Deutsches Fremdwörterbuch: Band 4 da capo - Dynastie [2nd rev. ed. 1999] 9783110801484, 9783110162356


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German Pages 983 [988] Year 1999

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Deutsches Fremdwörterbuch: Band 4 da capo - Dynastie [2nd rev. ed. 1999]
 9783110801484, 9783110162356

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Deutsches Fremdwörterbuch Band 4

Deutsches Fremdwörterbuch Begonnen von Hans Schulz, fortgeführt von Otto Basler 2. Auflage, völlig neubearbeitet im Institut für Deutsche Sprache

Band 4: da capo — Dynastie bearbeitet von Gerhard Strauß (Leitung/Redaktion), Heidrun Kämper, Isolde Nortmeyer, Oda Vietze

W DE

G Walter de Gruyter · Berlin · New York 1999

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Die Deutsche Bibliothek



ClP-Einheitsaufnahme

Deutsches Fremdwörterbuch / begonnen von Hans Schulz. Fortgef. von O t t o Basler. — Berlin ; New York : de Gruyter Bd. 4. Da capo — Dynastie. — 2. Aufl. / völlig neubearb. im Institut für Deutsche Sprache. Bearb. von Gerhard Strauß (Leitung/Red.) ... - 1999 ISBN 3 - 1 1 - 0 1 6 2 3 5 - 0

©

Copyright 1999 by Walter de Gruyter G m b H & Co. KG, D - 1 0 7 8 5 Berlin

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Sigurd Wendland, Berlin Datenkonvertierung und Druck: Arthur Collignon G m b H , Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Fuhrmann G m b H & C o . K G , Berlin

Verzeichnis der zitierten Zweitquellen Die in den Wörterbuchartikeln verwendeten Kurztitel erscheinen eingeklammert in Versalien jeweils am Ende der bibliographischen Angaben. Althochdeutsches Wörterbuch auf Grund der von Elias Steinmeyer hinterlassenen Sammlungen im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig bearb. u. hrsg. v. Elisabeth Karg-Gasterstädt und Theodor Frings, ab Bd. 2 hrsg. v. Rudolf Große. Bd. 1 ff. Berlin 1968 ff. (AHD.WB) Anderson, Robert R., Ulrich Goebel, Oskar Reichmann: Frühneuhochdeutsches Wörterbuch. Bd. 1 ff. Berlin/New York 1989 ff. (FRNHD.WB) Anglizismenwörterbuch. Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz nach 1945, begr. v. Broder Carstensen, fortgeführt von Ulrich Busse. Bd. 1—3. Berlin/New York 1 9 9 3 - 9 6 (AWB) Bartels, Karl: Veni Vidi Vici. Geflügelte Worte aus dem Griechischen und Lateinischen. Zürich/München 1989 (BARTELS) Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Hrsg. v. Hermann Paul u. Wilhelm Braune. Bd. I f f . Halle/S. 1874ff., Bd. 77ff. Tübingen 1955ff. (PBB) Benecke, Georg Friedrich, Wilhelm Müller, Friedrich Zarncke: Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Reprograf. Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1854. Bd. 1 - 3 . Hildesheim 1963 (BENECKE/ MÜLLER/ZARNCKE) Berning, Cornelia: Vom „Abstammungsnachweis" zum „Zuchtwart". Vokabular des Nationalsozialismus. Berlin 1964 (BERNING) Bielfeldt, Hans Holm: Die slawischen Wörter im Deutschen. Leipzig 1982 (BIELFELDT) Brandenburg-Berlinisches Wörterbuch. Hrsg. von der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Begründet und angelegt von Anneliese Bretschneider unter Einschluß der Sammlungen von Hermann Teuchert, bearb. unter der Leitung von Gerhard Ising (ab Bd. 2, Lieferung 5 unter der Leitung von Joachim Wiese). Bd. 1 ff. Berlin 1976 ff. (BBWB) Brunner, Otto, Werner Conze, Reinhart Koselleck (Hrsg.): Geschichtliche Grundbegriffe — Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Stuttgart 1972 ff. (BRUNNER/CONZE/KOSELLECK) Brunt, Richard James: The Influence of the French Language on the German Vocabulary ( 1 6 4 9 - 1 7 3 5 ) . (= Studia Linguistica Germanica 18). Berlin/New York 1983 (BRUNT) Büchmann, Georg: Geflügelte Worte. Berlin 1972 (BÜCHMANN) Campe, Joachim Heinrich: Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke. Braunschweig 2 1813 (CAMPE) Carmesin, Dagmar: Das Fremdwort bei Johann Beer. Ein Beitrag zur deutschen Wort- und Sprachgeschichte. München 1992 (CARMESIN) Carstensen, Broder: „Babys" oder „Babies"? Zum Plural englischer Wörter im Deutschen. In: Muttersprache 92 (1982) 2 0 0 - 2 1 5 (CARSTENSEN, Babys)

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Verzeichnis der zitierten Zweitquellen

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D da capo Adv., Anfang 18. Jh. entlehnt aus gleichbed. ital. da capo (aus da 'von — an' und capo 'Kopf' < gleichbed. lat. caput, also eigentlich 'vom Kopf an'), gelegentlich zusammengeschrieben dacapo und in eindeutschender Schreibung da kapo. Fachwort der Musik in der Bed. 'noch einmal von vorne, von Anfang an (zu spielen)', als Anweisung in der Notenschrift, daß ein Musikstück oder Lied vom Anfang bis zu einer mit Fine oder einem Schlußzeichen bezeichneten Stelle wiederholt werden soll (Abk.: d.c.)> bes. im ital. Syntagma da capo al fine (zu fine < lat. finis 'Ende') 'vom Anfang bis zum Schlußzeichen (wiederholen)', in Wendungen wie da capo singen, spielen; von daher seit spätem 18. Jh. (s. Beleg 1789) als Beifallsruf im Theater, Konzert o. ä., der den Künstler zur Wiederholung des vorgetragenen (Gesangs-, Instrumental-)Stücks auffordert, im Sinne von '(das Ganze) noch einmal!' (s. Belege 1800, 1836, 1883, 1928, 1947, 1985), z. B. die Zuschauer rufen da capo; schon früh häufiger auch auf nichtmusikalische Bereiche ausgedehnt und übertragen verwendet, z. B. sich einen Tanz da capo erbitten (s. Belege 1708, 1778, 1 7 8 8 - 8 9 , 1850, 1887, 1936, 1989, 1994). Dazu seit früherem 18. Jh. das (zu da capo gebildete) Subst. Dacapo, auch Dakapo N. (-s; -s), früher häufiger und heute selten auch getrennt geschrieben, in der Bed. 'musikalische Wiederholung', als Bestimmungswort in fachspr. Zss wie Dacapozeichen, -schema, -format und bes. Dacapoarie '(vor allem im 18. Jh. übliche) dreiteilige Arie, bei der der dritte Teil die (verzierte) Wiederholung des ersten darstellt'; dann auch in bezug auf die von den Zuschauern gewünschte Wiederholung einer (künstlerischen) Darbietung im Sinne von 'Zugabe' (s. Belege 1859, 1893, 1933, 1951), in Wendungen wie das Publikum fordert, wünscht, wartet auf ein Dacapo und in der Zs. Dacaporufe; etwa gleichzeitig auch bildlich (s. Beleg 1732) und allgemeiner gebraucht für 'Wiederholung' (s. Belege 1781, 1787, 1790, 1849, 1966), z. B. das ewige Dacapo (von etwas) 'die sich ewig wiederholende Geschichte'. da capo: Feind 1708 Gedichte 1 454 es bleibet mein hertze dir ewig ergeben, [darunter:] da capo (DWB N.); Amarant bes 1710 Proben d. Poesie 448 Weil ieder Musicus: Da Capo pflegt zu lieben, Sie fangen an, wo sie zuvor geblieben; Hübner 1712 Poet. Handb. 127 Und dieselben [Arien] sind den Componisten . . desto angenehmer, wenn ein da Capo darinnen vorkömmt, und also die erste, oder auch etliche von den ersten Zeilen wiederhohlet werden; Sperander 1727 A la mod Sprach 176 Da Capo, in der Music heist es, daß man ein Gesetz von forn [!] wieder anfangen soll. Bey den Arien, wann das Ende ist, wie der Anfang; Müller 1778 Fausts Le-

ben 95 Wie oft möcht man durch's Leben bei süßen Augenblicken rufen, da Capo; Novalis 1788—89 Sehr. I 483 da wars das gute Mädel froh,/ doch seufzte sie dabei,/ ich weiß nicht wie?/ das Ding behagt dem Herren baß/ oft gings da capo an; 1789 Journal d. Moden IV 310 Das applaudirende Parterre schreit: Da capo!; Sulzer 1792 Theorie 1 590 Da Capo. (Musik.) Bedeutet vom Anfang, und wird am Ende solcher Tonstiike [!] geschrieben, von denen der erste Theil wiederholt wird; 1796 Journal d. Moden XI 207 Bey Opern-Aufführungen . . bey einer gefälligen Arie . . die Sänger (besonders die Sängerinnen,) durch ein jubelndes da

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da capo

capo! quälen zu hören; 1800 Journal d. Moden X V 483 Man rief nach dem Stücke da Capo; Schütze 1800 Handwb. f. Schauspieler 14 Da Capo oder von vorne steht am Ende der Arien gedruckt oder geschrieben, welche der Komponist zu wiederholen gebietet; Goethe 1808 Br. (WA IV 20,4) so habe ich immer nur Lob und Danck Da Capo vorzutragen; Glassbrenner 1836 Bilder a. Wien II 213 man forderte jede Nummer da capo; Kurtz 1837 Gentzianen 256 Kaum hatte der Chor ausgesungen, so erhob sich ein allgemeines Klatschen und ein Bravo! Dacapo Rufen; Immermann 1843 Mem. III 236 wurde Da Capo gerufen [beim Vortrag eines Bänkelsängers]; Lehrs 1850 Br. 3 Montag ein Pensum Terenz, Dienstag — dito Äschylus, Mittwoch ein gleiches Metrik und da capo; 1875 Signale XXIll 4 Da capo spielen müssen; Stinde 1883 Buchholzens in Italien 38 ging die sache [Opernarie] glatt, dann raste es beifall und rief „bis", wofür wir auf deutsch dacapo sagen (DWB N.); Rolof 1887 Reisebr. 172 im Angesichte der vorübergehenden Menschen, die manchmal stehen bleiben und sich einen gelungenen Tanz da capo erbitten, was auch mit aller Bereitwilligkeit gestattet wird; Kaiser 1911 Lebenserinn. 68 Was Leben und Odem hatte, die halbe Gemeinde sang wie verrrückt mit [beim „Jägerchor"] und ein ewiges „da capo" tyrannisierte die Böhmen, die das Unglück hatten, zum erstenmal uns mit dem Freischütz . . bekannt zu machen; Kesser 1928 Musik 65 Er spielte . . zwanzig Minuten [Klavier]. In einer Kunstpause hatte jemand aus der Tiefe der Wohnung „Da capo!" gerufen und in die Hände geklatscht; Wahlendorf 1936 Erinn 39 Es hatte aber noch Zeit bis dahin, denn bei meinem ersten Examensversuch riefen die Lehrer infolge der meist ungenügenden schriftlichen Arbeiten „da capo" und so hatte ich ein halbes Jahr später Michaelis 1883 nochmals anzutreten und bestand; Th. Mann 1947 Reden u. Aufs. (W. X o. S.) als Du . . auf lärmendes Verlangen „Siegfrieds Rheinfahrt" da capo zu spielen begannst; Zeit 8.11.1985 Lit. Beil. Die Hände aufheben geschieht . . wenn einer Beifall gibt, klatscht und da capo ruft; M M 25. 4. 1989 Als Denis Thatcher . . die Hand Barbara Bushs ergriff und . . küßte, hatten es die Fotografen natürlich nicht mitbekommen. „Dakapo", hieß es laut aus ihren Reihen; Spiegel 17.5.1993 aus kleinsten Tonfolgen durch ständige, . . kaum veränderte Wiederholung großformatige Kompositionen zu bauen, und das nach dem Schema F: Dacapo, dacapo; ebd. 17. 1. 1994 Danach ging es Schlag auf Schlag. Da capo [einer Gemäldeausstellung] in New York, Einladungen aus aller Welt.

Dacapo: Henrici 1732 Gedichte III 231 so spielt der tod doch solche stücken/ da man kein zeichen kan erblicken,/ wo das da capo drunter steht

(DWB N.); Scheibe 1745 Musikus 92 Wir haben uns manchmal so sehr in das so genannte Da Capo verliebet, daß wir es so gar aus solchen Arien erzwingen, die doch, ohne den Verstand der Worte entweder abzubrechen, oder gantz und gar zu verwirren, selbiges unmöglich vertragen; Sulzer 1771 Theorie I 79 Die Wiederholung des ersten Theils, welches das Da Capo genennt wird, hat vermuthlich keinen andern Grund, als die Begierde, das, was man einmal gut ausgedrükt [!] hat, noch einmal hören zu lassen; Schmidt 1775 Chronologie d. dtsch. Theaters 263 Er erlaubte sich daher keine ausführlichen Arien mit Dacapo; Schiller 1781 Von. zu d. Räubern (H. I 345) Es ist das ewige Dacapo mit Abdera und Demokrit; Archenholz 1787 England 1107 in dieser Zerknirschung seines Herzens und voller Furcht vor einem da Capo; Haken 1790 Lüderliche (LD LXVI 94) daß die Komödie [die vergebliche Werbung eines jungen Adligen] wohl für jetzt ein Ende hat, dass ich aber, sobald der junge Herr etwas gemaustert [!] zurückkömmt, vor einem Dakapo nicht sicher bin; Kotzebue 1799 Üble Laune (IX 234) daß du in der nächsten Minute nicht für ein da Capo stehen kannst; Schaller 1808 Stuziade I 270 Gibt er von Hüons Kraftmusik/ Das niedlichste Da Capo; Raumer 1849 Br. Frankf.-Paris 168 nun soll nach 9—10 Stunden ernster Anstrengung und Berathung, ein abgeklatschtes Da Capo angeblich nützen; ebd. I 151 Selbst die Galerie ist mit dem bloßen Verneinen unzufrieden und will sich mit keinem da capo langer Berathungen langweilen; Kompert 1859 Selbstlaut (Ges. Sehr. VII 232) ich war der „Löwe" des Abends, und nie klang das Fuora- und Bravo- und Dacaporufen begeisterter als grade an jenem . . Abende; Holtei 1863 Letzte Komödiant II 2 als . . der . . Applaus in Dacaporuf übergegangen war; Kürnberger 1876 Haustyrann 57 Er setzte sich . . hin und spielte das verlangte da capo [auf dem Klavier]; Fliess 1893 Miasmen 37 erscholl nimmer enden wollender Applaus und ein Dacapo erfolgte; Werfel 1924 Verdi 355 Nun schrieb er DacapoArien, fügte leichtsinnige Canzonetten . . an; Th. Mann 1924 Zauberberg (W. III 886) Virtuose des welschen Da capo-Geschmacks, hielt er den vorletzten Ton . . auf eine Weise aus, daß man in . . Bravorufe ausbrach; Der Montag 11. 4. 1932 Diese Aufführung einer literarischen Posse mit Tanz und Gesang . . wurde ein Erfolg! Ein lachender Bravound Da-capo-Erfolg!; Beri. Illustr. Nachtausg. 2. 1. 1933 Dakapos werden nicht begehrt und nicht gespendet. Der Beifall war lau, aber ehrlich; Th. Mann 1951 Reden u. Aufs. (W. IX 796) „um Gottes willen, bedenken Sie doch, daß das kein Stück, sondern eine Oper ist, und bringen Sie jede Rede so, als ob Sie ein Dacapo erwarteten!"; ders. 1954 Krull (W. VII 600) alles wandte sich der Aus-

Dadaismus gelassenheit zu, unter der der Prinz sich bog, wobei ihm sein Großkreuz vom Uniformkragen baumelte, und stimmte unwillkürlich in sie ein. Jedermann wollte nur noch mit ihm von Radicule, Adelaide und Minime hören und rief nach Da capos; 1966 Welt Nr. 92 Dortmunder fußball-tandem zum d a k a p o gerufen (DWB N.); Zeit 7. 6. 1985 Keine Arie aber auch, die das Da-capo-Schema nicht strukturell variierte; M M 6. 2. 1987 Scherzo-Satz, in dem die Vorschläge der Flöte so lustig schnalz-

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ten . . Das Da capo lockte noch einmal freudigen Beifall hervor; Zeit 29. 5. 1987 im Klanghabitus einer . . Da capo-Arie; M M 24. 4. 1989 [er] spielte in einem Konzert . . die goldene Querflöte so brillant, daß er ein D a k a p o geben mußte; ebd. 28. 7. 1995 Der Regisseur läßt sie [Clavigos Braut] viele Tode sterben, wie es einer Verlassenen ziemt, er liebt Dacapos und Simulationen, veranlaßt auch Clavigo und Beaumarchais, immer mal wieder mit gezücktem Degen aufeinanderloszugehen. GS

Dadaismus M. (-; selten Dadaismen), seit frühem 20. Jh. nachgewiesen (vgl. gleichzeitig aufgekommenes frz. dadaïsme), zurückgehend auf frz. kinderspr. dada 'Holz-, Steckenpferdchen (für Kinder), Hottepferd' (lautmalender Herkunft, vermutlich Verdoppelung von da, Nebenform von dia 'Pferde antreibender Zuruf; Hotte-hü'; das Wort soll beim Blättern in einem frz. Wörterbuch (Larousse) als symbolischer Ausdruck (s. Beleg 1916 bei Dada) willkürlich ausgewählt worden sein). Bezeichnung einer internationalen, revolutionären, antibürgerlichen Kunstrichtung um 1920, die jegliches Kunstideal negierte, gegen ästhetische Traditionen verstieß, die absolute Freiheit, Spontaneität der künstlerischen Produktion, kreativen Nonsens als schöpferisches Prinzip, die anarchische Lust an Experiment und Provokation sowie einen konsequenten Irrationalismus in der Kunst, z. B. durch den Rückgriff auf primitive, archaische sprachliche Formen (bes. Urlaute), proklamierte; sie wollte damit der künstlerischen Artikulation nicht nur neue Wege eröffnen, sondern vor allem die durch den 1. Weltkrieg fragwürdig gewordene, überlieferte bürgerliche Kultur demaskieren (—» Expressionismus, —» Surrealismus), selten im PI. für 'unterschiedliche Strömungen, Spielarten des Dadaismus', auch 'dadaistische Ausdrücke' (s. Beleg 1987); dazu gleichzeitig die Personenbezeichnung Dadaist M . (-en; -en) 'Künstler, Vertreter des Dadaismus', mit der Präfixbildung Neo-Dadaist; die adj. Ableitung dadaistisch 'den Dadaismus betreffend, zu ihm gehörig, für ihn charakteristisch; in der Art, Manier des Dadaismus', z. B. dieses Bild trägt dadaistische Züge, dadaistische Malerei, Sprachkaskaden, selten übertragen verwendet für 'unsinnig, abstrus, absurd' (s. Belege 1955, 1960), in neuester Zeit die Gelegenheitsableitung dadaesk. Vgl. daneben zugrundeliegendes Dada M., auch N. (-(s); -) (s. o.), zunächst als Titel einer programmatischen, von T. Tzara, H. Arp, H. Ball und R. Huelsenbeck gegründeten, 1916 in Zürich erschienenen Künstler-Zeitschrift, dann als Selbstbezeichnung einer revolutionären künstlerischen Bewegung (wobei das Unsinns-Wort Dada symbolisch das Abtun aller großsprecherischen Werte und Worte signalisieren sollte), daher in der Folge auch Symbol und programmatisches Schlagwort des Dadaismus, gelegentlich auch als Kurzwort für Dadaismus und Dadaist (s. Beleg 1986) sowie als Name für die verschiedenen internationalen dadaistischen Gruppierungen, z. B. der Berliner, New Yorker Dada, vgl. auch Dada als Weltbewegung, als Bestimmungswort in den Zss. Dada-Bewegung 'künstlerische Bewegung, die den Dadaismus hervorbrachte', Dada-Ausstellung, -Abend, -Kunst, -Malerei. Dadaismus: Hausmann 1918 (in: Dada 35) Der dadaismus hat als einzige kunstform der gegenwart für eine erneuerung der ausdrucksmittel und gegen

das klassische bildungsideal des ordnungsliebenden . . bürgers gekämpft (DWB N.); Huelsenbeck 1920 Geschichte des Dadaismus (Titel); 1927 Uhu

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Dadaismus

V 92 Nie wurde das Chaos der Nachkriegszeit treffender dargestellt als in den „Kunstwerken" des Dadaismus; Voss. Ztg. 24. 11. 1929 Der surrealistische Film ist für die Kinematographie, was der Dadaismus für die Literatur, der Futurismus für die Malerei der Nachkriegsjahre war: die Endstation eines Weges; Friedell 1931 Kulturgesch. III 560 Die geschichtliche Bedingtheit des Rationalismus hat der Dadaismus instinktiv erkannt, als er ihn in einem seiner Manifeste als „bürgerlichen Bluff" bezeichnete; Koch 1938 Geist 216 war der ärgste Spuk der Nachkriegsjahre schon vorüber, der . . in der Dichtung Österreichs niemals so verzerrte Formen annahm wie im Expressionismus oder Dadaismus Berlins; Münch. Ν. N. 17. 10. 1940 Das bessere Deutschland, soweit es nicht auf den Schlachtfeldern des Weltkrieges gefallen war, wurde kaltgestellt. Wie sich das auf den einzelnen Gebieten der Lyrik, der Epik, des Dramas ausgewirkt [hat], bald in der Groteskform des „Dadaismus", bald in einem immerhin positiveren „Aktivismus", werden die nächsten Vorträge . . zeigen; Sedlmayr 1948 Verlust 87 Im „Dadaismus" verzichtet auch die Sprache auf ihre darstellende Funktion; ders. 1955 Revolution 118 Der Dadaismus war für sie [Sprachkunst] keine ernstliche Gefahr, so wenig wie die Verwissenschaftlichung oder die Technisierung der Sprache; Kofler 1962 Theorie 22 Expressionismus, Futurismus, Dadaismus und Surrealismus bedienten sich sehr verschiedener Methoden der Extra- und Introversion, blieben aber im Grunde Kinder desselben Geistes; Fischer 1966 Kunst 89 Pop Art ist der greisenhafte Urenkel des revoltierenden Dadaismus; Hocke 1976 Tagebücher 273 Diese Reduzierung als Reaktion auf die megalomanischen Visionen kranker Machtsysteme kann man als Ausdruck einer jetzt geistes-geschichtlichen Logik ansehen, wie auch immer einzelne Epigonen solcher systematisierten Dadaismen zu werten sind. Europas Sünden machen sich oft besser bezahlt als seine Tugenden; M M 27. 7. 1985 Die Collage wurde das bevorzugte Ausdrucksmittel des Dadaismus; Zeit 26. 9. 1986 daß sich bei etlichen Autoren in der anderen deutschen Republik dem Dadaismus oder Surrealismus entlehnte Schreibweisen großer Beliebtheit erfreuen; M M 21.3.1987 Ray, Mitbegründer des New Yorker Dadaismus; ebd. 22. 10. 1987 klettert ihre virtuos geführte Stimme in atemberaubende Höhen, gleitet in Abgründe. Neben . . ein paar Brocken französisch und deutsch, jongliert sie irgendwelche Dadaismen auf ihrer gelenkigen Zunge herum; Strittmatter 1990 Lage 250 Auch der Funktionswechsel des Von-Hinten-Nach-Vorn-Erzählens ging vorüber. Und etwas weiter zurück Dadaismus ..., Expressionismus, Surrealismus; Spiegel 27. 12. 1993 Die Mittel sind ja nicht neu. Schon

. . im Dadaismus und Surrealismus ist vorgeprägt, wie man durch künstlerische Irritation politische Gegebenheiten . . in Frage stellt. Dada: Huelsenbeck 1916 (in: Dada 29) wir haben beschlossen, unsere mannigfaltigen aktivitäten unter dem namen Dada zusammenzufassen . . Dada wurde in einem lexikon gefunden, es bedeutet nichts . . wir wollen die weit mit nichts ändern (DWB Ν.); Τzara 1918 Manifest Dada (Titel); Dresdn. Nachr. 12. 10. 1918 Weniger erfreulich erscheint die Werbetätigkeit, die neuerdings für eine andere Sprache entfaltet wird, für das [!] sogenannte „Dada" . . Was ist Dada? Ja, lieber Leser, das ist das neueste Erzeugnis des Berliner LiteraturKaffeehaus-Wahnsinns. Die dort ihre Zeit totschlagenden „Genies" haben . . die Entdeckung gemacht, daß die Sprache, in der Goethe . . schrieb, für ihre neuen, abgrundtiefen Gedanken nicht mehr genüge, daß sie überfeinert und verbildet sei und daß man sie deshalb durch eine neue, auf die einfachsten Urlaute kindlichen Lallens zurückgehende Sprache ersetzen müsse; Huelsenbeck 1920 Dada siegt. Geschichte des Dadaismus (Titel); Tucholsky 1920 Ges. W. I 702 Am Lützowufer 13 ist jetzt eine Dadaausstellung zu sehen; 1927 Uhu V 94 Aus Dadas Absicht, den Spießer zu ärgern, entstand die sachliche Karikatur unserer Zeit; 1931 Die Dame Vili 11 Der Rumäne Tzara gehörte dem Kreise der Künstler an, die die Auflösung jeder künstlerischen Form predigten, eine Bewegung, die in die Kunstgeschichte unter dem Namen Dadaismus überging, und die ihren Namen vom Urlaut des neugeborenen Menschen: „Dada" herleitet; Friedell 1931 Kulturgesch. III 560 „Dada" heißt in der Kindersprache so viel wie Steckenpferd. Etwas anderes war dieses neue Kunstprinzip allerdings auch nicht; 1949 Wort u. Wahrh. I 158 Salvador Dali, der Genösse des „Dada"; Sedlmayr 1955 Revolution 129 Die Dada-Gruppe verkündet die „Dekomposition des Logischen" zur Befreiung des Unbewußten; Schifferli u.a. 1957 Die Geburt des Dada. Dichtung und Chronik der Gründer (Titel); Süddtsch. Ztg. 24. 9. 1958 Blühender Unsinn. Die grosse Dada-Ausstellung in Düsseldorf (Überschr.); Rychner 1962 Vorw. zu Korrodi, Aufs. 13 Dada entstand, alle Ordnungen herkömmlichen Sprachsinnes verkehrend; Stuttgarter Ztg. 10.2. 1962 Dokumentarfarbtonfilm „Dada" . . Dieser Film schildert Entstehung, Entwicklung und Ausbreitung des Dadaismus vom Jahre 1918 bis heute; 1966 FAZ Nr. 45 beziehung zwischen Dada und der heutigen kunst (DWB N.); Fischer 1966 Kunst 89 Dada war der Aufschrei: „So geht's nicht mehr!"; N. Z. Z. 18. 9. 1970 weist . . auf die Persönlichkeit von Hugo Ball, dem „Dada"-Protagonisten und Hesse-Biographen, hin; M M 15.6.

Dadaismus 1985 eine dadaistische Lesung . . Dada ist nicht totzukriegen; ebd. 4. 4. 1986 Der Katalog verweist auf die zynische, aggressive Haltung der Dada-Bewegung vom Anfang des Jahrhunderts, auf ihre Lust zum Katastrophischen, ihre Vorliebe für Dilettanten: „Dada ist der Bluff"; ebd. 16. 9. 1986 Arp war . . Dadaist. Einmal Dada, immer Dada; ebd. 20. 6. 1987 in Zürich verlas Hugo Ball das „Dadaistische Manifest", eine Definition von Dada, Kunst als Antikunst; Spiegel 30. 8. 1993 „Dada" als Weltbewegung (Überschr.) Sie [Dadaisten] entdeckten den Nonsens als schöpferisches Prinzip, und ihr Spaß an der Provokation kannte keine Grenzen. Dadaist: Ball 1916 (in: Hiersche, Dtsch. Etymolog. Wb., Buchstabe D, 1. Lieferung 12) Dadaist: kindlicher, donquichottischer Mensch, der in Wortspiele und grammatikalische Figuren verstrickt ist (PAUL); 1918 Dada 29 Dada ist eine geistesart, die sich in jedem gespräch offenbaren kann, so daß man sagen muß: dieser ist ein dadaist — jener nicht (DWB N.); Schücking 1923 Soziologie 106 Anm. von „Dichtern" . ., deren Verdienst wie bei den „Explosionisten" manchmal nur darin besteht, die Syntax eines Säuglings angenommen und den Ausdruck in ein Lallen umgewandelt zu haben . . (Die soziologisch lehrreichste Erscheinung der „Dadaisten", die in jeder Hinsicht, auch in der der Reklame, nur die letzten Konsequenzen der Methode ziehen . . ) ; Böhm 1927 Entsittlichung 35 Als die Dadaisten vor längerer Zeit versuchten, in Paris eine öffentliche Sitzung abzuhalten, wurde schon der erste Sprecher niedergeohrfeigt; 1930 Handb. d. Frankreichkunde ¡I 496 von dem teuflischen Zerstörungswillen der Dadaisten im eigenen Lande; Dtsch. AZ. 10.2.1935 Dadaisten (Überschr.) Man sollte weniger von entarteter Kunst und mehr von entarteten Menschen sprechen; NZ. (Basel) 30. 11. 1949 Zu ihren [avantgardistische Bücherreihe] Autoren zählten neben Hans Arp und den „Dadaisten" auch Kasimir Edschmid, . . Heinrich Mann; Niekisch 1953 Reich 213 Keine naive und unverdorbene Seele gelange in den Bildern und Skulpturen „unserer Dadaisten, Kubisten und Futuristen oder eingebildeten Impressionisten" zum Ausdruck; die „Fabrikanten" dieser Werke seien „Nichtskönner, Schwindler, Irrsinnige"; Haas 1962 Gestalten 33 den exzentrischsten aller Dadaisten Kurt Schwitters; Hochgesang 1965 Mythos 561 Dadaisten mit ihrer Lallsprache; MM 29. 7. 1985 Da die Dadaisten es waren, die Sprache erstmals künstlerisch als Spielgegenstand verwendet haben, nahm ihr Werk im Programm von „ExVoCo" breiten Raum ein; ebd. 4. 4. 1986 Schon erkennt man die Dadaisten in den Punks, und merkt, wieviel von ihnen zu Ende geführt wurde: zum Beispiel der

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Gebrauch der Metapher; Zeit 8. 8. 1986 Arp, der Dadaist, war gegen die Fassaden der bürgerlichen Ästhetik angetreten; M M 20. 6. 1987 das gewaltige Hokuspokus des Daseins beschwingt die Nerven des echten Dadaisten; ebd. 26. 5. 1988 eine Vertonung von Texten des Dadaisten Kurt Schwitters . . groteske, hintersinnige Collagen aus freiem Jazz, . . und frechen parodistischen Anspielungen; Spiegel 30. 8. 1993 „Dadaisten" nannten sie sich, doch eine organisierte Gruppe bildeten sie nie. Was Künstler und Literaten wie Max Ernst, Marcel Duchamp und Hugo Ball im ersten Drittel dieses Jahrhunderts verband, war eine Geisteshaltung: der Widerwille gegen den Nationalismus und eine anarchische Lust am Experiment. Neodadaist: Süddtsch. Ztg. 6. 9. 1993 Ob sogenannte Neo-Dadaisten, Surrealisten, Sprachphilosophen oder die unverwüstlichen Leser nicht-belletristischer Literatur — es betrifft sie alle: „Der Prenzlauer Berg ist tot! Es lebe der Prenzlauer Berg!" Unter diesem Motto . . lud der Literaturwissenschaftler . . Böthig zehn Prenzlauer-Berg-Autoren ans Lesepult. dadaistisch: Hausmann 1918 (in: Dada 33) ich verkünde die dadaistische weit (DWB N.); Friedell 1931 Kulturgesch. III 560 Es [Kunstprinzip] hat seine klassische Formulierung in dem Ausspruch Moravagines, des Helden eines dadaistischen Romans, gefunden: „La vie est une chose vraiment idiote"; Th. Mann 1955 Reden u. Aufs. (W. X 828) auch gibt sich Arp in diesen Kartons weniger dadaistisch als in seinen Gedichten; Reichenberger 1955 Willkür 273 selbst priester haben mich gefragt, was er [der Name Kolping] eigentlich bedeute. sie sahen darin wahrscheinlich eine der vielen dadaistischen abkürzungen (DWB N.); 1960 Studium Berolinense 67 [dem] „dadaistischen" Treiben der von allen Seiten herbeigeströmten Schüler; Flake 1960 Abend 297 [dem] dadaistischen Übel; MM 15. 6. 1985 Diese dadaistischen Lautgedichte . . entstanden in einer Rückwärtswendung hin zum Archaischen und Primitiven; ebd. 20. 6. 1986 Auf dem ersten Dada-Abend 1916 in Zürich verlas Hugo Ball das „Dadaistische Manifest"; Zeit 5. 9. 1986 eine Gruppe dadaistischer Freaks, die das Weiße Haus schwarz färben wollen; M M 16. 9. 1986 Hugo Ball verpflichtet ihn [Arp] für seine dadaistische Truppe des „Cabaret Voltaire"; Spiegel 19.11.1990 Wunderwerke schönster dadaistischer Machart. „Bewunderung ein Schuh erregt,/ der ständig mit Eg-Gü gepflegt", reimten sie in stiller Einfalt; ebd. 21. 6. 1993 PolitParolen und Privatbriefe werden zu Silbenrätseln verstümmelt und in fast dadaistischen Sprachkas-

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Daguerrotypie

leaden kaputtskandiert; ebd. 1.11. 1993 Und wie überwirkliche Doppelgänger sind den Figuren riesig ihre eigenen Initialen beigegeben. Die führen ihrerseits das Nibelungendrama als dadaistischen Kampf der Buchstaben auf.

dadaesk: Spiegel 19. 8. 1996 Wer wie die Schöpfer des „Barbiers von Bebra" mit zweckfreier Mordskomik antritt, absurd bis dadaesk und nach britischen Maßstäben noch zahm, hat jedoch Feinde auf beiden Seiten. GS

Daguerrotypie, auch Daguerreotypie F. (-; -n), im früheren 19. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. daguerréotypie (aus Daguerre, dem Familiennamen des frz. Malers und Bühnenbildners J . Daguerre, der ein heute veraltetes bildtechnisches Verfahren erfand, dem Fugenvokal -o- und -typte, zurückgehend auf griech. τύπος 'Schlag, (Ein-)Druck', zu τΰτττειν 'schlagen, drucken'; —• Typ). a Historische Bezeichnung für das erste wichtige, als Vorstufe der Photographie geltende Verfahren der Lichtbildtechnik, das es ermöglichte, Bildeindrücke auf einer Jodsilbermetallplatte als Bildträger festzuhalten und auf diesem Wege photographische Abbildungen herzustellen. b Seit späterem 19. Jh. als Bezeichnung für das Ergebnis, das mit dem entsprechenden Apparat (vgl. Camera obscura, —1• Kamera) erzeugte (Licht-)Bild, bis heute oft historisierend in kunst- und photographiegeschichtlichen Zusammenhängen verwendet. Daneben älteres, aus frz. daguerréotype entlehntes, gleichbed. Daguerr(e)otyp(e) N. (-(e)s; -e, auch -en und -s), in Zss. wie Daguerr(e)otypapparat, -bild, -platte, auch eher bildlich für 'dauerhaft festgehaltener Eindruck' (s. Belege 1848, 1859, 1870, 1875). Dazu etwa gleichzeitig die aus gleichbed. frz. daguerréotyper übernommene, veraltete verbale Ableitung daguerrotypieren V. intrans., meist adj. verwendet in der Part. Perf.-Form daguerrotypiert, in der Bed. 'nach dem Daguerrotypieverfahren herstellen', auch, gelegentlich reflex, gebraucht, in der übertragenen Bed. '(sich) darstellen, einprägen' (s. Beleg 1859); vereinzelt im 19. Jh. die adj. Ableitung daguerr(e)otypisch (vgl. pbotographisch, —>• Photographie); gleichzeitig die bis heute nachgewiesene Personenbezeichnung Daguerr(e)otypist M. (-en; -en), gleichbed. mit im 19. Jh. vereinzelt bezeugtem Daguerreotyper (vgl. gleichbed. engl, daguerreotyper) und in den 30er Jahren des 20. Jhs. Daguerreotypeur M. (-s; -e) (vgl. gleichbed. frz. daguerreotypeur) für 'jmd., der (berufsmäßig) Daguerrotypien herstellt'. Daguerr(e)otypie a: Steinmann 1842 Mefistofeles 1 18 eine bis in die kleinsten Nuancen eingehende Daguerreotypie; Pauly 1843 Gegenwärtiger Standpunkt der Daguerreotypie (Titel) (DWB N.); Auer 1853 Entdeckung d. Naturselbstdruckes 8 Russland hat Jakobi's Anwendung der Galvanoplastik im Jahre 1837 und Frankreich die Daguerrotypie im Jahre 1839 zur allgemeinen Benützung freigegeben; 1856 Monatsschr. Wiss. V. Zürich 571 Daguerrotypie und Photographie; Münch. N. N. 8.5. 1939 kulturhistorischen Anmerkungen zu dem Werdegang der Lichtbildkunst. . wie verschieden die Gelehrten und Künstler . . die Bedeutung der „Daguerreotypie" beurteilten; Schramm 1943 Hamb. 460 ein gefährlicher konkurrent. . dem seit 1840 wiederum die daguerreotypie und dieser wieder einige jähre später die photographie das feld

wegnahmen (DWB N.); Sedlmayr 1948 Verlust 38 die neue Bildtechnik der „Daguerrotypie"; N Z . (Basel) 2. 6. 1949 Das nach dem Entdecker benannte Verfahren der Daguerreotypie war der Vorläufer der Photographie; MM 20. 3. 1989 Der heimliche Blick des Fotografen (Überschr.) Mit der Erfindung der Daguerreotypie begann die Fotografie 1839 von Paris aus ihren Siegeszug. Wo einst viel technische Kunstfertigkeit nötig war, wurde das Fotografieren im „Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit" zur problemlosen Selbstverständlichkeit für jedermann.

Daguerr(e)otypie b: Springer 1868 Berlin 41 Photographien und Daguerreotypien sind stümperhafte Pfuschereien, die man der Natur abtrotzt; Kamp-

Daguerrotypie mann 1898 Künste 129 die ersten von Daguerre hergestellten lichtbilder, nach ihm daguerreotypien genannt (DWB N.); Philtppi 1916 Hagedorn 15 An den Wänden Daguerreotypien; Τ h . Mann 1924 Zauberberg (W. Ill 34) Es waren allerlei außer Gebrauch befindliche und eben darum fesselnde Gegenstände darin aufbewahrt: ein Paar geschweifte silberne Armleuchter, ein zerbrochenes Barometer mit figürlicher Holzschnitzerei, ein Album mit Daguerreotypien; Schmitz 1928 Essays 134 Die geheimnisvoll düster funkelnden Daguerreotypien aus jener Zeit; Dtsch. AZ. 8. 11.1933 Äußerst interessant sind die Vitrinen mit Daguerrotypien, die jenen Metallglanz haben, daß man sie von der Seite ansehen muß; Münch. N. N. 23. 2. 1942 Menschen können sich photographieren lassen seit 1838, aber wie sahen sie auf den „Daguerreotypien" von Anno dazumal aus!; Τ h. Mann 1954 Kruíl (W. VII 328) so war es mir damals eine angelegene Beschäftigung, unter den Bildnissen meiner Vorfahren, als Photographien und Daguerreotypien, Medaillons und Schattenrissen, soweit diese Hilfsmittel nur immer reichten, mich forschend umzutun, um in ihren Physiognomien nach Vorbereitungen und Hinweisen auf meine Person zu suchen und festzustellen; Kunert 1970 Ortsangaben 71 Schaut man hin, glaubt man eine alte Photographie, fast eine Daguerreotypie zu betrachten; Zeit 29.3. 1985 nachdem die Photographie erfunden war, wurde sie in den bevorzugten Reisezielen auch gleich geschäftstüchtig genutzt — als Andenkenbild für die begeisterten Besucher. Anfangs waren das noch Daguerrotypien, später Kalotypien; MM 26.3. 1986 die „alten und neuen Bildtechniken": von den Daguerreotypien des Patrich Bailly-Maitre-Grand über die panoramatisch zusammengesetzten Bilder; ebd. 6. 4. 1987 Slavins Porträts haben sich viel davon bewahrt. Sie retten etwas vom Glanz der Daguerreotypien aus dem 19. Jahrhundert ins „Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit" hinüber; ebd. 20.6.1989 Fürsten und Herzoginnen gingen vor ihrer Kamera in Positur, nicht zuletzt Kaiser Wilhelm 1. Großen Erfolg hatten sie mit ihren Stereo-Daguerreotypien. In feinen Kästchen, mit Samt ausgelegt, wurden zwei identische Porträts nebeneinander montiert; ebd. 18. 8. 1989 Die älteste datierte und erhaltene Daguerrotypie in Deutschland befindet sich wieder an ihrem Ursprungsort in Tübingen. Das Stadtmuseum hat das Bild im Jubiläumsjahr der Fotografie aus den USA erworben; Spiegel 15. 2. 1993 Von steifen Familien-Daguerrotypien bis zu kühnen Plakatmontagen. Daguerr(e)otyp(e): Daguerre 1839 Das Daguerreotyp und das Diarama, die genaue und authentische Beschreibung meines Verfahrens und meiner Ap-

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parate zur Fixierung der Bilder der Camera obscura (Übers.) (Titel); ebd. 11 Anwendung des sogenannten Daguerreotypes; 1841 Hülferuf d. dtsch. Jugend 56 Das menschliche Gedächtniß ist sehr passend mit einem Daguerreotipe zu vergleichen; Burckhardt 1843 Br. II 56 habe . . das Daguerrotyp geschickt; 1843 Br. Droste u. Schücking 185 Daguerrotypplatte; Steinmann 1844 Mefistofeles V 103 Westfälische Daguerrotypbilder [Skizzen und Darstellungen]; Stolz 1846—63 Tagebücher (XI 393) das Bild [Altarbild in der Kapuzinerkirche von Innsbruck] ist das Daguerreotyp der schönen Idee und des schönen Zeitpunkts. [Maria und der Engel] . . wurden im Bild haltbar für Jahrhunderte, wie im eigentlichen Daguerreotyp das materielle Lichtbild festgebannt wird; 1848 Grenzboten l 2,7 so wird doch das eigenthümliche Gesicht, das Berlin .. annahm, zum Behuf der historischen Reminiscenz immer eines Daguerreotyps werth sein; W. Heine 1856 Reise um d. Erde 1 211 An einem der folgenden Tage machten wir uns mit dem Daguerrotypapparat auf den Weg nach der Hauptstadt; 1856 Bericht Paris. Ausstellung 669 Daguerreotype, Photographien, Heliographien, Stereoskope und Apparate zu deren Darstellung; Grimm 1859 Essays 263 Ein Daguerreotyp stellt gleichsam den erstarrten Moment dar. Wie die Sache aussah in dem Augenblicke, wo sie vom Lichte der Sonne auf der Metalltafel festgehalten ward, sah sie niemals vorher aus und wird sie niemals in der Zukunft aussehn; Stolz 1870 Honig (VI 354) Die genialsten Gedanken . . schießen plötzlich durch den Kopf wie ein Wetterleuchten, das auf dem Daguerreotyp des Gedächtnisses bleibt; Gutzkow 1875 Säkularbilder (VIII 274) Der Plan unseres Versuchs, Säkularbilder aufzustellen, war der, die Erörterung mit dem Daguerreotyp zu verbinden; Bucher 1881 Parlamentarismus 7 [Die französischen Zustände zu erkennen] . . genügt ein Daguerreotyp; von England muß man die verschiedensten Quer- und Längendurchschnitte haben; Berend 1909 Marionetten 74 auf dem kaum noch erkennbaren Daguerotyp [!] stand er in karierten Hosen; zur Megede 1911 Quitt 45 ein schon verblaßtes Daguerreotyp; Stenger 1929 Gesch. d. Photographie 26 Daguerreotyp für Umsichtsbilder; ebd. Spottbild „Die Daguerreotypomanie" von Maurisset aus dem Jahre 1840. Die ganze Welt ist von einem photographischen Taumel erfaßt: Die Massen teilen sich in „Daguerre-Entzückte" und „Daguerre-Verrückte" (Bildunterschr.); 1931 Ostasiat. Rundsch. XU 131 Vergeßt nicht, sobald Ihr nach Berlin kommt, Euch dort aufnehmen zu lassen, und zwar „photographiren", denn Daguerreotyps halten sich infolge der feuchten Luft nicht; Seidel 1938 Lennacker 47 Er bemerkte die Menge gerahmter Bildnisse an den Wänden, sowohl nachgedunkelte Ölbilder als Sil-

Damast

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houetten, gerahmte Daguerreotyps und vergrößerte Photographien; Weizsäcker 1950 Diesseits 291 auf dem schönen daguerreotyp, das von Schellings köpf anfangs der 50er jähre gemacht wurde (DWB N.); M M 27. 9. 1989 Bilder aus dem Zauberkasten (Überschr.) Während man im Kunstverein die in Paris bestellten Daguerreotype mit Sehnsucht erwartet, ist es inzwischen dem Hrn. Prof. Eisenlohr hier geglückt, einen gelungenen Versuch in dieser neuen Erfindung zu machen; ebd. 28. 10. 1995 Daguerreotypen. Dokumentarfilm. Daguerr(e)otyper: Jahn 1848 Br. 538 Gewöhnlich esse ich in der Stadt Ulm in der Schiffergasse, wo ein Daguerrotyper . . aus Breslau . . mein Nachbar ist. Daguerr(e)otypeur: 1934 ZGOberrhein LXXXVI 259 Jakob Friedrich Dyckerhoff 1 7 7 4 - 1 8 4 5 . . Ingenieur, Architekt, Maler und Daguerreotypeur in Mannheim (Überschr.). daguerr(e)otypieren: Kohl 1841 f f . Alpenreisen III 227 Der Berg war gleichsam in die Schneedecke hineindaguerrotypiert (SANDERS DWB); Menzel 1842 Br. 64 aber Magnus, der wunderliche Kerl nahms [Blatt] weg, ums für sich daguerreotypieren zu lassen; 1843 Didaskalia I 65 um sich daguerrotypiren zu lassen; Gall 1843 Br. an Schiicking 234 Kannst Du Dich nicht in Salzburg daguerrotypieren lassen?; Schopenhauer 1844 (1856—60 Sprache ¡1 169) Man sollte so einen Buchstabenknicker daguerrotypiren . . um zu sehn, wie die gehäuften Konsonanten sein thierisches Maul verzerren; Kaulbach 1847 Br. 202 Das daguerreotypierte Bildchen; Stolz 1848 Wanderbüchlein VI 583 an dem Bild von Klagenfurt, das sich . . in meine Seele daguerreotypiert hatte; 1849 (Stolz 1870 Honig VI 36) Somit daguerreotypiert sich die Weltmusik in

genialen Komponisten; 1850 (Lingg 1899 Lebensreise 80) Meine Gedichte, die ich an meinen Bruder in Amerika schickte, seien nur bis Stuttgart gelangt, dort wurden sie daguerrotipiert; Gutzkow 1852 Ritter Vili 9 Wie daguerreotypierte sich der Schwätzer (SANDERS DWB); 3855 Prutz' Museum I 472 daguerreotypiertes Conterfei; W. Heine 1856 Reise um d. Erde I 40 junge Mädchen in ihrem besten Putze . . die auf des Commodores Wunsch . . auserlesen worden waren, um daguerreotypirt zu werden; Goltz 1859 Menschenkenntniß 11 73 natürlichkeit . . die sich zum verzweifeln schön in der aussprache daguerreotypirt (DWB N.); Oerblich 1889 Militärarzt I 127 [das] daguerrotypirte Bild. daguerr(e)otypisch: Carus 1845 England u. Schottland II 215 Das Daguerrotypische des Auges bewährt sich wunderbar unter solchen Bedingungen; ders. 1866 Lebenserinn. III 98 daß das Sehen ein zwar höchst flüchtiger, aber doch wahrhaft daguerreotypischer oder photographischer Vorgang der Netzhaut ist. Daguerr(e)otypist: Gutzkow 1842 Br. a. Paris 1103 Maler, die hier von den Daguerrotypisten verdrängt werden; W. Heine 1856 Reise um d. Erde I 6 Am Bord der Mississippi befand sich noch Mr. B. .. Daguerreotypist; Τietz 1859 Erinn. 27 Daguerreotypisten und Photographen; Riehl 1861 Ges. 393 Dagegen lebt jetzt eine verwandte Art des Proletariats unter den zahllosen Daguerreotypisten und Photographen auf; Stenger 1931 Der Daguerreotypist ]. B. Isenring. Seine Verdienste um Einführung und Ausgestaltung der Daguerreotypie (Titel); Information f. d. Photohandel 15. 6. 1967 Spottbild auf die Belichtungsdauer der Daguerreotypisten . . Lithographie von Honoré Daumier. IN

D a m a s t M . ( - ( e ) s ; selten - e ( n ) ) , seit E n d e 1 4 . J h . n a c h g e w i e s e n , u n t e r E i n w i r k u n g v o n ital. damasco

b z w . ( w o h l u n t e r E i n w i r k u n g v o n a l t f r z . damas)

a u s D a m a s k u s ' (vgl. m l a t . damascenus cius,

Damascus,

Hauptstadt

Dameus)

Syriens,

a u f g e k o m m e n e B i l d u n g zu Damaskus,

a u s w e l c h e r dieses G e w e b e s t a m m t ;

1 6 . J h . d a n e b e n in S c h r e i b u n g e n w i e Damask t e l n i e d e r d t s c h . ) , Damascb, mast

und

Damas

damasto

u n d s p ä t l a t . F o r m e n w i e Adamascus,

'Stoff Datnas-

dem Namen

anfangs und

bis

der

Ende

( n a c h ital. V o r b i l d ) , Damaschk

(mit-

( s p ä t m h d . / f r ü h n h d . , n a c h a l t f r z . damas),

Dam-

Damaschi.

a B e z e i c h n u n g f ü r ein k o s t b a r e s , a u s Seide ( s p ä t e r a u c h L e i n e n o d e r W o l l e ) g e w i r k t e s , g l ä n z e n d e s ( J a c q u a r d - ) G e w e b e m i t a u f d e r g l a t t e n Seite in g l e i c h e r F a r b e e i n g e w e b t e n Figuren, B l u m e n o. ä. M u s t e r n (aus G o l d - o d e r Silberfäden), das als Kleidero d e r D e k o r a t i o n s s t o f f , z. B . z u B e t t - u n d T i s c h w ä s c h e (für d i e f e s t l i c h e T a f e l ) , v e r a r b e i t e t w i r d (vgl. Atlas,

Chintz,

Satin·, —• B r o k a t ) , a l s I n b e g r i f f

(groß-)bürgerlicher

Damast

9

Wohnkultur und Eleganz des 19. Jhs. oft konnotiert mit „festlich, erlesen, gediegen, kostbar; vornehm, reich", selten, auch im Pl., zur Bezeichnung des aus D a m a s t gefertigten Wäsche- oder Kleidungsstücks selbst (s. Belege 1 4 8 9 - 9 0 , 1888, 1921), gelegentlich in poetischer Sprache metaphorisch verwendet (s. Beleg 1857). In Wendungen wie gewirkter, kostbarer, schwerer, weißer, seidener, feiner, roter/rosa, geblümter Damast, in Doppelformeln wie Damast und Satin/Seide/Brokat/Atlas/ Samt, und in Zss. wie (veraltetes) Damastblume, -muster, -flor, -manufaktur, -stuhl, -weber und (bis heute) Damastgardine, -Vorhang, -portière, -rock, -fauteuil, -sofa, -Stoff, -tapete, -(tisch-)decke, -serviette; damastgedeckt, -bedeckt. Dazu von Anfang 15. bis ins frühere 20. Jh. die adj. Ableitung damasten, auch damastern, damastin(isch), damaschten und im 16. Jh. damask(en), damasck(en) (WEIGAND), in der Bed. 'aus D a m a s t (gewirkt, gewebt), damastartig (gemustert)', in Wendungen wie damastenes Tischzeug, Kleid, gelegentlich f ü r 'in Damast gekleid e t ' (s. Beleg 1781) und selten auch bildlich und in poetischer Sprache verwendet im Sinne von 'schmeichelnd; glänzend (schön)' (s. Belege 1554, 1897, 1934—35), vgl. auch die weitgehend gleichbed., im 19. (CAMPE) und Anfang 20. Jh. vereinzelt nachgewiesene adj. Ableitung damastartig. b Daneben seltener in der gleichfalls auf den O r t s n a m e n Damaskus zurückgehenden, im 18./19. Jh. fachspr. in der Stahlindustrie nachgewiesenen Bed. 'buntgewässerte, geätzte, blumig geflammte Oberfläche des Damaszener Stahls'. Dazu vom späteren 16. bis Ende 19. Jh. die verbale Ableitung damaszieren, neben älterem damaszenieren (vgl. frz. damasquiner) mit unterschiedlichen Schreibungen, f ü r '(Stahl) nach Damaszener Art flammend ätzen, schmieden, härten und verzieren' (vgl. ziselieren) (zu b), auch '(Stoffe, Wappen o. ä.) mit damastartigen Mustern versehen' (zu a), in der Part. Perf.-Form damasziert attr. verwendet in Wendungen wie damaszierte Gewebe (zu a) und vor allem damaszierte Klinge (gleichbed. mit Damaszener (Klinge) und der auch bildlich (s. Beleg 1946) gebrauchten Zs. Damaszenerklinge, vgl. daneben Damaszener Eisen/Dolch/Säbel/Stahl und Damaskdolch), selten auch übertragen verwendet im Sinne von 'scharf, geschliffen (vom Denken, Sprachstil o. ä.)' (s. Beleg 1885) (zu b), mit dem dazugehörigen veralteten Verbalsubst. Damaszierung 'Herstellung von damastgemustertem Stoff, damastartige Verzierung' (zu a), und '(in Damaskus zuerst geübte) Kunst, Verfahren, einer Stahlklinge ein geflammtes Aussehen, eine Zeichnung zu geben und ihre Festigkeit zu erhöhen' (vgl. Damaszenerklinge) (zu b); vereinzelt im 16. Jh. das Adj. damaszenisch, gleichbed. mit damasten (s. o., zu a) und, in den Formen damaskin(isch), damasginisch, gleichbed. mit damasziert für ' m i t Damastmusterung (geschmückt)' (zu a), und 'flammenartig ziseliert, geschmiedet' (zu b). Damast a: 1399 Aussteuerverl. (Mones Anz. Vi 238) Damasch; Ulrich v. Richental um 1430 Konstanzer Chronik 59 und wenn der baupst [!] den segen geben wolt, so hankt man uß zü allen . . wiße tüch, des besten von d a m m a s t und innen deckt man . . mit guldinen tiichen; 1446 (Dtsch. Privatbr. d. Mittelalters LXl 46) du wellest uns . . plaben und swarten guten tamast, yedes sechsthalb Muncher eilen schicken; 1489-90 Dok. Gesch. Waldmann 11 223 eynen schwarzen damast mit rugkfech (DWB N.); 1491 (1925 Mitt. VG Nürn-

bergs XXVUl 205) ein weis messgewant von damaschka mit einem Mariapild in der sunnen; 1506 (Handelsakten Mittelalter, Neuzeit V 173) Seidengewand, als samat, atlasz und damast; 1507 Geschichten Wilwolts v. Schaumburg 159 in einem samaten wappenrok und ire parsen mit guetem damaschk überzogen; Murner um 1519 Gäuchmatt (V 87) byß vnd syden, meylensch w a d t , / sammot, dammascht d a r u m b gadt (DWB N.); Scheurl 1533 Briefbuch 11 140 faunen von damaskat vnd seiden mit gulden vnd silbern Wappen auff ieder galeen;

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Damast

Schellenschmidt um 1550 (Mitt. Schles. Ges f. Vkde. XIX 123) Sammet, Tamaschken vnd seiden; Schumann 1559 N. 339 damascket und sammat zu einem goller und brüstlein; 1562 (1925 Mitt. VG Nürnbergs VII 119) grün und goldfarb damaschkat zu einer prust auf ein rot unterrock; Dilich 1598 Histor. Beschr. 51 jhrer vnderschürtze war . . so mit gülden Lewenköpfflein auffgesteckt/ blawlicher färbe/ darunter der ander von rott in goltgelben Damasken mit güldenen schnüren besetzt herfür leuchtet; Krafft 1616 Reisen 47 zwölff Ellen oder pic damast; Duez 1652 Nomencl. 49 Du damas, damast/ damasco; Happel 1685 Denkw. 11 6,35b mit den köstlichsten tapezereyen von atlas und damast bespreitet (DWB N.); Ahr. a S. Clara 1688 Auf, auf ihr Christen 72 daß auch vnsere Soldaten vnd Reuter-Jung sich in Sammet gekleid haben. Sechshundert und 42 Gezelten . . deren die mehriste mit Seiden vnd Damasch gefüttert waren; Bodmer 1746 Mahler 1 129 f. Brocad, Damast, Atlas, in Schnürleiber und Röcke ausgeschnitten, Handschuhe mit Gold-Fransen; Reinhard 1760 Sehr. I 80 Diejenige, so sich zu dem dörren schikken, seind die grosse reine Claude, die sainte Catherine, die mirabelle, die perdrigen blanc, und die Teutsche Damast-Pflaume; Halle 1762 Werkstäte d. Künste II 49 Der Damast, von der Stadt Damask, hat einen Atlasgrund, und des sind die Blumen Gros de Tours; Büsching 1762 Erdbeschr. IV 676 Damastmanufactur [in Schlesien]; Goethe nach 1788 Sehr. z. Kunst (HA XU 156) der Maler wird gewahr, daß er Brokat und Damast, und was sonst farbenwechselnd, glänzend und scheinend ist, durch seinen Pinsel hervorbringen könne und mechanischer Hülfsmittel nicht weiter bedürfe; Beckmann 1796 Technologie 92 Damast, wollener, ein geblümter Zeug, der zu Kalmank gehört; 1841 Urania 6 Rothe Damastgardinen; Willkomm 1857 Ammer 461 die Haushälterin . . goß vor Verwunderung die schön gemalte Mundtasse ihres Herrn so übervoll, daß das angenehm duftende Getränk auf die feine Damastserviette herabträufelte und diese befleckte; Rilke 1857 S. W. 1 192 Der Abend ist mein Buch. Ihm prangen/ die Deckel purpurn in Damast/ ich löse seine goldnen Spangen/ mit kühlen Händen, ohne Hast; Lindau 1877 Br. 61 die Damastportière öffnete sich geräuschlos; Fontane 1888 Ges. W. 1 5,166 der weiße damast des tisches, dran sie gefrühstückt hatten (DWB N.); Eckstein 1889 Camilla 55 schweren Damastvorhänge; Rilke 1901 S. W. I 462 fangen die Herzen in den Sarkophagen vergangner Fürsten wieder an zu gehn;/ und so gewaltig drängt ihr Wiederschlagen/ . . daß sie die goldnen Schalen weitertragen/ durch Dunkel und Damaste, die zerfallen; Th. Mann 1901 Buddenbrooks (W. I 198) der schneeweiße gewirkte Damast auf dem runden Tische

war von einem grüngestickten Tischläufer durchzogen; Kolb 1921 Zarastro 82 das übrige, mit roten, langverjährten, rosagewordenen damasten ausgeschlagen (DWB N.); 1928 Süddtsch. Monatsh. XXVI 245 Sie saß auf einem zerschlissenen kleinen Damastsofa, ganz hineingesunken in den gebauschten Schoß ihres Seidenkleides; Baum 1929 Menschen 169 das Zimmer . . mit seinem grünen Tischtuch, der imitierten Damasttapete . . einen höchst soliden Eindruck machte; Th. Mann 1951 Erwählte (W. VII 17) von dem guten Leben auf Belrapeire . . da die Truhen barsten von Linnen und Damast, Seiden- und Sammetstoffen seltener Art; ders. 1954 Krull (W.VU 341) einladende kleine Speisesäle, wo der damastgedeckte, blumengeschmückte . . Tisch reizend von Silber, feinem Porzellan und gebrechlichen Gläsern schimmerte; Pinkwart 1963 Mord 5 er . . bemühte sich um innige Freundschaft mit fremden Matratzen, Federkissen und Damastbezügen; Andersch 1971 Kirschen 77 der Brunnen bestand aus einem großen, damastgelben Marmorbecken; in Gestalt eines Greifenkopfes entsprang der wasserspendende Mund der Hauswand; Zeit 28. 3. 1986 In einem Brautkleid aus weißem Damast kommt Iphigenie nach Aulis; MM 13. 2. 1987 Im Schloßherrenstil . . (Überschr.) Glanz dient dem Ansehen . . man wählt Chintz, Satin, kostbaren Damast oder Moire; ebd. 13.7.1989 Louis-XIV.-Tisch und -Stühle, Damastdecke, Silberbesteck und erlesenes Geschirr; Weyden 1990 Träume 11 ein relativ großer Raum . . mit kostbaren Möbeln ausgestattet. . blau und gold die Damastvorhänge vor den Fenstern, eine schwere Garnitur in blauem Samt; MM 21. 6. 1991 Die textilen Techniken sind die herausragenden Leistungen syrischer Kultur. Der Handel mit Brokat, Atlas und Damast verband Syrien bereits im Mittelalter mit Europa, Afrika und Asien; Spiegel 18. 10. 1993 Ein roter Damast-Fauteuil mit säbelförmigen Beinen auf Rollen wird durch den Versteigerungserlös . . gegen die Gefahr immunisiert, aus kleinbürgerlicher Umgebung in den Sperrmüll zu wandern; ebd. 15. 8. 1994 die Meisterschaft, mit der Velazquez das Problem löst, einen Damaststoff darzustellen, die läßt, wenn Sie wollen, mein Herz höher schlagen; ebd. 26. 9. 1994 das einzige Bild, das tableauhaft herausgestellt wird, wie für den Hoffotografen, den Historienmaler: das Paar kniend, sie in rotem Damast, er in schwarzem Seidensamt. damastartig: Th. Mann 1901 Buddenbrooks (W. I 299) das Speisezimmer . . mit einem schweren runden Tisch, auf dem der Samowar kochte, und dunkelroten, damastartigen Tapeten, an denen geschnitzte Nußholzstühle mit Rohrsitzen und ein massives Büffet standen.

Damast damasten: 1406 — 76 Speyer. Chronik (Mone, QuSamml. I 510) damaschten Thuchern; 1466 (Dtsch. Privatbr. d. Mittelalters 1 74) als du uns von eynem damasten rock entbotten haist (DWB N.); Pauli 1522 Schimpf 247 damastine Schuten; Herr 1534 New Welt lOd Ich hett ein schwartz damaschten wannes an vnd ein rauchfarben mantel vmb; Wickram 1554 Spiegel 37 schmackend sie einen schweren Seckel bey einem Gast, sie gebend im sammet und damasten wort; Aescbacius 1615 GliicksKampff H 5a ein damastinen mantel (DWB N.); Krafft 1616 Reisen 120 Damastinische Kleider; Bodmer 1746 Mahler 1 187 einen babylonischen Mantel, oder eine damastene Volante; Müller 1781 Lindenberg l 168 merkwürdigkeiten? sagte der damastne mann (DWB N.); Goethe nach 1788 Sehr, z. Kunst (HA XII 89) daß man Statuen malt und sich selbst, wie es unser guter Großvater tat, im damastnen Schlafrock der Nachwelt überliefert; Iffland 1792 Herbsttag (Theatral. W. ¡I133) damastene Tischzeug; Goethe 1822 Belagerung v. Mainz (HA X 395) was der gute Mann nicht alles von damastnen Gedecken, Silberzeug und Geschirr zu erzählen hatte; Rilke 1897 S. W. ¡II 227 Und wie zum Spiel durch müde Liderspalten den Formen folgen und den samtnen Falten, und suchte tasten die damastnen Decken entlang, mit Fingern fühlen . . und raten: Sind sie Silber oder Gold?; Th. Mann 1909 Hoheit (W.II 108) Der seidene, damastene Bezug der Staatsmöbel, die steif geschwungen, weitarmig und in eintöniger Anordnung an den Wänden paradierten, war fadenscheinig, die Vergoldung ihrer Gestelle abgestoßen; 1934—35 (Broch 1954 Versucher 155) das in voller damastener Schönheit an der mauer nunmehr prangende banner (DWB N.). damaszenisch: Rivius 1548 Vitruv. 223b dann die Erden daruon die schönen Welschen gemahlte Krüg und allerhand künstlich geschirr gemacht werden/ ist erstlichen zu Damasco erfunden/ Darumb man solche geschir [!] Damaszenisch geschir genennet hat; 1582 Ambraser Liederb. 94 Damascensch hauben stehn jhr wol an. damasz(en)ieren: Scherfer 1652 Gedichte 442 das schönste wiesen-feld, so je ein aug' erblikkt/ hatt' ihr geblüm' aufs best' allreit damaskiniret; Trier 1714 Wapen-Kunst 50 damascirt. . wenn ein schild . . oder eine etwas grosse figur auf art eines laubwercks bemahlt ist; Hordau 1880 Keml I 54 damaszirte seiden-tapeten von derselben färbe bedekken die wände (alle DWB N.). Damaszierung: Meding 1786 Wappen 1 77 dahingegen ist die damascirung des blauen feldes . . allem

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ansehen nach eine künsteley des mahlers (DWB N.). Damast b: Adelung 1774 Grammat.-krit. Wb. I 1242f Damast . . die flammige Gestalt, welche damasciertem Eisen oder Stahle durch ätzende Sachen ertheilet wird, die Damascierung; Jahns 1880 HGK. 493 so daß Arbeitsstücke . . beim Aetzen tiefer liegende, mattgraue, dem Eisen entsprechende und höher liegende helle, dem Stahl entsprechende wellen- oder flammenförmige Streifen (Damast d. h. Blümung) erhalten; 1843 (Mitscherlich 1833 Chemie II 2,125) beizt man ein solches gemenge mit säuren, so werden stahl und eisen zugleich angegriffen . . man erhält den sogenannten künstlichen damast (DWB N.)· damasz(en)ieren: Fischart 1575 Geschichtklitterung 179 den tolchen von eingesottenem leder, auch fein gemalet, demasceniert vnnd verguldet (DWB N.); Hulsius 16061. Schiffahrt 30 [Dolche aus Java] die Klinge war damaskinirt; um 1650 Inventarium (Reber, Maximilian I. 37) Ein Messer damasginiert; Elis. Chart. 1729 Br. III 371 es ist mir lieb . . daß die demasquinnirte schreibtaffel euch ahngenehm geweßen; Mitte 18. Jh. Qu. Rechtsgesch. rhein. Städte (Jülich) / 380 meisterstück der laufschmiede, einen damscirten [!] lauf (DWB N.); Adelung 1774 Grammat.-krit. Wb. I 1242f Damast . . die flammige Gestalt, welche damasciertem Eisen oder Stahle durch ätzende Sachen etheilet wird; Beckmann 1800—05 Erfindungen V 97 Zu welcher Zeit mag zuerst der damasarte Stahl aus der Levante bekannt geworden sein?; Jean Paul 1810 Grotesken 67 ächten damaszierten Stahl; Arndt 1814 Br. an Motherby 175 ein herrliches damascirtes Schwerdt . . als Geschenk aus Solingen; Börne 1822 Schilderungen a. Paris (Ges. Sehr. II 139) Damascenern . . damascirten Klingen; 1830 ZKrieges XVIII 171 damascirte Säbelklingen . . Damaszenerklingen; Rasch 1863 London 1 87 kleinen damascirten Dolch; Nordau um 1880 Kreml II 359 zog einen Seidenbeutel hervor und nahm aus demselben einen schön ziselirten und damaszirten stählernen Schlüssel von ziemlicher Größe heraus; Riehl 1885 Vortr. II 493 [Lessings] Stil . . ist wie geschmiedet, wie damasciert, und Lessing ist ebenso freigebig mit Gedanken wie karg mit Worten. Damaszierung: Halle 1764 Werkstäte d. Künste III 254 wenigstens entstünden, wenn man mit stai und eisen also verführe, eben solche geschlängelte ädern und flammen, welche vollkommen das ansehn einer damaskirung hätten (DWB N.); Adelung 1774 Grammat.-krit. Wb. I 1242f Damast . .

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Dame

die flammige Gestalt, welche damasciertem Eisen oder Stahle durch ätzende Sachen etheilet wird, die Damascierung; 1821 Dinglers Polytechn. Journal V 435 Damascirung; 1861 Allg. Mil.-Enc. ¡11 241 Damascirung . . bei den Waffenschmieden; Jähns 1899 Trutzw. 83 Damaszierung. Damaszener: Ernstinger 1579—1610 Raisbuch 11 Damascener kling; Reuter 1700 Ehrenfried 21 meiner Büchse . . ist Damascener-Gemächte; Bürger 1777 Gedichte (I 157) Damascener Klingen; Blumauer 1784- 94 Virgils Aeneis (Ges. W. 1 37) Damaszener; 1802 Homers Od. traf. 21 Damascener [Dolch]; Börne 1822 Schilderungen a. Paris (Ges. Sehr, il 139) Damascenern . . damascirten Klingen; Lewald 1843 Mappe 258 Waffen von ausserordentlicher Pracht, und Damascener Klingen von unübertrefflicher Arbeit; Hahn-Hahn 1844 Oriental. Br. II 8 [Damaskus] die Heimat . . der Damaszenerklingen; Wickede 1854 Soldatenleben II 1 Einen russischen Oberstlieutenant nahm ich selbst gefan-

gen und behielt dessen Säbel mit einer sehr schönen Damascenerklinge für mich; ebd. III 59 Um mir eine Probe seiner Geschicklichkeit zu geben, nahm er einen sehr schönen Damascener-Säbel von der Wand; Nordau um 1880 Kreml II 349 das Geheimniß der Damaszenerklingen, das Toledo noch bewahrt hat, ist hier gänzlich verloren gegangen; Lippmann 1906 Abh. I 259 „Damascener Stahl"; Böhmer 1915 Sklavinnen 245 Der schmächtige Körper, geschmeidig wie der Stahl der Damaszenerklinge, wirkte bezaubernd durch seine Grazie; Leibbrand 1946 Homines 57 Damaszenerklinge des Denkens [bei Sokrates], damaszenisch: Ernstinger 1579—1610 Raisbuch 215 damaskinischer arbeit; 1611 QuSchr. f. Kunstgesch. d. Mittelalters u. d. Neuzeit N. F. VI 124 mit einem persianischen oder indianischen tolchen mit ainer schönen damascenischen klingen (DWB N.); um 1650 Inventarium (Reber, Maximilian I. 37) Ein Messer . . mit einer damasginischen Clingen. IN

Dame F. (-; -n), Ende 16. Jh. entlehnt aus gleichbed. frz. dame (< altfrz. dame < mlat. domna < lat. domina 'Gebieterin, Herrin, Hausfrau'; vgl. etwa gleichzeitig aus frz. madame übernommenes Madam, —• Madame), im 17./18. Jh. auch in der frz. PI.-Form Dames, im 18. Jh. auch niederdtsch. Damens, seit spätem 19. Jh. nur noch scherzhaft, bis Anfang 18. Jh. daneben auch in der ital./span. Form Dama. l a Zunächst bis ins 17., vereinzelt bis Ende 18. Jh. nach dem Vorbild der frz. Ritterromane vor allem Modewort der höfisch-galanten Dichtung in der Bed. 'vornehme Geliebte, Herrin, Gebieterin (eines Kavaliers)', in Wendungen gelegentlich zusammen mit —• Galan (s. Belege 1601, 1611) und —• Kavalier (s. Beleg 1628); heute nur noch historisierend (s. Beleg 1994) bzw. in der seit dem 18. Jh. gebräuchlichen Wendung Dame seines Herzens (s. Belege 1771, 1860, 1953) und in der Zs. Herzensdame (vgl. 2b). b Seit Anfang 17. Jh. verallgemeinert im Sinn von 'adlige (verheiratete) Frau, (verheiratete) Frau von hohem Stand' (—• Madame), vgl. Wendungen wie edle, hohe, vornehme Dame, die frz. Verbindung grande dame, lehnübersetzt große Dame, in Wendungen wie die große Dame spielen, in der Verbindung große alte Dame übertragen für 'Frau mit besonderen, herausragenden Leistungen, Pionierin', z. B. sie war die große alte Dame der Politik, Wissenschaft, als Grund- und Bestimmungswort in Zss. wie Edel-, Schloß-, Stiftsdame 'weibliches adliges Mitglied einer geistlichen Institution'; Damenstift 'Altersheim für adlige Frauen'; danach als Titel einer Fürstin, Adligen verwendet (s. Belege 1633, 1951, 1969), häufig auf Abstrakta bezogen, z.B. die Dame Vernunft, Geschichte (s. Belege 1784, 1787, 1788, 1835, 1854—55, 1993). Seit frühem 17. Jh. speziell auch für 'adlige Gesellschafterin, Kammerfrau einer Fürstin, adliges weibliches Mitglied des Hofstaats' (s. Belege 1622, 1663, 1700, 1865, 1909), vgl. die frz. Verbindungen dame du palais '(verheiratete) H o f d a m e ' , dame d'atour 'adlige, für Garderobe und Schmuck zuständige Kammerfrau einer Fürstin', dame d'honneur 'vornehmste der H o f d a m e n ' und die Zss. Hof-,

Dame

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S c h l o ß - , Palast-, Gesellschafts-, S a l o n - , A n s t a n d s d a m e , auch als Bezeichnung eines R o l l e n f a c h s beim T h e a t e r (s. Beleg 1 8 4 1 ) , und D a m e n a m t . c Im 17./18., dann erst wieder seit M i t t e 19. J h . , eventuell im Anschluß an l a euphemistisch verwendet nach frz. dame de joie, dame d'amour, galante dame für ' D i r n e , M ä t r e s s e , H u r e ' (—• K o n k u b i n e ) , zumeist ironisierend und gelegentlich in Anführungszeichen bzw. wortspielerisch verwendet (s. Beleg 1 9 1 1 ) , heute vor allem in festen Wendungen wie eine zweifelhafte, leichte D a m e , D a m e des horizontalen G e w e r b e s und in den Z s s . H a l b w e l t - , A n i m i e r d a m e ; häufig auch im Diminutiv D ä m c h e n (s. Belege 1 6 3 0 , 1 8 0 1 , 1 8 8 3 , 1 8 9 2 , 1 9 0 8 , 1 9 3 0 ) . d Seit frühem 17. J h . in der heute dominierenden Bed. 'kultivierte, elegante Person weiblichen Geschlechts, vornehme, gebildete, gepflegte F r a u ' (s. Belege 1 6 2 7 , 1 7 0 9 , 1 7 2 2 , 1 7 8 7 , 1 8 5 1 , 1 8 5 2 , 1 8 6 4 ; gleichbed. mit —• Lady und zur G e g e n w a r t hin zunehmend k o n k u r r i e r e n d mit Frau), in Wendungen wie eine D a m e zum T a n z auffordern, D a m e n h a b e n den Vortritt, (die) D a m e n zuerst (vgl. engl, ladies first) und in Zss. wie D a m e n g e s e l l s c h a f t , -weit, euphemistisch in der Z s . B a r d a m e (—• B a r ) ; mit B e t o nung einer gehobenen gesellschaftlichen Position (s. Belege 1 6 2 7 , 1 7 8 7 , 1 8 0 2 , 1 9 3 4 , 1 9 5 1 , 1 9 6 3 , 1 9 8 5 ) , vgl. Wendungen wie D a m e ( n ) der Gesellschaft, D a m e des H a u ses, eine D a m e von Welt und die Zss. S a l o n - , W e l t d a m e ; ironisierend g e b r a u c h t im Diminutiv D ä m c h e n und im 19. J h . in der frz. Wendung dame(s) de la halle ' M a r k t - , bes. Fischfrau in den M a r k t h a l l e n von P a r i s ' (s. Belege um 1 8 0 0 , 1 8 4 5 , 1 8 5 5 ) . Seit M i t t e 17. J h . auch bes. im Sinn von 'Teilnehmerin an einer gesellschaftlichen Veranstaltung, Begleiterin eines Herrn zu einem Ball u. ä . ' (s. Belege vor 1 6 4 4 , 1 8 3 5 ) , häufig mit Possessivpron. verbunden meine D a m e , vgl. die Z s s . Damenbegleitung, zumeist in der festen Verbindung in D a m e n b e g l e i t u n g , D a m e n t o i l e t t e '(festliche) D a m e n g a r d e r o b e ' ; bes. auch für ' T a n z p a r t n e r i n ' bzw. ' b e i T i s c h an der rechten/ linken Seite eines Herrn sitzende weibliche P e r s o n ' , vgl. T i s c h d a m e . Aus männlicher Perspektive im PI. mit Possessivpron. in der Bed. ' w e i b l i c h e Mitglieder einer Familie' (s. Belege 1 9 2 9 , 1 9 7 0 ) , vgl. etwa d a r f ich Ihnen meine D a m e n vorstellen?, er fuhr mit seinen D a m e n an die See. In Verbindungen bzw. Z s s . wie Geschichten mit D a m e n ' T e c h t e l m e c h t e l , Flirts, A f f ä r e n ' , D a m e n b e s u c h 'Besuch einer weiblichen P e r s o n ' , in der Verbindung D a m e n b e s u c h (empfangen) ' w e i b l i c h e r G a s t ' zunehmend mit Frau k o n k u r r i e r e n d , vgl. D a m e n b e k a n n t s c h a f t e n ' F r e u n d i n n e n ' , z. B . er wechselte häufig seine D a m e n b e k a n n t s c h a f t e n , er hatte zahlreiche D a m e n b e k a n n t s c h a f t e n ; D a m e n held, -kenner. D a n e b e n bis heute auch allgemeiner als neutrale, höfliche Bezeichnung für eine weibliche Person, in festen Verbindungen wie eine reizende, erwachsene, resolute, junge, rüstige D a m e , mit Bezug auf typisch weibliche Wesenszüge, Empfindungen o . ä. und als Ggs. zu Herr/Mann, z. B . in Wendungen wie B o t a n i k für D a m e n , ein M o t i v für D a m e n , eine vollendete, feine D a m e und in Zss. wie D a m e n k r ä n z c h e n , - b i b l i o t h e k , - a l m a n a c h , -schriftsteiler, -schreibtisch, -arzt, -likör, -redner und bes. D a m e n w a h l 'bei einer Tanzveranstaltung Gelegenheit für D a m e n , Herren zum T a n z a u f z u f o r d e r n ' ; in der Verbindung D a m e n und H e r r e n (s. Beleg 1 7 1 4 ) vor allem in der Anrede (vgl. frz. mesdames et messieurs·, s. Belege 1 7 8 8 , 1 9 7 1 ) M e i n e D a m e n und H e r r e n , sehr geehrte D a m e n und H e r r e n , als Anrede in Läden was darf es sein, meine D a m e ? , die D a m e (wünscht)?, in Zss. wie D a m e n h u t , -Schneider, -sattel, - k o n f e k t i o n , - h a n d t a s c h e , -hose, -(ober)bekleidung, -salon, -schuh, -Strümpfe, - m o d e , -Wäsche, -fahrrad, - b a d , -tag, -weit, - p r o g r a m m 'Veranstaltungen für die

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Dame

Begleiterinnen der zu einer Konferenz, einem Staatsbesuch u. ä. zusammengekommenen Herren'; in der Respekt bekundenden Wendung alte Dame, vgl. den Titel des 1956 erschienenen Theaterstücks von Friedrich Dürrenmatt „Der Besuch der alten D a m e " , jugendspr. in der veralteten Verbindung meine alte Dame 'meine Mutter' (Ggs. mein alter Herr); eventuell nach dem Vorbild von Gemäldetiteln in der Wendung Gruppenbild mit Dame, vgl. den 1971 erschienenen gleichnamigen Roman von Heinrich Boll. Zur Kennzeichnung von weiblichen Angestellten in Wendungen und Zss. wie die Dame am Schalter, am Telefon, Empfangs-, Vorzimmerdame; leicht ironisch mit vorangestellten Berufs- bzw. Zugehörigkeitsbezeichnungen, vgl. Rats-, Partei-, B N D Dame; im Pl. zur Bezeichnung einer durch eine gemeinsame Tätigkeit verbundenen Gruppe von Frauen, vgl. die Damen vom Theater, aus der Werbeabteilung; im Sinn von 'Sportriege' in Wendungen wie die Damen vom FSV Frankfurt, die englischen Damen, als Bestimmungswort in Zss. wie Damen(national)mannschaft, -tennis, -einzel, -doppel, -finale, -turnier, -Staffel, -riege, -meisterin. Dazu seit Mitte 19. J h . die adj. Ableitung damenhaft 'nach Art einer Dame, elegant, gepflegt, vornehm' (gleichbed. mit ladylike, —• Lady), auf Garderobe, äußere Erscheinung und Auftreten bezogen, mit dem seit späterem 19. J h . selten belegten Subst. Damenhaftigkeit F. (-; ohne PI.) (zu ld). 2a Seit Anfang 17. J h . übertragen oder eventuell neuentlehnt aus frz. jeu de dames in der Bed. 'verdoppelter Stein in einem schachähnlichen Brettspiel', zunächst auch als M . in der Form Dam(m), gelegentlich in der Verbindung die Dame ziehen; daneben selten auch als Bezeichnung für das Brettspiel selbst (s. Beleg 1771), anfangs in den Komposita Dammspiel, Damenspill, bis ins 20. J h . in der Form Damenspiel, heute nur noch Damespiel, -brett, vgl. Wendungen wie (auf der) Dame spielen; gelegentlich wortspielerisch verwendet (vgl. l c , ld). b Seit früherem 17. J h . in der übertragenen Bed. 'dritthöchste Spielkarte (mit dem Bild einer Dame bzw. Königin)', vgl. die Dame ablegen, ziehen, als Grundwort in den Zss. Kreuz-, Karo-, Pik- und bes. Herzdame, auch übertragen 'verehrte Frau, Geliebte' (vgl. l a ) . c Seit Mitte 18. J h . auch für 'zugstärkste Figur im Schachspiel, Königin'. Dame la: Schallenberg 1592 LV. 177 die braute, fraun und freylein all/ woln wir entführen nach der wähl,/ es sey dan, das die rittersleith/ mit gwalt uns treiben von der beith/ und ihre dame retten welln; Hock 1601 Blumenfeld 41 Ein Dama schenckt vnd schicket Ihrem lieben Galan [ihr Bild]; 1609 (Font. rer. Austr. 11 60,486) der herr graff von Fürstenberg hat gewiss gern eines lutherischen tochter, dass er inen so sehr beylegt . . der herr graf sag mirs, wer seine dama ist, vielleicht bringts der von Puechaimb gefangen; Zangius 1611 Lieder (Fallersleben, Gesellschaftslieder 45) Ein Dama schön in Garten gehn Thät früh an einem Morgen, Und hielte Rat wie früh und spat Sie könnte sein ohn Sorgen, Weil ihr Galan gar emsiglich Zu dienen sich bemühet sich, Dem sie doch nicht mit Liebespflicht Sich möchte obligiren (TRÜBNER); Dohna 1613 Reichstag 347 so kön-

nen sie den damen für die langweil hofieren (JONES); Messerschmid 1618 Garzoni's Narrenspital 142 einer vberauß schönen Damma Favor; Opitz 1624 Poemata 74 Dadurch in vnser Hertz Cupido trifft den Weg./ Gantz schön vnd meisterlich die arge Damen wissen/ Die runden Kügelein jetz hin jetz her zuschiessen; 1628 Daphne 1 69 in was für noth ein Cavallier und eine Dame sich kan bringen, die nicht nach Liebe fragt; Zesen 1642 Poet. Rosenwälder Vorschmack 33 Ich, schöne Dahme (denn also nennen sie ihre Buhlschafft) sollte wohl Ihre unvergleichliche Schönheit mit stillschweigen verehren; Schorer 1644 Sprachverderber 34 Mein allerliebste Dama, mich erfrewet sehr hoch, daß sich diese brave occasion praesentieret, euch zu besuchen; 1647 Alamod. Politikus 92 damit er etwa seiner Dama Narrendank möchte darvon tragen; Hille 1647 Palmenbaum 127 die hochgebietende

Dame Dames (JONES); Moscherosch 1650 Philander 98 Wann vor diesem eine neue Narren-mode kaum auffkommen, seinem Schatz, seiner maistresse, seiner Dame zu gefallen; Grimmelshausen 1672 Vogelnest 64 er war . . wie reiche Alamode Galanen jetziger Zeit zu seyn pflegen . . ob man ihn auch gleich zu seiner verblichenen Liebsten gelassen/ weiß ich nicht/ dann ich . . liesse mich von meinem Gewissen ängstigen/ daß ich so eine schöne und vornehme Dame in Leib- und Lebens-Gefahr gebracht; Grillandus 1683 Polit. Hasen-Kopff 178 Wer auf Courtesie ausgehen/ oder mit Damen conversion will; Thomasius 1688 Monats-Gespräche 629 Caliste eine Dame in Provence war in ihrer Jugend wegen ihrer Artigkeit und sonderbaren Verstandes von vielen Cavallieren bedienet worden; ders. 1691 Ausübung d. Vernunftlehre 12 Du kanst mir keine andere antwort geben/ als daß der Herr . . dich ersuchen lassen zu ihm zu kommen/ weil eine Compagnie Cavalliers und Dames ihn überfallen/ damit du denselben . . die Zeit solst verkürzen helffen; um 1700 Schock Phantasten 19 Wer will mit Dames courtoisiren,/ Der muß auch solche regaliren; Wieland 1771 Amadis II 215 wenn ein häßliches mädchen es einst so weit gebracht,/ und sich . . / . . zur dame von einem herzen gemacht (DWB N.); Nicolai nach 1778 Verm. Gedichte I 273 Bald als Dame, bald als Ritter (SANDERS DWB); Bretzner 1787 Leben 1 174 Dame ihres Herzens; Voss 1794 S. Gedichte VI 182 der welken stadtmamsel abtrünnig, wählt er endlich/ ein fräulein sich zur dam' (DWB N.); Goethe 1795-96 Lehrjahre (WA I 24,96) Felix [sollte] als Page seinen ersten Ausritt der Dame seines jungen Herzens zu verdanken haben; Mahler 1860 Milit. Bilderbuch 59 Dame ihres Herzens; Hoefer 1861 Honoratiorentochter 144 Mir wird in meiner Frau niemals die Dame untergehen (TRÜBNER); Gebauer 1932 Kulturgesch. 142 die vermehrte Pflege feinerer geistiger Interessen in den aus „Damen" und „Kavalieren" gemischten geselligen Zirkeln; Thieß 1941 Reich 443 Der Thronfolger durfte die Dame seines Herzens heiraten (DUDEN 1993); Brecht 1953 Stücke Vili 381 meine sehnsucht nach der dame meines herzens wird unstillbar (DWB N.); Spiegel 11.7. 1994 Im Hochmittelalter hatten die Troubadours und Minnesänger die „Dame" erfunden, eine Kunstfigur, der wie einem Feudalherrn Gehorsam und untertänige Verehrung entgegenzubringen war. Dame lb: Hock 1601 Blumenfeld 90 vnd gesellet mich zum Damen Edler sordten; Wallhausen 1616 Militia 41 [der Ruhm der Tapferkeit eines Offiziers soll seinen Platz] eben so wol in deß königes stul haben, als vnder dem frawenzimmer vnd damen (DWB N.); Christian d. ). zu Anhalt 1622 Tage-

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buch 73 Nach gehaltenem tantz hab ich die hertzogin . . in ihr zimmer begleitet vnd abscheid von derselben vnd allen ihren damen genommen (DWB N.); 1630 Tragi-Comödia (NL XXIII 240) Glück zu, guter Freundt, vnd jhr, O edle Dame dazu; Nicolai 1632 an Schwallenberg (Sonden 24) eine ansehnliche hoffdame (JONES); Micraelius 1633 Agathander C3b die dame Babergin (DWB N.); 1635 Müllerin-Stimme (Lit. Ver. LXXXIH 554) der Spieß vnd Schwert nicht wider sondern für alle wackere Damen führet; Seifert 1647 Gewissensbuch 155 Hierauff kan keine grosse Dame, die nur in Wollüsten sitzet, vnd für zärtligkeit jhren fuß nie auff die erden gesetzet, ein vrtheil sprechen; Schupp 1657 Freund in d. Not 8 eine vornehme gräfliche dame; Karl L. v. d. Pfalz 1663 Schreiben 129 LV. die grävin hatt eine dame, siehet eben wie Rockwood sein butzeman auß (beide DWB N.); Schilling 1669 Kathol. Totengerüst e4a Die schöne Dama wol bekannt, In Oestreich diesen Landen, Maximiiiana genant, Ist nichten mehr vorhanden; Grillandus 1683 Polit. Hasen-Kopff 280 Alle der Princessin sonst vertraute Hof-Damesen/ riethen und befragten sich; Kautzsch 1685 Bierglas 257 Eine überaus schöne Adeliche Dame; Ahr. a S. Clara 1686 Judas 162 Ein vornehme Dama; Dalhover 1687 Gartenbeetlein I 380a Hof-dama; Schellhammer 1692 Köchin 141 Fürnehme Damen, wie sie sich unteutsch genennet wissen wollen; Reuter 1696 Schelmuffsky 16 allwo wir . . in einen [!] grossen Hauße einkehreten, worinnen viel vornehme Standes-Personen und Damens logireten; Selhamer 1699 Tuba I 449 aber diesen ungläubigen Hof-Docken zu Lieb will ich obbemeldten Satz mit einer adelichen Welt-Dame belegen; Winterfeld 1700 Ceremonialpolitica II 415 zu Wien wird keine dame, ehe sie sich versprochen, sich in einiger gesellschaft finden lassen, es sey denn eine frau dabey . . mit denen damen aus dem kayserl. frauen-zimmer fähret allezeit eine cammer-frau (DWB N.); 1702 Monatl. Auszug Dez. 26 Als sie ihm nun gesaget/ es wären ja viel junge und schöne Dames bey Hofe/ unter welchen er eine außlesen könnte/ . . antwortete der König . . es wäre ihm dieses nicht zuwieder/ und wolle er . . sich eine maitresse zulegen; Elis. Charl. 1704 Br. I 357 madame de Vantadour ist also auch seine baß. Dieße dame ist meine dame d'honneur geweßen; 1709 Malum Ovum 141 Ein Adelichs Weib wird insgemein genennet ein Dama; Ettner 1715 Hebamme 444 eine Adeliche Dame; Philo 1722 Ruhm d. Tobacks 59 Hoff-Dames; Conlin 1725 Narrenkur 61 mit einer von Hoch-Adelichem Geblüt und absonderlicher Schönheit begabten Dame; Sperander 1727 A la mod Sprach 176 Dame d'honneur, eine EhrenDame bey Hoff, welche die Vornehmste unter dem Hoff-Frauen-Zimmer ist . . Dames du Palais, also

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Dame

werden in Franckreich die verheyratheten Hof-Dames genennet; Keyssler 1729 Reisen I 211 Die Comtesse de Carpené, eine Dame von vielem VerStande, erzählte neulich, daß, als der Prinz Eugen in diesen Landen gewesen, einsmals nebst ihr zwanzig Damen bey Hofe erschienen; 1730 ebd. I 649 Man sieht ferner allhier und in den nächsten Zimmern die Venus vom Titiano, . . viele Portraite italienischer und auswärtiger Damen; 1741 Begebenheiten 77 eine Dame und zwar von adlicher Herkunfft; 1765 ]üng. Eulenspiegel 181 Du bist ja keine ordentliche Dame, du bist ja nur eines Bürgers Tochter vom Kuhmarkte ( T R Ü B N E R ) ; Lenz 1774 Menoza IV 1 (Pfütze, Lenz 68) Dame d'honneur; 1784 Berlin. Monatsschr. IV 131 Die spröde Dame Vernunft; Wieland 1785 Br. an Reich O.S. die Dames in der engeren Bedeutung lassen sich nicht gern unter die Rubrik Frauenzimmer stecken; und die übrigen mögen es wohl leiden, wenn sie (nach französischer Sitte) Damen gescholten werden (ZFDW VIII 23); List 1785 Statistik 36 das leben einer dame vom stände (DWB N.); Bretzner 1787 Leben 1 309 Dame Erfahrung; ders. 1788 Leben III 99 Dame Justitz; Müller 1789 Emmerich V 158 Dame! — Eine Dame! — Herr, das beginnt von der breiten Basis des angetraueten Weibes des Krautjunkers, und endigt in den Gipfel des Thrones. Nur was zwischen diesen beyden Aussenlinien begriffen wird, das ist Dame in Deutschland. Alles übrige ist Frau oder Frauenzimmer; Cramer 1792 Adolph l 17 Es war eine wahre Seltenheit, ihn ein Wort mit einer Dame sprechen zu hören, und hatt' er irgend auf einem Turnier den Dank erhalten, und mußt' abends beim Tanze die Dame, aus deren Hand er ihn empfangen, Ehren halber, zum Reihen aufführen, so standen ihm die hellen Schweißtropfen auf der Stirn; Herder 1792 - 97 Br. Anhang (S. W. XVIII 333) aus Kammerfräulein Dames d'honneur; Goethe 1795-96 Lehrjahre (WA I 22,302) Sie ward Hofdame an einem benachbarten Hofe, wo er sie einer Freundin . . zur Aufsicht und Ausbildung übergeben konnte; ebd. manchmal mußte ich über die Person, die ich nun als . . junge und fromme Stiftsdame in der Welt spielte, heimlich lächeln; Kortum 1799 Jobsiade 315 Sie . . war Viehmagd und zugleich Dame d'atour; Büchner 1835 Dantons Tod (S. W. u. Br. I 50) Wir werden wenigstens nicht mit Schwielen an den Fingern der hübschen Dame Verwesung die Wangen streicheln; Bauer 1836 Überschw. II 73 Schon hörte man die Abendglocke läuten, und die Gesellschaftsdamen hatten Madame Judith der Einsamkeit und dem Negligee überlassen, als Ruprecht den Kaiser meldete; Düringer 1841 Theaterlex. 67 AnstandsDame (SANDERS 1871); Heine 1851 Romanzerò 32 Die erste Dame d'atour (SANDERS 1871); Gerstäcker 1853 Reisen I 121 Konnte ich so vor

Donna Manuelita, der ersten Dame des argentinischen Reiches, erscheinen?; Keller 1854—55 Heinrich (S.W. XVI 71) Auch in meines Vaters Geburtsdorf . . war die ehrwürdige und zugleich muntere Dame Restauration mit allen ihren Schachteln und Kartons feierlich eingezogen; 1855 Prutz' Museum I 219 Dame aus höhern Ständen; Moltke 1865 Ges. Sehr. VI 436 auch nahmen die Damen der Kaiserin daran theil; Otto 1866 Recht 88 Zum Ausschuß wählte man die Damen Schönwasser aus Düsseldorf, Grans aus Weimar; 1871 Preuss. Jahrb. XXVII 203 Damenämter des Hofes; Hillebrand 1876 England 248 grande dame; Moy 1879 Standesheer 20 süperbe Erscheinung, feine Haltung, grande dame vom Scheitel bis zur Sohle; Nordau 1885 Paradoxe 66 f. wenn er nicht gleich einem bekannten königlichen Sonderling sein Lebelang als einziger Zuschauer im Theater sitzen und dem Schauspiel zusehen will, das seine Gedanken vor ihm allein aufführen . ., dann muß er seiner Originalität eine Gesellschaftsdame miethen, die Geduld heißt; Schneegans um 1890 Memoiren 388 Kablé war dort im Gespräch mit einer altdeutschen Dame. Ich erfuhr später, daß es eine Dame der preußischen Aristokratie . . war; Liliencron 1896 Poggfred (XU 176) Mettwurst und Ledderkäs, der Dorfbierkrug,/ Als Dame d'honneur de schlankse Buerdeern; Fontane 1898 Zwanzig 420 weil eine der Königin empfohlene vornehme Dame verschiedene Gesangspiecen vortragen werde; Th. Mann 1909 Hoheit (W. II 137) Mit „Jettchen" war ein Fräulein von Isenschnibbe gemeint, der Fürstin vertraute Dame und Freundin; Handel-Mazzetti 1929 Maria I 57 da der hocherlauchte graf von Meißen eine dame d'honneur für allerhöchst seine Schwiegertochter hier zu suchen geruht (DWB N.); 1929 Nord u. Süd LIl 220 Mit der fürstin Marie von Bülow . . ist die letzte „grande dame" der Berliner gesellschaft dahingegangen (DWB N.); Münch. Stadtanz. 1. 12. 1950 Daß das einstige damenstift an der alten stelle im neuen glänze wiedererstehe, das ist der erste wünsch der . . studiengenossenschaft (DWB N.); Th. Mann 1951 Erwählte (W. VII 50) Dieses alles also war Dame Eisengreins Passion; nicht genug davon konnte für sie sich auf der Burg ereignen unterm Ingesinde, aber selbst zu den Flachsbäuerinnen in den Dörfern ging die Burgfrau hinaus; Pörtner 1964 Erben 56 Um den Hals hatte die Fürstin — denn nur eine Dame aus fürstlichem Geschlecht konnte sich derartige Kostbarkeiten leisten — ein schweres Kollier von barocker Pracht getragen; Hornstein 1969 Adieu 205 Die damen Ysselstein (DWB N.); Spiegel 3. 5. 1993 J e mehr die Linke, arg geschurigelt von den erzenen Sandalen der Dame Geschichte, ihr klassisches Pro unterwegs verloren hat, . . , desto mehr hängt sie ihr . . Herz an die Ersatzdroge Anti.

