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German Pages [508] Year 2016
Schriften der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen Band 2
Melanie Bauernfeind
Die Alte Pinakothek Ein Museumsbau im Wandel der Zeit
2016 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie: Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://portal.dnb.de abrufbar.
Umschlagabbildung: Alte Pinakothek, Schnittzeichnung [Quelle: Leo von Klenze: Sammlung architektonischer Entwürfe welche ausgeführt oder für die Ausführung entworfen wurden, erstes Heft, München 1830].
© 2016 by Böhlau Verlag GmbH & Cie. Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com © Bayerische Staatsgemäldesammlungen und Doerner Institut sowie die Autorin www.pinakothek.de und www.doernerinstitut.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Umschlaggestaltung: Guido Klütsch, Köln Korrektorat: Sebastian Schaffmeister, Köln Satz: Melanie Bauernfeind, München Druck und Bindung: Finidr, Cesky Tesin Gedruckt auf chlor- und säurefrei gebleichtem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-412-50566-0
Meinem Mann ToM. Weil es ohne Vergangenheit diese Zukunft nicht gäbe.
„Revolutionäre und Reaktionäre haben die Welt nur auf verschiedene Weise verändert. Es kommt darauf an sie zu verstehen.“ Andreas Tenzer
Dieses Zitat ist allen Menschen gewidmet, die sich seit fast 190 Jahren mit Weitblick und unermüdlichem Engagement um den Erhalt der Alten Pinakothek sorgen. Obwohl die meisten von ihnen im Hintergrund agierten und ihr Verdienst dementsprechend selten besonders herausgestellt oder gewürdigt wurde, zeugt der Erhaltungszustand der Alten Pinakothek und des beherbergten Sammlungsbestands von ihrem Erfolg. Ohne die Zusammenarbeit von umsichtigen Museumsmitarbeitern, Konservatoren, Restauratoren, Architekten, Ingenieuren, Naturwissenschaftlern und Fachplanern könnte die Gemäldegalerie nicht auf diese einzigartige Geschichte zurückblicken. Auch die vorliegende Arbeit, die sich der technischen Baugeschichte der Alten Pinakothek und dem Wandel der Umgebungsbedingungen aus Sicht der Präventiven Konservierung nähert, wäre nicht ohne Unterstützung möglich gewesen. Von Anfang an begleitete Prof. Dr. Andreas Burmester diese Arbeit mit seinem unerschöpflichen Wissen. Seine Anregungen, Ideen und Ansichten, die er in Gesprächen und Diskussionen mit mir teilte, beeinflussten meine grundsätzliche Auffassung von Präventiver Konservierung. Ihm gilt in seiner Rolle als Doktorvater und Lehrer meine besondere Dankbarkeit, denn als solcher begleitet und prägt er seit Jahren meinen Lebensweg. Weitere Unterstützer fand ich in Prof. Dipl.-Restaurator Erwin Emmerling und Prof. Dr.-Ing. Gerhard Hausladen, die mich während des Restaurierungsstudiums und des Masterstudiums ClimaDesign auf vielfältige Weise förderten. Beide haben einen großen Anteil an der in dieser Arbeit entwickelten Vorgehensweise und Methodik. In den vergangenen Jahren wurde Dr.-Ing. Claus Arendt zu einem Mentor, der in vielen fachlichen Entscheidungen und persönlichen Belangen zu jeder Zeit eine wohlwollende Stütze und ein ehrlicher Ratgeber war. Die Mitarbeiter der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und des Doerner Instituts standen mir mit Rat und Tat zur Seite. Allen voran Dr. Martin Schawe, der den Zugang zum Archivmaterial ermöglichte und sein Wissen über die Geschichte der Alten Pinakothek teilte. Johann Strobl, Otto Simonis und Alfred Krause gewährten wertvolle Einblicke in technische Details. Stefanie Thielen lieferte durch die Sammlung und Digitalisierung der ersten Klimamessungen die Initialzündung zur Beschäftigung mit dem historischen Klima der Alten Pinakothek.
Dr. Anja Schmidt vom Archiv des Architekturmuseums der Technischen Universität München und Johannes Stoiber vom Hauptstaatsarchiv München halfen bei der Erfassung des vorhandenen Quellenmaterials zur Alten Pinakothek. Ein besonderer Dank gilt dem Pinakotheks-Verein – Verein zur Förderung der Alten und Neuen Pinakothek München e.V., welcher die Drucklegung dieser Arbeit durch seine großzügige Förderung unterstützte. Meinem „Familienclan“ bin ich aus tiefstem Herzen dankbar für die bedingungslose Liebe, die unendliche Geduld und das uneingeschränkte Vertrauen.
INHALT
1 MUSEUMSBAU UND PRÄVENTIVE KONSERVIERUNG Vom Museumsbau zum museumsgerechten Bauen . . . . . . . . . . . . 17 Von der Baugeschichte zur Präventiven Konservierung . . . . . . . . . . 20 Was es zu lernen gilt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2 PRÄVENTIVE KONSERVIERUNG. VERGESSENE TRADITIONEN, NATURWISSENSCHAFTLICHE ERKENNTNISSE UND VORBEUGENDE STRATEGIEN Von Architekturtheorie und „housekeeping“ über die Naturwissenschaften zur Präventiven Konservierung . . . . . . . . . . 33 Von der Präventiven Konservierung zurück zu museumsgerechter Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3 DIE BAUGESCHICHTE DER ALTEN PINAKOTHEK. EIN LEHRSTÜCK DER PRÄVENTIVEN KONSERVIERUNG Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Anforderungen an eine Gemäldegalerie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Baugeschichte als Geschichte der Präventiven Konservierung . . . . . 84 Prototyp einer Gemäldegalerie (1836–1841) . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Unbeheizt, ungesehen und fast vergessen (1841–1891) . . . . . . . . . 104 Nachbesserungen im Rahmen der Möglichkeiten (1891–1952) . . . . . 114 Wiederaufbau heilt alte Wunden (1957–1994) . . . . . . . . . . . . . . . 126 Generalsanierung im Zeichen der Technik (1998–heute) . . . . . . . . . 139 Energetische Mustersanierung (seit 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Überlegungen zur Baugeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 EXKURS a HISTORISCHE KLIMAVERHÄLTNISSE Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einschränkungen und Unsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau des Simulationsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eingabeparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
169 170 172 172
4 KLIMA IM WANDEL. VON ANFORDERUNGEN UND TECHNISCHEN BEDINGUNGEN Nachhaltigkeit, Energieeinsparung und Museumsauftrag . . . . . . . . Klimasollwerte, Klimatechnik und Energieverbrauch . . . . . . . . . . Luftheizung als Alternative zur Einzelofenfeuerung . . . . . . . . . . . Keine Heizung als Alternative zur Luftheizung . . . . . . . . . . . . . .
184 188 189 200
Entwicklung der Klimatechnik im 19. Jahrhundert: Systeme und Innovationen im Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . Niederdruckdampfheizung als neue Strategie . . . . . . . . . . . . . . Luftqualität als Herausforderung und Entwicklungsmotor . . . . . . . Neue Systeme der Klimakontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimatechnik zum ganzjährigen Heizen und Befeuchten . . . . . . . . . Chancen, Risiken und Nebenwirkungen der Klimatechnik . . . . . . . . Vollklimaanlage für ein ganzjährig konstant geregeltes Klima . . . . . Klimatisierung im Zeichen energetischer Überlegungen . . . . . . . . Vom Innenraumklima zum Energieverbrauch . . . . . . . . . . . . . . .
205 208 215 217 224 235 237 244 248
EXKURS b KLIMATISIERUNGSSTRATEGIEN FÜR MUSEEN Pinakothek der Moderne: Quelllüftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Museum Brandhorst: Quelllüftung und Bauteilaktivierung . . . . . . . Alternative: Temperierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alternative: Conservation Heating . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
255 256 257 259
5 ENERGIEVERBRAUCH. EINE BILANZ VON ENERGIEGEWINNEN UND -VERLUSTEN Aussagekraft von Zahlenwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heizenergiebedarf und Heizenergieverbrauch . . . . . . . . . . . . . . Energieverbrauch und Energiebedarf in der Alten Pinakothek . . . . . Der größere Kontext des Kunstareals . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
265 268 274 276 295
EXKURS c HISTORISCHE LICHTVERHÄLTNISSE Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einschränkungen und Unsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau des Simulationsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eingabeparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
305 306 307 309
6 HELL UND DUNKEL. BELEUCHTUNG IM MUSEUMSRAUM Tageslicht und Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kunstlicht als Alternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kunstlicht und Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schädigung durch Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zukünftige Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
323 352 363 373 394
7 MUSEUMSBESUCHER. ERINNERUNGSSTRATEGIEN, ABHÄNGIGKEITEN UND KONTROVERSEN Besuchereinflüsse und Widersprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Menschen im öffentlichen Museumsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . Museum im Licht der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Museen in Krisenzeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wiederaufbau, Wirtschaftswunder und Wandel . . . . . . . . . . . . . . Versteckte Museumsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präventive Konservierung auf den zweiten Blick . . . . . . . . . . . . . Öffentlichkeit erhält und Öffentlichkeit gefährdet – Präventive Konservierung verbindet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
406 407 414 424 429 432 433 436
8 RESÜMEE Lernen aus der Vergangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 Lernen für die Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 ANHANG Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chartas, Grundsatzpapiere, Leit- und Richtlinien . . . . . . . . . . . . Normen und Verordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Archivalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabellennachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
465 489 491 492 498 498 498 499
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MUSEUMSBAU UND PRÄVENTIVE KONSERVIERUNG
“So long as the philosophy of museums continues to be studied, there will be no last word on the subject of museum architecture, only the latest attempt to find a solution of the problem adapted to an individual location and a current set of specifications.”1 Winfried E. Howe, 1913
VOM MUSEUMSBAU ZUM MUSEUMSGERECHTEN BAUEN Wird heute ein Museumsbau eröffnet, widmen sich zahlreiche Zeitschriften und Medienbeiträge dessen architektonischer Gestaltung. Viel zu häufig fehlt aber eine Auseinandersetzung mit der musealen Funktionstauglichkeit der Architektur. Bestenfalls finden sich kurze Hinweise zu technischen Details oder – aus aktuellem Anlass – Randbemerkungen zum erforderlichen Energiebedarf im Museumsbetrieb. Jene Aspekte, die eigentlich im Zentrum einer museumsgerechten Architektur stehen sollten, bleiben unerwähnt. Doch besteht nicht der eigentliche Zweck eines Museumsgebäudes darin, die Voraussetzungen für den Erhalt der dort ausgestellten und aufbewahrten Kunstwerke möglichst dauerhaft zu gewährleisten? Der Begriff des museumsgerechten Bauens wird im Folgenden in Anlehnung an die Definition des klimagerechten Bauens2 entwickelt. Bei genauerer Betrachtung zeigen sich hier erstaunliche Parallelen zu den Anforderungen der Präventiven Konservierung. Beim klimagerechten Bauen, sind „Bauweise, Gestalt und Konstruktion von Gebäuden sowie die Anlage von Städten und Siedlungen so an das lokale Außenklima anzupassen, dass mit minimalem Aufwand nutzungsgerechtes Raumklima sowie eine optimale Standzeit der Gebäude zu sichern sind. In Hinblick auf das klimagerechte Bauen von besonderem Interesse sind Temperatur und Feuchte, die sowohl das Empfinden des Menschen beeinflussen als auch häufig die Ursachen von Bauschäden sind; der Schall, der zunehmend zur Quelle von Belästigungen wird, […] und das Licht, das – sowohl als Tages- als auch als Kunstlicht – eine unabdingbare Voraussetzung für die Nutzbarkeit der Gebäude ist.“3 Der auf die Präventive Konservierung übertragene Begriff des museumsgerechten Bauens ist analog abzuleiten als Bauweise, Gestalt und Konstruktion von Museen, die derart an das lokale Außenklima angepasst sind, dass mit möglichst minimalem energetischem und Ressourcen schonendem Aufwand ein nutzungsgerechtes, also konservatorisch günstiges Raumklima gesichert ist. In Hinblick auf museumsgerechtes Bauen von besonderem Interesse sind relative Feuch-
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te und Temperatur, die sowohl den Erhaltungszustand der Kunstwerke bestimmen als auch das menschliche Wohlbefinden beeinflussen. Grundsätzlich umfasst Raumklima ebenfalls das Licht, sowohl als Tages- wie als Kunstlicht und die Thematik Schadstoffgehalte der Raumluft. Die Vereinbarkeit der konservatorischen Kriterien mit menschlichen Bedürfnissen ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Nutzbarkeit eines Museumsgebäudes, welche letztlich museumsgerechte Architektur kennzeichnet. Das Bemühen um die Konzeption geeigneter Raumhüllen oder mit anderen Worten die Unterstützung einer museumsgerechten Bauweise ist eine der Kernaufgaben der Präventiven Konservierung. Denn eine museumsgerechte Architektur erweist sich als entscheidende Grundlage aller vorbeugenden Maßnahmen. Museumsbau und Präventive Konservierung sind demnach zwei nicht voneinander zu trennende, sondern sich ergänzende Aufgabengebiete. Deswegen sollten die vergangenen Erfahrungswerte künftig den Ausgangspunkt jeder Museumsplanung bilden und stärker berücksichtigt werden. Wie die Vergangenheit zeigt, ergibt sich durch die langen Stand- und Nutzungszeiten von Museen eine besondere Verantwortung für Bauherren, Architekten und Museumsnutzer. Deswegen muss eines der vordringlichsten Ziele sein, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen statt sie zu wiederholen. So eingängig diese Forderung in der Theorie erscheint, so selten wurde und wird sie in der Praxis konsequent umgesetzt. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts bemängelte Paul Philippe Cretz in seinen Theorien zur Museumsplanung: „Die Museumstheorie stellt eher eine Serie von Korrekturen als von konsistenten Antworten auf ein Problem dar.“4 Um diesen Hintergrund kreisen die zentralen Fragestellungen dieser Arbeit: Was kann die heutige Generation aus der Geschichte des Museumsbaus für die Zukunft lernen? Welche Schwierigkeiten bestanden und wie gestalteten sich die Lösungswege? Welchen historischen Umgebungsbedingungen waren die Kunstwerke ausgesetzt? Sind diese zu rekonstruieren? Und welchen Einfluss hatten die herrschenden Verhältnisse jeweils auf Nutzeranforderungen und konservatorische Vorgaben? Die mit diesen Fragen verbundene Problematik wird am Beispiel der Alten Pinakothek in München aufgeschlüsselt. Denn die vom Architekten Leo von Klenze konzipierte Gemäldegalerie ist als einer der ersten eigenständigen Museumsbauten seit ihrer Eröffnung 1836 das Vorbild für eine Vielzahl nachfolgender Gebäude. Deswegen lassen sich Problemstellungen, Lösungsansätze, Fehlschläge und Erfolge anhand der Baugeschichte in einzigartiger Weise über fast zwei Jahrhunderte hinweg verfolgen. Im Ergebnis wird sicht-
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bar, welcher Aspekt zu welcher Zeit in welcher Weise bewertet wurde und welche langfristigen Konsequenzen daraus erwuchsen. Unter Einbeziehung der jeweils verfügbaren technischen Möglichkeiten und der vorhandenen Ressourcen lassen sich Rückschlüsse auf Erhaltungszustände von Kunstwerken, schädigende Einflussfaktoren und den historischen wie aktuellen Umgang mit ihnen ziehen. Diese bisher kaum beachteten Zusammenhänge erlauben einen neuen Blick auf die Grundlagen der heutigen konservatorischen Museumsarbeit und verändern das Verständnis für vergangene Entscheidungen und angestrebte Lösungen. Die Entwicklungsspirale von den ersten Museumsgebäuden zu den zeitgenössischen Bauten ist verwoben mit dem Streben nach geeigneten Raumhüllen zur Präsentation von unterschiedlichen Sammlungsbeständen, wobei sich die Auffassung von „geeignet“ im Laufe der Zeit veränderte. Anfangs galt das Hauptaugenmerk einer angemessenen Präsentation mit ausreichender Beleuchtung der Kunstwerke. Ästhetische Aspekte standen vermeintlich im Vordergrund. Mit zunehmendem Wissen um die materiellen Eigenschaften der Kunstwerke und deren Alterungsverhalten, aber ebenso auf der Grundlage beobachteter Schäden und erkannter Zerstörungsmechanismen, rückten Aspekte wie Klima, Licht, Schadstoffgehalte, Sicherheit und Brandschutz ins Zentrum der konservatorischen Museumsarbeit. Von kunsthistorischer und architektonischer Seite ist die Entwicklung des Museumsbaus vielfach und ausführlich beschrieben.5 In welchem Maße dagegen restauratorische beziehungsweise konservatorische Anforderungen oder die Möglichkeiten und Grenzen der haustechnischen Installationen den Entwurf und die Gestaltung von Museumsgebäuden beeinflussten, blieb bislang unberücksichtigt. Die vorliegende Dissertation ist ein neuartiger Ansatz, bei dem umfassende Quellenstudien mit Simulationsmethoden kombiniert werden, um konservatorisch relevante Umgebungsbedingungen der Vergangenheit zu rekonstruieren. Die rund um die Alte Pinakothek entwickelte Rückschau auf vergangene Konzepte, Strategien und Methoden soll dazu beitragen die Präventive Konservierung in ihrer ganzheitlichen Dimension erfassbar zu machen und die vielfältigen Einflussfaktoren herauszustellen, die in der Vergangenheit maßgeblich den Erhalt des Kunst- und Kulturgutes beeinflussten. Obwohl der Stellenwert der Präventiven Konservierung mittlerweile unbestritten und sie seit geraumer Zeit als eigenständige Fachdisziplin fest in der Museumspraxis verankert ist, existiert bis heute keine allgemein gültige Definition. Weder Berufsverbände, Grundsatzpapiere oder
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Chartas liefern mehr als eine grobe Umschreibung verschiedener Aufgaben der Präventiven Konservierung. Eine konkrete Definition scheint unter anderem deswegen schwierig zu sein, weil die Aspekte und Einsatzgebiete der Präventiven Konservierung fallspezifisch unterschiedlich ausfallen können – und weil prinzipiell alle passiven Maßnahmen, die zum Schutz oder zum Erhalt der Kunstwerke beitragen, der Präventiven Konservierung zuzuordnen sind. Heute ist die Präventive Konservierung eng geknüpft an die Frage nach den optimalen klimatischen Verhältnissen, der richtigen Be- und Ausleuchtung mit Kunst- und/oder Tageslicht, dem Umgang mit Schadstoffen, Aspekten der Sicherheit und des Brandschutzes. Gleichzeitig stellen schwindende finanzielle Mittel und die abnehmende Verfügbarkeit ökologischer Ressourcen zunehmend Herausforderungen dar. Die Präventive Konservierung befasst sich vom konservatorischen Standpunkt ausgehend mit den Gebäuden, in denen Kunstwerke aufbewahrt und ausgestellt werden, umfasst also sowohl reine Museumsbauten wie historische und unter Umständen denkmalgeschützte Bestandsgebäude oder Depotbauten. Für diese Bauwerke sind zukunftsfähige und langfristig ausgelegte Konzepte zu entwickeln, die auf den Erkenntnissen der Vergangenheit beruhen und in den Kontext des heutigen Wissensstandes eingebettet sind. Aus diesem Grund ist eine konservatorisch geprägte Beschäftigung mit dem Museumsbau, welche die historische Entwicklung berücksichtigt und sie den jeweiligen technischen Möglichkeiten beziehungsweise Grenzen sowie den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen gegenüberstellt, längst überfällig.
VON DER BAUGESCHICHTE ZUR PRÄVENTIVEN KONSERVIERUNG Das Fundament der Rekonstruktion der historischen Gegebenheiten in der Alten Pinakothek bildet das Quellenmaterial, in dem sich Fakten, Beschreibungen, Beobachtungen, Problem- und Erfolgsberichte fanden. Durch die Rekonstruktion und Erforschung der Baugeschichte der Münchner Gemäldegalerie und ergänzende Informationen zu weiteren europäischen Museumsbauten kristallisierten sich unterschiedliche Aspekte der Präventiven Konservierung heraus, die mit dem Werkzeug der Simulation näher untersucht wurden. In erster Linie basiert die Erfassung der Baugeschichte der Alten Pinakothek neben Ortsbegehungen und zahlreichen Gesprächen mit den Museumsmitarbeitern auf dem Studium von Quellenschriften und Plan-
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material. Da die ungeschriebene konservatorisch-technische Geschichte im Zentrum der Arbeit stand, spielten kunstgeschichtliche und ästhetischarchitektonische Betrachtungen eine untergeordnete Rolle. Um die wechselhafte Baugeschichte systematisch aufzuarbeiten und nachvollziehbar darzustellen, wurde sie in markante Zeiträume gegliedert, in denen bestimmte Gebäudezustände die Bedingungen für den Erhalt der Kunstwerke kennzeichneten.6 Jeder Gebäudezustand wurde über die vorherrschenden Klima-, Licht- und Schadstoffverhältnisse sowie energetische Überlegungen und den Umgang mit den Museumsbesuchern definiert. Damit ist jede Zeitspanne gleichermaßen das Sinnbild bestimmter zeitgenössischer Auffassungen vom Museumsbau, technischer Voraussetzungen sowie allgemeiner Nutzeranforderungen, die für den Erhalt der Kunstwerke maßgeblich waren. Letztlich sind aber auch diese Zeiträume fiktive Momentaufnahmen eines sich kontinuierlich verändernden Baukörpers.7 Auf die Baugeschichte folgt eine vertiefte Analyse der Gebäudezustände. Diese liefert Erklärungen für bestimmte Phänomene und Besonderheiten, zeigt aber gleichzeitig aber zahlreiche für die Präventive Konservierung relevante Fragestellungen auf, die allgemeiner und in ihren Konsequenzen weitreichender sind. Letztere werden zwar anhand der Simulationen am Beispiel der Alten Pinakothek geklärt, aber der Vergleich mit anderen europäischen Museumsgebäuden erschließt den größeren Kontext: Die angesprochenen Faktoren erweisen sich als grundlegend und sind auf den Museumsbau im Allgemeinen übertragbar. Die Rekonstruktion der historischen Museumsbedingungen veranschaulicht die Veränderungen in den Galeriesälen im zeitlichen Verlauf. Die numerischen Simulationsmodelle wurden speziell für diesen Zweck entwickelt und kamen erstmals in einer solchen Anwendung zum Einsatz. Die Korrelation der Simulationsergebnisse mit den Bedingungen in anderen Museen liefert unter Einbeziehung des jeweiligen technischen Entwicklungsstandes und den konservatorisch begründeten Vorgaben neue Erkenntnisse über die historischen Umgebungsbedingungen, denen das Kunst- und Kulturgut in der Vergangenheit ausgesetzt war und die zu dessen heutigem Erhaltungszustand beitrugen. REKONSTRUKTION DER BAUGESCHICHTE Zwischen 1836, dem Eröffnungsjahr der Galerie, und dem heutigen Gebäudezustand liegen 190 Jahre facettenreiche Baugeschichte voller Veränderungen, Umbauten, Umgestaltungen, technischer Neuerungen, Misserfolgen und Verbesserungen, die bislang so nicht bekannt waren.
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Mit seiner im Jahr 1972 erschienenen Dissertation, in der er den Ursprungszustand erstmals erforschte und darstellte, leistete Peter Böttger Pionierarbeit.8 Die in den 1950er Jahren vom Architekten Hans Döllgast geplanten Wiederaufbaumaßnahmen bedeuteten einen markanten Einschnitt in der Baugeschichte der Alten Pinakothek. Erst sie verliehen dem Gebäude sein heutiges Aussehen. Ein Großteil der damals vorgenommenen Veränderungen wurde im Jubiläumsband beschrieben, der 1986 anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Gemäldegalerie von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen herausgegeben wurde.9 Beide Publikationen widmeten sich den ästhetisch-architektonischen und kunstgeschichtlichen Aspekten der Baugeschichte – technische Details spielten kaum eine Rolle. Die technische Baugeschichte sowie die vielen weiteren, kleineren und größeren Veränderungen, denen das Museum im Verlauf seiner Geschichte unterlag, wurden nun erstmals vor dem Hintergrund konservatorischer Kriterien aus dem Blickwinkel der Präventiven Konservierung untersucht. Es ist ein Glücksfall, dass zur Alten Pinakothek – sicherlich auch aufgrund der Bedeutung von Museumsgebäude und Sammlungsbestand – vielfältiges und umfangreiches Quellenmaterial überliefert ist, welches sich größtenteils unbearbeitet in diversen Archiven fand. Die Archivalien umfassen Bauakten aus dem Bauamt München, die im Staatsarchiv München abgelegt sind, und die Bauakten der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in der Registratur sowie im Archiv des Hauses. Weiter finden sich Dokumente und Planmaterial in den Bestandsunterlagen des den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen angegliederten Doerner Instituts. Die Zusammenführung dieser Dokumente ergab einen Überblick über den Schriftverkehr zwischen dem zuständigen Ministerium, dem Bauamt München und der Direktion der Gemäldegalerie. In den viele tausend Seiten umfassenden Akten erhielten sich des Weiteren aufschlussreiche Rechnungen, Bauanträge, Kostenaufstellungen, Angebote, Muster, Pläne, Broschüren, schematische Zeichnungen, handschriftliche Vermerke und ähnliches Material, mit zum Teil detaillierten Hinweisen auf die Gebäudetechnik, die Einrichtung der Galerie und ihrer Nebenräume sowie auf konservatorische Überlegungen zum Erhalt der Kunstwerke.10 Die überlieferten Personalakten sowie die Aktenvermerke und der Schriftverkehr zwischen den Museumsmitarbeitern boten einen reichen Fundus an Informationen zu museumsinternen Abläufen. Hier fanden sich ebenfalls Hinweise auf durchgeführte Untersuchungen in der Alten Pinakothek und an einzelnen Kunstwerken. Weitere Einblicke in den Museumsbe-
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trieb erlaubten die Dienstordnungen und Dienstanweisungen für die Mitarbeiter und die zum Teil umfassenden Vorschriften für die Galeriebesucher.11 Eine weitere wichtige Quelle bildeten die historischen Fotografien aus dem Fotoarchiv der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Diese vermitteln einen Eindruck vom Erscheinungsbild des Gebäudes und seiner Innenausstattung ab etwa 1900 und erlauben Rückschlüsse auf Veränderungen. Für die Zeit davor lieferten Aquarelle, Holzschnitte und Gemälde der Galeriesäle unterschiedliche Einblicke in den damaligen Museumsbetrieb und Hinweise auf die Inneneinrichtung. Weiter gaben historische Postkartenansichten einen Eindruck vom optischen Erscheinungsbild der Gebäudefassade. Im Bestand des Doerner Institutes und im Archiv der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen werden zahlreiche Pläne und Konstruktionszeichnungen verwahrt. Viele Orinialpläne Klenzes sowie Konstruktionspläne und Zeichnungen von Döllgast haben sich im Archiv des Architekturmuseums der Technischen Universität München erhalten.12 Das Planmaterial enthielt technische Details, die eine Überprüfung der Schriftquellen erlaubten. Die historischen Fachbücher sowie die technischen Journale und Zeitschriften, in denen ab etwa Mitte des 19. Jahrhunderts verschiedene architektonische und technische Einzelheiten zur Alten Pinakothek und zu zahlreichen weiteren Museumsbauten publiziert worden waren, sind eine bislang kaum genutzte Quelle. Besonders herauszustellen ist die „Zeitschrift für Bauwesen“, die ab 1851 vom Ministerium der Öffentlichen Arbeiten herausgegeben wurde und ab 1931 mit dem vom gleichen Ministerium publizierten „Zentralblatt der Bauverwaltung“ (bis 1902 „Centralblatt der Bauverwaltung“), welches seit 1881 erschien, vereinigt wurde. Weiter die „Deutsche Bauzeitung“, die erstmals 1867 unter dem Titel „Wochenblatt des Architektur-Vereins zu Berlin“ erschien, und die „Deutsche Rundschau“, die ab 1874 von Julius Rodenberg herausgegeben wurde. Außerdem existierten in Österreich von 1883 bis 1920 die „Wiener Bauindustrie-Zeitung“ und seit 1836 die vom Architekten Ludwig Förster publizierte „Allgemeine Bauzeitung“, die rückblickend betrachtet für die damalige Architektur und das praktische Baugewerbe prägend war. Die älteste deutschsprachige technische Zeitschrift, das „Polytechnische Journal“ wurde 1820 von Johann Gottfried Dingler in Leben gerufen und erschien bis 1931. Neben umfangreichen Beschreibungen der jeweils zeitgenössischen Museumsbauten sind diverse Umbauten, aber auch allgemeinere technische Entwicklungen und Neuerungen beschrieben,
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die Rückschlüsse auf die herrschenden Denk- und Vorgehensweisen von Architekten und Ingenieuren zuließen. Ergänzend fanden sich in den Münchner Lokalzeitungen Artikel und Leserbriefe zum Geschehen rund um die Alte Pinakothek. Zwar sind die dort aufgeführten technischen Informationen relativ spärlich, aber die Tagespresse ist ein interessanter Spiegel der öffentlichen Meinung und der gesellschaftlichen Ansichten über die Galerie. Teilweise lagen die Zeitungsausschnitte dem Archivmaterial bei, teilweise wurden die Artikel in den entsprechenden Zeitungsarchiven recherchiert. Unter dem Oberbegriff Reiseliteratur werden sowohl Reiseberichte und Reisebeschreibungen einzelner Personen wie auch die Anfang des 19. Jahrhunderts in Mode kommenden Reiseführer zusammengefasst. In diesen populären Werken fanden sich Informationen zu Eintrittspreisen, Öffnungszeiten, Beschreibungen der Örtlichkeiten und mitunter zusätzlich persönliche Erfahrungswerte oder Hinweise auf zeitgenössische Eigentümlichkeiten mancher Museen. Zusammengesetzt ergeben die unterschiedlichen Bausteine ein facettenreiches Bild der technischen Baugeschichte der Alten Pinakothek, das deutlich bewegter als bislang angenommen war. Die zahlreichen Veränderungen am Baukörper, an der inneren Gestaltung und an der technischen Ausrüstung waren in dieser Detailtiefe unbekannt, und bis dato fehlte eine Antwort auf die Frage, wie sich dies auf die konservatorischen Bedingungen auswirkte, wie diese wiederum den Erhaltungszustand der Kunstwerke beeinflussten und welche Rückwirkungen die praktischen Erfahrungen auf den Museumsbau im Allgemeinen hatten. REKONSTRUKTION HISTORISCHER VERHÄLTNISSE IM INNENRAUM Die Archivalien lieferten vielfältige und umfassende Informationen zu den unterschiedlichen Gebäudezuständen. Diese zeichnen sich durch verschiedenartige Gebäudedetails, variierende Nutzung und verschiedene Veränderungen der Inneneinrichtung sowie der technischen Ausstattung aus. Aufgrund der Detailtiefe des Quellenmaterials erschien es naheliegend, die sich verändernden historischen Umgebungsbedingungen, also Klimaund Lichtverhältnisse sowie Energieverbräuche, mithilfe von Simulationen zu rekonstruieren. Vordergründig bestand nicht der Anspruch absolute Werte zu errechnen. In erster Linie sollten die wahrscheinlich herrschenden historischen Einflussgrößen, unter denen die Kunstwerke ausgestellt und aufbewahrt wurden, ermittelt werden.
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Die Problematik jeder Simulation besteht darin, dass die mittlerweile möglich gewordene, grafisch oft aufwendig gestaltete Aufbereitung von Simulationsergebnissen zu der Annahme verleitet, dass die errechneten Werte absolut richtig und hundertprozentig verlässlich seien. Dabei werden die systemimmanenten Unsicherheiten und notwendigen Vereinfachungen häufig nicht ausreichend berücksichtigt. Der Bewertung eines Ergebnisses muss, neben der Kenntnis der Eingabeparameter, unbedingt ein allgemeines Verständnis von Simulationen zugrunde liegen: Im weitesten Sinn bezeichnet Simulation eine Vorgehensweise zur Analyse von Systemen, welche für eine rein theoretische oder formelmäßige Berechnung zu komplex sind. Da dies bei einem dynamischen Systemverhalten in der Regel der Fall ist, sollen Modellversuche Rückschlüsse auf reale Systeme erlauben. Das Simulationsmodell ist deswegen immer ein stark vereinfachendes Abbild der Realität. Letztlich liegt an diesem Punkt die Grenze jeder Simulation. Dennoch können die Ergebnisse einer Simulation – unter der Voraussetzung, dass sie sorgfältig interpretiert werden – reale Einzelprozesse hinreichend genau erklären. Werden die einzelnen simulativ untersuchten Vorgänge am Ende in einem größeren Kontext ausgewertet, können die tatsächlichen Verhältnisse trotz der einschränkenden Faktoren relativ zuverlässig beschrieben werden. Dazu bedarf jede Simulation der Validierung, andernfalls sind die Ergebnisse nicht aussagekräftig. Dabei meint Validierung definitionsgemäß den Nachweis der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse einer Vorgehensweise unter festgelegten Rahmenbedingungen. Je geringer die Zahl der unbekannten Einflussfaktoren gehalten werden kann, desto höher liegt die Wahrscheinlichkeit übereinstimmender Ergebnisse. Generell ist zwischen der Validierung der verwendeten Simulationssoftware und der Validierung der Ergebnisse der Simulationsberechnungen zu unterscheiden. Während Erstgenannte über den Vergleich unterschiedlicher Programme anhand mehrerer exakt definierter und messtechnisch vollständig erfasster Referenzfälle – sogenannte Common Exercise – erfolgt, besteht Letzteres in der Regel in einem Abgleich der Simulationsergebnisse mit vor Ort ermittelten Messwerten und bezieht sich ausschließlich auf den betrachteten Fall. Vor diesem Hintergrund ist es nicht ganz korrekt, bei den durchgeführten Simulationen zur Rekonstruktion historischer Bedingungen von einer Validierung der Simulationsergebnisse zu sprechen. Denn die historischen Bedingungen sind nicht rückwirkend über Messungen zu erfassen und mit den errechneten Werten abzugleichen. Da auf eine Überprüfung der Qualität der Messergebnisse dennoch nicht verzichtet werden kann, erfolgte eine sogenannte Plausibilitätsprüfung. Bei dieser, auch als Plausibilitätskontrolle bezeich-
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neten und in Industrie und Wirtschaft gängigen Methode, wird ein Ergebnis daraufhin untersucht, wie nachvollziehbar, logisch oder realistisch es erscheint. Damit wird nicht die Richtigkeit der ermittelten Daten nachgewiesen, vielmehr ist das Ziel, gegebenenfalls bestehende Fehler oder Inkonsistenzen zu erkennen, Aussagen über die richtige Größenordnung der errechneten Ergebnisse zu treffen und die Verlässlichkeit der ermittelten Werte abzuschätzen. Da die Archivalien verlässliche zeitgenössische Beschreibungen der historischen Zustände und Ergebnisse von durchgeführten Einzelmessungen enthielten, konnten diese für die Überprüfung der Plausibilität genutzt werden. Zusätzlich ist zur Beurteilung der Plausibilität der durchgeführten thermisch-hygrischen Simulationen und der Lichtsimulationen das Wissen über die Eingabeparameter wichtig. Deswegen finden sich zwischen den Kapiteln kurze Exkurse in denen Vorgehensweise, Methodik und Unsicherheiten der Simulationsmodelle erläutert werden.13 HISTORISCHES KLIMA Die Computertechnik mit der heute verfügbaren Rechenkapazität ermöglicht den Einsatz numerischer Simulationen, um eine konservatorische Einschätzung historischer Umgebungsbedingungen in Museen oder historischen Gebäuden vorzunehmen. Obwohl diese Methodik erstmalig in vorliegender Arbeit entwickelt wurde, taucht der Begriff des „historischen Klimas“ immer wieder auf. Um Missverständnisse auszuschließen, ist eine Begriffsklärung notwendig. Im Gegensatz zum begrifflichen Verständnis dieser Dissertation, bezieht sich „historisch“ in anderen Beiträgen nicht auf die relative Feuchte und Temperatur im Verlauf von mehreren Jahrzehnten, sondern wird in Anlehnung an die DIN EN 15757:2010 verstanden. Dort ist „historisches Klima“ beschrieben als „klimatische Bedingungen in der Mikroumgebung, unter denen ein Gegenstand des kulturellen Erbes stets oder für eine lange Zeitdauer (mindestens ein Jahr) gehalten wurde und an die er sich akklimatisiert hat“.14 Dies ist ein grundsätzlicher Unterschied: Während die Norm eigentlich die aktuellen klimatischen Verhältnisse meint, mit denen die Kunstwerke gegenwärtig in einem Gleichgewichtszustand stehen, zielen die durchgeführten Simulationen auf die vergangenen und durchaus verschiedenartigen Innenraumklimabedingungen über deutlich längere Zeitspannen ab. Einer der Schwerpunkte dieser Arbeit besteht darin aufzuzeigen, dass Innenraumklimabedingungen selbst in einem Gebäude wie der Alten Pinakothek keineswegs statisch sind, sondern sich im Verlauf von knapp 190 Jahren – einer im Vergleich zum Alter mancher Kunstwerke kurzen Zeit – drastisch veränderten. Um den Erhal-
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tungszustand der Kunstwerke mit den klimatischen Bedingungen zu erklären, bedarf es demnach weitaus mehr als des in der Norm definierten „historische Klimas“. Streng genommen sind aber selbst die, in den folgenden Kapiteln vorgestellten aufwendigen Rekonstruktionen eigentlich nicht ausreichend, um beispielsweise die Klimageschichte eines speziellen Kunstwerkes, das ab dem Zeitpunkt seiner Fertigstellung unterschiedlichen Einflüssen mit gegebenenfalls mehrfachen Ortswechseln ausgesetzt gewesen sein kann, zu verstehen.15
WAS ES ZU LERNEN GILT Eine wesentliche Zielsetzung bestand darin aufzuzeigen, dass Museumsbau und Präventive Konservierung grundsätzlich ineinandergreifen und nicht voneinander zu separieren sind. Die Entwicklung des Museumsbaus verläuft parallel zu den Überlegungen zum Erhalt des Kunst- und Kulturgutes und ist deutlich beeinflusst vom Wissen um Zerstörungsmechanismen und Schadensphänomene. Allerdings handelt es sich nicht um eine kontinuierliche Abfolge von Strategien oder die stringente Weiterentwicklung der Museumsarchitektur auf Basis erzielter Erfolge oder erkannter Misserfolge. Vielmehr zeichnet sich eine Spirale der Entwicklung von den ersten Museumsbauten hin zur zeitgenössischen Museumsarchitektur ab. Dabei ist ein grundsätzliches Anliegen die theoretische Entwicklungsspirale am konkreten Beispiel der Alten Pinakothek zu hinterfragen und durch die Untersuchung der verschiedenen Entwicklungsstränge die wesentlichen Kriterien für künftige Museumskonzeptionen zu extrahieren. Zunächst stellte sich die Frage, ob die fast 190-jährige Baugeschichte der Alten Pinakothek über die quellenkundlichen Studien überhaupt mit sämtlichen konservatorisch relevanten, architektonischen und technischen Details erschlossen werden könne. Eine weitere Fragestellung galt der Qualität der Informationen und ob diese die Anwendung numerischer Simulationen erlauben würde. Im Laufe der Recherchen stellte sich heraus, dass eine Fülle von bisher unbearbeitetem Material zusammengetragen werden konnte und dass die Informationen ausreichen würden, um Simulationsmodelle zu entwickeln, die konkrete Aussagen zu den entscheidenden Einflussgrößen der Präventiven Konservierung im zeitlichen Wandel ermöglichen. Das Beispiel der Alten Pinakothek sollte veranschaulichen, wie die getroffenen Entscheidungen zu Maßnahmen am und im Gebäude auf die
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Umgebungsbedingungen und damit die Risiken für den Erhalt der Kunstwerke wirkten. In welchem Maße konservatorische Überlegungen die umgesetzten Strategien beeinflussten, wurde vor dem Hintergrund der verfügbaren technischen Voraussetzungen während der Entscheidungsfindung analysiert. Ein wichtiges Kriterium war die Frage, an welchen Punkten das Wissen zu bestimmten Risikofaktoren der Antriebsmotor für Neuentwicklungen war und wo aus heutiger Sicht das Unwissen zu Fehlentwicklungen führte. So sollte geklärt werden, welchen Stellenwert konservatorische Überlegungen beziehungsweise vorbeugende Maßnahmen zu verschiedenen Zeitpunkten in der Geschichte der Alten Pinakothek besaßen. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden schließlich in einem größeren Kontext verankert, um aus der Entwicklungsgeschichte und den Strategien der Vergangenheit Perspektiven für zukünftige Museumsbauten abzuleiten. Die offensichtlich bestehende Wissenslücke über die Auswirkungen von Veränderungen an einem Museumsgebäude auf die konservatorischen Bedingungen und in der Folge auf den Erhaltungszustand der Kunstwerke konnte durch die systematischen Studien deutlich verkleinert werden. Präventive Konservierung ist, wie die Vergangenheit lehrt, ein abwägender Umgang mit Veränderungen. Dies umfasst Materialveränderungen ebenso wie Veränderungen der die Kunstwerke umgebenden Bedingungen. Da die Veränderung der Umgebungsbedingungen von Kunstwerken meist solange vernachlässigbar erscheint, bis diese ihren Standort wechseln, sollte dargestellt werden, dass dies ein Trugschluss sein kann. Durch die simulative Untersuchung des historischen Klimas, vergangener Energieverbräuche sowie variierender Lichtverhältnisse konnte erstmals eine Vorstellung davon entwickelt werden, welchen Bedingungen Kunstwerke ab dem Zeitpunkt ihrer Entstehung ausgesetzt gewesen sein können. Die Kopplung der Simulationsergebnisse und deren Einordnung in den größeren Zusammenhang weiterer Risikofaktoren zeigt darüber hinaus nebenbei, wie vernetzt die Kenngrößen der Präventiven Konservierung sind und welchen außerordentlichen Stellenwert der Gesamtzusammenhang für den optimalen Erhalt von Kunst- und Kulturgut besitzt. Wieder diente das konkrete Beispiel der Alten Pinakothek zur Darstellung von unterschiedlichen Wirkzusammenhängen. Die fundierten Zahlenwerte tragen zum einfacheren Verständnis und zur bessere Einschätzung der Abhängigkeiten bei. Daraus leitet sich eine grundsätzliche Methodik für die Präventive Konservierung ab, die gleichermaßen auf andere Museumsgebäude oder Museen in historischen Bauten übertragbar ist.
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Um den Zusammenhang zwischen historischen Bedingungen, Erhaltungszuständen, vorbeugenden Maßnahmen, Präventiver Konservierung, technischen Möglichkeiten und Wissensstand in seinen Wechselwirkungen einordnen zu können, war eine Beschäftigung mit den Ursprüngen vorbeugender Maßnahmen sowie mit den Hintergründen und ethisch-philosophischen Grundlagen der Präventiven Konservierung unumgänglich. Denn die Entwicklungsgeschichte bildet gewissermaßen das theoretische Fundament der getroffenen Entscheidungen. Sie liefert den Schlüssel zum Verständnis der konservatorisch-technischen Geschichte der Münchner Pinakothek, weshalb sie der Baugeschichte der Alten Pinakothek als Ausgangspunkt vorangestellt ist.
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Howe 1913, zitiert nach Staniforth 2013, S. 107. Willems 2013. Ebd., S. 295. Cretz 1934, S. 73–78. Beispielsweise Brawne 1967, Cladders 1988, Cretz 1934, Flagge 1985, ICOM 2010, ICOM 1975, Naredi-Rainer 2004, Paul 2012, Pomian 1988, Savoy 2013, Sheehan 2002, Steffensen-Bruce 1998, Tiede 1898, Vieregg 2008 und andere.
6 Siehe S. 84 f. 7 Ebd. 8 Böttger 1972. 9 BStGS 1986. 10 Siehe S. 492–497. 11 Siehe S. 494–497. 12 Siehe S. 492–497. 13 Siehe S. 169–179 und S. 310–313. 14 DIN EN 15757: 2010-12, S. 6, Stichpunkt 3.5. 15 Burmester et al. 2011, S. 143–149.
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PRÄVENTIVE KONSERVIERUNG. VERGESSENE TRADITIONEN, NATURWISSENSCHAFTLICHE ERKENNTNISSE UND VORBEUGENDE STRATEGIEN
Die entwickelte Methode der Rekonstruktion historischer Umgebungsbedingungen ist ein neues Verfahren, das künftig zu einem wichtigen Baustein der Präventiven Konservierung werden wird. Sie verändert das Verständnis für Schäden an Kunstwerken grundlegend. Die Verknüpfung von Umgebungsbedingungen, technischer Geschichte und Erhaltungszuständen von Kunstwerken trägt dazu bei, neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Wechselwirkung zwischen verschiedenen Umweltparametern und den Materialien der Kunstwerke zu entwickeln. Dabei beeinflusst die Erforschung der Baugeschichte der Alten Pinakothek unter dem Aspekt konservatorischer Überlegungen ebenso die allgemeine Auffassung vom Museumsbau. Denn die abgeleiteten Lektionen der Vergangenheit verdeutlichen Grundsätze der Museumsarchitektur, veranschaulichen die Bedeutung der Präventiven Konservierung bei baulichen Maßnahmen und unterstreichen die Notwendigkeit, künftig dem museumsgerechten Bauen einen höheren Stellenwert einzuräumen. Die Erkenntnisse aus der Geschichte der Präventiven Konservierung mit ihren Entwicklungsstufen und zeittypischen Ausprägungen zeichnen ein Bild, dessen Motiv die Bestrebungen sind, die Kunstgegenstände langfristig zu erhalten und im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzips an nachfolgende Generationen in dafür geeigneten Raumhüllen zu übergeben.
VON ARCHITEKTURTHEORIE UND „HOUSEKEEPING“ ÜBER DIE NATURWISSENSCHAFTEN ZUR PRÄVENTIVEN KONSERVIERUNG Die heutige, von dem Bewusstsein um die Endlichkeit der Ressourcen geprägte Forderung nach möglichst simplen, passiven und minimalinvasiven Eingriffen in die historische Substanz lässt die vielfach unterschätzten Vorgehensweisen und Praktiken der Vergangenheit in einem neuen Licht erscheinen. Dies zeigt sich sowohl beim konservatorisch geprägten Blick auf die Entwicklungsgeschichte des Museumsbaus, wie anhand der traditionell als Gebäudeunterhalt bezeichneten Maßnahmen, die heute als grundlegende Aufgabengebiete der Präventiven Konservierung gelten. Oder, wie Manfred Koller treffend formulierte: „Aus der mehr als zweitausendjährigen Geschichte vorbeugender Techniken und Schutzmethoden an Baudenkmälern und Kunstwerken haben für die Gegenwart und Zukunft von Denkmalpflege und Konservierung sowohl praktische Grundsätze als auch viele Maßnahmen weiterhin Gültigkeit. Es gilt verstärkt zu erkennen, daß die Ursache vieler Schäden in der Nichtbeachtung alter vorhandener
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Schutzvorkehrungen liegt. [...] Vorbeugende Konservierung sollte an sich den Eingriff in den Gegenstand überhaupt vermeiden oder so gering wie möglich zu halten helfen.“1 Wie aber steht es um die Entwicklung der Präventiven Konservierung? Wie viel dieser weit zurückreichenden Geschichte vorbeugender Maßnahmen ist aktuell noch bekannt, und was können heutige Generationen für die Zukunft daraus ableiten? DIE ARCHITEKTURTHEORIE DES ALTERTUMS UND IHR NACHKLANG IN DER HEUTIGEN ZEIT Bis heute ist Vitruvs „De architectura libri decem“ das älteste überlieferte Werk zur Architekturtheorie des Altertums.2 Dementsprechend hatten seine Ausführungen im Verlauf der Jahrhunderte einen großen Einfluss auf die Baumeister. In der Antike bestand demnach ein sehr differenziertes Wissen über Materialien, Prozesse und Techniken des Bauens. Noch vor der Errichtung eines Gebäudes galt die Wahl des Baugrundes als entscheidender Faktor. Folgerichtig hatten die Stadtplaner im Alten Rom die Bauplätze in einer Weise festzulegen, dass diese der Gesundheit zuträglich waren, und die Straßenplanung basierte auf der Berücksichtigung der vorherrschenden Windrichtung.3 Zahlreiche Beamte waren ausschließlich mit dem Erhalt und der Pflege öffentlicher Bauten beschäftigt.4 Ihre Arbeit beruhte auf im römischen Recht verankerten Geboten zur Pflege alter Bauten, Genehmigungsvorbehalten bei Abbruchvorhaben sowie Ausfuhrverboten für Bildwerke, Säulen und Statuen.5 Mit der Frührenaissance wurden die in den klösterlichen und fürstlichen Bibliotheken erhaltenen mittelalterlichen Abschriften der vitruvianischen Architekturtheorie von Universalgelehrten wie Filippo Brunelleschi, Leon Battista Alberti, Sebastiano Serlio, Andrea Palladio und anderen wieder aufgegriffen, nachdem sie während der Gotik in Vergessenheit geraten waren. In den auf Vitruv folgenden Traktaten waren die Standortbedingungen, die Lage und Orientierung der Gebäude sowie die Fensteröffnungen wesentliche Merkmale einer qualitätvollen und dauerhaften Architektur.6 Beispielsweise sollten Büchereien immer nach Osten ausgerichtet sein, weil dann die Morgensonne eine ausreichende Beleuchtung erlaubte. Ein weiterer Grund war, dass eine Orientierung nach Westen beziehungsweise Süden die Gefahr von Schädlingsbefall und Schimmelbildung erhöht hätte.7 „Ebenso sollen die Gemäldesäle, die Teppich-Webereien und die Werkstätten der Maler diese Richtung [Norden] haben, damit ihre Farben bei der Arbeit wegen der Gleichheit des Lichtes ihre Beschaffenheit unverändert beibehalten.“8 Dies zeigt, dass insbesondere die Überlegun-
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gen zum Umgang mit Licht und Lichtschutz die Anlage und Ausrichtung der Räume innerhalb eines Gebäudes bestimmten. Modern erscheinen Vitruvs Aussagen zur „Anordnung der Gebäude nach den Eigenthümlichkeiten ihres Platzes“9, denn diese „werden dann recht angelegt sein, wenn erstlich berücksichtigt worden ist, in welcher Weltgegend und in welchem Zonenstrich sie gegründet werden sollen“.10 Vitruv zielte damit auf die unterschiedlichen Witterungsbedingungen und Klimaregionen ab, welche die landestypische Architektur prägten. Mittlerweile widmen sich mehrsemestrige Vorlesungsreihen an den Universitäten wieder diesem Prinzip der sogenannten klimagerechten Architektur. Im siebten Buch beschrieb Vitruv eingehend die bei der Errichtung von Gebäuden zu verwendenden Baumaterialien. Er legte großen Wert auf deren Dauerhaftigkeit sowie widerstandsfähige Konstruktionen und stellte ausführlich dar, welches Material für welche Konstruktion am besten geeignet wäre.11 Seine Hinweise umfassten Fußbodenaufbauten, Decken- und Gewölbekonstruktionen, Stuckarbeiten, den Putzaufbau sowie die dekorative Innenausschmückung. Sämtliche Ausführungen erwiesen sich gleichermaßen unter Berücksichtigung der Feuersicherheit von Gebäuden als vorteilhaft. Vor allem nördlich der Alpen wurden ab dem 15. Jahrhundert unter Bezugnahme auf Vitruv die Dach- und Deckenkonstruktionen nicht mehr in Holzbauweise, sondern häufig als massive Gewölbe aus Stein oder Backstein ausgeführt.12 Ein Aspekt, der sich weniger auf die architektonische Gestaltung der Gebäude, sondern auf die Inneneinrichtung beziehungsweise die in den Räumen befindlichen Kunstwerke bezog, ist die Tatsache, dass schon in der Antike Vorhänge zum Schutz der Kunstwerke im Einsatz waren. Diese Tradition war durchaus auch in den mittelalterlichen Kirchenbauten üblich, doch stand dort der Schutz vor Blicken im Vordergrund und das Öffnen der Vorhänge war als sakraler Akt Bestandteil der Liturgie. Auf zahlreichen niederländischen Gemälden des 17. Jahrhunderts ist aber ablesbar, dass in vielen fürstlichen Privatsammlungen Vorhänge zum Schutz der wertvollen Gemälde als gängige Praxis weit verbreitet waren.13 „HOUSEKEEPING BOOKS“ UND WEITERE ANWEISUNGEN FÜR SAMMLER UND KUNSTLIEBHABER Eines der frühesten Werke mit konkreten Anweisungen zur bestmöglichen Erhaltung von Kunstwerken war das Anfang des 18. Jahrhunderts entstandene Werk „Museographia“ von Caspar Friedrich Neickelius.14 Dieses Buch wandte sich an private Sammler und gab diesen umfassende Vorschläge an die Hand, wie Räume zur Präsentation von Kunstwer-
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ken geplant und ausgeführt werden sollten.15 Neben der Bemerkung, dass Kunstwerke ausschließlich in Räumen mit Süd-West-Orientierung auszustellen wären,16 fanden sich 25 Regeln zur Handhabung von Sammlungsgegenständen und zu Vorkehrungen zum Schutz vor Diebstahl und Beschädigung.17 Neben der „Museographia“ liefern die, in dieser Form überwiegend im englischsprachigen Raum verbreiteten „housekeeping books“ einen Einblick in den vorsorgenden Umgang mit den für England typischen Herrenhäusern inklusive deren Innenausstattung. Sie zeigen anschaulich Maßnahmen auf, die zum schonenden Gebäudeunterhalt ergriffen wurden und bis zum Erscheinen der ersten „housekeeping books“ in mündlicher Form von Generation zu Generation tradiert worden waren. Viele der Anweisungen bezogen sich auf Aspekte, die nahezu deckungsgleich mit dem heutigen Ansatz der Präventiven Konservierung sind. So besteht einer der wenigen Unterschiede zwischen heutigem und historischem Lichtschutz darin, dass mittlerweile zusätzlich UV-Schutzmaßnahmen ergriffen werden.18 Isabella Beeton veröffentlichte 1861 „The Book of Household Management“, welches aufgrund der großen Nachfrage zwischen 1878 und 1890 unter dem Titel „Beetons‘s Housewife‘s Treasury of Domestic Information“ in einer erweiterten Fassung erschien.19 Im ersten Werk vom 1861 wurden jahreszeitlich aufgeteilt diverse Maßnahmen und Arbeiten beschrieben, die heute Teilgebiete der Präventiven Konservierung sind.20 Der zweite Band widmete sich dann technischen Fragestellungen, wie etwa der ausreichenden und richtigen Belüftung von Räumen unterschiedlicher Funktion. Noch aufschlussreicher für die Belange der Präventiven Konservierung ist aber eine Passage über die Erhaltung und Pflege eines Pianos. Beeton stellte zunächst fest, dass sich ein Klavier aus verschiedenen Materialien zusammensetze und daher Veränderungen des Klimas einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität und die Dauerhaftigkeit des Instruments hätten. Die Anweisung lautete: “It must be shadded from the sun, kept out of a draught, and, above all, guarded against sudden changes of temperature. […] Moisture is the greatest enemy of the piano, and it cannot be too carefully guarded against.”21 Dem folgten Bemerkungen zum richtigen Aufstellungsort, zu Schutzabdeckungen und zu regelmäßig durchzuführenden Reinigungsmaßnahmen. Nicht minder detailliert waren die Anweisungen für Hausangestellte, die Susanna Whatman zwischen 1776 und 1789 in ihrem „Housekeeping Book“22 festhielt. Sie legte dabei einen Schwerpunkt auf die Beschreibung, wann in welchen Räumen die Sonne im Tagesverlauf eintrat und wie dementsprechend der Sonnenschutz zu bedienen sei.
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Zudem gab sie Empfehlungen, wie die Böden und die im Haus vorhandenen Einrichtungsgegenstände zu reinigen seien, um vermeidbare Schäden auszuschließen. Auch wenn die Literatur dieser Zeit inhaltlich nicht auf den Museumsbau Bezug nimmt, finden sich doch einige wichtige Punkte, die sich nahezu ausnahmslos sowohl auf den musealen Raum wie auf die Präventive Konservierung übertragen lassen. Die Texte beschäftigten sich in erster Linie mit der architektonischen Gestaltung der Gebäude und der Räume in Privathäusern, in denen mitunter großer Wert auf eine angemessene Präsentation von Kunstwerken gelegt wurde. Eine qualitätvolle und dauerhafte Architektur galt dabei als Schlüssel zum langfristigen Erhalt der Kunstwerke. Die historischen Anweisungen zum vorbeugenden Erhalt beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Vermeidung von aufsteigender Mauerwerksfeuchte durch die Wahl des Bauplatzes, die Orientierung der Räume nach den Himmelsrichtungen und einen zielgerichteten Einsatz adäquater Baumaterialien. Die Architektur war ebenfalls darauf ausgerichtet, den direkten Einfall von Sonnenlicht zu verhindern. Zusätzlich wurden Lichtschutzmaßnahmen ergriffen, die heutigen Vorgehensweisen ähnlich sind. Die „housekeeping books“ belegen, dass in der Vergangenheit ein umfassendes Wissen über die richtige Reinigung und Pflege der Räume samt Ausstattung bestand und dass dieses nicht nur hygienische Gründe hatte, sondern als wichtiger Bestandteil der Schadensprävention und des Gebäudeunterhalts verstanden wurde. DENKMALPFLEGE IM 19. JAHRHUNDERT UND DIE RÜCKBESINNUNG AUF VORBEUGENDE MASSNAHMEN Schon wenige Jahrzehnte später schien das differenzierte Wissen vergangener Tage entweder in Vergessenheit geraten zu sein oder an Bedeutung verloren zu haben. John Ruskin bemängelte Mitte des 19. Jahrhunderts den damaligen Umgang mit dem Kulturgut: “The principle of modern times […] is to neglect buildings first, and restore them afterwards.
Take proper care of your monuments, and you will not need to restore them.“23 Diese Aufforderung griff Georg Dehio etwas später auf und entwickelte mit seinem „Konservieren, nicht restaurieren“24 eine so prägnante und eingängige Formulierung, dass sich noch die heutige Generation darauf beruft. Seine Forderung gründete auf dem Bewusstsein, dass etwas Zerstörtes oder Verlorenes niemals wiederherzustellen sei.25 Im Rückblick war keine Zeit so widersprüchlich, wie das 19. Jahrhundert: Einerseits folgte aus den schweren Zerstörungswellen der Napoleonischen Kriege
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und den Folgen der Säkularisation eine Institutionalisierung und Professionalisierung der Denkmalpflege. Andererseits beförderte die streng historistische Auffassung von der „Stilreinheit und Stileinheit“26 eben jenen, von Ruskin und Dehio bemängelten Umgang mit historischen Denkmälern. Die von ihnen angeführte Gegenbewegung forderte eine Abkehr von dieser Form der ergänzenden und stilverändernden Denkmalpflege.27 Als Gegenpol zur insbesondere durch Eugène Violet-le-Duc repräsentierten, in die Substanz und die Rezeption eingreifenden Restaurierung erlangten die vorbeugenden und substanzerhaltenden Maßnahmen erneut einen wichtigen Stellenwert. Eigentlich war die Baudenkmalpflege der Ausgangspunkt der Entwicklung moderner ethischer Maximen im Umgang mit dem Kulturerbe.28 Aber parallel zu den beschriebenen Bestrebungen, den Erhalt der Kunstund Kulturdenkmäler durch eine kontinuierliche Wartung und Pflege zu sichern, erlangten die Material- und Naturwissenschaften für Fragestellungen der Restaurierung einen zunehmenden Stellenwert. In gewisser Weise emanzipierte sich die Restaurierung beziehungsweise Konservierung erst dadurch konsequent von der Denkmalpflege. An den großen Museen Europas begannen Restauratoren und Naturwissenschaftler zusammenzuarbeiten, um in Laborversuchen bestimmte Phänomene oder Schadensmechanismen zu verstehen, zu untersuchen und zu erklären. Als frühe Beispiele sind Max von Pettenkofers Versuche29 zur Auswirkung klimatischer Bedingungen oder die von William Russel und William Abney durchgeführten Testreihen30 zur Lichtschädigung von Farbstoffen und Pigmenten anzuführen. Damals wurden viele der heutigen Grundlagen der Präventiven Konservierung gelegt – der Weg zu einer anerkannten Disziplin der Konservierungswissenschaft war indes noch weit. Wie bemerkenswert weitsichtig der historische Umgang mit dem Kunst- und Kulturgut trotz aller zeitgenössischer Kritik war, lässt die 1881 veröffentliche Schrift „The Enemies of Books“ erahnen.31 William Blades beschrieb darin die „Feinde“ der Bücher: Feuer, Wasser, Wärme, Staub, Vergessen, falsche Handhabung, Schädlinge und Sammler. Mit seinen Ausführungen griff er in wesentlichen Punkten dem von Stefan Michalski und Robert Waller in den 1990er Jahren in die Präventiven Konservierung eingeführten Risikomanagement vor. Deren „agents of deterioration“ weisen erstaunliche Parallelen zu den von Blades über 100 Jahre zuvor beschriebenen Zerstörungsfaktoren auf. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erschien mit dem mehrbändigen „Handbuch der Architektur“ ein in Fachkreisen weit verbreitetes Standard-
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werk zur Architekturtheorie und praktischen Baukunde. Das Handbuch ist für die Präventive Konservierung deswegen aufschlussreich, weil sich ein Einzelband ausführlich und systematisch der funktionellen und architektonischen Gestaltung von Gebäuden für Sammlungen und Ausstellungen, Archive, Bibliotheken, Museen sowie temporären Ausstellungsbauten widmete.32 Die allgemeinen Ausführungen zu Einrichtung und Ausstattung erlauben Rückschlüsse auf das damalige Verständnis und die Denkweise der Architekten beim Bau eines Museums: „Die Sammlungen bedürfen behufs gesicherter Erhaltung der darin aufbewahrten Gegenstände des Schutzes gegen Staub und Feuchtigkeit, so wie gegen Sonnenschein und größere Temperaturschwankungen. Die Abhaltung dieser Einflüsse bewirkt man durch zweckmäßige Bauart des Hauses, Verwendung geeigneter Baustoffe und Isolirungsmittel, durch Einrichtungen für Heizung und Lüftung, gute Erhellung und Schutzvorkehrungen gegen das Eindringen des unmittelbaren Sonnenlichtes. Auch müssen Fenster und Fußböden der Sammlungsräume dicht gearbeitet sein. Die Erwärmung derselben ist in mäßigen Grenzen (14 bis 18 Grad C. der Luft bei 50 bis 55 Procent Feuchtigkeitsgehalt) zu halten und erfolgt am besten mittels Dampf- und Wasserheizung, wobei darauf zu achten ist, daß die Heizkörper möglichst entfernt von den Sammlungsgegenständen anzuordnen sind. Ueberhaupt sind solche Heizeinrichtungen, die möglicher Weise die Schädigung der Sammlungen durch den Austritt von Feuergasen, Rauch, Dampf, Wasser u.f.w. herbeiführen könnten, sorgfältig zu vermeiden.“33 Dies belegt, dass noch im 19. Jahrhundert die Gebäudehülle als wichtiges und ausschlaggebendes Kriterium galt, um die Bedingungen im Museumsraum für den Erhalt der Kunstwerke zu optimieren. Dies stand im Zentrum der Museumsarchitektur. Aber die Ausführungen deuten einen ersten Trend zum zunehmenden Technikeinsatz in Form komplexer Heizeinrichtungen an. Die Entscheidungsträger in den Museen vertraten gegenüber den Neuerungen dieser Zeit jedoch eine tendenziell kritische bis ablehnende Haltung. Sie hinterfragten die Kompetenz von Architekten und Ingenieuren. Sicherlich war einer der Gründe die Erfahrung mit dem technischen Fortschritt: Problemstellungen, wie die Stabilisierung der klimatischen Bedingungen über die Kontrolle der Temperatur im Winter, erschienen durch die technischen Möglichkeiten zumindest theoretisch lösbar. Aber die praktische Umsetzung barg Risiken, die durch die neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse als ernstzunehmende Risikofaktoren erkannt worden waren. Bis zur Jahrhundertwende hatte sich das wissenschaftliche Fundament gebildet, auf dessen Grundlage die beobachteten Schäden und
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Zerstörungsmechanismen chemisch oder physikalisch erklärbar geworden waren. Nach wie vor galt das Hauptaugenmerk vieler Maßnahmen den Fragestellungen rund um die Museumsbeleuchtung sowie der Kontrolle der klimatischen Verhältnisse. Die damit einhergehenden Probleme sollten gelöst werden, aber nicht um jeden Preis und keinesfalls auf Kosten der Erhaltung des Sammlungsgutes. Eine erste systematische und in sich geschlossene Darstellung zum Wert von Kunst- und Kulturgut und zur Qualität von Denkmälern lieferte der Kunsttheoretiker, Denkmalpfleger und Vertreter der Wiener Schule der Kunstgeschichte Alois Riegl im Jahr 1903.34 Indem er verschiedene historische und ästhetische Sinnschichten des Kulturgutes – den Erinnerungswert, den Gegenwartswert, den Alterswert, den historischen Wert, den Gebrauchswert und den Kunstwert – in ein mehrstufiges Wertesystem einordnete, schuf er das Fundament für einen veränderten restauratorischen Umgang mit den Kunstwerken. Bis auf den Alterswert, der in Riegls Theorie eine zentrale Position besetzt, würden die übrigen Denkmalwerte in unterschiedlicher Ausprägung zeitgebundenen Erkenntnissen oder subjektiven Nutzungsinteressen einer Gesellschaft unterliegen. INSTITUTIONALISIERUNG ZUM SCHUTZ UND ERHALT VON KUNST- UND KULTURGUT Die Zerstörung von mobilem und immobilem Kunst- und Kulturgut während des Ersten Weltkrieges veränderte den Umgang mit dem Kulturerbe grundlegend und prägte das kulturelle Bewusstsein der Gesellschaft. Generell gilt die Einschätzung, dass durch kriegerische Konflikte rund drei Viertel aller jemals von Menschenhand geschaffenen Kulturgüter und somit Zeugnisse und Nachweise der Vergangenheit zerstört wurden. „Nur“ etwa ein Viertel des kulturellen Erbes fiel der Zerstörung durch Naturkatastrophen oder dem altersbedingten Verfall zum Opfer.35 Vor dem Hintergrund dieser Tatsache wurden 1899 und erneut 1907 in Den Haag die „Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges“ von den anwesenden Konferenzmächten ratifiziert. Aber der Erste Weltkrieg zeigte, dass die Bestimmungen der Haager Landkriegsordnungen nicht ausreichend griffen.36 Es bedurfte erst weiterer Katastrophen und verstärkter Anstrengungen auf politischer wie fachlicher Ebene, um einen konsequenten Schutz von Kunstwerken im Fall von bewaffneten Konflikten umzusetzen. Zwischen den beiden Weltkriegen gewann der fachübergreifende Austausch zwischen Museumsverantwortlichen, Konservatoren, Restauratoren und Naturwissenschaftlern weiter an Bedeutung. Eine vom International
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Museums Office of the League of Nations, dem Vorläufer des International Council of Museums (ICOM) 1930 in Rom organisierte Konferenz verankerte die Anwendung naturwissenschaftlicher Untersuchungsmethoden und die wissenschaftliche Begleitung von Konservierungsmaßnahmen endgültig in der Museumswelt. Im Jahr darauf fand der „First International Congress of Architects und Technicians of Historic Monuments“ in Athen statt. Im Anschluss daran wurde 1931 die „Charta von Athen“, auch als „Carta del Restauro“ bezeichnet, verfasst.37 Die sieben Grundsätze zielten zunächst auf die erforderlichen institutionellen Grundlagen ab. Die anschließenden einzelnen Paragraphen waren inhaltlich schwerpunktmäßig auf die Denkmalpflege ausgerichtet, aber einer der entscheidenden Grundsätze der Charta – “[…] to abandon restorations in toto and to avoid attendant dangers by inititating a system of regular and permanent maintenance calculated to ensure the preservation of the buildings”38 – hatte gleichermaßen Einfluss auf die Haltung gegenüber der Konservierung. Etwas überraschend erscheint aus heutiger Sicht, dass dem Thema Umwelteinflüsse der gesamte fünfte Paragraph gewidmet war. Daraus lässt sich ableiten, dass diese als Schadensfaktoren in den 1930er Jahren bereits problematisch waren.39 Im Rückblick erscheinen diese Jahre als Zeit, in der sowohl auf institutioneller wie politischer Ebene diverse Initiativen fundamentale Veränderungen vorantrieben. Auch die Öffentlichkeit nahm aktiv an diesen Bemühungen teil und war an den Maßnahmen zum Kulturerbeschutz interessiert. In zahlreichen Publikationen wurden die bis dato gesammelten Erkenntnisse zum Erhalt von Kunstwerken einem breiten Publikum vermittelt. In diesem Kontext erschien beispielsweise ein Aufsatz zur Erhaltung von Gemälden in den „Technischen Mitteilungen für Malerei“, der als redaktionelle Übersetzung aus dem Französischen abgedruckt wurde und die Maler als Kunstschaffende adressierte. Neben den wiederholt thematisierten optimalen Klimabedingungen und einer Beschreibung der verfügbaren technischen Systeme zur Klimakontrolle war, wie schon in früheren Zeiten, die Tageslichtbeleuchtung, die unter Berücksichtigung der Lichtempfindlichkeit der Gemälde zu gestalten sei, inhaltlich wichtig. Interessant und neu waren hingegen die Vorsichtsmaßregeln gegen Brände, da sich diese nicht auf die Forderung nach einer massiven Bauweise beschränkten, sondern die Überwachung der Heizung und der elektrischen Leitungen sowie besondere Maßnahmen bei Baumaßnahmen beinhalteten.40 Bemerkenswert ist der Hinweis auf die Risikofaktoren bei der Brandbekämpfung: „Das Löschsystem muß sorgfältig ausgewählt sein, da die meisten Löschmittel den Gemälden schweren Schaden
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zufügen können.“41 Auch die Hinweise zur Hängung von Gemälden zeigen, dass neuartige Schädigungsmechanismen erkannt worden waren, die nun physikalisch beschrieben wurden. Durch einen Mindestabstand zur Wand sollte die Luftzirkulation hinter dem Bildträger gewährleistet und die Ausbildung von Mikroklimata verhindert werden.42 Ähnliches galt für Vibrationen und Schwingungen, die als kritisch galten, weshalb vorbeugend vorgeschlagen wurde: „Wenn sich ein Museum an einer großen Verkehrsstraße befindet, verhüte man die Übertragung der Erschütterung der Mauern auf die Gemälde durch ein nachgiebiges Aufhängesystem, z. B. mit Kautschukpfropfen.“43 In dieser Zeit erschienen weitere Publikationen, in denen neben den bekannten Erhaltungskriterien wie Klima, Licht und Schadstoffe, weitere Risikofaktoren beschrieben wurden. Hier kam den neuen chemischen und physikalischen Erkenntnissen eine Schlüsselrolle zu. Einerseits trugen sie zum Verständnis der seit längerer Zeit beobachteten Schadensphänomene bei. Andererseits zeigten sie neue Risiken auf, die in der Vergangenheit kaum bekannt gewesen waren oder, wie die vom Straßenverkehr herrührenden Erschütterungen, zuvor in dieser Form nicht existiert hatten. Hier leisteten in besonderem Maße die in den großen Museen in den 1930er Jahren aufgebauten Labore, wie beispielsweise das British Museum Research Laboratory, das Fogg Art Museum Technical Department oder die Labore im Museum of Fine Art Boston und dem Louvre, und natürlich das „Reichsinstitut für Maltechnik“, das ab 1937 mit dem Zusatz DoernerInstitut als „Staatliche Prüf- und Forschungsanstalt für Farbentechnik“ gegründet wurde,44 Pionierarbeit. Zunächst verzögerte der Zweite Weltkrieg jede weitere Entwicklung in dieser Richtung, da Schutzvorkehrungen und Auslagerungen Priorität hatten. Nach Kriegsende reagierten die Verantwortlichen, ähnlich wie schon nach dem Ersten Weltkrieg, mit zahlreichen Maßnahmen, um kommende Krisensituationen anders zu bewältigen. Die UNO beispielsweise wurde 1945 durch die Unterzeichnung der Charta der Vereinten Nationen auf der Konferenz von San Francisco ins Leben gerufen. Noch im selben Jahr gründete sich die UNESCO als Unterorganisation der Vereinten Nationen: Sie sollte sich weltweit für Bildung, Wissenschaften und Kultur einsetzen, und bis heute zeichnet die UNESCO für den globalen Schutz und die Erhaltung des kulturellen Erbes der gesamten Menschheit verantwortlich. Auf Initiative der UNESCO wurde 1954, wieder in Den Haag, die „Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten“ beschlossen.45 Diese, im Jahr 1999 in erweiterter Form ratifizierte Konvention kommt
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mittlerweile nicht mehr ausschließlich bei bewaffneten Konflikten zum Tragen, sondern greift genauso im Katastrophenfall, wenn umfassende Evakuierungskonzepte gefragt sind.46 Auch die Gründung des International Council of Museums (ICOM) im Jahr 1946 geht auf die Kriegserfahrungen zurück. Die erste Generalkonferenz fand 1948, zwei Jahre nach der Gründung in Paris, statt. Im ICOM Committee „Care of Paintings“ kamen Museumsmitarbeiter zusammen, die in der Folge das internationale ICOM Committee „Museums Laboratories“ ins Leben riefen und konsequent an die Bemühungen und Entwicklungen der Vorkriegsjahre anknüpften. Mit der Gründung des International Institute for Conservation of Historic and Artistic Works (IIC) in London manifestierte sich der eingeschlagene Weg der zunehmenden Verwissenschaftlichung der Restaurierung und Konservierung weiter. Zwischen 1946 und 1948 fanden eine Reihe von Treffen statt, bei denen die Frage im Raum stand, wie die nach der Romkonferenz von 1930 erstmals und bis 1942 erschienene Zeitschrift „Technical Studies in the Field of Fine Arts“, herausgegeben vom Fogg Art Museum, wiederbelebt werden könne. Die Wortführer dieser Idee waren George Stout, W. G. Constable, Ian Rawlins und Paul Coremans. Schließlich wurde das IIC im Jahr 1950 als „International Institute for the Conservation of Museum Objects“ (die heutige Bezeichnung erhielt es 1959) installiert. Die Ziele waren “to improve the state of knowledge and standards of practice and to provide a common meeting ground and publishing body for all who are interested in and professionally skilled in the conservation of museums objects”.47 Zwei Jahre später erschien die erste Ausgabe der „Studies in Conservation”, die im Lauf der Jahre durch die „Reviews in Conservation”, die „News in Conservation” und die „Congress Proceedings“ als weitere Publikationen des IIC ergänzt wurde. Ab 1958 bildeten sich nach und nach regionale Gruppen des IIC, aus denen später unter anderem das American Institute for Conservation (AIC) hervorging. Bis Ende der 1950er Jahre vollzog sich durch diese Vorgänge ein einschneidender Wandel im Berufsbild des Restaurators. Das praktische Fachwissen wurde durch die Materialwissenschaft ergänzt. Dies prägte das sich immer deutlicher abzeichnende Aufgabengebiet der Konservierung und steckte das Feld für die weitere Entwicklung der Präventiven Konservierung ab. Auch auf institutioneller Ebene erhielten die konservatorisch-naturwissenschaftlichen Bestrebungen breite Unterstützung. In Westdeutschland wurde 1953 das ICOM-Nationalkomitee der Bundesrepublik Deutschland mit Kurt Martin als Gründungspräsidenten ins Leben
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gerufen. Dem folgte 15 Jahre später die Gründung des ICOM-Nationalkomitees der Deutschen Demokratischen Republik, was 1968 auf der erstmals in Deutschland stattfindenden achten Generalkonferenz von ICOM in Köln und München verkündet wurde.48 Im Jahr 1956 wurde auf der Generalversammlung der UNESCO in NeuDehli angeregt, eine länderübergreifende Stelle zu schaffen, die sich der Entwicklung und Verbesserung restauratorischer Methoden annehmen sollte. Schließlich wurde 1959 in Rom das International Center for the Study of the Preservation and Restoration of Cultural Property (ICCROM) gegründet. Erster Direktor wurde der in dieser Arbeit häufiger erwähnte Harold Plenderleith, der dieses Amt bis 1971 bekleidete. In gewisser Konsequenz wurde dann 1967 das internationale ICOM Committee „Museum Laboratories“ umbenannt in ICOM Committee for Conservation (ICOM-CC). Die noch heute bestehende Reihe der „Triennial Meetings“ startete erstmals im Jahr 1969. Derzeit sind innerhalb des ICOM-CC 21 Arbeitsgruppen organisiert, in denen sich Restauratoren, Konservatoren, Wissenschaftler und Kuratoren austauschen. Die Arbeitsgruppe „Preventive Conservation“ entstand 1993 durch die Zusammenführung der beiden Arbeitsgruppen „Art in Transit“ und „Lighting and Climate Control“. ETHISCHE ÜBERLEGUNGEN UND DIE „CHARTA VON VENEDIG“ Als weitere Entwicklungsstufe der Präventiven Konservierung sind die Gedanken von Cesare Brandi wichtig. Seine in den 1960er Jahren publizierten Theorien forderten zu einem Nachdenken über methodische und ethische Voraussetzungen und Bedingungen der Restaurierung auf. Brandi führte den Begriff der präventiven Restaurierung ein.49 Darunter verstand er alle Maßnahmen zur Vermeidung von Veränderung. Sowohl die Maßnahmen wie auch die zu vermeidenden Veränderungen seien davon abhängig, aus welchen Materialien ein Kunstwerk bestehe. Präventive Restaurierung umfasste nach Brandi die Pflege der Kunstwerke, den Ausschluss von Gefahren und die Sicherstellung geeigneter Umgebungsbedingungen, wodurch konkrete Restaurierungsmaßnahmen weitgehend zu verhindern wären. Aber dies sei nur dann gewährleistet, wenn das Kunstwerk und sein Zustand erforscht wären. Brandi war der Ansicht, dass sich die Untersuchung sowie die Entscheidung über durchzuführende Maßnahmen an den Gründen, weshalb Kunstwerke als erhaltenswert gelten, orientieren müssten. Stünden ästhetische Aspekte im Vordergrund, wären die Bedingungen zu untersuchen, unter welchen das Kunstwerk als Bild oder historische Aufzeichnung (Kunstgenuss) ausgestellt werden solle. Würde das
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Kunstwerk hingegen über sein Material und die materielle Qualität beurteilt, besäßen der Zustand des Materials (Materialität) und die Umweltbedingungen (Risikofaktoren) höhere Priorität. Brandi war der Meinung: „Die präventive Restaurierung ist unter Umständen noch verpflichtender, wenn nicht sogar noch zwingender als konservatorische Notfallmaßnahmen, weil die Prävention eben darauf ausgerichtet ist, den Notfall zu verhindern, der eine vollständige Rettung und Erhaltung des Kunstwerkes im Allgemeinen erschwert. Wenn man diese Vision von Restaurierung mit trägt, dann muss das größte Engagement einer Person oder Institution, der ein Kunstwerk anvertraut ist, auf die präventive Restaurierung ausgerichtet sein.“50 Mit seinem Ansatz der verschiedenen Ebenen eines Kunstwerkes warf Brandi ethische Überlegungen in die Waagschale und zeigte damit einen Konflikt auf, der zwangsweise für kontroverse Haltungen sorgen musste und die ethischen Vorstellungen langfristig veränderte. Noch ausgeprägtere, aber damals ungeahnte Konsequenzen hatte die 1964 vom „2nd International Congress of Architects and Technicians of Historic Monuments“ verabschiedete „Charta von Venedig“.51 Diese wurde unter Würdigung der „Charta von Athen“ mit dem Anspruch auf internationale Gültigkeit formuliert. Und tatsächlich konnte sie bis heute durch kein vergleichbar weit verbreitetes Dokument ersetzt werden. Obwohl die Präventive Konservierung in der Charta nicht erwähnt war, verankerte der Artikel vier – “It is essential to the conservation of monuments that they be maintained on a permanent basis“52 – einen grundlegenden Ansatz in der Präventiven Konservierung. Die Tatsache, dass dieser Punkt gleich als erster Punkt nach den Grundlagendefinitionen unter dem Oberbegriff „Conservation“ aufgeführt war, verdeutlicht den Stellenwert, der vorbeugenden und konservierenden Maßnahmen beigemessen wurde. Der in der Charta erwähnte Begriff des „maintenance“ muss dabei von den gewöhnlichen Maßnahmen des Gebäudeunterhalts abgegrenzt werden: “In contrast to normal building maintenance, maintenance of historic buildings must always take into account the monument value of the fabric as well as the monument character of a structure. Under these conditions, proper maintenance can be the simplest and gentlest type of preservation because it guards against potential damages, especially those caused by weathering, and thus preserves monuments intact over centuries.”53 Weil die Charta formulierte, dass restauratorische Entscheidungen und der Umgang mit Alterung, Zerstörung und Verlusten auf einer wissenschaftlichen Basis getroffen werden sollten, verankerte sie erste wichtige Grundsätze der Präventiven Konservierung im Bewusstsein des Berufsstandes.
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Deshalb besitzt die „Charta von Venedig“ als historisches Dokument und Zeitzeugnis einen außerordentlichen Stellenwert. Auch die Tatsache, dass heute nicht mehr jedes technische Detail zeitgemäß erscheint, ist keine Einschränkung, denn in den 16 Artikeln der „Charta von Venedig“ bündeln sich die Erfahrungen der Denkmalpflege eines ganzen Jahrhunderts,54 und die über Jahrzehnte gewachsenen Grundsätze sind in gleicher Weise noch heute für die Präventive Konservierung maßgeblich. KULTURGÜTERSCHUTZ UND DIE ANFÄNGE DER PRÄVENTIVEN KONSERVIERUNG Das 1972 von der Generalkonferenz der Vereinten Nationen (UN) in Paris verabschiedete Übereinkommen zum „Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“ war ein Meilenstein für den Kulturgüterschutz.55 Die Einleitung enthielt den Hinweis, dass neben den traditionellen Zerstörungsfaktoren insbesondere die sich verändernden soziologischen und ökonomischen Bedingungen zu erheblichen Verfalls- und Zerstörungsfaktoren geworden waren. Kulturgutschutz müsse daher als Aufgabe der Menschheit betrachtet werden und läge in der Verantwortlichkeit jedes Einzelnen. Im ersten Abschnitt fanden sich die Definitionen von Kultur- und Naturerbe. Letzteres wurde damit erstmals als erhaltens- und schützenswert eingestuft, weshalb die Konvention eine wichtige Basis für den Naturschutz lieferte. Um effektive und aktive Schutz-, Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen zu koordinieren und durchzuführen, wurde einerseits die Gründung des World Heritage Committee vorgeschlagen56 und andererseits die Erarbeitung der „Welterbeliste“ sowie der Liste des „Welterbes in Gefahr“ beschlossen.57 Mit der Unterzeichnung des Papiers verpflichteten sich die Vertragsstaaten, die innerhalb ihrer Grenzen gelegenen Welterbestätten zu schützen und für zukünftige Generationen zu erhalten sowie finanzielle Mittel hierfür bereitzustellen. Diese Konvention ist bis heute das Schlüsselinstrument, um den Erhalt des Kunst- und Kulturgutes auf europäischer Ebene zu sichern. Das ebenfalls 1972 gegründete Canadian Conservation Institute (CCI) leistete durch seine Grundlagenforschung einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Theorie der Präventiven Konservierung. Ursprünglich zur Unterstützung der kanadischen Denkmalpflege gedacht, avancierten die „CCI Notes“ und das „CCI Technical Bulletin“ auch in anderen Ländern schnell zum wichtigen Organ der Konservierungswelt. Noch heute werden die mittlerweile über 100 Ausgaben der „CCI Notes“ von den Institutsmitarbeitern verfasst und haben Themen rund um die Erhaltung, die
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Lagerung sowie die Handhabung von Kulturgut zum Inhalt. Ergänzend behandelt das „Technical Bulletin“ speziell praxisorientierte Fragestellungen. Für die konkreten Anfänge der Präventiven Konservierung ist Plenderleith „The Conservation of Antiquities and Works of Art: Treatment, Repair and Restoration“ ein aufschlussreiches Standardwerk. In der Einleitung der zweiten Auflage von 1971 thematisierte dieser an erster Stelle den Einfluss der Umgebungsbedingungen auf den Erhaltungszustand der Kunstwerke. Hieraus lässt sich schließen, dass das Problem der Klimakontrolle und der angestrebten Klimaverhältnisse trotz des technischen Fortschrittes noch nicht gelöst war. Ähnlich wie Brandi vertrat Plenderleith die Ansicht, dass der Zustand eines Kunstwerkes maßgeblich von zwei Faktoren beeinflusst werde: den Materialien, aus denen ein Kunstwerk bestehe und den Umgebungsbedingungen, denen es seit seiner Entstehung ausgesetzt war. Die bestimmenden Faktoren seien relative Feuchte und Temperatur. Dies verdeutlichte Plenderleith am Beispiel archäologischer Funde. Durch die Ausgrabungen würde das über Jahrhunderte entstandene Gleichgewicht zwischen dem Fundstück und dessen Umgebung empfindlich gestört, was zum Teil schwerwiegende Schäden nach sich ziehe. Plenderleith betonte, dass dies zwar eine Extremwertbetrachtung sei, dass aber Kunstwerke in Museen, wenn sie den Schwankungen des Umgebungsklimas ausgesetzt wären, langfristig in gleicher Weise litten.58 Schon einleitend verwies Plenderleith darauf, dass einzelne Sammlungsgegenstände erst dann in den Mittelpunkt der Untersuchung rücken sollten, wenn die in seinem Buch aufgeführten Umgebungsbedingungen – wozu er auch Beleuchtungsfrage und Schadstoffproblematik zählte – stabilisiert und die bestehenden Risiken weitestgehend minimiert seien.59 In den Vereinigten Staaten wurde 1973 das American Institute for Conservation (AIC) gegründet, welches aus einer nationalen Gruppierung des IIC hervorging. Als einziger, nationaler Verband widmet es sich in den USA der Bewahrung des Kulturgutes, indem es professionelle Leit- und Richtlinien entwickelt, Forschung fördert und den Austausch zwischen Fachleuten untereinander sowie mit der Öffentlichkeit unterstützt. Aber schon mehr als zehn Jahre vor der eigentlichen Gründung des AIC setzte das Committee on Professional Standards and Procedures (gegründet 1961) der IICAmerican Group (IIC-AG) ein Zeichen, indem sie die ersten Standards für Restauratoren erarbeitete. Die Leitung des Komitees hatte Murray Pease, Konservator am Metropolitan Museum, übernommen, weshalb die „IIC American Group Standards of Practice and Professional Relations for Con-
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servators“ letztlich unter dem Namen „The Murray Pease Report“ im Jahr 1964 in den „Studies in Conservation“ publiziert wurden.60 Im Jahr 1967 wurde der „Code of Ethics for Art Conservators“ durch die IIC-AG ratifiziert und erschien zusammen mit dem „Murray Pease Report“ im Jahr 1968 mit Unterstützung des IIC in Form einer 68 Seiten umfassenden Broschüre.61 Interessanterweise lag der Schwerpunkt beider Dokumente in der praktischen Umsetzung von Untersuchungen, Restaurierungsmaßnahmen sowie deren Dokumentation: “The following standards and procedure are approved by the IIC-AG as applying to professional practice by conservators […] in the examination and treatment of works of art. Such practice is considered to comprise three categories: A. Scientific analytical study of art objects, for such purposes as identifying materials, method of construction, modifications by age or other agencies, and comparison with comparable material, but not as a preliminary to treatment. B. examination and treatment of works of art, whether by private or institutional operators. C. Supplying previously developed reference data which may bear on condition, authenticity, authorship o rage of specific objects.”62 NATURWISSENSCHAFTLICHE UNTERSUCHUNGEN ALS FUNDAMENT VORBEUGENDER ERHALTUNGSSTRATEGIEN In Deutschland beschäftigten sich am Doerner Institut in München Christian Wolters und Hermann Kühn zeitgleich weitaus innovativer als die amerikanischen Kollegen mit der Erforschung vorbeugender Maßnahmen. Obwohl Garry Thomson und Günther Hilbert als die Wegbereiter der Präventiven Konservierung gelten, zeigt sich, dass sich insbesondere Wolters bereits in den 1950er Jahren jenen Themen widmete, die heute der Präventiven Konservierung zugeordnet werden.63 Die weitsichtige Einschätzung von Wolters und Kühn in Hinblick auf den Einfluss der Umgebungsbedingungen auf den Erhaltungszustand der Kunstwerke kann heute, genauso wie ihr Einfluss auf die, in den Münchner Pinakotheken durchgeführten Maßnahmen, nicht genug gewürdigt werden. Der auf zahlreichen Einzeluntersuchungen, Laborversuchen, Erfahrungswerten und Beobachtungen basierende Standpunkt beider Wissenschaftler erschließt sich heute nur durch die vielen, zum Teil schwer zugänglichen Publikationen aus der Zeit zwischen 1952 und 1975, die deshalb im Folgenden chronologisch in kurzer Zusammenfassung wiedergegeben sind. Beide Autoren prägten das Verständnis für Präventive Konservierung am Doerner Institut. In Andreas Burmester fanden Wolters und Kühn einen Nachfolger, der den Stellenwert der Präventiven Konservierung wie kaum ein Anderer im deutsch-
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sprachigen Raum förderte und prägte. Neben seinen Museumsberatungen und seinem Mitwirken bei der Errichtung der Pinakothek der Moderne sowie bei Planung und Bau des Museums Brandhorst, gibt er seine Auffassung von Präventiver Konservierung in Lehrveranstaltungen an der Technischen Universität München an nachfolgende Generationen von Restauratoren weiter und ist damit ein wichtiger Vordenker dieser vergleichsweise jungen Disziplin. In der ersten Publikation, die sich in den Bestandsunterlagen des Doerner Institutes findet, beschäftigte sich Wolters mit der Behandlung hölzerner Bildträger. Die Studie fasste die Ergebnisse einer Umfrage an 20 deutschen Museen und zehn Landesämtern für Denkmalpflege zusammen und lieferte eine ziemlich moderne Einschätzung der Problematik: „Gemälde auf Holztafeln stellen ein hochempfindliches in sich oft sehr verschieden stark auf Feuchtigkeitsschwankungen reagierendes Materialgefüge dar. Altes Holz, dessen natürliches Schwinden zwar abgeschlossen ist, bleibt, soweit wir sehen, immer hygroskopisch und wirkt als Feuchtigkeitsspeicher. Wechselnder Feuchtigkeitsgehalt hat wechselnde Feuchteänderungen durch Quellen und Schwinden zur Folge. Alte Mal- und Grundierschichten sind spröde und vermögen diese Bewegungen des Holzes nicht mitzumachen. Ihre Haftung leidet darunter, und oft sind schwere Schädigungen die Folge, unter denen die Blasenbildung die gefährlichste ist.“64 Wolters stellte klar, dass die Materialien, aus denen die Kunstwerke in der Regel bestünden, als Naturprodukte an sich inhomogen und keine technischen Materialien seien und dass dies die Erklärung dafür liefere, weshalb sie unterschiedlich reagierten. Zudem würden „die verschiedenen Klimaverhältnisse in den verschiedenen Ländern […] ganz verschiedene Methoden“65 erfordern. Und Wolters hatte klare Vorstellungen davon, wie diese Methoden für Holztafeln umzusetzen wären: „Die Hygroskopie des Holzes ist der Hauptgrund für seine Formveränderungen. Deshalb erscheint uns als wichtigste Vorbeugungsmaßnahme gegen Schädigung der Tafeln, die Aufbewahrung in Räumen, die möglichst geringen Schwankungen der Luftfeuchtigkeit unterworfen sind. Da nur in Ausnahmefällen Klimaanlagen vorhanden sind, sollte durch Aushilfsmaßnahmen, wie durchdachte Lüftung, behelfsmäßige Befeuchtung der Luft usw. versucht werden, die Feuchtigkeitskurve so flach wie möglich zu halten. Nicht die theoretisch günstigste, sondern eine möglichst gleichmäßige relative Luftfeuchtigkeit sollte das Ziel der Bemühungen sein. Tafelbilder sollten nach Möglichkeit nicht die einzigen hygroskopischen Gegenstände in einem Ausstellungsraum sein. Holzfußböden, Wandbespannungen, Möbel etc.
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erleichtern das Halten einer konstanten Luftfeuchtigkeit. Jedenfalls kann die Überwachung der Klimaschwankungen gar nicht sorgfältig genug durchgeführt werden.“66 Diese ersten Gedanken zum Museumsbau scheinen Wolters in den folgenden Jahren seiner Laufbahn weiter beschäftigt zu haben. Das nächste überlieferte Schriftstück stammt aus dem Jahr 1966 und hat konservatorische Gesichtspunkte im Museumsbau zum Thema.67 Ausgehend vom Alterungsverhalten verschiedener Materialien leitete Wolters über zu den Bedingungen, welche für deren Erhaltung günstig wären und beschrieb, welchen Teil der Museumsbau beitragen müsse. „Von einem guten Museumsbau muß verlangt werden, daß er möglichst klimastabil ist. Das bedeutet, daß schon die Auswahl der Baumaterialien, der Mauerstärken, der Mauerisolation, der Fenstergrößen und der Glassorten (Wärmeschutzgläser und Lichtschutzgläser), die Orientierung des Baus nach der Himmelsrichtung, der Einbau von Sonnenbrechern, Lichtblenden und Reflektoren und bei Oberlichtern das Verhältnis des Luftraums in den Ausstellungsräumen zum Luftpolster zwischen Staubdecke und Glasdach beachtet werden müssen. Diese Dinge sind also nicht nur vom Ästhetischen her, sondern ebenso sehr von der konservatorischen Funktion her zu sehen. Dazu kommt die Art der innenarchitektonischen Gestaltung: sie sollte möglichst viel hygroskopisches Material verwenden, also in erster Linie soviel Holz und Textilien wie möglich, um statt der üblichen ‚Konservendosen‘ ‚Zigarrenkisten‘ zu setzen. Das eingebaute Holz z. B. darf nicht versiegelt werden, sondern muß Feuchtigkeit leicht aufnehmen, speichern und abgeben können. Der damit erhöhten Brandgefahr muß durch vorbeugende Sicherheitsmaßnahmen begegnet werden. Ganz allgemein werden an das Material und die Art seiner Verarbeitung schon dadurch besondere Anforderungen gestellt, daß die gegenüber Normalbauten erhöhte relative Luftfeuchtigkeit besonders im Winter Schwierigkeiten mit sich bringt.“68 Als optimalen Klimasollwertbereich gab er 50 bis 65 % relative Feuchte bei einer Temperatur von 16 bis 18 °C vor, meinte aber, dass die geringsten Bewegungen hygroskopischen Materials bei 58 % relativer Feuchte auftreten würden. Zur Temperatur findet sich folgende Äußerung: „Höhere Temperaturen sind zwar für Kunstwerke im allgemeinen unschädlich, beeinträchtigen aber das subjektive Wohlbefinden der Besucher und rufen ein Empfinden von Schwüle und Luftlosigkeit hervor.“69 Wie ausgewogen Wolters‘ Verständnis für die in der Praxis auftretenden Risikofaktoren war, belegt seine Einschränkung, der im Absatz zuvor definierten Idealwerte: „Viel wichtiger als der Versuch eines Idealklimas von 58 % rel. Luftfeuchtigkeit bei 16° bis 18° C ist es
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aber, einen innerhalb der oben bezeichneten Sicherheitsgrenzen liegenden, aus den örtlichen Normalbedingungen abgeleiteten Wert zu finden und diesen während des ganzen Jahres konstant zu halten. Die Kurve der relativen Luftfeuchtigkeit muß im Ablauf eines gesamten Jahres so flach wie irgend möglich verlaufen. Aus Klimamessungen während der Sommermonate in nicht klimabehandelten Räumen, die für die Allgemeinverhältnisse des Gebäudes als repräsentativ gelten können, sollte eine innerhalb der oben bezeichneten Sicherheitsgrenzen liegende örtliche Konstante ermittelt werden, die dann für die Klimatisierung verbindlich wird. Bei klimabeständigen soliden Bauten mit kleinen Glasflächen ohne Sonneneinstrahlung in die Museumsräume erübrigt sich dann häufig während mehrerer Sommermonate eine Beeinflussung des Klimas durch künstliche Befeuchtung fast völlig. Außerdem wird bei diesem Verfahren die Klimaanlage nicht überlastet, was sich nicht zuletzt bei den Betriebsund Wartungskosten auswirkt.“70 Im Anschluss ging Wolters auf Schadstoffe ein und meinte, dass im Bezug auf deren schädigende Einflüsse auf den Alterungsprozess das Meiste noch zu lernen sei. Ursächlich sei die zunehmende Luftverschmutzung, die dazu führe, dass Kunstwerke, die Jahrhunderte überdauert hätten, mittlerweile innerhalb einer Generation der Luftverschmutzung zum Opfer fielen. Auch zu den Fragen der Beleuchtung – sowohl mit Tages- wie auch Kunstlicht – äußerte sich Wolters, bevor er abschließend zusammenfasste: „Der Museumsarchitekt muß die freien Gestaltungsmöglichkeiten, die ihm heute mehr denn je in die Hand gegeben sind, in vielerlei Beziehung den Kunstwerken unterordnen. Dazu gehört auch, daß sein Gebäude alle die Eigenschaften besitzt, die zum Schutz und zur Erhaltung der in ihm bewahrten Kunstwerke notwendig sind. Ein guter, wirklich funktioneller Museumsbau ist zugleich auch eine ‚Konservierungsmaschine‘.“71 In den darauf folgenden Jahren setzte sich Wolters weiterhin dafür ein die naturwissenschaftliche Untersuchung von Kunstwerken in der Fachwelt als festen Bestandteil des Museumsbetriebes zu verankern.72 „Die naturwissenschaftlichen Methoden dienen zur Erforschung und Beschreibung des materiellen Bestandes von Kunstwerken. Ihre Ziele sind Werkstoffgeschichte, Geschichte der künstlerischen Techniken und Kenntnis vom Altern der Materialgefüge.“73 Damit richtete er sich an die Gruppe der Kunsthistoriker und wollte vermitteln, dass die Kenntnis von der Alterung des Kulturgutes in besonderer Weise für die Kunstgeschichte wichtig wäre, denn es sei „die sichtbare Oberfläche, die besonders verändert ist“.74 In diesem Vortrag grenzte Wolters Restaurierung und Kon-
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servierung klar gegeneinander ab: „Wenn wir heute unter „Restaurieren“ alle jene Eingriffe in den Bestand des Kunstwerkes verstehen, die unter strikter Beachtung aller archäologischen, kunstwissenschaftlichen und ästhetischen Kriterien versuchen, den äußeren Aspekt des Kunstwerkes dem ursprünglichen anzunähern, so umfaßt das „Konservieren“ alle jene Maßnahmen, die zur Erhaltung des materiellen Bestandes und zur Verlängerung der Lebenserwartung des Kunstwerkes beitragen.“75 Ohne dies konkret zu benennen, umschrieb Wolters damit einen zentralen Ansatz der Präventiven Konservierung. Im folgenden Absatz klammerte Wolters sämtliche Maßnahmen aus, die einen direkten konservierenden Eingriff bedeuteten, und ging näher auf die vorbeugenden Maßnahmen ein, die seiner Ansicht nach „nicht ohne Not in den materiellen Bestand des Kunstwerkes eingreifen“76 sollten. Es komme darauf an, „den ‚cordon sanitaire‘ immer weiter zu spannen und großräumige Sicherheitsbereiche zu schaffen, die geeignet sind, den Kunstwerken das Überdauern zu erleichtern, sei es in Magazinen und Depots, sei es in den Schauräumen selbst“.77 Deshalb müsse der Konservator für die planenden Architekten und Ingenieure ein Gesprächspartner sein, wozu er allerdings selbst über das entsprechende technische Wissen verfügen müsse. Aber die besten „Schutzeinrichtungen sind […] sinnlos, wenn sie umgangen werden. ‚Funktion und Gebrauch‘ wurden als historische Gefahrenquellen erwähnt“78 – und nach Wolters seien sie es mehr denn je: „Jedes Hantieren, jeder Wechsel der Umgebung, jeder Transport kann zu Schäden führen und verkürzt die Lebenserwartung des Kunstwerkes, auch wenn zunächst keine sichtbaren Veränderungen festzustellen sind.“79 Auch Fragen rund um die Beleuchtung und Schäden durch Licht beschäftigten Wolters wiederholt. In einer Veröffentlichung brachte er 1972 seine Gedanken zu konservatorischen Aspekten bei Grafikausstellungen auf den Punkt.80 Einleitend verwies Wolters darauf, dass die Ausstellung lichtempfindlicher Kunstwerke grundsätzlich deren Lebensdauer verkürze: „Durch Licht verblassen bei farbiger Graphik die Farben, gleichzeitig vergilbt das Papier und büßt seine Festigkeit ein. Belichtungsversuche im Doerner-Institut haben gezeigt, daß verschiedene Aquarellfarben bereits nach 200 000 Lux-Stunden Beleuchtung mit Glühlampenlicht deutlich ausbleichen. Lux ist die Einheit der Beleuchtungsstärke auf dem beleuchteten Objekt. Luxwerte sind nur schwer zu schätzen, sie müssen mit einem Lux-Meßgerät bestimmt werden (eine normale Glühlampe von 100 Watt ergibt z. B. im Abstand von 1 m eine Beleuchtungsstärke von etwa 150 Lux). Die Beleuchtungsstärke hängt von der Art und Wattzahl
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der Lichtquelle, sowie vom Abstand des beleuchteten Objektes ab. […] Die Angabe Lux-Stunde bezeichnet die Lichtmenge, also Beleuchtungsstärke x Zeit. 200 000 Lux-Stunden sind z. B. erreicht bei 1 000 Stunden Beleuchtung bei 200 Lux Beleuchtungsstärke oder bei 100 Stunden und 2 000 Lux usw. In der Praxis bedeutet dies ein merkliches Verblassen von Aquarellen, wenn diese z. B. etwa 62 Tage lang der Beleuchtungsstärke von 400 Lux ausgesetzt sind und man pro Tag eine Beleuchtungsdauer von 8 Stunden zugrunde legt (400 Lux wurden als Mittelwert bei mehreren Graphikausstellungen auf den Blättern gemessen). Bei gleicher Beleuchtungsstärke verblassen die Farben im Tageslicht wegen des höheren Blau- und Ultraviolettanteils noch etwas rascher.“81 Die Lichtschutzmaßnahmen, welche daraus abzuleiten, waren gingen von der Dosisbetrachtung aus, weshalb Wolters für lichtempfindliche Kunstwerke einen Maximalwert von 50 Lux sowie eine Verdunklung außerhalb der Öffnungszeit vorschlug. Darüber hinaus forderte er eine Filterung des UV-Anteils, betonte aber, dass Licht dennoch grundsätzlich zu Schäden führe. Auch auf die Gefahr der Aufwärmung durch vorhandene Infrarotanteile ging er ein. Diese Ausführungen zu Licht, Lichtschäden und Lichtschutz waren vermutlich von den Untersuchungen, die Kühn seit den 1960er Jahren beschäftigten, beeinflusst. In einer 1961 publizierten Versuchsreihe hatte dieser UV-absorbierendes Spezialglas sowie einen UV-Schutzlack hinsichtlich ihrer Strahlenschutzwirkung getestet.82 Zwar wies er die Wirksamkeit der Schutzlacke nach, stellte aber im Artikel mehrmals heraus, dass ein vollständiger Schutz vor Lichtschäden generell nicht gewährleistet sei. Fünf Jahre später erschien ein Beitrag, der sich mit dem Schädigungspotenzial der Beleuchtung bei Film- und Fernsehaufnahmen befasste.83 Dabei ist die Tatsache hervorzuheben, dass sich Kühn nicht grundsätzlich gegen Fernseh- und Filmaufnahmen aussprach. Stattdessen schlug er folgende Schutzvorkehrungen zur Vermeidung von Schäden vor: die Verwendung von Wärmeschutzfiltern, die Durchführung der Aufnahmen in großen und klimatisierten Räumen, das Einhalten eines Sicherheitsabstandes sowie einen sparsamen und wohlüberlegten Lichteinsatz. Grundsätzlich war Kühn bemüht, mit konstruktiven Vorschlägen neue Lösungen für Probleme zu finden, anstatt auf Verboten zu beharren. Als seine Versuchsreihen nahe legten, dass Lichtschäden selbst dann auftreten würden, wenn die UVStrahlung herausgefiltert und die Lichtdosis auf ein mögliches Minimum reduziert würde, erweiterte er seine Forschungen auf die „atmosphärischen Bedingungen“84 und entwickelte eine mit Stickstoff gefüllte Vitrine, mit deren Hilfe Lichtschäden an Kunstwerken nachweislich reduziert
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wurden. Darüber hinaus bot die vorgestellte Modellvitrine die Möglichkeit die relative Feuchte zu regulieren und zu halten. Außerdem bot sie Schutz vor Luftverunreinigungen. Die Vorgehensweise, dass für Problemstellungen immer ein Ausweg gefunden werden müsse, zeichnete die interdisziplinäre Arbeit von Kühn und Wolters im Allgemeinen aus und prägt noch heute die Vorgehensweise am Doerner Institut. In einem Vortrag auf dem internationalen ICOM-Symposium 1973 in Lindau stellte Wolters die an den Münchner Pinakotheken auf seine und Kühns Forschungen zurückgehenden Vorstellungen zum Schutz von Kunstwerken in Museen im Überblick dar.85 Ausgangsgedanke sei, dass sämtliche Kunstwerke im Moment ihrer Fertigstellung zu altern begännen – lediglich der Zeithorizont variiere. „Dazwischen gibt es eine gleitende Skala der Empfindlichkeit gegen chemische und physikalische Einflüsse und damit der Alterungsgeschwindigkeit.“86 Daher müssten die Erforschung der Alterungsvorgänge, die Beschreibung der Alterungserscheinungen und die Beurteilung des Erhaltungszustandes Grundlage jeder Konservierungsmaßnahme sein. Darauf aufbauend, beschrieb Wolters die Rolle des Konservators: Dieser „muß sich nicht nur ‚klinisch‘ mit bereits beschädigten Kunstwerken befassen, sondern in erster Linie ‚hygienisch‘ mit der Prophylaxe, also mit vorbeugenden Maßnahmen, die Schäden möglichst gar nicht erst entstehen lassen. Gegen die so drastisch angewachsenen Umweltgefahren im weitesten Sinne muß er die ihm anvertrauten Kunstwerke so umfassend wie möglich schützen. Vorbeugende Maßnahmen sollten nicht ohne Not in den materiellen Bestand des Kunstwerkes eingreifen, sondern in sinnvoller Montierung und Abschirmung bestehen“.87 Als Gefahren und Risiken führte er Raub, Diebstahl, Feuer, absichtliche und unabsichtliche Beschädigung durch das Publikum und „chronische Gefahren“ wie Schwankungen der relativen Luftfeuchtigkeit, Verunreinigungen der Luft und ein Übermaß an Licht auf.88 Folgerichtig forderte Wolters eine Beteiligung des Konservators bei der Planung eines Museums. In erster Linie müsse von „[…] einem guten Museumsbau […] verlangt werden, dass er möglichst klimastabil ist“89 und daher müsse auf die Wahl geeigneter Baumaterialien, entsprechende Mauerstärken und Mauerisolation, Fenstergrößen, verwendete Verglasungsarten, Orientierung des Gebäudes, Sonnenschutz, Lichtschutz und bei Oberlicht auf das Verhältnis des Luftvolumens der Galeriesäle zum Luftpolster zwischen Staubdecke und Glasdach aus konservatorischer Sicht Einfluss genommen werden.90 Zwar erwähnte Wolters die damals gängigen Klimasollwerte von 58 % relativer Feuchte bei einer Temperatur zwischen 16 °C und 18 °C, betonte jedoch, dass „die Kurve
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der relativen Luftfeuchtigkeit […] im Ablauf eines gesamten Jahres so flach wie irgend möglich verlaufen“ müsse.91 Dies würde erreicht, wenn ein aus den örtlichen Normalbedingungen abgeleiteter Wert zu Grunde läge, der durchaus im Band zwischen 50 und 65 % liegen könne, dann aber ganzjährig konstant gehalten werde. Traditionsgemäß waren Schadstoffe an den Pinakotheken im Vergleich zu anderen europäischen Museen ein weniger dringlicher Faktor. Aber „im Industriezeitalter beginnen wir zu lernen, wie sehr und auf welche Weise die Verunreinigung der Luft den Alterungsprozeß der Kunstwerke beschleunigt“.92 Die Zunahme der Schadstoffkonzentrationen war in den 1970er Jahren insgesamt alarmierend, und so trat neben den Anspruch an die Klimastabilität in Museen die Forderung nach einer staubdichten Bauweise. Es galt, den Schadstoffeintrag durch Undichtigkeiten in der Gebäudehülle zu verhindern. Schädliche Gase in der Außenluft, wie Schwefeldioxid, Stickoxide und Schwefelwasserstoff sollten wenigstens einigermaßen über die Filter von Klimaanlagen aus der Luft entfernt werden können. Da Licht ein nicht zu vermeidendes Schädigungsrisiko darstelle, würden an den Pinakotheken Maximalwerte für die Beleuchtungsstärke angegeben. Im Grunde plädierte Wolters aber für die bereits erwähnte Einführung einer Maximaldosis in Form von Lux-Stunden. Diesbezüglich verwies er auf Kühns Versuche, bei denen verschiedene Farben eines Aquarells bei einer Beleuchtung unter Glühlampenlicht, welches Wolters als relativ ungefährlich ansah, bereits nach 200.000 Lux-Stunden deutlich ausblichen.93 Wolters positionierte sich ebenfalls zum zeitgenössischen Umgang mit der Kunst, gerade in Hinblick auf den zunehmenden Leihverkehr sehr eindeutig und vehement: „Jedes Hantieren, jeder Wechsel der Umgebung, jeder Transport kann zu Schäden führen und verkürzt die Lebenserwartung des Kunstwerkes, auch wenn zunächst keine sichtbaren Veränderungen festzustellen sind. […] Der Gebrauch darf nicht zum Verbrauch eskalieren.“94 Zwei Jahre später griff Wolters die Frage der vorbeugenden Maßnahmen zum Schutz von Kunstwerken in Museen erneut auf. Die Grundsätze hatten sich nicht verändert, aber Wolters steckte das Feld der Konservierung konkret ab. Dieses umfasse für ihn alle Maßnahmen, „die zur Erhaltung des materiellen Bestandes und zur Verlängerung der Lebenserwartung des Kunstwerkes beitragen“.95 Er brachte seine Vorstellungen von den Aufgaben eines Konservators auf den Punkt: „Gegen die so drastisch angewachsenen Umweltgefahren im weitesten Sinne muß er die ihm anvertrauten Kunstwerke so umfassend wie möglich schützen. Vorbeugende Maßnahmen sollten nicht ohne Not in den materiellen Bestand des
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Kunstwerkes eingreifen, sondern in sinnvoller Montierung und Abschirmung bestehen. […] Um dazu in der Lage zu sein, muß der Konservator gründlich über die technischen Möglichkeiten und Gegebenheiten informiert sein. Da es sinnvoller ist, schädlichen Umwelteinflüssen von vorneherein das Eindringen in das Museum zu verwehren, als sie nachträglich mit großem technischen Aufwand wieder herauszuschaffen, muß er die Berücksichtigung konservatorischer Gesichtspunkte bei Einbauten, Umbauten und vor allem bei Neubauten verlangen und entscheidenden Einfluß auf die architektonische Gestaltung nehmen.“96 PRÄVENTIVE KONSERVIERUNG ALS EIGENSTÄNDIGE DISZIPLIN Die Haltung der beiden Münchner Wissenschaftler zu Fragen der vorbeugenden Konservierung war damals neu in Deutschland. Aber die Zusammenführung der theoretischen Grundlagen der einzelnen vorbeugenden Maßnahmen und die systematische Gegenüberstellung der unterschiedlichen Einflussfaktoren in ihrem Zusammenwirken lieferten erst Thomson und Hilbert. Vermutlich ist das Desiderat eines Gesamtwerkes der Erkenntnisse Wolters‘ der Grund, weshalb der Stellenwert seiner Arbeit für die Präventive Konservierung bis heute unterschätzt wird. Zwar wurde die Präventive Konservierung indirekt als wichtiger Ansatz des Kulturguterhaltes seit den 1970er Jahren diskutiert, aber den zündenden Anstoß gab erst Thomson mit seinem Standardwerk „The Museum Environment“, welches 1978 in der ersten Auflage und überarbeitet 1986 in der zweiten Auflage erschien.97 Dabei lagen für Thomson die Schwerpunkte der präventiven Maßnahmen – wie auch schon bei Wolters – im Umgang mit Licht, bei der Klimatisierung und der Schadstoffthematik. Eigentlich begannen Thomson‘s Aktivitäten jedoch Jahre früher. Bereits 1968 organisierte er die IIC „Conference on Museums Climatology“ in London.98 Und im Rahmen seines Engagements für ICCROM leitete er 1976 den ersten ICCROM Kurs zum Thema „Preventive Conservation“. Auch in Deutschland entstand in den 1980er Jahren ein erstes Gesamtwerk zur Präventiven Konservierung. In der Schriftenreihe des Institutes für Museumskunde „Berliner Schriften zur Museumskunde“ wurde 1981 der erste Teil eines zweibändigen Handbuches zur Museumstechnik veröffentlicht: Hilberts „Sammlungsgut in Sicherheit, Sicherungstechnik – Brandschutz, als Handreichung für Museen“. Darin wurden in einer auch für Nichttechniker verständlichen Form die Grundlagen zur Sicherung des Sammlungsgutes gegen Diebstahl und Beschädigung sowie zum Brandschutz erörtert. Der 1987 erschienene zweite Teil enthielt eine detaillierte
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Einführung in die Probleme des Lichtschutzes und der Klimatisierung im musealen Kontext. Bis heute ist das Buch das einzige deutschsprachige Standardwerk zur Präventiven Konservierung und wird deshalb als Pendant zu Thomsons „Museum Environment“ gesehen. Generell wurde in den 1980er Jahren das im Jahrzehnt zuvor gelegte Fundament der Präventiven Konservierung weiter gefestigt, und es kristallisierten sich verschiedene Schwerpunkte an diversen Forschungseinrichtungen heraus: In diesem Zusammenhang wurde unter Anderem das Getty Conservation Institute (GCI) 1982 als Non-Profit-Organisation des Paul Getty Trust gegründet und führt seitdem Forschungsprojekte durch, die sich vorwiegend mit Fragen der Prävention beschäftigen. Die Ergebnisse wurden und werden in Publikationen sowie Trainings- und Weiterbildungsprogrammen den Fachleuten und der Öffentlichkeit vermittelt. Seit Mitte der 1980er Jahre wuchs die Bedeutung präventiver Maßnahmen auch in der Denkmalpflege wieder, weil durch den zunehmenden Massentourismus kulturell bedeutende Baudenkmäler stark gefährdet waren.99 David Lowenthal sah die politische und gesellschaftliche Situation für die Kulturdenkmäler kritisch und resümierte: “The more the past is destroyed or left behind, the stronger the urge to preserve and restore. Threatened by technology, pollution, and popularity, surviving vestiges command attention as never before, and painstaking expertise is devoted to their care.”100 Durch den verstärkten Einsatz von Technologien, zu denen kaum praktische Erfahrungswerte vorlagen, waren zum Teil schwerwiegende Schäden entstanden. Diese bewirkten einen vorsichtigeren Umgang und wieder wurden vorbeugende Erhaltungsstrategien propagiert, um direkte Eingriffe zu vermeiden. Daneben erzwangen das Problem der zunehmenden Luftverschmutzung und die dadurch bedingte Schädigung vieler Denkmäler ein Umdenken. Die Denkmalpfleger konnten nicht mehr warten, bis eine irreparable Zerstörung vorlag, sondern mussten sich mit möglichen Schutzmaßnahmen auseinandersetzen. In den 1990er Jahren wurden die Bestrebungen des vorbeugenden Schutzes von Kunst- und Kulturgut erneut auf politischer Ebene aufgegriffen, was sich beispielsweise in den Niederlanden im Delta Plan Projekt oder auf europäischer Ebene als Strategieentwicklung in Form der „Erklärung von Vantaa“, die zur Jahrtausendwende erschien, niederschlug. In Brüssel wurde 1991 die European Confederation of Conservation Organisations (ECCO) gegründet, mit der die Institutionalisierung der Verbände gefördert und das Fachgebiet weiter gestärkt werden sollte. Deshalb erschienen zwei Jahre später die ECCO-Richtlinien zum Beruf des Restaurators, in denen
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der vorbeugenden Konservierung ein Absatz gewidmet war. Sie bestehe „in einem indirekten Tätigwerden, mit dem der Verfall aufgehalten und Schäden verhindert werden sollen, indem optimale Voraussetzungen für den Erhalt des Kulturgutes geschaffen werden, soweit sich dies mit dessen öffentlicher Nutzung in Einklang bringen läßt. Die vorbeugende Konservierung umfaßt den korrekten Umgang mit dem Kulturgut sowie Nutzung, Transport, Lagerung und Ausstellung unter korrekten Bedingungen.“101 Trotz der kritischen Erfahrungen mit dem Massentourismus wurde der Nutzung der Kulturdenkmäler die größere Priorität eingeräumt. Im selben Jahrzehnt fanden zahlreiche Kongresse, wie der 1992 von der Association des Restaurateurs d‘Art et d‘Archéologie de Formation Universitaire (ARAAFU) organisierte Kongress „Preventive Conservation: Current Research and Techniques“ in Paris oder die IIC-Tagung „Preventive Conservation – Practice, Theory and Research“ im Jahr 1994 in Ottawa, statt, die gezielt die Präventive Konservierung zum Thema hatten und dazu beitrugen, dass die in den beiden Jahrzehnten zuvor erarbeiteten Grundlagen an ein breiteres Publikum herangetragen und nochmals vertieft wurden. Das breite Themenspektrum der Preprints der Tagung in Ottawa zeigt, dass der Präventiven Konservierung bereits in vielen praktischen Aufgabengebieten des konservatorischen und restauratorischen Alltags eine Schlüsselrolle zukam. Aber genauso wird deutlich, dass damals noch viel Grundsatzarbeit in diesem Feld zu leisten war. Die insgesamt 49 Beiträge widmeten sich neben allgemeinen Überlegungen zur Präventiven Konservierung gleichermaßen den bereits bekannten Einflussgrößen im Allgemeinen sowie im Speziellen den Möglichkeiten zu deren Monitoring über verschiedene Messmethoden. Ergänzt wurde dies durch Fallbeispiele, welche die Umsetzung verschiedener Maßnahmen in der Praxis anschaulich darlegten. Spätestens nach dem Ottawa-Kongress hatte sich über die Grenzen des Fachgebietes hinaus manifestiert, dass Präventive Konservierung weitaus mehr bedeutet als lediglich simples „housekeeping“. Obwohl diejenigen, die federführend auf dem Gebiet der Präventiven Konservierung forschten, sehr wohl mit den historischen Ursprüngen und dem traditionellen Fundament vertraut waren, vergingen Jahre, bis die Entwicklung und die Umsetzung von Maßnahmen der Präventiven Konservierung als eigenständiger und komplexer Aufgabenbereich in der Konservierungswelt ankamen. Das angestrebte Ziel war, die Präventive Konservierung auf institutioneller wie politischer Ebene in Form von Leitlinien und Grundsatzpapieren zu verankern, und als eigenständige Disziplin neben der Restaurierung und der Konservierung zu
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positionieren und sie dadurch als „Grundlage einer allgemeinen Neuorientierung der Restaurierungsstrategien“102 zu etablieren. Beispielhaft für diese Bestrebungen ist die „New Orleans Charta“, die zwischen 1990 und 1991 mit Unterstützung des American Institute for Conservation (AIC) und der Association for Preservation Technology International (APTI) entstand und 1992 erschien. Mit diesem Dokument sollten die für den Erhalt der Kunstwerke optimalen Bedingungen schriftlich festgehalten werden. Gleichzeitig wurde klar formuliert, dass bei der Sicherstellung dieser Bedingungen die Gebäudesubstanz – häufig historische Bauwerke – nicht gefährdet werden dürfe. Anders als in der Vergangenheit müsse daraus kein Widerspruch erwachsen. Dies gelte insbesondere dann, wenn “requisite levels of care should be established through the interdisciplinary collaboration of all qualified professionals with potential to contribute”.103 Dagegen widmete sich das zwei Jahre später, also 1994 verabschiedete „Dokument von Nara“ schwerpunktmäßig dem Thema Authentizität.104 In der Einleitung wurde direkt der Bezug zur „Charta von Venedig“ hergestellt. Aber erstmals wurde auf die mit zunehmender Globalisierung wachsende Gefahr des Verlustes der kulturellen Identität explizit hingewiesen und in diesem Zusammenhang der Begriff des kulturellen Gedächtnisses eingeführt: “In a world that is increasingly subject to forces of globalization and homogenization, and in a world in which the search for cultural identity is sometimes pursued through aggressive nationalism and the suppression of the cultures of minorities, the essential contribution made by the consideration of authenticity in conservation practise is to clarify and illuminate the collective memory of humanity”.105 Die vielfältigen Aktivitäten und Entwicklungen der 1990er Jahre können mit einem Zitat von Gaël de Guichen treffend auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden: “Preventive conservation means to think differently, so that: yesterday’s ‚object‘ becomes today’s ‚collection‘; yesterday’s ‚room‘ becomes today’s ‚buildings‘; yesterday’s ‚individual‘ becomes today’s ‚team‘; yesterday’s ‚present” becomes today’s ‚future‘; yesterday’s ‚professionals‘ become today’s ‚public‘ (in its broad sense); yesterday’s ‚secret‘ becomes today’s ‚communication‘; yesterday’s ‚how?‘ becomes today’s ‚why?‘”106 Seiner Ansicht nach war die Konzentration auf präventive Maßnahmen eine Reaktion der Restauratoren auf die dramatischen Veränderungen der Umwelt, die sich direkt und negativ auf den Erhaltungszustand der Kunstwerke auswirkten – und de Guichen konnte dies beurteilen, denn er arbeitete über 30 Jahre bei ICCROM und galt als einer der wichtigsten Verfechter und Förderer der Präventiven Konservierung. Tim Pad-
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field lieferte eine Anekdote über seine erste Begegnung mit de Guichen, welche dessen Persönlichkeit und seine Bedeutung umschreibt: “I first met Gaël de Guichen on an aeroplane rising into the sky over Texas. […] As soon as the plane rose […] he pulled a device from his bag and started waving it energetically in a circular movement above his head […]. The unnatural vigour of his movements also attracted the notice of the cabin staff […]. I recognised that my companion was no madman but a mad scientist. His weapon was a sling psychrometer, a device for measuring relative humidity, of great antiquity and adequate accuracy […]. I have admired his incisive grasp of microclimatic principles, often applied to subterranean rather than stratospheric problems: from the Lascaux grottos to Nefertari‘s tomb.”107 Demnach schien de Guichen trotz seiner Forschungsinteressen immer den Bezug zu den praktischen Frage- und Problemstellungen beibehalten zu haben. Eines seiner vordringlichsten Ziele war, die Präventive Konservierung in der Ausbildung des restauratorischen Nachwuchses sowie im Rahmen der Weiterbildung zu verankern. In dieser Hinsicht war das „Dokument von Vantaa“ sicher ganz in seinem Sinne. AUF DER SUCHE EINER DEFINITION DER PRÄVENTIVEN KONSERVIERUNG Bis heute ist das „Dokument von Vantaa“ das einzige Grundsatzpapier, welches sich inhaltlich ausschließlich auf die Präventive Konservierung bezieht. Obwohl es Vorschläge für eine europäische Strategie der Präventiven Konservierung lieferte, findet sich im gesamten Dokument keine Definition. Stattdessen wurde auf die gemeinsame kulturelle Identität verwiesen und wurden die Museen als treibende Kraft der europäischen Kulturpolitik herausgestellt. Kulturgut wurde als die Grundlage jedes weiteren Fortschrittes betrachtet, weshalb die Präventive Konservierung ein Eckpfeiler jedweder europäischen Politik zur Erhaltung des gemeinsamen kulturellen Erbes sein müsse. Dieser Grundtenor zeigt, dass es sich bei diesem Schriftstück weniger um eine Leitlinie zur praktischen Umsetzung handelte. Vielmehr stand die strategische Entwicklung der Disziplin im Vordergrund, für welche zunächst die folgenden fünf Schwerpunkte festgelegt wurden: Verankerung auf Leitungsebene, institutionelle Planung, gezielte Ausbildung, Sichern des Zugangs zu Informationen sowie Einbeziehung der Öffentlichkeit. Burmester, der bei der deutschen Übersetzung des „Dokumentes von Vantaa“ mitgewirkt hatte, prägte wie kaum ein anderer die Präventive Konservierung in Deutschland. Er war maßgeblich an der Einführung und Entwicklung dieser Disziplin im musealen Kontext
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beteiligt. Seit Jahren arbeitet er an einer genaueren und aussagekräftigen Definition des Begriffes: „Die Präventive Konservierung bündelt eine Vielzahl indirekter, auf den dauerhaften Erhalt von Kulturgut ausgelegte Maßnahmen und bemüht sich dabei um eine ganzheitliche, interdisziplinär getragene Sicht der Problematik des Erhaltes von Kulturgut. Durch die Schaffung von geeigneten Raumhüllen, verbesserten Klima-, Licht- und Raumluftbedingungen oder der Optimierung von Transportprozessen u. a. trägt sie damit nachhaltig zum Erhalt ganzer Sammlungsbestände oder -komplexe bei. Im Vordergrund steht eine sorgsame Analyse, Bewertung und Minimierung aller Risiken. Die Präventive Konservierung ist ein wirksames und auf lange Sicht wirtschaftliches Mittel, intervenierende direkte Maßnahmen an einzelnen Objekten auf ein Minimum zu reduzieren. Die Präventive Konservierung bindet alle im Umgang mit dem Kulturgut Betrauten verantwortlich ein.“108 Nach dieser Auffassung beinhaltet die Präventive Konservierung folgende Parameter: Transport, Luftreinheit, Luftschadstoffe, Feuchtigkeit, Temperatur, Klimatisierung, Licht, UV- und Wärmeschutz, bauliche Fragen, Optimierung der Raumhülle, Transportabläufe, Handhabung von und Umgang mit Kunstwerken, Sicherheit, Brandschutz, Bekämpfung biogener Schädlinge, Monitoring der Umgebungsbedingungen, Zustandskontrolle und Surveys, Risikoabschätzung und -bewertung, Information von Museumsbesuchern und Öffentlichkeit sowie Schulung des Personals. Die Belange der Präventiven Konservierung greifen damit in sämtliche Ebenen und Abläufe des Museumsbetriebes ein. Besonders wichtig ist Burmester jedoch, dass – obwohl von den Museen ausgehend – die Präventive Konservierung nicht auf den musealen Kontext beschränkt bleibt, sondern auch Baudenkmalpflege, Bodendenkmalpflege, Landschaftsschutz, Ensembleschutz et cetera mit einschließt.109 Der 2004 von ICOM herausgegebene „Code of Ethics“110 versteht sich als international gültige, ethische Richtlinie für Museen und damit als die Grundlage für eine professionelle Museumsarbeit, welche in acht Kapiteln beschrieben wird.111 Unter der Überschrift „Pflege von Sammlungen“ sind Punkte adressiert, die zu den Kernaufgaben der Präventiven Konservierung zählen, allerdings ohne dass dabei der Begriff explizit verwendet wird. Statt dessen heißt es unter dem Stichpunkt „2.23 Vorbeugende Konservierung“: „Vorbeugende Konservierung ist ein wichtiges Element der Museumstätigkeit und der Sammlungspflege. Es ist eine wesentliche Verantwortung der Museumsmitarbeiter/innen, ein schützendes Umfeld für die in ihrer Obhut befindlichen Sammlungen zu schaffen und zu erhalten, sei es im Depot, bei der Präsentation oder beim Transport.“112 Im nächs-
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ten Absatz findet sich unter „2.24 Konservierung und Restaurierung der Sammlungen“ der Hinweis: „Das Museum soll den Zustand seiner Sammlungen sorgfältig beobachten, um zu entscheiden, wann ein Objekt oder Exemplar Konservierungs- oder Restaurierungsarbeiten benötigt. […] Das eigentliche Ziel soll darin liegen, den Zustand des Objektes oder Exemplars zu stabilisieren.“113 Obwohl damit inhaltlich der Schwerpunkt dem Bewahren des Kunst- und Kulturgutes gilt, wurde seitens ICOM erst 2013 damit begonnen, einen Leitfaden zur Präventiven Konservierung zu erarbeiten.114 Selbst ICOM-CC verabschiedete erst mit der Resolution des 15th Triennial Meetings in Neu-Dehli im Jahr 2008 eine gezielte Umschreibung des Begriffes der Präventiven Konservierung: “Preventive conservation – all measures and actions aimed at avoiding and minimizing future deterioration or loss. They are carried out within the context or on the surroudings of an item, but more often a group of items, whatever their age and condition. These measures and actions are indirect – they do not interfere with the materials and structures of the items. They do not modify their appearance. Examples of preventive conservation are appropriate measures and actions for registration, storage, handling, packing and transportation, security, environmental management (light, humidity, pollution and pest control), emergency planning, education of staff, public awareness, legal compliance.”115 Nach dieser Definition beinhaltet Präventive Konservierung sämtliche indirekten Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung künftiger Zerstörung oder Schädigung und umfasst dabei sowohl den gesamten Sammlungsbestand wie die Umgebungsbedingungen, in denen sich dieser befindet. Auch hier liefern erst die Beispiele konkrete Hinweise darauf, was unter Präventiver Konservierung zu verstehen ist, die Definition selbst ist relativ vage formuliert. Ein weiterer Protagonist, der sich um die Präventive Konservierung verdient gemacht hat, ist der bereits erwähnte Padfield. Er trägt besonders durch seine Webseite116 zur Verbreitung von konservierungsspezifischem Wissen und den dahinter stehenden physikalischen Grundlagen bei. Bei seinen Überlegungen zu „How to keep for a while what you want to keep for ever“117 ging Padfield grundsätzlich auf die verschiedenen Zerstörungsfaktoren und die verantwortlichen Mechanismen ein. Zunächst beschrieb er verschiedene Problemstellungen im Zusammenhang mit Licht, Lichtschäden und Beleuchtung. Danach folgte das Thema Wasser, sowohl in Form von Luftfeuchte wie auch als Materialfeuchte. Diese Betrachtungsweise des Themas ist typisch für Padfields differenzierten Umgang. So betonte er
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beispielsweise, dass Schäden durch Schwankungen der relativen Feuchte entstünden, dass aber der Umfang und die Art des Schadens von der zeitlichen Änderung und der Dauer einer Schwankung abhängig seien. Dabei ließ er sich nicht auf eine grundsätzliche Aussage ein, ob nun langsame Änderungen der relativen Feuchte (jahreszeitliches Gleiten) weniger schädlich seien als Kurzzeitschwankungen. Er begründete seine Vorsicht damit, dass letztlich die Materialfeuchte eines Kunstwerkes ein wesentlicher Einflussfaktor sei, der bisher zu wenig in den Untersuchungen berücksichtigt worden wäre. Daher stand Padfield den definierten Standards äußerst kritisch gegenüber. Meist mangle es auf konservatorischer Seite an technischem Verständnis. Seiner Meinung nach müsse jeder, der Klimasollwerte angäbe, das Funktionsprinzip von Klimaanlagen kennen, um beurteilen zu können, welche Folgen diese Art der Klimakontrolle grundsätzlich habe und welche Konsequenzen die Festlegung von Sollwerten nach sich ziehe. In diesem Zusammenhang monierte Padfield, dass außerdem zu selten darüber gesprochen würde, welche Auswirkungen die mitunter spektakulären Museumsentwürfe der Stararchitekten auf die Klimatisierungsstrategien eines Museumsgebäudes gehabt hätten. In den folgenden Jahren legte Padfield den Fokus seiner Arbeit auf den Zusammenhang zwischen Qualität der Architektur, Gebäudehülle, Innenraumklima und Energieverbrauch von Museums- und insbesondere Depotbauten.118 Seine Bestrebungen zielten darauf ab, ein langfristig tragfähiges Konzept zu entwickeln, durch welches die Innenraumklimabedingungen auf einem konservatorisch geeigneten Niveau stabilisiert würden, ohne dabei den Energie- und Ressourcenaufwand zu vernachlässigen. Dies gipfelte letztlich in einen Depotbau, der mit minimalstem Energieaufwand den Kriterien der Präventiven Konservierung entsprach.119 Damit war Padfield einer der ersten, der die Thematik des nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen und die Notwendigkeit Energie einzusparen, ohne dabei die konservatorischen Aspekte zu vernachlässigen, als entscheidenden Bestandteil der Präventiven Konservierung betrachtete. PRÄVENTIVE KONSERVIERUNG IM 21. JAHRHUNDERT: SCHWERPUNKTE, STRATEGIEN UND AKTUELLE HERAUSFORDERUNGEN Mittlerweile beschäftigen sich zahlreiche Wissenschaftler direkt oder indirekt mit Fragen der Präventiven Konservierung. Ohne im Detail auf jede Forschergruppe oder sämtliche Ergebnisse einzugehen, können anhand einzelner Beispiele dennoch verschiedene Strategien und in gewisser Weise auch landestypische Auffassungen von Präventiver Konservierung
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aufgezeigt werden, die zum besseren Verständnis der teilweise unterschiedlichen Ansätze in Fragen der optimalen Erhaltung von Kunstwerken beitragen. Während sich die Präventive Konservierung im anglo-amerikanischen Sprachraum schneller entfaltete und im Allgemeinen eine weite Verbreitung fand, entwickelte sie sich, mit einigen wenigen Ausnahmen, in Europa zögerlicher – obwohl dort im Grunde die Wurzeln lagen. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen könnte die bereits erwähnte Tradition der „housekeeping books“ liefern. Die in diesen Büchern schriftlich überlieferten pragmatischen Anweisungen spiegeln sich nach wie vor beispielsweise in den Strategien des National Trusts oder von English Heritage. Heute liegt einer der Schwerpunkte der dortigen Arbeit in der interdisziplinären Vorgehensweise: Restauratoren, Ingenieure, Chemiker, Physiker, Architekten und Konservatoren arbeiten intensiv zusammen an den Herausforderungen, welche der Erhalt des Kulturgutes mit sich bringt. Seit Jahren setzt sich May Cassar in England dafür ein, die Präventive Konservierung als maßgeblichen Teil der Erhaltungsstrategie in der Denkmalpflege, der Restaurierung und im Rahmen der universitären Ausbildung fachübergreifend zu verankern. Allein die vielfältigen, voneinander abhängenden Einflussfaktoren, die eine Museumsumgebung kennzeichnen, würden ihrer Ansicht nach einen über die Grenzen des eigenen Fachbereiches hinausreichenden Austausch zwingend erfordern. Gleichzeitig generiere diese Interdisziplinarität in vielfacher Weise Synergien, weshalb letztlich das Gesamtsystem effizienter funktioniere als die Summe seiner Einzelbestandteile.120 Im Museum umfasse die Präventive Konservierung alle Aktivitäten, die mit der Sammlung in irgendeiner Weise im Zusammenhang stünden. Die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit zeige sich bei Baufragen am eindrücklichsten. Mangelnde oder fehlende Kommunikation zwischen den einzelnen Fachgebieten führe zu einem größeren Risiko für die Kunstwerke und generiere in der Regel höhere Kosten. Normalerweise gäbe es im Vorfeld von Bauvorhaben zwei Lager: das Planerteam aus Architekten sowie Fachplanern und die Gruppe der Nutzervertreter, die sich zusammensetze aus Kuratoren, Kunsthistorikern und Restauratoren. Die größte Herausforderung sei, durch die Entwicklung einer gemeinsamen Zielvorstellung zu einem Team zusammenzuwachsen und dabei den notwendigen Fachwortschatz in der Kommunikation zu beherrschen.121 Cassar greift bei ihrem interdisziplinär ausgerichteten Ansatz auch auf Werkzeuge zurück, die in anderen Branchen längst genutzt werden, wie beispielsweise die Ent-
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scheidungsanalyse-Werkzeuge, die im Businessmanagement seit Jahren Anwendung finden.122 In diesem Kontext ist die Präventive Konservierung am National Trust ein konkretes Beispiel, wie diese theoretische Auffassung vom interdisziplinären Zusammenwirken in die Praxis übertragen werden kann. Das System der erhaltenden und pflegenden Maßnahmen und dessen Umsetzung basiert dort maßgeblich auf der Einbindung von freiwilligen Helfern, die in der Tradition der „housekeeping books“ in regelmäßigen Abständen für die ihnen übertragenen Aufgaben geschult werden.123 Gleichzeitig gelingt es den Mitarbeitern des National Trust in vielfältiger und besonderer Art und Weise die theoretischen Forschungen mit den in den verschiedenen Liegenschaften vorliegenden praktischen Frage- und Problemstellungen zu verbinden. Der National Trust verfolgt dabei konsequent eine von allen Mitarbeitern und engagierten Freiwilligen getragene Strategie, die auch langfristige Zielsetzungen, wie beispielsweise die Verringerung des Energieverbrauches und die denkmalgerechte Einbindung regenerativer Energiequellen in den Liegenschaften des National Trust umfasst.124 Ein ähnlicher Denkansatz ist in Amerika zu beobachten: Auch dort wird der Präventiven Konservierung eine hohe Priorität eingeräumt. Allerdings sind die Schwerpunkte stärker auf die Grundlagenforschung ausgerichtet. In den USA ist Marion Mecklenburg mit seinen langjährigen Laborversuchen zur mechanischen Reaktion der Materialien der Kunstwerke auf Schwankungen der relativen Feuchte zu nennen.125 Über Jahrzehnte hinweg testete er in umfangreichen Spannungs-Dehnungsmessungen zahlreiche Materialien mit verschiedenen Feuchtegehalten sowie deren Reaktion auf Feuchteschwankungen. Über die Studien zum physikalischen Verhalten zog Mecklenburg Rückschlüsse auf konservatorisch zulässige Klimabedingungen, wobei er die seiner Meinung nach tolerierbare Oberund Untergrenze für die relative Feuchte angab und hinsichtlich der Temperatur die Glasübergangstemperatur als untersten Grenzwert heranzog. Dabei ist Mecklenburgs Vorgehensweise hier stellvertretend für den typisch amerikanisch geprägten Umgang mit sämtlichen Belangen der Präventiven Konservierung aufzufassen. Der dortige Ansatz ist deutlich risikobasiert. Dies geht zurück auf Michalski und Waller, die das System des Risikomanagements auf die Präventive Konservierung übertrugen und bereits in den 1990er Jahren Softwaretools zur Analyse und Bewertung der im Zusammenhang mit der Erhaltung von Kunstwerken auftretenden Schädigungsfaktoren entwickelten.126 Gleichzeitig steht der Name Michalski auch für das „proofed fluctuation concept“.127 Dieses besagt, dass bei
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einem Kunstwerk kein erneuter Klimaschaden zu erwarten sei, wenn die aktuellen Bedingungen innerhalb der historischen Extremwerte lägen. Michalski war zudem maßgeblich an der Entstehung des ASHRAE Chapter 21 beteiligt,128 beschäftigte sich aber auch mit Vorgaben zur Beleuchtung in Museen.129 Grundsätzlich ist eine auf der Abwägung sämtlicher Risiken basierende Betrachtungsweise der Einflussgrößen der Präventiven Konservierung notwendig, um dem Gesamtzusammenhang gerecht werden zu können. Allerdings scheinen dabei teilweise (noch) die wissenschaftlichen Grundlagen zu fehlen und manche These wirkt bei näherer Untersuchung etwas zu allgemein formuliert. Hier seien wiederum das „proofed fluctuation concept“ oder die, auf den Spannungs-Dehnungsmessungen basierenden Klimasollwerte stellvertretend herangezogen. Bei erstem ist – wie durch die vorliegende Dissertation aufgezeigt wird – fraglich, ob das historische Klima wirklich in jedem Fall tatsächlich umfassend bekannt und untersucht ist. Das zweite Konzept ist eine Studie des mechanischen Verhaltens von überwiegend ungealterten Einzelmaterialien, die weder im Verbund noch im inhomogenen Schichtaufbau getestet wurden. Auch bleiben chemische Alterungsvorgänge und die in der Realität immer parallel auftretenden weiteren Einflussgrößen unberücksichtigt. Naturgemäß sind bei Laborversuchen immer Vereinfachungen notwendig. Die Hauptkritik an beiden Konzepten und damit der anglo-amerikanischen Denkweise besteht also eigentlich darin, dass die bestehenden Unsicherheiten zu wenig angesprochen und herausgestellt und dass aus den im Prinzip vorläufigen Untersuchungsergebnissen endgültige Rückschlüsse gezogen werden – mit weitreichenden Konsequenzen für die Museumswelt. In Europa gehört die Präventive Konservierung mittlerweile ebenfalls wieder zum festen Bestandteil der Museumsarbeit. In den letzten Jahren wurden auch an deutschen Museen130 und in den großen Schlösserverwaltungen131 spezielle Stellen für Präventiven Konservierung geschaffen. An den Universitäten132 ist sie fest im Lehrplan verankert, und diverse Forschergruppen in ganz Europa arbeiten gezielt an noch ungeklärten Fragestellungen.133 Der grundlegende Unterschied zwischen der europäischen und der anglo-amerikanischen Auffassung von Präventiver Konservierung wird insbesondere am Beispiel der derzeitigen Diskussion um die Aufweitung der bestehenden Sollwertvorgaben für relative Feuchte und Temperatur deutlich.134 Während die englischen und amerikanischen Kollegen den Forderungen der Bizot-Gruppe – eine Vereinigung der Museumsdirektoren der weltweit größten Museen – teilweise relativ bereitwillig folgen, stehen vor allem deutsche Restauratoren dieser Ini-
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tiative kritisch gegenüber.135 Dass die „Interim Guidelines“, die auf dem Frankfurter Treffen der Bizot-Gruppe vom 25. bis 27. Oktober 2012 mit Appendix 7 beschlossen wurden, möglicherweise zu voreilig abgesegnet wurden, legt ein früheres Protokoll des Treffens in Prag vom 27. bis 29. September 2010 nahe. Dort heißt es: “The key question is whether a reduction of emissions needs to be achieved through the relaxation of the tight standards or rather in combination with improved and more suitable architectural structures and more efficient climate control measures. Here it is also worth pointing out that the possible relaxation of guidelines must be for the benefit of the environment and not in order to facilitate the lending of fragile objects.”136 Bei der Debatte spielen wiederum die Forschungen von Mecklenburg und Michalski eine zentrale Rolle, da deren Ergebnisse der Bizot-Gruppe dazu dienen, die Forderung nach deutlich aufgeweiteten Klimasollwerten zu untermauern. Darüber hinaus wird mit möglichen Energieeinsparungen durch „entspanntere“ Klimavorgaben argumentiert. Dabei bestehen diesbezüglich nach wie vor zahlreiche Unsicherheiten und ein deutlicher Forschungsbedarf.137 Die vorliegende Dissertation nimmt sich einem der bestehenden Desiderate an, indem sie eine Methodik aufzeigt, wie historische Klimaverhältnisse rekonstruiert werden können. Mehr noch, die hier entwickelte Vorgehensweise der Rekonstruktion historischer Umgebungsbedingungen im Museumsraum wird in den kommenden Jahren in besonderem Maße neue Impulse in der Diskussion um konservatorisch vertretbare Sollwertvorgaben in Verbindung mit einem neuen Nachhaltigkeitsdenken setzen. Künftig wird der Aspekt der Ressourcenschonung innerhalb der Präventiven Konservierung deutlich mehr Raum einnehmen müssen, denn die bereits angesprochene Forderung zur Lockerung der bestehenden Klimasollwertvorgaben unter dem Deckmantel des „Grünen Museums“ beziehungsweise der Verheißung drastischer Energieeinsparungen widerspricht zum jetzigen Zeitpunkt ihrem Kerngedanken.138 Tatsächlich ist derzeit keineswegs absehbar, ob sich durch die Aufgabe von Sollwerten tatsächlich Ressourcen, Energie und Geld einsparen lassen und in welcher Weise dieser Weg den langfristigen Erhalt des kulturellen Erbes beeinflussen wird. Andererseits sollten Museen allein im Interesse ihrer langfristigen Perspektive und ihres kulturellen Auftrages eine Vorbildfunktion darin übernehmen, nachhaltig ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Die Präventive Konservierung muss in diesem Zusammenhang dafür eintreten, dass Nachhaltigkeit im Museumswesen nicht eine wahllose Reihung unkoordinierter Einzelmaßnahmen bleibt, sondern der Begriff
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in seiner ganzheitlichen Bedeutung verstanden und im Sinne des Bewahrungsauftrages umgesetzt wird. Daher muss eine zukunftsfähige Erhaltungsstrategie vor dem Hintergrund einer in ihrer ganzheitlichen Dimension verstandenen Präventiven Konservierung kritisch hinterfragen, welche Risiken mit dem musealen Umfeld verbunden sind und wie Museumsauftrag, Erhaltung der Kunstwerke und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen sind. Im 21. Jahrhundert wird eine der vordringlichsten Aufgaben der Präventiven Konservierung sein, durch ganzheitliche und auf lange Sicht tragfähige Konzepte und Strategien den Erhalt des kulturellen Gedächtnisses zu sichern.
