Deutscher Kunstverlag, 1921–1996: Geschichte und Zukunft [Reprint 2021 ed.] 9783112466841, 9783112466834


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Deutscher Kunstverlag, 1921–1996: Geschichte und Zukunft [Reprint 2021 ed.]
 9783112466841, 9783112466834

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Deutscher Kunstverlag 1921-1996 Geschichte und Zukunft

Deutscher Kunstverlag München Berlin 1996

Mitarbeit: Carmen Asshoff, Constanza Rosa, Kerstin Seydel

Falls Sie sich für lieferbare Titel interessieren, bitten wir Sie, unser aktuelles Verlagsprogramm zu Rate zu ziehen.

Für ihren Beitrag an der Realisierung dieser Festschrift danken wir folgenden Firmen:

Druck, Papier und Bindung: HOFMANN-DRUCK, AUGSBURG Textbelichtung und Lithos: REPRO-CENTER FÄRBER, MÜNCHEN © 1996 Deutscher Kunstverlag G m b H München Berlin

INHALT Chronik des Hauses

9

Zum Geleit

13

Z u r Geschichte und zu den Aufgaben des Hauses Michael

Meier

D E R DEUTSCHE KUNSTVERLAG - E I N E ÜBERSICHT

Helmut Börsch-Supan,

Gottfried

Riemann

65 J A H R E S C H I N K E L - W E R K

Michael

30

Meier

Z U R G E S C H I C H T E DES D E H I O - H A N D B U C H S

Andreas Beyer, Lutz Unbehaun,

40

Ulrich Schütte

H O F UND STAAT - SCHLOSSBAU UND R E S I D E N Z K U L T U R IN T H Ü R I N G E N . . .

MICHAEL PETZET

R E K O N S T R U I E R E N ALS DENKMALPFLEGERISCHE A U F G A B E ?

Georg

15

47 50

Kauffmann

D I E Z E I T S C H R I F T FÜR K U N S T G E S C H I C H T E

60

Bibliographie 1 9 2 1 - 1 9 9 6 HANDBÜCHER

66

(DEHIO-HANDBUCH, BILDHANDBÜCHER, DKV-BILDHANDBÜCHER, KUNSTHANDBÜCHER, HANDBUCH DER GRABSTÄTTEN) BUCHREIHEN

73

(Griechische Tempel, Deutsche Dome, Deutsche Lande Deutsche Kunst, Westfälische Kunst, Die Kunst im Deutschen Osten, Deutsche Kunst, Deutsche Lande, Veröffentlichungen des Wissenschaftlichen Instituts der Elsaß-Lothringer im Reich, Künstler unserer Zeit, Lebenswege in Bildern, Alfred Stange - Deutsche Malerei der Gotik, Karl Friedrich Schinkel - Lebenswerk, Denkmalpflege) EINZELWERKE

88

K U N S T D E N K M Ä L E R - INVENTARE

91

(Amtliche Kunstinventare deutscher Länder: Baden, Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein, Bayerische Kunstdenkmale) 5

DEUTSCHERGLOCKENATLAS

97

DKV-TONKASSETTEN

97

BAUGESCHICHTE / BAUTECHNIK

98

K U N S T G E S C H I C H T E / KUNSTWISSENSCHAFT

100

ARCHÄOLOGIE

101

BRIEFE, TAGEBÜCHER, BIOGRAPHIEN

102

KUNSTWISSENSCHAFTLICHE STUDIEN

102

F O R S C H U N G E N UND STUDIEN

106

(Forschungshefte, Forschungen und Berichte der Bau- und Kunstdenkmalpflege in Baden-Württemberg, Studien des Deutschen Studienzentrums in Venedig, Schriften des Weserrenaissance-Museums Schloß Brake bei Lemgo, Münchner Ägyptologische Studien) KATALOGE

M

MUSEUMSSTÜCK

112

WELTKUNST A N T I Q U I T Ä T E N - F Ü H R E R

113

K U N S T G E S C H I C H T E UND G E G E N W A R T

114

GEGENWARTSKUNST

115

FESTSCHRIFTEN

115

JAHRBÜCHER

116

ZEITSCHRIFTEN

120

» K L E I N E K U N S T F Ü H R E R « UND A M T L I C H E F Ü H R E R

126

GROSSE BAUDENKMÄLER ( G B D )

128

KUNSTFÜHRER-KASSETTEN

147

K L E I N E K U N S T F Ü H R E R (SCHLÖSSER, KIRCHEN UND MUSEEN)