Dame Dame le: Dohna 1613 Reichstag 282 denn sie heften den dames ihr leib und gut ergeben; Allert 1627 Tagebuch 49 weil sie da zu Wien für eine gemeine Dame sich . . gebrauchen ließ (beide JONES); 1630 Schausp. engl. Komödianten 224 mit zu den damägens zu gehen, darzu bin ich fix (DWB N.); Rist 1642 Rettung F2r Dame . . von einer offenbahren berüchtigten Huren (JONES); um 1650 Satyra (Weim. Jahrb. I 298) des Abends geht er aus zu Damen und Maitressen; Lauremberg 1652 Scherzgedichte 43 Ick bin keine Dame, du lichtferdige Finck, Dine Moder de Hoer was sülek ein Dinck — Se meenden, Damen wehren Sögen edder Teven, Edder eine de Horerie hadde bedreven; Logau 1654 Sinngedichte I1,67 Was Dame sein und denn, was Dama [Damhirsch], wird verspüret, Daß jene Hörner macht, und diese Horner führet (TRÜBNER); Schupp 1663 Ehrbare Hure (Sehr. 491) eine in der gantzen Stadt bekante Dame; 1677 Machiavell. Hokuspokus 207 die Hure (oder Dame, bösen Verdacht zu vermeiden); Statius 1716 Poesie 21 zu unserer Zeit wird sie [die Poesie] als eine liederliche Dame prostituiret, und zu allerhand Üppigkeit und Unfläterey von vielen angewendet; Ettner 1719 Maulaffe 655 Nun aber ein Wagen eine Chaise, eine Hure eine Dame, und ein Schelm ein Politicus heisset, so ist die Redligkeit aus der Welt geflohen; Schummel 1773 Duell 94 hatte er auch eine Dame bey sich — Ein Mensch willst Du sagen; Kotzebue 1801 Klingsberg 32 Aber zum Henker! ein Dämchen, das so in der Welt herum reist, und in großen Städten nach Leutnants fragt, ist doch wohl kein Tugendspiegel (TRÜBNER); 1848 Hofdamen-Br. 152 eine Menge sogenannter Damen; Holtei 1860 Eselsfresser 11 91 denn die sieben Damen, die sie zusammentreiben wollen, werden wohl mit Respekt zu sagen Kittelschnepfen sein; Lindenberg 1883 Berlin ¡14 Damen oder sagen wir lieber „Dämchen"; Boy-Ed 1892 M. 63 So soll ich Ihre flotten Dämchen etwa als bis in unser Jahrhundert versprengte, entartete Priesterinnen oder Jüngerinnen einer Göttin nehmen ..?; Harden 1892 Apostata Ν. F. 43 gefällige Töchter einer gefälligen Mutter . . alle die . . galanten Dämchen der vorurtheillosen Maupassant-Welt; Hegeler 1908 Ärgernis 261 Er hatte in Gesellschaft einiger Dämchen des Guten zu viel getan; zur Megede 1911 Quitt 317 weil da der „Damen" viel, doch keine einzige Dame zu finden war; Lokesch 1927 Fortf. v. Scherr, Kulturgesch. 704 Auf den Bänken saßen und räkelten sich die „Damen", deren Berufskostüme meist in einem leichten, durchsichtigen Empirekleid (lies: Hemdchen) bestand; Werfet 1928 Abituriententag 23 Haben Sie niemals eine Frau, eine Geliebte, ich meine etwas Eigenes, etwas Anderes besessen als diese Damen?; Wilke 1930 Erinn. 81 der dort lustwandelnden Dämchen; Süd-

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dtsch. Ztg. 30. 7. 1954 worauf ein Massenauszug von „Damen mit Köfferchen" eingesetzt habe. Außerdem sei mehrmals darum ersucht worden, freie Zimmer an evakuierte Münchner oder Flüchtlinge, statt an leichte Mädchen zu vermieten; Middendorf 1959 Soziologie 139 Der Kunde oder Freier ruft eine bestimmte Nummer an und wird dann von einer „Dame" aufgesucht; Spiegel 26. 4. 1993 Mit von der Partie waren neben geistlichen und weltlichen Würdenträgern auch zahllose Damen des horizontalen Gewerbes; ebd. 28. 11. 1994 In der Garage stand ein riesiges Bett, da wartete eine Dame, und ich sollte nun zur Sache gehen. Dame ld: Allert 1627 Tagebuch 79 dass sie sie [Frau Oelhafin] für die braveste Dame in Schlesien hielten (JONES); 1630 Schausp. engl. Komödianten 199 die durch vnglück anher zu land gestossene damichen (DWB N.); Rist 1640 Spiegel Dv Die Wörter/ Cavallier vnd Dame/ weil sie auch vnter den Schornsteinfegern/ Ratzenfengern/ . . vn derogleichen . . Leuten nunmehr dermassen gemein sind worden (JONES); Mandelslo vor 1644 ReyseBeschr. 6 nam ich den englischen residenten . . an die hand und führete jhn an statt der dame ein paar mahl herumb (DWB N.); Menantes 1709 Satir. Roman Vorw. 3b Denn wenn man in einem Roman von Damen geschrieben, die viele Tugenden besessen, hat man sie garstig von Gestalt geurtheilet; Callenbach 1714 Wurmatia 38 die Dames und Herren begrüssen; Philo 1722 Ruhm d. Tobacks 51 Dames von grosser Distinction; 1744 Belustigungen ¡1 94 ihnen zum Besten ersuche ich . . die sämmtlichen Damens gehorsamst, ihnen Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen; Bürger 1780 Br. an Gatterer (Bürger-Gatterer-Briefw. 103) dass die Damenrollen durch wirkliche Damen besorgt werden; 1781 Dtsch. Museum II 515 denn wenn gleich Rosine keine Dame du ton ist, so bleibts doch gegen den Karakter immer fille bien née sich so mit einem Barbier zu familiarisiren; Goethe 1781 Maskentanze (WA I 16,286) Der [der neue Weg] führt' uns nun zu andern Künsten,/ Die gute Dame war zu Diensten; Rinck 1783 — 84 Studienreise 176 die Damen — so heissen hier alle Kaufmanns-Weiber, nennen sich auch gröstentheils von: wie die Holländer van; Moritz 1785 Reiser 302 Philipp Reiser war mit diesem Gedichte auch insoweit zufrieden, bis auf die Natur, die wie eine Dame, vor Gott niederknien sollte — welches zu gewagte Bild er tadelte; Zimmermann 1785 Einsamkeit 111 14 Weltdamen; ebd. III 472 Empfindsames für Landdamen; Archenholz 1787 England III 88 eine Stunde darauf war das Küchenmensch eine Dame; Bretzner 1787 Leben II 120 Stadtdame; ebd. II 267 Dame von Welt und Geschmack; Stäudlin 1788

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Gedichte I 320 Meine Damen und Herrn; 1790 Journal d. Moden V 668 Damens-Hüthe; Foote 1796 Engländer (Übers.) / 65 Damengesellschaft; 1796 Journal d. Moden XI 381 Damen-Bibliothek; Goethe 1797 Br. (WA IV 12,377) Die neuen Kunstwerke . . ziehen uns heute früh einen Damenbesuch zu; 1797 Geissei 65 Hallendamen, die grösstentheils aus abgedankten Maitressen und veralterten Freudenmädchen bestehen; 1799 Journal d. Moden XIV 654 Ein Damen-Büreau muß bequem seyn, und zugleich ein schönes Meuble im Zimmer machen; Christ um 1800 Schauspielerleben 28 fluchte wie eine erzürnte dame de halle; ebd. 262 Die dames de halle oder Poissarden sind die grässlichsten ihres Geschlechts; 1802 Reminiszenzen Feldzug am Rhein 260 die feine und belehrende Unterhaltung der dame des hauses (DWB N.); Schaller 1802 Stuziade 1137 Damenwelt; Goethe 1814 Tagebücher (WA III 5,98) Spazieren. Fr. v. Stein. Damen Gesellschaft]; ders. 1816—17 Italien. Reise (WA I 32,122) in unsern Landen herkömmlich . . dal? man den sämmtlichen Damen der Gesellschaft . . sich dienstlich und höflich erweise; ders. 1823 Br. (WA IV 37,144) Wenn Dame Ottilie mir von Eisenacher Abenteuern etwas vertrauen will, so soll es mir sehr erfreulich seyn; ders. 1829 Tagebücher (WA III 12,35) die Frauenzimmer präsentierten sich in ihren Masken . . Ottilie als Phantasie, Ulrike als englische Dame; ders. 1831 Morphologie (WA II 7,59) Siehe Reichenbach: Botanik für Damen Seite 288; Jäger 1835 F. Schnabel 70 Die Damen [der Ballgesellschaft] verdanken einzig ihren weißen Kleidern einige Schonung und finden endlich einen Zufluchtsort auf dem Boden; Laube 1837 Reisenovellen VI 146 Göthes „Frauenzimmer" ist nichts mehr und nichts weniger, als was der Dandy jetzt „Dame" nennt; Döderlein 1839 Reden u. Aufs. 1 272 während er in Schiller und Göthe vielleicht nicht viel mehr als Damenschriftsteller sah; Gutzkow 1842 Br. a. Paris II 194 Damenarzt; Lewald 1843 Mappe 98 Die Mahlzeit war geendet und ich eben daran, dem Kellner die Rechnung zu bezahlen, als mein Freund aufstand um der Dame du bureau wahrscheinlich einige halbverstohlene Artigkeiten zuzuflüstern; Kohl 1845 Paris I 9 ihr schmeichelnden und scheltenden stolzen Dames de la Halle; Schopenhauer 1851 Parerga (S. W. IV 659) die Dame, dies Monstrum Europäischer Civilisation und christlich-germanischer Dummheit mit ihren lächerlichen Ansprüchen auf Respekt und Verehrung, kommt aus der Welt, und es giebt nur noch Weiber; Görtz 1852 Reise I 127 Übrigens ist in Amerika alles „Dame", was einen Hut trägt; Holtet 1854 Schneider II 163 Damenschneider; Niendorf 1854 Paris 300 Damentoiletten; Keller 1854-55 Heinrich (S. W. XVI 48) Während dieses Gespräches hatte sich zwischen

Heinrich und dem jungen Dämchen ein artiger stummer Verkehr entsponnen; ebd. XVII 234 Auf dem Boden befand sich ein vergessener Damensattel aus der alten Zeit; dieser wurde mit rotem Plüsch neu bezogen; Kossack 1855 Stereoskopen 140 Anstandsdame; Keller 1855 Br. an Vieweg 142 Damenromane; Seyffarth 1855 Paris 186 Anm. Das aber ist Thatsache, daß zu der Zeit, in welcher der Vorfall spielt, es guter Ton war des Morgens die Halle zu besuchen, mit einer der „Damen" anzubinden, sie zu reizen, und über den ganzen Markt sich verhöhnen zu lassen; Grabowski 1863 Off. 167 wie ist es möglich, in einer Stadt wie Berlin innerhalb acht Tagen eine Damenbekanntschaft zu machen?; Giehne 1864 Zustände 41 eine „Dame von Welt"; Springer 1868 Berlin 73 Diese alte Dame sucht zum zehnten Male in ihrem Leben eine Anstellung als Gouvernante; Eckstein 1876 Satir. Zeitbilder 71 Damenwelt; Faucher 1877 Culturbilder 221 da sich in jeder dieser Miethskasernen ein Concierge befindet, der auf alle, die in das Haus treten, zu achten hat, sind heimliche Besuche, sei es von Damen, sei es von Herren, fast ganz unmöglich; Hansjakob 1879-1909 Jugendzeit 1 68 „Damenkränzle"; Reichenbach 1880 Roman e. Bauernjungen 132 Damen vom Theater; Anzengruber 1883 Ges. W. XI 20 der mehrere teil der stadtleute ist schwach und die weiberleut', damen heißen sie s' dort, schon gar (DWB N.); Holz 1884 Neue Gleise I 101 geschminkte dämchen und gezierte Stutzer (DWB N.); Nordau 1885 Paradoxe 67 Gesellschaftsdamen; 1888 ZDÖAlpenver. 265 Wir aber machen diese „Damentour", um vornehmlich auch Appenzellersches Volksthum zu studiren; Diringer 1889 Tanzkunst 63 Damenwahl; 1891 Erinn. 70/71 167 Damenconfektionsartikel; Proelss 1891 Modelle 69 Daß sie nicht gebildet ein Glück mehr ist's für mich. Ich hasse die Halbbildung unserer modernen Dämchen; Lindenberg 1893 Berlin 14 Damenbesuch; Frapan 1893 Gesichter 122 „Meine Damens, denn die Damens gehen bekanntlich immer voraus, un meine Herrens! .."; Zapp 1896 Offizierstöchter I 193 Kneipen mit Damenbedienung; Suttner 1896 High-life 7 Du bist jetzt eine erwachsene Dame; Th. Mann 1901 Buddenbrooks (W. 1 236) Man mußte den Verlust der alten Dame mit Fassung ertragen. Sie war steinalt geworden und hatte zuletzt ganz einsam gelebt; Duimchen 1902 Mittel 295 Der kleine Damensalon ist . . für sie vorbehalten; Rilke 1907 Gedichte (S. W. II 346) Blasse Dame vor den blinden Tiefen/ trüber Spiegel . . Müde Dame mit dem Peignoir/ aus mit Einstigem verdünnter Seide/ . ./ Süße Dame mit den Seidenschuhn/ . ./ Große Dame/ die . . sich dem trüben Glase/ grauer Spiegel überläßt; 1908 Delbrück-Festschr. 354 Damenmannschaft; Grabein 1911 Hans 17 Damengarderobe; zur Megede

Dan 1911 Quitt 300 Damencoupé; Benn 1913 Gedichte (Ges. W. HI 366) Die Treue und Märchenhaftigkeit der Kornblumen/ ist ein hübsches Motiv für Damen; Barlach 1913 — 16 Seespeck 172 er [sah] ein hübsches kindermädchen, halb noch Schulkind, halb dämchen (DWB N.); Dombrowski 1920 System II 78 er hielt literarisch-aesthetische Vorträge in Damenzirkeln des Berliner Westens über die neuesten Dichter; 1924 Eulenspiegel II 8 Wie geschmacklos wirkt dagegen, wenn unsere heutige, besonders die akademische Jugend von der Mutter als „meiner alten Dame" spricht (TRÜBNER); Smithanders 1926 Nordamerika 141 Am Ende der langen Fahrt sitzt an der Sperre, wo es aus der Gebundenheit des abgegrenzten Weges in den eigentlichen Saal hinausgeht, eine Dame. Mit einem einzigen Blick übersieht sie die Speisen auf dem großen Tablett, ergreift den Scheck und locht auf ihm den Rechnungsbetrag; Harden 1927 Versailles 56 Damenkapelle; Koralle 1928 Apr. O.S. Der moderne Damenschuh hat einen ausgesprochen hohen Absatz; Borchardt 1929 Erz. 91 wenn ich nicht fürchten müßte, sie von übermorgen an . . der gesellschaft meiner damen überlassen zu müssen (DWB N.); Heilborn 1929 Revolutionen II 91 Die Dame — oder soll man sagen: die bürgerliche Frau? — ist repräsentative Erscheinung geworden; 1931 Schwarzburg 9 Es ist kein Zufall, daß bürgerliche Frauen, soweit sie wirklich Frauen und nicht bloß „Damen" sind, den Weg zur Arbeiterschaft, in erster Linie zur Arbeiterfrau weit leichter finden als der bürgerliche Mann; Broch 1931—32 Schlafwandler 133 hier ist Damentoilette und der Herr Leutnant können ja hier nicht bleiben; Montag 11.4. 1932 Dagegen waren die Engländer sehr zuvorkommend gegenüber etwaiger Damenbegleitung; Ostwald 1932 Berlinerdeutsch 45 Kein Verjniejen ohne den Damens, aber mit die Damens jeht's in dem Jelde (TRÜBNER); Beri, lllustr. Nachtausg. 18.2. 1933 die Entwicklung der Damenmode; ebd. 22. 2. 1933 ein Schaufenster, in dem ein Dutzend halbnackter Wachspuppen aufreizende Damenwäsche zeigte; 8-Vhr-Abendbl. 6. 6. 1933 kurz vor der Schlußrunde im DamenEinzel; Β. Z. am Mittag 24. 6. 1933 Im Vordergrund des Interesses steht eine Damenstaffel 9 χ 100 Meter; Lokal-Anz. 8.8. 1934 daß er vor der „Dame des Hauses" aufstand; ebd. 4. 11. 1934 der zierliche „Damenschreibtisch"; Prien 1940 Weg 9 was hat deine alte dame dazu gesagt? (DWB N.); Münch. Ν. N. 11. 9. 1941 So war aus der weltbekannten, guten alten Ju, „der Dame in den besten Jahren", ein feldgrauer Soldat geworden; Ehrler 1946 Charlotte 29 Es war etwas davon, wie man auf den damaligen Jahrmärkten der „Dame ohne Unterleib" die Hand gab und spürte, ein Strom ginge durch den Körper; Jahnn 1949 Fluß II 1,188

19 einmal in der woche wollte sie . . die dame des hauses sein (DWB N.); Weizsäcker 1950 Erinn. 163 Er war vielgereister Diplomat, ein schlanker älterer Junggeselle, Damenfreund, von lässiger Eleganz, nie ohne rote Nelke im Knopfloch; Süddtsch. Ztg. 24. 9. 1951 den umstrittenen „Damensitz" der Soziusfahrerinnen; Adorno 1951 Minima moralia 44 So kommen am Ende die Damen der Gesellschaft zur Ehre ihrer Unehre in dem Augenblick, in dem es keine Gesellschaft mehr gibt und keine Dame; Dürrenmatt 1952 Richter 11 nie gab's Geschichten mit Damen oder so; Grass 1962 Blechtrommel 221 Das Damenbad: Wenn Frauen unter sich sind, sich unbeobachtet glauben, sollte ein Jüngling, wie ihn Oskar damals in sich zu verbergen wußte, die Augen schließen und sich nicht zum unfreiwilligen Zeugen ungenierten Frauentums machen lassen; ders. 1963 Hundejahre 132 Harry Liebenau erklärte . . in jener Gasse hätten im achtzehnten Jahrhundert die Sänften vornehmer Patrizier und Damen gestanden; Wolf 1968 Nachdenken 105 Warum aber den Wunsch, auch manchmal Dame zu sein, unterdrücken? (DUDEN 1993); M M 26.11. 1970 die Chefs . . mit ihren Damen; FAZ 12. 3. 1971 In amtlichen Schreiben, die von Dienststellen der Bundesregierung ausgehen, erscheint immer mehr statt des konventionellen, aus dem Geschäfts-Sprachgebrauch stammenden „Sehr geehrte Herren" die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren"; Schädlich 1977 Nähe 148 Eine Alte mit Bauchladen, Tabakwaren, Ansichtskarten, trägt in der Hand ein Bündel Papierfähnchen, die werden verkauft an eine Dame in einem roten Kleid mit weißem Pelzkragen; Zeit 3. 5. 1985 oder es kommt die breite Treppe herunter . . hoheitsvoll lächelnd, die mondänste Blondine von Budapest, ganz grande dame mit ihrer Wasserwelle, irgendeinem fernen happy end entgegen, und daß um sie herum alles bröckelt, merkt sie nicht; MM 17. 7. 1985 Auch wenn sich das eher burschikose Mädchen als vornehme Empfangs- oder Vorzimmerdame manchmal nicht so wohl in ihrer Haut fühlt; Zeit 6. 9. 1985 Da die „Grande Dame des deutschen Kabaretts" . . für sich und ihr Kom(m)ödchen einen kaum noch angreifbaren Status errungen hat, können sich . . jüngere Kollegen — sozusagen unter ihrem Schutz — ungeschorener tummeln; ebd. 16.5.1986 Achtunddreißig Ratsherren und -damen aus CDU, SPD und FDP; Stern 14. 5. 1987 Auf dem Polizeigelände ist eine Sauna, allerdings noch keine gemischte. Damentag ist donnerstags. Diesmal sind die Herren dran; MM 21. 1. 1988 Lothar Späth meinte damals, wenn nur die Bakola und ihre Stuttgarter Schwester zusammengingen, dann entstehe eine „Dame ohne Unterleib" . . Gemeint war damit die Tatsache, daß beide Institute nicht über ein Filialnetz in Baden-

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Dame

Württemberg verfügen; Frankf. Rundsch. 7. 6. 1990 Da sind sich bundesdeutsche Spitzenfunktionäre — nach längerem Zaudern — nun mit der Ministerin einig, und bitten also zum Gruppenbild mit Dame; MM 11.10.1990 Nach der BNDD a m e ging nun ein Verfassungsschützer als MfSSpion ins Netz; Spiegel 23. 11. 1992 Seine [Clintons] Frau ist die erste qualifizierte Emanze im Weißen Haus. Politische Aktivistin, kämpferische Feministin, erfolgreiche Juristin: zu gut fürs D a m e n p r o g r a m m ; ebd. 4. 1. 1993 Sind Ihnen da wieder die Damen und Herren vom Justizministerium in die Quere gekommen?; ebd. 31.5.1993 Als Ermittler im M a i . . das Düsseldorfer Regionalbüro der D G H S durchsuchten, hockte im Wartezimmer eine ältere Dame. Zwei Kriminalbeamte beobachteten, wie eine Mitarbeiterin der Frau heimlich einen Zettel zusteckte; ebd. 26. 7. 1993 „Ich schreibe eben über die wahre Liebe, nicht über Sex . .", klärt D a m e Barbara die LiteraturLage, und rot sind dabei nur die beiden Rougekleckse neben den überschminkten Gesichtspflastern; ebd. 20. 9. 1993 Als die „große alte D a m e der deutschen Politik" wird sie [Hildegard H a m m Brücher] ja ohnehin gern apostrophiert; ebd. 29. 11. 1993 Computergigant N E C steigt aus dem Federation-Cup der Damen aus und hat sein Engagement bei den M ä n n e r n intern zur Diskussion gestellt; ebd. 1. 8. 1994 Edith Clever ist auf diesem Rummelplatz der Peinlichkeiten die D a m e ohne Unterleib.

damenhaft: 1842 Br. v. Levin Scbiicking u. Louise v. Gall 99 so d a m e n h a f t bin ich nicht; 1843 ebd. 222 „ich habe mich zwar bemüht, so wenig damenhaft wie möglich zu schreiben" — ; ich glaube aber, die Frau guckt überall heraus; Villers 1870 Br. e. Unbekannten 1 90 verkehrten wir in ein paar Wochen Trennung nicht mehr miteinander als in Jahren gemeinschaftlich verzehrter Beefsteaks . . jeden Augenblick vom doppelten Portiersläuten damenhaft aufgeregt?; Suttner 1896 Higb-life 249 Du hast Recht, wenn Du nicht jagen willst; es ist nach meiner Ansicht nicht damenhaft . . an und für sich ist das Sporttreiben für Frauen nicht hübsch; Edel 1917 Glashaus 79 Nicht plump, immer d a m e n h a f t und zurückhaltend, machte sie auf Edward . . einen regelrechten Angriff (TRÜBNER); Tb. Mann 1924 Zauberberg (W. III 110) Sie w a r nicht sonderlich d a m e n h a f t , die H a n d , die das H a a r stützte, nicht so gepflegt und veredelt, wie Frauenhände in des jungen H a n s Castorp gesellschaftlicher Sphäre zu sein pflegten; Voss. Ztg. 19. 9. 1929 den neuen damenhaften Stil und seine reizvollen Launen und Details; Broch 1931 Schlafwandler I 41 Hinter dem Verkaufstisch sass eine weisshaarige Frau, beinahe d a m e n h a f t ; Schramm 1943 Hamburg 430 Was in dieser üppigen, fließenden, wieder d a m e n h a f t ge-

wordenen . . Kleidung an erotischen Reizen verborgen und zugleich enthüllt wurde; V. Mann 1949 Wir waren fünf 502 Fritzi Massary, der besten und damenhaftesten Operettendiva, die wir je gehabt haben; Bergengruen 1954 Kittmeisterin 36 Sie hat etwas Damenhaftes, wiewohl sie, wenn ich meiner Schuldigkeit ein Trinkgeld beifüge, dies keineswegs verschmäht; Welt 17.2.1969 Dennoch ist das Idealbild der bundesdeutschen Frau . . d a m e n h a f t , elegant und durchaus kosmetikbewußt; M M 27. 1. 1987 Vor ein seltsam unwirkliches Gericht in viktorianischen Roben gestellt, rechnet Ketewan, jetzt überlegen damenhaft im Sommerkostüm, mit dem Verfolger ab; Spiegel 29. 8. 1994 Ich wußte nur, daß sie d a m e n h a f t sein sollte. Sie mußte eine Frau sein, die sich noch nie in einer solchen Situation ausgezogen hatte und die niemals an einer Orgie teilnehmen würde. Damenhaftigkeit: 1874 Gartenlaube 244a dabei müßten sie freilich jenen mühsam gewahrten schein der damenhaftigkeit aufgeben; Werfel 1929 Barbara 166 falls sie mehr auf vornehme sittenstrenge gewicht legt als auf mondäne damenhaftigkeit (beide DWB N.); Welt 12. 2. 1949 Und vergiß . . nicht, daß Fieberträume auch D a m e n heimsuchen können, und daß sie trotzdem ihrer Damenhaftigkeit nicht ohne weiteres verlustig gehen; MM 19. 7. 1985 Sie freilich reibt sich trotz ihrer gelassenen Ruhe — ist es Damenhaftigkeit, ist es n o r m a n nisches Temperament? — eigentlich ganz gern. D a m e 2a: Hulsius 1607 Dictionaire I 213 im Dambrett spielen . . Dambrettspiel (JONES); Selenus 1616 Schach-Sp. 32 dasjehnige spiel, so man bey uns, das dammen-spiel nennet (DWB N.); Hainhofer 1617 Corr. 319 Damenspill; 1627 Calvi's Beutelschneider II 128 das Damspiel spielen (JONES); Schwenter 1636 Delitiae physico-math. 399 Discours vom D a m m vnd Schachtspiel — den ersten Zug im D ä m m e n ; Harsdörffer 1643 Gesprechsptele HI 457 damenspiel. wer mit den damen spielt, der neme sich in acht/ w o nicht die spate reu' jhn machen soll verlacht (DWB N.); Duez 1652 Nomencl. 162 damen spielen; Saar 1662 Kriegsdienst (Zugab) 7 u m die Zeit zu kürtzen wird das Bret-Spiel und der D a m nit gewehret; Grob 1678 Versuchsgabe 137 Aber Chloris, wie man saget, hältet nur von einem viel,/ Da sie doch stets unden lieget, dieses ist das Damenspiel; Amaranthes 1710 Proben I 124 dein bretspiel, welches uns noch kurtz zuvor ergötzt,/ läßt mir, erzürntes kind, durch stumme stein sagen,/ die damen können vor und wieder rückwerts schlagen; ders. 1715 Frauenzimmerlex. 403 dame ziehen, ist ein gewisses spiel in dem brete von aussen, w o zwölff weisse steine gegen so viel schwartze ausgesetzet . . wer-

Damoklesschwert den (beide DWB N.); Elis. Charl. 1720 Br. V 213 monsieur de Haye . . hatt mir etwaß gar curiuesses gewießen, nehmbli[c]h 30 damen vom dambrett, womitt Charle-quint t[r]ictrac oder damen gespilt. Auff jeder dame, so rodt undt weiß von leichtem holtz sein, ist ein contrefait erhoben wie in goltgeschmeltz mitt lebhaften färben; Sperander 1727 A la mod Sprach 176 Dames, heissen die Steine zu dem also genannten Damen-Spiel; Zedier 1734 Universallex. VII 82 Dame ziehen, ist ein Spiel auf dem Bret, da man in gewissen darauf abgetheilten Feldern zweyerley an Farbe unterschiedene rundgedrechselte Steine, derer insgemein 12. an der Zahl seyn müssen, gegen einander setzet, und so lange nach gewissen Vortheilen vor sich ziehet, biß man in die letzten Felder des Feindes einen oder mehrere Steine von denen Seinen gebracht, welche so dann zum Sieges-Zeichen mit einem Steine von dieser Art gecrönet werden müssen, davon ein solcher doppelter Stein hernach eine Dame genennet wird; Trichter 1742 Ritterlex. 484 damen ziehen; ebd. 485 ein solcher doppelter Stein . . Dame genannt wird; Geliert 1746 W. I 136 Ein Affe sah ein Paar geschickte Knaben Im Brett einmal die Dame ziehn (TRÜBNER); Goethe 1771 Götz (WA l 39,53) Er . . spielte gern mit den Damen und auf der Dame; 1777 Gotting. Musenalmanach 187 eifrig, wie man weiss, trieb er das Damenspiel; Leisewitz 1780 Tagebücher 11 117 wo ich . . Dame spielte; 1781 Merkur (W.) 1 147 Wie es aber gekommen, daß es aus einem Soldatenspiel ein Damenspiel geworden, können wir nicht sagen; Kloss 1808 Idiot, d. Burschenspr. 37 Hure [d.i.] Dame im Spiele; Clauren 1817 Lustspiele Π 1,114 Se. Excellenz wollen gern Dame mit mir spielen (TRÜBNER); Herbart 1841 Vorlesungen 134 Damenbrettsteine; C.F.Meyer 1883 XI 179 da wurde dame gezogen oder schach gespielt (DWB N.); Winnig 1938 Welt 66 ein richtiger künde kann mühle oder dame spielen (DWB N.); 1965 Spiegel Nr. 22 ein modell des damebretts (DWB N.); M M 26. 11. 1985 Unterhaltung an Bord verheißen elektronische Spiele wie Schach, Mühle, Dame und Monopoli; Spiegel 16. 5. 1994 Da standen zwei Herren hüfttief im glasklaren Wasser und spielten Dame, um sie herum kreiste ein Hai. Dame 2b: 1638 Dreißig). Krieg 327 wenn ich hätt eine andere dam bekommen, so wäre mir das spiel besser zugeschlagen (DWB N.); Schorer 1644 Sprachverderber o. S. Die Saw heissen sie ein es,

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die Fraw ein Damen, . . Ja wo sihet man mehr viel Teutsche Karten oder pappir blätter es muß alles Frantzösisch sein; Halle 1765 Werkstäte d. Künste IV 139 die erste [kartenform] enthält 2 könige, 2 damen, von herzen und würfeln (DWB N.); Lichtenberg 1768 Aphorismen 48 ehmals sagte man von einem schlechten Kupferstich, der Kupferstich ist schlecht, jezt haben die Beurtheilungen mehr Feuer. Von einer Coeur Dame werden sie so urtheilen. Das Gesicht hat zu viel locales, die Augen haben von den Augen der Juno, die der Cartenmacher sich zu erreichen gesucht hat, nichts als die Größe; Lessing vor 1781 S. Sehr. 1 578 Koeur- oder Herzen-Dame; Büchner 1842 Leonce u. Lena (S. W. u. Br. 1122) wie Spielkarten, mit denen Gott und der Teufel aus Langerweile eine Parthie machen und Ihr seid der Kartenkönig und ich bin ein Kartenbube, es fehlt nur noch eine Dame, eine schöne Dame, mit einem großen Lebkuchenherz auf der Brust; Th. Mann 1924 Zauberberg (W. III 878) Verfallen den Launen des Kartenkobolds, beglückt von dieser phantastisch wechselnden Gunst, die zuweilen, in leichter Glücksschwebe, von allem Anbeginn die Elferpaare, das Bub-Dame-Königsbild sich häufen ließ; Grass 1962 Blechtrommel 44 Wie leicht durch eine einzige Geste, durch das bloße Aufzeigen der Skatkarte Herz Dame, ein gerade noch unaufdringliches Symbol beschworen werden kann; Grupp 1970 Kartenspiele o. S. er muß . . nicht unbedingt die Kreuz-Dame ausspielen, sondern einfach einen so hohen Trumpf, daß er den Stich mit Sicherheit bekommt; Spiegel 3. 10. 1994 Flirtpatience mit Rainhard Fendrich: Buben wollen unter Damen liegen, damit alles aufgeht.

Dame 2c: Philidor 1754 Schachsp. 2 [Hauptsteine im Schachspiel sind] der könig, die königinn oder die dame, die zwei thürne; Gutsmutbs 1796 Spiele 446 die königin, dame . . besser und richtiger der feldherr . . ist der wirksamste stein im ganzen spiele; Faecke 1965 Milan 119 [er war] immer auch ein wenig ängstlich, springer oder türm zu beschädigen, der dame den lackierten hals zu brechen (alle DWB N.); Zeit 15. 2. 1985 In der 44. Partie wechselte Garri mit Weiß endlich von den durchgekauten Damenbauern-Eröffnungen zum guten alten e4 und brachte seinen Gegner in einer spanischen Eröffnung sofort an den Rand der Niederlage; Spiegel 4. 10. 1993 Was auf den ersten Blick wie eine Hausse um Dame und König anmutet, ist das womöglich letzte Gefecht. HK

Damoklesschwert N. (-(e)s; PI. ungebr.), seit Anfang 19. Jh. nachgewiesene, phraseologisch verwendete Zs. mit dem Namen des Höflings Damokles, der nach der griech. Sage den Tyrannen Dionysos um Glück und Macht beneidete, weshalb dieser

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Damoklesschwert

ihn an üppiger Tafel sitzend speisen ließ, mit einem S c h w e r t , das über seinem K o p f an einem Pferdehaar hing, u m i h m auf diese Weise das Gefühl für die

ständige

B e d r o h t h e i t der L a g e eines H e r r s c h e n d e n zu vermitteln. I n d e r B e d . ' ( m i t t e n in S i c h e r h e i t , A h n u n g s l o s i g k e i t , G l ü c k , F r i e d e n , G e n u ß )

mehr

o d e r w e n i g e r d e u t l i c h e r k e n n b a r e , d r o h e n d e G e f a h r , j e d e n A u g e n b l i c k zu b e f ü r c h tendes (schlimmes) Ereignis, Verhängnis; (ständige) B e d r o h u n g ' , von A n f a n g an vor a l l e m i m p o l i t i s c h e n B e r e i c h , b e s . in b e z u g a u f d i e V e r h ä l t n i s s e in D e u t s c h l a n d i m U m f e l d d e r b e i d e n W e l t k r i e g e (s. B e l e g e 1 9 1 9 , 1 9 3 4 , 1 9 3 6 , 1 9 3 9 ) , a u c h , s p e z i e l l in juristischen Z u s a m m e n h ä n g e n ,

für '(zu erwartender) negativer Ausgang,

unange-

n e h m e E n t s c h e i d u n g , schlechte A u s s i c h t e n (für den F o r t b e s t a n d , den E r f o l g eines U n t e r n e h m e n s , V o r h a b e n s ) ; d r o h e n d e B e s t r a f u n g ( f ü r e i n U n r e c h t , e i n e S t r a f t a t ) ' (s. Belege 1873, 1899,

1 9 6 9 , 1 9 8 6 ) , s o w i e a l l g e m e i n e r (s. B e l e g e 1 9 5 2 ,

1963);

selten

k o n k u r r i e r e n d m i t d a s S c h w e r t des D a m o k l e s , m e i s t in m e t a p h o r i s c h e n W e n d u n g e n w i e ein D a m o k l e s s c h w e r t

hängt/schwebt

über j m d m . / e t w a s ,

über jmds.

Haupt;

j m d . / e t w a s s t e h t u n t e r e i n e m D a m o k l e s s c h w e r t , d a s D a m o k l e s s c h w e r t des S o z i a l i s m u s , d e s / e i n e s G e s e t z e s ( s c h w e b t / h ä n g t ü b e r j m d m . / e t w a s ) , a l s / w i e ein D a m o k l e s s c h w e r t ü b e r j m d m . / e t w a s h ä n g e n / s c h w e b e n , v o m D a m o k l e s s c h w e r t b e d r o h t (sein). um 1810 (Lang, Memoiren II 126) während die armen Staatsdiener, die im Stande der Ungnade waren, das Schwert des Damokles die ganze Zeit über sich hängen sahen; Radetzky 1827 Denkschr. 433 daß die gefahr, verschlungen zu werden, als damoklesschwert über seinem [Österreichs] haupte schwebe (DWB N.); Schumann 1840 Ges. Sehr. II 249 Der Glückliche! von der Furcht anderer angehender . . Virtuosen, die spielen, als schwebe ein Damokles-Schwert über ihren Häuptern, schien er nichts zu spüren; Heinzen 1845 Bogen 201 Schlimmer als das Soldatenschwert und das Henkerschwert ist das Damoklesschwert, und dies Schwert hängt noch an allen Ecken; Halm 1847 Ausgew. W. III 74 Ein Damoklesschwert haben sie über mir aufgehangen; mich den Menschen, wollen sie leben lassen, aber den Sekretär, die bessere Hälfte meines Ichs um so qualvoller hinrichten; 1852 Prutz' Museum II 639 Ehe noch der Termin des Zollvereins abläuft, braucht Preußen blos die am Damoklesschwert schwebenden Maßregeln gegen das Papiergeld der kleineren Coalitionsstaaten zu ergreifen; Scheffel 1857 Irene 17 Schwert des Damokles hing über uns; Dincklage 1870 Gesch. II 3 er fühlte sich wie unter dem Damoklesschwert; Kudlich 1873 Rückblicke 1 173 Das Damoklesschwert der Untersuchung schwebe über seinem Haupte, weil er ein wahrheitsliebender Mann sei; Nordau 1881 Paris I 285 das Weib . . Diese ewige Unruhe in der Lebensuhr . . dieses Damoklesschwert über unserer Ehre; ebd. II das Damoklesschwert des Sozialismus drohe Frankreich zu verschlingen; Henne-am Rhyn 1897 Kulturgesch. VII 214 das . . innerlich faule und stets von dem Damoklesschwerte der Entlarvung bedrohte Hoch-

staplertum; Roscher 1899 Handel (System III 384) Unter dem Damoklesschwert einer so furchtbar acuten Schuld; Küster 1907 Ernstes 1870 - 71 40 In Sachsen war man verstimmter. Es schwebte gerade das Verschlucktwerden wie ein Schwert des Damokles über ihren Häuptern; 1916 Schwed. Stimmen 84 russischen Damoklesschwert [über Schweden]; Brentano 1917 Elsässer Erinn. 30 ein über dem Haupt der Landesvertretung schwebendes Damoklesschwert; Dehn 1919 Versailles 18 Damoklesschwert [engl. Blockade über Deutschland] . . es sei kein Damoklesschwert für die Bourgeoisie, sondern ein Advokatenschwert [Anspielung auf den Advokaten Briand], worüber die Bourgeoisie lache; Kautz 1928 Schatten 11 Das Industriemenschheitsproblem hängt . . als Damoklesschwert über der nächsten Zukunft der Nation; 1934 Deutschlands Gegner Vorr. XI Wenn der Krieg, der jetzt schon mehr als 10 Jahre lang wie ein Damoklesschwert über unseren Häuptern schwebt, wenn dieser Krieg zum Ausbruch kommt, so ist seine Dauer und sein Ende nicht abzusehen; 1936 Europ. Revue 233 Jahrelang hing das Damoklesschwert der Artikel 42—44 des Versailler Friedens über dem Rheinland; Haller 1939 Epochen 392 [1919] stand die deutsche Zukunft unter dem Damoklesschwert der Aufteilung; NZ. (Basel) 22. 1.1949 Das Damoklesschwert, das über Europa hänge, erweise sich also bei genauerem Zusehen als nicht mehr denn ein kleiner Dolch; es könne leicht dahin kommen, daß ein sowjetischer Angriff nicht mehr als einen Nadelstich bedeuten werde; 1950 ZGOberrhein XCVIII 313 unter dem Damoklesschwert einer rigorosen Zensur; Süddtsch. Ztg. 26. 1. 1951 das Schauern tief in uns vor dem „Damoklesschwert",

Dämon das am Roßhaar über uns schwebt; ebd. 15. 7. 1952 die berühmte Pianistin [hat] nach Wahrscheinlichkeit noch Anspruch auf gute zehn Jahre. Aber . . über jedem von uns hängt der Himmel voll von Damoklesschwertern; Pinkwart 1963 Mord 177 ein ständiger Aufenthalt des Ehepaares Neuberg . . erschien ihm als drohend über seinem Kopf schwebendes Damoklesschwert; Offenburger Tagebl. 29. 6. 1966 Ulbricht lehnt Dialog unter einem „Damoklesschwert" ab; Stuttgarter Ztg. 28.2.1969 Ueber etlichen anderen [Jugoslawen] schwebt das Damoklesschwert des Ausländergesetzes; auch sie werden, wenn das Innenministerium hart bleibt, früher oder später ihre Koffer packen . . müssen; FAZ 16. 2. 1971 Ein Damoklesschwert wird jedenfalls über Frankfurts SPD hängen bleiben, die nächste Kommunalwahl nämlich, bei der sie mehr denn je um ihre bisher absolute Mehrheit bangen muß; Zeit 16. 8. 1985 Wirkungsvoll sind wahrscheinlich nur angedrohte Sanktionen: das Damoklesschwert, von dem man nicht weiß, wie

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scharf es ist, das ist beängstigend; M M 5. 8. 1986 wie ein — wenn auch mittlerweile stumpfer gewordenes — Damoklesschwert schwebt die massive D r o h u n g der Grünen über der Koalition, diese Ende des Jahres platzen zu lassen; Zeit 5. 9. 1986 trotz Gerichtsbeschluß arbeitet die Gammesfelder Raiffeisenbank weiter, über sich das Damoklesschwert drohenden Vollzuges des richterlichen Urteils; MM 26. 10. 1989 Kalte Aussperrung heißt das Damoklesschwert, das von den Arbeitgebern im Vorfeld des anstehenden Tarifkonflikts geschwungen wird; ebd. 1.2.1991 Der drohende Konkurs, lange Zeit wie ein Damoklesschwert über dem Verein hängend, ist abgewendet; ebd. 29. 2. 1991 Über den regionalen Bahnlinien, die das Umland von Kaiserslautern erschließen, schwebt zum Teil das Damoklesschwert der Stilllegung; ebd. 18. 11. 1995 Fällt in Speyer jetzt das Damoklesschwert? (Überschr.) 700 Mitarbeiter im Airbus-Werk der Daimler-Benz-Tochter Dasa auf der Streichliste. IN

Dämon M. (-s; -en), seltener auch Dämonin F. (-; -nen), als lat. Wort schon im Ahd. (Notker) und in frlihnhd. Glossaren (Dasypodius) mit Teufel übersetzt, seit frühem 16. Jh. kontinuierlich nachgewiesene Entlehnung aus (m)lat. daemon '(böser) Geist, Teufel; Genius' (< griech. δαίμον 'Schutz oder Verderben bringendes göttliches bzw. zwischen Göttern und Menschen stehendes Wesen; göttliche Macht, (Toten-)Gott; Schicksal, Verhängnis', eigentlich 'Zu-, Verteiler (des Schicksals)', zu δαίεσθαι '(zu-, er-, ver-)teilen', vgl. δήμος 'Abteilung; Gebiet; Volk'), anfangs in lat. (flekt.) Formen und in der griech. Form Daimon. a Zunächst, meist im Sing., übernommen aus dem Mlat., in der vom christlichen Denken geprägten Bed. 'böser Geist, gottfeindliche Macht; Teufel' (—• Satan), daneben seit Ende 16. Jh. auch häufig im PI. verwendet als (historische) Bezeichnung für ein (nach antikem Glauben) Böses oder Gutes bewirkendes übernatürliches, übermenschliches Geister-, Mittelwesen (zwischen Mensch und Gott) (vgl. b; s. Belege 1591, 1605, 1628, 1790, 1832, 1987) sowie vereinzelt auf heidnische Gottheiten bezogen (s. Belege 1839, 1964); seit Ende 18. Jh. im Bereich von Aberglauben und Okkultismus mit bes. Bezug auf Kranke und Krankheiten auch für 'böser, teuflischer Geist (in Besessenen und Kranken); Plagegeist' (s. Belege 1789, 1846, 1855, 1956), vereinzelt bildlich (s. Beleg 1965) und abgeflacht (meist plur.) verwendet im Kontext mit Synonymen wie Geister, Kobolde, Gespenster, Hexen, Elfen, Engel, Teufel, Monster u. ä. (s. Belege 1612, 1789, 1969, 1985, 1989, 1994), in Wendungen wie Dämonen austreiben/beschwören, der Dämon ist in ihn gefahren, er ist vom Dämon besessen, als Bestimmungs- und Grundwort in Zss. wie Dämonenaustreibung/-beschwörung, -kraft/-macht, -(aber-)glauben, -reich, -lehre, -kult, -reigen/-tanz, -zauber, -maske; Fruchtbarkeits-, Todesdämonen (vgl. auch die aus dem Griech. entlehnten subst. Präfixbildungen Kakodämon bzw. Eudämon M. (-s; -en) 'jmd., der einen bösen/guten Dämon hat'). Dazu seit spätem 16. Jh. aus gleichbed. lat. daemonium übernommenes Dämonium N. (-(s); Dämonien), meist im Pl. für 'innere Stimme, Teufel; Teufelei', auch 'Gei-

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ster(-welt)' (s. Belege 1947, 1989), und eher abgeflacht 'Ideen-, Phantasiewelt, Unterbewußtsein; Irrealität' (s. Belege 1930, 1990), weitgehend gleichbed. mit seit Anfang 19. Jh. nachgewiesenem, aus griech. δαιμόνιον '(nach Sokrates) im Menschen wohnende, warnende Stimme (des Göttlichen); Gewissen' entlehntem Dämonion, auch Daimonion (vgl. Fandämonion bzw. Pandämonium 'Gesamtheit der auf den Menschen einwirkenden, von ihm Besitz ergreifenden Mächte'); seit spätem 18. Jh. das aus gleichbed. engl, demonism (Shaftesbury) übernommene Subst. Dämonismus M. (-; Dämonismen) 'Glaube an die Erfülltheit der Welt von dämonischen Geistern; Dämonenglaube, -lehre' (—• Animismus, —• Irrealismus, —> Satanismus; vgl. auch Eudämonismus 'ethische Auffassung, Lehre, die das größtmögliche Glück und Wohlleben aller anstrebt', —» Materialismus, —• Sozialismus, —» Utilitarismus). Dazu neoklassische Kombinationen wie seit spätem 16. Jh. bezeugtes Dämonomanie F. (-; ohne Pl.) (aus Dämon, Fugenvokal -o- und -manie '(krankhafte, zwanghafte) Sucht, Wahn', zurückgehend auf gleichbed. griech. μανία), für 'krankhafte Wahnvorstellung, von einem Teufel besessen zu sein; (Teufels-)Besessenheit, Hexenwahn', auch 'Gespenster-, Aberglaube', seit späterem 18. Jh. Dämonologie F. (-; Pl. ungebr.) (aus Dämon, dem Fugenvokal -o- und -logie 'Lehre', zurückgehend auf griech. λόγος 'Wort'), für 'Lehre von den Dämonen, Geisterlehre; Aberglaube', mit dem Adj. dämonologisch, und im 19. Jh. vereinzelt Dämonomagie F. (-; ohne Pl.) (aus Dämon, -o- und —• Magie), für 'Dämonenzauber'. b Seit Mitte 18. Jh. zunächst im literarischen, dann auch im allgemeineren Sprachgebrauch, der die vorchristlichen, antiken Vorstellungen mehr oder weniger personifizierend aufgreift, im Sinne von 'geheimnisvolles Wesen, Macht, das/die vor allem im Menschen wirkt, aber auch auf den Menschen (verhängnisvoll) einwirkt' (vgl. a), insbes. 'dem Menschen innewohnende, sich seinem Einfluß weitgehend entziehende verhängnisvolle Macht, die (übelwollend/hindernd oder wohlwollend/fördernd) in das menschliche Schicksal eingreift und einen starken, unausweichlichen, unwiderstehlichen Zwang ausübt', speziell 'geheimnisvolle (zu- oder abratende) innere Stimme; Schutzgeist' (vgl. Muse, —* Genius; s. Belege 1816 — 17, 1991), in oft schwer abgrenzbarer, verstärkt metaphorischer Übertragung auf menschliche Gefühle und Verhaltensweisen (s. Beleg 1894) meist abwertend für 'irrationale, leidenschaftliche, bezwingende Kraft, Triebfeder, innerer Zwang, Feuer, das jmdn. antreibt/mitreißt' (s. Belege 1796 — 97, 1800), in schlagwortartig gebrauchten Wendungen wie (wie) von Dämonen/einem Dämon besessen, verfolgt, getrieben, (s)einem (bösen) Dämon verfallen, ausgeliefert sein, der Dämon in ihm (erwacht/schläft), eine Art Dämon treibt/verfolgt ihn, mit (s)einem (inneren) Dämon ringen/kämpfen, die Dämonen sind los, vor allem auf (anthropomorph gesehene) Gegenstände, Phänomene und bes. Personen bezogen für 'jmd./etwas, von dem eine magische, unheimliche, unerklärliche, unwiderstehliche, zerstörerische Wirkung, Faszination oder eine sich verselbständigende, nicht mehr beherrschbare Wirkung/Gefahr (wie von einem Dämon) ausgeht; der/das Böse in Person' (vgl. a; s. Belege 1802, 1961, 1989, 1994; —ι• Magier, —• Despot, —1> Genie), in Wendungen wie er ist ein Dämon, der Dämon Adenauer/Barschel, Eros/Gold/Asthma/Aids, Dämon(en) der Liebe/Eifersucht, der Rache, Anarchie, Revolution, Sprache, des Widerspruchs, Genusses, Krieges, Nationalismus, Blutes, in der Politik, Technik und Wirtschaft (oft polemisch) angewandt auf bestimmte politische Gruppierungen, Nationen und Persönlichkeiten (ζ. B.

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Deutschland/die Deutschen, Napoleon, Hitler), Entwicklungen und Tendenzen, überwiegend negativ konnotiert mit „unheimlich, düster, abgründig, unerklärlich, unausweichlich, gefährlich, erschreckend, beängstigend, bizarr; (wie) besessen; ungezügelt, entfesselt", bes. in der Literatur (Sturm und Drang, Romantik), Kunst und Musik auf das Moment des Kreativen wie des Rezeptiven bezogen mit eher positiver Konnotation „unwiderstehlich, fesselnd, mitreißend, magisch; betörend, verführerisch" (s. Belege 1812, 1852, 1903, 1908, 1928), ζ. B. in Verbindungen wie finsterer, guter, böser, schalkhafter, schadenfroher, unheilvoller, eiskalter, feindseliger, betörender, verführerischer, treibender, unersättlicher Dämon. Dazu seit späterem 18. J h . die adj. Ableitung dämonistisch, gleichbed. mit —• dämonisch in der Bed. 'auf Dämonenglauben bezogen; abergläubisch' (zu a), auch '(be)zwingend, unheimlich, faszinierend' (zu b); seit Mitte 19. J h . die verbale Ableitung dämonisieren V. trans, 'jmdn./etwas in den Bereich des Dämonischen rücken, mit Dämonie erfüllen' (zu a), vor allem in Politik und Wirtschaft übertragen gebraucht und allgemeiner in der abwertenden Bed. 'jmdn./etwas zum Dämon stempeln, für einen Dämon ansehen, abwerten, schlecht machen; verteufeln, brandmarken', mit der seit frühem 20. J h . selten nachgewiesenen Präfixbildung entdämonisieren (zu b), und dem seit Ende 19. J h . bezeugten, ebenfalls oft polemisch gebrauchten (s. Beleg 1948) Verbalsubst. Dämonisierung F. (-; -en) 'Belebung mit Dämonen' (zu a) und 'starke Abwertung, Verteufelung' (vgl. Satanisierung, Pejorisierung), auch 'verhängnisvolle Verselbständigung, Entwicklung/Vorgang, der sich dem Zugriff, der Kontrolle entzieht', z. B. die Dämonisierung der Maschine (Ggs. Romantisierung, Glorifizierung), mit der Präfixbildung Entdämonisierung (zu b); seit späterem 19. J h . selten die adj. Ableitung dämonenhaft 'wie ein Dämon, in der Art eines Dämon (wirkend)', gleichbed. mit dämonistisch (s. o.) und —• dämonisch (zu a und b), und Ende 19. J h . die (bis heute gebuchte) Gelegenheitsableitung Dämonentum N. (-s; ohne PI.) (zu a). Dämon a: Luther-Emser 1521 Str. 11 203 So ich doch vor dreyssig iaren wol gewust, das der tewffel darumb demon, das ist so vil als sciens oder ein wissender genent wirt; Boäin 1581 De Daemonomania Magorum 363 Verwandlung der Menschen . . eyn Irdischer Geyst oder Daemon/ der solches thäte; Fischart 1581 Dämonomania 41 f. Daemones oder bösen Geyster; ebd. 46 Daemonibus oder Teuffein . . verstehen die Christen das Wort der Daemonum stäts für vnsaubere böse Geyster; ebd. 367 Daemones vnd Böse Geyster; Tkurneysser 1583 Onomasticum 11 34 viel anderer uberwunderliche ding . . Reden vnd gesprech mit den Daemonibus halten; Spangenberg 1591 Adels-Spiegel I 37a Daemones, hocherleuchte, erfahrene, weise, teste Hesiodo; Rebmann vor 1605 Gastmal 403 Der berg Apollinis tempel treib/ der delphisch daemon vnd abgott/ treib da mit aller weit sein spott (DWB N.); Albertinus 1612 Tummelplatz 14 vnterschidliche namen gibt die heilige schrifft dem teufel: dann erstlich wirdt er genent diabolus . . am andern ein demon, das ist ein wissender, der alles waist (DWB N.); ebd. 21 werden . . teufel genent

. . daemones (DWB N.); Zeiller 1628 Theatrum 36 Habe doch Socrates . . einen Geist oder Daemon gehabt, den er Rhats [!] gefragt, er seye darumb kein Zauberer . . gewesen; Seckendorff 1691 Reden 366 es müsten die Geister/ Genii oder Daemones, welche durch die Götzen und dero Priester geredet . . endlich auch sterben und vergehen; Sperander 1727 A la mod Sprach 176 Dämon, ein Geist, Engel, ist ein zweydeutig Wort und wird sowohl in einem guten als bösen Verstände genommen; Brukker 1731 Fragen I (Reg. II) Daemones . . sind mit einem Lufft-Leib umgeben; Wieland 1752 Natur 112 Und selbst Dämonen sich in zwey Geschlechter schränken; ebd. 122 ein dämon, der durch zwischenweiten steiget (DWB N.); Goeze 1789 Cornelius 1 179 was damals unter den juden für eine lehre von den engein, bösen geistern und dämonen war (DWB N.); Beckmann 1790- 92 Erfindungen III 366 daß Plato . . die Planeten den Dämonen anwies; Hobbes 1795 Leviathan il VIII fünf und vierzigster abschnitt, dämonenlehre und andre Überbleibsel (DWB N.); Beckstein 1832 Arabeseken 17 warum lassen die alten mythen den verder-

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ber über das feuer herrschen, und sein reich ein flammenreich seyn? weil du der mächstigtse dämon bist, und der unbegreiflichste, und der uranfänglichste (DWB N.); Schubert 1839 Morgenland III 424 der eine große fels . . soll ein erinnerungszeichen an den dämon (teufel) sein, dem das volk der insel . . göttliche Verehrung bezeugte (DWB N.); De Wette 1846 Glaube 209 dämonen, welche [nach dem Bericht der Evangelisten] von den menschenseelen besitz nehmen und sie plagen (DWB N.); Delitzsch 1855 Psychologie 252 sie sind, obgleich sie durch dämonenaustreibung geheilt werden, doch keine eigentlich besessenen (DWB N.); Liliencron 1896 Poggfred (XI179) Mit Cherubim und sittsamen Dämonen; Windelband 1902 Präludien 11 301 dem Streite gegen das Böse in der Welt, wohl auch gegen die bösen Dämonen und fremden Götter; 1908 Zukunft LXIV 174 ist jede Konzession an den Dämonenaberglauben gefährlich, während der allgemeine Unglaube in Beziehung auf ihn . . nicht das Geringste schadet; Th. Mann 1933-43 Joseph (W. /V/V 347) dann kam aus Rahel ein letzter Schrei, von äußerster Dämonenwut, wie man ihn nicht zweimal ausstoßen kann; ebd. /V/V 1504 sie waren gewohnt, sich gegen das Eindringen immer lauernder Dämonenbosheit durch ein möglichst undurchlässiges Gefüge magischer Zeichen und Sprüche zu sichern; ders. 1939 Reden u. Aufs. (W. X 354) knüpfte an dem Riesenteppich seines Gedichtes, voll von Figuren, Geschichten, Abenteuern, Heldentaten, Dämonenzauber und buntem Arabeskengewirk; Ehrler 1946 Charlotte 45 die Griechen kannten die Dämonen, das Dämonion und die Eudämonen, zusammen das Pandämonion. Sie lebten und starben in ihnen, unter ihrem Fluch und Segen; Th. Mann 1947 Faustus (W. VI 475) dort Charons Nachen sich seiner Last entlädt, die Toten auferstehen, die Heiligen anbeten, Dämonenmasken den Wink des schlangengegürteten Minos erwarten; Bamm 1956 Ex ovo 41 Reste des alten Glaubens an die Allgegenwart der Dämonen, welche keine weitere Aufgabe haben, als den Menschen zu foppen oder zu plagen; 1956 Akzente 524 Sie [Darsteller in den römischen Mimenspielen] schwärzten ihr Gesicht mit Ruß . . und trugen z. T. noch einen Riesenphallus, der an ihren Ursprung als Fruchtbarkeitsdämonen erinnerte; Pörtner 1964 Erben 110 Für die Germanen war die Welt ein Tummelplatz überirdischer Mächte . . Sie sahen sich auf Schritt und Tritt von Dämonen umgeben, die gnädig zu stimmen sie sich einiges kosten ließen; Frisch 1965 Homo faber 244 Es ist nicht einzusehen, wieso ein solches Fahrgestell, bestehend aus zwei Pneu-Paaren mit Federung im Rohrgestell . . sich plötzlich wie ein Dämon benehmen soll, wenn es den Boden berührt, wie ein Dämon, der die Piste plötzlich in Wüste

verwandelt — Spintisiererei, die ich natürlich selber nicht ernstnahm; Stuttgarter Ztg. 21.4. 1969 Geisterfallen und Dämonen (Überseht.) . . steht der Glaube an die Dämonen neben dem an den christlichen Gott, da wie dort findet man neben dem Kreuz die Amulette der Abwehr, die vielfachen Beschwörungsutensilien gegen die bösen Geister; MM 5. 7. 1985 die spätgotischen Engel mit den vergoldeten Daunenflügeln als Todesdämonen auf den Terrakotta-Aschenurnen; Zeit 23. 5. 1986 Gerade in der aufregendsten Zeit besorgten Dämonen und Vampire, mit denen er sich literarisch beschäftigte, den nötigen Ausgleich zur heilichten Aufklärung. Die phantastische Literatur . . einschließlich Trivialroman und Gruselfilm; ebd. 10. 4. 1987 Manganellis Universum ist ein Tollhaus für Dämonen und Fabeltiere, geflügelte, vieläugige schuppige und vielgliedrige Wesen, halb Mensch, halb Kreatur; ebd. 1. 5. 1987 als habe uralter Dämonenglaube die Virus-Träger in vom Teufel Besessene verwandelt; ebd. 30. 4. 1989 Das gewaltige Ausmaß und die weitgehende Unzugänglichkeit des Gebirges [Alpen] nährten den Glauben an Dämonen und andere böse Gestalten; M M 15. 7. 1989 Monster, Teufel, Geister und Dämonen (Überschr.) Es scheint, als artikuliere der Künstler [Hieronymus Bosch] Urängste der Menschheit; ebd. 31. 10. 1989 Ein unheimlicher Tag [Halloween]. Geister beherrschen die ganze Natur. Ein Tag der Dämonen, Kobolde, Elfen, Hexen und schwarzen Katzen, aber auch ein Tag, an dem die Gunst für eine gute Heirat, der Segen für Gesundheit, Glück und langes Leben zu erbitten war, ja an diesem Tag durfte man zur Erlangung des Segens sogar den Teufel um Hilfe bitten; Spiegel 7.11. 1994 Das Kind, gepeinigt vom apokalyptischen Engels- und Dämonenglauben, versucht die Seele der sündigen Mutter zu retten. dämonenhaft: Gogarten 1932 Polit. Ethik 131 Man weiß dann nicht mehr um den dämonenhaften Untergrund dieser politischen Ordnungen, die wahrhaftig nicht, wie der neuzeitliche Bürger meint, im Moralischen ihre Begründung haben; MM 9. 5. 1989 Wie in anderen fernöstlichen Religionen haben auch bei den Mongolen die Schutzgötter hier einmal harmonisch statischen Charakter und dort wiederum dämonenhaft drastische, mimische Expressivität. Dämonentum: Achelis 1890 Theologie 1 546 Die biblische Lehre . . widerstreitet . . der falschen Furcht des Orients, welche mit Dämonentum sich umgab. Dämonin: Broch 1945 Tod 170 die gespenster — das pflanzen- wie das tiergestaltige und zum schluß

Dämon noch eine einzige flammenhaarige dämonin durchsichtig bleichen leibes und mit wehendem schöpf - begleiteten ihn nicht mehr (DWB N.); Rehfisch 1959 Lysistratas Hochzeit 288 ein Mitglied der spartanischen Abordnung habe ihm vertraulich von der gleichsam versteinernden Wirkung des Blicks der dämonischen Lampito in Sparta erzählt. „Dämoninnen auch im nüchternen Sparta? Was ist der Welt geschehen?"; MM 27.11. 1987 Hier wird aus dem Kaffeesatz gelesen . . erscheint Francesca in provozierender Nacktheit . . die bekrönte Dämonin. dämonisieren: Rothe dann

das

1845 Ethik II 192 damit ist

menschliche

Individuum

dämonisirt

(DWB N.); Frey 1916 (EM. zu A. Welti, Br. I 25) Im „Walkürenritt" . . hat er die Tiere mit starkem Gefühl . . dämonisiert. Dämonisierung: Welti 1899 Reden 233 daß die wissenschaftliche Religionsgeschichte von einer Dämonisierung des Heidentums redete; Siebs 1902 Entwicklung 63 weil der Grad der Personifikation schwer zu bestimmen und zwischen Personifikation und Dämonisierung nicht immer zu entscheiden ist; Sedlmayr 1948 Verlust 182 eine furchtbare Dämonisierung der Welt des Heiligen [in der Spätromantik in Frankreich]; Siiddtsch. Ztg. 13. 7. 1951 „Dämonisierung" bedeutet, daß die namenlosen Mächte Gewalt gewinnen; 1951 B. Z. Nr. 44 Einen Dämonenfürsten kannten die Griechen nicht. Als das Christentum den Göttern der Alten das Schicksal der Dämonisierung bereitete, verstand sich eigentlich von selbst, daß der Göttervater zu einer Art Oberteufel aufrücken mußte. Dämonismus: Wieland 1788 Ges. Sehr. I 15,150 [Die Machtausübung der Päpste wurde verderblicher für die Menschen] als es der in seiner eigenen unverlarvten gestalt herrschende dämonismus und magismus nie gewesen war (DWB N.); Schubert 1808 Ansichten 92 Dämonismus; ders. 1840 Nachtseite d. Naturwiss. 56 krankhaften Wahnsinn . . welchen sie Dämonismus genannt; Wolff 1841 Gesch d. Romans 507 In der mythischen Berechnung aller Naturerscheinungen, die die Mutter aller Mythen ist, im Dämonismus; Kossack 1855 Stereoskopen 39 [Im Palais Royal hatte) wie in einem Höllenbilde von Rubens, wo alle Schätze der Welt und die Wunder der weiblichen Schönheit im Schimmer eines infernalischen Feuers leuchten, ein ergreifender Dämonismus gelodert; Palm 1881 Br. 209 Wandervorträge über Dämonismus, Spiritismus, Schlangenvisionen; Haeckel 1899 Welträthsel 320 Der Dämonismus erblickt Götter in lebendigen Organismen aller Art, in Bäumen, Thieren,

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Menschen; Lienhard 1902 Wasgau-Fahrten 175 Verstandes-Kunst, fein durchgearbeitet, fein zerlegend, fein und kalt auch das Häßliche . . in den Kreis ihrer Betrachtung ziehend, fein und kalt sogar die Romantik und Symbolik, den Dämonismus und Satanismus pflegend; Wätzoldt 1921 Kunsthistoriker I 110 Nordischer Dämonismus; Hamburger 1939 Neurosen d. Kindesalters 2 Den Materialismus hat es in der Medizin schon vor zweitausend Jahren gegeben; aber nebenbei bestand doch eine Art Dämonismus; Thiess 1947 Despotie 32 Phänomene von Zauberei und Dämonismus, die wir auf gar keine Weise mit Suggestion oder fernwirkender Willensübertragung erklären können. dämonistisch: Wieland 1773 Agathon (S.W. III 410) dämonistischen Schwärmerey; Gebauer 1932 Kulturgesch. 5 Dem Mittelalter war eine dämonistische Auffassung allen Weltgeschehens eigentümlich; Lokal-Anz. 3.11.1934 daß eine solche Verwandlung nur im Dunkel des dämonistischen Denkens, wie es normalerweise den Kindern und den primitiven Völkern eignet, geglaubt werden kann. Dämonium: Fischart 1581 Dämonomania 47 Beschreibung der Zauberer . . darmit man den jenigen/ die vnder vermäntelung der guten Daemonien, die Teuffei erfördern vnd anruffen/ jre Gottlose entschuldigung abkürtzen vnd benemmen könne; ebd. 71 ein buch/ das er von dem Daemonio oder geselligem Geyst des Socratis geschriben hat; ebd. 356 die natürlichen sachen nach den vbernatürlichen/ vnd die Händel und Werck der gethier nach der geyster vnd Daemonien Wirckung und Thun wollen . . ermessen; ders. 1581 Teuffelsheer 60 daß alle demonien böß seien (DWB N.); Justi 1872 Winckelmann / 2,215 Wenn ihn diesmal das warnende Dämonium im Stich ließe, so war darin eine Nemesis; Raabe 1895 S. W. III 5,368 Unser Dämonium bedient sich viel öfter, als man merkt, solcher Mittelchen, um uns unter die Arme zu greifen; Ludwig 1922 Goethe I 168 das Dämonium seiner Seele; Musil 1930 Mann I 197 Das Dämonium der Unterschichten haben Dostojewski, Strindberg und Freud aufgedeckt; Feuchtwanger 1936 Nero 56 Dort in der Dunkelheit einer versteckten Kammer lauschte er in sich hinein, bis seine innere Stimme, sein Dämonium, zu ihm sprach und ihm versicherte, er sei Nero und alle würden ihn erkennen; Usinger 1947 D. Wirkl. 22 Goethe . . schreibt im zweiten teil des Faust' eine der größten apokalypsen des zeit-dämoniums (DWB N.); MM 21.4. 1989 seinem Figuren-Dämonium . . Eine illustre Gesellschaft im Salon einer feudalen Plantage, unmittelbar vor Ausbruch des Bürgerkrieges; Zeit 9. 3. 1990 im dritten Teil seines „Geist der Zeit" fand Arndt eine härtere Prosa für

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seine Forderung: „Von der Nordsee bis zu den Karpathen, von der Ostsee bis zu den Alpen, von der Weichsel bis zur Scheide" . . das expansive Dämonium des deutschen Nationalismus war geschaffen. Dämonion: Jakobs 1812 Br. (Schütz, Leben 1 223) Und doch will das δαιμόνιον in mir noch nicht beistimmen; Strauss 1864 Ges. Sehr. IV 166 Wie auch bei Johannes der bessere theil des volkes jene vorwürfe gegen Jesum durch die einwendung zurückweist, ob denn ein dämonion (wie die gegner Jesu ein solches in ihm wirksam dachten) blinden die äugen aufthun könne? (DWB N.); Nietzsche 1878 W. 1 529 so ist vielleicht auch das dämonion des Sokrates ein ohrenleiden (DWB N.); Ehrler 1946 Charlotte 45 die Griechen kannten die Dämonen, das Dämonion und die Eudämonen, zusammen das Pandämonion. Sie lebten und starben in ihnen, unter ihrem Fluch und Segen; Wirsing 1951 Schritt 127 Goethe hat sich des Begriffs „dämonisch" noch teilweise im Sinne des sokratisch-platonischen Daimonion bedient; Hausmann 1955 Entscheidung 65 seltsam nur und überaus bezeichnend, daß Goethes daimonion jede seiner fluchten ins glückhafte gewendet hat (DWB N.); LangeEichbaum 1956 Genie 28 f. Daimonion des Sokrates. Dämonologie: Amavero 1775 Untersuchung 77 fabulose Dämonologie; Hesse 1776 Versuch einer biblischen Dämonologie (Titel); Goeze 1789 Cornelius 1 253 ich habe viele von den sehr vernünftigen gedanken eines ungenannten Schriftstellers, in der Schrift: versuch einer biblischen dämonologie . . zu nutzen gesucht (DWB N.); Jean Paul 1805 Flegeljahre (W. IV 714) Eine schlimmere Bestie von Polter- und Plagegeist ist mir in allen Dämonologien und Geisterinseln noch nicht aufgestoßen; Fries 1832 Philosophie 11102 Ausbildungen von der Geisterlehre (Dämonologie); Dann 1834 Briefw. m. s. Freunden (11 69) Die Dämonologie hängt aufs genaueste mit der Christologie zusammen; Preller 1846 Aufs. 204 Es scheint dabei [in der griechischen Mythologie] ein bestimmter Glaube, eine eigenthümliche Dämonologie zu Grunde zu liegen; Lassalle 1861 System II 521 und das ist ihr großer und specifischer Unterschied in der Gesammtdämonologie des Altherthums; ebd. 11 529 Es wird hier in den Geist orientalischer Dämonologie und Genienlehre . . hineingefallen und der Begriff dieser altitalischen Wesen gänzlich verkannt; Keller 1877 Br. an Heyse (Kahlbeck 1919 Briefw. Heyse u. Keller 116) Im Nohen Mörikes habe ich . . gelesen . . über all das Schöne . . bis zum Schluß ich in das tiefste und traurigste Mißbehagen geriet wegen der mysteriös dubiosen Weltanschauung einer Dämonologie, die nicht einmal religiöser Art ist; Noè

1892 Bergfahrten 226 Eine seltsame Dämonologie steckt bis heute in den Köpfen der Menschen, welche die Hochthäler bewohnen; Rathenau 1912 Kritik d. Zeit 114 Glaubt er sich von Mirakeln und Gebetwundern unterstützt, so behält er eine gewisse dumpfe Dämonologie bei; Zobeltitz um 1920 Gross-Quirlitz 291 schon die Bibel spricht von unsauberen Geistern und von gefallenen Engeln . . Sie sind um uns und in uns . . Schwatz uns keine Dämonologien vor; Τ h. Mann 1947 Faustus (W. VI 123) die Theologie, in Verbindung gebracht mit dem Geist der Lebensphilosophie, dem Irrationalismus, läuft ihrer Natur nach Gefahr, zur Dämonologie zu werden; 1951 B. Z. Nr. 44 Volksdämonologie; 1966 Humanismus 9 [Vorlesungen] über Dämonologie; Fried 1988 Mißtrauen 292 Wie Menschen zu Ungeheuern gemacht werden können . . selbstgerechte Dämonologie betreiben, als wären sie von Geburt an Teufel; Spiegel 26. 7. 1993 Wir sollten . . die Dämonologie dem Papst überlassen. dämonologisch: Preller 1846 Aufs. 204 Anm. Einmischung dämonologischer Vorstellungen; Hennearn Rhyn 1897 Kulturgesch. VII 332 hier beginnt der dritte, dämonologische Teil des theosophischen Systems; Benjamin 1918 Br. I 201 Eine dämonologische Fakultät gibt es an der Universität nicht; Th. Mann 1939 Reden u. Aufs. (W. ¡X 604) der Pakt [mit Mephisto] muß seine dämonologisch-mittelalterliche Ordnung haben; Duerr 1985 Traumzeit 23 Schließlich wird auch in einem schottischen Hexenprozeß eine Fee kurzerhand dämonologisch uminterpretiert. Dämonomagie: Kurz 1838 (Briefw. Kurz-Mörike 59) in der Nähe von Weinsperg . . wo das Dämono-Mago-Prophetische zu Hause ist; Daumer 1860 Mansarde 129 in Hinsicht der gräßlichen Hexenprocesse, die erst in Folge der Reformation zu ihrer höchsten Blüthe gelangten, in Kirchenrath Horst's „Dämonomagie" berichtet und beschrieben ist. Dämonomanie: Bodin 1581 De Daemonomania Magorum (Titel); Zeiller 1628 Theatrum 13 Bodinus in seiner Dämonomania; 1774 Philos, d. Natur (Übers.) II 269 Die Personen waren ein Zauberer . . und einer aus den Zuschauern, welchen man für die Dämonomanie zum Enthousiasten machen wollte; Puchelt 1827 System d. Med. II 1,455 Die Dämonomania (daemonomania), welche sich dadurch auszeichnet, dass die Kranken von dem Teufel oder einem andern bösen Geiste besessen zu seyn glauben; Esquirol 1838 Geisteskrankheiten (Übers.) I 280 Wenn wir die erste Bedeutung dieses

Dämon Wortes beibehalten hätten, so hätten wir der religiösen Melancholie den Namen Dämonomanie beigelegt; ebd. I 282 Die Dämonomanie vervielfältigte sich, was die Einführung des Exorcismus schon in der ersten Zeit der Kirche beweist; 1852 Prutz' Museum 1 352 die epidemische Verbreitung der Dämonomanie, des Hexenwahns; ebd. I 360 giebt es in der neueren Zeit mehr Selbstmorde, so sind dagegen Dämonomanieen viel seltener; Menzel 1871 Roms Unrecht 158 Als die höchste Steigerung des religiösen Wahnsinns haben wir die Dämonomanie zu betrachten; Lange-Eichbaum 1956 Genie 217 Besessenheitsepidemien jeder Art („Dämonomanie", „Theomanie", Tierbesessenheit), gemeinsame Ekstasen. Dämon b: Shaftesbury 1746 Soliloquium (Übers.) 22 dass ein Jeder unter uns sein Daemon, einen Geist, Engel, oder Schutzgeist habe, mit welchem wir genau vereiniget, dem wir anvertrauet sind, von dem ersten Anfange unserer Vernunfft, oder von unserer Geburths-Stunde an; Wieland 1756 Sympathien 75 wofür anders sollen wir die stimme der klage oder des unmuths, die sich manchmal in uns empören, halten, als für giftige anhauchungen eines bösen dämons, der uns, wider unsre absieht, gegen unsern Schöpfer undankbar machen . . will (DWB N.); ders. 1773 Agathon (S.W. III 211) Macht des Dämons der Liebe; Wezel 1781 Sprache 20 Es ist unbegreiflich, welcher Dämon uns eingab, mit den Vokalen so verächtlich umzugehen, als wenn wir sie zu entbehren hätten; Matthisson 1786 Rheinfahrt (Sehr. II 21) Dämon des Widerspruchs; Schiller 1786 Philipp H. (S. W. III 197) [Philipp II.] Dieser Dämon im Süden, wie man ihn nannte; Archenholz 1790 Sieben/'. Krieg 91 der Dämon des Krieges; Herder 1796-97 Br. (S. W. XVIII 289) Handeln sie [intellektuelle Kräfte] in wütender Leidenschaft . . so sind sie die Thiere, die Dämonen gegen ihre Mitmenschen; Grater 1797 Br. (Schütz, Leben II 119) ich schwebte, etwa wie die Seelen im Elysium, in einer Art vergnügten Taumels, und die mich immer umhüpfenden, kleinen Dämonen des Scherzes, der Neckerey und der fröhlichen Laune ließen mir . . keine Minute übrig, um zur Besinnung zu kommen; Schleiermacher 1800 Br. Luc. 5 mein böser Dämon [das Böse in mir]; 1802 Reminiszenzen Feldzug am Rhein 299 wenn nun gar der landesherr der feindseligste dämon des unterthans ist . . wie kann da kultur und Wohlstand gedeihen (DWB N.); Goethe 1809 Wahlverwandtschaften (HA VI 476) Ich bin aus meiner Bahn geschritten, und ich soll nicht wieder hinein. Ein feindseliger Dämon, der Macht über mich gewonnen, scheint mich von außen zu hindern; ders. 1812 Dichtung u. Wahrh. (HA X 126) vom betörenden Dämon Bacchus verblendet und verderbt; ders. 1816 — 17

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Italien. Reise (HA XI 123) Die Gunst der Musen wie die der Dämonen besucht uns nicht immer zur rechten Zeit; ders. 1829 Zweiter röm. Aufenthalt (HA XI 478) Wenn man . . nicht jenen Dämon, den man gewöhnlich Amor nennt . . sondern eine Versammlung tätiger Geister sich vorstellen will; Szarvady 1852 Paris 1126 jener Dämon im schwarzen Frack mit dem rothen Bande, wie er mit seinem kurzen Zauberstabe all die Figuren vorzeichnet . . Nach den gewöhnlichen Begriffen von einem Kapellmeister müßte man den Dictator des Opernballs für verrückt halten; Mahler 1860 Milit. Bilderbuch 7 Nun ist mein Buch fertig, und ich sehe mit Vergnügen, daß der Dämon der Rache besiegt ist, denn nur andeutungsweise sind jene düsteren Stunden berührt; Lehrs 1875 Br. 62 Ob dieser . . Dämon in mir der Dämon des Alters oder der Dämon der Trägheit oder Dämon der Philisterei oder der Ruhe ist, ich weiss es nicht. Aber ein Dämon, der mich nicht treibt, sondern zurück hält — wie der sokratische — ist es; Kretzer 1887 Timpe 289 Ekel vor der Welt überkam ihn, und zum zweiten Male in seinem Leben tauchte ein unheilvoller Dämon vor ihm auf, zerrte an ihm und ließ ihn nicht mehr los; Achelis 1890 Theologie I Vorr. 7 Dämon der Revolution und der Anarchie; Roberts 1891 Mitleid 263 es mußte und mußte sich doch eine Formel finden lassen, die dem Dämon die Macht aus der Hand nahm. Es wäre die Rache für ihn und alle die anderen [durch Bankgeschäfte] Ruinierten; Sommerfeld 1894 Wetter 58 Der weichen Polster roter Dämmerglanz/ Lockte . . in träumendes Vergessen,/ In heißer Liebe tollem Dämonentanz; Rilke 1896 S. W. III 530 Er schilderte die Tropentage/ Und als ob er Cyklopen schlage,/ bewies er nun Dämonenkraft; 1903 Preuss. Jahrb. CXI 173 Frank Wedekinds „Erdgeist" — das ist der Dämon Weib, das Weib als Sinnenwesen, daran die Männer zugrunde gehen; Hermann 1908 Henriette 273 hatte ihn . . der Zauberklang eines solchen numinosen Wortes erfaßt, und solange seine Rhythmen in ihm und um ihn tönten, so lange schlief sein Dämon und seine Sehnsucht; Tb. Mann 1912 Erz. (W. VIII 517) Aus diesem Traum erwachte der Heimgesuchte entnervt, zerrüttet und kraftlos dem Dämon verfallen; ders. 1924 Zauberberg (W.III 871 ) als habe ein Dämon die Macht ergriffen, der, schlimm und närrisch, zwar lange schon beträchtlichen Einfluß geübt, jetzt aber seine Herrschaft so zügellos offen erklärt habe . . der Dämon, des Name Stumpfsinn war; Bäumer 1928 Frauen 119 Hört nicht mehr auf diesen versucherischen Dämon, der euch in den Fesseln einer unfruchtbaren Vorsicht festhalten will; Künkel 1929 Einf. in d. Charakterkunde 79 So erweist sich der Geschlechtstrieb als ein Dämon oder Fetisch, der in Wirklichkeit nicht vorhanden ist, der aber eine un-

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Dämon

geheure Macht gewinnt über alle die, die an ihn glauben; Westdtsch. Beob. 15. 8. 1933 nur jugendliche Völker können den Kampf gegen die Dämonen kapitalistischer und technischer Lebensordnungen siegreich durchfechten; Uexküll 1936 Welten 75 Das Nichts sitzt da und frißt dauernd die Lebensgestalten auf, gleich einem unersättlichen Dämon; Klutb 1939 Wunder 78 „Dämon Gold"; Tb. Mann 1947 Faustus (W. VI 141) wenn er die Anfechtung des Gehirns in dunkle Beziehung zum Dämon des Geschlechtes brachte; Bab 1954 Kränze 322 Shylock war [in der Darststellung durch Bassermann] ein bedrohlich aufgerichteter dämon (DWB N.); 1954 Gegenwart 17 die . . vom Dämon Eros über ihn verhängten Schicksale; Arbeitgeber 5. 4. 1961 Modephrasen wie „Dämon Technik" oder „Moloch Wirtschaft"; Offenburger Tagebl. 28. 10. 1961 Chruschtschow bezeichnete . . Bundeskanzler Adenauer als „Erzdämon", der eine friedliche Regelung der Deutschlandfrage vereitele; Boll 1963 Clown 119 In Künstlerfilmen wird das Leiden der Künstlerseele, die Not und das Ringen mit dem Dämon immer in die Vergangenheit verlegt; Hocke 1976 Tagebücher 128 das höchste erotische Glück, das ein Mann einer Frau . . geben kann, ohne dem Dämon des Sexus . . oder allzugroßer Gefühlsseligkeit zu verfallen; Zeit 3.4. 1987 „Der Kampf mit dem Dämon" beschreibt den Kampf um eine Kommunikationschance des psychiatrischen Kranken mit seiner Umwelt; MM 9. 10. 1989 der Sexualstraftäter sei nur in zehn Prozent der Fälle der sogenannte Triebtäter. „Nicht der Dämon oder das Monster ist es, sondern weitgehend stinknormale Männer"; ebd. 1. 12. 1989 Es wird alles auf den Dämon Barschel abgeschoben, das verkürzt die gesamte Affäre; ebd. 22. 1. 1991 Das Weib als Spaltpilz zwischen Kunst und Künstler, als notorischer KatastrophenKatalysator, als Muse oder Dämon des hilflos zappelnden Mannes; Spiegel 3. 5. 1993 das Gesundheitsdienst-Direktorat fürchtet den Dämon Aids so sehr, daß es beschloß, den widerspenstigen Gilada zu verbannen; ebd. 22. 11. 1993 Irgendein ungeheurer dunkler Dämon schläft in jedem Deutschen. Ich [Henze] habe Jahrzehnte gebraucht, um mich zu entbarbarisieren; ebd. 6. 6. 1994 Tief, abgrundtief haust seit Jahrtausenden ein Dämon in der deutschen Seele. Der „Saufteufel"; ebd. 27. 6. 1994 „Ich bin ein Psychopath" . . selbst geplagt vom „Dämon Asthma in seinen neurotischen Tönungen"; M M 15. 12. 1995 die Völker in Bosnien . . müssen erst lernen, daß es tödlich ist, die Dämonen des Nationalismus immer wieder zu beschwören. dämonenhaft: Dahn 1873 Gedichte 1 83 da stockt ihm der atem vor lust eine weile,/ und wirbt um

die knospe dämonenhaft (DWB N.); Baumbach 1895 Jugendzeit 55 dämonenhafte Ausdruck. Dämonin: Voß 1909 Alpentragödie 133 Eine sirene, eine dämonin, eine verderberin: das weib vom unheilsberg (DWB N.). dämonisieren: Th. Mann 1926 Reden u. Aufs. (W. XI 53) In San Paolo zu Rom könnte man tanzen, — obgleich doch das Christentum die erste und einzige Religion ist, die den Tanz aus dem Kultus vertrieben und ihn dämonisiert, verteufelt hat; ders. 1927 Reden u. Aufs. (W. IX 190) Kleists Art, das Frivole zu vergöttlichen oder zu dämonisieren; Münch. N. N. 14. 5. 1939 Man hat von ihm [Dichter Hans Rehberg] gesagt, er dämonisiere in seinen fünf Hohenzollerndramen die preußische Geschichte . . indem er sie . . romantisch subjektiviere; Kommerell 1940 Geist 223 [Der Kurfürst sagt zum Prinzen] „Mein Sohn", worauf er die sein Wesen und seine Wirkung dämonisierenden Worte spricht; Paulsen 1948 Gerechtigkeit 22 der ökonomische Fortschritt ist . . der Prototyp der dämonisierten Wirtschaft, als er die Menschen wie eine anonyme, ungebändigte und ungelenkte Macht überfällt; Stuttgarter Ztg. 9. 7. 1963 hält es der britische Oppositionsführer [Wilson] für angebracht, die Sowjets zu verharmlosen und die Deutschen zu dämonisieren; Fontana 1964 (Einl. zu Csokor, Br. 9) die Tyrannei eines dämonisierten Kleinbürgertums; Dülmen 1977 Reformation 280 Kressenbrocks Bericht, der sonst alle Aktivitäten der Täufer dämonisiert, schlägt bei der Schilderung von Rüstung und Verteidigung in Bewunderung um; Zeit 28. 12. 1984 Cricks Biographie . . läßt Orwell Gerechtigkeit widerfahren, indem sie ihn weder dämonisiert noch glorifiziert; Beri. Ztg. 6. 11. 1990 Die Geschichte dieses Landes, die mit einem Scheitern endete, wofür auch sie ihre Verantwortung übernehme, dürfe jetzt nicht enthistorisiert und dämonisiert werden; Süddtsch. Ztg. 19.120. 12. 1992 Die Diskussionen über wirtschaftliche Fragen verschwanden fast gänzlich. An ihre Stelle traten als Themengeber eine Meute von dämonisierten Homosexuellen, die Presse, radikale Feministinnen; Spiegel 6. 9. 1993 Die seit 30 Jahren dämonisierte PLO, der verteufelte Arafat, sehen plötzlich in den israelischen Massenmedien ganz anders aus. Der „blutbefleckte Massenmörder" von gestern lächelt jetzt von allen Seiten der israelischen Presse; ebd. 8.11. 1993 Financial Times beschreibt das Treffen von Kairo als Teil einer gigantischen, meist illegalen Hilfsaktion, mit der die Regierungen von Ronald Reagan und George Bush jenen Mann stärkten, der nur wenig später als zweiter Adolf Hitler dämonisiert werden sollte; ebd. 23. 5. 1994 Wer verteufelt, was Menschen mitten unter uns unter-

dämonisch läuft, wer ihr Versagen, ihre Schuld dämonisiert, übersieht, wie schnell er oft zu einem Unglück kommt. entdämonisieren: 1926—27 ZfMenschenkunde 11 1,12 entdämonisieren; Ritter 1948 Machtstaat 131 so erscheint der liberale Staat als Gipfel einer Entwicklung, in der sich die Macht fortschreitend entdämonisiert, bis sie zuletzt nicht mehr als Herrschaft über die „sittlichen Sphären" der Gesellschaft auftritt, sondern diese frei walten läßt; Stuttgarter Ztg. 25. 1.1966 Die Akte soll entdämonisiert werden (Überschr.); Zeit 5. 4. 1985 daß die Lehre des Marxismus-Leninismus und ihre Anhänger in der DDR heute „gänzlich entdämonisiert" seien. Dämonisierung: Rehm 1929 Dichter 44 Dämonisierung Caesars; Dringenberg 1941 Hetze 37 Dämonisierung des Deutschen auf den Krieg; Paulsen 1948 Gerechtigkeit 21 Die „Dämonisierung" der Wirtschaft, die sich im 19. Jh. vollzogen hat, d. h. die Überwältigung des Menschen durch selbstgeschaffene Mittel, die sich zum Selbstzweck machten; Eppelsheimer 1955 Schild 40 [Anfang 20. Jh.] Schrecken der Großstadt in ihrer Dämonisierung durch Georg Heym und die klagenden Deklamationen Rilkes; Jordan 1956 Aufstand 83 Dämonisierung der Technik . . Satanisierung naturwissenschaftlicher Erkenntnisgüter; Grimm 1963 Strukturen 48 Daß solche Pejorisierung des Menschen einer Pejorisierung, ja mitunter Dämonisierung der Natur entspricht, ließe sich nachweisen; Gaus 1983 Deutschland 185 wie unsere westdeutsche Auffassung vom Kommunismus . . wie dessen Dämonisierung in einem gesamtdeutschen Wahlkampf auf die Mitteldeutschen wirken würde; Zeit 15. 11. 1985 Die sprachlichen Floskeln, der Natio-

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nalsozialismus sei un-menschlich gewesen . . dienen auf den ersten Blick der moralischen Verurteilung. Auf den zweiten Blick erweisen sie sich als Ausdruck einer Rechtfertigungs- und Dämonisierungsstrategie; ebd. 21. 11. 1986 die Dämonisierung Hitlers . . verlagerte alle Schuld auf den wahnsinnigen Diktator und entlastete die angeblich irregeleiteten „Massen"; ebd. 24. 4. 1987 Die metaphorische Überfrachtung, Überhöhung und Dämonisierung von Aids gewinnt ihre besondere Dynamik durch die Identifikation von Krankheit und Infektionsweg; MM 21. 6. 1989 daß eine Dämonisierung der Republikaner diesen nur nutzen würde; Rhein. Merkur 23. 2. 1990 Nicht mit einer neuen Dämonisierung der Deutschen ist diesem Europa gedient, sondern mit einer schlichten Anerkennung der Tatsachen; Spiegel 28. 6. 1993 Weil ich den Rechtsextremismus lieber auf greifbare und begreifbare Ursachen zurückführe, halte ich nichts von Dämonisierung; ebd. 20. 6. 1994 Es gibt nichts Schlimmeres, als an die eigene Propaganda zu glauben, vor allem dann, wenn sie auf der Dämonisierung des Gegners beruht. Entdämonisierung: Í 926—27 ZfMenschenkunde II 12 Nur der Geist kann jenes Erleben des Gegenpols durch lebendiges Verstehen entdämonisieren; Ritter 1948 Machtstaat 89 verbindet sich mit der . . Ideologie des Moralisten häufig ein ehrliches Streben nach Ethisierung und Entdämonisierung der Macht. dämonistisch: Grosse 1896 Ursachen 362 Von dämonistischer Macht waren die großen tiefen Augen, deren Blick damals schon einen mehr starren autokratischen, als gerade leutseligen Ausdruck trug; Weber 1935 Bibelkunde I 142 Man sieht deutlich die dämonistischen Züge durchschimmern. IN

d ä m o n i s c h A d j . , im späten 16. J h . vereinzelt, erst seit E n d e 18. J h . häufiger n a c h g e w i e s e n e a d j . A b l e i t u n g zu —• D ä m o n ( v g l . l a t . daemonicus

' d ä m o n i s c h , teuflisch'/

g r i e c h . δ α ι μ ο ν ι κ ό ς ' v o n e i n e m D ä m o n h e r r ü h r e n d , b e s e s s e n ' ) , f r ü h e r v e r e i n z e l t in der Schreibung

demonisch.

a Z u n ä c h s t vereinzelt im R ü c k g r i f f a u f die G e i s t e r w e s e n der griech. M y t h o l o g i e und d e n c h r i s t l i c h e n T e u f e l s g l a u b e n in d e r B e d . ' a u f D ä m o n e n b e z o g e n , v o n

Dämonen

b e s t i m m t ' , ζ . B . in d e n W e n d u n g e n d ä m o n i s c h e W e l t a u f f a s s u n g , d ä m o n i s c h e r A b e r g l a u b e , Z a u b e r (s. B e l e g e 1 5 8 1 , 1 8 4 2 , 1 9 4 7 ) , b e s . z u r C h a r a k t e r i s i e r u n g d e r

mit

magischen Kräften ausgestatteten M e n s c h e n für 'Eigenschaften eines D ä m o n s

auf-

weisend, übernatürlich; teuflisch', auch auf (Geistes-)Kranke und Krankheiten bezog e n f ü r ' v o m T e u f e l , b ö s e n G e i s t e r n , D ä m o n e n b e s e s s e n , b e h e r r s c h t ' (—• s a t a n i s c h , —•infernalisch,

—•diabolisch

a),

in

Verbindungen

wie

dämonische

Menschen,

K r ä f t e , M ä c h t e , d ä m o n i s c h e E r s c h e i n u n g , g e l e g e n t l i c h in s u b s t . V e r w e n d u n g D ä m o -

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dämonisch

nischer M . (Dämonischen; Dämonischen) 'Besessener' (vgl. dazu kakodämonisch 'schlechte, böse Dämonen betreffend, auf sie bezogen, von ihnen kommend' und pandämonisch 'das Zusammenwirken aller Dämonen betreffend'), b Von daher seit Ende 18. J h . übertragen und allgemeiner verwendet, vor allem zur Charakterisierung von ungewöhnlichen, herausragenden Persönlichkeiten bes. im Bereich von Kunst (s. Belege 1897, 1956) und Politik (s. Belege 1948, 1986, 1990, 1994), oft auch in bezug auf Verhaltensweisen, Gemütslagen (s. Belege 1878, 1887), (erotische) Anziehungskraft und Ausstrahlung u. ä. (s. Belege 1884, 1929, 1951, 1965), seltener von Sachen, Sachverhalten und der von ihnen ausgehenden zwanghaften Wirkung, in der meist abwertend verwendeten Bed. '(in der Art eines Dämons) unheimlich, abgründig, gespenstisch; finster, kalt, schrecklich; wild, gefährlich, bedrohlich, zerstörerisch, böse; gottlos' (vgl. diabolisch b, satanisch; s. Belege 1857, 1911, 1949, 1962), seltener positiv für '(wie ein Dämon) fesselnd, bezwingend, leidenschaftlich, außerordentlich; bezaubernd, unwiderstehlich, geheimnisvoll; launisch, schelmisch, übermütig' (vgl. magisch, mythisch, genial, faszinierend, surrealistisch, phantastisch, —• bizarr, —• skurril; s. Belege 1888, 1894, 1910); häufig in Wendungen wie dämonische Politik, Macht, Überlegenheit, Persönlichkeit, Rolle, Anziehungskraft, Liebe, Natur, Gewalt, Wildheit, dämonischer Trieb, Zauber, bes. auf das äußerliche Erscheinungsbild bezogen dämonischer Blick, Schnurrbart, dämonische Schönheit und vereinzelt adv. gebraucht, ζ. B. in dämonisch getrieben, lockend, geschminkt, schön, lächelnd/grinsend, beängstigend, in adj. Reihungen dämonischtraumatisch, -natürlich, -gefährlich, -teuflisch, -gespenstisch; skurril-, pseudo-, bösdämonisch; oft auch in der subst. Form Dämonisches Ν., ζ. B. in das Dämonische in ihm/seinem Wesen. Dazu seit Mitte 19. J h . die subst. Ableitung Dämonie F. (-; selten -n), auch in der Schreibung Demonie, selten in der Bed. '(von außen auf den Menschen einwirkende und sein Verhalten steuernde) verhängnisvolle, bedrohliche Zaubermacht, -kraft' und 'Vorhandensein, Wirken übernatürlicher Mächte, Zauber(ei)' (—• Magie; vgl. aus dem Griech. entlehntes Eudämonie 'Zustand des von guten Geistern, vom Leben, Schicksal Begünstigten; Glückseligkeit') (zu a); etwa gleichzeitig, bezogen auf die Menschen, Kunstwerken, Zeiterscheinungen und -Strömungen innewohnende magische Wirkung, im Sinne von 'starke (be-)zwingende, unheimliche, zerstörerische Kraft, Macht (über etwas/jmdn.); Unheil, Verhängnis', auch für 'leidenschaftliche Ausstrahlung, Besessenheit; Wildheit, Kühnheit' (—> Genie, —• Faszination), häufig in Wendungen wie Dämonie der Gesellschaft, Macht, Politik/Kunst, eines Politikers/Künstlers, des Lebens, des Germanischen, des Schicksals und bes. Dämonie der Technik, nach dem 2. Weltkrieg schlagwortartig aufgekommener Begriff, der für die Angst vor einer sich zunehmend verselbständigenden und dem menschlichen Einfluß entziehenden technischen Entwicklung steht (zu b). dämonisch a: Fischart 1581 Teuffelsheer 89 dergleichen demonischen geyst Simon der Zauberer soll gehabt haben; ebd. 116 gleiches erfährt man auch an den demonischen propheten, welche eher sie vorsagen, in die äusserst tobsucht pflegen zugerhaten; ebd. 518 Als bald darauff fällt der daemonisch patient . . in onmacht nider; Goeze 1789 Cornelius Ì 222 die beschreibung der dämonischen leute, die Christo in der gegend . . wo fast lauter

heiden wohnten, begegneten (alle D W B N.); Goethe 1787-88 Tag- u. ]ahresh. (HA X 485) daß ein gewisser Aberglaube an dämonische Menschen niemals aufhören . . wird; Herder 1793—95 Br. (S. W. XV// 361) Pallas . . die friedliche Städtebeschützerin, die Mutter aller nützlichen Künste. In beiden Vorstellungen ist ihre dämonische, mächtigstille Gegenwart wirksam; Schleiermacher 1807 Piaton 11 2,419 Denn alles Dämonische ist zwi-

dämonisch sehen Gott und dem Sterblichen; Goethe 1818 WA 1 49.1,102 Aus dem äthiopischen Meere stieg oft ein dämonischer Seedrache an's Land, um Heerden und Menschen zu tödten; Bacherer 1842 Duft 56 ein götzenbild, das . . täglich mit dämonischem aberglauben verehrt wurde (DWB N.); Wachsmuth 1851 Culturgesch. II 93 dämonischen, keineswegs insgesamt bösen Wesen . . die im Dunkel des Aberglaubens fortlebten . . Die Poesie that das Ihrige in den Heldenliedern die dämonischen Kräfte zu verherrlichen; 1908 Zukunft LXIV 120 übernatürlichen „dämonischen" Erscheinung; Ponten 1926 Siebenquellen 219 ein Wunder, ein Dämonisches, ein Unnatürliches; Vexküll 1936 Welten 153 vertraut er [Russe] um so mehr der dämonischen Kraft, die vom Bilde des Heiligen ausgeht. Dem Bilde des Heiligen wird eine ganz besondere Wirkung zugetraut, wenn es nicht von Menschenhänden verfertigt wurde; Th. Mann 1947 Faustus (W. VI 134) da seine dämonische Welt- und Gottesauffassung psychologisch illuminiert war und dadurch dem modernen, wissenschaftlichen Sinn annehmbar, ja schmackhaft gemacht wurde; 1956 Akzente 527 In all seinen Metamorphosen bleibt Harlekin dämonisch, sei es als ursprünglicher Teufel oder zuletzt als Magier; Jaspers 1958 Atombombe 405 Später wurden im gnostischen Denken mythisch-dämonische Prozesse vorgestellt: der Kampf der Urmächte von Licht und Finsternis, von Gott und Teufel, oder der Abfall von Engeln, die selber Gott sein wollten; MM 14. 2. 1987 Dämonische Wesen geisterten über die kleinformatigen Blätter, meist sind es nackte Frauen mit durchmodellierten Körpern und heftigen Grimassen; Zeit 12. 6. 1987 „Ganz Paris geriet in grauenhafte Teufelsbestürzung", überall wurden Verdächtige gestellt, „wie wilde Tiere, wie Rasende fiel dann das Volk über sie her . . Das heult und braust, gnadenlos, heidnisch, dämonisch". Wenn der Teufel schuld ist, kann der Teufel auch helfen; ebd. daß nicht Gott die Pest schickte, sondern der Teufel. Teufelswerk, Hexenkünste, dämonische Verschwörungen mußten schuld sein. Man vermutete überall Gift — Hexensalbe, Hexenpulver, aus dem Eiter von . . Pestleichen gewonnen; Spiegel 22. 8. 1994 „Untrügliche Zeichen dämonischer Besessenheit" sieht Don Toribio in Sierva Marias Anfällen von Raserei und schickt sie zur Überwachung ins Kloster von Santa Clara.