VON DER PRÄVENTIVEN KONSERVIERUNG ZURÜCK ZU MUSEUMSGERECHTER ARCHITEKTUR Die Auswahl der vorgestellten Texte ist subjektiv, und durch die Selektion sollten bewusst unterschiedliche Aspekte sowie zeit- und landestypische Betrachtungsweisen der Präventiven Konservierung herausgestellt werden. Dementsprechend finden sich in den Ausführungen Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Die frühen Werke, sei es Vitruvs Architekturtraktat, die englischen „housekeeping books“ oder die Anweisungen für private Sammler beschäftigten sich durchweg mit den grundsätzlichen Anforderungen an die Gebäudehülle und mit der Art und Weise, wie Gebäude unter Berücksichtigung standortspezifischer Gegebenheiten in optimaler Weise zu nutzen waren. Dies beinhaltete gezielte Lichtschutzmaßnahmen ebenso wie die intelligente Lüftung und Beheizung der Räumlichkeiten. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der damaligen Erhaltungsstrategie war offensichtlich die kontinuierliche Pflege beziehungsweise Wartung der Gebäude sowie die regelmäßige Reinigung, weswegen die Ausführungen hierzu vergleichsweise umfassend und teilweise sehr konkret formuliert sind. Diese Ansätze des Gebäudeunterhalts wurden von den Denkmalpflegern des 19. Jahrhunderts, wie Ruskin, Dehio oder Riegl, wieder aufgegriffen und begründeten deren Forderung, den vorbeugenden Maßnahmen größere Priorität einzuräumen als den tatsächlichen restauratorischen Eingriffen. Noch heute ist diese Zeitspanne prägend für die Vorgehensweisen im Rahmen der Präventiven Konservierung. Parallel dazu trug die Entwicklung der Naturwissenschaften im musealen Kontext zu neuen Erkenntnissen über Schadensphänomene sowie Risikofaktoren und zu
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einer zunehmenden Professionalisierung der Konservierung bei, die wiederum den Weg für die vorbeugende Konservierung bereitete. Den finalen Zündfunken für die Präventive Konservierung lieferten die negativen Erfahrungen der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts. Ausgelöst durch die massiven Verluste wurde dem Schutz des Kulturgutes und den vorbeugenden Maßnahmen ein größerer Stellenwert zugesprochen. Dies ging einher mit der Gründung von zahlreichen Verbänden auf nationaler wie internationaler Ebene und der Einrichtung von Institutionen, die sich gezielt um den Erhalt des kulturellen Erbes kümmern sollten. In diese Bestrebungen wurde die Öffentlichkeit intensiv eingebunden, wozu auch die Vermittlung der durch die naturwissenschaftlichen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse zählte. Aus heutiger Sicht ist es nicht verwunderlich, dass das bis heute gültige Grundsatzpapier der Konservierung und Restaurierung, die „Charta von Venedig“, ausgerechnet in jenen Nachkriegsjahren entstand. Der Kulturgüterschutz ist ein weiterer wichtiger Baustein in der Herausbildung der Präventiven Konservierung als eigenständige Disziplin. Aber zunächst führte Brandi den Begriff der präventiven Restaurierung ein. Unter dieser im Wortsinn eigentlich irreführenden Formulierung verstand er sämtliche Maßnahmen zur Vermeidung von Veränderung durch die Pflege des Kunst- und Kulturgutes, den Ausschluss von Gefahren und die Sicherstellung geeigneter Erhaltungsbedingungen. Damit war das Feld der Präventiven Konservierung abgesteckt, noch bevor der heutige Terminus technicus entstanden war. Aufgrund der naturwissenschaftlichen Untersuchungen festigte sich in den darauffolgenden Jahren das Wissen um die traditionellen Zerstörungsmechanismen, die durch Klima, Licht und Schadstoffe hervorgerufen wurden. Zeitgleich wuchs die Zahl der Grundsatzpapiere zur Konservierung, Restaurierung und zum Kulturgüterschutz, in denen neben den untersuchten Risikofaktoren auch die veränderten soziologischen und ökonomischen Bedingungen als erhebliche Verfalls- und Zerstörungsfaktoren angesprochen wurden. Schritt für Schritt entstand eine umfassende Vorstellung davon, wie die verschiedenen Risiken zusammenwirkten, welche vorbeugenden Maßnahmen sinnvollerweise zu ergreifen waren und wie die Gefahren für das Kunst- und Kulturgut möglichst minimiert werden konnten. Die Präventive Konservierung als eigenständige Disziplin war geboren und mit den Publikationen von Thomson und Hilbert waren die wichtigsten Kenngrößen umfassend beschrieben worden. Spätestens mit dem IIC-Kongress in Ottawa im Jahr 1994 hatte sich der Begriff der Präventiven Konservierung endgültig durchgesetzt.
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Selbstverständlich ließe sich die Reihe der Persönlichkeiten, die sich indirekt oder direkt um die Entwicklung der Präventiven Konservierung verdient gemacht haben, weiter ausweiten. Die getroffene Auswahl wirft Schlaglichter auf Beiträge von (Vor)Denkern dieser Disziplin und ist eine zwangsläufig lückenhafte Zwischenbilanz ihrer Entwicklungsgeschichte. Dennoch stellt sie verschiedene Ansätze, Aspekte und Denkweisen einander gegenüber und veranschaulicht, wie unterschiedlich dabei die Blickwinkel sein können. Dies belegt gewissermaßen den interdisziplinären Ansatz, denn die ausgewählten Persönlichkeiten sind gleichermaßen Repräsentanten unterschiedlicher Schulen und fachgebietstypischer Herangehensweisen. Ähnlich sind die angeführten Chartas und Richtlinien zu verstehen. Deren Auswahl soll zeigen, wie sich im Laufe der Zeit ein Wandel in der Auffassung durch die zunehmend systematische Auswertung der vorherrschenden Konservierungs- und Restaurierungspraxis auf institutioneller Ebene niederschlug. Die Konzepte und Strategien der Präventiven Konservierung und die Bemühungen um die Erarbeitung allgemeingültiger Maßstäbe sind geprägt von den praktischen Erfahrungen der Restaurierung, des Gebäudeunterhaltes, der Denkmalpflege sowie den vorbeugenden Maßnahmen der Vergangenheit. Die Präventive Konservierung greift also weit über die rein konservatorische Betreuung von Sammlungsbeständen hinaus und sollte integraler Bestandteil sämtlicher Planungshorizonte von Museen sein. Dabei sollte sie in der Lage sein, Standortüberlegungen sowie architektonische und bautechnische Entscheidungen zu beeinflussen. Da die Präventive Konservierung allein deswegen so vielfältig sein kann, dient die Alte Pinakothek in der vorliegenden Arbeit als konkretes Beispiel, an dem die wichtigsten Kenngrößen im Verlauf ihrer Entwicklung vorgestellt werden. Sowohl die gelungenen Errungenschaften wie auch die Problemstellungen und Mängel lieferten Architekten, Planern und Museumsverantwortlichen eine Grundlage für ihre eigene Konzeptfindung und Gebäudeentwicklung. Aber in gleicher Weise war auch die Baugeschichte der Alten Pinakothek ein dynamischer und von vielen Seiten beeinflusster Prozess. Die andernorts entwickelten zeitgenössischen Lösungen im Museumsbau waren eine Orientierungshilfe im Umgang mit den Klima- und Lichtverhältnissen in der Münchner Gemäldegalerie. Deswegen zeichnet die fast 190-jährige Baugeschichte der Alten Pinakothek auch ein Bild der traditionell wichtigsten Einzelaspekte der Präventiven Konservierung. Obwohl sich die Ausführungen dieser Arbeit hauptsächlich auf den Museumsbau beziehen, sind die gewonnenen Erkenntnisse ebenso auf historische Gebäude übertrag-
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bar, zumal die Alte Pinakothek als roter Faden, der sich durch diese Arbeit zieht, selbst ein denkmalgeschütztes, historisches Gebäude und zugleich Museum ist.
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1
Koller 1995, S. 37.
34 Riegl 1903.
2
Vitruv (Reber) 1865.
35 Stachowiak o. J., S. 2.
3
Koller 1994, S. 1.
36 Ebd., S. 2.
4
Ebd., S. 27.
37 Siehe S. 491.
5
Lipp 2008, S. 22.
38 Charta von Athen 1931, abgedruckt in:
6
Beispielsweise Marcus Vitruvius Pollio:
39 Ebd., Paragraph 5, S. 31 f.
Chr.; Leon Battista Alberti: De re aedifi-
40 Trillich 1934, S. 36.
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41 Ebd., S. 36.
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42 Ebd.
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43 Ebd.
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7
Vitruv (Reber) 1865, S. 183.
8
Ebd., S. 183.
46 Stachowiak o. J., S. 7.
9
Ebd., S. 170.
47 www.iiconservation.org/about/history,
10 Ebd.
zuletzt aufgerufen: Juni 2014.
11 Ebd., S. 203–226.
48 ICOM 2013.
12 Koller 1994, S. 1 f.
49 Brandi 2007, S. 87–92.
13 Ebd., S. 5.
50 Ebd., S. 88 f.
14 Neickelius 1727.
51 Charta von Venedig, abgedruckt in
15 Ebd., S. 247. 16 Ebd., S. 378. 17 Ebd., S. 401–403.
ICOMOS 2004, S. 37 f. 52 Charta von Venedig 1964, zitiert nach Petzet 2009, S. 56.
18 Staniforth 2013, S. 50.
53 ICOMOS Deutschland 2004, S. 16.
19 Beeton 1878–1890.
54 Janis 2005, S. 155 f.
20 Staniforth 2013, S. 56.
55 United Nations convention concerning
21 Beeton 1878–1890, zitiert nach Staniforth 2013, S. 60. 22 Whatman 1952. 23 Ruskin 1849, zitiert nach Staniforth 2013, S. 2. 24 Dehio 1905. 25 Janis 2005, S. 21.
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26 Lipp 2008, S. 29.
59 Ebd., nach Staniforth 2013, S. 299 f.
27 Ebd., S. 32.
60 Pease 1964, S. 116–121.
28 Janis 2005, S. 23.
61 IIC 1968.
29 Siehe S. 109 f.
62 Ebd., S. 55.
30 Siehe S. 373 f.
63 Wolters 1952.
31 Blades 1881.
64 Ebd., S. 1.
32 Durm et al. 1892.
65 Ebd., S. 3.
33 Ebd., S. 194.
66 Ebd., S. 3 f.
67 Wolters 1966, S. IX1–IX2. 68 Ebd., S. IX1.
104 The Nara Document on Authenticity, abgedruckt in: ICOMOS 2004, S. 118 f.
69 Ebd.
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70 Ebd.
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75 Ebd., S. 5.
108 Burmester 2001, S. 2.
76 Ebd.
109 Ebd., S. 3.
77 Ebd.
110 Die erste Fassung aus dem Jahr 1986
78 Ebd., S. 6.
wurde 2001 durch ein Übergangsdoku-
79 Ebd.
ment ergänzt und 2004 durch die aktuell
80 Wolters 1972.
gültige Version ersetzt.
81 Ebd., S. 1 f.
111 ICOM 2006.
82 Kühn 1961, S. 22–30.
112 ICOM 2004, S. 16.
83 Kühn 1967, S. 7–10.
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73
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120 Cassar 2006.
tung der staatlichen Schlösser, Gärten
121 Ebd.
und Seen sowie Stiftung Preussischer
122 Ebd.
Schlösser und Gärten Berlin-Branden-
123 Beispielsweise National Trust 2006. 124 Beispielsweise Blades 2010, National Trust 2010. 125 Beispielsweise Mecklenburg 1991,
burg. 132 Beispielsweise Universität Bamberg, Technische Universität München, Akademie der Bildenden Künste Wien,
Mecklenburg 1993, Mecklenburg 1998,
Fachhochschule Köln, Hochschule für
Mecklenburg 2007a und Mecklenburg
angewandte Wissenschaft und Kunst
2007b.
Hildesheim und Hochschule für Technik
126 Beispielsweise Michalski 1990b, Michalski 1996, Michalski 2000, Michalski 2007 und Waller 1996. 127 Beispielsweise Michalski 1993, Michalski 1996 und Michalski 2007. 128 Beispielsweise Michalski 2007 und Michalski 2013. 129 Beispielsweise Michalski 1990a und Druzik/Michalski 2012.
und Wirtschaft Berlin. 133 Beispielsweise Bratasz et al. in Polen, Broström et al. in Schweden, Kilian et al. in Deutschland, Rhyl-Svendsen et al. in Dänemark, Schellen et al. in den Niederlanden, Schieweck et al. in Deutschland, et cetera. 134 Siehe S. 186–190. 135 Weiterführende Informationen unter
130 Beispielsweise Bayerisches Natio-
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nalmuseum, Bayerische Staatsge-
te/Bizot/bizot_1.html, zuletzt aufgerufen:
mäldesammlungen, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Staatliche
Juli 2014. 136 Burmester/Eibl 2013. 137 Eibl/Burmester 2014. 138 Ebd.
74
3
BAUGESCHICHTE DER ALTEN PINAKOTHEK. EIN LEHRSTÜCK DER PRÄVENTIVEN KONSERVIERUNG
Die Alte Pinakothek zählt weltweit zu den frühen eigenständigen Museumsbauten. Als erste reine Gemäldegalerie prägt sie seit ihrer Eröffnung im Jahr 1836 die Museumslandschaft. Sie selbst wurde im Verlauf ihrer Baugeschichte ebenfalls von den Museumsbauten späterer Jahre beeinflusst. Dies zeigt sich an zahlreichen Umbaumaßnahmen an Gebäudehülle wie Innenausstattung und an den Versuchen, das Gebäude sowie das Museum an die sich wandelnden technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen. Der neuartige Ansatz dieser Dissertation ist die Verknüpfung der Baugeschichte mit den Aspekten der Präventiven Konservierung durch die Berücksichtigung des jeweiligen Wissensstandes zu konservatorischen Belangen sowie um technische Möglichkeiten und Grenzen. Die Baugeschichte der Alten Pinakothek1 wird erstmals interpretiert als ein Wechselspiel unterschiedlicher Klimatisierungsstrategien, Fragen des Energieverbrauches, Beleuchtungskonzepten, aber auch im Umgang mit dem Besucher und der Behandlung der Schadstoffthematik in einem Zeitraum von beinahe 190 Jahren. Die Alte Pinakothek ist auch deswegen ein historisch aufschlussreiches Beispiel, weil ihrem Architekten Leo von Klenze mit dem Galerieinspektor Georg von Dillis ein Pragmatiker zur Seite stand, der den Planungsprozess um jene Aspekte bereicherte, die heute als konservatorische Anforderungen an ein Museumsgebäude bezeichnet werden würden. In der 190-jährigen Geschichte der Alten Pinakothek wurden regelmäßig Veränderungen vorgenommen. Diese betrafen das Bauwerk, die Gebäudetechnik, die Inneneinrichtung genauso wie die Nutzung. Allen Umbaumaßnahmen und Veränderungen lagen bestimmte Notwendigkeiten zugrunde. Manchmal handelte es sich lediglich um Maßnahmen des üblichen Bauunterhalts. In anderen Fällen waren sie die Reaktion auf erkannte Problemstellungen oder Missstände, die behoben werden sollten. Auch der gesellschaftliche Wandel in der Auffassung vom Zweck der Museen erforderte Veränderungen. Meist lassen sich die verschiedenen Beweggründe nicht eindeutig voneinander abgrenzen, denn im Zuge der erforderlichen baulichen Maßnahmen wurden gleichzeitig konservatorisch oder ästhetisch motivierte Anpassungen vorgenommen – und umgekehrt. Bei der Planung solcher Veränderungen orientierten sich die Verantwortlichen immer an den Erfahrungen, die mit anderen Museumsbauten bereits vorlagen. Der Austausch zwischen Museumsmitarbeitern, Architekten, Lichtplanern, Klimatechnikern und Ingenieuren spielte eine wichtige Rolle. Schon damals handelte es sich um einen sehr kleinen Kreis von Experten, die sich dem Thema verschrieben hatten. Da Museen überwie-
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gend Gebäude der öffentlichen Hand und die finanziellen Mittel für den Betrieb und den Bauunterhalt traditionell knapp bemessen waren, verzögerten sich die Planungs- und Umsetzungsphasen der erforderlichen Maßnahmen mitunter um Jahre. Umso wichtiger war es daher sicherzustellen, dass die geplante Veränderung den gewünschten Erfolg erzielte, auf dem aktuellsten technischen Stand fußte und möglichst langlebig ausgelegt war. In der Konsequenz beeinflussten der zeitgenössische Entwicklungsstand der Technik und die zeittypische Lehrmeinung zu konservatorisch erstrebenswerten Umgebungsbedingungen die baulichen Veränderungen entscheidend.
VORGESCHICHTE Die Konzeption der Alten Pinakothek war für Klenze, Dillis und ihr Auftraggeber König Ludwig I. eine gewisse Herausforderung, denn damals bestanden kaum Vorbilder für eine autonome Gemäldegalerie oder Erfahrungswerte, wie ein solches Museumsgebäude zu bauen war. Zwar wurden im 18. und 19. Jahrhundert die fürstlichen Kunstschätze in der Prunkgalerie der Münchner Residenz, in der Galerie in Schloss Schleißheim und in der Hofgartengalerie gesammelt, aber diese Räumlichkeiten waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts extrem überfüllt. Zudem wiesen sie erhebliche bauliche Mängel auf, weshalb der Gemäldebesitz des Hauses Wittelsbach nirgends angemessen präsentiert werden konnte.2 Als Galerieinspektor verantwortlich für den höfischen Kunstbesitz, hatte Dillis täglich mit den Einschränkungen der für die Aufbewahrung von Kunstwerken ungeeigneten Bauten zu kämpfen. Insbesondere in der Hofgartengalerie sammelte er wichtige Erfahrungswerte, die bei der Planung der Alten Pinakothek einflossen. HOFGARTENGALERIE Die Hofgartengalerie wurde 1779 bis 1783 in vierjähriger Bauzeit nach den Plänen des Architekten Carl Albrecht von Lespilliez, einem Schüler von François de Cuvilliés, fertiggestellt.3 Lespilliez übernahm ab Anfang 1780 die „Direction der ganzen Baulichkeit“.4 Die vergleichsweise kurze Bauzeit war möglich, weil der bestehende Arkadengang, welcher der nördliche Abschluss der Hofgartenanlage war, ausgebaut wurde. Nach dessen Verbreiterung zu einer Art Sockel wurden über eine Länge von rund 170 Metern die etwa acht Meter breiten Galerieräume aufgesetzt und mit einem einfachen Satteldach nach oben hin abgeschlossen. Die zur Präsen-
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tation von Gemälden errichtete Hofgartengalerie beherbergte neun unterschiedlich große Säle, die symmetrisch aneinandergereiht waren (Abb. 1). In der Mitte der Raumfolge lag ein Saal von rund 32 Metern Länge, an den in Ost- und Westrichtung jeweils ein Saal von elf Metern anschloss. Danach folgte jeweils ein 23 Meter langer Saal, an den wiederum je ein elf Meter langer Raum grenzte. Alle Räume wurden durch eine in der Mittelachse der Schmalseiten liegende Türflucht durchschnitten. Außerdem existierten zwei Räume, in denen ab 1805 die Verwaltung, ein Skizzensaal, die Handzeichnungssammlung und eine Bibliothek Platz fanden.5 Die durch die Verbreiterung im Erdgeschoss hinter dem Arkadengang entstandenen Räume konnten nicht für Ausstellungszwecke genutzt werden, da das Mauerwerk durch den jenseits des Gebäudes liegenden Befestigungsgraben komplett durchfeuchtet war.6 Die Beleuchtung der Galerieräume erfolgte über 43 querovale Fenster an beiden Außenwänden, die an den Längsseiten der Säle knapp unter der Decke lagen.7 Ursprünglich aus Eichenholz geplant, wurden die Fensterstöcke schließlich als Eisenrahmen ausgeführt.8 Obwohl der große Saal an beiden Wänden jeweils sieben Fenster besaß, die mittleren Säle je sechs Fenster und die kleinen Säle drei Fenster, stießen die Lichtverhältnisse von Anfang an auf Kritik, da durch die Anordnung der Fenster Lichtreflexe auf den Gemäldeoberflächen entstanden.9 Die Kritik an den Lichtverhältnissen mag zusätzlich befeuert worden sein, weil die innere Gestaltung sehr zurückhaltend war. Die Bilderhängezone wurde nach unten durch ein etwa ein Meter hohes, umlaufendes Holzpaneel und nach oben durch die Fensterreihe begrenzt. Die Wandflächen waren mit hellgrauem Stoff bespannt.10 Bereits die Hofgartengalerie war an Werktagen von neun bis 12 Uhr und von 13 bis 17 Uhr im Sommer und zwischen 13 und 16 Uhr im Winter für die Bevölkerung zugänglich. An Sonntagen blieb das Gebäude geschlossen, um Reinigungsarbeiten und Galeriepflege durchzuführen. Nach etwa 20 Jahren Betriebszeit waren massive konstruktive wie klimatische Probleme am Gebäude nicht zu übersehen. Im August 1804 wurde der Einbau von Brettern beantragt, welche die Kunstwerke vor her-
Abb. 1 Ehemalige Hofgartengalerie, München. Grundriss auf einem Planausschnitt gezeichnet von Klenze zum Umbau der Galerie [Quelle: Granzow 2006, S. 337, Abb. 5].
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abfallenden Mauerstücken und dem herabrieselnden Mauerwerksstaub schützen sollten: „[…] die Fensteröffnungen […] mit schmalen quer Aufschlagsbrettern versehen zu lassen, um die aufgehangenen Gemälde gegen die von Zeit zu Zeit abfallenden Mauerstücke, und den sich ablösenden Mauerstaub zu verwahren, welcher sich rückwärts an die Gemälde zwischen den Bilderrahmen leget, und Schaden verursachen kann“.11 Die Fußböden waren 1814 in so ruinösem Zustand, dass die Besucher durch das Betreten Abrieb verursachten, welcher sich als Staub auf den Gemäldeoberflächen niederschlug und zu Schäden führte.12 Und um die Gemälde vor feuchter Zugluft zu schützen wurde auf der „Außenseite der Thüre, eine doppelte mit Moos ausgestopfte Bretterwand angebracht“.13
Abb. 2 Glyptothek, München. Grundriss nach den Plänen Klenzes [Quelle: Klenze 1830].
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GLYPTOTHEK Auch beim Bau der wenige Jahre vor der Alten Pinakothek entstandenen Glyptothek sammelten Ludwig I., Klenze und Dillis wichtige Erfahrungen im Museumsbau – auch wenn sich die Zielsetzung und die Anforderungen an die Gebäude unterschieden. In der Glyptothek wurde ab 1830 die Skulpturensammlung ausgestellt, und Ludwig I. sah in dem Bauwerk von Beginn an seinen eigenen außergewöhnlichen Veranstaltungsort. Allein deswegen ergaben sich grundlegende Planungsunterschiede im Vergleich zur Pinakothek. Die Frage der Beleuchtung war jedoch bei beiden Bauwerken grundlegend. Ihr wurde bei der Planung beider Gebäude große Aufmerksamkeit gewidmet. Anders als später in der Pinakothek, sollte Tageslicht in der Glyptothek „nur von hinten einfallen, weil solches die Nordseite ist“.14 Der Seitenlichteinfall sollte die Skulpturen in Szene setzen. Inszenierung war auch das Ziel der wiederholten abendlichen Fackelbeleuchtung der Räume der Glyptothek.15 Ludwig veranstaltete zu diesen Gelegenheiten große Festivitäten, bei der er die Glyptothek als „Veranstaltungstempel“ nutzte.
Diese Festgelage mit offenem Feuer standen im Widerspruch zu den planerisch getroffenen Vorkehrungen, um die Brandlast im Gebäude zu verringern. Wie in der Alten Pinakothek wurde bei der Planung der Beheizung der Glyptothek offenes Feuer in den Galerieräumen strikt vermieden und diese ausschließlich mit einer Luftheizung geheizt.16 Mit dem Argument der reduzierten Feuergefahr wurde außerdem ein Steinfußboden verlegt.17 Aber sowohl die Glyptothek wie ihr Architekt wurden von Zeitgenossen wiederholt kritisiert. Zunächst bot die aufwendige und prachtvolle Innenausstattung eine Angriffsfläche. Diese verlagerte sich, als nach wenigen Jahren Schäden am Bauwerk auftraten, welche sogar für die aus materialtechnischer Sicht weniger empfindlichen Steinskulpturen eine Gefahr darstellten. So schreibt Wagner an Ludwig, dass „das Gebäude an und für sich viel zu tief […] liegt […] und die Säle, worin die Antiken aufzustellen, so nahe am Boden, daß dadurch eine sowohl für die Antiken, als dem Gebäude selbst, höchst nachtheilige Feuchtigkeit entsteht. – Daß man aus dieser Ursache schon zum andernmal den Fußboden von neuem hat legen müssen; daß sich der Bewurf von den Mauern löst, Flecken an den Wänden schlagen, etc.; dies sind die sichersten Beweise davon. – Die
Abb. 3 Glyptothek. Längsschnitt durch das Gebäude mit Gestaltung der Galeriesäle und Vorschlägen zur Aufstellung der Skulpturen (oben) sowie Ansicht der Hauptfassade nach den Plänen Klenzes [Quelle: Klenze 1830].
81
Antiken, obschon von Stein oder Marmor, leiden dennoch durch einen solchen Grad von Feuchtigkeit, nahmentlich an den Stellen, wo solche ergänzt, oder zusammengesetzt worden. Die im Innern enthaltenen Eisenstifte fangen an zu rosten, und Eisenrost – Flecken schlagen durch den Marmor heraus. […] Auch wird die Kitte durch Feuchtigkeit aufgelöst und geschwächt, die Fugen kommen zum Vorschein, und die Patina verliehrt sich gänzlich“.18
ANFORDERUNGEN AN EINE GEMÄLDEGALERIE Aus dieser Kritik an der Glyptothek und den ebenfalls in der Hofgartengalerie vorliegenden Problemen mit zu hoher Feuchte zog Ludwig I. Konsequenzen. Schon bevor der Bau der Pinakothek öffentlich in Erwägung gezogen wurde, hatte er Klenze aufgefordert, sich gemeinsam mit Dillis Gedanken über die Anforderungen an ein Museumsgebäude zur Ausstellung von Gemälden zu machen.19 Bereits an der Frage nach einem geeigneten Bauplatz entbrannte eine grundlegende Meinungsverschiedenheit zwischen Ludwig I., Klenze und Dillis. Diese ist aufschlussreich in Hinblick auf die verschiedenen Herangehensweisen, Erfahrungshintergründe und Vorstellungen zur Funktion sowie zum Bau einer Gemäldegalerie. Ludwig I. als Auftraggeber und Monarch verfolgte politische und repräsentative Ziele. Letztere unterstützte Klenze, allerdings unter gewissen Einschränkungen. Den Architekten beschäftigten städtebauliche Problemstellungen, wie die Einbindung eines Museumsneubaus in bestehende Stadtstrukturen, die Ausrichtung des Baukörpers oder die Fassadengestaltung. In diesem Zusammenhang stellte er sich wiederholt gegen Ludwig I., welcher die Ludwigstraße als Bauplatz favorisierte.20 Dillis dagegen pochte auf technische Bedingungen, die seiner Ansicht nach für die optimale Präsentation von Gemälden sowie deren Erhalt unverzichtbar waren. Mehrmals erhob er Einwände gegen die von Ludwig I. und Klenze vorgesehenen Bauplätze, weil er dort weder die Feuersicherheit oder Staubfreiheit noch ein angemessenes Umfeld gewährleistet sah.21 Seine Befürchtungen waren so groß, dass er zeitweise einen Neubau ablehnte und den Umbau der bestehenden Hofgartengalerie erneut zur Diskussion stellte, obwohl dort das bereits erwähnte Feuchteproblem bestand.22 Auch weil das Hoftheater im Frühjahr 1823 abbrannte und das Risiko überspringender Brände bei einer innerstädtischen Lage des Museums auf eindringliche Weise veranschaulichte, bestimmte Ludwig I. letztlich den heutigen Standort. Nun vor die
82
Stadttore Münchens gesetzt, konnte die Pinakothek architektonisch losgelöst vom städtebaulichen Kontext entwickelt und Dillis‘ technische Anforderungen, die er in Form eines 14 Punkte umfassenden Dokuments formulierte, erfüllt werden. Seine sogenannten „Prememoria, die bey Erbauung eines neuen Gebäudes zur Aufstellung aller ausgesuchten Kunstsammlungen Berücksichtigung […]“23 finden sollten, befassten sich mit einigen grundlegenden, in gewisser Weise noch heute gültigen Aussagen zu den konservatorischen Anforderungen an ein Museumsgebäude. Große Aufmerksamkeit widmete Dillis den klimatischen Bedingungen. Eine Durchfeuchtung des Mauerwerkes durch aufsteigende Bodenfeuchte sei durch die Wahl des Bauplatzes zu vermeiden. Auch den Einfluss der Sonneneinstrahlung (Solareinträge) auf die Innenraumklimabedingungen berücksichtigte Dillis. Er schlug vor, den Galeriesälen auf der Südseite einen Gang vorzulagern, der als klimatische Pufferzone dienen sollte. Dieser Gang, der in der Alten Pinakothek in Form des Loggienganges verwirklicht wurde, ist auch aus lichttechnischer Sicht bemerkenswert. Durch eine solche Anordnung wird direkte Sonneneinstrahlung in die Galeriesäle vermieden und der Lichteintrag reduziert, wodurch Lichtschäden vorgebeugt wird. Der Ausschluss direkter Sonneneinstrahlung war neben der Lichtqualität auch bei den nach Norden orientierten Kabinettfenstern das erklärte Ziel. Hier forderte Dillis hohe Fensterbrüstungen, um Blenderscheinungen auszuschließen und hohe Fenster, um einen ausreichenden Lichteintrag sicherzustellen. Die Prememoria enthielten zahlreiche Hinweise auf Kriterien, die heute unter dem Schlagwort der Präventiven Konservierung zusammengefasst werden. Dillis formulierte diese bereits Anfang des 19. Jahrhunderts und nahm damit einige Aspekte vorweg, denen noch heute bei der Planung eines Museumsneubaus oder bei der Sanierung eines Bestandsgebäudes große Aufmerksamkeit gilt: Klima und Licht. Eine tiefer gehende Beschäftigung mit den Quellenschriften zeigt, dass im praktischen Museumsbetrieb neben Klima, Licht und Feuersicherheit außerdem Punkte, wie die vielfältigen Einflüsse durch die Besucher und der Umgang mit Schadstoffen, eine wichtige Rolle spielten. Bisher kaum beachtet ist die Tatsache, dass schon zu Dillis‘ Zeiten der erforderliche Energieaufwand unterschiedlicher Heizungsstrategien im Detail untersucht wurde und der Wahl eines geeigneten Heizsystems zugrunde lag.
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BAUGESCHICHTE ALS GESCHICHTE DER PRÄVENTIVEN KONSERVIERUNG Die Baugeschichte der Alten Pinakothek kann also auch als Geschichte der Präventiven Konservierung gelesen werden. Diese wird im Folgenden gegliedert nach den oben benannten Kennwerten geschrieben. Die Baugeschichte der Alten Pinakothek lässt sich in sechs unterschiedliche Zeitspannen (Tabelle 1) unterteilen, wobei jede Zeit einen markanten Gebäudezustand repräsentiert.24 Jeder Gebäudezustand ist dadurch gekennzeichnet, dass bestimmte Probleme einer vorhergehenden Phase zu lösen waren oder der Status quo verbessert werden sollte. Eine erste Darstellung der Baugeschichte der Alten Pinakothek erfolgte im Rahmen der Masterthesis der Autorin.25 Diese bildet die Grundlage, die nun durch weitere Rechercheergebnisse sowie Archiv- und Literaturstudien ergänzt und auf wesentliche Punkte fokussiert weitergeführt wird. Während jedes Zeitraumes wurden die Kenngrößen Klima, Energie, Licht, Besucher und Schadstoffe unterschiedlich behandelt, bewertet und gewichtet. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Einerseits beeinflussten die praktischen Erfahrungen einer vorhergehenden Phase die Bewertung Tabelle 1 Zeitspannen der Baugeschichte gegliedert aufgrund markanter Gebäudezustände, welche die musealen Umgebungsbedingungen maßgeblich prägten.
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Zeitraum
Bezeichnung
1836–1841
Prototyp einer Gemäldegalerie – Ideen und Visionen versus praktische Umsetzung
1841–1891
Unbeheizt, ungesehen und fast vergessen – Nur die Gebäudehülle trotzt dem Verfall
1891–1952
Nachbesserung im Rahmen der Möglichkeiten – Oder die Frage was Wärmeversorgung mit frühen Befeuchtungsversuchen zu tun hat
1952/57–1994
Der Wiederaufbau heilt alte Wunden – Mit Klimatechnik und Kunstlicht beginnt ein neues Zeitalter
1998–2008
Generalsanierung im Zeichen der Technik – Vollautomatisierung und mögliche Nebenwirkungen
2008–heute
Energetische Mustersanierung – Gedämmt, verschattet und neu verglast auf dem Weg in eine geregelte Zukunft
eines Kriteriums, teilweise war der Stand der technischen Entwicklung maßgeblich für gewisse Veränderungen, oder aber naturwissenschaftliche Forschungen auf dem Gebiet der Konservierung beziehungsweise Restaurierung prägten die an ein Museumsgebäude gestellten Anforderungen. Deswegen werden ausgehend vom baulichen Zustand des Gebäudes für jeden untersuchten Zeitraum die klimatische Situation in Verbindung mit den Maßnahmen der Klimakontrolle, die sich daraus ergebenden energetischen Überlegungen, die Lichtsituation sowie die vielfältigen Einflüsse der Museumsbesucher und die Sichtweise auf das Thema Schadstoffe betrachtet. Wenn, wie beispielsweise im Umgang mit Schadstoffen, für einen Zeitraum keine oder nur wenige Informationen vorliegen, ist auch dies ein wichtiger Hinweis. Am Ende der Baugeschichte ergibt sich so eine Reihe von Fragen, die aus den Überlegungen zur Präventiven Konservierung erwachsen. Antworten liefern die in den nachfolgenden Kapiteln vorgestellten, teilweise durch verschiedene Simulationsverfahren erweiterten Betrachtungen der einzelnen Kenngrößen der Präventiven Konservierung.
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PROTOTYP EINER GEMÄLDEGALERIE – IDEEN UND VISIONEN VERSUS PRAKTISCHE UMSETZUNG (1836–1841)
Abb. 4 Alte Pinakothek, Schnitt durch den Rubenssaal. Schematische Darstellung des Gebäudes im Ursprungszustand 1836–1841 mit reiner Tageslichtbeleuchtung, Warmluftheizung und ausschließlich natürlicher Lüftung.
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Der Ausgangspunkt der Baugeschichte ist der Zustand, in dem die Alte Pinakothek im Jahr 1836 eröffnet wurde (Abb. 4). Heute sind kaum noch originale Oberflächen und Konstruktionen erhalten. Die ursprünglichen Gegebenheiten sind durch Berichte und Beschreibungen von Zeitzeugen, Zeitschriftenaritkel sowie das Archivmaterial des Ministeriums beziehungsweise der Bauämter im Staatsarchiv und der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in dortiger Registratur und Archiv überliefert. Die Rekonstruktionen basieren auf Rechnungen, Angeboten und Aufträgen, Bauplänen, Schriftwechseln, Anträgen, Kostenberechnungen und ähnlichen Quellenschriften. Es handelt sich um Tausende von Schriftstücken, die aufeinander bezogen eine detaillierte Vorstellung ergeben. Schon Zeitgenossen erkannten in der Alten Pinakothek einen neuartigen Bautypus, der „zum großen Theil das Gepräge einer neuen selbstständigen Erfindung“26 trug. Die Alte Pinakothek war einer der ersten Museumsbauten, dessen architektonisches Konzept maßgeblich auf den technischen Notwendigkeiten und Anforderungen an eine Gemäldegalerie basierte und das Ziel größtmöglicher Funktionalität verfolgte.27 In den Rezensionen der Presse wurden im Speziellen Fragen der Beleuchtung und der Beheizung herausgestellt, aber „zugleich mußte man auf eine Situation bedacht sein, welche die Sammlungen gegen die schädlichen Einwirkungen der Atmosphäre, des Staubes, so wie gegen Feuersgefahr hinlänglich sicherstellen“.28 So lag die Alte Pinakothek als freistehender Massivbau von 150 Metern Länge, etwa 50 Metern Breite und rund 25 Metern Höhe in einer Gartenanlage vor Münchens Stadttoren (Abb. 5). Die Längsachse des Gebäudes erstreckt sich in OstWest-Richtung. Im Osten und Westen begrenzen breitere Flügelbauten den schmaleren Mittelbau. Fundamente und Mauerwerk sind mit Ziegeln gemauert.29 Das rund einen Meter starke Mauerwerk ist mit gelben, geschliffenen Ziegeln30 verblendet, wogegen sich im Kontrast die architektonischen Schmuckelemente der Fassade aus Regensburger Grünsandstein absetzen.31
DAS GEBÄUDE VON AUSSEN Das Gebäude besitzt zwei Hauptgeschosse, die sich durch die Fassadengestaltung und die Ausbildung der Fenster unterscheiden. Das Obergeschoss ist im Inneren dreigeteilt (Abb. 6). In der Gebäudemitte liegen die Galeriesäle in Richtung der Längsachse nebeneinander. Über die Länge des Mittelbaus finden sich nordseitig angrenzend 23 Kabinette, und auf der Südseite erstreckte sich der Loggiengang mit seinen 25 reich verzierten Pendentifkuppeln. Diese innere Gliederung ist am Dachaufbau ablesbar. Ein flach geneigtes Pultdach mit dunkelgrauer32 Eisenblecheindeckung33 überspannte die niedrigeren Kabinette und den Loggiengang. Der Mittelbau mit den Galeriesälen ist höher und von einem mit Kupfer34 gedeckten Satteldach abgeschlossen. Dieses trug die Lichtlaternen im Rhythmus der darunterliegenden Säle.35 Die beiden Flügelbauten besaßen Walmdächer. Das gesamte Dachwerk war als Holzsparrenkonstruktion ausgeführt.36 Die Südfassade (Abb. 7) ist als Hauptfassade konzipiert, weshalb das Gesims des Pultdaches der Südseite die Künstlerbalustrade mit Statuen bedeutender Künstlerpersönlichkeiten (Abb. 8) trug. Tatsächlich aber lag der von Löwenfiguren flankierte Eingang auf der Ostseite des Gebäudes.
Abb. 5 Alte Pinakothek. Zeichnung der Gartenanlage, wie Klenze sie vorgesehen hatte [Quelle: TUM Archiv, Kle 38-113].
DAS GEBÄUDE IM INNEREN Die ursprüngliche Innengestaltung der Alten Pinakothek wich wesentlich vom heutigen Erscheinungsbild ab. Über die Eingangstreppe der Ostseite (Abb. 9) betrat der Besucher das kleine Vestibül mit einem Fußboden aus quadratischen weißen und blauen Fliesen.37 Ein weiterer Zugang befand sich auf der Südseite in Form der in Nord-Süd-Richtung orientierten Tordurchfahrt. Diese gliederte die Alte Pinakothek in deren Mitte in zwei baugleiche Gebäudeteile. Die Tordurchfahrt war aus logistischer wie konservatorischer Sicht wichtig. Sie war mit circa vier Metern Breite und etwas über zehn Metern Höhe derart angelegt, dass die Transportkutschen38, mit denen die Kunstwerke angeliefert wurden, in das Gebäudeinnere fahren konnten. Dort konnten die Kunstwerke vor Wind und Wetter geschützt
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Abb. 6 Alte Pinakothek. Schnitt durch die Alte Pinakothek nach einer Zeichnung von Klenze aus dem Jahr 1830 [Quelle: Klenze 1830].
abgeladen und weiter in die angrenzenden Atelier- und Depoträume verbracht werden. Letztere lagen deshalb im Erdgeschoss unterhalb der Galeriesäle in der Gebäudemitte. ERDGESCHOSS Bevor die Besucher über das Treppenhaus mit Marmorstufen und Marmorsäulen39 in das Obergeschoss gelangten, mussten sie an der auf der Nordseite des Flügelbaus (Abb. 10) gelegenen Garderobe ihre Mäntel ablegen. Angrenzend befand sich ein Reservesaal der Sammlung antiker Malereien.40 Ebenfalls im Erdgeschoss lagen unterhalb des Loggienganges die Holz- und Kupferstichsammlung, die Bibliothek, die Registratur und unter den Kabinetten die Handzeichnungssammlung, die Sammlung antiker Malerei sowie die Wohnung des Türvorstehers. Diesem oblag die Aufgabe, den Zutritt der Besucher zu überwachen und zu dokumentieren. Außerdem lagen im Erdgeschoss des westlichen Flügelbaues weitere Räume der Holz- und Kupferstichsammlung.41 GALERIESÄLE IM OBERGESCHOSS Im Obergeschoss (Abb. 11) gelangte der Besucher vom Treppenhaus durch eine Tür aus gelbem Stuckmarmor über den Stiftersaal in die sieben aneinandergereihten Galeriesäle. Diese waren über verschließbare Türen mit den Kabinetten und dem Loggiengang verbunden. Die Türleibungen und der etwa einen halben Meter hohe umlaufende Sockel waren aus grau meliertem Marmor gefertigt.42 Die Wahl von Stein als Baumaterial beding-
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te neben ästhetischen Gesichtspunkten, ähnlich wie zuvor in der Glyptothek, der Brandschutz. Gleiches galt für den Steinboden. Der von Ludwig I. geforderte – und später vehement verteidigte – venezianische Estrich wurde aus Gips in Leimwasser hergestellt und mit Goldocker gefärbt.43 Diese Mischung wurde in einer Stärke von drei Zoll (etwa neun Zentimeter) auf eine rund zehn Zentimeter starke Schüttschicht44 aufgetragen und mit schwarzen Einlagen verziert. Die Oberfläche war gehobelt und geschliffen. Die eigentlich reduzierte Brandlast erhöhte sich allerdings wieder, weil die Mauern der Säle mit lotrecht befestigten Holzbohlen von sechs auf sechs Zentimetern und einer darüberliegenden zwei bis drei Zentimeter starken Holzlattung verkleidet wurden.45 Darauf waren dunkelgrüne und amaranthrote Seidendamasttapeten46 gespannt und sämtliche Wandflächen mit vergoldeten Ornamentleisten gerahmt. Diese Konstruktion ermöglichte eine sichere Abb. 7 Alte Pinakothek, Südfassade auf einer Photographie von 1938 [Quelle: BStGS, Fotoarchiv]. Abb. 8 Alte Pinakothek, Südfassade mit Blick auf die Künstlerbalustrade auf einer Photographie von 1943 [Quelle: BStGS, Fotoarchiv]. Abb. 9 Alte Pinakothek, Ostseite mit Eingang mit Löwenstatuen auf einer Photographie von 1926 [Quelle: BStGS, Fotoarchiv].
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Abb. 10 Alte Pinakothek, Grundriss Erdgeschoss. Aufteilung der Räumlichkeiten nach Plänen aus dem Jahr 1830 [Quelle: Klenze 1830 und eigene Bearbeitung].
Hängung der Gemälde und fungierte gleichzeitig als klimatischer Puffer, denn das hygroskopische Holz kann bis zu einem gewissen Grad Schwankungen der relativen Feuchte ausgleichen. Oberhalb dieses Wandaufbaus markierte ein Stuckgesims den Beginn der reich ornamentierten und teilweise vergoldeten Gewölbezone.47 Der Wunsch, dass das „Licht am zweckmäßigsten ohne viele Fenster einfallen könnte“48 und die Lage der Galeriesäle in der Gebäudemitte erforderten eine Beleuchtung von oben. Die an die Außenklimabedingungen Münchens angepassten Lichtlaternen (Abb. 12) bedingten ihrerseits die Ausbildung von Klostergewölben in den Galeriesälen. Die Herausforderung, die Lichtlaternen in die Dach- und Deckenkonstruktion einzubinden, mündete in der Entwicklung eines speziell entworfenen Plattengewölbes, welches stabil genug sein musste, um das Gewicht der Eisen-Glas-Konstruktion der Lichtlaternen und saalseitig einen rund drei Zentimeter starken Gipsputz zuzüglich der neun bis elf Zentimeter starken Stuckornamente zu tragen.49 Um die Wände statisch nicht zu überlasten und das Gewicht der Konstruktion zu verringern, wurden die Platten des Gewölbes aus gebranntem Ton hergestellt (Abb. 13). Letztlich verhielt sich dessen Gewicht „zu dem eines Backsteingewölbes von neun Zoll [rund 20 Zentimeter], in welcher Stärke dasselbe doch wenigstens hätte ausgeführt werden müssen, ungefähr wie 2,8 zu 5,9“.50 Für die sieben Oberlichtsäle hatte Dillis „594 der vorzüglichsten Kunstwerke aus der alt- und neudeutschen, niederländischen, französischen, spanischen und italienischen Schule ausgewählt“51 und nach Schulen gegliedert hängen lassen. In den Kabinetten wurden 673 kleinformatige Gemälde präsentiert.52 KABINETTE IM OBERGESCHOSS Die Kabinette besaßen – mit Ausnahme des Rubenskabinettes, in welchem ein Tonnengewölbe (Abb. 14) ausgeführt war – flache Deckenspiegel. Die Beleuchtung erfolgte über die nordseitig orientierten Fenster. Die Wandflächen erhielten eine Stoffbespannung, und die Decken waren eben-
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falls reich, mit teilweise vergoldeten Stuckierungen verziert. Die Reihe der Kabinette konnte durch nahe der Fensterwand gelegene niedrige Türen mit einfacher Goldleistenrahmung durchschritten werden.53 Außerdem erlaubten die Kabinette den Durchgang zu den angrenzenden Galeriesälen.
Abb. 11 Alte Pinakothek, Grundriss Obergeschoss. Aufteilung der Räumlichkeiten nach Plänen aus dem Jahr 1830 [Quelle: Klenze 1830 und eigene Bearbeitung].
LOGGIENGANG Der südseitig gelegene Loggiengang war ein 120 Meter langer Gang, der aus 25 Raumteilen mit Pendentifkuppeln bestand (Abb. 15). Er wies ebenfalls prächtige Dekorationen mit Marmorinkrustationen, Stuckierungen, Vergoldungen und enkaustische Malereien sowie Fresken in den Kuppeln und Lünetten auf.54 Wie im gesamten Obergeschoss war im Loggiengang venezianischer Estrich verlegt.55 Neben den klimatischen und lichttechnischen Vorteilen, welche der Loggiengang bot, war er mit seinen Verbindungstüren in jeden Oberlichtsaal ein logistischer Kniff: der Besucher konnte über den Loggiengang auch die westlich gelegenen Säle erreichen, ohne die gesamte Saalflucht zu durchlaufen und dabei andere Besucher zu stören.56 NEBENRÄUME Zum Betrieb der Galerie waren für den Besucher unsichtbare Räume, wie Depots, Werkstätten, Registratur oder Technikräume, genauso vorgesehen wie Wohnungen für Wächter und Hausmeister. Über den Kabinetten lagen im Mezzaningeschoss die Werkstätten, Magazine und Diensträume. Im Keller befanden sich die Ofenanlagen zur Beheizung sowie die Lagerräume für den Brennstoff (Abb. 16).57 DER GEBÄUDEUNTERHALT Der Gebäudeunterhalt oblag der Zuständigkeit des Hausmeisters, dessen Aufgaben in umfassenden Dienstordnungen beschrieben waren.58 Der „Hausmeister hat die Aufsicht über das ganze Gebäude zu führen, und muß
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Abb. 12 Alte Pinakothek. Entwurfszeichnung von Klenze zur Konstruktion der sogenannten Lichtlaternen, noch ohne das später von den Ingenieuren entwickelte Plattengewölbe [Quelle: TUM Archiv, Kle 38-30].
Abb. 13 Alte Pinakothek. Plattengewölbe aus gebranntem Ton [Quelle: Hermann 1834, Fig. 1].
Abb. 14 Alte Pinakothek, Rubenskabinett. Blick in Richtung Westen auf die Reihe der Durchgänge zu den aneinandergereihten Kabinetten und das Rubensportal auf einer Photographie aus dem Jahr 1926 [Quelle: BStGS, Fotoarchiv].
Abb. 15 Alte Pinakothek. Loggiengang mit Blick Richtung Westen auf einer Photographie von 1930 [Quelle: BStGS, Fotoarchiv].
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demnach sein Augenmerk hauptsächlich darauf richten, daß dasselbe bei seiner besonderen baulichen Konstruktion, bei der eigenthümlichen Beheitzung und den flachen Metalldachungen, so viel nur immer möglich vor jedem Schaden bewahrt werde“.59 Er wurde verpflichtet, regelmäßige Kontrollgänge durchzuführen und dabei insbesondere das Dach und dessen Dichtigkeit sowie die Blitzableiter zu inspizieren. Nach Regen und Sturm musste der Hausmeister die Fenster, Lünetten und Oberlichter überprüfen und gegebenenfalls eingedrungenes Regenwasser sofort beseitigen sowie die Reparatur von Schäden veranlassen. Er verantwortete außerdem die Reinigung der Oberlichter. Generell hatte er genaue Anweisungen, was er wie oft zu reinigen hatte: die Fenster einmal jährlich; die Lünetten zweimal jährlich im Frühjahr und im Herbst; die Säle und Kabinette sowie die restlichen Räume nach Bedarf; das Treppenhaus, Korridore und Vestibül waren täglich zu kehren und sonnabends feucht zu wischen. Im Winter hatte er zudem die Aufgabe Schnee zu räumen. Für die Reinigungsarbeiten konnte der Hausmeister Tagelöhner zu Hilfe holen. Diese durfte er selbst auswählen, haftete aber persönlich für deren Vertrauenswürdigkeit. Daneben war er für die Aufsicht über die Heizer zuständig. Auch das tägliche Öffnen und Abschließen des Gebäudes fiel in seinen Aufgabenbereich. Bei Letzterem hatte er vorher zu kontrollieren, dass Unbefugte nicht im Haus und sämtliche Fenster verschlossen waren.
TEMPERATURKONTROLLE ALS KLIMATISIERUNGSSTRATEGIE Von Beginn an plante Klenze für die Alte Pinakothek „zur Erhaltung der Bilder, und zur Bequemlichkeit der Beschauer […] eine Heizung des Locals“.60 Seine zu den Planunterlagen eingereichte Erklärung liefert die Begründung für die Wahl der Luftheizung, die bereits bei der Glyptothek zum Einsatz gekommen war: „Die zum Erwärmen der oberen Räume bestimmten Ofenanlagen sind […] in eigenen Gewölben und einem auf der Nordseite fortlaufenden gewölbten Gange [Abb. 17] angebracht; die Wärmeröhren sowohl als die Rauchröhren laufen durchaus in dicken Mauern außer aller möglichen Berührung mit verbrennlichen Stoffen. In den Sälen und Kabinetten haben die Wärmeröhren ihre Ausmündungen in den Lambris von Marmor, sodaß jede Feuergefahr dadurch beseitiget wird. Wie gesagt laufen die Rauchröhren ebenfalls nur in der Dicke der Mauern fort und erreichen das Dach des hinteren nördlichen Anbaus erst nachdem der Rauch durch verschiedene Windungen einen Weg von mehr
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Abb. 16 Alte Pinakothek. Keller auf einer Teilansicht des Grundrisses mit Heizkammern und Lagerräumen für das Brennmaterial [Quelle: TUM Archiv, Kle 38-20]. Abb. 17 Alte Pinakothek. Schächte der Warmluftheizung im Gebäudelängsschnitt (oben) und im Querschnitt (unten) [Quelle: TUM Archiv, Kle 38-13]. Abb. 18 Alte Pinakothek. Planausschnitt mit Luftheizkammer mit eingezeichneten gepunkteten Linien der Kanäle für die Frischluft (blau), die erwärmte Luft (rot) und die Abluft aus den Räumen (schwarz) [Quelle: TUM Archiv, Kle 38-20]. Abb. 19 Alte Pinakothek. Schemadarstellung von einem der Lutfheizöfen als Grundriss und in verschiedenen Schnitten [Quelle: TUM Archiv, Kle 38-117].
als 100 Schuhen gemacht hat, also vollkommen erkaltet ist, sodaß auch von dieser Seite jede Idee von Möglichkeit einer Entzündung beseitiget ist.“61 Doch die Gründe für die Wahl dieses Heizkonzeptes reichten weiter. Das Volumen der Galerieräume, insbesondere aber deren Höhe, war für Klenze und seine Planer eine Herausforderung. Die Wärme sollte sich im gesamten Raumvolumen gleichmäßig verteilen, das Aufheizen schnell erfolgen und das Brennholz möglichst effizient genutzt werden. Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der die Entscheidung für einen „Luftheizungsofen mit umgestürztem Feuer“62 begünstigte, war die Forde-
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rung nach einem „dauerhaften Heizapparat“63 der garantierte, dass kein Rauch über die Heizkanäle in die Ausstellungsräume gelangte.64 Wie dieses System mit 14 Luftheizöfen im Keller des Gebäudes ursprünglich aufgebaut war, ist heute nur archivalisch überliefert, da es schon 1841, nur fünf Jahre nach der Eröffnung des Museums, wegen Schäden an den Gemälden, die sich auf dessen Betrieb zurückführen ließen, stillgelegt wurde. Deswegen basiert die nachfolgende Beschreibung des Heizsystems auf einer Veröffentlichung des damaligen Hofbau-Conducteurs Hermann Hermann, der im Auftrag Klenzes die praktische Umsetzung der Luftheizung verantwortete.65 Im Keller befanden sich 14 Heizkammern (Abb. 18), in denen unterschiedlich dimensionierte Öfen (Abb. 19) untergebracht waren. Die sieben größeren Öfen beheizten die sieben großen Galeriesäle und die zugehörigen Kabinette im Obergeschoss sowie die darunter liegenden Räume im Erdgeschoss. Die kleineren Öfen versorgten das Treppenhaus, die Nebenräume des Obergeschosses sowie weitere Räume im Erdgeschoss.66 Eine Heizkammer bediente demnach durch unterschiedliche Kanäle sowohl Erd- wie auch Obergeschossräume. Die Kanäle waren zwar voneinander getrennt, aber bei der gleichzeitigen Öffnung sämtlicher Kanäle strömte die Wärme zunächst in die Säle des Obergeschosses und das Erdgeschoss blieb kalt. Daher wurden die Luftheizöfen mit Vorrichtungen nachgerüstet, mit denen die Wärmezufuhr zu den einzelnen Räumen manuell zu regulieren war.67 Jedem Galeriesaal war ein Zu- und ein Abluftkanal zugeordnet (Abb. 20). Die vier größten Galerieräume wurden von je zwei dieser Kanäle versorgt. Zu- wie Abluftkanäle hatten den gleichen Durchmesser. Der für die Galeriesäle betrug einen Quadratfuß (rund 0,1 Quadratmeter), der für die Kabinette neun Quadratzoll (etwa 0,05 Quadratmeter).68 Die Ausmündungsöffnungen der Wärmekanäle mussten wegen der erforderlichen Hängehöhe und wegen der Wirkung der warmen Luft auf die Gemälde so nah wie möglich – zwei Fuß (circa 60 Zentimeter) – über dem Boden angeordnet werden.69 Aus den Räumen wurde die erkaltete Luft über Abluftkanäle, deren Öffnungen knapp über dem Fußboden lagen, abgeführt. So sollte eine gewisse Luftzirkulation entstehen. Die Abluftkanäle verliefen ebenso wie die Zuluftkanäle in den massiven Wänden und mündeten seitlich unter dem Ascheraum der Heizkammern in einen Hauptkanal, über den die Luft zur erneuten Erwärmung in die Heizkammer geführt wurde, bevor sie wieder in die Galerieräume strömte. Dieser Ansatz, den Außenluftanteil zu reduzieren und möglichst viel Umluft zu verwenden, war der Versuch Brennmaterial, also Energie einzusparen. Obwohl Hermann darauf hinwieß, dass
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„der sonst für die Gesundheit entstehende Schaden, wenn stets dieselbe Luft zirkulirt, und hierdurch nach und nach verdorbener wird, in diesen großen und hohen Räumen viel zu gering für die Art des Besucher derselben, der doch […] nicht in so großer Menge geschieht“,70 waren im Gebäudesockel Lufteinlässe vorgesehen, durch welche den Heizkammern bei Bedarf zusätzlich Außenluft (Frischluft) zugeführt werden konnte. Darüber hinaus wurden die Räume des ersten Obergeschosses über die Fenster natürlich belüftet.71 Durch die immer vorhandenen Undichtigkeiten in der Gebäudehülle erfolgte zusätzlich ein gewisser Infiltrationsluftwechsel und Luftaustausch zwischen innen und außen sowie den unterschiedlichen Räumlichkeiten. Die Rauchröhren (Abgaskanäle) der Heizöfen wurden in den Mauern zum Dach geführt, wo die Kamine lagen. Dies war neben Überlegungen zum Brandschutz insofern wichtig, weil sich Klenze und Dillis damals der Schädigung von Gemäldeoberflächen durch Abgase und Russ bewusst waren und diesen Punkt bei der Planung ausdrücklich berücksichtigten. Hermann stellte in seinen Ausführungen zur Luftheizung der Alten Pinakothek umfangreiche Berechnungen zur Effizienz des Heizsystems an. Er resümierte, dass auf einen Kubikfuß (0,025 Kubikmeter) Heizkammer rund 0,6 Quadratfuß (0,05 Quadratmeter) Ofen- und Röhrenfläche, 708 Kubikfuß (17,6 Kubikmeter) zu beheizender Raum und etwa sieben Quadratfuß (0,6 Quadratmeter) Fenster- und Türenfläche kämen.72 In diesem Zusammenhang wies er auf die problematische Konstruktion der Lichtlaternen hin: „Erwägt man aber die außerordentliche Größe des Saales, die Gestalt desselben, daß sich nämlich fast alle heiße Luft oben in das Gewölbe und die Laterne setzt, welche bey ihrer Größe und ihrer Construction blos aus Eisen und Glas einen bedeutenden Wärmeverlust durch die schnelle Abkühlung verursacht.“73 Hieran sind zwei Punkte hervorzuheben. Hermann beschrieb die hohen, durch die Konstruktion der Lichtlaternen bedingten Wärmeverluste präzise und bemerkte, dass sich die warme beziehungsweise heiße Luft oben im Raum staute. In der Konse-
Abb. 20 Alte Pinakothek. Lage der Zuund Abluftkanäle der Luftheizung in den Galeriesälen auf einem Planausschnitt [Quelle: TUM Archiv, Kle 38-13].
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quenz entstanden über die Raumhöhe enorme Temperaturgradienten, welche die Ausbildung unterschiedlicher Mikroklimata im gesamten Luftvolumen zur Folge hatten, was sich besonders ungünstig auf den Erhaltungszustand der großformatigen Gemälde auswirkte.
BRENNSTOFFEINSPARUNG DURCH WÄRMESPEICHERUNG Zum Brennstoffverbrauch finden sich Hinweise in Hermanns Beschreibung der Probeheizung eines Saales: „[…] später aber wurde der Saal allein zur Probe geheizt, und zwar morgens von sieben bis neuen Uhr nach und nach ungefähr ein Achtelklafter Fichten-Holz eingeschürt, dann aber, als alles Holz abgebrannt war, der Wechsel des Rohres und die Zugöffnungen des Aschen- und Einschürloches abgeschlossen. In Folge dessen zeigte das Thermometer bey fast zwanzig Graden Kälte im Freyen, in der Höhe von sechs Fuß [rund 1,75 Meter] im Saale eine Temperatur von zwölf Graden Wärme, welche für den Gebrauch des Saales hinreichend ist. Am anderen Tage dagegen bedurfte es bey derselben äußeren Temperatur nur sehr wenig mehr als ein sechszehntel Klafter Holz, um denselben Wärmegrad, wie den Tag vorher, im Saale zu entwickeln. Auch zeigte sich noch zwey Tage nachher, nachdem nicht mehr eingeheizt worden war, an den warmen Kanalöffnungen des Saales einige Wärme […] als Andeutung der Luftzirkulation. Als später aber auch noch die oberen und untern Kabinette mitgeheizt wurden, brauchte man wohl wieder am ersten Tage einiges Holz mehr, als bey der früheren Heizung, da der Ofen und die Heizkammer wieder ganz erkaltet waren; aber nach und nach reduzirte sich der Verbrauch des Holzes wieder fast auf dieselbe Menge, als bey dem zweyten Heizen des Saales allein […]“.74 Um also einen Galeriesaal auf 12 °C zu heizen, wurde bei einer Außentemperatur von minus 20 °C ein Achtelklafter Holz benötigt, wobei Nadelholz als Brennmaterial diente. Der Bedarf an Brennmaterial halbierte sich beim Heizen am darauffolgenden Tag. Der Grund hierfür ist die ausgezeichnete Wärmespeicherkapazität des massiven Mauerwerks. Die Erwärmung der Wände wurde durch den Verlauf der Zuluftkanäle innerhalb derselben zusätzlich gesteigert.
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TAGESLICHT DURCH ARCHITEKTONISCHE GESTALTUNG Die Frage, wie die Gemälde der Alten Pinakothek angemessen beleuchtet werden könnten, beschäftigte Dillis und Klenze gleichermaßen. Die seitliche Beleuchtung der Gemälde betrachteten beide wegen der durch die glänzenden Firnisoberflächen der Gemälde entstehenden Blenderscheinungen und Reflexlichter als kritisch. In den Kabinetten mit Seitenfenstern umgingen sie dieses Problem, indem diese auf der Nordseite des Gebäudes angeordnet wurden und somit nur diffuse Strahlung in den Innenraum eintrat. Die Galeriesäle für die großformatigen Gemälde erhielten Tageslicht durch Oberlichter, „durch welche der Architekt die photometrischen Vortheile zu erreichen suchte, welche diese Beleuchtungsart darbietet […] und der Vortheil einer feierlich, gleichmäßigen, und für große Bilder so schönen und günstigen Beleuchtung erreicht“75 wurde. Zudem bemerkte Klenze später, „wenn wir die Gründe dieses so vortheilhaften Lichts suchen, so finden wir sie in Folgendem. An jeder Wand, welche durch Seitenlicht erhellt wird, finden wir ein bedeutend starkes Abnehmen des Lichts nach Maßgabe der wachsenden Entfernung vom leuchtenden Punkte. Bei einer Beleuchtung aber von oben zeigen Erfahrung und Versuche zwar auch einen Unterschied des Lichtgrades bei wachsender Entfernung nach unten; aber dieser Unterschied […] ist mithin sehr gering“.76 Zuvor hatte sich Klenze intensiv mit den konstruktiven Schwierigkeiten bei Oberlichtkonstruktionen nördlich der Alpen beschäftigt. Während einer Italienreise im Juli 1823 besichtigte er verschiedene mit Oberlicht beleuchtete Ausstellungsräume in Venedig, Parma und Mailand und bemerkte, „eine so ungeheure Öffnung aber, in unserem Clima zu Konstruiren, wo sehr hoher Schnee fällt, und der außerordentliche Wechsel von Kälte und Wärme so großen Einfluß auf die Dilatation des Metall [ausübt], ist ein Wagestück, welches nicht ohne Gefahr des Nichtgelingens unternommen werden kann. Nicht alles was in einem Lande schön und gut, läßt sich in jedes andere übertragen, und dann doch erst kann ein Bauwerk vortrefflich genannt werden, wenn es in allen seinen Theilen aus den Umständen und Localitäten hervorgegangen, und die Grenzlinie, welche diese bestimmen, nie zu gunsten etwas nur im Allgemeinen guten und Schönen, aber hier unpaßlichen, überschritten werden.“77 Mit diesem Bewusstsein übernahm Klenze zwar die in Oberitalien funktionierende Beleuchtungsart von oben, passte die Konstruktion aber den Standortbedingungen in München an und entwickelte seine sogenannten Lichtlaternen. „Die[se] oberen Laternen [wurden] mit
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Abb. 21 Alte Pinakothek. Ausschnitt aus einem Plan zur Lage der Sparren im Dachaufbau mit Öffnungen für die Lichtlaternen [Quelle: TUM Archiv, Kle 38-30].
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schrägen und durch Spiegelglas geschlossenen Seitenwänden versehen, während ihr oberes Dach von Kupferblech gemacht ist. Es sind also hier alle Gefahren, welche Schnee, Eis und Regen, waagrecht, oder fast waagrecht liegenden Glasabdeckungen drohen, völlig vermieden.“78 Auch die von Dillis thematisierten Probleme des Einflusses der Oberlichter auf das Klima sowie Fragen des Lichtschutzes thematisierte Klenze. „Was die Strahlen der Sonne anbelangt, welche zu gewissen Tages oder Jahreszeiten durch die oberen Fenster hereinfallen können und wie begreiflich nie zu vermeiden sind, so werden gespannte Tücher, welche man unter den Laternen vermittelst kleiner Schnüre ab und aufziehen kann, der Unbequemlichkeit leicht begegnen.“79 Am Ende setzte Klenze folgendes Tageslichtbeleuchtungskonzept um: Die Oberlichtsäle erhielten je nach Größe eine, zwei oder drei Lichtlaternen. Diese wurden vom Satteldachstuhl des Mittelbaues getragen (Abb. 21). Die Grundfläche betrug etwa vier auf vier Meter. Das Konstruktionsgerüst der sich nach oben verjüngenden Lichtlaternen bestand aus Eisen (Abb. 12). An diesem Gerüst befand sich eine „kleine kupferne Rinne, die das Schwitzwasser der Gläser aufnimmt und auf einer Seite durch Ableitungsrohre abführt“.80 Die schrägen Seitenwände waren mit starkem, geschliffenem Spiegelglas aus der Hütte Abele im Bayerischen Wald verglast und oben durch ein Kupferblechdach geschlossen.81 Eine sogenannte Staubdeckenverglasung trennte Galeriesäle und Lichtlaternen. Die einzelnen Glasscheiben lagen auf einem Eisengerippe auf.82 Die aus einfachen Mattglasscheiben bestehenden Staubdecken hatten die Aufgabe Galeriesäle, Kunstwerke und Besucher wie Galeriediener vor herab tropfendem Regen- und Kondenswasser zu schützen. Neben den lichtstreuenden Eigenschaften wirkten sie als gewisser kli-
matischer Puffer zwischen dem Luftraum der Lichtlaternen und den Galeriesälen. Die nach Norden orientierten Fenster der Kabinette waren mit einer Einscheibenverglasung verglast. Jedes Kabinett – mit Ausnahme des großen Rubenskabinetts, welches drei Fenster besaß – wies ein Fenster auf. Die Beleuchtung des Mezzaningeschosses erfolgte über querrechteckige Fenster, die mittig über denen der Nordkabinette lagen (Abb. 22).
DIENSTVORSCHRIFTEN UND BESUCHERORDNUNGEN Schon in der Hofgartengalerie hatten die vom Königshaus angestellten Galeriediener die Kunstwerke beaufsichtigt.83 Aus dieser Tradition heraus wurden in der Alten Pinakothek von Beginn an fünf Galeriediener sowie ein Türvorsteher, gelegentlich auch als Portier bezeichnet, beschäftigt.84 Die Aufseher erhielten Dienstwohnungen, die auf der Nordseite der Gartenanlage in einem eigens errichteten Häuschen, dem sogenannten Wächterhäuschen, untergebracht waren (Abb. 23).85 Die archivalisch überlieferten Dienstvorschriften zeugen von den Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Galeriediener.86 Laut einer Dienstvorschrift für die „kgl. Central Gemäldegaleriediener“ vom 29. September 1887 sollten die in Livree gekleideten Diener in den Sommermonaten von acht bis 14 Uhr und in den Wintermonaten von neun bis 14 Uhr in der Galerie anwesend sein. An den Eintrittstagen führten sie die Besucher durch die Säle und Kabinette und hatten dabei die Aufgabe diese auf „das strengste und gewissenhafteste [zu] überwachen“. An Samstagen hatten die Galeriediener Gemälde und Rahmen abzustauben. Nicht nur die Galeriediener hatten Vorschriften einzuhalten. Um sicherzustellen, dass sich auch die Besucher angemessen verhielten, wurden Besucherordnungen aufgestellt.88 Die Gemäldegalerie war täglich außer an Sonn- und Feiertagen von 9 bis 12 Uhr und nachmittags im Sommer von 13 bis 17 Uhr und im Winter von 13 bis 16 Uhr allen Besuchern geöffnet. An Sonn- und Feiertagen erhielten ausschließlich Auswärtige nach vorhe-
Abb. 22 Alte Pinakothek. Zeichnung der in der Alten Pinakothek verbauten Fenstertypen in den Erdgeschossräumen und Kabinetten (links), im Mezzaningeschoss (links oben), dem Loggiengang (Mitte) und in den Flügelbauten (rechts) [Quelle: TUM Archiv Kle 38-61].
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Abb. 23 Alte Pinakothek. Blick auf das Wächterhäuschen auf der Nordseite der Alten Pinakothek. Auf der Photographie ist im Hintergrund die Südfassade der alten Neuen Pinakothek zu sehen [Quelle: BStGS, Fotoarchiv].
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riger Anmeldung Zutritt. Die Besucher wurden beim Gang durch die Säle von Dienern begleitet, wobei sie meist zu Gruppen von je acht Personen zusammengefasst wurden. Wenn bei großem Besucherandrang alle Galeriediener im Gebäude unterwegs waren, mussten neu ankommende Besucher warten. Stöcke, Schirme und Mäntel waren an der Garderobe abzugegeben. Das Berühren der Gemälde war strengstens verboten und „das Anhauchen derselben bey allzunaher Ansicht zu vermeiden“. Die Besucherordnung schloss mit dem Hinweis: „Wiewohl nun also der Zutritt in die Malerey-Galerie jedermann, ohne Rücksicht auf Stand oder Beruf, gestattet ist; so wird doch überhaupt ein dem Anstande, und der Reinlichkeit des Ortes angemessenes Betragen erwartet.“89 Für das 19. Jahrhundert existieren kaum konkrete Daten über die Besucherzahlen. Die Archivalien umfassen zwar Besucherbücher, da diese aber mehr repräsentativen Charakter hatten, trugen sich dort meist nur auswärtige oder besonders prominente Gäste ein. Häufig sind die Angaben zu Besucherzahlen sehr allgemein formuliert. Es finden sich Aussagen wie „großer Zuspruch der Öffentlichkeit“ oder „Zunahme der Besucher“.90 In der Alten Pinakothek wurde der Zutritt auch den „unteren Volksschichten“ gewährt, allerdings nur an bestimmten Tagen. Dann herrschten besondere Sicherheitsvorschriften: „Das parthienweise Durchführen der Besuchenden an den allgemeinen Tagen durch die Galleriediener aber musste
deshalb angeordnet werden, um jeden Unfug zu entfernen, und durch Überwachung der sehr oft den untersten Volksklassen angehörenden Besuchenden den kostbaren Kunstschatz vor jedem Vandalismus sicher zu stellen.“91
STAUBFREIHEIT UND RUSSVERMEIDUNG Bei der Suche nach einem geeigneten Bauplatz nahm die Schadstoffproblematik einen gewissen Stellenwert ein. Dillis bemerkte: „Das Lärmen von Wagen, besonders der schnell vorüberrollenden, der dadurch aufgeregte Staub, alles dieses wirkt nachtheilig auf die Kunst.“92 Das Bestreben, Staubeintrag zu vermeiden oder wenigstens zu reduzieren, lässt darauf schließen, dass damals dessen schädigende Wirkung auf die Kunstwerke bekannt war. Gleiches gilt für das Gefahrenpotenzial von Rauch und Russ, welche bei der Beheizung des Gebäudes entstanden. Klenze betonte in seinen Erklärungen zu den eingereichten Planunterlagen, dass durch die Dicke der Mauern und die Lage der Rauchröhren ausgeschlossen sei, dass Schadstoffe in die Galerieräume gelangen könnten und die Gemälde schädigten.
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UNBEHEIZT, UNGESEHEN UND FAST VERGESSEN – ALLEIN DIE GEBÄUDEHÜLLE TROTZT DEM VERFALL (1841–1891)
Abb. 24 Alte Pinakothek, Schnitt durch den Rubenssaal. Schematische Darstellung des Gebäudes 1841–1891 ohne Beheizung der Galeriesäle, mit reiner Tageslichtbeleuchtung und ausschließlich natürlicher Lüftung.
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Zwischen Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts verfiel die Alte Pinakothek (Abb. 24) zusehends. In einer öffentlichen Sitzung am 15. Januar 1880 brachte der Abgeordnete Schels die verheerenden Zustände zur Sprache: „In sämtlichen Sälen sind die Tapeten, welche dunkelgrün waren, in das widerliche hellgelbgrün verwandelt worden. […] Allein ich habe auch ein paar Säle und insbesondere eine größere Zahl von Kabineten gefunden, in welchen die Tapeten in Fetzen herabhängen“.93 Eben dieses Problem hatte Dillis bereits während der Planung angesprochen. In einem Schreiben an Ludwig sprach er sich gegen eine textile Wandbespannung aus, da „die seidenen Stoffe […] in kurzer Zeit verbleichen und von Motten zerfressen zu erneuerten kostspieligen Auslagen bemüssigen. Statt der Anordnung der seidenen Tapeten wird eine Bekleidung mit einer Bretterwand von einer mit Tempera-Grund bemalten Leinwand überzogen für zweckdienlich erachtet.“94 Der von Schels monierte Zustand der Wandbespannung war allerdings nicht der einzige Mangel. Im Sitzungsbericht heißt es weiter: „Sehen sie die Fußböden an. Sie sind durchgehends mangelhaft.“95 Die Fußböden waren zu diesem Zeitpunkt seit etwa 20 Jahren in einem mangelhaften Zustand, und bereits im Januar 1862 sollten in den Sälen und Kabinetten der Alten Pinakothek Holzparkettböden verlegt werden.96 Aber daraus entwickelte sich eine prinzipielle Auseinandersetzung, ob Holz- oder Zementböden besser für den Museumsbetrieb geeignet wären, die bis 1864 dauerte und damit endete, dass Ludwig I. meinte, „dass diese Fußböden [Eichenholzparkett] geeignet seien, den Einklang des Ganzen, die Großartigkeit der Säle, den Charakter des Monumentalen zu vernichten“.97 Also wurde lediglich der vorhandene Gipsfußboden ausgebessert und Teppiche zur „Schonung und längeren Erhaltung“98 ausgelegt. Diese vorübergehende Maßnahme war symptomatisch für den Umgang mit dem gesamten Gebäude. Endlose Diskussionen und Uneinigkeit führten zu einem schleichenden Verfall, welchem durch ein Memorandum der königlichen Gallerie-Kommission vom 13. September 1879 ein Ende
gesetzt werden sollte. Dieses Memorandum schildert die dramatischen Zustände eindrücklich: „Seit die einsichtsvolle Kunstliebe des Königs Ludwig I Bayern und München mit der herrlichen Gemäldesammlung der k. Pinakothek beschenkte, hat dieselbe, wenn man von der unbrauchbar gewordenen Verglasung der Oberlichte absieht, vom bayr. Staate keine namhaften Opfer mehr gefordert. Allerdings waren Gebäude und Sammlung von der Art, daß beides mit den hervorragendsten Europas in Concurrenz treten konnte, wie dann auch jetzt noch nur die Gallerien in Florenz, Madrid, Dresden, Wien, Berlin und Petersburg hier in Vergleich gezogen werden können, alle anderen entschieden untergeordnet sind. Doch konnte es nicht fehlen, daß sich an der großartigen Schöpfung sowohl von vorneherein Mängel befanden, als auch im Laufe der Zeit sich herausstellten, Mängel, deren Beseitigung möglich und im höchsten Grade wünschenswerth ist. 1. Ein Haupt-Mangel ist das Fehlen einer entsprechenden Beheizung. Eine Beheizung zwar ist beim Bau eingerichtet worden, aber ihre Nachtheile für die Bilder zeigten sich als so groß, daß man wieder davon Umgang nehmen mußte. Und doch liegt es auf der Hand, daß dieser Mangel die Benützung der Pinakothek ein halbes Jahr hindurch wenn nicht ganz unmöglich, so doch sehr gesundheitsgefährlich und somit grausam für das geichwohl durch den ganzen Winter hindurch dienstthuende Aufsichtspersonale macht. Dazu kommt, daß Herr Geheimrath von Pettenkofer wiederholt und bis jetzt unwiderlegt darauf aufmerksam gemacht hat, daß das Fehlen einer entsprechenden Beheizung von dem größten Nachtheile für die Bilder selbst ist, was sogar noch schwerer ins Gewicht fällt, als die Ungunst der ungeheizten Räume für das Publikum, indem daß letztere dieselben meiden kann, die Bilder aber jeden Frost und Temperaturwechsel unweigerlich durchzumachen haben. Da allenthalben und in den Ländern nördlich von den Alpen fast ausnahmslos die Beheizung der Gallerien eingeführt ist oder aber jetzt eingeführt wird, so befindet sich München in einem umso schmerzlicheren Rückstande. Zwar sind Erhebungen in dieser Beziehung, von höchster Stelle angeordnet, aber jetzt im Gange, und haben vorläufig zu dem Ergebniße geführt, daß im Laufe dieses Winters Versuche angestellt werden, die als schädlich befundene alte Heizung durch gewisse Änderungen brauchbar zu machen. Aber der Erfolg steht dahin. Wenn er indeß auch vollkommen befriedigend sein sollte, müßten die Ausströmungsöffnungen von den
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Wänden weg in den Fußboden gelegt werden, wo durch namhafte Kosten erwachsen würden, gleichwohl nicht die Hälfte von jenen, die durch vollkommene Neuanlage der Heizung nach neueren verbesserten Systemen entstünden. Nach approximativer Schätzung könnte nämlich die ersterwähnte Umgestaltung wohl um ca 50,000 M. die Neuherstellung kaum unter 150,000 M. bewerkstelligt werden. 2. Auf alle Fälle würde dann das Aufbrechen der Fußböden die Frage nahe legen, ob dieselben dann in ihren früheren Bestand gebracht bzw. einfach ausgebessert werden sollten. Die Fußböden sind nämlich in einer Weise schadhaft, daß jedes Jahr größere Stücke in Cement eingeflickt werden müssen. Erscheinung und Dessin der ursprünglich schön gemusterten Parimente hat dadurch bereits sehr gelitten, und das Verkrümeln des Cements ist eine Hauptquelle des sich immer mehrenden Staubes. Die zur Aushülfe herangezogenen Teppichläufer haben das Übel eher vermehrt, wenn auch das Gehen minder gefahrvoll gemacht. Die Steinböden machen überdieß das Verweilen in den Räumen bei kälterer Jahreszeit unerquicklich. Es ist demnach längst der Wunsch ausgesprochen worden, bei diesem Anlasse das Cementpariment durch Parquet zu ersetzen, eine Änderung, die sich annähernd um die Summe von 100,000 M. durchführen lassen würde. 3. Ferner sind die Seidentapeten der Wände durch Zeit, Luft und die eigene Beschaffenheit, außerdem durch die Einrichtung, daß die Traghacken für die Bilder durch die Seide in die Wandverschalung geschraubt zu werden pflegten, was bei der Bilderversetzung massenhafte Durchlöcherung mit sich führte, unhaltbar geworden. An sich sind die hellgrünen und rosarothen Farben des Seidenstoffes, wie sie theils von Anfang an waren, theils durch Bleichen geworden sind, der Wirkung der Bilder so ungünstig wie möglich, und selbst wenn die Tapeten noch unbeschädigt wären, würde deshalb eine Änderung höchst wünschenswerth erscheinen. Nun aber erscheint der Seidenbezug in höchstem Grade defekt, und es ist schwer abzusehen, wie man bei der aus wissenschaftlichen, wie künstlerischen Gründen unvermeidlich gewordenen theilweisen Änderung des bisherigen Anordnung mit der gegebenen Wandverkleidung noch zurechtkommen kann, da schon von früheren Direktionen in Bezug auf Deckung der Lücken alle Kunstgriffe angewandt worden sind. Eine Neuherstellung der sämmtlichen Wände mit entsprechenden Stoffen, verbunden mit der Einführung von horizontalen Aufhängestangen und senkrechten Tragebändern in Eisen, um die abermalige Durchbohrung der Tapete zu ver-
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meiden, würde nach ungefährem Überschlage die Summe von mindestens 100,000 M. in Anspruch nehmen. 4. Ist die Beleuchtung in den Sälen I, III, V, IIV, nämlich in allen jenen, welche nur eine Oberlichte haben, aus dem Grunde unzulänglich, weil bei den verhältnismäßig kleinen Luftausschnitten der Effekt dadurch noch wesentlich reducirt worden ist, daß die Verglasung nur an den Seiten angebracht, die Bedachung dagegen statt gleichfalls aus Glas, in Kupfer hergestellt ist. Es geschah dieß unter der Voraussetzung, daß dadurch das Licht von der Mitte ab-, und auf die Wände hingelenkt werden kön[n] e. Der wirkliche Effekt ist jedoch lediglich eine Verminderung des Lichtes, da jene Ablenkung nicht durch eine oberhalb des Lichteinfalls, sondern nur durch eine unterhalb des selben angebrachte Blende erzielt werden kann, wie man sich jetzt bei Kunstausstellungen, neuen Gallerien u.s.w. genügsam überzeugt hat. Da die jetzige Einrichtung somit dem Zwecke diametral entgegen, empfiehlt sich eine Umänderung in dem angezeigten Sinne, welche nach vorläufiger Besprechung mit einem Architekten kaum mehr als 30,000 M. in Anspruch nehmen würde […] Die Unterzeichneten erken[n]en zwar wohl, daß die Deckung aller aufgeführten Bedürfnisse augenblicklich kaum erwartet werden dürfe. Sie haben deshalb die Punkte nach dem Grade der Wichtigkeit geordnet. Es ist indeß zu bemerken, daß 3. zwar an sich minderwichtig erscheint, als 1. und 2., daß aber doch die sofortige Berücksichtigung derselben näher liegt, als von 1 und 2, weil es keine weitläufigen Vorarbeiten voraussetzt, wie die letzteren, und mit den dermaligen Reformen in der Gallerie so im Zusammenhang steht, daß dieselben ohne dessen Erledigung kaum definitiv durchgeführt werden können.“99 Dieses Schreiben verdeutlicht mit Nachdruck die traurige Situation in der Alten Pinakothek: Baulich bedingte Kritikpunkte wie der Tageslichtmangel, unzureichende Mittel für den Bauunterhalt sowie die Probleme mit der Luftheizung und die Einstellung der Beheizung der Galeriesäle hatten dazu geführt, dass die Besucherzahlen in der Alten Pinakothek im Laufe der Zeit gesunken waren. Das resultierende Nachlassen des im öffentlichen Interesses beschleunigte den Verfall. Innerhalb weniger Jahre hatte sich die Alte Pinakothek von einem der berühmtesten Bauwerke Europas in ein trauriges Abbild ihrer selbst verwandelt.
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MINUSGRADE OHNE HEIZUNG Die Beheizung der Galeriesäle wurde 1841, nur fünf Jahre nach der Eröffnung eingestellt, weil erhebliche Schäden an den Gemälden aufgetreten waren: „Man hatte sich nämlich überzeugt, daß die am höchsten hängenden Bilder dann, wenn die unteren in einer angemessenen Temperatur – etwa 12–15° Celsius – sich befanden, einer höchst nachtheiligen Hitze ausgesetzt waren, und daß die durch die Heizluft mitgeführten Staubmengen außerordentlich schädlich auf die Bilder einwirkten.“100 Durch die Luftheizung entstand eine Temperaturschichtung, die extrem hohe Temperaturen im oberen Raumvolumen und die Ausbildung von Mikroklimata zur Folge hatte. Eine Erklärung für die hohen Temperaturen waren die kleinen Querschnitte der Zuluftkanäle. Die Heizungsluft musste mit hoher Temperatur und großer Geschwindigkeit austreten, um eine ausreichende Erwärmung der Galerieräume zu gewährleisten.101 Verstärkt wurde das Problem durch das Fehlen von Öffnungen in den Lichtlaternen, weil keine Möglichkeit bestand, die sich oben anstauende Wärme, als Summe von aufsteigender Heizungsluft und solaren Einträgen, abzuführen. Die klimatische Situation galt schon damals als sehr kritisch für den Erhalt der Gemälde: „Es ist sicher, daß die besonders auf Holztafeln gemalten Bilder einer nachtheiligen Einwirkung von Temperaturänderungen ausgesetzt sind. Da dieselben bei einem bestimmten Wärmegrad zusammengefügt werden, erleiden sie bei jedem beträchtlichen Temperaturwechsel ein Zwängen, und in Folge dessen kann ein Werfen oder Reißen der Tafeln eintreten; in gleich ungünstiger Weise muß eine ungleichmäßige, an den einzelnen Stellen der Holztafeln verschiedene Erwärmung einwirken. […] Soll nach dieser Richtung eine Heizung in idealer Weise wirken, so muß sie an allen Stellen der Galerie, an welchen Bilder sich befinden, eine gleich hohe und während des ganzen Winters Tag und Nacht vollkommen constant bleibende Temperatur erzielen. […] Klar ist demnach, daß der Wassergehalt der Luft in den Galerieräumen möglichst entfernt von dem Verdunstungs- und dem Kondensationspunkte gehalten werden muß und keinen Schwankungen unterworfen sein darf, oder mit anderen Worten, es soll der Feuchtigkeitsgehalt der Luft fortwährend so nahe als möglich auf 50 Procent Sättigung erhalten werden. Diese Forderung in einem geheizten Gebäude zu erfüllen, ist mit nicht geringen Schwierigkeiten verbunden; es wirkt dieses nämlich wie ein wärmender Schornstein, die äußere kalte Luft dringt durch Boden und die unteren Theile der Seitenwände ein, während die warme
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Luft an den oberen Partien der Seitenwände und der Decke entweicht.“102 Die hohen Temperaturen und die daraus resultierende niedrige relative Feuchte waren definitiv die Ursache der beschriebenen Schäden. Bei großformatigen Gemälden sind die Temperatur- und Feuchtegradienten über die Raumhöhe noch kritischer, da sie erhebliche Spannungen im Materialgefüge erzeugen. Dieses Phänomen wurde dadurch verschärft, dass die an den Luftheizöfen im Keller erwärmte Luft sehr warm in unmittelbarer Nähe zu den Gemälden in die Galerie geleitet werden musste. Aber der Verzicht auf die Luftheizung in den Sammlungsräumen verursachte ein anderes Problem: „Man verzeichnete […] Temperaturen bis zu 4 und 5 Grad unter Null in den Räumen. Bei einem plötzlichen Temperaturumschlag, bei dem sich die Aussentemperatur den Oberlichtsälen sehr rasch mitteilt, beobachtete man dann eine intensive Dunstentwicklung in den Sälen und fand die Bilder wie mit einem Schleier beschlagen.“103 Die beschriebene Schleierbildung entstand durch Kondensation an den Gemäldeoberflächen. Der Feuchtefilm auf der Oberfläche führte zu Quellvorgängen, die zu Spannungen im Materialgefüge und damit zu Schäden führten. Außerdem stieg durch die hohe Feuchte das Risiko der Schimmelbildung. Demnach befanden sich die Gemälde in den 1860er Jahren in einem außerordentlich schlechten Zustand, der sogar durch die Presse angeprangert wurde. In der öffentlichen Meinung waren die fehlende oder schlechte Heizung und die resultierenden Klimaprobleme, aber auch ein Mangel an Restaurierungmaßnahmen ursächlich.104 Dabei hatte Ludwig I. die Verantwortung für die Gemäldepflege in der Münchner Pinakothek und den Filialgalerien im Umland dem Minister für Inneres, Kirchen- und Schulangelegenheiten übertragen und diesem eine Fachkommission – mehrheitlich besetzt mit den Malerprofessoren der Kunstakademie – zur Seite gestellt.105 Ab 1863 war Max von Pettenkofer seiner klimatologischen Kenntnisse wegen Mitglied dieser „Kommission zur Überwachung der Gemälderestauration“. Als Hygieniker beschäftigte er sich seit 1851 mit den Problemen der in der Münchner Residenz eingebauten Luftheizung und verfasste 1858 eine theoretische Arbeit über klimatechnische Zusammenhänge. Nachdem er zum Mitglied der Kommission berufen war, widmete sich Pettenkofer der Frage, wie die Schäden an den Gemälden naturwissenschaftlich zu erklären seien. Zunächst befasste er sich mit den klimatischen Bedingungen in Schloss Schleißheim und der Pinakothek und kam zu dem Ergebnis, dass die Luftfeuchtigkeit der Schlüssel sein müsse. Dann führte er im Labor Experimente durch, bei denen er Gemälde systematisch Feuchteschwankungen aussetze, die
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den realen Bedingungen nachempfunden waren. Am 15. Juni 1863 präsentierte er besagter Kommission ein Gemälde mit Krepierungen, die er bei seinen Versuchen erzeugt hatte. Damit untermauerte er seine These, dass allein atmosphärische Einflüsse für das Schadensbild verantwortlich seien. Nach der Sitzung verfasste er einen „Bericht über die Ursache des Verderbens der Ölgemälde in der Pinakothek in München und in der Gallerie in Schleißheim und die Mittel dagegen“.106 Er erläuterte, dass „eine Zerstörung des Firnisses […] durch Wasserniederschläge aus der Luft und die darauffolgende Verdunstung dieses Wassers bewirkt wurde. […] Diese Erscheinungen konnten sämmtlich dahin gedeutet werden, daß dort, wo in Folge besserer oder schlechterer Wärmeleitung des Materials mehr oder weniger Niederschläge erfolgten, die Veränderungen größer oder kleiner waren, daß die unmittelbare Nähe des Rahmens oder sonstigen Holzwerkes theils wegen seiner Fähigkeit Wasser zu absorbieren, theils wegen geringerer Wärmeleitfähigkeit weniger Niederschlag auf diesen Theilen des Bildes entstehen und wieder schneller entschwinden ließ. In der Pinakothek in München zeigte sich ein unbestimmbarer Unterschied im Zustand der Bilder nach Lokalitäten, je nach dem in diesen mehr oder weniger Gelegenheit zu Wasserniederschlägen aus der Atmosphäre gegeben waren, die auffallendsten und eingreifensten Veränderungen beschränken sich dort wesentlich auf die nach Norden gelegenen kleinen Kabinette, und auf die beiden nach Westen gelegenen Säle, welche Lokalitäten sämmtlich mit Fenstern versehen sind. In den mit Oberlicht versehenen Sälen haben sich die Bilder augenscheinlich besser conservirt.“107 Diese wissenschaftlich untermauerte Beschreibung des Einflusses der relativen Feuchte auf die Erhaltung der Kunstwerke diente wiederum der Kommission gegenüber dem Ministerium als Rechtfertigung weiterhin auf den Einbau einer neuen Heizungsanlage zu drängen. Erstaunlicherweise ließ die Kommission die zahlreich vorliegenden Beschwerden von Besuchern und Aufsichtspersonal, also menschliche Behaglichkeitsanforderungen, außer Acht. Sie argumentierte ausschließlich mit den konservatorischen Notwendigkeiten zum Erhalt der Kunstwerke.108
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BLEIBENDER BRENNSTOFFBEDARF Aus energetischer Sicht bedeutete die Abschaltung der Luftheizung in den Galeriesälen natürlich eine Einsparung von Brennstoffen. Da nicht die komplette Heizungsanlage still gelegt wurde – die Diensträume sowie der Stiftersaal wurden weiterhin mit der Luftheizung109 erwärmt, und es erfolgte zusätzlich eine raumweise Beheizung mit Einzelöfen110 –, bestand aber weiterhin ein gewisser Holzverbrauch. Deswegen waren den Heizern nach wie vor zahlreiche Aufgaben übertragen, wie eine Instruktion aus dem Jahr 1866 zeigt.111 Während der Heizperiode von Oktober bis April begann ihre Arbeitszeit um sechs Uhr morgens, in den Sommermonaten um acht Uhr. Neben dem Betrieb der Heizanlage musste deren Reinigung und Wartung sowie die Brennstoffbeschaffung und -einlagerung übernommen werden. Daneben waren Botengänge, Reinigungsarbeiten und weitere Aushilfsdienste auf Anweisung auszuführen.
TAGESLICHTMANGEL DURCH REDUZIERTEN LICHTEINTRAG Die mangelhaften Lichtverhältnisse in den durch Oberlicht beleuchteten großen Galeriesälen waren wiederholt einer der Hauptkritikpunkte an der Alten Pinakothek. August Tiede äußerte sich ausführlich zur Beleuchtungssituation in der Alten Pinakothek in München und stellte fest, dass „der Lichteinfall zu hoch über dem Fußboden angelegt [ist]. In zweien der Säle ist die Deckenlicht-Öffnung zu klein. Die Größe derselben zur Saalgrundfläche ist im Verhältniß von 1:5,5. Nur in dem großen Mittelsaal [Rubenssaal] ist dies Verhältniß besser auf 1:3,5 festgestellt und es ist daher hier in gewisser Höhe wie in der Dresdner Galerie eine intensive Beleuchtung zu finden.“112 Zum Verhältnis von Dachöffnung zu Oberlichtöffnung leitet er ab, dass „je größer die Entfernung der Decke von der Dachöffnung ist, desto ungünstiger stellt sich die Beleuchtung heraus. […] Das Dachlichtfenster muß unter allen Umständen sehr viel größer sein, als die Deckenöffnung, so groß nämlich, daß sie keinem Lichtstrahl hindernd werden kann, der auf einen Punkt der Bildwand fallen kann. […] Ein solches unmittelbares Einströmen des Lichtes in den Saal ist in München dadurch völlig erreicht, daß dort die Deckenöffnung bis unmittelbar unter das Dach hinauf gehoben ist und Decken- und Dachöffnung somit zusammenfallen. Auf diese Oeffnung ist ein Glasaufbau gestellt, welcher die günstige Gelegenheit gewährt hat, das Zenithlicht völlig bei
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der Saalbeleuchtung auszuschließen. Der Glasaufbau ist nämlich dunkel und zwar mit Kupferblech eingedeckt und das Licht strömt nur durch die Seitenglaswände in die Säle. Es ist daher nirgendwo in diesen Räumen der Fußboden zu hell und vielleicht heller als die Bildwände beleuchtet. Leider verbieten klimatische Rücksichten bei uns die Ausführung solcher Anlagen.“113 Tiede sah durchaus die Vorzüge der Lichtlaternen-Lösung, erkannte aber gleichermaßen die durch die Außenklimabedingungen bedingte Größenbeschränkung der Lichtöffnungsfläche. Der Mangel an Tageslicht in der Alten Pinakothek konnte nicht einfach durch die Vergrößerung der Lichtöffnungen behoben werden. Um dennoch mehr Lichteintrag zu erwirken, sollte das die Lichtlaternen nach oben abschließende Kupferdach verglast werden. Die geringe Größe der Lichtöffnungen war nicht der einzige Grund für den Mangel an Licht. Das beim Bau der Alten Pinakothek für die Lichtlaternen verwendete Glas hatte sich dunkel verfärbt, wodurch der Lichteinfall zusätzlich reduziert wurde. Die Ursache war der Mangangehalt der Verglasung, der bei mehr als „0,1 pCt. diese der Lichtwirkung nachtheilige Erscheinung“114 hervorgerufen hatte. Diese beiden Punkte hatten Philipp Foltz seit 1866, seinem Dienstantritt als Direktor der Alten Pinakothek, dazu veranlasst sich um den Austausch der Verglasung sowie den Ersatz der Kupfereindeckung durch Glas zu bemühen. Sein Konzept ist interessant, da er vorschlug, die Verglasung der Süd-, Ost- und Westseite der Lichtlaternen mit mattierten, an der Nordseite jedoch mit komplett transparenten Scheiben zu gestalten.115 Damit berücksichtigte er, dass durch matt geschliffenes Glas eine bessere Lichtstreuung zu erzielen war, wodurch direkte Sonneneinstrahlung ausgeschlossen werden sollte. Durch das transparente Glas der nach Norden orientierten Fläche dagegen sollte soviel diffuses Licht wie möglich in die Galeriesäle eintreten.
BESONDERE VORKEHRUNGEN FÜR DEN NOTFALL Ein Besucherbericht aus dem Jahr 1873 belegt, dass Ende des 19. Jahrhunderts eine für damalige Verhältnisse fortschrittliche Notfallplanung für die Alte Pinakothek vorlag.116 Der Besucher berichtet, dass „sich seit geraumer Zeit an den Täfelchen einzelner Gemälde derselben dunkelrothe Punkte, etwa in Gestalt und Größe gewöhnlicher Oblaten, vorfinden. […] Dadurch [seien] diejenigen Gemälde bezeichnet […] die für den Fall einer Feuersgefahr als die werthvollsten zuerst gerettet werden sollen.“117 Analog zum
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heutigen Kulturgutschutz bestand eine Abstufung: Zwei Marken bedeutete höchste Priorität, eine Marke benannte die Kunstwerke der mittleren Priorität.118 Zwar erschien dem aufmerksamen Berichterstatter diese Strategie prinzipiell sinnvoll und gerechtfertigt – „Die Idee dieser Brandmarken ist an sich nicht so lächerlich, als es auf den ersten Blick erscheinen mag“119 –, aber er übte vehemente Kritik an der Auswahl der zu rettenden Kunstwerke und zweifelte die Durchführbarkeit im Katastrophenfall an.
NOCH IMMER DER STAUBEINTRAG Bei dem erneuten Versuch, Holzparkett anstelle der beschädigten Gipsfußböden zu verlegen, lieferte das Thema der Staubentwicklung eine wichtige Argumentationsgrundlage: An den zahlreichen Ausbrüchen im Fußboden entstand Abrieb, der sich als Schmutzschicht auf den Gemäldeoberflächen absetzte. Der Staub- und Schmutzeintrag wurde durch die Verlegung der Teppichböden weiter verstärkt. Dass die Gefährdung der Kunstwerke durch den Staubniederschlag wohl bekannt war, zeigt ebenfalls ein Antrag zum Einbau eines Einzelofens im Restaurierungsatelier. Dieses wurde ebenfalls über die Luftheizung beheizt. Trotz hohem Brennstoffverbrauch konnten jedoch die gewünschten Temperaturen nicht erzielt werden, weshalb der Einbau eines Einzelofens beantragt wurde. Die Argumentation im Antrag basierte nicht auf der mangelnden Behaglichkeit, sondern auf der schlechten Luftqualität. Durch den einfachen und abgenutzten Bretterboden im Atelier entstand viel Staub, der durch das Luftheizsystem aufgewirbelt und verteilt wurde und „die in der Restauration begriffenen Bilder schädigt“.120
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NACHBESSERUNG IM RAHMEN DER MÖGLICHKEITEN – ODER DIE FRAGE WIE WÄRMEVERSORGUNG UND BEFEUCHTUNG GEKOPPELT WERDEN KÖNNEN (1891–1952)
Abb. 25 Alte Pinakothek, Schnitt durch den Rubenssaal. Schematische Darstellung des Gebäudes 1891–1952 mit Niederdruckdampfheizung und Befeuchtung über Wasserverdunstung, reiner Tageslichtbeleuchtung und ausschließlich natürlicher Lüftung.
Mit dem Einbau der neuen Heizanlage verbesserte sich der Gesamtzustand der Alten Pinakothek (Abb. 25), da gleichzeitig lange diskutierte Arbeiten am Innenausbau vorgenommen wurden. Der Gipsfußboden, der nahezu durchgängig ausgebrochen war und massive Schäden aufwies, wurde durch einen Eichenholzparkettboden ersetzt. Zur Steigerung des Tageslichteintrages erhielten die Oberlichtlaternen anstelle der Kupfereindeckung ein Dach aus Glas und die Seitenwände wurden neu verglast. Später wurde auch die Präsentation der Sammlung durch Hugo von Tschudi neu strukturiert. Ab 1909 reorganisierte er die Hängung unter damals neuzeitlichen Gesichtspunkten.121 Der Anlass der Umstrukturierungsmaßnahmen waren die Abgabe der Glas-, Porzellan- und Emailmalerei an das Bayerische Nationalmuseum sowie der Umzug der Staatlichen Graphischen Sammlung in die alte Neue Pinakothek. Der Stiftersaal wurde den Sammlungsräumen zugeordnet und die Restaurierungs- und Verwaltungsräume in die frei gewordenen Räume des nördlichen Erdgeschosses verlegt.122 Am Ende aller Umstrukturierungs- und Neuordnungsmaßnahmen wurden 1.433 Gemälde in der Alten Pinakothek präsentiert: 386 meist großformatige Gemälde in nun acht Oberlichtsälen mit 3.000 Quadratmetern Hängefläche, ferner 1.047 Bilder in vier weiteren Sälen und 23 Kabinetten mit Seitenlicht auf einer Hängefläche von rund 1.500 Quadratmetern.123 Die Hängezone von etwa zweieinhalb Metern Höhe begann rund einen Meter über dem Boden.124
HEIZUNG UND BEFEUCHTUNG ZUR KLIMAKONTROLLE Das Staatsministerium des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten hatte am 20. Juli 1877 eine Kommission von Sachverständigen mit der Erarbeitung eines neuen Konzeptes zur Beheizung der Alten Pinakothek beauftragt.125 Die dringlichste Anforderung an die neue Heizanlage
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war, dass sie der Erhaltung der Kunstwerke dienen sollte. Komfortwünsche von Besuchern, Kopisten und Angestellten spielten eine untergeordnete Rolle.126 Keinesfalls sollte das neue Heizsystem wieder Schäden an den Gemälden verursachen. Das Heizsystem musste ohne Zwischenfälle funktionieren, und so zog sich die Entscheidungsfindung über mehrere Jahre. Die eigens gegründete „Commission für Beheizung der k. alten Pinakothek“ begann ihre Arbeit mit der Einberufung eines Reiseausschusses, welcher sich einen Überblick über die in den größten Museen Deutschlands und Europas eingesetzten Heizsysteme verschaffen sollte. Die Mitglieder des Ausschusses – Reber (Direktor), Pauker (Bauamtmann), Voit und Sulzer-Steiner (Fabrikant) – fassten Ihre Erkenntnisse in einem 74-seitigen Bericht127 zusammen. Auffällig ist, dass in allen Museen, in denen eine Luftheizung zum Einsatz kam, von Problemen mit zu niedriger relativer Feuchte und dadurch verursachten Schäden an den Gemälden berichtet wurde. Im Alten Museum in Berlin beispielsweise hatte die in die Galeriesäle strömende Luft eine Temperatur von über 80 °C, und in der königlichen Nationalgalerie traten Schäden an den Gemälden auf, die sich eindeutig auf die zu trockene Heizluft zurückführen ließen. In ihrem detaillierten Konzept zur Beheizung der Alten Pinakothek aus dem Jahr 1881 sprach sich die Kommission daher klar für ein wasserbasiertes Zentralheizsystem aus. Die angestrebten Temperaturen richteten sich nach der Nutzung der Räume: In der Kupferstichsammlung sollten etwa 17 °C, in den Räumlichkeiten der Gemäldegalerie dagegen 10 bis 15 °C erzielt werden. Anhand der Archivalien lässt sich die durch die Firma Sulzer in Winterthur eingerichtete Niederdruckdampfheizung, welche 1911 nochmals erweitert wurde, rekonstruieren.128 Im Keller befanden sich vier schmiedeeiserne Niederdruck-Dampfkessel. Diese waren über einen selbsttätigen Speisehahn an die Wasserleitung im Heizraum angeschlossen. Die in die ehemaligen Klimakammern der Luftheizöfen eingemauerten Kessel hatten eine Heizfläche von je 11,5 Quadratmetern. 1911 kam zur Beheizung des Vestibüls und des Treppenhauses ein gusseisener Gliederkessel von 9,4 Quadratmetern Heizfläche hinzu.129 Einer der Kessel versorgte ausschließlich die Galeriesäle, ein zweiter diente als redundantes System. Die beiden anderen Kessel speisten die Diensträume sowie die in den Flügelbauten gelegenen Galeriesäle.130 Um die Wärme vom Keller in die Räume zu leiten, war ein neues Rohrleitungsnetz erforderlich, zu dessen Verlegung 91 Decken- und Gewölbedurchbrüche erfolgten. Die gegen Wärmeverluste isolierten Leitungsrohre131 verliefen über eine Strecke von 396
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Abb. 26 Alte Pinakothek, Niederländersaal. Innenansicht mit Rippenheizkörper in Raummitte, der mit Blechwand und Zinkblech verkleidet war, auf einer Photographie aus dem Jahr 1910 [Quelle: BStGS, Fotoarchiv].
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Metern, waren über Putz verlegt und aus ästhetischen Gründen in den Farbtönen der jeweiligen Wände oder Decken gestrichen.132 In den Räumlichkeiten der Alten Pinakothek waren 82 gusseiserne Rippenheizkörper mit selbsttätigen Entlüftungsventilen und einer Gesamzheizfläche von 881 Quadratmetern verteilt.133 In den Fensternischen der Kabinette des Obergeschosses befanden sich 16 Heizkörper. Spezielle, vorgesetzte Gitter verkleideten die Heizkörper.134 Sie hatten eine Breite von von 2,05 Metern und sollten eine gleichmäßige Luftdurchmischung begünstigen. Der Stiftersaal erhielt drei Rippenheizkörper mit Blechwänden und innerer Zinkblechverkleidung (Abb. 26). In den Oberlichtsälen kam eine Wandmontage der Heizkörper aus ästhetischen Gründe, und wegen der unumgänglichen Verkleinerung der Hängefläche nicht infrage. Letztlich war bei der Anordnung der Heizkörper ein weiterer Punkt wesentlich: Die direkte Nähe der Kunstwerke zu den Heißluftauslässen der Luftheizung hatte zu Schäden geführt, die durch eine Verlegung in die Raummitte, also in größtmöglichem Abstand zu den Gemälden, vermieden werden sollten. Auch begünstigte dies eine gleichmäßigere Temperaturverteilung an den Bilderwänden.135 Praktisch umgesetzt wurde die Raumbeheizung über die auch als Diwane bezeichneten Sitzmöbel (Abb. 27). Mit Roßhaar gepolstert, Plüschstoff überzogen und gedrehten Füßen ausgestattet, beherbergten sie hinter einer Pappverkleidung136 die Heizspiralen. Je nach Saalgröße variierten die Abmessungen: In den Sälen II, IV, VIII, XI und XII stand jeweils ein Diwan mit 5,35 Metern Länge. In den Sälen III, V, VI, VII und IX waren sie mit rund 4,50 Metern Länge etwas kleiner. Im Rubenssaal standen zwei dieser Diwane von je vier Metern Länge.137 Da die Temperaturen in den Galeriesälen unbedingt konstant zu halten waren, war die Überwachung des Innenraumklimas mit jeweils zwölf Hygrometern und zwölf Thermometern vorgesehen. Die Verantwortlichen sahen in einer gleichmäßigen Wärmezufuhr den Schlüssel zur Konstanz des Innenraumklimas: „Es erfolgt dies bei der Niederdruck-
dampfheizung in sehr zweckmäßiger Weise, indem durch Selbstregulirung Tag und Nacht ein gleichmäßiger Abbrand des Brennmaterials im Kesselherde stattfindet, und hiedurch ein gleichbleibender Dampfdruck in den Heizkörpern erhalten bleibt. Bei raschem Temperaturwechsel im Aeußeren muß die Anlage sofort eine bedeutend gesteigerte oder verminderte Wärmezufuhr gestatten. Es hat dies der Heizer durch Aenderung des Dampfdruckes und insbesondere durch Stellen der Regulirhähne in den Dampfzuleitungsrohren auszuführen.“138 Um den reibungslosen Heizbetrieb zu sichern, wurden detaillierte Anweisungen für die Heizer der Alten Pinakothek erstellt.139 Aber nicht nur die Temperaturen waren konstant zu halten. Die Erfahrungen mit der Luftheizung hatten verdeutlicht, dass ein Absinken der relativen Feuchte im Winter durch das Heizen der Räume unbedingt zu vermeiden war. Beim Einbau der neuen Heizanlage wurden daher in den Diwanen über den Heizspiralen der Heizkörper mit Wasser befüllte Verdunstungsbecken platziert (Abb. 28). Sobald die Heizungsanlage in Betrieb genommen worden war, erfolgte eine Wasserverdunstung über die Wärmezufuhr. Tatsächlich wurden im Winter 1891/92 allein im Rubenssaal monatlich rund 3.600 Liter Wasser verbraucht (Abb. 29).140 Anlässlich der langjährigen Debatte um den Einbau einer neuen Heizung erfolgten in den Galeriesälen aufwendige Klimamessungen an definierten Punkten. Einerseits geschah dies, um die Wirksamkeit der Anlage zu demonstrieren, andererseits sollte sichergestellt werden, dass durch die neue Beheizung im Gegensatz zur Luftheizung keine Schäden an den Kunstwerken durch zu geringe Feuchten auftreten würden. Die Messreihen erstreckten sich über mehrere Jahre. Heute handelt es sich um die frühesten, nahezu lückenlos überlieferten, systematisch durchgeführten Klimamessungen in einem Museumsraum. Die erste Messkampagne dauerte von März 1879 bis März 1880 und wurde vor dem Einbau der neuen Heizung durchgeführt, um die herrschenden klimatischen Ver-
Abb. 27 Alte Pinakothek, Holländersaal. Innenansicht mit sogenanntem Diwan, in dem die Heizspiralen und die Wasserverdunstungswannen untergebracht waren, auf einer Photographie aus dem Jahr 1910 [Quelle: BStGS, Fotoarchiv].
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hältnissen ohne Heizmöglichkeit zu dokumentieren. Im Vorfeld der Messungen wurden drei Fragestellungen festgehalten: „1 welche Maximal-
und Minimalwerte der Temperatur und Feuchtigkeit treten in den Galerieräumen innerhalb eines ganzen Jahres auf? 2 in welcher Weise ist der Verlauf der Temperatur und Feuchtigkeit im Innern des Gebäudes gegenüber dem in der Atmosphäre? 3 wie ist die Verteilung der Temperatur und der Feuchtigkeit an den verschiedenen Orten eines Raumes der Galerie?“141 Abb. 28 Schnittzeichnung durch ein Sitzmöbel mit integrierten Heizspiralen und Wasserverdunstungsbecken [Quelle: BStGS Registratur, Akt 16/3 Nr. 314].
Die zweite Messkampagne startete nach der Inbetriebnahme der Niederdruckdampfheizung im November 1891 und wurde in den folgenden Jahrzehnten weitergeführt. Mit den Messungen konnte belegt werden, dass durch die Heizung bei Außentemperaturen nahe oder unter dem Gefrierpunkt die Innenraumtemperaturen im Rubenssaal über 12 °C lagen. Ernst Voit, der die Messergebnisse in einem Artikel vorstellte und auswertete, widmete sich intensiv möglichen Klimaschäden an Gemälden. In seinen Ausführungen unterschied er konsequent Leinwand- und Holztafelgemälde in ihrer Reaktion auf relative Feuchte und Temperatur.142 Seine Beurteilung ist von Pettenkofers Untersuchungen der späten 1850er Jahre geprägt. Für Voit stand fest, dass der „Wassergehalt der Luft in den Galerieräumen
möglichst entfernt von dem Verdunstungs- und Kondensationspunkt gehalten werden muß, und daß er keinen Schwankungen unterworfen sein darf. […] Was nun die Holzbilder betrifft […] kommen aber noch weitere Forderungen in Betracht. Die Holztafeln sind im allgemeinen stark hygroskopisch, so daß bei wechselndem Feuchtigkeitsgehalt der Luft die Tafel bald Wasser aufnimmt, bald dasselbe wieder abgibt. Hiedurch wird bei faseriger Struktur des Holzes eine unregelmäßige Ausdehnung, ein Werfen und Reißen der Tafeln bewirkt; dies tritt um so auffälliger ein, weil die Holztafeln durch die einseitige Überdeckung mit Malgrund nur auf der einen Seite dem Einflusse der Luftfeuchtigkeit ausgesetzt sind. Insbesondere mißlich wird jede rasche Änderung des relativen Feuchtigkeitsgehaltes der Luft einwirken. Neben dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft ist bei den Holzbildern auch noch die
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Temperatur zu beachten. Während Leinwand und Farbe gegen Temperaturänderungen wenig empfindlich sind, wirken bei den auf Holztafeln gemalten Bildern die Temperaturänderungen sehr nachteilig. […] Als ideale Forderungen müssen somit bezeichnet werden: der relative Feuchtigkeitsgehalt der Luft ist konstant auf 50 % zu erhalten, und die Temperatur ist fortwährend auf gleicher Höhe zu erhalten, und zwar auf etwa 10 bis 15 °C.“143 Ohne sich mit dem Erfolg der Niederdruckdampfheizung zufriedenzugeben, dachte Voit den nächsten Schritt: „Die ungünstigste Zeit ist nun nicht mehr im Winter, sondern während der Sommermonate, in welchen eine Konstanz der Temperatur viel weniger als bei der Heizung eingehalten werden kann. Zur Erzielung einer noch besseren Konstanz würde als nächste Aufgabe erwachsen, eine Kühlung während der Sommermonate einzurichten.“144 Auf diese Weise könne die zu hohe relative Feuchte im Sommer deutlich der 50 %-Marke angenähert werden.145 Voit stellte diese Überlegungen vor einem konkreten Hintergrund an. Der Loggiengang war zu diesem Zeitpunkt nicht für den Besucherverkehr zugänglich. Dass ausgerechnet dieser erschließungstechnisch so wichtige Gang nur mehr Lagerraum war, lag unter anderem an dem notorischen Platzmangel. Andererseits stellten sich dort im Sommer durch die Sonneneinstrahlung über die nach Süden ausgerichteten Fenster hohen Temperaturen ein. Bei einer Nutzung des Ganges durch die Besucher hätte das Öffnen der Verbindungstüren das Raumklima in den Galeriesälen empfindlich gestört.146 Im Allgemeinen war die Belüftung der Galeriesäle schwierig. Da sich die Besucher wiederholt über die Luftqualität beschwerten,147 wurden
Abb. 29 Täglich erfasster Wasserverbrauch zur Befüllung der Verdunstungsschalen in der Alten Pinakothek während der Heizperiode 1891/92 [Quelle: StAM LBÄ 2111].
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die Fenster der Kabinette, des Stiftersaales und der Säle I, II, X und XII nach Bedarf morgens zwischen 8 und 9 Uhr und/oder abends zwischen 16 und 17 beziehungsweise 17 und 18 Uhr geöffnet.148 Diese Querlüftung war die einzige Möglichkeit der Frischluftzufuhr.149 Die Luftqualität konnte damit aus hygienischer Sicht für die Besucher etwas verbessert werden. Aber weil die Lichtlaternen wegen des Funkenfluges vom benachbarten Polytechnikum noch immer nicht belüftet werden konnten, entstand dort ein Hitzestau, der, bedingt durch die verschiedenen Ausdehnungskoeffizienten der Materialien der Oberlichtkonstruktion, zu Undichtigkeiten führte, „die sogar das Eindringen des Regens durch das Dach zulassen“.150
FRÜHE MASSNAHMEN DER ENERGIEEINSPARUNG Nicht nur bauphysikalische Zusammenhänge wurden damals mit erstaunlicher Präzision erkannt. Auch die Bestrebungen zur Energieeinsparung und zur Steigerung der Effizienz der Heizanlage waren heutigen Maßnahmen überraschend ähnlich. Grundsätzlich erhielten sämtliche Warmwasserrohre eine isolierende Ummantelung zur Verringerung der Wärmeverluste.151 Neben einer Nachtabsenkung der Temperatur auf 10 °C war vertraglich festgeschrieben, dass das System innerhalb von eineinhalb Stunden gewährleistete, die Raumtemperatur wieder auf das geforderte Temperaturniveau von 12 bis 15 °C anzuheben.152 Bevor die Umsetzung des Heizsystems konkret wurde, erfolgten ausführliche Berechnungen zum Wärmebedarf des Gebäudes. Diese ergaben, dass 1.400.000 Wärmeeinheiten für die Beheizung erforderlich sein würden.153 Der Erhalt der Gemälde stand im Mittelpunkt. Erst an zweiter Stelle sollten die Behaglichkeitsansprüche von Besuchern und Angestellten erfüllt werden. Dies erklärt, weshalb „von einer Beheizung der Loggia und des Treppenhauses […] aus Rücksichten der Sparsamkeit abgesehen“154 wurde. Aus eben diesem Grund wurde 1912 der Bau eines Windfanges für den Eingang der Alten Pinakothek gefordert: „Die Erfahrungen im vergangenen Winter haben jedoch gezeigt, dass diese Einrichtung für die Dauer nicht entbehrt werden kann. […] Der bedeutende Wärmeverlust in dem geheizten Vestibül kommt auch in finanzieller Beziehung sehr in Betracht.“155 Bis 1905 wurde ausschließlich mit Holz geheizt.156 Danach wurden auch Steinkohle und Koks zur Feuerung der Kessel verwendet, weil diese Brennstoffe deutlich effizienter waren.157 Im Ersten Weltkrieg zwang die Rohstoffknappheit zur Einsparung von Brennmaterial. Das Ministerium des Inne-
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ren für Kirchen- und Schulangelegenheiten fasste den Beschluss, Kirchen, Kapellen und Museen nicht mehr zu beheizen.158 Die Direktion der staatlichen Galerien sollte Stellung beziehen, ob der Heizbetrieb ohne Gefahr für die Kunstwerke einzustellen wäre: „Angesichts der dringenden Notwendigkeit, mit Brennstoffen äußerst zu sparen, wird vorweg bemerkt, daß die Rücksicht auf die Offenhaltung der Sammlungen für das Publikum allein die Fortführung der Heizung kaum zu rechtfertigen vermöchte, sondern daß nur zwingende Gründe des inneren Betriebes und des Schutzes der Sammlungsgegenstände Berücksichtigung finden können und etwaige Unbequemlichkeiten dabei in Kauf genommen werden müssen.“159 In der Alten Pinakothek waren laut Auskunft der Direktion160 zu diesem Zeitpunkt ohnehin nur zwei der fünf Kessel in Betrieb. Sie versorgten die Diensträume der Direktion, der Sammlung antiker Kleinkunst sowie die Galeriesäle im Westen und Osten. Die Temperatur in den Galeriesälen konnte so bei einer unteren zulässigen Grenze von 8–10 °C gehalten werden. Vor dem Krieg hätte der Brennstoffverbrauch der Alten Pinakothek bei etwa 2.300 Zentnern Koks gelegen, und der Bedarf für den Betrieb von zwei Kesseln betrage fünf Zentner pro Tag.161 Auch nach dem Krieg wurde der Brennstoffverbrauch weiter dokumentiert.162 Die in Tabelle 2 mit einem Stern (*) gekennzeichneten Angaben sind den Bestellungen und Lieferscheinen entnommen. Tatsächlich wurde häufig mehr bestellt und nicht verbrauchte Brennstoffe bis zur kommenden Heizperiode eingelagert.163 In der dokumentierten Zeitspanne lag der Verbrauch bei durchschnittlich 2.000 Zentnern Koks, 16 Ster Hart- und acht Ster Weichholz. Damit wurde die Dampfheizung für 71 Räume sowie die Feuerung von Einzelöfen in sechs Räumen betrieben. Der Stromverbrauch wurde damals getrennt nach Kraftstrom und Lichtstrom erfasst. Kraftstrom bezeichnete den für den Antrieb von Maschinen und Geräten erforderlichen Strombedarf. Lichtstrom wurde für Beleuchtungszwecke aufgewandt. Zwischen dem 1. April 1933 und dem 31. März 1934 ergab sich in der Alten Pinakothek ein Verbrauch von 1.023 kWh Lichtstrom und 1.681 kWh Kraftstrom.164 Die Galeriesäle waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit einer elektrischen Beleuchtung ausgestattet. Der trotzdem vorhandene Verbrauch von Lichtstrom erlaubt die Schlussfolgerung, dass in den Dienst- und Nebenräumen elektrisches Licht vorhanden war, auch wenn die Quellen keine weiteren Hinweise liefern.