148

DEUTSCHE HEIMATKARTE

150

PHÖNIXDRUCKE

150

FOTOKARTEN

150

KUNSTPOSTKARTEN

151

A U T O RENREGISTER

157

6

D er Deutsche Kunstverlag feiert in diesem Jahr sein fünfundsiebzigjähriges Jubiläum. Am 4. Juli 1921 wurde der Verlag auf Anregung des Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung in Berlin gegründet. Von Beginn an war das Haus der Kunsttopographie auf der Grundlage fotografischer Aufnahmen verbunden. Seine hauptsächlichen Aufgabengebiete waren und sind bis heute die Architektur- und Baugeschichte, die Denkmalpflege und die Kunstwissenschaft. Seit 1925 erschienen die Buchreihen, die das Verlagsprofil für lange Zeit bestimmen sollten und z.T. auch heute noch bestimmen: Deutsche Lande Deutsche Kunst, Die Deutschen Dome, Kunstwissenschaftliche Studien und seit 1929 das Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler von Georg Dehio - bis heute das Herzstück des Verlagsprogramms. Weitere Schwerpunkte des Programms sind das Lebenswerk Karl Friedrich Schinkels, die Kunstdenkmäler-Inventare, die Publikationen zur Burgenforschung sowie die Jahrbücher und Zeitschriften. Seit Jahrzehnten geben wir Kleine Kunstführer zu Großen Baudenkmälern heraus; eine beliebte Reihe, die wir durch Kunstführer-Kassetten ergänzen, in denen diese Kunstführer topographisch und kulturgeschichtlich geordnet sind. Unsere Reihe MUSEUMSSTÜCK führt durch bedeutende Sammlungen und Museen. Die Produktion der Kunstpostkarten - ein alter Zweig des Hauses - wird weitergeführt und gepflegt. Der Diskurs zu aktuellen Themen der Kunstgeschichte, Architektur, Denkmalpflege und Museumspolitik ist in unserem Programm durch unsere Reihe Kunstgeschichte und Gegenwart vertreten; ebenso durch die Publikationen, die wir in Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München herausgeben. In der neuen Reihe der WELTKUNST Antiquitäten-Führer finden Sammler und Antiquitätenliebhaber ein fundiertes Nachschlagewerk. Aus Anlaß des fünfundsiebzigj ährigen Verlagsjubiläums haben wir in dem hier vorliegenden Almanach sechs Beiträge von Autoren und Herausgebern zu den Verlagsschwerpunkten und zur Verlagsgeschichte versammelt. Michael Meier gibt eine Ubersicht über die Geschichte des Deutschen Kunstverlags. Helmut Börsch-Supan und Gottfried Riemann berichten über 65 Jahre Schinkel-Werk. Die Geschichte des Dehio-Handbuchs erläutert ein zweiter Beitrag von Michael Meier. Der Beitrag von Andreas Beyer, Lutz Unbehaun und Ulrich Schütte stellt das Forschungsprojekt »Hof und Staat in Thüringen« vor. Michael Petzet setzt sich mit den brisanten Thema »Rekonstruieren als denkmalpflegerische Aufgabe« auseinander. Die Chronik der »Zeitschrift für Kunstgeschichte« berichtet ihr langjähriger Herausgeber Georg Kauffmann. 7

Wir wollen die Kontinuität des Verlagsprogramms erhalten, wozu auch die editorische und buchgestalterische Sorgfalt gehört. Wir danken an dieser Stelle allen, die uns in dieser Arbeit unterstützen - durch verläßliche Zusammenarbeit, durch Anregung und Kritik: unseren Autoren, den Herausgebern unserer wissenschaftlichen Jahrbücher und Zeitschriften, der Dehio -Vereinigung und den Kolleginnen und Kollegen im Buchhandel.

Im August 1996

8

Elisabeth Motz Rudolf Winterstein

CHRONIK DES HAUSES 4. Juli 1921 Gründung des Verlages auf Anregung des Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Gesellschafter waren die Verlage: Insel Verlag und E. A. Seemann, beide in Leipzig; die Deutsche Verlagsanstalt und Julius Hofmann, beide in Stuttgart; G. Grote, Julius Bard und Walter de Gruyter, alle in Berlin, und das Bankhaus Delbrück, Schickler & Co., Berlin. Verlagssitz: Berlin W 2, Wilhelmstraße 69, im Hause des Kultusministeriums (bis 1933). Der Verlag sollte vor allem die reichen Bestände der ehem. Meßbildanstalt verwerten. Von daher bestimmt sich der Charakter des Hauses und seiner Bücher. Geschäftsführer: Dr. Gerhard Lüdtke und Dr. Burkhard Meier. 1924

Der Verlag Walter de Gruyter übernimmt sämtliche Anteile des Verlages; er behält sie bis 1939. 1925

Die Reihe »Deutsche Dome« beginnt mit dem Band »Der Naumburger Dom« von Wilhelm Pinder und Walter Hege. 1926 Die Reihe »Deutsche Lande Deutsche Kunst« beginnt mit den Bänden Potsdam, Hildesheim, Wismar, Stralsund und Mecklenburg. 1983 umfaßt sie 157 Bände. 1929

Die Reihe »Kunstwissenschaftliche Studien« beginnt mit dem Band »Eldena« von Hans Kloer. 1996 umfaßt sie 68 Bände. Das »Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler« von Georg Dehio geht in den Verlag über. Seine jüngste Neubearbeitung begann i960; bis zum Jahr 1996 umfaßt sie 18 neue Bände. 1933 Verlagssitz: Berlin W 30, Genthinerstraße 13. 1934