Dämonischer: Schubert 1808 Ansichten 93 Es gehört hieher selbst die allerdings merkwürdige gewalt der ersten christen über dämonische und über die von Apoll erfüllten; Schlatter 1921 Gesch. d. Christus 231 auf seelische Störungen entfalle ja ein großer teil des wunderberichts. es sei ζ. B. bedeutsam, daß Markus ihn mit der heilung eines dämonischen beginne (beide D W B N.).

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Dämonie: Goltz 1860 Typen d. Gesellschaft 258 daß die christliche religion es ist, die uns von jeder dämonie . . erlöset hat (DWB N.); Thiess 1923 Gesicht 30 einer gewaltigen pandämonischen Spannung im Menschen, die sich in den religiösen Verbrechen, den Aufständen, Bilderstürmereien, Geißelungen und anderen phantastischen Handlungen von der in ihm gesammelten Dämonie entlud; ebd. 34 in der Erkenntnis der verborgenen Dämonie aller Erscheinungen, einer Dämonie, die nicht durch Askese oder versuchte Vernichtung aller elementaren Erregungen, sondern durch ständige Relativierung und Dämpfung von seiten des Verstandes kulturell bedeutend werden kann; Tillich 1926 Religiöse Lage 62 ein neuer Realismus . . , der zuerst mit leidenschaftlicher Tendenz, dann mit objektiv-metaphysischer Schau die Dämonie der sozialen Wirklichkeit enthüllt hat; Th. Mann 1947 Faustus (W. VI 160) Ich sehe in der Kirche auch noch . . eine Anstalt zur objektiven Disziplinierung, Kanalisierung, Eindämmung des religiösen Lebens, das ohne sie der subjektivistischen Verwilderung, dem numinosen Chaos verfiele, zu einer Welt phantastischer Unheimlichkeit, einem Meer von Dämonie würde; ebd. VI 218 so unwagnerisch wie möglich, der Natur-Dämonie und dem mythischen Pathos am allerfernsten. dämonisch b: Bouterwek 1791 Donamar I 34 dabei maß er mit einem dämonischen blick erst mich, dann das frauenzimmer (DWB N.); Schiller um 1793 Erhabene (S.W. XII 274) So lange der Mensch bloß Sklave der physischen Notwendigkeit war, . . und die hohe dämonische Freiheit in seiner Brust noch nicht ahnete; Herder 1801 Adrastea 11 (S. W. XXIII 347) dämonischen Ausdrucks; Hausser 1851 Denkw. 116 Sanders . . besaß zugleich die dämonische Ueberlegenheit eines kalten, durch und durch praktischen Verstandesmenschen; Spielhagen 1857 Engl. Charakterzüge (Übers.) 2 die See mit ihrer dämonischen Anziehungskraft; Keller 1859 W. IX 225 Vorüber sind die halbbewußten Tage/ Unsichern Werdens und dämon'schen Ringens; Halm 1860 Freundinnen (IV 64) durch eine dämonische Verkettung der Umstände; Landsteiner 1860 Leben 126 dämonisch lächelnd; Rodenberg 1860 Insel d. Heiligen 1 25 dämonische Wildheit [eines Geigenspiels]; ders. 1863 Straßensängerin II 245 Eine dämonisch bindende Kraft lag in diesen Augen; Marlin 1868 Geheimnis 161 hatte ein Mensch hinter ihr gestanden und sich mit dämonischer Gewalt ihrer bemächtigt; Hamerling 1870 Danton (VI 41) dämonisch besessen; Jensen um 1870 Hunnenblut 49 dämonischen Schönheit; Wickede 1878 Leutnant 265 stand sie in fester, selbstbewußter Haltung und setzte unbekümmert ihren Tanz weiter fort. Mit einer wirklich fast dämonischen Lust schien dies übermüthige Spiel mit

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dämonisch

der Gefahr . . Apollina zu erfüllen; Conradi 1884 Br. (Liebesbeichte 12) wo ich so heiß, dämonisch verzehrend . . liebe!; 'Wallroth 1887 Praxis 173 ihre ganze, von Bildung geziigelte dämonische Natur war in ihr erwacht; ebd. 180 dieser dämonische Gefühlsausbruch Ernas; Meerheimb 1888 Psychodrameη I 11 dämonischem Zauber; Hoffmann 1894 Stolpenburg 253 Alles was diese jungen Seelen an Heiterkeit und Übermut, Tücke, Trutz und Bosheit nährten, das trat mit wahrhaft dämonischer Erfindungslust . . ans Tageslicht und verbitterte sein Leben; Henne-am Rhyn 1897 Kulturgesch. 239 Baudelaire, ihr [der Parnassier] Begabtester, verlangt von der Kunst . . geradezu eine dämonische Richtung; Duimchen 1902 Mittel 43 das schöne Weib . . drückte ihn scheinbar mit dämonischer Kraft wieder in seinen Stuhl; Brandes 1903 Gestalten 28 „dämonische" Persönlichkeit; Marholm 1903 Psychologie II 101 immer sitzt ihm ein „dämonisches Weib", ein „geistreiches Weib", eine Sphinx, ein Vampyr, eine Dirne, oder ein Drache auf dem Nacken und tyrannisiert ihn; Th. Mann 1904 Nachtr. (W. XIII 397) das dämonisch lokkende Weib; Liliencron 1908 Bunte Beute (X 69) Nun ist das Dunkel dämonisch gewachsen; Ebertin um 1910 Alles verstehen 63 ihre tiefschwarzen Äuglein, die zuweilen recht leidenschaftlich und dämonisch aufblitzten; Grabein 1911 Hans 61 nicht diese gewaltige, dämonische Kraftnatur . . Im Gegenteil: ein energieloser Mensch, ein Schwächling; ebd. 81 da stieg plötzlich jenes unheimliche Dunkel in seinem Auge auf, jenes drohende, zukkende Wetterleuchten aus dämonischen Tiefen in seiner Natur; Sternheim 1918 Chronik II 203 Der Satz tat dämonische Wirkung . . Wie vom Blitz zerschmettert . . knickte Meta in den Wirbeln und fiel wie Plunder ins Dunkle. Dann flog Bann und Fluch auf sie; Th. Mann 1928 Reden u. Aufs. (W. X 232) in diese kraus-exakte, versonnene, kindlich-greisenhafte, skurril-dämonische, unendlichkeitskranke Welt deutscher Kunst; ders. 1929 Reden u. Aufs. (W. X 271 ) die Botschaft des Seelenuntersten, des Unbewußten, der Triebdynamik, der Sinnlichkeit — oder mit welchem Namen man das Dämonisch-Natürliche nun umschreiben mag; Mimra 1930 Batterie 267 diese sonnige, dämonisch schöne, dreimal verfluchte Ebene — stets zu unserem Verderben; Lokal-Anz. 12. 9. 1934 Gestern . . ist ein stärkerer Ausbruch der dämonischen Kräfte in Bobby [Gorilla] erfolgt, ein deutlicheres Warnzeichen als bisher; Münch. Ν. N. 18. 8. 1940 Es ist eine . . Eigenschaft des Menschen, die Entwicklung, die er fürchtet, in aller Schrecklichkeit auszumalen, doch durch sein eigenes Handeln herbeizuführen, gleichsam von einem dämonischen Trieb gezwungen; Th. Mann 1945 Reden u. Aufs. (W. XI 1131) abstrakt und mystisch . . ist das Verhältnis

des Deutschen zur Welt, — das Verhältnis eines dämonisch angehauchten Professors, ungeschickt und dabei von dem hochmütigen Bewußtsein bestimmt, der Welt an Tiefe überlegen zu sein; ders. 1946 Reden u. Aufs. (W. XU 688) die unglückseligen Intellektuellen . . die . . die Wiederkehr Luthers, des „dämonisch Getriebenen dumpfer deutscher Volksgewalten" zu erleben wähnen; Ritter 1948 Machtstaat 133 Das „dämonische" Wesen bismarckscher Machtpolitik [nach 1871] haben . . alle Parteien . . auch nach der Reichsgründung ausgiebig an sich selber erfahren müssen; Th. Mann 1949 Reden u. Aufs. (W. XI 493) Was wir von Vorstellungen von Harmonie, glücklicher Ausgewogenheit und Klassizität mit Goethe's Namen verbinden, war . . eine gewaltige Leistung, das Werk von Charakterkräften, durch welche dämonischgefährliche und möglicherweise zerstörerische Anlagen überwunden, genützt, verklärt, versittlicht wurden; Süddtsch. Ztg. 13. 1. 1951 Dämonische Liebe (Überschr.) Niemand, so meint dieser Film, entflieht seinem Schicksal; Lange-Eichbaum 3956 Genie 226 Das schizophrene Werk ergreift am ehesten, wenn es „dämonisch" wirkt; Flake 1960 Abend 336 die Rückkehr des Eros ließ sich . . als ein Sieg der heiteren Götter über die dämonischen des Krieges deuten; Kesten 1965 Scharlatan 158 ein engel, eine novize, das jüngste nönnchen, das . . war Ottilie? naturereignis, dämonisches Gretchen und lasterhafte braut (DWB N.); Hocke 1976 Tagebücher 37 seine dämonische Intelligenz und schonungslose Offenheit; Zeit 22.3.1985 Die Sinnlichkeit des Körpers verflüchtigt sich in Übersinnlichkeit, in unverstandene dämonisch-teuflische Fratzen, in erschreckende Masken des Begehrens; ebd. 3. 1. 1986 das Deutsche zum Inbegriff hoher ästhetischer Kultur und dämonischer Politik zu stilisieren und beides, als gäbe es da eine zwanghafte Verbindung, mit dem Erotischen zu koppeln; MM 6. 11. 1987 einige imponierende Improvisationen, bei denen deutlich wurde, warum er [Miles] einmal als „Prince of Darkness" tituliert wurde: Da war es, als ob man mit auf Tauchfahrt ginge in dämonisch-gespenstische Untiefen des Unbewußten; ebd. 1. 3. 1989 In seinen zahlreichen Filmen . . übernahm [Alexander] Golling vor allem dämonische Rollen. Zu seinen unverwechselbaren Kennzeichen gehörten ein sonorer Baß und ein rollendes „rr"; ebd. 4.11.1989 In der Gesellschaft von Maschinen befinde sich der Mensch keineswegs in bedrohlicher Nähe von Ungeheuern. Die Maschine habe keinen dämonischen Charakter; Wochenpost 23. 2. 1990 Der . . Teufel Neofaschismus ist nicht denkbar ohne den Beelzebub „NeoStalinismus". Es war schon in den zwanziger Jahren in Europa die Angst vor dem Stalinismus (Bolschewismus), die Hitlers dämonische Karriere er-

dämonisch möglichte; Spiegel 2. 5. 1994 Dieser wunderbare Schauspieler [Walter Matthau] mit den schlaksigen Gliedern, den zu großen Füßen, den dämonisch grinsenden Augen und den zu jedem Genuß und jeder Bosheit fähigen Lippen; ebd. 30. 5. 1994 Die Vermischung von Normalität und Wahnsinn, von Despotismus und dämonischer Massenbeeinflussung, auf die sich die Nazis perfekt verstanden; M M 31. 5. 1995 Strawinskys „Sacre du Printemps" . . ist ein wilder Frühling, eine Jahreszeit der dämonischen Verzückung und des Blutopfers, mit dem Strawinskys fauchender, irrlichternd-magischer Orchesterklang die Epoche der Romantik endgültig hinwegfegt; ebd. 4.8.1995 singt (und spielt) Mazura . . einen bös-dämonischen Wagner-Rekken, daß einem vor Klingsor, dem Selbstentmannten, vielleicht doch Angst werden kann. Dämonisches: Szarvady 1852 Paris I 84 Das Treiben auf der Börse hat etwas Dämonisches an sich. Die niedrigsten Leidenschaften . . sind auf diesen Gesichtern zu lesen; Daumer 1860 Mansarde II 69 spricht Goethe bei Eckermann von dem wunderbaren Vermögen derjenigen Menschen, in welchen das „Dämonische" . . was hier im guten Sinne des Wortes zu nehmen i s t . . vorhanden sei; Rutenberg 1877 Zinne 106 Freiheit und Volksrechte . . haben den Zauber des Dämonischen, Ersehnten, Verschwimmenden verloren; Eckstein 1895 Hartwig 207 das Eigentümlich-Dämonische ihres Wesens berührte ihn bei allem Mitleid geradezu abstoßend; 1909 Die Tat 1 17 Dem Dämonischen im höchsten Maße unterworfen war . . der Dichter des „Maler Nolten". Der Vergleich zwischen dem passiv dämonischen Mörike und Goethe zeigt jedoch, daß Goethe dem Dämonischen nicht nur unterworfen war, sondern daß es auch in seiner Natur lag. Von der Gewalt des Dämonischen in ihm zeugen seine äußerlich so gemessenen und innerlich so glühenden „Wahlverwandtschaften"; Dombrowski 1920 System III 192 Das Dämonische, das Gewalttätige, das Willensstarke, das sich später in dem Gesichte des Kanzlers [Bismarck] so scharf und eindrucksvoll ausprägte; Heilborn 1929 Revolutionen II 83 es ist wie die magische Verbindung von Mensch und Schicksal. Ist das, was Goethe das Dämonische nannte; Th. Mann 1930 Reden u. Aufs. (W. XI 143) Der Akzent der Forderung, der Ausdruck, mit dem eine tausendköpfige Notdurft die Hände nach dem beschrienen Gelde reckt, hat etwas Bedrohliches und Gehässig-Dämonisches; Süddtsch. Ztg. 27. 8. 1946 die Rolle des Dämonischen bei der Heraufkunft der Hitlerherrschaft; Wendt 1962 Liebesleben 157 zwischen diesen beiden polen spielt sich nahezu alles ab, was die sittengeschichtler an seltsamem, abgründigem und dämonischem aus den tiefen des menschlichen Ver-

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haltens zu tage gefördert haben (DWB N.); Marti u.a. 1963 Literatur 212 [Im Werk Chagalls] ist Göttliches auch menschlich, Angelisches dem Dämonischen nahe; M M 1.10.1987 Die Wolfsschlucht-Szene in Webers Oper „der Freischütz" animierte viele Maler, aus der deutschen Waldromantik auch Dämonisches, Nächtliches, Abgründiges herauszufiltern. Hundert Jahre später surrealisierte und verunheimlichte Max Ernst . . noch einmal diesen Aspekt; ebd. 4. 1. 1991 Eine original Rottweiler Figur ist der „Federhannes". Er wirkt wie ein „heiterer Teufel", denn Dämonisches und Schelmisches vermischen sich in seinem Gesicht; Spiegel 14.11.1994 Patriotisch gesinnte Philologen um die Jahrhundertwende sahen im unstillbaren Wissensdurst des Helden [Faust] nicht selten ein Symbol für das „Dämonische" des deutschen Wesens schlechthin. Dämonie: Goltz 1859 Menschenkenntniß 1 36 der naturalismus der weiber potenziirt sich, wenn er einmal die schranken der schäm und förmlichkeit durchbrochen hat, an dem gegensatz der geistigen bildung bis zur dämonie (DWB N.); Harden 1892 Apostata Ν. F. 6 Diese charakteristische Hand hat der um Nebendinge genial unbekümmerte Lenbach uns nie gemalt und auch die düstere Dämonie konnte ich nie erblicken, die aus seinen Bismarckbildern häufig mit Tragödienstimmung zu uns spricht; Wassermann 1910 Masken 266 Dämonie; Brachvogel 1919 Glück 69 bei dem Gedanken, daß die Dämonie bei der Textilindustrie gelandet war; Vogel 1925 Hegels Gesellscbaftsbegriff 51 Dämonie der Gesellschaft; Tillich 1926 Religiöse Lage 61 Der Krieg wurde duchweg als Kulturkatastrophe, als Enthüllung der bürgerlichen Dämonie erlebt; Th. Mann 1926 Reden u. Aufs. (W. X 211) Bei uns ist Literatur reine Dämonie, absolut ungesellschaftliche Sphäre; Korff 1928 Sturm 85 Dämonie des Lebens [im Sturm und Drang]; 1929 Zs. f. dtscb. Philologie LIV 310 Emil Ludwigs „Borgia" . . ist im Sturm- und Drangstil geschrieben, merkwürdig wild und nicht ohne Dämonie im Einzelnen; Heer 1930 Erinn. 11 In den Stunden der Gemütserregung steigerte sich sein Temperament bis zur Dämonie; 1932 Volk u. Reich 682 Dämonie des Germanischen; Beri, lllustr. Nacbtausg. 17.3. 1933 Gründgens [spielte den „Herrn"] mit Dämonie und funkelnder Kälte; Meierheuser 1938 Dreizack 190 Um Ninons leidenschaftliche Unwiderstehlichkeit, ihre Dämonie zu erklären; Frankf. Ztg. 8. 1. 1939 Es ist . . nur ein Unterschied der Nuance gegenüber dem Weimarer Park, aber er ist bedeutsam genug, die Dämonie fehlt; Beyerhaus 1940 Napoleon. Europa 17 [Napoleon] . . vorwärtsgetrieben von der Dämonie der Macht; Petzet 1944 Falckenberg 119 sexuelle Dämonie; Völk.

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Danaergeschenk

Beob. 1SJ16. 7. 1944 galt die finstere Dämonie des Mordanschlages, der München traf, ausschließlich der Kulturmacht Deutschland; Th. Mann 1945 Reden u. Aufs. (W. XII 379) Gleichwohl hat sein Wesen nicht den geringsten Einschlag von Exzentrizität, Problematik, Dämonie, Krankhaftigkeit; Bernbart 1947 De profundis 38 die Dämonie der Technik; Kitter 1948 Machtstaat 122 Schreckensherrschaft der Danton, Robespierre, Marat, — Gestalten, in denen die Dämonie der Macht selber Fleisch und Blut geworden schien; Th. Mann 1949 Reden u. Aufs. (W. XI 206) das Auseinanderfallen von Sexus und Eros, und die geheime Dämonie des Ganzen, — dies alles zog mich außerordentlich an; Diesel 1950 Jahrhundert 40 Dämonie der Politik; Wirsing 1951 Schritt 57 Wir werden noch sehen, daß es keine Dämonie der Technik gibt, daß vielmehr das Dämonische immer mit dem Bewußtseinszustand verbunden ist; Jordan 1956 Aufstand 84 So hat damals nach Abschluß des [2. Welt-] Krieges das Schlagwort von der „Dämonie der Technik" weite Verbreitung gefunden; Bamm 1956 Ex ovo 113 In der Vereinigung der beiden Welten, der Welt der Naturwissenschaft und der Welt der

Dämonie des Schicksals, tritt die Krankheit wieder unter den Aspekt der Humanitas; Jaspers 1958 Atombombe 412 Die Dämonien hören auf, Wirkung von D ä m o n e n zu sein, wenn der Mensch sie als sein eigenes Werk begreift; Boll 1959 Billard 159 ich bin kein künstler; mach dir keine Illusionen; ich werde dir weder falsche noch echte dämonie bieten können (DWB N.); Bollnow 1962 Maß 17 Wohl aber kann man weitgehend von einer solchen Dämonie in der Geschichte sprechen; denn hier sind es die triebhaften Untergründe, die sich in den kollektiven Mächten des Völkerlebens und den von ihnen getragenen einzelnen Gestalten auswirken; Zeit 13. 2. 1987 der Schauspieler bedroht uns nicht mit Dämonien, er lädt uns ein, er lockt uns zu seinen absonderlichen Experimenten; MM 4. 4. 1989 O b es um den Zynismus infam vorgegaukelter Trauer und Totenklage oder um den H a u c h von Dämonie im Getriebensein . . geht; Spiegel 26. 7. 1993 [ist die] tiefe Überzeugungsleere [der ironischen Intelligenz] am allerwenigsten dazu geeignet . . die Nachfolgenden gegen neue D ä m o nie und ungute Dunkelheit zu feien. IN

Danaergeschenk N . (-s; -e), seit Mitte 19. Jh. nachgewiesene, phraseologisch verwendete Zs. nach lat. Danaum fatale munus (Seneca) 'verhängnisvolles Geschenk der Danaer' (zu Danai < griech. Δαναοί, in der Dichtung (Homer, Virgil) und bes. von den Trojanern verwendeter (und mit Feind gleichgesetzter) Name der vor Troja kämpfenden Griechen, nach Δάναος, dem Namen des aus Ägypten eingewanderten Gründers von Argos. Die Bezeichnung spielt auf das mit Kriegern gefüllte hölzerne Pferd an, das die Griechen als Köder bei ihrem vorgetäuschten Abzug im Lager zurückließen, und mit dessen Hilfe sie sich trotz der Warnung Laokoons (Quidquid id est, timeo Dañaos, et dona ferentes) Zugang zur Stadt verschaffen konnten, und das zum Inbegriff für ein unheilbringendes Geschenk aus Feindeshand wurde). Von daher vor allem im politisch-diplomatischen Bereich in der Bed. 'nur vordergründig als vorteilhaft erscheinendes Geschenk, Gabe, trügerisches Angebot eines (feindlich gesonnenen, übelwollenden) Gegners, dem man nicht trauen kann; etwas, was sich für den, der es geschenkt oder angeboten bekommt, als unheilbringend erweist, ihm Schaden bringt', auch allgemeiner und übertragen für 'angeblich günstiger, im Nachhinein schlechter Handel, schlechtes Geschäft, hinter dem sich keine Vorteile, letztlich sogar Nachteile für den Betroffenen verbergen; scheinheiliges Entgegenkommen, falsches Wohlwollen'. Daneben vereinzelt die gleichbed. Zs. Danaergabe. Danaergeschenk: um 1850 National-Ztg. XIX 323 Ein Danaer-Geschenk, welches eine Aufforderung enthält, sich nun um so mehr vor den Gebern zu hüten (SANDERS 1871); Alexis 1852 Ruhe IV 180 Fehlgeschossen, Ihr greift nicht nach dem Danaergeschenk; 1856 Monatsscbr. Wiss. Ver. Zürich 85 Danaergeschenke des universalstaatlichen Gelü-

stes; 1858 Preuss. Jahrb. I 309 wohlweislich . . haben die Generale . . das Danaergeschenk, unter der Herrschaft des neuen Gesetzes nach Frankreich zurückzukehren, abgelehnt; 1866 Preuss. Jahrb. XVII 695 Danaergeschenk einer meuterischen Provinz; Bismarck 1876 (Klemm 1924 Bismarck 1 194) Ich weiß überhaupt nicht, w a r u m Sie dieses Geschenk

Dandy — denn ein solches ist es —, was dem preußischen Staate hier dargeboten wird, als ein Danaergeschenk behandeln; 1876 Gegenwart X 285b Wer sie . . genauer betrachtet, d. h. die orthodoxen Genremaler, der wird finden, daß sie durch das Danaergeschenk des grauen Lichts, welches sie auf ihre dünnen, asphaltuntertuschten Schatten tragen, körperlos werden; Trinius 1884 Mark. Streifzüge 1 58 Danaer-Geschenk; ~Wermert 1905 Sizilien 231 Die wichtigste der Weinkrankheiten ist die Peronospera viticula. Sie ist als amerikanisches Danaergeschenk erst in neuerer Zeit aufgetreten und hat sich in wenigen Jahren über ganz Europa ausgebreitet; 1916 Deutschland I 31 es verband sich wohl die edle Absicht damit, Mißtrauen bei den bedrohten Freunden Deutschlands zu erwecken . . Dieses Projekt, das damals selbst von den „Alldeutschen Blättern" aufs herbste beurteilt und als ein „Danaergeschenk" abgewiesen wurde; 1928 Handb. d. Englandkunde l 245 Die uns damals so häufig begegnenden erfrorenen Personifikationen der Gefühls- und Denkinhalte sind das Danaergeschenk des abstrahierenden und . . gefühlsfeindlichen Denkens des 18. Jahrhunderts; 1932 Geopolitik ¡X 53 Das Danaergeschenk der Zeitung, Radio, Post, Telegraph, Telephon, Eisenbahn . . Die Erweiterung des Blickfeldes bringt Gleichrichtung; Huch 1937 Weg 391 Seine kräftige Natur erwies sich hier wie nicht allzuselten im Leben als ein Danaergeschenk, er hat noch Monate hindurch ein qualvolles Dasein gehabt; Volk. Beob. 22. 11. 1943 der neue Währungsplan . . möchte den Briten aus dem nutzlos daliegenden Goldschatz . . den Aufbau einer Goldwährung . . ermöglichen, die das Pfund in ein festes Verhältnis zum Dollar bringt. Mit diesem Danaergeschenk würde England die letzte Möglichkeit verlieren, gegen den übermächtigen amerikanischen Wettbewerb bestehen zu können; Schwäb. Landesztg. 16. 7. 1946 Funk bekam . . zu seinem 50. Geburstag . . einen Bauernhof . . geschenkt. Das Geschenk erwies sich dann aber als vollkommenes Danaer-Geschenk, da die Einrichtung der Baulichkeiten viel teurer wurde, als man erwartete und Funk eine sehr hohe Schenkungssteuer bezahlen mußte; Franz 1954 Kulturkampf 16 Die Wiederherstellung des Kirchenstaates erwies sich doch im großen gesehen als ein „Danaergeschenk", das dem Papsttum und der Kirche zwei Generationen lang mehr Schaden als Nutzen brachte; Offenburger Tagebl. 21.7. 1959 Eben jene Selbständigkeit, die die Bundesregierung

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gegenüber Pankow auszeichnet . . müßte sich bei Fortfall der völkerrechtlich fundierten Gesamtverantwortung der vier Mächte als Danaer-Geschenk erweisen; Niebelschiitz 1961 Spiel 525 [Talleyrand] lähmte mit dem polnischen Danaergeschenk den russischen Offensivdrang; Süddtsch. Ztg. 26. 1. 1962 Bei gutachtlicher Beratung des Schulfinanzierungsgesetzes . . waren die Regierungsvorschläge stark umstritten. Senator Dr. Listi sprach von einem „Danaergeschenk" des Staates an die Gemeinden; Stuttgarter Ztg. 5. 8. 1969 als . . ihm der Bürgermeister [als dem 200000. Badegast] einen prächtigen Bildband überreichte . . und . . eine kostenlose Dauerkarte . . ein Danaergeschenk. Warum ein Danaergeschenk? Jim Morrison kommt aus . . Schottland; Zeit 9. 5. 1986 Die Quellen werden noch spärlicher fließen, Energie wird noch teurer werden. Und die „friedlichen Atomsoldaten", wie Kreml-Propagandisten die Kraftwerke als den einzigen Exportschlager sowjetischer Technik gerne nennen, werden die Bruderstaaten jetzt eher als Danaergeschenk fürchten; Frankf. Rundsch. 8. 6. 1990 Was . . bleibt von dem, was die Dichter während der „dunklen Zeit" der Kunst „gestiftet haben" . . wird erst die kommende Zeit aus einer langen Geschichte . . herauspräparieren . . jene, die nun meinen, ihnen sei ein „Sieg" in den Schoß gefallen, werden noch Unabsehbares zu tun haben, um mit diesem Danaergeschenk zurande zu kommen. Wenn der Status quo zusammenbricht, auf den sich Politiker wie Intellektuelle hier und dort ja doch alle eingerichtet hatten, hat das nämlich zweiseitige Folgen; Spiegel 13. 12. 1993 es sollte den Deutschen . . klar sein, daß sie sich mit ihrer finsteren Entschlossenheit zur späteren Europabank ein Danaergeschenk gemacht haben. Frankfurt wird Frankfurt bleiben, aber die Deutsche Bundesbank will man herunterschrumpfen. Danaergabe: 1876 Gegenwart IX 321a daß es in Frankreich noch lange Glaubenssatz bleiben wird, hinter jedem Worte der Anerkennung oder Zustimmung, das von jenseits der Vogesen herüberschallt, irgend einen diabolischen Nebengedanken zu vermuthen und davor wie vor einer Danaergabe zurückzuschrecken; Hillebrand 1885 Culturgesch. 160 Hätte er [Labruyère] in der literarischen Anarchie des 16. Jahrhunderts oder in der Affection des unseren gelebt, das Talent würde eine Danaergabe für ihn geworden sein. IN

Dandy M . (-s; -s und Dandies), im frühen 19. Jh. entlehnt aus gleichbed. engl. dandy, ungesicherter Herkunft (entweder als Koseform von Andrew aufgefaßt, auf dandle 'tändeln, hätscheln; hüpfen lassen' oder auch auf ind. dandi 'Stockträger,

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Dandy

Beamter des Indian Civil Service' zurückgeführt), vereinzelt auch in der Form Dandie, in engl. Kleinschreibung und mit den (anglisierenden) Pl.-Formen Dandy's, Dan-

die's. Zunächst meist auf die Lebewelt der großen europäischen Hauptstädte, bes. auf Londoner, Pariser oder Berliner Verhältnisse bezogen in der Bed. 'junger Mann der gehobenen Gesellschaftsschicht, der übertrieben großen Wert auf sein Äußeres legt, sich durch modische Eleganz und Lässigkeit der Erscheinung, glanzvolles Auftreten und extravagante Manieren von anderen abheben will; Salonlöwe, Modenarr; Stutzer, Geck, Schönling' {—* Beau, —• Narziß, vgl. Ästhet, —» Ästhetik, Elegant, —* elegant), gelegentlich auch 'Frauenheld, Schürzenjäger' (s. Belege 1820, 1993), zum Teil positiv konnotiert mit „ästhetisch, exquisit, extravagant, elegant, weltmännisch, charmant" (s. Belege 1837, 1844, 1911, 1964), meist eher negativ mit „eitel, lächerlich, oberflächlich; blasiert, affektiert, exaltiert; feminin" (s. Belege 1831, 1849, 1852, I 8 6 0 , 1955), speziell auf Künstler, Intellektuelle, bes. Schriftsteller (Baudelaire, Byron, Wilde) bezogen und Gegenstand literarischer Darstellungen vor allem im frz. Moderoman des 19. und frühen 20. Jhs. (vgl. Flaubert, Balzac, Mérimée, de Musset), in seiner typischsten Ausprägung als Verkörperung des dekadenten Fin de siècleMenschen auch im Sinne von 'Melancholiker, Libertinist' (vgl. Nonkonformist, Dekadent, —* Dekadenz, —» Zyniker), zunehmend abgeflacht und abwertend verwendet im Sinne von 'Genußmensch, Lebemann, Spieler, Müßiggänger' (—• Bonvivant, —1' Snob; vgl. Flaneur, —»· flanieren); bis heute häufig bezogen auf das glamouröse Outfit einer bestimmten Stilrichtung in der Mode (s. Belege 1968, 1969, 1985), z. B. in Zss. wie Dandy-Look, -Schnürer, -Boutique. Dazu die im früheren 19. J h . unter Einwirkung von gleichbed. engl. dandy(i)sm/frz. dandysme aufgekommene subst. Ableitung Dandysmus M . (-; Pl. ungebr.), auch in den Schreibungen Dandyismus und Dandismus und in der frz. bzw. engl. Form, historische Bezeichnung für das Lebensgefühl und den Lebensstil einer geistreichen Clique extravaganter frz. Adliger unter Führung des Bürgerlichen G. („Beau") Brummel, dem gefeierten Modehelden der Londoner Gesellschaft und Prototyp des Dandys, von daher allgemein verwendet in der Bed. 'Wesen des Dandys' (vgl. Byronismus), gleichbed. mit seit Anfang 20. J h . nachgewiesenem Dandytum N. (-s; ohne Pl.), auch 'übertriebenes, extravagantes Modebewußtsein'; Ende 19./Anfang 20. J h . vereinzelt die adj. Ableitung dandymäßig und seit Anfang 20. J h . häufig nachgewiesenes dandyhaft in der Bed. 'in der Art und Weise eines Dandys; eitel' (vgl. elegant, extravagant, dekadent), bes. auf Personen und ihr Gebaren bezogen, in Wendungen wie dandyhaft gekleidet, dandyhafter Bohémien. Dandy: Böttiger 1820 Kl. Sehr. II 265 Stellen wir diesen Stutzer [Paris] einer längst versunkenen Vorwelt, diesen Helden in Boudoirs und Frauengemächern, der vor länger als 30000 Jahren seinen Sieg feierte, doch mit dem neuesten Londoner Dandy oder Stutzer in Parallele und fragen uns unparteiisch, ob jener uralte Helenenverführer oder dieser nagelneue Lockengel . . bessere Kunstmittel anzuwenden wußte; ders. 1829 Kl. Sehr. 111 103 Dandy heißt jeder Stutzer im Regentpark; Wit ν. Dörring 1830 Fragmente I 90 ein junger elegant [in London], im blauen frack, mit weißen pantalons

. . mein dandy hatte seinen Zeitpunkt schlecht gewählt (DWB N.); Lady Morgan 1831 Frankreich (Übers.) 1 25 die englischen Dandies und die französischen Stutzer; ebd. 1144 die plötzliche Erscheinung eines Londoner Gecken, (dandy); ebd. I 261 daß der Merveilleux, wie man den Pariser Dandie nennt, im allgemeinen weit mehr als eine Lächerlichkeit wie als ein Vorbild betrachtet wird; Hailbronner 1837 Cartons l 62 Sonst wurde jeder Engländer [in Paris] bemerkt, persiflirt, copirt; jetzt ahmt man ihn nach, und der englische Dandy ist das höchste Modell des jungen, reichen Franzosen;

Dandy Schwarzenberg 1844 W. I 131 einem modernen glacebehandschuhten Dandy; Strauss 1844 Br. 159 der liebenswürdige Dandy [in George Sands Romanen]; Raumer 1849 Br. Frankf.-Paris 180 ein inhaltsloser, kenntnißloser, gedankenloser, gemüthloser, blasirter Fat und Dandy; Szarvady 1852 Paris 1 144 das schöne Kind . . die nun in einem glänzenden Wagen an der Seite irgend eines Lords oder eines einfältigen Dandys in den Champs élysées Furore macht; Kossak 1855 Stereoskopen 50 der matte gleichgültige Dandy . . an der Straße Laffitte; Tietz 1859 Erinn. 67 Elegants und Dandy's von Berlin; Waldau 1860 Böhm. Nationaltänze II 7 Die Jungen Leute tanzen mitunter so taktfest, so gewandt und zierlich . . daß sie gar manchem hypereleganten Dandy der Hauptstadt zum Muster dienen könnten; kein einziger trägt die heutzutage so beliebt gewordene, affektirte Blasirtheit zur Schau!; Peterssen 1870 Genrebilder 148 Hauptsammelplätze der eleganten Dandywelt [in der] Passage Duffroy; Springer 1870 Beri. Prospecte 2 Die Dandie's [in Berlin] drängen sich, um französische Stöcke, Börsen und Handschuhe zu kaufen; Hopfen 1893 Elend 11 158 der frischgewaschene, glattgescheitelte, blitzblanke Dandy in weißem Steifhemde, schwarzen Frack und funkelnden Lackschuhen; Wilde 1908 De profundis (Übers.) 17 Ich belästigte mich, . . ein Flaneur, ein Dandy, ein Modeheld zu sein; Brieger-Wasservogel 1911 Gesellschaft 29 Der Dandy ist der sensible Intellektuelle mit gesellschaftlichem Gefühl, der an den gesellschaftlichen Formen und Dingen nur deren ästhetische Seite liebt . . Der Geck ist der Affe des Dandy. Er hat keine Ästhetik, nimmt vom Dandytum nur die rohen Formen und übertreibt sie, weil er im Grunde ungebildet ist. Ungefährlich, aber lächerlich; Ball 1918 Flametti 84 in lackstiefeletten und streifenhosen, den koks keck auf den kopfwirbel geschoben: dandy, genießer und Zyniker (DWB N.); Bahr 1925 Liebe l 31 nichts mehr als ein Dandy, Reklameheld, Poseur; 1926 Sittengesch. d. Intimen 190 Der Pionier des langen Beinkleides in England war Brummel, der König der Dandies; 1930 Sport u. Sonne VIII 98 den dekadenten Dandy-Typ vom Ende des letzten Jahrhunderts; Friede// 1931 Kulturgesch. III 247 Baudelaire . . Opiumraucher und Alkoholiker, Dandy und Masochist, der erste große Dekadent der Neuzeit; 1931 Zfrz. Sprache L1V 349 das Kernproblem . . Baudelaire's Künstlerschaft, sein „Cult of Beauty". Baudelaire ist Künstler, ganz und nur Künstler. Ihn darstellen als Dandy, Mystificateur, Décadent, Névrosé, Sataniker . . geht nicht mehr an; Dtsch. AZ. 21. 3. 1936 der russische Dandy mit Spitzbart und Stöckchen; Täger 1940 Rom. Weltreich 23 Dandies der Jeunesse Dorée; Siiddtsch. Ztg. 15./ 16.4.1950 fünf . . liebenswerte junge Leute . .

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nach bestandenem Examen: Fünf aufgetakelte Dandies, die vor Arroganz fast aus den Nähten platzen und sich in müder Selbstverachtung untereinander zuwider sind; 1953 Neue Ztg. (Ostern) „Leben und Sterben vor einem Spiegel" war, nach Baudelaire, die Devise des Dandys . . Er kann sich seiner Existenz nur gewiß werden, wenn er sie im Gesicht der anderen wiederfindet; Süddtsch. Ztg. 4. 6. 1954 hätte Oscar Wilde den Dandy 1954 nicht genau so auf die Bühne gestellt wie jenes hochmütige Bürschchen dort mit engtailliertem dunkelblauem Paletot, kurzen, engen Hosen . . und knallgelben Handschuhen aussah?; Welt 18. 9. 1954 Die Griechen der vorangegangenen Epoche ähnelten mit ihren sorgfältig gelegten Locken, ihrem Haarschmuck und ihren Parfüms vielmehr einem Elegant des Rokokos oder einem Dandy des 19. Jahrhunderts; Süddtsch. Ztg. 28. 3. 1955 Der Dandy ist eine literarische und, wo er leibhaftig auftritt, eine komische Figur. Die engen Höschen, die buntkarierte Weste, der nachtblaue Smoking . . dernier cri masculin; Wachtel 1963 à la mode 156 Die romantische Dandy-Pose à la Byron ist [um 1850] nicht mehr modern; ebd. 164 ich [Baudelaire] liebte meine Mutter ihrer Eleganz wegen. Ich war also ein frühreifer Dandy; Stave 1964 Leute 174 Dandys sind meistens Junggesellen oder führen, wenn sie verheiratet sind, das Leben von Junggesellen; 1964 Film u. Frau Nr. 26 Als Dandy bezeichnet man heute einen eitlen Modehelden. In den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte das Wort einen besseren Klang. Der Dandy galt als Künstler, dessen Material die eigene Person war; Offenburger Tagebl. 9. 3. 1968 Auch Kostüme zeigen sich wieder leicht „auf Taille" . . Wer groß und schlank gewachsen ist, kann sich mit einem Hauch von Dandy-Snobismus umgeben; Stuttgarter Ztg. 27. 3. 1969 Münchens Modeschöpfer Arno Eichhammer . . eröffnet eine weitere Dandy-Boutique, mit der er die Stuttgarter Herrenwelt modebewußter machen will; Zeit 5. 4. 1985 in der Allüre des überlegenen Spötters und melancholischen Dandys, der seine heimliche Einsamkeit und Kontaktscheu hinter der Maske des Weltmannes verbirgt; MM 7. 9. 1985 Sportlich-elegant gibt sich der Dandy-Look im KaroDessin in allen Farbkombinationen; ebd. 17. 12. 1986 Im späten 19. Jahrhundert, in der Kunst der Symbolisten, Präraffaeliten und Jugendstil-Adepten, wurde der Androgyn geradezu zur Leit- und Kultgestalt. Morbid verträumte oder mehrdeutig mythologisierende Wesen treten in den Bildern von . . Aubrey Beardsley auf, ebenso in den erlesenen Träumen und Sehnsüchten der ästhetisierenden Dandys; Zeit 6. 3. 1987 Franz Hessel, der mit dem nachromantischen Charme eines Taugenichts aus dem Leben eines Städters und von den großstädti-

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Dandy

sehen Vergnügungen schrieb, der ein Flaneur und ein Dandy war, hat mit den Dämonen Baudelaires und Nietzsches, den Geistern des Mondänen und Modernen in der Literatur des fin de siecle, dem Pathos des Expressionismus . . wenig gemein; Spiegel 28. 8. 1995 Mit einem sendungsbewußten Narzismus . . verrät er auf Papier und Leinwand jede seiner Regungen . . jede neue Pose, in der er sich gefällt . . Als gemarterten Heiligen stellt er sich dar, als . . Dandy, Denker und immer wieder als Doppelgänger seiner selbst. dandyhaft: Zobeltitz 1902 Papierene Macht 1 39 mit äußerster Sorgfalt, fast dandyhaft gekleidet; Brod 1910 Sturm I 253c Wenn die Babylonier ihre göttlichen Sterne beobachten, es erscheint kultiviert und fast dandyhaft; Ball 1919 Kritik 205 Die aristokratisch-sporthafte Auffassung des Soldatentums . . eine bäurisch-dandyhafte Philosophie von der Nichtsnutzigkeit des Privatmanns und der Wertlosigkeit des Lebens; Persius 1925 Menschen 57 Unsere ganze Uniform ist unschön, maßlos geschmacklos. Die englischen Matrosen sehen in der Tat dandyhaft aus; Blei 1930 Männer 48 dandyhaften Aufwand; Bergengruen 1954 Rittmeisterin 177 Die Länge seines Haares war nicht Schlamperei oder Verwahrlosung und Gleichgültigkeit, denn er war nun einmal ein soignierter Prinz, sondern es schien hier eine eitel dem Kosmetischen zugewandte Gesinnung, ein dandyhaftes Raffinement am Werke; Boll 1963 Clown 162 Einer wie er, der immer tadellos angezogen ist, modisch genug, um nicht altmodisch, und doch nicht so modisch, um dandyhaft zu wirken; Süddtsch. Ztg. 9.3.1968 vom dandyhaften Pariser Zeichner Constantin Guys, der unbeirrt die Typen des Montmartre festhielt; Hocke 1976 Tagebücher 83 Stendhal erweist sich in seinen Tagebüchern als einer der scharfsinnig-amüsanten frühen Exponenten eines . . Anarchismus, der meist auf mehr oder weniger elegante Weise, im Frack oder Rollkragenpullover, in artifizieller, in dandyhafter Isolierung, mit einem für sich selbst sehr gesetzesfrohen Hedonismus verbunden wird; Spiegel 22. 2. 1993 Ein Weltbürger aus Osnabrück (Überschr.) Auch posierte er [Remarque] gern mit Weltkriegsorden, gekauftem Adelstitel, Melone, Schirm und dandyhaftem Charme, dem schöne Frauen reihenweise erlagen, in der Rolle eines Bohemiens von Welt.

dandymäßig: Tovote 1895 Liebesrausch 111 er rückte den Strohhut schiefer, zog die Schultern hoch, und den Kopf recht dandymäßig vorstrekkend . . schlenderte er . . den Weg zum Unterlande zurück, wobei er jeder Dame unter den Hut grinste; zur Megede 1911 Quitt 286 Darauf machte der

dandy, der gar nicht mehr dandymässig aussah, eine . . wenig schmeichelhafte Handbewegung. Dandy(i)smus: Mündt 1835 Stieglitz 60 sie haßte indes allen dandysmus . . und überhaupt die eleganten gesichter und figuren (DWB N.); Schwarzenberg 1844 W. I197 derlei Requisit militärischen Dandysmus; Hillebrand 1874 Wälsches 398 Der künftige Geschichtsschreiber der Sitten und Ideen unseres Jahrhunderts wird auch dem Dandysmus, nach dessen Lorbeeren selbst ein Byron gestrebt, ein Capitel widmen müssen; Kassner 1910 Dilettantismus 38 Diese Franzosen sind gleichsam nur die Romantiker des Dandismus . . von übertriebenen Gebärden, viel zu literarisch und zu sehr vom Geschlecht bestimmt; Koehler 1911 Der Dandysmus im französischen Roman des 19. Jahrhunderts (Titel); Poppenberg 1913 Rokoko 19 Die Menschen des Rokoko brauchen immer ein Publikum. Sie spielen gegenseitig voreinander ihre Stücke, bewußt der eigenen Rolle, in steter Selbstbetrachtung, und ein Satz Brummeis über das Wesen des Dandysme gilt von dieser Generation: „Vivre et mourir devant un miroir"; Franke 1913 Das „Artifizielle" 21 Man findet in Barbey eine seltsame Mischung von Katholizismus, von Dandysmus und von Satanismus; aber überall verrät sich bei ihm das Künstliche, das Inszenesetzen; Kassner 1923 Essays 74 diese Franzosen sind nur die Romantiker des Dandismus, von unsicherem Geschmack, voll übertriebener Gebärden; Th. Mann 1947 Reden u. Aufs. (W. IX 692) Natürlich hat die Zusammenstellung Nietzsche's mit Wilde etwas fast Sakrilegisches, denn dieser war ein dandy, der deutsche Philosoph aber etwas wie ein Heiliger des Immoralismus. Und doch gewinnt durch das mehr oder weniger gewollte Märtyrertum seines Lebensendes, das Zuchthaus von Reading, Wilde's dandyism einen Anflug von Heiligkeit; Flake 1960 Abend 87 Er erinnerte an Oscar Wilde, neigte dem Dandyismus und der Philosophie des überlegenen Lebensgenusses zu; ebd. 239 Das Jahrhundert. . zwischen 1730 und 1830 — das der literarischen Abbés, der Romantisierten, des Dandyismus. Er stilisierte sich, bis in die Kleidung, die Parfüms, die Haltung, er hatte etwas Preziöses, und es stand ihm gut; Hocke 1976 Tagebücher 165 Stets auf der Suche nach Werten, die den Künstler von einer verflachenden, demokratisierten Welt distanzieren, übernimmt Baudelaire auch den englischen Dandysmus als Audruck aristokratischer Lebensform und -haltung und vertieft und verklärt ihn zum „letzten Aufleuchten des Heroismus in Zeiten des Verfalls"; Zeit 19.12. 1986 Wer soll sich auch zurechtfinden in einem Theater, das die Unterschiede zwischen Avantgarde und Klamotte, Dandyismus und Dilettantismus derart elegant wegbügelt?

Datum Dandytum: Hermann 1912 Nacht 72 Er [Hauptmann Grübnau] tischte uralte Legenden aus der Kronprinzenzeit Eduards auf, spottete über sein Dandytum; Schmitz 1914 Frankreich 26 ein Protest, der die organische Neugestaltung deutscher Sitten durch die Neigung zu weltbürgerlichem Dandytum ungünstig beeinflußt; Sydow 1922 Kultur 55 Das Dandytum erwächst aus dem brennenden Bedürfnis, seinem Wesen eine originale Form zu geben innerhalb der äußeren Schicklichkeitsgrenzen . . Das Dandytum erscheint besonders in Übergangsepochen, wenn die Demokratie noch nicht allmächtig, wenn die Aristokratie nur teilweise schwankend und erniedrigt ist . . der letzte Ausbruch des Heroismus in den Zeiten des Niedergangs; Jünger 1925 Wäldchen 79 [In der Lebensform der Kriegsflieger ist] eine dekadenz, oder besser ein dandytum, das in seltsamem gegensatz steht zu der furchtbaren kraft, die es maskiert, wenn sie in leichten offenen rocken, mit weichem kragen und schlips . . beisammensitzen (DWB N.); Werfel 1928 Abituriententag 194 Selbst Bland durchlebte eine Zeit, wo er . . bei Stendhal und Oscar Wilde . . dem Dandytum nachstrebte und mit dergleichen Gründlichkeit seines Wesens Krawattenfarben zu Strümpfen abstimmte; Heilborn 1929 Revolutio-

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nen 11 138 Wenn Fürst Pückler-Muskau hier weilt — ist es nicht, als legte ein zeitloses Dandytum die Hand in andere fein behandschuhte Hand; Schramm 1943 Hamburg 563 Nun begann sich das Biedermeier aufzulösen, um einer Lebensform Platz zu machen, die in England bereits im Dandytum ihre Form erhalten hatte; Gmelin 1950 Zyklenroman 25 die Beichte eines modernen Enfant du siècle, eines jungen Mannes der 80er Jahre, mit all seinen fluktuierenden Seelenzuständen, Reflexionen und Selbstanalysen, im Wechsel von Depressionen und Exaltationen, eine letzte dekadente Endform des romantischen Werther in Gestalt des entnervten Dandytums; Wachtel 1963 A la mode 144 der überragende George Brummel, Ur- und Vorbild des Dandytums; Hocke 1976 Tagebücher 164 Der hervorragende Charakterzug des Dandytums sei, . . immer das Unerwartete hervorzubringen . . Der Dandysmus tändelt mit der Regel und respektiert sie dennoch; Ortheil 1987 Schwerenöter 409 sein kultiviertes Dandytum, das ihm etwas lässig Britisches gab; 1992 Vogue deutsch IV 234 die Vogue: ein Journal des Luxus und der Moden, weniger an Standesdünkel als an Dandytum interessiert, ironisch, intelligent und charmant. IN

D a t u m 1 N . , f r ü h e r selten a u c h M . (-s; D a t e n ) , seit M i t t e 13. J h . z u r ü c k g e h e n d a u f l a t . datum

nachgewiesen,

' g e g e b e n ; a u s g e s t e l l t , a u s g e f e r t i g t ' ( P a r t . P e r f . zu

in s e i n e r B e d . ' a u s f e r t i g e n ; v e r f a s s e n , s c h r e i b e n ' , b e s . i m S y n t a g m a litter as

dare dare

' e i n e n B r i e f s c h r e i b e n ' ) , d a s z u n ä c h s t in l a t . , s e i t E n d e 1 3 . J h . a u c h in d t s c h . S y n t a g m e n in V e r b i n d u n g m i t e i n e r e n t s p r e c h e n d e n A n g a b e anno

domini/zu

Grätz/am

2.

Dezember)

( d e m actum,

z. B .

(datum)

den Ausfertigungsort und -Zeitpunkt

Erlassen römischer Kaiser kennzeichnete und mit der eine Verfassung neben k a i s e r l i c h e n U n t e r s c h r i f t e r s t r e c h t s k r ä f t i g w u r d e ; a n f a n g s a u c h in d e r F o r m Date

E

( n a c h l a t . data

(littera)·,

v g l . a u c h f r z . date

in der

Data,

F.) u n d b i s h e u t e d a n e b e n

in

( a b s o l u t o d e r in S y n t a g m e n v e r w e n d e t e n ) l a t . f l e k t . F o r m e n , b e s . in d e r a u f d e n l a t . D a t i v / A b l a t i v S i n g , z u r ü c k g e h e n d e n F o r m Dato, g e n Dattum,

f r ü h e r v e r e i n z e l t in d e n S c h r e i b u n -

Datto.

Z u n ä c h s t in d e r K a n z l e i s p r a c h e u n d i m k a u f m ä n n i s c h - j u r i s t i s c h e n B e r e i c h a l s a d j . E i n l e i t u n g s - / S c h l u ß f o r m e l , die der A n g a b e von O r t und Z e i t p u n k t der Ausstellung e i n e s ( m e i s t in B r i e f f o r m a b g e f a ß t e n ) S c h r i f t s t ü c k s , b e s . e i n e r U r k u n d e , e i n e s V e r trags oder Wechsels beigefügt wird, E n d e 17. J h . verdrängt durch w i e gegeben,

geschrieben,

geschehen

am!im

Übersetzungen

. . . ; seit M i t t e 14. J h . d a n n z u n e h m e n d

auch als (zum Teil bereits dtsch. flekt.) Subst. verwendet für ' ( E i n t r a g u n g der) Zeita n g a b e (nach d e m K a l e n d e r ) , (Eintragung der) A n g a b e von T a g , M o n a t und

Jahr

(z. B . i m B r i e f k o p f e i n e s S c h r e i b e n s , a u f e i n e m G r a b s t e i n o . ä . ) ; A b f a s s u n g s z e i t v o n S c h r i f t s t ü c k e n ' (s. B e l e g e 1 3 5 2 , 1 3 9 1 ) , z. B . d a s D a t u m des B r i e f s / i n e i n e m B u c h / a u f einem Grabstein, ohne D a t u m , auch ' k a l e n d a r i s c h festgelegter, n a c h d e m Kalender b e s t i m m t e r ( A u s s t e l l u n g s - ) T a g u n d J a h r ' (—• T e r m i n ; s. B e l e g e 1 5 4 1 , 1 5 5 8 ,

1669),

z. B . ( n a c h d e m ) D a t u m / D a t o d e s W e c h s e l b r i e f s , ein D a t u m ( f e s t - ) s e t z e n / - l e g e n , u n d

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Datum

'Entstehungszeit, Alter eines Gegenstandes; (Angabe des/der) Tag(es)/Zeitpunkt(es)/ Zeitspanne eines bestimmten Ereignisses, bemerkenswerter Geschehnisse (in der Geschichte)' (s. Belege 1715, 1751, 1760,1798), in Wendungen wie historisches Datum, ein wichtiges Datum in der Geschichte, eine Entdeckung jüngeren Datums 'eine noch nicht weit zurückliegende Entdeckung', oft in Verbindung mit Präp., bes. auch in der auf den Dativ/Ablativ Sing, von lat. datum (s. o.) zurückgehenden Form Dato/dato (analog zu erweiterten Formen wie hero, dero) 'zum gegenwärtigen/jetzigen/heutigen Zeitpunkt, jetzt, heute', z. B. auf/à/zu/unter/noch/vor/nach Dato/ dato, Datum 'noch/vor/nach heute', von Dato/dato, Datum (des Briefes) an 'von dem Zeitpunkt (des Briefes) a n ' , und vor allem in noch heute häufig verwendetem bis Dato/bis dato (unbekannt, nie gehört usw.) 'bis jetzt/heute/zum heutigen Tage (unbekannt, nie gehört usw.)'. Als Bestimmungswort in der Form Datum(s)- bzw. Dato- in Zss. wie Datumstempel, Datumsangabe, -differenz 'Unterschied in der Tagesangabe zwischen verschiedenen Kalendern', Datumsgrenze, -(scheide-)linie, bezogen auf Verschiebungen des Datums im Zusammenhang mit der geographischen Lage verschiedener Orte, Datumwechsel, bezogen auf den jeweils um Mitternacht neu einsetzenden 24-Stunden-Rhythmus, auch, neben Datowechsel, für 'Wechsel, dessen Verfallszeit vom Tag der Ausstellung abhängt, auf eine bestimmte Zeit nach dem Ausstellungsdatum, nach Dato lautet' (s. Belege 1791, 1912), vereinzelt auch mit dem PI. Daten- in Datenvorschrift 'Vorgabe über das Erscheinungsdatum einer Anzeige', und vor allem als Grundwort, z. B. in Erscheinungs-, Geburts-/Sterbe-, Gründungs-, Haltbarkeits-, Herstellungs-, Monats-/Tages-, Verfalls-, Zulassungsdatum. Dazu seit frühem 16. Jh. nachgewiesenes, eventuell über gleichbed. frz. dater auf mlat. datare (zu lat. datum, s. o.) zurückgehendes datieren V. (in)trans., zunächst trans, in der Bed. 'etwas mit Zeitangabe, dem Datum versehen, Zeit und Ort eines Schreibens angeben, es beurkunden', in Wendungen wie einen Brief, ein Schreiben, eine Schrift/Kopie vom 4. Februar, auf den 2. April o. ä. datieren, eine auf den 9. November datierte Quittung, und bes. in kunst- und kulturhistorischen Zusammenhängen für 'den Zeitpunkt oder den Ort (der Entstehung) von/für etwas bestimmen, festlegen; etwas (Gegenstände, Erscheinungen, Ereignisse u. ä.) zeitlich fixieren, historisch, sachlich ein-/zuordnen, den zeitlichen Ausgangspunkt von etwas feststellen' (s. Belege 1792, 1822, 1831), z.B. ein Kunstwerk auf eine bestimmte Epoche datieren, die Entstehung des Staates von dieser Zeit an datieren; auch intrans., mit und ohne zeitliche Referenz, meist in Verbindung mit Präp. wie von, aus, seit, für 'zurückgehen, -reichen (bis zu einem Zeitpunkt/Ereignis, auf einen Zeitpunkt/ein Ereignis), herrühren, (aus einer Zeit) stammen, (seit einer Zeit/einem Zeitpunkt) bestehen, existieren, zu einer bestimmten Zeit angefangen haben, schon dagewesen sein' (s. Belege 1836, 1847, 1863, 1877, 1892, 1930, 1945), z. B. aus früheren Jahrhunderten datieren, eine von frühester Jugend datierende Reiselust, die von der Französischen Revolution datierende bürgerliche Epoche, die Entwicklung datiert von diesem Augenblick an, auch als V. reflex, '(sich) herleiten (lassen), herkommen von etwas, (sich) zurückführen (lassen) auf etwas' (vgl. (sieb) deduzieren, —• Deduktion 2; s. Belege 1810, 1831, 1848), z. B. die Nachrichten datieren sich vom Jahr 1796, die Hypothese datiert sich aus der Hegeischen Philosophie; auch adj. in der Part. Perf.-Form datiert in Wendungen wie genau, falsch datiert, und in Präfixbildungen wie seit Mitte 20. Jh. nachgewiesenem (zu-)rückdatieren und vordatieren,

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sowie in jüngster Zeit nur als part. Adj. bezeugtes undatiert 'ohne Datum'. Seit Mitte 19. J h . das Verbalsubst. Datierung F. (-; -en) 'das Versehen von Schriftstücken mit dem Datum; Eintrag(ung) des Datums', auch 'zeitliche Fixierung von Gegenständen oder Ereignissen', mit den Präfixbildungen (Zu-)Rückdatierung, Vordatierung und Zss. wie Anfangs-, Fehl-, Zeitdatierung; Datierungsfehler, -methode; seit späterem 19. J h . die adj. Ableitung datierbar 'zeitlich fixierbar, von festlegbarer Dauer, feststellbarem Alter; zeitlich einzuordnen, einer bestimmten Zeit zuzuordnen', mit dem in der 1. Hälfte des 20. Jhs. selten nachgewiesenen Subst. Datierbarkeit F. (-; ohne Pl.). Datum/(bis)Dato/dato: 1259 Corp. altdtsch. Originalurkunden I 75 datum anno domini M. CC. IvIIII mensae jvlii IUI jdus eivusdem; 1291 Urkunden Rodenegg-Archiv 5 datum Matrei am 2 december im 1291ten; 1293 ebd. 5 aussganngen am datum zu Grätz im paumbgarten den negsten tag nach Georgi im 1293ten jar (alle DWB N.); 1323 (Urkundenb. Speyer 349) von der date diz briefes (MÖLLER); 1339 ebd. 459 nach der daten (MÖLLER); 1349 (Urkunden Straßburg V 213) nach dis briefes date (MÖLLER); Merswin 1352 4 Jahre 2 als die daten sagent, die bede glich sprechent in disen zweien buchern (DWB N.); 1379 Urkunden z. Schweizer Gesch. II 121 nach der date (MÖLLER); 1384 Urkundenb. Erf. 11 651 [Daß alle Zwistigkeiten,] die sich undir uns uff beide sieten biz hüte uff datum desis brives irloufin und irstanden sin, genczlich und gar gesunet und gerichtet sin (DWB N.); nach 1391 Gottesfreund v. Oberland 13 also die date siner [des Ritters] begrebede uf dem grabe gelesen wart (DWB N.); 1407 Mon. Wormat. 260 [Beide Parteien sagen ab] aller miszhelle spenn und zweyung, die sie under einander und widereinander gehapt hant bisz uff diesen huetigen tag datum disz brieffs (DWB N.); 1415 Frankfurts Reichscorrespondenz 1 294 uff datum disses briefs; 1424 (Palacky 1873 Urkunden u. Beitr. ¡319) vnd were derglichin icht gesehen für data diss brifes darzcu sulln wir auch nu furbas keyne bestetigunge ader willigunge gebin; 1431 Dtscb. Reichstagsakten IX 561 welich stat pfalburger oder pfalburgerin, sie sien geistlich oder weltlich, enpfangen oder ufgenomen hetten vor dato dis briefs (DWB Ν.); 1450-60 Augsburg (Chroniken d. dtsch. Städte V 82) das solt geschehen von datum des Nenningers brief, das ist 1419 jar, über 3 monat (DWB N.); Tucher 1464 - 75 Baumeisterbuch 319 das ich ine die nechstkomenden fünf jar nach dato dits briefs trewlichen dienen sol; 1468 Simonsfeld 1 277 uf dato dis briefs ; 1484 Formulari 71b 5 jar von dato diß brieffs (SCHIRMER, Kaufmannssprache); Maximilian 1. 1495 Briefw. (hrsg. v. Kraus) 100 ich hab . . zehen tag vor datum dits briefs euch . . klerlich verschriben; Eberlin v. Giinzburg 1521 Bundsgenosse o. S. Datum in vnser

houpt stat . . im Monat genant Gütwyle, jm jar do man den battel münchen die kutten staubt; 1523 Mulich 324 2 tag vor dato; ebd. 332 vff heutt dato (beide SCHIRMER, Kaufmannssprache); Zweifel 1527 Chronik 73 uff dato desselben . . schreybens; 1528 (Weiler 1872 Zeitungen 83) das man hie zu Neapolis brief hat, der Datum ist auf den andern vnd zehenden tag des Mayens; Schertlin v. Burtenbach 1532 Br. 14 auff dato . . Dattum Wien; 1533 Turmair V 1,173 des [der Urkunde] datum ist geschehen zu Reganesburg (DWB N.); Spalatin 1541 Chronik Sachsen Lib das er [der Kaiser] dem hertzogen von Lawenburg sein lehenbrieff machen . . vnd das datum acht jare odder mehr hinfur legen solte (DWB N.); Meichssner 1545 Nadbüchlin 181 Heut dato [des Briefes] seind wir . .; Sletdan 1551 Briefw. 174 uff weiter antwort wartend, welche sie nach groszerm verlangen am 26. Novemb. des abents bekommen, der datum stoht den 13. Novemb.; Elisabeth v. Braunschweig-L. 1556 Fürstenbriefw. 287 datum eilentz in der nacht, donerstak nach cantatte anno etc. (DWB N.); Meder 1558 Handelbuch 68 a nach dato des Wechsselbrieffs; ebd. 71 a Es sol auch einer [beim Ausfertigen eines Wechsels] acht haben, der die brieff macht, das er ein Datum inn alle Brieff, primo, 2, 3, 4, setze, damit man nit bedencke, das es zwen Wechsselbrieff seyn; Τermineus 1565 Processus 16 vnd fuge euch hiemit zu wissen, das heute dato an itzt ernantem gerichte erschienen ist; Rot 1571 Diet. 302 Datum. Gegeben/ . . damit man schier alle brieff letztlich beschleust/ ort vnd zeit meldet/ wo vnd wañ ein schreiben außgangen sey; 1580 (Ann. lngolstad. Acad. ¡V 355) bis auf dato; Paumgartner 1592 Briefw. 158 wegen des rocks . . schreib ich datto dem Michel Im Hoff gen Venedig; Theobald 1609 Hussitenkrieg 53 Datum Speyr Anno 1414. Octobris die 18. vnserer Reich/ des Hungerischen imm 33. des Römischen im 5.; Hainhofer 1611 Corr. 132 Auss Florentz schreibt mein bruder vnderm dato 16. April; 1635 Ber. friedländ. Prodition Kla [des Bruders] drey schreiben hab ich wol empfangen eins geschrieben ohn datum (DWB N.); 1635 (Gaedeke 1885 Wallensteins Verhandlungen 154) und ob uns woll bis dato darauf keine Ant-

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wort einkommen; Crocius um 1645 Ausführung 3 hat Landgraff Philips zu Hessen deßhalb in Schafften/ vnterm dato am Sontag nach Margarethae, alle sonderung trewlich widerrathen; Zeiller 1653 Dialogi 418 die data [bei Urkunden] der öffentlichen Schrifften; Overheide 1657 Schreibkunst 244 Daß der Ehrenvester und Wolgeachter Kilian Mohr mir Endesbenanten/ auf die tausend Reichstahler in seiner Obligation benante Schuld heute dato durch richtige angenehme Überweisung wol erleget unnd bezahlet hat; Wolgemuth 1669 Haupt-Pillen 8 wie er an dem un dem dato seinem bereuter, einem Italiäner, tausend reichsthaler gegeben (DWB N.); 1672 Schurtz M-K a3b sandte er mir dato 1 Päcklein Waar (SCHIRMER, Kaufmannssprache); Seyfrid 1679 Medulla 48 deßgleichen in Mauitania in der königlichen hauptstadt Fess, ist zu dato noch eine zahlbare gesellschafft von philosophen und naturkündigern (DWB N.); Tentzel 1689 Unterredungen 125 Ich habe wenig darinnen geblättert/ aber kein Datum finden können; Stieler 1695 Auditeur 63 Und soll diese Bestallung auf zwey Jahr lang von dato an bestehen; 1700 Monatl. Auszug Febr. 80 des dati; Uhse 1709 Redner 44 Die Patroni haben dir noch kein Ammt geben wollen/ denn sie haben biß dato noch kein so gutes zu vergeben gehabt/ als du verdienest; Stieve 1715 Hoff-Ceremoniel 20 andere setzen das datum der schwedischen königl. regierung erst in das jähr 1292 und in die person des königes Birgeri II. (DWB N.); 1719 Recueil ¡V 39 Ort und Datum, wo und wann es geschehen, beysetzen; Uffenbach 1728 Tagebuch 40 Ich nähme hierauf von dem sehr hofflichen Herrn Rath Hahn Abschied und muste meinen Nahmen mit dem Dato noch vorher in ein Folienbuch schreiben; Barth 1734 Tagebuch 180 Es geht bei der Armee zu dato so still zu, dass man kaum glaubt, dass noch eine Armee allhier steht; 1741 Begebenheiten 157 welcher als Laquais mit ihm gehen solte, als Spions zu bedienen . . ihm selbst aber eine gute Ordre ohne Dato zuzufertigen; Khevenhüller 1742 Contributions-Ausschreiben 1 innerhalb 8 Tagen à dato dieses . . AnkündigungsBrieffs; Bengel 1751 Brüdergemeine (Zinzendorf, Materialien 1110,260) wie die Apostel, die sich niemals einfallen lassen, ein ausdrückliches Datum zu benamen; Lessing 1760 Sophokles (S. Sehr. VIII 306) Der ungenannte Biograph . . schreibt unter dem zweyten Jahre . . auch unter dem dritten Jahre der drey und siebzigsten Olympias . . Es wird aber aus andern Datis erhellen, daß man sich an diese einige nicht kehren dürfe; 1781 Dtsch. Museum II 268 der datum in dem Schuldschein; Lichtenberg 1782 Br. II 22 ew. wohlgebohren leztes schreiben habe ich sehr spät, nemlich fast 5 wochen nach dem datum erhalten (DWB N.); 1791 Allg. Gesetzb. preuß. Staaten 1 2,508 bey dato- und solchen

usowechseln, deren verfallzeit von tage der ausstellung an gerechnet wird (DWB N.); 1798 (Buchner, D. Neueste V 380) freilich vom spätem dato, aber bekannter ist die abbildung dieses fallbeils (DWB N.); 1807 Raumer-Briefw. (Leben 1 221) An den neuen Ausbruch eines Krieges in der gegenwärtigen Periode, habe ich stets gezweifelt und fahre auch noch dato in meinen Zweifeln fort; Schmalz 1818 Privatrecht 148 Wechsel à dato wenigstens vor dem Verfalltage; Keller 1849 Leben, Br. u. Tagebücher II 183 Ich hoffe, daß Du dato ein grünender Baum seiest, einer der sich gewaschen hat; Knies 1857 Telegraph 192 [Daß der Telegraph Nachrichten] zwischen orten spedirt, die im augenblick ein verschiedenes datum haben (DWB N.); Martens 1864 Militärverpflegung 1 87 die Bezeichnung der Ortschaft, welcher der Wagen angehört, das Datum der Requisition, das Datum der Einreihung in den Park; Gildemeister 1871 A. d. Tagen Bismarcks 109 [Das] welthistorische Datum; Raabe 1879 Zum wilden Mann 13 Das bedeutungsvolle Datum; 1896 Briefw. Burckhardt-Wölfflin 106 Verehrtester, Indem ich im Kalender das datum suche, entdecke ich, daß es heute gerade Raphaelstag ist; Fontane 1898 Zwanzig 145 Studenten . . einige schon von älterem Datum [in höherem Semester]; Marcuse 1905 Geogr. Ortsbest. 27 die sog. wissenschaftliche oder nautische Datumsgrenze . . Die historische Datumsgrenze . . stellt eine unregelmäßige, krumme Linie auf der Erde dar; Wewer 1912 Geschäftsmann 363 auf eine bestimmte Zeit nach dem Tage der Ausstellung — nach dato (Datowechsel); Flake 1917 Horns Ring 371 Er griff zuerst nach der Zeitung, las das Datum: 24. April 1914; Th. Mann 1924 Zauberberg (W. III 1924) Die drei Auswärtigen wanderten längere Zeit . . zwischen den Mälern umher, indem sie dann und wann stehenblieben, um einen Namen nebst Geburts- und Sterbedatum zu entziffern; Musil 1930 Mann 1 55 in dem magischen Datum der Jahrhundertwende; Lokal-Anz. 2. 7. 1933 an dem von der Ausgabestelle mit dem Datumstempel in das Billett eingestempelten ersten Geltungstage; Hager 1957 Graphologie 33 die gewohnheit, handschriften zu sammeln . . ist erst jüngeren datums (DWB N.); 1964 Keesing's Archiv XXXIV 10999b berichte über die neuen Staaten wurden jeweils . . unter dem datum der Unabhängigkeitsproklamation veröffentlicht (DWB N.); 1966 Studium Generale XII 728 daß das Tagesdatum überwiegend kirchlich motiviert, d. h. nach seiner Lage zu einem Festtag innerhalb des Kirchenjahres bestimmt worden ist; ebd. die sogenannten „unbeweglichen" [Feste], bei denen . . das Monatsdatum festliegt; Bild 28. 1. 1967 Ein genaues Reisedatum wurde noch nicht festgelegt; ebd. 5 . 5 . 1 9 6 7 Händler wehren sich gegen das

Datum Haltbarkeits-Datum (Überschr.); Krieger 1970 Ursprung o. S. Alter und Datumsangaben der Handschriften . . geben vor allem die überlieferten Abschriften der Aufzeichnung Anhaltspunkte für den Zeitpunkt „ad quem" der Originalfassung; Riedel 1970 Entwicklung o. S. am 9. Mai 1775 — dieser Tag wurde später von der Bergakademie Clausthal als ihr Gründungsdatum angesehen; FAZ 11.2. 1971 Genau ein Grad westlich davon verläuft dort auf 172 Grad und 30 Minuten westlicher Länge die internationale Datumslinie; Zeit 18. 1. 1985 Die Edition Sirene hat ein sorgfältig gemachtes Buch vorgelegt und . . auf Angaben zu Autor und Erscheinungsdatum des Romans verzichtet; ebd. 19. 4. 1985 am 8. Mai, dem zum „Tag der Zivilisation" erklärten Gedenkdatum; ebd. Dasselbe Automodell mit demselben Abgasverhalten wird einmal so und einmal so besteuert — nur abhängig vom Zulassungsdatum; ebd. 18. 7. 1986 die Emanzipation, als deren Beginn die Französische Revolution von 1789 gilt, die wiederum als Stichdatum des Ausstellungsthemas gewählt wurde; MM 13. 8. 1986 ist das Datum vielen Bürgern in diesen sommerlichen Urlaubstagen indessen nicht viel mehr als ein Geschichtsdatum; FAZ 3. 9. 1990 Die Schriftsteller ließen sich, nur zu gerne, in eine Rolle drängen, die ihnen eine bis dato ungeahnte Publizität verschaffte; Beri. Ztg. 24. 11. 1990 Die inhaltliche Kennzeichnungspflicht einschließlich Verfallsdatum gibt nützliche Aufklärung. datieren: 1523 (1867 Zs. Ver. Lüb. Gesch. II 316) jw breffeken, welk datereth nicolay [6. Dezember]; 1534 (Scbmalkald. Bundesabschiede 1533-36 40) solt nit ungut sein, das disse schrift etwas ehr datirt und abgefertigt wurde dan die ander (beide D W B N.); 1540 Schemi II 238 2 schreiben den 17 februarj vnd 4 Aprilis datirt ( S C H I R M E R , Kaufmannssprache); Zorn 1570 Wormser Chronik 147 brief Caroli IV zu Oppenheim datiert; Rot 1571 Diet. 302 Datirn. Etwas in eim schuldregister auß vnd abthün/ verzeichnen/ das die schuld schon bezalt sey; Hamelmann 1589 Oldenburg. Chronik 65 er hat . . etliche briefe datirt zu Wildeshausen (DWB N.); 1592 (Font. rer. Austr. II 58) davon in . . hochsaligster gedechtnuss uns aingeschlossnen befelchs copi, so den 27. Septembris anno 89 datiert ist, meidung beschicht; Hainhof er 1610 Br. 6 Es ist mir Ew. Frstl. Gnd. gnädiges schreiben auf 11 April zu Alten Stettin datirt; 1616 Braunschw. Kriegshandlung L 2b Euer Antwort schreiben gestriges tags datirt; Ens 1640 Postreiter 39 dessen Abdruck . . zu Außgang Maerz/ und Eingang Junii datirt; Pickelhäring 1685 Kleideraffe 84 Wenn er an den Vater schreibet, so datirt er die Briefe von . .; Elis. Charl. 1696 Br. I 67 wen ich nicht schon

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auß eines von ma tante schreiben gesehen hette, daß Ihr in Hollandt gereist seydt, würde ich sehr verwundert geworden sein, Ewer werthes schreiben auß dem [sie] Haag datirt zu sehen; ebd. I 352 f. Entweder müst Ihr Eüch verschrieben haben oder Ewer schwestet; den Ewer brieff ist vom 19 dattirt undt Louisse ihrer ist vom 24 Julli; Marperger 1711 Beschr. d. Messen 1 7 Dahero als Albertus . . nah bey Eisleben einen Flecken zu einer Stadt machen wolte, solches der Käyser Maximiiianus I. per mandatum Inhibitorium, A. 1514 den 6. Febr. datirt; Guggenheimer 1722 Prozesse 337 einer . . datirten Attestation; Schröckh 1770 HandlungsWiss. III 220 [Er] bringet die gehabten Unkosten . . in rechnung, welche sodann summirt, datirt, und behörig unterschrieben wird (DWB N.); Moritz 1783 Reisen 53 Viele Briefe und Aufsätze werden hier geschrieben, auch solche, die man in den Zeitungen gedruckt ließt, sind gemeinigleich aus irgend einem Kaffeehause datirt; Lichtenberg 1784 Br. II 174 er datire nie einen brif vom lten aprii (DWB N.); Iffland 1798 Theatral. Laufhahn 88 datiert sich doch von dieser Vorstellung so mancher Mißverstand; Hess 1792 Hamb. III 43 [Die Siedler aus der Umgegend] legten den grund zu dem eigentlichen hamburgischen Staate, dessen entstehung nur von dieser zeit an datirt werden darf (DWB N.); H. Meyer 1810 Kl. Sehr. 161 es datiren sich die nachrichten, welche der Verfasser über diesen punkt geben kann, freilich schon vom jähr 1796 (DWB N.); Goethe 1822 Belagerung v. Mainz (HA X 364) indem die Franzosen ihren Kalender von diesen Tagen an datierten; 1831 Beitr. Förderung Gemeinsinn 165 [Es] datirten die republiken der vorzeit ihre existenz von der gewaltsamen abschüttelung des joches eines drückenden Selbstherrschers (DWB N.); Laube 1836 Schauspielerin 147 von diesem Abende datierte ein ganz anderes, in vieler Hinsicht vollkommneres Spiel dieser Frau; Hitzig 1842 Pitaval 11 90 eine falsche, auf den 9. november datirte quittung (DWB N.); Schmeller 1843 Tagebücher II 354 ein datirter theologischer kirchengeschichtlicher codex von 794 (DWB N.); Dingelstedt 1847 Jusqu'à la mer 181 Die Eröfnung der eigentlichen grossen Badeanstalt datirt erst seit 1828; Jung 1848 Charaktere I 159 es datirt sich indessen allerdings jene hypothese aus der hegelschen philosophie (DWB N.); Wagner-Liszt 1850 Briefw. I 1 Dein Brief war zwar vom 22. October datirt, er kam mir — mit dem Manuscripte — aber erst am 8. November von Berlin her zu; 1863 Bilder a. Paris II 331 die hohen Bäume, von denen gar viele aus frühern Jahrhunderten datirten, wurden gefällt; 1877 D. Nationalliberalen u. d. Hänselchen 61 alles unheil in diesem irdischen jammerthal datire von freiheitsverkümmerung (DWB N.); Meurer 1892 Bergsteiger Vorw. VI Eine von frühester

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Jugend datierende passionierte Reiselust; ebd. 13 und von diesem Augenblicke an datiert die . . Entwicklung des Eisenbahnwesens; Suess 1916 Ertnn. 68 Absage auf Fischhofs Einladung zu Konferenzen angesehener Personen, datiert Ofen, 8. November 1866; Th. Mann 1930 Reden u. Aufs. (W. XI 876) Die Empfindung einer Zeitwende, welche das Ende der von der Französischen Revolution datierenden bürgerlichen Epoche und ihrer Ideenwelt ankündigte; Steinhausen 1931 Geistesgesch. 2 man wird die spätere amerikanische Weithegemonie vielleicht von 1918 an datieren (DWB N.); Th. Mann 1945 Reden u. Aufs. IW. XII 516) Rodin sieht im Empire-Stil die letzte echt französische Kunst, — von da an datiere der Verfall; 1950 Saeculum 147 Ausgehend von Keramikfunden mit spanischen Merkmalen, die frühestens nach 1519 entstanden sein konnten, datierte nun Vaillant die darunterliegende Schicht eines Abfallagers ohne spanische Merkmale; Behn 1957 Vorzeit 129 in der heizanlage gefundene tonscherben datieren sie in die zeit Heinrichs I. (DWB N.); Eggers 1959 Vorgesch. 123 [Methoden] die der moderne geschichtsforscher benutzt, um historische ereignisse zu datieren (DWB N.); Süddtsch. Ztg. 1. 7. 1960 Die Absprache über den Besuchstermin datiert zurück auf den Monat April; Welt 9. 2. 1966 Einen vom 12. Oktober datierten Bericht über die Affäre; Schietzel 1970 Ber. Ausgr. Haitabu o. S. Die Badorfer Keramik kann mit Hilfe datierender Funde von anderen Plätzen jedoch in die Zeit vom letzten Drittel des 8. bis in die ersten Jahrzehnte nach der Mitte des 9. Jahrhunderts eingeordnet werden; MM 3. 4. 1985 die von Oktober letzten Jahres datierenden Überlegungen ihres Bundesvorstandes; Zeit 17. 10. 1986 die kontaminierte Milch kam als H-Milch in falsch datierten Packungen wieder auf den Markt; MM 1.12. 1986 das Problem datiere aus der Zeit, als ein Aids-Test noch nicht verfügbar gewesen sei; ebd. 31. 12. 1986 Die Forschungsarbeiten an Grabsteinen haben den Vorteil, daß man an genau datierten gleichen Natursteinen regionale Schadensunterschiede erfassen kann; Beri. Ztg. 9. 1. 1990 Aufklärung wurde auch über ein vom 9. Dezember 1989 datiertes Fernschreiben des früheren Bezirksamtes Gera verlangt; Spiegel 12. 3. 1990 die Forderungen von 19 Gläubigerländern, die zum Teil noch aus der Vorkriegszeit datierten, auf gut 14 Milliarden Mark herunterzuhandeln; Altner 1991 Naturvergessenheit 47 Schweitzer hat diesen Moment einer über das allgemeine Lebensgefühl hinausgehenden Bewußtseinsvertiefung auf den September des Jahres 1915 datiert. (zu-)rückdatieren: Th. Mann 1945 Reden u. Aufs. (W. XII 235) Wir wissen genau, daß die Wandlung dieses Willens sehr weit, mindestens aber um zehn

Jahre hinter 1870 zurückdatiert; ders. 1945 Nachtr. (W. ΧΙΠ 741 ) wenn man . . die geschichtliche Epoche Deutschlands, die jetzt dank Hitler ihr katastrophales Ende findet, bis zu Friedrich II. von Preußen und seinen Eroberungskriegen zurückdatiert; Zeit 5. 4. 1985 Die Tochter eines „wirklichen Geheimen Kriegsrates" aus Berlin, die während der Nazi-Jahre in einer Widerstandsgruppe mitgearbeitet hat, entdeckt plötzlich lauter „rückdatierte Märtyrer"; M M 19. 2. 1988 Viele der 24 Kämme und Haarbüschel, die Mumcuoglu untersuchte, waren zusammen mit Kleidungsstücken in Massada gefunden worden und lassen sich bis in das Jahr 68 zurückdatieren. undatiert: Zeit 17.10. 1986 Weil damals der Zeitpunkt des Anschlages noch nicht feststand, blieb der Brief zur Tat undatiert; M M 24.4. 1987 Die von 1908 bis 1915 entstandenen Blätter, meist mit Tusche oder Pinsel gezeichnet, allesamt Vorstudien zu seinen Ölbildern, oft undatiert und ohne Titel; ebd. 25. 6. 1988 Schlechte Karten bei einer späteren Kündigung habe auch . . wer außer dem Anstellungsvertrag auch gleich eine undatierte Ausgleichsquittung unterzeichne, in der sich der Beschäftigte verpflichtete, keine Ansprüche gegen seinen Arbeitgeber geltend zu machen; ebd. 29. 8. 1989 Bei Slevogts „Pfalzlandschaft", einem undatierten Ölbild auf Pappe, handelt es sich um ein . . überraschend qualitätsvolles Werk. vordatieren: Welt 18.9. 1954 sie kenne einen Handwerker, der sich mit einem vordatierten Scheck zufrieden geben würde; Spiegel 24. 5. 1993 Wenn er teilweise das Mitterrand-Wiesel-Manuskript verwendet und Auszüge vordatiert habe, dann nur, weil diese klarer gewesen seien als seine eigenen „hingekritzelten Notizen". datierbar: 1872 (Justi 1866 Winckelmann II 2,138) wie wenig datirbare denkmäler brachte Winckelmann bei siebenjährigem suchen . . zusammen (DWB N.); Curtius 1878 KI. Sehr. II 97 vor der einigermassen datirbaren Erscheinung des lateinischen Rhotacismus; Flake 1931 Bilanz 138 Die Wirkung eines historischen, nicht datierbaren, aber uralten Sprunges in der deutschen Seele; 1949 (Ceram 1951 Götter 421) elf reiche tempel des alten reichs, datierbar aus der zeit kurz vor der auswanderung (DWB N.); Curtius 1950 Lebenserinn. 53 Eine andere datierbare Erinnerung geht in den Sommer 1878 zurück, als ich noch nicht ganz vier Jahre alt war; Hüseler 1956 Fayencen I 4 Jeder Fabrikgeschichte ist eine Meisterliste beigegeben, deren chronologische Anordnung bei datierten oder datierbaren Stücken die Auflösung bislang

