man „weithin Kriterien der englischen Parkästhetik"109 folgte und auf einen steten Wechsel der Szenerie (etwa zwischen Wäldern und Wiesen) achtete, sollten einen „Zugang zur deutschen Landschaft gewähren und den Blick für die Schönheiten der Heimat öffnen" 110 , wobei Reklametafeln als westliche „Schandmäler liberalistischen Eigennutzes" an den Reichsautobahnen nicht zugelassen wurden." 1 Bemerkenswerterweise nahmen die Naturschützer den Straßenbau „als neues, überaus dynamisches Segment der Modernisierung gegen zwei klassische Sektoren der Modernisierung, die Land- und Forstwirtschaft, als Bündnispartner in Anspruch", von denen ihrer Ansicht nach die größere Gefahr für die Landschaftsökologie ausging. Noch ahnten sie kaum die Größenordnungen, in denen der Kraftverkehr in späteren Jahrzehnten zur Umweltbelastung beitragen sollte.112 Unter dem Banner der nationalen Selbstbehauptung und Wiederaufrichtung verband der Nationalsozialismus mithin Naturschutz, Zivilisationsskepsis und verkehrstechnische Modernisierung. Dieses im „Dritten Reich" erprobte Modell einer Versöhnung von Technik und Natur zeitigte nachhaltige Wirkungen. Wie Dietmar Klenke betont, hatte es „großen Anteil daran, daß die westdeutschen Naturschützer gegenüber der Straßenbaupolitik eine positive Haltung einnahmen". Schließlich seien beim Autobahnbau der NS-Zeit trotz enger Kostenkalkulation „beachtliche landschaftsökologische Fortschritte" erzielt worden, „die damals auch in der internationalen Fachwelt Anerkennung" gefunden hätten.113 Dabei sollte freilich zwischen heutiger und zeitgenössischer ökologischer Modernität unterschieden werden, da im „Dritten Reich" nationalpolitisch-ästhetische und ökologische Motive eine ambivalente Symbiose eingingen.
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Schütz, „Verankert fest im Kern des Bluts", S. 248. Schildt, Kommentar, S. 539. 108 Klenke, Autobahnbau und Naturschutz, S. 469. 109 Schütz, „Glückliche Zeitlosigkeit", S. 86. 110 Rohkrämer, Andere Moderne?, S. 350. 111 Klenke, Autobahnbau und Naturschutz, S. 471; vgl. Durth, Architektur und Stadtplanung, S. 149. 112 Klenke, Autobahnbau und Naturschutz, S. 476f. 113 Ebd., S. 466,471,480f. 107
4. Kunst, Kultur, Städte- und Wohnungsbau
a) Kunst und Kultur
Ein konsistentes kulturpolitisches Konzept hatte der Nationalsozialismus kaum vorzuweisen; vielmehr bot er, wie Georg Bollenbeck urteilt, einige „diffuse ästhetische Vorstellungen, die entstellte Restbestände der bildungsbürgerlichen Kunstsemantik und eine Bejahung der Massenkultur unter autoritärem Vorbehalt miteinander verb[a]nden".' Dennoch beschwor er immer wieder einen „einheitlichen Kulturwillen", der sich insbesondere gegen die moderne Kunst, den „Kulturbolschewismus" und den „zersetzenden Ungeist" der „dekadenten westlichen Zivilisation" richtete.2 Begünstigt durch Selbstanpassung und Opportunismus zerstörte die NSHerrschaft die Institutionen der kulturellen Moderne denn auch weitgehend binnen weniger Monate. Otto Dix, Paul Klee und Max Pechstein wurden wie viele andere Vertreter der Avantgarde (z.B. Brecht, Piscator oder Horväth) aus ihren Positionen vertrieben.3 Joseph Goebbels, der aus dem Wirrwarr der Zuständigkeiten, Rivalitäten und wechselnden Bündnisse im Bereich der Kulturpolitik - von Hitler unterstützt - als Sieger hervorging 4 , konnte allerdings im Gegensatz zu Frick oder Rosenberg „mit einer Kunstwelt, in der Wotan, Thor, Freia oder Fricka herrsch[t]en, [...] nichts anfangen". Er zeigte durchaus Sympathien für Teile der künstlerischen Avantgarde, wenngleich er mit seinem Verbot der Kunstkritik vom November 1936 und den Ausstellungen „entarteter Kunst" seit März des gleichen Jahres eine härtere Linie als zuvor verfolgte. 5 Er betonte zudem, daß es „Motive für eine moderne Kunst" im
' Georg Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, Frankfurt a.M. 1999, S. 299. Zitate aus Lothar Ehrlich/Jürgen John/Justus H. Ulbricht, „Das Dritte Weimar", in: dies. (Hrsg.), Das Dritte Weimar, Köln u.a. 1999, S. 7-34, hier: S. 23; vgl. dazu auch Elizabeth Harvey, Culture and Society in Weimar Germany, in: Mary Fulbrook (Hrsg.), Twentieth-Century Germany, London 2001, S. 58-76, hier: S. 70ff. 3 Vgl. Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 299. 4 Zu diesen Auseinandersetzungen vgl. insbesondere Volker Dahm, Anfänge und Ideologie der Reichskulturkammer, in: VfZ 34 (1986), S. 53-84, hier: S. 61ff.; Michael Meyer, The Politics of Music in the Third Reich, New York u.a. 1991, S. 188-193; Peter Reichel, Der schöne Schein des Dritten Reiches, Frankfurt a.M. 1991, S. 83-100. 5 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 301; vgl. Klaus Backes, Hitler und die bildenden Künste, Köln 1988, S. 61, 67; Stefan Breuer, Ordnungen der Ungleichheit, Darmstadt 2001, S. 286ff.; Barbara Miller Lane, Architektur und Politik in Deutschland 1918-1945, Braunschweig/Wiesbaden 1986, S. 167ff.; Jonathan Petropoulos, Α Guide through the Visual Arts Administration of the Third Reich, in: Glenn R. Cuomo (Hrsg.), National Socialist Cultural Policy, New York 1995, S. 121-153, hier: S. 127f.; Reichel, Schöner Schein, S. 98ff.; Hans-Ulrich Thamer, Geschichte und Propaganda, in: GG 24 (1998), S. 349-381, hier: S. 351; vgl. auch Konrad Dussel, Provinztheater in der NS-Zeit, in: VfZ 38 (1990), S. 75-111, hier: S. 109f.; ausführlich zu Goebbels' kulturellen Vorlieben vgl. auch Felix Moeller, Der Filmminister, Berlin 1998. 2
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
Sinne der NS-Ideologie „in Hülle und Fülle" gebe, so sei doch schließlich „die nationalsozialistische Weltanschauung [...] das Modernste, was es heute auf der Welt gibt".6 In ähnlicher Weise wandte sich auch Hitler nicht nur gegen die Kubisten, Futuristen und Dadaisten, sondern ebenfalls gegen jene ,„Rüclcwärtse', die meinen, ihre .teutsche Kunst' aus der krausen Welt ihrer eigenen romantischen Vorstellung der nationalsozialistischen Bewegung als verpflichtendes Erbe für die Zukunft mitgeben zu können". 7 Freilich lehnte er die Intemationalität und Pluralität der kulturellen Moderne gänzlich ab; sein Ziel war die „rassisch reine, überlegene deutsche Kultur, die nach außen von der Größe der Rasse und des Reiches zeugt".8 Dabei war etwa die Genrekunst des 19. Jahrhunderts für ihn in erster Linie ein „ästhetisches Mittel", um im Sinne einer „Ergänzung zum Image" der modernen, dynamisch-progressiven Tyrannis „in den Köpfen der breiten Masse die gewünschten Gefühle, Bilder und Phantasien aufzurufen". 9 Nach Hitlers persönlichem Gusto protegierte Goebbels als Propagandaminister mittels der Reichskulturkammer (RKK) vornehmlich den etablierten bürgerlichexklusiven Kunstbetrieb, dabei ebenso feierlich wie vage verkündend, eine Kunst fördern zu wollen, die weder „modern" noch „reaktionär" sei.10 Goebbels' kulturpolitisches Konzept eines „gemäßigten Dirigismus"" und einer „geduldeten Mehrstimmigkeit"12, das vielen Schriftstellern wie Gottfried Benn, Ricarda Huch oder Jochen Klepper auch als „semantische Existenzgrundlage der .inneren Emigration'" diente13, bot den bisherigen Trägem der anspruchsvollen Kultur durchaus einen gewissen Freiraum, sofern sie sich mit dem Regime zu arrangieren wußten. „Unter den Prämissen von Lenkung, Kontrolle, Ausgrenzung und Vernichtung des Ausgegrenzten", so meint Erhard Schütz, „entstand [...] ein differenziertes, fast plurales Spektrum an Medienangeboten".14 Nach Michael Prinz wurde die kulturelle Moderne „gewissermaßen enthauptet [und] provinzialisiert", keineswegs aber gänzlich beseitigt.15 6 Joseph Goebbels, Rede in München vom Juni 1936, zitiert nach Michael H. Kater, Die mißbrauchte Muse, München/Wien 1998, S. 339. 7 Adolf Hitler auf dem Nürnberger Kulturtag von 1934, zitiert nach Helmut Weihsmann, Bauen unterm Hakenkreuz, Wien 1998., S. 102; vgl. auch Backes, Hitler, S. 61. 8 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 31 Of.; vgl. auch Ehrhard Bahr, Nazi Cultural Politics, in: Cuomo (Hrsg.), National Socialist Cultural Policy, S. 5-22, hier: S. 17f. 9 Iain Boyd Whyte, „Leicht geneigt, die Seele zu verkaufen", in: Vernissage, 1996, Nr. 6, S. 16-21, hier: S. 21. 10 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 301, 308; vgl. auch Glenn R. Cuomo, The Diaries of Joseph Goebbels as a Source for the Understanding of National Socialist Cultural Politics, in: ders. (Hrsg.), National Socialist Cultural Policy, S. 197-245, hier: S. 219. " Backes, Hitler, S. 67; vgl. auch Reichel, Schöner Schein, S. 98f.; Alan E. Steinweis, Art, Ideology, and Economics in Nazi Germany, Chapel Hill/London 1993, S. 46f., 50ff. 12 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 325; vgl. auch Jan-Pieter Barbian, Literary Policy in the Third Reich, in: Cuomo (Hrsg.), National Socialist Cultural Policy, S. 155-196. 13 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 326; zur „inneren Emigration" vgl. insbesondere Ralf Schnell, Literarische Innere Emigration, Stuttgart 1976; ders., Dichtung in finsteren Zeiten, Reinbek bei Hamburg 1998. 14 Erhard Schütz, Das „Dritte Reich" als Mediendiktatur, in: Monatshefte für deutschen Unterricht, deutsche Sprache und Literatur 87 (1995), 129-150, hier: S. 129; vgl. auch ders., Wunschbilder des Nationalsozialismus in Kultur und Künsten, in: Bernd Sösemann (Hrsg.), Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Darmstadt 2002, S. 221-238, hier: S. 223ff. 15 Michael Prinz, Die soziale Funktion modemer Elemente in der Gesellschaftspolitik des Nationalsozialismus, in: ders./Rainer Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung,
4. Kunst, Kultur, Städte- und Wohnungsbau
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S o konnte man b e i s p i e l s w e i s e in der Berliner Ausstellung „Dreißig deutsche Maler" v o m S o m m e r 1936, die freilich i m Kontext der Olympischen Spiele zu bewerten ist, unter anderem Werke von Ernst Barlach, Lyonel Feininger und Karl Schmidt-Rottluff sehen. Im Schutz von KdF gelang es d e m Maler Otto Andreas Schreiber, bis in den Krieg hinein in Hunderten von Fabrikausstellungen moderne Kunst z u zeigen. Ein Exponent der „ N e u e n Sachlichkeit" w i e Georg W i l h e l m Papst, der nach 1933 als Regisseur in H o l l y w o o d und Frankreich drehte, wurde 1 9 4 2 in die Reichsfilmkammer übernommen und produzierte mit
Paracelsus
( 1 9 4 2 / 4 3 ) einen Film, der als „staatspolitisch und künstlerisch wertvoll" 1 6 eingestuft wurde. B i s 1937 gehörten der R K K Maler der verfemten Moderne w i e Kirchner, Kokoschka, N o l d e und Pechstein an. A u c h Strawinsky - o b w o h l in der A u s stellung „Entartete Musik" 1 7 ( 1 9 3 8 ) diffamiert - wurde bis z u m Ausbruch des Krieges v e r g l e i c h s w e i s e h ä u f i g gespielt. 1 8 Michael H. Katers Ansicht nach fanden sich i m musikalischen Leben des „Dritten Reiches" durchaus „avantgardistische Versuche in moderner Geistesrichtung, die w o h l nicht i m Einklang mit den modernistischen Konzepten der frühen Republik standen, aber nichtsdestoweniger neuartig waren". 1 9 U n d auch Georg Holländer vermag durchaus eine „Verschränkung eines
2. erw. Aufl. Darmstadt 1994 (zuerst 1991), S. 297-327, hier: S. 313. Im übrigen war die Avantgarde schon in der Weimarer Republik nie mehr als eine „Kultur der Außenseiter"; sie blieb im wesentlichen auf die Metropolen begrenzt (ebd., S. 314; vgl. Karl Ditt, Kultur in Westfalen 18701970, in: Westfälische Forschungen 47 [1997], S. 1-29, hier: S. 14f.; ders., Konservative Kulturvorstellungen und Kulturpolitik vom Kaiserreich bis zum Dritten Reich, in: NPL 41 [1996], S. 230-259, hier: S. 256f.; Joachim Petsch, Architektur der 20er und 30er Jahre, in: Carsten Könneker u.a. [Hrsg.], Kultur und Wissenschaft beim Übergang ins „Dritte Reich", Marburg 2000, S. 11-27, hier: S. l l f . , 14ff.; Bernd Jürgen Wendt, Deutschland 1933-1945, Hannover 1995, S. 31 lf.; vgl. auch Peter Gay, Die Republik der Außenseiter, Frankfurt a.M. 1987 [am. 1968]). 16 Zitiert nach Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 306. Für die Modernität und Innovativität des Films im „Dritten Reich" steht an erster Stelle freilich Leni Riefenstahls Filmkunst: vgl. dazu insbesondere Martin Loiperdinger, Rituale der Mobilmachung, Opladen 1987; ders., Nationalsozialistische Gelöbnisrituale im Parteitagsfilm „Triumph des Willens", in: Dirk BergSchlosser/Jakob Schissler (Hrsg.), Politische Kultur in Deutschland, Opladen 1987, S. 138-143; ders., „Sieg des Glaubens", in: Ulrich Herrmann/Ulrich Nassen (Hrsg.), Formative Ästhetik im Nationalsozialismus, Weinheim/Basel 1993, S. 35-48; Eric Rentschier, The Ministry of Illusion, Cambridge (Mass.) 1996; Karin Wieland, Die Letzte, in: Merkur 54 (2000), H. 12, S. 1193-1202. 17 Vgl. dazu insbesondere Dirk Blasius, Die Ausstellung „Entartete Musik" von 1938, in: AfK 82 (2000), S. 391-406; Albrecht Dümling/Peter Girth (Hrsg.), Entartete Musik, überarb. u. erw. Aufl. Düsseldorf 1993 (zuerst 1988). 18 Vgl. Backes, Hitler, S. 59; Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 306, 308; Breuer, Ordnungen der Ungleichheit, S. 287; Pamela M. Potter, The Nazi „Seizure" of the Berlin Philharmonie, or the Decline of a Bourgeois Musical Institution, in: Cuomo (Hrsg.), National Socialist Cultural Policy, S. 39-65, hier: S. 54; Thamer, Geschichte und Propaganda, S. 350f.; vgl. auch Kater, Mißbrauchte Muse, S. 348ff., 360ff.; Erik Levi, Music in the Third Reich, London 1994, S. 94-102; Petropoulos, Guide, S. 127; zur Musik im „Dritten Reich" im allgemeinen vgl. überdies Joachim Braun u.a. (Hrsg.), Verfemte Musik, Frankfurt a.M. 1995; Eckhard John, Musikbolschewismus, Stuttgart u.a. 1994; Michael H. Kater/Albrecht Riethmüller (Hrsg.), Music and Nazism, Laaber 2003; Meyer, Politics of Music; Pamela Μ. Potter, Die deutscheste der Künste, Stuttgart 2000 (am. 1998); Fred K. Prieberg, Musik im NS-Staat, Frankfurt a.M. 1982; Brunhilde Sonntag u.a. (Hrsg.), Die dunkle Last, Köln 1999; Joseph Wulf (Hrsg.), Musik im Dritten Reich, Neuausg. Frankfurt a.M. 1989 (zuerst 1963); vgl. femer auch Celia Applegate/Pamela Potter (Hrsg.), Music & German National Identity, Chicago/London 2002. 19 Kater, Mißbrauchte Muse, S. 19; zu den Auseinandersetzungen der Nationalsozialisten mit der modernen Musik und ihrer Suche nach einer geeigneten - deutschen - „zeitgenössischen" Ausdrucksweise, die sie teilweise in Werner Egk, Richard Strauss oder Carl Orff gefunden zu haben
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
Teils der künstlerischen Avantgarde mit .revolutionären' Tendenzen der NSBewegung" zu erkennen, die beispielsweise die zweite (und letzte) Aufführung von Hindemiths Symphonie Mathis der Maler 1934 in Duisburg ermöglicht habe (ehe Goebbels freilich 1936 ein Auffuhrungsverbot für sämtliche Werke des Komponisten erließ). „Dieser Teil des Repertoires der .klassischen Moderne'", so läßt sich Holländer ein, „stand nach 1945 aus dem Fundus der NS-Zeit selbst zur Verfügung".20 Zu einem ähnlichen Schluß ist Erik Levi in seiner Beschäftigung mit der Musik im „Dritten Reich" gekommen: „.Modernism' in music", so schreibt er, „survived in Nazi Germany, albeit in a modified form".21 „A critical assessment of the compositions produced between 1933 and 1945", so betont ferner Pamela Μ. Potter, „fail to conform to any consistent .Germanic', ,Nazi', or antimodern aesthetic".22 Dabei gilt Carl Orff vom heutigen Standpunkt aus gewiß als „das äußerste an Modernität, das die Musik im Dritten Reich hervorgebracht hat".23 Der Nationalsozialismus setzte indes weitgehend auf den traditionalistischen Kulturbetrieb. Das „Überkommene, Bewährte und zu Bewahrende" präferierend, strebte er Bollenbeck zufolge „eine zeitenthobene und zeitlose Kunst" an.24 Vor allem bemühte sich das NS-Regime um eine das Nationalbewußtsein stärkende „Popularisierung der Klassiker" 2 , wurde doch nunmehr das Volk zum Träger aller Kultur stilisiert, sollten doch Kunst und Kultur jetzt im Dienste der Einigung des Volkes und der Nation stehen.26 Dabei suggerierten der Theater- und Musikbetrieb - mit Gründgens, George, Furtwängler und Richard Strauss - „den Eindruck einer weiterlaufenden bildungsbürgerlichen Normalität".27 So gab es Bollenbecks Auffassung
glaubten, vgl. ebd., S. 339-359; vgl. auch ders., Composers of the Nazi Era, New York/Oxford 2000, S. 3-30, 111-143, 211-263, 266; Levi, Music in the Third Reich, S. 82ff.; Meyer, Politics of Music, S. 288ff.; Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 315; auf die Kultur in ihrer Gesamtheit bezogen: Adelheid von Saldern, „Kunst für's Volk", in: dies., Politik - Staat - Kultur, hrsg. von Inge Marßolek u. Michael Wildt, Hamburg 1999, S. 169-204 (zuerst 1995), hier: S. 188ff. 20 Georg Holländer, Kunstpolitik und „Modernisierung" in Duisburg 1927-1934, in: Dieter Breuer/Gertrude Cepl-Kaufmann (Hrsg.), Moderne und Nationalsozialismus im Rheinland, Paderborn u.a. 1997, S. 361-376, hier: S. 371; vgl. auch Kater, Mißbrauchte Muse, S. 345-351; Levi, Music in the Third Reich, S. 110-116; Petropoulos, Guide, S. 126; Potter, Nazi „Seizure", S. 57. Die gleichnamige Oper Hindemiths konnte erst 1938 in Zürich uraufgeführt werden (vgl. Blasius, Ausstellung, S. 396; vgl. auch Giselher Schubert, The Aesthetic Premises of a Nazi Conception of Music, in: Kater/Riethmüller [Hrsg.], Music and Nazism, S. 64-74). 21 Levi, Music in the Third Reich, S. 123. 22 Potter, Nazi „Seizure", S. 40. Potter hat überdies herausgearbeitet, daß die deutsche Musikwissenschaft „einen substantiellen Nutzen aus der Unterstützung der nationalsozialistischen Regierung und Partei" gezogen habe; einige bedeutende Initiativen wie etwa das vielbändige Nachschlagewerk Die Musik in Geschichte und Gegenwart ließen sich auf die Förderung durch das NS-Regime zurückfuhren (dies., Deutscheste der Künste, S. 20; vgl. dazu femer auch Eckhard John, „Deutsche Musikwissenschaft", in: Anselm Gerhard [Hrsg.], Musikwissenschaft, Stuttgart/Weimar 2000, S. 257-279). 23 Michael H. Kater, Carl Orff im Dritten Reich, in: V f Z 4 3 (1995), S. 1-35, hier: S. 35. 24 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 327. 25 Von Saldern, „Kunst für's Volk", S. 182; vgl. auch Ditt, Kultur in Westfalen, S. 7; Franz Dröge/Michael Müller, Die Macht der Schönheit, Hamburg 1995, S. 242; Wendt, Deutschland 19331945, S. 316f. 26 Vgl. Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 303, 305. 27 Ebd., S. 329; vgl. von Saldern, „Kunst für's Volk", S. 184; vgl. auch Meyer, Politics of Music, S. 329-388.
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nach weder im Theater28 noch in der Musik einen dramatischen Niveauverlust: „Nach der Vertreibung der Moderne, ohne Eisler, Krenek, Schönberg und Weil" seien mit Mozart, Beethoven, Brahms und Bruckner sowie mit Wagner29, Verdi und Puccini „Harmonie und Wohlklang auf höchstem Niveau intoniert" worden.30 In der Regel kam dies aber eher kultureller Stagnation als künstlerischer Innovation gleich. Abstrakte Kunst und atonale Musik wurden im Rahmen eines nationalsozialistischen „Feldzugfes] gegen die Moderne"31 prinzipiell als .jüdisch" verdammt, wenngleich einzelne moderne Stilelemente durchaus auch weiterhin im musischen Bereich zu finden waren. Fruchtbare Entwürfe einer kritischen Theorie moderner Massenmedien, die während der Weimarer Zeit entwickelt worden waren, unterlagen - wie die Kultur in ihrer Gesamtheit - einem allgemeinen Reflexionsund Diskussionsverbot. 32 Kunst, so betont Bettina Schültke, „was no longer allowed to be a medium of reflection; instead, artistic forms of expression were deployed at National Socialist mass events and marches to bring the masses into alignment".33 Vornehmlich die beiden Kulturmetropolen Berlin und Wien wurden Μ. Rainer Lepsius zufolge weitgehend „ihrer Innovationskraft beraubt". Lepsius spricht hier auch von einer „Segmentierung der deutschen Kultur" durch das NSRegime, das größtenteils „Lähmung, Stagnation und Provinzialisierung" hervorgebracht habe. Somit sei der „.deutsche Geist' [...] kein lebendiger Geist mehr" gewesen.34 Über die Avantgarde habe eine „stählerne Romantik"35 gesiegt.
28
Zur Rolle des Theaters im „Dritten Reich" vgl. insbesondere Günter Berghaus (Hrsg.), Fascism and Theatre, Providence/Oxford 1996; Hans Daiber, Schaufenster der Diktatur, Stuttgart 1995; Boguslaw Drewniak, The Foundations of Theater Policy in Nazi Germany, in: Cuomo (Hrsg.), National Socialist Cultural Policy, S. 67-94; Glen W. Gadberry (Hrsg.), Theatre in the Third Reich, the Prewar Years, Westport (Conn.) 1995; John London (Hrsg.), Theatre under the Nazis, Manchester/New York 2000; Joseph Wulf (Hrsg.), Theater und Film im Dritten Reich, Neuausg. Frankfurt a.M. 1989 (zuerst 1964). 29 Vgl. Saul Friedländer/Jörn Rüsen (Hrsg.), Richard Wagner im Dritten Reich, München 2000. 30 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 329; vgl. auch Levi, Music in the Third Reich, S. 191f., 216ff.; Pamela M. Potter, Musical Life in Berlin from Weimar to Hitler, in: Kater/Riethmüller (Hrsg.), Music and Nazism, S. 90-101, hier: S. 97; Peter Reichel, Aspekte ästhetischer Politik im NS-Staat, in: Ulrich Herrmann/Ulrich Nassen (Hrsg.), Formative Ästhetik im Nationalsozialismus, Weinheim/Basel 1993, S. 13-31, hier: S. 26. 31 Blasius, Ausstellung, S. 394. 32 Vgl. Backes, Hitler, S. 71f.; Dröge/Müller, Macht der Schönheit, S. 229f.; Konrad Dussel, Der NS-Staat und die „deutsche Kunst", in: Karl Dietrich Bracher u.a. (Hrsg.), Deutschland 19331945, Düsseldorf 1993, S. 256-272, hier: S. 264ff.; Jost Hermand, Avantgarde und Regression, Leipzig 1999, S. 121ff.; Kater, Mißbrauchte Muse, S. 341f.; M. Rainer Lepsius, Kultur und Wissenschaft in Deutschland unter der Herrschaft des Nationalsozialismus, in: ders., Demokratie in Deutschland, Göttingen 1993, S. 119-132 (zuerst 1987), hier: S. 128; Levi, Music in the Third Reich, S. 102ff.; Thomas Mathieu, Kunstauffassungen und Kulturpolitik im Nationalsozialismus, Saarbrücken 1997, bes. S. 301ff.; Petropoulos, Guide, S. 128f.; von Saldern, „Kunst fur's Volk", S. 180, 191 f.; Kristian Sotriffer, Deutsche Gottsucher, in: Jan Tabor (Hrsg.), Kunst und Diktatur, Bd. 2, Baden-Baden 1994, S. 534-545; Steinweis, Art, S. 103-146, 176; David Welch, Nazi Film Policy, in: Cuomo (Hrsg.), National Socialist Cultural Policy, S. 95-120, hier: S. 98f.; Otto Karl Werckmeister, Moderne Kunst, totalitäre Politik, in: Eugen Blume/Dieter Scholz (Hrsg.), Überbrückt, Köln 1999, S. 211-222, hier: S. 212; Clemens Zimmermann, Filmwissenschaft im Nationalsozialismus, in: Armin Kohnle/Frank Engehausen (Hrsg.), Zwischen Wissenschaft und Politik, Stuttgart 2001, S. 203-217. 33 Bettina Schültke, The Municipal Theatre in Frankfurt-on-the-Main, in: Berghaus (Hrsg.), Fascism and Theatre, S. 157-171, hier: S. 159. 34 Lepsius, Kultur und Wissenschaft, S. 121 ff., 129.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
In ähnlicher Weise sieht Klaus Wolfgang Niemöller die nationalsozialistische Haltung gegenüber der Musik größtenteils von „konservativ-nationalefn], [...] antimodernistische[n] und reaktionäre[n]" Tendenzen bestimmt. Die Kulturpolitik des Nationalsozialismus habe „überwiegend Mittelmaß, gediegenes Handwerk, jedoch kaum wirklich Bedeutendes, vor allem nichts Zukunftsweisendes" hervorzubringen vermocht; eine musikalische und künstlerische „Avantgarde konnte sich erst nach dem Kriege wieder bilden".36 Auch an der von den Nationalsozialisten in den ersten Jahren betriebenen Renaissance der Volksoper, so hebt Erik Levi hervor, sei zu erkennen, daß die Kulturpolitik des NS-Regimes eher von einer ebenso repressiven wie „konservativen [...] Haltung" geprägt gewesen sei (obgleich in der Oper insbesondere nach 1935 eine vermittelnde Linie zwischen Modernismus und Romantizismus eingeschlagen wurde). Dabei hätten es häufig die Komponisten von sich aus vermieden, das experimentelle Musiktheater oder die Zeitoper der Weimarer Republik weiterzuführen.37 Zugleich weist Levi aber darauf hin, daß jene „Ablehnung des Modernismus" in der zeitgenössischen Oper der dreißiger Jahre nicht nur in totalitären Staaten wie Deutschland oder Sowjetrußland, sondern auch in demokratischen wie Frankreich, der Schweiz oder den Vereinigten Staaten von Amerika zu beobachten sei: „Opera in Nazi Germany actually retains much closer links to its non-German counterparts than one might like to think."38 Alles in allem standen in der nationalsozialistischen Kulturpolitik vor allem zwei Ziele im Vordergrund: „Entspannung und Unterhaltung"39. Ablenkung und Zerstreuung, die „Verschönerung der privaten Stunden", wurden vom NS-Regime gezielt durch eine „Dynamisierung der Massenkünste" gefördert.40 Wie Lutz Koep35
Joseph Goebbels, zitiert nach Lepsius, Kultur und Wissenschaft, S. 131; zu dieser Synthese von Romantik und technischer Modernität vgl. auch Ralf Klausnitzer, Opposition zur „Stählernen Romantik"?, in: Walter Delabar u.a. (Hrsg.), Banalität mit Stil, Frankfurt a.M. u.a. 1999, S. 43-78, hier bes.: S. 74-78; vgl. femer Blasius, Ausstellung, S. 394ff. 56 Klaus Wolfgang Niemöller, Das Problem der Modernität in der Musik nach 1933, in: Breuer/Cepl-Kaufmann (Hrsg.), Moderne und Nationalsozialismus, S. 321-337, hier: S. 322, 330. 37 Erik Levi, Towards an Aesthetic of Fascist Opera, in: Berghaus (Hrsg.), Fascism and Theatre, S. 260-276, hier: S. 262; vgl. auch ebd., S. 263-270; ders., Music in the Third Reich, S. 182-194; vgl. femer Ingo Fulfs, Musiktheater im Nationalsozialismus, Marburg 1995, S. 29-70; Hans-Günter Klein, Viel Konformität und wenig Verweigerung, in: ders./Hanns-Werner Heister (Hrsg.), Musik und Musikpolitik im faschistischen Deutschland, Frankfurt a.M. 1984, S. 145-162. 38 Erik Levi, Opera in the Nazi Period, in: London (Hrsg.), Theatre under the Nazis, S. 136-186, hier: S. 168f. 3S Joseph Goebbels, Rede zur Eröffnung der 13. Großen Deutschen Rundfunk-Ausstellung im August 1936, in: Mitteilungen der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft, Nr. 501, 28.8.1936, Bl. 4, zitiert nach Heinz Pohle, Der Rundfunk als Instrument der Politik, Hamburg 1955, S. 282. 40 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 333; vgl. Konrad Dussel, Bildung, Unterhaltung und Information in ganz unterschiedlichen Mischungen, in: Westfälische Forschungen 47 (1997), S. 453-478, hier: S. 460-466, 473-476; Michael H. Kater, Film as an Object of Reflection in the Goebbels Diaries, in: CEH 33 (2000), S. 391-414, hier: S. 397, 408f.; Kaspar Maase, Grenzenloses Vergnügen, Frankfurt a.M. 1997, S. 197f.; Welch, Nazi Film Policy, S. 108ff.; vgl. auch Gerd Albrecht, Nationalsozialistische Filmpolitik, Stuttgart 1969; Klaus Kreimeier, Die Ufa Story, München/Wien 1992; Michael Maaß, Aspekte von Kultur und Freizeit in Nürnberg während des Nationalsozialismus, in: AfS 33 (1993), S. 329-356; Linda Schulte-Sasse, Entertaining the Third Reich, Durham/London 1996; zu dem nationalsozialistischen Verständnis von einer modernen Massenkultur am Beispiel der Eilenrieder MotoiTadrennen als Amalgam von kommerzialisiertem Zuschauersport und ästhetisierter Hochtechnologie vgl. überdies Adelheid von Saldern, Cultural Conflicts, Popular Mass Culture, and the Question of Nazi Success, in: German Studies Review 15 (1992), S. 318-338.