Die »Deutsche Malerei der Gotik« von Alfred Stange beginnt zu erscheinen. Abschluß mit Band 1 1 im Jahre 1961. 9

1937

Die amtlichen Kunstinventare beginnen. Erster Band: Die Kunstdenkmäler des Kreises Templin. 1996 befinden sich die Kunstinventare folgender Bundesländer im Verlag: Baden, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein. Von Bayern auch die Kurzinventare. 1938

Der Verlag trennt sich von Walter de Gruyter und geht in den Besitz von Dr. Burkhard Meier über. 1944 Die Reihe der Kunstführer beginnt. 1996 umfaßt sie 501 Titel. 1945 Am 3.10. erhält Dr. Burkhard Meier die britische Verlagslizenz. Die gesamten Bestände des Verlages sind im Krieg zerstört worden. 1946 Nach dem Tod des Inhabers übernimmt Ernst Hermann, der dem Verlag seit 1925 angehört, die Verlagsleitung. Er erhält die US-Lizenz am 25.5. 1946. 1947

Die Reihe »Künstler unserer Zeit« beginnt. 1948 Umwandlung des Verlages in eine GmbH mit Sitz in München und Berlin. Gesellschafter sind Ellen Burkhard-Meier und Ernst Hermann, seit 1971 Dr. Michael Meier. Hauptsitz des Verlages: München 13, Kurfürstenstr. 7/IV; 1949: München 2, Arcisstraße 10; 1950: München 19, Rondell Neuwittelsbach 8. 1949 Die Produktion von Fotokarten, ein alter Zweig des Hauses seit 1921, wird wieder aufgenommen. 1971: rund 2000 lieferbare Motive; die Reihe der Farbkarten beginnt. Zum Vergleich 1996: rund 2400 Motive. Walter Paraquin tritt in den Verlag ein; seit 1961 Geschäftsführer. !954 Die Reihe »Westfälische Kunst« beginnt mit dem Band »Johann Conrad Schlaun« von Theodor Rensing. 10

1959 Das Bildhandbuch Deutsche Kunstdenkmäler beginnt zu erscheinen. 1972 liegt es mit 14 Bänden abgeschlossen vor. Auch diese Reihe ist - wie das Dehio-Handbuch - ein gesamtdeutsches Unternehmen. Für Osterreich, die Schweiz und die Niederlande sind gleichfalls Bildhandbücher erschienen. 1960 Dr. Michael Meier tritt in den Verlag ein; Geschäftsführer seit 1961. 1964 Der Verlag zieht in die Vohburger Straße 1, München 21. i97i Helmut Kaufmann tritt als Geschäftsführer in den Verlag ein. 1991 Die Gesellschafter verkaufen den Verlag an den Hirmer Verlag. Geschäftsführer Helmut Kaufmann und Albert Hirmer. Lektorat: Elisabeth Motz. Neuer Verlagssitz: Nymphenburger Str. 84, 80636 München. 1992 Beginn der Reihe Museumsstück mit dem Band »Gemäldegalerie Alte Meister«, der zur Wiedereröffnung der Sempergalerie in Dresden am 6. Dezember 1992 erscheint. 1996 umfaßt die Reihe 13 Bände. 1995

Helmut Kaufmann tritt in den Ruhestand. Verlagsleitung: Elisabeth Motz (Programm/Lektorat) und Rudolf Winterstein (Programm/Herstellung). Beginn der Reihe »WELTKUNST Antiquitäten-Führer«. 1996 umfaßt die Reihe 7 Bände. 1996 Weiterer Ausbau der Kunstführer-Reihen und Kunstführer-Kassetten (»Die Silberstraße in Sachsen«, »Sächsische Weinstraße«). Die Herausgabe des Schinkel-Werks wird weitergeführt. Zum 75jährigen Jubiläum erscheint ein erstmals bebilderter Städteband »München« in der Reihe »Dehio-Handbuch«.