Datum ungedeuteter Marken erleichtert; Eggers 1959 Vorgescb. 157 fixpunkte, die teils auf dem stilvergleich mit datierbaren werken der großplastik . . beruhen (DWB N.); Welt 23. 9. 1969 Die große Blüte der Genueser Kunst entfaltet sich, fast auf den Tag datierbar, im Jahre 1605 mit der Ankunft zweier Meisterwerke; 1970 FAZ Nr. 281 In diesen meist schwer datierbaren Blättern ist bereits der ganze spätere Fontana enthalten; MM 18. 9. 1985 Das erste Auftreten von Aids-Viren bei Menschen sei jedoch nicht datierbar; ebd. 5. 10. 1985 Die ersten datierbaren Bauten von Didyma stammen aus der Zeit um 700 v. Chr. Datierbarkeit: Heidegger 1927 Sein 407 wir nennen diese scheinbar selbstverständliche bezugsstruktur der 'jetzt', 'damals' und 'dann' die datierbarkeit (DWB N.); Glasenapp 1948 Welt 283 Bei der schweren Datierbarkeit der Texte der PurânaLiteratur und der Fülle von späten Einschüben besteht die Möglichkeit, daß christliches Legendengut in sie eingedrungen ist. Datierung: 1848 Archiv Gesetzgebung BundesStaaten 1548—49 I 15 so wird gegen den acceptant e s welcher die datierung seines acceptes unterlassen hat, die Verfallzeit des wechseis vom letzten tage der präsentationsfrist an gerechnet (DWB N.); Wagner-Liszt 1851 Briefw. 1 117 Durch die Datirung dieser Zeilen erfährst Du genügend, in welchem Kummer und Drangsal ich seit Monaten stehe; Curtius 1866 Alterthum 278 in den Urkunden . . vermißt man bis in die späte Zeit eine deutliche und zweckmäßige Datierung; Billroth 1870 Br. 98 wie du aus der datirung des briefes siehst, bin ich von Stuttgart hierher übersiedelt (DWB N.); Wölfflin 1889 Gessner 9 Die Datirung stützt sich auf die Randnotiz eines Freundes, wonach das

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angeführte Gedicht vor dem achtzehnten Jahre Geßners entstanden wäre; Hampe 1909 Kaisergesch. 22 Es stand ganz damit in Einklang, daß aus den päpstlichen Urkunden hinfort die Datierung nach Kaiserjahren schwand; Dtsch. AZ. 22. 8. 1935 Neben Knochen und verkohlten Holzstücken wurden korinthische und ionische Vasen und Münzen . . gefunden, die die zeitliche Datierung auf die Mitte des 6. Jahrhunderts ermöglichen; Beckmann 1948 Tagebuch 281 Brief von Dorothy Miller wegen Datierung von „Departure"; 1966 Studium Generale XII 754 Der Kunsthistoriker bedient sich der gleichen Datierungsmethode, nur kann er im allgemeinen wahlweise auch die Altersbestimmung im physikalischen Zeitmaß (nach Jahren, Jahrhunderten) heranziehen; Schindewolf 1970 Stratigraphie o. S. Als neues Moment ist in jüngster Zeit lediglich die Möglichkeit hinzugetreten, eine physikalische Zeitdatierung der Gesteine durchzuführen; Schietzel 1970 Ber. Ausgr. Haitabu o. S. Auch für die Anfangsdatierung der glasierten Keramik fehlen noch umfassende Untersuchungen; Zeit 10. 5. 1985 Die peinliche Fehl-Datierung vom Vorjahr soll so vermieden werden. Damals wurde der Neumond irrtümlicherweise einen Tag zu früh vermeldet; M M 21. 7. 1986 Von „Datierungsfehlern" bei Rezeptausstellungen und Überweisungen war die Rede. (Zu-)Rückdatierung: Rehm 1914 Bilanzen (Reg.) Verfehlungen [gegen die Konkursordnung] sind z. B. Zurückdatierungen, wie solche vorgenommen werden, um den inneren Zusammenhang mit dem Rechnungsabschluß für Schiebungen unersichtlich zu machen. Vordatierung: FAZ 10.12.1965 Der Antrag auf Vordatierung der zweiten Rate der Besoldungsverbesserung wurde zurückgezogen. IN

Datum 2 N. (-s; Daten), meist Daten Pl., seit früherem 17. Jh. nachgewiesen, zurückgehend auf lat. datum 'das (Vor-)Gegebene; Gabe' (subst. Part. Perf. zu dare '(vor-, an-) geben'; —• Datum 1 ), auch in lat. (flekt.) Formen, vor allem im anfangs ausschließlich und bis ins 20. Jh. daneben bezeugten PI. Data. a Zunächst (nach Euklid) bes. in der Mathematik und Philosophie für ' ( v o r g e g e bene (Zahlen-)Werte, bekannte (geometrische) Größen (aus denen die unbekannten zu ermitteln sind)', seit Anfang 19. Jh. überwiegend im eingedeutschten PI. Daten weiterentwickelt zur wissenschaftsspr. Bezeichnung in der Bed. 'aus (wissenschaftlicher) Beobachtung, Erfahrung, aus Recherchen, Experimenten (empirisch) gewonnene, gesammelte Tatsachen, Umstände, Gegebenheiten, Inhalte, Einsichten, Erkenntnisse' (vgl. Fakten, —> Faktum), auch bes. in den Natur- und Sozialwissenschaften 'statistisch/maschinell ermittelte Zahlen(-angaben), Meßwerte' (s. Beleg 1985), speziell in der Sprachwissenschaft für 'Ausgangsmaterial, -beleg (als Beschreibungs-

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gegenständ und Ermittlungsbasis)' und in der Volkswirtschaftslehre für 'bei der wirtschaftlichen Modellkonstruktion angenommene oder vorgegebene Faktoren', in Wendungen wie Daten sammeln/zusammenstellen, biographische, geographische, physikalische, empirische, wissenschaftliche Daten, als Bestimmungswort Daten- in Zss. wie Datenbestand, -ermittlung, -menge, -fülle, -konstellation, -material, -sammlung, -schütz, -system; datenmäßig, und im Zusammenhang mit dem Schutz des Individuums und seiner Privatsphäre häufig negativ konnotiert ζ. B. in Datenflut, -ängste, -hysterie, -gau, -verbot; datenbesessen, -rechtlich, als Grundwort selten, ζ. B. Sinnesdaten, häufiger in der Sing.-Form, ζ. B. Erfahrungs-, Erhebungs-, Grund-, Meßdatum. b Seit Mitte 20. Jh. unter dem Einfluß von gleichbed. engl, data PI. zunehmend im Bereich der Informatik, Medien- und Computertechnik weiterentwickelt zu 'elektromagnetisch erfaßte/erfaßbare Zeichenfolgen zur Darstellung von Informationen (sprachliche Inhalte/Mitteilungen, numerische Größen, Funktionen, Bilder u. ä.) in digitaler oder analoger Form, die als Objekte für die Arbeitsprozesse einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert, (weiter-)verarbeitet, übertragen und in lesbarer Form (von Texten, Tabellen, Graphiken) ausgegeben werden können', im Zusammenhang mit Überbewertung, Beherrschbarkeit oder Mißbrauch zum Teil mit (gesellschafts)kritisch wertenden Konnotationen (s. Belege 1985, 1987, 1990), in Wendungen wie digitale/analoge Daten 'codierte Zeichenfolgen zur Darstellung von Informationen, Sachverhalten', binäre/(alpha-)numerische Daten 'Folge von Binärzeichen/Dezimalziffern/Ziffern, Buchstabenfolgen und Sonderzeichen', ausschließlich im Pl. Datenais Bestimmungswort in zahlreichen (oft aus engl. Zss. mit data- lehnübersetzten) Zss. wie Dateneingabe/-ausgabe, -be-/verarbeitung(-sanlage), -(fern-)übertragung/ -Übermittlung, -technik, -träger, -rechner, -Sichtgerät, -Speicher, -dienste, -bank/ -pool 'Gruppe zusammengehöriger, im Verbund gespeicherter Daten' (gleichbed. mit Datei, s. u.), und in zum Teil abwertenden Zss. wie Datenautobahn/-highway, -chaos, -salat, -klau, -piraterie; selten adj. datengerecht, -technisch, nur vereinzelt als Grundwort ζ. B. in Binär-Daten; vgl. auch zahlreiche Firmen- und Warennamen wie Datamat, Dataquest, Datem, Datev, Datex; Tewidata, Audiodata, Juradat, bei denen überwiegend die engl. Form Data in verkürzter Form zugrundeliegt. Dazu das in den 80er Jahren des 20. Jhs. aufgekommene, analog zu —• Kartei (entsprechend engl. Data file) gebildete Subst. Datei F. (-; -en) in der Bed. 'Sammlung, Aufstellung inhaltlich/sachlich zusammengehöriger Daten, Belege, Dokumente, Informationen, insbes. (vom Bundeskriminalamt, Innenministerium und anderen Behörden meldedienstlich ermittelter) personenbezogener Angaben, die nach bestimmten Ordnungskriterien (ζ. B. nach dem Alphabet) in Karteien, Ordnern, Lexika u. ä. zusammengestellt werden' (—• Kartei), in Wendungen wie in Dateien sammeln, erfassen, Dateien (über etwas) anlegen/erstellen und als Grundwort in Verbindung mit Bezeichnungen für die erfaßten Personen(-gruppen) in Zss. wie Abonnenten-, Käufer-/Kunden-, Personal-, Spender-, Stasi-Datei (zu a); gleichzeitig als Bezeichnung für eine Menge, einen Bestand von Daten, die in maschinenlesbarer Form auf Datenträgern (Magnetbändern, -platten) gespeichert sind und elektronisch (weiter-) verarbeitet werden können, ζ. B. in Wendungen wie elektronische, gesicherte Datei, sequentielle/serielle Datei 'Datei, bei der die Daten in fortlaufender Eingabefolge gespeichert und abrufbar sind', in einer Datei speichern, Dateien eingeben/aufrufen/ bearbeiten/sichern/löschen/kopieren, Zugang/Zugriff auf eine Datei, als Grundwort

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in Z s s . wie Arbeits-, Test-, Speziai-, Suchdatei, und in Fügungen wie E D V - ( = Elektronische Datenverarbeitung) und A S C I I - ( = A m e r i c a n Standard C h a r a c t e r s International Interchange)Datei, seltener als B e s t i m m u n g s w o r t , z. B . Datei(en)aufbau, Dateieingabe, -name, -inhalt, -system, -Verwaltung (zu b). Datum/Daten a: Freitag 1631 Architectura 23 Diese taffein die hier vorgestellt werden/ vnd derer im vorhergehenden Capitel rechnung ist gemacht worde/ sind also nach den datis calculirt; Leibniz 1696 Dtsch. Sehr. 1 391 wenn die data selbst mangeln, kann man wenigstens bemerken, was uns für data fehlen (DWB N.); Lambert 1764 Organon I 51 dieses Verfahren ist demjenigen, da man aus den Begriffen der Arten den Begriff der Gattung findet, entgegengesetzt, aber ungleich schwerer, weil man bey dem letztern alle data vor sich hat; 1765 Allg. dtsch. Bibl. I1,32 die sichern data; 1766 ebd. III 1,15 die Vorbereitungen geben die data an; Lessing 1766 Laokoon (S. Sehr. IX 116f.) die einzige wahre Art, ein materielles Gemähide mit Worten nachzuschildern ist die, daß man das Letztere mit dem wirklich Sichtbaren verbindet, und sich nicht an die Schranken der Kunst hält, innerhalb welchen der Dichter zwar die Data zu einem Gemählde herzählen, aber nimmermehr ein Gemählde selbst hervorbringen kann; ders. 1768 Br. antiqu. Inh. (S. Sehr. X 330) daß er von der Steinschneiderkunst, die er am wenigsten soll verstanden haben, gerade die meisten und positivsten Data angegeben hat; Struensee 1774 Kriegsbaukunst III 89 man bestimmte nach den regeln der geometrie, wie viel data wir haben müssen, um sie [die Figur] zu zeichnen (DWB N.); Meiners 1775 Sehr. I 62 Data aus der Geschichte; Lavater 1781 Verm. Sehr. II 202 diesen Glauben . . gründen kann auf hinlängliche Data und Erfahrungen andrer, oder seiner selbst; Goethe 1782 Br. (WA IV 6,114) Gestern habe ich recht schöne Data zu meinem Wilhelm gesammelt, und verschiedne Lücken die mir fehlten ergänzt; Herder 1789 Urspr. d. Sprache (S. W. V 18) warum . . in eine Hypothese, die dem Naturgange Menschlicher Känntniße nachspüren soll, solche unnatürliche, sich wiedersprechende Data zum Grunde gelegt werden müßen, mag ihr Verfasser wißen; Goethe nach 1790 Sehr. z. Naturwiss. (HA XIII 15) daß ein guter Kopf nur desto mehr Kunst anwendet, je weniger Data vor ihm liegen; daß er, gleichsam seine Herrschaft zu zeigen, selbst aus den vorliegenden Datis nur wenige Günstlinge herauswählt, die ihm schmeicheln, daß er die übrigen so zu ordnen weiß, daß sie ihm nicht geradezu widersprechen; Richter 1793 Stöchiometrie V 147 Er befliß sich lieber, veste data aus der Menschlichen Seele, der Menschlichen Organisation . . zu sammlen, und seinen Satz so zu beweisen, wie die vesteste Philosophische Wahrheit be-

wiesen werden kann; Hippel 1793 Kreuz- u. Querzüge 1191 mit Zeit, Ort und . . Datis; Goethe 1797 Br. (WA IV 12,69) er würde die sämmtlichen Data in dieser Zeit zusammenbringen, welche er künftigen Winter durchzuarbeiten Zeit und Gelegenheit haben würde; Beck 1799 Propädeutik 323 Dagegen liegt im assertorischen Urtheile ein Datum für den Begriff selbst zum Grunde, und aus diesem Dato hebt die Reflexion den Begriff heraus, um den Gegenstand dadurch zu denken; Fichte 1807 Plan (Vili 129) besondere Data aus der Weltgeschichte; Sartori 1812 Reise I 42 [Auf Karten] geographische Data zu verheimlichen, und sie denen vorzuenthalten, die davon für das Vaterland den nützlichsten Gebrauch machen könnten; Blücher 1815 Br. 270 Wollen Sie mich nur durch einige Data in den Stand setzen, oder mich sagen, vor welchen Gerichtshof die Sache schwebt, so will ich an den Regenten selbst schreiben; Heffner 1816 (Chroust, Würzburg 74) Da aber hierüber [Sterblichkeit] keine eigene Recherche anbefohlen wurde, so fehlen . . die nothwendigen Data hiezu; Schopenhauer 1820 S. W. X 327 wo die data sie [die alten Historiker] verlassen, ergänzen sie richtig aus der idee (DWB N.); Schleiermacher 1832 Ästhetik 7 daß uns noch Data zur empirischen Entscheidung fehlen, bis wir wissen, was wir unter dem Gegenstand subsumieren; Grabbe Í835 Theater IV 5 wie Düsseldorf . . mehr wissenschaftliche und künstlerische Data . . bietet, als manche weit größere Hauptstadt; Burckhardt 1840 Br. an Schreiber 47 allerhand Kunstdata gesammelt; Kompert 1859 Selbstlaut (Ges. Sehr. VÌI 233) Zweifel . . ob die biographischen Daten, die wir jüngst über den Sänger Giovanni Serbini mitzutheilen uns erlaubten, auch die vollste Wahrhaftigkeit für sich in Anspruch nehmen können; Hartmann 1869 Philosophie 162 Wenn die sinnliche Anschauung nur die Data des Schmerzes im Allgemeinen erhält, so ist das Mitleid nur ein allgemeines . . So viel nämlich ist doch sicher, dass die Ueberlegung des bewussten Verstandes nur solche Data in Berechnung ziehen kann, die dem Bewusstsein gegeben sind; Gottschall 1885 Totenkl. 264 Die Phantasie, die sich an den geschichtlichen Daten zu orientiren sucht; Eucken 1912 Erkennen 66 echtes leben ist kein datum, sondern ein schweres problem (DWB N.); Kienle 1928 Unendlichkeit 58 wenn wir zu der scheinbaren helligkeit der sterne noch ein weiteres datum hinzunehmen: die färbe (DWB N.); Cassirer 1932 Renaissance 136 auf irgendeine Form der na-

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türlichen Sympathie zurückzugehen und in ihr, als Grund- und Urdatum, alle konventionellen, alle gesellschaftlichen . . Ordnungen zu gründen; 1934 Verd. techn. Frw. o. S. Daten . . Angaben, Zahlen, Werte; Beckerath 1944 Syrakus 10 Neben der treffenden Bewertung der historischen Kritik, der Einsicht in die Bedeutung und Begrenzung geschichtlicher Arbeitsweise, war es die „Datenforschung" — Dietzel sprach selber von „psychischen und sozialen Prämissen" —, worin die methodologische Arbeit . . ihren wichtigsten Niederschlag gefunden hat; De Man 1951 Vermassung 137 neue Erkenntnisse oder „Data" den bereits vorhandenen hinzugefügt; Bense 1954 Aesthetica 16 Auch das Urteil über physikalische Daten erfolgt, wenn diese Daten im Rahmen einer Theorie entwickelt werden; ebd. 21 Sofern die Ästhetik eine Theorie ist, erfüllt sie gegenüber ästhetischen Daten einer ästhetischen Wahrnehmung . . ihre zweifache Aufgabe; Lenz 1964 Weltwirtschaft 190 die industriellen daten enthalten zu gleich hinweise auf die Verteilung der weltpolitischen gewichte (DWB N.); Essler 1970 Logik o. S. Dieser Unterschied [zwischen den Farben] kann durch ein hinreichend großes Erfahrungsdatum überspielt und beliebig klein gemacht werden; Trimborn 1971 Lehrb. d. Völkerkunde o. S. Die Ethnographie umfaßt also die Methoden und Techniken der Datenermittlung, die kritische Prüfung der gesammelten Daten und ihre Klassifizierung und Beschreibung; Tränkle 1985 Statist. Methoden 11 Operationen mit Daten (Meßwerten) auf dem Niveau einer Intervallskala sind insoweit sinnvoll, als sie auf Gleichheits-, Ordnungs- oder Abstandsrelationen beruhen; Zeit 4. 1. 1985 die heißbegehrten Wählerlisten . . die in unterer Instanz das Verwaltungsgericht aus datenrechtlichen Gründen unter Verschluß gehalten sehen wollte; ebd. 22. 3. 1985 daß die Sozialwissenschaften entgegen ihrem Ruf keineswegs nur esoterisch weltfremd oder datenbesessen dahinwerkeln und -welken; M M 13. 2. 1986 welche Personengruppen von der Polizei datenmäßig festgehalten werden dürften; Zeit 17. 10. 1986 Ohne auch nur ein einziges Strahlenmeßdatum zu veröffentlichen, ertrug die DDR die Verseuchung; ebd. 12. 6. 1987 Das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983 mit seinem besonderen Verständnis für die Datenängste des Bürgers ist am Gros der Zunft offenbar spurlos vorübergegangen; ebd. dieser Glaubenskrieg hat schon absurde Züge angenommen. „Datenmacke contra Datenhysterie"; MM 15. 7. 1987 Den verschiedentlich befürchteten „Daten-GAU", nämlich Bruch des Statistik-Geheimnisses und Mißbrauch der Daten, hat es nicht gegeben; FAZ 3. 1. 1990 Professoren-Auftritte und Diskussionen um Urheberrecht, Datenschutz und -Sicherheit markierten den Wandel; MM

16. 11. 1990 verzichten die Wissenschaftler . . darauf, für die gesamtdeutsche Wirtschaft eine quantitative Prognose zu geben. „Dazu reicht die Datenbasis nicht aus". Datei: M M 8. 1.1985 Nach Meinung Schäfers dürfen nach dem Karlsruher Urteil . . die Sicherheitsorgane Daten über einzelne Bürger nur dann beschaffen, in Dateien sammeln, weitergeben oder sonst nutzen, wenn eine spezielle Rechtsvorschrift dies ausdrücklich erlaubt; Zeit 4. 7. 1986 Daß die Steinewerfer und Eisenkugelschützen von heute noch nicht alle in der Spezialdatei „Landfriedensbruch und andere Straftaten" des Bundeskriminalamtes versammelt sind; M M 9. 1. 1988 Die gemeldeten Personen kamen dadurch nicht nur in die allgemeine Kriminalitätskartei (PAD), sondern . . in die Datei für Staatsfeinde und Terroristen; ebd. Als „gravierenden Eingriff" und sachlich unsinnig stuft Frau Leuze das Verfahren ein, jeden AidsHinweis in der polizeilichen Personenauskunftsdatei (PAD) zu speichern; ebd. 18. 1.1988 „Arbeitsdatei für Personen, Informationen, Objekte, Sachen und innere Sicherheit" heißt die vom Bundeskriminalamt angelegte Daten-Sammlung; ebd. 27. 1. 1989 Verbraucher- und Datenschützer bleiben skeptisch, da auch so noch eine gigantische Datei über Verhaltensweisen von Millionen Menschen entstehen werde; ebd. 31. 8. 1990 Bis dahin sollen die Stasi-Dateien und -Unterlagen, die personenbezogene Daten enthalten, durch einen Sonderbeauftragten der Bundesregierung „in sichere Verwahrung genommen und gegen unbefugten Zugriff gesichert werden"; ebd. 9. 4. 1991 Den Wirtschaftsförderern selbst dient diese Datei als „Kundenkartei", die auch über Mitarbeiterzahlen, Bilanz und Entwicklung der Mannheimer Wirtschaft Auskunft gibt; ebd. 20. 6. 1991 daß in dieser Spenderdatei bis Ende des Jahres rund 50 000 freiwillige Knochenmarkspender registriert werden. Daten b: 1956 Nachrichtentechn. Fachber. IV 5a lange jähre beschäftigte sich die datenverarbeitung fast ausschließlich mit dieser aufgabe (DWB N.); Süddtsch. Ztg. 5. 1. 3965 weshalb habe ich . . eine Nummer bekommen? Die Zeitung erklärt es mir: Datenverarbeitungsmaschinen hassen Namen; FAZ 18. 5. 1968 Technik und Wissenschaft brauchen die Datenverarbeitung, um ihre Probleme von (und für) morgen zu lösen . . Die IBM braucht das Fachwissen von Diplom-Ingenieuren und Ingenieuren, damit ihre Datenverarbeitungsanlagen diese Probleme lösen können; Stuttgarter Ztg. 11. 6. 1969 Datenübertragung wird ein Geschäft (Überschr.) Deutsch-Atlantische Telegraphengesellschaft (DAT); FAZ 12. 3. 1970 Ein juristisches Daten- und Forschungszentrum . . „Juradat

Debakel G m b H " . . Aufgabe des Zentrums soll sein, die Einsatzmöglichkeiten von Datenverarbeitungsanlagen bei der juristischen Arbeit zu erforschen; Schiro 1970 Computer o. S. gibt es heute auch eine große Zahl weiterer Möglichkeiten der Datenspeicherung bzw. Datenerfassung und entsprechend viele Geräte; Zeit 17. 5. 1985 Da gibt es den von der Post lautstark propagierten Bildschirmtext ( B T X ) , daneben andere postalische Datendienste mit dem Gattungskürzel D A T E X , dazu „Teletext" und „Telebox"; MM 20. 7. 1985 Ein neuer spektakulärer Fall von „Datenklau", in den sieben jugendliche Computer-Fans . . verwickelt sein sollen; Zeit 23. 8. 1985 Zu spät geschaltet hat die deutsche Industrie auch bei der Daten- und Bürotechnik; ebd. 25. 10. 1985 die sogenannten Hacker . . die sich — meist intellektuell herausgefordert — als Datenpiraten auf elektronische Wegelagerei spezialisieren; ebd. 27. 12. 1985 Schon heute wächst in ihren Kreisen ein Unbehagen über das Gewirr von Kleinrechnern samt des Datenchaos, das sie produzieren können; ebd. 28. 2. 1986 Übertragung der Informationen in datengerechte Form, Anwendung und Weiterentwicklung medizinischer Codierungssysteme; ebd. 28. 3. 1986 Weder Mikrofiches noch magnetische Datenträger können mit ihnen, gemessen am Preis pro gespeicherte Dateneinheit, konkurrieren; MM 16. 9. 1987 das Programm . . kommt im ungünstigsten Fall völlig durcheinander. Ein Absturz mit Datenverlust ist dann leicht möglich; FAZ 3. 1. 1990 In dem Maße, wie sich Datenfernübertragung (DFÜ) als Alltagstechnik bei uns etabliert, bröckelt der Glanz des Geheimnisvollen ab; MM 30. 8. 1991 Diese Daten können über die Tastatur eingegeben oder direkt aus einer Datenbank oder einer Datei aus einem Kalkulationsprogramm übernommen werden; ebd. 30.8.1991 Beim Aufbau einer Datei sind die Datensätze, die

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in der Datei abgelegt werden sollen, mit einem Schlüssel zu versehen. Ein solcher Datenschlüssel kann aus alphabetischen oder numerischen (oder beiden Arten von) Zeichen zusammengesetzt sein. Datei: Zeit 3.2.1985 Textverarbeitungsprogramme und Programmierhilfen, Dateien und Musikprogramme für die Homecomputer sind weit überwiegend in geknackten Versionen im Umlauf; M M 28.2. 1986 bleibt das bloße Erschleichen in gesicherte Dateien, wie es etwa die sogenannten „Hacker" mit ihren Heimcomputern betreiben, so lange straffrei, wie sie von den dabei gewonnenen Daten keinen Gebrauch machen; ebd. 23. 9. 1987 zunächst meldeten sie sich . . mit einem gängigen Paßwort an und riefen die Datei mit den verschlüsselten Informationen für die Zugangskontrolle auf . . Der Zugang zur Datei war jedoch offen wie das „Tor eines Challenger-Hangars" . . Die Datei ließ sich so manipulieren, daß der ungebetene Gast die Rechte für den Zugriff auf alle Programme und Dateien erhielt; ebd. 5. 4. 1989 Unter der Bezeichnung „Noxen-Informations-System" wird in Bielefeld nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Düsseldorf die bundesweit erste EDV-Datei für die medizinische Bewertung chemischer Stoffe aufgebaut; ebd. 18. 10. 1989 Diese Tastenkombination lädt eine ASCII-Datei auf den Bildschirm, die man sich selber zuvor definieren kann; ebd. 30. 8. 1991 Eine Datei besteht aus logisch zusammengehörigen Datensätzen . . Da sich meist viele Dateien auf einer Diskette befinden, ist es wichtig, daß der Dateiverwalter schnell eine bestimmte Datei findet. . Editoren . . dienen zum Erstellen, Lesen und Ändern von Dateien . . Routinen zum Erstellen, Bearbeiten, Kopieren, Auflisten, Kopieren und Löschen von Dateien. IN

Debakel N., früher selten auch F. (-s; -), im frühen 19. Jh. entlehnt aus frz. débâcle F. 'Aufbrechen, plötzlicher Bruch des Eises; plötzliche Auflösung; Zusammenbruch' (zu débâcler 'plötzlich (auf-)brechen, aufgehen (von vereistem Gewässer), von Eis befreien, aufsperren', zu bâcler 'versperren, verriegeln', zurückgehend auf altprovenzal. baciar!νulgärlat. *bacculare, eigentlich '(mit einem Stück Holz) versperren', zu lat. baculum 'Holzstab, -stock; Riegel', verw. mit —» Bazille, —» Bakterie), bekannter geworden durch den Roman „La débâcle" von E. Zola, der den Krieg von 1 8 7 0 / 7 1 darstellt; zunächst und bis in die neuere Zeit daneben in der frz. Form

Débâcle,

Debacle.

Zunächst vereinzelt im militärischen Bereich im Sinne von 'Auflösung; wilde Flucht, überstürzter Aufbruch; Zusammenbruch', seit späterem 19. Jh. zunehmend vor allem im politischen, wirtschaftlichen, psychologischen und sportlichen Bereich bildungsspr. verwendet in der Bed. 'wirtschaftlicher Zusammenbruch, Niedergang; Niederlage, Schlappe' (—> Bankrott, —» Blamage, —» Krise, —» Konkurs), und abge-

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Debakel

flacht im Sinne von 'Mißlingen, Scheitern, unheilvoller, unglücklicher Ausgang (einer Unternehmung); Unheil, Unglück' (—• Desaster, —> Katastrophe; s. Belege 1954, 1963, 1985, 1988), in Wendungen wie militärisches, strategisches, finanzielles, wirtschaftliches, politisches, moralisches, sportliches, hoffnungsloses, großes, vollständiges Debakel, Debakel der Demokratie, der Außenpolitik, häufig in Verbindung mit Namen wie syrisches/arabisches Debakel, deutsch-deutsches, Kölner/Münchner Debakel, Debakel von Paris, von Deutschland, und in Zss. wie Wirtschafts-, August-, Vietnam-, Neue-Heimat-, Landtags-, CDU-, Wahl-Debakel. Gentz 1820 Br. an Pilat 1 473 Wir erwarten . . den Courier . . Gleich nach dessen Ankunft, wenn der König kömmt, . . bricht Alles von hier [Troppau] auf. Diese [!] allgemeine Debacle hat etwas sehr Abschreckendes für mich. Welche Schwierigkeiten, welche Unannehmlichkeiten wird ein solcher Tross . . [im Winter mit sich bringen]; Schaffte 1874 Ges. Aufs. 11 95 in den nebenpapieren war das [Börsen]debacle geradezu immens (DWB N.); 1902 Grenzboten ¡V 509 Diese Politik der débàcle, wie man sie nennt. . ist ein frevler Anschlag auf den inneren Frieden und die politische Sittlichkeit des deutschen Volkes; Dombrowski 1919 System 1 151 hätte er sich nicht eine vorgebildete Vertrauensperson zugelegt, das perönliche Debacle wäre noch größer gewesen. Er blamierte sich an allen Ecken und Enden; 1920 Imago VI 7 im Brennpunkt der Masse, wo sich das Versiegen der Selbstbeherrschung der Personalität zum Debakel verdichtet und die Fähigkeit zu bewußten und individuellen Entschlüssen auf den toten Punkt gelangt; Kisch 1925 Reporter 255 knapp vor der Zorndorfer Schlacht . . äscherten die russen in kurzem bombardement ganz Küstrin ein; der oberst Schach von Wuthenow trug schuld an diesem debakel (DWB N.); Bode 1930 Leben 1 186 im Ministerium, wo man eines glänzenden Erfolges sicher zu sein glaubte, erzeugte diese allgemeine Entrüstung ein vollständiges Debacle; Voss. Ztg. 7. 6. 1930 Der Kostenanschlag hat sich von etwa 500 bis 600 Millionen Gulden auf eine Milliarde Gulden erhöht. Manche erzählten von „Débâcle"; Lokal-Anz. 29. 6. 1932 Das Motiv der Tat sind Familienstreitigkeiten. Jedenfalls hat das Debakel das eine Gute, daß ich keine gesuchte Partie mehr bin; Gallian 1934 Österr. Soldat 40 das strategische Debakel an der Marne; Broch 1938 Br. (Ges. W. X 376) das Münchner Debakel [1938], diese schwerste Niederlage Englands seit dem Bestand des Empires; Halfeid 1940 Deutschland 116 sittliche Debakel von 1919; Dtsch. AZ. 18.5. 1944 Die angloamerikanische Reaktion auf das Debacle von Honan ist mehr anschuldigend als tröstend; Weizsäkker 1950 Erinn. 293 in der [engl.-frz.] Débàcle von 1914; Welt 12. 1. 1954 Nach schönen Anfangserfolgen hat Generalmusikdirektor Rudolf Kempe

mit einer „Carmen"-Aufführung der Münchener Staatsoper ein heftiges Debakel erlitten; 1956 Europa Sept'h. o. S. Es würde nicht überraschen, wenn die Frage der Finanzierung des AssuanHochdammes, mit der das Debakel seinen Anfang nahm, dabei . . plötzlich wieder in die Diskussion träte; Siiddtsch. Ztg. 23. 10. 1957 es gilt zu verhindern, daß das 'miracle hollandais', von dem in den Nachkriegsjahren gesprochen wurde, nicht in ein 'débâcle hollandais' ausartet; Dürrenmatt 1958 Verbrechen 198 Ein Debakel, eine Katastrophe; Siiddtsch. Ztg. 24.2. 1959 hämische Schadenfreude über das offengelegte Debakel einer stur verfolgten Außenpolitik . . im Zeichen der . . Berliner Krise; N D 16. 11. 1959 Das zweite Drittel entschied die hohe Niederlage (Überschr.) Mit einem sportlichen Debakel endete das erste Spiel des amerikanischen Eishockeymeisters . . „Brockton" am Sonntag im Moskauer Sportpalast; Stuttgarter Ztg. 5. 7. 1960 Nach dem Debakel von Paris erhob sich in der Bundesrepublik . . der Wunsch nach außenpolitischer Bestandsaufnahme; Siiddtsch. Ztg. 3. 9. 1963 Nach dem Debakel, das sich in den letzten Jahren mit mehr oder minder schöner Regelmäßigkeit in unseren Volksschulen abspielte, wenn sich herausstellte . . daß zu viele Kinder und zu wenige Lehrer da waren; Schnurre 1964 Schreibtisch 27 aus dem gnadenlosen Debakel jener zwölf unmenschlichen Jahre [unter Hitler]; FAZ 1. 3. 1964 i s t . . die Tschechoslowakei selber dabei, das August-Debakel historisch ein- und unterzuordnen; Welt 7. 10. 1965 Nasser und das arabische Debakel (Überschr.); Offenburger Tagebl. 2. 8. 1966 Vor allem die CDU habe mit der Regierungsbildung Parteiinteressen über den Volkswillen gestellt und ein „moralisches Debakel der Demokratie" angerichtet; FAZ 31.7. 1970 daß aus dem Großen Preis von Deutschland, dem achten Lauf zur Fahrerweltmeisterschaft der Formel I, nicht das große Debakel von Deutschland wird; ebd. 31. 12. 1970 das Ausmaß des volkswirtschaftlichen Gesamtversagens ermessen außerhalb der D D R nur die wenigen daran Interessierten. Aber Wirtschaftsdebakel zählen für Kommunisten nicht in einem Jahr, in dem so viele Blütenträume zu reifen begannen; Welt 19. 9. 1974 endete die Serie

Debatte mit einem Debakel: zwölf der siebzehn Fußballunternehmen mußten Konkurs anmelden; Zeit 29. 3. 1985 Nicht die militärische, politische, ökonomische Niederlage, sondern das moralische Debakel spielt [im amerikanischen Bürgerkrieg] die entscheidende Rolle, ebd. 24.5. 1985 Seit dem Düsseldorfer Debakel steckt die Ökopartei in der tiefsten Krise seit ihrer Gründung; ebd. 14. 6. 1985 „Alles Kinderkrankheiten", wehrten die Ingenieure die ersten Schwierigkeiten ab. Dann jagte ein Debakel das andere. Bremsscheiben rissen, die Lager überhitzten und die Kunststoffoberfläche der Rotorblätter zerbarst im Frost; ebd. 18. 7. 1986 [Dichter, Künstler] sich doch eingestehen müssen . . daß die richtige Seite eben auch die besiegte war, schon lange vor 1933, und daß sie Mitschuld trugen am Großen Debakel; MM 7.11.1986 Die größte Sorge der SPD ist nämlich, daß das NeueHeimat-Debakel, inzwischen offenbar kombiniert mit einem allgemeinen Ausverkauf der Gewerk-

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schaftsunternehmen, die Wahlkampf-Probleme des SPD-Spitzenkandidaten für den Bundestag, Johannes Rau, und das Landtags-Debakel in Bayern viele Anhänger in die Resignation getrieben haben könnte; Zeit 13. 2. 1987 Finanziell und organisatorisch gab es ein Debakel nach dem anderen; MM 25. 4. 1987 Zu sehr bleibt die geschichtliche Realität ausgespart, als daß eine Aufarbeitung des amerikanischen Vietnam-Debakels, das diese Nation nicht unerheblich erschütterte, gelingen könnte; ebd. 16. 3. 1988 Der erste Abend glich einem Debakel, war fast eine Bankrotterklärung für die Vertreter der Jazzrock- und Fusion-Musik; Zeit 23. 3. 1990 ein Debakel der DDR-Banken darf es nicht geben, damit das Vertrauen der DDR-Bürger in die harte Mark nicht durch Bankpleiten erschüttert wird; Stern 13.6. 1990 das deutsch-deutsche Debakel um den Paragraphen 218 . . Die deutsche Einheit scheitert — nicht an der Nato-Frage, nicht am Einspruch der Sowjets, sondern am Einspruch der Frauen. IN

Debatte F. (-; -n), im früheren 17. J h . in der Pl.-Form Debatten entlehnt aus gleichbed. frz. débats Pl. (zu débattre, s. u. debattieren), erst seit spätem 18. J h . auch im rückgebildeten Sing., anfangs vereinzelt in den frz. beeinflußten F o r m e n Débats (Pl.) und Débat (Sing.). Z u n ä c h s t vereinzelt im militärischen Bereich, dann und bis heute überwiegend im politisch-juristischen Z u s a m m e n h a n g in der Bed. '(politischer) Meinungsstreit, Auseinandersetzung, lebhaftes Streitgespräch, Wortgefecht, -Schlacht, -Wechsel' und bes. ' t h e m e n g e b u n d e n e Erörterung, Verhandlung (als nach festen Regeln verlaufende Einrichtung in demokratischen P a r l a m e n t e n , Ständevertretungen u. ä . ) ' (—• Diskussion), gelegentlich bezogen a u f den Gegenstand bzw. Inhalt oder die schriftliche W i e d e r g a b e einer solchen E r ö r t e r u n g (s. Belege 1 7 8 4 , 1 7 9 2 ) , auch eher abgeflacht für '(sachbezogenes, fachliches) G e s p r ä c h , Unterhaltung, A u s s p r a c h e ' (s. Belege 1 7 9 5 - 9 6 , 1 7 9 7 , 1 9 0 8 , 1 9 1 1 , 1 9 3 9 ) ; unter frz. Einfluß selten auch in der speziellen Bed. 'Gerichtsverhandlung, gerichtliche U n t e r s u c h u n g ' (s. Belege 1 8 0 4 , 1 9 4 9 ) ; gelegentlich leicht negativ k o n n o t i e r t mit „unnütz, überflüssig, lästig, u m s t ä n d l i c h " (s. Belege 1 8 7 8 , 1 8 8 1 ) , häufig (konkurrierend mit Diskussion) in Wendungen wie zur Debatte stehen, etwas zur Debatte stellen, j m d n . / e t w a s in die Debatte ziehen, etwas in die Debatte werfen, in die Debatte eingreifen, sich in die Debatte einschalten, eine Debatte führen, auslösen, die Debatte zieht sich (hinaus/in die Länge), der Debatte ein E n d e machen, jede (weitere) Debatte erübrigt sich, Schluß der Debatte!, und (negativ konnotiert) lange/langwierige/stundenlange, zermürbende, endlose, schwierige, heiße/hitzige, heftige, lebhafte, erregte, kontroverse, überflüssige Debatte; als G r u n d w o r t in zahlreichen Z s s . wie B u n d e s - / L a n d t a g s - , E t a t - , E W G - , Fernseh-, General-, Grundsatz-, Haushalts-, Historiker-, Ideologie-, Krisen-, Konjunktur-, N a h o s t - , Ost-Westdebatte, Parlaments-, Plenar-, R e f o r m - , Rüstungs-, Sach-, Schluß-, Struktur-, Wirtschafts-, Völkerdebatte, seltener als B e s t i m m u n g s w o r t in Debattenredner, -runde, -stil; debattenerprobt, -fest. D a z u schon seit Anfang 17. J h . das aus frz. débattre '(den Gegner) mit Worten schlagen, b e k ä m p f e n ; sich streiten, heftig diskutieren' ( < altfrz. debatre 'sich schla-

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Debatte

gen, streiten', Präfixbildung zu vulgärlat. battere, lat. battuere 'schlagen', vgl. Bataillon,, —» Bataille) entlehnte Verb debattieren V. (in)trans., im militärischen, politischen und juristischen Bereich in der Bed. 'etwas (ein T h e m a , eine Frage, ein Problem) sachlich, fachlich verhandeln, hitzig, lebhaft erörtern, eingehend besprechen, sich darüber aussprechen, unterhalten; (erörternde, klärende) Gespräche führen' (vgl. diskutieren), unter frz. Einfluß auch in der auf das 17./18. J h . beschränkten, speziellen juristischen Bed. 'einen Rechtsstreit beilegen, zu Ende bringen; einen Rechtsfall entscheiden' (s. Belege 1673, 1687, 1728), daneben eher abgeflacht und leicht pejorativ verwendet für '(unnütz) streiten' (s. Belege 1837, 1 8 7 7 , 1947); vor allem als Bestimmungswort Debattier- in zahlreichen, meist aus dem Engl, lehnübersetzten Zss. wie Debattiergesellschaft (nach engl, debating society), -gruppe, -treffen, -verein, und bes. in häufig eher abwertend verwendetem Debattierclub (nach engl, debating club), sowie pejorativ in der adj. Zs. debattiersüchtig 'streitsüchtig', daneben im früheren 20. J h . vereinzelt die verbale Präfixbildung wegdebattieren (analog zu wegdiskutieren)·, die seit Mitte 19. J h . nachgewiesene, wohl unter Einwirkung von gleichbed. engl, debater aufgekommene, häufig auf engl. Verhältnisse bezogene, heute weitgehend veraltete Personenbezeichnung Debatter M . (-s; -), auch in der (engl.) Form Debater, ζ. Β. geschickter, schlagfertiger, unerbittlicher Debatter, gleichbed. mit bereits im 18. J h . wohl studentenspr. geprägtem, vereinzelt bis in neuere Zeit belegtem französisierendem Debatteur M . (-s; -e), im frühen 20. J h . vereinzelt nachgewiesenem Débattant, heute verdrängt von seit spätem 19. J h . bezeugtem Debattierer M . (-s; -) in der Bed. 'jmd., der (im Parlament) an einer Debatte teilnimmt; guter, geschickter (berufsmäßiger) Redner'; vom späten 17. bis Mitte 19. J h . vereinzelt das Verbalsubst. Debattierung, im früheren 20. J h . die pejorative subst. Ableitung Debattiererei 'Debattiersucht', gleichbed. mit der in jüngster Zeit nachgewiesenen Gelegenheitsableitung Debattismus M . (-; PI. ungebr.). Debatte: Nicolai 1633 an Steinberger (Sondén 326) rücken alle drey armeen nach vielseitigen desbats undt contestationes zu feldt (JONES); Happel 1689 Glücks-Wechsel X 4d der könig erscheint im königl. habit im ober-hause, und darauff wird nach vielen debatten dieser congressus in ein rechtmäßiges parlament verwandelt (DWB N.); Wagner 1724 Soldatenbibl. 288 ein Debat, Streit; Rohr 1729 Zeremoniellwiss. 11 435 nach vielen bey den Westphälischen Friedens-Tractaten gehabten Debatten; ebd. 11 490 so satzte es unter den Holländischen Provintzen einen und andern Debat; Haller 1774 Briefw. 79 in meinem alter, und bei meiner schwachen gesundheit schaudert mir vor den heftigen debatten (DWB N.); Lichtenberg 1775 Br. I 221 Am 7ten des vorigen monats habe ich einer der wichtigsten debatten im parlament, deren man sich erinnert, mit beygewohnt (DWB N.); 1784 Merkur 11 219 Er schrieb mir alle Debatten, die vorher zwischen Herr und Frau Lehmnitz vorgefallen waren; Bretzner 1788 Leben III 107 daß die Polizeywächter . . nach einigen heftigen und fühlbaren Debatten einen Theil der benebelten Helden . . in gefängliche Haft brachten; ebd. III 217 hier

kam es nun zwischen Geist und Fleische, zwischen Willen und That zu sehr heftigen Debatten; Hohenfeld 1790 Br. 289 die überall zur Debatte sich aufwerfenden Volksfragen; Hippel 1792 Verbesserung 160 er [Papirius] begleitete . . seinen vater . . auf das rathaus; und da seine mutter die debatten des tages vom Papirius zu wissen verlangte, so schob er ihr eine baare Unwahrheit unter (DWB N.); Goethe 1795-96 Lehrjahre (HA VU 332) Er hatte darauf noch einige Debatten mit der Polizei; ebd. VII 400 Es gab heftige Debatten, bei denen ich glücklicherweise nicht genannt wurde, da ich nur ein zufälliges Mitglied der so sehr verhaßten Zusammenkünfte war; Garve 1797 Ges. / 153 Man kann . . die Debatte als das Ideal des Gesprächs ansehen; Becker 1804 Räuberbanden I 1,44 Lorenz Günther war über diesen mord nicht angeklagt, und da sich in den debatten auch nichts weiter gegen ihn erhob; so fand das tribunal sich nicht bewogen, das wegen anderer verbrechen über ihn ausgesprochene urtheil zu suspendiren (DWB N.); 1831 Satir. Geißelhiebe 128 der herausgeber des journales machte Vorstellungen, und nach manchen debatten hin und her erhielt er endlich die

Debatte erlaubniß, die Wahrheit Uber sein journal setzen zu dürfen (DWB N.); 1855 Prutz' Museum 1 186 die politische Bewegung, . . ist allmälig wieder in ihre gewöhnlichen Alltagsschranken, auf das dürre Feld der Zeitungsdebatte und Journalpolemik, . . zurückgekehrt; Douai 1864 Union 93 hat die katholische Kirche der Vereinigten Staaten die gehässige . . Stellung erhalten . . die Temperanzgesetze, die Debatten-Vereine . . kurz, allen wahren Fortschritt im Lande . . zu bekämpfen; Wuttke 1875 Zeitschriften 211 „Schluß der Debatte" ist angenommen worden, wo noch keine Debatte . . war; Dingelstedt 1878 Bilderbuch 66 statt des Dialogs erhalten wir Debatten, Anspielungen für Wahrheit, Parteimeinungen für Charaktere; Bucher 1881 Parlamentarismus 202 die Lächerlichkeit der Debatten über auswärtige Politik kann sich nicht schlagender zeigen als an der Redeübung . . über die Pacificogeschichte; Τ h. Mann 1901 Buddenbrooks (W. I 413) Die Sache hat sich in die Länge gezogen. Es scheint, daß die Debatten in den Kammern sich nicht beruhigen wollen, daß der Kampf hart ist; ebd. I 659 Er stand spät auf und hatte sich sogleich an den Debatten einer Bürgerschaftssitzung zu beteiligen; Haym 1902 Leben 296 Vorangegangen waren . . recht heiße Debatten über das Maß, das dem Bekenntniß unserer liberalen Principien . . einzuräumen sei; Münsterberg 1904 Amerikaner l 409 die Debatten zogen sich durch mehrere Kongreßsessionen; Hermann 1908 Henriette 149 Kößling, der so fremd dabei gesessen hatte, war es gar nicht lieb, daß er plötzlich in die Debatte gezogen wurde; Grabein 1911 Hans 31 die plötzlich einsetzenden Klänge des Walzers . . die ihrer Debatte ein Ende machten; Bülow 1916 Dtsch. Politik 232 Als nun vollends die Kolonialdebatten des Winters 1906 zeigten, daß nicht mit aller Sicherheit auf das Zentrum gerechnet werden konnte; Dombrowski 1920 System 11 159 der Geheimrat . . der die zur Debatte stehende Sache ausgearbeitet hat; 1930 Preuss. Jahrb. CCXIX 82 Der Prinz Rohan . . hat . . eine Kulturdebatte größten Ausmaßes angeschnitten; Lokal-Anz· 25. 3. 1933 Heute Hitlers Debatte-Rede im Rundfunk (Überschr.); ebd. 21. 6. 1933 Andere Delegationen sind für eine Ausschaltung der Währungsdebatte, womit die Weltwirtschaftskonferenz ohne fachliche Grundlagen über Zölle und handelspolitische Methoden würde verhandeln müssen; Dhünen 1939 Spiel 134 Wegen der Einnäherei der Namenszettel entstand eine lebhafte Debatte auf Peters Stube; Th. Mann 1947 Faustus (VP. VI 151) man schätzte seine Teilnahme an den theologisch-philosophischen Debatten, denen er, ohne sie etwa zu führen, durch seine Einwürfe oft eine interessante Wendung gab; ND 5. 4. 1949 Das . . Gericht sah sich nach mehrstündigen Debatten gezwungen, die vom USA-Staats-

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anwalt . . aufgestellten Anklageschriften für eine Verurteilung als nicht ausreichend zu bezeichnen; Welt 12.9.1949 Gemeinschaftsarbeit spielt eine wesentliche Rolle. Es gibt zahllose Redaktionssitzungen, zuweilen erregte Debatten. Manchmal wurde nächtelang um eine Formulierung gerungen; ebd. 8. 4. 1959 wurden . . von beiden Seiten keine Anstrengungen unternommen, nach den ergebnislosen Debatten vor Ostern jetzt wieder ins Gespräch zu kommen; Heuss 1963 Erinn. 400 In den politischen Debatten spielten die Balkan-Spannungen eine Hauptrolle; Junckerstorff 1964 Unternehmensführung 230 daß hier ein wesentliches dement innerhalb der wissenschaftlichen betriebsführung zur debatte steht (DWB N.); FAZ 2. 12. 1965 Fortsetzung unseres Berichts über die BundestagsDebatte; ebd. 26. 1. 1966 Angesichts dieser Lage kam der Vorstand der Unionsfraktion zu der Ansicht, daß die Kurzdebatte einer EWG-Debatte im Rahmen der Fragestunde vorzuziehen sei; Saarbr. Ztg. 6. 9. 1973 Die SPD-Landtagsfraktion beabsichtigt . . keineswegs, einer Grundsatzdebatte über die kommunale Gebiets- und Verwaltungsreform im Saarland auszuweichen; Zeit 31. 5. 1985 in den hitzigen Debatten um Hausbesetzung und Widerstandsrecht; ebd. 2. 8. 1985 Der schriftliche Bericht des Rechtsausschusses, der dem Plenum als Grundlage für seine Sachdebatte und als Richtschnur für die Abstimmung dienen sollte; ebd. 26. 9. 1986 Die . . vorbehaltlose Öffnung der Bundesrepublik gegenüber der politischen Kultur des Westens . . ist jedenfalls, was den Debattenstil deutscher Gelehrter angeht, noch keineswegs restlos erbracht; ebd. 3. 10. 1986 Bei den stundenlangen Debatten über die Wahlaussage wurde der Flügelstreit noch einmal sichtbar; ebd. 27. 3. 1987 Kritischer Rückblick auf die „Historiker-Debatte": Wer ist jung genug für die „Gnade der späten Geburt"?; M M 24. 6. 1988 Die erste Debattenrunde zur Verabschiedung der Steuerreform war gerade gelaufen; Bundestagsprotokolle 5. 9. 1989 In der . . außenpolitischen Debatte gehe ich normalerweise gern auf die Ausführungen des Vorredners ein; Die Union 24. 1. 1990 [Schiller], der sich immer wieder engagiert in die wirtschaftspolitischen Debatten einschaltet; Leipz. Volksztg. 30.1.1990 der Zeitverlust, der sich aus den Beratungen des Runden Tisches im Nachhinein von Ministerrats- und Parlamentsdebatten summierte; taz 13. 3. 1990 Wie die Arbeit an der neuen Verfassung, so erfolgte auch die Schlußdebatte unter Zeitmangel; Beri. Ztg. 21. 9. 1990 In der Frage der Zulassungen deutet sich auch nach der Vereinigung eine kontroverse Ost-West-Debatte an. Débattant: 1929 Querschnitt 733 Einer der Debattanten begann mir allen Ernstes den Unterschied

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Debatte

zu erläutern, und da der andre nicht widersprach, so muß ich annehmen, daß auch er den Ausführungen seines Gegners zustimmte. Debatter: Kohl 1844 Brit. Inseln II 227 des großen Fox, des brillantesten und gewaltigsten „Debater", den das Haus je sah; Scherr 1852 Graziella I 168 ein guter debatter ist er jedenfalls, die schlagfertigkeit . . bewahrt er noch jetzt in den kammerverhandlungen (DWB N.); 1876 Gegenwart X 164b Die [Parlaments-]Rede [von Macauly] wurde ungeheuer beklatscht, wie sie verdiente, und stellt ihn, denke ich, an die Spitze der großen Redner, wenn nicht der Debatter des Hauses; Nordau 1881 Paris 66 Als Fest- und Bankettredner ist Gambetta zwar ebenfalls interessant, aber nicht entfernt so interessant wie als Debatter; Stern 1881 Gitter 5 Er war eine von den Eichen Westfalens, aber keine von den sentimentalen, ein scharfer, unerbittlicher Debatter, mochte nun von Politik oder Literatur, von Kunst oder Musik die Rede sein. Er gab der Ansicht, die er bekämpfte, keinen Pardon; Fontane 1898 Zwanzig 68 [In Londoner Debating Clubs um 1858] das Gesicht des „Debaters"; 1899 Dtsch. Kundscb. XCVIII 424 In der etwas typischen Gleichartigkeit dieses Redeflusses englischer Arbeiterführer war bei ihm . . ein Stück vom Methodistenprediger . . ein Widerklang der biblischen Redeweise in Gleichnissen . ., die einen unbesiegbaren Debatter abgab; Seidl 1911 Tondichter 310 zu einem anderweitigen Zusammentreffen noch in der Stadt zwischen uns beiden unverwüstlichen Debattern schriftlich hinterlegen wollte; Wilhelm II. 1922 Ereignisse 81 Graf Bülow [ein] geschickter Redner und schlagfertiger Debatter im Reichstage; Bahr 1923 Selbstbildnis 176 Er war ein glänzender Debatter, unübertrefflich gar in der Repartee, katzenhaft bald schnurrend, bald wieder unversehens losfahrend; 1935 „Duden"-Sammlung o. S. Der Reichsbankpräsident ist nicht nur ein glänzender, oft sarkastischer Debatter, sondern wahrscheinlich, innerhalb der Wirtschaft im weitesten Sinne, zur Zeit der beste Redner; 1935 Dtscb. Werbung 1230 Der „schwierige Debatter", war also schlecht beraten, weil er die Frage des Bauzaunes nicht von Anfang an mit der Frage des Umbaues in Verbindung gebracht hat; N. Z. Z. 25. 10. 1959 Dr. Hermann Häberlin ist im ganzen Kanton als gewandter Debatter bekannt und bei Freund und Gegner hochgeschätzt; 1965 Spiegel Nr. 43 am schluß der aussprache hatte Adenauer gesagt: herr Schröder, sie sind ein vorzüglicher debatter (DWB N.). Debatteur: Wächtler 1703 Manual 24 Welche neu ankommende Studiosus daselbst mit denen sogenannten Debatteurs und renommisten conversiret; ebd. 95 Debatteur, renommiste/ seynd auf Univer-

sitäten/ die vor andern das Prae suchen/ und einen grossen état von Querelliren und Schlägereyen machen (beide BRUNT); Νiebelschütz 1961 Spiel 22 Die immerhin akademischen Debatteure der Abtei von Pontigny, die den Barock definierten. debattieren: Philipp v. Cleve Anfang 17. Jh. Kriegsb. (Mones Anz. VIII 118) solt ir inen die sach . . furhalten und so die sach wol under sy debattiert und ersucht ist und ewer fueg und recht wol erkant [ist]; Wallhausen 1616 Kriegss Manual (Gl.) Debatirn; 1634 (Gaedeke 1885 Wallensteins Verhandlungen 239) da würden sich ire 1. freundlich erinnern, was hierunter fast vor einem jähre bey Ihrer 1. anwesenheit, derwegen vor puncta aufgesezet, wol debattiret, erwogen vnd berathschlaget (DWB N.); Chemnitz 1648 Scbwed. Krieg I 17 Nebenst welchen Er dieses . . Werck im Rath auf beyden selten debattiret/ vnd mit reiffem Bedacht hin vnd her erwogen (JONES); Schütz 1661 Vberlegungen 193 Die erste Frage wurde nicht lang debattirt, sondern ipso facto gleich beantwortet/ in dem der mehrere Theil der Gesandten mit großer Begierde seine Schreiben eröffnete/ die Contenta ablase/ auch was sich thuen ließe/ den anderen communicirte; Weise 1673 Erznarren 272 er verdopplet die Gerichts-Gebühren/ und spielt die sachen/ welche man in einem termin debattiren könte/ in die lange Bank hinaus; Butscbky vor 1678 Rosen-Thal 713 sonst wird er sich auch fleissig zu hüten haben, niemals seine stimme schriftlich zu verfassen und zu übergeben: dann im debattiren findet es sich oft viel anders als man es anfänglich vermeinet (DWB N.); 1687 Dienstagische Fama (Buchner, D. Neueste 1 234) im höchsten Gerichte . . woselbst eine gerichtliche Sache zwischen einem Nordischen Procuratoren und einem Bauren . . debattiret worden (BRUNT); Tentzel 1689 Unterredungen 159 darnach werden des Cardinals von Fürstenberg/ und anderer Potentaten und Stände Sachen debattiret; ebd. 477 die viel Nachsuchen erfordern/ und ex ingenio nicht debattiret werden können; Tbomasius 1701 Kl. Sehr. 100 andere Personen/ inter quas est nulla Juris civilis communio, betreffen debattiren müste; Sperander 1727 A la mod Sprach 182 Debattiren, abhelffen, erörtern, schlichten, etwas abthun, beylegen; Apinus 1728 Gl. 170 debattiren, lat. . . causam definire . . eine sach debattiren, abthun (DWB N.); Boltz 1752 Amts-Actuarius 34 erörtert und debattiret; Michaelis 1776 Räsonnement IV 378 aufgeworfene, und noch nie völlig debattierte Frage . . für und wider die Sache; Moritz 1783 Reisen 31 f. auf den Bänken ausgestreckt liegen . . indeß die andern debattiren; Hippel 1793 Kreuz- u. Querzüge 1 57 Die Frage: wohin? war sonst schon zwischen seinem Herrn und ihm debattirt; 1813 — 15 Prinzenbr.

Debatte 130 Zufälligerweise waren wir gerade im Unterhause, als darüber debattirt wurde; Laube 1837 Reisenovellen V 416 war ihm das leichte Gespräch das erwünschtere, das stete debattiren in Ernst und Eifer war nicht seine Sache; 1850 N. Rhein. Ztg. 111 man sieht hier, wie Herr Guizot die allergewöhnlichsten phrasen der französischen parlamentarischen debatte auf die englische geschichte überträgt (DWB N-); Smetana 1870 (Zentner, München 155) konnten wir [Smetana und Liszt] doch genug miteinander debattieren; Bismarck 1877 (Klemm 1924 Bismarck 1 473) Wir Minister haben darüber in Berlin sechs Stunden gesessen und debattirt, und hier wird die Sache in sechs Minuten erledigt; Lindenberg 1883 Berlin 59 über die Händel der Welt eifrig debattirten; Baumbach 1895 Jugendzeit 324 in den Bierstuben war bereits darüber debattirt worden, ob der todte Doctor . . von einem Geistlichen zu Grabe geleitet werden würde; Wassermann 1908 Caspar 25 Es war ein endloses Schnüffeln und Debattieren, Zweifeln und Staunen; Naumann 1915 Mitteleur. 230 debattiert und gesprochen [wird] soviel, daß ich fürchte, die Menschen werden die Lust an der Sache über der Unendlichkeit des formalen Geredes verlieren; Colerus 1929 Kaufherr 64 Darüber könnte man also noch debattieren. Worüber es für mich jedoch keine Debatte gibt, sind andere Gepflogenheiten meines Onkels; ebd. 129 Wir alle waren das Debattieren gewöhnt. Selbst ein heftiges Debattieren; Τ h. Mann 1947 Faustus (W. VI 452) die Auflösung eines so lange disziplinar gebundenen Staatsgefüges in debattierende Haufen herrenlos gewordener Untertanen; Süddtsch. Ztg. 5. 9. 1951 Landtag debattiert Holzknappheit (Überschr.); Welt 25.7.1959 Einige Schluck Pepsi-Cola aus einem Pappbecher hatten Chruschtschows Lust am Debattieren nicht abzukühlen vermocht; Fuchs 1986 Schinderhannes 23 man debattierte über einen anderen Unterschlupf; Ortheil 1987 Schwerenöter 41 an manchen Tagen trafen sie sich in seinem Zimmer, um über Deutschlands Zukunft zu debattieren; Bundestagsprotokolle 22. 6. 1989 Als der Deutsche Bundestag am 1. Dezember 1988 über die Lage der Nation debattierte; Spiegel 30. 11. 1992 Eine gesunde Gesellschaft setzt sich mit solchen Problemen auseinander, debattiert, diskutiert, streitet sich. Debattier-: Foote 1796 Redner. (Übers.) (U 76 Anm.) Übrigens gab es in der City [London], seit undenklichen Zeiten, Debating societies (Debattierklubbe) in welchen man, ehe sie ganz politisch wurden, mancherley Gegenstände verhandelte; Douai 1864 Union 127 Debattir-Gesellschaften; Bucher 1881 Parlamentarismus 230 Debattiergesellschaften; Katscher 1886 Nebelland 293 Debattierverein zur parlamentarischen Besprechung;

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Kellner 1900 England 277 Im „Debattierklub" von Birmingham hat Chamberlain nach seinem eigenen Geständnisse die parlamentarischen Formen . . erworben; Bahr 1927 Zauberstab 118 Deutschland ist zur Zeit ein einziger großer Debattierclub; Voss. Ztg. 28. 12. 1930 der Jugend im Sport auch politisch Spielraum zu gewähren und etwa im Verein Debattiertreffen zu veranstalten; Beri. Börsenztg. 21.5.1935 für das deutsche Volk sind Hitlers Worte nicht . . Gegenstand eines selbstgefälligen Spiels von Debattierkünstlern und Besserwissern; Siemens 1947 Leben 41 Zeitungs- und Debattiercafé mit Marmortischen und Wiener Rohrstühlen; Welt 27. 1. 1949 nur müsse vermieden werden, daß dieser Organismus [Europa] mit der „Schaffung eines bloßen Debattierklubs zur Annahme von Entschließungen" begonnen würde; ebd. 15.5.1954 wie unter einer Debattiergruppe in der Galería der römischen Piazza Colonna. Man erzählt, man fragt, man argumentiert, man schimpft; 1959 Durch d. schöne Welt Julih. damals, als die Stube des Barbiers noch Nachrichtenzentrale und Debattierclub war; Süddtsch. Ztg. 27. 10. 1962 Unser Jahrhundert ist eine heroische Epoche der Besprechungen. Sie finden zu jeder Tages- und Nachtzeit statt mit Ministern, Bürgermeistern, Verbandspräsidenten, Generaldirektoren . . leidgeprüfte Teilnehmer von Debattier-Olympiaden; Offenburger Tagebl. 31. 8. 1970 Forum für Entwicklungspolitik soll kein „weltfremder Debattierclub" werden; Zeit 15.2. 1985 Die politischen Machtkämpfe [in der Sowjetunion] ließen vorübergehend Freiräume für ökonomische Debattierzirkel entstehen. Und fast immer führten die Diskussionen — wie auch jetzt wieder — zur Endstation Sehnsucht aller sowjetischen Reformen. wegdebattieren: Brandl 1936 Inn 313 wegzudebattieren. Debattierer: Brandes 1885 Essays I 38 ein tüchtiger Redner und ein noch tüchtigerer Debattierer in der Studentenwelt [Norwegens]; Feuchtwanger 1933 Geschwister Oppermann 309 Ich bin ein schlechter Debattierer, aber ich habe hier einen Freund; Uexküll 1936 Welten 74 v. G. war ein ausgezeichneter Debattierer; Hilpert 1963 Liebe 88 Snobs und Stildebattierer leben im selben Haus; Zeit 21. 9. 1990 als brillanter Debattierer und als Verteidiger der parlamentarischen PDS-Parias; Süddtsch. Ztg. 10 J 11.7. 1993 Manchmal sieht es inzwischen so aus, als gäbe es bald mehr Debattenplätze als mögliche Debattierer. Debattiererei: 1929 Süddtsch. Monatsh. XXV// 158 die Reformbewegung . . ist gekennzeichnet

debil

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durch viel Debattiererei, Projektenmacherei; getan werden konnte wenig.

zwei Bestimmungen, . . deren Debattierung mehr als zwei Stunden lang die Gesellschaft beschäftigte.

Debattierung: 1674 Cod. dipl. siles. XXVII 288 damit unser . . ambt . . alle jähr . . zu debattirung der öfters fürfallenden landesangelegenheiten dem alten gebrauch nach eine allgemeine landeszusamenkunft . . ausschreiben könne (DWB N.); Dronke 1846 Berlin II 156 Den Schluß . . bildeten

Debattismus: Süddtsch. Ztg. 10./11. 7. 1993 habe ich mir überlegt, daß eine unserer problematischsten Errungenschaften vermutlich der Politik-Debattismus ist, der neuerdings immer gnadenloser Politiker, Politik-Journalisten und Politik-Wissenschaftler befällt. IN

debil A d j . , i m f r ü h e r e n 1 8 . J h . v e r e i n z e l t , s e i t f r ü h e r e m 1 9 . J h . ( 1 8 3 8 b e i H e y s e ) k o n t i n u i e r l i c h g e b u c h t e , erst seit f r ü h e m 2 0 . J h . selten belegte E n t l e h n u n g aus lat. debilis

'entkräftet, gebrechlich,

t a g m a debiles

personae

(s. B e l e g

schwächlich, krank,

l a h m ' ; anfangs im lat.

Syn-

1734).

Z u n ä c h s t g e b u c h t f ü r ' k ö r p e r l i c h s c h w a c h , g e b r e c h l i c h ' , s e i t f r ü h e m 2 0 . J h . (s. B e l e g 1926)

als m e d i z i n i s c h e r F a c h a u s d r u c k

s c h w a c h ' (vgl. idiotisch),

in d e r B e d . ' l e i c h t s c h w a c h s i n n i g ,

geistes-

meist zur (abwertenden) Charakterisierung von Personen,

i n s b e s . a u c h B ü h n e n f i g u r e n , v e r w e n d e t , z. B . ein debiles K i n d , ein d e b i l e r H a m l e t ; gelegentlich auch subst. Debiler M .

(Debilen; Debilen) 'leicht

d a z u d a s a u s ( f l e k t . F o r m v o n ) l a t . debilitas b r e c h l i c h k e i t , V e r k r ü p p e l u n g ' (zu debilis,

Geistesschwacher';

'Geschwächtheit, Nervenschwäche, Ges. o . ) ü b e r n o m m e n e , s e i t f r ü h e m 1 6 . J h .

s e l t e n , e r s t s e i t f r ü h e m 2 0 . J h . h ä u f i g e r n a c h g e w i e s e n e S u b s t . D e b i l i t ä t F. ( - ; o h n e Pl., anfangs auch -en), zunächst für 'körperliche S c h w ä c h e , G e b r e c h e n , im

18./19. J h .

v o r a l l e m g e b u c h t i m l a t . S y n t a g m a debilitas

animi

Krankheit', 'Verstandes-,

G e i s t e s s c h w ä c h e ' , w o h l v o n d a h e r s e i t f r ü h e m 2 0 . J h . in d e r M e d i z i n in d e r B e d . ' l e i c h t e r G r a d d e r S c h w a c h s i n n i g k e i t , G e i s t e s s c h w ä c h e ' (—• I d i o t i e ) , in W e n d u n g e n u n d Z s s . wie an der Grenze zur Debilität (sein/liegen), k n a p p ü b e r / o b e r h a l b der Debilitätsgrenze; Altersdebilität; seit E n d e 16. J h . d a s bis ins f r ü h e 1 8 . J h . b e z e u g t e , b i s i n s f r ü h e r e 2 0 . J h . g e b u c h t e , a u s g l e i c h b e d . l a t . debilitare m e n e V. t r a n s , d e b i l i t i e r e n ' s c h w ä c h e n , debil: Zedier 1734 Universallex. VII 294 Debiles personae, sind, welche wegen ihrer Schwach- oder Kranckheit ihren Sachen nicht wohl und gebührend vorstehen können; Heyse 1838 Fremdwb. I 277 debil ..., schwach; Sanders 1871 Fremdwb. 1 234 Debil ..: schwach; 1926 Gesundheitl. Schulerziehung 109 dem debilen kinde fällt es schwer, sich zu konzentrieren, die aufmerksamkeit längere zeit einem bestimmten gegenstände zuzuwenden (DWB N.); Klug 1930 Kriminalpädagogik 25 dumme, mehr oder minder schwachsinnige Menschen („debile, senil-debile"); Kisch 1936 Reporter 45 Anstalt für debile Mädchen; Hamburger 1939 Neurosen 245 Daß man aus einem debilen Kind mit Lernpillen nicht einen guten Schüler machen kann; Eyferth 1950 Jugend 86 die betreuung debiler jugendlicher muß mit ihrer erhöhten verführbarkeit durch menschen und Situationen . . rechnen (DWB N.); Deschner 1964 Talente 46 sein gedankliches Niveau ist subaltern und seine Sprache debil; Zeit 8. 2. 1985 das Land [Polen]: ein Land

selten

übernom-

lähmen'. der Dritten Welt,. . ausgeplündert von einer Bande debiler Adelsfamilien; ebd. 4. 10. 1985 eine Tempeltänzerin hat . . ein festgefrorenes, debiles Grinsen und die Armhaltung einer Gottesanbeterin; ebd. 6.2. 1987 in Lülsdorfs Inszenierung . . Von der alten Gesellschaft bleiben nur noch eine debile Kuhhirtin und ein Säugling übrig; ebd. 22. 5. 1987 Der Vater . . ist ein Ackermann aus Tirol, sein Sohn Ruepp . . halb wild und debil. Mit offenem Mund kauert er auf einer Holzbank, reduziert auf das Vegetative; M M 23. 5. 1987 Rudolf Kostas sang den Hamlet III . . Ihm zur Seite George Maran, ein leicht debiler Hamlet I, der als alternder Clochard tänzelnd in die Rollen schlüpft; Frankf. Rundsch. 17. 5. 1990 2000 Kinder fielen nach der Statistik unter die . . Kategorie „debil" und können eine „Hilfsschule" besuchen; . . 1000 Kinder gelten aufgrund hirnorganischer Schädigung als verhaltensgestört; Spiegel 18. 10. 1993 Mielke steckt in einem Dilemma. Einerseits müßte er debil und hinfällig sein, um von der Haft verschont zu werden;

Debüt M M 14. 10. 1994 der moderne Werbemensch [im Film] ist nicht schön, ist manchmal ein wenig debil, aber (fast) immer . . komisch; ebd. 11. 11. 1994 Mit . . ihrer debilen Mimik bringt sie Bernard fast zur Verzweiflung und das Publikum zu Lachkrämpfen; ebd. 21.11. 1995 Und da ist Mariedl (Anke Zillich), die Klofrau: eine reine, debile Seele, die sich durch die verstopften Kloaken dieser Welt . . wühlt. Debiler: 1926 Gesundheit!. Schulerziehung 109 die Urteilsfähigkeit des debilen ist meist gering entwikkelt . . viele debile rechnen mechanisch (DWB N.); Benn 1930 Ges. W. I 85 führt er den Debilen zum Gesangbuch empor; Eyferth 1950 Jugend 89 man unterscheidet als schweregrade des Schwachsinns den idioten, den imbezillen und den debilen (DWB N.); Dürrenmatt 1958 Versprechen 136 Imbecile [!] und Debile; M M 13. 3. 1985 Unter den von der Kontrolluntersuchung erfaßten Patienten waren 19 — teils Debile und Epileptiker —, die Dr. Brown wegen gewalttätig-aggressiven Verhaltens operiert hatte; ebd. 26. 9. 1987 Das Bundesgesundheitsministerium setze zu einseitig auf Aufklärung . . Bei „Debilen, Analphabeten, Drogensüchtigen und Personen mit Desperado-Mentalität" seien Aufklärungsaktionen aber zum Scheitern verurteilt; Spiegel 11. 4. 1994 daß für einige Kinder das . . Bumsen und das Wichsen aller mit allen . . zum schrecklichen Alltag gehörte . . Solange die Kinder sich noch gewehrt haben, mag auch der Debile gemerkt haben, daß er etwas Unrechtes tut. Debilität: Paracelsus 1528 S. W. 1 6,378 wan nach der sperma ist die gall das höchst austeilen und der größte feind der natur, so sie in irer Üppigkeit get. auch so sie anhengig wer mit der debilitet der glidern, so get aus der matrix ein solch gift der natur nach, wo sie dan am schwechisten ist; Hörnigk 1631 Juden-Artzt N2b ein ehrliche fraw, welche . . einen nabelbruch bekommen, schickte jhren vrin zu gemeltem stümplerischen judenartzt. . zu erforschen, ob nicht etwan andere debiliteten bey der hand weren (DWB N.); Zedier 1734 Universallex. VII 294 Debilitas, die Schwäche an Kräften; Weber 1734 Ene. 1 361 Animi debilitas, Blödigkeit des Gemüths; Boltz 1752 Amts-Actuarius 543 es hätten Medici bei der Inspection eine débilitât in einem gar äussern Grad . . bey mir observiret; Heyse 1838 Fremdwb. I 277 Debilität, . . Schwäche,

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Kraftlosigkeit; debilitas animi, Geistesschwäche; 1926 Gesundheitl. Schulerziehung 105 nach dem grade des intelligenzdefekts werden drei formen des Schwachsinns unterschieden: die idiotie, die imbezillität, die débilitât (DWB N.); Krug 1930 Kriminalpädagogik 70 Aber angeboren können Debilität, verhängnisvolle Erbanlagen sein; Musil 1933 Mann 814 Doch der Schlüsselbund zeitgenössischer Begriffe wie nervöse Minderwertigkeit, . . Debilität und dergleichen wollte nicht passen; Hamburger 1939 Neurosen 76 daß sittliche Debilität leichten Grades außerordentlich häufig vorkommt; Haring/L. 1968 Wb. Psychiatrie 152b bei der débilitât ist die fähigkeit zum urteilen und zum erwerb von kenntnissen eingeschränkt (DWB N.); Offenburger Tagebl. 23. 5. 1969 billigte sie [Strafkammer] der alten Dame die Milderungsgründe des Paragraphen 51 . . wegen des Vorliegens von Altersdebilität zu; Weber 1975 Tote 40 Sie liegt dicht an der Grenze zur Debilität; 1992 Wiener V 10 Bester Song der LP ist „Zeitalter der Toagbatzen", die Abrechnung mit der Debilität deutscher Rundfunkund Fernsehmoderatoren; Spiegel 9. 5. 1994 ein Onkel der Kinder, von dem es heißt, er sei „an der Grenze zur Debilität"; ebd. 10. 10. 1994 Forrest Gump, . . was für ein Filmheld. Der Mann . . hat einen Intelligenzquotienten knapp über der Debilitätsgrenze; M M 7.11. 1995 Clark und sein . . „Drehbuchautor" gehen . . noch einen Schritt weiter: Sie denunzieren ihre Figuren, führen sie als hirnlose Zombies knapp oberhalb der Debilitätsgrenze vor. debilitieren: 1599 Orientalisch Indien III 18 sehr debilitirt vnd geschwächt an Volck; Kirchhof 1602 Milit. disc. 229 tägliche Füllerey vnd Trunckenheit/ debilitirt vnd schwächt die . . Sinne; Schorer 1644 Sprachverderber 52 Debilitiren schwächen; 1647 Urkunden u. Actenst. Friedrich v. Brandenburg ¡V 596 die krön Frankreich hätte gute und heilsame intention gehabt, der katholischen partie [!] in Deutschland zu debilitiren und dero macht per separationem zu brechen (DWB N.); Rost 1680 Tagebuch 45 [durch die Behandlung wurde] die natur, die doch sonsten ser guet wahr von zeit zu zeit auch merers debilitiert, bis entlich und als mann durch andere medicos substantiam morbi erkhent [!], der patient so schwach worden, daß . . (DWB N-); Sperander 1727 A la mod Sprach 178 Debilitiren, schwächen, krafftloß, kranck machen. GS

Debüt N., anfangs selten auch M. (-s; -s), im späteren 18. Jh. entlehnt aus frz. début 'erster öffentlicher Auftritt, Anfang, Anspiel' (zu débuter 'zum ersten Mal öffentlich auftreten; anspielen, den ersten Schlag tun, anfangen', aus dé- 'weg-, ab-' und but 'Ziel(-scheibe), Tor, Zweck'), bis ins 20. Jh. auch in frz. Schreibweise.

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Debüt

In der Bed. 'erster öffentlicher Auftritt eines Schauspielers/einer Schauspielerin bzw. eines Sängers/einer Sängerin' verwendet (s. Belege 1775, 1796, 1837—44, 1855, 1857, 1863, 1929, 1944, 1987), in Wendungen wie sie/er gab ihr/sein Debüt, tautologisch in der Verbindung erstes Debüt, vgl. die Zss. Debütrolle, Schauspielerdebüt; dann auch für 'erstes öffentliches Auftreten eines Redners, einer Politikerin, einer jungen Dame in der Gesellschaft', auch 'erste Veröffentlichung einer Wissenschaftlerin, eines Dichters, Erstlingswerk, -leistung' (s. Belege 1787, 1879, 1931, 1953, 1960, 1965, 1985), im 20. Jh. häufig in bezug auf Sportler, vor allem junge Fußballspieler (s. Belege 1902, 1934, 1990); schon früh auch allgemeiner, ζ. B. auf Unternehmungen bezogen für 'Beginn, Anfang von etwas freudig Erwartetem; unwägbare neue Situation, neues Erlebnis' (s. Belege 1788, 1844, 1926, 1977). Dazu etwa gleichzeitig das aus gleichbed. frz. débuter (s. o.) entlehnte V. intrans, debütieren, zunächst für 'zum ersten Mal im Theater auftreten' (s. Belege 1774, 1782, 1812, 1835, 1848, 1857, 1952), in Wendungen wie mit einem Stück, in einer Rolle debütieren, dann auch allgemeiner für 'zum ersten Mal öffentlich in Erscheinung, an die Öffentlichkeit treten' (s. Belege 1789, 1830, 1847, 1985), bes. auf Dichter und Publizisten bezogen (s. Belege 1868, 1911, 1937); im 19. Jh. selten trans, gebraucht für 'etwas erstmals hervorbringen' (s. Belege 1812, 1860); adj. verwendet im Part. Präs. debütierend; seit früherem 19. Jh. die aus gleichbed. frz. débutant, subst. Part. Präs. von débuter (s. o.), entlehnte subst. Ableitung Debütant M. (-en; -en) 'junger Schauspieler oder Sänger, der zum ersten Mal auf der Bühne erscheint, im Theater auftritt, in einer Filmrolle zu sehen ist' (s. Belege 1836, 1935, 1954, 1960), daneben auch allgemeiner für 'Anfänger, Neuling' (s. Beleg 1852), z. B. 'jmd., der zum ersten Mal öffentlich als Redner auftritt' (s. Beleg 1947) bzw. 'junger Wissenschaftler, der mit seiner ersten Publikation in Erscheinung tritt' (s. Beleg 1953); im Sport für 'junges Pferd, das zum ersten Mal an einem Wettkampf teilnimmt' (s. Beleg 1932) bzw. 'junger Sportler, der sich zum ersten Mal in einem Wettkampf stellt' (s. Beleg 1982); etwa gleichzeitig die movierte Form Debütantin F. (-; -nen), zunächst 'junge Schauspielerin oder Sängerin, die zum ersten Mal auf der Bühne auftritt' (s. Belege 1840, 1877, 1884, 1940), daneben auch 'junges Mädchen, das zum ersten Mal in der Gesellschaft (anläßlich eines Balls) auftritt, das in die Gesellschaft eingeführt wird' (s. Belege 1852, 1862, 1928, 1954, 1959, 1964), vgl. die Zss. Debütantinnenball, -saison; auch allgemeiner für 'Anfängerin' (s. Belege 1866, 1881, 1919, 1994), bes. im Sport, z. B. 'junge Stute, die zum ersten Mal an einem Wettkampf teilnimmt' (s. Beleg 1934). Debüt: Schmid 1775 Chronologie A. dtsch. Theaters 324 er [ein Schauspieler] war vordem in seinem Debüt bey Herrn Koch nicht glücklich gewesen; Wezel 1781 Sprache 155 wenn wir zuweilen ein fremdes Wort oder eine Redensart gebrauchen, weil sie der Sache eigen sind oder eine vorzügliche Annehmlichkeit haben, so ist es am besten, den Lateinern zu folgen, die in solchen Fällen griechische Wörter und Redensarten mit griechischen Buchstaben schrieben. Amüsement, Engagement, Debüt, debütieren, engagiren, geniren, und ähnliche sollten wir uns nicht erlauben; Schiller 1787 Br. 1 390 Es ist gleichsam mein erstes Debut in der Geschichte; ders. 1788 Br. Π 73 er selbst ist ein armer verrufener Sünder, dessen erster Debut Dir

alle meine Vorerinnerungen ersparen wird; ebd. 11 78 weil sie auf einer Seite dem Debüt des Journals gewiß nützen; Moritz 1790 Reiser 370 Debütrolle; Fichte 1794 Briefw. 1 337 Ich freue mich doppelt, daß sich die Hindernisse noch mehr verringern, welche einem anhaltenden Debut im Wege gestanden haben mögen; Schiller 1796 Br. V 25 Warum . . treibt man Wilhelmen von der Einen Seite von dem Theater, da man ihm doch von der andern zur Aufführung seines Lieblingsstücks und zu seinem Debüt behülflich ist; 1799 Journal d. Moden XIV 394 Anm. Debütrollen; Schütze 1800 Handwb. f. Schauspieler 45 Debüt heißt Anfang einer Sache . . Es heißt dann auf dem [Theater ] Zettel zum Debüt der Mad. Ν.; fülleborn 1802 Rhetorik 35 Debüt,

Debüt Hervortritt; Rocblitz 1808 Romane 1201 Mein Debüt auf Erden; Lewald 1837 Aquarelle III 253 denn schon im fünften wäre ich so glücklich gewesen, mein erstes Debüt zu machen; Gutzkow 1837—44 Reiseeindrücke (XI 44) ihr erstes theatralisches Debüt machen; Scheffel 1844 Br. an Eggers 3 ein trauriges Debüt der Herbstreise; 1855 Prutz' Museum 11 102 Neulich wohnte ich zwei Debüts bei. Hippolyte Lucas . . brachte eine dreiactige „Médée" auf das „Odéontheater" . . Légouvé . . hatte . . eine dreiactige Komödie . . spielen lassen; Wagner-Liszt 1857 Briefw. U 153 Sieh also, daß Du ihn sein Debut als Tannhäuser und Lohengrin . . unter Deiner Leitung feiern läßt; Mahler 1860 Milit. Bilderbuch 35 Heute sollte ja mein zweites Debüt als Waschund Scheuerfrau stattfinden; Holtei 1863 Letzte Komödiant 86 welche Rollen werden hochverehrteste Demoiselle zu deren ersten Debüts befehlen?; Hillebrand 1875 falsches 111 Noch mehr freilich fühlt er sich wohl . ., wenn er der Satire die classische Form geben kann; denn im Grund ist doch Carducci noch immer, wie bei seinem Début, ein impönitenter Classiker; 1879 Dtsch. Literaturbl. Π 114 Wir wissen nicht, ob dies Buch des . . Literarhistorikers das Debüt desselben gewesen ist; Gottschall 1885 Totenkl. 227 Da hat z. B. einer dieser Jünger Zola's, Léon Hennique, einen Roman geschrieben . ., in welchem der Herr und Meister ein sehr beachtenswerthes Debut erblickt; Zobeltitz 1902 Papierene Macht 1 127 heute zum erstenmal auf der Rennbahn [mit Pferden] paradiert. Es ist doch auch ein Debüt — sozusagen! — Und mir kein erwünschtes; Dombrowski 1920 System II 28 Das Debut des Grafen in der deutschen Nationalversammlung war nicht eben glucklich; Schlözer 1926 Menschen 108 Da ich in jeder Stadt, in die ich gerate, immer irgendein gesundheitliches Debüt feiere, so war ich neugierig, was mir hier blühen würde; Voss. Ztg. 23. 10. 1929 Fritzi Massarys Sprechbühnendebüt; Friedell 1931 Kulturgesch. III 482 Debüts [Ibsens] auf dem Theater; Lokal-Anz. 31. 8. 1934 Bereits Anfang September will der Sieger der Leipziger Weltmeisterschaft der Amateurstraßenfahrer sein Debut geben; Münch. N. N. 21. 2. 1944 Mit 15 Jahren hatte sie ihr erstes Debüt am Linzer Stadttheater; Bonn 1953 Gesch. 52 Er hatte sein Debüt in Wirtschaftsgeschichte . . mit einer interessanten Studie über die Wollweberzunft . . gemacht; Flake 1960 Abend 434 Mariannes gesellschaftliches Debüt; 1965 Zeit Nr. 50 sein parlamentarisches debüt in der bundeshauptstadt hat ihm die dankbare Zustimmung der freunde und respektvolle aufmerksamkeit der gegner eingebracht (DWB N.); FAZ 26. 1.1970 er .. kehrte am nächsten Tage nach New York zurück, um . . sein „professionelles Debüt" als Gitarrensänger zu geben; Spiegel 1977 Nr. 10 Fast jede Mahlzeit bietet für

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irgendeinen ein Debüt (DUDEN 1993); Zeit 29. 3. 1985 als sie 22 Jahre war, hatte sie ihr Autoren-Debut; ebd. 2.5. 1986 Man hätte Friedo Lampe mehr Glück bei seinem literarischen Debut gewünscht; MM 1. 7. 1987 Nach dem ersten Preis . . folgte . . ihr erfolgreiches Operndebut; ebd. 18. 6. 1988 Das Zuschauer-Paar legte ein köstliches Manegedebut hin; Rhein. Merkur 19. 1. 1990 Kunz, der . . sein Bundesliga-Debut geben wird; Spiegel 26. 4. 1993 Auf dem Cover ihrer Debut-CD küssen sich zwei geschlechtslose, elfenhafte Wesen. Debütant: Grillparzer 1836 S. W. II 10,94 abends in Drury Lane Richard III. ein neuer debutant in der titelrolle (DWB N.); Goltz 1852 Jugendleben I 148 Was wurde aus uns curiosen Debütanten im grünen Wald?; Holtei 1858 Erz. X X X 179 Als ich . . die unerläßliche Wanderung zu Schall antrat, fand ich vor seiner Thür einen fremden jungen Herrn, den ich augenblicklich für den sehr genau beschriebenen Debütanten erkannte; Peterssen 1870 Genrebilder 185 Der Hoffnungsanker des Debütanten [ist der Claqueur]; Lokal-Anz. 29.6. 1932 Debütanten in Strausberg . . Im AnfängerHürdenrennen stellten sich 15 junge Pferde; Dtsch. AZ. 28. 9. 1935 Da sind zuerst die Debütanten des zu Saisonbeginn . . herausgebrachten Films „Ehestreik". Eine Reihe neuer Gesichter sah man unter diesen . . Bauerntypen; Siemens 1947 Leben 58 erlebte ich [beim ersten öffentlichen Auftreten als Festredner] für einen Augenblick den bekannten, hundertmal beschriebenen Debütantenkomplex; 3953 Festschr. a. Kutscher 11 der wissenschaftliche Debütant; Süddtsch. Ztg. 25. 8. 1954 Die jungen (und bejahrten) Debütanten sind als Opfer ihres Ehrgeizes auf dem Altar eines geschäftstüchtigen Dilettantismus gewissermaßen geschlachtet worden; Tages-Anz. f. Zürich 23. 7. 1960 die erst 20jährige Anja Silja . ., Donald Bell . . und andere sind . . Debütanten in Bayreuth; 1982 Kicker VI 35 Der 19jährige Debütant . . lieferte . . eine famose Leistung (DUDEN 1993). Debütantin: Steffens 1840 Was ich erlebte 11147 So lange ich das dänische Theater kannte, war keine Debütantin mit ähnlichem Erfolge hervorgetreten; 1843 England 11 1 Der Chaperon und die Debütantin; Goltz 1852 Jugendleben 11 222 Die . . von dem Unerhörten ihrer Situation bereits im Wortverstande übermannte Debütantin konnte . . nicht umhin in . . verbindlicher Weise zu antworten; Holtei 1862 Erz. XXXU 139 eben fällt mir ein, daß jene Debütantin Ludwig Devrient's Tochter war!; 1866 Grenzboten IV 6 die politischen Debütantinnen des Auslandes; Lindau 1877 Br. 249 Eines Tages . . finde ich im „Journal des débats" einen ganz

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Debüt

verzückten Artikel . . über eine Debütantin am Théâtre français . . Die Debütantin war meine alte gemüthliche Freundin; Νordau 1881 Paris I 84 Debütantin der Galanterie; Rose 1884 Revanche 141 Wenn eine Debütantin [auf dem Theater] nur irgend ihr hübsches Profil . . zu benutzen weiss; Polenz 1898 Grabenhäger I 88 Als sie damals als Debütantin auftrat . . hatte sie große Aspirancen; Brandes 1919 Miniaturen (Übers.) 196 Als Lebensdebütantin am Hofe Karls XL; 1928 Querschnitt 852 aufmerksam, wie die Mutter einer jungen Debütantin der Gesellschaft; Lokal-Anz. 11.7. 1934 Statt müde zu werden, wie es bei einer Debütantin leicht der Fall ist, ging die Stute immer frischer; Münch. Ν. N. 29. 10. 1940 mit 16 Jahren, es war eine der ersten Vorstellungen nach dem Friedensschluß 1871, stand sie als Debütantin auf der Bühne des Gärtnerplatztheaters; Süddtsch. Ztg. 31. 7. 1954 Eine Debütantin, die gesellschaftlich beliebt ist, besucht im Lauf der Saison etwa vierzig Bälle . . Der Wohltätigkeitsball . . eröffnet die Debütantinnensaison; ebd. 23. 1. 1959 Wie schon im Vorjahr, so bedeutet der Abend auch heuer für 30 junge Damen den Beginn des gesellschaftlichen Lebens. Universitäts-Tanzmeister Peps Valenci studiert mit den Debütantinnen einen Tanz ein; ebd. 13. 10. 1964 Die Düsseldorfer „Gesellschaftliche Vereinigung für Wohltätigkeit" hatte . . tausend Damen und Herren der deutschen Gesellschaft aufgeboten, um 60 Debütantinnen eine würdige Kulisse zu geben; ebd. 2. 2. 1994 Ein Diskussionsabend fürs gemeine Volk war schnell ausverkauft, der Fernsehsender BBC holte die Debütantin in eine renommierte Kultursendung. debütieren: Cramer 1774 an Bürger (l 215) e in gesellschaftliches Theater . ., auf dem wir mit Emilia Galotti debütirt haben; Schmid 1775 Chronologie d. dtsch. Theaters 51 Hier debütirte Prehauser als Don Philipp im Don Juan; Hase 1779 Aldermann 1 34 Walder. Nun, haben Sie debütirt? v. Rabenhorst. Wo? Walder. Bey der Frau Kommerzienräthin. v. Rabenhorst. Ich könnte eben nicht sagen, daß ich Lust hätte da eine Rolle zu spielen; Wezel 1781 Sprache 155 debütieren; Sturz 1782 Sehr. II 365 In dieser Noth ging er auf das Theater, wo er, abentheuerlich genug, mit der Rolle des Othells debütirte; Bretzner 1788 Leben 111 222 Als vierjähriger Knabe debütirte er bereits mit dem Motto: Mundus vult deeipi! indem er bey den Betrügereyen und Wunderkünsten eines Taschenspielers und Geisterzitierers eine ansehnliche Rolle spielte; Schiller 1789 Br. II 203 Ein einziger, kurzer, runder Aufsatz, womit Du bei Wieland debutirst; Böttiger 1791 Literar. Zustände (I 16) Hier . . arbeitete [er] seinen Versuch über die Geschichte der Revolutionen aus, womit er im historischen Fache zuerst de-

bütirte; Goethe 1795-96 Lehrjahre (WA I 22,203) wir haben gut debütiert; Schütze 1800 Handwb. f. Schauspieler 45 Auf der Bühne debütirt, fängt man entweder überhaupt oder auf einem neuen Platze an zu spielen; Blücher 1806 Br. 67 und daß je eher je lieber offensiv entscheidende Schritte geschehn, und wir nicht mit Schimpf und Schande durch Laufen debütieren; Westenrieder 1812 Neue Beytr. 1 380 Schaaren von Leuten ohne allen Geistesgehalt, welche von der Gelehrsamkeit, aber von keiner Wissenschaft Profession machen, welche mit ihrem gelehrten Renomée, wie heutige Schauspieler gewisse Rollen debütiren, und welche mit ihrem Poltern so gar einige Zeit einen Lärm machen; Börne 1822 Schilderungen a. Paris (Ges. Sehr. II 52) Da bildet sich nun ein Zuschauerkreis von Erwachsenen, und man sieht dann sechsjährige Mädchen in der Koketterie debütieren und den Beifall der Umstehenden . . mit anmutigem Lächeln fordern und einziehen; Wit υ. Dörring 1830 Fragmente l 73 als revolutionäres Meteor zu debütiren; Heine 1835 Romani. Schule 36 Sie gesteht selber, daß es ihr kurios vorkomme, wenn eine Person in einem Drama mit einem Monolog debütiert; Dingelstedt 1847 Jusqu'à la mer 78 glorreich für alle Zeiten debütiert das niederländische Volk auf der Weltbühne mit seinem Freiheits- und ReligionsKriege; Lentner 1848 Veränderungen 254 Ich habe debütiert; eine jede andere Tänzerin ist von nun an vernichtet; 1849 Glassbrenners Komischer Volkskalender (Kalkschmidt 1928 Freiheit 83) mir kommt es immer vor, als ob die Freiheit bei uns blos eine Jastrolle jejeben un sehr unjlücklich gespielt, debütiert hat, nennt man das; Holtet 1854 Schneider II 319 die vorgestern mit so viel Glück debütirte; Wagner-Liszt 1857 Briefw. II 156 habe einstweilen Herrn von Beaulieu empfohlen, ihn als Tannhäuser oder Lohengrin debütiren zu lassen; Goltz 1860 Typen d. Gesellschaft I 203 die heiterkeit, die ruhe und harmonie, welche die aesthetiker und ethiker debütiren (DWB N.); Springer 1868 Berlin 34 als ich . . mit einer Novelle debütirte; Dingelstedt 1878 Bilderbuch 67 Talma, der als Séide im Mahomet nicht unbemerkt, aber auch nicht siegreich debütirt hatte; Diringer 1889 Tanzkunst 20 Bald betheiligten sich hochgestellte Personen an dem Arrangement der Tänze und nicht lange währte es, so gehörte es zur Hofetikette, selbst zu debütiren; Roberts 1891 Mitleid 381 Uns band ja außerdem der Beruf aneinander . . Damals hatten wir gerade mit unserm famosen Tellschuß debütiert; Mayer 1911 Kaufmann 227 das résultat meines nachdenkens war eine schrift . ., mit der ich . . als selbständiger publizist debütierte (DWB N.); Werfel 1928 Abituriententag 113 wurde für den nächsten Tag neuerdings eine Zusammenkunft . . verabredet, bei der ich mit meinen Versen debü-

decouvrieren tieren sollte; 1937 Literatur 560 Der junge schlesische Erzähler debütierte vor einem Jahr mit einem Buch aus der Welt des Arbeitsdienstes; Kesten 1952 Casanova 89 der berühmte Kastrat Salimbeni, der zu Mailand in einer Oper von Hasse debütiert hatte; Zeit 15. 3. 1985 1980 debütierte er mit neun Millionen Mark für Edvard Münchs „Mädchen auf einer Brücke".