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Tabelle 2 Brennstoffverbrauch der Alten Pinakothek zwischen 1907 und 1946. Die mit Stern (*) gekennzeichneten Angaben sind Bestellungen und Lieferscheinen entnommen. Jahr
Koks [Zentner]
Brennholz [Ster] Hart
Weich
12*
1907
1.800*
1918
2.600*
1923
1.800*
1924/25
2.100*
15*
1926/27
2.297
18
9
1927/28
1.855
19
11
1928/29
2.292
23
11
1929/30
1.677
15
12
1930/31
2.054
18
8
1931/32
2.122
18
6
1932/33
2.109
15
9
1933/34
2.040
18
9
1934/35
1.980
1935/36
1.895
1936/37
2.189
1938/39
2.032
1939/40
1.564
1940/41
1.644
1941/42
1.636
1942/43
1.250
2
1945 1946
12* 20*
MEHR GLAS, MEHR LICHT UND DIE FOLGEN Mit der Heizungserneuerung sollte gleichzeitig die Tageslichtsituation in den Galeriesälen verbessert werden: „Zur besseren Beleuchtung der jetzt nur mit einem Oberlicht versehenen Gallerieräume No 3, 5, 7 & 9 [sollen] diese Oberlichter statt der Kupferabdeckung ein Glasdach erhalten: ein solches Oberlicht-Dach mißt 16 qm und kostet der qm Einglasung mit 1 cm starkem gerippten Rohglas 7 M. 50 dl.“165 Die verbauten 14 Millimeter starken Rohgußtafeln166 wurden mit Kittmasse in der Eisenkonstruktion befestigt. Die stehenden Scheiben waren an Kupferschienen, die mit den Sprossen der Eisenkonstruktion verschraubt waren, befestigt. Die oberen Abdeckscheiben der Oberlichter wurden durch in die Sprossen eingesteckte Kupferstifte gehalten.167 Die Staubdeckenverglasung diente der
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„Verhinderung des Abtropfens von Niederschlägen“.168 Das sechs Millimeter starke Mattglas der Staubdeckenverglasung169 wurde in die Eisenkonstruktion gelegt und mit Kittmasse abgedichtet.170 Die Mattglasscheiben sollten direkten Tageslichteinfall reduzieren und die Lichtstreuung verbessern. Dennoch scheinen diese Maßnahmen nicht ausreichend gewesen zu sein, denn Alfred Erbe monierte noch 1923, „die Oberlichtsäle [weisen] ein kellerartiges Licht [auf,] an welches man das Auge erst gewöhnen muß, um es als Helligkeit zu empfinden.“171 Damit sprach er einen wichtigen Punkt im Umgang mit der Beleuchtung im Museum an. Aus konservatorischer Sicht waren die bemängelten Lichtverhältnisse durchaus positiv, da die Beleuchtungsstärken auf den Gemäldeoberflächen sehr gering waren. Nun stellt sich die Frage, ob die Beleuchtung auch als so mangelhaft empfunden worden wäre, wenn die Besucher langsam an die Lichtverhältnisse in den Oberlichtsälen herangeführt worden wären und so eine gleitende Adaption stattgefunden hätte. Dies war jedoch nicht der Fall: Die Kabinette scheinen deutlich heller gewesen zu sein,172 und im Loggiengang mit seinen nach Süden orientierten Fenstern muss das Licht im Vergleich zu den Galeriesälen fast gleißend hell gewirkt haben. Hier zeigt sich, wie entscheidend eine geschickte, auch unter lichttechnischen Gesichtspunkten entwickelte Besucherführung für eine konservatorisch günstige Beleuchtung von Kunstwerken ist.
EINTRITTSGELDER UND SICHERHEITSMASSNAHMEN Ab 1910 wurde erstmals seit der Eröffnung der Alten Pinakothek „mit der Erhebung von Eintrittsgeld begonnen. Tschudi erzählte mir, sie hofften auf mindestens 50 000 Mark das Jahr. Frei sind nur der Mittwoch und der Sonntag. Alle Studierenden erhalten freien Eintritt, müssen sich aber für die Verabfolgung der Karte melden. Die Einnahme fließt nicht in die Staatskasse. Das Museum kann darüber verfügen. Das gefällt mir eigentlich am besten daran.“173 An vier Tagen in der Woche betrug der Eintrittspreis eine Mark.174 Dies war der letzte Schritt einer Folge von Veränderungen und Umstellungen. So ließ Tschudi beispielsweise die Gemälde der Kabinette verglasen, weil „die Amerikanerinnen die Bilder trotz aller Warnungen betasten, und die großen Hüte mit ihren Nadeln gefährdeten die Gemälde in den engen Kabinetten“.175 Auch die Dienstordnungen für die staatlichen Galeriediener wurden verschärft.176 Sie hatten strikt dafür Sorge zu tragen, dass
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die Besucher die allgemeinen Vorschriften einhielten. Zwar sollte ein Galeriediener den Besuchern auf Fragen kurz Auskunft geben können, durfte aber nicht länger mit diesen sprechen und keinesfalls Trinkgelder annehmen. Darüber hinaus hatte er sicherzustellen, dass kein Besucher die Gemälde berührte und dass Schirme, Stöcke, Handgepäck oder ähnliches beim Portier abgegeben wurden. Solche Sicherheitsvorkehrungen waren notwendig geworden, weil sich die Besucherzahlen seit den Sanierungsmaßnahmen Ende des 19. Jahrhunderts gesteigert hatten. In den Sommermonaten wurden an manchen Tagen mehr als 1.000 Besucher verzeichnet.177 Dies hatte wiederum Auswirkungen auf die Luftqualität, und die Besucherbeschwerden häuften sich. Sie sind die direkte Verbindung zu klimatischen Überlegungen. Zwar wurde wiederholt betont, dass die Behaglichkeitsansprüche der Besucher bei der Wahl der Beheizung kaum eine Rolle spielten, die Versorgung der Galeriesäle mit Frischluft durch Querlüften war aber eindeutig ein Kompromiss zugunsten des Besucherkomforts. Unklar bleibt, ob und in welchem Ausmaß die unkontrollierte Lüftung zu Problemen mit Schadstoffen führte.
SCHADSTOFFE UND LUFTQUALITÄT In den Archivalien finden sich nur indirekt Hinweise auf den Umgang mit Schadstoffen. Bei hohem Besucheraufkommen, Friedrich Dörnhöffer sprach 1920 vom „Massenbesuch des letzten Jahres“,178 war die Luftqualität schlecht. Tägliches Lüften sollte für Frischluftzufuhr sorgen. Offensichtlich war die Außenluft nicht zu stark verschmutzt, da die Museumsverantwortlichen zur Öffnung der Fenster bemerken: „Eine bessere Reinigung der Luft wird wohl kaum vorgenommen werden können und auch nicht nötig sein.“179 Welche Auswirkungen die Außenluftqualität auf die Innenraumluft haben kann, zeigt ein ungewöhnliches Beispiel aus der Geschichte der Alten Pinakothek. Durch die Stallanlagen der Prinz Arnulf Kaserne – auch als Türkenkaserne bezeichnet, an die heute nur noch das mittlerweile sanierte und museal genutzte Türkentor erinnert – entwickelte sich im Sommer 1936 in den Räumen der Alten Pinakothek eine Fliegenplage, die „nicht nur für die Beamten und Besucher äusserst lästig ist sondern auch durch die entstehenden Verschmutzungen an den Bildern eine ernste Gefahr für die Bestände der Pinakothek mit sich bringt“.180 Die Verschmut-
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zungen auf den Gemäldeoberflächen waren insofern kritisch, weil die über 10.000 Gemälde in Ausstellungsräumen und Depots kaum in einem überschaubaren Zeitraum und nur mit viel Personalaufwand gereinigt werden konnten. Wenn schon Fliegen durch die Undichtigkeiten der Gebäudehülle und die Lüftungsmaßnahmen in das Gebäudeinnere gelangen konnten, dann drangen ebenso die viel kleineren Schadstoffpartikel ein. Entweder war dies bis zu diesem Zeitpunkt kein Problem, da die Außenluft tatsächlich relativ rein war, oder aber die Auswirkung von Schadstoffen auf die Materialien der Kunstwerke war noch nicht als Schädigungsfaktor erkannt. Dagegen war bekannt, dass die regelmäßige Reinigung und Sammlungspflege – in der Dienstordnung für die staatlichen Galeriediener vorgeschrieben – ein wesentlicher Bestandteil der Schadstoffprävention war.181 Täglich mussten die Galeriediener den Bodenbelag, die Rahmen sowie die Lambris reinigen. An Samstagen nach Galerieschluss hatte die Reinigung der Gemälde mit eigens hierfür ausgehändigten Staubwedeln zu erfolgen. Einmal jährlich fand eine Hauptreinigung statt, bei der jeder Galeriediener in seiner Abteilung sowohl die Wandbespannungen wie die Gesimse säubern sollte.182
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WIEDERAUFBAU HEILT ALTE WUNDEN – MIT KLIMATECHNIK UND KUNSTLICHT BEGINNT EIN NEUES ZEITALTER (1957–1994)
Abb. 30 Alte Pinakothek, Südfassade. Zerstörung durch die Bombenangriffe [Quelle: Böttger 1972, Abb. 124].
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Der Weg bis zur Wiedereröffnung der Alten Pinakothek am 7. Juni 1957 erwies sich als langwierig und steinig. Das Gebäude hatte schwere Kriegszerstörungen183 erlitten und wäre nach dem Krieg fast in dem sich bis 1952 auftürmendem Schuttberg versunken (Abb. 30 und Abb. 31). Wenn sich Döllgast nicht seit 1946 intensiv um die Rettung der Alten Pinakothek bemüht hätte, wäre das Museum vermutlich zugunsten eines Erweiterungsbaues der Technischen Hochschule abgerissen worden. In der öffentlichen Diskussion bestand Uneinigkeit, ob der Wiederaufbau der Alten Pinakothek sinnvoll oder ein Neubau der Gemäldegalerie an anderer Stelle vorzuziehen sei.184 In der Festschrift zur Wiedereröffnung der Alten Pinakothek schilderte der amtierende Direktor Ernst Buchner die Daten des Wiederaufbaus.185 Am 27. Februar 1952 verfasste der Münchner Stadtrat per Beschluss eine dringende Aufforderung an die Staatsregierung und den Bayerischen Landtag, den weiteren Verfall der Alten Pinakothek zu verhindern und zeitnah geeignete Mittel für den Wiederaufbau bereitzustellen. Am 18. Juli 1952 genehmigte der Bayerische Landtag auf Antrag von Lippert 500.000 DM für die Bausicherung in einem ersten Bauabschnitt.186 Am 20. Februar 1953 fand das Richtfest statt, und schon am 20. September 1954 konnte im Rohbau der Mittelsäle die Ausstellung „Bauen und Bilden“ durch Ministerpräsident Hans Erhard eröffnet werden. Die Gesamtbauleitung und örtliche Bauführung erfolgte durch das Landbauamt München.187 Eine Gutachterkommission bestehend aus Architekten und Museumsfachleuten wirkte bei der Gestaltung des Gebäudes und der Innenausstattung mit. Für die Farbgebung wurde Hermann Kaspar beratend zugezogen. Da die staatlicherseits zur Verfügung gestellten Mittel für den
Wiederaufbau nicht ausreichten, gründete sich am 17. September 1953 auf Initiative von Buchner und Albert von Miller der Verein „Förderer der Alten Pinakothek“ unter dem Ehrenpatronat Seiner Königlichen Hoheit Herzog Albrecht von Bayern und Bundeskanzler Konrad Adenauer. Durch den Ausgleich der Differenzbeträge konnte der staatlich genehmigte einfache Innenausbau in eine „wertvollere und würdigere“188 Innenausstattung gewandelt werden. Die vor dem Krieg mit Seitenlicht beleuchteten Kopf- und Flügelsäle erhielten Oberlichter, wodurch die Bildhängefläche vergrößert werden konnte. Buchner lobte in seiner Festschrift auch die neue Treppenanlage, welche den mittlerweile schärferen baupolizeilichen Bestimmungen entspräche. Obwohl der Wiederaufbau ohne Döllgast vermutlich nicht stattgefunden hätte und dieser maßgeblich an der Planung beteiligt war, erwähnte Buchner ihn mit keinem Wort. Während der Baumaßnahmen hatte Döllgast in zahlreichen Fragen vollkommen andere Vorstellungen entwickelt als seine Auftraggeber. Dies betraf nicht nur seinen Umgang mit den Kriegswunden der Fassade (Abb. 32) – „Warum etwas vertuschen! Die Leute sollen sehen, daß die Pinakothek ihre Geschichte hat und daß auch ihr der Krieg nicht erspart geblieben ist“189 –, sondern auch seine Vorstellungen von einer modernen, eher nüchternen Gestaltung der Galerieräume (Abb. 33). Weil er zwischen 1952 und 1957 der verantwortliche Architekt war, gilt Döllgast heute als der Urheber des Wiederaufbaus (Abb. 34).190 Diese Würdigung wurde ihm allerdings erst postum zuteil. Die Archivalien belegen, dass er wiederholt gezwungen war, seine Entwürfe den Vorstellungen Anderer anzupassen. Seine ursprüngliche Konzeption des Treppenaufganges konnte er ebenso wenig verwirklichen wie die innere Gestaltung des Museums, dessen Ausstellungssäle nach Abschluss der Arbeiten auf eine Zahl von 38 Räumen mit 3.070 Quadratmetern Ausstellungsfläche und 910 laufenden Metern Bildwandfläche gestiegen war.191
Abb. 31 Alte Pinakothek, Südfassade. Kriegsschäden mit eingestürzten Wänden, fehlendem Dach und Schuttberg, der sich bis auf Höhe des ersten Obergeschosses auftürmt [Quelle: Böttger 1972, Abb. 126].
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Abb. 32 Alte Pinakothek, Südfassade. Skizze Döllgasts zum Umgang mit den Kriegswunden [Quelle: TUM Archiv, doel-139-1, 2.48.30].
Abb. 33 Alte Pinakothek. Erster Mustersaal (heute Saal IV) nach den Plänen von Döllgast aus dem Jahr 1954 mit Tonnengewölbe und Wandvertäfelung (links) und zweiter Mustersaal (heute Saal V) nach den Vorstellungen der Beraterkommission aus den Jahren 1955/56 mit Muldengewölbe und verschiedenen Stoffmustern für die Wandbespannung (rechts) [Quelle: BStGS 1986, S. 221, Abb. 90 und S. 222, Abb. 91].
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KLIMA ALS AUFGABE DER TECHNIK Als beim Wiederaufbau die Entscheidung anstand, wie das Klima in der Alten Pinakothek kontrolliert werden sollte, war die Wahl einer damals modernen raumlufttechnischen Anlage, mit der ganzjährig geheizt und befeuchtet werden konnte, schnell erfolgt. Das Heizsystem bestand aus verschiedenen Komponenten. Eine Niederdruckdampfheizung versorgte Treppenhaus, Südloggia und Gänge der Südseite im Erdgeschoss.192 Die Verwaltungs- und Institutsräume des Erdgeschosses, des ersten und zweiten Obergeschosses sowie des Zwischengeschosses erhielten eine Warmwasserheizung. Der Dachraum zwischen Dach- und Staubdeckenverglasung, die Fußbodenheizung der Eingangshalle, die Kasse und die Garderobe sowie die Nebentreppenhäuser und der Kellergang wurden ebenfalls von einer Niederdruckdampfheizung gespeist. Für die museal genutzten Räume wurde eine Luftheizung mit angeschlossener Befeuchtungseinrichtung konzipiert. Diese raumlufttechnische Anlage war ein Baukastensystem, bei dem die 14 aus der Erbauungszeit stammenden Heizkammern zu Klimakammern (Abb. 35) umgebaut wurden.193 Im Inneren waren die Klimakammern unterteilt in Ventilatorzone, Befeuchtungseinheit und Mischkammer (Abb. 36). In Letzterer trafen Außen- und Umluft aus den Galeriesälen aufeinander, bevor sie durch Mypon-Trockenfaserschichtfilter194 der Firma Freudenberg in die Erhitzer- und Befeuchtereinheit gelangten. Von dort wurde die konditionierte Luft durch Hochleistungslüfter195 (AEG, Type NKO 43 F-4196)
über das Luftkanalnetz in die Sammlungsräume des Obergeschosses geblasen.197 Die Luftführung erfolgte über 75 bis 100 Millimeter starke verzinkte Eisenblechkanäle, wobei die Querschnitte von Zu-, Um- und Frischluftkanälen variierten.198 Die Anlage wurde vollautomatisch von elektrischen Thermo- und Hygrostaten mit einem maximalen Frischluftanteil von 15 Prozent gesteuert. Die Luftbefeuchtung erfolgte über Aerosolturbinen der Firma Daldrop & Dr. Ing. Huber199 durch die mechanische Zerstäubung von Wasser.200 Die angestrebten Sollwerte lagen bei 60 % für die relative Feuchte bei einer Temperatur von 20 °C.201 Doch anfangs bereitete der Betrieb der Anlage Schwierigkeiten. Im Winter 1957/58 drohten die Verteilungs- und Steigleitungen der Erdgeschossräume einzufrieren, weil die Temperaturen dort plötzlich einbrachen.202 Erst durch wiederholte Anpassungen der Luftwechselrate konnten in den Galeriesälen und Kabinetten einigermaßen einheitliche Klimaverhältnisse eingeregelt werden.203 Doch kurz nach Abschluss der Einregulierungsphase stellte sich heraus, dass die Aerosolgeräte bei der Befeuchtung der Warmluft die elektrostatische Aufladung kleinster Staubpartikel bewirkten. Diese blieben auf den Gemäldeoberflächen haften und führten zu einer starken Verschmutzung.204 Spezielle Staubmessungen sollten das Phänomen der elektrostatischen Aufladung der Partikel klären.205 Auf der Suche nach einem alternativen Befeuchtungssystem konnte keine der angefragten Firmen ein schlüssiges Konzept vorlegen – auch weil der Einsatz mobiler Luftbefeuchter ausgeschlossen worden war. Mit den Vorgaben war eine Befeuchtung über sogenannte Wäscheranlagen die einzige Alternative.206 Hierzu musste die Klimatisierungsstrategie allerdings umgestellt werden, wofür das Landbauamt im September 1959 ein erfahrenes Planungsbüro hinzuziehen wollte.207 Planungsunterlagen oder Schriftverkehr dieser Umstellung fanden sich aber nicht. Jedoch lassen die Bestandsunterlagen des Doerner Institutes vermuten, dass die Umstellung auf einfache Wäscherkammern tatsächlich erfolgte. In diesen wurde die erwärmte Luft zur Befeuchtung durch ein mit Wasser berieseltes Metallgitter geleitet. Dies führte zu einem anderen Problem: Das zur Befeuchtung verwendete Wasser war nicht entsalzt. Die
Abb. 34 Alte Pinakothek, Schnitt durch den Rubenssaal. Schematische Darstellung des Gebäudes nach dem Wiederaufbau mit raumlufttechnischer Anlage zum Heizen und Befeuchten, mechanischer Lüftung, indirekter Kunstlichtbeleuchtung, vergrößerten, neuen Dachglasflächen und Treppenhaus anstelle des Loggienganges.
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Abb. 35 Alte Pinakothek. Grundriss Klimakammer 13 der Anlage zum ganzjährigen Heizen und Befeuchten der Säle [Quelle: TUM Archiv, doel-139-1].
Abb. 36 Alte Pinakothek. Längsschnitt durch Klimakammer 13 der Anlage zum ganzjährigen Heizen und Befeuchten der Säle [Quelle: TUM Archiv, doel-139-1].
Wäscherkammern verkalkten, und eine massive Algenbildung entstand. Beides konnte nur durch die regelmäßige Reinigung mit aggressiven Chemikalien verhindert werden.208 Die Sanierung des bis dato genutzten, aus der Erbauungszeit stammenden Luftkanalnetzes (Abb. 37) erfolgte erst 1964.209 Ab diesem Zeitpunkt lagen in den Galeriesälen je zwei Zuluftöffnungen mit rund 0,4 Quadratmetern Öffnungsfläche über den umlaufenden Friesen am Gewölbeansatz.210 Die vier Abluftkanalöffnungen mit jeweils etwa 0,2 Quadratmetern211 wurden paarweise in Bodennähe in die Sockelzone integriert.212 Sowohl Zu- wie Abluftkanäle erhielten Blechgitterabdeckungen.213 Die Kanäle verliefen vertikal in den massiven Längswänden zwischen Galeriesälen und Kabinetten sowie in den Nord-Süd orientierten Querwänden zwischen Kabinetten und Galeriesälen. Von den vertikalen Kanälen zweigten horizontal meist zwei Kanäle in die Galeriesäle bezeihungsweise Kabinette ab.214 Weil sich der Anteil der verglasten Dachfläche deutlich erhöht hatte, bestand infolge der höheren solaren Wärmeeinträge die Gefahr einer Überhitzung des Dachraumes zwischen Dach- und Staubdeckenverglasung. Deshalb und wegen der fehlenden thermischen Entkopplung von Dachraum und Galeriesälen sah das Klimatisierungskonzept für den Sommerfall dort eine Belüftung und für den Winter eine Beheizung vor.215
STETIG STEIGENDER ENERGIEVERBRAUCH Das zu beheizende Luftvolumen betrug nach Schätzungen rund 95.000 Kubikmeter mit einem Wärmebedarf von 1.900.000 kal/h.216 Das Heizkraftwerk der Technischen Hochschule lieferte seit 1957 Dampf mit einem Druck von 0,1 Atü.217 Vor dem 3. Bauabschnitt lag der errech-
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nete Bedarf bei 910.000 Wärmeeinheiten pro Stunde bei einer angenommenen Heizzeit von 1.700 Stunden. Dies ergab einen Verbrauch von 1.547 Millionen Wärmeeinheiten, was rund 2.865 Tonnen Dampfverbrauch bei Jahresheizkosten in Höhe von 41.000 DM entsprach.218 Bei vollem Betrieb wurde seitens des Bauamtes von einem Verbrauch von 1.250.000 Wärmeeinheiten pro Stunde ausgegangen. Bei einer Heizzeit von 1.700 Stunden errechnete sich hieraus ein Dampfverbrauch von 3.935 Tonnen, der Jahresheizkosten in Höhe von 55.500 DM verursachen würde.219 Laut Abrechnung mit dem Stromversorger betrug der Stromverbrauch in der Alten Pinakothek 130.000 kWh für Kraftstrom. Im Sommer wurden monatlich 3.150 kWh und im Winter monatlich 6.000 kWh Strom für Beleuchtungszwecke verbraucht. Da die Kosten für Lichtstrom mit 40 Pfennigen pro Kilowattstunde im Vergleich zum Kraftstrom mit elf Pfennigen pro Kilowattstunde höher lagen, ergaben sich Gesamtkosten in Höhe von 38.000 DM. Dieser Betrag beinhaltete bereits eine monatliche Grundgebühr von rund 132 DM.220
Abb. 37 Alte Pinakothek, Luftkanalnetz vor der Sanierung 1964. Längsschnitt durch das Gebäude mit eingezeichneten Zu- und Abluftkanälen ausgehend von den Klimakammern im Keller [Quelle: TUM Archiv, doel-139-1].
MEHR LICHT, NOCH MEHR GLAS, MEHR PROBLEME Anstelle der früheren Lichtlaternen-Oberlichtkonstruktion erhielt das neue Dach dem Firstverlauf folgend über die gesamte Länge des Mittelbaus sieben flache Glasdächer mit insgesamt über 1.000 Quadratmetern Fläche (Abb. 38). Die Glasflächen folgten der Neigung des Satteldaches. Auch der Ost- und Westtrakt erhielten einen ähnlichen Dachaufbau (Abb. 39).221 Die Dachkonstruktion war mit Stahlbindern, Stahlpfetten und Holzsparren mit einer Holzschalung und Heraklithisolierung aufgebaut.222 Die Dachhaut bestand aus Blechen einer speziellen Aluminium-ManganLegierung.223 Diese als „Aluman“ bezeichneten Bleche mit einer Stärke von etwa einem Millimeter lagen auf einer Filzpappeunterlage.224 Auch die Öff-
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Abb. 38 Alte Pinakothek. Südseite mit großflächig verglastem Dach über den Galeriesälen des Mittelbaues auf einer Photographie aus dem Jahr 1977 [Quelle: BStGS 1986, S. 231, Abb. 101]. Abb. 39 Alte Pinakothek, Querschnitt durch den Mittelbau nach dem Wiederaufbau. Der Dachneigung folgende Verglasung der Galeriesäle und neue Oberlichter in den Flügelbauten [Quelle: TUM Archiv, doel-139-1]. Abb. 40 Alte Pinakothek. Ausschnitt aus einem Plan mit einem Gebäudeaufriss der Südfassade mit den Fenstern für Erd- und Obergeschoss [Quelle: TUM Archiv, doel-139-1]. Abb. 41 Alte Pinakothek, Ansicht der Südfassade nach dem Wiederaufbau. Neuer Wandteil der Südfassade mit tatsächlich ausgeführten Fenstern im Erd- und Obergeschoss [Quelle: BStGS 1986, S. 223, Abb. 93].
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nungen der Staubdeckenverglasung wurden deutlich vergrößert. Die neuen Staubdecken nahmen, bis auf das umlaufende Muldengewölbe von rund fünf Metern Breite, die gesamte Deckenfläche ein. Im größten Galeriesaal, dem Rubenssaal, hatte die Staubdecke eine Fläche von etwas mehr als 112 Quadratmetern. Die Entscheidung, anstelle der Lichtlaternen große Teile der Dachfläche zu verglasen, ist vor dem Hintergrund der vor dem Krieg wiederholt geäußerten Klagen über die Lichtsituation nachvollziehbar. Aber diese Maßnahme hatte erhebliche Konsequenzen: Durch den erhöhten Tageslichteintrag veränderten sich die klimatischen Verhältnisse im Dachraum zwischen Dach- und Staubdeckenverglasung, und dies wiederum beeinflusste das Raumklima in den Galeriesälen. Dieser Tatsache wurde sowohl bei der Dimensionierung der raumlufttechnischen Anlage wie bei der Planung einer Strategie der Klimakontrolle im Dachraum Rechnung getragen. Des Weiteren sollten die solaren Einträge durch die Wahl einer Mehrscheiben-Isolierverglasung der Firma Thermopane225 so gering wie möglich gehalten werden. Die Dachverglasung mit der Bezeichnung Thermolux war ein Doppelglas mit Glasfaserzwischenschicht.226 Die etwa sieben Millimeter starken Drahtglasscheiben lagen auf einer Konstruktion aus verzinkten Sprossen.227 Die Thermolux-Verglasung besaß ein verhältnismäßig hohes Reflexionsvermögen, wodurch „die Glasfläche in einem mittleren Grau [erscheint] und zur Erhöhung des Wirkungsgrades bei[trägt]“.228 In den 1950er und 1960er Jahren war die Firma Thermopane führend auf dem Gebiet der Mehrscheiben-Isolierverglasung und der Wärmedämmung von Fenstern. Das in der Alten Pinakothek verwendete System war erst seit 1954 in Deutschland verfügbar. Die Wahl eines solch neuartigen Systems, mit dem noch wenig Erfahrungswerte vorlagen zeigt, wie innovativ die Planungen des Wiederaufbaus waren. Die Wahl der Fensterverglasung war dagegen eher konservativ: „Bauglas 1. Sorte“229 wurde in Eichenholz-Fensterrahmen gesetzt (Abb. 40). Die Rahmen besaßen je zwei Lüftungsflügel, die als Stahlkonstruktion ausgeführt wurden (Abb. 41). Die
Abmessung der Fensterrahmen der Südloggia betrug 3,36 auf 6,15 Meter, im Erdgeschoss und den Nordkabinetten 2,03 auf 3,86 Meter.230 Erstmals in der Geschichte der Alten Pinakothek finden sich in den Archivalien Hinweise auf tatsächlich ausgeführte Lichtschutzmaßnahmen. „Vorhänge am Oberlicht“ und „Lichtschutz im Dach“ wurden über besondere Vorrichtungen per Hand durch das Aufsichtspersonal bedient.231 Die Fenster der Nordkabinette waren bei Bedarf mit Seidenvorhängen zu schließen.232 Diese Entscheidung war nicht dem Urteil des Aufsichtspersonals überlassen. Die Aufseher erhielten einfach zu bedienende Messgeräte, an denen zwei rote und ein grünes Kontrolllämpchen anzeigten, ob es in den Galeriesälen „zu hell“, „zu dunkel“ oder „richtig“ war (Abb. 42).233 Das Gerät scheint von einem Mitarbeiter der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gebaut worden zu sein. Es besteht aus einer Photozelle, welche die Beleuchtungsstärke misst. Seitlich finden sich zwei Regler, mit denen die Grenzwerte für das Aufleuchten der Lämpchen eingestellt werden können. Beim Abgleich der heute am Messgerät eingestellten Werte mit einem Luxmeter zeigte sich, dass der Zielwert (grünes Lämpchen leuchtet) bei 500 Lux liegt. Dies erlaubt aber keinen Rückschluss auf damals definierte Sollwerte.
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Abb. 42 Einfache Bedienung des Lichtmessgerätes mit aufleuchtendem roten Lämpchen bei zu hoher Beleuchtungsstärke (rechts) und grünem Lämpchen bei einer dem eingestellten Sollwert entsprechenden Beleuchtungsstärke (links).
Abb. 43 Alte Pinakothek. Lage der Leuchtstoffröhren in den Galeriesälen des Obergeschosses auf den umlaufenden Gesimsen [Quelle: TUM Archiv, doel-139-1].
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Der Wiederaufbau brachte eine weitere grundlegende Veränderung des ursprünglichen Lichtkonzeptes mit sich: die Einführung der Kunstlichtbeleuchtung in den Galeriesälen. Bis zur Kriegszerstörung war die Alte Pinakothek ein reines Tageslichtmuseum, in dem abendliche Museumsbesuche nicht vorgesehen waren. Dies änderte sich durch den Wiederaufbau. In einem Artikel aus dem Jahr 1957 ist das neue Beleuchtungskonzept der Alten Pinakothek näher beschrieben.234 Da die zu planende Beleuchtung „an den vorhandenen klassizistischen Baukörper angepaßt werden“235 sollte, erforderten die verschiedenen Räumlichkeiten drei unterschiedliche Beleuchtungssysteme. Die sieben Hauptsäle mit jeweils 14,5 Metern Höhe, in denen bisher die Oberlichter der Tageslichtbeleuchtung dienten, erhielten zusätzlich eine indirekte Kunstlichtbeleuchtung (Abb. 43). „Dabei ließ sich unter Ausnutzung des etwa 5 m hohen Muldengewölbes ein außerordentlich guter beleuchtungstechnischer Wirkungsgrad erzielen. Das Beleuchtungsgesims [...] ist an den vier Seiten des Saales in einer Höhe von 8,5 m angeordnet. Die Voute ist dreireihig mit Leuchtstofflampen 65 Watt bestückt.“236 Die sechs Kopf- und Flügelsäle mit Höhen zwischen sieben und neun Metern wurden ebenfalls mit einer indirekten Kunstlichtbeleuchtung ausgestattet. „Die mit Schrägrastern abgedeckten Leuchten sind zu Lichtbändern zusammengefügt, die das rechteckige Oberlicht allseitig einfassen. Die Leuchten sind dreilampig bestückt und werden von oben bedient. [...] Damit die klimatisierte Luft nicht aus den Sälen entweichen kann, sind die Leuchten allseitig abgedichtet.“237 Hierbei kamen 40 Watt Leuchtstoffröhren zum Einsatz. Auch die etwa fünf Meter hohen Kabinette wurden indirekt beleuchtet. „Dazu wurden in den Kabinetten an der Abschlußkante der 3 m hohen Bildwand [Abb. 44] Reflektorleuchten in eine Wandnische eingelassen. [...] Zusätzlich sind auf den Konsolen der Bilderzwischenwände dreistrah-
lende Leuchten mit Leuchtstofflampen 40 Watt montiert.“238 Die Auswahl der Leuchtmittel war entscheidend für den Effekt der neuen Kunstlichtbeleuchtung. Nach mehreren Probebeleuchtungsversuchen fiel die Wahl auf Osram-L-Leuchtstoffröhren. „Die Auswahl der Lichtfarbe wurde durch berufene Sachverständige bei den Probebeleuchtungen vorgenommen. Im Hinblick auf die farbliche Ausstattung der Säle wurde die Lichtfarbe HNW (Weiß) als besonders günstig beurteilt.“239 Bei den Beleuchtungstests erfolgten zusätzliche Versuche zur Lichtwirkung der Leuchtmittel in gealtertem und verstaubtem Zustand. So sollte eine langfristig optimale Beleuchtungsart sichergestellt werden.240 In den Obergeschossräumen waren insgesamt 792 Leuchtstoffröhren einer Länge von 1,5 Metern mit 65 Watt, 150 Leuchtstoffröhren einer Länge von 1,2 Metern mit 40 Watt und 16 Glühlampen mit 300 Watt verbaut.241 Die Lichtplanung berücksichtigte auch praktische Aspekte: Eine Nachtwächterbeleuchtung war von sämtlichen Ein- wie Ausgängen zu schalten und bestand aus Tiefstrahlern über den Staubdecken der Säle beziehungsweise Glühlampen in den Vouten der Kabinette. „Die mittlere Beleuchtungsstärke liegt hierbei in einer Größenordnung von 5 lx.“242 Tabelle 3 liefert einen Überblick zu den beleuchtungstechnischen Eigenschaften sämtlicher Säle.243
Abb. 44 Alte Pinakothek. Schematische Zeichnung der Holzunterkonstruktion einer etwa drei Meter hohen Bildhängewand eines Kabinetts [Quelle: TUM Archiv, doel-139-1].
NEUE RISIKEN Die Münchner Bevölkerung reagierte gespalten auf die nach dem Wiederaufbau stark veränderte Alte Pinakothek. Bereits die grundsätzliche Frage eines möglichen Wiederaufbaus war kontrovers diskutiert worden. Döllgasts für damalige Verhältnisse kühnes Vorgehen beim Wiederaufbau stieß bei vielen Beobachtern auf Unverständnis. Insbesondere sein radikaler Umgang mit den Kriegswunden sowie sein nüchternes Verständnis von der
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neuen Innenraumgestaltung gaben wiederholt Anlass zu Auseinandersetzungen. Der Wiederaufbau wurde mit großem öffentlichen Interesse verfolgt: Die Medien berichteten regelmäßig über den Fortgang der Arbeiten und diese wurden dort dann in zahlreichen Leserbriefen kommentiert und diskutiert. Ein Vorfall während der Eröffnungsfeierlichkeiten sei hier der Anlass, eine Schattenseite des großen öffentlichen Interesses anzusprechen. Während des Festaktes im Rubenssaal bei den Wiedereröffnungsfeierlichkeiten waren zahlreiche Medienvertreter anwesend. Für die Filmaufnahmen waren große Filmscheinwerfer aufgestellt. „Als mit ohrenbetäubendem Tabelle 3 Überblick über die beleuchtungstechnischen Eigenschaften der neu eingerichteten Galeriesäle der Alten Pinakothek nach dem Wiederaufbau mit indirekter Kunstlichtbeleuchtung.
Höhe
Bildwandhöhe [m]
Wandreflexion [%]
Mittlere horizontale Beleuchtungsstärke E [lx]
Wirkungsgrad horizontal
Mittlere vertikale Beleuchtungsstärke E [lx]
11,4
11,4
7,2
6,3
Kochelleinen, helles Grau
65
220
0,22
160
Kopfsaal II
14,0
11,4
9,0
8,0
Kochelleinen, helles Grau
65
180
0,23
115
Flügelsaal III
11,4
11,4
7,2
6,3
Kochelleinen, helles Grau
65
220
0,23
160
Flügelsaal XI
11,4
11,4
7,2
6,3
Kochelleinen, helles Grau
65
220
0,22
160
Kopfsaal XII
24,0
11,4
9,0
8,0
Baumwollsamt mittleres Grün
20
130
0,15
85
Flügelsaal XIII
11,4
11,4
7,2
6,3
Baumwollsamt mittleres Grün
20
160
0,16
110
Hauptsaal IV
13,0
11,4
14,5
8,0
Kochelleinen, helles Grau
65
305
0,21
265
Hauptsaal V
18,0
11,4
14,5
8,0
Baumwollsamt helles Grün
25
310
0,16
180
Hauptsaal VI
13,0
11,4
14,5
8,0
Baumwollsamt mittleres Grün
20
290
0,13
186
Hauptsaal VII
22,5
11,4
14,5
8,0
Baumwollsamt dunkles Grün
5
300
0,17
200
Hauptsaal VIII
13,0
11,4
14,5
8,0
Baumwollsamt mittleres Grün
20
290
0,13
186
Wandbespannung
Breite
Flügelsaal I
Saalbezeichnung
Länge
Raummaße [m]
Hauptsaal IX
18,0
11,4
14,5
8,0
Rohseide Beige
40
325
0,17
225
Hautsaal X
13,0
11,4
14,5
8,0
Kochelleinen, helles Grau
25
295
0,14
200
4,0–22,5
5,3
5,1
3,0
Kochelleinen, Baumwollsamt, Seide
20– 75
170– 310
0,12– 0,26
100– 205
Kabinette 1–23
136
Knall die hochkerzige Lampe des größten Scheinwerfers kaum einen Meter vor einem der großformatigen Rubensgemälde platzte“,244 zeigte dies, wie gefährlich eine solche Großveranstaltung sein kann, auch wenn im vorliegenden Fall kein Schaden entstand. Derart medienwirksame Ereignisse sind mittlerweile aus dem Museumsbetrieb nicht mehr wegzudenken, aber mögliche Gefahren sollten im Vorfeld bedacht werden. Kurt Wehlte, der den Zwischenfall in einem Bericht über die Wiedereröffnung erwähnte, stellte solche Vorkommnisse auf eine Stufe mit den „zu häufig vorgebrachten Wünsche[n] von Reproduktionsanstalten“.245 Er sah in der – zum damaligen Zeitpunkt für Farbaufnahmen notwendigen – starken und wärmeabstrahlenden Beleuchtung eine große Gefahr für die Erhaltung der Kunstwerke. Aus dem öffentlichen Interesse erwuchsen demnach mehrere Gefahren für den Erhalt der Kunstwerke, die im Zusammenhang mit der Beleuchtungsfrage stehen. Wie hoch war das Schädigungspotenzial der gewählten Kunstlichtbeleuchtung, welche Auswirkungen hatten die bei den Farbaufnahmen eingesetzten starken Scheinwerfer, und hätte der Vorfall des geplatzten Scheinwerfers bei der Wiedereröffnung durch andere Sicherheitsvorkehrungen vermieden werden können?
SCHADSTOFFE ALS UNTERSCHÄTZTES RISIKO Bis zu diesem Zeitpunkt finden sich in den Archivalien kaum Hinweise auf größere Probleme mit Schadstoffen in den Galerieräumen der Alten Pinakothek. Zum ersten Mal wurde die Schadstoffproblematik im Zusammenhang mit Schäden an der Fassade angesprochen. Im Jahr 1977 berichtete Johann Koller über Fassadenmusterflächen, da eine Konservierung oder Restaurierung aus denkmalpflegerischer Sicht notwendig geworden war.246 Die Abgase des benachbarten Kohlekraftwerkes der Technischen Universität und die aus Ölheizungen, Kraftwerken und Verkehr stammenden Schwefeloxide verursachten ein Absanden, Abblättern und die Ausbildung von schwarzen Gipskrusten an Ziegelfassade und Schmuckelementen aus Sandstein.247 Demnach war bekannt, wie kritisch die Wirkung von Schadstoffen für Materialien sein konnte. Ob und warum diese Erkenntnis damals nicht auf die Kunstwerke in den Galeriesälen bezogen wurde, ist archivalisch nicht überliefert. Ein kurzer Exkurs zu Fragen des Brandschutzes macht nachdenklich. Um Brände möglichst frühzeitig zu erkennen, wurde beim Wiederaufbau
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ein umfangreiches Warnsystem eingerichtet. In den Gesimsen eingebaute Ionisationsfeuermelder gaben bei dem geringsten Auftreten von Rauchgasen Alarm in der Wächterzentrale und der städtischen Hauptfeuerwache. Automatisch wurde in der Zentrale angezeigt, welcher Melder den Alarm auslöste. In Sälen und Zugängen befanden sich Handfeuermelder, und jeder Saal erhielt einen Spezial-Handfeuertrockenlöscher. In der Südloggia befanden sich zwei Schlauchanschlüsse für die Feuerwehr. Die Überwachung des Gebäudes außerhalb der Besuchszeiten erfolgte über eine Wächter-Kontroll-Anlage.248 Im Rahmen dieser Maßnahmen wurde die Stoffbespannung der Bilderwände der Galeriesäle zusätzlich mit einer feuerhemmenden Imprägnierung ausgerüstet. Vor dem Hintergrund des heutigen Umgangs mit Schadstoffen drängen sich mehrere Fragen auf: Woraus bestand diese feuerhemmende Imprägnierung der Stoffbespannung? Welche Emissionen entstanden, und welche Wirkung hatten sie auf die Materialien der Kunstwerke? Wurde diese Frage damals thematisiert oder untersucht? Wie standen die Museumsverantwortlichen zum Löschpulver der Trockenlöscher? Welcher Schaden wäre entstanden, wenn sie in den Galeriesälen zum Einsatz gekommen wären? Die Untersuchungen im Zuge der Steinkonservierung zeigen, dass die Auswirkungen von Schadstoffen bekannt gewesen sein müssen. Gleichzeitig lassen sich gerade in dieser Phase der Baugeschichte Maßnahmen identifizieren, die, verglichen mit dem heutigen Umgang mit Schadstoffen kritisch erscheinen. Dazu zählt neben der Wahl der Löschmittel und der feuerhemmenden Imprägnierung auch die Bekämpfung der Algenbildung in der Klimaanlage mit aggressiven Chemikalien.
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GENERALSANIERUNG IM ZEICHEN DER TECHNIK – VOLLAUTOMATISIERUNG UND MÖGLICHE NEBENWIRKUNGEN (1998– HEUTE) Seit 1985 drängten die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen auf notwendige Sanierungsmaßnahmen in der Alten Pinakothek. Erste systematische Temperatur-, Feuchte- und Lichtmessungen zwischen Mitte Mai und Mitte September 1985 dokumentierten die bestehenden, ungünstigen klimatischen Verhältnisse.249 Darüber hinaus bestanden elektrotechnische Mängel, und die in den 1980er Jahren gültigen Brandschutzbestimmungen konnten nicht erfüllt werden. Diese Gründe führten zwischen 1994 und 1998 zu einer umfassenden Generalsanierung, für welche die Alte Pinakothek komplett geschlossen wurde. Im Rahmen der Maßnahmen erfolgte der Einbau einer Vollklimaanlage, die Sanierung des Dachs, bei welcher unter anderem ein Sonnenschutzsystem hinzukam, sowie Arbeiten an den elektrischen Installationen und ein Austausch des Leitungsnetzes. Das Erscheinungsbild der Fassade und die Gestaltung der Galeriesäle blieben von der Sanierung unberührt (Abb. 45).
MIT NOCH MEHR TECHNIK ZU EINEM KONSTANTEREN KLIMA Die Temperatur- und Feuchteverhältnisse in den Galeriesälen wurden seit dem Wiederaufbau mit Thermohygrographen überwacht. Die Kurven zeigten nach 1984 vor allem in den Sommermonaten wiederholt deutliche Ausreißer. Dies war einer der Hintergründe der erwähnten Studie zu den Feuchte-, Temperatur- und Lichtverhältnissen in der Alten Pinakothek, die vom Doerner Institut 1985 begonnen und bis 1987 fortgesetzt wurde. Als Auslöser für die Zunahme der Klimaschwankungen galt der Austausch der Dachverglasung nach einem Hagelschaden. Dadurch stiegen die Solareinträge. Die höhere Wärmelast führte zu höheren Temperaturen im Dachraum, die auf bis über 60 °C anstiegen und ebenfalls die klimatischen Verhältnisse in den Museumsräumen negativ veränderten.250 Wie sehr die solare Einstrahlung die Wärmelast und die Temperatur beeinflusste, veranschaulicht eine einfache, überschlägige Rechnung: Bei einer auf das Glasdach treffenden eingestrahlten Energie von 110 kW gingen 19 kW durch Reflexion verloren, während 91 kW in den Dachraum gelangten. Wenn die Verschattung einen Energiedurchlassgrad von 50 % aufwies, erreichten 41 % der ursprünglich auftreffenden Energie die Staubdecke. Am Ende traten rund 17 kW durch
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Abb. 45 Alte Pinakothek, Schnitt durch den Rubenssaal. Schematische Darstellung des Gebäudes nach der Generalsanierung von 1998 mit Vollklimaanlage zum Heizen, Kühlen, Be- und Entfeuchten, mechanischer Lüftung, indirekter Kunstlichtbeleuchtung und im Dachzwischenraum installiertem Sonnenschutzsystem.
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Transmissionsvorgänge in transparenten (Verglasung der Staubdecke) wie opaken (Rabitzgewölbe) Bauteilen in den Galerieraum.251 Der Einfluss des Tageslichteintrags auf die klimatischen Innenraumbedingungen ist also nicht zu unterschätzen. Nachdem die Planungen für die Sanierung der Klimatechnik mehrere Jahre gedauert hatten, wurde ein technisches Konzept umgesetzt, das die Galeriesäle bis heute mit einer Vollklimaanlage versorgt. Hierfür sind insgesamt 49 raumlufttechnische Anlagen mit einem Zuluftvolumenstrom von 560.000 m3/h und einem Außenluftvolumenstrom von 250.000 m3/h vorhanden. Zu- wie Umluft werden über Taschenfilter gereinigt. Zehn dieser Anlagen sind Vollklimaanlagen, mit denen Befeuchten, Entfeuchten, Heizen und Kühlen möglich ist. Neben den Galeriesälen und Kabinetten werden die Depots, die Werkstätten und weitere Diensträume durch diese Hauptanlagen versorgt (Abb. 46). Zwei Anlagen sind nochmals in drei beziehungsweise sechs Subzonen gegliedert. Die Luft wird zentral vorkonditioniert, über das Kanalnetz zu den Zonen transportiert und dort dezentral entsprechend den Anforderungen der jeweiligen Zone endgültig konditioniert. Die einzelnen Vollklimaanlagen setzen sich aus einer Mischkammer, einem Dualsprühbefeuchter mit einem Druck von neun Bar, einem Kühlregister mit zentraler Kaltwasserversorgung, einem Nacherhitzer, einem radialen Zuluftventilator mit rückwärts gekrümmtem Schaufelrad sowie einer zweistufigen Filterung mittels Taschenfiltern der Klassen G3 und F7 zusammen. Nach langen Diskussionen gelang es, für die Dachräume über den Galeriesälen ebenfalls eine Konditionierung der Luft durchzusetzen. Neun Lüftungsanlagen im Dach führen die durch die großen Dachverglasungsflächen entstehenden thermischen Lasten im Sommer ab und sollen die Temperatur unter 30 °C halten. Dies ist wichtig, da der Dachraum nur durch die Staubdeckenverglasung von den Galeriesälen getrennt, also klimatisch nicht von diesen entkoppelt ist. Um die Dachverglasung im Winter von der Schneelast zu befreien und möglichst viel Tageslichteintrag zu gewährleisten, aber auch um eine Taupunktunterschreitung zu verhindern, wird der Dachraum in der kalten Jahreszeit auf eine Temperatur von 10 bis 15 °C temperiert.252
Die beschriebene Anlagenkonzeption und deren Dimensionierung basiert auf den 1988 vom Doerner Institut vorgegebenen Sollwerten für die relative Feuchte und die Temperatur.253 Damals wurden für die Temperatur im Winter Werte von 20 °C ± 1 K und im Sommer von 23 °C ± 1 K sowie für die relative Feuchte ein Richtwert von 50 % ± 5 % gefordert. Diese Vorgaben wurden bis heute geringfügig verändert, weil so eine bessere Klimakonstanz mit geringeren Schwankungen erreicht werden kann.254 Im Winter ist eine Temperatur von 21 °C ± 1 K und im Sommer von 23 °C ± 1 K angestrebt. Für die relative Feuchte wurde der Wert auf 54 % angehoben, die Schwankungsbreite konnte so auf ± 2 % reduziert werden. Die geforderte Luftwechselrate orientierte sich an einer „pro-Kopf-Außenluftrate von 10 bis maximal 20 m3/h“255 und sollte bei Räumen mit einer Höhe von sechs bis acht Metern einen vierfachen Luftwechsel gewährleisten.256 Heute wird von den Betriebstechnikern ein drei- bis vierfacher Luftwechsel volumenstromgesteuert mit einer durchschnittlichen Motorleistung von rund 80 % gefahren. Die den Galeriesälen zugeordneten Anlagen laufen im Umluftbetrieb mit einem Frischluftanteil von etwa zehn Prozent.257 Die Zulufteinbringung erfolgt mit einer Geschwindigkeit von etwas über zwei Metern pro Sekunde in den Galeriesälen in einer Höhe von sieben bis acht Metern durch die Zuluftöffnungen oberhalb des Gesimes. Die Abluft wird in der Sockelzone abgesaugt. Diese klassische Form der Mischlüftung wird grundsätzlich weiterhin über das 1964 sanierte, aber noch aus der Erbauungszeit stammende Luftkanalnetz betrieben. Das Gebäude besitzt mittlerweile eine Fernwärme-Hausanschlussstation mit indirekter Einspeisung. Die Wärmeversorgung erfolgt über zwei Rohrbündel-Gegenströmer einer Nennleistung von 400 und 800 kW. Beide werden thermostatgeführt über die zentrale Gebäudeleittechnik geregelt. Ein weiterer Heizenergieträger ist Sattdampf mit einem Druck von 1,2 Bar, der vom Kraftwerk der Technischen Universität München bezogen wird.258
Abb. 46 Alte Pinakothek, Grundriss Obergeschoss. Zuordnung der Hauptanlagen der Vollklimatisierung zu den Galeriesälen und Kabinetten [Quelle: BStGS Bestandsunterlagen].
141
Dies war zeitweise problematisch, weil bei einem Ausfall der Anlagen der Technischen Universität an den Wochenenden aufgrund mangelnder personeller Besetzung eine konstante Versorgung für die Alte Pinakothek nicht gesichert war.259 Die Wärmeverteilung in der Alten Pinakothek erfolgt über eine Pumpen-Warmwasserheizung. Im Gebäude befinden sich vier Heizkreise mit den in Tabelle 4 aufgeführten Spezifikationen.260 Auch die Kälteversorgung erfolgt zentral über zwei Kompressionskältemaschinen mit einer maximalen Kälteleistung von etwas über 600 kW (Baujahr 2003) und 800 kW (Baujahr 1997).261 Für die Klimaanlagen wäre im Prinzip eine Kältemaschine ausreichend. Ursprünglich war auch nur die Rückkühlung über einen Wasser-Wasser-Wärmetauscher mit Wärmeabgabe an das Grundwasser vorgesehen. Im Volllastbetrieb wälzt die Anlage stündlich rund 100 m3 Wasser um. Nachdem die Grundwassertemperaturen von 17 °C im Jahr 1998 auf 18–20 °C in 2002 angestiegen waren, wurden die genehmigten Grundwasserentnahmemengen regelmäßig überschritten. Deswegen musste ein zusätzliches Rückkühlsystem errichtet werden. Es handelt sich um einen Wasser-Luft-Wärmetauscher mit Wärmeabgabe an die Außenluft.262 Diese Rückkühleinrichtung kam auf das Dach des Gebäudes der Ludwig-Maximilians Universität an der Barer Straße, weil sie in der Alten Pinakothek aus Platzgründen nicht untergebracht werden konnte. Das System ist über Rohrleitungen mit der Kälteanlage der Alten Pinakothek verbunden. Da es sich bei diesem Rückkühler um einen Trockenkühler handelt, ist ein Betrieb nur bei Außentemperaturen unter 18 °C möglich.263 Prinzipiell ist daher das Rückkühlwerk auf dem Dach der Ludwig-Maximilians Universität bei niedrigen Außentemperaturen vor allem im Winter in Betrieb. Bei höheren Außentemperaturen im Sommer wird auf die Rückkühlung mit Brunnenwasser umgestellt.264 Die Klimaanlagen werden automatisiert über die Gebäudeleittechnik nach den vorgegebenen Sollwerten gesteuert. Dazu dienen rund 40 Temperatur- und Feuchtesensoren, die in etwa sechs Metern Höhe an den Wänden der Ausstellungsräume und in den Kabinetten platziert sind.265 Durch diese Sensoren ist eine automatisierte Trenddatenauswertung möglich. Dabei werden für ausgewählte Fühler jeweils die wöchentlichen Verläufe von relativer Feuchte und Temperatur abgebildet. Bei der Auswertung dieser Klimadaten muss berücksichtigt werden, dass sich diese Fühler nicht unbedingt in unmittelbarer Nähe zu den Gemälden befinden. Alleine dadurch ergeben sich Abweichungen zwischen den Messwerten der Anlagensensoren und solchen, die bei einer Einzelmessung in unmittelbarer Nähe der Kunstwerke festgestellt werden.
142
MEHR TECHNIK, MEHR ENERGIE! Eine Auswertung des Energieverbrauches für den Betrieb der Alten Pinakothek ist aufwendig. Normalerweise ist der Verbrauch aus den Abrechnungen des Energieversorgers abzulesen, aber Alte Pinakothek und Neue Pinakothek werden teilweise gemeinsam erfasst und abgerechnet. Die Bestimmung des Energieverbrauches in der Alten Pinakothek (Tabelle 5) erforderte daher verschiedene Nachforschungen und beinhaltet auch die Verbrauchserfassung in der Neuen Pinakothek. Nach Einschätzung der betriebstechnischen Abteilung der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gliedert sich der ebenfalls für beide Gebäude gemeinsam erfasste Stromverbrauch in rund 40 % Verbrauch für die Alte Pinakothek und 60 % für die Neue Pinakothek.266 Der höhere Verbrauch der Neuen Pinakothek hängt damit zusammen, dass in diesem Gebäude die Verwaltung, Büros, Werkstätten, Restaurierungsateliers und Labore der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und des Doerner Instituts untergebracht sind. Eine genaue Aufschlüsselung, wie viel Strom wofür verbraucht wird, erfolgt nicht. Ähnlich aufwendig ist die Erfassung der Heizenergie, zumal sowohl Alte Pinakothek wie auch Neue Pinakothek Fernwärme der Stadtwerke und Sattdampf der Technischen Universität bezogen. Über den in der Neuen Pinakothek bei der Sanierung der dortigen Klimaanlagen im Jahr 2008 eingebauten Zähler und die Gesamtabrechnung ist indirekt der Sattdampfverbrauch für die Alte Pinakothek zu bestimmen. Tabelle 4
Heizleistung [kW]
80
50
100
Zubringer Lüftung ungeregelt
80
50
800
Statische Heizung Nord
80
50
400
Fußbodenheizung
55
45
30
Heizkörper
Rücklauftemperatur [°C]
Statische Heizung Süd
Versorgter Gebäudebereich
Vorlauftemperatur [°C]
Spezifikation der vier Heizkreise mit denen die Wärmeversorgung der Alten Pinakothek erfolgt.
Rund 40 Radiatoren
Rund 100 Radiatoren
143
LICHT UND SCHÄDIGUNGSPOTENZIAL Wie im Zusammenhang mit dem Klimatisierungskonzept erläutert, zeigt diese Zeitspanne der Baugeschichte, wie groß der Einfluss des Tageslichts auf die klimatischen Verhältnisse ist. Aber erstmals in der Geschichte der Alten Pinakothek rückte ein weiterer Aspekt in den Mittelpunkt des Interesses: das Schädigungspotenzial der Lichtstrahlung. In seiner Stellungnahme zu dringend erforderlichen Lichtschutzmaßnahmen in der Alten Pinakothek erläuterte Burmester die Probleme mit den gegebenen Umständen.267 Sämtliche Verglasungen seien Einfachverglasungen, denen es zudem an UV-Schutzfiltern mangle. Das Tageslicht könne bei Überangebot nicht reduziert werden, und eine Verdunklung der Galerieräume außerhalb der Öffnungszeiten sei unmöglich. Als Gegenmaßnahmen schlug Burmester „eine Ausschaltung der UV-Strahlung und eine Reduzierung der Beleuchtungsdauer“ vor.268 Die durchgeführten Messungen der Beleuchtungsstärke belegten mit Zahlenwerten eindrücklich, dass die Lichtverhältnisse konservatorisch nicht zu verantworten waren. Die Beleuchtungsstärke in den Galeriesälen überstieg den damals allgemein anerkannten Sollwert von 150 Lux teilweise um das Zehnfache.269 Die Untersuchungsergebnisse und die konservatorisch begründeten Forderungen waren erfolgreich: Im Dachraum wurden Lüftungsanlagen eingebaut, UV-Schutzverglasungen vorgesehen und ein Sonnenschutzsystem realisiert (Abb. 47). TAGESLICHT Die neue Verglasung der Oberlichter besteht seit der Generalsanierung aus einem Zweischeibenverbundglas der Firma Siba.270 Die Glasoberseite ist ein fünf Millimeter starkes Einscheiben-Sicherheitsglas mit der Bezeichnung Solatex, das über eine zwei Millimeter dicke PU-SilaminSchicht mit der raumseitigen Glaslage verklebt ist. Letzteres ist ein teilvorgespanntes Weißglas mit der Bezeichnung Solite, welches zur Raumseite hin eine lichtstreuenden Struktur besitzt. Der rund zwölf Millimeter starke Glasaufbau erreicht einen g-Wert von 5,8 W/m2K.271 Die Staubdeckenverglasung ist ein rund neun Millimeter starkes Zweischeibenverbundglas des Herstellers Flachglas: eine Sonderausführung mit der Bezeichnung EOSS-GLASS.272 In einem Sandwich-Aufbau befinden sich zweischichtig UV-absorbierende Folien (Trosifol MB) mit einer Absorptionskante bei etwa 390 nm zwischen den Glasscheiben. Zusätzlich erhielt die Verglasung eine lichtstreuende sowie UV-Strahlung absorbierende Titandioxidbeschichtung. Der g-Wert der Verglasung wird mit 5,8 W/m2K angegeben.
144
Der Lichttransmissionsgrad dieses Staubdeckenverglasungsaufbaus liegt bei rund 70 %.273 Im Dachraum zwischen Dach- und Staubdeckenverglasung befanden sich ein textiler Sonnenschutz und Rollos zur Verdunklung, deren Steuerung automatisch über Motoren erfolgte. Wegen technischer Mängel wurde die Verschattungsanlage bereits im Mai 1999 wieder außer Betrieb gesetzt. Das gesamte System wurde stillgelegt, wobei sämtliche SonnenschutzrolTabelle 5
Jan 09
436.460
174.584
Feb 09
395.240
158.096
Mrz 09
427.100
170.840
Apr 09
435.660
174.264
Mai 09
446.300
178.520
Jun 09
439.520
175.808
Jul 09
443.400
177.360
Aug 09
447.020
178.808
Sep 09
428.260
171.304
Okt 09
439.800
175.920
Nov 09
411.760
164.704
Dez 09
435.460
174.184
Jan 10
463.980
185.592
Feb 10
427.480
170.992
Mrz 10
470.800
188.320
Apr 10
439.200
175.680
Mai 10
465.260
186.104
Jun 10
502.080
200.832
Jul 10
576.820
230.728
Aug 10
547.760
219.104
Sep 10
493.300
197.320
Okt 10
488.840
195.536
Nov 10
467.440
186.976
Dez 10
531.580
212.632
Verbrauch Dampf TUM Alte Pinakothek [m³]
Verbrauch Strom Alte und Neue Pinakothek [kWh]
Verbrauch Strom Alte Pinakothek [kWh] etwa 40% des Gesamtverbrauchs
Ausschnitt aus den Aufzeichnungen zur Ermittlung des Energieverbrauchs.
Jahresverbrauch 2.743,92
Jahresverbrauch 3.371,76
145
Tabelle 5 (Fortsetzung)
Jan 11
528.800
211.520
Feb 11
477.120
190.848
Mrz 11
534.440
213.776
Apr 11
512.940
205.176
Mai 11
541.920
216.768
Jun 11
552.100
220.840
Jul 11
537.420
214.968
Aug 11
540.160
216.064
Sep 11
488.220
195.288
Okt 11
488.100
195.240
Nov 11
467.180
186.872
Dez 11
482.000
192.800
Jan 12
493.140
197.256
Feb 12
478.300
191.320
Mrz 12
483.760
193.504
Apr 12
477.480
190.992
Mai 12
522.800
209.120
Jun 12
525.980
210.392
Jul 12
535.820
214.328
Aug 12
537.340
214.936
Sep 12
495.200
198.080
Okt 12
493.780
197.512
Nov 12
463.800
185.520
Dez 12
508.620
203.448
Verbrauch Dampf TUM Alte Pinakothek [m³]
Verbrauch Strom Alte und Neue Pinakothek [kWh]
Verbrauch Strom Alte Pinakothek [kWh] etwa 40% des Gesamtverbrauchs
Ausschnitt aus den Aufzeichnungen zur Ermittlung des Energieverbrauchs.
Jahresverbrauch 3.778,02
Jahresverbrauch 3.878,10
los auf 50 % Verschattung eingestellt wurden.274 Um den Tageslichteintrag auf ein konservatorisch vertretbares Minimum zu reduzieren, wurden die Staubdeckenverglasungen mit weißen Stoffbahnen abgedeckt (Abb. 48). Die Fensterrahmen im Erdgeschoss und den Kabinetten des Obergeschosses wurden zum Mauerwerk hin neu angefräst und innenseitig zur Aufnahme einer einbruchhemmenden Verglasung aufgedoppelt.275 Die Fenster des Treppenhauses auf der Südseite erhielten ein in Sonderanfer-
146
tigung hergestelltes Mehrscheibensicherheitsisolierglas der Firma Siba/ Vegla. Außen liegt ein drei Millimeter starkes Einscheibensicherheitsglas, das mit einer speziellen Alarmschleife ausgerüstet ist. Der rund zehn Millimeter starke Scheibenzwischenraum ist mit Xenon-Gas gefüllt. Das durchbruchhemmende Spezial-Verbundglas auf der Innenseite besteht aus mit PU-Silamin verklebtem Polycarbonat zwischen zwei teilvorgespanntem Weißglasscheiben. Die gesamte Scheibendicke beträgt 29 Millimeter und besitzt einen g-Wert von 2,4 W/m2K.276 KUNSTLICHT Das mit dem Wiederaufbau umgesetzte Konzept der zusätzlichen Kunstlichtbeleuchtung der Galeriesäle wurde bei der Generalsanierung beibehalten, nur die Leuchten und Leuchtmittel wurden gegen zeitgemäße Typen ausgetauscht. Eine Kombination aus insgesamt 45 Leuchtstoffröhren mit 36 Watt, 164 einröhrigen Leuchtstoffröhren mit 58 Watt, 656 zweiröhrigen Leuchtstoffröhren mit 58 Watt, alle in Spiegelreflektorlampen mit Prismenabdeckung verbaut, dient der Beleuchtung der Galeriesäle im ersten Obergeschoss.277 Während der täglichen Einschaltzeiten zwischen 6 und 21 Uhr beträgt die Gesamtleistung rund 142 kW.278
Abb. 47 Alte Pinakothek, Schnitt durch den Dachraum nach der Generalsanierung. Im Dachraum sind unterhalb der Dachverglasung Lüftungsanlage und textiles Sonnenschutz-Rollosystem integriert [Quelle: BStGS Bestandsunterlagen].
147
Abb. 48 Alte Pinakothek, Ansicht der Südseite von oben nach der Generalsanierung. Blick auf das Dach mit Dachverglasung und gut erkennbarer Abdeckung der Staubdeckenverglasung mit weißen Stoffbahnen zum Schutz vor zu viel Tageslichteintrag [Quelle: BStGS, Fotoabteilung].
Seitdem die Staubdeckenverglasung abgedeckt und dadurch der Tageslichteintrag extrem reduziert wurde, werden die Galeriesäle hauptsächlich durch das Kunstlichtsystem beleuchtet. Es ist eine indirekte Beleuchtung, bei der das Licht der Leuchtstoffröhren über die gewölbten, weiß gestrichenen Vouten in die Galeriesäle reflektiert und gestreut wird. Die Leuchtstoffröhren-Reihen jeder Voute sind separat ansteuerbar. Jedem Raum sind acht Schaltgruppen zugeordnet.279 An jedem Stromkreis hingen je 15 Lampen (Ludwig 622 SP-A 50F2X TS8W) mit nicht dimmbaren Vorschaltgeräten des Typus ELX E 158.305.280 Die Kunstlichtbeleuchtung kann nicht gedimmt, sondern nur an- oder ausgeschaltet werden. Grundsätzlich ist die künstliche Beleuchtung ebenso wie die Tageslichtbeleuchtung eine Wärmequelle. Bei der Kunstlichtbeleuchtung muss anders als beim kostenlos verfügbaren Tageslicht genau genommen in zweifacher Weise Energie aufgewendet werden: Zum Betrieb der Beleuchtung ist Strom erforderlich, und weitere Energie erfordert der Betrieb der Klimaanlage, wenn sich aus dem Wärmeeintrag eine Überschreitung des Temperatursollwertes ergibt und eine Kühlung über die Klimaanlage notwendig wird.
PRÄVENTIVE KONSERVIERUNG UND ÖFFENTLICHKEIT Die Reaktionen der Besucher auf die nach der Generalsanierung wieder eröffnete Alte Pinakothek waren gemischt. Einerseits war die Freude groß, dass nach 52-monatiger Schließzeit die Werke der Alten Meister wieder zugänglich waren. Andererseits herrschte eine gewisse Enttäuschung, weil die Sanierungsmaßnahmen überwiegend unsichtbar geblie-
148
ben waren. Selbst in den Medien klang zwischen den Zeilen eine gewisse Verwunderung an. Obwohl die Maßnahmen zur Verbesserung der klimatischen Bedingungen und der Lichtsituation genauso wie die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen von den Verantwortlichen wiederholt erklärt und deren Bedeutung für einen zeitgemäßen Betrieb des Museums erörtert wurden, hielt sich in der öffentlichen Meinung hartnäckig ein entsprechendes Unverständnis, weil „in die Generalsanierung rund achtzig Millionen Mark gesteckt wurden [und] der Aufwand […] kaum sichtbar“281 war. Situationen wie diese ergeben sich im Umgang mit Kunst- und Kulturgut wiederholt. Viele der konservatorisch wichtigen Maßnahmen, die im Rahmen der Präventiven Konservierung mit langfristigen Zielsetzungen umgesetzt werden, erfordern finanzielle Mittel. Da die Resultate nicht immer auf den ersten Blick erkennbar sind oder mit deutlichen optischen Veränderungen einhergehen, ist Öffentlichkeitsarbeit und eine größere Transparenz in der Entscheidungsfindung mittlerweile ein sehr wichtiger, jedoch häufig unterschätzter Aspekt der Präventiven Konservierung, dem in Zeiten ohnehin eingeschränkter finanzieller Mittel eine zunehmende Bedeutung für den Erhalt der Kunstwerke beizumessen sein wird.
149
ENERGETISCHE MUSTERSANIERUNG – GEDÄMMT, VERSCHATTET UND NEU VERGLAST (SEIT 2008)
Abb. 49 Alte Pinakothek, Schnitt durch den Rubenssaal. Schematische Darstellung des Gebäudes nach der Mustersanierung von 2009 mit neuer Verglasung, Dämmung des Daches, Lamellensystem zur Verschattung und in den Dachraum verlegter Kunstlichtbeleuchtung.
150
Ein Manko der Generalsanierung war, dass das eingebaute Verschattungssystem wenige Monate nach der Inbetriebnahme wieder stillgelegt werden musste. Die Alte Pinakothek hatte sich dadurch letztlich im Verlauf von etwa 150 Jahren vom Tageslichtmuseum zu einem fast reinen Kunstlichtmuseum gewandelt. Dies war für die Museumsverantwortlichen ein untragbarer Zustand, und so setzten die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen erneut eine Diskussion in Gang und befürworteten eine Umgestaltung des Daches. Das Hauptaugenmerk galt einer Lichtplanung, bei der Tages- und Kunstlichtsteuerung sowie Verschattungssystem und Verdunklungsmöglichkeit außerhalb der Öffnungszeiten erneut überdacht werden sollten. Die Dämmung des Daches und eine energetisch vorteilhaftere Verglasung sollten gleichzeitig die Energieeffizienz des Gebäudes verbessern (Abb. 49). Die Erfahrungen der Vergangenheit stützten die Forderung, zunächst einen Mustersaal zu sanieren. Damit sollte der Erfolg der Sanierungsmaßnahme im praktischen Betrieb getestet, verifiziert und angepasst werden, bevor die weiteren Säle in den folgenden Jahren abschnittsweise saniert werden könnten. Die Arbeiten im Dachraum fanden im laufenden Betrieb zwischen 2008 und 2009 statt, wobei der Musteraal (Saal X) wegen der erforderlichen Arbeiten im Innenraum für die Dauer der Maßnahme nicht zugänglich war.
KLIMAKONSTANZ UND DÄMMUNG Die Dämmung der Dachflächen mit einem Aufbau aus 15 Zentimeter starker, Aluminium kaschierter Mineralfaserdämmung, raumseitiger Dampfsperre und 1,5 Zentimeter starker Gipskartonplatte282 reduziert die Wärmeverluste durch die Dachhaut deutlich. Zu erwarten ist gleichfalls eine Stabilisierung des Raumklimas in den Galerieräumen. Dieser Effekt wird sich merklich verstärken, wenn alle Säle des ersten Obergeschosses in ähnlicher Weise wie der Mustersaal saniert sind. Die Dämmwirkung ist zwar nachweisbar, da sich
die Zonen der Klimaanlage über die Raumgrenzen hinweg überlagern und vorerst lediglich in einem Galerieraum die Maßnahmen zur energetischen Verbesserung umgesetzt sind, ist der Effekt geringer als dies bei einem abgeschlossenen Raumvolumen der Fall wäre. Trotz Dämmung und Glastausch ist eine Belüftung des Dachraumes weiterhin notwendig, weil durch die Sonneneinstrahlung hohe Temperaturen entstehen, die zu einer Schädigung der Bauteile – etwa den Folien im Sicherheitsverbundglas oder den Antriebsmotoren der Sonnenschutzlamellen – geführt hätten. Um bei Außentemperaturen über 30 °C die Lufttemperaturen im Dachraum unter 60 °C halten zu können, wird die Abluft zwischen Dachverglasung und Sonnenschutzlamellen abgesaugt.283 Durch die optimierte Verglasung und die Sonnenschutzeinrichtung wird die maximal zugelassene Temperatur von 60 °C bei einer Luftumwälzung von 2.000 Kubikmetern pro Stunde eingehalten.284
ENERGIEEINSPARUNG Die im Folgenden angestellten energetischen Überlegungen widmen sich der Frage, welchen Anteil am Gesamtenergieverbrauch die Kunstlichtbeleuchtung hat. Vor der Mustersanierung betrug der Energiebedarf für die indirekte Saalbeleuchtung über den Gesimsen unterhalb der Vouten im Musterraum durchschnittlich 3.240 Watt.285 Nach der Verlegung des nun dimmbaren Kunstlichtes in den Dachraum sind dort pro Längsseite fünf Lichtfelder mit je fünf T5 Leuchtstoffröhren von 54 Watt und ergänzend an den Saalstrinseiten vier Halogenmetalldampflampen von jeweils 1.000 Watt installiert. Dies ergibt in der Summe 8.320 Watt. Die Anschlussleistung ist damit fast verdreifacht. Wie hoch der tatsächliche Energieverbrauch im Betrieb ist, hängt wiederum davon ab, wie oft und in welchem Umfang die künstliche Beleuchtung im Mustersaal zugeschaltet werden muss. Eine erste Abschätzung soll grobe Anhaltspunkte für eine Bewertung des Stromverbrauchs liefern. Die in Tabelle 6 aufgeführten überschlägigen Berechnungen zeigen, dass das bei der Mustersanierung eingebaute System dann energetisch günstiger ausfällt, wenn für mindestens 50 % der jährlichen Öffnungszeit ausreichend Tageslicht verfügbar ist und wenn das System im gedimmten Zustand im Jahresverlauf durchschnittlich maximal 70 % der Anschlussleistung benötigt. Dann kann trotz der höheren Anschlussleistung im Vergleich zum Vorzustand fast ein Drittel Energie gespart werden. Sobald sich der Tageslichtanteil
151
verringert und/oder das Kunstlicht weniger gedimmt wird, verbraucht das neue System mehr Strom als die zuvor genutzte indirekte Voutenbeleuchtung.
LICHTVERSUCHE Die Staubdeckenverglasung wurde ausgetauscht gegen eine energetisch bessere Verglasung, die zudem mit rund 75 % einen höheren Lichttransmissionsgrad aufweist. Die neue Dachverglasung des Herstellers Glas Trösch mit der Bezeichnung Sanco Silverstar Combi Neutral 70/35 ist ein selektives Wärmedämmglas für kombinierten Sonnen- und Wärmeschutz.224 Als Basisgläser kommen Eurofloat-Gläser zum Einsatz. Durch den mit 14 % niedrigen Außenreflexionsgrad besteht eine relativ neutrale Farbwirkung nach außen. Der Farbwiedergabeindex für den Innenraum liegt bei 95 %, bei einer Lichttransmission von 70 %. Der direkte Strahlungstransmissionsgrad beträgt 35 %, die Strahlungsabsorption ist mit 32 % geringer. Die sekundäre Wärmeabgabe nach innen wird mit 2 %, der Gesamtenergiedurchlassgrad mit 37 % angegeben. Bei senkrechtem Einbau liegt der g-Wert nach DIN EN 673 bei 1,0 W/m2K. Das Lamellensystem der Verschattungsanlage ist direkt unterhalb der Verglasung, dem Dachfirstverlauf folgend angebracht. Die beschichteten Aluminiumlamellen der Nord- und der Südseite sind getrennt voneinander über die Gebäudeleittechnik geregelt. Während der Vorplanungen stellte sich heraus, dass der Einbau des Lamellensystems den Tageslichteintrag zu sehr reduzieren würde. Deswegen wurden die Lamellen eloxiert, um den Reflexionsgrad auf 80 % zu erhöhen.286 Ebenfalls um den Tageslichteintrag möglichst zu optimieren, sollte der freie Querschnitt der Lamellen über 80 % liegen.287 KUNSTLICHT Im Dachraum zwischen Dach- und Staubdeckenverglasung sind in Längsrichtung entlang der Staubdecke beidseitig jeweils fünf Lichtfelder mit je fünf Leuchtstoffröhren installiert, die das Tageslicht bei Bedarf ergänzen. Auf diese Weise sollte der Saal ausschließlich über die Staubdecke beleuchtet werden (Abb. 50). Die Lichtfelder wurden deswegen seitlich an der Staubdeckenverglasung platziert, um den Tageslichteintrag so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Bei einer anderen Montage wären Kunstlichtanteil und Strombedarf höher ausgefallen. Zur Verbesserung der Helligkeitsverteilung und um an den Saalstirnseiten eine bessere Aus-
152
Tabelle 6
Stromverbrauch vor Sanierung mit indirekter Voutenbeleuchtung Beleuchtungs- 2.912 dauer gesamt [h]
Strombedarf [W]
Stromverbrauch nach Sanierung Beleuchtung im Dachraum oberhalb der Staubdecke
Beleuchtungsdauer gesamt [h] Variante 1: Tageslichtanteil 60 %, Beleuchtungsdauer Kunstlicht [h] Variante 2: Tageslichtanteil 50 %, Beleuchtungsdauer Kunstlicht [h] Variante 3: Tageslichtanteil 40 %, Beleuchtungsdauer Kunstlicht [h] 3.240 Strombedarf [W] Annahme 1: 70 % der Anschlussleistung ergibt Strombedarf [W]
2.912 1.165 1.456 1.747 8.320 5.824
Annahme 2: 80 % der Anschlussleis- 6.656 tung ergibt Strombedarf [W] Energiever9.435 brauch [kWh/a] Annahme 1 Variante 1: Energieverbrauch [kWh/a] Variante 2: Energieverbrauch [kWh/a] Variante 3: Energieverbrauch [kWh/a] Annahme 2 Variante 1: Energieverbrauch [kWh/a] Variante 2: Energieverbrauch [kWh/a] Variante 3: Energieverbrauch [kWh/a]
Veränderung des Verbrauchs nach der Sanierung gegenüber dem Zustand vor der Sanierung (Minuszeichen bedeutet Einsparung, Pluszeichen bedeutet Mehrverbrauch) [%]
Überschlägige Betrachtung des Stromverbrauchs vor und nach der Sanierung des Mustersaales unter Berücksichtigung verschiedener Tageslichtanteile und variierender Dimmung des Kunstlichtes.
6.785 8.479 10.175
-28 -10 +8
7.754 9.691 11.628
-18 +3 +23
leuchtung zu sichern, wurden zusätzlich je zwei gesondert ansteuer- und dimmbare Hochleistungsstrahler installiert.288 In den seitlich in Längsrichtung verlaufenden Lichtfeldern wurden T5-Leuchtstoffröhren der Firma Philips (TL5 De Luxe Pro) mit 49 Watt und der Lichtfarbe 965 (entspricht einer Farbtemperatur von 6.500 Kelvin) verbaut. Diese sind in Leuchten der Firma Fagerhult des Typus Induline widebeam platziert.289 Die Hochleistungsstrahler an den Stirnseiten sind ebenfalls Fabrikate der Firma Philips. Es handelt sich um Halogenmetalldampflampen von 1.000 Watt mit der Lichtfarbe 956, die einer Farbtemperatur von 5.600 Kelvin entspricht. Diese Mischung der Lichtfarben wurde gewählt, um die unterschiedlichen Tageslichtsituationen gegebenen-
153
Abb. 50 Alte Pinakothek, Dachraum nach der Mustersanierung. Vertikal an den Längsseiten der Staubdecke verlaufende Lichtbänder mit Leuchtstoffröhren. Das Sonnenschutzsystem besteht aus Aluminiumlamellen und die Staubdeckenverglasung verfügt über eine spezielle lichtstreuende Struktur.
falls durch die Beimischung künstlicher Beleuchtung kompensieren zu können.290 Der vierjährige Testbetrieb offenbarte die Schwächen des Lichtkonzeptes. Für die seit Frühjahr 2014 laufende Dach- und Fenstersanierung, die abschnittsweise in den kommenden vier Jahren erfolgen wird, mussten deshalb teilweise Modifikationen vorgenommen werden. Die Praxis zeigte, dass das in den Dachraum verlegte Kunstlichtsystem zu energie- und kostenintensiv war. Die Staubdeckenverglasung reduzierte den Lichteinfall auf die Wände stark, und das Lichtkonzept stellte sich als ineffizient heraus. Das aktuelle Lichtkonzept sieht deswegen die Beibehaltung der indirekten Voutenbeleuchtung vor. Im Unterschied zum bisherigen System werden die Leuchtstoffröhren dimmbar sein und über Lichtsensoren in den Galeriesälen und Kabinetten abhängig vom Tageslichteintrag automatisch nach den Sollwertvorgaben gesteuert werden, wogegen das Verschattungssystem entsprechend des Sonnenstandsdiagrammes von München fest programmiert werden soll. Dies scheint nach dem vierjährigen Testbetrieb ein gangbarer Kompromiss zwischen Energieverbrauch und Verschleiß der Motoren zu sein.
BESUCHER UND SEHGEWOHNHEITEN Der Umgang mit Licht im Museum ist stark von den Sehgewohnheiten beeinflusst. Dies zeigte sich in besonderem Maße, als das lichttechnische Ergebnis der Mustersanierung mehrmals bemustert und nachgebessert wurde. Schon bei der ersten Besichtigung durch die Museumsverantwortlichen stellte sich heraus, dass die neue Beleuchtung des Saales kaum unabhängig von den angrenzenden Galerieräumen beurteilt werden konnte. Das Licht im Mustersaal fiel aus einer anderen Richtung in den Galerieraum: nicht mehr indirekt und diffus, sondern direkt von oben durch die Staubdecke. Dies wurde im Vergleich zu den indirekt beleuchteten Sälen als „kellerartig“ und unangenehm empfunden. Die Lichtfarbe war ein weiterer wichtiger Aspekt. Durch den erhöhten Anteil des Tageslichts und die Wahl
154
der Farbtemperatur der neuen Leuchtmittel erschien das Licht blaustichig im Vergleich zu den angrenzenden Räumen. Über Jahrzehnte hatten sich die Kuratoren an die Lichtsituation in der Alten Pinakothek mit überwiegend indirektem und relativ warmem Kunstlicht gewöhnt. Der nach der Mustersanierung höhere Tageslichtanteil und die Beleuchtung von oben wirkten so irritierend, dass die Voutenbeleuchtung aus ästhetischer Sicht als angenehmer empfunden und für die komplette Sanierung eindeutig als befriedigendere Alternative vorgezogen wurde, obwohl dies letztlich eine Abkehr von Klenzes ursprünglichem Lichtkonzept bedeutet.
SCHADSTOFFE UND REINIGUNG In der Geschichte der Alten Pinakothek spielte der Umgang mit Schadstoffen eine untergeordnete Rolle. Einzig der Staub wurde hin und wieder erwähnt. Da dies auch in der Neuen Pinakothek und der Pinakothek der Moderne wiederholt ein wichtiger Aspekt der Präventiven Konservierung war, wurde die Frage der Reinigung musealer Räume als Maßnahme der Präventiven Konservierung näher untersucht.291 Dabei wurden in den drei Häusern des Kunstareales Staubmessungen durchgeführt. Im Vergleich der Museen war die Staubbelastung in der Alten Pinakothek deutlich geringer. Erklärungen dafür sind die Lage des Gebäudes in der Gartenanlage, die Grundrissgestaltung, die Eingangssituation und die Besucherführung. Einmal mehr liegt auf der Hand, wie sehr Präventive Konservierung und Museumsbau einander bedingen.
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ÜBERLEGUNGEN ZUR BAUGESCHICHTE Aus Sicht der Präventiven Konservierung ergeben sich aus der technischen Baugeschichte der Alten Pinakothek unterschiedliche Fragestellungen. Warum beispielsweise entschied sich Klenze für die Beheizung des Gebäudes mit einer Luftheizung? Wie war der Stand des technischen Wissens, und welchen Einfluss hatten energetische Überlegungen? Warum wurde 50 Jahre auf die Beheizung der Galeriesäle verzichtet, obwohl bekannt war, dass die resultierenden Bedingungen dem Erhalt der Kunstwerke nicht zuträglich waren? War die später eingebaute Niederdruckdampfheizung wirklich, wie propagiert, eine ausgezeichnete Lösung, und welche klimatischen Bedingungen konnten damit tatsächlich erzielt werden? Ist der beim Wiederaufbau forcierte Trend der Technisierung der Museen die Lösung, um die Kunstwerke dauerhaft zu erhalten? Reduzieren solche Maßnahmen das Risiko für die Kunstwerke? Oder ergeben sich durch die Technisierung neue Risiken? Wie sehr waren sich die jeweiligen Planer dessen bewusst, und welche Gegenmaßnahmen wurden ergriffen? Welche Hintergründe hatte die späte Einführung des Kunstlichts in der Alten Pinakothek? War dies eine Frage der Technik, oder standen konservatorische Überlegungen dahinter? Wie sind die von Besuchern über Jahrzehnte hinweg kritisierten Tageslichtverhältnisse aus konservatorischer Sicht zu bewerten? Welche Lichtverhältnisse bestanden tatsächlich und waren diese wirklich mangelhaft, oder lag damals ein anderer Anspruch an die Beleuchtung von Kunstwerken vor? Welche Probleme traten nach dem Wiederaufbau durch den veränderten Umgang mit Tageslicht auf, und welchen Einfluss hatte die neue Kunstlichtbeleuchtung auf das Innenraumklima und auf die Lichtsituation? Welches Bewusstsein bestand damals für die Wechselwirkungen zwischen Lichtplanung und klimatischen Bedingungen? Welche Faktoren beeinflussten Entscheidungen im Museumsbau, und wie wurden die Argumentationsketten aufgebaut? Wo liegen die Parallelen zur Gegenwart, wo die Unterschiede, und von welchen Erkenntnissen kann die Präventive Konservierung heute profitieren? Wie sehr beeinflussten energetische Überlegungen, materielle Beschränkungen oder finanzielle Notwendigkeiten die getroffenen Entscheidungen im Verlauf der Baugeschichte? Wie stand es um das historische Bewusstsein hinsichtlich eines nachhaltigen Umgangs mit den verfügbaren Ressourcen, dem Museumsgebäude sowie den dort ausgestellten und aufbewahrten Kunstwerken?
156
Welche Rolle spielten die Besucher im Zusammenhang mit dem Unterhalt des Gebäudes und dem Erhalt der Sammlung? Sind bestimmte Maßnahmen in der Baugeschichte lediglich den Anforderungen der Besucher geschuldet? Wurden eine regelmäßige Reinigung und Sammlungspflege nur aus ästhetischen Gründen durchgeführt, oder wurden bestimmte Notwendigkeiten aus konservatorischer Sicht erkannt? Warum aber spielen dann Schadstoffe über den gesamten Zeitraum in der Alten Pinakothek eine vergleichsweise geringe Rolle? Wie veränderte sich der Umgang mit dem Gebäude durch das auf dem Gebiet der Konservierungswissenschaft stetig vermehrte Wissen über Zerstörungsmechanismen, Alterungsprozesse und Wechselwirkungen der Kunstwerke mit ihrer Umgebung? Mögliche Antworten auf diese Fragen sind entscheidend für unser heutiges Handeln im Rahmen der Präventiven Konservierung, lassen sich aber nicht pauschal beantworten. Im Folgenden wird daher die Entwicklung der einzelnen Kenngrößen aus der Baugeschichte der Alten Pinakothek herausgegriffen. Einige der angesprochenen Punkte werden dabei klarer formuliert und näher untersucht. Die Alte Pinakothek ist jeweils der Ausgangspunkt weiterführender Überlegungen und der erweiterten Betrachtung der Problemstellungen. Unterschiedliche Werkzeuge, wie thermisch-hygrische Simulationen, Lichtsimulationen, quellenkundliche Studien und Hinweise aus der Technikgeschichte, liefern Bausteine für mögliche Antworten. Die am konkreten Beispiel gewonnenen Erkenntnisse werden über den Vergleich mit Vorgehensweisen in anderen Museen sowie im Spiegel der jeweils gültigen musealen Anforderungen an die Umgebungsparameter in einen größeren Zusammenhang gestellt. Die hinter den Entscheidungen und Maßnahmen stehenden Beweggründe, Problemstellungen und Zielsetzungen waren und sind noch heute in zahlreichen Museen ähnlich. Mit Abstraktionsvermögen und entsprechendem Fachwissen können die Ergebnisse aus der Alten Pinakothek auch auf die spezifischen Fragestellungen in anderen Museumsgebäuden übertragen werden. Dies ist vergleichbar mit der in der Präventiven Konservierung notwendigen erweiterten Betrachtungsweise. Sämtliche Einzelaspekte werden gegeneinander abgewogen, und die Abschätzung von Risiken und Wechselwirkungen gewährleistet die Umsetzung einer ganzheitlichen Erhaltungsstrategie. Am Ende ergibt sich schließlich ein erweiterter Blick auf die Geschichte der Präventiven Konservierung im Allgemeinen sowie auf die Geschichte der Alten Pinakothek und ihrer Sammlung im Speziellen, der letztlich über das aus der Vergangenheit gelernte in denkbare künftige Strategien mündet.
157
1
Eibl 2011, S. 31–89.
2
Böttger 1972, S. 12.
3
Granzow 2006, S. 333.
4
BStGS Archiv, ad Fach Lit. B No. 1, Schreiben vom 16. April 1780.
Arbeiten am Dach der Firma Schubert & Ragaller vom 15. Oktober 1896. 34 StAM LBÄ 2101, Schreiben der königlichen Galeriedirektion an die Bau-Sektion München II vom 10. April 1842.
5
Granzow 2006, S. 336.
6
Ebd., S. 334.
35 BStGS 1986, S. 180.
7
Ebd., S. 335.
36 Graphische Sammlung, Inv. Nr. 26446,
8
BStGS Archiv, Fach ad Lit. B No. 1, Sch-
Klenze, Querschnitt durch die Mittel-
reiben vom 26. November 1780.
achse der Pinakothek, 3. Planungsstufe.
Granzow 2006, S. 336.
Zeichnung, Feder über Blei. Siehe Bött-
9
10 Ebd., S. 336. 11 BStGS Archiv, ad Fach I Lit. B No. 1, Schreiben vom 18. August 1804. 12 BStGS Archiv, ad Fach I Lit. B No. 1,
ger 1972, Abb. 23. 37 BStGS 1986, S. 142. 38 Messerer 1966. 39 StAM LBÄ 2107, Kostenvoranschlag
Baureperaturen Gebäude am Hofgarten
über Instandsetzungen und bauliche
1800–1846.
Änderungen an verschiedenen Räumen
13 BStGS Archiv, ad Fach I Lit. B No. 1, Schreiben vom 23. September 1804.
der k. Alten Pinakothek vom 26. Januar 1910.
14 Vierneisel/Leinz 1980, S. 93.
40 BStGS 1986, S. 180.
15 Ebd., S. 84.
41 Ebd.
16 Ebd., S. 98.
42 Anonym 1841, S. 286.
17 Ebd., S. 124.
43 Ebd. und StAM LBÄ 2104, Vornahme
18 GHA II A 29. Wagner an Ludwig, Nr. 423,
verschiedener größerer Bauarbeiten in
2. Juli 1826, zitiert nach Vierneisel/Leinz
der kgl. Alten Pinakothek vom 16. März
1980, Fußnote 40, S. 294.
1889.
19 Böttger 1972, S. 15 und Eibl 2011, S. 34 f.
44 BStGS 1986, S. 234.
20 Ebd.
45 Anonym 1841, S. 286.
21 Ebd.
46 Böttger 1972, S. 45.
22 Böttger 1972, S. 16, Eibl 2011, S. 35 und
47 Hermann 1834b, S. 4.
Hanfstangl 1922, S. 2. 23 BStGS Archiv, Fach I Lit. P Nr. 2, Hand-
48 Ebd., S. 6. 49 Ebd., S. 8.
schriftlicher Entwurf von Dillis, ohne
50 Ebd., S. 6.
Datierung.
51 Messerer 1966, S. 721, 648 A, Schreiben
24 Eibl 2011, S. 38 f. 25 Eibl 2011, S. 31–87. 26 Anonym 1841, S. 279.
158
33 StAM LBÄ 2104, Kostenvoranschlag für
Dillis an Ludwig vom 6. Oktober 1836. 52 Ebd., S. 721, 648 A, Schreiben Dillis an Ludwig vom 6. Oktober 1836.
27 Butlar/Savoy 2012, S. 322 und S. 325.
53 Anonym 1841, S. 285.
28 Anonym 1841, S. 279.
54 Ebd., S. 285 und Hipp/Schawe 2011.
29 StAM LBÄ 2115, Baulicher Erlass zum
55 StAM LBÄ 2103, Schreiben Reber an
Wiederaufbau der Alten Pinakothek vom
das Landbauamt München betrifft „Die
27. Mai 1975.
Aufteilung des Budgets für die XVIII
30 Böttger 1972, S. 41.
Finanzperiode“. Reber bittet darin von
31 Snethlage et al. 1995, S. 154.
der Erneuerung des Terrazzobodens in
32 BStGS 1986, S. 179.
der Loggia abzusehen.
56 Hanfstaengl 1922, S. 3. 57 Klenze 1830, S. 3. 58 BStGS Archiv, ad Fach I Lit. D No. 2, Dienstordnungen und Reglements.
86 BStGS Archiv, ad Fach I Lit. D No. 2, Dienstordnungen und Reglements. 87 Ebd. 88 Ebd.
59 Ebd.
89 Ebd.
60 Klenze 1830, S. 3.
90 Penzel 2007, S. 473.
61 BStGS Archiv, Fach I Lit. P Nr. 2, Entwurf
91 Messerer 1966, S. 729, 660 A, Schreiben
eines Schreibens von Klenze an König Maximilian I. 62 Hermann 1834a, S. 139. 63 Ebd. 64 Ebd. 65 Hermann 1834a, S. 138–158. 66 Ebd., S. 151. 67 Ebd., S. 148. 68 Ebd., S. 149.
Dillis an Ludwig vom 26. Juni 1838. 92 Böttger 1972, S. 16. 93 StAM LBÄ 2102, Auszug aus dem Sitzungsprotokoll vom 15. Januar 1880, S. 591–594, Kap. 17 Gemäldegallerien. 94 Messerer 1966, S. 656, 579 A, Schreiben Dillis an Ludwig vom 7. Januar 1828. 95 StAM LBÄ 2102, Auszug aus dem Sitzungsprotokoll vom 15. Januar 1880, S.
69 Ebd., S. 148.
591–594, Kap. 17 Gemäldegallerien.
70 Ebd., S. 150.
96 BStGS Archiv, ad Fach I Lit. B No. 1,
71 BStGS Registratur, Akt 17/3 Nr. 486, Schreiben an das Staatsministerium des Inneren vom 23. September 1903. 72 Hermann 1834a, S. 153.
Baureparaturen Pinakotheksgebäude 1841–1877, Schreiben der k. Regierung von Oberbayern vom 12. Januar 1862. 97 BStGS Archiv, ad Fach I Lit. B No. 1,
73 Ebd., S. 154.
Baureparaturen Pinakotheksgebäude
74 Ebd., S. 155.
1841–1877, Schreiben des Staatsminis-
75 BStGS Archiv, Fach I Lit. P Nr. 2, Entwurf
teriums für Kirchen- und Schulangele-
eines Schreibens von Klenze an das Ministerium vom 14. September 1823. 76 Klenze 1830, S. 4. 77 BStGS Archiv, Fach I Lit. P Nr. 2, Schreiben von Klenze an König Maximilian I. vom 23. März 1823. 78 Erbe 1823, S. 19 f. 79 Ebd., S. 19. 80 Anonym 1841, S. 288. 81 Ebd., S. 287. 82 Klenze 1830, S. 4. 83 BStGS Archiv, Fach I Lit. D No. 3, Galleriediener Conv. II, 1822–1872, Schreiben der Galeriediener vom 18. Juni 1839. 84 BStGS Archiv, Fach I Lit. D No. 3, Galleriediener Conv. II, 1822–1872, Schreiben Staatsmninisterium des Innern vom 14. September 1838. 85 Anonym 1841, S. 280.
genheiten vom 30. Juni 1864. 98 BStGS Archiv, ad Fach I Lit. B No. 1, Baureparaturen Pinakotheksgebäude 1841–1877. 99 BStGS Archiv, ad Fach I Lit. B No. 1, Baureparaturen Pinakotheksgebäude 1841–1877. 100 BStGS Registratur, Akt 16/3 Nr. 314, Zeitungsausschnitt aus dem Zweiten Morgenblatt, Nr. 31 vom 31. Januar 1892. 101 BStGS Registratur, Akt 16/3 Nr. 314, Protokoll der fünften Sitzung des Reiseausschusses der Kommission für Beheizung der Alten Pinakothek vom 8. Januar 1881. 102 BStGS Registratur, Akt 16/3 Nr. 314, Zeitungsausschnitt aus dem Zweiten Morgenblatt, Nr. 31 vom 31. Januar 1892. 103 BStGS Registratur, Akt 17/3 Nr. 486, Schreiben Bayerische Staatsgemäl-
159
desammlungen an das Staatsministeri-
Schreiben vom 4. Januar 1850 beantragt
um des Inneren vom 7. November 1917.
die Direktion eine Abänderung der Luft-
104 Schmitt 1990, S. 33. 105 Ebd., S. 34. 106 Bayerisches Hauptstaatsarchiv, MK3/14259, Akten des Ministeriums für
ferstichkabinetts. 121 Goldberg 1996, S. 13–16. 122 BStGS Archiv, Fach 16 Nr. 8, Die Alte
Kirchen- und Schulangelegenheiten,
Pinakothek von Leo von Klenze, Schrift-
Beilage vom 26. Juni 1863.
stück vom 4. Juni 1957, verfasst von
107 Ebd. 108 Memorandum der königlichen GallerieKommission vom 13. September 1879, BSTGS Archiv, ad Fach I Lit. B No. 1,
Generaldirektor Buchner. 123 BStGS Registratur Akt 20/3a Nr. 544, Schreiben Buchner an Braune vom 29. September 1942.
Baureparaturen Pinakotheksgebäude
124 Erbe 1923, S. 19.
1841–1877.
125 StAM LBÄ 2102, Abschrift eines Schrei-
109 BStGS Registratur Akt 16/3 Nr. 314, Zei-
bens des Staatsministerium des Inneren
tungsausschnitt aus dem Zweiten Mor-
für Kirchen- und Schulangelegenheiten
genblatt, Nr. 31 vom 31. Januar 1892.
die Heizvorrichtungen in der Pinakothek
110 StAM LBÄ 2101, Voranschlag über die
betreffend vom 20. Juli 1877.
Setzung eines Ofens in dem Zimmer des
126 Voit 1893, S. 372.
königlichen Conservators vom Kupfer-
127 BStGS Registratur, Akt 16/3 Nr. 314. Eine
stichcabinet in der k. Pinakothek. Mit Schreiben vom 4. Januar 1850 beantragt die Direktion eine Abänderung der Luftheizung in sämtlichen Räumen des Kupferstichkabinetts.
vollständige Transkription des Berichtes findet sich bei Eibl 2011, S. 222–242. 128 StAM LBÄ 2104, Vornahme verschiedener größerer Bauarbeiten in der kgl. alten Pinakothek vom 16. März 1889.
111 BStGS Archiv, Fach I Lit. H No. 1, Central
129 BStGS Registratur, Akt 17/3 Nr. 486,
Gemaelde Gallerie München, Heizer und
Schreiben Bayerische Staatsgemäl-
Tagelöhner 1816–1880.
desammlungen an das Staatsministeri-
112 Tiede 1871, S. 187.
um des Inneren vom 7. November 1917.
113 Ebd., S. 188.
130 BStGS Registratur, Akt 17/3 Nr. 486,
114 Ebd., S. 192.
Schreiben Bayerische Staatsgemäl-
115 BStGS Archiv, ad Fach I Lit. B No. 1,
desammlungen an das Staatsministeri-
Baureparaturen Pinakotheksgebäu-
um des Inneren vom 7. November 1917.
de 1841–1877, Schreiben Bayerische
131 StAM LBÄ 2105, Kostenberechnung der
Staatsgemäldesammlungen an das
Firma Sulzer für die Niederdruckdampf-
Ministerium für Kirchen- und Schulan-
heizung in der Alten Pinakothek vom 22.
gelegenheiten vom 9. April 1866. 116 Eisenmann 1873, S. 249–255. 117 Ebd., S. 249. 118 Ebd., S. 252. 119 Ebd., S. 255. 120 StAM LBÄ 2101, Voranschlag über die
September 1890. 132 StAM LBÄ 2104, Vornahme verschiedener größerer Bauarbeiten in der kgl. alten Pinakothek vom 16. März 1889. 133 StAM LBÄ 2103, Kostenvoranschlag für die Herstellung einer Warmwasserhei-
Setzung eines Ofens in dem Zimmer des
zung für den Landneubauetat 1886/87
königlichen Conservators vom Kupfer-
vom 20. Februar 1885.
stichcabinet in der k. Pinakothek. Mit
160
heizung in sämtlichen Räumen des Kup-
134 StAM LBÄ 2104, Vornahme verschie-
151 StAM LBÄ 2105, Kostenberechnung der
dener größerer Bauarbeiten in der kgl.
Firma Sulzer für die Niederdruckdampf-
alten Pinakothek vom 16. März 1889.
heizung in der Alten Pinakothek vom 22.
135 BStGS Registratur, Akt 16/3 Nr. 314, Zeitungsausschnitt aus dem Zweiten Morgenblatt Nr. 31 vom 31. Januar 1892. 136 StAM LBÄ 2105, Schreiben Firma Sulzer
September 1890. 152 StAM LBÄ 2105, Vertrag zwischen dem Landbauamt München und der Frma Sulzer über die Herstellung einer Nie-
an das Landbauamt München vom 18.
derdruckdampfheizung mit continuir-
September 1890.
lichem Betriebe nach System Bechem
137 StAM LBÄ 2104, Vornahme verschiedener größerer Bauarbeiten in der kgl. Alten Pinakothek vom 16. März 1889. 138 BStGS Registratur, Akt 16/3 Nr. 314, Zeitungsausschnitt aus dem Zweiten Morgenblatt Nr. 31 vom 31. Januar 1892. 139 BStGS Archiv, Fach I Lit. H No. 1, Heizer und Tagelöhner 1816–1880. Instruction für den Heizer und Tagelöhner bei der kgl. Central-Gemäldegallerie Direction
& Post in der kgl. alten Pinakothek vom 23. Oktober 1890. 153 Voit 1893, S. 373. 154 Ebd., S. 372. 155 BStGS Registratur, Akt 15/1 Nr. 342, Schreiben vom 14. September 1912, betrifft die Anbringung eines Windfanges am Hauptportal der Alten Pinakothek. 156 BStGS Archiv, Fach I Lit. H No. 1, Heizer
vom 5. Oktober 1880.
und Tagelöhner 1816–1880. Instruction
140 Voit 1893, Tabelle, S. 411.
für den Heizer und Tagelöhner bei der
141 Ebd., S. 376.
kgl. Central-Gemäldegallerie Direction
142 Ebd., S. 414.
vom 5. Oktober 1880.
143 Ebd., S. 415.
157 Peclét 1858, S. 356 f.
144 Ebd., S. 416.
158 BStGS Registratur, Akt 17/3 Nr. 486,
145 Ebd., S. 417.
Schreiben des Staatsministerium des
146 BStGS Registratur, Akt 15/1 Nr. 344 Teil
Innern für Kirchen- und Schulangele-
1, Schreiben Direktion der Staatsge-
genheiten aus dem Jahr 1917 und Ant-
mäldesammlungen an das Landbauamt
wortschreiben der k. B. Direktion der
München vom 9. Juli 1920.
staatlichen Galerien vom 7. November
147 StAM LBÄ 2104, Vornahme verschie-
1917.
dener größerer Bauarbeiten in der kgl.
159 Ebd.
Alten Pinakothek vom 16. März 1889.
160 Ebd.
148 BStGS Registratur, Akt 17/3 Nr. 486, Schreiben der k.B. Zentral-Gemäldega-
161 Ebd. 162 BStGS Registratur, Akt 17/3 Nr. 486,
lerie-Direktion an das Staatsministerium
Nachweis über den Brennstoffver-
des Innern für Kirchen- und Schulange-
brauch für die Heizperioden 1926/27 bis
legenheiten vom 23. September 1903. 149 BStGS Registratur, Akt 17/3 Nr. 486, Schreiben der k. Zentral-Gemälde-Galerie-Direktion an das Staatsministerium des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 24. Mai 1904. 150 Erbe 1923, S. 20.
1933/34. 163 BStGS Registratur, Akt 17/3 Nr. 486, Brennstoffbeschaffung in den Heizperioden 1812–1945. 164 BStGS Registratur, Akt 15/1 Nr. 345, Schreiben Rechnungskammer an die Direktion der Bay. Staatsgemäldesammlung vom 14. Mai 1934.
161
165 StAM LBÄ 2104, Vornahme verschiedener größerer Bauarbeiten in der kgl. Alten Pinakothek vom 16. März 1889. 166 StAM LBÄ 2107, Schreiben Landbauamt an die Kammer des Inneren vom 17. Mai 1910. 167 Ebd. 168 StAM LBÄ 2104, Ergänzungsanschlag
August 1936. 181 BStGS Archiv ad Fach I Lit. D No. 2, Dienstordnungen und Reglements, Schreiben vom 19. Januar 1901. 182 Ebd. 183 Schawe 1994, S. 10–22, BStGS 1986, S. 206–208 und Eibl 2011, S. 66 f.
zur Herstellung einer Zentralheizung in
184 BStGS 1986, S. 217 und Eibl 2011, S. 67.
der kgl. Alten Pinakothek vom 4. Juni
185 BStGS Archiv, Fach 16 Nr. 8, Die Alte
1889. 169 StAM LBÄ 2105, Vertrag zwischen dem Landbauamt München und der Firma Ludwig Kießlich & Comp. die Erneuerung bez. Abänderung von Oberlichtern betreffend vom 25. Oktober 1890. 170 StAM LBÄ 2111, Schreiben von Landbauamt München an Theodor Treutlin vom 26. September 1925.
Pinakothek von Leo von Klenze, Schriftstück vom 4. Juni 1957, verfasst von Generaldirektor Buchner. 186 Beschreibung der drei Bauabschnitte bei Eibl 2011, S. 66–79. 187 Oberregierungsbaurat Kirschenhofer, Regierungsbaurat Hummel und Regierungsbauinspektor Vykoukal. 188 BStGS Archiv, Fach 16 Nr. 8, Die Alte
171 Erbe 1923, S. 19 f.
Pinakothek von Leo von Klenze, Schrift-
172 Ebd.
stück vom 4. Juni 1957, verfasst von
173 Brief von Alfred Lichtwark vom 17./18. Oktober 1910, zitiert nach Goldberg 1996, S. 24.
Generaldirektor Buchner. 189 Münchner Merkur Nr. 153 vom 26. Juni 1952.
174 Anonym 1910, o. S.
190 BStGS 1986, S. 205.
175 Goldberg 1996, S. 24.
191 BStGS Archiv, Fach 16 Nr. 8, Die Alte
176 BStGS Archiv ad Fach I Lit. D No. 2, Dienstordnungen und Reglements. 177 BStGS Registratur, Akt 17/3 Nr. 486, Schreiben der Staatsgemäldesammlungen an das Staatsministerium des Inneren vom 23. September 1903. 178 BStGS Registratur, Akt 15/1 Nr. 344 Teil 1, Schreiben Direktion der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen an das Ministerium für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 13. März 1920. 179 BStGS Registratur, Akt 17/3 Nr. 486, Schreiben der k. Zentral-Gemälde-Gale-
Pinakothek von Leo von Klenze, Schriftstück vom 4. Juni 1957, verfasst von Generaldirektor Buchner. 192 StAM LBÄ 2115, Baulicher Erlaß zum Wiederaufbau der Alten Pinakothek vom 27. Mai 1957. 193 Architekturmuseum der Technischen Universität München, Archiv, 2.48.270 bis 2.48.283. 194 StAM LBÄ 2114, Schreiben Landbauamt München vom 16. August 1956. 195 StAM LBÄ 2115, Aktenvermerk zur Abnahme der Luftheizung und Befeuch-
rie-Direktion an das Staatsministerium
tungsanlage vom 20. bis 22. Mai 1957.
des Inneren für Kirchen- und Schulan-
196 Architekturmuseum der Technischen
gelegenheiten vom 24. Mai 1904. 180 BStGS Registratur, Akt 15/1 Nr. 344 Teil 1, Schreiben Landbauamt München
162
an das Heeresamt I München vom 21.
Universität München, Archiv, 2.48.270 bis 2.48.283. 197 Ebd.
198 StAM LBÄ 2114, Angebot über die Ausführung von Lüftungskanälen in verzinktem Eisenblech für die Alte Pinakothek vom 26. September 1956. 199 StAM LBÄ 2114, Schreiben Landbauamt München vom 16. August 1956. 200 Architekturmuseum der Technischen
216 StAM LBÄ 2114, Kostenvoranschlag über den inneren Ausbau der Alten Pinakothek vom 5. März 1954. 217 StAM LBÄ 2115, Aktenvermerk Landbauamt München vom 4. April 1957. 218 StAM LBÄ 2115, Aktenvermerk Landbauamt München vom 24. Juli 1957.
Universität München, Archiv, 2.48.270
219 Ebd.
bis 2.48.283.
220 StAM LBÄ 2115, Aktenvermerk Land-
201 Architekturmuseum der Technischen Universität München, Archiv, 2.48.308. 202 StAM LBÄ 2115, Teilbaumaßnahme des II. Bauabschnitts vom 26. Juni 1957. 203 StAM LBÄ 2115, Schreiben Landbauamt
bauamt München vom 22. Juli 1957. 221 Münchner Merkur Nr. 31 vom 5. Februar 1953. 222 StAM LBÄ 2114, Kostenaufstellung über die Ausführung von Baumaßnahmen,
München vom 17. Dezember 1957.
die unbedingt erforderlich sind, um den
204 StAM LBÄ 2115, Schreiben Bayerische
gesamten Bau der Alten Pinakothek in
Staatsgemäldesammlungen vom 2. Februar 1959. 205 StAM LBÄ 2115, Schreiben Landbauamt München vom 12. April 1958. 206 StAM LBÄ 2115, Schreiben Landbauamt München vom 24. November 1958. 207 StAM LBÄ 2115, Schreiben Landbauamt München vom 1. September 1959. 208 Bestandsunterlagen Doerner Insti-
München unter Dach zu bringen, vom 2. Februar 1953. 223 BStGS Archiv, Fach 16 Nr. 8, Die Alte Pinakothek von Leo von Klenze, Schriftstück vom 4. Juni 1957, verfasst von Generaldirektor Buchner. 224 StAM LBÄ 2114, Kostenaufstellung über die Ausführung von Baumaßnahmen, die unbedingt erforderlich sind, um den
tut, Rückseite einer handschriftlichen
gesamten Bau der Alten Pinakothek in
Besprechungsnotiz vom 22. Januar
München unter Dach zu bringen, vom 2.
1988. 209 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Schreiben Landbauamt München an die Regierung von Oberbayern vom 4. Juli 1989. 210 Architekturmuseum der Technischen Universität München, Archiv, 2.48.6. 211 Ebd. 212 StAM LBÄ 2114, Aktenvormerkung vom 22. November 1955. 213 Architekturmuseum der Technischen Universität München, Archiv, 2.48.108. 214 Architekturmuseum der Technischen Universität München, Archiv, 2.48.5. 215 StAM LBÄ 2114, Aktenvormerkung vom 22. November 1955.
Februar 1953. 225 StAM LBÄ 2115, Schreiben Landbauamt München vom 11. Januar 1957. 226 BStGS Archiv, Fach 16 Nr. 8, Die Alte Pinakothek von Leo von Klenze, Schriftstück vom 4. Juni 1957, verfasst von Generaldirektor Buchner. 227 StAM LBÄ 2114, Kostenaufstellung über die Ausführung von Baumaßnahmen, die unbedingt erforderlich sind, um den gesamten Bau der Alten Pinakothek in München unter Dach zu bringen, vom 2. Februar 1953. 228 BStGS Archiv, Fach 16 Nr. 8, Die Alte Pinakothek von Leo von Klenze, Schriftstück vom 4. Juni 1957, verfasst von Generaldirektor Buchner.
163
229 StAM LBÄ 2115, Schreiben Landbauamt München vom 2. Januar 1957. 230 StAM LBÄ 2115, Baulicher Erlaß zum Wiederaufbau der Alten Pinakothek vom 27. Mai 1957. 231 Doerner Institut, Bestandsunterlagen, interne Studie zu den Lichtverhältnissen in den Pinakotheken, Teil II vom 23. September 1986. 232 StAM LBÄ 2114, Kostenanschlag über die Neueinrichtung der Alten Pinakothek vom 21. Juni 1956. 233 Eines dieser Geräte befindet sich heute funktionsfähig bei der Betriebstechnik der Alten Pinakothek. 234 Baucik/Kammerer 1957, S. 547–550.
Strömungstechnische Untersuchung zum Luftführungssystem der Kessler + Lurch GmbH vom 24. März 1994. 252 Bestandsunterlagen Alte Pinakothek, HU-Bau Schreiben vom 16. Oktober 1991. 253 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Schreiben Burmester an Eikemeier vom 30. April 1988. 254 Mündliche Mitteilung Simonis (Betriebstechnik Alte Pinakothek) vom 24. Mai 2011. 255 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Schreiben Burmester an Eikemeier vom 30. April 1988.
235 Ebd., S. 547.
256 Ebd.
236 Ebd.
257 Mündliche Mitteilung Simonis vom 24.
237 Ebd. 238 Ebd., S. 548.
Mai 2011. 258 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
239 Ebd., S. 548 f.
Erhebungsbogen zur Bestandsaufnahme
240 Ebd., S. 547.
im Rahmen eines geplanten Energie-
241 StAM LBÄ 2114, Kostenanschlag über
spar-Contractings für die Alte Pinako-
die Neueinrichtung der Alten Pinakothek
thek, erstellt vom Staatlichen Hochbau-
vom 21. Januar 1956.
amt im September 2010. Mittlerweile
242 Baucik/Kammerer 1957, S. 549.
(August 2014) erfolgt der Wärmebezug
243 Ebd. S. 550.
ausschließlich über Fernwärme und der
244 Wehlte 1964, S. 17 f. 245 Ebd., S. 18. 246 Koller 1977, S. 6–10. 247 Ebd., S. 8 f. 248 BStGS Archiv, Fach 16 Nr. 8, Die Alte
Bezug von Sattdampf wurde eingestellt. 259 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Aktenvermerk Burmester vom 10. März 1999. 260 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
Pinakothek von Leo von Klenze, Schrift-
Erhebungsbogen zur Bestandsaufnahme
stück vom 4. Juni 1957, verfasst von
im Rahmen eines geplanten Energie-
Generaldirektor Buchner.
spar-Contractings für die Alte Pinako-
249 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Interne Studie zum Raumklima und den
thek, erstellt vom Staatlichen Hochbauamt im September 2010.
Lichtverhältnissen in der Alten Pinako-
261 Ebd.
thek, Teil I vom 18. September 1985, Teil
262 V-Block-Solerückkühler der Firma Gün-
II vom 23. September 1986 und Teil III vom 9. März 1987. 250 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Protokoll einer Besprechung zur Sanierung der Alten Pinakothek vom 19. April 1989.
164
251 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
ther, Baureihe Günther GFD. 263 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Schreiben Ingenieurbüro Ottitsch vom 20. September 2007. 264 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Schreiben Staatliches Hochbauamt
München I an die Regierung von Oberbayern vom 15. April 2003. 265 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Aktenvermerk Burmester vom 20. Februar 1998. 266 Mündliche Mitteilung Strobl (Leiter der Betriebstechnik). 267 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Stellungnahme zum Klima in der Alten Pinakothek vom 14. Oktober 1988. 268 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
279 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Protokoll zu einem Vor-Ort-Termin am 1. Juni 2001 vom 8. Juni 2001. 280 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Bericht der Instituts für Tageslichttechnik Stuttgart zur Erneuerung der Lichtund Sonnenschutzanlagen der Alten Pinakothek vom 10. April 2002, Anlage Schreiben Johnson Controls vom 10. Juli 2001. 281 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
Schreiben Klima Alte Pinakothek vom
Zeitungsausschnitt aus der Frankfurter
30. April 1988.
Allgemeinen Zeitung, Nr. 170 vom 25.
269 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Interne Studie zum Raumklima und den Lichtverhältnissen in der Alten Pinako-
Juli 1998, S. 31. 282 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Aktennotiz vom 19. April 2006.
thek, Teil I vom 18. September 1985, Teil
283 Ebd.
II vom 23. September 1986 und Teil III
284 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
vom 9. März 1987. 270 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Planungsunterlagen Glas und Gnan vom 16. Februar 1998. 271 Ebd.
Entwurf zum Wärmeschutz, thermische Simulation und Lichtsimulation der Firma ICP Consulting Pütschneider GmbH vom 28. April 2006. 285 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
272 Ebd.
Aktenvermerk vom 1. März 2007.
273 Ebd.
286 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
274 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Aktenvermerk Harrach vom 21. Mai 1999. 275 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
Baubesprechung vom 25. November 2008. 287 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
Schreiben Staatliches Hochbauamt an
Entwurf zum Wärmeschutz, thermi-
die Regierung von Oberbayern vom 29.
sche Simulation und Lichtsimulation
Oktober 2002.
der Firma ICP Consulting Pütschneider
276 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Planungsunterlagen Glas und Gnan vom 16. Februar 1998. 277 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
GmbH vom 28. April 2006. 288 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Aktenvermerk vom 4. Dezember 2007. 289 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
Angebot der Firma Axima Energy Servi-
Planunterlagen zu den Lichtbändern im
ces, Grobanalyse der Alten Pinakothek
Dachraum, Ingenieurbüro Bamberger
im Rahmen des Energiesparcontracting vom 2. Februar 2009. 278 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
vom 7. Februar 2008. 290 Bestandsunterlagen Doerner Institut, Konzepterstellung der Änderung der
Erhebungsbogen zur Bestandsauf-
Beleuchtung in der Alten Pinakothek,
nahme im Rahmen eines geplanten
Ingenieurbüro Bamberger vom 23. Feb-
Energiespar-Contractings für die Alte Pinakothek, erstellt vom Staatlichen
ruar 2007. 291 Eibl 2009a und Eibl 2009b.
Hochbauamt im September 2010.
165
EXKURS HISTORISCHE KLIMAVERHÄLTNISSE
a
Die Rekonstruktion der historischen Klimabedingungen in der Alten Pinakothek erfolgte mit der Software WUFIplus. Das Kürzel steht für „Wärme und Feuchte instationär“. Das Programm berechnet Wärme-, Feuchteund Energieflüsse in dreidimensionalen Raummodellen und bietet zudem die Möglichkeit, mehrere Räume oder ganze Gebäude über eine Kopplung verschiedener Zonen zu betrachten. Die dynamische Gebäudesimulation mit ihrer hohen zeitlichen Auflösung stündlicher Werte erlaubt eine relativ genaue Beschreibung einzelner, zeitabhängiger Wärme- und Feuchteströme in ihrem Zusammenwirken für komplexe Gebäudemodelle, wie dies bei der Alten Pinakothek der Fall ist. Das erstellte Mehrzonen-Gebäudemodell ist ein nicht geometrisches Gleichgewichtsmodell, dem kombinierte 2*-Knoten-Netzwerkmodelle für Feuchte- und Wärmeflüsse zugrunde liegen. Das Gebäude wurde in mehrere thermische und hygrische Zonen unterteilt, in denen per Definition jeweils eine homogene Feuchte- und Raumlufttemperaturverteilung angenommen wird. Das im Folgenden für die thermischen Vorgänge ausführlich beschriebene, dem Programm zugrunde liegende Rechenmodell gilt – entsprechend analog – ebenfalls für sämtliche Feuchteströme.
GRUNDLAGEN Jede Zone besteht aus einem Lufttemperaturknoten, der die thermische Kapazität des Luftvolumens und der enthaltenen Masse abbildet, und einem Sternknoten zur Berechnung des langwelligen Strahlungsaustausches mit den inneren Umgebungsflächen sowie des konvektiven Energieflusses aller inneren Oberflächen zum Luftknoten. Auch die Energieflüsse einer Zone werden am Luftknoten bilanziert. Hierbei wird die thermische Kapazität der Zone und die konvektiv zugeführte Heiz- und Kühlenergie als Änderung der inneren Energie berücksichtigt. Die Summe aus den konvektiven Wärmeströmen aller umschließenden inneren Oberflächen, der Infiltration, der Ventilation, der internen Wärmegewinne und dem benutzerdefinierten Luftmassenstrom bildet den konvektiven Anteil des Wärmestromes. Der radiative Wärmefluss setzt sich je Oberflächenknoten aus den internen Strahlungsgewinnen, den absorbierten Strahlungsanteilen und dem langwelligen Strahlungsaustausch der Oberflächen zusammen. In den Bauteilen ablaufende Wärmeübergänge werden eindimensional unter Berücksichtigung der einzelnen, als homogen angenommenen Schichten durch Funktionen der Response-Factor-Methode erfasst. Der
169
für jedes Bauteil und jeden Zeitschritt ermittelte momentane Wärmestrom errechnet sich aus den Stoffdaten, den Oberflächentemperaturen und den Wärmeströmen vorhergehender Zeitschritte. Das gesamte Gebäude wird in jedem Zeitschritt durch ein lineares Gleichungssystem, mit den Luftknoten- und Sternknotentemperaturen als Unbekannte, abgebildet. Die Berechnung von transparenten Bauteilen basiert auf dem sogenannten Fenstermodell. Bei dem komplexen Fenstermodell werden das thermische Scheibenstapel- und das Fensterrahmenmodell jeweils separat über Gleichungssysteme erfasst und mit einem optischen Scheibenmodell gekoppelt. Letzteres berücksichtigt Transmission, Reflexion und Absorption für unterschiedliche Durchstrahlungsrichtungen und berechnet die beidseitig transmittierten, absorbierten und reflektierten Anteile der diffusen und direkten Strahlung.1 Die thermischen Modelle für Scheibenstapel und Fensterrahmen modellieren die Temperaturen der Innenund Außenoberfläche des Rahmens und der Verglasung sowie, ausgehend von der Wärmeleitung, dem konvektiven Strahlungsübergang, dem langwelligen Strahlungsaustausch an den Oberflächen und der Wärmespeicherung, die Temperatur der Ersatzknoten in den Scheibenzwischenräumen.2 Die Wärme- und Feuchtetransportprozesse werden über Differentialgleichungen miteinander gekoppelt, wobei sich Speicher- und Transportterme gegenüberstehen. Gelöst wird das Gleichungssystem in einem iterativen Prozess mittels des impliziten Finite-Volumen-Verfahrens. Die Genauigkeit dieser numerischen Lösung ist abhängig von der Maschenweite des Gitters, der Größe der Zeitschritte und der Wahl der Abbruchkriterien. Die numerische Lösung ist dabei hinreichend genau, sodass der Einfluss der Parameter gegenüber den physikalischen Einflussgrößen zu vernachlässigen ist.
EINSCHRÄNKUNGEN UND UNSICHERHEITEN Selbst bei aufwendigen thermisch-hygrischen Simulationen beziehen sich die Ergebnisse aber immer auf nur einen Knotenpunkt pro Wandfläche und einen pro Raumvolumen. Vor dem Hintergrund der möglichen Inhomogenität historischer Bauteile ist dies eine Einschränkung, die unabhängig von jeder messtechnischen Validierung beziehungsweise Eingabeungenauigkeit bestehen bleibt. Die derzeitigen Einsatzgebiete der verfügbaren Simulationsprogramme sind entweder die Planung von Neubauten oder die
170
Variantenuntersuchung bei der Sanierung von Bestandsgebäuden. Simulationen, welche die Sanierungskonzeption unterstützen, werden normalerweise von umfangreichen raumklimatischen Untersuchungen begleitet. Dabei wird der Ist-Zustand messtechnisch erfasst und im Simulationsmodell nachgerechnet. Daran anschließend erfolgt ein Abgleich der Simulationsergebnisse mit den Messwerten und gegebenenfalls eine Veränderung des Simulationsmodells, bis die Werte hinreichend genau übereinstimmen. Im nächsten Schritt können verschiedene Sanierungsvarianten bezüglich ihrer Auswirkung auf die klimatischen Komfortkriterien und/oder den erforderlichen Energiebedarf gegenübergestellt werden. Bei der Konzeption von Neubauten werden Simulationen häufig in der Konzeptphase eingesetzt, um die Machbarkeit und die Besonderheiten verschiedener Planungsvarianten zu untersuchen. Die Qualität der Simulationsergebnisse ist allerdings erst überprüfbar, wenn das Gebäude errichtet ist und genutzt wird. Normalerweise werden thermisch-hygrische Simulationen also ausschließlich zur Untersuchung momentaner Zustände oder künftig eintretender Bedingungen genutzt. Eine rückwirkende Rekonstruktion historischer Innenraumklimabedingungen wurde bisher nicht (systematisch) durchgeführt. Die im Jahr 2011 abgeschlossene Masterthesis „Lernen aus der Geschichte. Historische Innenraumklimabedingungen und resultierende Klimatisierungsstrategien am Beispiel der Alten Pinakothek“3 bildete eine erste Grundlage für den nun wesentlich weiterentwickelten Ansatz, die historischen Innenraumklimabedingungen in Museen mit dem Werkzeug der thermisch-hygrischen Simulation nachzuvollziehen und im Detail zu untersuchen. Da es sich bei den damaligen Berechnungen um einen ersten Demonstrationsversuch handelte, erfolgten an zahlreichen Stellen bewusste Vereinfachungen und folgerichtig wurde auf die Angabe konkreter Werte verzichtet. Beim damaligen Ansatz wurden zudem ausschließlich die historischen Bedingungen in der Alten Pinakothek untersucht und den aktuellen Verhältnissen anhand von verfügbaren Messdaten der Klimaanlagensensorik gegenübergestellt. Mit dieser Dissertation erfolgte eine deutliche Verbesserung der Raummodelle in Bezug auf Geometrie und Bauteilaufbauten sowie eine höher aufgelöste Zonierung des Gebäudes. Außerdem wurden anhand des Quellenmaterials umfassende Stundenprofile für die internen Lasten sowie die verschiedenen Klimakontrollstrategien gesondert für jeden Monat erstellt.4
171
AUFBAU DES SIMULATIONSMODELLS
Abb. 51 Alte Pinakothek. Vereinfachter Querschnitt durch das Gebäude mit den zehn Zonen der thermisch-hygrischen Simulation.
Das für die weiterentwickelten Simulationen aufwendiger und deutlich verbessert erstellte Mehrzonengebäudemodell der Alten Pinakothek (Abb. 51) setzt sich aus insgesamt zehn Zonen, die einen Querschnitt durch den Mittelbau abbilden, zusammen. Folgende Raumvolumina sind als Zonen angelegt: der Galeriesaal (1), das Kabinett (2), der Loggiengang (3), die jeweils zugehörigen Erdgeschossräume (4–6), das Kellergeschoss (7), der Dachraum oberhalb des Galeriesaales (8), das Mezzaningeschoss und der Dachraum oberhalb des Kabinetts (9) sowie der Dachraum über dem Loggiengang (10). Das Ziel der thermisch-hygrischen Berechnungen war die Rekonstruktion der historischen Innenraumklimabedingungen, und so stehen Galeriesaal, Kabinett und Dachraum mit Oberlichtbeleuchtung im Zentrum der Betrachtungen. Alle anderen Zonen sind wegen ihres Einflusses auf die museal genutzten Räume von Bedeutung. Die an die Zonen dieses Querschnittes in Längsrichtung grenzenden Luftvolumina wurden in der Simulation als adiabate Zonen betrachtet.
EINGABEPARAMETER Da die Qualität und Verlässlichkeit der Simulationsergebnisse maßgeblich von den Eingabeparametern bestimmt wird, sind nachfolgend getroffene Annahmen und notwendige Vereinfachungen beschrieben. Dies soll eine Plausibilitätsprüfung und Bewertung der später vorgestellten Innenraumklimabedingungen erleichtern und bestimmte Entscheidungen nachvollziehbar begründen. WETTERDATEN Die erste zu definierende Eingabegröße sind die Außenklimabedingungen am betrachteten Standort. Der Deutsche Wetterdienst stellt diese standortabhängigen stündlichen Wetterdaten, die auch als „Test-ReferenceYear“ (try) bezeichnet werden, zur Verfügung. Ein solches Testreferenzjahr
172
wird statistisch aus mehreren Jahrzehnten Klimaaufzeichnungen berechnet und ist ein Mittelwert der realen Standortbedingungen. Dieses Verfahren kappt sämtliche Extremata. Doch gerade diese sind wesentlich in ihrem Einfluss auf das hygrische und thermische Verhalten eines Gebäudes und beeinflussen nachhaltig die sich im Innenraum einstellenden Bedingungen. Insbesondere im Museum ist die Klimastabilität bei äußeren Extrembedingungen eine wesentliche Einflussgröße im Hinblick auf den Erhaltungszustand der Kunstwerke. Deswegen wurden alle durchgeführten Simulationen zusätzlich mit den ebenfalls vom Deutschen Wetterdienst zur Verfügung gestellten extremen Testreferenzjahren durchgeführt. Die später vorgestellten Ergebnisse sind jeweils der aus konservatorischem Blickwinkel ungünstigste Fall.5 BAUTEILAUFBAUTEN Die Rekonstruktion der historischen und derzeitigen Bauteilaufbauten der Alten Pinakothek basiert sowohl auf sämtlichen verfügbaren Bauplänen im Besitz der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen sowie dem Planmaterial aus dem Archiv des Architekturmuseums der Technischen Universität München. Die Pläne ergänzen die Informationen der Akten aus dem Archiv und der Registratur der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, des Doerner Institutes und die im Hauptstaatsarchiv recherchierten Bauakten.6 Grundsätzlich sind die für die Festlegung der Bauteilaufbauten erforderlichen Materialkennwerte ein wesentliches Qualitätskriterium. Insofern liegt bei der Simulation historischer Gebäude an diesem Punkt einer der größten Unsicherheitsfaktoren. Häufig ist die Konstruktion solcher Bauten unter anderem deswegen komplex, weil sie im Laufe der Zeit vielfältigen Veränderungen, Reparaturen, Umbauten und anderen Anpassungen unterlagen – Struktur und Bauteilaufbauten können sogar in einem Raum variantenreich sein. Auch die eingesetzten Baumaterialien sind gealtert und allein deswegen meist strukturell sehr inhomogen. Im Simulationsmodell können den einzelnen Bauteilschichten ausschließlich homogene Eigenschaften zugewiesen werden. Dies ist eine Vereinfachung der Realität, welche die Variationsbreite historischer Materialien nicht abbilden kann. Zudem liegen für historische Baumaterialien in seltenen Fällen genaue Produktbezeichnungen, Herstellerangaben oder konkrete Materialkennwerte vor, und die in den Materialdatenbanken der Simulationsprogramme hinterlegten Eigenschaften der zeitgenössischen und industriell gefertigten Baustoffe weichen mitunter deutlich von denen historischer und zudem gealterter Materialien ab. Diese Einschränkungen sind bei der Aus-
173
wertung der Ergebnisse einzubeziehen. Grundsätzlich sind also alle zu den Bauteilaufbauten getroffenen Annahmen per se Vereinfachungen. Zusätzlich ist die aufwendige Innengestaltung der Galeriesäle und Kabinette oder des Loggienganges mit Fresken, enkaustischer Malerei und Stuckdekoration nicht in entsprechender Detailtiefe im Simulationsmodell umsetzbar. Um solche Vereinfachungen nachvollziehbar darzustellen, sind die verwendeten Bauteile (Abb. 52) nachfolgend kurz aufgeführt.7 Jedes Element ist erst im Ursprungszustand erfasst, bevor die Veränderungen im Verlauf der Baugeschichte angegeben werden. Wandaufbauten Alle Wände der Alten Pinakothek sind in Massivbauweise ausgeführt, wobei sich anhand von Mauerstärken und Schichtenaufbau fünf unterschiedliche Konstruktionsvarianten ergeben. In den Ausstellungsräumen findet sich eine textile Wandbespannung, die auf einer der Ziegelmauer mit Abstand vorgesetzten Holzverschalung befestigt ist. Wände ohne Wandbespannung tragen eine Putzschicht mit einem darüberliegenden Anstrich. Innen- und Außenwände unterscheiden sich im Aufbau darin, dass die Innenwände beidseitig identisch sind, wogegen den Außenwänden Ziegel als Sichtfassade vorgeblendet sind.
Abb. 52 Schematische Skizzen der Bauteilaufbauten in der Alten Pinakothek: (1) Außenwandkonstruktionen (2) Innenwandkonstruktionen (3) Deckenkonstruktionen (4) Bodenkonstruktionen (5) Dachaufbauten Die Zeichnungen zeigen den ursprünglichen Aufbau sowie falls zutreffend die durchgeführten Veränderungen.
174
Decken- und Fußbodenkonstruktionen Die Decken sind gemauert, als Holzkonstruktion oder im Galeriesaal im Ursprungszustand als Plattengewölbe und nach dem Wiederaufbau als Rabitzkonstruktion ausgeführt. Die im Krieg zerstörten Decken wurden beim Wiederaufbau nach dem System Katzenberger ausgeführt. Bei den Fußböden waren drei Varianten zu unterscheiden: einfacher Zementestrich im Keller, Fliesenboden im Erdgeschoss und Gipsmarmorboden in den Ausstellungssälen. Mit dem Einbau der Niederdruckdampfheizung wurde in den Galerieräumen ein gewachster Holzparkettboden verlegt. Beim Wiederaufbau erhielten die Erdgeschossräume neue Fliesen, und in der Eingangshalle wurde eine Fußbodenheizung installiert. Dächer Die Dachkonstruktion war in Holzbauweise ausgeführt. Darauf lag ein Kupferblech. Der hohe Holzanteil beeinflusst durch seine sorptiven Eigenschaften das hygrische Verhalten des gesamten Dachraums und wurde als nicht sichtbare Komponente im Modell berücksichtigt. Beim Wiederaufbau wurde die Dachkonstruktion mit Stahlbindern und Stahlpfetten ausgeführt.