ZUM GELEIT Wenn sich die Dehio-Vereinigung, die Wissenschaftliche Vereinigung zur Fortführung des kunsttopographischen Werkes von G e o r g D e h i o e.V., einreiht unter die Gratulanten z u m 75jährigen Bestehen des Deutschen Kunstverlags, dann vertritt sie nicht nur die etwa 30 deutschen Kunsthistoriker und Denkmalpfleger, die ihr angehören, sondern gewissermaßen die Gesamtheit der Kunsthistoriker in Deutschland. Seit G e o r g D e h i o selbst das »Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler« auf dem Denkmaltag in Dresden 1900 aus der Taufe gehoben hat und 1905 der erste Band »Mitteldeutschland« erschienen ist, haben mehrere Generationen von Kunsthistorikern ihre berufliche Laufbahn mit dem Handbuch, dem »Dehio« zugebracht, in der Tasche auf Reisen und z u Hause am Schreibtisch. Es begann schon im ersten Semester des Studiums: D e n »Dehio« z u lesen, mußte gelernt werden. Heute sind die klassischen D e h i o - A b k ü r z u n g e n , die jeden Anfänger ins Stottern brachten und dem gefürchteten Gelächter der schon Erfahreneren aussetzten, längst vergessen. Beinahe schweren Herzens haben w i r auch v o n dem durchaus aussagefähigen Kürzel bmkw. (= bemerkenswert) Abschied genommen. Das Handbuch hat sich im Laufe dieses Jahrhunderts mehrfach gewandelt. D a ß es noch existiert, lebendig geblieben ist, daß es sich, man kann sagen, in drei Bearbeitungsgenerationen den jeweiligen Entwicklungen der Wissenschaft und des Forschungsstandes angeglichen hat und schließlich auch auf das Lesevermögen einer breiten Öffentlichkeit eingegangen ist, das ist wesentlich ein Verdienst des Deutschen Kunstverlags. 1929 hatte der Verlag die Rechte am »Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler« erworben. Kein anderer Verlag wäre v o n seinem Profil her dafür so geeignet gewesen, hatte es sich doch der Deutsche Kunstverlag zur Aufgabe gemacht, vor allem »Deutsche Lande Deutsche Kunst« - so der Titel der bekanntesten Publikationsreihe des Verlages - z u erschließen. Dieses Anliegen ließ sich auch mit dem »Dehio« auf beste Weise erfüllen. Das ursprünglich von G e o r g Dehio auf fünf Bände konzipierte Werk (für das Deutsche Reich v o n 1900) ist inzwischen auf über 20 Bände für die heutige Bundesrepublik angewachsen. M a n kann das »Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler« w o h l schon als ein Jahrhundertwerk bezeichnen, dessen dritte Neubearbeitung - besorgt von der Dehio-Vereinigung - demnächst mit der Herausgabe der noch ausstehenden überarbeiteten Bände für die alten und neuen Bundesländer - einschließlich der Neubearbeitung des Bandes »Thüringen« - z u m A b s c h l u ß kommt. Die nächste »Dehio«-Generation kündigt sich dabei schon an. Sie wird ein neues Gesicht haben, vielleicht sogar mehrere, verschiedene und bisher ungewohnte. Immer aber - dafür ist der Deutsche Kunstverlag ein Garant - wird die wissenschaftliche Seriosität gewahrt bleiben, w o m i t sich, das hat sich bis-

13

her in erfreulicher Weise gezeigt, der »Dehio« gegenüber lautstarken und knallbunten Konkurrenten behaupten konnte. Er wird es auch weiterhin tun. Dafür dankt die Dehio-Vereinigung dem Verlag und gratuliert ihm von ganzem Herzen. Prof. Dr. Ernst Badstübner Erster Vorsitzender

14

Dr. Johannes Habich Zweiter Vorsitzender

Dr. Dieter Martin Schriftführer

DER DEUTSCHE KUNSTVERLAG Eine Ubersicht Ausdrücklich soll hier auch von Preußen die Rede sein. Wer es erlebt hat, wird seiner immer gern gedenken, alles in allem. Die königlich-preußische Meßbildanstalt war nämlich aus der Arbeit des preußischen Regierungsbauführers Alfred Meydenbauer entstanden; er wollte die damals junge Fotografie der Vermessung von Bauwerken dienstbar machen, und zwar im großen Stil - der Mann dachte wie sein Jahrhundert: wissenschaftlich-enzyklopädisch. Zwar hatte sich dann das Meßbildnerische aus Mangel an Mitteln nicht weiter durchführen lassen. Die Fotoarbeit aber hatte sich bis 1918 auf fast alle Baudenkmäler erstreckt, sie vorbildlich aufgenommen; es war hier wie mit allen Aufnahmen der Anfänge: als ob sie auch die Zeit selbst in den Bildern mit festgehalten hätten. Wir wüßten von den früheren Zuständen dieser Bauwerke in Preußen wenig, ja gar nichts, wäre nicht die Meßbildanstalt

Das Verlagsgebäude in der Berliner Wilhelmstraße 69

15

gewesen: Ein Regierungsbauführer hatte die Idee: Seine Regierung erkannte deren Wichtigkeit und zögerte nicht. 1 Das preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung sah sich allerdings nach der Niederlage von 1918 veranlaßt, die ihm unterstellte Meßbildanstalt zu wirtschaftlicher Selbständigkeit aufzufordern. Diese nannte sich fortan »Staatliche Bildstelle« mit Sitz in der Breiten Straße, d.h. hinter dem Berliner Schloß im Gebäude des Marstalls, das ja zum Teil heute noch besteht. Die Bildstelle wiederum, deren wirtschaftliche Möglichkeiten so ohne weiteres doch beschränkt geblieben wären, schuf sich mit Hilfe des Staates und einiger großer Verlage eine Firma, die nicht nur dem Vertrieb, sondern auch der verlegerischen Nutzung ihrer kostbaren A u f nahmebestände dienen sollte. Wie das zu geschehen hatte, das lag im Belieben des neugegründeten Verlags, der sich »Deutscher Kunstverlag« nannte; von Beginn an offiziös, seit damals der Kunsttopographie auf der Grundlage fotografischer Aufnahmen verbunden. »Kunst« war für ihn Architektur und Städtebau; das waren die Staatlichen Schlösser und Gärten, die Museen und die klassischen Ausgrabungen. Auf eine genaue Weise gehörte dieser gesamte Komplex in den Bereich einer ministeriellen Verwaltung; nicht nur in Preußen.