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debütierend: Röse 1884 Revanche 220 ein Mädchen, ein debutirendes Modell, das . . ihre Kleider im Atelier abstreift und Brust und Schultern sehen lägt; Süddtsch. Ztg. 18. 4. 1951 Der debütierende Salzburger Paul von Schilhawsky gilt als einer der wenigen jungen Pianisten, denen man ohne Risiko des Irrtums eine Karriere voraussagen kann. HK

d e c o u v r i e r e n V. t r a n s . , M i t t e 1 7 . J h . e n t l e h n t a u s g l e i c h b e d . f r z . découvrir g l e i c h b e d . l a t . discooperire,

a u s dis-

'entzwei-, auseinander-, w e g - ' und

' b e - , ü b e r d e c k e n , ü b e r s c h ü t t e n ' , a u s co-

' m i t ' u n d operire

(
• Dekorum 2; —• Accessoire 2a; s. Belege 1990, 1992, 1995, 1997), vgl. Wendungen und Zss. wie zivilisatorisches, historisches, reines, bloßes Dekor; Satire-, Party-, Heldendekor, gelegentlich auch abwertend, z. B. zum reinen Dekor absinken, degradiert werden (s. Belege 1956, 1995, 1997). c Seit Anfang 20. Jh., wohl ebenfalls unter frz. Einfluß, in der Bed. 'äußere Ausstattung (von Räumen, Gebäuden u. ä.)', insbes. 'Ausschmückung eines Theaterstückes oder Filmes, Bühnenbild, Kulisse' (weitgehend gleichbed. mit —• Dekoration lb), z. B. ein überladenes Dekor; öfter allgemeiner und übertragen verwendet für 'Aufmachung, Ausstaffierung, Ausrüstung; Kostüm, Gewand; Ambiente, Umgebung, Hintergrund, Szenerie' (— Accessoire 2b; s. Belege 1964, 1989, 1995, 1996, 1997), vgl. Wendungen wie folkloristisches, monumentales, regionales, mythisches, realistisches, exotisches Dekor, das Dekor des Restaurants. Dekor a: Rivius 1548 Vitruv. 25a Decor mag die zierlich anschawung des volbrachten wercks genennet werden, w o alle angehörige theil mit höchster geschicklicheit der massen volbracht werden/ das solches schön vnd zierlich anzuschawen wer; ebd. 31a wo nun alle glider . . nach der symmetria in jren glidmassen sich zusamen schicken, entspringt d a r a u ß Decor, das ist das schön herlich ansehen solches baws; Goldmann 1696 Anw. Civil Bau-Kunst 8 Vitruvius hat die Kunst in sechs Theile eingetheilet/ welche sein Taxis oder die Ano r d n u n g / . ./ Symmetria die Ebenmasse/ Decor, die Geziehmenheit; Eggers 1757 Kriegslex. II 313 Vom Decore, saget Vitruvius, daß solches sey, wenn ein Gebäude ein unverbesserliches Aussehen habe, sich auf allgemeinen Beyfall, und die Autorität der Bauverständigen gründet; 1988 Brockhaus V 211 Dekor . . Begriff der Architekturtheorie für den Plan, die Anordnung und Abstimmung aller Teile eines Bauwerks, der auf Vitruvs Ausführungen über das 'Schickliche', den Gleichklang und das Ebenmaß der Massen und Glieder in der Baukunst zurückgeht. Dekor b: Vetri 1879 Handb. d. Fremdwörter 240 Décor, m., . . Gesammtheit der Verzierungen; 1911 ebd. 234 Décor, m., . . Ausschmückung, Verzierung, Zierat; 1911 Grenzboten l 491 w o unser Romancier sich durch rhetorisches Pathos hinreißen läßt, regieren den Franzosen kleinliche Neigungen seines Scholismus, der im „décor" schwelgt und auch in psychologischer Hinsicht nur die blassen Gesten blasierter Seelen mit seelischen Kuriositäten vorführt; Dehio 1926 Kunst III 236 am meisten w a r es [bei einem Bauentwurf] auf einen beispiellos reichen dekor abgesehen (DWB N.); Hausenstein 1935 Wanderungen 243 in diesem blauen Kabinett mit silbernem Dekorgeschmeide; Münch.

N. N. 7. 9. 1941 die bayerische Porzellanindustrie . . Weiter ausgebaute Farbendekors beherrschten das Inlandsangebot; ebd.. 6. 8. 1942 Alles Dekor, jede Sonderbeschriftung fällt fort [bei den „Nähmaschinen im Kriegskleid"]; Süddtsch. Ztg. 8. 5. 1951 einige wohlproportionierte Räume mit klassizistischem Dekor, von dem das Beste zumeist die aus dem Karl-Theodor-Palais herübergeretteten ornamentierten Fußböden sind; Münch. Merkur 7. 5. 1955 Die Rottöne in den Medaillons bringen ein gewisses Dekor; 1956 Urania o. S. die zweckgebundene Zier sinkt zum reinen Dekor herab (WDG); Marek 1962 Notizen 83 Farbige Gläser und bunte Metalle sind das Dekor für die neuen Hochhäuser (DUDEN); FAZ 24.11.1970 [die Spülmaschine] faßt echte 12 Maßgedecke, hat die volle Klarspülkraft, arbeitet unübertroffen leise und trocknet wirklich fleckenfrei. Bei optimaler Dekorschonung! (Anzeige); MM 4. 12. 1986 Biederer Dekor auf Tellern und Schüsseln gibt Zeugnis vom einfachen Leben der Bürger; taz 19.4. 1990 auf einer Gartenparty, bei der arbeitslose Menschen als lebende Statuen das Partydekor ersetzen; ebd. 15. 4. 1992 Der Flur mit dunkler Holztäfelung, die Gesellschaftsräume noch im realen Satiredekor: braune Cord-Garnitur auf grüner Plastikschlinge; Spiegel 18. 7. 1994 Sogar neues Heldendekor mußte her: Vier Panzer, auf die Namen der letzten vier Marschälle von Frankreich getauft, führen zur Parade am Bug je einen originalgetreuen Marschallstab auf weißem Präsentierkissen mit; Zeit 17. 3. 1995 Heute übermalen die bösen oder auch guten Farben jeden Ausdruck und Sinn, die symbolischen Linien, die Lichtregie degradieren die Sängermenschen zum Dekor; ebd. 18. 7. 1997 Sie werden degradiert zum Dekor, sind albern herausgeputztes Zubehör, Petersilie auf dem anschließend kredenzten Lachs-Büfett.

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Dekor c: Polenz 1903 Land 74 man sucht etwas darin, [bei] Reisen offizieller Persönlichkeiten allen Dekor wegzulassen, möglichst bürgerlich formlos aufzutreten; Welt 14. 7. 1964 die Stiftsruine stammt etwa aus der Zeit, da der düstere Held lebte und starb. Ihre Mauern sind Zeugnis jener Epoche, sind das legitime Dekor, das solcher Dichtung gemäß ist; 1967 Presse 5813,4 Damianis dekor repräsentiert wiener opernkultur in Montreal (DWB N.); Welt 5. 6. 1969 Kurt Horres (Regie) und Hanna Jordan (Dekor) haben bei ihrer Wuppertaler Inszenierung nicht auf diese Faktoren vertraut; Reich-Ranicki 1988 Th. Mann 119 Wer das Grandiose und Hochpathetische liebt, das szenische Arrangement und den monumentalen Dekor, der kommt in dieser Trilogie immer wieder auf seine Kosten (DUDEN 1993); Fest 1988 Gegenlicht 60 Es war ein einfaches Restaurant mit dem üblichen folkloristischen Dekor (DUDEN 1993); MM 3. 10. 1989 Brünnhildes niederschmetternde Begeg-

nung mit Siegfried und Gutrune im Mittelakt . . Das Katastrophen-Dekor verbindet sich kaum mit dem Spiel. Es bleibt . . Accessoire; Spiegel 6. 6. 1994 Natürlich ist auch dieser Coen-Film die Struktur-Untersuchung eines Film-Genres, nämlich der Screwball-Comedy der dreißiger Jahre. Das beginnt mit dem Dekor. Die . . Wolkenkratzer in New Yorks feiner Madison Avenue regen zu Art Deco an; Zeit 2. 6. 1995 Die hiesigen, zumeist „hochkulturell" orientierten Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen benutzen die „Welt der bunten Bilder" lediglich als exotisches Dekor; ebd. 22. 3. 1996 seine Erzählung blieb konventionell, gefangen im realistischen Dekor, im Wechsel von Handlung und Dialog; ebd. 6. 12. 1996 Der ganze regionale Dekor ist darin, ein Spanien, wie es der NichtSpanier sich mühelos ausmalt; ebd. 24. 10. 1997 Das ist das Wunder in seinen Filmen: Es gibt ein wahres Leben mitten im falschen Dekor. OV

Dekoration F. (-; -en), seit späterem 16. Jh. selten, erst seit Anfang 18. Jh. unter Einfluß von gleichbed. frz. décoration kontinuierlich nachgewiesene Entlehnung aus (flekt. Form von) spätlat. decoratio 'das Schmücken; Zierde, Schmuck' (zu lat. decorare 'zieren, schmücken, verherrlichen', zu decus, Gen. decoris, 'Zierde, Zierat; Auszeichnung, Glanz, Herrlichkeit, Ehre', zu decere 'zieren, gut stehen; (sich) ziemen, in der Ordnung sein'; —• Dekor, —• dezent), früher selten in lat. (flekt.) Form, unter frz. Einfluß auch mit Pl. -s und gelegentlich in der Schreibung Dekorazion. l a Zunächst und bis heute seltener als Nomen actionis, ohne Pl., in der Bed. 'das Ausgestalten, Ausschmücken von Räumen, Gebäuden, Gegenständen' (s. Belege 1564, 1571), z. B. die Schüler übernahmen die Dekoration des Festsaales; dann zunehmend im Sinne eines Nomen acti in der Bed. '(bau-)künstlerische Ausgestaltung, Verzierung von (Innen-)Räumen, Bauwerken u. ä., schmückende Umrahmung, Ausschmückung' (s. Belege 1716, 1787, 1797, 1910), insbes. 'etwas, was als Schmuck, Ausschmückung in/an etwas angebracht ist; Ausstattungs-, Ziergegenstand, verzierendes Beiwerk', auch 'Festschmuck (für einen bestimmten Anlaß)' (s. Belege 1728, 1866—71, 1924, 1947), auch als Bezeichnung für die (werbewirksame) Ausstattung von Schaufenstern und Verkaufsräumen (s. Belege 1948, 1960), gelegentlich auch mit Bezug auf Bücher (s. Belege 1855, 1885), Möbel (s. Beleg 1787), Gärten (s. Beleg 1800), auch, eventuell unter Einfluß von l b , ausgedehnt auf Landschaftsbilder, -ansichten, -formationen (s. Belege 1801, 1804, 1872, 1902) und mit gesellschaftspolitischem Bezug (s. Belege 1794, 1861, 1876, 1907), häufig in Syntagmen wie die Dekoration der Hochzeitstafel bestand aus Blumen, eine ansprechende, gelungene, farbenfrohe, festliche, weihnachtliche Dekoration, gelegentlich negativ konnotiert mit „künstlerisch wertlos", z. B. leere, bloße Dekoration (s. Beleg 1779) und selten übertragen, z. B. die Dekoration verändern 'eine andere Umgebung aufsuchen' (s. Beleg 1778) sowie ironisch von Personen für 'bloßes, schmückendes Beiwerk, Staffage, Zutat' (s. Beleg 1884; —» Dekorum 2); häufig als Bestimmungs- und Grundwort in Zss. wie Dekorationskunst 'Kunst des dekorativen Gestaltens', -art, -arbeit,

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-figur, -gegenständ, -kiinstler, die Berufsbezeichnung Dekorationsmaler 'Maler, der künstlerische Dekorationen (bes. in Innenräumen) ausführt, Wand- und Deckendarstellungen malt', -maierei 'rein dekoratives Malen; das Malen von Dekorationen; Werk eines Dekorationsmalers', -motiv, -papier 'einfarbiges Plakatpapier', -pflanze 'zum Schmuck aufgestellte Pflanze', -stil, -Stoff 'einfarbiger oder bedruckter Stoff zum Ausschmücken von Innenräumen, für Vorhänge und Möbel' (dafür kurz auch Dekostoff), -stück 'Gegenstand, der nur zur Dekoration, nicht zum Verkauf oder Gebrauch bestimmt ist', -Wechsel 'Veränderung, Austausch einer Dekoration'; Innen-, Decken-, Fest-, Saal-, Schaufenster-, Zimmer-, Garten-, Wand-, Papier-, Stoffdekoration. b Seit Anfang 18. Jh. unter frz, Einfluß als Terminus des Theaters in der Bed. 'Ausstattung des Bühnenbildes; Bühnenausstattung, -bild, Kulissen eines Bühnenbildes oder Films (häufig in Verbindung mit anderen Bühnenelementen wie Kostüm, Beleuchtung, Musik, Theatermechanik)' (s. Belege 1701, 1727, 1729; —• Dekor c), auch für 'Kunst der Bühnengestaltung' (s. Beleg 1820), selten ironisch von Personen (s. Beleg 1952), in Syntagmen wie die Dekoration für ein Stück entwerfen; häufig als Grund- und Bestimmungswort in Zss. wie Bühnen-, Theater-, Opern-, Schlußdekoration, Dekorationsprobe 'Probe für den Auf- und Abbau der Bühnendekoration', Dekorationsmaler 'Maler von Theaterkulissen, Kulissenmaler', Dekorationsmalerei 'das Malen von Bühnendekorationen' und Dekorationswechsel 'Veränderung, Austausch eines Bühnenbildes, Kulissenwechsel'. 2 Seit Anfang 19. Jh. für '(Verleihung von/Auszeichnung einer Person mit) Orden und Ehrenzeichen', öfter ironisch gebraucht, in Syntagmen wie eine Dekoration erhalten, jmdm. eine Dekoration überreichen, anheften, mit Dekorationen behangen sein. Dazu gleichzeitig aus lat. decorare (s. o.) entlehntes dekorieren V. trans., zunächst in der Bed. '(festlich) ausschmücken, ausstatten, verzieren' (s. Belege 1571, 1787), seit dem 18. Jh. unter Einfluß von frz. décorer '(ver-)zieren, schmücken, ausmalen' zunehmend häufiger verwendet für 'Innenräume architektonisch ausgestalten, z. B. mit Stukkaturen, Malereien, Marmorverkleidungen, Farben, Möbeln schmücken' (s. Belege 1787, 1797, 1845), auch erweitert bzw. übertragen verwendet (s. Belege 1854, 1870, 1884, 1963, 1969), z. B. mit Bezug auf Literarisches 'eine Zeitschrift mit besonderen Beiträgen auszeichnen' (s. Beleg 1795), als Bestimmungswort Dekorier- in subst. Zss. wie Dekorierkunst; selten die Präfixbildungen neu-, umdekorieren (zu la); seit Anfang 19. Jh. auch in der Bed. 'ein Bühnenbild herstellen, eine Theaterszene ausstatten', im Unterschied zum Subst. seltener verwendet (zu lb). Gleichzeitig auch in der Bed. '(mit einem Orden) auszeichnen, jmdn. ehren', häufig adj. im Part. Perf. dekoriert, z. B. hoch-, höchstdekoriert (zu 2); mit dem seit Ende 18. Jh. selten nachgewiesenen Verbalsubst. Dekorierung F. (-; -en), weitgehend gleichbed. mit Dekoration la und 2. Dazu seit Mitte 18. Jh. die aus gleichbed. frz. décorateur entlehnte Berufsbezeichnung Dekorateur M . (-s; -e), auch Dekorateurin F. (-; -nen), in der Bed. 'jmd., der Innenräume, Schaufenster u. ä. künstlerisch ausstattet, ausschmückt; Raumausstatter', selten auch übertragen gebraucht (s. Belege 1929, 1992), als Grund- und Bestimmungswort in Zss. wie Zimmer-, Schaufensterdekorateur; Dekorateurarbeit, -gewerbe, -lehrling, -meister und in Wendungen wie die Gardinen vom Dekorateur anbringen lassen, zur Ausgestaltung der Wohnung einen Dekorateur kommen las-

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sen, vgl. daneben die im 19. Jh. aus ital. decoratore entlehnte oder latinisierend gebildete Personenbezeichnung Dekorator M. (-s; -en) in der Bed. 'auf Dekorationen spezialisierter Architekt, Maler' (zu la); seit späterem 18. Jh. auch 'Bühnenmaler, der Ausschmückung und Verzierung eines Theaters besorgt, Handwerker für die Ausstattung der Bühne und der Szenen; Kulissen-, Theatermaler, Bühnenbildner', als Grundwort in Zss. wie Bühnen-, Operndekorateur (zu lb). Seit früherem 19. Jh. die unter Einwirkung von gleichbed. frz. décoratif aufgekommene adj. Ableitung dekorativ in der Bed. '(durch Aufmachung und Ausschmükkung) äußerlich ansprechend, in effektvoller Weise, wirkungsvoll schmückend, verzierend, (sehr) ansehnlich', von Eigenschaften und Verhaltensweisen auch 'einer Sache oder Person einen zusätzlichen Glanz verleihend; auf äußere Wirkung, auf Eindruck bedacht' (Ggs. undekorativ), auch negativ konnotiert mit „rein äußerlich gut anzusehen", z. B. etwas hat nur dekorative Wirkung, Funktion, gelegentlich übertragen von Personen (s. Belege 1880, 1901, 1907, 1930, 1954); häufig in Wendungen wie die Blumen dekorativ arrangieren, eine dekorative Tapete, Pracht, dekorative Kosmetik 'Kosmetik, die der Verschönerung dient (im Ggs. zur pflegenden Kosmetik)', ein dekorativer Blickfang, Rahmen, etwas sieht sehr dekorativ aus, wirkt sehr dekorativ, hat eine dekorative Wirkung, dekorativen Charakter, eine dekorative Pose, Persönlichkeit 'eine (bloß) äußerlich imposante Persönlichkeit', daneben speziell als Terminus der Bau- und Malkunst für '(nur) auf äußere (Färb-)Wirkung zielend' (Ggs. konstruktiv, s. Belege 1 8 6 6 - 7 1 , 1867, 1872, 1874), vgl. Zss. wie Dekorativgebäude, -bau, -plastik (zu la). Dekoration la: 1564 Zimmer. Chronik II 102 unangesehen irs alters hat sie wol schmeckende Wasser und alles anders, so zu ainer decoration oder bezierung des leibs dienstlich hat sein megen, gebraucht; Rot 1571 Diet. 303 Decoration, zierung/ auffbutzung/ das auffmutzen zum schoenstandt; Marperger 1716 Kiichendict. 65b Also herrschet auch sonderlich in denen Banquet-Sälen selbst eine magnifique Decoration von allerhand Sinnreichen Inventionen, trefflichen Perspectiven/ wohl rangirten kostbahren Mobilien/ prächtigen Credentzen/ springenden Fontainen/ und andern Auszierungen; Apinus 1728 Gl. 172 decorationes, . . allerhand zierathen an gebäuen (DWB N.); Eggers 1757 Kriegslex. 1 646 der ritter Servandoni, welcher für den größten décorateur, der jemalen gewesen ist, passiret, hat eine neue art decorations erfunden (DWB N.); Mendelssohn 1757 Betr. (1 190) die menschliche Kunst hingegen kann die Malerey, Bildhauer- und Baukunst mit der Musik und Tanzkunst nur uneigentlich, und zwar vermittelst der Decoration vereinigen; Goethe 1778 Br. (WA /V 3,247) Da Sie weg waren spürt ich, ich müsse die Dekoration verändern. Ging erst nur zum Stadthalter, und bey leidlichem Wetter hierher; ders. 1779 Br. (WA IV 4,76) die Stadt, sie ist die schönste die wir gesehen haben in Bürgerlicher Gleichheit eins wie das andere gebaut, all aus einem graulichen weichen Sandstein, die egalitaet und Reinlich-

keit drinne thut einem sehr wohl, besonders da man fühlt, dass nichts leere Decoration . . ist; ders. 1780 Br. (WA IV 4,193) Der Herzog hat sich die Haare abschneiden lassen, es ist eine ganz neue Dekoration; Kamdohr 1787 Malerei II 172 Es [Bilder der Alten] sind mittelmäßige Werke, Dekorationsmahlereien, meistens schnell und auf den ersten Strich hingearbeitet; 1787 Journal d. Moden ¡I 252 die vordere Abtheilung des drey Schubkasten, so wie das Beschläge der Rinken und Schlüsselschilder ist bloße Dekoration der äußern Form; Laukhard 1794 Feldzug III 268 Da soll der arme Landmann und Bürger die politischen Dekorationen des Staates, die Lasten des Fürsten . . herbeyschaffen, tragen und unterhalten; Goethe 1797 Reise Schweiz (WA 1 34.1,320) Einer von den Hauptfehlern bei der Decoration der Zimmer . . ist, daß man die Massen . . zerschneidet . . Wenn man z. B. in einem Saal eine Säulenordnung . . anbringt und über derselben gleichsam noch eine Attike bis an die Decke macht; Stieglitz 1798 Baukunst 626 Jeder Decorateur wird eingestehn, daß es ihm angenehm sey, viele mögliche Wege zu haben, auf denen man zur Verschiedenheit in Decorationen der Zimmer gelangen könne, und daß charakteristische Decorationen, in Hinsicht auf Nationalcharakter, eine reichhaltige Quelle dieser Mannigfaltigkeit sey; 1798 Athenaeum I 188 niemand beurtheilt eine dekorazionsmahlerey und ein altar-

Dekoration b l a t t . . nach demselben maßstabe (DWB N.); 1800 Journal d. Moden X V 419 Der fleißige Hr. Professor Grohmann in Leipzig hat indessen diese Idee zu einer Gallerie von Gartendecorationen angewendet; Brun 1801 Sehr. IV 196 diese wunderbaren Pyramidenberge erscheinen wie bewegliche Dekorazionen; Hoser 1804 Riesengebirge 11 67 dennoch aber unterscheiden auch sie [Gebirgsbachtäler] sich in tausend zufälligen abweichungen, in der austheilung, in der beschaffenheit und in der ganzen anordnung ihrer decorationen von einander (DWB N.); Rehfues 1813 Spanien 1 108 den ganzen Reichthum einer schönen Natur . ., welche doch nie von der Dekorationskunst erreicht wird; Goethe 1816-17 Italien. Reise (WA 1 32,32) in der Farnesina, wo die Fabel der Psyche gemahlt ist. . Dieser Saal . . ist das Schönste was ich von Decoration kenne, so viel auch jetzt dran . . restauri« ist; ders. 1826 Br. (WA IV 40,241) Könnten Sie mir bald ein illuminirtes Exemplar der symbolischen Bilder meiner Decoration verschaffen; Dingelstedt 1847 Jusqu' à la mer 106 Das Etablissement verdient seinen Namen: Café Belvédère; nicht sowohl wegen der stehenden Straßendecoration von dunklen Bäumen; 1855 Prutz' Museum I 256 Die Sittenschilderung in der „Familie Ammer" dagegen steht auf demselben Niveau wie die landschaftlichen Schilderungen des Verfassers: es ist Decorationsmalerei, es fehlt die plastische Kraft; Riehl 1861 Vortr. I 281 je unfertiger die eigene Cultur jener Völker, um so leichter begreifen sie die fertige Form der französischen Republik, die greifbare Phrase der „Ideen von 1789", die gemeinverständliche Decoration des Plebiscits; Raabe 1864 Hungerpastor 476 Seine Talente für Malerei, Schreinerei, Gärtnerei und höhere Dekorationskunst wurden alle Augenblicke in Anspruch genommen; Riehl 1866-71 Vortr. I 312 Die Aesthetiker unterscheiden zwischen der constructiven Schönheit eines Bauwerkes und dem blos decorativen Schmuck. Beides kann nebeneinander bestehn. Wo aber die Decoration in gleißnerischen Widerspruch tritt mit dem inneren Aufbau des Hauses, da gibt's eine Schein-Architektur; Frenzel 1868 Studien 36 Victor Hugo ist . . der Dichter des Hintergrundes, ein Dekorationsmaler; nicht der Zufall und das Wesen einer Handlung, sondern wie er sie in Scene setzt, das ist ihm die Hauptsache; 1872 Briefw. G. Freytag-Herzog Ernst v. Gotha 253 Diesmal ist die Natur- und Weltgeschichte artig beflissen, den Geburtstag meines lieben Herrn mit hübschen Decorationen zu versehen, die Getreidefelder stehen wie Wälder, die Hasen laufen wie Haushunde durch die Gärten; Grimm 1874 Essays U 13 Ein aus Reminiscenzen komponirtes Dekorationsstück; 1876 Recht 38 Hier ist allerdings gänzlicher Dekorationswechsel, es wird unter der Protektion

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des eben aufkommenden Papstthums unläugbar der Liebe sehr viel weniger als dem Hasse gehuldigt, das schlimme Heidenthum macht dem finstern Glauben Platz; Wagner 1884 Erlebtes II 7 da . . die . . Herren . . mehr als Decoration betrachtet und behandelt wurden; Gottschall 1885 Totenkl. 259 Es war indeß nicht das brennende Interesse der Actualität allein, das diese Romane so beliebt machte: sie hatten in der That eine blendende, phantasievolle Decoration; 1897 Briefw. ]. Burckhardt-Wölfflin 127 Das ganz Kuriose ist aber, wie sich seit etwa 1550 die Büste als bloßes Element der Dekoration geltend macht; Diederichs 1902 Br. 63 während Süditalien doch immer mehr oder weniger Dekorationsstück der Natur bleibt; Wimmer 1902 Palästinas Boden 56 Allerdings werden in der Bibel auch dem centralen Westlande Palmen zugesprochen . . aber das werden taube Bäume gewesen sein, keine Fruchtspender, sondern bloß landschaftliche Dekorationsstücke; Mamroth 1907 Leben 138 Früher viel gefeiert, jetzt ganz vereinsamt. Der übliche Dekorationswechsel das gesellschaftlichen Lebens; Friedländer 1910 Sittengesch. Roms III 149 der Gebrauch wohlfeiler Ersatzmittel in der künstlerischen Dekoration sowohl der Wohnungen als der öffentlichen Gebäude; 1911 Byzantin. Zeitschr. XX 353 Die Wandmalerei gerät mehr und mehr in Abhängigkeit von der Miniatur und die Plastik bleibt im architektonischen Dekorationssystem befangen; Gothein 1914 Gartenkunst 1 250 der Tuffstein [tritt] als Nischenverkleidung auf, dem in der Folge eine so unbestrittene Herrschaft in der Grottendekoration der Gärten zufallen sollte; Gerstenberg 1923 Landschaftsmalerei 25 bekannt ist dann die tätigkeit niederländischer dekorationsmaler zur zeit Raffaels,. . doch auch weiterhin im ganzen 16. jahrhundert haben die päpste immer wieder die Niederländer zu landschaftsdarstellungen herangezogen (DWB N.); 1924 Kunstwiss. 61 [für die Ausmalung der sehr nüchternen Universitäts-Aula] schlug [ich] also eine malerische Dekoration, eine Landschaft vor; Heilborn 1929 Revolutionen II 219 Die Plüschgarnitur war [bei Ibsen] zugleich Familiensammelpunkt und Sitzgelegenheit, zugleich — Dekoration; Beri. Rundsch. 21. 9. 1934 In den achtziger Jahren beobachtete ein kleiner deutscher Dekorationsmaler mit bitterer Unzufriedenheit die früh wahrnehmbaren Zersetzungserscheinungen und den schnellen Zerfall, denen die mehr oder weniger der Witterung ausgesetzten, zur Ausschmückung von Räumen und Bauten dienenden Farben anheimfielen; Münch. N. N. 5. 1. 1939 Baurat Karl Schneider, der wieder für eine entzückende Tischdekoration gesorgt hatte; ebd. 15. 8. 1944 Es ist bei der Warenknappheit nicht vertretbar, noch vorhandene Gegenstände den Verbrauchern dadurch vorzuenthalten,

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daß sie als Dekorationsstücke bezeichnet werden; Th. Mann 1947 Faustus (W. VI 260) Ein allenfalls etwas unsinniges Dekorationsstück bildete der umfangreiche, in Nußholz gerahmte Stich an der linken Seitenwand; Süddtsch. Ztg. 18. 12. 1948 Die exotischen Früchte sind jedoch nur Dekorationsstücke, die bereits 20 Jahre alt sind . . das Geschäft stellt sie [Kokosnüsse] nur deshalb aus, um der jüngeren Generation einmal diese bereits sagenhaft gewordenen Früchte zu zeigen; Th. Mann 1954 Krull (W. VII 635) für das menschlich beschäftigte Gemüt ist, so gut wie die landschaftliche Natur, auch das kurioseste Bauwerk nur Dekoration, nur obenhin beachteter Hintergrund eben fürs Menschliche; Süddtsch. Ztg. 4.2. 1959 Die Besuche von Dulles in London und Paris sind nur 'Schaufensterdekoration' und dazu bestimmt, unseren Alliierten zu versichern, daß wir mit Bonn nicht zweiseitig verhandeln; Münch. Stadtanz. 20. 5. 1960 Die neuzeitliche Schaufensterkunst entwickelt immer mehr Phantasie . . Die Dekorationskunst muß sich immer Neues ausdenken; Offenburger Tagebl. 11. 1. 1968 Eine begeisternde Kollektion neuer, eindrucksvoller Dekorationsstoffe . . DEKO-STUDIO neu — international — lebendig (Anzeige); FAZ 11.8.1971 der Kirchenvorstand [will] dem „Dekorationspomp" bei Beerdigungen den Garaus machen; MM 10. 9. 1987 Diese Eigenschaft der Mikrowellen hat den Vorteil, daß sich die Mahlzeit direkt im Eßgeschirr zubereiten läßt und in „voller Dekoration" aus dem Gerät auf den Tisch kommt; ebd. 5.3. 1989 Die Orangenschale mit einem Sparschäler spiralig abschälen, vier Streifen zur Dekoration beiseite legen; Hodel-Hoenes 1992 Leben u. Tod 11 Betrachtungen über das Grab, seine Bedeutung, seinen Bau, seine Wanddekorationen; MM 8. 4. 1998 Das Anzieh-Geschäft ist am Mittwoch ausgezogen, nachdem die Dekoration in den letzten Monaten für die Nachbarn zum Ärgernis geworden war. Dekorateur: Eggers 1757 Kriegslex. 1 646 der ritter Servandoni, welcher für den größten décorateur, der jemalen gewesen ist, passiret, hat eine neue art decorations erfunden (DWB N.); Ramdohr 1787 Malerei 111 344 der Decorateur eines Theaters ließe die Personen zur Rechten der Scene von der Flamme des Weingeistes beleuchtet werden; Goethe 1798 Br. ("WA /V 13,357) Der Decorateur, der spät zu einem Baue berufen wird, ist überhaupt übel dran, weil . . er nun nicht immer machen kann was er will; Stieglitz 1798 Baukunst 626 Jeder Decorateur wird eingestehn, daß es ihm angenehm sey, viele mögliche Wege zu haben, auf denen man zur Verschiedenheit in Decorationen der Zimmer gelangen könne, und daß charakteristische Decorationen, in Hinsicht auf Nationalcharakter,

eine reichhaltige Quelle dieser Mannigfaltigkeit sey; Goethe 1825 Br. (WA IV 39,163) daß man sodann Decorateur und Maschinisten hierher zu berufen nicht säume, damit solche gleich bey der Anlage [des Theaterneubaus] beyräthig seyn können . . Zum Decorateur schlage ich Herrn Beuther . . vor . . Seine größte Kunst ist kleine Räume groß erscheinen zu machen und sein vorzügliches Talent, alle arten vom Baustyl zu Theaterforderungen geschmackvoll anzuwenden; Freytag 1846 Valentine (1 191) der geistreiche Decorateur des Festes; Brentano 1871 Arbeitergilde 1 136 von den ersten Körperschaften unter den Arbeitern, wie z. B. von der Gesellschaft der vereinigten Zimmerleute und Schreiner, von der der vereinigten Hausdecorateure und Maler; Lindau 1886 Westen 4 Heutzutage sei es kein Kunststück, guten Geschmack zu haben; man brauche nur . . dem Architekten und Dekorateur nicht ins Handwerk zu pfuschen; 1888 Buch d. Erfindungen VU1 284 die englischen möbelkünstler hatten nicht einzelne stücke gebracht, sondern gleich mehreren französischen dekorateuren . . vollständige einrichtungen zusammengestellt (DWB N.); Th. Mann 1898 Erz. (W. Vili 60) freilich, wenn das Jüngste Gericht mehr gehauen als gemalt ist, so sind Bernini's Werke sämtlich mehr gemalt als gehauen. Aber gibt es einen größeren Dekorateur?; Heinroth 1906 Enttäuschungen I 36 in diesem schön aufgeräumten, ziemlich von Dekorateurskunst drapierten Salon; Heilborn 1929 Revolutionen 11 213 In jedem Fall aber verdeckt der Stoff nach Möglichkeit das Holz der Möbel, so daß es nur an den Füßen zum Vorschein tritt. Nicht der Tischler, sondern der Dekorateur hatte über die Form zu entscheiden; ebd. II 244 Seine [Böcklins] Anfänge sind ein Dienen und Begreifen, ein Lernen an der Natur. Sein Ruhm heißt: NaturDekorateur sein; Friedeil 1931 Kulturgesch. III 282 [Feuerbach] war ein Dekorateur (obschon im allervornehmsten Sinne) und darin wie auch in seiner Gedankenblässe und Bildungshoffart der Maler seiner Zeit; Th. Mann 1933-43 Joseph (W. IV! V 1693) Palast . . darin man gerade schlafen, aber so recht noch nicht wohnen konnte, weil überall noch Verputzstreicher, Kunstmaler und Dekorateure am Werke waren; Lokal-Anz. 7. 10. 1934 Dekorateur für Zigarren-Filialen in Dauerstellung gesucht (Anzeige); Grass 1962 Blechtrommel 476 auch nahm sich das Glas mit Inhalt vor dem Spiegel recht hübsch und dekorativ interessant aus; was ich als ein Dekorateur von Beruf immer wieder bestätigen konnte; Bildztg. 9. 2. 1967 die Zuschauer hielten den Räuber für einen Schaufensterdekorateur; 1968 N. Z. Z. Nr. 112 in den Straßen und gassen [einer Messeausstellung], welche die ausstellungsarchitekten und dekorateure ausgespart haben (DWB N.); Offenburger Tagebl.

Dekoration 28. 8. 1971 Kunstgewerbe für Innenarchitekten — Raumausstatter — Dekorateure (Anzeige); M M 16. 11. 1989 das Engagement des ehemaligen Dekorateurs . . , der die über 8000 Handarbeiten stilvoll arrangiert hat; Spiegel 30. 11. 1992 Gewissenhaft hatten Architekten und Dekorateure des Landes das als Kriegsruine zurückgebliebene Opernhaus in Dresden . . wiederhergestellt; M M 19. 10. 1995 Den ganzen Nachmittag trimmten Dekorateure den Raum in luftiger Höhe mit den unvermeidlichen Luftballons und Kreppgirlanden auf Partystimmung. Dekorateurin: M M 14. 10. 1987 „Dekorateurin, Fotografin, Goldschmiedin" lauteten die drei Traumjobs, die eine Abiturientin bei der Berufsberatung des Arbeitsamtes angab; ebd. 20./ 21. 6. 1998 Kassiererinnen in Lebensmittelmärkten gehören ebenso dazu wie Dekorateurinnen, Telefonistinnen oder Sachbearbeiterinnen. dekorativ: Menzel 1842 Br. 70 da der zuschnitt bei jeder waffe an sich gleichmäßig, und die mannigfaltigkeit bloß im dekorativen bestand; Botticher 1844 Tektonik I Exkurse 28 holzbau . ., woher hätte denn dieser die dekorativen extremitäten, die Ornamentschemata entlehnt (beide DWB N.); Riehl 1866-71 Vortr. I 312 Die Aesthetiker unterscheiden zwischen der constructiven Schönheit eines Bauwerkes und dem blos decorativen Schmuck; Burckhardt 1867 Gesch. d. Renaissance 366 Von seinen dekorativen Arbeiten in beiden Städten ist nichts mehr erhalten; 1872 Gegenwart I 138a wenn man diesen unterschied zwischen der darstellenden und der decorativen kunst sich vergegenwärtigt, so kommt man mit dem urtheil über Makarts kunst leicht ins reine (DWB N.); Wallner 1874 Land 192 mit Recht das effektvollste Dekorativ-Gebäude in Europa; Friesen 1880 Erinn. I 62 der König ist nicht viel Anderes, als — um ein bekanntes Wort des Fürsten Bismarck zu brauchen — eine „decorative Figur"; ROse 1884 Revanche 157 Der Reichthum der Zimmer besteht nicht mehr allein im decorativ Schönen; ebd. 279 der grosse Leichenwagen mit seinem decorativen . . Sarge; Gottschall 1885 Totenkl. 308 Wie oft . . hat in solcher Stilmischung das westöstliche Märchen, die phantastische Traumdichtung ihren decorativen Einzug auf der deutschen Bühne gehalten; Bismarck 1897 (Klemm 1924 Bismarck I 199) Man überschätzt, wie mir scheint, heutzutage vielfach die Bedeutung der Reisen, Besuche, Feste, Toaste — ich möchte sagen: Das Decorative in der Politik; Falke 1897 Sie war reizend 4 Sie begnügte sich nicht damit, sie [ihre Blumen] alle auf dem Fensterbrett aufzupflanzen wie die Soldaten . . Sie verwandte ihre Gewächse dekorativ; Th. Mann 1901 Budden-

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brooks (W. 1 610) ein lebhafterer Konkurrent. . tat die Äußerung, daß Thomas Buddenbrook an der Börse eigentlich nur noch dekorativ wirke; Wölfflin 1907 Renaissance 9 Die tüchtige Gesinnung, die etwas Bedeutendes zum Ausdruck bringen will, verliert sich; es tritt eine Verflachung ein, die im Übermass des dekorativen Reichtums ihr Höchstes sucht; Nordegg 1907 Beri. Gesellschaft 235 Dagegen hat der Offizier . . im öffentlichen Leben Berlins nicht mehr die — man möchte sagen: dekorative Rolle inne, die ihm früher zufiel; Schlosser 1912 Ghibertis Denkw. II 44 auch ein Praktiker wie Vitruv, der gegen den neuen Stil des dekorativen Wandmalerei als logische und physische Absurdität im Namen des „decorum" bittere Vorwürfe erhebt; Th. Mann 1913 Reden u. Aufs. (W. XI 736) als große plastisch-dekorative Aufgaben für das neue Stadttheater zu verteilen waren; Werner 1913 Erlebn. 55 dekorative Ausmalung von Räumen; Schmitz 1914 Land 83 Dekorative Eigenschaften, Dispositionsfähigkeit und Zuverlässigkeit sind die Eigenschaften, welche hauptsächlich von ihm verlangt werden; Brachvogel 1915 Gauklerin 55 Ettore wußte wohl, wie dekorativ er da aussah, und freute sich des Eindrucks, den er samt seiner Umgebung hervorbrachte; Bode 1922 Museumsarbeit 4 Während der Kronprinz die dekorativen Skulpturen im Chor eingehend musterte; 1928 Handb. d. Frankreichkunde I 231 dekorative Historienmalerei à la Delacroix und David; Voss. Ztg. 21. 10. 1929 Die langen Kleider der Damen trugen viel zur Vervollständigung des dekorativen Gesellschaftsbildes bei; Remarque 1929 Westen 130 da können wir uns nicht mit Gefühlen belasten, die für den Frieden dekorativ sein mögen, hier aber falsch sind; Th. Mann 1930 Reden u. Aufs. (W. XI 103) er war eine außerordentlich dekorative Persönlichkeit, und aus Schönheitsgründen bedauerte ich es, daß seine Erhebung zum Papst diplomatisch verhindert wurde; Friedell 1931 Kulturgesch. III 89 die Tracht, wie sie die zur Herrschaft gelangte Großbourgeoisie sich geschaffen hatte: sachlich, wirklich und unspielerisch und daher langweilig, undekorativ; Hausenstein 1935 Wanderungen 235 man muss bei dem Barocken eigentlich immer „das Dekorative" sagen, nicht „die Dekoration"; denn der Stil der barocken Schmükkung ist gleichsam der Stil paraphrasierender Beiworte, die zu Hauptworten erhoben sind; Münch. N. N. 5. 1. 1939 der Mann, der selbstlos und mit bescheidensten Mitteln für alle Feste den schönen dekorativen Rahmen schuf; Sedlmayr 1948 Verlust 54 Dieser sonderbar hybride Geist, der das Sachliche mit dem Theatralischen und Dekorativen, dem Zirkushaften und Sensationellen verbindet; Süddtsch. Ztg. 15. 2. 1949 sie wird . . in eine zuweilen fast steife Stilisierung . . getrieben und rutscht in-

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folgedessen als Trägerin des filmischen Geschehens unvermeidlich ins Dekorativ-Nebulose ab; Welt 22. 10. 1949 obwohl die dekorativen deutschen Glasprodukte mit großem Geschick gefertigt seien, ließen sie doch den Kontakt zu den Geschmackswandlungen der letzten 15 bis 20 Jahre im Ausland vermissen; Kolb 1954 Blätter 122 ein Hin und Her der dekorativsten Männer des Dezenniums; Welt 9. 7. 2959 der Parteitag wird auch entscheiden müssen, ob ein etwa zehnköpfiger Parteivorstand aufhören soll, nur eine dekorative Funktion zu haben; Grass 1962 Blechtrommel 476 auch nahm sich das Glas mit Inhalt vor dem Spiegel recht hübsch und dekorativ interessant aus; 1963 Definitionen 81 Diese Autoren weben keine dekorativen Wandteppiche, sie stricheln keine historischen Kolossalgemälde, sondern suchen sich durch intensives Studium den „Geist der Zeiten" zu eigen zu machen; Welt 11.3. 1974 84 mal 59 cm groß. Dekorativ. Kostenlos natürlich; Zeit 5. 9. 1986 ein Kobold schlängelt sich dekorativ durchs Bild; ebd. 10. 10. 1986 mit dem bewußten Verzicht auf dekorative Metaphorik hat Rolf Haufs einen Gedichttypus geschaffen, der ganz auf die spezifische poetische Kraft der Erinnerung, der persönlichen Beobachtung und sinnlichen Wahrnehmung vertraut; Beri. Ztg. 21.4. 1991 Stolz reckte der Papst sein Haupt zur Decke der Sixtina, die vom Künstler so dekorativ bemalt worden war; Spiegel 8. 11. 1993 Mit flackernden Kerzen, wallenden Perücken, nackten Leibern und einer Unmenge dekorativ gewandeter und beleuchteter Komparsen gibt es Prunk und Ekstasen satt; M M 8. 4. 1998 Himmlische Allianz des Dekorativen: Zwei Engel aus Ecuador leuchten im Engelhorn-Fenster Ostern ein. Dekorator: Goethe vor 1832 W. XXVII 485 Dieser hier, Pater Dekorator, der all unsern Gärten und Bauwerk steht vor (SANDERS 1871); Burckhardt 1855 Cicerone 183 Romagnoli . . unterscheidet einen Maler und Decorator Francesco di Giorgio um 1460 . . von dem berühmten Baumeister Cecco di Giorgio Martini; ders. 1867 Gesch. d. Renaissance 366 Von seinen dekorativen Arbeiten in beiden Städten ist nichts mehr erhalten, und ebensowenig von denjenigen seines florentinischen Schülers Andrea Feltrini, eines sehr vielseitigen Dekorators auch für Fassaden, Zimmerdecken, Prachtfahnen, Laubwerk für kostbar gewirkte Stoffe; ders. 1877 Br. an Alioth 50 um in diesen Nuancen den unermesslichen Reichtum von Geist und Können zu ahnen, welcher in den damaligen Dekoratoren waltete; Wölfflin 1888 Renaissance 81 die venezianischen decoratoren (DWB N.). dekorieren: Rot 1571 Diet. 303 Decorirn, zieren/ huepschmachen/ auffbutzen/ schmucken; 1611

Quellenschr. Kunstgesch. Μα. Ν. F. VI 204 übersende deroselben ihr gedachtes stlen . ., mit ihren fri aignen handtschrifft es zu decoriern (DWB N.); 1619 (Bolte, Danziger Theater 55) Das nun bißhero E. Herrligk. vndt gunsten vnß großgünstig zu agiren gestattet, vnsere Action mit stattlicher praesentia condecoriret, auch mit Einem ehrlöblichen honorario remuneriret; 1689 Polit. Fliegenwedel I 93 und solcher Gestalten an ihnen beydes/ nemlich der ausser- und innerliche Mensch/ mit rechten Fürstlichen Tugenden decoriret werde/ also/ daß Sie nachmals in allen ihren Handlungen . . das rechte Temperament und Maß zu halten wissen; Sperander 1727 A la mod Sprach 181 Decoriren, zieren, schmücken, putzen; 1787 Journal d. Moden II 64 ein Damen-Zimmer zu decoriren; ebd. H 217 mit einer modesten Stickerey dekorirt; ebd. II 253 Dies Bureau-Bett kann . . theils kostbar, theils wohlfeil gemacht werden; kostbar von Mahagony oder andern feinen Hölzern, mit Bronze dekorirt; Goethe 1795 Br. (WA IV 10,334) so würden dadurch [durch Knebels Properzübersetzungen] die drey ersten Horenstücke des künftigen Jahrs decori«; ders. 1797 Tagebücher (WA III 2,117) Die tothe Damastfarbe sah ich nirgends als in kleinen Cabinetten . . Die größern Zimmer waren alle mit sanften Farben decorirt; W. v. Humboldt 1797 Ges. Sehr. VII 2,585 Es wirkt nun aber entweder der Rhythmus der Töne, Musik, oder der Linien und Schwingungen und Bilder und Farben, Decorirkunst, oder der Bewegungen, reine Tanzkunst; Berenhorst 1798 Kriegskunst II 327 an den Thoren des dekorierten Potsdam; Schopenhauer 1803—04 Reisetagebücher 134 Das Lycaeum besteht aus mehreren sehr hübsch dekorirten Zimmern in denen einige sehr gute Gemähide hängen; Matthisson 1808 Wallfahrt (Sehr. VI 273) Die Zimmer des Kaisers und der Kaiserin sind mit Eleganz dekorirt; E. T. A. Hoffmann 1815-16 Elixiere (S. W. II 141) die in der That mit geschmackvoller Pracht dekorierten Zimmer; 1820 Die Wage II 8 in einem einfach dekorierten Zimmer; Carus 1845 England u. Schottland I 205 Wunderlich genug hatte der Vater in diesem Hause eine Nachbildung altgriechischen Baustyls geben wollen; es sieht daher von außen leer und unverziert aus, während es innen mit Säulen decorirt ist; Wagner-Scherzer 1854 Reisen in Nordamerika l 196 Mit neuen Städten, Dörfern, Luxushäusern und schmucken Farmen sind die Hudsonufer zwischen New York und Albany bunter decorirt als die Rheingestade; Burckhardt 1870 Br. an Preen 28 Wir werden uns geistig in mehr als einer Beziehung neu orientieren müssen. Ein Europa ohne amüsantes, dekorierendes Frankreich; Rose 1884 Revanche 47 Früher waren die Spanier das decorirteste Volk der Erde; Arber 1894 Pereat 45 man . . fing an, den Eingang mit Laub, Blumen

Dekoration und einem riesigen „Willkomm" zu decoriren; 1897 Briefw. Burckhardt-Wölfflin 126 Daß Ihnen an der Cappella Paolina der schöne (wie ich glaube, von Perin del Vaga dekorierte) Raum gefallen würde, konnte ich ahnen; Τ h. Mann 1897 Erz. (W. Vili 99) etwa dreißig Personen saßen an der langen, geschmackvoll dekorierten Tafel, die sich durch den weiten Speisesaal hinzog; Hammerstein 1916 Februar 212 Ein kühn dekorierender Geschmack hatte die Pfosten der hohen Türbogen, die Säulen der Loggia, die Brüstungen und Gesimse der Logen mit üppigen Girlanden von breiten, künstlichen Rosen . . umwunden; Erman 1929 Werden 101 ich . . dekorierte auch die Decke meines Zimmers mit einer lebensgroßen Malerei; 1929 Fazit IS Diese Schaufenster zeigen nicht ihre Waren, sie prahlen mit ihnen. In diese Schaufenster legt man keine Ware, man „dekoriert" sie; Th. Mann 1939 Lotte (W. II 482) bis Mama sich entschloß, einen ganzen Ofenschirm mit geschnittenen Blumen zu dekorieren; ders. 1947 Faustus (W. VI 281) ein . . palazzo- oder kastellartiger Bau . . mit kargem Gesimseschmuck . ., kleinen Fenstern und einem im Geschmack des Früh-Barock dekorierten Haustor; Süddtsch. Ztg. 19.1. 1950 Die Lüftung, die im vergangenen Fasching „verdekoriert" wurde, und deshalb nicht funktionierte; Grass 1962 Blechtrommel 245 Matzerath war im Laden und dekorierte . . das Schaufenster; Heuss 1963 Erinn. 336 einer der bekannt, ja berühmt gewordenen alten Beamten, Admírale, Generäle, mit denen Stresemann seine Fraktion dekorierte; ND 23. 6. 1969 die aggressive Politik zum Beispiel in Vietnam und Nahost mit humanklingenden Phrasen zu dekorieren; Zeit 12. 1. 1986 meist ließ man Treppenhäuser, Standesamt und Festsaal dekorieren, ein außerordentlicher Fundus an Wand- und Deckenmalerei; MM 5.3. 1989 1 Knäckebrot mit Salatblätter belegen, 20 g geräucherte Putenbrust darauf dekorieren; Spiegel 26. 7. 1993 die Modegeschäfte haben ihre Herbstware total auf lang eingestellt und ihre Schaufenster gerade erst mit langen Strickröcken und Mänteln dekoriert. umdekorieren: Voss. Ztg. 9. 12. 1930 bei einem Schuhgeschäft . ., hinter dessen Glasscheiben zwei weißgeschürzte, filzschuhbekleidete Mädchen mitten am Tag die Auslage umdekorieren. Dekorierung: Bretzner 1788 Leben III 308 der Teint hochroth und reich mit jener Art Brillanten garnirt, welche zwar bey Juweliers und Juden keinen sonderlichen Werth haben, zu Dekorirung einer Nase aber . . recht angenehm figuriren; Goethe 1797 Tagebücher (WA III 2,119) Ich werde nach diesem und nach der Zeichnung, die ich in Hohenheim von ihm gesehen, rathen, daß man bey Deco-

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rirung unseres Schlosses auch sein Gutachten einhole; Schimmer 1847 Wien II 312 außer der prachtvollen decorirung und beleuchtung der ansehnlichsten gebäude, waren dabei auch folgende herrlich decorirte und reich beleuchtete triumphpforten zu sehen (DWB N.); Bäuerle 1858 Wien I 117 Riß schon die architektonische Schönheit, die Art und Weise, wie die Gallerien auf eine ganz neue Art in dem sehr großen Räume erbaut wurden, zur Bewunderung hin, so bezauberte noch weit mehr die Decorirung. Dekoration l b : Elis. Charl. 1701 Br. I 257 Man sagt, daß in Ittallien in den operaen die stimmen undt die decorationen beßer sein, alß hier; allein daß orquestre, die simphonien, kleyder undt täntze sollen zu Paris beßer sein; 1702 Europ. Fama 9 theatralische Decorationes; ebd. 301 so haben Se. Königl. Maj. schon wiederum an neuen Masquen, Scenen, Machinen, Decorations und dergleichen zur Vorstellungs-Kunst benöthigten Dingen arbeiten lassen; Sperander 1727 A la mod Sprach 181 Decorationes, heissen bey Opern die gemahlten Scenen, Veränderungen und Machinen, wie auch andere Auszierungen und Gemähide bey Illuminationen, Ehrenpforten, Statuen; Rohr 1729 Zeremoniellwiss. II 799 Die Decorationen des Theatri wekken den Geist der Zuschauer auf; Zedier 1734 Universallex. VII 373 Decoration, heissen auch bey Opern die gemahlten Scenen, Veränderungen, und Machinen, wie auch andere Auszierungen und Gemählde, bey Illuminationen, Ehren, Pforten, Statuen; Ramler 1756 Einl. I 39 Eine Tragödie ohne Gestus, ohne Music, ohne Decorationen bleibt noch immer ein Gedicht, das heißt, eine Nachahmung; ebd. II 251 Um die Scene, bezeichnet den Grund und die Seiten, wo die gewöhnlichen Decorationen angebracht waren; Maubert 1765 Warheit 201 der maschinenmeister, die musikanten, und derjenige, welcher die verschiedene decorationen besorgt, thun fast alle balletmeistersdienste (DWB N.); Lenz 1774 Ges. Sehr. I 241 [der dramatische Dichter] braucht die sinne nicht mit witz und füttern zu fesseln, das tut der dekorationsmaler für ihn (DWB N.); Schmid 1775 Chronologie d. dtsch. Theaters 149 Sorgfalt für den äußeren Wohlstand der Bühne, Dekoration, Garderobe usw.; Dressler 1777 Theaterschule 154 Die Decoration ziehet in der Oper . . zuerst die Augen auf sich; Sulzer 1792 Theorie IV 680 Verzierungen (Decorationen) nennt man auch die Veranstaltungen, wodurch auf der Schaubühne der Ort der Handlungen durch MahIerey vorgestellt wird; Wolf 1793 Dulder 207 Jetzt änderte sich also die Scene auf eine eben nicht erbauliche und unterhaltende Weise; die Decorationen und der Prospect im Hintergrund waren so reizend eben nicht; Goethe 1795-96 Lehrjahre (WA

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Dekoration

I 22,157) Wie viel Stücke haben wir denn, die nicht über das Maß des Personals, der Decorationen und Theatermechanik, der Zeit, des Dialogs und der physischen Kräfte des Acteurs hinausschritten?; I f f land 1798 Theatral. Laufbahn 75 In diesem Schauspiel erschien die erste Dekoration von seiner Erfindung und Ausführung. Sie erwarb ihm den vollkommensten Beyfall; Schütze 1800 Handwb. f. Schauspieler 42 Decorationen nennt man gemeinhin die gewöhnlich auf Leim gemahlten Hinter-Seitenwände-Flügel Sofitten. . . Transparente, durchsichtige, vom Lampenschein theilweise durchhellte Decorationen machen Effekt; ebd. 43 die Einrichtung der Italiener . . welche ihre leinenen Seitenflügel auf beiden Seiten bemahlen lassen, so daß, wenn auf den Pfiff . . sich eine Stube in Wald verwandeln soll, die Flügel sich um eine Winde nur umzurollen brauchen, um auf der Kehrseite das Stück zur Walddecoration zu zeigen; Schlabrendorf 1804 Napoleon 207 In den neuen Decorationen der großen Theater sucht man weit mehr durch Glanz und Mannichfaltigkeit zu überraschen; Goethe 1817 Br. (WA IV 28,12) Ein gleiches gilt von den Decorationen, Einsetzstücken und sonstigen Erfordernissen sowohl bey neuen Stücken als bey älteren welche mit dem Decorateur umständlich zu besprechen sind; ders. 1820 Klass. Romant. (WA 1 41.1,141) Trauerspiel, Lustspiel, Oper, Ballet, ja Decoration und Garderobe sind [bei den Mailänder Kunsttheoretikern] abgesonderte, obgleich in einander greifende Kunstfächer; Piickler-Muskau 1834 Tutti-Frutti V 292 ich . . ließ aber dem Ballet, den Königstädter Opern, dem Eckensteher, und verschied'nen Decorationen auf dem Nationaltheater alle Gerechtigkeit wiederfahren; Gutzkow 1838 Blasedow 111 6 Garderobe- und Decorationsbehälter; Dahlmann 1845 Frz. Rev. 189 saal, der zur Aufbewahrung von teppichen, kronleuchtern, decorationen, theater- und maskenkleidern diente (DWB N.); Wagner-Liszt 1850 Briefw. 1 55 Zunächst habe ich mich . . über die Scene und Decoration ausgelassen; dies. 1852 Briefw. 1173 wir haben jetzt hier einen ganz geschickten jungen Decorationsmaler und Maschinisten, Herrn Händel (früher am Hamburger Theater fungirend); Rodenberg 1856 Bilderbuch 96 Meint Ihr denn, es sei eine Kleinigkeit, neue Costüme, neue Decorationen und ein neues Ballet an eine Oper gesetzt zu haben?; Räder 1867 Robert u. Bertram 5 die das Ganze umgebende Dekoration bildet einen alten Stadtteil; Lindau 1877 Br. 73 die blendende Pracht der Decorationen; Th. Mann 1901 Buddenbrooks (W. I 537) auf der Bühne war die Dekoration des letzten Fidelio-Aktes aufgestellt; ders. 1909 Hoheit (W. II 124) zwischen traurigen Dekorationen war die Büste Johann Albrechts in den Schaufenstern ausgestellt; Alberty 1912 Regie 79 Dekorationsunfug der alten

Bühne; Jh. Mann 1923 Nachtr. (W. XIII 283) man hatte für die Herstellung der Figurinen und Dekorationsentwürfe einen Künstler gewonnen; Beri. IIlustr. Nachtausg. 7. 2. 1933 Plakate . ., die vermelden, daß hier Georg Piek sein „Bühnendekorationshaus" wieder eröffnet; Lokal-Anz. 8. 2. 1933 Jedermann kennt die Lage im Metropol-Theater, und niemand würde an einer Notdekoration Anstoß nehmen; Beurmann 1942 V. Leuten 85 Wenn das Publikum den Schauspieler nicht sehen könne, dann langweile es sich und betrachte die Dekorationen; Dürrenmatt 1952 Richter 65 „Aber er war ja nicht allein bei diesen Zusammenkünften, es waren auch Künstler da, lieber Nationalrat." „Die notwendige Dekoration .." (DUDEN); ND 24. 12. 1969 Verwandlungen auf offener Bühne, Sparsamkeit der genau überlegten Dekorationen . . machen den episch darstellenden Charakter des Spieles deutlich; ebd. 11.3. 1974 Diesmal bauten die Techniker, Bühnenhandwerker vom Theater in Havanna . . die Dekorationen; Zeit 7. 2. 1986 sie haben die Puppen gebastelt, die Kostüme genäht, die Dekoration entworfen; M M 7. 7. 1987 stets wollte er [Reinhardt] das Theater als fest, sinnlich und sinnenfroh, mit Musik und Tanz, mit üppigen Dekorationen; ebd. 1. 3. 1989 Wenn in den Kursen an Kostümen genäht, die Dekoration gestaltet, die Regie besprochen . . wird; ebd. 8. 4. 1998 Spannende Aufführung mit üppiger Dekoration (Überschr.) Im Pfalzbau wird Verdi-Oper „Giovanna d'Arco" vorbereitet. Dekorateur: Halle 1761 Werkstäte d. Künste I 307 die Theaterverzierer (Decorateurs); Lessing 1767-68 Dramaturgie (S. Sehr. X 126) Welche Stücke brauchten, wegen ihrer beständigen Unterbrechung und Veränderung des Orts, des Beystandes der Scenen und der ganzen Kunst des Decorateurs wohl mehr, als eben diese?; Dressler 1777 Theaterschule 28 Dichter, Tonsetzer, Sänger und Sängerinnen, Maler, Decorateurs, Maschinen- und Balletmeister, Tänzer und Tänzerinnen; Goethe 1797 Br. (WA IV 12,232) Die Decorationen sollen überhaupt, besonders die Hintergründe, Tableaus machen, der Decorateur muß noch einen Schritt weiter thun als der Landschaftsmahler, der auch die Architektur nach seinem Bedürfniß zu modificiren weiß; lffland 1798 Theatral. Laufbahn 75 Das Theater hatte das Jahr zuvor an Herrn Julius Quaglio, Neffen des berühmten Dekorateurs dieses Namens, eine überaus schätzbare Akquisition gemacht; Schütze 1800 Handwb. f. Schauspieler 42 Decorateur: Theatermeister . . die Franzosen nennen peintre decorateur den Theatermahler; Wieland vor 1813 S. W. XL 104 Da weder der Dichter, noch der Komponist, noch der Schauspieler, noch der Dekoratör ihre wahre Schuldigkeit dabei thun

Dekoration (KEHREIN); Goethe 1817 Br. (WA IV 28,13) daß bey Vor- und Hauptproben schon, besonders aber bey Vorstellungen es an nichts fehlen möge, wie denn überhaupt noch eine besondere Instruction für den Decorateur dieser Anordnung beygefügt ist; 1837 Civilist. Magazin VI 387 Ungefähr so habe ich das Wort Zierratheur, nach Art von Decorateur . . gehört; Holtei 1863 Letzte Komödiant 1 101 Vor der Probe herrschte aufregende Erwartung in der Bande, wie die „morganatische Baronin" — denn diesen Titel hatte ihr Dekorateur Huyasch beigelegt, . . — wie sie sich gegen die Komödianten benehmen werde; Röse 1884 Revanche 263 Operndecorateur; 1890—91 Velhagen u. Klasings Monatsh. V 403 Die Ausstattung, in welcher das Lessingtheater sonst meist einen wirklich guten Geschmack entwickelt, erinnerte etwas stark an den Dekorateur; M M 11.8. 1989 Er . . zeichnete und entwarf Zwischentexte, schnitt selbst, war Architekt und Dekorateur sowie Regieassistent. dekorieren: Matthisson 1794 Besuche (Sehr. III 164) eine frühlingsheitre, elysische Welt . ., wo die Hesperiden und ein von seiner Muse idealisirter Herkules durch mancherley phantasiereiche, im antiken Style dekorirte Scenen durchgeführt wurden; Schütze 1800 Handwb. f. Schauspieler 42 Decoriren: verzieren . . Verzieren, wollen Einige, sey Nebensache und Uebereinstimmung der Scenen, Flügel, Sofitten mit der Handlung, Hauptsache. Es kommt aber eigentlich darauf an, daß das Auge der Zuschauer erfreut werde; Spiegel 23. 8. 1993 Auf der mit wenigen Mehrweg-Kulissen dekorierten Bühne ist alles ein bißehen anders als in der großen Subventionsoper. Dekoration 2: Mayr 1809 Gen.-Index Baiern 286 daß einige Rottmeister sich erlaubten, willkührliche Rangzeichen und Dekorationen, worunter sogar silberne Hut-Kordons u. dgl. getragen werden, sich beyzulegen; Rühle 1811 Verteidigung 115 wenn er nicht soldat war, warum nahm er titel und dekorationen an (DWB N.); Goethe 1819 Br. (WA ¡V 31,246) Seine Decorationen deuten auf vielfache Verdienste in den letztvergangenen Jahren; ders. 1832 Br. (WA IV 49,221) da man den Adel der alten Familien aufheben will, so müssen die neuen sich gleich in Besitz setzen und wieder eine Familie gründen, so gut es gehen will, deshalb auch ihre Wappen und Decorationen aufhängen; Steinmann 1843 Mefistofeles III 139 französische und deutsche Dekorationen und Ehrenkränze; Moltke 1856 Wanderbuch (Paris) 183 Die, welche damit belohnt werden sollten, wurden vor der Front der ganzen Parade aufgerufen, und der Kaiser selbst händigte jedem seine Decoration ein, indem er ihm freundlich die Hand drückte; 1861 Allg. Mil.-Enc.

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IV 23 Kurhessischer L., für Militair und Civil, gestiftet 1770, 4 Classen, Decoration besteht aus einem gekrönten Kreuz mit Löwenbild in einem Ringe mit der Widmung „Virtuti et Fidelitati"; Hartmann 1866 Erlebn. 231 daß der König Georg von Wien aus eine große Anzahl von Ordensdekorationen an die Offiziere der vormals hannoverschen Armee für ihre Leistungen im letzten Feldzuge habe verteilen lassen; Hillebrand 1874 Frankreich 46 So ist es keinem Franzosen unbekannt, daß es dem „schweigenden Verdienst" — um mit Hamlet zu reden — absolut unmöglich ist, die Decoration der Ehrenlegion . . zu bekommen; Bismarck 1874 (Klemm 1924 Bismarck 1 201) Bei der Enthüllung der Siegessäule habe ihm der alte Kaiser mit einer Träne, welche auf den Sattelknopf gefallen sei, das Großkreuz des Hohenzollernordens in Brillanten überreicht: „Es sei die letzte Dekoration, welche er ihm bieten könne . ."; Stieler 1886 Krieg 70/71 203 werden die Dekorationen verteilt, die in den letzten Gefechten errungen wurden; Polenz 1899 Wald 32 Und gar erst im Frack, mit allen Dekorationen behangen, herumgereicht zu werden; Eucken 1904 Strömungen 361 Dekorationen wie Titel und Orden; 1932 Deutschlands Erneuerung XVI 63 Das Buch beginnt mit einer Kampfansage . . gegen die Zustände im Heere . . es behandelt . . Kriegsspiele, Offizierskorps und Politik, Garde, Traditionen und Dekorationen; Sieburg 1952 Ferne 194 uniform oder frack, mit dekorationen (DWB N.); Th. Mann 1954 Krull (W. VII 623) die Verleihung des Ordens vom Roten Löwen . . das ist eine recht ansehnliche Dekoration; wie man sie in so jungen Jahren selten erwirbt; Apitz i 9 6 0 Nackt unter Wölfen 135 daß unter der schneidigen Dekoration ein öder und willensschlapper Kerl steckte. dekorieren: Stein 1811 Briefw., Denkschr. u. Aufz. III 463 einen decorirten sklaven (DWB N.); Heine 1835 Romani. Schule 100 Herr A. W. Schlegel verließ bald darauf Paris, nachdem er . . mit dem Orden der Ehrenlegion dekoriert worden; Kurz 1843 Schillers Heimatjahre 1 140 Wer in einer Prüfung vier Preise erhalten hat, wird in diesen Orden aufgenommen und mit der schweren goldenen Medaille dekoriert; Mahler 1860 Milit. Bilderbuch 221 D. war außer dem Präsidium der am meisten Decorine, da er auch das Ritterkreuz des „hohen Bierordens" besaß; Vischer 1860 Krit. Gänge N. F. 1177 Ueberall wimmelte es von französischen Soldaten, die meisten waren decorirt und wer konnte es vergessen, daß es Ehrenzeichen waren für vergossenes deutsches Blut!; Holtei 1863 Letzte Komödiant III 6 Von den Kameraden geachtet und geliebt, dekorirt, als braver Soldat bekannt; Hillebrand 1876 England 244 überstolz, wenn ein Strahl

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Dekorum

von der Sonne irgend eines berühmten, oder nur genannten, ja nur decorirten Bekannten auf ihn fällt; Gottschall 1885 Totenkl. 235 Im Uebrigen haßt Zola die Lyriker, weil die schlechten Poeten die Specialität der großen gestohlenen Erfolge haben: „man decorirt sie, man setzt sie in die Akademie, man balsamirt sie ein bei Lebzeiten"; Bismarck 1888 (Klemm 1924 Bismarck U 400) Vorher verlas er ein Schreiben Radolins, worin er im Auftrag Sr. Majestät den Wunsch ausspricht, daß Fürst Biron und Hatzfeldt, Virchow . . dekoriert werden möchten; Baumbach 1895 Jugendzeit 246 In irgend einer Sammlung von Kriminalgeschichten steht von einem Mordbrenner zu lesen, der aus Versehen mit der Rettungsmedaille dekorirt wurde; Gilly 1896 Fesseln 1 147 Nur die Kleinen, die keinen Titel haben, lächeln darüber, gerade wie der Undekorierte am Ordensfeste; Lassberg 1906 Kriegstagebuch 115 der neu dekorierten Offiziere; Th. Mann 1909 Hoheit (W. II 120) Herrn von Braunbarts Freund ward gelegentlich dekoriert; Werfel 1928 Abituriententag 26 Sein Körper, der den Feldzug in Bosnien reichdekoriert überstanden hatte; Eulenberg 1912 N. Bilder 66 der ehemals fürstlich lippische auditeur, oder 'kriegsgerichtsrat', wie man heute ihn dekorieren würde {DWB N.); Muschg 1948 Literaturgesch. 138 neben den schreibenden fürsten und fürstinnen prangten mit höfischen ehren dekorierte bürger wie Gryphius (DWB N.); Bartsch 1958 Geliebt 47 Der Festungskommandant war ein . . mit Orden verschiedenster Qualitäten reichlich dekorierter Mann (WDG); Grass 1962 Blechtrommel 67 der Aufmarsch dekorierter Diplomaten; ND 4. 7. 1964 es ist mir eine Freude, als erste Amtshandlung einen so verdienstvollen IG-Farben-Vertreter wie Herrn ter Meer zu dekorieren; FAZ 4. 12. 1965 nach zwei Mig-Abschüssen in Korea wurde der Marineflieger hoch dekoriert; ebd. 27. 11. 1971 Als hochdekorierter US-Major quittierte er seinen Dienst und verließ die USA; Gruhl 1975 Planet 15 Jeder, der neue Methoden zur Ausbeutung der Erde findet, wird von den Kapitalisten belohnt, von den Kommunisten

dekoriert und von beiden als Genie gefeiert (DUDEN 1993); Zeit 14.11. 1986 derart gekürt und dekoriert ist Henri de Toulouse-Lautrec in die populäre Kunstgeschichte eingegangen. Als intelligent feinnerviger, aber ebenso liebenswürdig eleganter Chronist seiner Epoche, dessen ewig junge Sittenbilder noch hundert Jahre später in jede Boutique ein Quentchen milder Verruchtheit bringen sollen; Spiegel 19. 4. 1993 „Good Food Guide"Herausgeber Tom Jaine, früher als Koch selbst mit einem Michelin-Stern dekoriert; M M 26. 3. 1998 Heisig . . gehörte zu den höchstdekorierten Künstlern des SED-Staates. Dekorierung: Strauß 1870 Briefw. 11 274 nachdem ich aus gelegenheit deines frühem Zurückschiebens der dekorierung mich schon in dem gleichen sinne ausgesprochen hatte (DWB N.); Storm 1881-82 S. W. VI 50 Auch eine Decorirung hat er sich erworben; im Gefecht, Herr Nachbar, ich sage im Gefechte, gleich einem alten Studiosus!; Bismarck 1888 (Klemm 1924 Bismarck ¡I 400) während die Dekorierung von Bunsen und Schräder unbedingt und scharf abzulehnen sei; ders. 1898 Ged. u. Erinn. I 81 ich gestehe, daß ich mich, als ich (1842) meine erste Auszeichnung, die Rettungsmedaille, erhielt, erfreut und gehoben fühlte, . . bei spätem Decorirungen . .; Frenssen 1906 Moor 180 doch griff unser Leutnant eilig danach und breitete das Blatt aus und sah . . auf die Stelle, wo neue Dekorierungen standen; Kisch 1930 Ges. W. I 263 Er war zur Dekorierung eingegeben, weil er vor vierzehn Tagen zur Rettung unserer Patrouille im Feindesfeuer durch die Drina geschwommen war; Matscher 1940 Feldpostblüten 16 die Dekorierung beim Hopfner, dem der Kaiser das goltene [!] Verdienstkreuz hat zum Anhängen geschickt; ΝD 23. 5. 1964 die von Hitler ausgesprochene Beförderung Trettners zum Generalmajor und seine Dekorierung mit faschistischen Orden; 1966 Welt Nr. 28 einmal würde die milderung der dekorierungsautomatik der dekorierung den rang einer auszeichnung . . zurückgeben (DWB N.). OV

Dekorum, auch Decorum N. (-s; ohne PL), im früheren 16. Jh. entlehnt aus lat. decorum 'das Geziemende, Schickliche, Angemessene in Redeausdruck und sozialem Verhalten' (einer Lehnübersetzung aus gleichbed. griech. πρέπον) (zu decorus, —» Dekor), früher auch in der lat. (flekt.) Form. 1 In der allgemeinen Bed. 'das (äußerlich) Angemessene, Schickliche, Geziemende; Konvenienz': a Zunächst in Anknüpfung an die antike Rhetorik und Poetik als ästhetische Norm vor allem im Bereich von Literatur (insbes. Dramatik, Dramaturgie) und bildender Kunst in der Bed. 'der Konvention entsprechende, künstlerisch gestaltete Angemessenheit von Form/Ausdruck und Inhalt/Wesen', bes. in bezug auf die Übereinstim-

Dekorum

187

mung von äußerer Ausstattung (Kleidung, Kostüm, Habitus, Gebärde), Zeitkolorit, sozialem Stand und Personencharakterisierung

(s. B e l e g e 1 5 3 3 , 1 5 3 5 , 1 9 1 2 ,

1 9 6 4 ) , i n s b e s . a u c h i m S i n n e v o n ' G a t t u n g s - , S t i l r e i n h e i t ' (s. B e l e g e 1 9 1 1 , von daher, bes. von der W i r k u n g , auch ' H a r m o n i e der künstlerischen Komposition,

Aufführung;

innere

Stimmigkeit',

und,

vom

1921, 1952),

Darstellung,

Ergebnis

her,

auch

' S c h ö n h e i t , Z i e r d e ' (s. B e l e g e 1 7 . J h . , 1 7 2 7 ; —• D e k o r a u n d b ) , in W e n d u n g e n

und

Z s s . w i e d a s D e k o r u m ( f ü r ein T h e a t e r s t ü c k ) e n t w e r f e n , s i c h a n d a s D e k o r u m h a l ten; D e k o r u m s r e g e l n , -Vorschriften. b E t w a g l e i c h z e i t i g e r w e i t e r t a l s s o z i a l e o d e r V e r h a l t e n s n o r m in d e r B e d . ' ä u ß e r l i c h gewahrter

Anstand,

(Schein

der)

Wohlanständigkeit;

Angemessenheit

des

gesell-

schaftlichen Verhaltens, gesellschaftliches Wohlverhalten; schickliche, dem Zeitgeist oder Z e i t g e s c h m a c k angemessene U m g a n g s f o r m e n ; guter G e s c h m a c k im B e n e h m e n u n d d e r ä u ß e r e n E r s c h e i n u n g , K o r r e k t h e i t ' , f r ü h e r i m l a t . S y n t a g m a decorum cum

publi-

u n d in W e n d u n g e n w i e d a s D e k o r u m w a h r e n , b e ( o b ) a c h t e n , v e r l e t z e n , n i c h t

vergessen, auf D e k o r u m

h a l t e n , u m des D e k o r u m s w i l l e n ; g e l e g e n t l i c h

auch

S i n n e v o n ' E t i k e t t e , P r o t o k o l l , Z e r e m o n i e l l , A n s t a n d s r e g e l n ' (s. B e l e g e 1 7 1 8 ,

im

1722,

1 7 4 6 , 1 8 5 7 , 1 9 8 5 ) , s e l t e n a u c h ' ä u ß e r e s V e r h a l t e n , A u f t r e t e n (in d e r Ö f f e n t l i c h k e i t ) ' (s. B e l e g e 1 7 0 9 ,

1951).

2 Seit e t w a M i t t e 19. J h . a u c h für 'verzierender G e g e n s t a n d , Z i e r a t , S c h m u c k , Verz i e r u n g ' (s. B e l e g 1 8 4 7 ; —» D e k o r b ) , g e l e g e n t l i c h a u c h ü b e r t r a g e n f ü r ' b l o ß v e r z i e r e n d e s B e i w e r k , r e i n D e k o r a t i v e s , r e i z v o l l e Z u t a t , S t a f f a g e ' , v o n S a c h e n (s. B e l e g e 1 9 6 4 , 1 9 8 9 ) u n d P e r s o n e n (s. B e l e g e 1 9 4 7 , 1 9 6 2 , 1 9 9 1 ) , in n e u e r e r Z e i t a u c h e r w e i tert für 'gesamtes äußeres Gepräge, (künstlerisch gestaltetes/entworfenes)

Arrang-

e m e n t , A u s s t a t t u n g , R a h m e n , U m g e b u n g , H i n t e r g r u n d , S z e n e r i e , S z e n a r i o ' (—• Raffinesse 2a, —• Raffinement 1, vgl. Nuanciertheit, Subtilität-, s. Belege 1784, 1823). 2a Gleichzeitig, häufig auch im Pl., bes. im kulinarischen Bereich in der Bed. 'bes. fein zubereitete, wohlschmeckende, leckere (Lieblings-) Speise, Leckerbissen, Appetithappen; ungewöhnliche kulinarische Kostbarkeit; Eßware mit hoher Qualität und zu teuren Preisen; Spezialität' (—1• delikat l a ) , ζ. Β. Kaviar ist eine Delikatesse, bes. als Bestimmungswort Delikatessen-, auch in der verkürzten Form Delikateß- (in Markennamen Deli(-), vgl. Deli-Reform) in der Bed. 'Feinkost-' in Zss. wie Delikatessen-/Delikateßladen, -geschäft, -branche und Delikatessenschüssel, (auch bildlich verwendet, s. Beleg 1936), in der Produktwerbung Delikateßgurke, -hering, -mayonnaise, -Schinken, -senf, -ware; im 17./18. J h . selten nachgewiesen, ohne Pl., für 'guter, feiner, angenehmer Geschmack, Schmackhaftigkeit, Delikatheit' (s. Belege 1641, 1674, 1684, 1722). b Von daher seit Mitte 20. J h . , meist im Pl., in der übertragenen, gelegentlich leicht negativ konnotierten Bed. 'seltenes, einmaliges, in der Öffentlichkeit mit Sensations-

214

Delikatesse

lust zur Kenntnis genommenes, Aufsehen erregendes (politisches, sportliches o. ä.) Ereignis, aufregende Nachricht, Tatsache, Neuigkeit; (journalistischer) Leckerbissen, Köstlichkeit' (—• Sensation b), ζ. B. sportliche/handballerische, frivole/erotische Delikatesse(n), ein Ereignis, eine Episode wird zur kostbaren Delikatesse, dann auch (mit Übergängen zu 1) im positiven Sinne von 'herausragendes, besonderes künstlerisches Ereignis, Aufführung von höchstem Rang und Anspruch, erlesene Vorstellung für Kenner, genußreiche Darbietung; künstlerischer Hochgenuß, Kunstgenuß; hochwertiges Kunstobjekt, Kennerstück; (literarische, musikalische) Kostbarkeit' (—• Rarität b; s. Belege 1959, 1986, 1987), ζ. B. architektonische, musikalische, literarische, solistische, optische Delikatesse(n), in Erwartung einer künstlerischen Delikatesse, vereinzelt in Zss. wie Klangdelikatesse. 3a Seit späterem 17. Jh., meist ohne Pl., auf Eigenschaften und Verhaltensweisen von Personen bezogen in der Bed. 'bes. feinfühliges, zartbesaitetes Wesen, empfindsamer Charakter, empfindliche Gemüts-, Eigenart' (—• delikat 2a), vor allem im sozialen Umgang für 'Fein-, Zartgefühl, Einfühlsamkeit; Aufmerksamkeit, sorgfältige Beachtung der Konventionen, Anstand; (vornehme, kluge) Zurückhaltung, (schonende) Rücksicht, Taktgefühl' (—» delikat 3a; —• Diskretion, vgl. Sensibilität; s. Belege 1673, 1765, 1781, 1788, 1823), insbes. im Umgang mit Frauen auch 'Höflichkeit, Artigkeit; Förmlichkeit' (—• Charme, —• Grazie, vgl. Galanterie) und leicht abwertend '(übertriebene) Rücksicht auf Moral, Anstand, Sitte; Schicklichkeit, Sittsamkeit' (vgl. Prüderie, —• prüde; Ggs. Frivolität, —• frivol; s. Belege 1723, 1778, 1791, 1792, 1797, 1806, 1810), z.B. in Wendungen wie Mangel an (moralischer) Delikatesse. b Von daher seit spätem 18. Jh. in gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen zum Teil leicht abwertend für 'politisches Fingerspitzengefühl, diplomatisches Geschick, Zurückhaltung bei der Lösung schwieriger politischer Probleme; Vorsicht, Behutsamkeit, Spitzfindigkeit bei der Behandlung kritischer, peinlicher, bedenklicher (politischer, gesellschaftlicher, öffentlichkeitsrelevanter) Fragen, Situationen' (vgl. Diplomatie, —• delikat 4), verstärkt pejorativ auch im Sinne von 'Verdrängung, Verschleierung' (s. Beleg 1875), gelegentlich, meist im Pl., für die (mit politischer Klugheit zu behandelnde) heikle Beschaffenheit einer Angelegenheit, Lage oder Situation selbst (s. Belege 1849, 1871, 1966, 1990; —• Finesse), sowie übertragen bes. im Sport im Sinne von '(zu überwindende) Schwierigkeit, schwierige Hürde; Hindernis' (s. Belege 1934, 1951; —• Raffinesse 2b, —• Handicap, —» Schikane, delikat 3b). 4 Seit spätem 17. Jh. selten in der Bed. 'Überfeinerung; Zimperlichkeit; Verwöhntheit, Launenhaftigkeit; Genießertum' (—• delikat 2b). Delikatesse 1: Friederich 1633 Clytie ¡163 Dieser Liebhaber/ fertiget seine Wort/ mit solcher suessigkeit vnd delicatetz (JONES); Heidegger 1698 Mythoscopia 3a Die Französische Nation . . h a t . . der Romans belobt zu werden/ fangt an ihre Delicatezza, nach deren sie wenige Manieres lang behalten k a n / auch hierinn zuzeigen; Menantes 1703 Manier galant zu schreiben lv eine besondere Délicatesse in ihren Briefen an zu treffen (BRUNT); ders. 1706 Satir. Roman 67 Wer die Music in Italien nicht vor die schönste in der Welt achtet/ pas-

siret vor einem Menschen der . . die rechte Délicatesse derselben nicht begreift (BRUNT); ders. 1707 Manier sich höflich aufzuführen 166 die délicatesse, oder Lieblichkeit in Ausdrückung der Wörter (BRUNT); ders. 1709 Satir. Roman U 124 wer sich der Wollust blosserdings aufopffert, der kennet die Delicatesse der Liebe nicht mehr; Sturm 1714 Anw. (Architektur) Fa [Bauen] nach dem neusten Gusto und auserlesener Delikatesse; Bertram 1723 Em/. 42 [Lehren der christlichen Kirche] unter dem vehículo der Poetischen Delicatesse den Gemüthern

Delikatesse beygebracht; Schlegel 1747 Vorr. (Sehr. 181) so sehr unterscheidet sie [die Rede des Bajazet] sich durch diese Feinigkeit, und, daß ich mich des Französischen Wortes bediene, delicatesse des Vortrages; 1765 Allg. dtsch. Bibl. 1 1,25 wieferne er die Freyheit und den Charakter des Originals mit unserer Delicatesse vergleichen soll; 1766—67 Merkwürdigkeiten 500 [Ein Wort] welches in Werken, wo es auf Delicatesse der Begriffe ankömmt, keineswegs zu gebrauchen ist; Weisse 1769 Lottchen (l 49) Vor allen Dingen müssen Sie in Ihrer Sprache mehr Feinheit, mehr Delikatesse annehmen; denn unter uns gesagt, Ihr Ton ist ein wenig bäurisch; Schubart 1774 Dtsch. Chronik 278 die höchste delicatesse des Geschmacks; Goethe 1778 Br. (WA ¡V 3,240) hab ich einen alten Steinbruch . . aufgerührt . . in den Stein läßt sich mit der höchsten Delicatesse arbeiten; ders. 1784 Br. (WA IV 6,318) die Delicatesse und Grazie, womit der Componisi gleichsam . . über der irdischen Natur des Dichters schwebt; 1823 Eos B34 eine edle erhabene Sprache und Delicatesse in der Auswahl der Darstellung und . . der Begebenheiten; Niendorf 1854 Paris 205 geistigen Delikatessen; 1916 Deutschland l 89 Der Sinn der Deutschen geht [in kunst- und kulturgeschichtlicher Hinsicht] immer noch wesentlich auf Inhalt, Ausdruck, Bewegung, nicht auf Linie, Form, Symmetrie und Delikatesse; Hesse 1919 (1980 Magie o. S.) Der Impressionismus hat ein Stück der Malerei zu hoher Entfaltung gebracht, er hat in der Delikatesse und zarten Nuancierung des Malens eine raffinierte Hochkultur gebracht; 1929 Nord u. Süd LH 223 Delikatesse der Form; Beri, lllustr. Nachtausg. 24. 6. 1929 die Begeisterung für die ästhetische Delikatesse eines gut ausgeführten Kunstfluges; Benn 1931 Rede a. H.Mann (Ges. W. I 412) Nietzsche: die Delikatesse in allen fünf Kunstsinnen, die Finger für Nuancen, . . dieser Pariser Ernst par excellence, das Artistenevangelium: „die Kunst als die eigentliche Aufgabe des Lebens"; Welt 10. 9. 1954 die duftige Inszenierung . . wirkte pariserisch zart und ungebunden, zumal Lothar Baumgarten . . mit ausgewählten Möbeln und einem Hauch von Farben die Luft für eine solche Delikatesse angab; ebd. 23. 9. 1959 hier gelangen ihm . . Arbeiten von bezaubernder Beschwingtheit, farblicher Delikatesse und stillem Humor; Süddtsch. Ztg. 20. 8. 1960 die glitzernden Brechungen der Gefühlslichter, die Schlankheit der melodischen Linie, die Delikatesse der harmonischen Rückungen; 1971 Frankf. Rundsch. Nr. 243 freilich hatte die Aufführung in Horst Tappert. . einen Protagonisten voller Esprit und Eleganz, von einer sprachlichen Delikatesse, wie sie auf unseren Bühnen selten ist; Zeit 27.3. 1987 Man sieht [in der Ausstellung] viele wunderschöne, selten vorgeführte, aufregende, ja dramatische Darstellungen

215

von oft äußerster Delikatesse; M M 20. 4. 1988 die filigrane Struktur des ersten Satzes wurde . . verwischt, und beim Pizzicato-Satz ging die Delikatesse verloren. Delikatesse 2a: Comenius 1640 Janua 44 werden fur lecker bissen vnd délicat essen gehalten; Borne 1641 Consultalo G4v zu denen/ welche von vberflus des Weins vnd delicatesse der speisen . . angereitzet werden (beide JONES); 1664 Unterredg. e. Ungarn Blb Sie [die Katze] verzehrte die gebratene Delicatesse [Kastanie] nach aller Lust (BRUNT); Francisci 1668 Lust-Garten 481a Solche Schwalben-Nester . . seynd manches verleckerten Bubens Delicatesse (BRUNT); Seyfried 1674 Medula 413 f. wird das Kalb-Fleisch gerühmet, daß in der gantzen Welt seines gleichen am Geschmack und delicatesse nirgend zu finden sey (BRUNT); Weise 1676 Kl. Leute 265 Werden die Speisen herumgereicht . . nim es mit einer bescheidenen Höfligkeit an. Wirstu übersehen . . stelle dich nicht/ als wäre dir an solcher delicatesse viel gelegen; 1677 Macchiaceli. Hokuspokus 632 Orangen Aepffel, welche ihre delicatesse waren; Elsholtz 1684 Diaeteticon 432 man wolte . . Pflaumen wegen grosser Delicatesse nicht ungescheit lassen (BRUNT); Horneck 1684 Österreich 104 Ist also diese West-Indische delicatezza [Batíate] . . lange Zeit in Teutschland . . einheimisch gewesen; 1685 Schles. Fürstenkrone 785 von allerhand Gewürtzen und andern Delicatezzen; Thomasius 1688 Monats-Gespräche l 138 weil leicht niemand das Brodt zur Delikatesse und straffwürdigen Überfluß gebrauchete; Gröben 1694 Oriental. Reisebeschr. 356 von Jugend auff von Delicatessen abgehalten; Thomasius 1696 Sittenlehre 11 26 die gewürtzten/ süßen/ sauren/ eckelen [Speisen] werden als grosse Delicatessen gehalten (BRUNT); 1706 Hazards Lebensgesch. 2 Die Tractamenten waren/ . . von der gattung/ wobei der Appetit das beste gewürtz/ und ermangelung anderer delicatessen das schmackhafteste ragout vertritt; Wächtler 1709 Manual 98 Delicatesse, Leckerhafftigkeit/ Niedligkeit/ z. E. aus dieser Speise machen sie eine sonderliche Delicatesse; Marperger 1711 Beschr. d. Messen 1 52 Ob das Land und dessen Einwohner zum Luxus geneigt, und mehr Kauff-Leut und Krämers, mit ihren kostbaren Kleiderstoffen, Galanterien und Delicatessen befördern, als Kauff-Leut, die mit nützlichen Waaren handeln; ders. 1716 Küchendict. I 333 dergleichen Speise [Würmer und Schnecken] auch bey den Römern mit grossem Fleiß aufgesucht/ mit Mehl gefüllet/ und vor eine trefliche Delicatesse geachtet; ders. um 1720 Reisen 35 was . . sonderlich vor frembde Waaren und delicatessen aus Teutschland hinaus gehen; 1720 Berlin. Ordinaire Ztg. (Buchner, D. Neueste Π 90) Die Confec-

216

Delikatesse

turen . . betreffende . . waren von der schönsten und raresten Invention, auch denen grösten delicatessen (BRUNT); Philo 1722 Ruhm d. Tobacks 59 konte fast keine Stunde ohne seiner geliebten Pfeiffe zubringen/ und zog die delicatesse derselben aller Süßigkeit des divertissanten Hoff-Lebens . . vor/ und achtete jener Kostbarkeit höher/ als alle verachtende und zum Tadel gerümpftte Nasen; Sperander 1727 A la mod Sprach 185 Delicatesse . . Leckerbißlein; Rohr 1729 Zeremoniellwiss. 11 129 mancherley Delicatessen und Speisen und Getränken; Herder 1764 S.W.l 3 die Delikatessen unserer Inseln; Beckmann 1800—05 Erfindungen V 487 Die liebten nemlich die Hoden des Hahns, je größer je besser, als eine Delicatesse zu speisen; Glassbrenner 1836 Bilder I 41 Ich rathe dir [beim Essen], hin und wieder mit Delikatesse etwas delikat zu nennen; es ist eine kleine Schwachheit des Wieners, nicht vergebens für dich gesorgt zu haben; Szarvady 1852 Paris 1 41 daß man in Deutschland eingemachte Maikäfer als die größte Delicatesse betrachte; Mahler I860 Milit. Bilderbuch 214 Delicatesswarenhandlung; ebd. 215 An unser Schullocal stieß der Laden eines Delicatesswarenhändlers; Stinde 1884 Farn. Buchholz l 52 Delikateßheringe; Jowiris 1888 Studententeuffel 31 fressen gar Austern vnd anderes, so man delicatesses nennet; da denn wohl die ehrliche teutsche Sprache zu anständig vnd keusch sein dörffte; Hansjakob 1891 Schneeballen I (Ausgew. Sehr. IV 36) Hunde und Katzen zu metzgen und als Delikatesse zu verspeisen; Polenz 1898 Grabenhäger I 350 Allerhand Delikatesen waren aus Berlin eingetroffen: Weine, Sekt, Liqueure und Importen; Woldeck um 1900 N. 65 einen Korb voll der feinsten Delikatessen und eine stattliche Anzahl Flaschen kräftigsten Weines; Perfall 1904 Künstlerblut 63 Sie . . deckte mit aller Sorgfalt das . . schöne Service; ordnete seine Lieblingsdelikatessen, welche sie sorgfältig ausgewählt: Hummermayonnaise, Gänseleber; Wassermann 1910 Masken 362 wo auf einem sogenannten stummen Diener allerlei Delikatessen serviert wurden; Graf 1925 Gesicht 126 Die Schaufenster der Delikatessen- — Verzeihung — FeinkostGeschäfte sehen schon etwas besser aus; Beri. Itlustr. Nachtausg. 26. 1. 1933 trat er in ein Delikateßgeschäft, fischte kurzerhand einen sauren Hering aus der Marinadenschüssel; Brandl 1936 Inn 165 [Erich Schmidt] in der Wiener Gesellschaft wie eine Delikatessenschüssel von Haus zu Haus gereicht; Welt 22. 10. 1949 Deutsche Delikatessen und Spezialitäten wie Nürnberger Lebkuchen, Karlsbader Oblaten, Lübecker Marzipan; Siiddtsch. Ztg. 4. 5. 1950 das eleganteste Delikateßwarengeschäft der Stadt; ebd. 7. 10. 1953 Der Besucher . . hat beim Wort „Delikatessengeschäft" meist diese Vorstellung: Austern und Kaviar auf silbernen Platten; ND 24. 7. 1959 auf's Brot Deli-

katess-Margarine Sahna. Wertvoll weil aus Pflanzenöl; Offenburger Tagebl. 13. 10. 1959 Die Wandlung des allgemeinen westdeutschen Geschmacks vom Grundnahrungsmittel zum verfeinerten Leckerbissen ist augenfällig. Die Delikatesse marschiert sozusagen mit Duftfahnen in die westdeutschen Kühlschränke; FAZ 10. 9. 1969 hochveredelte Dauerwürste, Rauchfleisch . . sowie eine Vielfalt anderer verführerischer Delikatessen; Zeit 4. 4. 1986 Süßwasser ist für Robben und Wale eine Delikatesse, und wenn Robben Zugang zu Süßwasser haben, trinken sie es mit „ersichtlichem Genuß"; ebd. 9. 5. 1886 Jede Woche werden mit einem Jumbo der Alitalia italienische Delikatessen eingeflogen, deren Zubereitung der Inselkoch vor Ort erlernte; Frankf. Rundsch. 17. 1.1990 auf der Speisekarte Delikatessen, die in keinem DDR-Laden oder Restaurant zu haben sind: Räucheraal etwa, Lachs und Krabben; M M 24. 7. 1990 der Preisunterschied zwischen Delikatess-Geschäft und Discount-Markt sei gewöhnungsbedürftig; Spiegel 15. 2. 1993 Schmuggler und Köche haben es auf eine Delikatesse abgesehen: chilenische LocoSchnecken; MM 8. 9. 1993 Die hochpreisigen Delikatessen bleiben in den Geschäften liegen. Da die Verbraucher sparen müssen, greifen sie wieder häufiger nach den einfacheren und damit billigeren Qualitäten. Delikatesse 2b: Welt 2. 6. 1949 Eine Delikatesse für den Funkfreund: „Flug über Sibirien", das erste französische Hörspiel im NWDR; Siiddtsch. Ztg. 23.11.1950 Frivole Delikatesse; Welt 7.9.1959 Das Damen-Einzel war zeitweise eine wirkliche Delikatesse; Süddtsch. Ztg. 16. 3. 1968 das Duell . . zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern München gehört zu den Delikatessen; Stuttgarter Ztg. 12. 1. 1968 Die Verteidigung hat dagegen Literaturprofessoren aufgeboten, die das Buch als ein „literarisches Kunstwerk" und eine „literarische Delikatesse" bezeichnen; Welt 12. 8. 1969 die kommende Spielzeit, die im September mit einer Delikatesse anhebt — dem Gastspiel des „Stratford Theatre" aus Stratford; Saarbr. Ztg. 24. 12. 1979 Der Cembalist sorgte darüber hinaus noch für eine solistische Delikatesse (DUDEN 1993); M M 27. 3. 1985 Packend, wie da oft die kleine Episode zur kostbaren Delikatesse wird; Zeit 25. 10. 1985 Das Bildmotiv . . auf den Plakaten o f t . . eine optische Delikatesse und von Sammlern der Litho-Phase begehrt. . erweist sich in diesem Jahr als treffende . . tiefsinnig-witzige . . Analogie; M M 9. 7. 1986 Wer nun freilich als Zuhörer mit echter Konzertlaune in Erwartung einer künstlerischen Delikatesse erschienen war, der wurde enttäuscht; ebd. 7. 10. 1987 Eine zum Konzertreißer degradierte Ouvertüre, ein Klavierkonzert