175
Die Sparren und die Schalung bestanden weiterhin aus Holz. Unter der neuen Dacheindeckung, bestehend aus einer Aluminium-Mangan-Legierung, befand sich eine dünne Lage Dämmschicht, welche bei der Mustersanierung verstärkt wurde. Verglaste Flächen Im Ursprungszustand waren sämtliche Fenster sowie die Oberlichtkonstruktion Einfachverglasungen mit relativ schlechten U-Werten. In der Zeit, als die Beheizung der Galeriesäle eingestellt war, wurde die Kupfereindeckung der Lichtlaternen durch eine Einfachverglasung ersetzt. Zudem erhielt die bestehende Staubdeckenverglasung matte Glasscheiben mit einem höheren Reflexionsgrad, was die direkte solare Einstrahlung reduzieren sollte. Beim Wiederaufbau wurden die Lichtlaternen nicht rekonstruiert, sondern die Dachöffnungsfläche vergrößert und verglast. Dies geschah mit einer Zweifachverglasung. Bei der Generalsanierung wurden die Verglasungen ausgetauscht, was ebenso bei der Mustersanierung der Fall war.8 Die U-Werte verbesserten sich entsprechend des technischen Fortschrittes bei jedem Austausch. LUFTWECHSEL Den Gebäudeundichtigkeiten und den wegen der Witterungsverhältnisse variierenden Druckunterschieden wurde vereinfachend über einen ganzjährig vorliegenden Infiltrationsluftwechsel von 1 h-1 Rechnung getragen. Die einstündige natürliche Belüftung über die Fensteröffnung im Kabinett und der Einfluss auf den Galeriesaal wurde über eine Luftwechselrate von 7 h-1 im Kabinett, beziehungsweise 2 h-1 im Galeriesaal abgebildet.9 Nach dem Wiederaufbau verbesserte sich die Gebäudedichtigkeit etwas, sodass der Infiltrationsluftwechsel mit 0,8 h-1 geringer anzusetzen war. Die Belüftung der Ausstellungsräume erfolgte mechanisch über die raumlufttechnische Anlage. Das ganzjährig laufende System gewährleistete einen Luftwechsel von 3 h-1 in den versorgten Zonen. Die Luftaustauschrate änderte sich auch mit der Generalsanierung und dem Einbau der Vollklimaanlage nicht. Derzeit wird die Bestandsanlage mit einem Frischluftanteil von rund zehn Prozent betrieben. AUSGANGSBEDINGUNGEN Jeder Zone und jedem Bauteil müssen im Simulationsmodell Ausgangswerte für die relative Feuchte beziehungsweise die Materialfeuchte und die Temperatur zugewiesen werden. Im ersten Simulationslauf wurde sowohl
176
für die Raumbedingungen als auch die Bauteile entsprechend der mittleren Durchschnittstemperatur des Standortes eine Anfangstemperatur von 8 °C gewählt. Die Ausgangsfeuchte in den Zonen betrug 50 %. Die Feuchtekalkulation der Bauteile startete mit einer relativen Feuchte von 80 %. Dieser erste Simulationslauf stellt sicher, dass das Einschwingverhalten der Bauteile die endgültigen Simulationsergebnisse nicht verfälscht. Daher wurden die Ergebnisse der „Anfangssimulationen“ jeweils als Ausgangszustand für die später ausgewerteten, endgültigen Simulationen importiert. Mit Inbetriebnahme der Klimaanlage wurden die Ausgangswerte im Modell verändert: Sowohl für die Raumbedingungen als auch für die Bauteile wurden die den Anlagensollwerten entsprechenden Ausgangsfeuchten von 60 % oder 54 % und die entsprechende Anfangstemperatur gewählt. ANLAGENTECHNIK Ursprünglich wurden die Galeriesäle über eine Luftheizung erwärmt. Etwa 55 % der zugeführten Wärmeenergie sind in der Simulation dem Galeriesaal zugewiesen, 35 % dem Kabinett und 10 % dem Erdgeschoss unterhalb des Rubenssaales. Die Heizzeit dauerte von Oktober bis einschließlich März. In diesem Zeitraum wurde nach der morgendlichen Kesselanheizzeit eine Kapazität von 50 W/m2 erreicht.10 Durch die Anheiz- und Abkühlphase ergab sich im Tagesprofil eine Reduzierung der maximal möglichen Leistung. Die darauffolgende Stilllegung der Beheizung der Galeriesäle bedeutete für die Simulation, dass ausschließlich das sich passiv einstellende Innenraumklima ohne jegliche Anlagentechnik berechnet wurde. Da aber die Diensträume weiterhin durch die Luftheizung versorgt wurden, war in der Simulation die interne Last im Keller durch Strahlung und Konvektion der Luftheizöfen während der Heizzeit in dieser Zone sowie die Erwärmung der als Arbeitsräume genutzten Zonen zu berücksichtigen. Durch den Einbau der Niederdruckdampfheizung wurde die Wärme in den Ausstellungsräumen über Heizspiralen, die sich in Raummitte in den Sitzmöbeln befanden, sowie in den Kabinetten über Rippenheizkörper bereitgestellt. Zusätzlich erfolgte eine Befeuchtung der Luft über Wasserverdunstung. Im Simulationsmodell wurde dies in Form von jeweils gesonderten Systemen für die Wärmezufuhr und die Befeuchtung von Ausstellungsraum und Kabinett umgesetzt. Die Erdgeschossräume erhielten ebenfalls separate Heizkreise. Die Spezifikationen der Heizkessel und Heizkörper sind den archivalisch überlieferten Firmenprospekten entnommen. Dennoch besteht hier eine Vereinfachung, da die Heizer die
177
Kessel den Außentemperaturen angepasst befeuerten. In der Heizperiode von Oktober bis März erfolgte eine Nachtabsenkung der Temperatur. Diese findet sich in den für die fünf technischen Anlagensysteme erstellten Tagesprofilen wieder. Darüber hinaus war eine eineinhalbstündige Anheizzeit und zweistündige Abkühlphase zu beachten. Das Befeuchtungssystem war an den Betrieb der Heizeinrichtung gekoppelt. Die in den Akten verzeichnete, verdunstete Wassermenge lag im Galerieraum bei viereinhalb Litern Wasser stündlich und im Kabinett bei zwei Litern pro Stunde. Das zeitliche Tagesprofil entspricht dabei dem der Wärmeabgabe der Heizkörper. Durch die beim Wiederaufbau eingebaute raumlufttechnische Anlage entfiel die Heizzeit, da bei Unterschreitung der Sollwerttemperatur von 20 °C ganzjährig geheizt wurde. Die Befeuchtung erfolgte ebenfalls über die Anlage auf den Zielwert von 60 % für die relative Feuchte. Bei der Simulation dieses Zustandes wurden sowohl Heizwärme- wie Befeuchtungsbedarf in einer der eigentlichen Simulation vorausgehenden eigenen Berechnung ermittelt. Die daraus exportierten Ergebnisse liefern wiederum die Eingabeparameter für die Simulation dieser Klimatisierungsstrategie. Dieses zweistufige Vorgehen wurde sowohl für die Beheizung, als auch die Befeuchtung von Kabinett und Galeriesaal durchgeführt. Die bei der Generalsanierung nachgerüstete Vollklimaanlage ist noch heute in Betrieb. Die derzeit gefahrenen Anlagenwerte sind bekannt und eine exakte Grundlage der durchgeführten Simulationen zur Ermittlung der klimatischen Bedingungen nach der Generalsanierung und denen der Mustersanierung. INTERNE LASTEN Die internen Lasten in der Alten Pinakothek beschränken sich auf Besucher und künstliche Beleuchtung. Letztere war erst nach dem Wiederaufbau relevant, da bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich mit Tageslicht beleuchtet worden war. Der Wärmeeintrag durch die Beleuchtung während der täglichen Einschaltzeiten, konnte über die Anzahl der in den Ausstellungsräumen verbauten Leuchtmittel und deren Leistung berechnet werden. Direkt nach dem Wiederaufbau befanden sich 126 Leuchtstoffröhren mit 65 Watt Leistung im Rubenssaal, die bei der Generalsanierung durch Leuchtmittel mit 58 Watt ausgetauscht wurden. Bei der Mustersanierung wurde die Beleuchtung in den Dachraum verlegt, dort finden sich 160 Leuchtstoffröhren mit je 49 Watt und vier HQI-Strahler mit jeweils 1.000 Watt. Die nun im Dachraum platzierte Kunstlichtbeleuchtung war
178
für die Berechnung des Galeriesaales keine interne Last mehr, da sie im Dachraum darüber anfiel. Aber sie teilt sich indirekt über die Wärmetransmission durch die Staubdeckenverglasung dem Ausstellungsraum mit. Im angrenzenden Rubenskabinett betrugen die internen Lasten durch die Beleuchtung durchschnittlich etwa ein Viertel des im Galeriesaal anfallenden Wärmeeintrages. Die Einschaltzeiten der Beleuchtung orientieren sich an den Öffnungszeiten des Museums und sind jeweils für eine halbe Stunde vor und eine halbe Stunde nach Beendigung des Besucherverkehrs berücksichtigt. Eine Ausnahme stellt der traditionelle Schließtag der Galerie dar, an dem zwar die Galeriebeleuchtung ausgeschaltet ist, aber dennoch Arbeiten in den Sälen stattfinden. An diesen Tagen ist die Alte Pinakothek über die sogenannte Putzbeleuchtung beleuchtet. Diese bestand nach dem Wiederaufbau im Rubenssaal aus 15 Glühbirnen mit 60 Watt Leistung und wurde erst mit der Mustersanierung außer Betrieb genommen, da ab diesem Zeitpunkt die Leuchtstoffröhren dimmbar sind. In der Masterthesis wurden die Besucher als Wärmequelle nicht berücksichtigt. Allerdings sind die bei den aktuellen Simulationen betrachteten Wärmeeinträge durch die Besucher niemals absolut realitätsgetreu nachzubilden. Die Besucherzahlen in der Alten Pinakothek werden erfasst, sind jedoch lediglich als Monatswerte verfügbar. An dieser Stelle besteht erneut eine Vereinfachung. Um deren Auswirkungen auf die Ergebnisse möglichst gering zu halten, wurden aus den über mehrere Jahrzehnte vorliegenden Besucherzahlen monatsweise Mittelwerte gebildet. Die für die Simulationsberechnungen erstellten Monats-, Wochen- und Tagesprofile, welche ebenfalls die Schließtage berücksichtigten, orientieren sich an praktischen Erfahrungswerten, wie sich die durchschnittliche Besucherverteilung im Monats-, Wochen- und Tagesverlauf gestaltet.
179
1
Nouidui 2008, S. 76 und Stoll 2005a.
7
Eibl 2011, S. 110–133.
2
Ebd. und Stoll 2005b.
8
Siehe S. 310–313.
3
Eibl 2011.
9
Hausladen et al. 2006, S. 154.
4
Siehe S. 193 f.
10 Hausladen et al. 2005, S. 157.
5
Siehe S. 184–251.
6
Eine Aufstellung der gesichteten und ausgewerteten Archivalien findet sich im Quellenverzeichnis auf S. 494–502.
180
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KLIMA IM WANDEL. VON ANFORDERUNGEN UND TECHNISCHEN BEDINGUNGEN
Wird in der Präventiven Konservierung der Begriff „Klima“ verwendet, bezieht er sich auf festgelegte Werte für relative Feuchte und Temperatur. Beide Größen gelten traditionell als maßgebliche Faktoren für den Erhalt von Kunst- und Kulturgut. Dies hängt damit zusammen, dass Menschen von der Atmosphäre umgeben sind und Klima, insbesondere die Temperatur unmittelbar wahrnehmen. Zudem besteht eine Vielzahl der Kunstwerke aus organischen Materialien, welche über Sorptions- und Diffusionsvorgänge in Wechselwirkung mit der Feuchte der sie umgebenden Atmosphäre stehen.1 Die Auswirkung von Schwankungen der relativen Feuchte ist direkt am Schwund- und Quellverhalten hygroskopischer Materialien ablesbar.2 Beobachtete Schäden, wie Schwundrisse bei zu niedriger relativer Feuchte oder Schimmelbildung bei zu hoher Feuchte, konnten schon früh auch ohne Hilfsmittel erfasst und direkt auf die klimatischen Bedingungen zurückgeführt werden. Um Kunstwerke vor klimatisch bedingten Schäden zu schützen, war die Kontrolle des Innenraumklimas bereits bei den ersten Museumsbauten ein wichtiger Bestandteil der Planungen. Wie die Entwicklungen während der fast 190-jährigen Baugeschichte der Alten Pinakothek veranschaulichen, entstanden abhängig vom technischen Stand und den praktisch gesammelten Erfahrungen immer ausgefeiltere Systeme der Klimakontrolle. Je leistungsfähiger die zur Verfügung stehende Technik war, desto geringer konnten die Schwankungsbreiten von relativer Feuchte und Temperatur gehalten werden. Eine Tatsache, die sich sowohl auf die konservatorisch begründeten Klimasollwertvorgaben3 als auch auf die menschlichen Ansprüche an die Behaglichkeit in den Innenräumen auswirkte. Hier treffen zwei unterschiedliche, in mancher Hinsicht oft gegenläufige Aspekte der Klimatisierung im Museumsraum aufeinander: die Klimakontrolle mit dem Ziel, die Kunstwerke zu erhalten und die Klimatisierung, um menschliche Behaglichkeitskriterien zu erfüllen. Das Hauptaugenmerk der Präventiven Konservierung gilt dem ersten Punkt, aber die Klimatisierung von Museen ist ebenso vom Besucherverkehr anhängig, und dieser erfordert – sei es durch arbeitsschutzrechtliche Vorgaben, oder im Wettbewerb um entsprechende Besucherzahlen – die Einhaltung menschlicher Anforderungen an die Behaglichkeit. Gleichzeitig waren die Komfortwünsche in der Vergangenheit Ausgangspunkt und Motor der Entwicklung der heute im Museum eingesetzten Anlagentechnik. Schon deswegen hat das bestehende Spannungsfeld zwischen optimalem Erhalt der Kunstwerke und Behaglichkeitsanforderungen in der Präventiven Konservierung einen entsprechenden Stellenwert. Einerseits sind die Klimasollwertvorgaben im
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Museum heute strikter als die nach DIN-Norm vorgeschriebenen Behaglichkeitskriterien. Andererseits spielt für den Menschen die Temperatur die fühlbare (Haupt)Rolle, während für den Erhalt der Kunstwerke eine konstante relative Feuchte weitaus entscheidender ist.4 Die daraus ableitbaren Probleme lassen sich klar beschreiben: Je höher die Raumlufttemperaturen zur Gewährleistung der Behaglichkeit bei einem fest definierten Wert der relativen Feuchte sein sollen, desto mehr Feuchte (eine höhere Sättigungsfeuchte erfordert eine höhere absolute Feuchte) muss in das Raumvolumen eingebracht werden, um die relative Feuchte auf dem geforderten Niveau konstant zu halten. Dies kann erhebliche Konsequenzen für die Gebäudesubstanz haben, hat aber sicher Auswirkungen auf die Energie-, Betriebs- und Unterhaltskosten.5 Die kritische finanzielle Situation vieler Museen in Kombination mit einem veränderten Bewusstsein für Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit führt derzeit dazu, dass die konservatorisch begründeten Klimasollwerte infrage gestellt werden. Leider besteht die aktuelle Reaktion meist einzig in der Forderung, größere Klimaschwankungen zu tolerieren, um Energie, Ressourcen und Finanzmittel einzusparen.6 Der Gesamtzusammenhang bleibt dabei unberücksichtigt, wie der Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit in Museen verdeutlicht.
NACHHALTIGKEIT, ENERGIEEINSPARUNG UND MUSEUMSAUFTRAG An der Frage, wie Nachhaltigkeit und der Museumsauftrag zu vereinbaren sind, entbrannte in den vergangenen Jahren in Fachkreisen eine Debatte, die von Widersprüchen auf unterschiedlichen Argumentationsebenen geprägt ist. Obwohl alle Bestrebungen die Erkenntnis eint, dass Museen eine Vorbildfunktion darin übernehmen sollten, nachhaltige Ansätze im gesellschaftlichen Denken zu verankern, sorgt die Frage nach der Umsetzung für kontroverse Haltungen. Das angestrebte ideale „Grüne Museum“7 bewegt sich dabei im Spannungsfeld zwischen dem Museumsauftrag8 und den gesetzlich verankerten Klimaschutzzielen der Bundesregierung,9 die anstrebt, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 20 % zu reduzieren, die Energieeffizienz um 20 % zu steigern und den Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch um 20 % zu erhöhen. In diesem Zusammenhang entstehen Synergien, wie die mit wirklicher Ressourcenschonung und tatsächlicher Energieeinsparung einhergehenden Kosteneinsparungen – aber auch Gefahren und Risiken für das Kunst- und Kulturgut. Der Präventiven Konservierung kommt die Aufgabe zu, auf solche hinzuweisen
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und sie auf ein vertretbares Minimum zu reduzieren. Eine Schwierigkeit besteht in der Konfusion, die sich mittlerweile um das Thema Nachhaltigkeit entfaltet hat. Viele der Begrifflichkeiten werden weit weg von ihrer ursprünglichen Bedeutung häufig in einem anderen und leider manchmal falschen Kontext verwendet, wie der gesellschaftliche Umgang mit dem Begriff der Nachhaltigkeit veranschaulicht.10 Die mittlerweile geläufigste Definition des Begriffs geht zurück auf den Brundtland-Bericht von 1987.11 Nachhaltigkeit bedeutet für die heutige Gesellschaft, den bestehenden Bedürfnissen Rechnung zu tragen, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden, ihren eigenen Bedürfnissen nachzukommen. Letztlich wird Nachhaltigkeit damit zum Zusammenspiel von Ökologie, Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit. Entwicklung ist nach diesem Drei-Säulen-Modell dann nachhaltig, wenn alle drei Aspekte in einem ausgewogenen Gleichgewicht zueinander stehen.12 Diesem heutigen Verständnis geht eine Entwicklung voraus, die deutlich weiter zurückreicht als bis zu Hannß Carl von Carlowitz, der den Begriff 1713 in seiner „Sylvicultura oeconomica. Hausswirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur Wilden Baum-Zucht“13 erstmals verwendete. Die Ideen und Prinzipien, die hinter dieser Wortschöpfung des Forstwesens stehen, waren damals nicht neu: In den Mythen der meisten Kulturen sind die Grundsätze des bewahrenden Umgangs mit der Schöpfung fest verwurzelt, weil sie das Überleben sichern. Der Gedanke des Bewahrens überdauerte die darauffolgenden Jahrhunderte, wurde allerdings analog zur gesellschaftlich vorherrschenden Sicht teilweise theologisch, teils philosophisch gedeutet. Allein in den knapp 300 Jahren, die zwischen Carlowitz und dem Brundtland-Bericht lagen, oszillierte der Begriff wiederholt zwischen beiden Polen. Doch stimmen alle unterschiedlichen Deutungen und Interpretationen von Nachhaltigkeit in den Prinzipien des Bewahrens, Erhaltens und Konservierens überein – und damit spannt sich der Bogen zu den Grundsätzen des musealen Auftrages und zur Präventiven Konservierung. Um nachhaltige Entwicklung im Museum als integralen Bestandteil der Präventiven Konservierung zu verankern, müssen demnach Umweltaspekte, Finanzen und Museumsauftrag in einem ausgewogenen Gleichgewicht zueinander stehen. Obgleich das Ziel scheinbar klar definiert ist, entstehen durch die verschiedenen Positionen, Begrifflichkeiten und zur Verfügung stehenden Werkzeuge zahlreiche Widersprüche und Missverständnisse. Einer dieser Widersprüche betrifft die in diesem Kapitel thematisierten Klimatisierungsstrategien in Museumsräumen. Die zulässigen Schwan-
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Abb. 53 Smithsonian Institute, Washington. Der Energieverbrauch unterschiedlicher Gebäude ist den vom Mittelwert abweichenden jährlichen Schwankungen der relativen Feuchte gegenübergestellt [Quelle: Mecklenburg, online unter www.si.edu/mci/downloads/ reports/resolving.pdf, zuletzt aufgerufen: Oktober 2013].
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kungsbreiten für relative Feuchte und Temperatur werden aktuell vor dem Hintergrund der Notwendigkeit, den CO2-Fußabdruck der Museen zu verringern, diskutiert. Leider entsteht bei der aktuellen Entwicklung der Eindruck, als läge in der Aufgabe bestehender Klimasollwerte das einzige und größte Einsparpotenzial. Die gesamte Klimadebatte basiert zum Großteil auf der These, dass eine Aufweitung von Sollwerten zu einer beträchtlichen Energieeinsparung führe. Als Belege werden Untersuchungen renommierter Institutionen, wie die des Smithsonian Institute, angeführt (Abb. 53). Dabei wird gezeigt, wie viel Energie pro Fläche aufzuwenden ist, wenn unterschiedliche klimatische Bedingungen aufrechterhalten werden sollen. Dahinter steht das Ziel aufzuzeigen, dass die Energiekosten sinken, wenn größere Klimaschwankungen zulässig sind. Leider fehlen bei dieser Darstellung einige grundlegende Informationen, die zur Bewertung und Einordnung der Aussagen entscheidend sind: An welchen Standorten befinden sich die Gebäude, und welche Außenklimabedingungen herrschen dort; um welche Gebäudetypen handelt es sich, und welcher Baualtersklasse gehören sie an; wie ist die Bauweise, und welche technische Gebäudeausrüstung existiert, et cetera. Es ist einleuchtend, dass sehr viel Technik und Energie notwendig sein werden, wenn konstante Klimabedingungen in einem Bretterschuppen aufrechterhalten werden sollen, wogegen in einem massiven Gebäude am gleichen Standort mit weniger Technikeinsatz weitaus geringere Schwankungen auftreten werden. Im Allgemeinen bleibt bei der Debatte um Energieeinsparung durch größere Schwankungsbreiten von relativer Feuchte und Temperatur meist unerwähnt, dass die sich passiv einstellenden klimatischen Verhältnisse in erster Linie von der Bauweise eines Gebäudes abhängen. Erst die zur Kontrolle des Klimas eingesetzte Technik verursacht einen entsprechenden Energieverbrauch, wobei dieser wiederum von den Standortbedingungen und der Qualität der Gebäudehülle bestimmt wird. Grundsätzlich sollte zuerst durch eine adäquate und standortgerechte Bauweise ein stabiles Innenraumklima sichergestellt werden, denn der Energieaufwand für eine Klimatisierung fällt umso höher aus, je weiter das angestrebte Innenraumklima von den Außenklimabedingungen abweicht und je weniger die Architektur dem Rech-
nung trägt. Die zum Thema Sollwertaufweitung und Energieeinsparung getroffenen Aussagen können sich deshalb ausschließlich auf klimatisierte Museumsräume beziehen. Ist in einem Museum eine Klimaanlage vorhanden, stellt sich die Frage, ob eine Aufweitung der Sollwerte zwangsläufig zu einer Energieeinsparung führt. Eine erste Einschätzung liefert das Beispiel der Pinakothek der Moderne in München. Die in Abbildung 54 dargestellten Berechnungsergebnisse deuten darauf ihn, dass der Energieverbrauch einer Bestandsklimaanlage unter anderem maßgeblich davon abhängig ist, auf welchen Zielwert diese ausgelegt wurde. In der Pinakothek der Moderne ist die Vollklimaanlage auf den der Abbildung grau unterlegten Sollwert von 50 % für die relative Feuchte und 21 °C für die Temperatur ausgelegt. Dies entspricht in der Darstellung dem Ausgangswert von 100 % . Die Werte in den anderen Feldern stellen den Mehr- oder Minderverbrauch bei veränderten Sollwerten dar. Grundsätzlich bestehen Feuchteund Temperaturbereiche, in denen sich eine Einsparung ergibt – für andere Kombinationen dagegen steigt der Verbrauch deutlich. Trotzdem zur Pinakothek der Moderne detaillierte Hintergrundinformationen vorliegen und die vorgestellten Berechnungen umfassend sind, ist es derzeit unmöglich, eine Aussage zu treffen, ob sich – zumindest theoretisch, denn die meisten Bestandsklimaanlagen erlauben keine solche Regelstrategie – durch aufgeweitete Sollwerte in der Jahresbilanz Energie einsparen ließe. Im Allgemeinen gilt, dass solche Berechnungen einerseits stark witterungsund damit standortabhängig, andererseits deutlich gebäudebezogen sind. Daher ist eine Verallgemeinerung solcher Ergebnisse und die pauschale Formulierung von allgemeingültigen Schlussfolgerungen auf der Grundlage von Einzelstudien nicht zulässig. Aber bei einer bestehenden Klimaanlage können enorme Energieeinsparpotenziale ausgeschöpft werden, ohne dass Sollwerte verändert werden müssen, wie das in der Pinakothek der Moderne laufende und von der dena (Deutsche Energie Agentur) prämierte Energy Contracting belegt. Das Prinzip eines solchen Contractings ist, dass ein Fremdinvestor in die energetische Optimierung des Bestandsgebäudes oder seiner Anlagentechnik investiert. In den Folgejahren fließen über einen festge-
Abb. 54 Pinakothek der Moderne, München. Theoretische Berechnungen des Energieverbrauchs bei variierenden Sollwertvorgaben für relative Feuchte und Temperatur für die eingebaute Vollklimaanlage [Quelle: Andreas Böllinger, Cofely Deutschland GmbH vom 26. November 2010].
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Abb. 55 Pinakothek der Moderne. Im Zeitraum von einem Jahr erzielte Energieeinsparungen im Rahmen des durchgeführten Energy Contractings [Quelle: Andreas Böllinger, Cofely Deutschland GmbH].
legten Zeitraum die erzielten Kosteneinsparungen an das investierende Unternehmen. In der Pinakothek der Moderne konnten über das Energy Contracting innerhalb eines Jahres 260 Tonnen CO2 eingespart werden (Abb. 55). Dies entspricht einem Ausstoß von rund 320 Erdumrundungen mit einem PKW. Allerdings ist anzumerken, dass das Museum im vorher festgelegten Rückzahlungszeitraum finanziell nicht profitiert – im Sinne eines umfassenden Nachhaltigkeitsgedankens hingegen schon! Bereits anhand der hier vorgestellten Überlegungen wird deutlich, dass die Möglichkeiten der CO2-Einsparung und Ressourcenschonung in Museen durchaus vielfältig sind. Umso gefährlicher ist die aktuelle Sollwertdiskussion, denn sie ist extrem punktuell und auf wenige Einzelaspekte beschränkt. Deswegen sind die vorgeschlagenen Maßnahmen im Rahmen der Präventiven Konservierung im Bezug auf ihre Potenziale zu bewerten, gegeneinander abzuwägen und deren Konsequenzen für das Kunst- und Kulturgut aufzuzeigen. Nachhaltigkeit ist dabei ein integraler Bestandteil, wobei sie ausschließlich als ganzheitliches und langfristig ausgelegtes Konzept wirkungsvoll und zielführend sein kann. Durch eine intensive Auseinandersetzung mit der Problematik und eine genaue Kenntnis der verschiedenen ineinandergreifenden Parameter müssen die kritischen Punkte identifiziert und so lange optimiert werden, bis ein nachhaltiges und ausgewogenes Gleichgewicht erreicht ist und das Kunst- und Kulturgut sicher an künftige Generationen übergeben werden kann.
KLIMASOLLWERTE, KLIMATECHNIK UND ENERGIEVERBRAUCH Präventive Konservierung bedeutet nicht nur im Sinne des Nachhaltigkeitsdenkens, den Gesamtkontext zu berücksichtigen und wiederholt zu hinterfragen. Gerade die Auseinandersetzung mit der Klimageschichte der Alten Pinakothek zeigt an zahlreichen Punkten, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Klimatechnik, den konservatorisch geforderten Klimasollwerten, den menschlichen Behaglichkeitsanforderungen und dem Energieverbrauch besteht. Sie verdeutlicht, dass die
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Architektur – die Gebäudehülle und die Raumanordnung ebenso wie die verwendeten Baumaterialien – entweder die Innenraumklimabedingungen oder den erforderlichen technischen Aufwand zur Aufrechterhaltung geforderter Klimasollwerte entscheidend prägen. Diese Zusammenhänge in Kombination mit den Anforderungen der Museumsbesucher führten in der Vergangenheit oft zur Praxis der überdimensionierten Vollklimatisierung, die meist kostenintensiv und wenig Ressourcen schonend war und zum Teil heute noch ist. Um ein Umdenken zu bewirken, darf Raumklima nicht länger losgelöst vom Gesamtkontext betrachtet werden. Gerade die Baugeschichte der Alten Pinakothek zeigt, dass im Bezug auf die verschiedenen Konzepte der Klimakontrolle meist unterschiedliche Parameter der Präventiven Konservierung miteinander wechselwirkten: Licht beeinflusst, egal ob Tagesoder Kunstlicht, durch einen entsprechenden Wärmeeintrag das Innenraumklima. Über Möglichkeiten der Luftfilterung oder den Wunsch nach gezielter Frischluftzufuhr beispielsweise zur Verdünnung erhöhter Schadstoffkonzentrationen im Innenraum wird der direkte Zusammenhang zwischen externen und internen Schadstoffen, Schadstoffprävention und Klimatisierung offenkundig. Diese Aspekte gewannen Ende des 19. Jahrhunderts an größerer Bedeutung, als die nun auch in privaten Haushalten möglich gewordene Zentralheizung und die ersten Gasbeleuchtungssysteme zu bedenklichen und gesundheitsschädlichen Schadstoffkonzentrationen in den Innenräumen führten. Eine natürliche Lüftung war wegen der durch die Industrialisierung verursachten Schadstoffgehalte der Außenluft zumindest in den Städten nicht ohne weiteres möglich. Das Bestreben der Hygieniker und Ingenieure, diesen Missstand durch eine mechanische Belüftung und Luftreinigung zu beheben, war die Geburtsstunde der Klimatechnik und Ausgangspunkt aller weiteren Entwicklungen – auch im Museumsbau.
LUFTHEIZUNG ALS ALTERNATIVE ZUR EINZELOFENFEUERUNG In der Zeit, als sich Klenze mit der Frage der Beheizung der Alten Pinakothek beschäftigte, hatte sich die Praxis der Luftheizung für öffentliche Gebäude gegenüber den Stuben- oder Kachelöfen durchgesetzt und war Stand der Technik.14 Das gegen Ende des 18. Jahrhunderts entdeckte Prinzip der Dampfheizung – James Watt hatte 1769 die Dampfmaschine erfunden und beheizte seit 1774 seine Fabrik- und Wohnräume in Bir-
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mingham mit Dampf – war um 1830 in Deutschland nahezu unbekannt. Erst 1843, also sieben Jahre nach der Eröffnung der Alten Pinakothek, wurde in Schloss Sigmaringen die erste Dampfheizung Deutschlands in Betrieb genommen.15 Diese Anlage führte Johannes Haag aus, der mit seiner „Werkstätte für allgemeinen Maschinenbau und für die Herstellung von Zentralheizungen“ das in England von Perkins16 entwickelte Heißwasserleitungs- und Dampfheizungssystem in Deutschland einführte. Gegen Mitte des 19. Jahrhundert war er unter anderem für den Münchner Hof tätig. Für den Eisenbahnwaggon König Ludwigs I. entwickelte er eine Dampfheizung17 und führte zwischen 1860 und 1865 eine Zentralheizung in den Treibhäusern des kgl. Botanischen Gartens in München aus.18 Von hier spannt sich der Bogen zur Alten Pinakothek, denn Haags Maschinen- und Röhrenfabrik ging später in der Sulzer AG auf. Letztere errichtete Ende des 19. Jahrhunderts die Niederdruck-Dampfheizung in der Alten Pinakothek.19 Aber zu Beginn des Jahrhunderts hatte Klenze aufgrund der Anforderungen und der damals verfügbaren Technik keine andere Wahl, als für die Beheizung der Alten Pinakothek eine Luftheizung vorzusehen. Seine Kriterien bei deren Konzeption waren die Rauchfreiheit, die Vermeidung schlechter Gerüche, die Reduzierung der Brandgefahr, aber auch die im Vergleich zu den Stubenöfen bessere Ausnutzung des Brennstoffes.20 Die Effizienz konnte nochmals gesteigert werden wenn „Gebäude starke Wände haben, so ist es unnöthig des Nachts zu feuern und man kann fast immer, mittelst einer starken Feuerung des Morgens, in wenigen Stunden die des Nachts erlittenen Verluste wiederherstellen“.21 Wie Jean Claude Pecléts „Grundsätze der Feuerungskunde“22 – Anfang des 19. Jahrhunderts das Standardwerk zu Fragen der Klimatisierung – darüber hinaus zu entnehmen ist, galten weitere Aspekte als Vorzüge der Luftheizung: „Für die Fälle, wo man, sei es wegen Eleganz, wegen der Sicherheit oder aus Gründen der Raumersparung, den Ofen aus dem Bereiche des Zimmers zu verbannen wünscht, hat man den Weg eingeschlagen, die Erwärmung des erforderlichen Luftquantums an einem besonderen Orte in den tiefer gelegenen Theilen des Hauses vorzunehmen, um daselbe durch Röhren in die verschiedenen Zimmer zu vertheilen.“23 Die Luftheizung der Alten Pinakothek war sowohl das Ergebnis allgemeiner und praktischer Überlegungen wie ästhetischer und konservatorischer Vorgaben, denen ein Heizsystem im Museumsraum nach damaligem Verständnis genügen musste. Die ästhetischen und praktischen Anforderungen verboten den Einbau von Stubenöfen, weil sich dadurch ein beträchtlicher Verlust von wertvoller Hängefläche ergeben hätte. Auch konservatorische Überlegungen spra-
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chen gegen eine Einzelofenfeuerung, weil mit ihr in den großen Raumvolumina der Oberlichtsäle keine gleichmäßige Temperaturverteilung zu gewährleisten gewesen wäre und Brandgefahr sowie Rauch- beziehungsweise Rußentwicklung als große Risiken galten. Bei einer Luftheizung ist, wie die Bezeichnung vorwegnimmt, Luft das Wärmeträger- und Wärmetransportmedium. Sie wurde genauso wie in der Alten Pinakothek an Öfen, die meist im Keller aufgestellt wurden, rauchfrei erwärmt und von dort über Kanäle in die Räume geleitet. Grundsätzlich werden Umluft- oder Zirkulationsheizung (die erkaltete Abluft wird wieder in den Heizraum zurückgeführt) und Ventilationsheizung (dem Kreislauf wird Frischluft von außen zugeführt) unterschieden.24 Das System in der Alten Pinakothek basierte auf der von Paul Traugott Meissner erfundenen kombinierten Umluft- und Ventilationsheizung, bei welcher der erkalteten Abluft aus den Galeriesälen Frischluft beigemischt wurde, bevor sie im Heizraum erneut erwärmt wurde.25 Die Zulufteinlässe in den Galeriesälen lagen in Bodennähe und wurden über Kanäle versorgt, die mit den Heizkammern verbunden waren. Die Lage der Pinakothek vor den Stadttoren Münchens und umgeben von einer Parkanlage war unkritisch in Hinblick auf mögliche Verunreinigungen der Außenluft. Aber an Standorten, an denen die zugeführte Frischluft nicht schadstoffarm war, sollten „um so viel als möglich das Eindringen aller fremdartigen Theilchen von Staub, etc. durch diese Oeffnungen zu verhindern […] im Innern Zinkplatten mit feinen Löchern oder Pferdehaartüchern angebracht sein“.26 NACHTEILE DER LUFTHEIZUNG Das System der Luftheizung wurde aber von Anfang an relativ kritisch beurteilt. Die Gegenargumente waren, dass das Anlegen vieler Luftkanäle in den Wänden die Statik des Gebäudes beeinträchtige, weshalb die erforderlichen größeren Mauerstärken hohe Baukosten verursachen würden. Aus gleichem Grund wäre die Nachrüstung von Bestandsgebäuden mit einer Luftheizung problematisch beziehungsweise kaum möglich. Ein größeres Manko sei aber die Verbindung von Beheizung und Luftumwälzung, damals häufig als Ventilation bezeichnet. Zum einen, weil die Bedienung kompliziert und eine gezielte Temperaturregelung unmöglich war. Andererseits führte die Luftheizung zu einem stetigen Luftzug viel zu trockener Luft, mit dem sich Staub und Geräusche über das Kanalnetz im gesamten Gebäude verteilten.27 Die beschriebenen Probleme traten letztlich in den Sammlungsräumen der Alten Pinakothek auf: Klenzes Luftheizung verhinderte zwar Minus-
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grade und Frost im Innenraum, aber der Zusammenhang zwischen Temperatur, relativer Feuchte und möglichen Risiken für die Kunstwerke blieb im Vorfeld bei den Planungen unberücksichtigt. Dabei war, wie erwähnt, das Problem zu trockener Heizungsluft systemimmanent. Bei großen zu beheizenden Raumvolumina und den wegen dem fehlenden mechanischen Antrieb notwendigen, kleinen Kanalquerschnitten musste die Luft mit einer vergleichsweise hohen Temperatur von bis über 60 °C und relativ schnell in die Galeriesäle gelangen, sollte sie eine ausreichende Erwärmung und Durchmischung der Luftmassen sichern. Die Zuluftöffnungen mussten mindestens einen halben Meter über dem Fußboden angeordnet sein, um eine entsprechende Luftzirkulation ohne Ventilatorantrieb zu gewährleisten.28 Dadurch lagen sie in der Regel dicht neben oder knapp unterhalb der Gemälde, welche auf diese Weise direkt der heissen und trockenen Zuluft ausgesetzt waren. Da warme Luft aufgrund ihrer geringeren Dichte nach oben steigt, bildet sich in hohen Räumen eine deutliche Temperaturschichtung aus, welche die Ausbildung von Mikroklimata befördert. Von diesen Fakten ausgehend und wegen der praktischen Erfahrungen wurden die konservatorischen Anforderungen an ein für eine Gemäldegalerie geeignetes Heizsystem Mitte des 19. Jahrhunderts modifiziert: „Es ist sicher, daß die besonders auf Holztafeln gemalten Bilder einer nachtheiligen Einwirkung von Temperaturänderungen ausgesetzt sind. Da dieselben bei einem bestimmten Wärmegrad zusammengefügt werden, erleiden sie bei jedem beträchtlichen Temperaturwechsel ein Zwängen, und in Folge dessen kann ein Werfen oder Reißen der Tafeln eintreten; in gleich ungünstiger Weise muß eine ungleichmäßige, an den einzelnen Stellen der Holztafeln verschiedene Erwärmung einwirken. […] Soll nach dieser Richtung eine Heizung in idealer Weise wirken, so muß sie an allen Stellen der Galerie, an welchen Bilder sich befinden, eine gleich hohe und während des ganzen Winters Tag und Nacht vollkommen constant bleibende Temperatur erzielen.“29 Aber nicht allein die hohen Zulufttemperaturen zeichneten in der Alten Pinakothek für die beobachteten Schäden an den Kunstwerken verantwortlich. Vielmehr erzwang die ungünstige Kombination aus hoher Temperatur, zu niedriger relativer Feuchte und Ausbildung unterschiedlicher Mikroklimata letztlich die Stilllegung der Beheizung der Gemäldegalerie in der Alten Pinakothek zum Schutz der dort ausgestellten und aufbewahrten Kunstwerke.
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INNENRAUMKLIMA UND LUFTHEIZUNG Die vorherrschenden klimatischen Bedingungen können heute zwar über die in den Archivalien überlieferten punktuellen Klimamessungen nachvollzogen werden, Auskunft über Klimaverläufe und sich beispielsweise in den Nebenräumen oder den Lichtlaternen einstellenden Verhältnisse oder wechselseitige Einflüsse der unterschiedlichen Zonen geben sie jedoch nicht. Erste Versuche, die historischen Innenraumklimabedingungen zu rekonstruieren, erfolgten während der Masterthesis.30 Das dabei verwendete Modell (Abb. 56) wurde für die aktuellen Simulationen um zwei Zonen erweitert (Abb. 57) und durch weitere Erkenntnisse aus den quellenkundlichen Studien zu Bauteilaufbauten und Materialien erheblich ergänzt. Eine weitere Verfeinerung der thermisch-hygrischen Simulationen sind die während der ersten Simulationen nicht berücksichtigten Einflüsse der Besucher auf die Innenraumklimabedingungen. Zudem wurde der wechselseitige Einfluss aneinandergrenzender Zonen, wie beispielsweise die Auswirkungen des sich im Dachraum einstellenden Klimas auf das Innenraumklima im Galeriesaal, bei der Masterthesis zwar vereinfacht erfasst, nicht aber in der notwendigen Detailtiefe untersucht oder ausgewertet. In den folgenden Darstellungen der klimatischen Verhältnisse wurden die angesprochenen Punkte umgesetzt. Deswegen erfolgt an aussagekräftigen Stellen neben der Auswertung der Simulationsergebnisse zusätzlich
Abb. 56 Alte Pinakothek, Modell der thermisch-hygrischen Simulation. Für die Simulationen der Masterthesis im Simulationsprogramm WUFIplus konstruiertes Modell mit insgesamt acht Simulationszonen.
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Abb. 57 Alte Pinakothek, Modell der thermisch-hygrischen Simulation. Für die Simulationen der Dissertation deutlich erweitertes Modell mit zehn Zonen. Konstruiert in SketchUp und in das Simulationsprogramm WUFIplus importiert.
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ein Vergleich zwischen den Simulationsergebnissen der Masterthesis und den aktuellen thermisch-hygrischen Berechnungen. Die Ergebnisse der neuen thermisch-hygrischen Simulationen belegen mit Zahlenwerten konkret die in den Archivalien beschriebenen Probleme der extrem niedrigen relativen Feuchte beim Betrieb der Luftheizung. Während der Heizperiode sank die relative Feuchte im Rubenssaal auf Extremwerte unter 20 % ab (Abb. 58) – ein Zustand, der kritisch ist und die historisch beschriebenen Schäden an den Gemälden erklärt. Solche Extremata traten zwar nur an einzelnen Tagen im Jahresverlauf auf, aber während der Heizperiode lag die relative Feuchte häufig unter 40 %. Eine überschlägige Auswertung der simulierten Innenraumklimadaten zeigt, dass dies in rund 40 % der Zeit zwischen Oktober und März (1.742 Stunden) der Fall war. Die Temperaturkontrolle über die Luftheizung funktionierte insofern, als die Raumlufttemperatur im Galeriesaal während der Heizzeit zwischen acht und zwölf Grad gehalten wurde. Die genauere Auswertung des Temperaturverlaufs im Januar, als typischer Stellvertreter eines Monats der Heizperiode (Abb. 59), zeigt, dass die Innenraumtemperatur jeweils nachts auf etwa acht Grad Celsius sank. Ursache hierfür war die nachts unterbrochene Feuerung der Heizkessel. In der Auswertung wird ebenfalls der Einfluss der einstündigen natürlichen Fensterlüftung vor Beginn der Öffnungszeit
offenkundig. Erst nach dem morgendlichen Anheizen und der kurz darauf durchgeführten Fensterlüftung erreichte die Temperatur in den Galeriesälen die geforderten zwölf Grad Celsius. Der Monat Januar ist unter anderem deswegen ein aussagekräftiges Beispiel, weil zu dieser Zeit Kälteperioden – wie Ende des Monats in Abbildung 59 zu sehen – herrschten. Dann lagen die Außentemperaturen teilweise tagelang unter minus zehn Grad Celsius. Zwar konnten dann mit der Luftheizung nicht mehr zwölf Grad Celsius, aber immerhin noch zehn Grad Celsius erzielt und Frostbildung ausgeschlossen werden. Allerdings sank die relative Feuchte dann auf unter 20 % ab. Dies ist ein weiteres Indiz für die sehr hohen Zulufttemperaturen, die erforderlich waren, um die großen Raumvolumina der Galeriesäle überhaupt auf zehn Grad Celsius zu erwärmen.
Abb. 58 Rubenssaal. Simulationsergebnisse für den Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit der Luftheizung und einer Heizperiode von Oktober bis März.
Lichtlaternen: Einfluss von Wärmegewinnen und Wärmeverlusten Die Klimabedingungen in den Lichtlaternen als an den Galerieraum angrenzende Zone flossen indirekt in die Simulationen der Masterthesis ein. Aber das sich dort einstellende Klima wurde nicht ausgewertet. Dabei erweist sich bei der umfassenden Analyse der aktuellen Simulationsergebnisse gerade der Einfluss der sich im Lauf der Jahrzehnte deutlich wandelnden Tageslichtbeleuchtung als gravierend. Bereits bei der Konzeption der Licht-
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Abb. 59 Rubenssaal. Monatsverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeitder Luftheizung. Der Kurvenverlauf zeigt die Situation im Januar als typischem Stellvertreter der Heizperiode mit extrem niedrigen Außentemperaturen und einer mehrtägigen Kälteperiode gegen Ende des Monats.
laternen spielten die Außenklimabedingungen in Klenzes Überlegungen eine wichtige Rolle. Denn er war gezwungen Kompromisse einzugehen, um einerseits möglichst viel Tageslichteintrag zu erreichen, andererseits aber Wärmeverluste, Undichtigkeiten und Kondensationsprobleme aufgrund der Standortbedingungen zu reduzieren. Der Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur in den Lichtlaternen (Abb. 60) zeigt, dass die Temperatur nahezu ganzjährig über der Außentemperatur lag (Abb. 61). Dafür gibt es, jahreszeitlich bedingt zwei unterschiedliche Erklärungen: Im Sommer waren die Temperaturen im Dachraum zwischen Dach- und Staubdeckenverglasung höher als die Außentemperaturen, weil durch die Sonneneinstrahlung eine Erwärmung des Luftvolumens stattfand. Im Winter dagegen überstieg die Wärmetransmission durch Deckenkonstruktion und Verglasung aus dem Galeriesaal in Richtung Lichtlaternen die Wärmeverluste durch die Verglasung zwischen dem Luftvolumen der Lichtlaternen und dem Außenklima. Rubenssaal und Rubenskabinett im Vergleich: Einfluss der Außenwände und ihrer Orientierung Der Vergleich der Simulationsergebnisse von Galeriesaal (Abb. 58) und Kabinett (Abb. 62) scheint bei der Betrachtung der Kurven des Jahresver-
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laufes von relativer Feuchte und Temperatur wenig neue Erkenntnisse zu liefern. Die tatsächlich vorhandenen Unterschiede werden deutlicher bei der Auswertung der Streudiagramme (Abb. 63 und Abb. 64). Werden die Werte der relativen Feuchte und der Temperatur, die sich im Verlauf eines Jahres einstellten, als Punktewolken dargestellt, erschließt sich auf den ersten Blick deutlicher, dass die Klimaverläufe verschieden sind. Obwohl das Rubenskabinett ein deutlich kleineres Raumvolumen aufweist, lagen die Temperaturen dort unter denen des größeren Rubenssaales. Ursächlich für dieses Phänomen sind die sämtlich nach Norden orientierten Außenwände, an denen die Transmissionswärmeverluste immer höher ausfallen. Dieser Effekt fällt durch den vergleichsweise hohen Anteil dieser klimatisch ungünstigen Außenwandflächen am Gesamtflächenanteil stärker ins Gewicht. Dagegen entstehen in den Galeriesälen, die keine Außenwandflächen haben und nicht direkt in Wechselwirkung mit dem Außenklima stehen, Wärmeverluste ausschließlich über die Verglasung der Lichtlaternen und in geringerem Maße über die Plattengewölbekonstruktion der Muldengewölbe, wobei letztere mit dem Dachraumklima und nicht direkt mit dem Außenklima wechselwirkten.
Abb. 60 Lichtlaternen über dem Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit der Luftheizung und einer Heizperiode von Oktober bis März.
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EIN SYSTEM FÜR MUSEEN Die aufgezeigten Probleme traten nicht nur bei der in der Alten Pinakothek ausgeführten Luftheizung auf. Noch Ende des 19. Jahrhunderts bemerkte Charles Hood, dass, obwohl in England nur wenige Luftheizsysteme im Einsatz waren, die Probleme mit zu trockener Heizungsluft allgemein bekannt seien: “The question of moisture requires full consideration in connection with this subject, for it has to be pointed out that although the vitiation and consequent ill odour might possibly be put up with, we cannot long afford to breath very dry air withour noticeable discomfort, and injury to health in some cases.”31 Mit den damals verfügbaren technischen Möglichkeiten konnten weder die Konstrukteure der ersten Luftheizungen noch die Ingenieure folgender Generationen Lösungen anbieten, welche dieses System für den Einsatz im Museumsraum optimiert hätten. Peclét führte die in diesem Zusammenhang in seinen Augen mangelnden Fortschritte des Heizungs- und Ventilationswesens darauf zurück, dass die Vergaben für die Konzeption und Konstruktion von Heizungs- und Ventilationseinrichtungen nicht nach öffentlichen Ausschreibungen erfolgten, sondern häufig wenig sachverständigen Personen übertragen werden würden. Daher seien die Versuche
Abb. 61 Rubenssaal und Lichtlaternen über dem Rubenssaal im Vergleich. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit der Luftheizung und einer Heizperiode von Oktober bis März. Abb. 62 Rubenskabinett. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit der Luftheizung und einer Heizperiode von Oktober bis März. Abb. 63 Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur dargestellt als Streudiagramm während der Zeit der Luftheizung und einer Heizperiode von Oktober bis März.
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Abb. 64 Rubenskabinett. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur dargestellt als Streudiagramm während der Zeit der Luftheizung während der Heizperiode und einer Heizperiode von Oktober bis März.
mit neuen Systemen oftmals ungenügend und verhinderten eine konsequente Weiterentwicklung. Letztlich obliege der Betrieb der Anlagen den Heizern und diese müssten entsprechend sachkundig oder geschult sein, damit das System funktionstüchtig sei und richtig betrieben werden könne. Wünschenswert sei deswegen eine öffentliche Vergabe und Begleitung der Baumeister durch eine spezielle Kommission Fachkundiger.32 Diese Forderung wurde in München für die Alte Pinakothek ab 1877 in Form der „Commission für Beheizung der k. alten Pinakothek“ tatsächlich erfüllt.
KEINE HEIZUNG ALS ALTERNATIVE ZUR LUFTHEIZUNG Aber bevor diese Kommission in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts einberufen wurde, erfolgte im Jahr 1841 aus Mangel an alternativen Heizsystemen zunächst die Einstellung der Beheizung der Galerieräume und Kabinette der Alten Pinakothek. Dieser vollständige Verzicht auf eine Beheizung wurde mit der aus den Erfahrungen mit der Luftheizung gewonnenen Schlussfolgerung begründet, dass die zu niedrige relative Feuchte Schäden an den Gemälden verursacht hatte. Doch die Stilllegung des Heizsystems zeigte das gegenteilige Extrem auf. Nun entstanden Schä-
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den an den Kunstwerken und an der Gebäudesubstanz durch die niedrigen Temperaturen im Winter, die Frostbildung sowie die daraus resultierenden hohen Luftfeuchten beziehungsweise die sich auf den Gemäldeoberflächen niederschlagende Kondensationsfeuchte und die erhöhte Mauerwerksfeuchte. DER EINFLUSS DER GEBÄUDEHÜLLE UND PASSIVES RAUMKLIMA Bei der Auswertung der Simulationsergebnisse für relative Feuchte und Temperatur in der Zeit, in der Galeriesäle und Kabinette unbeheizt blieben (Abb. 65), ist auffällig, dass der Temperaturverlauf relativ konstant, mit wesentlich geringeren täglichen Schwankungen als zur Zeit der Luftheizung war. Dies ist auf den puffernden Einfluss der Gebäudehülle zurückzuführen. Sowohl im Sommer (Abb. 66) wie im Winter (Abb. 67) fielen die Schwankungen des Innenraumklimas deutlich geringer aus als die des Außenklimas. Ursachen waren die gute Wärmespeicherkapazität des massiven Ziegelmauerwerks und der Feuchte puffernde Effekt der Wandverschalung. Trotzdem ist das Temperaturniveau mit kaum über fünf Grad Celsius im Winter deutlich zu gering und die relative Feuchte mit Werten zwischen 60 bis über 90 % deutlich zu hoch. Die auftretenden Kondensationsprobleme lassen sich anhand des h,x-Diagrammes anschaulich aufzeigen (Abb. 68).
Abb. 65 Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit, in der die Galeriesäle unbeheizt blieben.
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Bei diesem Beispiel, bei dem die gewählten Innenraumklimabedingungen von 93 % relativer Feuchte und drei Grad Celsius Lufttemperatur den Simulationsergebnissen für den Monat Januar entnommen sind, fand eine Taupunktunterschreitung und damit Kondensation auf den Gemäldeoberflächen, im Mauerwerksquerschnitt und/oder an den Verglasungen bereits dann statt, wenn deren Oberflächentemperaturen weniger als ein Kelvin unterhalb der Raumtemperatur lagen. Lichtlaternen und Undichtigkeiten Neben dem Problem der Kondenswasserbildung an den verglasten Lichtlaternen – deswegen wurden häufig sogenannte Schwitzwasserrinnen vorgesehen, um wenigstens einen Teil des entstehenden Kondensats kontrolliert abzuführen – bereitete die extreme Temperaturspanne in den Lichtlaternen von minus zehn bis zu fast 30 °C (Abb. 69) Schwierigkeiten. Durch die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten der für die Lichtlaternenkonstruktion verwendeten Baumaterialien führten die dratsischen Temperaturunterschiede wiederholt zu Undichtigkeiten, die so gravierend waren, dass bei Regen Wasser eindrang. Einzig die in Form der Staubdeckenverglasung vorhandene zweite Verglasungsebene verhinderte, dass das Wasser direkt in die Galeriesäle tropfte und Wasserschäden an Gemälden, Rahmen und Wandbespannung verursachte. EXTREMWERTERFAHRUNGEN UND SOLLWERTE Über einen Zeitraum von fast 40 Jahren blieben die beschriebenen Bedingungen unverändert. Das verwundert, hatte doch Dillis bereits 1813, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, festgestellt, dass „neugemalte Bilder, wenn [sie] durch Mangel an Luft gelb geworden sind […] sehr leicht wieder gebleicht werden, wenn sie nur nicht durch die Feuchtigkeit gelitten haben“.33 Zudem hatten Mitte des 19. Jahrhunderts die praktischen Erfahrungen mit den extrem niedrigen und den extrem hohen Feuchten gezeigt, dass sich die relative Feuchte möglichst in der moderaten Mitte
Abb. 66 Rubenssaal. Monatsverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit, in der die Galeriesäle unbeheizt blieben. Der Kurvenverlauf zeigt die Situation im August als typischem Sommermonat. Abb. 67 Rubenssaal. Monatsverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit, in der die Galeriesäle unbeheizt blieben. Der Kurvenverlauf zeigt die Situation im Januar als typischem Wintermonat. Abb. 68 Bewertung der Simulationsergebnisse im h,x-Diagramm. Die damaligen Bedingungen ohne Beheizung der Galerie führte in den Wintermonaten oft zu einer Taupunktunterschreitung und damit zu Kondensationsfeuchte auf den Gemäldeoberflächen, den Verglasungen und im Mauerwerk.
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Abb. 69 Lichtlaternen über dem Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit, in der die Galeriesäle unbeheizt blieben.
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bewegen sollte, und Pettenkofer hatte mit seinen Laborversuchen nachgewiesen, dass insbesondere Feuchteschwankungen zu Schäden an den Kunstwerken führten. Der logische Schluss war, „daß der Wassergehalt der Luft in den Galerieräumen möglichst entfernt von dem Verdunstungs- und dem Kondensationspunkte gehalten werden muß und keinen Schwankungen unterworfen sein darf, oder mit anderen Worten, es soll der Feuchtigkeitsgehalt der Luft fortwährend so nahe als möglich auf 50 Procent Sättigung erhalten werden“.34 Bislang galten die Auslagerungen der Kunstwerke während des Zweiten Weltkrieges als die „Geburtsstunde“ heutiger Sollwertvorgaben für relative Feuchte und Temperatur. Doch die Quellen zur Alten Pinakothek liefern den bisher unbekannten Beleg, dass in München bereits 100 Jahre zuvor solche Sollwerte gezielt formuliert worden waren. Die damaligen Erfahrungen in der Alten Pinakothek hatten zur Erkenntnis geführt, dass der Verzicht auf eine Beheizung aus konservatorischer Sicht keine Alternative zur Luftheizung war. Es wurde deutlich, wie maßgeblich die relative Feuchte die Erhaltung der Gemälde beeinflusste und dass deren Kontrolle kritischer war als die Regelung der Temperaturverhältnisse. Die Suche nach geeigneten Systemen der Klimakontrolle im Museumsraum ging also weiter – allerdings mit deutlich konkreteren konservatorischen Planungsvorgaben.
ENTWICKLUNG DER KLIMATECHNIK IM 19. JAHRHUNDERT: SYSTEME UND INNOVATIONEN IM MUSEUM Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ist geprägt von zahlreichen Neuentwicklungen in der Klimatechnik und bei der Kontrolle der Innenraumklimabedingungen. Die durch die Industrialisierung vorangetriebenen Fortschritte brachten neue Materialien und Herstellungsverfahren hervor, die innovative Entwicklungen und alternative Klimatisierungskonzepte ermöglichten. Im Bestreben, optimale Lösungen für das Museum zu finden, wurden manche davon in den Museumsneubauten der Zeit eingesetzt und weiter entwickelt, um dort Klimabedingungen herzustellen, die dem Erhalt der Kunstwerke zuträglich waren. Die Erörterung der weiteren Strategien der Klimakontrolle in anderen deutschen Museen liefert interessante Hinweise darauf, welche Aspekte der Präventiven Konservierung bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts berücksichtigt wurden. Die dort gesammelten Erfahrungswerte waren nämlich bei der Wahl der in München umgesetzten Niederdruckdampfheizung maßgebliche Kriterien, wie der 70-seitige Bericht der Reisekommission nahelegt. ALTE NATIONALGALERIE BERLIN: HEISSWASSER-LUFTHEIZUNG In der Berliner Alten Nationalgalerie (Abb. 70), entworfen von Friedrich August Stüler und 1876 nach zehnjähriger Bauzeit eröffnet, sollte eine Kombination aus Heißwasserheizung und Luftheizung für ein angemessenes Innenraumklima sorgen.35 Der verantwortliche Hofbaurat Johann Heinrich Strack hätte zwar eine Warmwasserheizung vorgezogen. Aber die höheren Baukosten und der größere Raumbedarf sprachen gegen deren Einbau. Das Grundkonzept der umgesetzten Heißwasser-Luftheizung bestand aus in Nischen platzierten und verkleideten Heißwasserheizspiralen, an denen sich die Luft erwärmte und über Kanäle in die Galerieräume geleitet wurde. Auf diese Weise konnten Raumlufttemperaturen von etwa 16 °C erzielt werden.36 Die erkaltete Luft wurde durch im Fußboden verlegte und mit Gittern abgedeckte Kanäle zurück zu den Nischen geführt. Entsprechend den unterschiedlichen räumlichen Gegebenheiten in den Geschossen variierte die tatsächliche Ausführung dieses Systems jeweils geringfügig. Risiken und Nebenwirkungen: Undichtigkeit, Staub und trockene Luft Ein nicht nur in der Nationalgalerie bestehendes, von der Heißwasserheizung ausgehendes Risiko für die Kunstwerke waren die aufgrund schlech-
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Abb. 70 Alte Nationalgalerie, Berlin [Fotograf: Manfred Brückels, 2005].
ter Dichtungen häufiger auftretenden Leckagen im Wasserrohrleitungsnetz. Durch das heiße Wasser bildete sich Dampf in den Leitungen, welcher an undichten Stellen, also auch in den Galerieräumen in der Nähe der Kunstwerke, ausströmen konnte. Ein weiterer kritischer Aspekt war die Unzugänglichkeit der verkleideten Heizungsspiralen für Reinigungs- und Wartungsarbeiten. Der dort anfallende und wegen der hohen Temperaturen (in der Regel rund 100 °C, an sehr kalten Tagen bis zu 170 °C)37 verbrennende Staub führte zu einer unangenehmen Geruchsbildung und erzeugte sichtbare Verfärbungen an nahe liegenden Gegenständen (Thermophorese). Wie bei den meisten Luftheizsystemen trat auch in der Alten Nationalgalerie das Problem zu trockener Heizungsluft auf: „Nachdem man an den Cornelius-Cartons ein Anspannen beobachtet, ja ein Reißen derselben befürchtet hatte und nun mit Recht den Grund in zu großer Trockenheit der Räume zu finden glaubte, wurden über der Ausmündung der Luftkanäle […] Wasserbecken, beziehungsweise Wassercascaten (Ueberlaufschalen) angebracht, welche jedoch […] den Feuchtigkeitsgehalt nur unwesentlich veränderten.“38 Ein weiteres Problem zeigte sich erst im laufenden Museumsbetrieb. Anfangs war keine Trennung der Beheizung von Galerie- und Arbeitsräumen vorgesehen, was sich wegen der unterschiedlichen Anforderungen an das Raumklima als Nachteil herausstellte. Es musste nachträglich umgerüstet werden. NEUES MUSEUM BERLIN: BESUCHEREINFLUSS Im Neuen Museum in Berlin (Abb. 71) war wie in der Nationalgalerie eine Kombination aus Luftheizung und Warmwasserheizung installiert. Darin sah die „Reisecommission für Beheizung der Alten Pinakothek“ keine Besonderheit. Ein anderer Aspekt des Berichtes ist vor dem Hintergrund heutiger konservatorischer Überlegungen erwähnenswert. In jedem der besuchten Museen wurden von den Kommissionsmitgliedern Klimamessungen mit einem Psychrometer durchgeführt. Im dritten Hauptgeschoss des Neuen Museums ergaben die Messungen einen im Vergleich zu den anderen Geschossen deutlich höheren Feuchtegehalt. Die Ursache war
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nach Meinung der Fachleute das hohe Besucheraufkommen. Daraus ist abzuleiten, dass schon damals die durch die Besucher entstehenden Feuchte- und Wärmeeinträge bekannt waren und sicher in das von der Kommission entwickelte Klimakonzept für die Alte Pinakothek einflossen. Auch war das hohe Besucheraufkommen, wie beispielsweise im Alten Museum in Berlin, bei den dort geplanten Umbaumaßnahmen der Anlass, anstelle einer natürlichen Fensterlüftung eine künstliche Ventilation der Galerieräume vorzusehen. KÖNIGLICHES MUSEUM DRESDEN: NIEDERDRUCKWARMWASSERHEIZUNG Im Königlichen Museum zu Dresden war im Jahr 1854 eine NiederdruckWarmwasserheizung installiert worden, nachdem auch dort ein intensiver Erfahrungsaustausch mit anderen Museen im In- und Ausland stattgefunden hatte. Das Besondere des Dresdner Systems war, dass die Räume im zweiten Obergeschoss ausschließlich über Öffnungen im Boden durch das darunterliegende beheizte erste Obergeschoss temperiert wurden.39 Das System scheint sich im praktischen Betrieb so gut bewährt zu haben, dass Heinrich von Dehn-Rotfelser 25 Jahre später feststellte: „Dieses Gebäude ist mit einer vortrefflichen Warmwasserheizung versehen, die im Winter stets benutzt wird und sich vollständig bewährt hat. Nach dem Muster derselben scheinen die National-Gallerie, das South Kensington Museum und die Royal Academy ausgeführt zu sein. Man hat sich wenigstens vor mehreren Jahren die Pläne des Dresdener Galleriegebäudes dahin schicken lassen.“40
Abb. 71 Neues Museum, Berlin. Stahlstich der Gebäudeansicht mit der Friedrichsbrücke im Vordergrund um 1850 [Quelle: Payne 1850].
GEMÄLDEGALERIE KASSEL: KONSERVATORISCH VERTRÄGLICHES HEIZEN Mit Dehn-Rotfelser spannt sich der Bogen zur Gemäldegalerie Kassel (Abb. 72), deren Architekt er war. Außerdem war die Alte Pinakothek das Vorbild für dieses Museum, das 1877 nach sechsjähriger Bauzeit vollendet wurde. Die innere Einteilung des Gebäudes und das Beleuchtungskonzept weisen große Übereinstimmungen auf, wobei klar festzustellen ist, dass die in der Alten Pinakothek vorhandenen Schwierigkeiten beim Bau
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Abb. 72 Gemäldegalerie, Kassel. Innenansicht eines Oberlichtsaales vor 1923 [Quelle:Erbe 1923, Tafel VI].
der Kassler Gemäldegalerie umgangen werden sollten. Ähnlich verhielt es sich mit dem Heizsystem. „Eine mäßige Heizung [war] nicht nur zur Erleichterung des Besuches derselben, sondern auch zur besseren Erhaltung der Gemälde geboten […] denn es kann keinem Zweifel unterliegen, daß es günstig auf die Gemälde einwirken muß, wenn sie durch ein zweckmäßiges Heizsystem den Einflüssen der Winterkälte und der durch diese bedingten starken Temperaturwechsel ganz entzogen werden.“41 Da sich die Luftheizung in der Alten Pinakothek nicht bewährt hatte, wurde eine Wasserheizung in allen zur Gemäldegalerie gehörenden Räumen ausgeführt, „welche indessen nur so benutzt wird, daß sie keine höhere Temperatur als 10 ° R. erzeugt und eine Abkühlung der Räume unter + 5 ° R. ständig verhindert“.42 Von den im Keller liegenden Heizkesseln aus wurden die einzelnen Räume über ein gusseisernes Heizrohrsystem gespeist. Die Heizrohre waren im Fussboden verlegt und mit durchbrochenen Eisengittern abgedeckt, wobei die Auslässe in der Nähe der Bilderwände ab einer Distanz von eineinhalb Metern durch unterlegte Blechtafeln geschlossen waren, „[…] um das Ausströmen der Wärme dicht an den Bilderwänden zu verhindern“.43 Dieses System sollte ein konservatorisch verträgliches Heizen sicherstellen, bei dem eine zu niedrige relative Feuchte durch eine maximal zulässige Temperatur von zehn Grad Celsius vermieden werden sollte. Auch das Verschließen der sonst durchbrochenen Abdeckgitter der Fußbodenkanäle in der Nähe der Gemälde ist als Maßnahme mit konservatorischem Hintergrund zu werten.
NIEDERDRUCKDAMPFHEIZUNG ALS NEUE STRATEGIE Wie dieser kurze Blick auf die Klimakontrollstrategien in anderen deutschen Museumsbauten zeigte, bestand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein erstaunliches und heute meist unterschätztes Wissen über die Zusammenhänge zwischen Innenraumklimabedingungen, Einfluss der Besucher, Heiz- und Ventilationskonzept und deren Bedeutung für den
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Erhaltungszustand der Kunstwerke. Bei der Planung des neuen Heizkonzeptes für die Alte Pinakothek war dieses Wissen und der Erfahrungsaustausch zwischen Architekten, Museumsdirektoren, Bauräten und Ingenieuren ein wichtiger Baustein. Den Verantwortlichen war bewusst, dass eine möglichst konstante relative Feuchte die entscheidende Rolle spielen musste. Wie umsichtig die Planungen waren, zeigt die Tatsache, dass besagte Kommission mit der Erarbeitung eines neuen Konzeptes für die Alte Pinakothek betraut wurde. Diese entwickelte, ausgehend von den Systemen in anderen Museumsgebäuden eine Strategie, bei welcher über die Beheizung in Raummitte (!) gleichzeitig Wasser verdunstet wurde, sodass die relative Feuchte während der Heizperiode nicht zu stark absinken konnte. Die angestrebten Bedingungen bestimmten nicht die Komfortansprüche der Besucher, sondern orientierten sich ausschließlich an den Anforderungen der Kunstwerke. Damals begannen in der Alten Pinakothek die ersten, über einen längeren Zeitraum nahezu lückenlos fortlaufenden Klimamessungen und -aufzeichnungen. Anfangs wurden mit einem Psychrometer täglich jeweils zwischen elf und zwölf Uhr vormittags relative Feuchte und Temperatur ermittelt. In späteren Jahren erfolgten die Messungen kontinuierlich – zunächst analog mit Thermohygrographen, dann digital über Sensoren. Dass diese frühen Messungen und Aufzeichnungen in diesem Umfang archivalisch überliefert sind, ist eine Ausnahme. Für kaum ein anderes Museum existieren Daten von über 100 Jahren Klimageschichte in dieser Vollständigkeit und Qualität, auch wenn es sich zunächst um punktuelle Messungen handelte. Gerade für die vorliegende Arbeit erwies sich dies als Glücksfall, denn die durchgeführten thermischhygrischen Simulationen konnten dadurch zumindest in erster Näherung auf ihre Plausibilität hin überprüft werden. INNENRAUMKLIMA UND NIEDERDRUCKDAMPFHEIZUNG Die Ergebnisse der thermisch-hygrischen Simulation belegen den damals in den Quellen wiederholt beschriebenen Erfolg. Im Jahresverlauf (Abb. 73) sank die Temperatur niemals unter den Gefrierpunkt und lag an nur wenigen Tagen unterhalb der geforderten zehn Grad Celsius Mindesttemperatur. Auch die relative Feuchte konnte durch die Wasserverdunstung mit wenigen Ausreißern über 40 % gehalten werden. Während der Wintermonate lag sie meist zwischen 40 und 60 % (Abb. 74), wobei die täglichen Feuchteschwankungen etwa fünf Prozent betrugen und eindeutig auf die Nachtabsenkung der Heizung zurückzuführen sind. Vermutlich hätten sich bei durchgängigem Heizbetrieb die klimatischen Bedingungen durchaus
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Abb. 73 Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit der Niederdruckdampfheizung. Abb. 74 Rubenssaal. Monatsverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit der Niederdruckdampfheizung. Der Kurvenverlauf zeigt die Situation im November als Wintermonat mit moderateren Außentemperaturen. Abb. 75 Rubenssaal. Monatsverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit der Niederdruckdampfheizung. Der Kurvenverlauf zeigt die Situation im Januar als Wintermonat mit extremen Außentemperaturen.
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noch konstanter eingependelt. An Tagen mit sehr niedrigen Außentemperaturen von bis zu minus 15 °C zeigten sich die Grenzen des Systems (Abb. 75) vor allem dann, wenn solche Außenklimabedingungen länger anhielten. Während einzelne kältere Tage noch keine größeren Auswirkungen auf die Innenraumtemperaturen hatten, sackten während Kälteperioden von mehreren Tagen Dauer die Temperaturen im Inneren auf knapp über Null Grad Celsius ab. Wieder ist das Fehlen der nächtlichen Beheizung der entscheidende Faktor. In den beiden Monatsverläufen von Januar und November (Abb. 74 und Abb. 75) fallen morgens kurze Temperatureinbrüche auf. Diese waren der etwa einstündigen Fensterlüftung vor dem Beginn der Öffnungszeit geschuldet, wären also theoretisch vermeidbar gewesen. Rubenssaal und Rubenskabinett im Vergleich: Lage der Räume innerhalb der Gebäudehülle Die Gegenüberstellung der Streudiagramme von Rubenssaal (Abb. 76) und Rubenskabinett (Abb. 77) zeigt, dass das Temperaturniveau im Kabinett grundsätzlich etwas niedriger war als im Rubenssaal, und dementsprechend lag das Niveau der relativen Feuchte leicht höher. Dieser Vergleich verdeutlicht den Einfluss, den sowohl die Lage der Räume innerhalb des
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Gebäudes sowie deren Orientierung auf die Innenraumklimabedingungen haben. Während die Galeriesäle keine Außenwände aufweisen, liegen die Außenwände der Kabinette auf der Nordseite – bei einem massiven Gebäude wie der Alten Pinakothek eine aus energetischer Sicht ungünstige Fassadenfläche. Dies erklärt die in den Wintermonaten im Kabinett höheren Transmissionswärmeverluste über transparente und opake Bauteile. Wegen des geringeren Anteils verglaster Flächen und deren Nordausrichtung fielen die solaren Wärmeeinträge in den Kabinetten ganzjährig deutlich geringer aus als in den Galeriesälen. Der Einfluss verglaster Flächen Schon bei der Auswertung des durch die Luftheizung bedingten Innenraumklimas wurde auf die der Konstruktion der Lichtlaternen geschuldeten Besonderheiten hingewiesen. Prinzipiell sind diese auch für die Zeit nach der Umstellung auf die Niederdruckdampfheizung zutreffend (Abb. 78): Im Dachraum lagen die Temperaturen, in den Sommermonaten deutlich über den Außentemperaturen und selbst während der Wintermonate stellten sich Temperaturen im Dachraum ein, die bis zu zehn Kelvin über den Außentemperaturen lagen. Die auch im Winter höheren Tempera-
Abb. 76 Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur dargestellt als Streudiagramm während der Zeit der Niederdruckdampfheizung. Abb. 77 Rubenskabinett. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur dargestellt als Streudiagramm während der Zeit der Niederdruckdampfheizung. Abb. 78 Lichtlaternen über dem Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit der Niederdruckdampfheizung.
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Abb. 79 Lichtlaternen über dem Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur. Vergleich der Klimabedingungen der Zeit, in der die Lichtlaternen eine Kupfereindeckung hatten und nachdem diese durch eine Verglasung ersetzt wurde.
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turen entstanden schlichtweg wegen dem Wärmeübergang zwischen Galeriesaal und Dachraum in Verbindung mit den solaren Einträgen über die Lichtlaternen. Aussagekräftiger ist der Vergleich der sommerlichen Temperaturverläufe der Zeitspanne zwischen 1836 und 1841 und dem baulichen Zustand zwischen 1891 und 1952 (Abb. 79). In beiden Fällen war das Heizsystem zu dieser Jahreszeit nicht in Betrieb, weshalb zu erwarten wäre, dass die klimatischen Bedingungen identisch waren. Tatsächlich lag die Temperatur in den Lichtlaternen zur Zeit der Niederdruckdampfheizung merklich höher. Dies war dem Austausch der Kupfereindeckung der Lichtlaternen durch eine Verglasung und den dadurch wirksam werdenden höheren solaren Einträgen geschuldet.44 Worüber die Klimamessungen keine und die thermisch-hygrischen Simulationen nur indirekt Auskunft geben, sind die 1923 von Erbe beschriebenen Undichtigkeiten der Dach- beziehungsweise Lichtlaternenkonstruktion. Er führte diese auf die fehlende Lüftungsmöglichkeit in den Lichtlaternen zurück, wegen der sich die Hitze im Dachraum staue und „eine so ungeheure Hitze [entstehe,] daß infolge der verschiedenen Ausdehnungen der Materialien der Oberlichtkonstruktion, des Glases und des Eisens, Undichtigkeiten entstanden sind, die sogar das Eindringen des Regens durch das Dach zulassen“.45
LUFTQUALITÄT ALS HERAUSFORDERUNG UND ENTWICKLUNGSMOTOR Tatsächlich war die Frage der Lüftung – nicht nur von Museumsräumen – im gesamten 19. Jahrhundert ein brisantes Thema. Die Hygieniker hatten in zahlreichen Untersuchungen und Publikationen nachgewiesen, dass sich schlechte Luftqualität negativ auf das menschliche Wohlbefinden auswirke. Nun waren die Ingenieure gefordert, technische Lösungen für die Ventilation der Räume zu entwickeln. An dieser Stelle sei auf die von David Boswell Reid in den 1830er Jahren konzipierten Systeme für das House of Parliaments und das House of Commons hingewiesen, bei denen Luftqualität, Beleuchtung und Akustik in einem ganzheitlichen Ansatz kontrolliert wurden. Vom Prinzip her waren dies die ersten Klimaanlagen, mit denen eine konsequente und kontinuierliche Be- oder Entfeuchtung der Luft möglich geworden war. Die Befeuchtungskammern der technischen Einrichtungen dienten gleichzeitig als Luftwäscher, wodurch die Luftqualität in den Sitzungssälen verbessert werden sollte.46 Das Konzept von Reid war durchdacht ausgearbeitet und erregte nicht nur in England Aufsehen. Ähnlich frühe Versuche der Klimatisierung mit gleichzeitiger Kontrolle der Luftqualität fanden zunächst überwiegend in Industriebetrieben, Fabriken und im Gesundheitswesen statt. Es bestand ein immenser Bedarf, die Luftqualität in den großen Fabrikanlagen, in Minen, auf Schiffen, aber auch in Krankenhäusern und in Gefängnissen zu verbessern.47 Bis eine Klimakontrolle in Kombination mit der mechanischen Lüftung Einzug in den Museumsraum hielt, sollte es zu diesem Zeitpunkt allerdings noch einige Jahrzehnte dauern. Ursachen waren einerseits die hohen Anschaffungskosten – in der National Gallery wurde noch 1937 der Einbau einer Klimaanlage wegen fehlender finanzieller Mittel abgelehnt48 –, andererseits wollten die Museumsverantwortlichen nach den negativen Erfahrungswerten mit den Luftheizsystemen nicht erneut unkalkulierbare Risiken eingehen, indem sie noch nicht vollständig ausgereifte Systeme in ihren Häusern installieren ließen. ALTES MUSEUM BERLIN: HEIZUNG, LÜFTUNG UND BEFEUCHTUNG Im Alten Museum in Berlin (Abb. 80) wurde, ähnlich wie in der Alten Pinakothek, trotz der Probleme mit der Luftheizung erst in den 1880er Jahren eine Umstellung des Heiz- und Lüftungskonzeptes vollzogen. Durch die Erfahrungen in den anderen Berliner Museen hatten sich die den Planern gegenüber formulierten Anforderungen an das Klimakonzept deutlich verschärft. Nun galt die Aufmerksamkeit nicht mehr alleine der Tempera-
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Abb. 80 Altes Museum, Berlin, vor 1854 auf einer Aufnahme aus der Ohotographiensammlung von Eduard Gartner [Quelle: Stadtmuseum Berlin 2006, S. 71].
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turkontrolle, sondern „für eine Heizung und Lüftung verlangte die von der Galerieverwaltung aufgestellte bezügliche Uebersicht in den Sammlungsräumen eine für Tag und Nacht möglichst gleichmäßige Wärme von durchschnittlich + 12 ° R. und einen Feuchtigkeitsgehalt der Luft von mindestens 50 bis 55 %. […] Dabei sollten die Heizungsröhren von den Bildern möglichst weit entfernt sein, sich daher für die Säle in der Mitte des Raumes innerhalb der Ruhebank, in den seitlich beleuchteten Räumen in den Fensternischen befinden, möglichst wenig gesehen werden und auch möglichst wenig Platz einnehmen.“49 Wie in der Alten Pinakothek standen bei der Planung konservatorische Aspekte im Vordergrund: Ein konstantes Klima sowie der Abstand der Heizungsrohre zu den Gemälden sollten die Erhaltung der Kunstwerke sichern. Also wurde eine Heißwasserheizung kombiniert mit einer Luftheizung für den Luftwechsel gewählt.50 Durch die geschickte Zuordnung und Verteilung der Heizungsrohre – „jede Feuerungsstelle hat zwei Heißwasseröfen, deren verschiedene Röhrengruppen so nach den zu erwärmenden Räumen geleitet sind, daß jeder Raum mit zweien derselben geheizt wird, von welchen die eine Gruppe dem einen, die andere dem anderen Ofen angehört“51 – konnten die Öfen jeweils verschieden stark geheizt und die Röhren unterschiedlich geschaltet, den Anforderungen entsprechende Heizleistungen liefern. Gleichzeitig lag ein redundantes System vor, sodass selbst bei dem Ausfall eines Ofens der andere ein Mindestmaß an Wärme bereitstellen konnte. Darüber hinaus war jeder Heizgruppe ein Luftheizofen zugeordnet, in dem die für die Galerieräume bestimmte Luft vorgewärmt wurde. Die Zuluft wurde in den Mischkammern (Mischung aus Heizungsluft und Frischluft) durch weitmaschige mit Wasser berieselte Leinengewebe geleitet. Der Vorgang wurde auch als „Luft waschen“ bezeichnet.52 Das System funktionierte weitgehend automatisch, denn die Wasserzerstäubungseinrichtungen in den Mischkammern waren an die Hauswasserleitung angeschlossen. Ihre Regelung erfolgte über Thermostate und Hygrometer, die sowohl in den Räumen wie in den Zuluftkanälen platziert waren. Die Abluft wurde in jedem Raum über zwei Abzugsöffnungen durch natürlichen Auftrieb abgeführt. Eine Abluftöffnung befand sich im Sockel,
die andere oberhalb der Bildwandfläche. Das Heißwasserheizsystem und die Luftheizung konnten unabhängig voneinander reguliert und den erforderlichen Bedingungen angepasst werden. Sogar für den Fall, dass der Auftrieb aufgrund warmer Witterung nicht ausreichte, war vorgesorgt. In jedem Abluftkamin war eine Gasbrennergruppe platziert, die bei Bedarf zugeschaltet werden konnte.53
NEUE SYSTEME DER KLIMAKONTROLLE Noch Anfang des 20. Jahrhunderts war die Wahl der Heizmethode sowie die Aufstellung der Heizkörper bei der Einrichtung oder Sanierung von Museen eine viel diskutierte und nach wie vor nicht zufriedenstellend beantwortete Fragestellung. Die Hintergründe für den weiterhin bestehenden Forschungsbedarf waren vielschichtig. Einerseits hatten die Museumsverantwortlichen aus den negativen Erfahrungen mit noch nicht ausgereiften Systemen der Klimakontrolle gelernt. Sie waren nicht mehr bereit, das Risiko einer Schädigung der Kunstwerke zu tragen. Andererseits setzten die Heizungsfirmen, denen nach Meinung zeitgenössischer Kritiker Profit wichtiger war als Innovationen,54 lieber auf bereits bewährte Konzepte. Es mangelte an interdisziplinärer Zusammenarbeit, die der Antriebsmotor von Neuentwicklungen gewesen wäre. Im Museumsraum führte das Aufkommen der Warm- und Heißwasserheizungssysteme dennoch zu fundamentalen Veränderungen. Während bei den Luftheizsystemen die Lufteinlässe in den Wänden platziert werden mussten, boten die wassergeführten Systeme freiere Wahlmöglichkeiten. Da in der Vergangenheit durch die Nähe der Zuluftöffnungen zu den Kunstwerken Schäden entstanden waren, sahen die neuen Heizkonzepte eine Aufstellung der Heizkörper vor, welche der Erhaltung der Kunstwerke zuträglicher sein sollte. Die Wärmequelle wurde mit größerem Abstand zu den Kunstwerken platziert. Bei Kabinetten mit Seitenlichtbeleuchtung war die Aufstellung der Heizkörper in den Fensternischen kein Problem. Schwieriger gestaltete sich dies in den meist größeren, mit Oberlicht beleuchteten Galeriesälen. Dort bestanden zwei unterschiedliche Möglichkeiten: Entweder die Heizspiralen befanden sich in den Ruhebänken beziehungsweise Sitzmöbeln in der Raummitte, oder aber die Heizungsrohre verliefen im Fußboden und wurden mit Eisengittern abgedeckt. Der Nachteil der Fußbodenlösung war die stetige Aufwirbelung des in den Kanälen angesammelten Staubes, der sowohl von den Besuchern wie von der Rei-
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nigung der Räume stammte.55 Vor diesem Hintergrund sind die in Berlin, Dresden und München verfolgten Lösungsansätze aufschlussreich, weil sie eine Wende im Umgang mit der Klimatisierung in Museumsräumen einleiteten. Obgleich zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten, nahmen sie heutige Bestrebungen und Überlegungen bereits vorweg. GRÜNES GEWÖLBE DRESDEN: VORLÄUFER DER BAUTEILAKTIVIERUNG Das zuerst für das Bayerische Nationalmuseum in München und beim Umbau des Grünen Gewölbes in Dresden weiterentwickelte System ist im Hinblick auf das Funktionsprinzip ein Vorläufer der heute im Museum als Neuerung geltenden Bauteilaktivierung. Auf einer Betonunterlage befanden sich im Abstand von etwa einem Meter sogenannte „ohmsche Betonbalken“ von 15–20 Zentimetern Höhe. Sie waren parallel zur Längswand gelagert und mit acht Zentimeter starken Zementdielen abgedeckt. Auf diese Unterlage folgte der Fußbodenbelag aus drei Zentimeter starken Marmorplatten eingebettet in Kalkmörtel. Die Heizrohre verliefen in einem von der tragenden Betondecke und den Zementdielen gebildeten Hohlraum in Wiedergängen parallel zu den „ohmschen Betonbalken“. Dadurch erwärmte sich der Steinboden und diente „gewissermaßen als sekundärer Heizkörper“.56 Ursprünglich sollte mit diesem System eine Temperatur von zwölf Grad Celsius in Kopfhöhe erzielt werden. Im praktischen Betrieb wurden dann aber bei einer Kesseltemperatur von etwa 70 °C selbst bei zweistelligen Minusgraden im Innenraum noch Temperaturen zwischen 16 und 20 °C gemessen. Deswegen konnte die Kesseltemperatur um 20 Kelvin herabgesetzt und eine beträchtliche Menge Brennstoff eingespart werden. Hier zeigte sich ein Phänomen, das heute insbesondere bei der Einbindung regenerativer Energien in ein Heizkonzept eine Rolle spielt: Je größer die Wärme abgebende Fläche ist, desto geringer kann die Vorlauftemperatur sein. Die Temperatur des Fußbodenplattenbelages war mit 20–25 °C vergleichsweise niedrig. Weshalb mit der „damit verbundenen, sehr allmählichen und im ganzen Raume gleichmäßigen Abgabe der Wärme an den umgebenden Raum weder eine Staubverbrennung noch eine nachweisbare Aufwirbelung des Staubes“ entstand.57 Ein weiterer Vorteil einer solchen Flächenheizung ist, dass die von den Heizflächen abgegebene Strahlungswärme von den Besuchern als behaglich empfunden wird, obwohl die Raumlufttemperaturen niedriger als bei konventionellen Heizsystemen sind. „Weiter ist noch zu beachten, daß einmal die hier eintretende große Wärmespeicherung ein völliges und vor allem allzu plötzliches Auskühlen
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der Räume bei Nacht verhindert“58 und so mussten die Kessel nachts nicht gefeuert werden, was eine weitere Brennstoffeinsparung erlaubte. KAISER-FRIEDRICH-MUSEUM BERLIN: NISCHENHEIZUNG MIT VORGEBLENDETER WANDSCHALE Im Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin (Abb. 81) wurde mit der Verlegung des Heizsystems in die Wände eine andere Strategie verfolgt. Eine dem Mauerwerk mit Abstand vorgesetzte Verschalung ausgeführt als Bohlenund Bretterkonstruktion war die Hängefläche für die Gemälde.59 Zugleich bildete sie den fast bis zur Decke reichenden Hohlraum, in dem hinter der dreifach mit Glas, Kork und Putz isolierten Schutzwand die Heizkörper lagen. Dieser Aufbau sollte die auf den Wänden gehängten Gemälde vor zu großer Wärme schützen. Gleichzeitig diente die Isolierschicht als Zwischenwand im Luftkanal, „welcher am Fußboden beginnend die kühle Luft aus dem Zimmer aufsog und dann, durch den Heizkörper erwärmt, an der Decke oberhalb der Bildergrenze ausströmen ließ“.60 Dieses System war damals aus heizungstechnischer Sicht – heute würden energetische Gründe angeführt werden – für Außenwände ungeeignet.61 Unter Berücksichtigung dieser Einschränkung konnte aber nach Angaben der Museumsmitarbeiter selbst in großen Sälen und bei niedrigen Außentemperaturen an allen Punkten des Raumes eine fast völlig gleichmäßige Temperatur von 15 °C erreicht werden, auch wenn den Aufsehern, Kopisten und Besuchern eine Temperatur von 18 °C lieber gewesen wäre.62 Auch hier trat das Phänomen auf, dass die menschlichen Anforderungen stiegen, sobald die konservatorisch geforderten Bedingungen einigermaßen kontrolliert werden konnten. Mehr noch, Schritt für Schritt wurde die Bedeutung der Klimatisierung für das menschliche Empfinden und den Kunstgenuss in den Vordergrund gestellt: “Yet again, visitors themselves find air-conditioned rooms more pleasant, and suffer less from fatigue when visiting a museum that is humidified – the minimum relative humidity physiologically desireable being 40 to 50 to 20° C. (68° F.).”63 Aber auch im Kaiser-Friedrich-Museum wäre die alleinige Beheizung den konservatorischen Anforderungen nicht gerecht geworden. Wie bei jeder Heizmethode, die mit Luft als Wärmeträgermedium funktionierte, musste eine ausreichende und kontinuierliche Befeuchtung der Luft sichergestellt sein. Sobald im Winter der Ostwind einsetzte, sank der Feuchtigkeitsgehalt der Luft teilweise innerhalb weniger Stunden von den gewünschten 65 % Mindestfeuchte auf unter 30 % ab. „Dann reißen Holzbildwerke und Gemälde auf Holz. Diejenigen Gemälde aber, welche
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Abb. 81 Kaiser-Friedrich-Museum, Berlin. Ausstellungsraum um 1905 [Quelle: Deutsche Fotothek].
in den Seegegenden gemalt sind, wie die Venetianer, bekommen große Buckel.“64 Das Befeuchtungskonzept sah deswegen in den Luftheizkammern eine Befeuchtung der Luft durch drei Strategien vor: „1. Durch Verdampfen von Wasser, indem Dampfschlangen in offenen Wasserbecken liegen; 2. Für heftige Befeuchtung Wasserzerstäuber, bei denen Wasser gegen eine hohle Metallglocke spritzt; 3. Bei der größten Trockenheit unmittelbares Ausströmen von Wasserdampf in die Heizkammer. Damit ist man allen Anforderungen gewachsen.“65 Die Frischluftzufuhr erfolgte über die Kellerfenster, welchen, um den Staubeintrag zu reduzieren, Stofffilter vorgesetzt waren. Schraubenventilatoren beförderten die befeuchtete Luft in die Galeriesäle, denn allein über natürlichen Auftrieb hätte keine ausreichende Luftumwälzung stattgefunden. Prinzipiell hätten die Ventilatoren ebenfalls in die Gegenrichtung betrieben werden können: „Läßt man am Schluß der Besuchszeit diese Ventilatoren im umgekehrten Sinne arbeiten, so saugen sie die unteren Luftschichten mit ihrem Staub aus den Räumen heraus – natürlich müssen die Luftfilter vorher an den Kellerfenstern beiseite geschoben werden – und entstauben so die Räume. Doch dürften alle diese vorteilhaften Einrichtungen der Museumsverwaltung unbekannt sein.“66 ALTE NEUE PINAKOTHEK MÜNCHEN: WISSENSCHAFTLICH ERARBEITETES KLIMAKONZEPT Im praktischen Betrieb erwies sich die Nischenheizung mit vorgeblendeter Wand gegenüber den Radiatoren wegen der gleichmäßigeren Wärmeabgabe und den erzielten Temperaturen als vorteilhaft. Und im Vergleich zur Fußbodenheizung schnitt die Nischenheizung aufgrund der geringeren Erstellungskosten besser ab.67 Deswegen sollte die alte Neue Pinakothek (Abb. 82) bei der Sanierung der Heizungsanlage ebenfalls ein System nach
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dem Prinzip der Nischenheizung erhalten. Da aber keines der bestehenden Systeme mit der Situation der kleinen Oberlichtsäle der alten Neuen Pinakothek vergleichbar war, bestanden gewisse Bedenken gegenüber der Umsetzung. Gezielte Versuche am Laboratorium für technische Physik der Königlich Bayerischen Hochschule München sollten genaue Daten und dadurch Planungssicherheit liefern. Der errichtete Versuchsaufbau bestand aus einer Nische mit 1,80 Metern Breite und fünf Metern Höhe, in der sich in fünf Zentimetern Abstand zur Wand ein dreisäuliger Warmwasserheizkörper mit 19 Gliedern und rund 13 Quadratmetern Heizfläche befand. In wiederum fünf Zentimetern Abstand zum Heizkörper wurde die Nische von einer Isolierwand geschlossen, wodurch eine Art Warmluftkanal entstand. Die Isolierwand selbst war verzinktes Eisenblech, das als sechs Zentimeter starke Doppelwand mit dazwischen eingeschlossenen, ruhenden Luftschichten ausgebildet war. In nochmals fünf Zentimetern Abstand zur Isolierwand schloss eine fast vier Zentimeter starke Holzwand, auf der die Gemälde gehängt werden konnten, die Nische raumseitig ab. Oben und unten befanden sich mit Gittern verschlossene Lüftungsöffnungen. Der gesamte Aufbau war mit Messvorrichtungen ausgestattet, um die ablaufenden Vorgänge im Detail zu untersuchen. Gemessen wurden Vor- und Rücklauftemperatur des Heizwassers, dessen Durchflussmenge, die Lufttemperaturen „an 3 Stellen des Luftzutrittes vor dem unteren Gitter […] an 7 Stellen des oberen Endes des Warmluftkanales […] an 5 Stellen des oberen Endes des Luftspaltes […] an 3 verschiedenen Höhen außerhalb der Nische“,68 die Luftströmungsgeschwindigkeiten an den Luftauslässen sowie der Wärmedurchgang durch die Isolierwand. Letzterer wurde über die Messung der Oberflächentemperaturen an acht Stellen der gegen den Warmluftkanal liegenden Blechwand und an sechs Stellen der dem Luftspalt zugewandten Blechwand. Mit der als Pumpenheizung betriebenen Warmwasserheizung, deren Wasser in einem Gas betriebenen Dampfkessel mit einem Dreiviertel Quadratmeter Heizfläche erhitzt wurde, konnte eine Vorlauftemperatur von 70 °C erreicht werden.69 Die Rücklauftemperatur lag bei 50 °C. Die Untersuchung lieferte einige für die endgültige Konstruktion hilfreiche Ergebnisse. Wie bei jedem Warmwasserheizsystem war grundsätzlich die relativ lange Anheizperiode zu berücksichtigen: „[…] der Heizer muß 1 bis 2 Stunden eher aufstehen, aber sie hält die Räume dann auch auf lange Zeit nach dem Erlöschen des Feuers warm ohne beträchtliche Herabminderung der Wärme, wenn nur die Warmwasserkessel im Keller groß genug
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Abb. 82 Alte Neue Pinakothek, München. Hauptfassade des nach schweren Kriegszerstörungen abgerissenen Gebäudes [Quelle: BStGS Bestandsunterlagen, Sammlung Gisela Goldberg].
bemessen sind.“70 Die Nischentiefe musste gering sein, sollte das System effizient laufen. Zwar reduzierte die Isolierwand den Wärmedurchgang merklich, verhinderte diesen jedoch nicht völlig. Ebenfalls großen Einfluss auf die effiziente Funktionsweise des Heizkonzeptes hatten Lage, Anordnung und Form der Ein- unf Ausströmungsöffnungen. Die von der Technischen Hochschule vorgeschlagene Konstruktion wurde wohl tatsächlich in der alten Neuen Pinakothek ausgeführt und messtechnisch weiter begleitet. Heute ist eine messtechnische Überwachung und Begleitung in Einregulierungsphase und Betrieb gängige Praxis. Vor rund 100 Jahren waren solch umfassende Versuche im Vorfeld sowie die Messungen im praktischen Betrieb ein Novum und belegen den Wandel in der Bedeutung der Klimatechnik für den Museumsraum. MUSEUM OF FINE ARTS BOSTON: AUSGANGSPUNKT ERNEUTER ÜBERLEGUNGEN ZUR VOLLKLIMAANLAGE Die technischen Neuerungen und die Ergebnisse von zahlreichen wissenschaftlich begleiteten, fachübergreifenden Untersuchungen legten den Grundstein für erneute Bestrebungen, Vollklimaanlagen in den Museen einzuführen. Das gänzjährige Heizen, Kühlen, Be- und Entfeuchten sollte konservatorisch günstige Bedingungen für die Kunstwerke gewährleisten und die oftmals schwierige klimatische Situation in vielen Häusern vereinfachen. Frühe Versuche mit einer solchen Klimatisierung wurden 1908
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im Museum of Fine Arts Boston71 (Abb. 83) erfolgreich durchgeführt und in den 1930er Jahren von Paul Coremans beschrieben. Damals war die Kühlung und Entfeuchtung der Raumluft technisch schwierig. Vermutlich lagen die aus dieser Zeit überlieferten Sollwerte für die relative Feuchte aus diesem Grund bei 60 %.72 Während in der Alten Pinakothek die Sollwerte ausschließlich auf den konservatorischen Notwendigkeiten basierten, wurden diese in Amerika zwar berücksichtigt, aber die technische Umsetzbarkeit sowie die Besucheranforderungen wurden als gleichwertige Planungsgrundlage betrachtet. Ausgehend von den Erfahrungen im Bostoner Museum of Fine Arts lieferte Coremans seine Einschätzung der Problematik der Klimatisierung von Museen, die wiederum für das Verständnis der damaligen Sichtweise hilfreich ist: “Experiments which have been carried out in various places seem to show that the optimum temperature and humidity is very close to 15° C. (59° F.) and 60 per cent relative humidity. In endeavouring to approach this optimum, the first step is to avoid too great variations of temperature and especially humidity.”73 Bei diesen Bedingungen würden die, insbesondere bei mehrschichtigen Kombinationen unterschiedlicher Materialien, kritischen mechanischen Spannungen deutlich reduziert. Allerdings bedeute dies, dass für unterschiedliche Materialien variierende Feuchtegehalte zur optimalen Erhaltung erforderlich wären. Dies sei ein bisher kaum beachteter Aspekt, der das an sich komplexe Problem der Klimakontrolle in Museen genauso wie die weiter steigenden menschlichen Komfortansprüchen weiter verkompliziere.74 Die aufgeführten Anforderungen müssten jeder Klimatisierungsstrategie zugrunde liegen, auch wenn die Einschränkung gelte, dass selbst bei ausreichenden Finanzmitteln niemals eine Lösung gefunden werden könne, die für sämtliche Kunstwerke das Optimum darstelle. Weiter forderte Coremans, dass bei allen Überlegungen der immense Installationsaufwand einer Klimaanlage und der entsprechende Wartungsaufwand berücksichtigt werden müssten. Daher wären nachträgliche Lösungen unbedingt auf den Bestand und die vorherrschenden Bedingungen auszurichten.75 Grundsätzlich sei der zu betreibende technische Aufwand abhängig von den Außenklimabedingungen, also dem Standort und den Jahreszeiten. Zur Einhaltung der
Abb. 83 Museum of Fine Arts, Boston. Ansicht der Hauptfassade 1909 [Quelle: Boston Public Library].
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genannten Sollwerte von 60 % für die relative Feuchte und 15 °C für die Temperatur musste im Winter geheizt und befeuchtet, im Sommer dagegen gekühlt und entfeuchtet werden. Der Winterfall war technisch relativ einfach umsetzbar: die Zuluft wurde gefiltert und mit Ventilatoren in die Anlage geleitet, in welcher sie beheizt und befeuchtet wurde, bevor sie in die Galerieräume gelangte. Die Entfeuchtung und Kühlung im Sommerfall war dagegen Anfang des 20. Jahrhunderts technisch schwieriger: “It is practically impossible to adopt the corresponding technique, since drying could be effected only by too great a cooling of the air. No convenient method has yet been found.”76 Deswegen beschreibt Coremans 1936 neben allen technischen Maßnahmen und Möglichkeiten stichpunktartig einige passiv ausgelegte Strategien, um die klimatischen Bedingungen zu stabilisieren: durchgehendes Heizen in Herbst und Winter zur Vermeidung großer Temperaturschwankungen; Vermeidung hoher thermischer Lasten und Vermeidung direkten Sonnenlichtes; Reduzierung von Feuchteschwankungen durch gezieltes Heizen und den Einsatz Feuchte puffernder Baumaterialien; lokale Absenkung der relativen Feuchte in Vitrinen durch den Einsatz von Silikagel.77
KLIMATECHNIK ZUM GANZJÄHRIGEN HEIZEN UND BEFEUCHTEN Als sich beim Wiederaufbau der Alten Pinakothek die Frage nach der Form der Klimakontrolle stellte, wurde der Einbau einer raumlufttechnischen Anlage nicht lange diskutiert. Die verfügbare Technik hatte einen Stand erreicht, der es erlaubte, die Idee der Klimakontrolle über das Medium Luft wiederaufzugreifen und anzupassen. Ziel war die Stabilisierung des Innenraumklimas. In der Alten Pinakothek wurde dies erreicht, indem mit der neuen raumlufttechnischen Anlage bei Bedarf ganzjährig geheizt und befeuchtet werden sollte. Schon 60 Jahre zuvor, beim Einbau der Niederdruckdampfheizung, hatte sich kurz nach der Inbetriebnahme gezeigt, dass sich eine Kühlung im Sommer positiv auf die Klimakonstanz ausgewirkt hätte. Die prinzipielle Notwendigkeit einer Kühlung und Entfeuchtung im Sommer war erkannt worden, aber der Stand der Klimatisierungstechnik war auch in den 1950er Jahren noch nicht so weit ausgereift, dass eine Entfeuchtungseinrichtung bezahlbar und zuverlässig im Betrieb hätte umgesetzt werden können. Wie die thermisch-hygrischen Simulationen zeigen, lag die relative Feuchte in der Alten Pinakothek seit der Eröffnung 1836 über Jahrzehnte
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im Sommer zwar meist über 60 %, aber nur an einzelnen Tagen über dem als kritisch geltenden Maximalwert von 75 % (Abb. 84, Abb. 85 und Abb. 86). Der obere Grenzwert der relativen Feuchte von 75 % ergibt sich durch das dann deutlich steigende Risiko von Schimmelpilzbildung.78 In der Realität müssen neben dem Feuchtigkeitsfilm auf der Oberfläche weitere Faktoren wie ausreichend Nährstoffe oder ein bestimmtes Temperaturniveau über einen mehrtägigen Zeitraum vorliegen, damit tatsächlich Schimmelpilzwachstum entsteht.79 Dies erklärt, weshalb sich trotz des hohen Feuchteniveaus in den Sommermonaten in den Archivalien kaum Hinweise auf Schimmelpilzprobleme finden und weshalb der theoretische Entfeuchtungsbedarf zwar erkannt, aber beim Wiederaufbau bei der Neuplanung der raumlufttechnischen Anlage für die Münchner Gemäldegalerie (noch) nicht umgesetzt wurde. Aber nicht allein die Alte Pinakothek erhielt in den 1950er Jahren eine raumlufttechnische Anlage. In weiteren europäischen Museen wurde ebenfalls auf Klimatechnik gesetzt, um die Erhaltungsbedingungen für das Kulturgut zu verbessern und um den gestiegenen menschlichen Anforderungen gerecht zu werden. In der National Gallery beispielsweise bestanden bereits in den 1930er Jahren erste Überlegungen, eine Klimatisierung einzuführen. In dieser Zeit wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, aber der Zweite Weltkrieg verhinderte zunächst alle weiteren Schritte. Nach dem Krieg und den während des Krieges vorgenommenen Auslagerungen der Kunstwerke in die Bergwerkstollen wurden die Forderungen nach einer Klimaanlage wieder lauter.80 Anfang der 1950er Jahre erhielt schließlich Galerie XXIX als erster Saal der National Gallery eine Klimatisierung. Die Anlage verwendete gefilterte Frischluft, welche mit der Umluft vermischt und konditioniert wurde. Hierfür passierte die Luft eine Vorheizeinrichtung, die mit Warmwasser betrieben und über einen Taupunktspiegel, der hinter der Befeuchterkammer positioniert war, reguliert wurde. In der Befeuchterkammer konnte über die mechanische Zerstäubung von Wasser befeuchtet werden. Für den Fall, dass der Wärmegehalt der Luft zu hoch lag, wurde der Vorheizer abgeschaltet und mit gekühltem Wasser befeuchtet. Der gesättigte Luftvolumenstrom wurde dann im Nacherhitzer automatisch über im Abluftkanal platzierte Thermostate auf die geforderte Temperatur erwärmt. Das gesamte System wurde automatisiert geregelt, sodass Personal theoretisch nur für die gelegentliche Kontrolle der Anlage sowie den Unterhalt und die Wartung erforderlich war.81
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NEUE TECHNIK MIT NEUEN MÖGLICHKEITEN UND NEUEN PROBLEMEN Die meisten technischen Installationen, die in den 1950er Jahren geplant wurden, nutzten Luft als Wärme- und Transportmedium. Ein grundsätzlicher Unterschied zu den Luftheizungen des 19. Jahrhunderts bestand allerdings darin, dass die Luft nun nicht mehr zentral an Öfen im Keller erwärmt, über Wasserverdunstung mehr oder minder ausreichend befeuchtet und ausschließlich durch den natürlichen Auftrieb transportiert wurde. Entweder befanden sich im Gebäude verschiedene Anlagen, denen unterschiedliche Zonen variierender Anforderung zugeordnet waren, oder die Luft wurde zentral vorkonditioniert, mit Ventilatorantrieb zu den Zonen transportiert und dort in dezentralen kleineren Anlagen entsprechend den Anforderungen endgültig eingestellt, bevor sie in die Räume geblasen wurde. Solche raumlufttechnischen Anlagen ermöglichten die gezielte Temperaturkontrolle und Befeuchtung, was mit Thermometern und Psychrometern messtechnisch überwacht wurde. Damit war es möglich geworden, die gewünschten Bedingungen ganzjährig gezielt auf der Grundlage von Messwerten und nicht abhängig von Versuchen oder der Erfahrung der Heizer einzustellen und den wechselnden Außenklimabedingungen automatisch und unabhängig von festgelegten Heizperioden anzupassen.
Abb. 84 Rubenssaal. Verlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit der Luftheizung. Die Kurve zeigt den August als typischen Sommermonat, in dem die relative Feuchte nur an einzelnen Tagen über 75 % lag. Abb. 85 Rubenssaal. Verlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit ohne Heizung. Die Kurve zeigt den August als typischen Sommermonat. Abb. 86 Rubenssaal. Verlauf von relativer Feuchte und Temperatur während der Zeit der Niederdruckdampfheizung. Die Kurve zeigt den August als typischen Sommermonat.
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In der Alten Pinakothek befanden sich nach dem Wiederaufbau 14 Klimakammern im Keller, in denen Anlagen und Ventilatoren untergebracht waren. Jeder Anlage waren Galeriesäle und Kabinette zugeordnet, wodurch unterschiedliche Raumluftzustände in verschiedenen Räumen eingeregelt werden konnten. Die konditionierte Luft wurde mit Ventilatoren über isolierte Kanäle zu den Räumen transportiert. Im Raum selbst wurde die Zuluft über eine Mischlüftung mit der Raumluft vermengt. Die Lüftung erfolgte nach dem Verdünnungsprinzip und sicherte grundsätzlich eine schnelle Vermischung von Zu- und Raumluft, eine entsprechend hohe Einblasgeschwindigkeit vorausgesetzt.82 Die erforderliche, vergleichsweise hohe Luftströmungsgeschwindigkeit erwies sich in der Alten Pinakothek als ungünstig. Mit der Luft wurde nämlich eine große Menge Staub transportiert, welcher sich auf den Kunstwerken wiederfand. Die Verstaubung der Gemäldeoberflächen wurde zusätzlich verstärkt durch die elektrostatische Aufladung der Staubpartikel in den Aerosolgeräten der Anlage. Die später aus diesem Grund anstelle der Aerosolgeräte nachgerüsteten einfachen Wäscherkammern reduzierten zwar die elektrostatische Aufladung, allerdings mussten dem zur Befeuchtung eingesetzten Wasser aus hygienischen Gründen sowie zur Vermeidung von Algenbildung und Verkalkung aggressive Chemikalien zugesetzt werden. Diese Problemstellungen im Zusammenhang mit der neuen Klimatisierungsstrategie führten dazu, dass am Doerner Institut 1954 eine Versuchsreihe startete, mit welcher der Zusammenhang zwischen relativer und absoluter Feuchte und deren Bedeutung für den Erhalt von Holztafelgemälden wissenschaftlich überprüft werden sollte.83 Einer der Ansatzpunkte waren praktische Überlegungen: Je niedriger die Temperatur, desto niedriger ist die Sättigungsfeuchte, und damit würde der Befeuchtungsbedarf geringer ausfallen. Wenn die Lufttemperatur also erhöht wird, um beispielsweise menschlichen Komfortansprüchen zu genügen, sinkt bei gleichbleibender absoluter Feuchte die relative Feuchte, weil die Sättigungsfeuchte steigt. Daraus ergibt sich ein erhöhter Befeuchtungsbedarf. Wenn also im Rahmen der Untersuchungen hätte belegt werden können, dass die absolute Feuchte entscheidend für den Erhalt der Kunstwerke wäre und nicht die relative Feuchte, hätte das Technikkonzept vereinfacht werden können.84 Obwohl die Untersuchungen letztlich keine neuen Erkenntnisse lieferten, sind sie an dieser Stelle insofern aufschlussreich, weil sie darauf hindeuten, dass sich nach dem Wiederaufbau eine Erhöhung des Temperaturniveaus aufgrund menschlicher Komfortansprüche ergeben hatte und dass nun auch konservatorische
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Fragestellungen im Zusammenhang mit atmosphärischen Einflüssen systematisch naturwissenschaftlich erforscht und beschrieben wurden. INNENRAUMKLIMA UND VERÄNDERTE ANFORDERUNGEN Durch die thermisch-hygrischen Simulationen lässt sich die beschriebene Anhebung des Temperaturniveaus in den Galeriesälen mit Zahlenwerten untermauern (Abb. 87). Da mit der raumlufttechnischen Anlage ein ganzjähriges Heizen möglich wurde, entfiel im Vergleich zu den Jahrzehnten davor die Heizperiode, und die Innenraumtemperaturen sanken nie unter den geforderten Sollwert ab. Dieser hatte sich durch die technische Machbarkeit und die gestiegenen Komfortwünsche mit einer Temperatur von 20 °C fast verdoppelt. Das erklärt den in den Simulationsergebnissen deutlich werdenden allgemeinen Anstieg der Innenraumtemperaturen, liefert letztlich aber noch keine Begründung, weshalb die Temperatur bereits im April an einigen Tagen über 20 °C lag (Abb. 88) und von Mai bis August häufig Innenraumtemperaturen über 30 °C herrschten (Abb. 89). Bevor dieser Fragestellung im Weiteren nachgegangen wird, soll zunächst die relative Feuchte näher betrachtet werden, denn diese wurde grundsätzlich durch die höheren Temperaturen deutlich stabilisiert. Ausreißer nach oben ergaben sich nur sehr vereinzelt (Abb. 87). Hier zeigte sich ein Phänomen, das heute in Form des Conservation Heating insbesondere in England erfolgreich zur Senkung der relativen Feuchte genutzt wird.85 Durch die Anhebung der Temperatur und damit der Sättigungsfeuchte sank die relative Feuchte. Dies betraf allerdings ausschließlich die Sommermonate, in den Wintermonaten, in denen geheizt wurde, stieg der Befeuchtungsbedarf merklich an (Abb. 90). Einfluss der neuen Dachverglasung Wie beschrieben, war die Erhöhung des Temperatursollwertes auf 20 °C nicht der einzige Grund für den Anstieg des Temperaturniveaus in den Galeriesälen. Eine weitere Ursache, weshalb die Temperaturen im Sommer stiegen, war die veränderte Dachkonstruktion. Durch die größeren Glasdachflächen erhöhte sich der Tageslichteinfall, und in gleichem Maße nahmen die durch die solare Strahlung verursachten thermischen Lasten zu. Dies zeigen die Simulationsergebnisse für den Dachraum (Abb. 91). Selbst im Winter sanken die Temperaturen im Dachraum trotz der großen Glasflächen mit ihren hohen Transmissionswärmeverlusten nie unter den Gefrierpunkt. Selbst im darunterliegenden, nur durch eine Einfachverglasung getrennten Galeriesaal entstanden Innenraumlufttemperaturen, die
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Abb. 87 Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur nach dem Wiederaufbau mit ganzjährigem Heizen und Befeuchten. Abb. 88 Rubenssaal. Monatsverlauf von relativer Feuchte und Temperatur nach dem Wiederaufbau mit ganzjährigem Heizen und Befeuchten. Der Kurvenverlauf zeigt die Situation im April. Abb. 89 Rubenssaal. Monatsverlauf von relativer Feuchte und Temperatur nach dem Wiederaufbau mit ganzjährigem Heizen und Befeuchten. Der Kurvenverlauf zeigt die Situation im August.
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über dem damals vorgegebenen Sollwert von 20 °C lagen (Abb. 87). Im Sommer war der Einfluss des Dachraumes gerade wegen der fehlenden Kühlmöglichkeit weitaus kritischer. Meist überstiegen die Temperaturen im Dachraum die Außentemperaturen um bis zu 20 Kelvin (Abb. 92) und die Innenraumtemperaturen im Galeriesaal um bis zu zehn Kelvin. Da sich der Dachraum dermaßen aufheizte, erfolgte eine beträchtliche Wärmetransmission vom Dachraum in Richtung Galeriesaal und führte dort trotz der vermiedenen direkten solaren Einstrahlung zum beschriebenen Temperaturanstieg. Im Hinblick auf die relative Feuchte im Dachraum hatte die veränderte Dachkonstruktion einen positiven Effekt: Durch den hohen Anteil an hygroskopischem Material (unbehandelte Holzbalken und Verschalung der Dachkonstruktion) war die relative Feuchte geringer als in der Zeit, in der sich die Lichtlaternen auf dem Dach der Alten Pinakothek befanden (Abb. 93). Durch die Feuchte puffernden Eigenschaften des Holzes und die höheren Temperaturen, sank das Feuchteniveau im Dachraum, das während der Zeit der Lichtlaternen die meiste Zeit des Jahres zwischen 60 und über 80 % lag, auf Werte der relativen Feuchte, die sich im Jahresverlauf meist zwischen 35 und 60 % bewegten (Abb. 91).
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Abb. 90 Rubenssaal. Jahresverlauf des Befeuchtungsbedarfs nach dem Wiederaufbau mit ganzjährigem Heizen und Befeuchten. Abb. 91 Dachraum über dem Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur nach dem Wiederaufbau mit deutlich größerer verglaster Dachfläche. Abb. 92 Dachraum über dem Rubenssaal. Verlauf von relativer Feuchte und Temperatur im August nach dem Wiederaufbau mit deutlich größerer verglaster Dachfläche.
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Einfluss der künstlichen Beleuchtung und der Besucher Die vergrößerten Dachverglasungsflächen waren nicht der einzige Grund für den festgestellten Temperaturanstieg, wie die Auswertung der Simulationsergebnisse für das Rubenskabinett zeigt (Abb. 94). Auch im Rubenskabinett, in dem die Fenster Richtung Norden orientiert sind und kein Wärmeeintrag durch Dachverglasung oder Oberlichter stattfindet, lagen die Innenraumtemperaturen bereits im Januar über der geforderten Temperatur von 20 °C. Die Suche nach der Ursache zeigt, wie entscheidend eine ganzheitliche Betrachtung aller Faktoren ist, denn die Begründung erschließt sich erst bei der Berücksichtigung des Einflusses der Beleuchtung. Die installierte Kunstlichtbeleuchtung86 war mit insgesamt fast 60 Kilowatt eine deutliche Erhöhung der thermischen Last im Gebäude. Des Weiteren liefert der Vergleich der Ergebnisse der Simulationen ohne und mit Besuchern wertvolle Hinweise (Abb. 95). Ohne Besucher lag die Temperatur im Rubenssaal im Durchschnitt etwa drei bis fünf Kelvin unter den Temperaturverhältnissen, die sich durch den Einfluss der Besucher als interne Wärmequellen einstellten. An diesem Beispiel werden die deutlichen klimatischen Auswirkungen zahlreicher scheinbar kleiner Veränderungen am Gebäude offenkundig. In der Summe bewirkten die Vergrößerung der Dachöffnungsflächen, die Einführung der Kunstlichtbeleuchtung
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und die nach dem Wiederaufbau deutlich gestiegenen Besucherzahlen neben der Erhöhung des Temperatursollwertes aufgrund gestiegener Komfortansprüche einen zusätzlichen Anstieg des Temperaturniveaus. Eine solche Erhöhung der Innenraumtemperaturen war in dieser Weise nicht gewollt, insbesondere im Sommer nicht, wenn dem Temperaturanstieg wegen einer fehlenden Kühlung nicht gezielt entgegengesteuert werden konnte.
CHANCEN, RISIKEN UND NEBENWIRKUNGEN DER KLIMATECHNIK Die in der Klimatechnik erzielten Fortschritte hatten – trotz der beschriebenen Schwierigkeiten in der Alten Pinakothek – im Vergleich zu den vorhergehenden Jahrzehnten grundlegend zu einer deutlichen Verbesserung der klimatischen Innenraumbedingungen geführt. Leider offenbarte der praktische Betrieb der Klimaanlagen bis dato unbekannte, für den Erhalt der Kunstwerke kritische Aspekte. Die erwähnte, in der Alten Pinakothek durch die Klimaanlage verursachte Staubakkumulation ist lediglich ein Beispiel solcher Nebenwirkungen. Schon 1955 beschrieben Kritiker die
Abb. 93 Dachraum über dem Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur. Vergleichend gegenübergestellt sind die klimatischen Verhältnisse der Zeit, in der sich die Lichtlaternen auf dem Dach befanden und der Zeit, in der die Lichtlaternen ein Glasanstelle des Kupferdaches trugen. Abb. 94 Rubenskabinett. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur nach dem Wiederaufbau. Abb. 95 Rubenssaal. Jahresverlauf der Temperatur nach dem Wiederaufbau. Durch den Vergleich der Simulation mit und ohne Besucher wird deren Einfluss auf das Temperaturniveau in den Galeriesälen deutlich.
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Gefahren der vollautomatisierten Klimaregulierung: “Mechanical control of atmospheric conditions which is irregular or interrupted may put more strain on the panels than they have to meet in the slower changes resulting from the weather and the seasons.”87 Solche Warnungen rückten gegenüber den Vorzügen der Klimatisierung wie Luftreinheit, Kontrolle der relativen Feuchte auf einen Zielwert und Gewährleistung menschlichen Komforts oft in den Hintergrund. Insbesondere in den Vereinigten Staaten wurde der Einsatz von Vollklimaanlagen in Museen weiterhin intensiv als einzig optimale Lösung propagiert: “Complete airconditioning is more comprehensive, including ventilation, authomatic temperature control in summer and winter, authomatic humidity control the year around and filtration of air polutants.”88 Mit entsprechendem technischen und energetischen Aufwand erlaubten die Vollklimaanlagen eine von den Außenklimabedingungen relativ unabhängige Kontrolle der Innenraumklimabedingungen nach vereinheitlichten Sollwerten. Dies eröffnete den Architekten von Neubauten vielfältige Möglichkeiten, führte aber letztlich dazu, dass die Gebäudehülle im Laufe der Zeit ihre puffernde Funktion verlor und dieser Mangel durch immer mehr Technik mit immer höherem energetischem und finanziellem Aufwand ausgeglichen werden musste. Die Skeptiker verwiesen in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Gefahr, welche bei unzureichender Gebäudehülle von einem Ausfall der Klimatisierung ausging. Dem Argument, dass die Schaltzyklen der Klimaanlagen zu kurzzeitigen Schwankungen von relativer Feuchte und Temperatur führen würden, wurde von Befürwortern der Klimatechnik zwar entgegnet, dass diese Schwankungen zu kurz wären, um schädigende Veränderungen des Feuchtegehaltes der Materialien der Kunstwerke auszulösen.89 Im Gegenzug wurde sogar vorgebracht, dass ein jahreszeitliches Gleiten von relativer Feuchte und Temperatur, wie es in nicht klimatisierten Gebäuden häufig auftritt, schädlicher für die Kunstwerke sei, als die bei Klimaanlagen typischerweise vorzufindenden Regelungsschwankungen.90 Aber gegenüber den Folgen eines Ausfalls der Klimaanlagen bei ungeeigneter Architektur und Gebäudestruktur war jede technische Installation wirkungslos. Als logische Konsequenz der praktischen Beobachtungen, der Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen und der drohenden Risiken bei einem Ausfall der Anlagentechnik, forderten umsichtige Klimatechniker und Museumsverantwortliche von den Architekten und Bauherren deutlich mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit und Beteiligung bei der Planung von Neubauten oder der Sanierung von Bestandsgebäuden. Denn selbst minimale Eingriffe in die Bau-
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substanz oder Veränderungen der Konstruktion konnten schwerwiegende bauphysikalische Konsequenzen hervorrufen, die kontraproduktiv für den Erhalt der Kunstwerke waren. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts waren die Wintermonate aus konservatorischer Sicht kritisch, weil sich die Beheizung der meist großen Luftvolumina der Säle – wie das Beispiel der Alten Pinakothek zeigt – als schwierig erwies und die relative Feuchte deutlich zu gering war. Im Verlauf von etwa einhundert Jahren vollzog sich ein Wandel ins komplette Gegenteil. Dank der entwickelten Anlagentechnik konnten immer dann, wenn ein Heizwärmebedarf bestand, relativ konstante Bedingungen erzielt werden. Dafür fielen die klimatischen Verhältnisse im Sommer mit hohen Temperaturen und hohen relativen Feuchten deutlicher ins Gewicht. Sie galten als kritisches Risiko für den Erhalt der Kunstwerke, konnten aber kaum oder nur mit sehr großem Aufwand kontrolliert werden.
VOLLKLIMAANLAGE FÜR EIN GANZJÄHRIG KONSTANT GEREGELTES KLIMA War seit Längerem der Einfluss der massiven Gebäudehülle auf die Innenraumklimabedingungen bestens bekannt gewesen, trat seit den 1970er Jahren der Zusammenhang zwischen der Lichtplanung (Sonnenschutz, Art der Verglasung, Größe der Lichtöffnungen, et cetera) und dem Innenraumklima mehr und mehr in den Vordergrund. Die Mängel der Tageslichtbeleuchtung in der Alten Pinakothek entwickelten sich auch zum klimatischen Problem, weil die raumlufttechnische Anlage nicht kühlen oder entfeuchten konnte. Der kritische Sommerfall war nicht unter Kontrolle zu bringen. Parallel zu den Vorgängen in der Alten Pinakothek hatten sich Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre durch zahlreiche Veröffentlichungen die bis heute gültigen allgemeinen Sollwertvorgaben für relative Feuchte und Temperatur in der Museumswelt endgültig etabliert.91 Als schließlich die Generalsanierung der Alten Pinakothek in die Planungsphase ging, wurde in logischer Konsequenz eine Vollklimaanlage mit ganzjähriger Heiz-, Kühl-, Befeuchtungs- und Entfeuchtungsmöglichkeit vorgesehen und auf die entsprechenden Sollwerte ausgelegt. Das Klimatisierungskonzept ist detailliert ausgearbeitet: Insgesamt 49 Anlagen versorgen unterschiedliche Zonen. Dabei wurden nicht nur Ausstellungsräume, öffentliche Bereiche und Nebenräume zoniert. Das gesamte Gebäudevolumen, inklusive dem bisher unklimatisierten Dach-
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raum, erhielt nach Nutzung und damit einhergehenden variierenden Anforderungen die erforderliche Anlagentechnik. Die Luft blieb weiterhin das Wärme- und Feuchtetransportmedium, und auch das Prinzip der Mischlüftung wurde beibehalten.
Abb. 96 Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur nach der Generalsanierung mit ganzjährigem Heizen, Kühlen, Befeuchten und Entfeuchten.
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INNENRAUMKLIMA UND SAISONALES GLEITEN Die während der Generalsanierung vor fast 20 Jahren eingebaute Vollklimaanlage ist noch heute in Betrieb und gewährleistet mittlerweile sehr konstante Bedingungen, obwohl das umgesetzte Klimatisierungskonzept nicht optimal ist. Denn die einzelnen Zonen sind klimatisch nicht getrennt und stehen teilweise in gegenläufiger Wechselwirkung zueinander. Wiederum ist es die Gebäudehülle, die trotz dieser technischen Einschränkung einen positiven Einfluss auf die Klimabedingungen hat. Sie verzögert die Auswirkungen schneller Wechsel des Außenklimas und schwächt diese stark ab, bevor sie sich dem Innenraum mitteilen. Auch die intern entstehenden hygrischen und thermischen Lasten durch Besucher und Beleuchtung erfahren durch die massiven Wände und die verwendeten Baumaterialen eine Pufferung. Die Wandverschalung der Hängewände sowie der Fußboden aus Holz besitzen die Kapazität, eine gewisse Feuchteregulierung zu übernehmen. Die massiven Steinwände dagegen weisen eine gute
Wärmespeicherkapazität auf und können zu einem gewissen Anteil die thermischen Lasten durch Kunstlichtbeleuchtung und Besucher abfangen. So bedauerlich aus lichttechnischer Sicht die Abdeckung der Staubdeckenverglasung ist, so vorteilhaft wirkt sie sich auf das Klima aus. Der durch die Sonneneinstrahlung entstehende Wärmeeintrag in die Galeriesäle wird durch die textile Abdeckung erheblich reduziert. Zusätzlich war die Dachentlüftung und -klimatisierung, welche die Museumsverantwortlichen bei der Generalsanierung wiederholt forderten, ein wichtiger Baustein zur Stabilisierung des Klimas in den Galeriesälen. Die Vollklimaanlage brachte aus klimatischer Sicht die angestrebte Verbesserung (Abb. 96). Mit der Option, im Winter zu heizen und im Sommer zu kühlen, können die Innenraumtemperaturen mit einer Schwankungsbreite von plus oder minus einem Kelvin deutlich stabilisiert werden. Auch die relative Feuchte bewegt sich in dem angestrebten Band und zeigt nur bei Extremereignissen, wie starkem Regen in Kombination mit einem sehr hohen Besucheraufkommen Ausreißer nach oben, wobei diese dann den Wert von 70 % nicht übersteigen. Obwohl die Klimabedingungen nun als ziemlich konstant bezeichnet werden können, treten insbesondere in den Sommermonaten die typischen Regelungsschwankungen von bis zu ± 5 % um den Sollwert der relativen
Abb. 97 Rubenssaal. Monatsverlauf von relativer Feuchte und Temperatur nach der Generalsanierung mit ganzjährigem Heizen, Kühlen, Befeuchten und Entfeuchten. Die Kurve zeigt den Monat August als typischen Sommermonat.
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Feuchte von 54 % auf (Abb. 97). Dies steht in Zusammenhang mit dem Funktionsprinzip der Vollklimaanlage: Bei Grenzwertüber- oder -unterschreitungen ist entweder der Ent- oder der Befeuchter so lange aktiv, bis der Zielwert wieder erreicht ist. Abhängig von der Trägheit der Messfühler und des gesamten Gebäudeleitsystems kann es dann zu einem sogenannten Schwingen der Anlage kommen, und die Klimabedingungen laufen wiederholt über den Zielwert hinaus. Am Temperaturverlauf zeigt sich, dass die Kapazität der Kältemaschinen tatsächlich teilweise ausgeschöpft werden muss, sollen die Innenraumtemperaturen den Sollwert nicht übersteigen (Abb. 98). Trotzdem die Vollklimaanlage die Klimabedingungen deutlich verbessert, ist und bleibt der Sommerfall kritischer hinsichtlich der Schwankungen. Dies wird im Streudiagramm (Abb. 99) besonders anschaulich, weil die Werte der Punktewolke im Sommer deutlich breiter gestreut sind als in den Wintermonaten. Daneben zeigt sich eine weitere Veränderung gegenüber der Zeit der einfachen raumlufttechnischen Anlage. Die Temperatur gleitet im jahreszeitlichen Verlauf. So ist der Sollwert im Winter mit 21 °C bewusst niedriger gesetzt als im Sommer, wo er 23 °C beträgt. Diese als saisonales Gleiten bezeichnete Anpassung des Sollwertes an die Außenklimabedingungen soll zu Energieeinsparungen führen und die Betriebskosten senken.
Abb. 98 Rubenssaal. Heizwärme- bzw. Kühlenergiebedarf nach der Generalsanierung mit ganzjährigem Heizen, Kühlen, Befeuchten und Entfeuchten. Abb. 99 Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur dargestellt als Streudiagramm nach der Generalsanierung mit ganzjährigem Heizen, Kühlen, Befeuchten und Entfeuchten. Abb. 100 Dachraum über dem Rubenssaal. Streudiagramme der Jahresverläufe von absoluter Feuchte und Temperatur. Vergleich der klimatischen Verhältnisse bei jeweils veränderter Dachkonstruktion.
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Abb. 101 Rubenssaal. Wärmetransmission durch die beim Wiederaufbau verwendete Staubdeckenverglasung (hellblau) die Galeriesaal und Dachraum voneinander trennte.
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Einfluss der Verglasung Erneut liefert die Auswertung des für den Dachraum simulierten Klimas interessante Ergebnisse. Insbesondere der Vergleich der unterschiedlichen Dachaufbauten führt zu einem Erkenntnisgewinn (Abb. 100). Die größten klimatischen Schwankungen traten in der Zeit auf, als sich auf dem Dach der Alten Pinakothek noch die von Klenze konzipierten Lichtlaternen (allerdings bereits mit Glas- anstelle der Kupfereindeckung) befanden (Abb. 100 gelb). Damals sanken die Temperaturen im Winter auf unter minus fünf Grad Celsius ab und im Sommer konnten sich Temperaturen über 30 °C einstellen. Die Veränderungen des Wiederaufbaus nach dem Krieg wirken sich direkt auf das Klima im Dachraum aus (Abb. 100 grün). Insgesamt stieg das Temperaturniveau durch die deutlich höheren solaren Einträge sowohl im Winter wie im Sommer. Während dies im Winter tendenziell positive Auswirkungen auf das Klima in den Galeriesälen hatte, trug die zusätzliche Aufheizung des Dachraumes im Sommer zu einer merklichen Steigerung des Temperaturniveaus in den Galeriesälen bei. Erst die bei der Generalsanierung zusätzlich eingeführte Klimatisierung des Dachraumes entschärfte die klimatische Situation (Abb. 100 blau). Am Beispiel des Umgangs mit der Dachverglasung in der Alten Pinakothek lässt sich einmal mehr demonstrieren, wie weitreichend die Konse-
quenzen von Veränderungen an der Gebäudehülle für das Innenraumklima sein können: In den 1980er Jahren musste die Dachverglasung nach einem Hagelschaden erneuert werden. Die veränderten Eigenschaften dieser Verglasung und deren geringerer Verschmutzungsgrad bewirkten einen unvorhergesehenen Hitzestau im Dachraum, der sich negativ auf die klimatischen Verhältnisse in den Galeriesälen auswirkte und letztlich erforderlicht machte eine Klimatisierung des Dachraumes bei der Generalsanierung vorzusehen.92 Der Einfluss der Verglasung lässt sich auch mithilfe der simulativ ermittelten Wärmetransmissionsströme konkret beschreiben: Abhängig von den Eigenschaften unterschiedlicher Verglasungen stellen sich variierende Wärmeströme (Abb. 101 und Abb. 102) zwischen innen und außen ein, die sich direkt auf die Temperatur beziehungsweise den Heizwärmebedarf und damit indirekt auf die relative Feuchte auswirken. Der Vergleich der auf den Rubenssaal bezogenen Wärmeströme durch die verschiedenen Bauteile zeigt, dass die Wärmeverluste durch die Staubdeckenverglasung des Wiederaufbaus (Abb. 101 hellblau) größer sind als durch die Staubdeckenverglasung, welche bei der Generalsanierung verbaut wurde (Abb. 102 hellblau). Insbesondere in den Wintermonaten reduzierten sich die Verluste auf ein Viertel. Über den gesamten Jahresverlauf hinweg bestehen seit der Generalsanierung deutlich geringere Unter-
Abb. 102 Rubenssaal. Wärmetransmission durch die bei der Generalsanierung verwendete Staubdeckenverglasung (hellblau) die Galeriesaal und Dachraum voneinander trennte.
243
schiede zwischen den einzelnen Jahreszeiten. Hierfür zeichnet allerdings nicht allein die thermisch bessere Verglasung verantwortlich. Aber sie ist, wie die Ergebnisse belegen, ein wesentlicher Baustein für ein ganzheitliches Klimatisierungs- und Beleuchtungskonzept. Die zielgerichtete und auf den Bedarf abgestimmte Wahl der Verglasungseigenschaften in Kombination mit einem intelligenten Verschattungssystem kann enorm dazu beitragen, Energieeinsparungen bei Klimatisierung sowie Beleuchtungskonzept zu erzielen.
KLIMATISIERUNG IM ZEICHEN ENERGETISCHER ÜBERLEGUNGEN
Abb. 103 Rubenssaal. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur nach der Mustersanierung, bei der eine Dämmung des Daches sowie der Austausch von Dachund Staubdeckenverglasung, aber keine Veränderung des Klimatisierungskonzeptes erfolgte.
244
Die gesammelten Erkenntnisse, das gestiegene Bewusstsein für den Klimaschutz und die hohen Unterhaltskosten der Vollklimatisierung führten zu Überlegungen, wie die Alte Pinakothek energetisch verbessert werden könne. Die bei gewöhnlichen Bestandsbauten üblichen Maßnahmen einer energetischen Sanierung können bei Museen, insbesondere aber bei denkmalgeschützten historischen Museen, nicht immer umgesetzt werden. Jeder Eingriff in die Bausubstanz muss unter denkmalpflegerischen Aspekten entwickelt und aus bauphysikalischer Sicht bewertet werden. In
der Alten Pinakothek verbot sich eine Außendämmung und eine Innendämmung hätte wegen des ohnehin massiven Mauerwerks mit relativ gutem U-Wert aus energetischer Sicht keine nennenswerten Einsparungen erzielt. Also boten einzig die Dämmung der bisher nahezu ungedämmten Dachhaut und ein Austausch der Verglasungen von Dach und Fenstern die Chance Wärmeverluste zu reduzieren. Diese Maßnahmen gingen einher mit dem Einbau eines Sonnenschutzsystems, mit welchem die solaren Einträge minimiert, also die Kühllast reduziert werden kann und durch die bessere Ausnutzung des Tageslichtes den Stromverbrauch senkt.
Abb. 104 Rubenssaal. Heizwärme- (rot) und Kühlenergiebedarf (grau) nach der Mustersanierung, bei der eine Dämmung des Daches sowie der Austausch von Dach- und Staubdeckenverglasung, aber keine Veränderung des Klimatisierungskonzeptes erfolgte.