Berlin, Wilhelmstraße 69. Die Buchhandlung »Bild und Buch«

16

B i t »

U N D

B U C H

DIE KUNSTHANDLUNG DES DEUTSCHEN KUNSTVERLAGS / BERLIN W 8, WILHELMSTRASSE 69 / GANZ NAHE DEN LINDEN V O L L S T Ä N D I G E S L A G E R VON BÜCHERN DER K U N S T UND K U N S T W I S S E N S C H A F T SÄMTLICHE REICHSDRUCKE D I E O R I G I N A L G E T R E U E N A B G Ü S S E AUS DER FORMEREI DER STAATLICHEN MUSEEN IN A U S W A H L D E S B E S T E N DIE SCHÖNSTEN ERZEUGNISSE DER STAATLICHEN PORZELLAN-MANUFAKTUR BERLIN A L L E I N V E R T R E T U N G DER STAATLICHEN BILDSTELLE WECHSELNDE AUSSTELLUNG KÜNSTLER. U. K U N S T W I S S E N S C H A F T ^ PHOTOGRAPHIEN

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UNSERE SEHENSWERTEN RÄUME BUCHER- U. LESEHALLE, AUSSTELLUNGSUND STUDIENSAAL — SIND VON ALBERT GESSNER K Ü N S T L E R I S C H G E S T A L T E T

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Verlagsanzeige des Ladengeschäftes,

192j

17

Ernst Gall

Burkhard

Meier

Hier fanden sich aber, im Ministerium, auch Kunsthistoriker, was eine Seltenheit war und bleiben sollte. Ernst Gall, einer der großen Gelehrten des Fachs und seit 1920 im Amte, hatte den Kunsthistoriker Burkhard Meier für die Geschäftsführung des Verlags vorgeschlagen; 2 unter dessen Leitung und unter amtlicher Aufsicht begann das Unternehmen 1921 seine Tätigkeit. Die Räume befanden sich im Hause des Kultusministeriums, Wilhelmstraße 69, d. h. mitten im Regierungsviertel; Reichskanzlei und Reichspräsidentenpalais lagen ebenso gegenüber wie die Reichsdruckerei, die aus der v. Deckerschen Hofbuchdruckerei hervorgegangen war; es war der feinste Platz, den man infra muros der alten preußischen Residenzstadt finden konnte. 3 Der Verlag bezog dort das Hochparterre, was für seine Schaufenster nicht günstig war; Schaufenster aber brauchte er, weil er neben seinen Geschäften noch eine Buchhandlung führte: »Bild und Buch«. Man hatte deren Lokal durch Alfred Geßner, 4 einen der bekannteren Berliner Architekten, ausstatten lassen. Wie das gesamte Haus blieben alle Räume noch ofenbeheizt; sie waren ebenso vornehm wie dunkel. Das gesamte Viertel ist 1945 zerstört und später abgeräumt worden. Seit einigen Jahren mit häßlichen Wohnblöcken bebaut. Die Anfänge des Verlags waren - wen wollte das verwundern - unsicher, nicht nur in den Themen, sondern auch in der Typographie und Buchgestaltung überhaupt. Zwar erschienen auftragsgemäß Kunstführer mit Aufnahmen der Bildstelle, die Reihe der Fotokarten begann und bewies die Vorzüg18

lichkeit dieser staatlichen Architekturaufnahmen. Eine Buchfolge unter dem Obertitel »Deutsche Lande« kam mit seinem ersten Bändchen heraus: »Das Land an der Ruhr«; 5 es war die Zeit der Rheinlandbesetzung; man befand sich mitten in der Inflation. Es müssen allerdings damals die definitiven Verlagspläne entstanden sein; denn seit 1925 erschienen in schneller Folge die Buchreihen, die das Profil des Verlags für lange Zeit bestimmen sollten, z.T. auch heute noch bestimmen: »Deutsche Lande Deutsche Kunst«, »Die Deutschen Dome«, »Kunstwissenschaftliche Studien«, zu denen 1929 noch das »Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler« von Georg Dehio hinzugekommen ist. Seit 1925 gibt es auch das Signet, das der Graphiker Ernst Böhm nach dem Baldachin der Gepa im Westchor des Naumburger Doms entworfen hatte: 6 ein Zeichen, das sich bis heute in allen Spielarten bewährt. Der Verlag hat es niemals aufgeben müssen, was für die Festigkeit seines Programms ebenso spricht wie für die Kunst des Graphikers, vor allem aber für die Schönheit des Originals an Ort und Stelle; wer es gesehen hat, der weiß, wie Architektur begriffen werden will. Selten sind Signet und Firma so unzertrennlich geworden wie in diesem Falle. Der Verlag fand also seine Form; seine Bücher bekamen ihr Gesicht. Wichtig dafür waren u.a. die Schrift-Typen, in denen seine Texte erschienen. Die Bände der »Deutschen Dome« verwendeten die kräftige, feierliche Bodoni, in der später auch die ersten Bände des Schinkel-Werkes gesetzt worden sind; die Texte der Reihe »Deutsche Lande Deutsche Kunst« wurden zwischen 1926 und 1929 in der Tiemann-Mediaeval gesetzt; 7 seitdem in der damals ganz jungen Futura, der dann die gesamte Gestaltung, auch das Werbematerial unterworfen wurde: modern und anspruchsvoll, sehr entschieden; für längere Texte eher gefährlich. Diese Sachen sehen noch heute vorzüglich aus; sie verraten die Hand des Herstellers Ernst Hermann, für den die Typographie nur aus den Werten bestand, die zwischen Schwarz und Weiß gelegen sind.8 Hermann hat sein Leben lang - nach 1948, d.h. nach dem Tod von Burkhard Meier hatte er die Leitung des Verlags übernommen - jegliche Mehrfarbigkeit als ungehörig abgelehnt.