Delikatesse sowie eine monumentale Klangdelikatesse muteten wie russische Show-Piecen an; Ν. Ν. N. 29. 2. 1988 Dennoch hatten die 2500 des öfteren Gelegenheit, sich über handballerische Delikatessen zu freuen (DUDEN 1993). Delikatesse 3a: Weise 1673 Erznarren 123 Und ich halte nicht, daß er hier [zu Hause] vielmehr délicatesse wird angetroffen haben; Bödmet 1723 Discourse IV 16,106 Ich wollte meine Base ihre Délicatesse zu gut halten/ wenn ihr an statt einen/ den sie verliehrt/ allezeit zween neue Buhler hervorwuchsen (BRUNT); Dusch 1765 Br. II 71 Die Délicatesse beleidigt finden; Wkherlin 1777 Denkw. 164 es beleidigt ein wenig die Delikatesse, daß die Frau eines Schreibers in einem eben so weichen Bette schlafen soll, wie die Füstin Lobkowitz; Hirschfeld 1776 Br. d. Schweiz betreffend 248 Zärtlichkeit und delicatesse; Wezel 1778 Erz. II 19 nach Ihrer bekannten Delikatesse in dem Punkte der Ehre; Goethe 1781 Br. (WA IV 5,76) Diese [Gräfin] hat Welt . . Sicher ihres Werths, ihres Rangs handelt sie zugleich mit einer Delicatesse und Aisance die man sehn muß um sie zu dencken; Kttigge 1784 Umgang I 225 f. Dazu kömmt, wenn ich einen Freund um eine Gefälligkeit bitte/ dass er aus Delicatesse mir nicht gern abschlägt; Moritz 1786 Reiser II (LD XXIII 162,21) die Empfindlichkeit des Direktors,. . der in allem stets die äußerste Delikatesse suchte, gerade am stärksten beleidigt; 1788 Wiener. Musenalmanach Vorher, o. S. in diesen wenigen [Kritiken] hat man die Fehler, die man zu rügen für nothwendig hielt, mit einer bewunderungswürdigen Delikatesse behandelt. Ein Rezensent trieb freilich die Höflichkeit ein bischen zu weit; Goethe 1788 Br. (WA IV 8,356) Die Zartheit womit Sie mich behandeln, heißt mich alle sogenannten Delicatessen zu vermeiden, welche . . wohl öfter Prätensionen scheinen möchten; Bretzner 1788 Leben III 135 vermeynte, die gar zu zärtlichen Freunde . . vermieden ihn aus Schonung und Delicatesse, um ihm in seiner kritischen Lage . . nicht lästig zu fallen; Wezel 1790 H. u. U. III 58 ich will . . dem Vergnügen nachgeben und alle Zierereyen von Delikatesse und Ehre vergessen; 1790 Journal d. Moden V 158 Modegalanterien . . welche ganz das Gepräge der Ritterzeit haben und die besondere Achtung und Delikateße, so damals beyde Geschlechter gegen einander hegten, zu deutlich bezeichnen; 1791 Thalia III 9,45 Mit strenger Unparteilichkeit unterschied er . . die schamlosen Dirnen von den unglücklichen Opfern einer übelverstandenen Delikatesse . . bei diesen wußte er . . das zarte, durch den grausamen Leichtsinn der Richter so leicht erstickte Gefühl der Ehre lebendig zu erhalten; Cramer 1792 Adolph I 7 es giebt noch deren [Männer und Jünglinge] gnug,

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die . . dem Mädchen und Weibe treu, weder die Liebe kränken noch die Delikatesse beleidigen; Goethe 3 7 9 5 - 9 6 Lehrjahre (HA VII 205) Ich opfre die Delikatesse, die uns wie ein zartes Gewissen bei solchen Gelegenheiten warnt, einer höhern Pflicht auf; Laukhard 1797 Leben u. Schicksale IV 2,230 in Städten, wo das junge Studenten- und Soldatenvolk die Moralität und die Delikatesse der Mädchen untergräbt; Fülleborn 1798 Kl. Sehr. II 122 eine fromme Schüchternheit Andere zu beleidigen, und eine gewisse delicatesse im Umgange Hessen ihn durchaus nicht zu einer gewissen Festigkeit kommen; Goethe 1806 (Gespr. II 170) Gern erlassen wir dir die moralische Delicatesse,/ Wenn du die zehn Gebot' nur so nothdürftig befolgst (GWB); Bouterwek 1810 Gesch. VIII 41 Mangel an Delicatesse in den moralischen Zügen; Loh 1815 Lebenserfahrungen 14 Zum zarten Gefühl (was man Delikatesse nennt) eines edel denkenden Menschen gehört auch, daß er keine Wohltaten von jemandem annehme, die er nicht erwidern kann; Kotzebue 1819 Rehbock III 12 Gräfin (sehr empfindlich) . . Wie war es möglich, den Mangel an Delikatesse so weit zu treiben; Athenstädt 1823 Eur. II 65 dennoch hängt es von eines Jeden Benehmen selbst ab, . . Händel und Fehden zu vermeiden, wenn er vorsichtig in der Wahl seines Umgangs . . und mit Klugheit, und guten Sitten, Delikatesse und Bescheidenheit verbindet; Th. Mann 1901 Buddenbrooks (W. I 102) Er aß Muschelragout, Juliennesuppe . . und fand bei jedem Gerichte einen neuen Lobspruch, den er mit Delikatesse vorzubringen verstand; ders. 1921 Reden u. Aufs. (W. IX 142) das Merkwürdige aber . . bei alledem ist, daß von Muckerei, von Prüderie oder auch nur von Delikatesse in seinem Verhältnis zu dieser Sphäre auch nicht eine Spur zu finden ist. Im Gegenteil: seine Äußerungen darüber sind von einem heidnischen Freimut, dessen Großartigkeit ans Zynische grenzt; ders. 1949 Reden u. Aufs. (W. IX 769) daß . . man von oben herab mit zu großer Güte, Milde und moralischer Delikatesse auf die Länge nicht durchkomme; Zeit 4. 4. 1986 Liegt hierin also des Rätsels Lösung, in der erotischen Delikatesse des Themas der Grund für die ungemeine Suggestion, die das Bild dereinst ausübte und womöglich noch heute ausübt? Delikatesse 3b: Rabiosus 1778 Reise 16 Delikatesse im peinlichen Verfahren — zum Beweis der Unvollkommenheit der peinlichen Gesetze; Stahl 1845 Princip Vorr. XIII Die Regierung . . hatte immer eine gewisse Verpflichtung . ., einer solchen äußerlich wehrlosen Volksrepräsentation gegenüber Rücksichten der Delikatesse . . zu beobachten; Hebbel 1849 S. W. III 4,149 um geheimhaltung müßte ich bei der delicatesse der sache in jedem

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Delikt

fall bitten (DWB N.); 1854 Hofdamen-Br. 345 Diese unangenehmen Verhältnisse müssen mit großer Delikatesse gelöst werden; Fontane 1871 Kriegsgef. 61 Die Bekanntschaft mit den Finessen und Delikatessen des Lebens; Eckstein 1875 Besuch 13 ein häuslicher Zwist, über den wir aus begreiflicher Delikatesse den Schleier der Verschwiegenheit breiten; Lokal-Anz. 31. 8. 1934 Z w a r fehlten heute im besonderen Maße die sogenanten Strecken-"Delikatessen", obgleich es natürlich wieder einige schwierige Teilabschnitte gab; Siiddtsch. Ztg. 21. 8. 1951 Für die Solofahrer war der Ettaler Berg das schwerste Stück . . 500 Kilometer zumeist über denkbar schlechte Nebenwege, bei sommerlicher Hitze und Staub, . . sind auch ohne die eingestreuten „Delikatessen" eine feine sportlerische Leistung; Offenburger Tagebl. 1. 3. 1966 Diese Delikatessen sind nicht nur für den britischen Hausgebrauch bestimmt. Großbritannien verlangt laut Weißbuch eine neue Nato-Doktrin; 1982 Spiegel Nr. 4 Oslo behandelt den Fall Fuchs mit größter Delikatesse (DUDEN 1993); Muschg 1981 Gegenzauber 156 Keine gesellschaftliche Delikatesse brauchte diesmal obzuwalten (DUDEN 1993); Zeit 28. 6. 1985 Heute ist es nicht ohne Delikatesse, d a ß ausgerechnet Helmut Kohl es war, der ihm [Weizsäcker] den Weg in die Politik geebnet hat; Volkskammertagung 17. 5. 1990 Eine besondere verfassungsrechtliche Delikatesse enthält Artikel 7 des uns vorgelegten Entwurfs. Er gibt die Möglich-

keit, die Verfassung zu ändern, ohne daß dies überhaupt für die Öffentlichkeit nachlesbar und nachvollziehbar wäre; FAZ 5. 12. 1990 Der Umgang mit den Kollegen an der Humboldt-Universität sei ungemein schwierig und erfordere große Delikatesse. Ihre Verunsicherung sei immens. Delikatesse 4: Schwerin 1676 Br. (Orlich 58) die Faulheit und Delicatesse der hiesigen Handwerksleute (BRUNT); Riemer 1684 Passagier 310 Dieses [Hunger zu haben und an allem Not zu leiden] w a r eine saure Abwechslung vor die genossene delicatesse [das ehemals gute Leben]; Menantes 1707 Manier sich höflich aufzufführen 184 Die vielen Klagen k o m m e n . . daher . . daß die Delicatesse und Zaertlichkeit allzu groß (BRUNT); Proeleus 1709 Grund-Sätze 88 Den Thieren/ die der Mensch zur Lust hält/ ist er schuldig/ daß er sie versorge. Er soll aber ihre N a t u r mit Delicatessen und Z ä r t lichkeiten nicht verderben (BRUNT); Klinger 1803 Betr. (XI 221) die Delikatesse oder der feine, zu gekünstelte, zarte Geschmack der Staats-HofWeltleute . . ist auch nur eine Krankheit, die aus geschwächten Nerven entspringt; Wassermann 1910 Wahnschaffe 1167 Laß dich von deiner angeborenen Delikatesse nicht zum Schwächling machen (WDG); Zeit 13. 9.1985 solange wir Arbeitsscheu mit Delikatesse verwechseln . . wird unser Fach aus seiner Krise noch lange nicht herausfinden. IN

Delikt N. (-(e)s; -e), im späten 15. Jh. vereinzelt, seit dem 16. Jh. kontinuierlich belegte Entlehnung aus gleichbed. lat. delictum (subst. Part. Perf. von delinquere 'ermangeln, fehlen', eigentlich 'hinter dem erwarteten Verhalten zurückbleiben', aus de- 'weg-, ab-, fort-' und linquere 'zurücklassen'; —• Delinquent), zunächst und bis ins 19. Jh. in der lat. (flekt.) Form Delictum. In der Bed. 'Vergehen, Verbrechen, Straftat, strafbare, gesetzwidrige Handlung' (—ι• Corpus delicti), zunächst gelegentlich in der Verbindung Delikt und Verbrechen, in Wendungen wie ein Delikt begehen, sich eines Delikts schuldig machen, die Verantwortung für ein Delikt übernehmen, jmdm. ein Delikt anlasten/zur Last legen, jmdn. eines Delikts überführen, ein Delikt aufklären, die Aufklärung von Delikten; ein kriminelles, harmloses, schweres, politisches, rechtsextremistisches, unentdecktes Delikt; als Bestimmungs- und Grundwort in Zss. wie Deliktsformen, -typen, -arten; Eigentums-, Verkehrs-, Gewalt-, Sittlichkeits-, Waffen-, Rauschgiftdelikt; im 18./19. Jh. in rechtsspr. lat. Verbindungen wie Delictum leve 'leichtes Vergehen', Delictum privatum 'Verbrechen gegen eine einzelne Person', Delictum publicum 'Staatsverbrechen', Delictum omissionis 'Unterlassungsverbrechen', Delictum innominatum 'in Gesetzen unbenanntes Verbrechen', Delictum universitatis 'von einer Gemeinschaft verübtes Verbrechen', Delictum notorium 'offenkundiges Verbrechen'; dazu seit spätem 19. Jh. die adj. Ableitungen deliktfähig 'fähig, eine Straftat zu begehen und für sie verantwortlich' zu sein' und deliktisch 'ein Vergehen betreffend, verbrecherisch'.

Delikt Delikt: Melber 1481 Voc. o. S. Delictum sunde des vnderwegenlassens, vel vnderwegenlassigkeit, versumlichkeit, verlassung des gutten das einer schuldig ist zu thun; 1559 (Evang. Schulordtt. 1 153) in handthabung der Statuten, straffung der delicten (DWB N.) Carolus 1614 Relation 3c demselben alle seine delicta bekandt . . vnnd nach disem vber ein viertelstund nicht gelebt; Rennemann 1630 Privilegia 31 das Allerhöchste vnd gröste delictum vnd verbrechen des Soldaten; Schupp 1658 Bücherdieb 57 mit seinen groben delictis; 1670 Weimar. Schulordn. (1898 Mitt. d. Ges. f. dtsch. Erziehungs- u. Schulgesch. VIII 363) [Der Famulus] soll . . mit denen discipeln nicht unter der Decke liegen, ihre delicta bemänteln, sondern die reine Wahrheit einschencken; Stieler 1695 Zeitungs Lust 193 delictum, ein Verbrechen; Ettner 1697 Chymicus 659 Delictum; 1705 Herrschaft d. Männer 21 Das ist ein hauptfalsch Principium das grosse Delicta als e. g. der Todschlag allemahl von Menschen müssen gestraffet werden; Marperger 1711 Beschr. d. Messen 1190 Zu mercken ist allhier, daß bemeldter Titius, als ein Delinquent, nicht aber als ein Handels-Man hierunnter angesehen worden, wie dann auch so in andern delictis . . die Execution ergehet; 1712 Fama X V 203 Wenn . . delicte erwiesen werden sollen und zwar völlig/ so langt ein Zeuge nicht zu; 1714 ebd. XXX 419 Redliche Anzeigungen zur Tortur . . seyn . . wenn einer da zugegen gewesen/ wo das delictum begangen worden; Sperander 1727 A la mod Sprach 185 Delictum, ein Verbrechen, Missethat; Boltz 1731 Redensarten 85 Daß nicht allein seine eigene Delicta gründlich untersucht, sondern deren Complicum halber, ein zuverlässiger Beweiß eruiret werden möge; Zedier 1734 Universallex. VII 454 f. Delictum, ein Verbrechen, Fehl, Versehung, Sünde, Missethat, Uebelthat, wird auch oft für eine Thorheit gesetzt; Glafey 1736 Ani. 107 das nach Inqvisition schmeckende vnd Schelmen und Dieben gemeinschaftliche Wort Delictum oder Verbrechen; Boltz 3752 Amts-Actuarius 206 wenn man nach neu aufgekommenen Gesetzen, von der Facultät der vorhero beschlossenen Contracten, urtheilen, oder die Subditos wegen eines begangenen Delicti, der Strafe des nach dem Verbrechen promulgirten Gesetzes, belegen wolte; Wit ν. Dörring 1828 Fragmente III 35 Socius delicti; Beseler 1843 Volksrecht 359 ich glaube nicht, daß derjenige ein delict begeht, welcher in zweifelhaften fragen leicht gegen den fiscus respondirt (DWB N.); Spielhagen 1890 Finder 1 Vorr. V Was geht mich die Geschichte an? . . aber bei dem Specialdelikt einer Autobiographie drängt sie sich dem Unverbesserlichen allzuheftig auf; Jung 1912 Probleme 3 eine Einteilung wie die der Obligationen in Kontrakte, Quasikontrakte, Delikte, Quasidelikte; Dombrowski 1920 System

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III 193 Während er vorher . . in der Hauptsache nur Rohheitsdelikte zu ahnden hatte; Th. Mann 1923 Nachtr. (W. XIII 289) seinem Schauspiel „Vatermord" . ., worin alle Strafbarkeiten von der Inzucht . . bis zu dem im Titel ausgesprochenen Delikt sich ein leidvolles Stelldichein geben; Werfel 1928 Abituriententag 247 Und aus Neugier haben Sie das gemeine Delikt der Fälschung begangen?; 1930 Festg. f. Frank 1 202 Die zahlreichen Änderungen, die das Thema der Unterlassungsdelikte . . erfahren hat, enthüllen . . die Entwicklung, die im Laufe der Zeiten die Verbrechenslehre . . genommen hat; ebd. 1 269 Betreffend die „echten Absichtsdelikte" gehöre der Inhalt der Absicht zu dem Übel, das die Rechtsordnung verhüten will; ebd. 1 269 Dagegen nimmt er in der dritten Gruppe, der der „Ausdrucksdelikte", . . subjektive Unrechtselemente an; Beri, ¡llustr. Nachtausg. 23. 1. 1933 Paul macht den Eindruck eines Schwerverbrechers. Und schließlich kann er sich nicht sein Vorstrafenregister mit Betteldelikten an den speckigen Hut heften; Lokal-Anz. 29. 1. 1933 Auslieferungsdelikte. Diejenigen Verbrechen, für deren Begehung ausländische Staaten auf ihr Gebiet entflohene Täter an deren Heimatstaat auf Grund gegenseitiger Verträge ausliefern; Dtsch. AZ. 22. 8. 1935 Da der Begriff des Delikts eine klare Umschreibung des von diesem Delikt angegriffenen Gutes voraussetzt, liegt mangels einer derartigen Klärung überstaatlicher Organisationsfragen auch die Möglichkeit einer derartigen überstaatlichen Deliktsform nicht vor; Haidenhain 1938 Psychiatrie 38 Delikte, besonders gegen das Eigentum; ND 18. 3. 1949 Wir werden den Kampf gegen die Kriegshetzer aufnehmen und dafür sorgen, daß Kriegs- und Rassenhetze als kriminelles Delikt behandelt und unter Strafe gestellt wird; Süddtsch. Ztg. 13. 7. 1957 Alle Verkehrssünder, die in Zukunft wegen eines Verkehrsdelikts zu rechtskräftigen Strafen verurteilt werden, sollen in einer zentralen Kartei registriert werden; Niekisch 1958 Leben 309 Man wollte wissen, . . welchen Deliktes ich verdächtig wäre (DUDEN 1993); Dürrenmatt 1958 Versprechen 67 Von Gunten hat schließlich schon ein Sittlichkeitsdelikt begangen; Middendorff 1959 Soziologie 136 In der Kriminologie rechnete man den Raub früher immer zu den primitiven Delikten; LUlrich I960 Bürger 157 Ein derartiges Delikt kann aber erst dann verfolgt werden, wenn der Strafantrag desjenigen vorliegt, der fotografiert worden ist; Stuttgarter Ztg. 12. 2. 1968 Im vergangenen Jahr sind im Regierungsbezirk Südbaden viel weniger Tötungsdelikte als im Vorjahr registriert worden; Offenburger Tagebl. 26.2.1970 Die Konferenz empfahl, daß alle Staaten jeden sicherheitsgefährdenden Eingriff in die Zivilluftfahrt als „Weltdelikt" betrachten und strafrechtlich entsprechend ahnden

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Delinquent

sollten; Zeit 17.5.1985 der Besitz von weichen Drogen . . i s t . . kein kriminelles Delikt mehr; ebd. 30. 8. 1985 Oberstaatsanwalt Dr. Wulff, der . . die Unterabteilung leitet, die Computer- und Umweltdelikte bearbeitet; ebd. 19. 6. 1987 Was als Teilnahme am unverbotenen Tun straflos bleibt, kann für sich selbst sehr wohl ein Delikt und als solches strafbar sein; MM 11. 5. 1988 eine schwer abschätzbare Dunkelziffer bei einzelnen Deliktarten; Spiegel 30. 11. 1992 Auch schwere Brandstiftung ist ein beweisleichtes Delikt, weil es ein abstraktes Gefährdungsdelikt ist; ebd. 15. 2. 1993 Das kriminelle Delikt wird im Speisezimmer zelebriert, stilvoll bei Kerzenlicht und mit einem Glas wuchtigem chilenischem Chardonnay-Wein; ebd. 14.2. 1994 Die Schwäche der Kriminalstatistik setzt sich fort beim Kanon der erfaßten Delikte. Was ein Verbrechen ist, definieren Wahrnehmung und Gesetz. deliktfähig: Binding 1877 Normen hig; Eichmann 1920 Strafrecht

II 69 deliktfä15 deliktfähig

(beide DWB N.); Zeit 24. 1. 1986 Der Schreiber dieses Artikels schwört dem Leser, im deliktfähigen Alter nie etwas geklaut zu haben.

deliktisch: Binding 1877 Normen 11 74 jener fähigkeit zur normalen und zur deliktischen handlung; Eichmann 1920 Strafrecht 74 der ein delikt begangen hat und in der deliktischen gesinnung verharrt (beide DWB N.); Schätz 1933 Verletzung d. Postgeheimnisses 14 deliktischen Handlungen; Eichler 1950 Rechtslehre 108 O b ein solcher gegeben ist, ist demnach zur Begründung der deliktischen H a f tung festzustellen; Ν. Ζ . Z . 30. 11. 1959 so sehr die beiden angeklagten sich bei ihrer deliktischen tätigkeit verwandt fühlten (DWB N.); Ullrich 1971 Rechtsschutz o. S. die Rechtfertigung einer . . deliktischen Verantwortlichkeit der Normungsverbände für ihre technischen Regeln; Tages Anzeiger Mag. 10. 7. 1982 Hunderte von schweren deliktischen Handlungen (DUDEN 1993). HK

Delinquent M. (-en; -en), auch Delinquentin F. (-; -nen), Mitte 16. Jh. aufgekommene Bildung zu (flekt. Form von) lat. delinquens (subst. Part. Präs. von delinquere 'fehlen, ermangeln, sich vergehen', eigentlich 'hinter dem erwarteten Verhalten zurückbleiben', zu linquere 'zurücklassen'; —• Delikt, —• Relikt, —• Reliquie), anfangs vereinzelt in der frz. beeinflußten Form Délinquant. Vor allem im kriminalistisch-strafrechtlichen Bereich verwendete Personenbezeichnung für 'jmd., der eine verbrecherische Handlung, eine Straftat begangen hat (und sich in H a f t befindet); Straftäter, Verbrecher', dafür früher auch Getäter, Frevler, Gefangener und Beklagter; häufiger abgeschwächt im Sinne von 'jmd., der ein Gebot übertreten, gegen eine (Ordnungs-) Vorschrift verstoßen hat, Übeltäter (z. B. Ehebrecher)', auch 'armer Sünder, Missetäter' (s. Belege 1658, 1752, 1776, 1936, 1961, 1986, 1994) und in jüngster Zeit bes. im politischen Bereich übertragen gebraucht für 'jmd., der aufgrund bestimmter Handlungen oder Äußerungen (von seinen Gegnern) angeklagt wird; politisch Angeklagter, unter (Tat-) Verdacht Stehender' (s. Belege 1990, 1993); in Wendungen wie einen Delinquenten verhören, verurteilen. Dazu seit späterem 16. Jh. das (aus lat. delinquere, s. o., übernommene) heute veraltete V. intrans, delinquieren, in der Bed. 'Straftaten, Verbrechen begehen, straffällig werden', selten auch abgeschwächt für 'gegen etwas (z. B. eine Vorschrift) verstoßen' (s. Belege 1621, vor 1717, 1751, 1880); seit späterem 19. Jh. das (1863 bei Kaltschmidt) gebuchte, erst seit Mitte 20. Jh. belegte, auf lat. delinquentia 'Vergehen, Verbrechen' zurückgehende Subst. Delinquenz F. (-; ohne Pl.) 'Straffälligkeit'; in neuerer Zeit die seltene adj. Ableitung delinquent, fachspr. verwendet für 'straffällig, verbrecherisch', z. B. delinquentes Verhalten, delinquente Jugendliche, Autofahrer. Delinquent/in: 1559 Evang. Schulordn. I 122 es soll . . keiner des andern [mit Strafanzeige] verschonen, bey gleicher büß, so dem delinquenten auffgelegt (DWB N.); 1590 (1900 Mitt. G Erz'gesch. X 158) Widrigenfalls die Delinquenten mit

der . . angedeuteten Straffe unaussbleiblich sollen angesehen werden; Albertinus 1599 Sendtschreiben 111 4b Es ist ein Ignorantz, die entschuldigt den delinquenten vnd Verbrecher; 1622 Landgericht Wartburg (1909 Archiv f . österr. Gesch. XCVII

Delinquent 355) Hinrichtungen. I. Im Landgerichte Wartenburg (Überschr.) . . Nr. 8 und 9. Malefiz Acta, deren alhier justificirt wordenen Deliquenten [!]; Stettier 1626 Schweizerchronik 11 496a Délinquant [!] (WEIGAND); Boccalini 1644 Relation 518 dieweil jederman diese Delinquenten vor deß vmbgebrachten Palatini beste . . Freund hielte; 1648 (Samml. wirzb. Landesverordn. I 237b) Delinquenten und Verbrecher; Schock 1658 Comödia 83 soll es . . bey der Relegation beyder delinquenten auff drey Jahr bleiben?; 1658 (Samml. wirzb. Landesverordn. I 251a) die Delinquenten [in Ehesachen]; Krämer 1681 Leben d. Seehelden 429 Denen Spaniern gefiel diese That sehr übel/ liessen auch alsobald das Kriegs-Recht über den Delinquenten ergehen; Thomasius 1696 Ausübung d. Sittenlehre 91 Wenn ein Delinquente in der Marter grosse Schmerzen empfindet/ so erwecket dieser Schmertz die Furcht der künfftigen längeren Dauerung; Ettner 1697 Chymicus 659 Ob denn alle delinquenten mit den Galgen bestrafft würden; ders. 1698 Chirurgus 2016 die Delinquenten/ so bereits den Lohn ihrer Büberei empfangen/ wurden auf öffentlichen Markt . . gehenckt; Marperger 1711 Beschr. d. Messen l 240 die Delinquenten sammt Waaren, Gütern und Pferden biß auf fernere Anordnung in Verhafftung nehmen; Amaranthes 1715 Frauenzimmerlex. 1906 da . . die Delinquentin über einen Stock gebükket angeschlossen [wird]; Rohr 1718 Staatsklugheit 41 absonderlich die Besserung des delinquenten vor Augen habe; Sperander 1727 A la mod Sprach 185 Delinquent, heist derjenige, der etwas straffbahres verbrochen hat; ein Ubelthäter, Missethäter; Richter 1738 Kriminalprozeß 302 allwo unter währendem Vorbey-Marchiren der Kasten geöffnet/ der Delinquent übernommen . . und alsdann gantz langsam nach den Richt-Platz gebracht wird; Geliert 1746 Fabeln (S. Sehr. I 212) Herr, schrie der andre Delinquent,/ Sagt, wie ihr um den Kerl so lange handeln könnt?/ Laßt seinen magern Leib den Raben; Boltz 1752 Amts-Actuarius 106 Indeme nun deren beede Vatter . . in die Ehelichung ebenfals consentiren, und dabey sowohl als die Delinquenten selbsten um eine gnädige Geld-Straffe gebetten; Behrisch 1776 Buch 31 waren beide Delinquenten [ein Magister und ein Kammermädchen wegen ihrer Beziehung] mit Sach und Pack . . fortgeschaft [!]; Goethe 1780 Br. (WA ¡V 4,287) Mörder, Diebe und Hehler . . ein lang Gespräch mit dem Herzog bey Veranlassung der Delinquenten, über den Werth und Unwerth menschlicher Thaten; 1786 (Buchner, D. Neueste III 396) Nachdem die Delinquentin von den Flammen beinahe verzehrt worden, umringte der Pöbel den noch brennenden Scheiterhaufen, schmiß die Brände und gebratenen Knochen der Frau unter das umstehende Volk; Τhiimmel um 1790 S. W. V

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67 Die Hinrichtung eines Delinquenten; Goethe 1795-96 Lehrjahre (WA 1 21,300) [er] erhielt endlich die Erlaubniß, mit dem Delinquenten allein zu sprechen; Hess 1797 Durchflüge d. Deutschland ¡V 117 Den Tag vor der Hinrichtung wurden die Delinquentinnen zusammengebracht, um . . zu beichten; Jäger 1835 F. Schnabel 380 bestimmten die Richter ihn frei zu lassen, wozu sie insbesondere der Entschluß des Delinquenten bewog, sich nach erlangter Freiheit . . unter das griechische Militär anwerben lassen zu wollen; Marx 1843—45 MEGA IV 2,577 1839 bis . . 1840 . . waren 1251 Delinquenten beider Geschlechter unter 20 Jahren arretirt von der Polizei von Manchester und den Gerichten überliefert; 1866 Gartenlaube 679 Hierauf wird ein neuer Schneppgalgen aufgerichtet, aus den Gefängnissen in Eisenach in aller Eile ein Delinquent herbeigeholt und . . daran aufgehängt; Eckstein 1889 Camilla 104 trat ein . . junger Mensch aus dem Spielsaal — bleich, verstört, wie ein Delinquent, der zum Richtplatz geführt wird; Vogt 1896 Leben 106 Waren der Delinquenten zu viele, so wurde die Abprügelung systematisch vorgenommen; Th. Mann 1901 Buddenbrooks (W. I 513) in einem Seelenzustand, der sich absolut durch nichts von dem eines hinzurichtenden Delinquenten unterschied; ders. 1924 Zauberberg (W. III 302) es war geschehen. „Nächster Delinquent!", sagte Behrens und stieß Hans Castorp mit dem Ellenbogen; Uexküll 1936 Welten 180 Es gelang, das mitleidige Herz der Kaiserin zu rühren, und sie legte ein gutes Wort für die Delinquenten [Verfasser eines Pamphlets] bei ihrem Gatten ein; Th. Mann 1947 Faustus (W. VI 134) einer Zeit [Mittelalter] vollständiger Übereinstimmung . . zwischen dem geistlichen Richter und dem Delinquenten, zwischen Inquisitor und Hexe; Süddtsch. Ztg. 25. 1. 1954 Für manchen Spruchkammerdelinquenten war es . . lebensentscheidend, noch genau sagen . . zu können, daß er seinem Unmut gegenüber Hitler schon vor Stalingrad und nicht erst danach öffentlich Ausdruck gegeben habe; Stuttgarter Ztg. 10. 10. 1961 Politisch straffällige „Kleindelinquenten" sollten ungestraft in die Zone abgeschoben . . werden; Partner 1964 Erben 447 wurde der Graf Fahrensbach . . öffentlich hingerichtet, wobei der Henker danebenschlug und der Delinquent auszubrechen suchte; Göppinger 1971 Kriminologie o. S. Häufig ist es . . dem Delinquenten später nicht möglich, anzugeben, warum er gerade an diesem Tag, bei dieser Gelegenheit. . das Delikt beging; Zeit 12. 4. 1985 wie bei der Hinrichtung russischer Partisanen beim selben Opfer zweimal der Strick riß, der Delinquent aber trotz dieses „Gottesurteils" keine Gnade vor dem Henker fand; MM 13.8. 1986 läßt sich der frischgebackene Autofahrer . . etwas zu schulden kommen, so muß

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Delirium

er in den Nachhilfeunterricht. Und fallen er oder sie in den zwei Jahren Probezeit noch einmal kräftig auf, dann folgt eine neue Fahrprüfung, bei der der nicht unschuldige Delinquent nur einmal durchfallen darf; Beri. Ztg. 4. 9. 1990 Im Politbüro hatte man panische Angst vor Naumann, weshalb man ihm . . „Rundumobservationen auch in der Freizeit" angedeihen ließ, obwohl der Delinquent „kein Sicherheitsbedürfnis" hatte. Dieser Wohlstandsterror gegen K. N. wurde erst mit der Demission seiner Peiniger . . reduziert; Spiegel 7. 12. 1992 Verschwommene Feindbilder sind meist alles, was die Ermittler aus den jungen Delinquenten [faschistischen Skins] herausbekommen; ebd. 11.1. 1993 Um zu verhindern, daß sich da eine Gegenmacht aufbaut, ist es wohl ratsam, den Drahtzieher einzubinden. „Ich versichere Ihnen, wir werden uns auch weiterhin begegnen, und ich freue mich darauf", hat der Delinquent Möllemann . . dem Journalistenheer zugerufen — und dabei siegesgewiß den akkurat gestutzten Schnauzer gerubbelt; ebd. 26. 9. 1994 Ein Tübinger Professor schikaniert . . seine Studenten mit zotigen Sprüchen. Der Delinquent hatte genau 13 Minuten Zeit — dann war das Urteil gefällt: durchgefallen; ebd. 24. 10. 1994 Sache der Gerichte ist auch, ob sie die Delinquenten zur Abschreckung an Galgen zur Schau hängen. delinquent: Göppinger 1971 Kriminologie O.S. Dabei kommt es oft schon im strafunmündigen Alter . . zu einem „delinquenten Verhalten"; Saarbr. Ztg. 29.130. 12. 1979 Wiedereingliederung sozial gefährdeter oder delinquenter Jugendlicher (DUDEN 1993); Zeit 14. 2. 1986 Die Erfolgschancen einer Psychotherapie von neurotischen, nichtsexuell delinquenten Patienten liegen . . bei rund 65 Prozent. Delinquenz: Bauer 1959 Verbrechen 54 „Jugenddelinquenz"; Middendorf 1959 Soziologie 278 Ansteigen der jugendlichen Delinquenz; Göppinger 1971 Kriminologie O.S. so kann . . in einer ganz bestimmten Konstellation das Schuleschwänzen eines Kindes ein solcher Einzelfaktor sein, wenn es in entsprechenden anderen Auffälligkeiten eingebettet ist, obgleich die ernsthafte Delinquenz selbst erst Jahre später, z. B. in Form von Einbruchdiebstählen, einsetzt; Ziegler 1975 Konsequenz 21 Die Jasager . . reagieren sich . . nach ihrer Entlassung

mit erneuter Delinquenz ab (DUDEN 1993); M M 23. 9. 1987 Es gibt Gegenden in Paris, wo die Gewaltrate höher liegt . . Aber die liegen weitab und haben als Kulisse eben Häuser und Straßenzüge, in denen man eine andere Dramaturgie als die der Delinquenz gar nicht erwartet. delinquieren: 2567 Bawordn. Wurtemberg 60 [der Schuldige soll] an dem ort, da er delinquiert, [bestraft werden] (DWB N.); Neumayr v. Ramssla 1620 Reise in Frankr. 116 diejenigen, so etwas sonderlichs delinquiret, [werden] justificiret [am Greveplatz in Paris]; 1621 Westfäl. Stadtrechte I 2,80 [diejenigen,] so mit ehebruch oder andren groben excessus delinquirt (DWB N.); Rennemann 1630 Privilegia 13 delinquiret vnd verbrochen; 1673 Teutsches Reichs-Archiv IV 639a wann von demjenigen, welche noch an kein fähnlein geschworen, . . im durchzug oder qvartieren delinquirt wird, ist die bestraffung von selbigen Orths obrigkeit. . vorzunehmen; 1682 (Frauenholz 1935 f f . Heerwesen IV 387) der exorbitirende und delinquirende Soldat [wird] zu verdienter exemplarischer Strafe gezogen; Stieler 1695 Zeitungs Lust 193 Delinquiren, sündigen/ fehlen; Regal vor 1717 Reglement 76 straffe, die denen darwider [gegen Vorschrift] delinquirenden . . gebührt (DWB N.); Sperander 1727 A la mod Sprach 198 Delinquiren, sündigen, fehlen, versäumen, verbrechen; 1751 Codex jur. bavar. 24 Wann auf das Verbrechen die würkliche Ehe, entweder von beeden, oder auch nur von einem delinquirenden Theil erfolget; so wird . . die Straff nachgelassen; Winter 1815 Majestäts-Verbrechen 162 bei einem majestätsverbrechen . . muß die strafe des Verbrechens bloß auf die delinquierenden glieder beschränkt werden (DWB N.); Binding 1872 Normen 1 102 Auf Grund der delinquirenden Persönlichkeit wird die . . Körperverletzung begangen seitens eines Beamten in Ausübung . . seines Amtes mit geschärfter Strafe belegt; ebd. 1 171 dass der Verbrecher delinquirt hat, ist nicht ungeschehen zu machen; Liszt 1880 Aufs. 1 75 Wenn ein herumziehender Deklamator in verschiedenen Städten einen und denselben Vortrag hält, so h a t er n i c h t d o r t g e h a n d e l t , eventuell

delin-

quiert, wo er den Vortrag niedergeschrieben . . , sondern überall dort, wo er ihn gehalten hat; Strasser 1927

Psychiatrie

149 die Unterstellung aller de-

linquiert habenden sexualkranken unter ein kantonales irreninspektorat (DWB N.). GS

Delirium N. (-s; Delirien), selten auch in der Kurzform Delir N. (-s; -e), im späteren 16. Jh. entlehnt aus lat. delirium 'fieberbedingte Verwirrtheit, Irresein' (zu delirus 'irre, wahnwitzig, schwachsinnig', zu delirare 'wahnsinnig, verrückt sein; irre reden, faseln', entstanden aus der Fügung de lira (ire) 'von der Furche abweichen',

Delirium

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also eigentlich 'von der geraden Linie abweichen, den normalen Weg verlassen', zu lira 'Furche im Ackerbeet'), bis Ende 18. J h . in lat. (fielet.) Form. Als Krankheitsbezeichnung in der Bed. 'bestimmte Form des Wahnsinns', insbes. 'Geistesverwirrung, akute, hochgradige Bewußtseinstrübung, die sich in Sinnestäuschungen, Verwirrtheit und Wahnvorstellungen äußert', bes. in dem seit frühem 19. J h . nachgewiesenen, von dem engl. Arzt Sutton (1813) geprägten medizinerlat. Syntagma Delirium tremens (zu lat. tremens, Part. Präs. von tremere 'zittern') 'durch Alkoholmißbrauch oder -entzug ausgelöste Psychose bei Trinkern, die vor allem durch Symptome wie Händezittern (Tremor), Bewegungsunruhe (Agitiertheit), Bewegungsstörungen (Ataxie) und optische Halluzinationen („weiße Mäuse") gekennzeichnet ist; Säuferwahn' (vgl. Paranoia 'Geistesgestörtheit'); in Wendungen wie das Delirium haben, aus dem Delirium erwachen, im Delirium liegen/sein, sprechen, stöhnen, toben, im Delirium von Wahnvorstellungen heimgesucht werden, selten als Grund- und Bestimmungswort in Zss. wie Fieber-, Alkoholdelir(ium); Deliriumsvisionen, -zustand; daneben allgemeiner, meist im Pl., auch für '(wie im Delirium) mit heftiger Erregung, krankhafter Raserei verbundener vorübergehender Wut-, Tobsuchtsanfall; Zustände von Wahnsinn' (s. Belege 1774, 1834, 1901, 1908, 1950, 1985, 1994), z. B. epileptische Anfälle und Delirien, und '(wie im Delirium von sich gegebene) wahnwitzige, absurde Äußerungen, Unsinnigkeiten', z. B. gottlose Delirien (s. Belege 1727, 1836, 1850, 1896); häufig bildlich und übertragen verwendet im Sinne von 'chaotischer Zustand, Zustand der Verwirrung und Unordnung' (— Chaos; s. Belege 1769, 1801, 1932, 1965, 1987, 1994) und insbes. 'von Ekstase, Entrückung, Exaltiertheit, Enthusiasmus oder von Wahnideen geprägter (alptraumhafter) Zustand, höchstes Stadium (von etwas)', mit unterschiedlicher (negativer und positiver) Konnotation, vgl. Wendungen wie ein Delirium des Glücks, die Delirien der Liebe/der Auflösung/der Technik, die ganze Welt ist im Delirium, das Delirium des Tausendjährigen Reichs und Zss. wie NS-Delirium, Welt-, Lebensdelirium (s. Belege 1837, 1868, 1898, 1930, 1945, 1957, 1985, 1987, 1993). Dazu das zugrundeliegende, im frühen 17. J h . aus lat. delirare (s. o.) entlehnte V. intrans, delirieren, fach- und bildungsspr. für 'im Delirium, geistig verwirrt sein, Wahnvorstellungen haben; irre, verwirrt reden, faseln', auch übertragen (s. Belege 1 7 8 0 - 8 3 , 1874, 1907, 1985, 1990), häufig auch adj. verwendet in der Part. Präs.Form delirierend 'rasend, wahnsinnig', bes. von Äußerungen, Zuständen, auch übertragen gebraucht (s. Belege 1768, 1884, 1948, 1994); seit spätem 17. Jh. die zum Part. Präs. von lat. delirare (s. o.) gebildete seltene Personenbezeichnung Délirant M . (-en; -en), auch Delirantin F. (-; -nen) 'an Wahnsinnszuständen, unter Delirien leidende Person'; seit späterem 19. J h . das (1863 bei Kaltschmidt) gebuchte, eventuell unter Einfluß von frz. délirant (zu délirer < lat. delirare, s. o.) aufgekommene Adj. délirant, fachspr. für 'krankhaft verwirrt, erregt', bes. von Zuständen und Verhaltensweisen, z. B. deliranter Zustand 'Delirium'; im 20. J h . die subst. Gelegenheitsableitung Delirismus M . Delirium: Thurneysser 1572 Tison 236 delirium (DWB N.); Golius 1579 Onomasticon 245 Morbi capitis (Überschr.) . . Delirium, aberwitz/ wanwitz; Messerschmid 1618 Spital 12 dann das delirium, das ist bißweilen von der . . gall verursacht; Wallhausen 1633 Kriegskunst zu Pferd 52b delirium;

Butschky 1679 Rosen-Thal 807 So siehet man auch gnüglich [!], was massen bey Fiebern/ wann der Wahnwitz (Delirium) zufällt . ./ die Menschen so auch gewaltsame Macht gewinnen; Riemer 1684 Passagier 248 [der Kranke] geriethe endlich in ein delirium und solche hitzige Kranckheit, dass die . .

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Delirium

Medici . . an seiner Genesung zweiffeiten; Ettner 1697 Doktor 34 daß sie darüber in ein delirium gerieth; Lucae 1711 Helicon 45 präparirten sie selbst eine massa von köstlichen Specereyen/ erregten aber in ihrem Gehirn ein delirium; Philo 1722 Ruhm d. Tobacks 94 weil es den Kopff dergestalt einnimmt/ daß man meynen solte/ man würde in ein Delirium gerathen; Sperander 1727 A la mod Sprach 185 Delirium, Aberwitz, Wahnwitz, Raserey in Kranckheiten, Unsinnigkeit; Zedier 1734 Unwersallex. VU 457 Delirum, heist insgemein eine Raserey, dergleichen bey hitzigen Fiebern und Haupt-Kranckheiten zu seyn pflegt; Fielding 1761 ]. Andrews 72 ein delirium . ., welches der Pöbel Verrückung des Gehirns nennet; Lichtenberg 1769 Nachlass 35 Meiner Meinung nach ist die Welt jezt [!] in einem solchen delirio, dass es kein Wunder ist, wenn die Sprache der Theologen zuweilen seltsam klingt, ja gar für delirium gehalten wird; Schmucker 1774 Wahrnehmungen I 72 dazu kamen einige anfalle von deliriis, welche sich gegen die nacht vermehrten (DWB N.); Lavater 1774 Verm. Sehr. I 148 An der letzten Nacht bethete er im Delirio, französisch so vortreflich, als man es von keinem gesunden . . Verstand erwarten konnte; Laukhard 1797 Leben u. Schicksale IV 1,448 starb . . im fürchterlichsten Delirium; Schiller 1799 Br. VI 103 obgleich die liebe gute Frau noch immer im delirio ist; Hahnemann 1801 Sehr. 1 218 welches delirium von logik! (DWB N.); Puchelt 1827 System d. Med. II 1,625 Delirium der Säufer. Delirium tremens potatorum; Feuerbach 1828 Merkw. Verbrechen l 305 Fieberdelirien; Pückler-Muskau 1834 Tutti-Frutti 111 211 gerieth der . . ganz gebildete Mann [nach irrtümlicher Verhaftung] über die ihm zugefügte Schmach in ein solches Delirium, daß er sich schon denselben Abend mit seinem seid'nen Taschentuche an dem Thürpfosten erhing; Hufeland 1836 Ench. med. 57 Delirium, [das] Irrereden; Lenau 1837 Savonarola 100 Der Fiebertraum, der dich gepeinigt,/ Der Christenthum und Heidenthum/ In deiner Seele wüst vereinigt/ Ist jetzt das Weltdelirium; 1844 Brockhaus IV 133 Delirium nennt man . . einen den äußeren Umständen widersprechenden Ideengang, der in dem innern Zustande des Gehirns seinen Grund hat; ebd. Das Delirium tremens, der Säuferwahnsinn oder das Säuferzittern; 1850 N. Rhein. Ztg. 188 uns nichts mehr zu thun zu machen mit ihm [Papst] und seinen täuschungen und gottlosen delirien (DWB N.); 1862 Beschr. OA. Nagold 50 Säuferwahnsinn (Delirium tremens); Suckow 1862 Soldatenleben 207 Oft lag er im Delirium und kommandierte während desselben, acht militärisch, seinen Fuß zur Ruhe; Scherr 1868 Vor 48 II 1,48 Sie befänden sich im höchsten Stadium, im Delirium so zu sagen des Vertrauens

zu ihren neugebackenen „Märzministern"; Kretzer 1880 Genossen 174 in seinem delirium tremensDialog; Perfall 1890 Liebe 177 Emerenz habe ein starkes Wundfieber mit heftigem Delirium gehabt; Grosse 1896 Ursachen 124 gedruckt sind diese humoristischen delirien nie (DWB N.); Hansjakob 1898 Erzbauern 407 das Delirium seiner Herrlichkeit; Τh. Mann 1901 Buddenbrooks (W. 1 561) die alte Konsulin . . betete viel . . Der Puls . . ging schlecht, das Fieber stieg desto höher, nachdem es ein wenig gefallen war, und warf sie aus Schüttelfrösten in hitzige Delirien; Schnitzler 1908 Ges. W. / 3,198 nun lag sie monatelang zu Bett, . . schwärmte in ihren Delirien von Ruhm und Glück; Hegeler 1908 Ärgernis 279 „Sittlichkeitsdelirium"; Werfet 1924 Verdi 122 Lear kommt immer mehr von Sinnen. Eine Stimme ertönt plötzlich aus dem Dunkel, es ist der besessene Pilger, der seine . . Beschwörungen leiert. Lear, nun vollends im Delirium, fordert das Gericht gegen seine Töchter, macht den Wahnsinnigen zum Richter; Musil 1930 Mann 567 „Das sind Delirien des Liebeshungers", . . „die mit der Sättigung vergehen" (DUDEN 1993); Hass 1932 Sitte 10 in diesem gräßlichen [wirtschaftlichen] delirium blühte der weizen der emporkömmlinge (DWB N.); Lokal-Anz. 24.2. 1933 Dabei griff der Angeklagte durch die Luft, als wollte er eine Fliege fangen. Er befand sich augenscheinlich in einer Art von kleinem Deliriumszustand; Th. Mann 1945 Reden u. Aufs. (W. XI1093) Ein Delirium des Glücks wird ausbrechen, wenn das scheußliche Nazi-Joch von den europäischen Völkern genommen ist; Langelüddeke 1950 Psychiatrie 131 [die] vorübergehenden Störungen der geistestätigkeit — also etwa betrunkenheit, delirien (DWB N.); Pastor 1950 Tagebücher 659 Delirien der Auflösung; Frisch 1957 Homo faber 167 die Spintisiererei . ., geradezu ein Delirium von fröstelnder Entschlußlosigkeit; FAZ 29. 12. 1965 Dieses Delirium aus Verwirrung, Mystizismus und Infantilismus [in ital. Politik] wird noch immer von unserem Außenminister und seinen Freunden ernst genommen; Przybyszewski 1965 Erinn. (Übers.) 130 Deliriumsvisionen; Gabel 1978 Fix 63 Die Pfleger nannten ihn Roy, weil er immer im Delirium sang (DUDEN 1993); MM 9. 4. 1985 Häufig bringen Polizeistreifen aufgegriffene Zecher im Delirium [in die Klinik]; Zeit 28. 6. 1985 Unter Nabih Berris „Führung" bleibt dem Lande nichts Extremes erspart und leisten jetzt auch die Schiiten, im Delirium ihrer historischen Emanzipation, nur Zerstückelung des Libanon; ebd. 29. 11. 1985 Schwere Entzugserscheinungen können zu Verwirrtheit, Gewichtsverlust, Depressionen . . und sogar zu epileptischen Anfällen und Delirien führen; ebd. 13. 2. 1987 die Verletzung der Regeln bricht dem Neuen Bahn — und

Delirium schafft damit andere Regeln. Das Ende ist pures Delirium; M M 4. 11. 1987 zukunftstrunken, im Delirium der Technik, begleiteten die italienischen Futuristen den Umbruch ihres Landes vom Agrarstaat zur modernen Industrienation; ebd. 5. 4. 1991 Hohes Fieber geht häufig mit Störung der Hirnfunktion einher (sog. Delirien); Spiegel 19. 4. 1993 Fast 50 Jahre nach dem Delirium des „Tausendjährigen Reichs" ist in der Kasernenstadt Potsdam . . Millennium-Fieber ausgebrochen; ebd. 25. 4. 1994 das erlaubt Chabrol . ., sich mit auftrumpfender Montage-Virtuosität in die Delirien des Paranoia hineinzusteigern; ebd. 30. 5. 1994 Die Welt, so wie sie Enzensberger . . beschrieb, ist zum Tollhaus geworden. Das Delirium erscheint als einzig mögliche Daseinsform; ebd. Aber nach nur 20 Monaten NS-Delirium hat sich Benn . . selber entnazifiziert; ebd. 5. 9. 1994 gerät das Neurotransmittersystem völlig aus den Fugen, kommt es zum gefürchteten Delirium tremens. Delir: Joel u. Frankel 1924 Cocaittismus 42 das alkoholische Delir; Zeit 27. 9. 1985 ich meine den Zustand der Unglückseligkeit, in den mein Körper hineingeriet, weil die allabendliche Alkoholzufuhr ausblieb. Das heißt „Entzugs-Delir"; MM 5 . 4 . 1991 Das Zittern des chronischen Alkoholikers ist dem Volksmund bekannt. Wichtig als Zeichen für ein beginnendes Delir; Spiegel 1.8.1994 Die Konjunktion von Paulhans Neigung und Aurys Phantasie gebar, was dann als greller Komet losschwirrte: das Sado-Maso-Delir „Geschichte der O." Im Dämmer zwischen Tag und Schlaf habe sie ihre „Träumereien" niedergeschrieben; ebd. 5. 9. 1994 Nicht Delir oder Rausch, sondern der unwiderstehliche „Saufdruck", im medizinischen Fachjargon „Craving", ist das zentrale Problem beim Alkoholismus. Délirant: Lehmann vor 1688 Schauplatz 857 von deliranten, die im haupt verirret gewesen; ebd. im Jochimsthal war eine delirantin; Schiller 1780 S. W. X X 61 wenn lady Makbeth im schlaf geht, so ist sie eine phrenitische delirantin (alle DWB N.); Harden 1892 Apostata Ν. F. 149 Aus den Schriften Ahlwardts . . kam mir der Eindruck, daß er es vielleicht sogar ehrlich meint, genau so ehrlich wie jeder Délirant, der Mäuse tanzen sieht; Ebert 1902 Kämpfe 143 [er] verwies dabei auf die große zahl von deliranten in der klinik (DWB N.); Langelüddeke 1950 Psychiatrie 21 auch der délirant erlebt ja etwas, er erlebt aber in ganz anderer weise als der gesunde (DWB N.). délirant: Hoffmannsthal 1899 (Gedichte u. kl. Dramen 220) [Dianora] fängt wieder zu reden an,

225

in einem fast deliranten ton (DWB N.); Polgar 1919 Zeit 125 So kramte er die lächerlichsten Fragen aus, mit einer deliranten Sprunghaftigkeit kreuz und quer, von einem kindischen Problem zum andern stürzend; Heidenhain 1938 Psychiatrie 43 deliranten Zustand; Langelüddeke 1950 Psychiatrie 22 die klarheit. . des bewußtseins . . [ist] herabgesetzt . . im schlaf, in deliranten zuständen (DWB N.); Simonis 1970 Ecclesia o. S. Unter den psychopathologischen Komplikationen sind vor allem die . . Erregungszustände . . und die Provokation akut schizophrener oder manischer Symptome und das Auftreten . . deliranter Zustandsbilder bei Verabreichung von Antidepressiva von Bedeutung; Zeit 25.4.1986 Der Patient kam in einem deliranten Verwirrtheitszustand zur Aufnahme, nachdem er zu Hause die ganze Wohnungseinrichtung zertrümmert hatte; M M 5 . 4 . 1991 Delirante Syndrome der Verwirrtheit kommen bereits bei einmaliger Überdosierung von Halluzinogenen vor. delirieren: Fabricius 1624 Anatomy 32 auch paroxismi epileptici sind erfolget, [er] hat darneben auch etwas deliriert (DWB N.); Overheide 1657 Schreibkunst 302 Deliriren, rasen; Wächtler 1709 Manual 98 Deliriren/ rasen/ unsinnig/ oder in delirio seyn; Sperander 1727 A la mod Sprach 185 Deliriren, rasen, unsinnig seyn, närrisch seyn, thöricht thun; Lavater 1774 Verm. Sehr. I 147 Seit dieser Zeit war er beynahe unvermögend, zehen verständliche Worte hervorzubringen. Er delirine oft; Heinse 1780-83 Tagebücher (VII 27) Klopstock deliriert mit seiner Sprache; Schön 1859 Geistesgestörte 68 man glaubte anfangs, ich träumte, dann, ich delirirte (DWB N.); Hillebrand 1874 Frankreich 144 f. die gesunde dichterische Phantasie, die sich hätte entwickeln können, macht einem krankhaften Delirieren, . . einer ungebundenen, wüst willkürlichen Existenz Platz; Faber 1907 Fussballsport 82 Dazu gehört, daß er [Schiedsrichter] nie und nimmer die Herrschaft über sich selbst . . verliert, . . wenn auch 22 Mann um ihn herumdelirieren; Breuer/Freud 1909 Hysterie 70 In der Hypnose bemühe ich mich, die Tierhalluzinationen zu verscheuchen. Während sie [Patientin] schläft, nehme ich die Frankfurter Zeitung zur Hand; ich finde in der Tat die Geschichte der Mißhandlung eines Lehrbuben, aber ohne Beimengung von Mäusen und Ratten. Das hat sie also während des Lesens hinzudeliriert; 1937 Alemannenland 34 So delirieren Hirne bloss dicht vor der hypokratischen Stunde; M M 21.2.1985 Zwischen dem Eröffnungs- und dem Schlußtableau [in Händeis Messias] delirieren wähl- und bedenkenlos aufgerufene christliche Symbole, wuchern Bildmetaphern und Bildzitate ins Surrealistische; Zeit 27. 9. 1985 als

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deliziös

mich dann der Alkoholmangel delirieren machte; 1986 Spiegel Nr. 20 Killer mit Ödipuskomplex, der am Ende im Größenwahn deliriert und sich . . in die Luft sprengt (DUDEN 1993); FAZ 24. 9. 1990 dann verschwinden sie alle in einem großen Wurstkessel im Bühnenhintergrund. An der Rampe deliriert Justine, eine literarische Tochter des Marquis de Sade, minutenlang in Exkrementalphysik und Hinterbacken-Phantasien; Spieget 20. 6. 1994 Frau Krück war zunächst überzeugt von den meisten Aussagen. Doch als diese immer dramatischer wurden und sogar rundum als verläßlich angesehene Kinder delirierten, muß ihr bang geworden sein. delirierend: Michaelis 1768 Raisonnement 1 52 denen an Baubegierde Delirirenden; Hahnemann 1809 Sehr. I 167 der tollstechapfel . . bewirkt . . laute, delirirende konfabulation (DWB N.); Holtei 1863 Letzte Komödiant l 230 delirirende; Röse 1884 Revanche 294 um zu der Erkenntnis zu kommen, dass es noch ein anderes Frankreich gibt, als dasjenige, das wir aus der delirierenden hauptstädtischen Presse kennen; Plievier 1945 Stalingrad 191 Und . . durch . . die Kampfbefehle eines delirierenden Leutnants rang sich der . . Tenor (DUDEN 1993); Muschg 1948 Literaturgesch. 39 Hugo feierte den dichter in versen von delirierender Schönheit (DWB N.); FAZ 26. 3. 1964 eine im delirieren-

den Stil abgefaßte Biographie; 1965 Spiegel Nr. 41 delirierende Zuschauermassen vorm catcher-ring (DWB N.); Strauß 1980 Rumor 103 lauter delirierende Individuen; Zeit 4. 4. 1986 Dieser Wirrwarr von Gefühlen und Absichten, von Tun und Nichtstun hat etwas Verstörendes, Delirierendes; ebd. 9. 5. 1986 Thomas Bernhard nannte es [Österreich] eine „Senkgrube der Lächerlichkeit", ein „in sich selbst delirierender Kleinstaat", so „verkommen", daß sich mit ihm „ein denkender Mensch schon lange nicht mehr identifizieren kann"; M M 21. 5. 1987 Robespierre, zum Schluß [in Büchners Danton] nur noch delirierend („mein Name ist Karl Georg . ."); ebd. 2. 3. 1989 Die ganze Küche ist Schlachtfeld, und im klebrigen Tohuwabohu dieser . . nach Bierlachen . . stinkenden Szenerie . . macht einer sein einsames, orgiastisches Spiel, der kleine Tamerlan-Imitator, der Küchen-Tamerlan, delirierend in sadistischer Machtlust; Spiegel 7. 6. 1993 hatte Nicki in einem Fernsehspiel nichts weiter zu sagen als delirierend vor sich hin zu murmeln; ebd. 6. 6. 1994 Würdelos delirierende Frauen mußten mit der schimpflichen Anrede „versoffene Krugsurschel" an den Schandpfahl. Delirismus: Kaiser 1911 Lebenserinn. 113 des politischen Delirismus, dem . . die Frauen und besonders die Dienstmädchen begeistert anheimfielen [um 1830 am Oberrhein]. GS

d e l i z i ö s A d j . , i m s p ä t e n 1 7 . J h . e n t l e h n t a u s g l e i c h b e d . f r z . délicieux ' w e i c h l i c h , v e r w ö h n t ' , z u l a t . delicia,

deliciosus

n ü s s e , Ü p p i g k e i t , L u x u s ' , z u lacere in d e n S c h r e i b v a r i a n t e n delicieus, In

der

dominierenden

schmackhaft, (s. B e l e g e

köstlich',

1716,

Geschmacks-

1730,

und

Bed. 1844,

delicieux,

d r ü c k e (s. B e l e g e 1 7 7 1 ,

delicios,

spätlat. Ge-

delizieus.

wohlschmeckend,

auf Speisen und G e t r ä n k e

1931,

1952,

Geruchsempfindungen

P a r f ü m . Seit s p ä t e r e m

(
• korrespondieren; vgl. kommunizieren, —• Kommunikation) (zu 1 und 2a), und als V. trans, '(etwas) in Dialogform kleiden, dialogisch darstellen, aufbauen, umsetzen' (zu 2b), oft adj. im Part. Perf. dialogiert bzw. dialogisiert 'in Dialogform, in Dialoge gegliedert', z. B. ein dialogi(si)ertes Lied, eine dialogisierte Geschichte, mit dem in jüngster Zeit vereinzelt nachgewiesenen Verbalsubst. Dialogisierung F. (zu 2b); vom späten 18. bis Mitte 20. Jh. die selten nachgewiesene Berufsbezeichnung Dialogist (vgl. gleichbed. spätlat. dialogista) 'Gesprächsteilnehmer, -partner' (zu 2a) und 'Verfasser von Dia-

Dialog

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logen, Dialogschreiber, -autor, Bearbeiter der Dialoge (beim Theater oder Film)' (zu 2b); Mitte 20. J h . vereinzelt die subst. Ableitung Dialogik F. 'Wesen des Dialogischen, der Dialogfähigkeit (des Menschen)' (zu 2a). Dialog 1: 1355 Md. Schachb. 291 darumme sagit virwor/ in dialogo Gregor/ 'die wollust und ir stricke/ virgen in ouginblicke . .' (DWB N.); Kurrelmeyer um 1466 Bibel VI 9 sy machen ein dialogum (DWB N.); Matthias v. Kemnat 1470-75 Chronik 10 das buch der zweiredung das man nennet Dialogum Gregorii; Ulrich Boller v. Hassfurt 1521 Dialogus (Schade, Satiren III 36) den nachgenden dialoguen oder wortlichen krieg; Karlstadt 1523—25 Sehr. II Dialogus oder ein gesprechbiichlin (Titel); Bucer 1528 Opera omnia I 2,305 Dialogus das ist eyn freündtlich gesprech; Fuchsperger 1534 Dialéctica 2a etlich bûcher genennt dialogi; 1540 Katechismen höhm. Brüder 443 hab ich . . dasselbe [Thema] auch mit mancherley dialogen vnnd vnterredung . . erklert (DWB N.); Wickram 1554 W. II 103 Eine wahrhafftige History/ von einem vngerahtnen Son/ in ein Dialogum gestehet; Sebiz 1579 Feldhau 565 die alte lustige . . Sprüche vnd jägerische Dialogos; Prätorius 1619 Syntagma mus. Ill 28 Von denen Gesängen, so weltliche possirliche Texte, doch nicht in gewissen Versen haben: Als Dialogi, Canzoni, Canzonette vnd Aria . . Was Dialogi seyn, ist einem jeden bekant: Dann Dialogus heißt ein Gespräch, als wenn einer dem andern off beschehene Frage antwortet, vnd eins vmbs ander gleich per Choros vmbgewechselt wird; Zeiller 1653 Ein Hundert Dialogi, oder Gesprach, Von unterschiedlichen Sachen (Titel); Grimmelshausen 1669 Simpl. 13 Hirten sind gewesen (wie Lucianus in seinem Dialogo Helenae bezeuget) Paris, Priami deß Königs Sohn; Thomasius 1688 Monats-Gespräche 739 In diesen Dialogo tractiret er fürnemlich die Frage; ebd. 740 Dieses seine Worte bringt nun Crusius in . . seinem Dialogo weitläufftig für; 1700 Monatl. Auszug Jan. 37 In den Apologien sey eine gravitätische/ im Dialogo eine leichte und niedrige Manier zu schreiben; Hühner 1712 Poet. Handb. 112 Ein Dialogus ist ein Gespräche. Z . E. Amando und Belline; Mattheson 1739 Capellmeister 84 von den geistlichen madrigalen und dialogis (DWB N.); Wieland 1757 Gesch. d. Gelehrtheit 16 daher es kommt, daß die Alten zwischen Homer und zwischen Sophocles und Plato so viel Aehnlichkeit finden, ungeachtet diesen beiden nur Tragoedien und Dialogos geschrieben; 1774 Engel (IV 156) eine neue, sowohl von philosophischer geschichte, als philosophischem dialog, unterschiedene art von werken (DWB N.); ; e n i s c h 1800 Geist I 324 Töne . . welche wir als die unmittelbare Äußerung des Moralsinns betrachteten . . deren ächte Feinheiten wir . .

aus den Dialogen in den Trauerspielen eines Sophokles und Euripides, aus den Dialogen des Plato . . am glücklichsten erlernen können; Herder 1801 Adrastea 11 (S. W. XXIII 404) den Di- und Tri- und Tetralogen; Goethe 1810 Materialien z. Farbenlehre (HA XIV 119) Galilei hatte sich schon einer ähnlichen Wendung bedient, in den Dialogen, wegen welcher er von den Jesuiten so heftig verfolgt wurde; Hitzig 1842 Pitaval I 19 Sand hat darauf folgenden dialog zwischen sich und dem freunde in sein tagebuch eingetragen (DWB N.); Marx/Engels 1848-49 MEW VI 636 Anm. die Serie „Politische Gespräche" von Levin Schücking erschien in der Form von Dialogen in den Nummern; Strauss 1860 Briefw. 11 156 so habe ich mich diesen winter damit beschäftigt, Huttens dialogen zu übersetzen (DWB N.); 1860 Burckhardt (V 218) beschauliche dialogenschreiber und epistographen (DWB N.); Hillebrand 1885 Culturgesch. 119 Wenn Leopardi das vanitas vanitatum vanitas in seinen unsterblichen Dialogen variirt, so ist's der tiefsinnige Metaphysiker, der redet; Friedell 1927 Kulturgesch. II 380 man denke bloß an die platonischen Dialoge, an die Philosophenbiographien . . an die „Charaktere" des Theophrast; Huizinga 1939 Homo 185 in dieselbe richtung gehören noch weitere dialogformen, so die rituelle litanei und der katechismus einer religionslehre (DWB N.); Leibbrand 1946 Homines 56 Platon, der von der Sokratischen Art des Dialogs — damals im Gegensatz zu den Sophisten - gelernt hat; Hiller 1964 Raum 72 so entschloß er [Galilei] sich schließlich, den 'dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme' zu schreiben (DWB N.). dialogieren: 1760 Br., die neueste Litt, betreffend VII 25 herr W. [Verfasser 'sokratischer Gespräche'] scheinet von der kunst zu dialogiren nicht den mindesten begrif zu haben (DWB N.). dialogisieren: Wieland vor 1813 S. W. XXIV 35 Die bekannte Manier im Dialogisieren, welche dem Sokrates eigen ist (SANDERS 1871). Dialog 2a: Golius Î579 Onomasticon 149 Dialogus, ein gespräch/ unterred etlicher Personen; Elis. CharL 1706 Br. I 462 Ich habe einmahl ein frantzösisch dialogue . . zwischen diese beyde gehört; dies. 1715 Br. U 603 Ich meinte ma tante würde sie über unßer dialogue zu börsten lachen; Wieland 1764 Don Sylvio I 220 ein weiblicher dialogus (DWB N.); Goethe 1767 Br. (WA IV 1,119) übrigens

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Dialog

hielte ich einen kleinen Dialog, mit meinem Mädgen, an der Kiichentühre; Lessing 1778 Axiomata (S. Sehr. XIII 128) Ich will des Hrn. Pastors vermeynte Widerlegung, und meine Antwort, in eine Art von Dialog bringen, welcher der Kanzeldialog heißen könnte . . ich unterbreche den Hrn. Pastor: aber . . er redet fort . . Also: Ein Dialog und kein Dialog; Goethe 1785 Meister I 69 zum dialog hingegen war er gar nicht eingerichtet, ihm war nicht leicht gegeben sich in die gesinnungen der anderen zu versetzen (DWB N.); Abel 1786 Seelenlehre 189 es ist eine mündliche Unterhaltung, wo einer mit sich selbst oder mit andern spricht, jenes im Selbstgespräch, dieses in Dialogen; Bretzner 1788 Leben III 31 mit einem Kuß und einer Umarmung . . einen Eindruck auf sie machten, der lauter und günstiger für den Verführer sprach, als ellenlange Monddialoge, mit Ach und Weh und Seufzern und Thränen; Sulzer 1792 Theorie I Vorr. 23 Dialogue, (Redende Künste) . . Gespräch; Feuerbach 1841 "Wesen 247 beten heißt: sich sammeln, den zerstreuenden dialog des lebens in den ernsten monolog der Selbstbesinnung übersetzen (DWB N.); Dingelstedt 1878 Bilderbuch 66 statt des Dialogs erhalten wir Debatten, Anspielungen für Wahrheit, Parteimeinungen statt für Charaktere; 1888 Grenzboten ¡II 414 Andre . . kleideten ihre ästhetischen Abhandlungen in Dialogform; 1896 (Briefw. Burckhardt-Wölfflin 106) wenn Sie das stumme Gespräch zwischen diesen Beiden . . in einem netten Dialog fingieren wollten; Rilke 1897 S. W. 1145 Und das sind Wünsche: leise Dialoge täglicher Stunden mit der Ewigkeit; Eckstein vor 1900 Schulhumoresken 101 wir dürfen's [ein Thema] also in dialogform behandeln (DWB N.); Presber 1912 Von Ihr 161 Und was fürchten Sie von meiner Dialogführung? Daß ich von Hitze reden würde?; Rilke 1924 S. W. II 495 Dialog — Hülf mir aus diesem vielen/ Zögern die Worte entlang; 1940 Münchnerin 95 Der Dialog, den Resi im Boot mit dem Ingenieur hat, gehört zum kecksten Barock des ersten Zusammenschwingens, das je geschrieben worden ist; Frisch 1964 Gantenbein 97 Er erfindet Dialoge, die unversehens das Du ermöglichen; 1967 Presse 5813,5 der dialog mag ohnedies nicht die stärke der Deutschen sein, die disputation und die 'fairneß' gegenüber andersdenkenden (DWB N.); FAZ 25. 5. 1968 Lebenslangen Dialog . . m i t . . Ehepartner ab Ende 40 (Anzeige); Offenhurger Tagebl. 7. 2. 1969 Möglichkeiten zur Fortsetzung des deutsch-sowjetischen Dialogs; Stuttgarter Ztg. 28. 2. 1969 einen entscheidenden Beitrag zu dem Ost-West-Dialog beizusteuern; ND 4. 6. 1974 Zum gegenwärtigen Stand des Dialoges zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik; Zeit 18.1. 1985 eine schlüssige, dialogfähige, ge-

schichtsbewußte Politik; ebd. 17. 1. 1986 Genscher . . fördert eine vorsichtige Kontinuität und die Dialogpolitik; Zeit 7.11. 1986 ist es einleuchtender, von musikalischen Dialogen [beim Jazz] zu sprechen . . Da man . . nie weiß, was kommen wird, hört man diesen kontrastreichen . . Zwiegesprächen mit wachsender Aufmerksamkeit zu; ebd. 30.1.1987 [den] Willen, die Lebenswirklichkeit, die er als widersprüchlich erleidet, in dialektischem Gegensatz oder im Kontrast von Dialogen zu formen; MM 21.1.1989 Der SED-Generalsekretär habe die Bewegung nicht einkalkuliert, die von dem zur Zeit immer dichter werdenden Ost-WestDialog ausgehe; ebd. 18. 7. 1989 in den berühmten intimen Dialogen mit dem Tenorsaxophonisten Lester Young; Frankf. Rundsch. 8.1.1990 Dabei sucht er inzwischen beinahe zwanghaft den Kontakt mit dem „einfachen Bürger", das berühmte „Bad in der Menge" mit Händeschütteln und Nonsens-Dialogen; Spiegel 11.1. 1993 Der Preis für die Mißachtung des Rechts auf eigene Meinung . . wäre hoch: Kontaktverlust, Gegnerschaft, Verlust jeder Dialogbereitschaft, bestenfalls formale Anpassungsbereitschaft im Unterricht; ebd. 14.3. 1994 den „Bürgerdialog" in der Gesellschaft aufzugreifen. In Gesprächsrunden, Netzwerken, im Zusammenwirken mit Bürgerinitiativen und sozialen Bewegungen habe die SPD „eine Moderatorenrolle zu übernehmen" — Devise: „Die SPD wird zum Forum". dialogieren: Gerstenberg 1771 Rezensionen 392 Eine gewisse Anzahl Sprüchwörter zu dialogiren, welche . . den Saamen der Fehler und Laster, welche in ihnen aufkeimen können, sich erstrecken; Herder 1789 Urspr. d. Sprache (S. W. V 47) Ich kann nicht den ersten Menschlichen Gedanken denken, nicht das Erste besonnene Urtheil reihen, ohne daß ich in meiner Seele dialogire oder zu dialogiren strebe; der erste Menschliche Gedanke bereitet also seinem Wesen nach, mit Andern dialogiren zu können!; Goethe 1811 Dichtung u. Wahrh. (HA IX 481) Sodann versichern die feinen Weltund Sprachkenner, er disseriere und dialogiere mehr, als daß er eigentlich konversiere. Jenes ward als Erb- und Grundfehler der Deutschen, dieses als die Kardinaltugend der Franzosen allgemein anerkannt. Dialogik: 1949 Wort u. Wahrh. 1158 wenn wir ihn [den Menschen] als das Wesen verstehen lernen, in dessen Dialogik . . sich die Begegnung des Einen mit dem Anderen jeweils verwirklicht und erkennt. dialogisch: Herder 1769 S. W. III 392 so wird was bei Addison durch den dialogischen Contrast be-

Dialog stimmt und gemildert wurde, bei ihm, der immer in seinem Namen spricht, und immer in seinem Namen schilt, eine Misgeburt; Batteux 1770 Künste 126 f. ein seltsamer Zusammensatz von rednerischen Blumen und poetischen Kühnheiten und dialogischen Ausdrücken; U bland 1809 (1911 Ehlands Briefw. I 122) Diese völlig heterogenen Gespräche waren aber durch die dialogische Form verbunden; Steffens 1821 Caricaturen 11 428 wir haben dazu [zur Darlegung unserer Ansichten] eine dialogische form gewählt ( D W B N.); 18S2 Prutz Museum II 611 Bedenkt man, wie sehr in solchen Fällen . . die dialogische Form dazu verlockt, sich mit dem Angegriffenen allzuleichtes Spiel zu machen; Morgenstern 1913 Leben 459 und wie man so manchmal dialogisch denkt, antwortete es aus mir ( D W B N.); Steinhausen 1933 Gesch. d. dtsch. Kultur 81 Die meisten Handbücher der Dialektik waren in dialogischer Form abgefaßt; König 1935 Univ. 87 geweckt wird sie [Selbständigkeit der Schüler] in dem Verfahren der lebendigen Wechselrede, durch den sokratischen Dialog . . Das Lehrverhältnis zwischen Lehrer und Schüler ist also dialogisch. Zur konkreten Auswirkung gelangt dieses dialogische Lehren und Lernen vor allem in den Konservatorien, den Examensprüfungen; 1949 Wort u. Wahrh. I 158 Nun hat aber das wirkliche Leben „dialogischen" Charakter, d. h. der Mensch muß irgendwie über sich hinaus transzendieren, wenn er sich selbst verstehen will. Heideggers Dasein aber ist „monologisch"; Benn 1950 Br. 204 Hat die Sprache überhaupt noch einen dialogischen Charakter im metaphysischen Sinne?; Welt 22. 1. 1969 sie wollen auch nicht länger nur „willenlose Befehlsempfänger" sein, sondern ihre Kirche so demokratisieren, daß sie die hierarchischen Strukturen durch dialogische ersetzen . sie wünschen ein Mitspracherecht; Weber 1970 Erziehung o. S. will mitteilen und wirken, und sei es nur auf das andere Ich des Sprechers . . selbst der Monolog hat noch ein verdeckt Dialogisches; 1971-72 Weißbuch O.S. Das militärische Führungssystem ist wie der Kommandoweg hierarchisch gestuft. Das Planungssystem, das alle planenden Stellen des Verteidigungsressorts einschließt, arbeitet nach dem dialogischen Prinzip; Gülich 1977 Textmodelle 124 in der Möglichkeit, Nachfolgesätze danach zu differenzieren . . ob es sich um monologische oder dialogische Sätze handelt; Zeit 22. 3. 1985 ein dialogisches Verhältnis von Lehrenden und Lernenden; ebd. 25. 10. 1985 Der philosophische „Arzt" . . handelt „kommunikativ", strebt „dialogische Problemerkundung und -gestaltung" an; MM 27. 1. 1989 Dies ist ein bedeutender und gefährlicher Eingriff in die Freiheit von Forschung und Lehre und in die dialogische Struktur der theologischen Erkenntnis; Spiegel

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30. 8. 1993 Die dialogischen Beziehungen zwischen Deutschen und Israelis, Judentum und Christentum gehören für mein Gefühl keineswegs der Vergangenheit an; ebd. 14. 11. 1994 Zwei Meinungsführer im historischen Garten. Kein Interview, sondern ein dialogisches Ereignis [mit] voluminöser Kritik und Gegenkritik. dialogisieren: Haym 1870 Romant. Schule 27 Alles Gewaltthätige, was geschieht, erscheint nur als ausgemalte Situation, und die eigentlichen Beweggründe der Handelnden schwimmen lediglich als dialogisirte Phrasen auf der Oberfläche der Geschichte; Riehl 1885 Vortr. ¡1 492 Der Professor auf dem Katheder dialogisiert nicht; er dociert. Er hört immer nur sich selber reden, er hat immer Recht, er behält jeden Tag das letzte Wort; Hocke 1976 Tagebücher 90 f. Pavese dialogisiert nicht in dieser Weise mit dem „Ende". Er findet im Tod auch keinen Trost; M M 9. 1. 1989 Beethovens drittes Klavierkonzert c-Moll bricht bewußt mit der Tradition des virtuosen Solokonzerts zugunsten eines dialogisierend sinfonischen Gesamtcharakters; Zeit 17. 9. 1993 Ob er mit Landschaften und Hunden dialogisiert; M M 14. 10. 1996 in einer delikaten Interpretation, die vor allem das Dialogisieren von Streichern und Bläsern betonte. Dialogist: Herder 1769 S. W. III 392 bei Addison [in einem Dialog über antike Münzen] sprechen drei freunde . . jeder der dialogisten nimmt von seiner seite antheil (DWB N.). Dialog 2b: Lessing 1767 Dramaturgie (S. Sehr. IX 234) die englischen Kunstrichter haben in Colmans Umarbeitung [einer Komödie ] den Dialog fein und lebhaft, und die Charaktere sehr wohl ausgeführt gefunden; ebd. IX 238 ich begreife nicht, wie man eine Scene verkürzen kann, ohne die ganze Folge des Dialogs zu ändern; Herder 1770 Briefw. 1 28 was sind alle Dialogen der französischen Liebestrauerspiele?; Bürger 1776 Br. 1 312 die starke gesezte Sprache, den raschen Dialog hätt ich von einem so jungen Verfasser noch nicht erwartet [von Leisewitz' Julius von Tarent]; Goethe 1797 Br. (WA IV 12,382) so sind die Romane in Briefen völlig dramatisch, man kann deswegen mit recht förmliche Dialoge . . einschalten; Schiller 1801 Br. VI 309 weil ein lebhafter dialog seine [Kotzebues] stärke ist (DWB N.); Goethe 1810 Br. (WA IV 21,256) die sich daranschließenden Quartett-, Orchester-, Dialog- und Hauptproben; ders. 1829 Zweiter röm. Aufenthalt (HA XI 480) Seine Dialogen über die Poesia volgare . . worin er die bessere Lehre vorträgt, sind offenbar eine Frucht arkadischer Unterhaltungen und höchst wichtig in Ver-

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Dialog

gleich mit unserm neuen ästhetischen Bestreben; Schnitzler 1898 Briefw. 83 ich habe sie [das Stück ' D i e Gefährtin'] gekürzt und insbesondere den letzten dialog zu schärfen versucht ( D W B N.); Voss. Ztg. 1. 12. 1929 Der Dialog-Film befindet sich schon heute in einer Krise . . was sollen wir in Deutschland, was soll man in Frankreich mit einem englisch gesprochenen Dialog anfangen; Lokal-Anz. 3.2. 1933 ein Film, dessen Dialog-Sprache beweist, daß es möglich ist, im Tonfilm dem dichterischen Wort gestaltende Kraft zu geben; Th. Mann 1933 Reden u. Aufs. (W. IX 400) als ich schon als junger Mensch in dem Liebesdialog zwischen Lucinde und Julius die ekstatische Replik anstrich; Zuckmayr 1936 G es. W. II 92 ich hatte, für die eigentlichen dialogszenen [eines Schauspiels] einen bestimmten . . prosastil gefunden ( D W B N.); Th. Mann 1947 Faustas (W. VI 205) das . . Werk . . das ihn aber natürlich in musikalisch-technischer Beziehung und besonders noch als Vertonung eines Prosa-Dialogs interessierte; Bab 1954 Kränze 23 [Shakespeares] ganzer dramatischer dialog ist geschaffen aus einer vollkommen schauspielerischen erfassung des menschen (DWB N.); Kästner 1961 Notabene 144 ich beginne mich wieder für mein stück 'die schule der diktatoren' zu interessieren, es machte, jahrelang, so gar kein vergnügen, Szenen und dialoge niederzuschreiben (DWB N.); Zeit 28. 12. !9X4 Mailand hatte sich für die gereinigte Urfassung [der Oper „Carmen"] mit Dialogen statt Rezitativen entschieden; MM Ì2. 9. 1991 Fähigkeit zu sicherer Dialogführung und prägnanter Personenzeichnung; ebd. 19.8. 1995 Manchmal blitzen in dichten Szenen und geistreichen Dialogen die alten Schreibkünste auf. dialogieren: Lessing 1767 Dramaturgie (S. Sehr. IX 282 f.) die Tragödie ist keine dialogirte Gcschichte; die Geschichte ist für die Tragödie nichts, als ein Repertorium von Namen; Herder 1770 Briefw. I 48 ich lese ' M i n n a ' als eine kleine dialogirte geschichte ( D W B N.); Lessing 1778 Anti-Goeze (S. Sehr. X 8) Er ist . . einer Novelle gefolgt . . wo er den ganzen Stoff sich so in die Hände gearbeitet fand, daß er ihn blos zu dialogiren, ihm blos die äußere dramatische Form zu ertheilen brauchte; Hermes 1778 Sophiens Reise 1136 die Kunstrichter sagen, daß das Dialogiren schwer ist; (ich glaube es; denn das Wort sieht so griechisch aus;); Engel 1786 Sehr. VII 85 er [Schauspieler] deklamirte und spielte die Rollen, weil sie auch härten dialogirt seyn sollen; Goethe 1795-96 Lehrjahre (WA I 22,177) viele Dramen sind nur dialogirte Romane, und es wäre nicht unmöglich, ein Drama in Briefen zu schreiben; ders. 1816 — 17 Italien. Reise (HA XI 299) ich hoffte, in der dialogierten Erzählung seiner Abenteuer, die von den verschiedenen Zuhö-

rern sehr verschieden aufgenommen werden, etwas Künstliches und Erfreuliches zu leisten. dialogisch: Lessing 1756 S. W. XV// 75 tragische Begebenheiten . . wurden . . anfangs, so wie sie erzählungsweise bey dem Dichter [Homer] stehen, gesungen, bis man darauf fiel, sie dialogisch abzutheilen, und das daraus entstand, was wir jezt Tragödie nennen; ebd. XVII 79 ein solches Trauerspiel . . wüde ein dialogisches Heldengedicht seyn; Goethe 1773 Br. (WA IV 2,67) Mangel der dialogischen Verbindungsfähigkeit; Novalis 1798 W., Br., Dokumente III 379 Es scheint mir auch, als ließe sich ein epistolarischer und dialogischer Rhythmus, in dem Verhältnis zu dem lyrischen und dramatischen, wie der romantische Rhythmus zu dem Epischen — recht gut denken; Chrysander 1858 Händel 1 219 das erste quartett in c-moll . . ist ganz dialogisch (DWB N.); Europa 19.1.1905 jede Szene führt ein monologisch-dialogisches Einzeldasein für sich ganz allein; Th. Mann 1947 Faustus (W. VI 421) Als es die Bearbeitung der Fabeln für die Puppenbühne, ihre Umformung ins Dialogische galt; ebd. VI 497 diese nie erprobte Auflockerung des Vokalkörpers ins gruppenmäßig geteilte und verschränkte Widereinander, ins Dramatisch-Dialogische und in Einzelrufe; Büschenstein 1967 Idylle 25 f. Das dialogische Element der Ekloge legte eine szenische Darstellung ebenso nahe wie das epische die Entfaltung zum Roman; Zeit 23. 8. 1985 zwischen Ich-Erzählung, dialogischen Interviews, wissenschaftlichem Referat; Seel 1989 Moderne 56 Die erste Gegenthese ließe sich als These vom dialogischen Charakter einzelner Kunstwerke bezeichnen; Sanders 1992 Sprachkritikastereien 117 [„Plauderton"] ist leserfreundlich bis jovial, pflegt jedenfalls mit Anrede und Einbeziehung der Leser einen dialogischen Stil; M M 9.2.1996 Ein durch und durch beredter Dialog (Überschr.) womit hier das Prinzip des dialogischen „Konzertierens" zwischen Solist und Orchester sinnfällig wiederbelebt wird.

dialogisieren: Goethe 1771 Br. (WA IV 2,11) jetzo studir' ich Leben und Tod eines andern Helden, und dialogisir's in meinem Gehirn; Jenisch 1796 Vergleichung 252 die . . beliebte Gattung der kleinen Erzählungen und der dialogisirten Romane; Spaun 1822 Zilia (I 113) schön dialogisirte Romane, die wegen ihrer Länge bei der Vorstellung ermüden; Simson 1841 Erinn. 67 Auf meine Bitte regte Hübner das Lesen an, indem er Tieck an ein Versprechen erinnerte, ihm und den andern Malern eine dialogisirte Recension von Oehlenschlägers „Correggio" mittheilen zu wollen; Holtei 1858 Erz. XXIX 133 Mindestens zwanzig Dramen wurden so begonnen, entworfen, skizzirt, die ersten Scenen — natürlich in klingenden Jamben — dialo-

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Diamant gisirt; Th. Mann 1928 Reden u. Aufs. (W.X1) Das Buch ist n a c h seiner F o r m ein R o m a n . . es a r b e i t e t m i t fingierten P e r s o n e n , b e r i c h t e t von ihnen, d i a l o gisiert ihre Beziehungen; ders. 1940 Br. 11 134 so e t w a s wie eine dialogisierte m o n o g r a p h i e ( D W B N.); Schuh 1948 Schweiz. Musik 79 im dialogisier e n d e n rezitativ . . h e r r s c h t ein h a r m o n i s c h - c h a r a k t e r i s t i s c h e r k o n z e n t r a t i o n s s t i l ( D W B N.); MM 19. 12. 1986 L a p o r t e h a t den P r o s a - T e x t b e h u t s a m dialogisiert, h a t K a f k a s n ü c h t e r n e D i k t i o n beibehalten. Dialogisierung: MM 17.2.1988 ihr [Zitate] Erk e n n t n i s w e r t ist j e d o c h gering, die B ü h n e n w i r k u n g ihrer D i a l o g i s i e r u n g nicht g r ö ß e r . Dialogismus: Morhof 1682 Unterricht 747 D a d a n n bißweilen d e r D i a l o g i s m u s a u ß g e l a s s e n w i r d / u n d b l o ß der D i c h t e r u n t e r einer E r z e h l u n g dieselbe v o r t r ä g t ; Omeis 1704 Ani. 123 G e s p r ä c h - L i e d e r o d e r D i a l o g i s m i sind, w e n n m a n einige Personen m i t e i n a n d e r r e d e n d e i n f ü h r e t ; Justi 1755 Anweisung 95 u n t e r d e n e n z i e r a t h s f i g u r e n sind . . d i a l o g i s m u s , w e n n m a n den g e g n e r r e d e n d e i n f ü h r t ( D W B N.); Kainz 1941 Psychologie I 219 die h ä u fige V e r w e n d u n g d e r stilistischen figuren des dialogismus und der a p o s t r o p h e (DWB N.). Dialogist: Lessing 1778 Anti-Goeze (S. Sehr. XIII 150) selbst C i c e r o , w e n n er ein b e ß r e r Dialogist gewesen w ä r e , w ü r d e in seinen ü b r i g e n in eins f o r t l a u f e n d e n Schriften so w u n d e r b a r nicht seyn; Süddtsch. Ztg. 17. 2. 1951 die b e k a n n t e R o m a n a u t o r i n . . schrieb d a n n in F r a n k r e i c h Film[-texte]. „In s c h l e c h t e m F r a n z ö s i s c h " . . a b e r d a s m a c h t nichts. In F r a n k r e i c h schreiben h o c h b e z a h l t e Dialogisten jeden D i a l o g n e u .

D i a l o g i s t i k : Denis oder Gespräch.

Î 795 Emi.

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Dialogistik

dialogistisch: Wieland 1754 Timoklea (Suppl'bd. IV 38) Versuch . . in d e r dialogistischen K u n s t ; 1754 Gleim-Ramler II 110 dialogistischen Ausd r u c k ; Meiners 1775 Sehr. I 18 D i a l o g i s t i s c h e Form.

Dialogizität: Seel 1989 Moderne 60 So t r e f f e n die drei o b e n h e r v o r g e h o b e n e n C h a r a k t e r e d e r Kunst — D i a l o g i z i t ä t d e r Werke, P l u r a l i t ä t der Stile, m ö g liche K o n t i n u i t ä t d e r ä s t h e t i s c h e n S p h ä r e n .

D i a l o g 3: Zeit 3. 5. 1985 D a s P r o g r a m m w ä h l t a u s einem v o r g e g e b e n e n W o r t s c h a t z Bausteine a u s — n a c h Z u f a l l s r o u t i n e n o d e r v o r g e g e b e n e n „Assoziat i o n s s t r ä n g e n " (die v o m P r o g r a m m i e r e r vorgegeben sind). Es k o n j u g i e r t r e g e l m ä ß i g e u n d unregelm ä ß i g e Verben, bildet die Fälle u n d h a t eine N e b e n s a t z - U n t e r r o u t i n e u n d einen D i a l o g - M o d u s , in d e m mit d i r e k t e r A n r e d e f o r m g e a r b e i t e t w i r d ; MM . 29. 3. 1989 d e r F i r m a M e d i a l o g . . die im K o m m u n i k a t i o n s b e r e i c h w i r k t u n d neben a n d e r e m C o m p u t e r p r o g r a m m e e n t w i r f t , die J u g e n d l i c h e n bei d e r B e r u f s b e r a t u n g im A r b e i t s a m t d i e n e n ; ebd. 9. 9. 1989 T E D (Teledialog) heißt d e r p o p u l ä r e R e c h n e r h i n t e r d e n Kulissen, d e r G u n s t o d e r M i ß fallen des P u b l i k u m s registriert; Spiegel 11.4. 1994 Z u viele a n g s t e i n f l ö ß e n d e , b e d r o h l i c h e Bildschirmb o t s c h a f t e n , zu viele b e s c h e u e r t e T y p e n . . reichlich M a c h o - G e h a b e im N e t z d i a l o g ; MM 16.3.1996 Auf d e r g r ö ß t e n C o m p u t e r m e s s e d e r Welt ist d e r erste O n l i n e - D i a l o g a n g e k ü n d i g t , bei d e m Bilder, T o n u n d Text ins w e l t u m s p a n n e n d e Internet ü b e r spielt w e r d e n . IN

D i a m a n t M . (-en, früher auch -(e)s; -en, früher -e), im frühen 13. Jh. entlehnt aus altfrz. diamant, demant (< flekt. Form von mlat. diama(n)s/spätlat. diamas, wahrscheinlich in Anlehnung an griech. Präfix-Komposita wie διαφανής durchscheinend' gebildet mit griech. δια- '(hin-)durch-' zu flekt. Form von lat. adama(n)s/ griech. άδάμας 'äußerst harter Stoff, Stahl, D i a m a n t ' , eigentlich 'der unbezwingbare Stein', aus negierendem α- (—• a-Präfix) und δαμνάναι 'bezwingen'; vgl. ital./span. diamante). Anfangs in Schreibungen wie (mhd.) Dîemant/Diemant, Dymant, Demunt (vgl. auch a h d . / m h d . Adamas, Adamant), bei Luther und bis ins 20. Jh. in poetischer Sprache in Nebenformen wie (mittelniederdtsch.) Demant/Demant und Demu(n)t, Demuot/Dêmuot, seit spätem 13. Jh. eventuell unter Einfluß von frz. diamant/ital. diamante zunehmend in der heutigen Form. a Bezeichnung für ein als Rohstoff vorkommendes, aus reinem Kohlenstoff kristallisiertes, extrem hartes Mineral und äußerst wertvolles Edelgestein (s. Belege um 1340, 1831, 1879, 1931, 1933, 1990), zunächst speziell für den einzelnen hieraus

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Diamant

durch Feinschliff verarbeiteten, meist farblos-klaren und stark lichtbrechenden (Schmuck-)Stein (s. Belege um 1220, 1. Hälfte 14. J h . , 1421, 1791, 1964), sowie für das daraus hergestellte Schmuckstück (s. Belege 1 7 2 1 - 2 2 , 1770, 1849, 1910) (vgl. Rubin, Smaragd, Saphir und Brillant, —• brillant), häufig in Wendungen wie edler, harter, strahlender, blitzender Diamant, mit Diamanten besetzt, namenartigen Syntagmen wie Schwarzer, Blauer, Sächsischer Diamant und mit Partnerwörtern in Aufzählungen wie Türkis und Diamant, Saphire, Brillanten und Diamanten, als Bestimmungswort Diamant(en)- in Zss. wie Diamantkristall, -splitter, -fund, -vorkommen, -stein, -glas, -staub, (mit Grundwörtern zur Bezeichnung von Örtlichkeiten, Tätigkeiten und Werkzeugen im Zusammenhang mit Gewinnung, Bearbeitung und Verkauf) Diamant(en)feld, -grübe, -mine, -förderung, -Schleiferei, -polierer, -sucher, -Wäscher, -schliff, -mühle; -säge, -bohrer, -borse, -markt, -handel, -Schmuggel, (von Gegenständen und Schmuckstücken) Diamant(en)brosche, -ring, -kette, -geschmeide, -kollier, -schale, -schmuck, (mit nach dem Erscheinungsbild geprägten naturkundlichen Namen, nur gebucht) Diamantbarsch, -käfer, -fasan, -fink, -kraut, -Schildkröte; in adj. Zss. wie diamant(en)ähnlich, -fest, -hart, -hell, -klar, -scharf, -glitzernd, -strahlend, -behängt, -besetzt, seltener als Grundwort in Roh-, Natur-, Fabrik-/Industrie-, Schmuckdiamant. Daneben auch (im Sinne eines pars pro toto) als Bezeichnung für einen Glasschneider, der aus diesem Material hergestellt wird (s. Beleg 1898). b Von Anfang an vor allem in der poetischen Sprache (bes. der Barockzeit) bildlich bzw. in Vergleichen (s. Belege 1481, 1768, 1 8 1 5 - 1 6 , 1829, 1958, 1990) oder übertragen verwendet, speziell von Gefühlen, Personen und Gegenständen im Hinblick auf ihre Seltenheit/Einzigartigkeit, ihren hohen Wert, ihre Beständigkeit, Verläßlichkeit, Unvergänglichkeit o. ä. (s. Belege 1 2 7 1 - 8 6 , 1314, 2. Hälfte 17. Jh., vor 1678, 1699, 1861, 1989), in Wendungen wie beständig, unvergänglich wie ein Diamant, und vor allem er ist wie ein roher, ungeschliffener Diamant, selten als Bestimmungswort in Zss. wie Diamantgewölbe, -luft/-brise, -träne (vgl. auch Schwarze Diamanten als metaphorische Bezeichnung für die wertvolle Trüffel oder Kohle; s. Belege 1910, 1930, 1960), daneben auch als Sinnbild für Härte und Kälte (s. Belege 1672, 1683, 1885), z. B. hart wie/härter als ein Diamant (sein); Diamantherz, diamanthart. Dazu die seit Ende 15. J h . nachgewiesene adj. Ableitung diamanten, zunächst in (Schreib-)Formen wie demanten, diemueten, diamantin, demantin, diamanden, in der Bed. 'mit Diamanten versehen, besetzt' (s. Belege 1496, 1663, 1763) und 'aus Diamant(en) bestehend' (s. Beleg 1989) (zu a), auch bildlich 'die Eigenschaften, Schönheit eines Diamanten aufweisend', zum einen im negativen Sinne von 'harth e r z i g ) ' (s. Belege 1592, 1683, 1704), zum anderen im positiven Sinne von 'glänzend, strahlend, rein, klar' (s. Belege 1653, 1924, 1991) und 'beständig, unvergänglich, verläßlich, fest, dauerhaft (wie ein Diamant)' (s. Belege 1819, 1860, 1899, 1988), z. B. (wie) von einer diamantenen Kette geknüpft, von einem diamantenen Schild geschützt, diamantene Hochzeit, diamantenes Jubiläum (zu b), gleichbed. mit vom späteren 16. bis Ende 19. J h . selten nachgewiesenem diamantisch (zu a und b); in jüngster Zeit vereinzelt die (wohl analog zu Bibliothekar, Sekretär usw. gebildete) Berufsbezeichnung Diamantar M . (-s; -e) 'Diamantenhändler' (zu a). Diamant a: Walther v. d. Vogelweide um 1220 (Lachmann-Ausg. LXXX 35) den dîemant den edelen stein/ gap mir der schoensten ritter ein; Volmar

Mitte 13. Jh. Steinb. 289 ein stein heizet diamant; um 1340 Minneburg 597 daz frawen bilde von stahel ciar/ und dyamant gesmidet rein; 1. Hälfte

Diamant 14. Jh. Friedrich v. Schwaben 6801 manig edel diemant ( D W B N.); IS. Jh. Fastnachtspiele 7 6 2 Die deck ist vorn gestept an der stirn/ Mit hundert diamanten, mit hundert saffirndiamanten; ebd. I 763 vorn dran ain schwarzer diamant; um 1400 Hugo v. Montfort XXVI11 601 der burgberg ist ein diamant,/ luter als ein Spiegel ( D W B N.); Rothe 1421 Düring. Chronik 96 eyne güldene krone do stunden uffe grosser demand (DWB N.); Volkslied 1450 (Liliencron I 429) Der adel ist ein scharpfe gert,/ der uns umb unser ubel straft;/ ir herz hat eins diamenten hert; Dürer 1506 Br. an Pirkheimer 48 Wann mam will mir hie zu Fenedich . . um den Schmarall . . 12 Dukatn geben und um den Rubin und Demunt 10 Dukaten geben, daß ich dannoch über zween Dukaten nit verlieren darf; ebd. 51 Ich hab an eim Ort erfahren ein guts Demuntbündle [bandartiger Diamantenschmuck], weiß noch nit, wie inm Geld; Luther 1528 W. (WA XXIII 508) wenn gleich der tempel eytel gold, rubín, smaragd und demand were ( D W B Ν.); Paracelsus 1528 S. W. I 6,46 aber die ring, demanten, smaregdlin, so ir verschenken, ir wisset wol wem, das seind euere beste künst; ders. 1530 S. W. I 8,149 was ist das, das im demant so hart ist? Und was ist das, das im alabaster so weich ist?; ders. 1531 S. W. I 9,74 also kan er auch aus salz den diamanten machen, aus mercurio golt; ders. 1537—38 S. W. I 12,376 so mag uns das doch alles scheinbarlich werden, als wer es in einem Spiegel oder diamant. Rivius 1548 Vitruv. 40a nach der manier der Diamant Spitze vnd ander dergleichen toussierung gehawen; ebd. 238a So der bloe Jaspin in Gold gesoten wid/ bekumbt er die färb ein Diamanten; Küler um 1560 Lebensbeschr. 239 In meiner rott . . Hanns Friess diemuttschneider; Amman-Sachs 1568 Ständebuch 27 Ich aber schneyd Edelgestein Auff meiner Scheiben groß vnd klein/ Als Granat/ Rubin vnd Demut/ Schmarack/ Saphyr/ Jacinthen gut; Schweinicken 1580 Denkw. 230 den 7 maji versetzt ich . . Einen türkis und spitzigen demant vor 14 thlr. (DWB N); Kiechel um 1600 Reisen 156 Ein dymant, wölchen der yezige könig Heinricus aus Franckreüch, als er zu Vönedig gewesen, der sognoria verert; Krafft 1616 Reisen 118 Der weyßte auch dariber mein Ring, die nitt vil darzu gesagtt vnd lüssen vns den Diemandt In einem wunderbarlichen gefösß fürtragen, In einem griennen Seyden Zeug eingewigeltt; 1656 Venus-Gärtlein 91 ein güldnes ringelein, drin ein demant eingegraben (DWB N.); Bucholtz 1665 Herkuliskus 128b ein köstliches kleinot von seiner frau mutter . . welches in gestalt jhres ehmahls geführeten Zeichens aus lauter demant zusammen gesetzet und in gold verfasset war ( D W B N.); Elis. Chart 1700 Br. 1 191 Ihr habt gar woll gethan, zu wartten, biß der landtgraff wider zu Cassel sein wirdt undt den erst

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von den demanten sprechen, so ma tante von Tränte ihre herrn söhnen hinterlaßen hatt; Abschatz 1704 Blumen 45 Diamant und harter Stahl; Wernicke 1704 Versuch 129 Böhmischer Diamant; 1721—22 Discourse d. Mahlern 43 die Finger voll Demanten, Jaspis und Saphiren; Bodmer 1746 Mahler I 154 bey den kleinen Kindern, bey welchen die gläntzenden Dinge einen grössern Eindruck machen, als die kostbaren; von ihnen wird gemahletes Spiegelglas mit dem köstlichsten Diamanten in eine Linie gestellt; Geliert 1770 S. Sehr. VI 197 Folge ihm in sein Zimmer, wo er sein Ordensband, sein blendendes Kleid, seine blitzenden Diamanten ablegt; Archenholz 1787 England I 87 Viele derselben [Bischöfe und Oberrichter] hatten ihre Kleidung mit Knöpfen von Diamanten besezt; Weide 1789 Beytr. IV 322 Diamantpolirer . . oder Facettirer; Lichtenstein 1791 Aphorismen IV 130 die degen, welche die grösten eroberungen machen, sind die mit demanten besetzten ( D W B N.); Beckmann 1800-1805 Erfindungen V 82 daß der Diamant damals noch gar nicht bekant gewesen sey; Wähler 1831 Grundriss 57 die kohlensaure entsteht durch verbrennen von diamant, graphic, gewöhnlicher kohle und kohlenstoffhaltigen körpern ( D W B N.); Freytag 1846 Valentine I 223 Diamantenschmuck; Cuendias 1847 Spanien 67 „schwarzen Demanten"; Marx 1849 MEW VI 478 wie er . . die Krondiamanten ebendieses Königs um ein billiges der französischen Republik abkaufte; Villamaria 1873 Manon 179 selbst als der prachtvolle Diamantring jetzt in völlig neuer Fassung an meinen Finger gesteckt wurde; Redtenbacher 1879 Mechanik 90 der crystallisirte Zustand so vieler Substanzen der unorganischen Natur . . stellt sich besonders bei den Edelsteinen dar. Der Demant, der Rubin, der Smaragd und Topas; Suttner 1896 High-life 167 der Spiegel, der die diamantringgekratzten Namenszüge so vieler belles petites trug, mußte durch einen neuen Venezianerspiegel ersetzt werden; Hochstetter-Bisching 1898 MG. 47 „Diamantbort" zum Schleifen von Diamanten . . Bortdiamanten sind innere Diamanten; 1903 Preuss. Jahrb. CXIV 295 f f . Die südafrikanische DiamantIndustrie; Wassermann 1910 Masken 179 in New York versicherte mir eine junge Milliardärin, Perlenketten seien vornehmer als Diamanten; Sternheim 1918 Chronik 11 227 Tee- und Reisernten, tropische Gewächse und Diamantwäschereien; Beri. Morgenpost 11.1. 1931 Diamant — das war bis tief ins neunzehnte Jahrhundert hinein der Inbegriff aller Kostbarkeit. Nur zufällig fand man in Indien und in Brasilien den wunderbar kristallisierten Kohlenstoff; den wir Diamant nennen und dessen sprühender Glanz die Menschen bezaubert; Beri. Illustr. Nachtausg. 23. 1. 1933 jenes geheimnisvollen Flusses, der in den Gehirnen der Dia-

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Diamant

mantsucher spukte; Lokal-Anz. 7. 7. 1933 Bei dem Wort „Diamant" denkt man unwillkürlich an blitzenden Schmuck, an herrliches Geschmeide, für das man in den heutigen ernsten Zeiten weniger als früher Verwendung hat. Was haben da noch . . Diamantschleifereien zu tun . .?; Tb. Mann 1933-43 Joseph (W. ¡V/V 782) die Schale ist aus härtestem Holz, schön gebeizt, und hat einen Schlitz. . daraus biegst du die diamantscharf schneidende Klinge hervor; Münch. N.N. 29.4.1940 Der Topas von Schneckenstein (seines großen Lichtbrechungsvermögens wegen auch der sächsische Diamant genannt); Münch. Abendztg. 16. 6. 1944 Wolfram eingesetzt . . zur Herstellung von fast diamantharten Werkzeugen; Siiddtscb. Ztg. 12. 1. 1962 Er strahlte 200 Jahre in München (Überschr.) Der „Blaue Diamant", einer der schönsten Edelsteine der Welt, der sich bis 1931 in der Münchner Schatzkammer befand, wurde dieser Tage von einer Antwerpener Diamantenfirma für zwei Millionen Mark erworben; Welt 20. 1. 1964 Weder kriminalistische Schlüsse über die Verwendung von Tulpenzwiebelkatalogen oder Metronomen noch eine besondere Spürnase für Diamantenschmuggel haben zu dieser Erkenntnis geführt; Bild 25. 2. 1967 [Die verstorbene Filmschauspielerin Martine Carol] hatte ihren diamantbesetzten Ehering, eine Diamanten-Halskette und eine rubinbesetzte Brosche mit ins Grab bekommen; 1967 Urania I 35 Diamanten von Kugel- oder Zylinderform wurden von sowjetischen Ingenieuren zur spanlosen Oberflächenbearbeitung von Werkstükken aus beliebigen Metallen eingesetzt. Die „Diamantbügeleisen" verringern den Arbeitsaufwand um etwa 65 Prozent; Zeit 14. 2. 1986 Das meiste Licht kommt aus dem Rathaus, dringt durch die vielkantige, an Diamantschliff erinnernde Glasfassade ins Freie; ebd. 19. 12. 1986 die diamantbesetzten Uhren, nerzgefütterten Trenchcoats, initialgeschmückten Koffer haben wir ja langsam satt; MM 27. 4. 1989 Am Beispiel des synthetisch hergestellten Industriediamanten wird deutlich, welche Energiemassen bei derartigen Naturereignissen aufgetreten sein müssen . . Nur der Diamant selbst, das aus purem Kohlenstoff bestehende härteste Material der Welt, kann dem rohen Diamanten beikommen. Aus gemahlenem Diamantstaub und Öl verfertigt das Handwerk deswegen eine schmierige, dunkelgraue Paste, die der Schleifer etwa alle 20 bis 30 Minuten auf die kreiselnde Kupferscheibe aufträgt; taz 19.12. 1990 Reiner Kohlenstoff . . existiert nur in zwei Formen, glaubten die Chemiker bisher: In Schichten übereinandergestapelt als Graphit und zum Tetrahedron kristallisiert als Diamant; Spiegel 29. 8. 1994 Diamanten strahlen pink (Überschr.) Weißstrahlend und glasklar blitzte es stets, wenn Reiche und Schöne ihren Dia-

mantenschmuck zur Schau trugen; nur lupenrein farblose Diamanten schienen von hohem Wert, der Rest ging als mindere Industriediamanten-Ware weg. Jetzt stellen farbige Diamanten, in Tönungen von Flieder über Stachelbeere bis zum klaren Rot, die herkömmlichen Glitzerdinger in den Schatten. Diamantär: MM 27. 4. 1989 zaubert . . zwei gelblich schimmernde, elf und zwölf Karat schwere Diamant-Marquisen, unscheinbar in ein Plastikschächtelchen verpackt, auf den Tisch. Wunderschön findet der Diamantär seine Prunkstücke. Wo doch zwei „Zwillingssteine", dem Augenschein nach identische Diamanten, in dieser Größenordnung so selten sind; ebd. Wo edle Steine ihren letzten Schliff bekommen (Überschr.) Ein erlesener Zirkel von Diamantären pflegt in Idar-Oberstein den Handel mit den edlen Naturstoffen. Jeder kennt jeden und alle verbindet der Stolz auf die hier ansässige einzige Diamant- und Edelsteinbörse Deutschlands. diamanten: 1496 Chroniken d. dtsch. Städte (Landshut) X V 341 mit einem diemueten ring (DWB N.); 1638-50 Gedichte d. Königsberger Dichterkreises 187 kein Diamanten Thor, kein Schloss, kein Fels, kein Hochmuth; Gryphius 1663 Lustsp. 72 die diamantene hutschnur und das gehencke sind allein ein zehn oder zwölfftausend reichsthaler werth (DWB N.); Götz 1763 Gedichte 83 diese demantenen Ohrgehänge (DWB N.); Weisse 1767 Beytrag II 270 ein Paquet, mit etliche hundert Thalern in alten gehenkelten Dukaten und Schaustücken, und einem diamantenen Schmuck; Matthisson 1828 Polydora (Nachlass I 188) Die Griechischen und Römischen Dichter brauchen das Wort adamantinus, nach seiner Etymologie, für eisern und stählern. Es gehört daher zu den groben Unschicklichkeiten, wenn man, dem Horaz nachzuahmen, von diamentenen Pforten, Ketten und Riegeln spricht; taz 29. 5. 1989 würde . . ihnen . . am liebsten das goldene Mutterkreuz in diamantener Schatulle überreichen; ebd. 19. 7. 1989 Die Flügel sind aus Rasierklingen gefertigt und bewegen sich in diamantenen Kugellagern. diamantisch: Fabricius 1568 Chronik 4a wegen eines sehr hohen demantischen felses, oben außgespitzt (DWB N.). Diamant b: Ulrich v. Etzenbach 1271—86 Alexander 6719 Sisenes, der triuwe ein diamant,/ an dem man nie untriuwe vant (DWB N.); 1314 Johann v. Würzburg 4090 auch müz er [Mensch] ane schant/ gelich dem dyamant/ sin an rehter küschekait

Diamanr ( D W B Ν.); 1481 Volks- u. Schwankb. il 269 der harnasch was als hoertt als ein d y o m a n t ( D W B Ν . ) ; 1582 Ambraser Liederbuch 196 mein schöner d i a m a n t und höchste krön; Hilarius Lustig v. Freudenthal 2. Hälfte 17. Jh. Lieder-Büchlein LXVI 8 Indessen wirst du treu verbleiben,/ und wachsen an beständig seyn,/ dir will ich mich auch einverleiben,/ wie harter Diamantstein,/ hier ist mein Sinn, hier ist mein Hertz,/ Ade! O weh! Das bringet Schmerz; Grimmelshausen 1672 Vogelnest 219 daß ihre Kräffte in einem nun durch die Augen deren/ so sie auffgefangen/ in das innerste der Hertzen tringen müssen/ selbige mit Liebe zu fesseln/ und Sölten sie gleich von hartem Stai/ ja gar von kaltem Crystall und D i a m a n t gewesen seyn; Butschky vor 1678 Rosen-Thal 810 die seelc eines vernünftigen christen ist ein köstlicher diamant ( D W B NO; Grillandus 1683 Polit. Hasen-Kopff 106 m a n c h e von Liebe Eis-kalte und D i a m a n t e n harte D a m e n - B r u s t ; ebd. 386 ihr hartes D i a m a n ten-Hertz; Abr. a S. Clara 1699 Etwas 1 7 was unter den steinen der diamant . . das ist unter den menschen ein lands-füerst ( D W B NO; Lessing 1768 Br. antiqu. Inh. (S. Sehr. X 280) die ihren Geliebten so gern Augen von D i a m a n t e n , Lippen von R u b i n , Z ä h n e von Perlen, eine Stirn von Helfenbein, und einen Hals von Alabaster geben; Brentano 1815-16 W. XII 1,237 die aeuglein sind wie diamant,/ die zähne perl und elfenbein; 1829 Grabbe (I 443) wie dunkelblau der äther, und wie hell/ die sonne, gleich dem diamant im finstern (beide D W B NO; Vischer 1861 Krit. Gänge N.Ell 17 ein Frauenbild zu trüben, das in aller Poesie als ein D i a m a n t von reinstem Wasser leuchtet; Jung 1880 Zustände 86 bloße ereignisse sind nur die armselige, dünne schnür, das band, an welchem sich . . die diamanten der ideen aufzureihen haben ( D W B NO; Νordau 1885 Paradoxe 78 dieses Gemisch blödsinnigen Dünkels, alberner Ziererei . . dem a n t h a r t e r Selbstsucht und schlichter D u m m h e i t ; Rilke 1895 S. W. I 20 Lose Lichter haschen spät/ noch sich auf den Dächerkantcn,/ wenn die Nacht schon Diamanten/ in die blauen Fernen sät; Liliencron 1896 Poggfred (XI 153) Wie märchenhafter D i a m a n t e n t r a u m ; ebd. XI 208 D i a m a n t e n m e e r ; Friedländer 1910 Sittengesch. Roms III 67 [Trüffel] in Frankreich als „schwarzer D i a m a n t " gepriesen; Wilke 1930 Erinn. 114 „ D i a m a n t e n der K ü c h e " [„Truffes en serviette"]; Dürrenmatt 1958 Versprechen 32 von den tosenden bäumen fielen immer noch g r o ß e silberne tropfen, glitzerten wie diamanten ( D W B NO; Süddtsch. Ztg. 4. 7. 1960 Die Schwarzen D i a m a n t e n O b e r b a y e r n s (ÜberschrO Keine Sorgen mit der heimischen Kohle; ebd. Ztg. 21. 1. 1961 Bei herrlichem Wintersonnenschein fiel sogenannter „ D i a m a n t e n s t a u b " aus wolkenlosem H i m m e l . Die Nadeln . . bestanden aus mehereren

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aufeinandergefrorenen Kristallen; taz 10. 10. 1989 Schirmherr über 6 2 J u b e l p a a r e : G o l d , D i a m a n t , Eisen, G n a d e n ; ebd. 18. 6. 1990 D e r Film wirkt wie ein roher — naja, vielleicht nicht grade Diamant, aber doch wie ein liegengelassenes, vergessenes Kleinod, das plötzlich bei Licht seine Strahlkraft zeigt. diamanten: Rathgeb 1592 V. Kriegssachen 5 wo n o c h jemands were/ der nur ein füncklein Christlicher Liebe im Herzen hatte/ dises s o k e genug seyn/ selbiges (da es schon D i a m a n t i n wer) zuerweichen; 1608 Standtb. Eia in einem reich und monarchey, die . . nicht mit einer demantinen ketten . . verknüpffet ist ( D W B N.); Rist 1653 Friedejauchzende Teutschland 83 ich schwehre ihm bey den diamantinen äugen meiner unvergleichlichen göttinnen ( D W B NO; Grillandus 1683 Polit. Hasen-Kopff 140 Diamandenen Hertzen; Abschatz 1704 Blumen 26 demantner Sinn; Wieland 1752 Natur 8 das diam a n t n e band,/ durch das die Wirkungen sich an die ursach schließen ( D W B N.); Schummel 1779 Spitzbart 181 dringen da gar oft ein paar gesalzne T h r ä n e n durch, w o Stoß und H i e b , wie von einem diamantenen Schilde zurückprallen; Goethe 1794-1805 Br. VI 271 man sieht sich selbst und das fratzenhafte Französische Weiberbestreben im (diamantnen-adamantinen) Spiegel ( K E H R E I N ) ; ders. 1811 Dichtung u. Wahrh. (HA X 20) indem er auszuweichen schien , wendete er auf einmal eine g r o ß e Ansicht, a u f welche der beschränkte Gegner niemals denken konnte, wie einen diamantnen Schild hervor, und wußte denn doch das daher entspringende Licht so angenehm zu mäßigen, d a ß dergleichen M e n s c h e n , wenigstens in seiner G e g e n w a r t , sich belehrt und überzeugt fühlten; Arndt 1819 S.W. V 70 der fels, auf dem ich stehe,/ der diamanten ist,/ der n i m m e r mehr kann w a n k e n ( D W B N.); 1860 Busch (1 241) seine lippen, fest geschlossen,/ bergen die demant'nen zähne ( D W B NO; Seidel 1899 Erz. Sehr. I 45 ein fest von ganz unbeschreiblicher Seltenheit, gegen das eine diamantene hochzeit einfach verschwindet ( D W B NO; Gothein 1914 Gartenkunst 1 213 In der M i t t e erhebt sich auf einer Schale . . eine Säule von diamantenem Aussehen mit einem goldenen Kapitell; Th. Mann 1924 Zauberberg (W. III 378) Kristallisches Geflimmer, diamantnes Glitzern herrschte weit und breit; ebd. III 651 das wenige Licht reichte hin, die durch das Schneeabenteuer wunderlich entstellte Gegend weithin diamanten aufglit7.ern zu lassen; Grass 1962 Blechtrommel 123 der . . meine diamantene S t i m m e wie das natürlichste Geschehen h i n n a h m ; taz 25. 8. 1988 Dann müßte das Tuch aus Seide sein, und nicht aus Viskose, und M e d j n u n s Dichterträne wirklich diamanten; MM 1. 3. 1989 eine Woche später, am 3 0 .

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Diarium

April, findet in der Trinitatiskirche die goldene und diamantene Konfirmation der evangelischen Jungbuschgemeinde statt; ebd. 3. 8. 1989 Sie werden dabei auch jene Mitbürger begrüßen, die in diesem Jahr ihre goldene, diamantene oder gar die eiserne Hochzeit feiern; taz 21. 1. 1989 Der Schrei der Stille war wie die Brandung diamantener Wogen; ebd. 28.2.1991 Ein rhetorisch brillantes Stück, fürs Theater geschrieben, wo der diamante-

nen Beschaffenheit der Sprache und ihrer absurden Wendungen die Kargheit der Bühne entspricht. diamantisch: Scbeuchzer 1711 Physica II 69 disen himmel bildete sich aristoteles mit seinen anhängern ein, als were er von crystallinischer oder gar demantischer härte; Dehmel 1893 Aber d. Liebe 202 niemals sah ich die nacht beglänzter,/ diamantisch reizen die fernen (beide D W B N.). IN

Diarium N. (-s; Diarien), Mitte 16. Jh. entlehnt aus gleichbed. lat. diarium (zu dies 'Tag'), anfangs häufig mit lat. Flexion. Bildungsspr. im Kanzlei-, Kaufmanns- und Schulwesen in der Bed. '(Hand-)Buch, dickeres (Schreib-)Heft mit festem Einband, in dem Tag für Tag etwas festgehalten wird, Verzeichnis, Register für tägliche Einträge, (Reise-, Geschäfts-, Schul-)Tagebuch' (vgl. Kladde, Kalendarium, —» Kalender, —• Chronik), in Wendungen wie ein Diarium führen, halten, (er)stellen und in der vereinzelten Zs. Reisediarium, seltener als Bezeichnung für den Vorgang der täglichen Aufzeichnung von Begebenheiten, des chronologischen Berichtens über bestimmte (historische, politische u. ä.) Ereignisse (s. Belege 1633, 1677, 1756, 1810), seltener private Zustände oder Befindlichkeiten (s. Beleg 1798), auch (als Name) für Zeitungen, Periodika, die solche Aufzeichnungen enthalten oder daraus bestehen (s. Belege 1695, 1714, 1887; —» Chronik, —• Journal); heute nur noch in der Publizistik und der Geschichtsschreibung eher archaisierend verwendet. Dazu seit Mitte 18. J h . die vereinzelt bis heute nachgewiesene Personenbezeichnung Diarist M . (-en; -en), auch Diaristin F. (-; -nen) 'Tagebuchschreiber/in; Geschichtsforscher/in' (vgl. Chronist/in), und in neuerer Zeit vereinzelt die subst. Ableitung Diaristik F. (-; Pl. ungebr.) 'Tagebuchschreibung (als literarische Gattung und Quelle der Geschichtsforschung)' (vgl. Chronistik) mit dem dazugehörigen Adj. diaristisch. Diarium: Hedio 1545 Chronica 6c Diarien; Golius 1579 Onomasticon 414 Diarium, Ephemeris, büchlein darin verzeichnet würd, was täglich geschieht; um 1604 (1888 Hanseat. Gesch.-Bl. 31) auf? deme von seinem herrn gehaltenen Diario wörthlich also communicirt und mitt seiner eignen Handt in diß Buch geschrieben (KLUGE 1975); 1633 (Speth 1733 Constanti 96) diarium oder eigentliche von tag zu tag angemerckte beschreib- und benachrichtigung, was gestalten die Stadt Constantz . . belageret worden (DWB N.); Bürster 1647 Schwed. Krieg 47 wie sie in ihrem diario und victorischreiben glorieren; Birken 1669 Ulysses. Vorr. 3a aus denen mit Fleiß gehaltenen Diariis; Francisci 1677 TrauerSaal 11 1193 Die wöchentliche Relationen/ und das Diarium/ vermelden/ man habe . . Nachricht erhalten/ daß er [der Gefangene] durchgehen wollen [sie]; Beer 1683 Sommer-Täge 15 hielten unser sonderlich Diarium, darinnen zu ersehen war, wie einer und der andere sein Leben vollführte; Pickelhäring 1685 Kleideraffe 92 so nahm er sein Diarium,

setzte sich gantz stillschweigend an den Tisch, käuete bißweilen an der Feder; ebd. 104 [Er] griff hiermit nach seinem Diario; Stieler 1695 Zeitungs Lust 55 Was aber die Frankfurterische und Cölnische Blätlein/ oder Journal betrifft/ solche sind mit unsern Zeitungen einerley/ nur/ daß sie anders getauft werden/ und lateinisch auch Diarium genennet werden möchten . . Das Theatrum und Diarium Europäum ist zu weitleuftig und nicht von neuen Sachen/ sondern gehöret zum Geschichtswesen; ebd. 194 Diarium, ein Tagebuch/ welches die Kaufleute ein Journal nennen; Simpert 1701 Diarium oder Reisebeschreibung (Titel); ebd. 7b ein kurtzes Diarium oder Tag-Beschreibung; 1701 Diarium, Oder: Außführliche curiose Reiß Beschraibung von Wien nach Constantinopel (Titel); 1714 Europ. Fama 666 aus dem Wienerschen Diario abcopirte Beschreibung [einer fürstlichen Hochzeit]; Rohr 1718 Staats-Klugheit 40 Dahero ist nöthig, daß er [Landesfürst] alle Suppliquen in ein diarium notiren lasse, selbiges öffters durchlese und auf die

Diarium Ausmachung solcher sachen dringe; 1721 Chronik d. Ges. d. Mahler 19 Wir haben ein ordentliches Diarium stellen lassen, darein wir von dem Ursprung unsres Werckes an, alle die Schritte, die wir gemachet, und alle fata, die uns zugestoßen, sorgfältig zusammentragen; Rohr 1729 Zeremoniellwiss. 2 sondern auch in ein besonder Diarium und tägliches Handbuch allerhand domestica und sein . . Haus angehende Sachen angemerckt; Bengel 1751 Brüdergemeine (Zinzendorf, Materialien II 10,429) verschiedene Diaria von den Heydenboten sind recht anmuthig zu lesen: doch hat man auch Ursachen zu zweifeln, ob das Werk und die berichte so genau zusammen treffen; 1755 Unterrichtswesen Mecklenb.-Schwerin II 240 dergestalt, daß sie [Schüler der Klasse IV] kleine exercitia machen und diese sie in ein Diarium reinlich einschreiben müssen; 1755 Braunschw. Schulordn. I 304 Sie [die Rektoren] sollen ein beständiges diarium führen; Falling 1756 Chronik 2 [Ich habe] diese nachrichten als ein diarium eingerichtet und die geschichte in der zeitfolge, wie sie sich zugetragen, aufgezeichnet (DWB N.); Lichtenberg 1768 Aphorismen I 123 Was würde man von einem Observatoren sagen, der ein solches Diarium drucken ließ, den zwölften habe ich den Mond gesehen, den 13ten darauf die Sonne sehr schön; Geliert 1769 S. Sehr. V 250 Halte Dir bey dem Lesen ein Diarium zu den schönsten Stellen, und übe Dein Gedächtniß an ihnen; 1770 ebd. VII 524 man kann ihn ermuntern, sich das Gelesene in sein Diarium stellenweise aufzuzeichnen, und kleine Anmerkungen dazu zu setzen; Goethe 1772 Br. (WA IV 2,14) Diarium meiner übrigen Umstände; ders. 1779 Br. (WA IV 4,151) bitten Sie doch Ihre Frau dass Sie der Herzoginn meine Reisediarien gelegentlich vorliest; Hippel 1793 Kreuz- u. Querzüge II 213 Ein Tagebuch von jedem Tage seines Lebens in der Art zu halten, daß über Wachen und Schlafen ein besonderes Diarium geführt werde; Kant 1798 Anthropologie 15 bei seinem lange geführten, oft auch unterbrochenem Diarium seines Seelenzustandes; Schaller 1808 Stuziade III l.Vorr. Schreibt Eure gerechten Ursachen zum Zorne tagtäglich ins Diarium; Goethe 1810 Farbenlehre (HA XIV 167) Er gab zuerst ein Diarium einer Reise durch Italien vor dem Jahre 1724 mit Nachträgen heraus; ders. 1816-17 Italien. Reise (HA XI 230) Ein kleines Diarium, das ich beilege, erzählt überhaupt unsere Schicksale. Ich habe nie eine Reise so ruhig angetreten als diese . . Wir haben, wie das Diarium ausweist, auf dieser kurzen Fahrt mancherlei Abwechslungen und gleichsam die Schicksale der Seefahrer im kleinen gehabt; Rolof 1887 Reisebr. 34 Eben lese ich im Diario de Cordoba von heute dem 11. December, daß der Kronprinz nicht, wie angegeben wurde, heute hierher kommt, um von hier

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nach Granada zu reisen, sondern, daß diese Reise aufgeschoben wurde; Bieberstein 1903 Recamier 153 Hier hat man einige Beispiele von dem, was das „Diarium" des Herrn enthielt; Bierbaum 1910 Reife Früchte 94 schrieb in seinem (übrigens langweiligen, weil gar zu eintönigen) diario, das man später im Archive des Schlosses Certaldo alto aufgefunden hat; ebd. 178 Baalbeks „Diarium"/ Hatte nicht Raum mehr für die Weltgeschichte; Th. Mann 1926 Reden u. Aufs. (W. XI o. S.) Ich will, solange ich es noch Stunde für Stunde am Schnürchen habe, das turbulente Diarium dieser neun Tage doch wiederherstellen und festhalten; ebd. XII 9 eine . . nicht ganz gedankenlose Kunstübung hat mich immerhin vor dem Begriff des Werkes, der Komposition zu viel Achtung gelehrt, als daß ich diesen Namen in Anspruch nehmen könnte für einen Erguß oder ein memorandum, ein Inventar, ein Diarium oder eine Chronik; Gebauer 1932 Kulturgesch. 182 Diarium europaeum; Grass 1962 Blechtrommel 168 die ausgediente Trommel ordnungsgemäß . . zu numerieren und die von mir auf einem Zettel notierten Daten und kurzgehaltenen Angaben über den Lebenslauf des Bleches in jenes Diarium zu übertragen, das schon seit Jahren an der Innenseite der Kellertür hängt und über meine Trommeln vom Jahre neunundvierzig an Bescheid weiß; ders. 1963 Hundejahre 61 Brauksei . . verzichtet auf das breitangelegte bild, muß aber darauf bestehen, jenen teil des müllers widerzuspiegeln, der schon auf Amsels diarium abglanz geworfen hatte (DWB N.); Strittmatter 1963 Ole Bienkopp 245 Er zog ein schwarzes Diarium aus der Tasche; ebd. 255 Frieda hat Siegels unqualifizierte Auswürfe in ihrem schwarzen Diarium festgehalten; Hocke 1976 Tagebücher 23 Der Schweizer Henri-Frédéric Amici, der eins der umfangreichsten Tagebücher Europas geschrieben hat, vierzehntausend Seiten, will . . alle Begebenheiten in seinem Leben, alle seine Handlungen, Gedanken und Gefühle, durch sein Diarium „der Vergangenheit entreißen"; Zeit 10. 4. 1987 Die Ehebrecherin gibt sich dem Laster des Schreibens hin und läßt sich in die Welt des „Bösen" treiben, welche da ist bei Henry, im Tagebuch und nicht zuletzt . . im Fremdgehen. Man fühlt sich als Zeuge dieses Diariums an einen Romantitel von Isaac Β. Singer . . erinnert; Spiegel 20. 3. 1995 Zum Geburtstag will der erfahrene Tagebuchführer [Jünger] sich sogar selbst ein neues Buch schenken . . ein wie immer wohlgefiltertes Diarium von 1986 bis 1990. Diarist/in: Lindenborn 1742 Diogenes I 712 Woher wolte ein Diarist in so gewisse Erfahrung gekomen seyn/ weme dermaleins die Kaiser Cron zu Theil fallen werde; Hocke 1976 Tagebücher 30 Tatsache ist, daß Rousseau in England die ersten Entwürfe

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Diaspora

zu seinen „Confessions" schrieb, die fast alle Diaristen Europas von Rang beeinflußt haben; ebd. 224 daß es zum wichtigsten Charakteristikum dieser in so vieler Beziehung einzigartigen politischen Diaristin dieser europäischen Zeitenwende gehört, daß sie immer mehr erkennt, wie . . das gesamte Europa der „Décadence" . . unterzugehen droht; Zeit 21. 11. 1997 Ziemlich regelmäßig fallen Sätze, in denen die Diaristin weniger sich selbst denn ihr in fremden Köpfen entstandenes Selbstbild beschreibt. Diaristik: Hocke 1976 Tagebücher 27 Im totalen Staat könne das Tagebuch das „letzte mögliche Gespräch bleiben" . . doch bleiben für die historische Entwicklung der europäischen Diaristik zwei gera-

dezu elementare Anregungen, die ihren Ursprung aus der europäischen Bewußtseinsbildung herleiten, von besonderer Bedeutung. diaristisch: Hocke 1976 Tagebücher 11 Autoren hingegen, die die diaristische Form nur als Kunstmittel benutzen, werden mit ihren Titeln lediglich erwähnt. Reisetagebücher werden also nur dann beachtet, wenn sie einen persönlichen Bekenntnischarakter haben oder der diaristischen Frühzeit entstammen. Die herkömmliche und spätere Reisetagebuch-Literatur habe ich ganz ausgeschlossen; ebd. 211 Auf diese Art schafft sie in diesem diaristischen Bilderbogen von Geschichte eine intime, aber diskrete Atmosphäre. Über sehr persönliche Dinge schweigt sie sich aus. IN

Diaspora F. (-; ohne Pl.), Ende 18. J h . vereinzelt, seit Mitte 19. J h . kontinuierlich nachgewiesen, zurückgehend auf griech. διασπορά 'Aus-, Zerstreuung; Versprengung', in der Bibel (Septuaginta und Neues Testament) auch 'außerhalb Palästinas lebende Juden/Christen' (zu διασττείρειν 'zerstreuen, ausbreiten, verteilen', aus δια'auseinander' und σττείρειν '(Samen) ausstreuen, säen'), im 19. J h . auch in der eingedeutschten Form Diasper gebucht und vereinzelt Diaspore. Aus der hellenistisch-jüdischen Literatur übernommene, zunächst meist auf religiöse (jüdische, christliche, islamische usw.) Verhältnisse bezogene Bezeichnung für die (Gesamtheit der von der Mutterkirche räumlich getrennten) Gebiete, Lebensräume, in denen Teile einer Religionsgemeinschaft als konfessionelle Minderheiten leben, auch für die Gesamtheit der (dort unter Andersgläubigen lebenden) zerstreuten Mitglieder einer Glaubensgemeinschaft, die religiöse Minderheit (s. Belege 1849, 1882) sowie für deren Zustand, insbes. die Situation der Abgeschiedenheit, des Abgetrenntseins von der Mutterkirche als Existenzform (s. Belege 1907, 1918, 1951, 1961), in Wendungen wie in der Diaspora leben, in die Diaspora gehen, aus der Diaspora zurückkehren, Diaspora des (anderen) Glaubens, evangelische, islamische, russisch-orthodoxe, zweitausendjährige Diaspora, als Bestimmungswort in Zss. wie Diasporaexistenz, -enklave, -kirche, -geschichte, -pfarrer, -lehrer, -gemeinde, -werk und Diaspora-Judentum 'Gesamtheit der dauernd außerhalb des jüdischen Staates (auch des modernen Israel) lebenden Juden'. In neuerer Zeit zunehmend erweitert zur Bezeichnung der vom nationalen/ethnischen, politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, kulturellen Ursprungs-/Herkunfts-/Heimatland, dem (zentralen) Ausgangspunkt räumlich getrennten Lebensbereiche, -gebiete, Wirkungsstätten (s. Belege 1985, 1989, 1991), seltener bezogen auf den Zustand des (in der Fremde) Ausgesetztseins, Fremdseins (s. Belege 1941, 1985; —11 Exil, —» Emigration); in Wendungen wie Diaspora der Kulturen, der Völker, Diaspora von Europa, wissenschaftliche, ökonomische, (außer-)europäische, sozialdemokratische, individuelle/persönliche, geistige, karnevalistische Diaspora; als Grund- und Bestimmungswort in Zss. wie Siedlungs-, Kunst-, Fastnachts-, Wohlstands-, Innovationsdiaspora; DiasporaKroaten, -Russen, -Liste, -Mandat. Dazu in jüngster Zeit die Gelegenheitsableitung Diasporismus.

Diaspora Diaspora: Mueller 1791 Briefw. 25 Bereits offenbart sich dieser politische Weltgeist hie und da in der Diaspora, z. B. in Basel; 1849 Nachr. BrüderGemeine XI 288 daß er [Heiland] nun die segen in unserer diaspora stärker gehen ließ, als je zuvor. Es erwachte ein neues leben (DWB N.); um 1865 Grenzboten XXIV 2,200 Das Judenthum . . durch sein Leben in der Diaspore (SANDERS 1871); Mommsen 1865 Reden u. Aufs. 374 den zahlreichen Bekannten . . in meiner schleswig-holsteinischen Heimat und in der schleswig-holsteinschen Diaspora auseinanderzusetzen; Weiss 1882 Leben Jesu l 17 Diejenigen, welche den Samen des Evangeliums in die Diaspora hinausstrugen, waren theils selbst vielfach Augen- und Ohrenzeugen gewesen; ebd. I 342 seine [der römischen Obergewalt] Gewalt in Religionsangelegenheiten erstreckte sich jedenfalls über ganz Palästina, ja sie wurde . . wohl von der Diaspora anerkannt; Curtius 1883 Alterthum 88 Aber noch immer sind sie, wie die Hellenen an den etruskischen Küsten, Colonisten der Diaspora; Grosse 1896 Ursachen 150 Obschon die konfessionellen Gegensätze längst alle Schärfen verloren hatten, fühlten sich damals, im Jahre 1852, die Protestanten Münchens immer noch nur als geduldet und hielten zusammen, wie in der Diaspora; 1899 Dtsch. Rundsch. XCVU1 66 In der Türkei . . sind die Islamiten gegenüber der christlichen Bevölkerung in der Minderzahl geblieben . . Die Gründe für dieses Zurückgehen . . mögen . . auf den Stand des morgenländischen Christenthums zurückzuführen sein, das, in der Diaspora erstarkt, wenig gedeihlichen Boden für islamische Propaganda bietet; Harnack 1900 Christentum 109 Nicht erst Paulus hat sie begründet; schon vor und neben ihm haben uns unbekannte, namenlose Christen hin und her in der Diaspora Heiden in den neuen Verband aufgenommen; Wernle 1901 Anfänge 16 Anders dachten die Gelehrten, und anders das Volk, anders die Diasporajuden und anders die Palästinenser; Th. Mann 1907 Nachtr. (W. XIII 461) es ist offenbar fehlerhaft, beständig auf die „zweitausendjährige Diaspora" hinzuweisen, und daraus einen Mangel des Judentums an Anpassungsfähigkeit abzuleiten; Suess 1916 Erinn. 210 die Diaspora von Europa; Dombrowski 1919 System l 192 geistigen Diaspora; Heiler 1918 Gebet 398 im judentum des exils und der diaspora (DWB N.); 1919 VjS Sozialgesch. X V 111 die wissenschaftliche Diaspora, die der Krieg seit nunmehr 3 Jahren mit sich gebracht hat; 1929 Preuss. Jahrb. CCXV 375 Durch ihre Regierung vergewaltigte Deutsche gab es vor dem Krieg, von den eigenartig gelagerten Verhältnissen in der russischen Diaspora abgesehen, nur in den Ländern der ungarischen Krone; Reiners 1931 Wirtschaft I 11 Wo Katholiken in der Diaspora,

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d. h. verstreut unter Protestanten leben, ist ihre Geburtenziffer geringer als bei den Katholiken der geschlossenen katholischen Gegenden; Lietzmann 1932 Kirche I 15 die zwölf Stämme werden Palästina wieder in ihren alten Grenzen bewohnen, die Verstreuten werden aus der Diaspora zurückkehren; Th. Mann 1941 Reden u. Aufs. (W. XII 905) Wir warten nicht auf Heimkehr — offen gestanden graut uns sogar vor dem Gedanken. Wir warten auf die Zukunft, — und die gehört einem neuen Weltzustande der Vereinheitlichung und des Erlöschens nationaler Souveränitäten und Autonomien, zu welchem unsere Emigration, diese Diaspora der Kulturen, das Vorspiel ist; Süddtsch. Ztg. 25. 1. 1949 Drei Viertel aller heimatvertriebenen Katholiken wurden in Gebiete geworfen, die als Diaspora bezeichnet werden müssen. In Westdeutschland gilt Schleswig-Holstein als eines der schwierigsten Diaspora-Gebiete; Th. Mann 1950 Reden u. Aufs. (W. XI 318) Beinahe vom Augenblick ihrer Geburt an war die Freiheit ihrer selbst müde und spähte aus nach neuer Bindung, neuer Einschränkung, nach etwas absolut Ehrfurcht Gebietendem, einem zentripetalen Ideen- und Moralsystem. Es stellte sich heraus, daß in der individualistischen Diaspora der Mensch nicht zu leben vermag; Wirsing 1951 Schritt 17 die Diaspora des anderen Glaubens in der fremden Umwelt; Neue Ztg. 17. 1. 1953 Berliner in der „Diaspora" Inach 1945 in Westdeutschland]; Stuttgarter Ztg. 28. 5. 1960 Evangelischer Diasporatag in Aulendorf (Überschr.); 1961 Spiegel Nr. 47 an welchen stellen der bibel wird die diaspora der Völker Israels und die ankündigung der heimkehr erwähnt? (DWB N.); 1961 Festg. a. Leschnitzer 359 Diaspora-Existenz des Judentums; Süddtsch. Ztg. 15. 12. 1961 In der Rolle eines Zuschauers aus der Kunstdiaspora wäre mir die Goldoni-Vorstellung zwar wacker, doch langweilig und überflüssig erschienen; ebd. 29. 6. 1962 „Diaspora in den Ballungsräumen unserer Industrie" und das „Pendlerproblem aus der Sicht der Seelsorge"; Heuss 1963 Erinn 338 waren nach dem Krieg mancherlei neue Organisationen geschaffen worden, „Volksdeutsche", „Grenzdeutsche" im fremden Staatsverband, gelegentlich abgesonderte nationale Diaspora-Gruppen . . eigenwüchsige Siedlungsgebiete aus dem späten Mittelalter (Siebenbürgen), deutsche Streifen an der ungarischen Grenze (Banat) und so fort — wie sollten denn deutsche Überlieferung in Schule, Kirche, Presse erhalten werden?; FAZ 3. 7. 1971 vielseitige, interessante und verantwortungsvolle Tätigkeiten im Diasporawerk der Evangelischen Kirche; Zeit 12. 4. 1985 Vor genau fünzig Jahren hatte Yukawa mit seiner „Mesonen-Theorie", gleichsam aus der naturwissenschaftlichen Diaspora heraus, die Teilchenphysik begründet; ebd. 13. 9. 1985 von all den

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Diät

seltsamen Umständen, die seine persönliche Diaspora ausmachen, ist dieser sicherlich der harmloseste; M M 6. 3. 1989 sogar aus der karnevalistischen „Diaspora" hoch im Norden des Landes, etwa aus Kiel und Lübeck, strömten die närrischen Tänzer; ebd. 16. 3. 1989 im Kreise der evangelischen Brüder und Schwestern, die die Mitchristen aus der europäischen und außereuropäischen Diaspora herzlich aufnahmen, ihnen das Gefühl der Heimat, eines Zuhauses gaben; ebd. 8. 11. 1989 Festivals mit Alter Musik sind inzwischen reich gesät in Deutschland, das einst als Diaspora in Sachen historischer Aufführungspraxis gelten mußte; ebd. 29. 6. 1991 die fliegenden Händler, die zu Hunderten in die Wohlstandsdiaspora D D R einfielen, verdienten sich in den Wochen nach der Währungsunion an den im Qualitäts- und Preisvergleich ungeübten Ostlern goldene Nasen; Spiegel 3. 5. 1993 Als ProServ und Advantage die Tennisdiaspora Osteuropa zu durchforsten begannen, zog I M G sofort nach. Hier gab es Talente noch

zum Sonderpreis; ebd. 7. 6. 1993 Die deutschen Hersteller von Mikroelektronik, Bürokommunikation und Fertigungsautomaten sind international bedeutungslos. Und Deutschland Ost bleibt auf absehbare Zeit eine ökonomische Diaspora; ebd. 27. 6. 1994 Ihr Italien ist es nicht, das dort verliert. Ihr Traum-Italien, die in der Diaspora verklärte Insel, das Land der Glückseligen, das sie schon vor Jahrzehnten verlassen haben — das wird nie verlieren! Diasporismus: Spiegel 7. 3. 1994 ist das zentrale Thema im Buch der „Diasporismus" — eine jüdische Bewegung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Juden vor den Gefahren, die ihnen in Israel lauern, zu retten und sie zurück in die Diaspora zu führen. Der Staat Israel, der errichtet wurde, um ein Zufluchtsort für die Juden zu sein, sei, so der Doppelgänger, zu einem sehr gefährlichen Ort für sie geworden. IN

Diät F. (-; -en), seit früherem 13. Jh. vereinzelt, seit Ende 15. Jh. kontinuierlich nachgewiesene Entlehnung aus mlat. dieta, lat. diaeta 'geregelte Lebensweise' ( < griech. δίαιτα in seiner Bed. 'vom Arzt vorgeschriebene Lebensweise, -einteilung, -Ordnung'), anfangs auch in lat. (flekt.) Formen wie Diaet(a), Diet(a) und vereinzelt in der (mundartlichen) Schreibung Dyget, früher vereinzelt auch N. (s. Belege 1528, 1529, 1718). Im heilkundlichen und medizinischen Bereich für 'vernünftiges Maß, Ordnung, Mäßigkeit bes. beim Essen oder Trinken, gesunde, richtige, (zweck-)mäßige Lebensoder Ernährungsweise, Gesundheitspflege', insbes. 'ärztlich vorgeschriebene (von der üblichen Ernährungsweise abweichende) Zusammenstellung der Nahrung, Speisenplan zur Gesunderhaltung oder Therapie, Schon-, Krankenkost', oft auch bezogen auf die Psyche und allgemeiner im Sinne von 'Heilung; heilsame Behandlung' (s. Belege 1764, 1793, 1805, 1872, 1892, 1927, 1928), ζ. B. psychische, geistige Diät, Diät der Seele; häufig in Wendungen wie vorgeschriebene, geregelte, tägliche, strenge/strikte, schwächende, gesunde, magere, mäßige Diät, auf Diät sein, bleiben, sich an eine Diät halten, (eine) Diät (ein-)halten, einlegen, (jmdn.) auf Diät setzen, nach einer Diät leben, oft als Bestimmungswort in Zss. wie Diätarzt, -assistentin, -beratung, -kurs, -fehler, -kur, -plan, -tag, -tip, -erfolg, -mittel, -fehler, -Sünde, -gesetz, -form, -ordnung/-plan/-regel/-vorschrift/-verordnung, -Werbung; diätfrei, -geeignet, -tauglich, als Grundwort in Bade-, Kranken-, Lebensdiät, (mit Angabe der Nahrungsmittelzusammensetzung) Apfel-, Ananas-, Reis-, Kartoffel-, Eier-, Eiweißdiät, (mit Angabe des Heilzwecks, der zu therapierenden Erkrankung bzw. des Organs) Diabetes-, Gallen-, Magen-, Reduktionsdiät, (namenartig mit Angabe der Methode) Brigitte-, Hollywood-, Nulldiät; seit den 50er Jahren zunehmend auch im Sinne von 'magere, gesunde Kost, Nahrung; Reformkost; bewußte Ernährungsweise' (s. Belege 1953, 1974, 1986, 1995), oft konkurrierend mit Gesundheits-, Reform-, Vollwert-, Leicht-, Scblankheitsin meist positiv konnotierten Zss. wie Diätmahlzeit, -produkt, -firma, -nahrung, -kost, -essen, -kochbuch, -rezept, -bier, -margarine,

Diät

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-Schokolade, -drink/-getränk (nach engl, diet-drink), gelegentlich bildlich und scherzhaft übertragen verwendet für '(verordnete, aufgezwungene, auferlegte) Einschränkung, Vorschrift, Auflage; Entsagung, Enthaltung' (—» Askese; s. Belege 1795 — 96, 1989) und 'Einsparung, Sparmaßnahme; Billigausführung; Spar-, Billig-; Alternativ-' (s. Belege 1850, 1987, 1989, 1994, 1995; vgl. die Zs. Diätauto). Dazu seit späterem 17. J h . auf gleichbed. lat. diaeteticus/griech. διαιτητικός zurückgehendes Adj. diätetisch , auch in der (von mlat. dieticus 'nach festen Regeln lebend' beeinflußten) Form diätisch, für 'die Gesundheitslehre betreffend; einer gesunden Ernährungsweise folgend, entsprechend, gemäß, die Gesundheit erhaltend, mäßig (essend, lebend); gesundheitsmäßig', ζ. B. diätetisch leben, essen, diätetisches Mittel, diätetische Kost, Regel, gleichbed. mit seit Anfang 18. J h . nachgewiesenem, adv. und selten attr. gebrauchtem Adj. diät 'der richtigen Ernährung entsprechend', ζ. B. diät leben, kochen, essen, diätes Leben, diäte Speise (vgl. aber Diät halten); seit Anfang 18. J h . über lat. (ars) diaetetica auf griech. διαιτητική (τέχνη) 'das Verhalten im Essen und Trinken lehrende Wissenschaft' zurückgehendes Diätetik F. (-; PI. ungebr.), anfangs in der latinisierenden (flekt.) Form Diaetetica, sowie in der Schreibung Diaetetic, auch in der (eventuell zum Adj. diätisch, s. o., gebildeten) Form Diätik F. (-; Pl. ungebr.), in der Bed. 'Lehre, Lehrbuch von der gesundheitsmäßigen Ernährung, Anordnung und Einhaltung der Diät, Lebenserhaltungskunst, -Ordnung; Gesundheitslehre, -regel; Ernährungswissenschaft' (— Sonate, vgl. sonor), anfangs auch in Schreibungen wie Dissonantz, Dissona(t)z, Dißonanz, PI. früher auch Dissonantien. a Zunächst bezogen auf akustische Phänomene wie Musik, Sprache, Gesang, Tonempfindungen in der Bed. 'klangliche, lautliche Nicht-Übereinstimmung, falscher Klang, Mißklang, -ton' (vgl. Kakophonie), speziell in der Musiktheorie 'aus zwei oder mehr, in der Tonleiter nebeneinander liegenden, nicht zueinander passenden Tönen bestehende Tonverbindung, nach Auflösung strebender Spannungsklang' (vgl. Disharmonie; Ggs. Konsonanz, Konkordanz, —»Harmonie), oft negativ konnotiert mit „schrill, grell, laut, hart", vor allem in bildungsspr. (bes. im Musikfeuilleton gebrauchten) Wendungen wie schneidend-scharfe, schmetternde, schneidende, klirrende, jähe Dissonanzen, Dissonanz der Schwingungen, Auflösung der Dissonanzen in den Akkord, die Dissonanz bis zum Fortissomo steigern, in Doppelformeln wie Dissonanz und Konsonanz, Dissonanz und (Dis-)Harmonie, und als Grund- und Bestimmungswort in Zss. wie Höllen-, Bläserdissonanz; Dissonanzakkord, -lärm, -ballung/-cluster, -ton, -spräche, auch in der Form Dissonanzen- in Dissonanzenquartett, -reichtum; dissonanz(en)geschärft, -trächtig; gelegentlich in Vergleichen bzw. ausgedehnt auf andere künstlerische Bereiche wie Bildende Kunst und Architektur (s. Belege 1771, 1776, 1806, 1931, 1985), z. B. Dissonanzen in der Bildkomposition; Farbendissonanz.

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b Seit späterem 16. J h . bildlich und übertragen verwendet, häufig noch in enger m e t a p h o r i s c h e r Anlehnung an die musikalische Bed. (s. Belege 1 7 2 7 , 1 7 7 4 , 1 9 6 2 , 1 9 7 1 , 1 9 8 5 ) , von religiösen, politisch-weltanschaulichen P h ä n o m e n e n , Einstellungen und Empfindungen für ' W i d e r s p r u c h , Unstimmigkeit, Spannungsverhältnis, Zerrissenheit, K l u f t ' (—» Diskrepanz) und, bes. auf zwischenmenschliche Beziehungen oder politische Verhältnisse bezogen, im Sinne von 'Uneinigkeit, Streitigkeit, Spannung, Mißhelligkeit; Ver-, M i ß s t i m m u n g ' {—>> Differenz, vgl. Disharmonie; s. Belege 1 6 7 6 , 1 7 7 4 , 1 9 1 6 , 1 9 5 2 , 1 9 6 2 , 1 9 7 1 , 1 9 8 5 , 1 9 9 3 , 1 9 9 5 ) , häufig in Wendungen wie moralische, innere, politische, kulturelle Dissonanzen, Dissonanzen in der Gesellschaft, in seiner Seele, Dissonanzen des Lebens, des Gemüts und des Verstandes, die Dissonanzen lösen sich in H a r m o n i e auf, ungelöste Dissonanzen, Dissonanzen zwischen dem Regierungs- und dem Fraktionssprecher, in Dissonanz(en) mit jmdm. geraten, zu (inneren) Dissonanzen führen und kognitive Dissonanz als Fachausdruck der Psychologie ' W i d e r s p r u c h zwischen der eigenen Vorstellung und der R e a l i t ä t s w a h r n e h m u n g ' ; als B e s t i m m u n g s w o r t Dissonanz(en)- in Zss. wie Dissonanzerlebnis, -theorie, -Spannung, vereinzelt als G r u n d w o r t in Ehedissonanz. D a z u seit M i t t e 15. J h . das aus lat. dissonare (s. o.) entlehnte V. intrans, dissonieren 'schlecht klingen, mißklingen/-lauten/-tönen, klanglich nicht übereinstimmen; falsch singen' (Ggs. konsonieren), oft in der Part. Präs.-Form dissonierend (gleichbed. mit dissonant, s. u.), z. B . dissonierende T ö n e (zu a), im 18./19. J h . vereinzelt übertragen für '(gefühlsmäßig) nicht übereinstimmen, in ungleichem Verhältnis, in einem M i ß verhältnis stehen' (zu b); seit späterem 17. J h . das auf flekt. Form von lat. dissonans (Part. Präs. von dissonare, s. o.) zurückgehende Adj. dissonant, bezogen auf musikalische, akustische und ästhetische (s. Belege 1 9 8 5 , 1 9 8 6 , 1 9 9 3 , 1 9 9 6 ) P h ä n o m e n e für 'klanglich, lautlich, farblich o. ä. nicht übereinstimmend, m i ß t ö n e n d ; grell, schrill', z. B . der dissonante Gesang, A k k o r d , T o n , dissonante T o n r e i b u n g e n , dissonante Prosa, Farbgegensätze, auch präd. und adv. gebraucht den G e s a n g dissonant mac h e n , dissonant verzerrt (klingen), die T ö n e heben sich dissonant ab, in additiven adj. Reihen wie düster-, kühn-, verschroben-dissonant (zu a), seit frühem 2 0 . J h . auch übertragen verwendet für ' u n s t i m m i g , verstimmt; unausgeglichen, widersprüchlich; v e r w o r r e n ' (vgl. diffus, —• diffundieren; zu b). Dissonanz a: Oswald v. Wolkenstein 1432 — 38 Lieder XXX 19 durch manche falsche disonanz,/ faiseten gross, dabei kain freuntlich concordanz; Rivius 1548 Vitruv. 182b Die frembden namen werden von Vitruvio gnug samlichen erkleret/ doch möchten sie auch verteutscht werden/ als die Dissonantz eine falsche oder misstymmung/ die Circumsonantz ein verfallende stymmung/ die resonantz ein gegen stymmung/ vnd die Consonantz ein mitstymmung; Scheidt nach 1552 Heimfahrt 78 Sie warten all mit fleiß gar eben,/ Wie Phoebus jn die stimm wolt geben,/ Biß alle spil recht giengen fort,/ Das man kein Dissonantz mehr hört; Rot 1571 Diet. 306 Dissonantz, Mißhellung/ vbellautung/ böse zamstimmung/ wenn die stimmen in der Musica nit wol zam wollen lauten; Prätorius 1619 Sytagma mus. Ill 70 Sonsten ist es ja gewiß vnd wahrhafftig, bezeugte auch die Erfahrung

vnnd das Gehör, daß es mehr eine Dissonantz als Consonantz errege; Weirauch 1673 RegirungsKlugheit U6b was in der music der contrapunet als der rechte zusammenfluß der widrigsten durch einander lauffenden dissonantien seyn sol ( D W B N.); Seckendorff 1691 Reden 321 eine Regiment in der Welt . . da alles in einer solchen harmonie . . stets lieblich und wohl klingen/ und keine dissonantz gehöret werden solte; Wächtler 1709 Manual 110 f. Dissonanz, übel-laut/ nicht-Zusammenstimmung; Sperander 1727 A la mod Sprach 208 f. Dissonanz, ein Wiedriger, nicht übereinstimmender Thon, in der Music; Walther 1732 Musikal. Lex. 212 Dissonance . . Dissonanza . . ein Übel-Laut, Mißlaut; Liscow 1739 Sehr. 167 mit den Dissonanzen in der Music; Marpurg 1753 Fuge I 111 daß darinn . . die Sexte wider die bekannte Umkehrung des Grundseptimenaccordes, als dissonirend und

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zwar als eine Art einer ursprünglichen Dissonanz betrachtet wird; Whately 1771 Gartenwesen (Übers.) Vorr. 2 Ein völlig regelmäßiger Garten . . ist eben so, wie ein musicalisches Stück, worinn es zwar nicht an Kunst und Harmonie fehlt, das aber wenig Dissonanzen und keine unerwarteten Cadenzen hat; Sulzer 1771 — 74 Theorie ¡13 Wenn man nun endlich die andre Gattung der Dißonanzen betrachtet, die wir zufällige genennt haben . . so darf man nur stufenweise von allen consonirenden und allen zum Septimenaccord gehörigen dißonirenden Accorden einen, zwey oder mehrere Töne verrücken; Eberhard 1776 Theorie 152 Das ist die Ursache, warum der Contrast in den schönen Künsten und Wissenschaften so große Wirkung thut. Schwarz und Weiß, Roth und Grün, nebeneinander, Dissonanz und Consonanz, Schmerz und Vergnügen wenn sie aufeinander folgen, verstärken sich gegenseitig; Schiller 1781 Räuber (H. I 385) Dissonanz der mechanischen Schwingungen; Matthisson 1794 Besuche (Sehr. ¡II 134) der Aufruhr oder vielmehr das Aufbersten eines Chaos von Tönen, bey deren furchtbaren Höllendissonanzen der wandernde Mephistopheles zuverläßig am Heimweh hätte erkranken müssen; Sulzer 1794 Theorie ¡V 690 Eine Dissonanz, die in einem Accord eine Zeitlang die Stelle einer Consonanz vertritt und bald in dieselbe übergeht; 1798 Athenäum 1 146 [Da] hat man ein Konzert, worin bey allen Dissonanzen doch im ganzen eine ziemliche Einförmigkeit herrscht; 1799 Journal d. Moden XIV 153 Wollte man die Saiten der Aeolsharfe im Dreyklang stimmen, so würde man meist Dissonanzen hören, so bald die Saiten in ihrem Grundton verwandte Töne hören lassen; Dalberg 1806 Einfluss 62 Im ganzen folgt der Künstler nachahmend der Natur, welche lebhaft empfundenen Reitz über eine Reihenfolge von Consonanzen, die den schönen Gesang bilden, verbreitet. Werden Dissonanzen nothwendig, um die Bewegung des Herzens auszudrücken . . dann verhütet die Kunst das Unangenehme der Eindrücke durch Mittelübergänge; Helmholtz 1863 Tonempfindungen 342 Wir können den Sinn dieses Unterschiedes kurz so bezeichnen: Consonanz ist eine continuirliche, Dissonanz eine intermittirende Tonempfindung; Hartmann 1869 Philosophie 211 dass . . die Lust als Negation einer Unlust zu fassen ist, welche durch dem Flakkern des Lichts ähnliche Störungen im Ohre bei Geräusch, Dissonanz und hässlicher Klangfarbe entsteht; Franke-Schievelbein 1894 Rotdorn 18 Nun schlug sie einen Akkord an, ein paar andere folgten in scharfen Rhythmen; und nun begann ein wahrer Hexensabbath von Läufen, Sprüngen, Dissonanzen auf den geduldigen Tasten daherzurasen; Th. Mann 1901 Buddenbrooks (W. 1 506) während die Stradivari wogend und klingend auch dieses cis

umrauschte, steigerte er die Dissonanz mit aller seiner Kraft bis zum fortissimo; Meerheimb 1910 Modell 41 Zu ihren traurigen Gedanken klangen die lauten Stimmen im Nebenzimmer wie schrille Dissonanzen hinein; Th. Mann 1918 Reden u. Aufs. (W. XU 81) jener durchdringend schmetternden Dissonanz vor dem zweimaligen C-DurSchlage; Werfel 1924 Verdi 65 wenn das Orchester in belebenden Quinten und ungeduldigen Dissonanzen die Instrumente stimmt; ebd. 451 Nicht nur die Konsonanz, auch die Dissonanz ist ein vollkommen gleichberechtigtes Mittel der Musik; Friedell 1931 Kulturgesch. ΙΠ 393 Zwischen beiden [Manet und Monet] steht Edgar Degas, der unheimliche Virtuose der Farbendissonanzen; Uexküll 1936 Welten 118 Die Tonleiter mit ihren Oktaven, ihren Harmonien und Dissonanzen war . . in den Luftschwingungen, die die Urheber der Töne waren, nicht vorhanden, sondern entstand erst, wenn ein menschliches Ohr die Luftwellen als Töne wahrnahm; Niebelschütz 1949 Bürgerin 107 Man muß mit Eisen gefütterte Ohren haben, um diese Dissonanzen zu ertragen; Th. Mann 1949 Reden u. Aufs.(W. XI 213) wie er und Schönberg eines Abends . . am Klavier die Parsifal-Harmonik nach unaufgelösten Dissonanzen durchsuchten; Hausmann 1955 Entscheidung 63 das hauptwerk . . mit den flutenden harmonien und den jähen dissonanzen (DWB N.); MM 30. 7. 1985 Franz Marc . . reiht in seinen Bildkompositionen „chromatische" Farbflächen aneinander, in denen sich harte Dissonanzen ergeben, das Ganze aber durch Entsprechungen in den Außenteilen „konsonant" zusammengehalten wird; ebd. 23. 1. 1987 zum Schluß die an krassem Fortissimo und lärmenden Dissonanzen kaum zu überbietende sechste Klaviersonate von Prokofieff . . es war, als ob Eisen auf Eisen schlug; ebd. 13. 2. 1988 die Große Fuge für Streichquartett Opus 133, weniger die harten Gegensätze lieben, die schneidend scharfen Dissonanzen; ebd. 11.6.1988 Archaische Kontrapunkte, volkstümlich einfache Metren und eine äußerst spärliche Dissonanzen-Verwendung schmeichelten dem Ohr; ebd. 17.4.1989 seiner farbkräftig und sprachgewandt zwischen Konsonanz und Dissonanz vermittelnden „Miniaturen" für Klavier; ebd. 3.1.1991 Ungewohnte Rhythmen . . und die bisweilen schmerzenden Dissonanzballungen verschmelzen beim Emerson Quartett zu einer aufregenden Impulsivität; Spiegel 25. 7. 1994 das Ausmaß des Leidens wird . . nicht durch Lautheit und die Dissonanz der Ohrgeräusche bestimmt. Viel entscheidender ist die psychologische Verarbeitung; MM 8. 7. 1996 plötzlich rieben sich die Improvisationslinien in klirrenden Dissonanzen, dann wieder klang eine Phrase in bizarren Schräglagen aus oder kulminierte jäh in explosiven Tonwiederholungen.

Dissonanz dissonant: Weirauch 1673 Regirungs-Klugheit U6b den gesang zuendern und selben mit einer sonderlichen art heilsamlich dissonant zumachen; Rademacher 1804 Br. 32 der anbrechende morgen weckt sie wieder mit lauten dissonanten gesängen (beide D W B N.); Riemann 1879 Br. an Franz Liszt III 345 Die M ö g l i c h k e i t ist nun gegeben, streng im Sinne der Klangvertretung alle dissonante Gebilde im Sinne mehrerer Klänge zu bezeichnen; Engel 1884 Tonkunst 284 [Die Kunst] entfremdet sich nur dann ihrer wahren Bestimmung, wenn das Dissonante und Charakteristische mehr sein will, als ein D u r c h g a n g s m o m e n t ; Königsberger 1902 Helmholtz Ì 316 dass Schwingungen von einfachem Zahlenverhältniss . . einen angenehmen Eindruck hervorbringen, während die T ö n e von mehr verwickeltem Verhältniss der Schwingungszahl dissonant sind; Th. Mann 1947 Faustus (W. VI 102) D e r A k k o r d ist kein harmonisches G e n u ß m i t t e l , sondern er ist Polyphonie in sich selbst . . je dissonanter er ist; 1966 Spiegel Nr. 26 bei der götzenanbetung erklingt eine altertümliche altposaune, deren stoße sich grell und dissonant abheben ( D W B N . ) ; Zeit 15. 2. 1985 eine rhythmisch unregelmäßig wie harmonisch dissonante Prosa; ebd. 25. 7. 1986 [Die Plastik] stellt sich der Katastrophe in dissonanter Materialität und Gestalt. Hier bricht das Konzept der Ausstellung ein; M M 26. 5. 1989 D a für schuf . . Andreas Breitscheid die dissonant verzerrte M u s i k ; Spiegel 19. 4. 1993 Ein Knüller in der oft dissonant grellen, dann wieder wienerisch kandierten O p e r ist Helianes berühmte Beichte; M M 26. 2. 1996 Kurze melodische Phrasen tauchten weit seltener auf als dissonante Tonreibungen und der schmerzhafte Dauereinsatz von Flageoletts. dissonieren: 1347—1493 Liederb. d. Haetzlerin II 57,66 Alles dysonyeren was verpoten; Hermann v. Sachsenheim 1455 Gold. Temp. 944 die yetz fast dissoniert (beide M Ö L L E R ) ; Virdung 1511 Musica 41 das merer teyl auch der köre/ hat ¡etlicher dry schlüssel die in an reichen od' [!] anschlagen/ Begeben sich nymer zwen zü eynenmal zü schlagen dann die gmainlich dissonirn; Murner 1512 Narrenbeschw. 72 Wen die köchin metten singt,/ D a s puer natus rüffet im,/ D a s er mit gsang ouch darzu stymm,/ Mit dem b a ß nit dissonier; R i v i u s 1548 Vitruv. 181a D a n n etliche . . in Sonderheit also von natur geschickt sind/ das sie den trib der stymmen verhindern/ als die so dissoniern/ von den Griechen Catechontes genant/ vnd die so Circumsoniren/ von Griechen Perichontes genant; Prätorius 1619 Syntagma mus. Ill 70 Dieweil alsdann der T e n o r oder C a n t u s , welcher sonsten mit dem rechten Fundament B a ß in einer O c t a v e steht, vber diesem mittel B a ß in einer Q u a r t oder Vndecima sehr dissoniret, oder gar einen vnebenen Laut von

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sich gibt; Ernstin um 1640 Chronik 40 Und wan sie [Äbtissin] etwan herte, das die jungen frauen mit ihren Stirnen disonierten [beim Gottesdienst] köndt sie solches in kein weg leiden; Sulzer 1794 Theorie IV 690 Ein Vorhalt k o m m t immer auf der guten Z e i t des Takts, damit das Dissoniren fühlbarer sey, und tritt auf der folgenden schlechten Z e i t in die C o n s o n a n z über; Schubart 1785 Ästhetik d. Tonkunst 240 dieser Nationalgesang [Schwedens] ist so unbedeutend, dissonirt so sehr mit dem Stimmeisen der Natur, d a ß es den Leser langweilen würde, wenn ich ihm nur ein einziges schwedisches Beyspiel vorlegte; Th. Mann 1947 Faustus (W. VI 102) J e stärker ein A k k o r d dissoniert, je mehr voneinander abstechende und a u f differenzierte Weise wirksame T ö n e er in sich enthält, desto polyphoner ist er; M M 6. 9. 1989 die Musiker . . der wilden Lust am Dissonieren ebenso verpflichtet wie dem vordergründig Banalen. dissonierend: Marpurg 1753 Fuge 1111 d a ß darinn . . die Sexte wider die b e k a n n t e Umkehrung des Grundseptimenaccordes, als dissonirend und zwar als eine Art einer ursprünglichen Dissonanz betrachtet wird; C. Ph. E.Bach 1762 Clavier II 50 Von dieser regelmäßigen Verdoppelung m u ß man die dissonierenden falschen Quinten, die sich mit einmischen k ö n n e n , ausschliessen; Sulzer 1771 — 74 Theorie 113 Wenn man nun endlich die andre G a t tung der D i ß o n a n z e n betrachtet, die wir zufällige genennt haben . . so därf man nur Stufenweise von allen consonirenden und allen zum Septimenaccord gehörigen dißonirenden Accorden einen, zwey oder mehrere T ö n e verrüken . . M i t Entdekung aller brauchbaren dissonirenden Accorde hat es etwas mehr Schwierigkeit; Helmholtz 1863 Tonempfindungen 136 Vom 8ten Partialtone an liegen diese T ö n e um weniger als eine ganze Tonstufe von einander entfernt . . Sie bilden deshalb eine enge Reihe dissonirender T ö n e ; ebd. 342 Z w e i consonirede T ö n e fliessen in ruhigem Flusse neben einander ab, ohne sich gegenseitig zu stören, dissonirende zerschneiden sich in eine Reihe einzelner Tonstösse; Th. Mann 1901 Buddenbrooks (W. 1 506) im forte zog H a n n o das dissonierende, zur G r u n d t o n a r t leitende cis herzu; Werfet 1924 Verdi 192 dissonierende H a r m o n i e n , fremde M o d u l a t i o nen und verletzende Intervallsprünge; Voss. Ztg. 3. 10. 1929 Während das H a u s sich langsam verdunkelt, ertönt ein mißgestalteter P o s a u n e n t o n ; dissonierender A k k o r d von vier Instrumenten; Cassirer 1932 Renaissance 130 Keine andere G a t tung von beseelten Geschöpfen unterscheidet [wie der M e n s c h ] die T o n a b s t ä n d e h a r m o n i s c h e r und dissonierender Klänge; M M 6. 3. 1989 B a r t o k , das bedeutet hier konsequenterweise viele scharf dissonierende Klänge. D a s Emerson String Q u a r t e t , das

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ihre Rauheit keineswegs unterschlug, enthüllte jedoch gleichzeitig faszinierend, welche Möglichkeiten der Farbgebung selbst in den Momenten härtester, erregtester Klangballung schlummern. Dissonanz b: Staphylus vor 1564 Abfall 115a Zweifels one hat der heilige geist in der Offenbarung Johannis die grosse dissonantz vnnd vnainigkeit vnsers christlichen glaubens . . anzaigen wollen; ebd. ain erschreckliche/ widersinnige/ zerspaltne dissonatz im glauben darauß [aus der Konsonanz der katholischen Kirche] gemacht; Rot 1571 Diet. 306 Dissonantz . . Wirdt nachmals für alle andre mißhelligkeit genommen; Manz 1641 Schutz u. Schirm 11139 ob wolen die correction der Gesetzen zumeyden/.. nichts desto weniger/ weilen auß den vorgehenden vn nachfolgenden ein grosse dissonantz entstehen wurde; Francisci 1676 Lust-Haus 378 was ist gleichfalls anders der Merkur-Stern als eine dissonantz oder Verstimmung zwischen dem mond und der Venus (DWB N.); Wächtler 1709 Manual 110 f. Dissonanz . . it. Uneinigkeit; Senff 1717 Historie 3 Weil ich bey . . Gegeneinanderhaltung in einem und dem andern Umstände eine merckliche Dissonanz und Widerspruch gefunden, will ich . . das wahrscheinlicheste entdecken, und solcher Gestalt der rechten Wahrheit Platz machen; Henrici 1727 Gedichte 305 So ist das Werck verstimmt, da hat der Jungfer-Crantz/ (Daß ich so reden mag) auch eine Dissonanz; Lessing 1766 Laokoon (S. Sehr. IX 32) Sollen sie sich so kalt und verlegen bezeigen, als man wirklich bey dergleichen Fällen zu seyn pflegt? Das würde die widrigste Dissonanz für den Zuschauer hervorbringen; Schubart 1774 Dtsch. Chronik 194 Friedensvorschläge tiefer herabgestimmt; aber noch nicht tief genug, um mit dem hohen Tone des Russischen Becken zu harmonieren. Die Vermittler suchen indeß mit vielem Eifer die Dissonanzen in volle Akkorde aufzulösen; Musäus 1778 Physiognom. Reisen I 120 diskrepanzen und dissonanzen der gesichtsformen (DWB N.); Schiller 1781 Räuber (H.I 350) Eine edle Seele erträgt so wenig anhaltende moralische Dissonanzen, als das Ohr das Gekritzel eines Messers auf Glas; Herder 1801 Adrastea II (S. W. XXI11 346) In jeder Gesellschaft fühlen wir, daß zwei, drei Personen, gleichsam natürlich, in eine Consonanz oder gar in einen Accord treten, mit allen Variationen, die jede Umsetzung des Gesprächs giebt. Mehrere werden nur Nebentöne, gar Dißonanzen; ein wildes Gewirr von Stimmen endlich störet und ermüdet; Görres 1804 Ges. Sehr. III 30 und in der [Tugend] sich alle Dissonanzen in den moralischen Akkord auflösen; Gotthelf 1821 Reisebericht 108 Ehedissonanzen; Grabbe 1827 Shakespearo-Manie (III 413) [Shakespeare] schliesst jedesmal ohne Befriedigung (im

„Lear" sogar durch Cordelias Tod mit einer schneidenden Dissonanz); Engels 1845—56 MEW 111 389 Diese Dissonanzen lösen sich also schließlich in den beruhigenden Schlußakkord auf, daß, was Ich nicht besitze, jedenfalls das Eigentum eines andern „Ich" ist; Goltz 1847 Buch d. Kindheit 467 des Mannes Gebrechen entsprangen aus eben so viel Tugenden, und darum löseten sich die Dissonanzen seiner Art und Weise zuletzt immer in der absoluten Harmonie und Schönheit seines Charakters; Raumer 1849 Br. Frankf.-Paris 1 103 Himmel und Erde prangten in gleicher, harmonischer Schönheit; wogegen das Treiben der Menschen sich jetzt in lauter unaufgelösten Dissonanzen gewaltsam weiter . . bewegt; Cluß 1853 MEGA I 12,621 Wie gewöhnlich bei Freihandelsmännern, schob er alle Dissonanzen in der Gesellschaft auf ungebührliches Einmischen des Staates in Unternehmungen; Kürnberger 1877 Herzenssachen 133 ist es nicht ein ästhetisches Malheur, wie er die fürchterlich grimmige Dissonanz der „Trilogie" mit „Musik! Musik!" auflöst? Solche Dissonanzen hat der junge Werther noch anders aufgelöst, — nämlich mit der Pistole, nicht mit einem Klavierstück!; Bahr 1893 Dora 97 Sonst verfolgte sie ihn und ließ ihn nicht, wie eine Frage, wie eine Rechnung, wie eine ungelöste Dissonanz; Möller-Bruck 1899 Neutöner 19 Dissonanzenreichtum seiner wildbrausenden Zeit; Zobeltitz 1902 Papierene Macht I 157 Dissonanzen [in einem Charakter]; Fleischer 1911 Wendelin 135 Die Zerissenheit, die Dissonanz des Gemüts und des Verstandes wurde immer quälender . . und wie im Vorjahr war das Ende der unstätigen Stimmungen — die Sehnsucht nach der Fremde; Bülow 1916 Dtsch. Politik 293 daß das beinahe rasende Tempo unseres volkswirtschaftlichen Emporkommens doch vielfach die ruhige organische Entwicklung gestört und Dissonanzen geschaffen hatte, die eine Ausgleichung erforderten; Siiddtsch. Ztg. 1.4. 1952 Europäisches Dissonanzenquartett (Überschr.) Einigung Europas und Wiedervereinigung Deutschlands; Offenburger Tagebl. 6. 6. 1962 Nachdem die schwere Munition im Wortgefecht gegen die französische Atombewaffnung verschossen ist . . ist man in Washington dabei, sich die alliierten Dissonanzen noch eimal vorzuspielen; Hondrieh 1970 Entwicklung 199 was also durch Umverteilung auf der einen seite, bei den unterprivilegierten, an dissonanz reduziert wird, das entsteht als dissonanz bei den geschädigten Oberschichten neu (DWB N.); Offenburger Tagebl. 27. 2. 1971 Doch vergessen seien derartige Dissonanztöne, gegen die man auch in närrischen Tagen nicht gefeit ist; FAZ 8. 4. 1971 Abgewogenheit, Sachlichkeit und die Bereitschaft zum aktiven Mitwirken kennzeichneten sämtliche Stellungsnahmen der Verbündeten . . Es gebe nur eine Stimme,

Distanz die hartnäckig bemüht sei, in den Zusammenklang Dissonanzen zu mischen; Xeit 14. 6. 1985 zwischen ihnen und den Professoren entsteht langsam eine kulturelle Dissonanz; ebd. 1. 11. 1985 Die neuen Töne sind keine schrillen Dissonanzen, keine indoktrinierenden Kakophonien. Im Gegenteil, es wird vom Lesen, vom Blättern, vom Schmökern gesprochen, vom Spaß der Schüler; ebd. 15. 11. 1985 die Auskünfte sind alle auf eine Tonlage des vorsichtigen Optimismus eingestimmt. Nicht die Dissonanzen, sondern die gemeinsamen Leistungen . . im Vorfeld des Gipfels werden betont; Spiegel 5. 4. 1993 Gegen das Entstehen kognitiver Dissonanzen, das Hereinbrechen der Wirklichkeit in die harmonische Scheinwelt der Medien, würden „Vermeidungsstrategien" entwickelt; ebd. 17.5.1993 Die überhastete Expansion zu einem religiösen Riesenkonzern hat freilich auch zu inneren Dissonanzen geführt; ebd. 22. 11. 1993 Auch in Zeiten meiner Vorgänger hat es manchmal Schwierigkeiten mit Kanzler und Verteidigungsminister gegeben. Solche Dissonanzen sollte man nicht unnötig dramatisieren; ebd. 24. 4. 1995 Dissonanzen sind abzusehen: . . Mit einem Kollegen, der schon alles erreicht hat, wäre die Atmosphäre sicher entspannter; M M 20. 1. 1996 die Dissonanzen des Lebens . . die zunehmende zwischenmenschliche Entfremdung. dissonant: 1926 Volkelt-Festschr. 111 dann muss der Zusammenklang von Philosophie und Kunst immer und unausbleiblich mehr oder weniger dissonant ausfallen; Hocke 1976 Tageb. o. S. dem Ausgleich von Ich und Sein, von dem Goethe so viel wußte und der noch Thomas Mann vorschwebte, wenn auch das Leben Tonio Krögers

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schon begleitet wird von der dissonanten Musik der Jahrhundertwende; Altner 1991 Naturvergessenheit 225 Welche Romane voller konsonanter und dissonanter Emotionalität spiegeln sich in unseren Hausgärten allein zwischen uns und den dort reichlich vetretenene Schwarzdrosseln ab; M M 20. 4. 1991 mündeten die Telefonverhandlungen zwischen den Häusern Waigel und Schwarz-Schilling in ein dissonantes Feldgeschrei; Spiegel 31. 5. 1993 Das Konzert der Schuldbewußten, die ihren Seelenschmerz durch Krieg lindern möchten, ist so vielstimmig wie dissonant; M M 24. 10. 1995 Die Mode ist hochaktuell, doch viele nagen am Hungertuch . . Dissonante Eindrücke bei einem Besuch im sibirischen Wladiwostok (Überschr.); ebd. Die SPD hat auch inhaltliche Defizite. Ob Außenund Sicherheitspolitik, Sozial- und Wirtschaftspolitik, die SPD spricht im dissonanten Chor, und wo es wirklich langgeht, das bleibt sie den Wählern schuldig; ebd. 9. 3. 1996 Im Konzert der dissonanten Stimmen, die dieses wünschen und jenes zu verhindern trachten, fehlt die Darstellung des Zusammenhangs, eine Kursbestimmung. dissonieren: Kuhnau 1700 Musikal. Quacksalber 7 weil sie aus der angenehmen Harmonie eine gleichmäßig wohlklingende Übereinstimmung derer Gemüther, welche bey dergleichen Leuten bißweilen am allermeisten unter einander dissoniren, lernen sollen; E. T. A. Hoffmann 1815 — 16 Elixiere (S. W. II 135) daß dieser aus seltner Narrheit komponierte Klubb so in sich abgeründet war, daß alles Fremde nur dissoniert hätte. Um in dem musikalischen Gleichnis zu bleiben, waren die drei Menschen der der reine Dreiklang, jeder verschieden, im Ton aber harmonisch mitklingend. IN

Distanz F. (-; -en, selten -es), im 15. J h . vereinzelt, seit frühem 16. J h . kontinuierlich nachgewiesene Entlehnung aus lat. distantia das Auseinanderstehen; Abstand' (Subst. zu distans, Gen. distantis, Part. Präs. von distare 'getrennt, entfernt sein', aus dis- 'ab-, auseinander-' und stare stehen'), früher auch in der Schreibung Distantz, Distants und in der lat. (flekt.) Form Distantia, Distancia, eingedeutscht Distantie, seit Ende 17. J h . auch in den frz. beeinflußten Formen Distance, Distanze und in frz. Syntagmen. 1 Zunächst im lokalen Sinne in verschiedenen Fachbereichen, z. B. in der Astronomie, Geometrie, Physik, Architektur und Geographie in der Bed. '(in gerader Linie gemessener) räumlicher Abstand, Weite (zwischen Sternen, Körpern); Zwischenraum, Entfernung zwischen geographischen Punkten' (— Bio- 2 und 3b), gelegentlich auch 'der Lehre des Dynamismus entsprechend' (s. Belege 1802, 1941) (zu a); seit Ende 18. J h . häufig übertragen verwendet in der Bed. 'eine Bewegung, Entwicklung aufweisend, voll innerer Bewegung, bewegender innerer (Trieb-)Kraft, auf Fortentwicklung, Fortschritt ausgerichtet, produktiv' (Ggs. statisch), z. B. eine dynamische Steigerung der Wirtschaft, dynamische Sozialpolitik, der dynamische Ablauf der Ereignisse, die dynamische Entwicklung der Sprache, dynamisch gestaltete Massenszenen (im Drama, Film), speziell im wirtschaftlichen Bereich dynamische Löhne, Renten 'der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung laufend angepaßte Löhne, Renten', vgl. auch dynamische Lebensversicherung, dynamische Anpassung (s. Belege 1956, 1966, 1970, 1989); dann insbes. auch von Personen (und Institutionen) für 'tatkräftig, unternehmungsfreudig, durch Schwung und Energie gekennzeichnet, Tatkraft und Unternehmungsgeist besitzend, energiegeladen, äußerst aktiv, progressiv' (weitgehend gleichbed. mit —• vital; Ggs. statisch, unbeweglich, passiv, phlegmatisch-, s. Belege 1949, 1962, 1965, 1967, 1971, 1979, 1985, 1989), in Wendungen (bes. in Stellenanzeigen) ein dynamischer Unternehmer, Typ, dynamische Werbefachleute/Führungskräfte gesucht, eine dynamische Persönlichkeit, seine Vortragsweise ist sehr dynamisch, jung und dynamisch, dynamische Bewegungen, ein dynamischer Gang, etwas dynamisch und tatkräftig anpacken, etwas dynamisch steigern (zu b); daneben seit frühem 19. J h . in der Musik 'die Veränderung, Differenzierung der Tonstärke betreffend', z. B. dynamische Vortragsbezeichnungen, dynamischer Akzent, der Künstler zeigte ein dynamisch ausgefeiltes Spiel (zu c). Seit Anfang 19. J h . die Personenbezeichnung Dynamiker M . (-s; -) 'Anhänger einer von den Prinzipien der Wirkung und Bewegung ausgehenden Welt-, Naturbetrachtung', dann auch als Berufsbezeichnung für 'Wissenschaftler, Forscher auf dem Gebiet der Dynamik', z. B. Aero-, Elektrodynamiker (zu a), dann auch übertragen im Sinn von 'Mensch mit Tatkraft, Unternehmungsgeist, dynamischer, unternehmungs-

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freudiger, vitaler, aktiver Mensch', ζ. B. ein rastloser, junger, nimmermüder Dynamiker (zu b). Dazu seit frühem 19. J h . die subst. Ableitung Dynamismus M . (-; selten Dynamismen), zunächst (der Sache nach wohl schon seit dem 17./18. Jh., s. Beleg 1913) für eine (natur-)philosophische Lehre, die das Sein nicht statisch auffaßt, sondern als Bewegtheit und Werden versteht und alle Erscheinungen der Materie auf das Wirken von Kräften zurückführt (Ggs. Atomismus, —• Atom; s. Belege 1844, 1876, 1883), daneben in der Völkerkunde für die primitiv-religiöse Vorstellung von der Wirkung unpersönlicher, übernatürlicher Kräfte in Lebewesen und Dingen (—• Animismus; s. Belege 1930, 1943), mit der im 19. J h . selten nachgewiesenen Personenbezeichnung Dynamist M . (-en; -en) 'Anhänger des Dynamismus (als Lehre)' und der adj. Ableitung dynamistisch 'den Dynamismus betreffend, auf der Vorstellung des Dynamismus beruhend' (alle zu a); gleichzeitig übertragen verwendet in der Bed. 'innerer Schwung, Bewegtheit' (s. Belege 1829, 1926, 1970), auch, mit Pl., für 'einzelnes dynamisches Element, dynamischer Zug, Triebkraft' (weitgehend gleichbed. mit Dynamik ¿>; s. Belege 1922, 1968, 1973), daneben auch im Sinne von 'gesellschaftspolitische Bewegung (mit positiver Wertung bes. in bezug auf den Nationalsozialismus)' (s. Belege 1939, 1940, 1947, 1954), ζ. B. der deutsche Dynamismus (zu b). Dazu seit frühem 20. J h . die (eventuell unter Einfluß von älterem engl, dynamize, frz. dynamiser aufgekommene) Verbableitung dynamisieren V. trans., zunächst für 'etwas in Bewegung setzen, mit Antriebskräften versehen, vorantreiben, beschleunigen; auf die Entwicklung von etwas ausgerichtet sein' (s. Belege 1929, 1970), z. B. einen Prozeß dynamisieren, dann speziell auch im wirtschaftlichen Bereich Leistungen dynamisieren 'Leistungen (Renten, Löhne usw.) regelmäßig an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, an die Veränderungen der Bemessungsgrundlage anpassen' (s. Belege 1957, 1960, 1968, 1971, 1985, 1990, 1996), z. B. die Gehälter alle Jahre dynamisieren, auch adj. im Part. Perf. dynamisiert, z. B. dynamisierte Altersversorgung, Renten (zu b); selten auch in der Musik für 'hinsichtlich der Tonstärke differenzieren' (zu c); gleichzeitig das Verbalsubst. Dynamisierung F. (-; -en) 'das Dynamisieren, in Bewegung-Setzen', auch speziell volkswirtschaftlich 'laufende Anpassung finanzieller Leistungen an das Wirtschaftswachstum' (s. Belege 1956, 1965, 1971, 1987, 1990, 1996) (zu b). Dynamik a: Meier 1755—59 Metaphysik 1 262 Die Wissenschaft von den Kräften wird die Dynamic genannt, und sie untersucht entweder die Natur und Beschaffenheit der Kräfte, oder ihre Grösse. Jene ist die philosophische, und diese die mathematische Dynamic; Kant 1781 Ges. Sehr. I 4,113 daß ich hier eben so wenig die Grundsätze der Mathematik . als die Grundsätze der allgemeinen (physischen) Dynamik . . vor Augen habe; Richter 1792 Stöchiometrie 11 Vorbem. XXIX Die Grundsätze der Stöchyometrie sind theils aus der Dynamik theils aus der reinen Mathematik; Was von einer Kraft überhaupt gilt, das gilt auch von allen Kräften; Goethe um 1800 Paralipomena (WA 11 5.2,71 ) Auf dem prismatischen Wege . . wo sich die physische Dynamik in ihrer schönsten Würde zeigt, finden wir ein Gelbes, das zum Orange, ein Blaues,

das zum Violett gesteigert ist; Klaproth 1807 Chem. Wb. 1 684 Dynamik. Dynamica. Dynamique. Unter Dynamik versteht man in der Mathematik die Wissenschaft von den Gesetzen der Kräfte der Körper; Campe 1813 Fremdwb. 275 Dynamic, die Kraftlehre, d.i. eine Wissenschaft entweder von dem Wesen der Kräfte (welche Leibniz erfunden zu haben glaubte . .); oder von der Anwendung derselben, in sofern in der Bewegungslehre (Mechanic) davon gehandelt wird. In Kant's Lehrgebäude ist die Dynamic: „derjenige Theil der metaphysischen Naturlehre, welcher die Bewegung, als zur Qualität . . der Materie gehörig, unter dem Namen einer ursprünglich bewegenden Kraft, in Erwägung zieht"; Steffens 1821 Sehr. I 14 [Wissenschaft, die von] der Natur als einem Getrennten, ausgeht, ist die Atomistik; was von der

Dynamik Natur, als einem Identischen, ausgeht, ist die Dynamik; Bentham 1833 Principien Vorr. XXVIU Die Dynamik ist die Wissenschaft von den bewegenden Kräften; 1844 Brockhaus IV 549 Dynamik ist als Gegensatz der Statik . . die Lehre von der Kraft, welche zur Bewegung der Körper erfodert [!] wird. Die Dynamik ist ein Theil der Mechanik; Hinrichs 1852 Rechts- u. Staatspricipien ΠΙ 10 Er [Leibniz] hatte . . erkannt, daß Cartesius falsche Gesetze der Bewegung aufgestellt habe, und dachte nun über eine neue Wissenschaft nach, welche von den Kräften der Substanzen handeln sollte . . Er nannte diese neue Wissenschaft Dynamik; Haeckel 1866 Generelle Morphologie 1 11 Dynamik oder Bewegungslehre; Lotze 1869 Mikrokosmus I 53 Einzelheiten der physikalischen Dynamik; 1883 Brockhaus V 688 Dynamik . . nennt man denjenigen Teil der Mechanik, welcher die Lehre von der Bewegung der Körper und von den bewegenden Kräften behandelt; Boruttau 1898 Physiologie 82 Multiplicirt man das Schlagvolumen mit dem Druck der Aorta, . . so erhält man, entsprechend dem Grundsatze der Dynamik, dass die geleistete Arbeit gleich dem Product aus Hubhöhe mal gehobenem Gewichte ist; 1904 Österr. Rundsch. I 107a ganz wie den Leuten die Dynamik des modernen Motorfahrzeuges Freude macht; Haeckel 1913 Lebenswunder 299 Dynamik oder Lehre von den bewegenden Kräften; Th. Mann 1924 Zauberberg (W. III 801) sie wußte dies und das von der Dynamik, den Wirkungen der Stoffe . . Dynamik, sagte Pepperkorn, sei alles in der Welt der Stoffe; Lokal-Anz. 22. 8. 1933 schwingt der Stahl der Brücke unter den Lasten des Verkehrs nach den geheimnisvollen Gesetzen der Dynamik; Müller 1940 Die Fahrdynamik der Verkehrsmittel. Eine Berechnungsgrundlage für die Wirtschaften (Titel); Hiller 1964 Raum 133 erweiterte sich die Kinematik Galileis zur Dynamik; 1967 Bild d. Wiss. I 43 erlaubt . . die Autoradiographic Einblicke in die stoffwechselmäßige Dynamik der Gewebe; Knilli 1970 Lautsprecher o. S. mit Hilfe von Verstärkern . . werden die einzelnen Schalleingänge und deren akustische Dynamik . . gesteuert; Zeit 18. 10. 1985 Nur eine Tiefbohrung kann in Verbindung mit der Geophysik ein genügend . . räumliches Abbild der Erdkruste und ihrer Dynamik ermöglichen; Tränkle 1985 Statist. Methoden 20 Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt . ., daß in einem geschlossenen System . . die Entropie . . zunehmen kann; Zeit 10. 1. 1986 der . . Wissenschaftler vom Institut für Geologie und Dynamik der Lythosphäre; Spiegel 4. 10. 1993 Professor Dieter Straub, Spezialist für Thermodynamik an der Universität; ebd. 15. 8. 1994 Kontrolle über die Aerodynamik des Flugzeugs.

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Dynamiker: Goethe 1800 Br. (WA IV 15,110) Ich fürchte . . die Herren Idealisten und Dynamiker werden ehester Tages als Dogmatiker und Pedanten erscheinen; ders. 1816 Geologie (HA XIII 273) denn der entschiedenste Dynamiker wird . . atomistisch reden, und so kann sich auch der Atomiste nicht dergestalt abschließen, daß er nicht hie und da dynamisch werden sollte; ders. 1827 Physikal. Preisaufg. (WA ¡1 5.1,433) Der Atomist will alles aus Theilchen zusammengesetzt sehen . .; der Dynamiker, wenn er von Bewegung spricht, bleibt immer noch materiell, denn es muß doch etwas da sein, was bewegt wird; Sanders 1871 Fremdwb. 1 305 Dynamiker . . Anhänger des Dynamismus . . Dynamismus . . dynamische Theorie, wonach die Materie u. deren Erscheiunungen auf gewisse Kräfte zurückgeführt werden; Zeit 13. 3. 1987 Meteorologen aus aller Welt einigten sich . . auf ein globales Programm zur Erforschung des Ozonlochs . . Das Rätselraten über die Ursachen des antarktischen Phänomens spaltet seither die Gelehrten in zwei Lager, das der „Chemiker" und das der „Dynamiker" . . Die Dynamiker bezweifeln, daß chemische Reaktionsketten in der Stratosphäre rasch genug ablaufen könnten . . Jerry Mahlman vom Institut für Geophysikalische Dynamik an der Princeton-Universität dazu: „Theorien, die Chlorfluorkohlenwasserstoffe für das Ozonloch verantwortlich machen, kommen quantitativ ins Schwimmen". dynamisch: Kant 1764 Vorkrit. Sehr. II (Ges. Sehr. 1 2,272d) Da der gelehrte Herr Pastor in der gemeinen Theorie vom Dunstkreise keine Befriedigung findet, so . . sieht [er] sich genöthigt, einen den Naturforschern ungewöhnlichen Schwung bis auf die Höhen der Metaphysik zu nehmen. Er sucht . . darzuthun: daß die Gegenwart der körperlichen Substanzen im Räume eigentlich eine Sphäre der Wirksamkeit sei, die ihren dynamischen Umkreis und Mittelpunkt hat; ders. 1781 Ges. Sehr. I 4,112 In der Anwendung der reinen Verstandesbegriffe auf mögliche Erfahrung ist der Gebrauch ihrer Synthesis entweder mathematisch, oder dynamisch; Richter 1793 Stöchiometrie III 27 Die anziehende Kraft wird auch dadurch etwas beeinträchtigt, daß es dynamisch gewiß ist, daß die Wirkungen der Kräfte sich umgekehrt wie ihre Entfernungen verhalten; Goethe 1799 Tagebücher (WA III 2,273) Wenn im Theoretischen das Dynamische allein fruchtbar ist, so hat bey empirischen Betrachtungen blos das Genetische einigen Werth, denn beydes coincidirt; ders. um 1800 Morphologie (WA II 6,305) Ob aus dem Saamen das Vorhandene entwickelt wird? Oder ob gegebene Anfänge gesetzmäßig fort- und umgebildet werden. Atomistische Vorstellungsart . . Dynamische Vorstel-

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lungsart. Ihre anfängliche Schwierigkeiten. Ihre Vortheile in der Folge. Mehrere Gegensätze der beiden; Schelling 1800 Allgemeine Deduktion des dynamischen Prozesses (Titel); Schiller 1802 Br. VI 336 wenn man die Kunst sowie die Philosophie als etwas, das immer wird und nie ist, also nur dynamisch, und nicht, wie wir es jetzt nennen, atomistisch betrachtet; Goethe 1805 Paralipomena (WA II 5.2,191) Die Farbenlehre unterwirft sich dualistischen Gesetzen . . Die dynamische Vorstellungsart waltet durchaus im Potentiiren, im Wirkenden und Qualitativen. Die atomistische erhält sich ihre Rechte durch Dauer, große Theilbarkeit und bey der Mischung; Campe 1813 Fremdwb. 275 Dynamisch, zur Kraftlehre gehörig . . Es kömmt aber auch in der Benennung dynamisches Lehrgebäude vor, welches dem sogenannten atomistischen Lehrgebäude entgegensteht; Müller 1817 Sehr. II 340 Nennen wir die von Newton und Leibnitz begründete Philosophie die atomistische, so ist ihr Verhältnis zu der von Kant und Schelling errichteten gut bestimmt, wenn wir die letztere die dynamische nennen; Hufeland 1822 Sympathie 75 Diese [Bewegung] äußert sich, wie jede rein dynamische Action, in ihren nächsten . . Wirkungen, nicht durch sichtbare Veränderungen der Materie; Puchelt 1826 System d. Med. I 51 im menschlichen Organismus äussert sich das Leben auf mechanische, chemische und dynamische Weise in und an den Organen; Hufeland 1836 Ench. med. 16 um . . das Dasein eines entzündlichen oder eines adynamischen Zustandes zu ermitteln; 1844 Brockhaus IV 549 so bezeichnet das Wort dynamisch . . einen Gegensatz zu mechanisch . .; unter einer dynamischen [Naturansicht versteht man] diejenige, welche den Naturerscheinungen gewisse qualitativ bestimmte Kräfte unterlegt; Frankf. Postztg. 7 . 4 . 1854 Mehrere . . Gelehrte haben sich mit der Untersuchung des dynamischen Gehaltes [der wirkenden Kräfte] der [Heil-]Quellen und ihrer therapeutischen Kräfte befaßt; 1880 Geograph. Jahrb. 1 Ein Theil der hierher gehörigen Lehren ist . . in der Geologie unter der Bezeichnung „dynamische Geologie" besprochen worden, ein anderer Theil wurde in der „physikalischen Geologie" untergebracht; Hochstetter-Binding 1898 MG. 117 dynamische Geologie; Eucken 1904 Strömungen 135 Anm. Den direkten Gegensatz zu mechanisch bildet ihm [Schelling] . . gewöhnlich dynamisch; dort scheint ihm die Welt als etwas Gegebenes, hier als etwas unablässig Geschaffenes behandelt zu werden; Boltzmann 1905 Sehr. 84 bei der zweiten Gattung der dynamischen Flugmaschinen, den Drachenfliegern oder Aeroplanen, . . wird die bewegende Kraft hauptsächlich zur horizontalen Fortbewegung benutzt; 1937 Blätter f. dtsch. Philosophie XVII 388 die Theorie vom dynamischen Gleichge-

wichtsprozess; Schmauss 1941 Bindungen 11 ein Thema der sog. dynamischen Klimatologie; Kwasnik 1941 Chemiker 149 die dynamische Methode hat den Vorteil, daß beliebige Mengen an Substanz zur Messung verwendet werden können; Jacobs 1962 Bewegung 296 Haltung ist ein kinetischer Vorgang, kein statischer, ein dynamischer, kein formaler; Sänger 1963 Kaumfahrt 401 dieser dynamische Druck . . ist . . klein gegenüber den in der Luftfahrt üblichen dynamischen Drücken der atmosphärischen Luft; Matting 1970 Kunststoffe o. S. langzeitig statisch oder dynamisch belastete Bauteile aus Kunststoffen; Zeit 21. 6. 1985 Der Bewerber soll gute Kenntnisse in Physikalischer Chemie, insbesondere auf dem Gebiet der thermischen Analyse . ., [in] dynamisch-mechanischer Analyse . . mitbringen (Anzeige); MM 20. 6. 1986 können dynamische Prozesse auf dem Seeboden wie Erosion oder Ablagerungen . . verfolgt werden; Spiegel 25. 1. 1993 Der BMW wirkte mit seiner Stromformnase . . dynamischer . . im Design. Dynamismus: Puchelt 1827 System d. Med. II 1,11 Anm. so würde man den Begriff des Dynamismus zu eng beschränken oder den der Sensibilität zu weit ausdehnen; 1844 Brockhaus ¡V 549 so bezeichnet das Wort . . Dynamismus . . einen Gegensatz zu . . Mechanismus. Unter einer mechanischen Naturansicht versteht man diejenige, welche die Naturerscheinungen und ihre Veränderungen lediglich aus der Lage, Stellung und den wechselnden Verbindungen der letzten Bestandtheile der Materie zu erklären sucht, wie dies der bis auf den heutigen Tag in der Physik und Chemie vorherrschende Atomismus unternimmt; unter einer dynamischen diejenige, welche den Naturerscheinungen gewisse qualitativ bestimmte Kräfte unterlegt, deren Wirksamkeit die mathematische Bestimmtheit der Phänomene zu einer secundairen Folge habe; Hartmann 1876 Ges. Studien 526 es gibt keinen Dynamismus, der die Kräfte . . als etwas schlechthin Allgemeines . . hinzustellen wagte; 1883 Brockhaus V 688 In philos. Beziehung versteht man unter Dynamismus diejenige naturphilos. Ansicht, welche die stoffliche Erscheinung der Materie aus . . Kraftwirkungen abzuleiten . . sucht. . der Dynamismus [sucht] den Nachweis zu liefern, daß die Kraft überall das Ursprüngliche und der Stoff nur die erscheinende Wirkung derselben sei . . In der deutschen Philosophie ist der Dynamismus wesentlich durch die Naturphilosophie Kants und der idealistischen Richtung speziell Schellings . . vertreten; Haeckel 1913 Lebenswunder 96 Dagegen irrt der Leipziger Naturphilosoph in der Annahme, daß seine Energetik eine vollkommen neue Weltanschauung darstellt, denn die Grundgedanken derselben sind bereits in dem Dynamismus von Leib-

Dynamik niz enthalten; Bertholet 1930 Dynamismus und Personalismus in der Seelenauffassung (Titel); Gebauer 1932 Kulturgesch. 317 ist Schellings Lehre ein Pantheismus, . . im übrigen aber ein allgemeiner Dynamismus der Natur . . Sie steht im . . Gegensatz zu der mechanischen Weltanschauung Newtons; Jung 1943 Aufs. 65 Ausfluß einer religiös-philosophischen Haltung, wie sie dem Dynamismus des unmittelbarsten Lebens angemessen ist; 1988 Brockhaus VI 68 Dynamismus . .1) Philosophie: diejenigen philosoph. Theorien, die . . die Wirklichkeit auf Kräfte und ihre Wirkungen zurückführen . . 2) Religionswissenschaft: eine Theorie, die Ursprung und Wesen der Religion im Glauben an eine unpersönl. universelle und übernatürl. Kraft sah. Dynamist: Oertel 1831 Fremdwb. 1 264 Dynamisten, jene Naturweisen, die alle Lebenserscheinungen aus einer innern Bedingniß (Lebensprinzip) herleiten; Büchner 1855 Kraft 216 anstatt sich in dieser Frage vor dem unvernünftigen Andrängen der Dynamisten zurückziehen zu müssen; Hartmann 1876 Ges. Studien 526 eröffnet sich die Perspective, dass Dynamisten und Atomisten dahin kommen müssen, sich in einem dynamischen Atomismus oder atomistischen Dynamismus zu verei 1 nigen. dynamistisch: Hartmann 1876 Ges. Studien 453 dass eine neue dynamistische Auffassung der Atome unter Beseitigung des Unbegriffs des Stoffes . . gefordert sei; Th. Mann 1929 Reden u. Aufs. (W. X 250) uns, die wir der Vernunft. . mißtrauen, das Irrationale boshaft vergöttern, . . und bei den Astartefesten einer dynamistischen Romantik unseres brüderlichen Einverständnisses recht wollüstig innewerden; Szczesny 1958 Unglaube 17 dem monistischen und dynamistischen Weltbild der neuen Wissenschaften steht eine dualistische und statische Metaphysik gegenüber. Dynamik b: F.Schlegel 1797-1800 Fragmente (Baxa, Gesellschaft 58) Der skizzierte Gedanke einer historischen Dynamik [bei Condorcet]; 1798 Athenäum 1 70 Novalis: Die Sprachlehre ist die Dynamik des Geisterreichs; Molitor 1805 Ideen zu einer künftigen Dynamik der Geschichte (Titel); Wieland vor 1813 S. W. XL 273 Daß sie ganz erstaunliche Meister in der politischen Dynamik und Statistik waren (KEHREIN); Görres 1830 Ges. Sehr. XV 271 immer wäre in der also begründeten Dynamik der Geschichte erst die eine Hälfte der ihr gewordenen Aufgabe . . erkannt; Raumer 1842 England III 444 Man bedarf ein Jenseit [!], ein Füllstück, einen Übergang, man muss aus der Atomistik hinein in die Dynamik; Nietzsche 1872 W. / 54

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Sprache, Farbe, Beweglichkeit, Dynamik der Rede treten in der dionysischen Lyrik des Chors und andrerseits in der apollinischen Traumwelt der Szene als völlig gesonderte Sphären des Ausdrucks auseinander; Dilthey 1883 Einl. (1 110) [Comtes] Dynamik der Gesellschaft; Willmann 1897 Gesch. ìli 742 Daher ist die Grammatik, wie Novalis sagt, die wahre Dynamik des Geisterreiches; Schmarsow 1905 Grundbegriffe 225 Die Dynamik der einfachen Strophe ist hier . . gesteigert, indem sich an jedes Quadrat links und rechts Raumerweiterungen anschließen; Weber 1910 Kampf Vorw. V die „Statik" der wirtschaftlichen Geschehnisse zu studieren und die „Dynamik" dem Fleiß und der Denkkraft künftiger Generationen zu überlassen; Freud 1911-24 Metapsychol. Sehr. 172 f. Erfahrungen, in denen die seelische Dynamik eine Rolle spielt; Spengler 1922 Untergang 11 618 wir leben . . in einer Welt wirtschaftlicher Dynamik; Benn 1925 Gedichte (Ges. W. III 96) Dynamik (Überschr.) Dynamik — Born der Wogen,/ Gezeitenschoß des All,/ Nacht — : und die Sterne zogen,/ Nacht — : und der Sterne Fall —/ Erreger von Momenten; Friedeil 1928 Kulturgesch. II 213 Die Soziologie zerfällt in die Statik, die die allgemeinen Bedingungen, und die Dynamik, die die allgemeinen Gesetze, die Entwicklung des Gesellschaftslebens festzustellen hat; 1931 Volk u. Reich 582 soziale Dynamik im eigenen Volke; 1935 „Duden"-Sammlung o. S. Diese Furcht . . daß die neue deutsche Weltanschauung, die . . den anderen unheimliche Dynamik des deutschen Geistes . . ansteckend wirken könnte, paßt . . schlecht zu der Überheblichkeit, mit der auch angeblich wohlwollende Kritik die Verhältnisse in Deutschland zu beurteilen pflegt; 1936 ebd. o. S. Die Wirtschaft, die der Nationalsozialismus aufzubauen im Begriff ist, hat eine neue Dynamik, die sie aus den gestaltenden Kräften des Volkes empfängt; Schuster 1936 Nachbar im Westen 182 weil ihnen das wichtigste im politischen Kampf fehle: die deutsche Dynamik; Schmitt 1939 Grossraumordnung 76 [der] mächtigen Dynamik unserer aussenpolitischen Entwicklung; Münch. N.N. 17.1. 1940 von welcher Wichtigkeit und Dynamik sich der Volkstumsgedanke im Falle der Tschechoslowakei gezeigt habe; ebd. 30. 1. 1942 Bei aller Blickrichtung nach vorwärts, in der unser Volk seit Jahren verweilt und in der sich die Dynamik seines nationalen Lebens ausdrückt; Schmid 1949 Geist 14 [er] hat sich . . der sozialen und geistigen „Dynamik" des Nationalsozialismus verschrieben und aus Ressentiment . . die bessere Sache verraten; Süddtsch. Ztg. 26. 9. 1950 die von starker sprachlicher Dynamik getragenen Dichtungen; ebd. 13. 10. 1953 daß ihn die Dynamik . . seiner Persönlichkeit von der Generallinie seiner Partei wegtrug; Fraenkel 1957 Staat

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202 Tendenzen . die . . eine neue politische Dynamik und Sprungkraft gewonnen haben; Süddtsch. Ztg. 23.3. 1961 diese konservative Grundhaltung und dieser Drang nach Sicherheit, die den Hintergrund der rastlosen Dynamik des heutigen Deutschlands bilden; Bertling 1964 Abstammungsnachweis 59 Dynamik, dynamisch, Dynamismus eine im Nationalsozialismus häufig gebrauchte Wortgruppe, die vor allem von Rosenberg durch seine Theorie, der Dynamismus sei ein Wesenszug des nordischen Menschen, in den Sprachgebrauch eingeführt wurde; FAZ 10.9. 1969 Dynamik und Zielstrebigkeit sind Eigenschaften, mit denen ich versuche, die mir gestellten Aufgaben zu erledigen (Anzeige); 1970 Durch d. schöne Welt Nr. 3 Diesen Aufgaben entsprechen unsere Mitarbeiter. Sie haben Dynamik, Wissen, Können; FAZ 16. 3. 1971 wird eine „Dynamik" der Altersversorgung gefordert; ebd. 8. 12. 1971 Ein Mann, der . . mit seinen 38 Jahren eine Unmenge Dynamik, Energie und Einsatzbereitschaft in die Waagschale zu werfen hat (Anzeige); Bastian 1976 Brut 163 So dick die Kaderleiterin auch war, in ihren Bewegungen steckte Dynamik (DUDEN 1993); Dülmen 1977 Reformation 59 [Reformation] war eine soziale Bewegung von besonderer Dynamik; Augsb. Allg. 11.112. 2. 1978 Was erwarten wir von unseren Mitarbeitern? . . Kontaktfähigkeit, Fleiß und Dynamik; Habermas 1985 Unübersichtlichkeit 19 hat die . . Architektur . . der Eigendynamik des Wirtschaftswachstums, der Mobilisierung der großstädtischen Lebensverhältnisse . . nicht viel mehr entgegenzusetzen als die Flucht in den Triumph von Geist und Bildung; Zeit 3. 10. 1986 Im neudeutschen Begriff des „Single" drückt sich eine soziale Umbewertung des Alleinlebens aus, denn er signalisiert Freiheit, . . Dynamik und Individualität; Bundestagsprotokolle 16. 11. 1989 wenn die Dynamik unseres Konjunktur- und Wachstumsprozesses anhält; FAZ 15.2.1990 Der Norden der DDR dürfte . . erst in Jahrzehnten Anschluß an die wirtschaftliche Dynamik des übrigen Deutschland finden; Spiegel 5. 9. 1993 rentable Arbeitsplätze zu schaffen und Wachstumsdynamik zurückzugewinnen; ebd. 6. 6. 1994 [die] Seuche [Aids ist] im Begriff, eine gespenstische Eigendynamik zu entwikkeln. Dynamiker: 1924 (Diederichs 1927 Leben 73) so besteht . . der deutliche Schnitt zwischen alt und jung mehr in der instinktiven Einstellung zum Lebensprozeß an sich, so scheiden sich die Dynamiker von den Mechanisten; Friedeil 1928 Kulturgesch. II 476 indem wir Goethe als Statiker, Schiller als Dynamiker bezeichnen; Th. Mann 1931 Reden u. Aufs. (W. XII 663) Unsere deutschnationalen Dynamiker und Lebensmystagogen mögen sich

nicht einbilden, irgend etwas vorauszuhaben mit ihrer vermeintlichen Geheimwissenschaft vor den Ländern der „Civilisation"; ders. 1938 Reden u. Aufs. (W. XI 930) Ein sozialistisches Recht und Pathos der Dynamiker [Nationalsozialisten] gegen die Statiker [Kapitalisten] wird da in Anspruch genommen, der Umsturz . . zugunsten der Armen aufwieglerisch propagiert und mit einem proletarischen Krieg gegen die Kapitalwelt gedroht; Weizsäcker 1950 Erinn. 109 Für einen Dynamiker konnte man mich nicht halten, höchstens für einen Bremser; Offenburger Tagebl. 18. 9. 1958 Es gibt nicht nur ein Heute, oder gar — wie es Dynamiker gern sehen möchten — nur ein Morgen, sondern es gibt auch ein Gestern; Zeit 13. 9. 1985 hatten sich die Gruppenpsychotherapeuten mit den Gruppendynamikern zu einer . . Ehe zusammengetan. Die Therapeuten hielten ihre Grundsätze hoch, die Dynamiker hatten den Fortschritt für sich gepachtet . . Die Dynamiker beschäftigten sich mit der Selbsterfahrung Gesunder in . . Klausurtagungen, den sogenannten Trainingslaboratorien; Spiegel 21. 3. 1994 Reuter hat den nimmermüden Dynamiker stets nach Kräften gefördert; ebd. 1.8.1994 Alle Lebenskräfte schwanden. Der Dynamiker [Napoleon] lag antriebsschwach im Bett, die Glieder schwollen an; Zeit 9. 7. 1998 Hier stößt man . . auch auf junge Dynamiker, die . . eine Chance zur Selbstverwirklichung erkannten. dynamisch: F. Schlegel 1796 Versuch (Baxa, Gesellschaft 40) Die einzige (physisch) permanente Qualität des Despotismus bestimmt die dynamische (nicht politische) Form der despotischen Regierung. Sie ist entweder tyrannisch, oligarchisch oder ochlokratisch, je nachdem ein Individuum, ein Stand . . oder eine Masse herrscht; Krug 1818 Kreuz- u. Queerzüge 125 das Wort [Geld] kommt bekanntlich her von gelten (valoir), welches so viel heißt als ein dynamisches Verhältniß zu andern Dingen haben; Görres 1821 Ges. Sehr. XIII 255 Dieses Kapital . . besteht dynamisch aus jener Masse erfinderisch betriebsamer Geisteskräfte; Biedermann 1849 Erinn. 185 die Herstellung einer „dynamischen" Grundlage der Staatsordnung in der Gliederung der Wähler nach Classen; Paul 1880 Principien 118 ein anderer Fall, in dem der Umlaut aus analogen Ursachen dynamisch geworden ist; Lamprecht 1912 DGjV. I 85 Es war die dynamische . . Anschauung, die schon in so jungen Tagen der modernen Wissenschaft eingeimpft wurde; Coellen 1924 Methode 23 die Gotik ist bewegter, dynamischer Stil; Diederichs 1927 Leben 72 die dynamischen Kräfte der ganzen Volksgemeinschaft; Friedell 1931 Kulturgesch. III 61 Arzneistoffe sind nicht tote Substanzen . ., vielmehr ist ihr wahres Wesen bloß dynamisch geistig; Spann

Dynamik 1932 Haupttheorien 44 Unterschied von beharrender und von veränderlicher, oder, wie man heute . . sagt, von „statischer" und „dynamischer" Volkswirtschaft; Sieburg 1935 Gott Vorw. o. S. Gegensatz vom dynamischen Deutschland und vom statischen Frankreich; Münch. N.N. 9.11.1936 das „dynamische Temperament" zeichnet . . die neuen Mitarbeiter des Duce aus; N. Z. Z. 5. 8. 1943 eine „dynamische" Politik der ständigen Machtentfaltung; ND 7. 5. 1949 General Clay sei heftig, nervös, dynamisch und ungestüm; Süddtsch. Ztg. 11.8.1956 Arbeitgeber-Bedenken gegen dynamische Rente (Überschr.) . . die automatische Anpassung der Rentenhöhe an die Lohnentwicklung; Caumann 1960 Museum (Übers.) 131 Berlin, das dynamische Zentrum des ruhelosen . . Deutschlands; Behrendt 1962 Mensch 27 ob . . man . . geneigt ist,. . statisch oder dynamisch zu denken und zu arbeiten; Stuttgarter Ztg. 21. 1. 1965 suchen wir dynamischen Lkw-Verkäufer (Anzeige); 1966 FAZ Nr. 63 Dynamischen Löhnen sollen nach diesem Rezept dynamische Preise entsprechen; Stuttgarter Ztg. 11.1.1967 Dynamischer Reisevertreter . . sucht Gebietsvertretung (Anzeige); FAZ 24. 11. 1970 die Partei der Mitte, die mit Umsicht und Tatkraft eine vitale, dynamische . . Politik gewährleistet; Drenker 1970 Diplomaten 181 die dynamische Rente hat den gleichen Effekt; Offenburger Τagehl. 16. 10. 1971 [Firma] sucht dynamischen Verkäufer für die Abteilung Lebensmittel (Anzeige); ND 26. 8. 1974 Die dynamische Entwicklung unserer Republik in den vergangenen 25 Jahren; 1979 Welt Nr. 143 wird sich der dynamische Unternehmer auf dem japanischen Markt noch mehr einfallen lassen müssen; M M 30.4. 1985 Der Nachfolger . . gilt als besonders dynamisch und kontaktbegabt; Wutekits 1987 Darwin 20 da man die Welt statisch dachte, bedeutete der Wechsel zum Evolutionsdenken . . auch den Übergang zu einem dynamischen Weltbild; Danella 1989 Hotel 407 Er hat das richtige Alter, er hat Erfahrung, er ist ein dynamischer Typ; FAZ 31. 10. 1989 eine dynamische Anpassung an die allgemeine Einkommensentwicklung; Bundestagsprotokolle 15. 2. 1990 Grundlagen für eine dynamische Wirtschaftsentwicklung; Spiegel 8.2. 1993 Frankreich brauche einen „modernen, dynamischen Mann" — einen so wie Chirac; ebd. 1.11. 1993 die Machtverteilung im dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt, in der Region Südchina. dynamisieren: Barthel 1928 Welt 291 der Logos, der sich zur konkreten Schöpfung materieller Welt dynamisieren will; Schwarz 1929 Anthropologie 216 die dialektische Betrachtung, indem sie diese Neutralität wiederum dynamisiert; Th. Mann 1947 Faustus (W. VI 254) das Subjektive schlägt sich als

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Objektives nieder und wird durch das Genie wieder zur Spontaneität erweckt, — dynamisiert, wie wir sagen; Arbeitgeber 20. 6. 1957 Sollen . . auch die betrieblichen Renten dynamisiert werden?; 1960 Spiegel Nr. 31 die Beamtengehälter alle Jahre zu dynamisieren; Dichgans 1968 Unbehagen 149 eine dynamisierte Altersversorgung; Hondrich 1970 Wirtschaftl. Entwicklung 178 die Kolonisatoren, als Produkte einer schon dynamisierten Gesellschaft; FAZ 4. 3. 1971 wonach die Beamtenbesoldung „dynamisiert" und der „Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen . . Verhältnisse . . regelmäßig" anzupassen ist; Zeit 22. 11. 1985 Wir fordern . . eine dynamisierte Grundrente von 1000 Mark pro Person; ebd. 29. 5. 1987 So gelingt ihm auch keinerlei Thrill [im Film]. Er filmt den Strudel der Ereignisse konsekutiv, . . wo er den Strudel selbst filmisch dramatisieren und dynamisieren müßte; Beri. Ztg. 9.10.1990 dynamisiert, das heißt an die Entwicklung der Löhne gebunden, soll sie [Rente] sich jährlich verändern; Spiegel 15. 3. 1993 Ziel der von Männern geäußerten Veränderungswünsche sei deshalb immer, den Koitus „zu verlängern und zu dynamisieren"; Zeit 2. 2. 1996 mit Hilfe hochmotivierter asiatischer Immigranten, die das Land verjüngen und dynamisieren; MM 28.2.1996 hat man als Sparer die Möglichkeit, den monatlichen Sparvertrag zu dynamisieren. Dynamisierung: Rothacker 1927 Logik 81 Dynamisierung . . der Idee in das Werden; 1930 Ber. d. Dtsch. Hochschule f. Politik Vili 1 Er erörterte den Unterschied der französischen beinahe nurpolitischen [Revolution] zur oft geradezu unpolitischen deutschen Geistigkeit und forderte Dynamisierung und Entpolitisierung für Frankreich; 1932 Handb. d. Spanienkunde 293 In dreifacher Hinsicht sei die Barockarchitektur Spaniens erläutert: Dynamisierung, Vergegenständlichung und Vitalisierung; Arbeitgeber 20. 5. 1956 Eine weitere Gefahr der Dynamisierung [der Sozialrenten] besteht darin, daß bei einer Rentenfinanzierung . . eine zusätzliche Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt wird; Naumann 1958 Soziologie Einl. XIV gelang es Hegel, die Dynamisierung der Gesellschaft, also den fortlaufenden Prozeß der Integration, Desintegration . . des Einzelnen . . darzustellen; 1965 Zeit Nr. 46 die Dynamisierung der Renten [hat] zu einer . . unvorhergesehenen Dynamisierung der Bundeszuschüsse geführt; FAZ 29.6.1971 Süddeutscher Rundfunk will dynamisierte Gebühren (Überschr.) Nur eine Dynamisierung der Rundfunkgebühren kann . . die Rundfunkanstalten auf die Dauer finanziell sichern; Rüthers 1985 Arbeitsges. 7 Die Frage nach einer stärkeren Dynamisierung . . und Flexibilisierung der bisher oft . . starr praktizierten kollekti-

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ven Regelungen des Arbeitslebens; Stern 8. 10. 1987 Dynamisierung, also Anpassung der Renten an steigende Lebenshaltungskosten; Beri. Ztg. 5. 10. 1990 bei der Dynamisierung der Kleinstrenten; Spiegel 25. 4. 1994 daß die Radikalisierung und Dynamisierung des Nationalismus . . aufgehalten oder wenigstens kanalisiert wird; MM 30. 7. 1995 Der Öko-Audit kann zu einer Dynamisierung des innerbetrieblichen Umweltschutzes führen, also im Sinne einer sogenannten „kontinuierlichen Verbesserung" jenseits der staatlichen Auflagen; ebd. 5. 6. 1996 Die jährliche Dynamisierung (Anhebung) der Lohnersatzleistungen. Dynamismus: Kerner 1829 Seherin 1 304 ein Gesetzesplan . ., der . . einen vollständigen Dynamismus in den Potenzen und einen vollständigen Mechanismus in dem Rhythmus der Bewegungen darstellt; Troxler um 1866 Gewissheit 14 So lange der Gesamtorganismus und Dynamismus der Menschennatur nicht ergründet ist; Joel 1915 Weltkultur 64 Ja, Dynamismus und Voluntarismus zeigen sich als spezifisch deutsche Denkweisen; Frank 1922 Seelenleben 41 zu einem Wiederverschwinden dieser Affektkräfte (Dynamismen) kann es zunächst nicht kommen; 1926 (Curtius 1954 Essays 221) Unamuno ist . . einzig durch den Dynamismus seiner Persönlichkeit. Er ist ein Erwecker seiner Nation . . anstachelnd und aufreizend, fordernd und belebend; 1930 Nord u. Süd LUI 470 finden alle Umbildungen . . keinerlei Widerstand, weder bei dem Industriellen noch beim Verbraucher. Die ganze Atmosphäre ist von einem unerhörten Dynamismus erfüllt, der . . den entscheidensten Vorteil der neuen Welt darstellt; 1939 Europ. Revue 248 da der deutsche Dynamismus oft in einen Gegensatz zu der statischen Betrachtungsweise Frankreichs geführt hat; ebd. 249 Was . . das Wesen des sogenannten „deutschen Dynamismus" betrifft, so darf ich zu seiner Kennzeichnung . . eine . . Äußerung des Generalfeldmarschalls Göring anführen: „. . Wir leben . . nicht in einem Staat, der in Ruhe verwalten und verteilen kann, sondern in einem Staate, der immer wieder Impulse geben . . muß. Unsere Generation ist zum Kämpfen geboren . ."; 1940 Beri. Monatsh. 195 das bekannte Thema vom deutschen und dem italienischen „Dynamismus"; Th. Mann 1941 Nachtr. (W. XIII 704) bildete er [Nietzsche] eine rauschvoll antihumane Lehre aus, deren Lieblingsbegriffe Macht, Instinkt, Dynamismus . . waren; Gisevius 1947 Ende I 324 ob sie [Generalität] die ihr anvertrauten Menschen- und Materialmassen in den braunen Dynamismus gefügig wird einspannen lassen; Tritsch 1954 Erben 105 Die Nationalisten . . haben sich . . bemüht, den Dynamismus der menschlichen Gruppen . . nach der Farbe ihrer sozialen Karosserien zu beur-

teilen; Sedlmayr 1955 Revolution 128 Der Futurismus . . benutzt seit 1910 die kubistische Simultandarstellung zur Verherrlichung des modernen Dynamismus; Süddtsch. Ztg. 16. 8. 1958 Wenn die Dimensionen des neuen italienischen Außenministeriums dem „Dynamismus" Fanfanis entsprechen, so sicherlich nicht im Sinne der faschistischen Machtpolitik; 1968 Bundestag XVIII 10259 Die EWG wird eingemauert und kann nichts mehr von jenem politischen Dynamismus beweisen, der sie einst so anziehend gemacht hat (DUDEN 1993); FAZ 25.11. 1970 Deutscher Dynamismus in Europa (Überschr.) Ihrer Kraft bewußt, dringt die deutsche Industrie immer tiefer in alle anderen europäischen Nationen ein; Rattner 1973 Aggression 113 die Gegenspieler einer integrierten Wutoder Zornsituation . . können im Rahmen ihrer Beziehung' jene destruktiven Dynamismen ausleben, an die sie sich von Kindheit an gewöhnt haben; MM 9. 5. 1987 Eine neue Religion der Geschwindigkeit, der Maschine, des „Dynamismus" sollte sich gegen die Geschichte des Abendlandes durchsetzen; taz 18. 12. 1991 Der wirtschaftliche Dynamismus in Asien; ebd. 25. 1. 1994 Das serielle Element der Vorfertigungstechnik verleiht . . den flachen . . Gebäuderiegeln einen Dynamismus. Dynamik c: 1844 Brockhaus IV 549 In der Musik bezeichnet Dynamik die Abstufung der Stärke und Schwäche, namentlich in bezug auf rhythmische und declamatorische Accentuation; Dessoir 1906 Ästhetik 180 daß sich der Tonstärkesteigerung, der positiven Entwickelung der Dynamik die zunehmende Verkürzung der Werte, die Beschleunigung geselle; Bekker 1912 Beethoven 203 Die federnde Leichtigkeit im Aufstieg des Themas, die kapriziöse . . Dynamik, das schwebende, rhythmische Leben dieses Stückes strafen die altväterliche Bezeichnung „Menuetto" Lügen; Sternheim 1918 Chronik II 79 schlägt die . . Person ihren unbeugsamen Willen prachtvoll aus dem Klavier. Es gab keine Seele im Dorf, die von der Schalldynamik aus Schuhlins Haus nicht irgendwie berührt wurde; Münch. N.N. 11.2. 1944 Sein Spiel . . fesselte . . durch die vielfarbige, ausgewogene Dynamik. Besonders in den Symphonischen Etüden; Th. Mann 1947 Faustus (W. VI 319) Das Prinzip der Tonalität und seine Dynamik verleiht dem Akkord sein spezifisches Gewicht; Adorno 1955 Prismen 175 was aber für die Differenzierung des Intimen gilt, gilt umgekehrt erst recht für die ausladende Dynamik der großen Chorwerke; Zeit 4. 10. 1985 daß man das Verhältnis zwischen leisestem und lautestem Ton als Dynamik bezeichnet. Unterhaltungsmusik hat bedeutend weniger Dynamik als . . Rockmusik oder symphonische Werke; ebd. 7.11. 1986 so bewundernswert ausgefeilt die [Jazz]-

Dynamit Stücke wie auch die Differenzierungen sind, die sie beim Tempo, der Dynamik und der Phrasierung erfahren; M M 16. 9. 1987 kamen die ausdrucksvollen Melodien, der Farbenreichtum und die zu vitaler Steigerung führende Dynamik voll zur Geltung. dynamisch: Fröbel 1821 Kl. Sehr. 184 die drei Bestandteile des Gesanges: das Rhythmische, Melodische, Dynamische; Prokowetz 1889 Newastrand 120 Den natürlichen . . Reiz der Lieder erhöhen schöne Stimmen . . und ein ausgeprägter Sinn für dynamische Abstufungen; Werfel 1924 Verdi 313 Blätter, . . fast ohne Vortragszeichen und dynamische Anweisungen ausgefüllt; Th. Mann 1947 Faustus (W. VI 606) Der erste [Satz] . . gleicht einem . . geistig angestrengten Gespräch . . der vier Instrumente, . . fast ohne dynamische Abwechslung;

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Welt 25. 5. 1964 Dieses . . Vokalwerk . . stellt höchste Ansprüche an . . eine weitgestaffelte dynamische Differenzierung; 1979 Gött. Tagebl. Nr. 38 interessante Melodien, dynamische Steigerungen, klug gewebte Klanggebilde; M M 16. 3. 1985 Seine Musik . . zeichnet sich aus durch plötzliche Brüche und eine ungewöhnliche dynamische Breite; ebd. 19. 6. 1987 Der . . Chor sorgte . . für dynamisch differenzierte und feinsinnige Interpretationen; ebd. 9. 3. 1988 Durch feine dynamische Schattierungen . . unterstreicht Bader . . die . . dramatischen Anteile dieser Musik. dynamisieren: 1979 FAZ Nr. 144 durch das Prinzip der Phasenverschiebung wird der Zeitablauf in sich dynamisiert; M M 13. 6. 1989 Sybille Seifert demomstrierte auf dem Akkordeon, wie fein sich Bachs G-Dur-Menuett dynamisieren läßt. GS

Dynamit N., früher vereinzelt auch M . (-s; ohne Pl., fachspr. -e), im späteren 19. Jh. von dem schwedischen Ingenieur Alfred Nobel für seinen neuen Sprengstoff geprägte gelehrte Bildung zu griech. δύναμις 'Kraft, Gewalt, wirkendes Vermögen' (—• Dynamik, —* Dynamo). Als Bezeichnung für ein 1867 entwickeltes, sehr explosives Sprengstoffgemisch, das vorwiegend aus Nitroglyzerin besteht, in Wendungen wie einen Felsen, eine Brücke mit Dynamit sprengen, eine Ladung Dynamit, ein mit einem Paket Dynamit verübter Anschlag der Anarchisten und als Bestimmungswort in Zss. wie Dynamitladung, -anschlag, -attentat, -explosion, -Stange, -bombe, -patrone 'Explosivgeschoß, Sprengpatrone, die mit Dynamit gefüllt ist'; bereits seit spätem 19. Jh. häufig übertragen gebraucht (s. Belege 1886, 1 9 1 0 - 1 1 , 1932, 1943,1950, 1 9 5 4 - 5 5 , 1959, 1964, 1966, 1967, 1986, 1988, 1994; vgl. die metaphorische Verwendung von Sprengstoff), ζ. B. Dynamit des Geistes, eine Epoche voll von radikalem Dynamit, für innenpolitisches Dynamit sorgen, soziales Dynamit, wie Dynamit wirken und bes. mit Dynamit spielen 'ein gefährliches Spiel treiben, sich leichtfertig einer Gefahr aussetzen, sich leichtsinnig in eine gefährliche Situation begeben, die sich verhängnisvoll auswirken k ö n n t e ' (s. Beleg 1954—55), in neuerer Zeit auch im Sportjargon in den Wendungen Dynamit in den Fäusten/im Bein haben '(im Boxen) schlagstark sein/(im Fußball) schußgewaltig sein' und in einer Zs. wie Dynamitpaket 'vor Kraft und Energie strotzender Sportler, Kraftpaket'. Dazu seit spätem 19. Jh. die seltene, wohl analog zu Kommunarde gebildete Personenbezeichnung Dynamitarde M . (-n; -n) 'Sprengstoffattentäter' und die Gelegenheitsableitungen Dynamitismus und Dynamiterei '(Manie der) Dynamitanschläge'. Dynamit: Trauzl 1870 Explosive Nitrilverbindungen, insbes. Dynamit und Schiesswolle in der Sprengtechnik (Titel); vor 1871 National-Ztg. XXI 527 Das unter dem Namen D.[ynamit] vorkommende neue Patent-Sprengpulver; ebd. XXII 27 D.[ynamit] Nr. 1 mit 25 Prozent Nitroglycerin-Gehalt (beide SANDERS 1871); Lauer 1875 Dynamit im Bergbau (Kurztitel); Trauzl 1876 Dynamite

Vorw. o. S. Die neuen Sprengstoffe, Dynamite genannt, welche bereits die ausgedehnteste Anwendung in der Technik der Gesteinsbewältigung finden; Nordau 1883 Lügen 3 Die Gebildeten suchen . . mit Dynamit und Revolver . . das blutige Chaos herbeizuführen; 1883 Brockhaus V 688 D y n a m i t . . ist die Bezeichnung für ein von dem Schweden Alfred Nobel in den Handel gebrachtes, gegenwärtig

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allgemein angewandtes Sprengmaterial; Nietzsche 1886 W. II 670 als ob irgendwo ein neuer Sprengstoff versucht werde, ein Dynamit des Geistes, vielleicht ein neuentdecktes russisches Nihilin; Lizius 1888 Waldbilder 56 die teuflischen Dynamithelden des modernen Sozialismus und Nihilismus; Harden 1892 Apostata Ν. F. 159 Verachtung der Geschworenen, die dem . . Dynamitbold mildernde Umstände zugebilligt haben; Nemmersdorf um 1895 Zeit 33 die ultima ratio [der Anarchisten] bleibt die Dynamitbombe; Henne-am Rhytt 1897 Kulturgesch. VII 26 Seitdem folgten sich endlose Parteikämpfe, exotische Kriege,. . anarchische DynamitAttentate [in Frankreich]; Bebel 1898 Volkswehr 10 Die Knochen . . werden wie durch eine Dynamitladung zertrümmert und in kleine Stücke gesprengt; Rubner 1900 Hygiene 792 Die gegenwärtig am häufigsten zur Anwendung kommenden Sprengmittel sind: Schießpulver, Schießbaumwolle, Dynamit; Th. Mann 1901 Buddenbrooks 1 736 trat er auf eine Knallerbse . ., die einen Lärm verursachte, als habe er auf Dynamit getreten; 1908 Meyers Konversationslex. V 322b wichtiger sind die Dynamite [ = Dynamitsorten], die statt der Kieselgur Stoffe enthalten, die . .; 1910-11 Pan I 547 Nietzsche wäre in erhabene Empörung, ja in einen wahren Dynamitzustand geraten, wenn . .; Bülow 1916 Dtsch. Politik 348 Der Kriegsausbruch war angetan, das deutsche Volk mit . . Gewalt zu der Einsicht zu zwingen,. . daß die Fragen der großen Politik Dynamitpatronen gleichen; Th. Mann 1926 Reden u. Aufs. (W. X 651) das Dynamitattentat . ., das die Mailänder Konferenz stimulieren soll; Schickele 1932 Grenze 29 mit geistigem Dynamit handelte; Lokal-Anz. 6. 7. 1934 Ein Kreidewerkbesitzer . . beging auf ungewöhnliche Weise Selbstmord. Er . . setzte sich auf eine mit Dynamit gefüllte Kiste und brachte die Masse zur Entzündung; N.Z.Z. 11. 6. 1943 Behauptung, daß solcher „Dividendensegen" als „soziales Dynamit" zu qualifizieren sei; ebd. 20. 6. 1944 In militärischen Kreisen . . äußert man sich über die neuen deutschen Sprengkörper dahin, daß während der letzten 48 Stunden London als Schwerpunkt des Einsatzes der „Dynamitmeteore" klar zu erkennen sei; Welt 20. 9. 1949 Durch eine Dynamitpatrone, die er in den Mund steckte, sprengte sich ein Norweger . . selbst in die Luft; Röpke 1950 Mass 11 die Massenleidenschaften durch die Parolen des Nationalismus und Sozialismus zu entflammen, die . . in ihrer Mischung zu dem Dynamit wurden, das die Welt in die Luft gesprengt hat; Kirst 1954-55 08/ 15 673 der . . war zwar gerissen wie zwei Autoverkäufer zusammen, aber doch wohl bestimmt nicht der Mann, der mit Dynamit spielt (DUDEN 1993); Kellermann 1955 Tunnel 263 Sie hatten keine Lust,

mit einer Dynamitbombe in die Höhe zu gehen (WDG); Welt 28. 3. 1959 Ein Kerl wie Dynamit (Anzeige); Marti u. a. 1963 Literatur 47 Die Vorstellung Scheerbarts vom „Dynamitkrieg" aus der Luft bleibt naiv und wurde von der Waffenentwicklung . . korrigiert; Welt 15. 5. 1964 daß Fräcke und Roben . . wie Dynamit in einem Lande wirken müssen, das Abgründe zwischen den sozialen Klassen kennt; FAZ 14. 1. 1966 Innenpolitisches Dynamit enthält der Vorschlag Johnsons, die Amtsperiode der 435 Abgeordneten . . von zwei auf vier Jahre zu erhöhen; Bildztg. 9. 5. 1967 Der Junge schuftet wie ein Schwerarbeiter. Ein wahres „Dynamit-Paket". Sein großes Ziel: Olympia!; Spiegel 15. 7. 1968 von den Dynamit-, Dolch- und Revolver-Attentätern der Jahrhundertwende; Welt 7. 10. 1974 des . . Küstenmotorschiffes, das . . mit einer Ladung von 150 Tonnen Dynamit an Bord . . nach Kuweit ausgelaufen war; Zeit 22. 2. 1985 Ein mit Dynamit vollgestopfter Mercedes, gelenkt von einem Selbstmordkandidaten; MM 21. 10. 1986 sie [Giftstoffe] liegen . . dem oberen Teil der Nieren an. Gramm für Gramm enthalten sie mehr „Dynamit" als irgendein anderes Organ in unserem Körper; ebd. 2. 1. 1988 Jule Neigel ist eine Stimmungskanone: Die Sängerin mit Dynamit in der Stimme; Spiegel 28.6.1993 Er [Ulbricht] ließ 1950 den rauchgeschwärzten Torso mit 13 Tonnen Dynamit wegsprengen, um einen Roten Platz für die Aufmärsche . . zu schaffen; ebd. 16. 5. 1994 Erst der Umstand, daß Austin die Begegnung nicht in eine handliche Ehebruchsgeschichte umwandeln kann, sorgt für Dynamit; ebd. 14.11.1994 Auf dem Bücherbord ein mit Dynamitstangen verdrahteter Wecker, ein Scherzartikel, der anfängt zu heulen, wenn er angehoben wird. Dynamitarde: Wolzogen 1889 Komteß II 159 Sozialdemokraten, Nihilisten und Dynamitarden; Fontane 1892 Jenny Treibet 32 können Sie sich einen Handelsgärtner denken, der . . Kornblumen im großen zieht, Kornblumen, dies Symbol königlich preußischer Gesinnung, und der zugleich Petroleur und Dynamitarde ist (DUDEN 1993). Dynamitismus: Henna-am Rhyn 1897 Kulturgesch. VII 89 ein Mann . . ging vom politischen Radikalismus zur Kommune und von dieser zur theoretischen Anarchie über, wie auch seine ganze Familie, nur daß deren jüngere Mitglieder „weiter", d. h. zum Dynamitismus schritten. Dynamiterei: Schäffle 1885 Aussichtslosigkeit 22 die Mordbrennerei . ., die Dynamiterei [Dynamitanschläge] als socialpolitische Protestform. GS

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Dynamo M . (-s; -s), im späten 19. J h . übernommen aus gleichbed. engl, dynamo (Kurzwort für das von W. v. Siemens 1866—67 entwickelte und mit dynamo-elektrische Maschine bzw. Dynamo-Maschine bezeichnete Gerät, gelehrte Bildung zu griech. δύναμίξ ' K r a f t ' bzw. dessen Kompositionsform δυναμό-; —» Dynamik), früher auch N . und — wohl in Anlehnung an das Genus von Maschine — vereinzelt auch F. (s. Beleg 1908). In der Elektrotechnik in der Bed. ' G e r ä t zur Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie, Erzeuger von Elektrizität, elektrischem Strom; Generator', auch 'Lichtmaschine, bes. als Teil der Beleuchtungsanlage am Fahrrad', ζ. B. einen Dynamo am Fahrrad anbringen; Fahrrad-Dynamo, vgl. auch die ältere, vereinzelt bildlich gebrauchte (s. Beleg 1925) Zs. Dynamomaschine (s. o.); seit Anfang 20. J h . auch bildlich und übertragen verwendet im Sinne von 'treibende Kraft' (s. Belege 1 9 1 0 - 1 1 , 1925, 1930, 1934, 1938, 1966, 1983). Dazu gleichzeitig die aus dynamisch (bzw. analog zu griech. δυναμό- in Kombinationen mit Fugenvokal -o-) und elektrisch gebildete adj. Ableitung dynamoelektrisch ' a u f der Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie beruhend' (vgl. dynamisch, —• Dynamik a). Dynamo: Siemens 1880 Ü. d. dynamo-elektrische Maschine (Abh. 495) Ich habe in meiner Mitteilung über diese neue Stromerzeugungsmethode an die hiesige [Berliner] Akademie der Wissenschaften am 17. Januar für sie den Namen . . Dynamo-Maschine vorgeschlagen, um dadurch anzudeuten, dal? bei ihr nicht, wie bei der magneto-elektrischen, vorhandener permanenter Magnetismus zur Stromerzeugung benutzt wird, sondern daß von ihr Arbeitskraft direct in elektrischen Strom umgewandelt wird, wobei der erzeugte Magnetismus nur gleichsam als Zwischenproduct auftritt; 1890 Unsere Zeit I 471 von einer technischen Verwendung der Ströme kann erst seit der Erfindung der Dynamomaschine die Rede sein; Kathenau 1890 N. Br. 45 geht der Dozent vom Ohmschen Gesetz aus, um Dynamos zu explizieren; 1894 Brockhaus 670 die stromerzeugende Dynamomaschine; 1908 Meyers Koversationslex. V 637a die unvollkommene Verbindung der Antriebsmaschine und der Dynamo; 1910—11 Pan 1 672 die grossen Dynamos des katholischen Geistes; Kellermann 1913 Tunnel 141 Maschinenhallen, in denen in endloser Reihe die Dynamos schwangen; Barthel 1925 Puppe 221 nach diesen . . beglückenden Bildern malen, die das Maschinenzeitalter, das [!] herrliche Dynamo der Technik im Kunstwerk vollenden und verklären würden; 1925 Gelbe Hefte 11 1,453 Dieser moderne Mensch schuf sich eine Weltanschauung, die genau sein Ebenbild ist. Darnach ist das ganze Weltall eine große Dynamomaschine, und Gott ist der Motor, der sie treibt; Musil 1930 Mann 129 war sie ganz zum unpersönlichen Kraftzentrum, zum . . Dynamo seiner Erleuchtungsanlage geworden; Kisch 1934 Reporter 140 sitzt eine Greisin an

einem riesigen Tisch, der eine Maschine ist, betrieben vom kläglichsten Dynamo: den Beinen der alten Frau; Köln. Ztg. 10. 8. 1936 Dynamolampen müssen bei einem langsam fahrenden Rad auf 50 Meter sichtbar sein; Th. Mann 1938 Reden u. Aufs. (W. XI 919) alle Gewaltüber, Unterdrücker . ., alle, die darauf aus sind, aus der Nation ein gedankenloses Kriegs-Dynamo zu machen . ., sind . . Menschenverächter; Mahr 1941 Die Entstehung der Dynamomaschine (Titel); Fallada 1947 Jeder stirbt 506 ein Arbeiter, der hatte in einem Elektrizitätswerk die Dynamos verschmoren lassen; Welt 17.8. 1949 mit dem . . Zink-Kohle-Element konnte Bunsen damals, als es noch keine Dynamomaschine gab, die Abscheidung von Leichtmetallen an Schmelzflüssen elektrochemisch untersuchen; Wolf 1951 Matrosen 4 Die Landstationen lassen große Dynamos [Gleichstromgeneratoren] laufen (WDG); Johnson 1961 Buch 258 sie suchen nach Dynamo und nach Kabel, was soll dir das an einem Rennrad . .!; Schnabel 1963 Marmor 155 Radfahrer, die mit pfeifenden Dynamos an den Vorderreifen die Landstraße ein Stück weit beleuchteten; 1966 Spiegel Nr. 6 um seine [Chinas] Rolle als Dynamo der internationalen Revolution zu erhärten; 1967 Bild d. Wiss. 1 18 Bei erhöhtem Strombedarf fällt das Stauwasser einige hundert Meter rief . . in die . . Maschinen, die jetzt als Turbinen und Dynamomaschinen wieder Strom liefern; Sloterdijk 1983 Kritik 250 Als allgemeine Krankheit funktioniert es [narzistische Prinzip] wie ein psychologischer Dynamo der Gesellschaft; Zeit 1.6.1985 „Dynamo" klinge mehr nach Fahrrad und Bewegung; M M 28. 1. 1987 Während das Mofa eine batteriebetriebene Beleuchtung besitze, erfolge die

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Beleuchtung eines Fahrrades durch den D y n a m o mit der Folge, daß bei langsamer Fahrt die Beleuchtung schwächer werde; Spiegel 29. 3. 1993 Fast alle deutschen Autohersteller bestellen ihre Leuchten . . bei der FER, in ganz Europa werden ihre Fahrradlichter und -dynamos gekauft; ebd. 12. 7. 1993 Wo die Kinder mit den Rädern durch die zerbombten Straßen rasen, damit der Dynamo den Walkman auf Touren hält. dynamoelektrisch: Siemens 1879 Abb. 477 ich habe diese Maschinen . . im J a n u a r 1867 dynamoelektrische Maschinen genannt, um dadurch anzudeuten, dass durch sie Arbeitskraft . . in elektrischen Strom umgewandelt wird; ders. 1880 Ü. d. dynamo-elektrische Maschine (Abb. 495) Ich habe in meiner Mitteilung über diese neue Stromerzeugungsmethode . . für sie den Namen dynamo-elektrische . . Maschine vorgeschlagen; 1883 Gaea 619

Beiträge zur Geschichte der neueren dynamoelektrischen Maschinen (Überschr.) . . Die ersten dynamoelektrischen Maschinen waren mit dem Siemensschen Doppel-T-Induktor . . versehen und gaben . . schnell aufeinanderfolgende, doch merklich intermittirende Ströme; Gebauer 1932 Kulturgescb. 360 dynamo-elektrische Maschine; Niethammer 1943 Technik 40 Entdeckung des dynamo-elektrischen Prinzips durch Werner Siemens im Jahre 1866; 1967 Bild d. Wiss. II 96 Wissenschaft vor 100 Jahren . . Vor einem M o n a t berichteten wir über die neue dynamoelektrische Maschine des Herrn Werner Siemens, die dieser am 17. J a n u a r der Berliner Akademie der Wissenschaften vorführte. Auf einer Sitzung der Royal Society am 15. Februar 1867 in London ist nun der gleiche Apparat von Herrn Wilhelm Siemens, Bruder des Erfinders, den englischen Gelehrten präsentiert worden. GS

Dynastie F. (-; -n), im früheren 16. Jh. über spätlat. dynastia 'Herrschaft; Herrscherhaus' entlehnt aus griech. δυναστεία 'Macht, Herrschaft, Oligarchie' (zu δυνάστης 'Machthaber, Herr, bes. Herrscher über ein kleineres Gebiet, Vornehmer', zu δύνασθαι 'können, vermögen, gelten', wozu auch δύναμις 'Kraft' gehört; —• Dynamik), anfangs auch in der lat. (flekt.) Form und in der Schreibung Dynasty. l a Zunächst selten und vereinzelt bis ins 20. Jh., gelegentlich noch mit Bezug auf antike Verhältnisse, in der Bed. '(Gewalt-)Regierung, Herrschaft; entartete Form der Aristokratie' (—• Oligarchie; s. Belege 1539, 1734, 1757, 1844), dann vor allem bezogen auf deutsche (historische) Verhältnisse für 'kleineres Königtum, Füstentum (als Institution); Land, Staat mit einem unumschränkten Herrscher an der Spitze', ζ. B. die absoluten Dynastien. b Etwa gleichzeitig, oft in Verbindung mit Ordinalzahlen, für 'Herrschaftsperiode eines Dynastengeschlechts', in Wendungen wie der Herrscher regierte in der 21. Dynastie, in diesem Geschichtswerk werden die ersten zwei Dynastien ausführlich behandelt, ägyptische Dynastie. 2a Seit frühem 18. Jh. in der dominanten Bed. 'Reihe von Herrschern aus ein und demselben Geschlecht, Herrscherfamilie, -geschlecht; fürstliches Herrscherhaus, das durch Erbfolge über mehrere Generationen den Souverän stellt', bes. von Königsund Fürstenhäusern (s. Belege 1727, 1747, 1804), in Wendungen wie eine Dynastie (be-)gründen, diese Dynastie ist ausgestorben/untergegangen/erloschen, der Stifter einer neuen Dynastie, die Dynastie der Merowinger, Oranier, die karolingische, habsburgische Dynastie, die Habsburger Dynastie, die Dynastie Sachsen-Coburg und Gotha, unter der Dynastie der Hohenzollern, die letzte Dynastie, die herrschende Dynastie, die Abfolge der ägyptischen Dynastien (in der Geschichtswissenschaft werden die Herrscher-Dynastien zur Grundlage der Chronologie bestimmter Kulturräume gemacht, bes. im alten China, Ägypten, Mesopotamien, s. Belege 1966, 1994), als Grundwort in Zss. wie Herrscher-, Neben-, Paralleldynastie, oft in Verbindung mit Namen (adliger Geschlechter) Ming-, Hohenzollern-, Wittelsbacher-, Haschemiten-Dynastie; dazu im 19. Jh. die Gelegenheitsableitung Dynastietum N. 'dy-

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nastisches Wesen; Verbreitung von Dynastien' und im 20. Jh. die vereinzelten Subst. Dynastismus M . 'Herrschaft von Dynastien' und Dynastizismus M. 'dynastisches Denken'. b Seit früherem 19. Jh. zunehmend auch übertragen verwendet in der Bed. 'einflußreiche, auf einem bestimmten Gebiet (ζ. B. Theater, Verlagswesen), in einer bestimmten Branche (ζ. B. Bankwesen, Wirtschaft) hervortretende (bürgerliche) Familie oder Gruppe; Familienimperium' (—• Clan), in Wendungen und Zss. wie die Dynastie der Krupps, der Rockefellers, eine Dynastie von berühmten Musikern, Forschern, eine aufstrebende Dynastie; Familien-Dynastie, produktiv vor allem als Grundwort in Zss. in Verbindung mit Eigennamen, ζ. B. Krupp-, Strauß-, Rockefeiler-, Bally-Dynastie oder mit Bezeichnungen für das betreffende Gebiet bzw. die jeweilige Branche, ζ. B. Schauspieler-, Bier-, Parfüm-, Kölnisch-Wasser-, Champagner-, Likör-, Versandhaus-, Dollar-, Uhrenfabrikanten-, Gastro-Dynastie. Dazu seit Mitte 16. Jh. die über lat. dynastes 'Machthaber, Herrscher, Gebieter, Fürst eines kleinen Landes' auf griech. δυνάστης (s. o.) zurückgehende Personenbezeichnung Dynast M. (-en; -en), selten auch Dynastin F. (-; -nen), anfangs auch in der lat. (flekt.) Form, gelegentlich noch mit Bezug auf die Antike, in der Bed. 'mit Gewalt an die Regierung gelangter aristokratischer Machthaber', dann vor allem bezogen auf Verhältnisse im deutschen Mittelalter als Bezeichnung für einen dem Fürstenstand ebenbürtigen Adligen, der nur den König als Schutzherrn anerkannte und neben größerem freiem Grundbesitz Reichs- und/oder Kirchenlehen sowie Hoheitsrechte innehatte, auch für 'Herrscher über ein kleineres Gebiet, kleiner Fürst, Freiherr, G r a f (zu la); etwa seit Mitte 19. Jh. auch für 'Mitglied einer Herrscherfamilie, eines Herrscherhauses', in Zss. wie Dynastengeschlecht, -familie, -eifersucht, -dünkel (zu 2a); in neuester Zeit selten übertragen gebraucht für 'Mitglied einer einflußreichen Familie (bes. im Bereich von Politik und Wirtschaft)', z. B. Monika Hohlmeier, die legitimierte Strauß-Dynastin, vgl. auch Bier-Dynastin (s. Beleg 1993) (zu 2b). Seit spätem 18. Jh. die eventuell unter Einfluß von frz. dynastique aufgekommene, auf griech. δυναστικός zurückgehende adj. Ableitung dynastisch 'von einer Dynastie getragen, regiert, auf ihr beruhend, zu ihr gehörend, sie betreffend', ζ. B. dynastische Rücksichten, Interessen, Streitigkeiten, Händel, gelegentlich auch in bezug auf politische Einstellungen, Richtungen für 'monarchisch, nicht demokratisch gesinnt, die (Existenz von) Dynastien verteidigend, befürwortend' (s. Belege 1863, 1897, 1916, 1917, 1922, 1923, 1968, 1994), ζ. B. die dynastische Opposition, vgl. die Präfixbildung antidynastisch 'gegen eine Dynastie/die Dynastien eingestellt' (zu 2a); in jüngster Zeit gelegentlich auch übertragen für 'einer einflußreichen Familie, Gruppe angehörend; die (Interessen einer) Familiendynastie betreffend' (zu 2b); daneben selten für 'eine bestimmte Herrschaftsperiode betreffend, sich darauf beziehend', bes. in den Präfixbildungen vor- und prädynastisch 'aus der Zeit vor den (ägyptischen) Dynastien stammend' (zu lb) und vereinzelt historisierend für 'den/die (mittelalterlichen) Dynasten betreffend' (zu la). Dynastie l a : Hedió 1539 Chronik Anfang 5 [es] habenn die Thebeer über die Egyptier regirt, durch jre gwaelt, die sie dynastias nennen (DWB N.); ders. 1539 Auserles. Chronik 11 Vorw. 1 dieweil die Egyptier keine künig gehebt haben, aber yedoch

als in einem künigreich jre Gewaelt, so sie Dynastias nenneten gehebt haben [als Randnote:] Dynastiae, Gewaltikeyt, wie wir sagen Potestat, Magistrat — durch die xvj. Gwaelt, die sie Dynastias genant haben; Wächtler 1709 Manual 115 Dyna-

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stie, Herrschafft/ Regierung; Zedier 1734 Universallex. VII 1685 Dynastia, heist bey denen Alten eine Regierung . . Bey denen Politicis heist es so viel als eine Oligarchia, welches ein verderbter Zustand der Aristocratie ist, da die vornehmsten, welche die höchste Gewalt haben, nicht nach der Richtschnur derer Gesetze, sondern ihren Eigennutzen die Regierung einrichten; Eggers 1757 Kriegslex. 1 708 Dynastie . . bedeutet . . so viel, als Oligarchie oder eine verderbte Aristocratie; Seume 1793-1811 Kl. Sehr. (W. 11 350) Überall gibt es bei uns despotische Ansprüche, Königreiche, Herrschaften, Dynastien; Adelung 1808 Wb. 1 1624 die Dynastie, die Herrschaft, Standesherrschaft; Campe 1813 Fremdwb. 275 Dynastie . . 1) Die Herrschaft; 1844 Brockhaus IV 550 Der . . Ausdruck Dynastie bedeutet eigentlich eine Herrschaft; Stahr 1860 Kl. Sehr. Litt. H 457 der despotische beamtenstaat von hundert kleineren und größeren territorien und absoluten dynastien (DWB N.); Riehl 1861 Ges. 177 lief doch . . eine sehr bestimmte Stufenleiter des adeligen Berufes von der Grafschaft abwärts zur freien Herrlichkeit (Dynastie), zur allodialen Herrlichkeit, zur Unterherrlichkeit; Nordau 1884 Lügen 109 Diese Dynastien [in Griechenland, Bulgarien] berufen sich . . auf die Gande Gottes; ihre Völker gestehen ihnen Herrscherrechte zu; 1964 Keesings Archiv XXXIV 1113b um so die dynastie zu einer sache des ganzen Volkes zu machen (DWB N.). Dynast: Heboid 1554 Heydenwelt r4a lantgrauen . . marckgrauen . . , das bei den Griechen dynaste gewesen; Golius 1579 Onomasticon 108 Dynasta, ein gewaltiger herr; Wächtler 1709 Manual IIS Dynastes, ein Ober-Herr/ Regente; Dewerdeck 1711 Müntz-Cabinet 622 so betrachten wir solche . . als schlesische Dynastas; Zedier 1734 Universallex. VII 1685 Dynasta [heißt bei den Alten] ein König; Heumann vor 1760 Geseze [!] 143 die grose Menge der . . noch zum hohen Adel zu rechnen seyn sollenden Herren oder Dynasten ist meistens eine leere Einbildung; Moser 1775 Phantasien I 292 der erste, den die späteren Zeiten zum Dynasten oder auch belehnten Gerichtsherrn aufstellten; Schiller vor 1805 S. W. XV/// 48 Die Römer mußten unter das Joch eines glücklichen Dynasten [Augustus] sich beugen (KEHREIN); Goethe 1815 Br. (WA IV 25,165) von da ich meine Streifzüge (nach Art jener unzähligen kleinen Dynasten, nur unschuldiger wie sie) nach allen Seiten ausdehne; Haller 1818 Restauration III 268 die vor Iwan Wasiliewitsch Dynasten, regierende Herren waren; Droysen 1833 Alexander 134 die sechs Flecken . . die etwa vierzig Jahre früher der Dynast Mausolus in seiner Residenz vereint hatte; Schlesier 1836 Obd. Staaten 54 die hohenstaufische Herrlichkeit

war zu Grunde gegangen und ein Raub vieler unabhängiger Dynasten und kleiner Herren geworden; 1844 Brockhaus IV 550 Dynast, seiner griech. Ableitung zufolge . . ein Mächtiger, hieß bei den Alten insbesondere ein mit Herrschergewalt Begabter, der aber nicht bedeutend genug war, um den Königstitel erhalten zu können . . Die Dynasten des Mittelalters in dem Sinne als Freiherren . . , deren Vorzug . . auf der Freiheit des persönlichen Standes ruhte; Treitschke um 1865 Hist. 213 Der unverbesserliche Dynasten-Dünkel (SANDERS 1871); Reichensperger 1872 Phrasen 119 Ein Volk darf seinen Fürsten in seiner Eigenschaft als Dynast ohne Weiteres zum Lande hinausjagen, als Monarchen aber hat es ihn stets zu lieben; 1883 Brockbaus V 690 f. Im mittelalterlichen Deutschen Reiche waren Dynasten die „Edeln Herrn" . ., welche die unmittelbare Freiheit unter dem Reiche für sich und ihre Besitzungen . . behauptet; Harden 1892 Apostata Ν. F. 7 Er ist nicht derselbe Mann mehr, der in den Märztagen des kritischen Jahres 1890 grollend wie ein entthronter Dynast der Reichshauptstadt den Rücken kehrte; Gerlach 1913 Stadtbefestigungen (Diss. Phil. Leipzig 36) kleine Burgen [um 900 n. Chr.], für die Schuchardt den Ausdruck „Dynastenburg" eingeführt hat, ein Typus, der sich . . schwer von den Befestigungen Heinrich I. unterscheiden läßt; 1915 Dtsch. Geschichtsbl. XVI 288 f. Dynasten und Dienstmänner (Überschr.) Wenn . . das Wort „Dynasten" gebraucht wird, so geschieht es, um mit einem kurzen Ausdruck diejenigen Edelfreien zu bezeichnen, die als Freie auf freiem Eigen saßen; Harden 1927 Versailles 72 Die Dynastenfront, die ein Halbjahrhundert lang unerschüttert schien, zerstob wie Spreu im Wind. Der Kaiser ist längst aus der Heldenpose gerutscht; Brandl 1936 Inn 126 fand ich auf einem Ausflug an die Weser noch stark die Erinnerung an einstige Soldatenverkäufe dortiger Kleindynasten; Th. Mann 1951 Erwählte (W. VII 238) Denn nicht nur wußte er . . dem Heiligen Stuhl Patrimonien zu bewahren . ., sondern er machte ihm auch die Dynasten und trutzigen Barone des flachen Landes gefügig; Brandt 1958 Werkzeug d. Historikers 57 Zahllose Urkunden mittelalterlicher Herrscher und Dynasten sind für den Historiker . . von quellenmäßigem Interesse; F. Wagner 1974 Newton 24 keine einseitige Vorherrschaft eines Dynasten.

dynastisch: Partner 1964 Erben 7 Die . . Geschichtsschreibung vermag . . die Kriege, Eroberungen und dynastischen Streitigkeiten der „dark ages" mit großer Genauigkeit darzustellen; ebd. 410 daß die Klöster von den dynastischen Händeln nicht betroffen wurden.

Dynastie Dynastie l b : Hedió 1539 Chronik Anfang bb4a in der xxj. dynasty regieret Smendis . . Psusenses (DWB N.); Clüver 1700 Geologia 236 weder die aegyptische Dynastiae . . hat können in gleicher Zeit zutreffen mit den ersten 7. und 800. Jahren nach der Sündfluth; Bachofen 1861 Ges. W. II 322 sehr bemerkenswerte Beispiele bietet die 18. Dynastie; Th. Mann 1926 Reden u. Aufs. (W.XI 56) Wir waren bald bei Ägypten, der achtzehnten Dynastie, den Amenhoteps, der Kunst von Amarna; ders. 1933-43 Joseph (W./V/V 22 [die] Belehrung, ein gewisser Menes . . habe, ungefähr 6000 Jahre vor unserer Zeitrechnung, die erste ägyptische Dynastie gegründet; ders. 1939 Reden u. Aufs. (W. X 350) wie in Ägypten, wo schon die Zeit der sechsten Dynastie solche Prosa hervorbringt; Bamm 1956 Ex ovo 9 die Mathematik . . Ihr dienten schon die Sumerer im dritten vorchristlichen Jahrtausend, die Ägypter der alten Dynastie; 1966 FAZ Nr. 45 Emery behandelt ausschließlich die ersten zwei Dynastien; Mann 1970 Einführung o. S. in der Zeit der 5. Dynastie . . erkannte man, daß das Gottesreich jenseitig ist; MM 17. 1. 1985 jener [ägyptischen] Königin . ., die in der 18. Dynastie sogar die Macht ihres Gatten übertraf; ebd. 21. 11. 1987 Bereits in der ältesten historisch fixierbaren Dynastie, der Shang-Dynastie (etwa 1523 bis 1050 vor Christus) findet sich die Darstellung von Musikinstrumenten; Hodel-Hoenes 1992 Leben u. Tod 25 Dieses sogenannte „Ägyptischblau" ist bereits in der vierten Dynastie nachgewiesen. dynastisch: Borst 1957 Turmbau 33 aus frühdynastischer Zeit, aus der 3. oder 4. Dynastie [Ägyptens]; Zeit 8. 2. 1985 in der dynastischen Periode des 17. und 18. Jahrhunderts. prädynastisch: Hodel-Hoenes 1992 Leben u. Tod o. S. Dieser Farbstoff wurde . . auf prädynastischen Gefäßen nachgewiesen. vordynastisch: Th. Mann 1933-43 Joseph fW. IV/ V 22) ein gewisser Menes . . habe . . die erste ägyptische Dynastie gegründet und vorher sei vordynastische Zeit gewesen; Hodel-Hoenes 1992 Leben u. Tod o. S. Weiß wird bereits in vordynastischer Zeit benutzt. Dynastie 2a: Sperander 1727 Ala mod Sprach 219 Dynastie, Dynastia. In der Chronologie eine lange Reihe oder Linie solcher Regenten der alten Zeit, die zwar als Könige, nicht aber unter diesem Titel regieret haben; 1747 Hist. d. Reisen I 124 er war der sechste König einer Dynastie Türken von Persien; Herder vor 1803 S. W. XXXVII 257 Bei den

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sg. Dynastien der Götter (KEHREIN); Schlabrendorf 1804 Sendschreiben 249 Du schreibst Dich: Von Gottes Gnaden . . Du machst Dein Kaiserthum in Deiner Familie erblich, willst. . der Stifter einer neuen Dynastie werden; Goethe 1811 Dichtung u. Wahrh. (WA l 28,313) ein schöner . . Gedanke, die Menschen . . durch eine Mittelfigur [Prometheus] hervorbringen zu lassen, die . . als Abkömmling der ältesten Dynastie, hierzu würdig . . ist; ders. 1828 Br. (WA IV 44,329) Wer nach der französischen Revolution und einer Reihe eingeschobener tyrannischer Dynastien . . endlich eine mehr oder weniger zusagende Legitimität doch wieder eintreten sieht; Kohl 1842 Böhmen 105 [der] sicheren Befestigung einer neueren Dynastie; 1851 Dresdn. Conferenzen 22 Das Interesse Preußens und seiner Dynastie, die Ehre der Monarchie Friedrichs des Großen beugten sich dem Parteiinteresse; Arbeiter-Ztg. 3. 12. 1865 Habsburg hat Deutschlands Bestimmung seit 400 Jahren verkehrt; Hohenzollern hält sie seit 100 Jahren auf. Was wiegt schwerer in der Wage des Geschicks, zwei Dynastieen, oder ein großes . . Kulturvolk der . . Geschichte?; vor 1871 Globus VI 111b NebenDynastien (SANDERS 1871); Reichensperger 1872 Phrasen 70 der constitutionelle Fürst kann nach seiner Doktrin kein Unrecht begehen; allein ein Dynastien-Wechsel thut dann und wann, eben um der Constitution willen, doch Noth; Kürnberger 1874 Siegelringe 34 die unglückliche Redensart . . die Dynastie [sei] in Gefahr; Schmidt 1886 Charakteristiken 1 375 Stifter einer cheruskischen Dynastie; Bismarck 1898 (Klemm I 232) Man kann nicht sagen, daß die Hannoversche, die hessische Dynastie, sich besonders bemüht hätten, sich das Wohlwollen ihrer Unterthanen zu erwerben; Th. Mann 1909 Hoheit (W. II 49) galt die Person des zweitgeborenen Prinzen . . als wichtige Gewähr für die Zukunft der Dynastie; Wassermann 1910 Masken 105 daß dieses unbequeme Überbleibsel einer früheren Dynastie verschwindet; Harden 1927 Versailles 48 [die] erst seit zehn Jahren wider eingesetzte Dynastie; 1928 Handb. d. Frankreichkunde 1 259 Dynastiesaat der Wiener Habsburger; Voss. Ztg. 4. 5. 1930 Alle Einheiraten in Geschäfte, . . alle Geldheiraten und Dynastie-Heiraten regierender Häuser; Münch. N. N. 16. 11. 1944 Während der Parteichef . . auf Weisung Moskaus den dynastiefreundlichen, reformwilligen Politiker spielt; Th. Mann 1945 Reden u. Aufs. (W. XU 342) Es ist unter der Dynastie der Hohenzollern vorgekommen, . . daß notwendige Kriege nicht geführt worden sind; H. Mann 1947 Zeitalter 505 Die Dynastie Savoyen war Frankreich einigermaßen verpflichtet (WDG); Welt 28. 6. 1954 die unlösbare Schicksalsgemeinschaft der europäischen Nationen, die sich . . in den Dynastien manifestierte;

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Dynastie

Bamm 2956 Ex ovo 19 Die Geschichte der merowingischen Dynastie beginnt mit dem Salierkönig Chlodio; Pörtner 1964 Erben 201 den Würzburger Glaubensboten [Kilian] zum Bannerträger der karolingischen Dynastie zu erheben; 1966 Studium Generale XII 749 wenn in Mesopotamien Zeitabstände berechnet werden „seit der großen Flut" oder wenn in Ägypten Einzelregierungen und Dynastien addiert werden zu Summenzahlen wie „seit der Zeit des Menes", des wohl historischen Begründers der sogenannten 1. Dynastie; Girnus 1971 Literaturwiss. o. S. eine Politik . . des Bündnisses mit der Hohenzollern-Dynastie; MM 26. 1. 1985 Malerei der Ming- und Quing-Dynastien aus der Volksrepublik China; ebd. 26. 8. 1986 die schillerndste Gestalt der Hohenzollern-Dynastie [Friedrich II.]; Wochenpost 22.6. 1990 Prinz Eduard von Anhalt ist. . nicht der einzige Vertreter eines Fürstenhauses, den es in die DDR, ins historische Stammland seiner Dynastie zieht; Spiegel 9. 8. 1993 Behutsamkeit war selten in der Dynastie Sachsen-Coburg und Gotha; ebd. 3. 10. 1994 Am liebsten las Mao die „Geschichte der 24 chinesischen Dynastien" — eine Reihe offizieller Chroniken, die jeweils von der neuen Dynastie zusammengestellt wurden. Dynast: Wienbarg 1848 Fehdehandschuh 11 Graf Christian, Stammvater des Oldenburgschen Dynastengeschlechts; 1871 Preuss. Jahrb. Χ XVII 358 So lange die süddeutschen Kronen sich erst eingewöhnen müssen in die neuen Verhältnisse, gebietet die Klugheit . . jene Aufgaben nationaler Politik in Angriff zu nehmen, welche den Dynastendünkel nicht . . berühren; Hansjakob 1898 Erzbauern 255 Hier hauste ein Bauern-Dynasten-Geschlecht, fast so mächtig und so reich wie das vom Stamme Harter über der Bergwand drüben in Kaltbrunn. Es gab von jeher seine vielgesuchten Töchter auf die stolzesten Höfe an der Wolf ab; Th. Mann 1909 Hoheit (W. 11 12) die Burg, in grauen Tagen vom Markgrafen Klaus Grimmbart, den Ahnherrn des Fürstengeschlechts, . . stets wohnlich gehalten und als Stammsitz des Herrscherhauses, als Wiege der Dynastenfamilie auf eine besondere Weise geehrt; Krause 1917 Volk 68 [den] süddeutschen Dynastengeschlechtern; Th. Mann 1941 Reden u. Aufs. (W. XII 904) Es ist möglich, daß die Lösung vom Vaterlande . . dem Angehörigen des . . internationalen Hoch-Adels leichter fällt als uns bürgerlichen Intellektuellen. Und doch scheint mir das Verhalten des jungen Dynasten symptomatisch zu sein für die Situation des Nationalen überhaupt; Wochenpost 22. 6. 1990 der Harzstadt, in der Henricus Comes de Stalberg, der Ahnherr der Stoiberger Dynasten, im Jahre 1210 seine Residenz aufgeschlagen hatte.

Dynastietum: vor 1871 National-Ztg. XX 121 Das ganze europäische Dynastiethum wankt (SANDERS 1871). dynastisch: Hammard 1787 Reise 1 218 daß dieß von einer dynastischen Regierung weniger, als von jeder andern zu erwarten; Ruge 1842 Briefw. u. Tagebuchblätter 1 272 Was man politisch . . erreichen kann, ist entweder gar nichts oder das neue Princip, d. h. . . dem dynastischen Egoismus sich unterwerfen; Ranke 1847 Preuss. Gesch. 1 267 der dynastische Bestandtheil der europäischen Geschichte; 1851 Dresdn. Conferenzen 31 Wie sollten diese Mittelstaaten sich nicht die Hoffnung gemacht haben, nun . . auf Kosten der kleineren und auf Kosten der Nation ihr dynastisches Interesse zu befriedigen!; 1855 Prutz' Museum I 80 dynastische Intriganten und persönliche Parteigänger; Streubel 1861 Viel Feind 14 [das] dynastische Interesse Napoleons III.; ; Kaltschmidt 1863 Fremdwb. 253 dynastisch . . eine Dynastie betreffend; die jüngere Linie der Bourbons vertheidigend; Arbeiter-Ztg. з. 12. 1865 Die Politik der beiden . . deutschen Großstaaten, die selbst keine natürlichen staatlichen Gebilde, sondern nichts als die künstlichen Produkte einer . . freiheitsfeindlichen, rein dynastischen Politik . . sind; 1885 Brockhaus 610 Nur sollte er [Krieg] nie um kleinliche politische oder dynastische . . Interessen geführt werden; Mehring 1897 Ges. Sehr. I 30 die Bourgeoisrepublikaner, denen die Interessen der Arbeiter sonst ebenso gleichgültig waren wie der dynastischen Opposition; Mittelstadt 1904 Krieg von 1859 1 63 seine . . habsburgisch dynastische Politik; Th. Mann 1909 Hoheit (W. II 35) Der Großherzog schwieg, im Innern durchschauert von dynastischen Träumereien; 1916 Schwed. Stimmen 130 [den] dynastischen Politiker; Fernau 1917 Durch 69 die preußisch-deutsche Armee ist feudal, nicht national; sie ist dynastisch, nicht demokratisch; Th. Mann 1922 Reden и. Aufs. (W. XI 819) Es gab Zeiten, wo das Nationale und das Monarchisch-Dynastische . . in unversöhnlicher Opposition zueinander standen; ders. 1923 Nachtr. (W. XIII 288) sein [Bayerns] Antisemitismus, seine dynastische Treue, seine Widerspenstigkeit in Sachen der Republik; 1932 Volk u. Reich 685 [auf] dynastisch-territorialer Grundlage; Th. Mann 1933-43 Joseph (W. /V/V 1394 daß die Mutter . . aus politisch-dynastischen Gründen seine Parteigängerin war; Münch. N. N. 14. 10. 1938 die damalige Ueberschätzung dynastischer Verbindungen; Th. Mann 1949 Reden u. Aufs. (W. IX 768) eine Föderation deutscher Fürsten ohne und gegen Osterreich ins Werk zu setzen, das heißt auf dynastisch-nationaler Grundlage; Brandt 1958 Werkzeug d. Historikers 23 die territorialen Veränderungen infolge eines Krieges, . .

Dynastie dynastischer Auseinandersetzungen; Heuss 1963 Erìnn. 243 die Rheinpfalz, die soziologisch . . mit Bayern gar nichts und in der dynastischen Erbfolge einiges zu tun hatte; 1968 Süddtsch. Ztg. Nr. 71 die grausamen dynastischen Interessen geopferte standhafte Frau; Hocke 1976 Tagebücher 154 das dynastische Prinzip und das Legitimitätsdenken in Europa; Zeit 31. 1. 1986 Im alten Ägypten und im alten Persien . . gab es den dynastischen Inzest; MM 1. 2. 1986 Karl V. . . bei diesem . . Eingriff in die dynastische Abfolge seines Hauses; Spiegel 25. 4. 1994 bei den bürgerlichen, bäuerlichen Massen, die zuerst einmal unpolitisch oder regional und dynastisch loyal gewesen waren. antidynastisch: Schnitzler 1918 Tagebuch 1917— 1919158 Begegnung mit einem . . Bekannten Stiassny; — über bolschewikische Tendenzen in der Bevölkerung, die antidynastischen Äußerungen, die ungeheuerlichen Gerüchte; Montag Morgen 9. 5. 1932 Goebbels, der leitende Kopf der Partei, bleibt unerbittlich antidynastisch. Dynastismus: Sombart 1919 Soz. 283 Er erkennt . . keinen Gegensatz der Nationalitäten an, der zu Konflikten und zu Kriegen führen müsse. Diese erscheinen ihm vielmehr . . nur als Ausflüsse kapitalistischer und dynastischer Interessen. Da er aber den Kapitalismus ebenso wie den Dynastismus für ersetzbar hält, jenen durch den Sozialismus, diesen durch den Demokratismus, so erachtet er . . den „nationalen", besser staatlichen Antagonismus . . nur für eine . . vorübergehende Begleiterscheinung des Nationalismus. Dynastizismus: Münch. N. N. 26. 8. 1942 Der Dynastizismus des vorigen Jahrhunderts schlug hier [in Südosteuropa] ebenso Wurzeln, wie um die Jahrhundertwende der Parlamentarismus. Dynastie 2b: Heine 1830 S. W. /V 357 welchen aber von der Rothschildschen Dynastie haben sie solchermaßen amputiert?; Nordau 1907 Beri. Gesellschaft 165 „Dynastie Bleichröder"; Csokor 1924 Schuss 19 Dynastie Eissler; Musil 1930-43 Mann 540 Eine aufstrebende Dynastie von Veredlungsverkehrsfachleuten (DUDEN 1993); Volck 1931 Rebellen 291 die „Vossische Zeitung" der demokratischen Dynastie Ullstein; Bärtie 1933 Flösserei 3 Flösserdynastie Dollmann; Hoffmann 1940 Anker 132 „Gastwirtsdynastien"; Shaw 1945 Politik 239 eine ganze Dynastie führender Schauspieler; "Welt 23. 6. 1959 Dr. Helmut Junghans aus der berühmten deutschen Uhrenfabrikanten-Dynastie;

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Zuckmayer 1966 Stück 11 seine Vorfahren, eine Dynastie von Gastwirten und Bierbrauern hatten es zu beträchtlichem Wohlstand gebracht; Jungblut 1970 Reichen o. S. Der mächtigste deutsche Konzernherr, Friedrich Flick, verfügte sogar, daß die mit ihm beginnende Dynastie schon bei seinen Lebzweiten bis ins dritte Glied hinein familiär abgesichert wurde; Welt 31. 10. 1974 Die Bally-Dynastie (Schuhe, Chemie, Bänder) . . vergleicht er mit den unaufhaltsam aufgestiegenen Buddenbrooks; MM 6. 9. 1985 Es gibt in der CSU keineswegs nur eingeschworene Strauß-Anhänger. Und das Wort von der „Strauß-Dynastie" ist eine wohlmeinende Übertreibung; ebd. 10. 5. 1986 mit dem Tod des . . Arndt von Bohlen und Halbach . . erlosch eine Dynastie, die seit den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts zu einem der bestimmenden Faktoren der deutschen Industrie geworden war; ebd. 21.5.1986 Familien-Dynastie Underberg; Zeit 27. 3. 1987 Rockefellers — diese Familie ist schon seit langer Zeit eine der rührigsten Mäzenaten-Dynastien in den Vereinigten Staaten; M M 10. 12. 1987 Stammsitz der Krupp-Dynastie; Spiegel 15. 1. 1993 Die Erben der Kölner Duft-Dynastie 4711; ebd. 4.10.1993 Die Geschichte vom Aufstieg und Fall der Gucci-Dynastie zeigt . ., daß der Niedergang eines Familienimperiums meist bereits dann programmiert ist, wenn der Gründer mehr als einen Sprößling hat; ebd. 20. 6. 1994 Wenig Freude hat . . die Familie Steigenberger mit ihrer Hotelkette. Die Mitglieder der Gastro-Dynastie können frühestens 1966 . . eine Dividende kassieren. Dynast/in: Spiegel 10. 5. 1993 als machtvolle BierDynastin [in der Fernsehserie „Das Erbe der Guldenburgs"] nahm sie Berufstrinkern Zweifel am eigenen Tun; ebd. 21. 6. 1993 Mit perfekter Rhetorik legitimiert sich die Strauß-Dynastin [Strauß-Tochter Monika Hohlmeier] als Teil einer selbstverständlichen Obrigkeit. dynastisch: Zeit 13. 12. 1985 daß er [Flick] jetzt die Unternehmensgruppe . . von dem Odium seines Namens, den Zufällen einer dynastischen Erbfolge . . befreit, ist . . ein wirtschaftlicher . . Glücksfall; Spiegel 14. 6. 1993 Fest gebucht ist Strauß-Tochter Monika Hohlmeier . ., „mehr aus dynastischen denn aus sachpolitischen Gründen" . . Sie soll mindestens Staatssekretärin werden, . . , möglicherweise in der Staatskanzlei; ebd. 25. 7. 1994 Winifred [Wagner] habe die Achse Berlin-Bayreuth dynastisch festigen wollen, sagte Hitlers Halbschwester Angela Raubai einmal. Hitler . . hielt nichts von einer solchen Dynastie, ihn konnte man nicht heiraten. GS

Jochen Α. Bär

Sprachreflexion der deutschen Frühromantik Konzepte zwischen Universalpoesie und Grammatischem Kosmopolitismus Mit lexikographischem Anhang 1999. IX, 582 Seiten. Leinen. ISBN 3-11-016372-1 (Studia Linguistica Germanica 50) Die frühromantische Sprachtheorie ist eine spezifische Kombination aus (Universal)Poetik, Transzendentalphilosophie, Hermeneutik und Philologie. Ihre Untersuchung führt ins Zentrum der frühromantischen Theoriebildung. — Der Wörterbuchanhang erläutert wichtige Termini der Frühromantik (Ironie, Poesie, romantisch usw.). Ein wichtiger Beitrag zur Romantikforschung der Sprach- und Literaturwissenschaft, Philosophie und Theologie.

Andreas Gardt

Geschichte der Sprachwissenschaft in Deutschland Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert 1999. IX, 410 Seiten. Broschiert. ISBN 3-11-015788-8; Gebunden. ISBN 3-11-015789-6 (de Gruyter Studienbuch) Die „Geschichte der Sprachwissenschaft" beschreibt die theoretische und angewandte Beschäftigung mit Sprache in Deutschland, vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Sie bietet einen chronologischen Überblick über Positionen und Werke der Sprachphilosophie, der Grammatikbeschreibung, der Lexikographie, der gesellschaftlich, pädagogisch und ideologisch motivierten Sprachpflege und Sprachkritik. Das Studienbuch wendet sich an all jene, die sich im Studium, Forschung und Lehre mit Sprache und der Geschichte ihrer Reflexion befassen.

Sprachgeschichte als Kulturgeschichte Herausgegeben von Andreas Gardt, Ulrike Haß-Zumkehr, Thorsten Roelcke 1999. VIII, 418 Seiten. Leinen. ISBN 3-11-016373-X (Studia Linguistica Germanica 54) Seit den 70er Jahren hat die Sprachgeschichtsschreibung damit begonnen, sprachsystematische Phänomene auch vor dem Hintergrund von Sozial- und Kulturgeschichte zu beschreiben. Der Band behandelt systematische Aspekte einer kulturwissenschaftlichen Sprachgeschichtsschreibung sowie die Verbindung von Sprachgeschichte und anderen Disziplinen.

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Walter de Gruyter · Berlin · New York