INNENRAUMKLIMA UND ENERGETISCHE SANIERUNG Die Mustersanierung in Saal X der Alten Pinakothek betraf ausschließlich die Gebäudehülle. Am bestehenden Klimatisierungskonzept oder den definierten Sollwerten wurden keine Änderungen vorgenommen. Die Simulationen für den Rubenssaal sind an diesem Punkt gewissermaßen eine rechnerische Vorwegnahme des Zustandes nach der Sanierung. Die Kenngrößen der Mustersanierung waren zwar die Eingabeparameter für die Simulationen, jedoch wurden diese nicht für den sanierten Mustersaal, sondern den Rubenssaal durchgeführt, um die Vergleichbarkeit sämtlicher Simulationen zu ermöglichen. Die Simulationsergebnisse werden sich erst
245
Abb. 105 Rubenssaal. Streudiagramme der Jahresverläufe von relativer Feuchte und Temperatur. Vergleich der vorgestellten Zeiträume seit 1836.
246
in den kommenden Jahren nach Abschluss der Dachsanierung verifizieren lassen. Diese begann im Frühjahr 2014 und wird in den kommenden vier Jahren im laufenden Betrieb, mit zeitweiser Schließung von Gebäudeteilen, in verschiedenen Bauabschnitten, durchgeführt. Wie mehrfach erwähnt, blieben die Sollwerte für relative Feuchte und Temperatur unverändert, weshalb die klimatischen Bedingungen nach der Mustersanierung (Abb. 103) nicht wesentlich von den ohnehin guten Bedingungen vor der Sanierung abweichen. Die Wirkung der energetischen Sanierung lässt sich also nicht anhand der klimatischen Bedingungen nachvollziehen. Sie wird erst bei der Betrachtung des vorliegenden Heiz- und Kühlenergiebedarfs (Abb. 104) deutlich. Dennoch zeigt der direkte Vergleich der Streudiagramme vor und nach der Mustersanierung (Abb. 105), dass sich durch die Dämmung des Daches, den Austausch der Dach- wie Staubdeckenverglasung sowie die Veränderungen am Lichtkonzept nach der Mustersanierung zwar die Raumlufttemperaturen im Galeriessal grundsätzlich nicht wesentlich unterscheiden, dass aber die sommerlichen Ausreißer nach oben zunehmen beziehungsweise stärker ausfallen. Der Grund sind die durch die Kunstlichtbeleuchtung im Dachraum anfallenden höheren thermischen Lasten, die sich direkt dem unter dem Dachraum befindlichen Galeriesaal mitteilen und dazu führen, dass die Klimaanlagen im Sommer kurzzeitig
nicht mehr die entsprechende Kühlkapazität besitzen. Dies stützt in gewisser Weise die Entscheidung, bei der laufenden Sanierung eine Änderung des Beleuchtungskonzeptes vorzusehen und das Kunstlicht im Saal zu belassen. Dachraum: Einfluss von Verglasung und Sonnenschutz Die klimatische Situation im Dachraum ist auch nach der Mustersanierung noch immer von zentraler Bedeutung für das Klima in den Galeriesälen, da es nach wie vor an einer thermischen Entkopplung mangelt, weshalb Dachraum und Galeriesaal weiterhin in direktem Austausch stehen. Die Simulationen zeigen, dass das Temperaturniveau in Klenzes Lichtlaternen im Jahresverlauf (Abb. 106) deutlich höher liegt als vor der Sanierung. Während vor der Sanierung die Höchsttemperaturen nur wenig und dann selten über 30 °C lagen, steigen nach der Sanierung die Temperaturen im Dach im Sommer regelmäßig über 50 °C, und bereits im März werden Werte über 30 °C erreicht. Dagegen ist die Erwärmung des Dachraumes bei kühleren Außentemperaturen ein positiver Umstand, weil sich so auch der Heizwärmebedarf im Galeriesaal verringert. Im Sommer allerdings erhöht sich der Kühlenergiebedarf im Ausstellungsraum. Dies ist der Grund, weshalb die seit der Generalsanierung bestehende Vollklimaanlage, die nicht
Abb. 106 Dachraum oberhalb des Rubenssaales. Jahresverlauf von relativer Feuchte und Temperatur nach der Mustersanierung mit gleichem Klimatisierungskonzept, jedoch veränderter Gebäudehülle.
247
auf diesen Fall ausgelegt wurde, im Sommer zeitweise nicht in der Lage ist, die erforderliche Kühlleistung bereitzustellen. In der Konsequenz ergeben sich immer wieder Temperaturausreißer nach oben. Bei den Überlegungen zur Temperaturkontrolle ist zu beachten, dass die effektivste Methode zur Reduktion der solaren thermischen Lasten ein außen liegender Sonnenschutz wäre. Wegen der Anforderungen an eine Verschattungsanlage in der Alten Pinakothek und aufgrund denkmalpflegerischer Auflagen ist dieser nicht umsetzbar. Das bei der Mustersanierung entwickelte System der knapp unterhalb der Dachverglasungsebene platzierten Lamellen wird positive Auswirkungen auf die klimatischen Bedingungen im Dachraum und damit auch auf die konservatorischen Erhaltungsbedingungen im Galeriesaal haben.
VOM INNENRAUMKLIMA ZUM ENERGIEVERBRAUCH Letztlich ist der Wandel des Klimas in der Alten Pinakothek ein Wechselspiel der Folgen baulicher Eingriffe und des Fortschritts der Klimatechnik. Dies steht direkt in Zusammenhang mit einem stetig gewachsenen Bewusstsein für die Auswirkungen von Klima auf gewisse Schadensmechanismen und den Erhaltungszustand der Kunstwerke. Die Vorgänge und Veränderungen in der Alten Pinakothek müssen dennoch im größeren Kontext betrachtet werden, denn die Auseinandersetzung mit jahrzehntelanger Klimatisierung von Museen zeigt, dass unabhängig vom Standort oder der Sammlungsausrichtung die Entwicklung zur gesteigerten Technisierung der Gebäude verlief. Dieser Trend zum Museumsgebäude als „Konservierungsmaschine“93 ist ebenfalls an den immer engeren konservatorisch begründeten Klimasollwertvorgaben ablesbar. Obwohl heute sowohl die Motivation wie der gesellschaftliche Druck bestehen, Energieeinsparung, Denkmalpflege, Präventive Konservierung und Architektur in Einklang zu bringen, stellt sich die Frage, ob der derzeit beschrittene Weg zielführend ist. Die Reduzierung des Energieverbrauchs durch Wärmedämmmaßnahmen und durch Effizienzsteigerung ist ein Lösungsansatz. Aber parallel sollte dennoch die bislang verfolgte Strategie der Vollklimatisierung mit engen Grenzwerten für das gesamte Raumvolumen hinterfragt werden: Ist sie tatsächlich als die anzustrebende, weil optimale Lösung im Museumsbau anzusehen? Können durch eine entsprechende Bauweise, ein kluges architektonisches Konzept und gezielt eingesetzte Haustechnik, wie dies phasenweise in der Vergangen-
248
heit in der Alten Pinakothek zu finden war, nachhaltigere Lösungen gefunden werden? Nachhaltig meint in diesem Zusammenhang nicht einfach Einsparung von Energie, sondern beinhaltet in gleicher Weise die Tragfähigkeit und Zukunftsperspektiven der verfolgten Erhaltungsstrategien. Bevor die Frage nach nachhaltigen Lösungen gestellt werden kann, muss gerade der energetische Preis berücksichtigt werden, der für die Klimakonstanz im Museumsraum zu zahlen ist.
249
1
Beispielsweise Bratasz 2013, van Duin 2013, Holl 2013, Lankester et al. 2013 und zahlreiche ältere Publikationen.
2
Beispielsweise Burmester 2000, Erhardt et al. 2007, Erhardt/Mecklenburg 1994, Mecklenburg 2007, Mecklenburg 1999,
3
S. 489. 29 BSTGS Registratur, Akt 16/3 Nr. 314, Zeitungsausschnitt aus dem Zweiten Morgenblatt, Nr. 31 vom 31. Januar 1892. 30 Eibl 2011 und Eibl/Burmester 2013.
und zahlreiche weitere Publikationen.
31 Hood 1897, S. 389.
Zur Frage der Entwicklung der Klima-
32 Peclét 1858, S. 289–299.
sollwerte siehe Eibl 2011 und Eibl/Bur-
33 Schreiben Dillis an Ludwig vom 4.
Praktisch spielt damit die Temperatur über den Zusammenhang mit Sättigungsfeuchte, absoluter und relativer Feuchte ebenfalls eine Rolle. Siehe auch
Dezember 1813, zitiert nach der Transkription aus Messerer 1966, S. 370 f. 34 BSTGS Registratur, Akt 16/3 Nr. 314, Zeitungsausschnitt aus dem Zweiten Morgenblatt, Nr. 31 vom 31. Januar 1892.
Hilbert 1974; Kollmann 1961; Wolters/
35 Maaz 2001, S. 48–66.
Kühn 1962.
36 Amtlicher Bericht der Direction der k.
5
Siehe S. 263–304.
Nationalgallerie vom 19. April 1877,
6
Burmester/Eibl 2013.
zitiert nach Protokoll der 1ten Sitzung
7
Der Begriff „Grünes Museum“ geht
des Reise-Ausschusses der Commission
zurück auf die im angloamerikanischen
für Beheizung der k. Pinakothek vom 27.
Raum gegründete „green museum“-
Dezember 1880.
Bewegung. Eibl/Burmester 2014, S. 113.
37 Ebd.
8
ICOM 2013.
38 Ebd.
9
BMU 2007.
39 Protokoll der 4ten Sitzung des Reise-
10 Grober 2010.
Ausschusses der Commission für Behei-
11 Vereinte Nationen 1987.
zung der k. Pinakothek vom 31. Dezem-
12 Enquete-Kommission 1998.
ber 1880.
13 Carlowitz 1713.
40 Dehn-Rotfelser 1879, S. 30.
14 Beispielsweise Meissner 1827, Peclét
41 Ebd., S. 31.
1860 und 1857, Perkins 1841, et cetera.
42 Ebd.
15 Heyl 2012, S. 96.
43 Ebd.
16 Davies/Ryder 1841, S. 209–215 und Per-
44 Siehe S. 122 f.
kins 1841, S. 215–223.
45 Erbe 1923, S. 20.
17 Haag 1873, S. 433–443 und Tafel IX.
46 Reid 1844, S. 270–294.
18 Voit 1867, S. 316–324.
47 Beispielsweise Reid 1844 oder Petten-
19 Heyl 2012, S. 97.
kofer 1858 sowie diverse Beiträge in
20 Anonym 1836, S. 57.
Bauzeitschriften und Polytechnischen
21 Peclét 1858, S. 244.
250
Abluftöffnungen Peclét 1858, S. 310 und
Michalski 2007, 2000, 1996, 1993, 1990a
mester 2013. 4
28 Meissner 1827, S. 80 sowie zur Lage der
Journalen.
22 Ebd.
48 Anonym 1956, S. 335.
23 Ebd., S. 226.
49 Merzenich 1886, S. 179.
24 Meier 2011, S. 573.
50 Ebd.
25 Meissner 1827.
51 Ebd., S. 180.
26 Peclét 1858, S. 308.
52 Ebd.
27 Meier 2011, S. 583.
53 Ebd., S. 181.
54 Stegemann 1914, S. 133 f.
76 Ebd., S. 343.
55 Ebd., S. 135 f.
77 Ebd., S. 344.
56 Ebd., S. 139.
78 Beispielsweise Moriske 2007.
57 Ebd., S. 140.
79 Beispielsweise Cypionka 2003 und Reiß
58 Ebd., S. 141.
1986.
59 Hasak 1920, S. 509.
80 Eibl 2011, S. 20 f.
60 Stegemann 1913, S. 136.
81 Keeley/Rawlins 1951, S. 196 f.
61 Ebd., S. 137.
82 Hausladen et al. 2005, S. 62.
62 Hasak 1920, S. 509.
83 Bestandsunterlagen Doerner Institut,
63 Coremans 1936, S. 342. 64 Hasak 1920, S. 509.
Untersuchungsbericht aus dem Jahr 1954.
65 Ebd.
84 Ebd.
66 Ebd.
85 Siehe S. 259.
67 Hencky 1918, S. 1.
86 Siehe S. 363–367.
68 Ebd., S. 3.
87 Anonym 1955, S. 147.
69 Ebd., S. 2.
88 Buck 1964.
70 Hasak 1920, S. 508 f.
89 Ebd.
71 Sturgis 1905.
90 Ebd.
72 Coremans 1936, S. 341.
91 Eibl 2011, S. 22–24.
73 Ebd.
92 Siehe S. 140.
74 Ebd., S. 342.
93 Wolters 1966, S. IX2.
75 Ebd.
251
b
EXKURS KLIMATISIERUNGSSTRATEGIEN FÜR MUSEEN
Heute ist die bei der Generalsanierung der Alten Pinakothek eingebaute Vollklimaanlage mit Mischlüftung nur eine von zahlreichen weiteren Methoden der Klimakontrolle. Jede Strategie besitzt Vor- und Nachteile, die im Einzelnen abhängig vom Standort, dem Gebäude, der Art und dem Zustand der Sammlungen gegeneinander abzuwägen sind. Wie das Beispiel der Alten Pinakothek zeigt, sind Nutzung und Besucherzahlen zwei nicht zu unterschätzende Faktoren. Ein Vergleich unterschiedlicher Klimatisierungsstrategien ist dann besonders aufschlussreich, wenn ähnliche Standortbedingungen vorzufinden sind. Insofern bieten die Pinakotheken und das Museum Brandhorst des Kunstareals in München die Gelegenheit, unterschiedliche Klimatisierungsstrategien im Laufe der technischen Entwicklung in Verbindung mit sich aus diversen Gründen wandelnder Museumsarchitektur nachzuvollziehen und an einem Standort bei gleichen Außenklimabedingungen vergleichend zu betrachten. Neben die rein technischen Aspekte treten die mit der Klimakontrolle gemachten praktischen Erfahrungen im Museumsalltag. Im Folgenden werden die Klimatisierung der Pinakothek der Moderne und jene im Museum Brandhorst vorgestellt und bewertet. Die ebenfalls auf dem Kunstareal befindliche Neue Pinakothek wird dabei ausgeklammert, weil sie nach einem der Alten Pinakothek ähnlichen Konzept klimatisiert wird und weil wegen verschiedener Mängel eine umfassende Generalsanierung ansteht.
PINAKOTHEK DER MODERNE IN MÜNCHEN: QUELLLÜFTUNG Die Pinakothek der Moderne, errichtet nach den Plänen des Architekten Stefan Braunfels, wurde im September 2002 eröffnet. Schon in der Wahl der Baumaterialien unterscheidet sie sich grundlegend von der Alten Pinakothek. Während die Alte Pinakothek Ziegelmauerwerk und einen mehrschaligen Wandaufbau aufweist, dominiert in der Pinakothek der Moderne der Sichtbeton. Auch die innere Raumanordnung könnte nicht unterschiedlicher sein. In der Pinakothek der Moderne ist die über die gesamte Gebäudehöhe von zwölf Metern reichende Rotunde mit einem Durchmesser von 30 Metern das Zentrum des Museumsbaus. Sie grenzt über zwei große Treppenanlagen ohne Türen oder anderweitige klimatische Entkopplung direkt an die Galeriesäle. Die Galeriesäle selbst sind nach einem strengen Raster jeweils zehn auf zehn Meter, zehn auf 20 oder 20 auf 20 Meter groß. Die Beleuchtung sollte in den Obergeschossräumen ursprünglich überwiegend mit Tageslicht über Oberlichter erfolgen, dem das in den Dachraum
255
verlegte Kunstlicht bei Bedarf zugemischt werden sollte. Beim Klimatisierungskonzept wurde, wie in der Alten Pinakothek, eine Vollklimaanlage vorgesehen. Aber in der Art der Luftführung unterscheiden sie sich. Bei der Mischlüftung der Alten Pinakothek sind die mit der Art der Lufteinbringung verbundenen hohen Strömungsgeschwindigkeiten der Zuluft nicht ideal. Einerseits wird Staub aufgewirbelt und im gesamten Raumvolumen verteilt. Andererseits besteht latent die Gefahr, dass sich durch ungenügende Luftdurchmischung Mikroklimata ausbilden. Ein Problem, welches mit dem Klimatisierungskonzept der Pinakothek der Moderne umgangen werden sollte. Deshalb erfolgt die Zulufteinbringung in die Galerieräume über eine Quelllüftung. Bei dieser Art der mechanischen Lüftung strömt die Luft etwa ein Kelvin unter Raumtemperatur über ein Kanalnetz im Boden entlang der Wände langsam in den Raum. Auf Bodenniveau bildet sich ein sogenannter Kaltluftsee aus. Diese etwas kältere Luft erwärmt sich an wärmeren Gegenständen im Raum beziehungsweise an den Besuchern und steigt nach oben, wo sie an den Rändern der Staubdeckenverglasung abgesaugt wird.1 Auf diese Weise wird das gesamte Raumvolumen klimatisiert und eine ausreichende Luftdurchmischung bei geringer Staubverwirbelung erzielt.2
MUSEUM BRANDHORST IN MÜNCHEN: QUELLLÜFTUNG UND BAUTEILAKTIVIERUNG Die Pinakothek der Moderne war eines der ersten Museen, bei dem eine Quelllüftung zum Einsatz kam. Im Laufe der Zeit zeigten sich die Vorzüge derart offensichtlich, dass diese Form der Zulufteinbringung bei der Planung des Klimakonzeptes im Museum Brandhorst der Architekten Sauerbruch Hutton ebenfalls vorgesehen wurde. Das jüngste der Museen des Kunstareals eröffnete im Mai 2009 und markiert aus ökologischer Sicht einen Meilenstein in der Entwicklungsgeschichte der Museumsklimatisierung.3 Während bis heute die meisten Klimakonzepte Luft als Wärme- und Feuchtetransportmedium nutzen, übernehmen im Museum Brandhorst die Wände und die Fußböden die Temperaturstabilisierung. Die Betonwände und -böden sind mit Wasser gefüllten Heizschleifen ausgestattet. Den „aktivierten“ Wänden ist eine etwa elf Zentimeter starke Hängewand aus Ziegeln vorgesetzt. Der Fußbodenbelag über dem mit Heizschleifen aktivierten Estrich besteht aus massiven, geölten Eichenholzbohlen. Das als Bauteilaktivierung bezeichnete System hat die Aufgabe, durch die Gewährleistung von
256
ganzjährig konstanten Oberflächentemperaturen das Temperaturniveau in den Sammlungsräumen zu stabilisieren. Da ein solches System relativ träge auf Änderungen der Raumlufttemperatur reagiert, übernimmt die über Lüftungsgitter entlang der Wände ausströmende Quellluft bei Bedarf die kurzfristige Lastabfuhr von Temperaturspitzen. Gleichzeitig dient die Quellluft, deren Prinzip analog zur Pinakothek der Moderne funktioniert, der kontinuierlichen Regulierung der relativen Feuchte. Dadurch, dass in den Galeriesälen rund 15 % der Zuluft von oben auf Höhe der Staubdecken zugeführt wird, ist die Luftdurchmischung optimiert und sind die Klimabedingungen im gesamten Raumvolumen stabil. Eine grundsätzliche Veränderung gegenüber dem Klimakonzept der Pinakothek der Moderne ist die Abluftabsaugung über den Dachraum. Auf diese Weise wird dieser ohne separate Anlagentechnik und ohne zusätzlichen Energieaufwand klimatisiert, was sich zusätzlich positiv auf die Klimastabilität in den Ausstellungsräumen auswirkt. Das Klimatisierungskonzept bietet verschiedene Vorteile: Die benötigte Zuluftmenge reduziert sich gegenüber einer herkömmlichen Mischlüftung um rund 50 %, Zugerscheinungen und eine starke Staubaufwirbelung werden vermieden. Durch die Bauteilaktivierung kann die Raumlufttemperatur gesenkt werden. Da die höheren Raumlufttemperaturen ausschließlich den menschlichen Komfortansprüchen geschuldet sind und der Erhaltung der Kunstwerke niedrigere Temperaturen eigentlich zuträglicher wären, ist dies aus konservatorischer Sicht eine positive Entwicklung. Darüber hinaus reduziert sich bei gleich bleibendem Sollwert der relativen Feuchte der Befeuchtungsbedarf. Durch die symmetrische Strahlungswärme von Wänden und Böden ist das menschliche Befinden dennoch nicht gestört. Mit der umgesetzten ganzheitlichen Strategie, welche neben der Klimatisierung auch ein auf Energieeinsparung ausgelegtes Beleuchtungskonzept beinhaltet, können im Museum Brandhorst gegenüber den typischen Vorgängerbauten enorme Energieeinsparungen erzielt werden, ohne dass hieraus schlechtere Bedingungen für den Erhalt des Kunst- und Kulturgutes resultieren – im Gegenteil.
ALTERNATIVE: TEMPERIERUNG Die bisherigen Ausführungen drehten sich ausschließlich um Museumsgebäude, die als solche zu diesem Zweck in jüngster Zeit errichtet wurden. Da jedoch rund 80 % aller bayerischen Museen in historischen Gebäuden mit ursprünglich anderer Nutzung untergebracht sind, wird von der Lan-
257
desstelle der Nichtstaatlichen Museen zu Recht festgestellt, dass es dort nicht immer möglich sei, die bisher vorgestellten Komplettlösungen mit Vollklimatisierung umzusetzen.4 Hier könnten alternative Methoden der Temperaturkontrolle und des Feuchteschutzes beispielsweise in Form der sogenannten Temperierung Abhilfe schaffen. Vor dem Hintergrund denkmalpflegerischer Aspekte ist einer der großen Pluspunkte des Temperiersystems der grundsätzlich deutlich weniger drastische Eingriff in die historische Bausubstanz. Wenn die museale Nutzung denkmalgeschützter Bauwerke vorgesehen ist, kann die Forderung nach einer Vollklimaanlage und der damit verbundene Platzbedarf für deren Installation sowie der Einbau des Luftkanalnetzes vor dem Hintergrund unwiederbringlicher Verluste durch die erforderlichen massien Eingriffe in die Bausubstanz nicht im Sinne der Präventiven Konservierung sein. Die Temperierung als Alternative zur Vollklimatisierung kam erstmals in den 1980er Jahren auf. Die Initialzündung der mittlerweile mehr als 30-jährigen Entwicklung waren sehr gute konservatorische Erfahrungen mit dem von Karl Assmann im Jahr 1982 für das Stadtmuseum Starnberg entwickelten Temperiersystem. Ein solches System hatte dieser zunächst 1978 in einem Wohnheim an Außenwänden und erdberührten Böden erprobt. Seit 1983 förderte die Landesstelle der Nichtstaatlichen Museen die Weiterentwicklung der Temperierung, in dem sie diese Anlagenform in unterschiedlichen Museumsprojekten weiterentwickelte und letztlich eine universelle Anwendung des Wirkungsprinzips bei historischen Bauwerken anstrebte.5 Grundsätzlich gibt es verschiedene Formen der Temperierung, die je nach Anforderungen, Bausubstanz, Zustand der Raumschale, et cetera variiert werden können.6 Die Unterscheidung der Temperieranlagen erfolgt anhand der Lage der Heizrohre wahlweise in Wänden, dem Fußboden oder einer Kombination aus beidem sowie dem Heizluft-Kreislauf entweder in einem offenen oder geschlossenen System.7 Soll im Museumsraum ein solches Konzept anstelle einer raumlufttechnischen Anlage mit dem Ziel eingesetzt werden, Energie einzusparen, muss im Vorfeld durch Maßnahmen an der Gebäudehülle und durch ein ausgefeiltes Lichtkonzept der Kühlenergiebedarf auf ein Mindestmaß reduziert werden. Eine anlagentechnische Kühlung ist unbedingt zu vermeiden, denn sie ist der energieintensivste und störungsanfälligste Teil jeder Vollklimaanlage.8 Allerdings weist Henning Großeschmidt darauf hin, dass in großen Museen mit hohem Besucheraufkommen wegen des hygienisch erforderlichen Mindestluftwechsels auf eine raumlufttechnische Anlage vermutlich nicht verzichtet werden kann.9
258
ALTERNATIVE: CONSERVATION HEATING Eine andere Form der passiven – wobei hier unter „passiv“ der Verzicht auf eine Vollklimaanlage verstanden wird – Klimastabilisierung ist das sogenannte Conservation Heating.10 Hierbei wird gegebenenfalls ganzjährig geheizt, um die relative Feuchte meist in einem Band zwischen 40 und 65 % zu halten.11 Aus diesem Grund kann das Conservation Heating nicht an jedem Standort angewandt werden und ist in Deutschland wegen der Außenklimabedingungen kaum im Einsatz. Dagegen bestehen in England am National Trust langjährige Erfahrungen mit dieser Strategie in historischen Gebäuden, die museal genutzt werden, wie beispielsweise Cragside, Canons Ashby, Knoles, Ardress House, Dunham Massey und zahlreiche weitere Liegenschaften.12 Die Schwierigkeit des Conservation Heating besteht darin, dass im Prinzip die Innenraumtemperaturen ganzjährig durchgehend, also ebenso im Sommer, immer dann durch Heizen erhöht werden, wenn die relative Feuchte einen vorher festgelegten Maximalwert (am National Trust liegt dieser bei 58 %) übersteigt.13 Bisher konnte durch das Conservation Heating in vielen Liegenschaften des National Trust das Innenraumklima ohne den Einsatz aufwendiger und die Gebäudesubstanz schädigender Vollklimatisierung stabilisiert und Schimmelbildung sowie Schäden durch zu hohe relative Feuchte verhindert werden. Auch wenn es auf den ersten Blick anders erscheint, kann das Conservation Heating sehr energieeffizient betrieben werden. Seit einigen Jahren laufende Messungen belegen, dass sich im Vergleich zum gewöhnlichen Heizen auf etwa 20 °C durch das Conservation Heating Einsparungen von bis zu 50 % ergaben.14 Zusätzlich strebt der National Trust die Einbindung lokal verfügbarer regenerativer Energien in die Energieversorgungskonzepte seiner Häuser als Teil einer nachhaltigen Erhaltungsstrategie an.15 Dies ist langfristig erforderlich, da schon heute aufgrund der dem Klimawandel geschuldeten gestiegenen Außentemperaturen das Conservation Heating an gewisse Kapazitätsgrenzen stößt. Das Conservation Heating wird in Zukunft nur dann energetisch sinnvoll und effizient zur Feuchtestabilisierung eingesetzt werden können, wenn die Einbindung alternativer Energiequellen gelingt.
259
1
Zur Quelllüftung siehe Hausladen et al.
9
2005, S. 62.
10 Blades et al. 2013, Blades/Rice 2011,
2
Burmester et al. 2004, S. 6–11.
3
Burmester 2009, S. 55–59.
11 Blades/Rice 2011, S. 13.
4
Großeschmidt 1992, S. 5.
12 Ebd., S. 18.
5
Ebd., S. 9.
13 Ebd., S. 17.
6
Ebd., S. 10.
14 Ebd., S. 16 f.
7 Ebd. 8
260
Ebd., S. 19.
Ebd., S. 15.
Staniforth 2007.
15 National Trust 2010.
5
ENERGIEVERBRAUCH. EINE BILANZ VON ENERGIEGEWINNEN UND -VERLUSTEN
Der energetische Preis, den viele Museen und besonders solche mit einer unzureichenden Gebäudehülle für die Aufrechterhaltung von stabilen klimatischen Bedingungen zahlen, hat sich in Zeiten schwindender Ressourcen und eingeschränkter finanzieller Mittel zur Herausforderung entwickelt. Leider haben sich in den Köpfen vieler Museumsbetreiber zwei Widersprüche verankert, die heute die Bemühungen erschweren, die Kunstwerke unter konservatorisch vertretbaren Bedingungen zu erhalten: Die geforderte Klimastabilität, die maßgeblich für den Erhalt von Kunstwerken ist, sei ausschließlich mit Vollklimaanlagen zu gewährleisten, aber die Betriebskosten für eine Vollklimatisierung sowie der erforderliche Energieaufwand sind dauerhaft nicht länger tragbar. Anstatt die Suche nach alternativen und passiven Strategien, mit denen Klimastabilität ohne hohen Energieverbrauch erreicht werden kann, zu fördern, werden von verschiedenen Seiten einzig die bestehenden Sollwertvorgaben als nicht mehr zeitgemäß kritisiert und eine Lockerung der seit Jahren etablierten Grenzwerte gefordert.1 Argumentiert wird mit der vermeintlich resultierenden Einsparung von Energie und Kosten. Dass aber – eine geeignete Bauweise vorausgesetzt – jeder Verzicht auf überdimensionierten Technikeinsatz sowohl Errichtungs- wie Energiekosten einsparen könnte, wird in den Debatten meist unterschlagen. Dabei zeigt die Vergangenheit, dass durch eine intelligente Architektur bei Verwendung entsprechender Baumaterialien durchaus konstante Bedingungen2 erzielt und aufrechterhalten wurden. Die vorherrschende Meinung, dass in der Vergangenheit energetische Überlegungen für die Strategien der Klimakontrolle eine untergeordnete Rolle spielten, ist, wie die technische Geschichte der Alten Pinakothek lehrt, lediglich für den begrenzten Zeitraum von einigen wenigen Jahrzehnten tatsächlich zutreffend. Bei eingehender Auseinandersetzung mit den Quellen ist diese pauschale Annahme nicht zulässig. Denn von Beginn an wurde – nicht nur bei den Münchner Museumsgebäuden –darauf geachtet, den Ressourcenverbrauch so gering wie möglich zu halten, und bei der Wahl einer Heizmethode wurde jenen Systemen der Vorzug gegeben, welche eine möglichst maximale Brennstoffausnutzung erlaubten.3 Folgerichtig galten bei der Weiterentwicklung oder der Neukonzeption von Heizsystemen Brennstoffeinsparung und Energieoptimierung als entscheidende Erfolgskriterien. Obwohl das Bewusstsein dafür wächst, dass es auch in der Energiepolitik des Kultursektors einer Kehrtwende bedarf, und trotz der intensiven Bestrebungen rund um das Thema Nachhaltigkeit liegen, verglichen
263
mit der Zahl der Museen weltweit, zu nur wenigen Ausstellungsgebäuden Daten der tatsächlichen Energieverbräuche (Tabelle 7) vor. Tabelle 7
Stromverbrauch [kWh/m2a] vor Sanierung
Stromverbrauch [kWh/m2a] nach Sanierung
35
107
35
http://www.maneg.de
290
75
115
45
http://www.maneg.de
172
129
62
54
http://www.maneg.de
105
15
233
54
http://www.maneg.de
195
100
72
43
http://www.maneg.de
35
18
20
18
http://www.maneg.de
133
61
68
31
http://www.maneg.de
154
51
61
29
http://www.maneg.de
Neubau Deutsches Technikmuseum, Berlin
49
50
Museum Ritter, Waldenbuch
94
101
247
154
Museum für zeitgenössische Kunst Kristinemann Herzog Anton Ulrich Museum, Braunschweig Archäologisches Museum, Delphi Etruskisches Museum „Pompeo Aria“, Marzabotto THEPUBLIC Arts Centre, West Bromwich Archäologisches Nationalmuseum, Lissabon Bardini Museum, Florenz Ethnologisches Museum, Ljubljana
Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main
264
Quelle
Heizenergieverbrauch [kWh/m2a] nach Sanierung
210
Museumsgebäude
Heizenergieverbrauch [kWh/m2a] vor Sanierung
Gegenüberstellung der Energieverbräuche verschiedener Museen.
http://www.maneg.de http://www.enob.info/de/neubau/ projekt/details/energieeffizienzkommt-ins-museum/ http://www.energiemanagement. stadt-frankfurt.de/Energiecontrolling/Energieausweise/Kulturamt/ Museum-fuer-Moderne-Kunst.pdf
Tabelle 7 Forsetzung
Museum der Bildenden Künste, Leipzig
158
http://www.l-iz.de/Wirtschaft/ Leipzig/2009/08/Energieausweisefür-Leipzigs-Gebäude-Blamagefür-Bildermuseum.html http://www.l-iz.de/Wirtschaft/ Leipzig/2009/08/Energieausweisefür-Leipzigs-Gebäude-Blamagefür-Bildermuseum.html http://www.l-iz.de/Wirtschaft/ Leipzig/2009/08/Energieausweisefür-Leipzigs-Gebäude-Blamagefür-Bildermuseum.html
263
Grassi Museum, Leipzig 60 Museum für Naturkunde, Berlin
Haus Dreilinden, Leipzig
68
Quelle
Stromverbrauch [kWh/m2a] nach Sanierung
Stromverbrauch [kWh/m2a] vor Sanierung
Heizenergieverbrauch [kWh/m2a] nach Sanierung
Heizenergieverbrauch [kWh/m2a] vor Sanierung
Museumsgebäude
Gegenüberstellung der Energieverbräuche verschiedener Museen.
28
http://www.l-iz.de/Wirtschaft/ Leipzig/2009/08/Energieausweisefür-Leipzigs-Gebäude-Blamagefür-Bildermuseum.html
183
Kunsthalle Mannheim
390
190
123
Durchschnitt
159
91
96
Maximaler Heizwärmebedarf Museen
155
http://www.enob.info/de/sanierung/ projekt/details/generalsanierungder-kunsthalle-mannheim/ 39
Wärmeschutzverordnung 1982
AUSSAGEKRAFT VON ZAHLENWERTEN Die in der Tabelle angegebenen Zahlen zum Heizenergie- und Stromverbrauch unterscheiden sich teilweise erheblich. Dies hat verschiedene Ursachen. Tatsächlich ist das Baualter ein maßgeblicher Einflussfaktor, weshalb sich in der Bauindustrie eine Gliederung der Gebäude nach Baualterklassen durchgesetzt hat.4 Die Energiewerte für Neubauten und Bestandsgebäude variieren naturgemäß, wobei der Übergang relativ flie-
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ßend ist. Bei einer energetischen Bewertung werden die Gebäude daher pauschal bestimmten Baualtersklassen zugeordnet. Das Baualter ist dennoch ein aussagekräftiges Merkmal, da jede Bauepoche allgemein übliche Konstruktionsweisen sowie typische Bauteilaufbauten hervorbrachte, die den Heizwärmebedarf eines Gebäudes in typischer Weise kennzeichnen. Dabei orientierte sich die Definition der Baualtersklassen an historischen Einschnitten, den Zeitpunkten statistischer Erhebungen sowie den Veränderungen der wärmetechnisch relevanten Bauvorschriften und Wärmeschutzverordnungen. Die verstärkt seit Mitte der 1970er Jahre einsetzende Verbesserung des energetischen Gebäudestandards, geht zurück auf die Erfahrungen der beiden Ölkrisen. Durch die Wärmeschutzverordnungen von 1977 und 1982 wurden in erster Linie Anforderungen an den maximal zulässigen mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten der Außenbauteile von Gebäuden gestellt. Erst mit der Wärmeschutzverordnung von 1995 wurde die Bilanzierung des Jahresheizwärmebedarfs eingeführt. Die Energiekennwerte, die das energetische Niveau einer Baualtersklasse wiedergeben, leiten sich also in der Regel aus den zum Errichtungszeitpunkt eines Gebäudes geltenden Verordnungen ab. Aber es können durchaus Abweichungen innerhalb einer Baualtersklasse vorliegen, wenn beispielsweise der Modernisierungsgrad der Gebäude voneinander abweicht. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Bauten nicht mehr dem Errichtungszustand entsprechen sondern nach der Erstellung ganz oder teilweise saniert wurden. Zusätzlich ist die Gebäudegröße ein Kriterium, weil sie die Fläche der thermischen Hülle und ihre Aufteilung auf verschiedene Bauteile bestimmt. Daher werden innerhalb der Baualtersklassen nochmals Ein- oder Mehrfamilienhäusern gesondert betrachtet. Die Klassifizierung nach Baualtersklassen wird für den Wohnungsbausektor durchgeführt, weil dieser mengenmäßig aus energiepolitischer Sicht die größte Relevanz für mögliche Einsparpotenziale besitzt. Dennoch können aus dieser Praxis wichtige Schlussfolgerungen für Museen abgeleitet werden. Faktisch wird der Energiebedarf von Museen wesentlich durch die architektonische Gestaltung und durch die Eigenschaften der Gebäudehülle beeinflusst. Neben dem Standort, der städtebaulichen Lage und der Orientierung des Baukörpers sind die Größe des zu klimatisierenden Raumvolumens sowie die Lage der Räume im Gebäude genauso wie die Dichtigkeit der Gebäudehülle wesentliche Kriterien. Die thermischen Eigenschaften der eingesetzten Konstruktionen und verwendeten Baumaterialien spielen ebenfalls eine Rolle. Eine massive, also wärmespeicherfähige und kompakte Bauweise mit geringem Fensterflächenanteil wird
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grundsätzlich einen geringeren Heizenergieverbrauch nach sich ziehen als eine Stahl-Glas-Konstruktion in Leichtbauweise. Abhängig vom Tagesund Kunstlichtanteil, ergeben sich deutliche Unterschiede, weil der Fensterflächenanteil die Energiegewinne und -verluste über die transparenten Bauteile bestimmt. Außerdem beeinflusst die verfolgte Heizstrategie die Energieverbrauchswerte. Erfolgt die Temperaturregulierung beispielsweise über die Zuluft einer Vollklimaanlage, wird der Verbrauch allein deshalb höher ausfallen, weil Luft ein guter Isolator und, energetisch betrachtet, ein schlechtes Heizmedium ist. Hingegen wird sich eine wasserbasierte Flächenheizung mit ihren deutlich geringeren Vorlauftemperaturen wesentlich günstiger auf den Energieverbrauch auswirken. Den Energiebedarf eines Museumsgebäudes kennzeichnen also zahlreiche Einflussgrößen. Sie werden dementsprechend anhand der Merkmale energetische Qualität der Gebäudehülle, haustechnische Installationen und architektonische Gestaltung eines Gebäudes differenziert. Vor diesem Hintergrund besitzt eine bloße Gegenüberstellung von Verbrauchswerten für die Praxis weniger Aussagekraft, als es auf den ersten Blick scheint. Ferner werden die Verfahren, nach denen der Jahresheizwärmebedarf, der Heizenergiebedarf oder der Jahresprimärenergiebedarf ermittelt werden, oft nicht übereinstimmend gehandhabt. Die berechneten Energiebedarfswerte können abhängig von den gewählten Systemgrenzen und den berücksichtigten Parametern deutlich voneinander abweichen. So errechnen sich für dasselbe Gebäude allein dadurch abweichende Daten, dass beispielsweise der Heizenergieverbrauch entweder auf die Fläche des beheizten Raumvolumens oder aber auf die Gesamtfläche des Gebäudes bezogen wird. Für die Bezeichnung der Flächen hat sich im Bauwesen die DIN 277 durchgesetzt.5 Die Einteilung erfolgt nach folgender Systematik: Die Brutto-Grundfläche setzt sich zusammen aus Netto-Grundfläche und Konstruktions-Grundfläche. Dabei stellt die Netto-Grundfläche die Summe der nutzbaren Grundflächen eines Gebäudes dar. Als Nutzungsgruppen werden die Nutzfläche als effektiv nutzbare Fläche, die technischen Funktionsflächen zur Unterbringung sämtlicher haustechnischer Installationen und die Verkehrsflächen, welche die Zugänglichkeit zu den Räumen gewährleisten, weiter differenziert. Der manchmal in Deutschland anstelle der gebräuchlichen Bezeichnung der Gebäudenutzfläche verwendete Begriff der Energiebezugsfläche, auch als beheizte Brutto-Grundfläche bezeichnet, ist eigentlich nur in der Schweiz und Österreich üblich und umfasst die Summe aller Grundflächen eines Gebäudes, die beheizt beziehungsweise klimatisiert werden.
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GRUNDLAGEN Die Bezugnahme auf verschiedene Gebäudeflächen ist ledglich ein Beispiel dafür, wie wenig einheitlich die Bezeichnungen und Begriffe in der Praxis tatsächlich sind. Dennoch basieren alle angestellten Betrachtungen und Berechnungen auf gewissen Bezugsgrößen und Referenzwerten, die im Folgenden näher eingegrenzt werden müssen, da sie die Grundlage der durchgeführten energetischen Betrachtungen sind. ENERGIEBILANZEN Die in einem Gebäude benötigte Energiemenge wird von einer Vielzahl variabler Faktoren bestimmt. Letztlich sind diese aneinander gekoppelt und bedingen einander über verschiedenartige Abhängigkeiten. Die Wechselwirkungen müssen demzufolge über einen ganzheitlichen Ansatz berücksichtigt werden (Abb. 107). Das eingesetzte Werkzeug der Energiebilanzierung ist insbesondere für die Energiepolitik, im Bauwesen oder in der Wirtschaft die rechnerische Grundlage eines möglichst rationellen Energieeinsatzes, wobei die Bilanzen auf errechneten oder tatsächlich gemessenen Werten beruhen können. Aber sie sind immer auf ein konkretes Bauwerk oder eine bestimmte Anwendung bezogen. Im ersten Schritt ist festzulegen, welche Energien bilanziert werden sollen. Grundsätzlich kann jeder Energiestrom, der in ein Gebäude hinein oder aus diesem heraus fließt bilanziert werden. Die in ein Gebäude fließenden Energien können in Form von elektrischer Energie (Strom), Wärmeenergie (Fernwärme, Nahwärme, Personenabwärme, et cetera), Strahlungsenergie (solare Strahlung) oder chemisch gebundener Energie (Brennstoffe) vorliegen. Im Gebäude werden sie durch die typische Nutzung ganz oder teilweise umgewandelt und treten dann meist in Form von Wärmeenergie wieder aus dem Gebäude aus. Dabei besteht kein Unterschied zwischen der Erfassung von eintretenden oder austretenden Energieströmen, da nach dem Energieerhaltungssatz beide Mengen gleich groß sind. Meist wird eine Energiebilanz mit dem Ziel durchgeführt, die in ein Gebäude einfließenden Energien zu ermitteln, für die ein Primärenergieträger verbraucht und/oder käuflich erworben werden muss. Der Energieeintrag umfasst aber genauso die kostenlos zur Verfügung stehenden Energiemengen, wie zum Beispiel die solare Strahlung, Umweltwärme oder Ähnliches. Bei Energiebilanzen werden Energieverbrauchs- und Energiebedarfsbilanzen unterschieden. Eine Energieverbrauchsbilanz basiert auf der tatsächlich benötigten Energiemenge, die auf der Grundlage von gemes-
268
senen Daten oder den Abrechnungen der Energieversorger ermittelt wird. Anschließend wird diese entsprechend der spezifischen Gebäudegeometrie, der Anlagenspezifikationen und der Nutzungscharakteristik auf die jeweiligen Energieverbraucher eines Gebäudes aufgeteilt. Im Gegensatz dazu werden bei Energiebedarfsbilanzen alle Wärmemengen, die im Gebäude genutzt werden und als Wärmeströme aus dem Gebäude austreten müssen, auf Basis typischer Bedarfskennwerte bilanziert. So wird rückgeschlossen, welche Energien in das Gebäude eingebracht werden müssen, um bestimmte Behaglichkeitskriterien oder im Museum bestimmte Sollwerte für die Innenraumtemperaturen aufrechtzuerhalten. Deswegen werden Bedarfsbilanzen mitunter dazu herangezogen, verschiedene nutzungsabhängige Gebäudevarianten aus energetischer Sicht gegenüberzustellen und zu bewerten. Soll ein Gebäude über eine Energiebilanz beschrieben werden, dienen dazu in der Regel spezifische Energieeinzelkennwerte, die durch verschiedene Merkmale und bauphysikalische Zusammenhänge weiter klassifiziert werden. Grundsätzlich setzt sich die Gesamtenergiebilanz (Abb. 108) eines Gebäudes aus den Wärmeverlusten (rot), den Wärmegewinnen (gelb) sowie der elektrischen Hilfsenergie (orangefarben) zusammen. Diese drei Größen können nochmals spezifiziert und nach weiteren Einflusskriterien aufgeschlüsselt werden.
Abb. 107 Schematische Darstellung der typischerweise bei der Bilanzierung eines Gebäudes betrachteten Einflussgrößen.
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Abb. 108 Übersicht über die Einzelenergiekennwerte eines Gebäudes, die bei einer Bilanzierung betrachtet werden
270
Eine energetische Berechnung basiert immer auf bauphysikalischen Zusammenhängen, jedoch ist festzustellen, dass die bei Energiebedarfsermittlung und -bilanzierung verwendeten Begrifflichkeiten durchaus nicht eindeutig und deckungsgleich sind. Hinter jeder Bilanz steht dennoch der logische Zusammenhang, dass Energie einer Leistung pro Zeiteinheit entspricht. Dies gilt für thermische wie für elektrische Energie. Das zu beschreibende physikalische Phänomen bestimmt, wie die Leistung zu definieren ist: Für Energiebilanzen wird die Leistung im Allgemeinen über die Multiplikation von Volumenstrom, Dichte, spezifischer Wärmespeicherkapazität und Temperaturdifferenz errechnet. Dieser Zusammenhang beschreibt die Wärmetransporteigenschaften eines fließenden Mediums. Dagegen wird die Leistung bei Wärmetransportvorgängen ohne Stoffaustausch, zum Beispiel bei Abkühlung oder Erwärmung, über die Multiplikation von Wärmedurchgangswert (U-Wert), Fläche und Temperaturdifferenz zwischen beiden Seiten der Trennfläche (beispielsweise Delta Innen- und Außentemperatur) ermittelt. Diese Formel gilt für sämtliche Wärmeübergänge aufgrund von Transmissionsprozessen an den Außenwänden von Gebäuden, für Rohrleitungsverluste oder für den Wärmeaustausch in Wärmeüberträgermedien. Bei der Betrachtung der elektrischen Leistung ist diese abhängig von der Höhe des umgewälzten Volumenstroms, der Druckdifferenz sowie dem Wirkungsgrad. Die Leistung chemisch gebundener Energie ist das Produkt aus Massenstrom und Heizwert eines Brennstoffs. Für viele Maßnahmen einer energetischen Sanierung liefern Energiebilanzen den Ausgangspunkt zur Abschätzung bestehender Einsparpotenziale oder die Vergleichsgrundlage mehrerer denkbarer Varianten. Häufig werden sie überschlägig beziehungsweise rechnerisch auf der Basis entsprechender Normen, manchmal aber auch mittels aufwendiger Simulationsprogramme erstellt. Obwohl solche Energiebilanzierungen dementsprechend variierende Verlässlichkeit oder Detailtiefe aufweisen, basiert das Grundprinzip jeder Bilanzierung auf der Gegenüberstellung von Ener-
giegewinnen und Energieverlusten. Welche Faktoren dabei mit einfließen, ist einerseits von der im Vorfeld definierten Bilanzierungsgrenze und andererseits von den getroffenen Annahmen abhängig. Wird beispielsweise ein abgeschlossenes Raumvolumen bilanziert, ergeben sich bauphysikalisch betrachtet Energiegewinne und -verluste, die nutzerunabhängig sind. Dazu zählen die Energieverluste durch die Transmissionsvorgänge an opaken und transparenten Bauteile, Lüftungswärmeverluste durch die Undichtigkeiten der Konstruktion oder Ähnliches. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Austausch zwischen außen und innen in beide Richtungen verläuft, weshalb die Temperaturdifferenzen zwischen Außen- und Innenluft bestimmen, in welche Richtung der Wärmefluss in einem Bauteil erfolgt. Neben den beschriebenen nutzerunabhängigen Wärmeströmen liegen in jedem Gebäude immer auch nutzungsbedingte Einflussgrößen vor. Dies umfasst interne Gewinne, wie die Wärme- und Feuchteabgabe durch Personen oder den durch die Beleuchtung verursachten Energieeintrag. Zwar werden solche Faktoren bei allen Berechnungsverfahren zu einem per Norm definierten Anteil berücksichtigt, aber deren tatsächliche Variabilität fällt immer der Vereinfachung zum Opfer und fließt nicht in die Berechnung ein. In Museen sind im Speziellen die Besucherzahlen eine wesentliche und deutlich schwankende Einflussgröße. Neben deren Wärme- und Feuchteabgabe beeinflusst beispielsweise der durch sie verursachte Feuchteeintrag an Regentagen die Ergebnisse. Auch können die in vielen Museen zusätzlich zum normalen Museumsbetrieb stattfindenden Sonderveranstaltungen mit teilweise großem Einfluss kaum rechnerisch berücksichtigt werden. Ähnlich verhält es sich mit der Kunstlichtbeleuchtung, wenn diese über Sensoren dimmbar den Tageslichtbedingungen entsprechend geregelt wird. Aus genannten Gründen erschließt sich, dass im Regelfall die in der Theorie mit vereinfachten Verfahren berechneten Werte erheblich von den später in der Praxis gemessenen Verbrauchsdaten abweichen. WÄRMEGEWINNE Wärmegewinne tragen pauschal zur Reduzierung des Heizwärmebedarfs bei. Es handelt sich um interne Wärmelasten, wie die Wärmeabgabe durch die Beleuchtungskörper, aber auch Personen- und Geräteabwärme sowie die solaren Wärmegewinne aus dem direkten Strahlungsdurchgang über die Fenster und durch die Absorption und Speicherung der langwelligen Anteile der Solarstrahlung durch die opaken Außenbauteile. Dabei bezeichnen die solaren Gewinne jene Wärmegewinne, welche durch die Sonnenenergie entstehen. Vor allem über transparente und in
271
geringerem Maße über opake Bauteile, findet ein beträchtlicher Wärmedurchgang statt. Der solare Eintrag über die transparenten Bauteile wird durch deren Größe, Ausrichtung und den Energiedurchlassgrad sowie durch die Einflüsse von Verschattung und Verschmutzungsgrad bestimmt. Diese, auf das Raumvolumen bezogen, passiv anfallende zusätzliche Wärmemenge ersetzt direkt die zuzuführende Heizwärme. Allerdings weisen die passiven Solareinträge entsprechend der Sonnenstandswanderung einen ausgeprägten Tages- und Jahresgang auf und fallen somit nicht unbedingt dann an, wenn tatsächlich ein Heizwärmebedarf besteht. Dies kann insbesondere in den Übergangsjahreszeiten zur deutlichen Wärmeüberversorgung eines Raumvolumens führen, was bei Vorhandensein einer entsprechenden Vollklimaanlage und Vorgaben zu maximal zulässigen Höchsttemperaturen in einem gesteigerten Kühlbedarf zum Ausdruck kommt. Als Maß für die Energiedurchlässigkeit einer Verglasung wird der Gesamtenergiedurchlassgrad, der sogenannte g-Wert, angegeben. Dieser setzt sich aus der Summe des direkten von der Verglasung durchgelassenen kurzwelligen Strahlungsanteils und der sekundären Wärmeabgabe der Verglasung an den Innenraum zusammen. Neben den beschriebenen Wärmegewinnen durch die solare Strahlung existieren drei weitere Quellen, die Energie liefern und somit die benötigte Heizenergiemenge senken können. Sobald Beleuchtungskörper, Elektrogeräte und Personen eine Temperatur über der Raumtemperatur aufweisen, geben sie Wärme an den Raum ab. Dieser zusätzliche, ungeregelt auftretende Wärmeanfall kann nur bis zur Höhe der momentanen Verlustleistung eines beheizten Raumvolumens genutzt werden. Darüber hinausgehend erhöhen sich die Innenraumtemperatur und wiederum gegebenenfalls die zur Raumkühlung erforderliche Energiemenge. Die im Verlauf einer Heizperiode anfallenden zusätzlichen Wärmeeinträge können die Wärmeverluste niemals vollständig ausgleichen, weil sie ungeregelt auch dann auftreten, wenn keine Heizwärme benötigt wird oder aber bei Bedarf gerade nicht verfügbar sind. WÄRMEVERLUSTE DURCH TRANSMISSION Wärmeverluste durch die Gebäudehülle entstehen durch die erwähnten Temperaturgradienten zwischen Innen- und Außenklima und treten analog zu den Wärmegewinnen an transparenten wie opaken Bauteilen auf. Dabei umfasst der spezifische Transmissionswärmeverlust die gesamte Wärmemenge, die während eines Betrachtungszeitraums durch sämtliche Bauteile fließt. Gebäudeteile wie Wände, Fenster, Dach und an das Erdreich
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grenzende Flächen leiten entsprechend ihrer spezifischen Eigenschaften bestimmte Wärmemengen. Diese Wärmeleitung wird als Transmission bezeichnet. Sie kann abhängig von den herrschenden Temperaturgradienten zwischen Innen- und Außenluft in einem Bauteil in beide Richtungen verlaufen. Wenn der Wärmeübergang von innen nach außen stattfindet, also ein auf das Raumvolumen bezogener Energieverlust vorliegt, wird dies als Transmissionswärmeverlust bezeichnet. Die Transmissionseigenschaften eines Bauteils werden durch dessen Wärmedurchgangskoeffizienten beschrieben. Diese als U-Wert [W/m2K] bezeichnete Kenngröße gibt an, wie viel Wärmeleistung pro Kelvin Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außenluft durch eine Bauteilfläche von einem Quadratmeter fließt. Bei hohen U-Werten sind große Wärmeverluste zu erwarten, bei niedrigen U-Werten entsprechend geringere Verluste. Für Fensterflächen wird ebenfalls ein Wärmedurchgangskoeffizient angegeben, dieser setzt sich, anders als bei opaken Bauteilen, aus mehreren Werten zusammen: dem Ug-Wert, dem Uf-Wert und dem Uw-Wert. Der Ug-Wert bezieht sich ausschließlich auf die Glasfläche, ohne Randverbund und Abstandshalter. Der Uf-Wert gibt den Dämmwert des Fensterrahmens an und ist wegen der Schließebene meist schlechter als der Ug-Wert. Der Uw-Wert setzt sich aus Ug- und UfWert zusammen und berücksichtigt ebenfalls den Randverbund zwischen Glas und Fenster. Somit ist der Uw-Wert für Fenster analog zum U-Wert opaker Bauteile zu verstehen. LÜFTUNGSWÄRMEVERLUSTE Die temperaturspezifischen Lüftungswärmeverluste innerhalb eines Gebäudes ergeben sich aus dem belüfteten Nettovolumen, der Luftwechselzahl sowie der spezifischen Wärmespeicherkapazität der Luft. Die Luftwechselzahl, auch als Luftwechselrate bezeichnet, ist ein Maß dafür, wie häufig das gesamte Luftvolumen innerhalb einer Stunde ausgetauscht wird. Die Luftwechselrate ist eine Überlagerung von Fugen- und Fensterlüftung sowie dem Anlagenluftwechsel, falls eine Lüftungsanlage vorhanden ist. Sie ist demnach von der Güte des Gebäudes, dem Nutzerverhalten und der eingesetzten Anlagentechnik abhängig. Der Gesamtluftwechsel ist im Jahresverlauf aufgrund von Temperaturgradienten und Druckunterschieden im Allgemeinen nicht konstant. Wegen des thermischen Antriebs ist der Luftaustausch durch Gebäudeundichtigkeiten im Winter eigentlich am höchsten. Allerdings wird dieses physikalische Phänomen größtenteils durch das Nutzerverhalten überlagert.
273
Grundsätzlich gibt der Lüftungswärmeverlust an, welche Wärmemenge mit der Luft durch sämtliche Öffnungen und Fugen der Gebäudehülle entweicht. Neben den naturgemäß vorliegenden Undichtigkeiten der Gebäudehülle stellt sich diese Situation bei der Raumlüftung ein. In der Heizperiode strömt die erwärmte Innenluft nach außen und die kalte Außenluft nach innen. Dementsprechend muss Wärmeenergie nachgeführt werden, um die eingeströmte kalte Außenluft auf das gewünschte Temperaturniveau im Innenraum zu erwärmen. Damit erschließt sich, weshalb der Lüftungswärmeverlust eine individuell variierende Größe ist, die immer mit dem Nutzerverhalten und der Dichtigkeit der Gebäudehülle korreliert.
HEIZENERGIEBEDARF UND HEIZENERGIEVERBRAUCH Im Allgemeinen wird zwischen Energieverbrauch und Energiebedarf unterschieden. Nach VDI 3807 ist der Energieverbrauchskennwert beziehungsweise der Energiebedarfskennwert das Verhältnis des jährlichen Energieverbrauchs beziehungsweise Energiebedarfs zu einer das Gebäude kennzeichnenden Fläche.6 Als Bezugsfläche wird die Summe aller beheizbaren Brutto-Grundflächen eines Gebäudes verwendet und der Verbrauch wird durch Messung ermittelt. Meist wird zur Präzisierung neben der Art des Verbrauches (Stromverbrauch, Brennstoffverbrauch, Wasserverbrauch, et cetera) zusätzlich der Verbrauchszeitraum angegeben. Wenn hingegen von Bedarf die Rede ist, handelt es sich immer um eine Vorausberechnung unter bestimmten Randbedingungen, welche für Wetter, Standort, Gebäude, Nutzung und technische Ausrüstung festgelegt werden. In der hiesigen Klimaregion wird in einem Großteil des Jahres Heizenergie notwendig sein, um in den Räumen ein entsprechendes Temperaturniveau zu gewährleisten, also die durch die Temperaturdifferenzen zwischen innen und außen bedingten Wärmeverluste durch transparente und opake Bauteile auszugleichen. Im Wohnungsbau wird ein möglichst hohes Behaglichkeitsniveau angestrebt, dessen wesentliche Voraussetzung ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Raumlufttemperatur und Oberflächentemperaturen der raumumschließenden Flächen ist. In Museumsräumen ist dieses Gleichgewicht darüber hinaus für die Erhaltung des Kunst- und Kulturgutes von Bedeutung, weil die Entstehung von Mikroklimata unter konservatorischen Gesichtspunkten zu vermeiden ist. Der Heizwärmebedarf ist eine Form benötigter Energie (Wärmemenge) und wird in Joule [J] oder Kilowattstunden [kWh] angegeben. Er bemisst
274
sich aus der aufzuwendenden thermischen Leistung während der Heizzeit. Es ist zweckdienlich, den Heizwärmebedarf auf eine Heizperiode zu beziehen, also den Jahresheizwärmebedarf in Kilowattstunden pro Jahr [kWh/a] zu definieren. Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist insbesondere der Heizstoffbedarf beziehungsweise Brennstoffbedarf von Interesse. Dabei errechnet sich der Heizwärmebedarf aus dem Produkt von Heizwert und erforderlicher Brennstoffmenge, ist demnach eine nicht messbare, sondern errechnete Energiemenge, die einem Gebäude innerhalb der Heizperiode zuzuführen ist, um die gewünschte Innenraumtemperatur aufrechtzuerhalten. Der Heizwärmebedarf ist eine Baukenngröße, die typisch für ein spezielles Gebäude ist, weil er von der Gebäudehülle (Bauform, Dämmung), dem Standort (Makro- und Mikroklima) sowie der baulichen Nutzungsart und dem Nutzerverhalten geprägt ist. Die Bauform wird über den Kompaktheitsgrad und die Wärmedämmung über die Wärmedurchgangskoeffizienten der Außen- und Innenbauteile abgebildet. Außerdem wird der Gesamtenergiedurchlassgrad aller Fensterflächen, einschließlich deren Orientierung und Verschattung, also die Wärmegewinne über die solare Strahlung berücksichtigt. Damit ergibt sich der Heizwärmebedarf aus den Transmissions- und Lüftungswärmeverlusten abzüglich der Wärmegewinne aus solarer Strahlung und internen Wärmegewinnen. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Heizwärmebedarf nicht der tatsächlichen Wärmeabgabe der Heizflächen entspricht, sondern sich aus der geregelten Wärmeabgabe der Heizflächen und der ungeregelten Wärmeabgabe aller anderen Komponenten der Anlagentechnik zusammensetzt. Zwar ist der Heizwärmebedarf grundsätzlich für ein Gebäude charakteristisch, kann aber mit wechselnden Witterungsverhältnissen von Jahr zu Jahr erheblich schwanken. Daher ist es üblich, den aktuellen Heizwärmebedarf sowie zusätzlich den mittleren Heizwärmebedarf zu benennen, der sich aus den durchschnittlchen meteorologischen Daten (meist über 30 Jahre gemittelt) des Standortes ergibt. Aus diesem wird als Kenngröße die Heizenergiekennzahl bezogen auf die Energiebezugsfläche abgeleitet. Um Gebäude unabhängig von Standort und Nutzung aus bautechnischer Sicht zu vergleichen, wird häufig der spezifische Heizenergiebedarf verwendet. Der Jahresheizenergiebedarf [kWh/m2a] ist der spezifische Heizenergiebedarf dividiert durch die Gebäudenutzfläche und die betrachtete Heizzeit.
275
ENERGIEVERBRAUCH UND ENERGIEBEDARF IN DER ALTEN PINAKOTHEK Wie die Baugeschichte der Alten Pinakothek im Besonderen und die Entwicklungen im Museumsbau im Allgemeinen zeigen, unterlagen die Technologien bei der Errichtung von Museumsgebäuden einem stetigen Prozess der Anpassung und Weiterentwicklung. Meist war die Verfügbarkeit neuer Materialien und Techniken der Antriebsmotor innovativer Lösungen. Aber auch Kostenfaktoren, wie die Verfügbarkeit bestimmter natürlicher Ressourcen oder die einzusetzende menschliche Arbeitskraft, spielten dabei eine Rolle. Genauso unterlag die architektonische Auffassung von qualitätvollem Bauen, bedingt durch andere Nutzungsanforderungen, einen veränderten Zeitgeschmack und Zeiten der Armut oder des Wohlstandes, einem steigen Wandel. Häufig waren wirtschaftliche Aspekte, wie die Kostenminimierung oder die Wettbewerbsfähigkeit, ebenso treibende Kräfte für Neuerungen. Als Reaktion auf konstruktive Schäden, hygienische Probleme oder die Rohstoffknappheit wurden Bauangelegenheiten zunehmend durch Normen, Richtlinien und Bauordnungen rechtsverbindlich geregelt. Die Baugeschichte der Alten Pinakothek zeigt auch aus energetischer Sicht einen gewissen Entwicklungsprozess auf. Ausgehend von der historisch gewachsenen, zeittypischen Architektur und Konstruktionsweise, veränderte sich die energetische Qualität des Gebäudes vor allem durch die Versuche, die Innenraumklimabedingungen zu kontrollieren. Dabei war die Gebäudegeometrie von Beginn an einer der bestimmenden Faktoren, weil sich hieraus die Außenhülle des Gebäudes definierte und die Transmissionswärmeverluste ableiteten. Die Gebäudegröße prägte den Anteil der einzelnen Bauteilflächen an der Gesamthüllfläche der Alten Pinakothek. Neben diesen im Verlauf der Baugeschichte nahezu unveränderlichen Eigenschaften des Baukörpers hatte die Art und Qualität der Wärmeversorgung den größten Einfluss auf die Gesamtenergieeffizienz der Gemäldegalerie. Die technische Baugeschichte der Alten Pinakothek belegt, dass die haustechnischen Installationen deutlich kürzere Erneuerungszyklen aufweisen als die architektonische Hülle oder die konstruktiven Bauteile. Deswegen lagen die größten Potenziale für mögliche Energieeinsparungen oder die Verbesserung der Innenraumklimabedingungen von Beginn an auf der Seite der Gebäudetechnik. Die energetischen Berechnungen für die Alte Pinakothek hatten zum Ziel, den Einfluss verschiedener Strategien der Klimakontrolle auf die Energieeffizienz des Gebäudes darzustellen. Dazu wurden zwei Strategien verfolgt: Für die verschiedenen Systeme
276
wurde der aus den Archivalien ermittelte Brennstoffverbrauch zu einem Jahresverbrauchskennwert umgerechnet, der die jeweilige Strategie der Klimakontrolle kennzeichnet. Ergänzend konnten aus den im Rahmen der thermisch-hygrischen Simulationen errechneten Energieflüssen die jeweiligen Energiebedarfswerte ermittelt, in einen Jahresbedarfskennwert überführt und ausgewertet werden. ARCHIVALISCH BELEGBARER HEIZWÄRMEVERBRAUCH Im Laufe der Jahre wurden in der Alten Pinakothek, abhängig von den eingesetzten Heizsystemen unter dem Einfluss der technischen Möglichkeiten, verschiedene Brennstoffe zur Bereitstellung der Wärme verwendet. Soll der Energieverbrauch über den Zeitraum von fast 190 Jahren erfasst und verglichen werden, bedarf es einer brennstoffunabhängigen Vergleichsgröße. Anhand der Quellen ist nachvollziehbar, welche Mengen an Brennstoff jährlich bestellt, geliefert und verbraucht wurden.7 Auf der Grundlage dieser Informationen konnte die Bezugsgröße über den Heizwert der verwendeten Brennstoffe (Tabelle 8) in Verbindung mit deren Verbrauch ermittelt werden. So lässt sich ableiten, welche Energiemenge erforderlich war, um die entsprechenden Systeme zu betreiben, also welcher Jahresheizwärmeverbauch in den unterschiedlichen Zeiträumen bestand. Historisch wurde der Heizwert eines Brennstoffs über die Wärmeeinheit, heute als Kalorie bezeichnet, beschrieben. Nach Peclét ist eine Wärmeeinheit „die Wärmemenge, welche dazu erforderlich ist, die Tempe-
ratur eines Kilogr. Wasser um 1 Grad zu erhöhen, und Wärmeeffekt oder Heizkraft eines Brennmaterials nennen wir die Anzahl von Wärmeeinheiten, die 1 Kilogr. dieser Körper durch seine vollständige Verbrennung hervorbringt.“8 Heute gibt der Brennwert eines Stoffs die Wärmemenge an, die bei der Verbrennung, anschließenden Abkühlung der Verbrennungsgase auf 25 °C und deren Kondensation freigesetzt wird. Der Brennwert berücksichtigt demnach die zur Erhitzung der Luft und der Abgase notwendige Energie sowie die Verdampfungs- und Kondensationswärme von Flüssigkeiten. Im Gegensatz hierzu gilt der Heizwert zwar ebenfalls als Maßeinheit für die bei der Verbrennung eines Stoffes freigesetzte, nutzbare Wärmeenergie.9 Aber er ist die auf einen Brennstoff bezogene maximal nutzbare Wärmemenge, bei der es nicht zu einer Kondensation des im Abgas enthaltenen Wasserdampfes kommt, sondern das Verbrennungswasser noch dampfförmig vorliegt. Aus diesem Grund ist der Heizwert wasserreicher Brennstoffe deutlich geringer als deren Brennwert.
277
Tabelle 8 Heizwerte verschiedener Brennstoffe, die den Berechnungen des Heizwärmeverbrauches in der Alten Pinakothek zugrunde liegen.
Quelle
in kWh
in kJ
Mengeneinheit
Brennstoff
Heizwert
Steinkohle
kg
29.719
8,26
Lohmeyer 2001
Steinkohlenkoks
kg
28.596
7,95
Lohmeyer 2001
Braunkohle
kg
29.900
8,31
Hegger et al. 2008
Braunkohlenkoks
kg
30.145
8,38
Lohmeyer 2001
Brennholz
kg
14.654
4,07
Lohmeyer 2001
Stückholz
kg
15.108
4,2
Hausladen et al. 2004
Buchenholz
kg
21.487
5,97
Timmer 2007
Torf
kg
14.235
3,96
Lohmeyer 2001
Spezifische Enthalpie in kJ Dampf 124 °C bei 1,3 bar
kg
220,2
Schmidt 1968
Vorgehensweise und Unsicherheitsfaktoren Die umfassende Ermittlung von Energieverbräuchen ist grundsätzlich komplex und erfordert einen gewissen Aufwand, der in der Praxis selten betrieben wird. Immer dann, wenn vergleichende Aussagen zu treffen sind, wie dies bei der Gegenüberstellung der Energieverbräuche der unterschiedlichen Klimatisierungsstrategien im Verlauf der Baugeschichte der Alten Pinakothek der Fall ist, beeinflusst die Wahl von Systemgrenzen, Bezugsgrößen und die Festlegung der Betrachtungsparameter die Resultate. Eigentlich können verlässliche Aussagen zum tatsächlichen Verbrauch in einzelnen Gebäudeteilen sowie von verschiedenen Verbrauchern nur getroffen werden, wenn der entsprechende Heizwärme- oder Stromverbrauch durch Einzelzähler erfasst wird. Selbst heute liegen solche genauen Daten meist nicht vor, sondern lediglich die Verbrauchsabrechnungen der Energieversorger in Form von Monats- oder Jahresenergieverbrauchsdaten. In den Archivalien zur Alten Pinakothek finden sich für die Zeit bis zum Wiederaufbau die Angaben zum jährlichen Brennstoffverbrauch.10 Allerdings ist nicht immer eindeutig, ob die bestellten und gelieferten Brennstoffe tatsächlich zur Beheizung der Galerie verbraucht oder ob sie einge-
278
lagert wurden. Mit dem Einbau der raumlufttechnischen Anlage nach dem Krieg wurde Dampf als Heizmedium eingesetzt, der vom Heizkraftwerk der Technischen Hochschule bezogen wurde. Ab diesem Zeitpunkt lassen sich die jährlichen Energieverbräuche in der Alten Pinakothek etwas verlässlicher erfassen, da nun der tatsächliche Verbrauch gemessen und abgerechnet wurde. Bei der Ermittlung des charakteristischen Jahresheizenergieverbrauchs der unterschiedlichen Klimatisierungsstrategien, die in der Alten Pinakothek verfolgt wurden, sollte der Einfluss von äußeren Faktoren wie wechselnder Außenklimabedingungen oder variierender Besucherzahlen möglichst gering gehalten werden. Aus diesem Grund wurden die jährlichen Brennstoffverbrauchsdaten über mehrere Jahre gemittelt, wodurch eine gewisse statistische Minderung der äußeren Faktoren erreicht und der Einfluss der Unsicherheitsfaktoren abgeschwächt wurde. Die ermittelten durchschnittlichen Verbräuche der verwendeten Brennstoffe wurden dann in einen Jahresdurchschnittsverbrauch überführt, der im Anschluss daran auf die Gebäudebruttogrundfläche bezogen wurde. Auf diese Weise können die unterschiedlichen Klimatisierungsstrategien hinsichtlich des erforderlichen Energieaufwands sowohl untereinander verglichen sowie durch eine Gegenüberstellung mit den Verbräuchen in anderen Museen in einen größeren Zusammenhang eingeordnet werden.11 Verbrauchserfassung der verschiedenen Klimatisierungsstrategien Aus den in den 1830er Jahren angestellten Versuchen zur Probebeheizung eines Galeriesaales kann annähernd der Energieverbrauch abgeleitet werden.12 Aus den Angaben lässt sich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein bayerisches Klafter Holz damals rund drei Kubikmetern entsprach13 und dass der Zeitraum von Oktober bis April 212 Tage umfasst, der ungefähre Heizenergieverbrauch von 532.500 kWh/a für die Galeriesäle und 460.000 kWh/a für die restlichen Räume des Gebäudes ermitteln. Unter energetischen Gesichtspunkten wirkte sich der Verzicht auf die Beheizung der Galerieräume günstig aus. Es entstand lediglich ein gewisser Verbrauch für die Beheizung durch die dezentrale Einzelofenfeuerung. Das dafür im Durchschnitt jährlich verbrauchte Holz lieferte rund 133.000 kWh Wärmeenergie. Nachdem die Niederdruckdampfheizung installiert war, wurde auch der Brennstoffverbrauch seit 1907 erfasst. Zunächst lückenhaft, finden sich ab der Heizperiode 1924/25 durchgängig Vermerke zum Verbrauch von Koks und Holz.14 Als Mittelwert sämtlicher überlieferter Werte konnte ein durchschnittlicher Jahresheizwärmeverbrauch von rund 907.480 kWh
279
berechnet werden. Wird ausschließlich der Koksverbrauch berücksichtigt – da Koks in den Heizkesseln im Keller verwendet wurde –, ergibt sich ein Jahresheizwärmeverbrauch von 774.000 kWh. Dies ist der Energiebedarf, der durch die Niederdruckdampfheizung entstand. Bei der Differenz von 133.480 kWh handelt es sich um den Holzverbrauch für die Feuerung der Einzelöfen. Nach dem Wiederaufbau wurde Dampf mit 124 °C und rund 1,08 bar Druck vom Heizkraftwerk der nahe gelegenen Technischen Hochschule München bezogen. Da für diesen Zeitraum keine Verbrauchsabrechnungen vorliegen, stützen sich die Berechnungen auf die archivalisch dokumentierten Untersuchungen und Kostensschätzungen, die damals vom Landbauamt München durchgeführt wurden.15 Aus den Quellen geht hervor, dass durchschnittlich 2.865 Tonnen Dampf verbraucht wurden,16 was einem jährlichen Energieverbrauch von 1.794.520 kWh entspricht. Nach der Generalsanierung erfolgte nach wie vor der Dampfbezug (Temperatur 124 °C und 1,5 bar Druck) über das Kraftwerk der Technischen Universität München.17 Über die vorliegenden jährlichen Verbrauchsabrechnungen lässt sich ein durchschnittlicher Dampfverbrauch von fast 4.000 Tonnen ermitteln, der unter Berücksichtigung des Heizwertes sowie der Wirkungsgrade und Leitungsverluste einem Wärmeenergieverbrauch von 2.978.900 kWh/a entspricht. Dieser Wert ist ebenfalls für die Situation nach der Mustersanierung gültig.18 Zwar ist davon auszugehen, dass sich durch die Dämmung des Daches sowie den Austausch der Verglasungen der Energieverbrauch reduziert, aber diese Maßnahmen wurden zunächst in einem Galeriessaal durchgeführt. Und da der Energieverbrauch zur Klimatisierung dieses Saales nicht gesondert erfasst wird und es sich zudem nicht um ein abgeschlossenes, einer separaten Klimaanlage zugeordnetes Raumvolumen handelt, sind zum jetzigen Zeitpunkt keine seriösen Aussagen zum Energieverbrauch zu treffen. Dies wird erst möglich sein, wenn die derzeit laufende Sanierung in der Alten Pinakothek abgeschlossen sein wird und die Verbrauchsentwicklung über mehrere Jahre erfasst und gemittelt werden kann. Auswertung der Ergebnisse der Verbrauchsermittlung Die Jahresheizwärmeverbrauchsermittlung liefert die erwarteten Resultate (Tabelle 9). In der Zeitspanne, in der die Luftheizung in Betrieb war, lag der Verbrauch von Brennstoffen höher als zur Zeit der Niederdruckdampfheizung. Obwohl bei beiden Systemen die für die Galeriesäle angestrebte Innenraumtemperatur mit mindestens 12 °C vergleichbar war, wurde
280
Tabelle 9
Jahresverbrauchskennwert [kWh/m2a]
Bezugsfläche [m2]
Jahresheizwärmeverbrauch [kWh]
Sollwerttemperatur
Durchschnittlicher Verbrauch
Brennstoff
Zeitraum
Alte Pinakothek, Hintergrundinformationen zu den energetischen Verbrauchsberechnungen und ermittelter Jahresheizwärmeverbrauch.
1836–1841 Luftheizung
Nadelholz
1841–1891 unbeheizt
Nadelholz
1891–1952 Dampfheizung
Hartholz Weichholz Koks
16 Ster 8 Ster 2.000 Zentner
12–15 °C Nachtabsenkung 10 °C
1957–1994 Klimaanlage
Dampf
2.865 Tonnen
20 °C
1.794.520
109
1998–heute Vollklimaanlage
Dampf
3.935 Tonnen
Winter 20 °C Sommer 23 °C
2.978.900
181
12 °C
992.500
60
133.480
8
907.481
16.458
55
mit der Niederdruckdampfheizung weniger Brennstoff benötigt. Für den resultierenden niedrigeren Jahresheizwärmeverbrauch zeichnen mehrere Ursachen verantwortlich. Koks ist mit einem etwa doppelt so hohen Heizwert im Vergleich zu Nadelholz eindeutig der effizientere Brennstoff. Zudem ist Luft ein guter Isolator und kann deswegen nur unter Verlusten als Wärmetransportmedium eingesetzt werden. Denn im Gegensatz zu wassergeführten Heizsystemen, wie dem der Niederdruckdampfheizung, muss die Zulufttemperatur der Heizluft deutlich höher liegen, um eine entsprechend vergleichbare Raumlufttemperatur zu erreichen. Zusätzlich entstehen dadurch innerhalb des Raumvolumens Temperaturgradienten, welche sich einerseits negativ auf das menschliche Behaglichkeitsempfinden auswirken. Andererseits bilden sich Mikroklimata mit deutlichen Unterschieden der relativen Luftfeuchte aus, die wiederum kritisch für den Erhalt der hygroskopischen Materialien der Kunstwerke sind. Mit dem Einbau der Klimaanlage verdoppelte sich der Jahresheizwärmeverbrauch. Mit der Klimaanlage entfiel die bis dahin begrenzte Heizperiode von Oktober bis April. Stattdessen wurde ganzjährig bei Unterschreitung der vorgegebenen Sollwerttemperatur Wärme nachgeführt. Zudem hatten sich die
281
Vorgaben für die angestrebte Innenraumtemperatur von 12 °C auf 20 °C erhöht. Allein diese beiden Faktoren bedingen zwangsläufig einen Anstieg des Energieverbrauchs. Ein weiterer Anstieg des Energieverbrauchs ergab sich mit dem Einbau der Vollklimaanlage in den 1990er Jahren. Mit dieser wurde die Luft nicht nur ganzjährig beheizt und befeuchtet, sondern bei Bedarf ebenfalls entfeuchtet und gekühlt. Selbstverständlich erhöhte dies den Energieverbrauch deutlich. Die Ergebnisse der Berechnungen sind in Tabelle 10 nochmals vergleichend gegenübergestellt. Zur besseren Einschätzung findet sich dort Tabelle 10
282
1836–1841 Luftheizung
60
1841–1891 unbeheizt
8
1891–1952 Dampfheizung
55
1957–1994 Klimaanlage
109
1998–heute Vollklimaanlage
181
Durchschnitt Museen
159
Anforderungen Museen
155
Anmerkung
Jahresenergiekennwert Verbrauch [kWh/m2a]
Zeitraum
Überblick über die aus den Archivalien ermittelten Jahresenergiekennwerte der Alten Pinakothek.
Der Wert basiert auf der archivalisch dokumentierten Probebeheizung eines Galeriesaales und wurde auf das gesamte Gebäude umgerechnet. Zusätzlich wurde der Brennstoffverbrauch für die Einzelofenfeuerung in den Nebenräumen des Museums berücksichtigt. Der Brennstoffverbrauch bezieht sich ausschließlich auf die Einzelofenfeuerung, die auch während der Zeit in Betrieb war, als die restlichen Galeriesäle unbeheizt waren. Der errechnete Wert basiert auf den überlieferten Angaben zum Brennstoffverbrauch. Da nicht immer eindeutig ist, ob es sich um Brennstoffbestellung oder tatsächlichen Verbrauch handelt, ist dieser Wert ein Mittelwert aller dokumentierten Angaben. Der Jahreswärmeenergieverbrauch basiert auf einem Mittelwert sämtlicher über Rechnungen dokumentierten Werte zum Dampfbezug vom Kraftwerk der Technischen Hochschule. Es handelt sich um einen Mittelwert der über Rechnungen nachvollziehbaren Verbräuche des Sattdampfes, der von der Technischen Universität München bezogen wurde. Dieser Wert ist der durchschnittliche Jahresheizwärmeverbrauch der in Tabelle 7 aufgeführten Museen. Bei diesem Wert handelt es sich um die Anforderung an Ausstellungsräume und Museen nach der Wärmeschutzverordnung von 1982.
ebenfalls der Mittelwert der Jahresheizenergieverbräuche der in Tabelle 7 aufgelisteten Museen sowie der Wert, der nach Wärmeschutzverordnung von 1982 als Anforderung an Ausstellungsräume und Museen festgelegt wurde. Die für die Alte Pinakothek errechneten Jahresheizwärmeverbräuche sind auch im Vergleich zu anderen Museen grundsätzlich plausibel. Bis zum Einbau der Vollklimaanlage lagen die Verbrauchswerte deutlich unter dem errechneten Durchschnittswert. Ab der Inbetriebnahme der Vollklimatisierung stieg der Verbrauch deutlich und liegt seitdem etwas über dem Durchschnitt. ENERGIEFLÜSSE UND HEIZWÄRMEBEDARF ALS SIMULATIONSERGEBNISSE Die oben allgemein für Energiebilanzierungen beschriebenen, in Gebäuden typischerweise auftretenden Energieflüsse in Form von Gewinnen und Verlusten wurden bei den thermisch-hygrischen Simulationen für sämtliche zehn Zonen des Simulationsmodells und alle Bauteile sowie jede Klimatisierungsstrategie als Stundenwerte berechnet.19 Diese Wärmeströme und -übergänge bilden die Grundlage der Ermittlung des Heizwärmebedarfs für den Rubenssaal im zeitlichen Verlauf. Energieflüsse Um die energetischen Vorgänge im Raumvolumen und an den einzelnen Bauteilen im Verlauf der Zeit einzuschätzen und zu bewerten, ist es zweckdienlich, zunächst die solaren Gewinne, internen Wärmelasten, die Transmissionswärmeübergänge über transparente wie opake Bauteile sowie die Lüftungswärmeverluste für jede Zeitspanne zu analysieren. Hierzu wurde immer der Rubenssaal ausgewertet. Wenn sich aussagekräftige Rückschlüsse ziehen ließen, wurden die im Galeriesaal herrschenden Bedingungen in Abhängigkeit zu den angrenzenden Zonen des Simulationsmodells20 gesetzt. Im Folgenden dienen zwei unterschiedliche Diagrammtypen zur Darstellungen der Ergebnisse: Die aufsummierten Monatsbilanzen zeigen, welche Energieflüsse in der Monatssumme in welchen Verhältnissen zueinander standen. Die Säulendiagrammdarstellung der errechneten Stundenwerte dagegen veranschaulicht, dass bestimmte Wärmeflüsse abhängig von den Temperaturgradienten zwischen Innen- und Außenluft im Tagesverlauf abwechselnd als Gewinne oder Verluste vorliegen, denn die Monatssumme gibt ausschließlich den Trend in eine Richtung wieder. Neben den Energieeinträgen durch die solare Strahlung, die internen Wärmegewinne durch die Besucher und die eingebrachte Heizenergie zeigt
283
Abb. 109 Rubenssaal. Energiegewinne und -verluste für den Zeitraum zwischen 1836 und 1841 mit einer Heizperiode von Oktober bis März. Abb. 110 Dachraum über dem Rubenssaal. Energiegewinne und -verluste für den Zeitraum zwischen 1836 und 1841 mit einer Heizperiode von Oktober bis März und der Tageslichtbeleuchtung über die Lichtlaternen auf dem Dach. Abb. 111 Rubenssaal. Aufstellung der aus den Stundenwerten berechneten Energiegewinne und -verluste für den Zeitraum von 1836 bis 1841 mit Luftheizung und einer Heizperiode von Oktober bis März.
284
Abbildung 109 anschaulich, dass die Transmissionsvorgänge an transparenten und opaken Bauteilen und der Luftaustausch durch die Undichtigkeiten und das Lüftungsverhalten bezogen auf den Galeriesaal abhängig von den Außenbedingungen sowohl zu Energiegewinnen wie auch Energieverlusten führten. Die größten Schwankungen entstanden bei den Transmissionsvorgängen an den opaken Bauteilen (Abb. 109 lila). Dies steht in Zusammenhang mit der Lage des Galeriesaales innerhalb der Gebäudehülle: Der Rubenssaal besitzt keine Außenwände. Jede Wand grenzt entweder an einen Oberlichtsaal, an ein Kabinett auf der Nordseite oder den südseitig gelegenen Loggiengang. Über der Saaldecke liegt der Dachraum, und damit besteht kein direkter Kontakt zum Außenklima. Sowohl Dachraum wie auch Loggiengang erfuhren ganzjährig einen beträchtlichen Energieeintrag durch die solare Strahlung (Abb. 110 gelb). Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass selbst während der Heizperiode, als die Innenraumtemperaturen deutlich über den Außentemperaturen lagen, noch immer ein Wärmeeintrag durch die Transmission an den opaken Bauteilen erfolgte. Diese Feststellung relativiert sich etwas mit der Monatsbilanzdarstellung (Abb. 111). Diese zeigt, dass die Wärmeströme durch die Bauteile
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Abb. 112 Dachraum über Rubenssaal. Stundenwerte der solaren Gewinne, der Wärmeverluste über die Verglasung und der Lüftungswärmeverluste zwischen 1841 und 1891. Abb. 113 Rubenssaal. Aus den Stundenwerten berechnete Energiegewinne und -verluste zwischen 1891 und 1952 mit Niederdruckdampfheizung in der Heizperiode von Oktober bis März. Abb. 114 Rubenssaal. Aufstellung der aus den Stundenwerten berechneten Energiegewinne und -verluste nach dem Wiederaufbau zwischen 1952 und 1994.
286
in der Summe erwartungsgemäß meist als Verluste vorlagen. Eine Ausnahme sind die Monate August, September und Oktober, in denen durch die Aufheizung von Loggiengang, Kabinett und Dachraum über die den Rubenssaal umgebenden Flächen ein Wärmeeintrag in den Sammlungsraum stattfand. Die Monatsbilanzdarstellung liefert eine weitere grundlegende Erkenntnis: Sobald einem Raumvolumen Heizenergie (Abb. 111 rot) zugeführt wird, erhöhen sich in gleichem Maße die Wärmeverluste – insbesondere jene, die durch die Lüftung und die Undichtigkeiten in der Gebäudehülle (Abb. 111 dunkelblau) entstehen. Demnach ist die Verbesserung der Dichtigkeit eine mögliche Option, um Energieeinsparungen zu erzielen oder die Innenraumtemperatur in den Galeriesälen anzuheben. Zwischen 1841 und 1891 entfiel der Heizwärmebedarf wegen der fehlenden Heizung. Trotzdem bestanden, wenn auch in geringerem Maße, die entsprechenden Wärmeübergänge. Im unbeheizten Gebäude waren die Wärmeeinträge durch die Solarstrahlung der ausschlaggebende Einflussfaktor, obwohl sich diese solaren Wärmeeinträge dem Galeriesaal nur indirekt über die Energieflüsse aus dem Dachraum mitteilten. Die Energieeinträge durch die solare Strahlung lagen etwa um den Faktor fünf über
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Abb. 115 Rubenskabinett. Monatliche Energiegewinne und -verluste nach dem Wiederaufbau zwischen 1952 und 1994 mit ganzjährigem Heizen und Befeuchten. Abb. 116 Dachraum über dem Rubenssaal. Stundenwerte der solaren Gewinne, der Wärmeverluste über die Verglasung und der Lüftungswärmeverluste nach dem Wiederaufbau zwischen 1952 und 1994 mit erhöhten Tageslichteintrag und damit verbundener Temperaturanstieg. Abb. 117 Rubenssaal. Aufstellung der aus den Stundenwerten berechneten monatlichen Energiegewinne und -verluste seit 1998.
288
den Wärmeverlusten durch die Verglasung (Abb. 112 gelb und hellblau). Dies ist ein Indiz dafür, dass ein erheblicher Wärmeanteil über die Staubdeckenverglasung und das Plattengewölbe in den Galeriesaal floss, zumal die Lüftungswärmeverluste (Abb. 112 dunkelblau) über die Undichtigkeiten der Konstruktion vergleichsweise gering ausfielen. Die energetischen Verhältnisse änderten sich mit dem Einbau der Niederdruckdampfheizung. Da aber die Heizperiode wieder von Oktober bis März dauerte und am Gebäude selbst keine Veränderungen vorgenommen wurden, zeichnet die aufsummierte Monatsbilanz (Abb. 113) ein ähnliches Erscheinungsbild wie während der Zeit der Luftheizung (Abb. 111). Bei näherer Betrachtung wird ersichtlich, dass dennoch Unterschiede bestanden. So sind beispielsweise die internen Wärmegewinne durch die gestiegenen Besucherzahlen (Abb. 113 grün) etwas höher, was sich auf der Verlustseite in einem Anstieg der Lüftungswärmeverluste (Abb. 113 dunkelblau) niederschlug. Was bereits angedeutet wurde, belegt die Monatsbilanzierung anschaulich: Der Heizwärmebedarf (Abb. 113 rot) sank, weil das wassergeführte System der Niederdruckdampfheizung effizienter betrieben werden konnte als das System der Luftheizung.
289
Abb. 118 Rubenssaal. Verlauf der Stundenwerte von Heiz- und Kühlenergie mit der Vollklimaanlage seit 1998.
290
Die Maßnahmen an Gebäudehülle und Haustechnik beim Wiederaufbau veränderten die Energieströme wesentlich (Abb. 114). Im Vergleich zu den vorangegangenen Zeiträumen stiegen die internen Wärmelasten (Abb. 114 grün) sowohl durch ein erhöhtes Besucheraufkommen als auch in weit größerem Ausmaß durch die Installation der Kunstlichtbeleuchtung. Wie bei den allgemeinen Erläuterungen zur Energiebilanzierung bereits angesprochen, reduzierten die im Raumvolumen vorhandenen Wärmequellen direkt die aufzubringende Heizwärme, welche andernfalls von dem Heizsystem, in diesem Fall der Klimaanlage, bereitgestellt hätte werden müssen. Hierzu seien folgende Überlegungen angeführt: Bei einer monatsweisen Betrachtung der aufgewandten Heizwärme in den Monaten Oktober bis März fällt auf, dass der Heizwärmebedarf trotz deutlich höherer Temperatursollwerte und der erneuten Nutzung von Luft als Wärmetransportmedium im Vergleich zur vorhergehenden Zeitspanne nicht so stieg, wie zu erwarten gewesen wäre. Die Ursache war der Anstieg der internen Wärmegewinne durch die Kunstlichtbeleuchtung. Eine ganzheitliche und nicht ausschließlich auf den Heizwärmebedarf bezogene Betrachtung der Gesamteffizienz der Alten Pinakothek erfordert den Hinweis, dass die durch Strom produzierte Abwär-
me der Leuchtmittel im Vergleich zum Dampfbezug der Klimaanlage aus energetischer Sicht ein ineffizienter Ersatz und insbesondere vor dem Hintergrund der schon damals höheren Stromkosten keine Alternative war. Ab dem Wiederaufbau traten im Rubenssaal erstmals solare Strahlungsenergieeinträge (Abb. 114 gelb) auf. Durch die enorme Vergrößerung der verglasten Oberlichtflächen gelangte nun direkte Solarstrahlung in den Rubenssaal. Interessanterweise lagen die Wärmeströme durch die opaken Bauteile im Galeriesaal (Abb. 114 lila) im gesamten Jahresverlauf als Energiegewinne vor, wogegen sie im Kabinett (Abb. 115 lila) wie zu erwarten durch die Temperaturdifferenzen zwischen innen und außen in den kälteren Monaten als Verluste, in den Sommermonaten als Gewinne auftraten. Der Grund erschließt sich unter Berücksichtigung des über dem Galeriesaal gelegenen Dachraumes (Abb. 116 gelb). Durch die höheren Solareinträge erhöhte sich die Temperatur im Dachraum weit über die Raumlufttemperatur im darunterliegenden Ausstellungsraum, und der Wärmeaustausch erfolgte in Richtung Saal. Durch die im Vergleich zu opaken Bauteilen deutlich schlechteren thermischen Eigenschaften der Verglasung stiegen mit deren Vergrößerung ebenfalls die Wärmeverluste (Abb. 116 hellblau).
Abb. 119 Rubenssaal. Aufstellung der aus den Stundenwerten berechneten monatlichen Energiegewinne und -verluste nach der Mustersanierung.
291
Abb. 120 Dachraum über Rubenssaal. Aufstellung der aus den Stundenwerten berechneten monatlichen Energiegewinne und -verluste nach der Mustersanierung mit Vollklimaanlage, Kunstlichtbeleuchtung im Dachraum und Dachdämmung.
292
Als bei der Generalsanierung eine Vollklimaanlage eingebaut wurde, konnte ganzjährig geheizt, gekühlt, be- und entfeuchtet werden. In der Monatsbilanz trat in Form der Kühlenergie eine weitere Größe auf. Erwartungsgemäß entstand der Kühlbedarf (Abb. 117 grau) vor allem in den Sommermonaten, wenn die maximal zulässigen Innenraumtemperaturen überschritten und eine Kühlung erforderlich wurde. Allerdings zeigen die Berechnungen, dass parallel dazu in den Monaten Juni bis August ebenfalls Wärme in den Galeriesaal eingebracht werden musste, was während der Zeit der Klimaanlage (Abb. 117) noch nicht notwendig gewesen war. Dieser Umstand ist mit der Funktionsweise der Vollklimaanlage erklärbar. Bei einer Über- oder Unterschreitung der vorgegebenen Temperaturgrenzwerte bringt die Anlage entweder Heiz- oder Kühlenergie in die Räume ein (Abb. 118). Durch die Trägheit des Systems können sogenannte Regelschwankungen entstehen. Das bedeutet, dass die Anlage beispielsweise mehr Kühlenergie als benötigt einbringt und dann bei Sollwertunterschreitung wiederum Heizenergie nachführt, um den Sollwert wieder zu erreichen. Bei der Generalsanierung der 1990er Jahre erhielt der Dachraum eine Lüftungsanlage, mit welcher eine Regulierung der dortigen Tempera-
turverhältnisse möglich wurde. Diese Tatsache ist im Rubenssaal an den höheren Energieeinträgen über die opaken Bauteile (Abb. 117 lila) und die im Vergleich geringeren Transmissionsverluste über die transparenten Bauteile (Abb. 114 hellblau und Abb. 117 hellblau) nachvollziehbar. Bei der durchgeführten Mustersanierung wurden das Dach gedämmt und die Kunstlichtbeleuchtung in den Dachraum verlegt – mit deutlichen Auswirkungen auf die Energieströme, wie Abbildung 119 und Abbildung 120 zeigen. Im Galeriesaal sanken die internen Wärmegewinne (Abb. 119 grün), wogegen sie im Dachraum erstmals vorlagen (Abb. 120 grün). Folglich stiegen die Temperaturen im Dachraum, wodurch im Galeriesaal erhöhte Transmissionswärmegewinne über die Staubdeckenverglasung (Abb. 119 hellblau) zu verzeichnen waren. Durch die verminderten internen Energiegewinne erhöhte sich in den Wintermonaten der im Rubenssaal aufzuwendende Heizenergiebedarf (Abb. 119 rot). Dagegen sank die im Dachraum benötigte Heizwärme (Abb. 120 rot) einerseits durch den Energieeintrag durch die Kunstlichtbeleuchtung, andererseits wegen der durch die Dachdämmung verringerten Wärmeverluste über die opaken Bauteile. HEIZWÄRMEBEDARF ALS JAHRESENERGIEKENNWERT Um die im Verlauf der fast 190-jährigen technischen Geschichte der Alten Pinakothek eingesetzten Strategien der Klimakontrolle aus energetischer Sicht gegenüberzustellen und zu bewerten, dient hier der Jahresheizwärmebedarf bezogen auf die beheizte Grundfläche des betrachteten Rubenssaales. Zur Ermittlung dieser Kenngröße wurden die stündlichen Werte der Heizenergiebedarfsberechnungen zu Monatswerten addiert und die Jahressumme daraus gebildet. Diese ergibt bezogen auf die Grundfläche einen charakteristischen Jahresenergiekennwert, wie er in Tabelle 11 für jeden Zeitraum aufgeführt ist. Für die Zeit, in der die Galeriesäle unbeheizt blieben, ließ sich kein Heizwärmebedarf berechnen, da im Rahmen der thermisch-hygrischen Simulationen ausschließlich das sich passiv einstellende Innenraumklima ermittelt werden konnte. Die errechneten Jahresenergiekennwerte (Tabelle 11) entsprechen den Erwartungen und belegen die Aussagen, die bei der Auswertung der einzelnen Energieflüsse getroffen wurden. Der geringste Heizwärmebedarf bestand zur Zeit der Niederdruckdampfheizung. Nur wenige Kilowattstunden darüber lag die erforderliche Heizwärme für die Luftheizung. Die Ursachen dafür waren die mit rund 12 °C relativ niedrigen Sollwerte für die Innenraumtemperatur sowie die Beschränkung der Heizperiode. Dass sich der Jahresenergiekennwert trotz eines ganzjährigen Betriebes
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Tabelle 11
1836–1841 Luftheizung 1841–1891 unbeheizt
125
Anmerkung
Jahresenergiekennwert Bedarf [kWh/m2a]
Zeitspanne
Jahresheizwärmebedarf der unterschiedlichen Klimatisierungsstrategien jeweils für den Rubenssaal errechnet aus den Stundenwerten der Ergebnisse der thermisch-hygrischen Simulationen.
Heizwärmebedarf für den Rubenssaal bezogen auf dessen Grundfläche.
Für den unbeheizten Rubenssaal wurde im Simulationsprogramm lediglich das sich passiv einstellende Klima berechnet.
1891–1952 Dampfheizung
123
1957–1994 Klimaanlage
143
1998–heute Vollklimaanlage
211
2008–heute Mustersanierung
185
Heizwärmebedarf für den Rubenssaal bezogen auf dessen Grundfläche.
der Klimaanlage nach dem Wiederaufbau nicht deutlicher erhöhte, lag an der Tatsache, dass die Kunstlichtbeleuchtung als Wärmequelle den Heizenergiebedarf reduzierte. Der höchste Heizwärmebedarf lag beim Betrieb der Vollklimaanlage vor, wobei der errechnete Wert durchaus typisch für Museen dieses Baualters und dieser Konstruktionsweise ist, wie der Vergleich mit anderen Gebäuden (Tabelle 7) zeigt. Der nach der Mustersanierung gesunkene Heizwärmebedarf ist ein erstes Indiz dafür, dass sich bei gleichem Klimatisierungskonzept und unveränderten Sollwerten allein durch die Dämmung des Daches und die Wahl einer thermisch besseren Verglasung beträchtliche Energieeinsparungen erzielen lassen. ALLGEMEINE FOLGERUNGEN AUS DER AUSWERTUNG DER ENERGIEFLÜSSE Die Betrachtung der unterschiedlichen Energieflüsse und des charakteristischen Jahresheizwärmebedarfs der in der Alten Pinakothek verfolgten Strategien erlaubt allgemeinere Rückschlüsse auf verschiedene Einflussfaktoren. Es zeigt sich, dass die architektonische Gestaltung tatsächlich ein wesentliches Kriterium ist: Je dichter die Bauausführung und
294
je geringer der Anteil an Außenwandflächen sind, desto stabiler sind die Bedingungen innerhalb eines Raumvolumens. Sobald über ein technisches System Heizwärme in einen Raum eingebracht wird, steigen die Wärmeverluste über die Bauteilflächen. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass der Wahl der Baumaterialien und den Bauteilaufbauten ein großer Stellenwert in Hinblick auf das museumsgerechte Bauen und den Ressourcen schonenden Betrieb der Anlagentechnik zukommt. Grundsätzlich sind in diesem Zusammenhang wasserbasierte Systeme deutlich effizienter als Strategien, die Luft als Wärmeüberträgermedium nutzen. Die internen Wärmelasten durch die Besucher und in weitaus größerem Maße durch eine Kunstlichbeleuchtung sind aus energetischer Sicht ein häufig unterschätzter Einflussfaktor – vor allem dann, wenn eine Kühlung im Klimatisierungskonzept vorgesehen ist. Die Planung einer Klimatisierungsstrategie kann eigentlich nicht ohne die Kenntnis des Beleuchtungskonzeptes erfolgen und wird wesentlich von den Eigenschaften der Gebäudehülle abhängen. Deswegen muss jedes Gebäude in einem ganzheitlichen Ansatz betrachtet werden.
DER GRÖSSERE KONTEXT DES KUNSTAREALS Die Ermittlung des Energieverbrauchs und -bedarfs der unterschiedlichen Klimatisierungsstrategien der Alten Pinakothek ist aufschlussreich, aber der Vergleich der Alten Pinakothek mit den anderen Bauten des Kunstareals liefert den größeren Kontext. Seit 2009 wurden für die Alte Pinakothek, die Neue Pinakothek, die Pinakothek der Moderne und das Museum Brandhorst die Verbrauchskostenabrechnungen der Energieversorger, die Besucherzahlen sowie die Wetterdaten dokumentiert. Alle vier Gebäude befinden sich an einem Standort und gehören unterschiedlichen Baualtersklassen an. Diese Vorraussetzungen sind optimal für eine vergleichende Untersuchung des Energieverbrauchs der vier Museen, da die Witterungseinflüsse (Abb. 121) übereinstimmen und somit für den Vergleich der Gebäude untereinander zu vernachlässigen sind. Die unterschiedlichen Errichtungszeitpunkte der Bauten (Tabelle 12) erlauben neben einer Bewertung der verschiedenen Klimatisierungskonzepte auch eine Einschätzung der Gesamteffizienz der Gebäude und eine Folgerung, wie Architektur, Gebäudehülle und verwendete Baumaterialien unter energetischen Aspekten zusammenwirken. Eine Interpretation der Daten ist erst möglich, wenn die vorgegebenen Randbedingungen bekannt sind. Der
295
Abb. 121 Wetterdaten für den Standort Kunstareal in München. Sonnenscheindauer, Monatsdurchschnitt, sowie Minimum und Maximum der Lufttemperatur, Gradtagzahl und Niederschlag zwischen 2008 bis 2013.
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Betrachtungszeitraum erstreckt sich von Januar 2009 bis Mai 2013, da die Pinakothek der Moderne zwischen Mai und September 2013 wegen Renovierungsarbeiten komplett geschlossen war und die Bedingungen während dieser Zeit nicht dem sonst üblichen Museumsbetrieb entsprächen. Außerdem ist zu beachten, dass die Erfassung des Strom- und des Dampfverbrauchs von Alter und Neuer Pinakothek nicht getrennt voneinander erfolgen. Laut den Erfahrungswerten der Betriebstechnik21 spaltet sich der Gesamtbetrag der Stromkosten auf in etwa 40 % für die Alte Pinakothek und 60 % für die Neue Pinakothek. In der Klimaanlage der Neuen Pinakothek wird die verbrauchte Dampfmenge über einen Zähler erfasst, wodurch eine Aufteilung der Kosten in 60 % für die Alte Pinakothek und 40 % für die Neue Pinakothek ermittelt werden konnte. Wie mehrfach angedeutet, hat die Anzahl der Besucher im Museumsraum einen großen Einfluss auf die Innenraumklimabedingungen und den benötigten Energieaufwand. Deshalb müssen bei einer Gegenüberstellung der vier Häuser die Besucherzahlen einfließen. Die in Abbildung 122 aufgeführten Werte für die Alte Pinakothek (Abb. 122 grün), die Neue Pinakothek (Abb. 122 rot), die Pinakothek der Moderne (Abb. 122 blau) und das Museum
Tabelle 12
Alte Pinakothek
1836
Neue Pinakothek
1981
Pinakothek der Moderne
2002
Museum Brandhorst
2009
Massiver Backsteinbau mit vorgeblendetem Naturstein; textile Wandbespannung in den Galeriesälen Stahlbetonbau mit vorgeblendeter Natursteinfassade; textile Wandbespannung in den Galeriesälen Stahlbetonbau mit Fassade aus Sichtbeton; verputzte Innenwände Stahlbetonbau mit Außendämmung, gefaltetem Lochblech und Keramikstäben; vorgeblendete und verputzte Ziegelwand, hinter der Heizschleifen der Bauteilaktivierung liegen
Beleuchtungskonzept
Klimatisierungskonzept
Umbauter Raum [m3]
Architektur
Eröffnung
Gebäude
Gebäudeinformationen zu den vier Museen des Kunstareals für die energetischenBerechnungen und die Ermittlung des Jahresheizwärmeverbrauchs.
104.500
Vollklimaanlage mit Mischlüftung
Tageslicht durch Oberlicht (Säle) und Seitenlicht (Kabinette); Kunstlicht durch indirekte Beleuchtung in den Galeriesälen
147.000
Vollklimaanlage mit Mischlüftung
Tageslicht durch Oberlicht; Kunstlicht im Dachzwischenraum
258.527
Vollklimaanlage mit Quelllüftung
Tageslicht durch Oberlicht; Kunstlicht im Dachzwischenraum
68.000
Bauteilaktivierung zur Temperaturkontrolle und Vollklimaanlage zur Kontrolle der relativen Feuchte und Abfuhr der Spitzenlasten mit Quelllüftung
Tageslicht durch Oberlicht (OG) und Seitenlicht (EG); Kunstlicht indirekt in den Galeriesälen (EG) und im Dachzwischenraum (OG); reines Kunstlicht (UG)
Brandhorst (Abb. 122 gelb) zeigen, dass die Pinakothek der Moderne das meistfrequentierte Museum ist. Die Alte und die Neue Pinakothek sind etwa vergleichbar, und das Museum Brandhorst ist am wenigsten besucht. Die dort Anfang 2009 festzustellende Spitze der Besuchszahlen stand im Zusammenhang mit der Neueröffnung des Gebäudes. Die Zahlen scheinen sich ab Ende 2011 auf das künftig zu erwartende Niveau eingependelt zu haben. Insgesamt ist seit Mai 2013 das Gesamtbild etwas verfälscht: Durch die Komplettschließung der Pinakothek der Moderne wich ein Teil der Besucher in die anderen drei Museen aus, weshalb dort die Besucherzahlen stiegen. Abbildung 123 stellt die monatlichen Gesamtenergiekosten für Strom und Heizwärme von Alter Pinakothek (Abb. 123 grün), Neuer Pinakothek (Abb. 123 rot), Pinakothek der Moderne (Abb. 123 blau) und Museum Brandhorst (Abb. 123 gelb) für einen Zeitraum zwischen Januar 2009 und Mai 2013 gegenüber. Grundsätzlich kann über die alleinige Betrachtung der Energieverbrauchskosten kein Rückschluss auf die Effizienz der Gebäude gezogen werden, da die anfallenden Kosten mit dem zu klimatisierenden Raumvolumen korrelieren. Die höchsten Kosten fallen für die
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Abb. 122 Kunstareal München. Monatliche Besucherzahlen für die Alte Pinakothek (grün), die Neue Pinakothek (rot), die Pinakothek der Moderne (blau) und das Museum Brandhorst (gelb) seit 2007.
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Pinakothek der Moderne an. Sie ist mit fast 260.000 Kubikmetern aber auch das mit Abstand größte der vier Häuser. Die Neue Pinakothek ist zwar deutlich kleiner als die Pinakothek der Moderne, aber die Kosten liegen in einer vergleichbaren Größenordnung. Deutlich geringere Kosten verursachen die Alte Pinakothek und das Museum Brandhorst. Letzteres ist das jüngste der vier Museen, und bereits bei der Planung wurde großer Wert auf ökologische Aspekte gelegt. Die in der Gesamtschau geringsten Kosten sprechen dafür, dass das Konzept erfolgreich ist. Bei genauerer Betrachtung der durchschnittlichen Trendverläufe (Abb. 123 gestrichelte Linien) ist auffällig, dass die jahreszeitlich bedingten Unterschiede in der Alten Pinakothek und dem Museum Brandhorst sehr viel geringer ausfallen als in der Neuen Pinakothek und der Pinakothek der Moderne. Auch die Kostenspitzen treten in anderen Monaten auf. Während in der Neuen Pinakothek und in der Pinakothek der Moderne die Energiekosten immer in der kalten Jahreszeit deutlich ansteigen, erfolgte der Kostenanstieg in den anderen beiden Häusern in der Sommerzeit. Die im Museum Brandhorst im Sommer steigenden Kosten deuten darauf hin, dass die Kühlung und Entfeuchtung der Luft dort der maßgebliche Kostenfaktor sind, obwohl die Stromkosten für die Beleuchtung im Winter wegen der kürzeren Sonnenscheindauer sicherlich einen größeren Anteil haben als im Sommer, wenn
ausreichend Tageslicht verfügbar ist. Dass diese Tendenz in der Alten Pinakothek nochmals weniger ausgeprägt ist, spricht für die Qualität des massiven Baukörpers und dessen wärmespeichernder und feuchtepuffernder Kapazität. Im Umkehrschluss lässt sich für die Neue Pinakothek und die Pinakothek der Moderne folgern, dass die im Winter steigenden Kosten ein Indiz dafür sind, dass neben der Kunstlichtbeleuchtung in weitaus größerem Maße der Bedarf an Heizwärmeenergie steigt. Offensichtlich finden in beiden Häusern deutliche Wärmeverluste über die Außenwände, die verglasten Dachflächen und die beiden großen Eingangshallen statt. Seit 2011 ist in der Pinakothek der Moderne ein auffälliger Kostenrückgang zu verzeichnen. Dies steht in Verbindung mit dem seit diesem Zeitpunkt begonnenen „energy contracting“ durch eine externe Fremdfirma. Dieses jüngst von der Deutschen Energie Agentur (dena) ausgezeichnete Konzept beruht darauf, dass ein privates Dienstleistungsunternehmen in die energetische Optimierung von technischen Anlagen und/oder der Gebäudehülle investiert. Die Refinanzierung der Sanierungskosten und die Vergütung wird über einen Einspar-Garantievertrag zwischen Auftraggeber und Anbieter geregelt, wobei sich die Höhe der vereinbarten Summe in der Regel an den erzielten Energiekosteneinsparungen orientiert. Für die Pinakothek der Moderne konnten auf
Abb. 123 Kunstareal München. Gegenüberstellung der monatlichen Gesamtenergiekosten für Strom und Heizwärme von Alter Pinakothek, Neuer Pinakothek, Pinakothek der Moderne und Museum Brandhorst zwischen Januar 2009 und Mai 2013.
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Abb. 124 Aus den Energieverbrauchsdaten und Gesamtenergiekosten der Alten Pinakothek, der Neuen Pinakothek, der Pinakothek der Moderne und dem Museum Brandhorst ermittelte Energiepreissteigerung seit 2009.
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diese Weise Kosteneinsparungen in Höhe von 45 Prozent – dies entspricht umgerechnet einer CO2-Reduktion von 260 Tonnen – erreicht werden, ohne dass hierfür die bestehenden Klimasollwertvorgaben verändert wurden. Die in der Pinakothek der Moderne über das „energy contracting“ erreichten Kosteneinsparung sind bemerkenswert, weil die Energiepreise über die vergangenen Jahre stetig stiegen, wie Abbildung 124 deutlich macht. Zur Darstellung der konkreten Energiepreissteigerung wurde aus den Gesamtenergiekosten der vier Häuser des Kunstareals ein Summenwert gebildet, der mit der gesamten verbrauchten Energiemenge gegengerechnet wurde. Die daraus abgeleitete Trendlinie (Abb. 124 gestrichelte Linie) zeigt, dass die Energiebezugspreise in den vergangenen fünf Jahren um fast 50 Prozent stiegen. Letztlich zeigt der Vergleich der Alten Pinakothek im heutigen Zustand mit den drei anderen Museen des Kunstareals, welch bemerkenswerte Sonderstellung die Gemäldegalerie auch unter energetischen Gesichtspunkten in der Geschichte des Museumsbaus einnimmt. Obwohl Klenze nicht auf vergleichbare Gebäude des Bautypus einer Gemäldegalerie Bezug nehmen konnte und trotzdem zur Errichtungszeit vollkommen andere technische Voraussetzungen bestanden, ist die Alte Pinakothek ein Bauwerk, welches aufgrund seiner qualitätvollen Bauweise und seiner Gesamteffizienz die Anforderungen an eine museumsgerechte Architektur nach den heutigen Maßstäben der Präventiven Konservierung durchaus erfüllt.
1
Siehe S. 184–188.
12 Siehe S. 98.
2
Siehe S. 183–249.
13 Krüger 1830, S. 138.
3
Beispielsweise Anonym 1828, Anonym
14 Siehe S. 495.
1823, Bolley 1868, Durm et al. 1890,
15 Ebd.
Haase 1893, Peclét 1860, Peclét 1858,
16 StAM LBÄ 2115, Aktenvermerk Land-
Perkins 1841, Pettenkofer 1851, Reid 4 5
bauamt München vom 24. Juli 1957.
1844, et cetera.
17 Siehe S. 141 f.
Beispielsweise IWU 2003 und Walberg
18 Siehe S. 150–154.
2011.
19 Siehe S. 169–179.
Siehe S. 491.
20 Siehe S. 171 und Abb. 56 auf S. 193
6 Ebd. 7
Siehe S. 492–497.
8
Peclét 1860, S. 5.
9
Hegger et al. 2005, S. 259.
sowie Abb. 57 auf S. 194. 21 Mündliche Mitteilung Strobl, Simonis und Krause.
10 Siehe S. 492–494. 11 Die heute zum Vergleich vorliegenden Verbrauchskennwerte werden als Verbrauch in Kilowatt-Stunden pro Quadratmeter und Jahr angegeben.
301
c
EXKURS HISTORISCHE LICHTVERHÄLTNISSE
Die Lichtsimulationen erfolgten mit dem Programm DiaLux Version 4.12.1 Urheber dieser kostenfreien Lichtplanungssoftware zur Berechnung und Visualisierung von Tages-, Kunst- und Mischlichtverhältnissen ist das Deutsche Institut für Angewandte Lichttechnik (DIAL). Neben mit sogenannten Raytracing-Renderings erzeugten Darstellungen können Beleuchtungsstärke, Leuchtdichte und Isolinienverteilung entweder als Wertetabellen oder in grafischen Visualisierungen für sämtliche Flächen dargestellt werden. Bei Kunstlicht ist außerdem eine vereinfachte energetische Auswertung möglich.
GRUNDLAGEN Trotz der beeindruckenden visuellen Darstellungsmöglichkeiten sind selbst aufwendige Lichtsimulationen die vereinfachende Darstellung einer viel komplexeren Realität. Grundsätzlich bestehen zwei Verfahren zur Berechnung der Verteilung des Lichteinfalles innerhalb einer Szene: Radiosity und Raytracing. Das Programm DIALux basiert auf RadiosityAlgorithmen, bietet aber die Möglichkeit einzelne Darstellungen nach dem Raytracing-Verfahren zu rendern. Der Radiosity-Methode liegt der Energieerhaltungssatz zugrunde – jegliches auf die Fläche treffende Licht wird entweder absorbiert oder reflektiert. Alle Oberflächen werden als ideal diffus betrachtet und reflektieren oder strahlen Licht in alle Richtungen gleichmäßig ab. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass es unabhängig vom Betrachtungswinkel, also der Position des Betrachters, ist. Im RadiosityVerfahren ist für jede Fläche eine Gleichung hinterlegt, die das von anderen Flächen reflektierte und empfangene Licht und gegebenenfalls die eigene Leuchtdichte der Fläche bilanziert. So kann die Helligkeit jeder Fläche im Raummodell bestimmt werden. Das erzeugte Raummodell wird in DIALux durch RadiCal (Rechenkern der Software) in Flächen und Patches (RasterZellen-Größe) unterteilt. Nach dem „adaptive meshing“ werden die Flächen bei deutlicher Änderung der Beleuchtungsstärke in kleinere Patches, also eine feinere Rasterung, aufgeteilt. Dies gilt für Sender- wie Empfängerflächen, wobei hier zunächst die Orientierung der Flächenelemente zueinander bestimmt wird. Sind diese einander zugewandt, wird der Fehler abgeschätzt, der sich ergeben würde, wenn der Lichttransfer auf der aktuellen Unterteilungsebene verlaufen würde. Anhand der Berechnungswerte wird automatisch überprüft, ob der Empfänger vor oder hinter dem Sender liegt oder ob Teile der Empfängerfläche vor und andere hinter dem Empfän-
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ger liegen. Dies ist für die Genauigkeit der Berechnung entscheidend, denn bereits kleine Abweichungen können zu insgesamt großen Rechenungenauigkeiten führen. Bei der Berechnung der direkten Beleuchtung müssen zwei Fehler abgeschätzt werden. Erstens ist der Winkel, unter dem die Empfängerfläche vom Sender gesehen wird, nicht konstant, weshalb die Lichtstärke ebenfalls nicht konstant ist. Zweitens wird das photometrische Entfernungsgesetz verletzt, wenn sich der Empfänger nahe dem Sender befindet. Durch die iterativen Algorithmen liefert DIALux sowohl für direkte wie indirekte Beleuchtungssituationen relativ exakte Ergebnisse, deren Genauigkeit wiederum abhängig ist von den eingegebenen Materialeigenschaften sämtlicher Oberflächen, vom gewählten Himmelsmodell, von der durch die Verbauung gegebenenfalls erzeugten Verschattung und von der Reflexion umgebender Außenflächen. Von der Ermittlung und grafischen Darstellung der Beleuchtungsstärke über die Berechnung der Leuchtdichten und die Visualisierung der Lichtverhältnisse inklusive Leuchtenanordnung bei Kunstlicht sind alle Varianten möglich – bis hin zur Simulation der Lichtwirkung und der virtuellen Begehung des Raum- oder Gebäudemodells. Die Ergebnisse sind als Punktbeleuchtungsstärken, Leuchtdichteverteilungen, Graustufendiagramme, Falschfarbendarstellungen, Isolux-Linien-Grafiken und gerenderten und damit vergleichsweise realitätsnahen Visualisierungen darstellbar.
EINSCHRÄNKUNGEN UND UNSICHERHEITEN Abgesehen von den rechnerischen Vereinfachungen gilt faktisch selbst für aufwendige Lichtsimulationen, dass jede Bildwiedergabe eine Abstraktion der Realität ist: Ein dreidimensionaler Raum wird perspektivisch auf eine zweidimensionale Fläche projiziert. Das Abbild ist außerdem in der Regel wesentlich kleiner als der reale Raum und demzufolge sind die Betrachtungsabstände geringer. Hinzu kommt, dass Darstellungen auf dem Bildschirm selbst strahlen, während reale Oberflächen den Lichtstrom meist reflektieren. Insbesondere bei Leuchtdichtekontrasten verfälscht die Monitordarstellung. Während bei Simulationen mit physikalischen Modellen und künstlichem Himmel Leuchtdichtekontraste von 1 : 4.000 den natürlichen Helligkeitsdifferenzen von bis zu 1 : 10.000 zumindest nahe kommen, bilden selbst gute Computermonitore nur einen Leuchtdichtekontrast von etwa 1 : 500 ab. Bei Druckerzeugnissen ist dieser Wert mit 1 : 40 noch schlechter. Eine Wiedergabe von Blendwirkung oder Relativblendung ist
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nicht beziehungsweise nur eingeschränkt möglich. Auch die Darstellung fein abgestufter Farbnuancen ist derzeit noch ungenau. Mit DIALux können einzelne Raummodelle berechnet werden. Für die durchgeführten Lichtsimulationen, bei denen der Rubenssaal im Zentrum der Berechnungen stand, bedeutet dies, dass der Einfluss des im Norden an den Rubenssaal grenzenden Kabinetts annähernd über die Eingabedaten berücksichtigt werden musste. Gekoppelte Simulationen mehrerer Räume sind mit diesem Programm noch nicht umsetzbar. Wie erörtert, haben die Oberflächeneigenschaften der verwendeten Baumaterialien großen Einfluss auf die Lichtverhältnisse, die mit dem Modell berechnet werden. Dies betrifft insbesondere die Kenngrößen Reflexion und Transmission. Faktoren wie die Rauigkeit2 und die Spiegelung3 bestimmen darüber hinaus, in welche Richtungen das Licht reflektiert und gestreut wird. Für die virtuelle Rekonstruktion des Rubenssaales in DIALux ist demnach neben den verbauten Materialien auch die historische Hängung der Gemälde zu berücksichtigen, denn die Oberflächeneigenschaften von gefirnissten Gemälden und vergoldeten Rahmen wirken sich auf die Simulationsergebnisse aus.
AUFBAU DES SIMULATIONSMODELLS Mit einem Rechendurchlauf wird genau ein Zeitpunkt berechnet und im Simulationsprogramm als Lichtszene bezeichnet. Die Ergebnisse veranschaulichen also keinen zeitlichen Verlauf, sondern sind eine Momentaufnahme des anfangs definierten Zeitpunktes. Um die variierenden Lichtsituationen im jahreszeitlichen Verlauf bei unterschiedlichen Sonnenständen darzustellen, wurden die Lichtverhältnisse jeweils für das Frühjahr, den Sommer, den Herbst und den Winter ermittelt. Zur Festlegung des genauen Berechnungszeitpunktes wurde das Datum des meteorologischen Jahreszeitenbeginns herangezogen. Diesen Tageslichtberechnungen liegt ein gemischter Himmel zugrunde.4 Der gemischte Himmel bildet die mittleren Wetterbedingungen ab, die sich wiederum auf langjährige Messreihen stützen.5 Damit werden die durchschnittlichen Lichtverhältnisse nachgestellt – Extremata bleiben unberücksichtigt. Um die hellsten und dunkelsten Lichtverhältnisse während des Jahresverlaufs abzubilden, erfolgten für den Sommer zusätzlich Simulationen mit klarem und für den Winter mit bedecktem Himmel. Der klare Himmel ist ein wolkenloser Himmel, bei dem zusätzlich die direkte Sonneneinstrahlung in die Berechnungen ein-
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Abb. 125 Durchgeführte Lichtsimulationen. Aufgeführt sind die drei Tageszeitpunkte „morgens“, „mittags“ und „abends“ für die Lichtszenen Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter mit zusätzlich berechneten unterschiedlichen Himmelssituationen. Außerdem erfolgten ab dem Wiederaufbau zusätzliche Simulationen mit Kunstlicht, welches ab dem Zeitpunkt der Mustersanierung darüber hinaus dimmbar ist.
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fließt. Bei dem bedeckten Himmel handelt es sich um einen vollständig mit Wolken bedeckten Himmel mit rotationssymmetrischer Leuchtdichteverteilung.6 Jedem der sechs markanten Zeiträume der Baugeschichte sind demnach jeweils sechs unterschiedliche jahreszeitliche Lichtszenen zugeordnet, die berechnet und ausgewertet wurden (Abb. 125). Im Simulationsprogramm können dynamische Tageslichtverläufe nicht direkt berechnet werden. Theoretisch bestünde die Möglichkeit, über die Berechnung und Aneinanderreihung von 24 Stundenzeitpunkten einen vereinfachten stündlichen Tagesgang nachzustellen. Praktisch liegt die Berechnungszeit für einen definierten Zeitpunkt zwischen vier und fünf Stunden, womit sich allein für die Lichtsimulationen – ohne Auswertung und Aneinanderschneiden zu einem Film – eine reine Rechenzeit von 4.320 Stunden ergeben hätte. Der Praktikabilität wegen wurden in einer etwas reduzierten Betrachtungsvariante für jede Lichtszene drei Tageszeitpunkte (morgens, mittags und abends) bestimmt. Die festgelegten Uhrzeiten orientieren sich an den sich im geschichtlichen Verlauf verändernden Öff-
nungszeiten der Galerie. Auf diese Weise kann überprüft werden, mit welchen Lichtverhältnissen die Besucher der Alten Pinakothek im Extremfall konfrontiert waren. Die Zeitpunkte „morgens“ (Öffnung der Galerie) und „mittags“ (vermeintlich beste Lichtverhältnisse) wurden einheitlich für alle Phasen und jahreszeitlichen Lichtszenen auf neun Uhr beziehungsweise 12 Uhr gesetzt. Der Zeitpunkt „abends“ (Schließung des Museums) verschiebt sich im Lauf der Zeit weiter in die Abendstunden (Abb. 125). Ab Mitte des 20. Jahrhunderts erhielt die Alte Pinakothek eine Kunstlichtbeleuchtung. Deswegen wurden die Lichtsimulationen erweitert. Um die Vergleichbarkeit mit den vorhergehenden Lichtsituationen zu ermöglichen, wurden zunächst die reinen Tageslichtbedingungen berechnet. Zusätzlich wurde die Kombination von Tages- und Kunstlichtbeleuchtung simuliert, da dies die tatsächlichen Bedingungen widerspiegelt. Wenn sich zu einem Gebäudezustand besondere Fragestellungen zur Lichtsituation ergaben, wurde diesen über weitere ergänzende Berechnungen nachgegangen. Dabei handelte es sich beispielsweise um Fragen wie die welchen Einfluss der lange Zeit aufgehängte Vorhang zwischen Rubenssaal und Kabinett hatte, wie sich die violette Verfärbung der Verglasung der Lichtlaternen auf die Lichtsituation auswirkte, welche lichttechnische und optische Wirkung eine Veränderung Wandbespannung erzielte, oder was die Abdeckung der Staubdeckenverglasung mit den textilen Stoffbahnen für die Lichtverhältnisse bedeutete.
EINGABEPARAMETER Die grundsätzlichen Einstellungen und Berechnungsoptionen wurden soweit möglich nicht verändert, um den Einfluss der sich im Lauf der Baugeschichte verändernden Kennwerte über die gesamte Zeitspanne hinweg zu vergleichen. Dies betrifft die Gebäudegeometrie, die Abmessungen und Positionen der Berechnungsflächen sowie die allgemeinen Berechnungseinstellungen. Wie bereits für die thermisch-hygrischen Simulationen werden im Folgenden die Modellbildung bei den durchgeführten Lichtsimulationen und die bestehenden Schwierigkeiten beziehungsweise unumgänglichen Vereinfachungen näher erläutert, um durch eine transparente Darstellung der Vorgehensweise die Qualitätsbeurteilung der Simulationsergebnisse zu erleichtern. Wieder werden der Ursprungszustand der Alten Pinakothek im Detail beschrieben und daran anschließend die für die lichttechnischen Eigenschaften relevanten Veränderungen im Verlauf der
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Baugeschichte aufgeführt. Eine Rekonstruktion historischer Lichtsituationen erfolgte bisher nicht in dieser Form. Die Überlegungen, wie die historischen Gegebenheiten im Simulationsprogramm umgesetzt wurden und die Herleitung des Modells bedürfen daher einer Erklärung.7 BELEUCHTUNGSKONZEPT Das ursprüngliche Beleuchtungskonzept des Rubenssaales sah eine reine Tageslichtbeleuchtung über drei Lichtlaternen vor. Die Oberlichtkonstruktion mit Lichtlaternen und der zum Raum hin abschließenden Staubdeckenverglasung wurde im Modell in zwei Stufen umgesetzt. Die Staubdeckenverglasung bestand aus Glasscheiben, die auf einem Eisengerippe lagen. Die Lichtlaternen waren Teil des Dachaufbaus, und deswegen wurden ihre Eigenschaften in der Software über die Verbauung definiert. Die Lichtlaternen aus schräg gestellten Glasscheiben und Kupferabdeckung als oberer Abschluss wurden nach den Plänen Klenzes konstruiert. Diese Form der Tageslichtbeleuchtung blieb bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bestehen, war aber Mitte des 19. Jahrhunderts verändert worden, indem die Kupferabdeckung durch Glas ersetzt wurde. Das Beleuchtungskonzept nach dem Wiederaufbau unterschied sich wesentlich von dem der vorhergehenden Jahrzehnte. Zum einen wurden die Lichtlaternen beim Wiederaufbau nicht wiederhergestellt, sondern die Dächer großflächig mit einer der Dachneigung folgenden Verglasung versehen. Zum anderen erhielt die Alte Pinakothek erstmals in ihrer Geschichte eine Kunstlichtbeleuchtung. Im Rubenssaal bestand diese aus dreireihig angeordneten Leuchtstoffröhren, die als indirekte Beleuchtung über dem Gesims am Übergang zum Muldengewölbe platziert waren. Dieses Gesims wird daher noch heute als Beleuchtungsgesims bezeichnet. In den sieben Galeriesälen im Mittelbau des Obergeschosses waren insgesamt 792 Leuchtstoffröhren mit 1,5 Meter Länge und 65 Watt verbaut. Im Durchschnitt kamen 113 Leuchten auf einen Raum. In der Simulation wurde die unterschiedliche Größe der Säle und damit die variierende Anzahl an Leuchtmitteln berücksichtigt. In der Simulation wird der Rubenssaal durch 126 Leuchtstoffröhren beleuchtet. Der Leuchtmittelauswahl liegt die Herstellerdatenbank des Simulationsprogramms zugrunde. Rund 150 Hersteller führen die lichttechnischen Eigenschaften mehrerer tausend Leuchten und Leuchtmittel auf. Da die Software für zeitgenössische Lichtplanungen entwickelt ist, sind historische Leuchtmittelkennwerte nicht hinterlegt. Heutige Leuchtstoffröhren haben andere Eigenschaften als die in den 1950er Jahren eingesetzten. Dies war in der Simulation zu berücksichti-
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gen. Es ist archivalisch belegt, dass Leuchtstoffröhren der Firma Osram verwendet wurden. Zu dieser Zeit produzierte Osram Leuchtstoffröhren mit einem Durchmesser von 38 Millimetern (T12), deren Lichtausbeute bei 30 bis 40 Lumen pro Watt lag.8 In den Lichtsimulationen mussten eine heutige Osram-Lampe und ein Osram-Leuchtmittel verwendet werden, welche manuell den in der Literatur erwähnten, historischen, lichttechnischen Eigenschaften angepasst wurden. Bei der Generalsanierung blieb das bestehende Kunstlichtkonzept grundsätzlich bestehen, lediglich die Leuchten und Leuchtmittel wurden ausgetauscht. Nun waren die Leuchtstoffröhren in Spiegelreflektorlampen mit Prismenabdeckung platziert. Durch die Fortschritte der Lichttechnik konnten T8-Leuchtstoffröhren mit 58 Watt verwendet werden. In der Simulation wurde der Rubenssaal nach wie vor von 126 Leuchtstoffröhren beleuchtet, deren Farbwiedergabeindex (Ra-Wert) über 90 lag. Für die Lichtfarbe wurde eine Kombination aus warmweiß und neutralweiß gewählt. Die 2009 abgeschlossene Mustersanierung wurde in Saal X durchgeführt. Dieser weist andere Abmessungen und Größenverhältnisse auf als der hier betrachtete Rubenssaal. Die Lichtsimulationen wurden der Vergleichbarkeit wegen trotzdem für den Rubenssaal durchgeführt. Sie beruhen auf den Werten und Angaben des für Saal X ermittelten Konzeptes, allerdings auf die Dimensionen des Rubenssaales umgerechnet. Die künstliche Beleuchtung wurde oberhalb der Staubdeckenverglasung angeordnet. Im Dachraum über dem Rubenssaal waren insgesamt zwanzig Lichtfelder mit je fünf Leuchtstoffröhren vertikal an den Rändern der Staubdeckenverglasung installiert. Zusätzlich befanden sich dreireihige Lichtfelder der Dachneigung folgend direkt über der Staubdecke. Die Leuchten des Typus Induline widebeam sind Fabrikate der Firma Fagerhult. Die 49 Watt T5-Leuchtstoffröhren stammen von Philips; es sind TL5 De Luxe Pro 965 Leuchtstoffröhren mit einem Ra-Wert von 93 und einer Farbtemperatur von 6.800 Kelvin. Nun übernahmen 160 Leuchtstoffröhren die Beleuchtung des Galeriesaales. Zusätzlich befanden sich an beiden Saalstirnseiten jeweils zwei Hochleistungsstrahler mit 1.000 Watt oberhalb der Staubdecke. Die exakten Positionen der Lichtbänder und Hochleistungsstrahler wurden den Planunterlagen des Lichtplaners entnommen.9 Das vorhandene indirekte Beleuchtungssystem am Ansatz der Vouten wurde an seiner ursprünglichen Position belassen, ist für die Beleuchtung der Mustersanierung aber nicht relevant.