19

Die zwanziger Jahre bewiesen nicht nur hier, sondern ganz allgemein eine bemerkenswerte typographische Sicherheit, die sich über alle Krisen bis in die sechziger Jahre gehalten hat; wir meinen hier den Durchschnitt. Eigentlich war es erst das sog. Wirtschaftswunder, das einer guten Buchgestaltung gefährlich werden konnte. Kurzum: die Werbegraphik war ihr Feind; sie ist es noch. Es war damals die große Zeit der Kunstgeschichte. Der Verlag hat davon profitiert wie die Gesellschaft, die sie hervorbrachte, wie sie wiederum von dieser Gesellschaft dann bestimmt worden ist. Alte Leute empfinden noch heute die Kunst als groß und edel. Die geschichtlichen Vorstellungen - Denkmodelle - stammten noch aus dem Anfang des Jahrhunderts; denn man darf nicht unterstellen, daß der Weltkrieg und die Wirtschaftskrisen in den geistigen Traditionen von größerem Gewicht gewesen sind. Was in den Zwanzigern modern war, hatte um 1900 eingesetzt. Dazu gehörte auch die Vorstellung von der »Kunst«. Die Wissenschaft hatte für deren Geschichte ein Denkbild entworfen, das eine Identifizierung möglich machte. Die Geschichte der Kunst, vorgestellt an den großen Künstlern und Werken, war hierarchisch gegliedert, riß zur Bewunderung hin und war derart personalisiert, daß man diese Künstler, und seien sie noch so mittelalterlich anonym, mit Händen zu greifen glaubte. Geistreiche Leute wie Wilhelm Pinder sind sicher nicht den eignen, schon gar nicht wilhelminischen Einbildungen erlegen, wenn sie z.B. das Staufische Zeitalter als solches bezeichneten und es obendrein noch als eines der großen deutschen Künstler und Künste aufgefaßt haben. 9 Von heute her gesehen, liest sich dergleichen eher fatal; das seit damals enorm angewachsene Wissen hat diese Festigkeit der Anschauung aufgelöst, aber doch keine aktuellen Verbindlichkeiten mehr geliefert. Übrig geblieben sind von dem einst so konkreten, auch hochgemuten Spektrum nur weitläufige Wissenslandschaften. Das ist nach den Entgleisungen der Kunstgeschichte im Dritten Reich verständlich. Denn mit den älteren Denkmodellen haben manche der schwächeren Kunsthistoriker damals Schindluder getrieben, am schlimmsten wohl Werner Burmeister, der ein expressiver Radikaler war und dessen Haltung psychopathische Züge zeigte, als er Erwin Panofsky von seinem Hamburger Lehrstuhl vertrieb. 10 Es gibt außer ihm noch andere, die da so trivial Deutsche Geschichte mit Drittem Reich verbunden haben. In den zwanziger Jahren hatten auch sie zu den Autoren des Deutschen Kunstverlags gehört. Man muß das erwähnen. Das Dritte Reich hat nichts selbst erfunden. Die Namen unserer Autoren - wir beschränken uns hier auf die Frühzeit des Verlags - diese Namensliste ist in sich ganz lehrreich, zeigt sie doch vor allem die Lehrstuhlinhaber, die großen Kanzelredner (und natürlich auch kleinere). Die Lehrstühle sind seinerzeit wie Ritterburgen gewesen; ihre 20