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nick formuliert hat, fand der Nationalsozialismus „a peculiar way of tapping the dialectics of modem culture and mechanical reproduction", um „the masses' hunger for distraction and scopic pleasure" stillen zu können.41 Gleichsam als Ergänzung zu seinem Terrorapparat machte sich das NS-Regime mithin die integrierende und sozialdisziplinierende Wirkung moderner medialer Massenunterhaltung zunutze. Schon im Mai 1933 beschränkte Goebbels die Übertragung von politischen Reden im Radio auf höchstens zwei im Monat; der Anteil der Unterhaltungsmusik am gesamten Rundfunkprogramm steigerte sich seit Mitte der dreißiger Jahre kontinuierlich. „Heitere Gebrauchsdramatik" ohne propagandistische Zielsetzung machte 1937/38 über die Hälfte des Schauspiel-Repertoires aus, mehr als das Dreifache im Vergleich zur Spielzeit von 1929/30. 42 Auch im Film setzte das NS-Regime weniger auf Propaganda denn auf unterhaltsamen Eskapismus, betrug doch der Anteil der Unterhaltungsfilme an der Gesamtproduktion immerhin knapp 50 Prozent, während nur vierzehn Prozent aller Filme von einem eindeutig politischen Gehalt getragen waren.43 Freilich lief bei vielen Unterhaltungsfilmen eine unterschwellige, latente Indoktrinierung gleichsam als Subtext mit; ganz im Sinne von Goebbels Diktum: „Mehr scheinbar absichtslos arbeiten. Das wirkt viel schlagender."44 Als das „allermodernste und [...] allerwichtigste Massenbeeinflussungsinstrument, das es überhaupt gibt", galt Goebbels das Radio.45 Von dem NS-Regime in breitem Umfang gefördert und propagiert, gab es 1938 im „Dritten Reich" bereits über neun Millionen Radiogeräte, mehr als doppelt so viele wie noch fünf Jahre zuvor.46 Der Volksempfänger, der als „Tabernakel modemer Massenkultur"47 41
Lutz P. Koepnick, Fascist Aesthetics Revisited, in: Modernism/modernity 6 (1999), No. 1, S. 5173, hier: S. 53. 42 Vgl. Volker Dahm, Nationale Einheit und partikulare Vielfalt, in: VfZ 43 (1995), S. 221-265, hier: S. 260f.; Dussel, Provinztheater, S. 80-93, 11 Of.; ders., Hörfunk in Deutschland, Potsdam 2002, S. 218ff., 312ff.; Maase, Vergnügen, S. 213. 43 Vgl. Rita von der Grün, Funktionen und Foren von Musiksendungen im Rundfunk, in: Heister/Klein (Hrsg.), Musik und Musikpolitik, S. 98-106, hier: S. 100-104; Michaela Haibl, Unterhaltung, in: Wolfgang Benz u.a. (Hrsg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus, Stuttgart 1997, S. 181-186, hier: S. 182f.; Maase, Vergnügen, S. 214ff.; Monika Pater, Rundfunkangebote, in: Inge Marßolek/Adelheid von Saldern (Hrsg.), Zuhören und Gehörtwerden I: Radio im Nationalsozialismus, Tübingen 1998, S. 129-241, hier: S. 142ff., 188ff.; Potter, Deutscheste der Künste, S. 51; Reichel, Schöner Schein, S. 166f., 181; vgl. auch Nanny Drechsler, Die Funktion der Musik im deutschen Rundfunk 1933-1945, Pfaffenweiler 1988; Erwin Reiss, „Wir senden Frohsinn", Berlin 1980; Klaus Winker, Fernsehen unterm Hakenkreuz, 2. aktual. Aufl. Köln u.a. 1996 (zuerst 1994), bes. S. 447; Heiko Zeutschner, Die braune Mattscheibe, Hamburg 1995, bes. S. 48ff., 58, l l l f . , 117f. 44 Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Sämtliche Fragmente, hrsg. von Elke Fröhlich, Teil 1, Bd. 2, München u.a. 1987, S. 545 (Eintrag vom 27.11.1935); vgl. dazu auch Konrad Dussel, Deutsches Radio, deutsche Kultur, in: AfS 41 (2001), S. 119-144, hier: S. 125f.; ders., Hörfunk in Deutschland, S. 241; Bernd Sösemann, Propaganda und Öffentlichkeit in der „Volksgemeinschaft", in: ders. (Hrsg.), Nationalsozialismus und deutsche Gesellschaft, S. 114-154, hier: S. 140f.; Clemens Zimmermann, Landkino im Nationalsozialismus, in: AfS 41 (2001), S. 231-243, hier: S. 232f. 45 Joseph Goebbels, Rede vom 25.3.1933, in: Helmut Heiber (Hrsg.), Goebbels-Reden, Bd. 1, Düsseldorf 1971, S. 82-107, hier: S. 106; vgl. dazu auch Axel Schildt, Von der Aufklärung zum Femsehzeitalter, in: AfS 40 (2000), S. 487-509, hier: S. 496; ders., Das Jahrhundert der Massenmedien, in: GG 27 (2001), S. 177-206, hier: S. 197f., 206. 46 Vgl. Uta C. Schmidt, Radioaneignung, in: Marßolek/von Saldern (Hrsg.), Zuhören und Gehörtwerden, S. 243-360, hier bes.: S. 262-268, 356ff.; dies., Der Volksempfänger, in: Inge Marßolek/Adelheid von Saldem (Hrsg.), Radiozeiten, Potsdam 1999, S. 136-159, hier: S. 141ff.; vgl. auch Wolfgang König, Geschichte der Konsumgesellschaft, Stuttgart 2000, S. 360; Wendt,
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
gleichsam ein „Synonym für die spezifische Form der Modernität des Nationalsozialismus" darstellt, galt während der NS-Zeit als das „Objekt einer anscheinend zukunftsweisenden Konsumkultur".48 Durch Rundfunk, Wochenschau und illustrierte Massenpresse avancierten denn auch die Olympischen Spiele von 1936 zu den „ersten Weltmedienspielen".49 Nach Daniela Münkel vollzog sich seit dem Ende der dreißiger Jahre zudem der Prozeß einer „informellen Professionalisierung' der zahlreichen rundfunkspezifischen Berufe", wobei allerdings Versuche, in diesem Bereich eine institutionalisierte Professionalisierung „von oben" voranzutreiben, wegen des Krieges nicht mehr weitergeführt wurden.50 Während Georg Bollenbeck den Nationalsozialismus in die „langandauernde Kontinuitätslinie publikumsorientierter Massenkünste" stellt51, zeigt sich Kaspar Maase gar der Ansicht, daß die NS-Herrschaft maßgeblich dazu beigetragen habe, daß die „Weichen gestellt [wurden] für die künftige Entwicklung der Massenkultur, weit über das Ende des .Dritten Reichs' hinaus".52 Durch die Aufwertung von Unterhaltungsindustrie und Massenkultur wurde jedenfalls der bildungsbürgerliche Kulturbetrieb im Nationalsozialismus nachhaltig aufgeweicht.53 Auch der Anspruch der RKK, „alle ,kulturschaffenden' oder ,kulturvermittelnd' tätigen Menschen einheitlich zu erfassen, verwischt[e] die seit dem späten 18. Jahrhundert bestehenden Grenzziehungen zwischen Höhenkünsten und populären Künsten" und glich Bollenbeck zufolge geradezu einem „postmodernen Egalitarismus unter diktatorischen Bedingungen".54 Erhard Schütz' Auffassung nach erzeugte oder verstärkte das „Dritte Reich" durch die forcierte Entwicklung des Mediensektors und seiner massenkulturellen Unterhaltungsangebote zudem „Verhaltensstandards [...], die weithin dem Realbild einer liberalistischen Leistungsgesellschaft entsprechen".55 Insofern gleiche das „Dritte Reich" weniger Orwells Überwachungsstaat als vielmehr Huxleys Brave New World.56 Über die „Tendenz zur modernen Unterhal-
Deutschland 1933-1945, S. 317; zu der Entwicklung des Radios im „Dritten Reich" vgl. insbesondere Inge Marßolek/Adelheid von Saldern, Das Radio als historisches und historiographisches Medium, in: dies. (Hrsg.), Zuhören und Gehörtwerden, S. 11-44; dies., Radiozeiten; Daniela Münkel, Radio für das Land, in: Westfälische Forschungen 47 (1997), S. 427-451; dies., „Der Rundfunk geht auf die Dörfer", in: dies. (Hrsg.), Der lange Abschied vom Agrarland, Göttingen 2000, S. 177-198, hier: S. 187-192; Uta C. Schmidt, Vom „Spielzeug" über den „Hausfreund" zur „Goebbels-Schnauze", in: Technikgeschichte 65 (1998), S. 313-327. 47 Schmidt, Volksempfänger, S. 158f. 48 Adelheid von Saldem u.a., Zur politischen und kulturellen Polyvalenz des Radios, in: dies./Marßolek (Hrsg.), Zuhören und Gehörtwerden, S. 361-376, hier: S. 368; vgl. Inge Marßolek, ,Aus dem Volke fUr das Volk", in: dies./von Saldern (Hrsg.), Radiozeiten, S. 121-135, hier: S. 121; dies., Radio in Deutschland 1923-1960, in: GG 27 (2001), S. 207-239, hier: S. 237. 49 Carl Heinrich Meyer, Von Berlin in die Irre, in: Süddeutsche Zeitung, 9./10.8.1986; vgl. auch Marßolek, ,Aus dem Volke für das Volk", S. 133f.; Reichel, Schöner Schein, S. 268; Schütz, Mediendiktatur, S. 136f. 50 Daniela Münkel, Produktionssphäre, in: Marßolek/von Saldem (Hrsg.), Zuhören und Gehörtwerden, S. 45-128, hier: S. 126. 51 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 345. 52 Maase, Vergnügen, S. 204; vgl. auch Dröge/Müller, Macht der Schönheit, S. 234ff., 282ff., 378; Norbert Frei, Der Führerstaat, 6. erw. u. aktual. Neuaufl. München 2001 (zuerst 1987), S. 123f. 53 Vgl. Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 301. 54 Ebd., S. 304f. 55 Schütz, Mediendiktatur, S. 147. 56 Vgl. ders., Zur Modernität des „Dritten Reiches", in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 20 (1995), Η. 1, S. 116-136, hier: S. 116f.; zu Theodor W. Adornos -
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tungskultur" hinaus erkennt Schütz in der N S - Z e i t sogar „eine B e w e g u n g hin zu jener Herrschaft
der Medien,
die wir heute fast für selbstverständlich halten". 5 7 D i e
„NS-Rundfunkmacher" wandten denn auch „moderne, i m Prinzip auch
heute
[noch] aktuelle Mittel an, indem sie den Mediencharakter auszublenden und ein echtes Erleben vorzutäuschen suchten". 5 8 Der vormals als drohend empfundene, heftig umstrittene kulturelle Amerikanism u s geriet i m „Dritten Reich" insofern zu e i n e m Randthema, als kritische Stimmen über Vermassung, Nivellierung und d u m p f e Zerstreuung 5 9 verklangen und sich das Unterhaltungsbedürfnis der „breiten Masse" nun staatlich anerkannt sah (während das liberal-pluralistische, demokratische, „westliche" Amerika in d e m „historischen Feindbild" der Nationalsozialisten gleichwohl fest integriert war 6 0 ). Einerseits versuchten die Nationalsozialisten, mit Babelsberg eine Art „deutsches H o l l y w o o d " zu errichten und nun selber R e v u e f i l m e zu produzieren 6 1 , andererseits lernte die deutsche B e v ö l k e r u n g M i c k e y M o u s e 6 2 s o w i e Stan Laurel und Oliver Hardy, Clark Gable und Greta Garbo, Gary Cooper und Joan Crawford, ja, die gesamte U S amerikanische Unterhaltungsindustrie 6 3 auf der Leinwand und über Boulevardzeitschriften kennen. A u c h die Ö f f n u n g gegenüber der zeitgenössischen amerikanischen Literatur wurde i m „Dritten Reich" nicht rückgängig gemacht. S o sah sich das kulturelle Leben während der N S - Z e i t v o n der ausländischen Moderne nicht ganz und gar abgekapselt sondern vielmehr von e i n e m ,,eingeschränkte[n] Pluralismus" 6 4 gekennzeichnet. 6 5 Allerdings waren die Nationalsozialisten nur bedingt
freilich etwas anders gelagertem - Vergleich des Nationalsozialismus mit der Huxleyschen Utopie vgl. im übrigen Enzo Traverso, Auschwitz denken, Hamburg 2000, S. 192ff. 5 Schütz, Mediendiktatur, S. 138,143 (Hervorhebung im Original). 58 Von Saldem u.a., Polyvalenz des Radios, S. 368; vgl. auch Harald Welzer, Verweilen beim Grauen, Tübingen 1997, S. 43. 59 Zur Amerikanismus-Kritik während der Weimarer Republik vgl. insbesondere Adelheid von Saldern, Überfremdungsängste, in: Alf Lüdtke u.a. (Hrsg.), Amerikanisierung, Stuttgart 1996, S. 213-244; Michael Wala, Amerikanisierung und Überfremdungsängste, in: ders./Ursula Lehmkuhl (Hrsg.), Technologie und Kultur, Köln u.a. 2000, S. 121-146; vgl. ferner Anselm DoeringManteuffel, Wie westlich sind die Deutschen?, Göttingen 1999, S. 23f., 30ff. 60 Zum ambivalenten Verhältnis von Nationalsozialismus und Amerikanismus vgl. insbesondere Philipp Gassert, Amerika im Dritten Reich, Stuttgart 1997, bes. S. 29f., 95, lOOff., 146, 352ff.; ders., Nationalsozialismus, Amerikanismus, Technologie, in: Wala/Lehmkuhl (Hrsg.), Technologie und Kultur, Köln u.a. 2000, S. 147-172; ders., Was meint Amerikanisierung?, in: Merkur 54 (2000), H. 9/10, S. 785-796, hier: S. 787, 790f.; vgl. auch Joachim Scholtyseck, Antiamerikanismus in der deutschen Geschichte, in: Sabine Sielke (Hrsg.), Der 11. September 2001, Frankfurt a.M. u.a. 2002, S. 147-157, hier: S. 151f. 61 Vgl. Cuomo, Diaries, S. 222f.; Haibl, Unterhaltung, S. 184f.; Kater, Film, S. 396, 401-404; Schütz, Mediendiktatur, S. 143f.; vgl. auch Wolf Donner, Propaganda und Film im Dritten Reich, Berlin 1995; Reiss, „Wir senden Frohsinn"; Rentschier, Ministry of Illusion; Scott Spector, Was the Third Reich Movie-Made?, in: AHR 106 (2001), S. 460-484; Welch, Propaganda; Karsten Witte, Lachende Erben, toller Tag, Berlin 1995. 62 Vgl. Carsten Laqua, Wie Micky unter die Nazis fiel, Reinbek bei Hamburg 1992. 63 Vgl. Markus Spieker, Hollywood unterm Hakenkreuz, Trier 1999. 64 Hans-Ulrich Thamer, Verführung und Gewalt, Neuausg. Berlin 1998 (zuerst 1986), S. 510. 65 Vgl. Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 335-340; Frei, Führerstaat, S. 128; Hans Dieter Schäfer, Das gespaltene Bewußtsein, München/Wien 1981, S. 131f.; vgl. auch Dröge/Müller, Macht der Schönheit, S. 292ff.; Lutz P. Koepnick, Walter Benjamin and the Aesthetics of Power, Lincoln/London 1999, bes. S. 9; Uta G. Poiger, Beyond „Modernization" and „Colonization", in: Diplomatic History 23 (1999), S. 45-56, hier: S. 48; Thamer, Verführung und Gewalt, S. 509ff.; vgl. ferner Rentschier, Ministry of Illusion; amerikanische Western-Motive in
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
dazu bereit, ideologische Prämissen bei amerikanischen Filmen zurückzustellen. Filme, die von jüdischen Regisseuren oder mit jüdischen Schauspielern gedreht worden waren oder deren Filmmusik von jüdischen Komponisten stammte, sollten grundsätzlich nicht mehr gezeigt werden, auch wenn dies aufgrund laufender Verträge nicht immer möglich war. Seit 1941 durften sämtliche amerikanischen Filme nur noch mit Sondergenehmigungen abgespielt werden.66 Nach Philipp Gassert läßt sich auch nur mit Einschränkung von einer „Amerikanisierung"67 der deutschen Film- und Kulturindustrie sprechen. Die spezifisch nationalsozialistische Adaption des Amerikanismus, so meint er, sei „eher Ausdruck eines deutschen Sonderwegs als eines allgemeinen Trends der Modernisierung" gewesen. 68 Das für das „Dritte Reich" so charakteristische Nebeneinander von Lure und Saxophon, von Thingspiel und Revuefilm, Eintopfessen und Coca-Cola69 mag als „gespaltenes Bewußtsein" 70 oder als „gespaltene Wirklichkeit"71 erscheinen; auf jeden Fall entstand es aus dem Geist der „Kompensation und konsumistischen Integration", die maßgeblich für die Suggestionskraft und populistische Attraktivität des NS-Regimes verantwortlich waren.72 Lutz Koepnick hat in diesem Zusammenhang gar die These aufgestellt, daß „Nazi culture [...] by far outdid Hollywood's technologies of power not only in its mass spectacles at Nuremberg, but also in the context of its own American-style culture industry", die einer modernen „distraction factory" geglichen habe.73 So trieb der Nationalsozialismus das voran, was die Bildungsbürger gemeinhin als „Kitsch", „Vermassung" oder „Amerikanisierung" verabscheuten: „das Radio und den Schlager, die Schallplatte und die Unterhaltungsmusik, den Film und die Revue".74 Auch die Verbote des der Kultur des „Dritten Reiches" hat überdies Lutz P. Koepnick zutage gefördert: ders., Unsettling America, in: MoAzmismlmodernity 2 (1995), No. 3, S. 1-22. 66 Vgl. Gassert, Amerika im Dritten Reich, S. 164-182. 67 Zu diesem gerade seit den neunziger Jahren wieder florierenden, in enger Beziehung zum Modemisierungsparadigma stehenden Begriff der .Amerikanisierung" vgl. insbesondere Anselm Doering-Manteuffel, Dimensionen von Amerikanisierung in der deutschen Gesellschaft, in: AfS 35 (1995), S. 1-24; ders., Wie westlich; Philipp Gassert, Amerikanismus, Antiamerikanismus, Amerikanisierung, in: AfS 39 (1999), S. 531-561; ders., Was meint Amerikanisierung?; ders., Amerika im Dritten Reich; Konrad Jarausch/Hannes Siegrist, Amerikanisierung und Sowjetisierung, in: dies. (Hrsg.), Amerikanisierung und Sowjetisierung in Deutschland 1945-1970, Frankfurt a.M./New York 1997, S. 11-46; Lüdtke u.a. (Hrsg.), Amerikanisierung; Arnold Sywottek, Amerikanisierung des Alltagslebens?, Münster 1990; Trommler, Aufstieg und Fall des Amerikanismus; vgl. auch Volker Berghahn, Deutschland im .American Century" 1942-1992, in: Matthias Frese/Michael Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel im 20. Jahrhundert, Paderborn 1996, S. 789-800; ders., The Americanization of West German Industry 1945-1973, New York 1987; Heinz Bude/Bernd Greiner (Hrsg.), Westbindungen - Amerika in der Bundesrepublik, Hamburg 1999; Rob Kroes, World Wars and Watersheds, in: Diplomatie History 23 (1999), S. 71-77; eine prägnante Zusammenfassung dieser Thematik liefert auch Gerd Meier, Zwischen Milieu und Markt, Paderborn 1999, S. 20ff. 68
Gassert, Amerika im Dritten Reich, S. 181 f. Vgl. Hans Dieter Schäfer, Amerikanismus im Dritten Reich, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 199-215, hier: S. 205. 70 Ders., Gespaltenes Bewußtsein. 71 Maase, Vergnügen, S. 205. 72 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 336; vgl. ebd., S. 342; vgl. auch Brockhaus, Schauder und Idylle, S. 89f.; Koepnick, Fascist Aesthetics Revisited, S. 52, 65; Rentschier, Ministry of Illusion, S. 22; Schütz, Wunschbilder in Kultur und Künsten, S. 222. 73 Koepnick, Fascist Aesthetics Revisited, S. 60f.; ders., Aesthetics of Power, S. 9,198. 74 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 340. 69
4. Kunst, Kultur, Städte- und Wohnungsbau
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„Niggetjazz" waren aufgrund der Absicht, dem Unterhaltungsbedürfnis der deutschen Bevölkerung entgegenzukommen, sowie angesichts defmitorischer Unsicherheiten (was eigentlich verstand man unter Jazz, war es nicht einfach „Neue Deutsche Tanzmusik"?) nicht selten Makulatur.75 Während das Regime hart gegen die jugendliche Swing-Bewegung vorging76, gründete Goebbels' Ministerium 1940 mit Charlie and His Orchestra sogar selbst eine Propaganda-Swing-Band.77 „Der Jazz lebt[e]" - auch in der NS-Zeit. 8 Wie bereits eingangs angedeutet, hat sich insbesondere Sebastian GraebKönneker darum bemüht, die Debatte um das Verhältnis von Nationalsozialismus und Moderne auf den Bereich der Literatur auszudehnen, während freilich schon vor ihm Uwe-K. Ketelsen und Ulrich Nassen moderne Elemente in der vom NSRegime geforderten Literatur beleuchtet hatten.79 Graeb-Könneker hat seine - sich vornehmlich auf die „Selbststilisierung" des Regimes, weniger auf die realen Wirkungen der NS-Politik konzentrierende - Untersuchung in der These zusammengefaßt, daß sich der Nationalsozialismus „in seiner Literaturforderungspolitik während der gesamten Zeit seiner Herrschaft [...] zu einer spezifischen Art von Modernität, [...] der ,autochthonen Modernität'" bekannt, daß er also auf diesem Gebiet intentional vorwärtstreibend und innovativ zu wirken versucht habe. Seine „intendierte Modernität" sei jedoch „nicht zugleich als eine tatsächlich realisierte zu betrachten". Die „Literatur des autochthonen Modernismus" sei auch lediglich in der Wahl der Motive, im Bezug zur außertextlichen, als krisenhaft erfahrenen Welt modern gewesen; in der „Ordnung des ästhetischen Materials" hingegen sei sie größtenteils „traditionellen ästhetischen Vorstellungen verhaftet" geblieben.80 75
Vgl. ebd., S. 339; vgl. auch Martin Eiste, Zwischen Privatheit und Politik, in: Heister/Klein (Hrsg.), Musik und Musikpolitik, S. 107-114, hier: S. 109f.; Heiko Hasenbein, Unerwünscht, toleriert, instrumentalisiert, in: 1999 10 (1995), H. 4, S. 38-52, hier bes.: S. 39ff.; Maase, Vergnügen, S. 200, 221, 227-232; zu den Bemühungen um einen „Deutschen Jazz" vgl. Michael H. Kater, Gewagtes Spiel, Köln 1995 (am. 1992), S. 110-117. 76 Vgl. etwa Rainer Pohl, „Schräge Vögel, mausert euch!", in: Wilfried Breyvogel (Hrsg.), Piraten, Swings und Junge Garde, Bonn 1991, S. 241-270. 77 Vgl. Hasenbein, Unerwünscht, toleriert, instrumentalisiert, S. 44-52; Kater, Gewagtes Spiel, S. 172ff., 200-214,233-254; Günter Könke, „Modemisierungsschub" oder relative Stagnation?, in: GG 20 (1994), S. 584-608, hier: S. 596f.; Axel Schildt, Das Radio und sein jugendliches Publikum von den Zwanziger zu den Sechziger Jahren, in: Marßolek/von Saldem (Hrsg.), Radiozeiten, S. 251-266, hier: S. 254f.; vgl. auch Horst J.P. Bergmeier/Rainer E. Lötz, Hitler's Airwaves, New Haven/London 1997. 78 Kater, Gewagtes Spiel, S. 119; vgl. Dussel, Deutsches Radio, S. 128f.; Frei, Führerstaat, S. 128f.; Klaus Hildebrand, Das Dritte Reich, 6. neubearb. Aufl. München 2003 (zuerst 1979), S. 247f.; Levi, Music in the Third Reich, S. 84, 120ff.; Potter, Deutscheste der Künste, S. 48; von Saldern, „Kunst für's Volk", S. 187f.; Schäfer, Amerikanismus im Dritten Reich, S. 203f.; Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 312; vgl. ferner Mike Zwerin, La tristesse de Saint Louis, Wien 1988 (engl. 1985). Vgl. Sebastian Graeb-Könneker, Autochthone Modernität, Opladen 1996, bes. S. 11; ders., Nachwort, in: ders. (Hrsg.), Literatur im Dritten Reich, Stuttgart 2001, S. 365-403, hier: S. 394ff.; Uwe-K. Ketelsen, Literatur und Drittes Reich, 2. durchges. Aufl. Vierow bei Greifswald 1994 (zuerst 1992), bes. S. 241-257; ders., Probleme einer gegenwärtigen Forschung zur „Literatur des Dritten Reiches", in: Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte (1990), Nr. 4, S. 707-725; ders., NS-Literatur und Modernität, in: Wulf Koepke/Michael Winkler (Hrsg.), Deutschsprachige Exilliteratur, Bonn 1984, S. 37-55; Ulrich Nassen, Jugend, Buch und Konjunktur 1933-1945, München 1987, bes. S. 7-16; vgl. auch Reichel, Schöner Schein, S. 323335. 80 Graeb-Könneker, Autochthone Modernität, S. 12f., 46, 56f.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
In verschiedenen Bereichen nationalsozialistischer Literaturlenkung hat GraebKönneker „eine markante Zahl von Äußerungen (Rezensionen, Essays, Preisausschreibungen usw.)" gefunden, „die sich für eine Akzeptanz der modernen Welt ausspr[a]chen", sofern sie sich „auf Technik, Großstadt, Forschung, Erfindertum, nicht aber auf plurale Erscheinungsformen wie Demokratie, moderne Kunst u.ä." bezogen. 81 So sei die Dynamik der Modernisierung zumindest unter dem Vorbehalt, daß der soziale, technische und ökonomische Wandel kontrollierbar bleiben müsse, weitgehend akzeptiert worden. 82 Auch Peter Reichel betont, daß die weitverbreitete Vorstellung, die literarische Avantgarde sei nach 1933 gänzlich vertrieben und unterdrückt worden und „der völkische Vitalismus zur Staatsliteratur avanciert", „der historischen Wirklichkeit kaum gerecht" werde. 83 Wenngleich die NSHerrschaft, wie Hans Dieter Schäfer sich äußert, „die traditionalistischen Tendenzen der deutschen Literatur verstärkt, das Weiterleben der demokratisch engagierten Traditionen unterbrochen und den Aufstieg der Modernen Klassik verzögert" habe, wirkte seiner Ansicht nach die Moderne auch durch die Arbeit mancher junger nicht-nationalsozialistischer Autoren, die in gewissem Maße die Nachkriegsliteratur prägten, in der NS-Zeit weiter. 84 Uwe-K. Ketelsen erkennt vornehmlich in drei Punkten einen Zusammenhang zwischen der Literatur des „Dritten Reiches" und der Moderne: Erstens seien auf der Ebene der literarischen Marktmechanismen Buchgemeinschaften ausgebaut und Buch-Großkonzerne gebildet worden; zweitens sei - vor allem bei Gottfried Benn und Ernst Jünger - die Konstruktion der literarischen Texte, die Ordnung des ästhetischen Materials eine ausgesprochen moderne gewesen; und drittens schließlich habe eine Reihe von Autoren Motive verwandt, die unmittelbar dem Kontext der krisenhaften Entwicklung der „klassischen Moderne" entstammten. 85 In welch hohem Maße die Literatur im „Dritten Reich" von der modernen Technik inspiriert wurde, hat insbesondere Erhard Schütz an dem literarischen Motiv der Reichsautobahn gezeigt. 86 Und in seiner Sichtung der während der NS-Zeit veröffentlichten
81
Ebd., S. 142. Vgl. ebd., S. 143, 287ff.; vgl. auch Heike Weber, Technikkonzeptionen in der populären Sachbuchliteratur des Nationalsozialismus, in: Technikgeschichte 66 (1999), S. 205-236. 83 Reichel, Schöner Schein, S. 323f. 84 Schäfer, Gespaltenes Bewußtein, S. 62; vgl. ebd., S. 12ff.; Barbian, Literary Policy, S. 177f.; Reichel, Schöner Schein, S. 334f.; ders., Aspekte ästhetischer Politik, S. 24; dieses Urteil mittlerweile zum Teil revidierend: Hans Dieter Schäfer, Kultur als Simulation, in: Günther Rüther (Hrsg.), Literatur in der Diktatur, Paderborn u.a. 1997, S. 215-245, hier: S. 226ff.; vgl. auch die Literaturangaben in: ebd., S. 227f., Anm. 42. Nationalsozialistische Schriftsteller werden hingegen von der Forschung in der Regel als Autoren von intellektueller Mediokrität skizziert: vgl. z.B. Jürgen Hillesheim/Elisabeth Michael, Lexikon nationalsozialistischer Dichter, Würzburg 1993; Hans Sarkowicz/Alf Mentzer, Literatur in Nazi-Deutschland, erw. u. Überarb. Neuausg. Hamburg/Wien 2002 (zuerst 2000). 85 Vgl. Ketelsen, Literatur und Drittes Reich, S. 247f., 250ff., 255ff.; vgl. auch ders., NS-Literatur und Modernität, S. 43ff. 86 Vgl. Erhard Schütz, J e n e blaßgrauen Bänder", in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 18 (1993), H. 2, S. 76-120; ders., Faszination der blaßgrauen Bänder, in: Wolfgang Emmerich/Carl Wege (Hrsg.), Der Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära, Stuttgart/Weimar 1995, S. 123-145, hier: S. 132ff.; ders., „...verankert fest im Kern des Bluts", in: ders. u.a. (Hrsg.), Faszination des Organischen, München 1995, S. 231-266; ders./Eckhard Gruber, Mythos Reichsautobahn, Berlin 1996, S. 11 Off.; vgl. auch Gudrun Brockhaus, Schauder und Idylle, München 1997, S. 81 ff. Auch andere Studien haben sich des Verhältnisses von Literatur 82
4. Kunst, Kultur, Städte- und Wohnungsbau
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Science-fiction-Romane ist Jost Hermand zu dem Ergebnis gelangt, daß in diesen Werken nicht Bauern und Ritter, sondern „abenteuersuchende Ingenieure und Astronauten" den „.göttlichen' Führungsanspruch der arischen Rasse" vertreten hätten, „welche das gesamte Weltall in einen mit den modernsten technischen Errungenschaften ausgestatteten Superstaat verwandeln woll[t]en". Daneben betont Hermand aber auch die Renaissance von „Formen des Bauern- und Schollemythos", unter die sich insbesondere „eine Reihe geradezu rousseauistisch wirkender Reaktionen gegen die negativen Auswirkungen der technischen Zivilisation schlechthin" subsumieren lasse. Die Rückkehr zur Scholle sei allerdings eher als eine „ideologische Schimäre" denn als ein ernstzunehmendes utopisches Leitziel des Nationalsozialismus zu betrachten.87 Darauf, daß „.nationalsozialistisch' [...] nicht gleichsam selbstverständlich mit ,antimodernistisch' gleichgesetzt werden [sollte]", hat zudem auch Ulrich Nassen in seiner Arbeit über das Ideologiepotential nationalsozialistischen „Jugendschrifttums" hingewiesen. Herfs Terminus der „reaktionären Modernität" aufgreifend, macht Nassen als Charakteristikum des Nationalsozialismus keine generelle Absage an die moderne Zivilisation, sondern vielmehr den Versuch aus, sie „organologisch" zu überformen und ihre - technokratischen wie kapitalistischen - Gefahren „in einer neuen, organischen .Energetik'" zu überwinden.88 In seiner umfassenden Studie zur NS-Literaturpolitik hat Jan-Pieter Barbian ferner herausgearbeitet, daß die Ansätze zu einer Effizienzsteigerung und Modernisierung des Buchhandels „ebensowenig wie die Bemühungen um eine rechtliche, materielle und soziale Besserstellung der Schriftstellerschaft oder die Innovationen auf dem Gebiet des Büchereiwesens bloße Täuschungsmanöver" gewesen seien.89 In seiner Untersuchung ostwestfälischer Tageszeitungen über den Zeitraum von 1920 bis 1970 spricht Gerd Meier dem NS-Regime überdies die Evozierung einer ,,strukturelle[n] Modernisierung" zu, auch wenn seiner Meinung nach „von einer bewußten Modemisierungsleistung [...] nicht die Rede sein" kann. Durch eine konsequente Rationalisierung hätten die Schwächen der Weimarer Presse beseitigt werden können, was späterhin auf die bundesrepublikanische Presse eine „formierende Wirkung" ausgeübt habe. Das andernorts freilich bereits zur Weimarer Zeit eingeführte rationelle und moderne System der Bezirksausgaben - mit der zentralen Produktion eines Mantelteils fur mehrere Lokalausgaben - sei in Ostwestfalen erst nach 1933 durchgesetzt worden, wobei als Nebeneffekt eine leichtere Lenkbarkeit und eine effizientere Kontrolle intendiert gewesen seien. Die noch 1944 in der Phase extremer Rationalisierung vorgenommene typographische Umstellung der
und Technik während der NS-Zeit angenommen: z.B. Peter J. Brenner, Schwierige Reisen, in: ders. (Hrsg.), Reisekultur in Deutschland, Tübingen 1997, S. 127-175, hier: S. 161ff.; Sebastian GraebKönneker, „Fortschritt" und „Drittes Reich", in: Zeitschrift für Germanistik N.F. 9 (1999), S. 390402; Gregor Streim, Junge Völker und neue Technik, in: ebd., S. 344-359; Weber, Technikkonzeptionen. 87 Jost Hermand, Der alte Traum vom neuen Reich, Frankfurt a.M. 1988, S. 253, 261, 265, 311. 88 Nassen, Jugend, Buch und Konjunktur, S. 10, 33f. 89 Jan-Pieter Barbian, Literaturpolitik im „Dritten Reich", München 1995, S. 853, Anm. 15 (Hervorhebung vom Verfasser); vgl. dazu im einzelnen ebd., S. 469-504, 566-621, 669-694, 733834; vgl. auch ders., Literary Policy, bes. S. 174f., 178f.; sowie Volker Dahm, Systemische Grundlagen und Lenkungsinstrumente der Kulturpolitik des Dritten Reiches, in: Dietrich Beyrau (Hrsg.), Im Dschungel der Macht, Göttingen 2000, S. 244-259, hier: S. 257f.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
gesamten Druckindustrie von Fraktur auf Antiqua bedeutete zudem „schon aufgrund des Charakters der Schrifttypen" und der damit verbundenen „Öffnung zum Westen" einen erheblichen Fortschritt. 90 Doch dürfen diese Aspekte nicht über die verheerenden Wirkungen des Nationalsozialismus auf die Nachkriegspresse hinwegtäuschen: Die nahezu vollständige Abschaffung der Pressefreiheit und die rassistische und politische Ausgrenzung von Journalisten weisen ebenso wie der Verlust an bürgerlicher Öffentlichkeit auf eine De-Modemisierung hin. Meiers Auffassung nach blieb die Presse während der NS-Zeit in qualitativer Hinsicht „vollständig im Dunstkreis der Propaganda". Als gravierendes Erbe der NS-Pressepolitik erwies sich nicht zuletzt die tiefe Glaubwürdigkeitskrise, die sich in der Besatzungszeit fortsetzte und die erhebliche Konsequenzen für die politische Meinungsbildung in der Bundesrepublik zeitigte.91
b) Städte- und Wohnungsbau Im Gegensatz zur Diffamierung moderner Kunst wirkte die Verdammung der modernen Architektur oft nur als äußerliches Zugeständnis an das allgemeine Unbehagen an der „steingewordene[n] ökonomische[n] Rationalität und ,Vermassung'", welche die kleinstädtische, vorindustrielle Welt gänzlich aufzulösen drohten. 92 So hat Wemer Durth gezeigt, daß im „Dritten Reich" verschiedene Planungsebenen und Arbeitsbereiche in der Stadtplanung „miteinander verknüpft wurden, um Modernisierungskonzepte durchzusetzen, die gegenüber den traditionellen Formen herkömmlichen Städtebaus nun verstärkt technische Aspekte übergreifender Raumordnungs- und Verkehrspolitik zur Geltung brachten". Durths Ansicht nach versuchten die Nationalsozialisten, „viele der wissenschaftlichen und künstlerischen, formalen und materialen Neuerungen modemer Architektur und Stadtplanung dort, wo sie eindimensional zu technischen Modemisierungsprozessen einsetzbar waren, für ihre Zwecke zu instrumentalisieren". 93 Auf diese Weise wurden auch der Bauhaus-Modeme - vornehmlich im Industrie- und Ausstellungsbau - bemerkenswerte
90
Meier, Zwischen Milieu und Markt, S. 444ff., mit Anm. 11; vgl. in diesem Zusammenhang auch Hanno Birken-Bertsch/Reinhard Markner, Rechtschreibreform und Nationalsozialismus, Göttingen 2000; Silvia Hartmann, Fraktur oder Antiqua, Frankfurt a.M. u.a. 1998. 91 Meier, Zwischen Milieu und Markt, S. 444; vgl. auch ebd., S. 27, 439, 442; Sösemann, Propaganda und Öffentlichkeit, S. 146f.; zum Pressewesen im „Dritten Reich" vgl. insgesamt auch Norbert Frei/Johannes Schmitz, Journalismus im Dritten Reich, 3. Überarb. Aufl. München 1999 (zuerst 1989); sowie die Literaturangaben bei Karl Christian Führer/Knut Hickethier/Axel Schildt, Öffentlichkeit, Medien, Geschichte, in: AfS 41 (2001), S. 1-38, hier: S. 33, Anm. 199. 92 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 32. 93 Wemer Durth, Architektur und Stadtplanung, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 139-171, hier: S. 150f.; vgl. auch ders., Zwischen Moderne und Modernismus, in: Vittorio Magnago Lampugnani/Romana Schneider (Hrsg.), Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 1950 II, Stuttgart 1994, S. 297-321, hier: S. 299, 302ff.; Gerhard Fehl, Die Moderne unterm Hakenkreuz, in: Hartmut Frank (Hrsg.), Faschistische Architekturen, Hamburg 1985, S. 88-122, hier bes.: S. 89, 93ff.; Miller Lane, Architektur, S. 21, 177ff.; dies., Die Moderne und die Politik in Deutschland zwischen 1919 und 1945, in: Lampugnani/Schneider (Hrsg.), Moderne Architektur in Deutschland II, S. 225-249, hier: S. 244f.