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DACHVERGLASUNG Für den ursprünglichen baulichen Zustand wurden die schräg gestellten Scheiben der Lichtlaternen als aus starkem und geschliffenen Spiegelglas10 gefertigt beschrieben. In der Simulation wurde dies als Verglasung mit einem der Materialdicke entsprechend reduzierten Lichttransmissionsgrad umgesetzt. Das Spiegelglas wurde in den Materialeigenschaften über einen höheren Spiegeleffekt definiert. Unter dem Punkt Tageslichtfaktoren werden die Transmission, aber ebenfalls der Verschmutzungsgrad der Verglasung, der Versprossungsanteil sowie die Lichtminderung bei nicht senkrechtem Sonneneinfall bestimmt. Bei der niedrig angesetzten Lichtminderung durch die Verschmutzung ist der Tatsache Rechnung getragen, dass die Alte Pinakothek damals vor den Stadttoren auf freiem Gelände lag. Nach den originalen Plänen sind die Sprossen ein relativ schmales Eisengerüst, sodass hier der Rahmenanteil gering war. Beim Wiederaufbau und der Veränderung des Dachaufbaus wurde für die Dachverglasung ein Doppelglas mit Glasfaserzwischenschicht mit der Bezeichnung Thermolux verwendet. Diese Verglasungsart weist ein vergleichsweise hohes Reflexionsvermögen bei geringerer Transmission auf. Mit der Generalsanierung erhielten die Dachöffnungen ein Zweischeibenverbundglas, das raumseitig eine lichtstreuende Struktur besitzt. In der Simulation wurde ein für eine Zweischeibenverglasung typischer Transmissionsgrad festgelegt. Die lichtstreuende Struktur wurde über eine erhöhte Rauigkeit des Glasmaterials abgebildet. Bei der Mustersanierung wurde eine Dachverglasung mit einem höheren Lichttransmissionsgrad von 70 % eingebaut mit einem herstellerseitig angegebenen Aussenreflexionsgrad von 14 %. STAUBDECKENVERGLASUNG Die ursprüngliche Staubdeckenverglasung, die in ein Eisengerippe gelegt wurde, war eine Einscheibenverglasung. Die Transmission war wegen der geringeren Materialstärke höher als die der Lichtlaternen. Selbstverständlich lagen Verschmutzungsgrad und Versprossungsfaktor nochmals unter den Werten der äußeren Verglasung der Lichtlaternen. Beim Wiederaufbau wurde ein Mattglas in die Staubdeckenkonstruktion gelegt, welches ein hohes Streuvermögen bei reduzierter Lichttransmission besaß. Mit der Generalsanierung wurde das Mattglas durch ein Zweischeibenverbundglas mit UV-Schutzfolie im Scheibenzwischenraum und einseitig aufgedruckter Titandioxidbeschichtung ersetzt. Die Übertragung in das Simulationsprogramm gestaltete sich aufwendiger. Zunächst wurden die Eigenschaften der Verglasung festgelegt, und erst in einem zweiten Schritt konnte
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die UV-filternde Folie mit einer Absorptionskante bei 390 nm als zusätzliche Eigenschaft definiert werden. Die lichtstreuende Wirkung der Titandioxidbeschichtung wurde durch die anzugebende Rauigkeit bestimmt. Der Lichttransmissionsgrad der Staubdeckenverglasung war geringer als jener der Dachverglasung. Später war die Abdeckung der Staubdeckenverglasung mit weißen Textilien zusätzlich zu berücksichtigen. Hierfür wurde direkt auf der Verglasung ein weißer Stoff platziert, der einen hohen Reflexionsgrad bei geringer Lichttransmission besaß. Die Lichttransmission durch Staubdeckenverglasung und textile Abdeckung lag in der Simulation, wie in den Akten überliefert, bei 20 %. Bei der Mustersanierung erforderte die Verlegung der künstlichen Beleuchtung in den Dachraum einen Austausch der Staubdeckenverglasung. Mit 75 % hatte sie eine etwas höhere Lichttransmission als zuvor. Ihre spezielle lichtstreuende Struktur wurde über die Rauigkeit abgebildet. BAUMATERIALIEN UND RAUMELEMENTE Die raumumschließenden Flächen und die Innenausstattung beeinflussen, wie das Licht im Raum reflektiert und gestreut wird. Da die Simulation historischer Lichtsituationen bisher nicht routinemäßig erfolgt, sind nachfolgend die Überlegungen zur Umsetzung der historischen Raumbedingungen im Simulationsmodell beschrieben. Fußboden Der Fußboden war anfangs ein geschliffener und polierter grauer Terrazzoboden. Wegen der relativ dunklen Färbung ist sein Reflexionsvermögen vergleichsweise gering. Der Einfluss der glatt polierten Oberfläche floss über den Spiegeleffekt in die Berechnungen ein. Beim Einbau der Niederdruckdampfheizung Ende des 19. Jahrhunderts erhielten die Galeriesäle einen Eichenparkettfußboden. Die veränderten Reflexionseigenschaften durch die hellere Farbe des Holzbodens sowie durch die andere Oberflächenbehandlung des Parketts wurden berücksichtigt. Beim Wiederaufbau wurde erneut ein Holzfußboden verlegt. Es handelte sich wieder um ein Eichenholzparkett, welches allerdings nicht im Fischgrätmuster sondern als Tafelparkett ausgeführt war. Wieder waren die Reflexionseigenschaften entsprechend der Farbigkeit und der Oberflächenbehandlung des Bodens zu definieren.
313
Decke Bei der ursprünglichen Deckenkonstruktion handelte es sich um ein aus speziellen Tonplatten aufgebautes, verputztes Klostergewölbe. Die Gewölbezone war stuckiert und mit vergoldeten Ornamenten verziert. Im Modell konnte diese reiche Ausschmückung nicht maßstabsgetreu nachgebildet werden. Allerdings wird dem historischen Erscheinungsbild durch die Materialkennwerte Rechnung getragen. Im Simulationsmodell ist die Gewölbekonstruktion aus mehreren hundert Einzelflächen aufgebaut. Diesen sind abwechselnd die Reflexions- und Absorptionseigenschaften von Gipsputz oder Vergoldung zugeordnet. Erst mit dem Wiederaufbau veränderte sich die innere Gestaltung der Galeriesäle. Das seither bestehende Muldengewölbe ist als Rabitzkonstruktion ausgeführt und erhielt einen glatten weißen Putz ohne Ornamentierung. Durch diese Veränderung der Materialeigenschaften war das Reflexionsvermögen durch das glatte, weiße Muldengewölbe höher anzusetzen als in den Jahrzehnten zuvor. Auch die lichtstreuenden Eigenschaften veränderten sich. Wandflächen Die Wände waren im Ursprungszustand mit rotem Seidendamast bezogen. Entsprechend der dunkelroten Färbung war die Reflexion relativ gering. Die Oberflächenbeschaffenheit des textilen Gewebes wird im Modell über die Rauigkeit festgelegt. Die bespannten Wandflächen wurden von einer schmalen Goldleiste umlaufend gerahmt. Hier wurden die Materialkennwerte der Vergoldung angewandt. Die nüchterne Gestaltung der Galeriesäle nach dem Krieg bedeutete einen Verzicht auf die Goldleistenrahmung. Nun bestand die Wandbespannung in den meisten Galeriesälen aus Kochelleinen in hellen Grau-, Beige- oder Grüntönen, lediglich der Rubenssaal erhielt eine Wandbespannung aus dunkelgrünem Baumwollsamt. Die Quellen beschreiben, dass das Reflexionsvermögen dieser Wandbespannung bei fünf Prozent lag.11 Dies wurde für die Berechnungen zu diesem Zeitraum übernommen. Für die Simulation der Lichtsituation nach der Generalsanierung wurde die im Rubenssaal zwischenzeitlich vorhandene Wandbespannung aus grauem Velour betrachtet. Die Stoffbeschaffenheit wurde über ein geringes Reflexionsvermögen und eine niedrige Rauigkeit umgesetzt. Etwa zeitgleich zur Mustersanierung erhielten sämtliche Wände in den Galeriesälen eine sich an der ursprünglichen Farbigkeit orientierend, rote beziehungsweise dunkelgrüne Wandbespannung, wobei der Rubenssaal rotes Textil erhielt. Die Reflexion wurde mit 22 % definiert und die Oberflächenbeschaffenheit wiederum über die Rauigkeit festgelegt.
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Sockel Der im ursprünglichen Zustand der Alten Pinakothek vorhandene umlaufende Sockel aus hellem Marmor schloss die Wände zum Boden hin ab. Neben einem höheren Reflexionsvermögen waren die spiegelnden Eigenschaften polierten Marmors zu beachten. Bei der Neugestaltung der Galeriesäle im Zuge des Wiederaufbaus wurde dieser Sockel in StuccolustroTechnik gefertigt. Sowohl der helle Farbton als auch die leicht glänzenden und damit reflektierenden Oberflächen fanden Eingang in die Simulation. Durchgänge Die Durchgänge zu den aneinandergrenzenden Sälen sind einfache Öffnungen ohne Türen. Die Leibungen bestanden ursprünglich – wie der Sockel – aus hellem Marmor. Das Rubensportal, als Durchgang zum im Norden angrenzenden Rubenskabinett, war ähnlich wie das Gewölbe, aufwendig aus Stuck mit aufgesetzten und teilweise vergoldeten Ornamenten gefertigt. Die Umsetzung im Modell erfolgte analog zum Gewölbeaufbau. Einzig das Rubensportal wurde beim Wiederaufbau, wenn auch in leicht veränderter Form, rekonstruiert. Die Reflexionseigenschaften von weißem Gips und Vergoldungen wurden ebenso wie die besonderen lichtstreuenden Eigenschaften der vergoldeten Ornamente berücksichtigt. Raumelemente Beim Einbau der Niederdruckdampfheizung in den 1880er Jahren erhielten die Galeriesäle gepolsterte Sitzmöbel. In diesen waren die Heizspiralen und Wasserbecken untergebracht. Diese zusätzliche Inneneinrichtung hatte Einfluss auf die Reflexion und Streuung des Lichtes im Raum. Im Rubenssaal befanden sich zwei dieser Sitzmöbel, die mit rotem Plüschstoff bezogen waren und ein Messinggitter als Abdeckung über den Wasserbecken besaßen. Das relativ geringe Reflexionsvermögen dunkelroter Stoffe findet ebenso Beachtung wie das hohe Reflexionsvermögen des Messings, welches allerdings dadurch verändert wird, dass die Struktur des Gitters das Licht stark streut. Durch den Einbau der raumlufttechnischen Anlage nach dem Krieg wurden die bis dato in den Sälen aufgestellten Sitzmöbel überflüssig und befinden sich dementsprechend nicht mehr im Simulationsmodell. Die bis heute in den Galeriesälen vorhandenen Sitzgelegenheiten sind einfache Bänke aus Holz mit einer lederbezogenen Polsterung. Das dunkle Eichenholz weist ein mittleres Reflexionsvermögen auf. Die Reflexion des schwarzen Lederbezugs ist dagegen gering. Die Position der Sitzmöbel wurde anhand historischer Aufnahmen des Innenraumes festgelegt.
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Gemälde, Rahmen und ihre Hängung Die Gemäldehängung für den Ursprungszustand wurde nach den Angaben des ersten Gemäldeverzeichnisses, erstellt von Dillis12 als Galerieinspektor, rekonstruiert. Der Reflexionsgrad der mehrfarbigen Gemäldeoberflächen wurde im Simulationsmodell aus dem durchschnittlichen Farbwert jedes einzelnen Gemäldes gebildet. Über den Spiegeleffekt wurde die gefirnisste Oberfläche nachgestellt. Die ursprünglichen Rahmen konnten nicht rekonstruiert werden. Deswegen wurden insgesamt zwölf verschiedene ornamentierte und vergoldete Rahmenmodelle konzipiert, die abwechselnd den Gemälden zugeordnet wurden. Den Rahmen wurden die Materialdaten der Vergoldung zugeordnet. Allerdings wurden Reflexionsgrad und Rauigkeit jeweils um wenige Prozentpunkte variiert, um die unterschiedlichen Vergoldungstechniken oder möglicherweise vorliegende Unterschiede im Erhaltungszustand abzubilden. Im Lauf der Zeit veränderte sich die Hängung als Folge des jeweiligen Zeitkonzeptes. Für die Simulationen des Zustandes Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Hängung basierend auf der Umgestaltung durch Reber im Jahr 1888 rekonstruiert.13 Zwischen der Neuordnung der Gemälde in den Galeriesälen durch Reber und der erneuten Neuhängung durch Tschudi lagen nur wenige Jahre. Im Zuge der Neugestaltung wurden die Inventarnummern geändert, was die Zuordnung und Rekonstruktion der Hängung nach Reber erschwerte. Für das Simulationsmodell wurde die Hängung nach Reber umgesetzt. Es existieren jedoch lediglich Aufstellungen, welche Gemälde im Rubenssaal gezeigt wurden, nicht an welcher Position im Saal sie sich befanden. Deswegen wurden ergänzend historische Fotografien herangezogen.14 Die frühesten Aufnahmen stammen aus dem Jahr 1926. Sie und die Gemäldekataloge dieser Zeitspanne bildeten die Grundlage der Rekonstruktion der Hängung. Auf diese Weise ergab sich eine Vermischung der Hängung Rebers mit den Einflüssen Dörnhöffers, welcher ab 1914 in der Alten Pinakothek tätig war. Mit dem Wiederaufbau veränderte sich die Auffassung von der Präsentation des Gemäldebestands. Die ab diesem Zeitpunkt bestehenden Positionen der Gemälde wurden anhand eines Saalführers aus dem Jahr 1970 ermittelt.15 Die Lichtsimulationen für die Zeitspannen ab der Generalsanierung veranschaulichen das heutige Hängekonzept. Das „Große Jüngste Gericht“ von Rubens hatte als eines der zentralen Werke der Sammlung seit 1836 immer die gleiche Hängeposition.
316
1
Weitere Informationen finden sich unter
6 Ebd.
www.dialux.org.
7
2
Begriff des Simulationsprogramms.
3
Begriff des Simulationsprogramms.
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Tageslichtberechnungen können in
8
Rebske 1962, S. 213; Gendre o. J., S. 9 und Burghart et al. 2006.
DiaLux nur nach der CIE 110-1994 „Spa-
9
tial Distribution of Daylight – Lumi-
10 Förster 1841, S. 278.
nance Distributions of Various Reference
11 Baucik/Kammerer 1957, Tabelle S. 550.
Ingenieurbüro Bamberger.
Skies“ durchgeführt werden. Jedem
Kochelleinen ist ein geripptes, meist
Punkt des Himmels wird eine Leucht-
bedrucktes Gewebe aus Halbleinen;
dichte zugeordnet, die wiederum von der
Kette mit Baumwolle, Schuss mit Werg
Sonnenhöhe, dem Sonnenazimut, der
5
Siehe S. 94, S. 111 f., S. 122 f., S. 131– 135, S. 144–148 und S. 152–154.
oder Jute
Himmelspunkthöhe und dem Himmels-
12 Dillis 1838, Katalognummern 250–298.
punktazimut abhängig ist. DiaLux Hand-
13 BStGS 1904.
buch Version 4.9, Stichwort Himmelsty-
14 Hipp/Schawe 2011.
pen.
15 BSTGS Archiv, Sammlung der Gemälde-
DiaLux Handbuch Version 4.10, Stich-
kataloge der Alten Pinakothek von 1836
wort Himmelstypen.
bis heute.
317
6
HELL UND DUNKEL. BELEUCHTUNG IM MUSEUMSRAUM
Unabhängig von den beschriebenen Gegebenheiten in der Alten Pinakothek umfasst das Thema Licht und Beleuchtung in Museen zahlreiche Aspekte, die in Einklang zu bringen sind. So tritt beispielsweise die ästhetische Funktion des Lichtes meist neben den Anspruch, die Kunstwerke unter konservatorisch angemessenen Beleuchtungsniveaus zu präsentieren.1 Beides ist – obwohl manchmal gegenläufig – nicht voneinander zu trennen. Neben dem Farbeindruck und der Farbwahrnehmung des einzelnen Kunstwerkes beeinflussen die Lichtverhältnisse den gesamten Raumeindruck. Für einen Betrachter ist die ausreichende Beleuchtung und Ausleuchtung der Kunstwerke wesentlich für das Sehen und Wahrnehmen der Werke samt ihrer Feinheiten.2 Unter konservatorischen Gesichtspunkten ist Licht hingegen grundsätzlich ein Risiko für die Kunstwerke, da durch die Lichtstrahlung eine Schädigung der Materialien beispielsweise durch Ausbleichen, chemische Veränderungen und ähnliches hervorgerufen wird.3 In diesem Spannungsfeld zwischen einer der Sehaufgabe entsprechenden Beleuchtung und dem Bestreben, die schädigenden Einflüsse des Lichtes auf ein Minimum zu reduzieren, bewegt sich der Umgang mit Licht in jedem Museum. Heute umfasst das Spektrum der Museumsbeleuchtung Tages- wie Kunstlicht. Aber bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts hatte das Kunstlicht kaum eine Bedeutung. Durch die Geschichte der Museumsbeleuchtung zieht sich ein roter Faden von Fragestellungen, welche zu verschiedenen Zeiten in Abhängigkeit von technischer Entwicklung und konservatorischem Wissensstand unterschiedlich wichtig waren. Dies lässt sich anhand des Umgangs mit Licht in der Alten Pinakothek anschaulich darstellen. Trotz wiederholter Beschwerden über die mangelhaften Lichtverhältnisse verhinderten bis zum Wiederaufbau unterschiedliche Gründe den Einsatz von Kunstlicht. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren die verfügbaren Beleuchtungssysteme wenig praxistauglich. In erster Linie waren die hohen Anschaffungs- und Unterhaltskosten sowie der hohe Energieverbrauch Ausschlusskriterien. Eine Beschäftigung mit dem Thema erschließt jedoch die speziellen Faktoren, die mit dem Bemühen um den Erhalt der Kunstwerke einhergingen. Bis zur Einführung von Gaslicht wurden Innenräume ausschließlich mit Feuer, Fackeln oder Brennern beleuchtet, deren Brennstoffspeicher und -verbraucher am gleichen Ort aufgestellt werden mussten. Die von diesen Systemen ausgehenden Gefahren wie Brandgefahr und Schadstoff- sowie Hitzeentwicklung waren ein so großes Risiko für die Kunstwerke, dass ihr Einsatz im Museumsraum ausgeschlossen war.
321
Das Gaslicht versprach neue Möglichkeiten für die künstliche Beleuchtung unter anderem deswegen, weil es eine Trennung von Brennstoffspeicher und -verbraucher über größere Entfernungen hinweg ermöglichte. Seit seit dem 17. Jahrhundert war bekannt, dass sich Gas für Beleuchtungszwecke eignet, aber erst 1783 konnte Johann Petrus Minckelaers aus Steinkohle brennbares, leuchtendes Gas gewinnen.4 Er baute in Löwen eine der ersten funktionierenden Gaslampen, mit der er seinen Hörsaal beleuchtete.5 Als Begründer der Gasbeleuchtung gilt jedoch William Murdock, der zur Beleuchtung seiner Baumwollspinnerei in Manchester im Jahr 1805 eine Gasverbrennungsanlage konzipierte. Diese Anlage enthielt Vorrichtungen zur Erzeugung des Gases, zur Speicherung, zum Transport, zur Regulierung und zu ihrer Reinigung.6 Die erste öffentliche Straßenbeleuchtung und Ausgangspunkt der weiteren Entwicklung waren die 13 Gaslaternen auf Londons Pall Mall, die Frederick Albert Winsor im Jahr 1807 aufstellte, wodurch die Gasversorgung zur öffentlichen Angelegenheit wurde. Danach trat sie in ein industrielles Stadium ein. Insbesondere englische Firmen trieben die Industrialisierung voran, und um 1825 verfügten die meisten großen Städte Englands über eine öffentliche Gasbeleuchtung. In Deutschland gelang der entscheidende Durchbruch erst Mitte des 19. Jahrhunderts.7 München nahm am 31. Oktober 1850 eine Gasanstalt in Betrieb, mit der 1.148 Gaslaternen gespeist wurden. Drei Jahre später erhielt das königliche Hoftheater eine Gasbeleuchtung.8 Um die Beleuchtungssituation zu verbessern, wurde in London im South Kensington Museum sehr früh eine Gasbeleuchtung eingeführt. Obwohl in der Alten Pinakothek vergleichbare Probleme bestanden, wurde eine Gasbeleuchtung dort nie diskutiert – warum? Als Pluspunkt der Gasbeleuchtung galt deren enorme Helligkeit. Zu den gravierenden Nachteilen zählten die Explosionsgefahr, wiederholt auftretende Gasvergiftungen sowie eine starke und nicht vermeidbare Wärmeentwicklung in den Räumen.9 Obwohl die Gasbeleuchtung ein entscheidender technischer Fortschritt war, setzte sie sich – abgesehen von einigen wenigen Beispielen, wie dem South Kensington Museum in London – im Museum nicht durch. „Alle seine Nachtheile – seine Feuergefährlichkeit, Explodirbarkeit, Anzündegefahr, die grosse durch seine Verbrennung erzeugte Hitze, das Absetzen von Russ, das Auftreten seiner Verbrennungsgase und endlich seine Giftigkeit beim Einathmen und sein unangenehmer Geruch“10 überwogen. Dazu kam, dass die Undichtigkeiten und Leckagen im Leitungsnetz eine schwer einzuschätzende und nicht auszuschließende Gefahr waren.11 Wie gravierend die Verunreinigung der
322
Luft durch die Gasbeleuchtung war, wird im Handbuch der Feuerungskunde12 thematisiert. Dort lieferten die durch die Gasbeleuchtung entstehenden Schadstoffe Argumente für die Forderung, dass neben öffentlichen Gebäuden auch Privatwohnungen mit einer Lüftungsvorkehrung versehen werden sollten, da „die Flamme eines Gasstromes von derselben Leuchtkraft wie ein gewöhnliches Kerzenlicht […] 200 bis 300 Kubikzoll [0,003– 0,004 m3] Luft in der Minute zur Respiration untauglich“13 machte.14
TAGESLICHT UND ARCHITEKTUR Diese Fakten waren in München bekannt, und so war und blieb Tageslicht die einzige Möglichkeit, um die Gemälde der Alten Pinakothek im „richtigen“ Licht zu präsentieren. Eine frühe Bemerkung zu einer solch „richtigen“ Beleuchtung von Kunstwerken findet sich 1727 bei Neickelius. Zur Aufstellung von Gemälden bemerkt er, „daß man zu Gemählden einen solchen Ort erwähle, der nicht feuchte ist und wo das Licht in das Gemach so fällt, daß sich diesselben am klärsten ohne Blendung oder Glanz praesentieren“.15 Damit hielt er zwei Punkte fest, die gleichermaßen Klenzes Überlegungen zum Tageslicht kennzeichneten: eine ausreichende Beleuchtung ohne störende Blendung. In der Alten Pinakothek und jedem anderen frühen Museumsgebäude war deswegen die architektonische Gestaltung entscheidend, denn Raumform sowie Größe, Anordnung und Position der Lichtöffnungen bestimmten die Lichtverhältnisse im Inneren. Der Ursprung der architektonischen Entwicklung von Ausstellungsräumen ist im fürstlichen und königlichen Umfeld, in dem die ersten Kunstsammlungen entstanden, angesiedelt. Aus dem italienischen und französischen Schloss- und Palastbau entwickelten sich die beiden Raumformen der „gallerie“ und der „tribuna“. Die Galerie, aus dem französischen Schlossbau abgeleitet, war ursprünglich ein überdachter Verbindungs- oder Wandelgang. Die Seitenfronten wurden geschlossen, wodurch eine lang gestreckte Raumform entstand, in der auf einer Längswand die Gemälde hingen, während auf der gegenüberliegenden Seite Fensteröffnungen für den Lichteintrag sorgten. Einer der frühesten Prototypen ist die 1764 fertiggestellte Bildergalerie im Potsdamer Schloss Sanssouci (Abb. 126). Die Tribuna dagegen entstammt dem italienischen Palastbau und war ursprünglich ein runder oder gleichseitiger Zentralraum mit Oberlicht. Ein frühes Beispiel in Deutschland ist die Rotunde im 1830 fertig gestellten Berliner Alten Museum des Architekten Karl Friedrich Schin-
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kel (Abb.127).16 Beide Raumformen charakterisieren bereits die beiden unterschiedlichen Möglichkeiten der Museumsbeleuchtung mit Tageslicht: entweder durch Seiten- oder durch Oberlicht.
Abb. 126 Schloss Sanssouci, Potsdam. Innenansicht der Bildergalerie auf einer Fotografie von 1973 [Quelle: Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst – Zentralbild 183-MO911-0307; Fotograf: Peter Heinz Junge].
324
SEITEN- ODER OBERLICHT Nicht die Raumformen sorgten für kontroverse Haltungen, sondern die Frage, durch welchen Typus eine angemessene Beleuchtung der Kunstwerke bei optimaler Ausnutzung der Hängefläche zu erreichen sei. Während sich in England und Frankreich die Beleuchtung von oben relativ früh durchsetzte, wurde in Deutschland noch während des gesamten 19. Jahrhunderts eine Debatte um die Vor- und Nachteile von Seiten- und Oberlicht geführt, ohne dass einem der beiden Systeme eindeutig der Vorzug gegeben wurde. Parallel entstanden sowohl Museumsgebäude mit Seiten- wie auch Oberlichtbeleuchtung. Die Wirkung der Beleuchtung und deren Eignung im Museumsalltag wurden öffentlich in Architekturzeitschriften und polytechnischen Journalen kontrovers diskutiert.17 Häufig setzte sich für Gemäldegalerien eine Kombination aus kleineren Kabinetten mit Seitenlicht und größeren Oberlichtsälen durch, wie sie für die Alte Pinakothek erstmals von Klenze und Dillis geplant und umgesetzt wurde. Durch diese architektonische Gestaltung wurden die Vorteile der jeweiligen Beleuchtungsart gezielt für die entsprechenden Beleuchtungsaufgaben eingesetzt. So war Beleuchtung zu Beginn der Entwicklung des Museumsbaus – für dessen Ausgangspunkt die Alte Pinakothek steht – eine Frage der Architektur, bei der ästhetische wie gestalterische Überlegungen im Vordergrund standen. Gefragt waren im Prinzip Lösungen im Umgang mit verglasten Flächen. Dies ist anschaulich am architektonischen Konzept der Alten Pinakothek in der Fassadengestaltung, der Orientierung und Anordnung des Baukörpers sowie dessen innerer Einteilung und Ausgestaltung ablesbar.18 Klenzes Oberlichtlaternen waren der Versuch, eine gleichmäßige Beleuchtung der Wände zu erreichen. Dabei hatte er die Gefahren, also Undichtigkeit, Schneelast und Statik, wie sie von einer Glaskonstruktion ausgehen, im Blick. Im Planungsprozess verkleinerte er die Glasflächen wiederholt, um den idealen Kompromiss zwischen der Ausleuchtung
der Räume und den von einer Glaskonstruktion ausgehenden Risiken zu finden. Obwohl sich Klenze intensiv mit der Konstruktion und Dimensionierung seiner Lichtlaternen beschäftigte, litt seine Konzeption darunter, dass die technischen Möglichkeiten für die Umsetzung so eingeschränkt waren, dass per se unlösbare technische Mängel, wie die mangelhafte Dichtigkeit der Eisen-Glas-Konstruktion, bestanden. Zudem waren Klenzes Überlegungen zur Beleuchtung von Gemäldegalerien überwiegend empirisch, denn damals mangelte es an umfassenden und systematischen naturwissenschaftlichen Theorien zur Beleuchtungsfrage. ANFORDERUNGEN IM MUSEUMSRAUM Einer der ersten, der eine solche Theorie zur Beleuchtung von Museumsräumen aufstellte, war Eduard Magnus. Er äußerte sich 1839 in der „Allgemeinen Bauzeitung“ zur zweckmäßigen Anordnung von Gebäuden zur Aufstellung von Gemälden.19 Anlass seiner Ausführungen waren Besuche in Dresden und Wien gewesen, wo für die dortigen Gemäldesammlungen neue Bauten errichtet werden sollten. Das Bedürfnis nach neuen Gemäldegaleriebauten schien groß zu sein, die Zahl der Neubauten war demgegenüber gering. Magnus erklärte dies damit, dass „man, so viel Verdienliches und Schönes die neuen Gebäude haben, welche für diese Zwecke in Berlin, München und an anderen Orten entstanden sind, dennoch empfindet, daß sie noch nicht allen Anforderungen entsprechen, und weil man gleichwohl nicht vollständig zur Klarheit kommen kann, wie es besser zu machen wäre“.20 In einem Vortrag, den er 1863 an der Akademie der Künste in Berlin hielt, war Magnus tiefer in die Materie der Museumsbeleuchtung eingedrungen. Er war der Ansicht, dass Gemäldegalerien wie die Alte Pinakothek erst entstehen konnten, als die „Fortschritte der Glaserei in den Stand setzten größere Räume durch Oberlicht zu erleuchten“.21 Auch sah er Maler und Bildhauer in der Pflicht,
Abb. 127 Altes Museum, Berlin. Rotunde nach einer Zeichnung von Carl Emanuel Conrad um 1830 [Quelle: Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin – Brandenburg, Graphische Sammlung].
325
Vorgaben für die Beleuchtung ihrer Kunstwerke zu formulieren und ausgehend von diesen Anforderungen in Zusammenarbeit mit den Architekten Lösungen zu entwickeln. Die von ihm erarbeiteten Vorgaben sollten allgemeingültig nach zwei Grundprinzipien auf jeden Ausstellungsraum anzuwenden sein: (1) Die Einheit des Lichtes: „Nicht zwei oder mehrere Fenster für denselben Raum! Abgesehen von den nothwendigen störenden Spiegelungen und Reflexen, so wird in einem mehrfenstrigen Raum, wenngleich das Quantum des Lichtes vermehrt wird, die Ruhe des Eindrucks gestört, und dem Besucher der Genuß erschwert, indem die von zwei Seiten zuströmenden Lichter einander gewissermaßen bekämpfen.“22 Ziel sei es, einen Ausstellungssaal zu konzipieren, „dessen Wände nicht nur möglichst hell, sondern auch möglichst gleichmäßig von einer Seite bis zur andern, von oben bis unten, beleuchtet seien“.23 (2) Platzierung der Kunstwerke: Die Kunstwerke sollten an jenen Stellen aufgestellt werden, an denen die Lichtstrahlen am intensivsten sind. Dabei sei es „nicht das Quantum des Lichtes, worauf es ankommt [...] sondern darauf kommt es an, daß das Licht auf dem Kunstwerk relativ das hellste ist“24, wobei „es nicht sowohl das geringere Quantum des Lichtes, als vielmehr die störende heller erleuchtete Nachbarschaft [ist] welche der Blendung unseres Kunstwerkes Eintrag thut“25. Helligkeit Magnus‘ Theorie war die erste, die auf den damals bekannten wissenschaftlichen Grundlagen basierte. Er berücksichtigte, dass die Lichtstrahlen eine Fläche umso heller beleuchten, je senkrechter sie auf diese treffen (vice versa), sowie die Tatsache, dass alle Körper sichtbar sind, weil sie Lichtstrahlen reflektieren.26 Grundsätzlich sei die Größe des Fensters im Verhältnis zur Fensterwand analog beim Oberlicht die Größe des Oberlichtes im Verhältnis zur Decke wichtig, was er mithilfe einer Extremwertbetrachtung erläuterte: Ein extrem großes Fenster bedeute sehr ungleichmäßigen Lichteinfall und Streiflicht – in seinen Augen das schlechtestes Licht; ein zu kleines Fenster dagegen liefere zwar gleichmäßigen Lichteinfall, aber zu wenig davon. Bei Seitenlicht beziehe sich das empfohlene Fenster-Wand-Verhältnis von eins zu drei nur auf die Breitenausdehnung.27 Zwar gelte, dass „je höher man das Fenster machen wollte, um so heller würde allemal die unterste Region sowohl der beiden Seitenwände, wie auch der vierten Wand erleuchtet sein“28, aber dies führe zu Blenderscheinungen. Vermieden werden könne dies durch eine Verblendung der Fens-
326
ter von unten. „Diese Begrenzung des senkrechten Fensters von unten her, ist demnach keineswegs etwas Gleichgültiges oder Willkürliches, wie man urtheilen sollte, wenn man erlebt, wie dieselbe in den stattlichsten, berühmtesten Sammlungen unverantwortlicherweise entweder gänzlich fehlt oder höchst mangelhaft ist. Im Gegentheil läßt die richtige Anwendung dieses Schutzes von unten beim Seitenlicht allemal auf das Verständnis und die Sorgfalt der Besitzer oder deren Beamten schließen.“29 Ein weiterer Faktor sei die Entfernung der Fensterwand von der ihr gegenüberliegenden Wand oder bei Oberlicht die Höhe des Raumes. Dies beeinflusse unmittelbar die Grundrissgestaltung. Hier hatte Magnus eigene Ansichten, er propagierte für Seitenlichträume die Abkehr vom rechteckigen Grundriss, denn „beim quadratischen Grundriß aber entstehen nothwendigerweise dunkle Ecken“.30 Die dunklen Ecken seien vor allem ein Problem der Beleuchtung mit Oberlicht, welches in Belgien und England durch den Bau sehr lang gestreckter Oberlichter gelöst worden sei. Durch die langen hell erleuchteten Längswände wären die dunklen Ecken lediglich ein kleiner Bruchteil der gesamten Wandfläche.31 Zusammenfassend stellte Magnus fest: „Die Dimension der Breite des Fensters (die kleinere Dimension) ist allemal für das Seitenlicht wie für das Oberlicht maßgebend. Das Dreifache dieses Maaßes bestimmt nämlich die Breite der Fensterwand, bei Oberlicht die Breite der Decke. Die zweite Dimension des Fensters kann bei Oberlicht dieselbe, das Fenster also quadratisch sein. Sie darf aber auch ganz beliebig lang, und das Fenster in diesem Falle ein Oblongum sein. Man erhält in erstem Falle ein Quadrat, in letzterem ein Oblogum zum Grundriß. Beides bietet Vortheile und Nachtheile, die abzuwägen einem Jeden überlassen bleiben müssen. Beim Seitenlicht ist die zweite Dimension, die Dimension der Höhe des Fensters unbegrenzt; und dem entsprechend natürlich auch die Höhe des Raumes; während beim Oberlicht die Höhe des Raumes eine streng begrenzte ist, nämlich die von zwei Dritttheilen oder fünf Siebentheilen der Breite. Man wird bei Seitenlicht auch bei sehr hohem Fenster stets mehr oder weniger an den quadratischen Grundriß gebunden sein.“32 Blendfreiheit Wenn auch wegen der Blendfreiheit und nicht aus konservatorischen Überlegungen heraus, forderte Magnus für Oberlichter eine matt geschliffene Verglasung, um „der grellen Einwirkung der Sonnenstrahlen zu begegnen“.33 Aber „das matte Glas bricht vielmehr […] die Lichtstrahlen nur sehr unvollkommen, und markirt die Gegend, wo das reine Himmelslicht
327
Abb. 128 Alte Neue Pinakothek, München. Außenansicht des im Krieg zerstörten und nicht wieder aufgebauten Gebäudes auf einer historischen Photographie [Quelle: BStGS, Fotoarchiv].
328
abgeschnitten ist, nur allzu deutlich, empfindlich und nachtheilig! Am besten und einfachsten ist es da, wo das Deckenfenster, statt der doppelten Eindeckung, von starkem Glase in der flachen Eisenrüstung eines flachen Kuppeldaches liegt; ähnlich wie es über die Rotunde des Berliner Museums sich sehr gut, mit Rinnen zur Ableitung des Schweißwassers, bewährt. Wo das Oberlicht sehr zweckmäßig und mit dem besten Erfolg beschränkt werden mag, das ist innerhalb der Räume, etwa im dritten Fünftheile der Höhe. Ein Schirm, in Form eines Kronenleuchters unter dem Fenster leicht aufgehängt, wird dem Beschauer einen höchst willkommenen Schutz gegen das grell senkrecht herabströmende Oberlicht bieten, ohne den Bilderwänden den geringsten Eintrag zu thun. Ich würde aber stets dagegen sein, für diesen Zweck eine vollständige Construction aus undurchsichtigem Material aufzubauen, wie man solche in München bei den Rottmannschen Landschaften [in der alten Neuen Pinakothek, Abb. 128 und Abb. 129] gemacht hat; sondern mich stets eines durchsichtigen Stoffes bedienen, ähnlich wie die Schirme über den von Schinkel erfundenen Kronenleuchtern.“34 Bei der Vermeidung von Blendung setzte Magnus nicht allein beim Ausschluss direkten Lichtes an. Dunkle Fußböden seien ein wirksames Mittel, um eine durch Reflexion entstehende Blendung von unten auszuschließen. „So müßte also auch in einem gut organisirten Museums-Gebäude alle anderweitig unnöthige Blendung, wie z. B. solche, die durch offene Thüren aus anderen Räumen her das Auge belästigt, dem Beschauer erspart werden u.s.w. So müßte auch das plumpe Küchenroth der Bilderwände
zu grassiren aufhören! [...] Daher dürften Farbentöne, die zwischen gelb, grau und rothbraun sich bewegen, und dem dunkel gedämpften Goldtone sich nähern, überall am sichersten entsprechen, und jedenfalls jedem schweren Dunkelroth vorzuziehen sein.“35
Abb. 129 Alte Neue Pinakothek. Längsschnitt durch die Gemäldegalerie mit dem Rottmannsaal im Obergeschoss (rechts außen) [Quelle: BStGS, Fotoarchiv].
Lichtwirkung und Farbwahrnehmung Diese allgemein formulierten Forderungen lassen sich anhand der für den Rubenssaal durchgeführten Lichtsimulationen anschaulich belegen. Die Innenausstattung der Alten Pinakothek unterlag einem steten Wandel, der vom jeweiligen Zeitgeist geprägt war. Der Einfluss der Farbigkeit der Raumausstattung auf die Raumwahrnehmung und das Helligkeitsempfinden wird am Beispiel des Fußbodenbelags und der textilen Wandbespannung deutlich (Abb. 130a–d). Im Ursprungszustand war der Terrazzo-Steinboden mittel- bis dunkelgrau. Die textile Wandbespannung hatte vermutlich jenes, von Magnus kritisierte „plumpe Küchenroth“ (Abb. 130a). Allein der Einbau des helleren Eichenholzbodens veränderte die Raumwirkung grundlegend, und Rubens‘ „Jüngstes Gericht“ scheint eine stärkere Leuchtkraft zu besitzen (Abb. 130b). Aber der deutlich hellere Boden tritt optisch prägnanter in Erscheinung. Der beim Wiederaufbau gewählte Eichentafelparkettboden ist demgegenüber dezenter und damit in gewisser Weise ein Mittelweg (Abb. 130c). Die dunkelgrüne Wandbespannung wirkt sich unter anderem auf die Farbwahrnehmung aus und vermittelt einen kühleren Raumeindruck. Im Vergleich wirkt das bei der Generalsanierung gewählte mittlere Grau relativ neutral, und der Raum erscheint insgesamt heller (Abb. 130d). Eine durchdachte Wahl der Baumaterialien und eine vor dem Hintergrund solcher Überlegungen getroffene Farbauswahl beeinflusst nicht nur den Raumeindruck oder ästhetische Gesichtspunkte, sondern bestimmt gleichermaßen, wie Kunstwerke wahrgenommen werden. Sie wirkt sich eben-
329
falls auf die spektrale Strahlungsverteilung der auf die Kunstwerkoberfläche treffenden Lichtstrahlung aus, die dementsprechend unterschiedlich von den verschiedenen Oberflächen absorbiert und reflektiert wird.
Abb. 130 Rubenssaal. Raumwirkung und Helligkeitswahrnehmung bei unterschiedlicher Gestaltung des Innenraums.
330
DAS ALTE MUSEUM BERLIN Magnus‘ Kritik scheint gerechtfertigt, obwohl seine Überlegungen mehr theoretischer Natur waren und in der praktischen Umsetzung Mängel aufwiesen. Deswegen war nicht er, sondern August Tiede in den 1870er Jahren mit den praktischen Problemen der Umsetzung einer Oberlichtbeleuchtung im Alten Museum in Berlin betraut.36 Anlässlich notwendiger Sanierungsmaßnahmen und Reparaturen an der Dachkonstruktion von Schinkels Altem Museum sollten die bestehenden mangelhaften Lichtverhältnisse verbessert werden. Anstelle der bisherigen Beleuchtung durch Seitenlicht war eine Oberlichtbeleuchtung wünschenswert. Kritiker argumentierten mit den bekannten abschreckenden Erfahrungen in anderen Museumsbauten und äußerten Bedenken, dass die erforderlichen Baumaßnahmen zu Schäden am Schinkelbau führen könnten.37 Der damalige Galeriedirek-
tor Ignaz Franz von Olfer wollte deswegen eigentlich in Zusammenarbeit mit Magnus einen Probesaal mit Oberlichtbeleuchtung einrichten lassen. Allerdings stellte sich heraus, dass die von Magnus theoretisch geforderten Größenverhältnisse für die Konstruktion optimaler Lichtöffnungen in diesem Fall wegen der baulichen Situation nicht ausgeführt werden konnten. Also wurde Tiede beauftragt, ein Lichtkonzept für das Alte Museum zu erarbeiten, welches er aus der Untersuchung bestehender Museen ableiten sollte.38 „In den Museen zu Leipzig, Dresden und München lassen sich vorzügliche Bemerkungen über die Oberlichtbeleuchtung machen. Man wird freilich davon abzusehen haben, daß einige Säle in diesen Gebäuden von übergroßer Höhe und daß Decken und Dachlichtfenster häufig nicht zweckmäßig angelegt sind, aber es wird aus diesen Beispielen klar, daß entweder eine gute Beleuchtung, wenn auch für einen zu hohen Theil der Bildwerke vorhanden ist, oder bei einer anderen Construction der Lichtfenster ein viel größeres Lichtquantum hätte gewonnen werden können. Es finden sich aber auch völlig genügende Lichtwirkungen, und es lassen sich daher aus diesen Beispielen sichere Annahmen für eine gute Oberlichtanlage ableiten“.39 Zur Beleuchtungssituation in der Alten Pinakothek bemerkte er, dass „der Lichteinfall zu hoch über dem Fußboden angelegt [ist]. In zweien der Säle ist die Deckenlicht-Öffnung zu klein. Die Größe derselben zur Saalgrundfläche ist im Verhältniß von 1:5,5. Nur in dem großen Mittelsaal ist dies Verhältniß besser auf 1:3,5 festgestellt“.40 Für das Verhältnis von Dachöffnung zu Oberlichtöffnung gelte allgemein, dass „je größer die Entfernung der Decke von der Dachöffnung ist, desto ungünstiger stellt sich die Beleuchtung heraus. […] Das Dachlichtfenster muß unter allen Umständen sehr viel größer sein, als die Deckenöffnung, so groß nämlich, daß sie keinem Lichtstrahl hindernd werden kann, der auf einen Punkt der Bildwand fallen kann. […] Ein solches unmittelbares Einströmen des Lichtes in den Saal ist in München dadurch völlig erreicht, daß dort die Deckenöffnung bis unmittelbar unter das Dach hinauf gehoben ist und Decken- und Dachöffnung somit zusammenfallen. Auf diese Oeffnung ist ein Glasaufbau gestellt, welcher die günstige Gelegenheit gewährt hat, das Zenithlicht völlig bei der Saalbeleuchtung auszuschließen. Der Glasaufbau ist nämlich dunkel und zwar mit Kupferblech eingedeckt und das Licht strömt nur durch die Seitenglaswände in die Säle. Es ist daher nirgendwo in diesen Räumen der Fußboden zu hell und vielleicht heller als die Bildwände beleuchtet. Leider verbieten klimatische Rücksichten bei uns die Ausführung solcher Anlagen.“41
331
Abb. 131 Altes Museum, Berlin. Tiedes Konstruktionsstudien und geometrischer Ansatz zur Bestimmung der optimalen Dimensionierung des Oberlichtes [Quelle: Tiede 1871].
332
LICHTMANGEL IN MÜNCHEN In der Theorie waren Klenzes Lichtlaternen eine großartige Innovation, doch im praktischen Betrieb stellten sie keine optimale Lösung dar. Die Lichtverhältnisse in den von oben beleuchteten Galeriesälen wurden von Besuchern wie Museumsverantwortlichen als mangelhaft empfunden. Neben den von Tiede angesprochenen Punkten waren aus heutiger Sicht weitere Gründe verantwortlich. Die mit vier auf vier Metern Grundfläche vergleichsweise klein dimensionierten Lichtlaternen lagen zu hoch über dem Fußboden. Bei einer geringeren Raumhöhe wären die Lichtverhältnisse sicherlich vorteilhafter ausgefallen. Zusätzlich reduzierte sich im Laufe der Zeit der Lichteintrag durch die beschriebene Verfärbung des Glases.42 Eine andere Ursache der Besucherbeschwerden könnte darin bestanden haben, dass der Loggiengang durch seine nach Süden orientierten großen Fenster wesentlich heller gewesen sein muss. Der Besucher schritt erst durch die Loggia, bevor er die schwächer beleuchteten Galeriesäle betrat. Bis das menschliche Auge stark wechselnde Lichtverhältnisse adaptiert, vergeht Zeit, und der dunklere Raum wird zunächst noch dunkler empfunden. Tatsächlich zeichnet die Lichtsimulation für den Rubenssaal im Zustand, in dem die Alte Pinakothek eröffnet wurde, ein düsteres Bild. Im Winter waren die Besucher selbst zur Mittagszeit bei Beleuchtungsstärken von maximal 20 Lux auf den Bilderwänden wohl kaum in der Lage, die Kunstwerke und deren Details in vollem Umfang wahrzunehmen (Abb. 132 und Tabelle 13). Noch dramatischer dürfte die Situation im Winter zur Schließzeit um 16 Uhr gewesen sein, wenn die Beleuchtungsstärken unter zehn Lux sanken. Nach heutigen Maßstäben wären damit nicht einmal die
Anforderungen an einen Verkehrsweg erfüllt.43 Ähnlich verhielt es sich im Herbst, wenn die Galerie bei Beleuchtungsstärken zwischen 20 und 30 Lux um 17 Uhr geschlossen wurde (Abb. 133). Selbst im Frühjahr um 16 Uhr, waren die Lichtverhältnisse kaum besser (Abb. 134). Zur damaligen Zeit bestand eigentlich nur mittags die Möglichkeit, die Kunstwerke unter einigermaßen akzeptablen Lichtverhältnissen zu betrachten. Im Herbst und im Frühjahr herrschten Beleuchtungsstärken von 30 bis 70 Lux. Im Sommer erreichten diese auf den Bilderwänden zeitweise etwas über 100 Lux (Abb. 135 und Tabelle 13). Konkrete Angaben zum durchschnittlichen Niveau der Beleuchtung der Raumflächen liefert der Vergleich der mittleren Beleuchtungsstärke (Tabelle 13). Der Fußboden ist die hellste Fläche, da er direkt von oben Licht erhält. Die Bilderwände liegen senkrecht zum Lichteinfall. Wider Erwarten liegt das mittlere Beleuchtungsniveau im Sommer nur wenige Lux über dem im Frühjahr oder im Herbst. Deutlichere Unterschiede ergeben sich bei der maximalen Beleuchtungsstärke oder dann, wenn für den Sommerfall die direkte Sonneneinstrahlung in der Lichtsimulation berücksichtigt wird. Durch die Auswertung des mittleren Beleuchtungsniveaus lässt sich unter Berücksichtigung der Orientierung des Gebäudes der Einfluss des Sonnenstandes auf die Lichtverhältnisse im Innenraum anschaulich nachvollziehen. So ist zwar die nach Osten orientierte Bilderwand ganzjährig morgens und mittags die dunkelste Wandfläche, erhält aber abends deutlich mehr Licht als beispielsweise Süd- oder Westwand (Tabelle 14). Dass die Nordwand fast ganzjährig unabhängig von Tages- oder Jahreszeit zu den helleren Raumflächen zählt, erscheint zunächst ungewöhnlich. Der Grund ist, dass die Alte Pinakothek nicht exakt nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet, sondern in einem Winkel von 26° zur Nordachse gedreht ist. Solche scheinbar unbedeutenden Abweichungen sind nicht selten: Da aber schon kleine Details maßgebliche Auswirkungen auf die Lichtsituation oder die klimatischen Bedingungen haben und möglicherweise langfristige Folgen für den Erhalt der Kunstwerke nach sich ziehen, sollten sie bei der Bestandserfassung eines Gebäudes im Detail untersucht und dokumentiert werden. Neben dem Beleuchtungsstärkeniveau ist für den Betrachter ebenso die Gleichmäßigkeit der Lichtverteilung entscheidend. Bei der Auswertung der Lichtsimulation erlauben zwei Größen eine Beurteilung der Lichtverteilung. Der g1-Wert ist ein Maß für die Gleichmäßigkeit der Beleuchtung im Bereich der Sehaufgabe (Bildwandfläche) und errechnet sich aus dem
333
Abb. 132 Rubenssaal zwischen 1836 und 1841. Verteilung der Beleuchtungsstärke zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten des Tages im Winter.
Abb. 133 Rubenssaal zwischen 1836 und 1841. Verteilung der Beleuchtungsstärke zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten des Tages im Herbst.
Abb. 134 Rubenssaal zwischen 1836 und 1841. Verteilung der Beleuchtungsstärke zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten des Tages im Frühjahr.
Abb. 135 Rubenssaal zwischen 1836 und 1841. Verteilung der Beleuchtungsstärke zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten des Tages im Sommer.
Frühjahr
Sommer
Herbst
Winter
Sommer Sonne
Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West
53 45 26 21 35 77 45 32 21 49 51 41 26 19 38 16 13 9 8 10 425 72 42 31 375
22 16 15 14 19 23 17 15 15 26 21 16 14 13 20 7 5 5 5 6 67 28 31 28 40
80 98 37 56 54 125 116 45 62 68 78 95 38 54 60 21 33 13 18 16 4498 1852 52 34 2152
g1
Maximale Beleuchtungsstärke [Lux]
Minimale Beleuchtungsstärke [Lux]
Durchschnittliche Beleuchtungsstärke [Lux]
Fläche
Jahreszeit
Tabelle 13 Rubenssaal zwischen 1836 und 1841. Beleuchtungsstärkeniveau auf den Bilderwänden und dem Fußboden zur Mittagszeit.
0,42 0,36 0,57 0,66 0,53 0,30 0,38 0,47 0,72 0,53 0,41 0,39 0,53 0,69 0,52 0,43 0,43 0,58 0,66 0,58 0,16 0,39 0,74 0,91 0,10
Tabelle 14 Rubenssaal zwischen 1836 und 1841. Gegenüberstellung der Bildwandflächen nach dem mittleren Beleuchtungsstärkeniveau zu verschiedenen Jahreszeiten jeweils morgens, mittags und abends, jeweils von hell (links) zu dunkel (rechts). Jahreszeit
Bildwandflächen aufgeführt nach mittlerer Beleuchtungsstärke (von hell zu dunkel)
Frühjahr Sommer Herbst Winter
morgens West West West Nord
Nord Süd Nord West
Süd Nord Süd Süd
Ost Ost Ost Ost
mittags Nord West Nord Nord
West Nord West West
Süd Süd Süd Süd
Ost Ost Ost Ost
abends Nord Nord Nord Nord
Ost Ost Ost Ost
Süd Süd Süd Süd
West West West West
Verhältnis von minimaler Beleuchtungsstärke zu mittlerer Beleuchtungsstärke (Tabelle 13). Dabei gilt: Die Lichtverteilung ist umso gleichmäßiger, je größer der Zahlenwert ist. Laut Norm gilt ein Wert von 0,33 als gerade akzeptabel,44 in der Lichtplanungspraxis werden für ein zufriedenstellendes Ergebnis g1-Werte über 0,50 angestrebt.45 Im Rubenssaal wurden bei gemischtem Himmel an den meisten Wänden zu jeder Jahreszeit deutlich bessere Werte erreicht. Als problematisch erwiesen sich jene Situationen, in denen direktes Sonnenlicht in den Galeriesaal gelangte und zu deutlichen Helligkeitsunterschieden auf einzelnen Wänden führte (Abb. 136). Dies ist nicht nur für den Betrachter unangenehm, da sich sein Auge nur unter einiger Anstrengung an diese Leuchtdichteunterschiede adaptieren kann. Besonders für die Kunstwerke ist direkte Sonneneinstrahlung schädlich, umso mehr, weil damals keine UV-Filterung möglich war. Die Isoliniendarstellung erlaubt eine gleichzeitige Visualisierung der Gleichmäßigkeit der Beleuchtung und der erreichten Beleuchtungsstärken. Die Isolinien grenzen jeweils eine Fläche gleicher Beleuchtungsstärke ein. Der Wert ist dabei an der zugehörigen Linie angegeben. Abbildung 137 zeigt den Verlauf der Isolinien für den Sommerfall und die Zeitpunkte morgens, mittags und abends. Die einzelnen Bilderwände sind dabei entsprechend ihrer Orientierung um den Grundriss platziert. Im Grundriss sind die berechneten Beleuchtungsstärken in Form einer Wertegrafik dargestellt. Ohne den Einfluss der direkten Sonneneinstrahlung war die Lichtverteilung auf den Wandflächen relativ homogen. Weitaus entscheidender war jedoch, dass die Gemälde gleichmäßig, also ohne gravierende Unterschiede in der Beleuchtungsstärke, beleuchtet wurden. Dass dies sowohl im Sommer wie auch im Winter grundsätzlich der Fall war, belegen die Abbildungen 137 und 138. Allerdings wird durch die Isoliniendarstellung auch deutlich, wie niedrig die Beleuchtungsstärke selbst in den Sommermonaten blieb. Dies wirft die Frage auf, wie viel die Besucher in den dunkleren Monaten des Jahres wirklich sehen konnten. Aber für den Erhalt der Kunstwerke war diese Situation von Vorteil. Die Beleuchtungsstärke lag den überwiegenden Teil des Jahres im Schnitt zwischen 50 und 100 Lux. Diese Werte sind aus konservatorischer Sicht unter Berücksichtigung der Expositionszeit vorteilhaft. So lässt sich vielleicht erklären, weshalb in den Archivalien zwar eingehend von klimatisch bedingten Schäden zu lesen ist, Lichtschäden – obwohl vermeintlich offensichtlicher – in dieser frühen Phase des Museumsbaus hingegen kaum erwähnt wurden.
337
Abb. 136 Rubenssaal zwischen 1836 und 1841. Einfluss der direkten Sonneneinstrahlung auf die Gleichmäßigkeit der Beleuchtung der Bildwandflächen. Vergleich der Tageszeitpunkte morgens (oben) und mittags (unten) sowie Darstellung der entsprechenden Beleuchtungsstärken (rechts).
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MEHR LICHT FÜR BERLIN Die vorgestellte, heute nur durch die Lichtsimulationen nachzuvollziehende Situation in der Alten Pinakothek hatte Tiede eingehend studiert, bevor er seinen Mustersaal im Alten Museum in Berlin plante. Seine Erkenntnisse konnte er dort allerdings nicht frei umsetzen, denn er plante keinen Neubau, sondern musste die Bedingungen im Galeriesaal mit einer unveränderbaren Abmessung von circa elf Metern Breite, etwa 20 Metern Länge und rund neun Metern Höhe berücksichtigen.46 Die Dachfläche über dem Saal fiel nach zwei Seiten ab und lag am höchsten Punkt fast vier Meter und an den beiden Seiten bei jeweils unterschiedlicher Dachneigung grob zweieinhalb Meter beziehungsweise etwas mehr als einen Meter über der Deckenöffnung. Der Dachfirst entsprach nicht der Saalmitte. Das Dach wurde von einer Eisenkonstruktion getragen, wobei jeweils drei Träger über die gesamte Saallänge liefen. Die untere Gurtung trug die neue, matte
Abb. 137 Rubenssaal zwischen 1836 und 1841. Verlauf der Isolinien an den Bilderwänden im Sommer für die Tageszeiten morgens, mittags und abends.
Abb. 138 Rubenssaal zwischen 1836 und 1841. Verlauf der Isolinien an den Bilderwänden im Winter für die Tageszeiten morgens, mittags und abends.
Verglasung, welche walmdachartig von einer etwa 67 Zentimeter hohen Bohlenwand unterstützt wurde. In dieser Verglasungsebene waren auch Vorrichtungen zum Lüften des Saales im Sommer vorgesehen.47 Die bestehenden Holzsparren konnten aus konstruktiven Gründen nicht entfernt werden und wurden, um den Lichteintrag zu erhöhen, von beiden Seiten nach unten abgeschrägt. Die Sparren trugen ebenfalls die Dachlichtfenster, die eine Abmessung von circa 20 Meter Länge und zehneinhalb Meter Breite hatten.48 Das Oberlicht im Saal selbst bildete „eine Lichtöffnung von 12 ¾ Fuß [4,8 Meter] Breite und 37 Fuß [14,1 Meter] Länge, über welcher die matte Glasfläche unabhängig von der Decke frei schwebt, wie ein Teppich“.49 Das Verhältnis von Deckenöffnung zu Saalgrundfläche betrug demnach 1 : 3,3. Die Bildwandhöhe begann rund einen Meter über dem Fußboden und hatte eine Höhe von etwas über fünfeinhalb Meter.50 Auch ein Sonnenschutz war vorhanden: „Bei dem Berliner Versuchsbau ist überall eine solche Einrichtung getroffen worden, daß derartige Gardinen über der matten Glasfläche anzubringen sind und vom Saal aus die Bewegung derselben möglich ist. Man hat davon Abstand genommen, solche Vorrichtungen, wie anderen Orts geschehen, im Saal unter der Glasdecke in der Form von vela anzubringen, weil an denselben während der Sommerzeit sich reichlich Staub sammelt, der den Bildern schädlich werden dürfte.“51 Diese umsichtige und ganzheitliche Betrachtungsweise setzte sich bei der Wahl der Verglasung fort: „Für die Eindeckung der Dachglasfläche sind für den Probebau Rohglastafeln von circa 4 Fuß [1,5 Meter] Länge und 2 Fuß [0,75 Meter] Breite gewählt worden. Die Stärke des Glases beträgt schwach Zoll [1,4 Zentimeter]. Die Eindeckung der Deckenglasfläche geschah mit Doppelglas, das möglichst fein geschliffen worden ist. Bei diesem Glase ist vorzugsweise darauf gesehen worden, eine Sorte zu wählen, welche im Durchschnitt einen schwach bläulichen Schein zeigte, da angestellte Versuche ergeben haben, daß hierdurch das Licht, welches in den Saal gelangt möglichst weiß gefärbt erscheint. Anders gefärbtes Glas bewirkte eine entsprechende Färbung des Lichtes und übte demgemäß Einfluß auf die Farbgebung der Bilder.“52 Tiede berücksichtigte bei der Wahl der Verglasung unter anderem deren Farbwiedergabeeigenschaften, weil er den Zusammenhang zwischen Farbwirkung der Gemälde und spektraler Strahlungsverteilung des Lichtes erkannt hatte – obwohl er sich noch nicht auf eine naturwissenschaftliche Theorie stützen konnte. Denn bis die Beleuchtungsproblematik nicht nur zeichnerisch-konstruktiv oder vor dem Hintergrund praktischer Beobachtungen behan-
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delt wurde, sollte es noch mehr als zehn Jahre dauern. Richard Mentz publizierte 1884 einen Aufsatz, in dem er den Zusammenhang zwischen Beleuchtungsintensität, Neigungswinkel der einfallenden Strahlung, Reflexionsgrad der Fläche und Stellung des Beobachters physikalisch und mathematisch darstellte.53 Ausgehend von der nach wie vor gültigen Forderung, dass eine gleichmäßige Beleuchtung in den Ausstellungsräumen erzielt werden solle, führte er an, eine weitere Hauptaufgabe bei der Planung von Ober- oder Seitenlicht für Gemäldegalerien sei, „der zerstörenden Wirkung der direkten Sonnenstrahlen entgegen zu arbeiten; wenigstens gilt dies für so lange, als nicht ein Farbestoff erfunden ist, welcher den chemischen und physikalischen Einflüssen der Sonnenstrahlen ausreichend widersteht“54. Damit wurde die Schädigung der Kunstwerke durch Licht erstmals direkt angesprochen und Lichtschutzmaßnahmen neben die Forderung nach einer optimalen Ausleuchtung gestellt. Vermutlich handelt es sich hier um eine der frühesten konservatorisch begründeten Forderungen, die Lichtschäden durch entsprechende Maßnahmen zu vermeiden. Mentz war der Ansicht, dass bei Licht im Museum „keine bestimmte Strahlenrichtung [überwiegen sollte, sondern] ein Lichtverhältnis [herzustellen sei], bei welchem ein Stab im freien Raum keinen Schatten auf eine Fläche wirft. Ein Licht von solcher Beschaffenheit ist allein das für Bildersäle geeignete.“55 Beim Vergleich der Systeme von Magnus und Tiede merkte er an, „dass je größer das Oberlicht, die Saaldimensionen konstant voraus gesetzt, um so höher das Lichtmaximum liegt, um so stärker die Intensität desselben wird, um so größer die Lichtabstufung auf der Bildwandfläche ist“56. Er erklärte, dass in der oberen Wandzone, „wo, bei angemessener Höhe des Saals keine Bilder mehr zu hängen sind, ein sehr energisches Licht [vorliegt], welches, wenn es nicht auf die gegenüber liegende Wand reflektiert wird, verloren geht“,57 und resümierte, dass die Intensität des Lichtes häufig grundsätzlich zu gering sei, „zumal das Tageslicht, bevor es auf den Bildwandflächen in Wirksamkeit tritt, bereits beim Durchdringen der (doppelten) Glasdecke des Oberlichts große Intensitäts-Verluste (50–70 Proz.) erleidet“.58 Bisher unberücksichtigt sei die Abschwächung der Lichtintensität durch die Verglasung. Dabei käme ebenfalls der „Verlust an Licht in Betracht, welcher durch ein Aufwärtsspiegeln (in den Raum zurück gerichtetes) der Lichtstrahlen von beiden Glasdecken sich ergiebt. Danach wäre z. B. zu bestimmen, wie die Glasplatten liegen müssen: ob mit der mattgeschliffenen Seite nach oben oder unten usw.“59 Zwar in anderem Zusammenhang, jedoch an dieser Stelle sehr aufschlussreich sind die Angaben des Siemens & Halske Mitarbeiters Fried-
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rich von Hefner-Alteneck. Dieser beschäftigte sich in den 1880er Jahren im Zusammenhang mit der Lichtausbeute bei elektrischem Licht auch mit der Schwächung der Lichtintensität durch das die Lichtquellen umgebende Glas. Die Verluste bezifferte er mit 15 % bei Alabasterglas, 20 % bei Opalglas und 30 bis 60 % bei Milchglas.60 NACHBESSERUNG IN MÜNCHEN Etwa zeitgleich stand in der Alten Pinakothek die Wahl einer neuen, geeigneten Verglasung an, denn um den Lichteintrag in die Galeriesäle zu erhöhen, sollte die Kupfereindeckung der Lichtlaternen durch eine Verglasung ersetzt werden. Da dies den Anteil direkter Sonneneinstrahlung in die Räume erhöhte, musste die Staubdeckenverglasung ebenfalls ersetzt werden. Das verwendete Mattglas sollte die Lichtstreuung verbessern und den Einfall direkten Sonnenlichts reduzieren. Die neuen Untersuchungsergebnisse zu den Lichttransmissionseigenschaften verschiedener Glasarten flossen also tatsächlich in die Überlegungen zur Verbesserung der Lichtsituation in der Alten Pinakothek ein. Ob die Maßnahmen zur Verbesserung der Lichtverhältnisse erfolgreich waren, lässt sich über den Vergleich der Ergebnisse der Lichtsimulationen beurteilen. Erste Indizien liefert die Gegenüberstellung der Lichtsituation zur Mittagszeit im Frühjahr und Sommer (Abb. 139) sowie im Herbst und Winter (Abb. 140) vor und nach dem Austausch der Kupfereindeckung der Lichtlaternen durch die Verglasung. Auf den ersten Blick ist zu erkennen, dass die Beleuchtungsstärke auf den Gemäldeoberflächen im Frühjahr und im Sommer durch die komplette Verglasung der Lichtlaternen stellenweise um 30 Lux stieg (Abb. 141). Im Herbst (Abb. 142) fiel die Zunahme der Beleuchtungsstärke kaum ins Gewicht, und im Winter war sie nicht festzustellen. Bezogen auf sämtliche Raumflächen erhöhte sich die mittlere Beleuchtungsstärke im Jahresdurchschnitt um etwa ein Drittel (Tabelle 15). Auf den einzelnen Raumflächen variierte die Zunahme zwischen 29 und 40 %. Auf das gesamte Jahr bezogen stieg die minimale Beleuchtungsstärke um durchschnittlich sieben Lux, die maximale Beleuchtungsstärke mit durchschnittlich 70 Lux deutlicher. Bei genauerer Betrachtung der Veränderung der maximalen Beleuchtungsstärke zeigt sich, dass die Nordwand während aller vier Jahreszeiten deutlich mehr Licht erhielt. Auf den anderen Bilderwänden war der Anstieg etwas moderater. Die damals ergriffenen Maßnahmen, also die vollständige Verglasung der Lichtlaternen und der Austausch der Staubdeckenverglasung erhöhten
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grundsätzlich den Lichteintrag. Aber behob dies den generellen Mangel an Tageslicht in den Galeriesälen wirklich? Wieder sind es die Lichtsimulationen, die Hinweise liefern. Abbildung 141 zeigt die Beleuchtungsstärke im Sommer während der Tageszeitpunkte morgens, mittags und abends. Morgens zum Beginn der Öffnungszeit lagen die Beleuchtungsstärken auf den Gemäldeoberflächen überwiegend zwischen 40 und 70 Lux. Mittags erreichten sie 50 bis über 80 Lux, und abends zum Schließzeitpunkt um 17 Uhr sanken sie auf rund 25 bis 65 Lux. Im Herbst (Abb. 142) betrug die Beleuchtungsstärke auf den Gemäldeoberflächen morgens und abends zwischen zehn und maximal 30 Lux. In der Mittagszeit lagen sie bei Werten zwischen 30 und maximal 80 Lux höher. Im Winter erreichte die Beleuchtungsstärke selbst zur
Abb. 139 Rubenssaal. Vergleich der Lichtsituation anhand der Beleuchtungsstärke zur Mittagszeit. Gegenüberstellung von Ursprungszustand (links) und nach der Veränderung der Lichtlaternen (rechts) im Frühjahr (oben) und im Sommer (unten).
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Abb. 140 Rubenssaal. Vergleich der Lichtsituation anhand der Beleuchtungsstärke zur Mittagszeit. Gegenüberstellung von Ursprungszustand (links) und nach der Veränderung der Lichtlaternen (rechts) im Herbst (oben) und im Winter (unten).
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Mittagszeit im Schnitt nicht über 17 Lux (Tabelle 15), wobei die einzelnen Bilderwände entsprechend des Sonnenstandes und ihrer Orientierung hinsichtlich der Beleuchtungsverhältnisse voneinander abwichen (Tabelle 16). Grundsätzlich lag die Beleuchtungsstärke selbst nach der Erhöhung des Verglasungsanteils noch immer deutlich unter dem heute in der Praxis allgemein angestrebten Niveau zwischen 150 und 300 Lux für die Beleuchtung von wenig lichtempfindlichen Materialien. Aus konservatorischer Sicht gelten nach wie vor die zum ursprünglichen Zustand der Beleuchtung des Rubenssaales getroffenen Aussagen. Allerdings mit einer Einschränkung: Trotz der Staubdeckenverglasung aus Mattglas gelangte im Sommer bei Sonnenschein deutlich mehr direktes Sonnenlicht in die Galeriesäle (Abb. 143).
Abb. 141 Rubenssaal zwischen 1841 und 1891 mit komplett verglasten Lichtlaternen. Verteilung der Beleuchtungsstärke zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten des Tages im Sommer.
Abb. 142 Rubenssaal zwischen 1841 und 1891 mit komplett verglasten Lichtlaternen. Verteilung der Beleuchtungsstärke zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten des Tages im Herbst.
Frühjahr
Sommer
Herbst
Winter
Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West
Jahresdurchschnitt Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West
346
72 60 33 28 45 105 64 43 28 63 69 55 34 25 48 22 17 11 13 13
35 33 27 33 29 36 42 34 33 29 35 34 31 32 26 38 44 25 63 30
11 18 13 7 6 9
34 36 38 29 40 29
34 27 22 20 27 40 24 22 21 35 33 23 20 19 28 11 9 7 9 9
55 69 47 43 42 74 41 47 40 35 57 44 43 46 40 57 80 40 60 50
7 11 7 6 5 7
51 61 59 44 47 42
g1
Maximale Beleuchtungsstärke [Lux]
12 11 7 6 8 17 7 7 6 9 12 7 6 6 8 4 4 2 3 3
[Lux] Veränderung gegenüber [%] 1836–1841
Minimale Beleuchtungsstärke [Lux]
19 15 7 7 10 28 19 11 7 14 18 14 8 6 10 6 4 2 5 3
[Lux] Veränderung gegenüber [%] 1836–1841
Durchschnittliche Beleuchtungsstärke [Lux] [Lux] Veränderung gegenüber [%] 1836–1841
Fläche
Jahreszeit
Tabelle 15 Rubenssaal mit verglasten Lichtlaternen. Beleuchtungsstärkeniveau auf den Bilderwänden und dem Fußboden zur Mittagszeit. Gegenüberstellung der vier Jahreszeiten und des Jahresdurchschnitts mit Angabe der Veränderung gegenüber dem Ursprungszustand.
100 422 45 36 64 161 564 57 33 86 97 482 46 31 69 28 159 16 18 18
20 324 8 20 10 36 448 12 -29 18 19 387 8 -23 9 7 126 3 2 2
25 330 22 36 19 29 386 27 -47 26 24 407 21 -43 15 33 97 17 11 13
70 21 321 8 -8 10
72 28 305 22 -11 18
0,48 0,44 0,65 0,72 0,59 0,38 0,38 0,53 0,78 0,56 0,48 0,42 0,60 0,75 0,58 0,49 0,53 0,66 0,64 0,64
Wenn die Sonne im Zenith stand, erreichte die durchschnittliche Beleuchtungsstärke rund 500 Lux, wobei zeitweise Werte über 2.000 Lux auftraten, ohne dass UV-Schutzmaßnahmen bekannt gewesen wären. Diese Aussagen relativieren sich allerdings wieder vor dem Hintergrund der Dosisbetrachtung: Die meiste Zeit des Jahres war das Beleuchtungsniveau nach wie vor niedrig, und die beschriebene extreme Situation herrschte nur während sehr kurzer Zeitspannen. Eine weitere Erhöhung des Beleuchtungsniveaus wäre nur über eine Vergrößerung der Lichtöffnungen im Dach, also massive konstruktive Eingriffe, erreicht worden. Beim Einbau der neuen Heizung um 1891 wurde auch der Fußbodenbelag der Galeriesäle erneuert. Bei der schwierigen Entscheidungsfindung, den dunklen Steinboden durch einen helleren Eichenholzparkettboden zu ersetzen, könnte durchaus die Feststellung von Mentz, dass die Wirkung des indirekten Lichtes bisher unterschätzt worden sei, den letzten Ausschlag gegeben haben. Mentz war der Meinung, dass die Fußböden – anstatt komplett dunkel – so gestaltet sein sollten, dass sie Licht reflektieren ohne zu blenden. Dies würde wirksam dazu beitragen, die Helligkeit im Raum zu erhöhen.61 Tatsächlich veränderte der neue, hellere Holzfußbodenbelag das subjektive Raumempfinden, wie die Gegenüberstellung in Abbildung 144 zeigt. Dargestellt sind die Lichtverhältnisse im Rubenssaal abends zur Schließzeit der Galerie im Sommer unter Berücksichtigung des direkten Sonnenlichtes. Im Ursprungszustand (Abb. 144 oben) war der Schatten der Kupfereindeckung zu erkennen. Dieser fehlte, nachdem das Kupferdach durch Glas ersetzt wurde (Abb. 144 mitte), und der Saal erschien insgesamt etwas heller. Nach der Verlegung des Holzbodens (Abb. 144 unten) veränderte sich der Raumeindruck drastisch, obwohl an der Dach- und Staubdeckenkonstruktion nichts verändert wurde. Der Raum wirkte heller, wozu sicherlich die veränderte Gemäldehängung beiTabelle 16 Rubenssaal zwischen 1841 und 1891 mit komplett verglasten Lichtlaternen. Gegenüberstellung der Bildwandflächen hinsichtlich des mittleren Beleuchtungsstärkeniveaus zu verschiedenen Jahreszeiten jeweils morgens, mittags und abends immer von hell (links) zu dunkel (rechts). Jahreszeit
Bildwandflächen aufgeführt nach mittlerer Beleuchtungsstärke (von hell zu dunkel)
Frühjahr
morgens Nord West
Süd
Ost
mittags Nord
West
Süd
Ost
abends Nord
Ost
Süd
West
Sommer Herbst Winter
West West Nord
Nord Süd Süd
Ost Ost Ost
Nord Nord Nord
West West West
Süd Süd Süd
Ost Ost Ost
Nord Nord Nord
Ost Ost Ost
Süd Süd Süd
West West West
Süd Nord West
347
Abb. 143 Rubenssaal zwischen 1841 und 1891 mit komplett verglasten Lichtlaternen. Einfluss der direkten Sonneneinstrahlung auf die Gleichmäßigkeit der Beleuchtung der Bildwandflächen. Vergleich der Tageszeitpunkte morgens und mittags (links) sowie Darstellung der entsprechenden Beleuchtungsstärken (rechts).
trug. Diesen rein optischen Eindruck bestätigt der Vergleich der Beleuchtungsstärken (Abb. 145). Die Beleuchtungsstärke in der oberen Raumhälfte war kaum verändert. Deutliche Unterschiede zeigten sich in der unteren Hälfte der Hängezone. Hier stieg die Beleuchtungsstärke allein durch die Reflexionseigenschaften des Holzbodens um etwa zehn Lux. Die Ergebnisse in Tabelle 17 zeigen, dass die Beleuchtungsstärke im Jahresdurchschnitt bei der Berücksichtigung sämtlicher Raumflächen lediglich um drei Lux anstieg. Dabei erhielt der Fußboden kaum mehr Licht, jedoch erhöhte sich die mittlere Beleuchtungsstärke auf den Bilderwänden durch die Reflexion des Bodens um bis zu 14 %. SCHÄDEN DURCH LICHT Grundsätzlich werden die Besucherbeschwerden zur Lichtsituation, die auch nach den Umgestaltungsmaßnahmen weiter bestanden, durch die
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Lichtsimulationen nachvollziehbar. Die Konstruktion der Lichtlaternen verminderte den Lichteintrag deutlich und reduzierte, als die Lichtlaternen mit Kupfer eingedeckt waren, die direkte Sonneneinstrahlung auf ein Minimum. Obwohl durch die später vollständig verglasten Lichtlaternen mehr Licht – also auch mehr direkte Strahlung – auf die Gemäldeoberflächen traf, finden sich in den Archivalien keine Hinweise auf ein Ausbleichen der Farben der Gemälde oder andere Lichtschäden an den Kunstwerken der Alten Pinakothek. Wie Mentz‘ Ausführungen belegen, ist der Grund nicht das fehlende Wissen um das von der Lichtstrahlung ausgehende Gefährdungspotenzial.62 Auch in der Alten Pinakothek lagen Erfahrungen mit Lichtschäden vor: Die textile Wandbespannung verblich durch die solare Strahlung und musste am Ende des 19. Jahrhunderts komplett erneuert werden.63 Ähnliche Beobachtungen und allgemeine Beschreibungen von Lichtschäden sind zwar weitaus älter, wurden aber erst etwa ab dem 18. Jahrhundert in Form systematischer Studien überliefert. Seit 1733 beschäftigte sich beispielsweise Charles François de Cisternay du Fay systematisch mit der Ermittlung der Lichtechtheit von Farben, und ab 1772 testete Sir Joshua Reynolds als Präsident der Royal Academy of Arts die Lichtechtheit verschiedener Materialien. Auch George Field, ein britischer Farbenhersteller und Autor, führte ab 1804 eigene Versuchsreihen zur Farbstabilität seiner Pigmente durch.64 Schließlich belegte Grotthuß um 1817, dass Licht, welches von Molekülen absorbiert wird, chemische Veränderungen in Materialien hervorzurufen vermag.65 Das von Licht immer ausgehende Schädigungspotenzial gegenüber Farbstoffen und Pigmenten war demnach sowohl theoretisch wie aufgrund praktischer Erfahrung bekannt. Dennoch ist Mentz einer der ersten, der durch die Anordnung
Abb. 144 Rubenssaal. Vergleich der Raumwirkung im Ursprungszustand (oben), nach der kompletten Verglasung der Lichtlaternen (mitte) und nach dem Einbau des Parketts und der neuen Heizung (unten) jeweils abends um 17 Uhr für den Sommerfall mit direkter Sonneneinstrahlung.
Abb. 145 Rubenssaal. Vergleich der Lichtsituation anhand der Beleuchtungsstärke in Hinblick auf den Einfluss der Lichtreflexion des Fußbodens. Gegenüberstellung der Situation mit verglasten Lichtlaternen sowie Steinboden (links) und Eichenholzparkett (rechts) im Frühjahr morgens um 9 Uhr (oben) und mittags um 12 Uhr (unten).
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der Ober- beziehungsweise Seitenlichter und die Wahl der Verglasung gezielt versuchte, Lichtschäden vorzubeugen.66 Und selbst Josef Durm, Herausgeber des „Handbuch für Architektur“ – einem der Standardwerke für die Architekten des 19. Jahrhunderts – wies nur in einem Nebensatz darauf hin, dass „zur Verdunklung des Saales, wenn eine Besichtigung der Gemälde nicht stattfindet, so wie zur Erhaltung ihrer Farbenfrische […] zuweilen Vorhänge oberhalb des Deckenlichtes angeordnet“ werden würden, und zeigte das Prinzip aus dem Museum zu Emden.67 Die spärlichen Belege zu frühen Methoden des Lichtschutzes verwundern zunächst: Stellvertretend für die ersten Museums- und Ausstellungsgebäude konnte am Beispiel der Alten Pinakothek jedoch gezeigt werden, dass meist ein Mangel an Tageslicht bestand. Dabei war die Alte Pinakothek durchaus kein Einzelfall, wie Erbes 1923 erschienenes Buch „Belichtung von Gemäldegalerien“ belegt.68 Darin beschrieb er die Lichtsituation
Frühjahr
Sommer
Herbst
Winter
Maximale [Lux] Veränderung Beleuchtungsstärke [Lux] gegenüber 1841–1891 [%]
Minimale [Lux] Veränderung Beleuchtungsstärke [Lux] gegenüber 1841–1891 [%]
Durchschnittliche [Lux] Veränderung Beleuchtungsstärke [Lux] gegenüber 1841–1891 [%]
Fläche
Jahreszeit
Tabelle 17 Rubenssaal mit verglasten Lichtlaternen und hellerem Eichenholzparkett. Beleuchtungsstärkeniveau auf den Bilderwänden und dem Fußboden zur Mittagszeit. Gegenüberstellung der vier Jahreszeiten sowie des jährlichen Durchschnitts mit Angabe der Veränderung aufgrund der anderen Reflexionseigenschaften des Holzbodens.
Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West Fußboden
73 65 38 30 49 105 70 48 31 68 70 60 38 27 52 22
1 5 5 2 4 0 6 5 3 5 1 5 4 2 4 0
1 8 15 7 9 0 9 12 11 8 1 9 12 8 8 0
27 29 24 22 31 30 29 26 24 41 26 26 23 20 33 9
-7 2 2 2 4 -10 5 4 3 6 7 3 3 1 5 -2
-21 7 9 10 15 -25 21 18 14 17 37 13 15 5 18 -18
107 437 51 39 71 166 595 64 37 91 104 495 52 35 76 29
7 15 6 3 7 5 35 7 4 5 7 13 6 4 7 1
7 4 13 8 11 3 6 12 12 6 7 3 13 13 10 4
Bildwand Nord
19
2
12
10
1
11
163
4
3
Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West
13 11 15
2 2 2
18 22 15
8 8 10
1 -1 1
14 -11 11
17 14 20
1 -4 2
6 -22 11
3 1 5 4 2 4
9 1 10 14 12 10
2 -3 3 3 1 4
8 -7 13 14 5 15
7 5 17 5 2 5
6 5 4 11 3 10
Jahresdurchschnitt Fußboden Bildwand Nord Bildwand Süd Bildwand Ost Bildwand West
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in Europas führenden Museen, und durchweg schienen nicht nur in der Münchner Gemäldegalerie zu Beginn des 20. Jahrhunderts die baulichen Strategien zur Verbesserung der Tageslichtsituation ausgereizt gewesen zu sein. Die unbefriedigende Tageslichtsituation in den Museumsräumen hätte damals prinzipiell ausschließlich durch die Einführung künstlicher Beleuchtung verbessert werden können. Aber der Einsatz von Kunstlicht wurde in der Museumswelt kritisch bewertet. Neben der Frage der Finanzierbarkeit wurden damals Aspekte wie Brandschutz, Schadstoffentwicklung sowie die Auswirkungen auf das Innenraumklima für zu riskant befunden. Diese Vorbehalte waren begründet, wie die der Markteinführung der Wolframlampe vorausgehende Entwicklung der elektrischen Beleuchtung zeigt. Aus ihr erschließt sich, weshalb die musealen Anforderungen an eine Kunstlichtbeleuchtung lange Zeit schlichtweg technisch nicht umzusetzen waren.
KUNSTLICHT ALS ALTERNATIVE Wie angedeutet, erwies sich eine Museumsbeleuchtung mit Gas als ebenso problematisch, wie eine Lichterzeugung mit Flammen völlig ausgeschlossen war. Der Suche nach geeigneten Alternativen ging um 1800 Alessandro Voltas Erfindung der Voltaschen Säule voraus. Die auch als Volta Batterie bezeichnete Konstruktion bestand aus übereinandergeschichteten Kupferund Zinkplättchen, zwischen denen in Elektrolyten getauchte Papp- oder Lederstücke lagen. Als Vorläufer der heutigen Batterien und kontinuierliche Stromquelle war sie eine Voraussetzung für die weitere Erforschung der Elektrizität. Die nun einsetzende intensive Beschäftigung mit Elektrizität ließ erahnen, dass mit Strom erzeugtes Glühlicht eine geeignete Alternative zum Gaslicht sein könnte. Jedoch vollzog sich die Umstellung von der Gasbeleuchtung auf elektrisches Licht langsam. Es dauerte fast 70 Jahre, bis sich die Bogenlampe, die heute als Wegbereiter der elektrischen Beleuchtung gilt, so weit durchsetzen konnte, dass sie als Teil der allgemeinen Beleuchtungskultur galt.69 BOGENLAMPE Schon 1808 entdeckte Humphry Davy: „Als ich zwei Holzkohlenstücke mit einer Länge von 1/6 Inch [0,5 Zentimeter] bis auf einen Abstand von 1/30 bis 1/40 Inch [0,08–0,06 Zentimeter] annäherte, entstand plötzlich ein heller Funke und als ich sie wieder ein Stück voneinander entfernte blieb in der
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Luft über eine verblüffende Länge von mindestens 4 Inch [zehn Zentimeter] eine kontinuierliche elektrische Entladung erhalten, die einen äußerst hellen Lichtbogen bildete“.70 Das war das Prinzip der ersten Bogenlampe. Sie bestand aus zwei Kohleelektroden, zwischen denen sich nach Anlegen einer Spannung – erzeugt durch eine Volta Batterie – ein Lichtbogen bildete. Handschriftliche Preislisten von Siemens & Halske Berlin aus dem Jahr 1862 zeigen, weshalb sich das System trotz Vorteilen gegenüber dem Gaslicht nicht sofort etablierte. Für den Betrieb einer Bogenlampe waren „Leuchtapparat (Bogenlampe) mit Laufwerk, Stativ, fester oder beweglicher Hohlspiegel, Schutzglas (um fortsprühende Funken zurückzuwerfen) und Blendscheibe“71 sowie Batterien, Kohle-Spitzen und Kupferleitungen erforderlich. Dementsprechend hoch waren die Anschaffungskosten. Eine Differentialbogenlampe kostete 1885 rund 210 Goldmark, ein Betrag, der heute etwa 1.340 Euro entsprechen würde.72 Dagegen waren die Kohlenstifte mit rund 1,15 Goldmark (etwa 7,30 Euro) pro laufendem Meter vergleichsweise kostengünstig.73 Zusätzlich fielen verbrauchsabhängige Ausgaben für die energieaufwendige Stromerzeugung an. Die Bogenlampen mussten ständig betreut werden, denn die Kohlepartikel verglühten an der Luft, weshalb die Kohlestäbe im Betrieb wiederholt nachreguliert werden mussten.74 Erst als „durch Verbesserung der galvanischen Elemente und Anwendung langsamer verbrennender Elektroden […] die Brauchbarkeit des Bogenlichtes für Beleuchtungszwecke im öffentlichen Versuche“75 bewiesen war und Hale Holmes auf der Pariser Weltausstellung von 1854 nachgewiesen hatte, dass Bogenlampen auch mit Wechselstrom zu betreiben waren, und das Hauptschiff des Palais d‘Industrie ohne Unterbrechung zwölf Stunden mit Bogenlampen beleuchtet hatte, waren selbst Skeptiker überzeugt.76 Ein weiterer Meilenstein war die Entwicklung der Dynamomaschine durch Werner von Siemens im Jahr 1866. Seine Erfindung ermöglichte die wirtschaftliche Stromerzeugung mit einer bis dahin unerreichten Stärke sowie eine vergleichsweise einfache Regulierung. Die immer betriebsbereiten Dynamomaschinen machten die elektrische Beleuchtung unabhängig von den Batterien, welche in regelmäßigen Abständen erneuert werden mussten. Aber noch im April 1877 meinte Siemens in der Elberfelder Zeitung: „Trotz der angeführten wesentlichen, größtenteils von Deutschland ausgegangenen Verbesserungen des elektrischen Beleuchtungswesens muß aber den übertriebenen Erwartungen, welche neuerdings an dasselbe geknüpft werden, entgegen getreten werden. Die elektrische
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Beleuchtung leidet bisher noch an dem großen Fehler, daß eine Maschine mit Sicherheit nur eine Lampe betreiben kann. Eine solche Lampe gibt zwar dann je nach der Größe der Maschine ein Licht von 1000, 4000 oder 15 000 Kerzen Leuchtkraft mit einer Arbeitskraft von resp. 1, 3 oder 6 Pferdekräften. Für die gleichmäßige Beleuchtung großer Räume und die meisten Beleuchtungszwecke, welche die Gasbeleuchtung zu erfüllen hat, ist diese Konzentrierung des Lichtes aber sehr unvorteilhaft. Es ist möglich, daß die fortschreitende Technik auch diese Schwäche der elektrischen Beleuchtung mit der Zeit überwinden wird. Es ist dieser Weg auch schon mit Aussicht auf Erfolg betreten, einstweilen ist aber an eine allgemeine Anwendung des elektrischen an Stelle des Gaslichtes noch gar nicht zu denken. Dagegen spricht auch noch der Umstand, daß die elektrischen Lampen nicht sehr entfernt von der Lichtmaschine stehen dürfen, wenn man nicht sehr dicke und daher kostspielige kupferne Leitungsdrähte verwenden will.“77 Der Siegeszug der elektrischen Beleuchtung begann letztlich mit der Differentialbogenlampe, die Hefner-Alteneck um 1879 als Chefkonstrukteur bei Siemens & Halske entwickelt hatte.78 Erstmals konnte eine Differentialbogenlampe elektrisch durch Magneten reguliert werden. Die mechanische Regulierung der Kohleelektroden war über Zahnräder und Zahnstangen gewährleistet, wodurch der Lichtbogen automatisch konstant blieb. Das Differentialprinzip war zudem die Grundlage für die Hintereinanderschaltung mehrerer Differentialbogenlampen im gleichzeitigen Betrieb. Durch den Einschluss des Lichtbogens in eine Glasglocke, konnte Sauerstoff ferngehalten und die Brenndauer von sechs bis zehn Stunden auf 60 bis 100 Stunden erhöht werden.79 Die obere Grenze der erreichten Beleuchtungsstärken lag bei 50.000 bis 70.000 Kerzen,80 das war für die Beleuchtung in den Räumen allerdings zu hoch.81 Siemens & Halske führten bereits 1879 rund 60 Beleuchtungsanlagen in Bahnhöfen, Verkaufsräumen, chemischen Fabriken, Instituten, Hörsälen, Maschinenbaubetrieben, Schiffen und Festungsanlagen aus. Der endgültige Durchbruch war die Vorführung der Siemens-Differentialbogenlampe auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung am 1. Juni 1879 in der Kaisergalerie. Dort wurden mehrere in Reihe geschaltete Bogenlampen von einer Dynamomaschine betrieben.82 Daraufhin wurde für den Münchner „Centralbahnhof“ die erste Beleuchtungsanlage mit Differentiallampen bestellt.83 Im selben Jahr erhielt die Bibliothek des British Museum in London Bogenlampen von Siemens Brother. Auch wenn zunächst nicht die Galeriesäle betroffen waren, war es das erste Museum, das eine elektrische Beleuchtung einführte. Die „Zeitschrift für angewandte Elektrici-
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tätslehre“ berichtete: „An öffentlichen Bibliotheken, Kunstsammlungen und dergleichen Instituten mußte bisher für das Publikum der Zutritt auf den Tag beschränkt werden, da man wegen der Feuergefahr die Einrichtung einer Beleuchtung nicht wagte. Diese Gefahr ist nun durch Anwendung des elektrischen Lichtes beseitigt und es wird deshalb seit einiger Zeit der große Arbeitssaal der Bibliothek des Britischen Museums mit elektrischem Licht erleuchtet. […] Seitdem der Lesesaal des Britischen Museums mit elektrischem Licht erleuchtet wird, hat sich die Zahl der Leser derart vermehrt, daß es notwendig geworden ist, den 300 Plätzen für die Leser ein neues Hundert hinzuzufügen.“84 Kurz darauf führte Siemens & Halske weitere fünf Anlagen mit Bogenlampen in Ausstellungen, Bildergalerien und Museen aus.85 In der „Zeitschrift für angewandte Elektricitätslehre“ erschienen 1880 einige Berichte über eine elektrische Probebeleuchtung des Alten Museums in Berlin: „Zwei Flammen werfen durch Reflectoren ihr volles Licht auf die beiden pergamenischen Gruppen, die jetzt in der Rotunde aufgestellt sind. Diese herrlichen neuen Erwerbungen waren dabei von ganz überraschend gewaltiger Wirkung, die in der eigentümlichen Art der Schatten bei der ungewohnten Beleuchtung von einem Punkt aus ihre Erklärung findet. Wenn dann die Gesellschaft wieder in die vordere Säulenhalle heraustritt, sind die drei mittleren Lampen erloschen, wofür eine ganze Reihe von Reflectorlampen die Freskenwand erleuchtet. Während der ganzen Zeit brennen zwei Lichter als Sterne auf den Häuptern der Dioskuren, die auf dem Dache des Museums stehen.“86 Im selben Jahr widmete sich die Zeitschrift auch der Beleuchtung des Industriepalastes in Paris: „Man schreibt uns aus Paris: Der Industriepalast wird während der Ausstellung durch insgesamt 356 Jablochkoffsche Kerzen erleuchtet. Der im Garten, wo sich die Sculpturen befinden, erhaltene Effect wird als sehr vorteilhaft geschildert, dagegen sollen sich die Maler vielfach darüber beklagen, daß das elektrische Licht auf die Farbenwirkung ihrer Bilder einen nachtheiligen Einfluss ausübe.“87 Die Vorbehalte gegenüber der elektrischen Beleuchtung waren in Künstlerkreisen also offensichtlich groß und unter anderem ein Grund, weshalb trotz der allgemeinen Begeisterung und der einsetzenden Welle der Beleuchtung öffentlicher Plätze nur vereinzelt Beleuchtungsanlagen in Galerieräumen installiert wurden. Eine Weiterentwicklung der Bogenlampe, die Soleil-Lampe, wurde 1881 von der Compagnie Générale Belge de Lumière Èlectrique auf der Pariser Elektrizitätsausstellung präsentiert.88 Bei diesem System wurde ein unverbrennbarer Körper durch einen Lichtbogen zum Glühen gebracht.
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Die Lampen bestanden aus einem Kalk- oder Marmorblock mit einfacher Halterung. Der Block war angebohrt, wobei die Bohrungen als Führung für die Elektroden dienten und zur Bildung des Glühkörpers und des Reflektors verwendet wurden. Die Emissionsspektren zeigten deutliche Linien im Rot und Grün.89 Trotzdem wurde auf der Elektrizitätsausstellung eine Gemäldegalerie versuchsweise mit Soleil-Lampen der Firma Clerc & Bureau beleuchtet (Abb. 146), aber „die Ansichten über diese Lampen sind sehr verschieden“.90 Auf dieser Elektrizitätsausstellung präsentierten 19 Aussteller insgesamt 523 große und kleine Lampen verschiedener Systeme und Anwendungsbereiche.91 Auffällig ist, dass die Beurteilung der Beleuchtungssysteme anhand der Kriterien Gleichmäßigkeit des Lichtes, Lichtfarbe und Energieverbrauch erfolgte. Für die Beleuchtung von Innenräumen wurden nun vermehrt matte Glaszylinder und Reflektoren eingesetzt. Damit sollte das erzeugte Licht diffus gestreut und eine indirekte Beleuchtung erreicht werden. ELEKTRISCHES LICHT Zum endgültigen Durchbruch verhalf der elektrischen Beleuchtung die Münchner Elektrizitätsausstellung von 1882, bei der es gelang, den im 57 km entfernten Miesbach erzeugten Strom nach München zu leiten.92 Damit war bewiesen, dass die Stromerzeugung über eine größere Entfernung vom Verbrauchsort getrennt werden konnte. Im gleichen Jahr wurde in Berlin die Gemäldeausstellung des Malers Wassili Wassiljewitsch Weretschagin mit 20 Siemens-Bogenlampen beleuchtet. Dabei wurde ausschließlich Kunstlicht eingesetzt, und das Urteil fiel positiv aus: „Die Gemälde kommen hierbei wirkungsvoller zur Geltung als bei Tageslicht.“93 Auch die Beleuchtung des South Kensington Museum wurde im Frühjahr 1882, nach guten Erfahrungen mit der Beleuchtung des Hofes durch Brush-Bogenlampen, weiter ausgebaut. Die Raphael- und Sheapsbanks-Galerien erhielten künstliches Licht durch 32 von Siemens Dynamomaschinen betriebene Lampen.94 Nachdem sich die Beleuchtung mit elektrischem Licht weiter durchsetzte, wurde ein einheitliches Lichtmaß zum Vergleich und zur Bewertung unterschiedlicher Lampensysteme erforderlich. Auf der erwähnten Münchner Elektrizitätsausstellung stellte Voit photometrische und energetische Versuche vor: „Die photometrischen Messungen […] zerfallen in relative und absolute; durch die ersteren soll die Vertheilung der nach den verschiedenen Richtungen stattfindenden Lichtausstrahlung ermittelt werden, während die letzteren die von einer bestimmten elektrischen
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Arbeit entwickelte Lichtmenge festzustellen haben.“95 Dabei verglich er den Einlochbrenner, den Argandbrenner, den kleinen und den großen Siemensbrenner, Glühlampen verschiedener Hersteller und Bogenlampen. Die gewonnenen Erkenntnisse bezogen sich sowohl auf die Gleichmäßigkeit des Lichts (Beleuchtungsstärkeniveau, Lichtstärke und Leuchtdichte) wie auf die Lichtverteilung in Abhängigkeit zur eingesetzten Energie (Lichtausbeute, Lichtstrom). „Die Form der Kohlenfäden bei neueren Lampen insbesondere der von Müller in Hamburg, scheint darauf zu deuten, daß die Fabrikanten eine nach allen Richtungen gleich helle Lampe herstellen wollten und dies durch die Windungen des Kohlenfadens zu erreichen suchten [wobei] fast ausschließlich der Querschnitt des Kohlenfadens maßgebend ist. Bei kreisförmigem Querschnitte, wie er bei den Lampen von Müller und Swan vorkommt, ist die Lichtverteilung weit regelmäßiger als bei einer Lampe von Edison und Maxim, deren Kohlenfaden einen rechteckigen und besonders bei letzterer einen lang gestreckten Querschnitt haben.“96 Schwieriger gestalteten sich die Messungen bei den Bogenlampen, weil dort aufgrund des Konstruktionsprinzips Schwankungen der Lichtstärke normal waren. „So ist es klar, daß eine Bogenlampe für Gleichstrom eine größere Fläche nie gleichmäßig beleuchten wird; sie kann daher im Museum, wo sie ausgedehnte Wandflächen erleuchten soll, nicht ohne besondere Vorkehrungen (Reflectoren u. dgl.) verwendet werden, während sie etwa bei der Zeichnung auf einer kleinen Fläche sehr gute Dienste leisten kann.“97 Schließlich ermittelte Voit die in Tabelle 18 aufgeführten Zahlenwerte,98 wobei die Helligkeit des elektrischen Lichts über den Vergleich mit anderen leuchtenden Körpern bewertet wurde.99 Bei diesen Zahlen ist mit Kerzen nicht die heutige Einheit der Lichtstärke, die Candela, gemeint, sondern sie bezieht sich auf die sogenannte Hefnerkerze. Hefner-Alteneck hatte dem Elektrotechnischen Verein 1884 eine reproduzierbare Referenzflamme vorgeschlagen: eine Amylacetatlampe mit einer Dochtstärke von acht Millimetern und einer Flammenhöhe von 50 Millimetern.100 Die so bestimmte Lichteinheit wurde 1890 vom Verein „Deutscher Gas- und Wasserfachmänner“ als Hefnereinheit und 1897 auch
Abb. 146 Pariser Weltausstellung im Jahr 1881. Gemäldegalerie mit SoleilBogenlampen von Clerc & Bureau beleuchtet [Quelle: Rebske 1962, S. 118].
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vom Verband Deutscher Elektrotechniker unter dem Namen Hefnerkerze akzeptiert. Bis dahin waren die Alte Lichteinheit (definiert durch eine 83 g schwere Wachskerze, die mit einer Flammenhöhe von 42 mm brennt), die Einheit der „Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches“ (definiert durch eine Paraffinkerze von 20 mm Durchmesser bei 50 mm Flammenhöhe) und die Berliner Lichteinheit (definiert durch eine Walrat-Kerze mit 44,5 mm Flammenhöhe und einem Verbrauch von 7,77 g pro Stunde) in Deutschland übliche Lichteinheiten. Die auf die Hefnerkerze folgenden Einheiten der Lichtstärke waren ab 1. Juli 1942 die Neue Kerze (NK) und ab 1948 die Einheit Candela (cd).101 Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren international die unterschiedlichsten Einheiten für die Lichtstärke in Gebrauch.102 In Deutschland galten ab 1897 verbindlich die Hefnerkerze als Einheit der Lichtstärke, das Lux als Einheit für die Beleuchtungsstärke und das Lumen als Einheit für den Lichtstrom.103 Die elektrische Beleuchtung war zwar gegen Ende des 19. Jahrhunderts so weit etabliert, dass die öffentlichen Elektrizitätswerke fast ausschließlich Beleuchtungszwecken dienten und im allgemeinen Sprachgebrauch als „Lichtwerke“ oder „Erleuchtungsanstalten“ bezeichnet wurden.104 Trotzdem bestanden noch immer Bedenken hinsichtlich der Sicherheit für Personen in öffentlichen Versammlungsräumen, wie dem Gutachten einer Kommission des Architektenvereins in Berlin zu entnehmen ist: „Die Beleuchtungsfrage befindet sich zur Zeit auf einer Durchgangsstufe, auf welcher eine obligatorische Anwendung des elektrischen Lichtes, bei aller Anerkennung seiner Vorzüge, noch nicht zulässig erscheint, weil die Sicherheit des elektrischen Betriebes noch nicht genügt.“105 Dagegen argumentierten die Elektrizitätsversorgungsunternehmen in ihrer Werbung für elektrisches Licht mit dessen Gefahrlosigkeit. Es sei „die große Leichtigkeit zu erwähnen, mit welcher man Helligkeiten durch das elektrische Licht erzeugen kann, die man auf andere Weise gar nicht erreichen kann. Dazu kommt die Bequemlichkeit, mit der man jede Lampe sofort durch Öffnen des Stromes von irgend einer Stelle aus verlöschen und wieder durch Schließen entzünden kann. In Bezug auf Glanz und Weiße ähnelt das elektrische Bogenlicht am meisten dem Tageslicht und die Effektkohlen erlauben ihm, nach Wunsch dem Auge angenehme Färbungen zu geben. Endlich besitzt das elektrische Licht den großen Vorzug, namentlich für große Räume, in denen sich viele Menschen aufhalten, daß es die Luft absolut nicht verdirbt. […] Zur Erzeugung glänzender Beleuchtungen ist das elektrische Bogenlicht jetzt unbedingt als das vorzüglichste Mittel anerkannt.“106
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Lichtstärke (Kerzen) für einen Quadratmillimeter Oberfläche
Lichteinheiten je Kubikmeter Gas
Leuchtmittel
Tabelle 18 Ergebnisse der Lichtmessungen Voits, die er auf der elektrotechnischen Ausstellung im Glaspalast in München 1882 präsentierte [Quelle: Polytechnisches Journal 243 (1881), S. 458].
Einlochbrenner
45
0,0006
Argandbrenner
70
0,0030
Kleiner Siemensbrenner
141
0,0038
Großer Siemensbrenner
145
0,0060
Glühlampen
80–160 im Mittel 110
0,4000
Bogenlampen
250–750 im Mittel 490
4,8400
FRÜHE BELEUCHTUNGSEXPERIMENTE IN LONDON Im Museum war die elektrische Beleuchtung jedoch nicht so problemlos umzusetzen, wie die Werbung anpries. Dies zeigt ein Blick nach London. Zuerst erhielt das South Kensington Museum um 1869, kurz nach seiner Eröffnung eine Gasbeleuchtung. Die Nachteile stellten sich bald heraus: unstetes Licht, starke Verschmutzung und Erwärmung der Raumluft in den beleuchteten Räumen. Außerdem war das Licht wegen seiner extremen Helligkeit unangenehm für die Besucher.107 Deswegen wurde in anderen europäischen Museen auf eine solche Beleuchtung verzichtet und die meist unbefriedigende Tageslichtsituation weiter hingenommen. Bevor also im British Museum eine Siemens-Dynamomaschine mit elf Bogenlampen installiert wurde, erfolgte eine kritische Abwägung. Eine Gasbeleuchtung wurde von den Museumsverantwortlichen wegen der Erfahrungen im South Kensington Museum strikt abgelehnt. “The Keeper (Ralph Wornum) opposed the introduction of 2,000 gas burners, because, at the South Kensington Museum, where gas had been installed, the windows had to be kept closed ‘as the wind blew the gas about so, that it made the place smoky and unpleasant‘. With the windows closed the air became too hot.”108 Trotzdem sollten verschiedene Fachleute, darunter Feuerwehrmänner, Chemiker und Architekten zur Installation einer Gasbeleuchtung im British Museum Stellung nehmen. Sie alle äußerten sich ablehnend und “in consequence (...) the Trustees, on the 13th April, 1861, came to a unan-
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imous opinion that they would not be justified in allowing the collections of the British Museum to be open at any hour which would require gas light”.109 Und so wurde am 20. Oktober 1879 am British Museum die erste elektrische Beleuchtung mit elf Lampen eingerichtet. Acht Leuchten befanden sich im Gebäudeinneren und drei an der Außenseite des Museums. Im Gebäude waren vier Leuchten im Lesezimmer installiert, zwei weitere in der Eingangshalle, eine im Lesezimmer-Korridor und eine in der griechischen Galerie.110 Jede der vier Leuchten im Lesezimmer besaß eine nominelle Lichtstärke von 4.000 Kerzen und wurde mit Gleichstrom, erzeugt von jeweils einer magneto-elektrischen Maschine von Siemens, betrieben. Die sieben verbleibenden Leuchten wiesen eine nominelle Lichtstärke von jeweils 400 Kerzen auf. Sie erhielten den Strom über ein 1.100 Meter langes Wechselstromnetz, das von einer Wechselstrommaschine gespeist wurde.111 Die Lampen hingen, mit Ausnahme jener auf dem Vorplatz des Gebäudes, von der Decke herab und „befinden sich in 8seitigen Laternen mit geschliffenem Glas und mit kreisförmigen Spiegeln über den Lampen; ihre Regulatoren sind von Siemens und Halske in Berlin erfunden und so einfach, daß sie auch leicht von ungeübten Händen bedient werden können. Sie nehmen 48 cm lange Kohlenstäbe auf; da diese etwa 75 mm in der Stunde verbrennen, so kann das Licht 6 Stunden brennen, ohne daß man die Regulatoren anrührt.“112 Neben der durch die Lampenbauart bedingten Unstetigkeit des Lichts war die Beleuchtung mit elektrischem Bogenlicht aufwendig und pflegeintensiv. Die Installation einer elektrischen Beleuchtung bedeutete einen enormen technischen Aufwand, da anders als heute kein Stromnetz verfügbar war. Anfangs benötigte jede Lampe, später immerhin noch jedes Gebäude separate Maschinen, die den Strom für die Beleuchtung lieferten. Nichtsdestotrotz wurde die elektrische Beleuchtung im British Museum bis Februar 1890 auf die östlichen und westlichen Galerien ausgedehnt.113 KULTURELLE LICHTREVOLUTION Die Diskussion zur Kunstlichtbeleuchtung am British Museum lässt einen bisher unerwähnten gesellschaftlichen Aspekt erahnen. Im „Handbuch für Architektur“ ist die grundsätzliche Einstellung gegenüber der künstlichen Beleuchtung in Museen angedeutet: „In Museen ist künstliche Beleuchtung bislang nur vereinzelt eingeführt worden, und zwar hauptsächlich in solchen Sammlungen, die denjenigen Classen der Bevölkerung, welche den Tag über beständig in Arbeit verbringen müssen, Abends geöffnet sein sollen.“114 Die Einführung des Kunstlichts war demnach verwoben mit der
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Frage der abendlichen Öffnung und diese führte zu einem gesellschaftspolitischen und sozio-kulturellen Diskurs über die Rolle der Museen im Zuge der Bildungschancen für alle Gesellschaftsschichten. Aber der Wandel im Museumsverständnis vollzog sich langsam, und so blieben die beiden Londoner Museen und vereinzelte Industrieausstellungsbeleuchtungen zunächst Einzelfälle, was die Elektrifizierung betraf. Glühlampe Auch wenn sich das Bogenlicht gegenüber der Gasbeleuchtung durchgesetzt hatte, war es wegen der hohen Leuchtdichten weder für die Ausleuchtung von Kunstwerken noch den privaten Gebrauch geeignet. Erst die Glühbirne entwickelte sich zu einer wirklichen Alternative. Thomas Alva Edison ließ sich 1879 ein Patent auf einen Kohlefaden aus verkohlter Baumwolle erteilen. Das Patent war so allgemein formuliert, dass es auch die spätere Verwendung von verkohlter Bambusfaser einschloss und letztlich für lange Zeit zum Grundpatent für die Glühlampenherstellung avancierte.115 Edisons Leistung war dabei weniger die Erfindung der Glühbirne, als die Entwicklung und marktreife Ausarbeitung eines kompletten Beleuchtungssystems mit Installationsmaterial, Leitungen, Zubehör und mit den notwendigen Elektrizitätsversorgungsstationen. Damit erregte er bei der Pariser Weltausstellung 1881 großes Aufsehen. Im Hauptgebäude der Ausstellung waren Räume mit Hunderten von Edison-Lampen beleuchtet. In Frankreichs Presse war zu lesen: „Wir stellen uns das elektrische Licht gewöhnlich in Form blendend heller Lichtquellenvor, die in ihrer Härte dem Auge weh tun. […] Hier jedoch haben wir eine Lichtquelle vor uns, die irgendwie zivilisiert und unseren Gewohnheiten angepasst wurde. […] Das elektrische Licht hinterlässt keinen Verbrennungsrückstand in der Wohnung, weder Kohlensäure noch Kohlenoxyd, die die Atmosphäre verpesten, noch Schwefelsäure und Ammoniak, die Gemälde und Stoffe in Mitleidenschaft ziehen. Es erhöht nicht die Lufttemperatur und hat nicht die unangenehme und ermüdende Wärme im Gefolge, die mit der Gasbeleuchtung verbunden ist.“116 Der Ingenieur Emil Rathenau urteilte nach Edisons Präsentation auf der Weltausstellung: „Mich packte die Erfindung Edisons, vor allem sein Beleuchtungssystem war bis in alle Einzelheiten erdacht und sachkundig durchgearbeitet, so daß man meinte, es sei in unzähligen Städten jahrelang erprobt worden. Weder Fassungen, Umschalter, Schmelzsicherungen, Lampenträger noch andere zur Installation gehörende Gegenstände fehlten. Die Stromerzeugung, die Regulierung, die Leitungen mit Abzwei-
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gern, Hausanschlüssen, Eletricitätsmessern usw. waren mit staunenswertem Verständnis und unvergleichlichem Genie durchgebildet.“117 Dieser Überzeugung folgend, erwarb er 1882 die Edison-Patentrechte für Deutschland und gründete die „Deutsche Edison-Gesellschaft“, aus der vier Jahre später die „Allgemeine Electricitäts-Gesellschaft“ (AEG) hervorging. In Deutschland wurde die erste Versuchs-Beleuchtungsanlage mit 20 Edison-Glühlampen bereits im Herbst 1881 bei Hansemann in Berlin ausgeführt.118 Zeitgleich und in Zusammenarbeit mit Rathenau bauten Siemens & Halske die erste Glühlampenfabrik Deutschlands auf.119 Für Privathaushalte waren zu diesem Zeitpunkt Kohlefadenglühlampen nahezu unerschwinglich. Um 1885 lag der Preis einer Glühlampe bei vier Goldmark (umgerechnet 26 Euro).120 Zusätzlich entstanden Anschaffungskosten für Dynamomaschine, Leitungen, Installationsmaterial und sonstiges Zubehör sowie die nach Verbrauch anfallenden Aufwendungen für die Stromerzeugung. Darüber hinaus waren sich die Fachleute bereits damals bewusst, dass nur ein Bruchteil der abgegebenen Strahlung der Lichtquellen in Form von sichtbarem Licht ausgestrahlt wurde. Wilhelm Siemens wies 1883 auf die Versuche John Tyndalls hin.121 Er resümierte, dass „selbst bei diesem letzteren, unter allen künstlichen Lichtquellen günstigsten Licht […] 90 % der Gesammtstrahlen in Form von Wärmestrahlung ungenutzt verloren [gehen], während nur 10 % als Licht auftreten“.122 Wissenschaftler, Fabrikanten und Physiker arbeiteten intensiv an der Verbesserung der Lichtausbeute und der Lichtstärke des elektrischen Glühlichts. Eine zu diesem Zeitpunkt übliche Haushaltsglühlampe mit verkohltem Baumwollfaden hatte eine Lichtstärke von etwa 16 Hefner-Kerzen (14,5 Candela).123 Sie besaßen eine Lichtausbeute von etwa zwei Lumen pro Watt bei einer Brenndauer von rund 45 Stunden.124 Die alternativen Versuche mit Oxid-Gemischen (Nernst-Lampe), Osmium oder Tantal waren im Labor erfolgreich. Doch wegen der hohen Herstellungskosten blieben sie Prototypen oder Sonderanfertigungen für spezielle Einsatzzwecke. Dagegen waren die Experimente mit Wolframfäden zielführender und 1905 konnten Fritz Blau und Hermann Remainé mit der ersten funktionsfähigen Wolframfaden-Glühlampe bei der Physikalisch Technischen Reichsanstalt vorstellig werden.125 Diese Glühlampen hatten mit rund acht Lumen pro Watt eine vierfach höhere Lichtausbeute als die Baumwollfaden Glühlampen.126 Siemens & Halske begannen um 1908 mit der Herstellung von Glühdrähten aus Wolfram. Ab etwa 1910 – nachdem General Electrics eine einfachere Methode zur Verarbeitung des Wolframs gefunden hatte – wurden
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sie in der sogenannten Wotanlampe eingesetzt. Anfangs wurde der Wolframdraht in evakuierten Glaskolben untergebracht. Später erhielten sie eine Füllung mit inerten Gasen, und der Wolframdraht wurde gewendelt. Dies verhinderte die Verdampfung des Wolframs, weshalb die Drähte stärker erwärmt werden konnten. Dadurch erhöhte sich bei gleichbleibender Lebensdauer die Lichtausbeute. Diese Leuchtmittel erhielten die Bezeichnung „Wotan-Halbwattlampen“.127 Ihre mittlere Lebensdauer lag bei etwa 1.000 Stunden. Die theoretische Grenze der Lichtausbeute einer Glühlampe lag bei rund 40 Lumen pro Watt:128 In der Praxis wurde eine Lichtausbeute zwischen acht und 15 Lumen pro Watt erreicht.
KUNSTLICHT UND ARCHITEKTUR Die beschriebenen technischen Gegebenheiten sowie die architektonischen Vorraussetzungen der bestehenden Museumsgebäude erklären, weshalb sich trotz dem dringenden Bedarf der Einzug der Kunstlichtbeleuchtung in den Museumsraum verzögerte. Eigentlich etablierte sich das Kunstlicht erst mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg flächendeckend in den Museen. Ab diesem Zeitpunkt trat die Entscheidung für natürliches oder künstliches Licht beziehungsweise deren Kombinationsmöglichkeiten neben die rein architektonische Bewältigung der Beleuchtungsfrage. Dadurch ergaben sich anders gelagerte Herausforderungen. Die Architekten konnten nun zwar unabhängig vom Standort und den herrschenden Bedingungen planen, aber die künstliche Beleuchtung hatte weiter reichende Konsequenzen. Sie war eine große thermische Last und veränderte die Innenraumklimabedingungen. Diese wurden darüber hinaus beeinflusst durch die Verlängerung der Öffnungszeiten und das damit einhergehende höhere Besucheraufkommen. Gleichzeitig stiegt der Energieverbrauch durch die Kunstlichtbeleuchtung deutlich. KUNSTLICHT IN MÜNCHEN Solche Faktoren standen allerdings noch nicht im Vordergrund, als beim Wiederaufbau der Alten Pinakothek die kritische Tageslichtsituation mit all ihren Einschränkungen verbessert werden sollte. Die beiden wesentlichen Veränderungen gegenüber dem ursprünglichen Beleuchtungskonzept waren: Die Lichtlaternen wurden nicht wieder rekonstruiert. Stattdessen wurde das Dach großflächig verglast und die Staubdecken wesentlich vergrößert. Und erstmals wurde eine Kunstlichtbeleuchtung eingeführt.
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In den Galeriesälen befanden sich Leuchtstoffröhren auf den Gesimsen unterhalb des Muldengewölbes (Abb. 147), welche die Bilderwände indirekt über die Reflexion an den Gewölben beleuchteten. Mit diesen Maßnahmen wurde ein höherer Tageslichteintrag erreicht und durch die Möglichkeit, das Kunstlicht bei Bedarf einzuschalten, konnten die Öffnungszeiten unabhängig von Tages- oder Jahreszeit verlängert werden. Obwohl beim Wiederaufbau ein im Vergleich zur Vorkriegssituation etwas dunklerer Holzfußboden gewählt wurde und das dunkle Grün der neuen Wandbespannung keine wesentlich verbesserten Reflexionseigenschaften aufwies, zeigen die Lichtsimulationen, dass sich allein durch die Vergrößerung der verglasten Dachflächen die reine Tageslichtsituation verbesserte (Abb. 148). Im Sommer stieg die Beleuchtungsstärke an den vertikalen Bilderwänden zur Mittagszeit selbst bei bedecktem Himmel auf bis zu 175 Lux und Rubens‘ „Jüngstes Gericht“ erhielt im Durchschnitt zwischen 75 und 100 Lux. Durch die Vergrößerung der Dachöffnungsflächen, die neue Staubdeckenverglasung und die Umgestaltung im Inneren stieg im Jahresdurchschnitt die mittlere Beleuchtungsstärke zur Mittagszeit um etwa 30 %, was der Erhöhung der mittleren Beleuchtungsstärke auf allen Raumflächen um etwa 15 Lux gleichkommt (Tabelle 19). Naturgemäß erhielt der Boden durch die vergrößerten Oberlichtöffnungen auch im Winter deutlich mehr Licht als zuvor (Abb. 149). Stellenweise verdoppelte sich dort die Beleuchtungsstärke. Im Gegensatz dazu veränderte sich das Beleuchtungsniveau auf den vertikalen Bildwandflächen weniger. Mit maximal 30 Lux war die Beleuchtung der Gemälde im Winter mit reinem Tageslicht nach wie vor ungenügend. Aus diesem Grund wurde beim Wiederaufbau das Kunstlichtsystem mit seiner indirekten Beleuchtung vorgesehen, mit dem auch an trüben Wintertagen eine ausreichende Beleuchtung erreicht werden konnte (Abb. 150). Wie sich die Zuschaltung des Kunstlichts auf das Beleuchtungsniveau auswirkte, zeigt Abbildung 151. Selbst während der lichttechnisch ungünstigsten Jahreszeit im Winter konnten abends um 18 Uhr auf den Bilderwänden noch zwischen 200 und 350 Lux erzielt werden. Dementsprechend wurden die Öffnungszeiten unabhängig von der Jahreszeit bis 18 Uhr verlängert und die jahreszeitlich bedingten unterschiedlichen Schließzeiten abgeschafft. Im Frühling, Sommer und Herbst war es noch heller (Abb. 152). Abbildung 152 und die Isoliniendarstellung (Abb. 153) zeigen ein neu entstandenes Problem: Durch die Kunstlichtbeleuchtung, welche die Bilderwände indirekt über die Reflexion am Muldengewölbe beleuchtete, entstand über die Wandhöhe ein deutlicher Helligkeitsunterschied. Knapp oberhalb der Sockelzone lag die Beleuch-
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tungsstärke bei 50 Lux, und etwas über der Hälfte der Hängezone entstand eine „Kante“, an der die Beleuchtungsstärke innerhalb von weniger als 30 Zentimetern auf 200 Lux anstieg. Neben den Unterschieden in der Helligkeitsverteilung ergaben sich durch die Veränderung der Dachkonstruktion und die Einführung der Kunstlichtbeleuchtung neue konservatorische Herausforderungen. An sonnigen Tagen mussten der Tageslichteintrag kontrolliert und Lichschutzmaßnahmen ergriffen werden, denn es entstanden auf den Gemäldeoberflächen Beleuchtungsstärken von bis zu 2.000 Lux (Abb. 154). Doch der vermehrte Lichteintrag war gleichzeitig ein erhöhter Energieeintrag, weshalb sich der Dachraum in den Sommermonaten stark aufheizte. Da Dachraum und Galeriesäle thermisch nicht getrennt waren, veränderten sich die klimatischen Verhältnisse in den Galerieräumen. Dier Effekt verstärkte sich durch die neuen thermischen Einträge der in den Galeriesälen verbauten Leuchtstoffröhren: Allein im Rubenssaal erhöhten sich die thermischen Lasten durch die Beleuchtung um rund 8.200 Watt. Da die Klimaanlage keine Kühlfunktion besaß, konnte die Wärme nicht ohne Weiteres abgeführt werden, und so entstanden in den Sommermonaten wiederholt äußerst kritische klimatische Verhältnisse. Als nach einem Hagelschaden die Dachverglasung ausgetauscht worden war, spitzte sich die Lage zu. Die Temperaturen im Dachraum stiegen auf über 60 °C an, was der Auslöser für die erwähnten Klima- und Lichtmessungen war. Diese über einen längeren Zeitraum systematisch und kontinuierlich durchgeführten Lichtmessungen ergaben, dass der damals allgemein anerkannte Sollwert für die Beleuchtungsstärke von 150 Lux in der überwiegenden Zeit des Jahres und teilweise um das Zehnfache überschritten wurde. Diese Lichtsituation und die fehlende Filterung der kurzwelligen, energiereichen UV-Strahlung bargen ein großes Schädigungspotenzial für die Kunstwerke.
Abb. 147 Rubenssaal. Kunstlichtbeleuchtung nach dem Wiederaufbau. Blick in den Galeriesaal mit Leuchtstoffröhren auf den Gesimsen unterhalb des Muldengewölbes mit visualisierten Lichtstärkeverteilungskurven der Leuchten und Leuchtmittel.
KUNSTLICHT UND ERHALTUNG DER KUNSTWERKE In den Nachkriegsjahren wurden in zahlreichen weiteren europäischen Museen verschiedene Beleuchtungskonzepte umgesetzt. Schon im Januar 1945 berichtete das Commit-
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Abb. 148 Rubenssaal. Vergleich des Beleuchtungsniveaus bei reiner Tageslichtbeleuchtung mittags im Sommer. Gegenüberstellung mit verglasten Lichtlaternen (links) und nach dem Wiederaufbau (rechts).
Abb. 149 Rubenssaal. Vergleich des Beleuchtungsniveaus bei Tageslicht im Winter mittags. Gegenüberstellung verglaste Lichtlaternen (links) und nach dem Wiederaufbau (rechts).
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tee on Art Gallery Lightning der Illuminating Engineering Society: “Natural lighted galleries are now technically obsolete for most types of exhibit, and are likely to dwindle in the future. No satisfactory combination of natural and artificial lightning for art galleries is possible, as the natural partner in the combination varies widely in chromaticity and quantity, from day to day, and season to season, and frequently will change in both colour and quantity in a matter of minutes.”129 Diese kritische Einschätzung des Tageslichts basierte einerseits auf den Problemen, welche die Tageslichtbeleuchtung aus architektonischer Sicht in der Vergangenheit bereitet hatte. Andererseits boten die neu entwickelten Leuchtmittel eine größere Vielfalt und erlaubten eine auf den Beleuchtungszweck abgestimmte Auswahl. Ein Beispiel ist die Halogenglühlampe, welche im Prinzip eine Weiterentwicklung der Glühlampe ist. Der Unterschied besteht neben der kompakteren Bauform in einem dem Füllgas im Glaskolben in geringen Mengen beigemengten Halogen. Dies gewährleistet, dass sich das
Maximale Beleuchtungsstärke [Lux] [Lux]
[%]
Veränderung gegenüber 1891–1952
Minimale Beleuchtungsstärke [Lux] Veränderung gegenüber 1891–1952
Veränderung gegenüber 1891–1952
Durchschnittliche Beleuchtungsstärke [Lux]
[%]
Winter
[Lux]
Herbst
[%]
Sommer
[Lux] Frühjahr
Fläche
Jahreszeit
Tabelle 19 Rubenssaal nach dem Wiederaufbau. Beleuchtungsstärkeniveau auf den Bilderwänden und dem Fußboden zur Mittagszeit bei Tageslicht. Gegenüberstellung der vier Jahreszeiten und des Jahresdurchschnitts mit Angabe der Veränderung gegenüber dem Vorkriegszustand.
Fußboden
103
30
41
42
15
56
146
39
36
Bildwand Nord
83
18
28
36
7
24
632
159
34
Bildwand Süd
45
7
18
28
4
17
63
12
24
Bildwand Ost
37
7
23
25
3
14
49
10
26
Bildwand West
63
14
29
34
3
10
93
22
31
Fußboden
156
51
49
52
22
73
240
74
45
Bildwand Nord
96
26
37
35
6
21
771
212
38
Bildwand Süd
61
13
27
31
5
19
83
19
30
Bildwand Ost
28
7
33
29
5
21
47
10
27
Bildwand West
95
27
40
48
7
17
130
39
43
Fußboden
99
29
41
39
13
50
140
36
35
Bildwand Nord
78
18
30
32
6
23
624
129
26
Bildwand Süd
45
7
18
26
3
13
65
13
25
Bildwand Ost
33
6
22
24
4
20
43
8
23
Bildwand West
69
17
33
37
4
12
104
28
37
Fußboden
31
9
41
13
4
44
41
12
41
Bildwand Nord
24
5
26
12
2
20
206
43
26
Bildwand Süd
15
2
15
10
2
25
21
4
24
Bildwand Ost
13
2
18
9
1
18
5
-4
-44
Bildwand West
18
3
20
11
1
27
10
2
25
Jahresdurchschnitt
15
30
6
26
43
27
Fußboden
30
43
14
56
40
39
Bildwand Nord
17
30
5
22
136
31
Bildwand Süd
7
20
4
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12
25
Bildwand Ost
6
24
3
18
6
8
Bildwand West
15
30
4
16
23
34
367
Abb. 150 Rubenssaal nach dem Wiederaufbau. Vergleich Beleuchtung im Winter mittags mit Tageslicht (links) und zugeschaltetem Kunstlicht (rechts).
Abb. 151 Rubenssaal nach dem Wiederaufbau. Beleuchtungsstärkeniveau bei zugeschalteter indirekter Beleuchtung über die Leuchtstoffröhren des Gesimses im Winter zur Mittagszeit (links) und bei verlängerter Öffnungszeit abends um 18 Uhr (rechts).
368
abdampfende Wolfram wieder auf der Wendel niederschlägt und damit die Kolbenschwärzung theoretisch ausbleibt. Die höhere Wendeltemperatur, die durch den Halogenkreisprozess möglich wurde, erhöhte die Lichtausbeute gegenüber der Allgebrauchsglühlampe um rund 20 Prozent. Die Nennspannung lag zwischen zwölf und 24 Volt, womit sich eine Lichtausbeute zwischen zwölf und 25 Lumen pro Watt erzielen ließ.130 LEUCHTSTOFFRÖHRE Dennoch waren Glühlampe und Halogenglühlampe wegen ihrer schlechten Farbwiedergabeeigenschaften, der vergleichsweise geringen Lichtausbeute und begrenzten Lebensdauer nicht brauchbar für die Museumsbeleuchtung. Hier schien ein anderes Leuchtmittel weitaus geeigneter. Bereits um 1857 hatte Heinrich Geißler mit ersten Gasentladungslampen experimentiert. Er befüllte eine evakuierte Glasröhre mit Elektroden an den Enden mit Edelgas und legte Hochspannung an. Das Gas begann zu leuchten.
Zwar wurden in den 1880er Jahren größere Stückzahlen dieser sogenannten Geißlerschen Röhren produziert, wegen ihrer geringen Leuchtkraft kamen sie meist aber nur für Unterhaltungszwecke in Theatern zum Einsatz.131 Henri Antoine Becquerel hatte schon 1867 das Prinzip der Leuchstofflampe beschrieben, dennoch gelang erst Peter Cooper-Hewitt im Jahr 1901 die Herstellung einer Quecksilber-Niederdrucklampe. Diese sandte blaugrünes Licht aus und wurde lediglich in der Fotografie verwendet, galt aber dennoch als Prototyp der modernen Leuchtstoffröhre.132 Die heute für Leuchtstoffröhren oft verwendete Bezeichnung „Neonröhre“ geht auf Georges Claude zurück, der 1910 durch elektrische Entladung in Edelgas Licht erzeugte. Die Verwendung von Neon ergab zwar rotes Licht, aber der Name Neonröhre wurde später auf alle ande-
Abb. 152 Rubenssaal nach dem Wiederaufbau. Beleuchtungsstärkeniveau bei zugeschalteter indirekter Beleuchtung über die Leuchtstoffröhren des Gesimses. Gegenüberstellung der vier Jahreszeiten jeweils abends.
369
Abb. 153 Rubenssaal nach dem Wiederaufbau. Isolinien an den Bilderwänden im Herbst zur Mittagszeit. Mittig der Grundriss mit Wertegrafik, darum gruppiert die Bilderwände mit Isolinienverlauf. Abb. 154 Rubenssaal nach dem Wiederaufbau. Lichtsituation im Sommer bei Sonnenschein in der Mittagszeit (links) und zugehörige Beleuchtungsstärken (rechts).
370
ren Typen übertragen. Leuchtstoffröhren, wie sie noch heute erhältlich sind, entstanden um 1925 unter der Bezeichnung „Quecksilber-Niederdrucklampen mit Leuchtstoffbelag“. Frühe Versuchslampen stellte die Studiengesellschaft für Elektrische Beleuchtung in Berlin her. Aber erst Marcello Stefano von Pirani und Alfred Rüttenauer entwickelten 1932 betriebsfähige Oxydelektroden, welche die Firma Osram auf der Pariser Weltausstellung 1937 präsentierte.133 Zwei Jahre später zog General Electrics auf der Weltausstellung in New York nach und präsentierte Leuchtstoffröhren in der noch heute gängigen Form. In den folgenden Jahren entwickelten fast alle europäischen und amerikanischen Hersteller marktfähige Leuchtstoffröhren. Diese hatten einen Durchmesser von 38 Millimetern (T12) und eine Lichtausbeute von etwa 30 Lumen pro Watt.134 Ein Nachteil war die mäßige Farbwiedergabe. Die Effizienz der bestehenden Leuchtstoffröhren wurde 1946 durch die Füllung mit einem von A. H. McKeag im Jahr 1942 entwickelten Phosphor-Gemisch weiter verbessert. Dies wirkte sich positiv auf die Farbwiedergabeeigenschaften aus.135 In den 1950er Jahren wurden schließlich die ersten Leuchtstoffröhren in den Museen installiert.136
KUNSTLICHT IN LONDON Eines der ersten Beispiele für die Anwendung von Leuchtstoffröhren im Museum ist die National Gallery, bei der eine von der Alten Pinakothek abweichende Strategie der Kunstlichtbeleuchtung verfolgt wurde. Am 21. August 1950 wurde Saal 29 als einer der ersten mit Klimaanlage und Kunstlichtbeleuchtung ausgestatteten Museumsräume der Öffentlichkeit präsentiert. In England galt die Klimatisierung als eine der Voraussetzungen für die Einführung des Kunstlichts: “In the cleaner atmosphere of air-conditioning there is no need to protect paintings behind glass. The absence of glazing, in turn, helps to overcome problems of reflection and thus makes possible the use of far stronger illumination.”137 Der Zusammenhang zwischen Klimaanlage und Kunstlichtbeleuchtung ist also nicht der Abtransport thermischer Lasten, sondern die Luftfilterung über die Klimaanlage. Damit entfiel die Notwendigkeit, die Gemälde zum Schutz vor Schadstoffen zu verglasen, und so konnte Kunstlicht zur Beleuchtung eingesetzt werden, ohne dass Reflexblendungen störten. Die Beleuchtung in der National Gallery war eine Kombination aus Tages- und Kunstlicht. Die Tageslichtbeleuchtung erfolgte ebenso wie in der Alten Pinakothek durch Oberlicht. Aber das Kunstlicht war im Dachraum zwischen Dach- und Staubdeckenverglasung angeordnet. Umlaufend hinter Jalousien waren fünf Reihen Leuchtstoffröhren platziert. Dies war die Hauptbeleuchtung, zusätzlich wurden direkt über der Staubdeckenverglasung Leuchtstoffröhren und Glühlampen eingebaut, um die Staubdecke nachts zu erhellen, wobei die Glühlampen der Lichtfarbe einen wärmeren Ton verleihen sollten. Auf diese Weise wurden an den Bilderwänden Beleuchtungsstärken zwischen 15 und 20 foot-candles (etwa 160 bis 215 Lux) erzielt.138
Abb. 155 National Gallery, London. Saal 9, mit Kunstlichtbeleuchtung auf einer historischen Fotografie von 1935 [Quelle: Padfield et al. 2013].
371
Abb. 156 Museum der Schönen Künste Gent [Quelle: www.visitgent.be, zuletzt aufgerufen: August 2013].