Wilhelm Pinder

Gerhart Rodenwaldt

Inhaber waren Wappentieren vergleichbar wie seit dem letzten Kriege kaum noch oder besser: nicht wieder. Es sei dabei noch bemerkt, daß diese Universitätsleute mit ihren Instituten an der Feldarbeit f ü r das Dehio-Handbuch niemals teilgenommen haben, obgleich sie fast alle ganz ausgezeichnete Lokalkenntnisse besaßen. - Wir nennen also: Wilhelm Pinder, Richard Hamann, Ernst Gall, Gerhart Rodenwaldt, August Grisebach (das war die älteste Generation, um 1880 geboren); es folgen Theodor Hetzer, P.O. Rave, Heinrich Kreisel, Wolfgang Schöne, Harald Keller, Hans Weigert, Alfred Stange (in den 90er Jahren und um 1900 geboren); Gerechte und Ungerechte stehen hier nebeneinander; sie hätten eine wirkliche Gemeinschaft gescheut, wie wir sehr wohl wissen. Wir wollen nicht weiter differenzieren. Daß sich Kunsthistoriker wie z.B. Hans K a u f f m a n n und Hans Jantzen nur gelegentlich f ü r eine Festschrift gewinnen ließen, wurde immer als Mangel empfunden. A u c h Autoren sind eine Frage des Marktes. D i e Verjüngung des Autoren-Stamms ist übrigens gerade in der Kunstgeschichte die essentielle A u f g a b e eines Verlags; sie muß von jeder VelegerGeneration neu aufgegriffen werden, wie es sich jetzt wieder deutlich und erfreulich beweist. Mit den Geburtsjahrgängen ändern sich die Methoden, Perspektiven - ändert sich oft das gesamte Fach. 21

Der Verlag hat durchaus nicht nur mit den Beständen der Staatlichen Bildstelle gewirtschaftet; zahlreiche jüngere Fotografen befanden sich unter seinen Bildautoren; seit 1924 war er Walter Hege und seinem Werke verbunden. Man hat ihm, Hege, kürzlich verdacht, daß er den Blick auf die Sachen manipuliert habe. Mit seinen Augen wurden, gewissermaßen, künftig die Naumburger oder Bamberger Werke gesehen. E r hat sie bekannt gemacht. Wenn man sich nur erinnern wollte, daß die Kunstgeschichte in den zwanziger Jahren noch fast ohne Anschauungsmaterial gewesen ist, wird man sich der selbstlosen Arbeit und der »Sicht« des Fotografen Hege gern unterwerfen. Hege hat seine Objekte in jahrelangen, geduldigen Kampagnen ganz in eigenem Auftrag untersucht und fotografiert. E r hat seine Sehweise seinen Erfahrungen entsprechend immer wieder korrigiert - man vergleiche die Auflage des Naumburger Doms von 1924 mit der von 1939; er hat gehandelt wie andere Fotografen, die sich im Interesse der Sache solcher Sisyphus-Arbeit unterzogen: für die Kathedrale von Chartres war dies der Mesner Etienne Houvet; für Köln war es der Dombaumeister Bernhard Hertel, dem Verlag durch seine Publikationen der Bildwerke und Glasgemälde des Doms verbunden. Diese Liste ließe sich verlängern. Wenn sich später das Dritte Reich der Arbeiten Heges und anderer bemächtigt hat, so trifft das nicht diese Leute. Der Verlag hat im Verein mit Walter Hege, mit Alfred Renger-Patzsch und anderen unsere Anschauung von den Dingen nicht nur bereichert, sondern eigentlich erst ermöglicht. Es wundert uns allerdings, daß inzwischen nicht jüngere Fotografen neue Sichten für die alten Denkmäler geliefert haben. N o c h immer, in jedem Katalog, sieht man die alten Aufnahmen; manchmal wirken sie auf den älteren Betrachter wie abgenutzt, nunmehr entpflichtet und verbraucht. Denn auch Fotografie veraltet mit ihrer Sicht. Alles muß immer wieder neu gesehen werden. Die historische Architektur und Plastik mit ihrem beinahe sittlichen Gewicht, Umgriff und Anspruch schien die Malerei aus dem Verlagsprogramm fast auszuschließen, jedenfalls die der Moderne. Immerhin hat der Verlag die schöne Folge der Lichtdrucke nach Werken der Brücke-Künstler und des Blauen Reiters herausgebracht, bis ihm das nach 1933 verboten worden ist. Das amtliche Dekret mußte damals von jedem Mitglied des Hauses gelesen und quittiert werden. Erst 1988 hat der Verlag das Thema wieder aufgegriffen, dann freilich umfassend und grundlegend." Man kann diese gewisse Einseitigkeit des Programms nur aus dem Gründungsauftrag der Staatlichen Bildstelle erklären. Den Neigungen des Verlegers, der eine schöne Sammlung von Expressionisten besaß, entsprach sie jedenfalls nicht. Als der Krieg die Verlagsarbeit fast zum Erliegen gebracht hatte, entstand noch die Reihe der Kleinen Kunstführer, als Buch-Ersatz gedacht und verwendet und in dem bescheidenen Umfang von jeweils 16 Druckseiten. Es 22