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167
Entfaltungsmöglichkeiten geboten. 9 4 D a s weitverbreitete Verdikt, daß in der N S Zeit „Blut-und-Boden-Kitsch,
Neoklassizismus
und leere Monumentalität
[...]
Triumphe [feierten]" 9 5 , spiegelt kaum die ganze Realität des „Dritten Reiches" wider. Ländliche, volksnahe Fachwerkidylle auf der einen und Entwürfe m o n u m e n taler Stadtplanung etwa für Berlin, Linz oder Nürnberg mit gigantischen Radialachsen und überdimensionalen Stadthallen auf der anderen Seite ließen durchaus R a u m für die moderne Funktionalität d e s Dessauer Bauhauses. Zwar wurde das Bauhaus von der N S - B e w e g u n g scharf attackiert und die Neugründung in Berlin bereits i m April 1933 g e w a l t s a m geschlossen 9 6 , doch sollte dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß „im Endeffekt [...] die nationalsozialistische Baupolitik in ihren Zielen und M e t h o d e n der modernen Architektur näher[stand], als früher oft a n g e n o m m e n wurde", w i e Joachim Radkau betont. Seiner M e i n u n g nach waren manche der w ä h rend der N S - Z e i t errichteten Gebäude sogar „funktionaler als diejenigen, die das Bauhaus geplant hatte". 97 Gerhard Fehl spricht in diesem Kontext auch von einer ,,kontinuierliche[n] .Weiterentwicklung' der Moderne" von 1933 „bis hinein in die fünfziger Jahre", die verhältnismäßig bruchlos in den Bauwirtschaftsfunktionalism u s der Nachkriegszeit habe einmünden können. 9 8 D a v i d M i l d e hat darauf h i n g e w i e s e n , daß der Nationalsozialismus ,,ein[en] Teil der Architektenavantgarde [...] absorbiert" s o w i e in Kunst und Architektur „die Artikulationen einer spezifischen Kälte äußerst publikumswirksam"
eingesetzt
habe: e t w a bei den i m „Dritten Reich" errichteten - eigentlich für die BauhausSachlichkeit s o charakteristischen - „modern-funktionalistischen Kälteburgen", den 94
Vgl. Winfried Nerdinger (Hrsg.), Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus, München 1993 (darin bes.: ders., Modernisierung, Bauhaus, Nationalsozialismus, S. 9-23, hier: S. 19f.; ders., Bauhaus-Architekten im „Dritten Reich", S. 153-178, hier: S. 169f.); vgl. auch ders., Versuchung und Dilemma der Avantgarden im Spiegel der Architekturwettbewerbe 1933-35, in: Hartmut Frank (Hrsg.), Faschistische Architekturen, Hamburg 1985, S. 65-87, hier bes.: S. 74ff.; George L. Mosse, Fascism and the Avant-Garde, in: ders., The Fascist Revolution, New York 1999, S. 137-155 (zuerst 1980), hier: S. 141 f.; Peter Reichel, Bildende Kunst und Architektur, in: Benz u.a. (Hrsg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus, S. 154-166, hier: S. 161f.; Weihsmann, Bauen, S. 95-107, 161 f.; vgl. hingegen Ulrich Härtung, Bauästhetik im Nationalsozialismus und die Frage der Denkmalwürdigkeit, in: Bernd Faulenbach/Franz-Josef Jelich (Hrsg.), Reaktionäre Modernität und Völkermord, Essen 1994, S. 71-84; ders., Modernisierte Monumentalität, in: Sabine Blum-Geenen u.a. (Hrsg.), „Bruch und Kontinuität", Essen 1995, S. 85-100, hier bes.: S. 100. In einem modemekritischen Essay hat Jean Clair das Bauhaus gar in die Nähe zum Nationalsozialismus gerückt; es sei dessen modernistischem und technizistischem Moment entgegengekommen (vgl. Jean Clair, Die Verantwortung des Künstlers, Köln 1998; ähnlich verzerrend: Boris Groys, Die totalitäre Kunst der 30er Jahre, in: Jürgen Harten (Hrsg.), „Die Axt hat geblüht...", Düsseldorf 1987, S. 27-35; dazu kritisch: Peter Bürger, Die Deutschen und ihre Kunst, in: Die Zeit, 4.5.2000; Martin Wamke, Der Blitz steht stramm, in: FAZ, 6.10.1998). 95 Wendt, Deutschland 1933-1945, S. 702. 96 Vgl. Miller Lane, Architektur, S. 142-163,175f.; dies., Moderne, S. 240f. 97 Joachim Radkau, Nationalsozialismus und Modernisierung, in: Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.), Scheidewege der deutschen Geschichte, München 1995, S. 183-197, hier: S. 191; vgl. auch Anson G. Rabinbach, The Aesthetics of Production in the Third Reich, in: JCH 11 (1976), S. 43-74, hier: S. 59ff.; Iain Boyd Whyte, National Socialism and Modernism, in: Dawn Ades u.a. (Hrsg.), Art and Power, London 1995, S. 258-269, hier: S. 260ff., 269; vgl. ferner Dorothee Boesler/Wolfgang Schöddert, Wohngebäude, in: Hiltrud Kier u.a. (Hrsg.), Architektur der 30er und 40er Jahre in Köln, Köln 1999, S. 107-124. 98 Fehl, Moderne unterm Hakenkreuz, S. 89; vgl. auch Andrea Bärnreuther, Die Revision der Moderne unterm Hakenkreuz, München 1993, S. 25, 227; zum spezifischen Charakter dieser „Weiterentwicklung" vgl. Fehl, Moderne unterm Hakenkreuz, S. 102-118.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
nach technischer Zweckmäßigkeit entworfenen Industriebauten." Während sich Hitler freilich gegen die „animalische Primitivität" des Baustils der zwanziger Jahre wandte, forderte letztlich auch er für die Architektur des „Dritten Reiches" eine „kristallklar erfüllte Zweckmäßigkeit".100 Louis Sullivans Leitsatz „form follows function" wurde im Nationalsozialismus gleichsam auf eine „biologisch-volkhafte" Grundlage gestellt.101 Thomas Rohkrämer zufolge war das NS-Regime aber „weniger konsequent als [die] Modemisten der Weimarer Republik". Es sei dem „populären Gefühl" gefolgt, das „eine emotionale Kompensation für die Defizite einer rein funktionalen Moderne durch den ästhetischen Bereich" erwartet habe. Seinem Eindruck nach wandte sich der Nationalsozialismus gegen alle Tendenzen in Kunst und Design, die durch eine Verbannung historischer Fassaden und romantischer Drapierungen die Kluft zwischen Technik und Gestaltung überwinden wollten. Er habe nicht versucht, neue moderne kulturelle Formen selbst zu generieren, die dem Charakter des technischen Zeitalters entsprochen hätten. Statt dessen habe er außerhalb der Produktionssphäre meist an der dekorativen, manieristischen Ästhetik des 19. Jahrhunderts festgehalten.102 Zumindest innerhalb der Produktionssphäre aber brach der Nationalsozialismus keineswegs mit der „Produktsprache des internationalen funktionalistischen Designs", das nunmehr unter dem Etikett der „deutschen Sachlichkeit" firmierte.103 Gert Seiles Ansicht nach erlebte das moderne „Techno-Design" während des „Dritten Reiches" sogar „einen Höhepunkt". In gewisser Weise, so lautet seine These, habe „die werkzeuglich perfekte, glatt funktionierende, leichte, elegante Industrieform" aufgrund des von ihr verkörperten Ideals von der „absoluten Reinheit" mit der nationalsozialistischen Weltanschauung korrespondiert. Indem das NS-Regime „die Unterwerfung unter den Mythos der Technik" auf diese Art „ästhetisch zelebriert" habe, sei „zum erstenmal [...] die dunkle Seite industrieller Gestaltungsfahigkeit gerade im strahlenden Glanz der Dinge, in der perfekten ästhetischen Überhöhung sichtbar" geworden; und dies sowohl in der rationalisierten, von dem Amt „Schönheit der Arbeit" gestalteten Arbeitsumwelt als auch in der auf stromlinienförmige Formschönheit ausgerichteten Konsumöffentlichkeit.104 Dabei sah sich das Konzept von „Schönheit der Arbeit" in seiner „glorification of technical rationality through aesthetics" und seinem „unabashed modernism" Anson G. Rabinbach
99
David Milde, Lernen von den Eskimos, in: Emmerich/Wege (Hrsg.), Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära, S. 146-158, hier: S. 148, 152, 154; vgl. auch Elaine S. Hochman, Architects of Fortune, New York 1989, S. 220ff.; Nerdinger, Versuchung und Dilemma der Avantgarden. 100 Adolf Hitler, Deutsche Kunst als stolzeste Verteidigung des deutschen Volkes, in: Völkischer Beobachter, 3./4.9.1933; vgl. dazu auch Backes, Hitler, S. 122f.; Miller Lane, Moderne, S. 245. 101 Vgl. Reichel, Schöner Schein, S. 318f. 102 Vgl. Thomas Rohkrämer, Eine andere Moderne?, Paderborn u.a. 1999, S. 352f., 355. 103 Bollenbeck, Tradition, Avantgarde, Reaktion, S. 32; vgl. Dussel, NS-Staat und „deutsche Kunst", S. 272; Joachim Petsch, Kunst im Dritten Reich, 3. Aufl. Köln 1994 (zuerst 1983), S. 70f. 104 Gert Seile, Geschichte des Design in Deutschland, Studienausg. Frankfurt a.M./New York 1997 (zuerst 1978), S. 240ff., 245; vgl. ders., Techno-modernes Design im Vorschein der Macht und der Unterwerfung, in: Klaus Behnken/Frank Wagner (Hrsg.), Inszenierung der Macht, Berlin 1987, S. 261-272; vgl. auch Magdalena Droste, Bauhaus-Designer zwischen Handwerk und Moderne, in: Nerdinger (Hrsg.), Bauhaus-Moderne, S. 85-101; Marion Godau, Anti-Moderne?, in: Sabine Weißler (Hrsg.), Design in Deutschland 1933-45, Gießen 1990, S. 74-84, hier: S. 77ff.; John Heskett, Modernism and Archaism in Design in the Third Reich, in: Brandon Taylor/Winfried van der Will (Hrsg.), The Nazification of Art, Winchester 1990, S. 110-127.
4. Kunst, Kultur, Städte- und Wohnungsbau
169
z u f o l g e in h o h e m M a ß e v o n der Weimarer „Neuen Sachlichkeit" inspiriert. 105 D i e Propagandaplakate des A m t e s „Schönheit der Arbeit" hatten b e i s p i e l s w e i s e nur „sehr w e n i g mit einer .traulichen Wohnkultur' oder gar mit
,altgermanischen'
Werkstätten, h i n g e g e n sehr viel mit modernen Industrieanlagen zu tun, g e g e n die kein ,ford'-schrittlicher M e n s c h etwas einzuwenden hatte". 106 A u c h in der Inszenierung v o n Propagandaausstellungen rekurrierte das N S - R e g i m e nach
Christoph
Kivelitz auf „Methoden, die v o m Bauhaus, z u m Teil auch v o m Konstruktivismus [...] entwickelt worden waren". 1 0 7 Hinsichtlich der deutschen Präsentation auf der Weltausstellung v o n 1937 in Paris betont Karen A. Fiss ferner, daß sich i m deutschen Pavillon künstlerische Rückwärtsgewandtheit mit technischer Modernität verbunden habe. 1 0 8 Der Städte- und W o h n u n g s b a u i m „Dritten Reich" war, vereinfacht gesprochen, von einer Dreiteilung charakterisiert 109 , in der sich auf sinnfällige W e i s e die für die nationalsozialistische Kultursphäre insgesamt charakteristische „Koexistenz
[...]
von Heroismus und Harmonie" 1 1 0 manifestierte: Während sich in Industrie- und Verwaltungsbauten der sachliche, funktionalistische Stil und b e i m Bau repräsentativer Staats- und Parteigebäude der - seit Jahrzehnten in ganz Europa und Nordamerika verbreitete - neoklassizistische Monumentalstil 1 1 1 durchsetzten, sollte im privaten W o h n u n g s b a u ein regionaler, das Gefühl v o n Wärme, Gemütlichkeit und Häuslichkeit
105
vermittelnder Heimatschutzstil
dominieren. 1 1 2 D a die
angestrebte
Rabinbach, Aesthetics of Production, S. 55, 65; vgl. auch Mosse, Fascism and Avant-Garde, S. 140f.; Peter Reichel, Ästhetik statt Politik?, in: Berg-Schlosser/Schissler (Hrsg.), Politische Kultur in Deutschland, S. 123-137, hier: S. 132f. 106 Tilla Siegel, Leistung und Lohn in der nationalsozialistischen „Ordnung der Arbeit", Opladen 1989, S. 110; vgl. auch Chup Friemert, Produktionsästhetik im Faschismus, München 1980. 107 Christoph Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen, Bochum 1999, S. 342; zur Modernität der ausstellungsdidaktischen Konzepte aus der NS-Zeit vgl. überdies Thamer, Geschichte und Propaganda, S. 350, 379f.; ders., Nationalsozialismus, S. 428; vgl. dazu ferner auch Karl Ditt, Raum und Volkstum, Münster 1988, S. 327-348; Martin Griepentrog, „Frischer Wind" in der musealen „Leichenkammer", in: GWU 42 (1991), S. 153-173. 108 Vgl. Karen A. Fiss, In Hitler's Salon, in: Richard A. Etlin (Hrsg.), Art, Culture, and Media under the Third Reich, Chicago/London 2002, S. 316-342; vgl. auch Johannes Graf, „Verbindung von französischer Tradition mit sachlicher Modernität", in: Brenner (Hrsg.), Reisekultur in Deutschland, S. 101-125, hier: S. 107; Wolf Jahn, Der Kampf um die Kultur, in: Vemissage (1996), Nr. 6, S. 8-15. 109 Tilman Harlander weist darauf hin, daß sich entgegen einer „vereinfachenden Dreiteilung des NS-Baugeschehens" in der Praxis des nationalsozialistischen Wohn- und Siedlungsbaus „von Anfang an antimoderne und moderne Tendenzen" überlagert und verschränkt hätten (Tilman Harlander, Moderne und antimodeme Tendenzen im Wohnungsbau, in: Breuer/Cepl-Kaufmann [Hrsg.], Moderne und Nationalsozialismus, S. 467-499, hier: S. 467). ' I 0 Schütz, Wunschbilder in Kultur und Künsten, S. 236. 1 1 ' Joachim Petsch jedoch hat sich gegen die Charakterisierung der NS-„Staats- und Parteiarchitektur" als „neoklassizistisch" ausgesprochen, weil „alle historischen Formen herangezogen [wurden], die sich für die Darstellung der nationalsozialistischen Weltanschauung eigneten". Daher zieht er den Begriff der „heroisch-monumentalistischen Baukunst" vor (Petsch, Architektur der 20er und 30er Jahre, S. 25f.; vgl. auch ders., Architektur 1933-1945, in: Edeltraud Klueting [Hrsg.], Denkmalpflege und Architektur in Westfalen 1933-1945, Münster 1995, S. 18-42, hier: S. 33f.). 112 Vgl. Martin Damus, Postmodeme und regionalistische Architektur, in: Behnken/Wagner (Hrsg.), Inszenierung der Macht, S. 297-314, hier: S. 303f.; Miller Lane, Architektur, S. 177-205; Petsch, Architektur 1933-1945, S. 27, 29, 33; Reichel, Schöner Schein, S. 287ff.; zum Speerschen Neoklassizismus vgl. insbesondere Winfried Nerdinger, Bauen im Nationalsozialismus, in: ders./Werner Durth (Hrsg.), Architektur und Städtebau der 30er/40er Jahre, Bonn 1994, S. 8-19; zu
170
II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
B a u w e i s e lauter kleiner Einfamilienhäuser j e d o c h an der Finanzierbarkeit scheiterte, konnte der Heimatschutzstil auch mit aus normierten Fertigbauteilen errichteten und mit Einheitsmöbeln ausgestatteten W o h n b l o c k s korrespondieren." 3 Seit 1 9 3 5 / 3 6 , s o Tilman Harlander, sei die anfängliche, den Kleinsiedlungsbau propagierende großstadtfeindliche Siedlungsideologie 1 1 4 ohnehin sukzessive von moderneren K o n z e p t i o n e n abgelöst worden, mit denen „die Förderung eines großstädtischen M a s s e n w o h n u n g s - b z w . M i e t g e s c h o ß w o h n u n g s b a u s " s o w i e „rationalisierte und z.T. industrialisierte Formen der Bauproduktion in den Vordergrund traten". 115 Vor d e m Hintergrund der erreichten Vollbeschäftigung, der strikten Autarkiepolitik s o w i e der verstärkten Rüstungsanstrengungen schien sich seit Mitte der dreißiger Jahre ein neuer, an die Debatte der zwanziger Jahre anschließender Diskurs um Leistungssteigerung, Rationalisierung, Typisierung und N o r m u n g zu entspinnen, der auf d e m Gebiet der W o h n u n g s - und Siedlungspolitik schon bald seine Früchte tragen sollte. 1 1 6 A l s B e i s p i e l e der nun deutlich funktionalistischeren Ausrichtung des B a u e n s können etwa die nationalsozialistischen Vorzeigestädte Wolfsburg und Salzgitter gelten, die durch eine Mietshausbebauung in strenger Anordnung geprägt wurden. 1 1 7 In den Neugestaltungserlassen v o n 1937 war z u d e m für fast alle deutschen Großstädte „eine weiträumige Modernisierung der technischen Infrastruktur vorgesehen, bei der insbesondere das rasante A n w a c h s e n des motorisierten Individualverkehrs zentrale Bedeutung erhielt". 118
der von Heimatstil und ,,schlichte[m] Funktionalismus" geprägten Münchner „Alltagsarchitektur" vgl. überdies Ulrike Haerendel, Kommunale Wohnungspolitik im Dritten Reich, München 1999 (Zitat: S. 17). " 3 Vgl. Tilman Harlander/Gerhard Fehl (Hrsg.), Hitlers sozialer Wohnungsbau 1940-1945, Hamburg 1986, S. 34; Ronald Smelser, Die Sozialplanung der Deutschen Arbeitsfront, in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 71-92, hier: S. 80. 1,4 Vgl. Könke, „Modemisierungsschub", S. 599; Günther Schulz, Die Diskussion über Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik im Nationalsozialismus, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 105-124, hier: S. 112; vgl. auch Roswitha Mattausch/Brigitte Wiederspahn, Das Bauprogramm der Deutschen Arbeitsfront, in: Georg Bussmann (Hrsg.), Die Kunst im 3. Reich, 5. Aufl. Frankfurt a.M. 1976 (zuerst 1974), S. 86-103, hier: S. 94ff. 115 Harlander, Moderne und antimoderne Tendenzen, S. 467; vgl. auch Joachim Petsch, Eigenheim und gute Stube, Köln 1989, S. 174f.; Schulz, Diskussion über Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik, S. 112f. Vgl. Harlander, Moderne und antimoderne Tendenzen, S. 474; ders., Zwischen Heimstätte und Wohnmaschine, Basel u.a. 1995, S. 237-242; ders./Fehl (Hrsg.), Sozialer Wohnungsbau, S. 14; vgl. auch Gerhard Fehl, Typisierter Wohnungsbau im „Dritten Reich", in: Durth/Nerdinger (Hrsg.), Architektur und Städtebau der 30er/40er Jahre, S. 74-83; Ulrich Höhns, Grenzenloser Heimatschutz 1941, in: Vittorio Magnago Lampugnani/Romana Schneider (Hrsg.), Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 1950 I, Stuttgart 1992, S. 283-301, hier bes.: S. 286, 289, 292; zu der stark vorangetriebenen Typisierung und Ökonomisierung des Siedlungsbaus im Köln der dreißiger Jahre vgl. überdies Christoph Heuter/Gabriele Wiesemann, Siedlungen, in: Kier u.a. (Hrsg.), Architektur der 30er und 40er Jahre in Köln, S. 125-149, hier bes.: S. 140ff. 117 Vgl. Harlander, Heimstätte, S. 171-179; vgl. auch Erhard Fomdran, Die Stadt- und Industriegründungen Wolfsburg und Salzgitter, Frankfurt a.M./New York 1984; Hans Mommsen/Manfred Grieger, Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich, 3. Aufl. Düsseldorf 1997 (zuerst 1996), bes. S. 51 ff., 250ff.; vgl. ferner Dieter Münk, Die Organisation des Raumes im Nationalsozialismus, Bonn 1993, S. 337-379. 118 Durth, Architektur und Stadtplanung, S. 153; vgl. auch Dirk Schubert, Stadterneuerung als janusköpfige Form nachholender Modernisierung, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 59-80, hier: S. 75; zu Hitlers Vorstellungen von einer Umgestaltung
4. Kunst, Kultur, Städte- und Wohnungsbau
171
Vornehmlich der als „Magna Charta des sozialen Wohnungsbaus" gefeierte „Erlaß zur Vorbereitung des deutschen Wohnungsbaues nach dem Kriege" vom 15. November 1940 - der in Robert Ley seine treibende Kraft besaß und der mit den Zukunftsplanungen des AWI eng verwoben war119 - löste einen neuen Planungsschub aus, der von der industriellen Massenfertigung charakterisiert wurde.120 Dem Grundsatz der Rationalisierung verpflichtet sowie „sämtliche Konsequenzen der .Modernisierung' befurwortefnd]", strebte die DAF die Massenproduktion von Wohneinheiten an, wobei sie die Deutsche Industrie-Norm (DIN) auf immer mehr Elemente des Wohnungsbaus und der Handwerksberufe ausdehnen wollte; auch die Innenarchitektur sollte normiert und typisiert werden. Ronald Smelser spricht hier von einer regelrechten „Revolution im Baugewerbe", die durch die Pläne des AWI in Gang gesetzt werden sollte.121 Gerhard Fehl sieht diese denn auch von einem „Leyschen Staats-Fordismus" durchdrungen.122 Auch wenn die Instrumentalisierung des Wohnungsbaus für die Rassen- und Bevölkerungspolitik des NS-Regimes „deutliche Unterschiede" erkennen läßt, wies der Erlaß durchaus einige Ähnlichkeiten zu den Vorgaben des westdeutschen Massenwohnungsbaus der fünfziger Jahre auf.123 Offenbar markierten die nationalsozialistischen Planungen für den sozialen Wohnungsbau eine „Wende, die in konzeptioneller, bautechnischer und organisatorischer Hinsicht einem Prozeß der fortschreitenden Rationalisierung und Modernisierung der Wohnungspolitik und Bauwirtschaft zum Durchbruch verhalf und damit erst wesentliche Vorbedingungen des Baubooms im Massenwohnungsbau der 50er und 60er Jahre schuf', wie Gerhard Fehl und Tilman Harlander hervorheben.124 Dem Nationalsozialismus, so Harlander, komme in dieser Hinsicht eine „essentielle Brückenfunktion für die Nachkriegszeit und den Wiederaufbau" zu125; die Nationalsozialisten wären „unter dem Eindruck der durch den Krieg ausgelösten .technischen Revolution' zu Trägern eines industriellen Modernisierungsprozesses" avanciert. Dabei sei allerdings auch
der „Führerstädte" vgl. Backes, Hitler, S. 123-165; zu den Planungen für ein „neues München" vgl. Bärnreuther, Revision der Moderne; vgl. femer Jost Dülffer u.a., Hitlers Städte, Köln/Wien 1978. 119 Vgl. Harlander, Heimstätte, S. 133ff., 194ff.; ders., Kleinsiedlungspolitik zwischen 1930 und 1950, in: Günther Schulz (Hrsg.), Wohnungspolitik im Sozialstaat, Düsseldorf 1993, S. 123-139, hier: S. 131 ff.; ders./Fehl (Hrsg.), Sozialer Wohnungsbau, S. 17f.; Marie-Luise Recker, Nationalsozialistische Sozialpolitik im Zweiten Weltkrieg, München 1985, S. 128ff. 120 Durth, Architektur und Stadtplanung, S. 157; vgl. ders./Niels Gutschow, Träume in Trümmern, Neuausg. München 1993 (zuerst 1988), S. 33ff.; Harlander, Heimstätte, S. 256; ders./Fehl (Hrsg.), Sozialer Wohnungsbau, S. 19,29, 35; vgl. auch Heuter/Wiesemann, Siedlungen, S. 143f. 121 Smelser, Sozialplanung der DAF, S. 80f.; vgl. auch Carola Sachse, „Rationalisierung des Privatlebens", in: Hans-Uwe Otto/Heinz Sünker (Hrsg.), Politische Formierung und soziale Erziehung im Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1991, S. 226-250, hier: S. 232. 122 Zitiert nach Harlander, Heimstätte, S. 26; vgl. dazu auch ebd., S. 129ff. 123 Schulz, Diskussion über Grundlinien einer Nachkriegssozialpolitik, S. 113f.; vgl. auch Petsch, Architektur 1933-1945, S. 36ff.; Weihsmann, Bauen, S. 71ff. 124 Harlander/Fehl (Hrsg.), Sozialer Wohnungsbau, S. 11; vgl. Harlander, Heimstätte, bes. S. 291ff.; ders., Modernisierung und Fortschritt, in: Folckert Lüken-Isbemer (Hrsg.), Stadt und Raum 1933-1949, Kassel 1991, S. 255-262, hier: S. 256f.; vgl. auch Jeffry M. Diefendorf, In the Wake of War, New York 1993, bes. S. 117; Durth, Architektur und Stadtplanung, bes. S. 170f.; ders./Gutschow, Träume in Trümmern; Uta Hohn, Der Einfluß von Luftschutz, Bombenkrieg und Städtezerstörung auf Städtebau und Stadtplanung im „Dritten Reich", in: Die alte Stadt 19 (1992), S. 326-353, hier: S. 353. 125 Harlander, Heimstätte, S. 292.