KUNSTLICHT IN BELGIEN Ein anderes Beispiel für die Kombination von Tages- und Kunstlicht ist das Museum der Schönen Künste in Gent (Abb. 156). Im Jahr 1902 erbaut, erfolgte nach schweren Kriegsschäden ein Wiederauf- und Umbau.139 Bei der 1952 abgeschlossenen Maßnahme erhielt das Museum eine Kunstlichtbeleuchtung, die mit dem aus der Erbauungszeit stammenden Tageslichtsystem kombiniert wurde. Die frühere Tageslichtbeleuchtung war größtenteils über Oberlichter erfolgt, welche als matte Glaspaneele in opaken Rahmen entlang der Wände verliefen. Beim Nachkriegsumbau wurde die matte Verglasung durch Thermolux-Scheiben ersetzt. Dies gewährleistete eine bessere Lichtstreuung und ermöglichte die Filterung von Infrarot- und UV-Strahlung. Zusätzlich wies es gute isolierende Eigenschaften auf, weshalb die Wärmeverluste im Winter um 50 % sanken.140 Für das Kunstlichtsystem waren 40 Watt Leuchtstoffröhren mit Reflektoren vorgesehen. Diese wurden im Dachraum zwischen der ThermoluxStaubdeckenverglasung und der Dachverglasung so angeordnet, dass sie vom Ausstellungsraum aus unsichtbar blieben. Leuchtstoffröhren unterschiedlicher Farbtemperaturen wurden so miteinander kombiniert, dass die Lichtfarbe möglichst dem Tageslicht ähnelte.141 REGELUNG DES KUNSTLICHTS Die Versuche, Tages- und Kunstlicht zu kombinieren, wurden in den 1960er Jahren fortgeführt. Dabei wurden erstmals Photozellen eingesetzt, welche eine automatische Regelung entsprechend der konservatorischen Vorgaben sicherstellen sollten. Beispiele hierfür sind der Raum VII der National Gallery (Abb. 157) und der Saal mit den Raffael-Skizzen im Victoria and Albert Museum (Abb. 158). In der National Gallery wurde an den Wänden eine konstante Beleuchtungsstärke von 150 bis 200 Lux in eineinhalb Metern Höhe angestrebt. Dazu wurden im Dachzwischenraum Jalousien und dimmbare Leuchtstoffröhren montiert. Sonnenschutz und Kunstlicht wurden über Photozellen automatisch gesteuert.142
372
SCHÄDIGUNG DURCH LICHT Parallel zu den Entwicklungen auf dem Gebiet der Kunstlichtbeleuchtung und deren Einzug in den Museumsraum setzte eine intensivere konservatorisch begründete Auseinandersetzung und wissenschaftliche Erforschung des Schädigungspotenzials von Tages- und Kunstlicht ein. Die Fragestellungen drehten sich nicht mehr ausschließlich um eine ausreichende und gleichmäßige Beleuchtung, sondern darum, diese auf einem konservatorisch vertretbaren Niveau zu kontrollieren: Lichtschäden rückten in den Mittelpunkt des Interesses. ERFORSCHUNG VON LICHTSCHÄDEN Die ersten wegweisenden Arbeiten zum Thema Lichtschäden an Materialien von Kunstwerken gehen auf William James Russell und William Abney143 sowie Arthur Herbert Church144 zurück, der in seinem Buch eine Zusammenfassung des „Russell und Abney Reports“ lieferte. Der Bericht von Russell und Abney ist eine der ausführlichsten und systematischsten Untersuchungen dieser Zeit.145 Spannend ist der Entstehungshintergrund, denn der Bericht war von einer öffentlichen Kontroverse begleitet. Nachdem das South Kensington Museum bereits an einigen Abenden der Woche geöffnet war, stellte das Parlament Anfang 1886 Überlegungen an, auch die Öffnungszeiten der National Gallery sowie weiterer Museen zu verlängern. Trotz des Widerstandes seitens der National Gallery, vertreten durch deren Direktor Frederic William Burton, entschied das House of Lords, das Museum an drei Abenden der Woche zu öffnen und dies erforderte eine Kunstlichtbeleuchtung. Um Gegner des Unterfangens zu überzeugen, wurde argumentiert, dass Tageslicht Malschichten ausbleiche – Kunstlicht dagegen nicht und deswegen erfolge die Umstellung auf Kunstlichtbeleuchtung auch zum Wohle der Kunstwerke. Sir James Linton, Präsident des Royal Institute of Painters in Water Colour, widersprach diesen Aussagen und schrieb aufgetretene Farbveränderungen ausschließlich der chemischen Zusammensetzung der Malmittel zu. Church ergänzte, dass die Kunstlichtbeleuchtung genauso Schäden verursache, wobei dies für Bogenlicht gelte, nicht aber für das Licht der Glühlampen. Letztlich sollten Russell und Abney mit ihrer Studie dieses Argumentationsgewirr durch Fakten erhellen.146 Im ersten Teil enthielt der Russell und Abney Bericht eine ausführliche Beschreibung der optischen Eigenschaften von Pigmenten und die physikalischen Grundlagen zur Lichtstrahlung. Für 46 getestete Pigmente
373
Abb. 157 National Gallery, London. Saal VII mit automatischer Steuerung von Tages- und Kunstlicht über Photozellen im Galerieraum [Quelle: Harris 1967, S. 136, Fig. 2].
wurden die Kurven der spektralen Reflexion angegeben, ebenso die spektrale Verteilung für Sonnenlicht, Bogenlicht und Glühgaslicht. Außerdem beschrieben die Autoren das Reziprozitätsgesetz. “In estimating the chemical action effected on a body by radiation to be taken there are […] two factors which have to be taken into account, viz. the Intensity of the radiation acting and the time during which it acts […] if a certain tint be exposed to an intensity of radiation which we will call 100 and bleaches it in say one hour, then if a similar tint be exposed to an intensity 1, it will require 100 hours‘ exposure to effect the same bleaching. There is an idea abroad that if the light be very feeble a bleachable colour, no matter what length of exposure be given, will not fade. This, however, is not the case.”147 Im praktischen Teil wurden die Versuche beschrieben, mit denen der schädigende Effekt natürlicher und künstlicher Lichtstrahlung systematisch für die gängigsten Farbmittel erfasst wurde. Dazu wurden Proben in Galerieräumen platziert und Labortests unter definierten Bedingungen durchgeführt. Diese beinhalteten auch Experimente mit trockener, gesättigter und feuchter Luft, im Vakuum, unter einer Bogenlampe sowie unter dem Einfluss von Verbrennungsgasen. Als Ergebnis erstellten Russell und Abney eine Klassifizierung der Pigmente nach deren Lichtechtheit. Das Schädigungspotenzial von Tages- und Kunstlicht bewerteten sie auf der Grundlage ihrer Versuchsergebnisse: Um sichtbare Zerstörung an wenig lichtempfindlichen Pigmenten hervorzurufen, müsse Tageslicht ein Jahrhundert und Kunstlicht (Gaslicht und elektrisches Licht) Jahrtausende einwirken.148 ERSTE LICHTSCHUTZMASSNAHMEN MIT FOLGEN Vor dem Hintergrund des Berichts setzte sich Abney für eine außergewöhnliche Lichtschutzmaßnahme ein. Im mit Oberlicht beleuchteten Saal der Raffael Skizzen im South Kensington Museum sollten die schädigenden Strahlungsanteile des Tageslichts mit gefärbten Gläsern herausgefiltert werden. Der schließlich 1894 installierte Aufbau ist der
374
erste überlieferte Versuch, die spektrale Zusammensetzung des Lichtes aus konservatorischen Überlegungen heraus zu verändern. Abney meinte, “I found that if a skylight was glazed with signal green glass and an orange in right proportions, the colours (i.e. in paintings) appeared as in ordinary white light and the chemically active rays were cut off. […] The public seemed unaware of the peculiar method of glazing.”149 Dies erwies sich als Irrtum. Zwar konnte durch die Methode, grüne und orangefarbene Dachverglasung mit einer darunterliegenden matten Staubdeckenverglasung zu kombinieren, die Transmission kurzwelliger Strahlung unter 500 nm erheblich reduziert werden, allerdings sank das Beleuchtungsniveau in der Galerie um 80 Prozent, und das stark gelbstichige Licht in der Galerie verfälschte die Farbwirkung und Farbwahrnehmung der Raffael Skizzen. Die Ansichten des Earl of Crawford and Balcarres zu diesem Thema verdeutlichen stellvertretend die allgemeine Haltung gegenüber solchen Bestrebungen: “One question which ought to be settled was how far there was any justification in using the results of scientific investigations to preserve the colours of museum specimen, if only done at the cost of changing their aspect by introducing tinted glasses or coloured screens. Many years ago the Raphael cartoons at the South Kensington Museum had been placed in a fine gallery which was glazed with a nasty lemon coloured glass, which gave one the feeling when entering the room of going into a tomb. It was admitted that Sir William Abney and his colleagues had been correct in saying that if glazing were introduced the discolouration of the cartoons would cease. But at what cost? He had never seen those cartoons and nobody else had for the last 25 years as they really existed. The actual appearance of those cartoons was being disfigured. For what object? In order that some day some generation 100 or 500 years hence might see them presumably without the glass as Raphael had left them. Was it worth it?”150
Abb. 158 Victoria and Albert Museum, London. Saal der Raphael-Skizzen, Automatische Tages- und Kunstlichtsteuerung über Photozellen reguliert auf einen Sollwert von 150 Lux [Quelle: Harris 1967, S. 137, Fig. 3].
375
KUNSTLICHT ALS LICHTSCHUTZMASSNAHME Die Bemerkung fiel während einer Sitzung der Royal Society of Arts am 13. Dezember 1922 im Zusammenhang mit dem Vortrag „The loss of colour in objects exposed to light“ von Sidney Harmer.151 Harmer berichtete von zwei Versuchsreihen, die er zwischen 1914 und 1921 als Direktor der naturhistorischen Abteilung des British Museum durchgeführt hatte. Mit seinen auf die Arbeit von Russell und Abney aufbauenden Experimenten wollte er einerseits bewerten, welche Lichtquelle schädlicher sei: direktes Tageslicht, diffuses Tageslicht oder elektrische Beleuchtung durch Bogenlampe oder Glühlampe. Andererseits testete er verschiedene, darunter auch gefärbte Gläser, hinsichtlich ihrer UV-filternden Eigenschaften. Seine Bewertung zeigt, dass die Thematik schon damals in einem größeren Zusammenhang betrachtet wurde. Harmer war bewusst, dass gefärbte Gläser das Ausbleichen zwar verzögerten, aber nicht vollständig verhinderten.152 Außerdem stellte er eine Beziehung zwischen dem Ausbleichen und der Luftfeuchte her: “The additional dryness of the air produced by the presence of calcium chloride had afforded some protection to the colours.”153 Zum Schädigungspotenzial unterschiedlicher Lichtquellen bemerkte er, “diffused daylight was about six times as injurious as electric light, while direct sunlight was from twenty to seventy times as injurious as diffused daylight”.154 Deswegen hätte Kunstlicht zusätzlich den Vorteil, dass die direkte Bestrahlung der Kunstwerke durch Tageslicht völlig auszuschließen sei. Auch die Reaktionen auf diesen Vortrag sind überliefert und bestätigen einmal mehr das historische Bewusstsein für den größeren Kontext. Albert Frank Kendrick, am Victoria and Albert Museum für Textilien verantwortlich, meinte zu den künstlichen Lichtquellen, “but there was a difficulty about having artificial lightning in a Museum as a substitute for daylight at times when daylight was available.”155 Gleichzeitig bemängelte er die Farbwiedergabeeigenschaften der künstlichen Beleuchtung, “even the best electric lights supplied a colour to the objects and destroyed some of their own colour”.156 Dass Farbveränderungen vielschichtig seien, betonte der Earl of Crawford and Balcarres in seiner Schlussbemerkung: “The effect of light in Nature derived actions, inter-actions, and re-actions from heat, from moisture, and, above all, from movement. There were whole groups of objects which did not themselves change colour, but, owing to the movement in the air, gradually acquired accretions of soot or dirt, which in themselves gave a fresh coat of colour.”157
376
GEBURTSSTUNDE DER 50 LUX Ab dem Zeitpunkt, als künstliche Beleuchtung in Museen häufiger auftrat, intensivierte sich die Forschung zu deren konservatorisch vertretbarer Umsetzung. Eine frühe Vorgabe zur Lichtintensität in Museen findet sich im „Burlington Magazine“ von 1930.158 Die beiden Autoren J. A. Macintyre und H. Buckley stellten ausgehend vom Russell und Abney Bericht weitere Untersuchungen zum Ausbleichen von Aquarellfarben an. Sie erforschten, welchen Schutz vor ultravioletter Strahlung Tageslicht, Bogenlampe und verschiedene Verglasungen boten. Außerdem gingen sie der Frage nach, ob die Feststellung von Russell und Abney, dass der Feuchtegehalt der Luft Einfluss auf die Stabilität der Farbmittel hätte, im Laborversuch nachweisbar sei.159 Aufschlussreich ist ihr Vergleich von Tages- und Bogenlampenlicht. Während die Proben, die dem Tageslicht ausgesetzt waren, extrem stark ausblichen, wiesen die Proben unter Kunstlichtbestrahlung einen deutlich besseren Zustand auf.160 Am Ende des Aufsatzes gaben die Autoren folgenden Hinweis zur Beleuchtung: “A method of protection which involves no special apparatus or conditions is afforded by reduction of illumination by which the pictures are viewed. In this case the increase in ‚life‘ of pictures will be inversely as the extent to which the illumination is reduced. In many of our picture galleries the intensity of illumination on the pictures is considerably higher than the minimum required for their appreciation. In the case of water-colour pictures an illumination of five foot candles [rund 54 lux] would usually be sufficient. With artificial lightning there would be very little ultra-violet light incident on the pictures and with natural lightning, blinds should be used to limit the illumination to five foot candles while the darkening of the gallery by means of dark blinds when it is not in use would further provide a substantial increase in their life.”161 Damit tauchte zum ersten Mal der Wert von 54 Lux auf, der abgerundet auf 50 Lux noch heute für empfindliche Kunstwerke als maximale Beleuchtungsstärke angegeben wird. KUNSTLICHT UND DOSISBETRACHTUNG Durch den breiten Einsatz künstlicher Beleuchtung im Rahmen der Wiederaufbaumaßnahmen in den 1950er Jahren mussten sich die Museumsverantwortlichen intensiver mit dem Schädigungspotenzial der ständig wachsenden Zahl neuer Leuchtmittel auseinandersetzen. Der International Council of Museums (ICOM) widmete sich 1953 ausführlich dem Einsatz von Leuchtstoffröhren in Museen.162 Die ICOM-Kommission zur Beleuchtung von Museumsgut lieferte praktische Hinweise für die Beleuchtung und
377
stellte dabei heraus, dass grundsätzlich jede Art von Beleuchtung zu Schäden führen könne. Als besonders empfindlich galten in diesem Zusammenhang “textiles of all types, leather, feathers and paintings (especially water colors). Also noted were books, microscopic preparations and many natural history specimen, such as animal skin. Certain woods tend to darken and wood stained with dyes can fade. Certain colourants in pastels may also be fugitive. In addition to problems in fading, one must remember that the vehicle in paints and varnishes can yellow, shrink, be eroded on the surface and change in solubility underaction of light.”163 Das Ausmaß eines Lichtschadens sei neben der Lichtempfindlichkeit der Materialien abhängig von der Intensität der Strahlung, der Expositionszeit, der spektralen Verteilung der Strahlung sowie der Absorption durch die Materialien selbst. Aber auch Faktoren wie relative Feuchte, Temperatur oder Schadstoffe in der Atmosphäre wurden angesprochen. Entscheidend für den Lichtschutz sei das Reziprozitätsgesetz. Dieses besagt, dass der photochemische Effekt ein Ergebnis der Exposition als Produkt aus Intensität und Zeit ist. Anders formuliert: 1.000 Lux Beleuchtungsstärke in einer Stunde haben den gleichen Effekt wie zehn Lux in 100 Stunden.164 KONSEQUENZEN DER FORSCHUNG: LICHTSCHUTZ FÜR MÜNCHEN Diese Dosisbetrachtung als Bestandteil ganzheitlicher Lichtschutzmaßnahmen wurde im Zuge der schon erwähnten Klima- und Lichtmessungen auch für die Alte Pinakothek thematisiert. Die aus den Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse führten dazu, dass während der Planung der Generalsanierung eine Rekonstruktion von Klenzes Lichtlaternenlösung diskutiert wurde. Zwar wurde auf Druck der Baubehörden das System nach Döllgast beibehalten, die Dachverglasung erhielt aber UV- sowie IR-Schutz, und im Dachraum wurde ein Sonnenschutzsystem verbaut, mit dem eine Verdunklung der Galeriesäle außerhalb der Öffnungszeiten möglich sein sollte. Aufgrund von technischen Mängeln war das Rollo-System jedoch nicht lange in Betrieb. Gewarnt durch die konservatorisch nicht vertretbare Situation vor der Generalsanierung, wurden die Staubdecken als Notbehelf mit weißen Stoffbahnen abgedeckt. Dadurch verringerte sich das Beleuchtungsniveau in den Galeriesälen merklich (Abb. 159). Kompensiert wurde die Minderung des Tageslichts mithilfe der Kunstlichtbeleuchtung in den Galeriesälen (Abb. 160). Während das Tageslicht sogar im Sommer zur Mittagszeit mit Beleuchtungsstärken von weniger als 20 Lux auf den Gemäldeoberflächen nicht ausreichend war, lagen die Beleuchtungsstärken bei der Zuschaltung des Kunstlichts zwischen 400
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und 500 Lux und waren damit zu hoch. Weil das Kunstlicht nicht dimmbar war, konnte die Beleuchtungsstärke nicht gesenkt werden. Es wurde täglich vor Beginn der Öffnungszeit ein und nach der Abendschließung des Museums wieder ausgeschaltet. Selbst im Winter lag die Beleuchtungsstärke auf den Gemäldeoberflächen unabhängig von der Tageszeit über 300 Lux (Abb. 161). In Abbildung 161 ist ansatzweise zu erkennen, was auf der Isoliniendarstellung (Abb. 162) noch deutlicher wird: Bedingt durch die Anordnung und Platzierung der Leuchtstoffröhren entstand etwa in der Mitte der Bildwandfläche eine Art „Kante“. Oberhalb lag das Niveau der Beleuchtungsstärke durchschnittlich 75 bis 100 Lux höher als in der unteren Hälfte. Zudem ist auffällig, dass jeweils die Ost- und Westwand einen gleichmäßigeren Verlauf der Isolinien aufwiesen, wogegen auf der Nordund Südwand insbesondere zu den Ecken hin sowohl Beleuchtungsstärke wie Gleichmäßigkeit abnahmen. Im Verlauf von wenigen Jahrzehnten hatte sich in der Alten Pinakothek ein Wandel vom reinen Tageslicht- zum überwiegenden Kunstlichtmuseum vollzogen. Natürlich hatte die künstliche Beleuchtung auch Vorteile. Die Lichtverhältnisse wurden kaum durch die Außenbedingungen beeinflusst, eine komplexe Steuerung von Sonnenschutz- und Kunstlichtsystem entfiel, und die Lichtverhältnisse waren für die Besucher unabhängig von der Tages- oder Jahreszeit immer ausreichend. Aber diese Argumente können auch vom Gegenstandpunkt aus betrachtet werden: Die Lichtverhältnisse im Innenraum wirkten steril. Der Besucher verlor den Außenbezug, da im Innenraum nicht ablesbar war, welche Tages- oder Jahreszeit außen gerade herrschte. Die für die indirekte Beleuchtung erforderliche weiße, stark reflektierende Gewölbezone war im Vergleich zu ihrem Umfeld und insbesondere im Vergleich zu den Bilderwänden und Gemälden deutlich
Abb. 159 Rubenssaal. Vergleich des Beleuchtungsniveaus bei reiner Tageslichtbeleuchtung zur Mittagszeit im Sommer. Gegenüberstellung der Situation nach dem Wiederaufbau (links) und mit abgedeckter Staubdeckenverglasung nach der Generalsanierung (rechts).
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Abb. 160 Rubenssaal zwischen 1998 und 2009. Vergleich der Beleuchtungssituation (oben) und des Beleuchtungsstärkeniveaus (unten) zur Mittagszeit im Sommer bei reiner Tageslichtbeleuchtung (links) und bei eingeschalteter Kunstlichtbeleuchtung (rechts).
380
heller (Abb. 160 und Abb. 163). Dies blendete und betonte diesen Raumteil im Vergleich stärker als den Rest des Galeriesaales. Solche Argumente prallten bis Ende des 20. Jahrhunderts aufeinander, wenn es darum ging, ob die Kombination von Tages- und Kunstlicht einer reinen Kunstlichtbeleuchtung vorzuziehen sei. Dieser Konflikt zeigte sich wiederholt in Diskussionen zwischen Lichtplanern mit technischem Ansatz, Architekten mit Fokus auf die ästhetische Wirkung und Konservatoren, die auf das Schädigungspotenzial von Lichtstrahlen verwiesen. Mitte der 1980er Jahre war Beleuchtung im Museumsbau schwierig, es „wurden zahlreiche neue Museumsbauten errichtet. […] Hier handelt es sich um architektonische Prachtbauten, die oft auch mit faszinierender Lichttechnik ausgestattet sind. Die Außenwelt wird integriert und das Tageslicht
Abb. 161 Rubenssaal zwischen 1998 und 2009. Verteilung der Beleuchtungsstärke zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten des Tages im Winter bei eingeschalteter Kunstlichtbeleuchtung.
Abb. 162 Rubenssaal zwischen 1998 und 2009. Verlauf der Isolinien an den Bilderwänden im Frühjahr morgens, mittags und abends.
Abb. 163 Rubenssaal zwischen 1998 und 2009. Blick auf den Raum von oberhalb des Gesimes. Leuchtstoffröhren in dreireihiger Anordnung oberhalb der Gesimse mit visualisierten Lichtstärkeverteilungskurven der Leuchtmittel.
zur Gestaltung der Innenräume und zur Beleuchtung der Ausstellungsstücke mit einbezogen. Bei allen formalen und ästhetischen Qualitäten muß doch festgestellt werden, daß an vielen Stellen die grundlegenden lichttechnischen Anforderungen an die Beleuchtungsqualität nicht beachtet worden sind und dementsprechend ungünstige Sehbedingungen in den Museumsräumen herrschen.“165 EINE FRAGE DER BELEUCHTUNGSSTÄRKE Dabei hatte Thomson den Umgang mit Licht im Museum schon in den 1960er Jahren kritisch hinterfragt. Er war Mitglied der ICOM Commission for Lighting of Museum Objects und widmete sich nach der Veröffentlichung des ICOM Berichts weiter der Thematik. Robert Feller und Thomson waren damals die bekanntesten Experten für Lichtschäden und Lichtschutzmaßnahmen.166 Thomson war 1961 einer der ersten, der festhielt, dass eine gute Museumsbeleuchtung nur erzielt werden könne, wenn konservatorische und ästhetische Gesichtspunkte ausgewogen im Rahmen einer durchdachten Lichtplanung umgesetzt würden. Die konservatorischen
382
Tabelle 20 Maximale Beleuchtungsstärken nach Thomson aus dem Jahr 1961. Type of object Objects insensitive to light (e.g. Metal and stone) Most museum objects, including oil and tempera paintings Specially sensitive objects (watercolours, textiles, tapestries, etc.)
Lightsource Daylight Fluorescent light at about 6500 °K or about 4200 °K Daylight Tungsten light Fluorescent light at about 4200 °K. Preferably tungsten filament lamps
Lightlevel Rarely necessary to exceed 300 lux (30 lm./ sp.ft.), except for special emphasis Not more than 150 lux (15 lm./sq.ft.)
Not more than 50 lux (5 lm./sq.ft.), and less if possible
Anforderungen sollten auf den chemischen und physikalischen Grundlagen basieren und die Auswahl der Leuchtmittel anhand ihrer spezifischen Eigenschaften sowie der Farbwiedergabe erfolgen.167 Er bedauerte, dass die bisherige Auseinandersetzung mit Beleuchtung in Museen überwiegend auf die Empfehlungen für den Büro- und den Fabrikbau zurückginge. Damit spielte er auf die Publikation der British Illuminating Engineering Society (I. E. S.) von 1961 an, welche Empfehlungen für die Innenraumbeleuchtung lieferte.168 Die Lichttechniker der I. E. S. benannten notwendige Mindestbeleuchtungsstärken für unterschiedliche Sehaufgaben. Thomson dagegen forderte einen Kompromiss zwischen der minimalen Beleuchtungsintensität zum Schutz der Kunstwerke und einem für den Besucher ausreichenden Beleuchtungsniveau.169 Anders als die I. E. S. verstand er die in Tabelle 20 aufgeführten Grenzwerte als maximale Beleuchtungsstärken.170 Thomson verwies auch auf den schädigenden Einfluss der ultravioletten Strahlungsanteile und die Notwendigkeit, diese unabhängig von der Art der Lichtquelle zu filtern. Mitte der 1960er Jahre stellte er resigniert fest: “Recent articles in both the American Museum News and the British Museums Journal on museum architecture and display have completely ignored the effects of light, and an important Italian book on new museum architecture published in 1962 makes no mention of responsibility for any kind of conservation. That steps should be taken to control the museum environment […] must seem obvious to every member of ICOM, whose first publication on lightning appeared in 1953. Yet it is still far from obvious to the museum profession as a whole.”171 RELATIVE DAMAGE FACTOR Systematische Untersuchungsreihen erfolgten jedoch schon seit den 1930er Jahren, wie Feller in seinem Beitrag von 1964 zeigte.172 Er skizzierte einen umfassenden Überblick über den damaligen Wissensstand.
383
Neben den durch Strahlung hervorgerufenen Schäden, beschrieb er die Eigenschaften unterschiedlicher Lichtquellen. Außerdem führte er den vom National Bureau of Standards (USA) erarbeiteten relativen Schadensfaktor (relative damage factor) Dλ ein. Dieser Faktor ist ein Hilfsmittel zur Abschätzung des Schädigungspotenzials unterschiedlicher Wellenlängen des Lichts. Er steigt mit sinkender Wellenlänge. Allerdings ist das Konzept des Dλ eigentlich auf die Zerstörung degradierten Papiers bezogen, da er im Rahmen der Konservierung der „Declaration of Independence“ entwickelt wurde. Fellers Umgang mit dem Thema zeichnet aus, dass er diesen Schwachpunkt des Konzeptes klar formulierte.173 Aber wegen des Mangels an naturwissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen aus der Konservierungswissenschaft musste er sich der Konzepte der Farbmittelund Textilindustrie bedienen. Die bis dato bestehenden Sollwerte für die Beleuchtung von Gemälden in Museen waren “intensities of illumination ranging from about 50 lux (5 footcandles) to 300 lux for emphasis (about 30 footcandles) and averaging from 120 to 150 lux”,174 wobei diese Feststellung auf den in Tabelle 21 dargestellten Werten aus der Literatur beruhte. Feller widmete sich ebenfalls verschiedenen Lichtschutzmaßnahmen, die im Sinne der Dosisbetrachtung beispielsweise in einer Verdunklung außerhalb der Öffnungszeiten oder einer besucherabhängigen Lichtsteuerung bestehen könnten. Neben einer Verkürzung der Expositionszeit sei eine UV-Filterung unerlässlich.175 Schließlich bewertete er das Schädigungspotenzial der damals wichtigsten Lichtquellen im Museumsraum: “Radiation from the three principal sources of illumination may be rated as follows: (a) incadescent, the least hazardous, (b) fluorescent, midway, although the hazard varies somewhat, depending on the particular type of lamp, and (c) zenith skylight, the most hazardous.”176 BEFÜRWORTER DES REINEN KUNSTLICHTS Die Beurteilung von Tages- und Kunstlicht hatte sich nicht nur in der Alten Pinakothek, sondern allgemein innerhalb weniger Jahre vollständig gewandelt. Nun galt Tageslicht gegenüber Kunstlicht als weitaus schädlicher. Diese Einschätzung basierte auf verschiedenen Entwicklungen und Abhängigkeiten. Durch die technischen Fortschritte in Produktion und Verarbeitung standen verbesserte Baustoffe und Konstruktionsmaterialien zur Verfügung: Beispielsweise konnten Dächer deutlich dichter ausgeführt werden. Da gleiches auch für Verglasungen galt, wurden Oberlichtflächen – wie beim Wiederaufbau der Alten Pinakothek – deutlich vergrößert. Die dadurch entstehenden höheren thermischen Lasten konnten über die nach
384
dem Krieg für Museen verfügbare Klimatechnik größtenteils abgefangen werden. Aus architektonischer Sicht war damit das Problem des zu geringen Lichteintrages bei der Beleuchtung mit Tageslicht gelöst. Als Folge des vermehrten Lichteintrages häuften sich vielerorts die Beobachtungen einer Schädigung der Kunstwerke, die sich eindeutig auf den Einfluss der solaren Strahlung zurückführen ließ. So entstand die Einschätzung, dass Tageslicht schädlicher als Kunstlicht sei, denn für den Einfluss der künstlichen Beleuchtung bestanden schlichtweg noch keine längerfristigen Erfahrungswerte. Licht, Klima und Besucher Auf der London „Conference on Museum Climatology“ des International Institute for Conservation of Historic and Artistic Works (IIC) von 1967 wurden der grundsätzliche Widerspruch zwischen den Anforderungen der Kunstwerke und denen der Besucher ausführlich erörtert und die Lichtthematik mit dem Innenraumklima in Verbindung gesetzt.177 Lichtenergie könne in Kombination mit Sauerstoff zu Schäden an organischen Materialien führen. Deswegen sollten idealerweise die meisten Kunstwerke im Dunkeln aufbewahrt werden. Dies sei in einem Museum unmöglich, weshalb für Licht bestimmte Grenzwerte strikt eingehalten werden müssten.
Tabelle 21 Gewünschte Beleuchtungsstärken in Museen aus verschiedenen bis 1962 publizierten Quellen [nach Feller 1964, S. 90]. Beleuchtungsstärke [Lux] niedrig
mittel
hoch
50
Literaturquelle Burlington Magazin 57 (1930), S. 31
40
180
Mouseion 27–28 (1934), S. 193
30
100
Mouseion 33–34 (1936), S. 185
60
100
Mouseion 33–34 (1936), S. 191
110 120
Museum 5 (1952), S. 28 300
180
Harrison 1954 Balder, J. J:The Discolouration of Coloured Objects under the Influence of Daylight, Incadescent Lamlight and Fluorescent Lamplight, Leiden 1956 Lichttechnik 9 (1957), S. 547
80
250
70
200
Couleurs 20 (1957), S. 15
300
Museum News 38 No 4 (1959), S. 26
150
300
Thomson 1961
150
200
Museums Journal 61 (1962), S. 259
80
150 180
50
Museums Journal 59 (1959), S. 66
385
Schwierig sei, wie der Architekt Michael Brawne beklagte, dass noch immer keine wirklich fundierten Erkenntnisse über zulässige Lichtmengen und Bestrahlungsstärken für Kunstwerke in Museen oder zu den besonderen Sehanforderungen für Besucher vorlägen. Auch die Adaptionsfähigkeit des menschlichen Auges bleibe bei der Besucherführung meist unberücksichtigt. Er lieferte mit seinem Erfahrungshintergrund Hinweise darauf, wie die konservatorisch wichtigen, niedrigen Beleuchtungsstärken für Besucher akzeptabel umgesetzt werden könnten: “(1) gradually lowering the level
of illumination on entering the building or when coming from bright areas, say sculpture display, in order to achieve full adaptation, (2) maintaining adaptation within the galleries by avoiding direct views of bright areas as the observer moves through the space, (3) varying light intensities dependent on the object being illuminated and at the same time creating some difference between object and background so that the eye will have adapted to a generally low level and the apparent brightness of the display will be high, (4) using light sources with a low colour temperature.”178 Brawne war ein typischer Befürworter der reinen Kunstlichtmuseen, weil diese Museumsbeleuchtung leichter umzusetzen und zu kontrollieren sei. Neben der Kosteneinsparung179 – Kunstlicht produziere geringere Wärmeeinträge, was die Klimatisierung in Anschaffung und Betrieb günstiger machen würde – war er um konservatorische Argumente bemüht: Kunstlicht könne außerhalb der Öffnungszeiten ausgeschaltet werden, was eine Reduktion der Beleuchtungsdauer und damit des Schädigungspotenzials bedeute. Raumgewinn durch Kunstlicht Auf besagter Konferenz wurde die traditionelle Auffassung zum Einsatz von Licht wiederholt kritisiert.180 Nach J. B. Harris sei die irrtümliche Annahme, „dass ein reichlicher Einfall von Tageslicht für das Zeigen von Gemälden unerläßlich sei, und daß eine Kunstlichtbeleuchtung nur als Ergänzung vorgesehen werden sollte“.181 Dabei werde übersehen, dass sich durch den Verzicht auf Tageslicht das Baugelände architektonisch effizienter nutzen ließe und deswegen mehr Hängefläche zur Verfügung stünde.182 Auch er nennt letztlich praktische Gründe, weshalb eine reine Kunstlichtbeleuchtung für Museen geeigneter wäre als eine Kombination von Tages- und Kunstlicht. Sofern eine gemischte Beleuchtung aus Tages- und Kunstlicht erfolgen solle, dürfe die Regelung und Abstimmung keinesfalls willkürlich beispielsweise den Museumsaufsichten überlassen werden, sondern müsse unbedingt über eine automatisierte Steuerung erfolgen.183
386
ODER DOCH TAGESLICHT? Die Kunstlichtbeleuchtung hatte sich am Ende doch als komplizierter als angenommen herausgestellt, und so forschten in den 1970er Jahren diverse Arbeitsgruppen an der Lichtthematik. Thomson und Feller standen nicht nur als Spezialisten für Licht, Lichtschäden, Lichtkontrolle und Lichtschutz im Zentrum der Forschungsaktivitäten. Feller legte die ersten wissenschaftlichen Grundlagen für die Präventive Konservierung, indem er durch seine Laborversuche Phänomene wissenschaftlich und reproduzierbar erfasste und erklärte. Thomson beschrieb in seinem 1978 erschienenen Buch „The Museum Environment“ erstmals fachübergreifend für Wissenschaftler, Architekten, Restauratoren wie Konservatoren verständlich die Grundlagen der Präventiven Konservierung und schuf damit die Basis für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit.184 Allerdings führte dies – ähnlich wie bei den klimatischen Aspekten – zu einer gewissen Vereinfachung der komplexen Thematik. Wieder wurden die Ergebnisse der intensiven Forschungsbemühungen relativ plakativ als die maximal akzeptablen Sollwertvorgaben für die Beleuchtungsstärke (sogenanntes Lux-Law) und das absolute Verbot von UV- und IR-Strahlung weiter verbreitet. Der Ansatz verfestigte sich, und die „konservatorisch” begründeten Vorgaben wurden und werden seit Jahrzehnten strikt eingefordert, obwohl Thomson selbst seine Empfehlungen kritisch beurteilte. Schon 1961 zitierte er zwei Umfragen in Japan und Frankreich, bei denen im Durchschnitt 50 bis 120 Lux als optimale Beleuchtungsstärken genannt wurden und kommentierte, “the levels recommended […] are neither drastic nor revolutionary, but attempt a synthesis between new ideas and established practice”.185 Elf Jahre später formulierte er noch deutlicher: “The 150/50 lux recommendations […] are not based on numerical formulae, but are an attempt to balance the need for good viewing against the need for good conservation. These levels can therefore be contested as soon as new information is presented concerning either (a) the relation between light levels and viewing, and (b) rates of damage by light in museums.”186 Nachdem bis in die 1980er Jahre das Pendel stärker in Richtung Kunstlichtmuseen ausgeschlagen hatte, ist in den Museumsneubauten der darauffolgenden Jahre wieder ein Trend in Richtung einer Kombination von Tages- und Kunstlicht ablesbar. Die Planungen für die ab Mitte der 1980er Jahre eröffneten Gebäude erfolgten bereits im Jahrzehnt zuvor, weshalb einer der Hintergründe für die Abkehr von der reinen Kunstlichtbeleuchtung sicherlich in den Ölkrisen der 1970er Jahre zu sehen ist. Diese führten vor Augen, dass Energie endlich ist und unter Umständen nicht jederzeit
387
und unbegrenzt zur Verfügung steht. Nun galt es, die kostenlos vorhandene Sonnenenergie ökologisch wie ökonomisch für den Museumsbau zu nutzen und Kunstlicht lediglich bei Bedarf ergänzend zum Tageslicht einzusetzen. Licht und Risikomanagement Zeitgleich entwickelte und etablierte sich die Präventive Konservierung zunehmend in der Konservierungswissenschaft als eigene Disziplin, und die ein Kunstwerk schädigenden Einflüsse wurden verstärkt mit dem Werkzeug des Risikomanagements betrachtet und bewertet. In den 1990er Jahren war Michalski einer der Vertreter, der sich für einen ganzheitlichen Umgang mit Risiken einsetzte, gleichzeitig aber im Sinne des Risikomanagements ein “balancing ‚situation-specific resolution‘ involving object sensitivity, object visibility, lamps, fixtures, rooms, buildings, viewers‘ reactions to each of these and to the whole, budgets, and finally the influence of everything on the particular museums`s goals”187 forderte. Bei der Lichtthematik berief er sich auf Feller, der schon 1964 darauf verwiesen hatte, dass “the essential facts and principles regarding the problem of photochemical deterioration […] have been known for a long time. There is a need in the future, however, to establish more precisely the list of susceptible materials and to study the specific ways in which they deteriorate, whether by fading, embrittlement, or discolouration. It is also desirable to gain some measure of the amount of exposure necessary to cause specific amounts of these changes, and to determine more precisely the influence of temperature, humidity, and ultra-violet radiation.”188 Das Risikomanagement veränderte den Umgang mit Licht im Museum. Neben den nach wie vor geltenden maximalen Beleuchtungsstärken setzte eine Rückbesinnung auf die Dosisbetrachtung ein, die in eine Festlegung einer maximalen kumulativen jährlichen Exposition mündete (Tabelle 22). Über Mindestbeleuchtungsstärken In der Präventiven Konservierung wurde die Lichtproblematik in den 1990er Jahren auch in Deutschland mit einem ganzheitlichen Ansatz behandelt. Hilbert stellte in seiner 1996 erschienenen zweiten Auflage des deutschsprachigen Standardwerks „Sammlungsgut in Sicherheit“ dem Lichtkapitel folgende Bemerkung voran: „Vergleichsweise ausführlich werden Aspekte der Architektur von Museen […] behandelt. Dieser Exkurs […] erschien notwendig, um den Zusammenhang zwischen solcher Planung und möglicher Gefährdung des Erhaltungszustands der Sammlung bewusst zu machen.“189 Deswegen ging er ausführlich auf lichttechnische
388
Bemerkung
Maximale jährliche Dosis [klxh]
Maximale Beleuchtungsstärke [lx]
Literaturquelle
Tabelle 22 Maximale Beleuchtungsstärken nach Thomson aus dem Jahr 1961.
Lichtempfindlich (Aquarellfarben, Textilien, naturkundliche Proben, etc.) VDE 1910 nach Lueger 1926 30–60 Burlington Magazine 1930 50 Mouseion 27–28 (1934), S. 193 40 Lichttechnik 9 (1957), S. 547 80 Museum News 38 No 4 (1959), S. 26 80 Thomson 1961 50 Thomson 1963 50 Thomson 1967 50 140 Bromelle 1967 50 Harris 1967 50 Thomson 1986 50 200 IES (USA) 1987 50 120 CISBE 1994 50 150 IES (USA) 1996 50 50 Weniger lichtempfindlich (Ölgemälde, Elfenbein, Holz, etc.) Mouseion 27–28 (1934), S. 193 180 Museum 5 (1952), S. 28 110 Harrison 1954 120 585 Museum News 38 No 4 (1959), S. 26 150 Thomson 1961 150 Museums Journal 61 (1962), S. 259 150 Thomson 1963 150 IES (USA) 1966 300 Bromelle 1967 150 Harris 1967 150 Thomson 1967 150 560 Loe et al. 1982 300 ± 200 Thomson 1986 200 ± 50 650 IES (USA) 1987 75 180 Saunders 1993 200 650 CISBE 1994 200 600 IES (USA) 1996 200 480 Mindestbeleuchtungsstärke (Sehanforderungen) Burmester 1995 150 max. 400 bei UV-Schutz und Verdunklung außerhalb der Museumsöffnung
389
Hilbert 1996
Druzik/Michalski 2012
Bemerkung
Maximale jährliche Dosis [klxh]
Maximale Beleuchtungsstärke [lx]
Literaturquelle
Tabelle 22 Fortsetzung Maximale Beleuchtungsstärken nach Thomson aus dem Jahr 1961.
80–160
großformatige und kontrastreich
160–320 50 Mal 3 Mal 3 Mal 3 Mal 3 4.050
kleinformatig und kontrastarm Mindestbeleuchtungsstärke bei dunklen Oberflächen bei wenig kontrastreichen Details bei sehr feinen Details bei älteren Besuchern Maximalwert der Beleuchtungsstärke
Kaum lichtempfindlich (Stein, Metalle, Glas, etc.) Harrison 1954 300 Lichttechnik 9 (1957), S. 547 250 Museum News 38 No 4 (1959), S. 26 300 Thomson 1961 < 300 Museums Journal 61 (1962), S. 259 200 Bromelle 1967 kein Limit Burmester 1995 530
1170
1200
Grundlagen ein, beschrieb künstliche Lichtquellen inklusive Mechanismen der Lichterzeugung samt entsprechender Vor- und Nachteile beim Einsatz in Museen. Er setzte die Lichtplanung in Abhängigkeit zum Stand der Beleuchtungstechnik, beschrieb aber auch detailliert die durch Licht in Gang gesetzten Schädigungsmechanismen. Dem Thema Lichtschutz und seiner historischen Entwicklung widmete er genauso eigene Kapitel wie der Frage der Lichtmessung und den Einflüssen der Beleuchtung auf das Innenraumklima. Alle Aspekte beleuchtete er vor dem Hintergrund der Sehleistung der Besucher und entwickelte auf Grundlage der Sehanforderungen seine Sollwerte für Mindestbeleuchtungsstärken in Museen.190 Damit setzte eine Umkehrung der Theorie der maximalen Beleuchtungsstärke ein, hin zur Festlegung eines minimalen Beleuchtungsniveaus, das für die Sehaufgabe des Besuchers im Museum ausreichend sei aber gleichermaßen konservatorischen Anforderungen Rechnung trage. Natürlich
390
besteht an diesem Punkt auch eine Verknüpfung mit der architektonischen Entwicklung von Museumsgebäuden und dem Bestreben ,Tages- und Kunstlicht effizient miteinander zu kombinieren. In München machte sich der neue Umgang mit dem Licht in Museen bei der Planung der Generalsanierung der Alten Pinakothek bemerkbar. Ausgehend von den am Doerner Institut durchgeführten Untersuchungen hatte Burmester schon 1995 Mindestbeleuchtungsstärken und eine maximale jährliche Dosis für die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen festgelegt. Letztlich waren genau diese Punkte ausschlaggebend für den Einbau des Sonnenschutzsystems im Dachraum. Dass dieses dauerhaft außer Betrieb gesetzt werden musste und die Alte Pinakothek letztlich überwiegend durch Kunstlicht beleuchtet wurde, entsprach nicht den ursprünglichen Vorstellungen. KUNSTLICHT UND ENERGETISCHE ÜBERLEGUNGEN Über Jahre hinweg verwiesen die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen wiederholt auf die ungewollte Abweichung vom ursprünglichen Konzept des Tageslichtmuseums. Dass schließlich bei der Mustersanierung eines Galerieraums der Alten Pinakothek die Beleuchtungsfrage wieder konkret wurde, lag neben der Notwendigkeit, Energie und damit Kosten zu sparen, auch an einer durch die technische Entwicklung beeinflussten veränderten Bewertung der Lichtthematik in Museen. Das Ziel war die überwiegende Nutzung des Tageslichts, dem Kunstlicht möglichst unsichtbar dann zugeschaltet werden soll, wenn nicht ausreichend Tageslicht zur Verfügung steht. Dazu wurde das Kunstlichtsystem in den Dachraum verlegt (Abb. 164), in dem ein Lamellensystem als Sonnenschutz fungiert. Die Platzierung des Kunstlichts über der Staubdeckenverglasung bedeutete eine Lichtreduktion entsprechend den Transmissionseigenschaften der Verglasung. Dies und die Herausforderung, die vertikalen Bilderwände ausreichend zu beleuchten, ist der Grund, weshalb die Beleuchtungsstärken auf der Staubdeckenverglasung etwa um den Faktor zehn höher lagen im Vergleich zu den Beleuchtungsstärken auf den Bildwandflächen (Abb. 164). Die Ergebnisse der Lichtsimulation liefern Hinweise auf mögliche Schwachpunkte eines solchen Lichtkonzeptes. Auf der Ost- und Westwand betrug die Beleuchtungsstärke auf den Gemäldeoberflächen im Winter bei vollständig eingeschalteter Kunstlichtbeleuchtung etwa 300 Lux (Abb. 165). Nord- und Südwand wiesen durch die zusätzlichen Strahler im Dachraum höhere Werte zwischen 400 bis 700 Lux auf. Die Isoliniendarstellung in Abbildung 166 veranschaulicht die deutlich erkennbare Lichtabnahme über die Raumhöhe sowie zu den Raumecken hin. Die in der Pla-
391
Abb. 164 Rubenssaal nach der Mustersanierung. Anordnung der Leuchtstoffröhren am Rande der Staubdeckenverglasung (nicht sichtbar) und die zusätzlichen Strahler an den Querwänden (links). Die rechte Abbildung zeigt die Beleuchtungsstärke auf der Staubdeckenverglasung bei eingeschalteter Kunstlichtbeleuchtung.
392
nung zur Verbesserung der Gleichmäßigkeit vorgesehenen HQI-Strahler erweisen sich somit im ungedimmten Zustand als kontraproduktiv. Um solche Aussagen richtig bewerten zu können, muss an dieser Stelle ein Hinweis auf die Grenzen der Lichtsimulation eingeschoben werden. Mit den Simulationen werden statische Momentaufnahmen berechnet – also die Lichtsituation zu einem bestimmten Zeitpunkt unter definierten Voraussetzungen. Die Kombination von Tages- und Kunstlicht, wie sie im Mustersaal der Alten Pinakothek umgesetzt wurde, ist aber ein dynamischer Vorgang, der von zahlreichen Variablen bestimmt wird. Einfluss auf die tatsächlich entstehende Lichtsituation im Innenraum haben die Außenbeleuchtungsstärken, der Bewölkungsgrad, die Nachbarbebauung, die Funktionsweise des Sonnenschutzes, die Dimmeigenschaften der Beleuchtung, et cetera. Die vielen Parameter und Variablen können über die Lichtsimulationsmodelle nicht in Echtzeit abgebildet werden. Was die Modelle leisten können, ist der Nachweis, ob mit dem geplanten Beleuchtungskonzept die im Vorfeld definierten Anforderungen grundsätzlich erfüllt werden. Die Abstimmung und Regelung von Sonnenschutzsystem und künstlicher Beleuchtung erfolgte im Mustersaal der Alten Pinakothek theoretisch automatisiert über eine Software nach den von Sensoren in den Galerieräumen gemessenen Werten. In der Praxis ist dies nach wie vor eine große Herausforderung. Grundsätzlich treten an sonnigen Tagen außen Beleuchtungsstärken von über 100.000 Lux auf. Diese sollen auf etwa 200 Lux im Innenraum reduziert werden und gleichzeitig die Bilderwände möglichst gleichmäßig und diffus beleuchten. Dabei soll Tageslicht effizient genutzt und Kunstlicht nur ergänzend und dann im besten Fall unbemerkt zugeschaltet werden. Theoretisch ist dieser Ansatz richtig, in vielen Fällen scheitert er an der technischen Umsetzung.
Abb. 165 Rubenssaal nach der Mustersanierung. Verteilung der Beleuchtungsstärke zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten des Tages im Winter mit zugeschaltetem Kunstlicht.
Abb. 166 Rubenssaal nach der Mustersanierung. Verlauf der Isolinien an den Bilderwänden im Herbst für die Tageszeiten morgens, mittags und abends.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Die Lamellen eines Sonnenschutzsystems werden über Motoren bewegt. Diese besitzen eine begrenzte Lebensdauer, die sich drastisch verkürzt, wenn die Lamellen aufgrund wechselnder Außenlichtverhältnisse ständig nachgefahren werden müssen. Grundsätzlich bestehen zwei Optionen, um die Motoren zu schonen: (1) Die Lamellen fahren nach einem vordefinierten Programm, das auf dem Sonnenstandsdiagramm des Standortes basiert oder (2) Die Motorenbewegung wird nach einer Fahrt für einen bestimmten Zeitraum blockiert. Beide Ansätze haben Vor- und Nachteile. Bei der Regelung nach Sonnenstandsdiagramm wird der Extremfall des sonnigen und wolkenlosen Tages, also die maximale Außenbeleuchtungsstärke, zugrunde gelegt. Wenn der Tag hingegen bewölkt ist und die Lamellen theoretisch weiter geöffnet werden könnten, um die Beleuchtungsstärke in den Galeriesälen zu erhöhen, wird stattdessen das Kunstlicht zur Kompensation zugeschaltet. Der Nachteil liegt auf der Hand. Es wird mehr Energie in Form von Strom für die Beleuchtung verbraucht, als notwendig wäre. Der Vorteil ist, dass die vorgegebene Beleuchtungsstärke relativ gut eingehalten werden kann, und da nur das Kunstlicht über Sensoren nachgeregelt werden muss, ist die Programmierung wesentlich einfacher. Bei der Methode der zeitweisen Blockierung der Motoren nach einer Fahrt besteht der Vorteil in der größtmöglichen Ausnutzung des Tageslichts, also in der maximalen Energieeinsparung. Der Nachteil ist die Gefahr zu hoher Beleuchtungsstärken. An einem sonnigen Tag mit wiederholt aufziehenden Wolkenfeldern kann sich der Fall ergeben, dass die Motoren blockieren, nachdem der Sonnenschutz auf die Wolkensituation eingestellt, also aufgefahren wurde. Wenn während der Stillstandszeit wieder Sonne scheint, bleiben die Lamellen geöffnet und die Beleuchtungsstärken können den Sollwert deutlich überschreiten. Welches Schädigungspotenzial aus einer solchen Situation resultiert, ist einerseits witterungsabhängig, andererseits durch die gewählte Stillstandszeit der Motoren bestimmt, an dieser Stelle demnach nicht allgemein, sondern jeweils für den konkreten Fall zu bewerten.
ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNGEN Aktuell erfolgt bei Kunstlichtbeleuchtung in Museen eine Umstellung zu Licht Emittierenden Dioden (LED), meist in Form von LED-Strahlern zur Akzentbeleuchtung, da eine alleinige Beleuchtung mit LED aus technischen und finanziellen Gründen noch nicht wirtschaftlich scheint. Die im
394
2013 eröffneten Lenbachhaus installierte Beleuchtung mit LED konnte nur über spezielle Förderungen und Projektgelder finanziert werden. Im Lenbachhaus wurde die komplette museale Beleuchtung mit LED-Technik ausgeführt. Das Ziel hierbei war, eine dem Tageslicht ähnliche Wirkung zu erzielen, weshalb durch die LEDs ein breites Spektrum von kaltem, bläulich wirkendem Licht (6.000 Kelvin) bis hin zu einem warmen Ton (3.000 Kelvin) abgedeckt werden sollte. Die speziell für diesen Zweck entwickelten LED-Leuchten bestehen aus fünf unterschiedlich farbigen Leuchtdioden. Insgesamt werden im Lenbachhaus mehr als 170.000 Leuchtdioden über eine automatisierte Lichtsteuerung geregelt. Entsprechend der unterschiedlichen architektonischen Gegebenheiten wurden drei indirekte LED-Lichtsysteme eingebaut. In den historischen Flügelbauten sind die LEDs in den umlaufenden Vouten platziert, während im ersten Obergeschoss des Neubaues mit LED-Modulen hinterleuchtete Lichtdeckenfelder die Grundbeleuchtung übernehmen. Im zweiten Obergeschoss sind die LED in die Shed-Dächer integriert und projezieren das Licht in die gewölbte Deckenfläche der Sheds, wenn nicht ausreichend Tageslicht zur Verfügung steht. Das Lenbachhaus ist das erste Museum, welches komplett mit LEDTechnik beleuchtet wird. Trotz der hohen Anschaffungskosten gelten die LED wegen ihrer Energieeffizienz (rund ein Drittel des Leistungsbedarfs herkömmlicher Leuchtstoffröhren), ihrer mittlerweile akzeptablen Farbwiedergabe sowie der erwarteten Einsatzzeit von 50.000 Betriebsstunden (Betriebszeit von Leuchtstoffröhren zwischen 3.000 und 4.000 Stunden) heute als zukunftsweisende Innovationen. Dabei wurden die für die Entwicklung der LED entscheidenden Grundlagen schon 1876 durch Ferdinand Braun gelegt. Er erforschte die Stromleitung durch Kristalle. Dazu presste er eine Metallspitze auf einen Sulfidkristall und fand heraus, dass der Kristall nur in einer Richtung Strom leitete. Dieses Phänomen konnte mit den vorhandenen Kenntnissen nicht erklärt werden und geriet in Vergessenheit, bis Henry Joseph Round 1907 beobachtete, dass anorganische Stoffe durch Anlegen einer Spannung Licht emittieren. Zwischen 1927 und 1942 untersuchte der russische Physiker Oleg Lossew diesen sogenannten Round-Effekt im Detail. Zeitgleich beschrieb Georges Destriau ein ähnliches Phänomen mit Zinksulfid, welches er zu Ehren Lossews als Lossew-Licht bezeichnete. Die Entwicklung des Transistors 1952 trug ebenso wie die Erklärungen des Prozesses der Lichtemission dazu bei, die Halbleitertechnik weiterzuentwickeln. Ab 1957 stand die Lichtemission von Galliumarsenid und Galliumphosphid im sichtbaren Spektrum im Mittelpunkt der II-V-Verbindungshalbleiterforschung.
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Und 1962 stellte General Electrics die ersten im Alltag anwendbaren Lichtemissionsdioden her.191 Seit den ersten LED von 1962 fand eine deutliche Steigerung der Lichtausbeute statt: von unter 0,1 Lumen pro Watt auf über 100 Lumen pro Watt. Ausgehend von den ersten rot-gelben GaAs/AlAsLEDs der 1960er Jahre, konnten durch neue Halbleitermaterialien weitere LED in zahlreichen Lichtfarben – GaP (grün) seit den 1970er Jahren und GaN (grün bis UV) seit den 1980er Jahren – hergestellt werden. Die Lichterzeugung im kurzwelligen Spektrum war lange nicht möglich. Erst in den 1990er Jahre konnten die ersten blauen LED auf GaN-Basis produziert werden. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte mit der LED-Technik kein weißes Licht erzeugt werden. Deshalb eigneten sie sich zwar für die Erzeugung von Lichteffekten, nicht aber für die Innenraum- oder Museumsbeleuchtung. Mittlerweile sind LED in sämtlichen Lichtfarben auf dem Markt erhältlich. Die Beleuchtung mit LED birgt so viele Vorteile, dass sie sich in den kommenden Jahren auch für die Beleuchtung von Museen durchsetzen wird. Das Emissionsspektrum von LED liegt fast ausschließlich im sichtbaren Wellenlängenbereich. Die für die Sehaufgabe nicht erforderliche, aber für die Kunstwerke schädliche Infrarot- und UV-Strahlung liegt praktisch nicht vor. Dies ist unter anderem ein Grund für die hohe Effizienz der LED. Neben der Einsparung von Stromkosten kann durch den Einsatz von LED die Wärmelast und damit der Kühlbedarf einer Klimaanlage erheblich reduziert werden. Die Lebensdauer einer LED liegt derzeit bei rund 100.000 Stunden und ist damit meist deutlich höher als die Lebensdauer der Leuchte. Damit entfällt der Wartungsaufwand. Die Lichtausbeute der heute verfügbaren weißen LED liegt zwischen 30 und 150 Lumen pro Watt.192 NEUE SOLLWERTE DURCH NEUE LEUCHTMITTEL Die Verfügbarkeit weißer LED mit einigermaßen brauchbaren Farbwiedergabeeigenschaften, die schon jetzt immer häufiger in Form einer Akzentbeleuchtung im Museum eingesetzt werden, führt im Moment wieder zu einem Wandel der Beurteilung von Kunstlicht im Museumsraum, und damit stehen auch die Sollwerte für die Beleuchtungsstärke in der Diskussion. Wegen dem anderen Emissionsspektrum der LED entwickelt sich der Trend wieder in Richtung Angabe einer Mindestbeleuchtungsstärke. James Druzik und Michalski gaben in ihren jüngst erarbeiteten und 2012 publizierten „Guidelines for Selecting Solid-State Lighting for Museums“ folgende Rechnung an:193 Ausgehend von einer Mindestbeleuchtungsstärke von 50 Lux – erforderlich, damit ein junger Betrachter ausreichend gut sieht – müsse dieser Wert jeweils verdreifacht werden, wenn dunkle Oberflächen
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vorlägen, wenn wenig kontrastreiche Details erkannt werden sollen, oder wenn sehr feine Details vorhanden wären, oder wenn die Besucher älter seien. Im Extremfall würde das bedeuten, dass bis zu maximal 4.000 Lux erforderlich sind, damit ein älterer Besucher sehr feine, wenig kontrastreiche Details auf einem dunklen Hintergrund erkennen könne. Die Autoren legen sich nicht auf konkrete Werte fest, sondern liefern lediglich den Hintergrund, auf dessen Basis die Entscheidungen jeweils standort- und situationsspezifisch zu treffen seien. Sie schlagen drei Strategien vor: • „Vermeidung von Extremen“-Strategie: Das Beleuchtungsniveau liegt zwischen 500 und 5.000 Lux. Wenig lichtempfindliche Materialien könnten rund 100 Jahre ausgestellt werden, ohne Lichtschäden aufzuweisen. Etwas lichtempfindliche Materialien wären nach rund zehn Jahren ausgeblichen und lichtempfindliche Materialien zeigen sehr viel schneller Lichtschäden. • „Herkömmliche“-Strategie: 50 Lux für lichtempfindliche Materialien, 150 Lux für Öl- und Acrylgemälde, polychrome Farbfassungen, Möbel und 300 Lux für kaum lichtempfindliche Materialien wie Stein, Metalle, oder Ähnliches. Diese Strategie ist in den meisten Leihverträgen vorgegeben. Lichtempfindliche Materialien bleichen innerhalb einiger Jahrzehnte deutlich aus. • „Risikomanagement“-Strategie: Festlegung einer akzeptablen Ausbleichrate und Definition des Zeitrahmens, bis das Material ausgeblichen ist, auch als „end of lifetime“ bezeichnet. Danach richtet sich der zu bestimmende Grad der Lichtempfindlichkeit der unterschiedlichen Kunstwerke. Die empfindlichste Materialgruppe gibt die weitere Strategie vor. Zusätzlich wird die Mindestbeleuchtungsstärke für ausreichendes Sehen definiert. Auch die technische Ausrüstung für die Beleuchtungssteuerung ist zu berücksichtigen. Am Ende muss im Sinne der Dosisbetrachtung die Ausstellungsdauer berechnet werden. Dieser Ansatz stellt erneut einen Wandel im Umgang mit Sollwerten für die Beleuchtungsstärke (Tabelle 22) dar. Nun werden nicht mehr Maximalwerte zum Schutz der Kunstwerke angegeben. Stattdessen basiert das Risikomanagement auf der Annahme, dass ein Lichtschaden nicht zu vermeiden ist. Die vorgeschlagene Definition der Ausbleichrate bedeutet, einen Zeithorizont anzugeben, wie lange ein Kunstwerke trotz des Einflusses eines bestimmten Parameters erhalten werden soll oder kann. Dieser formulierte Anspruch soll durch Maßnahmen des Lichtschutzes, durch die Wahl geeigneter Leuchtmittel und die Planung des Beleuchtungskonzep-
397
tes erfüllt werden. Damit wird ein flexiblerer Umgang mit Sollwerten für die Beleuchtung, sei es durch Tages- oder Kunstlicht, angestrebt. Diese veränderte Sicht ist sicherlich damit zu begründen, dass Licht mittlerweile als dynamischer Faktor (an)erkannt wird, für den nur schwer absolute und jederzeit gültige Allgemeinwerte angeben werden können. Wie erfolgreich diese Vorgehensweise ist, wird sich in den kommenden Jahrzehnten zeigen. Der Blick auf die Entwicklung der Museumsbeleuchtung führt letztlich zu folgenden Beobachtungen: Als zu Beginn der Geschichte des Museumsbaus ausschließlich mit Tageslicht beleuchtet werden konnte, herrschte grundsätzlich ein Mangel an Licht, der für die Besucher mitunter unangenehm, für den Erhalt der Kunstwerke dagegen günstig war. Kunstlicht wurde erst ab dem Zeitpunkt im Museum eingesetzt, als der technische Stand der Entwicklung so weit fortgeschritten war, dass die von den Leuchtmitteln ausgehenden Gefahren wie Feuer, Schadstoffentwicklung, hohe Temperaturen, et cetera auf ein Minimum reduziert waren. Gleichzeitig setzte eine intensive Erforschung des Schädigungspotenziales von Licht verschiedener Wellenlängen und unterschiedlicher Quellen ein. Aufgrund der architektonischen Herausforderung ein funktionierendes Tageslichtkonzept unter Berücksichtigung der konservatorischen Anforderungen zu entwickeln und weil die Kombination von Tages- und Kunstlicht wiederholt vielfältige Probleme aufwarf, galt zwischenzeitlich die reine Kunstlichtbeleuchtung als optimale Form der Museumsbeleuchtung. Mittlerweile haben energetische Überlegungen und die neuen LED-Leuchtmittel zu einem Umdenken geführt. Die Kombination aus Tages- und Kunstlicht wird wieder angestrebt. Im Vergleich zu den frühen Versuchen allerdings unter anderen Voraussetzungen: Die Sollwertvorgaben für die Beleuchtungsstärke haben sich von starren Werten hin zu einem dynamischen, auf die konkrete Situation bezogenen Lichtmanagement gewandelt, und die jüngsten Innovationen auf dem Gebiet der Beleuchtungtechnik erschließen neue Möglichkeiten, die auch aus konservatorischer Sicht ein großes Potenzial aufweisen.
398
1
Siehe S. 405–437.
33 Ebd.
2
Allgemeiner Überblick bei Birbaumer/
34 Ebd., S. 217 f.
Schmidt 1999, Brandi/Geissmar-Brandi
35 Magnus 1864, S. 220. Siehe auch Lange
2001, Lohmeyer 2001 und Tipler 2000 sowie Hilbert 2002 und Thomson 1986. 3
1904, publiziert in Kratz-Kessemeier 2010, S. 125–133.
Beispielsweise Aydinli et al. 1995, Boud
36 Tiede 1871, S. 185–194.
1964, CISBE 1994, Druzik/Michalski
37 Ebd., S. 185.
2012, Feller 1964, Fördergemeinschaft
38 Ebd., S. 186.
Gutes Licht 2006, Harris 1967, Hilbert/
39 Ebd., S. 187.
Aydinli 1991, Lank 1984, Loe et al. 1982,
40 Ebd.
Thomson 1967, etc.
41 Ebd., S. 188.
4
Rebske 1962, S. 8.
42 Ebd., S. 192.
5
Pfeifer-Yousif 1998, S. 9.
43 Technische Regeln für Arbeitsstätten
6
Institut Kulturbauten 1989, S. 43 f. und Institut Kulturbauten 1986.
7
ASR A3.4 Beleuchtung, Stand: April 2011.
Institut Kulturbauten 1989, S. 44 und
44 DIN 5034.
Institut Kulturbauten 1986.
45 Mündliche Mitteilung Kathrin Rohr, luxo-
8
Rebske 1962, S. 48.
9
Holzinger 1998, S. 118.
phil. 46 Die Angaben erfolgten im Original in der
10 Hagen 1885, S. 3.
Einheit Fuß beziehungsweise Zoll. Hier
11 Ebd., S. 4.
werden zum besseren Verständnis die
12 Peclét 1858.
umgerechneten Werte angegeben. Die
13 Ebd., S. 300.
Umrechnung erfolgte unter der Annah-
14 Siehe S. 128–141.
me, dass es sich bei den angegebenen
15 Zitiert nach Institut Kulturbauten 1989,
Fuß bzw. Zoll um ein preußisches Maß
S. 2. 16 Institut Kulturbauten 1989, S. 2. 17 Beispielsweise Magnus 1864, Manchot
handelt, das ab 1816 gültig war. Dabei entsprichen ein Fuß 37,66242 und ein Zoll 3,7662 Zentimetern.
1895, Mentz 1884, Menzel 1836, Merze-
47 Tiede 1871, S. 189.
nich 1886, Tiede 1871, u. v. m.
48 Ebd., S. 190.
18 Siehe S. 86 f.
49 Ebd.
19 Magnus 1839, S. 347–351.
50 Ebd.
20 Ebd., S. 347.
51 Ebd., S. 191.
21 Magnus 1864, S. 201.
52 Ebd., S. 192.
22 Ebd., S. 203.
53 Mentz 1884, S. 488–491 und S. 499–501.
23 Ebd., S. 204.
54 Ebd., S. 490.
24 Ebd.
55 Ebd.
25 Ebd.
56 Ebd., S. 491.
26 Ebd., S. 205.
57 Ebd.
27 Ebd., S. 209.
58 Ebd., S. 499.
28 Ebd., S. 210.
59 Ebd., S. 501.
29 Ebd.
60 Ebd.
30 Ebd., S. 209.
61 Ebd., S. 500.
31 Ebd.
62 Ebd., S. 490.
32 Ebd., S. 211.
63 Siehe S. 106 f.
399
64 Field 1835.
103 Ebd., S. 176.
65 Grotthuß 1820.
104 Ebd., S. 166.
66 Mentz 1884, S. 490.
105 Zitiert nach Rebske 1962, S. 154.
67 Durm et al. 1893, S. 267.
106 Graetz 1906, S. 463.
68 Erbe 1923.
107 Institut Kulturbauten 1989, S. 10.
69 Institut Kulturbauten 1989, S. 44.
108 Bromelle 1955, S. 185.
70 Zitiert nach Holzinger 1998, S. 118.
109 Anonym 1863, S. 619.
71 Zitiert nach Rebske 1962, S. 66.
110 Anonym 1879a, S. 492 und Anonym
72 Hagen 1885, S. 279.
111 Anonym 1879a, S. 492.
74 Rebske 1962, S. 45.
112 Ebd.
75 Ebd., S. 45.
113 Durm et al. 1893, S. 263.
76 Ebd., S. 52.
114 Ebd., S. 258.
77 Zitiert nach Rebske 1962, S. 83.
115 Rebske 1962, S. 103.
78 Pfeifer-Yousif 1998, S. 12.
116 Zitiert nach Burghart et al. 2006, S. 12
79 Holzinger 1998, S. 131.
117 Zitiert nach Holzinger 1998, S. 151.
80 Dies entspricht 48.000 bis 68.000 Cande-
118 Rebske 1962, S. 122.
la.
119 Holzinger 1998, S. 152 f.
81 Holzinger 1998, S. 133.
120 Hagen 1885, S. 155.
82 Rebske 1962, S. 95.
121 Siemens 1883, S. 114.
83 Ebd.
122 Hagen 1885, S. 155.
84 Zitiert nach Rebske 1962, S. 100.
123 Holzinger 1998, S. 155.
85 Rebske 1962, S. 105.
124 Gendre o. J., S. 3.
86 Zitiert nach Rebske 1962, S. 108.
125 Holzinger 1998, S. 169.
87 Ebd., S. 117.
126 Ebd.
88 Anonym 1882, S. 426 ff.
127 Rebske 1962, S. 212.
89 Rebske 1962, S. 118.
128 Pfeifer-Yousif 2008, S. 48.
90 Schulze 1881, S. 233.
129 Zitiert nach Cannon-Brookes 2000,
91 Anonym 1882, S. 426.
S. 161.
92 Rebske 1962, S. 132.
130 Hentschel 2002, S. 147.
93 Zitiert nach Rebske 1962, S. 134.
131 Pfeifer-Yousif 2008, S. 19.
94 Rebske 1962, S. 136.
132 Ebd.
95 Anonym 1883, S. 455.
133 Rebske 1962, S. 213.
96 Ebd., S. 457.
134 Gendre o. J., S. 9.
97 Ebd., S. 458.
135 Ebd.
98 Ebd., S. 459 f.
136 Hilbert 1996, S. 59.
99 Holzinger 1998, S. 155.
137 Anonym 1950, S. 153.
100 Wißner 1969, S. 203 f., online unter
138 Ebd., S. 154.
http://www.deutsche-biographie.de/
139 Eeckhout 1952.
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140 Ebd., S. 28 f.
Juni 2012.
141 Ebd., S. 30–32.
101 Le Système international d‘unités, 8e
142 Harris 1967, S. 134 f.
édition 2006 unter www.bipm.org, zuletzt
143 Russel/Abney 1888.
aufgerufen: August 2013.
144 Church 1890.
102 Rebske 1962, S. 144.
400
1879b, S. 990.
73 Ebd., S. 279.
145 Bromelle 1964, S. 140.
146 Ebd., S. 140 ff.
169 Thomson 1961, S. 50.
147 Zitiert nach Bromelle 1964, S. 143.
170 Ebd., S. 52.
148 Bromelle 1964, S. 148.
171 Thomson 1965, S. 3.
149 Zitiert nach Bromelle 1964, S. 148.
172 Feller 1964, S. 57–98.
150 Harmer 1923, S. 152.
173 Ebd., S. 87.
151 Ebd., S. 144–153.
174 Ebd., S. 89.
152 Ebd., S. 147.
175 Ebd., S. 91–94.
153 Ebd., S. 146.
176 Ebd., S. 96.
154 Ebd., S. 148.
177 Brawne 1967, S. 76.
155 Ebd., S. 151.
178 Ebd., S. 77.
156 Ebd.
179 Ebd.
157 Ebd., S. 152.
180 Harris 1967, S. 133–138.
158 Macintyre/Buckley 1930, S. 31–34 und
181 Harris 1964, S. 171.
S. 37. 159 Die interessanten Schlussfolgerungen
182 Ebd., S. 176 f. 183 Harris 1967, S. 134 f.
sind an anderer Stelle dieser Arbeit auf
184 Druzik/Eshoj 2007, S. 52.
S. 373 f. wiedergegeben.
185 Thomson 1961, S. 51.
160 Macintyre/Buckley 1930, S. 33 f. 161 Ebd., S. 37.
186 Thomson 1972, zitiert nach Michalski 1990a, S. 583.
162 ICOM 1953.
187 Zitiert nach Druzik/Eshoj 2007, S. 53.
163 Feller 1964, S. 87 f.
188 Feller 1964, S. 97.
164 Ebd., S. 88.
189 Hilbert 1996, S. 2.
165 Prahl/Roessler 1986, S. 2–12.
190 Ebd., S.69–77.
166 Druzik/Eshoj 2007, S. 52.
191 Pfeifer-Yousif 2008, S. 21.
167 Thomson 1961, S. 49.
192 Druzik/Michalski 2012, S. 10.
168 I. E. S. 1961.
193 Druzik/Michalski 2012.
401
7
MUSEUMSBESUCHER. ERINNERUNGSSTRATEGIEN, ABHÄNGIGKEITEN UND KONTROVERSEN
Die Aufgabe eines Museums umfasst neben dem Sammeln und Bewahren gleichermaßen das Ausstellen von Kunst- und Kulturgut sowie das Vermitteln von dessen Bedeutung in einem größeren gesellschaftlichen Zusammenhang.1 Die öffentliche Zugänglichkeit und die Nutzung durch die Besucher zählen zu den zentralen Aufgaben eines jeden Museums. Vermittlung wie Erhaltung sind unabdingbare Bestandteile des Gesamtsystems, oder wie Burmester auf den Punkt bringt: „Die Vermittlung der Inhalte ist wichtige Stütze unserer ‚deep time message‘, denn sie trägt Inhalte in die Zukunft und entreißt Objekte dem Vergessen, dem Mahlstrom der Zeit.“2 Um kulturelle Inhalte zu vermitteln, müssen Kunstwerke ausgestellt und präsentiert werden. Allerdings gehen davon Risiken und Gefahren für den materiellen Erhalt der Sammlungsgegenstände aus, die es durch vorbeugende Maßnahmen auf ein Minimum zu reduzieren gilt. Erst aus der Verbindung von Bewahrung und Vermittlung erwachsen dauerhafte Erinnerungsstrategien, welche ein wichtiger Grundpfeiler der Präventiven Konservierung sind.3 Dies erfordert an zahlreichen Stellen wiederholt Kompromisse, wie bereits am Beispiel der Klimatisierung von Museumsräumen oder dem Umgang mit der Beleuchtung von Museen deutlich geworden ist.4 In den vielschichtigen Diskussionen um den optimalen Erhalt von Kunstwerken, ausgetragen zwischen den verschiedenen Abteilungen eines Museums, kommt die Bedeutung von Erinnerungsstrategien häufig zu kurz – aber: Öffentlichkeit und öffentliches Interesse am Museumsgut können dessen Erhalt ebenso sichern wie die praktische Restaurierung oder Konservierung. Denn fehlt das Interesse an den Artefakten der Vergangenheit oder geht das Wissen über ihre Bedeutung verloren, werden vermutlich rasch finanzielle Mittel verweigert, um den materiellen Erhalt durch Präventive Konservierung, Konservierung oder Restaurierung dauerhaft zu gewährleisten.5 Ohne der philosophischen Bedeutung von Sammeln, Bewahren, Ausstellen und Vermitteln sowie unterschiedlichen Erinnerungsstrategien weiter vertiefend nachzugehen, sollen im Folgenden die vielfältigen Besuchereinflüsse auf das Museum als Gebäudehülle, als Aufbewahrungsort für das Kunst- und Kulturgut und als möglicher Weg der Erinnerungsstrategie aufgezeigt werden. Lösungsansätze und Kompromisse, die den nachhaltigen und dauerhaften Erhalt von materieller Substanz und immateriellem Inhalt sichern, werden künftig nur tragfähig sein, wenn der Umgang mit dem Museumsbesucher und dessen Einflüsse auf den Museumsbetrieb stärker in den Mittelpunkt konservatorischer Überlegungen rücken.
405
BESUCHEREINFLÜSSE UND WIDERSPRÜCHE Die Öffnung eines Museums für den Besucherverkehr führt neben den technischen Erfordernissen wie der Einhaltung von Behaglichkeitskriterien, notwendigen Mindestluftwechselraten, der Forderung angemessener Lichtverhältnisse und maximal zulässigen Schadstoffkonzentrationen zu zahlreichen weiteren Konsequenzen und Notwendigkeiten, die nicht auf den ersten Blick mit dem Erhalt der Kunstwerke in Verbindung zu stehen scheinen. Dies ist einer der Gründe, weshalb beispielsweise Faktoren wie Sicherheitsabstände, Aufsichtspersonal, Öffnungszeiten, Brandschutz oder Besucherführung selten in konservatorisch-restauratorischen Fachkreisen thematisiert werden. Da aber bereits minimale Veränderungen oder Anpassungen der bestehenden Abläufe positive Effekte erzielen können, sollen anhand des Umgangs mit den Museumsbesuchern einige dieser Aspekte herausgegriffen werden. Es gilt für jene Themen zu sensibilisieren, die in der Praxis überwiegend Fachplanern überlassen werden: Diesen sind die gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen zur Sicherung des menschlichen Komforts oder Belange des Brandschutzes und der Sicherheit geläufig, häufig jedoch nicht jene besonderen Anforderungen in Museumsgebäuden, die dem Schutz der Kunstwerke dienen. Soll der reibungslose Museumsbetrieb langfristig gewährleistet sein, müssen wiederholt scheinbar gegenläufige Standpunkte auf einen Nenner gebracht werden. Hier kommt der Präventiven Konservierung die Aufgabe zu, die wechselseitigen Einflüsse zu erkennen und die Tragweite von Entscheidungen frühzeitig zu kommunizieren, um die Grundlage für eine Kompromissfindung zu schaffen. Dieser Aspekt lässt sich am Beispiel des Zwiespalts zwischen Brandschutz und musealen Sicherungskonzepten schlüssig verdeutlichen. Der Schutz vor Diebstahl und Vandalismus erfordert Sicherungsmaßnahmen bei der Öffnung einer Sammlung für den Besucherverkehr. Diese Aufgabe wurde von Beginn an durch Aufsichtspersonal, damals noch als Galeriediener bezeichnet, übernommen.6 Zusätzlich erfolgte häufig eine mechanische Sicherung der Kunstwerke gegen zu einfaches Abnehmen der Gemälde oder allzu leichtes Forttragen der Kunstgegenstände. Schritt für Schritt entstanden ausgefeilte Sicherungs- und Überwachungskonzepte, wie die in der Neuen Pinakothek derzeit eingesetzten Cerberus-Schienen oder das im Museum Brandhorst vorhandene kapazitive System, welches mittlerweile Stand der Technik ist. Neben einer direkten Aufschaltung der Alarmmeldungen zur Polizei sind in den meisten neueren Museen oder in jüngerer
406
Zeit sanierten Altbauten aufwendige Kamerasysteme als weitere Überwachungsmöglichkeit installiert. Die Sicherheitszentralen der großen Häuser sind rund um die Uhr besetzt. Im Laufe der Zeit hat sich das Museum zu einem „Hochsicherheitstrakt“ entwickelt. Dennoch soll die Gebäudehülle offen und einladend auf den Besucher wirken. Ist dies bereits ein Widerspruch, ergibt sich ein weiterer Interessenkonflikt mit den Anforderungen des Brandschutzes. Ein Brandschutzkonzept ist auch für Museen verpflichtend vorgeschrieben. Es stellt sicher, dass der Personenschutz, also Rettungs- und Evakuierungsmaßnahmen im Brand- oder Katastrophenfall unbedingten Vorrang haben. Notwendige Fluchtwege und außenliegende Rettungstreppen können aber erhebliche Löcher im Sicherheitsnetz sein, werden nicht Mittelwege vereinbart oder Ausnahmemöglichkeiten in enger Zusammenarbeit zwischen Feuerwehreinsatzleitern, Brandschutzbeauftragten sowie Nutzern beziehungsweise Museumsverantwortlichen geschaffen.
MENSCHEN IM ÖFFENTLICHEN MUSEUMSRAUM Bevor die Bedeutung des gesellschaftlichen Interesses an den Museen erörtert und näher auf den Umgang mit dem Besucher sowie dessen Einflüsse auf die Museumsarchitektur, die Museumsgestaltung und die sich ergebenden konservatorischen Konsequenzen eingegangen wird, lohnt eine Beschäftigung mit den vielfältigen, sich im Lauf der Zeit verändernden Positionen, die Menschen im Museumsraum besetzten. Diese standen von Anfang an unter dem Einfluss der gesellschaftlichen Vorstellungen von den Aufgaben eines Museums. Ausgehend von der von Gottfried Semper 1852 formulierten These – „Öffentliche Sammlungen von Kunstgegenständen waren immer und werden bei entsprechender Einrichtung stets sehr mächtige Hilfsmittel für die nationale Erziehung sein“7 – steht der Besucher als Adressat in besonderer Weise im Mittelpunkt der Bemühungen. Um diesem die Bedeutung des Sammlungsgutes für die Kulturgeschichte zu vermitteln, ohne die konservatorischen Notwendigkeiten zu dessen Erhalt zu missachten, war neben den Kuratoren und Restauratoren immer schon zahlreiches weiteres Personal notwendig. Obwohl sich dessen Aufgabengebiet auf die öffentlich zugänglichen Teile der Sammlungen erstreckte, wurde der Stellenwert im Museumsbetrieb meist wenig beachtet oder selten entsprechend gewürdigt. Diese Sichtweise besteht zum Teil bis heute. Dabei wird viel zu oft übersehen, dass ohne die vielen „unsicht-
407
baren“ Aufsichten, Reinigungskräfte und Haustechniker kein Museumsbetrieb aufrechterhalten werden kann. Unter anderem deshalb sollten in der Präventiven Konservierung die verschiedenen Funktionen dieser Museumsmitarbeiter nicht unterschätzt werden. Wenn im Folgenden Besucher, Galeriediener und Kopisten im Mittelpunkt stehen, geschieht dies keinesfalls aus geringerer Wertschätzung der weiteren Akteure im Hintergrund. Ihre Bedeutung im System „Museum“ wird an anderen Stellen hervorgehoben. Abb. 167 Alte Pinakothek, München. Innenansicht des Rubenssaales auf einem Gemälde von Johann Lorenz Maaß gegen Ende des 19. Jahrhunderts [Quelle: BStGS Inv. Nr. 13420].
408
PUBLIKUM Seit ihrer Eröffnung war die Alte Pinakothek für jedermann zugänglich – bis etwa 1910 sogar völlig kostenlos. Beides war Anfang des 19. Jahrhunderts, als der Kunstgenuss in anderen Städten meist den sogenannten oberen gesellschaftlichen Klassen vorbehalten blieb oder zum Teil immen-
se Eintrittsgelder8 zu entrichten waren, keine Selbstverständlichkeit.9 Auch in der Alten Pinakothek machte sich diese sozialpolitische Haltung unterschwellig bemerkbar: Bei den Öffnungszeiten wurde zwischen „Tagen des allgemeinen Eintritts – an welchen ein sehr gemischtes und größtentheils ungebildetes Publicum erscheint – und […] den Zwischentagen […] welche dem Besuch der fremden und gebildeten Kunstfreunde gewidmet ist“10, klar unterschieden. Trotzdem stand die Alte Pinakothek bereits im Eröffnungsjahr 1836 täglich außer an Sonn- und Feiertagen allen Münchner Bürgern offen (Abb. 167). Die Sonn- und Feiertage waren jene von Dillis erwähnten „Zwischentage“, die den Fremden, Reisenden und Kunstverständigen vorbehalten blieben. Da ausschließlich mit Tageslicht beleuchtet wurde, hingen die Öffnungszeiten von den Lichtverhältnissen ab: Im Sommer konnten die Gemälde bis 17 Uhr besichtigt werden, im Winter dagegen musste eine Stunde früher geschlossen werden.11 Insofern blieben die Vorstellung von der öffentlichen Zugänglichkeit und der Anspruch der Volksbildung eher ein theoretisches Vorhaben, denn die arbeitende Bevölkerung konnte die ihr vorbehaltenen Öffnungszeiten in den seltensten Fällen wahrnehmen.12 GALERIEDIENER An Tagen, an denen die Galerie für die gewöhnliche Bevölkerung geöffnet war, führten die in Livree gekleideten Galeriediener die Besucher in Gruppen zu je acht Personen durch die Galerieräume,13 um, wie Dillis sich ausdrückte, „jeden Unfug zu entfernen, und durch Überwachung der sehr oft untersten Volksklassen angehörenden Besuchenden den kostbaren Kunstschatz vor jedem Vandalismus sicher zu stellen“14. Diese Vorgabe galt der Sicherung der Kunstwerke vor Diebstahl, Vandalismus oder Beschädigung. Das auch in der Dienstordnung formulierte Verbot, die Gemälde anzuhauchen, spricht dafür, dass der Einfluss der Besucher auf das Mikroklima damals durchaus bekannt gewesen ist.15 Durch die Zusammenfassung der Besucher zu Gruppen wurde die Anzahl der in den Räumen befindlichen Personen und deren Wirkung auf die klimatischen Bedingungen kontrolliert.16 Natürlich war bei der Praxis der Gruppenführungen ein weiteres Argument, dass die Zahl der erforderlichen Galeriediener auf ein Minimum beschränkt werden konnte. Bei freiem Rundgang der Besucher hätte in jedem Galeriesaal eine Aufsicht postiert werden müssen, was den Personalbedarf erhöht und höhere Kosten verursacht hätte. Ebenfalls aus Gründen der Sicherheit mussten Stöcke, Schirme, Mäntel und anderes an der Garderobe abgegeben werden. Die Garderobe lag im Osten angrenzend
409
Abb. 168 Alte Pinakothek, München. Innenansicht des Treppenhauses auf einem Aquarell von Lömpel um 1911 [Quelle: BStGS Fotoarchiv, Bildnr. 2011-1287].
410
an das Eingangsportal.17 Aus konservatorischer Sicht war dies günstig, da die Besucher, bevor sie über den Treppenaufgang (Abb. 168) durch den Stiftersaal in die Galerieräume gelangten, bereits eine längere Wegstrecke zurückgelegt hatten. Dadurch wurde auf einfache Weise der Staub- und Schmutzeintrag in die Galerieräume reduziert. Zudem verhinderte diese Maßnahme, dass sich an Regentagen der Feuchteeintrag durch die nasse Kleidung nachteilig auf die Innenraumklimabedingungen auswirkte. Waren bereits die Dienstvorschriften für die Galeriediener der Alten Pinakothek strikt formuliert, so gaben die Bedingungen für die Aufsichten im königlichen Nationalmuseum in München (Abb. 169) um 1901 weitaus mehr Anlass zu Beschwerden, wie ein Artikel in der „Münchner Post“ belegt: „Unglaublich harte Strapazen und Entbehrungen scheint der Aufsichtsdienst im neuen Nationalmuseum an der Prinzregentenstraße den dort Angestellten aufzuerlegen. Nach einer Klage, die uns von den älteren der dort Bediensteten zugeht, ist es den Leuten aufs strengste ver-
boten, in der ganzen Zeit von 8 Uhr (eigentlich dreiviertel 8 Uhr) Morgens bis Nachmittags 3 Uhr bezw. auch 4 Uhr irgend etwas zu sich zu nehmen, auch wenn diese Nahrungszuführung noch so unbemerkt und unauffällig sollte bethätigt werden können.“18 Dabei scheint die fehlende Mittagspause nicht das Hauptproblem gewesen zu sein. In ihrer an den Landtag gerichteten „Petition der Diener des k. Nationalmuseum um Verbesserung ihrer Dienstverhältnisse“19 lehnten sich die Aufsichten zwar gegen die Dienstzeiten auf, beschwerten sich darüber hinaus aber auch über die Aufgabe der Montagsreinigung, welche zur Folge hätte, dass sie keinen Tag in der Woche frei hätten. Da erst 1902 eigenes Wachpersonal eingestellt wurde, mussten sie außerdem die Nachtwachen im Außenbereich übernehmen. Des Weiteren bemängelten sie die zu niedrigen Temperaturen in den Ausstellungsräumen. Während den meisten Forderungen entsprochen wurde, war der letzte Punkt nicht verhandelbar. Die Direktion beharrte auf dem Standpunkt, dass die klimatischen Bedingungen in erster Linie dem Erhalt der Sammlungsgegenstände zu dienen hätten.20 Als Zeichen der
Abb. 169 Bayerisches Nationalmuseum, München. Innenansicht des Dachauersaales (Saal 22) auf einer Fotografie um 1902 [Quelle: Bauer 2000, Tafel 22].
411
Kompromissbereitschaft wurden den Galeriedienern Filzüberziehschuhe und warme Kleidung als Dienstuniform zur Verfügung gestellt.21 Diese Begebenheit zeigt, wie wenig die Galeriediener von den meisten Museumsdirektoren wertgeschätzt wurden, obwohl sie neben dem reinen Aufsichtsdienst häufig noch zahlreiche weitere Zusatzaufgaben übernahmen (Abb. 170). Ein weiterer Beleg ist die Tatsache, dass die Galeriediener des Nationalmuseums erst im Jahr 1909 ein Gesuch an das Ministerium richteten, in welchem sie um eine Änderung ihres Titels baten: Aus Dienern sollten Aufsichten werden.22 Abb. 170 National Gallery, London. Der Galeriediener in Uniform beaufsichtigt die Mitarbeiter, die mit der Hängung und Positionierung eines Gemäldes beschäftigt sind. Diese Szene stammt aus dem Jahr 1924 [Quelle: National Gallery 2009, S. 55].
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KOPISTEN Ausgenommen von den Gruppenführungen waren nur Besucher hohen Ranges – diese sollten die Galeriediener dezent zurückhaltend jedoch auf „das strengste und gewissenhafteste [...] überwachen“.23 Auch eine weitere Gruppe von Nutzern unterlag anderen Regeln: die Kopisten. Damals war es gängige Praxis, dass Maler in den Galerieräumen der Museen ihre Staffeleien aufbauten und Kopien von bekannten Gemälden anfertig-
ten (Abb. 171). Unter den Kopisten befanden sich nicht nur professionelle Maler oder die Studenten der Kunstakademien, sondern zunehmend künstlerisch fähige Mitglieder der Oberschicht, Miniaturmaler und Vorlagenzeichner für Kunstdrucke oder Werbefirmen.24 In einigen Museen entwickelte sich dies zum „ausufernden Kopier-Massenbetrieb“25: Teilweise bevölkerten jährlich über 1.000 Kopisten mit ihren Staffeleien, Mal- und Zeichenutensilien die Galeriesäle. Dementsprechend bestanden in der Alten Pinakothek neben den Besucherordnungen und Dienstvorschriften für die Galeriediener auch ausführliche Anweisungen, wie sich die Kopisten zu verhalten hatten und welche Kriterien sie erfüllen mussten, um die Zulassung für ihre Arbeit in den Galerieräumen zu erhalten.26 Trotz aller Regeln und Vorschriften ging von den in den Ausstellungsräumen in direkter Nähe zu den Gemälden ausgeführten Arbeiten ein Risiko für die Kunstwerke aus. Vor diesem Hintergrund wurde in der Alten Pinakothek zum Schutz der Kunstwerke ein gesonderter Kopiersaal eingerichtet. Durch die Beschränkung der zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze regulierte sich die Zahl der gleichzeitig arbeitenden Kopisten wesentlich leichter als in anderen Häusern, und der Andrang in den Ausstellungsräumen konnte etwas entzerrt werden.
Abb. 171 National Gallery, London. Kopisten bei der Arbeit in den Galerieräumen auf einer Aufnahme aus den 1920er Jahren [Quelle: National Gallery 2009, S. 66].
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MUSEUM IM LICHT DER ÖFFENTLICHKEIT Wie erläutert, ist das öffentliche Interesse an den Museen ein unterschätzter Teil der Erhaltungsstrategie. Die Folgen des Desinteresses der Bevölkerung sind durch verschiedene traurige Beispiele der Vergangenheit belegt. Aber die Kehrseite davon – steigende Besucherzahlen und Massenandrang – kann den Bewahrungsauftrag gleichermaßen gefährden. Welche Möglichkeiten bestehen, eine ausgewogene Balance im Umgang mit den Besuchern und der Öffentlichkeit zu schaffen, lässt sich einmal mehr aus den in der Vergangenheit gesammelten Erfahrungen ableiten. SCHATTENSEITE: MANGELNDES INTERESSE Seit ihrer Eröffnung wurde die Alte Pinakothek in Fachkreisen als eines der führenden Museen Europas gefeiert, und in der Konsequenz war sie Vorbild für zahlreiche Nachfolgebauten. Die Münchner Bevölkerung hingegen hatte ein zwiegespaltenes Verhältnis zu „ihrer Pinakothek“, die im Volksmund wegen der Lage außerhalb der Stadttore Münchens (Abb. 172) auch „Dachauer Galerie“ genannt wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts fanden nur mehr vereinzelt Besucher ihren Weg in die Alte Pinakothek. Dafür waren sicherlich die abgelegene Lage des Museums, aber vermutlich vielmehr noch die Abschaltung der Heizung in den Sammlungsräumen ursächlich.27 Mit kaum über durchschnittlich acht Besuchern pro Tag entsteht aus heutiger Sicht der Eindruck, als wäre die Gemäldegalerie damals aus dem öffentlichen Bewusstsein nahezu verschwunden gewesen. Die in Registratur und Archiv der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen als Abschriften oder Skizzen überlieferten alarmierenden Schreiben und Anträge der „Direction der kgl. Central-Gemäldegallerie“ belegen darüber hinaus, dass der Landtag nur sehr zögerlich die erforderlichen Mittel für den Unterhalt der Alten Pinakothek bereitstellte, und so verfielen Gebäude und Sammlung zusehends.28 Damit bewahrheitet sich die These, dass eine dauerhafte Erhaltungsstrategie eng an die Erinnerungsstrategien einer Gesellschaft geknüpft ist. Einmal mehr stellt sich heraus, dass Kunst- und Kulturgut nur dann dauerhaft bewahrt werden kann, wenn es vor dem Vergessen und vor Desinteresse geschützt wird. Ähnliche Zustände fanden sich in der Geschichte der Museen wiederholt und noch Jahrzehnte später. Als Henri Focillon um 1920 das Konzept des modernen Museums entwarf,29 war er davon überzeugt, dass das Publikum ins Museum käme, „um mehr zu suchen als flüchtige Zerstreuung, etwas besseres als eine Unterweisung technischer Art“.30 Aber er müsse
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zugeben, „dass es dabei nicht immer unterstützt“31 würde. Ja mehr noch, er hätte „tüchtige Leute, voll der besten Absichten, sagen hören […] das Museum sei wahrlich ein Ort des Zauderns und der Schwierigkeiten, ein exklusiver Hort ungeheurer Langeweile“.32 Die Lösung sei, die Bedürfnisse der Besucher zu verstehen und aus den Museen wieder belebte und lebendige Orte zu machen: „Die beständige Erneuerung der Museen kann durch Ausstellungen geschehen und durch den Austausch von Exponaten; man würde sich nur wünschen, dass dieses System nicht auf Paris und die großen Hauptstädte beschränkt bliebe.“33 Außerdem solle in den Museen wieder mehr gesprochen werden, was in Paris (Abb. 173) und andernorts wohl mit Erfolg eingeführt worden war.34 KEHRSEITE: STEIGENDE BESUCHERZAHLEN Nach dem Einbau des neuen Heizsystems, den damit einhergehenden Sanierungsmaßnahmen am Gebäude und der Neukonzeption der Hängung erwachte die Alte Pinakothek gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus ihrem
Abb. 172 Plan der Königlichen Haupt- und Residenzstadt München aus dem Jahr 1852 [Quelle: Stadtarchiv München, Inv. Nr. X_1852].
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Abb. 173 Louvre, Paris. Innenansicht der Grande Galerie auf einem Gemälde von Hubert Robert um 1800 [Quelle: National Gallery 2009, S. 8].
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Dornröschenschlaf. Bereits die Umbauarbeiten wurden in der Tagespresse aufmerksam verfolgt, und zahlreiche Fachartikel berichteten von der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen. Am Ende erfreute sich die Galerie wieder größerer Beliebtheit, und die Besucherzahlen stiegen deutlich an. Damit einhergehend musste eine Anpassung und Überarbeitung der Dienstordnungen und Vorschriften für die Galeriediener vorgenommen werden.35 Die Galeriediener hatten den Zustand der Sammlung regelmäßig zu kontrollieren und Veränderungen oder Beschädigungen sofort zu melden. Die Sammlungsgegenstände sollten von den Galeriedienern
gegen Diebstahl und mutwillige Zerstörung gesichert werden, weshalb vor Beginn und nach Ende der Besuchszeiten eine Kontrolle der Sammlung erfolgte, bei welcher die Vollständigkeit der Sammlung sowie Veränderungen oder Schäden an den Kunstwerken dokumentiert wurden. Andernorts war der Andrang zeitweise so groß (Abb. 174), dass zusätzlich weitere Maßnahmen notwendig wurden. In der Nationalgalerie in Berlin wurden Eintrittskarten ausgegeben, damit sich zu keinem Zeitpunkt mehr als 500 Personen gleichzeitig im Gebäude befinden konnten. Darüber hinaus waren vor einigen Kunstwerken Schranken als Schutz vor „der allzu stürmischen Begeisterung der Beschauer“ aufgestellt.36 In den Dienstvorschriften der Alten Pinakothek war präzise formuliert, wie sich die Aufsichten den Besuchern gegenüber zu verhalten hatten. Zwar waren auf Besucherfragen kurze Antworten erlaubt, längere Gespräche aber ebenso untersagt wie das Kassieren von Trinkgeldern. Emil Wal-
Abb. 174 Altes Museum, Berlin. Östlicher Saal des Südflügels auf einem Holzstich nach einer Zeichnung von Ernst Henseler 1884 [Quelle: Penzel 2007, S. 195, Abb. 35].
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mann karikierte 1917 auf wortgewandte Weise das gesellschaftliche Bild von den Galeriedienern, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte.37 Er beklagte nämlich, dass die Aufsichten mitunter wenig Verständnis insbesondere für zeitgenössische Kunstwerke zeigten und dass ihre laienhaften Kommentare allzu häufig die Meinung des weniger kunstbewanderten Publikums negativ beeinflussten. Da den Aufsichten damit offensichtlich die Kompetenz zur Vermittlung von künstlerischen oder ikonographischen Inhalten abgesprochen wurde, durften sie keine Besucherführungen abhalten. Sie sollten schweigsam und ohne Ablenkungen die Kunstwerke bewachen und die Besucher im Auge behalten. Eine weitere Aufgabe des Aufsichtspersonals der Alten Pinakothek bestand darin, den Linoleumbelag, die Rahmen und die Lambris, wenn erforderlich, täglich zu reinigen. Einmal wöchentlich – samstags nach Galerieschluss – mussten die Galeriediener sämtliche Gemälde mit einem eigens dafür ausgehändigten Staubwedel säubern. Bei der jährlich anstehenden Hauptreinigung hatte jeder Galeriediener die Tapeten und Gesimse seiner Abteilung vom Schmutz zu befreien.38 Da die Alte Pinakothek am Anfang des 20. Jahrhunderts im Mittelpunkt des Interesses stand und die Besucherzahlen weiter stiegen, wurden ab 1910 erstmals in der Geschichte der Sammlung Eintrittsgelder erhoben. Nach wie vor blieb der Eintritt an zwei Tagen der Woche kostenlos. An den restlichen Tagen mussten die Besucher eine Mark für den Eintritt bezahlen.39 Trotz der öffentlichen Kritik an dieser Umstellung stiegen die Besucherzahlen weiter an.40 Dies hing sicherlich damit zusammen, dass bereits in fast allen anderen deutschen Museen Eintrittsgelder zu entrichten waren. Als beispielsweise 1829 das Alte Museum in Berlin eröffnet wurde, fanden die Besucher nur gegen ein Entgelt von zehn Groschen Einlass.41 In den Hochzeiten führten der Besucherandrang und die Menschenansammlungen in den Galerieräumen zu einer dramatischen Verschlechterung der Luftqualität. Die Besucherbeschwerden über mangelhafte Belüftung der Säle der Alten Pinakothek häuften sich. Sie wurden sogar dem Staatsministerium für Kirchen- und Schulangelegenheiten vorgetragen, welches die Verantwortlichen von Landbauamt und Gemäldegaleriedirektion wiederholt dazu aufforderte, Abhilfe zu schaffen. Obwohl zahlreiche Möglichkeiten diskutiert und geprüft wurden, fand sich keine andere Alternative, als weiterhin morgens vor dem Beginn der Öffnungszeiten die Fenster der Kabinette zu öffnen und die Galeriesäle durch Querlüftung mit Frischluft zu versorgen.42
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Die Museumsverantwortlichen der National Gallery in London waren bereits in den 1850er Jahren mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Allerdings überstiegen die Besucherzahlen dort jene der Alten Pinakothek um ein Vielfaches. Anders als in München war in London wegen der Industrialisierung die Luftqualität deutlich schlechter, und die Galerie lag direkt im Stadtzentrum. Deshalb zeigten sich die Konsequenzen für den Erhaltungszustand der Kunstwerke in der National Gallery sehr viel rascher und vor allem deutlicher als in der Alten Pinakothek. Die Museumsverantwortlichen mussten reagieren. Der Ausgangspunkt der daraufhin in der National Gallery durchgeführten Untersuchungen war die Beobachtung, dass die Oberflächen der Gemälde im Museum deutlich schneller vergilbten und stärker verschmutzten als in den zahlreichen Privatsammlungen Englands. Eine Kommission, bestehend aus Sir Charles Eastlake, William Russell und Michael Faraday wurde einberufen, um dem Phänomen auf den Grund zu gehen.43 Die Experten kamen zu dem Ergebnis, dass der schlechtere Zustand der Gemäldeoberflächen in der National Gallery zwar zu einem erheblichen Anteil dem Rauch und Ruß der nahe gelegenen Schornsteine, aber ebenso dem extrem hohen Besucheraufkommen geschuldet war. Da sich damals die museale Nutzung der Galerieräume deutlich von der heutigen unterschied, ist die historische Situation unter jetzigen Gesichtspunkten schlichtweg chaotisch zu nennen (Abb. 175): “The rooms were used as a place where food and refreshments may conveniently be taken where men and women bring their families of children, children in arms and a train of children around and following them and they are subject to all the little accidents that happen with children and which are constantly visible upon the floors of the place. […] When the atmosphere grew heavy the windows were opened and the smoke from the chimneys of the nearby municipal wash-house, which was described as very opaque came in through the windows, which were not protected with gauze.”44 Dieser Augenzeugenbericht veranschaulicht die Zustände, schildert die damaligen Herausforderungen im Museumsbetrieb und gibt einen Einblick in die zum Schutz der Kunstwerke eingeleiteten Gegenmaßnahmen: • Der Besuch eines Museums war ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem mitgebrachte Speisen und Getränke verzehrt wurden. Neben dem größeren Verschmutzungsgrad und der dringenden Erfordernis häufigerer Reinigung stellten die Essensreste auch im Bezug auf mögliche Probleme mit Schädlingen ein erhebliches Risiko dar.
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• Durch die hohen Besucherzahlen – an manchen Tagen zwischen 18.000 und 19.000 Personen45 – platzen die Galeriesäle aus allen Nähten. Durch das Gedränge, Chaos und die von den Eltern nicht entsprechend beaufsichtigten, umherlaufenden Kinder kam es wiederholt zu kleineren und größeren Unfällen, bei denen Kunstwerke beschädigt wurden. Folglich wurde Kindern unter zwölf Jahren der Museumsbesuch untersagt.46 • Auch in der National Gallery beschwerten sich die Besucher über die mangelhafte Luftqualität. Die Fenster wurden geöffnet und die verschmutzte Londoner Außenluft gelangte in das Gebäudeinnere, wo sich die mit der Luft eingetragenen Schadstoffe als Verschmutzung auf den Gemäldeoberflächen niederschlugen.
Abb. 175 National Gallery, London. Innenansicht der sogenannten Barry Rooms auf einem Gemälde von Giuseppe Gabrielli [Quelle: National Gallery 2009, S. 25].
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Den beiden ersten Risikofaktoren konnte mit einer Anpassung der Besucherordnungen und entsprechenden Vorschriften begegnet werden. Dabei hatten nicht nur die Museumsverantwortlichen der Alten Pinakothek oder der National Gallery mit den steigenden Besucherzahlen zu kämpfen: Im Jahr 1870 besuchten rund 100.000 Gäste die Dresdner Gemäldegalerie (Abb. 176),47 und die Berliner Nationalgalerie verzeichnete 1879 mehr als 250.000 Besucher.48 Neben der wachsenden Mobilität und der
Öffnung der Galerien für alle Gesellschaftsschichten, scheint auch ein Zusammenhang mit der Beheizung der Galerieräume, also der Steigerung der menschlichen Komfortbedingungen bestanden zu haben. In den 1870er Jahren monierten die Berliner Museumsdirektoren, dass unter den Besuchern eine „große Anzahl Müßiggänger und Leute [sei], die in den Räumen des Museums offenbar nicht mehr als einen bequemen Unterkunftsort gegen das Wetter und die Kälte suchen“.49 In Berlin und anderen Städten wurde daraufhin mit dem Austausch der bisher aufgestellten, bequem gepolsterten Sitzgelegenheiten durch schlichte Holzbänke – teils ohne Rückenlehne – reagiert.50 Der dritte Punkt obiger Auflistung war aus unterschiedlichen Gründen nicht nur in der Alten Pinakothek oder der National Gallery einzig durch eine Veränderung der Klimatisierungsstrategie wirklich befriedigend zu lösen. Also wurden die ersten Forderungen nach Reinigung der Luft laut und die in anderen öffentlichen Gebäuden bereits erfolgreich eingesetzten Klimaanlagen in den Museumsraum einzuführen.51 Letztlich veränderten diese Entwicklungen die Sichtweise: Die angestrebten klimatischen Bedingungen wurden nicht mehr ausschließlich ausgehend von den konservatorischen Anforderungen definiert, sondern menschliche Behaglichkeits-
Abb. 176 Gemäldegalerie, Dresden. Innenansicht auf einem Gemälde von Karl Louis Preusser um 1881 [Quelle: Staatliche Kunstsammlungen Dresden].
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kriterien und Komfortwünsche der Besucher rückten zunehmend in den Mittelpunkt der Überlegungen. Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehr Erfahrungen mit Klimaanlagen in Museen vorlagen, diente das Wohlbefinden der Besucher sogar als Argumentationsschiene, um eine Befeuchtung der Galerieräume zu fordern: “Yet again, visitors themselves find air-conditioned rooms more pleasant, and suffer less from fatigue when visiting a museum that is humidified–the minimum relative humidity physiologically desireable being 40 to 50 to 20° C. (68 °F.).”52 Wo, wie in der Alten Pinakothek oder der National Gallery, der Einbau einer Klimaanlage (noch) nicht möglich war, mussten andere Lösungen gefunden werden. In der Alten Pinakothek ließen die bereits dargelegten Gründe eine natürliche Fensterlüftung zu. Dagegen war das Öffnen der Fenster in der National Gallery wegen der schlechten Außenluftqualität keine praktikable Lösung. Da aber die Schadstoffquellen weder abgeschafft noch an der innerstädtischen Lage der Galerie etwas geändert werden konnte, mussten andere Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Diese bestanden darin, auf der Gemäldevorderseite eine Schutzverglasung anzubringen (Abb. 177). Die Gemälderückseite war mit Zinnfolie oder einem anderen undurchlässigen Material versehen, um die Anlagerung von Staub oder anderen Schadstoffen auf den Kunstwerkoberflächen zu verhindern.53 Im „Report of the director of the National Gallery to the Lords Commissioners of Her Majesty‘s Treasury” vom 6. April 1857 hieß es hierzu: “During the year, 86 pictures […] have been protected so as to exclude dust from the backs. The material at present used for this purpose is glazed brown holland, the glazed surface being outside […] the backs of the pictures should be protected in the same or some other effectual mode.”54 Die ersten „Mikroklimavitrinen“ entstanden also streng genommen nicht mit dem Ziel, eine größtmögliche Klimastabilisierung zu erreichen, sondern vor dem Hintergrund der hohen Schadstoffkonzentrationen im Museumsraum, welche gleichermaßen der schlechten Außenluftqualität wie dem immensen Besucheraufkommen geschuldet waren. Die Schutzverglasungen als Konsequenz des hohen Besucheraufkommens wirkten im Umkehrschluss selbst wieder auf die Besucher zurück. Wegen der Glasoberflächenbeschaffenheit traten wegen des überwiegend von oben durch die Oberlichter einfallenden Tageslichts verstärkt Reflexe und Blenderscheinungen auf. Entspiegeltes Glas, wie es heute verfügbar ist, wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts patentiert. Deshalb war die zum Schutz der Kunstwerke gedachte Verglasung ein Störfaktor bei der Betrachtung der Kunstwerke und stellte eine erhebliche Einschränkung
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des Kunstgenusses dar. Noch 1945 bemerkte Kenneth Clark in seinem Aufsatz zur idealen Gemäldegalerie:55 „Wenn Bilder durch Glas geschützt werden müssen, sind Reflexionen unvermeidbar, und alle Versuche sie loszuwerden sind schlimmer als die Reflexionen selbst.“56 Der durch die Schutzverglasungen hervorgerufene Zwiespalt veranschaulicht, wie verzahnt die einzelnen Faktoren im Gesamtsystem Museum sind und dass jede Handlung auf unterschiedlichen Ebenen Veränderungen hervorruft. In der Folge können Probleme an Stellen auftreten, die auf den ersten Blick kaum mit der Ausgangsfragestellung in Zusammenhang standen. In einem offenen Brief, den Ruskin in der „Times“ im Jahr 1852 veröffentlichte, stellte er jene Abhängigkeiten dar.57 Ausgangspunkt der Ausführungen war seine Beobachtung, dass manche Gemälde der National Gallery verglast waren, andere hingegen nicht. Er stellte die rhetorische Frage, ob die unverglasten Gemälde einer Schutzverglasung nicht wert wären und beantwortete diese selbst, indem er darauf verwies, „dass viele der Bilder so hoch oder unter solchen Lichtverhältnissen gehängt worden sind, dass man sie unter einer Schutzverglasung nicht mehr gesehen hätte“.58 In seinen Augen sei „ein Bild, das wert ist angekauft zu werden, ebenso wert […] betrachtet zu werden“59, und daher müsse „unser ganzes Bemühen bei zwei entscheidenden Anforderungen beginnen und enden. […] Jedes Bild in der Galerie [sollte] bestmöglich betrachtet werden [können] und vollkommen sicher aufbewahrt“60 werden, weshalb unbedingt erforderlich sei, „dass alle gut ausgeleuchtet sind, sich auf Augenhöhe befinden und geschützt sind vor feuchter, kalter, verunreinigter Luft und jedem anderen vermeidbaren, ihrer Erhaltung abträglichen Einfluss“.61 Damit zielt Ruskin genau auf jene Punkte ab, die gleichermaßen in der Geschichte der Alten Pinakothek immer wieder zum Tragen kamen. Letztlich entwickelte Ruskin aus dem Missstand der reflektierenden Schutzverglasungen und dem von ihm unermüdlich geforderten bedingungslosen Schutz der Kunst-
Abb. 177 National Gallery, London. Barry Rooms auf einer Photographie von 1876. Auf den rechts an der Wand lehnenden Gemälden sind Spiegelungen und Reflexionen zu sehen, welche auf die Schutzverglasungen schließen lassen [Quelle: National Gallery 2009, S. 26].
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werke eine völlig neue Art der Hängung der Kunstwerke „on the line“ – auf Augenhöhe der Besucher, welche zu seiner Zeit eine neue und revolutionäre Form der Gemäldepräsentation verkörperte.62
MUSEEN IN KRISENZEITEN Schon mit dem Ersten Weltkrieg, aber noch weitaus stärker mit dem Zweiten Weltkrieg ergaben sich markante Einschnitte in der Museumsentwicklung. Nach den dramatischen Erfahrungen im Ersten Weltkrieg begannen die meisten größeren Museen bereits zu Beginn des Zweiten Weltkrieges mit der Evakuierung und Auslagerung ihrer wertvollsten Kunstschätze. Dies erwies sich als Maßnahme mit Weitblick, denn tatsächlich wurden viele Museen während des Krieges schwer beschädigt oder zerstört. Die Vorgänge und Erlebnisse in diesem Zusammenhang und die massiven Verluste von Kunst- und Kulturgut waren so gravierend, dass 1954 auf europäischer Ebene zwei Konventionen zum Schutz des Kulturgutes beschlossen wurden: die Haager Konvention der 1946 gegründeten UNESCO, und die Europäische Kulturgüterschutzkonvention des Europarates.63 Im Zusammenhang mit der Entwicklung der Präventiven Konservierung ist dies ein wichtiger Meilenstein, weil eigentlich erst nach dem Krieg mit der systematischen und internationalen Zusammenarbeit der Schutz und Erhalt des mobilen und immobilen Kulturgutes in einem größeren Maßstab möglich wurde. Erst diese Anstrengungen bildeten die Grundlage, auf der sich das Berufsbild des Restaurators etablieren und Schritt für Schritt eine Professionalisierung des Fachgebietes eintreten konnte. Die schrecklichen Erfahrungen der beiden kurz aufeinanderfolgenden Weltkriege mit der dramatischen Zerstörung des europäischen Kulturerbes hatten die Gesellschaft aufgerüttelt. Dementsprechend findet sich umfangreiches Material aus und über diese Zeit. Und obwohl sich darüber hinaus zahlreiche Publikationen mit der Instrumentalisierung der Kunst und der Ideologiebildung durch totalitäre Systeme beschäftigen, werden die konkreten Auswirkungen auf den Museumsalltag, die praktische Bedeutung für die Museumsmitarbeiter oder die schwierige Fragestellung, wie die Bevölkerung damals die Rolle der Museen wahrnahm, meist nicht thematisiert oder bestenfalls als Randnotiz erwähnt.64 Zum allgemeinen gesellschaftlichen Stellenwert, den die Museen während des Zweiten Weltkrieges einnahmen, findet sich vergleichsweise wenig Literatur. Auch das bearbeitete Archivmaterial zur Alten und zur alten Neuen Pinakothek ent-
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hält nur spärliche Hinweise auf die von den Museumsmitarbeitern unternommenen Anstrengungen, die Museumsfunktionen, so gut es unter den gegebenen Umständen möglich war, aufrecht zu erhalten. Dies war damals schwierig, zumal die Ausstellung mit Kriegsbeginn für den Besucherverkehr geschlossen wurde und mit der Auslagerung der Kunstwerke bereits am 3. September 1939 auf Anweisung Adolf Hitlers begonnen wurde.65 Mit anhaltender Kriegsdauer verknappten sich die verfügbaren Rohstoffe, und so wurde auch die Direktion der Pinakotheken durch das Ministerium aufgefordert, Brennstoffe einzusparen – Überleben war wichtiger geworden als Kunstgenuss. Trotzdem wurde dem Kulturgüterschutz auf ministerieller Ebene ein gewisser Stellenwert eingeräumt.66 Der Umgang der Bevölkerung mit dem Wiederaufbau wird ähnlich zu bewerten sein: Natürlich zeugte die Wiedereröffnung eines Museums von der Rückkehr des Friedens. Aber die Opfer, die hierfür gebracht werden konnten, hingen davon ab, wie schwer die Bürger unter den Kriegshandlungen und -folgen zu leiden hatten. Wo die Umstände dies zuließen, wurde nach Kriegsende relativ schnell mit den Aufräumarbeiten und der Wiedereröffnung der Museen begonnen. Aber wo die Kriegszerstörungen, wie am Gebäude der Alten Pinakothek (Abb. 178) oder der alten Neuen Pinakothek (Abb. 179), so massiv und schwerwiegend waren, spitzte sich die ohnehin verheerende Situation weiter zu. Die beiden Münchner Pinakotheken lagen jahrelang als Ruinen brach – auch weil im München der ersten Nachkriegsjahre die vordringlichste Aufgabe in der Linderung der Wohnungsnot bestand.67 Als Folge der fehlenden Schutzvorkehrungen an den Gebäudeüberresten trug die Witterung ihren Teil zur weiteren Zerstörung bei.68 Aber auch Plünderungen wertvoller Rohstoffe, wie der Bronze der Künstlerstatuen, anderer verbauter Metalle oder von Gesteinsmaterial waren an der Tagesordnung und sind traurige Belege für die Notlage der Menschen dieser Zeit. Döllgast beobachtete die Geschehnisse mit Sorge: „Räuber schmeißen den Raffael und vierundzwanzig andere herunter, zuletzt den Dürer und alles, was an der Pinakothek auf Bleiblech stand. Nehmen das Kupfer mit, die zinkenen Baluster und einen Kilometer Eisenzaun.“69 In Berlin gestaltete sich der Wiederaufbau anders als in München. Auch auf der Museumsinsel wurden mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 alle Staatlichen Museen geschlossen.70 Das Kunst- und Kulturgut wurde zunächst „nur“ in den Kellern der einzelnen Häuser in Sicherheit gebracht. Im Laufe des Krieges war dort der Schutz nicht mehr gewährleistet, weshalb die besonders herausragenden und wertvollen Kunstwerke zum Teil mehrmals den Standort wechseln und an vermeintlich sichere Orte
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Abb. 178 Alte Pinakothek, München. Neben den Kriegszerstörungen durch die Bombentreffer erlitt das Gebäude weitere schwere Schäden durch Plünderung, mangelnde Sicherungsmaßnahmen sowie den sich bis zum Obergeschoss auftürmenden Schuttberg [Quelle: Böttger 1972, Abb. 126].
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transportiert werden mussten.71 Die Museumsgebäude der Museumsinsel wurden unterschiedlich schwer beschädigt (Abb. 180). Gegen Kriegsende hatten dort teilweise Kampfhandlungen stattgefunden, und das Areal war seit dem 2. Mai 1945 von der Roten Armee besetzt gewesen.72 Im Gegensatz zu vielen anderen Städten wurden auf der Museumsinsel Trümmerbeseitigung und Aufräumarbeiten per Beschluss bereits 1945 begonnen und 1946 verstärkt vorangetrieben.73 Diese beiden unterschiedlichen Beispiele zeigen, wie sehr der Kulturgüterschutz während des Krieges von der Weitsicht und Vorsorge einzelner Personen abhängig war. Während in München sofort mit der Auslagerung der Kunstwerke in umliegende Schlösser, Klöster und Stollen begonnen wurde,74 wurden die Berliner Kunstwerke am Standort gesichert. Ähnliches gilt auch für die Wiederaufbaumaßnahmen nach dem Krieg. Während in München der Wiederaufbau der Alten Pinakothek unter anderem aufgrund von Plänen für einen Museumsneubau zunächst kein Thema war, wurde er in Berlin zügig beschlossen. Deswegen wurden dort bereits kurz nach Kriegsende Schutz- und Sicherungsmaßnahmen an den Gebäuden ergriffen.
NOT MACHT ERFINDERISCH! DIE GEBURTSSTUNDE NEUER AUSSTELLUNGSKONZEPTE Interessanterweise, und bislang selten erwähnt, erzwangen die Kriegswirren einige grundlegende Veränderungen im Ausstellungskonzept der Museen, die sich im Nachhinein als richtungsweisend und durchaus positiv erwiesen: Durch die Kriegsauslagerungen waren die für Ausstellungen verfügbaren Bestände der an einigen Orten während des Krieges geöffneten Museen erheblich dezimiert. Die Kuratoren mussten einerseits die entstandenen Lücken füllen und andererseits auf die anhaltenden Evakuierungen der Sammlungen mehr oder weniger spontan reagieren. Fand vor dem Krieg eine Neuordnung oder Umgestaltung der Dauerausstellung im Abstand von mehreren Jahren oder Jahrzehnten statt, forderten die Umstände von den Verantwortlichen Flexibilität – temporäre Wechselausstellungen waren zu einem Bestandteil des Museumsalltags geworden. Die Bevölkerung zeigte sich interessiert und in vielen Fällen war trotz des Kriegsgeschehens ein Anstieg der Besucherzahlen zu verzeichnen.75 Nach den Luftangriffen auf London 1940 und 1941 war der komplette Sammlungsbestand der National Gallery evakuiert worden. Der damalige Leiter des Museums Clark versuchte die dadurch entstandene Leere des Hauses zu inszenieren, indem er Konzerte veranstaltete und jeden Monat ein einzelnes Kunstwerk
Abb. 179 Alte Neue Pinakothek, München. Fotografie von Saal IV nach den schweren Bombardements im Jahr 1944, welche die massiven Zerstörungen des Gebäudes erahnen lässt [Quelle: BStGS, Fotoarchiv].
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Abb. 180 Alte Nationalgalerie, Berlin. Das zerstörte Treppenhaus des Museums nach Abschluss der ersten Aufräumarbeiten auf einer Fotografie aus dem Jahr 1948 [Quelle: Maaz 2001, S. 63, Abb. 56].
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aus den walisischen Notdepots im Museum als „picture of the month“ präsentierte.76 Auch nach Kriegsende wurde dieses aus der Not geborene Ausstellungskonzept weitergeführt und erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Auch die Berliner Museen waren während des Krieges geschlossen und die Kunstwerke ausgelagert worden. Weil die Bestände aber größtenteils auf der Museumsinsel verblieben waren, musste der damalige Generaldirektor Ludwig Justi trotz aller örtlichen Sicherungsmaßnahmen schwere Verluste verzeichnen. Er entschied sich kurz nach Kriegsende, die von den Bränden und der Zerstörung verschont gebliebenen Kunstwerke in den noch nutzbaren Gebäuden der Museumsinsel zusammenzutragen und auszustellen. In diesem Bestreben entstand unter seiner Leitung ein neues Ausstellungskonzept unter ungewohnter Einbeziehung aller potenziellen Besucher. Denn wegen der durch die Kriegsverluste entstandenen Lücken im Sammlungsbestand war er herausgefordert, ältere und zeitgenössische Werke nebeneinander zu präsentieren. Daraus entwickelte sich ein Gesamtkonzept, mit dem Justi „die künstlerischen Formen und Inhalte des Gezeigten auch den Menschen ohne große Kunstkenntnisse“77 nahe brachte – ein neuer Umgang mit den Besuchern und eine andere Weise der Präsentation von Kunstwerken entstanden gewissermaßen aus den Einschränkungen und Entbehrungen der Nachkriegszeit. In München lag die Alte Pinakothek nach Kriegsende jahrelang als Ruine brach, und es fehlten geeignete Ausstellungsräume, um den ausgelagerten Gemäldebestand, der den Krieg im Gegensatz zu den Berliner Beständen nahezu verlustfrei überstanden hatte, zu zeigen.78 Da das Haus der Kunst (Abb. 181) – am 18. Juli 1937 eröffnet – von Kriegsschäden verschont geblieben war, nutzte der damalige Generaldirektor der Alten Pina-
kothek, Eberhard Hanfstaengel diese Räumlichkeiten, um dort bereits im Januar 1946 rund 100 Werke wieder auszustellen. Zwei Jahre später sah er sich durch den nach wie vor bestehenden Mangel an Platz und fehlende finanzielle Mittel gezwungen, rund 150 Hauptwerke der Alten Pinakothek zu Ausstellungen nach Brüssel, Amsterdam und Paris zu entsenden.79 Damit trat das Museumswesen in das Zeitalter stetig wachsenden Leihverkehrs ein – mit bis heute weitreichenden Konsequenzen für den Erhalt des Kunst- und Kulturgutes.80
WIEDERAUFBAU, WIRTSCHAFTSWUNDER UND WANDEL Die Situation für die beiden Münchner Pinakotheken gestaltete sich schwierig. Den Befürwortern des Wiederaufbaus standen zahlreiche Hürden gegenüber. Doch Döllgast betrieb die Rettung und den Wiederaufbau der Alten Pinakothek unermüdlich und nutzte dazu strategisch wirksam ebenfalls die Lokalpresse. Damit versuchte er, das Museumsgebäude in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses zu rücken, um den Abriss des Gebäudes zu verhindern. Wenn auch sein architektonischer Umgang mit dem Gebäude und der inneren Gestaltung später vielfach kritisiert und seine denkmalpflegerische Leistung erst Jahrzehnte später gewürdigt wurde, so war er doch erfolgreich: Er hatte die erforderlichen Wieder-
Abb. 181 Haus der Deutschen Kunst (heutiges Haus der Kunst), München. Aufnahme aus der Zeit zwischen 1937 – dem Jahr der Eröffnung – und dem Kriegsende 1945 [Quelle: Bundesarchiv Sammlung von Repro-Negativen, Inventarnummer Bild 146-1990-073-26, CC BY-SA3.0de].
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aufbaumaßnahmen auf den Weg gebracht und auch nach Abschluss der Arbeiten blieb das öffentliche Interesse an der Alten Pinakothek ungebrochen. In regelmäßigen Abständen berichtete die Presse über den Fortgang der Arbeiten, und die Bevölkerung diskutierte die Maßnahmen in zahlreichen Leserbriefen.81 Die Münchner hatten begonnen, sich mit ihrer Pinakothek zu identifizieren und dem Bauwerk die Aufmerksamkeit zu schenken, die es eigentlich seit der Eröffnung 1836 verdient gehabt hätte. Bis Ende des 19. Jahrhunderts litt die Alte Pinakothek an den Folgen der niedrigen Besucherzahlen und der Erhalt von Gebäude und Sammlung war wiederholt gefährdet. Das mit dem Wiederaufbau neu entflammte Interesse der Bevölkerung schuf hier Abhilfe und zeigte dennoch bis dato unbekannte Gefahren für den Erhalt der Kunstwerke auf. Die Eröffnungsfeierlichkeiten waren nach all den Anstrengungen, öffentlichen Diskussionen und Planungsänderungen zu einem wichtigen Ereignis geworden, von dem nationale wie internationale Medienberichte zeugen.82 Der erwähnte Vorfall des geplatzten Scheinwerfers während der Eröffnungszeremonie83 endete zwar ohne eine größere Katastrophe, aber mit dem heutigen Wissensstand war er ein erster Vorbote einer seit den 1960er Jahren im Wandel begriffenen Museumskultur. Wurde noch in den 1970er Jahren ein harter Diskurs um das „Museum als Lernort“ contra das „Museum als Bildungstempel“ geführt, verlagerte sich die Diskussion in den 1980er Jahren auf den Einsatz neuer Medien im musealen Kontext.84 In den 1990er Jahren gewann das Schlagwort „Erlebnisgesellschaft“ auch für die Museen an Bedeutung.85 Parallel dazu stieg die Zahl öffentlichkeitswirksamer Großereignisse und „Museumsevents“ dramatisch. Dramatisch, weil im Rahmen solcher Veranstaltungen teilweise hohe Risiken für die Kunstwerke in Kauf genommen werden. Dass diese „Eventisierung des Alltags“86 seit einigen Jahrzehnten nicht mehr aus dem Museumsraum zu verbannen ist, beobachten nicht nur Restauratoren und Konservatoren kritisch. Wird aber die Abhängigkeit zwischen Erinnerungsstrategie und Bewahrungsauftrag ernst genommen, darf in der Präventiven Konservierung der museumspolitische Hintergrund solcher Sonderveranstaltungen nicht außer Acht gelassen werden. Sinnvoller als eine komplette Verweigerung ist eine vertretbare Umsetzung, denn im schlimmsten Fall erfolgt die Durchführung sonst ohne die Beachtung konservatorischer Vorgaben. Der Wandel in der gesellschaftlichen Auffassung hinsichtlich der Museen wirkte seit jeher auf deren Rahmenbedingungen zurück. Mittlerweile sind diese geprägt vom Spannungsfeld zwischen der Vorstellung der Gesellschaft vom „Museumsbesuch als kulturelles Erlebnis“87 und den ökonomischen Zwängen durch
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die schwindende Bereitstellung öffentlicher Mittel. Da die Besucherzahlen als Rechtfertigung der Existenz von Museen angesehen werden,88 sind die Museumsverantwortlichen fast gezwungen, der Forderung nach einer „Erlebnisorientierung der Museen“89 zu entsprechen. Sonderveranstaltungen sind faktisch nicht mehr aus dem Museumsbetrieb wegzudenken und haben sich zu einem festen Bestandteil mit entsprechend öffentlichkeitswirksamem Stellenwert entwickelt. Der hier angedeutete Wandel im Museumsbild führte schon in den 1960er Jahren zu einem Anstieg der Zahl temporärer Ausstellungen und zu einer Zunahme von Sonderveranstaltungen. In Verbindung mit dem Aufkommen der Photographie ergaben sich damals völlig neue Gefahren für die Kunstwerke, die anfangs unterschätzt wurden. Während im 19. Jahrhundert die bekanntesten Gemälde von den Kopisten kopiert wurden, waren Mitte des 20. Jahrhunderts fotografische Reproduktionen selbstverständlich geworden. Anfangs schien dies das Problem des Platzmangels in den überfüllten Galeriesälen zu lösen. Aber zur Anfertigung professioneller Farbaufnahmen waren leistungsstarke Lampen notwendig, die sich ebenso nachteilig auf die Kunstwerke auswirkten wie die Blitzlichter der ersten Kleinbildkameras.90 Einhergehend mit der erhöhten Aufmerksamkeit, die den Museen im gesellschaftlichen Bewusstsein zukam, häuften sich die Anfragen für Reproduktionen. Im Endeffekt ergab sich ein neues Risiko für das Sammlungsgut: die durch die fotografischen Aufnahmen hervorgerufene höhere Lichtdosisbelastung der Kunstwerke. Dabei entstanden nicht nur Lichtschäden, wie die am Doerner Institut durchgeführten Untersuchungen zur Auswirkung der Scheinwerferstrahlung auf Holztafelgemälde nachwiesen. Die Studien lieferten umfassende Daten zur Verwölbung von Holztafeln, die durch die Strahlungswärme von Scheinwerfern verursacht wurde.91 Die Belastung durch Licht- und Wärmestrahlung entstand zusätzlich zu der ohnehin höheren Lichtdosis, der die Kunstwerke durch die Verlängerung der Öffnungszeiten und die Einführung des Kunstlichts ausgesetzt waren.92 In vielen Fällen wurden im Zuge der Wiederaufbaumaßnahmen neben der Einführung der Kunstlichtbeleuchtung auch zum Teil bereits vor dem Krieg notwendig gewordene Modernisierungsmaßnahmen umgesetzt. Erstaunlich ist, dass trotz der zahlreichen Diskussionen um diverse Wiederaufbaumaßnahmen an keinem Ort der Vorschlag gemacht wurde, ein Museumsgebäude deswegen so genau wie möglich zu rekonstruieren, weil es ein architektonisches Beispiel aus der Geschichte des Kunstmuseums als Institution darstellte oder weil es eine bestimmte Auffassung
431
vom Museum als Idee verkörperte.93 Die bestehenden Bauwerke schienen schlichtweg nicht mehr zeitgemäß, und häufig hätte die historische Gestaltung der Räume ebenfalls eine historische Präsentation der Kunstwerke erfordert.94 Außerdem hatte sich die Vorstellung von der idealen Präsentation der Kunstwerke verändert. Dazu zählten die aus Sicht der Öffentlichkeit längst überfällige Einführung der Kunstlichtbeleuchtung sowie zahlreiche unsichtbare Umstellungen und Anpassungen, wie beispielsweise die Neuverlegung elektrischer Leitungen oder haustechnischer Installationen, die Einrichtung von Alarmsystemen mit direkter Verbindung zu Feuerwehr oder Polizei und dergleichen. All dies veränderte wiederum die Anforderungen, die aus konservatorischer Sicht an ein Museum gestellt wurden, was letztlich in der Vorstellung vom technisierten Museum als „Konservierungsmaschine“95 gipfelte und die restauratorische Museumsarbeit dauerhaft prägen sollte.
VERSTECKTE MUSEUMSARBEIT Allein in Deutschland erfolgten zwischen 1950 und 1970 über 670 Neugründungen von Museen.96 Nach den Jahren des Aufschwungs während des Wirtschaftswunders, dem Abschluss der Wiederaufbaumaßnahmen und den zahlreichen Museumsneubauten in den 1970er und 1980er Jahren flaute das öffentliche Interesse an den Museen wieder etwas ab. Vermutlich steht dies unter anderem damit in Zusammenhang, dass einerseits eine gewisse Übersättigung der Gesellschaft eingetreten war. Andererseits fand ein großer Teil der Museumsarbeit zunehmend im Verborgenen statt und die Aufklärung der Besucher oder die Öffentlichkeitsarbeit erfolgten nicht gezielt, sondern eher beiläufig oder zufällig. So machte sich in der Bevölkerung Ende der 1990er Jahre nach der vierjährigen Generalsanierung und Komplettschließung der Alten Pinakothek ein gewisses Unverständnis breit: Die investierte Summe in Höhe von rund 80 Millionen Mark wurde als zu hoch empfunden, zumal sie nicht mit einer deutlichen optischen Veränderung der Galerieräume einherging. Zwar wurde in der Presse gerade der zurückhaltende Umgang mit dem Zustand des Döllgastschen Wiederaufbaus gelobt,97 aber die Münchner reagierten – ähnlich wie beim Wiederaufbau – teilweise mit massiver Kritik.
432
PRÄVENTIVE KONSERVIERUNG AUF DEN ZWEITEN BLICK Dies war ein Problem, mit dem Museumsverantwortliche durchaus noch heute konfrontiert sind. Das Wesen wirklich erfolgreicher Maßnahmen der Präventiven Konservierung ist, dass sie im Verborgenen ablaufen und häufig nur dann auffallen, wenn sie scheitern. Da sich viele wichtige Schritte der Risikominimierung anders als Sonderausstellungen oder spektakuläre Restaurierungen nicht medienwirksam präsentieren lassen, ist es mitunter schwierig, finanzielle Mittel zu erhalten. Umso wichtiger ist die Einbindung der Öffentlichkeit, also die Information und Sensibilisierung der Museumsbesucher für die vielfältigen Belange und die Bedeutung der Präventiven Konservierung. Nur wenn Erklärungen und Hinweise das Publikum in versteckte Maßnahmen oder Messungen einbeziehen, kann es gelingen, deren Interesse zu wecken. Information und Kommunikation sind ein häufig unterschätzter, aber wichtiger Teil des Bewahrungs- und Erhaltungsauftrages. Wenn ein Besucher einen Galerieraum betritt, ist ihm normalerweise nicht bewusst, wie vielfältig die technischen Installationen sind, die in den Wänden, über den Lichtdecken, hinter Wandverkleidungen oder Paneelen mehr oder weniger unauffällig verborgen sind. Feuchte- und Temperaturfühler regeln die in den Technikräumen untergebrachten Klimaanlagen. Es gilt Luftein- und auslässe zu integrieren, ohne dass die ausströmende Luft zur Gefahr für die Kunstwerke wird. Lichtsensoren stimmen automatisiert das Verschattungssystem und die Kunstlichtbeleuchtung, die bei der Kombination von Tages- und Kunstlicht möglichst unauffällig dem Tageslicht beigemischt werden soll, aufeinander ab. Bildersicherungssysteme schlagen Alarm, wenn Besucher den Kunstwerken zu nahe treten, und eine an der Decke angebrachte Kamera verfolgt den potenziellen Dieb. Stromschienen für eine flexible Spotbeleuchtung und ausreichend Steckdosen sind aus keinem Ausstellungsraum wegzudenken. Die Brandschutzvorschriften erzwingen eine eindeutige Kennzeichnung von Flucht- und Rettungswegen sowie Hinweise auf den Aufstellungsort von Feuerlöschern. Zusätzlich fordert der Personenschutz mittlerweile Lautsprecher, die im Brandfall eine schnellere Räumung des Gebäudes erlauben. All diese versteckten Details dienen dem Erhalt der Kunstwerke genauso wie dem Schutz der Besucher. Der Museumsraum ist heute tatsächlich zur hochtechnisierten „Konservierungsmaschine“ geworden. Dabei darf er aber nach den ästhetischen Vorstellungen des „white cube“ nicht selbst zum Ausstellungsgegenstand werden, sondern soll sich der Kunst unterordnen.