Walter Hege

Helga

Scbmidt-Glassner

mögen rund 10 dieser Hefte noch im Krieg erschienen sein, gespenstisch, wie damals alles gespenstisch wirkte. Die Spuren des Dritten Reiches lassen sich an diesen bescheidenen Drucksachen heute noch daran erkennen, daß hier in Text und Bild Städte und Bauwerke als intakt vorgestellt wurden, obgleich sie in Wirklichkeit längst zerstört worden waren, und keiner, der das nicht gewußt hätte! Uns will heute diese Art des Publizierens fast um jeden Preis und in aussichtsloser Position wie ein Handlangerdienst an der ungerechten Sache erscheinen. Der Zeitzeuge sieht und weiß das aber anders; seine Arbeit besaß eine Schutzfunktion, die es allein möglich gemacht hat, weiter zu existieren. - Aus diesen Kunstführern ist dann die Reihe geworden, die wir am Schluß noch erwähnen werden. Fortsetzen kann schwerer sein als Beginnen, i960 war Michael Meier, 1971 Helmut Kaufmann in die Geschäftsleitung eingetreten; in einer Zeit also, da sich die Bestimmtheit aller Kunst nach ihrem klassischen Begriff auflöste und das Bild der Kunstgeschichte insgesamt dahinzuschwinden begann. Dieser Prozeß dauert heute noch an; er ist für unsere Arbeit nicht ohne Folgen geblieben. Die bewährten Buchreihen unseres Hauses wurden zwar für eine gewisse Zeit noch fortgeführt. Die Reihe »Deutsche Lande Deutsche Kunst« hat, als wir sie schließlich einstellten, über 150 Bände umfaßt; aber ihre Zeit war herum. Städte und Landschaften waren in einen Veränderungsprozeß hinein-

23

DER

NAUMBURGER DOM UND SEINE

BILDWERKE AUFGENOMMEN DURCH

WALTER HEGE BESCHRIEBEN VON

WILHELM PINDER

19 1 26 DEUTSCHER KUNSTVERLAG BERLIN

geraten, der bis in ihren Kern reichen sollte. Ihre Geschichte wurde dadurch ganz unwahrscheinlich, obgleich man sich in den Rathäusern noch heute darauf beruft. Das ändert aber an dem bloßen Staffagencharakter ihrer noch sichtbaren Vergangenheit gar nichts. Ihre Lebendigkeit liegt heute ganz woanders. Auf ihre Weise hat auch die Kunstgeschichte als Wissenschaft an solchen Veränderungen teilgenommen. Ihre neugewonnenen Erkenntnisse - bedeutend, wie sie zweifellos sind - lassen sich dennoch in einem zutreffenden Geschichtspanorama nicht mehr unterbringen. Dem Heer von Spezialisten würde für eine Darstellung im größeren Rahmen der Horizont fehlen. Mag Grenzenlosigkeit zur Definition des Wirtschaftslebens gehören - Geschichte sucht und braucht Horizonte, wenn sie darstellbar werden will. Deshalb finden die Ergebnisse der Forschung einstweilen in lokalerem Rahmen ihren Unterschlupf. Hierher gehört die Arbeit an den Amtlichen Kunstinventaren, die in den vergangenen Jahrzehnten weit vorangeschritten ist und die auch in den neuen Bundesländern nicht geruht hat. Ein großer Teil dieser InventarBände erscheint in unserem Hause. In Zusammenarbeit mit den Denkmalämtern ging für den Verlag auch die bearbeitete Neuauflage - es ist die dritte - unseres Handbuchs der Deutschen Kunstdenkmäler von Georg Dehio voran, eines der wenigen Beispiele der Zusammenarbeit über die Zonengrenzen hinweg. Sie wird in Kürze zum Abschluß gebracht. Damit liegt dann - in 21 Bänden - die vollständigste Kunsttopographie vor, die es hienieden überhaupt gibt. Das ist doppelt zu bewundern, da sich gerade an diesem Handbuch die Veränderung der Grundlagen, also der sogenannte Paradigmen-Wechsel - wegen der Dauer der Arbeit am deutlichsten zeigen mußte (siehe hierzu S. 40 ff.). Fortgeführt und kräftig erweitert wurde die Reihe der Kunstführer, die auf ihre sachliche Weise dem Tourismus zur Verfügung steht. Dies gilt auch für die Kunstpostkarten, die ja zu einer der ältesten Aufgaben unseres Hauses gehören. Gerade hier sei eine Beobachtung von allgemeinerem Interesse mitgeteilt: Daß sich zwar noch die klassische Moderne mit einigem Nutzen für den Käufer als Kunstkarte reproduzieren läßt. Die jüngeren und jüngsten Erscheinungen im Felde der Kunst verweigern sich jedoch jeglicher Abbildung; in der Reproduktion verlieren sie ihr Wesen. Eine Karte nach einem Werke von Joseph Beuys reduziert es auf seine pure Gegenständlichkeit und nimmt ihm damit eigentlich alles.

Rechte Seite: Aus der Reihe »Deutsche Lande Deutsche Kunst«

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BRESLAU aufgenommen von der STAATLICHEN BILDSTELLE eingeleitet von ELISEN K Ü H N E M A M N beschrieben von W E R N E R OÜTTEL

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OTTO LINCK

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