172
II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
der „autoritäre Zug" in der Wohnungs- und Siedlungsplanung ebenso wie die „technokratische Grundhaltung der Planer" weitgehend ungebrochen „als ,basso ostinato' [...] in die Nachkriegszeit eingebracht" worden.126 Werner Durth zufolge wurden darüber hinaus viele der zur NS-Zeit entwickelten architektonischen Entwürfe und Vorschläge - insbesondere aus der Bauentwurfs- und Bauordnungslehre Ernst Neuferts, einem „Plädoyer für die Industrialisierung und Normung des Bauens"127 - in die Nachkriegsplanungen bis in die sechziger Jahre hinein übernommen.128 Dirk Schubert hat ferner herausgearbeitet, daß seit 1933 „erstmals staatliche Mittel zur Altstadtsanierung bereitgestellt" worden seien, Stadtemeuerung sich mithin „als ein weiteres potentielles staatliches Aufgabenfeld" etabliert habe. Dabei habe das NS-Regime den Akzent neben Entballung und Luftschutz insbesondere auf eine Dezentralisierung, Gliederung und Auflockerung der Großstadt gelegt. 129 Hinter dem gemeinschaftsstärkenden städtelandschaftlichen Organisationsprinzip der „Ortsgruppe als Siedlungszelle" schimmerten zudem die von der Planerwelt seit den zwanziger und dreißiger Jahren akzeptierten Leitbilder von Nachbarschaftskonzepten aus dem amerikanischen und englischen Städtebau durch; auch sei hier an die bereits zu jener Zeit weitverbreiteten slum clearances etwa in England oder in den Vereinigten Staaten von Amerika erinnert.130 Im Rahmen der nationalsozialistischen, an dem Leitbild einer „organischen Moderne"131 orientierten „Stadtgesundung"132 wurden „vor allem solche Projekte durchgeführt und mit staatlichen Mitteln gefördert [...], die schon in den zwanziger Jahren" entwickelt worden waren.133 126
Ders./Fehl (Hrsg.), Sozialer Wohnungsbau, S. 12, 30. Wolfgang Voigt, „Triumph der Gleichform und des Zusammenpassens", in: Nerdinger (Hrsg.), Bauhaus-Moderne, S. 179-193, hier: S. 189. 128 Vgl. Durth, Architektur und Stadtplanung, S. 157f.; ders., Moderne und Modernismus, S. 303, 311, 314; ders., Stadtplanung 1930-1950, in: ders./Nerdinger (Hrsg.), Architektur und Städtebau der 30er/40er Jahre, S. 20-37, hier: S. 30; vgl. auch ders., Deutsche Architekten, Braunschweig/Wiesbaden 1986; Harlander, Heimstätte, S. 240f.; Münk, Organisation des Raumes, S. 461ff. 129 Schubert, Stadtemeuerung als janusköpfige Form, S. 71 f.; vgl. ders., Stadtemeuerung in London und Hamburg, Braunschweig/Wiesbaden 1997, bes. S. 373ff„ 399ff., 406; ders., Stadtsanierung zwischen Modernisierung und Disziplinierung in Hamburg, in: 1999 12 (1997), H. 4, S. 3257, hier: S. 52f.; ders., Stadtsanierung im Nationalsozialismus, in: Die alte Stadt 20 (1993), S. 363376; vgl. auch Helmut Böhme, „Stadtutopien" und „Stadtwirklichkeit", in: Die alte Stadt 23 (1996), S. 68-91, hier: S. 87; Hohn, Einfluß von Luftschutz, bes. S. 326f„ 350ff.; Elke PahlWeber/Dirk Schubert, Zum Mythos nationalsozialistischer Stadtplanung und Architektur, in: 1999 5 (1990), Η. 1, S. 82-103, hier: S. 92ff.; Ursula von Petz, Raumplanung und „Moderne", in: Die alte Stadt 22 (1995), S. 349-363, hier: S. 356f.; Marianne Rodenstein/Stefan Böhm-Ott, Gesunde Wohnungen und Wohnungen für gesunde Deutsche, in: Gert Kähler (Hrsg.), Geschichte des Wohnens, Bd. 4, Stuttgart 1996, S. 453-555, hier: S. 511-515, 533-540; Adelheid von Saldem, „Statt Kathedralen die Wohnmaschine", in: dies., Politik - Staat - Kultur, S. 105-120 (zuerst 1991), hier: S. 115f. 127
130 Vgl. Schubert, Stadtemeuerung in London und Hamburg, S. 420ff.; ders., Stadtemeuerung als janusköpfige Form, S. 76; vgl. auch Gerd Albers, Städtebau und Utopie im 20. Jahrhundert, in: Die alte Stadt 23 (1996), S. 56-67, hier: S. 61f.; Heide Berndt, Die Städte bewohnbar halten!, in: Die alte Stadt 19 (1992), S. 30-50, hier: S. 35; von Saldem, „Wohnmaschine", S. 115. 131 Schubert, Stadtemeuerung in London und Hamburg, S. 423. 132 Zu diesem Begriff vgl. insbesondere Ursula von Petz, Stadtsanierung im „Dritten Reich", Dortmund 1987, S. 6; Schubert, Stadtsanierung im Nationalsozialismus, S. 365. 133 Schubert, Stadtemeuerung als janusköpfige Form, S. 75f.; vgl. ders., Stadtsanierung im Nationalsozialismus, S. 376; ders., Stadtsanierung zwischen Modernisierung und Disziplinierung, S. 53.
4. Kunst, Kultur, Städte- und Wohnungsbau
173
Alles in allem nahm das NS-Regime Altstadtsanierungen „in einem bis dahin in Deutschland nicht gekannten Ausmaß" vor.134 In anderer Hinsicht aber nahm sich die nationalsozialistische Wohnungsbaupolitik verhältnismäßig erfolglos aus. Der katastrophale Wohnungsmangel während des „Dritten Reiches" resultierte nur zum Teil aus der Wirtschaftskrise; manche herrschaftsspezifischen Faktoren, die der nationalsozialistischen Rüstungs- und Bevölkerungspolitik geschuldet waren, vergrößerten das Wohnungsdefizit noch zusätzlich. So zog sich der Staat beispielsweise aus der direkten Subventionierung des Wohnungsbaus bis 1936 weitgehend zurück.135 Erst nachdem die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Wohnungssituation bedenkliche Ausmaße erreicht und sich das Wohnungsdefizit hemmend auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auszuwirken begonnen hatte, setzte mit dem Vieijahresplan eine dreijährige Phase intensiver Bautätigkeit ein, so daß annähernd wieder das Niveau der Hauszinssteuer-Ära erreicht werden konnte. Doch auch dieser Aufschwung des Wohnungsbaus in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre vermochte das Wohnungsdefizit nicht maßgeblich zu verringern.136 Mit Axel Schildt läßt sich dies freilich weniger als Unfähigkeit des NS-Regimes zur wohlfahrtsstaatlichen Modernisierung denn als Beleg für eine „andere Prioritätensetzung" werten. So ordnete die nationalsozialistische Führung die Lösung der Massenwohnungsfrage dem Primat der Kriegsvorbereitung „funktional" unter.137
134 Adelheid von Saldem, Kommentar, in: Frese/Prinz (Hrsg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel, S. 137-144, hier: S. 138f.; vgl. dies., Häuserleben, Bonn 1995, S. 199,205. 135 Vgl. Rüdiger Hachtmann, Industriearbeit im „Dritten Reich", Göttingen 1989, S. 283-286; Harlander, Heimstätte, S. 180ff., 291; Georg Wagner, „Handfeste Gesetze, Bauprogramme und Geld", in: Westfälische Forschungen 43 (1993), S. 282-329, hier: S. 325-328; zum Problem des Wohnungsmangels im „Dritten Reich" vgl. Karl Christian Führer, Mieter, Hausbesitzer, Staat und Wohnungsmarkt, Stuttgart 1995, S. 40ff.; ders., Anspruch und Realität, in: VfZ 45 (1997), S. 225256. 136 Vgl. Harlander, Heimstätte, S. 87ff.; Axel Schildt, Wohnungspolitik, in: Hockerts (Hrsg.), Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit, S. 151-189, hier: S. 158, 161f., 187. 137 Schildt, Wohnungspolitik, S. 163, 187f.; vgl. auch Günther Schulz, Wohnungspolitik in Deutschland und England 1900-1939, in: Clemens Zimmermann (Hrsg.), Europäische Wohnungspolitik in vergleichender Perspektive 1900-1939, Stuttgart 1997, S. 153-165, hier: S. 156.
5. Rassenpolitik
Besonders seit den achtziger Jahren versucht die Forschung, den Holocaust in „umfassendere Ereignis- und Erklärungszusammenhänge" zu rücken als zuvor: In erster Linie sind dies der Ostkrieg, die Rassenpolitik in ihrer Gesamtheit (unter Einbeziehung von „Euthanasie" und Eugenik), die Bevölkerungs- und Umsiedlungspolitik sowie die Mitwirkung bürokratischer Instanzen.1 Vor diesem Hintergrund ist auch Götz Alys und Susanne Heims täterbiographisch angelegte Interpretation des Holocaust zu sehen, der für die Diskussion um den Zusammenhang von Nationalsozialismus und Moderne entscheidende Bedeutung zukommt. Die beiden Historiker setzen den Holocaust in Beziehung zu der nationalsozialistischen „Umvolkungspolitik" in Ostmittel- und Südosteuropa. Die Relevanz des rassistischen und biologistischen Dogmas Hitlers und des NS-Regimes weitgehend vernachlässigend, vertreten sie die Auffassung, vornehmlich ein am Rationalitäts- und Machbarkeitsideal der modernen Wissenschaften orientiertes bevölkerungsökonomisches ZweckNutzen-Kalkül der Siedlungsspezialisten habe die „Endlösung" herbeigeführt. Diese hätten in ihrer „gnadenlos instrumentalisierten Vernunft" Planungen konzipiert für eine „neue europäische Ordnung", für eine gewaltige (und gewaltsame) „ethnische Flurbereinigung", eine „völkische Homogenisierung" und eine Reduktion der ostmittel- und südosteuropäischen Bevölkerung um mehrere zehn Millionen Menschen.2 In diesem Lichte erscheint der Genozid als ein rationales Mittel, „überschüssige", „unproduktive", rassisch unerwünschte Bevölkerungsteile zu vernichten, um die knappen Ressourcen effektiver verteilen und dem „Bevölkerungsdruck" entgegenwirken zu können, so daß Aly und Heim gar von einem „spezifisch deutsche[n] Beitrag zur Entwicklung der europäischen Moderne", von ,,eine[r] Form, die soziale Frage zu lösen", sprechen.3 Während Rainer Zitelmann sämtliche Modernisie-
' Ulrich von Hehl, Nationalsozialistische Herrschaft, 2. Aufl. München 2001 (zuerst 1996), S. 71. Götz Aly, „Endlösung", Frankfurt a.M. 1995, S. 35ff., 387; ders./Susanne Heim, Vordenker der Vernichtung, 2. Aufl. Frankfurt a.M. 1993 (zuerst 1991), S. 485, 487; vgl. auch ders., Erwiderung auf Dan Diner, in: VfZ 41 (1993), S. 621-635, hier: S. 622, 634f.; ders., Macht, Geist, Wahn, Neuaufl. Frankfurt a.M. 1999 (zuerst 1997), S. 157f.; vgl. dazu auch von Hehl, NS-Herrschaft, S. 73; Thomas Kühne, Der nationalsozialistische Vernichtungskrieg und die „ganz normalen" Deutschen, in: AfS 39 (1999), S. 580-662, hier: S. 595f. 3 Götz Aly u.a., Aussonderung und Tod, Berlin 1985, S. 7f.; Susanne Heim/Götz Aly, Sozialplanung und Völkermord, in: Wolfgang Schneider (Hrsg.), „Vernichtungspolitik", Hamburg 1991, S. 11-23, hier: S. 13, 20; dies., Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Bevölkerungsstruktur und Massenmord, Berlin 1991, S. 7-13, hier: S. 12; vgl. dazu femer Klaus Dömer, Von den „Krankenmorden" über die „Tötung ,lebensunwerten' Lebens" zur „Endlösung der sozialen Frage", in: Christoph Beck (Hrsg.), Sozialdarwinismus, Rassenhygiene, Zwangssterilisation und Vernichtung „lebensunwerten" Lebens, Bonn 1992, S. V-IX, hier bes.: S. VIII; Hans Ludwig Siemen, Das Grauen ist vorprogrammiert, Gießen 1982, S. 132. 2
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rungsimpulse von Hitler und seinem NS-Regime ausgehen sieht, sprechen Aly und Heim der wissenschaftlichen Elite die Rolle eines „Modernisierers" zu. 4 Sie stellen also den „planend-vorantreibenden Anteil deutscher Intellektueller an der Menschenvernichtung" 5 in den Vordergrund, der für die Durchführung der „Endlösung" nicht nur notwendig, sondern auch entscheidend gewesen sei.6 Ihrer Ansicht nach ist der Genozid primär auf die bevölkerungspolitischen Modemisierungsabsichten der nationalsozialistischen Wissenschaftselite zurückzuführen. Die restriktiven Maßnahmen gegenüber „Asozialen" und „Gemeinschaftsfremden" sowie die Deportation und Vernichtung von Zigeunern und Juden, so argumentieren Aly und Heim, hätten im Rahmen dieser „Endlösung der sozialen Frage" den Versuch dargestellt, eine - in den Augen der deutschen Wissenschaftselite - in ihrer Reinheit, Homogenität und Leistungsfähigkeit perfekte „Volksgemeinschaft" zu schaffen; Vernichtung und Modernisierung seien demnach miteinander verschränkt gewesen.7 Aus diesem Blickwinkel erscheinen die Deportation und die Ermordung von Juden als Bestandteile eines rational-brutalen Kreislaufes, der neben der Ghettoisierung der europäischen Juden auch die Zwangsumsiedlung von Polen und die „Heimholung" und Ansiedlung von Volksdeutschen in den eroberten Gebieten umfaßte. 8 Insbesondere in ihrem 1987 veröffentlichten Aufsatz über die Ökonomie der „ Endlösung" haben Aly und Heim systematisch den Zusammenhang zwischen der Vernichtung „überflüssiger" Menschen und der Modernisierung der Wirtschaft herausgearbeitet. Den vorwiegend im „Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit" (RKW) arbeitenden Ökonomen habe das Territorium des okkupierten Polen in dem Maße als „überbevölkert" gegolten, wie die durchschnittlich erreichte Arbeitsproduktivität hinter der größtmöglichen Produktivität im „europäischen Großraum" zurückgeblieben sei. Die Steigerung der Produktivität sollte in erster Linie durch den systematischen „Abbau" des ,,effektive[n] Kapitalverschleiß[es]", d.h. der Überbevölkerung erzielt werden, womit zugleich eine „Gesundung der Sozialstruktur" beabsichtigt gewesen sei.9 Massenmord habe mithin der Verminderung der 4
Vgl. von Hehl, NS-Herrschaft, S. 74. Heim/Aly, Sozialplanung und Völkermord, S. 12; vgl. auch Götz Aly, The Planning Intelligentsia and the „Final Solution", in: Michael Burleigh (Hrsg.), Confronting the Nazi Past, London 1996, S. 140-153; Susanne Heim, „Vordenker der Vernichtung", in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus, Bd. 1, Göttingen 2000, S. 77-91. 6 Vgl. Christopher R. Browning, Vernichtung und Arbeit, in: Schneider (Hrsg.), „Vernichtungspolitik", S. 37-51, hier: S. 39,47. 7 Vgl. Aly u.a., Aussonderung und Tod, S. 7; vgl. dazu auch Wolfgang Ayaß, .Asoziale" im Nationalsozialismus, Stuttgart 1995, bes. S. 217-225; Guenter Lewy, „Rückkehr nicht erwünscht", München/Berlin 2001 (am. 2000); Karl Heinz Roth, Das Leben an seinen „Rändern", in: Wege zum Menschen 36 (1984), S. 269-271; Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid, Hamburg 1996; ders., Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage", in: Ulrich Herbert (Hrsg.), Nationalsozialistische Vernichtungspolitik 1939-1945, Frankfurt a.M. 1998, S. 235-262; vgl. ferner Gilad Margalit, Rassismus zwischen Romantik und Völkermord, in: GWU 49 (1998), S. 400-420; ders., Eine Antwort auf Silvio Peritore, in: GWU 50 (1999), S. 610-616; kritisch gegenüber Margalits Deutung: Silvio Peritore, „Die .Zigeunerfrage' im Nationalsozialismus", in: GWU 50 (1999). S. 604-609. 8 Vgl. von Hehl, NS-Herrschaft, S. 74; vgl. auch Michael Burleigh, Ethics and Extermination, Cambridge 1997, S. 174. 9 Heim/Aly, Sozialplanung und Völkermord, S. 17, 22; vgl. dies., Ökonomie der „Endlösung", Berlin 1987, bes. S. 60; dies., Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Bevölkerungsstruktur und Massenmord, 5
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Armut wie auch der Rationalisierung und Modernisierung der polnischen Wirtschaft gedient. Hinter dem Schein einer angeblich „vollendeten Sinnlosigkeit" (Hannah Arendt) des Völkermords, so Aly und Heim, hätten sich „durchaus utilitaristisch begründbare und im Herrschaftssinne rationale Konzepte" verborgen.10 Von dieser Perspektive aus betrachtet, gerät die „Endlösung" im Rahmen jenes umfassenden „deutschen Zukunftsprojekt[es]" zu einem ersten, aber gleichwohl entscheidenden Schritt auf dem Weg in ein „modernisiertes und befriedetes Europa".11 Aly und Heim sind für ihre mit allen herkömmlichen Interpretationen des Genozids radikal brechende Deutung scharf kritisiert worden.12 So hat Dan Diner betont, daß sich der Genozid „weder aus dem Geiste der Wissenschaft noch aus dem Ungeist der Ideologie begründen" lasse. Die Massenvemichtung resultiere „weit mehr aus den von den Nazis in antisemitischer Absicht herbeigeführten Umständen und Folgen der barbarischen Konzentration der Juden im Osten". Die ökonomischen und bevölkerungspolitischen, in ihrem Kern durchaus als neomalthusianisch zu charakterisierenden Konzeptionen der Nationalsozialisten spiegeln nach Diner „kaum rationales [...] Denken, sondern [...] vielmehr rassistische Denkmuster wider, die sich des Scheins wegen [um] mikroökonomische Rationalität bem ü h t e n " . 1 3 Alys und Heims Deutung gleiche „dem untauglichen Versuch am falschen Objekt", „die fortbestehende Wirksamkeit ökonomisch geleiteter Denkund Handlungsformen zu demonstrieren", um trotz der „schier sinnlosen Vernichtung dennoch ein ökonomisches Deutungsschema gesellschaftlicher Wirklichkeit zu wahren". Ihr ökonomistisch-technizistischer Deutungsansatz erwecke den Eindruck, daß die Fundamente der Zivilisation „in der Grenzerfahrung der Opfer der industriellen Massenvernichtung nicht widerlegt worden" seien.14 Weitaus zutreffender, so hat Diner postuliert, sei die Handlungsweise der Nationalsozialisten als „gegenrational" zu bezeichnen, da sie das Rationalitätsprinzip durch die fortwährende „Widerlegung rationaler antizipatorischer Handlung"15 gleichsam annulliert, also S. 8ff.; vgl. auch Susanne Heim, Bevölkerungsökonomie, Deportation und Vernichtung, in: Dittmar Dahlmann/Gerhard Hirschfeld (Hrsg.), Lager, Zwangsarbeit, Vertreibung und Deportation, Essen 1999, S. 501-514, hier: S. 501,51 lf. 10 Heim/Aly, Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Bevölkerungsstruktur und Massenmord, S. 7; vgl. auch Werner Röhr, Rassismus als Expansionsprogramm, in: Schneider (Hrsg.), „Vernichtungspolitik", S. 119-134, hier: S. 121 ff. 11 Susanne Heim/Götz Aly, Wider die Unterschätzung der nationalsozialistischen Politik, in: Schneider (Hrsg.), „Vernichtungspolitik", S. 165-175, hier: S. 169; vgl. auch Aly/Heim, Vordenker der Vernichtung, S. 482f. 12 Vgl. Christopher R. Browning, Völkermord aus der Sicht der NS-Ethnokraten, in: NPL 41 (1996), S. 7-10; ders., Vernichtung und Arbeit; Dan Diner, Rationalisierung und Methode, in: VfZ 40 (1992), S. 359-382; Hermann Graml, Irregeleitet und in die Irre führend, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 1 (1992), S. 286-295; Ulrich Herbert, Rassismus und rationales Kalkül, in: Schneider (Hrsg.), „Vernichtungspolitik", S. 25-35; Dieter Pohl, Großraumplanung und NSVölkermord, in: HJb 114 (1994), S. 175-182, hier: S. 175-179; Michael Schäfer, Die „Rationalität" des Nationalsozialismus, Weinheim 1994, bes. S. 109-134. 13 Dan Diner, Perspektivenwahl und Geschichtserfahrung, in: Walter H. Pehle (Hrsg.), Der historische Ort des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1990, S. 94-113, hier: S. 105f. (Hervorhebung im Original). 14 Ebd., S. 107f., 113; vgl. Yaacov Lozowick, Hitlers Bürokraten, Zürich/München 2000, S. 340ff. 15 Gemeint ist hier vor allem das Verhalten der „Judenräte", die das Handeln der Nationalsozialisten mit Hilfe von utilitaristischen, rationalen Denkmaximen zu antizipieren bzw. deren vermeintliche Intentionen durch vorwegnehmendes Handeln zu beeinflussen suchten, darin aber fatalerweise erfolglos waren (vgl. Diner, Perspektivenwahl, S. l l l f . ; ders., Historisches Verstehen und
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„gemeinhin universell gültige [...] Rationalitätsannahmen durch ihre Verkehrung ins zerstörerische Gegenteil" konterkariert habe. 1 6 Ulrich Herbert h i n g e g e n ist w i e A l y und H e i m der Meinung, daß „die Beseitig u n g der Juden [...] ein durch und durch .rationales' [...] Ziel" g e w e s e n sei. D i e s e Rationalität sieht er j e d o c h weniger in e i n e m angeblich ö k o n o m i s c h e n M o v e n s der „Endlösung" als vielmehr in d e m politischen Willen der Nationalsozialisten begründet, ihrer rassistischen Weltsicht g e m ä ß zu handeln, die sie als „moderne, naturwissenschaftlich begründete und empirisch abgesicherte Theorie" verstanden hätten. 1 7 S o sollten die v o n A l y und H e i m vorgebrachten utilitaristischen großraumund bevölkerungspolitischen
Argumente „nicht den vermeintlich
.irrationalen'
R a s s i s m u s .rational' abfedern, sondern seine Richtigkeit und Nützlichkeit auf allen gesellschaftlichen Ebenen belegen, j a empirisch beweisen". 1 8 W i e Norbert Frei überdies moniert hat, blendeten A l y und H e i m den ,,komplizierte[n]
Vermitt-
lungsprozeß z w i s c h e n wissenschaftlicher Planung und politischem Handeln" weitg e h e n d aus. 1 9 Statt dessen, s o meint er, werde eine g e w i s s e Notwendigkeit des Übergangs von einer ökonomistischen Bevölkerungs- zu einer rassistischen, anti-
Gegenrationalität, in: Frank Bajohr u.a. [Hrsg.], Zivilisation und Barbarei, Hamburg 1991, S. 307319). 16 Ders., Perspektivenwahl, S. 112; ders., Historisches Verstehen und Gegenrationalität, S. 311, 319; vgl. ders., Aporie der Vernunft, in: ders. (Hrsg.), Zivilisationsbruch, Frankfurt a.M. 1988, S. 30-53, hier bes.: S. 39, 41f.; vgl. dazu ferner auch Till Bastian, Das Jahrhundert des Todes, Göttingen 2000, S. 230f.; Alan Beyerchen, Rational Means and Irrational Ends, in: CEH 30 (1997), S. 386-402, hier: S. 387; Jan Philipp Reemtsma, Terroratio, in: Schneider (Hrsg.), „Vernichtungspolitik", S. 135-163, hier: S. 144ff., 159f.; Mark Roseman, National Socialism and Modernisation, in: Richard Bessel (Hrsg.), Fascist Italy and Nazi Germany, Cambridge 1996, S. 197-229, hier: S. 220; Thomas Sandkühler, Aporetische Erinnerung und historisches Erzählen, in: Hanno Loewy (Hrsg.), Holocaust, Reinbek bei Hamburg 1992, S. 144-159, hier: S. 149ff. 17 Herbert, Rassismus und rationales Kalkül, S. 29f.; vgl. auch ebd., bes. S. 32-35. 18 Ebd., S. 33; vgl. auch ders., La politique d'extermination, in: Revue d'histoire moderne et contemporaine 47 (2000), S. 233-264, hier: S. 260; ders., Arbeit und Vernichtung, in: Dan Diner (Hrsg.), Ist der Nationalsozialismus Geschichte?, Frankfurt a.M. 1987, S. 198-236, hier bes.: S. 233-236; ders., Vemichtungspolitik, in: ders. (Hrsg.), NS-Vemichtungspolitik, S. 9-66, hier: S. 59f.; den Primat der Ideologie betonen unter anderem auch Richard Breitman, Der Architekt der „Endlösung", Paderborn u.a. 1996 (am. 1991), S. 273; sowie Dieter Pohl, Nationalsozialistische Judenverfolgung in Ostgalizien 1941-1944, München 1996, S. 404f.; hingegen zweckrationale ökonomische bzw. kriegswirtschaftliche Motive für die Besatzungs- und Vernichtungspolitik in den Vordergrund stellend: Christian Gerlach, Krieg, Ernährung, Völkermord, Hamburg 1998, bes. S. 252f., 257, 260, 298; ders., Kalkulierte Morde, Hamburg 1999, bes. S. 1127ff„ 1143-1147, 1161; ders., Deutsche Wirtschaftsinteressen, Besatzungspolitik und der Mord an den Juden in Weißrußland 1941-1943, in: Herbert (Hrsg.), NS-Vemichtungspolitik, S. 263-291, hier bes.: S. 289ff.; vgl. auch Thomas Sandkühler, „Endlösung" in Galizien, Bonn 1996, bes. S. 421. 19 Norbert Frei, Wie modern war der Nationalsozialismus?, in: GG 19 (1993), S. 367-387, hier: S. 370f.; vgl. auch Burleigh, Ethics and Extermination, S. 174ff.; Walter Grode, Nationalsozialistische Moderne, Frankfurt a.M. u.a. 1994, S. 101f.; beispielhaft flilr die Darstellung der Verflechtung von Wissenschaft und Herrschaft in der NS-Volkstums- und Vemichtungspolitik vgl. Michael Fahlbusch, Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik?, Baden-Baden 1999; Ingo Haar, Historiker im Nationalsozialismus, 2. durchges. u. verb. Aufl. Göttingen 2002 (zuerst 2000); ders., Die Genesis der „Endlösung" aus dem Geiste der Wissenschaften, in: ZfG 49 (2001), S. 1331; dazu kritisch: Eduard Mühle, Ostforschung und Nationalsozialismus, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 50 (2001), S. 256-275. Fahlbuschs Darstellung vermag die These zu stützen, „daß gerade der hochtechnisierte Vemichtungsapparat notwendigerweise eines entsprechenden rationalen Planungsapparates bedurfte" (Fahlbusch, Wissenschaft, S. 799).
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semitischen Vernichtungspolitik suggeriert.20 Dabei bleibe in dem von ihnen skizzierten Prozeß der Vernichtung unweigerlich ein „Missing link" bestehen21 - und vor allem ein „Rest", der Hitler heißt, wie man hinzufugen möchte. Abgesehen von der Tatsache, daß die massenhafte Ermordung von Menschen per se schon „schwer als .Modernisierung' zu verstehen" sei, hat denn auch Dieter Pohl daraufhingewiesen, daß sich eine „Intention .Ermordung zur Modernisierung' [...] bei den entscheidenden Personen Hitler, Himmler und Heydrich in der Judenverfolgung kaum nachweisen" lasse.22 Und Christian Gerlach zufolge spielten die von Aly und Heim postulierten Zusammenhänge zwischen den An- und Umsiedlungsabsichten der technokratischen NS-Elite und der Vemichtungspolitik des NS-Regimes „in Weißrußland und darüber hinaus in einem großen Teil der besetzten sowjetischen Gebiete [...] keine Rolle".23 Den Kritikern Zitelmanns ähnlich hat Frei den beiden Historikern zudem einen ,,erstaunliche[n] Quellenpositivismus" vorgeworfen, der zuweilen in „bloße Spekulation" abgleite.24 Auch hat er ihre Verwendung eines „extrem reduktionistische[n], jeder ethischen Dimensionierung bare[n] Begriffnes] von ökonomischer Rationalität und wissenschaftlicher Modernität" kritisiert. Auf diese Weise, so argumentiert er, erklärten sie Massenmord und Vernichtungspolitik nachgerade zu einer „Normalvariante im Prozeß der (kapitalistischen) Modernisierung", zu einer ,,,rationale[n]' Konsequenz eines potentiell stets mordbereiten Kapitalismus". Während Zitelmann und Prinz der nationalsozialistischen Rassen- und Vernichtungspolitik zu wenig Beachtung schenkten, sei bei Aly und Heim in ihrer „(Über-)Rationalisierung" das Bemühen erkennbar, in dem Genozid „nichts weiter als die Logik des Kapitalismus zu sehen"; in beiden Fällen erfahre die „singuläre[...J Katastrophe des Nationalsozialismus [...] eine historisch-politische Einebnung".5 Michael Burleigh spricht in diesem Zusammenhang von einem „insidious relativism [which] so warmly embraces slippery concepts such as .modernity' that we should locate the work of Aly and Heim on the .political economy of the Final Solution'".26 Ebenfalls im Gegensatz zu Aly und Heim begreift auch Christopher R. Browning die „Endlösung" als „eine Politik, die trotz ihrer ökonomischen Irrationalität durchgeführt wurde".27 Walter Grode hingegen möchte zwischen den ins Reich eingegliederten polnischen Nord- und Westprovinzen und dem „Generalgouvernement" differenzieren: Während sich die Politik in den Provinzen als „rassistisch geprägte Modernisierung" charakterisieren lasse, habe im Gouvernement ausschließlich
20
Vgl. Frei, Wie modern, S. 372; Pohl, Großraumplanung, S. 177f. Frei, Wie modern, S. 371. 22 Pohl, Judenverfolgung, S. 404f. 23 Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 1127. 24 Frei, Wie modern, S. 371; vgl. Grode, Nationalsozialistische Moderne, S. 102. 25 Frei, Wie modern, S. 369, 372, 375, 386; vgl. Axel Schildt, NS-Regime, Modernisierung und Moderne, in: Dan Diner/Fritz Stern (Hrsg.), Nationalsozialismus aus heutiger Perspektive, Gerlingen 1994, S. 3-22, hier: S. 13; vgl. auch Diner, Rationalisierung und Methode, S. 378-381; Ernst Köhler, Das Morden theoretisch eingeebnet, in: Schneider (Hrsg.), „Vemichtungspolitik", S. 89102, hier bes.: S. 100; Peter Reichel, Der Nationalsozialismus und die Modemisierungsfrage, in: Eugen Blume/Dieter Scholz (Hrsg.), Überbrückt, Köln 1999, S. 28-39, hier: S. 36. 26 Burleigh, Ethics and Extermination, S. 182. 27 Browning, Vernichtung und Arbeit, S. 50. 21
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Destruktion geherrscht. 28 Spätestens seit Mitte der neunziger Jahre allerdings scheint Aly sich von seinen ökonomistischen und intentionalistischen Tendenzen gelöst zu haben und nunmehr Rassismus und Antisemitismus wie auch dem von fortwährender Improvisation begleiteten Radikalisierungsprozeß, der „Praxis projektiver Konfliktüberwindung" in der Vernichtungspolitik eine größere Bedeutung beizumessen. 29 Bereits in einem Aufsatz aus dem Jahre 1990 hatte er eingeräumt, daß bei der „Neuordnung der Bevölkerungsverhältnisse" neben ,,moderne[n] volkswirtschaftliche[n] und raumplanerische[n] Rationalitätskriterien" „Weltanschauung, Rassismus und der Dünkel des deutschen Herrenmenschen [...] durchaus eine Rolle [spielten]". In seinen Augen traf sich „die Ideologie der Diktatur [...] mit kalten und nüchternen Plänen einer deutschen Intelligenz [...], für die Menschen nichts waren als .brauchbares' oder .unbrauchbares Menschenmaterial' und die vorhatte, Europa binnen einer Generation nach ihrem Bild zu .gestalten'". 30 Wie bereits eingangs erwähnt, hat nicht zuletzt auch Detlev Peukert die nationalsozialistische Vernichtungspolitik weniger als einen atavistischen Rückfall in die mittelalterliche Barbarei denn als Zuspitzung allgemeiner, dem Modernisierungsprozeß innewohnender antihumaner Tendenzen gedeutet, als Konsequenz einer rassistischen, durch „Auslese" und „Ausmerze" charakterisierten Gesellschaftspolitik, in der sich die „repressive Seite sozialer Normierungen und Disziplinierungen" als integraler Bestandteil des Modernisierungsprozesses ebenso offenbart habe wie rassenbiologisch fundierte soziale Utopien, die sich seit der Jahrhundertwende in dem klassischen Zentrum des Fortschritts, den Humanwissenschaften, herauskristallisiert hätten. Der nationalsozialistische Rassismus, so lautet Peukerts These, habe daher „seine Verfuhrungskrafit aus den Pathologien des .Fortschritts' selbst" gezogen. Die „spezifische Modernität der .Endlösung'" habe vor allem in „der rassehygienischen Evolution der Human Wissenschaften" gelegen.31 So erscheinen ihm Massenvernichtung und Moderne als „unter bestimmten krisenhaften Bedingungen wahlverwandt", im Sinne einer möglichen (nicht notwendigen) Entwicklung, die „im Paradigma des modernen Umgangs mit dem Menschen potentiell angelegt ist". Die „rassistische Utopie der Endlösung" deutet er als den „Versuch, den immanenten Widersprüchen dieser Moderne gewaltsam ein Ende zu machen", als „die Vision einer anderen Moderne, in der Großtechnik und Bürokratie die
28
Walter Grode, Modernisierung und Destruktion, in: Schneider (Hrsg.), „Vernichtungspolitik", S. 53-63, hier: S. 55, 57; vgl. auch ders., Nationalsozialistische Moderne. 29 Aly, „Endlösung", S. 400; vgl. ebd., bes. S. 45, 55,112; vgl. auch ders., Judenumsiedlung", in: Herbert (Hrsg.), NS-Vemichtungspolitik, S. 67-97; ders., Planungssicherheit für den Holocaust, in: ders., Rasse und Klasse, Frankfurt a.M. 2003, S. 155-163 (zuerst 1997); ders./Christian Gerlach, Das letzte Kapitel, Stuttgart/München 2002, bes. S. 13f., 415ff.; vgl. dazu überdies Browning, Sicht der NS-Ethnokraten; Herbert, Politique d'extermination, S. 239; ders., Vernichtungspolitik, S. 25f.; Jürgen Matthäus, Perspektiven der NS-Forschung, in: ZfG 44 (1996), S. 991-1005, hier: S. 1004. 30 Götz Aly, Bevölkerungspolitische Selektion als Mittel der sozialen „Neuordnung", in: Norbert Frei/Hermann Kling (Hrsg.), Der nationalsozialistische Krieg, Frankfurt a.M./New York 1990, S. 137-145, hier: S. 140, 144. 31 Detlev J.K. Peukert, Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde, Köln 1982, S. 279, 295; ders., Die Genesis der „Endlösung" aus dem Geist der Wissenschaft, in: ders., Max Webers Diagnose der Moderne, Göttingen 1989, S. 102-121 (zuerst 1988), hier: S. 116.
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Freiheit, rassistische Hierarchie die Gleichheit und gewaltsame Auslöschung des Andersartigen die Brüderlichkeit auf ewig vergessen machen sollten".32 Die Humanwissenschaften hatten Peukert zufolge nicht nur die „Entzauberung der Welt" vorangetrieben, sondern auch jene natürlichen Grenzen aus dem modernen Alltag zu verdrängen gesucht, die ihnen in Gestalt von Krankheit, Alter und Tod entgegentraten. Es schien fast so, als seien sie auf dem direkten Wege, die acts of god vollends aufzuheben: „Der Arzt geriet in die Gefahr, zum ,Halbgott in Weiß' zu werden, der soziale Helfer wurde zum Richter über Normalität und Anormalität". Angesichts der Grenzerfahrung des Todes jedoch ergab sich ein prinzipielles Dilemma: „Wie rechtfertigt sich das rationale Ideal des größten Glücks der größten Zahl in diesseitiger Vollkommenheit vor der Tatsache, daß es in jedem Einzelfall durch Krankheit, Leid und Tod dementiert wird?" Da es, wie Peukert ausführt, der Wissenschaft offenbar noch nicht gelungen war, den Tod abzuschaffen, habe die sich darin äußernde „Logodizee der Humanwissenschaften" 33 sie geradewegs in die Irrationalität geführt. Der Ausweg aus jenem Dilemma, so Peukert, habe in der „Verdoppelung des Objekts der Humanwissenschaft in den vergänglichen Einzelkörper und den potentiell ewigen Volkskörper" gelegen. Nur an dem Erbcode habe sich „der unvergängliche Triumph der Wissenschaft" bewähren können. Diesen „Primat des Volkskörpers" habe nun der Nationalsozialismus durch seine Rassenlehre sowie durch sein ästhetisch geformtes „Ideal männlich-gestählter, weiblich-üppiger und allemal gesunder jugendlicher Körperlichkeit mit Ewigkeitsanspruch" nahezu in perfekter Weise garantiert: Er „bot [...] wieder eine Sprache an, in der über den Tod verhandelt werden konnte". Tod und Vergänglichkeit galten der nationalsozialistischen Ideologie gemäß als „individuell und sekundär gegenüber dem ewigen Volkskörper", der durch Eugenik und „Ausmerze" optimiert werden sollte.34 Daher korrumpierte der Nationalsozialismus nicht etwa die „echte" Wissenschaft; vielmehr arbeitete er innerhalb eines etablierten Paradigmas der Eugenik und berief sich auf vorhandene „Bilder, Ergebnisse und die Autorität der Wissenschaft". 35 Auch Stephan Chorover vertritt die Ansicht, daß vornehmlich „die soziobiologische Wissenschaft mit ihrem Anspruch, wissenschaftlich objektiv, moralisch neutral und ethisch wertfrei zu sein, [...] den Begriffsrahmen lieferte, mit dessen Hilfe die eugenische Theorie in die Praxis des Völkermordes umgesetzt wurde." So habe der Weg „von einem scheinbar objektiven wissenschaftlichen Diskurs über die 32
Ders., Rassismus und „Endlösungs"-Utopie, in: Christoph Kleßmann (Hrsg.), Nicht nur Hitlers Krieg, Düsseldorf 1989, S. 71-81, hier: S. 80. 33 Mit der Bezeichnung „Logodizee" schließt Peukert unmittelbar an die religionssoziologischen Analysen Max Webers an, der in der Theodizee den wichtigsten Impetus für die Rationalisierungsdynamik der Weltreligionen gesehen hatte (vgl. ders., Genesis der „Endlösung", S. 110; vgl. dazu auch Frank Bajohr, Detlev Peukerts Beiträge zur Sozialgeschichte der Moderne, in: ders. u.a. [Hrsg.], Zivilisation und Barbarei, S. 7-16, hier: S. 12). Peukert, Max Webers Diagnose der Moderne, S. 68; ders., Genesis der „Endlösung", S. 11 Of.; vgl. auch Gisela Bock, Sterilization and „Medical" Massacres in National Socialist Germany, in: Manfred Berg/Geoffrey Cocks (Hrsg.), Medicine and Modernity, Cambridge u.a. 1997, S. 149172, hier: S. 155f. 35 Robert N. Proctor, Racial Hygiene, Cambridge (Mass.)/London 1988, S. 283; vgl. ders., Naziärzte, Rassenmedizin und „lebensunwertes Leben", in: Andreas Frewer/Clemens Eickhoff (Hrsg.), „Euthanasie" und die aktuelle Sterbehilfe-Debatte, Frankfurt a.M./New York 2000, S. 64-87, hier: S. 82f.
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Ungleichheit der Menschen zu einer scheinbar rationalen Form der moralischen Diskussion über .lebensunwertes Leben' und weiter zur Endlösung" geführt.36 Lutz Raphael hat überdies herausgearbeitet, daß die Humanwissenschaften - zunächst Medizin und Psychologie, dann zunehmend auch Kriminologie und Soziologie - in der Beurteilung devianten Verhaltens während des 20. Jahrhunderts „alle anderen Wissensformen nach und nach verdrängt und sich einen festen Platz in den zuständigen Behörden neben der dort tonangebenden Gruppe wissenschaftlich ausgebildeter Experten, den Juristen, erkämpft" hätten. Dabei scheinen in der ersten Jahrhunderthälfte „etablierte Muster obrigkeitlichen Verwaltungshandelns, szientistisches Sendungsbewußtsein der neuen Experten und berufsständische Profilierungsinteressen der neuen Sozialberufe" zusammengewirkt zu haben.37 Das Denken in der Sozialpolitik und im Gesundheitswesen beispielsweise war schon lange vor der nationalsozialistischen Herrschaft in hohem Maße von den Ideen des social engineering durchdrungen. Doch nicht nur der sprachliche Diskurs hatte die Basis für die nationalsozialistische Rassenpolitik geschaffen, auch der institutionelle Apparat war teilweise bereits errichtet, um bestimmte gesellschaftliche Gruppen als sozial deviant oder „wertlos" zu klassifizieren.38 „The National Socialists", so hat in diesem Zusammenhang Atina Grossmann formuliert, „expropriated eugenic health notions associated with sex reform and social medicine, as well as the progressive' dream of an efficient centralized state health system, in the service of an ultimately genocidal racial hygiene program".39 Auch Geoff Eley zufolge fugte sich die Rassenpolitik des NS-Regimes mit dem Aufbau eines „eugenischen Musterstaates"40 in die „herrschende Erkenntnis der Zeit" ein, so daß sie seiner
36
Stephan L. Chorover, Die Zurichtung des Menschen, Frankfurt a.M./New York 1982 (am. 1979), S. 25, 160f.; vgl. ferner Henry Friedlander, Euthanasia and the Final Solution, in: David Cesarani (Hrsg.), The Final Solution, London/New York 1994, S. 51-61; ders., Der Weg zum NSGenozid, Berlin 1997 (am. 1995). 37 Lutz Raphael, Die Verwissenschaftlichung des Sozialen als methodische und konzeptionelle Herausforderung für eine Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, in: GG 22 (1996), S. 165-193, hier: S. 167, 175; vgl. auch ders., Vom Sozialphilosophen zum Sozialingenieur?, in: Gangolf Hübinger u.a. (Hrsg.), Kultur und Kulturwissenschaften um 1900 II, Stuttgart 1997, S. 296-317, hier bes.: S. 315ff.; vgl. ferner Jürgen Simon, Kriminalbiologie und Zwangssterilisation, Münster u.a. 2001. 38 Vgl. Geoff Eley, Die deutsche Geschichte und die Widersprüche der Moderne, in: Bajohr u.a. (Hrsg.), Zivilisation und Barbarei, S. 17-65, hier: S. 54f.; vgl. auch Burleigh, Ethics and Extermination, bes. S. 157, 164, 168; ders., Death and Deliverance, Cambridge 1994, bes. S. 26-42; vgl. femer ders., Germany turns Eastward, Cambridge 1988; Moritz Föllmer, Der „kranke Volkskörper", in: GG 27 (2001), S. 41-67; Pascal Grosse, Kolonialismus, Eugenik und bürgerliche Gesellschaft in Deutschland 1850-1918, Frankfurt a.M./New York 2000; Kevin Repp, Reformers, Critics, and the Paths of German Modernity, Cambridge (Mass.)/London 2000; ders., „More Corporeal, More Concrete", in: JMH 72 (2000), S. 683-730; Jürgen Reulecke, Rassenhygiene, Sozialhygiene, Eugenik, in: ders./Diethart Kerbs (Hrsg.), Handbuch der deutschen Reformbewegungen 1880-1933, Wuppertal 1998, S. 197-210; Woodruff D. Smith, Politics and the Sciences of Culture in Germany 1840-1920, New York/Oxford 1991; ders., Ideological Origins of Nazi Imperialism, New York/Oxford 1986; Richard F. Wetzell, Inventing the Criminal, Chapel Hill/London 2000. 39 Atina Grossmann, Reforming Sex, New York/Oxford 1995, S. VI; vgl. auch ebd., bes. S. 136, 212; vgl. femer Ute Planert, Der dreifache Körper des Volkes, in: GG 26 (2000), S. 539-576. 40 Vgl. Stefan Kühl, Die Internationale der Rassisten, Frankfurt a.M./New York 1997, S. 16.
182
II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
Meinung nach „weniger als Eruption des Irrationalen denn als eine extreme Form technokratischer Vernunft" zu deuten ist. 41 S o löste der U m b a u des deutschen Staates nach vermeintlich biologischen Naturgesetzen bei nicht w e n i g e n E u g e n i k e m und Rassenhygienikern Bewunderung aus. U n d auch international stieß die Rassenpolitik des „Dritten Reiches" in manchen Aspekten w i e der Zwangssterilisation bei Behinderten auf positive Resonanz. Sie beschleunigte die Modernisierung der verschiedenen europäischen und amerikanischen eugenischen Organisationen, w e l c h e die unter der NS-Herrschaft betriebene Forschung i m Bereich der Anthropologie, der Humangenetik und der B e v ö l k e rungswissenschaft als durchweg seriös akzeptierten. 4 2 A l s „Leitwissenschaft der Moderne" 4 3 g e n o ß die Eugenik internationales Prestige und die Anerkennung, die eine fortschrittliche und ressourcenreiche Wissenschaft erwarten konnte. 4 4 D i e von der internationalen scientific
community
propagierten eugenischen Praktiken dien-
ten überdies in mancher Hinsicht als Quelle der Inspiration für die deutschen Planer des Holocaust. D e u t s c h e Rassenhygieniker b e z o g e n sich etwa „auf die B e i s p i e l e der amerikanischen Immigration, Sterilisation und Rassenmischungsgesetzgebung, um ihre e i g e n e Politik auf diesen Gebieten zu formulieren". 4 5 D i e Rassenhygiene verstand sich selbst als ein neuartiger W i s s e n s c h a f t s z w e i g , als eine auf naturwissenschaftlichem
Fundament
ruhende
Gesellschaftswissenschaft.
Hans-Walter
Schmuhl bezeichnet die Wissenschaftlichkeit sogar als „das formgebende und strukturbildende M o m e n t der Rassenhygiene". 4 6 Mit dieser Wissenschaftlichkeit
41
Eley, Widersprüche der Moderne, S. 56. Vgl. Kühl, Internationale der Rassisten, S. 127, 170; ders., Die soziale Konstruktion von Wissenschaftlichkeit und Unwissenschaftlichkeit in der internationalen eugenischen Bewegung, in: Heidrun Kaupen-Haas/Christian Salier (Hrsg.), Wissenschaftlicher Rassismus, Frankfurt a.M./New York 1999, S. 111-121, hier: S. 112f., 115f.; Benno Müller-Hill, Human Genetics and the Mass Murder of Jews, Gypsies, and Others, in: Michael Berenbaum/Abraham J. Peck (Hrsg.), The Holocaust and History, Bloomington/Indianapolis 1998, S. 103-114, hier: S. 106; vgl. auch Ian Dowbiggin, , A Prey on Normal People", in: JCH 36 (2001), S. 59-85, hier: S. 83. 43 Simon, Kriminalbiologie und Zwangssterilisation, S. 25; vgl. auch ebd., S. 33ff. 44 Zu dem in beinahe sämtlichen europäischen Staaten (neben Deutschland vornehmlich in Großbritannien und Skandinavien) wie vor allem auch in den USA um die Jahrhundertwende sowie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorherrschenden eugenischen und bevölkerungspolitischen Diskurs, in dem allenthalben über die „Verzwergung" der weißen Rasse gegenüber den „gelben" und „dunklen" Völkern sowie über die Erschöpfung und Degenerierung des eigenen, formbaren Humankapitals diskutiert wurde, sowie zu den entsprechenden legislativen Initiativen - d.h. vornehmlich zu den Sterilisationsgesetzen - in den einzelnen Staaten vgl. insbesondere KaupenHaas/Salier (Hrsg.), Wissenschaftlicher Rassismus; Kühl, Internationale der Rassisten; ders., The Nazi Connection, New York/Oxford 1994; vgl. auch Mark B. Adams (Hrsg.), The Wellborn Science, New York/Oxford 1990; Frank Dikötter, Race Culture, in: AHR 103 (1998), S. 467-478; Ian Dowbiggin, Keeping America Sane, Ithaca (N.Y.) 1997; ders., „Normal People"; Victoria de Grazia, Die Radikalisierung der Bevölkerungspolitik im faschistischen Italien, in: GG 26 (2000), S. 219254, hier bes.: S. 226ff., 236-252; David Horn, Social Bodies, Princeton 1994; Aira Kemiläinen, Finns in the Shadow of the .Aryans", Helsinki 1998; Maria Sophia Quine, Population Politics in Twentieth-Century Europe, London/New York 1996; Nils Roll-Hansen/Gunnar Broberg (Hrsg.), Eugenics and the Welfare State, East Lansing (Mich.) 1996; Matthew Thomson/Paul Weindling, Sterilisationspolitik in Großbritannien und Deutschland, in: Franz-Werner Kersting u.a. (Hrsg.), Nach Hadamar, Paderborn 1993, S. 137-149. 42
45
Proctor, Racial Hygiene, S. 286; vgl. Kühl, Internationale der Rassisten, bes. S. 122; vgl. auch ders., Nazi Connection. 46 Hans-Walter Schmuhl, Rassenhygiene, Nationalsozialismus, Euthanasie, 2. Aufl. Göttingen 1992 (zuerst 1987), S. 70; vgl. ders., Reformpsychiatrie und Massenmord, in: Michael
5. Rassenpolitik
183
wurden im nationalsozialistischen Genozid die Opfer erfaßt, ausgesondert und vernichtet.47 Nach Michael Schwartz sollte allerdings die Möglichkeit einer Synthese von nationalsozialistischer Ideologie und Eugenik akzentuiert werden. So sei es Hitler „weniger um die Realisierung wissenschaftlich akzeptabler ,Aufartungsprogramme'" gegangen als vielmehr „um die eugenisch und damit szientistisch eher vordergründig legitimierte Propagierung eines rassistischen Züchtungsideals". Auch angesichts des vor 1933 existierenden „linken Flügels" des eugenischen Spektrums könne die NS-Rassenhygiene kaum als ,,legitime[r] .Vollstrecker' der eugenischen Ziele" perzipiert werden.48 Zygmunt Baumans Auffassung nach war das nationalsozialistische Unterfangen, die Reproduktion der deutschen Gesellschaft auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen und die bislang unkontrollierten Kräfte der Vererbung und der Selektion zu domestizieren, jedoch ein „radikaler Ausdruck" jener „allgemeinen Ambitionen", welche der „modernen Mentalität" angeblich inhärent sind. In seinen Augen war der Drang zu rassischer Reinheit kaum „eine idiosynkratisch deutsche Verdrehung wissenschaftlicher Unternehmungen" 49 Und auch Peter Reichel vertritt die These, daß die nationalsozialistische Rassenlehre einer „wissenschaftlichen, also modernen Utopie" entsprungen sei. 50 Zumindest, so läßt sich mit Ulrich Herbert konstatieren, war dieser Rassismus ein „in sich geschlossenes Weltbild", das mit dem Anspruch auftrat, auf der Basis der modernen Wissenschaft „die Entwicklungen, Widersprüche und Probleme der Welt insgesamt schlüssig zu erklären".51 Mark Roseman hat ihn auch als „a systematically applied, detailed and [...] rational strategy of social regeneration" bezeichnet. 52 Dabei waren es naturgemäß vor allem Biologen,
Prinz/Rainer Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, 2. erw. Aufl. Darmstadt 1994 (zuerst 1991), S. 239-266, hier: S. 247f.; ders., Rassenhygiene in Deutschland - Eugenik in der Sowjetunion, in: Dietrich Beyrau (Hrsg.), Im Dschungel der Macht, Göttingen 2000, S. 360377, hier: S. 369ff.; vgl. auch Adams (Hrsg.), Wellborn Science; Heidrun Kaupen-Haas (Hrsg.), Der Griff nach der Bevölkerung, Nördlingen 1986; Peter Weingart u.a., Rasse, Blut und Gene, 2. Aufl. Frankfurt a.M. 1996 (zuerst 1988). 47 Vgl. Benno Müller-Hill, Selektion, in: Norbert Frei (Hrsg.), Medizin und Gesundheitspolitik in der NS-Zeit, München 1991, S. 137-156, hier bes.: S. 146ff.; vgl. auch ders., The Idea of the Final Solution and the Role of Experts, in: Cesarani (Hrsg.), Final Solution, S. 62-71. 48 Michael Schwartz, Sozialismus und Eugenik, in: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 25 (1989), S. 465-489, hier: S. 475ff.; vgl. ders., Eugenik und Bevölkerungspolitik, in: A ß 32 (1992), S. 426-444, hier: S. 434f., 440f.; ders., „Rassenhygiene, Nationalsozialismus, Euthanasie"?, in: Westfälische Forschungen 46 (1996), S. 604-622; vgl. auch Peter Weindling, Health, Race and German Politics between National Unification and Nazism 1870-1945, Cambridge u.a. 1989, S. 9f.; vgl. in diesem Kontext zudem Ingrid Richter, Katholizismus und Eugenik in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, Paderborn u.a. 2001. 49 Zygmunt Bauman, Moderne und Ambivalenz, Frankfurt a.M. 1995 (engl. 1991), S. 48, 59; vgl. auch Proctor, Racial Hygiene, S. 38, 58. 50 Reichel, Nationalsozialismus und Modernisierungsfrage, S. 37. 51 Herbert, Rassismus und rationales Kalkül, S. 28; vgl. auch Burleigh, Ethics and Extermination, S. 179; Heidrun Kaupen-Haas, Nachwort, in: dies./Saller (Hrsg.), Wissenschaftlicher Rassismus, S. 425-428, hier: S. 425; Peukert, Rassismus und „Endlösungs"-Utopie, S. 74; Hans-Walter Schmuhl, Rassismus unter den Bedingungen charismatischer Herrschaft, in: Karl Dietrich Bracher u.a. (Hrsg.), Deutschland 1933-1945, Düsseldorf 1993, S. 182-197, hier: S. 185, 189; vgl. ferner Bernhard Giesen, Antisemitismus und Rassismus, in: Mihran Dabag/Kristin Platt (Hrsg.), Genozid und Moderne, Bd. 1, Opladen 1998, S. 206-240. 52 Roseman, National Socialism and Modernisation, S. 207.
184
II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
Anthropologen und Verhaltenswissenschaftler sowie Mediziner, Psychiater und Juristen, die - geleitet von einem ,,radikale[n] Ordnungsdenken"53 - den Rassismus der Nationalsozialisten in eine konsequente „Biologisierung des Gesellschaftlichen"54 umzusetzen versuchten, Handlungsstrategien entwickelten und schließlich den Vemichtungsprozeß selbst mitbestimmten.55 Gewarnt sei hier freilich vor einer unbesehenen Identifikation der Humanwissenschaften mit dem Nationalsozialismus. Jene kamen nicht erst im „Dritten Reich" gleichsam „zu sich selbst", wie es zuweilen manche modernisierungskritischen Darstellungen suggerieren. Vielmehr wurde in dem spezifischen „ideologischen und machtstrukturellen .Setting'"56 des Nationalsozialismus, in diesem „genuin neuartigen Bedingungsrahmen"57 das bereits vor 1933 weitverbreitete, wenn auch in seiner inhaltlichen Ausfüllung noch vage Auslese-Aussonderungs-Paradigma „absolut gesetzt" und bis ins Detail konkretisiert, wobei Peukert zufolge das rassistische Vokabular nun gleichsam zur „lingua franca der Humanwissenschaften und Sozialprofessionen" aufstieg.58 Dafür bedurfte es jenes „staatlich institutionalisierten Rassismus, wie er erst mit der NS-Herrschaft gegeben war". So sollte bei aller Betonung der Janusköpfigkeit innerprofessioneller Entwicklungen in der Moderne - des sozialwissenschaftlichen Aufklärungsoptimismus auf der einen wie des sozialtechnischen Herrschaftswissens auf der anderen Seite59 - die letztlich alles entscheidende Rolle des politischen Herrschaftsgefüges nicht vernachlässigt werden.60 „Um das destruktiv-pathologische Potential der Moderne zu entfesseln", so hat auch Rudolf Walther betont, sei vor allem die „Loslösung der Staatsgewalt [...] von substantiellen rechtlichen und moralischen Bindungen" vonnöten gewesen. 61
53
Lutz Raphael, Radikales Ordnungsdenken und die Organisation totalitärer Herrschaft, in: GG 27 (2001), S. 5-40. " Ulrich Herbert, Arbeiterschaft im „Dritten Reich", in: GG 15 (1989), S. 320-360, hier: S. 334; ders., Rassismus und rationales Kalkül, S. 28. 55 Vgl. Omer Bartov, Murder in Our Midst, New York/Oxford 1996, S. 67ff.; Michael Burleigh/Wolfgang Wippermann, The Racial State, 2. Aufl. Cambridge 1992 (zuerst 1991), bes. S. 51-56; Raphael, Experten, S. 237; vgl. auch Michael Pollak, Rassenwahn und Wissenschaft, Frankfurt a.M. 1990; zur Diskussion um Modernisierungstendenzen im nationalsozialistischen Strafrecht vgl. überdies Simon, Kriminalbiologie und Zwangssterilisation, S. 20f., 313ff.; sowie Christian Müller, Das Gewohnheitsverbrechergesetz vom 24. November 1933, in: ZfG 47 (1999), S. 965-979. 56 Grode, Nationalsozialistische Moderne, S. 103. 57 Schwartz, „Rassenhygiene, Nationalsozialismus, Euthanasie"?, S. 619 (Hervorhebung im Original). 58 Peukert, Genesis der „Endlösung", S. 115; vgl. ders., Rassismus und „Endlösungs"-Utopie, S. 79f.; vgl. auch Karl Heinz Roth, Schöner Mensch, in: Kaupen-Haas/Saller (Hrsg.), Wissenschaftlicher Rassismus, S. 346-424 (zuerst 1986), hier: S. 388, 413; Hans-Walter Schmuhl, Eugenik und „Euthanasie", in: Westfälische Forschungen 47 (1997), S. 757-762. 59 Vgl. Raphael, Verwissenschaftlichung des Sozialen, S. 176. 60 Von Hehl, NS-Herrschaft, S. 73; vgl. auch Dirk Blasius, Das Ende der Humanität, in: Pehle (Hrsg.), Der historische Ort des Nationalsozialismus, S. 47-70, hier: S. 53, 64, 66; Grossmann, Reforming Sex, bes. S. VII, 143, 145ff., 165; Michael Prinz, Einleitung, in: Andreas Wollasch (Hrsg.), Wohlfahrtspflege in der Region, Paderborn 1997, S. 249-254, hier: S. 253f.; Hans-Walter Schmuhl, Kontinuität oder Diskontinuität?, in: Kersting u.a. (Hrsg.), Nach Hadamar, S. 112-136; Michael Schwartz, „Euthanasie"-Debatten in Deutschland (1895-1945), in: V f Z 4 6 (1998), S. 617665, hier: S. 621 f., 664f. 61 Rudolf Walther, Frühes Nachdenken über Auschwitz, in: Die Zeit, 17.8.2000.
5. Rassenpolitik
185
Schließlich sei die NS-Herrschaft „die absolute Ausnahme" in der deutschen, europäischen und globalen Geschichte geblieben, wie Michael Prinz erinnert hat, wenngleich sie sich „auf dem Boden der Moderne" konstituiert habe.62 „Das Neue am Nationalsozialismus", so meint indes Ulrich Herbert, sei „nicht die Analyse, sondern das Drängen auf Lösung" gewesen: d.h. die bürokratische Durchführung von Verfolgung und Vernichtung.6 Das Novum und damit die Singularität der deutschen Entwicklung bestand demzufolge darin, daß das „Dritte Reich" als „Rassenstaat"64, als „Biokratie"65 den Rassismus zu dem zentralen Wesenskem, zu dem Dreh- und Angelpunkt seiner Herrschaft erhob - als „the very rock on which the Nazi church was built", wie Norman Rich einmal bemerkt hat.66 Die „rassische Revolution" des NS-Regimes, so das Urteil Milan Hauners, „represented the most radical step ever undertaken by a revolutionary leadership in the history of our civilization".67 In seinem rassenpolitischen „Programm"68, seiner sozialen Utopie ging es Hitler um die Verwirklichung einer „idealen", nach rassischen Kriterien organisierten, „durch genetische Homogenisierung krankheitsfreien Gesellschaft"69, einer Gesellschaft, die zutiefst inhuman und anti-demokratisch geordnet sein sollte. Stanley Paynes Auffassung nach war diese Utopie Hitlers mitnichten „one of a return to a rural and premodern structure of society".70 Hitlers ,,utopische[s] Ideal"71 eines „Rassenstaates" habe vielmehr „purely a modem concept without any premodern parallels" dargestellt.72 Und auch in den Augen Michael Burleighs und Wolfgang Wippennanns - die den Thesen Alys, Peukerts und Baumans eigentlich eher skeptisch gegenüberstehen - war die NS-Herrschaft „not a form of regression to
62
Michael Prinz, Diskussionsbeitrag, in: Bernd Faulenbach/Franz-Josef Jelich (Hrsg.), Reaktionäre Modernität und Völkermord, Essen 1994, S. 29. 43 Herbert, Rassismus und rationales Kalkül, S. 29; vgl. Giesen, Antisemitismus, S. 235f. 64 Burleigh/Wippermann, Racial State; vgl. dies., Das Dritte Reich, in: Werner Röhr (Hrsg.), Faschismus und Rassismus, Berlin 1992, S. 127-147. 65 Robert Jay Lifton, Ärzte im Dritten Reich, Stuttgart 1988 (am. 1986), S. 585. 66 Norman Rich, Hitler's War Aims, Bd. 1, New York 1973, S. 4; vgl. auch Gisela Bock, Krankenmord, Judenmord und nationalsozialistische Rassenpolitik, in: Bajohr u.a. (Hrsg.), Zivilisation und Barbarei, S. 285-303, hier: S. 302; Werner Röhr, Rassismus und Neuordnungsplanung, in: Sabine Blum-Geenen u.a. (Hrsg.), „Bruch und Kontinuität", Essen 1995, S. 133-152, hier: S. 140f. 67 Milan L. Hauner, Α German Racial Revolution?, in: JCH 19 (1984), S. 669-687, hier: S. 680f.; vgl. auch Stanley G. Payne, A History of Fascism 1914-1945, London 1995, S. 483. 68 Vgl. dazu insbesondere Klaus Hildebrand, Das Dritte Reich, 6. neubearb. Aufl. München 2003 (zuerst 1979), S. 257ff., 27Iff.; Andreas Hillgruber, Die „Endlösung" und das deutsche Ostimperium als Kernstück des rassenideologischen Programms des Nationalsozialismus, in: ders., Deutsche Großmacht- und Weltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert, Düsseldorf 1979, S. 252-275 (zuerst 1972); ders., Der Ostkrieg und die Judenvernichtung, in: Gerd R. Ueberschär/Wolfram Wette (Hrsg.), „Unternehmen Barbarossa", Paderborn 1984, S. 219-236. 9 Winfried Süß, Gesundheitspolitik, in: Hans Günter Hockerts (Hrsg.), Drei Wege deutscher Sozialstaatlichkeit, München 1998, S. 55-99, hier: S. 58; vgl. Grode, Nationalsozialistische Moderne, S. 10. 70 Payne, History of Fascism, S. 483; vgl. hingegen Lothar Kettenacker, Sozialpsychologische Aspekte der Führer-Herrschaft, in: Gerhard Hirschfeld/Lothar Kettenacker (Hrsg.), Der „Führerstaat" - Mythos und Realität, Stuttgart 1981, S. 98-132, hier: S. 128. 71 Anson Rabinbach, Nationalsozialismus und Moderne, in: Wolfgang Emmerich/Carl Wege (Hrsg.), Der Technikdiskurs in der Hitler-Stalin-Ära, Stuttgart/Weimar 1995, S. 94-113, hier: S. 100. 72 Payne, History of Fascism, S. 484.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
past times". „To realise an ideal future world, without .lesser races', without the sick, and without those who they decreed had no place in the .national community'" habe das spezifisch moderne, „neuartige" Telos des „Dritten Reiches" ausgemacht.73 In seiner umfassenden Darstellung über Die Zeit des Nationalsozialismus charakterisiert Burleigh die NS-Ideologie auch als „ein Gemisch aus modemer naturwissenschaftlicher Rationalität und der - unter Beschwörung archaischer irrationaler Mythen auf die Spitze getriebenen - Fähigkeit des sich als .Züchter' verstehenden modernen Staates, eine Auslese zu treffen". 74 Weit davon entfernt, ein vormodemes Deutschland wiederherstellen zu wollen, strebte das NS-Regime mit seiner „umfassenden Vision .völkischer Erneuerung'" 75 , mit seiner „terroristische[n] Reinigungsideologie", die ein ,,spezifische[s] Heilsversprechen"76 in sich barg, danach, „to recast the nation in the newly fashioned mold of a highperformance racial society", wie Peter Fritzsche formuliert hat: Es habe versucht, „a totalitarian version of the modem" zu verwirklichen.77 Trotz ideologischer Archaismen zielte die „allgemeine Stoßrichtung" des Nationalsozialismus „in die Moderne", glich er doch - in den Worten Modris Eksteins' - einem „Kopfsprung in die Zukunft, in eine .schöne neue Welt'". 78 Insbesondere die Hitlers nietzscheanischen Willenskult offenbarende, rassischanthropologische Idee, wie der drohende Niedergang der Menschengattung zu stoppen sei: nämlich die, einen „neuen Menschen" zu schaffen, kann als genuin modern gelten.79 Auch Klaus Hildebrand zufolge war Hitlers auf die Verwirklichung einer „ahistorischen Utopie" zielende Politik vor allem eine „konservativ mißverstandene, nämlich im Prinzip und in der Zielsetzung .revolutionäre'", da sie nach der Schaffung eines „neuen Menschen auf der Grundlage globaler und rassischer Eroberung und Höherzüchtung", nach der Verwirklichung einer rassischen Utopie gestrebt habe, in der „die Bedingungen des bislang bekannten Verlaufs der Geschichte ein für allemal außer Kraft gesetzt, jede soziale Bewegung im biologischen Mythos der Rassenherrschaft zum Stillstand gebracht" werden sollten.80
73
Burleigh/Wippermann, Racial State, S. 306. Michael Burleigh, Die Zeit des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 2000, S. 949f. 75 Norbert Frei, Der Führerstaat, 6. erw. u. aktual. Neuaufl. München 2001 (zuerst 1987), S. 166. 76 Emst Nolte, Die historisch-genetische Version der Totalitarismustheorie, in: Zeitschrift für Politik 43 (1996), S. 111-122, hier: S. 118f.; vgl. dazu auch Volker Kronenberg, Ernst Nolte und das totalitäre Zeitalter, Bonn 1999, S. 292ff. 77 Peter Fritzsche, Nazi Modern, in: Modemism/mcw/erai/y 3 (1996), No. 1, S. 1-21, hier: S. 16f. 78 Modris Eksteins, Tanz über Gräben, Reinbek bei Hamburg 1990 (am. 1989), S. 448; vgl. auch ebd., S. 479,483f. 79 Vgl. Roth, Schöner neuer Mensch, S. 391; vgl. auch Omer Bartov, Defining Enemies, Making Victims, in: AHR 103 (1998), S. 771-816, hier: S. 780; ders., Utopie und Gewalt, in: Hans Maier (Hrsg.), Wege in die Gewalt, Frankfurt a.M. 2000, S. 92-120, hier bes.: S. 96ff.; Gottfried Küenzlen, Der Neue Mensch, München/Paderborn 1994, bes. S. 19ff., 57ff„ 270f.; Hans Maier, Alter Adam - Neuer Mensch?, Münster 2001, S. 14ff.; dazu kritisch: Richard Saage, War Hitler ein „Utopist"?, in: Michael Salewski (Hrsg.), Was Wäre Wenn, Stuttgart 1999, S. 141-152, hier: S. 149f., 152, der - auf der Basis eines klassischen Utopieverständnisses argumentierend - Hitler nicht den Rang eines „Utopisten" zugestehen möchte; vgl. aber auch die Beiträge zum Themenkreis „Politische Utopie und Totalitarismus" in: Richard Saage (Hrsg.), „Hat die politische Utopie eine Zukunft?", Darmstadt 1992. 80 Klaus Hildebrand, Hitlers Ort in der Geschichte des preußisch-deutschen Nationalstaates, in: HZ 217 (1974), S. 584-632, hier: S. 630f.; ders., Drittes Reich, S. 138; ders., Das vergangene Reich, Stuttgart 1996, S. 567, 577; vgl. auch ebd., S. 892f.; vgl. ferner Bartov, Utopie und Gewalt, 74
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W i e bereits dargelegt, kann v o n einer „Politisierung der Wissenschaft" i m „Dritten Reich" nur bedingt die R e d e sein; vielmehr läßt sich auch eine „Verwissenschaftlichung der Politik" 81 erkennen. Vor d i e s e m Hintergrund erscheint der Genozid m a n c h e n Historikern geradezu als „angewandte Wissenschaft" 8 2 . V i e l e Rassenhygieniker, die in ihren bis ins Wahnhafte getriebenen Züchtungsideen von e i n e m „szientistischen Optimismus" 8 3 durchdrungen waren, entwickelten Vorstellungen v o n der „Volksgesundheit", die durchweg v o m Selektionsprinzip bestimmt waren und die sich mit den neuesten Tendenzen aus der Forschung von Medizin und Psychiatrie 8 4 trafen, deren Repräsentanten im Rahmen der „Euthanasieaktion" Tausende v o n angeblichen „Geisteskranken" in den Tod schickten. „Der Enthusiasmus, mit d e m sich eine große Zahl von Psychiatern am nationalsozialistischen Euthanasieprogramm beteiligte", war indes, s o das Urteil Hans-Walter Schmuhl, „tief in e i n e m .therapeutischen Idealismus' verwurzelt". Offenbar beteiligten sich Psychiater an der „Euthanasieaktion" auch aus der Überlegung heraus, daß die Mittel, die durch die „Ausmerzung" der als „Ballast" angesehenen therapierefraktären Patienten eingespart würden, dazu verwendet werden könnten, therapeutische Innovationen ( w i e die Insulin- und Elektroschocktherapie) voranzutreiben, die „für den säkularen M o d e m i s i e r u n g s p r o z e ß unumgänglich schienen". 8 5 Darin bestand die fatale,
S. 106f.; Richard Löwenthal, Die nationalsozialistische „Machtergreifung" - eine Revolution?, in: Martin Broszat u.a. (Hrsg.), Deutschlands Weg in die Diktatur, Berlin 1983, S. 42-74, hier: S. 60f. 81 Benno Müller-Hill, Kollege Mengele - nicht Bruder Eichmann, in: Sinn und Form 37 (1985), S. 671-676, hier: S. 672; vgl. auch ders., Human Genetics, S. 105f., U l f . ; Margit Szöllösi-Janze, „Wir Wissenschaftler bauen mit", in: Bernd Sösemann (Hrsg.), Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Darmstadt 2002, S. 155-171, hier: S. 169ff.; Peter Weingart, Eugenik - eine angewandte Wissenschaft, in: Peter Lundgreen (Hrsg.), Wissenschaft im Dritten Reich, Frankfurt a.M. 1985, S. 314-349; ders., Eugenische Utopien, in: Harald Welzer (Hrsg.), Nationalsozialismus und Moderne, Tübingen 1993, S. 166-183, hier bes.: S. 180f.; Harald Welzer, Verweilen beim Grauen, Tübingen 1997, S. 96. 82 Schmuhl, Reformpsychiatrie und Massenmord, S. 265; vgl. auch Weingart, Angewandte Wissenschaft. Rudolf Heß erschien der Nationalsozialismus als „angewandte Biologie" (Rudolf Heß, zitiert nach Lifton, Ärzte, S. 36; vgl. dazu auch Kühl, Internationale der Rassisten, S. 127). 83 Schmuhl, Rassenhygiene, S. 262. 84 Vgl. dazu insbesondere die Forschungsüberblicke von Dirk Blasius, Liquidierung von Menschen - Liquidierung des Gewissens, in: HZ 271 (2000), S. 373-380; Franz-Werner Kersting, Anstaltsärzte zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik, Paderborn 1997, S. 1-19; ders. u.a., Gesellschaft, Psychiatrie, Nationalsozialismus, in: dies. (Hrsg.), Nach Hadamar, S. 9-61; Bernd Walter, Psychiatrie und Gesellschaft in der Moderne, Paderborn 1996, S. 1-24. 85 Schmuhl, Rassenhygiene, S. 261, 263; vgl. ders., Kontinuität oder Diskontinuität, S. 123ff., 128ff.; ders., Reformpsychiatrie und Massenmord, bes. S. 252-255; ders., Die Selbstverständlichkeit des Tötens, in: GG 16 (1990), S. 411-439, hier: S. 424-429; vgl. auch Bock, Sterilization, S. 166f.; Frei, Führerstaat, S. 164f.; Proctor, Naziärzte, Rassenmedizin und „lebensunwertes Leben", bes. S. 66, 80ff.; Hans Ludwig Siemen, Menschen blieben auf der Strecke..., Gütersloh 1987, bes. S. 198f., 202; ders., Reform und Radikalisierung, in: Frei (Hrsg.), Medizin und Gesundheitspolitik, S. 191-200, hier: S. 199f.; ders., Psychiatrie im Nationalsozialismus, in: ders./Michael von Cranach (Hrsg.), Psychiatrie im Nationalsozialismus, München 1999, S. 15-34, hier: S. 28f.; vgl. ferner Michael Burleigh, Saving Money, Spending Lives, in: ders. (Hrsg.), Confronting the Nazi Past, S. 98-111; Klaus-Peter Drechsel, Beurteilt, vermessen, ermordet, Duisburg 1993; Emst Klee, „Euthanasie" im NS-Staat, 10. Aufl. Frankfurt a.M. 2001 (zuerst 1983); Bernhard Richarz, Heilen, Pflegen, Töten, Göttingen 1987, S. 199ff.; ebenfalls den Zusammenhang von „Mord und Modernisierung in der deutschen Psychiatrie" in den Blick nehmend: Götz Aly u.a., Reform und Gewissen, Berlin 1985, bes. S. 7-40 (Zitat: S. 7).
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
grausame Logik, nach der in dieser „Medizin ohne Menschlichkeit"86 verfahren wurde und nach der sich das „Euthanasieprogramm" in umfassende Planungen zur „Modernisierung der Psychiatrie" eingebettet sah.87 „Heilen und Vernichten"88 lagen in der Psychiatrie des Nationalsozialismus „dicht beieinander": „Das Bemühen um die Heilbaren und die Vernichtung der Unheilbaren fielen in der übergeordneten Zielsetzung der Gesundung des ,Volkskörpers' zusammen". Während die „Ambivalenz von Emanzipation und Repression" bereits seit dem Ersten Weltkrieg die Modernisierung der Psychiatrie geprägt hatte, trat im Nationalsozialismus indes „die repressive Tendenz des psychiatrischen Modemisierungsprozesses" in den Vordergrund.89 Die „Euthanasie" war daher auch - wie Michael Schwartz hervorgehoben hat - „ein Folgeproblem modernen Denkens und gesellschaftlicher Modernisierung", mithin eine mögliche Folge der zunehmenden Dominanz des sozialen Utilitätsprinzips.90 Die „Euthanasie"-Frage, so Schwartz, sei heute „nicht adäquat als .faschistisches' Relikt aus einem immer ,noch fruchtbaren Schoß' zu deuten, sondern vielmehr als ein grundsätzliches Problem der Moderne - ihres Werterelativismus ebenso wie ihres Wertewandels, insbesondere zugunsten der industriegesellschaftlichen Basisnorm größtmöglicher Brauchbar- und Verwertbarkeit".91 Aus einer die Bedeutung von Rassismus und politischem Herrschaftsgefüge stark unterbewertenden Perspektive erblickt vor allem Klaus Dömer den Ursprung des nationalsozialistischen Krankenmordes weniger in den spezifischen Bedingungen der deutschen Geschichte als vielmehr in dem säkularen Modemisierungsprozeß bzw. in der gesamteuropäisch-amerikanischen Entwicklung moderner Industriegesellschaften. Ziel des Krankenmordes, dieser ,,medizinische[n] Endlösung der sozialen Frage", sei insbesondere die „Entfaltung des totalen Potentials der Industrialisierung", die Modernisierung und Rationalisierung durch die Befreiung der Gesellschaft „von ihrem unproduktiven Ballast" gewesen. Dörner hält es sogar für wahrscheinlich, „daß mindestens eine Gesellschaft (wenn nicht mehrere) den Weg der Vernichtung der industriell unbrauchbaren Menschen eingeschlagen hätte, selbst wenn es nie einen Nationalsozialismus gegeben hätte".92 Aus einem weniger kapitalismuskritischen denn historisierenden Blickwinkel heraus betont auch Norbert Frei, daß hinter den Massenmorden des „Euthanasieprogramms" die „monströsen Konturen einer .Endlösung der sozialen Frage'" hervorgetreten seien: „(Arbeits)therapeutischer Aktivismus, Erkenntnisfortschritte der Eugenik und ein ins Extreme gesteigertes kaltes Leistungs- und Produktivitätsdenken [verbanden sich] im Dritten Reich zu einer brisanten neuen Geschäftsgrundlage der Psychiatrie". Die 86
Alexander Mitscherlich/Fred Mielke (Hrsg.), Medizin ohne Menschlichkeit, 15. durchges. Aufl. Frankfurt a.M. 2001 (zuerst 1960). 87 Schmuhl, Reformpsychiatrie und Massenmord, S. 253. 88 Angelika Ebbinghaus u.a. (Hrsg.), Heilen und Vernichten im Mustergau Hamburg, Hamburg 1984; vgl. auch Angelika Ebbinghaus/Klaus Dömer (Hrsg.), Vernichten und Heilen, Berlin 2001. 89 Schmuhl, Reformpsychiatrie und Massenmord, S. 252, 265; vgl. auch Walter, Psychiatrie und Gesellschaft, S. 777ff.; Walter Wuttke, Ideologien der NS-Medizin, in: Jürgen Pfeiffer (Hrsg.), Menschenverachtung und Opportunismus, Tübingen 1992, S. 157-171, hier bes.: S. 158ff. 90 Schwartz, „Euthanasie"-Debatten, S. 664; vgl. Schmuhl, Kontinuität oder Diskontinuität, S. 112. 91 Schwartz, „Euthanasie"-Debatten, S. 619. 92 Klaus Dörner, Psychiatrie und soziale Frage, in: Frei (Hrsg.), Medizin und Gesundheitspolitik, S. 287-294, hier: S. 287, 294; vgl. auch ders. (Hrsg.), Tödliches Mitleid, Neuausg. Neumünster 2002 (zuerst 1988); dazu kritisch: Bock, Krankenmord, S. 293f.
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„Durchschlagskraft" dieser auf das „destruktive Potential moderner Sozialpolitik" verweisenden gesellschaftssanitären „Ausmerze" habe denn auch auf der „Verschränkung von wissenschaftlicher Modernität, sozialtechnischer Rationalität und reaktionär-utopischen Zielvorstellungen" beruht.93 Frei spricht gar von dem „leidenschaftlichejn] Engagement der einschlägigen medizinischen Wissenschaft", das „konstitutiv" gewesen sei „für das Zustandekommen des Sterilisationsprogramms und der sich anschließenden .Euthanasie'". 94 Nach Gisela Bock sollte man hier indes eher von einer „paradoxen", erst durch die „Modemisierungskrise" der Weimarer Republik in ein derartiges Spannungsverhältnis gebrachten als von einer „dialektischen", seit jeher in dieser Weise existierenden Beziehung zwischen Heilen und Vernichten in der deutschen Reformpsychiatrie sprechen.93 Der gesundheitspolitische Aktivismus des NS-Regimes nahm indes durchaus „den Fortschrittsoptimismus, Sanierungseifer und Modernisierungswillen auf, der die Sozialhygieniker aller weltanschaulichen Lager und Länder schon seit einem halben Jahrhundert antrieb". „Nichts wäre irriger", so meint Frei, als die Annahme, die Nationalsozialisten hätten „eine therapeutische Regression oder gar eine Entwissenschafitlichung der Medizin angestrebt".96 Laut Robert N. Proctor erlebte die Medizin während des „Dritten Reiches" sogar eine „Blütezeit".97 Michael H. Kater hingegen bewertet die eugenischen Forschungen der NS-Mediziner als „pseudowissenschaftlich" und verweist darüber hinaus auf die Popularität der „antiwissenschaftlichen ganzheitlichen Heilkunst" bei manchen Ärzten im „Dritten Reich".98 Freis Auffassung nach erschien den Zeitgenossen aber die massive NSGesundheitspropaganda als „etwas Konstruktives und Neues, das unabweisbare Argumente auf seiner Seite hatte".99 Proctor hat beispielsweise fortschrittliche Tendenzen in der Krebsforschung des „Dritten Reiches" herausgearbeitet: Im Rahmen des am Leitbild einer „exklusiven gesundheitliche[n] Utopie" orientierten „gigantischefn] hygienische[n] Experiments]" des Nationalsozialismus hätten deutsche Forscher Asbest als Krebsauslöser, die Schädlichkeit von Farbstoffen in Nahrungsmitteln sowie den Zusammenhang von Lungenkrebs und Rauchen entdeckt (was „eine der weltweit ambitioniertesten Kampagnen gegen den Krebs" gezeitigt habe). Es sei im Deutschland der späten dreißiger Jahre gewesen, so Proctor, daß die medizinische Forschung „erstmals auf breiter Basis" anerkannt habe, „daß Tabak süchtig macht und Rauchen Lungenkrebs verursacht".100 93
Frei, Führerstaat, S. 165f. Ders., Einleitung, in: ders. (Hrsg.), Medizin und Gesundheitspolitik, S. 7-32, hier: S. 12. Bock, Sterilization, S. 168. 96 Frei, Einleitung, S. 9f., 12; vgl. auch Geoffrey Cocks, The Old as New, in: ders./Manfred Berg (Hrsg.), Medicine and Modernity, Cambridge u.a. 1997, S. 173-191, hier: S. 188ff.; Charles E. McClelland, Modern German Doctors, in: ebd., S. 81-97; Proctor, Racial Hygiene, S. 283ff., 296f.; Wuttke, Ideologien der NS-Medizin, bes. S. 171. 97 Proctor, Naziärzte, Rassenmedizin und „lebensunwertes Leben", S. 81. 98 Michael H. Kater, Ärzte als Hitlers Helfer, Hamburg/Wien 2000 (am. 1989), S. 367f.; vgl. dazu aber auch Frei, Führerstaat, S. 167; zur ganzheitlichen Medizin im Nationalsozialismus vgl. insbesondere Anne Harrington, Die Suche nach Ganzheit, Reinbek bei Hamburg 2002 (am. 1996), S. 332ff. 99 Frei, Einleitung, S. 9. 100 Robert N. Proctor, Blitzkrieg gegen den Krebs, Stuttgart 2002 (am. 1999), S. 13, 21, 199; vgl. auch ders., The Nazi Campaign Against Tobacco, in: Francis R. Nicosia/Jonathan Huener (Hrsg.), Medicine and Medical Ethics in Nazi Germany, New York/Oxford 2002, S. 40-58; sowie bereits 94
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
Als Reaktion auf den seit dem Ersten Weltkrieg existierenden „permanenten Modernisierungsdruck"101 erdachten zahlreiche Wissenschaftler überdies schon in den zwanziger und dreißiger Jahren eine Psychiatriereform, die solch moderne Elemente wie beispielsweise die Trennung von Heil- und Pflegeanstalten, eine Intensivierung der Arbeitstherapie, eine Förderung der ambulanten Psychiatrie oder eine Verbesserung der medizinischen Ausbildung beinhaltete und zu den Forderungen der Psychiatriereformbewegung der siebziger Jahre einige Ähnlichkeiten aufweist.102 Nach Schmuhl wirkte das NS-Regime auf die Psychiatrie insbesondere dadurch modernisierend, daß „es tief in die überkommenen Strukturen des Anstaltswesens einschnitt". Dabei sei der Nationalsozialismus zwar „nicht die treibende Kraft der Modernisierung" gewesen, doch habe er „in mancher Hinsicht den Modemisierungsprozeß" gefördert - und ihm „eine verhängnisvolle Richtung" gewiesen. Die Verschränkung von Modernisierung und Genozid allerdings führte in der deutschen Reformpsychiatrie der Nachkriegszeit zu einem derart „nachhaltigen Schock", daß es fast drei Jahrzehnte dauern sollte, bis eine jüngere Generation von Psychiatern eine - diesmal von einem betont emanzipativen Impetus getragene Reform der bundesdeutschen Psychiatrie ins Werk setzte.103 Die an „Euthanasie"Opfem gewonnenen Forschungsergebnisse konnten indes - horribile dictu - noch weit über das Ende des Zweiten Weltkriegs hinaus wissenschaftlich verwertet werden: „Für die psychiatrische Grundlagenforschung bedeuteten sie einen sprunghaften Erkenntniszuwachs", wie Schmuhl betont. Schließlich hatte der Massenmord an geistig behinderten und psychisch kranken Menschen den Ärzten die Möglichkeit geboten, „klinische Beobachtung durch anatomische und histologische Untersuchungen zu ergänzen".104 Vor allem Ostmittel- und Osteuropa gerieten während der NS-Zeit für Rassenhygieniker, Psychiater und Biologen wie auch für Raumplaner, Bevölkerungsökonomen und Geographen, kurz: für social engineers aller Art zu einem gigantischen Experimentierfeld. Ihre Hypothesen von einer angeblichen „Überschußbevölkerung" oder einem vermeintlichen „Bevölkerungsoptimum" fanden ihren sinnfälligen Ausdruck in dem von Konrad Meyer(-Hetling) 1942 für Himmler entworfenen „Generalplan Ost".105 Nicht zuletzt Hitler war fest davon überzeugt gewesen, daß
ders., Racial Hygiene, S. 237ff.; zur Diskrepanz zwischen nationalsozialistischer Gesundheits- und Präventionsideologie und realen finanzpolitischen Staatsinteressen vgl. dagegen ders., Blitzkrieg gegen den Krebs, S. 263ff.; sowie Christoph Maria Merki, Die nationalsozialistische Tabakpolitik, in: VfZ 46 (1998), S. 19-42; vgl. dazu ferner auch Achim Thom, Nationalsozialistische Wissenschaftslenkung und ihre Folgen, in: Christoph Kopke (Hrsg.), Medizin und Verbrechen, Ulm 2001, S. 163-184. 101 Schmuhl, Reformpsychiatrie und Massenmord, S. 262; vgl. auch ders., Selbstverständlichkeit des Tötens, S. 425f. 102 Vgl. ders., Reformpsychiatrie und Massenmord, S. 239f.; vgl. auch ders., Kontinuität oder Diskontinuität, S. 13 Iff. 103 Ders., Reformpsychiatrie und Massenmord, S. 264ff. 104 Ebd., S. 262; vgl. ders., Rassenhygiene, S. 278-284; zu den Kontinuitäten in Medizin und Psychiatrie zwischen „Drittem Reich" und Bundesrepublik vgl. auch Geoffrey Cocks, Psychotherapy in the Third Reich, 2. Überarb. u. erw. Aufl. New Brunswick/London 1997 (zuerst 1985), bes. S. 399-413; Kersting, Anstaltsärzte; ders., Mediziner zwischen „Drittem Reich" und Bundesrepublik, in: ders. u.a. (Hrsg.), Nach Hadamar, S. 253-272. 105 Vgl. Bernd Jürgen Wendt, Deutschland 1933-1945, Hannover 1995, S. 700; zu den verschiedenen Entwürfen des „Generalplan Ost" vgl. Czeslaw Madajczyk (Hrsg.), Vom Generalplan Ost zum
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als einziger A u s w e g aus der Interdependenz von e n g e m Raum und moderner Zivilisation nur die G e w i n n u n g v o n „Lebensraum" i m als nahezu menschenleer imaginierten Osten bleibe, d e m „Überdruckventil für das Spannungspotential einer m o dernen Zivilisation". 1 0 6 D i e Modernität des „Generalplans Ost" bestand nach M e c h tild Rössler und Sabine Schleiermacher vornehmlich in seiner „spezifisch w i s s e n schaftlichen Rationalität" s o w i e in der darin sich manifestierenden Utopie einer an d e m Ideal der nationalsozialistischen Gesellschaft orientierten Entwicklungsplanung gigantischen A u s m a ß e s . 1 0 7 Bereits in der Weimarer Republik i m Ansatz entw i c k e l t e Ideen und Strukturen der Raumforschung und Raumordnung weiterführend, kombinierte der „Generalplan Ost" „theoretical concepts with racial planning and a kind o f ,total environmental design'". 1 0 8 N a c h Ursula von Petz wurde der Modernisierungsprozeß während der N S - Z e i t denn auch durch eine Professionalisierung und „Perfektionierung der Raumplanung mit totalitären,
diktatorischen
Mitteln" vorangetrieben. D i e Planung der eroberten Ostgebiete orientierte sich b e i s p i e l s w e i s e unter anderem an der fortschrittlichen - auch in der Nachkriegszeit verwandten - „Zentrale-Orte-Theorie" Walter Christallers. 109 Gerade mit B l i c k auf die geographische Ostforschung im Nationalsozialismus betont Rössler zudem, daß sich die NS-Herrschaft in h o h e m M a ß e „technisch-instrumentelles Wissen und
Generalsiedlungsplan, München 1994; Karl Heinz Roth, „Generalplan Ost" - „Gesamtplan Ost", in: Mechtild Rössler/Sabine Schleiermacher (Hrsg.), Der „Generalplan Ost", Berlin 1993, S. 25-45. 106 Michael Prinz, Der Nationalsozialismus - eine „Braune Revolution"?, in: Manfred Hettling (Hrsg.), Revolution in Deutschland?, Göttingen 1991, S. 70-89, hier: S. 72; vgl. auch Carl Amery, Hitler als Vorläufer, München 1998; vgl. ferner den monokausalen, Massenmord und Modernisierung durch das Überbevölkerungsparadigma miteinander verknüpfenden Deutungsansatz von Richard L. Rubenstein, The Cunning of History, New York 1978; vgl. zudem ders., The Age of Triage, Boston 1983; ders., Genocide and Civilization, in: Isidor Wallimann/Michael Ν. Dobkowski (Hrsg.), Genocide and the Modern Age, New York u.a. 1987, S. 283-298; dazu kritisch: John Κ. Roth, Genocide, the Holocaust, and Triage, in: ebd., S. 81-95; vgl. auch bereits Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, 7. Aufl. München/Zürich 2000 (am. 1951), S. 942. 107 Mechtild Rössler/Sabine Schleiermacher, Der „Generalplan Ost" und die „Modernität" der Großraumordnung, in: dies. (Hrsg.), „Generalplan Ost", S. 7-11, hier: S. 10; vgl. Mechtild Rössler, .Area Research" and „Social Planning" from the Weimar Republic to the German Federal Republic, in: Monika Renneberg/Mark Walker (Hrsg.), Science, Technology and National Socialism, Cambridge 1994, S. 126-138, hier: S. 127, 130ff.; vgl. auch Pohl, Judenverfolgung, S. 405; dazu kritisch: Jürgen Elvert, Mitteleuropa!, Stuttgart 1999, S. 392f.; Wolfgang Wippermann, Wie modern war der „Generalplan Ost"?, in: Rössler/Schleiermacher (Hrsg.), „Generalplan Ost", Berlin 1993, S. 125-130. 108 Rössler, ,Area Research", S. 137; vgl. in diesem Zusammenhang auch Wolfram Pyta, „Menschenökonomie", in: HZ 273 (2001), S. 31-94, hier: S. 52ff. 109 Ursula von Petz, Raumplanung und „Moderne", in: Die alte Stadt 22 (1995), S. 349-363, hier: S. 350; vgl. ebd., S. 359f.; Dieter Münk, Die Organisation des Raumes im Nationalsozialismus, Bonn 1993, S. 438-453; vgl. auch Jörg Gutberger, Volk, Raum und Sozialstruktur, Münster 1996; Mechtild Rössler, „Wissenschaft und Lebensraum", Berlin/Hamburg 1990; dies., Geography and Area Planning under National Socialism, in: Margit Szöllösi-Janze (Hrsg.), Science in the Third Reich, Oxford/New York 2001, S. 59-78; Bruno Wasser, Himmlers Raumplanung im Osten, Basel u.a. 1993; vgl. ferner Uwe Mai, „Rasse und Raum", Paderborn u.a. 2002; zur Modernisierung der Raumforschung in der NS-Zeit vgl. überdies Rolf Messerschmidt, Nationalsozialistische Raumforschung und Raumordnung aus der Perspektive der „Stunde Null", in: Prinz/Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, S. 117-138.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
moderne Zweckforschung in effektiven Organisationsformen" zunutze gemacht habe.110 Dabei versuchte das NS-Regime, in dem eroberten „Lebensraum" im Osten eine neue agrarische, nach rassischen Kriterien strikt geordnete „organische" Siedlungsgemeinschaft zu schaffen, die in den Dienst des hoch entwickelten „Altreiches" gestellt werden sollte. Während Himmler als „Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums" eher seine anti-urbanistischen, agrarromantischen Ideen zu verwirklichen suchte, legte die „Reichsstelle für Raumordnung" einen ausgesprochen technokratischen Entwurf vor. 1 " Eng verbunden war der „Generalplan" etwa mit einer „rationellen Agrarproduktion, die auf modernster Züchtungsforschung bis hin zu Entwicklungen der Pflanzengenetik und Gentechnologie basieren sollte".112 Jörg Gutberger hat überdies darauf hingewiesen, daß es sich bei den Gesellschaftsutopien und Sozialordnungsmodellen der Raumforscher und Raumplaner des „Dritten Reiches" insgesamt um „eine antiliberale [...] Variante [des] Projektes einer .heilen' bzw. .heilenden' Moderne", um „ein Projekt antiaufklärerischer und antidemokratischer gesellschaftlicher Modernisierung" gehandelt habe, „das mit Mitteln aus dem Fundus rationaler Wissenschaft/Bürokratieplanung [...] realisiert werden sollte". Dabei nehme sich - neben der „Mittelrationalität der Planungswissenschaft" - vor allem „die Wertsetzung, eine vollkommene Gesellschaft zu schaffen", modern aus. So habe der Nationalsozialismus auch insofern eine „Variante gesellschaftlicher Modernisierung" dargestellt, „als nicht nur die eingesetzten Mittel", sondern 113 „teilweise auch die Zwecke [...] aus dem Fundus der .Moderne' stammten . Daß sich Wissenschaft und NS-Regime vorwiegend der „typisch modernen" Vision einer „gesunden [...], einer ordentlichen Gesellschaft" verschrieben hätten, postuliert - wie bereits gezeigt - auch Zygmunt Bauman. Diese szientistische Leitlinie der Moderne begreift Bauman indes keineswegs als hinreichende Bedingung für den Prozeß der Judenvernichtung: „Die moderne Zivilisation war gewiß nicht die einzige, mit größter Wahrscheinlichkeit aber eine notwendige Voraussetzung des Holocaust".114 Die zweite Prämisse sieht er im Antisemitismus, mithin im Bewußtsein, daß die Verwirklichung der „Vision eines harmonischen Gesamtentwurfs", einer perfekten, „ordentlichen, uniformen Gesellschaft" in erster Linie von Juden gestört werde. Die daraus folgende „Entfernung der Fremden, die den deutschen Lebensraum besetzten oder der fremden Rassen, die das deutsche Leben unterwühlten und den deutschen Geist korrodieren ließen", lag Baumans Ansicht nach allerdings in der Konsequenz der Moderne, weil sie das „zweckgerichtete Handeln von moralischen Zwängen emanzipiert" habe. 1 ' 5 Auch den nationalsozia110
Rössler, „Wissenschaft und Lebensraum", S. 226. Vgl. dies., „Area Research", S. 135, 137f.; dies., „Wissenschaft und Lebensraum", bes. S. 227. " 2 Dies./Schleiermacher, „Generalplan Ost" und „Modernität", S. 10. 1,3 Gutberger, Volk, S. 55,477,481. 114 Zygmunt Bauman, Dialektik der Ordnung, Hamburg 1992 (engl. 1989), S. 27; vgl. ders., Moderne und Ambivalenz, S. 69; ders., Parvenü und Paria, in: Merkur 48 (1994), S. 237-248, hier: S. 247. 115 Bauman, Moderne und Ambivalenz, S. 46, 52, 65, 69; vgl. ders., Die Lager, in: Dahlmann/Hirschfeld (Hrsg.), Lager, Zwangsarbeit, Vertreibung und Deportation, S. 53-65, hier: S. 58; vgl. dazu ferner auch Omer Bartov, Mirrors of Destruction, Oxford 2000, S. 105, 151; Yehuda Bauer, Die dunkle Seite der Geschichte, Frankfurt a.M. 2001, S. 111, 115; Burkhard Liebsch, Vom 111
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listischen Rassismus begreift er als „genuin modernes Produkt". Die NSHerrschaft, so meint er, sei „ein gigantisches Projekt des Social Engineering" gewesen, der Holocaust „ein legitimer Bewohner im Haus der Moderne", ein „legitime^] Kind[...] des modernen Geistes". Mehr noch: Er nennt den Holocaust „die reine Form der Moderne", eine ,,Übung[...] in kreativer Vernichtung", die - „als heilende[r] chirurgischefr] Eingriff [...] gedacht" - nicht nur auf die Vervollkommnung nachfolgender Generationen, sondern bereits auf die der gegenwärtigen Generation gezielt habe. 116 Offenbar habe der von den Nationalsozialisten verübte Genozid „ein verborgenes Antlitz derselben modernen Gesellschaft zutage gefordert [...], deren Erscheinungsbild uns so vertraut ist". 117 Deswegen deutet er - die zentrale Rolle Hitlers freilich stark vernachlässigend - den Massenmord an den europäischen Juden auch als das „Resultat eines einzigartigen Zusammentreffens im Grunde normaler und gewöhnlicher Faktoren". 118 Hermann Lübbes Ansicht nach besaß die nationalsozialistische Vemichtungspolitik eine „technische, sogar wissenschaftlich-technische, organisationstechnische und psychotechnische Rationalität". Ähnlich wie Bauman begreift er sie sogar als einen „Vorgang nach Maßgaben ideologischer Rationalität". Der NS-Terror sei ein „politisches Phänomen" gewesen, „das einzig im Kontext der modernen Zivilisation verständlich gemacht werden" könne: „nämlich als politische Konsequenz des Versuchs, den Desorientierungsfolgen des eigenen Gescheitertseins an den Herausforderungen der [...] Moderne in die Gewißheiten einer Geschichtsideologie zu entkommen, die einen in die Rolle des Endsiegers einsetzt".119 Saul Friedländer jedoch hebt insbesondere die Bedeutung des „Erlösungsantisemitismus" für die Vernichtungspolitik des NS-Regimes hervor. Neben der Modernität des Holocaust, so gibt er zu bedenken, dürfe nicht dessen „mythische", „religiös-eschatologische"
Versprechen, das wir sind, in: Dabag/Platt (Hrsg.), Genozid und Moderne, S. 39-80, hier: S. 61, 74f. 116 Bauman, Dialektik der Ordnung, S. 3 1 , 7 6 , 81f., 87; ders., Die Lager, S. 58; ders., Moderne und Ambivalenz, S. 4 5 ; ders., Gesprächsbeitrag, in: Harald Welzer (Hrsg.), A u f den Trümmern der Geschichte, Tübingen 1999, S. 100; vgl. ders., The Duty to Remember - But What?, in: James Kaye/Bo Sträth (Hrsg.), Enlightenment and Genocide, Contradictions o f Modernity, Frankfurt a.M. u.a. 2 0 0 0 , S. 3 1 - 5 7 ; vgl. auch Manfred Faßler, Geschichte als Zucht, in: Hartmut Schröter/Sabine Gürtler (Hrsg.), Parabel - Ende der Geschichte, Münster 1986, S. 56-68, hier bes.: S. 57, 6 2 ; Henry A. Feingold, How Unique is the Holocaust?, in: Alex Grobmann/David Landes (Hrsg.), Genocide, Los Angeles 1983, bes. S. 398f.; Rubenstein, Cunning o f History, S. 2 9 ; vgl. ferner Eric Markusen/David Kopf, The Holocaust and Strategie Bombing, Boulder u.a. 1995, S. 42f.; Michael R. Marrus, Reflections on the Historiography o f the Holocaust, in: J M H 66 (1994), S. 9 2 - 1 1 6 , hier: S. 98f.; Rabinbach, Nationalsozialismus und Moderne, S. 109; dazu kritisch: Burleigh, Ethics and Extermination, S. 181; Rosemary H.T. O'Kane, Terror, Force and States, Cheltenham/Brookfield 1996, S . 2 6 - 4 7 . 117 Bauman, Dialektik der Ordnung, S. 2 1 , 2 3 7 . 118 Ebd., S. 12f.; vgl. auch Eberhard Jäckel, Der SS-Intellektuelle, in: Die Zeit, 2 9 . 3 . 1 9 9 6 ; ders., Das deutsche Jahrhundert, Stuttgart 1996, S. 11 Off.; zu der Deutung des Holocaust aus der Sicht anderer bekannter Theoretiker der Postmodeme vgl. überdies Alan Milchman/Alan Rosenberg (Hrsg.), Postmodernism and the Holocaust, Amsterdam/Atlanta 1998. 1 , 9 Hermann Lübbe, Rationalität und Irrationalität des Völkermords, in: Loewy (Hrsg.), Holocaust, S. 83-92, hier: S. 84f.; ders., Terror, in: ders., Modernisierung und Folgelasten, Berlin/Heidelberg 1997, S. 186-191 (zuerst 1993), hier: S. 186f., 190f.; vgl. auch ders., Aufklärung und Terror, in: Hans Maier (Hrsg.), „Totalitarismus" und „Politische Religionen", Paderborn 1996, S. 4 0 1 - 4 1 1 , hier bes.: S. 4 1 1 ; ders., Totalitäre Rechtgläubigkeit, in: Maier (Hrsg.), Wege in die Gewalt, S. 3753, hier: S. 52.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
Dimension vernachlässigt werden: „With regard to the Nazi myth of the Jew, archaic religious themes and so-called modern scientific theories were interwoven in a multifaceted representation of the archenemy of the Volk". Die Genese der „Endlösung" verortet Friedländer - abgesehen von Hitlers zentraler Rolle in diesem Prozeß - vornehmlich in der Kooperation „radikaler Antisemiten" mit „diverse categories of more scientifically' oriented race specialists".120 Für Omer Bartov waren Antisemitismus, Nationalsozialismus und Holocaust „extreme and yet characteristic outgrowths of modernity", waren „part and parcel of a phase in European civilization that blended modernity and premodernity into an often dangerously explosive mixture". „Industrial killing and militarized genocide", so Bartov, „were not merely the outcome of a crisis of modernity, but were and remain an extreme potential of the modem state and society". 121 Während die Vemichtungspolitik des NS-Regimes ein „historisch einzigartiges Ereignis" darstellt, war ihre Möglichkeit - wie auch Enzo Traverso betont - „in der Normalität der modernen Gesellschaft angelegt". 122 Während sich Hitler gewiß als „Sonderfall"123 in der modernen Geschichte ausnimmt, läßt sich mit Hannah Arendt auf der bürokratischen Planungsebene eine Art „Banalität des Bösen" beobachten. Arendt sah diese vor allem in Adolf Eichmann verkörpert, der als Prototyp des auf bloße rationale Funktionalität (jenseits jeder moralischen Beurteilung des Zieles) fixierten Bürokraten in seiner schrecklichen und erschreckenden Normalität moderner Durchschnittsmensch und Organisator des Massenmordes zugleich war. 124 Arendt wies auf die tödliche Rationalität der Bürokraten, Ärzte und Ingenieure hin, 120 Saul Friedländer, The Extermination o f the European Jews in Historiography, in: Omer Bartov (Hrsg.), The Holocaust, London/New York 2 0 0 0 , S. 79-91 (zuerst 1997), hier: S. 83f., 8 7 ; vgl. ferner ders., Die „Endlösung", in: Pehle (Hrsg.), Der historische Ort des Nationalsozialismus, S. 8 1 - 9 3 , hier: S. 9 2 ; zu dem Begriff des „Erlösungsantisemitismus" vgl. überdies ders., Das Dritte Reich und die Juden, Bd. 1, München 1998 (am. 1997), bes. S. 101 ff. 121 Bartov, Murder in Our Midst, S. 67, 69, 231, Anm. 4 4 (Hervorhebungen im Original); vgl. auch ders., Mirrors o f Destruction, S. 165f., 180f.; ders., Utopie und Gewalt, S. 106ff. 122 Traverso, Auschwitz denken, S. 3 5 0 (Hervorhebung im Original). 123 Klaus Hildebrand, Der deutsche Eigenweg, in: Manfred Funke u.a. (Hrsg.), Demokratie und Diktatur, Düsseldorf 1987, S. 15-34, hier z.B.: S. 2 4 f „ 30f. 124 Vgl. Hannah Arendt, Eichmann in Jerusalem, 9. Aufl. München/Zürich 1999 (zuerst 1964); vgl. auch Hans Safrian, Eichmann und seine Gehilfen, Neuausg. Frankfurt a.M. 1995 (zuerst 1993); vgl. ferner Christopher R. Browning, Bürokratie und Massenmord, in: ders. Der Weg zur „Endlösung", Bonn 1998, S. 105-125 (zuerst 1988), hier: S. 123; Henry Friedlander, The T 4 Killers, in: Michael Berenbaum/Abraham J. Peck (Hrsg.), The Holocaust and History, Bloomington/Indianapolis 1998, S. 2 4 3 - 2 5 1 ; vgl. dazu überdies Fabio Ciaramelli, From Radical Evil to the Banality o f Evil, in: Milchman/Rosenberg (Hrsg.), Postmodernism and the Holocaust, S. 101-112; Roland W. Schindler, Rationalität zur Stunde Null, Berlin 1998, S. 104ff.; Enzo Traverso, Auschwitz denken, Hamburg 2 0 0 0 , S. 138-149. Auch auf der Ebene eines hinter der Front eingesetzten Bataillons der Ordnungspolizei hat Christopher R. Browning eher gewöhnliche Motive als einen ideologisch-antisemitischen Fanatismus entdecken können: Christopher R. Browning, Ganz normale Männer, Neuausg. Reinbek bei Hamburg 1999 (am. 1992); ders., Die Debatte über die Täter des Holocaust, in: Herbert (Hrsg.), NS-Vemichtungspolitik, S. 1 4 8 - 1 6 9 ; ders., Ordinary Germans or Ordinary Men?, in: Berenbaum/Peck (Hrsg.), Holocaust and History, S. 2 5 2 - 2 6 5 ; ders., Judenmord, Frankfurt a.M. 2001 (am. 2 0 0 0 ) , S. 2 1 9 - 2 5 7 ; vgl. dazu auch Raul Hilberg, Täter, Opfer, Zuschauer, Frankfurt a.M. 1992; Kühne, Vernichtungskrieg und „ganz normale" Deutsche, S. 6036 0 9 ; Michael R. Marrus, Reflections on the Historiography o f the Holocaust, in: J M H 6 6 (1994), S. 9 2 - 1 1 6 , hier: S. 1 0 8 - 1 1 1 ; Hans Mommsen, Barbarei und Genozid, in: ders., Von Weimar nach Auschwitz, Stuttgart 1999, S. 2 6 8 - 2 8 2 , hier: S. 272f.; vgl. femer Christian Gerlach (Hrsg.), „Durchschnittstäter", Berlin 2 0 0 0 ; Gerhard Paul (Hrsg.), Die Täter der Shoah, Göttingen 2 0 0 2 .
5. Rassenpolitik
195
in der Maschinerie dieses „Verwaltungsmassenmordes" unermüdlich „Verbesserungen" zu erdenken, um die „Produktionskapazität der Leichenfabriken zu erhöhen". 125 Diesen sich häufig in eigenen Initiativen und Vorschlägen der Bürokraten manifestierenden Drang nach stetiger Verbesserung der Effektivität des Massenmordes hat auch Yaacov Lozowick herausgearbeitet, der indes Arendts These von der „Banalität des Bösen" nicht zu stützen vermag: „Das Böse Eichmanns und seiner Kameraden", so konstatiert er, „hatte nichts Banales an sich".126 „Nazi rule", so bemerkt Michael Geyer im übrigen, „was increasingly organized by technocrats and managers in a process that amounted to a professionalization of the totalitarian project". Dieser jungen, zunehmend an Einfluß gewinnenden Experten-Elite sei es vornehmlich um „the maximization of institutional efficiency" gegangen.127 Ulrich Herbert hat in seiner vielbeachteten Arbeit über Werner Best zudem dargelegt, daß sich in der aufstrebenden akademischen Elite der zwanziger Jahre, in der sogenannten „Kriegsjugendgeneration", vor dem Hintergrund rassenbiologischer und völkischer Theorien ein Ethos der „Sachlichkeit" und einer „spezifischen Form der Vernunft", ja, einer radikalen Rationalität und ökonomistischen Effizienz herausgebildet habe, das der Maxime gefolgt sei, „die Sache über das Persönliche zu stellen".128 Michael Wildt spricht in seiner gruppenbiographischen Studie über das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes auch von einer „Generation des Unbedingten".129 Für Robert Jay Lifton und Eric Markusen erklärt dagegen insbesondere das psychische Phänomen der „Dopplung" die sich angeblich im Prozeß der Massenvernichtung vollziehende Metamorphose der „Vemichtungsspezialisten"130 von Dr. Jekyll in Mr. Hyde. Ein funktionales zweites Selbst habe sich herausgebildet, das zwar dem eigentlichen Selbst verbunden geblieben sei, das aber in gewisser Weise eigenständig gewirkt habe. Durch diesen Schutzmechanismus sei das Töten nicht als Mord, sondern als „Heilung", als „Therapie", als endgültige - und vor allem rational begründbare - Beseitigung der Vernichtungsdrohung gegenüber dem „Volkskörper" erschienen. Dadurch seien Moralität und Rationalität voneinander getrennt worden.131 Bereits Raul Hilberg gelangte in seiner großen Studie über Die Vernichtung der europäischen Juden zu dem Schluß, daß „sich die Vernichtungsmaschinerie nicht grundlegend vom deutschen Gesellschaftsgefüge insgesamt" unterschieden habe; 125
Arendt, Elemente und Ursprünge, S. 408,934, Anm. 138; dies., Eichmann, S. 58. Lozowick, Hitlers Bürokraten, S. 22; vgl. auch ebd., S. 336ff. 127 Michael Geyer, The Stigma of Violence, Nationalism, and War in Twentieth-Century Germany, in: German Studies Review, Special Issue: German Identity, Winter 1992, S. 75-110, hier: S. 99. 128 Ulrich Herbert, Best - Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft 1903-1989, Bonn 1996, S. 12, 44; vgl. ebd., S. 522, 528; ders., Politique d'extermination, S. 250ff.; ders., „Generation der Sachlichkeit", in: Bajohr u.a. (Hrsg.), Zivilisation und Barbarei, S. 115-144; vgl. auch Kühne, Vernichtungskrieg und „ganz normale" Deutsche, S. 615-618; Gerhard Paul, Von Psychopathen, Technokraten des Terrors und „ganz gewöhnlichen" Deutschen, in: ders. (Hrsg.), Täter der Shoah, S. 13-90, hier: S. 43ff.; Harald Welzer, Massenmord und Moral, in: Dabag/Platt (Hrsg.), Genozid und Moderne, S. 254-272, hier: S. 258-270; vgl. femer Jens Banach, Heydrichs Elite, 3. durchges. u. erw. Aufl. Paderborn u.a. 2002 (zuerst 1998). 129 Michael Wildt, Generation des Unbedingten, Hamburg 2002. 130 Grode, Nationalsozialistische Moderne, S. 173. 131 Vgl. Robert Jay Lifton/Eric Markusen, Die Psychologie des Völkermordes, Stuttgart 1992 (am. 1990), S. 109-119, 209-214; Lifton, Ärzte, S. 490-559; dazu kritisch: Schmuhl, Selbstverständlichkeit des Tötens, S. 437ff.; Darjosh Sedghi, Dopplung als Leugnung, in: Welzer (Hrsg.), Nationalsozialismus und Moderne, S. 184-207; abwägend: Bock, Sterilization, S. 169f. 126
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
vielmehr sei sie „nichts anderes" gewesen „als eine besondere Rolle der organisierten Gesellschaft". Eingebettet in eine rationale Verwaltungsmaschinerie, deren Signum vornehmlich in der Verabsolutierung von Teilzwecken bestand, konnten die Bürokraten des Holocaust „ein ganzes Volk vernichten, ohne ihren Schreibtisch zu verlassen".132 Auch Götz Aly und Karl Heinz Roth erscheinen nicht wenige Mechanismen des NS-Terrorregimes - insbesondere dessen „bürokratisch-wissenschaftliche Techniken" - als „die normalen, in extremer Weise genutzten, aber durchaus nicht anrüchigen Methoden des modernen Staates".133 Vor allem die erhebliche Distanz zwischen Plan und konkreter Ausführung, welche die moralische Tragweite und die Dimension des eigenen Handelns zuweilen verschleierte, mag zu der Erklärung beitragen, wie ein solch grausames Unternehmen wie der Holocaust möglich wurde. Seine Opfer wurden für Schreibtischtäter wie Adolf Eichmann beinahe „unsichtbar". Für sie war es gleichsam ein Töten „auf Distanz".134 Benno Müller-Hill hat überdies betont, daß es auch eine Folge der modernen wissenschaftlichen Praxis sei, daß „die andere Person" aus dem Blick gerate, da diese auf eine Ziffer reduziert, also entmenschlicht und anonymisiert werde.135 Freilich darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich die meisten von „Hitlers Bürokraten" ihres - ideologisch motivierten - Tuns „vollständig bewußt" waren, wie Yaacov Lozowick betont hat.136 Henry Friedlander hat zudem daraufhingewiesen, daß viele der „Schreibtischtäter" der „Aktion T4" die Tötungsanstalten selbst besucht hätten.137 Angesichts neuerer Forschungsergebnisse hält Gerhard Paul das „Paradigma vom bürokratischen, anonymen und industriellen Prozeß, von den Tätern, die den Massenmord innerlich nicht bejahten oder ihm neutral gegenüberstanden", sogar für „im Kern erschüttert".138 Und Dan Diner hat ferner zu bedenken gegeben, daß die Betonung der „unpersönlichen Merkmale der Arbeitsteiligkeit der Tat" dahin tendiere, „den Rest des identifizierbaren schuldhaften Verhaltens in einem exkulpierenden Nichts aufzulösen". 139 Gleichwohl aber trug die moderne, in hohem Maße spezialisierte und arbeitsteilige Bürokratie mit dazu bei, dem Holocaust jene
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Raul Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, Bd. 3, 9. durchges. u. erw. Aufl. Frankfurt a.M. 1999 (am. 1961), S. 1062,1093; vgl. auch Marrus, Reflections, S. 97f. 133 Götz Aly/Karl Heinz Roth, Die restlose Erfassung, Überarb. Neuausg. Frankfurt a.M. 2000 (zuerst 1984), S. 163; dazu kritisch: J. Adam Tooze, Statistics and the German State 1900-1945, Cambridge u.a. 2001, S. 37ff., 285ff.; vgl. ferner Edwin Black, IBM und der Holocaust, München/Berlin 2001. 134 Bauman, Dialektik der Ordnung, S. 38f.; vgl. auch Jörg Balcke, Verantwortungsentlastung durch Organisation, Tübingen 2001; Giesen, Antisemitismus, S. 236f.; Eric Markusen, Genocide and Total War, in: Wallimann/Dobkowski (Hrsg.), Genocide and the Modern Age, S. 97-123, hier: S. 116f.; ders./Kopf, Holocaust and Strategie Bombing, S. 231 f.; Roger W. Smith, Human Destructiveness and Politics, in: Wallimann/Dobkowski (Hrsg.), Genocide and the Modem Age, S. 21-39, hier: S. 33; Michael Zimmermann, Völkermord und bürgerliche Normalität, in: Faulenbach/Jelich (Hrsg.), Reaktionäre Modernität und Völkermord, S. 51-58, hier: S. 51 f.; vgl. hingegen Paul, Psychopathen, Technokraten des Terrors und „ganz gewöhnliche" Deutsche, S. 53ff., 61ff. 135 Vgl. Benno Müller-Hill, Tödliche Wissenschaft, Reinbek bei Hamburg 1984, S. 100; vgl. auch Bauman, Moderne und Ambivalenz, S. 68f.; Gutberger, Volk, S. 477f., 481. 136 Lozowick, Hitlers Bürokraten, S. 22; vgl. auch ebd., S. 79, 330, 337ff. 137 Vgl. Friedlander, T4 Killers, S. 245. 138 Paul, Psychopathen, Technokraten des Terrors und „ganz gewöhnliche" Deutsche, S. 64; vgl. etwa auch Henry Friedlander, Physicians as Killers in Nazi Germany, in: Nicosia/Huener (Hrsg.), Medicine and Medical Ethics, S. 59-76. 139 Diner, Perspektiven wähl, S. 103.
5. Rassenpolitik
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technisch-administrative Effizienz zu verleihen, die ihn von manch anderen Genoziden des 20. Jahrhunderts140 unterscheidet141; auch wenn hier einschränkend hinzuzufügen ist, daß in der „modernen Barbarei" der NS-Herrschaft die „fabrikmäßig betriebene Menschenvernichtung nur einen Ausschnitt des gesamten Ausrottungsprozesses" darstellte.142 Ulrich Herbert zufolge machte „die Zahl deijenigen Juden, die in einem der großen Tötungszentren durch Gas erstickt wurde, [...] etwa 60% der sechs Millionen ermordeten Juden" aus, so daß der Holocaust „zu einem ganz erheblichen Teil eine Menschenvernichtung in sehr traditionellen, nachgerade archaischen Formen mit einer entsprechend hohen Zahl von Direkttätern" gewesen sei. 143 So waren es vornehmlich die nationalsozialistischen Vernichtungslager, denen Zygmunt Bauman zufolge als „Kondensat einer totalitären Herrschaft" eine „eigene, finstere Rationalität" zukam.144 Schon Hannah Arendt hat die These aufgestellt, daß es „aufs genaueste den Erfahrungen modemer Massen von ihrer eigenen Überflüssigkeit in einer übervölkerten Welt und der Sinnlosigkeit dieser Welt selbst" entsprochen habe, „in den Laboratorien der Konzentrationslager das Überflüssigwerden von Menschen herauszuexperimentieren".145 Auf hoher Abstraktionsebene hat zudem Wolfgang Sofsky das Konzentrationslager als Phänomen beschrieben, das „in die Geschichte der modernen Gesellschaft" gehöre: „Auf den Schlachtfeldern der Massenkriege wurde die Vemichtungskraft modemer Technik erprobt, in den Schlachthäusern der Konzentrationslager die Zerstörungsmacht moderner Organisation".146 Ähnlich wie Bauman hat auch Gerhard Armanski den Terror im Konzentrationslager - diesem „Falltor des Fortschritts" - als „die destruktive Seite der Zivilisation", als „ein negatives Entwicklungspotential der Moderne" entlarvt.
140 Zu der verstärkt seit den neunziger Jahren betriebenen vergleichenden Genozidforschung vgl. insbesondere Dabag/Platt (Hrsg.), Genozid und Moderne; Stig Förster/Gerhard Hirschfeld (Hrsg.), Genozid in der modernen Geschichte, Münster 1999; Joel Kotek/Pierre Rigoulot, Das Jahrhundert der Lager, Berlin 2001 (franz. 2000); Mark Mazower, Violence and the State in the Twentieth Century, in: AHR 107 (2002), S. 1158-1178; Norman M. Naimark, Fires of Hatred, Cambridge (Mass.)/London 2001; Yves Temon, Der verbrecherische Staat, Hamburg 1996 (franz. 1995); Wallimann/Dobkowski (Hrsg.), Genocide and the Modem Age. 141 Vgl. Bauman, Dialektik der Ordnung, S. 39; ders., Moderne und Ambivalenz, S. 69; vgl. auch Gerhard Armanski, Maschinen des Terrors, Münster 1993, S. 97f., 101; Bartov, Defining Enemies, S. 804; Bemd Hüppauf, Modernity and Violence, in: ders. (Hrsg.), War, Violence and the Modern Condition, Berlin/New York 1997, S. 1-29, hier: S. 4; Herve Joly, L'implication de l'industrie chimique allemande dans la Shoah, in: Revue d'histoire moderne et contemporaine 47 (2000), S. 368-400, hier: S. 397; Reinhard Kreissl, Zwischen Moral und Theorie, in: Schneider (Hrsg.), „Vernichtungspolitik", S. 77-87, hier: S. 85; Traverso, Auschwitz denken, S. 339ff. 142 Mommsen, Barbarei und Genozid, S. 273f., 277. 143 Herbert, Vernichtungspolitik, S. 57; vgl. Bogdan Musial, Deutsche Zivilverwaltung und Judenverfolgung im Generalgouvernement, Wiesbaden 1999; Pohl, Judenverfolgung, S. 405; vgl. aber auch Peter Black, Central Intent or Regional Inspiration?, in: CEH 33 (2000), S. 533-549, hier: S. 537. 144 Zygmunt Bauman, Das Jahrhundert der Lager?, in: Dabag/Platt (Hrsg.), Genozid und Moderne, S. 81-99, hier: S. 92f., 98; vgl. ders., Die Lager, S. 61,65. 145 Arendt, Elemente und Ursprünge, S. 938; vgl. auch dies., Die vollendete Sinnlosigkeit, in: dies., Nach Auschwitz, hrsg. von Eike Geisel u. Klaus Bittermann, Berlin 1989, S. 7-30 (zuerst 1950); zu Arendts Deutung der NS-Vernichtungspolitik als eines Produktes der Moderne (bzw. ihrer Krise) sowie insbesondere der modernen institutionalisierten Formen der Gewalt vgl. überdies Schindler, Rationalität zur Stunde Null, S. 97ff. 146 Wolfgang Sofsky, Die Ordnung des Terrors, Frankfurt a.M. 1993, S. 315.
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II. Das „Dritte Reich": Ein Phänomen der Moderne
Der Holocaust, so meint er, stelle „keine Negation der Normalität dar, sondern ihre monströse Perhorreszierung, keinen Betriebsunfall, sondern einen Fehler in der Anlage", die Moderne heiße. Die Konzentrationslager seien „Erfindungen des Geistes und der Praxis der Moderne" gewesen: „arbeitsteilig, hoch wirksam, amoralisch und gleichgültig".147 Wie Thomas Lindenberger und Alf Lüdtke schreiben, war es daher nicht nur die „Rationalität biologistischer Raum- und Rassenlehren", sondern auch „die Faszination offenbar perfekter Administration", die „eine industrielle Massenvernichtung [befeuerte], deren Brutalität nur ihre Modernität reflektierte".148 Demnach war es nicht zuletzt auch die Modernisierung, die in hohem Maße die „Perfektionierung des Mordens" mit ermöglichte.149 Diners Diktum vom „Zivilisationsbruch"150, das sich von Norbert Elias' Ausspruch über den „schweren Zusammenbruch der Zivilisation"151 ableiten läßt, erscheint jedoch insofern nachvollziehbar, als damit gemeint ist, „daß die fur moderne Gesellschaften konstitutiven zivilisatorischen Elemente der Weltdeutung und des Selbstverständnisses durch den Holocaust faktisch negiert wurden"152. Es waren dies jene „christlich-humanistisch-zivilisatorische[n] Selbstverständlichkeiten, die außerhalb aller Diskussion standen" - wie Sebastian Haffner in seinen Erinnerungen geschrieben hat - , die nun durch die „Zivilisationskatastrophe" der NSHerrschaft, durch die „Entfesselung und Hochzüchtung jener sadistischen Instinkte, deren Niederhaltung und Abtötung das Werk eines vieltausendjährigen Zivilisationsprozesses war", unweigerlich in Frage gestellt worden waren.153 Daraus sollte freilich nicht folgen, das „Dritte Reich" und den Holocaust gleichsam aus der Geschichte der Moderne und der Zivilisation zu eskamotieren. Statt von einem „Zivilisationsbruch" könnte man etwa auch von einem „Zivilisationsschock" (Istvän Deäk) sprechen.154
147 Armanski, Maschinen des Terrors, S. 11, 18,47, 51, 187; ders., Das Lager (KZ und GULag) als Stigma der Moderne, in: Matthias Vetter (Hrsg.), Terroristische Diktaturen im 20. Jahrhundert, Opladen 1996, S. 157-171, hier: S. 158, 160; vgl. ders., Die Gewaltmaschine, in: ders./Jens Warburg (Hrsg.), Der gemeine Unfrieden der Kultur, Würzburg 2001, S. 225-238; vgl. zudem Balcke, Verantwortungsentlastung durch Organisation, bes. S. 52ff.; Naimark, Fires of Hatred, S. 7ff.; Johannes Tuchel, Dimensionen des Terrors, in: Dahlmann/Hirschfeld (Hrsg.), Lager, Zwangsarbeit, Vertreibung und Deportation, S. 371-391, hier: S. 389. 148 Thomas Lindenberger/Alf Lüdtke, Physische Gewalt - eine Kontinuität der Moderne, in: dies. (Hrsg.), Physische Gewalt, Frankfurt a.M. 1995, S. 7-38, hier: S. 19. 149 Günter de Bruyn, Das erzählte Ich, Frankfurt a.M. 1995, S. 52; vgl. auch Norbert Elias, Studien über die Deutschen, 3. Aufl. Frankfurt a.M. 1998 (zuerst 1976), S. 399. 150 Dan Diner (Hrsg.), Zivilisationsbruch, Frankfurt a.M. 1988. 151 Elias, Über die Deutschen, S. 514; ähnlich übrigens auch: Ian Kershaw, Hitler, Bd. 2, Stuttgart 2000, S. 1081; Hans-Ulrich Thamer, Der Nationalsozialismus, Stuttgart 2002, S. 15,413. 15Z Jörn Rüsen, Die Logik der Historisierung, in: Gertrude Koch (Hrsg.), Bruchlinien, Köln u.a. 1999, S. 19-60, hier: S. 39 (Hervorhebungen vom Verfasser). 153 Sebastian Haffher, Geschichte eines Deutschen, Stuttgart/München 2000, S. 101, 135, 140. 154 Istvän Deäk, zitiert nach von Hehl, NS-Herrschaft, S. 49; vgl. auch Dan Diner, Das Jahrhundert verstehen, München 1999, S. 65f.; Traverso, Auschwitz denken, S. 354; vgl. ferner Abram de Swaan, Zivilisierung, Massenvemichtung und der Staat, in: Leviathan 28 (2000), S. 192-201.
Schlußbetrachtung
Die Moderne in ihrer fundamentalen Ambivalenz, in ihren Antinomien und Widersprüchen1 jenseits von teleologischen geschichtsphilosophischen Modellen wahrzunehmen bedeutet, zwischen der Skylla einer modemisierungstheoretischen Apologie und der Charybdis einer kulturkritischen Verdammung des modernen Zeitalters als „Grand Hotel Abgrund" (Georg Lukacs) hindurchzusteuern. Im Wissen um das Ende jeglicher „Meta-Erzählungen" und somit auch um die evidenten Mängel der Modernisierungstheorie - die in ihrer klassischen, sinnstiftenden Form das Erbe der Aufklärung idealisierte und den Status quo der westlichen Industrienationen gleichsam heiligsprach - sollte „Modernisierung" nicht mit einem geraden, ebenen Weg in die demokratische Moderne verwechselt werden, einem Weg, lediglich unterbrochen durch einige mehr oder minder tiefe Schlaglöcher der Geschichte, deren tiefstes, abgründigstes das „Dritte Reich" darstellt. Statt einer unhistorischen „retrospektiven Fatalitätsillusion"2 zu erliegen, sollte die grundsätzliche Offenheit geschichtlicher Prozesse, ihre unabweisbare Kontingenz, die „andauernde Relevanz des Unerwarteten" 3 akzeptiert werden. In einer kontrafaktischen Reflexion hat beispielsweise Hans Joas auf die Möglichkeit hingewiesen, daß mit einem Sieg Hitlers „an die Stelle des von der Modernisierungstheorie beschriebenen Syndroms von Entwicklungen ein konkurrenz- und überlebensfähiges Modell ohne die normativen Gehalte der westlichen Kulturtradition getreten wäre". Er plädiert deswegen dafür, „die Entstehung der Moderne nicht länger in evolutionistischen Begriffen, sondern als Resultat einer kontingenten historischen Konstellation zu deuten".4 Schon M. Rainer Lepsius hat Ende der
' Vgl. etwa Ulrich Beck, Risikogesellschaft - Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt a.M. 1986, S. 219; Daniel Bell, Contradictions of Modernity, in: Society 27 (1990), No. 3, S. 4350; Shmuel N. Eisenstadt, Die Antinomien der Moderne, Frankfurt a.M. 1998; ders., Die Vielfalt der Moderne, Göttingen 2000; Bernhard Giesen, Kulturelle Vielfalt und die Einheit der Moderne, in: Leviathan 24 (1996), S. 93-108, hier: S. 108; Armin Nassehi, Differenzierungsfolgen - Beiträge zur Soziologie der Moderne, Opladen 1999, S. 11; Johannes Weiß, Antinomien der Moderne, in: Max Miller/Hans-Georg Soeffner (Hrsg.), Modernität und Barbarei, Frankfurt a.M. 1996, S. 211218. 2
Raymond Aron, Les guerres en chaine, Paris 1951, S. 110. Modris Eksteins, Der Große Krieg, in: Rainer Rother (Hrsg.), Die letzten Tage der Menschheit, Berlin 1994, S. 13-22, hier: S. 18. 4 Hans Joas, Die Modernität des Krieges, in: Wolfgang Knöbl/Gunnar Schmidt (Hrsg.), Die Gegenwart des Krieges, Frankfurt a.M. 2000, S. 177-193 (zuerst 1996), hier: S. 188, 192; vgl. auch ders., Einleitung, in: ders., Kriege und Werte, Göttingen 2000, S. 11-45, hier: S. 12f., 29ff.; vgl. 3
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sechziger Jahre darauf hingewiesen, daß sich der von der klassischen Modernisierungstheorie unterstellte Konnex zwischen Industrialisierung und Demokratisierung, zwischen „Sozialstruktur und politischer Ordnung" aufgrund seiner empirischen Unhaltbarkeit in „eine nicht näher definierte Wechselbeziehung" auflöse: „Ob die Modernisierung im Sinne von Industrialisierung die Demokratisierung fördert oder hindert, ist [...] eine offene Frage, die historisch höchst unterschiedliche Antworten findet. Zwischen beiden Prozessen besteht jedenfalls keine Synchronisation."5 Ebenso erscheint es Thomas Rohkrämer nur „wenig sinnvoll, Demokratisierung zu einem notwendigen Kriterium von Modernisierung zu erklären", da sich in den letzten zweihundert Jahren „Gesellschaften mit hochentwickelten und zweckrationalen Systemen zur gesellschaftlichen Integration und materiellen Reproduktion mit verschiedensten politischen Systemen verbunden haben und es somit empirisch betrachtet keinen notwendigen Zusammenhang zwischen Industrialisierung und freiheitlicher Staatsform gibt".6 Wenngleich vor dem Hintergrund der historischen Entwicklungen während der vergangenen Jahrzehnte die Vermutung sicherlich nicht unbegründet erscheint, daß demokratische Herrschaftsformen ein größeres Zukunftspotential in sich bergen als diktatorische7, läßt sich unter der Perspektive der grundsätzlichen Kontingenz der Geschichte sowie aus dem Blickwinkel der unauflöslichen Ambivalenz der Moderne mit guten Gründen fur einen kritischen, seiner normativen Implikationen entkleideten Begriff der Modernisierung - wie auch der Modernität - argumentieren. Nur auf diese Weise kann der Erkenntnis ausreichend Rechnung getragen werden, daß sich Modernisierung und Inhumanität nicht notwendigerweise ausschließen müssen, daß eine inhumane Modernisierung keineswegs eine contradictio in adjecto darstellen muß. 8 „Rien ne prouve", so hat Raymond Aron formuliert, „que les hommes des societes rationalisees seront plus raisonnables ou plus humanitaires que ceux des societes traditionnelles".9 ferner Mark Mazower, Der dunkle Kontinent, Berlin 2000 (engl. 1998), S. 12; vgl. hingegen Michael Prinz, Nachwort, in: ders./Rainer Zitelmann (Hrsg.), Nationalsozialismus und Modernisierung, 2. erw. Aufl. Darmstadt 1994 (zuerst 1991), S. 335-361, hier: S. 357; Hans-Ulrich Thamer, Der Nationalsozialismus, Stuttgart 2002, S. 420,429,432,468. 5 M. Rainer Lepsius, Demokratie in Deutschland als historisch-soziologisches Problem, in: ders., Demokratie in Deutschland, Göttingen 1993, S. 11-24 (zuerst 1969), hier: S. 12; vgl. auch Jörg Rössel, Mobilisierung, Staat und Demokratie, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 52 (2000), S. 609-635, hier: S. 609,630. 6 Thomas Rohkrämer, Eine andere Moderne?, Paderborn u.a. 1999, S. 30. 7 So hat für Hans-Ulrich Thamer „das gescheiterte sowjetische Experiment bewiesen [...], daß langfristig Modernisierung ohne politische Demokratisierung nicht möglich ist" (Hans-Ulrich Thamer, Verführung und Gewalt, Neuausg. Berlin 1998 [zuerst 1986], S. XVI; vgl. auch ders., Nationalsozialismus, S. 420). 8 Vgl. etwa Jon Mathieu, Trendinflation und Trendselektion, in: GG 26 (2000), S. 519-534, hier: S. 529; Käte Meyer-Drawe, „Projekt der Moderne" oder Antihumanismus - Reflexionen zu einer falsch gestellten Alternative, in: Dietrich Benner u.a. (Hrsg.), Erziehungswissenschaft zwischen Modernisierung und Modernitätskrise, Weinheim/Basel 1992, S. 93-103; Wolfgang Reinhard, Sozialdisziplinierung, Konfessionalisierung, Modernisierung, in: Nada BoSkovska Leimgruber (Hrsg.), Die Frühe Neuzeit in der Geschichtswissenschaft, Paderborn u.a. 1997, S. 39-55, hier: S. 51. 9 Raymond Aron, La theorie du ddveloppement et l'interpretation historique de l'epoque contemporaine, in: ders./Bert F. Hoselitz, Le developpement social, Paris 1965, S. 87-116, hier: S. 116; vgl. auch ders., Industrielle Gesellschaft - Menschlich oder unmenschlich?, Hamburg/ Berlin 1965, S. 14.
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Das „Dritte Reich" war keine Abweichung von dem säkularen Entwicklungsprozeß der Modernisierung; das Potential zu seiner Verwirklichung war als eine von verschiedenen Möglichkeiten in diesem Prozeß angelegt. Wenn auch selbst nur partiell modernisierend und innovativ wirkend, war jener moderne totalitäre „Rassenstaat" in seinem Kem ausgesprochen vorwärtsgewandt und zukunftsgerichtet und nicht zuletzt auch deswegen für viele Zeitgenossen so attraktiv (auf andere freilich wirkte er aus eben jenem Grunde abstoßend und gefährlich). Daß die NSHerrschaft - die sich nicht selten traditional, ja zuweilen nachgerade archaisch gewandete - in manchen Schattierungen ihres ideologischen Schleiers anti-modem schimmerte, sollte über deren modernen Kem nicht hinwegtäuschen. Weniger als Gegenentwurf zur Moderne denn als Entwurf einer anderen Moderne läßt sich der Nationalsozialismus begreifen, der insbesondere aus der „Spannung zwischen der technisch-modernistischen Lust an allem Machbaren und der gleichzeitigen Mythologisierung des angeblich Althergebrachten" seine „extremen Energien"10 bezog. Nicht von einem Zurück in eine vormoderne Gesellschaftsform träumte diese Bewegung, vielmehr folgte sie in einer maßlosen Überdehnung ihrer Kräfte dem modernen, hybrid-ambitionierten Möglichkeitsdenken11 und jener gestaltendprojektierenden Ratio, von der sich in Anlehnung an eine Radierung Goyas sagen ließe, daß sie Ungeheuer zu gebären vermag: „El sueno de la razon produce monstruos" 12 . Wohl ist die NS-Herrschaft mit ihrer Utopie einer antiliberalen, organischen, „bereinigten Moderne"13 auch nicht als „pathologische" Form der Moderne zu bezeichnen (wie Detlev Peukert dies getan hat). Viel eher könnte man - neutraler - von einem extremen und totalitären Phänomen der Moderne sprechen, das als deren wahrscheinlich verhängnisvollste Entwicklungsmöglichkeit manche Modernisierungstendenzen durch die Beseitigung parlamentarischer Kontrollfunktionen und bürgerlicher Grundrechte geradezu entfesselte. Auf diese Weise führte das „Dritte Reich" die Ambivalenz der Moderne deutlich vor Augen; schließlich ist der „Schatten der Aufklärung" nicht zuletzt die „Unzuträglichkeit des ungefilterten Lichts"14. Namentlich in dem rationalen, durch die messianische Führergestalt und den Germanenkult bloß metaphysisch überformten Charakter des „Dritten Reiches" sowie in der Leistungsorientierung der nationalsozialistischen Gesellschaft - deren Sedativum neben sozialpolitischen Maßnahmen und dem Zukunftsversprechen des Massenkonsums vornehmlich in einer ausgeprägten Unterhaltungs- und einer in Ansätzen bereits vorhandenen Freizeitindustrie bestand - liegt die moderne, aus der NS-Metaphorik gleichsam herausgelöste Essenz der nationalsozialistischen Herr-
10 Götz Aly, Nationaler Sozialismus, in: ders., Rasse und Klasse, Frankfurt a.M. 2003, S. 70-81 (zuerst 2000), hier: S. 73. " Zum „Möglichkeitssinn" in dem „Gesamtlaboratorium" der Moderne vgl. Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften, Bd. 1, hrsg. von Adolf Frise, neu durchges. u. verb. Aufl. Frankfurt a.M. 1998 (zuerst 1930), S. 16ff., 152. 12 Zu den verschiedenen Lesarten der Radierung Goyas vgl. Wilhelm Hennis, Die Vernunft Goyas und das Projekt der Moderne, in: ders., Politikwissenschaft und politisches Denken, Tübingen 2000, S. 350-368 (zuerst 1994); ders., Der Geist des Rationalismus und die moderne Politik, in: ebd., S. 331-349 (zuerst 1981), hier: S. 333, 348f.; vgl. ferner auch Fred Licht, Goya - Die Geburt der Moderne, München 2001 (span. 2001), S. 142ff. 13 Reinhard Alter, Die bereinigte Moderne, Tübingen 1995. 14 Alexander Demandt, Endzeit? - Die Zukunft der Geschichte, Berlin 1993, S. 92.
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schaft begründet. Ob in der Modernisierung der Arbeitswelt nach den Erkenntnissen der modernen Arbeitspsychologie und Rationalisierungsforschung, ob in der Konzeptionierung eines rationalisierten Massenwohnungsbaus, ob in der „biopolitischen", sozialen Rationalisierung der „deutschen Familie" oder in den Anfangen des modernen Massentourismus: Stets ging es um „die Modernisierung von Lebens· und Arbeitsbedingungen in einem Industrialisierungsprozeß, den man nicht [...] rückgängig zu machen, sondern auf spezifische Weise den eigenen Zielen anzupassen, ja sogar zu forcieren suchte"15 - wobei in der deutschen Bevölkerung Erwartungen geweckt wurden, die (neben den Erfolgen der pseudo-keynesianischen Beschäftigungs- und Konjunkturpolitik des NS-Regimes) in der Nachkriegszeit in nicht geringem Maße zum sozio-ökonomischen Aufschwung der Bundesrepublik beitragen sollten. Durchdrungen von einer ausgeprägten Technikbegeisterung und unterstützt von einem Großteil der deutschen Wissenschaft, strebten Hitler und sein Regime die Errichtung eines hochtechnisierten, ökonomisch fortschrittlichen Staates an, konnten aber etwa hinsichtlich der Arbeitsproduktivität in der Rüstungsindustrie - trotz des Rationalisierungsschubes von 1935/36 und des Durchbruchs von Fordismus und Taylorismus - nur ganz allmählich, in stärkerem Maße erst nach 1942 den Rückstand zu Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika verringern. Bei aller Technikeuphorie trachteten sie indes grundsätzlich nach einer harmonischästhetischen, nicht zuletzt im Autobahnbau sinnfällig gewordenen Versöhnung von Technik und Natur, ohne diesem Wunschbild einer „organischen" Moderne aber vollends gerecht zu werden. Die kulturelle Moderne wurde insbesondere durch die Zwangsemigration vieler ihrer Exponenten sowie durch das Verbot abstrakter Kunst und atonaler Musik in hohem Maße segmentiert und paralysiert. Wenngleich im musischen, vor allem aber im architektonischen und produktgestalterischen Bereich innovatives Potential unter dem „eingeschränkten Pluralismus" der NSHerrschaft durchaus noch seinen Ausdruck fand (wurden doch der BauhausModerne und dem Funktionalismus auch weiterhin Entfaltungsmöglichkeiten geboten), läßt sich insgesamt eher von einer künstlerischen und kulturellen Stagnation in der NS-Zeit sprechen. Für den gesellschaftspolitischen Bereich kann festgehalten werden: Der Nationalsozialismus begünstigte die Erosion traditionaler Bindungen, die Auflockerung und Enttraditionalisierung der Sozialstruktur der deutschen Gesellschaft, auch wenn diese Modernisierung angesichts eines zuweilen doch beträchtlichen Persistenzvermögens des ruralen und religiösen Milieus regional sehr unterschiedlich ausfiel. Dem „Volkspartei"-Charakter der NSDAP gemäß und die Ideologie der „Volksgemeinschaft" nicht bloß im propagandistischen Äther belassend, vermochte er in nicht geringem Maße die soziale Mobilität in der Bevölkerung zu erhöhen, die Kluft zwischen Arbeitern und Angestellten in gewissem Maße zu nivellieren und nicht zuletzt dadurch, gestützt durch Lohndifferenzierung, Sozialpolitik und KdF, die Arbeiterschaft in die Gesellschaft partiell zu integrieren. Von einer „Entklassung" der Arbeiterschaft zu sprechen, träfe hingegen ebensowenig zu wie die Rede von einer - wie auch immer näher spezifizierten - „Chancengleichheit" (war doch die Ungleichheit eines der wichtigsten Bewegungsgesetze der nationalsozia-
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Tilman Harlander, Zwischen Heimstätte und Wohnmaschine, Basel u.a. 1995, S. 120.
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listischen Herrschaft). In der NS-Zeit ist vor allem eine gesteigerte innerbetriebliche Aufstiegsmobilität über schichtinterne Differenzierungslinien hinweg zu beobachten. Stärker als die Arbeiterschaft wurde die Armee gesellschaftlich integriert: durch ihre soziale Öffnung und durch die Egalisierungsschübe im Offizierskorps. Eine Egalisierung der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ist im „Dritten Reich" nur in sehr eingeschränktem Maße auszumachen. Während Frauen und Mädchen - bedingt durch neue berufliche Möglichkeiten wie auch durch das Erziehungssystem des „Dritten Reiches" - durchaus Emanzipationserfahrungen machten, ist der Rückschritt gegenüber dem emanzipatorischen Ideal der „neuen Frau" der Weimarer Zeit unverkennbar: Selbständigkeit ging nur selten mit Selbstbestimmung einher. Die NS-Herrschaft zielte auf die gesellschaftliche Verfügbarkeit und Kontrolle über Frauen und Mädchen sowie auf ihre Disziplinierung und Konditionierung „zur tüchtigen Mutter und Arbeiterin". Obschon naturgemäß nur selten in die Tat umgesetzt, geben die sozial- und gesellschaftsplanerischen Nachkriegspläne des AWI durchaus Aufschluß über die Intention, über das Wesen der NS-Herrschaft. Die sich in diesen Planungen manifestierende Gesellschaftsutopie stand dem Agrarromantizismus eines Darre oder Rosenberg diametral entgegen: Angestrebt wurde eine fortschrittliche, straff geordnete, nach rassisch-biologistischen Kriterien selektierte Leistungsgesellschaft, abgesichert durch ein modernes zentralisiertes, rationalisiertes und differenziertes Sozial- und Gesundheitssystem, dessen Konzeption den anglo-amerikanischen socialsecun'fy-Programmen des Zweiten Weltkrieges nicht unähnlich war. Angesichts der kräftigen Modemisierungsschübe in der Weimarer Republik und in der Bundesrepublik Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre - die im Vergleich zum „Dritten Reich" in vieler Hinsicht die eigentlichen Innovationsphasen in der jüngeren deutschen Geschichte darstellen - können die Modemisierungstendenzen in der NS-Zeit allerdings kaum revolutionär genannt werden. Die einzige Revolution, die der Nationalsozialismus auslöste, war eine „rassische", keinesfalls aber eine „soziale" (auch wenn die Veränderung psycho-sozialer und sozio-kultureller Dispositionen nicht geringgeschätzt werden sollte). Die fundamentale Ambivalenz der Moderne offenbarte sich im Nationalsozialismus wie noch nie zuvor in der deutschen, europäischen oder globalen Geschichte. Nirgends sonst trat die grausame, inhumane Seite der Moderne derart hervor, brach sich Bahn und entfaltete eine solch unglaubliche, unfaßbare, gewaltige Zerstörungskraft wie in der modernen Tyrannis des „Dritten Reiches". Einem „schwarzen Spiegel"16 gleich, gibt gerade der Holocaust Aufschluß über die potentielle, stets latent vorhandene Gefahr der Moderne. Schließlich ist die Barbarei „die niemals ausgeschlossene Kehrseite der Moderne"17, ist mithin das, was die moderne Zivilisation - wenn auch nicht entelechetisch - aus sich selbst hervorzubringen vermag, „nicht im Kollaps, sondern ert marche"xi. Die Fortschritts- und Modernisierungs16
Amo Schmidt, Leviathan und Schwarze Spiegel, Frankfurt a.M. 1974 (zuerst 1949/51). Max Miller/Hans-Georg Soeffher, Modernität und Barbarei, in: dies. (Hrsg.), Modernität und Barbarei, S. 12-27, hier: S. 15f.; vgl. auch Wolf-Dieter Narr, Jenseits der Barbarei?, in: ebd., S. 246-257, hier: S. 254; Claus Offe, Moderne „Barbarei", in: ebd., S. 258-289, hier: S. 263,268f. 18 Jan Philipp Reemtsma, Das Implantat der Angst, in: Miller/Soeffner (Hrsg.), Modernität und Barbarei, S. 28-35, hier: S. 31; vgl. auch Reinhart Kößler, Despotie in der Moderne, Frankfurt a.M./New York 1993, S. 17; ders./Tilman Schiel, Auf dem Weg zu einer kritischen Theorie der Modernisierung, Frankfurt a.M. 1996, S. 21. 17
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Perspektive der (westlichen) Gesellschaftsgeschichte „radikal in Frage" stellend, läßt sich der Holocaust durchaus als „eine Möglichkeit der Moderne" begreifen." Totalitarismus und totalitäre Verführung können daher mit Karl Dietrich Bracher als eine „mögliche Gefahr und Konsequenz des Modernisierungsprozesses" gedeutet werden.20 Sich gleichsam die Errichtung einer extremen Form der Foucaultschen Disziplinar- und Normalisierungsgesellschaft21 zum Ziel setzend, wollte das NSRegime die Moderne in eine ganz bestimmte Richtung lenken, ja, mehr noch: Es versuchte, die ihr innewohnende Ambivalenz durch die Verwirklichung einer hypertrophen, von einem titanischen Machbarkeitswahn und Perfektionsideal getragenen rassenbiologischen Sozialutopie gänzlich auszulöschen. Bei aller Einbettung des „Dritten Reiches" in allgemeine Modemisierungstendenzen, bei aller Parallelität zu Entwicklungen in anderen modernen Staaten und Gesellschaften zu jener Zeit bleibt Hitler - „der, zumindest zeitweise, in extremem Sinne die Janusköpfigkeit der Moderne" verkörperte22 - ein „Sonderfall"23, ein „detache"24, bleibt die historische Erfahrung der nationalsozialistischen Diktatur singular. So brach sie doch - bei aller scheinbaren „Normalität" des Alltags - mit dem, was von den Zeitgenossen bis dahin für möglich gehalten worden war. Keinesfalls darf das konkrete historische Geschehen der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik hinter dem Paradigma der Moderne oder der Modernisierung auf eine „Residualkategorie, die man gar nicht näher zu kennen braucht"25, reduziert werden. Allerdings kann eine modemisierungsparadigmatische Betrachtung des „Dritten Reiches" durchaus dazu beitragen, Einblick zu gewinnen in das „durcheinandergehende Spiel verdeckter Kräfte" 6 der Vergangenheit und in die „Bedingungen heutiger Gesellschaften", in bestimmte „Tendenzen des Handelns und Denkens"27 der Moderne, vor allem aber in deren destruktive Potentiale, Risiken und Ambivalenzen.
19 Hans-Walter Schmuhl, Gesellschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts, in: Paul Nolte u.a. (Hrsg.), Perspektiven der Gesellschaftsgeschichte, München 2000, S. 91-94, hier: S. 93 (Hervorhebung im Original); vgl. Bemd Weisbrod, Sozialgeschichte und Gewalterfahrung im 20. Jahrhundert, in: ebd., S. 112-123, hier bes.: S. 114f„ 118ff. 20 Karl Dietrich Bracher, Totalitarismus, in: Staatslexikon, hrsg. von der GörTes-Gesellschaft, Bd. 5, 7. völlig neu bearb. Aufl. Freiburg/Basel/Wien 1989, Sp. 491-494, hier: Sp. 494. 21 Vgl. Michel Foucault, Oberwachen und Strafen, Frankfurt a.M. 1977 (franz. 1975); vgl. dazu insbesondere Hubert L. Dreyfus/Paul Rabinow, Michel Foucault, Frankfurt a.M. 1987 (am. 1982). 22 Klaus Hildebrand, Das vergangene Reich, Stuttgart 1996, S. 841. 23 Ders., Der deutsche Eigenweg, in: Manfred Funke u.a. (Hrsg.), Demokratie und Diktatur, Düsseldorf 1987, S. 15-34, hier z.B.: S. 24f., 30f. 24 Ernst Nolte, Der Faschismus in seiner Epoche, 5. Aufl. München/Zürich 2000 (zuerst 1963), S. 409. 25 So die in einem Interview geäußerte Befürchtung Ulrich Herberts: „Ein Element der Verunsicherung, der Irritation, des Erschreckens", in: Blätter für deutsche und internationale Politik 45 (2000), H. 5, S. 555-568, hier: S. 568. 26 Gottfried Benn, Zum Thema: Geschichte, in: ders., Sämtliche Werke, hrsg. von Gerhard Schuster, Bd. 4, Stuttgart 1989, S. 288-304 (zuerst 1943), hier: S. 303. 27 Norbert Elias, Studien über die Deutschen, 3. Aufl. Frankfurt a.M. 1998 (zuerst 1976), S. 395.
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Verzeichnis der Abkürzungen und Siglen
1999 AfBB AfK AfS AHR AOG APuZ AWI BDM CEH DAF DVjS EA EHR GermStudRev GG GWU HistSocRes HJ HMRG HZ LASL JCH JMH JWG KdF KZfSS NPL NSBO NSDAP NSV P&P PVS Refa RKW RKK RNG Sowi SS TAJB VfZ VSWG WestForsch WHW ZfG ZfS ZUG
1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts Amt für Betriebsführung und Berufserziehung Archiv flir Kulturgeschichte Archiv für Sozialgeschichte American Historical Review Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit Aus Politik und Zeitgeschichte Arbeitswissenschaftliches Institut Bund Deutscher Mädel Central European History Deutsche Arbeitsfront Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Erstauflage Economic History Review German Studies Review Geschichte und Gesellschaft Geschichte in Wissenschaft und Unterricht Historical Social Research Hitleijugend Historische Mitteilungen der Ranke-Gesellschaft Historische Zeitschrift Internationales Archiv für Soziaigeschichte der deutschen Literatur Journal of Contemporary History Journal of Modern History Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte Kraft durch Freude Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Neue Politische Literatur Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Nationalsozialistische Volkswohlfahrt Past and Present Politische Vierteljahrschrift Reichsausschuß für Arbeitszeitermittlung; seit 1936: für Arbeitsstudien Reichskuratorium fur Wirtschaftlichkeit Reichskulturkammer Reichsnaturschutzgesetz Sozialwissenschaftliche Informationen für Unterricht und Studium Schutzstaffel Tel Aviver Jahrbuch für Deutsche Geschichte Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Westfälische Forschungen Winterhilfswerk Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Zeitschrift für Soziologie Zeitschrift für Unternehmensgeschichte
Autorenregister
Abelshauser, Werner 32,133 Adorno, Theodor W. 14f.,49, 54 Alber, Jens 22 Allen, Ann Taylor 109 Aly, Götz 4, 60,136, 174ff„ 185,196 Arendt, Hannah 55, 69,176, 194f., 197 Armanski, Gerhard 197f. Aron, Raymond 200
Damberg, Wilhelm 75 Deäk, Istvän 198 Dilthey, Wilhelm 10 Diner, Dan 28,176,196,198 Dipper, Christof 42 Ditt, Karl 150 Dörner, Klaus 188 Durth, Werner 166,172
Bajohr, Frank 43f. Barbian, Jan-Pieter 165 Barkai, Avraham 128 Baron, Rüdeger 90, 93 Bartov, Omer 194 Bauman, Zygmunt 28f., 54ff., 183,185, 192f., 197 Beck, Ulrich 55 Bendix, Reinhard 8 Benjamin, Walter 15,46 Berger, Peter A. 32 Berghahn, Volker 31 Berghoff, Hartmut 70 Beyrau, Dietrich 140 Black, Cyril Edwin 16 Blackbourn, David 33f. Bock, Gisela 108,189 Bollenbeck, Georg 153,156f., 160 Bons, Joachim 83 Borchardt, Knut 30 Borkenau, Franz 13 Boyer, Josef 91 Bracher, Karl Dietrich 1, 19f., 46,204 Broszat, Martin 11, 24ff., 29,103 Browning, Christopher R. 178 Brunner, Claudia 134f. Brus, Wlodzimierz 39 Buchheim, Christoph 129 Buchholz, Wolfhard 63,71 Burleigh, Michael 107, 178, 185f.
Eisenstadt, Shmuel 16 Eksteins, Modris 186 Eley, Geoff 33f., 181 Elias, Norbert 54,198 Erker, Paul 126 Etzioni, Amitai 22 Exner, Peter 73
Cassel, Alan 16 Childers, Thomas 81 Chorover, Stephan 180 Collins, Randall 34 Corni, Gustavo 127 Czarnowski, Gabriele 111 f. Dahrendorf, Ralf
17f„ 21, 31, 75, 81
Falter, Jürgen W. 8Iff. Fehl, Gerhard 167,171 Feldman, Gerald D. 34 Feiice, Renzo de 37 Fest, Joachim 19 Fischer, Wolfram 128 Fiss, Karen A. 169 Fraenkel, Emst 15 Frei, Norbert 41ff„ 59, 91, 177f., 188f. Frese, Matthias 98,122 Frevert, Ute 111 Freyberg, Thomas von 117,123, 128 Friedlander, Henry 196 Friedländer, Saul 27f„ 193f. Fritzsche, Peter 51,77,186 Fuchs, Thomas 76 Gall, Lothar 9 Gassert, Philipp 131,139,162 Gerlach, Christian 178 Geyer, Martin H. 67, 91, 95, 104 Geyer, Michael 71,81,195 Gibson, Jennifer 108 Gies, Horst 127 Gispen, Kees 144 Goch, Stefan 78 Graeb-Könneker, Sebastian 52,163f. Gramsci, Antonio 3,33 Grazia, Victoria de 38 Gregor, A. James 37f. Griffin, Roger 51
274
Autorenregister
Grade, Walter 178 Grossmann, Atina 181 Gutberger, Jörg 138,192 Habermas, Jürgen 79 Hachtmann, Rüdiger 63, 6 8 , 7 0 , 1 1 7 , 119, 123ff. Haffner, Sebastian 58, 198 Hammerschmidt, Peter 92 Handel, Kai 145 Harlander, Tilman 170f. Harvey, Elizabeth 109 Hauner, Milan 185 Hehl, Ulrich von VII, 2 Heim, Susanne 4 , 1 3 6 , 1 7 4 f f . Hellige, Hans Dieter 149 Hennis, Wilhelm 82 Herbert, Ulrich 6 6 , 7 0 , 177,183, 185, 195, 197 Herbst, Ludolf 3 1 , 5 2 , 1 2 9 , 1 3 1 Herf, Jeffrey 48ff., 139,165 Hermand, Jost 165 Heuel, Eberhard 6 4 , 7 2 Hilberg, Raul 195 Hildebrand, Klaus 19f., 25, 1 3 0 , 1 3 2 , 1 4 4 , 186 Hildermeier, Manfred 39 Hockerts, Hans Günter 9 1 , 1 0 2 Holländer, Georg 155f. Hong, Young-Sun 93 Horkheimer, Max 14f., 49, 54 Hornung, Klaus 26 James, Harold 129 Jarausch, Konrad H. 37, 139 Jaspers, Karl 54 Joas, Hans 199 Kater, Michael H. 8 3 , 1 5 5 , 1 8 9 Kershaw, Ian 61 f., 107 Ketelsen, Uwe-K. 163f. Kettenacker, Lothar 79 Kivelitz, Christoph 169 Klenke, Dietmar 152 Kleßmann, Christoph 33 Klingemann, Carsten 137 Kluge, Ulrich 128 Knox, MacGregor 86 Kocka, Jürgen 37 Koehl, Robert 45 Koepnick, Lutz 158f., 162 Könke, Günter 8 6 , 1 3 5 Koonz, Claudia 108 Kopper, Christopher 132,145 Koselleck, Reinhart 35 Köster, Markus 75 Kroener, Bernhard R. 85f. Kroll, Frank-Lothar 142
Krüger, Peter 130 Kuhn, Annette 108 Lampert, Heinz 91 Lepsius, M. Rainer 3 1 , 1 5 7 , 199f. Levi, Erik 156,158 Levy, Carl 38 Liebscher, Daniela 72 Lifton, Robert Jay 195 Lindenberger, Thomas 198 Löwenstein, Bedrich 42 Löwen thai, Richard 20 Lozowick, Yaacov 195f. Lübbe, Hermann 193 Lüdtke, Alf 198 Ludwig, Karl-Heinz 141 Ludz, Peter Christian 39 Lukäcs, Georg 199 Maase, Kaspar 7 8 , 1 6 0 Mai, Gunther 6 2 , 1 0 0 Maier, Helmut 144 Mann, Thomas 49 Mannheim, Karl 15 Markusen, Eric 195 Marßolek, Inge 4 2 , 8 0 Mason, Tim 53f., 68, 96, 108 Matzerath, Horst 21 f., 42 Mehrtens, Herbert 142 Meier, Gerd 165f. Meinecke, Friedrich 14 Mergel, Thomas 43 Milde, David 167 Mommsen, Hans 43ff., 48, 62, 123,125, 132, 136,145f. Morsch, Günter 58 Möser, Kurt 146 Mühlfeld, Claus 136 Müller, Klaus-Jürgen 84f. Müller-Hill, Benno 196 Münkel, Daniela 128,160 Nassen, Ulrich 163,165 Niemöller, Klaus Wolfgang 158 Nienhaus, Frank 75 Niethammer, Lutz 1 1 , 2 5 Nipperdey, Thomas 21,24f., 3 4 , 1 0 4 Nolan, Mary 109,121 Nolte, Ernst 1 9 , 2 6 , 4 1 Nolte, Paul 32, 57, 59ff., 65f., 68, 82, 109 Oberkrome, Willi 139 Organski, A.F.K. 16 Otten, Karl 13 Overy, Richard 70, 124f., 131, 133ff., 145 Parsons, Talcott 16f. Paul, Gerhard 8 3 , 1 9 6
Autorenregister Payne, Stanley 38,50,185 Petz, Ursula von 191 Peukert, Detlev VÜI, 4,25,34, 53, 73, 80, 89,179f., 184f., 201 Pohl, Dieter 178 Potter, Pamela M. 156 Prinz, Michael 2, 5,42ff., 47f., 59f., 64f., 75,91f., 101,106f., 134,139,147,150, 154, 178, 185 Proctor, Robert N. 189 Pyta, Wolfram 77,126 Rabinbach, Anson G. 99, 168 Radkau, Joachim 141, 143, 149, 167 Rammstedt, Otthein 137 Raphael, Lutz 93, 104,138,181 Rauschning, Hermann 13 Rebentisch, Dieter 46 Recker, Marie-Luise 104 Reese, Dagmar 109f. Reichel, Peter 11,46,164,183 Renneberg, Monika 144 Rieh, Norman 185 Ritsehl, Albrecht 130ff. Ritter, Gerhard 14 Robinson, Joan 133 Rohkrämer, Thomas 48, 50, 143f., 148f., 168,200 Roseman, Mark 5, 56, 77, 183 Rössler, Mechtild 191 Roth, Karl Heinz 4,26f., 101, 196 Rothe, Valentine 108 Rudioff, Wilfried 90 Rupp, Leila 107f. Rilsen, Jörn 29 Sachse, Carola 115f. Sachße, Christoph 90f., 94,109 Saldern, Adelheid von 126 Saunders, Thomas 130 Schäfer, Hans Dieter 81, 164 Schäfer, Michael 45 Schildt, Axel 32,44, 52,134f., 148,173 Schleiermacher, Sabine 191 Schmuhl, Hans-Walter 138,182, 187, 190 Schnädelbach, Herbert 9 Schneider, Michael 26, 43, 63f., 134 Schnurr, Stefan 92 Schoenbaum, David 18,21 f., 31,45, 78, 108 Schubert, Dirk 172 Schültke, Bettina 157 Schultze, Rainer-Olaf 33f. Schulz, Gerhard 1,46 Schulz, Günther 106,112 Schüren, Reinhard 67 Schütz, Erhard 52, 146, 151,154, 160f„ 164
275
Schwartz, Michael 183,188 Schwarz, Hans-Peter 32 Seile, Gert 168 Senghaas, Dieter 39 Sieferle, Rolf Peter 48,144,149 Siegel, Tilla 70,117,121,123,128 Smelser, Ronald 79, lOlff., 171 Sofsky, Wolfgang 197 Sonnenberger, Franz 76 Spode, Hasso 72 Spohn, Wolfgang 97 Srubar, Ilja 39 Stahlmann, Michael 96, 145 Steinbach, Peter 8 Stephenson, Jill 75f., 107 Süß, Winfried 95 Syring, Enrico 41 Sywottek, Arnold 32,80 Szöllösi-Janze, Margit 141 Talmon, Jacob L. 20, 79 Tennstedt, Florian 90, 94,109 Thalmann, Rita 108 Thamer, Hans-Ulrich 22f., 79 Tobin, Elizabeth 108 Traverso, Enzo 50,194 Trischler, Helmuth 99f. Turner, Henry Ashby 18ff. Volkmann, Heinrich 21 f., 42 Walker, Mark 144 Walther, Rudolf 184 Weber, Max 45,54 Wehler, Hans-Ulrich 35 Wehling, Peter 9 Weisbrod, Bernd 2, 59, 61f., 67f., 78, 86, 123,126f. Weißmann, Karlheinz 26,79, 107 Welskopp, Thomas 100 Wettengel, Michael 150 Wiggershaus, Renate 108 Wildt, Michael 195 Willeke, Stefan 143 Williams, John Alexander 151 Winkler, Dörte 111,115 Winkler, Heinrich August 31, 35, 66 Wippermann, Wolfgang 107,185 Wirsching, Andreas 36 Zang, Gert 146 Zapf, Wolfgang 8 Zimmermann, Clemens 76 Zitelmann, Rainer 2, 5,24,26,40ff., 47, 50, 60f., 78,128,130,174,178 Zollitsch, Wolfgang 62,68,80, 97