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Alle angesprochenen Funktionen adressieren Belange der Präventiven Konservierung und sind Teil des Anspruchs geeignete Raumhüllen zum Schutz und zur Bewahrung des Kunst- und Kulturguts zu schaffen. Auch wenn die verborgenen Details erst auf den zweiten Blick ihre Bedeutung für den Erhalt der Kunstwerke offenbaren, so steckt in ihnen doch ein wesentlicher Teil der Planungsarbeit. Die einwandfreie Funktionstüchtigkeit wird nur dann gewährleistet sein, wenn die Nutzer schon bei der Konzeption von Neubauten oder der Sanierungsplanung für Bestandsbauten ernsthaft einbezogen werden. KOMPLIZEN IM HINTERGRUND Mehr noch als die zahlreichen unsichtbaren technischen Details, gewährleisten die vielen im Hintergrund tätigen Museumsmitarbeiter die Zugänglichkeit und Nutzung der Sammlungen. Dabei übernehmen sie Aufgaben, die für eine ganzheitlich ausgelegte Präventive Konservierung maßgeblich sind und die nur in enger Zusammenarbeit geleistet werden können. Der Depotwart beispielsweise hat „seine“ Depots fest im Blick, kontrolliert Zugänge oder achtet auf ungewollten Schädlingsbesuch. Die Klimatechniker kennen „ihre“ Klimaanlagen so genau wie niemand sonst und wissen, an welchen Stellschrauben sie bei welcher Witterung drehen müssen, um die Klimastabilität im Museum aufrechtzuerhalten. Die Reinigungskräfte befreien die Galerien jährlich von Tonnen an Hautschuppen, Fasern, Wollmäusen, Straßenschmutz und zahlreichen anderen Bestandteilen des Staubs. Diese Mitarbeiter sind vor Ort und weitaus bessere Beobachter und Detektoren als die Messtechniksensoren, die verbaut sind. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sie regelmäßig geschult und verantwortlich in die Umsetzung präventiver Maßnahmen eingebunden werden. Wie wichtig die Schulung und Identifikation der Mitarbeiter mit „ihrem” Museum ist, lässt sich am Beispiel der Reinigung veranschaulichen. Die Beschäftigung mit den Schadstoffen in der Alten Pinakothek zeigte, dass die größten Probleme im Museumsinnenraum durch den Staubeintrag entstanden. Tatsächlich steht dies in engem Zusammenhang mit den Besuchern, da diese einerseits den Staub aus der Außenluft in das Museum eintragen und andererseits selbst durch den Verlust von Fasern der Kleidung, Hautschuppen und Haaren eine Schadstoffquelle sind.98 Zunächst scheint die durch das Besucheraufkommen entstehende Verschmutzung ausschließlich ein ästhetisches Problem zu sein. Dass dem nicht so ist, zeigte die Auseinandersetzung mit der Reinigung musealer Räume.99 Die Reinigung – und hier ist nicht die Sammlungspflege gemeint, die in der
434
Regel in den Aufgabenbereich der Restauratoren fällt – kann erhebliche Risiken für das Kunst- und Kulturgut mit sich bringen.100 Während anfangs vielfach die Galeriediener die Reinigung der Räume ihres Zuständigkeitsbereiches übernahmen, wurde mit steigenden Besucherzahlen eigenes Reinigungspersonal angestellt. Mittlerweile steigt die Zahl der Museen, in denen die Gebäudereinigung komplett durch Fremdfirmen erfolgt. Aber die Gebäudereinigung im Museumsraum muss an die besonderen Anforderungen angepasst sein.101 Ein Reinigungskonzept im Museum sollte die Reinigungsmethoden, die Reinigungsprodukte und die Reinigungsintervalle für die Sammlungsräume, weitere öffentlich zugängliche Bereiche des Museums und sämtliche Räume, in denen sich Kunstwerke befinden, verbindlich festlegen. Werden die vereinbarten Punkte nicht fachgerecht ausgeführt, kann dies allen konservatorischen Bemühungen zuwiderlaufen: Wird beispielsweise durch das Kehren anstelle des Saugens der Böden mit HEPA-gefilterten Staubsaugern der Staub erneut aufgewirbelt und verteilt, wird dieser die Oberflächenverschmutzung der Kunstwerke verstärken und eine häufigere Oberflächenreinigung mit den damit verbundenen Risiken erfordern. Wenn beim Wischen zu viel Wasser verwendet wird, kann dies die relative Feuchte im Raum deutlich erhöhen und damit alle Bestrebungen, konstante klimatische Verhältnisse zu sichern, ad absurdum führen. Auch die Wahl der Reinigungsmittel wirkt sich unter Umständen erheblich auf die Kunstwerke aus, denn herkömmliche Reinigungsprodukte bestehen meist aus einer Vielzahl von teilweise sehr flüchtigen, aggressiven Komponenten, die sich über die Raumluft verteilen und die unter Umständen die Materialien der Kunstwerke angreifen oder an den Staub adsorbiert auf deren Oberfläche verfrachtet werden und dort akkumulieren. Und grundsätzlich besteht immer die Gefahr von Schäden durch Unfälle, ausgelöst durch die Unachtsamkeit der meist unter Zeitdruck arbeitenden Reinigungskräfte. Durch das sogenannte Outsourcing der Reinigungsarbeiten können mehrere Schwierigkeiten auftreten. Meist ist das Reinigungspersonal nur wenige Stunden morgens vor dem Beginn der Öffnungszeit vor Ort anwesend und damit schwer greifbar. Die Reinigung der Galerieräume erfolgt nach den vertraglich definierten Grundsätzen, was einen flexiblen, auf den tatsächlichen Bedarf angepassten Umgang mit den Reinigungsintervallen ausschließt. Des Weiteren kann das von der Fremdfirma eingesetzte Personal theoretisch täglich wechseln. Dies erschwert neben dem Zeitfaktor und den sprachlichen Barrieren außerdem die Schulung der Mitarbeiter.
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Daneben halten täglich zahlreiche weitere Museumsmitarbeiter den Betrieb aufrecht. Ihre Bedeutung für den Erhalt der Kunstwerke wird aber meist nur dann erkannt, wenn es zu Katastrophen, Havarien oder Unfällen kommt, bei denen Schäden am Sammlungsgut entstehen. Für die Präventive Konservierung besteht die Aufgabe darin, durch die Optimierung von Arbeitsabläufen, regelmäßige Schulungen und einen intensiven Austausch mit den verschiedenen Fachbereichen mögliche Gefahren und Risiken zu erkennen, zu bewerten und zu minimieren. Die „unsichtbaren Komplizen“ im Hintergrund können durch ihre täglichen Beobachtungen wertvolle Hinweise liefern, denn sie sind es, die mit den praktischen Auswirkungen der konservatorisch begründeten Entscheidungen unentwegt konfrontiert sind.
ÖFFENTLICHKEIT ERHÄLT UND ÖFFENTLICHKEIT GEFÄHRDET – PRÄVENTIVE KONSERVIERUNG VERBINDET Die anfangs aufgestellte These, dass der Umgang mit Erinnerungsstrategien ein fester Bestandteil jeder Erhaltungsstrategie der Präventiven Konservierung sein muss, bewahrheitet sich beim Blick auf das Besuchergeschehen in der Alten Pinakothek. Im Lauf der Geschichte zeigte sich aber auch, dass die Gewährleistung der öffentlichen Zugänglichkeit zur besonderen Herausforderung werden kann. Natürlich beförderte dieser Anspruch wiederholt Neuerungen im Ausstellungskonzept und in den Konservierungsstrategien. Manches wäre ohne die Forderungen der Besucher nicht möglich gewesen – andere Probleme entstanden erst durch den Besucherverkehr und die intensive Nutzung der Museen. Der Umgang mit diesem Zwiespalt zählt zu den Aufgaben der Präventiven Konservierung. Die Überlegungen, die hinter den Maßnahmen stehen, sind jedoch weitaus älter und in den vor allem in England verbreiteten „housekeeping books“ beschrieben.102 Obwohl schon Klenze wie Dillis zu Beginn des 19. Jahrhunderts bei der Konzeption der Alten Pinakothek einige grundlegende Aspekte der Präventiven Konservierung berücksichtigten und die nachfolgenden Galeriedirektoren und die zahlreichen Museumsmitarbeiter oft mit Weitblick handelten, ist die Präventive Konservierung nach wie vor eine vergleichsweise junge Disziplin im Kanon der Erhaltungsstrategien, deren Bedeutung sich erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts mit zunehmendem Einzug der Naturwissenschaften in die Konservierungswelt herauskristallisierte. Dabei ist sie das Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Fachbereichen, die in die Betreuung der Museumsgebäude involviert sind,
436
sie bündelt dabei die vielfältigen Anforderungen, die heute an ein Museum gestellt werden, und bringt dies mit den konservatorisch-restauratorischen Notwendigkeiten in Einklang. Präventive Konservierung ist damit im weitesten Sinn ein vorsichtiger und abwägender Umgang mit Veränderungen. Die heute für den Schutz von Kulturgut Verantwortlichen handeln in dem Bewusstsein, dass Veränderungen durch Alterungsprozesse nicht aufgehalten, sondern lediglich verlangsamt und auf ein Minimum reduziert werden können. Der Begriff Veränderung ist dabei nicht zwangsläufig ausschließlich auf die Materialalterung bezogen. Er umfasst ebenso Veränderungen im Lauf der Geschichte als integralen Bestandteil eines Kunstwerks oder eines Gebäudes. Eine ganzheitlich ausgerichtete Strategie bedeutet sowohl den Erhalt des kulturellen Wertes von Denkmälern und Kunstwerken sowie die konkreten Maßnahmen im Rahmen der Präventiven Konservierung. Die in der Einleitung formulierte vorläufige Definition muss unbedingt um die vielfältigen Aspekte des kulturellen Erhalts erweitert werden. Denn der formulierte Ansatz, die Erinnerungsstrategie als Teil jeder nachhaltigen Erhaltungsstrategie zu berücksichtigen, begründet die Notwendigkeit, sämtliche Maßnahmen der Präventiven Konservierung derart zu gestalten, dass der Zugang zu Kulturgütern für Öffentlichkeit und Forschung gewährleistet ist und für künftige Generationen gewährleistet bleibt.
437
1
2
International Council of Museums 2003,
Dienstordnungen und Reglements,
S. 18.
Dienstvorschrift für den kgl. Central
Burmester 2007 und Burmester 2002,
Gemäldegalerie Diener vom 29. Septem-
S. 72.
ber 1838.
3
Burmester 2002, S. 78.
24 Penzel 2007, S. 239.
4
Siehe S. 183–249.
25 Ebd.
5
Burmester 2007 und Eibl/Burmester
26 BStGS Archiv, Fach I Lit. B No 2, Central.
2014.
Gemälde Gallerie München, Benüt-
6
Siehe S. 101–103.
zung d. kgl. Gallerien Conv. I 1783–1842
7
Semper 1852, zitiert nach Kratz-Kesse-
und BStGS Archiv, adFach I Lit. D No 2,
meier 2010, S. 36.
Dienstordnungen und Reglements.
8
Penzel 2007, S. 50.
27 Siehe S. 104–113.
9
Anonym 1910, o. S.
28 Siehe S. 105–107.
10 Schreiben Dillis an König Ludwig I. vom
29 Focillon 2010, S. 134–138.
26. Juni 1838, zitiert nach Messerer
30 Ebd., S. 134.
1966, S. 729.
31 Ebd.
11 Siehe S. 332 f.
32 Ebd.
12 Sheehan 2002, S. 178.
33 Ebd., S. 135.
13 BSTGS Archiv, adFach I Lit. D No 2,
34 Ebd., S. 136.
Dienstordnungen und Reglements,
35 BStGS Archiv, adFach I Lit. D No 2,
Dienstvorschrift für den kgl. Central
Dienstordnungen und Reglements,
Gemäldegalerie Diener vom 29. Septem-
Schreiben vom 19. Januar 1901,
ber 1838.
Abschrift der Dienstordnung für den
14 Dillis 1838, zitiert nach Sheeham 2002, S. 180. 15 BSTGS Archiv, adFach I Lit. D No 2,
staatlichen Galeriediener in der k. Pinakothek. 36 Petras 1987, S. 92.
Dienstordnungen und Reglements,
37 Walmann 1917.
Dienstvorschrift für den kgl. Central
38 BStGS Archiv, adFach I Lit. D No 2,
Gemäldegalerie Diener vom 29. Septem-
Dienstordnungen und Reglements,
ber 1838.
Schreiben vom 19. Januar 1901,
16 Siehe S. 101–103.
Abschrift der Dienstordnung für den
17 Siehe S. 87–93.
staatlichen Galeriediener in der k. Pina-
18 Zitiert nach Bauer 2000, S. 251. 19 Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des bayerischen Landtages
438
23 BStGS Archiv, adFach I Lit. D No 2,
insbesondere Definition „Museum“ auf
kothek. 39 Eine Mark entsprach einer heutigen Kaufkraft von rund fünf Euro.
im Jahre 1901/1902, Stenographische
40 Anonym 1910, o. S.
Berichte Nr. 339 bis 369, von der 339.
41 Petras 1987, S. 49.
Sitzung am 28. Juni 1902 bis zur 369.
42 Siehe S. 124 f.
Sitzung am 8. August 1902, Bd. 10,
43 Lambert 2014, S. 3.
S. 557–562.
44 Zitiert nach Bromelle 1955b, S. 177.
20 Bauer 2000, S. 254.
45 Bromelle 1952, S. 185.
21 Ebd., S. 255.
46 Lambert 2014, S. 3.
22 Ebd., S. 257.
47 Strittmatter 1998, S. 103.
48 Preußische Kunstsammlungen 1880, Amtliche Berichte, o. S.
76 Kratz-Kessemeier 2010, S. 172. 77 Petras 1987, S. 182.
49 Zitiert nach Penzel 2007, S. 236.
78 Altenhöfer 1986, S. 208.
50 Penzel 2007, S. 236.
79 Ebd., S. 209.
51 Siehe S. 217 f.
80 Burmester/Eibl 2013, S. 53–58.
52 Coremans 1936, S. 342.
81 Altenhöfer 1986, S. 221.
53 Lambert 2014, S. 3.
82 BStGS Registratur Akt 16/8, Nr. 2579 und
54 Zitiert nach Saunders 2000, S. 79. 55 Clark 1945, S. 129–134.
Nr. 2580 und Altenhöfer 1986, S. 209– 212.
56 Ebd., S. 168.
83 Siehe S. 136 f.
57 Ruskin 1852.
84 Bröckers 2007, S. 80.
58 Ebd., zitiert nach Kratz-Kessemeier
85 Ebd., S. 80 und Petzet 2009, S. 41–43.
2010, S. 114.
86 Ebd., S. 9.
59 Ebd.
87 Ebd., S. 21.
60 Ebd., S. 115.
88 Ebd., S. 25.
61 Ebd.
89 Ebd., S. 23.
62 Ebd., S. 118.
90 Siehe S. 53–55.
63 Siehe S. 490 f.
91 Kollmann 1961 und Wolters/Kühn 1962.
64 Beispielsweise Council of Europe 1996,
92 Siehe S. 365.
Merker 1991, Vieregg 2008, Wistrich
93 Cladders 1988, S. 59.
1996, etc.
94 Eckstein 1952, S. 119.
65 Altenhöfer 1986, S. 206.
95 Der Begriff wurde in den 1960er bzw.
66 Siehe S. 120 f.
1970er Jahren von Garry Thomson
67 Altenhöfer 1986, S. 208.
geprägt. Burmester 1997, S. 28, dort
68 Ebd., S. 205–207. 69 Döllgast 1972/73, zitiert nach Altenhöfer 1986, S. 207.
Fußnote 6. 96 Klein/Bachmayer 1981, S. 11. 97 Preuss 1998, o. S.
70 Petras 1987, S. 173.
98 Eibl 2009a, S. 89 f.
71 Ebd.
99 Eibl 2009a und Eibl 2009b.
72 Ebd., S. 175 f.
100 Eibl 2009b, S. 218–220.
73 Ebd., S. 182.
101 Ebd., S. 222–224.
74 Schawe 1994, S. 10–22.
102 National Trust 2006, S. 21–33.
75 Svendberg 1949, S. 852.
439
8
RESÜMEE
Ein Museumsgebäude soll eine adäquate Hülle für das in ihm gesammelte, aufbewahrte und ausgestellte Kunst- und Kulturgut sein. Als architektonische Hülle kommt dem Museum eine Schutzfunktion zu, durch welche die schädigenden Einflüsse reduziert und der langfristige Erhalt des kulturellen Erbes gesichert werden. Über die hinter diesen Überlegungen stehende Forderung nach museumsgerechter Architektur sind Museumsbau und Präventive Konservierung miteinander verzahnt. Die auf der Grundlage der Kriterien der Präventiven Konservierung entwickelte Definition vom museumsgerechten Bauen umfasst die Bauweise, Gestalt und Konstruktion von Museen, die so an das lokale Außenklima angepasst sind, dass mit möglichst minimalem energetischem und Ressourcen schonendem Aufwand ein nutzungsgerechtes und konservatorisch günstiges Raumklima gesichert ist. In Hinblick auf das museumsgerechte Bauen von besonderem Interesse sind relative Feuchte und Temperatur, die sowohl die Erhaltung der Kunstwerke bestimmen als auch das menschliche Wohlbefinden beeinflussen. Grundsätzlich umfasst das Stichwort Raumklima auch das Licht – Tages- wie Kunstlicht – sowie das Thema Schadstoffgehalte der Raumluft. Die Vereinbarkeit aller konservatorischen Kriterien mit menschlichen Bedürfnissen ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Nutzbarkeit eines Museumsgebäudes. Museumsbau und Präventive Konservierung können nicht getrennt voneinander behandelt werden: Die Präventive Konservierung beschreibt die für die Vermeidung von Schäden wesentlichen Anforderungen, und diesen konservatorischen Kriterien wird dann durch eine entsprechende architektonische Gestaltung Rechnung getragen, ohne dass daraus ästhetische Einschränkungen resultieren. Schon in den ersten Museumsbauten waren die technischen Möglichkeiten und Grenzen ein bestimmender Faktor für die angestrebten konservatorischen Bedingungen, die sich im Laufe der Zeit, abhängig von den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zu Zerstörungs- und Schädigungsmechanismen veränderten. Die rekonstruierte Baugeschichte der Alten Pinakothek und eine Einordnung in die Entwicklungsspirale des Museumsbaus fördern das Verständnis, wie und in welchem Ausmaß die Umgebungsbedingungen von der Gebäudehülle und den technischen Möglichkeiten abhängen und welche Faktoren in der Vergangenheit unterschiedliche Lösungen und Konzepte hervorbrachten. Daraus lassen sich wichtige Schlüsse für künftige Bauvorhaben an und in Museen ziehen und Fehler der Vergangenheit vermeiden – um so für die Zukunft zu lernen.
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Die Rekonstruktionen historischer Zustände im Museumsraum erweisen sich als Schlüssel zu einem neuen Verständnis von vergangenen Verhältnissen. Die entwickelte Methodik wird zukünftig eine differenzierte Interpretation unterschiedlicher Erhaltungszustände von Kunstwerken ermöglichen. Aus der Verknüpfung von Museumsbedingungen, Technikgeschichte und Konservierungwissenschaft entwickelt sich schon heute eine anders gelagerte Bewertung der Wechselwirkungen zwischen Umweltparametern und den Materialien der Kunstwerke. Dies bedeutet: aus der Vergangenheit lernen.
LERNEN AUS DER VERGANGENHEIT Vorbeugende Maßnahmen sind ebenso wie der Museumsbau von der zeitgenössischen Vorstellung vom idealen Museum geprägt. Aus der Suche nach Lösungen für aufgetretene Probleme leitet sich eine Entwicklungsspirale ab: Erkannte Fragestellungen hingen von dem Wissensstand um konservatorische Hintergründe wie beispielsweise ablaufenden Zerfallsmechanismen oder dem Gefahrenpotenzial bestimmter Einflussgrößen ab. Im Gegenzug prägte dies den technischen Aufwand, der betrieben wurde, um die Umgebungsparameter zu kontrollieren, oder begründete bei fehlenden technischen Kapazitäten die Notwendigkeit Alternativen zu entwickeln. Das Beispiel der Alten Pinakothek zeigt, dass jeder Wandel neben konservatorischen, technischen und ästhetischen Kriterien gleichermaßen vom gesellschaftlichen Stellenwert des Museums geprägt war. Die rund um die Alte Pinakothek entwickelte Rückschau auf vergangene Strategien und Methoden repräsentiert die Präventive Konservierung in ihrer ganzheitlichen Dimension und macht die Einflussfaktoren sichtbar, die in der Vergangenheit die Erhaltungsbedingungen für das Kunst- und Kulturgut bestimmten. Die Alte Pinakothek ist eines der ersten Museumsgebäude, deren architektonisches Konzept wesentlich auf den technischen Notwendigkeiten und Anforderungen an eine Gemäldegalerie basierte und das Ziel größtmöglicher Funktionalität verfolgte. Zwar existierten für den Entwurf und den Bau der Alten Pinakothek keine direkten Vorbilder, aber Klenze, Dillis und Ludwig I. hatten durch die Münchner Hofgartengalerie und die Glyptothek wertvolle Erfahrungen mit dem Bau und Unterhalt von Ausstellungsgebäuden gesammelt. Die in Hofgartengalerie und Glyptothek dem Bauplatz geschuldete, problematische aufsteigende Bodenfeuchte und die resultierenden konstruktiven Schä-
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den waren abschreckende Warnungen. Deshalb entwickelte sich die schon von Vitruv geforderte sorgfältige Wahl des Bauplatzes bei der Planung der Alten Pinakothek zum viel diskutierten Punkt. Außerdem hatten die Probleme und der Platzmangel in der Hofgartengalerie den Bau der Alten Pinakothek erforderlich gemacht. Folgerichtig wurden bei der Konzeption und der konkreten Planung der Alten Pinakothek die bekannten Risiken berücksichtigt und alternative Lösungen angestrebt. Die Hauptschwierigkeiten – die Durchfeuchtung des Mauerwerks durch aufsteigende Bodenfeuchte, die dadurch verursachten konstruktiven Probleme, die Schäden an den Kunstwerken und an der Bausubstanz sowie die Reflex- und Blendlichter auf den Gemäldeoberflächen – im Hinterkopf, beharrte Ludwig I. auf der Zusammenarbeit zwischen dem Architekten Klenze und dem Museumsmann Dillis. Letzterer hatte ein für damalige Verhältnisse erstaunlich ausgeprägtes und differenziertes Verständnis für konservatorische Belange und die Zusammenhänge zwischen dem Erhaltungszustand von Gemälden und den Umgebungsbedingungen. Davon zeugen seine im Vorfeld zur Planung der Alten Pinakothek aufgestellten Prememoria. Die auf seinen Beobachtungen und seinem Erfahrungsschatz basierenden Anforderungen an eine Gemäldegalerie nehmen die Forderung eines museumsgerechten Bauens konzeptionell vorweg. Gleichzeitig gehen sie konform mit den historischen Ansätzen zum qualitätvollen Bauen, denn die Wahl des Bauplatzes garantierte die Vermeidung von Feuchteproblemen und gewährleistete Feuersicherheit und Staubfreiheit. Dillis beharrte auf klimatischen Aspekten, und wahrscheinlich geht der von Klenze als klimatische Pufferzone umgesetzte Loggiengang auf ihn zurück. Neben den klimatischen und lichttechnischen Vorteilen war dieser Gang mit seinen Verbindungstüren zu jedem Oberlichtsaal ein logistischer Kniff. Außerdem sollte durch die Konstruktion der Lichtlaternen direkte Sonneneinstrahlung vermieden werden und gleichzeitig ausreichend Tageslicht für die Betrachtung der Gemälde liefern. Basierend auf diesen Erfahrungen und Überlegungen entstand mit der Alten Pinakothek eine der ersten eigenständigen Gemäldegalerien. Der Ursprungszustand der Alten Pinakothek ist nicht nur der Ausgangspunkt der weiteren Entwicklung des Bautypus „Museum“, sondern auch der musealen Innenraumbedingungen, die durch die Veränderungen am und im Gebäude einem stetigen Wandel unterlagen. Die Baugeschichte der Alten Pinakothek ist das Sinnbild für knapp 190 Jahre Entwicklungsgeschichte des Museumsbaues, in der zu verschiedenen Zeiten Kriterien wie relative Feuchte, Temperatur, Energie- und Ressourcenverbrauch
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oder Beleuchtung, Lichtschutz und der Umgang mit den Besuchern unterschiedlich behandelt, bewertet und gewichtet wurden. KLIMA Zur Erbauungszeit der Alten Pinakothek war die Notwendigkeit einer Beheizung von Museums- und Ausstellungsräumen erkannt. Die Luftheizung – zum damaligen Zeitpunkt der aktuelle technische Stand – erschien als einziges System für museale Zwecke geeignet. Sie gewährleistete ein schnelles Aufheizen der Räume und erlaubte eine effizientere Brennstoffausnutzung. Vor allem aber war die Luftreinheit in den Sammlungsräumen ausschlaggebend. Ein praktischer Vorteil war die zentrale Befeuerung der Heizkessel im Keller des Museums. Die Kanalführung zur Verteilung der Luft erfolgte über das Mauerwerk und bewirkte so dessen Erwärmung. Die Wärme wurde aufgrund der Speicherkapazität der massiven Wände über Stunden gehalten, was eine nächtliche Unterbrechung der Feuerung erlaubte. Dieser vermeintliche Vorteil erwies sich im praktischen Betrieb aber als Nachteil. Die Bedienung der Anlage war relativ kompliziert, was eine gezielte Temperaturregulierung erschwerte und Erfahrung seitens der Heizer erforderte. Durch den zentralen Betrieb der Heizkessel musste die Heizungsluft über weite Strecken im Gebäude verteilt werden. Hier entstanden deutliche Leitungswärmeverluste, und so musste die Luft mit einer vergleichsweise hohen Ausgangstemperatur in Richtung Galeriesäle geschickt werden. Erschwerend kam hinzu, dass sich über den steten Luftzug viel zu trockener Luft Staub und Geräusche durch das Kanalnetz im gesamten Gebäude verteilten. In den Ausstellungsräumen angekommen, stieg die warme Luft nach oben. Sollte in den großen Raumvolumina in Raummitte auf rund zwei Metern Höhe die gewünschte Lufttemperatur erreicht werden, musste die Zuluft relativ heiß in die Räume strömen. Die daraus resultierende niedrige relative Feuchte verursachte zahlreiche Schäden. Bei großformatigen Gemälden, wie sie in den Oberlichtsälen der Alten Pinakothek ausgestellt wurden, waren zudem die über die Raumhöhe entstandenen Temperatur- und Feuchtegradienten kritisch. Sie erzeugten massive Spannungen im Materialgefüge. Dieser Mechanismus wurde dadurch verstärkt, dass die erwärmte Luft extrem warm in unmittelbarer Nähe zu den Gemälden in die Galerie geleitet werden musste. Aber derartige Probleme traten nicht nur in der Münchner Pinakothek, sondern in allen Museen, in denen eine Luftheizung zum Einsatz kam, auf: Im Alten Museum in Berlin beispielsweise hatte die in die Galeriesäle strömende Luft nachweislich eine Temperatur von über 80 °C, und in der königlichen National-
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galerie wurden Schäden an den Gemälden beschrieben, die sich eindeutig auf die zu trockene Heizluft zurückführen ließen. In der Alten Pinakothek bestand die Reaktion im grundsätzlichen Verzicht auf eine Beheizung der Sammlungsräume. Dies erwies sich aus klimatischer Sicht als genauso problematisch, denn die sich einstellenden Minusgrade führten zu Schäden am Baukörper und zur Feuchtekondensation auf den Gemäldeoberflächen. Im Ergebnis entstanden erneut Schäden, die Mitte des 19. Jahrhunderts von Pettenkofer durch wissenschaftliche Experimente untersucht werden sollten, um gezielt Gegenmaßnahmen zu ergreifen und künftigen Schäden vorzubeugen. Bislang galten die Auslagerungen der Kunstwerke während des Zweiten Weltkrieges als die „Geburtsstunde“ konservatorischer Sollwertvorgaben für relative Feuchte und Temperatur. Doch die Akten zur Baugeschichte der Alten Pinakothek erbrachten erstmals den bisher unbekannten Nachweis, dass schon 100 Jahre zuvor solche Sollwerte gezielt formuliert worden waren. Die damaligen Erfahrungen in der Alten Pinakothek hatten zu der Erkenntnis geführt, dass der Verzicht auf eine Beheizung aus konservatorischer Sicht keine Alternative zur Luftheizung war. Es wurde deutlich, wie maßgeblich die relative Feuchte die Erhaltung der Gemälde beeinflusste und dass deren Kontrolle kritischer war als die Regelung der Temperaturverhältnisse. Die Entwicklung von geeigneten Systemen der Klimakontrolle im Museumsraum verlief ab diesem Zeitpunkt mit konservatorischen Planungsvorgaben im Bezug auf relative Feuchte und Temperatur, denn die Verantwortlichen hatten aus den Misserfolgen der Luftheizung und der Abschaltung der Heizung gelernt. Außerdem hatten die Versuche von Pettenkofer bewiesen, dass die Temperaturkontrolle nur indirekt ausschlaggebend für den Erhalt der Kunstwerke und die Regulierung der relativen Feuchte weitaus wichtiger war. Deswegen sah das Konzept der Niederdruckdampfheizung eine Befeuchtung über Wasserverdunstung vor. Die angestrebten Temperaturen richteten sich nach der technischen Umsetzbarkeit der Befeuchtung und lagen mit 10–15 °C deutlich unter heutigen Vorgaben. Während der langjährigen Debatte um den Einbau einer neuen Heizung wurden in der Alten Pinakothek für damalige Verhältnisse aufwendige Klimamessungen in den Sälen durchgeführt. Die Messreihen erstreckten sich über mehrere Jahre und zählen heute zu den frühesten, nahezu lückenlos überlieferten, systematisch durchgeführten Klimamessungen in einem Museumsraum. Die Messungen belegten die angestrebte Funktionsweise im Winter und führten zu der Erkenntnis, dass nunmehr
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die fehlende Kühl- und/oder Entfeuchtungsmöglichkeit im Sommer unerwünschte Schwankungen der relativen Feuchte zur Folge hatte. Faktisch bestand immer ein Zusammenhang zwischen dem zu betreibenden technischen Aufwand und den Außenklimabedingungen. Zur Einhaltung der aus den Erfahrungen abgeleiteten Sollwerte von 60 % für die relative Feuchte und 15 °C für die Temperatur musste nördlich der Alpen im Winter geheizt und befeuchtet, im Sommer dagegen gekühlt und entfeuchtet werden. Der Winterfall war technisch relativ einfach umsetzbar: Die Zuluft wurde gefiltert und mit Ventilatoren in die Anlage geleitet, in welcher sie beheizt und befeuchtet wurde, bevor sie in die Galerieräume gelangte. Die Entfeuchtung und Kühlung im Sommerfall dagegen war Anfang des 20. Jahrhunderts technisch deutlich aufwendiger. Letztlich nutzen die meisten technischen Installationen, die dann in den 1950er Jahren geplant wurden, Luft als Wärme- und Feuchteransportmedium. Ein grundsätzlicher Unterschied zu den Luftheizungen des 19. Jahrhunderts bestand darin, dass die Luft nicht mehr zentral an einem Ort erwärmt, über Wasserverdunstung mehr oder minder ausreichend befeuchtet und ausschließlich durch den natürlichen Auftrieb transportiert wurde. Entweder befanden sich im Gebäude verteilt verschiedene Anlagen, denen unterschiedliche Zonen variierender Anforderung zugeordnet waren, oder die Luft wurde zentral vorkonditioniert, mit Ventilatorantrieb zu den Zonen transportiert und dort in dezentralen kleineren Anlagen entsprechend den Anforderungen nachkonditioniert, bevor sie in die Räume geblasen wurde. Solche raumlufttechnischen Anlagen ermöglichten eine gezielte Temperaturkontrolle und Befeuchtung, welche mit Thermometern und Psychrometern kontinuierlich durch das Messtechniksystem überwacht wurde. Damit waren die gewünschten Bedingungen ganzjährig gezielt auf der Grundlage von Messwerten und nicht abhängig von Versuchen oder der Erfahrung der Heizer einzustellen. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zählte die vollautomatisierte Regelung des Innenraumklimas möglichst unabhängig von den wechselnden Außenklimabedingungen und Standorten der Gebäude zum festen Bestandteil jedes Museumsneubaus und jeder Bestandssanierung. Im Bezug auf die Entwicklung der konservatorisch begründeten Sollwertvorgaben für relative Feuchte und Temperatur lässt sich aus der Baugeschichte der Alten Pinakothek ein allgemeiner Trend ableiten. Lange Zeit waren die technischen Voraussetzung der limitierende Faktor. Um die bestmöglichen konservatorischen Bedingungen zu sichern, wurde menschlichen Komfortwünschen eine geringe Priorität eingeräumt. Erst
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als die raumlufttechnischen Anlagen eine Stabilisierung der klimatischen Verhältnisse gewährleisteten, begannen die angestrebten Innenraumtemperaturen entsprehend der Behaglichkeitsanforderungen von ehemals zehn Grad Celsius auf über 20 °C zu steigen. Eine gegenläufige Entwicklung ist für die relative Feuchte festzustellen. Als die Befeuchtung über eine an die Heizung gekoppelte Wasserverdunstung erfolgte, lag der Sollwert der relativen Feuchte bei etwa 50 %. Als die Messkampagnen zeigten, dass eine Entfeuchtung im Sommer nötig gewesen wäre und das winterliche Befeuchtungsproblem gelöst schien, erhöhte sich die Anforderung zugunsten eines konstanteren Jahresverlaufs auf rund 60 %. Mittlerweile sind Heizen, Kühlen, Be- und Entfeuchten keine technischen Hindernisse mehr, und Klimasollwerte von 50 % relativer Feuchte bei einer Temperatur von etwa 21 °C erlangten weite Verbreitung und allgemeine Akzeptanz. Der Wandel des Klimas in der Alten Pinakothek ist grundsätzlich ein Wechselspiel baulicher Eingriffe und des Fortschritts der Klimatechnik. Dies steht direkt in Zusammenhang mit einem stetig gewachsenen Bewusstsein für die Auswirkungen von Klima auf gewisse Schadensmechanismen und den Erhaltungszustand der Kunstwerke. Die Vorgänge und Veränderungen in der Alten Pinakothek müssen dennoch im größeren Kontext betrachtet werden, denn die Auseinandersetzung mit jahrzehntelanger Klimatisierung von Museen zeigt, dass unabhängig vom Standort oder der Sammlungsausrichtung die Entwicklung zur gesteigerten Technisierung der Gebäude verlief. Dieser Trend zum Museumsgebäude als „Konservierungsmaschine“ ist ebenfalls an den immer engeren Klimasollwertvorgaben ablesbar. LICHT Mittlerweile umfasst Beleuchtung in Museen sowohl Tages- wie auch Kunstlicht. Doch weil bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts keine befriedigenden technischen Lösungen verfügbar waren, kam das Kunstlicht für eine Museumsbeleuchtung zuvor nicht infrage. Klenze verfügte für das Beleuchtungskonzept der Alten Pinakothek ausschließlich über das Tageslicht, um eine ausreichende Beleuchtung unter Vermeidung von störender Reflexblendung zu erreichen. In der Alten Pinakothek und jedem anderen frühen Museumsgebäude war die Architektur der Schlüssel: Raumform sowie Größe, Anordnung und Position der Lichtöffnungen bestimmten die Lichtverhältnisse im Innenraum. Das Anfang des 19. Jahrhunderts von Klenze und Dillis entwickelte Tageslichtkonzept der kleinen Kabinetträume mit Seitenlichtbeleuchtung und großen Galeriesälen mit verglasten
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Oberlichtern gilt noch heute, wie beispielsweise im Museum Brandhorst, als Prototyp für die Beleuchtung von Gemäldegalerien. Bis das Kunstlicht in den Museumsraum Einzug hielt, war Beleuchtung somit ausschließlich eine Frage der Architektur gewesen, bei der ästhetische wie gestalterische Überlegungen im Vordergrund standen. Prinzipiell drehten sich die Bemühungen der Architekten um verschiedene Lösungen im Umgang mit verglasten Flächen. Es galt einen Mittelweg zwischen einem ausreichend gleichmäßigen Tageslichteintrag und den von Glaskonstruktionen ausgehenden Risiken zu finden. Auch Klenzes Oberlichtlaternen waren der Versuch, eine geeignete Museumsbeleuchtung zu erreichen, ohne dabei Gefahren, wie Undichtigkeit, Schneelast oder Statik, außer Acht zu lassen. Die ausschließliche Tageslichtbeleuchtung über die Lichtlaternen wurde von den Besuchern als unzureichend empfunden. Tatsächlich waren die Beleuchtungsstärken auf den Bilderwänden selbst nach diversen Nachbesserungen, wie dem Austausch der Kupferabdeckung der Lichtlaternen oder der Wahl eines helleren Bodenbelages, mit kaum über 100 Lux im Sommer relativ gering. Aus konservatorischer Sicht war dies positiv, und folgerichtig finden sich in den Quellen keine Hinweise auf Lichtschäden an den Gemälden der Alten Pinakothek. Die für die Betrachtung der Kunstwerke schwierigen Lichtverhältnisse hatten vielschichtige Ursachen: Die Grundfläche der Lichtlaternen war mit vier auf vier Metern wegen der Höhe der großen Galeriesäle zu klein dimensioniert. Die Raumhöhe war beim Bau der Alten Pinakothek durch das Format von Rubens‘ „Jüngstem Gericht“ aber vorgegeben gewesen und die kleine Dimension der Lichtlaternen den Wetterverhältnissen und den klimatischen Bedingungen geschuldet. Ein weiterer Grund lässt sich in der Besucherführung finden. Der Loggiengang mit seinen nach Süden orientierten Fenstern war deutlich heller als die Galeriesäle. Die Besucher traten aus dem sehr hellen Loggiengang in die dunkleren Galeriesäle, und es dauerte eine gewisse Zeit, bis sich ihre Augen an die schwächere Beleuchtung angepasst hatten. Zudem wirkten sich die Baumaterialien ungünstig auf die Lichtverhältnisse aus. Der Mangangehalt der gewählten Verglasung der Lichtlaternen führte zu deren Verfärbung und reduzierte den ohnehin spärlichen Lichteintrag weiter. Die Simulationen zeigen, dass in der Alten Pinakothek des 19. Jahrhundert die überwiegende Zeit des Jahres Tageslichtmangel herrschte. Ein Blick auf die Lichtsiutation in Europas führenden Museen zeigt, dass die Alte Pinakothek kein Einzelfall war. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die baulichen Strategien zur Verbesserung der Tageslichtsituation ausgereizt –
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nur die Einführung künstlicher Beleuchtung hätte Abhilfe schaffen können. Aber deren Einsatz für museale Zwecke war wegen hoher Kosten, Brandgefahr, Schadstoffentwicklung und Auswirkungen auf das Innenraumklima zu riskant. So stellten sich beispielsweise die Nachteile der Gaslichtbeleuchtung im South Kensington Museum schnell heraus: unstetes Licht, starke Verschmutzung und Erwärmung der Raumluft in den beleuchteten Räumen. Die Kunstlichtbeleuchtung war eine große thermische Last und verschlechterte die Innenraumklimabedingungen. Durch die Verlängerung der Öffnungszeiten und die damit einhergehenden höheren Besucherzahlen verschärfte sich die klimatische Situation. Weil die Besucherbeschwerden nun auf die mangelhaften Luftverhältnisse abzielten, rückte die Frage der Luftreinheit in den Mittelpunkt. Dort, wo eine Kunstlichtbeleuchtung eingeführt werden sollte, galt vielfach die Klimatisierung als Voraussetzung. Die Forderung nach dem Einbau von Klimaanlagen fußte nicht allein auf dem Ziel, die thermischen Lasten der Kunstlichtbeleuchtung abzuführen, sie bestand ebenso darin die Luftqualität durch die Filterung in den Klimaanlagen zu erhöhen. Damit entfiel die Notwendigkeit, die Gemälde zum Schutz vor Schadstoffen zu verglasen, und das Kunstlicht konnte zur Beleuchtung eingesetzt werden, ohne dass störende Reflexionen oder Blenderscheinungen an den Oberflächen auftraten. In den meisten europäischen Museen fanden die größten lichttechnischen Veränderungen bei den Wiederaufbaumaßnahmen nach dem Zweiten Weltkrieg statt. Einerseits standen durch die technischen Fortschritte in Produktion und Verarbeitung verbesserte Baustoffe zur Verfügung. Dadurch konnten Dächer und Verglasungen deutlich dichter ausgeführt werden. In der Folge wurden die Oberlichtflächen – wie beim Wiederaufbau der Alten Pinakothek geschehen – erheblich vergrößert, um den Tageslichteintrag zu erhöhen. Andererseits konnten die Leuchtmittelhersteller mittlerweile Produkte anbieten, welche für die Museumsbeleuchtung geeignet zu sein schienen. Unter jenen Prämissen konnten in den 1950er Jahren auch in der Alten Pinakothek selbst im Winter auf Bilderwänden durchschnittlich 200 bis 350 Lux erreicht werden. Im Sommer traten durch den vermehrten Tageslichteintrag noch höhere Beleuchtungsstärken auf. Als Folge des in vielen Museen deutlich gestiegenen Lichteintrags mehrten sich die Beobachtungen von Lichtschäden. Davon ausgehend startete in der Konservierungswissenschaft eine intensive Beschäftigung mit den Einflüssen von Lichtstrahlung auf die Materialien der Kunstwerke und mit Fragen des Lichtschutzes. In der Konsequenz wandelte sich die Beurteilung von Tages- und Kunstlicht: Tageslicht galt im Vergleich zu Kunstlicht
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als weitaus schädlicher. Diese Sichtweise basierte auf den noch nicht vorliegenden langfristigen Erfahrungen mit Kunstlicht sowie der meist nicht vorhandenen Filterung der schädlichen UV-Anteile des Tageslichts. Dennoch schien mit der Einführung der Kunstlichtbeleuchtung das Problem der ungenügenden Museumsbeleuchtung vom architektonischen Standpunkt aus gelöst zu sein. Zumindest für die Alte Pinakothek erwies sich dies als Trugschluss: Der gestiegene Tageslichteintrag führte bei fehlendem Verschattungssystem zu einer Überhitzung des Dachraums. Der Wärmeeintrag aus dem Dachraum und die zusätzlichen thermischen Lasten durch die Kunstlichtbeleuchtung erhöhten die Innenraumtemperatur in den Galeriesälen, und wegen der fehlenden Kühlmöglichkeit konnte die Aufheizung nicht mit der Anlagentechnik kompensiert werden. Trotz oder gerade wegen der technischen Fortschritte verschlechterten sich aus konservatorischer Sicht die Bedingungen für den Erhalt der Kunstwerke. Nachdem bis in die 1980er Jahre deutlich mehr Kunstlichtmuseen gebaut wurden, ist in den Museumsneubauten der darauffolgenden Jahre der Trend zu einer Kombination von Tages- und Kunstlicht zu beobachten. Die ab Mitte der 1980er Jahre eröffneten Museumsgebäude wurden im vorhergehenden Jahrzehnt vor dem Hintergrund der beiden Ölkrisen geplant. Diese hatte die Endlichkeit und begrenzte Verfügbarkeit von Energie in erschreckender Weise verdeutlicht. Also sollte die kostenlos vorhandene Sonnenenergie ökologisch wie ökonomisch für den Museumsbau genutzt und Kunstlicht lediglich ergänzend zum Tageslicht eingesetzt werden. Mit der Generalsanierung der Alten Pinakothek Ende der 1990er Jahre erhielt das Museum eine Vollklimaanlage, und im Dachraum wurde eine Verschattungsanlage installiert. Dass diese schon kurz nach der Inbetriebnahme wegen technischer Defekte wieder stillgelegt werden musste, war ein Mangel, der erst mit der aktuell laufenden Dachsanierung behoben werden konnte. An diesem Punkt zeigt sich, dass eine automatisiert geregelte Kombination von Tages- und Kunstlicht im Museumsraum komplex ist und bisher in kaum einem Museum in einer Weise gelöst wurde, dass sämtliche Anforderungen an eine konservatorisch vertretbare und ästhetischen, energetischen wie praktischen Aspekten genügenden Beleuchtung umgesetzt werden konnten. ENERGIE Wie die anhand der Baugeschichte der Alten Pinakothek vorgestellten und stellvertretend für den Museumsbau im Allgemeinen stehenden Entwicklungen zeigen, unterlagen die bei der Errichtung und der Sanierung von
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Museumsgebäuden eingesetzten Technologien einem stetigen Prozess der Anpassung und Weiterentwicklung. Meist war dabei die Verfügbarkeit neuer Materialien und Techniken der Antriebsmotor. Aber auch Kostenfaktoren, wie die Verfügbarkeit bestimmter natürlicher Ressourcen oder die einzusetzende menschliche Arbeitskraft, trugen ihren Teil bei. Andere Nutzungsanforderungen, der Wandel im Zeitgeschmack und Zeiten der Armut oder des Wohlstandes prägten die architektonische Auffassung von qualitätvollem Bauen. Häufig waren auch wirtschaftliche Aspekte, wie die Kostenminimierung oder die Wettbewerbsfähigkeit, die Ursachen einer veränderten Herangehensweise. Derartige Entwicklungsprozesse sind anhand der Baugeschichte der Alten Pinakothek nachvollziehbar. Die Auswertung nach energetischen Kriterien erbrachte neue Erkenntnisse, welche die aktuelle Diskussion um Nachhaltigkeit im Museumswesen befruchten. Ausgehend von der historisch entstandenen, zeittypischen Architektur und Konstruktionsweise, veränderte sich die energetische Qualität der Alten Pinakothek vor allem durch die Versuche, die Innenraumklimabedingungen zu kontrollieren. Von Anfang an erwies sich die Gebäudegeometrie als einer der bestimmenden Faktoren, weil sich hieraus die Außenhüllflächenanteile des Gebäudes definierten, aus denen sich wiederum die Transmissionswärmeverluste ableiten. Die Gebäudegröße prägte den Anteil der einzelnen Bauteilflächen an der Gesamthüllfläche des Museums. Diese Eigenschaften des Baukörpers blieben im Verlauf der Baugeschichte nahezu unverändert, weshalb prinzipiell die Art und Qualität der Wärmeversorgung den größten Einfluss auf die Gesamtenergieeffizienz der Gemäldegalerie hatte. Wie in der Alten Pinakothek weisen in den meisten Gebäuden die haustechnischen Installationen deutlich kürzere Erneuerungszyklen auf als die architektonische Hülle oder die eingesetzten Bauteile. Deswegen liegen die größten Potenziale für mögliche Energieeinsparungen oder die Verbesserung der Innenraumklimabedingungen noch bei der Gebäudetechnik. Aus genannten Gründen erlaubte die Auswertung der Jahresheizenergieverbräuche der unterschiedlichen Klimakontrollstrategien in der Alten Pinakothek Rückschlüsse auf die Effezienz der Gemäldegalerie und eine energetische Bewertung der verschiedenen Konzepte: Als die Luftheizung in Betrieb war, lag der Brennstoffverbrauch höher als zur Zeit der Niederdruckdampfheizung, obwohl bei beiden Systemen die in den Galeriesäle angestrebte Innenraumtemperatur vergleichbar war. Der niedrigeren Jahresheizwärmeverbrauch der Niederdruckdampfheizung hat mehrere Ursachen. Einerseits besitzt das eingesetzte Koks im Vergleich zu Nadelholz
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einen deutlich besseren Heizwert, ist also der effizientere Brennstoff. Andererseits ist Luft ein guter Isolator und bedingt, als Wärmetransportmedium eingesetzt, hohe Verluste. Im Gegensatz zu wassergeführten Heizsystemen, wie dem der Niederdruckdampfheizung, muss die Zulufttemperatur der Heizluft deutlich höher liegen, um eine vergleichbare Raumlufttemperatur zu erreichen – ein höherer Brennstoffverbrauch ist die Folge. Der Einbau der Klimaanlage verdoppelte den Jahresheizwärmeverbrauch unter anderem deswegen, weil die auf Oktober bis April beschränkte Heizperiode entfiel. Bei Unterschreitung der vorgegebenen Mindesttemperatur wurde nun ganzjährig Wärme nachgeführt. Außerdem hatte sich die angestrebte Innenraumtemperatur fast verdoppelt. Beide Faktoren bedingten zwangsläufig einen Anstieg des Energieverbrauchs, der mit dem Einbau der Vollklimaanlage in den 1990er Jahren weiter stieg. Mit dieser wurde die Luft nicht nur ganzjährig beheizt und befeuchtet, sondern bei Bedarf auch entfeuchtet und gekühlt. Die aus den thermisch-hygrischen Simulationen errechneten Jahresenergiekennwerte bestätigen die aus dem Archivmaterial hergeleiteten Ergebnisse. Der geringste Heizwärmebedarf bestand zur Zeit der Niederdruckdampfheizung. Nur wenige Kilowattstunden darüber lag der Heizwärmebedarf des Systems der Luftheizung. Die Ursachen dafür waren die mit rund 12 °C relativ niedrigen Sollwerte für die Innenraumtemperatur sowie die Beschränkung der Heizzeit. Dass der Jahresenergiekennwert trotz eines ganzjährigen Betriebs der Klimaanlage nach dem Wiederaufbau nicht deutlicher stieg, lag an der Tatsache, dass die Kunstlichtbeleuchtung als thermische Last den Heizenergiebedarf reduzierte. Der Betrieb der Vollklimaanlage erforderte den höchsten Heizwärmebedarf, wobei der errechnete Wert typisch für Museen dieses Baualters und dieser Konstruktionsweise ist, wie eine vergleichende Gegenüberstellung mit anderen Museen zeigte. Der nach der Mustersanierung gesunkene Heizwärmebedarf ist ein Indiz dafür, dass sich bei gleichem Klimatisierungskonzept und unveränderten Sollwerten allein durch die Dämmung des Daches und die Wahl einer thermisch besseren Verglasung beträchtliche Energieeinsparungen erzielen lassen. Letztlich bestätigt der Vergleich der Alten Pinakothek mit den drei anderen Museen des Kunstareals auch unter energetischen Gesichts-punkten die Sonderstellung dieser Gemäldegalerie in der Geschichte des Museumsbaus. Obwohl Klenze nicht auf vergleichbare Gebäude des Bautypus einer Gemäldegalerie Bezug nehmen konnte und zum Errichtungszeitpunkt völlig andere technische Voraussetzungen herrschten, ist die Alte
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Pinakothek ein Bauwerk, das aufgrund seiner qualitätvollen Bauweise und seiner Gesamteffizienz die Anforderungen an eine museumsgerechte Architektur nach heutigen Maßstäben der Präventiven Konservierung erfüllt. PRÄVENTIVE KONSERVIERUNG Die Aufgaben eines Museums bestehen im Sammeln, Bewahren und Ausstellen von Kunstwerken sowie in der Erforschung und Vermittlung ihrer Bedeutung. Weil Museen als kulturelles Gedächtnis einer Gesellschaft fungieren, sind Vermittlung und Erhaltung wesentliche Komponenten. Aber von der Ausstellung und Präsentation der Kunstwerke gingen, wie die Historie der Alten Pinakothek lehrt, seit jeher Gefahren und Risiken für den materiellen Erhalt der Sammlungsgegenstände aus, die durch vorbeugende Maßnahmen auf ein Minimum zu reduzieren waren. Eines des wesentlichen Ziele der Präventiven Konservierung ist die Entwicklung von dauerhaften Erinnerungs- und Erhaltungsstrategien, die Bewahrung und Vermittlung ermöglichen. Dies erfordert Kompromisse zwischen den konservatorischen Anforderungen des Kulturgutes und den menschlichen Anforderungen an einen Ausstellungsraum. Anschaulich zeigen sich solche Spannungsfelder beispielsweise bei der Klimatisierung von Museumsräumen oder der Museumsbeleuchtung. Die Geschichte der Alten Pinakothek veranschaulicht, dass diese teilweise schwierige Kompromissfindung zahlreiche Neuentwicklungen hervorbrachte und die Einführung innovativer Strategien vorantrieb und nur durch die Zusammenarbeit von Experten unterschiedlicher Fachrichtungen möglich war. Die nahezu lückenlose Tradition der Präventiven Konservierung bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und am Doerner Institut ist außergewöhnlich: Erstmals entstand aus dem Zusammenwirken zwischen Klenze und Dillis ein Anforderungskatalog an Gemäldegalerien, der heutigen Maßstäben und Ansatzpunkten der Präventiven Konservierung ähnlich ist. In der Alten Pinakothek wurden zahlreiche architektonische Lösungen, wie der Loggiengang, die Oberlichtbeleuchtung oder die Anordnung der Räume entwickelt, denen noch heute eine Vorbildfunktion beim Entwurf und der Planung von Museumsneubauten zukommt. Der von Ludwig I. forcierte fachübergreifende Austausch zieht sich wie ein roter Faden durch die Baugeschichte. Eine Vielzahl von weitsichtigen Museumsdirektoren, Wissenschaftlern und Konservatoren trug ihren Teil dazu bei, Gebäude wie Sammlungsbestand der Alten Pinakothek im heutigen außergewöhnlich guten Zustand zu erhalten. Hervorzuheben
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sind Pettenkofer mit seinen ersten klimatischen Studien, die Mitglieder der Kommission, welche Ende des 19. Jahrhunderts ein neues Heizkonzept für die Pinakothek entwickelten, oder Döllgast, dessen radikaler Umgang mit den Kriegswunden nicht nur die moderne Denkmalpflege prägte, sondern neue ethische Maßstäbe in der Konservierungswelt setzte. Schließlich führten Wolters und Kühn über ihre naturwissenschaftlichen Forschungen in den 1960er und 1970er Jahren innovative Ansätze in die Museumswelt ein und legten damit das Fundament für die weitere Entwicklung der Präventiven Konservierung, und Burmester verankerte die Grundsätze dieser damals fast noch unbekannten Disziplin im deutschsprachigen Raum und an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Aber die Ideen und Visionen dieser Vordenker hätten sich ohne die Unterstützung der zahlreichen im Hintergrund aktiven Mitarbeiter des Museums, des Bauamts, der Baubehörde und des Ministeriums und deren Bereitschaft zum fachlichen Austausch nicht in dieser umfassenden Weise in der Alten Pinakothek und den drei weiteren Museen des Kunstareals umsetzen lassen. Mit Blick auf diese Tradition erwächst für die heutige Generation die Verpflichtung, die Lektionen der Vergangenheit auf die Zukunft des Museumsbaus zu übertragen.
LERNEN FÜR DIE ZUKUNFT Die aus der bewegten Vergangenheit der Alten Pinakothek gewonnenen Erkenntnisse können heute vor dem Hintergrund der Präventiven Konservierung und allgemeiner konservatorischer Überlegungen auf die grundsätzlichen Fragestellungen in anderen Museumsgebäuden übertragen werden. Für diese erweiterte Betrachtungsweise des Museumsbaus sind die einzelnen Aspekte gegeneinander abzuwägen sowie Risiken, Abhängigkeiten und Dringlichkeiten zu bewerten. Am Ende steht eine ganzheitliche Erhaltungsstrategie, bei der Museumsauftrag, Umweltaspekte und Finanzen in einem ausgewogenen Gleichgewicht zueinander stehen. Bereits in den ersten Museumsbauten sollten die Umgebungsbedingungen zum Schutz der Kunstwerke und zum Zweck einer angemessenen Präsentation kontrolliert werden. Das Hauptaugenmerk galt zunächst dem Innenraumklima. Abhängig vom technischen Stand, den praktisch gesammelten Erfahrungen und den wissenschaftlichen Erkenntnissen entstanden immer ausgefeiltere Kontrollstrategien. Je leistungsfähiger die zur Verfügung stehende Technik war, desto geringer konnten die Schwankungsbreiten von relativer Feuchte und Temperatur gehalten werden. Eine Tatsache,
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die sich sowohl auf die konservatorisch begründeten Klimasollwertvorgaben, auf die menschlichen Ansprüche an die Behaglichkeit in den Innenräumen, den Energieverbrauch sowie den Erhaltungszustand der Kunstwerke auswirkte. Bis heute kennzeichnen zwei gegenläufige Aspekte die Klimakontrolle im Museumsraum: Die Klimatisierung mit dem Ziel möglichst optimaler Erhaltungsbedingungen für die Kunstwerke steht mittlerweile dem Bestreben gegenüber menschlichen Behaglichkeitskriterien gerecht zu werden. Während vom konservatorischen Standpunkt aus eine konstante relative Feuchte für den Erhalt der Kunstwerke entscheidend ist, reagiert das menschliche Empfinden sensibler auf die Raumlufttemperatur. Für den Museumsbau leitet sich daraus eine Problemstellung ab, die physikalisch auf den Punkt gebracht werden kann: Je höher die Raumlufttemperaturen zur Gewährleistung der Behaglichkeit bei einem fest definierten Wert der relativen Feuchte sein sollen, desto mehr Feuchte muss in das Raumvolumen eingebracht werden, um die relative Feuchte auf dem geforderten Niveau konstant zu halten. Dies kann erhebliche bauphysikalische Konsequenzen für die Gebäudesubstanz nach sich ziehen, hat aber in jedem Fall Auswirkungen auf die Errichtungs-, Energie-, Betriebs- und Unterhaltskosten der Museumsgebäude. Klima im Museumsraum darf nicht länger losgelöst vom Gesamtkontext betrachtet werden. Sollen im Rahmen der geforderten zukunftsfähigen und museumgerechten Architektur nachhaltige und konservatorisch geeignete Umgebungsbedingungen dazu beitragen, den Alterungsprozess in den Materialien der Kunstwerke zu verlangsamen, müssen die unterschiedlichen Wechselwirkungen der Einflussfaktoren gegeneinander abgewogen werden. Es gilt, die Wirkzusammenhänge verschiedener Parameter aus der Vergangenheit abzuleiten und ausgehend von den Anforderungen der Sammlungsgegenstände adäquate Konzepte zu entwickeln. Unabhängig davon, ob Tages- oder Kunstlicht im Einsatz ist, beeinflusst Licht durch einen entsprechenden Wärmeeintrag das Innenraumklima. Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten, diesem Einfluss entgegenzuwirken. Entweder werden die thermischen Einträge durch bauliche Gegenmaßnahmen wie beispielsweise außenliegenden Sonnenschutz, Verschattungseinrichtungen, Anordnung der Kunstlichtbeleuchtung, abgehängte Decken oder Ähnliches reduziert, oder die internen Lasten werden über die Anlagentechnik mit entsprechender Kühlfunktion kompensiert. Beide Varianten erfordern prinzipiell unterschiedliche bauliche Anpassungen, weshalb bei einer museumsgerechten Bauplanung schon in der Konzeptphase eine Entscheidung über das Beleuchtungskonzept und die Klimati-
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sierungsstrategie getroffen werden muss. Diese beiden, auf der Basis der Anforderungen der Kunstwerke gefällten konzeptionellen Entscheidungen sind es, die in der Folge die weitere architektonische Planung vorgeben. Ein auf den Erfahrungen der Vergangenheit aufbauendes, innovatives Museumskonzept, das gleichzeitig energetischen Ansprüchen gerecht wird und dabei konservatorisch vertretbare Umgebungsbedingungen gewährleistet, muss durch eine vorausschauende Planung unter Einbeziehung sämtlicher musealer Anforderungen erarbeitet werden. Weil heute sowohl die Motivation wie der gesellschaftliche Druck bestehen, Energieeinsparung, Denkmalpflege, Präventive Konservierung und Architektur in Einklang zu bringen, muss infrage gestellt werden, ob der derzeit im Museumsbau beschrittene Weg der zunehmenden Technisierung zielführend ist. Die Reduzierung des Energieverbrauchs durch Wärmedämmmaßnahmen und durch Effizienzsteigerung ist sicherlich ein Lösungsansatz. Parallel dazu ist die Strategie der Vollklimatisierung des gesamten Gebäudeoder Raumvolumens kritisch zu hinterfragen. Die Vergangenheit zeigte, dass eine gezielt eingesetzte Haustechnik, welche auf einem passiven Konzept basiert, durchaus die Kapazität besitzt, die Innenraumbedingungen nachhaltig und ressourcenschonend zu stabilisieren. Der erste Schritt zum museumsgerechten Bauen besteht also in der Erkenntnis, dass die Qualität der Gebäudehülle und die architektonische Gestaltung wesentliche Maßstäbe sind. Erst wenn das Potenzial des Baukörpers voll ausgeschöpft ist, sollte das Klimatisierungskonzept möglichst minimalistisch ausgearbeitet werden. Je dichter die Bauausführung und je geringer der Anteil an Außenwandflächen ist, desto stabilere Bedingungen stellen sich in einem Raumvolumen ein. Sobald durch ein technisches System Heizwärme in einen Raum eingebracht wird, steigen die Wärmeverluste über die Bauteilflächen. In der Konsequenz bedeutet dies, dass die Wahl der Baumaterialien und der Aufbau der Bauteile wesentliche Faktoren in Hinblick auf das museumsgerechte Bauen und die Ressourcen schonende Auslegung der Anlagentechnik sind. Hier sind wasserbasierte Systeme grundsätzlich deutlich effizienter gegenüber Strategien, die Luft als Wärmeüberträgermedium nutzen. Die internen Wärmelasten durch Besucher und in weitaus größerem Maße durch eine Kunstlichtbeleuchtung sind ein häufig unterschätzter energetischer Einflussfaktor, insbesondere dann, wenn eine Kühlung im Klimatisierungskonzept vorgesehen ist. Jedes Gebäude muss daher ganzheitlich betrachtet werden. Die Planung einer Klimatisierungsstrategie kann nicht ohne die Kenntnis des Beleuchtungskonzepts erfolgen und
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wird, wie erläutert wesentlich von den Eigenschaften der Gebäudehülle abhängen. Unter der Prämisse, dass Gebäude errichtet werden sollten, die mit weniger Technik mehr können, sind passive Strategien grundsätzlich vorzuziehen. Bei einem museumsgerechten Architekturkonzept ist die Trennung von Temperaturkontrolle und Feuchtekontrolle in den Räumen ein wichtiger Baustein. Erst dadurch können effiziente Niedertemperatursysteme, wie die Flächenheizung oder die Bauteilaktivierung, wirkungsvoll eingesetzt werden. Ihr Vorteil besteht in den geringeren Raumlufttemperaturen, da die von den Wänden oder dem Boden abgegebene Strahlungswärme die Behaglichkeit für den Menschen sichert. Dies ist für den Erhalt der Kunstwerke positiv und reduziert gleichzeitig den Befeuchtungsbedarf, was wiederum aus bauphysikalischer Sicht sinnvoll ist. Bei entsprechender Konzeption sind solche Systeme in der Lage, im Sommer zusätzlich eine Kühlfunktion zu übernehmen. Die Be- und Entfeuchtung der Museumsräume erfolgt weiter über luftgeführte Systeme, wobei zur Unterstützung der Klimakonstanz sowie zur Einsparung von Energie der Frischluftanteil auf das notwendige Minimum beschränkt bleiben sollte und über eine Enthalpieregelung den Außenklimabedingungen am Standort angepasst sein muss. Wenn heute ein Besucher einen Galerieraum betritt, ist ihm normalerweise nicht bewusst, wie vielfältig die Funktionen sind, die in den Wänden, über den Lichtdecken, hinter Wandverkleidungen oder Paneelen mehr oder weniger unauffällig verborgen sind. Feuchte- und Temperaturfühler regeln die in den Technikräumen untergebrachten Klimaanlagen. Es gilt Luftein- und auslässe zu integrieren, ohne dass die ausströmende Luft zur Gefahr für die Kunstwerke wird. Lichtsensoren stimmen automatisiert das Verschattungssystem und die Kunstlichtbeleuchtung, die bei der Kombination von Tages- und Kunstlicht möglichst unauffällig dem Tageslicht beigemischt werden soll, aufeinander ab. Bildersicherungssysteme schlagen Alarm, wenn Besucher den Kunstwerken zu nahe treten, und eine an der Decke angebrachte Kamera bietet zusätzliche Überwachungsmöglichkeiten. Stromschienen für eine flexible Spotbeleuchtung und ausreichend Steckdosen sind in keinem Ausstellungssaal verzichtbar. Das Museum hat sich tatsächlich zur hochtechnisierten „Konservierungsmaschine“ entwickelt. Mit Blick auf die Erfahrungen der Vergangenheit, muss die Frage erlaubt sein, wohin diese Entwicklung führt und ob sie tatsächlich die Erhaltungsbedingungen für das Kunst- und Kulturgut verbessert. Die heu-
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tige Gesellschaft hat verlernt, Gebäude richtig zu bewohnen oder nachhaltig zu nutzen. Grundsätzlich wird das Maximum an Komfort unabhängig von Bauart, Standort oder den Jahreszeiten erwartet. Die Technik ersetzt vielfach den durchdachten und sorgsamen Umgang mit dem Gebäude, wodurch das Bewusstsein für ablaufende Vorgänge und einander bedingende Faktoren zunehmend verloren geht. Dabei könnte persönliche Beschränkung oder der Verzicht auf übertriebenen Komfort eine denkbare Alternative sein, um Fehler zu vermeiden und Schäden vorzubeugen. Die Technikgläubigkeit beziehungsweise das blinde Vertrauen in die vollautomatisierte Regelung und Steuerung eines Museumsgebäudes führt bei einer ungeeigneten Gebäudehülle im Zweifelsfall dazu, dass sich bei einem Ausfall der Technik die Bedingungen für die Kunstwerke schlagartig verschlechtern. Dramatische Schäden können die Folge sein. Beim Auftreten einer solchen Havarie stehen die Museumsverantwortlichen der Situation machtlos gegenüber und sind mit den Konsequenzen der Konservierungsmaschinen konfrontiert – ohne Einfluss nehmen zu können und immer abhängig von Fremdfirmen, externen Gutachtern und finanziellen Mitteln. Im Kontext des museumsgerechten Bauens ist die Präventive Konservierung das Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Fachbereichen die in die Konzeption, den Bau, die Betreuung und den Unterhalt von Museumsgebäuden involviert sind. Über einen situationsspezifisch abwägenden, pragmatischen Umgang mit Risiken anstelle eines dogmatischen Beharrens auf starren Forderungen bündelt sie die vielfältigen Anforderungen, die heute an ein Museum gestellt werden, und bringt diese mit den konservatorisch-restauratorischen Notwendigkeiten in Einklang. Im weitesten Sinn ist Präventive Konservierung also ein abwägender Umgang mit Veränderungen. Die für den Schutz von Kulturgut Verantwortlichen sollten aus dem Bewusstsein heraus handeln, dass Veränderungen durch Alterungsprozesse nicht aufgehalten, sondern lediglich verlangsamt und auf ein Minimum reduziert werden können. Aber Veränderung meint in diesem Zusammenhang nicht ausschließlich Materialalterung. Genauso sind Veränderungen im Lauf der Geschichte integraler Bestandteil eines Kunstwerks oder eines Museums. Eine ganzheitlich ausgerichtete Strategie umfasst den Erhalt des kulturellen Werts von Denkmälern und Kunstwerken und die konkreten Maßnahmen im Rahmen der Präventiven Konservierung. Die in der Einleitung formulierten Definitionen von Präventiver Konservierung und museumsgerechtem Bauen müssen, wie die Geschichte lehrt, unbedingt um die vielfältigen Aspekte des kulturellen Gedächtnisses erweitert werden. Denn der Ansatz, die Erinnerungsstrategie als Teil
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jeder nachhaltigen Erhaltungsstrategie zu berücksichtigen, begründet die Notwendigkeit sämtliche Maßnahmen der Präventiven Konservierung so zu gestalten, dass der Zugang zu Kulturgütern für Öffentlichkeit und Forschung gewährleistet ist und für künftige Generationen aufrechterhalten wird. Hier wird der Aspekt der Ressourcenschonung innerhalb der Präventiven Konservierung künftig deutlich mehr Raum einnehmen müssen, denn die mehrfach angesprochene Forderung nach einer Lockerung der bestehenden Klimasollwertvorgaben unter dem Deckmantel des „Grünen Museums“ beziehungsweise mit der Verheißung deutlicher Energieeinsparungen widerspricht massiv dem Kerngedanken der Präventiven Konservierung: In der Praxis ist keineswegs absehbar, ob sich durch die Aufgabe bewährter Sollwerte tatsächlich Ressourcen, Energie und Geld einsparen lassen und welche Auswirkungen dieser Weg langfristig auf den Erhalt unseres kulturellen Erbes haben wird. Trotzdem sollten Museen allein im Interesse ihrer gesellschaftlichen Tragbarkeit und ihres kulturellen Bewahrungs- und Bildungsauftrags ihren ökologischen Fußabdruck verkleinern. Die Präventive Konservierung muss sich darum bemühen, dass Nachhaltigkeit im Museumswesen nicht zur konzeptlosen Reihung unkoordinierter Einzelmaßnahmen verkommt, sondern dessen ganzheitliche Dimension aufzeigen. Die entwickelte Methodik der Rekonstruktion historischer Umgebungsbedingungen über simulative Verfahren und ein sorgsames Quellenstudium tragen wesentlich dazu bei, um aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen. In der Zukunft wird eine der vordringlichsten Aufgaben der Präventive Konservierung sein, das kulturelle Gedächtnis unserer Gesellschaft auf der Grundlage dieser Erkenntnisse zu sichern.
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ANHANG
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[Wolters 1973] Wolters, Christian: Vorbeugende Maßnahmen zum Schutz von Kunstwerken in Museen, Abschrift eines Vortrages gehalten am 14. Mai 1973 beim Internationalen ICOMSymposium in Lindau, unveröffentlichtes Manuskript [Wolters/Kühn 1962] Wolters, Christian/Kühn, Hermann: Die Gefährdung von Kunstwerken durch die Wärmestrahlung starker Lichtquellen, in: Museumskunde, Nr. 32 (1962), S. 121 f. [Wormit 1974] Wormit, Hans-Georg (Hrsg.): Jahresbericht Preussischer Kulturbesitz 1973, Berlin 1974 [ZUB 2009] Zentrum für umweltbewusstes Bauen (Hrsg.): Katalog regionaltypischer Materialien im Gebäudebestand mit Bezug auf die Baualtersklasse und Ableitung typischer Bauteilaufbauten, 2. Version Kassel 2009
CHARTAS, GRUNDSATZPAPIERE, LEIT- UND RICHTLINIEN [ICOM Resolution zur Terminologie 2008] ICOM-CC (Hrsg.): Resolution on Terminology [ICOM Code of professional ethics 2002] ICOM (Hrsg.): ICOM Code of professional ehtics [Grundsatzpapier von Vantaa 2000] PCStrat (Hrsg.): Grundsatzpapier von Vantaa, Vantaa 2000, Übersetzung aus dem Englischen von Gabriela Krist, Gerda Breinesberger, Matthias Knaut und Andreas Burmester [Charter von Krakau 2000] Organizing Committee of the International Conference on Conservation „Krakow 2000“ (Hrsg.): Principles for the conservation and restoration of built heritage
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[Empfehlung zur Ausbildung 1998] Council of Europe (Hrsg.): Recommendation concerning heritage education [Empfehlung zur Konservierung historischer Ensembles 1998] Council of Europe (Hrsg.): Recommendation on measures to promote the integrated conservation of historic complexes composed of immoveable and moveable property [Empfehlung zur Kontrolle der Zerstörung durch Schadstoffe 1997] Council of Europe (Hrsg.): Recommendation on sustained care of the cultural heritage against physical deterioration due to pollution and other similar factors [Dokument von Nara 1994] UNESCO/ICCROM/ICOMOS (Hrsg.): Nara Document on Authenticity, draftet at the Nara Conference on Authenticity in Relation to the World Heritage Convention, Nara 1994 [Code of Ethics 1994] AIC (Hrsg.): Code of ethics and guidelines for practice [ECCO Richtlinien 1993] European Confederation of ConservatorsRestorers‘ Organisations (ECCO) (Hrsg.): ECCO Professional Guidelines I/II/III [Richtlinien Ausbildung 1993] ICOMOS (Hrsg.): Guidelines for education and training in the conservation of monuments [Empfehlung zum Schutz des Kulturgutes vor Naturkatastrophen 1993] Council of Europe (Hrsg.): Recommendation on the protection of the architectural heritage against natural disasters [Charter von New Orleans 1992] American Institute for Conservation of Hitoric and Artistic Works (AIC)/Association for Preservation Technology International (APTI) (Hrsg.): New Orleans Charter for the joint preservation of historic structures and atifacts
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[ICOM Code of Ethics 1984] ICOM (Hrsg.): ICOM Code of Ethics (The Conservator-Restorer: a definition of the profession [Charta von Appleton 1983] ICOMOS Kanada (Hrsg.): Charter for the protection and enhancement of the built environment [Dresdner Deklaration 1982] ICOMOS Deutschland (Hrsg.): Declaration of Dresden [Code of Ethics 1979] AIC (Hrsg.): Code of ethics and standards of practice [Empfehlung zum Schutz beweglichen Kulturgutes 1978] UNESCO (Hrsg.): Recommendation for the protection of movable cultural property [Charta von Amsterdam 1975] Committee of Ministers Council of Europe (Hrsg.): European Charter of the architectural heritage [Konvention zum Schutz des Kulturgutes 1972] UNESCO (Hrsg.): Convention concerning the protection of the world cultural and natural heritage, adopted at the Genereal Conference of the United Nationas Educational Scientific and Cultural Organization meeting, Paris 1972 [Empfehlung zum Schutz des Kulturgutes 1972] UNESCO (Hrsg.): Recommendation concerning the protection, at national level, of the cultural and natural heritage [Charta von Venedig 1964] ICOMOS (Hrsg.): International Charter for the conservation and restoration of monuments and sites
[Empfehlung zur Zugänglichkeit von Museen 1960] UNESCO (Hrsg.): Recommendation concerning the most effective means of rendering museums accessible to everyone [Hager Konvention 1954] UNESCO (Hrsg.): Convention for the protection of cultural heritage in the event of armed conflict [European cultural Convention 1954] Council of Europe (Hrsg.): European cultural convention [Charta von Athen 1931] The Athens Charter for the Restoration of Historic Monuments, adopted at the First International Congress of Architects and Technicians of Historic Monuments, Athens 1931
URLS http://www.bipm.org http://www.conservationphysics.org http://www.denkmaldebatten.de http://www.deutsche-biographie.de http://www.doernerinstitut.de http://www.icom-cc.org http://www.ifz-muenchen.de http://www.iiconservation.org http://www.microclimates.natmus.dk http://www.technischer-verein.de
NORMEN UND VERORDNUNGEN BS EN 15217 Energieeffizienz von Gebäuden – Verfahren zur Darstellung der Energieeffizienz und zur Erstellung des Gebäudeenergieausweises DIN 277:2005 Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau DIN 5034:2011–07 Tageslicht in Innenräumen DIN EN 12464–01 Licht und Beleuchtung von Arbeitsstätten in Innenräumen
DIN EN 12464–02 Licht und Beleuchtung von Arbeitsstätten im Freien DIN EN 12665:2011–09 Licht und Beleuchtung – Grundlegende Begriffe und Kriterien für die Festlegung von Anforderungen an die Beleuchtung DIN EN ISO 13791:2012–08 Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Sommerliche Raumtemperaturen bei Gebäuden ohne Anlagentechnik – Allgemeine Kriteiren und Validierungsverfahren DIN EN 15241:2011–06 Lüftung von Gebäuden – Berechnungsverfahren für den Energieverlust aufgrund der Lüftung und Infiltration im Gebäude DIN EN 15603:2013–05 Energieeffizeinz von Gebäuden – Gesamtenergiebedarf und Festlegung der Energiekennwerte DIN EN 15643:2010–12 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden DIN EN 15757:2010–12 Erhaltung des kulturellen Erbes – Festlegungen für Temperatur und relative Luftfeuchte zur Begrenzung klimabedingter mechanischer Beschädigungen an organischen hygroskopischen Materialien DIN V 18599 Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung ISO 14438:2002–06 Glas im Bauwesen – Bestimmung des Energiebilanzwertes – Berechnungsverfahren ISO 15469.CIE.SO11:2004–02 Räumliche Verteilung des Tageslichts – Allgemeiner Himmel
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ISO 16343:2013–07 Energieeffizienz von Gebäuden – Methoden zur Darstellung des Energieeffizienz und Energiezertifizierung von Gebäuden TRA Technische Regeln für Arbeitsstätten ASR A3.4 Beleuchtung, April 2011 VDI 3807 Blatt 1:2013–06 Verbrauchskennwerte für Gebäude – Grundlagen VDI 3807 Blatt 2:2012–11 Verbrauchskennwerte für Gebäude – Verbrauchskennwerte für Heizenergie, Strom und Wasser VDI 3807 Blatt 5:2012–06 Verbrauchskennwerte für Gebäude – Teilkennwerte thermische Energie VDI 6011 Blatt 1:2002–08 Optimierung von Tageslichtnutzung und künstlicher Beleuchtung – Grundlagen VDI 6011 Blatt 2:2006–04 Optimierung von Tageslichtnutzung und künstlicher Beleuchtung – Dachoberlichter
ARCHIVALIEN ARCHITEKTURMUSEUM DER TECHNISCHEN UNIVERSITÄT MÜNCHEN, ARCHIV PLANMATERIAL KLENZE Kle-38-1: Lageplan Kle-38-2: Aufriß Ostfassade, Querschnitt Nord-Süd-Fassade, Schnitt Treppen, 1. Planungsstufe Kle-38-3: Aufriss Südfassade Kle-38-4: Schnitt Gebäude (Rückseite von 3) Kle-38-5: Ostflügel 3. Planungsstufe Kle-38-6: Ostflügel 3. Planungsstufe Kle-38-7: Heizungsanlage und Keller Kle-38-8: Grundriss Keller Kle-38-9: Grundriss Erdgeschoss Kle-38-10: Grundriss Hauptgeschoss Kle-38-11: Grundriss Hauptgeschoss
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Kle-38-12: Grundriss Längsschnitt, Querschnitt Ostflügel Kle-38-13: Schächte für Warmluftheizung, Schnitte Kle-38-14: Längsschnitt Westteil, Säle, Aufriss Bogen Rubenssaal Kle-38-15: Südfassade Aufriss Kle-38-16: Nordfassade Aufriss Kle-38-17: Ostflügel Grundriss Kle-38-18: Grundriss Hauptgeschoss OstWestFlügel Kle-38-19: Grundriss Kle-38-20: Grundriss Keller und Erdgeschoss Kle-38-21: Grundriss Keller und Erdgeschoss Kle-38-22: Hauptgeschoss Ost Kle-38-23: Haupt- oder Säulenvestibül Kle-38-24: Mittelbau Querschnitt Kle-38-25: Mittelbau Querschnitt Kle-38-26: Haupttreppe und Treppenanlage mit Podest Kle-38-27: Kleine Treppe zwischen Kabinett und Zwischengeschoss Kle-38-28: Haupttreppe und Treppenanlage mit Podest, Querschnitt Kle-38-29: Kabinett Schnitt Kle-38-30: Bildersaal (Aufriss), Dachkonstruktion Kle-38-31: Kellerraum (Schnitt) Gewölbe, Konstruktion Kle-38-32: Hauptgeschoss, Ostflügel Kle-38-33: Saal 1 Schnitt Kle-38-34: Saal 10 Kle-38-35: Hauptgeschoss, Südfassade, Aufriss Kle-38-36: Eingang Süd Kle-38-37: Haupttreppenhaus Kle-38-38: Direktorenzimmer, Balkenlage (Grundriss) Kle-38-39: Deckensituation und Balkenlage (Querschnitt) Kle-38-40: Ostflügel, Schnitt Kle-38-41: Haupttreppenhaus und Treppenvorplatz Kle-38-42: Haupttreppenhaus und Vorplatz (Schnitt) Kle-38-43: Raum mit Balkenlage (Grundriss, Querschnitt, Längsschnitt) Kle-38-44: Balkenlage über einem Gang und zwei Nebenräume (Grundriss, Querschnitt)
Kle-38-45: Deckenkonstruktion, Längsschnitt Kle-38-46: Zwischengeschoss-Decken, Grundriss, Querschnitt, Längsschnitt Kle-38-47: Grundriss, Längsschnitt, Profil (Rückseite von 46) Kle-38-48: Dachstuhlkonstruktion Kle-38-49: Dachstuhlkonstruktion Kle-38-50: Säulenvestibül, Deckenkonstruktion, Schnitte Kle-38-51: Deckenkonstruktion Grundriss, Schnitt (Rückseite von 50) Kle-38-52: Säle-Decken, Details Kle-38-53: 3 und 5 Bildersaal, Schnitt Kle-38-54: Kompartiment Nordwand, Schnitt Kle-38-55: Ecksaal West und ital. Nebensaal, Querschnitt Kle-38-56: Hauptgeschoss Fenster Nordwand Kle-38-57: Fenstertypen Ansichten Kle-38-58: Fenster Erdgeschoss Kle-38-59: Fenster, Schnitt, Details Kle-38-60: Kabinett und Saal 6, Grundriss und Querschnitt Kle-38-61: Fenstertypen Ansichten Kle-38-62: Entwurf Durchgang Rubenssaal Kle-38-63: Saal 1, Plafond Kle-38-64: Kabinett 1. Obergeschoss Ansichten Kle-38-65: Kompartiment Südwand, Schnitt Kle-38-66: Hauptvestibül und Vorplatz der Haupttreppe Kle-38-67: Treppenhaus, Deckenabwicklung Kle-38-68: Vorplatz Gewölbe an Haupttreppe Kle-38-69: Treppenhaus Kle-38-70: Vorplatz Gewölbe an Haupttreppe Kle-38-71: Türen, Grundriss, Ansicht, Schnitt Kle-38-72: Nebentreppe, Grundriss, Schnitt Kle-38-73: Treppen, Grundriss, Schnitt Kle-38-74: Vestibül - Treppe Erdgeschoss, Grundriss, Schnitt Kle-38-75: Nebentreppe, Grundriss, Ansicht Kle-38-76: Säulenvestibül, Fußboden, Grundriss und Ansicht Kle-38-77: Fußboden Entwurf, Grundriss und Ansicht Kle-38-78: Gang, Grundriss Kle-38-79: Teilgrundrisse (Rückseite von 78) Kle-38-80: Oberlichtlaternen, Konstruktion im kleinen Bildersaal, Aufriss, Detail
Kle-38-81: Oberlichtlaternen, Konstruktion Querschnitt Kle-38-82: Oberlichtschächte und Dachstuhl über Bildersälen, Ansicht und Querschnitt Kle-38-83: Gewölbekonstruktion, Schnitt Kle-38-84: Oberlichtlaterne - Konstruktion Längsschnitt Kle-38-85: Rundkanal der Warmluftheizung, Querschnitt Kle-38-86: Rundkanal der Warmluftheizung, Querschnitt (Rückseite von 85) Kle-38-87: Toilettenanlage, Querschnitt, Gang, Grundriss Kle-38-88: Gang, Grundriss (Rückseite von 87) Kle-38-89: Aufbau Warmluftheizung, Querschnitt Kle-38-90: Luftheizungsanlage, Schnitt Kle-38-91: Dekoration, Detail Kle-38-92: Torbeschläge am Säulenportal, Detail Kle-38-93: Balustrade und Dachrinne, Schnitt, Detail Kle-38-94: Ecksaal Ost - Fensterlisene, Details Kle-38-95: Türgewänder - Profile, Details Kle-38-96: Deckengesimse - Pfeiler und Balustrade, Schnitte Kle-38-97: Eisenkonstruktion, Details Kle-38-98: Garteneinzäunung, Aufriss Kle-38-99: Gewölbefeld im Rubenssaal Kle-38-100: Saal, Parkettentwurf, Grundriss und Teilansicht Kle-38-101: Deckenentwurf, Teilansicht Kle-38-102: Deckenentwurf, Teilansicht Kle-38-103: Ecksaal Nordwest, Erdgeschoss - Fußbodenentwurf, Detail Kle-38-104: Kompartiment Erdgeschoss Fußbodenentwurf, Detail Kle-38-105: Gebälk, Schnitt Kle-38-106: 9 Bildersäle - Plafondentwurf, Aufriss, Detail Kle-38-107: Decke, Detail Kle-38-108: Decke, Detail Kle-38-109: Decke, Detail Kle-38-110: Decke, Detail Kle-38-111: Decke, Detail Kle-38-112: Deckenentwurf, Details Kle-38-113: Garten, Teilgrundriss Kle-38-114: Gartenzaun, Detail Kle-38-115: Deckenentwurf, Details
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Kle-38-116: Decke, Detail (Rückseite von 115) Kle-38-117: Luftheizofen, Grundriss, Schnitt Kle-38-118: Südportal - Deckenentwurf, Detail Kle-38-119: Arbeitszimmer für den Sekretär, Grundriss Kle-38-120: Deckenentwurf im Südportal, Detail und Schnitt Kle-38-121: Westeinfahrt, Torpfeieler, Detail Kle-38-122: Tür, Ansicht, Schnitt Kle-38-123: Gesims und Decke, Schnitte Kle-38-124: Südportal Ansicht Kle-38-125: Dach, Grundriss und Ansicht Kle-38-126: Zaun mit Pfosten, Detail Kle-38-127: Perspektive (Rückseite von 126) Kle-38-128: Kupferstich-Säle, Aufriss und Schnitt von 1874 Kle-38-129: Bogenfeld - Entwurf für eine Tür, Ansicht Kle-38-130: Plan zur Anordnung der Bilder, Ansicht von 1860 Kle-38-1000: Model Rubenssaal (Baumstark) von 2000
ARCHITEKTURMUSEUM DER TECHNISCHEN UNIVERSITÄT MÜNCHEN, ARCHIV PLANMATERIAL DÖLLGAST (NICHT VOLLSTÄNDIG) 2.48.5: Längsschnitt und Grundriss der Kabinette 2.48.6: Längsschnitt und Grundriss der Kabinette M 1:100 2.48.24: Schnitt Alte Pinakothek M 1:200 2.48.25: Nord-Süd-Schnitt Kopfbau West 2.48.26: 3-Achsen-Saal M 1:20 2.48.92: Mittelbau Treppenhaus Längsschnitt 2.48.95: Sparrenlage in der Alten Pinakothek 2.48.107: Kellergeschoss Alte Pinakothek mit Details zur Warmluftheizung 2.48.110: Schnitt durch Galeriesaal 1. Obergeschoss mit Details zum Fries 2.48.127: Trägerrost Flügelbauten 2.48.139: Unterzug Decke Hauptschiff 2.48.141: Erdgeschoss Eingangshalle Fußbodenheizung 2.48.149: Statische Berechnungen zu den Katzenberger Decken
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2.48.151: Detail Katzenberger Decke 2.48.162: Schnitt Keller und Erdgeschoss mit Details zur Kellerdecke 2.48.256: Kellergeschoss Montageplan der Pumpen 2.48.265: Detail Katzenberger Decke 2.48.270: Bauplan Luftkammer 5 2.48.272: Bauplan Luftkammer 7 2.48.278: Bauplan Luftkammer 1 2.48.281: Bauplan Luftkammer 4 2.48.283: Bauplan Luftkammer 13 2.48.287: Kellergeschoss M 1:100 2.48.308: Zwischengeschoss Klimaanlage 2.48.312: Apparateraum Klimaanlage 2.48.319: Eingangshalle Erdgeschoss Fußbodenheizung 2.48.331: Eingangshalle 2.48.344: Schnitt Eingangshalle Erdgeschoss Fußbodenheizung 2.48.350: Schnitt Kabinett 11 2.48.353: Längsschnitt Kabinett 18 und anschließendes Treppenhaus 2.48.368: 1. Zwischengeschoss 2.48.371: Differenzstufen und Flure 2.48.393: Montageplan für die Pumpen im Erdgeschoss 2.48.394: Montageplan für die Pumpen im Obergeschoss
BAYERISCHE STAATSGEMÄLDESAMMLUNGEN, ARCHIV Fach I B1: Central Gemälde Gallerie München 1800–1806: Bau Reparaturen am Gallerie Gebäude am Hofgarten Fach I B1: Central Gemälde Gallerei München 1841–1885: Bau Reparaturen am Pinakotheks Gebäude ad Fach I B1: Central Gemälde Gallerie München: Galerie-Neubau (Dillis u. a. mit Skizze) ad Fach I B1:Central Gemälde Gallerie München: Gebäude Alte Pinakothek GalerieDepot der Hofgartengalerie ad Fach I B1: Central Gemälde Gallerie München: Hofgartengalerie ad Fach I B1: Central Gemälde Gallerie München: Bauausgaben, Bestellung von Gerätschaften und Putzarbeiten
Fach I B2: Central Gemälde Gallerie München 1859–1882: Benützung der Gemälde-Gallerie Fach I B2a: Central Gemälde Gallerie München 1861–1882: Benützung der k. Gemälde Gallerie durch Photograph. Nachbildungen (z. B. Hanfstaengl) Fach I B2b: Central Gemälde Gallerie München: Benützung der k. Gemälde Gallerie, Einräumung eines eigenen Copier Locals für den Maler Otto Wüstlich Fach I B2b: Central Gemälde Gallerie München: Bilderdepots in München Fach I B2c: Central Gemälde Gallerie München 1871–1884: Beschickung von Gemäldeausstellungen Fach I B3: Central Gemälde Gallerie München 1877–1881: Brennholzbedarf der Central Gemälde Gallerie Fach I B3: Central Gemälde Gallerie München: Heizungsangelegenheiten Fach I B4: Central Gemälde Gallerie München 1833–1880: Bau-Ausgaben Fach I C1: Central Gemälde Gallerie München 1790– : Conservatoren Fach I C2: Central Gemälde Gallerie München: Gehalts- und Rangverhältnis der k. Central Gallerie Conservatoren reponiert Fach I C3: Central Gemälde Gallerie München: Commission von Sachverständigen bei der Centr. Gemälde Gall. Direct rep. Fach I D1: Central Gemälde Gallerie München: Directoren Fach I D2: Central Gemälde Gallerie München: Dienstordnung und Reglements ad Fach I D2: Central Gemälde Gallerie München: Dienstordnungen und Reglements Fach I D3: Central Gemälde Gallerie München: Galleriediener Fach I D4: Central Gemälde Gallerie München: Dienstkleidung des Personales der Cebtral Gemälde Gallerie Fach I D5: Central Gemälde Gallerie München: Bitte des Glyptothekdieners Ludw. Schmid Fach I E1: Central Gemälde Gallerie München: Personal und Real-Exigenz Etats Fach I F1: Central Gemälde Gallerie München 1810–1904: Kirchliche oder sonstige öffentliche Feierlichkeiten
Fach I G1: Central Gemälde Gallerie München: Generalia Fach I G2: Central Gemälde Gallerie München: Das Gewölbe im Gallerie Gebäude vom Hofgarten Fach I G2: Gehalts- und Rangverhältnisse d. Central Gall.Central Gemälde Gallerie München Fach I G3: Central Gemälde Gallerie München: Gratifikation für das Gallerie Personal Fach I G4: Central Gemälde Gallerie München 1872–1884: Regulierung des Gehaltsverhältnisses des Gallerie Personals Fach I H1: Central Gemälde Gallerie München: Heizer und Tagelöhner Fach I H2: Central Gemälde Gallerie München: Hausmeister Fach I J1: Central Gemälde Gallerie München: Inventar über die k. Gemälde in Reutlingen Fach I J2: Central Gemälde Gallerie München: Mobilien Inventar der GemäldeGallerien zu München und Schleißheim Fach I K1: Central Gemälde Gallerie München: Kunstkabinett, Kupferstichkabinett, Kunstbibliothek, … Konvol. Fach I K2a: Central Gemälde Gallerie München: Katalog der Gemälde Sammlung in der Pinakothek ad Fach I K2a: Central Gemälde Gallerie München: Katalogarbeiten (auch für Hofgartengalerie) Fach I K2d: Central Gemälde Gallerie München: Katalog der Gemälde Gallerie Nürnberg ad Fach I M1: Central Gemälde Gallerie München: Dienstberichte Fach I M2: Central Gemälde Gallerie München: Miscellanea Fach I M3: Central Gemälde Gallerie München: Monatsberichte ad Fach I M3: Central Gemälde Gallerie München: Auswahl von Gemälden zur etwaigen Bildung einer Filial-Gallerie (Schleißheim und Lustheim zwischen 1837– 1850) Fach I R1: Central Gemälde Gallerie München: Rechnungssachen über Gemälde Restauratoren
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Fach I P1: Central Gemälde Gallerie München: Portiere Fach I P2: Central Gemälde Gallerie München: Pinakothel, Zierrahmen, Gemälde und andere Einrichtung Fach I P2: Central Gemälde Gallerie München: Bau Alte Pinakothek Fach I P3: Central Gemälde Gallerie München: Pinakothek Anfertigung seidener Tapeten Fach I S1: Central Gemälde Gallerie München: Sicherstellung der Gemälde Gallerie gegen Gefährdung aller Fach I V1: Central Gemälde Gallerie München: Verpflichtungs-Protokolle Fach VIII: Personale: Angerbauer Galleriediener Personale: Ettberger Matt. Galeriediener Personale: Beyer Chr. Galeriediener in Schleißheim Personale: Bodenmüller Centr. Gall. Diener Personale: Brulliot Inspector Personale: Brulliot, Franz ‘‘ Personale: Brulliot, Rob Conservator Personale: Brun, Personale: Bayersdorfer A. Conservator Personale: Beinmüller, Georg, Galeriediener Personale: Beyer, Conservator, Schleißheim Personale: Danner, Georg, Centr. Gallerie Diener Personale: Dillis, G. v. Centrl. Gallerie Director Personale: Dorner, Joh., Vice Galleriedirector Personale: Dorfinger, Georg, Diener in der alten Pinakothek Personale: Dorner Jak., Centr. Gall. Conservator Personale: Ebner, Franz, Centr. Gall. Diener Personale: Enzinger, Jos. Personale: Fischer, Jos., Centr. Gall. Diener Personale: Fischer, Jos. Personale: Foltz Philipp Central Gall. Direktor Personale: Fray Anton, Gemälde Restaurator Personale: Frey Ignatz, Central Gall. Conservator Personale: Gail Paul Central Gall. Diener Personale: Gilg August Personale: de la Grange aux bois, Centr. Gall. Diener
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Personale: Gündter Joh. Gallerie Inspector Personale: Gündter Jos. Centr. Gall. Conservator Personale: Grünner Jos. Galleriediener Personale: Haller, Frh. v. Gallerie Inspektor Personale: Hoffmann Jos., Central Gall. Diener Personale: Hofass L. Inspektor Personale: Huber Eduard Conservator Personale: Hauser A. Restaurator (?) Personale: Langer Robert Central Gall. Direktor Personale: Mannlich Christ. v. Centr. Gall. Director Personale: Mattenheimer Carl Centr. Gall. Cons. Personale: Mattenheimer Theodor Personale: Mühel Lud. Centr. Gall. Diener Personale: Mayer F. C. Conservator Personale 1884: Metzinger, G., Sekretär …(?) der Zentralgemäldegalerie Personale 1896: Marx, Joseph Diener an der k. alten Pinakothek Personale 1901: Maul Johann, Galeriediener Personale 1904: Mayer Andr. jr. Restaurierungsassistent Personale: Neureuther Ludwig, Gallerie Inspector Personale 1986: Nüsslein And. Galleriediener Personale: Obermayer Ludwig Centr. Gall. Diener Personale: Pleitner Daniel Centr. Gall. Diener Personale: Passmann M. H. Conservator Personale: Raith, F. Centr. Gall. Diener Personale: Rosenwirth, A. Personale: Schaumberger, Rechnungsführer Personale: Schierl, Centr. Gall. Diener Personale: Schlumbach Personale: Sedelmaier, Centr. Gall. Diener Personale: Sessig, Restaurator AP Personale: Sieß, Archiv AP Personale: Steinberger Personale: Stoiber Personale: Todscheck, Joh. Personale: Wagenbauer Max Centr. Gall. Cons. Personale: Wallauer Ph. Pinakotheks Portier Personale 1878: Weichselbaum Joh. Galleriediener
Personale 1900: Wankerl Josef Galeriediener Personale: Zimmermann Clem. v. Centr. Gall. Diener Personale: Zwengauer Anton Gallerie Conservator Personale: Personalakten
BAYERISCHE STAATSGEMÄLDESAMMLUNGEN, REGISTRATUR Akt 15/1 Nr. 342: Gebäude der alten Pinakothek und deren Umgebung, große und kleine Baufälle 1896 - 1913 Akt 15/1 Nr. 343: Gebäude der k. Alten Pinakothek und dessen Umgebung 1884 1895 Akt 15/1 Nr. 344: AP 1914 - 1948, Teil I Akt 15/1 Nr. 345: AP 1914 - 1948, Teil II Akt 15/1a Nr. 307: Offerten über Bureau tec. Einrichtungsgegenstände u. Dgl. u. Arealankäufe Akt 15/2 Nr. 308: Gartenanlagen 1930 Akt 15/3 Nr. 309: Gebäude der alten Pinakothek und dessen Umgebung e) Strassen Akt 16 Nr. 2633: 1961 - 1979 Brandsicherungsmaßnahmen / Galerien Akt 16/1 Nr. 310: Gebäude der Alten Pinakothek (militärische) Bewachung Akt 16/2 Nr. 311: Gebäude der Alten Pinakothek und dessen Umgebung Vorkehrungen gegen Feuersgefahr und Brandversicherung Akt 16/2 Nr. 312: Schäden, bei dem Fliegerangriff auf München am 9. März 1943 Akt 16/3 Nr. 314: Einrichtung der Dampfheizung und Parkettierung der Galeriesäle Akt 16/4 Nr. 315: Gebäude: Sonstige Gebäudeangelegenheiten 1885 - 1952 Akt 16/5 Nr. 316: Strassenreinigung Akt 16/6 Nr. 2948: Sicherungsmaßnahmen AP/NP Akt 16/8 Nr. 319: Temperaturverzeichnis Akt 16/8 Nr. 320: Gemäldeaufstellungen Akt 16/8 Nr. 321: AP 1949 - 56 Akt 16/8 Nr. 322: AP 1957 - 59 Akt 16/8 Nr. 1031: AP Preisausschreiben 1969
Akt 16/8 Nr. 2571: Protokolle Wiederaufbau Akt 16/8 Nr. 2572: Protokolle Wiederaufbau Akt 16/8 Nr. 2573: Protokolle Wiederaufbau Akt 16/8 Nr. 2574: Protokolle Wiederaufbau Akt 16/8 Nr. 2575: Alte Pinakothek allgemein 1964 - 1965 Akt 16/8 Nr. 2576: Alte Pinakothek allgemein 1966 - 1967 Akt 16/8 Nr. 2577: Sicherungsmaßnahmen 1957 - 70 Akt 16/8 Nr. 2578: Übergabeverhandlungen AP III. Bauabschnitt Akt 16/8 Nr. 2579: AP Eröffnungen 1956 und 1963 Akt 16/8 Nr. 2580: AP Zeitungsausschnitte 1950 bis 1957 Akt 17/3 Nr. 486: Brennstoffbeschaffung in den Heizperioden 1912-1945
STAATSARCHIV MÜNCHEN, AKTEN DER LANDBAUÄMTER StAM LBÄ 2099–StAM LBÄ 2115
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ABBILDUNGSNACHWEIS
TABELLENNACHWEIS
Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst: Abb. 126 | Autorin: Abb. 4, Abb. 24–25, Abb. 34, Abb. 42, Abb. 45, Abb. 49–52, Abb. 56–69, Abb. 73–79, Abb. 84–125, Abb. 130, Abb. 132–145, Abb. 147–154, Abb. 159, Abb. 164–166 | Bayerisches Nationalmuseum (Bauer): Abb. 169 | Boston Public Library: Abb. 83 | Böllinger: Abb. 54–55 | Böttger: Abb. 30–31, Abb. 178 | BStGS: Abb. 33, Abb. 41, Abb. 167 | BStGS Bestandsunterlagen: Abb. 46–47, Abb. 82 | BStGS Fotoabteilung: Abb. 48 | BStGS Fotoarchiv: Abb. 7–9, Abb. 14–15, Abb. 23, Abb. 26–27, Abb. 128–129, Abb. 168, Abb. 179 | BStGS Registratur: Abb. 28 | Brückels: Abb. 70 | Bundesarchiv, Sammlung von Repro-Negativen: Abb. 181 | Deutsche Fotothek: Abb. 81 | Erbe: Abb. 72 | Gent: Abb. 159 | Granzow: Abb. 1 | Harris: Abb. 157–158 | Hermann: Abb. 13 | Klenze: Abb. 2–3, Abb. 6, Abb. 10–11 | Maaz: Abb. 180 | Mecklenburg: Abb. 53 | National Gallery: Abb. 170–171, Abb. 173, Abb. 175, Abb. 177 | Padfield: Abb. 155 | Payne: Abb. 71 | Penzel: Abb. 174 | Rebske: Abb. 146 | Staatliche Kunstsammlungen Dresden: Abb. 175 | Stadtarchiv München: Abb. 172 | Stadtmuseum Berlin: Abb. 80 | StAM LBÄ: Abb. 29 | Stiftung Preussische Schlösser und Gärtern Berlin – Brandenburg, Grafische Sammlung: Abb. 127 | Tiede: Abb. 131 | TUM Archiv: Abb. 5, Abb. 12, Abb. 16–22, Abb. 32, Abb. 35–40, Abb. 43–44
Autorin: Tabelle 1–17, Tabelle 19 | Feller: Tabelle 21 | Polytechnisches Journal: Tabelle 18 | Thomson: Tabelle 20, Tabelle 22
Sollten trotz sorgfältiger Recherche nicht alle Rechteinhaber genannt sein, wird höflichst um Mitteilung gebeten.
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PERSONENREGISTER Abney, William: 38, 373–377 Assmann, Karl: 258 Becquerel, Henri Antoine: 369 Beeton, Isabella: 36 Blades, William: 38 Blau, Fritz: 362 Böttger, Peter: 22 Brandi, Cesare: 44 f., 47, 69 Braun, Feridnand: 395 Braunfels, Stefan: 255 Brawne, Michael: 386 Buchner, Ernst: 126 f. Buckley, H.: 377 Burmester, Andreas: 48, 60 f., 144, 389–391, 405, 456 Burton, Frederic William: 373 Carlowitz, Hannß Carl von: 185 Cassar, May: 64 Church, Arthur Herbert: 373 Cisternay du Fay, Charles François: 349 Clark, Kenneth:423, 427 Constable, W. G.: 43 Cooper-Hewitt, Peter: 369 Coremans, Paul: 43, 223 f. Cretz, Paul Philippe: 18 Cuvilliés, Francois de: 78 Davy, Humphry: 352 Dehio, Georg: 37 f., 68 Dehn-Rotfelser, Heinrich von: 207 Dillis, Georg von: 77 f., 80, 82 f., 90, 97, 99 f., 103 f., 203, 316, 324, 409, 436, 444 f., 449, 455 Dingler, Johann Gottfried:23 Döllgast, Hans: 22 f., 126–128, 135, 378, 425, 429, 432, 456 Dörnhöffer, Friedrich: 124, 316 Druzik, James: 390, 396 Durm, Josef: 350 Eastlake, Charles: 419 Edison, Thomas Alva: 357, 361 f. Erbe, Alfred: 123, 214 Faraday, Michael: 419 Feller, Robert: 382
Field, Georges: 349 Focillon, Henri: 414 Foltz, Philipp: 112 Geißler, Heinrich: 368 Großeschmidt, Henning: 258 Grotthuß, Theodor: 349 Guichen, Gäel de: 59 f. Haag, Johannes: 190 Hanfstaengel, Eberhard: 429 Harmer, Sidney: 376 Harris, J. B.: 386, 389 Hefner-Alteneck, Friedrich von: 342, 354, 357 Hermann, Hermann: 96 f. Hilbert, Günther: 48, 56, 69, 388, 390 Holmes, Hale: 353 Hood, Charles: 199 Justi, Ludwig: 428 Kaspar, Hermann: 126 Klenze, Leo von: 77–82, 87–103, 156, 189 f., 242, 300, 324 f., 436, 444 f., 449, 454 f. Koller, Johann: 137 Koller, Manfred: 33 Kühn, Hermann: 48, 53 f., 456 Lespilliez, Carl Albrecht von: 78 Linton, James:373 Lossew, Oleg: 395 Lowenthal, David: 57 Macintyre, J. A.: 377 Magnus, Eduard: 325–331, 341 Martin, Kurt: 43 McKeag, A. H.: 370 Meckelnburg, Marion: 65, 67 Mentz, Richard: 341, 347, 349 Meissner, Paul: 191 Michalski, Stefan: 38, 65–67, 388, 390, 396 Miller, Albert von: 127 Minckelaers, Johann: 322 Murdock, William: 322 Neickelius, Caspar Friedrich: 35, 323 Padfield, Tim: 62 f. Pease, Murray: 47 f. Peclét, Jean Claude: 190, 199, 277 Pettenkofer, Max von: 38, 105, 109, 118, 204, 447, 456 Pirani, Marcello Stefano von: 370 Plenderleith, Harold: 44, 47 Rathenau, Emil: 361 f. Rawlins, Ian: 43 Reid, David Boswell: 215 Remainé, Hermann: 362
Reynolds, Joshua: 349 Riegl, Alois: 40, 68 Rodenberg, Julius: 23 Round, Henry Joseph: 395 Ruskin, John: 37 f., 68, 423 Russell, William: 373–377, 419 Rüttenauer, Alfred: 370 Schinkel, Karl Friedrich: 328, 330 Semper, Gottfried: 407 Siemens, Werner von: 353 Siemens, Wilhelm: 362 Stout, Georges: 43 Strack, Johann Heinrich: 205 Stüler, Friedrich August: 205 Tiede, August: 111 f., 330–332, 338, 340 f. Thomson, Garry: 48, 56 f., 69, 382–390 Tschudi, Hugo von: 114, 123, 316 Tyndall, John: 362 Violet-le-Duc, Eugène: 362 Vitruv: 34 f., 68, 445 Voit, Ernst: 115, 118 f., 356 f., 359 Volta, Alessandro: 352 f. Waller, Robert: 38, 65 Wehlte, Kurt: 137 Weretschagin, Wassili Wassiljewitsch: 356 Whatman, Susanna: 36 Wolters, Christian: 48–56, 456 Winsor, Frederick Albert: 322
SACHREGISTER Abluft: 95–97, 130 f., 141, 151, 191, 216 f., 225, 257 Alte Nationalgalerie Berlin: 205 f., Abb. 70 auf S. 206, Abb. 180 auf S. 428 Alte Pinakothek München: 139 Nennungen, insbes. S. S. 80–158 Alterung: 19, 45, 50 f., 54 f., 66, 157, 437, 457, 460 Altes Museum Berlin: 215–216, Abb. 80 auf S. 216, Abb. 127 auf S. 325, Abb. 131 auf S. 332, Abb. 174 auf S. 417 Anforderungen, konservatorisch: 19, 77, 83, 192, 219, 390, 398, 421, 455 Anforderungen, menschlich: 183, 219, 225, 455 Anforderungen, Nutzer-: 18, 21 Architekturtheorie: 22 f., 39 Archivalien: 22, 24, 26, 102, 115, 124, 127, 133, 137, 193 f., 225, 277 f., 282, 337, 349, 492–497
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Auslagerung: siehe Kriegsauslagerung Baualter: 265 f., 294, 454 Baualtersklasse: 186, 265 f., 295 Baudenkmalpflege: seihe Denkmalpflege Baugeschichte: 11, 18, 20–29, 33, 70, 75–77, 84–86, 138, 144, 156 f., 174, 183, 189, 278, 308–310, 443, 445, 447 f., 452–455 Baugeschichte, technisch: 22, 276 Baugrund: siehe Bauplatz Bauplatz: 34, 37, 82 f., 103, 444 f. Bauteilaktivierung: 218, 256 f., 297, 459 Bauunterhalt: 77 f., 107 Bauweise: 17 f., 35, 41, 55, 174, 186, 248, 263, 266 f., 300, 443, 455 Bayerische Staatsgemäldesammlungen: 22 f., 86, 133, 139, 143, 150, 173, 391, 414, 455 f. Bayerisches Nationalmuseum München: 114, 218, 411 f., Abb. 169 auf S. 411 Befeuchtung: 49, 51, 84, 114, 128 f., 177 f., 215, 219 f., 227–229, 232, 237, 257, 422, 447–449, 459 Behaglichkeit: 113, 183 f., 188, 269, 274, 281, 406, 421, 449, 457, 459 Beheizung: 68, 81, 86, 91, 98, 103–120, 124, 130, 156, 176–178, 189–192, 200–210, 219, 237, 278–282, 421, 446 f. Beleuchtung: 601 Nennungen, insbes. S. S. 319–398 Beleuchtung, elektrisch: 121, 352–360, 370, 376 Beleuchtungsstärke: 149 Nennungen, insbes. S. S. 53–55, 377 f., 382–384, 388–391, 397 Belüftung: 36, 119, 130, 151, 176, 189, 418 Besucher: 216 Nennungen, insbes. S. S. 403–424 Besucherordnung: 101 f., 413, 420 Besucherzahlen: 102, 107, 124, 179, 183, 235, 255, 271, 279, 288, 295, 296–298, 414–420, 427, 430 f., 435, 451 Bewahrungsauftrag: 68, 414, 430 Bizot-Gruppe: 66 f. Blendung: 323, 326, 328 Bogenlampe: 352–359, 374, 376 f. Brandgefahr: siehe Feuergefahr Brandschutz: 19 f., 56, 61, 89, 97, 137, 139, 352, 406 f., 433 Brennmaterial: 91, 98, 111, 113, 120–122, 190, 218 f., 263, 268, 270, 274–279
500
Brennstoff: 95–98, 117, 120, 277, 280 f., 288, 321 f., 425, 446, 453 f. British Museum London: 42, 354, 359 f., 376, 383 Conservation Heating: 229, 259 Dachverglasung: 132, 139, 140, 147 f., 151 f., 229, 232, 242 f., 248, 312 f., 365, 372, 375, 378 Dämmung: 150 f., 176, 244–246, 273, 275, 280, 294, 454 Dauerhaftigkeit: 35 f. Deckenlicht: 111, 331, 350 Denkmal: 38, 40, 57, 437, 460 Denkmalpflege: 33, 37–41, 46, 49, 57, 61, 64, 68, 137, 244, 248, 258, 429, 456, 458 DIALux: 305–307 Dienstanweisung: 23 Dienstordnung: 23, 91, 123, 125, 409, 416 Doerner Institut, auch Doerner-Institut: 56 Nennungen, insbes. S. S. 22 f., 42, 48–54, 129, 139–143, 173, 228, 391, 431, 455 Dosisbetrachtung: 53, 347, 378, 384, 388– 391, 397 Einflussfaktor: 19, 25, 56, 63 f., 265, 286, 294 f., 444, 457 f. Einflussgröße: 24, 27, 58, 66, 170, 173, 267–271, 444 Eingabeparameter: 25 f., 170–172, 178, 245, 309 Eintrittsgeld: siehe Eintrittspreis Eintrittspreis: 24, 123, 409, 418 Elektrizitätsausstellung: 355 f. Energie: 281 Nennungen, insbes. S. 261–275, 295–300 Energieaufwand: 63, 83, 186, 257, 263, 279, 296 Energiebedarf: 17, 151, 171, 266–270, 274, 276 f., 280 Energiebilanz: 268–270, 283, 290 Energieeinsparung: 67, 120, 151, 184, 186– 188, 241, 244, 248, 257, 276, 286, 294, 394, 453 f. 458, 461 Energiefluss: 169, 277, 283, 286, 293 f. Energiekennwert: 266 Energieverbrauch: 67 Nennungen, insbes. S. 276–295 Energy Contracting: 187 f., 299 f. Entfeuchtung: 140, 215, 222–225, 237–239, 241, 282, 292, 298, 448 f., 454, 459 Entwicklungsspirale: 19, 27, 443 f.
Erhalt, vorbeugend: 37, 48, 50, 52, 57 f., 61, 405, 433, 436 f. Erhaltungsstrategie: 48, 57, 64, 68, 157, 249, 259, 414, 436 f., 455 f., 461 Erhaltungszustand: 18 f., 21, 24, 28 f., 33, 47 f., 54, 59, 98, 173, 209, 248, 316, 388, 419, 444 f., 457 Erinnerungsstrategie: 405, 414, 430, 436 f., 455, 460 Farbwahrnehmung: 321, 329, 375 Farbwiedergabe: 152, 311, 340, 368, 370, 376, 383, 395 f. Feuergefahr: 50, 81, 86, 93, 112, 190 f., 321 f., 355, 451 Frischluft: 95, 97, 120, 124, 129, 141, 176, 189, 191, 216, 220, 225, 418, 459 Galeriebesucher: 23 Galeriediener: 101 f., 123–125, 406, 408–413, 416, 418, 435 Gasbeleuchtung: 189, 321–323, 352–354, 359, 361, 374, 451 Gasentladungslampe: 368 Gaslicht: siehe Gasbeleuchtung Gebäudehülle: 39, 55, 63, 68, 77, 84, 97, 125, 186, 189, 201, 210, 236–238, 243, 245, 247, 258, 263, 266 f., 272, 274 f., 284, 286, 290, 295, 299, 405, 407, 443, 458–460 Gebäudetechnik: 22, 77, 276, 453 Gebäudeunterhalt: 33, 36 f., 45, 68, 70, 77f., 91, 107 Gebäudezustand: 21, 24, 84, 309 Geißlersche Röhre: 369 Gemäldegalerie Dresden: 420, Abb. 176 auf S. 421 Gemäldegalerie Kassel: 207 f., Abb. 72 auf S. 208 Generalsanierung: 139–149, 76, 178, 237– 247, 255, 280, 292, 311–316, 329, 378 f., 391, 432, 452 Glühlampe: 52, 55, 135, 357, 359, 361–363, 366, 368, 371, 373, 376 Glyptothek München: 80–82, 89, 93, 444 Grünes Gewölbe Dresden: 218 f. Hagelschaden: 139, 243, 365 Halogenglühlampe: 366–368 Halogenmetalldampflampe: 151–153 Haus der Kunst München: 428, Abb. 181 auf S. 429 Heizenergie: 143, 265, 267, 272, 274 f., 279, 283, 286, 292–294, 454 Heizkammer: 95–98, 128, 191, 220
Heizperiode: 111, 119, 121, 178, 194–200, 209, 227, 229, 272, 274 f., 279, 281, 284, 286, 288, 293, 454 Heizsystem: 83, 96 f., 115, 117, 120, 128, 190, 192, 200, 208, 214, 218–220, 263, 277, 281, 290, 415, 454 Heizung: 39, 41, 83, 93, 98, 105 f., 114–216, 347–349, 447, 449 Heizwärmebedarf: 237, 243, 247, 265–275, 283, 286, 288, 290, 293 f., 454 Heizwärmeverbrauch: 278–283 Helligkeit: 123, 152, 305 f., 322, 326, 329 f., 337, 347, 357–359, 364 f. Helligkeitsverteilung: 152, 365 Hofgartengalerie München: 78–80, 82, 101, 444 f., Abb. 1 auf S. 79 Housekeeping Book: 36 f., 64 f., 68, 436 Innenraumklima: 63, 116, 156, 177, 183, 186, 189, 193, 201, 205, 209, 213, 224, 229, 237 f., 243, 245, 248, 259, 293, 352, 385, 390, 448, 451, 456 f. Innenraumklimabedingungen: 26, 63, 83, 171 f., 189, 193, 203, 205, 208, 213, 236 f., 276, 296, 363, 410, 451, 453 IR: 523, 372, 378, 387, 396 Kaiser-Friedrich-Museum Berlin: 219 f., Abb. 81 auf S. 220 Kenngrößen: 28, 69 f., 84 f., 157, 245, 307 Klima: 19–21, 42, 61, 69 f., 83 f., 100, 128, 139, 183, 195, 216, 237, 239, 242, 247 f., 385, 449–449, 457 Klima, historisch: 26 f., 66 Klima, Sollwert: 50, 54, 63, 66 f., 129, 141 f., 148, 177 f., 183–189, 203 f., 223 f., 229 f., 235–248, 207, 263, 269, 281, 293 Klimaanlage, auch Vollklimaanlage: 101 Nennungen, insbes. S. 139–142, 187 f., 222 f., 235 f. Klimabedingungen: 41, 65, 169, 186, 195, 205, 214, 238–241, 257 Klimakammer: 115, 128, 228, Abb. 35–36 auf S. 130 Klimakontrolle: 41, 47, 63, 85, 114, 132, 183, 189, 204 f., 215, 217, 223 f., 255, 263, 276 f., 293, 447, 457 Klimamessung: 51, 117, 193, 206, 209, 214, 447 Klimaregion: 35, 274 Klimatisierung: 95 Nennungen, insbes. S. 244–248, 183–190, 253–259 Königliches Museum Dresden: 207
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Konservierung: 33, 41, 43, 46, 54 f., 58, 62, 69, 75, 85, 138, 384, 405 Konservierungsmaschine: 51, 248, 432 f., 449, 459 f. Konservierungswissenschaft: 38, 157, 384, 388, 451 Konstruktion: 17, 35, 87–100, 120–122, 131– 135, 174–176, 237, 266 f., 271, 276, 288, 294, 443, 453 Kopist: 115, 219, 408, 412 f., 431 Kriegsauslagerung: 42, 204, 225, 424–427, 447 Kriegszerstörung: 40, 126, 134, 222, 424–428 Kühlung: 119, 142, 148, 208, 223 f., 235, 258, 272, 292, 295, 298, 448, 458, 491 kulturelles Gedächtnis: 59, 68, 455, 460 f. Kulturerbe: 26, 38, 40–42, 60, 67, 69, 424, 443, 461 Kulturgutschutz: 46, 69, 113, 424–426 Kunst- und Kulturgut: 19, 21, 27 f., 38, 40, 46, 57, 62, 69, 149, 183 f., 188, 274, 405, 414, 424 f., 429, 434 f., 443 f., 459 Künstlerbalustrade: 87, Abb. 8 auf S. 89 Laborversuch: 38, 48, 65 f., 204, 221, 374, 377, 387 Lebensdauer: 52, 363, 368, 394, 396 LED: 394–398 Leuchtmittel: 136, 147, 155, 178, 291, 310 f., 359, 363, 365–368, 377, 382 f., 397 f. Leuchtstoffröhre: 134 f., 147–154, 178 f., 310 f., 364 f., 368–372 Licht, Kunstlicht: 183 Nennungen, insbes. S. 363–372, 376–378, 384–394 Licht, Lichtschutz: 35–37, 53 f., 57, 68, 100, 133, 144, 341, 350, 374, 378, 382, 384, 387, 390, 397, 446, 451 Licht, Tageslicht: 146 Nennungen, insbes. S. 323–331, 350–352 Lichtausbeute: 311, 342, 357, 362 f., 368, 370, 396 Lichtdosis: 53, 55, 347, 378, 384, 388, 391, 397, 431 Lichteintrag: 83, 111–114, 132, 140, 146, 148, 152, 154, 196, 288, 323, 332, 340, 342 f., 349, 364 f., 385, 450–452 Lichtempfindlichkeit: 41, 52 f., 344, 374, 378 f., 389 f., 397 Lichtfarbe: 135, 153 f., 311, 356, 371 f., 396 Lichtintensität: 341 f., 377 Lichtlaterne: 98 Nennungen, insbes. S. 87, 90, 99–101, 112, 450, Abb. 12 auf S. 92
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Lichtmangel: 107, 111 f., 332–337, 450 Lichtmenge: 53, 357, 386 Lichtmessung: 139, 359, 385, 378, 390 Lichtquelle: 53, 342, 361 f., 376, 383 f., 390 Lichtschaden: 53, 62, 83, 337, 341, 349 f., 373, 378, 382, 387, 397, 431, 450 f. Lichtschutz: 35–37, 50, 53 f., 57, 68, 100, 133, 144, 341, 350, 374, 378–382, 384–390, 396–398, 451 Lichtsimulation: siehe Simulation, LichtLichtstärke: 306, 357–365, 382 Lichtstrahlung: 144, 321, 330, 349, 373, 374, 451 Lichtstreuung: 112, 123, 342, 372 Lichttransmission: 145, 152, 312 f., 342 Lichtverhältnisse: 24, 79, 111, 123, 139, 144, 303–317, 321, 323, 332 f., 379, 409, 423, 450 Loggiengang: 83, 87 f., 91, 101, 119, 123, 129, 172, 174, 284, 286, 332, 445, 450, 455, Abb. 15 auf S. 92 Luftfeuchte: 62, 201, 281, 376 Luftfilterung: 55, 140, 189, 371, 451 Luftheizung: 76 Nennungen, insbes. S. 189– 200, 205–208 Lüftung, mechanisch: 129, 140 f., 144, 147, 215, 228, 256, 292 Lüftung, natürlich: 86, 104, 114, 120, 132, 176, 189, 194 f., 207, 273, 422 Lüftungswärmeverlust: 271–275, 283, 286, 288 Luftwechsel: 97, 129, 141, 176, 216, 258, 273, 406 Luftzirkulation: 42, 96, 98, 192 Maßnahmen, vorbeugend: 18, 28 f., 34, 48, 52, 54 f., 68–70, 444, 455 Mezzaningeschoss: 91, 101, 172 Mikroklima: 42, 98, 108, 192, 256, 274 f., 281, 409, 422 Mindestbeleuchtungsstärke: 383, 388–391, 396 f. Mischlüftung: 141, 228, 238, 255–258, 297 Museum Brandhorst: 255–257, 295–300, 406, 450, Museum der Schönen Künste Gent: 372, Abb. 156 auf S. 372 Museum of Fine Arts Boston: 222 f., Abb. 83 auf S. 223 Museumsarchitektur: 27, 33, 39, 255, 407 Museumsbau: 71 Nennungen, insbes. S. 17–20, 27–29, 456–461
Museumsbeleuchtung: 40, 321–325, 352, 368, 382, 386, 396, 398, 449–452, 455 Museumsbesucher: siehe Besucher Museumsbetrieb: 17, 23, 51, 61, 83, 104, 137, 206, 271, 296, 405–408, 419, 431 Museumsgerechtes Bauen: 17 f., 33, 68, 295, 300, 443, 445, 457–460 Museumsinsel Berlin: 425–428 Museumsmitarbeiter, auch Mitarbeiter: 20, 22 f., 43, 61, 77, 219, 408, 412, 424 f., 434–436, 456 Mustersanierung: 150–155, 176, 178 f., 244–248, 280, 291–294, 308, 311–314, 391–393, 454 Nachhaltigkeit: 33, 67 f., 184 f., 188, 263, 453, 461 National Gallery London: 215, 225, 371–374, 412 f., 419–423, 427, Abb. 155 auf S. 371, Abb. 157 auf S. 374, Abb. 177 auf S. 420 National Trust: 64 f., 259 Nationalgalerie Berlin: 115, 205 f., 416, 420, 428, Abb. 70 auf S. 206 Neue Pinakothek München: 143, 145 f., 255, 295–299 Neue Pinakothek, alte: 114, 220–222, Abb. 82 auf S. 222, Abb. 128 auf S. 328, Abb. 129 auf S. 329, Abb. 179 auf S. 427 Neues Museum Berlin: 206 f., Abb. 71 auf S. 207 Niederdruckdampfheizung: 114–119, 128, 174, 177, 205, 208–214, 224, 227, 279– 281, 286, 288, 293, 313, 315, 447, 453 f. Notfall: 45, 112 f. Oberlicht: 100 Nennungen, insbes. S. 99–111, 323–332 Öffnungszeit: 24, 53, 144, 150 f., 179, 194, 210, 343, 363 f., 368, 373, 378 f., 384, 386, 406, 409, 418, 431, 435, 451 Pinakothek der Moderne München: 49, 155, 187 f., 255–257, 295–300 Plattengewölbe: 90, 174, 197, 288, Abb. 13 auf S. 92 Plausibilitätskontrolle: 25 f., 172, 209 Präsentation: 19, 35, 37, 61, 82, 114, 316, 361, 424, 428, 432, 405 f. Präventive Konservierung: 73 Nennungen, insbes. S. 17–21, 28, 56–70, 461 Prememoria: 83, 445 Proofed fluctuation concept: 65 f. Quecksilber-Niederdrucklampe: 369 f. Quellenmaterial: 26, 20, 22, 24, 171
Quellenschriften: 20, 83, 86 Quelllüftung: 255 f., 297 Raumklima: 17 f., 119, 132, 189, 201, 206, 443 Raumlufttechnische Anlage: 128, 140, 176, 178, 255, 237, 258 Reflexion: 132, 139, 152, 170, 176, 306 f., 312–316, 328, 341, 348, 350 f., 364, 374, 423, 451 Reinigung: 37, 68, 93, 111, 124 f., 130, 155, 157, 322, 419, 421, 434f. Relative Damage Factor: 384 Relative Feuchte: 66 Nennungen, insbes. S. 26 f., 183 f., 188 f., 446–449 Ressourcen, finanziell: 184, 189, 263 Ressourcen, ökologisch: 20, 33, 63, 67, 156, 184, 189, 263, 276, 445, 453, 461 Ressourcenschonung: 17, 67, 184, 188, 295, 443, 458, 461 Restaurierung: 38, 43–51, 58 f., 62, 64, 69 f., 85, 109, 113 f., 137, 143, 405, 433 Reziprozitätsgesetz: 2374, 378 Risikofaktor: 28, 39, 41 f., 45, 50, 68 f., 420 Risikomanagement: 38, 65, 388, 397 Royal Society of Arts: 376 Schadensphänomen: 27, 42, 68 Schadensprävention: 37, 45, 57 Schadstoffe: 20, 42, 51, 55, 61, 69, 83–85, 103, 124 f, 137 f., 155, 157, 189, 323, 352, 371, 378, 398, 420, 422, 434, 451 Schimmel: 34, 109, 183, 225, 259 Schimmelbildung: siehe Schimmel Schutzverglasung: 144, 422 f. Seitenlicht: 80, 99, 114, 127, 217, 297, 324, 326 f., 330, 341, 350, 449 Sicherheit: 19 f., 56, 61, 102, 123 f., 137, 149, 190, 358, 388, 406 f., 409, 425 Simulation: 178 Nennungen Simulation, Licht-: 26, 157, 303–317, 329, 332 f., 338, 342 f., 349, 364, 391 f. Simulation, thermisch-hygrisch: 26, 157, 170–172, 193 f., 209, 214, 224, 229, 277, 283, 293 f., 309, 454 Simulationsergebnis: 21, 25, 28, 171 f., 177, 193–196, 201, 203, 229, 232, 245, 283, 307, 309 Simulationsmodell: 21, 25–27, 171–177, 283, 307, 313–316, 392 Solareintrag, auch solare Einträge: 83, 108, 139, 176, 213 f., 229 f., 242, 245, 248, 268, 271 f., 275, 283 f., 286, 288, 291
503
Sollwert: 92 Nennungen, insbes. S. 183–189, 349, 377–391, 446–449 Sonnenschutz: 36, 54, 139 f., 144 f., 147, 151, 154, 237, 245, 247 f., 340, 372, 378 f., 391 f., 394 South Kensington Museum London: 207, 322, 356, 359, 373–375, 451 Standort: 28, 34, 68, 70, 82, 99, 172 f., 177, 186 f., 191, 196, 223, 248, 255, 259, 266, 274 f., 295 f., 363, 394, 397, 425 f., 448 f., 459 f. Staub: 38 f., 80, 103, 113, 155, 191, 205 f., 220, 228, 256, 340, 410, 422, 434 f., 446 Staubdeckenverglasung: 100, 122, 128, 130, 132, 140, 145, 148, 152, 154, 176, 179, 196, 203, 239, 242 f., 246, 256, 288, 293, 309–313, 342, 344, 364, 371 f., 375, 379, 391 f. Strom: 131, 143, 145 f., 148, 152, 268, 290, 296 f., 299, 352, 356, 360, 394 f. Stromverbrauch: 121, 131, 143, 153, 245, 264 f., 274, 278 Temperatur: 139 Nennungen, insbes. S. S. 17 f., 65, 183, 448 f. Temperaturgradient: 98, 272 f., 281, 283 Temperierung: 257 f. Tordurchfahrt: 87 Umgebungsbedingungen: 45, 44, 47 f., 61 f., 78, 84, 443, 445, 456–458 Umgebungsbedingungen, historisch: 18 f., 21, 24, 26, 28, 33, 47, 67, 461 Undichtigkeit: 95, 97, 120, 125, 176, 186, 203, 205, 214, 271, 273 f., 284, 286, 288, 322, 324, 450 UV: 36, 53, 61, 144, 312 f., 337, 347, 365, 372, 376, 378, 384, 387, 389, 396, 452 Validierung: 25, 170
504
Ventilation: 169, 191, 207, 215, 236 Verschattung: 139, 145 f., 150, 152, 154, 244, 248, 272, 275, 306, 433, 452, 457, 459 Victoria and Albert Museum London: 372, 376, Abb. 158 auf S. 375 Wandbespannung: 49, 104, 125, 128, 136, 174, 203, 297, 309, 314, 329, 349, 364 Wärmegewinn: 169, 195, 269, 271 f., 275, 283, 288, 290, 293 Wärmelast: 139, 271, 283, 290, 295, 396, 458 Wärmespeicherung: 98, 170, 218 Wärmeverlust: 97, 115, 120, 150, 195–197, 213, 229, 243, 245, 269, 271–276, 283, 286, 288, 291, 293, 295, 299, 372, 446, 453, 458 Warmwasserheizung: 128, 142, 205–207, 221 Weltkrieg: 40, 42, 49, 120, 204, 225, 310, 363, 424, 447, 451 Wiederaufbau: 114 Nennungen, insbes. S. 126–138, 429–432 Wiedereröffnung: 126, 136 f., 425 Witterung: 35, 176, 187, 217, 275, 295, 394, 425, 434 WUFIplus: 169, 193 f. Zerstörung: 37 f., 30, 57, 62, 110, 126, 134, 222, 310, 374, 384, 417, 424–427 Zerstörungsmechanismen: 19, 27, 40, 46, 69, 157, 443 Zuluft: 96, 98, 108, 130, 140 f., 191 f., 195, 216 f., 224, 228, 256 f., 267, 281, 446, 448, 454
ANDREAS BURMESTER
DER KAMPF UM DIE KUNST MAX DOERNER UND SEIN REICHSINSTITUT FÜR MALTECHNIK (SCHRIFTEN DER BAYERISCHEN STAATSGEMÄLDESAMMLUNGEN, BAND 1)
Am 19. Juli 1937 öffnet in München zeitgleich mit der Ausstellung »Entartete Kunst« das Reichsinstitut für Maltechnik seine Pforten. Es ist heute fast ebenso vergessen wie sein Auftrag. Ein sensationeller Fund aller Akten des »Dritten Reichs« erlaubt nun die Rekonstruktion seiner Geschichte und seines Gründers. Wie kam es zur Gründung? Welche Rolle spielte Max Doerner? Wer waren die Personen um Doerner und was taten sie? Andreas Burmester vermittelt einen umfassenden Einblick in den Mikrokosmos einer einzigartigen Einrichtung, die der Reichskammer der bildenden Künste und somit dem Reichsministerium für Volksauf klärung und Propaganda direkt unterstellt war. Er beleuchtet alltägliche Belange, politische Abhängigkeiten, Überlebensstrategien sowie Projekte reichsweiter Bedeutung und folgt dem Schicksal des Instituts und seiner Mitarbeiter bis in die Zeit nach 1945. Sein Buch erschließt erstmals das dunkle Anfangskapitel der Geschichte des heute zu den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gehörenden, weltweit renommierten Doerner Institutes. Die Biographien im Anhang verleihen zudem über 100 deutschen Künstlern, Maltechnikern, Kunsthistorikern und Restauratoren ein Gesicht. 2016. 893 S. 57 FARB. UND 103 S/W-ABB. GB. 2 BDE. IM SCHUBER. 157 X 241 MM. ISBN 978-3-412-50376-5
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BÉNÉDICTE SAVOY (HG.)
TEMPEL DER KUNST DIE GEBURT DES ÖFFENTLICHEN MUSEUMS IN DEUTSCHLAND 1701–1815
Wie entstanden Museen in Deutschland? In einer aktualisierten Neuausgabe legt Bénédicte Savoy eine umfassende Geschichte der frühen »Tempel der Kunst« im deutschen Sprachraum vor. Der reich bebilderte Band stellt die Fakten, Debatten und Innovationen in der Museumslandschaft des 18. Jahrhunderts dar und bettet sie in ihre Kontexte ein. Die Beiträge folgen alle einer einheitlichen Gliederung und berücksichtigen erstmals auch die öffentlichkeitsrelevanten Fakten wie Eintrittspreise, Besucherbücher, Besucherordnungen und Öffnungszeiten. Eine CD mit Auszügen aus Reisebeschreibungen des 18. Jahrhunderts sowie weiteren Abbildungen – darunter Grundrisse, Hängepläne, Innenansichten der Galerien und Titelseiten der Ausstellungskataloge – bietet als Anhang zum Band eine unersetzliche Materialsammlung für die Museumsforschung. 2015. 589 S. 150 S/W-ABB. BR. 170 X 240 MM. MIT QUELLENTEXTEN UND 144 S/W-ABB. AUF CD-ROM | ISBN 978-3-412-22251-2
böhlau verlag, ursulaplatz 1, d-50668 köln, t: + 49 221 913 90-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar
GUDRUN SWOBODA (HG.)
DIE KAISERLICHE GEMÄLDEGALERIE IN WIEN UND DIE ANFÄNGE DES ÖFFENTLICHEN KUNSTMUSEUMS BAND 1: DIE KAISERLICHE GALERIE IM WIENER BELVEDERE (1776–1837) BAND 2: EUROPÄISCHE MUSEUMSKULTUREN UM 1800
Der im späten 18. Jahrhundert vollzogene Übergang von einer höfischen Sammlung zum öffentlichen Kunstmuseum lässt sich am Beispiel der kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien exemplarisch studieren. Die Publikation unternimmt es, das vom Basler Kunsthändler Christian von Mechel auf Einladung von Kaiser Joseph II. realisierte, für Europa richtungsweisende Museumskonzept im Detail zu rekonstruieren und auf seine institutions- und mediengeschichtlichen Implikationen hin zu befragen. Da dieses Konzept Bestandteil eines komplexen historischen Prozesses war, werden auch andere wichtige Schauplätze des museumsgeschichtlichen Umbruchs – darunter Düsseldorf, Paris, Florenz und Berlin – im Blick gehalten. Auf dieser Grundlage werden neue Perspektiven auf die Geschichte, Theorie und Ästhetik der Institution Kunstmuseum eröffnet und für die aktuelle Debatte um seine Funktionen und Aufgaben bereitgestellt. 2014. 567 S. 309 FARB. UND S/W-ABB. GB. IM SCHUBER. 230 X 280 MM. ISBN 978-3-205-79534-6
böhlau verlag, wiesingerstrasse 1, a-1010 wien, t: + 43 1 330 24 27-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar